Die Erdkunde im Verhältniß zur Natur und zur Geschichte des Menschen, oder allgemeine vergleichende Geographie, als sichere Grundlage des Studiums und Unterrichts in physicalischen und historischen Wissenschaften: Band 4, Abt. 2 Die Indische Welt [2., stark verm. u. umgearb. Ausg. Reprint 2018 ed.] 9783111611136, 9783111235615


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German Pages 1262 [1264] Year 1836

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Inhaltsverzeichniß und Blattweiser
Zweites Buch. Asien
Vierter Abschnitt. Vorder-Indien
Drittes Kapitel. Dekan, Fortsetzung. Cap Komorin, Madhura und die Insel Ceylon
Viertes Kapitel. Dekan, Fortsetzung, Coromandel. Die Ostseite der Halbinsel in ihren centralen Plateau- und niedern Ufer-Landschaften. Die Stromsysteme Dekans, die Coromandel-Ketten, die Coromandel-Küsten, von den Nila-Giri und dem Cavery in Tanjore, nordwärts Madhura, bis Bengalen zum Ganges-Delta
Fünftes Kapitel. Das nördliche Dekan mit seinen doppelseitigen Stromsystemen Mahanadi, Tapti, Nerbuda
Fünfter Abschnitt. Vorder-Indien. (Fortsetzung)
Erstes Kapitel. Das centrale Hindus'than; Medhya-Desa
Zweites Kapitel. Die gesonderten Gliederungen der Gestadelandschaften Guzurate, Kutch und die Küsteninseln Bombay und Salsette
Sechster Abschnitt. Vorder-Indien
Das Stromsystem des Ganges
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Die Erdkunde im Verhältniß zur Natur und zur Geschichte des Menschen, oder allgemeine vergleichende Geographie, als sichere Grundlage des Studiums und Unterrichts in physicalischen und historischen Wissenschaften: Band 4, Abt. 2 Die Indische Welt [2., stark verm. u. umgearb. Ausg. Reprint 2018 ed.]
 9783111611136, 9783111235615

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D i e Erdkunde von

Asien, von

Carl Ritter, Dr. und Pros. p. Ord. an der Universität und allgemeinen Kriegsschule in Berlin, Mitglied der Königlichen Acadcmie der Wissenschaften daselbst, Ritter des rothen Adler-Ordens dritter Klasse, Commandeur 2ter Kl. deS Kurhessischen Hausordens vom goldnen Löwen, Correspondent der Königl. Societät der Wissenschaften in Göttingen, Auswärtiges Mitglied der Socicte asiatique und Geographique in Paiis, der Royal Asiat. Society of Great Britain and Ireland, wie der Royal Geograpliical Society in London, der Königlich Dänischen Gesellsch. der Wissenschaften in Kopen­ hagen, wie der Königl. Gesellsch. für Nordische Atterthumskunde daselbst, Ehren-Mitglied der Kaiserlichen Russischen Academie der Wissen­ schaften in St. Petersburg rc.

Band

IV.

Zweite Abtheilung.

D i e Indische Welt.

Berlin, 1836. Gedruckt und ver legt

bei

Je form, eatiri. APltor» X.

Znhaltsverzeichniß und Blattweiser. Zweites Buch.

Ost-Asien. Band IV. Zweite Abtheilung.

Zweite Abtheilung. Die Uebergangsformen des östlichen Hoch-Asiens zum Tieflande, oder dessen Waffersysteme und Stufenlander im Osten und Süden. Vierter Abschnitt. Vorder-Jndien(Fortsetzung). S. 1—723. Drittes Kapitel. Dekan, Fortsetzung. Cap Komorin, Ma, dhura und die Insel Ceylon. S. 1 — 266. §. 101. Dke Südspitze von Dekan das Cap Komorin, da« Reich Madhura. S. 1—14 §. 102. Die Insel Ceylon; Taprobane, Salike, Siledkva, Selan Div (Diu, Div, wie Dwipa, d. h. Insel im SanSkr.). S. 14 - 266.

I. Uebersicht. 1. Kettelte Kenntniß im Abendlande von Taprobane, durch dir Zeit« genossen Alexanders, bis auf Strabo, Plinius und Arrtan. ©, 14 bis 19. 2. Taprobane, Salike nach Cl. Ptolemäu« im II. Gare. n. Chr. Geb. S. 19—28. 3. Taprobane, Silediva, nach CoSmaS und Sopater im VI. Satt» n. Chr. Geb. S. 28- 32,

iv

Jllhaltsverzeichnifi. 4.

Silediva, Selandiv, SelanDiu, oder Seren Div, d. i. Selan, Seilan oder Ceylon-Insel der Araber und Mohammedaner im Mittelalter. Die Kaufherren - Colonie von Mantotte und Manar, vom IX, bis XV. Jahrh. — Ihr Einfluß auf die Civilisa­ tion von Ceylon bis auf die Gegenwart nach Alex. Lohnston. S. 33—48. 5. Zustand der Insel Ceylon vom XIII. zum XV. Jahrh., nach Marco Polo, Jbn Datuta und JoanneT de Marignola. S. 48 bis 62. Anmerkung. Namen und Sagen von Ceylon, der verschieden­ sten Völker und Zeiten. S. 62 — 66. II, Natürliche Beschaffenheit der Insel Ceylon; Gestalt, Größe, Lage, Küstenumriß, Binnenland, Gebirgsregion, GebirSarten, Boden, Clima, Flüsse. S. 67 - 107. 1. Gestalt, Größe, Lage. S. 67. 2. Küstenumriß. S. 69; 3. Binnenland. S. 70. 4. Gebirgsregion, Hügelland, Niederung. ©. 73. 6. Gebirgsarten. S. 76. 6. Bodenverhältnisse. S. 82. 7. Clima, Winde, Regen. S. 84. 8. Flüsse; Mahawelle Ganga, seine Schiffbarkeit, sein Irrigation-system; kleinere Gewässer. S. 87. Anmerkung. Daß antike Jrrigationssystem dcS Amha-Ganga, mit dem Canal von Nalanda, den fünf großen Kunstseen (Tirthani im Sanskrit, Tanks der Portugiesen und Briten) und den Emiffarien. Aelteste Denkmale der Population, Agricullur und Civilisation in Ceylon. S. 93 — 99. Kleinere Küstenflüsse in Ceylon. S. 99. 9. Temperatur, Witterung. S. 101. Anmerkung. Neura Ellya (Nuwera Ellya) das Sanatarium der PlateauhLhe. HI. Naturprodukte von Ceylon. S. 107—142. t. Mineralreich. S. 107. 2. Flora und Agricullur in Ceylon. S. 112. Anmerkung. Der Zimmtbaum (Laurus cinnamommn), Curundn der Singhülesen. Kinnamom, Daru-sini, Darchim'Seylani (Chinesenholz von Seylan); Caneel. Die Arten der zimmtgebenden Bäume. Die Zimmtplantagen, Zimmtwälder; der Zimmtertrag und Zimmthandel. Die Mahabedde und Chalias, die Zimmtschäler. Locale Verbreitung des ZimmtbaumeS und sein Ertrag auf Ceylon. S. 123 — 142, IV, Die Fauna in Ceylon, S. 142—147.

Iilhaltsvcrzeichttiß. V.

Das maritime Gebiet der Ctylanstraße.

v Die Palksstraße, der

Manaar-Golf, der Manaar-Canal, die Manaar-Jnsel; die Ramaoder AdamS-Brücke, der Paumbum - Canal. Schiffahrlsprojecte. S. 148-157. Die Sangas oder Chankfischerei (m Norden dev Adamsbrücke

XI.

und der Insel Manaar. S. 157 — 160. VU. Die Perlfischerei im Golf von Manaar, auf den Bänken von Condatchy bis Aripo und- bei Tuticorin. Die Perlauster, Mytilus margaritiferus i,irm., Rlekaguna mavgaritifer. Lamavk. Mandarita im Sanskrit, d. h. die Reine, d. i. dir Perle, Margarita der Griechen und Römer. S. 160 — 160. Rundreise um das Gestade von Ceylon; Küstenstädte und Hä­ fen. Calpentin, Putlam, Chilaw, Negombo, Colombo, Caltura, Punto Galle, Matura, Dondra-Cap, Lengalle, Batticaloa, Lrincomallk, mit Wanny und Jaffnapatam. S. 180 —198. IX. Das centrale Gebirgsland der Insel. Reise von Colombo nach

VIII.

Candy, der Capitale. Wanderungen durch die wilden Gebirgsgaue 3en Dumbero, Ober-ttva, und Badulla zum Namina Kuli Kandyz

durch Unter-Uva, Welaffcy, Weleway nach Maturatta. Ersteigung von Kotmalle und Neura Ellya Plateau. S. 198 — 206* X. Der Adams-Pik und seine Ersteigung. Legende deß Samanto, Kuta und Siripada; das Atter einheimischer Pilgerfahrt und Weg­ bahnung. I. DavyS (1817) und S. Sawers f!819) Ersteigung XI.

des Adams-Pik. S. 206-217. Bewohner von Ceylon, Bevölkerung und Volkzahlz Abstammung und Volksclasfin; die Singhalesen eine Hindu-Colonie seit 500 I. vor Chr. Geb. die Beherrscher der Insel. Körperbau der Sin­ ghalesen. Die Casten, die Sprache und Cultur. Die Landesein-

theilung, das Königreich. S. 218 — 236,. Anmerkung 1. Charakteristische Momente der Singhalesischen Annalen des Mahavansi von Lanka; Herrschaften und Reli­ gionskriege der brahmanischen Malabaren gegen die heilige Lanka, zur Erläuterung des gegenwärtigen Zustandes von Cey­ lon, seiner Bewohner, Architetturen, Plantationen, Lanks und anderer Monumente. S. 236 — 248. Anmerkung 2. Die Ruinengruppcn von Anurahdepuraz der heilige Buddhabaum; die tausend Pfeiler, die Dagobahs, die Bergtempel Mehentele, und die Grottentempel von DambuluXI.

galle. S. 249 — 257. Ceylon unter der Europäer-Herrschaft; der Portugiesen, der

Holländer, der Briten, Besitznahme der Gestade und Eroberung des Kandy-Königreichrs (1815). Gegenwärtiger Zustand der In­ sel.

S. 257-266.

vi

Inhaltsverzeichniß.

Viertes Kapitel. Dekan, Fortsetzung, Coromandel. Die Ostseite der Halbinsel in ihren centralen Plateau , und niedern Ufer-Landschaften. Die Stromsysteme Dekans, die Coromandel, Ketten, die Coromandel, Küsten, von den Nila, Giri und den Cavery in Tanjore, nordwärts Madhura, bis Bengalen zum Ganges, Delta. S. 267. J.103. Uebersicht. S. 267—271. Erläuterung 1. Die Stromsysteme und Stufenlandschasten der Coromandelküste. S. 271 — 305. 1.

Der Cavery.

S. 271—305.

§. 104. Erläuterung 2. Die Panaur-, Palaur-, Pennar-Ströme mit ihren Stromgebieten und Stufenlandschaften in Coromandel. S. 305 - 310. 1. Der Panaur-Fluß in Baramahal; der Ryacotta-Paß. S. Siq bis 315. 2. Der Palaur-Fluß (d. h. Milch-Fluß) z die große Militairstraße von Colar über den Pednadurgam-Paß, nach Dellore, 2Cvcot und Madras. S. 315. Anmerkung 1. Die Ruinen der Felstnstadt Mahamalaipur, d. h. die Stadt des großen Berges, vordem Mahabalkpuram, d. i. Stadt des großen Bali genannr, oder die Sieben Pago­ den. S. 322 —327. Anmerkung 2. Madras die Stadt und Präsidentschaft; die große Defensionslinie mit den Festungsstationen von Dekan, Maliapur, St. Thomas. Die Rageryberge, Tripetty-Pagode, Chittur und der Mugli Gebirgs-Paß. S. 328 — 337. S. Der Pennar - Fluß, die Nalla-Malla-Ketten, ihr Metallreich­ thum, ihre Diamantlager. S. 337 — 343. Anmerkung. Die Diamantlager in Indien; ihre Verbreitungs­ sphäre zwischen Pennaar, Sonar und dem Gangesdelta. Na­ men. Die fünf Gruppen der Diamantlager zu Cuddapah, Nandial, Cllore, Sumbhulpur und Panna. Analogien und Hypothesen über Diamanrbildung. S. 343 — 368. §. 103. Erläut. 3. Das Stromsystem des Kistna oder Krischna; die Länder der Mahrattenherrschaft. S. 369 — 425. Uebersicht. S. 369 — 372. 1. Tumbudra, der Südzufluß aus Nord-Maißoore. S. 372 - 374. 2. Das Querthal des Kistna, der Gränzstrom in Mittel-Dekan. Sprachgebiete der Panchdravida oder der fünf Sprachclaffen in Dekan.

3.

S. 374-387.

Puna im Quell-Lande der Bhima- und Kistna-Ströme, die frühere Residenz des Peischwa des Mahrattcn-Reichs z Sattara

Jiihaltöverzeichniß.

vii

\>lt heutige Residenz des Raja von Sattara in Maharaschtra. S. 367- 39 l. Anmerkung. Umriß der Entstehungsgeschichte der Mahrattenstaaten und ihres Unterganges, nebst ihren Kämpfen mit den Briten um die Oberherrschaft von Dekan im XVIII. und XIX. zur Erklärung der politischen Territorial-, Völkerund Staaten-Verhältnisse der Gegenwart, auf dem mittlern und nördlichen Dekan-Plateau. S. 391 — 413. 4* Eigenthümliche Territorial- und Communal- Verhältnisse des gegenwärtigen Zustandes im Mahratten-Lande unter britischem Einfluß. S. 413—417. Anmerkung. Die C. Mackenzie Collection. Die Historie von Dekan im Süden des Kistnaz die Humanisirung seiner Be­ wohner durch die Wiederbelebung des Hindu-Collegiums in Madhura, vermittelst europäischer Wissenschaft. Die Hindu literarische Societät in Dekan. S. 417 — 425.

§. 106. Erläuterung 4. Das Stromsystem des Godavery (Gadavcri) in Telingana. S. 426 — 466» 1. Uebersicht. S. 426 - 428. 2. Quellarme des Godavery und Verein mit dem Manjera. S. 428 — 431 3. Des Godavery Mittellauf durch Telingana. S. 431. 4. Die Capitale Aurungabad; die Feste Daulatabad z daSSanatatütrn Rosoh. S. 432— 437. Anmerkung. W. Lambtons Indische Gradmessung durch De­ kan, vom Cap Komorin an bis Berar, ihre Fortsetzung über die Vindhyaberge und durch die Gangesebene bis zum Himalaya, durch G. Everest, nebst der Aufnahme von ganz Hindostan (1800-1835-. S. 437 — 449. 5. Das Wurdagebict mit Pain- und Bain-Ganga im Rajathum Berar; Nagpur die Residenz; die Deo Giri, die GawilgurhBerge um Elichpur; der Sitabaldi-Berg. Verbreitung der Trappformation in Central - Dekan; der Schlüssel der Pla­ teaubildung von Dekan. S. 449 — 466. 6. Der untere Lauf des Godavery und Kistna, mit dem Küsten­ gebiet der nördlichen CirearS. S. 466—478.

h. 107. Fünftes Kapitel. Das nördliche Dekan mit seinen doppelseitigen Stromsystemen Mahana, di, Tapti, Nerbuda. S. 478—723. Uebersicht. S. 478 — 481. Erläuterung 1. Das Mahanadi-System, mit dem Seitenstrom Brahmini, durch Gondwana und Orissa. S. 481 — 666.

vin

Inhaltsverzeichniß.

1. Der Mahanadk-Strom. S. 481 — 484. 2. Oberes Stromgebiet der Westseite vom Hustu zum DustarStrome, im Gebirgslande der Gonds; nach Capt. I. T. BluntS Reisebericht vom Sone-Fluß, über Sonehut an der Quelle des Hustu, über Ruttunpur, Ryepur, Konkair am Mahanadi-Strome, an der Gränze von Bustar, bis Wyragur zum mittlern Godavcry (1795'. S. 484 — 502. 3. Oberes Stromgebiet der Nordseite, vom Hustufluß über Sir« guja, ostwärts zu der Quelle des obern Brahmkni in Chula Nagpur, zu den Byturny-Quellen in Singbum, und dem obern Dummudah bei Ranghur; südwärts bis Sumbhulpur und über den Mahanadi bei Sonepur zur Gränze gegen Orissa. Boden, Clima, Pflanzen, Thiere, Ortschaften. Nach P. Bretons Be­ obachtungen (1825). S. 603 — 514. 4. Die Gonds, oder Goands, die Aboriginer und ihre Verbreitung durch Gondwarra Die Gonds von Omercuntuk, von Pertab« ghur, die kannibalischen Bhinderwar; die GvandS vom Jndrawuty; die Bustar Gonds. Die Lands, die Kolcs, die Sur. Die Pulindas, Barbaras, Savaras (Sabarrae), S. 415 — 530. Erläuterung 2. Das Deltaland des Mahanadi-Systemes, Kuttak und die Küstenlandschaft Orissa mit Jaggarnaut und Balasore. Die Geschichte Orissas. S. 530—566. Uebersicht. S. 630 — 532. 1. Das Bergland im Innern; das obere Rajwara S. 533-539. 2. Die Sumpfwaldung des Küstenstrichs; das untere Rajwara. S. 538—539. 3. Die Culturebene, Mogulbandi. S. 539 — 541. 4. Gewerbe und Ortschaften. Kuttak die Residenz; Balasore die Hafenstadt; Puri Jaggarnaut die Tempelstadt; die Küstensta­ tion als Sanatarium. S. 541—547. Anmerkung. Die vier Kschetra (Kheterf, oder Wallfahrtsorte in Utkala Khand, oder dem heiligen Boden von Orissa und die Grottenwerke der Kand Giri. S. 547—554. 5. Die Bewohner von Orissa: Zahl, Menschenschlag, Castcn. Die Or, Odra, Oresa, Orissa, das Or Desa, das Land der Or, oder Utkala Desa der Sanskritschristen. Die Sprache der Or, die Verfassung. S. 554—561. Anmerkung. Geschichtsmomente von Orissa nach den einhei­ mischen Annalen. S. 561—566. 8. 108. Erläuterung 3. Die West-Ströme Tapti und der Rerbuda (Narmada), zwischen der Satpura- und Vindhyan - Kette. S. 566—655. Uebersicht. S. 566.

Inhaltsverzeichnis

ix

I. Der Taptk. S. 667. II. Der Nerbuda. S. 568 — 655. 1. Oberer Nerbuda-Lauf von der Quelle in Omercuntuk bis Jub2.

bulpur. S. 570 — 572. Mittler Nerbuda-Lauf, vom Iubbulpur durch Nemaur bis zur Ostgränze vonGuzerate. Geognostische Structur der VindhyanKetten und des Nerbuda - Thales. Ortschaften. S. 572—603. Anmerkung 1. Die Karneol-Gruben der Rajpipleyberge und der Schmuckstein-Handel zu Baroach (Barygaza) seit den Zei­ ten Ptolomäus und ArrianS. S. 603 — 606. Anmerkung 2. Die Bhilla, oder Bhils, die Aboriginer; ihre Verstoßung, ihre Verdrängung, ihre Zerstreuung; ihre Degra­ dation zu Barbaren; ihre Hebung durch I. Malcolm. ©.607

bis 620. 3.

Der untere Lauf des Nerbuda-StromeS mit dem Cambay-Golf und dessen Zuflüssen. Die vier Emporien an den vier Strö, men Guzurates um den Golf von Cambay; Baroach am Ner­ buda, Surate am Tapti, Darode am Dhader, Cambay am Mhai (Mhye) Strom mit der alten Capitale Ahmedabad am Sabermati - Flusse. S. 621 — 655. Anmerkung 1. Der Indische Feigenbaum, Asvatha, die Ban­ jane (Ficus indica). Lhre Verbreitung um die Indischen Ge­ stade von dem Sunda-Archipel bis Afrika. Der Pagoden­ baum. Der Wurzelbaum; der Dur; der Goverdhana; der Baum der Gymnosophisten; der Brahmanenbaum. Seine Al­ legorie im Sankya-System, seine allgemeine Verehrung; seine Verbreitungssphäre durch Indien. — Der Buddhabaum (Fi­ cus religiosa) der Pipala, der Tschaladala, derZitterbaum, der Bo, Bogaha der Ceylonesen. S. 656—688. Anmerkung 2. Das Löwen- und Tiger-Land in Asien. Der bengalische Tiger (Felis tigris) in Indien und seine Verbrei­ tungssphäre durch Ostasien; der guzuratische Löwe (Felis Ico goojeratensis) in Indien und seine Verbreitungssphäre durch Westasien. Ihre Verdrängung durch den Fortschritt der Ci­ vilisation; ihre Denkmale in der Entwickelungsgeschichte der Völker. ©♦ 688 -723.

Fünfter Abschnitt. Vorder-Indien (Fortsetzung) S. 724 bis 1100. Das centrale Hindus'than im engern Sinne, Medhya Desa; das Gebirgsland des Vindhya-Systems; Malwa, Rajasthan, Bundelkhund und btc gesonderten Gliederungen der kleinen Halbensel

X

Inhaltsvcrzeichniß.

Gnzurate, mit den Küsteninseln Salsette und Bombay. S. 724—1099. Erstes Kapitel. Das centrale Hindus'than; Medhya-Desa. 5. 724—1034. §♦ 109. Uebersicht. Nord-, West-, SLd-, Ost-Gränzen; Gcsammtconfiguration, natürliche Gliederungen und Theile. S. 724. 1. Nordgränze. S. 727. 2. Wcstgränze. Die Mewar-Kette, die Arawullt, der Abu. ©.729. 3. Südgränze. Die Chitore-Kette tm West, die Harowti- Kette im Süd; das Oberland oder Upermal vor Harowti. S. 735«—743. Erläuterung 1. Das Malwa-Plateau und seine Bewohner. ©.743 bis 800. 1. Namen. S. 743. 2. Bodenbcschaffcnheit und Erhebung. S. 745. 3. Hydrographie. S. 749. 4. Clima. S. 752. 6 Produkte und Handel. S. 753. 6. Eintheilung und Ortschaften. S. 755. 7. Die Bewohner Central-ZndienS. S. 757. 8. Sprache und Literatur. S. 768. 9. Lebensweise, Sitten und Gebräuche. S. 77(4. 10. Volksmenge und Militairmacht. S. 771. Anmerkung Die Opiumcultur, die Mohnpflanze (Papaver somnifei um, Linn ). Kenntniß bei den Alten; offlcinellcr Ge­ brauch bei den Westvölkcrn. Der Op'umrausch bei den Mo­ hammedanern; erste Spur der Einführung in Indien. Agricuttur-District des Opiums in Centralindien. Opiumeultur in Malwa; Opiumcultur in Dahar um Patna. Opiumhandel nach China. Verbreitung des OpiumgcnuffeS in Indien in der Gegenwart. S. 773 — 800. Erläuterung 2. Upermal, d. i. das Oberland, oder die Bergland­ schaft Harowti (Haravati). S. 801—830. 1. Aufsteigen nach dem Oberland Harowti; das Gebiet des Chumbul (.Chirmiti). S. 802 - 815. 2. Das Bcrgland Harowtis tm Westen des Chumbul-ThaleS. ©.815 bis 622. z. DaS Bergland Harowtis im Osten des Chumbul-ThaleS. S. 822 bis 825. Anmerkung. Die Grottentempel auf dem Hochlande von Malwa und Harowti Ln Baug und Dhumnar. S. 825— 830. jj. ho. Erläuterung 3. Die Berglandschaft Bundelkhunda (Ban­ delkhand, d. i. das Land Band), oder das Land der BundelahS. S. 830-864.

Inhaltöverzeichniß. 1. 2. 3.

XI

Uebersicht. des­ sen frühere Bildungszeit.

S. 1185.

9. Gangesdelta, Bifureationen, Gangesarme, SunderbundS;; West­ seite; Znselland Cossimbazar. S. 1195. Crawfurds Schiffahrt abwärts von Calcutta auf dem Hugly.

3. 4.

S. 1199. BalentiaS Auffahrt von Calcutta nach CossimbazarInsel. S. 1201. Gangesdelta, östliche Dcrbindungsarme. Zagdcxpeditioneen nach der Ostseite. Fauna und Flora der SunderbundS. SZ. 1205. Gangesschwellen, Canalbildungen, Natur der Hugly-Wassser und des Deltabodens. S. 1211. Anmerkung. Entdeckung der Kohlenlager in Bengalten und

Um Gangesbassin, eine Bedingung der Einführung der LOampf5.

6. 7.

schiffahrt auf dem Gangessysteme S. 1218. Deltaland zwischen Ganges und Brahmaputra; Dampfschhiffahrt nach Asam. Berseichtcn des Brahmaputra; neue Quaaerspaltungen. Zenye die Hauptader des Brahmaputra. FrüLhe Re­ genzeit; Bifureationen der Tista-Arme. Folgen. S.. 1222. Beschiffbarkeit des Ganges und seiner Zuströme; Sundirrungen, Gefälle, Wasserfülle. Anschwellungs-Arten und Zeiten. S^. 1227. Schlußbemerkungen über Bengalen, die Bengalesen mtnb Banga Bhasha, oder die Bengal-Sprache. S. 1237.

das

Zweites Buch.

A

s

i

e

Band IV. Zweite Abtheilung.

Ritter Erdkunde VI.

A

Asien Zweite Abtheilung.

Die Uebergangsformen des östlichen HochAsiens zum Tieflande, oder dessen Wasser­ systeme und Stufenländer im Osten und Süden. Vierter Abschnitt.

Vorder-Jndien. (Fortsetzung) Drittes

Dekan, Fortsetzung.

Kapitel.

Cap Komorin, Madhura und

die Insel Ceylon.

§.

101.

Die Südspitze von Dekan, das Cap Komorin, das Reich Madhura. Die äußerste Südgruppe der Ghats,

und zugleich die

Spitze der Halbinsel von Dekan, wird, südwärts des Gap, von einer Bergmasse größtcnthcils gefüllt, die zu den unbekanntesten der Erde gehört, so unzähligemal sie auch von Europäern und ab len andern seefahrenden Nationen des Orientes im Angesicht ihrer umstiegen gebliebenen Gipfel umsegelt ward. Sie scheidet Co, chin und Travancore im Westen vom südlichen Carnatik, mit Tinnevelly, Madhura und Dindigul im Osten. Nur ein einziger Querübergang von Quilon in Travancore, also

A2

4 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 101. von West, unter 9° N.Br. gegen Ost, über Cotailum nach Tinnevclly, ist einigermaßen bekannt worden (s. 2(ficn Bd.IV. S. 787); doch besteht daselbst keineswegs eine fortdauernde Völ­ kerverbindung; das Hochgebirge bildet, hier vielmehr eine natür­ liche und politische Scheidewand der Besitzungen des Raja von Travancore und der Briten, zwischen dem Westen und Osten, die erst im Süden mit dem bekannten Cap Äontorin (Kumari), unter 8° 4' N.Br. und 77° 45' O.L. v. Gr., am Meercsgcstade, Ceylon gegenüber, endet. Ohne Colonel Lambtons Messung eines Meridianbogens von diesem Cap an, nordwärts, durch die Ebene von Tinncvellv, Madhura, Dindignl bis zum Caverv-Fluß, und weiter hinaus, aber über die östlichsten Vorsprünge dieses Höhenzuges hinweg, und ohne die darauf er­ folgte Triangulirung dieses Landstriches, zum Behuf einer guten Kartenaufnahme, würde derselbe bis heute noch sehr unbekannt geblieben seyn. Durch die Vermessung dieses Meridianbogens, der nahe im Westen an der Tcmpelstadt Madhura und an den großartigen Ruinen dieser alten Pandions-Residenz (s. Asien Bd. IV. S. 516) vorüberzieht, etwa zwischen 77° bis 78° O.L. v. Gr., ist erst die Topographie dieser Südspitze Dekans in eini­ gen Hauptpunkten genauer bestimmt worden, das Land selbst blieb aber noch ununtersucht. Und doch lag hier Pandions Reich, hier gebot schon im hohen Alterthum, und noch zu Ptolomaus und Arria ns Zeiten, eins der berühmtesten Hcrrschcrgcschlcchte des südlichen Indiens, auf einem Boden, der dennoch bis in neuere Zeit noch größtenthcils Terra incognita blieb. Dem Jagdgotte, der die Landschaft durchjagt, er wird dort unter dem Na­ men Vellajadah O verehrt, werden heute in seinem Haupt­ tempel zu Madhura, als Opfcrgabe colossale Jagdschuhe von Leder, reichgeschmückte, dargebracht, um mit unverletztem Fuße ciuch heute noch jene Walddickichte und Wildnisse zu durchschrei­ ten. Dem Amphitheater dieser Gebirgswildnisse entströmt, gegen O. und S.O., der Daygaru-Fluß (oder Vyar), im Süden der Stadt Dindigul (Dandigala), und zieht von da dicht an Madhura vorüber zur Ceylonstraße. Ueber Dindigul, gegen N.W., erhebt sich die Gebirgsgruppe in ihrem nordöstlichsten Vor­ gebirge, über das östliche Tiefland Coromandels, am höchsten im Gipfel des Permaul-Berges; eine Flaggenstation bei der *) W. Hamilton Descr. of Hindostan, Lond. 1820. Vol. II. p. 472.

Süd-Dekan, Cap Komorin.

5

Landcstriangulirung, die, nach Col. La mb ko ns Messung 2), 6912 Fuß Par. (7367.6 Engl. F.) über d. Meer erhaben liegt. Wahr­ scheinlich steigen die westlichern Rücken noch höher auf, nach einer Sage bis zur Schneehöhe. Gegen Südwest von Madhura erhält sich die Gebirgshöhe in der Verzweigung, welche man die Aligherry-Berge nennt, noch In 4ooo Fuß absoluter Höhe; eine derselben, der Gipfel des Suddragherr y, welcher von Col. Lambton als Triangelpunct vermessen wurde, erhebt sich bis zu 3959 F. P. (4219 F. Engl.) üb. d. Meere. Weiter süd, wärts scheint diese bedeutende Höhe bis zu den Felsbergen des Cap K o m o r i n mehr und mehr herabzusinkcn. Gegen dieses SüdCap hin stürzt endlich, nach W. C a ld e r s3) Beobachtungen, der mächtige, lange Gebirgszug, in welchem die Ost- und die West-Kette der Ehats in ihren Südenden eonvergiren, am Ambo li-Ghat (Arumbuli b. SB. Hamilton), dessen östlicher Aus­ gang im Meridian des Cap Komorin liegt- als Granitmasse, von 2000 Fuß, steil von seiner Höhe hinab, etwa in 3 bis 4 geog. Mei­ len (20 Mikes Engl.) Abstand vom Meere, und der Gebirgsfuß ist es nur, der als ein weit niedrigerer Felsrücken von gleicharti­ gen Granithöhcn, als Wasserscheide, bis zum Komorin-Cap vorspringt. Diese felsigo mit llrwaldung überwucherte GranitNiederung, am Südend« Dekans, ist überall mit einer außeror­ dentlichen Menge ungeheurer Granitstücke und primitiver Felsblöcke überstreut, die dasselbe sehr schwer zugangig machen, deren Stu­ dium aber ein interessanter Gegenstand künftiger Beobachtung werden mag. Die Westseite des dortigen Küstengebietes gleicht, in Hinsicht des vorliegenden Küstengrnndes, der Küstcnstrecke des übrigen Travancore und Malabar;- derselbe Eisen t hon oder Laterites, welcher dort als allgemein deckende, obere Erdrinde vorherrscht (s, Asien Bd. IV. S. 702, 715, 758)- überlagert auch hier mit seinen welligen llndulationen die Basis der Berge, und die schmale Niederung, welche das Meer von der Küstcnkette schei­ det; nur hie und da stößt der llrgebirgsfcls unter dieser Decke hervor. Der Laterites hört hier aus, denn auf der Coromandckseite fehlt er m den Ebenen; dagegen setzt er auf der gcgen*) Will. Lambton L. Colt Account of the Measurement of an Aic ete. in Asiatic Researches 1820. Vol. XIII-. p. 355 etc. Table of Elcvations. ’) Jam, Calder General Observalions on the Geo­ log! of Ipdia, in Asiatic Researches 1833. Vol. XVIII. Transact. of the l’bysic dass. Calcntta 1829. P» 1 p. 5.

6 Ost-Asien. Vorder-Jn-ien. IV. Abschn. §.101. überliegenden Küste der Insel Ceylon, unter dem dort eins)«/ mischen Namen Kabul») fort, »vo er sich als eine nicht unbedeutende Ablagerung verbreitet, und die Natur der Insel an die des Continientes knüpft. Die reiche Ueberwucherung jener primi/ tiven Gebirgsketten um das Cap Komorin mit den dichtesten Urwäldern hat es bisher verhindert ihren mineralogischen und me/ tallurgischen Inhalt näher zu erforschen. Nur auf eine geringe Strecke des Gebirges von Cotallum hat der französische Natur/ forscher Leschenault, während einer kurzen Besuchsreise, ei/ nen Blick geworfens). Diese Höhen etwa 12 Lieues in N.N.W. vom Cap Komorin, sagt er, partieipiren in ihren Produclionen an beiden Küsten Malabar und Coromandel, weil sie dem Ein/ stütz beider Monsune entgegentreten. Durch häufige Nebel, und jahraus jahrein gleichmäßig fallende, abwechselnde Regenschauer befeuchtet, haben sie eine große Mannichfaltigkeit und einen feit/ tleren Reichthum von Gewächsen erhalten. Der Boden wird durch zahlreiche Bäche und Flüsse, die nach allen Seiten abstür/ zen, und die schönsten Caseaden bilden, bewässert. Die pracht/ vollsten Wälder, die das beste Tischlcrholz und Zimmerholz liefern würden, wenn man sie benutzte, breiten sich hier noch unange/ tastet aus; unter einem großen Reichthum der schönsten noch ganz unbekannten, neuen Gewächse, hatte der Botaniker hier die Auswahl, um mit ihrer Verpflanzung die französischen Colonial/ länder zu bereichern; 42 neue Species gelang es allein von da nach der Insel Bourbon zu verpflanzen. An der Ostseite dieser Berggruppe gegen die Ceylonstraße, d. I den Golf von Manar und Palks/Straße hin, breitet sich eiü weites, offenes, reich bewässertes Land aus, mit Ebenen, die reichlich mit Waldungen zumal von Palmyra (Borassus) be­ deckt, oder mit Reisfeldern bebaut sind. Längs dem Gestade hin ziehen viele Salzsümpfe und Lagunenreihen, die früherhin mehr geschieden, gegenwärtig schon weit mehr verbunden sind; hohe Sanddünen haben sich als Userdämme ihnen im Abstande meh­ rerer Stunden gegen das Meer vorgelagert. Seit einem sehr stürmischen N.O.-Monsun 6), vom Jahre 1810, sind diese La«) Gisbwn«! on Ceylon Mineralog* Not. in Lit. Soc. of Colombo 17. Oct. 1826. n. Asiat. Journ. 18271. Vol. XXIII. p. 661. ) Leschenault de la Tour Relat, abregee d‘un Voy. im Mem. du Museum d’Hist. natur. 1822. T. IX. n. 266. •) W. Hamilton Descr. of Hindostan II. Vol. p. 477.

Süd-Dekan, Madhura.

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gunenreihm um 5 bis 10 Fuß mit Sandmassen höher ausgefüllt, und an vielen Stellen zugedämmt. Die stagnirenden Wasser machen die Gegend sehr ungesund; man sucht sie abzuleiten. Diesen Boden hatten im XVIII. Jahrhundert die Holländer ge­ wählt, um hier ihre Gewürzgärten anzulegen, in denen sie die köstlichsten Gewächse vereinten, die sonst nur zerstreut vorkommen. Die Zimmetgärten hat man eingehen lassen, seitdem die Eng­ länder im Besitz von Ceylon getreten sind. Aber die Pflanzun­ gen von Kaffeebäumen, Gewürznelken, Muskatnuß blühen noch fort, und ein großer Theil der Ebenen ist zu Reisunb Baumwollen - Cultur benutzt.

Im Jahre 1811 hatte man,

von 110,557 Zimmetbäumen, 1394 Pfund Zimmct gewonnen, von 545 Muskatnußbäumen 4391 Stück Muskatnüsse, von 25,253 Kaffecbäumen 603 Pfund Kaffeebohnen7). Hier beginnt schon die Natur der Coromandclküste, die wir späterhin nebst den Ket­ ten der Ost-Ghat, wie die Westseiten von Dekan, nordwärts bis zum Beginn der Halbinsel und zum untern Gangeslande zu ver, folgen haben werden. Fügen wir hier dem Südcnde Dekans, im Süden dos Ca» ery-Flusses und seiner Uferlandschaften von Tritchinopolly und Tanjor e, die wenigen hierher gehörigen Nachrichten über das seit alter Zeit berühmte Madhuresische Gebiet hinzu, das von jeher mit seinem insularen Gcgengestade von Cey­ lon mehr als mit feinem nordöstlichen kontinentalen Nachbargebiete, nordwärts des Cavery, in Verbindung gestanden zu haben scheint. Die südlichsten Districte des sogenannten Carnatik haben ihre Namen von ihren drei Hauptstädten: Dindigul, 9)1 ab/ hura, Tinnevelly. Dindigul liegt am nördlichsten, am Westende der großen Ebene, am Fuße des hoch sich erhebenden Permaul-Berges, etwa 400 F. üb. d. M., niedriger als Coiwbetore (s. Asien Dd. IV. S. 759), aber doch höher als Madhura und Tinnevelly; es genießt in der Nähe der Hochgebirge eines sehr gemilderten, lieblichen Climas. Madhura b), die Stadt, unter 9° 55' N.Br. gelegen, gilt als die Capitale von Süd-Carnatik, die aber gegen frühere Zeiten, wo sie an 40,000 Bewohner zählte, sehr in Verfall ist und kaum noch die Hälfte der Einwohner hat. Don alten Prachtbauten

W. Hamilton 1. c. IL p. 479.

») ebend. Vol. II. p. 472.

8 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 101. der Tempel und Paläste sind nur Ruinen übrig; die Vernach­ lässigung der Agrikultur, die vielen Versumpfungen erzeugten Fie, berluft; die Ortschaften sind alle Im Verfall, die Dörfer mit ih­ ren Bewohnern in Armuth versunken. Seit 1809 haben Epide­ mien im Lande die Volkszahl sehr verringert, von 245,654 Ew. im Distrikt Madhura starben im Jahre 1810 allein 24,625. In frühern Zeiten hatten katholische Missionen hier viel Eingang ge­ funden, man schätzte im Jahre 1785 die Zahl der Katholiken auf 18,000; bei den Hindus gilt Madhura noch immer als ein ruhmvolles, geweihtes Land, von dessen frühern Zeiten Götter­ und Heldengeschichten im Munde des Volkes sind. Der früherhin häufig sehr ungeregelte, politische Zustand seiner Oberhcrrschcr und seiner vielen Häuptlinge hat seit langem den alten Glanz verwischt, der auf diesem Ländergebiete.ruhte, und dasselbe häufig in eins Beute vieler, kleiner, siegender Polygars und Räuber (Colari's, Coillaries) verwandelt, unter denen dieser letztere Titel ein Ehrenname geworden ist. Don der frühern Hindugröße sind nur noch die Trümmer großer, massiver Tempel übrig, so wie die alten Mauern so vieler, kleinerer Pagoden und Tschultries (Pikgerherbergen), die oft dicht beisammen an den Wegen stehen, deren reichgezierte Faeaden nicht selten gigantische Figuren, Reliefs reichgeputzter Pferde zeigen, jetzt überwachsen von wilden Fruchtbäumen und hohen Banyanen. Die kurze Periode des Britischen Besitzes, seit 1801, wo Madhura durch den Navob von Arcot an die Ostindische Com­ pagnie abgetreten wurde, konnte dem großen Verfall des Landes noch nicht aufhelfen. Zu diesem Verfall hatten 1736 bis 1741 die Eroberung und Plünderung dieses Gebietes durch die Mahratten nicht wenig beigetragen, so wie die beständigen Ueber« fälle der Beherrscher Maißores vor und nach dieser Zeit, welche letztere, unter Hyder Ali und Tippo Saibs hartem Scepter, hier besonders als Diener des Koran, gegen das alte Hinduthum ver­ heerend wurden. Dennoch hat sich im Gebiete Madhuras einer der berühmtesten Hindutempel bis heute In Ansehn erhalten, auf der Insel Ramisseram (Rames waran, d. i. Pfeiler des Rama)"), unter 9® 17' N.Dr., mit ihrem Vorlande an der Mündung des Vyar-Flusses, nebst Ramnad (Ramanatha), unter 9° 23' N.Br., ein Ort an der Pilgerstraße zu jener Pa*) W. Hamilton Derer, of Hindostan. Vol. II. p. 475.

Süd-Dekan, Insel Ramisseram.

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gebe, welcher seinen jetzigen Besitzern zum Schuhe derselben ver­ liehen ist.

Die Insel Ramisseram, die erste Sandscholle

Dekans, welche bei der Ucberfahrt von Ceylon nach dem Festlande betreten wird, ehe man zu dem nahen Mündungslande des Stromes gelangen kann, ist an der Südspitze Indiens, zu dessen Continente sie schon gerechnet wird, für alle Brahmadiencr dort der berühmteste Wallfahrtsort. Die Insel ist niedrig, sandig, un­ bebaut; die Pagode^) mit ihrem hundert Fuß hohen pyramida­ len Eingangsthore, das von oben bis unten mit Steinsculptur überdeckt ist, gehört zu den größten und schönsten Architecturen Jndostans; ein Tcmpelbau 600 Fuß im Gevierte, massiv aus mächtigen Quadern, mit cyclopischen und ägyptischen Bauten an colossalen Verhältnissen wetteifernd, aufgeführt, von mehr als tausend Säulen getragen, voll Götterbilder, mit Wasserbecken, Hofräumcn, Hallen, Pricsterwohnungcn umgeben. Der Reichthum dieser Architektur und ihr grandioser Eindruck, sagt Lord Da­ te ntia, ist nicht zu beschreiben, H. Salt zeichnete sie ab. Der Zulauf der Pilger aus den fernsten Gegenden von Bengal wie von Caschmir, und von jedem Range, ist hier ungemein groß; sie bringen den Brahmanen - Priestern bedeutende Geldsummen ein. Der Radja von Tanjore allein hat ihnen für jede Pilger­ fahrt 60,000 Pagoden oder Goldstücke als Opfer und Geschenk zu zahlen, was ihm öfter in der Ausführung einer Pilgerwall­ fahrt sehr hinderlich seyn soll. Die Wächtcrschaft der heiligen Insel und das Obcrpricsterthum besitzt die Familie der Panda rum als erbliches Eigenthum; die Würde geht durch die weib­ liche Linie auf ehelos lebende Glieder der Familie über. Die Götteridole von Gold mit Juwelen überdeckt auf Elephanten ge­ tragen, werden täglich in Proccssioncn zum Seebade an die Ostspitze der Insel gebracht, die besonders heilig gehalten wird, weil Rama (als Incarnation des Vischnu) sich hier einschiffte, die Insel Ceylon (Lanka) zu erobern, um dort die Rakschas (böse Dämonen und Feinde) zu vernichten. Bei der Rückkehr zu die­ sem Pfeiler seiner vom Affengotte, Hanuman, erbauten Brücke bedachte er, so sagt die Legende, daß unter den Rakschas doch auch Brahmanengeschlechter tvaren, und um die Schuld an die­ sen zu büßen, errichtete er selbst auf der Stelle ein Bild des

l0) G. Vic. Valentia Twy.

p. 338 — 345.

London 1809. 8. VoL I. eh, VII.

10 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 101. Lingam, und so ward diese zum Wallfahrtsorte. Zum Tempeldienst darf nur Master aus dem Gangcsstrome, von Fakir« hcrbeigetragcn, verbraucht werden. Damit pflegt man die Götzen­ bilder zu waschen, und dieses geweihte Wasser wird den Pilgern verkauft. In das Heiligthum selbst darf der Europäer nur aus der Ferne bei Fackelschein blicken, auch dem Lord Balentia war nur dies gestattet, obwol die Priester diesen erhabenen Gast nur in Scharlachklcidern empfingen und mit Jasmin bekränzten. Der Götze Rama hat aber heutzutage keine Gewalt mehr, die östliche, heiligste Sandzunge der Insel, wo sein Seebad ist, zu erhalten. Das Meer reißt sie, wie die ganze Küste, mehr und mehr ein. Nach West hin streckt sich die Sandinsel drei Stun­ den weit bis nach Panbam, die Hauptstadt der Insel. Bis dahin ist der Pilgerwcg gepflastert und jede hundert Schritt ein Tschultri (Karawanserai) zur Ausnahme der Pilger bereit, auch Brahmanen zu deren Empfange im Dienst, die den Gästen Blu, men und Früchte darreichen. Von der Insel ist die Ueberfahrt über den schmalen Meercsarm, von einer englischen Meile, nur für kleine Schiffe möglich; das Bett ist felsig, der durchziehende Mecresstrom reißend, Vorsicht nothwendig. Schon frühe im Jahre 1310 drangen Mohammedaner siegreich bis hierher vor, und erbauten hier eine Moschee, die jedoch der Pilgerfahrt keinen Eintrag gethan, da der jährliche Zusammenfluß der Pilger da­ selbst auch heute noch sehr bedeutend ist. Die Insel gehört der Mannte von Ramnad, der die Priester nur 1200 Pagoden oder Goldstücke Abgabe zahlen, indeß sie über 5000 Pagoden Ein­ nahme haben, so wie sie noch manche Privilegien an dieser Küste wie auf Ceylon besitzen und sonst keine Taren zahlen. Das ge­ genüberliegende Land von Ramnad ist öde, mit Sandstrecken und Salzsümpfen überdeckt, höchst ungesund; der Ort hat ein Fort; ein großer künstlicher See, ein Tank, ist durch Eindäm­ mung wahrscheinlich zur Bewässerung gebildet, neben einer alten Pagode steht eine protestantische, von der ostindischen Compagnie erbaute Kirche. Dieselbe Küstenbeschaffenheit setzt gegen Süden in den Di­ strikt von Tinnevelly, zwischen 8° bis 10°N.Br., fort, durch welchen der Sylaur-Fluß südlich von Tuticorin zum Meere fließt. Dieser entspringt in den Travancorr Bergen, an der öst­ lichen Oeffnung des Ariangawel-Passes, wo verschiedene Bäche mit Cataracten, zumal der schönste bei Co lall um, ihm zustür-

Süd-Dekan, Pandions Reich.

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zm; fein südlicher Zufluß, der Tambarapurmi, von eben da, her entquellend, unter 8° 35' N.Br., bildet auch den sehr schö­ nen Wasserfall von Pampanassum, und vereinigt sich mit ihm bei Tinnevelly und Palamcottah. Das gut bebaute Bergland dieser Quellgebiete hat Man seiner erhabenen und ma­ lerischen Naturseenen wegen mit den romantischen Schweizerlandschaften verglichen; um die genannten Hauptstädte breitet sich ein sehr fruchtbarer, reichbebauter Boden aus, unterhalb gegen das Meeresgestade Sandrevier mit Versumpfungen und Lagunen, wo Tut!eorin mit Perlbänken den zugänglichsten Seehafen darbietet. Der Mohammedanischen Ansiedler sind hier nur sehr wenige; die Bewohner von Tinnevelly und Palamcottah, ächte Hindus, sind wohlhabend; die Bergbewohner der Westgrenze un­ ter dem Namen der Colaris (Coillaris, d. h. Räuber) bekannt, sind ein schön gestalteter Menschenschlag, schlank, kräftig, martial, stets mit Piken, Bogen und Pfeil gerüstet, immer em­ pörerisch, zu jeder Fehde bereit, in den Zeiten der Unruhe überall gefürchtet. Nähere Untersuchungen dieser Gebiete wären sehr wünschenswerth. Im District von Tinnevelly zählte man, im Jahre 1810, allein 690,695 Einwohner; die vielen Polygars des Landes, d. i. kleine Fürsten, oder vielmehr Kriegerhäuptlinge, deren Hauptgewerbe ehedem Raub und Plünderung war, daher sie sich selbst wie ihre Unterthanen mit Stolz Colaris nannten, zählten sich zu einer eigenen edleren Kriegercaste, die sich von Nadjageschlechtern herleiten, bei denen Raub und Fehde ehren­ volles Gewerbe ist. Ueber den urältesten Zustand dieser Gebiete, die einst zu Pandions Reiche (Modura regia Pandionis bei Ptolem. VII. 1. fol. 175) gehörten, am Sinus Colchicus, von den Indischen Kolchiern bewohnt wurden, wo Ramisseram Kor schon als Sonnenheiligthum (Solls insula b. Plin.) frühe verehrt war, und Taprobane im engen Verkehr mit diesem seinen Gegengestade stand, ist schon an einem andern Orte umständlich die Rede ge­ wesen"). Hier nur ein Blick auf das verjüngte Reich der Pandione im Mittelalter, wie sich dieser aus den neuer­ lich von Alex. Johnston bekannt gemachten Annalen von “) Die Borhalle Europäischer Völkergeschichten vor HerodotuS u. f. w. eine Abhandlung zur McrthninSkunde von C. Ritter. Berlin 1820. 8. Kap. II. bis V. S. 48-146.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. Z. 101.

Kurtakul oder der Hindu-Fürsten von Madhura crgiebt, weil daraus die eigenthümlichen Verhältnisse der Gegenwart ihre Aufklärung erhalten. Diese neuere Geschichte von Madhura beginnt ihre Glanzperiode (nach der Aera Salivhana, 1354 — 138s, welche gleich ist 1431 —1457 n. Christi Geb.)I2) mit dem Heros und König Wiswanatha Nayaea, der von dem letzten Regen­ ten aus dem alten damals ausgestorbenen Nadjagcschlcchte auf den Thron von Madhura erhoben »vard. Nachdem dieser im Gangcswasscr gebadet und der Hcrrschermantek ihm umgethan war, nahm er den Titel Pandion Radja und die Herr­ schaft von Madhura als ewiges Erbtheil an. Er hatte durch früheste Heldenthaten, z. B. durch Deflegung eines ungeheuern Büffels, den er noch als Jüngling als Opfer zum Jahresfeste der Durga erlegte, sich berühmt gemacht; durch Bekämpfung der Re­ bellen und durch Beistand am Throne des bejahrten Obcr-Radja, vielfach verdient um das Reich, waren die größten Ehren auf ihn gehäuft. Auch die ehrwürdigen Brahmancnpricster des großen Tempels in Madhura überreichten ihm den Scepter der Herr­ schaft; er erbaute neue Tempel, Tanks zu Bewässerungen, Canäle gegen Ucbcrschweinmungen des Vaygaru, neue Dorfschaftcn; er vergrößerte die Festungswerke. Den Nachbarherrschastcn in Tanjorc und Tritchinopally« welche von den wilden Kullcrs (da­ mals schon unstreitig die Coliar) und den Polygars der Nachbarschaft beständig überfallen und beraubt wurden, stand er ebenfalls bei, und bändigte, wie in seinem eignen Reiche, so bei ihnen die Räuberbanden und die Rebellen. Als 5 Fürsten von neuem als Rebellen gegen ihren Lehnsherren auftraten, forderte er diese, um Blut, dessen schon so viel vergossen war, zu sparen, zum ritterlichen Zweikampf auf, und blieb auch hier unter dem Schutze der Götter, die Bluinenregcn aus den Wolken herab­ schütteten- Sieger. Neue Verträge zwischen Lehnsherrn' und Lehnsträgern wurden in Kupfer eingegraben und an Pfeilern an den Gränzen auf den Schlachtfeldern aufgestellt. Wie Tanjore, so wurde auch Tinncvelly von ihm beruhet und beglückt; er ver­ größerte die Städte, siedelte Dörfer an, sammelte Tanks zur Lan­ desbefruchtung. Die Totea-Caste war es, die dem Helden in i1) Alex. Jolmston History of Kurtakul in Asiatin Journal XXII.

p. 665—671.

Süd-Dekan, Pandions Reich.

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seinen Kriegen den größten Beistand geleistet hatte.

Früher tw

rett die alten Madhuresischen Maha-Radjas nur Beherrscher von 56 Königreichen (kleinen Herrschaften) gewesen, jetzt aber belohnte der verjüngte Pandion die Dienste seiner treuesten Krieqshauptkitte dadurch, daß er neue Landschaften unter sie vertheilte und sie zu Polygars erhob, mit der Verpflichtung zur Vertheidi­ gung des Madhura-Reichcs. So erhoben sich 72 Polygare als Lehnsträger seines Hauses, deren jedem eine Kawel (Herrschaft) verliehen ward, in denen bald 72 feste Burgen zur Landcsverthcir digung erbaut waren. Diesem glorreichen Restaurator der Pandivnischen Herrschaft folgten Sohn auf Sohn und Gebrüder, bis in das siebente Glied, die als Landcswohlthäter, als Erbauer von Tempeln, Städten, Tanks u. s. ro, gerühmt werden. Unter dem siebenten dieser Regenten, gegen das Ende des XVI. Jahrhunderts erhob sich eine Dynastie in den Küstenwäldern am Golf von Manar zu größerer Macht, die sich Radjas von Ramanatha (jetzt Ranni von Ramnad) nannte.

Die verwilderten Wal­

dungen waren von zahlreichen Räubern, den KuIlers (d. i. jetzt Colaris), bewohnt, welche zumal die Pilgerstraße nach Ramesswaram (d. i. Rannsseran) sehr gefährdeten, und die umwohnen­ den Völker hatten sich, rebellisch, von jedem Gehorsam, jeder Ab­ gabe losgesagt; sic bedrohten auch die innere Landschaft. Die tapfern Rajas von Ramnad bändigten die Räuber, sie sicherten die Tcmpeistraße, sie unterjochten die Rebellen, sie wur­ den von den Madhuresen Radjas dafür mit Ländereien belohnt, und mit dem Titel Sctupati beehrt. Deren Nachfolger lehn­ ten sich aber auch wieder gegen ihre Oberhcrren aus, und mußten mehrmals gebändigt werden.

Zum ersten male geschahe dies im

Anfange des XVII. Jahrhunderts, gegen 1630, wo Trimalla Nayaca, der neunte in der Reihe der Madhura Radjas, sich den Namen des Te mpelerbaners erwarb, weil er den Grund zu 96 Tempeln des Siva und Vischnu in seinem Reiche legte, die zum Theil auch errichtet wurden. Von ihm wurden auch große Tanks, Tschultri, ein großer Palast irt Madhura und an­ dere Bauwerke ausgeführt.

Die Streitigkeiten der Ober-Radjas

und ihrer Polygars fingen in dieser Zeit an dem, zu erneuern, weil die Nachbarn, zumal von Maißore und die der Mahratten, Frieden störte, und das Land verwüsteten und

sich wieder, wie ehe­ die wachsende Macht durch Ueberfätte den plünderten. Seitdein

löste sich das Verhältniß der Polygars zu ihren Oberlehnsherrn

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §.102.

mehr und mehr auf. Die neueste Zeit hat sie wie jene zu mediatisirten, oder den Briten tributpflichtigen Grundbesitzern ihrer Königreiche und Pollams (d. i. Herrschaften) gemacht. Ihr Verhältniß ist dasselbe, das durch einen großen Theil Dekans bis in die Länder der Mahxatten reicht. In den nördlichen Circars heißen ste Zemindare, in Radjaputana werden sie Takur genannt, hier sind sie die Polygar; überall hat sich dieser Zustand eines Feudal- und Raubritterwcsens aus der Zeit des dortigen Mittelalters auch auf der Halbinsel Indiens unter den mannigfaltigsten Modificationen erhalten, und es läßt sich noch nicht sagen, daß diese durch die Britenherrschaft überall beruhigt wären. Nur temporär scheinen sie hie und da beschwichtigt oder unterwürfig; ihr nie erloschenes Feuer glimmt unter der Asche fort, und selten wagen sich Europäer, ohne Noth, nie unbewaff­ net, in die Territorien der Polygars von Madhura.

§. 102. Die Insel Ceylon; Taprobane, Salike, Silediva, Selan Div (Diu, Div, wie Dwipa, d. h. Insel im Sanskr.). I. Uebersicht. 1. Aelteste Kenntniß im Abendlande von Tapro­ bane, durch die Zeitgenossen Alexanders, bis auf Strabo, Plinius und Arrian. Wenn Strabo die Insel ©teilten als eine Erweiterung Italiens betrachtet, so können wir mit gleichem Rechte die In­ sel Ceylon (sprich Cylan im Indischen, wie Xllav, daher auch die Bewohner der Insel sich Chilias nennen nach Knox)») ebenfalls als eine Erweiterung von Dekan, ja als eine große Be­ reicherung der vorderindischen Halbinsel ansehen; nicht sowol ih­ rer Größe wegen, die nur etwa 1250 Quadratmeilen Inhalt, mit einer Küstenumsäumung von 160 Längenmeilcn, also viel weniger als die der großen Sunda-Inseln beträgt, sondern vorzüglich ih­ rer Stellung, ihrer Gestade,Verhältnisse, ihrer climatischen Eigen*') Rach Wilks Historical Sketches of South India. London 1820. 4. T. Hl. p. 21.

Insel Ceylon, Taprobane der Alten. schäften, ihrer reichen Produktionen wegen.

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In allen diesen Be­

ziehungen ist dieses maritime Glied Indiens, dieses von der Natur ungemein mannichfaltig ausgestattete Küsteneiland, auch eine sehr reiche Zugabe für die historische Entwick­ lung seines Nachbarcontinentes gewesen, und als Ziel des Welt­ verkehrs, für den steuernden Weltschiffer, seit den frühesten Jahr­ tausenden, ein Stern erster Größe zu ncnnne, auf dem gewölbten blauen Spiegel des Indischen Oceans. Freilich geht unsere di­ rekte Kenntniß von Ceylon nicht über die Zeit Alexander des Großen hinaus, dessen Zeitgenossen die ersten sind, welche Ta, prob«ne ( TangoßävTj) nennen. Aristoteles de Mundo c. 3. vergleicht ihre insulare Lage, wie Britannien zu Europa, so Ta, probane zu Indien; auch sey, bemerkt er, diese Insel nicht viel kleiner als Britannien, was Strabo nach diesem wieder­ holt hat (Strab. ed Casaubon sec. 130). 2lus Plinius Worten (Taprobauem alterum orbem terrarum esse diu existimatum est Antichtbonum appellatione VI. 24) könnte man schließen, daß ihr Daseyn schon weit früher bekannt gewesen (und dies war bei den kontinentalen Asiaten, durch die Sanskritlilcratur, wirklich der Fall); doch sagt er selbst, daß erst durch Onesicritus den Schiffscapitain Alexanders (Hist. Indic. c. 18), und durch Megasthenes (s. Asien Bd. 4. Abth. i. S. 482) dieses Land als Insel erkannt sey, wahrscheinlich als Widerlegung des Hipparch (lebt 150 I. v. Chr. Geb.), der, des Eratosthenes Angaben gern crilisirend, dieses Taprobane noch für den Anfang eines andern Welttheils (ein Antichthon b. Pomp. Mela 111. 7: Taprobane, aut grandis admodum insula aut prima pars Orbis alterius Hipparcho dicitur etc.) auszugeben geneigt war, weil dessen Umschiff»ng nod) von Niemand ausgeführt worden sey. Strabo, der aus dem Eratosthenes unbOne, sicritus seine Angaben mittheilt, nennt sic eine pelagische Infel (Lib. XV. c. 1. §. 14. 15), und giebt, wie Plinius (VI. 24), der nach Megasthenes und jüngern Aussagen (s. Asien Bd. 4. Abth. 1. S. 489) berichtet, wie nicht anders von bloßem Hören­ sagen zu erwarten war, Irrthum mit Wahrheit gcmisd)t. Dies ist zumal hinstchtlid) der Größenangaben und der Distan­ zen vom Kontinente Indiens der Fall; Eratosthenes giebt 5000 Stadien (125 geogr. Meilen) Lange und 7 Tagefahrlcn Abstand der Insel an, vom Volk der Kontaker (/üvwuxoi, im heutigen Konkan, um Ramisseram Kor; Strabo Uebcrs. v. Groß-

16 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschnz §. 102. kurd, Th. III @.115 Not. 2. und S. 117)»), Pl.niu s giebt 5000 Stadien Breite und 7000 Stadien Länge nach eben dem­ selben an, und 20 Tagefahrtcn vom Lande der Pras!er aus­ schiffend (Asien Bd. IV. l. S. 507), was aber in bessern Schif­ fen nur 7 Tagereisen betrage. Die Ucbcrfahrt von den Koniakcrn über die schmale Meerenge Ceylons, kann, ohne den offen­ barsten Irrthum, nicht zu 7 Tagen angegeben seyn; ein Misverständniß bei Strabo, nach Eratosthenes, der vjchlcicht, wie Plinius, ein Volk der Prasicr nannte, das der Anusische Geo­ graph mit den Koniakcrn an der Südspitze Dekans idcntificirte, könnte Aufschluß über jene Differenz geben. Auf eine Küstenumschiffung der Insel Taprobane, wie dies Manne«1G) und an­ dere ,zu erklären versuchten, können diese irrigen Angaben der Länge und Breite keineswegs anwendbar seyn: auch abgesehen davon, daß bei dem eigenthümlichen Wechsel der dortigen Wind­ systeme auch nie von einer wirklichen Umschiffung der ganzen Insel die Rede ist. Was aber auch den Ptolemaus zu der so sehr übertreibenden Vergrößerung dieser Insel (von 121° N.Br. bis über 2i° S.Br.) über den Aequator hinaus vermochte (Pto* lein. Geogr. Li!,. VII. c. 4), wodurch ihr Fläthcnraum wenig­ stens um zehn mal mehr als in der Wirklichkeit erweitert wurde, wissen wir nicht, wenn cs nicht eben die allgemeine Unsicherheit der Schiffcrangabcn der Alten war, die im beschwerlichen und unbekannten Meere wegen des vielen Aufenthaltes, aus Unkenntniß der Winde und Strömungen, ihre guten Gründe hatte, oder wenn es nicht insbesondere einer alten Sage gemäß geschahe, diese Insel als eine eigene Südwelt (Antichthon) zu be­ trachten, über welche ihm dann des Plinius zweifelnde Angaben müßten unbekannt geblieben seyn» Eben der Mangel der ge­ nauern Schiffcrberichte ließ ihn vielleicht Angaben über die Lage der weit östlicheren Inseln Sumatra und Java (Iaba-diu, d. i. Gersten-Insel), die aber wirklich so weit südwärts über den Aequator hinausreichen, wie er Ceylon anglebt, mit dem Süd­ ende von Taprobane identificiren, oder die Aussage von andern dort gegen die Malediven vorliegenden, von Vorübersegelndcn er­ blickten Vorgebirgen und Landhöhen. *4) Bergt. Borhalle Europäischer Bölkcrgcschichtcn vor Herodot. Ber­ lin 1820. 8. S. 53. “) C. Männert Geogr. der Gr. und R. Th. V. 1. S. 276 u. f.

Insel Ceylon, Taprobane der Alten.

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Es bleibt dieser Irrthum um so auffallender, da schon Arrian (Peripl. Mar. Erythr. ed Huds. p. 35) diese Gewässer durch Vorüberschiffende so gut kennt, und Ptolemäus selbst eine so inhaltreiche Beschreibung der Insel im dritten Kapitel des sieben, ten Buches seiner berühmten Geographie giebt, deren Hauptzüge durch genaueste, neuere Forschung sich in merkwürdigen Einzelnheiten, wenigstens immer mehr und mehr auf eine überraschende Weise bestätigt haben. Die frühere Vermuthung, als sey das alte Taprobane, wie jene Größenangaben anzugeben scheinen, wirklich von größerem Umfange gewesen, als das jetzige Ceylon, aber durch eine Naturbegebenheit zerstört und verkleinert worden, hat von Hoff»«) in seiner so lehrreichen, wie meisterhaften Un­ tersuchung schon gründlich in so weit widerlegt, daß eine solche auf keinen Fall innerhalb der historischen Zeit Statt finden mochte. Die Bestätigung derselben Vermuthung, welche der Venetianer Marco Polo schon Ende des XIII. Jahrhunderts bestimmt aus­ sprach (Isola di Zeilan che anticamente era maggiore) l"), hatte derselbe, wie er selbst sagt, nur aus den Seekarten dortiger Schiffer entnommen; sollten dies aber nicht die Arabischen Co, pien der Ptolemäischen Karten Agathodämons gewesen seyn? an welche sich leicht jene einheimisd)e Sage von zernagenden Nord­ winden (Tramontana) anschließen konnte, die der Venetianer an­ führt, welche durch ihre große Gewalt und Zerstörungswuth einen Theil der Inselberge durch Verwitterung zum Einsturz brachten, wodurch die Insel verkleinert worden seyn soll. Ob sich dieses etwa nur speciell auf die Zerstörung der Felsriffe der Adamsbrücke durch den heftigen N.O.-Monsun und die dadurch bewirkte heftige Brandung beziehen soll, lassen wir auf sich beruhen, da diese Gegend der Sitz unzähliger Sagen und Fabeln durch alle Zeiten geworden ist. Wenn Strabo's Nachrichten nur von Elephanten wissen und von großen amphibisch lebenden Scethieren auf Ta pro, banc, die, wie er sagt, Kühen, Pferden oder andern Landthieren gleichen sollen, so hat Plinius, durch Onesicritus und Me, gasthenes, auch erfahren, daß die Elephanten dieser Insel die **) K. E. A. von Hoff Geschichte der natürlichen Veränderungen der Erdoberfläche. Gotha 1822. 8. Th. I. S. 84-91. *’) Marco Polo Viaggi Libr, II. e. 19. ed Venet. Vol. II. 1583. fol. 53; cf. Marsden M. Polo ed. 1818. Not. p. 622,

Ritter Erdkunde VI.

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18

Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 10!2.

größten und kriegerischtcn Indiens sind, daß Taprobane auch an (Mb und großen Perlen reich sey, daß die Meerenge, welche sie von Indien scheidet, an manchen Stellen zwar große Tiefen bar, an andern aber ungemein seicht ist (mare inter est vadosmn); daß die Schiffahrt daselbst nur 4 Monat dauere, weil dann die ungünstige Winterzeit, d. i. der Regenmonsun, eintrete. Es ist bei ihm, nach Eratosthencs, von 700 Flecken, oder nach seines Inders Rachia (d. i. ein Radja, nämlich der fürstliche Chef der 4 Gesandten, die an Kaiser Claudius Hos in Rom gingen, s. Asien Bd. IV. 1. S. 480) Aussage, von 500 Städten, wol Ort, schäften, die Rede, und von einer Residenz, Palaesimundu, des dortigen Herrschers mit 200,000 Einwohnern. Im Innern der Insel sey ein stehendes Wasser (ein Tank, d. i. einer der unzäh­ ligen Kunstreiche), Megisba genannt, über 30 geogr. Meilen (375 M. P.) in Umfang. Der Römische Libertus Ann. Plocamus nennt den Hafen, in welchen ihn die Stürme auf jene Insel trieben, Hippuros. Die dortigen gastlichen Herrscher lebten, nach des Radja (Rachia) Aussage, in Brah manischer Ver­ fassung (also Hindu -Colonisten der frühesten Periode), nämlich als Wahlfürsten mit 30 Rathgebern zur Seite und ei­ nem Gerichtshof von 70. Der König kleide sich nach Art des Bachus (d. i. nur in ein übergeworfenes Gewand, sonst mit ent­ blößten Schenkeln und Oberleib), die übrigen wie Araber. Jagd auf Tiger und Elephanten sey Lieblingsgeschäft, der Ackerbau und die Obstzucht trefflich. Der Weinstock sey unbekannt. Schild­ krötenfang und Fischereien seyen wichtig, Sclaven halte man nicht, das Alter der Menschen reiche bis loo Jahr. — Alles dies insgesammt Nachrichten, die nicht zu bezweifeln sind, zwischen welche sich andere offenbare Unwahrheiten eingedrängt haben, von denen wir keineswegs jedoch bestimmt wissen können, ob sie auf Rechnung des Ceylonesischen Radja, oder auf den Misverstand seines römischen Dolmetschers kommen möchten. Dies letztere halten wir für viel wahrscheinlicher, und stimmen nicht in die herkömmliche Verwerfung des Ann. Plocamus als eines Lügners mit ein, weil wir uns doch wundern müßten,

woher sonst die

Römer damals solche Thatsachen erfahren haben sollten, wie die obigen, die nur ein Einsichtiger mittheilen konnte. Mitunterlau­ sende Irthümer sind allen Geographen auch den neuesten gemein. Arrians Periplus weiset, wie wir schon früher angege­

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ben haben (f. Asien Bd. IV. 1 S. 516 re.), auf Ceylon wichti-

Insel Ceylon, Simundu.

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gen Handel mit Perlen, Edelsteinen, Geweben und Schildpatt nach, die dort einheimische Waaren sind; der Name Palaesimundu, den er wie Plinius dieser Insel, vielleicht irrig beilegt, erhielt schon bei Ptolem. und Stephanus Byz. seine Correctur in „vor alters hieß sie Simundu ndXai ph ixaIhto Stpsvös 2IM0YNJ0Y); doch bleibt auch hier noch eine ConMur möglich, btc schon 9Cenaut>ot18) gemacht, wenn A und A nebeneinander, statt M, früher gestanden, wo dann auch darin der ursprüngliche Name Silan-div unverkennbar wäre: zumal da sonst nirgend jenes Simundu weiter bekannt ist. Zu seiner Zeit, sagt Ptolemäus, heiße dieselbe Insel Salike (Sulixrj, vielleicht x statt v, richtiger , d. i. Seilan nach Th. Hy de)19), das Volk Salae (2u\at), worin der heu­ tige Name S e l a n, Seilan, Ceylon nach Holländer Schreib­ art, wie der Ceylonesen, btc Knor Chilias nennt, nicht zu ver­ kennen ist. Als Producte führt er an: Reis, Honig (unstrei­ tig den Palm zuck er, Iagori, sprich Dschaggeri, d. i. 2«xSacharum, s. Ztsien Bd. IV. 1. S. 439, 853), Ingwer, Berylle, Hyacinthen, Gold, Silber, Elephanten und Tiger (eine Leopardenart, Cheta, denn eigentliche Tiger feh­ len auf Ceylon) 2"). Vom Z im metertrag dieser Insel ist bei ihm wie bei keinem der alten Autoren die Rede, obwol Strabo sehr viel von einem Zimmtlande (77 Kiwa/nwinofpoQog, einem elephantenreichen, aber an der Ostküste Afrikas, der heutigen Küste Ajan) spricht, das er mit Taprobane in gleichen Parallel, aber gegenüber weit nach dem Westen, setzt (Strabo ed. Casaub. p. 119 u. a. 0.). —

2.

Taprobane, Salike nach Cl. Ptolemäus im II. Saec. n. Ehr. Geb. Gewiß ist des Claud. Ptolemäus Landkarte von Salike, oder Ceylon, ein sehr merkwürdiges Monument aus dem zwei­ ten Jahrhundert unserer Zeitrechnung (obwol Agathodämons Ent­ wurf, wie wir ihn jetzt besitzen, erst aus dem V. Jahrh, herstammt), wenn man bedenkt, daß sie nicht vtd weniger aegen die beste li) Renaudot Anciennes Relations des Indes etc. Paris 1718. 8. p. 133 Nöt. l#) Abr. Peritsol Itinera Mundi ed. Th. Hjde. Oxoniis 1691. 4. fol. 25 Not. I I. Davy Account of Cey­ lon. p. 427.

A)

Ost-Wcn. Vorder-Jndien. IV7. Abschn. §. t02.

Karte der Insel, die anderthalbtausend Jahre später erschien21), zurücksteht, als diese gegen die vollendeteren der Gegenwart, welche jedoch ebenfalls noch immer sehr Vieles zu wünschen übrig lassen. Das Kap. 4 Buch Ml der Geographie des Alerandrinischen Astronomen enthält, höchst wahrscheinlich nach Schifferberichten der phönicischen und ägyptisch-griechischen Ceylonfahrer, seiner Zeit, an fünfzig Namen und detaillirte Eingaben, zumal über die Gestade dieser Insel, unter denen die meisten freilich dem Wechsel der Zeit unterworfen nicht mehr nachweisbar sind, davon aber auch mehrere durch chre Uebereinstimmung mit den Monumenten, wie der Beschaffenheit der Gegenwart, überraschen, und ein Zeugniß geben, daß sie einen historischen Hintergrund haben, der uns aber dem großem Theile nach in seinen Einzelnheiten bisher noch we­ niger bekannt ward. Es sind 7 ausgezeichnete Vorgebirge der Insel, zwei centrale Gebirgsgruppen, 6 Hauptflüsse, 13 Küsten­ städte, 5 Häfen, 2 große Emporien, eine Königsresidenz genannt, außerdem noch eine Metropolis, 6 centrale und mehrere literale Ortschaften. Die Angabe dieser Puncte beginnt mit der nörd­ lichsten Spitze der Insel, dem Cap Nord-End

(to

Bogeiov

axQov), dem Vorgebirge Kory (s. Asien Bd. IV. 1. S. 517)22) gegenüber, und geht von da die West- und Südküste der Insel, dann die Ostküste entlang, bis wieder zur Nordspitze zurück, wo­ durch die Möglichkeit gegeben ist, die Lage der Ortschaften mit denen der heurigen Zeit zu parallelisiren. Dies ist mit möglich­ ster Zuziehung der Distanzverhältnisse schon durch C. Män­ nert2^) auch im Allgemeinen nicht ohne Glück geschehen, und obwol gewiß die meisten der Localitäten nur annäherungs­ weise zu verstehen sind, die Namenvergleichung aber fast gänzlich wegfällt, so wiederholen wir doch hier diesen ältesten Periplus der Insel, weil er uns mit einigen beigefügten Nachweisungen jün­ gerer Entdeckungen zur vorläufigen Orientirung auf derselben die­ nen kann, ehe wir zur Bestätigung mehrerer Angaben durch wirk­ lich in der Gegenwart aufgefundene, antike Monumente überge­ hen können, an denen diese merkwürdige Insel weit reicher sich 31) Nieuwe Kaart van bet Eyland Ceylon opgestellt door Fr. Valentyn, in dess. Ond en Nieuw Oost-Indien. Amsterdam 1724. fol. Vol. V.; Map of the Island of Ceylon by J. Davis.

**) Bergl. Vorhalle Europäischer Völkergeschichten vor Herodot u. s. w. Berlin 1820. 8. S. 74 u. f. *s) C. Männert Geogr. d. Griechen und Römer Th. V. 1 S. 284 — 289.

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Taprobane, nach Cl. Ptokemaus.

21

zeigt, als man sie bisher dafür hielt. Der großartige Character dieser antiken Denkmale selbst, in gegenwärtig ganz zu Wildniß versunkenen Gegenden, wie ihre große Zahl, ist hinreichender Be­ weis für die Mehligkeit der allgemeinen Vorstellung der Alten, von einer früher hohem Bebauung und Population der Insel, wenn wir auch zugeben müssen, daß die obigen Angaben nur runde Summen bezeichnen. Auf das Cap Nord-End^), jetzt Pedroe-Cap, welches dem nördlich abgesonderten Vorlande des heutigen Jaffnapatam an­ gehören muß, folgt in West zur Seite das Vorgebirge Ogaliba extrema (auch Galiba) im Lande der Galibi, die den äu­ ßersten Norden der Insel nebst den Modutti (Movd'ovuoi) be­ wohnten. Dem Vorgebirge gegenüber, in N.W., ist die Insel Nanigeris gelegen, wahrscheinlich das heutige Manaar, wo die Manaarstraße vorüber geht. Die beiden Städte Marguna und Jogana, etwa wo jetzt Aripo und Kudrimalle. In diesem letztem Namen, der richtiger Kudire maiai25) heißt, d. i. im Tamulischen so ml als Pferdeberg, glaubt man den alten Hafen Hippuros, d. i. Hippos-oros, wiedergefunden zu haben, dessen Lage sonst unbekannt ist, in welchen, nach Plinius, der römische Liberms durch Nordstürme verschlagen ward. Es liegen um dieses Kudire malai, landeinwärts, sehr zahl­ reiche Architecturreste, Säulen, Sockel, Tumuli, und die einhei­ mische Sage nennt hier die Residenz eines alten Hindu-Raja, der Alli oder Abbi Ara sän i hieß, dessen Vermählung mit Arjuna, einer der fünf Pandavas, das Sujet eines populairen Drainas in der Tamulischen Sprache ist. Der letztem Stadt Kudiremalai gegenüber liegt Orneon (die Vögelinsel) am Westgestade, wo die heutige Insel Karadiva; aber im Osten, etwa 8 geogr. Meilen landein, im Innern der Insel nennt Ptolemäu s ganz richtig A iy u r o g r a m m uin Reg i a (jetzt Anarajapura, d. L die 5rönigsstadt), deren Existenz nach ihren großartigen Ruinen, die unter dem Namen „der Tausend Pfeiler" schon früher bekannt wurden, die Rob. Knox^) (m 34) Glaudii Ptolemaei Alexandrini de Geogr. Libri VIII* ed. Bertii Theatr. Geogr. Veter. Amstelodami 1619. so!. Vol. I. Lib. VII. c. 4. fol. 212 — 214. 3S) Asiatic Jouin. New Ser. Vol. IV. j). 327f aus der Madras Gov. Gaz. 2S) Capt. Rob. Knox Uistorical Relation of tlie Island of Ceylon 1681» Lond. 4. ed. 1817. l\ IV. cb. 9. y. 322.

22

Ost-Asien. Vorder-Iridien. IV. Abschn. §. 102.

Jahre 1679, auf seiner Flucht unter dem Namen Anarodgburro zuerst entdeckt hat, kürzlich aber, 182S27), von Chapman untersucht Und vollkommen bestätigt ward. Sie liegt unter 8° 20' N.Br.; Ptolemäus giebt ihr 8° 40', ein so geringer Unterschied, der uns die guten Quellen verbürgt, welche der Ar­ beit des Fürsten der Astronomen seiner Zeit in so weiten Fernen zum Grunde lagen. Das Vorgebirge gegen West, Andrasimundi (Anarismundi) 7° 45^ N.Br., mag in der Nahe des heu­ tigen Putlam, oder auf dem Vorlande von Calpentin ge­ sucht werden. Bei den Angaben südwärts der Königsresidenz sind die Ptolemäischen Breitenbestimmungen jedoch gar nicht mehr zu berücksichtigen. Der Soana, dessen Quellen und Mündung angegeben werden, läßt sich nur etwa auf den Fluß bei Chi law deuten, dann folgt Sindocanda, Stadt und Volk; Priapidis Portns (etwa vom griechischen Berichterstatter wegen des Lingam- Cultus so genannt, wie denn überhaupt in den vielen Griechischen Benennungen sich die Willkühr der Angaben darthut), in tiefer Meeresbucht gezeichnet, ist wol höchst wahrscheinlich das heutige Negombo. Anubingara müßte dann die Lage von Colombo bezeichnen, Dios acra ein dem höchsten Gotte ge­ widmetes Cap, nahe dem heutigen Caltura, Odoca eivitas das jetzige Punto Gale, mit dem benachbarten Azanus-Fluß, Orneon acra (die Spitze der Vögel), das südlichste Vorgebirge bei Matura, jetzt Cap Dondera seyn. Die große südliche Breite der Jnselzeichnung bei Ptolemäus ist zwar übertrieben, aber doch der wahren Gestaltung der dortigen Gestade gemäß; auf ihr liegen weiter ostwärts Dangana, jetzt Tangala, Corcobara civitas in der Nähe von Hambangtotte, des Dionysos Stadt (solche Götternamen mögen hier wol Buddhaheiligthümer bezeich­ nen, an denen die Insel so reich ist), etwa nahe M a g a m e oder dem heutigen Katragam28), wo viele Ruinen liegen, und Cetaeum Promontorium, das Vorgebirge der Seethiere, eines der südöstlichen Caps der Insel, etwa Jalle, dem Barak-Flusse nahe, ein Küstenfluß, der aus dem centralen Hochgebirge des Adam-Piks kommt. Diesen hat Ptolemäus mit dem Namen Malea (M«Ata, wie Mala im Sanscrit, d. h. Berg, daher 1T) J. J. Chapman some Reraarks upon tlie Ancient City ot Anaraja pura etc. in Transact. of the Koy. As. Soc. ot Gr. ßr. Lond. 1832. Vol. 11. P. 11. p. 463 — 495. *•) J. Davy Account ot the Interim of Ceylon. Lond. 1821. 4. p. 420.

Taprobaue, nach El. Ptolemaus.

23

Malabar das Bergland, daher auch die häufige Endung der Cenlonefiscben Orte auf malle, wie Kudire malle, Trinco Qualle u, st.) belegt, cffenbar der einheimische Name, da ihn die heutigen Mohammedanischen Ceylonesen selbst 2tdam Malle^), oder die Bergbewohner, wie schon Rob. 3?nojr30) verkündete, Ha-MatcH nennen, und Kot,Male das ganze schwerzuganglichc, ccm trale Hochland bedeutet, aus welchem nach allen Seiten tue Ströme abstießen, wie Ptolemäus sagt: der Soana, Zlzanus und Barak. Eben hier, am Südgehänge dieser Centralgebirge hat Ptolemäus das Weideland der Elephan ten verzeichnet, wovon schon früher die Rede war (s. Asien Bd. IV. 2lbth. 1. S. 916), und es ist recht characteristisch, daß mir31) hier die großen Heerden dieser Colosse zwischen Matura und Tangala die Gelegenheit zu den großen Elephcmtenjagden gegeben haden, die bis in die Gegenwart dauern und schon die Bewunderung der Alten waren. Die drei Namen Poduce, Ulispada und Nacaduma, welche Ptolemaus unter den Städten des Binnenlandes aufführt, und welche um die äußern Südgehänge des Centralgebirges auf des Agathodämons Karte verzeichnet sind, möchten nur erst annäherungsweise zu bestim­ men seyn, wenn man genauere Kunde von den Ruinen dortiger Städte erhalten haben wird, unter denen dann vielleicht auch ei­ nige, wie die mehr im Norden schon bekannt gewordenen, auf ein höheres Alterthum Hinweisen könnten. Auf jeden Fall scheint auch ihre Angabe zu bestätigen, was uns die neuesten Untersuchungen der Briten ganz klar machen, daß selbst das Innere auch dieser Südhalfte von Ceylon einst weit bevölkerter und an­ gebauter war, als in der dort sehr verwilderten Gegenwart. Ge­ hen wir am Ostgestade der Insel weiter gegen den Norden, so folgt vom Barak-Fluß zunächst die uns unbekannte Lage der Stadt Bokana, oder Comana, dann aber Mordulamne Portus, den Männert für den heutigen Hafen Baticaloa, unter 7°40'92.951:. hält; von da bis zum Spatana Portus, jetzt Trincomale, dessen Lage durch den Ganges-Fluß, *•) J. Davy Account of the Interior of Ceylon. London 1821. 4. p. 346, 455. 80) Capt. Rob. Knox Historical Relation of the Island of Ceylon (1681) ed. Lond. 1817. 4. P. I. ch. 1. p. 6. al) J. Davy a. a. O. Cordmer Descr. of Ceylon. London 1807. 4. Yol. I. p. 213 — 247; A. Bertolacci View of Ceylon, London 1817. 8. p. 271.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. lV. Abschn. §.102.

offenbar der größte Strom der Insel, der heutige Mahavclle Gang» mit seiner zweiarmigen Mündung gegen N.O. ziehend, wieder genauer bezeichnet ist, werden noch fünf schwer zu stxircnde Orte angegeben: Arabatha, aus der Spitze etwa zu suchen, welche die Vendclusbay gegen 8® N.Br. auf der Südseite ein/ schließt; der Solis Portus, etwa in der Bay selbst, wol ein der Sonne geweihter Ort; Procuri auf der nördlichen Spitze der Bai, und der Rhizola Portus an der südlichen Seiten/ mündung des Ganges, dem jetzigen Virgil Ganga^), wo auch heute ein großer Tempel berühmt ist. 30'£aa ar.Qu, d. i. die Vorgebirgsspitze, an der Südseite der schönen Bay von Trincomale, auf der Ptolcmäischen Karte nach der Wahrheit niedergelegt, mit dem Nordarme des Ganges, der in die Mitte der Bay sich ergießt und im Norden desselben der Spatana Portus, unter 8° N.Br. bei Ptol., einer der schönsten des Indischen Oceans, der wirklich unter 8° 30' N.Br. gelegen ist. An den innern Lauf dieses großen Stromes, wo er aus dem Ge/ birge der Galibi hervortritt, setzt Ptolemä u s seine zweite Haupt/ stadt der Insel, welche er Maagrammum nennt, nach der Analogie des obigen, wo Grammum so viel als pura (daher Anaradg/burro für Anaraja-pura bei Knox) bedeutet, wol idcn/ tisch mit Maha/pura, die große Stadt; daher wol sein Zu/

Metropolis. Es fällt diese Lage in die durch ihre gran­ diosen mit cyclopischen Riesendümmen, Emissären und Canälen versehenen Knnstteichen (Tanks) neuerlich so berühmt gewordene Gegend von Candelly und Minerv, über deren Struktur uns I. Davy und Brooke als Augenzeugen^) belehrt haben. Sie waren zur Bewässerung der benachbarten, weiten Fruchtebene be­ stimmt, wie der Sedd-Marib, das Paradies von. Arabia f'elixM), wie der See von Orchomenos in Boeotien, wie der Albaner und Fuciner See im antiken Latium. Einstimmig behaupten die Beobachter an Ort und Stelle, daß ohne eine sehr große und civilisirte Population die Ausführung so großartiger Werke in Ceylon, wie diese zum Besten der Agrikultur, die an ägyptische

*

®‘0°k® Master Attendant at Trincomalie Account of die Mahavclla Ganga 1833. in Jovrn. of the Roy. Geogr. Soc. of London Vol. III. 1834, p. ,223 — 231. ") R. Brooke 0. a. O.

/«io LoCT?‘ t E4" 390"> C. Ritter di« Erdkunde 1818. erste Ausgabe Th. II. S. 193 — 195.

Taprobane, nach El. Ptolemäus.

25

Monumente erinnern35), nicht denkbar sey. Sollte dies des Plinius StagnumMegisba seyn? im Innern des Landes, 375,000 Schritt im Umfange, aus dem zwei Ströme fließen sollen. Der Candelli-See ist gegenwärtig weit kleiner als er früher war, er­ gießt sich aber zum Mahawelle Ganga. Wir werden weiter unten sehen, daß dem Ceylonenstschen Sesostriden, dem Erbauer dieser Werke, ein dortiger Tempel ge­ weiht ist, in dem er noch heute unter dem Namen Ma Häsin, Maha-Rajah (d. h. der König mit den Goldwaffen) verehrt wird. Weiter aufwärts am Mahawelle Ganga liegt da, wo ec aus dem Gebirgslande hervortritt, Bintenne oder Bin kam, dessen Lage mit bet der Centralstadt Adisamum bei Ptolemäus zusammenzutreffen scheint. Von diesem Hauptsitze der Cultur zu Maagrammum und Adisamum auf der Ostseile der Insel, hatte also der Alexandriner ebenfalls recht berichtet; Männert, dem diese Erläuterungen zu seiner Zeit noch unbe­ kannt waren, bemerkte ebenfalls schon in seiner Beschreibung vom Gangesfluß, ja von Baticaloa aus, nordwärts, würden auch die Distanzangaben bei Ptolemäus bis zum Nordende wieder ganz naturgemäß und richtig, wenn man die .gegebenen Maaße nur immer um ein Drittheil verringere. Auf Spatana Portas folgen Nagadiva Civitas, der Pati Sinus, Anubingara Civitas und Moduti Empo­ rium (Mod8i8 EfinoQiov), worauf die Mündung des Pha, sis-Flusses genannt ist. Der letzte Ort ist endlich Talacori Emporium (TaX«xtvp< Eftnogiov), worauf der Periplus zu dem Nord-Cap zurückkehrt, von dem er ausgegangen war. Ein Strcm von größerer. Bedeutung, der wie der Phasis auf der Ptolemäischen Karte gegen Nord flösse, fehlt auf unsern jetzigen Karten von Ceylon, möchte auch nie daselbst vorhanden gewesen seyn, da das ganze Nordende der Insel niedrig, ohne Gebirge ist, welche bedeutende Wasser entsenden könnten. Der Name Pha, si s, ein geweihtes Wasser bezeichnend36), von dem einen Heilig, thun» des Helios in Osten kommend, zum andern, nämlich zur **) Vergl. Heeren Commentatio de Ceylone Insula per viginti fere saecula communi terrarom mariumque aiistralium Emporio 27. Jan. 1828. in Commt. Soc. Reg. Sc. Gotting, recent. 1832. 4. Vol. VII. p. 20 — 38. Vorhalle Europäischer Völkergeschichten vor Herodot. S. 52, 74, 203.

2f>

Ost-Wen. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 102.

Insel Kori (Solls insnla bei Plin.) hinführend, dessen Mündung ein drittes Kori-Emporium, Talacori, vorliegt, könnte dann, allerdings nicht blos ein Fluß, sondern eine Fahrstraße, die enge Mündung des Meeres selbst fettn, welche dort die Nordspihe, jetzt mit Iaffnapatam, von der Hauptinsel im Süden abschneidet. Seiner Mündung auf beiden Seiten so nahe beisammen zwei Emporien oder große Markt- und Waaren-Orte genannt zu sehen, zeigt, wie wichtig jene Stellung der Insel für den Ver­ kehr mit den seefahrenden Völkern und dem Gegen ge stade in je­ ner Periode war. Der Name Talacori ist ganz verschwunden, die Spur des Etyporiums Modutti glaubte Männert in dem Namen Moletivo, unter 9° 10' B.Br. wiederzufinden. Wir erinnern hier nur, daß ein solcher Name, bis heute, sich auf der Westseite Ceylons nahe der Manaar-Insel und des früher ge­ nannten Galiba-Vvrgebirges, in dem modernen Städtchen Mantotte erhalten hat, dem aber zur Seite die großartigsten Back« steinruinen einer ältern Stadt37) desselben Namens liegen, die eine sehr große Strecke Landes bedecken, welche ebenfalls mit au­ ßerordentlich großen Kunstteichen antiker Bauart umgeben sind. In den Trümmern dieses Mantotte ist eine große Menge rö­ mischer Münzen von verschiedenen Kaisern, zumal der Antonin e, ausgegraben worden; auch finden sich hier goldene und sil­ berne Römcrketten, Spangen und die schönsten Terra Cottas. Die ganze Provinz, in welcher diese Ruinen liegen, heißt ebenfalls Mantotte, unstreitig weil das ganze Nord-Ceylon, wie wir schon oben bemerkten, auch zu Ptolemäus Zeiten schon von den Moduti, das ist wol ohne Zweifel von Mantottis, bewohnt war. Sollte derselbe Landesname beiden Emporien zu Theil geworden seyn, oder der Name von dem ältern Emporium der Ostküste, den Ptolemäus kennt, erst später zur MohammedanerZeit zu dem der Westküste der Galibi, von dem er noch nichts weiß, übertragen worden seyn? vielleicht seitdem Araber, unter denen diesss Mantotte Emporium, seit betn VIII.Saccul., neu aufblüht?, sich dort niederließen. Noch eine Bemerkung drängt sich zur Erklärung hier auf: Arrians Angabe^), als heiße die **) Alex. Johnston Account of an Inscription found near Trincomala in Ceylon in Transact. of the Roy. As. Soc. Lond. Vol. i. p. 546. N. P. ss) Arriani Peripl. War. Evytlir. ed. Hudson* p. 35.

Taprobane, nach Cl. Ptolemäus

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Insel Taprobane zu seiner Zeit Palaesimundu, ist schon oben hinsichtlich des zusammengesetzten Namens berichtigt; aber, auch Plinius hat denselben Namen der Königsresidenz gege­ ben, die dem Hafen Hippuros nahe gelegen zu haben scheint. In dem Promontorium Andrasimundi bei Calpentin, nur wenig südlich von Kudire Malai, dein Pferdcberge, wiederholt sich der, selbe Name, immer auf der Seite des heutigen Gestades von Mantotte. Arrian dagegen sagt nur der nördliche Theil der Insel sey sehr angebaut und umschwärmt von schnellsegelndcn Schiffen, ihm liege Masalia (Masulipatam, s. Asien Bd. IV. 1. S. 518) gegenüber, dies führt wieder auf die Nordscite der In­ sel, wo eben die Haupthäfcn von Spatana und Moduti die be­ suchtesten seyn mußten. Heeren ist geneigt Palaesimundu für den Hafen von Trincomale zu halten^). Ptolemäus Nachrichtm sind, wenn auch nicht in allen Theilen fehlerlos, so wenig wie Berichte heutiger Geographen; aber sie tragen in sich den Stempel der Authenticität, wie Schifferbcrichte dies überhaupt vermögen. Daß er den Reis an die Spitze aller Producte der Insel stellt, ist nicht gleichgültig, so we­ nig auch das heutige Ceylon Uebcrfluß an diesem Hauptbcdürfnisse hat; damals hatte der Norden der Insel, durch die unzäh­ ligen Bewässcrungsanstaltcn, deren Monumente überall die größte Aufmerksamkeit der neuern Briten erregt haben, Ueberfluß an Reis, der einen Hauptcrtrag für die starke Nordpopulation der Insel und den Zusammenfluß dortiger Handelsleute und ih­ rer Flotten aus dem ganzen Orient gab. Aus Ptolemäus An­ gabe crgicbt sich ferner, daß der gemeinsame Name der Insula­ ner Salä (Ceylonesen) war, daß sie aber in verschiedene Völkerschaften zerfielen, deren uns unbekannte Namen (Heeren hält sie für Malabarisch)w) er erst auf der Nord- und West, Küste, dann auf der Süd - und Ost-Küste aufführt. Dies wür­ den dann fremde Ansiedler gewesen seyn, die in den Häfen und Emporien die Gestade beherrschten, wie dies wenigstens die ganze Folgezeit lehrt, indeß der centrale Theil der Insel seine antiken, einheimischen Residenzen, Beherrscher und Bewohner behielt, die auch dem Megasthenes schon für die Aborigincr galten (Megastheue!> flumine dividi, incolasque Palaeogonos appellari. *’) Heeren Commcnlatio de Ceylone etc. I. c. Vol. VII. p. 32. ">) tbtnb. Vol. VII. p. 28.

28 Ost-Asien. Vorder-Zndien. lV. Abschn. §.102. Vf. 24). Aus den übrigen Daten, die Ptolemäus über die Maledivischeü wie die großen Sundischen Inseln, über Hin­ ter-Indien und selbst bis Serica und Süd-China mitcheilt, er­ gebt sich, daß auch dahin die Schiffahrt ging, und daß die Insei Ceylon, schon zu seiner Zeit, ein gemeinsames Central-Empo­ rium für den Seehandel der Indischen Gewässer war, was je­ doch cm» des sogenannten Cosmas Indicopl. Berichten noch weit bestimmter für die Folgezeit hervorgeht.

Flui.

3. Taprobane, Silediva, nach Cosmas und Sopater, im VI. Saec. n. Chr. Geb. Cosmas, ein Kaufmann, später ein Mönch und Zeitgenoß Kaiser Justins II., ging, um Handel zu treiben, nach Ad ule, damals dem berühmtesten Hafen des Axumitisch-Aethiopischen Kö, nigreiches, nahe dem heutigen Arkeko (f. Erdkunde, Afrika, 2tc Ausg. 1822. S. 181, 192, 238), wo er feinen Verwandten Sopater fand, der so eben aus Taprobane zurückgekehrt war. Von diesem Sopater und dessen Schiffsgefährten sind die Nachricht ten über Ceylon und dessen Handel, die Cosmas seiner Topographia Christiana41) einverleibte, weshalb man ihn selbst früher allgemein, aber irrig, mit dem Beinamen Indicopleustes, der In­ dienfahrer, zu bezeichnen pflegte. Taprobane, sagt Cosmas Bericht (um das Jahr 560 n. Chr. Geb.), ist eine große Insel im Ocean, im Indischen Meere, die bei Indern Selediva oder Silediva (2tItöißa^ und 2uXe$ißa, d. i. Selan, oder Silan-div, oder Diu, d. h. Insel Selan, Seilan, oder Ceylon, sprich Cylon) heißt, wo man den Edelstein Hyaeinthus findet. Sie liegt jenseit des Pfefferlandes (d. i. Malabar, Zlsien Bd. IV. i. S. 866). Kleine Inseln in sehr großer Zahl, dichtgedrängt, lie­ gen tun sie her, reich an Nargil (Kokos, nämlich die-Malediven, s. Asien IV. 1. S. 836); einige sind mit süßen Wassern versehen. Diese große Insel, sagen ihre Bewohner, habe 900 Millien Länge und eben so viel Breite. Zwei Könige beherr­ schen sie, die sich aber gegenseitig befeinden, deren einer das Land der Hyacinthen (d. L das centrale Bergland), der andere 4l) Cosrnac Aegyptii Monachi Chvistiana Topographia etc. in B. da Montümcon Coltectio nova Patitim et Scr. Giaecor. Paiis. 1707. hl \ol. II. f. 336 — 338.

Selediva, nach Cosmas.

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den übrigen Theil der Insel besitzt, in dem die Emporien und die Hafenorre liegen, welche auch von den Fremdlingen am häufig, stcn besucht werden. Auch ist daselbst eine christliche Ge, mein de von Ansiedlern aus Persien, und ein in Persien ordi, nirter Presbyter, der von dort dahin gesandt ist (s. Asien IV. l. S. 603), auch ein Diaconus mit geistlichen Dienern. Die Ein, gebornen sammt den Königen sind einem andern Religionscultus zugethan; auch sieht man viele Tempelhciligthümer auf der In­ sel, und in einem derselben, sagt man, sey an einer erhabenen Stelle ein rother, einem Tannenzapfen (orgoßllov) an Größe gleicher Hyacinthus, der vom Sonnenstrahl getroffen, prachtvoll strahle, ein unaussprechlicher Anblick. (Sechshundert Jahre später spricht der Venctiancr Marco Polo dort, bei seiner Durch, reise, von einem 9hi6in42), im Besitze des Königes, der groß wie ein Mannsarm, ohne Makel, strahlend brenne wie Feuer, aber unschätzbar sey, deshalb auch sein Gebieter, Kublai Khan, der dem Könige von Ceylon eine ganze Stadt dafür geboten, den­ selben doch nicht'erhalten hatte, da ec'seinem Besitzer, wie der, selbe selbst versicherte, als Erbtheil von seinen Vorfahren her, un, veräußerlich sey.) Aus ganz Indien, Persien, 'Aethio, pi cn, fährt Cosmas weiter fort, sammeln sich sehr viele Schiffs an dieser Insel, weil sie in die Mitte aller Länder gestellt ist» und gleichfalls viele Schiffe hierhin und dorthin aussendet. Nämlich, aus den hintern Gewässern (nur iväottgwv), wie von Sina (Tfynlu) und andern Emporien bringen sie Seide (M*rag«, d. i. rohe Seide, oder Sericum), Aloe, Gewürz, Nelken und Tzandana (wahrscheinlich das nur im Osten ein­ heimische Agilaholz, s. Asien Bd. III. S. 933—935, obwol jenes gewöhnlich für Sandelholz gehalten wird, das aber in Vor, dcr-Indicn einheimisch ist), zum Austausch. Auch noch andere Waaren jener Gegenden, die sie zu den Völkern der vorder» Meere senden, nämlich nach Male, wo der Pfeffer wächst (Ma­ labar), nach Calliani (bei Bombay, s. Asien IV. l. S. 667), wo Erz gewonnen wird, wo es Sesamholz (oTjoafitvu g«?.«? wol kein andres als Sandelholz, s. Asien IV. 1. S.815—823; auch M. Polo nennt ein Susimani dei quali fanno olio, wel, ches aber das bekannte Sesam, die Oelpflanze ist), und Gewebe

4l) Marco Polo Viaggi I. c. Libr. II. e. 19. sei. 53. Dell’ JsoJa di Zeiian,

30 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102. ju Kleidung giebt. Dieses Silediva (Ceylon) ist ein großes Emporium; denn auch nach Sind (Indus, s. Asien IV. S. 451), wo es Moschus oder Castoreum und Androstachns (?) giebt, verkehrt es; auch nach Persien, zu deg Homer, ten (in Arabla fellx) und nach Adule. Von den Emporien aller dieser Regionen tauscht es Waaren ein, die es wieder zu den Hintern Indern (t«v ivÖou'Qwv) führt, und auch seine eige­ nen eben dahin sendet. Sinde ist aber der Anfang von Indien : denn der Indus scheidet dieses Laich von Persien. Die berühmteren Emporien Indiens, fährt Cosmas weiter fort, sind Sindus (Indusmün­ dung), Orrhota (Surate), Calliana (bei Bombay), Sibor (2tßwQ?) und Male (Malabar), darin 5 Emporien: Parti, Mangaruth (Mangalore), Salopatana, Nalopatana, Pudapatana (? s. Asien IV. i. S. 515—590). Jenseit von diesen, 5 Tagereisen weit, und eben so viele Nächte, liegt Silediva, d. L Taprobane. Dann liegt weiterhin auf dem Conlincnte Marvallo, wo die Muscheln gefischt werden (Manaar? wo die Perlen und die Tschank-Muschcln), und ferner Caber (d. i. Cavery, s. Asien IV. l. S. 517), von wo der Alabandan (? ob ein Edelstein?). Dahinter die Region, welche die Ge­ würznelken spendet, und Sina endlich, das die Seide her­ beiführt; weiterhin aber ist kein Land mehr, nur der Ocean umgiebt dort den Orient. Dies wäre denn die Insel Silediva, in der Mitte der Indischen Welt gelegen, die den Hyacinth er­ zeugt und von allen Emporien ihre Waaren erhält, sie aber Üuch allen wieder zutheilt; denn sie ist das große Emporium. So weit Sopaters Erzählung. — Aus dem was schon früher anderswo über die große Bedeu­ tung der Insel Ceylon, durch ihre Weltstellung gegen den Auf- und Untergang der Sonne, in Beziehung auf den Reli­ gionscultus, zumal den Sonnendienst und den Verkehr der Völ­ ker des hohem Alterthums gesagt wurdet, und aus den beson­ dern Erläuterungen dieser Stelle des Cosmas durch Heeren44) «giebt sich entschieden, daß Ceylon, in der Mitte des VI. Jahr­ hunderts, ein gemeinsamer Weltmarkt derSüdländer war, 4'), Vorhalte Europäischer Vblkergeschichten vor Hcrodot a. ti, O. E» 49—146,

p< 25 — 26.

4) Bergt. Borhallt Europäischer Bölkergeschichten vor Herodot S. 72 u. f.z vergl. AL Johnston Account y*u44— 54j. Sol. C, et li.

42

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102.

vor Tuticorin ist dort noch heute die Perl, vor Killecarre die Chang, Fischerei der Ostindischen Compagnie. Aus der Nord, Westküste von Ceylon dagegen war in ältester Zeit die Haupt, stelle der Perlfischerei, ehe diese- nur wenige Meilen nördli­ cher nach Aripo verlegt (südwärts der Manarstraße) ward, vor dem Gestade des heutigen Kudrimalle (Kudiremalai, Hip, puros bei Plin., s. oben S. 21), neben welchem die weitläustigen Ruinen einer antiken Stadt liegen, in welchen Alex. John, (Ion im Jahre 1808 Reste von sehr großen Gebäuden vorfand. Die überlieferte Geschickte der Herrschaft einer dortigen Königin, vor mehr als anderthalbtausend Jahren (vor 1800 oder 2000 Jah­ ren, deren Manuseript in A. Iohnstons Besitz ist) beweiset die Wichtigkeit des Ortes in früherer Zeit, wohin 2(nn. Plocamus, durch Sturm vertrieben, so gastliche Aufnahme fand. Auch der Handel mit dem einheimischen, späterhin so wichtigen Aroma, das die Alten vor der Mohammedanerzeit bei Persern, Aegyptern, Phöniciern und Griechen unter dem Namen Cinnamom ken­ nen (s. oben S. 32), ohne seine Heimath zu wissen, das aber als vielbegehrte Waare, in der Blüthezeit des Mohammedanerhan, dels bei Arabern und Persern stets Dar Chini^), d. i. Chinesisch Holz oder die Rinde von China (schon bei Moses Choren. Darzenic) heißt, aber von keinem der ältern Autoren bis in das XV. Saecul., niemals bei Cosmas, Edrisi, Abulfeda, Jbn Batuta, die auf Ceylon doch so bekannt sind, als Product dieser Insel auch nur genannt ist, wird durch die Kaufherrn zu Man, totte einen neuen Schwung,gewonnen haben, und der so nahe einheimische Fundort dieser kostbaren Waare, besser als bis dahin benutzt worden seyn; doch fehlen uns darüber directe Nachrich­ ten, und erst weiter unten, in einem besondern Artikel über den Zimmt, als ein Hauptproduct Ceylons, kann weiter hierüber die Rede seyn. Die heutigen.Zimmtschäler, Chalias, gehören zu der Caste der Weber, und machen von dieser die unterste, gemeinste Abtheilung aus, die an den südwestlichen Gestaden Cey, lons verbreitet ist, wo nur allein die Cultur und Zubereitung des Zimmts Statt findet. Nach ihrer Aussage wollen sie von sie, ben Webern abstammen, die durch einen Mohammedanischen Kaufmann der Stadt Barbarin^), Ende des XII. oder An, **) W. Ouseley Trav. Lond. 1819. 4. Vol I. p. 41. Jolinstoti Account p. 046— 647 Nr. L. ct K.

") Alex.

Selan Diu, die Kaufherren von Mantotte.

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fang des Xlls. Jahrhunderts, dahin berufen wurden. Vor dieser Zeit gab cs noch keine Baumwollenweberei aufCeylon, da eben diese Kunst auf dem benachbarten Festlande Indiens doch so uralt war (s. Asien IV. i. S> 430), und die Einführ rung der Gewebe, von Malabar aus, nach dieser Insel Statt fand. Also auch die Gewebe auf Ceylon wurden durch die Mor hammcdaner gehoben, wenn schon durch ihren eigenen Verfall auch dieselben Gewerbe wieder gesunken sind. Denn anfänglich fertigten diese nach Ceylon berufenen Künstler Dekans, sagt ein anderer Berichta>), kostbare Gewebe und Stickereien mit Gold und Silber gewirkt für den Hof, später aber, als dies sie nicht mehr so reichlich nährte, webten sie einfachere Stoffe, und wie überall die Weberei mit größerer Verbreitung in Armuth versinkt, auch hier, so, daß die ärmste Classe der Nachkommen von jenen, zur Zeit der Portugiesen, mit dem mühsamen Geschäfte des Zimmtschälcns privilegirt ward. Dies sind die heutigen Chalias. Diese mündliche Tradition, welche ganz dem Hergange der Dinge in jenem Gebiete entspricht, wird durch folgenden Umstand genauer unterstützt. Al. Iohnston^) besitzt eine merkwürdige Kupferplatte mit einer Inscription, 6 bis 7 Jahrhunderte alt, welche aussagt, daß ein Cingalesen König von Ceylon darin ei­ nen Mohammedanischen Großhändler zu Barbarin, für ihn und seine Nachkolnmcnschast mit gewissen Vorrechten und Privilegien begabt, weil er von der Küste des Festlandes, von Dekan, die ersten Baumwollenweber in Ceylon eingeführt habe. Vcr, möge dieser Schenkung, sagt der Besitzer dieses Dokuments, ha­ ben die Nachkommen dieser Großhändler, noch heute unter Bri­ tischer Oberhoheit Theil an jener verliehenen Prärogative, die auch schon von Portugiesen und Holländern anerkannt und bestätigt ward. Al. Iohnston bestätigte das Oberhaupt derselben, int Jahre 1806, als Eingebornen Oberinspektor der Medicinalabtheilung des dortigen Gouvernements unter dem Supreme Court. Dieser Mann galt bei den Eingebornen als einer der gelehrtesten und erfahrensten Aerzte. Er besaß die beste Bibliothek einheimi­ scher, medicinischer Werke, davon die meisten seit 700 bis 800 Jahren bei seiner Familie geblieben waren, während welcher Pe♦°) The Chaliah Gaste in Ceylon in Asiat. Journ. New Ser. 18(3. Vol. XII. 269 — 290. “J Alex. Johnston Account I. c. t>. 547. Nr. R.

44 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 102. riode cs in derselben herkömmlich geworden, daß immer ein Glied derselben Mcdicus ward. Derselbe Mann gab genauere Berichte über alle offlcinelle Gewächse der 3nfd Ceylon, die bei den Mohammcdanischcn Aerzten seit älterer Zeit im Gebrauch waren. Diese, nebst allen übrigen industriellen Pflanzen auf der Insel zu cultiviren, ward auf Alex. John ston'S Rath, seit 1610 der königliche botanische Garten auf Ceylon angelegt. Jene Kaufherrn des Mittelalters zu Mantotte wirkten demnach nicht weniger auch auf die Literatur ihrer Jahrhunderte ein, bis auf die neueste Zeit. Sie unterhielten einen beständigen Verkehr durch den Persischen Golf, über Bassora und Bagdad, mit allen Ländern des Kaliphats, auch durch Arabien und Ae­ gypten mit allen Mohammedanischen Fürsten bis nach Spanien im äußersten Westen, und führten aus jenen Ländern viele Ori­ ginal -Manuscripte in Ceylon ein; zumal über Mohammedanische Gesetze, und viele Arabische Uebcrsctzungen aus den griechischen und lateinischen Classikcrn, die sich hier erhielten, während sie an­ derwärts untergingen. So gelten die G c r i ch ts - U r t h e i l e der Kadis in Bagdad und Cordova, seit 700 bis 800 Jahren, als Gesetze bis heute auf Ceylon; so kamen die medicinischen, phi­ losophischen Werke des iw Orient so gefeierten Avicenna (Hanain Abu Ali Ben Sina, er stirbt 1036 in Hamadan) eben dahin. Auf demselben Wege auch Uebcrsctzungen von Ari, stotelcs, Plato, Euctid, Galen, Ptolemäus, deren Auszüge öfter zu Alex. Iohnston, betn Oberrichter der Insel, während sei­ nes dortigen 2lufenthaltcs gebracht worden. Sie behaupteten, daß die Originalschristen von ihren Vorfahren in Bagdad erkauft seyen, Jahrhunderte lang bei ihren Familien in Ceylon blieben, dann aber, in Noth, oft für Spottgeld verkauft wurden, an Kaufleute, die zwischen Ceylon und den östlichen Inseln Handel trieben. Drei große Volumina solcher 2luszüge, von einem sehr berühm­ ten Mohammedanischen Priester, der vor zwanzig Jahren in Cey, Ion starb, erhielt A. Iohnston; aber leider sind sie mit 500 bis 6oo Büchern in Singhalcsischer, Pali, Tamul und Sanskrit­ sprachen, welche die Historie, Religion, Sitten, Literatur der Singhalese», Hindu und Mohammedaner auf Ceylon enthielten, bei der Rückkehr nach Europa, durch Schiffbruch des Schiffes Lady Jane Dundas. im Jahre 1809,, verloren gegangen. ' Durch den Einfluß dieser großen Kaufherrn zu Mantotte auf die Souveraiuc von Ceylon, erhielten |ic das bedeutende Pri-

Selan Diu, die Kaufherren von Mantotte. 4,"> vilegiimi, daß in dcn verschiedenen Häfen, wo ihr Handel blühte, alle Handels/ nnd Seestreitigkciten, bei denen ein Mohammcda, ncr bctheiligt war, im Hafcnorte selbst geschlichtet werden sollten, durch eine Mohammedanische Handelskammer, nach einem Marin e-Coder, der bei allen Asiatischen Mohainmedanern Gültigkeit hatte. Denn bei dcn Hindu Schiffern und Han­ delsleuten, die nur in kleinen Fahrzeugen zwischen Malabar, Co, romandel und Ceylon Verkehr haben, ist alles durch Hindu Ge­ setze bestimmt; bei dem Malayischcn Verkehr zwischen Ceylon und dem Osten, alles durch den Malayen-Codex vom Jahre 1276 re­ gulier (f. Asien IV. i. S. 96); bei den Mohammedanern von Arabischer Abkunft bestehen dergleichen zweierlei Sammlungen für die Schiffer in gewöhnlichen kleineren, und andere für die in sehr großen Fahrzeugen, die ihre Ueberfahrten von den Ostküsten Afrikas über Arabien und den Perser Golf bis Ceylon macken. Die Blüthe dieser Mohammedaner Periode in Ce», Ion reicht vom IX. bis zum Anfange des XVI. Jahrhunderts, etwa gleich lange, wie die der Araber auf der Halbinsel Spa­ nien, und es ist nicht unwichtig, den Einfluß beider an den Ost- nnd West-Enden der den Alten bekannten Welt gegen­ seitig genauer zu vergleichen. Ihre Verdrängung aus Lusita­ nken führte ihren Verfall auf Ceylon herbei. Die Port«, giesen, bei ihrer ersten Ankunft in Ceylon (int I. 1517 in Co, lombo), fanden dcn ganzen Handel der Aus- und Einfuhr der Insel als Monopol in dcn Händen der Mohammedaner; beide Nationen wurden die gefährlichsten und erbittertsten Riva, len. Vom Anfange deß XVI. Jahrhunderts an, ist der Moham, medaner Handel im fortwährenden Sinken, und geräth ganz in Verfall. Mit veränderter oceanischer Seefahrt nahm die West­ fahrt zum Persischen und Arabischen Golf nothwendig ab, die bisherige Durchschiffung der Cenlonstraße mit den Waarenschiffen kleinerer Art, mit Umladung an verschiedenen Stapclorten, wo eben darum große Waarenmagazine sich erhoben um den sicher­ sten Umtausch der Waaren des Orients und Occidents zu ver­ mitteln, so lange ohne Bussole die Umschiffun'g Ceylongefahrvoll to) blieb, diese bisherige immer langweilige Durchschif­ fung hörte nun auf, der Waarenzug erhielt andere Richtungen. Der Stapel von Ceylon war schon früher durch das Aufblühen 4%)

Anth. Bertolacci View ete. of Ceylon L c. p. 19 eto.

46 Ost-Asien. Vorder-Jn-ien. IV. Abschn. §. 102. von Malacca weiter gegen den Osten gerückt, die Chinesischen Handelsflotten blieben schon längere Zeit im Westen aus (s. Asien IV. 1. S. 41, 592 u. a. O.), die Portugiesen siedelten sich neben den Mohammedanern in Ceylon an, wie auf Malabar, und wur­ den die Beherrscher der Häfen und Meere (s. Asien Dd. IV. i. S. 639—649); sie zerstörten oder beschränkten die Macht Singhalesischer Fürsten; die Holländer folgten ihnen. Vor der fort­ schreitenden Schifferkunst und Kolonisation der Europäer in In­ dien, mußten die stationair gewordenen Mohammedaner zurück­ weichen, bis auf die Gegenwart. Unter den Briten 6») besteht doch auch heule noch die Mohammedanische Population der Insel aus 70,000 Seelen, die gegenwärtig durch alle Landschaften derselben vertheilt sind, aber noch immer Handelsetablissements in Putlam, Colombo, Barbarin, Punto Galle besitzen, von wo sie nicht unwichtigen Verkehr mit Malabar und Coromandel treiben. Viele von ihnen haben kleine Capitale, mit denen sie auch einen großen Theil des Detailhandels betreiben, und vom Gouvernement die Einkünfte zu pachten- pflegen. Sie sind von der Secte der Shafis (s. Asien IV. l. S. 584); ihr Religions­ buch, der Umbda, ist efn Auszug des Koran von einem Arabi­ schen Gelehrten int XII. Saec. in Ceylon geschrieben. Ihr ge­ bräuchlichster Kommentar des Mohammedanischen Gesetzes heißt Amali, im altarabischen des Koran geschrieben, die Noten in neuarabisch hinzugefügt. Als Oberrichter und Präsident des königlichen Raths in Cey­ lon, sagt Alex. Iohnston, bekam er von dem intcllcctuellen und moralischen Charakter der Mohammedaner daselbst eine sehr vortheilhaste Meinung; ein erfreuliches Resultat, das den Ansich­ ten anderer Vorstände, in andern ihrer Ländergcbiete, so sehr ent­ gegensteht. Sie unterstützten ihren Vorstand außerordentlich in den Jahren 1806 und folgende, durch ihre Kenntniß und Lan­ deserfahrung. Im Jahre 1807 waren sie ungemein bereitwillig, auf ihre Kosten eine verbesserte Schulbildung durch die ganze Insel einzuführen. 1811 unterstützten sie die Einführung der Jury auf der Insel; 1815 adoptirten sie allgemein den Vorschlag durch eigenen Entschluß, alle vom 12. Aug. 1816 an künftig von Sclaven und Sclavenmüttern erzeugten und gefronten Kinder für Freie zu erklären, und bewiesen bei der Ausführung dieser

Selan Diu, Mohammedanische Bewohner.

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Neuerung die größte Humanität, was sie, wie den Vorstand, im hohen Grade ehrt.

Noch berichtet derselbe hochverdiente Ober,

richtcr der Insel, daß bei seinen Nachforschungen in derselben, über die alten Sitten, Gebräuche und Rechte, über ihre Verbin­ dungen mit den Kaliphen in Bagdad im XL und XII. Saccul. u. s. w., alle Mohammedanischen Priester, Kaufleute und Schif­ fer ihn stets auf die Kusische Inskription verwiesen (f. Tal», ad p. 542), als auf das älteste noch vorhandene Dokument über die früheste Verbindung zwischen den Kaliphen von Bagdad und den Mohammedanern auf Ceylon. Die Sage von dieser Inscription war folgende: Der Kaliph von Bagdad erfuhr An­ fang des X. Saec., daß die Mohammedaner - Colonie der Kauf­ herren in Colombo in Religionskenntnissen unwissend sey; er sandte einen frommen und gelehrten Priester aus Bagdad dahin, dort den wahren, orthodoxen Glauben zu lehren und eine Moschee zu errichten. Dieser baute in Colombo die Moschee, und ward bei ihr begraben. Nach dessen Tode wurden Gelehrte aus Bagdad vom Kaliphen gesandt, die ihm die Inschrift auf sein Grab setz­ ten. Der Stein habe nahe an SOO Jahr an der Ruhestätte ge­ standen, bis ein Holländischer Dessava, oder Einnehmer, in Co­ lombo (vor 4o Jahren), ihn mit andern Grabsteinen vom Tod, tcnackcr der Mauren bei Colombo wegführen und als eine Stufe in die Treppe seines eigenen Wohnhauses einmauern ließ. Die Erabschrist, nach S. Lce's Uebersetzung C1), nennt den Entschla­ fenen Khalid Jbn Abu Dakaya, einen Diener Allahs, der im Jahre 93o n. Chr. Gcb. (317 d. Heg.) eine Moschee erbaute und im Jahre 948 (337 d. Heg.) starb. In Folge aller jener, im obigen, so wichtigen gemachten Er­ fahrungen, schlug Alex. Johnston, im Jahre 1806, dem Gou­ vernement vor, zur Aufnahme der geschwundenen Agrikultur von Ceylon und Wiederherstellung seiner alten Blüthe, den HinduCapitalisten von Jaffna und des Gcgengcstades von Indien solche Freiheiten und Rechte zu verleihen, die sie reizen könnten, diesel­ ben auf Verjüngung der früher bestandenen Agrikultur der Nord­ provinzen Ceylons zu verwenden. Er schlug Einrichtung von Frei­ hafen vor, und Aufhebung von Taxen, die dem Gouvernement nichts einbrachten, den Mohammedanischen Kaufleuten aber sehr hemmend waren, um die Mohammedanischen Capitalisten der

**) Alex. Johnston Account I. c. [». 54st.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. Z. 102.

Küste Malabar, Coromandel und Malacca zu bewegen, da« heu­ tige Ceylon wieder zu dem zu erheben, was es früher war, zu einem verjüngten, großen Emporium ihres Handels in Indien. Er suchte für diese Aufnahme der Landescultur die Priester, die Brahmanen, die verschiedenen Hindu, Tribus der Insel, wie die Gelehrtesten und Gebildetsten Mullahs und Kaufleute unter den Mohammedanern, auf Ceylon wie in Dekan und Malacca, zu intercssircn, und gewann so den reichen Schatz von Thatsachen, für die nähere Kenntniß dieser merkwürdigen Insel und ihrer Bewohner, die früher gänzlich unbekannt geblieben waren, und die wir in ihren Resultaten, hier, im Zusammenhange, der speciel­ len Landcsgeographie voranzuschicken am geeignetesten hielten. ES sey dies zugleich das nachahmungswertheste Muster für andere Verwaltungen zum Glück der Völker und zur Bereicherung der Wissenschaften.

6. Zustand der Insel Ceylon vom Xlll. $um XV. Jahr, hundert, nach Marco Polo, Jbn Batuta und Joannes de Marignola. Nur einzelne Blicke fallen durch seltene Augenzeugen und Berichterstatter vor dem Anfange des XVI. Jahrhunderts, wo Portugiesen endlich auch auf Ceylon (im Jahre 1522 zu Co­ lombo ) °5) landen, und die allgemeinere Erforschung der Insel beginnt, auf dieses Eiland; die merkwürdigsten und lehrreichsten sind unstreitig die des trefflichen Venetianers M. Polo, der aber nur an der Insel vorüberschifft, und die Jbn Batutas, bei gelehrten Mohammedanisch - Arabischen, wie Joannes de Ma< rignola, des gelehrten christlichen Theologen, die beide, in dem, selben Jahrzehend, dort, ihre Pilgerfahrt zum Adams, Pik machten, darüber jeder nach seinem Standpuncte Bericht gab. Hier der wesentliche Inhalt derselben, ehe wir zu der neuern Zeit übergehen, welche auch in jenen so manche Belehrung sin, den kann. 1)

Marco Polo's Landung in Zeilan (1293)66).

Marco Polo, auf seiner Rückfahrt mit Chinesischen Schis, sen nach Indien und Persien, besuchte die Insel, die er richtig •*) Raja Vaü ed. E. Upliam. Lond. 8. Vol. II. p. 277. Marco Polo Viaggi Libr. II. e. 19. 1. c. Vol. II. 1583. toi. 63;

Zeilan, nach Marco Polo.

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Z eil an

schreibt, im Jahre 1293; was er von ihr sagt ist wenig. Er ist es aber, der zuerst die Meinung von ihrer Verkleinerung durch Naturgcwalten gegen ihre frühere Größe ausspricht (s. ob. S. 17), und der den colossalen Rubin im Besitz des Königs, ein unveräußerliches Erbtheil seines Hauses, anführt. Diesen König nennt er Sandern«; (wol Chandranas, ein Titel der Pandulden, der Mond-Dynastien wie in Sandrakottus u. a., s. Asien II. S. 986, 1065, 1071, IV. l. 480); also, bemerkt schon die Nota SB. Marsdens hierzu, daß dieser zwar nicht der König von Candy oder Central-Ceylons, doch ein Fürst der Westküste der Insel gewesen seyn müsse, wahrscheinlich in einem Gebiete, in welchem Hindus vom Gegengestade, aus Pandions Reich, oder Malabaren, sich angesiedelt hatten und die Herrschaft besaßen. Solche Spur ältester Hinduansiedlung, welche der Arabischen lange vorherging, ist vor dieser erst nach und nach in Dunkel zurückge­ treten. Das Volk, fährt der Denetianer fort, betet Idole an und zahlt Niemand Tribut. Männer und Weiber gehen unbekleidet bis auf eine Bedeckung der Schaam. Sie haben Reis und Se­ samöl; ihre Nahrung ist Milch, Reis, Fleisch und Palmwein. Sie haben vom besten Sappanholz (Verzino, s. Asien Bd. IV. 1. S. 115) in Ueberfluß, die schönsten Rubine, Sapphire, Topase, Amethyste, Granaten und viele andere kostbare Steine. Diese Insulaner sind nichts weniger als kriegerisch, sondern feig, furcht­ sam ; Soldtruppen wirbt man in der Nachbarschaft der Moham­ medaner (nämlich die Moplay-Araber oder Mapilli auf Malabar, s. Asien IV. 1. S. 586, 642, 772). 2) Jbn Batuta's Pilgerfahrt auf den Adams-Pik^) (1340). Mohammedanische Ansicht von Ceylon. Wie über Dekan vor der Ankunft der Portugiesen da­ selbst (s. Asien IV. l. S. 588—594), eben so giebt uns der ge­ lehrte Araber auch lehrreiche, wenn schon nicht in allen Puncten erklärbare, Nachrichten über den Zustand von Ceylon in der Mitte des XIV. Jahrhunderts, die auch für die nähere Erfor­ schung in der Gegenwart nicht ohne Interesse bleiben, obwol wir W. Marsden cd. 1. c.; C. A. Walckenaer Vies de plusicurs Personnages celebres, Laon 1830. T. II. M. Polo p. 11. »») The Travels of Ihn Batuta transl, by Sara. Lee. London 1829. 4. ck XX. p. 183 — 192. Ritt« Erdkunde VI.

D

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102.

nur wenige Erläuterungen ihnen hinzuzufügen im Stande sind. Von deu Malediven (s. Asien Bd. IV. i. S. 847) aus wurde Ibn Valuta durch bösen Wind nach Ser end iv verschlagen, dessen hohen Berg der Schiffer schon 9 Tage lang wie eine Rauch­ säule emporsteigen sahe. Die Noth der Stürme zwang in den Hasenort eines ungläubigen Königs einzulaufen, der in keinem Verkehr mit Mohammedanischen Schiffscapitainen, wie doch an­ dere der dortigen Hindufürsten, stand, und dessen Küstenwächter anfangs den Maledivischen Schiffer zurückweisen wollten. Nur die Erklärung, daß er ein Verwandter des Königs von Maar bar (s. Asien IV. i. S. 583) sey, und sein Schiffsgut nur Ge­ schenke für diesen enthalte, verschaffte ihm eine gastliche Aufnahme bei diesem Könige, dessen Residenz die Stadt Battala war. (Offenbar nicht Batticaloa im Osten der Insel, wie Professor Sam. Lee der Uebersetzer und Commentator des Ibn Valuta meint 08), sondern ein Ort dieses Stamm» 3 Tagereisen im Nor­ den von Colombo, wol das heutige Putlam, Putalam bei Valcntyn.) Die Küste, sagt Ibn Valuta, ist daselbst mit Zimmtbäumen, mit Bakam(?) und dem Kalanji Aloe hinreichend versehen, das jedoch andern Aromaten, wie Kameri und Kakuli (? beide unbekannt), an Duft nicht gleich kommt. Die Kaufleute von Malabar und Maabar laden diese Waaren hier ein, gegen einige Geschenke an Kleidern, die sie dem Könige darbringen, ohne sie besonders zu bezahlen, weil die reißenden Ströme selbst vom Gebirge herab diese Hölzer dahin flößen, und an ihren Ufern aufhäufen. (Hiernach scheint cs, daß damals noch kein Zimmtbaum am Westufer der Insel gepflanzt war, wo er auch heute nirgends weiter nördlichm) als bis Chilaw, nur eine Tagereise südwärts von Putlam, reicht, und daß der Zimmt auf diesem Wege aus dem Innern der Insel, wo er als Waldbaum auch nur einheimisch ist, an das Gestade gebracht und so in den Handel kam.) Von Battala (Putlam) zum Maa­ bar, d. i. zur gegenüberliegenden Küste Indiens ist nur die Ueberfahrt von einem Tage und einer Nacht. Dieser König von Ceylon, Ayari Shakarti mit Namen, war mächtig zur See; er empfing seinen Gast ehrenvoll, sicherte ihm und seinem Schiffe drei Tage Schutz zu, behandelte ihn **) Ibn Batuta 1. c. p. 384 Not. und p. 191. •*) Jam. Cordiner Deseript. of Ceylon. London 1807. 4. Vol I. p. 414.

Serendiv, nach Ibn Batuta. aber mit immer steigender Achtung.

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Eines Tages ließ er diesen

zur Audienz, als ihm von der Perlfi schere! sehr viele Per­ len gebracht waren, welche seine Leute sortirten. Er fragte ihn, ob tr das Tauchen nach Perlen schon gesehen, und sprach ihm Muth zu, ohne Scheu ihm seine Wünsche zu eröffnen. Ibn Batuta gestand ihm, daß er nur hierher gekommen sey, den ge­ heiligten Fußtapf seines Altvaters Adam zu sehen (Adam heißt hier Baba,'Eva aber Mama; diese Legende stammt also keineswegs erst aus neuerer Zeit von den Portugiesen her, wie häufig die Briten70) angeben). Dies sey nicht so schwer, ant* wortete der König, er wolle ihm Boten und Geleit geben, und narb der Rückkehr ihn nach Maabar auf seinem eigenen Schiffe auch überfahren lassen. Da aber Ibn Batuta's Maledivi­ scher Schiffer sich der Abreise weigerte, und seinen gefeierten Gast, wenn dieser auch ein Jahr lang auf der Insel verweilen würde, lieber selbst dahin schiffen wollte, so gestand auch ihm der König so lange, bis zur Rückkehr seines Gastes, königlichen Schutz zu. In einem Palankin von königlichen Dienern getragen, und von 4 Jogis, frommen Büßern, begleitet, die als Pilger jährlich den Fußtapf besuchten, begann die Reise; außerdem wurden noch 4 Brahmanen, 10 von des Königs Leibwache, und 15 Träger der Mundvorräthe mitgegeben. Waffer fand sich überall auf dem Wege vor. Nach diesen Angaben muß man voraussetzen, daß der damalige Küsten-König Ayari Shakarti zu der Reihe der Malabarischen Hindufürsten gehörte, die vom Continente als Eroberer und Anhänger des Brahmathums die Buddhisti­ schen einheimischen Cingalesischen Fürsten mit ihrem Rcligionsanhange auf das blutigste verfolgten71). Die Cingalesen Könige hatten keine Schiffahrt und Seemacht, und konnten keine Brah­ manen in ihrem Dienste haben. Ohne in alle Einzelnheiten der redselig weitläuftigen Erzäh­ lung Ibn Batu ta's über seine Pilgerfahrt, die von dem Hindu Fürsten mit so großem Wohlwollen gefördert wurde, einzugehen, die erste dieser Art, die uns beschrieben wird, obwol diese Wall­ fahrt schon seit dem VIII. Jahrhundert im Gange war (f. Asien IV. 1. S. 583), bemerken wir nur, daß die Reise anfänglich ei­ nige Tage gegen Süd die Küste entlang ging, und dann erst

’”) 3» B« Edw. Upbam Maliavansi Lond. 1833. Vol. 1. p. 7 Not. ") J. Davy Account es Ceylon Lond. 1821. 4. p. 300 etc. D?

52 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abfchn. §. 102. landein gegen das Innere der Insel, zur Residenz des Sau scrs von Ceylon fortschritt, der ebenfalls ein Ungläubiger genannt ist, d. i. wol ein Eingeborner, ein Cingalesc. Er wird Kinar genannt, seine Residenz, die in einem Thale des Gcbirgslandes lag, aber Kankar. Die erste Tagereise von Battala (oder Putlam) setzte man auf einem Schilfboote über einen Fluß und erreichte die schöne Stadt Manaar Mandat!, welche an der Gränze des Territoriums jenes Malabarischen Küstenfürsten lag, dessen Gebiet also nicht weit reichte. Von da ging es zu der kleinen Hafenstadt Salawat (ob Chilaw, Chilao? die Ge­ gend wo auch heute noch erst das Gebiet der eigentlichen Cingalesen vom Norden her beginnt)72). Nun wurden die Wege rauh, wasserreich, und von vielen umherschweifenden Elephanten beun­ ruhigt, die aber den Pilgern kein Leid anthaten, seitdem ein hei­ liger Shcikh diesen Weg durch das Land der Ungläubigen eröff­ net hatte, den sie auf ihrem Rücken nach dem Gebirge getragen. Die Lage von Kankar, der Kaiserstadt, kann nicht, wie Sam. Lee meint, das heutige Kandy seyn, weil dieses erst nach der Einkunft der Portugiesen durch einen einheimischen ta­ pfern Regenten zu seiner Residenz erhoben wurde, Mitte des XVJ, Jahrhunderts. Doch ist sie als Stadt des Gcbirgslandes in ei­ nem Thale zwischen zwei Bergen erbaut bezeichnet, vielleicht nicht sehr fern vom heutigen Kandy; nahe einem Wassertcich der Ru­ bine, darin man diesen Edelstein finde. Außerhalb der Stadt zeigte man eine Moschee des Sheikh Othman von Shiraz, die bei dem Beherrscher, wie bei dem Volke, in der größten Ver­ ehrung stand. Der Kinar reitet an Festtagen auf dem weißen Elephanten, dessen Kopf mit Rubinen geschmückt ist. Denn nur in diesem Lande werden der Rubin und Karfunkel gefunden, weil man zu großen Werth auf den letzteren legt, darf ihn Nie­ mand ausführen. Der Rubin wird aber in ganz Ceylon ge­ funden, und von den Einwohnern als Eigenthum verkauft. Beim Nachgraben findet man den Rubin in einer weißen Stcinmuttcr, aus der er herausgeschnitten und den Polirern zum abschleifen gegeben wird. Er ist roth, gelb, blau und wird Man,kam ge­ nannt (im Bengali heißt Maniko, Manikyo ein Edelstein, ein Rubin bei Carey). Jeder dieser Rubine über 6 Holddinare an 72) 79)

Jam. Cordiner Descr. of Ceylon. Lond, 1807. 4. Vol. I. p. 340. Ibn Batuta I. c. p. 186 Not.

Sermdiv, Pilgerweg zum Adams-Pik.

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Werth wird für diesen Preis an den König abgeliefert, die klei­ neren an sein Gefolge. Alle Frauen der Insel tragen Rubinschmuck, als Ringe und Ketten, am Hals, an Händen und Füßen, als Arm- und Beinringe; auf dem Kopfe jenes weißen Elephan­ ten sahe Ibn Datura 7 Rubine, jeder größer als ein Hüh­ ner-Ey. Von Kankar beginnt nun der beschwerliche Gebirgsweg der Pilgerfahrt, voll von Legenden, wie nur die Stationen um Jerusalem und auf Tabor; zunächst an der Höhle Jsta Mahmud vorüber, zum Wasserteich Buzuta, was in der ein­ heimischen Sprache so viel als Affen bezeichnet, da es tiefe Thiere hier im Gebirge in großer Menge giebt. Sie sind schwarz, haben lange Schwänze und Bärte wie die Männer. Sie sollen, nach der Erzählung eines glaubwürdigen Sheikhs, bemerkt der Arabische Pilger, einen Anführer haben gleich einem König, der auf seinem Kopf einen Turban von Blättem trägt, sich auf tu nen Stab lehnt, und stets vier mit Knüppeln bewaffnete seines Geschlechtes zur Seite stehen hat, auch wenn er sitzt u. a. m. Don da ging es wieder an einem Schilfteich vorüber, wo man ebenfalls Rubine findet, und dann wurde die nächste Station, das Haus des alten Weibes genannt, erreicht, welches der äußerste bewohnte Ort in diesem Berglande Ceylons ist; denn nun folgen durch Wildniß nur noch Pilgerstationcn. Die nächste ist die Höhle BabaTahi eines Heiligen; dann die Höhle des Sibak, eines heidnischen Königs, der aber aus Devotion hierhcrzog. Hier sind die Wildnisse zu durchschreiten, in denen die Plage der bösen Blutigel beginnt, die sie Zalaw nennen (wie auf Dekan, s. Asien IV. l. S> 1012); man spricht Limonensast auf sie, um sie wieder von der Haut loszuwerden; man nannte Pilger, die durch sie an Verblutungen gestorben. Es ging weiter, an dem Orte der Sieben Höhlen vorüber, dann zum Jskanderfels, darin eine Höhle mit Brunnenwasser (Isländer, d. i. Alexander der Große, dessen Fabelzug durch das ganze Morgen­ land geht).

Hier ist der Eingang zum Hochgipfel, einem, der

höchsten der Welt, bei dessen Besteigung sich die Wolken zu den Füßen des Wanderers lagerten. Die Wälder auf der Höhe sind immer grün und verlieren nie ihre Blatter; buntfarbige Blumen bedecken die Gehänge, zumal die rothen Rosen, von der Größe einer Hand, auf deren Blättern sie den Namen Allahs' und der Propheten glauben lesen zu können. (Ein Wäldchen der Alpen-

54

Ost-Asien. Vor-er-Indien. IV. Abschn. §. 102.

rose, Rhododendron arb.oreum, mit hochrothen, prachtvollen Blü­ then und immer grünem, dunkelm Laube, fand auchJ. Davy^) auf der Gipfelhöhe bei seiner Besteigung des Adam-Piks im April 1817.) Zweierlei Wege führten zur Fußtapfe Adams; den einen nannte man Baba-Weg, den andern Mama-Weg (von Adam und Eva). Dieser letztere ist leichter zu gehen; die Pil­ ger nehmen ihn zuerst, wer ihn aber nur allein ohne den andern geht, dem wird die Pilgerfahrt nicht als verdienstlich zugerechnet. Der Baba-Weg ist weit rauher und beschwerlich; am Eingang des Weges, am Fuße des Berges, steht ein Minaret, nach Jskender (Alexander) genannt; hier haben die Allen Stufen in den Fels gehauen, die man hinaufsteigt, und an eisernen Haken Ketten gehängt zum Anhalten. Solcher Ketten sind 10; die letzte heißt die Kette der Erkenntniß, weil sich bei furchtbarsten Absturz eröffnet. Nun folgt Höhle Khizr. (ein Sanctus, Prophet oder ehrt ist), an deren Eingänge ein Brunnen

ihr der Blick in den die sehr geräumige Engel, der hoch ver, mit Fischen, davon

aber keiner angerührt wird, und eine Cisterne in Fels gehauen. In dieser Höhle lassen die Pilger ihr Gepäck zurück; denn von da ist keine Stunde mehr bis zum Fußtapf. Dieser ist 11 Span­ nen lang, und im Fels um ihn her sind neun Nischen ausge­ hauen, in welche die Hindupilgcr ihre Opfer an Gold, Rubinen, Juwelen niederlegen. Daher sicht man die Fakirs, die als Pil­ ger zum Brunnen von Khizr gelangt sind, wie im Wettrennen hinauf zu jenen Opferstellen eilen, um das darin niedergelegte zu erhaschen. Jbn Batuta fand nur Geringes an Gold und Ru­ binen darin, was er seinen Führern überließ. Auch die Chine­ sen, sagt Jbn Batuta, kamen in früherer Zeit hierher und schlugen aus diesem Monumente die Stelle der großen Zehe mit dem umliegenden Gestein heraus, und stellten dies in einem Tempel der Stadt Zaitun (in Fukian, s. Asien Bd. III. S. 779, das heu­ tige Thuen-tschu-fu) auf, wohin man aus den fernsten Gegen­ den Chinas pilgert (da Jbn Batuta Z a i t u n selbst besucht hat, so ist wol bas Pilgern dahin als Thatsache anzunehmen; ob aber diese Legende von buddhistischen Priestern oder Mohammedanern, die beide in Zaitun angesiedelt waren, ausging, ist nicht näher z» bestimmen).

Wenn die Pilger 3 Tage in der Höhle Khizr ver-

’4) J. Davy Account of Ceylon I. c. p. 344.

Serendw, Pilgcrweg zum Adams-Pik.

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roci't, von roo sie täglich am Morgen imb ?(6mb ben Fußtapf Besicht »nb ihre Llndacht verrichtet haben, so kehren sie auf bem Mama-Wege zurück, zur Höhle Schischam, Seths bcs Soh­ nes von Abam. Diesen Weg nahm auch IBn Batuta'^), unb kam bann zuni Fischteich, bann zu brci Dörfern, bas letzte At Kalanja, mit bem Grabstein bes Ahu Abballah Jbn Khastf. Bei allen dreien, die noch auf der Berghöhe liegen, finb gepflügte Ackerfel­ der. Am Fuß des Berges, nahe am Wege, steht die Cypresse, die nie ein Blatt verliert; da aber keins derselben zu erreichen ist, so sind stets die Augen vieler Menschen auf dies Wunder gerich­ tet. Ich sahe eine ganze Anzahl Jogis (Büßer) unter diesem Lebensbaume, sagt Jbn Batuta, die auf das Fallen eines feiner Blätter warteten, in dem Wahne, daß jeder der davon essen würde, sich wieder verjüngen müsse, so bejahrt er auch seyn möge (dies ist wahrscheinlich derselbe weitschattige B o g a h a7f’), oder Buddhabaum, Ficus religiosa, unter dem nach der BuddhaTradition ihr' Religionsstiftcr sich auf Erden am liebsten nieder­ ließ, der daher überall durch die Länder des Buddhaeultus als Wunderbaum verehrt ist. Hierin also wol der Ursprung von der Legende vom Lebensbaum?). Jbn Datutas weitere Rück­ reise ist sehr eilig; er bemerkt nur noch am Fuße des Berges eine zweite Stelle, wo ein Wasserreich, der Rubine gebe, wie der oben schon angeführte; dieses Wasser sey wunderschön, blau anzusehen. Wahrscheinlich sind dieses besondere Stellen, die künstlich zu R u bin Wäschen eingerichtet waren, da die Edelsteine Ceylons größ« tenthejls aus den losen Trümmern der Flußbetten") und dem Alluvialboden überhaupt gewaschen werden. Hiermit ist die Ger birgsreise zum Adams-Pik beendigt, die erste dieser Art, die uns von dem wirklich Vorhaodenseyn desselben authentische Nachricht giebt, und zeigt, wie die Mohammedanische Legende der Buddhisti­ schen Legende in Ceylon frühzeitig eingeimpft ward, eine Legende, der wir überhaupt bis in die neueste Zeit einzig und allein die nähere Erforschung der Natur des centralen Hochgebirges von Cey­ lon verdanken, wie durch die Legenden anderer Berggipfel dc.s Orientes, z. B. des Himalaya, Demawend, Sinai, und auch im Occident durch die des Blocksbergs und der Riesenkoppe von Heren ") Ibn Batuta l. c. p. 190. ’*) J. Cordiner Desciipt. of Gerton. Vol. 1. p. 366. M) J. Davy Account l. c. p, ly. 260.

56 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102. und Rübezahl, so häufig die ihnen zugehörigen, sonst unbcsucht bleibenden Berggebiete allmälig in der Erdkunde hervortreten. Don der Rubinwäsche eilt der Arabische Doctor, dem nun Ceylon kein anderes Interesse weiter darbietet, in 2 Tagen zur großen Handelsstadt Di n a u r7S)(?), die voll Kaufleute, wo ein Idol desselben Namens in einem großen Tempel, der von looo Brahmanen und Jogis bedient ward, und von 500 jungen Töch­ tern vom Adel der Indier (wie zu Somnath in Euzuratc, s. Asien IV. l. S. 552), die Tag und Nacht vor dem Götzen ihre Tänze und Gesänge aufführen. Von diesem Tempel haben die Ortsbehördcn ihre Hauptrevenüen, das Idol ist mannsgroß von Gold, mit Augen von Rubinen, die, wie man Jbn Batuta versicherte. Nachts wie Feuerlichter brennen. (Auch die Götzen in Somnath, von wo die verjagten Brahmadicner nach Serendiv entflohen, hatten Rubinaugen, Asien IV. i. S. 551). Don da ging es nach Kali, einer großen Stadt, und von ihr nach Kolambu, der schönsten und größten Stadt, sagt Jbn Batuta, in Serendiv. (Unstreitig liegen jene beiden unter den angeführten Namen uns unbekannten Städte an der Küste, zu, nächst im Süden des heutigen Colombo, wohin der Weg über sie führen mußte; ihre Schilderung zeigt ihre Bedeutung als Brahmanenstädte der Malabarischen Küstenansicdlung. Kolambu ist aber das heutige Colombo, von wo Jbn Batuta nur drei Tagereisen gegen Norden gebrauchte, um nach Battala (Putalam), von wo er ausgcreiset war, zu seinem gastlichen Fürsten zurückzukehren und von wo er nach Malabar zurückschiffte. Colombo, damals schon ein so bedeu­ tendes Küsten-Emporium, sagt Knor'S), hat seinen Namen vom Baume Ambo (Amba, s.Asien IV. i. @.888) der die Mango trägt, der dort wächst, aber nie Früchte zeitigt, sondern nur Blät­ ter, die in dortiger Sprache Cola heißen. Daher der Ortsname Cola Ambo, wie der Baum; daraus die Christen, dem Ent­ decker zu Ehren, C o l u m b o gemacht haben. Dieselbe Ortsbenen­ nung nach Fruchtbäumen kommt auch in den Namen Malacca, Jambudwipa, Palibothra und andern vor. Asten.IV. i. S. 42, 508 u. a. m.). ') Ihn Batuta I. c. p. 191. ") Capt. Hob. Knox Historical Kelation of the Island of Ceylon etc. 1657. Ed, London 1817. 4« p» 2.

Ceylon, nach Joannes de Marignola.

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3) Joannes de Marignola, des päbstlichen Legaten, christlich - katholisch - theologische Ansicht von Ceylon (1349). Joannes deMarignola besuchte nur wenige Jahre spa­ ter als Jbn Baku ta denselben Adams-Pik, und ist uns alS erster christlicher Reisender auf der Insel Ceylon, auf welcher er sich im Jahre 1349 eine Reihe von Monaten aufhielt, wegen seiner Gelehrsamkeit und Betrachtungsweise des daselbst Gesehenen höchst merkwürdig. Aus dem edeln Geschlechte der Marignola in Florenz ging der gelehrte Minoriten - Pater, der Professor in Bologna gewesen war, im I. 1339 unter Papst BenedictXII. als päpstlicher Legat nach Asien; es war ihm unter vielen Beschwerden noch einmal gelungen durch die Wüste Kobi bis China vorzudringen, wo er vier Jahre lang für die Kirche thätig war, und sich die Achtung und Gunst selbst des kaiserlichen Hofes zu erwerben wußte. Von da schiffte er über Indien, Java, Ceylon und Malabar zum Euphrat zurück, und kam über Babylon, Ninive, Jerusalem, Avignon nach Europa und an den Hof Kaiser Karl IV. und nach Prag, als dessen Hoskaplan und Tischgenosse, wo er als ein Apostel des Morgenlandes bald zum Bischof erhoben ward. Als solcher wurde er mit Schrei­ bung einer Böhmischen Geschichte, von dem Kaiser (seit dem I. 1354), aber von Adams Zeiten an, beauftragt, in welche er seine theologische Gelehrsamkeit und viele Fragmente seiner Reise­ nachrichten mit einflechtcn konnte. Die dauernden Anstren­ gungen und erduldeten Mühseligkeiten auf seinen Pilgerfahrten hielt er reichlich, durch viele Aufschlüsse belohnt, die ihm seine Erfahrungen im Orient für das Studium der Bibel und der heiligen Geschichte gebracht; insbesondere, wie er sagt, durch die beseligende Ueberzeugung, das gebenedeiete Land der Königin von Saba (er meint die Insel Zapha, Java) entdeckt, das Land der Thomaschristen (Columbo und Mirapolis, d. i. Coulan, Quilon in Malabar und Meliapur bei Madras in Coromandel), und vor allem die erste Wohnstätte Adams, außer •°) Joannis dicti de Marignolis de Florentia, Ordinis Minornm Bysinianensis Episcopi Gloriosae Memoriae Iniperatoris CaroJi IV. lmperialis Anlae Capellani, Chronicon, in G. Dobner Monumenta Historica Boemica Pragae 1768. 4. T. II. p. 79 — 282; vergl. I. G. Mcinerk Joh. von Marignola Steift in da« Morgenland, 1339 —1353, Prag 1820. 8.

58 Ost-Asien. Vorder-Jn-ien. lV. Abschn. §. 102. dem Paradiese, gesehen, und elysische Blumen um die Duetten und Ströme des Paradieses (auf Ceylons Adams-Pik nämlich) dort selbst gepflückt zu haben. Sein Aufenthalt auf Ceylon (1349)Sl) fiel in die Zeit, da ein verruchter Saracene (pessimus Saracenus), ein Castrat, mit Namen Coja Ivan, vermittelst seiner großen Schatze sich ge­ gen den rechtmäßigen König, als Tyrann aufgeworfen, und das Insel-Reich zum größten Theile an sich gerissen hatte. Bei der Ankunft erwies er dem Pater zum Schein alle Ehre, hinterdrein aber nahm er ihm, unter lauter falschen Höflichkeiten, sechszig­ tausend Mark in Gold, Silber, Seide, Goldstoffen, Edelgesteinen, Perlen, Kampfer, Moschus (Moscho nicht Musto zu lesen), Myrr­ hen und Gewürze ab, die dieser vom Groß-Khan in China und von andern Fürsten, theils für sich, theils für den Papst zum Geschenk erhalten hatte, und hielt ihn, unter lauter Ceremonien, vier Monate in Gefangenschaft. Von Coulan oderQuilon (s. Asien IV. 1. S. 594, 694, 787, welches das bei Marignola sogenannte Columbo auf der Westseite der Ghats ist, wo der Pfeffer wächst, nicht aber das Colombo auf Ceylon, welches ebend. S. 868 mit jenem irrig ver­ wechselt ward), bemerkt Marignola, sey er an der Säule durch die sich Alexander der Große verewigte (tandem transiens gloriam znaximi Alexandri) ,, am Ende der Welt" vorüberge­ schifft (in ConoMundi), womit er das Cap Komorin am Süd­ ende der Ghat-Gebirge meint, welches schon sein Vorgänger der Ritter De Mandeville „Alexanders Gades" im Osten der Erde, im Gegensatz von „Herkules Ga des," Herkules Säulen bei Cadiz, als das West ende der Erde genannt hatte. Hier an der Spitze der Welt, wo nach Mandeville jener Alexander „sein Zeichen hinsaht, als fern er kommen was, gleich als Herkules thät us dem Hispaniermeer, gegen den Sunnen Un­ tergang" eben dahin, sagt Marignola, habe auch er dem Paradiese gegenüber (Contra Pavadisum, i. e. trans Insulam Ceylam), sein steinernes Kreuz errichtet, um bis an das Ende der Welt zu dauern, es eingeweiht und eingesegnet, auch mit des Papstes Wappen und dem seinigen versehen, und eine Inschrift in indischer und lateinischer Sprache darauf eingehauem 8!) J. de Marignola 1. c. Cap. de Monte Seyllano Histmia.

vergl. bei Meinen a. a. O. S. 91.

9(5;

Ceylon, nach Joannes de Marignola.

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Aus Sturm und Gefahr von da, preiset sich Marignola seclig, endlich gerettet zu seyn, zu dem glorreichen Berge Scyllan, dem Paradiese gegenüber, das nach Ueberlieferung der 23 (U ler der dortigen Einwohner nur vierzig italienische Meilen davon entfernt liege, so daß man noch die Wasser rauschen höre, wie sie herabstürzen aus der Quelle im Paradiese. Dies Paradies ist aber ein von dem östlichen Ocean umschanzter Ort, jenseit des columbinischen Indiens, dem Seyllan-Berge gegenüber, hö­ her als die Erde an den Mondkrcis reichend u. s. w. u. s. w. Von der ziemlich verworrenen Beschreibung der Lage dieses Paradieses^) weiter im Süden der Insel Seyllan, kommt Marignola, der hierin, nur der Gelehrsamkeit seiner Zeit ge­ mäß, dem Johannes Skotus Doctor subtilis, dem Pantheon des Gottfried von Viterbo, dem Tilurel und der Hypo­ these Dante Alighieris^) von dessen Lage auf dem Gipfel des Berges des Purgatorio, auch andern Vorgängern folgt, auf den glorreichen Berg Seyllan zurück, den er schon früher als den Berg Adams bezeichnet hat. 2(uf jenen, nach dem Pa­ radiese wol höchsten Berg, fährt er fort, versetzen einige das Pa­ radies selbst, aber mit Unrecht, da sein Name dagegen spricht. Die Einwohner nennen ihn Zindanbaba, b. h. die Hölle des Vaters; denn Zindan(?) bedeutet Hölle, und Baba in aliess Sprachen Vater, so wie Mama Mutter. Es ist aber ge­ wissermaßen die Hölle des Vaters, weil Adam nach dem Falle durch einen Engel beim Arm ergriffen und hierher versetzt wurde (Infernos patris, quin ibi de Paradiso expulsus positus luit pater quasi in Inferno), und durch die ersten 40 Tage ohne Eva lebte, die auf einen andern, 4 kleine Tagereisen entfernten Berg verwiesen war. Die heutigen Mohammedaner setzten zu dieser Legende, als I. Davy«H sie darum befragte, noch hinzu, daß Adam nach seiner Vertreibung aus dem Paradiese auf dieser Stelle so lange stehen geblieben, und seinen Fall bejammert habe, bis ihm Allah Pardon gegeben. Der meistens in Wolken gehüllteGipfel dieses Berges, sagt de Marignola, ist selten sicht­ bar; Gott aber, unserer Thränen sich erbarmend, erhellte ihn ei­ nes Tages mit Morgenröthe, und wir sahen ihn wie mit den ,z) J. de Marignola 1. c. de Paradiso Cap. p. 90 — 92 etc. vcrgl. Meiner! S. 77. ,s) Al. de Humboldt Examen Cnticpie de l’Histoire de la Geographie du Nouveau Contnent etr. paus 1834. lob 18. **; J. Davj Account ot Ce) Ion p. d40.

60 Ost-Asien. Vmder-Jndien. IV. Abschn. §.102. schönsten lichten Flamnnen der Sonne beleuchtet. Oben ist eine sehr schöne Ebene, darauf Adams Fuß tapse, die er in der Länge von 2| Spannen oder einer halben Prager Elle (nach 2Davy 5 Fuß 3-$ Zoll) W) in einem Marmorblock zurückgelassen, und die nicht blos ich, sondern auch ein saracenischer Pilger aus Spanien (es wallfahrten viele Saracenen zu dem Adams­ berge) gemessen. Oben ist ebenfalls eine sitzende Statue, deren linke Hand auf dem Knie ruht, wahrend die erhobene Rechte nach dem Westen ausgestreckt ist (offenbar eine sitzende Buddha, gestalt); ferner Adams Haus, das er aus großen, nicht ge, mauerten, sondern aufgeschichteten Marmortafeln in Gestalt eines länglichen Vierecks, einem Grabmale gleich, die Thüre in der Mitte, mit eigenen Händen erbaut. Es ist am Berge (wol am Fuße, wie oben bei Ibn Batuta) eine sehr große Quelle, oder vielmehr ein Teich, von nahe 10 italienischen Miglien Umfang. Aus dem Grunde seines vortrefflichen durchsichtigen Wassers wer, den oft unbekannte Blätter in großer Menge, Alocholz und kost, bare Steine, wie Karfunkel und Sapphire, auch gewisse Gesund, heitsäpfel herausgetrieben, woraus sie dort beweisen wollen, daß sie von der Quelle des gegenüberliegenden Paradieses entspringe, und hier hervorbreche. Sic sagen auch, jene Edelsteine seyen aus den Thränen Adams entstanden, was aber wol grundlos ist. Auch Adams Garten^) jj} hier voll seltner Bäume und Früchte, die ich sonst nirgends gefunden, obwol ich in Indien Bäume ge, sehen, die alle Monate bewundernswürdige Früchte tragen. Zu diesen Bäumen gehört die Musa, die mehr ein Gartengewächs aus dem Paradiese zu seyn scheint, als ein Baum (Musa paradisiaca, s. Asien IV. 1. S. 876; daher Paradiesfcige; Ibn al Vardi in Aurivill. Diss. p, 46 sagt! ad ramusculos, quos Adam ex Paradiso secura extulit, Musa planta pertinet). Von solchen und andern Früchten lebten die ersten Menschen, die Adami« ten auf Scylla«, und tranken die Milch der Thiere; aber Fleisch aßen sie vor dem Diluvium nicht, und kleideten sich nicht in die Felle der Thiere, sondern in die Gewebe der Kokosfaser oder am derer Palmen (filidas non pellieeas vestes bei Marignola, s. Asien IV. 1. S. 710). Am Fuße des Berges mit dem Adamsfußtapf (in welchem der Buddhafußtaps, Sri Prabat, wie durch ganz “) J. Davy Account L c p. 340. Orto Ade p, 97 etc.

**) J. de Muiignola K c. de

Joannes de Man'gnola, Besuch des Adam-Pik. 61 Hintcr.Indicn, s. Asien UI. S. 1173, IV. 1. 195 u. a. O., unverkennbar ist), fährt I. de Marignola fort, leben Reli­ giöse, die sich Söhne Adams nennen, von dem sie aber, weder durch Kain noch durch Seth, sondern durch andere Söhne (näm­ lich wol Buddhas Nachfolger, die sich auch von Geschlecht zu Geschlecht bis auf die Urzeit zurück datiren) abstammen wollen, was jedoch gegen die heilige Schrift ist; obwol, nach ihrer Mei­ nung, auch Kain zu Seyllan geboren worden, wo die Stadt Koka, wo ich war, auf der ersten von Kain bebauten Stelle steht. Obgleich Ungläubige, führen diese Religiöse doch einen wahr­ haft heiligen Lebenswandel, nach einer Religion für deren Stifter sie den Erzvater En och (nämlich Buddha, wol wegen einer Namcnsähnlichkeit) den Erfinder des Gebetes halten, und zu der sich auch die Drahmanen bekennen. In ihrer Kleidung begnügen sic sich mit einer Tunica, wie die Franziskaner sie tragen, ohne Kapuze und Kragen, die sie nach Art der Apostel über die Schul­ tern werfen. Obwol sie übrigens oberhalb und unterhalb der Lenden nackt gehen, unterliegt die Reinheit ihrer Sitten keinem Zweifel. Sie tragen einen Stab in der Hand, liegen im Sande und bewohnen Hütten von Palmblättcrn, worin sie nie etwas über Nacht aufbewahren; Hütten die man mit der Hand leicht zerstören könnte, die doch mit allen Reichthümern darin vollkom­ men sicher sind, nie von Dieben heimgesucht werden, es müßten denn fremde Bettler und Landstreicher seyn. Ihre Reinlichkeit ist so groß, daß keiner eine Hütte bewohnte, in der Jemand ausgespicn, und sie entfernen sich sehr weit um auszuspeicn, was zwar selten geschieht, oder anderer Bedürfnisse halber. • Sie essen nie Fleisch, weil auch Adam vor der Sündfluth keins gegessen; nur einmal des Tages, nie zweimal, genießen sie etwas Reis in Was­ ser gekocht mit Kokosmilch und Bananen, und dieses Mahl er­ betteln sie sich (was zu den strengen Ordensregeln der Priester nach Buddhas Gebote gehört) von den Großen des Landes, die cs ihnen mit größter Ehrfurcht entgegen bringen, wenn sie, wie jeden Morgen geschieht, feierlich herbeiziehen. Ihr Trank ist nur Milch und Wasser. In ihrem Claustro stehen zwei, dem Blatte nach von allen übrigen verschiedene, mit goldenen Kronen und Edelsteinen umgebene Bäume, vor denen Lampen brennen; diese *T) f. Kdw. Upham The Mahayansi etc. London 1833. 8. Vol. I. p. 4L

62

Ost-Asien. Vorder-Jn-ien. IV. Abschn. §. 102.

Bäume beten sie an (der Bog aha, oder heilige Buddhabaum, Ficus religiosa, s. unten), eine Tradition, die sie von Adam er­ halten zu haben sich einbilden, der, wie sie sagen, von dem Holze das künftige Heil erwartete (quia ex ligno dicunt Adam futuram sperasse sahitem bei Marignola). Sie behaupten, daß die Sundfluth niemals bis zu ihnen hinauf gereicht habe. Außer dem Hause Adams führen sie, zum Beweise dafür, auch ein gewisses im Morgenlande häufiges, unstät lebendes Gesindel an, das ich gesehen. Diese nennen sich Söhne Kains, ein verworfenes Geschlecht, das nie an einem und demselben Orte bleibt. Zwar läßt sich dieses nur selten sehen, doch treiben sie Handel und füh­ ren Weiber und Kinder mit häßlichen Gesichtern auf Eseln herum. (Unstreitig jene verstoßenen unreinen Casten, die auch in Ceylon wie in Malabar leben, s. Asien IV. I. S. 928, die bekannten Pariar undPuleah). Außerdem, schließt Joannes deMarignola seine Nachrichten über Ceylon, mit der Bemerkung, jene Religiösen geben sich mit dem Unterrichte der Kinder ab, und lehrten sie Buchstaben zuerst mit dem Finger in den Sand schreiben, später mit eisernen Griffeln auf Papyrus (Palmyra­

.

blätter, s. Asien IV. 1 S. 854, 862). Alles das habe ich, schließt der redliche, tolerante Pater, mit meinen Augen ge­ sehen, und sie empfingen mich festlich, als ob ich aus ihrem Orden wäre (haec vidi cum oculis meis et fecerunt mihi festum, quasi essein de Ordine eorum, de Marignola)* —

So weit der Minoriten Pater des XIV. Jahrhunderts, der den Buddhistischen Priestern das ehrenvollste Zeugniß hierdurch giebt, seinen eigenen milden Sinn aber bei strenger Rechtgläubigkeit of­ fenbart, wie seinen Scharfsinn, Alles, was ihm hier begegnet, als einen Beweis, für die Wahrhaftigkeit der heiligen Schrift und die so merkwürdige Schöpfungsgeschichte zu deuten. Anmerkung.

Namen und Sagen von Ceylon, der ver­ schiedensten Völker und Zeiten.

Ueber die vielfach veränderten Namen, welche seit frühern Zeiten derselben Insel durch die Fremdlinge beigelegt wurden, kann man sich nicht wundern, wenn man an die verschiedenen Sprachen und Schreibe­ weisen der Völker und Autoren der langen Reihe von Jahrhunderten denkt, in welchen seit der Macedonier Zeit dieselben der Nachwelt über­ liefert sind").

Von der Identität der Benennungen Salike, Sile-

8S) Vergl. Abr. Peritsol Itinera Mundi 6(1. Th. Hyde Oxon. 1691.4.

Ceylons Namen und Sagen.

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diva, Selandiv, Selandiu, Serendiv, Selan, Seilan, Aeilan, Ceylon, mit Simundu, Palaesimundu und Taprsbane war oben die Rede. Die Herleitung des letzteren Namens hat zu den verschiedensten Erklärungen Veranlassung gegeben. Bei Bochar.t aus dem arabisch-persischen Dabour und Ban, Wächter des Westwindes, da die Insel als Gränze der westlichen Monsune, oder, wie bei den Malayen (s. Asien IV. 1. S. 89), als Land „ unter dem Winde" gedacht ward. Doch hält schon G. Wahl diese Erklärung zu modern für so antiken, wie er meint, den Aegyptern ?) bekannten Inselnamen, den er lieber aus einer Indischen Phrase (locus ubi Sol apparet) ableiten will, Taprawonh, welche die Griechen von Aegyptern lernend in Taprobane verdreht hätten. Die ältere Erklärung eines un­ genannten Briten von Tap, oder Div, Insel, und Rowan, d. i. Rav an, Name des höchsten Berges der Insel, des Adams-Piks, ver­ wirft schon Th. Hyde, weil Div in den Compofltis nie vor, sondern immer nur nach gesetzt werde, sie daher nicht Insula Monds Rovan, sondern hätte Novandib heißen müssen, obwol dieser Berg allerdings die Insel sehr charactcrisirt.' Auch ist jener Einwurf gegründet; denn Div, Diu, Diva, Dwipa, als Bezeichnung der Insel, in Indischen Spra­ chen, ist in Male diven, Lake diven, Ange diven, d. h. Fünf Inseln u. a. bekannt, und schon Ptolem. hat diese Bedeutung bei An­ gabe seines Namens von Iaba diu, d. i. Gersten Insel, nämlich Java Insel, sehr wohl bezeichnet. Derselbe Einwurf trifft die Ableitung Duncans, in Asiat. Res. V. p- 39, von Tapu, Insel und Ra van, Name des Riesendämons, gegen welchen Rama zu Felde'zog, der mit dem Bergnamen identisch ist. Gladwin, der Uebersetzer von Abul Fazils Ayeen Akbery, Caic. Kd. T. III. p. 36. und nach ihm I. Cordiner, leiten Taprobane von einem Sanskrit Wort, Tapobon"), her, welches er durch „Gebetes Wildniß" übersetzt, eine charakteri­ stische Bezeichnung .der durch buddhistische Eremiten und-Klosterbrüder der Devotion geweihten Wälder auf jener Insel, wie sie auch Marignola vorfand. Rach unsers gelehrten Freundes Bopp Bemer­ kung würde die Sanskritschreibung aber Tapovana, das heiße richti­ ger „Büßer-Wald" seyn, immer anwendbarer auf die merkwürdige Rolle, welche die heilige Lanka in ältester Zeit spielen konnte. Wir ha­ ben schon früher v. Böhlens Ableitung von Tämbaparna, aus Not. I. p 25—26; H. Dodwell Diss. de aetate Peripli Mar. Erythraei cd. Geogr. Min. Oxon. 1698. 8. Vol. I p. 98; Günther

Wahl in Erdbeschreibung von Ostindien B. II. 8. 1807. S. 682 — 687; Edrisii Africa ed. Hartmann Gotting. 1796. 8. p. 116; Al, de Humboldt Exam. critique de VHist. etc. 1. c. p. 17; Will. Ouseley Tray. London 1819. 4. Vol. I. Not. p. 31.

*•) J« Cordiner Description of Ceylon. Lond. 1807. 4. Vol. I. p. 5.

64 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 102. dem Pali, angeführt, was Betelblatt heißt, und die Gestalt der Insel bezeichnen würde (s. Asien IV. 1. S. 517) > auch sind auf dieser Insel sehr viel andere locale Benennung en nach Blättern, Früchten, Ge­ wächsen im Gebrauch (s. oben S. 56). Bon allen bisher genannten Namm ist aber keiner auf der Insel einheimisch oder bekannt. Zn den ältesten Annalen des Mahavansi der Ceyloneser Historien90) heißt die Insel stets, in Pali, Lakdiwa, Lakdiway, oder Laka, wie sie noch heute von den Bewohnern stets Lakka **l) genannt wird, späterhin im Sanskrit Lanka, Lankadiwaz dies ist auch ihr Name im Epos Ramajana. Doch heißt sie in denselben Annalen auch zuweilen Sila ediwe; ihr feierlicher Titel aber im Sanskrit und Pali, seit den frühesten Zeiten der Indisch-Buddhisti­ schen Colonien auf derselben, ist Sivhaladvipa, d. i. die LöwenJnsel, oder Sinhalanka, woraus durch Abkürzung und Umlaut Seilan, Ceylon geworden ist (f. Asien IV. U S. 517). Allerdings tritt in der Hindu Mythologie, die den Namen Taprobane gar nicht kennt, der Name der Insel Lanka weit früher hervor, als in den Be­ richten der Macedonier, wenn das Epos Ramayana •*), d. i. der Wandel des Ramas, in welchem Ramas, des Helden, Erobe­ rung von Lanka besungen wird, wirklich schon in das VI. Jahrhundert vor Chr. Geb. zurückgeht. Rama irrt in den Waldwildnissen des südlichen Indiens umher (s. Asien IV. 1. S. 684), wo er mit Indras Waffen die Riesen, RakschaS, bekämpft und viele tobtet. Ravuno, oder Ravanas, der Riesenkönig zu Lanka, von dem auch der Hauptberg den' Namen behielt, geräth darüber in Zorn, sinnt auf Rache, entführt die schöne Sita, die Gemahlin Ramas, und wird nun durch Ramas Helden, denen des Affengottes Han um an und Samudro, des Oceans, beistand die felsige Wunderbrücke vom Lande zur Insel schlägt, wo Ramaswara (die Adamsbrücke, s. oben S. 9) gelegen, mit seinem dämonischen Riesengeschlechte erschlagen, Sita aus der Stadt Lanka, die verbrannt ward, heimgeführt und Lanka von seinen dämo­ nischen Geschlechtern befreit zur heiligen Lanka der Hindu-Götter. Die Geographie der Insel wird zwar hierdurch nicht näher bekannt, aber der Name großer Jnselländer (wie in Lankadiwa, jetzt die Gruppe der Lakdiven, in Maha Lanka die große Lanka, jetzt Malaeca, in Ujung Salang, jetzt Junk Ceylon, s. Asien IV. 1. S. 76 u. a.) gewinnt dadurch frühzeitig eine weite fabelhafte Verbrei­ tung, und spätere orientalische Dichter haben dieselbe Insel zum Ziel ih­ rer Wunderfahrten gemacht, wie die oecidentalischen die Küste der Kol6o) Mahavansi ed. E. Upham London 8. Vol. I. p. 5, 69, 221 etc. •l) J. Davy Account of Ceylon. London 1821. 4. p. 1 •*) Fr. Schlegel über Sprache und Weisheit der Zndier, Heidelberg 1608. S. 242 u. f. v. Bohlen das alte Indien Th. IL 341 u. f.

Ceylon, Isländers Seezug. chier für die Irrfahrten der Argonauten.

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Ob die Salomonische Schiff»

fahrt nach Ophir, im engern Sinne (im weitern auf Indien gehend, s. Asien IV. 1. S. 442), wie schon Bochart") that, und neuerlich W. Ouseley 94) wiederholt hat, ebenfalls auf Lanka zu deuten sey, wo er das Gold von Parva im, 2. D. der Chronica K.Z. 83. 6 auf Taprobane, den Namen Ophir in Hippuros dem Hafenorte, wieder zu finden glaubt, wie die kostbaren Waaren, die Hiram in Tyrus und Kö­ nig Salomo von Ophir erhielten, für Landesproduete Ceylons anspricht, lassen wir für jetzt dahin gestellt seyn; bei Arabien werden wir wieder darauf zurückkommen. Arabische und Perfische Autoren aber, die doch so viele Traditionen von Salomo besitzen, wissen wenigstens nichts von der dreijährigen Seefahrt dieses Herrschers zu sagen; große See-Expe­ ditionen nach der so berühmten Wunder-Insel Ceylon geben ihnen aber. noch viele Jahrhunderte hindurch Stoff zu Gesäugen, in denen sie die Thaten der Vorzeit und der Helden seltsam vermischen. Das Garshap Nameh, ein Persisches Gedicht aus dem X. Jahrhundert, von Asedi, dem Lehrer deß großen Kerdusi, gedenkt eines solchen außerordentlichen Seezuges gegen den Seraudib Shah, d. i. der Dasallenkö nig von Ceylon 9‘)« Zoha k, der Großherr von Iran, der Besieger Dschemschids, nach der Tradition ein Zeitgenosse Sa­ lomos, schickte seinen Feldherrn Garschap, als Admiral einer zahlrei­ chen Flotte nach dem. Indischen Meere aus, um dem Maha Raja von Indien beizustehen, gegen einen rebellischen Statthalter von Cey­ lon. Seine Seefahrt dahin dauert anderthalb Jahre, und geht wahr­ scheinlich vom Ailanitischen Golf, wie die Ophirfahrt, aus, doch bleibt das Nähere bei der Mangelhaftigkeit deß bis jetzt bekannten Codex un­ gewiß; nur glaubt W. Ouseley darin Anklänge an die Ophirfahrt wahrzunehmen. Weit später, in dem XV. Jahrhundert, besang noch der Dichter Aschref aus Herat, der selbst als Pilger nach Ceylon zum Adams-Pik gewallfahrtet war, in einem Epos denSeezugJskanL ders, d. i. Alexander des Großen, nach Serendib, d. L Ceylon "). Frühere Fabeln von Jskandrr auf dem Adamspik und am Cap Komorin haben wir schon oben bei Jbn BatutaS Pilger­ gang dahin wie in MarignolaS und de Mandevilles Erzählun­ gen nachgewiesen ts. oben S. 58). Obwol die Maeedonier und ihre spätern Geschichtsschreiber nichts von einer solchen Umschiffung Indiens und von einer Schiffahrt der Griechen nach Taprobane wissen, so haben doch die Worte der Alten frühzeitig darüber zu fabelhaften Auslegur gen

") Sam. ßocharti Geographia Sacra, Canään Libr. 1. c. 46. etc. Ed. Lugd. Batavor. fol. Ib92. Vol. lll. fol. 691 etc. 94) W. Ouseley Trav. Vol. 1. p« 47. 96) W. Ouseley Trav. London 1819. 4. Vol. I. p. 48. ebend. p. 64-56. Rckter Erdkunde VI.

E

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verleitet 8(bei

Plutarch Vita Alex. M. ed. Reiske 1776, Vol. IV. p. 146 Kai t«5 phv vavq ix&moe naqtnXnv, ip typ *Ivi$0tr\9 tynoag etc. Curtius X. 1 Hand multo post Nearchns et Onesicritus quos longius in Oceanum procedere jusserat etc.) und Dicutl s (er schreibt um daS Jahr 825 nach Chr. Geb.) Liber de Mensura Orbis Terrae ed. Walckenaer Paris 1807. 8. läßt den Onesicritus auf Alexanders Befehl die Insel besuchen (Missus igitur Onesicritus praefectus Classis Macedonicae terram ipsam, sc. Taprobancin Insulam, quanta esset, quid gignerit, quo modo haberetur exquisitain notitiae nostrae dedit etc.). So läßt nun auch der Persische Dichter A sch -

res dem Monarchen Jskander oder Secander durch seinen Nakhuda, d. i. Schiffscapitain (s. Asien IV 1. S. 96), die Erzählung von Serandib vortragen, das mit seinen Wäldern, blumigen Wiesen, Bäumen mit köstlichen Früchten, klaren Strömen, ihm als ein wahres ParadiesLand, als der Garten Eden, erscheint. So begegnet sich überall im Orient durch alle Zeiten, auf dieser Insel, Mythe und Sage, und spielt von da durch ihre Götter und Helden bis zu den fernsten Jnselländern hinüber (s. Asien. IV 1. S. 93). In den einheimischen Singhalesischen Annalen und Historien (dem Mahavansi, Raja-Ratnaeari und Raja-Vali)8*) su­ chen wir vergeblich genauere Auskunft über die geographische Beschaffen­ heit der Insel; sie enthalten zwar einen wichtigen Schatz von historischen Daten, über die innern Verfassungen und Zustände, wie über die Kämpfe der Insel nach Außen, zumal viele Jahrhunderte hindurch mit den Ma­ labarischen und Coromandel Reichen, aber in ein so mysteriöses Gewand, in so symbolische Form gehüllt, daß wir nur da, wo bestimmte Zeugnisse, wie Denkmale oder Berichte anderer Völker uns zu Hülfe kommen, und sie erst erklären , von ihnen weiter unten für unsere Zwecke Gebrauch machen können, der bei aller Unvollständigkeit uns für die genauere Kenntniß dieser merkwürdigen Insel und ihrer Bewohner keineswegs un­ wichtig erscheint. M) Vergl.

Itinerarium Alexandri ad Constantinum Augustum Ed. A. Maji Mediol. 1817. 8. Res Gestae Alexandri. 88) The Mahävansi, the Raja - Ratnacari, and the Räja-Vali forming tke Sacred and Historical Books of Ceylon etc. translated from the Singhalece. Kdit. by Edw. üphara. London 1833. 8. Vol. I —III,

Ceylon, Gestalt, Größe, Lage.

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II. Natürliche Beschaffenheit der' Insel Ceylon; Gestalt, Größe, Lage, Küstenumriß, Binnen, land, Gebirgsregion, Gebirgsatten, Bo, den, Clima, Flüsse. 1. Gestalt, Größe, Lage. Die Insel Ceylon in birnförmiger oder eyförmigcr Gestalt, mit größerer Breite im Süden und gegen Norden spitz zulau, send, und dahinwärts in mehrere kleinere, niedrige, flippige, aber grüne Doreilande, unter denen Iaffnapatam die größere ist, parcellirt, liegt am Eingänge des Bengalischen Golfs, als Süd, land zwischen Malabar und Coromandel dem Südende von In, dien so vor, daß dort der Norden so viel als Dekan heißt. Nur der schmale Golf von Manar, von 6 bis 8 Meilen Breite, trennt sie davon ab; von Cap Komorin liegt sie jedoch gegen Ost an 30 geogr. Meilen entfernt. Nach I. D a v y °'J) nimmt sie einen F-lächenraum von 20,770 Engl. Quadratmeilen ein, nach W. Hamilton 27,000, nach Montgomery Mar, tin jüngstem Berichte zwischen beiden Angaben, 24,664, mit 8000 weißen und 960,ooo farbigen Bewohnern, könnte aber sehr wol die zwanzigfache Population tragen. Berghaus Karlenberech, nung giebt ihr 1250 geogr. Quadratmeilen; sie hat von N. nach S. an 60 geogr. Meilen Länge, halb so viel Breite und einen Küstensaum von 160 geogr. Längenmeilen. Die PalmyraSpitze, der N.O.,Punct der Insel, nahe Pedro,Cap, liegt unter 9° 49' N.Br., daS Donner,Cap (Donderah), die südlichste Spitze, unter 5° 55 N.Br.die Länge beträgt 98° 6' bis 98° 234' 0.8. v. Ferro (80° bis 82° 0.6. v. Gr.). Diese schöne Insel, sagt der einsichtsvolle Augenzeuge, der alle Briti, schen Colonien im Osten und Westen der Erde besuchte und be, schrieb, ist eine der schönsten der Welt, aber durch die Schuld der Einheimischen wie der Eingewanderten stets in gegenseitiger Fehde stehenden Bewohner, weit hinter dem Zustande der Blüthe zu, rück, in welchem sie einst war, den sie im Schutze des Friedens, unter weiser Verwaltung im Verlaufe der Zeit wol einmal wie, der einnehmen könnte. Man kann sie, nicht unpassend, gegen. »•) J. Davy Account of the Interior of Ceylon etc. London 1821. 4. p. 2 etc. W. Hamilton Deser. of Hindostan. Land. 1820. 4. Vol.il. p. 485. Montgomery Martin History of the British Colonies. London 1834. Vol. I. Tab. p. 345 etc.

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wärtig (feit betn Traktat von Amiens 1802) für England, obwol im größer« Styl, das Malta des Indischen Oceans nennen, ihr fester Fuß im Indischen Gewässer, das dortige Depot ihrer Mi, litairmacht zur leichtern marinen Vertheilimg durch die Südhe, misphare. So schön, so fruchtbar, so dünn bevölkert und doch so reicher Population fähig; so verarmt und doch so reichlich von der Vorsehung gesegnet mit Gaben und Schätzen aller Art zum Gluck ihrer Bewohner, ist ihre Stellung zu Dekan und Indien die günstigste, die sich nur denken läßt. Von der Halbinsel ge, schieden, und doch wieder auf das genaueste durch verwandte Ge, gengestade, Produktionen, kurze Ueberfahrten und günstige Strö, mungen wie reguläre Windbewegungen an sie geknüpft, bietet sie sich von selbst als der Stapelort aller Waaren des Orients dar. Keine Insel ist ihr gleich an Lieblichkeit, romantischer Na, kur, an schöner Gelegenheit für den Dichter, den Landschaftsma, ler, den Kaufmann, wie für den Staatsmann; ein bezauberndes Kleinod kann sie für England werden, wenn dieses ihren Werth völlig erkannt hat. Eine Zeit mag kommen, sagt Montgomery Martin, möge sie auch noch so fern seyn, wo England sein Supremat auf dem Kontinent von Indien verlieren wird, wie dies die Geschichte anderer Völker als möglich zeigt, die der Por, tugiesen, der Holländer lehrt, deren Superstition, deren Eigennutz sie selbst ins Verderben stürzte. Anabhängig vom Continente In­ diens kann aber Britannien, unter allen Wechseln, dennoch, wenn es nur den Besitz der Insel Ceylon sich erhalt, immerfort einen Theil des Welthandels behaupten, und eine Marine von Bedeu­ tung bleiben, wenn es nicht wie Portugal und Holland diese In, fei vernachlässigen sollte. Jene Extreme der Vorgänger vermei­ dend, breiten sich aber gegenwärtig schon die Missionen auf Cey­ lon unter die dortigen Heiden zur Verkündung des Evangeliums aus, die Handelswelt löst die Fesseln der Monopole, welche bis, her die Einheimischen in Armuth und Abhängigkeit erhielt, die Verwaltung gesteht gleiche Rechte, Pflichten und Schutz den Aboriginern der Insel wie ihren Ansiedlern zu, sie' bahnt die Wege durch die bisherigen unzugänglichen Wildnisse des Binnenlandes der Insel wie der Gestade, und öffnet ihre Häfen dem freien Weltverkehr. Ceylon ist kein abhängiger Colonialbesitz mehr, es ist schon zu einer Provinz Englands, ein unmittelbares Gut der Krone von Großbritannien geworden, im Begriff eine Europäi­ sche Civilisation zu gewinnen; cs wird, in dieser Art, als Insu-

Ceylon, Küstenumriß.

b9

larstern erster Größe dem zahlreichen Archipel des Ost-Oceans un­ ter der weisen Leitung seiner sinnigen und edeln Verwaltung in künftigen Jahrhunderten vorleuchten. 2.

Küstenumriß.

Die Insel ist rings umspült vom Indischen Ocean; die Südostküste*"") zeigt sich weit frischer, grüner, fruchtreicher, als die meisten Gestade von Coromandel Vorn pitoreske Ufer mit Felsen, dahinter Wälder und über diesen Berge auf Berge gethürmt, deren Formen in der Nahe und Ferne oft seltsam ge­ staltet wie Kegel, Festungen, Pyramiden, burgartig mit Trüm­ mern und Mauerwanden bedeckt sich erheben. Eben so das Südund Südwestgestade der Insel um Donderah-Kap, um Punto Galle bis Colombo, wo über den flachen, tiefen Kokos­ wäldern und den gerundeten, vordem Waldbergen, in fernerem Hintergründe, die blaue Spitze des Adams-Pik schon 30 geogr. Meilen weit als sichere Landmarke für den oceanischen Schiffer, zu jeder Zeit sehr kenntlich und sichtbar, mit 2 kleinern Piks zur Seite, hervorragt. Bis zu I. Cordiner's Zeit (1807) war dieser Jnselberg noch von keinem Engländer bestiegen. Bei größerer Annäherung und Anlandung an das Ufer wird der Naturanblick der Insel immer gratiöser und mannichfaltiger, durch den Luxus der Vegetation und zumal durch die Schönheit der Palmenfor­ men, die das Uferland schmücken, die bewohnten Ortschaften sind nur sparsam vertheilt und größtentheils ganz in der Bekleidung des üppigsten Grün versteckt. Nordwärts Colombo und Negumbo wird das Gestade schon ebener, und die bei weiten größere Hälfte des nördlichen Küstensaumes der Insel, ist flach und ohne alle Abwechslung für das Auge des Vorüberschiffenden. Statt der Uferfelsen, Berge und zahlreichen Flußmündungen, welche den südlichen Kranz der breitem Südhalfte der Insel vielfach unterbre­ chen, beginnen nordwärts Colombo Niederungen über Manar bis zur Nordspitze Cap Pedro. Sie folgen von da am Ostgestade über Trincomale bis weit südwärts durch Baticaloa fort, und bilden tief landein viele, mitunter sehr große, aber gewöhnlich seichte, lagu­ nenartige, salzreiche Meereseinschnitte, die den flachen Nordsaum gliedern, und mehrere Vorlande gänzlich abschneil0°) J. Cordiner Descr. of Ceylon 1. c. p. 7, G. Vic. Valentin Tra­ vels London 1809. 8. Vol. L ch. VI. p. 2ö4 etc.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §.102.

den von der Hauptinsel, von denen die Inseln Calpcntin, Manar und Jaffnapatam die bekanntesten sind. Aber auch kleinere Lagunenrcihen umzingeln den Küstensaum (gleich dem Lido der Vcnetianischen Lagunen), und stehen untereinander in solcher Verbindung, daß zur Regenzeit zwischen ihnen oft auf große Strecken Binnenschiffahrt für Barken Statt findet, hinter der Meeresküste, wie z. B, von Chi law oder Mahadampa, in dessen Nähe, südwärts über Colombo hinaus, bis nach Cal, tura hin, eine Strecke von mehr als 16 geogr. Meilenlul), welche dadurch eine der bevölkertesten, fruchtbarsten, bebautesten Küstenstrecken werden konnte. Eben so besteht auf der Ostküste in Baticaloa eine Küstenfahrt innerhalb des Gestadesaumes. Für große Schiffe ist diese ganze Küste von der Nordspitze an, ost, wärts, rundum, in tiefem Gewässer sicher zu umschiffen, an den Häfen von Trincomali, Batticaloa, Punto Galle, Co, lombo vorüber. Aber, von da an, bemerkt Anth. Bcrtolacci, kann der Verkehr an jenem seichtcrn Gestade nur betrieben wer, den in Schiffen, die unter loo Tonnen Last tragen, und auch in diesen nur mit Umladung in den engen Canälen von Manaar und um Jaffnapatam; daher meist nur kleine Barken (Doneys) von 20 bis 25, höchstens 50 Tonnen Last hier die allgemeineren Fahrzeuge sind, die stets im Angesicht der Küste auch heute noch, wie ehedem, hin und her seegeln. Haupthäfen für die große Schiffahrt sind: Trincomali, Punta Galle, und in gewis­ sen Jahreszeiten Colombo; kleinere Hafenorte und Ankcrstellen, rund um die ganze Insel, sind in 0. und S. Batticaloa, Barberin, Matura, Caltura; in SB. und N. dagegen: Negumbo, Chjlaw, Calpentin, Manaar, Punta oder Cap Pedro. 3. Binnenland. Nur das Gestade der Insel war seit Jahrhunderten von Eu, ropäern besucht, bewohnt, beschrieben; bis in die neueste Zeit war das Innere derselben, mehrere Verheerungen der Portugiesen oder eeremvnielle Embassaden der Holländer abgerechnet, eine Terra incognita geblieben. Der seltsame politische Zustand der In, sei war die Ursache hiervon; selbst noch unter Britischem Besitz (seit 1796) dauerte dieser eine Zeit lang fort. Als Lord Va len, i01) Anti». Beitolaeci View etc. ot Ceylon 1. e. p. 37.

Ceylon, Binnenland.

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tia4), 1804, die Insel besuchte, war der König von Ceylon, der Gebieter von Kandy und der gebirgigen Landesmitte, völlig abgeschnitten von jeder Meeresküste, und von dieser hatten mit selten einmal ein Europäer Zugang zum Binnenlande ge­ habt. Umgeben von einem Küstenkranze fremder, ausländischer Colonisationen und Herrscher, mußte der einheimische Lan­ desherr erst bei diesen um Erlaubniß bitten, sich eine Gemah­ lin aus feiner eigenen Caste (die allein gesetzmäßige Nachfolger geben konnte) aus Malabar herüber zu führen. Die Europäer waren durchaus nur aus die Secküste beschränkt, und kein Ver­ kehr irgend einer Art fand zwischen der Peripherie und dem Centrum des Eilandes und seiner Bewohner statt, dessen physische Construction doch, wie keine andere, systematisch, durch die Natur, von jeher auf gegenseitigen Austausch angewiesen war. Nach lange dauernder Spannung und wiederholten Kriegführungen ge­ langten, feit 1815, die Briten, und definitiv erst seit 1818, vom Besitz des Küstenlandes zu dem de- Innern, durch den Sturz der einheimischen Königsherrschaft. Seitdem erst konnte dieses durch Europäische Forschung bekannt werden ; die Entdeckung, die Untersuchung dieser centralen Eebirgs-Insel ist also gleich jung mit derjenigen der Nila Giri (s. Asien IV. l. S. 952). Rur ei­ nige ältere Nachrichten verdanken wir dem einzigen R. Knox 2 3>, der als zwanzigjähriger Gefangener einen Theil des Innern der Insel zu sehen Gelegenheit hatte. Sein Schiff scheiterte im I. 1657 an der Küste der Insel, das Schiffsvolk wurde gefangen nach Kandy geschleppt; ihm allein gelang es, nach langem Ver­ weilen, 167B, durch wunderbare Flucht sich zu befreien und in seine Heimath zurückzukehren. Er war früherhin der einzige ge­ treue Berichterstatter über das Kandy Königreich. Die neuern trefflichen Untersuchungen über die Central-Insel, da I. Corditu«&*) weitläustige, aber genaue 1799 bis 1804 und R. Percivals b), si.jt 1796 dort gesammelte, Beobachtungen, meist nur das Britische Territorium des Inselgestades betreffen, verdanken wir dagegen vorzüglich dem Arzt und Naturforscher John Davy, 2)

G. Vic Valentin Trav. 1. o. T. I, p.277. *) Rob. Knox Hh storical Relation of the Island of Ceylon etc. London 1817. 4. p. 238, 316. *) J. Cordincr Chaplain of the Garrison of Co­ lombo Description of Ceylon. London 1807. 11. Vol. 4. » ) Capt. Rob« Percival Account of the Island, of Ceylon etc. Lon­ don 1805. 4.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §.102.

der von 1816 bis 1820 als Generalstabsarzt der Britischen Trup, pen in Ceylon, ihr Begleiter bei den verschiedensten Operationen war, und zugleich als Gefährte des damaligen Landesgouverneurs Sir Robert Brownrigg den großem Theil der Binnenland/ schäften der Insel, nämlich das ganze Königreich Kandy, nun in die Kandyschen Provinzen verwandelt, genauer zu bereisen und in vielen Theilen zu erforschen veranlaßt ward""). Von ihm rühren die Original-Beobachtungen über das Land und Volk, des­ sen Producte, Monumente, Character, Sitten und Literatur her; von den Hofbeamten des alten Königshauses, die über die Politik und den innern Zustand seiner Verwaltung, von Buddhapriestern, die über die Religionsverhältnisse, und der Abriß der Singhalesischen Geschichte, den derselbe mittheilt, ist aus den Schriften des Kandyers, Malava, Dessave oder Chef von Welassey, entnom­ men, welcher als Dichter, Historiker, Astrolog bei seinen Landsleu­ ten als einer ihrer gelehrtesten in größtem Ansehn stand. Dem ungemein einsichtsvollen Ober,Steuerbeamten der Insel, dem Zeit, genossen Alex, Iohnstons auf derselben, während einer Reihe von 16 Jahren der wichtigsten Erfahrungen, An th. Berto, lacci7), verdankt man außer vielen andern einzelnen Beschrei­ bungen ebenfalls ungemein wichtige Berichte über die Natur und Oeeynomle der Insel, wie ihre Bevölkerung, Handel, Civilisation. Das alte Königreich Kandy oder das Innere Ceylon nimmt, nach % Davy, die Hälfte der ganzen Insel, also über 600 Quadratmeilen, die Größe eines Gebirgslandes etwa von der Größe der Europäischen Schweiz ein, zwischen 6° 20' bis 8° 45' N.Br, und 80° 8' bis 81° 45' 0.8. v. Gr. Es begreift dieses die ganze Mitte und einen Theil gegen das Südende dev Insel. Durch eine maritime mehr ebene Küstenzone, je­ doch von ungleicher Breite, 4 bis io Stunden, meist nur einer guten Tagereise, ist es ringsumgeben, die aber gegen das Nord­ ende sich in vollkommene Niederung, bis zur doppelten Ausdeh­ nung, ja bis zu 16 geogr, Meilen Breite vorlagert. Auf solchem Raume ist wechselnder Boden, Ebene, Hügelboden, Ge, birg stand, dieses in der Mitte von jenen in immer weitern Kreisen ziemlich regelmäßig umgeben. °*) .Jo,m Davy Account of the Interior of Ceylon and of tlie Inhabitants with Travels in that Island. London 1821. 4. Pres. VI. ) Anth. Bertolacci View of the Agricultural, Commercral and Fi­ nancial Interest of Ceylon etc. London 1817. 8.

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Ceylon, Gebirgsregion. 4.

Gebirgsregion, Hügelland, Niederung.

Theilt man die Insel durch eine imaglnaire Linie von W. nach O. in zwei Hälften, so nimmt die Gebirgsregion die Mitte der südlichern, breiter» Hälfte der Insel ein. Die Mitte derselben, südlich von Kandy, liegt unter 7° N.Br.; ihre größte Länge ist 13 bis 14, ihre große Breite 10 bis 12 gcogr. Meilen. Weniger genau ist die Hügelregion zu begränzen, in einer Breite von 2 bis 4 gcogr. Meilen etwa, umgürtet sie die Ge» birgsregion; die Region der Niederung würde das Hügel, land ringsumgcben, wenn dieses nicht gegen West einen mäßigen Vorsprung gegen das Gestadcland gewänne. Einförmigkeit, aber mit einer seltnen Fülle luxuriirender Vegetation überdeckt, ist der Character der Niederung, reizende Schönheit der Land» schaft die Mitgift des Hügelbodens, grandiose, erhabene Natur der Character des Hochgebirges, das bis auf seine größten Höhen mit gigantischen Wäldern bedeckt ist, aus deren Waldgipscln sich überall dampfende Cataracten in die Tiefen der felsigen Engschluchten herabstürzen, die alle Thäler verschönern. Das Bergland bleibt meist zwischen looo bis 2000 Fuß Meeres, höhe, aber cs erhebt sich auch von 3000 bis 6000 Fuß, das Hoch» gebirgc selbst, von 4000 Fuß absoluter Höhe an, nimmt nur eine geringe Ausdehnung von wenigen Meilen Länge und Breite, zwischen Ma tu rate und Fort M° Donald, im S.O. von Kandy ein. Im Westen von diesen erhebt sich der wildeste Ge» birgsstrich, Neura Ellya, im Umfang von etwa vier gcogr. Meilen, der als geschlossenes Massengcbirge bis zu 5000 Fuß pla» teauartig aufsteigt und über diesem nach den neuesten Angaben noch viele einzelne Piks weit höher. Auf dem Rücken dieses El» lya Gebirges ist, in den letzten Jahren, ein Sanatorium») für Britische Truppen eingerichtet, wo sich, nach einem Briefe vom August 1834, daselbst schon 200 Europäer zur Wiedererlan­ gung ihrer Gesundheit wohnhaft befanden, auf einer kühlen Höhe die der Briefsteller zu 6287 F. Par. (6700 F. Engl.) angicbt. Er sagt, man müsse sich daselbst in Wolle kleiden, das Thermo­ meter stehe nur auf 60° F. (11 i Rcaum.), werde bald bis auf 54° fallen. Im Dcc., Jan., Fcbr. falle es am Morgen öfter bis 28« F-.; also unter den Gcfricrpunct.

Feuerung ist daher

*) Letter froin Sanatarium Nnvvera Kllya dat. 30. Aug. 1834. in Asiat. Journ. New fc>er. I8d4. Vol. XIII. p. 171.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 102.

nothwendig.

Das Clima sey ungemein gesund; Zlmeisen fehlen,

Elephanten dringen noch bis zu diesen Höhen heraus, die von dem tiefem und mildern Fort 3KC Donald weiter östlich, nur 2i geogr. Meilen (13 Engl. Miles) entfernt liegen. Die beiden bis, her bekannt gewordenen und für die höchsten gehaltenen Höhen waren der Namana Culi Kandy, hat 5207 F. Par. (5548 F. Engl.), und neben ihm der Adams-Pik (Sammenella oder Hammenella, bei Knor, Ha-Malell der Singhalesen) hat 5772 F. Par. (6152 F. Engl.) absolute Höhe, nach I. Da, vy's l"0) Barometermessung, der ihn, im April 1817, wie es scheint, der erste Brite, dem dieses gelang, bestieg. Nach Colon. Willermans trigonometrischer Schätzung soll er aus keinen Fall über 7000F. Engl, hoch seyn. Nach Simon Sawers"') wiederholter Ersteigung desselben, im Marz 1819, wurde seine Höhe durch Barometermessung auf 6183 F. Par. (6500 F. Engl.) bestimmt. Auf dieses Gebirgsland, voll der mannichfaltigsten, schön­ sten, bewässerten, fast überall fruchtbarsten Höhen und Tiefen, wie dies die Cultur der Thäler, die Waldvegetation aller Berge bis zu den höchsten Gipfeln hinreichend beweiset, ist das einhei­ mische Bergvolk stolz; sie nennen es mit einem Worte, Conde-Uda"), d. h. auf dem Gipfel der Berge; CondeUda ist zugleich der Titel ihres Beherrschers, d. h. Bergkönig. Conde, im Singhalesischen, so viel als Berge, ist der einheimi­ sche Titel ihrer Hauptstadt, welche die Europäer Kandy genannt haben, die Metropolis, nach Leschenaults^) Bestimmung(1820) 1500 F. Par. über dem Meeresspiegel erhaben, nach I. Davy nur 1376 F. Par. (1467 F. Engl.)") üb. d. Meere; im engen Tbale rings von Bergen umgeben. An der Südgränze von Conde Uda steigt der heilige Berg Pik empor, der Wächtergott (d. i. Sammenella, nach I. Davy, der Fels des Samen, d. i. der Dämon des Berges); heilig durch den *09) J. Davy Account I. c. p, 3, 346; ders. Letter to Sir Hamphry Davy in Journ. of Science and Arts. ed. at the Roy. Instit. 1818. Vol. V. p. 25. 1Ä) Sim. Sawers Journey from Kandy to Caltura by the Way of Adams Peak 1819. in Memoirs of the Wernerian Society Edinburgh. 1822, Vol. IV. p. 416. ll) R. Knox Histoiical Relation l. c, p. 3. 13) Lcschenault de la Tour Relation abregee d’un Voyage aux Ind. Orient, in Mein, du Mu^ see d’Hist. Natur. Paris 1822. T. X. p. 269. ls) J. Davy Ac­ count 1. c. p. 65.

Ceylon, Gebirgsregion.

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Buddhafußtapf (Siripada, im Pali Sripada), daher auch der Berg selbst, von diesem ihrem Palladium, Siripada genannt wird. Die centralen Bcrgprovinzen Udanur und Tattanur, d. h. die Obere und die Untere, in welcher letzteren eben Kandy liegt, stehen in Rang, wie Knor erfuhr, allen an­ dern vor. Sie haben das Vorrecht, daß nur ein Eingeborncr des Landes ihr Beherrscher seyn kann (1679); sie selbst sind der Adel der Insel. Mollen wir einen König, war dort die sprüchwörtliche Redensart: so brauchen wir aus diesen Dergprovinzen nur den ersten besten Mann vom Pfluge zu nehmen, ihn rein zu waschen, und er ist durch Geburt und Qualität zum König gerecht. Auch waren damals diese Provinzen die fruchtreichstcn und bevölkerte­ sten des Königreiches.

Außeihalb dieses centralen Gebirgslandes

heißen die bekannteren Landschaften der Außenseite desselben: ge­ gen Süden Saffregam; gegen S.O. Ouva; gegen Ost Welassey; gegen N.O. Dedahratte; gegen N. Matelle; ge­ gen N.W. und West die sieben und die drei Körles. Die größte Mannichfaltigkeit der Formen und Richtungen giebt diesem pittoresken Bcrglande immer neue Reize; die meisten Bergketten enden in zugcrundete Kuppen, selten oder gar nicht in steilen isolirtcn Kegelspihcn; dagegen sind ihre Seiten gegen den Fuß hin fast immer steil, oft felsig, pitorcsk; zuweilen liegen sich Parallelkcttcn gegenüber; zuweilen sind ihre Massen ganz irregulair vertheilt. Die Tiefe der Thäler, bemerkt I. Davy, ent­ spreche hier keineswegs der Höhe der Berge; wol eben, weil Plateaubildung thcilwcise wenigstens vorherrscht, oder doch Massengcbirg da ist. Nirgends trifft man jedoch hier so tiefe Einstürze mit Alpcnseen gefüllt, welche z. B. Schottland und Helvetien so ungemein verschönern. Jedes Thal hat hier seine vollständige Entwickelung durch das ausgewaschene Flußbette schon, gewon­ nen, in denen die Wasser mit ziemlich starkem, aber allmäligem, Gefälle, meist durch sehr enge Schluchten und Klüfte, zum Nie­ derland gehen, und dem Meere zueilen. Das Thal von Matnratte, z. B. im Hochgebirge, an 3000 bis 4ooo Fuß tief, gegen seine umgebenden Höhen, ist keine Viertelstunde breit. Wo eS Teiche und Seen giebt, wie bei Kandy, und anderwärts, sind sie erst durch die Kunst gegraben oder eingedämmt. Die Hügel­ region, überall in sanften Formen mit bewachsenen und bebau­ ten Oberflächen, senkt sich sehr abwechselnd von looo bis zu we­ nig loo Fuß hohe Hügel hinab; das Niederland nmgiebt

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Ost-Asien. Vorder-Zndien. IV. Absclm. §. 102.

diese in welligem, oder auch ganz ebenem Boden', von 200 bis 50 F. Höhe, und wird weiterhin dem Spiegel des Meeres fast gleich; doch wird es auch noch hie und da von einzelnen Hngelmassen unterbrochen, die wol 100 bis 500 Fuß sich erheben, und dann meist plötzlich als Klippenreihcn aufstarren. Die ganze Nordhälfte der Insel, vom Bcrglande an, ist Ebene, und obwol sich daselbst nur wenig Versumpfungen wie sonst in andern tropischen Niederungen zeigen, so versichert 2s. Dcrtolacci"), daß in die­ ser ganzen Strecke doch keine Erdstclle sich über 300 Fuß über das Meer (100 Yards) erhebe, außer den Hügeln um Trincoinalli. 5. Gebirgsarten. Ceylon scheint nur eine Masse emporgehobener, sogenann­ ter primitiver, granitischer Gebirgsarten,S)$n seyn, fast nnbcglcitct von Ucbergangs- oder jüngeren Gcbirgsformationen, wie sie Englands, Deutschlands und überhaupt die meisten Euro­ päischen Gebirgssysteme in so großer Abwechslung darbieten. Da­ her ist Einförmigkeit der primitiven Formation der eigenthümliche geognostische Character dieser Insel, auf welcher, außer dem Alluvialboden der Gestade, von jüngern Bildun­ gen, nur Kalk sind Sandstein, hie und da, in den Küstenseifen, und zumal in den nördlichen Enden derselben, in Jaffnapatam allgemeiner verbreitet sind. Die ganze Ccntralmaffe der Insel, ihr primitiver Kern, zeigt unendlich viele Varietäten, aber nur wenige Species verschiedener Gebirgsarten, und diese in vielfachen Ucbcrgängcn, so daß sie oft schwer zu bestimmen sind: Granit und Gne-uß sind vorhcrr, schend, Quarzfcls, Hornblendegeflcin, Dolomitmas­ sen begleiten sie, wenig andere Massen sind eingelagert. Der Gneuß.ist häufiger als Granit; dieser ist um Kandy '0) feinkörnig, quarzreich; am Punto Galle grau; Syenit und Glimmerschiefer sind selten, desgleichen Hornblendgcstein, das jedoch mehrere Kegel bildet, wie z. B. den Adams-Pik. Quarz durchsetzt in großen Gangen, oder massig, die Grall>. 37. ") J. Davy on tlie Mi­ neralog? of Ceylon, Kami? 2b. Jan. 1818. in Transact. of tlie Geolog. Soc. Vol. V. P. II. 311 -327; dcss. Account I. c. eh. I. p. 7 — 42» 16) Lubdiena'.ilt Relation l. o. p. 2Ö8.

Ceylon, Gebirgsarten.

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nitbcrge und trägt unstreitig durch seine geringere Zerstörbarkeit zur eigenthümlichen Felsbildung mancher merkwürdigen und pito, resken Localitäten der Insel vieles bei. So z. 93. zu Trinco malli, wo die vordere Landzunge, welche den prachtvollen Hafdh 17) gegen Ost schützt, und auf welcher die Stadt selbst erbaut ist, ihre Dauer wol dem schönen Quarzgestein, das milchweiß, durchscheinend wie Glasschmelz, von Chapel Point bis Fort Osten/ burgh, die ganze südliche Breite derselben durchsetzt, verdanken mag. Dasselbe Quarzgestein, in Verbindung mit denselben pri­ mitiven Gebirgsarten, characterisirt die Eranitregion des Plateaus von Dekan (s. unten). Das Dolomitgestein, Urkalk bei Leschenault genannt, ist nur auf das Innere des Berglandes concentrirt, in Gangen oder eingelagert, immer nur niedere Hügel bildend, wo es sich wegen der Vegetationsdecke entblößt zeigen kann; zumal in der Nahe um Kandy, und im S.O. von da um Badulla. Nur selten tritt es als Hügel in der Niederung hervor, wie in Ma­ te le am äußern Nordgehänge und in Hang ranketty. Die Waldbedeckung hindert wol, daß der Dolomit sich häufiger zu Tage zeigt; alle Salpeterhöhlen^) der Insel, deren man bis dahin 6 verschiedene in den genannten Gegenden des wildesten Berglandes kannte, kommen nur im Dolomitgestein vor, wo ihre reichen Salzefflorescenzen von tropischen Regen nicht ausge­ waschen werden konnten; zwei und zwanzig verschiedene Orte nennt I. Davy, wo Salpeter daraus zubereitet wird. Mehrere von jenen hat er besucht, und die Fabrication beschrieben. Der Dolomit zeigt sich in den verschiedensten Varietäten bis zum Sta­ tuen marmor; aus den reichsten Sorten wird Kalk gebrannt, der jedoch dem Muschelkalk an Güte nicht gleich kommt. Die Salpeter höhle in S.O. in der Gebirgsprovinz Ouva, bei Wellavay, hat einen engen und niedrigen Eingang, senkt sich zwischen Felswänden aus Dolomit und Granit, und über lose Felstrümmer, an 50 Schritt tief hinab, setzt dann wol eine Eng­ lische Vicrtelmeile tief in den Berg hinein; sie schien künstlich ein gehauen. Seit tanger Zeit soll sie bebaut seyn, 1820 war die ganze Gegend umher durch ik Kriege verwildert. Die Salpe4T) s. Harbouv f Tiinromalay Tabul. in Capt. Rob. Percival Ac­ count of thv Hland oi* Cv)lon. London 2 Kd. 1805. ad p. 65. 18) J. Davy Account I. c. p. JO, 30, 429. 372 — 580; hcrf. On Ihe Mmeialqgy in Tian*>act. Vol. V. P. 11. p. 31Ü.

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Ost-Asien. Vorder-Jn-ien. IV. Abschn. §. 102.

terhöhle im N.O. von Kandy, auf dem N.W-Ufer des gro­ ßen Flusses bei Bintenne, nördlich von Hanvelle, liegt ebenfalls in sehr wildem Fels- und Waldgebirge, in einem mit Wald gekrönten Felsen. Sie ist an dem Eingänge 80 Fuß hoch, 100 Fuß breit, 200 Fuß tief, und steigt in den Berg steil hinauf; sie wurde bei I. Davys Besuche, nur von 16 Arbeitern kärg­ lich benutzt, die halb nackt, mit langen Haaren und Bärten, ins rohesten Schmutz mit Lumpen bedeckt, dort auch mit der Filtra­ tion, Evaporation und Cristallisation dieses Productes durch höchst einfache Mittel beschäftigt waren, und den Dämonen den besten Theil ihres Salpeters zum Opfer brachten. Die Grotten bildung ist also auch hier, wie dies L. v. Buch zuerst so schön als gesetzmäßig in Mittel-Europa nachgewiesen, der Dolomitbegleitern^X Die aus Dolomit bestehenden Berge fand I. Davy2") £War nur niedrig, aber steil und fast kegelgestaltig; die äußere Dolomitwand ist gewöhnlich mit schwarzen Lichenen überzogen,.die ihren schneeweißen oder grauen Felsbruch ver­ stecken. Die äußern Formen des Bodens dieser primitiven Gebirgsarten entsprechen der Einförmigkeit ihrer Bestandtheile; sie sind weniger verschiedenartig als man erwarten möchte; die starke Vegetationsdecke zeigt sie nur selten entblößt, und erschwert ihre Untersuchung. Fast überall zeigen sich in den sichtbaren Massen gerundete Formen, selten zackige, zerrissene, groteske Gestaltungen. Die Entscheidung, ob der Granit hier Schichten oder nur Lager und Ablösungsflächen zeige, hat meist Schwierigkeit; wo diese, wie es öfter der Fall ist, zwiebelartig, schaalig hervortreten, da tritt das Streichen zurück. Bei dem sehr geringen Wechsel der ordinairen Gebirgsarten sind diese jedoch voll Einlagerungen selt­ ner Mineralien; also, bei geognostischer Armuth minera­ logischer Reichthum, bekanntlich ein ganz besonderer Reich­ thum von Edelsteinen auf Ceylon, aber mit Armuth an nützlichen Metallen, welche außer etwas Eisen (Sumpf-Ei­ senerz, die frühere Angabe von Gold, Quecksilber u. s. w. ist ganz irrig), bis jetzt, der Insel gänzlich fehlen. Der mineralogische Character dieser Insel, bemerkt'I. Davy, sey daher ächt L. de Buch Tableau Geologique de la partie meridionale du Tyrol 1822. Lettre ä Alex, de Humboldt in Annal. de Chemie. T. XXIII, 1823. p. 303. *°) J, Davy Qn the Mineralog) etc in Transact. 1. c. p. 324.

llv)

Ceylon, Kalk und Sand.

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oriental, mehr zum Prunk als zum Gebrauch, mehr Pomp als Profit. Die Aufzählung jenes Edelsteinreichthums macht den Hauptinhalt der Producte der Insel aus dem Mineralreich aus. Die ji'ingcrn Formationen, welche dem Boden seine Ausbreitungen geben, sind Kalk und Sand. Der Kalkstein^) beschränkt sich vorzüglich auf Jaffnapatams Halbinsel, die nördlichste, productivste und bevölkerteste Provinz der Insel, wo er grau und hellbraun, feinkörnig, dicht, von muschligem Bruch ist und reich an Petrefaeten. Doch beobachtete ihn Dr. Fin« layson auch südwärts von da, auf dem Nordende der Ceylon« Insel selbst, bis gegen Palwerayenkatte, wo er in geringer Entfernung vom Meere mit Korallenriffen einen salzigen See um« giebt, der zur Regenzeit mit dem Meere communicirt. Wo er vorkommt, wie er denn auch unter dem Namen Kabuk am au« ßersten Südende der Insel in Tangalle an isolirten Stellen gefunden ward (s. oben S. C), ist der Boden sich überall gleich, eben, ohne Hügel, nur wenige Fuß über dem Meere erhaben, von dem er wol vor nicht gar langer Zeit überdeckt ward. Der Rück« zug des Meeres in dem Nordwest-District der Insel, bemerkt I. Davy, sey unzweifelhaft, selbst seit Menschengedenken; denn viele erinnerten sich, daß die Wellen da schlugen, wo jetzt kein Schaum der Brandung mehr hinsprützt; auch liege der K oral« lenfels, meilenweit landein zu Tage. Wahrscheinlich bildet sich auch heute noch dieser Kalkstein die Küsten von Iaffnaparam entlang; viele vorliegende Jnselchen bestehen daraus, ob die überall hervortretende Korallenbildung innerhalb der Ceylonstraße damit zusammenhänge, ist noch ununtersucht. Bei seiner Küstenreise von P u t l a in 23) nordwärts über Kudra Malle und Mantotte nach Jaffna, wurde Lord Aalentyn zu gleichen Bemerkungen veranlaßt. Die Lagunen von Putlam, jetzt nirgends über 6 Fuß tief und voll Jnselchen, sagt er, waren sicher einst meerbedeckt; bald wird aber diese Lagune ausgefüllt werden, und das Meer immer weiter gegen West abrücken. Während hier die Breite der Insel anwächst, nennt die Landestradition (wahrscheinlich dieselbe die schon M. Polo anführt, s. oben S. 17) sehr breite Strecken, die von der Ostküste Ceylons durch Monsune, oder *‘) J. Davy Account 1. c. p. 13. **) Gisborno on Ceylon Mineralogy Liter. Soc. of Colombo 17. Oct. 1826. in Asiat. Jour«. 1827. Vol. XXIII. p. 66L ") G. Vic. Valentia Trav. 1. -c. T. I. p. 333.

80 Ost-Asien. Vorder-Jn-ien. IV. Abschn. §. 102. Erdbeben, abgerissen seyn sollen; was jedoch für die neuere Zeit nicht mehr gültig seyn mag, da eben diese Ostküste überall aus festen, primitiven Massen gebildet erscheint. Der Sandstein m), von jüngerer Bildung (?) ist noch allgemeiner vorkommend, und es scheint der ganze primitive Gebirgskern der Insel mit ununterbrochenen Sandsteinber­ gen und Sandsteinbänken umgeben zu seyn, die er einst zu durchbrechen hatte, und diese daher, zumal an dem südlichern Gebirgsrande, auch längs dem Gestadcsaume, wo die Erhebung am gewaltigsten war, in den seltsamsten Fclsmauern, Felsblöckcn und allerlei grotesken Gestalten emporthürmte, überwarf und zertrüm­ mern mußte, indeß er an andern Strecken seine horizontalen La­ ger beibehielt. Zu solchen seltsamen Formen gehören z. B. die 300 Fuß hohen Quadcrsandstein - Felsen Mulgirclenna 25), oder Adamsberg, an der äußersten Südspitze um Matura und Dondra-Cap. Zu Batticaloa, an der Ostküste, Tan­ galle im S.O., und von da rund um das Gestade bis Negombo, hat I. Davy diesen Sandstein wahrgenommen, doch reicht er nirgends mehr als Stunden weit landein. Der zusammenhängendste Sandsteinstrich dicht am Meere, zwischen Colombo und Negombo zeigt völlig horizontale Lage­ rung, aber er erhebt sich dort auch kaum über die Gränze der obern Wasscrmarkc, die an diesem Gestade nur sehr gering ist, da der Wechsel der Ebbe und Fluth in diesem Gewässer nicht über 3 Fuß beträgt. Diese horizontalen Sandsteinmauern ragen nicht über 12 Fuß empor, so daß die hohe Brandung sie meist über­ sprüht und die dahinter liegenden Lagunen nährt. Landein­ wärts lösen sie sich in losen Quarzsand auf, seewärts schei­ nen sic nach der Meerestiefe fortzuschreiten und daselbst aller­ dings der jüngsten Sandsteinbildung aus Kiesclsand und kleinen Muschelfragmcnten bestehend anzugehören, ganz wie der lockere Mecressand neben ihm, mit dem auch die Analyse gleiche chemische Eigenschaften zeigt. Er ist hart, dicht, gelb oder grau, schwärzlich, durch Kalkcemcnt zusammengebacken, ein immer­ fortschreitender Consolidationsproceß, der besonders dadurch auffällt, daß er nicht etwa blos in den geschützten Situa­ tionen Statt sinket, sondern eben an dem Meeresufer am stärk*14) J. Davy Account I. c. p. 15. **) * s. TabuL ad. p. 198 et 200. b. Cordiner Descript. 1. c. T. 1.

Ceylon, Heiße Quellen.

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sten vor sich zu gehen scheint, wo dieses mit der größten Heftig« keit agitirt wird. Dieselben Sandsteinbildungen durch Meeresab« sah schreiten, an den flachen Gestaden Ceylons, wahrscheinlich auch nordwärts, bis Jaffnapatam fort, wo sie mit den Kalkstein« bildungen zusammentreffen, und das allmälige Vorschieben und Anwachsen jener flachen Niederung Nord«Cey« lons gegen die Südspitze Dekans zu erklären scheinen. Das gröbere Sandstein-Conglomerat giebt gute Mühlsteine, das feinere dient zu Architccturen; es läßt sich leicht behauen und vom Ge« stade aus bequem tranSportiren. Vergeblich hatte man sich bisher auf Ceylon nach Spuren des Vulcanismus umgesehen: Trincomalli^) war die einzige Gegend der Insel, die allenfalls Andeutungen dazu bieten konnte, nämlich durch die eigenthümliche, etwa kraterähnliche Bildung der Bai, die ganz dicht am Ufer unergründlich seyn soll, und durch die steilen Felswände der nahen Ufer; aber da da- Land umher sehr flach liegt, so kann jenes kein Zeugniß dafür seyn, auch ist wol die locale Quarzbildung als die nächste Ursache jener günsti« gen Haftnbildung anzusehen. Die Natur der um Trincomalli lie« gcnden, niedern Hügelzüge, die einzigen in jenem flachen Norden der Insel, hat noch Niemand näher untersucht. Die heißen Quellen, ganz nahe 7 Engl. Meilen In N.W. der Stadt T r i n« comalli, zu Cannia, sind allerdings merkwürdige Begleiter die« ser isolirten Bergbildung, da dergleichen dem übrigen flachen Nor« den der Insel fehlen; aber das centrale Gebirgsland hat eben« falls einige heiße Quellen aufzuweisen, die bisher nur unbe« sannt blieben, weil sie von dem Bergvolke, wegen zu großer Hitze, nicht zum medicinischen Gebrauch angewendet wurden; sie kochten darin nur ihren Reis. Zwei lernte I. Davy ken« neu, in Dintenny in N.O. von Kandy; eine in Welafsey in Q, und zwei in Ouva in S.O. Die eine von diesen letz« lern liegt 1746 Fuß Par. (1861 F. Engl.), die zweite 995 F. Par. (1061 F. Engl.) über dem Meere. Ihre chemischen Eigen« schäften sollen den heißen Quellen von Cannia in der Ebene bei Trincomalli ziemlich analog seyn. Dieser Cannia,Quellen^) *•) J. Davy On tlie Mineral, etc. in Transüct. 1. c. p. 327; devs. itt Account 1. c. p. 48* 37) J* Davy On tlie Mineral, etc iri Transact. 1. c. p« 313; Vers. in Account I, c« p. 42 * J* Cordiner Descr of Ceylon 1. c* T* I. p. 276 etc, «ittrr Erdkunde VI. $

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102.

unter einem steilen Fclszuge, der eine schöne Aussicht darbietet, sind 7 verschiedene, die aber wahrscheinlich aus einerlei Haupt, quelle hervorgehen, und durch verschiedenartigen Austritt und an, dere Zuflüsse erst verschiedene Temperaturen erhalten, die nach I. Davys Untersuchungen, Im Oct. 1817, bei 77® Lufttempera, tur, von 86° bis 105° 75' Fahrh. Therm. wechseln. (Nach Th. Christies Untersuchung 1799 von 98 bis 106 i Fahrh.) In einer derselben, welche 91° Th. Fahrh. hielt, bemerkte man einige kleine Fische. Das Volk hält sie für heilsam zu warmen Bädern und Ucbergießungen; Ganesa, dessen Idol in ihrer Nähe aufgestellt ist, gilt als ihr Schutzpatron (s. Asien IV. l. S. 908). 6. Bodenverhältnisse. Der Boden von Ceylon 12S) ist überall mit gewaltigen Trümmern seiner primitiven, wie seiner jünger» Gebirgsarten überschüttet; das Bcrgland mit den Schuttmasscn der leicht ver­ witternden Granitarten, das Niederland vorherrschend mit den Geröllen der Sandmassen, das Gestade mit Alluvium. Die Zer, trümmerung der Höhen muß einst sehr stark gewesen seyn; der Luxus der Vegetation deckt überall die Schuttmassen zu, und gab ihnen erst sanft gewölbte Rundungen. Ueberall finden sich die Verwitterungen und Gerölle von Granit, Gneuß, Quarz, als Gruß, Sand und Kies, nebst verwitterten Feldspathen und Thon, arten mit Eisenoxyd. Der Quarz ist großentheils vorherrschend und macht sicher neun Zehntheile des Bodens überhaupt aus; vegetabile Erde, die man in den Tropen als besonders reich, lich finden zu müssen glaubt, ist dort keineswegs im Ueberfluß vorhanden. Im Boden von, Ceylon kann man nur l bis 3 Pro­ cent vegetabilen Humus annehmen; nur über 4000 Fuß, auf größer» Bcrghöhen, wo, unter Nebeln, bei niedriger Temperatur, sich ein dem Torfmoor ähnlicher Boden bildet, 7 bis 10 Procent. An dieser allgemein so geringen Quantität des Hu­ mus ist wol die heiße Temperatur schuld, die alles ungemein schnell decomponirt und der abschwemmende Tropenregcn, welcher jede Accumulirung vegetabiler Materien auf Ceylon hindert. Aus gleichen Gründen fehlt dort auch der Kalkgehalt der Erde; der braune Thon und Lehmboden, aus verwitterten sehr feldspathreichen Gneuß und Granitgesteinen, wie der röthliche Lehm aus ■**') J. Davy Account I. c. p. 38.

Ceylon, Bodenverhältnisse.

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Zersetzung des Eisenthonschiesers, welcher in Ceylon Kabuk heißt, sind die produktivsten Erdarten. Quarzsand ist der schlechteste Bo» den; doch bleibt auch er bei Bewässerung keineswegs ohne Er» trag, und manches Gewächs gedeiht auf ihm ganz vorzüglich. So die Lorbeerart mit der Zimmtrinde (Laurus cinnamomum Linn.). Der Boden der weitlauftigen Zimmtgärten bei Colombo, wo der Zimmtbaum auf das herrlichste gedeiht, sieht an sei, net Oberfläche weiß wie Schnee aus; es ist deiner Quarzsand, der in der Tiefe weniger Zoll, bis zu welcher die Wurzeln ein» dringen, eine graue Farbe zeigt. In 100 Theilen dieses Bodens, fand 2- Davy, 98,5 Theile Kiesel, 1,0 vegetabilen Humus, So arm und doch so reich in seiner Production! Diese Zimmtgärten liegen aber fast im gleichen Niveau mit den Seeflächen um die Stadt Colombo; die Lage ist in jeder Hin» sicht geschützt, das Clima schwül, die Temperatur bei den häufi, gen Regenniederschlägen doch sehr hoch und ungemein gleichför» mig. Eben diese Eigenthümlichkeiten der Atmosphäre, auf dem scheinbar ungünstigsten Boden, erzeugen das feinste, köst» lichste Gewürz des Zimmtbaums, der hier ganz vorzüglich gedeiht. Der rothbraune, mehr wasserhaltige Thonboden der Kü,

0,5 Wasser.

stenstrecke von Colombo bis Negombo, ist dagegen allgemein fruchtbarer; er begünstigt die Entfaltung der herrlichsten Kokos und anderer Arten der Laubwälder, die wol zu den schönsten der Erde überhaupt gehören. Auch am Nordende der Insel Ccy, Ion herrschtSandboden vor; durch ganzIaffnapatam, wo auf ihm die Tabacksplantagen berühmt sind, auf Feldern, die nur durch das Abweiden der Schaafe gedüngt werden, oder wo Reisfelder ohne allen Dünger, wenn sie regelmäßig übkr, schwemmt werden, den reichlichsten Ertrag geben. Die Unters»» chung gab auch im dortigen Sandboden, auf 95,5 Theile Kie» fei, nur 2 bis 2,5 Theile Wasser, und 2 bis 2,5 Theile Hu» tnus; eben so auf der noch weiter südwestwärts vorliegenden In» sei Delfftrs), welche durch ihre trefflichsten Wiesen berühmt, und eben dadurch fast ausschließlich auf Ceylon zur Pferdezucht geeignet ist. Die Grundlage dieser Inseln im Norden ist Ko, rallenfels, auf welcher so viel Kieselboden ohne allen Kalk, gehalt ausgebreitet liegt; ob dieser aus weiter Ferne erst als See,

**) J. Davy Account 1. c. p. 40; J. Cordiner Descr. Vol. 1. p. 42^; Anti). Bertolacci View, p. 275.

s 2

84 Oft-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102. fand dahin geschwemmt und abgelagert ward, ob er aus dem verwitternden Korallenriff an der Oberfläche sich erst ausgeschie­ den haben mag? sein Vorkommen ist noch problematisch. Auf einer Insel, deren Bewohner niemals daran gedacht haben, ihren Boden zu düngen um größer« Ertrag zu geben, sind die Naturverhältnisse desselben von doppeltem Einfluß auf das Ganze geworden. 7. Clima, Winde, Regen. Zwischen 6° bis 10° Abstand vom Aequator gelegen, hat Ceylon keinen Winter, keinen Wechsel der vier Jahreszeiten wie die temperirte Zone; nur Differenz weniger Temperaturgrade, nur Windwechscl, nur Uebergänge von Trockniß zu Regen und umgekehrt. Diese machen die geringen Mannichfaltigkeiten des klimatischen Jahres aus, welches man, wie auf den Nila, giri, einen ewigen Frühling (s. Asien IV. l. S. 971), so hier auf Ceylon, einen perennirenden Sommer130) nen­ nen kann. Die Monsuns, wie auf Dekan (s. Asien IV. l. S 791 u. f.), so auch hier, nur durch Localumstände modlficirt, charactcrisiren die Jahreszeit, mit überraschender Regelmäßigkeit, aber mit weit geringern Contrasten als auf dem Continent. S.W.-Monsun weht wenn die Temperatur von 2(ficn, bei der Nordwende der Sonne, höher ist als die des Oceans, im May bis Sept., er beginnt schon zu wehen Ende April bis Anfang N ov., also über 6 Monat, er giebt dem Süden der Insel, den Provinzen Chilaw, Colombo, Punto Galle und Matura das Clima von Malabar^1). N.O.-Monsun weht dagegen bei der Südwcnde der Sonne, wo im Gegentheil die Temperatur des Oceans und Südafrikas höher als die von Zlsien ist; da aber in diesem letzteren Falle die Temperatur-Differenz geringer ist als im ersteren, so ist auch die Dauer des N.O.-Monsun kürzer, nur zwischen Nov. bis März, unter 5 Monat, wodurch der nord­ östlichste Theil der Insel, welcher ihm vorherrschend ausgesetzt ist, mehr das Clima von Coromandel mitgetheilt erhält, doch dort wie hier auf der Insel, nirgends in so scharfen Contrasten wie auf dem Continente. Wie der S.W. eine längere Zeit herrscht, so auch wird er mehr über die ganze Insel empfunden, und ist 1,°) J. Davy Account I. c. p. 49—54. View I. c. p. 35,

’*) Antb. Bertolacci

Ceylon, Winde, Regenfülle. anhaltender in Trincomalli, Unterbrechung. halb so lange; Trincomalli,

85

seinem Wehen; z. B. in Colombo wie in auf beiden Jnselseitcn, constant 5 Monat, ohne Der 97.0. dagegen, an beiden Hafcnorten, kaum in Colombo nur int Dec. und Jan., aber in das ihm mehr ausgesetzt ist, auch schon im Nov.

lind noch im Febr., was wie für Clima so für Schiffahrt von Wichtigkeit ist. Auf der Colombo« oder Westseite der Insel ist dagegen die Periode der variabeln Winde länger als auf der Trincomalliseite; nämlich dort 5 Monat, Febr., März, April, Oct. und Nov., während welcher Seewind am Tage, Land« wind des Nachts weht; hier dagegen, in Trincomalli, dieselben, mit gleichen Wechseln, nur auf die drei zwischenliegenden Som« mcrmonate beschränkt find. Ueber die Winde im Innern der Insel ist noch wenig Positives bekannt; das Centralgebirge hat mehr sein eigenes Windsystem, modificirt nach Zügen der Thäler und Bergketten; es ist noch weniger Wetter« oder Regenfcheide zu nennen als die Ghats in Dekan (Asien IV. 1. S. 793), obwol das Land in W. mehr die Windeigenheiten von Colombo, das im 0. mehr die von Trincomali theilt, die Niederungen aber der respectiv ent, sprechenden Seeküste noch weit genähertere, analoge Verhältnisse zeigen. In Badulla z. B. im innersten Derglande in Ober« Uva, wo neuerlich ein treffliches Hospital und eine Militairsta« tion31) eingerichtet ward, weht, nach dortigen Beobachtungen, der Wind ; des Jahres von 91.0., ist aber im Juni, Juli, August variabel. Die Regenfülle der Insel ist eine tropische: 3 bis 4 mal größer als die in England, dreimal größer als die auf dem centralen Darwar« und Maißore«Plateau in Dekan, aber keines­ wegs so übermäßig überstuthend, tvie in Malabar (f> Asien IV. 1. S. 714, 794>. Die meisten Regen fallen im Gebirgslande und den maritimen Provinzen, die den Monsuns am stärksten ausgesetzt sind; die wenigsten wo nicht nahe das Gebirge, und wo beide Monsuns zunächst Landwinde werden. So hat es, an der südöstlichsten Jnselspitze, um Tangalli, in Megampatto« Provinz, sogar Zeiten von mehr als 12 Monaten gegeben, in de-

*’) Montgomery Martin History of the British Colonies. London 1834. 8. Vol. !. p. 348.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102.

nen kein einziger Regentropfen fiel, was in andern Theilen der Insel unerhört ist. Gegen die Regen auf der Insel England sind die aus der Insel Ceylon weniger frequent, aber desto schwerer; ihr Herab­ rauschen meist den heftigsten Donnerwettern in den Sommerzei­ ten der temperirten Zone gleich, und das Regcnquantum, welches ln 24 Stunden fällt, dann häufig 2 bis 3 Zoll ansteigend. I. Davy maß in Colombo einmal einen Regenfall, innerhalb 12 Stunden, bis zu 3,2 Zoll. Ihr Fall ist über die ganze Insel mehr oder weniger periodisch. Am Nordende, in der nörd, lichen Niederung und am Ostufer fängt die Regenzeit mit dem Eintritt des N.O.-Monsun, hält 2 Monat heftig an, überschwemmt das Niederland.

Die andern io Monate herrscht daselbst das

andere Extrem die Trockniß vor, selten mit erfrischenden Regen­ schauern, außer in der Periode des beginnenden S.W. Dage, gen fallen auf der Westseite der Insel die meisten Regen beim Eintritt des S.W.-Monsun; doch sind fix nicht blos auf diese Periode beschränkt, auch dann nicht so heftig und anhaltend, wie auf der Ostseite der Insel.

Das ganze Jahr hindurch sind

dort die Regenschauer häufig, kein Monat geht leer aus; aber auch kein ganzer Tag wird daselbst ein konstanter Regentag seyn. Diese glückliche, mehr harmonische Vertheilung des befruchtenden Princips der Feuchtigkeit giebt der Insel Ceylon stets die eigenthümliche Frische und das schöne Grün, des­ sen Anblick die Indier aus dem versengten Bengalen und Coro, mandel zu jeder Zeit in Verwunderung setzte. Selbst in der täglichen, wie in der jährlichen Vertheilung der Nieder« schlüge, findet hier eine größere Regelmäßigkeit statt, in, dem die Regenschauer fast Tag für Tag eintreten, die nächstfol, genden meist um eine halbe Stunde später als die vorhergehen, den, mit einer graduellen Zu- und Abnahme ihrer Stärke, so, daß hier, die Regenschauer jene Natur der Fieberanfälle anneh, men, die Volta einst in den Gewitterperioden Italiens wahr, nahm. In dem centralen Berglande treten mehr und schärfere Contraste in den Niederschlägen auf, weil andere Winde und die Formen mancher Gebirgsketten als Demarcationsketten der Wol, kenschichten u. s. w. darauf mannichfaltigern Einfluß ausüben müssen. Wenn früher die noch unvollständige Beobachtung in Colombo 75 Zoll Regenwasser als jährliches Regenquan­ tum, offenbar zu wenig, angiebt, so ist dieses, nach Montgo,

Ceylon, Flüsse.

87

inert) Martin433), chcr zu loo Zoll anzunehmen, davon 80 allein im April, Mai, Oktober und November fallen. Die Ob­ servation giebt im Militair-Hospital zu Kandy (1819)34) = 84,3 Zoll;

den

Regenniederschlag

auf dem

stets

umwölkten

Adams-Pik33) schätzt I. Davy auf weit mehr als 100 Zoll, welches sich der Fülle am Gehänge der West-Ghat (s. Asien IV. 1 S. 794). nähern würde. Colombo scheint das Mittel der Regenmenge der Jnselküste in der Niederung zu geben, für die Ko kos reg io n; Kandy das Mittel derselben für das centrale Bergland, auf 1500 Fuß Höhe üb. d. M.; der Adams-Pik das Maximum; eine Beobachtung oder auch nur Schätzung für das Minimum im N. und O. der Insel, für die Palmyra, region (s. Asien IV. l. S. 841) fehlt. Die Scheidung die­ ser beiden charakteristischen, von der Regenmenge ab­ hängigen Palmen-Regionen, welche zugleich viele andere Landesprodukte scheidet, liegt, nach A. Bertolacci, in einer Diagonal,! in ie3^), welche die Insel Ceylon von S.O. nach N.W. von Tangalke nach Chi law durchsetzen würde. In der Nordosthälfte wird es Bedürfniß, durch Wasserbauten den Ueberfluß der Wasser aus einer Jahreszeit für die andere, durch Canäle und Tanks aufzubewahren, wie es in der Südwesthälfte nothwendig wird durch Canalführung denselben zu jeder Zeit abzuleiten. 8.

Flüsse; Mahawelle Ganga, seine Schiffbarkeit, sein Irrigalionssvstem.

Kleinere Gewässer.

Diese Regenmenge giebt dem Binnenlande der In, fei seine reichliche Bewässerung, welche die Bedingung ihrer au« ßerordentlichen Fruchtbarkeit ist; aus dem Centralgebirge treten radienartig alle Flüsse hervor. Kein Thal ist ohne Fluß, ohne Bäche, ohne nie versiegende Gebirgsströme; alle haben peren, nirenden Wasserlauf, sie vertrocknen auf den Ebenen nicht. Die Westseite hat, dem Regenniederschlage nach, auch mehr Flüsse, als die Ostseite, doch ergießt sich dahin, gegen N.O. der größte Strom der Insel, der Mahawelle, der aus dem In­ nersten kommt;

die ganze Südknste hat eine bedeutende Anzahl

***■) Mentgomery Martin Bist, of British Colonies Vol. I. p. 349. *4) Ceylon Gazette 8. Jan. 1820. *6) * J. Davy Account p. 54. **) Anth. Bertolacci View etc. I. c. p. 38.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 102.

breiter und großer Küstenflüsse, deren Betten alle nur 3 bis 4 Stunden auseinander liegen. Die Nordebene sollte man für arm an Flüssen halten; die Karten zeichnen zwar viele Flußlinien, dahinwärts, bekannt sind sie aber nicht. Die Zahl aller Insel, flüsse, Bäche und Wasserläufe ist außerordentlich groß im Ver, hältniß zur geringen Größe der Insel; die Entwickelung ihres Laufes kann bei den meisten nur wenige Meilen, oder höchstens Tagereisen, betragen. Die geringern werden im Allgemeinen mit dem Namen Oya bezeichnet; nur die 4 größten tragen den Hindutitel Gang«; 3 von diesen fließen aus dem Hochgebirge gegen W., S.W. und S.S.O.: 1) der KalaniGangs mün, bet bei Colombo, 2) der KaluGanga bei Caltura, 3) der Wal, leway Ganga zwischen Tangalle und Hambangtotte, fei, ner ist über io bis 12 geogr. Meilen lang. Der vierte ist der größte von allen, der Ma ha welle Gang a, der einzige große Strom überhaupt, eine Strecke von 33 "bis 40 geogr. Meilen ge­ gen N.O. zum Hafen van Trincomalli durchziehend. Diese vier Gangs's lassen die Landesbewohner von dem gemeinsa, men Adams, Pik entspringen, obwol ganz irrig; wahrscheinlich nach einer bloßen Uebcrtragung dieser mythologischen Ansicht von den Ganges, und Indusquellen des Himalaya auf ihre eigene Berglandschaft. Zur Zeit der Kandy Könige war es Niemand erlaubt Boote und Schiffe auf den Flüssen zu bauend), weil ihr Gebiet so schwer durchgehbar als möglich zu machen Politik ihres Hofes war. Der MahaweileGanga33) hat seinen Namen von den sandigen Ufern (Welle, d. h. Sand, nicht Mahavilla, wie bei I. Brooke), die er doch nur in seinem untern Laufe durchzieht; denn fein oberer« etwa f seines ganzen Laufes, windet sich durch das ganze Gebirgsland hindurch. . Sein Hauptarm entspringt im S.O. von Kandy, auf dem Massengebirge des Neura Ellya, stürzt gegen Nord in den Berggau Kotmalle, und tritt als Kotmalle Gang«, bei Pasbage, zu einem kleinern 2(tm39), der vom West über Ambagame vom Nordabhange des Adams-Piks herabkommt, und für den eigentlichen Quellarm des Mahawelle gilt. Beide vereinigt umfließen im Niveau von 117) Roh. Knox Historie. Relation, p, 4. **) J. Davy Account 1. e. p. 54) Anth. ßertolacci View etc. p. 37. **) Simon 8awer» Journcy fron» Kandy etc. 1819. in Hiera, of the Wernerian See. Edinburg 1822. Yol IV. p. 398.

Ceylon, Mahawelle Ganga.

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1500 Fuß Meereshöhe die Hauptstadt Kandy in großen Nord, krümmungen zwischen engen Felsthälern, um sich dann durch daS Gebirge direct ostwärts zu wenden. Nahe unterhalb Kandy, wo noch eine Felsbank den Strom zu wild durchseht, um durch­ fahren werden zu können, wird er für Barken beschiffbar, ab, wärts, bis zur Mündung, obwol nicht ohne vielfache Schwierig, fetten. Bis 3 Stunden (8 Engl. Miles) oberhalb des Ortes Bin kenne ist er nur Bergstrom; sein Gefälle von Kandy an, auf einer Strecke von 5 geogr. Meilen, an looo Fuß, ist stürzend, bis dahin geht sein oberer Lauf. Der mittete Sauf40) des Mahawelle beginnt bei Bin, tenne, mit der Nordwendung des Stromes, die ihn aus dem Gebirge hinausführen soll in die Ebene, welche er aber nicht ohne Hemmungen seines Laufes erreichen kann. Wenn fein obe, rer Lauf etwa 15 bis 20 geogr. Meilen beträgt, so nimmt sein mittler, von Bintenne bis zu seiner Bifluenz, 12 geogr. Meil. ein, und sein unterer, im Deltalande bis Trincomalli, etwa 6. Gleich bei Bintenne, an der Fähre, weitet sich sein Belte zu der außerordentlichen Breite von 540 Fuß, zur Zeit seiner mittlern Anschwellungshöhe bei 5 Fuß Tiefe, nach Capt. Sweetings genauer Messung. Seine mittlere Breite, weiter abwärts bis Calinga, ist 150 bis 250 Pard; aber seine Tiefe, zur trocknen Jahreszeit, nicht über 1 bis 2 Fuß; in der Regenzeit steigt er aber bis zu 25 und 30 Fuß Wasserhöhe. In dieser hat er einen ungehinderten, freien Lauf; bei seichtem Wasser unter halber Was, serhöhe treten aber, etwa 11 Stunden unterhalb Bintenne, die einengenden Felsen von Calinga hervor, wo er, in Catarac, ten, von ein bis drei Fuß Höhe, sich auf die Strecke einer Hei, neu halben Stunde überstürzen muß, und durch Klippen in meh, rere Arme getheilt wird, welche die Schiffahrt zu jeder Zeit hin, dern, aber durch Felssprengungen leicht zu überwinden seyn wür, den. Von hier, abwärts, im sanfteren Laufe, ganz frei von Klip, pen durchzieht der Strom, dem von der Westseite, aus dem In, nern der Insel, vom Matelle Distrikt, ein linker Zustrom zueilt, den wir von einer Stadt, die er bewässert, Naland a neu. *Q) R. Brooke, Master Attendant at Trincomalli, Account of tha Maharilla Ganga, frojn the Journal of an Excursion (o explore it, undertaken under Instructions from Governement. Colombo 1833, in Journ. of the Roy. Geogr. Sqc« of London Vol* HL 1834« p. 223 — 222.

90

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102.

nett, und von dem weiter unten die Rede seyn wird, ein zu bei­ den Seiten nur wenig angebautes Land, obwol darin überall großartige Denkmale früherer Civilisation sich zeigen. Er ist hier Gränzstrom für die Weddah-ratte-Provinz, oder das Weddah-Territorium, dessen Bewohner (Weddah oder Bedah) auf seinen Ostufern bisher sogar für die eigentlichen nie civilisirten Barbaren der Insel gehalten wurden. Allerdings wird der Strom hier nur selten, und nur in kurzen Perioden des Jahres, von den Holzschlägern in ihren Canoes beschifft, um die ungeheuern Waldungen, die er bei diesen Weddahs und dann in der untern niedern Provinz Tambankadewa durchzieht, auf Flooßcn, von Zeit zu Zeit hinabzuführen. Der untere Lauf des MahawelleGang« beginnt mit seiner Stromspaltüng in einen Ostarm, den Birgel Gang«, und den Nord arm, welcher sich in die prachtvoll Day von Trincomalli ergießt und der Hauptarm ist. 2(n der Dirgelmündung hat das Meer eine Sandbarre aufgeworfen, die nur ein kleines Boot überschiffen kann; dagegen ist die Mündung des Mahawelle sehr tief, und schon wenige Minuten davon die Trincomalli-Bay unergründlich. Der Ostarm war früher un­ bedeutend und ist nur erst durch künstliche Ableitung des Wassers, bei Kuranjemony, aus seinem frühern Hauptbette, zu einem größer» Wasser und den größer« Theil des Jahres zur Hauptmündung geworden. An dieser steht nämlich ein sehr gro­ ßer Hindu-Tempel mit weitverbreiteten Reisfeldern, die ihm an­ gehören, zu deren besserem Anbau die Priester des Tempels jene Wasser zur Irrigation ableiteten. Die Wasserfülle wurde aber bald zu mächtig, vertheilte sich in viele Arme, setzte weit und breit wieder einen großen Theil der Plaine unter Wasser, und zerstörte durch Versumpfungen mehr als sie durch Befruchtung Gewinn gab. Was der V irgelGanga zu viel erhält, ward dem Nord­ arme entzogen, und dieser den größer» Theil des Jahres dadurch so trocken gelegt, daß dieser einst mächtige Strom dadurch ganz oder doch größtenthcils unschiffbar geworden. Hierzu kommt noch die sehr ungeschickte Ablenkung der Wasser des Virgel Ganga, wo­ durch das Wasser des Mahawelle Ganga eine böse Wen­ dung um einen scharfeckigen Sporn zu nehmen genöthigt ist, welche nur bei sehr hohem Wasserstande Wasser genug empfan­ gen kann, um eine Barke, oder ein Holzflooß zu tragen. Die Umschiffung ist also stets sehr gefahrvoll, und die vorübersteuern-

Ceylon, Mahawelle Gang«.

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den Flooße werden nur zu häufig in den Zug des Ostarmcs mit fortgerissen, wo dann fast Alles verloren ist. Der Schiffer springt an das Ufer und überläßt das Flooß seinem Verderben, weil ihr weiteres Fortkommen auf dem VirgelGanga unmöglich ist. Im Jahre 1832 verloren von 6 Schiffern, denen mit ihren Flooßcn ein solches Unglück begegnete, 5 auch ihr Leben. Die Wiederschiffbarm ach ung des Hauptbettcs im Strome würde von größter Wichtigkeit zunächst für den Holzhandel T r i n c o m a U lis seyn, dessen Hauptausfuhr in den Waldproducten der Insel vorzüglich zu Schiffszimmcrholz und andcrm Ge­ brauche besteht; aber auch für die Hebung der Industrie und des Verkehrs der nächsten Gestade wie der centralen Provinzen. Hal­ maniel, Satin und Ebenholz, alles drcies sehr kostbare Hölzer, machen wichtige Exporten von Trincomalli aus; aber zu wenig gegen die nothwendigen Importen von Korn und Zeugen. Die beiden letzteren feinen Hölzer finden sich auch in den Jung­ les zunächst um Trincomallis Gestade, aber sie wachsen auch in Menge nebst Eisenholz und Cattamanack im Binnenlande, an den Usern des Mahawelle Ganga, können jedoch, da sie zu schwer sind und nicht schwimmen, auch unter den jetzigen Um­ ständen nicht geflößt werden, was aber auf Barken und Schiffen bewerkstelligt werden müßte, wenn der Strom fahrbar wäre. Das Satinholz"') ist ganz neuerlich, 1832, zum Bau einer Brücke, bei Paradenia (?), über-den Mahawelle Ganga trefflich verwendet worden, die 20 Fuß Breite hat, deren einziger Bogen 67 Fuß über dem Wasser schwebt, der eine Spannung von 205 Fuß hat. Eben so können mehrere Arten Zimmerholz, die am Maha­ welle wachsen, wie z. B. Wallaporte und Peon, nur mit großer Beschwerde zum Hafen von Trincomalli gebracht werden, und sind daher für Seegelstangen, Mastbäume und andern Ge­ brauch noch viel zu theuer, um allgemeinere Anwendung bei dor­ tigen Schiffsbauten zu finden. Der Halmanielbaum wächst nur in den Binncnlandschaften, am mittlern Stromlaufe des Mahawelle Ganga; er muß also dort gefällt werden, bleibt oft viele Hstonate in den Wäldern liegen, ehe er hinabgeflößt werden kann. Versäumen aber die Holzschlägcr, die meist von Trinco­ malli gebürtig sind, die Zeit der günstigen Wasserhöhc, so fehlt ihnen alle Gelegenheit des Transports. Da dies gar häufig gc-

141) R. Brooke Apcount I. c. p. 228 Pscr.

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Ost-Asien. Vorder-Jn-ien. IV. Abschn. §. 102.

schicht, so muß das Holz nicht selten bis zu den nächsten Jahren liegen bleiben, zum großen Verluste des Kaufmanns, dem cs noch obcncin gestohlen, oder was wol häufiger, durch Fluthcn ganz weg­ geschwemmt wird, woraus oft große Verluste entstehen. Allen diesen Ucbclständen würde durch die Fahrbarkeit des Hauptstromes begegnet; dann würde der Holzhandel aus den reichen und köst­ lichen Vorräthen der Binncnwälder erst für Trincomalli sicher und gcwinnrcich werden. Wäre der Uebelstand an der Bistuenz bei Kuranjemoy gehoben, wo leider, nach Mr. Lusignans"-) Inspektion, die großen Waffcrmasscn das Land durch Ueberschweinmung verwüsten, statt in beide Arme sich theilend abzufließen, so wäre der Strom auch schon über 16 Meilen aufwärts bis Calinga schiffbar, die jetzt verödeten Provinzen Wcddah und Tam bankadewa aber zugängig geworden. Das Korn, welches itn Binnenlande erzeugt, gar keinen Absatz haben kann, weil die Transportmittel fehlen, und daher fast werthlos ist, aber nur eine oder ein paar Tage­ reisen fern, wie zu Trincomalli, mit 6 fachen Preisen bezahlt wird, würde dadurch im Werthe ungemein steigen, und seine zur Thä­ tigkeit geneigten Erzeuger, die aber jetzt in Elend darben, oder gar keinen Fleiß darauf verwenden können, bereichern. Eben so würde die Viehzucht ungemein dadurch sich heben, und die Küstcnproducte im Binnenlande, wie Salz, Kokos, Fische u. a. m. würden einen reichern Absatz finden. Die'Calinga Catarac­ ten, urtheilt Rob. Brooke, würden durch Felssprengungen schon leichter zu überwinden seyn; wenn nur der Tambankadewa-Distrikt beschiffbar wäre, so würden auch die andern in­ nern Provinzen wie Weltassey und selbst Kandy ihre Wasser, Verbindungen erhalten, da sie bis jetzt ihre Küstenproducte nur auf den beschwerlichsten Landwegen mit Lastthieren von Batticaloo im Ost, oder Hambangtotte im S.O., zugeführt bekommen, wie Salz, Satzfische, Kokos, Taback, Zeuge u. a. m. Einst war das Land, welches der Mahawelle Gang» durchströmt, die Kornkammer der Insel; man erstaunt, sagt R.Brooke, in Tambankadewa-Provinz über die ungeheure Arbeit, die einst daselbst auf Erbauung von Canälen und Tanks venvendet ward, wo jetzt Alles in Verfall ist, und Moräste die fruchtbarsten Ebe­ nen verpesten, während die Strombetten leer sind. Zur RestauR. Brooke Account es the Mahaulia Ciangd k c. j>. 227.

Ceylon, antikes Jrrigationssystem.

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ration dieser den Ägyptischen und Babylonischen analogen Ca­ nalbauten, meint derselbe Beobachter, sey noch Zeit, ihre Herstel­ lung möglich, die Entwürfe sind dazu mitgetheilt. Anmerkung. Das antike Jrrigationssystem des AmbaGanga, mit dem Canal von Nalanda, den fünf großen Kunstseen (Tirthani im Sanskrit, Tanks der Portug. und Briten) und den Emissarien. Aelteste Denkmale de'r Population, Agrieultur und Civilisation in Ceylon. Die großartigsten Reste des alten JrrigationssystemeS hat neuerlich R. Brooke hier am linken nordwestlichen, schon oben nach dem Orte Nalanda genannten, wahrscheinlich mit dem Amba Gang« identischen Nebenarme des Mahawelle Gangs, im Zusam­ menhange nachgewiesen; es ist ein langer Canalbau, der wenigstenmit 5 großen künstlichen Wasserseen (Tirthani im Sanskr., welche seit der Portugiesen Zeit von den Europäern stets Tanks ge­ nannt werden, ein Name, den auch wir hier beibehalten), in einer Längenerstrcckung von 15 bis 20 geogr. Meilen von S.W. gegen N.O., von dem Orte Nalanda bis zur Bucht von Trincomalli in Communication gesetzt ist, und noch unzählige kleinere Tanks in einem Lande nährte, das einst wie das Delta Aegyptens, ungemein bevölkert gewesen seyn mußte, um jenes System aufzubauen und in Pflege zu erhalten, das jetzt aber durch prachtvolle Wälder zur Wildniß der Menschen und Thiere geworden ist. Die einzelnen colossalen Tanks dieses Sy­ stems, Minere und Kandelly, waren schon früher bekannt und wir haben ihrer schon oben erwähnt (s. oben S. 39); sie scheinen aber an Größe von andern weit überboten zu werden. Die nun durch Briten in neuester Zeit vollendete große Kunststraße quer durch die Insel, welche ihre Mitte von Colombo über Kandy bis Trincomalli durchschneidet, nähert sich, eine Strecke hindurch, der Westseite dieseCanallandes, und wird wol durch erleichterte Anfledlung und Trans­ port dazu beitragen, es wieder in Aufnahme zu bringen. Folgendes sind die Hauptpunete dieser Anlagen *'). Nur zwei kleine geogr. Meilen (9 Mil. Engl.) von der Stadt Nalanda, in Matelle Provinz, am Nordfuße des centralen Berglandes, liegt ein großes Dorf, Ellaharah mft 50 Familien. Eine kleine Stunde entfernt von diesem zieht der Amba Ganga, der zugedämmt ward, um sein Wasser landeinwärts zu kittn, und mehrere Reservoirs zu ernähren. Dieser Canal durch­ zieht auch das Dorf, wo er 6 bis 15 Fuß breit, 2 bis 3 Fuß tief ist, zur Zeit wenn der Amba Gangs am niedrigsten steht, aber bei hohem 4I) R. Brooke Reference to the Remains of Ancient Reservoirs and Canals ebd. Journ. Vol. III. p. 229 — 231.

94 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102, Wasser bedeutender ist und dann sehr raschen Lauf hat. Zwei Stunden unterhalb seines Beginns liegt er gegenwärtig 25 bis 30 F. tiefer als seine hohen Ufer, die als auSgegrabeve Erdhügel zur Seite sich erheben, ein Werk, das von dem Landvolk den Riesen zugeschrieben wird, die auch die Tanks von Minere, Kandelly und Mantotte ausgegraben haben sollen (Riesen heißen in den Annalen der Singhalesen alle He­ roen der Vorfahren). Dieser Canal, sagen sie, war so tief, daß kein Elephant hindurchsetzen konnte; noch jetzt, schätzt R. Brooke, seine Tiefe auf 5 bis 15, seine Breite auf 40 bis 100 Fuß, die aber größtentheils von Jungle bedeckt wird. Er durchschneidet auf seinem fernern Verlauf den KondrawawaTank als den ersten/und durchsetzt dann die Betten von 6 Flüssen (alle ostwärts zum Mahawelle Gangs fließend), die früherhin abgedämmt waren zur Speisung dieses Canals, der un­ streitig durch sie einen schiffbaren Stromlauf gewann. Gegen­ wärtig aber strömt das Wasser dieses Canals keine Stunde weit, nur bis zum ersten, dem Kongatu-Fluß, wo es seinen Damm durch­ brach, und jetzt wieder abschüssig zum Amba Ganga-Bette zurückeilt. Man sieht aber, nur 300 Schritte von diesem Amba Ganga fern, ein 300 bis 400 Schritt im Umfang künstlich ausgehauenes Bassin, das gleichzeitig mit dem Canal zu Stande gekommen seyn soll, und sehr wahrscheinlich zum Hafenorte für die Barkenfahrt auf dem Canale diente. Gegenwärtig zwar ganz mit Schlamm zugefüllt könnte eS^doch leicht wieder gereinigt werden. 1) Kondrawawe Tank, 3 geogr. Meilen unterhalb Ellaharah, halbwegs gegen den Minere Tank, ist der oberste der Kunstwasserteiche, der eine kleine Stunde (2 Engl. Miles) in Umfang und einen Erdhügel zur Seite hat, aber ohne Schleusen ist. Aus ihm gehen zwei andere Canäle aus, der eine zum 2ten, dem 2) Guretille Tank, den wir nicht näher kennen, der andere zum dritten, dem 3) Minnere Tank. Dieser zeigte sich, als I. Davy 144) ihn besuchte, als ein schö­ ner See, ohne Inseln von grünen Wiesen und Reisfeldern umgeben, in freiem, offenem Lande, 3 bis 4 geogr. Meilen in Umfang; aber eine sehr ungesunde Station für seine Anwohner. Durch einen künstlichen Damm wird er zusammengehalten, der eine Viertelmeile Engl, lang und 60 Fuß auf seiner Höhe breit ist, meist mit Wald bewachsen. Wo sein Mauerwerk zu sehen ist, besteht er aus mäßig großen Quadern, durch welchen ein Abfluß von 12 Fuß Breite und 3 Fuß Tiefe gegen den Ma­ hawelle Ganga führt. I. Davy hat eine Zeichnung des Mauerverbandes am Doppelausfluß dieses Emissärs gegeben. R. Brooke nennt zwei Schleusen dieser AuSmündung, durch welche das Wasser in einen andern, den Pireatory-Canal nach Sungervilla, zur Bewässel44) J. Davy Account 1. c. zr. 384.

Ceylon, antikes Jrrigationssystem.

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rung gyelitet sey. Obwol gegenwärtig dieser Tank sich nur mit 811* genw lasiern fülle, und diese nicht selten ausbleiben, so ist doch der Ackerbaau aller Umhcrwohnenden, bemerkt derselbe, auch heute noch, von der Irrrigtion au- diesem Tank abhängig, daher man dort nur eine Ernte i irr Jahre zu erzielen im Stande siy. Ehedem mußte er ein Segen - für das weite Land seyn, wie er jetzt bei Versumpfung die Ur­ sache dder dortigen Verpestung ist. Sein Zugang voll Waldsumpf ist ungemerin beschwerlich, ein Asyl zahlloser Alligatoren, die dort am Ufer ihre Eiier in den Sand legen, und bei jedem Geräusch sogleich in die Sümpfst ich stürzen. In diesen Sumpfwildnissen, nahe dem Minnere Tank,, lat Lieutnant gagan4*), neuerlich, nahe dem Orte Topary, Architeccttren entdeckt, welche die dortige Landessage den Zoharrum, d. i. stenn Riesen von 40 Fuß Größe zuschreibt. ES find Stein­ pfeiler tun ein elegantes kreisrundes Gebäude von Backsteinmauern, ein zw) eit es diesem zur Seite, mit großen, weitzerstreuten Trümmer­ haufen „ rlleS von Indischen Feigenbäumen durchrankt und überwuchert. Im krceiseunden, tempelartigen Gebäude, stieg Fagan, 15 Fuß hoch auf einte Plattform; von dieser über 6 Stufen zu einer zweiten Platt­ form nnit Einsäumung von Quadersteinen und Ornamenten, auf welcher ein 20 Frß hohes Tempelgebäude, mit 4 Portalen, mit 4 weiblichen 5 Fuß hlvher Figuren an denselben alö Wächter stehen. Dieses Tempelge­ bäude zechnet sich durch sehr schöne Ornamente in Steinsculptur aus, unter benzn vorzüglich Schlangen, die zahlreichsten und trefflichst gearbei­ teten, sind. Das zweite Gebäude, nur 20 Schritte vom ersten fern, ist 50 Fuß lang, 30 breit, von seltsamer Gestalt, mit Duddhasiguren' verziertt. Die Steinpfeiler höchstens nur von 10 Zoll im Durchmesser, stehen in Reihen und Kreisen in zahlloser Menge umher, ragen jetzt nur etwa 5. Fuß über dem Erdboden hervor, der mit vielen Trümmern be­ deckt ist. Man nannte diese Trümmer, NaigueS Palast, die Werke derZoharrum, nicht fern von diesen seyen aber viel größere. Lieutn. Fagan ließ sich durch die Walddickichte nicht abhalten auch zu diesen vorzudringen. Er fand einen erstaunlichen Bau, von 80 bis 100 Fuß hoch, oben mit einem schönen noch 25 Fuß höher emporsteigenden Obe­ lisk gekrönt, der sich prachtvoll ausnahm; bei dessen Anblick fielen die Kandyer, seine Begleiter, voll Devotion zur Erde. Alles schien aus Backsteinmauer aufgeführt mit Gypsstucko überzogen, der zum Theil herabgefallen war, vieles zerborsten vom Durchdringen der Wurzeln und Stämme Indischer Feigenbäume. Diesen pyramidenartigen Bau umla­ gern 16 kleinere Dacksteingebäude, quadratisch, nur von 5 und 10 Fuß in- Gevierte mit Ornamenten, Pilastern u. f. w., die einen Umfang von

4S) L. Fagan Antiquities of Topary near Minery, aus Colombo Journ« in Asiat. Journ. 1834. N, Ser. VoJ. XIII. p. 169»

96 Ost-Asien. Vorder-Jn-ien. IV. Abschn. §.102, 276 Schritten einnehmen. In der Nähe zeigt sich eine ähnliche Pyra­ mide, nur etwas kleiner, mit analogen kleinern Bauwerken umher, mit kleinen Ornamenten in Relief geziert, zumal Friese mit tanzenden Figu­ ren, und ganzen Reihenstellungen von Gänsen; die Gans ist der Kö­ nig der Vögell4#) bei den Singhalesen, wie der Löwe der König der Landthiere. Die Reihe der Denkmale ist hiermit aber keineswegs ge­ schlossen; rin schwarzer an 80 Fuß hoch hervorragender Fels zog, wei­ terhin, die Aufmerksamkeit auf sich, er war zu einer colossalen Menschensigur ausgehauen; ein stehender Buddha, 25 Fuß hoch, mit kreuzweis untergeschlagenen Armen setzte in Verwunderung; die Raumweite zwi­ schen den Augenwinkeln maß 2 Fuß 4 Zoll, der kleine Finger 2 Fuß. Iur rechten Hand derselben ist die Pforte zu einem Vihari, d. t. Tempel, und diesem zur Seite erhebt sich, in derselben Größe, ein zweiter Coloß, sitzend, aus dem Felsen sehr kunstreich ausgehauen (ähnliche Felscoloffe der Jaina's s. Asten IV. 1. S. 734, und Buddhacoloffe in Bamiyan s. bei A. Burneö)"). Der Tempel daneben ist nur klein, von Innen mit kleinen Figuren von Buddhabildern und roth be­ malt, wie viele andere, die Fagan in den Centralprovinzen Matele und den sieben Körles sahe. Eine Felsstelle, 6 Fuß ins Gevierte, war mit einer Inschrift in einheimischer Schrift bedeckt, die uns aber leider nicht mitgetheilt wird. Dieses Denkmal nennen sie dort Galle Vi­ hari. Eine Sage geht, die Portugiesen hätten hier sehr große Schätze erbeutet. Doch meinten die Führer, Lieutnant Fagan sey der erste Europäer, der diese Werke der Joharrum gesehen. Spuren von Wassern, oder Brunnen, zeigten sich in dieser jetzt sterilen Wildniß nicht. Sie beweisen nur, wie bevölkert und eultivirt einst die Umgebungen des MinnereTankS waren. Wie viel solcher Monumente werden auf diesen Gebieten noch mit der Zeit entdeckt werden. I. Davy nannte man den Erbauer von Tempeln am Minnere, Mahasin MahaRad­ ja h (König mit den Goldwaffen); dieser Tank sollte nur einer von den 150,000 seyn, die einst auf der Insel erbaut waren. Nahe Min­ nere, oder dem folgenden Kandelly, lag aber das Mahagrammum des Ptolemäus, wie wir oben (S. 24) gesehen. Unterhalb, nur anderthalb geogr. Meilen weiter nordwärts, folgt der 4te, der Kowdella Tank4'), bisher unbekannt, der aber so groß wie der Minnere und Kandelly zusammengenommen ist. Die Hauptstraße geht über den Kunstdamm dieses Tanks hinweg, der aus Stein und Sand aufgebaut ist, welchen 3 Schleusen durchbrechen, mit denen noch mehrere andere Tanks in Verbindung stehen.

l44) J. Davy Account of Ceylon 1. c. p. 140. 4t) Al. Bornes Travels into Bokhara. Lond. 1834. 8. Vol. I. p. 183 etc. **) R. Brooke Reference te the Remains etc. 1. c. p. 231.

Ceylon, antikes Irrigationssystem. Nun erst folgt der 5Le,

97

der so berühmte Kandelle Tank, 6

geogr. Meilen (29 Miles Engl.) fern von Minnere, der aber heutiges Tages gegen seinen frühern Umfang sehr unbedeutend ist.

I. Davy,

bei seinem Besuche dieser Gegend, wo er in der Station, PulianKafcooette 49), etwas verweilte, fand die Landschaft sehr angenehm be­ waldet, niedrig, die Seeufer reizend grün, mit Wiesen überzogen, auf denen große Büffelheerden zur Weide gingen, die Seeflächen waren von vielen Schaaren der Wasservögel belebt.

Hier, als er aus dem Berg­

lande von Südwest kam, begann die Hitze des Niederlandes.

Zur Ost-

seite des Sees entdeckte I. Davy einen zweiten Mauerdamm, der den­ selben einfaßte, dessen Quadersteine aus Gneuß, schön behauen, die co­ lossale Größe von 12 Fuß Länge und 4 Fuß Breite haben. Don Viesen spricht auch wol A. Bertolacei60), der sie alle 12 bis 14 Fuß lange Quadern nennt, die in meisterhafter Construetion ein Parapet von au­ ßerordentlicher Stärke bilden.

Von dem kleinen Dörfchen Kündellt,

das zwischen grünen Usern liegt, hat der See seinen Namen; hier hat er jetzt nur 2 kleine Stunden in Umfang (3 bis 4 Miles Engl.), ist zwischen

20 Fuß

hohen

Felsrändern

und

von

einem

künstlichen

Mauerdamm aus großen Quadern eingefaßt, von trefflicher Arbeit. Dieser Damm ist gleich einem Hügelzug, bepflanzt und beschattet.

Die

2 Emissäre dieses Sees durchbrechen den Damm; der eine, sagt Davy, ist so grandios, daß er eher wie ein Naturwerk erscheint; ihr Wasser ergießt sich gegen Tamblegan, das vollständig von ihnen bewässert wird.

Auch Anth. Bertolacei scheint ebenfalls von diesem Mauer­

damm zu sprechen, der sich ganz majestätisch zeige, wo durch ein Para­ pet von nahe 150 Fuß Breite an der Basis, und 30 Fuß Breite in bet Höhe, zwei Hügel vereint worden seyen, um die Wasser eittzuschließen. Zn diesem sind jene Emissäre angebracht, die derselbe Beobachter mit ähnlichen Werken seines Vaterlandes, aus den antiken Zeiten der Römer, nämlich mit jenen Albaner und Fueiner Emissären Italiens ver­ gleicht.

Nach R. SBrooie61) liegen die Steinlager,

aus denen der

Damm aufgeführt ist, ohne Mörtel und ohne künstliches Mauerwerk wie Treppenfluchten übereinander,

und eigentliche Kunstarbeit zeigt sich

nur an der Construetion der grandiosen Emissäre oder der Schleusen. Die Bausteine des Dammes sind nach ihm von der Größe, daß zwei Mann sie tragen können, sie sind von den benachbarten Höhen herbei­ geschleppt, wo sie lose umher liegen; bei hohem Wasser steigt der Spie­ gel des Tank bis zu 12 Fuß, und fließt dann durch seine Emissäre nach Tamblegan ab.

49) J. Davy Account 1. c. p. 387. 1. c. p. 13. 61) K. Brooke L C* Ritter Erdkunde VI.

*°) Anth. Bertolacei View G

98

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102.

Bei Kandelle tritt, nach 9L Brooke, auch noch ein Ca­ nal in diesen Lank ein. Der Mannyar von Minnere versicherte, eS seyen früher Barken von Kandelle Tank bis nach Ellaharah aufwärts gezogen worden, und dieser Tank habe seine Füllung durch den Amba Ga nga erhalten. Diese Schiffahrt war unstreitig nur Nebenbenutzung; der Hauptzweck bei den colossalen Arbeiten dieser Emissäre war, wie einst in Italien, so auch in Ceylon, um zu jeder Jahreszeit JrrigaLionswasfer zur Reiscultur zu erhalten, und zwar ohne Menschen­ arbeit, auch wenn die Jahreszeit keinen Regen bot. Der See konnte dann bis zum Niveau des künstlichen Emissärs abgelassen werden. So lange der Tank also Wasser hatte, so lange war man reichlicher Ernten gewiß. Die Könige, welche diese schönsten Denkmale weiser Verwaltung ausführen ließen, wollten ihre zahlreichen Völker vor Hungersnoth schü­ tzen. Die Emissäre, wie die Condottori im antikm Latium, sind in Cey­ lon zugleich so gebaut, daß sie sich nicht verstopfen können, was ihnen noch einen Vorzug vor den Emissären des KopaiS Sees zu Orchomenos in Böotien zu sichern scheint. Solche Werke sind die sichersten Beweise außerordentlicher Population und Agricultur früherer Zeiten; sie sind wol, nach Al. Johnstons und Anth. BertolacciS-'") Untersu­ chungen, die frühesten Denkmals der Civilisation in Ceylon, und wol älter noch als jedes erst durch Malabarische Ueberfälle underobernde Usurpatoren auf Ceylon errichtete Drahmanische König­ reich, von denen, seit etwa 200 Jahren.") vor Chr. Geb., die Singhalesischen Annalen, durch alle Jahrhunderte bis in die. Periode der christ­ lichen Niederlassungen auf der Insel voll sind. Die noch unentzifferte von Alex. Johnston mitgetheilte, dritte antike Jnscription, von der bis jetzt nur eine Landessage bekannt ist, geht zwar, hinsichtlich der Hindu-Ansiedlungen auf Ceylon, in 4,400 Jahre vor unserer Zeit zurück, dies kann aber, bis uns nähere Beweise dafür gegeben werden, nicht als ein chronologisches Factum dienen, und bleibt uns daher, hier, zur Seite liegen. Diese grandiosen hydrotechnischen Werke gehen aber, offenbar in eine Zeit zurück, wo der Genius des Volks noch ungeschwäch­ ter als heute zu großen Unternehmungen Thatkraft zeigte, und wo diese aufweite Strecken hin wirksam war, da auch die ganze WannyProvinz, zwischen Trincomalli und Mantotte, im Nordwest des Mahawelle Ganga, und nordwärts der alten Residenz Anürajapura (f. ob. S. 21), so ungemein reich an Tanks ist. A. Bertolacei") will ihrer Spuren daselbst gegenwärtig noch über 600 zählen, und an Canal**2) Al. Johnston On Ceylon Inscriptions in Transact. of the Roy. As. Soc. Vol. I. p. 537, 539; Anth. Bertolacci View I. c. p 14. ,3) Kdw. Upham Mahavansi 1. c. T. I p. 107, 145, 218, 226, 240 etc. 6 Anth. Bertolacci View I. c n. 34.

Ceylon, kleinere Küstenflüsse.

99

bauten war ebenfalls kein Mangel, wie das Jrrigationssystem am Mahawelle Ganga zeigt, wobei noch an die schon oben bezeichneten RiesenTanks der Cattucari, bei Mantotte, zu erinnern ist ls. ob.S.37 . Es wäre freilich sehr wünschenswert, die n ahe dem Tank von Kandelle gefundenen Jnscriptionen mit der unbekannten Schrift, welche Al. Iohnston mitgetheilt hat 6ß), entziffern zu können, weil sie viel­ leicht historischen Aufschluß über den Bau dieser Werke, die an den Aegyptischen See von Fayoume erinnern (s. Erdkunde Afrika I. S. 795), geben möchten. Nach einer Landessage soll die zweite der genannten Jnscriptionen wirklich den Bau diesesTanks betreffen, die Zahlleistungen, die Zahl der Arbeiter nennen; die Menge des Wassers, die der Tirthani (tu t. Tank) enthält, die Zeit und Art der Waffervertheilung unter die benachbarten Felder, die Zahl der durch ihn möglich zu be­ wässernden Acker und deren Reisertrag. Es bleibt uns zuletzt nur noch übrig zu bemerken, daß alle Wasser des genannten Amba Ganga Systems, oder dieser Aufeinander­ folge der Canäle und Tanks, von Nalanda an über den Kondrawawe, Guretille, Minnere, Kowdella und Kandelle Tank, endlich, auf dem linken Ufer des untern Mahawelle Ganga, durch die weitläuftigen Reisfelder der Niederungen von Tamb legan^), welche auch heute durch ihre Unterwaffersetzungen zur Kornkammer für das nordöstliche Ceylon werden, sich endlich in die große innerste Bay von Trineomalli ergießen, an deren äußern Ausgange der seit ältesten Zeiten berühmteste und mit antiken Architecturen geschmückte Ha­ fenort gleiches Namens liegt, der seine älteste Blüthezeit wol ebenfalls nur dieser hinter ihm liegenden, der Aegyptischen vergleichbaren, einsti­ gen, großen Kornkammer verdanken mochte. Bon Kandelle nach Tamblegan, auf ganz ebene Wege, zu diesem kleinen Dorfe sind 2| geogr. Meilen (13 Mil. Engl.), und von da zu Wasser nach Trincomalli fast volle 3 geogr. Meilen (14 Mil. Engl.).

Kleinere Küstenflüsse auf Ceylon. Der Kalani Ganga^) gegen Colombo fließend (unter 70 N.Br.), hat seinen Namen von einem berühmten Tempel, an dem er vorüber zieht; an Wasserfülle soll er dem größten Strome der Insel fast gleich seyn; er hat aber nur 10 bis 12 geogr. Mei­ len Stromentwicklung. Er entspringt im Centralgebirge, im N.W. des Adams-Pik, in zwei Hauptarmen, die sieb bei R u anwell e. 65) Alex« Johnston 1. c, VoL I. p. 539 etc. count 1. c. p* 226; s. J. Davv Account 1« 57) J, Öavy Account I. c, p. 57,

R. Brooke Ar p. 388.

f*)

c.

E 2

100 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Mschn. H. 102. etwa 8 geogr. Meilen fern vom Meeresnfer, auf einer Höhe von 87 Fuß über dem Meeresspiegel vereinen, und nun erst den Ka« lanifluß bilden, der diesen Namen bis Colombo trägt, wo zwar seiner Mündung eine Sandbank vorliegt, die seinen Ausfluß hin­ dert, diesem aber eine secähnliche Breite giebt. Er ist stets wasser­ reich, ungemein klar, durchsichtig, drei Viertheile seines Laufes aufwärts nur für Barken schiffbar, bis Talygomma. Ober­ halb ist er nur Gcbirgsstrom in Fclsthälern; am Austritt aus dem Gebirge unterhalb Ruanwalle, bei dem Orte Sitawack, ist das Geröll seines Flußbettes durch großen Ed elfte in reicht h ii in 158> berühmt. Zwischen Ruanwalle, dem Anfange seiner schiffbaren Stelle, und der Stadt Kandy, am schiffbaren Ma< hawclle Gang«, sind keine volle 3 geogr. Meilen (14 Mil. Engl.), die sich leicht in eine gute fahrbare Straße sprengen ließen. Auch der Mahawelle Ganga, oberhalb Kandy, ist für Boote noch bis Gompnla fahrbar, und könnte von da mit geringen Kosten über Pasbage bis Ambagame (f. ob. S. 88) schiffbar ge­ macht werden; doch freilich immer nur für kleine Boote, wodurch der Transport zwischen Trincomalli und Colombo ungemein gewinnen würde. Vortheilhaster jedoch zur Ausnahme des In­ nern der ganzen Insel ist, statt der frühern abscheulichen, absicht, lich noch zu Leschenaults Zeit bestehendens9) Wegelosigkeit, die große durch Briten neugcbaute Heerstraße, die von Colombo, durch dieselben Stromthäler begünstigt, über Kandy und das Gebirgsland von höchstens 3000 bis 4000 Fuß direct gegen N.O. hinwegsetzt, und in einer großen Diagonale die ganze Mitte der Insel durchschneidend bis nach Trincomalli führt. Von Colombo nach Kandy ist sie ganz kürzlich wirklich vollen­ det, und über das 'Gebirgsland, ein Seitenstück zur Simplonstraße") der Alpen geworden. Gewaltige Felsen sind wegge­ sprengt, Thäler ausgefüllt, wilde Eebirgsklnste und Bäche durch kühne Brückenbogen übergehbar gemacht, und nahe bei Kandy ein Tunnel von 500 Fuß Länge mitten durch einen Fels ge­ sprengt. Aus jenem Briefe vom «Sanatorium des Ellya Plateaus ergiebt sich °>), daß schon im August 1834 eine Mail Coach, jede Woche 3mal den Weg von Colombo nach “•) Anth. Bertolacei View of Ceylon 1. c. p. 194. **) Lesclienault Relat. etc. in Men. dn Mas. I. c. T. X. p. 268. *°) Montgomery Martin Hist, of Brit. Col. Vol. I. p. 401. “) Asiatic Journ. N. Ser Vol. X11L p. 171.

Ceylon, Kalu, Welleway Gang«.

101

Kandy (12 Englische Meilen) in einer Tagefahrt zurücklegte. Auch von Kandy bis Trincomalli^) kündigt das Colombo Journal, Zuli 27. 1834, an, daß die neue Straße dahin, seit dem 2vsten desselben Monats, eröffnet sey. Der Kalu Gang«, d. h. Schwarzer Fluß^), von seinem durkcln Wasser, der aus schattigen Wäldern hervorrauschr, entspringt im Südabhange des Adams-Pik; viele O.uellflüssc ver­ einen sich j» Ratnapura, etwa 50 Fuß üb. d. Meere, 30 bis 40 Engl. Meilen landeinwärts.vom Gestade. Don diesem Orte an ist er fit kleine Boote schiffbar, bis zum Meere bei Ca ltura. Durch Re,engüsse schwillt er leicht sehr schnell an; bei Ratna­ pura sahe inan ihn schon innerhalb L Stunden bis 21 Fuß über seine gewölnliche Wasserhöhe ansteigen. Der Welleway Gangs, noch weiter im S.O. von je­ nem, ist fiel kleiner und unbedeutender, fließt auch durch ein wenig bewrhntes und gering bebautes Sand, gegen S.O. Die Einwohner lassen ihn ebenfalls vom Adams-Pik herabstürzen; seine Quelle entspringt aber weiter im Ost, unter hem Gränzgcbirge von ilva und Saffragam. Seine Mündung liegt in der Provinz Megampattu, zwischen Tangalle und Hambangtotte, wo sie, durch eine Sandbarre verstopft, häufig, wie bei vielen Küsten­ flüssen Ceylons die Ursache weiter Ueberschwemmungew wird. Un­ ter den übrigen noch geringern Küstcnflüsscn, den sogenannten Oya's,smd der Didru- und Maha-Oi>a (auch Kay.melle genannt), zwei westliche, unter sich parallele Küstenströme, bei Chilan und Negombo zum Meere mündend, deshalb zu be­ achten, weil das Niveau des nördlichen etwas höher als das des südlichen liegt, das Land der sieben Körles zwischen beiden aber, soeben ist, daß ihre beiden Ufer von den Ortschaften Kandeloyaund Giriulle leicht durch einen qucrlauftndcn Canal zu verbilden wären, eine Strecke von nur etwa 0 Meilen Di­ stanz. Dieser würde diesen sieben Körles, welche die an Reis frichtbarste Provinz der Insel seyn soll, zur Ausfuhr dieses Hauptpvductes von außerordentlicher Wichtigkeit werden. 9. Temperatur, Witterung< Ceyyns Inselclima ist innerhalb der Tropen, seiner Nähe an derZüdspitze des Continentes ungeachtet, von normaler •*) Aiat. Joucn. «bend. Asiat. Inteil. p. 28, 169. A count I. c. p. 08.

•*) J. Oavy

102

Ost-Asien, Vorder-Jndien. IV. Abschu.

102,

Art; die Gleichmäßigkeit seiner Temperatur und Wär» mevcrtheilung wird vielleicht von keinem andern Lande der Welt, das ihm an Größe gleich ist, übertroffen; die kleinern In» selpuncte in der Mitte der Meere, wie Ascension oder St. He» lcna, haben freilich noch gleichar.tigere Temperaturen, doch übertreffen sie die Gleichmäßigkeit dennoch nicht, welche während der S.W.»Monsune über ganz Ceylon gleichartig verbreitet ist. Da die größten Contrasie auf der Insel durch die Monsune bewirkt werden, so stehen auch die Temperaturen der West» und Ost»Küsten, zu Colombo und Trincomalli, ob» wol ihre Brcitenunterschicde ganz unbedeutend und ohne Einfluß hierauf sind, im größten Gegensatze. Die Temperatur der Seeküste ist milder, gleichmäßiger, die des Gebirgslandes kühler, wechselnder. Folgende Zahlenverhältnisse giebt Montgo, mery M. als Resultate der neuesten Beobachtungen, die thcilweise auch auf denen schon von I. Davy^) mitgetheilten metcorolo, gischen Beobachtungen beruhen. Die mittlere Temperatur der Seeküste — 60®Fahrh. das Mittel schwankt von 75° bis 85®, das Extrem von 68° bis 90«. Im Berglande ist zu Kandy (1376F.Par.üb.d.M.) die mittl. Temp. --- 78®; also nur 2® geringer als dort. Auf dem Gipfel des Namana Culi Kandy (5207 F. Par. üb. d. M.) sahe Dr. Davy das Thcrmom. am Morgen 8 Uhr auf 57® F. stehen. Zu Colombo ist die Temperatur des ganzen Tages so gleichbleibend, daß ihre mittlere tägliche Variation nicht über 3®beträgt; die mittlere jährliche nur zwischen 76—66^®F. also nur eine Differenz von I2|® beträgt, welche den höchsten Character der Uniformität einer Tropentemperatur und eines gleichmäßigen Jnselcljmas darbietet. Alle an» dem Localitäten der, Insel weichen zwar hiervon ab; aber doch in so geringem Maaße, daß auch ihnen, die äußersten Unter? schiede abgerechnet, derselbe Character eines Jnselclimas im Gegensatz des gegenüberliegenden kontinentalen, des re» genreichcn, aber auch trocknen und versengten Coromandel»Climas und Plateau -Climas von Dekan zukommt, wo die Con trast» climate (f. Asien IV. i. S. 709 u. f.) zu Hause sind. le4) 1. Davy Account p. 59 — 69: Montgomery Martin Hist, of Brit Col. Vol. I. p. 350.

Ceylon, Temperaturen.

103

In Punto Galle, auf der Südspihe von Ceylon, ist die mittlere tägliche Variation nur 4*, die mittlere jährliche zwisehen 71—87". — In Iaffnapatam, auf der Nordspitze, dein Continente genäherter, mittlere tägliche Variation 5°, die mittlere jährliche zwischen 70 — 90"-. — In Trincomalli die größte (die mittlere ist nicht angegeben) tägl. Var. 17", die Witts, jährl. 74—91°. — Zu Kandy die mittl. tägl. Bar. 6", die mittl. jährl. 66—86". — Auf- dem Sanatorium auf Ellya-Plateau mittl. tägl. Dar. 11", mittl. jährl. 35—80°. Die großer» Wechsel der Temperaturen zu Jaffnapatam und Trincomalli kommen von den höher» Hitzegraden her, die der erstere Ort durch seine größte Annäherung an das heiße Coromandel erhält, der zweite Ortt Trincomalli, aber durch den besondern Umstand, daß der S.W.-Monsun, ehe er diesen Hafcnort erreiche» kann, schon bei seinem Ucbcrstreichcn über die Mitte der flacher», trocknern Theile der Insel, selbst zum trocknen, sengenden Landwinde geworden ist. Dieselben Eigenschaften, welche der ausdörrende Coromandelwind, durch die waldlosen Sandflächen für Iaffnapatam erhält, erlangt auch der S.W., nach I. Davy's^) Beobachtung, für Trincomalli, der über die eigenthümlichen Laubwälder des mittlern Ceylons hinwegstreicht. Das dortige Laub ist meist lorbeerartig, perga­ mentartig; die schmalen, langen Blätter sind wie das Laub der Orangerie und Myrthenbäume gleichsam gefirnißt, trocken, mit wenig Perspiration, daher seine Temperatur weit erhöhter am Tage durch den Sonnenstrahl, als sic Nachts wieder deprimirt werden kann, durch die unbedeutende Evaporation, die aus ihren Oberflächen hervorgeht. Der Wind, welcher über dieser Laubve­ getalion hinwegstrcicht, wird daher viel heißer, als wenn er über den Ocean hinwegzöge, und nur über nackten Sandboden selbst würde er noch heißer werden. Trincomallis Temperatur wird hierdurch local bedingt. Daß auf dem centralen Ge, birgslande die Tempcraturcxtreme größer, und die Wechsel mannichfaltiger sind, ergiebt sich von selbst; noch fehlen fortgesetzte Beobachtungen. Da man in dem Berglande von Ober-Uva, zu Badulla, der neueingcrichteten Militairstation, schon einmal bei Tagesanfang das Thermometer bis auf 48" Fahrh. (d. i. nahe 7" Rcaum.) hat fallen sehen, so, meint I. Davy, möge es auf •*) J. Davj Account 1. c. p. 63 etc.

104 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV.Abschn. §.102. dem weit höher« Adams-Pik, wol selbst bis auf den Eis, punet fallen können, obwol er es daselbst In der Aprilnacht, 1817, nicht unter 51° Fahrh. (8-i-° Reaum.) fallen sahelCfl). Bei Besteigung des Adams-Piks durchschreitet man daher von der Küste alle Temperaturen, die zwischen dem Jnselclima Ceylons und Englands liegen, und findet überall das herr­ lichste Grün, die größte Frische, die größte Schön­ heit einer Landschaft, jetzt voll Wildniß, die aber alle Reize und Eigenschaften in sich vereinigt, um einst überall zu einem großen Park Europäischer Landsitze gebildeter Colonisationcn werden zu können, und die Gewächse tropischer Vegetation mit den nützlichsten Acelimatisirungen Europäischer Gemüse, Reben und Fruchthaine zu vereinen. Die Wolkenbildungcn auf diesen Höhen, während der Regenzeit, die Nebelmassen in den tiefern Thälern, die beim Auf- und Untergange der Sonne die schönsten Schauspiele darbieten, die Färbungen in dem Zwie­ licht der Morgen- und Abenddämmerungen, das Strahlcnschießen gelben Lichtes bei reinster Himmelbläue, und andere Erscheinun, gen, werden dort noch manche Eigenthümlichkeiten für die ge­ nauere Beobachtung darbieten. Von einer eigenthümlichen be, weglichen Art Tropenlicht, die Buddhastrahlen bei den Singhalesen genannt, das, nach ihnen, nur über den Buddha­ tempeln sich zeigen und als Emanation von diesen Heiligthümern ausgehen soll, hat I. Davy*") einen Bericht gegeben,-nach wel­ chem dies Phänomen dem Nordlicht der Erde vergleichbar wird. Die Donnerstürme und Gewitter sind auf Ceylon an den Küsten und Bergen, die den S.W.-Windcn ausgesetzt sind, sehr häufig, auf keine Jahreszeit beschränkt, in den Monsun-Wechseln oft furchtbar, im übrigen aber nicht, sonst stets von Regen be­ gleitet, ungemein wohlthätig, abkühlend und so crftischend, daß selbst die Singvögel um Kandy an, herzhaftesten unter Donner­ sturm fingen sollen. Nur selten einmal thun die Gewitterstürme auf Ceylon den Schiffen größeren Schaden. Hagel fällt unge­ mein selten im Niederlande, zumal in den maritimen Provinzen; wol kaum, meint I. Davy, in lOQ Jahren einmal. In den Bergthälern kommt er schon mehr vor; Major Fraser will ihn im höhern Gebirge häufig wahrgenommen haben. j. Davy Letter to Sir Humphry- Davy Colombo 1. May 1817. in Journ. of Science and Arts of Roy. Instit. 1818, Vol. V. p. 27 etc.; dess. Account 1. c. p. 68. ") I. Davy Account p. 71.

Ceylon, Fieberzone.

105

Ceylon ist mit dem reizendsten Clima der Erdem) begabt; aber es hat wie alle Tropcnländer seine bösen Miasmata, die endemische Fieber erzeugen; wo Sümpfe stagnircn und dum­ pfige Wald-Jungles sich ausbreiten, vegetabile Materien vermo­ dern und keine Seeluft die Waldregionen durchdringcn und ventiliren kann. Daß die Waldungen keineswegs, ohne diese beglei­ tende Umstände, davon die Schuld tragen, ist schon oben gesagt, die gesundesten Wohnungen der Kokoswälder sind Beweis dafür (s. Asien IV. i. S. 845). Die bloße Waldlichtung vertreibt die Miasmen nicht. Die frische Bodencultur, der Anbau, der Ab­ lauf der Gewässer, die Ventilation der Seeluft, verdrängt die Fieberrcgioncn. Selbst das unbebaute Gcbirgsland von Kandy wird hierdurch ungesund; die Jalousie der Kandy Könige ließ absichtlich diese ungesunde Fieberzone der Waldab­ hänge, um das Bergland gegen die Küstenstaaten bestehen, wüste und unbebaut liegen, weil diese ungesunde und weg­ lose Wüstengränze sie besser gegen die Ueberfälle und Ein­ brüche der Europäischen Truppen zu schützen schien, als ihre ei­ gene Gränzmiliz. Ihre verlängerte politische Existenz, durch die letzten Jahrhunderte, möchten sie allerdings, meint Anth. Ber­ ts laccibO), t,cc Furcht der Fremdlinge vor dem tödtlichen soge­ nannten Kandy Fieber zu verdanken haben; denn daraus ging der Jahrhunderte lang währende Mangel aller Communicanon des Binnenlandes mit dem Gestade hervor. Die ganze Süd­ westküste der Insel, wo keine todten, vegetabilen Materien sich accnmuliren können, ist ungemein gesund für die menschliche Or­ ganisation. Ohne die stagnirenden Salzlagunen bei Colombo würde dieser Ort die gesundeste Station der Europäer in Indien seyn. Mit dem Fortschritt des Jnselanbaus wird auch ganz Cey­ lon, wie es die Inseln West-Indiens schon geworden, bewohnbar werden. Die Britischen Truppen haben in ihren Cam­ pagnen im Innern Ceylons, gegen Kandy, allerdings furchtbare Verluste7U) gehabt, weil sie dem größten Theile nach das Innere im Zustande der Verwilderung zu durchziehen hatten. Schon ge­ genwärtig sind aber durch zweckmäßige Vorkehrungen ganz andere *’) J. Davy Account I. c. p. 74 —76, •*) Anth. Bertolaccj View of Ceylon 1, c. p. 7. ,0) Tableau, Health of Troops in India, Ceylon and Mauritius, by H. Marshall, Deputy Inspector Ge­ neral of the Hospitals in Ceylon s. b. Montgomery Martin Vol. I. d.

351.

106 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Al'schn. §. 102. Verhältnisse eingetreten, und man ist einstimmig darüber^), daß die südwestlichen Küsten, wenigstens der Europäischen Con­ stitution mehr zusagen, als so viele andere Indische Climate, der hiesige Aufenthalt für Britische Truppen als Vorbereitung für ihre Acelimatisirung vom Europäischen zum TropischIndischen Continental -Clima aber vorzugsweise geeignet sey. Trincomalli giebt ein Beispiel mittlern Gesundheitszustan­ des; die Eebirgshohen zeigen auch hier, wie auf dem Nila Giri, heilsame Gesundheitsstationen zur Reconvalescenz für den Euro­ päer, der als Tropenbewohner erkrankt ist. Anmerkung.

Neura Ellya (Nüwera Ellya) das Sanatarium der Plateauhöhe.

Die jüngste Anlage dieser für Ceylon so wichtigen GesundheitSstation, im centralen Berglande der Insel, ist schon oben kürzlich er­ wähnt (f. ob,. S. 73). Die neueste NachrichtTl) darüber enthält Fol­ gendes. Dieses Ellya liegt' im S.W. von Kandy, 50 Engl. Meilen von dieser Stadt entfernt, 14 fern von Fort Me Donald, 15 von Waturatte und 120 von Colombo. Der Weg von Kandy dahin führt durch ein wildes, romantisches GebirgSlard von außerordentlicher Schönheit, ungemein malerisch und grandios; durch enge Schluchten, dichten Hochwald, über Felsabstürze, an den wildesten Cataracten und kühnsten Gebirgeformen vorüber. Die Hochplaine von Ellya, an 4 Engl. Miles lang, und 1 £ breit, liegt 6000 Fuß Engl, über dem Meere (nach obiger Angabe sogar 6287 Fuß Par.); sie ist aber von steilen Waldgebirgen noch 2000 Fuß höher umragt, als der Spiegel des EllyaFlusses, der zwischen reizenden Ufern diese Vergebene mäandrisch durch­ schlängelt; die Berggipfel müßten daher hier die Höhe des Adam-PikS noch weit überragen. Das lieblichste Clima nähert sich niemals dem tropischen Sommer, giebt aber im Winter Eis; die mittlere JahresTemperatur ist 55° Fahrh. Das Wasser ist ungemein klar und rein; mehrere Stahlquellen sind hier aufgefunden. Viele Blumen Europäi­ scher Art sollen hier blühen und duften, wie in England, auch die Rose, das Veilchen, die Nelke u. a. m. Die Erdbeeren sind sehr aromatisch, Kartoffeln, Rüben, Artischocken, Erbsen, Bohnen, Salat, Kohl, Turnips, und alle Englischen Gemüse gedeihen vortrefflich, in einem schwar­ zen humusreichen Boden, der auf gelbem Lehmlager und Quarzkies liegt. Die Ueberraschung des Europäers ist nicht gering, hier, keine 7 BreitenIf 4) Qn Life Insurance in Ceylon, in Asiat. Journ. 1835. Vol. XVIII. New. Ser. p. 158 — 160. **) Montgomery Martin Hist 1. c. Vol. I. p. 352.

Ceylon, Naturprodukte, Mineralreich.

107

grade vom Aequator entfernt, einen Wohnort zu finden, in dem da- Ka­ minfeuer jeden Abend, und nicht selten auch am Tage, zu den in der Heimath gewohnten und auch hier erfreulichen Annehmlichkeiten gehört. Wahrscheinlich wird nun bald von der Ellya-Station,

wie von

Dimhutty und Utaeamund auf den Nila Giri, die nähere Erforschung dieser Singhalefischen

Schweiz erlaub sch aft

ausgehen (f. Asten Bd> IV.

©. 992). III.

Naturprodukte von Ceylon.

In allen drei Naturreichen gehört diese Gewürzinsel, als erster Vorposten der größten und rcichbegabtesten Insel­ gruppe der Erde, zu den productenreichsten, wenn auch noch nicht einmal alle eigenthümlichen Gaben derselben genau bekannt ge­ worden sind, und der Schooß der Erde im innern Kandyschcn Berglandc, noch manche Ader verbergen mag, die unter dem rei­ chen Teppich der Gewächse und der außerordentlichen Vcgetationsfülle bisher nicht zu Tage kommen konnte. 1.

Mineralreich^).

Eisen, Edelsteine, Salz sind die vorzüglichsten bekannt gewordenen Schätze der Insel, außer den schon oben angeführ­ ten verschiedenen Gebirgsarten. Gold und Quecksilber, wie­ derholt zwar auch noch Montg. Martin, sollen manche Flüsse der Insel wälzen, doch ist dies blos eine ältere Tradition, die I. Davy als unfactisch gänzlich verwirft. Hätten die Singhalesen die Edelsteine seit Jahrhunderten finden können, so, meint er, würden ihnen auch die Metalladern der Insel nicht entgangen seyn. Doch scheint uns dieser Schluß nicht ganz entscheidend zu seyn, da ja auch von den meisten der lose im Geröll der Fluß­ betten gefundenen edlem Steinartcn, welche schon vor Jahrtau­ senden die Insel berühmt machten, noch immer die Fundorte des anstehenden Muttcrgestcins keineswegs ermittelt sind. Eisen wird in verschiedenen Formen sehr allgemein durch die Insel verbreitet gefunden; als Eisenkies, Magneteisen­ erz, Rotheisenstein, rother Pluteisenstein, Su-mpseisenerz, als erdigblaues Phosphat, und überall ist die Methode des Ausschmelzens sehr einfach. Da aber nirgends ei«

”) J, Davy Account 1. c. p. 18—28; Anth, Bcrtolacci View 1. c. p. 194 — 199; Montgomery Martin Hist, of tlio Brit. Col. Yol. I. p> 357 etc.

108

Ost-Asien. Vorder-Judien. IV. Absch». §. 102.

gcntliche, große Eisenlager oder Gänge von Eisenerz auf der Inscl bekannt sind, so ist auch keine größere Eisenschmelze oder Hüt­ tenwerk vorhanden. Manganeisen fand I. Davy in den Gra­ nitarten fein eingesprengt. Der Edelsteinreichthum der Insel ist durch die größte Mannichfaltigkeit, wenn auch nicht durch die größte Kost­ barkeit der einzelnen Findlinge, merkwürdig. Wenn sie auch der Granitbildung ursprünglich angehören mögen, so finden sie sich doch mit wenig Ausnahmen nur ausgewittert aus dein Urge­ stein, im Alluvialboden und vorzüglich um den Außenrand des Gcbirgslandes, wo sie in den Flußbetten mit den Flußkiescln gewälzt oder aus dem Alluvium gewaschen werden. Dis jetzt ist man ihnen nur mechanisch und mercantilisch nachgegangen; wis­ senschaftliche Untersuchungen über die Art ihres Vorkommens feh­ len. Die Erlaubniß sie aufzusuchen ward mit den Verpachtun­ gen und Abgaben gewisser Ländereien von dem Gouvernement ver­ liehen; das Geschäft des Suchens und der Handel mit dem Ge­ fundenen ist größtentheils in den Händen sehr thätiger und industriöscr Mohammedaner (der Moren) gewesen. Singhalesen übernehmen nur selten die Pachtungen solcher Reviere, die sehr wohlfeil überlassen zu werden pflegen, weil der Gewinn sehr un­ sicher ist, obwol er zuweilen auch reicheren Ertrag geben kann. Die Gegenden, welche für besonders edelsteinreichm) gelten, sind die Flußbetten an der Südspitze der Insel, bei Matura, und das Flußbette des Kalany Ganga bei Sittawake, 6 gcogr. Meilen ostwärts von Colombo; auch die Südgehänge des Berglandes im Saffragqm-District, und in PastumKorle. Die gefundenen Steine sind sehr verschiedener Art und von ver­ schiedenem Werth; ihre Benennungen haben sie durch den Han­ del erhalten, nicht durch dje wissenschaftliche Bestimmung; wir führen sie nach I. Davys Angabe auf. Zur Quarzfamilie gehörig: Quarz, Eisenkiesel, Chalcedon« Hyalith, Bergcrvstall, Amethyst, Rysenquarz, Katzenauge u. a. m. Bergcrystall in großen Massen, von den verschiedensten Färbungen, häufig wie Glas be­ nutzt, zu Ornamenten, selbst zu Sculpturen, In dem Haupt.ii«) Anth. Bertolacd View of Ceylon 1. o. j>. 194 —199. 1. Davy on (he Mineralogy of Ceylon in Trausactions of (he Geolog. Soc. Vol. V* P. 2. p. 318 — 322.

Ceylon, Edelsteine.

109

tcmpel zu Kandy sahe I. D a v y selbst eine kleine Duddhastgur gut daraus gearbeitet. Die Amethyste finden sich von großer Schönheit in den Alluvialkcttcn von Saffragam und den Sieben Körles, welche aus Granit- und Gneußbergcn herabgeschwemmt werden. Die Amethyste sind weit brillanter und an Farbe leben­ diger als die Brasilischen; auch verlieren sie bei Licht ihr Feuer nicht wie jene. Eben daselbst und in Matura werden die schön­ sten Katzenaugen (Christal cats eyes, oder Ochi de Gati, die Besten aus Ceylon, sagt schon Casar Fredericke im I. 1563)70) gefunden, die kostbarsten ihrer Art, in brillantem Glanz ihrer Strahlen und in schön grüner Farbe. Prasem findet sich nur bei Trincomalli; Hyalith ist sehr selten, Chalcebon und Ei­ sen kiese l, als Rollkiesel im innern Berglande von Kandy, und im Bette des Mahawclle Gang«; auch in Saffragam und Unter, Uva als anstehendes Gestein. Zur Schörlfamilie gehören: Schörl sehr gemein; Tur, maline selten, aber von den verschiedensten Farben, und To, pase, die hier weißer oder Wasser-Sapphir heißen; sie sind spar­ sam im Alluvium gewälzt, und bilden selten vollkommnere Crystallc. Ob es Smaragde oder Berylle hier giebt, wagt I. Davy nicht zu bestimmen; A. Bertolacci sagt, der Beryll sey sehr selten, aber, wenn er sich finde, so sey er auch brillanter und schöner als der vom Continent Indiens; er werde dann im Handel als Aqua mariua verkauft. Granaten, Pyrope, Zimmtstein, gemeiner Gra­ nat, sind sehr häufig in Gncuß und Granitgesteincn verbreitet. Der edle Granat (auch Ceylon-Rubin genannt) ist jedoch fei, ten, und soll nur im Hornblendgestein zu Trincomalli vorkom­ men. Der Zimmtstein, ausschließlich nur Ceylon eigen, von verschiedenen hellem und dunklem Schattirungen, ist in größer» Massen dem Felsgebirg eingelagert. Im Alluvium im Matura, District findet er sich sehr häufig, selbst in mehrern Pfund schwe­ ren Stücken. Bei Belligam sahe I. Davy davon einen gro­ ßen, losen Felsblock im Wald, Jungle liegen; wahrscheinlich als Trümmer höher anstehender Felsmassen. Die Zirkon-Familie ist auf Ceylon reicher in ihrem Vor, ’ •) The Voyage and Tfavell of Mr. Caesar Fredericke Marthand of Venice (1563) in Riph- Hackluyt Collect. Lond. 1599. Vol. 1L fol. 226.

110

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn.

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kommen als irgend sonst wo in der Welt, doch nur auf Matura und Saffragam beschränkt, daher diese edeln Steine auch unter dem Namen der Matura-Diamanten (auch Gargun) im Handel bekannt sind. Außer den zwei bestimm­ ten Species, Zirkon und Hyacinth, fand I. Davy noch eine dritte Species auf, von dunkler Farbe. Die Einwohner sind in der Kenntniß dieser Steine sehr unwissend; die gelben Varie­ täten verkaufen sie als Topase; die grünen als Turmaline; die rothen Hyacinthe als gemeinen Rubin, die hellgrauen als unvoll­ kommene Diamanten. Alle diese Varietäten kommen dort im Flußsande vor. I. Davy fand den Zirkon nur von Belligam Insel, westlich bei Matura, westwärts bis PuntoGalle, wo er so derb in Massen eingesprengt vorkommt, daß man das dortige Gestein wol Zirkottfcls nennen könnte. Er ist sehr schwer, meist grün oder braun von Farbe, durch seinen Harzglanz auf dem Bruch charactcrisirt. Zur Rubin-Familie gehören die berühmtesten Steine der Insel, di« 4 Species: Spinell, Sapphir, Corundum, Chrysoberyll, die wahrscheinlich auch dem Gneuß und Gra­ nitfels angehören. Der Spinell kommt aus dem Innern Kandys, hat aber nur selten schöne Crystalle. Der Sapphir ist häufiger auch im innern Berglande, nahe dem Neura Ellypatam, und Avisavelli, auch im Alluvium von Matura und Saffragam. I. Davy suchte viel nach dem anste­ henden Gesteine, aber vergeblich. Die Pracht ihrer Farben geht durch grün, roth, gelb, schwarz hindurch. Der rothe Sapphir wird orientalischer Rubin genannt, der in seiner Härte, tiefen Carmoisin-Dunkel bis zum Hellrosenroth und in brillanter Schön­ heit, auch die von Pcgu (s. Asien IV. l. S. 168, 242), nach A. Bcrtolaccis Urtheil, noch übertreffen soll. Der gelbe wird orientalischer Topas, der mit rothen und blauen Schatti, tungen, rother orientalischer Amethyst, der ungemischt blaue, orientaler blauer Sapphir genannt. Der Chry­ soberyll ist so selten, daß % Davy während seines langen Aufenthaltes nur 2 bis 3 Stücke davon erhalten konnte. Der Korundum (Adamas bei Edrist, s. oben S. 34) ist seltner als der Sapphir, da er nur in einer einzigen Gegend, um Batta­ gs mm a, auf der Ostscite der Insel in dem ungesundesten Di­ strikt, östlich von Badulla, zwischenällva und Wellassev, nur 4 bis 5 Stunden fern dem Orte A l i p u t a, als Geröll im Strome

Ceylon, Salzreichthum.

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Agiri K andura in Menge gefunden wird. Von seiner zimintbrarncn Farbe wird er auch bei den Einwohnern Kurundur galle (d. h. Zimmtstein im Singhalesischcn, von Galle Stein, Fels, welches auch so vielen Ortsnamen angehängt ist) ger nannt. Dieser ZimmtsteiM ist der einzige unter diesen Edc', steinen, der im Lande nicht als solcher gilt, dagegen nützlich verwendet wird, als Staub zum Schneiden, Poliren, gravircn der übrigen Edelsteine und der Metalle. Alle übrigen dienen den Einheimischen zum Schmuck (vergl. Vorhalle @.124—136; Erdr künde, über Edclsreinschmuck ein Zauber im Orient, s. Th. Is. S. 554—556). Der Salzreichthum der Ceylongestade ist kein geringer Vortheil für die Befriedigung des nothwendigsten Bedürfnisses seiner Bewohner, zumal der des Binnenlandes, welchen das Kochr salz ohne das Seesalz fehlen würde. Die Westküste von Chi, law, nordwärts bis Manar und Jaffnapatam, eben so die Südostseite der Jnselküstc, von Tang alle durch ganz Ma, hagampattu, über Hambangtotte bis gegen Datticaloa, haben die stärksten Salzvorräthe in ganz Indien. Die sogenann, ten Leways"), die natürlichen Salzdeposita an den niedern Küsten, um Hambangtotte, liefern das schönste und reinste Salz, weil dort zur trocknen Jahreszeit die rapideste Evaporation der Salzseen vor sich geht, wodurch die Salzkrystalle die größte Reinheit gewinnen, und eine längere Dauer dem wicdcrauflösen, den Einfluß der Feuchtigkeit zu widerstehen, als das künstlich ge, sottne Salz. I. Davy's) bcr diese Leways besuchte, fand ihre 7 Salzseen.von einer halben Stunde bis zu 4 Stunden Um, sang, alle seicht, Sandtiefen, durch Sandbänke vom Meere ab, geschlossen, höchstens 6 Fuß tief, die zur Regenzeit überfließen, il» Sommer austrocknen, durch das Einfiltriren des Seewassers vermittelst des Seitcndrucks aber sich dann mit einer Kruste des schönsten Salzes bedecken. Das Monopol dieser leicht zu be, nutzenden Salzmagazine bringt dem Gouvernement, jährlich, über 2v,voo Pfund Sterling ein; die ganze Insel wird dadurch mit Salz versehen, und bei einiger angewandten Industrie könnten dies die Salzgruben für den größten Theil von Indien werden.

*”) Montgomery Martin Hist. I. c. Vol. I. p. 358. ’*) J. Davy Account I. c. y. 32; vergl. Will. Orr Report on a Journey from Tengalle to Batticaloo in 1. Cordinet' Descr. Vol. II. p. 106 etc.

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Schon R. Knox rühmt diese Salzseen, die er richtiger Lea» wa»«179), d. h. „wo die Ostwinde wehen," nennt, in welche bei schönem Wetter die Meeresbrandung hineinschlage, und durch Verdünstung das Salz gebe. Die Lage sey auch vom Berg» lande aus so günstig, sagt er, daß weder Portugiesen noch Hol» länder den Königen von Kandy die Zugänge zu denselben hätten streitig machen können. Kein Schiff könne daselbst vor Anker liegen, und inCotteragon (jetzt Kattreg am) stehe einTem» pel.des großen Gottes der Heiden, der den Zugang zum Gebirge beschützen solle, den zu erzürnen Niemand wage, daher von da stets ununterbrochen die Salzzufuhr zum Innern des König» reiches. 2. Flora und Agricultur in Ceylon. Kein Land kann von Natur reicher mit Gewächsen begabt seyn, als diese paradiesische Palmen» und Gewürz»Insel mit dem perennirenden, regenreichen Sommer und der Gleichförmigkeit täglicher und jährlicher Tempe» raturen, die außer dem großen Schatz ihrer cosmopoliti» schen, wie in weitere Sphären ausgebreiteten oder enger limi» tirten Tropenpflanzen (s. Asien IV. 1. S. 831 u. f.), auch mit ganz localen Vegetationen vor andern ausschließlich be» gabt, und wie China z. B. durch das Theemonopol, so durch das Zimmtmonopol für die ganze Erde berühmt ist. Aber, so reich von Natur überwuchert, so wenig ist dieses Eiland noch voin Menschen bebaut, oder durch Jahrhunderte engherziger Politik und blutiger Fehden in sich wieder verwildert, ja, absicht, kich in Wildniß verwandelt, so, daß die Insel bei unerschöpfli» chem Reichthum ihrer nährenden Gewächse doch, ohne fremde Zufuhr von Reis, ihre eigene verhältnißmäßig nur geringe Popu» Icttioit nicht einmal ernähren könnte, und sehr leicht sogar Hun» gersnolh auf ihr ausbrechen kann, da ihr obenein jeder Zweig hö» herer Industrie, ja selbst zur Zeit noch der lebendige Verkehr und Produktenaustausch zur See mit den Nachbarländern gänz» lich fehlt. Tropische Waldung der edelsten Art, in Wildniß und Anpflanzungen, ist der vorherrschende vegeta­ tive Character der Insel. Das Innere von Ceylon, **•) Rob, Knox Historical Relation 1. c. p. 12.

Ceylon, Cerealien, Reiscultur.

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sagt Leschenault der Botaniker«"), ist nur Ein großer, mach, tiger Wald; in den bewässerten Thälern ist hie und da etwaReiscultur, aber alles übrige der Insel ist wild und unbebaut. Man sieht nur wenige Wohnungen, selten in Dörfer vereint, fast immer isolirt, in der Mitte der Wälder, in gewissen Distanzen von den Wegen, aber immer wieder umgeben von Bäumen, sey es wilden oder gepflanzten, deren Früchte den Einwohnern eine reichliche doch keine hinreichende Nahrung darbieten. Eben so, wie in der Mitte der Insel auf dem Berglande, wo die prächtigste Vegetation alle Rücken und Gipfel der Berge deckt, und es un, möglich macht anders als auf eben erst gebahnten Fußpfaden sie zu durchwandern, eben so in dem Niederlande und rings um die flachen Gestade der Insel, wo wiederum Wald, wenn auch Kokos,, Palmyra,, Zimml,Wald, fast überall (den kahlsten, trockensten Norden der Insel etwa ausgenommen) dem Wände, rer so hemmend entgegen -tritt, daß er kaum die geognostische Be, schaffenheit des Bodens vor Laubbedeckung, Jungle und Pflan, zenteppich zu enträthscln im Stande ist. Eine merkwürdige Reihe der köstlichsten Products aus diesem hier üppigen Gewächsreiche ist längst im Handel bekannt, die wissenschaftliche Kenntniß der Flora der Insel ist aber noch sehr weit zurück; die meisten Ge, wächst: des Continents von Indien sind hier größtentheils mit noch eigenthümlichen der Insel vereint. Cerealien. Die Reiscultur «>) (vergl. Asien IV. 1. S. 799—801) gab einst, nach den vorhandenen Monumenten der Jrrigationssysteme im N. und N.O. der Insel, Ueberfluß an Nahrung für die Einheimischen, und füllte die Magazine für den Handel der Fremden (s. ob. S. 27, 39); gegenwärtig baut Cey, Ion viel weniger Reis als es consumirt. Ohne Re «sein fuhr, behauptet der vieljährige Finanzbcamte dieser Insel A. Berto, lacci, würde die Population derselben keine 2 Monate bestehen können, und die theuern Reispreise brächten, aller andern Nah, rungsmittel ungeachtet, auf Ceylon gleiche Uebel hervor, wie die theuern Kornprcise in England. Reis ist daher, wie durch ganz Indien, so auch hier immer noch Hauptnahrung. In Cey, Ion ist mehr Land als die jetzigen Einwohner bebauen können. *°) Leschenault Relat. I. c. T. X. p. 266 etc. •*) Anth. Bettolacci View 1. c. in 202 — 221; J. Cordiner Descr* of Ceylon Vol. I. p. 391—404»

Ritter Erdkunde VI.

H

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doch ist nicht eben die Population in den von Singhalcsen be­ wohnten Districken gering zu nennen, und nur der Norden und Nordostcn der Insel ist wie das wildere Dcrgland eigentlich verödet und menschenarm. Wo aber auch Population und Land sich vorfindet, da fehlt doch die Industrie und das Capital tun den Anbau ins Werk zu setzen. Bei der Ohnmacht und gänzli, chcn Erschlaffung des innern Zustandes dieses Inselstaates war Aufmunterung zur Arbeit und Anlage von Capitalien nothwendig geworden. Die Armuth des Volkes herrscht aus Ceylons reichen Boden mehr als in andern Ländern Indiens vor, weil es an je­ der Industrie und Manufactur daselbst fehlt, seit Jahrhunderten an jeder Unterstützung der Verwaltungen, eine Folge des lasten­ den Drucks der verschiedensten Herrschaften und langer innerer Unruhen. Hierzu kommt die Abhäng igkeit solcher Reislän der, wie Ceylon, von großen Irrigationssystemcn, die in g"tcr Ordnung gehalten werden muffen, wenn die Agricultur nicht rückwärts schreiten soll; dies übersteigt aber weit die Kräfte des Privatmannes, der Einzelne vermag hier, ganz verschieden wie bei der Westzen cultur, wo jeder Dauer für sich seinen Acker pflege» kan», fast nichts ins Werk zu richten, wenn ihn die Für­ sorge fürs Ganze im Stich läßt. Die meisten Reisbaucr -auf Ceylon sind daher so arm, daß sic, wie oft die Weinbauer, die Erntezeit nicht einmal abwarten können, die doch oft nur so kurze Termine von wenigen Monaten cinhält. Dreierlei Iahrcsernlen sind auch hier, ähnlich wie in Dekan (s. Asien IV. j.

S. 715), nur etwas anders vertheilt; die Große, die Mitt, lere, die Kleine Mussan genannt. Die Große (Mahavy) giebt die Hauptcrnte des Reis (Paddy, seine allgemeine Be, nennung, so lange er noch in der Hülse ist); die Aussaat ist im Juli und August, die Blüthe im Dezember. Diese Reisfelder *82) haben das frischeste helle Grün, das cs giebt, im schönsten Contrast mit dem dunkeln Schatten der Wälder; die Ernte ist im Februar. Dieses ist der beste Reis, von ungemein schönem, gesundem Korn. Die Mittel Mussan besteht aus andern ?sr> jfirt (Deveraddy, Mahadiky, Davahalla, Ahascareal, Collonetty, Morangavy u. a.), davon nicht alle gleichartiger Unkerwasscrsctzimg bedürfen; die Aussaat ist im September, die Ernte im Januar. Die Kleine Mussan, wieder andere Arten, wird ausgesäet im

”») J. Davj Aeeeanl I. «. p. 356.

Ceylon, Cerealien, Knollengewächse.

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April und Mai, und im August, September, October geerntet. Außer diesen giebt es trockne Reisarten, Vergreis u.s. w., die gar keines Wassers bedürfen, aber schlechtes Korn, bewässert, doppelte, gut bewässert, drei jährliche Ernten gebend) ». s. w. Die Reisarten Indiens, sagt Anth. Bertolacci, sind so verschieden wie die Traubenarten in den Weinländern; die schlechten sind nur weniger bekannt; der guten, die im ge­ wöhnlichen Gebrauche, sind nur wenige Sorten. Ceylon hat meh­ rere eigenthümliche; dagegen fehlen ihm wieder manche, die auf dem Continente cultivirt werden. Der Ceylon Reis ist durch seinen aromatischen Duft ausgezeichnet; er ist nährender als der Indische Reis, nicht so erhitzend wie gewisse Arten desselben vom Continente. Der einheimische Reis ist den Ceylonesen der liebste, nach ihm ist der Coromandel Reis der beste, der Mughy Reis (d. i. der Bengalische), von dem sehr viel einge­ führt werden muß, ist weniger beliebt. Auch geringere Kornartcn (kulse«) producirt Ceylon in Menge, wie Nacheny, Bahalecurecan, Moultcs u. v. a., die in Thälern und Bergen verschiedene Aussaaten und Ernten haben. Auch Mais wird gebaut, bis jetzt wenig, er gewinnt aber eine immer mehr erweiterte Cultur; dazu viele Hülsenfrüchte. Auch näh­ rende Wurzeln hat die Insel in außerordentlichem Ueberstuß, wie die bekannte Yams, Patatcn und viele unbekanntere. A. Bertolacci nennt über ein Dutzend verschiedene Arten: Cocconalle, Wellhalle, Enguralle, Dehehalle, Candelle, Jambovalle, Gohalle, Junalle, Javahalle, Rat, telle, Kodaharan, Caccottovalle, die im Mai, wie Kar­ toffeln, unter die Erde gelegt, Ende December geerntet werden. Die Abbahevelle ist einem Dambusgewächs gleich, davon der ganze Baumstamm wie nährende Yams benutzt wird. Andere Wurzeln wachsen wild in allen Wäldern, wie Erettelle, Pat­ tewelle, Gunelle, Tambelle, Walkedarrun eine Was­ serwurzel, und werden vom ärmsten Volke gesammelt und geges­ sen. Aber es wird anhaltende Wurzelnahrung für ungesund ge­ halten. Und doch, bei so außerordentlicher Mannichfaltigkeit der Cerealien und der Knollengewächse, die von der Natur so reichlich vertheilt wurden, muß man erstaunen, daß die Jnsel-

*’) Sim. Sawers Journ. in Mein. of tbe Werner. Soc. Vol. IV. p. 397.

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bewohncr doch

nicht selten Hungersnoth leiden. Die größ­ ten Summen muß die Insel noch jährlich für Reis im Porten

bezahlen. Fruchtwälder. — Die Palmen- und Frucht,Wäl­ der liefern aber noch einen zweiten Hauptstock der Ernäh­ rung zu den Cerealien, die Hauptzuflucht bei Miswachs von je­ nen. Von Tangalle, im S.O., bis Chilaw und Calpentin im N.W.m), umläuft den Südwcstsaum der halben Insel, aus eine Strecke von nahe an 100 Stunden entlang, nur ein zusammenhangender Fruchtwald von Kokos, Brot­ frucht und Iackbanm (Artocarpus incisa und intcgrifolia)8t). Von den Kokos war früher die Rede (f. Asien IV. 1. S. 844 u. f.). Der Brotfruchtbaum wächst hier wild, gilt aber weit weniger als der Iackbanm, der durch seine gewaltigen bis 20 und mehr Pfund schweren Früchte, mit den kastanienartigen Man­ deln, eine der beliebtesten und allgemeinsten Speisen der Singhalcsen abgicbt, die ungemein nährend, aber dem Europäer wegen des Geruchs zuwider sind. Als man von Otaheiti jenen Brot, fruchtbaum nach West-Indien verpflanzte, wußte man noch nicht, daß er aus Ceylon einheimisch sey, wo er aber, weil er nicht beliebt ist, auch nicht angebaut wird. Der Iackbanm erreicht den Wuchs der größten Eiche. Auch von der PalmyraPalme als characteristischen Gegensatz der Kokos-Palme war früher die Rede (s. ob. S. 40, und Asien IV. d. S. 854 u. f.). Von Colombo über Caltura, Matura bis Tangallc sind die dichtesten Kokoswälder überall ein paar geogr. Meilen landein; im Berglandc schon oberhalb Ru an welle verschwin­ den sie, und von Kandy, ostwärts, über Bad Ulla hinaus sahe I. Davy keinen Kokos; der erste zeigte sich wieder in Ost von 950buKo85), im Hügellands von Uva, wo er aber noch ohne Früchte im Tcmpclbezirke gepflanzt und geschützt war, ohne im Allgemeinen cultivirt zu werden. Nordöstlich von Tangalle, auf dem Landwege bis Batticaloa sahe Mr. Ioinville88) auf seiner Landrcise keinen Kokos mehr; in der Nähe dieses letz­ teren Hafens wieder um die Dörfer Kokospflanzungen, eben so

**) J. Cordincr Descr. 1. c. Vol. I. p. 346, 359 — 362; f. Zeich­ nung b. Forbes Orient. Mem. Vol. I. ch. 2. tab. 4. •s) J. Davy Account p. 356, 407 etc. *•) J, Cordiner Descript. Vol. I. p. 174, 287.

Ceylon, Obstwälder, Indigo.

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um Trincomalli. Aber auf der zweiten Tagereise, nordwärts von da, verschwinden sie wieder ganz und die Palmyragärten werden da wo auch oft in vielen Monaten kein Regen fällt allgemein. In Iaffnapatam herrscht die Palmyra«') ausschließ­ lich vor; da finden sich die größten Plantationen dieser Palme, die nach der Kokos den reichsten Ertrag giebt. In Kalpentin88) zeigen sich aus der Westseite vom Norden herkommend da­ gegen wieder die ersten Kokoswälder; südwärts gegen Chi« law und Neg.ombo nehmen sie zu., werden säst undurchdring­ lich, und vermischen sich, von da an, mit den Zimmtwaldun« gen der Colowbogcstadc, und den zahlreichen Jackplantationen. Alle andern trefflichen Fruchtarten sind untergeordneter Art; die Mango.8'-»), die auf dem Contlnente so allgemein (f. Asien IV. 1. S. 888), ist in Ceylon nur sparsam verbreitet, die Mangustane (Gardnja) ist erst daselbst eingeführt eben so die Jambu (EugeniaJamini). Die Banane ist allgemein (f.Asien IV. 1. S. 876), wie die Indischen Feigenbäume (Ficus indica und religiosa), Der Kasch» Nuß bäum (Anacotd. occid. s. Asien IV. 1. S. 720) giebt hier-, durch seine nterenge« stalteten 9hific, denen das Oel erst ausgebrannt wird, dem ärm­ sten Volke eine sehr allgemeine«») Nahrung; er ziert als niedres Gehölz die Zimmtplantagcn; eben so die Tamarinde und viele andere. Guava, Papaya, Custardapfcl, Pompelmu« scn, Orangen und andere, werden cultivirt. Europäische und Sundische Obstarten wie Pfirsich, Aepfel, Lichi und Ge­ würzbäume, wie Muscat., Piments, Gewürznelke, der Theestrauch und viele andere^»), sind in Gärten, zumal seit General Mac Donalds Bemühungen in Colombo^), an« zupfianzen versucht worden; über die ausländischen Gewächse hat man aber nur zu sehr die Cultivirung und Benutzung der rei­ chen, einheimischen vegetabilischen Schätze verabsäumt. Die wilde Indigopflanze, zum blaufärben, ist, wie wir schon oben anführte» (S. 40), ganz vernachlässigt. Die ChvyaWurzel (Qldenlandia umbellata, s. oben S. 40) ist, ihrer sehr schönen rothen Farbe ungeachtet, doch nur der zufälligen Einsamm­ lung einer eigenen C h oy a - C a st cU3) überlasten, die sie io den 8i) Anth. Bertolacci View etc. p. 188 —190; J. Cordmer Vol. I. 354. ••) J. Cordiner kbead. p. 334. **•) tbenb. p. 377. • o) tbenb. p. 372. " tbenb. p. 386. **) tbenb. p. 396— 388 etc. »*) Anth. Bertolacci View p. 270.

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Districten von Jaffnapatam, Manar und Wanny ausgräbt. Der Baumwollenbaum194) (Bombyx ceiba) wächst zu giganti­ scher Größe in Menge im Binnenlande der Insel, zumal im Osten von Kandy, um Tal den ia; seine ausplatzenden, reichge, füllten Saamenkapseln bestreuen weithin den Boden mit ihren flockigen, seidenartigen Filamenten, ohne daß sie bis jetzt benutzt würden. Die Baumwollenstaude") wächst ungemein leicht in den dortigen Anpflanzungen, und liefert die schönste Bourbon, wie Nankin, und Brasil-Wolle; sie reift innerhalb vier Mona­ ten von der Aussaat. Aber angebaut wird sie nur wenig um Datticaloa und Chilaw, etwas mehr im Süden der Insel in Hambangtotte; von da hat sie sich durch verschiedeneDör, fer der Chaliah Caste (Zimmtschäler) in der Provinz von Punto Galle verbreitet, wo sie auch schon zu Zeugen benutzt wird. In Datticaloa, Chilaw, Putlam, Manar sind einige gute Daum Wollwebereien zur Kleidung der Eingebornen und Soldaten eines heißen Climas; in Jaffnapatam werden bunte Musseline daraus bereitet. Aber beides, die Anpflanzung wie die Weberei ist noch außerordentlich von den Inselbewohnern vernachlässigt. Daher machen, nächst Reis, die Baumwollen, zeuge die wichtigsten Importen in Ceylon aus, wofür tiefe Insel allein ^ des Werthes aller ihrer Exporten zu zahlen hat; eine Ausgabe, welche durch größere Agricultur und Industrie der Ein, heimischen, mit Unterstützung des Gouvernements, völlig erspart werden könnte. Eben so ist Hanf (Hane) auf Ceylon") einheimisch, der beste und stärkste in ganz Indien; seine Cultur ist sehr einfach; sein Tauwerk vortrefflich. Angebaut ist er aber bis jetzt erst in den Provinzen Colombo, Punto Galle, Jaffna und Datticaloa; doch nur von Fischern, um daraus ihre Netze zu flechten. Der Plan des Gouvernements war es, die Insel Delfft bei Jaffna, patam, von 8 bis 9 Stunden in Umfang, die schon durch ihre treffliche Wiesen sich unter Holländischem Gouvernement zur Pfer, dezucht eignete, zu einer Hanfplantage zu bestimmen. Zuckerrohr97) gedeiht sehr gut Ln den Gärten der Dorf, bewohner, und ist garnicht selten; aber angepflanzt wird es noch l*4) J- Cordiner Descr. Vol. I. p. 371. Montgomery Martin Vol. I. p. 353. *6) Antli. Bertolacci View I. c. p. 221 —227. **) tbend. p. 228. •’) J. Cordiner Descr. I, p. 380; Anth. Bertolacci View p. 231.

Ceylon, Zuckerrohr, Kaffeebaum.

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sehr wenig, und nur frisch abgeschnitten auf den Markten feil geboten, zum Kauen, nicht zur Zuckerbereitung. Die Versuche größerer Plantationen, die in Caltura zweimal gemacht wur, den, sind mislungen, aus besondern localen Umstanden, und an­ derwärts nicht wiederholt worden; daher die Insel nicht einmal ihren Zucker erzeugt, sondern aus Bengalen einführen muß. Der Kaffeebaum 08), sagt der Botaniker Leschenault de la Tour, wachse, wie der Zimmtbaum, wild in den Wäl­ dern Ceylons; der erste der komme mache die Kaffee-Ernte; daher die Bohnen stets grün abgeflückt werden. Früher war es unbe, kannt, daß dieser Fruchtbaum anderswo einheimisch seyn solle, als im glücklichen Arabien und dem gegenüberliegenden Habesch (in Kaffa seiner Urheimat!), s. Erdk. Afrika 2te Aufl. S. 175); auch finden wir bei alten andern Berichterstattern über Ceylon nur, daß die Cultur des Kaffeebaumsoo) daselbst nebst der der Pfefferrebe und der Cardamome durch die Holländer, seit 1736, mit einigem Erfolge (denn sie führten bis 100,000 Pfd. Kaffee von Ceylon jährlich aus) eingeführt sey. I. Cordiner fand ihn vorzüglich im südlichen Ceylon luxuriös gediehen, im Schatten der Palmen; es sey dieselbe wie die in Arabien cultivirte Species, sagt er. Sie wachse fast ohne Pflege auf, bei besonderer Fürsorge aber giebt sie einen Kaffee, der dem Moccha ganz gleich komme. Er bedarf nur eines leichten, doch fruchtba, ren Bodens, und muß vor der Sonne geschützt seyn. Wenn nicht unreif gepflückt und sorgfältig getrocknet, hat er das schönste Aroma; in beiderlei Hinsicht sind die Ceylonesen sehr nachlässig. Das Fleisch der Beere ist ein Lieblingsfraß der Krähen und an* derer Vögel, die in unsäglicher Menge die Frucht vor der Reife zerstören. Auch verderben die Singhalesen Pflanzer ihre Quali­ tät selbst dadurch, daß sie die Frucht, vor der Reife, in kochend Wasser tauchen, man sagt um die Bohne bequemer auszuschälen, aber eigentlich um sie anzuschwellen, da in Ceylon die Kaffee­ bohne maaßweise verkauft wird. Der Betrug ist leicht daran zu erkennen, daß die Bohne die schöne, grüne Farbe verliert und ge­ bleicht wird, daß sie auch schwerer trocknet und leichter verdirbt. Doch hat diese Cultur, seit den letzten Iahrzehenden so zugenolm »•) Leschenault Relation in Mem. dn Mus. d'Hist. d,at. T. X. p.267. ••) J. Cordiner Descr. I. c. Yol. I. p. 379; Anth. Bertolacci View p. 27. 36. 156 — 157.

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men, daß im Jahre 1832 der Import des Kaffees aus Ceylon^) nach Groß.-Britannien 2,824,998 Pfund Bohnen betrug. Die Cultur der Cardainomen (s. Asien IV. l. S. 825) und der Pfefferrebe (ebend. S. 865), von denen die Hollän­ der ebenfalls, von ersteren 4—5000 Pfund, von Pfeffer I5o,ooo Pfund jährlich von hier erportirten, und diesen Anbau, wie den des Kaffees, als Monopol behandelten, wurde unter dem Engli­ schen Gouvernement wieder vernachlässigt, indeß die des Kaffees so außerordentliche Fortschritte machte. Jene sind unstreitig mehr für das centrale Gebirgsland geeignet. Der Taback') ist in vielen Theilen der Insel durch sein besonderes Aroma ausgezeichnet; von seiner Cultur hängt größtentheils der Wohlstand des Nordendes der Insel Ceylon, und der Halbinsel Jaffnapatam insbesondere, gänzlich ab, wo er zugleich verarbeitet und vorzüglich zum Kauen präparirt wird. Kein anderer Theil von Indien soll eine jenem ähnliche, Sorte geben. Die Malabaren von Travancore sind so passionirt für das Tabackkauen, daß der Raja dieses Landes, der sich selbst daS Monopol des Tabackhandels vorbehalten hat, davon den größten Gewinn zieht. Hauptmärkte zum Absatz nach außen sind Travancore und Sumatra, auf der Insel Ceylon selbst vorzüglich Punto Galle, da im Süden das Kauen ebenfalls allge, mein ist. Nach diesen 3 Orten gehen jährlich 3000, 15oo und 350 Candy (jeder zu 500 Pfund). Durch die Holländer wurde jene Cultur in Schwung gebracht, und das Monopol des Raja von Travancore begünstigt, um als Rückzahlung Pfeffer von da, zu guten Preisen, zu erhalten, der ihnen in Massen zum Trans­ port und der Conservation ihrer Zimmtvorräthe unentbehrlich war. Jaffnapatam setzt jährlich für 125 bis l4o,ooo Goldpagoden Ta­ back ab, welche für Reis und Zeuge größtentheils nach Coromandel gehen. Im Jahre 1831 waren 10,411 Acres mit Taback auf der Insel Ceylon bepflanzt; io,952 Acres mit Kaffee, 1250 mit Pfeffer, 464 mit Baumwolle, 158,ooo mit Reis, 120,000 mit feinen Kornarten, 911 nur mit Mais u. s. w. An Areka (s. Asien IV. 1. S. 858—862), welche das zweite Hauptmaterial zum Kauen darbietet, ist Ceylon besonders reich. ,0°) Montgomery Martin Hist, öf Brit. Col. Vol. I. p. 353. *) Antli. Bertolacci View 1. c. p. 165—177.

Ceylon, Areka-Waldungen.

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da die Nüsse von Ceylon an Feinheit des Aroma 5) alle andern des Orientes weit übertreffen. Von drei besondern Species der, selben auf Ceylon spricht Johnston. Sie machten schon einen erclusiven Handel der Holländer aus, die sich das Monopol derselben vorbehielten. In ihre Waarcnhäuser mußten alle Areka« nüssc, von Singhalesen, Malayen, Mohammedanern gegen sehr geringe Preise abgeliefert werden. Die trocknen Areka-Nüsse, zu 24,000 Stück (von 290 Pfund Gewicht), die frischen zu 30,000 Stück auf ein Am onam gerechnet, welches von der Holländisch Ost-Indischen Compagnie jedes (etwa 3 Centner) mit 6 Rixdaler bezahlt ward. Davon exportirtcn sie jährlich 12 bis IS,000 Amo­ nam, deren Verkaufspreis von dem obersten Rath in Batavia bestimmt ward. Die Briten haben seit ihrer Besitznahme die­ sen Handel ganz frei gegeben, forderten aber einen exorbitanten Ausgangszoll von 10 Rixdaler auf l Amonam. Bei einem Ver, kaufspreis ins Ausland von 15 Rixd. hatte das Gouvernement dadurch einen jährlichen Gewinn von 125,000 Rixd., oder i aller Seczölle, und doch auch die Unterthanen noch ihren Gewinn von dieser Production. Die Vortrefflichkeit dieses Luxusartikels sichert seinen Absatz auf den Hauptmärkten von Malabar und Coromandel, wohin nur wenig Areka von Achin in Sumatra geht, weil das Ceylon Product allen andern vorgezogen wird. Die Wälder Ceylons. — Der Waldreichthum der Insel ist nur wenig erforscht, wenig benutzt; von dem Flooß- und Zimmerholz am Mahawelle Gang» war schon oben die Rede (f* ob. S. 91). Eben so, wie dort, ist auch anderwärts nur wenig Gebrauch von ihnen gemacht. Nur die Namen3), wie sie im Handel vorkommen, werben aufgeführt, noch hat sie kein Fr. Ha­ milton Buchanan, wie die in Malabar, näher untersucht. Sie sind von der größten Stärke, Schönheit, Feinheit, Duft. Das iteot4) giebt auch hier die größten Maste (Asien IV. 1. @.803 bis 815) und das beste Zimmerholz; aber andere noch unbekannte, wie das Morottu, Almonille, Hindu, stehen ihm für den Schiffbau zur Seite; die unerschöpflichen Vorräthe des Berglan­ des von Kandy und des Mahawelle Gangalandes allein, würden schon die Schiffswerfte in Trincomalli auf das reichlichste verse­

il Anth. Bertolacci View p. 158—161; Montg. Martin j>. 353. _ ») J. Cordiner Descr. Vol. I. p. 369 — 382. ♦) Anth. Bertolacci View p. 187.

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hen. Die Lichtung der Wälder würde dem Ackerbau viel Felder zurückgeben. Das Sappan (Caesalp. Sappan, )tsien Bd. 111. S. 1099), das schöne Farbholz zum roth und orangefarben der Baumwollenzeuge, wachst wild in vielen Gegenden der Insel2U5), wird nur sparsam gefallt. Das Hol; des Iackbaums, dem Mahagoni) sehr ähnlich, wird wie dieses verbraucht. Das Eisen/ holz ist dazu zu schwer, dient aber zu Blöcken, das Eben-, Sarin-, Rosenholz zu feinen Fournituren (für die in England so sehr gesuchten feinen Ceylon cabinet Works). Desgleichen Ca/ Ja min bar (Calu midiri im Singhalesischen) ), das kostbarste und gesuchteste Holz von allen; von hartem, dichtem Korn, schön geadert und schattirt, chocoladenfarbig braun, gelb und schwarz, oft wolkig wie Marmor, mit schwarzen Adern. Seine Harte ist so groß, daß es mit gewöhnlichen Werkzeugen nicht bearbeitet wer­ den kann, dagegen nimmt es die Politur wie Spiegelglas an; es kann nur sehr wenig wegen seiner Kostbarkeit und Harte be­ nutzt werden. Hornander ihm ähnlich, doch heller und nicht so fein geadert; Re am mit den schönsten Adern und Farben, aber kleiner und regulärer gestreift, und unzählige andere Artem Für künftige Untersuchung der Waldbäume der Insel setzen wir die Liste der 19 Namen her, welche W. Ouseley bei Gelegen­ heit einer Sammlung von 21 Holzarten aus Ceylon, als dort einheimische mitgetheilt erhielt, zum Zeichen wie vieles auf dieser ungemein reichhaltigen Insel noch zu untersuchen bleibt: l) Iule, 2) Bogaha (d. L Ficus inclica, s. unten), 3) Ahattu, 4) Kabbella, 5) Godapara, 6) Nadun, 7) Horu, 8) Kiripadeda, 9) Haalomba, 10) Naawadda, 11) Waljambu, 12) Parer, 13) Muruta, 14) Mandorer, 15) Wannieddaler, 16) Dodangkaba, 17) Cone Lieya, 18) Kokatie, 19) Dawatta ^). Zu der Schönheit der Wälder ge­ sellt sich der Reiz der Farrnkräuter, der Laubmoose, die Pracht der mannichfaltigsten Blumen (Gloriosa superba, Ixora coccinea etc.) und eine bedeutende Menge officineller Kräuter (s. oben S. 44). Der Zimmtbaum (Laurus ciunamomura Linn.), von dem schon früher die Rede war (f. oben S. 42), ist hier noch zuletzt *oS) Alex Johnston on Ceylon Inscriptions in Transact. of tüe R. Asiat. Soc. Vol, I. p. 546. •) W, Milburne Oriental Commerce ed. Th. Thornton Lond. 1825. p. 199; Mac Cutloch Dict. Lond. 1834. p. 277. T) J. Covdiner Descr. Vol. L p« 385 etc. •) W. Ouseley Tiav. Lond. 1819. Vol. 1. p. 31.

Ceylon, der Zimmtbaum.

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zu nennen, als das merkwürdigste Gewächs der Insel,, welches ihr einzig auf der ganzen Erde nur allein, ursprünglich anzugehören scheint, und weil er das Hauptproduct der In, sel liefert, welches, aus Hand in Hand, die verschiedensten Völker, durch seinen ausschließlichen Handel, bereicherte, von den noch fa, bestraften Zeiten der Phönicier an, durch die der Chinesen, Araber, Mohammedaner, der Portugiesen, Hollan, der bis zu den Briten, in den neuesten Zeiten. Die Benu, tzung dieser merkwürdigen Waare, die Verbreitungssphäre des wil, den Gewächses, seine Cultur und Pflege, der Name, die Ein­ sammlung, der Verschleuß des Zimmtes, von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, ist so seltsam in die Natur und Ge, schichte der Insel und ihrer Bewohner, wie der Völker, ge schichte überhaupt im Orient und Occident verflochten, daß alles dies hier wol zum ersten male eine vollständigere und um, fassendere Untersuchung nothwendig macht, als dieser Gegenstand bisher in den sogenannten Geographien erfahren konnte. Anmerk. Der Zimmtbaum (Laurns cinnamomum), Curundu der Singhalesen. Kinnamom, Daru-sini, Dar chiniSeylani (Chinesenholz von Seylan); Caneel. Die Ar­ ten der zimmtgebenden Bäume. Die Aimmtplantagen, Zimmtwälder; derAimmtertrag un d Aimmthandel. Die Mahabedde und ChaliaS, die Zimmtschäler. Locale Verbreitung des Aimmtbaumes und sein Ertrag auf Ceylon. Der Zimmtbaum (Laurus cinnamomum Linn.), der sich doch am besten dem schützenden Kokoshaine zur Seite gefällt, und selbst m der Nähe ihrer Schatten sich am edelsten entfaltet, bildet gegen diesen edel­ sten Cosmopoliten unter den Palmenarten, der als Litoralgewächs dem ganzen Gürtel der Tropenzone beider Welten angehört, den schärf­ sten Gegensatz, dadurch, daß er gegen jene weiteste VerbreitungSsphäre nur das limitirteste, das egoistischte aller Gebiete innerhalb der Tropen einnimmt, und keineswegs auf ihre ganze Zone, sondern nur auf einen Punct, innerhalb btrselben, angewiesen ist, ja nur einzig auf der Sfnfel Ceylon, ausschließlich, seine Urheimath gefunden hat. Und auch auf dem kleinen Raume von Ceylon nimmt er keineswegs die ganze Insel ein; nicht etwa blos das flache Litorale, oder blos das bergige Binnenland, sondern beide, aber nur in der südwestlichen Hälfte der Insel, den Norden nicht; als flöhe tx die Natur des ContinenteS. Einer solchen localen Indivibua-

124 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 102. titdt, die sich von bcm heimathlichen Boden auch nur an sehr wenig andere Puncte der Erde verpflanzen läßt, und kaum eine erweiterte Vcrbrcitungssphäre durch Cultur, ohne wieder in den nächsten Geschlechtern zu degeneriren, zu erlangen vermag, entspricht auch die physiologi­ sche Eigenheit des Baumes, die sich durch das feinste, eigenthüm­ liche Aroma seines Bastes und seiner zarten Rinde kund thut, deren Statut manche andere verwandte, der Lorbeerfamilie zugehörige Bäume und Sträucher sich nähern, die aber kein anderer erreicht. Cbm diese aromatische Rinde ist es, das Kiwufna^top (Herod. Iil. c. 107, IN) der Griechen, welche als Waare viel früher, und zu allererst, wie Herodot sagt, durch die Phönicier bekannt ward, als der Baum selbst und das Land seiner Heimath, von welcher der, viele Jahr­ hunderte später erst, entdeckte Daum, seinen Namen im Weltverkehr erhielt. Da aber dies köstlichste Aroma als kostbarste Waare, seine verwandten Substitute in manchen analogen, nur minder feinen Rinden lorbeerartiger Bäume (nämlich der Carsia aus Malabar, Java, Cochinchina, China u. a.) finden konnte, die selbst, bis in die neueste Zeit, bei eintretendem Mangel, von jenem ächten, als Surrogate im Welthan­ del dienen mußten, so fand zufällig durch Jrthum, oder absichtlich durch Betrug oder Verfälschung, gar häufige Verwechslung in den Be­ nennungen und den Waaren, bei so vielerlei Völkern, durch deren Hände sie gehen mußte, und bei den Autoren und Sprachen, die darüber Be­ richt geben, Statt. Der genauesten. Kritik des wissenschaftlicken B otanitet$*oe), durch Vergleichung nahe verwandter leicht damit verwech­ selter Formen, war es vorbehalten, das Aroma des ächten Baumes von den Nebenarten durch alle Jahrhunderte des Welthandels aus den ver­ schiedensten Gestadeländern zu unterscheiden, und der orientalischen Sprachforschung *") die Namengebung, aus den gebildetsten und classischen Schriftsprachen in ihren Metamorphosen, durch die Mundar­ ten der Ungebildeten und Jttiteraten der Seefahrer und Handelswelt hin­ durch zu entwirren; der neuesten jüngsten Aeit aber, an Ort und Stelle, die genauern Nachforschungen anzusttllen, über die Oeeonomie des Ge­ wächses ll) und des Waarevgewinns ") wie seines Verschlußes der

»O») c. G.

et Th. Fr. L. Nees ab Esenbeck de Cinnamomo Disputatio. Bonnae 4. 1823; Dr. Blume über den Culilawanbaum deS Rumphiuö, in Dr. Wiegmann Archiv, für Naturgeschichte 1831. I. S, 116 — 126. l0) W. Oitseky Trav London Vol. I. p. 41; Untersuchungen von A. W. v. Schlegel, Freitag, Carey u. a.

ll) J. Cordiner Desor. ot Ce>Ion ch. XIII. Account of the Cinnalnoin p. 405 — 420; Lhunberg über dm Aimmt in N. Schweb. Akad. Abhandlungen 1780. S. 53. l*) On the Chaliab Gaste in Ceylon in Asiat. Jouin. New »Ser. 1833. Vol. XII. p. 269—290. 18) Anth. Bertolacci View B. UI. Public Revenue 1. On Cinnamorn

p. 239 — 255.

Ceylon, Zimmt, Kinnamonl.

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stetsMonopol, oder Geheimniß, oder Prärogative nur ei­ nes Volkes, oder nur einer HandelScaste, durch alle Jahrhun­ derte blieb. Aus dem Süden der bewohnten Erde, aus Arabien, führt Herodot, mit Wcirauch, Myrrhen, Kassia und andern Gewürzen, auch das Kinnamomon als kostbare Waaren auf, welche die Araber bringen, die aber nicht wüßten, wo es entstehe, noch in welchem Lande es wachse; doch sey es am wahrscheinlichsten in dem Jugendlande des Dionysos. Den Namen Kinnamomon, für diese trocknen Rei­ ser (t« Kugtpea, d. i. der Arabische noch heute gebräuchliche Name für Zimmt, Kerphat oder Kirsah)habe er aber von den Phö­ niciern kennen lernen. Und nun erzählt Herodot die Fabel, daß die wunderbaren Vögel die Zweiglein brächten, welche Kinnamomon genannt würden. Aus dem fernen Orient kam ihm also der Name schon mit der Waare, von der wir jedoch nicht bestimmen können, ob es unser heutiger Insel-Zimmt von Ceylon war, so wenig wie seine ge­ nannte Kassia die unsrige (Laurus oassia, die gröbere Art der Gonti* nental-Zimmt) seyn konnte. Dennoch mochte, wie die Waare, so der Name, aus dem Lande Indischer Völker kommen. Nach Marshallll) heißt bei den Malaien „Kaschu maniS" (Kagu manis) „süßes Holz" von Cau, Cayu, Caschu, d. i. Holz, und nama oder mana süß. Daher auch der Name Kasia (Kaotr, b. Herod.), und in den CotnpositiS Kaiman iS ") oder Kain am an iS, L e. Cinnamomus. Der älteste, bis zu Phöniciern verbreitete Name, wäre hiernach ein Malayischer Name gewesen. Die Brahmanen nennen aber im Sanskrit den Zimmtbaum in Ceylon, nach A. W. v. Schlegel, Düru-sini in dem Bengali, und im Hindi Dartschini (Darclieeni). Die zweite, gröbere Zimmtart (Laurus Cassia) von Malabar und dem Continente, die wir früher besprochen haben (s. Asien IV. 1. S. 823 — 825), und wahrscheinlich dieselbe, welche den Alten zuerst das Kinnamomon gab, heißt im Sanskr. Tvakr dessen Blätter Lvak-patra, im Bengali Tei, Tej-pat (sprich Tedsch, TedschpatjZ im Amara Koscha auch Tvacha und Chocha. Da dieses antike Sanskrit-Wörterbuch keinen Namen für den äch­ ten Zimmt von Ceylon hat, sondern nur für die Cassia des Gon* tinentes, so wird es schon hierdurch einigermaßen wahrscheinlich, daß diese letztere das Kinnamomum der Alten gewesen seyn möchte. M) Stephanus Byzant. s. y. Abaseni Not. 52. fol. 7. ed. Abr. Berkelius Lugd. Bat. 1694. 1Ä) Marshall in Annals of Philosophy Oct.e1817. Nr. LVIIT. p. 255. b. Nccs Disp. p. 1. *•) Me Cullocli Dictionary of Cojnmerce. Lond. 1834. Cinnamom. p. 277.

126

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §, 102.

Jener Sanskritname DLrusini ist offenbar kesne ursprüngliche Benennung, sondern ein Compositum jüngerer Art, zur Bezeichnung ei­ ner fremden Waarez von DLru d. i. im Sanskrit Holz, wie Kaschu, Kagu im Malqi „Holz" und Coronde, oder Curundu im Singhalesischen „Holz" — und von dem Fremdworte Sini, Chin, Shin im Sanskrit, ein fremdes Volk, die Chinesen, die Sini schen Kaufleute bezeichnend. Also Holz der Sini. Auch jene zweite, einheimische, gröbere Zlmmtart (Laurus cassia) ward mit Tvak, Lvacha (sprich Twatscha), d. h. im Sanskrit Rinde, oder im Bengali Tej (Tedsch), d. i. Haut nach v. Schlegel, bezeichnet. Der Ceylon Aimmt ward also nach dem Holze, der Malabari­ sche nach der Rinde (beides der Sitz des characteristischen für Ge­ schmack und Geruch) benannt, im Handelsverkehr der Völker. Der Phönicische Namen des Gewürzes ward mit dieser Waare offen­ bar von den Phöniciern, auch zu den Hebräern gebracht, die den Namen Kinnamon beibehielten. Schon vor Herodots Angabe, nennt 2. Moses XXX. 23 dasselbe, zur Bereitung des Salböles beim Tempel« gebrauch; zu SalomonS Zeit gehört es zu den kostbarsten Gewürzen und Weirauch (Hoheslied IV. 14, Sprichw. VII. 17.) Diese urälteste Benennung Kinn am on, in ihren verwandten Dchwestersprachen, Phönieisch und Hebräisch, haben die spätern Araber keines­ wegs beibehalten; sie nennen in ihrer Mohammedanischen Periode der Literatur die Waare stets Darzini, Darchini und DardjiniSe'ylan i, die Perser Dar chin ei; auch wol nach dem gelehrten Orien­ talisten Freitag, Darzini Alz in (L e. Darzini chinense), eben so wie obiges Sanskrit Compositum. Der fremde Ursprung dieser Waare ist darin wol bestimmt angedeutet „Holz der Sini" und des­ sen Verbreitung durch die Sinen (Chin), die schon Sopater, bei Cosmas, als IXivhtoa, auf Ceylon (s. ob. S. 28) und früher noch Ptolemaeus als Thinae kannte, zu einer Zeit, da sie Weltschiffer wa­ ren (Asien Bd. III. S. 798>4 Hier bleibt die Frage übrig, woher brachten die Chinesischen Schiffer dieses Gewürz, aus dem Orient zum Occident; ob aus ihrer Heimath, aus Süd-China und Hinterindien, was auch den Namen Chin führte, und wo Cassia Wälder und vielleicht auch ächte oder doch dem ächten sehr nahe verwandte Zimmtwälder sich porsinden (s. Asien in jtimntung 317) und Cochin China, Bd. III. S. 737, 757, 929, 930). Oder handelten sie diese Waare erst in Cey§ lo n, dem großen Emporium, von den Singhalesen ein, die selbst keine ^Schiffahrt hatten, und führten sie von da weiter nach Malabar zu Per­ sern und Arabern, westwärts, wo ihre Schiffe noch im IX. Jahrh, bi31T) I. Neuhof Gefattdtschastöreise nach China (1655). 1666t S. 356.

Amsterdam

Ceylon, Zimmt, Chinesen-Holz.

127

Ormuz, Karaman, Siraf gingen, wo schon zu Nearchs Zeiten auf Maskate Kinnamon-Niederlagen durch die Macedonier entdeckt wurden (s. ob. S. 31). .Für das erstere scheinen die Worte des Moses Choienens. in Bistor. Armen, ed. Wliiston p. 367 zu spre­ chen, wo der Zimmt, mit einem fremden Idiom, als Product aus China genannt wird „ nascitur ibi (m Zcnia, L e Sina) Darizenic/4 Hiezu kommt, daß man den Chinesischen Namen des Zimmts Kuei tscheu (Kuei Rinde und tscheu d. i. Baum), oder blos Kuei (Rinde, nämlich Kasft'arinde, wie im Küang yüki) mit dem Malaischen Cau, Kayu, Kar schu, für identisch halten könnte, und daß kein einziger der frühern clas­ sischen Autoren, selbst CosmaS nicht, des Zimmtes als eines auf Ccy'on einheimischen Produktes erwähnt. Doch war der Name dieser Waare, nämlich „Chinesenholz oder Chiuesenrinde" schon vor CosmaS im Gebrauch, wie sich aus der so eben angeführten Stelle des Armeniers Moses von Chorene ergiebt. Wie lange er schon bei Arabern im Ge­ brauch war, ist nicht genau ermittelt, bei Ab Ulfe da, E dri si und ändern ist er allgemein; die älteste Spur, welche W. Ouseley von Dar Chini auffand» ist bei dem Persischen Dichter Mukhtari aus dem XI. Jahrhundert, der am Hofe der Ghaznavidrn (s. Asien IV. 1. S. 653, unter Sultan Ibrahim um d. I. 1093 n. Chr. G.) blühte. Zu­ erst sagt der Portugiese Petrus Teixeir'a 1 •) (nach Jbn Batuta, s. oben S. 50) mit Bestimmtheit, daß die Chinesen den Zimmt aus Ceylon exportirt hättui, und in den Handel nach Ormuz und Krisch brachten, so lange sie zum Persischen Golse schifften (Llamanle Persios y Arabes a la de Seylan, Dar Chiny Seylani, qne es Pa Io de los Chins de Seylan, pofque los CInns la trahyan de Seylan 1 Hormus o Keis, y a la Persia, quando navegavan aquel mar y tenion nqXiel comercio). Dieses Datum bestätigt sich nun seit der Portugiesen

Zeit allgemein, daß damals wenigstens der ächte Zimmt, Kinnamom, Darchini oder Canelle bei den Portugiesen, nur aus der Insel Ceylon komme. Die gelehrten Aerzte und Naturforscher Manardus, in Epist. VJlI. c. 1, nach ihm Garcia ab Horto, Histor, Aromatum e versione Clusii c ed. Plant. 1605. c. XV. p. 108, und Clusius selbst, entwirrten l0) die frühern Verwechslungen, und settea es, nächst Linschoten, dem Holländischen Reisenden im Orient, außer Zweifel, daß Ceylon ausschließlich die wahre Zimm11nsct sei. Manardus erfuhr aus jenen Ormuz Annalen/ die Teixeira ken­ nen lehrte, daß die Chinesen Nach diesem Emporiumr Gold, Seide") P. Teixeira Keladones del Origen descendencia y .streeession de los Heyes de Persia y de Horinoz y de un Viago hecho etc. en Amberus 1610. q>. 185 — 1K6. 8. l9) f. b. Nees ab Esmberk de Cinnainomo 1. c §. 7. p. 15—21.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. Z. 102.

Vasa mnrrliina, Moschus, Kupfer, Perlen brächten; baß sie aber vorher in Malacca landeten, und dort, nach ren, das Sandel und die MuScatnufi »vürznägel und Aloehol» einnähmen, Malabar absetzten; dafür nähmen sie

Verkauf eines Theils ihrer Waa«

(nux mosckata), Macin (?), Ge«

die sie wieder auf Seil an und wieder von da „Canellam ex Zeilan videlicet laudatissimara et ex Malabar minus selectam“ in ihre Schiffe auf, eben so aus Java, von wo sie Pfeffer und Cardamomea ausführten, und alles dieses nach Ormu» und an die Küste Arabiens brächten. — Gareia, der selbst in Indien reifete, sagt, daß er dort nicht mehr als »weierlei Arten Cinnamom gesehen, nämlich den in Ieilan und den in Malabar und Java. Jener fei der vorzüglichere aus feinen RLHrchen bestehend, doch auch minder gut, wenn tt dickere Rinde habe, und nicht gerollt sey; aber der Malabarische sei gan» unächt, und so sehr vomSeilanschen verschieden, daß 1V0 Pfund Seil an Simmt den Preis von 10 Goldstücken hätten, 400 Mala» bar Simmt (d. i. Cassta) nur den Preis von 1 Goldstück. Der ächteCaneelbaum gleiche dem Zitronenbaume, und Gantet sei nichts anderes, als dessen innere Rinde. ClusiuS setzte die früher bestan» bene Unsicherheit über die Herkunft der Waare außer allen Zweifel; er sahe schon die Zweige und Blätter des ZimmtbaumS in Brügge und Bristol, im Jahre 1571, und gab davon, nach NeeS von EfenbeckS Ur« theil, die erste treffliche Beschreibung. (Die erste Verpflanzung von Zimmtbäumen, nach denen Rheede im Hortas Mafobaric. seine Be« schreibung gab, in die Gärten Hollands, geschahe durch Hieron. von Beverningk""-, die aber im Jahre 1669 wegen großer Kälte wie­ der abstarben.) ClusiuS unterschied »on ber Canella Zeilanica, die Canella alba (Peruviana), welche in Südamerika einheimisch sey, und bemerkte, daß dem Erdtheile Afrika diese Art der Bäume gänzlich fremd sey. Die Cassia war seitdem von Kinnamom, nach Baum und Heimath, zu unterscheiden, wenn auch mit der Waare von beiden, oder dem Caneel, welcher Name in der HandelSwelt bald den des Kinna« mom und Darch ini verdrängte, von denen beiden das neuere Wort Simmetrinde abzustammen scheint, noch bis heute der Unterschleif

fort bestand. Der erfahrene vankinschoten") kennt, alS Augenzeuge, di« Simmtwälder auf Ceylon, und weiß die Simmtforten schon sehr gut zu unterscheiden, wenn er tagt: die abgezogene Rinde sei weiß, werde durch die Wärme zimmtfarben, durch zu große Hitze schwärzlich. Seine

**«) Nees ab Esenbeck de Ginn. I. c. p. 22. **) Jan Huyghen van Linschoten Itinerarinm oste Shipvaert naer Oost oste Portogacls Indien etc. Amsterdam, toi. 1644. c. 63. fol. Yari de Caneel und deutsch Uebers. IV. 1617. p. 49.

Ceylon, Zimmt, Knrundu.

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Worte sind: „Die Orter, da der Zimmt (Caneel) wachset, ist Sty­ len, t>4 der meiste und beste Zimmt wachst, und da ganze Zimmtwalde seyndt. An dem Gestad Malabar wachst auch viel und hat auch etliche Zimmetwälde daselbst, ist aber nicht halb so gut, und die Bäume seyndt auch etwas kleiner; die Rinden aber, oder Schälen, seyndt etwas dicker und gröber als die andern, wiewol einer geringen Kraft, als der auf Insel Seylon kommet; ist der feinste und beste, auch wol drei mal so theuer als der andere. Der Zimmet von Malabar wird genannt Can eile de Mato oder wilder Zimmet, und ist verboten nach Por­ tugal zu führen, wird aber doch in großer Menge eyngeladen, aber un­ ter dem Namen als wäre es Zimmet von Seylon. Wan der gute Zim­ met aus Seylon 50 oder 60 Pardawen gilt, das Quintal, so gilt der wilde Zimmet nur 10 oder 12." Seitdem werden in dem Catalog. Hortus Logd Bataver, von P. Herrmann, die zwei Arten unterschieden: Cassia cinnamomea sive Canella Zeylauica (Kurundu der Zeylaner) und 2) Cassia lignea scu Malabarica (Karua der Einwohner von Malabar, Sumatra, Java, Philippinen re.). Aus allem Obigen bleibt es zweifelhaft, ob die Alten unter dem Namen Kinnamom schon den ächten Zimmt von Ceylon erhielten Und nicht vielmehr nur das Gewürz der Malabarischen Cassia unter diesem Namen, wie diese auch späterhin nach dem Abendlande durch den Han­ del verbreitet ward. Es wird wahrscheinlich, daß erst durch die Chine­ sen der ächte Zimmt von Ceylon in den Handel kam, und seitdem erst den Verbrauch der Malabarischen Cassia verdrängte. Aber Ceylon hat außer dem ächten Zimmtbaum (Lauras cinnamom) auch die Cassia und andre mit ihm verwandte Arten; die Waare des ächten Zimmtbaums ist aber unter sehr verschiedenen Sor­ ten bekannt, deren ein Theil auch nicht ihm selbst, sondern eben diesen ihm verwandten Arten angehören mag, und hierüber ist die Beobach­ tung bis heute noch nicht ganz im Klaren, was bei der eigenthümlichen Art der Einsammlung der Waare auch ferner der Fall bleiben wird, bis auch eine vollständige Flora des Innern der Insel Ceylon aus­ gearbeitet werden kann. Die Kurundu Sorten der Singhalesen. Nach dm Beobachtungen eines' Holländer Gouverneurs 22) von Ceylon, die dieser an Alb. Seba in Amsterdam mittheilte, sind folgendes bfe einheimischen Benennungen der auf der Insel gesammelten Sorten von Coronde oder Kurundu (Kurudhu im Singhalesischen, sprich Kuru-ndhu 2a), denn dieß ist der einheimische Name

33) Nees ab Esenbeck de Cinain. I. c. p. 27. ,3) Th. Hyde in Abrah, Peritsol Itincra Mnndi Oxon. 4. 1691. p. 26. Ritter Erdkunde VI.

I

130 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. $. lo>. des Zimm tes bei Singhalesen: 1) Rasse Coronde (von Coronde d. i. Zimmtrinde oder Holz; raffe d. i. süß, honig­ süß; I. Gorbinet 224) nennt diese Sorte Peni Curundu, Ho­ nig Zimmt, und giebt überhaupt den folgenden Sorten etwas verän­ derte Namen. Die wahre ächte, einzig gesetzmäßig, einzusammelnde Sorte; aber zu diesen kommen noch 9 andere untergeordnete Sorten hinzu. 2) Co hatte Coronde (d. i. bitter und adstringente Rinde); 3) Copper oe Coronde (d. i. kampherartige Rinde, wahrscheinlich mehr von der Wurzelnähe genommen, die ^ampferhaltig ist); 4) Welle Coronde (d. h. sandige Rinde, weil sie zwischen den Zähnen knirscht); f>; Sewel Coronde (d. h. schleimige, wenn die Rinde eine mehr schwammige Art hat), und außer diesen noch fünf niedere Sorten. Also im Ganzen 10 verschiedene Sorten, die den Chalias (SchjaliaS d. t\ Zimmtschäler Gaste, s. ob. S. 42) bekannt sind, davon 1) die einzig ächte, zu der aber auch wol noch etwas von der 2ten, 3ten und 4ten Species aus den Wäldern hinzugesammelt ward. Carl von Sinne brachte im botanischen System die verschiedenen Zimmtgebenden Bäume zuerst, ihrem Habitus nach, zu der Familie der Lorbeerarten, und nannte L Laurus cinnamomum den ächten Zimmtbaum von Ceylon, der auch von da nach Südamerika, ver­ pflanzt wurde, wie nach St. Thomas (nach £)26), Martini­ que (nach Sacqutn) 2e), Jsle de France (3000 Stück im Jahre 1785, nach Guibourt) und von da. nach Cayenne (nach Sebtonb) 27); H. Laurus cassia, die Caffia, in Malabar, Cochin China, Sumatra, China, von welchem letztern Lande der um Java so hoch verdiente SBo* taniker Reinwardt in Leyden, Exemplare dieser Cassia zugesandt er­ hielt. Ob diese zweite Art auch in Ceylon mitunter cultivirt worden sey, bleibt noch zweifelhaft, wäre aber wol möglich. Derselben Unter* scheidung pflichtete der Schwedische Botaniker Thunberg, bei seinem halbjährigen Aufenthalte auf der Insel Ceylon, nach seiner Rückkehr von Japan bei. Der Fortschritt der Botanik hat in den Wäldern Ceylons und den Sundischen Inseln noch andre Arten dieser Laurus Familie kennen ge­ lehrt, welche jenen beiden Arten sehr nahe stehen; Neeß. von Esewbect2a) hat ihrer 5 andere aufgeführt, die er Laurus malabathrum von Malabar, Burmanni aus Java, Ceylon, Malabar und China, Cu» lilawang aus den Molucken, und Litsaea zeylanica und myrrha nennt 5/ ,,4> vergl. J. Cordiner Descript Vol. I. p. 408. *•) Waldström Versuch über Kolonien. Leipzig 1796. Th. I S. 240. Rot. v. Zimmermann. 2e) Thunberg N. Schweb. Abh. 1780. S. 53. vergl. Tlmnberg Voy. cd. p. Langles et Lamark. T. IV. p. 235. *’) Leblond Annales du Musee d’Hist. nat. T. 1. p. 314. as) Nees ab Esenbeck de Cinamom. p. 55 — 65.

Ceylon, Zimmt, Laurus-Arten.

131

Rein warbt, der Erforscher der Flora von Java, soll deren noch 7 andere unterschieden haben, außer einer gleichgroßen Zahl noch unbe­ stimmbar gebliebenen Arten. kürzlich

5 verschiedene

Der berühmte Botaniker Blume ad) hat

neue Laurus Arten der

Zimmetgebenden

Bäume mit den Namen: CuUlavan von Amboina und den Molucken;

2) rubrum von Amboina und Cochin China; 3) Sintok in Java; 4) Xanthoneurum in Neuguinea, und 5) niiidum aus Java und Ceylon bekannt gemacht.

Der früher genannte in CochinChina gesammelte

Zimmt (s. Asien III. 929) scheint immer nur von einem Cassiabaume zu seyn, so wie Eb n Batu Las Zimmtwälder auf Malabar (IV. 1. S.

594), desgleichen nur auf Casfla sich beziehen können, da nach des Bo­ tanikers W. RoxburghbO) in Caleutta Untersuchung, durchaus Lau­

rus cmanomum sowol in Malabar wie in Bengalen und sonst auf dem (Kontinente Indiens fehlt, und nur Ceylon ausschließlich seine Heimath ist, von wo er erst in die Gärten von Calcutta verpflanzt ward. I

gorbed Sl) der genaueste Kenner von Malabar sagt, nur auf

Ceylon sei der wahre Zimmt; die wenigen Bäume zu Anjengo

Asien

IV. 1. 787) habe man erst dahin verpflanzt, aus Curiosität. Auf Java dagegen, versichert Stamford RaffleS, Hist, of Java Introd. p. 43, werde kein Zimmt mehr gesammelt, wie früher .hin Lin schoten be­ merkt hatte; und die wenigen dort befindlichen Bäume habe man erst dahin verpflanzt, sie seyen aber auch gut gediehen. in wiefern unter jenen

Die Nachweisung

vielen verschiedenen Laurus Arten so manche,

ebenfalls ihren Beitrag zur Zimmt-Confumtion, zumal in die Hinterindischen Ländschaften

abgeben, ist noch zu schwierig; gering ist

dieser Beitrag aber keineswegs, da aus Cochin China

allein jähr­

lich davon 250 bis 300,000 Pfund in China eingeführt werden, (f. Asten IIL S. 930). Erst mit der Besitznahme der Portugiesen auf Ceylon konnte das kostbarste Gewächs der Insel, nach und nach erforscht werden, das in den ersten Jahrhunderten jedoch nur als wilder Baum im In­ nern der Insel bekannt ward, wohin aber nicht friedlicher Besitz, sondern nur Krieg oder Ueberfälle die Beherrscher der Gestade führen konnten.

Nur erst,

verpflanzt,

seitdem der Zimmtbaum auch an die Gestade

und in Gärt.en cultivirt ward (seit 1770), war es möglich,

seine Natur näher kennen zu lernen. Die Portugiesen schienen die Insel vorzüglich nur um des IimmtertrageS willen in Besitz ge­ nommen zu haben; auf ihn war ihr Hauptaugenmerk gerichtet; sein Verkauf in Lissabon machte die Herrn am Tajo reich.

Die Hollän-

29) Dr. Blume über den Culilawan Baum in Wiegmaun Archiv für Naturgesch. Berlin 1631. l. 1. S. 116—126. 3) Nees ab

Hsenbeck I. c. p. 68.

81) .1. Foibes Orient. Mem, I. p. 352.

2 2

132

Öftersten. Vorder-Indicn. IV. Abschn. §. 102.

disch-Ost-Indische Compagnievernachläßigte über diesem einen Products alle andern der Insel. Anfänglich wurde der Verkauf nur vom Holländischen Colonial - Gouvernement besorgt, dann aber von den Direcloren der Compagnie in Holland selbst, wohin aller Zimmt transportirt und von da wieder verkauft ward. Dieß Monopol wurde mit größter Strenge gehandhabt. Die kleinsten Veruntreuungen am Zimmt, wurden mit Todesstrafen belegt, sowol für Thäter als Hehler. So das Verschenken und Verkaufen auch nur des kleinsten Reises der Zimmtstengel, des Abschälen- der Rinde, des Destillirens von Oehl aus den Blättern oder des Kamphers aus den Wurzeln z ausgenommen von den Dienern der Compagnie oder auf ihren Befehl. Auf das unerlaubte Abbrechen eines Zimmtzweigs stand die Strafe des ArmabhauenS; auf absichtliche Beschädigung des Zimmtbaumcs die Todesstrafe. Ehedem mußte die Zimmternte in den Wäldern eingesammelt werden, wozu eine sehr große Zahl von Menschen nöthig war. Der größte Theil der Bäume stand im Territorium des Königes von Kandy, der sehr häufig den Z'mmtsammlern den Eingang in sein Reich versagte. Dann könn ten nur 1500 bis 1700 Ballen in den Districtcn der Compagnie zusam­ mengebracht werden. Die Holländer waren daher stets abhängig von den Launen der Kandy Könige, mochten sie in Fehde oder Friede mit ihnen stehen: denn ungeachtet eines deßhalb mit ihnen im I. 1766 ab­ geschlossenen Traktates, wurde den Holländern doch nachher alle Communieation mit den Kandy Territorium untersagt. Die Zimmtsa mmler (Chaliahs) waren in solchen Fällen den größten Mißhandlungen un­ terworfen, sie wurden von den Kandycrn nicht selten mit abgeschnittenen Nasen und Ohren, oder sonst verstümmelt, zurückgeschickt; ihr Schicksal in den Wäldern war ohne das oft sehr gefahrvoll durch die Fieber oder im Kampf mit den wüthenden Elephanten, oder geplagt von der Menge aus­ saugender Blutigel, die den dortigen Wäldern eigen sind (s. ob. S. 53) Unter diesen traurigen und beschwerlichen Umständen proponirte ein einsichtsvoller Mann De Koke S8J, der Dessave, d. i. der Einnehmer des Distrikts Colombo, dem damaligen Holländischen Gouverneur I. G. Falck (er schloß den Traktat von 1766 mit Kandy, und starb, nach dreißigjähriger Führung seines Amtes, 1781 in Colombo) den Zimmtbaum auf dem Boden der Compagnie zu cultiviren. Es herrschte das allgemeine Vorurtheil, als fei nur der Zimmt im wilden Zustande gut, und cultivirt verliere ^r an Güte. Nach einigen durch Bosheit anderer mißglückte Versuche, schossen dem Gouverneur an 1000 Stämmchen im ersten Zimmtgärtchen auf, welche den besten Zimmt ga­ ben. Diese halte Th und erg, nahe bei Colombo' zu Katta re und sa) Antli. Eertolacti View. 1. c. p. 239. 83) Anth. ßertolacci View p. 242; J. Cordincr Descr. Vol. I, p. 415.

Ceylon, Zimittt, Chalinhs.

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zu Matura, im Jahre 1777 und 1778 selbst gesehen. Der Große Rath in iSatavia, von welchem der Gouverneur in Ceylon abhängig war, widerstrebte Viesen Unternehmungen, weil man seit 150 Jahren bisher doch immer auf die alte Art sein Zimmtquantum erhalten habe, und ihm das Sch ckfal der unglücklichen Chaliahs wenig am Herzen lag. Der nachfolgende Gouverneur van der Grafs, führte die Versuche Falcks weiter aus, und ihm verdankte man den blühenden Zustand der Plantagen, in welchem ste die Engländer bei ihrer Besitznahme von Ceylon fanden. Hier wurde nun mit Bestimmtheit nur Laurus cinnamomum gepflanzt, welcher die erste Sorte, Rasse Coronde, gab, die chizige, die gesetzmäßig in den Handel kommen sollte. Van der Grafs setzte seine Plantatiouen nur mit geringen Kosten,, zu außeror­ dentlicher Größe fort, inbim er die Häuptlinge der Eingebornen, die Modeliars, für die Anpflanzungen zu gewinnen wußte. Beamte und wohlhabende Männer folgten dem Beispiele des Gouverneurs, in der Hoffnung auf Belohnung, durch Güterverleihungen, durch Titel oder durch reellern Anthetl an den Vorräthcn der Compagnie.. Der Zimmt war bis dahin eingesammelt- worden, von der Caste der Mahabadde, welche gewöhnlich Chaliahs heißen. Die Sage von ihrem Ursprünge ist schon oben (S. 42) angeführt. Sie kommen schon zur Portugiesen Zeit vor. Bei den einheimischen Kandy Königen war btt Dertheilung und Zerspaltung des Volks durch Verleihungen, in im­ mer untergeordneter» Casten und Abtheilungen Politik"), weil dadurch deren größere Abhängigkeit von den Herrschern erzielt ward. Dieß scheint, so weit die Annalen btt Singhalesen zurückgehen, seit undenkli­ chen Zeiten dort der Zustand der bürgerltchen Gesellschaft gewesen zu seyn. Die Revenüen der Kandy Könige bestanden in Naturalien für ihre Magazine, in Person aldienft,. und in geringen Gel de in­ nah men von den Zahlungen der Beamten. Als btt Portugiesen die Küstenprovinzen Ceylons in Besitz nahmen, folgten sie derselben Po* litik, das Volk durch besondere Verpflichtungen und Privilegien in Casten zu theilen, und so sammelten sie auf gleiche Art, wie die Kandy Beherrscher, ihre Revenüen ein. Sie privilegirtcn und verpflichteten die CH alias mit der Einsammlung und Prä parat ton des Ifmmt e s. Das Castenoberhaupt wohnte, damals wol, in einem der Psrtugiesischen Distrikte. Von der Haupteinnahme, Mahu buddu (bt h. große Revenme), des Zimmteinsammelns, erhielt dieses De­ partement seinen Namen, die Häuptlinge der Einsammler wurden Mu­ hn buddu attu Xattu d. h. die Leute, der großen Revenüe) genannt, oder jetzt Maha babbe.

") The Chaliah Caste in Ceylon in Asiat. Journ. N. S. 1833. > ol. XII. i>. 2b0.

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Ost-Asien. Vorder-Jndi§n. IV. Abschn. §. 102.

Nach der Darstellung der Holländer waren diese Leute, unter den Portugiese, an die Scholle gebunden, mit dieser verkauft, Leib­ eigene, oder selbst Sclaven. Unter den Holländern ward ihr Loos nicht erleichtert. Nach einem Befehl der Ost Indischen Compagnie vom 27sten April 1707, bei Valent yn, waren die Chalia hs als Abgabe mit dem Schneiden und Sammeln des Armmts belastet, nach 4 Abthei­ lungen, deren jede ihre besondern Verpflichtungen hatte. Die Iste Classe (583 an der Zahl), waren die Aufseher, Sortirer, Verpacker. Die 2te Classe die Lascaryns (495 Mann', waren Boten und eine Art Miliz. Die Zt e Classe Cu lies (305 Mann), waren die Arbeiter, Lastträger, und die 4te Cl. Chaliahs im eigentlichen «Sinn, (1365 Mann), die Zimmtschäler, die niedrigste Caste, die sich mit den andern nicht einmal vermischen durfte. Alle Kinder dieser Cha­ liahs mußten bei dieser niedrigsten Caste verbleiben, so wie alle ille­ gitimen Kinder von den obern Abthellungen an diese 4te verfielen. Schon vom 12ten und 13tcn Jahre an mußten die Söhne der Chaliahs jährlich 1 Pingo, d. i. 56 Pfund Zimmt liefern, eine Taxe die bis zu 11 Pingos (616 Pfund) jährlich vergrößert ward. Diese abzuliefernde Zimmtaxe hieß Angebadde. Außerdem erhielten sie noch Aufträge zu Zimmtlieferungen für die sie extra bezahlt wurden. Jeder Chaliah erhielt dagegen eine Remuneration von einer gewissen Anzahl Pfund Reis. Furchtbar war die Härte ihrer Behandlung, man ging absicht­ lich auf die Unterdrückung dieser Unglücklichen aus. Im Jahre 1716 versuchten sie aus den Küsten nach dem Innern zu entfliehen; aber durch den Kandy König wurden sie gezwungenen die Küstenprovinzen zurück­ zukehren Im Jahre 1723 erhoben sich neue Klagen; sie baten um Er­ laubniß aus Ceylon zu emigriren, weil der Druck zu groß sey. Die Holländer, denen sie doch unentbehrlich waren, theilten sie, um sie zu beschwichtigen, im Jahre 1736 in 11 Classen ein, die dazu verpflichtet wurden jährlich 9078 Ballen Zimmt zu liefern, jeden zu 86z Hollän­ dische Pfund Gewicht, in Summa 785,330 Pfund Zimmt. Sie erhiel­ ten einen Europäischen Oberaufseher; dieser Chef hieß Captain Canneel; er hatte jährlich 5 Rundreisen in die verschiedenen Caneel-De­ partements zu machen. Dieß geschahe mit vielen Pomp und Spectakel, mit einer Bande Gefolge, mit Fahnen und Musik voraus, mit Hörnern, Hautboys, Tamtams, weil die eiteln Ceylonesen das eitle Gepränge lie­ ben. Der Zustand der gedrückten Chaliahs blieb derselbe; im Jahre 1766 waren wieder an Tausend von ihnen auf das Kandy Territorium geflohen. Kein Wunder, daß sie eine ungemein turbulente, schwer zu leitende Caste blieben. Ihre Unentbehrlichkeit hatte sie von der andern Seite auch ambitiös und durch die ihnen zugestandenen Vorrechte eitel gemacht Bei ihrem harten Personaldienst waren die Ländereien der Chaliahs (Accomobessans genannt) fast alle von Abgaben befreit

Ceylon, Zimmt, Compagniehandel.

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geblieben, so genossen sie wieder Privilegien vor andern Unterthanen, die sie ungemein anmaßend, selbst gegen die höheren Casten (d. L. die Velalas) machten, wodurch sie mancherlei Wirren veranlaßten. So lange viele Hunderte dieser Chaliahs gewaltsam, unter der Zucht ihrer Treiber, zur Einsammlung ihres Tributes, in die Wälder geschickt wurden, mußte ihre Waare leicht vermischt werden, durch die vielerlei Arten der in den Dickichten vorkommenden zimmtgebenden Büsche und Bäume. Dieser Unwissenheit, oder dem Betrüge dabei zu begegnen, waren Revisoren bei der Emballage des Zimmtes angestellt, Apo­ theker und Aerzte, die nur den ächten Zimmet für Europa auslasen. Die Holländer, nach langjährigen Erfahrungen, calculirten"°) die jährliche Consumtion des Zimmers auf 400,000 Pfund, d. t. 5000 Ballen, jeder zu 80 Pfund. Schon schienen ihre Plantalionen für diesen Verschleuß hinzureichen, die wilde Waldernte, behaupteten sie, sey ihnen schon entbehrlich; die Vorräthe seyen größer geworden als die Nachfrage, darum müßte sie strenger ihr Monopol be­ wahren, und die hohen Preise aufrecht erhalten, die zur Zeit, da Eng­ land von der Insel Besitz nahm, 200 Procent mehr betrugen als die Kosten der Cultur und des Einsämmelns. Da wurden sie aus dieser Zimmt-Colonie verjagt. Seit der Besitznahme der Insel durch die Engländer (1796), ist der Ertrag der Aimmtgärten gestiegen; doch wurde noch immer sehr viel des wilden aus den Wäldern des Kandy Territoriums gehauen, mit stillschweigender Connivenz LeS König«, oder doch der Beamten. Da seitdem das Binnenland in seinem Salzverbrauche gänzlich von den Küstenbesitzern abhängig ward, so wur­ den die Aimmtschäler zur passenden Jahreszeit vom Gouvernement, mit Salz in das Innere geschickt; so erhandelten sie auf dem Kandy Terri­ torium dafür Aimmt ein, und schälten die nothwendige Quantität-. Als Ceylon, 1802, unter die Administration der Krone von England kam, ertheilte dieselbe der Englisch.Ostindischen Compagnie dasPrivilegivm *°) der ausschließlichen Zimmterporten aus der ColoNie, mit Ablieferung von 4342 i Ballen (jeden zu 92 i Pfund ZiMmt ah Gewicht), oder Lire. 400,000 Pfund, gegen 60,000 Pfund Sterling jähr­ liche Zahlung, so daß 1 Pfund Zimmt zu 3 Schilling zu stehen kam. Nur die Compagnie konnte seitdem, allein, dies Gewürz nach Europa überschiffen. Ausgenommen davon war, was die Agenten in Ceylon selbst zurückbehielten, und was als Consumtion nach Indien verkauft ward, oder was überhaupt im Osten des Cap der Guten Hoffnung, zu einem Preise von etwa H Rlxdaler das Pfund, zukückblieb, Meist grö­ bere Qualität, von der jedoch auch noch Mönches auf den Europäischen

Anth. Bertolacci View p. 244. *•) Anth. Beitetacci p. 245; M* Cutloch Dict. of Commcice Lond. 18d5. p.' 278.

»SS)

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Ost-Asie». Vorder-Iildien. IV. Abschn. H. 102.

Markt auf anderen Wegen gelangte. So schätzte man, die von Ceylon vorzüglich nach Manilla und Acapulco jährlich gehende Quantität, auf 30 bis 40,000 Pfund Aimmt an Gewicht. Der Verbrauch nahm so zu, daß, statt der anfänglich jährlichen 60.000 Pfund St., im Jahre 1810, schon von der Ostind. Compagnie 101.000 Psd. St. gezahlt werden konnten, und im Jahre 1831 betrug diese Summe, nach dem Ceylon Almanac 1832, 106,434 Psd. Sterling. Die jährliche Absendung der Aimmtballen konnte jedoch nicht gleich­ mäßig seyn, so lange die Ernte von dem Eintreiben der Waare aus dem Kandy Territorium, also von politischen Wechseln, wie von dem Fleiße der Chaliahe abhängig war. Die sehr zerstreute Lage der zahlreichen, kleineren Aimmtanpflanzungen, welche das Holländische Gouvernement befördert hatte, legte andere Beschwerden in den Weg. Sie befinden sich nur in dem S. und S.W. Theile der Jnselküste, zwi­ schen Matura im S.O., und Chi law im N.W. Einige derselben hatte man mit Gräben umzogen, um sie vor den Jncurfionen des Viehs zu sichern, das diese Pflanzen ungemein gern benagt; Andere blieben ganz ungeschützt, nicht einmal durch Gehege. Die Verletzungen dersel­ ben wurden aber sehr hart bestraft, so daß die Ceylonesen deshalb über­ haupt Vieh zu halten unterließen, weil ihnen das Hüten desselben zu kostbar war. Die große Angst vor harter Strafe ward der Agrieultue nur zu nachtheilig; bald fehlte der Dünger für die Reisfelder. Das nachtheilige Gesetz des Gouvernements, welches bisher keine neuen Acker um die Aimmtgärten anzulegen erlaubte, machte zugleich, daß diese letz­ teren von Einöden umgeben blieben. Der Englische Gouverneur North, den Lord Valentia 2”) in Ceylon 1804 daselbst besuchte, wollte deshalb die Cu ltivirung desAimmts auf wenige, aber größereHauptPlantagen coneentrirenz nämlich auf die Aimmtgärten zu Marendhan und Marotto nahe Colombo, eine bei Cultura, Ekele, auf ein paar bei Punto Galle und Matura, und auf eine neue, zu Kader ane von Mr. Joinville begonnene, beschränken, die übrigen sollten aber, um das Monopol desto strenger aufrecht halten zu können, und Viehzucht wie Agricultur in bessere Aufnahme zu bringen, zerstört werden. Nur theilweise ist dieser Plan leider wegen nachfolgen­ dem Gouverneurswechsel ausgeführt worden, die Agricultur weder da­ durch gehoben, noch das Geschick derChaliahs dadurch verbessert wor­ den, was zugleich mit im Plane der Northschen Verwaltung lag. Als Anth. Bertolacei 8S) Ceylon verließ (1815), hatte man fcen Chaliahs die Ländereien genommen, die ihnen unter den Hollän­ dern überlassen waren; dagegen erhielten sie jährlich ein Gewisses an 18T) G. Vic. Valentia Tfav. I. p. 304. p. 253.

**) Anth. Berjolacci View

Ceylon, Zimmt, Mahabadde-Office.

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Salz, zahlten keinen Zoll für ihre Barken, da viele von ihnen, Schiffer, Handelsreute, Weber, einen Kleinhandel mit Arak, Coir, Arcca und an­ dern Exporten nach Coromandel trieben, auch keine Fährtaxe bei Ueber* fahrten. Man besoldete sie, wenn im Dienst, monatlich mit 3 Rixdaler und 1 Parah Reis; 50 Chaliahs bildeten 1 Ranchio, oder Compagnie, unter Anführung eines Maharale und 2 Codadoreas zur Arbeit. Die bei der Z im mteinsammlung Angestellten (der Mahabadde Leute), nämlich, die Districtsaufseher und Aufseher der Zimmtgärten, die Modilear und Mohanderams, hatten dir Arbeiten der Schäler und (Sin sammt er näher zu bestimmen. Die oberste Leitung dieser Geschäfte war seit einer länger» Reihe von Jahren, durch Gebrauch, in die allei­ nige Derwaltung der Gebrüder Rajapaxe gekommen, die sich derselben zum großen Vortheil der Englischen Behörden unterzogen. Die 3 obern Casten der Chaliah waren, feit der Anpflanzung der Zimmtgärten, zu der obern Geschäftsführung, auf eine neue Art gegen vordem, in Anspruch gekommen; die 4te Caste derselben, die Curundu KaruS, die eigentlichen Zimmtschäler, waren mit dem Abhauen, Schä­ len , Präpariren der Waare beauftragt. Nach einer Zählung 3 *) vom Jahre 1814 betrug ihre Zahl in Summa 11,190 Mann; davon 3538 zu den eigentlichen Curundu Karus gehörten. Aller scheinbaren Ver­ besserungen ungeachtet waren alle diese, dennoch, auch unter dem Briti­ schen Gouvernement, noch immer in einer Art erblicher Sclaverer geblieben, und ihre Raubparteien auf Zimmtdiebstahl im Kandy - Gebiet waren bei den dauernden Fehden der Beherrscher im Innern der Insel, und an ihren Gestaden, auch nicht gemindert worden. Die ChaliahS wurden willkührlich aus ihrer Heimath entfernt- nach Gutdünken hier oder dorthin durch die Insel vertheilt, und weit strenger als unter dem Kriegsgesetz, von einem obwol aus eigner Mitte bestellten Zuchtpolizeigerkcht behandelt, aber nicht nach Gesetzen, sondern nach Gebrauch. Ihr Zustand war jammervoll, ungemein gedemüthigt, mit Arbeit überladen, ihre Gesundheit gefährdet, ihre Caste herabgewürdigt verachtet 40), keine andere würde sich dazu verstanden haben ihr Geschäft zu übernehmen. Die Zahl dieser Unglücklichen, die fast nackt, nur mit einem Gurt umge­ ben, wie im rohesten Naturzustände lebten, mehrte sich zusehends, und eine Veränderung ihres Zustandes wurde nothwendig; seit des edeln Jam. Maitland Vorstand des Mahabadde-Offiee wurde daran gearbeitet. Die Zahl der im Jahr 1832, in Colombo und Punto Galle einregistrirten Chaliahs, betrug 16,489 Mann; und die Summe aller beim Mahabadde-Ofsice, d. r. dem Zimmt-Departement angestell­ ten Arbeitern, an 20,000; größtenteils in beklagenswerte» Verhält^

”) Asiali. Journ. !. c. Vol, XII. p. 277. rative Vol. III. p. 149.

*°) Bislh Heber Nar-

m

Ost-Asi-n. Vorder-Jndien. IV. Abschn. Z. 10?.

Nissen. Die Besiegung des ganzen Königreichs Kandy (1815, die Re­ bellion 1817, die neue Organisation der ganzen. Insel, seit 1818), hatte auch auf das Zimmt-Departement einen veränderten Einfluß aus­ geübt. Der übergroße Reichthum der wilden Zimmtbäume im Innern der Insel, vermehrte wieder das Einsammeln der wil­ den Walderntez die Aimmtgärten und die darauf verwendete Mühe war nun entbehrlicher geworden. Die größte Aimmtpflanzung zu Mar end Han bei Colombo, von 3624 Acres und 12 Engl Miles Um­ fang, hatte bisher, nach Marshalls Angabe 41), jährlich 1124 Bün­ del (103,970 Pf. Engl.) Aimmt gegeben; Morotto 218, Ka de rang 635, Ekele 341; diese 2218 Ballen, wozu aus den verschiedenen ver­ nachlässigten und verwilderten Pflanzungen ttwa noch an 2119 Ballen kamen, in Gumma 4337 Ballen — 401,172Pfd.Engl. Aimmt, konn­ ten nun durch den wilden Waldschlag ganz ersetzt werden, da daS Kandy Territorium, gleich bei der ersten Besitznahme allein 4500 Ballen zu liefern im Stande war, cs also leicht wurde, nun das Dop§ pelte des bisherigen Ertrages herbeizuschaffen. Die Freigebung der Aimmteinsammlung und Cultur, konnte nun bei der Staatsverwaltung zum Vorschlage kommen, um das ganze Geschäft ein­ heimischen Einkäufern zu überlassen, und dadurch die LandesLndustrie der Eingebornen ungemein zu heben, und die Caste der Aimmtschäler aus dem Zustande ihrer bisherigen Knechtschaft zu er­ lösen. Rach vielen Debatten, wobei vorzüglich der Umstand mitsprach, daß das Englische Gouvernement, wenn es die Aimmtgärten, wie bisher (Bischof Heber giebt die Menge ihrer Acres zu 17,000 bei sei­ nem Besuche 1825 in Colombo an) 4') beibehalte, auch nur allein von allen künftigen etwa im Innern der Insel vorfallenden politischen Wech^ seln, in Hinsicht seiner Haupt-Revenüen, sich unabhängig zu erhalten im Stande seyn möchte, ist unter dem Gouverneur R. Wilmot Horton von Ceylon, schon im Sept. 1832, die Vernichtung des verhaßten Systemes des Aimmtmonopols und der Zwangsarbeit des Mahabadde Office, nämlich der Chaliahs, verheißen worden. Am 9. März 1833 4S) ward die Abschaffung des Aimmtmono­ pols bekannt gemacht, und die ALmmtcultur allgemein freige­ stellt. Die Erportation des Aimmtes wird nur für die beiden Häfen Colombo und Pto de Galle ausschließlich erlaubt seyn, ge­ gen Abgabe von 3 Shill. für das Pfund, ohne Rücksicht auf die Quali­ tät der Sorte. Im Innern der Insel wird, von da an, alle Cultur, Besitz und Verkauf, den Privaten völlig überlassen bleiben. Das Gou-

i4i) Marshalls in Ann. of Phil. 1. c. b. Nees ab Ksenbeck de Cinnamom. p. 71. 4l) Bish. Heber Narrative Vol. III. p. 1454») Abolition of the Cinnamom Monopoly in Asiat. Journ. 1833. N. S. Int. p. 09;, Me Culloch Dict. p. 278.

Ceylon, Ziliimt, Zimmtbaum.

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mrnemcnt wird keine Zimmternte mehr in den Wäldern der Insel an­ stellen , und alle Aimmtvorräthe, die sich bei ihm als Zahlungen rc. an­ häufen sollten, wird dasselbe in periodischen Versteigerungen zum Ver­ kauf bringen. Der jährliche Verkauf der 2 letzten Jahre, vor 1832, ward zugleich officiell bekannt gemacht, habe jährlich 5500 Ballen, oder 500,000 Pfd. Jimmt betragen. Die Zeit wird lehren, welchen Einfluß dies wichtige Gesetz auf die Industrie der Insel und den Aimmthandel ausüben wird. Die Abgabe von 3 Schilling ist, bei Billigung der Maaßregel im Allgemeinen, für zu hoch gehalten worden, da der Verkaufswerth von 1 Pfund Zimmt höchstens nur zu 6 bis 8 Schilling betragen könne. Die Folge dieser Uebertheurung der Waare für den Welthandel, welche allerdings dem Ceylonesen nicht drückend seyn kann, müsse, fürch­ tet man, machen, daß der Cochin China Zimmt bald seinen Weg nach Europa finden werde, selbst wenn dort nur Casfia, die aber als so vortrefflich anerkannt ist und dem ächten Zimmt substituirt, wachsen solle (s. ob. S. 131), wodurch Ceylon einen wesentlichen Theil seines bisherigen Gewinns verlustig gehen möchte. Dies scheint ziemlich nahe zu liegen, bei der Angabe, daß in den letzten Jahren von den 500,000 Pfund Zimmt aus Ceylon, an Werth 138,347 Pfd. Sterling, nur von der Isten Sorte 90,000 Pfd, zu 32,842 Pfd. St. Absatz hatten; aber von der 2tcn, 230,000 Pfd. zu 67,562 Pfd. St., und von der 3ten Sorte, 180,000 Pfd. zu 38,437 Pfd. St, offenbar, also, die geringeren Sorten viel größern Absatz fanden. Der Zimmtbaum (Laurus cinnamonmm) ist bisher irt der Wildniß auf Ceylon eigentlich noch nicht näher beobachtet, wol aber das Ge­ wächs der Küste aus den Anpflanzungen. Der Daum soll nur eine Höhe von 20 bis 30 Fuß erreichen; doch wird er im Innern der Wäl­ der des DerglandeS sicher weit höher, da I. Davy 44) ihn daselbst im Süden von Badulla, auf einer Höhe von etwa 2000 Fuß über dem Meere zu Himbleatawelle von Mastbaumhöhe fand. Er erlangt eine Stärke von 3 Fuß im Umfang, und verzweigt sich in eine Menqe horizontal ausgebreiteter Zweige4$). Bischof Heb er vergleicht ihn mit der Gestalt eines Apfelbaums, aber mit schön hellgrünem, lorbcerähnlichem Blatte. In den Plantagen wird er nur 10 bis 12 Fuß hoch» Seine fibröse, fasrige Wurzel, hart und zähe, von außen grau, von in­ nen röthlich, setzt 3 Fuß in die Liefe, und hat eine duftende Borke, die destlllirt Kampher giebt. Die Blätter oval, 4 bis 6 Zoll lang, 2| Zoll breit find starknervig, geschmacklos, schön grün; der hellgelbe Blüthenstengel trägt weißliche Blüche mit braunen Puncten, dem Mac (Syringa)

44} J. Davy Account I. c. p. 407, 44) Janv Coidiner Descript. 1. c. Vol. I. p. 405; Bish. Heber Narrative Vol. III. p. 145.

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Ost-Asim.

Vorder-Illdie». IV. Abschn. §. 102.

ähnlich, die bcn ganzen Garten h der Blüthczeit bedecken, mit sehr zar­ ten, angenehmen, aber keineswegs zimmtartigem Dufte, von dem man überhaupt nirgends etwas in den Zimmtwäldern wahrnehmen soll. Nur erst beim Abbrechen eines Blattes, oder Zweiges, zeigt sich ein aroma­ tischer Duft, der aber der Blüthe gänzlich fehlt. Wenn daher, bei frühern Reisenden, wol vom Dufte der Aimmtwäldcr die Rede ist, der den Vorüberschiffenden schon aus weiter Ferne lieblich entgcgenwehe, so kann ein solcher von diesen wenigstens nicht ausgehen; daß solche Duft­ wolken weit durch die Lüfte getragen werden können, und dann den Schiffer als frischer Wind vom Lande her entzücken, wie die auf Lord Valentins Schiff"), ist nicht zu bezweifeln, diese kamen aber von der Ostküste, wo kein Zimmtwald besteht, und sicher von andern duftenden Gewächsen, an denen die Insel so reich ist. Den meisten Blumen und Blüthen Ceylons sind übrigens größtentheils bei außerordentlichen Rcitzen der Schönheit, der Farben, des Aromas, die des eigentlichen Wohlgegcruchs versagt. Die Frucht, wie eine Wachholderbeere, giebt, im Was­ ser abgekocht, ein Oel, das gebrannt wird, nicht so unangenehm riecht wie Kokosöl, und, wenn erhärtet, eine Art Wachs giebt, das zu Lichtern verbraucht wird'. Der ausgewachsene Baum gleicht dem Cassiabaume (Lauuis cassia ungemein, durch Cultur wird seine Rinde veredelt; die Zweige, welche in der Höhe von 10 Fuß auswachsen, sollen den be­ sten Zimmt geben, und dieser nur von fingerdicken Zweigen genommen werden. Trockner Boden mit häufigen Regen sind nothwendig zur Erzeu­ gung der feinsten Qualität; der -südwestliche Theil der Insel Ceylon ist, hierdurch, zu dieser Production am besten geeignet, zumal die See­ ufer von weißen Quarzsand, wenn dieser eine fruchtbarere Crdlage über­ deckt. Auf einem luxuriösen, feuchten, zu reichen SBoben 47), bringt der Baum eine dicke, schwammige Rinde, die bei der Sortirung zurückgewor­ fen werden muß; im sandigen, trocknen Boden wächst der Baum zwar langsam, aber seine Borke ist dünn, compact, weniger wässerig, hitziger, spirituöser, ätherreicher, aromatischer. Die insulare, an sich sehr beschränkte Verbreitungssphäre des Zimmtbaumes ist hin­ sichtlich der brauchbaren Rinde, die er giebt, hierdurch auch noch local ungemein limitirt. Nur vom Kaymelle-Fluß (oder MahaOya, s. ob. S. 101) bei Negumbo südwärts über Columbo bis Matura und Tengalle, höchstens bis zum Welleway Ganga, zieht sich der schmale Saum der einträglichen Zimmtpflanzungcn, vom Ufersaume der salzigen Fluthgranze, die noch bis an die Wurzeln *46) G. Vic, Valentin Trav. Vol. I. p.264. 47) Anth. Bertolaöci View p. 251; Marshall 1. c. b. Nees ab Isenbeck de Cinnamom, p. 74.

Ceylon, Zilimttbailln, Verbreitungssphare.

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der großen Palmstämme anschlägt, landeinwärts, 4 bis 5 Stunden, so weit die Ebene reicht. Aber, nordwestwärts, über Chilaw hinaus, wird kein Aimmtbaum mehr gesehen, und keiner mehr am Ostgestade jen­ seit Tang alle. Der Zimmt nordostwärts des Welleway Ganga hat gar keinen Werth mehr. Nur wenige einzelne Gebüsche, die aber kaum der Rede werth, werden noch hie und da zerstreut in der östlichern Küstenprovinz Mahagan, ja selbst noch über Baticaloa hinaus, bis ge­ gen das Südufer des Mahawellay Ganga, wo Thom. Chri­ st ie4') die nördlichsten beobachtet hat, gesehen. In den nördlichern, regenarmen Provinzen der Insel Manaar und Jaffnapatam, ist keine einzige Aimmtpflanze mehr zu sehen. Die Verbreitungs­ gränze, durch das Innere des Berglandes, ist noch nicht mnittilr; aber, auf den bedeutender» Höhen ist er auch von Niemand beobachtet. Auch auf Dekan, in Coromandel, kann der Aimmtbaum wachsen aber seine Rinde degenerirt, daher die dortigen früherangelegten Pflanzun­ gen (f> oben S. 7) gänzlich wieder vernachlässigt worden sind 4a)* Die Blüthezeit °«>) ist im Januar, die Frucht reift im April, dann fängt mit dem Mai, wenn der Saft in den Bäumen am häufig­ sten ist, die Entborkung der Bäume vom Mai an, und dauert bis zum Oe tob er. Mai bis Juni sind die besten Monate; sie geben die Haupternte, den großen Herbst; Juli, August, September sind we­ niger gut; November und December wieder besser, sie geben die kleine Ernte. Das Abschneiden und Einsammeln gilt für sehr mühsam; vie­ ler Hände Arbeit ist dabei unentbehrlich. Jeder Arbeiter schneidet so viel Stöcke ab, als er im Bündel tragen kann, schrapt die rauhe Borke ab, löst sich nun die zartere Rinde leicht in lange Streifen und Bänder, mit den dazu gehörigen Gartenmessern ab vom Holze, so gilt dies als Zeichen der Reise. Vor den Hütten im Freien wird dies Abschälen bit Aimmtrinde vorgenommen, wobei sich ein ungemein lieblicher, aromati­ scher Duft verbreitet, den man aber sonst nie in der Plantage wahrnimmt. Das übrige Holz wird zu Asche verbrannt zur Düngung des Bodens. Die abgestreifte, nur pergamentstarke Rinde, wird in die Sonne gelegt, no sie dörrt und zusammenrollt. Ein Tag ist hierzu hinreichend, dann roarb das Gewürz in die Waarenhäuser zum Verpacken gebracht. Die einzelnen Bündel werden geöffnet, und alles von den Revisoren sortirt, die kauen und schmecken müssen, eine Arbeit, welche ein Mann kaum 2 biß 3 Tage hintereinander aushalten kann, weil das Gewürz die Zunge zu sehr afficirt. Die beste Sorte, nur so dick wie starkes Papier, muß 4S) Th. Christie Inspector of Hospitals in Ceylon Journey, bei Cordiner Descr. Vol. II. p. 133. 4&) W. Hamilton’ Descr. of Hindostan Vol. 11. p. 479. 5o) J. Cord hier Descr. 1. c Vol I. p.409—419; vergl. Rob. Percival Account 1. c. Lond. 1805. 4. cb. XVI. Cinnamom thc staple commodity of Ceylon p. 340—353.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 102.

fein, weich, hellbraun, gelb, goldgelb, süß und piquant seyn, die rohe­ ren Sorten sind dickhäutiger, dunkelbraun, erhitzender, stechend und hin­ terlassen einen schleimartigen, bittern Nachgeschmack. Dieser Art war, nach den bisherigen Erfahrungen, meistentheils der Zimmt aus dem In­ nern der wilden Waldungen des Kandy Territoriums. Die beste Sorte soll nur aus der Cultur der Gärten hervorgegangen seyn. Wie dies aber mit der frühern Periode, wo noch keine Plantagen vorhanden wa­ ren, stimmen kann, wissen wir nicht, wenn nicht eben diese Plantagen, nicht sowol die Rinde veredelt haben mögen, sondern vielmehr die Me­ thode der besten Nindeeinsammlung ungemein gegen die frühere Wald­ ernte erleichterten. In den Waarenniederlagen, wie bei dem Schiffstrans­ port, werden die sortirten, gerollten Zimmtrinden und Röhren (daher Caneel) ineinander gesteckt, in Ballen von 4 Fuß Länge, und 90 (oder 914) Pfund Gewicht, in doppelte Emballage gepackt, eingenähet und übereinander gereihet. In alle Lücken und Zwischenräume der Lager wird eine bedeutende Quantität Pfeffer *#1) gestreut, um den Zimmt bei der Meeresüberfahrt zu conserviren, wobei beide Gewürze gewinnen sollen. Der schwarze Pfeffer zieht die überflüssige Feuchtigkeit an sich, und erhöht den Duft. Aus den ausgesonderten gröbern Rinden wurde bisher das Zimmt öl destillirt; 300 Pfund Zimmtrinde sollen nicht mehr als eine Bouteille (24 Unzen) dieses köstlichen Oelcs geben', das nur (jährlich an 400 Bouteillen) in Ceylon bereitet wird. Daher sein theurer Preis, das Quart 10 Guineen, als Parfüm und in der Medicin hoch geschätzt; goldgelb, so schwer, daß es, wenn aus dem feinsten Zimmt destillirt, im Wasser untersinkt; dunkelbraun und oben schwimmend, wenn es aus roherer Zimmtrinde gemacht ist. Die Blätter geben ein ätherisches Oel.

IV.

Die Fauna in Ceylon.

Erde, Wasser und Luft in, um und auf Ceylon, Alles ist voll frischen eigenthümlichen Lebens, von den größten der Colosse bis zu den kleinsten Thiergeschlechtern, und den edelsten Arten. Won dem Elephanten, als dem größten und gelehrigsten seiner Art, war schon früher die dich? (f. oben S. 17, 23; Asierr IV. l. S. 916 u. f.); es ist dieselbe Species wie auf dem gegen­ überliegenden Dekan. Ueberhaupt hat die Insel dieselben Thiere wie das Continent, doch giebt es mehrere Säugethiere auf De­ kan, die der Insel fehlen; aber nicht umgekehrt. Z. B. der Ti­ ger, der Wolf, mehrere Antelopenarten finden sich auf

,. S. 897) zu unterscheiden. Es soll hier weiße Büffel geben. Der gemeine Ochs hat hier einen Fcttbuckel, wie in Dekan, ist ziemlich häufig. Das Pferds) ist nicht auf der Insel einhei­ misch, auch werden nur wenige von Europäern gehalten, zumal Arabische von Bombay her, als Sattclpferde (s. Asien IV. i. 0.901); aus den Manilen, Pegu und Achin auf Sumatra aber kleinere Zugpferde. Die einzige Zucht auf Jaffnapatam, schon von Hofländern begonnen, ist durch Colonel Brabant, unter Englischer Herrschaft, aus den Inseln Seifst und dein

Two brothers, seit 1803, durch Anlegung einer Stuterei, in größere Aufnahme gekommen. 1812 zählte man 200 Stuten und 50 Füllen von guter Rare, für leichte Cavallcrie brauchbar. Schaafc und Ziegen find ebenfalls nicht einheimisch; sie mußten erst eingeführt werden. 1833 zählte man auf dcr Insel: 1146 Pferde, 537,203 Stück Rindvieh, 29,510 Schaafe, 38,336 Ziegen. Eber giebt es in Menge, und Schweine, die tägliche Nahrung der Einwohner, sind schon durch Portugiesen und Hol­ länder frühzeitig allgemeiner verbreitet worden. Dcr bengalische Tiger fehlt in Ceylon, nach Cordin er und I. Davys Versicherung, obwol Montgomery Martin ihn dort wieder nennt; doch ist dies wol nur Verwechslung mit der daselbst sehr häufigen Leopardenart (s. ob. S. 19), welche die Länge von 5 Fuß erreicht. Auch giebt es- dort 2 Arten wil­ der Katzen; Bären sind häufig in den Wäldern und Iakale allgemein. 2t'ffen schwärmen in Schaaren in den Wäldern um­ her. Rothwild giebt es sehr viel, gefleckte Hirsche (kllc) und kleinere Arten, eine bis zur Größe eines Hassen, die häufig in Käfigen zu Markte gebracht und unter dem Namen Moose deer ") J. Cordiner Descr. Vol. I. p. 423. Anth. Bertolaeci View p. 276.

*») ebmd. L p. 427;

144 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102. verkauft werden, nach I. Cord in er. Eichhörner, Stachel­ schweine, Kamäleon, Vivcrren, Ichneumon, Ärmadille u. a. in. in Menge. Der Pariarhund ist Hausthier in jeder Singhalcsenfamilie. Die Singhalesen sind gewandte 3«; gcr -5t). Die Wälder sind voll Vögel, schöner Pfauen, Phasancnartcn, die Berge voll Schnepfen, Wachtelarten, Waldhüner u. a. in. Gefürchtet ist die Insel wegen ihrer Skorpionen, Amei­ sen, Blutigel, Alligators und der Schlangen wegen, vor denen man gewöhnlich glaubt, sich kaum schützen zu können. I. Davy versichert dies sey übertrieben; er habe daselbst 20 ver­ schiedene Arten55) derselben gesammelt; er theilt umständlich die Versuche mit, die er mit ihren Giften angestellt hat. 16 Arten davon sind ganz unschädlich, nur 4 sind giftig. Die Boa fehlt auf Ceylon, dagegen sind hier ein Python, 2 Anguis, 13 Colubcrarten, und eben zu diesen gehören die giftigen. Die Python­ art, Piinbcrah der Einwohner, d. h. Felsschlange, sahe I. Davy bis 17 Fuß lang; sie soll 30 Länge erreichen. Sie sperrt den Rachen mit gewaltigen Giftzähnen weit auf, hat un­ geheure Muskelkraft, besiegt ganze Rehe und greift den Menschen an. Die Giftschlange Carawilla wird höchstens einen Fuß lang. Die gemeinste Giftschlange ist die weitverbreitete Cobra de capello (Coluber naja Lina. s. Asien III. S. 1057), die aber von den Einwohnern vcnerirt wird, als Gast' aus einer andern Welt. Die Schlangenzauberci ist auch hier zu Hause; sie ist uralt und tief verwebt in den Aberglauben des Volks. Die merkwürdige Legende vom Covercapel, d. i. dem magi­ schen Schlangenkönig (dem dort einheimischen Namen, dem erst der Portugiesische lautmäßig Cobra di capello nachgebil­ det ward) in den ältesten Annalen^) der Singhalesen, welcher Buddhas Gestalten aus der Dorwelt heraufzaubert, wie nur einst, der Geist des Tiresias beschworen ward, geht bis in die Jahrhun­ derte vor der christlichen Aera zurück; und der Schlangen­ kultus (der Nagas) tritt hier unter ganz analogen Verhältnis­ sen in der ältesten Zeit hervor, wie in Kaschmir und Nepal (Asien II. S. 69). Buddhu, heißt es, kam nach Lankadiva und, predigte in den Ländern der Schlangenkönige (Nagas), wo er> *‘4) J. Cordiner Vo!. I. p. 430— 433. **) J. Davy Account 1^-101. **) Mahavansi ed. Upham. 1. c. Vol. I. p, 60

Ceylon, Schlangen, Blutigel.

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viele der Nagas bekehrte. Der König der Nagas, Mahakale Covereapel, zog sich seitdem in die Höhlungen der Erde nach Manjercca,naga zurück, von wo er den Künsten der frommen Buddhacingeweihten gehorsam, hervorgezaubert wird, um als ein­ stiger Zeitgenosse Buddhas die Buddhaerscheinungen vergangener Jahrhunderte zu beschwören und wieder erscheinen zu lassen. Der, selbe Covereapel ist es auch, der in den Bergen des Hima, laya57) einst seine Herrschaft ausübte. Als der fromme Bud, dhabekehrer, MatjanticaMahaTerrunanse, dorthin die erste Buddhalehre brachte, sahe ihn Covereapel an einem seiner großen Alpen,Seen, in den Landern von Casmira und Gandare (s. Kaschmir), hin und her gehen. „Wer ist der Priester," rief er, „der an meinem See auf und ab geht, und mit seinen Fü, ßen das reine Wasser meines Sees verunreint?" Voll Zorn blies er giftiges Feuer und Regen auf ihn, und suchte ihn zu verder, ben. Aber er blieb unverletzt; da er ihn nun Mirakel thun und durch die Lust fliegen sahe, erkannte er in ihm einen mächtigen Rahat, und unterwarf sich. Er streckte sich zur Erde aus, da setzte sich der Buddhapriester auf ihn, predigte und bekehrte acht, zigtausend Covcrcapels, seine Untergebene und den König der 66, fcn Damone. Seitdem sitzt der Buddhäpriester auf dem Schlan, gensitz, predigt und bekehrt von da die Völker. Die Alligatoren^), die sich in den Kunstteichen und Küsten­ flüssen, zumal in den Niederungen und den nördlichen Theilen der Insel in Menge zeigen, werden in den Gcbirgsflüssen niemals wahr, genommen. I. Davy erkannte sie für Crocodilus biporcatus nach Cuvier Regne animal. T. II. p. 20; sie werden bis 17 Fuß lang, greifen jedoch selten den Menschen an, obwol sie ihn sehr gut davon tragen können. Weniger als diese Bestien gefürchtet und doch in der That weit furchtbarer als sie, sagt I. Da vn 59), seyen die Blutigel auf Ceylon, die mehr Menschen als jene tödteten (s. ob. S.53). Schon Leschenault bemerkt, daß sie die schlimm, sten Feinde des Botanikers in den Wäldern seyen, zumal wenn es geregnet habe, wo sie sich in Menge zeigen. Sie sind nur ganz klein, selten über $ Zoll lang, halbdurchscheincnd, ungemein lebendig, saugen sich durch die feinsten Maschen der Strümpfe 6T) Mahavansi 1. p. 79. es) J. Davy Account p. 387. *•) tf. Davy Account p. 102} Leschenault Relat. in Ann. du Mu­ seum etc. T. X p. 268.

Ritter Erdkunde VI.,

K

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Ost-Afien. VordersIndien. IV. Abschn. §.102.

sogleich fest ein; zapfen, zu vielen Dutzenden sich anhängend, ge­ waltige Blntinassen ab, das in Strömen fliesn, magern gewaltig ab, bringen zu Ohnmachten. Der aus allen Seiten Verwundete kratzt sich, es giebt böse Geschwüre, und oft erfolgt der Tod. Die Britischen Regimenter haben in den Rebellenkriegen im Innern der Insel viele Verluste dieser Art erlitten. Ob die hiesige Art identisch sey mit der in Sumatra, Dekan und Hinter-Indien (s. Asien IV. l. S. 1012) läßt Dcivy unbestimmt; er hat Tab. II. big. 4. die Zeichnung gegeben. Ihre Zahl ist unendlich; in allen laubrcichen Gegenden bis zu Höhen von 2000 bis 3000 Fuß üb. d. Meere. Jeden Menschen, der still steht, überfallen sie sogleich in Menge, das 2lblöscn ist schwierig, die Beine werden dicht da­ mit bedeckt, sic schwellen leicht an und inflammiren so schnell, daß die Glieder verloren sind. Das Waschen mit Oden, mit Ta­ backssaft n. dgl. ist auf die Länge unnütz. Das- einzige Mittel sich dagegen zu verwahren ist die Stiefel und Pantalons aus ei­ nem Stück zu tragen. Die Curmcthoden hat I. Davy mitge­ theilt, S. 104 und 105. Die Ameisen sind keine geringere Plage. An nützlichen Insekten ist Mangel, die Einführung der Seidenzucht auf Ceylon, versichert Antch. Bertolacci^), sey gänzlich mislnngen, wahrscheinlich wegen des-vielen Regens; vielleicht aber wol nur, weil man nicht auf die Differenz der bei­ den Climate der Insel, auf der Kokos- und der Palmyraseite Rücksicht genommen hatte, wie dies auch bei misglückten Versu­ chen anderer 2lrt der Fall gewesen. Die Meere um Ceylon sind wie die stark bevölkerten Flüsse der Insel, deren Fische von den Singhalesen nie gefangen und gegessen werden, ungemein belebt. Zahlreiche Casten von Küstenfischcrn haben vom Fange der Meeresstsche ihr Gciverbe; so kom­ men Flotten von Fischerbooten von der Westküste jährlich, zur Station der Pcrlbänke, um an die dort zahlreich versammelte Volksmenge ihren Fischreichthum abzusetzen, was schnell geschehen muß, da hier die Fische sehr schnell in Fäulniß übergehen. In den seichten Gewässern um Iaffnapatambl) giebt es sehr viele Holothurien, Echinus und andere Arten gallertartiger Seethiere, welche unter dem Namen ßicho de,Mar, oder Tre­ pang (s. Asien lll. S. 1035, IV. l. S. 122 u. a.), einen star­ ken Absatz auf dem Chinesischen Markt geben, und auch von hier **•) Anth, Bertolacd View p. 27, 36.

') kbend. p. 272.

Ceylon, Schlangen, Blutiges.

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viele der Nagas bekehrte. Der König der Nagas, Mahakaie Cover capel, zog sich seitdem in die Höhlungen der Erde nach Manjerica-naga zurück, von wo er den Künsten der frommen Buddhaeingeweihten gehorsam, hervorgezaubert wird, um als ein­ stiger Zeitgenosse Buddhas die Buddhaerscheinungcn vergangener Jahrhunderte zu beschwören und wieder erscheinen zu lassen. Der­ selbe Covercapel ist es auch, der in den Bergen des Hima­ la ya^) einst seine Herrschaft ausübte. Als der fromme Bud­ dhabekehrer, MatjanticaMahaTerrunanse, dorthin die erste Buddhalehre brachte, sahe ihn Covercapel an einem seiner großen Alpen-Seen, in den Ländern von Casmira und Gandare (s. Kaschmir), hin und her gehen. „Wer ist der Priester," rief er, „der an meinem See auf und ab geht, und mit seinen Fü­ ßen das reine Wasser meines Sees verunreint?" Voll Zorn blies er giftiges Feuer und Regen auf ihn, und suchte ihn zu verder, ben. Aber er blieb unverletzt; da er ihn nun Mirakel thun und durch die Luft fliegen sahe, erkannte er in ihm einen mächtigen Rahat, und unterwarf sich. Er streckte sich zur Erde aus, da setzte sich der Buddhapriester auf ihn, predigte und bekehrte acht­ zigtausend Covercapels, seine Untergebene und den König der 66# fcn Dämone. Seitdem sitzt der Buddhapricster auf dem Schlan­ gensitz, predigt und bekehrt von da die Völker. Die Alligatoren58), die sich in den Kunstteichen und Küstenslüssen, zumal in den Niederungen und den nördlichen Theilen der Insel in Menge zeigen, werden in den Gebirgsflüssen nieinals wahr­ genommen. J.Da vy erkannte sie für Crocodilus biporcatus nach Cuvier Regne animal. T. II. p.20; sie werden bis 17 Fuß lang, greifen jedoch selten den Menschen an, obwol sie ihn sehr gut davon tragen können. Weniger als diese Bestien gefürchtet und doch in der That weit furchtbarer als sie, sagt I. Da vn M), seyen die Blutigel auf Ceylon, die mehr Menschen als jene tödteten (s. ob. S-53). Schon Lcschenault bemerkt, daß sie die schlimm­ sten Feinde des Botanikers in den Wäldern seyen, zumal wenn es geregnet habe, wo sie sich in Menge zeigen. Sie sind nur ganz klein, selten über i Zoll lang, halbdurchscheinend, ungemein lebendig, saugen sich durch die feinsten Maschen der Strümpfe e’) Mahavansi I. p. 79. •«) J. Davv Account p. 387. **) !J. Davy Account p. 102? LesclienauU Reist, in Ann. du Milseum etc. T. X p. 268. Ritter Erdkunde VI. K

148 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §, 102. V.

Das maritime Gebiet der Ceylonstraße. Die Palksstraße, der Manaar,Golf, der Manaar,Ca­ nal, die Manaar-Insel, die Rama, oder Adams, brücke, der Paumbum-Canal; Schiffahrtsprojecke. Das flache mit weichem Kalk, und Sandstein bedeckte Nord, ende der Insel Ceylon gliedert sich in mehrere größere und klei­ nere Vorlande, während der nrgebirgigc Süden der Insel eine auf allen Seiten festgefchlossene Masse geblieben ist. Diese Vor­ land- setzen in flachen Inseln, Klippen, Sandbänken qegen N.W. hinüber, durch ein seichtes, schmales Meer, zur ge, qenüberliegcnden Maduxa-Küste von Coromandel, und lassen den Meeresbewegun/gen nur wenig freie Durchgänge. Eben diese quer durchsetzenden Hemmungen, in dem schmalen Mee, rescanale, bieten den Heftigkeiten der von N.O. und S.W. we­ henden Monsune, in Beziehung auf die Meeresströmungen und den Nachwirkenden Wogcnschlag Trotz; es bleibt ihnen zu beiden Seiten im Norden, wie im Süden, eine ruhigere Scc2Wl), welche zu allen Zeiten die Ucberfahrt zu den gegenseitigen Küsten erleichtert. Dies ist die eigenthümliche Weltstellung, durch welche die Insel an das Kontinent geknüpft, eine wahre continentalc oder begünstigte Küsten inscl ge, nannt werden muß, im Gegensatze so mancher andern, wie z. B. Madagascar gegen 'Afrika, dem diese zwar gleich nahe vorliegt, aber durch reißende Strömungen von ihm getrennt zu einer vom Aethiopischen Kontinente abgesonderten, gleichsam fernen oceani­ schen Insel werden mußte, die keinen Cultureinfluß, wie Ceylon, auf ihr Gegengestade ausüben konnte. Da für diese begünstigte Meeresstraße noch kein gemeinsames Wort im Gebrauch ist, so werden wir sie mit einem Namen die Ceylonstraße nen­ nen. Von 8° bis zu 10° N.Br., eine Strecke von 30 qcogr. Meilen, von S. nach N., findet diese Zertheilung zwischen Meer und Land dort Statt. Ans der Seite des Festlandes brei­ ten sich die Gestade des südlichen Tinnevelly in großem Bo­ gen aus, über Tuticorin, Killiearrc, Ramnad bis Ramisscram,Insel, und von da wieder in einem zweite» großen Bogen bis Point Calymere. Auf der Inselseitc find es von PrUlam und der Küsteninsel Calpentin, ebenfalls von *••) Antb, Bertolacci View p. 6.

Ceylon, Ceylonstraße.

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Süden nach Norden, die KarediveInscln (Orneon Ins., f. ob. S. 21), der Küstenort K u d r i m a l l e, A r i p o und die Insel M a, naar mit den Gruppen der Perlbänke, welche jenem südlichen, großen Küstenbogen gegenüber liegen, dann aber iveiterhin die Trendive oder Twobrother Inseln, InselDelfft undJaff, napatam, die dem nördlichen Küstcnbogcn bis Point Calymere gegenüber liegen. Durch die Inseln Manaar und Ra misse« ram, und die beide vereinigende Ra was« oder Adams« brücke (s. oben S. 64), welche von S.O. gegen N.W. jenes seichte Küstenmcer durchsetzt, wird dasselbe in seine zwei Haupt, theile zerlegt, davon der nördliche mit dem Namen Palks« Straße, der südliche als Golf von Manaar allgemein be« zeichnet ist. Jener ist bekannt, durch die Fischerei der sshank, mujcheln, dieser berühmt durch die Perlfischerei; beide muß, ten ihrer Seichtigkeit und ihrer vielen Hemmungen ungeachtet, seit den ältesten Zeiten der dortigen Küstenschiffahrt. von den Kauffahrtcifahrern durchseegclt werden, welche die Waaren den nordischen Emporien der Insel zuführen wollte«, so lange diese ohne die Doussole nicht, das Südcap der Insel in größerer Ferne doubliren konnten. Diese Fahrten blieben freilich iminer unge« mein abhängig von den herrschenden Winden. Die Umschiffung von Ceylon war impraeticabcl, außer bei günstigem Monsun. Bei S.W. von April bis Sept. war von Cap Komorin das Nord« ende Ceylons zu erreichen; aber zum Südende nach Don Hera He ad zu kommen, unmöglich^). Bei N.O. von Oct. bis Febr. war zwar dieses Südcap zu erreichen, aber nicht wieder nach Trincomalli oder Coromandel zurückzukehren; im günstigsten Falle gehörten doch immer über 12 Monate in jener Zeit dazu, um die ganze Insel zu umschiffen. Auch heute sind die Indischen Schiffe, die zwischen Coromandel und Ceylon Handel treiben, noch von den Monsuns abhängig, machen jährlich nur eine Reise hin und zurück, indem sie die regulairen Mvnsunwcchsel abwarten. Die Europäischen großen Kauffahrteischiffe führen ihren lebhaften Han« del zwischen China, Indien, Persien und dem rothen Meere, aber mit günstigem Monsun, ohne in Ceylon Erfrischungen einzuneh« men, indem sie die Insel in weiter Ferne umseegcln. Seit der Wcltschiffahrt der Europäer im Indischen Ocean, vermied

•’) Anth. Bertolacci View p. 17.

150 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102. man also zwar die Gefahren dieser engen Passage, die nur für die kleinsten Barken tauglich blieb, bei der fortschreitenden Civil!, sation dortiger Gestade machte sich aber die Hemmung der Coinmunicationen, durch sie, für den Transport, zumal zwischen Co, romandcl und Malabar, und den Uebergang von der Insel zum Continente von neuem für die umgebenden Lokalitäten sehr fühl« bar, und führte aus den Gedanken, wie an vielen andern Orten, so auch hier, der Natur durch die Kunst neue Wege zu bahnen. Diesem Bestreben verdanken wir erst die genauern Aufnahmen20s), Untersuchungen und Beschreibungen dieser Gewässer (von Capt. I. Stuart^), Master Attendant in Colombo, Mr. Lushing, ton, Gouverneur von Madras; die Rccognoscirung der Paum, bum,Passage durch Capt. Fullerton 1822, und durch Major Sims, Inspektor General of civil Estimatcs, Report)7»). Die Handels, und Fahr, Straße zwischen Bengalen und Malabar, Calcutta, Madras und Bombay, für Er, und Importen, muß gegenwärtig sehr große Umwege7**) um die Insel Ceylon und oft bis 8° jenseit des Aequatvrs machen, während der meisten Monate im Jahre,-um eine sichere Fahrt zurückzulegen. Um die Windstillen unter dem Acquator zu vermeiden, und an den Inseln Ceylon, den Malediven und dem noch südlichern Chagos Archipel vorüber zu schiffen, muß da« Schiff, bei S.W.,Monsun, welches von Madras bis Bom, bay secgclt, eine Reise von 5vooMiles zurücklegen, da die wahre directe Seedistanz nicht über 1500 Miles beträgt, wodurch ein großer Verlust von Zeit und Geld entsteht, der den Handel von Madras und Calcutta sehr empfindlich drückt. Ließen sich die Engpässe der Ceylonstraße vertiefen, durch Reinigung der versandeten, frühern Passage, oder durch Wegsprengung der Ko, rallenriffe, oder vermittelst neuer Durchbrechungen der vorliegen, den Insel, und Klippendämme, so würden diese Fahrstraßen um f. Hebers Map of the Gulf of Manaar, tanatfi a Chart shew*nS the Positions of the Pearl Banks of Ceylon and Tuticoriit from Documents etc. by Alex, lohnston. •») Capt. J Stuart Account of the Pearl Fisheries of the Northwest Coast of the IsUnd 2. Febr. 1833. in Transactions of the Royal Asiat. Soc. of Gr. Brit. etc. Vol. IN. P. II. 1834. p. 452 - 462. »«) Papers regarding the Practicahility of forming a nartgable Passage hetween Ceylon and the Main Land of India. in Journ. of the Rot. Geogr. Soc. of London 1834. Vol IV. p, 1—20. >‘l Mr Lnshingtoa Minute. I. I. c. Journal p. 1. J

(eylou, Ceylonstraße, Manaar- Canal.

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mehrere nusend von Miles verkürzt seyn. Zu solchen Künste arbeiten nutzten die Naturverhältnisse erst genauer untersucht fron. Bs zum Jahre 1822 war aber in dieser Hinsicht zur ge­ nauern Kenntniß derselben Nichts geschehen; seitdem erst erhalten wir folgerte bestimmtere Beobachtungen. Die Distanz zwischen Point Namen (oder Tannetory, S oni teere bei Al. Johnston), der Ostfpitze des Vorlandes von Ramna) (s. ob. S. 8), und dem Ceylonesischen Gegengcstade bei Aripo und Mantotte (f. ob. S. 37) ist 62 Englische Meilen, an 15 gc»gr. Meilen; dazwischen liegen die Inseln Ramisseram im W. und Manaar im O>; beide gegenseitig dmch eine Riffbank von einander geschieden, welche die 2t d a m s b r u ck e heißt, üb:r welche die Meercsfluth nur mit heftiger Brandung hinwcgschfrgt. Es bleiben daher nur, im West und Ost beider Inseln, zweierlei seichte Fahrstraßen für Barken übrig; in West der Tempelinsel Ramisseram zwischen ihr und dem Cvntinente von Ramnad der Paumbum-Canal, und Im Ost der Manaa'-Canal. Dieser letztere ist höchst wichtig, weil alle kleine Scliffcn) zwischen den S.W. und N.W. Hafen von Cey­ lon ihn pafstrcn müssen, jener weil alle kleinen Handelsschiffe zwi­ schen der Küste Malabar und Coromandel nur durch ihn passircn können. Beide, behauptete Al. Johnston, seyen frühcrhin tie­ fer gewesen und ließen sich auch leicht wieder vertiefen. 1) Der MaNaar-Canal") ist nur eine Englische Meile brüt, rr scheidet die Insel Manaar von der 2lripoküste auf Cey­ lon ; er ist nur für kleine Dhonies, d. i. Barken mit Verdeck, pas­ sierbar. Zur Fluthzeit ist dieser Canal breiter, zur Ebbezeit sehr schmal und so seicht wie ein Fluß, nicht über 24 Fuß tief, so, daß die Palankinträger ihn durchwateten, als I. Cordiner von ihnen, von Aripo nach dem Fort Manaar getragen ward (1804). Lord Valentia") brachte er bei der Ueberfahrt, zu Schiff, durch die windende Fahrstraße, 2 Stunden zu, bis er das Fort erreichte. Capt. Oawson, der diesen Canal aufgenommen hat, nennt ihn lang, sch windend mit höchstens 6 Fuß Tiefe, die jedoch an der genantten Stelle der Durchfurch durch eine Sandbarre bis auf

ilvl 1/C5vl*

p. 3sa.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. $.102.

3 Fuß Tiefe schwindet, und nach ihm keiner Verbesserung für die Passage fähig zu seyn scheint. 2) Die Insel Manaar (d. h. nach H. I. Dock im Ta, mulischcn so viel als Sandfluß, das alte Epiodoros bei A r r i a n 275), gänzlich abhängig von Ceylon, zieht sich an 20 Engl. Milcs gegen N.W., quer über einen Theil der Ceylonstraße hin, über. Sie ist so flach, daß sie, chäufig Ueberschwemmungen aus, gesetzt, sehr ungesund, ein Land der Fieber ist, wo große Sterb­ lichkeit herrscht. Das Dorf Manaar und ein kleines Fort, welches dem Schleichhandel durch die dortigen Passagen wehren soll, auf der Insel für hlindert Mann Garnison mit einem Hos, pital, waren ttur ärmlich, zur Zeit da I. Cord in er die In, fei77) besuchte. Zu ihrem Wcstende, Tal manaar, geht der Landweg zur nachherigen 4 bis 5 Stunden dauernden Uebcrfahrt nach der Tempelinscl Ramisseram, wo die Fahrstraße durch das seichte Gewässer überall durch Stangen bezeichnet7^) ist. West, wärts des Forts Manaar, liegen, auf derselben Insel, zunächst das Dorf Corselles, und weiterhin das Dorf Pessal, deren Bewohner sich von Viehzucht und Fischfang nähren; sie sind seit der Portugiesen Zeit größtenthcils römisch-katholische Christen ge, worden, die in eben solchen traurigen Cercmoniendienst und Aber, glauben versunken sind, wie die gegenüber wohnenden brahmani, schen Götzendiener von Ramisseram; nur daß sie in Armuth und Elend vergehen, während jene durch das Pilgerwesen, zu höchster Opulenz und Wohlhabenheit sich emporschwangen, ihre Wohnun, gen zu Palästen machten und ihre Insel durch Pflamzungen zu paradiesischen Obsthainen, während das Uferland de>r römischen Katholiken eine nackte, dürre, traurige Sandscholle mi t Arabischen Wafferbrunncn in der Tiefe blieb, auf der nur einzelne Baum­ gruppen von Baniancn mit Palmyras und sparsam Kokos, auch wenigen andern Gewächsen, zeigen, was hier bei Fleiß und Cul, tur gedeihen könnte. Auf den Grasungen an den Ufern weiden einige Büffelheerden; Baumwollenpflanzungen waren versucht, schienen aber ihrem Eingehen (1804) nahe zu seyn. Die merk/ *,f) H. J. Bock Account of the Pearlfisher; in the Gulph of Ma­ naar, inAsiatic. Research. Tom. V. p. 393; und Capt. Colin M' Kenxie Remarks on Ce;lon ebendas. T. VI. p. 426 —432. M) Vorhalle vor Herodot a. a. O. @. 118—144. ”) J. Cordiner Descr. Vol. II. p. 7. 36. I. p. 301 etc. ") G. Vic. Va­ lentin Trav. London 1800. Vol. 1. p. 337.

Ceylon, Rama- oder Adams-Brücke.

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würdige Afrikanische, Adansonia digitata 79), jener urweltliche Baum, der auch hier zu der unförmlichen Dicke von 40 Fuß Umfang anwachst, ward wahrscheinlich einst erst durch Portugiesen aus ihren Aethiopischen Colonien hierher verpflanzt. Die Analogie hiesiger Gewächse entspricht übrigens ganz denen des Dckangcstades, nach I. Cordtners Beobachtung. Auf der Westspitze der Insel, zu Talmanaar, steht die Ruine einer al­ ten katholischen Kirche unter einer Gruppe von Palmyra-Pal­ men, in denen der Reisende sein Nachtquartier aufschlägt. DieS sind die geringen Ucberreste jener glänzenden Periode Jesuitischen Einflusses, während der alles zerstörenden Raubinvasionen an je­ nen Küsten, über die unmündigen Völker Hindostans, als Fran­ cis cus Lavier hier das katholische Kreuz unter dem Volke der Parawas und Marawas 8Ü) anbeten lehrte, die längs dem nördlichen Ufer des Manaar Golfs wohnten, als 600 Katholiken auf der Manaar Insel das Martyrthum erlitten, das zum dama­ ligen Königreiche Jaffna gehörte. Damals war es, daß die ar­ men Schiffer- und Fischer,Casten zum römisch-katholischen Ritus bekehrt wurden, dem sie seitdem mit solchem Eifer anhän­ gig geblieben sind, weil sie ihr altes Heidcnthum in dessen Ceremonicndienst übertragen konnten. 3) Die Rama- oder Adams-Brücke97), über die Rama, nach dm Hindulegenden, wie Adam nach den Moham­ medanerlegenden aus dem wahren Paradiese in das Inselpara­ dies Ceylon eingewandert seyn soll. Diese Brücke ist allerdings von seltsamer Bildung; sie streicht von der Westspitze Talma­ naar, in gleicher Direktion wie Manaar Insel, an 30 Miles Engl, lang, gegen N.W., bis zur Insel Ramisseram; eine Bank •* Engl. Meile breit, ganz aus Sand, theils über, theils unter dem Wasser, wahrscheinlich durch Strömungen und Bran­ dungen über Corallenriffen angehäuft, aber ohne merkbare Fels­ unterlage; denn bei der Untersuchung durchstießen die Jngenieurofficiere, bis 30 Fuß tief, immer nur Sand. Zu beiden Sei­ ten der Bank, in der Ferne von 2f bis 3 Miles, hat das Meer seine Tiefe von 36 Fuß (6 Klafter), und ist ganz frei von Obstructionen. Nur an drei Stellen finden sich Hauptöffnungen

T*) J. Cordinet Dcscr. I. c. p. 32. *°) J. Stuart Account 1. c. in Transaotiones etc. Vol. III, P II. p. 462. •') Major Sims Report L c.

154 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Adschn. §.102. in dieser Bank, welche eine Möglichkeit der Durchfahrt gestatten könnten. Nämlich zunächst die Lücke der Talmanaar,'Pas­ sn ge; 8 Miles weiter westwärts eine mittlere, und tl Miles weiter im W. die Tannn Cudy Passage. Die TalmanaarPassage ist die seichteste, hat nur 3 Fuß Wassertiefe an ihrer nördlichen Barre. Die mittlere soll tiefer als diese, aber seichter als die westlichste, die Tanny Cudy Passage, seyn. Diese ward als die günstigste genau aufgenommen; sie ist nur sehr enge, aber in der Mitte sehr tief, bis zu 30 Fuß; aber zu beiden Sei­ ten liegen dieser Tieft breite, gebogene Sandbarren vor, die nur 5 bis 6 Fuß Wassertiefe haben. Von ihr, westwärts, bis Ra­ mi sseram, ist diese Adamsbrücke überall mehrere Fuß über dem Niveau des Meeres hervörtretend; in den übrigen Theilen ist die­ ser Zug mehrfach unterbrochen. Zur Zeit der Monsune legen sich auf der Schutzseite bewegliche Sandbänke vor, indeß die Wind­ seite sich davon befreit, und wieder austieft. Auch wechseln mit den Monsunen die Starke undDirection der Strömungen, welche diese Barrieren durchfiuthen; Triebsand ist stets zu beiden Seiten dieser Barrieren der Adamsbrücke aufgehäuft. Der S.W.-Monsun bringt die stärkste Brandung. Nur bei besonders günstigem Wetter können beladene Barken (Dhonies mit Verdeck) hier durch schiffen; doch gelingt dies nur selten, und ist stets beschwerlich. Merkwürdig ist die Sage282), daß einst eine Holländische Flotte durch die Adamsbrücke den Verfolgungen einer Dänischen Flotte entflohen sey, daraus man schließen müßte, daß einst eine jener Durchfahrten tiefer gewesen sey. Könnte man die Heftigkeit der Strömungen durch Bollwerk von zwei Seiten vermehren, zwi­ schen welchen man eine Lücke ließ, so möchte diese durch eigene Gewalt eine tiefere Passage zu fegen im Stande seyn; doch würde ein solcher Wasserbau schon sehr theuer zu stehen kommen. 4) Die Insel Ramisseram, die berühmte Pagodeninsel, von deren Meridian die Hindu Astronomen, als dem ersten^), ihre Rechnungen beginnen, von welcher schon früher die Rede war (s. oben S. 9), zieht in derselben Direction, 10 Engl. Miles gegen N.W., und ist nur durch den engen P au m bum Canal, ii Engl Mile breit, von der continentalen Küste Ramnads ge­ trennt. Dahinwärts setzt nämlich ein Felsriff bis Point Ra, 2*2) Maj. Sims Report l. c. p. 9. 83) J. Stuart Account I. e. in Transact. of the Roy. Asiat. Soc. Vol. III. P. II. p. 462.

Ceylon, Paumbmn-Canal.

155

men (oder Tannetory) fort, den zur Südseite eine etwas irregu, laire Sandbank begleitet. Diese Localttät haben der Fähnrich Cotton auf Befehl Colonel de Havillands, und Capt. F u l, larton, 1822, genauer aufgenommen. Das Riff, eine west, licke Fortsetzung der Ramisseram Insel, hat 2250 Schritt (Uards) Lange von Ö. nach W., und wird durch 2 Parallelketten^) gebildet, die 14o Schritt auseinander stehen. DK nördliche ist die höchste und heißt der große Damm, ist bei seichtem Wasser meist sichtbar, doch nirgends ganz geschlossen, sondern läßt viele enge Wassergassen hindurch; die südliche ist der kleine Damm, der sich nur bei seichten Wassern zeigt, bei hohen Was, fern aber nur in einzelnen Felsen hervortritt Der Raum zwi, scheu dem großen und kleinen Damm ist überall mit ähnlichen Klippen erfüllt. Dieses Felsriff setzt auch auf dem Continente, gleichartig, in denselben Lagerungsverhältniffen, in gleicher Strei, chungslinie, und mit sanfter Abdachung gegen Süden, westwärts fort. Die Steinquader sind 2 bis 3 Fuß mächtig, nach Cotton die einzelnen Quadern wol io bis 12 Tonnen Last schwer. Ihre Lager, wie durch Kunst aufgebaut, sind aber zerrüttet, deuten je­ doch auf den ehemaligen Zusammenhang der Insel mit dem Continente hin. Die Trennung scheint durch Meeres, fluthen bewirkt zu seyn, welche von Stürmen gepeitscht die Fels, lücken durchrissen, dann aber durch nachfolgenden, unterminiren, den Wellenschlag und Verschiebungen. Noch bis zu 2tnfang des XV. Saec. hing die Tempelinsel Ramisseram, ihren Annalen zu Folge, mit dem Continente durch einen schmalen Isthmus zusam, men; denn der Triumphwagen des Götzen (Sawmye) ward 3 mal im Jahre bei Festivitäten zu Lande umhergefahren. Um das Jahr 1480, während der Regierung des 2lchudapah Naig Raja von Ma, dura, brach ein Sturm die erste Lücke; der zweite Sturm, bruch geschahe unter dessen Nachfolger. Nach einem dritten waren alle Versuche die Lücke zu füllen vergeblich; die trockne Verbindung mit dem Continente war aufgehoben, und alle 15 bis 20 Jahre erfolge, behaupten die Bewohner, ein neuer zer, störender Sturm. Derselben Bildung auf dem Trocknen scheint auch die des Felsriffs im Wasser zu entsprechen, dem sich zu bei, den Seiten gewaltige Schuttmaffen von Trümmerblöcken und 84) Cottons Report p. 3; Fullertons Survey p. 4; Maj. Sims Re­ port p. 10; l. c. Paper in Journ. of the R. Geogr. Soc. IV.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 102.

Sand vorhäuften, nordwärts bis 600, südwärts bis 200 Schritt (Pard) weit; jenseit folgt im Meere eine Wassertiefe von 14 Fuß, die Schlamm und Thonboden zeigt. Der ganze Felsriff ist ein Lager von weichem, leicht verwitterndem Sandstein, 1 bis 4 Fuß mächtig, aufliegend auf einer Schicht groben Kieses. 2(uf dein Continent haben die Bauern darin häufig Brunnen abgeteuft. Alle Schichten dieses Lagers find, durch die ganze Er st rekkung dieses Riffs auf dem Lande, wie bis zum PaumbumCanal, und! längs der 2l da ms brücke, vom Continent hin/ über bis Manaar und zur Ceylon Insel, sich überall gleich. In jenem Felsriff sind nur 2 Lücken bekannt; die eine an 5oo Schritt (Pard) vom Ostende, die größere, welche gegenwärtig allein nur Schiffe passiren, und 300 Schritt (Yard) von ihr in W. eine zweite, die nur für Canoes fahrbar ist. 2tber auch durch jene gehen nur einheimische Dhonet)s, die ihre Waare bei einem solchen Durchgänge oft umladen müssen, imb die Stelle nur bei Fluthzeit passiren können. Hat sich ein Dutzend solcher Schiffe dort zusammengefunden, so können während einer Fluthzeit nur immer 3 bis 4 derselben den engen sich windenden Canal passt/ ren, und die Kosten des Durchgangs machen für jede Barke 10 bis 40 Rupies; kein größeres Schiff kann hindurch. Wollte nmn auch diese Passagen des Paumbum-Canals und Riffs vertiefen, so würden doch die südlich vorliegenden Sandbänke noch wegzu/ schaffen seyn, was noch schwieriger seyn dürfte. Dies wären die verschiedenen Passagen, welche zu reinigen, zu sprengen, auszutiefen wären; doch ließe sich im West, 2 Miles von Point Namen, das Vorgebirge jener Ramnad Küste selbst noch durchstechen, und so ein ganz neuer Canal bilden, der nur an 1200 Schritt lang seyn müßte und etwa in 5 bis G Jahren Zeit vollendet seyn könnte. Die Möglichkeit einer auf verschiedene Weise zu verbessernden Schiffahrt durch die Ceylon/ straße wäre hierdurch erwiesen; der sicherste nnd mindestkostbare Plan wäre, nach Maj. Sims, die Aufführung jenes Bollwerkes mit der Lücke, um es der Strömung selbst zu überlassen sich dre Tiefe eines Fahrwassers von 12 brs 14 Fuß zu bahnen. Die Summen für verschiedene Wasserbauten zu jenen Projecten sind auf 7000, 15,000 und 4o,ooo Pfd. Sterlmg angeschlagen. Ue­ ber die Ausführung ist uns zur Zeit noch mchlv bekannt; vor­ züglich hatte sich der hochgefeierte Ch. Malcolm von Bom-

Ceylon, die Chankfischerei.

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bay^5) für eine solche Verbesserung interessirt. Die anliegenden Küsten von Ramnad, Shevaganga, Tanjore, zumal Ceylon, und die ganze Küste von Tinnevelky die Staaten von Travancore und Ceylon, wie alle Compagnieprovinzen bis Bombay, würden da, durch große Vortheile erlangen. Selbst die Nila Giri würden ei, nen bequemern Zugang gewinnen und die Beschiffung des Bey, pur,Flusses bis gegen das Hochland von Macamnd in Gang kom, men (s. 2(ften IV. 1. S. 959, 1012). Die Küstenfürsten, zumal der Zemindar von Ramnad, hatte schön ftine Zustimmung zur Durchschneidung eines neuen Canals gegebem Der M a n a a r, Golf und die Palks,Straße können mit Schiffen, von 1000 Tonnen Last, bis zu einer Englischen Meile Ferne vom Paum, bum,Canal befthifft werden; für dieft würde hier von nettem ein lebhafter Verkehr entstehen--wenn die Langweiligkeit des Umladens der Waaren auf kleinen Barken gehoben And ihnen selbst die di, recte Passage eröffnet würde. Die alten Zeiten' des Großhandels und der Waarenniederlagen der Kaufherren zu Mantotte und Manaar würden zwar nicht wiederkehren; aber Industrie und Agricultur im Norden der Ceyloninsel und an ihren Ge­ gengestaden würden einen neuen Aufschwung gewinnen, und die Population, welche gegenwärtig nur temporair in der Periode der iPerlfischereien sich an jenen Gestaden jährlich concentrirt, nicht so vorübergehend seyn. Die Häfen von Coromandel, Trin, comalli, Iaffnapatam, Mantotte, Aripo, Cochin und Travancore würden in directen Verkehr treten. VI,

Die Sanga, oder Chankfischerei im Norden der Adamsbrücke und der Insel Manaar. Die Sang amu sehe l der Singhalesen, oder Chanquo

Tsän ko (wie Concha der Römer und Griechen, s. Salmas. Exercit. ad Solin, \l. fol, 790), die Chank der Briten (Voluta gravis b. Iohnston, Voluta pyrum b. Chemnitz Vol, IX. tah. 104. fol. 884), gehört zu den Hauptproducten, welche aus den nördli­ chen Küstenmeeren Ceylons seit den frühesten Zeiten gefischt werden, und wahrscheinlich von jeher nicht Revenüen für den dortigen Handel darboten. Zur landerherrschaft auf. Ceylon war in Iaffnapatam

***) Capt. Fixierteii Smey I. e. p, 4.

(s. ob. S. 38) unbedeutende Zeit der Hol, eine Fischerei

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Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 102.

dieser Muschel eingerichtet, und daselbst jährlich vom September bis wieder zum August verpachtet; der geregelte Muschclfang fand nur an der Küste von Ceylon Statt, und an den kleinen, nahen Küstcninseln von dem Nord ende Calpentins^), bis zur Spitze Ca lamony, Iaffnapatam südwärts, gegenüber; also im Süden wie im Norden der Insel Manaar, aber nur in einer Wafferticfe von 3 Fäden, oder 18 Fuß, um die tieferlicgenden Perlbänke dadurch zu schonen. Nur 25 Boote, jedes mit 25 Tauchern, also mit 625 Tauchern, wurden zu dieser Fischerei zu­ gelassen, sie mußten stets als eine Flotte beisammen im Ange­ sicht der Pilotenflagge bleiben, und nur wenige Ausnahmen hier­ von wurden gestattet. Nur einregistrirte Taucher dursten die CHanks fischen, der ganze Ertrag' mußte in die Holländischen Magazins abgeliefert und vor der Ausfuhr von Gouvernements­ beamten inspitirt werden. Die kleineren mußten, der Brut wil­ len, sogleich wieder in das Meer geworfen werden. Der Lohn der Taucher war für die verschiedenen Sortm festgesetzt. Für die Sorte Pajel, lOQOStück 16| Rixdaler; für die Sorte Patty, das looo 13y, für die Sorte Wallampory (d. h. rechtsge­ wundene Muscheln) aber, die ungemein geschätzt sind, je nach der Größe das Stück 20 Rixdaler und mehr. Jene Boote, je­ des mit 25 Tauchern, waren zu schwerfällig, die Vorbeugung des Unterschleifs schwierig; viele kleinere Chanks wurden doch von dem armen Volke heimlich zurückbehalten, damit bei den Ueberfahrten zum Kontinente Schmuggelei getrieben, so daß man jährlid) diese auf 40,000 Stück anschlagen konnte; auch wurden grö­ ßere Tiefen ausgefischt als erlaubt war. Die Erfahrung lehrte, daß alle Wasser, nördlich einer 5inie87) von der Landspitze Tal, manaar und Canjangnlli (oder Canjanv-oly, am Nord­ westende der Insel Manaar), bis zur gegenüberliegenden Küste M, die 2te Sorte, Patty, gaben, die sich durch (inert kurzen, plat­ ten Kopf unterscheidet; aber alle Wasser im Süden jener Linie, nur die iste Sorte, Pajel, mit längern und spitzer« Kopf. Nie­ mals soll man eine Abweichung von diesem merkwürdigen Der, Vreituugsgesetz gefunden haben; dagegen fischte man die 3te Sorte, die rechtsgewundenen Wallampory, vermengt mit beiderlei Sorten. Als die Briten im September 1795 *••) Antli. Bertolacci View 1. C. p. 261 —263; vergl. Asiat. Joutn. Vol. XXIII. 1827. p. 469—473. ") ebend. p. 234.

Ceylon, Chankfischerei.

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Iaffnapatam besetzten, wurde die Verpachtung der Chankfischerei, schon in demselben Jahre, für 19,850 Rixdaler losgeschlagen, 1796 für 22,250; 1810 und 1811 schon für 50,000 und 64,468 Rixdaler. Aber bei diesen Verpachtungen waren die Taucher^) vom Continente vorgezogen worden; die Taucherfchule der Ceylonesen, die für Perlfischerei unentbehrlich ist, war dadurch sehr benachtheiligt, es waren auf der Insel nur etwa 200 Taucher auszllbringen gewesen, und das Gouvernement mußte bei den neuen Verpachtungen dafür sorgen diese wieder zu heben und in Auf­ nahme zu bringen. In neuerer Zeit gerieth diese Fischerei sehr in Verfall. Aus A. Iohnstons Nachrichten erfahren wir, daß zwar auch eine Chankfischerei im S.W. von Manaar, an der Continentalküste nördlich Tuticorin, vor Killekarrre sich befindet (s. oben S. 41), daß aber doch die wichtigsten Chankbänke im Besitz der Briten gegenwärtig nur auf der Nordseite^) der Insel Manaar und am N.W.-Ende der Insel Ceylon liegen, bis zu einer Tiefe von 3 bis 3^ Faden, 18 bis 21 Fuß, in welcher die Taucher ihre Vorschule machen, um aus dieser bis zur Tiefe von 8 bis 9 Faden, oder 48 bis 54 Fuß zur Pertauster hinab­ zusteigen. Der Chankfang oo) ist indeß anders wie der der Perl­ auster. Bei stiller See sieht der Fischer in klarer Seetiefe eine solche Ehank sich bewegender folgt ihrer Bahn, und ist sicher da­ durch auf eine größere Chankbank geleitet zu werden, wo er dann reichen Fang thun kann. Nicht nur die Verpachtung dieser Fi­ scherei war eine bedeutende Revenue für das Ceylon Gouverne­ ment, sondern auch noch zweitens der Ausfuhrzoll der Chankmuscheln, der jährlich an 5000 Rixdaler beträgt. Diese Muschel wird nämlich in sehr großer Menge von Iaffnapatam nach In­ dien ausgeführt. Dort wird sie in Ringe von allen Größen zer­ sägt, und von allen Hinduerinnen als Ornament in Brasseletten und Ringen an 2lrmen und Beinen, Fingern und Zehen getra­ gen. Der Hauptmarkt ist aber in Bengalen, wohin die Waare geht, weil da ein religiöses Vorurtheil beim Todtencultus hinzu­ kommt; denn zu vielen Tausenden ist dort auch die Nachfrage nach den ganzen Muscheln, weil keine vornehme Leiche, kein Rei-

■*) Anth. Bertolacci View 1. c. p. 269. #§) Al. Johnston on Ceylon Inscr. I. c. Tiansact. Vol. I. p. 543. Nr. 13. ,0) J. Cordiner Descr. Vol. I. p. 329, Vol. 11. p. 7.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102.

cher, ohne eine solche Sanga zur Erde bestattet wird. Auch dient sie zum Festschmuck der Tempel, und eine rechts gewundene, die von besonderm Werthe fetm soll, wird mit Golde ausgewogen. Diese Nachfrage mag schon uralt seyn; denn in den Annalen der Singhalesen wird diese Chank, welche daselbst stets (Santa291) heißt, schon in einem der obern Himmel (Dewa Loka) zu Ehren Buddhas geblasen, wenn dieser auf Erden wandelt; die Blasen­ den sind Halbgötter gleich den muschelblasenden Tritonen der grie­ chischen Mythologie. Zu den Großthaten ihres Heroen PusaDewa, gehört sein gewaltiges Blasen auf der Sanka; schon als Knabe (wie Herkules Schlangendrücker als Kind), daß seine Mitgespielen dadurch verrückt wurden, und die Bestien des Wal­ des wie die Vögel vor Schrecken starben, Dies Muschelhorn ge­ hört zur Hauptmusik in allen Buddhatempeln. Ehe der große Held und fromme König der Insel Lanka, Du tu Gomeny (150 Jahr vor Chr. Geb.), starb, beauftragte er in betn letzten Willen seinen Bruder, Prinz Tissa, seinen hinterlassenen Tem­ pelbau (Dagoba) zu vollenden, daselbst jeden Morgen Blumen zu streuen, jeden Abend Lampen anzuzünden, dreimal jeden Tag auf der heiligen Sanka-Muschel92) Musik zu machen und Almo­ sen zu spenden. VII. Die Perlfischerei int Golf von Manaar, auf den Bänken von Condatchy bis Aripo und bei Tutieorin. Die Perlauster, Mytilus margaritiferus Lin n., Meleagrina margaritifera La in., Mandarita im Sanskrit, d. h. die Reine, d. i. die Perle, Mar­ garita der Griechen und Römer. In einem Memoire Alex. Iohnstonsti3), im Jahre 1809, an den Marquis von Londonderry, über die Chank- und Perl­ fischerei, drang derselbe auf eine astronomische Aufnahme des Manaar Golfs, so wie darauf, daß Naturforscher aus­ gesendet würden daselbst die Natur der Perlauster, der Chankmuschel und der C o r a l l e n t h i e r e zu studiren, weil die ersteren Quellen so bedeutender Einkünfte für das Gouvernement abga­ ben, diese aber ein so actives Agens bei den Veränderungen des "») The Mahavansi ed. Ed. Upham Vol. I. p. 140. ") tbenb. p. 202, ") J. Stuart Account of the Pearl Fisheries I. c. Transactions Vol. III. P. II. p. 460.

Ceylon, Perlbänke.

161

Meeresbodes abgäben, was auch in Len seichten Gewässern des Manaar Golfes nicht außer Acht zu lassen sey, da diese Cor rallen und Madreporcn überall die Bänke jener Muscheln immer# fort überwuchern. Die in vieler Hinsicht noch vorhandenen Zwei# fei über die Schiffbarmachung jener maritimen Straßen, wie über die zweckmäßigste Benutzung der genannten Muschelbänke, wür# den hierdurch wahrscheinlich ihre Auflösung erhalten. Noch sind diese Wünsche nicht alle erledigt, doch die Beobachtung einiger­ maßen seitdem fortgeschritten. Die Perlbänke liegen nur im Süden der Insel Ma­ naar, auf einem beschränkten Raume an der flachen Westküste Ceylons vor Chilaw, Putlam, wo jedoch die Perlfischcrei nur weniger OH ergiebig wie auch anderwärts (z. E. in Mergui, s. Asien IV. 1. S. 121) betrieben wird, vorzüglich aber vor Kudiremalai, Condatchy, Aripo und Manaar, doch in sol­ cher Entfernung von diesen niedern Vorländern, daß eben dieses wenige Landmarken für das Auge der Steuerleute darbieten kann. Diese flachen, öden Gestade sind ausgedehnt zwischen 8° bis 9° N.Br. Die Lagermasscn der Austern in weit größerer Tiefe als die der Chank, sind von verschiedenen Altern nach der Zeit ihrer Ansiedlung, aber keineswegs von sehr weiter Ausdehnung, sondern nur auf engere Gruppen concentrirt, deren Lage mit jedem Jahre wechselt, weil nicht nur neue hinzukommen, sondern die alten ab­ sterben, und jährlich viele Strecken der Bänke mit den wechseln­ den Stürmen der Monsune und Brandungen weggeschwemmt oder mit neuen Sandbänken zugedeckt werden. Nichts, sagt da­ her Capt. Stuart, sey größer als die Verwirrung der Adanapars, d. i. der Hauptleute der Perltaucher, über die gegenseitige Lage der Austcrbänkc. Die einzigeo°) Landmarke, die sich von der Wasserhöhe der 2lusterbänke drei Seegclstunden fern vom fla­ chen Ufer erblicken läßt, ist der Hügel bei K u d i r e m a l a i (s. ob. S. 21),. der aber doch zu flach und niedrig ist, um bei allem dor­ tigen Mangel an astronomischer und anderer tactischer Schiffer­ kenntniß, durch den Compaß, das jedesmalige Wicdcrauffindcn der Stellen über den Perlbänken möglich zu machen. Man hat daher stets Mühe gehabt die Identität der 2lusterbänke für die verschiedenen Campagnen z» bezeichnen. Mehr nautische Einsicht M) J. Cordinet Descr. Vol. 1. p. 340.

«itter Erdkunde

VI.

**) ebcnd. Vot. II. p. 42.

L

162 Ost-Asien. Vor-er-Indien. IV. Abschn. §. 102. würde auch eine vollkommnere Methode des Perlfanges herbei/ führen. Den jetzigen Adanapars fehlt alle Kenntniß derMa/ rine, und jede Energie des Characters, die den Schiffern der Nordsee und anderer Gewässer eigen, hier eben so ersprießlich seyn würde, muthig den Gefahren der Corallenklippen, der Sandbänke, der Strömungen, der Stürme und der Monsune entgegen zu tke/ ten. Sie kennen zwar den Compaß, wissen aber nur von der Väter Zeiten her nach den verschiedenen Perlbänken um Aripo zu steuern. Alles, meint Capt. I. Stuart^), sey hier wol ohne Fortschritt in dieser Kunst des Einfanges geblieben, wie seit den frühesten Zeiten, als die Perlen zu Cleopatras Schmuck an diesen Küsten gefischt wurden. Schon die allgemeine Vorstellung des Volks vom Entste/ hen der Peclc97) beweiset diese Sorglosigkeit; nach ihnen sol/ len die Perlen — und dies weiß schon Solinus^): „Magi* de cuelo quam de mari partus habent” offenbar ein Stück alt/ indischer Zoologie — vom Himmel aus den Wolken herabregnen, ein schönes Bild für den blitzenden Regentropfen im Sonnen/ strahl der in das Meer fällt, oder für den Erguß einer Wasser/ hose, wo Himmel und Meer nur als Eins erscheinen. Auch ge/ schehe es wol, bemerkt I. Stuart, daß Fischlaich einmal mit Meeresdünsten zu den Wolken emporgehoben dann wieder herabfalle, und die Vorstellung von Himmelsbrut im Meere habe erzeugen können. Dieselbe Vorstellung haben die übrigen Orien/ ralen angenommen, und z. B. Kazvini'") hat schon ein merk/ würdiges Kapitel über diese Naturerzeugung der Perle gegeben, das Bochart erklärt hat. Doch sind dies nicht die einzigen la/ cherlichen Ansichten von der Perle, meint I. Stuart, deren Ge/ schichte noch Niemand kenne, die aber in allen Literaturen des Orients, und zumal in den Schriften der Hindu, der Perser und Araber so häufig ein Gegenstand des Redeergusses sey. Die kleinste Brut der Perlauster (Mytilus mavgaritiferiis oder -Meleagilna margaritifera Lainark) schwimmt in großen Schaaren, dem UN/ geübten Betrachter, einer Art Fischlaich gleich, durch das klare Gewässer der Küstensee, und wird vom Spiel der Winde und Strömungen an der Insel weit umhergetrieben. Die fast Mieros/ **•) J. Stuart Account I. c. p. 458, 462. »») J. Stuart tbtnd. p. 452. **) Solini Pol>histor. e. LIII. ed. Salmasius p. 61. ) Bochart Hierozoicon II. L. 5. c. 5. sol. 675, 20.

Ceylon, Perlbanke.

163

copische Austerbrut, sagt % Eorbiner300), bewege sich durch die Meere mit größter Geschwindigkeit, während die ältere Auster stets an dem einen Felsen klebt, und die alte abgefallene jede Fähigkeit zur Locomotion verliert. Nach dem Umhertreiben kle­ ben sie sich an dxn Fels, meist Corallenfels, fest, oder an irgend einen schweren Körper, vermittelst ihres Bartes oder Byssus. Ein Holz am Anker, das nur 6 Wochen in See gelegen, hatte sich in dicken Klumpen auf diese Weise mit Perlaustern besetzt, die von der Größe eines Schillings waren, nach I. Stuarts Beobach­ tung. Die Austermuschel mag also weit verbreitet seyn, aber nur innerhalb des Manaar Golfs an der continentalen Seite auf einer kleinen Bank von Tuticorin (s. ob. S.ll) und auf der Seite von Ceylon in weiterer Ausdehnung, gelangt ihr Pro­ duct, die Perle, zu gewisser Größe und Vollkommenheit, und vorzüglich wiederum nur auf den Bänken vor Condatchy und Aripo, die dortigen Corallenbänke entlang, die 1 bis 6 und 8 Englische Miles fern vom Ufer liegen, und den Strömungen der dort stets bewegten Meere wie der Monsuns am stärksten aus­ gesetzt sind *), Die drei letzten Perlfischereien auf der Aripobank, denen I. Stuart vorstand (seit 18Z0), gingen in eine Tiefe von 30 bis 42 Fuß (5 bis 7 Faden); in W. und S.W. waren sie durch Sand und Corallen geschützt, und dehnten sich nordwärts der Gruppe der CarediLen gegen Aripo hin aus. Seewärts ist die Wassertiefe über dem Corallenriff nur bis 3 Faden, dann senkt es sich in starker Böschung, schnell, bis zu 7 Faden in die Nähe der Austerbänke hinab, die sich in dessen Schutze angesie, delt Haben, Denn auch im Norden derselben Perlbänke erheben sich jene Cyrallenriffe beinahe bis zur obern Fläche des Meeres, und bilden so offenbar ein sicherndes Bollwerk für jene, gegen den Andrang der Nordost-Monsune, und der durch sie erregten heftigen Strömungen. In diesen Thaltiefen des Meergrundes sind die Austerncolonien an die Corallenklippen festgeklammert durch ih­ ren Byssus, bis die Bartfiebern vor Alter geschwächt ihren Dienst versagen, und die Austermuschel abgefallen auf sandigem Grunde der Corallenbank vorliegt. Zwei Drittheile der Austern der *00) 1 Cordiner Derer. I. c.,,Vol. II. p. 43. |i. 45$; Antb. Bertolacci View p. 191.

*) J. Stuart I. e.

L 2

164

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV.Abschn. §.102.

letzten Fischerei (1833) lagen auf diese Weise ganz lose auf dem Boden. Einer der erfahrensten Taucher bestimmte das Alter der Auster auf 6-| Jahr, wo sie vom Fels abfällt, stets zu einer be, stimmten Lage sich dann beim Abfall dirlgirend. Bei I. Stuarts Sundirungcn auf dem Riff dieser Corallcnbank, die von den Ca, rediven Inseln nordwärts ausging, war er erstaunt durch sie einer Austerbahn auf die Spur zu kommen, die zu den be, kannten Auster banken führte, von der er vorher niemals et, was gehört hatten Aufforderung genug sie genauer zu untersuchen. Die Sage von dieser Stelle ging, eine mächtige Königin residirle hier einst zu Kudircinalai (s. oben S. 21, 42); die Todten ihrer Stadt wurden auf jener Insel begraben, die aber seitdem dort versunken sey. Doch hält I. Stuart diese Austcrbahn nur für «ine Corallcnbank, der sich Sandbänke zugesellten. I. Cordi, ners 3ui) an Ort und- Stelle eingesammelten Nachrichten z» Folge, sollten die Pcrlbänke im Golf von Manaar, 1804, sich über einen Raum verbreitet haben, 30 Engl. Milcs von 91. nach

S.

und 24 von O. nach W.; von 14 daselbst ausgebreiteten Perl, bänken ist die Rede, die jedoch nicht alle productiv waren. Nur 2 bis 3 von ihnen konnten in einer Saison «rploitirt werden. Die größte dieser Bänke giebt man auf 10 Englische Miles (4 Stunden) Länge und 2 Miles Breite an.

Die übrigen sind weit

kleiner. Nur die Dicke ihrer Austernschicht erhebt sich über die Umgebung, ihre Unterlage nicht. Die Wassertiefe in der sie sie, gen ist von 3 bis 15 Faden, aber in 6 bis 8 Faden Tiefe ist die beste Fischerei. Leider konnten sich die neueren Beobachtungen der Briten nicht unmittelbar an die Erfahrungen der Holländer in diesen Ge, wässern anreihen, weil diese eine Reihe von Jahren 3 AUstcrge, nerationen hindurch, daselbst das Geschäft des Perlfanges gänz» sich vernachlässigt hatten, aus welchem Grunde ist völlig unbe, kannt geblieben 3), denn es lag am Tage, daß in jener Periode während 28 Jahren sehr viele Austern gestorben und samint ih, ren Perlen in den tiefern Meeresgrund weggeschwemmt seyn muß, ten, der hier wol die größtem Perlen schätze enthalten möchte. Seit 1768 hatten die Holländer keinen Perlfang betrieben; 1795 hatten sie schon wieder eine Commission mit der Untersuchung der

*••) J. Cordiner Dnet. Yel. II. p. 41. p. 256.

*) Anth. Burtolacci View

Ceylon, Perlfang.

165

Perlbänke beauftragt; sie hofften nach so langer Brachezeit wol ans bessern Ertrag. Aber England entriß ihnen die reiche Ernte;

in den Holländischen Archiven zu Jaffnaparam fand

man die Berichte jener Commission vor, und schritt sogleich zur Verpachtung. Das erste Jahr betrug, die Pachtsumme *), die das Britische Gouvernement für 1796 erhielt, 60,000 Pfd. Slcrl.; 1797 stieg diese für die bestimmt erlaubte Saison (gewöhnlich 30 Tage) auf 110,000, mit einiger Verlängerung derselben bis zu 144,000 Pfd. Stcrl. Gewinn; 1798 stieg die Verpachtung bis 140,400, mit einiger Verlängerung sogar bis auf 192,000 Pfd. Steel., der höchste Ertrag, der je von dieser Fischerei bekannt rvard, weit über eine Million Thaler. Es folgte der zu großen Hab­ gier, da man statt der bei Holländerzeil gewöhnlichen 150 Boote, jetzt 200 bis 250 Boote zum Fang bemannte, die schwerer zu conlroliren waren und leichter aus den Raubbau ausgehen konn­ ten, auch bald Erschöpfung der Pcrlbänke; das Jahr 1799 brachte nur 30,000 Pfd. Stcrl. Pachtsnmme ein, das Jahr 1804, nach I. C ordiner, der dieser Fischerei unter Gouverneur North beiwohnte, nur 75,000 Pfd. Sterling. Schon im Jahre 1798 fand man vcrhältnißmäßig nicht mehr so viele und große Perlen als in den Jahren 1796 und 1797, nach Mr. Laughtons Ansicht, weil man die Pcrlbänke zu sehr gestört hatte. Man haue zugleich «ach dem zu langen Bracheliegen, während der Hollän­ der Seit (1768 bis 1795), gewaltige Haufen todter Austern auf den Bänken gesunden, die dort abgestanden, und von denen nur die Muscheln ohne die Perlen übrig geblieben warm. Das Alter der Pcrlauster ließ sich darnach aus 7 bis 8 Jahre berechnen. Bleibe« die Pcrlbänke also längere Zeit unbenutzt liegen, so ist der Verlust offenbar, wenn amh unmittelbar nachher die Ernte wie 1796, 1797 und 1798 sehr groß ausfällt. Diese Gefahr, daß die Austerbänke hinführo vor Alter stürben, war unter Brikischeul Gouvernement nicht mehr zu befürchten, da die Regcutschft jedes Gouverneurs von Ceylon in der Regel weit kürzere Zeit dauert als e i n Austerleben, und während dieser Periode so viel Gewinn als mdgüch aus solcher Stellung gezogen werden muß. Auch die kleinere Perl-Austerbank, Chilaw gegenüber, aus der Dekanseite in Tinncvclly, vor Suticomt, ward von den Briten besser be­ nutzt; sie gab

nach

4) ebcnd. p. 257;

An th. Bertolaccis Mmheilung im GeJ, Cordiner Descr. Vol, II. p. 70.

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Ost-Asien. Vorder-Jndicn. IV. Abschn. §. 102.

gensatz der großem, seit 1803, zwar auch Wechsel, doch steigen/ den Gewinn. Es brachte ihre Verpachtung ein: 1803, 15,000 Psd. Sterling; 1804, 75,000; 1805, 35,000; 1808, 90,000; 1809, 25,000; 1810, 26,980; 1814, 64,000 Pfd. Sterling. Ein besonderer Bericht3U5) der Fischerei von Tuticorin vom Jahre 1820 sagt, daß die dortigen Perlen von geringerer Qualität, als die von Condatchy seyen, nämlich eine mehr bläuliche und grün/ liche Tinte haben. Die Tulayeram/Bank sey in diesem Jahre von 50, 60 und 75 Taucherbooten befischt worden, die 2,203,658 Austern heraufbrachten, davon den Tauchern t gehörte. Während der Fischerzeit von 6 Wochen sey die Bank so erschöpft worden, daß in den nächsten Jahren die Fischerei ausfallen mußte. Seit 1814, bemerkt I. Stuart, sey der Ertrag der Perlbänke nicht mehr sehr bedeutend gewesen; ob heftige Strömungen und Winde etwa die 2lustern im Sande begruben oder wegführten, oder ob die Berichte der Adanapare verfälscht wurden, ob etwa Plünderungen der Perlbänke vom Gestade Dekans durch Raub/ geschwader Statt fanden, oder ob andere Fischereien der Perl/ fischerei nachtheilig geworden waren? Man konnte es nicht beur/ theilen 6). Die Eingebornen behaupteten, Raubfische fräßen die Austern auf, und Mangel an Regen, den sie für eine nothwen/ dige Bedingung der Austernerzeugung ansehen, sey gleichfalls eine Ursache der Verminderung. Die besten Perlen 7) findet man in dem musculösesten Theile der Auster, nahe am Schloß, doch auch in allen andern Theilen des Thieres an der innern Muschelwand, die mit Perlmutter überzogen ist; ihre tropfenartige Auswüchse sind die ächten Per/ len. Von der kleinsten Stecknadelknopfsgröße (Seed pearls) bis zu bedeutendem Umfang wachsen sie heran, häufig mehrere oft viele in einer Muschel. I. Stuart zählte in einer einzigen 67 Perlen; I. Cord in er giebt ihrer bis zu 150 darin an; dagegen werden oft Hunderte von Austern geöffnet, in denen sich keine ein/ zige Perle findet, und jene sind meistens nur wie kleine Sand/ körnchen, gänzlich unbrauchbar, Saatperlen (Seed pearls) ge­ nannt, die man nur zum Brennen des Perlkalkes für die reichen Chinesen gebraucht, deren Luxus es ist, diesen Perlkalk mit Betel und Areka zu kauen. S06) W. Hamilton Descr. of Hirni. II. p. 484. count I. e. p. 454. r) ebend. p. 458.

«) J. Stuart Ac­

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In den zum essen besten Austern «) finden sich keine Perlen; die Perlaustern sind fetter und schleimiger als andere, daher sie zum essen für ungesund gehalten werden. Man hatt daher die Perlenbildung für das Zeichen einer Krankheit, dann mußten aber fast alle jene Austern krank und die Perlausternbänke ihre Hosprtäler seyn, da doch nur wenig ohne alle Perlenbitdung an diesen Stellen sind. Man halt sie bekanntlich auch für schaaliae Sicherungen des Weichthieres gegen Verletzungen von außen, oder gegen eindringende Körper; doch sind darüber die Untersuchungen der Naturbeobachter noch nicht weit genug gediehen. Das Thier ist allerdings sehr delrcater Natur, es laßt sich auf kerne Weise verpflanzen; was sehr vortherlhaft zur Anlegung neuer Perleolonien seyn würde. Die Versuche9) des Gouverneurs North sind in dieser Hinsicht alle mislungen, I. Stuart konnte sie nicht einmal von Aripo bis Colombo am Leben erhalten, obwol er ih­ nen immerfort frisches Wasser gak Die große Perlfischerei zu Condatchp und Aripo iw Frühjahr ist es, welche jene jetzt öde Küstengegend, die im übrigen Theile des Jahres wie ausgestorben erscheint, alljährlich mit einer temporairen Population von mehr als 100,000 Men­ schen erfüllt, und einen Zusammenfluß von Schiffen und Men, scheu erzeugt,, der das Ansehn der belebtesten Messe gewinnt, auf deren Ertrag, wie auf eine Lotterie mit kleinen und großen Loo­ sen, das Küstenvolk der weiten umliegenden Gestade hofft, und die Speculanten, von Madras, Tuticorin, Jaffnapatam und andern Orten, für das ganze Jahr ihre Rechnungen stellen. Jedermann läßt seiner Phantasie freien Spielraum, dort sein Glück irgend einer Art zu träumen: und dies zieht viele Volks­ massen aus weiter Ferne zu diesem jährlich sich wiederholenden Schauspiele, hin, das so eben 30 Tage im Jahre zu dauern pflegt. Jeden Herbst werden, im Intervall der S.W., und N.O.Wonsune, von Ende October an, ein halbes Jahr vorher, im No­ vember, die Perlbanke im Aufträge des Gouvernements regel, mäßig einer Jnspeeuon vom Obereinnehmer in Manaar unter­ worfen, den ein Jnspector und Dolmetscher begleitet, zur Beur­ theilung des Perlsangs im nächsten Jahre. Ein königliches Wachts)

J. Cordiner Descr. VoL J. Stuart 1. c. p. 354.

11.

|>.

Hl, 07.

*) tbend. 11.

p. 40-

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schiff, von 2 Seegelboten dcr Rcgicrungsbcamtcn in Colombo 6c< gleitet, mit 8 einheimischen Fischerbooten von Manaar und Jaffna, auf denen die Adanapars oder dieHauptleutc, mit ihren Tau, chern, mustern die Bänke. Die Adanapars haben die Oertlich« keilen zu verzeichnen, das Alter der Austern und ihre Reife zue nächsten Fischerei zu bestimmen. Nur für Europäer werden bei solchen Untersuchungen zuweilen Taucherglocken gebraucht.Der genau verzeichnete Bericht wird an das Gouvernement in Colombo eingereicht. Die einjährigen Austern sind von der Größe eines Mannsnagels, die 7 jährigen, groß wie eine stäche Hand; bis zum 4 kn und 5ten Jahre bleiben sie klein, dann aber wachst die Muschel schnell groß, das Thier stirbt aber bald ab. Bei gün­ stigem Berichte wird die Perlfifcherei für den nächsten Februar oder März, in Englischer und Malabarischer Sprache, durch daS ganze Land angesagt, und die Eigenthümer der Boote, die Tau, cher und Pächter werden zu dcr Bay von Condatchy, und nach Aripo, gewöhnlich auf den 20. Febr. eingeladen. Das Gouvernementshaus^'») auf der jetzt öden aber monumentenreichen (s. ob. S. 39, 42) Küste von Aripo, war damals wenigstens das schönste Gebäude auf dcr ganzen Ceylon, inscl; unter 8° 47 N.Br., 79* 40' 0.8. v. Gr.; ein Palast in dorischem Styl aus Quadern, seit der Englischen Besitzergreifung, erbaut, und von außen mit dem schönsten Stucco von Auster, schaalenkalk(Chunam) überzogen, der das brillante Aussehn von weißem Marmor gewinnt. Die Anwendung dieses trefflich, sten Kalkes der Pcrlauster zu Bauwerken geht in die früheste Singhalesenhistorix zurück, wo es in den Annalen gerühmt wird,daß die Kuppeln ihrer Tempel") mit diesem reinen Weiß über­ zogen wurden, um dann mit Blumen und Goldornamentcn ge, ziert zu werden. Dcr Palast zu Aripo, weithin scheinend, ist ein Schmuck der ganzen Gegend, die flach, sandig, unbebaut umher, so weit das Auge reicht, sich ausbreitet. Es wurde vom Gou, verneur North aufgeführt, und ist nur von wenigen Baum« Pflanzungen umgeben; freiwillig gedeiht dort im trocknen Sand, toben nur Dorngestripp. S Englische Milcs weiter südwärts liegt der Ort Condgtchy, der sonst nur aus wenigen Hütten besteht. J- Cordiner Descr. VoI.II. p.36. tabnl. ebend.; f. G. Vic. \alentta Tray. Lond. 1809. Vol. I. p. 335. ") Maharansi ed. Upham I. p. 223.

Ceylon, große Perlfischerei.

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in dieser Zeit aber z» langen Straßen bis Aripo läng- dem Ge-' stade heranwächst, wo Hütte neben Hütte, von Zweigen und Palm« blättern aufsteigt, in denen Lubbies, d. i. eingeborne Akoham» medaner, Moren, d. i. Mohammedanische Handelsleute aus der Ferne, Malabaren, Coromandeler und andere Hindus ihre Buden aufschlagen. Da die Singhalesen, oder die Buddhistischen Ccylonbewohner, zu feig und furchtsam sind, um gute Schiffer und Taucher abzugeben, so nehmen ste selbst den geringern Antheil an dem Hauptfcste ihrer Insel, zumal, da sie auch schon bei der Chankfischcrci in der früheren Zeit Hintange, setzt waren, und beschränken sich nur darauf, als Küstcnsischer, von Negombo ans, auf ihren Barken die Menschenmenge mit Fischen zu versehen. Dagegen versammeln sich daselbst die Boote mit den Tauchern von Manaar, Iaffna, Ramisseram, Nagore, Tuticorin, Killicarre, selbst von Travan, tore und Coromandel bis Madras. Es sind offene Boote, von 8 bis 15 Tonnen Last, ohne Verdeck, deren Vorder, und Hinterthcil gleich, oben 40 Fuß lang, im Boden nur 28, ohne Kiel, nur einmastig, schwerfällig und häufigen Unglücksfällen aus, gesetzt. Sie gehen ungeladen keinen Fuß tief im Wasser, und tragen in der Regel 23 bis 24 Mann, nämlich den Tindal oder Piloten, io Taucher, 10 Munducs oder Bootsleute, welche die Taucher und ihre Beute heraufziehen, einen Steuermann und einen Jungen zum Wasserschöpfen, wozu noch ein Jnspector des Pächters kommt, um jedein Betrug zu begegnen. Jedes Boot hat 5 Tauchersteine und geflochtene Körbe zum Einsammeln der Austermuscheln, weil stets nur 5 Taucher beschäftigt sind, wäh, rend die andern sich erholen. Eine, Schaluppe wird indeß über die Perlbänke stationirt, wo sie ihre Anker wirft, um für die ganze Compagnie als Signal der Fischerei zum Centtum zu die, neu, nach dem sich alle andern Boote zu richten haben. Die Barken der Piloten umschiffen diese Schaluppe im Umkreis von 12 bis 15 Miles, sundiren und tauchen beständig, um die passen, den Bänke für ihre diesjährige Ernte zu finden. An solchen Stellen werfen sie eine Tonne oder ein kleines Flooß mit bunt, farbigen Flaggen als Wahrzeichen aus, und diese werden als so viele Stationen dem Fischerbuche einregistrirt. Doch bleiben diese nicht für immer stehen, weil sonst eigene Wachtschiffe zur Siche, rung gegen Piraten in der Zwischenzeit nothwendig wären, da ja die Tauchcrflotten nach jedem Tagewerk von diesen Stellen wie.

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Ost-Asien. Vorder-Jn1>ien. IV. Abschn. §. 105.

der einige Stunden weit nach dem Lande zurückkehren. Es wer, den hierdurch zugleich die verschiedenen Pryductioncn der versMiedenen Localitäten der Austerbänke ermittelt. Zwar sind die Perl» a u st e r n alle von derselben Species M), oval, 9i Zoll in Um­ fang, von einerlei Form, und sollen auch von ähnlichem passen, dem Alter seyn, wonach eben die Auswahl der Bänke gemacht wird; dennoch haben sie verschiedene Qualitäten und Namen, nach dem Boden, auf dem sie liegen, nach den Zoophyten, die ihre äußern Schaalen überwachsen und so häufig bedecken. Aber auf der einen Bank sind alle Austern mit einer Art Seeschwamm (Coda der Schiffer) ganz überschattet, auf einer andern sind sie wie mit einer rothen Substanz umgeben, die mit Betelfarbe ver­ glichen wird, wonach diese Art mit dem Namen Codapgkkachippy belegt wird. Diese beiden genannten Arten werden für diejenigen gehalten, welche die besten Perlen geben. Andere Bänke liegen ganz frei, noch andere ganz mit Corallenbäumchen bewachsen, die fünfmal schwerer als die Muschel selbst sind, noch andere hängen fest am Fels wie die jünger» Austern, die dann in ganzen Klumpen mit ihren Byssusfiebern zusammenhängend her­ vorgezogen werden, noch andere, wie die älteren schon schwach ge­ wordenen, abgefallenen, liegen ganz lose oder im Sande begra­ ben. Die Höhe, zu welcher sie aufgeschichtet liegen, soll nach der Aussage verständiger Taucher nicht über 1 4 bis 2 Füß betra­ gen, und wenn andere zuweilen von einer Mannshöhe sprechen, die ihnen bis an das Kinn reiche, so sind dies nur Corallenstücke die unter dem Wasser leicht mit Muschelbänken zu verwech­ seln sind. Während diese Vorbereitungen getroffen werden, ist auch, das Gouvernement über die Generalpacht13) mit einem ober einigen der Entrepreneurs im Reinen, die gewöhnlich aus Jaffnapatam oder Eingebome von Dekan, wie Agenten großer Handelshäuser von Madras, oder anders woher sind. Wollte das Gouverne­ ment die Pacht mit den einzelnen Booten abschüeßen, so würde es mehr Gewinn, aber auch unsägliche Mühe davon haben. Die Speculatiyn des Afterpachtes überläßt es den Generalpächtern; fällt die Ernte schlecht aus, so muß das Gouvernement immer etwas an der Pachtsumme schwinden lassen, um das nächste Jahr ***) J. Gordincr Daset. Yol. n. r». View p. 193.

") Antli. Bertolacc*

Ceylon, große Perlfischerei.

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nur wieder ein Gebot z» bekommen. Ist aber die Ernte ergiebig, so können außer den bedungenen 30 Tagen der Fischerzeit noch spatere gegen Erhöhung der Pachtsumme zugefügt werden. Im Jahre 1804 war die gebotene Pachlsumme auf 30 Lage mit 150 Booten zu fischen 120,ooo Pfd. Sterling; da aber die Ernte schlecht war, wurde etwas über i erlassen und nur 75,ooo Pfd. Sterl. bezahlt. Der Pachter ließ sich von den bestequipirten Boo, ten als Unterpacht 3000 Pagoden, von geringern 2500 Pagoden zahlen, behielt aber die meisten für seine Rechnung. Oester un­ terbrechen Stürme und böse Wetter den Perlfang; dann schiffen die Taucherboote sogleich ans Ufer zurück; begünstigt aber das schöne Wetter den Fang, so werden noch überzählige Tage hinzu­ gefügt und diese pro rata bezahlt. Täglich werden die fischenden Boote vom Gouvernementsanfseher einregistrirt, damit die Zahl von 130 Booten für 30 Tage nach dem Pachtcontract erfüllt werde. Gehen nur 75 Boote aus, so wird dies nur als ein hal­ ber Tag gerechnet, 300 Boote gelten für 2 Tage u. s. w. Auf solche Vorbereitungen langte in demselben Jahre (1804) der Perlfischerei, die I. Cord in er") am vollständigsten beschrie, ben hat, der Gouverneur North, dessen Begleiter er war, am 11. Fcbr. mit großem Gefolge in seinem Küstenpalaste zu Aripo an. Er hatte C Tage von Colombo bis dahin gebraucht; ein Corps Cavallcrie von 200 Soldaten mit nativer Ceylon Infan­ terie und Bengal Bolontaircs, unter 4 Englischen Officiercn und ein paar S-chspfündern, die dort während der Fischerzeit aufge­ pflanzt rourten, begleiteten seine Herrlichkeit. Seine Familie kam in 13 Palankinen, jeder von 13 wohlgekleideten Trägern, Sea, poys u. s. v. begleitet an. Die Hauptwache, das Lager, unter Major Herbert Beavers Commando, formirte sich. Zelte und Hütten für unzähliges Volk bedeckten die Gegend. Statt res angesagten Termins, 20. Februar, kamen die Fi, scher erst an 28sten und die Boote waren erst am 3ten Mär; complet, so verzögerte sich, wie stets nach der Landessitte, auch hier das Gschäft. Am 8ten März durften 250 Schiffer auf den Fang ausgchen, bald wuchs noch die Zahl auf 300, und zu glei­ cher Zeit varfen an 300 andere Schiffe ihre Linker längs dem Gestade; »it deren Equipagen bestiegen zahllose Landleute aus allen Welhegenden das Ufer, um an dem Feste und dem Ge,

,4) J. Grdiner Descr. VqI. II. p. 47.

172 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102. nnnn Theil z» nehmen.

DaS ganze Gestade der Condatchy»Dal,

bis Aripo, war auf das munterste von einer Population von

150,000 Menschen belebt, und einer Flottille von mehr als 600 Schiffen, die hier wahrend der 30 Tage bei dem schönsten Wet» tcr verweilten.

Eins der merkwürdigsten Schauspiele auf Ceylon.

Ist nun die Stunde der Ausfahrt"») von dem ungemein günstig gelegenen Condatchygcstade erschienen, so wird vor Mitte» nacht, wenn der Landwind günstig ist, durch das Gclönc der Hör» ner, der Tamtams und durch einen Kanonenschuß das Schiffervvlk aus dem Schlafe geweckt. Das Getümmel des Durch» «inanderlausens, das Zusammenraffen der Bedürfnisse aller Art, von wenigstens 6000 Menschen, im Dunkel der Nacht ist gcwal» tig. Denn der Aberglaube verlangt vor dem Wagestück und dem Glücksfange eine Anzahl von Ceremonien, Ablutionen, Beschwö, rungcn aller Art, ehe man unter Seegel geht. Nun scegelt der Adanapar, oder der große Pilot voran, die andern folgen nach, die Laterne der stationirtcn Schaluppe ist ihr Wegweiser in der Nacht. 2" der Nähe der Bank werfen alle Boote die Anker aus, und erwarten die Morgendämmerung. Mit dein ersten Morgen, strahl setzen sie sich wieder in Bewegung, jedes Boot nimmt seine bestimmte Stelle auf der Bank um die Schaluppe und die far, 6igcn Flaggen ein, und läßt seine Linker sinken. Um J7 oder 7 Uhr, wenn die Sonnenstrahlen etwas Wärme geben, fängt mit dem Signal der Schaluppe das Tauchen an. Ist das Wetter günstig, so hört der Landwind mit dem Sonnenaufgang auf, um

9 und 10 Uhr ist die See ein ruhiger Spiegel. Mittags giebt ein Kanonenschuß das Signal zur Beendigung des Tauchens, ein angenehmer Seewind treibt nun die Flotte der gefüllten Boote zum Lande zurück. Zu jeder Seite des Bootes wird ein Gerüste ausgelegt, von dem der Taucherapparat herabhängt, zumal die Tauchersteine, 3 an der einen, 2 an der andern Seite. Sie sind von Zuckerhut» gestalt, und wiegen, nach der Schwere des Tauchers, 15 bis 25 Pfund; große Taucher haben noch 4 bis 8 Pfund Uebergcwicht im Gurt stecken, um so lange unten bleiben zu können, bis sie ihr Korbnctz gefüllt haben. Der Tauch erste in hängt mit Oeh» sen oben an Doppelstricken, die an seiner Spitze eine Schleife bilden, in die der Taucher wie in eine Art Steigbügel seinen ei»

,l1) J. Cordtner Des«'. 11. p. 50, J. Stnart i. c. p. 355.

Ceylon, große Perlfischerei.

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NM Fuß seht, während er den andern in den Korb, der am Strick hangt, stellt und anklemmt, welchen er mit in die Tiefe nimmt. Dieser schwere Stein führt ihn mit Schnelligkeit hinab zur Tiefe, so bald er, die Nasenflügel mit der Hand zuhaltend, den Strick fahren läßt, der ihn noch oben über dem Wasser m hielt. Auf dem Meeresgrunde läßt er den Stein los, der sogleich zurückgezogen wird, er selbst aber wirft sich aufs Angesicht, hält sich am Boden fest, rafft schnell Alles auf und zusammen, wo, mit er seinen Korb füllen kann. Er kriecht deshalb wol über ei, nen Raum von 4o bis 60 Fuß hinweg, während der Minute sei, nes Untertauchens; so wie er an dem Seile seines nun vollen Flechtkorbes schüttelt, wird dieser schnell cmporgczogcn, und ec selbst folgt ihm nach oben. Der Taucher schwimmt nun gegen das Boot hin, wo man schnell den Korb ausleert, der mit Au, stern, Corallen und vielen andern Secproducten oft schwer ge, füllt ist, während schon ein anderer Tauchercammerad mit dem, selben Taucherstein in die Tiefe gezogen ist. Wenn dieser heraus­ kommt gehr jener, der indeß schon zum Boote an seinen Posten zurückgeschwommen ist, von neuem hinab. So wechselt das Tau, chen 5 bis 6 Stunden lang ohne Unterlaß, bis zur Mittags, stunde, und jeder der 10 Taucher des Bootes kann so, Tages, seine looo bis 4ooo Austern herausschaffen. In einem Korbe können bei günstigem Fange bis 150 zugleich heraufkommen, aber freilich giebt ein magerer Boden wol auch nur einmal 5 Stück Austern »der kein Dutzend. Nur selten tauchen sie über eine Minute im Wasser; die meisten kehren, nach I. Stuart, schon nach 53 bis 57 Secunden wieder zurück, im Nothfall halten sie es auch wol 1 Minute 24 bis 27 Secunden, höchstens 14 Mi, nuten aus. Ein Ohrenklingcn zwingt sie daun zur schnellsten Rückkehr. In dieser Beobachtung stimmen I. Cordiner und I. Stuart genau überein; es scheint die möglichst äußerste Gränze des Tauchens bis zu einer Mcerestiefe von 4o Fuß zu seyn. Nach diesem Tauchen kommt ihnen meist etwas Blut aus Nase und Ohr, was sie aber für ein gutes Zeichen ansehen. Die ganze Zeit bleiben, sie im Wasser, und kehren ohne auszuruhen nicht auf das Boot zurück; ihr Geschäft verrichten sie wie ein Spiel, ohne Murren, nur dann, wenn es zu wenig Muschel« und also geringen Profit auch für sie giebt, zeigen sie Unzufrie, denhcit. Wenn 300 Boote nahe beisammen sind, und in jeder Minute, jedesmal an anderthalbtauscnd Taucher zugleich in die

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Tiefe fahren, und wieder heraufgehen, so bringt dies ein ewiges Rauschen gleich einem Catarqcte aus der Tiefe hervor. Auf das gegebene Signal, um 1 Uhr etwa, kehrt die ganze Flotte zum Lande zurück, und erreicht das Ufer bei Condatch) zwischen 4 und 5 Uhr. Aber diese ganze Begebenheit würde nicht vor sich gehen, wenn nicht Hayfischzauberer^"') den Haupt-P.loten beglei­ teten, und zugleich am Ufer durch ihre Zauberformel» diese Seeungeheuer bcschwörten. Es sind die Cadalcutti ier Malabar ren, die Hybanda der Hindustani, d. i. Hayfischbanner! die Betrüger, die alle aus einer Familie, erblich, diesen Zau, ber überkommen. Steif und fest glauben die Eingebornen, daß sie diese Sceungeheuer beherrschen. Ohne die Gegenwart eines Cadalcutti würde nicht ein einziger Taucher, sey es Götzendiener oder Katholike, hinabführen. Immer müssen zwei bei der Fische­ rei seyn, die durch Gebete, Fasten und allerlei Hokuspokus vor der Gefahr sichern. Der eine begleitet im' Schiffe des HauptPiloten die Taucherflotte, der andere bleibt am Ufer und zieht sich wahrend der Fahrt in die Einsamkeit seiner Zauberhütte zu­ rück, wo er ein Metallgesäß voll Wasser vor sich hat, mit einem männlichen und weiblichen Fisch von Silber, die sich beißen sol­ len, wenn über den Bänken ein Unglück geschähe, mit denen er seinen Zauber treibt. Aber Niemand darf ihn natürlicher Weise dabei stören. Außerdem nehmen die Taucher geschriebene Zauber­ formeln von ihnen, die sie in ihre ölgetränkten Gürtel binden, mit hinab in die Tiefe. Die römisch-katholischen Taucher lassen zwar auch durch ihre Priester für sich beten, noch mehr aber stützen sie sich auf den Zauberer, der auch die Macht haben soll, den Hayfisch über einen bestimmten Taucher zu schicken; daher sie von allen ihrer bedeutenden Präsente gewiß sind. Allerdings zeigen sich die Hayfische häufig auf dem Boden des Meeres, aber nur selten geschieht einmal ein Unglück, die Thiere sind einge­ schüchtert durch den Lärm im Wasser, den sie scheuen, und nur in der größten Hungersnoth schnappen sie nach dem Menschen. Wol innerhalb 20 Jahren, erfuhr I. Cordiner, trage sich höchstens einmal ein Unglück dieser Art zu. Es giebt keine Mög­ lichkeit dieses Vorurtheil zu bekämpfen; es sichert die Taucher und die Perlbänke, denn ohne den Zauber würde Niemand tau, **•) J. Cordiner Deser. II. p 52j 4. Stuart 1. c. p. 457.

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chen, und selbst kein Pirat? wagt ohne sie die Plünderung der Dünke. Diese Betrüger werden daher von dem Gouvernement selbst bezahlt; aus jedem Boote wird ihm der Ertrag von 10 Au­ stern zugestanden. Auf I. Stuarts Versuch einer nähern Er­ forschung, versicherte der Cadalcutti, daß er seinen Zauber vom Vater überliefert erhalten habe; es sey nur Geheimniß seiner Familie, den Hayfischen das Maul zu stopfen, die Eröffnung die­ ses Geheimnisses gegen ihn würde den Zauber lösen. Die grö­ ßere Zahl der Taucher ist von der Küste Coromandel, von der Küste Madhuras"), wo die reichsten und mächtigsten von dem dortigen Geschlechte der Para was, d. i. der Chefs der Fischer und Tauchercaste, deren Oberster in Tuticorin residirt, auch den größten Einfluß über diese Caste der Taucher besitzen, die zu diesen Chank- und Pcrlfischercien in den Schifferbooten verwen­ det wird. Bei ihnen wird wol der Sitz dieses Zauberwcscns zu suchen seyn, zu dem Continence geht von der Insel der Haupt, ertrag der Fischerei hinüber. Die Rückkehr so vieler Fahrzeuge zum Gestade bei Aripo, bietet für das Ende des Tages ein neues Schauspiel dar; die neugierige und gewinnsüchtige Menge strömt dann mit gewalti, gern Tumulte zum Landungsplätze herbei. Jedes Boot hat seine Station am Ufer, die mit Palissaden umgeben ist, wo die Tau, chcr ihre Austcrnbeute ausladen. Jede zwei alternirende Taucher bewahren ihren eigenen Haufen im Boote, und dieser wird auf dem Lande in 4 Haufen getheilt, davon sie sogleich i als ihr Ei­ genthum hinweg tragen. Ties würde sie reich machen, wenn nicht unzählige Sporteln davon abfielen; die Munducs, die sie heraufziehen, erhalten i der Portion; jeder andere Bootsmann 20 Austern per Tag; der Junge 10, der Hayfischzauberer 10, jede der Pagoden zu Nagore und Ramisseram 10.

Den sehr ge,

schmälerten Ueberrest trägt der Taucher sogleich auf den Bazar, wo Spekulanten aller Art ihm den Verkauf erleichtern; denn die Handelsleute, Juweliere, Ringfasscr, Schmuckhändler, Elücksrit, tc'r aller Art, selbst der ärmste Zuschauer des Festes, legt auch ein kleines Capitälchen bei dieser Lotterie ein, in der Hoffnung, daß ihm ein größeres Loos zufalle. Vor Sonnenuntergang zieht sich der Taucher mit dem baaren Gelde in seine Hütte zurück. Die

°) J. Stuart I c. p. 462; Anth. Bertolacci View p. 193; J. Cor­ din er Descr. I. c. Vol. II. p. 67.

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ersten Austcrnverkäufe gehen bei der heftigsten Begier, im An­ fange der Fischerei, zu den theuersten Preisen fort; späterhin, mit bet nur zu oft getäuschten Erwartung des Volkes, sinken sie. Geldmäkler ^») vonJaffna und Colombo, mit bedeutenden Sum­ men kleiner Münze, zumal Ceylonesischen Kupfergeldes, haben sich dort zum profftabcln Einwechseln der Goldpagodcn, Silberdollar und der Banknoten bei diesem Kleinhandel der Hundcrttausende eingcfunden, die am Ende der Saison, wenn den Gewinnern das Kupfergeld, bei der Rückreise, zur Last wird, eben dasselbe wieder zurücknehmen und mit zehnfachen Procerttcn heimkehren. Tag für Tag geht nun dieses Geschäft fort, nur der Sonntag ist Ru, hetag, wo die vielen Taucher, die römisch-katholische Christen sind, so wie alle Piloten, in die Messe nach Aripo gehen, die Hindutaucher in ihre Pagoden. Die große Austcrmasse der Generalpächter wird innerhalb der Pallisaden aufgehäuft, und ihr Ertrag erst später ausgebeutet. Der Gewinn eines Tauchers pflegt nach einer glücklichen Fischcrsaison 40 bis 50 Pagoden, d. i. 16 bis 20 Pfd. Sterling zu seyn, die er seiner Familie heimbringt. Das Gouvernement hat ebenfalls, nach allem Gebrauch, 2 Taucher, boote zur Disposition der Pagode Ramisscram zu stellen, 4 eines Bootes dem Oberhaupte der Parawas in Tuticorin zu überlassen, andere Dotationen noch andern Pagoden und Rajas, in Summa an 5 Boote, wie dies vor der Ansiedlung der Europäer dort schon Herkommen war. Man kann nach einem Ueberschlage die Summe der gewon, neuen Austern von einer guten Saison jährlich ziemlich genau auf 2 Millionen rechnen, da sie alle gezählt werden. Nach dem Stande der Boote und der Geschicklichkeit seiner Taucher, kann das eine bis 30,000 Stück an einem Tage an das Land brin, gen, während ein anderes kaum 300 herbeischafft. Die Besitzer kleinerer Partien brechen sie sogleich auf, schneiden das Thier frisch aus der Schale» und trocknen es in der Sonne, um die Perlen sogleich zu bekommen. Die großen Haufen läßt man we, nigstens 10 Tage bis zur Faulniß liegen, wo sie dann gewaschen, ausgeschlämmt, gesichtet, gereinigt werden in eigenen Booten oder gepflasterten Uferräumen, um sie vom Schmutz und Sande zu befreien. Aller Vorsicht ungeachtet geschehen bei diesem Ge, schäft unzählige Diebereien, und die Polizeiwächter mit den Barn-

*11) Anth. ßcrtolacci View p. 191.

Ceylon, Perlerzeugniß.

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bussticken, die sogleich die Diebe abzuprügein haben, werden be, schuldigt, daß auch sie mit den klebrigen Enden dieser Zuchtruthcn häufig die Perlen, die in dem Sande zerstreut werden, heimlich und künstlich aufzulesen verstehen. DaS ekelhaste, mühsame Geschäft des Auswaschens, Ausle­ sens, Zerkrümelns der Schlamm-, Schutt, und Sandmassen, die mit den Austermuscheln heraufkommen und mit den Thieren in F-äulniß gerathen, muß durch unzählige Hände gehen, von vielen Armen, Weibern, Kindern, wobei vieles zwischen den Fingern hängen bleibt. Das Sortiren der gereinigten Perlen ist ein zweites beschwerliches, aber angenehmeres Geschäft, wozn 10 gleich große Metallsiebe von verschiedener Art, nämlich mit immer klei­ nern Löchern, dienen, deren Classe nach der Zahl der Löcher in demselben Raume genannt wird. Diese 10 Nummern heißen: 20 , 30 , 50 , 80, 100 , 200 , 4oo, 600, 800, looo. Sie werden übereinander gelegt, die größten Löcher mit Nr. 20 oben, die klein­ sten mit Nr. looo unten, durch welches auch noch die kleinsten Saatpcrlen so wie durch alle obern Siebe hindurchfallen, wäh­ rend oben in Nr. 20 nur die größten Perlen zurückbleiben. I. Gotbiner10) sahe dieses PcrlstebcN mit dem Erzeugniß von 17,000 Austern vornehmen; es hatte die Pcrlsumme eine Schwere von 8 Pfund Engl, und füllte ein Gefäß von der Größe einer gewöhnlichen Suppenschüssel, darunter keine zwei vvllkommnePerlen von Nr. 1 und 2 waren', cs blieben wol 20 bis 30 Stück, aber ganz unförmliche in den obern Sieben zurück. Von den kleineren waren mehrere vollkommen schön und rund. Die Per­ len, welche in den Sieben Nr. 20 bis 80 zurückbleiben, gehören zuö ersten Classe, Mell genannt; die von Nr. loo bis 1000 ge­ hören zur zweiten Classe, Vadivu. Beide Classen werden wie­ der nach Gestalt, Lüstre und andern Qualitäten fortist, wie sie dem verschiedenen Geschmack der Völker und dem verschiedenen Gebrauche im Handel entsprechen. Diese Sorten heißen: 1) ANtlis, 2) Annadmri, 3) Kayerel, 4) Samadiem, 5) Kal, lipu, 6) Kurwel, 7)Pesul, 8) Tul oder Saatperlen, die kleinsten. Zur ersten Sorte gehören 1 und 2; die An nis, vollkommen rund mit dem brillantesten Lüstre, Anna^ari nur etwas geringer. Zur zweiten Sorte gehören 3, 4 und 5, näm") J. Cbrdiner Dcscr. I. c. II. p. 63— 73.

Ritter Erdkunde VI.

M

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Ost-Wen. Vorder-Jttdien. IV. Abschn. §. 102.

lich nicht ganz runde, von höherer Färbung-, birnförmige und mit Platten Seiten u. s. »v, Während der Fischerei werden die Per« len auch sonst noch »nsortirt, das Pfund zu 200 Pagoden oder 80 Psd. Skcrl., verkauft, und gewöhnlich auf. blauem Tuche aus­ gelegt. Die glanzlosen Perlen sollen die Ceylonesen durch eine eigene Methode zu veredeln wissen; sie geben sie mit andern Körnern einem Huhne zu verschlucken, in dessen Kropfe nach ei­ ner oder ein paar Minuten die Perle ihren Glanz gewinnt, her Kropf wird dann aufgcschnitten und die Perle 32°) glänzend weis wie aus der schönsten Perlmuschel herausgenommen. Das Bohren geschieht ebenfalls hier, wie schon zu Arrians Zeit auf der Insel Epiodoros^), b. i. Manaar, auf sehr ein/ fachen Maschinen mjt sehr feiner, geschicklicher Hand, wie das Aufreihen in Schnüre, was inan, um Gleichartigkeit und Ge­ fälligkeit für den Anblick zu erreichen, keineswegs für ein leichtes Geschäft hält. So nun geht die kostbare Perle aus dem Grunde des Meeres, zwischen Hansischen mit doppelter Lebensgefahr durch den Taucher emporgebracht, und aus salziger Fäulniß, Schlamm und Sand durch unzählige Hände des ärmsten Volkes herausge­ lesen, durchgesiebt,, sorti.rt und in Schnüre gereiht, mit dem Han­ del aus Ceylon durch alle Welt, und schmückt, wetteifernd ipit Edelgcsteincn, die Idole der Hindus wie die Heiligen anderer Kir, chen, glänzt in den Talarcn der Großen, im Diadem her Herr­ scher und i.m Brust- und Halsgcschmeidc der Schönen im Orient und Oecident, bis zu den Schncefcldern Central-Asiens hinauf (s. Asien B. II. S. 597). Der König der Perser wird bei sei­ ner Thronbesteigung mit Perlen überschüttet^)^ bas größte Ge­ schenk des Chinesischen Kaisers an den Dalqilama von Tühet, ist eine vollkommne PerleM), und der Hindupilger, der als Bettelmönch ganz Asien bis Moskau und Kasan durchwandert, trägt in seinem geheimsten Beutel die Perle als Zehrpfennig bei sich (Forbes Orient. Mem. II.), Sollte auf diese Weise etwa schon in ältester Zeit die Perle zu Tatqrischen und Türkischredenden Völ­ kern gebracht seyn, und daher den Namen Indschu jm Türki­ schen, Jendfchu im Tatarischen erhalten habend. Die groß **•) Asiatic Journ. Vol, XIX. p. 51. **) Arrytni Peripl. Mas. Erytlir. ed. Hudson p. 34. **) Will. Ouseley Trav. Vol. I. p. 161. ") Ssanang Ssetsen Mongol. Geschichte bei Schmidt 1829. 4. p. 119. ’*) Fräbn Iba Foizla» 8t. Petersburg 4. p. 88.

Ceylon, Perlhandel.

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tcn und kostbarsten Perlen bleiben gewöhnlich bei den Großen in Hindostan im Gebiete des Nizam, in Guzurate und an andern Orten zurück; die feinsten Annis, von Nr. 30 bis 80, gehen als Pcrlschnüre an die Hofe Europas; die kleineren gehen nach Ruß­ land, Deutschland, Frankreich, England, aber auch nach Hydra­ bad, Maißore, Guzcrat, und von da zu Persern und Arabern. Im Jahre 1804 war keine Schnur von 3000 Pagodos (1200 Pfd. Sterling) Werth zu erkaufen, die größte gefundene Perle war von der Größe einer kleinen Pistolenkugcl. Schöne Perlschnüre zu Halsgcschincidcn, kleiner als Erbsengroße, waren zn Preisen von 170 bis 800 Pfd. Stcrl. feit, die einzelne Perle zu 1 Guinee; kleinere, groß wie Pfefferkörner, die Schnur zu 15 Pfd. Stcrl., das Stück zu 18 Pence. Die kleineren als Schrot, waren in Menge vorhanden und sehr wohlfeil, sie kommen alle auf den Chinesischen Markt zum Sticken der Kleider und als Chunam, d. i. Kalk, zum Bctclkauen der Vornehmen. Madras ist der Mittelpunct des Perlhandels im Orient, die dortigen reichen Perl Händler kennen alle Märkte der Erde; dort haben gewöhnlich die Pächter der Perlfischerei ih­ ren Wohnsitz, die bei einer Saison leicht ihre 20,000 bis 30,000 Pagoden gewinnen. Mit dem Ende der zum Pcrlfang bestimm­ ten Zeit secgeln die Flotten ab, und das Volksgctüinmel verläuft sich schnell mit allen Gauklern und Gaunern, welche die Menge herbeizog; das Gestade von Condatchy, Aripo und Manaar wird wieder zur Einöde. Dieses Gewerbe des Perlsangs geht an derselben Stelle in die älteste Tradition der Menschengeschichte zurück, denn schon den Macedoniern -5) war derselbe ein Gegenstand der Bewunde­ rung, und sie erfuhren, daß schon Herkules, d. i. Vischnu, die Perlen im Meere, die dort in ganzen Schwärmen sich vorfän­ den, habe aufsuchen lassen. Nach v. Böhlens Bemerkungen^) erscheint auch wirklich keine altindische Gottheit ohne den Schmuck von Perlen und Edelsteinen, und die ältesten epischen Dichter sind damit ungemein verschwenderisch. In dem Namen der Per­ len, Natna im Sanskr., d. h. beliebt, und Mandaritü, d. h. die Reine, woher wol eben fio.Qyu(>tii;g, Margarita der Griechen und Römer zn kommen scheint, ist schon der älteste leb**) Arriani Historia Iiulica cap.

dien LH. 11. p. 122.

8.

*‘) v. Bohlen baS alle In­

180 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §.102. hafte Verkehr und das Ansehn dieser köstlichen Waare angeben« tet. Zu dem Gefolge eines Hrereszugcs im Ramayana (II. 64. u. f.) gehören außer andern Künstlern, Goldarbeitcrn, Juwelie­ ren, auch Perlenbvhrer (Dedhakäs). Die Muscheln wurden auch damals durch Taucher, die von Jugend auf sich geübt hat­ ten, bei Lanka gefischt, und man will es sogar verstanden haben, den Austern die Perlen abzuzwingen ohne sie zu tödten, was je­ doch in neuerer Zeit unbekannt geblieben zu seyn scheint. Un­ möglich mag es wol nicht seyn, denn auch die Chinesen hüben die Erfindung gemacht, die Production der Perlen bei Süßwasser Bivalven zu erzwingen (bei Anodofita cygneus und Unio pictorum), was Mr. Gray 327) ihnen nachversucht hat. Daß ehedem Verbrecher zu Tauchern benutzt wurden, und der Perlhandel durch die Kolchier am Pontus bis in die Schatzkam­ mern MithridateS das Großen sührt!8), von da aber zu Römern, ist schon anderswo nachzuweisen versucht worden. VIII. Rundreise um das Gestade von Ceylon; Küsten­ städte und Häsen. Calpentin, Putlam, Chilaw, Negombo, Colombo, Caltura, Puyto Galle, Ma­ tura, Dondra,Cap, Tengallo, Batticaloa, Trincomalli mit WaNNy und Jafsnapatam. Bei einer Rundreise von Manaars und Aripos Gestaden, aus den nun wüsten Umgebungen des alten Mantotte, süd, wärts, um ganz Ceylon, berührt man die wichtigsten neuern Küstenvrte der Insel, auf welche bisher die Europäischen Colonisationen der Portugiesen, Holländer und Briten den größten Ein­ fluß ausübten. l. Calpentin M) ist Süden von Kudircmalai das nächste Jnselvorland, an 15 geogr. Meilen lang, eine ebene, san­ dige Halbinsel, fischreich mit Hafenstellen, gut mit Fruchtwäldrrn bepflanzt; die thätigen Bewohner verführen ihre Wald- und Seeproduct« in großen Canoes aus einzelnen Baumstämmen gezinu mrrt nach Colombo und Coromandel. ***) Asiatie. Journ. Vo). XX. 1825. p. 346. ") Borhalle vor Herodot a. a. O. n. 118—144. *•) I. Cordiner Desdr. I. p. 334.

Ceylon, Rundreise, Negombo. 2.

Putlam (Putalam, s. oben S. 50)3()).

18t Das Kü­

stenland von Aripo bis Putlam ist Waldroildniß, voll prachtvol« ler Bäume, wenig bewohnt und bebaut, ein Land der Lagunen (s. oben S. 79); daher zur Regenzeit meist unter Wasser gesetzt, und kaum zu bereisen. Putlam ein kleines Fort, ein Marktort für die Malabarcn, welche dort die Küstenbcvölkerung bilden. Von hier werden Exporten, aus Kandy, wie Arcka, Cardamome, Pfef­ fer, Kaffee u. a. ausgeschifft, gegen Musseline und andere Zeuge, Salz, gedörrte Fische u. dgl. m. Gute eßbare Austerbänke liegen dem Ufer nahe, wo man viele schöne Muscheln fischt. 3. Chilaw (Chilao, s. ob. 52)3t). Bis dahin gleich beschwerliche Küstenwcge zwischen Salzsümpfen und Schlammufern hin; voll Spuren von Elephanten auf dem Wege des Rei­ senden wie zu )bn Batutas Zeit. Die kleine Stadt liegt auf nackter Halbinsel, zwischen schroff zu übersetzenden Flußarmen, auf einem Ufer, das wie die Insel Navekarre kaum erst frei von Mcerbedcckung geworden zu fron scheint. In der Nähe des klei­ nen Forts stehen Pagoden dem Mahadco, Siva und Vischnu ge­ weiht, von Malabaren erbaut, voll Metallidole, die Brahmanenpriester sind jetzt armes Volk, das von Almosen lebt; um die Pa­ goden stehen einige Gruppen prachtvoller Bäume von Indiani­ schen Feigen und Palmen (Fic. bengal. und Caryota urens), Die vorliegenden kleinen Perlbänke, die Gouverneur North befischen ließ, sind unergiebig. Don Cbikaw an, südwärts, betritt man das erste Küstengebiet, das Singhalefen bewohnen-, bis dahin reicht die Malabarische Ansiedlzing. 4. Negombo an dem Südufer des Maha Oya oder Kay melle-Fluß, der hier nicht unbedeutend ist, einst der mari­ time Gränzfluß»»> der Kandy Provinzen war, und aufwärts bis eine Stunde unterhalb Giriulla, an der Gränze der Kustenrbcne gegen bas Hügelland, mit großen Booten schiffbar ist, wo Felsbänke- die aber leicht wegzusprengeu wären, seine weitere Be­ schiffung hemmen. In Gtrkulla fängt das minder bekannte Waldlanv an, das gegen N.O. »rach Kurnagalle zu dem Hauptort der Sie-

'?) J. Cordiner Descr, I. p. 338; G. Vie. Valentia Trat. Vot. I. p. 332. * *) J. Coidiijer I. p. 340; Valentia Tray. I. p- 329. **) J, Davy Account l. c. p. 444..

182 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §.102. ben Körles sich ausbreitet, wo schon 1000 Fuß hohe Felsen sich emporthürmen, die sanften Thalsenkungen aber noch reiche Bewässerung zu Reisfeldern darbieten, und bis wohin unzählige Kokospflanzungen sich verbreiten. Kurnagalle ist noch ein Bazar, hat Tempel und eine Palastruine am Fuße des sogenannten Ele­ phantenfelsen, der einst die Residenz eines Königes der Sieben Körles war. I. 5Dv t) 333), und vor ihm Leschen au l t, ha­ ben diesen Ort besucht. Es führt eine Reiseroute von da durch die engen und felsigen Bergpässe Giriagamme und Galge­ be ra in das Bergland von Kandy, der Weg, den der Französi­ sche Botaniker nahm. Die neueste direkteste Kunst- und Post­ straße von Colombo nach Trincomalli, welche das Berg­ land und Kandn vermeidet und diese Capitale nicht berührt, son­ dern die Centralprovinz in N.W. umgeht, ist durch Kurnagalle geführt; eine Strecke von Meer zu Meer, zu 166 Post-Miles ge­ rechnet. Die Stadt und das Fort Negombo wird von allen Küstenreisenden berührt; Lord Valentia sagt, das Fort scheine ehedem dicht am Meere gestanden zu haben, von dem es jetzt einige hundert Schritt entfernt liege. Die Küste ist in der That ganz flach, doch der Boden fruchtbar und ungemein lieblich durch die Kokoswälder, die hier schon vorherrschend werden; die Straßen der netten, großen, volkreichen Stadt selbst sind dadurch überall geschmückt. Sie wird größtentheils von Holländischen Fa­ milien bewohnt. Von Iaffnapatam bis Chilaw35) sieht der Rei­ sende nur Ebene, ohne alle Höhen; von da an über Negombo bis Colombo steigen zur Seite, landein, nun ununterbrochen hohe Gebirgsketten empor. Die schiffbaren Flüsse senden aus diesen, in lieblichen Thälern, ihre frischen Fluthen, und geben den bequemsten Transport aller Produkte nach außen. Das Clima ist ungemein gesund, der Boden immer fruchtbarer, bedeckt sich mit jenen herr­ lichen Pflanzungen von Kokos- und Arekapalmen, Kaffe-und Zimmtbäumen, Pfefferreben und andern Frucht- und Gewürz­ hainen, wie Iambu, Jack, Kaschew, Orangen, Pompelmusen, Ananas u. a., durch welche das ganze Gestadeland von Negombo bis Colombo und weiterhin, zu dem fruchtreichsten Obstgarten fj. Davy Account I. c. p. 442; Leschenault Helat. in Mem. du Museum etc. T. X p. 268. ") G. Vic. Valentin I. p. 324. *L) Cordiner Descr. Vol. I. p. 343 —345.

Ceylon, Rundreise, Colombo.

183

von Ceylon, sn| tem| schönsten und großartigsten Garten Im dien- wird. Hiermit wechseln reiche Kornfelder und Wiesen­ gründe mit zahlreichen Heerde» mannigfaltig ab, und die schiff/ bare Wasserverbindung durch alle diese inannichsaltigen Windun­ gen hindurch, aus welcher die Hauptstadt Colombo mit ihren Be­ dürfnissen versehen werden kann, trägt nickt wenig zu der eigen­ thümlichen Belebung und höchst romantischen Natur dieser rei­ zenden Landschaft bei, in welcher überall die Eingebornen, kasta­ nienbraun von Farbe, in Wohlstand und in Ueberfluß der tropi­ schen Genüsse aller Art leben. 5. Colombo (Cola Ambo, s. ob. S. 56)s6), umer 6* 55 N.Br., ist der Hauptsitz der Verwaltung der Insel, der Por­ tugiesen und Holländer gewesen und auch unter den Briten ge­ blieben. Colombo ist der erste Ort, wo die Portugiesen feit 1536 von dem damaligen Küstevkönige, der einige Stunden ent­ fernt in Cotta residirte, die Erlaubniß sich anzusiedeln erhielten, er blieb ihre Hauptcolonie. Durch Lord Go der ichs neue Justizeintheilung37) der Insel (15. Febr. 1833) ist diese Stadt zur Ca­ pitale der Colombo- oder Westprovinz erhoben, während Kandy als Hauptort der Centralprovinz anerkannt ward, welche Außerdem noch die Nord-, die Ost- und die Süd-Pro­ vinzen umgeben. Würden die Salzsümpse im Norden des Ka, lany Ganga, wie Gouverneur North beabsichtigte^), ausgetrock­ net seyn, so würde die Landschaft vom Einfluß der Fieber mehr befreit und viel Ackerland gewonnen werden. Der fischreiche Ka­ la ny Ganga ist schiffbar, mit einigen hundert Flachbvoten be, deckt, welche ihren Fischcrsamilicn zu beständigen Wohnungen die­ nen; er ist durch einen künstlichen Canal aus seiner linken Seite mit der süßen Lagune südwärts in Verbindung gefetzt, zwischen welcher und dem Meere, aus einem Vorsprung der Küste, das Fort Colombo^) und die Europäer Stadt erbaut ist. Barken, bedeckte Boote, Jachten siegeln auf diesem Canale zu Transport und zum Vergnügen hin und her, aus dem Biunenlande juin Meere, und beleben die Capitale, deren Billen, Landhäuser, Gär­ ten. Anlagen und Hüttenstadt der Ceylonesin« Pettah genannt. »•v Wall. Hamilton Descr. of Bind. II. p. 504 —506. ,T) Asiat, joorn. 1833. Vol. XII. P. 69-72. ") G.Vic. Vale^a I. p, 312. *») J* Cordiher Descr. I. i». 27 — 69; Bisb. Heber Joum. 1825. VoL III. p. 144-163.

184 Ost-Asieii. Vorder-Indien. IV; Abschn. §. 102. mit dem Dazar, ohne geregelte Anordnung, an den Ufern d«S Canals, der Lagune, und auf dem engen Vorlande, zwischen ihr und dem Meere, malerisch erbaut sind. Das waldige Hügelland mit seinen Anpflanzungen, Feldern, Ansiedlungcn bietet weit und breit über Meer und Land bis zu dem von hier sichtbaren Gipfel des Adam-Piks hinauf, die reizendsten Partien dar, und es giebt keinen größer» Contrast, als den zwischen der grünen, frischen, überall lieblichen Umgebung von Colombo und der des versengten, trocknen, einförmigen Bodens des gegenüberliegenden Madras in Coromandel. Das Fort ganz isolirt gelegen, ist in zwei Dritt theilen vom Meere umspült, im übrigen von der süßen Lagune umgeben; sie ist durch ihre Lage die gesundeste Militairstation in Indien. Unter ihrem Schutze an der Nordseite in einer kleinen Bay ist der Landungsplatz der Schiffe, in welche aber nur Schiffe unter 100 Tonnen einlaufen könne»; die größern müssen in gr6/ ßerer Ferne vor Anker liegen, und nur die Hälfte des Jahres, bei N.O., haben sie da sichere Stationen. Bei S.W.-Monsun F6rl> iten Schiffe hier selten verweilen, weil Colombo sicherer Har fcri hierzu fehlt. Es steht in dieser Hinsicht weit hinter den günr fügen Hafenstationen von PUnto Galle und Trincomalli zurück. Das Leben der Europäer in Colombo hat unstreitig gegen die err sten Jahre zu Anfang des XIX. Jahrhunderts, als die Briten dort sich niederzulassen begannen, bedeutende Fortschritte gewvnr tun. I. Cordiner sagt, daß im Jahre 1802 aus der Bay vott Colombo 602 größere und kleinere Schiffe ausliefen, daß die äußere Stadt, Pettah der Singhalesen, aus regellos zerstreuten Pal­ menhütten auf nacktem Sandboden vertheilt bestehe, daß ein paar dkegimenler Briten und Seapoys, mit Artillerie, Pioniers und einem Corps von etwa 700 Kaffem dort garnisonirleti, die früher Sclaven der Portugiesen alle zur katholischen Kirche übergegan­ gen seyen. Etwa 900 Holländische Familien wohnten in der ganz europäisch gebauten Stadl Colombo, und an 5000 Einwohner des Volks, die sich Portugiesen nannten, aber sehr entartet und schwär­ zer waren als die Eingebornen. Zu allen diesen rechnete man noch an 100 Engländer mit einigen 20 Frauen, und an 300 an­ dere Männer und Frauen von Europäischer Bildung. Jene so­ genannten Portugiesen mit ihrem Portugiesischen Jargon, in >h» rcr Europäischen Tracht und ihren pon den Holländern ihnen ver­ liehenen Tjtel als Burger, dünkten sich weit erhoben über die dort einheimischen Singhalesen. Die ganze Population der Stadt

Ceylon, Rundreise, Colombo«

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ward auf 50,0 Einwohner geschätzt. Bischof Heber giebt sie im Jahre 1825 auf 60,000 an, und Nennt die schöne ncurrbaute Residenz des Gouverneurs, Kingshouse, wo damals Edw. Darmes rcsidirte. Die Stadt hatte mehrere schöne Gebäude er, halten, und ein ganz Englisches Ansehn gewonnen, wozu die weiße Garnison sehr viel beitrug; Handel und Industrie schienen sich nicht viel gehoben zu haben. Durch den Bischof-wurde das bis dahin mehr mit Holländischen Einrichtungen bestehende Scbutz wesen dem Britischen Bedürfniß angepaßt, cingalesische Schulbü, cher einzuführen beschlossen. Das unter den Holländern ungc< mein verfallene Schulwesen^") hatte schon Gouverneur North zu heben versucht, und der Insel 170 Schulen wieder gegeben, auch eine Akademie in Colombo. Die Schulmeister hatten zur Holländer Zeit zugleich als Schreiber in ihren Distrikten functio, niren müssen, wobei ihr Gehalt sehr sparsam zugetheilt war. Die, ser sollte vom Britischen Gouvernement anfänglich noch vermin, dert werden, der Mangel an Sorge für die christlichen Gemein, den habe, meint Lord Valentin, den Rückfall derselben zum Heidcnthum auf der Insel Ceylon zurückgeführt. Die Church, Missionary Station im Dorfe Cotta, zwei Stunden von Co­ lombo, die daselbst acht Schulen mit 200 Kindern unterhielt, Njjirde von Heber besucht, und in mehrern Kirchen her Stadt von ihm gepredigt. Der Smghalcsisch,Bombastisch,Buddhistische Swl, ohne alle Einfalt der Diktion, erschien als eine besonders zu über, windende, eigenthümliche Schwierigkeit, bei der Mittheilung für die reinen Wahrheiten des Evangeliums, in den Uebersetzungen der heiligen Schrift, die Mr. Lambrick, Missionar, bereits be, gönnen hatte. Die neuesten Nachrichten vom gegenwärtigen Zu, stände Colombos fehlen uns. Von hier führt gegenwärtig, wie oben geiagt ist-, die bequemste Kunststraße und Fahrpost nach Kandy, und durchschneidet von da in nordöstlicher Diagonale, als neueste Bahn einer Culturlinie die Milte der Insel, bis Trinco, malli, während sie von der Kokos, und Palmyragränze in rech, ten Winkeln von S.O. gegen N.W. durchkreuzt wird (f. oben

S. 87,116). 6.

Saltuta41) liegt 28 Engl. Miles südwärts fern von

Colombo, in demselben Ceylongarten, der bis dahin durch Bin,

**°) G. Vic, Valentin I. p. 307. «') G. Via Valentist I. g. 270. B. Heber VoL 111. |>. 143; J. Cordiuer I., p. 107—«175.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102.

ncnschiffahrt zugänglich bleibt.

Nur in neuester Zeit sind hier

Wege zu Fahrstraßen gebahnt; die prachtvollsten Waldungen zier Heu zur Seite des Wanderers hin, darin Palmen, Banyancn, Baumwollbäume, unter denen man köstliche Ananas und die schönsten Blumen, wie Gloriosa snperba, Amaryllis u. a. den Bo­ den schmücken sieht.

Der Ort hat ein kleines Fort zur Vertheidi­

gung des KaluGangattebergangcs; vor der Küste liegen zur Spei­ sung treffliche Austerbänke. 7. Piintc ©Alle342). Der Ufcrweg durch gleiche lururirende Wälder immer in demselben obstreichen Ceylongartcn Tags wie Nachts in erfrischender Kühle durch bezaubernde Waldgcfilde und eine prachtvolle Flora wie durch Edens Garten hin, über ebenes, fruchtbares, dicht bewachsenes Land, das nun überall we­ niger durch Fremde untermischt als im Norden Colombos, nur von einheimischen Singhalesen bewohnt und zicinlich bevölkert ist, deren Hauptgeschäft die Benutzung der Kokoswäldcr darbietet (s. Asien IV. l. S. 844). Am Mceresgcstade, wo die entzückendsten Aussichten über die Seeflächcn und waldigen Buchten und Vorbcrge, ziehen sich große insulare Massen von Corallenriffen hin, und viele Meeresarme durchschneiden das niedere llferland; die einmündenden Flüsse schwellen oft plötzlich durch Regengüsse an, und verzögern die Ucberfahrten. Auf halbem Wege liegt B c‘if< totte, und weiter hin Baddagame, wo eine Station der Church Missionary Mission, in welcher der Bischof Heber die Missionare Mayer und Ward mit ihren Frauen, in großer Abgeschiedenheit, voll Eifer in Verbreitung von Gottes Wort vor­ fand. Eine halbe Tagereise weiter liegt das Fort von Punto Galle am Südende der Insel, unter 6n i' N.Br. und 80» io' O.L. v. Gr.; es hat nur H Engl. Mile in Umfang, und be­ herrscht mit seinen Bastionen den Hafen, der auf der Insel mit seinen äußern und innern Theilen jedoch auch nur zum zweiten Range gehört, aber durch seine Hauptexportation zur Zeit der Holländer wie heute noch berühmt ist. Es ist der erste Hafenort der Portugiesen, der sich der Holländcrflotte im Jahre 1642 er­ gab, als diese die Portugiesen bald daraus aus ganz Ceylon ver­ jagten. Die für Colombo bcstiininteN Schiffe laden hier, aus den Distrikten von Matura und Galle, dieses Gewürz ein und siegeln *41) I. Cordiner 1. p. 176 —182; ü. Vir. Valentin 1. u.266 —270; 11. Holier III. p. 136 - 143.

Ceylon, Rundreise, Punto Galle

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dann weiter nach Colombo (das 78 Miles Engl, zu Land fern ist), um voy da nack Madras oder Europa zu gehen. Das Ufer des Meeres wiminelt hier von den schönsten Muschclarten, einige 50 verschiedene Species werden angeführt. Echinusarten mit drei Zoll langen Stacheln, viele Corallenbänke, ganze Corallenwäldchen ragen aus den Wassern hervor, die hier dem Hasen einigen Sclmtz gewähren. Ein großer Theil der Feste von Punto Galle ist auf schneeweißen Corallcnfcls erbaut, auf dem die Fußpfade, die man zu betreten hat, über die schönsten Specimina dieser Bildungen chinweglaufcn. Das sehr große Fort ist nach Holländischer Art aus Backsteinen erbaut, sehr in Verfall und fast ganz vom Meere umfluthet. Rund umher die schönsten, frischesten Kokospflanzun­ gen, über deren dunkelgrünen Waldsaum das Auge in der Ferne vierfach Hintereinander aufsteigende Gebirgsketten bis zum Kegel des Adams-Pik erblickt; die schönste malerische Wildniß. Der Hafen an diesem Südende der Insel ist geräumiger, doch zum Theil von Felsriffen durchzogen, über welche die Brandung wild dahintosct, und bei beiden Monsuns schwierig zur Einfahrt, obwol doch mit Hülfe der Lootsen erreichbar ist, aber im Innern ein sichres Asyl gegen ihre Wuth. Arabische Küstenfahrer zwischen Bombay und Calcntta warten da die Monsune ab. Die großen Ostindiensahrer laden hier, bei ihrer Rückfahrt nach Europa, die Produkte Ceylons ein. Der gut geschlossene, sichere, innere Ha­ fen, seine mittlere Entfernung von den Hauptzimmtmärktcn Negombos, Colombos, wie von dem großen See-Arsenal der Ostindischcn Macht in Trincomalli, auch seine gesundeste Lage, giebt ihm große Vorzüge vor Colombo. Man hatte früher schon borgeschlagen Punto Galle zum Gouvernemenlssitz der Insel zu er­ heben, da es auch offenbar' für die schnellste Verbindung zwischen Bengalen, Bombay und für die Land - Depeschen des Gouverne, mcnts über Bassorah oder das rothe Meer nach Europa, die geeig, nclste zu jeder Jahreszeit fast einzig zugängige Station ist. Die Umgegend ist jedoch wilder als die von Colombo, nur wenige Holländische Familien wohnen im Fort, und machen (1825) hier die Europäische Gesellschaft aus. Die Petrah oder Singhalestnstadl ist weitläuftig, wohl gebaut. Als Bischof Heber hier landete, war ihm zu Ehren der Hafenplatz zum Gehen mit wei­ ßen Tüchern belegt; er wurde mit Musik empfangen und feier­ lich zur Stadt geleitet, die nach Singhalesenart, sehr reizend mit Palmzweigen, Guirlanden, Blumen und Fruchtbäumen, zumal

188 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102. Bananenreihcn, festlich geschmückt war, ein uralter Gebrauch dieser Insulaner, dessen sehr häufig in ihren Annalen (z. B. im Mabavansi S. 175, wo die ganze Insel Lanka in einen Festgar­ ten verwandelt wird) Erwähnung geschieht. Statt der Erleuch­ tung int Dunkeln dienten die duftenden, funkensprühcnden Palmfackeln. Die Lieblichkeit des Climas wird durch die beständigen Wechsel der See- und Landwinde erhöht, die Noth der Punkahs (d. i. Musquitos) fehlt hier gänzlich, doch trifft die ärmsten Einwohner nicht selten eine eigene Plage, die Elephantiasis, hier Coch in fuß genannt, weil sie auch in Cochin sehr häufig ist. Die Singhalesen gehen hier nur sehr leicht bekleidet, in Musselinjacke und dem Schurz um die Hüsten, ohne Turban oder Kappe, mit langen schwarzen Haaren, mit großen Schildkrötkämmcn auf­ gesteckt; die Modeliars, oder ihre einheimischen Magistrate, in ei­ ner Art Portugiesischer Tracht mit Goldstickereien, nach den For­ men des Siede de Louis XIV. Ein paar Meilen fern von dem Hafen liegt Baddagame, wo eine zweite Churck Missionar,) Sta­ tion, wo Heber eine evangelische Kirche einweihete, welche, im Jahre 1825, noch der Hafenstadt fehlte. Die Wesleyan So­ ciety unterhielt hier einen Missionar, Mr. Gisborne, der sich durch Predigt und Schule um die Insulaner verdient machte. 8. Matura (Mathura)^«). Der wilde, prachtvolle Park von Palmwald begleitet das Seenfer bis zur äußersten Südspitzc; eben so die weißen Corallenriffe als Ufergränze. Aus Palmstämmen und Blättern sind alle Hütten, aus Corallenstücken alle Ge­ hege und Umschanzungen der Dörfer und Ortschaften erbaut. Fischzüge beleben die Ufer, Affenhcerden in unendlicher Zahl schwingen sich auf den Wipfeln der fruchtrcichen Wälder hm und her, und die Wohnungen der Menschen sind zwischen den lichten, hohen, schattigen Gruppen der Kokosbäume idyllisch vertheilt. Der Blick in das Innere des Landes ist durch die Walddickichtc beschränkt, und schweift nur frei über das unendliche Blau der von frischen, kühlenden Lüsten stets bewegten Meeresflächen. Halbwegs, nahe dem belebten Fischerdorfe Bcllegaum (oder Villigaan)^), steht ein stark bepilgerter Buddhatcmpel, Agrabuddhaganni, auf einer Anhöhe, zu welchem Trcppcnfluchlen hinauf führen, die *") J. Cordmer Öescr. I. 183-210. «*) Captain Colin. Mackenzie Kemarks on some AnUquities o! Ceylon in Asiat. Re­ searches. London 1807. 8. Vol. VI. p. 433 — 437.

Ceylon, Rundreise, Dondra Head.

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innern Tempelwände find voll phantastischer, mittelmäßiger Schi!dereien aus den Buddhaleqenden in solcher Menge, daß man, meint I. Cord in er, wol Monate Zeit gebrauche um sie alle zu copiren; im Sanctuarium ist das Idol ein liegender colossaler Buddha, 28 Fuß lang, mit lockigem Haar, großen Ohrlappen in saffrangelbem Gewände um ihn her stets Blumenopfer. Nicht fern von da steht die colossale Statue des Wohlthäters Coutta Raja (auch Crusta, s. Asien IV. i. S.846) in Fels gehauen, der die Pilger die Speise der Kokos lehrte, um sie von einer Krankheit zu befreien, und der ein Eroberer der Insel genannt wird; er ist in einer Mitraj und einem Schuppenpanzer abge­ bildet. Das Fort Matura, 5

58' N.Br., am Ausfluß des Nil-

Ganga, nahe dem Südende der Insel, in einer lieblichen Umge­ bung, ein an sich unbedeutender Ort, nur durch die Ausfuhr sei­ ner kostbaren Producte, Edelsteine, Zimmt, Elephanten feit älte­ ster Zeit berühmt. Aufwärts den schiffbaren Nil-Ganga, 4 Stun­ den weit landein, besuchte I. Cord in er in der wildesten Wald­ einsamkeit einen modernen Hindutempel, Hitatiah^) genannt, in welchem er schöne historische Gemälde wahrnahm, neben wel­ chem ein zweiter, wie er sagt, sehr antiker stehen soll. 9. Dondra Head 46), oder das Donner-Cap, unter 6® 56' N.Br., ist die Südspitze der Insel, die alle von Tengalle kommenden Schiffe so nahe als möglich zu doubllren sich bemühen; daher hier das belebteste Schauspiel, an der Kokoelandzunge und ihrem, östlich vorliegenden Felsgebirg, vorüberseegelnder Flot­ ten und großer Seeschiffe. Das stark bevölkerte Dorf in der Nähe von welchem bei den Europäern dieses Südcap fernen Na­ men erhalten hat, heißt eigentlich Divi Nur, daher De wun­ der, Don dura, daraus Donner-Cap, einst die Residenz ei­ ner alten Dynastie, deren einst prachtvolle Monumente in Palä­ sten und Tempeln, noch heute, dort als geweihte Orte beprlgert werden, obwol sie langst in Ruinen darnieder liegen, und ihre Quadern schon von Portugiesen und Holländern in großer Menge weggeführt und zum Aufbau des Forts von Matura und anderer Werke verwendet wurden. Nach Colin.MacKenzies^) Ur48) J. Cordiner I. p. 207 — 209, 4), 8° 32' N.Br., ist die wichtigst? Station zur Sicherung der Britischen Marine im Orient, für die Erhaltung ihrer Macht und ihres Handels in den Indischen Ge‘T) J. Cordiner Descr. 1. p. 257 — 260. **) Sim. Sawer Joornney front Kandy etc. in Ment, of the Werner. Soc. Bdinb. 1822. Vol. IV. p. 402. *•) Montgomery Martin 1. c. I. p. 392. ••) J. Cordiner Descr. I. p. 260—290; Anth. Bertolacci View p.6; Walt. Hamilton Descr. II. p. 523.

Kitter Erdkunde VI.

N

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102,

wässern, unb dadurch allein schon der Besitz von Ceylon für das Britische Reich unschätzbar.

Die Centralstellung eines der

schönsten Häfen der Welk, nach Lord Nelsons Ausspruch, als Augenzeuge, und seine bequeme Einfahrt zu allen Jahres, zelten, bei jedem Monsun, eignet ihn besser zum Mari­ ne,Depot und zum Rcndevous der Kriegsflotten, als irgend eine andere Station in Indien. Bombay liegt ganz au­ ßerhalb der großen Fahrstraße um eine Protection für die Kauft fahrtcischiffe zu gewähren, da eine Flotte von da 6 Monate Zeit gebraucht, um zur entgegengesetzten Küste von Coromandel zu ge, langen; eben so die Stellung von Calcutta am Hugly. Der gänz­ liche Mangel an Schutz aus Coromandel, wie Malabar, giebt dem stets freien Zugang zur Trincomalli Bay eine außcror, dentliche Bedeutung. Ganges, liegen kann, stotte kann von hier für den Handel aller

Wenn kein Schiff vor Madras, oder im hat es hier ein sichres Asyl, und eine Kriegs, aus eine drohende Stellung zur Hemmung andern Nationen in jedem fernen Winkel

Indiens durch ihr schnelles 'Auslaufen dahin geivinnen. Der Hafen ist der sicherste und geräumigste in jenen fernen Meeren, der unendlicher Erweiterungen und Anlagen fähig ist; er ist fast ringsumschlosscn, einem großen See ähnlich, mit klaren, tiefen Wassern und schonen Inseln. 500 Linienschiffe konnten bequem einlaufen und Anker werfen. Die hintere Bay, die Backbay, ist zu allen Jahreszeiten die beste, und in ihr können 40 große Kriegsschiffe vor Anker gehen, und unzählige kleinere. Die vor, dere Bay, die Holländer Bay (Dutch Bay), am Eingänge, hat Sandbänke, und ist daher für kleinere Fahrzeuge mehr geeig, net. Kriegsschiffe nehmen hier stets Holz und frisches Wasser ein; der ununterbrochene Verkehr mit Madras, wohin man in 2 ‘Jngen gelangt, versieht die hiesigen Garnisonen mit allen Euro, päischen Bedürfnissen. Schon früher hatte man den Vorschlag gemacht, den Gouvernementssitz von Colombo hierher zu verlegen, aber das Clima ist durch die Ertreme seiner Temperaturen und Wechsel ungesund, Fieber erzeugend. Das Weghauen der Wäl­ der scheint nichts zur Gesundheit des Ortes beigetragen zu haben, aber besserer Anbau kann diesen Nachtheil vielleicht einst heben. Die Fluth geht nicht hoch genug, »m auf den Schiffswerften an diesem Hafen die Schiffsdocken unter Wasser zu setzen, und dies ist der einzige große Mangel für ein Seearscnal. Die Landsebaft übertrifft noch die pittoreskesten Theile der Insel; der Boden ist

Ceylon, Rundreise, Trincomalli.

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fruchtbar und des größten Anbaues fähig, aber bisher die Umgebung sehr vernachlässigt gewesen, weil zur Zeit der Holländer ihre Jalousie jedem Fremden den Zutritt zu Trincomalli verwehrte. Die Hinleitung der großen Kunststraße von Colombo und Kandy, bis zu diesem großen Seehafen, wird auch die Cultur seiner Umgebung schneller emporbringen. Fort und Stadt liegen auf dem Vorsprunge der Landzunge, welche den Hafen in seine zwei Bayen scheidet. Das Fort Osten bürg beherrscht den Eingang in den Hafen; cs ward von den Portugiesen aus den Trüm/ ntcrn einer sehr großen Pagode erbaut, welche sie deshalb absicht­ lich zerstörten, die Holländer thaten nichts für die Befestigung des Hafcnortes. Stadt und Hafenort sind wol noch vieler Verbesse­ rungen fähig; Agricultur und Handel sind keineswegs in Auf­ nahme, der Ort hatte 1804 keine Kirche, nur schlechte Hütten, keine Europäer nur Malabaren zu Einwohnern. Der neueste Zustand der Hafenstadt ist uns unbekannt. Die neue Kunst­ und Poststraße (166 englische Milcs direct von Colombo, und 128 von Kandy) durchschneidet, gegen Trincomalli hin, einen Theil der Wanny-Provinz^H (d. h. armes Land), welche zu Anfang der Britischen Besitznahme durch ihre Zerstörung sich aus­ zeichnete, deren Waldwildnisse voll Raubthicre und Wildpret, de­ ren Flüsse, Sümpfe und verfallene Tanks voll von Alligatoren waren, von dem rohesten Volke der Vcddah sparsam durchstreift, ohne alle bekannte Ortschaften. — Die einheimischen Prinzen von Wanny, Vasallen der Kandy Könige, ergaben sich erst nach lan­ gem Widerstreit her Oberherrschaft der Holländer, die QuerStraße durch das nördliche Wanny von Mantotte über Vertativo, ostwärts nach Molletivo gab früher den kürze­ sten Landweg, freilich mit gewaltigen Umwegen, um das centrale, feindliche Kandy zu vermeiden, von Colombo nach Trinco­ malli, für die Truppcnmärsche der Portugiesen und Holländer. Daher wurde Wanny-Provinz stets von Europäern geplündert und zerstört, die häufig beunruhigten Bewohner dieses einst trefflich be­ bauten Landes, zogen sich in die geschützteren Gebirgslandschaften des Kandy Territoriums zurück, und ganz Wanny war 1799, als die ersten Britischen Truppen sie durchzogen, eine verödete Waldwildniß. Die neue Kunststraße führt durch ihre Mitte ,tl) J. Cordincr Descr. I. p. 290 — 298; Antb. Bertolacei View

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gegen S.W. hindurch. Gegen N.W. und West, auf ungebahn­ ten Wegen, wo -nur hie und da isolirte Dorfschastcn, oder Hüt­ ten mit patriarchalisch lebenden Singhalcsen, in den fruchtbarsten und reizendsten Oasen und Fruchthainen jener Wildniß, auf ebe­ nen Boden zerstreut, zu Stationen dienten, durchschnitt Gouver­ neur North, im Eilmärsche den nördlichsten Theil dieser Wannyprovinz, im großen Wegbogen von 145 Englischen Miles, von Trincomalli bis Aripo. I. Cordincrs Beschreibung dieses Durchfluges, denn er war dessen Begleiter, zeigt, daß hier eine reiche Terra incognita der Insel liegt, in welcher noch vieles zn entdecken übrig bleibt. In denselben verödeten Revieren Wannys liegen die antiken Trümmer von Tempeln und Palä­ sten von Maagrammum im Osten und Anarajapura im N.W. der centralen Berglandschaft, von denen oben schon (s. ob. S. 21, 24, 96) die Rede war. 13.

Iaffnapatam.

Von Trincomalli dahin führt

der Küstcnwcg m) über den Cockley-Fluß, durch romantische Wild­ niß voll Wälder und Lagunen, mit Schaaren der schönsten WaldundWasscrvögcl belebt, nach Mole live, eine Sicherungsstation zur Communication zwischen beiden genannten Hasenorten. Die Wälder wimmeln von Affenschaaren, von Pfauen und andern Prachtvögeln, die Lagunen von Gänscarten und Pelikanen. Hier werden auf den schwarzsandigen, stets flachen, einförmigen Ufer­ säumen die Palmyrapflanzungcn überall vorherrschend, der Boden ist mit einer Menge Bastard-Ananas, die aber ungenießbar sind, bewachsen. Mehrere zerstörte und überwachsene Backsteinruinen aus der Portugiesen Zeit und einige unbedeutende kleinere Forts, zur Sicherung der Küste, ziehen sich bis zur Insel der Stadt und dem Fort von Iaffnapatam hin, dem Mirtelpunct der Civili­ sation im Norden von Ceylon, einst Hauptbesitzthum der Hollän­ der^). Iaffnapatams Fort^), unter 9" 47' N.Br., ein regulaircs Fünfeck, ist eins der besten der Insel; Straßen, Häu­ ser, Bazar, alles ist regulair gebaut, die meisten Holländischen Fa­ milien von Trincomalli haben sich hierher gezogen, weil das Le-'

*•*) J. Cordiner and Anth. ßertolacei Küstenreise 1800 6. Cordiner I p. 310—321. «’) s. I. Chr. Wolf» Geheim sch reiber in Staats« und Justizsachen auf Iaffnapatam, Reise nach Aeilan nebst Berichte der Lolländisch. Regierung zu Iaffnapatam. Berlin 1782. 8. 2 SH. **) J. Cordiner I. p. 303 — 310, 322 — 330.

Ceylon, Rundreise,

Jaffnapatam.

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ben hier wohlfeiler, gesunder und angenehmer ist, und wegen des gegenüberliegenden Continentcs viele Vortheile darbietet. Auch die Pettah, oder Singhalcsenstadt, ist nett und reinlich, von Alleen beschattet, und die ganze Umgebung trefflich bebaut. In der Gärtnerei gedeihen alle Gemüsearten», nur die Kartoffel konnte noch nicht einheimisch gemacht werden, di« auf der Insel überhaupt nur in dem centralen Bcrglande anschlug. Das Clima von Iaff« napatam wird dem von- Akadras verglichen, doch ist dev Beben fruchtbarer und die reichere Vegetation mildert die zu starke Hitze und Dürre, und giebt balsamische Lüfte. Taback ist hier Haupt, rultur, Zimmerholz der Palmyra und Ehanks sind. mit jenem Hauptcxporte«. Die Bewohner der Stadt gelten als Malaba, ren, sind aber zur Hälfte Christen, zur Hälfte Brahmanendiencr. Aus der Portugiesenzeit zählt man in der Provinz die Ruinen einiger 30 katholischen Kirchen und Kapellen, welche den frühern Einfluß ihrer Herrschaft in dicstr Gegend beweisen. Die Provinz Jaffnapatam übertrifft an Population jedes andere Gebiet der Inftl, und keins ist in allen Theilen so vollständig angebaut, als tiefte. Die Wege sind hier gut, die Schiffsverbindung nach ak, len Seiten leicht, die Einwohner sind reinlich, gut bekleidet, wohl, habend, die Lebensmittel wohlfeil, die Einkünfte des Gouverne­ ments sind bedeutend, und hatten sich schon nach den ersten Iah, ren Britischen Besitzes verdreifacht. Zu den merkwürdigsten der vielen kleinen vor Jaffnapatam liegenden Inselchcn gehören außer der oben schon angeführten Insel Delffl(Nedoentive der Eingebomen), auch die Zwillings-Inseln (Tw» brother Isle» der Briten, Treytive der Eingcborncn) in der Palks, Straße, ausgezeichnet durch ihre Bewohner. Dies sind die treff, lichsteu Schiffer.^). jener Gewässer,, der schönste dort einheimische Volksschlag, mit einer athletischen Gestalt, starkem, aber schlankem wohlproportionirtent. Knochenbau, musculös, mit schöngeformten, seinen Gliedern, und schwarzer, zarter Haut. Ihre Gestalten ge, ben dem Künstler die edelsten Modelle und Formen zu academi, sichen Studien. Sie sind ungemein gewandt, thätig, sind die be, sten Schwimmer, Ruderer, Matrosen, gehen fast nackt, nur mit einem Gurt. um die Hüsten. Dabei rühmt man ihre Offenheit, ihre Unschuld, ihre Harmlosigkeit und den Ernst, das Schweig, same ihres Benehmens, alles Eigenschaften, in denen die Singha, ") J. Coidiner Descr. Vol, I. p. 305 — 310.

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lesen das Gegentheil zeigen. Sie sind alle römisch-katholische Christen; ihre Frauen sollen so schön wie die Männer seyn. Wel­ chen Einfluß die Bemühungen des Colonel Barbut und seiner Nachfolger, zur Verbesserung des Schicksals jener Insulaner in neuerer Zeit gehabt haben, ist uns unbekannt geblieben. Das centrale Gebirgsland der Insel. Reise von Colombo nach Kandy, der Capitale. Wände, rungen durch die wilden Gebirgsgaue von Dum, bera. Ober Uva und Badulla zum Namina Kuli Kandy; durch UnterUva, Welassey, Weleway nach Maturatta. Ersteigung von Kotmalle und Neura Ellya Plateau. Noch ist das centrale Bergland der Kandy-Provinzen den Europäern wenig bekannt, wenn es auch in neuerer Zeit von den Britischen Truppen und Beamten vielfach durchstreift werden mußte; denn einem großen Theile nach ist es wenig bevölkerte und bebaute Wald- und Dcrgwildniß, obwol der größere Theil einst Culturgebict gewesen seyn mag, und zu demselben auch in jeder Hinsicht noch heute einladet. Noch fehlen Ausnahmen und Spccialkarten des Landes, noch fehlen in der Mitte desselben ge, bahnte Wege in die Provinzen, cs fehlen Europäische Ansicdlungen; durch Anlage von Militairstationen, Garnisonen, Canwnne, ments, Paßfesten ist Einiges geschehen. Durch I. Davy wur­ den mehrere der bis dahin unbekanntesten Gebirgslandschaften durchwandert; aber wir sind noch weit von eilt« genauen Kennt­ niß des Innern der Insel entfernt. Der Weg von Colombo nach Kandy ist am häufigsten besucht. Früher waren 6 bis 7 Tagereisen dazu nothwendig; man mußte den Umweg gegen N.W. durch die Provinz der Sie­ ben Körles nehmen, die durch Sumpfwald und Fieberlust oft: tödtlich wurde. Schon, als Bischof Heber 366), 1825, aus der! von Capt. Dawson', unter Gouverneur Edw. Barnes ungeV mein mühsam gebauten, direclen Kunststraße dahin reifete, konnte man sehr gut, mit Relays, in einem Tage Kandy erreichen (52, Engl. Milcs). Der Weg führte über Warakopole, UlanKandy und über den Bergpaß Kaduganarvon. IX.

Heber Journ. Yol. III. p. 163—172.

Ceylon, Route von Colombo nach Kandy.

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I. Davy"'), als Beobachter, legte den ältern Weg, gegen N.W., mit dem Gouverneur B r o w n r i g g, den er begleitete, in 7 Tagereisen zurück (im I. 1817); eine Strecke von 85 Engl. Milcs. Der iste Tag bis Han welle, zwischen Kokos und Reisfcl, dem in wolbebauter Ebene. 2ter Tag bis Avisahavelle, im Hügelbodcn, vormals Gränzgcbiet zwischen Europäern und Kandy Königen; daher bis heute wilde Wüstenei, mit looo Fuß hoch und schroff aufsteigen, den Bergkegeln, zwischen denen Portugiesen Kotna (d. h. eine Festung) erbauten, um die Bergresi'dcnz, Sittawakka, eines frühern Gebirgskönigs zu zerstören, deren Ruinen mit Tempeln nur eine halbe Stunde von der Station im Walddickicht zer« streut liegen. 3ter Tag durch Waldwildniß bis Ru wen welle, wo die letzten Kokospflanznngen landein; ein Britisches Fort, um daseit ein paar Jahren schon, in Friedenszeit- ein blühendes Städt« chen mit belebtem Bazar sich angesiedelt hatte, 4tct Tag. Nach Idamalpane, über gut bebautes und bevölkertes Land, auf ebenen Thalwegen, über die schönsten Wie, scn, durch saftgrüne Reisfelder, dann durch Waldwildnisse an äl, lern zerfallenen einst Holländischen Festen vorüber. Ster Tag, durch enge, wilde Thäler und Bergschluchten zum Fort King, das auf einer romantischen Höhe von 631 Fuß üb. d. M., an einem Engpässe vieler Gefechte zwischen Portugie, sen und Singhalesen, von dem Britischen Capt. King, neuer, lich, erbaut ward, zur Beherrschung des Eingangs zum Bella, my,Paß. 6ter Tag, über den steilen Bcllamy-Berg, 3000 Fuß üb. d. M., über welchen zwar ein bequemer jedoch nicht fahrba, rer Weg, der nicht einmal zu reiten war, gebahnt ward, zum Truppenübergang. Auf der Paß höhe eine Plaine von nur 300 Schritt Länge, dann wieder steil ab zum Fort Amanapura 2000 F. üb. d. M., auf grünem Weide- und Waldland, mit Reisanbau umher, in wildromantischer Natur. Hier weht die Flagge der Briten über dem Cantonnement einer Militairstation.

7ter Tag, von da sind nur noch drittehalb gcogr. Meilen (12 Miles Engl.) bis Kandy, durch Waldberge und Thäler, •’) J. Dary Account p. 350 — 364.

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über Dodanwelle, wo einige kleine Tempel zwischen heiligen Hainen und schönen Alleen großer Eisenholzbäume stehen. Dann muß der obere, reißende Mahawelle Ganga, der hier die Größe der Themse bei Richmond hat, übersetzt werden, um die Capitale zn erreichen. Die Hauptstadt Kandy (von Conde die Bergstadt, f. oben S.74) soll, nach Äiw368), bei den Eingebornen Hinge, dagulnenra, d. i. Stadt des Singhalesen Volks, hei» ßen, oder auch Maha Neura (Neura, d. i. Capitale, und maha, groß), die große Capitale. Sie verdient solche bet Singhalesen beliebte pomphafte Titel nicht; denn sie ist erst von jüngerem Datums, da sie nach der Portugiesen Ankunft auf Ceylon zur Residenzstadt ihres tapfern Gegners, des Königs Ma« ha wimmala derma erhoben wurde, und bis heute in ihrem engen Bergthals klein und unbedeutend blieb. Früher war wei« ter südostwärts, Gampula, die Residenz der Könige; aber ein ominöser Haase, der auf einer Jagd vom Könige aufgejagt ward, soll die Stelle zum Neubau 7U) der Residenz in Kandy ange, zeigt haben. Dieser liegt71) romantisch 1400—1500 F. üb. d. Meere, umgeben von Waldgebirge, die 200 bis 200p Fuß höher sich heben, in einem Dergamphitheater von mehrern'Burgfesten, daher eine schlechte Militairposition, schwer zu vertheidigen. Nur zwei Eingangspässe führen zur Stadt, die leicht zu domini, ren ist. Die Straßen sind groß und breit, die Häuser von Lehm, einstöckig, mit Palmblättern bedeckt, da bisher nur der Adel Z i e, geldächer haben durfte, wie der König die Prärogative behielt Pferde zu halten. Die Hauptstraße ward nach den Matabaren genannt, von den Verwandten der letzten Dynastie bewohnt, de, nen diese mehr vertraute als den eigenen Singhalesischen Unter, thanen. Tyrannei und ewige Fehden nach außen, Rebellionen im Innern, verscheuchten hier jeden Wohlstand. Der moderne Königspalast, jetzt zum Gebrauch des Gouvernements dienend, von roher Größe, mit den vielen Buddhatempeln und Klöstern umher, die in einer gesetzmäßigen Zahl als nothwendige Theile des Kö, nigssitzes betrachtet wurden, bieten in ihrem siamesisch, indischen **') R. Knox Histor. Relat. p. 8. *') J. Davy Account p. 305. 70) Simon Sawers Journ. from Kandy etc. in Mem. of the Wer­ ner, Soc. Kdinb. 1822. Vol. IV. p. 398. ,l) J. Davy Account p. 364 — 371} LeschenauU 1. c. i>. 269 — 271; Heber Journ. III. p. 172—184.

Ceylon, Kandy, der Buddhazahn.

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Pagoden, Styl keine besondern architektonischen Schönheiten dar. Bischof Heber hat mehrere von ihnen beschrieben, in allen sind Bilder und Buddhacolosse, in allen brennen Lichter, Lampen, ihr Inneres ist mit Dlumenopfern und Früchten geschmückt. Der eigentliche Haustempel des Königs von Kandy, nur ein kleines, aber innerlich kostbar dccorirtcs Gebäude, enthält die größte Reli­ quie des Landes, das vermeintliche Palladium, den Buddha, zahn (s. Asien III. S. 1162 — 1167), der bei der letzten Rebel, lion von den Briten erbeutet und dem Tempel zurückgegeben ward; wahrscheinlich ein Affenzahn, oder ein aus Elfenbein künstlich gearbeiteter. I- Davy hat eine Zeichnung von ihm gegeben S. 368. Wichtiger, versicherten dennoch alle Beamte und Pric, ster, sey diese Beute gewesen als viele andere Siege zur Siche« rung der neuen Herrschaft. Seitdem die Briten in dessen Besitz gekommen waren, galten sie erst den Ceylonesen als rechtmä, ßige Besitzer des Reiches. Die Legende dieser Reliquie, um welche so häufig Kriege geführt wurden, geht bis in das III. @a«.7J) nach Chr. Geb. zurück, wo Mahasana, der gläubig gewordene König von Ceylon, diesen Zahn für viele kostbare Ga, ben von einem befreundeten Calinga Könige aus Jambudwipa, nämlich aus Bengalen, erstand, der ihn durch seinen Prinzen übersandte. Der Zahn, Dahala wahansa genannt, that so, gleich Wunder, erleuchtete die ganze Insel und verdrängte jede Irrlehre. Er wurde sogleich in 100 Tücher gewickelt, und ein Tempel über ihm erbaut. Seitdem blieb er das Palladium Cey, Ions. Bei den Ilcberfällcn der Malabaren in Ceylon, vor der Ankunft der Portugiesen, wurde er zwar mit der Eroberung der Insel ebenfalls erbeutet und nach Dekan zu dem Könige von Pandy (b. i. Pandion Raja, s. ob. S. 12) entführt'; aber von dem nachfolgenden Könige Parackrama bahu II., dem Sohne, sehr bald auf die Insel zurück gebracht. Auch die Portugiesen unter Constantin de Braganza eroberten diesen Zahn im XVI. Jahr, hundert in Iaffnapatam77), oder nach Ribeyro im I. 1560 Im Tempel zu Manaar, wo der König ihnen 600,000 Goldstücke als Auslösungsgeld für denselben bot. Der zelotische Portugiese C. de Braganza hielt es für weit verdienstlicher diesen Teufels, zahu zu zerstören. Aber er war wenig mit der Schlauheit und 72) Maliavansi cd. Uphaw. Vol. I. p. 237. T8) J. de Ribeyro Hist, de Ceylon ttad. franc. Amsterd. 1701. 12. p. 119.

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den Dogmen der Regeneration buddhistischer Priester ver­ traut. Schon am folgenden Morgen ward der zerstörte Zahn, ein Mirakel, auf einer Lotosblume im Buddhatempel gefun­ den, den Buddha selbst dort niedergelegt. Ties sott der jetzt noch hoch verehrte seyn, der kaum in die Gewalt der Briten gekommen war, als schon der König der Birmanen dies Heiligthum zu ge­ winnen Unterhandlungen anfingt). Vor der letzten Rebellion hatte Kandy nur 3000 Einwoh­ ner ; als Bischof Heber diese Stadt besuchte drangen die Raubthiere noch von allen Seiten in ihre Straßen ein, Hyänen, Leo­ parden und andere beunruhigten Nachts die Bewohner gebrechli­ cher Hütten. Eine Mission bemühte sich mit Erfolg die Kinder im Malabarischen und Slnghalesischen zu unterrichten, und das Evangelium zu verkünden. Unter Briten wird Kandy unstreitig bald eine neue Gestalt gewinnen. Der künstlich gegrabene See, an welchem die Stadt erbaut ist, trägt viel zu ihrer Ungesundheit bei; der reißende Mahawelle Ganga umfließt die Stadt von drei Seiten, Alligatoren steigen bis dahin auf. Von Kandy aus besuchte % Davy im Gebirgslande ge­ gen N.O., wo er viel Wechsel von Agrikultur und Waldwildniß7^), voll Elephantenheerden vorfand, die Salpeterhöhlen bei Han­ welle (s. ob. S. 77); später überstieg er das Gebirgsland Dumbera, im Norden von Kandy, über den Atgalle-Paß, und zog über Nalande^), wo er bei dem kleinen FortMc. Do wall einen sehr alten Buddhatempel besuchte, in das Land der Canäle (s. ob. S. 93) bis Minere und Trincomalli. Im März, 1819, lernte I. Davy die ungebahntesten, bis dahin noch unerforschten Gebirgsprovinzen Safsragams, am Südgehänge des Adam-Piks, und des ganzen centralen Hochge­ birges, ostwärts bis Ober tlsa77) kennen, welches die erhabenste, wildeste, rauheste Berglandschaft mit 4ooo bis 6000 Fuß absolu­ ter Meereshöhe, die erhabenste Schweizerlandschaft der Insel ist. Er überstieg von KalapaHane, in dessen Nähe die Quellen des Welleway Ganga entspringen (s.ob. S.llU), nordwärts, auf einem hohen, hügeligen, grünen Weidelande, wo er an ge­ schützten Stellen, von 3000 Fuß Meereshöhe an, aufwärts, das ,T*) Mahavansi ecl. Upham. VoK I. p. 355, 386. II p, 70. ") J. Davy Account p. 372 — 380. T6) ebtttb. p. 380 — 392.

ebend. p. 396—411*

Ceylon, centrales Gebirgsland.

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in Blüthe fant», die Paßhöhen bis Velangahena. DieserMilitairposten liegt 4oooFuß über dem Meere und beherrscht den Eingang des Gebirges, nordwärts, nach Himbleatawelle und Dadulla; er ist ringsum IG bis 18 geogr. Meilen weit von einem Amphitheater prachtvoller Thäler und Berghohen umgeben, die über 6000 Fuß aufsteigen, und un­ zählige bezaubernde Aussichten darbieten; unaufhörliche Successio­ nen von wechselnden, steilen oder sanften, grünen Kegelbergen, durch unzählige, überall enge, waldlose Schluchten von einander geschieden. Das ganze Land ist verwildert, ohne Hütten, ohne Heerden, ohne Menschen, verödet und einsam, durch die Folgen der letzten Rebellionen, die vorzüglich hier ihre Stütze fanden. Der Militairposten Himbleatawelle ist vielleicht noch höher gelegen; bis dahin gleiche Einöde und Menschenleere. Nur an geschützten Stellen zeigen sich kleine Waldstrecken; alle Bäume sind verkrüppelt und klein, der Bog aha oder Indische Fei­ genbaum ausgenommen, der sonst durch Ceylon der heilig ge­ pflegte ist, weil er dem Buddha geweiht ward, hier aber wild, oder wol verwildert, umher steht, und deshalb die Bergbewohner von Iba, bei ihren Landsleuten, für gottlos gelten, da sie seine Besorgung so sehr versäumen. Ueber Badulla, etwa 2100 Fuß üb. d. M., die Haupt­ station. in llva, ein Hauptcommando, aber ein ärmlicher Ort, im Berglande, stieg I. Davy wieder zu dessen mildern, nördlichen Vorhöhen hinab, wo die Thäler sich zwar weiten, aber doch zu­ nächst über Badulla noch der dem Adams-Pik fast an Höhe gleichende, nächst höchste Pik des Centralgebirges sich erhebt, der Namina kuli Kandy. Schon ein Europäer, Mr. Moon, hatte ihn früher erklettert, I. Davy bestieg ihn zum zweiten male, fand oben eine ihm.ganz neue, niedrige, alpine Flora^ in der ihm nur das Rhododendron arboreum (hier von Eingebornen Djarat mala genannt, d. h. die gute, rothe Blume) nicht fremd war. Von seiner Höhe breitet sich, gegen Nord und Ost und S.O., eine unabsehbare Wildniß von Berg- und Hügelland aus, zwischen Bintenne in N., Batticalo in O. und Katt­ reg am (s. ob. S. 112) in S.O., nämlich die hochgelegenen Provinzen Unter Uva und Welassey, mit ihren undurch­ dringlichen Walddickichten, ein höchst ungesundes Revier, welches während des Rebellionskrieges das Grab vieler Britischer Trup­ pen wurde; es strotzt von Schaaren wilder Thwre aller Art: Rhododendron arboreum

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Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. $. 102.

Elephanten, Büffel,. Leoparden, Eber, Hirschartcn, Pfauen, Pa, paqeyen u. v. a. Hier hat die Aufnahme noch vieles zu thun; alle Ortschaften früherer Zeit sind verheert und zerstört, alle Po, pulation verdrängt; hier haben Krieg, Rebellionen, Fie, ber, Raubbestien freies Spiel; sie haben reiche Beute ge, macht, und einem paradiesischen Lande Tod und Verderben ge, bracht. Nach den verschiedensten Richtungen hin hat I. D a v y378) diese Gebiete auf seinen Entdeckungsreisen durchstreift und bcschrie, ben, bis ihn sein Weg wieder, von dem schon genannten Katt, regam, gegen N.W., durch die Bcrgprovinz Welcway, in welcher er, wie in Nord, Ceylon, in den verödeten Tanks und Mauerruinen viele Spuren einst höherer Civilisation vorfand, zum Hochgebirge und den gesunderen Paßhöhcn von Delangahena (s. oben S. 203) zurückkehrte. Auf diese höhere Bergrcgionen war die Zcrstörungswuth der Kandyer Rebellion nicht vorgcdrun, gen; der Gcbirgshäuptling hatte dort seinen Berggau in Frieden erhalten, und die schönen Obstpflanzungen, die dieser auf seinem Rücken trug, wie die sparsamen Hütten des Bergvolkes, waren ungestört geblieben. Don hier, gegen N.W., über da« Britische Dergfort Me. Donald, an 3000 Fuß üb. d. M., bis zum ho, hen Plateau des Sanatariums von Neura Ellya (f. oben

S« 73), hier zeigt sich überall die grandiose Alpennatur, die, nach mehrfachen Aufsteigen zu Paßhöhen, nordwärts von McDonald, bis zu 4000 und 5000 Fuß, erst noch nördlicher gegen Maturatta79), 2700 Fuß üb. d. M., wieder zu milderer Landschaft hinabsinkt. Auch Maturatta ist nur ein Militazrposten der Briten« wo aber schon Europäische Anpflanzungen begannen. Die Berglandschaft ist reizend, die Vegetation reich, das Clima gesund. Die Laubwälder gehören hier zu den dichtesten, schattigsten; die häufigen Nebel, die Wolken, die Feuchte, die Wärme begünstigen hier eine außerordentlich reiche Laubmoosvegetation aus den Zweigen und den Blättern der Bäume, als Schmarotzergewächse. Die Anlagen von Gärten, Obst, Gemüse, wie Kartoffeln, Zivie, bcln u. a., sind hier gut gediehen; man hoffte, daß auch Europäi, schcs Obst, Wein, Weißen fortkommen würden; mit Gerste und Trauben hatte man schon einen guten Ansang gemacht. I. Davy schlug diese Berggegend zur Anlage einer Europäischen Colonisation im centralen Ceylon vor, die gleichsam den Kern zu *”) J. Davy Account p. 412—432.

’») ebend. p. 436—441.

Ceylon, Gebirgsgau Kotmalle.

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weiterer Ausbreitung bilden könnte. Don Matnratta sind, nordwärts, nach Kandy nur 5 bis 6 geogr. Meilen. Den Beschluß machte I. Davy's Entdeckungsreise (1819) in den höchsten Gebirgsgau jvotmallc80), der im Süden von Kandy sich emporhebt, und seine Besteigung des Neura Ellya Plateaus, des höchsten auf Ceylon, ostwärts zur Seite des AdamsrPik, gleichsam das östliche, in seinem Hanptzugc liiv gcnde, Massengebirge der Insel von größtem Umfange. Der Kotmalle Ganga stürzt aus diesem Gebirgsgane gegen Norden hinab nach Kandy, über Pasbage (s. oben S. 83). Don diesem letzten Orte, einer zerstörten Militairstation, steigt man in dem felsigen Stromthale, immer gegen Süden, aufwärts, nur 3 Stunden weit bis Puhalpittye, einem Militairposten, an 2000 F. üb. d. M., im wildesten Felsthal gelegen, dessen Anbau durch die Rebellion zerstört ist. Don da stieg I. Davy das wilde Stromthal des Kotmalle Gang« immer höher gegen das hohe Uva hinauf, wo es noch nie von einem Europäer be, treten war. Er fand das Gebirge von Kotmalle hier ungemein schön, trefflich bewässert, gut bebaut, voll Hütten und Obsthaine, und setzte auf einer sehr rohen Fähre über den Bcrgstrom. Nach einer halben Tagereise sehr beschwerlichen Weges, erreichte er die Bergfeste Dimbola, die er 3000 Fuß üb. d. M. schätzt, 4000 Fuß hohe Gipfel starren umher empor. Die schönste Nacht wurde bei Feuer unter den Zweigen der Bäume campirt (im August). Der folgende Tag war vom Morgen 6 Uhr an bis 5 Uhr Abends ein höchst beschwerlicher Gebirgsweg über krüppliges Buschholz, wo bald das Rhododendron sich zu zeigen begann, bis zum offnen Flecken Kicklemane, der an der Gränze von Kotmaile gegen Ober Uva liegt. Auch von da folgten noch Wälder voll Ele, phantenspuren. Der hohe Gebirgsstrich, der sich hier ausbreitet, an 3 bis 4 geogr. Meilen (15 bis 20 Miles Engl.) in Umfang, mit mehr als 5300 Fuß Meercshöhe, übertrifft wol jeden andern der Insel. Es ist ein großes Tafelland, voll Hügel und Einsen« hingen, ringsum von Hochgcbirgsgipfeln umstellt, mit alpinen Waldungen bedeckt, wie am Namina kuliKandy. I. Davy vergleicht dieses reizende, kühle Gebirgsplateau, mit dem Bergre« vier von Maturatta und Me Donald Fort; aber es ist ganz ohne menschliche Bewohner. Nur Wild durchzieht *#) J. Davy p 450 — 465.

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diese Landschaft in Menge, nicht selten auch Bären, und trotz der Kühle wird doch der Elephant, in zahlreichen Heerden, durch sein Licblingsfutter, gewisse Laubbaume, zumal die Caryota-Palme^»'), die auch hier wie in Malabar (f. Asien IV. l. S. 863) zu ziemlichen Höhen emporsteigt und in Menge wild wächst, bis zu diesen bedeutenden Höhen hinaufgclockl; die Kühhing scheut er also nicht, wenn er Palmstämme findet, die er umbiegen kann, um ihre Blättcrkrone zu schmausen. Der Kot­ malle Gang«, der, nahe an seinem Ursprünge, nur noch knietief durchwatet werden kann, bildet hier einen schönen Wasserfall. Seine Quelle kommt noch höher herab von der offenem Plateau­ höhe des Ncura Ellya, wo selbst kalte Lüfte wehen. Auch diese größte Erhebung soll nie von Menschen bewohnt worden seyn; man erzählte nur, die Eiscnschmiede von Kotmalle stiegen zuweilen hinauf, und die Edelsteinsucher, die hier vielleicht Katzen­ augen, Adulare, Sapphire einsammelten. Daß gegenwärtig, eben hier, seitdem, ein Sanatariu'm für Europäische Reconvalcscenten angelegt wurde, ist schon früher mitgetheilt (s. oben S. 73). I. Davy fand damals die Oberfläche jenes Hochlandes etwas sumpfig, torfartig, was in den Tropen eine Seltenheit ist, und vorzüglich mit Moosvegetation bedeckt, Erscheinungen, die seine kühlere Temperatur so nahe unter dem Aequator hinreichend ver­ künden. Don hier, gegen Ost, stieg I. Davy nach Fort Mc Donald hinab, und kehrte durch nun schon bekanntere Gebirgsgauc nach Kandy zurück.

X.

Der Adams-Pik und seine Ersteigung. Legende des Samanto Kuta und Siripada; das Alter ein­ heimischer Pilgerfahrt und Wegbahnuvg. I. Davys (1617) und S. Sawers (1819) Ersteigung des Adams-Pik.

Der Adams-Pik ist unter allen Hochgipfeln Ceylons der einzig besuchte und bekannte, durch die einheimische Pilger­ fahrt. Durch Besteigung von Fremdlingen, I. dcMarigno las und Jbn Batutas, lernten wir ihn schon Milte des XIV, Jahrhunderts kennen. Die Arabischen Schiffer nannten ihn schon "') Sim Sawers Journey from Kandy etc. in Mem. ofthe Werner. Soc. Eclinb, 1822. Vol. IV. p. 402 etc.

Ceylon, Adams-Pik, Legende. im nx. (f. oben S. 33).

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Don seinen einheimischen Namen

cnue Recollections of a Joumey frora Candy to Caltura )>y tlis

Ceylon, Adams-Pik nach S. Sawers.

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Thqle bet Kotmatte Gang«, aufwärts, um den Adams,Pik zu ersteigen, der durch seine vielen Borberge tmb Tiefthäler dort mehr Zeit zur Erreichung bedarf, aber sanftere Wege darbietet. Schon in Paßbage (s. ob. S. 265) erblickte er am 30. März den Gipfel des Piks gegen S.S.W. Der Weg führte durch die schönsten bewohnten Thäler, zwischen Reisfeldern in den grünen Gründen hin, wo die Hütten der Bergleute, von Terrasseneultur umgeben, unter dein Schatten der reizendsten Obstbanmgruppen, weitläustig und einsam, zerstreut liegen.. Die breitblättrige Schirm, palme (Talipot), die schlanke Kokos, die stämmige, hohe Ca, ryotapalme, die elegante,, schlanke 2lreka, der dunkelgrüne Jack, die üppige Platane, der silberglänzende Kokungaha(?) und andere sind es, unter denen hier der Kandysche Pflanzer am liebsten fein Leben in Gedankenstille verträumt, wenn ihn das Be, dürfniß nicht zur Arbeit ruft. Zu A mb eg an ne (st. ob. S. 88), am Nordfuße des Adams, Pik, war das erste Nachtquartier, von wo in fünf sehr kurzen,, aber durch Fels, Wald und Weglosigkeit sehr beschwerlichen Tagereisen, nur von 4 bis 5 Stunden jede, der höchste Gipfel endlich erstiegen ward. 2ter Tag, 31. März, bis Well«Mattn, nur 10Engl. Miles fern. Durch sehr hohe, uralte Wälder, zv zwei Quellar, men des Kalani Gang«, der hier vom Nordabhange dos Adam, Piks westwärts hinabstürzt, zur Ebene von Colombo, Hier verdrängt die Waldung jeden Anbau, nur selten blickt noch hie und da eine Hütte freundlich aus der Wildniß hervor; einige Caryotapalmen zur Seite, die hier wild wachsen, zur Be, Nutzung des trefflichsten Jagory (Zuckersaft, Zucker, Wein, st 2lfien IV. 1. S. 863), der nebst einem Bergkorn (Ratcheny) ihre Hauptnahrung ausmacht, und zugleich als Münze dient,, um sich dafür Reis,. Salz und Zeuge zu verschaffen. Wo eine Gruppe solcher Jagory,Palmen, hierKetulga genannt, wild wächst, denn angepflanzt wird sie gar nicht, da baut sich die Fa, nülie darunter und wohnt in, ihrem Schatten so lange sie Nah, ruvg, giebt; dann zieht sie weiter. Aber nur an den schwerzu, gänzlichsten Felsstellen sind diese Hütten vor den Zerstörungen wilder Elephanten gesichert; Düffelheerden bringen ihre Dewoh, net auch nicht aus, wegen der vielen CHeras, oder Leoparde»

Way of Adams-Peak 1819. in Mem. of the Werner. Soc. Edinb. 1822. Vol. IV. p. 396 — 423.

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(s. oben S. 143), welche die Kälber wegfressen. Auch Bären, hier in Menge, sind den 2lelplcrn sehr beschwerlich. An den Ge, hängen dieser wilden aber sehr heißen Berge, sche SawerS die ersten wilden Bananen (f. Asien IV. i. 0.884), aber nur mit unansehnlichen Früchten. 3ter Tag, 1. April, zum Dunatibuoya, 10 Miles Engl. Der Weg hatte erst durch das Aushauen des Holzes ge, bahnt werden müssen, und war so mit Saftgewächsen übcrwu» chert, daß man oft nur wenige^ Schritte um sich zu sehen im Stande war; und doch war er erst zwei Jahre früher, im Fe, bruar, für die Pilgerzüge von der Kandy Regierung gesäubert worden, während der Britischen Besitznahme aber schon wie, der zugewachsen. Solche gewaltige Hindernisse setzt hier, un, ter den Tropen, die Vegetation der Civilisation mit jedem Jahre entgegen. Die Zweige und das Laub der Bäume sind auch hier wie auf dem Bcrglande von Matura, mit Dickichten und Guir, landen von Laubmoosen und Lichenen behängen, die immer ein Zeichen bedeutender Berghöhcn sind, wo sie vorkommen. Der Weg führte steil bergan, zur Seite sehr hoher Piks hin, von de, nen sich prachtvolle, großartige Wasserfälle dampfend zur Tiefe stürzten, und als Silberstaub wieder emporwirbclten. Selbst den Wegweisern war es nicht leicht sich durch diese Wildnisse hindurch, zufinden. An der Stelle einer Pilgerstation, Dunatibuoya genannt, wo der Wald zu einem Rastorte ausgchaucn ist, ward da- Nachtlager genommen. 4te Tagereise, 2. Apri,l, nach Gangaluoya, 6 Engl. Miles, worauf 4 Stunden zugebracht wurden. Der Weg unge, mein steil und rauh, von riesigen Farrnkräutern überwach, sen; die labyrinthischen Pfade der Elephantenhecrden, welche die Wälder hier noch durchstreifen, ließen kaum die Pfade der Men, schen zurecht finden. Die Bäutne mit pergamentartigen Blät­ tern (s. ob. S. 103) wurden krüppelhaft, dickbuschig, beladen mit den Laubmoosen und Lichenen; am Fuße eines Bergpasses wurde das Lager am Gangalu aufgeschlagen, von hier stieg der Adams,, Pik wie ein mächtiger Dom empor, überall bebuscht, nur am Gipfel nackt und felsig, umher andere wilde Hochgipfel. 5te Tagereise, 3. .April. Aufsteigen zum Pik, um 7 Uhr Morgens Aufbruch. Schon am Gangalu-Flusse fingen die Eingebornen ihreAblutionen an, als Vorbereitung zu ihrem Pu, jah, oder Opfer am Altar des Sirtpad-a, das aus Kleinigkei,

Cylon, Adams-Pik nach S. Sawers.

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ten, z. B Kupfermünzen, Reis u. dgl. bestand, die aber, von hier an, Alle, anf dcm Kopfe hinaufgetragen wer­ den raupen. Der Hinaufweg wand sich in enger Felsschlucht, die bei Waserstürzen ungangbar seyn würde, die zwar dem Wald, dickicht Syutz gewährt, so daß aber jede Aussicht fehlte. Erst in der Nähe des Gipfels nimmt die Baumhöhe ab, der Schatten schwindet, die Aussicht wird freier. Auf zwei Drittheilen der Höhe ist eine Seile, wo, rechts zur Seite, auf einem kleinen Fels Na, dein und Stricke dem Buddha geopfert werden. So wie sich zu, weilen in der Höhe über der Wald, und Felsschlucht der Fels des Siripida erblicken läßt,, jedesmal schlugen die Buddhadiener ihre Händ! -über den Kopf zusammen und riefen wie begeistert Saa! Saal und immer stärker je höher und näher man kam (wol Salu, Sadu! heilig,, heilig! der Buddhisten Ausruf der Vcrehutng)388). Auch Gipfel »ls steiler Felskegcl, und Stettin zum Anhalten Aufsteigen war er erreicht.

von dieser Seite zeigt sich der oberste der nur durch-Hülfe von Felsstufen zu ersteigen ist,. Nach 11 Stunde Einige 50 Pilger, von der Saffre,

gam Seit!, die man oben in ihren Devotionen begriffen fand, ließen sch durch nichts irre machen, und zogen, sobald sie ihre Sache jenbet hatten, wieder den Berg hinab, ohne sich rechts oder links nur umzusehen. Am Duddhafußtapf war nichts Neues zu beoblchen; nach der Legende stieg Buddha von diesem Gipfel nach Siam, also gegen Osten hinab ((.Asien Bd.Ill. S. 1158, 1166, 1171 re.),, und ließ diesen Fnßeindruck auf Ceylon zurück; Sawecs bemerkte aber, daß es der linke Fuß sey, und daß seine Zehen cegen den Norden, also gegen Bengalen,, gerichtet sind« Es war die Zeit wo viele Pilger aus den Küstenprovinzen, All unt Jung, hier zusammenströmten; sie machten dem Siri, pada cheSalaams, oder Verbeugungen, hielten die flache Hand vor dieSlirn, sprachen ihre Gebete, legten Opfer nieder: Kupfer, münzen Reis, eine Kokosnuß, Baumwollcnzcug, Tücher, ein Be, telblatt, Blumensträuße, Zwiebeln, Haarlocken, Barthaare. Dann machtet sie wieder unzählige Verbeugungen, stiegen den Fels zu­ rück in die Ummauerung, einzelne sangen und die Umstehenden fielen in Chor ein. Den Text der Gesäuge bildeten vorzüglich die Pan Sile, d. i. die Fünf Verbote Buddhas: „Du sollst nchts Lebendes thdten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht

.*• •) Mahavansi ed. k§. Upham 1, p. 62.

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ehebrechen; bn sollst nicht Unwahrheit reden; du sollst nichts Be­ rauschendes trinken." Darauf zogen sie einige Glocken, brannten einige Dochte als Lampen an für die Seitencapcile Deyo Wa, halla (d. h. Gotteshaus), und stiegen dann wieder vom Berge hinab. Kein einziger der Pilger, sagt Sawers, warf auch nur einen Blick über die Mauer hinweg in das Paradies der nmliegcnden Gotteswelt; ohne alle Empfindung für Naturschönhcit und Größe, nur in die hierarchische Fessel des krassesten Aberglau­ bens und mit Blindheit für alles Andere geschlagen, zogen sie in ihrer Ecistesarinuth in die reiche Heiinath der Tiefe zurück. Auch die Dienerschaft des Englischen Reisenden hielt ihre Devotion, und nicht blos Buddhisten, auch solche, welche sich Christiane catholico und Christian« reformado nannten, brachten ihre Opfer, wie die Muselmänner und Brahma- oder Dischnudiener, die auch hinaus pilgern., jene um Adams Fußtritt, diese um eine Vischnucapclle zu begrüßen, die dort den Opferbringen, den Nachkommenschaft gewähren soll. Solche, dieser Dienerschaft, die sich nie den Bart abgeschoren hatten, brachten einen Theil desselben jetzt dem Siripada zum Opfer. Die zwei Buddha, Priester, welche oben fungirten, wohnen nur zur Pilgerzcit hier, d. i. vom Januar bis April, während der trocknen Jahres­ zeit der S.W.,Seite; denn während des Regenmonsuns werden die Wege hinauf ganz impracticabel. Der alte Priester erzählte, daß die Anzeige, wenn er den Pik verlassen soll, ihm im Traume durch einen Brahmanen geschehe; hörte er einmal nicht darauf, so würden ihm seine Kleider von Ratten und Mäusen zerfressen. Er suchte alles hervor um seine Gäste zu bewegen, die Nacht nicht auf dem heiligen Gipfel zuzubringen; nur einmal habe erst ein Weißer oben geschlafen und der sey krank geworden. Er suchte in seiner Sorge für ihr Wohl einige Kräuter auf, von magischer Kraft, welche sie vor den Angriffen der Bären, andere die sie vor Elephanten und bösen Dämonen, wie vor Krankheiten schützen sollten; denn Angst erfüllt die Singhalcsen stets in der Nähe ih­ rer Tempel und Heiligthümer, sie fürchten die Rache guter und böser Dämone, die den Weißen zumal abhold sind. Den Pilgern leisteten diese Priester eigentlich gar keinen Bei­ stand; nur bei ihren Opfern war einer von ihnen gegenwärtig und wiederholte die fünf Verbote; ein Laye mußte die Opfer in Empfang nehmen, der Priester hielt ein Register darüber. Am Ende der Pilgerzcit wird der ganze Ertrag dem Tirinaney,

Ceylon, Adams-Pik nach S. Sawers. d. 1. dem Oberpriestcr in Kandy, Übermacht.

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Der jährliche,

mittlere Ertrag soll an 250 Pfd. Sterling, seyn. Bei Sonnen» Untergang machte der alte Priester dem Siripada mehrere Reverenzen, klingelte, verbeugte sich, sprach Salaams, wedelte mit ei» nein Fächer, und bestreute den Fußtritt mit'Blumen, welche die Nacht über liegen blieben; damit ward der Abend beschlossen und der Greis kehrte in seine Hütte zurück, zu der ihn ein dienender Knabe mit Schellen und Wedel begleitete. Die Aussicht war von diesem Bergkegel entzückend, ringsum über grünes Berg» und Waldland, voll Höhen und Tiefen; in der größten Nahe auf viele drohende Felsen und hohe Spitzen, von grauen Lichcnen bedeckt; nirgends Culturland, nirgends Spu­ ren von Wohnungen, und so weit das Auge in die Ferne der Niederung reichte. Alles, Alles mit unabsehbarer« grüner Wal­ dung bedeckt. AIS am Morgen der Gipfel erreicht war, ein Vier, lei nach acht Uhr, zerstreute die Sonne die Nebel, die Höhen wurden davon befreit; aber die tiefem Zwischenräume blieben noch damit bedeckt; noch lagerten in der Tiefe Wolkenmeere, die sich in horizontaler und vertikaler Richtung verschoben. Die Wol, ken schwanden um io Uhr; aber nun trübte sich die Aussicht in die Ferne, bis wieder, vor Sonnenuntergang, ein Silberblick den ganzen Horizont in schimmernder Pracht erhellte. Mit dem Ver­ schwinden des Tagesgcstirns begann das Spiel der Wolken und Nebel von neuem; der Mond ging auf, die Erde schien wie mit den feinsten Daunen übergössen, und zwischen diesen ragten ein» zelne Piks. wie Inseln hervor. Beim Sonnenaufgang stand der Schatten des Piks wie ein Coloß in Kegelgestalt auf dem Nebel, meere bei westlichen Horizontes. Am 4tcn April ging S. Sawers, auf der weit steilem Südseite, die schauerliche, ja furchtbare Stellen darbietet, hinab nach Palabatula, am Sten nach Ratnapura, denselben Weg, den I.Davy genommen, schiffte sich aber dann in einem Boote daselbst, auf dem Kalu Gang» ein, und erreichte dessen Mündung zum Meere bei Caltura, Nachmittags, am dritten Tage der Rückkehr von dem Gipfel des Adam-Piks.

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XI. Bewohner von Ceylon, Bevölkerung und DolkS-

zahl; Abstammung und Eolkselassen; die Singhalesen eine Hindu,Colonie seit 500 I. vor Chr.Geb., die Beherrscher per Insel. Körperbau bor Sin, ghalescn. Die Casten, die Sprache und Cultur. Die Landescintheilung. Das Königreich. l. Bevölkerung und Dolkszahl. Die Bevölkerung der Insel Ceylon war seit dm Jahr­ hunderten der Portugiesen Entdeckung in Abnahme, >:nd auch damals schon gelang diesen Eroberern nur die Besitznahme der Gestade, durch die Ohnmacht, in welche die Beherrscher dersel­ ben in Folge der Jahrhunderte fortdauernden Kämpfe, gegen die Invasionen von Außen, wie die Fehden von Innen, versunken waren. Dieser Verfall nährn zu, bis zur Besttzuaihme der Briten von dieser Insel im XIX. Jahrhundert, die inner« Provinzen ent­ völkerten sich zusehends mehr als das Küstenland. Die Hollän­ dischen Beamten, kurz vor ihrer Ucbergabe der Insel an die Bri, ten, nahmen ihre Population zu 2 Millionen an, davon sie eine auf die Küstenprovinzen, die z w e i t e auf das Königreich Kandy rechneten. Die Zählung im Holländischen Territor ium vorn Jahre 1789 gab 817,ooo Bewohner. Seitdem haben allerdings blutige Kriege, Rebellionen, Blattern und Seuchen aller Art, große Ver­ heerungen und sicher auch Verminderung der Bevölkerung berbeigeführt; doch meint Anth. Bertolacci^) daß jene Schätzung zu groß war, zumal vom Innern, von dem nur etwa 4 bebaut, die übrigen 4 in Wald und Wildniß lagen. Der Censusoo), der auf Befehl des Britischen Gouverne­ ments im I. 1814 von den Collcctors der verschiiedcncn D.stricte aufgenommen romb, gab die Gesammtpopulation der Kü­ stenprovinzen auf 4,6,888, oder nahe eine halbe Million an: Männer 156,447, Frauen 142,453, Knaben. 95,091, Mäd­ chen 81,892; also 27,193 mehr Männer als Frauen. Von der Population des Innern der Insel fehlte selbst eine wahrscheinliche Schätzung. Man nahm für die ganze Insel 800,000 Bewohner an, was auch der Wahrheit ziemlich nahe gekommen zu seyn scheint, so ärmlich diese Zahl auch für eine sy begabte Insel er**•) Anth. Bertolacci View p. 63. p. 106 etc.

•“) J. Duvy Account 1. c.

Ceylon, Bevölkerung.

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scheinen mag, wonach mir 38 Seelen (nicht 58, wie bei Montg. Martin) auf jede Engl. Qnadr., Mile kommen würden. Die Zählung von 18249l) gab in den Küstenprovin, zen eine Volkssumme von 595,105; sie war also in Zunahme, seit 10 Jahren wenigstens scheinbar gewachsen um 119,222 In, dividuen. Jir den südlichen Singhalcsen Provinzen hatte man 399,408, in den nördlichen Malabarischen Districten 195,697 gezahlt.(Total 595,105); im Innern, den Kandy Provinzen, rechnete man 256,835, eher zu wenig als zu viel, da die früher, hin so bedeutende Abnahme der Halbbarbaren dieser Berg, und Waldreviere, unter Britischem Schutz, schon zum Stillstand ge, kommen war. Für die ganze Insel also 852,940 Bewohner, ti schastriawanse, d. L die königliche Caste, 2) die Drachmi, nawanse, welche beide zwar genannt werd«en, aber beide fast bedeutungslos scheinen, dagegen weit wichtiger 3) die Wiessia-

***) Maharansi ed. Upbatn I. p. 208—214. •) J. Dary Accpunt k 111—133; Anth. Btrtolacci View p. 47—53.

Ceylon, Sirrghalesen, Casten. wanse,

in drei Abtheilungen,

den

Kaufleuten,

2'29 Acker,

banern, Goewanse oder Goyas, und den Schäfern, Nillemakareya, und 4) die Kschudra je Waldbewohner, welche von Anth. Bertolacci und andern für die Abotiginer derJnf S. 683 u. xt.' £).) aUS Jambu Dwipa übersandte- wurde ein Kegelbau (D agoba) errichtet, und'die Reliquien unter Mirakel eingesenkt; die Erde, die sie in ihren Schooß aufnahm/schwoll'kn und'donnerte vor Entzücken, regnete Nectat vom Himmel, die Götter'und Menschen riefen laut Sadu! SadU! (heilig! heilig!); viele Tausende bekehrten sich und wurden Priester. Selbst Freudenmädchen und Königinnen schoren sich das Haar, und nahmen Vas gelbe Priesterkleid; Nonnenklöster, wie Männerorden zogen in die Waldeinsamkeiten der Insel (Taprobane, öb. S. 221,63) ein, wie sie bald darauf in einer andern Form auch die Thebaische Wüstt Und den Eremus am Jordan füllten.- Buddha- Non­ nen galten damals (in den spätern Jahrhunderten verschwinden sie iti Ceylon, wie in Siam, s. Asien IN. S. 1173) für so heilig, wie die Ve­ stalinnen bei den Römern; der Verbrecher *>) der ihnen begegnete ward begnadigt. Ein Zweig des heiliggehaltenen Bogaha, oder Bo bau­ en es (Ficus indica), unter welchem ÄSuddha einst in Nirwana, d. h. tts Stetigkeit versank, ward mit eigenen Ceremonien **) aus Maghada, Buddhas Heimath (Asien IV. 1. S. 510), unter großer Proeession, mit Priestern und Gefolge verschiedener Casten, denselben gehörig zu bedie­ nen, nach Singhala gebracht- und in den Baumgarten Mahameunah bei Anurahdepura verpflanzt, wo er bis §eute33) angebetet wirdund von da aus, schon in jener Zeit, soll er in 5 Zweige, und aus je, dem wieder in 40 Absenker, vervielfacht, durch die ganze Insel (s. ob. S. 55, 62) und auch durch andere Länder der Erde, mit der Buddhalehre verbreitet worden seyn. DaS eine der drei antiken Hauptreiche der Insel, die Rahuna heißen, d. i. daS südöstliche Dritkheil von Cey­ lon, Mayaw, d.i. das südwestliche von Galle bitz Colombo, und Pihity (d. h. bepfla-nzteS Lund, wo der Bogaha gepflanzt war),

Mahävansi I. p. 100. *2) Mahavansl x. p. 09. *•) Chapman on tlie Ane. City of Anarajapura in Transact. öf the Roy. As. Soc. Vol. III. P. 11. p. 467.

vx)

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erhielt von dieser Pflanzung stets seine heilige Benennung, PihityRata24). Bald war Mihintala und die Residenz mit sehr vielen Tem­ peln, Dagobas zur Aufnahme der Reliquien, und mit Tanks umgeben, unter denen einer, der Tissa Tank, sich durch seinen sehr großen Kunstdamm auszeichnete, und von dieser Mitte aus ließen auch die fol­ genden Herrscher nach verschiedenen Richtungen, von Uodun (d. i. eine Strecke 6 Stunden, 16 Engl. Miles) zu Uodun, ähnliche Monumente errichten, um die ganze Insel zu weihen, und überall Dagobas wöl­ ben, in welche auch Reliquien der Schüler Buddhas und der Oberpriester kamen, und heilige Bogahas oder Buddhabäume pflanzen. So weit war Friede und Freude im tempelreichen Lande; da ward die Insel zum ersten male, feindlich, von zwei Malabaren2*) über­ fallen, denen bald darauf andere aus Soleyratte (von Soley, oder Chola, und Ratte, d. u Land im Sjnghalesischen, was in Dekan Chola Desa, oder Chola mandel heißt, das.antike Reich Chola, in Tanjore, davon der verderbte Name der Coromandelküste herkommt) nachfolgten, die erobernd bis zum Mahawelle und Ka­ la ny Ganga, also in der nördlichen Inselhälste bis in die Gegend von Trincomalli und Colombo vordrangen, und Anurahdepura erst 22 Jahre lang, dann noch 42 Jahre lang besetzt hielten. Die Usurpatoren erschlu­ gen die einheimischen Könige, wußten nichts von Buddhas Gesetz, und wurden wieder erschlagen, Andere bestiegen nach ihnen den Thron. Un­ ter Kala ny Tissa, einem von diesen, der die Götter durch seine Grausamkeiten gegen die Priester erzürnte, wurde das Meer um die Insel bewegt; die große Fluth3°) sollte sie mit sammt dem Könige und seinem Volke verschlingen. Schon hatte das angeschwollene Wasser 9 Inseln, die rund um Ceylon lagen, mit den vielen tausend Dörfern, Gärten und Tanks ersäuft, und war nur noch 7 Meilen fern von der Residenz Kalany des Königs, nun schon nur noch eine Meile fern. In der Angst setzte er in einem Schiffe die Tochter, als Opfer, auf das Meer; ihn selbst zog eine Feuerflamme in die Unterwelt. Nun waren die Zürnenden besänftigt; die Fluth trieb das Schiff zum Strande von Rahunatotte, am Südende der Insel, die Fischer meldeten dies dem Kö­ nige von Rahuna, der nahm sie auf, vermählte sich mit ihr, und baute am Landungsort einen Tempel und bestieg den Thron. Ob hierin etwa die älteste Spur der Meinung von einer Zerstörung der einst größer» Insel (s. oben S. 17, 49) ? Die Schmach der Landesunterjochung, durch Malabaren (dieser Name gilt hier auch für das südliche Dekan auf der Coromandelseite), 434) Mahavansi ed. Upham. Vol. II. p. 122. 3G) iMahavansi I. P* 107, 127. 26) Mahavansi I. p. 113; vergl. J. Davy Acc. p. 297.

Ceylon, Dum Gamenys Regierung.

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ruft Heroen unter den Singhalesen hervor"); Dutu Gameny ist der erste unter ihnen. Jene hatten die Buddhatempel und den Bobaum entweiht; die Rache der Singhalesen überfiel sie des Nachts, unfc ihr König, Ella vre, sammt vielen seiner Gefährten wurde ermordet. An dem rechten pfer des Mahawelle Ganga stellte man Wachen aus, icbent Malabaren den weitern Zugang zu wehren. Der König der Singhalesen, Cawantisse, hatte zwei Söhne, die zeigten bei frühen Prü­ fungen Gehorsam gegen Buddha, aber Kühnheit gegen den Landesfeind r darum lehrte sie ihr Vater die Kunst des Gefechtes, und gab dem älte­ sten, Gameny, den mächtigen Elephanten Candula, und 10 Helden zu Gefährten. Der jüngere Prinz, Tissa, ward zu dem Könige Digamadulu geschickt, die Agricultur zu fördern; der ältere residirte bei dem Vater, und lag ihm an, den Krieg gegen den Malabaren König zu führen. Aber diesem schien der Ausgang zu unsicher; des Feindes Heer sey zu stark, das Königreich Ra Huna, dieffeit des Flusses Mahawelle (also das Südreich der Insel), reiche für sie hin, auch ohne dem Malabaren seine Eroberung zu entreißest. Dreimal verweigerte der König dem Prinzen den Friedensbruch, worauf dieser ihm schrieb: Nun schäme er sich ferner ein Mann zu seyn, er werde Weiberkleider tragen. Vor des Königs Zorn mußte er entfliehen, nach Kotmalle im Königreich Maya, d. i. in das Gebirgsland gegen S.W. (f. ob. S. 88); Jeitbem hieß der Prinz Duste- oder Dutu-Gameny. König Cawantisse starb im 64|ten Lebensjahre, er hatte gleichviel Tempel erbaut, wie Jahre erlebt; die Heldenbrüder entzweiten sich, Gameny behielt die Oberhand, er. besiegte die Malabarenkönige, brachte die ganze Insel un­ ter seine Oberherrschaft, ließ sich krönen, residirte in Anurahdepura, sind belohnte seine Krieger königlich. Dies geschahe etwa 150 Jahr vor Chr. Geb. Dutu Gameny *•) ist heldenmüthiger und frommer Monarch zualeich, der strenge Diener des Trividaratue, oder des Buddha, seines Gesetzes, seiner Priesterschaft. Er erbaute Tempel und Priester­ hallen, vor allem aber einen colossalen Dagoba, Ruwanwelle ge­ nannt, der 100 Ellen lang, und eben so viel breit und hoch war, und 9 Stockwerke erhalten sollte, in jedem mit 100 Gemächern, dem heiligen Bobaum, genannt D odinwahanse, zu Ehren. Die Götter selbst trugen ihrem Baumeister Wiswakarma (er soll auch der Erbauer des Kailasa in Elora seyn, Asien IV. 1. S. 879) die Mithülfe am Baue auf. Die Schätze welche dem König sich aufthaten: reiche Kupfergru­ ben, Silberminen, Edrlpeinbrüche, köstliche Bausteine, viele Perlen die an das Ufer geworfen wurden, und vieles andere, machten den außer­ ordentlichen Bau möglich, doch ward er nicht bei des Königs Lebzeiten, )

Mahavansi I. p. 127 — 143.

2e) Mahavansi I. p. 146 — 2084

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §, 102.

sondern erst unter seinen Nachfolgern vollendet, und ward Lowamahn genannt. Er erhielt Marmorpfeiler, einen goldenen Banianenbaum mit Smaragdblättern, ein Goldbild des Buddha mit rothen Korallenaugen, viele Götterbilder und außerordentlich viele Sculpturen und Goldornamente. Als die Reliquien in 'den Dagoba niedergelegt wurden, war ganz Lanka mtt Tankblumm, himmlischen Lilien, geschmückt, das Meer war ruhig, gleich einem Eimer von Büffelmilch mit Zucker abgekocht, alles Volk in Freude und Procession. Der König und Jedermann brachte reichliche Opfer, zumal an Blumen, Lampen und reinen Herzen. Nach Einlegung der Reliquien wurde der Dagoba von außen gischlosscnein verborgener unterirdischer Eingang blieb für die Priester, aber nach oben wurde er mit einer Kuppel in Form einer Dasserblase auf quadratischer Unterlage überwölbt. Da der König erkrankte, beauf­ tragte er seinen Bruder, Tissa, mit der Beendigung des Dügoba, der sich 120 Ellen hoch emporhob. Um sich zu trösten, ließ ssch der Kranke das Verzeichniß feiner guten Werke von den Schreibern vorlesen. Zu den vielen Stiftungen, Bauten, Tempeln, kamen noch itz .Krankenhäuser Mit Aerzten, 44 Plätze zur Almosenspende von Honig und) Reis, unzäh­ lige Lampen für die Tempel mit Anpflanzungen zum Oellbedatf dersel­ ben (wol Kokospflanzungen?), durch die ganze Insel, Bestellung eine# Predigers in jedem Dorfe der Insel, Gerechtlgkeitspflege u, tt. m. Doch der König sprach: Alles dies, was ich während meiner Regierung that, befriedigt mich nicht. Nur die beiden Almosen, die ich gab, da ich in Noth war, und die ich brachte ohne für mein eigenes Leben zu sorgen, erfreuen mich; ich ziehe sie allen andern vor; sie - beruhigen mich. — Darauf von seinem Bruder, Prinz Tissa, kurz vor seinem Tode Ab­ schied nehmend, sagte er: Mein Bruder Tissa, wenn du nvem Dagoba Werk beendigt hast, so opfere daselbst jeden Morgen und Abend Blu­ men und Lampen, mache täglich Smal Musik mit SangarS (s oben S. 160) und unterlasse die Spende der Almosen nicht. Versänke fer­ ner keine Pflicht gegen die Priester; sorge für dein eigen Leben, thu^ dem Volke von Lanka ketn Leid an, beherrsche dieses Königreich mit Ge­ rechtigkeit." Als er so gesprochen legte er sich schweigsam nieder, wäh­ rend die Rähatuns und Priester beteten und predigten. Er wurde in den Himmel aufgenommen. In dieser Erzählung sehen wir das Ideal Srnghalesischer Gesinnung im Leben des frommen Heldenköniges. Sein SohnSally Raja h, war fromm, tapfer, gerecht wie sein Daterz schon alS Kind, da er den ersten Reis aß, als seine Ohrlappen durchbohrt wurden (zur Aufnahme der Ohrgeschmeide, eine Ceremonie), wie bei seiner'Er­ hebung zum Vicekönige in Anurahdepura, jedesmal ward ganz Lanka mit einem duftigen Reisregen, genannt Suanbahill, überschüttet'. Da er aber die größte Schönheit gefunden (s. ob. S. 228), zog er mlt'Hr ein frommes Leben in der Sülle zu führen, dem Throne vor.

Lylon, dritter Malabaren - Ueberfall.

241

So ffohte König Tissa, der die Dagoba-Kuppel bis zu 180 Ellen Höhe volllewete, fle ganz mit einem goldenen Netzwerke überhängen ließ, viele Opsser brachte, und viele Tanks zur Förderung der Agri­ kultur erlaute. Die Förderung der Agrikultur, und der Obst­ bau, tritt Zaumpflanzung, der Gartenbau, find nun, wie für die Ormmzdener in Iran, so auch für die Buddhadiener in Ceylon re­ ligiöse Pfllich, und diesem Umstande ist wol neben dem Bedürfniß, auch das Plamtassnivesen der Kokos und anderer Palmen und Obstbäume auf der Insel, zrzuschreiben. Unter lern dritten Nachfolger, dem Könige Walakan abha 49% der im Jiah-e 441, 9 Monat 10 Tage nach Buddhas Hingange, d. i. 101 Jahr- wr Chr. Geb., den Thron bestieg, ward Lanka zum drit­ ten male vm den feindseligen Malabaren heimgesucht. Fünf Dhamilas (? Häuptlinge) mit 7 Truppenhaufen aus Soley, Sola oder Chole (d. i. Tanjore auf Cholamandel, Cormandel) sielen über 7 Hafenorrte der Insel zugleich ein, und siegten. Zwei plünderten die Almosentischr Buddhas und die Residenz auS; die andern 5 behaupteten als Usurpatoren 13^ Jahre lang den Besitz der Insel, deren gebirgige Südhälste me gewöhnlich das Asyl der Einheimischen ward, die mit einem Heere des tapfern Bergvolks aus Maya, sich von dem Joch der Erobere: auch wieder befreiten und die Anführer erschlugen. Eine längere Zeit der äußern Ruhe scheint nun wieder eingetreten zu seyn, in welcher aber viele Spuren der innern Religionskämpfe, der Seetirerei, des Berderbniffes der reinen Buddhalehre durch unberufene Reformatoren und der Buddhistischen Inquisition hervortre­ ten, so wie ein Uederbieten der Regenten in sogenannten verdienstlichen Werken"). Bei der Verringerung der Pali-Bücher, und der bisheri­ gen nur von Munde zu Munde gehenden Tradition der Buddhadoctrin, wurde dem empfindlichen Mangel der Schriftgelehrsamkeit durch ein Corps von heiligen Schreibern in Mihintala abgeholfen'; heidnische, d. u wol von Brahmanen errichtete, Tempel, wurden zerstört, dagegen Dagobas und viele Hunderte Buddhistischer Grotten ausgehauen. Eine derselben, Poya Mallo genannt, ward zur monatlichen Ver­ sammlung der Oberpriester, Upesanpada, zu geheimen Functionen, die das gemeine Volk nicht sehen durfte, eingerichtet. Diele Tanks wur­ den zur Beförderung der Agrikultur angelegt. Einer der Könige, B athie, schmückte die Kuppel der Ruwanwelle Dagoba, die flch zu 120 Ellen hoch erhob, besonders aus, behing sie überall mit seidenen Stoffen, legte umher Blumengärten von Jasminen an, und ließ sie selbst mit ei­ nem Stueco voll Sandelholz, 4 Zoll dick, überziehen und ganz mit Dlu-

42 *) Mahavansi I. p. 218; vergl. J. Davy Account p. 298# *°) Rialiavansi I. p. 220 — 239# Ritter Erdkunde VI.

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242 Ost-Asicu. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102. men bedecken, die durch eine Wassermaschine ans dem nahn Tan? des Tempels, täglicb, begossen werden konnten; er hatte Blumen genug um ganze Blumenberge um die Kuppel zu häufen, und ihr Inneres ließ et mit jenem köstlichen Perlenkalk ausweißen, von dem schon oben die Rede war (s. ob. S 168 \ Ja Mabadalia, sein Nachfolger, baute eine solche Menge von Booten mit Zelten und allen Lebensmitteln versehen, daß 24,000 Priester auf ihnen von Uodun zu Podun statlonirt, auch auf denn Küstenmeere rund um die Insel flottirten, und Nachts durch Lampen, mit Kuhbutter ernährt, das Gestade erleuchteten. Sein Nachfolger Adagomeny, heißt cs, machte die ganze Insel Lanka zu einem einzig.en geheiligten Drunnquell, genannt Ama, indem er beim Schall der Tamtams ver­ künden ließ, auf der ganzen Insel kein Thier zu tödtten; auch die Menschen nöthigte er, ihre Thorheiten und Missethaten &u unterlassen, und nur verdienstliche Werke zu thun. D.r König Gayabahu, der von Verhaftung einiger siiner Unter­ thanen in der Stadt Cavery in Coromandel hörte, führte voll Zorn seine Krieger zur Befreiung derselben hinüber. Er wanderte mit sei­ nem großen, eisernen Speer, U akanda, in der Hand, du.rch das Meer, dessen Wasser sich theilten, und durch das Verdienst feines eigenen Glau­ bens brachte er auch, trocknen Fußes, die Seinen auf die Lufel zurück, und mit ihnen Reliquien Buddhas. Auch durch ihn W’rbcn mehrere große Tanks für die Tempel gegraben, die er dcn Priestern schenkte. Unter dem Könige Ab ha Tissa, der im Jahre 200 nach Chr. Geb. (nämlich 752 I. nach Buddhas Tode) den Thron besteigt, treten Brahmanische Jrrlehrer als Verderber des wahren Glaubens auf; der erste, ein Leathin Brahmane, hieß Vytullya Wie derHund pder Fuchs, sagt das Mahavanst, zog er die Fäurlniß der frischen Nahrung vor, entsagte der wahren Doctrin, und kehrte zum Heidenthum zurück, und verderbte Buddhas Doctrin durch feine Co>mmentare. Der König, dem die wahre Lehre am Herzen lag, lüß drei Volumina des Ketzers zu Asche verbrennen. Derselbe Abha Tissa ließ die Flur um den heiligen Bogaha-Baum mit Steinen pflastern, und that viele gute Werke. Unter seinem vierten Nachfolger, im I. 253 nach Chr. Geb. (795 I. n. B. T.), erwachte jene Vytullya wada, d. i die Ketze­ rei jenes Apostaten von neuem, und schändliche Priester predigten Lüge und Unglauben. Sechszig solcher Doctrinverderber wurden die Rücket) gebrandmarkt, ihre Schriften dem Feuer übergeben, sie selbst aus der Insel verbannt. Der Unglaube theilte sich auch den Herrschern mit, aber König Mahasana, im I. 276 n. Chr. Geb. (818 I. n. SB.), der schon viele Tempel zerstört hatte, wurde doch wieder gläubig, baute sie wieder auf, und richtete, vorzüglich mit Hülfe von Dämonen ^welche den frommen Königen und RahatS öfter beistehen), sehr viele Tanks,

Ceylon, Malabaren Kriege.

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zur Förderung der Agrikultur ein, erwarb auch den Buddhazaha für die heilige Lanka (s oben S. 201). König Buddha duwsa er­ baute einen Prachttempel zuAnurahdepura, er kurirte viele Kranke, bestellte in jedem Dorfe durch ganz Lanka einen Astrologen, einen Prie­ ster und einen Arzt; unter ihm ward die Pali-Schrift in die Singhala-Schrift übersetzt, unter seinem Nachfolger Maha nawma kam von JambuDwipa ein gelehrter Priester Buddaghosa (d. h. Buddhas Stimme, s. Asien III. S. 1165) nach Lanka; durch ihn ließ derselbe König sehr viele Sermone Buddhas niederschreiben, und dadurch dessen Lehre verherrlichen. In djese Periode fällt, nach der Erzählung dcrKandy Historie4"), dieLegende von dem Zauberer König Mäh a sin, der den Dämonen gebietet, die 150,000 Tanks der Insel zu bauen, unter denen auch der große See Minere, als von Riesen zu stände gebracht (f ob. S. 94), genannt wird; dieser Mahasin wird aber, als der letzte Regent der alten Wijeya Raja Dynastie genannt, mit dem diese auSstirbt, 303 n. Chr. G. (846 I. n. Buddhas Tode). Nun wiederholen sich die Kriege der Malabaren, oder der Feinde ausCholamandel oderCoromandel, wo sich daSBrahmathum auf das vollständigste entwickelt hatte (s. unten Tanjore), gegen daS Jnfelland auf das heftigste, und mehrere Jahrhunderte hindurch scheinen die Kämpfe furchtbar die ganze Insel zerrüttet zu haben"), so daß im IX. oder vielleicht erst Anfang deS X. Jahrhunderts nach Chr. Geb., die Ceylon Könige sich wieder von ihren Todfeinden befreien. Die Annalen sind hier ssebr lückenhaft, die Ketzereien nehmen auf der Insel überhand, die inquislilorschen Verfolgungen, die Zerstörungen der Tempel und Bau­ werke beweistn den bittersten Religionshaß, und die innern Fehden der Ceylonbehcrr'cher ihre gegenseitigen Parteiungen und Zerwürfnisse. Zu­ gleich warten eS Anfangs 6 verschiedene Malabaren Könige, unter denen Pandus g.nannt sind, welche die Insel erobern und 23 Jahre lang behaupten s Ende des V. Jahrh. n. Chr. G. regiert zwar wieder ein frommer Buddhistischer König aber er hat Autodafes über viele ketzeri­ sche Schriftei zu halten; er muß Hunderte böser Priester aus derJvfel exilkren. Ardere Ceylon Könige entzweien sich unter einander, werden verstoßen tunt fliehen nach Jambu Dwipa, von wo sie zuweilen mit SueeurS zur £$nel zurückkehren, und ihren Thron wieder erobern. Zwi­ schendurch regieren auch fromme Könige, Beförderer der Wissenschaften, wie Casmp, von dem gerühmt wird, daß er ein ganzes Buddhabuch in , Goldplatteen graviren und mit Edelsteinen verzieren ließ, eine Manuscripten-Pracht, die, gleich den Mönchsminiaturen deS Europäischen Mittel­ alters, amch heute noch auf Ceylonensifche Manuskripte heiliger Bücher 4S1) J.. I'avy Account 1, c. p. 299. 1. p.. AI-254.

") Mahavansi ed. Uuham*

244 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102. verwendet wird; wie wir sie noch jüngst in der kostbarm Orientalischen Sammlung unsers verehrten Freundes des Baron Schilling von Canstadt, zu bewundern Gelegenheit hatten. Ein anderer König, Matwalesen, er regiert 820 I. n. Chr. G. (1362 I. n. Buddhas Tode), ist glücklicher Dichter, sehr fromm, und erklärt selbst in dem Tempel die heiligen Schriften Buddhas. Sein zweiter Nachfolger aber, Salamewan, suchte sich durch ein Soldheer von Malabarischen oder Coromandeler Truppen, das er in seine Dienste nahm, zu erhal­ ten; die Folge war, daß unter seinem Nachfolger Mihidu, ein zahl­ reiches Malabaren-Heer, nach Ceylon gelockt, das ganze Königs­ haus gefangen nach Solleyratte, d, i. Coromandel, entführte, die ganze Insel ausplündert, die Tempel verheert und unendliche Beute an Edelsteinen, Perlen, Gold und Silber auf das Continent heimschifft. Dasselbe Schicksal hat eine ganze Reihe nachfolgender Ceylon Könige zu erdulden, die immer wieder in Kriege verwickelt, fast alle unglücklich waren, so daß zuletzt fast kein Zweig des Königshauses mehr übrig blieb und die Insel in Noth und Elend versank. Nachdem Lanka zuletzt noch ununterbrochen 86 Jahre unter dem Joch der Brahmanischen Tyrannen geseufzt, tritt ein tapferer König, Mahalu Wijayaha, hervor, der ein Heer von Helden sammelt, die Festung in der Stadt P olonnara i?) nuwara erbaut, und gegen den Feind ankämpft, um die vernichtete Religion Buddhas wieder herzu­ stellen. Aber er fand in seinem ganzen Königreiche keine 5 Priester mehr, die ihre Pflicht thaten. Er suchte daher bei einem fernen Könige (A nur ad da, ob im Carnatik, oder in Siam?) Priester und Bücher. Die 4 nachfolgenden Könige zerfallen wieder unter sich in Kriege, und bahnen so dem großen Restaurator Parackrama Bahu den Weg zur Alleinherrschaft. König Parackrama Bahu (reg. von 1137 bis 1170 nach Chr. Geb.)"') ist gelehrt erzogen, in der Buddha Doctrin, in Logik, Gram­ matik, Poesie, Musik; er versteht die Dressur der Elephanten und Pferde, macht Reisen, ist kriegerisch, und übernimmt nach dem Tode seines Va­ ters die Regentschaft seines Königreiches, mit dem Vorsatz auch die übri­ gen zerspaltenen Herrschaften wieder zu gewinnen, und ganz Lanka als Eroberer zu beherrschen. Hierzu stärkt er Land und Volk, baut Festungen, Tempel, legt große Pflanzungen an, ordnet seine Herrschaft, sammelt viele Helden (Riesen genannt) und Krieger, hält große Heer-, schau, und findet seine Macht groß genug ganz Jambu Dwipa zu ero­ bern, geschweige denn die Insel Lanka sich zu unterwerfen. Er sendet Truppen in alle Theile der Insel, unterwirft sich die verschiedenen Kö483) Mahavansi cd. Upham I. p. 260—313; s. MontgQm. Martin Histor. of Biit. Col. I. p. 362 Not.

Ceylon, Parackrama Bahn.

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nigreiche wiePihitty, Maya, Rahuna, deren Könige sich selbst gegenseitig verrathen ober ergeben, und wird so der Befreier Lankas von dem schmachvollen Joche des Volks von Mataya-desa (s. Asien IV. 1. S. 514, wie Malaya la), und von bim Drucke feiner Tyrannen. Nun seht sich Parackrama Bahu die Krone, als Monarch und Kai­ ser von Lanka, auf. Nun stillt er alle Misbräuche ab, die Religion aber wieder her; er baut Tempel, legt Pflanzungen von allen Arten der Bäume und Blumen an, zumal der Fruchlbäume für Priester und Pil­ ger, die aus allen vier Enden der Welt herbeikamen. Er legte große Hospitale an, versähe sie mit allen Arten der Medicamente, er war selbst ein guter Arzt und erkundigte sich oft nach dem Zustande der Kranken. Er erbaute drei hohe Festungswerke um die Stadt Polonnara herum, innerhalb aber viele Straßen, und in der Mitte ein Schloß mit neun­ facher Mauer umgeben. Dieser schöne Palast, Vije.yantha, hatte 7 Stock, wurde auf Hunderten von Säulen getragen und hatte 4000 Ge­ mächer , von außen Hallen mit schönen Blumenranken sculpirt. Auch eine Wohnung für Brahmanen baute er (ob als Hof-Astrologen, etwa tote in Siam? Asien III. S. 113*2, 1154), eine Buddha-Schule, und eine Halle mit Buddhastatüen, deren Einweihung er durch das Fest des Schwarzmalens der Augen feierte (kein Idolenbild hat in Ceylon eine Weihe, bevor nicht das Schwarze des Auges gemalt ist; vorher ist es blos Steinblock, sobald tric£ aber geschehen, ist es auch consacrirt). ParackramaBahu legte einen sehr großen Tank Panda an, dem himmlischen Nanda gleich. Er führte Hunderte von Häusern mehrere Stockwerke hoch auf, mit Läden voll Waaren gefüllt, mit den verschiedensten Artikeln, wohin das Volk lustwandelte, und allerlei Spiele trieb, also Bazare (offenbarer Einfluß der Kaufherren von Mantotte auf das Znfelköm'grerch, f. ob. S. 36 u. f.). So erhielt seine Residenz, Polonnara, die einst zerstört gewesen, Mauern von 9 Gaus Länge und von 4 Breite, große und kleine Straßen voll Reichthümer, und 14 Stadtthore; auch andere Städte erbaute er. Auch die Heiligkeit der al­ ten Stadt Anurahdepura erkannte er an, weil in ihr der Fußtapf Buddhas und der Bogahabaum gepflanzt war und so viele Reliquien sie verherrlichten; aber sie war von den Dhamilas aus Coromandel ganz zerstört worden, und es mußten ihre Tempel, die Mauern der Tanks, auch die Ruwanwelle Dagoba und vieles andere, erst wieder restaurirt werden, so daß sie nun- wie neugebaut erschien. (Aus dem XII. Jahr­ hundert mögen also wol die wichtigsten den heutiger Ruinen dieser anti­ ken Residenz herstammen.) Der Friede der Insel ward noch einige mal durch theitweise Empö­ rungen, zumal des südöstlichen Reiches Ra Huna, gestört, und es fielen noch viele Gefechte südwärts bis Matura vor, es wurden aber die Baumverhaue alle, die das thörichte. Volk von Rahuna um sich her

246 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 102. aufhäufte, überwunden, und um den Feind außerhalb der Jn^el, der diese immer wieder aufreizte, anzugreifen, Flotten gebaut. Parackrama B ahu ist der erste und einzige einheimische Ceylon König, von dem unS erzählt wird, daß er sich eine Kriegsflotte schuf; merkwürdig genug, daß die folgenden Singhalesen Könige diesem Beispiele nicht wei­ ter gefolgt sind, wodurch sie sich leicht auch vor der späteren Unterjo­ chung durch Europäer hätten schützen können. 100 Kriegsschiffe schickt er zu einer Expedition nach Jambu Dwipas Gestaden aus; ein Kriegs­ schiff zur Insel Kakha(?-, die besiegt wird, deren Bewohner als Ge­ fangene vor den König gebracht werden; 5 andere bis Aramana (? ob in Hinter-Jndiern, wo der Hafen Kusuma erobert und als Besitz von Lanka proelamirt wird. Einige hundert Schiffe seegeln nach Mad hura (.der Pandion RajaS, s. ob. S. 11), dessen Küste sie mit Booten ver­ theidigt finden, doch landen |tt im Hafen Talatchilla (?) in Pandys Reiche, unter einem Pfeilregen, und machen große Beute; sie ero­ bern RameSwara (wol Ramisseram, f. ob. S. 8, ob die Annalen dieses Vischnutempels dies bestätigen, ist uns unbekannt), wo sie lagern, viele Schlachten kämpfen, aber mit großer Deute heimkehren. Viele der Dhamilas (so werden in dieser Periode stets die feindlichen Bewoh­ ner Coromandels genannt) werden in die Gefangenschaft nach Ceylon geschleppt, und müssen, wie die Juden in Aegypten, Knechtsarbeit thun, die Tempel und Dagobas der Insel, die sie zerstört haben, wieder auf­ bauen, zumal aber die in Anurahdepura Nun erbaut der Sieger auf dem Boden von Jambu Dwipa eine Stadt und nennt sie nach seinem Namen Parackrama Bahu(? wo?); er zieht 3 felsige Vcrschanzungen umher, von 2400 Ellen Höhe und 3 große Graben, wie Seen, mit 12 Thoren und einem Palaste. Zwar attakirt König Kulesekara Pandyu mit seinem großen Heere der tapfern DhamilaS die Singhala Usurpatoren, in fünfzig erneuerten Gefechten, doch der Singhala König bleibt Sieger über die Länder und Reiche der Solle.y und Pandu (d. i. Süd-Dekan), setzt daselbst seine Regierung ein, schlägt Münzen in seinem Namen und sendet viele Truppen mit Beute aller Art nach Lanka. So ward der Friede auf Lanka hergestellt, und die Insel füllte sich, unter ihrem Befreier vom Joche der Fremden, von neuem mit Denkmalen aller Art. Er stellt die Tempel, die Feste, die Religion wieder her, errichtet Priesterwohnungen, stehende und lie­ gende Buddhastatüen, umgiebt eine Dagoba- Kuppel mit 1600 Stein-/ Pfeilern, legt Bäder an, Gärten, und um das Land vor Hungersnoth zu schützen, sehr viele Tanks zu Bewässerungen, und Obstpflan­ zungen, indem er von jeder Fruchtart Baumgärten mit ei­ nem Lakscha (d. i. 100,000 Stück- pflanzen ließ, dergleichen 26 na­ mentlich in den verschiedenen Theilen der Insel aufgeführt werden. Von Wasserbauten an Flüssen, wie am M aha welle Ganga und an

Cevlon, Verfall der Insel.

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Tank-, werden 1470 genannt, von Wasserbecken mit Fclstreppen zu ih­ nen 300, und andere unzählige Werke. — Wir finden in diesen Angabrn, wenn auch die Crltik überall Uebertreibung darin zu berichtigen haben wird, doch interessante Aufschlüsse über sehr viele noch gegen­ wärtig in ihrem Werfall fortbestehende Denkwale, Einrichtungen, Ge­ bräuche der Insel. Der Styl ihrer Architekturen, die Vermi­ schung des Bluts, der Sitten, der Stände, der Religion, her Politik, der Sprache, der Insulaner mit den Bewohnern De­ kans, geht daraus von selbst hervor. Die ganze Malabarische Be­ völkerung der nördlichen Hälfte der Znstl war die nothwendige Folge jener Begebenheiten, wenn cs uns auch nicht noch ausdrücklich von Parackrama Bahus Nachfolger gesagt würde, daß dieser allen von sei­ nem Vorfahren gemachten Malabarischen Gefangenen die Frei­ heit gab, mtd ihnen Ländereien auf der Insel anwies, zur Ansiedlung 4*4). Aber der alte Zustand des Verderbens kehrte wieder, die schwachen Könige von Singhala lassen sich von ihren Ministern beherrschen, und werden häufig durch deren Cabalen gestürzt. Die kriegerischen Dhamila-Hecre des Conlinenls wiederholen ihre Raubüberfälle") mehrmals, durch die ganze Insel, und nur etwa deren südlichste Gebrrgsprovinzen, Rahuna und Maya, gewähren den einheimischen SinghalaS noch einiges Asyl. Das Volk von Lanka, sagt die Chronik selbst, ward schlecht, abergläubisch, boshaft, vernachlässigte die Sorge der Schutzgöttcr von Lanka. Ein Heer von 24,000 Dhannlas, unter des Königs Kau­ lin go Anführung, zerstörte das Land und die Religion, stürzte tausend DagobaS um, auch die colossale von Ruanwrlle in Anurahdepura, machte die Priesterwohnungen zu Caiernen, verwirrte und degradirle die Casten, machte die Großen des Landes zu Hörigen, verbreitete Heidenthum (d. i. BrahmacultuS, oder VischnuiSmus', plünderte das Volk, marterte eü an Leib und Gliedern, setzte die ganze Insel in Feuer, plündert Ort bei Ort, und sticht den einheimischen Königen die Augen aus, auch Polonnara, die bisherige Residenz, wird so zerstört. Die Pali-Bücher und hie Buddhadoctrin gingen verloren; wie der Tag ohne Sonne, wie die Nacht ohne Mond, so dunkel und im finstern tappend waren Priester und Volk, so unwissend wie die Thiere des Feldes. Die Könige, die sich theilweise dieser Ueberfälle erwehren, suchen sich neue feste Wohnsitze zu gründen; in dieser Zeit scheint sich die Hauptkraft der einheimischen Für­ sten- aus dem Norden auf die S W.-Seite der Insel zurückgezogen zu haben. Nach langen Unglücksjahren treten zwar wieder ein paar sieg­ reiche Könige auf, Parackrama Bahu II. und sein Sohn Wijeya

43 4) Mahavansi 1. y. 313.

") Maliavunsi I. y. 317 — 325.

248 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 102. Bahu, bie in der zweiten Hälfte des XIH. Jahrhunderts, int Sinne frommer Duddhafürsten regieren (s. ob. die Pilgerfahrt zum Adamspik im I. 1270, S. 208), aber doch die völlige Unabhängigkeit der Insel nicht zu behaupten im Stande sind; ein trauriger Zustand dem endlich nur die Besitznahme der Portuglesen ein Ende macht, womit freilich eine neue nicht geringere Trauerperiode für die Insel beginnt. Wijay a $3ot)u 436), heißt es, führte aus, was fein Vater, der Restaurator, ver­ möge seiner Siege durch die ganze Insel begonnen hatte (s. ob. S. 190); seinem jungem Bruder gab er das Gouvernement der nörhlichen Insel, von der Stadt Dambedeny (?, wohin sich der Vater zurückzog) bis zur Nordsee; er selbst deponirte die Schätze des Königshauses auf dem hohen Berge Wata-giri (?) und pilgerte auf den Samantha Kuta (s. ob. S. 208 , auch zu andern Heiligthümern. Indeß landete aber der früher aus der Insel vertriebene Prinz Chandra Bahu mit einem großen Malabarenheere aus Solley und Pandyu, bei der Stadt Mahatotte (b. u die große Stadt, die erste Nennung Man­ ko ttes in den Mahavansi Annalen, was damals wol noch in hoher Blüthe war, f. ob. S. 37, 45), wo das dortige Küstenvolk auf feine Seite trat. Dennoch besiegte ihn WijeyahaBahu, in einer großen Schlacht, und nun baute er die heilige Anurahdepura, die ganz in Waldwildnisse versunken war, wieder auf, und sammelte viele Kaufleute und Arbeiter zum Aufbau der Dagoba von Ruanwelle. Wahrscheinlich mußten hierzu die untreu gewesenen Mohammedaner von Mantotte bei­ steuern. Die Könige der innern Provinzen, Wanny und Pihitty, brachten in Demuth Geschenke dar; ihnen blieb die Restauration der al­ ten Anurahdepura überlassen, da der König selbst auf die Herstellung der Residenz Polonnara bedacht war, um dort das Krönungsfest zu feiern. Aber kaum scheint dies geschehen zu seyn, als der König starb, sein Sohn und Nachfolger ermordet ward, und dieselben Ueberfälle von außen, die Empörungen von innen, sich wiederholen, und die Insel von neuem ein Schauplatz der Verheerungen wird, mit mehrfach getheilten, geschwächten Königreichen, in denen sie immer weniger den Anforderun­ gen der fremden Usurpatoren dauernden Widerstand zu leisten im Stande war. — Hier enden die Annalen des Mahavansi; die Lücke in der Historie wird auf wenig befriedigende Weise bis auf die Ankunft der Portugiesen in Colombo, im Jahre 1522 n. Chr.Geb., im Raja Dali33) ausgefüllt. Jene Daten sind für unsere Zwecke schon vollkom-/ men hinreichend, wenn wir das hinzu nehmen, was durch Europäer ge­ schahe, um ans der einheimischen Geschichte Singhalas selbst, den Zustand Lanka», wie wir ihn heute in Ceylon vor­ finden, uns enträthstln zu können. T1 *) Mahavansi I. p. 347—358.

8') Raja Vali ed. Upham. II. p. 227.

Ceylon, Ruinen, der Bnddhabanm.

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Anmerkung 2. Die Ruinengruppen von Anurahdepuraz der heilige Puddhabaum, die tausend Pfeiler, die Dagobahß, die Bergtempel Mehentele, und die Grotten­ tempel von Dambulugalle. Die merkwürdigen, weitläuftigen, großartigen Ruinen jener antiken Anurahdepura oder Anarajapnra, der Königsstadt des Ana, die fast auf jedem Blatte der Mahavansi Annalen erwähnt wird, deren auch wir mehrmals gedachten (s. oben S. 21), sind erst im Jahre 1828 durch I. Chapman") wieder entdeckt und beschrieben worden; I Da v y, der sie noch nicht genauer kannte, hatte doch ihre Lage zuerst ziemlich gut auf seiner Karte von Ceylon eingetragen. Nach Chapmans Observation liegen sie unter 8° 15' N.Br. und 80° 35' O L. v. Gr., im District Neura Wan ny; auf den frühern Holländischen Kar­ ten waren sie unter dem Namen „der Tausend Pfeiler" zu we.it nordwärts eingetragen. Nob. Knox, der auf seiner Fluchtreise nord­ wärts von Kandy, im I. 1679 jene Gegend passirte, ist der einzigfrühere Reisende, der jene Ebenen durchzog, und die großartigen Ruinen sahe (f. ob. S. 21), die er eine Welt voll Monumente nannte, ohne sie jedoch näher beschreiben zu können. Erst seit 1815 konnte daInnere der Insel für Europäer zugängkg werden, und nun erst wurde man auf diese Trümmcrstadt, die 1300 Jahre hindurch die Capitale und Residenz einheimischer Könige gewesen war, und noch immer ein von Pilgern bewallfahrteteS Heiligthum der Buddhisten ist, aufmerksam. Sie enthält 9 Tempel in Ruinen, Priesterwyhnungen, 2 sehr große Tanks und viele kleinere in Verfall, Säulengruppen und Mauerreste, die meh­ rere Meilen Weges in Umfang zerstreut sind. Die 9 Tempel sind noch heute von den Buddhisten ungemein venerirt und bewallsahrtet; sie lie­ gen in W. vom Aripo Aar, d. i. dem Fluß Aripo, und stehen in gewissen Distanzen, höchstens anderthalb Stunden weit auseinander; dazu kommen noch, eine Umwallung, darin die heiligen Bo Malloa, oder Bodin Vahanse, d. i. die heiligen Buddhabäume, die Gruppe der Tausend Pfeiler genannt Lowa Maha Paya, und die 7 Tuimili oder DagobaS, deren jeder einen besondern Namen von seinem Stifter erhielt. 1.

Bogaha, der heilige Buddhabaum.

Der Bo Malloa ist das verehrteste, eigenthümlichste Monument; tl sind die heiligen Buddhabäume, Bogaha, die vor Jahrhunderten aus

*•) J. J. Chapman Remarks on the Ancient City of Anarajapura and tlie Iiill Temple of Mehentele in the Island of Ceylon in Transaot. of the Roy. Asiat. Soc. of Gr. Brit« VqV III. P. III. l>. 463-495.

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Ost-Asicu. Vorder-Indien. IV. Ab schm. §. 102,

Siam (? oder auSMaghada, vergl. ob. S.237) durch Mirakerl gekommen, und nach der Pilgerlegende sich selbst gepflanzt haben sollen. Leer Granitbau besteht aus einer Reihe von vier rectangulairen Terrassen, wo die eine aus der andern so hervortritt, daß sie in Höhe wie in Ausdehmung abneh­ men. Sie sind ganz einfach, ornamentlos, aber von eben so kühner als vollendeter Structur, an der Basis mit Cornichrn, die am griechische Vollendung reichen. Zn der Mitte der Scitcnfacade, gegen N„ führen 13 breite Stufen zu einem Altar, darauf Blumenopfer gcbrarcht werden. Die Terrasse setzt fort und giebt Durchgang zu einer zwe iten Trep­ penflucht auf der Westseite, die unter einem Portal hiaw-eg zu einer dritten Terrasse führt. Das Portal, ein Bogen, ist mit Stucco von Chunam überzogen und mit grotesken Figuren in Relief verziert; -gegen­ über steht ein zweiter Altar zur Aufnahme der ölummopfcr. Diese dritte Terrasse gewährt einen Umgang rund um die vierte, welche die heiligen Bäume enthält. Die Ummauerung von Meisen ist nicht über 4 Fuß hoch und unterscheidet sich von den vorigen nichtt. Die To­ talhöhe der Terrasse beträgt nur 20 Fuß, die größte hak 30 und 15 Schritt zu den Seiten Ausdehnung. Hier stehen die 5 eingehegten heili­ gen Bäume, keiner ist mannsstark. Am Fuß der Haupttreppe stehen Granitpfeiler, aufrecht, einer an jeder Seite, darauf Figuren kühn aus­ gehauen. Aus der östlichen Mauer tritt eine colossale Buddhastgur her­ vor, umher Trümmer von kleinen Gegen West ist eine kleine Capelle mit mehreren Metallidolen von Buddha; darin opfern die Priester. Die­ sen Tempel umgiebt eine feste Steinmauer, 120 Schritt lang, 75 breit ins Gev erte, 8 Fuß hoch, mit dreieckigen Löchern zum hineinstellen von Laternen an Festtagen. Dieser Raum ist mit dem süßduftenden Baume (Plumeria longifolu; bepflanzt, dessen Blüthen, nebst Kokos und Pal­ myra, die Hauptopfer für Buddha sind. Die Bäume beißen Bo, der 'Terraffenbau Bo Mal loa. Den Eingang zu diesem Heiligthum bildet ein eigener Bau, der als Balüstrade sehr schön sculpirter Steinpfeiler gereiht steht. Die einzelnen Pfeiler sind aus einem harten, bläulichen Granit, gut behauen, ornamcntirt und mit Skulpturen versehen, darin vorzüglich Reihen von Gänsen mit Blättern im Schnabel (f. oben S. 96,, als der den Buddhisten königliche Vogel eine Hauptrolle spielt, so wie der Elephant, das Pferd, der Löwe und die Kuh. Der Baum selbst, dem zu Ehren dies ganze Bauwerk dasteht, ist derselbe Bog aha, unter welchem Buddha vor Dämonen Schutz fand, medttirte, zum Nir­ wana einging; freilich mag er oft schon wieder nachgepflanzt worden seyn. Er ist daS Emblem des Buddhismus durch den ganzen Orient; da aber jedem der 8 verschiedenen Buddhas ein eigner Saum419) an41B) Hör Wilson Notsco uh tliitu iWscv. from Nvpal in Asiat Re« tea.cli. 1828. T. XVi. p.

CC'lon, Ruinen, die Tausend Pfeiler. derer Art, , ib zumal (n den

251

verschiedenen Ländern von Japan bis

Ceylon uurTübet zugesellt wurde: so kann der Bog aha, obwol meist ein f f ernannter Indischer Feigenbaum, hoch verschiedenen Arten derseseln (vorzüglich Ficus rel'giosa die Banyane, s. Asten lli. S. 215, trnin Fic. indica) angehören.

Gewöhnlich wird die Banyane

mit den he,crchängcnden Wurzelschossen der Aeste als dieser heilige Baum angesehen,,

t

auch in Ceylon, wie z. B. bei Cordiner 4") dafür gilt

(vergl. ob.'. (> 237)5 aber Chapman bestreitet dies.

Diese Banyane

(f. Asten riVl. S. 685, 892) werden wir als verehrten Baum in De­ kan bis zuumNer bu dda hin wiederfinden.

Der Bo, oder Bogaha,

ln denRuüine zu Anarajapura, nach Chapmans Beobachtung4l), ist der geemine Indische Feigenbaum, Ficus indica, ein Ge­ wächs, dass a fich gar nicht verehrt ist, das sogar von den Malabari­ schen Bewoohern in der Nordhälste der Insel Ceylon, wo Brahmais­ mus vorherrrht, ausgerottet ward.

Dieser Baum, ist hier die Sage,

wachse stetts us Trümmern und Ruinen hervor; die Ummauerung soll nach der Wudhistendoctrin nur andere, alte, verfallene Religionssysteme bezeichnen,, dren Mitte der Baum des Buddha stets frisch durchwachse, und selbst ,jets noch so feste Mauerwerk mit seinen Wurzeln und Stäm­ men zerfalllenrnache und endlich zersprenge; ein in der That schönes in­ haltreiches

Smbot für die Entwicklung und das Bestehen jeder wahren

Lehre und

Krche.

Daher soll bei den Brahmanischen Hindus auch der

Gebrauch /formen, diesen Baum auszurotten. Der hiestge Bogaha wird als die er st (Stelle der Erscheinung Buddhas auf Ceylon besucht, bewallfahrrctt, angebetet.

An Legenden und Mirakeln, die dies bestätigen,

fehlt es niccht"). 2.

Lewa Maha Paya, die Tausend Pfeiler4').

Nur uven'ge Schritte ostwärts entfernt von jenen Bo Malloa zeigen fich die soZenrnnten Tausend Pfeiler,

ursprünglich leOO genannt;

gegenwärtig n einem Viereck, an jeder Seite etwa noch 40 aufrecht ste­ hende, alle gxich weit auseinander. steinen von Eneuß,

Die meisten find aus rohen Bruch­

10 bis 12 Fuß hoch, nur 8 und 12 Zoll ins Ge­

vierte, 4 gu$ auseinander.

Nur die Eckpfeiler und ein paar in der

Mitte find aus hartem, blauem Granit, sehr sorgfältig gearbeitet, treff­ lich sculpirt.

Der Priester versicherte, durch Holzkelle, mit Wasser be­

gossen, seyen sie abgesprengt worden vom Fels. Früher soll in der Mitte dieser Steinpfeiler ein Metallgefäß mit Reliquien gestanden haben, aber, wie so vieles Apdere, eine Beute der Eroberer wurde.

das

Noch lie-

40) J. Cordiner Descr. Vol. J p. 362 — 368. 41) J. Chapman Rema-ks l c. p. 467. 4i) ebend. u. 467 —470. 4I) ebend. p. 470 — 472.

252

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102.

gen die Neste der großen Seulptur in blauem Granit, einen ruhenden Stier vorstellend, innerhalb dieses seltsamen Monumentes, von welchem mancherlei Legenden erzählt werden. Chapman bemerkt, daß ähnliche Pfeilermonumente (vergl. die am Mahawelle Ganga, s. ob. S. 95) auch auf dem gegenüberliegenden Südende Dekans, bei der Pagode Ramisseram, zu Madhura und Seringam vorkommen, und meint darin einen Grund zu finden, daß sie nicht dem Buddhismus, sondern dem Cul? tnd der Dhavani, des Schivaismus, angehören. 3. Die Dagobahs. Die dritte Art von Denkmalen in dieser Ruinengruppe, Tum tili» nach innen und außen mit Erde und Mauern gefüllt, die nach außen mit dicken Dacksteinmauern umgeben find, deren Inneres in der Regel Reliquien Buddhas, ober der Duddhaheikigen, oder Buddhistischer Könige einschließt. Hier sind 7 große Dagobahs dieser Art, von verschiedenen Dimensionen, und unzählige kleinere, alle mehr oder weniger in Verfall, und von Waldung überwuchert in malerischer 44 4) Umgebung* Die äl­ testen sind bloße Erdhaufen, zu denen noch hie und da ein Paar Stcinfiufen hinaufführen, Tapa Rama genannt; andere haben mäßige Hö­ hen mit Pfeilerreihen umhergestellt. Andere sind sehr hoch mit Granit­ plattformen von großem Umfange umgeben, Lanka Rama genannt. Einer von diesen ursprünglich 57 Fuß hoch aber sehr in Verfall, soll dem Deveny Paetissa (f. ob. S. 236) angehören. Die Pfeiler, unge­ mein elegant ausgehauen, waren in 3 Reihen umhergestellt, von denen «och über 100 Stück aufrecht stehen. Nur einer ist noch unversehrt, von hellblauem Granit, 23 Fuß 6 Zoll hoch, eine SäuLe mit Capital, als Ornament, ohne etwas zu tragen. Die Legende läßt sie aus dem fernen Osten durch Riesen herbeitragen. Ein anderer dieser Dago­ bahs, Jata wana Rama genannt, soll von einem Könige MahaSinha erbaut seyn; er ist sehr schön, colossal, ganz mit Waldung über­ wachsen. Die Kuppel an 160 Ellen hoch, und alles daran von au­ ßerordentlicher Vollendung. Aber die prachtvollste dieser Dagobahs liegt im Norden des Bo Malloa, davor eine umgestürzte Colossalstatue des Königs Deveny Paetissa, der auch sie erbaut haben sott. Aus der Fa­ rads dieses Prachtbaues treten Elephantenhäupter, als Träger, aus der Mauerwand hervor, wie in Elloras Grottenbau auf Dekan. Nahe die-' fern Bauwerke sahe Chapman Granitvasen und in Stein gehauene 1 Basseins von ausgezeichneter Schönheit und so vollendeter Arbeit, daß fie ihn an ähnliche classische Scnlpturen, wie sie im Museo Capitolino zu Rom stehen, erinnerten. Sie sollen zum Aufschütten von Reis und Getränk zur Speisung bet Pilg.er dienen. Außer diesen sind aber 444) s. d. Zeichnungen bei Chapman tabul 16 bis 2t.

Ceylon, Ruine», Mehentele.

253

noch sehr viele Dagobahs hier, von mittler Größe, mehr oder minder kostbar ausgeführt, kegelartig, pyramidalisch oder glockenartig, meistentheils aber mit Kuppeln bedeckt, in der Form einer Wasserblaseauch die kleineren sind öfter mit großer Eleganz ausgeführt. Es sollen darunter auch viele Denkmale von Königen und Königinnen seyn; bei den wenigen Ausgrabungen 4S), die wegen ihrer Heilighaltung nur selten Statt finden können, hat man immer nur kleinere, unbedeutende Ding­ in ihrer Mitte gefunden. Einen kleinen Raum mit Backstein oder Coralliten gepflastert, darauf kleine Granitcylinder, oder Thonbilder der Eovercapel-Schlange, diese zumal sehr häufig, ferner irdene Lampen, kleine Obelisken oder pyramidenartige Körper, hohle Urners mit Knochen­ fragmenten, dünne Goldblättchen, Goldrivge, einige Perlen, Stücke von Bergcrystall, Glas, Carneole, Stückchen von Rubin, Sapphir, Zirkon tt dgl. mehr, wol Opfergaben. Unzählige Legenden sind von diesen Da­ gobahs, die im kleinern Maaßstabe in vielen Theilen der Insel und in der Nähe der meisten Tempel vorkommen, unter den Singhalesrn in Umlauf. 4.

Die Bergtempel Mehentele/Mihindutala, s. ob S. 224).

Diese liegen 4 bis 5 Stunden in N.O. von jenen, längs den Ufern eines prächtigen Sees, NeuraWava genannt, die mit Acacienbäumen. bepflanzt find, unter deren Schatten die Wohnung eines Häuptlings liegt, welche sich durch das Ziegeldach eine Prärogative des höhern Adels aus­ zeichnet. Dieser See ist sehr groß und ebenfalls ein künstlicher Tank, durch einen Mauerdamm gebildet, der eine Stunde lang, 30 Fuß hoch und sehr solide gebaut ist, offenbar eine jener vielen groß­ artigen in den Annalen des Mahavansi bezeichneten Wasserbauten der Vorzeit. In dcm Walde, ihm zur Seite, stehen drei Tempelruinen; nach allen Richtungen ziehen die Pfade und Fußtapfen der Elephantenhecrden durch die schattigen Dickichte. Weiter hin drang Chapman zu einem kleineren Tank, am Fuße des Mehentele - Berges vor, der ungemein reizend gelegen. Die Stille der prachtvollen Waldlandschaft, der Wasserspiegel voll Schaaren vertraulicher, furchtloser Wasservögel, hie und da das Geräusch schnaufender Büffel; im kühlen Schatten eine zahl­ reiche Heerde gefleckter Hirsche, von der Art des Ceivus axis, mit hoch­ ragenden Geweihen und feierlich emporgehobenen Häuptern, die warmen Lüfte, das grüne Laubgewölbe, und zu alle diesem erhob sich nun noch über dem größten Walddickicht der Mehentele, thurmhoch, zwischen Granitzacken mit seinen Tempelruincn empor. Der Waldpfad durch das Baumdickicht steigt bergan zu einer prachtvollen Treppenflucht von Gra­ nitstufen, 14 Fuß breit, und so ganz flach, daß man zu Pferde hinauf 4ß) J. B. Davy Account 1. c. p. 221 Not.

254 Dst-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102. reiten konnte. Dann folgten andere Pfade und Treppen, so daß man in allem 752 Stufen zu ersteigen hatte um den Gipfel zu erreichen. Dem Gipfel nahe zeigt sich eine Fel Sin seription, die gegen die Ruinenscite von Anarajapura gerichtet ist, aber bis jetzt unentziffert blieb. Auf der Höhe des Berges zwischen den Granitklippen zeigte sich nun eine große Dagoba, "deren Areal mit Kokos-Pflanzungen fcc* schattet war, in der Mitte eine andere Dagoba, 27 Fuß im Diameter, mit einer Steinmauer umgeben, über welche 52 Granitpfu'lcr empor ra­ gen. Daneben eine dritte gewaltige Dagoba, 120 Ellen hoch, in der das Stirnhaar Buddhas als Reliquie verehrt wird. Es soll dieser Bau 1026 Fuß über der dortigen Ebene erhaben liegen; neben ihm ste­ hen Priesterwohnungen. Seltsam ist daS Panorama von der Höhe dieser GranitfrUen mit Dagobaö nach allen Richtungen. Es sollen, nach Aus­ sage der hiesigen Priester, 360 Dagobas dieser Art in den verschieden­ sten Richtungen umherstehen. Den Rückweg von hier nahm Chapman über Dambul nach Kandy, und fand am Wege 2 große Granittafeln mit Devanagart Inschriften. So vieles also hat sich von der antiken Ceylon Residenz er­ halten, die gleichzeitig mit der Gründung von PersepoliS, der Capitale des großen Perserreichcs bis heute ein Atter 44#) von 2300 Jahren zählt, und durch unzählige Jncurstonen der Malabarischcn Religionskriege sich immer wieder, gleich dem Buddha und seinem Bogaha., von neuem aus Schutt und Trümmern erhob. Dis zu dem Ende des Vlli. Jahrhun­ derts (an 1300 Jahre, bis zum I. 758 n. Chr. Geb.) blieb sie blü­ hende Capitale und Residenz der Ceylonhcrrscherz dann aber, eine Deute der Malabaren, wurde sie öfter zerstört, und endlich ganz verlassen, oder nur theilweise restaurirt, und temporair einmal wieder be­ wohnt. Die letzten großen Bauwerke verdankte diese Capitale, welche damals, schon in Wälder vergraben, die Behalffung des WildeS geworden war, der blühenden und mächtigen Herrschaft Parackrama DahuS im XII. Jahrh. (1137 bis ,1170 n. Chr. Geb.), aus dessen Zeit die Mo­ numente ihre Vollendung erhalten haben bis heute. Seit jenen 600 Jah­ ren scheint aber der Ort sich nie wieder zur Stadt erhoben zu haben, seine heiligen Monumente aber eigneren ihn zu einem Hauptwallfahrtsort der Insel, den aber in seinen weiten Wildnissen so viele Gefahren umga­ ben, daß er nur selten erreicht ward. Der zurückgekehrte Friede im In­ nern der Insel wird bald neue Forschungen über diese Monumente her­ beiführen; er hat dort schon wieder große Pilgerschaaren zu Buddhafest­ feiern in neuester Zeit versammelt. 44e) Chapman l. c. p. 494 — 496.

Ceylon, Grottentempel Dambulu.

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5. Die Grottentempel von Dambulu gatte. Südwärts jener Ruinengruppen der alten Capitale Anurajapura, auf dem Wege nach Kandy, etwa drei geogr. Meilen in Nord von Nalanda, wo jenes antike Jrrigationssystem seinen Ansang nahm (f. oben S 93v erhebt sich auS den heißen, dürren, jedoch waldreichen Ebe­ nen der Provinz Matele ein mächtiger, meist nackter Felsberg, Dam­ bulu gölte 4T) genannt, der ganz isolirt bis zu 600 Fuß emporsteigt, und in seinem Innern die größten und merkwürdigsten Grottentem­ pel trägt /- welche die ältesten, die vollendetsten, die am besten erhaltenen der Insel sind, bis in die neueste Zeit. I. Davy hatte sie in Gouver­ neur Rob. BrownriggS Begleitung schon weit früher besucht, ehe noch Chapman die nördlichern Monumente wieder entdeckte. Sie lie­ gen in halber Höhe des Felsen, 350 Fuß über der benachbarten Ebene, und sind nicht weniger wie jene Tanks, Dagobah, BogahaS und Tem­ pel (Wihare's) anderer Capitalen, im centralen, jetzt verödeten, Ceylon, ein Beweis einst höherer Industrie, Civilisation und Population der hei­ ligen Lanka. Diese Grottentempel liegen in gewaltigen Höhlungen des Berges, die an seiner Südseite den Eingang haben, der aber keines­ wegs, beim Eintritt etwas so großartiges erwarten läßt. Ein gemauer­ ter Bogengang von moderner Construction führt in die sehr weite am Eingänge aber niedrige Höhlung, vor welcher eine enge Plattform her­ läuft, die mit einer niedern Mauer begränzt ist, und von Bäumen be­ schattet wird, unter denen eine kleine Crstcrne für Regenwasscr, ein Bogaha und ein kleiner Tempel angebracht sind. Eine äußere Mauerwand von 400 Fuß Länge hemmt den freien Eingang in die Höhle, läßt aber viele Fensterlückcn und mehrere Pforten als Eingänge, die insgesammt durch rohe Ueberbaue von vorspringenden auf Dalken gestützten Dächernodcr von natürlichen Felspartien geschützt sind. So gering von außen, so imposant zeigt sich das Innere, das aus 4 Hauptgrotten besteht, von denen zwei von außerordentlich grandiosen Umrissen und vollende­ ter Ornamentur in Erstaunen setzen. Der innerste oder hinterste Tempel, den Z. Davy zuerst beschreibt, ist 54 Fuß lang, 27 Fuß breit, mit nach innen gesenkten Felsplafond, dessen höchste Höhe 27 Fuß beträgt. Darin 10 Buddhafiguren, mit einem sehr netten Dagobah, 12 Fuß hoch. Die Statuen alle sehr gut erhalten, meist übermenschlicher Größe, brillant in Farben gemalt; auch alle Wände sind sehr lebhaft bemalt voll Buddhasiguren; der Eindruck des Ganzen ungemein elegant und nett. Die 2te Tempelgrotte, Alut Wihare genannt, ist theils durch ein Felsstück, theils durch eine gemauerte Pforte von jenem ge41) J. Davy Account [>. 466 — 473.

256

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102.

schieden; ihre Hauptpforte in der Fronte führt in ihr Inneres von über­ raschender Größe, deren reichgemalte Felswände mit einer unendlichen Menge von Buddhasiguren in den verschiedensten Stellungen und Posi­ tionen , in ihrer lebendigsten Farbenpracht von brillanter Wirkung sind. Sie ist 90 Fuß lang, 81 Fuß breit, der höchste Plafond 36 Fuß hoch. Man zählt 50 Buddhastatüen; ein colossaler Buddha 30 Fuß lang, aus­ gestreckt auf einem Kissen ruhend mit schöner Gesichtsbildung und einem milden, seegnenden Ausdruck; 7 andere stehen umher, alle 10 Fuß hoch, auch die übrigen sind alle wenigstens von Lebensgröße. Drei von ihnen haben rothe Roben, wie die Tübetischen Lamas (f. Asien II. S. 206, 248,283), die andern gelbe. Am westlichen Ende der Tempelgrotte steht ein gutes Bild des Königs Kirtissirie, des letzten großen Wohl­ thäters dieses Dambuluz sein Königsornat gleicht sehr dem des letzten Kandy Königs. Die 3te Tempelgrotte, Maha rajaWihare441), ist wahr­ scheinlich durch eine Steinmauer von der 2ten künstlich geschieden; ihr Portal in der Fronte führt durch einen hohen Bogen, dem Wächterstatüen zur Seite stehen, in ihr Inneres, das an Erhabenheit die vorigen weit übertrifft. Die Länge 190 Fuß, die Breite 90, die Höhe 45 Fuß, das Ganze durch sehr viele Fensteröffnungen und die Pforten im Fels, hell erleuchtet. Darin 53 Statüen und eine sehr schöne Dagoba bis 18 Fuß hoch, zierlich ornamentirt und mit Buddhasiguren an den Sei­ ten, die auf Schlangenringeln sitzen und von Schlangenköpfen (dem Covercapel, f. ob. S. 144) überschattet werden. Ringsum an den in­ nern Wänden sind die Buddhastatüen, an der äußern zwei Köm'gSstatüen, alle in übermenschlicher Größe. Außer den 46 Buddhas, ein Mitre Deo Rajuruwo, der demnächst als Buddha und Nachfolger Gautamas in Zukunft erwartet wird, und Standbilder der 3 Götter, Bischnu im blauen, Samen im gelben, Nata im weißen Gewände. Die beiden Königsft'guren werden WallagamBahu der erste Wohl­ thäter von Dambulu, und Nisankai einer der letzten genannt. Der erste ist in sehr einfachem Costüm, mit sehr langen Ohrlappen und einer gewundenen Schlange als Halsschmuck, deren Doppelköpfe als Ohrge­ hänge herabhängen. Am Ostende der Grotte sind die Wände mit mo­ dernen Gemälden auS der ältesten Legende von Singhala, aus WijeyaRajas Zeiten geziert. Herabträufelndes Wasser auS einem Felsspalt der Grotte in einem Bassin aufgefangen, getraut sich, so vortrefflich es auch ist, kein Buddhist zu trinken. Am schwülsten, heißesten Tage gab dieser Grottentempel herrlichste Kühlung, wol an hundert Männer vom Volk brachten dem Buddhaidol unter devoten Verbeugungen und Erclamationerr ihre Blumenopfer, dann im Halbkreise knieend sprachen sie dem 44#) J. Davy Account p. 469.

Ceylon, Grottentempel Dambulu.

257

Priester, bctr in ihre Mitte trat, und die Hauptgebote ihrer Doctn'n vor­ trug, Sprmch für Spruch mit lauten Männerstimmen im Chore nach, was den gamzen Grottentempel durchhallte, so das, eine schauerliche, zitterncrregende Stimmung jedem auch der Europäer Anwesenden durch Mark und Wein drang. Die 4te Lempelgrotte, Dewaa rajah Wihare, ander Di sch n u selbst geholfen haben soll, ist an Umfang die geringere, 76 Fuß lang, 21 Fuß breit, 27 Fuß hoch, dabei so dunkel, daß sie selbst mit Lampen nur wenig zu sehen war, auch sie hat einen liegenden Bud­ dha 30 Fuß lang, aber auch ein Dischnu-Jdol, ein Zeichen der Einwir­ kung der Malabarischen Usurpationen bis in diese Wildnisse. Ob diese Grottenwerke mehr Natur- oder Kunstwerk sind, meint I. Davy, sey schwer zu bestimmen, wahrscheinlich half auch hier die Kunst der Natur nur nach. Die Erbauer sind unbekannt. Doch erzählten die Priester, der 3te Tempel sey vor 1924 Jahren (also etwa 100 Jahr vor Chr. G.) vom Könige Walagam Bahu begonnen, da er, von den Malabaren vertrieben, sein Asyl in der Provinz Matele suchte. Bor 227 Jahren, also gegen Ende des XVI. Jahrhunderts nach Chr. G., sey er durch den König Nisankai, der 600,000 Goldstücke darauf verwendete, ausgeziert worden. Der 2te Tempel sey vor 64 Jah­ ren, also Mitte des XVlIl. Jahrhunderts durch den König Kirtissrie eingerichtet, der auch,den 3ten großen von neuem reparirt habe. Diese Grottentempel sind dem ASgiri Wihare zugehörig; sie stehen aber unter der Obhut von 7, dort, am Südfuße des Dambulu galle, wohnenden Buddhistischen Priestern, die behaupteten, so weit der Blick von der Felshöhe den Horizont umkreise, so weit sey das Land Tempeleigenthum; doch gebieten sie gegenwärtig in dieser Umgebung nur über ein Dutzend Weiler, in denen zusammengenommen kaum 40 Fami­ lien wohnen. So verödet ist gegenwärtig dieses centrale Ceylon, das mehr Elephantenheerden als Menschen zu Bewohnern zählt. Die Aus­ sicht von der Felshöhe über die grünen Waldungen und Ebenen von ganz Matele, und einem großen Theile der Sieben Körles, wie von Nuwera Kalawea fand I. Davy grandios, prachtvoll.

XII.

Ceylon

unter der Europäer,Herrschaft;

der

Portugiesen, der Holländer, der Briten, Besitz, nähme der Gestade und Eroberung des Kandy Kö, nigreiches (1815). Gegenwärtiger Zustand der Insel. Don den Portugiesen ward die Insel Ceylon im Jahre 1505 entdeckt, seit 1518 fingen sie an sich auf ihr niederzulassen,

seit 1536 beginnen ihre festen Ansiedlungen, vom ersten Portu, Ritter Erdkunde VI.

R

258

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102.

gtcscn Schiff aus Goa, das in den Haftn Colombos auf Ceyson einlief, gaben die dort einheimischen Bewohner4M) ihrem Küstenkönige, der im benachbarten Cotta seine Residenz hielt, die Nachricht, daß eine Rare weißer und schöner Männer, in Stieseln mit eisernen Hüten, gelandet sey, die keine Ruhe habe; sie äßen weiße Steine und tränken rothes Blut, sie gäben Goldfh'icfc für Fische und Simonen, sie hätten Werkzeuge, die donneeten, und Kugeln flögen meilenweit heraus, die selbst ein Schloß von Stein und von Eisen zerschmetterten. Der König beschloß' sie friedlich aufzunehmen, schenkte ihnen einige Dörfer, nahm wie­ der Geschenke und schloß einen Freundschastsbnnd mit ihrem Kö­ nige. Seitdem blieben die Portugiesen o") in Colombo, ge­ wannen anfänglich nur als Kaufleute viel Einfluß. 2(6er, als unter den nächsten Sandesregenten Familien st reit entstand, nahmen sie Partei, und erhoben einen protejirlen Prinzen, der in der Tauft den Namen Don Juan Dermapali erhalten hatte, aus den Thron. Sogleich trat ein Eegenkönig Mihidony aus, der seine Residenz in Avisahawelle ostwärts von Colombo (f, ob. S. 199) nahm, und die Kriege begannen. Des­ sen Nachfolger Raja Singha von Sitawakka (am Kalani, s. ob. S. 100) führt tapfer Kriege, besiegt alle streitenden Par, teien der einheimischen Prinzen, erobert und zerstört die Residenz des Küstensürsten zu Cotta, und -engt die Macht der Portugiesen ein. Nach dessen Tode gewinnen die Portugiesen wieder die Oberhand, besetzen alle maritimen Provinzen und einen großen Theil der Sieben Körles; es fehlte wenig- so wären sie damals schon Meister von ganz Ceylon geworden. Nur Mahn Wim, mala Derma, ein einheimischer, tapferer, geistvoller Prinz wi, derstand noch; er sammelte eine neue Macht um sich, gründete als Souverain das Königreich Kandy (Singada galle), und beherrschte fast alle, auch späterhin, zum Kandy Königreich gehö, rigen Eebirgsprovinzen. Sein Sohn war Rajah Singha der Große genannt, an dem die Macht der Portugiesen zer, brach, der sie ganz aus der Insel vertrieb. Nach Dermapalis Tode besetzten die Portugiesen nämlich fein Reich als ihr Erbtheil, es war bei weitem der größere Theil der Insel; denn zum Kandy Königreiche gehörten nur dir **•) The Raja Vali ed. b. tJpharn. Vol. II. Loitd. 1833. 8. p. 277. ,e) J. Dary Account p. 302—310.

Ceylon, unter Portugiesen, Holländern.

259

centralen Provinzen Ouva, Wellasse, Bintenne, Ma, tele, Wallapane, Oudapalate, Ouduneura, Pattineuro, Tampany, Harasiapattu, Dumbera und Her wahette. Der Gegenkönig nahm seine Residenz zu Diati, lika, d. i. Hangranket ti (in S.O. von Kandy, wohin bald darauf erst das Königsschloß kam, s. ob. S. 200). Er stand ein Vierteljahrhundert in beständigem Kriege mit den Portugiesen, die ihn siebenmal in Kandy überfielen, den Ort verbrannten, das Ger birgsland verwüsteten und Forts zur Zügelung in der Nahe err bauten. Aber der junge Raja Singha, erst 17 Jahr alt, ber siegte die Portugiesen unter Don Cvnstantinos Befehl, und verr trieb sie aus den verschiedenenen Territorien der Insel bis sie nur Noch die festen Orte: Galle, Colombo, Jaffnapatam und TrincoMalle behaupteten. Um sie gänzlich zu vertreiben, verband sich der Kandy König mit den Holländern. Raja Singha schloß mit ihnen einen Tractat, auf der Flotte zu Batticalo; wenn sie die Portugiesen verjagten, sollten sie alle maritime Provinzen erhalten, Batticalo und Putlam, die zwei Mceresr anfurthen in Ost und West ausgenommen, die sich der König vorbehielt. Als Alliirte wollten sie dann untereinander in Frie­ den leben und sich gegenseitig zur Erhaltung desselben Gesandte schicken. Zuerst ergab sich das Fort Punto Galle der Hollän­ der Flotte, und nach 16 Jahren war die ganze PortugiesenMacht, die 150 Jahre lang auf der Insel geherrscht hatte, in Ceylon vernichtet, im Jahre 1658. Aber für Ceylon war der Gewinn nicht groß, nur Wechsel der Sclaverei und der Feindschaft trat ein. Raja Singha blieb von mehrern Nebenkönigen in Kandy der einzige als Regent übrig, und ward 90 Jahr alt; sein Druck, seine Tyranney erzeugte meh­ rere Rebellionen, und auch er gerieth schon in Streit mit den Holländern. Sein Sohn Wimeladarme regiert 22 Jahre, war ein kluger Regent, unter ihm verlebte Rob. Knox, der Schiffscapitain, 20 Jahre in der Gefangenschaft in Kandy. Die Dud, dhadortrin war sehr gesunken; mit Hülfe der Holländer schickte er eine Embassade nach Siam, und erbat sich 12 Upasampada, t>. i. Priester. Sein Sohn, ein grausamer Tyrann, regiert 35 Jahre und ist der letzte Regent aus dem angestammten Königs, Hause. Die neue Dynastie wird aus einem Seitenzweige von Hangranketti, durch Wahl, auf den Thron gehoben, den aber nur

260 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102. Cabalcn umgeben, den kein großer Regcntencharacter schmückt, wo nvr Tyrannen herrschen, den das Blut der Ermordeten färbt, und der einen fortwährenden Kampf der Parteiungen darbietet. Der Sohn des erwählten Königs regiert 40 Jahr, rühmlos, und verliert in seinen Fehden gegen die Holländer auch noch die ihm übrig gebliebenen Hafenorte, Batticalo und Pullam; er stirbt im Jahre 1778. Sein Bruder Rajadi Raja Sing ha, voll In­ dolenz, regiert 20 Jahre, in Fehde mit den Holländern, gegen die er auch, im Jahre 1796, sich mit den Engländern verbindet, als diese dort zuerst die maritimen Provinzen besetzen. Er hatte sich sehr darin geirrt, durch ihren Beistand sein Reich zu vergrößern und einen Seehafen zu gewinnen; beides geschahe nicht. Er starb zu Kandy 1798, ohne Nachkommen. In den folgenden Jahrzchenden ist das Innere der Insel einer ununterbrochenen Reihe von Convulsionen, Dethronisirungcn und Rebellionen un­ terworfen, welche die endliche Besitznahme des ganzen Binnenreichcs durch die Briten herbeiführte. Vor dreihundert Jahren war es den Portugiesen^') vor­ züglich nur um die reichen Exporten der Producte Ceylons zu thun gewesen; von deren Verkauf hing der Gewinn des Gouver­ nements in Europa und seiner Civilbcamtcn ab. Mit der Ad­ ministration der Insel machten sie fich sehr wenig zu schaffen; sie ließen Alles bestehen, nährten aber die gegenseitigen Jalousien und Parteiungen im Innern, um dieses desto leichter zu dominiren, und ließen nur ihrer Bekehrungswuth zur katholischen Kirche auf der Insel freien Lauf. Diese führte häufige Vermischungen herbei mit den eingebornen Singhalesen, welche die Taufe erhal­ ten hatten; so fanden unter ihnen Portugiesische Namen und Sitten Eingang und umgekehrt, aber größcrn Einfluß gewannen sie nicht auf den Zustand der Insel, als nur noch nachtheiligen durch ihre Kriegsverheerungen. Auch die Holländer behielten sorgfältig den größer» Theil der einheimischen Einrichtungen bei, sie forderten selbst mit Streng? die Erfüllung aller derjenigen Pflichten, Ceremonien und Demüf thigungen, welche die Landessitte den Singhalesen gegen ihre Sou­ veraine vorschrieb. Dennoch führten sie auch viele neue, willkür­ liche Abgaben und Anordnungen ein, während .aus der Portu­ giesenzeit nur eine einzige, Alfandingo genannt, nämlich Durch4* ’) Anth. Bertolacci View. p. 24—32.

Ceylon, unter Holländern und Briten.

26 L

gangszoll für Waaren aus einer Provinz in die andere bekannt blieb. Die Holländer gaben mehrere prohibitivc, blutige OJc< setze, um die Eingeborncn vom Handel mit den Monopolen ihrer Ostindischen Compagnie abzuhalten. Der Verkauf von mehr als 10 Pfund Zimmt war mit Todesstrafe belegt. Ihr Abgabcnsystem ging. in das kleinste Detail ein. Bei der ersten Besitznahine war Handelsgewinn einziger Ziveck, durch Monopolisirung jedes Artikels der Ein- und Ausfuhr für die Holländische Com< pagni'e. Die Schiffe fremder Nationen an der Küste Ceylons konnten nur an den Magazinen der Compagnie ihre Einkäufe und Verkäufe machen; eben so die Einwohner der Colonie selbst. Späterhin erhielten di? Fremdschiffcr die Erlaubniß, Reis auf den Küstcnbqzars feil zu bieten, um dagegen allerlei Waaren der Insel einzutauschen,. Heren Monopol die Compagnie aufgegeben hatte. Schon hierdurch wuchs der Privathandel, ohne der Com­ pagnie Gewinn zu bringen, aber zum großen Vortheil der Eingcbornen. Im Jahre 1736 erkannte der Gc.ycralgouvcrneur der Ostindischcn Compagnie, van Im ho ff, den großen Verfall dev Insel durch das bisherige System, und gab ihr mehr Handels­ freiheit; für die Aufnahme her Agricultur und Industrie ihrer Besitzungen in Ceylon thaten aber Holländer, wie Portugiesen, gar nichts, den Monopolen, zumal dem des exclusiven Ziinmkgewiyvs, wurde alles Andere zum Opfer gebracht« Gegen diese Ty­ ranneien engherziger Kqufcompagnien mußten endlich Rebellionen aushrechen; die Kriege, welche deshalb, seit 1761 his 66, die Hol­ länder an der Westküste zu führen hatten, kosteten ihnen io Millio­ nen Floren.. Die endlich besiegten Kaydycr gerixthen durch die­ selben in solche Armuth und Ohnmacht, daß sie sich zwei Iahrzchende hindurch ruhig iy ihre inneren Bergprovinzen zurückzogen, und d>e Holländer in ihrem Küstepbesitze nicht weiter störten. Die Revolutionen in Nordamerika und Europa führten die Briten nach Cciston l die Insel wurde von der Präsidentschaft der Eng­ lisch-Ostindischcn Compagnie in Bengalen ^ im Jahre 1796, in Besitz genommen. Die Briten führten ein neues Abgabensystem ein; die Hol­ länder hatten keine Taxe von den Kokos und andern Obstpflan­ zungen erhoben« ein Mangel, da eben diese großen Plantationen ganz im Besitz der wohlhabcnsten Vcllalahs wqxen, die durch chre Privilegien auch von jedem andern persönlichen Dienst gegen das Gouvernement befreit blieben. Der Druck mußte um so mehr,

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. $. 102.

da sie frei ausgingen, für die unteren Castcn ausfallen. Aber die Methode der Eintreibung dieser sonst sehr billigen Baumtaxe »var zugleich so beschwerlich und, ungewohnt, daß bald eine Revolte entstand, und diese Taxe aufgehoben werden mußte. Zu solchen Misgriffen kamen die innern politischen Verwir­ rungen hinzu. Die Adikars, d. i. die Großveziere der Kandy, Herrschafl, waren zu willkürlichen Majordomcn herangewachsen; ein Jüngling von 18 Jahren, der von Ihnen, Ansang des XIX. Jahrhunderts, König genannt wurde, war nur der Spielball sei, ner eigennützigen und grausamen Minister. 1803 kain cs zum Kriege zwischen den Kandyern und Engländern; Major Davie zog, am 24. Juni desselben Jahres, siegreich in Kandy ein, ließ sich aber durch den Schein falscher Ergebenheit durch Tücke wie­ der zum Rückzüge bewegen, und wurde nun treulos überlistet und mit seinem ganzen Corps umgebracht. Die Kandyer rückten bis vor Colombo und verwüsteten die Küstenprovinzen. Den Mangel an energischer Unterstützung überwand das große Talent des damaligen Capt.Johnstone^), der Ende 1804 von Datticalo in das Innere bis Kandy vordrang, und von da bis Trincomalli siegreich vorschritt. So wurde 1805 bis 1815 ein Waffenstillstand herbeigeführt, während dessen aber düstres Mistraucn zwischen beiden Parteien zurückblieb, und in Kandy Tyrannei, Verrath, Mord, Tod und Empörungen an der Tages, ordnung waren. Auch in den Sieben Körles, der Gränzprvvinz gegen Colombo, brach die Rebellion aus, der König war seinen eigenen Verwandten verhaßt, alles wünschte ein anderes Eouver, nement, alles war zur allgemeinen Revolte bereit; man erwartete nur den Einmarsch der Briten um sich mit ihnen zu vereinigen. Die Feindseligkeiten waren unvermeidlich. Licutnanl General I. Brownrigg, Gouverneur der Insel, rüstete sich, besetzte die Gräten; dev Anlaß zum Bruche war bald da. Englische Han, delsleute, die ins Innere gercißt waren , hatte man als Spioiie behandelt und an Nasen, Ohren und Armen verstümmelt zurück­ geschickt, die Kandyer überschritten selbst die Gränze und verbrann, ten Dörfer auf Britischem Gebiete. Der Kriegserklärung vom 10. Jan. 1815 folgte sogleich der Einmarsch Britischer Truppen in das feindliche Territorium, das überall in Aufruhr stand, und schon am 14. Fcbr. war das Hauptquartier in Kandy, am 18ten 46 *) J. Davy Account p. 316.

Ceylon, britisches Krongut 1815, Constitution 1818.263 brr letzte König von Kandy, Sri Wikrime Raja Singha, ein furchtbarer Tyrann, gefangen, brr m bie Berge von Dum, bera geflohen war. Er wurde nach Colombo gebracht, imb von ba als Staatsgefangener nach ber Dellore Festung im Mabras, Gebiet. Am 2. März 1815 warb er von seinem Staatsrathe förmlich entthront, itttb bet König von Großbritannien als König ber ganzen Insel anerkannt, bafür bie Aufrechthak, tun«)53) ber alten Gouvernementsform im Innern von ben Briten garantirt, so wie ber Schutz ihrer Gebräuche, Gesetze, Religion. Aber auch bies führte bie Ruhe noch nicht herbei, und bie Beibehaltung ber alten, bis in ben innersten Grunb verberbten Gouvernetnentsformen wie ihrer einheimischen Verwalter, mußte sehr bald zu einem neuen Bruche führen. Eine neue Rebel« lion gegen bie Britische Herrschaft brach im Herbst 1817 auS; bie ersten Empörungen gingen vom Gebirgslande in Ouva aus; bie Macht wuchs schnell, im März ISIS- war schon alles Volk bcs Ccntralgebictes, bas untere Saffragam, bie 3, die 4 KorlcSOubeneura und Pattincura ausgenommen, unter bey Waffen, gegen bie Briten. IIeberall traten bie Landeschefs an die Spitze ber Rebellen, bie jeben Tag mit bet Unterbrechung zwischen Kandy und Colombo drohten. Doch wurden bald manche der Rädels« führet der Rebellion eingefangen, der Parteikrieg ward allgemein, bifrd) das ganze Land. Aber fast jeder Tag war Schritt vor Schritt siegreich, District auf Distrikt ivard gebändigt, und lin Oktober 1818 war .schon das ganze Eiland beruhigt. Die Pro« vinzen der Rebellion waren ein Schauplatz des Jammers und ber Verwüstung geworden, alles dann verbrannt, niedergehauen, selbst die Fruchtbäume zerstört, ber kleine Krieg, Hinterhalt, List, Grausamkeiten hatten sie um die Wette ins Elend gestürzt. Krankheiten rafften den fünften Theil ber Britischen Truppen da, hin, und die Singhalesen traf zehnfacher Verlust. Die Rebellion, meint I. Davy, als Augenzeuge, brachte ber Insel wol mehr Nachtheil als bie Besitznahme bet Briten ihr Vortheil gewähren konnte, eine Befitznahme, die nach dem erzwungenen Kriege un, vermeidlich war. So erhielt Ceylon, am 21. Nov. 1318, eine neue Con stitulion3»), oder vielmehr eine Modificatiott *’) f. Documente bei J. Davy Account. App. p. 497—517. *4) J. Davy Account p. 332.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 102.

der früher schon ratificlrten Convention, deren Hauptpuncte in fol­ genden bestanden: 1) Alle persönlichen Frohndienste, die Bah­ nung der Wege und der Bau der Brücken ausgenommen, ward abgeschafft; alle Abgaben wurden auf die eine redueirt, nämlich auf den Zehenden der Reisproduction. 2) Die Gerichtsbarkeit sollte durch einen Justizhof in Kandy und durch die Agenten deS Gouvernements in den Provinzen gehandhabt werden, mit dem Beistände einheimischer Dessavcs, die aber auf fixes Salar gesetzt (nicht wie früher vom Volke bezahlt), den Englischen Behörden subordinirt wurden. Doch wurden diese Puncte nur 3tens, mit Vorbehalt anderer, etwa beliebiger Einrichtungen, festgestellt. Hierdurch war das Herkommen verjährter Singhalesischcr Ge­ bräuche durchbrochen, das Englische Gouvernement freier und un­ abhängiger, das Binnenland auf denselben politischen Standpunct gebracht, wie die maritimen Provinzen, eine Ausgleichung ihrer gegenseitigen Interessen, ein Fortschritt der Politik und Moral, wie die Ausbreitung des Christenthums von Schulen und Unterricht ward hierdurch möglich. Die Wegbah, nungen durch die Mitte der Insel, die Schiffbarmachung der Flüsse, die Landverbindungen der Gcgengcstade, die Wiederherstellung der Tanks und Canäle, die Hebung der Agrikultur, der Hortieultur, die Lichtung der Wälder, wurden hierdurch möglich. Ceylon kann nun wieder zur Korn, kammer, ein Land der Ansiedler, ein Stapel für den Handel des Orientes, eine bevölkerte, reiche Insel werden, und seine Bewohner können des Glückes civilisirter Völker theil, hastig werden, dessen sie so lange Jahrhunderte entbehren mußten. Die Insel ist daher als ein Reich der Britischen Krone, in einer Crisis des Ueberganges, aus einem alten zu einem ganz neuen Zustande^), tic sich in der Gegenwart eigentlich nicht bcurthei, len läßt. Der königliche Gouverneur von Ceylon ist Comman, deur der Truppen, und hat die legislative Gewalt, mit einem Rath der ältesten und erfahrensten Europäischen Beamten ihm zur Seite; seine Residenz ist in Colombo; für die Administra­ tion der Kandyschen Provinzen besteht ein eigener Rath. Alle officiellen Dokumente werden in Singhalefisch er und Ma, layischer Sprache bekannt gemacht; die Singhalesen können 4,‘) Montgomery Martin Hist, of Brit. Colon.'1834. Vol. I. p. 368 bi« 396.

Ceylon, gegenwärtiger Zustand.

265

die Posten der Modcliars und andere bekleiden; seit 1828 müssen aber alle, die auf obere Stellen Ansprüche machen wollen, Eng, lisch lesen und schreiben können. Die Gerichtspflege hängt von einem obersten Justizhof mit drei vom König ernannten Ober, richtem ab; und wird nach der Einthcilung der Insel, in eine Centrale und 4 maritime Provinzen gchandhabt, die nach ihrer rcspectiven Lage gegen Westen, Osten, Süden und Norden genannt werden. Auf der Insel stehen 4 königliche Regimenter Infanterie, de, rcn Hauptquartiere; Colombo, Kandy, Trineomalli sind, dazu 2 Compagnien Artillerie zu Fuß, 1 Compagnie Leibgarde zu Pferde und ein Ceylonesischcs Regiment, 2000 Mann stark, größtenthcilS pus Makayen bestehend, von ausgezeichneter Haltung. Diese starke Garnison machte die Insel bisher zu einem sehr kostbaren Kleinod der Britischen Krone; ihr Bedürfniß ist allerdings nur vorübergehend, und in Zukunft wird sic nicht, wie bisher, die Haupteinnahme der Insel verschlingen. Die Rcvenüen, nach dem bisherigen Stande, betrugen an 330,000 Pfd. Sterling; sie wa, rcn durch einige Veränderungen bis zu 38o,ooo Pfd. Sterl. er, höht. Davon machte bisher das Zimintmonopol 106,434 Pfd. Sterl. die Hauptsumme aus, welche, dq dieser Handel kürzlich frei gegeben wurde, durch andere Abgaben ersetzt werden mußte. Unter den übrigen Einkünften gehört der Scczoll zu den wichtig« pcn, 63,000 Pfd. St.; die Kokostaxe beträgt 35,573, die Reis, taxe nur 21,000, die Salzrcvenüe, gleich verderblich wie das Zimmt, Monopol, 27,781 Pfd. St. Die Pcrlsischerei giebt nur sehr UN« sichern Ertrag, im Jahre 1829 zwar 39,000 Pfd. St.; aber zum großen Schaden der Pächter, und die drei folgenden Jahre nur jährlich 14,662 Pfd. St.; die Chankfischerci ist noch weit mehr herabgcsunken; 1816 brachte sie noch 6700 Pfd. St. ein, seit 1830 jährlich nur 37 Pfd. St. Der Elephantenfang ist ganz ün, bedeutend geworden, der Ertrag davon gab für das Eouvcrne, ment, in den letzten Jahren, nur 61 Pfd. St., die Exporten des Elfenbeins brachten nur 57 Pfd. St. Zoll. Die Exporten von Arak, Kokos, Taback, Areka 20,498 Pfd.St. Der Zoll der Im« Porten betrug 43,169Pfd.St.; davon allein für Korn 17,042, für Baumwollenzeuge 17,146 Pfd. St.« ein Beweis für den großen Mangel der ersten,' nothwendigsten Bedürfnisse der Insel, die sic sich doch selbst erzeugen könnte. Von den Jahnn 1811 bis 1824 betrugen die Ausgaben des

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Oft-Wen. Borger-Indien. IV. dlbschn. §, 102.

Britischen Gouvernements für die Insel uncndsich mcir, als die Einnahme; seit 1829 ist die Einnahme auf 4oo,ooo QJft». Steil, qesticgen, und auch diese wurde bei der starken Eamifon noch durch die Ausgabe überwogen; die Zeit ist wol nahe, wo die In, fei nicht mehr wie bisher als eine Last für England angesehen werden kann. Auch bei dem größten Reichthum der Insel mußte sie durch das frühere Monopolsystem in Armuth versinken; durch Handels, frciheit hofft man ihren alten Glanz herbeizuführen, doch kann dies nur geschehen, wenn England selbst immer mehr die großen Mängel seines eigenen Colonialsystcms, in welchem meist nur das Mutterland bedacht ist, abstreift. Im Jahre 1828 liefen 1314 Schiffe mit 60,670 Tonnen Last und mit 14,794 Mannschaft Equipage in die Häsen der Insel ein; darunter nur 23 Schifft! mit 8765 Tonnen Last aus England, 1137 mit 41,682 Tonnen Last von fremden Nationen. Wenig Capitalisten finden sich bis jetzt in Ceylon; wenig Emigrationen gehen bis jetzt zur Erlau, gung von Erundeigenthum, auf diese Insel, die so mannichsaltige Lockungen und Hoffnungen zu Gewinn darbietet. Ihre Zahl zil mehren unh dadurch Agrieultur und Industrie zu heben, hat das Gouvernement 1829, für Ansiedler in Ceylon auf 12 Jahre Frei, heit von Abgaben zugesichert. Die christlichen Missionen haben hier ein reiches Feld der Thätigkeit gefunden, und glückliche Fort, schritte gemacht. Zu den 100 protestantischen Schulen aus der Holländer Zeit in den maritimen Provinzen, in denen an 200,000 Kinder der Protestanten, Katholiken, Mohammedaner und Dud, dhisten unterrichtet werden, kommen, 56 Schulen der Church, Mission, 65 Schulen der Weslcyan-Mission» und 16 der Baptist/ Mission, welche in Tamulischer und Singhalesischer Sprache »n, terrichten. Die Amerikanische Mission hat in Dattiealo eine Ele, mcntarschule und ein Collegium für Studiosen protestantischer Theologie errichtet.

Dekan; Ost- Ghats, Coromandel,

267

Viertes Kapitel.

Deka n, Fortsetzung, Coromandel. Die Ostseite der Halbinsel in ihren centralen Plateau- nnd niedern Ufer-Landschaften. Die Stromsysteme Dekans, die Coromandel-Ketten, die Coromandel-Küsten, von den Nila-Giri und dem Cavery in Tanjore, nordwärts Madhura, bis Bengalen zum Ganges-Delta. §.

103.

Uebersicht. Dem Pkateaulande Dekans, dessen Westabsturz wir in den West-Ghats kennen lernten, setzen die Nila-Giri, den südlichen Gränzstein, als Gebirgsknoten, am Südcnde des Maißoore-PIa« tcaus (Asien IV. l. S. 951); an sie reihet sich auch die Kette der Ost-Ghats, oder die Coromandelkette gegen Nordost divergirend an (Asien IV. l. S. 654), deren niedrigere Dimensionen und zahlreichere Gliederungen mit minder prominircnden Centauren, wir im allgemeinen schon aus den fnV Hern Betrachtungen kennen, so wie die Einförmigkeit der davon abhängig gewordenen Hydrographie und Orogra* phie, .oder die allgemeine Erhebung der Platcaumassen und ihre vorherrschenden Senkungen gegen Ost, nach den Direktionen der nur dahinwarts entwickelteren Stromgebiete (s. Asien IV, l. S. 652 — 655, 693—709). Von dem gemein* samen Verknüpfungspuncte der beiden Lateralkelten, in dem Hochgebirge der Nila-Giri, dem Südpuncte des Triangel* Plateaus (s. Asien IV. l. S. 427, 430, 653), über der merkwür­ digen Querlücke des Gap, unter ll"N.Br. (s. ebend. S.759), beginnt die Divergenz der Ost-Ghats unmittelbar im Norden über Coimbetore (ebend. S. 760), und gegen Nordost, weil hier sogleich sich das weite Maißoore-Plateau mit Serin* gapatam (2000 Fuß üb. d. M.) um den obern Caverystrom, zwischen beiden Ost* und West-Ghats ausbreitet. Nicht tin* unterbrochen und massig, wie die Westkette nordwärts, bis Khandesch am Tapti (Asien IV. l. S> 655), sondern vielfach

2 t,8

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Ab sch n. §. 103.

querdnrchbrochen durch Stromcataracten, und der longl, tudinalcn Direktion nach, in viele Parallclreihen »nd Successionen von Ketten und Zügen mehr oder weniger untergeordneter Art, von S.W. gegen N.O., gegliedert""), bildet diese Ostkettc, richtiger als östliches Nandgebirgo des Dekan«Plaleaus zu betrachten, die Gränze gegen das niedere Küstenland Coromandels. Also keine Wasser, scheide, keine einzelne Kette, kein Meridiangcbirge. keine zusaminenz hängende Gebirgskette, Es beginnt diese Nakurgränze, zwischen Niederung und Plateauland, schon am Südufcr des Lavery, bei Bhovani, unter 11" 20' N.Br. und zieht nordostwärts (f. Asten IV. 1 S. 051) über Arcot und Vellore an Madras nordwcstwärts vorüber, zum untern Krischna, 16" N.Br. und Go davery, von denen sic quer durchbrochen wird, und nimmt von da eine immer östlichere Richtung an, so wie die Breite der Halbinsel Dekans von West nach Ost wächst, bis zum Maha« n a d a - Strom (s. Asion IV. 1. S. 510), und zuin Ganges «Delta. Sie beginnt daher und endet, gleich den West-Ehats, unter gleichen Breitenparallelcn (zwischen 11" bis 25° N.Br.), har aber einen ganz andern Verlauf, und in ihrer nordöstlichen Hälfte, nordwärts des Godavery, verschwindet fast ihr Gebirgscharaetcr gänzlich. Nur im West von Madras um Vellore, am Ost« rande Maißoores und in dem Theile zwischen dem Pcnnar und Kistna, in dem sogenannten Nalla Malta (Nlla Malle), d. i. dem blauen Gebirge, dem Ostrande von Balaghat, erhebt sich die Kette zu bedeutenden Höhen, über sooo Fuß Meercshöhe, mit einigen noch östlichern isolirtern Hochgipfcln, den erst neuer, lich entdeckten Scherwahary-Bcrgcn bis 5000 F. hoch im Norden vyn Salem. Dem größcrn Theile nach, weiter gegen 91.0., ver, zweigt sie sich wenigstens in viele subordinirte Züge und in mehr mäßige, platcauartigc Waldhöhen, unbekannte Wildnisse, in denen (so viel wenigstens ist gewiß) die Gebirgs, bitdung nicht mehr den hervorstehenden Hauptcha, racter der Landschaft von Orissa, Gondwana, Omercuntnk und, Baleswara ausmacht. Auch ist dieser ganze Zug kein Parallel« gcbirge des Küstcncontyurs von Coromandel, wie die Kette der

.

46e) Jam. Calder General Obscrvations on tlie Geology of India in Asiat. Researches 1833. Vol. XYIll. Transaot. of tlie Phys. Class of the Society of Bengal. Calputta 1829. P. I. p. 8.

Dekan; Ost-Ghats, Cokvmandel.

269

West-Ghats stets parallel und in ziemlich gleichen, geringen Distanzen von dem Malabargestade absteht; nirgends tritt cs biS zu dem Meere in steilen Vorgebirgen, wie bort, heran; daher das Tiefland der Coromandelküste ein Küstenstrich, von sehr ungleich, artiger Breite. Im Süden bleibt, von Coimbetore und Bho, vani an, eine sehr breite Niederung der Coromandelküste, von wenigstens 3y geogr. Meilen den Ost-Ghats vorgelagert, wclche hier der mittlere und untere Lauf des Cavery, über Tanjore und Tranquebar, als eine der fruchtbarsten und bebautesten Ebenen des Karnatik durchströmt. Wci, ter gegen Nordost über die Pa lau r (bei Arcot und Madras), P e n n a r (oberhalb Ncllore), K i st n a h und G o d a v e r y - Flüsse durch Hyderabad oberhalb Ellora, engt sich die flache Küsten­ niederung jmmer mehr und mehr, auf 20 und 10, und noch wc, Niger gcog». Meilen zusammen, und scheint jenseit des Eodavcry, Deltas, nach Orissa zu, selbst dem Mecresstrande noch geringeren niedern Küstensaum zu überlassen. S» verschieden wie die äußere Form ist auch die innere Beschaffenheit diejes Ostzüges. Eranitgcbirge, zumal Sve, nitgeftein67), bildet die Basis aller östlichen Höhenzüge von Coimbetore bis Hyderabad. Granit, beobachtete H. W. Boy, seyb»), als die Unterlage selbst in der Niederung der Coroman, dclküste von Travancorcs Perggränze und von Tinnevelly fcllandes, wo an seinen Nordufern, längs der Straße vom Bes, sely.-Ghat bis Senngapatam"), einige Cultur von Reisfeldern und Baumpflanzungcn beginnt (s. Asien IV. l. ®. 736). Be, nutzt wird der schöne Strom erst in der Ebene von Seringa, patam, wo er schnell über die eisenschüssigen Gesteine seines Felsbettcs dahinrauscht, und die Feste wie die Insel der Capitale umkreiset, durch einen künstlichen Canal theilweise seine Wasser aber zur Irrigation der Reisfelder auf den» ungemein trocknen und nackten Plateauboden umher verbraucht werden. Diese Sri Ringa (b. 1. ein Epitheton des Dischnu) P ata na (d. i. Stadt)"«), contrahirtSeringapatam, ist erst als Residenz der letzten erobernden Sultane (Hyder Ali 1760—1782, Tippo Saib bis 1799) berühmt geworden. Sie ist auf einer Insel des Ca, very (12° 13' N.Br., 76" 55' 0.8. v. Gr. und 2279 F-. P, üb. M. nach Babingtons Messung), »vomit Scarmans"") Barometerbeobachtungen trefflich übereinstimmen, nämlich 2262 F. P. (ober 2412 F. Engl.), erbaut. Auf beiden Seiten heben sich die Flußufer empor, das Thal ist an dieser Stelle trefflich be, wässert, aber ungesund, ein Fieberland, selbst für die Eingebornen, wie für die Ansiedler. Don den vielen Tausenden, die aus Ma, labar (s. Asien IV. l. S. 705 re.) hierher, auf tyrannische Weise, durch Tippo Saib verpflanzt wurden, hatten, nach einem Jahr/ zehend, nur etwa 500 ihr tragisches Schicksal überlebt, und von 500 Franzosen, Künstlern, Handrverkern u. s. w., die aus Isle de France hierher versetzt, ihr Heil bei dem politisch befreundeten Tyrannen suchten, waren nach 5 Jahren, als die Stadt durch Briten mit Sturm erobert ward (4. May 1799), nur noch 25 am Leben. Tippo Saib selbst kam auf den Gedanken diesen Ort als Mittelpunct seiner Herrschaft aufzugeben und seine Resi, denz anders wohin zu verlegen. Weit gesunder, auf größerer Er, Hebung, liegt schon an 2 geogr. Meilen weiter südwärts, Mai, ß o o r e67), das ältere Stammschloß der Sultane, ehe sie als un, bedeutende Polygars, die anfänglich nur 32 Dörfer befehlig, ") G. Vic. Valentia Voy. ed. London 1811. 8. T. I. p. 390 etc. •*) W. Hamilton Descr. II. p. 361 — 366. vergl» Valentia 1. c, II. p. 354—39L *•) Climate of Seringapatam in J. Prinsep Jour­ nal of the Asiat. Society of Bengal. Calcutta 1834.' 8- Vol. III, p. 138—139. ") >V. Hamilton Descr. 11. p. 365} G. Valentia 1. «. II. p. 3681 Fr. Buclianan Journ, II. p. 172. Ritter Erdkunde VI. S

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Ost-Asien. Vorder-Jndieri. IV. Abschn. §. 103.

tctr, gegen die schwachen SrINanga Patana Rajas siegreich zu Felde zogen, imb durch deren Stürzung erst groß wurden. Doch ereilte Sultan Tippo, hier, an diesem merkwürdigen Orte sein Schicksal, kurz nachdem auch bis dahin der Schwindel der französischen Revolution vorgedrungen, der französische Jakobiner, Club4I1S) daselbst diesen Tyrannen, aus Haß gegen die Briten, zum Printe Citoyeu erhoben und ihn vermocht hatte, das Drapeau trlculor i|nt« General Dompart und Rifau's Com« mando aufzupflanzen, in Hoffnuyg der Hülfe, die ihm von Buo« naparte, dessen Briefe damals 7 Pluviose, An. VII de la Repuld, (1799), aus dem eroberten Aegypten und Syrien einliefen, zum Sturze der Briten in Hindostan zugesagt war. Das erstürmte Fort, eine halbe Stunde von der Stadt, am Westendc der In« fei, eine unbeendigte, immense und nutzlos gehäufte Masse von Bauten der Tyrannen, Tippos Palast, Lolmahat, sein Land« Haus Lolbaug, seine Gärten, HndcrAlis Mausoleum u. dgl.,, sind die wenigen, von jener Dynastie übrig gebliebenen Denkmale; zwei angekettete Tiger, die Tippo Saib am Hauptcingange seiner Wohnung hielt, waren das Symbol seiner Herrschaft; seine Nachfolger, ein Dutzend tigerartig gesinnter Söhne, und mehrere Töchter, haben ihr Leben als Staatsgefangene in den Festen der Ost-Ghats und Dengaleys vertrauert. Ein jüngster sechsjähriger einheimischer Hindu Prinz würbe 1799, am 22. Juni, unter dem Namen Maha Raja Krischna Udiaver, als älterer Thron« erbe von Maißvorc erhoben, unter Britischer Vormundschaft, und Garnison Britischer Truppen, upd ihm ein Tribut von 7 Lacks Pagoden auferlegt, der seit 1812 M) wieder das Regiment iU seinem Reiche auf eine milde Weise führt. Die nahe Mi« litairstation der Briten zu Bangalore^), ehedem das Staqtsgefängniß für Europäer, die Hyder Alj hierher schickt? die Wasserräder zu treten, wo 20 Englische Officiere in ein Loch zusammengesteckt wurden, hält seitdem Scringapatam und ganz, ■»•') Copips and Translations of oflicial Docmnents relative to tlie Negociations carried on by Tippo Sultaun with tüe French Na­ tion and otlier Foreign States for purposes hostile to the British Nation prior to the commencement of the War, between the Knglish and that Prinee in Febr. 1799. Telegraph Press, at Fort St. Georg. Aug. 1799. p. 180, 226, 236, 246 — 257. ••) Wi Ha­ milton Descr. II. p. 359 ete. ,#) Asiat. Journ. 1834. N. Ser. Vol. XV. p. 13 etc.

Dekan; Cavery, Seringapatam.

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Maißoone in Zaum. In Bangalores großartigen Zlnlagen stationiren 2königl. Regimenter Infantrie und Cavallerie, 3 Regi­ menter «ejcheimische Infantrie, Cavallerie, Artillerie, welche Seringapattan mit Garnisonen versehen. Die schönsten Gesellschafts­ gebäude, Theater, Balle, Picknicks, Feste aller Art, machen hier den Ausienhalt für Europäer beliebt und berühmt, und vergessen, daß dort: der Kirchhof voll Gräber der Europäer liegt, die Opfer des Climias von Süd-Dekan wurden. Unter dem jungen Raja ist Maistov'e wieder aufgeblüht. Wer bei der Erstürmung seines Palastes dm Tippo Saib ermordete ist bis heute unermittelt ge­ blieben; ob Freund oder Feind seine Juwelen raubte, seinen Ru­ binring, seine Perlenschnur, seinen Turbanjuwel. Massen von Juwelen fernen nach dem Sturme von Seringapatam nach Eurppa zuin Verkauf. Alle Häuser der Großen waren geplündert, nur der Palast Tippos nicht, in ihm fand man die größten Schätze an Juwelen, Gold- und Silberbarren, reichen Stoffen, Mann­ scripten, Kunstwerke aller Art. Das Schatzhaus war ungeheuer gefüllt, alles in Kisten geordnet, einregistrirt in dunkele Gemächer gestellt Himer dem prachtvollen Audienzsaale. Zu den Pracht­ stücken gehörte z. B. Tippos Halsgeschmeide von etwa 20 Gold­ ketten, jedes Glied aus'einer klein gearbeiteten Weintraube beste­ hend, einige looo solcher Glieder, die Kette 5 Fuß lang mit Ru­ bin- und Diamantenschloß. Diele dieser Schätze sollen noch bis heute in den Palastruinen verborgen seyn. Als G. Die. Dalentia durch das Land reifete (1804) mußte man noch die Schilfwaldungen zu beiden Seiten der Straßen, die man durchreisen wollte, erst abbrennen lassen, um vor den Ueberfällen der Tiger gesichert zu seyn, die hier bei der damaligen Entvölkerung der Landschaft leicht überhand nahmen. Die alte Residenz von Seringapatam hatte früher, durch den Hof, und als Capitale, wol an 150,ooo71), später als Stadt nach dem Sturze Tippo Saibs nur noch 31,895 Einwohner; die Pettahs, oder Vorstädte, nehmen die höhern Puncte ein. Seinen frühern Ruhm hat der Ort verloren; von seinem gegenwärtigen Zustande ist wenig bekannt; man flieht ihn noch immer wegen seiner Fie­ ber. Nur über die medicinische Topographie des Orts hat uns

Dr. Wh. Ainslie neuerlich interessante Aufschlüsse gegeben, die ’') Fr. Bnchanan Journ. I, p. 77. S 2

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Ost-Asien. Vorder-Jndkn. IV. Abschn. §. 103.

sich den frühern Beobachtungen von Colon. L a in b t o n47?), dem »vir die dortigen Höhcnmessungen zunächst verdanken, auf daS ge­ naueste anschließen. Sonderbar ist cs, sagt Ainslie, daß die Stadt selbst, obwol auf dem gesundesten Clima des Plateaulan, des, durch jene herrschenden Fieber das zeitige Grab ihrer Be, ivohner, und zuinal aller Europäer, geworden ist. Hyder Ali, der den Grund der außerordentlichen Sterblichkeit der Truppen und Beivohncr seiner Residenz in den weit umher verbreiteten Reis, feldcrn suchte, verbot den Anbau, aber die Mortalität kehrte den, noch wieder, und die Ernte blieb aus. Andere suchten sie in der Lebensweise der Einwohner und das Britische Gouvernement hat seine Garnison dort sehr verringert. LaMbtons und Dr. Ai ns, lieg”) vergleichende Beobachtungen an Ort und Stelle, und ihre scharfsinnigen Untersuchungen, fanden die Ursache dieser Er, scheinung in der eigenthümlichen Lokalität, die überall auf dem Platcaulande in ähnlichen Verhältnissen auch ähnliche Wirkungen hervorbringt, wie »vir sie schon früher auf de»n Dar, war,Plateau kennen lernten (s. Asien IV. l. S. 710 u. f.). Hierzu kommt, daß Seringapatam in einer um looo Fuß niedrigern Einsenkung des Plateaulandcs als seine nächsten Umgebungen liegt; daher, bei aller Kühlung dieses Thales, die es mit dem ganzen Plateaulande gemein hat, doch auch »vicdcr, zur Sommerzeit, in seinem tiefern Kessel, eine gesteigerte Hihe durch deü Sonnenstrahl eintritt. Die S.W.-Monsnne, welche die Mceresausdünstnngen in schweren Wolkenschichten, »vährcnd der einen Jahreshälfte, längs der Malabarküste an den Ehats, in außerordentlichen Mas­ sen anhäufen, und endlich mit verstärkter Gewallt sie auch über diesen langen Wolkendainn» empor wirbeln, und über die Pla, teaufiäche hin»veg gegen den Osten jagen, »verfcn ihre rauschenden Regenströme schon, nur mit gebrochener Kraft, auf die Plateau, stächen und die Ost,Ghats nieder. Aber ihre schwersten, tief, schwebenden Wolken mit den bösen Miasmen geschwängert, »velche dein tropischen Küstengrunde und der Vegctationsfülle der Mala, barseite entsteigen, »»erben lange vor dem Monsunausbruch schon und »vieder nachher, also am dauerndsten, die Eiiisenktingen der Plateaustächen überschatten und überschwemmen, und diejeni. 4”) Maj. Will. Lambton Account of the Measnrement of an Are. etc. Transact. of the Asiat. Soc. Calcutla 1816. 4. Vol. XII. p. 293. **) Dr. Ainslie On Medical Topography of Seringapatam in Mysore Country in Asiat. Journ. Vol. XIX, 1825. p. 27 — 30.

Dekali; Serkngapatams Clima.

277

gen Stellen, welche die frischen Lüfte nicht frei z» durchfegen im Stande sind. Lamblon bemerkte, daß er wegen dieses beständigen Dnnstnebels z. B. den ganzen Monat Februar nie weitet als 5 Engt. Mikes sehen konnte, lvas für seine Messungen unge»nein hemmend war. So stagnkrt wirklich der schwere Dunst und die feuchte Atmosphäre, wie sie sich so häufig auf Niederun­ gen ausgetrockneter Teiche und Versumpfungen als Neb et Mas­ sen zeigt, auch stets »nehr über dem Tiefthake Seringapatams als anderswo, dem dazu nod) gegen Ost die höchsten Ket­ ten der Ost-Ghals vorliegen, von Bhovani bis Bangalore, wo die gemessenen Gipfel die Höhe von 4ooo bis 5000 Fuß er­ reichen: z. B. Paulamallp in N. von Bhovani und westlich von Salem, 4652 F. Par. (4958 F. Engl.) üb. d. M., unter 11° 4V 41" N.Br., 77° 47< 29" O.L. v. Gr., und der Kumbetarine-Pik, im Norden von Satiamungalum, 5406 F. Par. (5548 F. Engl.) unter ll°-35' 33" N.Br. und 77°' 19‘ 86" O.L. v. Er., nach Col. L a »i b t o n s",) Messung, jener auf dem Ost- dieser auf dem Westufcr des Eaverydurchbruches. Eben da in N.O. ist es, >vo ihm das hohe Plateau von Banga­ lore, in weiter Ausdehnung, mit absoluter Höhe von 3oeo bis 3300 Fuß, jeden Luftzug versperrt. Bangalore, und noch nordöstlicher Nmndidrug, mit ihren Garnisonen, find dagegen die gesundesten Militairstationen ohne endemische Fieber und de, ren Trauergefolge» Nicht sowob in der großen Temperaturdiffe­ renz des Climaplateaus, und- den Temp-eratnrextremen, wcldx allerdings Seringapatam eigen sind, da diese zwischen 102° im May, und 6o° im ©ec., also jährlich um 42° scl»vanken (in Madras nur zwischen 94” im Juni, und 69° inv Ja­ nuar, nur ein Schwanken der Extreme von 25°-; in Colombo auf Ceylon nur 12i”;. f. ob. S. 10-2, nach Christie's Beobachtung nu< 10°)k auch nicht in dem absolut kühlern und daher für das Gefühl, angenehmern Clima Seringapatams gegen das drückend schwüle Madras des Tieflandes, kann man die Ursache seiner verderbllä-en Fiebernatur suchen, sondern in den mehr- mit eon, deuprten, fchwerdrückenden Feud)tigkeiten, Exhalationen aller Art und mit Miasmen aus den Waldbergen von Wynaad, Curg und Malabar durch den. S,W.-Monsun herbeigeführten und belade’4), Col. Lambton Account of Measuremenfr in Asiat. Res. XIII. Tub. Longit. et Tabula o( Elcvations p. 305 etc.

278 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV.Mchn. §.103. nett,, anhaltendem Nebel- und Wolkenschichten, welche in dieser relativ gegen die Umgebung niedern, centralen Plateau, einsenkung stagniren, und weder die Reinheit und Trocken, heit der Madraeatmosphäre gewinnen können, noch, wie auf grö, ßern ventilirtern Höhen, sich mehr zu rarificiren im Stande sind, noch auch in mehr uniformer, warmer Temperatur, wie auf dem tiefen Malabar, und betn Ceylongestade, von der Meeres, luft gefächelt, gleichmäßig vertheilt, so wohlthätig auf menschliche und vegetative Organisation einwirken. Das ungesunde Eli, ma Seringapatams, hängt also von ganz allgemeinen Ur, fachen ab, die zu ändern nicht in der Macht der Mmschen liegen, daher auch mit Recht das Madrasgouvernement diese Sta, tion mit der Zeit gänzlich zu verlassen beabsichtigt. Diese Eigenthümlichkeit der atmosphärischen Beschaf, fenheit von Maißoore erhält durch den Gegensatz des un, gemein gesunden Climas auf dem höhern Randgebirge der Ost,Ghats schon vom Bangalore Plateau, und noch wei, ter nordostwLrts, in den sogenannten Ceded,Distrikts, um das obere Quellland des Panaur, Palaur und Pennar ihre nähere Erklärung. Dort ist, nach Colonel Sir Thom. Munros^s) Beobachtung, das Cl ima ganz.verschieden von dem im tiefen Maißoore. Bangalore (unter 12" 57' N.Br.) hat die reinste, gesundeste Luft (Temperatur zwischen 82 bis 56° Fahrh.) für Menschen, Thiere und Pflanzen; die Nebe und Cy, presse entwickeln sich da luxuriös, Aepfel, Pfirsich, Erdbeeren ge, deihen als delieateste Früchte, die Monsuns verlieren hier schon ihre überschwemmende Gewalt, die durch das ganze Jahr mehr vertheilten Regenschauer kleiden dort alle Höhen in das schönste, saftigste Grün, während die Ebene von Seringapalam überschwemmt oder verdorrt ist. Auf den noch höhern Theilen der Ost,Ehqts, in den Ceded,Distrikts, ist es schon weit trockner, der S.W.-Mvn, sun um die Gipfel stürmischer, daher er die mitgebrachten, bösen Dünste schneller verjagt, und, nach Dr. Ainslies Urtheil, das Clima schon wegen des grdßern, östlichen Abstandes von der gemeinsamen Hauptquelle böser Miasmata in den Wald, revieren der Westseite Dekans, hn allgemeinen gesunder. Unterhalb dieses Jammerortes re) Seringapatam "') h. Ainslie I. c. Vol. XIX. p. at). ihre 1. c.

79) H. Jervis Narra-

Dekan; Maißoore-Plateau«

279

sagkIervis, tct ihn erst kürzlich besuchte, strömt der Cavery durch fruchtbare und reizende Landschaften gegen Sufila und Narafinghüpura, wo er von der Südseite den ersten« gro, ßen Zufluß, den Kapini (Cubhany) aufnimmt» der ihm, aus Wynaad und dem NvrdgchLnge der Rita Giri, großen Wasserreichthum zuführt. Fr. Buchanan übersetzte diesen Fluß, nach­ dem er die Eisenmincn von Humpapura an dessen oberen Laufe besucht hatte, auf Bambusflooßen77), die er weit zwecke mäßiger fand, als die sonst im Lande gebräuchlichen Fähren, ge­ flochtene Körbe mit ledernen Häuten überzogen. An dem Nord­ ufer des Flusses, bei Maruhully, besuchte derselbe die Topf, steinbrüche, welche den Bildstein (Sita, oder Pratima Cull» genannt) liefert, aus welchem bis 8 Fuß hohe Statüen des Lan­ des gefertigt werden, und das meiste im Lande verbrauchte Ger schirr, Töpfcrgeräth, Tischplatten u. s. w. Abwärts, an demsel­ ben Kapini, nahe einer sehr mittelmäßigen Bogenbrücke« die man ehedem im Lande für ein Wunder der Baukunst angesehen, steht zu Nunjinagodu (d. i. Gistverschlucker), ein dem Is, wara (b. i. Shiva) geheiligter Tempel, der sehr antik seyn soll, der hier vor 900 Jahren in der Mitte der Urwaldungen das erste Saamenkorn der Cultur und Civilisation ausgestreut haben soll, jetzt, wie die ganze tlmgegend, der Sitz crassesten Aber­ glaubens, der Hexenmeister, der Jongleurs aller Art. Nara, singhapara, unter dem Zusammenfluß von Kapini und Ca­ very, an einer Insel des Cavery, auf welcher heilige Affen, schaaren gefüttert werden, ist auch nach Buchanan von unge­ mein reizenden Thälern umgeben, in denen beim Heraufsteigen, von Ost her, der fruchtbare Boden des schwarzen Cotton(Stunb78) beginnt, ganz identisch mit dem auf dem Darwar, pladeau mit bst Bammvollencultur längs dem Caverychalc. Ost? wärts reicht dieser schwarze Boden bis Satteagala, «in starkes Fort am Eingänge der Ost-Ghats zur Beherrschung ihrer Passagen über Caudhulty und Mathully« nach. Kav«, rypura Ghat.

Don Satteagalas Festungshöhe erblickte Fr,

Buchanan, noch im Westen, die blaue Kette der WestGH als, er sahe sie hoch emporsteigen. Diese weite Plateau­ fläche Maißoores, welche der Cavery bis dahin durchzogen.

,T) Fr. Buchanan Journ. L c. II. p. 136» 141, 148, 152. "j tbtnb, II. p. 156,

2280 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 103. fcat, ist nur durch Waldvegetation, und Ivo bebaut, durch Reis/ bau, Obstbau und Palmencultur ausgezeichnet, wie das Darwar« platcau und die Umgebung von Bednore (Asten IV. 1. 705«,). Zu Mahavilli, zwischen Seringapatatn und der Feste Sattem gala, wo Tippo Saib seine schönsten Garten angelegt hatte, auf ganz ebener Plateaufläche, auf dem Nordufer des Caverystromes, sahe H. Salt die Obstcultur^") in vollkommenster Blüthe, die schönsten Pflanzungen xon Mangos, Guavas, Limo« nen, Orangen, Pommgranaten u. s. w. Durch eigen« thümliche Thiere, bemerkt Hey ne ^"), ist diese mäßige Pla« teaustuse Maißoores, die überall im Mittel von 2000 Fuß über dem Meere erhaben liegt, aber gegen N.O. nach Banga« lore zu, überall, etwa um 1000 Fuß höher ansteigt (Banga« io re nach Lambtons Messung, am Südpunct seiner Basis 2837 Fuß Par. üb. d. M. — 3023,6 F. (5ngl.)sl), nicht ausgezeich« net. Der Tiger zieht sich aus den offenen Culturgegenden zwar mehr und mehr zurück, dominirt dagegen noch immer in den Wäldern; die Leoparden (Felix leopard. var. Shaw.) sicht man häufig die Bäume beklcttern, wilde Hunde jagen wie jene zahl« reichem Wilde, Antelopen, Hirschen u. a. nach. Die Vögclarten und ihre Schaaren sind auf den dürren Plateauhöhen sparsainev als in den Niederungen zu beiden Seiten; die Nashornvögel (Buceros) sind dagegen hier häufig. Die Platcaiuflässe sind fischreich; der Wels (Silurus asotus), der gemeinste Fisch des Ca« very undTumbudra, in denen auch überallCrocodile sehr häu« fig, die man in den Schilfgräbcn vieler Städte und Festungen, zu den Zeiten Tippo Saibs selbst hegte, als gutes Verthcidigungs« Mittel gegen die Feinde. Wanderheuschrecken sind in ihren verheerenden Zügen häufig eine große Plage des Plateaulandcs. Auf den Bäumen in dem oben genannten Mahavilli, sahe H. Salt zum ersten male, die großen Fledermäuse (Great Temate bat n. Dr. Shaw), die zu Tausenden mit ihren Klauen an den Aesten der Bäume dicht neben der Herberge hingen; von denen zwei Dritthcile beständig mit ihren Flughäuten wehten und gewaltig schrien, indeß andere in der Mittagsstunde umherflo« gen. Ihr Kopf hatte Fuchsgrößc, ihre Flughaut im Ausspannen H. Salt b. G. Vic. Valentia Vol.I. p. 383 etc. •”) B. Heyne Tracts 1. e. p. 61—63. **) Col. Lnmbton Tabnla of Btevations etc. in Decan in Asiat. Res. XIII, p. 355 etc. Nr. 32.

*1*)

Dekan; Cavery Durchbruch.

281

fine Breite von 4 Fuß, das häßliche Thier sahe ganz fuchs« roth aus. Im Norden des Forts Satteagala bildet der Strom des Cavery zu Sivana Samudra (d. i. Shiva Samupra) berühmte Cataracten, unterhalb derselben werden seine Strom« ufer längs dem,Zickzacklaufe, in welchem er in nördlichem Bogenlaufe die Ketten des östlichen Randgebirges, dann südlich sich wendend, bis Cavervpura G-Hat durchbricht, zu steil und hoch, so daß kein 5BcgS2) hier an seinen Ufern durch diese Wild« ni§ führt, die auch nur von sparsamen und sehr zerstreuten Ort« schäften besetzt ist. Die gangbare Passage führt am Südufer, in der Sehne jenes Bogens, aus Terrassenboden, hinüber zum Tieflande Coromandels. Fr. Buchanan?2) stieg diesen Weg hinab, von Satteagala, nach Pallia (2geogr.Meil.), durch verödete aber schöne Gebirgsthäler, im Ost gekrönt von den Der« gen der Osikette, die 1500 bis 2000 Fuß höher emporragen. Zwei starke geogr. Meilen über die Kette hinab, nach Caudhully, und von da eben so bergig und flippig, obwol keineswegs sehr steil nach Mathully hinauf, über Nidi Cavjl zum Cavet ry«Ghat. Jene beiden Orte sind, bei den schlechtgebahnten We« gen, Hauptpuncte für den Transito der Waaren zwischen dem Hoch« und Tieflande, oder dem Balla und PayenGhat, der hier insgesammt vermittelst Transport von Last«Ochsen und Eseln durch die Banjaras (s. Asien IV. 1. S. 687—690) 6c« trieben wird, die zugleich als Raubhorden die Wege sehr unsicher machten. Exporten, von oben, die aus Maißoore oder Mala, bar herbeigeführt werden, sind r Betelnuß, schwarzer Pfeffer, Tur« tncrie, Terra Iaponica, hier Cut genannt (s. Asien IV. l. 697), Opium, Jagory, Zucker und getrocknete Kokoskerne, Kopra ge« nannt. Importen, von unten nach Maißoore, sind: Baum« wollenzeuge, Taback, Reis, Salz, Palmyra «Jagory und Castoröl. Eine Ochsenladung ist hier 194 Pfund, also sehr gering. In den Ghats sind die Coß sehr kurz, weil die Wege sehr schlecht. Das beste Dieh legt den Tag nur 4 Coß (12 Engl. Miles oder 2i geog. Meilen) zurück. Die Esel werden nur von den niedrigsten Ca« sten zum Transport von Korn und Salz benutzt. Bei den sehr unvollkommenen Transportmitteln zählen die hiesigen Bergbewoh« •*) Fr. Buchanan Journey 1. c. U. p. 177. p. 179—189.

V tfrtnb. II.

282

Ost-Asien. Vorder-Jndicn. IV. Ab sch n. §. 103.

net die Entfernungen- nach Stunden „ Me aber nicht ^ sondern ■re des Tages ausmachen, oder 24 Minuten *, so durch alle Land, schäften bet Tamulen in Karnatu. Eine Stmdc Weges trennt der Europäer in Madras eine M alabarischc Meile, was, feit Rennels Vorgang, dann mit betn Namen Coß aber nun erst belegt ward, ein mohammedanisches Wegmarß, das ei, gentlich nur im nördlichen Hindostan, nicht aber in Dekan bei den Einheimischen bekannt ist, durch die England er jedoch erst allgemein in Gebrauch kam. Fr. Buchanan erklärte sich zuerst über diese Distanzbezeichnung, daß sie idenlti'ch sey mit lHardarv, oder Stunde, im antiken Gebiete vomKarnata. Bei Nidy Cavil, früher einem Gränzfort zwischen dem bergigen Karnak» im Nordwest und dem nun ebenen Lande von Chera, Coimbetore und Coromandel, am Ostausgange des Gebirgslandes, streichen noch die äußersten Ge, birgsschichten von N. nach S. in der Richtung der Berg, züge, rvclche hier schon der Caverv-Fluß durchbrochen hat; eS sind Gneußtafeln. Hier bemerkte F-r. Buchanan im Bo« den der Ebene, jene isolirtcn Kalkconeretionen, Konkar genannt, eine Art Tuffknollen durch die weicheren Erdarten zerstreut, die auch dem ebenen Gangesboden Nord «Hindostans eigenthümlich sind, und hier offenbar die Zwischenräume zwischen Sand und Geröllstcin ausfüllten, so wie die Lücken der Rohr« und Schilfgeivächse, in den wol einst noch mit Schlamm und stagnircndcn Wassern überzogenen Niederungen des Festlandes. Bei Caverypura Ghat4St), einem Fort, mit etwa loo Häu­ sern, als Passageort am Paßausgange in die Ebene wich­ tig, weil hier der größte Korntranspvrt aus der Kornkammer Tanjores (etwa jährlich auf 20,000 Lastochsen) nach Seriagapa« tarn hinauf betrieben »vard, tritt auch der Caverystrom auS seinem bisherigen Felsbett in den weichen Boden der Ebene ein. Er ist hier nur in trockner Jahreszeit durchgeh« bar; im October nicht mehr. Hier ist die Cultur der Fächer« palme vorzüglich verbreitet, von der schon früher (Asien IV, 1. S. 856) die Rede »var; innerhalb des Ostrandcs liegen jene Grup, pen der Bergdörfer von dm schon oben genannten Malaya las bewohnt (s. Asten IV. l. S. 933). Ehe aber der Cavery.-Strom bis hierher vordringt, um- seinen 414 ) Fr. Buchanan Joutm II. p. 190.

Dekan; Cataracten von Shiva Samudra.

283

untern Lauf durch Tanjore zu! beginnen, hat er erst im weg, losen Felsthale die berühmten Cataracten von Sivana oder Shiva Samudra (d. h. See des Siva)^) überwin­ den. Nur eine Meile nordostwärts des Forts Sateagala (Sattigul bei Salt) nimmt der Cavery,Strom, von Norden her, den Muddur (Mudura)«°) Zufluß auf, der, aus nacktem, aber eisensteinreichem Boden voll Eisenschmelzen, wild und schaumig ihm zustürzt, auf einer Höhe von 1867 Fuß üb. d. M., nach W.Cullens87) Beobachtung, der dem Cavery nun die Breite einer Englischen Mile und die Tiefe von 15 bis 20 Fuß giebt, ehe er das Westende von Shiva Samudra er, reicht. Hier theilen große Felsinseln feinen Lauf in mehrere, zu, mal aber zwei, Hauptarme, welche die Inseln umkreisen, und sich unterhalb derselben erst wieder vereinen. In ihrem getrenn, ten Laufe bildet jeder von ihnen Wasserfälle, welche man der Pracht des Niagara verglichen hat. Die Länge der Hauptinsel beträgt, nach Fr. Bucha na n, 3 Coß (9 Engl. Miles) nahe 4 Stunden, sie ist nicht über eine Engl. Mile breit; erst an ihrem Ostende schneidet der Cavery sehr tief in seine Felsbetten ein. Sie selbst ist ungemein flippig, aus geschichteten Gneußfelsen be, stehend, die von N. nach S. streichen, und in ihren grandiosen Gneußtafeln ein merkwürdiges Material, einst, zu einem eigen­ thümlichen Brückenbau darboten. Da die Brücke jetzt zerstört ist, der Strom das ganze Jahr wasserreich die Insel umzingelt, zu der früherhin nur eine einzige Fähre hinüber trug, so lag sie durch die Natur ungemein befestigt, und dies, wie die Pracht ihrer Um, gebungen, gab ihr unstreitig schon sehr frühe Bedeutung, Civil«, sation, Heiligkeit. Diese hat sie in neuer Zeit unter den Sulla, neu von Maißoore und der Britenherrschaft sehr verloren; dage, gen ist der Ort seitdem wegen seiner Naturschönheiten häufig be, sucht worden. Es hat sich ein dortiger Jaghirdar Ramesivamy Mudeliar^) mit Aufmunterung des Gouvernements in den letzten

Jahren

durch Erbauung zweier Brücken über den Cavery, nebst Herbergen für Reisende sehr verdient gemacht, um die Natur­ schönheiten der Gegend

und

die Tempelreste besser besehen zu

können. ,6> Fr. rative 183& 1831.

Bnchanan Journ. II. p* 166 —172. ") H. Jervis Nar­ 1. c. p. 5. aT) W. Collen Notice in Calf Mahamalaipur illustrated by Plates 1. — XVIll. in Transactims of the Roy. Asiat. .Soc. of Gr. Brit. Vol. II. f. I. Lond.. 181). p. 258—269..

X 2

354

Ost-Asien. Vorder-InLien. IV. Abschn. §. 104.

Mahabharata finde keine Anwendung auf dieses Locale.

ES fehlen

hier alle Arten von Bauten, Mauern, Schutthügeln, Scherben von STerra rottas u. s. w., welche doch überall als Denkmale großer Trümmerfldbte bekannt sind.

Dte Erzählung von dem im Meere versunkenen

Lheile der Stadt, und dm submarinen 7 Pagoden, ist auf kein Factum gegründet, ElliS und

sondern nur

auf die Phantasie der Schiffer und Priester.

Colonel Mackenzie suchten überall an dieser Küste jene

Spuren versunkner Pagoden vergeblich auf.

Heber*«°) siel es schon

äuf, daß hier das Land vom Meere verschlungen seyn solle, und zumal in einer Distanz von 5 Boganas, t>a \m Gegentheil, an den übrigen Coromandelküsten, das Meer meistentheils zurückschreite. Allerdings treten, sagt derselbe, viele Klippen aus den weißschaumigen Woogen hervor, aber keine Ruinen von Bauwerken; das Getöse der Brandümgen, die dunkeln Schatten der Ruitren am Felsgestade,

der enge Saum des dunkelfarbi-

hen'llftrsandes, das Farbenspiek des Himmels bei Morsen- und Abendtothe iN'dem g'ebrvchenen' Strahli der Wogen, die ganzes Einsamkeit der Verwüstung

am Klippenufer,. könne leicht die Phantassie zur Annatznlk

dieser! Vorstellung.überreden.

Daß. Felsufer, bemerktt- Babingtön;

sty-primitives', festes Gestein, Granitfels, .lder Nicht zu weü chen'pflege, und keine Volkssage spreche von einem Mecercstwbruch, von rlnern^Länderverluste.

Alle Sculpturen gehören auch keiner rvorfluthigen

Periode-an,-sondern sind aus der heutigen Hindm Mythe hinrei­ chend erklärlich; keine bezieht sich auf einen Helden Walk.

Die Sagen

von den Panvuiden sind durch ganz Dekan, wie durch Nord-Hindostan, Verbreitet; die hiesigen Sculpturen beziehen sich fast allle aas Wischnu und seine Götterwelt;

keine Jnscrlption nennt hier reinen Mahabali.

Daher, meint Bahington, könne man hier kaum eme große, antike Stadt vermuthen; er halte sie für einen bloßen Sitz von Brahmanen, die hier eine königliche Schenkung der Felsküste, ein Agraharam sich erwarben, wohin sie eine Caste von Steinmetzen zogen, die von Zeit zu Zeit jene Sculpturen unter Leitung der Priester zur Verherrlichung ihres Sanktuariums ausführten. pothese.

Allerdings ist auch dies nur eine Hyr

Sie wird nur dadurch unterstützt, daß auch heute noch dort

Steinhauerfamilien wohnen, die seit langen Zeiten diese Felsberge als Granitbrüche bearbeitet zu haben scheinen. ' .

Zunächst, dicht am Meeresufer, zwischen der umhersprützenden, schäur

migen Brandung, steht eine sehr alte pyramidale Steinp.ag.ode die den Schiffern als Land marke dient, die einzig noch sichtbar* der sogenannten stehen Pagoden, vor der matt noch aus dem Waffer/hervorragende Trümmer, oder Steinpfeiler zeigt, die ein Lingam.seyn sollen,

1 ,ro) Heber Narrative IIT. p. 216. "j s. 6. ßabington.plat XI. p. 262; B. Heyne Tracts Nr. XXL p. 333 —339^

D)ekn; Tempelruinen in Mahamalaipur. welche mcan als Beweis des Meeresfortschrittes irrig angiebt.

d2ö Der

Tradition wch war diese Pagode dem Vischnu geweiht; sie ist nicht aus Backsstell aufgeführt, wie Chambers meinte, sondern aus Stein­ quadern, rreihlich doch ziemlich roh ornamentirt mit Skulpturen, aber so sehr verfalllei, und ihr Stein der Verwitterung, durch die anschlagende, | salzige Meeersfluth, so sehr ausgesetzt, daß die heutige Ruine schon Ba­ bing ton.s Abzeichnung derselben nicht mehr entspricht. Dieses Ge­ bäude ist, hlr, die einzige Construetion; alle andern Monummtx sind an Orrtund Stelle aus dem massiven Felsberge gehauen, -er sich mit serinn Granitvorsprüngcn, nicht fern vom Meeresufer, landein, zu mäßigem höhe erhebt. Sein ganzer Abhang, wie sein Rücken, ist mit Sculy-trren bedeckt. An der Nord feite des Felsberges srch Seulpturcm verschiedener Art; an dem stellen Abfqll gegen die Mceresseite ist eine Pagode an 18 Fuß hoch, aus Fels gehauen, auf Fels als Basis rchend, im Innern, wie die Felsen ihr zur Seite, mit vielen Pmlpturem rnd Reliefs bedeckt, welche die Brahmanen aus dem Wahabhqrata harten.! Daneben sind Felsgemächer mit Pfeilerreihen, die man zum Tragen der Felsdecken stehen ließ; wol Ehoultrihs, oder Her­ bergen, für Priester und Pilger. Die Fronte eines solchen, Höhleytempels mit Pikstern an der gacabe, die auf Sockeln in Löyycngcstalt ru­ hen, hat Babing ton Tab. IX. mitgetheilt. Eine große Felssculptup, mit Hundertm von Figuren in Reliefs 60 Fuß lang und 30 Fuß hoch, hat in der Mitte.das Idol, gegen, das von allen Seiten anbetende Dä­ monen, Men chen und Thiere fufr verneigen, im Vordergrunds Elephan­ ten mit ihren Jungen in natürlicher Größe von vorzüglicher Schönheit, Tab- I. p. 260; eine andere in- der Felsgrotte, Krishna Mandapam genannt, stellt das Leben des Hirtengottes vor, der seine Heerden weidet, ganz in dem Costüm der heutigen Hirtenstämme, der Gopalas, s. TaL. II. b. Babingion. Es ist nur roh gearbeitet, und wird durch herabrieselndes Quellwaffer sehr zerstört. Die beste Compositjen, eine ungemein belebte Handlung, wie Durga, Sivas Gattin, auf ih­ rem Löwen reitend den Bogen spannt, im Kampfe mit dem Düffel­ dämon Mahishasura oder Mahesasur (s. Asien IV. %, S.514, ein Urbild des Minotaurus, s. b. Babington Tab. HI. und IV.), sey werth, sagt Babington, in Gyps abgeformt zu werden, um das Museum der Calcuttasocietät zu schmücken. Ein schlafender Vischnu auf dem sich ringelnden Covereaxel, eine Eber in ear Nation deffelhen, uyd andere Vorstellungen sind unverkcnnbar in anderen Skulpturen Xab. III. Nr. 2, V. VI. VII.; sie befinden sich an einer kleinern Pagode, die hoch über andern sehr pitoresk auf einer der Felshöhen liegt, und im Innern in 4 Gemächer getheilt ist. Auf windenden Felstreppen steigt man aus den untern zu den obern Pagoden hinauf, oder zu freien Plattformen, wo vielleicht andere Bauten standen, zu einer derselben,

326

Ost-Asien. Vorder-In-ien. IV. Abschn. §, 104.

die das Lager Dharma Rajahs genannt wird, die Chambers viel­ leicht für einen Köm'gssttz hatten mochte; oder ju Clsterncn in FelS ge­ hauen u. s. w. Diese Felsen, bemerkt Heber 5,50, sind an sich schön Und-male­ risch; durch die ausgehauenen Porticus, Pagoden, Sculpturen, Neliefs erhöht sich das Romantische ihres Anblicks ungemein. Sie sind aller­ dings im kleineren Styl als auf Elephanta und Salsette bearbeitet, aber einige darunter sehr schön ausgeführt, und als sonst seltnere Sculpturen die dem Vischnu geweiht sind, da meist Siva vorherrscht, merkwürdig. Mehrere der Basreliefs zeigen geistvolle und schöne Sculpturen von weit mehr Verdienst als die bei Bombay. Die Ettphantensigurcn sind vor­ trefflich, aber die Abbildung dev Löwen, die man hier finde, meint Heber, ungeachtet Chambers sie so sehr rühmte, zeigten freilich, daß der Künstler, der sie zeichnete, diesen König der Thiere nicht gese­ hen hatte. , An der Südseite des FelSbergeS mit den mannichfaltigsten Sculpturen, eine Viertelstunde fern der Brahmanenhütten, liegen fünf Monolithen - Tempel, welche die Aufmerksamkeit aller Besucher auf sich zogen, die W. Chambers mit Aegyptischen Werken verglich. Babing ton hörte sie von den dort Einheimischen mit dem Namen Rat'haS (b. h. heiliger Wagen, s. ob. S. 155) belegt * er erkennt sie aber als Pagoden an, die nur unvollendet geblieben. Einer ist 30 Fuß lang, 20 Fuß hoch, und eben so breit. Sie sink nur von au­ ßen ornamentirt, von innen aber nicht; denn es sind nuc Ort und Stelle behauene, solide noch nicht im Innern ausgehauene Granitmassen. Man will Spuren von Blitzspalten, oder Erdbebenrissen gefunden haben, die aus jüngerer Zeit als diese Sculpturen datiren sollen, und hielt eine solche hypothetisch angenommene Begebenheit für die Ursache, daß dieselben unbeendigt blieben. Dreierlei Arten von Inschrif­ ten hatte man, bisher, an diesen Sculpturen bemerkt, von denen man zwei Arten für unbekannte Charactere hielt; wahrscheinlich lassen sich, meint Babington, nach vorhandenen Fragmenten zu urtheilen, noch drei andere Arten in der Nachbarschaft raufflnden. Babington,s; gelang es sie zu entziffern, oder'doch den Schlüssel zu ihrer Entzifferung zu finden; er hat die wichtigsten copirt und- mitgetheilt. Die erste Art ist eine alte Tamulische Jnscriptiin., an einer Felswand der innern Seite der Daraha Swami Pagole, der einzi­ gen die noch heute bei den dortigen Brahmanen im Gebrarche ist. He­ ber hielt sie für aus späterer Zeit; einer ihrer Brahmanen,, der etwas Hindostani sprach, war sein Cicerone; vor ihnen zog ein K nabe des ••*) Heber Narrative III. v. 217. I». 263 -m

") ßabington Account I. e.

Dekkän; Inskriptionen in Mahamalaipur.

‘d'H

LempSS döitdrt i der mit einer Pfeife und. ein paar Cymbalen Uti fekerKchen Zug der BesicssiigUng- eröffnete. Die Znscrip6vn enthält, nach Dabingto)Ns Entzifferung, eint Schenkung an die Pagode, bis ins kleinste Detmir; 'tritt den-untrtschriften der Zeugen.

Das Alphabet

dieses Tannulifchen ist sehr simpel und wahrscheinlich, deshalb-schon yon se>r holhem Alter. Die Savskritschrist Süd.-Dekans, das Gran('h.a^Atplhabet, ist, nach Bqbington, schon weit componirtev, und scheint erst aus dieser antifen Tamulschrift hervorgegangen zu seyn. DasTamiul ist in Construction vom Sanskrit völlig verschieden, ohne qspiritte Cwnsonantey, es hat Laute und Schriftlichen, die dem Sans­ krit gänzlich) fehlen. ES hat perschjedeue Dialecte, davon einer fast gar keine SantzEr.it-Worte enthält. Dies Ta mul ist wol eben so original, und an dep äußersten Südspitze Dekans so selbstständig und unabhängig qusgebildet,. wie das Sanskrit im Norden. Also nicht neuer, wie Heber meinte, aber wol ganz verschieden von der übrigen Tempelgruppe, scheeint diese. Varaha Swami ihre eigene Geschichte zu haben. Diese Schriift ist von allen andern verschieden, auch diese Pagode ist keine (SrctiVütion „ sondern ein Aufbau; auf dieser Zuseription kommt mehr­ mals der Wame Mahamalaipur, die Stadt des Großen, näm­ lich hier, des Heiligen Berges vor; denn er hat wol nicht über lOO Ellen Höhe über der Meeresfläche. Auf ihr wird gesagt, daß Maha­ malaipur tun Siva St'ha.la sey. Das innerste Heiligthum dieser Pa­ gode gestatteten die Brahmanen nicht zu betreten. Eine zweite, bis dahin, UWeSbare Zuseription befindet sich an einer kleinen dem Gane so gewidmeten Monolithen-Pagode, an der Nordseite des Berges. Sie ist in Granit gehauen, sehr lang; ein Zaina, der den Colonel Mackenzte begleitete, las sie, als eine Sanskrit-Jnseription, in welcher Siva in lOSloeas angerufen wird; in der StenSloca wird der Erbauer des Tempels Jayarana Sthambha genannt, ein ganz unbekannter Name- und leider nichts, woraus sich ein historisches Datum ergehe. Diese Znscription- scheint eine allgemeine Anrufung, oder Proclamation, gewesen zu seyn; denn sie wiederholt sich mehrmals, aber stets in andern Devaya>gari-Chara eteren geschrieben, von denen

sich,

ist,

was für Paläographie, sehr wichtig nun hier schon 3 bis 4 verschiedene nachweisen lassen, die man früher für unentzifferbar

hielt.- Denn eine ist nun der Schlüssel zur andern geworden; es schei­ nen zweierlei,Arten quadratische und runde Schriftcharactere darunter zu seyn' Eine Anzahl derselben steht auch über einzelnen Skulp­ turen, kleinen Figuren der Monolithen-Tempel, der Rat'hasz aber leider sind es nur Epitheta der dargestellten Figuren, aber nicht ihre Namen; auch sie geben also lernen historischen Aufschluß über das Ent­ stehen dieser Monumente.

328 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV, Abschn.

104,

Anmerkung 2. Madras, die. Stadt und Präsidentschaft die große Defensionslinie mit den Festungßstationeni von Dekan. Maliapur, St. Thomas. Die Aagery-berge, Tripetty Pagode, Ehittur und der Muglt-Gebirgspaß. Madras***), unter 13° 4' 11" N.Br. nach Col. LambtonS Berichtigung, und 80° 21' O.L. v. Gr., ist erst seit dem XVII. Jahr­ hundert nahe der Stelle aufgeblüht, wo früheren Mandarüjya (Mandirraj) lag. Das Fort St. George ward im Jühre 1639 von Briten zu bauen begonnen, und um dieses siedelte sich bald die Stadt an, welche die Eingebogen nach einem Hindufürsten Chenapha, die Chenappapatam nannten, verkürzt in Ehenapatam bis heute, was zu der irrigen Ableitung von Chinesenstadt (f. Asien IV. 1. S. 518) Veranlassung gab, worüber wenigstens kein direktes Datum bekannt ist. Dieser Ort, seitdem bei Europäern mit dem verstümmelten Namen Ma­ dras genannt, ward die Capitale des ganzen Carnatik- das an fünf Millionen Bewohner zählt, sie zählt selbst gegen 400,000 Einwohner; aber sie ist zugleich der Mittelpunct dek zweiten Präsidentschaft'in In­ dien, deren Präsident einem Reiche von 7000 Quadratrneileri Mit'15 Millionen Einwohnern gebietet. Die Bedeutung eines solchen Ortes er# giebt sich von selbst, wenn auch seine Lage noch so schlecht ist. Eins ungünstigere als die von Madras, hätte man aber kaum wähken kön­ nen. Die ganze Küste von Coromandel ist eine offene Rheede optte Har fen, und wenn auch die Zufuhr für Madras durch dtn Küstknffkbm voll Bengalen her begünstigt wird, so bleibt doch die Landung immer gefähr­ lich, weil auch bei dem ruhigsten Wetter eine furchtbare Brandung hier anschlägt. Bei der Annäherung von der Seeseite") erkennt man daS flache, ganz nahe Ufer, nur an ein paar felsigen Klippen, bei Pulicate im N., und am tsolirten Fels St. Thomas weiter im S Zwi­ schen beiden liegt Madras (35 Engl MileS in N. von Sadraß, also schon außerhalb des Palaurgtbietes), auf nackter, öder, dm heftig­ sten Orkanen ausgesetzter, sehr salziger"), und daher der Vegeta­ tion sehr ungünstiger Sandfläche; doch treibt sich am Gestade stets ein zahlreiches Küstenvolk geschäftig umher. Zur Durchschiffung der Brandung dienen große, leichte, biegsame Boote, Masulr (von Muchli, d. h. Fisch), die wie von Leder den heftigen Schlägen der Brandung nachgeben, und statt der Nägel mit elastischen Coir (Asien IV. 1. 846) zusammengeheftet sind; oder, für weniger Personen, die Ca tarnarans, aus drei Kokosstämmen zusammengebunden mit kleinem Ceegel, wie e") W. Hamilton Descr. Ik. p> 406—418. ") Heber Narrative Vol. III. p. 200 — 211. ") B. Heyne Tracts on India 1. c. p. 3, 314.

Dekan; Madras, Umgebung.

329

Flooße, deren nackte Steurer freilich leicht abgespült werden Mimen* Die Ueberfachrenden müssen ihre Briefe tmb Papiere in Wachstuchkappen auf dem Kopfe tragen, und gute Schwimmer seyn, um vor den yxty* reichen Haifischen sich zu retten, und das Flooss, wenn durch die Wogen herunter geschwemmt, wieder erreichen zu können. Einen Theil des Zahres ist diese Küste, zumal von Oktober bis Ende December ganz unnahbar; noch hat diese Hauptstadt keine Stelle zum sichern Ankergründ für ihre Schiffe; das Projekt einen Molo zu bauen ist nicht zu Stande") gekommen; die großen Schiffe müssen eine Stunde fern vom pfex die Anker werfen. An eine Verlegung der Stadt von einem so ungünstigen Terrain hat man zwar öfter gedacht, aber ohne Erfolg, ohne die Aussicht zur Möglichkeit. In den Perioden der gesamtsten Landungszeiten und an den Stellen der furchtbarsten Brandungen steckt mar; MarnungSflaggcn auf. r. Die Umgebung von Madras ist völlig flacher Alluvialbobttf, eine Niederung, ganz flach, den Marschen yon Schleswig und Hol­ stein vergleichbar"), die srüherhin wol vom Meere bedeckt war. Die prunnengrabungen, eine Stunde fern vom Ufer, bis gegen 40 Fuß Tiefe, bleiben immer im Schüttboden. Zn Colonel Mar­ sch alls Garten") zeigten sich folgende Schichten: zu oberst 1) bis 6-Fuß Lief, ein Lager brauner Thonerde mit Sand gemengt; K) Hann bis 27 Fuß tief Schichten blauschwarzen Thons darin mit Ablagerungen von Bänken sehr großschaaliger Austermuscheln ln horizontalen Lagern, also in loco, mit andern Muschelarten zuv Seite. Erst in. größerer Tiefe fangen die Wasserquellen an sich eiozufinden; diese untern Schichten, von 27 bis 37 Fuß Tiefe, werden wie­ der weicher, mit Kies und Sand gemengt, in den untersten Schichten zeigen sich in dem Sandgemenge eisenhaltige Concretionen, die Färbung bleibt in dcr Tiefe wie an der Oberfläche braun. Oie Freude der Stadt gegen die Meeresseite ist schön, durch die Reihen ihrer öffentlichen Gebäude, aber ihr fehlt das großartige, die kö­ nigliche Pracht von Calcutta, das Europäische Stadtquartier. In eini­ ger gitrne giebt jedoch das Fort St. George, mit den Minarets, Pa­ goden und Gärten, welche die Stadt zunächst umgeben, eine gute Aus­ sicht. Die Festung hat nicht die Größe von Fort William, ist aber nütz­ licher. Dü Straßen der Stadt sind breit, mit Alleen bepflanzt, um schattsge Aigänge zu haben. Da aber die Häuser niedrig sind, keinsteigt über zwei Stock auf, so fehlt der freie Luftzug, und Fieber sind

") Gr. Vic. Valentia Vol. I. p. 381—391. ") B. Heyne Tracta om Iniia p. 3. • •) B. Babington Remarks on the Geology etc. in* Tnnsact. of the Geolog. Soc. Vol. V. 1821. p. 338. vergl. Jiaimes>n Historical and Descript. Account of British India by H. Mump etc. Edinb. 1832. & Vol» IIL p. 832 etc.

330 Ost-Asien. Vorder-Zndien. IV. Mschn. §. 104. hlrr herrschend. DieHauptÄrchr, Et. George, fand $c8cr fttjc schön; ih der zweiten, der Marienkirche' im Fort/lind gute DeniMäle, z.B. bas des Missionars Schwarz. DaZ Gouvernemeni's'haus ist weitläustig, statt-' lich, durch den Marmorglanz des Muschrlkalkuberzug^ (Chünam) präch­ tig z-die Waarrntuagazine sind bedeutend/ Paläste fthlön. DieMohnutt^ gell im Fort außgenonimerr, leben fast 'alle i^urdpäer von-Stande itr Gartenhäusern, die mit den schönsten Gärten umgeben find. Durch Menschenhand toctrb die an ssch öde> flache, sandige', nächste Ümgebung üm Madras in einen großen, waldigen Kunstgarten umgewandelt, ob­ gleich Blumen und Bäume, wegen-dcS Wassermangels, der Dürre und versengenden Hitze -, zumal letztere aber wegen der vielen Salzeffloreseenzen deS Bodens, nur unter großer Mühe gedeihen. Die Gesundheit des Aufenthaltes soll dadurch in diesem tropischen Gebiete verloren ha­ ben. Die trocknen, heißen Landwinde sind hier oft furchtbar, und wehen wie Dackofenluft, alles zerstörende Die Jahreszeiten im Carnaiik um Madras hat B. Heyne ,9Aj genau 'beschrieben. Nur durchaus wohlriechenden Gräsern geflochtene Matten, mit denen man sich umstellt/ lind die man immer zur Kühlung feucht hält,'kann' mait ihrer! Ginfküß ertragen. ES sehten der Stadt in weitem Bkachfcldee die abkühlenden Berglüfte. Die Temperatur hat sehr wenig Abwechslung, geringe kreme, bleibt sich immer gleich heiß; sie steht im jährliches Mittel von noch mehr als 21° Reaum. (80,9 Fahrh.), und fchwaatt mit zwi­ schen einem Marimum und Minimum von 24® 44' dis 19j-° R. (87 und 75® Fahrh.), nach- Ai ns lies *lj Observation?? f*» Fort George. Die Hitze und Schwule übertrifft hier dir vdnBengalen; ihre Gleichmäßigkeit bedingt'nwl da, wo FeuchtigErit'durch Kunstmittel gesichert werden kann, die außerordentliche Praht der Blu­ men unb der Pflanzungen, die hier gerühmt wird •*). Aach Colonel Sykes Mittheilung"^) soll das Resultat 21 jähriger Temperatur-Ob­ servationen auf der Sternwarte zu Madras, die mittlere Temperatur daselbst noch um etwa^ höher stellen, nämlich 8l0/69#, was obgleich 10® vom Aequator fern, die unter dem-Aequator berechnete mittlere Temperatur zu 81°4 noch um etwas überb:etet. Längs dem Gestade hin stehen die großen Waarenhäuser. die Maga­ zine für den Großhandel und die Schiffahrt; dm größten Theil'von Madras Nimmt dit Schwatze Stadl ein, -welche im Aorden'durch B®°) B. Heyite Tracts on tn'dia p. 9 —14. 9l) WB. Ainglie Medical Topogr, etc. in Asiat. Journ. Vol. XIX. 1825. p. 28 etc. •2) On Madras, Seringapatam, Bangaloie in Asiatic .fourn. 1834. N. Ser. Vol. XV. p. 12—-19- 9*) Lieutn. Col. Sjk»s Notes on Mean Tempevantre. in India, in Repoit oi‘ tlie föurth Meeting of tbe Brit. Association for tho Advancement of Science itt Edinb. 1834. London 1835. 8, p. 568.

Dekan; Madras, .Bewohner.

331

eine Esplanade vom Fori geschieden ist; auch sie'.rvmr'stützte wftf Derschanzllngen Umgeben.

Sir ist ganz unregelmäßig: durcheinander gebaut-

auö Backsteinhäusern und Bambushütten;

viele Europäer det unttrnk

Classe,"Geiverbtreibende, wohnen hier, viele Portugiesische Handelst leute, eine große Armenische Gemeinde, viel reiche Kaufleute un-' ter ihnen) und die Hin duL7' Ein schiffbarer Canal istM 1803, von hier, länge'der Küste nordwärts', über Ennore und Pulicate ge-k führt, uni von daher« Kohlen und andere Bedürfnisse bequem nach dev Hauptstadt zu schiffen.

Da Madras ein sicherer Hafen fehlt, da t§ kei­

nen sch ffhorcn Zufluß hat, so ist der Handel geringer, als der anderer Indischer Hauptstädte.

Doch ist .es ein großer Landungsplatz für Beamte

und-eine nothwendige Station für Schiffer; alle Europäische und Asia­ tische Waaren 'sind hier zu haben; hier ist der Hauptsitz des PerlenUnd Edelsteinhandels'im Orient.

Erfrischungen aller Art sind hier'

einzunehmen, wenn auch für theure Preise. nbpolen ist seit 1812 der Handel gestiegen.

Durch Befreiung von MoDie Haupteinnahmen der

großen Präsidentschaft Madras fließen aber hier, aus dem reichen In­ dien, zusammen, and dies giebt'diesem Orte seine Größe.

Oberste Ge­

richtshöfe, wie in Calcutta, Administrationen aller Art, das Militair zur Beherrschung so vieler Areale, die Missionen, Schulen und «das, durch' alles dies, belebte Gewerbe, das Landen der Flotten mit Einheimischen und gremlen, aus Europa und aus allen Erdtheilen, fetzen die Bewoh­ ner der Stadt in unaufhörliche Bewegung»

Das gesellige Leben gleicht

hier dem n Calcutta; die Schwarze Stadt ist ein Gemisch! von Natio­ nen:

Mohammedaner und Franzosen, aus ihren nun-verfallenen 3nM*

fchen Kolonien, sind Höker, und Krämer; die weibliche, dienende Classe sind fast insgesammt Abkömmlinge der Portugiesen; die männlichen Die­ ner sind Hindus.

Die von dem Strande und der Marine Lebenden sind

zum Theil einheimische, mit den größcn Gefahren vertraute Hindus dev niedern Elsten.

Die Sch langen za über er,

die Schwertver-

schlucket, die Iugglers von Madras sind berühmt; sie durchziehen den ganzer Orient, um mit ihren trügerischen und gewandten Schwän­ ken Geld ;u verdienen; sie haben sich damit selbst in den Europäischen Hauptstäden gezeigt.

Ihre Kunststücke setzen überall die Gaffer in

Staunen,wie Ramo Sami, der fn freier Luft schwebte, ohne sichte bare Stille.

Ihre Körper haben Biegsamkeit wie .die Schlangen; sie

winden siy durch Leitersprossen auf und ab, springen über Elephanten und 6 Kamele hinweg, übertreffen als Seiltänzer alle andern Nationen, gehen aufschneidenden Schwertern, heben mit den Augenliedern schwere Lasten, md die Weiber bleiben in diesen Tausend Künsten nicht hinter denen der Männer zurück; schon die Kinder üben sich im Verschlucken kleiner Bmbusstücke, um es einst mit Schwertern versuchen zu können. Die Schlcngenzauberer, die SampuriS, wollen hier die Kunst verste-

332 Ost-Asien. Vorder-Jndiett. IV. Abfchn. L 104. he»>

die Giftschlangen dutch-Ausziehen deS. Schlangensteins aitS Ihrem Kopfe zu bändigen, und treiben Diel dergleichen Betrugs. Allerdings find, sie darin sehr geschickt ihnen daß Gift zu entlocken, und dm Arse-. nie als Gegengift (in den Tanjore Pillen) anzuwenden; aber der (fitstbiß der Cobra di capelfo ist auch hier tödtlich wie' überall. Seit 1812 ist in Madras, wie in Calcutta, ein Wissenschaft-, liches Collegium zur Bildung der Beamten des Gouvernements jtt den orientalisch en Sprachen gestiftet, das vom größten Nutzen ist; zu den merkwürdigsten 60wn Europaverbreitet hat:. Die Missionen fand Heber (1826 ) to u'eke innere Streitigkeiten verwickelte. An dieser Ostküstr besaßen die Briten vop dem Jahre 1639 kein Eigenthum*'-; in diesem Jahre erhüben sie, am: 1: März/.von den Nachfolgern der einst sehr mächtigen.Hindu-Raja tarn Bijinagur, deren Residenz damals zu Chaadergh^rro (Chandragiri, beiTripetty im Norden von Areote) war, die Erlaubniß zur Errichtung eines Forts. Dies stieg sogleich empor, vard St. George genannt, und in seinem Schutze sammelte sich bald oie Stadt. Das verliehene Territorium dehnte sich zwei Stunden am Ufer hin, land­ einwärts; 1653 ward die dortige Agentschaft der Ostindischen Com­ pagnie und ihr Rath zum Range einer Präsidentschaft erhoben, gegen das Ende des Jahrhunderts sollte die Ansiedlung, in Frrt, Stadt und Umgebung, schon 300,000 Bewohner zählen. Seitdem stand Ma­ dras still, und Caleutta hob sich, bis es in der neuesten Zeit seine Herrscherflügel werter ausbreiten konnte. Denn gegenwärtig gehört zu dieser Präsidentschaft alles Britische Besitzthum im Süden les Kist* nah, nebst einigen Strichen im Norden dieses Flusses und rer große» Provinz Dekans, die nördlichen Circars genannt. ES ist ein Hebtet haS ,S4) Ueber Colon. Mackcnziels Collection in Journ. of the Boy.

Asiat. Soc. of Gr. Brit. Vol. II. Nr, IV. Lond- 1835. W. Hamiltoa Descr. II. p. 418.

Dekan; Madras, Präsidentschaft.

333

im Norder von den noch einheimischen souverainen Königreichen, bett Dominien deS Nizant von Hyderabad (Golconda), und des Raja von Be rar begränzt wird, in sich der Größe von ©pomen säst gleich, gln'chviel, nämlich etwa 15 Millionen Bewohnern enthält, trab in 21 Provinzen getheilt wird. Darunter sind die Ländereien sehr vie­ ler mediaiisirter, größeter und kleinerer Fürsten, wie die der Najas von Arcor, von Tanjore u. A. mitbegriffen, aber außerdem liegen da­ zwischen roch die Staaten von drei souveraitien, noch immer mächtigen, Ra)as, alt Enclaven; nämlich die von Maißoore, vonTravaucore und Cochin, welche in den innern Angelegenheiten ihrer Staaten -var selbstständig sind, aber in ihren auswärtigen, politi­ schen Behältnissen von den Briten abhängig wurden, die an ihren Hösen auch' Nsidenten halten, denen sie jährlich große Contributionm zah­ len müsset, wofür ihnen, Schutz und Trutze im Fall des Krieges, zuge­ sichert ist. Durch eine Militairmacht von etwal 50,OlXd Manm Truppe» hM-vle Präsidentschaft- ihr Gebier-in Zucht, das noch Unter bey fünf HauptaZtheilungew begriffen ist, welche die Namen führen um ürdliche C-ir^ars, nbr-dti'chts CatnatLk- Mysor?."und Earnatsk,> südliches Carnat'ik,^Msssore Eroberungen oder CkdLdDistrieis. Eben für die Eoncentration dieser Macht auf die Haupt­ fiationen .ur Beherrschung des Platcaulandes wie der Niederungen, und für ih^e-gegenseitigen Co mmun trat Ionen ist, von Madras aus, von Cartatik bis Malabar quer über das Plateauland hinweK jene grvre Defensionslinie-*) von Festungen, Pässen trab Kurtstst aßen gezogen, durch welche das früherhin unnahbare SüdDekan so zugängig geworden ist, welches vor dem Jahre 1800 noch kein Europäerin seiner ganzen Breite zu übersteigen gewagt hatte. Diese Hauptlnie geht vom Fort St. Georg aus, zieht über Vellorh Bangavre, Serittgapatam, geht über die Pässe der Wefis Ghats mch Malabar und Canara hinab, und hat, überall, an diesen und andern Stellen, sehr starke Festen, die durch gute Berprvviantirmgen gesicherl sind. Von den südlichern befestigten Qu erstraßenüber den Ryacotla-Paß, und noch Weiler südlich, qtiit durch daSGap über Coimbetore und Animalli nach Cochin zmd Calicut, ist schon früher die Rede gewesem. Aber von jener Bet# kdaeestraße zieht eine zweite mehr nordwärts vorgeschoben.Linie do FortifitaNonen, Lurch das Balaghal- die Cehed# Distris» und No.rd-Matßoarei ihro HnuptpLnetr sind.hft centralen Plateaulande: Chitteldrug, Bellary, Guty am Pennax. Düdritte, noch nördlichere Pvstenlinie, welche die NördtichenCrcars und euren großen Theil des Nizam Gebietei durch

•*) W.Hamilton Dcser. II. p. 420.

334 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. $.104. die Besatzungen.der Madras Armee deckt, beginnt n?it Masu.llpatam am untern Kistna, und hat zu Stützungspuneten: Ellore, zwi­ schen Kistnah und Godavery nahe dem Gestade, mehr landein, gegen N.W., Hyderabad.und Uurungabad (Ialna , von wo hie Bom­ bay -Armee die westlichern Festen, quer durch ganz Dxkan, überjSe-rur, Puna b'iL Bombay mit Besatzungen versieht.. Pies, drei? fach-e Bollw erk ist es, welches das ganzrDekqnplateau wie eine Völkerburg mit. Wall und Graben umgiebt und beherrscht, und dort den Frieden gebietet, .seitdem der Btirenbesitz die Macht einheimischer Majas gebrochen hat, die mit keinen Privatheeren (stets Räuberbanden) mehr, wie.früherhin, sich gegenseitig oder ihre'Nachbarn überfallen ^ uyd stete Verheerung über das weite/ reichbevölkerte und begabte Gebiet von Ber­ gen, Thälern und Fruchtebenen verbreiten können. Seitdem entwiche^ sich hier, im Allgemeinen, Ordnung, Lndustxie, Wohlstand, Civilisationwie wvl nie zuvor, wenn auch- einzelne Lokalitäten durch glänzende -venk? male Heizen, daß. neben Wildnissm und Raubstaattn in diesen Lchydernzu allen Anten, locale und temporaire Cultur nie ganz fehlt?. s Nur wenige stunden im Sü.den pon Madras liegt-der .kleine Felshügel bei der Stadt SOtoHapttr ,97>, der schon damals,, als BaSeo de Gama diesen Ort.eroberte, der Sitz einer starken christli­ chen Bevölkerung war (s. Asien IV» 1. S, 606), seitdem aber den Na? men St. Thomas erhielt, weil die Legende den Martyrertod dieses Apostels der Zndier hierher verlegte» Die katholische .Kirche, aber auch die Heiden, verehren wort sein Grab und pilgern zu diesem Orje, dessen Tradition auch Bischof Heber als eine ehrwürdige anerkennt. Auf dem niedern Berghügel steht die kleine Wallfahrtskirche der römisch-ka­ tholischen, auf einer andern noch höhern, isolirten Granitklippe, erhebt sich das pittoreske Gebäude einer armenischen Kirche, und an den Fuß der Anhöhe ist gegenwärtig aas einem ungemein gesunden und angeneh­ men Locale, das Haupt-Artillerie-Cantounrment der Madras Armee an­ gelegt. Die nächsten Gebirge, welche man, im N.D.W. von Madras, als rin blaues Tafelland, in einer Ferne von 10 bis 14 geogr. Mei­ len, bei heiterm Wetter stets vor Augen hat, heißen dieRagerybergoz fie waren bisher völlig unbekannt geblieben, und Colonel Culten, nach ihm Colonel Monteith Äl>, sind die ersten, welche sie, 1836 trtvSa* rmar, erstiegen und entdeckt haben. Als der äußerste, -stlichtBorsprang der OstrGhats, welche noch Plateaubildung auf ihrev ,,T) W* Hamilton Descr. II. p. 449^ Heber Narrative Toi. HT p. 212—216» ••) Colon. Monteith Acdotfnt of the Hagery Hills near Madras, in Journ. of the Roy. Geogr. Soc. London 1835. Vol. V. P. II. p. 404 -405.

.

( .

Dekau; Madras, Rageryberge.

'■

33.i

Höhe, ähnlich.den S.herwahray (ob. S. 291.) beibehalten, sind sie merkwürdig, sie scheinen die ersten aus bfpt flachen Carnatik, im .^üden des Pfnnarflusses, .aufsteigenden Berge ftu styp, deren Aug zweiter rwrdwärtS. eben von dessen Thale quer durchbrochen wird, unp nordwärts .d.es Penngr die Kette.der Palla Malle genannt wird. Monteith brauchte von Mahras,, im Januar, durch ganz unbebaute ^größtenteils wüste, oder )/ Adjy gur und Kalling er, östlich von Chatterpur, ausschließlich „das Land der Diamanten" genannt werden muß (also nicht inner­ halb 18 Breitengrade zu beiden Seiten des Aequators beschränkt nach früherer Angabe2'). Nur wenige der genannten Loealitäten sind noch genauer in Beziehung auf die Art des Vorkommens der Diaman­ ten untersucht, so wenig als die Fundorte der Ceylonesischen Edelsteine (s. ob. S. 108); doch sind es eben die genannten Orte von Cuddapa,

*°) E. Fr. K. Rosenmüller Handbuch der biblischen Alterthumskunde Leipz. 1830. 8. Th. IV. p. 45; Pin der de Ad am ante 1. c, p. 36. 31) B. He> ne on Diamond Min es in India, in Tracts of india. 4. Lond. 1814. p 92 — 107; H W. Voysey on the Diamond Mines of Southern India, in Transact. of the Asiat. Res. Serampore 1825. T. XV. p 120 —128, Account of the IStiata of Diamond Mmes of Malivuliy in Kdmb. Phil. Jo um. 1820. ^ 72. 33) Dr. Adam Geologie. Notices etc. relative to the Distnct betvveen the Jumna and Ni rbuddah in Mein. of the VV vrncrian Xat. Hist. Soc. Ed in b. 1822. Vol. IV. p. 33 — 30, 33) J. Mmray Memoir on the Diamond Lomlon 1831. 8. p. 22.

346 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 104. nordwärts bis Nandial, zwischen Pennar und bis zum Kistna, welche durch B. Heyne unb Voysey bekannter wurden. Beide stimmen darin überein, daß es überall nur eine jüngere Schicht aufgeschwemmten Bodens sey, ein Conglomerat aus gerundeten Kieseln, eine Sandsteinbreccie62t), welche die DiamanNager enthalte. Ferner sind die Diamanten keineswegs durch die ganze Masse dieses Conglomerates zerstreut, sondern nur in einem gewissen, ganz eigenthümlichen Stratum vorkommend, das, nach B. Heyne, härter als die übrigen und höchstens nur einen Fuß mächtig ist, aber durch ganz Indien, wo Diamanten vorkommen, ganz dieselbe Matrix dieser Edelsteine sey. Voysey, der dieses Gestein eine Sandsteinbreccie nennt, sagt, es liege unter einer festen Sand­ steinschicht, und bestehe aus einem schönen Gemenge von rothen und gel­ ben Jaspisstücken, aus Quarzen, Chalcedoney, Hornsteinen von verschie­ denen Farben, die ein quarziges Cement verbinde. Dies gehe in eine Art Puddingstein mit gerundeten Kieseln durch thonige Kalkerde verbun­ den über, mit lockrer Textur, welche vorzugsweise die Diamantenschicht sey. Dies Gestein sey irrig Amygdoloid (Mandclstcin) oder Wacke ge­ nannt, woraus andere Kegelberge des Plateaus beständen, aber keines­ wegs die flachrückigen Anhöhen und Schuttberge, in denen man die Dia­ manten suche. Ganz dieselbe Gebirgsart des Conglomerates breitet sich auch weiter südwärts vom Pennar an der Ostscite der Plateauhöhcn durch Maißoore, von Areote westwärts bis Chittledru g und Hurrihur aus, aber dort, bemerkt schon Fr. Buchanan ausdrücklich, enthalte es niemals'8) Diamanten. 1. Oie Cuddapah-Gruppe der Diamantlager am Pennar-Fluß. Die südlichste Gruppe der Diamantlager beginnt erst mit der Umgebung von Cuddapas/ am Pennar (f. ob. S. 340), dort sollen sie seit mehrern hundert Jahren mit verschiedenem Glücke bebaut seyn. Diese hat B. Heyne'") besucht^ man sagte ihm, sie ständen unter der Obhut der Ammawaru (Göttin des Reichthums, die furcht­ bare Naturgöttin, wol Sivas Gattin, die Kali). ES sind verschiedene Orte bei denen man sie nahe beisammen gewinnt: bei Cuddapay. selbst am Pennar, dann bei Condapetta und Ovalumpally, aber auch zu Landur und Pimchetgapadu, noch weiter das Pennarthal auf­ wärts bis Gandicottanach Rennell, und selbst bis Gutidrug (f. ab. S. 338). 6S4) B« Heyne i. c. p» 93; Voysey I. c. p. 124. '*) Fv« Biielianan (Hamilton) Jouin. T, L p. 42, '") B. Heyne 1. c. 1>. 93 — 93; danach W. Hamilton Descr. T. II. ;>, 330.

aT) Heeren Ideen Th. 1. Abth. 1. 3. Aufl. S. 131 Not.

Dekan; Diamantgruppe von Cuddapah.

347

Um Cuddapah (475 F. üb. d. M.) besteht das Conglomeratlager auS einer Erddecke die 10 bis 20 Fuß mächtig ist- die Berg­ gipfel steigen etwa noch 1000 Fuß höher über dasselbe empor; ihr Fuß ist überall mit losen Geschieben bedeckt. Die Schichten folgen so aufeinder: zu oberst 1| Fuß Sand, Gruß mit Lehm; dann ein zäher, blauer, oder schwarzer, schlammiger Boden ohne alle Steine, 4 Fuß mächtig. Unter diesem folgt das Diamantlager, welches vom vorigen leicht durch die vielen, eingewickelten, großen, gerundeten Steine sich unterschei­ den läßt. Es ist 2 bis 2£ Fuß mächtig, und besteht auS Kieseln und Gruß, die durch Lehm verbunden sind. Zm Gebiet von Ellore ist dieses durch ein mächtiges Kalktufflager bedeckt. Die Kieselstücke sind von sehr verschiedener Art, häufig verwittert und haben bei den Diamantsuchern verschiedene Namen: 1) Tella Bendu, weiß, erdig, stumpfkantig; 2) durchsichtiger Quarz, gelblich; 3) Pistazie; 4) Gajja Bendu; 5) rothe, braune, blaue Zaspiskiesel; 6) Karla, basaltische Kiesel; 7) Sandsteine mit Ocherkrusten; 8) Kan na, haselnußgroße Körner von runden Eisensteinen, welche die wichtigsten Kiesel in den Ovalumpilly-Minen bilden; 9) Korund. In den mehr nördlichen Diamant, gruben zu Par tat bei Ellore, am untern Kistna, kommen zu diesen noch Chalcedon und Karneol-Kiesel. Die größern, kopfgroßen Geschiebe, meist aus Hornstein, Trümmer aus den benachbarten Gebirgszügen, bil­ den um Cuddapah die größte Masse des Diamantstratums. Die Ovalumpally-Minen liegen wie die genannten auf dem rechten Ufer des Pennar, nur einige Stunden in W. von Cuddapah; hier scheint das Diamantlager dem Kußlaufe zu folgen; es ist von ver­ schiedener Breite. In diesem kommen die Diamanten nie erystallisi'rt, sondern stets zugerundet vor. Diejenigen, welche noch weiter im Westen gefunden werden, hält man für die besseren. Die Hindu unterschei­ den hier 4 Arten") der Diamanten, nach ihrer Castenabtheilungr 1) Bramha, klar, milchweiß; 2, Chetra, klar, Honigfarbe; 3)Dysea, cremefarbig; 4) Sudr a, grauweiß. Bon Gewichten und Prei­ sen dat B. Heine eine Tafel gegeben. Sud ras aus den benachbar­ ten Dörfern sind die Diamantengräber, die ohne Znspection ihr Geschäft betreiben und auf ihre Redlichkeit stolz sind. Sie ließen sich nicht be­ stechen. Ihre Gruben, in denen sie nachgraben, sind nur viereckige höchstens 16 Fuß tief gehende Löcher; ihr Gewinn gleicht dem einer Lotterie.

*•) B. Heyne 1. c. p. 99.

348 2.

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Absckn. §. 104.

Die Napdial - Gruppe

der Di-amantlager

zwischen

Pennar und Kistna, bet S3onganpallt; 639)> Nur 15 geogr. Meilen im Norden von den vorigen, am Nordende derselben Ebene, die auf der Westseite der Nalla Malla Berge sich bis

%wc Stadt Nandial (672 Fuß Par. üb. d. M.) ausbreitet, liegt die zweite Haupt gruppe der Diamantgruben,

unter gleichem Clima,

mit gleicher Beschaffenheit des Bodens, der hier auf dem Nordufer dcs Pennar sanft gegen den Norden sich

erhebt.

Der Diamant-Di­

strikt, von Banganpally (Banaganpilly., nur 1 Stunde-von dev •jteuen Stadt Kottap ettah entfernt^aber 10>gcogr. Meilen in-N.O. von Gutydrug, nach B. Heyne) liegt nur 6 Stunden westwärts- von Nandial, von Bergzügen umgeben, deren plateauartige, flache Rücken sich wol an 8 Stunden weit ausdehnen, unh mit Ackerboden bedeckt wahre Tafelberge niedriger-Art sind-, welche sich s. Soc. of Calcutta 1827. Vol, III. p. 4256— 417, 7|) Pevipl, Maris Erythraei ed. Hudson p* 28, T*) J. Mlurraf Mem. on the Diamond I. c, p, 30, 7*) Bewies Storia Natiralc di Spagna T. I. p. 19, 74) J. Munay Mem. on ihm Dianond I. c. p. 13; I. I BerzeliuS Lehrbuch der Che­ mie a.. a. D* l S. 269.

364

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Ab schn. §. 104.

häufigsten Bestandtheile ausmacht. Seine Concentration im Diamant, der auch ein stärkerer Lichtsauger als alle anderen Körper ist, und dem Sonnenstrahl ausgesetzt noch lange im Dunkeln leuchtet, nimmt die Crystallisation in regulären Oktaedern, oder in 48 dreiseitigen, ge­ krümmten Flächen an, die gewöhnlich mit einer undurchsichtigen Rinde umgeben sind, welche erst durch die Kunst weggenommen werden muß, um den Crystall völlig klar und durchsichtig zu machen. Die Härte des DiamanteS, welche die aller andern Körper übertrifft, lehrte schon längst in Asien mit ihm alle andern Edelsteine zu durchbohren, woraus schon die Tübetcr ihr schönes Bild vom „Siege Buddhas über die Schimnus"«") nahmen. Diamantpulver, wol eben seiner unzerstörbaren Härte wegen, sahen alle Großen in Dekan als das letzte unfehlbarste Mittel der Vergiftung 76) in ihren letzten Nöthen an. Der bezaubernde Lichtglanz hat dem Diamanten in seinen kost­ barsten Repräsentanten im Juwelenschmuck der Persischen Könige die ei­ genthümlichen Namen, „Ocean des Lichts" (Deryai nur) und „Berg des Lichts" (Kuhi nut)77) erworben. Seine Pracht ist so groß, daß Sultan Babur7') bei der Eroberung von Agra (nach 1526), statt alles andern Tributs mit der Auslieferung eines einzigen, freilich ungeheuren Diamanten (672 Karat an Gewicht nach Briggs; Ferishta sagt: KMikal oder 224Ratties, er stammte aus dem Schatze Alaeddin Khiljys von Malwa, s. Asien IV. 1. S. 563) befriedigt ward, daß Peter der Große bei seiner Umzinglung durch die Tür­ ken seine Rettung dem Glanz der Juwelen seiner Gemahlin verdankte. Die größten und prachtvollsten Diamanten in Indien wurden den Göt­ teridolen wirklich als Augen eingesetzt; eines der größten von diesen (179 Karat an Gewicht; ein ähnlicher an Größe f. Asien IV. 1. S. 564) kam, aus der Pagode zu Seringham 7®), bei TrichinopaM, am Eavery (s. ob. S. 294), in den Russischen Kronschmuck der Kaiserin Ka­ tharina II., für anderthalb Millionen Florin in Amsterdam erkauft. An den Fund und die Uebertragung vieler andern in die Schatzkammern der Indischen, Persischen, Türkischen und Europäichen Fürsten, reihen sich die merkwürdigsten Historien an. Seit den Zerstörungen Sultan Mahmuds des Gazncviden (s. Asien IV. 1. S. 529—554), wurden die Diamanten aus Indien auch in andere Westländer der Erde verbrei­ tet; unter dem ersten Mohammed der Ghuriden (er reg. 1176—1905, s. ebend. S. 555) war ihre Menge dort noch so groß, daß er nach ei- , S7S) Ssanang Ssetzen Mongol. Gefch. von I. Schmidt. PetcrSb. 4. 1829. S 51. ?e) M. Wilks Historie. .Sketches of the South of India. London 1827. 4. Vol. II. p. 197. 7’) Chardin Vojage ed. Langles T. X. in Notic. Chronol. sur la Peisc p. 237. 7i) Feiishta Ilistor. etc. in India ed. Briggs Vol. II. p. 46 Not. *•) J. Murray Mein, on the Diamond p. 45.

Dekan; Diamamcntstehung.

365

ner 32jährigen Regierung voll Plünderungen Indiens, in feinem Schatze allein an Diamanten'") von allen Arten, nach der Versiche­ rung des Historikers Ferishta, einen Haufen von 500 Muns, b i. 400 Pfund an Gewicht, hinterlassen haben soll. Diese Diamantenfülle hat seitdlm wol immer mehr und mehr abgenommen; zur Zeit der GroßMoghule standen sie noch in hohen Preisen. Die Entdeckung der neuen diamantenreichen Amerikanischen Welt drückte ihre Preise in der Alten Welt in der ersten Zeit noch nicht, obwol auch dort schon früh­ zeitig bei Petrus Martyr und andern von Diamanten auf Paria, und in -er Sierra Parime die Rede war, die aber Alex. v. Hum­ boldt^) für fabelhaft erklärt hat. Die weit reicher gefüllten Bra­ silischen Diamantlager wurden zuerst im Distrikte Serro do Frio, aber nicht vor dem ersten Viertel des XVIII. Jahrhundert(seit 1729 erst in Lissabon)") bekannt und beachtet. Seitdem fielen bei verminderter Nachfrage die Diamantenpreise in Indien, und dies ist als der erste Anlaß zum Verfall der Indischen Diamantgräbcrei in Dekan zu betrachten, wozu seitdem die vorherrschenden Aerstörungskriege im centralen Indien und der Sturz so unzähliger Dynastien und Sou­ verainen kan, wodurch der Diamantenschmuck, eben so wie der Gebrauch der Elephanten als Prärogative und Auszeichnung der Indischen H:rrscher (s. Asien IV. 1. S. 916) in Abnahme kommen mußte. Der schönste Diamant im Schatze des zuletzt noch mächtigsten und raub­ süchtigsten Souveraincs, des Mahratten Peischwa, den die Briten bet dessen endlicher Entsetzung erbeuteten, und den Colon. I. Briggs") aus dem Lersteck selbst ausgraben ließ, wog nur 891 Karat, und ward von 1er Ostindischen Compagnie, dir jetzt in ihrem Besitze ist, auf 30,000 Pfund Sterling geschätzt; er führt den Namen Nassack-Diamant. Auch wurden, seit 1793, durch die Französische Revolution lie Diamanten wie alle Juwelen ungemein viel wolfeiler alS nie zuvor; tie Indischen Grubenarbeiten wurden also immer weniger be­ lohnend und viele gingen daher ein; eine neue Crisis droht dem Ertrage, wenn auch lie Uralischen Diamantreviere ergiebig werden sollten. So ist auch hierin für das so lange Jahrtausende hindurch stationaire Indien wie n allen seinen übrigen Erscheinungen, die Periode der Ver­ änderung mb Umwandlung eingetreten. Indeß haben Naturforscher über die D ldung des Diamanten Vermuthungen aufgestellt, die ihm einen ncht mineralischen, sondern vegetabilischen Ursprung an­ zuweisen versuchen. Jameson, der berühmte Mineralog, hält ihn für ao) Ferisita Hist. ed. by Briggs T. I. p, 187. ") AI. de Hum­ boldt Voyage aux Regions equinoxiales Paris ed. 8. T. X. 1815. p. 251. 82) W. L. v. Eschwege Pluto Brasiliensis Berl. 1833. 8. üb. Entdeckung deS Diamanten G. 354. ") Ferishta Hist, ed. J. Iriggs VoJ. II. p. 47 Not.

366

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §.104«

eine vegetabile Sekretion8") irgend eines patriarchalischen oder antedilnvianischenBaobab oderBanianen-BaumeS derVorwilt; Brem­ st er") der berühmte Physiker, hält das Diamantstratum weder für ein Wasser- noch für ein Feuerproduet, und den Diamanten, gleich 'dem Am­ ber, wegen seiner Verbrennungsfähigkeit und seines starken Brechungs­ vermögens, für eine Consolidirung vegetabilischer Materie, die ganz allmälig Crystallisation erlange. Für Jamesons Ansicht sprechen manche merkwürdige Analogien der Kieselbildungen in verschiedenen In­ dischen Gewächsen, wie in andern auch Kalkbildungen bekannt sind. An diesen letzteren ist vorzüglich das Genu« Chara sehr reich, so wie die seltsame Gruppe der Corallinen, welche man deßhalb oft für Animalien angesehen. Die Silieatbildung geht aber vorzüglich in Indischen Gräsern, Bambus und selbst Bäumen vor sich. Dr. Moore") beobachtete, daß zwischen den Circars bis Nagpore, also im Stromgebiete des Kistna und Godavery, auf den Derghöhen eine Art Jungle-GraS, das Dr. Roxburgh noch nicht kannte, in größter Menge wachse, in dessen Halmknoten vollkommne Kieselsecretionen sich absetzten. Eben so geben Calamus rotang, Equisetum hiemale und gewisse Bambusarten, solche Kieselsecretionen, welche letztere unter dem Namen Tabaschir") oder Pflanzen Opal, bekannter geworden sind. Das Bambus, in welchem sich dieser Tabaschir absondert, ist in großer Menge in den Wildnissen der Berge um Ramghur, 30 geogr. Meilen in West von Calcutta, also in der Nachbar­ schaft der Quellen des Brahmani- und Mahanadi-Flusses, an denen es sicher auch verbreitet seyn mag, von LangfordKennedy") beobach­ tet. Die Bambusart nennt man in Ramghur Kutbinbanse, d. h. stachlicher, wilder Bambus, die kieselhaltige Secretion Banselochum. Nicht alle Bambusschafte produeiren es, die Sucher rütteln an den Stämmen, um es durch raffeln wahrzunehmen, in solchen Nohrschaften, die über Zoll Durchmesser haben, findet es sich hier nicht mehr, aber auf den östlichern Inseln kommt es auch in weit dickern Bambus­ stämmen vor, hat dann aber eine schmutzig gelbe Farbe. Don zweierlei Sorten wurden Proben der Asiatischen Societät vorgelebt, von einer fast weißen aber opaken, und einer dem Opal ganz analogen Substanz, doch ohne Politur. Die Aerzte der Hindu -rauchen sie als Arzenei; das Pfund •") Jameson Specnlations in regard to the Formation of Opal, Woodstone and Diamond in Mem. of the Werner. Soc. Edinb. 1822. 8. Vol. IV. p. 566 etc. ") Quarterly Journ. of Science Oct. 1820; f. Voysey on the Diamond JVIincs I. c. T. XV. p. 120. *•) Edinb. Phil. Journ. Vol. II. p. 192. 87) Edinb. Phil. Journ, Vol. III. p. 413. • •) Langford Kennedy Esq. On Tabashir in Asiat. Journ. N. Ser. 1831. Vol. IV* p. 326; vergl. J. Munay Mem. on the Diamond 1. c, p. 24.

Dekan; Diamantentftehung.

3G7

kostet 8 bis 10 Schilling. Dr. Turnbull Christie, der trefflicht Naturbcobachter in Indien, bemerkt, daß sich dieses Tabaschir keines» wegs in allen Theilen Indiens vorfinde, auch nicht in allen Arten Bam­ bus derselben Gattung, nicht einmal in allen Bambusstämmen desselben Walddtckichts. Die Sccretion dieses Silicates läßt also auf gewisse lo­ cale und individuelle Vegetationsverhältnisse zurückschießen, die tritt seiner Verbreitungssphäre in einem uns noch unbekannten Zusammen­ hange stehen, wie die der Diamanten. So lange das Bambu grün, ist auch das Tabaschir feucht und durchsichtig, dem Chülcedon im Basalt­ fels analog, ehe derselbe aus dem Spalt herausgetreten der Luft ausge­ setzt, opak wird. Die Beschaffenheit des Tabaschsrs ist die des Chalcedons, es giebt durch die chemische Analyse Kieselerde. Die Bambus sind nicht die einzigen Silicat erzeugenden Gewächse; die große Härte gewisser Hölzer, wie Eisenholz, Calumidiri (f. ob. S. 122 und andere, zumal aus den Ava-Wäldern mitgebrachter Arten, sind so sehr mit verdichtetem Kohlenstoff erfüllt, daß sie fast eine Diamanthärte er­ langen, und mehr wie Selbstpetrificate als saftige Gewächse erscheinen. ES wrrd dadurch wahrscheinlich, daß so manche von den sogenannten ver­ steinerten Holzarten durch übermäßigen Absatz kieselhaltiger Materie sich selbst tödteten, wodurch ihr zerstreutes Vorkommen in den Wüsten Afri­ kas wie Asiens begreiflich würde. Auch aus hartem Teakholz hat man schon häufig solche Silicateoncretionen in Menge ausge­ hauen, deren Analyse, nach Woll äst o ns Untersuchungen, Kieselerde gab, die jener Materie des Diamant-Kohlenstoffs am nächsten zu stehen schien, And die interessante Hypothese Iamesons über die Möglichkeit ei­ nes vegetabilen Ursprung dieses Juwels zu unterstützen schien, worüber freilich noch manche Erfahrungen und Beobachtungen zu machen seyn werden. Diesen fügen wir daß Resultat von Dr. Adams merkwürdigen Beobachtungen über die Plateaudildung der Bundelkhundhö­ hen und die ganze eisenreiche Conglomeratschicht mit dem Diamantstratum") hinzu, welcher derselbe treffliche Naturforscher» überhaupt genommen, ebenfalls einen vegetabilen Ursprung zuschreibt, Der ganze Zug der östlichen Fortsetzung des Vindhyan BergparallelS, durch Bundelkhund bis Rajamahal, ward, nach Adams Ansicht, durch Hebung aus der Tiefe gebildet; wo der Granit, oder andere Massen» zu hoch gehoben, die darüberruhenden Lager durchbrachen, mußten diese zerstückelt, zertrümmert und nach den Tiefen mit fortgerissen wer­ den, die isolirten Granitkegel aber blieben nackt und entblößt von ihrer Decke zurück, wie sie der vorder« Terrasse von Bundelkhund mit ihren inselartigen Sandsteinkronen und Klippen bis heute vorliegen. Da-

••) Dr. Adam Gcological Notices 1. c. Vol, IV. p. 42—44.

368 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 104. gegen behielten die zusammenhängenden Hebungen der Gra­ nitkegel, als Basis der Bergzüge, weiter tm Süden, ihre Hori, zontallagxr der Sandsteinbänke, als zusammenhängende Decke in Plateaugestalt, bei, und nur an den Seiten derselben zeigen sich ihre Granitabstürze, auch die Trapp- und Sandsteintrümmer der Höhen, welche die Abhänge und den Fuß bedecken, oder in die Nie­ derung des Gangesthales, als schwarzer Humus, oder als Sand aufgelöst, fortgeschwemmt wurden. Auf den ruhiggebliebenen Höhen, mit gleichem Niveau, entwickelte sich in der Urzeit die erste ju­ gendliche Vegetation, welche nun zur Fixirung des Bodens We­ sentliches beitrug. Die eisenschüssige Conglomeratschicht, die sogenannte Sandsteinbreecie, von Kies und Sand der mannichfaltigsten Art, kann daher auf diesen Höhen nur ein seeundaires Pro­ duct seyn, in dem Proceß seiner Bildung dem Kunkur Kalkboden der Tiefen analog. Es ist ein deeomponirter und durch Eisen im niedrigsten Zustande der Oxydation wieder cementirtcr Sand­ stein. Dies Eisen kam nicht aus dem Mineralreich, meint Dr AdamS, sondern aus einer vegetabilen Quelle; cS entstand aus der Decomposition von Holzfibern solcher eisenharter Holzarten, deren Ei­ senbestandtheile die chemische Analyse ebenfalls nachgewiesen hat. Die successive Verfäulniß und immerfortgehende Production solcher vege­ tabiler Massen mußte nach und nach die Menge dieses Eisenoxyds anhäu­ fen. Eisen und Sauerwasser durch vegetabile Deeomposttion in Menge, unter tropischer Regenfülle erzeugt, mußten den Sand und feine Trüm­ mer damit impregniren, die Sommerhitze vollendete und beschleunigte den Prozeß und das Metalloxyd mußte sich immer inniger mit seiner Conglomeratschicht verbinden. Die zahlreichen Eisenwasser die auf der Plateauhöhe stagniren oder in Bächen sich durch den Boden sickern, mögen die schwachen Reste derer seyn, die früherhin einen wichtigen Antheil an der Ausbildung des heutigen Zustandes der Plateaufläche genommen hat­ ten. Nur allein in diesen, so eng limitjrten Schichten treten aber eben die Diamantbildungen, ohne alle Begleitung anderer Edelsteine auf, deren Vorkommen anderwärts, außerhalb der Diamant­ reviere, stets unter ganz verschiedenartigen Verhältnissen bekannt ist. Hiermit schließen wir unsere allgemeinen Betrachtungen über die Raumverbreitung des edelsten Juwels in der einzigen diamantenreichen Halb­ insel Asiens, die dadurch mit der Peninsularbildung der noch diamantreicheren im Amerikanischen Kontinente eine neue merkwürdig überein­ stimmende Analogie (s. Asien IV. 1. S. 651) hinsichtlich ihrer selbststän­ dig von dem Gebirgssystem des Kontinentes abhängigen Bildung zu ge­ winnen scheint.

Dekan; Kistna, Stromsystem.

369

§. 105.

Erläuterung 3. Das Stkomsystem des Kistna, oder Krischna; die Länder der Mahrattenherrschast. Uebersicht. Der Kistna,Fluß, richtiger Krischna (b. h. der Dun, kclblaue, die Inkarnation de- Dischnu), hat sein Stromge, biet nordwärts des 15° N.Br. bis zum Breitenparallel von Puna, Aurungabad, Bombay, bis beinahe zum 19° N.Br. Dieses wenigstens viermal größere Stromgebiet, als das des Pennar, führt aus der schmalen Küstenebene jener nördlichen Circars (Cirear, d. h. Provinz) in viel weitere Wildnisse des noch wenig untersuchten, mittleren Plateaulandcs von Hyderabad oder Golkonda, Nord,Maißoore, Bedja, pur und über das Darwarplateau, in die Lander der Mäh, rotten, bis Satarah und Puna (s. 2(fien IV. l. 6602c. 694, 709) zurück, wo die Bhima, und TumbudrarF-lüsse, vom Norden und Süden her, nebst unzähligen Mullahs, oder Seitenflüssen, in dem Hauptbette des Mittelstromes, des ei,, gentlichcn Kistna, sich vereinen. Dieser Kistna entspringt zwi, schen den Mahrattenresidenzen Sattara und Puna, unter 18° N.Br. in den Wcst.-GhatS (f. Asien IV. 1. S.«57, 690 u. a. 0.), nur 16 bis 18 Stunden fern von der Küste südwärts Bombay, an dem Orte Mahabillyfir99»). Er fließt von da gegen S.O. durch Bedja pur, und nimmt, schon unter dem Breitenparallel von 17°, bei Meritch den ersten, wasserreichen Westfluß von den West,Ghats, den Warn ah, im Norden von Colapore, auf, von wo nun, mit seiner Normaldirection ge, gen den Osten, mehrere, rechte Seitenflüsse wie jener folgen; nämlich der Gatpurba, von Belgaum (Balgaon) und Gokak (f. Asien IV. 1. S. 708), der Malpurba von Darwar herab, der Tumbudra (aus dem Tunga und Bhadra bestehend, die in (Eurg91) entspringen) mit dem Würd« von Hydern«, gar (Bednore, s. Asien IV. 1. S. 694, 705), über Hurry, hur, und alle diese vereinigt, nahe dem alten Bejinagar in N.W. von Dellary vorüberziehend, bis sie unterhalb Kurnul "e0) W. Hamilton Deacr. II. p. 209. 11. P. 288, 365. Ritter Erdkunde VI.'

3') W. Hamilton Descr«

Aa

370

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn.

105.

(am Tumbudra, an 952 F. P. üb. d. Meere) und Pagtur (am Kistna, 1018 F. P. üb. d. M., nach Cullens Messungen), mit dem Hauptstrome zusammenfließen. Doch vor diesem Der» eine hat derselbe Kistna, von der Nordscite her, also zur Lin­ ken, schon den bedeutenden nördlichern Bhima-Arin aufge, nommen, der nordwärts Puna und Serur (f. ob. S. 350 und Asien IV. l. S. 657), seine Wasser in jener Gebirgsburg der Mahratten sammelt, und dann in gleicher Direktion gegen S.O. über Fcrozabad, dem Kistna zufließt, mit noch einem vom Norden her, von Ahmcdnagar hcrabkommenden nicht unbedeutenden Sei, tenflusse, dem Sin ah. Zu beiden Seiten der Bhimamündung zum Kistna erheben sich hier die Nachbarhöhen um 500 bis 700 Fuß über dessen Wasserspiegel; denn Kotapilly am Nordufer liegt 1554 F. P. üb. d. M. Darwar und Malliabad am Südufer 1766 und 1727 F. P. nach Lambtons Messung. Dies sind im hohen Tafel lande des centralen Dekan die bedeu« tendsten Zuflüsse zum Kistna, die ihm sein sehr großes Strom« gebiet geben, die weiter abwärts folgenden sind geringer, oft na, mcnlos, nur etwa der Mussy-Fluß von Hyderabad und Srkunderabad (1595 und 1092 F. P. üb. d. M. nach W.Cul, lens Messung) kommend, ist noch zu bemerken, der sich bei Wa, r a p i l l y zum Kistna ergießt. Von seiner Quelle im hohen Mäh, rattenlande an legt der Kistna in vielen KrümiflutMji gegen S O. und 0., größtenthcils auf 2000 Fuß hohen, Tafellande, und mittelhohen, abfallenden Stufcnlandschaftcn, einen Weg 140 geogr. Meilen lang zurück, also etwas geringer, als der deutsche Rhein, um dann von Golkonda und Palnaud, über die Wasserfälle von Timeracotta, die Erdspalten und Pässe von Warapilli und Condapilli durchbrechend (s. ob.S.339), in Guntur und in der Nähe der Bucht ven Masulipa, tam das Bengalische Meer zu erreichen (urter 16°N.Br.), wo er als heiliger Strom verehrt wird. Der Obere Lauf des Kistna, wie aller seiner genannten Qnellstrime, ist innerhalb des Hochgebirgs rer West,Ghats nur ungemein kurz; denn sie entfließen alle dessen sanfteren, kurzen Ostabhängen, und werden sogleich Plateauströme, eint Form, die sie recht eigentlich characterisirt, in Gegensatz der westlichen malabarischen Küstenfiüsse mit den Dasserfällen und anderen Gebirgsströmen. Sie treten insgesamm nach sehr kur­ zem Laufe zwischen engen Bergthälern und Glpflschlcichten/aus

Dekan; Kistna, oberer Lauf.

371

den eigenlichern Gebirgsketten heraus, und in die Vergebenen des Plete am landeS ein, die nur einen sehr geringen land, schastliche» Wechsel der Oberflache mit dem Trockenboden (Bel, wul) dabietem, aber während der feuchten und kühlen Jahres, zeit (Hcnanta)), zumal aber int Frühling (Mitte März bis Mai, Wasaniarettuwo genannt, d. i. die Jahreszeit der Göt, tcr), bod einten sehr freundlichen Anblick gewähren, weil sie mit dem schötsten Grün überzogen, größtentheils bepflanzt und bebaut, oft mit dn reiichsten Ebenen bedeckt sind, die wir in der Natur 'deS Darvar-,Plateaus schon hinreichend kennen lernten (s. Asien IV. 1. ; cs find granirische oder eiseureiche Thonschiefer-Züge, oder Quarzgänge, mit deren Trümmern in Grus, Kies oder Thonlagern, die welli­ gen Ebenen bedeckt sind, bis der schwarze Cotton-Grund sich in den tiefern Einsenkuvgen vorherrschend und oft ausschließlich aus­ breitet. Für die verschiedenen Arten der daraus hervorgehenden Dodenbeschaffenheit haben die Eingebornen 8 verschiedene specielle Benennungen, und für jede dieser Bodenarten eigenthümliche Cul­ turgewächse. die sie aus demselben bauen. Ein Verzeichniß °7) derselben« welches von den in Darwar gebauten, nur in We­ nigem abweicht, hat vr. B.Heyne gegeben, der überhaupt über

Transact. of tlie Bombay Society in Asiat. Journ, X.X1V. p. 352. *’) B. Heyne Tracts on India p. 35, 46 — 58«

374 Ost-Asien. Vorder-Jn-ien. IV. Abschn. {. 105. diese Gegenden die meisten Localbemerkungen mittheilt. Als daS Grundgebirge der Plateauhöhe sicht derselbe vorherrschend den Syenit an, der mehr oder weniger feldspathreich, auch mehr ober weniger der Verwitterung ausgesetzt ist, mit dessen Mass sen dann die tiefern fruchtbaren Thäler überschwemmt wurden. Der Granit^») liege in größerer Tiefe, von jenem seyen aber die Quarzgänge, als flippige Rücken oder Dämme, oderKnol, len, stehen geblieben, indeß die leichter verwitternden Feldspath, Massen sich als Schichten von weißem Pfeifenthon ablager, ten; oder von Hornblende zu gelben Ochcrerdea auflösetcn; oder als glänzende Glimmerschuppen verbreiteten. In 91.26. von Chittledrug bestehen die Höhen auch aus Chlorit, Eisen« oxyd, Hornblende; bei Sira sind secundaire Gebirgsarten übergelagert, die sich nur mit einem sehr langen Grase (Anthistiria barbata n. Heyne) bewachsen. Bis zu den Bergrücken er, hebt sich daselbst magnetischer Eisenstein, der aber sehr schnell der Verwitterung unterworfen ist. Weiter osinärts gegen Bangalore und Solar folgt der rothe Thonschieferbo, den; bei Solar mit dem Goldgehalte. Salzeffloreseen, zen treten sehr häufig aus dem Plateauboden hervor; aber Stein, kohlen sind bisher noch nirgends aufgefunden, so sehr man auch danach, gesucht hat. 2. Das Querthal des Kistna, der Gränzstrom in Mittel,Dekan. Sprachgebiete der Panchdravida oder der Fünf Sprachclassen in Dekan. Das Land zwischen dem Tumbudra und dem Hauptbette des Mittelstromes des Kistna selbst, das Darwar,Plateau bis zum zertrümmerten Bejapur hin, oder Viziapur, von BijayaPura, Siegesstadt"»), 16° 46' N.Dr., nelches von neuesten Beobachtern wegen seiner außerordentlichen Prachttrüm, wer das Palmyra von De kan7U0) genannt ward (rergl. Asien IV. 1. S. 634, 638), ist uns schon aus frühern Untersuchungen bekannt (s. Asien IV. i. S. 707 — 720). Mit dem toten Par, alle! nördlicher Breite sind alle Südzuflüsse durch den Tumbudra mit dem Kistna vereint, dessen Stromthal, in derselben *“') B. Heyne Tracts on India p. 42. ••) W. Hamlton Deser. II. p. 207. ,0°) f. Asiatic Jouvn. New Ser. Vel. XVI. 1835. p. 183 — 189.

Dekan; Kistna als Sprachgranze.

375

Direktion des Parallels, von W. nach Ost, beinahe die ganze Breite der Halbinsel Dekans quer durch­ schneidet. In dieser Richtung bezeichnet dieses Q-uerthal des Kistna,Stromes, eine große Naturgränze der Halb­ insel, indem er ihr bisher betrachtetes südliches Drittheil, den Triangel der Südspitze Dekans (wozu Canara, Ma, labar, Cochin, Travancore, Maißoore, die Ccded, Distrikte, Coromandel und Carnatik gehören), was M. Wilks^) bei seinen historischen Untersuchungen mit dem sehr partiellen Namen South of lodia im Gegensatz von Decan ge, stempelt hat, abscheidet, von dem mittlern Antheile, oder Mittel-Dekan, zwischen Kistnah im Süden und Nerbudda im Norden, welchem im engern Sinne der Mohammedaner, Herrschaft der Groß-Moghule eigentlich nur der Name Dekan -) zukommt, womit wir aber, im Sinne des HLHern Indischen Al, terthums, die ganze Peninsula südwärts des Nerbudda als den wahren Süden bezeichnet haben (f. Asien IV. i. @.513, 637). Dieses Mittel,Dekan, welches nun von der nördlichen Hälfte des KistnastromgcbicteS und dem ganzen Go« davery,Systeme eingenommen wird, bis zum Tapti und Ner, budda, wo das Nördliche Dekan beginnt, und unserer nähern Betrachtung, in geographischer Hinsicht, noch ferner vorliegt, be­ greift die oben genannten (Asien IV. l.5i3,637) 6 SubahS Kaiser Aure.igzebs, oder nach der heutigen Aufzählung folgende Gebiete: Khandcsch, Aurungabad, die nördlichen CircarS, Hyderabad (Golkonda), Bejapur, Berar, Orissa und Gondwana. Wie mit den Länderräumev io historisch-po, litischer Hinsicht, wenn auch die physikalische Platcau, Natur unter wenig differenten Verhältnissen gleichmäßiger gegen den Norden vom Kistna aus fortsetzt, so kann man mit W. Hamilton doch den Kistna, auch in ethnographisch, linguistischer Hinsicht, nach seinen Bewohnern, wenigstens, als eine allgemeine Sprachgränze ansehen, so vielfacheVer, Mischungen auch (vcrgl.ob.S.288, wo die Sprachvermischun, gen an ihren Südgränzen berücksichtigt wurden, und @.311, an den Ostgränzen) dort, unter den Plateauvölkern, durch die >) Lieut. Colonel Mark Wilks Historical Sketches of (he South es India in attempt to trace the History of Mysore etc. London 4. 1810, Vol. 1. p. 4. *) W. Hamilton Des er. 11. p. 1 etc.

376 Ost-Asien. Vorder-Indien; IV. Abschn. §. 105. wechselnden Dynastien und Eroberer, in ihrem Blute, wie in ih­ ren Sitten und Gebräuchen, Statt gefunden haben mögen (s. Asten IV. 1. S. 661—664). Nähert man sich, von Süden herkommend, gegen Norden, dem Kistna, bei Bejapur, so nimmt in gleichem Maaße die Mahratta,Sprache immer mehr und mehr überhand; vom Kistnaufer gegen den Sü­ den hin aber nimmt de Canara-Sprache immer mehr und mehr zu. Der Kistna ist also zwischen beiden Sprachen Dekans ein Gränzstrom^), doch keineswegs eine scharfe Sprach gränze, sondern nur in solchem Sinne, daß Canara noch mehr nordwärts des Kistna gesprochen wird, als Mah­ ratta südwärts desselben (vergl. Asien IV. 1. S. 664). In gleichem Verhältnisse bildet der Strom eine architeetonische Scheidewand, in Hinsicht der Volkswohnungen. Im Süden desselben haben die Hütten der Bewohner Dekans Platt­ dächer mit Erde und Lehm bedeckt; im Norden desselben fan­ gen die Spitzdächer mit Strohdeckung an. Wollen wir aber etwas genauer die Sprachgränzgebiete des südlichen Dekans, die sich hier im Stromgebiete des Kistna mannichfach begegnen, bezeichnen, so sind sie folgende nach M. W ilks 4). 1) Canarese, oder Canara, oder Karnataka (Asien IV. 1.S.692), auch von der Plateauhcrrschaft die Maißoore, Sprache genannt. Sie wird noch über das Kistnagebiet hin­ aus, nordwärts bis Beeder (am Manjerafluß zum Godavery, unter 18° 45' N.Br.) gesprochen, in N.W. von Hyderabad, von da gegen S.O. und S. in einer Wellenlinie, am innern Ostrande des Plateaus über Adoni in W. von Gutidrug, über Nun­ dy drug vorbei, bis zu den Ost-Ghats. Von da südwärts über den Kavery, bis zu seinem Austritt aus dem Bergdistrict nahe Bhavani Kudal, dann auf den dortigen Gränzgebietcn der Spra­ chen westwärts Maißoore umziehend, im Nord von Coiinbetore und dem Gap (s. Asien IV. l. S. 761) vorüber, zu der Sprachinsel der NilaGiri, und von diesen wieder nordwärts längs der Ostgehänge der steilen Malabarischen Ghatfette, bis zu den Quellen des Kistna; von diesen aber nach O. und N.O. in einen spitzen Winkel bis Beeder zurück. '»') W. Hamilton Descr. II. p. 204. «) L. Col. Mark Wilk« political Resident at the Court of Mysore Historie. Sketches of the South of India etc, London 1$I0, 4, Vol. I, p. ö —II,

Dekan; Kistna, Sprachgebiete in Dekan.

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2) Die Ma ha ratta-Sprache breitet sich von Beeder an, über alles Land nordwärts von da, und auf einer Linie, ostwärts von Dowlatabad, bis zu in obern T a p t i - Flusse, dann diesen entlang-, abwärts, durch Khandesch bis zum West­ meere, und auf dessen Küstengrunde wieder durch Concan über Bombai und Goa südwärts bis Sedascheghur (unter 15° N.Dr., s. Asien IV. l. S. 667, 692), zur Gränze des sogenann­ ten Nord-Canara, oder vielmehr Tulawas und Haigas (vergl. Asien IV. 1.S.664). Nach Mvuntstuart Elphinstones**) noch bestimmterer Bcgränzung, würde etwa eine Linie von Goa gegen N.O. (über Bejapur und Beeder) nach Chan da am Wurda-Flusse, unter 20° N.Br., die Süd gränze dieser Sprache gegen das Canara und Telinga seyn; im Norden breitet sie sich aber über den Tapti bis zur Satpura-Kette auf dem Süd­ ufer des Nerbudda (f. Asien IV. I. S. 659) aus. 3) Die Malabar-Sprache, oder Malayalam, Ma, layal'ma bei Al.Johnston, wozu auch der Dialect von Tu, lava und Haiga gehört, beginnt mit Nord-Canara und Sedascheghur (d. i. SedasivaGhur), und reicht südwärts bis Cap Komorin, ostwärts bis in das Gap von Coimbctore hinein (Asien IV. J. S. 767, 751), wo ihr die Tamulische Sprache begegnet, da das Malabar im übrigen die Hoch-Ghats oit der steilen Westseite hinaufsteigt. A l. Johnston ") giebt seine Sprachgränzc von Cap Comorin nordwärts bis Mt Dill« mit Bestimmtheit an. 4) Die Tamul-Sprache, oder Tamil nach Al.Johnston, breitet sich also im Ost der Malabarischen auf der Coromandelseite von Ramisseram und Madura, dann aber nordwärts über Tanjore und Madras bis P u licate gegen den untern Pennar-Strom aus, wo sie auch in Coimbetore, Salem, Baramahal und den Ost-Ghats gesprochen wird. Da dieser ganze Landstrich auch unter dem Namen Dravida bekannt ist, so hat man die­ sen auch auf das Tamulische übertragen, das auch Kangi, und bei Mohammedanern Aravi genannt worden ist, und sich durch ein eigenthümliches System der Schrift und Literatur, die *) Mtst. Elphinstones British Territories in thu Decan in Asiatic. Journ. 1827. Vol. XXIII. p. 613 —620, 773 —781; XXIV. p.ll. *) Al. Johnston Memorandum for the Year 1835. in Proceedings etc. 1835. in Journal es the Asiat Soc. VoL II. Nr. IV. London p. X etc.

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sich völlig unabhä ngig von Sanskrit aus sich selbst entwickelt hat, auszeichnet, und mit eigenen Wurzeln ihre Begriffe in 8 gif, Metaphy sik, Ethik, Physik und andern Wissenschaf­ ten bildet, deren nähere Erforschung hoffentlich bald aus der Mackenzie Collection hervorgehen wird (s. oben S. 326). Wir weisen in Beziehung auf das Tamulischc für künftige Unten suchungen noch auf ein paar Notizen des fleißigsammelnden Fr. Buchanan hin, die hier wol noch beachtet zu werden verdie­ nen. Die gelehrtesten Tulava-Brahmanenm) sagten: das Telinga werde im N.O. der Halbinsel, Maharatta imN.W., das Karnataka im Süd des Krischna aber nur über den Ghats gesprochen; das Ta mul, welches sie auch Dravida nannten, nur im südlichen Theile der Halbinsel im Südosten der Ghats. Dravida Desam, oder das Land Dravida im ei­ gentlichen Sinne, reiche zwar nur von Madras bis zum Gebirge; aber derselbe Name verbreite sich auch über alles Land, wo man Tamulisch spreche, und selbst alle Brahmanen der Tnlavas nann­ ten sich eben so. Nach einer zweiten Stelle ^) bei Fr. Duchanan, die mit jener übereinzustimmen scheint, erfuhr derselbe: ci, gentlich würden mit dem Namen Tamul, als Nationalbcnennung, nur alle Sudras, also die geringere Castc der ganzen Ostscile des Südendcs der Halbinsel bezeichnet, und das Prakrit, Bha'scham, oder der Vulgardialect des Landes werde daher Tamul genannt. Aber in Karnata, auf dem Plateau­ lande nenne man ihre Sprache Aravi, ihr Volk Tigular. Dagegen würden die Brahmanencaste, unter den Tamuls, mit dem Namen Dravida belegt, und Panchdravida be, zeichne daher eigentlich nur den Verein der Brahmanencaste« Tu­ lavas, aus den 5 verschiedenen Volkssprachen. Der Dialect, der in den Familien dieser Dravida der Tamulen gesprochen werde, obwol er als eine Volks- oder Vulgär-Sprache gelte, habe doch «ine größere Aehnlichkcit mit dem Sanskrit als das gemein« Ta­ mul. Daraus schloß schon Buchanan, mit Wahrscheinlichkeit, daß diese Brahmanen aus einem Lande, wo Sanskrit vorherrschend war, hier erst einwanderten (s. oben S. 225, 243), und wirklich läßt sie die Sage erst von Kalpi, am Zamuna, hierher einwandern. Unter dem Tamulischen giebt es wiederum yer,0’) Fr. Buchanan Jonn. T. III. p. 90, *) «trab. T. ll. p. 303.

Dekan; Kistna, Sprachgebiete in Dekan.

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schieden« Dialekte§); doch konnte der Madrasdicner, den Fr. Bu chanan mit sich führte, ganz gut den Coimbetore,Dia, lcct des Tamulischen verstehen, welches man Zlsmani nannte, im Gegensatz des Aravi, das in Madras gesprochen wird. Die Pflanzcnnamen in Coimbctore waren jedoch wieder ganz verschie, den von denen in Trikchenopalli, obwol in diesen beiden Pro, vinzen das Tamulische gesprochen wird. 5) Die Telinga, Sprache (ehedem auch Kalinga ge, nannt) beginnt mit dem Pcnnar, Strome allein vorherrschend zu werden, und wird im Osten an den Sprachgränzen des Canara (oder Maißoore) und des Mahratta, am mittlern und untern Kistna und Godavery, gesprochen, und noch über diesen hinaus, bis in die nördlichenCircars bei Cicacolc (unter 18-15'N.Br.). Daher seit der Periode der Mohammedaner Eroberung dieser Land, strich zu beiden Seiten des Godavery auch den Namen Telia, gana erhalten hat. Al. Iohnston nennt diese Sprache wabr, scheinlich richtiger Telugu, und bemerkt, sie stehe durch ihr« Sanftheit zu den übrigen Sprachen in demselben Verhältniß wie das I t a l i e n i sch e zu den Europäischen Sprachen. Das Volk, welches diese Telinga-Sprache spricht, soll nach Aussage der Tulava Drahmanen Andray heißen. In Vizagapatam"') wird noch ausschließlich nur Tclinga gesprochen; um Cicacole ist das Telinga noch vorherrschend auf der Gestadelandschaft, um Ganjam und Jaggcrnath (einst nannte man den Küsten, dialect südwärts von Ganjam, 19° N.Br. bis Pulicat, in der Nähe von Madras, auch Kalinga,Sprache)") aber hat ihre Herrschaft schon aufgehört, da fangen die Sanskrit, Dialekte an, zu denen schon die Orissa,Sprache gehört. In den Wald, Wildnissen tiefer landein breitet sich mit dem wilden Volke der Gondwana noch ein anderer Sprachstreif, westwärts, auf min, der bestimmbare Weise bis zum mittlern Godavery, al- eine für sich bestehendk°Sprachinsel aus, die wahrscheinlich eben so wenig mit ihren umgebenden Sanskritischen Sprachen Gemein, sames hat, wie die der wilden Bhils in Malwa (Asien IV.i. S. 657—660), oder wie die Sprachinsel der Tubas auf den Nila Giri mit den südlichen fünf Dekan-Sprachen, obwol *) Fr, Buchanan Journ. T. H. p. 283. l0) A. Stirling Geogr, statistic. and historic. Account of Orissa Proper or Cuttack in Asiat. Res. 1825. T. XV. p. 206. 11) W. Hamilton Descr. II, p. 121,

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sie manche Beimischung aus dem Tamulischen erhalten hat (Asien IV. 1. S. 1037), vielleicht daß cs neben und innerhalb der Territorien dieser fünf Hauptsprachen Dekans, der Panchdravida (s. Asien IV. i. S. 735), die einst auch ver­ schiedene politische Herrschaften in gesonderten Reichen bilden mochten, ehe sie wie durch die Mohammedaner Fehden durcheinan­ der geworfen wurden ^ deren Territorien wol durch breite Strö­ me, dicke Wälder, hohe Gebirgsketten mehr und bestimmter als heut zu Tage von einander gesondert waren, noch mehrere solcher Sprachinseln wilder Völkerschaften als Enclaven giebt, wie in Wynaad, Curg und auf den Nila Giri (s. Asien IV.l. S. 727), die bis jetzt nur wenig bekannt wurden, die aber doch für die dortige Ethnographie höchst wichtig zu studircn seyn wür­ den. Wir fügen die jüngste Bemerkung Alex. Iehnstons712) über diesen Gegenstand hier schließlich bei, der sagt: es gehören jene 4 Sprachen: Telinga, Tamul, Malayala und Canara, zu einer Sprachfamilie oder Sprachgruppe, weil -sic dieselben Wurzeln haben, obwol sie unter sich so verschieden sind, daß man sich in ihnen nicht gegenseitig verstehen kann. Sie gehören aber zu einer vom Sanskrit verschiedenen Sprachgruppe, weil ihre Wurzeln völlig perschicden sind, obwol sie alle sich mit vielen Wörtern aus dein Sanskrit 6c>reichcrt haben. H. Harkneß, der zu den Wenigen gehört, die diese Sprachen Süd-Dekans studirt haben, und auch wie wir aus Obigem wissen, die Bewohner der NilaGiri genauer erforschte, behauptet, wenn man jene Panchdravida ihrer Sanskrit-Be­ reicherung entkleide, so bleibe eine Sprache übrig, welche derjenigen am nächsten stehe, die noch heute von den Tubas auf den Ni la Giri gesprochen wird. Wenn auch nicht immer Identität der Sprachen auf Identität des Ursprungs der Völker zurückschließcn läßt, so ist dieses doch sihr häufig der Fall, und das Gegentheil pflegt nur der Erfolg g-nz besonderer eingreifender historischer Umstände zu seyn. Die völige Divergenz nnausgebildeter Sprachen führt aber auf Verschied,nheit der Ur-, Völker zurück, in welcher Hinsicht wir über die P-pulaiio» De­ kans noch ganz im Dunkeln stehen. So viel scheut zwar wol schon »vahrschcinlich 13), daß diese fünf Draridas, oder ***) Alex, Johnston Memorandum 1. o. p. X. *) Desiderata and Inquiries connected witk tbe Presideociea en von Carl! (f. Asien IV. 1. 673), gegen die West-Ghats nch Bombai zu. ,,°) W. Hamilton Desdr. II. p. 196. **) * Heber Nrrati-re VbI.HI. p. 115—122; G. Vic. Valentia Vol. II. p. 113—134. **) Lient. Col. Fitz Clarcncc Journ. of « Route aoss Iitdia. Lon­ don 1819. 4. p. 276 — 284.

Dekan; Kistna, Puna. das in 36 Stunden von hier erreicht werden kann.

389 Die naher»

Umgebungen von Puna sind einförmiger; doch sind noch meh­ rere der umherliegenden Felshöhcn mit Mahrattcn-Burgen ge­ krönt, die früherhin für uneinnehmbar galten, wie Ta rag hur, Kullinghur, Affirghur u. a. Sie haben ihren Ruhm in den letzten Kriegen verloren; die meisten sind verfallcn, doch kön­ nen sie immer noch als Asyle bei plötzlichen Ucbcrfällcn gute Dienste leisten. Was der Umgebung von Puna noch mehr fchlt um schön zu seyn, ist das Grün und die Waldung. Der Bauin­ wuchs auf allen Plateauflächen ist kärglich. Die Gärten, welche um die Stadt angelegt wurden, sind nicht groß genug, um das eintönige der Landschaft zu unterbrechen; Cypressenpflanzungen gieret sie; selbst die 300,000 Mangobäume (Mangl-

,

.

i'era inilica s. Asien IV. 1 S. 888—894), der characteristischte Baum Hindostans, welche der letzte Pcischwa, vor dem Jahre 1817 um seine Residenz hatte anpflanzen lassen, konnten nur die nächsten UtngSungen verschönern. Der pitorcskeste Theil ist, dicht vor der Stad, ein isolirter Pik mit einem Tempel der Parvati auf der Höhe und einem Kunstteiche am Fuße, der von einem Wiesengrunde voll Landkrabbcn umgeben wird. Der Britische Re­ sident wohnt in einiger Entfernung von der Stadt, auf einem schönen Landstze von Obstgärten umgeben, in welchen neben In, dischen Fküchen aller Art, auch Weinberge und der Europäi­ sche Apfelbcum trefflich gedeihen. Die niedere Stadt ist kei­ neswegs schöter aus ihren Trümmern wieder aufgebaut; ohne Mauern» vhie Fort, das mit Wällen umgebene Schloß des Peifthw» autzenommcn, regellose Straßen, Bazars von geringem Umfange» viel kleine Pagoden, meist dem Mahadco geweiht, von außen mit nrthologischen Bildern bemalt, zwischen durch in Re­ gen und Schmitz, bei Pflasterinangel, höchst beschwerliche Wege. Der Palllast es ehemaligen Peischwa ist groß, im Quadrat mit Colonnaden vn schön geschnitzten Holzfäulen umgeben, aber ge­ ring vom Anchn, wie alle fürstlichen Schlösser der Mahrattcn, die von lden lagen der Woche ihre Namen haben, so wie die Straßen nacl ihren Götzen genannt sind. Der größere Theil derselben ist fit dem Verfall ihrer Herrschaft zu andern Zwecken verwendet; de eine zum Gerichtshof, der andere zum Gefängniß, in ander« sin Hospitäler eingerichtet, in einem ein Irrenhaus u. s. tt>, Ds dauernde Cantonnemcnt der Briten, welche die Garnisomirun bilden, liegt wie überall in den Indischen Provin-

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Ost-Asien. Vorder-Jndicn. IV. Abschn. §. 105.

jcn- außerhalb der eigentlichen Stadt, und macht ein eigenes La« ger im West von Puna aus, mit Kirche, Schule und allen Be« dürfnissen versehen. Ein Britischer Resident in Puna, der Chef, Com Mission er, steht an der Spitze der Einnahmen der 7gro« ßen Districte, jeder mit seinem Militairofficier, Collector ge« nannt, in welche das Mahrattengebict seit der Aufhebung der Würde des Pcischwa eingetheilt ist, und nur die Herrschaft des Raja von Sattara, in ihrem geringen, alten Tcrritorialumfange, ist independent in Beziehung auf dessen innere Angelegenheiten geblieben. Die Landschaften im S.O. von Puna, längs dem obern Stromgebiete des Kistna, haben durch die lange Reihe der Kriege» der innern Revolutionen, durch häufige Dürre bei Mangel des Anbaues und durch die darauf nicht selten eintretende Hungers« noth, ungemein an Entvölkerung gelitten, und nur nach und nach konnte der frühere Wohlstand des Landes bei dem wieder herze, stellten Frieden zurückkehren. Den Zustand der >">r thcilweisen Fruchtbarkeit und großen Verödung dieser Landstrichs durch Vcr« Milderung der Bewohner und Stiefmütterlichkeit btr Verwaltung, glaubte Bischof Heber zunächst mit dem des reiche" obcr wüsten Ungarns vergleichen zu können; auch meint er, bt’ß Weinbau hier gut gedeihen würde, und giebt den Rath ihn bort zu begün« stigen, um ein besseres Getränk für die dortigen BkÜjsihkN Fl'llp, pen zu erhalten, als den Branntwein, der regelmäßig unter sie ausgetheilt ihnen nur zum Verderben gereichte. Nach den furcht, barsten Kämpfen und blutigen Kriegen während der Periode dev Mahrattenherrschast, seit der Mitte des XVIII, Jahrhunderts, ist nach der Besiegung dieses Feindes, auf diesen Plate,«höhen, durch die Briten, seil 1818 ein merkwürdiger Friede zurickgckehrt, und eine Umwandlung der Territorien, eine neue Ortoung der Dinge eingeführt, welche Land und Volk große Vortheile verspricht, und sich schon durch das Aufhören der sonst allgeme.uci Unsicherheit, durch das Verschwinden der Raubhorden, der grölen Verbrechen und durch die Wiederbelebung der Agricultur hiarechcnd bewährt hat. Die Charakteristik des Volks der Mahratten« nah ihren Brah« manen, Häuptlingen und Landleuten, haben wir sdon früher ge, zeichnet (s. Asien IV. i. S. 662 — 604); cs bleibt uns hier nur übrig einen kurzen Abriß ihrer Herrschaft, ihrer Kmpfc und ih­ res Unterganges zu geben, in walchen das Schicssal fast dcs gan­ zen Dckanplatcaus verflochten war, um daraus dcs- Verständniß

Dekan; Mahrattenstaaten, Geschichte.

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für den gegenwärtigen rieuvexändertcn Zustand gewinnen zu können. Anmerkung. Umriß der Entstehungsgeschichte der Mahrattcnstaaten und ihres Unterganges, nehst ihrenKämpfen mit den Briten um die Oberherrschaft von Dekan im XVIII. und XIX. Jahrhunderte, zur Erklärun g der politischen Territorial-, Völker- und Staaten-Verhältnisse der Gegenwart, auf dem mittlern und nörd­ lichen Pekan-Plateau »**). Erst seit dem Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts breitete sich Englands Macht in Indien von den Küstengebieten seiner 3 Präsidentschaften Bengal, Madras, Bombay, durch das In­ nere der Indischen Landschaften aus, und ward vorzüglich durch den diese 3 Küstcnlävder erst vermittelnden Besitz Dekans., aus ei­ nem bisherigen Coloniestaate, der in beständigem Kampfe mit sei­ nen Nebenbuhler; im Oriente, den dort einheimischen Fürsten und ihren Partrigängern drn Franzosen, verwickelt war, zu einem Unabhängi­ gen, zusammenhängender,, mächtigen, Britischen Reiche in Indien, dat der Gesetzgeber der dort Einheimischen und Frem­ den ward. Seit der Expedition der Neu - Franken nach Aegypten und ihren verstärkten Anstrengungen, den Sturz der Briten in Indien durch Aufregung ihrer vielen dortigen Feinde, offen oder ins geheim, herbiizuführen, beginnt diese veränderte Gestalt der Dinge in Dekan, welche durch die innere Uneinigkeit der sowol Mohammedanischen als Hindui­ schen souverainen Mächte jenes Landes unter sich, ungemein begünstigt ward, die in Marner Verkettung des Schicksals, nach ihrer völligen oder theilweisen Besiegung (wie Maißoore durch die Einnahme von Seringapa*am, s. tb. S. 274, und Mahratta) vernichtet wurden, oder doch zu tribulairen und rnediatisirten, ohnmächtigern Fürsten herabsanken. DS gewaltigste der dort herrschenden Völker waren die Mahratten, ursprünglich oder doch so weit dir Historie zurückreicht im Lande Maiaraschtra") einheimisch (ob Marohae bei Plinius, s. Asien IV. 1. S. 488, 513), d. i. zwischen dem Nerbudda und dem obern Kistna, im Osten vom Wurda, dem nördlichen Zufluß zum GodaT3») Vergl. Jampf der Mahratten und Briten um die Oberherrschaft von Dekan,im Berl. Kalender 1830« S. 13 — 51. 24) The early Histoiy ot (he Mahratta Country iu H. D. Kohertson Sclection offtpers fvom the Records of the Rast-India House. 1826. Vol. IV. p.490. in Asiat. Journ. XXIII. p. 553 > vergl. Lieutnt. Colonel Wfl. H. Sjkes on the Land Tcmires of the Dekkait in Journ of tle Koy. Asiat. Soc. of Gr. Btit. etc. London 8. Nr. IV. 1835. p. 26..

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very bis gegen Golkonda hin, und westwärts wieder bis zu den Ghatketten. In ihr Schicksal war in dem letzten Jahrhundert das Leben ihrer Nachbarvölker und das Bestehen oder Vergehen der umgebenden Staaten fast allgemein verflochten; sie waren in der letzten Zeit des XVlIs. Jahrhunderts vorzüglich im Einverständniß mit der zweiten Macht auf dem Dekan-Plateau, ihren Bundesgenossen den Sul­ tanen von Maißoore, zu einer Verbindung mit der Französi­ schen Partei geneigt, gemeinsame Sache gegen ihren größten Feind, gegen die Britischen Gewalthaber in Indien zu machen, die sie schon von allen Seiten umgaben. Aber bedeutender noch als zuvor die Lenkung dieses von bigotten Hindufürsten beherrschten Raubvolkes, zur Ausfüh­ rung der Pläne für das Interesse der Franzosen in Indien, ward seit dem Ausbruch der Revolution, der Neu-Franken großer Einfluß, den sie auf politischem Wege an allen Höfen des centralen Indiens in Dekan gewannen, wo nun bald alle mohammedanische Nachkommen des alten Kaiserhauses der Timuriden, aber auch die ansehnlichsten HinhuRajaS, sich durch ihre Rathgebrr leiten ließen. Wie Tippo Said, Sultan von Maißoore, ihr Bundesgenosse, schon von des Vaters Hyder Ali Zeiten her, dem die Franzosen zum Throne Verhalten, nur zu unzeitig und tollkühn, im Süden der Halbinsel, durch die Französi­ schen Revolutionairs n‘) mehr gereizt als gestützt, das U'.ngewitter des Krieges unbesonnen herbeizog, das diesesmal ihn selbst vernichtete (im 1.1799, s. ob. S. 974), so waren die andern mohammedamischen Staa­ ten, die ihn als einen Glaubensmärtyrer gegen die fremdelst Ungläubigen fallen sahen, bereit, bei erster Annäherung ihrer Französischen Freunde auf energische Weise gegen die Briten zu Felde ziehen. Aber die schon auf halbem Wege genäherte französisch-ägyptische Colonie (1798—1801) zerschlug sich; und statt der gehofften Hülfsheere kamen nur französische Officiere, Emissaire, Residenten, Agenten, Abenteurer aller Art an die Höfe fast aller Indischer Fürsten 3e); aber in solcher Zahl und mit sol­ cher diplomatischen Thätigkeit und militairischem Talent und Kenntnissen ausgerüstet, daß in Kurzem Ligu en verschiedener Art, zwischen diesen Republikanern und den despotischen Hindufürsten geschlossen waren, und Europäische Taktik, Französische Disciplin, zahlreiche und trefflich be­ diente Artillerie u. f. w., durch die Hindostanischen Kriegsheere vertheilt, diese, bei ihrer tollen Wuth im Kampfe und ihrer Ueberlegrnheit an Zahl, zu der furchtbarsten Kraft erhoben, und ihre Besiegung, bei dem Man-' 73S) Copies and Translations of Officiul Documents relative to the Negociations of Tippo Sultaun etc. Fort 8t. Georg 1799. 8, 1. e. **) Major Will. Thorn Mcraoir of the War in India coqducted by General Lord Lahe and Maj, General Sir Arthur Wplleeley Duke of Wellington fr. 1603-1806 etc. Lond. 181Y. 4, P. Vitt. etc. p, 9, 20, 31.

Dekan; Mahrattenstaaten, Geschichte.

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gel innern Zusammenhaltes, nur durch die blutigsten Opfer von Seiten ihrer Britischen Gegner möglich machten. Zu diesen Fehden, welche die Politik durch ganz Dekan herbeiführte, kam der Fanatismus der die zelotischen Mahratten belebte, und ihr Rei­ terleben, um sie eine Periode hindurch zu der furchtbarsten Macht im centralen Dekan zu erheben. Schon im XL Jahrhundert") hatten die stets dem Brahmathume ergebenen Bewohner Mahraschtras (das antike Reich Ougein, oder Udschajina, s. Asien IV. 1. S. 535, 557) sich den Fortschritten der Ghaznaviden muthig entgegengestellt, und viel Blut floß, ehe die Macht nachfolgender Mohammedanischer Herrscher dort ei­ nigen festen Fuß gewann. Ruhe kehrre seitdem nicht zurück in das Ge­ biet der dort entstandenen Königreiche, die sich unter dem Vorsitze ihres alten, einheimischen zu Deogur (Tagara, Asien IV. 1. S. 562), wo später Dowlatab-aJ> erbaut ward, residirenden Oberkönigs, auf den die Macht von Ougein übergegangen war, in das Bergland des nörd­ lichen Dekan getheilt hatten (f. die 5 Königreiche Dekans ebd. S. 634) z selbst nicht, als Kaiser Aurengzeb diese nach zwanzigjährigen Kriegen, dem Namen nach, in die sechs Suva Hs vertheilt, ihre Heere besiegt, oder als Vicekönige, unter dem Titel Nabobs, zu seinen Vasallen gemacht hatte (seit dem I. 1690, s. Asien IV. 1. S. 637, wo ihre Na­ men). Mehr geschwächt als gestärkt durch diesen Zuwachs turbulenter Vasallenstaaten, waren nun beständige Fehden aus den Indus- und Gangrsprovinzcn gegen die immer bewegte Volksmenge des DerglandeS in Dekan an der Tagesordnung, weil die dortigen Vasallen, theils unter sich und zu ihren kleinern LehnSträgern in beständigen Fehden standen, theils immerfort als wirkliche Rebellen gegen die Oberhoheit des GroßMoghul auftraten, und ein Usurpator nach dem andern, öfter vorgeblich aus alten Hinduischen Herrschergeschlechtern, von neuem in diesem Zu­ stande dauernder Fehde sein Herl versuchte, sich selbst zur Unabhängigkeit zu erheben, und eine 'neue Herrschaft zu gründen. Da aber nicht Be­ hauptung vererbter Rechte, nicht angestammte Herrscherwürde, nicht Grundbesitz, nicht festes Eigenthum, nicht gesetzliche Ordnung und höhere Verfassung die Grundlage dieser Kämpfe waren, sondern nur Waffenge­ walt und Waffenglück der sich hassenden religiösen und politischen Par­ teien, in Krieg, Raubsucht, Willkür, Treulosigkeit, Ueberlistung und Falschheit jeder Art, wenn schon in scheinbar friedlichem Zustande, so konnte auch unter den Emporkömmlingen weder ein Geschlecht, noch eine Einrichtung, noch ein Verband zu größerer Dauer gelangen. Die Nach­ kommen der durch Tapferkeit und Kriegsglück, oder durch tzist etwa, ") Capt, James Grant Duff late Political Resident at Satara History of the Mahrattas. London 1836. 3 Vol. 8. in Asiat. Jouvn. 1826. XXIL p. 687 etc.

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emporgestiegenen Fürsten, wurden bald durch ihre Vr'zscre oder Major­ domen verdrängt; die durch Eroberung gebildeten Staaten wurden durch die überlebenden Feldherrn, wie Al rändere und Alt las Reich, immrk wieder selbst zerrissen, und aus dem Verhältniß der in vielfache Abstu­ fungen vertheilten Vasallen zu ihren Lehnsherrn gingen unzählige Em­ pörungen hervor, die sich in lauter Raubparteien auflöseten. Der mäch­ tigste der sich bildenden neuen Staaten, der vielzweigige der Mahratten, zu dem man in der kurzen Periode seiner größten Ausdehnung an 30 Millionen Menschen, nämlich halb Hindostan zählte, ward selbst nur auf ein fortwährendes Raub- und Plünderungssystem gegründet, dem der Militairstaaten der Kosacken am Dnepr Süd-Rußlands im Mittel­ alter nicht ganz unähnlich. Ja aus diesem erst bildete sich, nach und nach, seit der letzten Hälfte des Jahrhunderts, nach Malcolms Aus­ druck: wie Pilze aus der Fäulniß modernder Staaten, ein noch grausameres, ganz heimathloses Freibeutervolk, oder vielmehr Raubgesindel, die ^inbQrrted718), an das die Verzweiflung zu­ letzt zahlreiche, brodtlose Völker des verheerten PlatcaulandcS anschloß, bis die Europäische Macht siegend dazwischen trat, ein wahr­ haft allgemeiner Friede der Willkür und dem Raube steuerte, und nach der Besitznahme mit dem Schwerte wenigstens Gesetz und Ordnung zu­ rückführte, die gänzlich gewichen waren, und gegenwärtig dort ihren Se­ gen allgemeiner zu verbreiten beginnen. Schon oben ist angeführt (f. Asien IV. 1. S. 638), daß eben der Druck Aurengzebs die Veranlassung zur Erhebung des Banners dcr M a hratten gab, die sich zu der Kriegereaste*") zählten, und daß Sewadschi, einer ihrer tapfersten Vorkämpfer, gegen Anfang des XVIII. Jahrhunderts, der Stifter des neuen Mahratten-ReicheS wurde (1674 bis 1680 nach Duff, 1682 n. Elphinst. wo er stirbt)so). Von einem unbedeutenden- Gutsherrn (Aemindar) schwang er sich, alS Rotten12S) J. Malcolm Rlse Progress and Annihilation of the Pinclarries chap. X. in Memoir of Central - India inrluding Malwa. Ivxndon 1832. 8. 3 Kd Vol. I. |> 426—462; Origin. of the Pmdarries preceded by Histoiical Notices on the Rise of the different. Mah~ ratta States, by an Offh er etcl London 1818. 8. s. in Quartevly Review, 8. Lond. Vol. XVI11. p. 466 —480; On the Pinclarries in Lieut. Col. Fitzelai ence Journal of a Route across India 1818. Lond. 1819. ch. p. 2-60, 115—129, 178, 289—312, 334-345; H. T Prinsep Narrative of the Political and Military Transactions of British India under the Administration of the Marques of Ha­ stings 1813— 1818. London 1820. 4. p 19 etc. *9) s. M*

Chr. Sprengel Geschichte der Marattcn bis auf den letzten Frieden mit England 1782 Halle 1786. 8. S. 4; vergl. Gloyer Frag­ mente über Ostindien. Altona 1813. 8. S. 103. *°) 3. Giant

Dulf History 1. c, p. 689; the Decan l. c. p 617.

Mt. tilphmstoue Bntüh. Teuitoiv in

Dekan; Mahrattengeschichte, Sewadschi.

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führer, zu bet Würbe eines Fürsten '9taja) empor, sammelte viele klei­ nere unb größere Dynasten unter seine Fahne, unb wurde selbst, ba bald alle bisher zerstreuten Stämme seiner Leitung sich unterwarfen, auch als ihr gemeinsames Oberhaupt anerkannt. Seinen Namen konnte er nicht schreiben; aber in der Führung aller Waffenarten war er von Jugend auf Me ster; seine Landsleute waren die besten Reiter; aber er galt als der beste unter ihnen. Aus altindischem Fürstengeschlechte, wie die Sage ging, abstammend, erlernte er streng alles Ccrcmoniel seiner Caste und den Inhalt der heiligen Bücher. Die Erzählungen und Hel­ denthaten aus den Indischen Epopöen, dem Mahabharata, dem Ramayana unb Dhagawatgita, waren die Nahrung seiner Jugend, und dramatische Unterhaltungen (Lut ha's) seine Leidenschaft, bis der Haß des gedrück­ ten Hindu gegen das Joch der Mohammedaner jeden andern Gedanken bei ihm verdrängte. Sein erstes glückliches Abenteuer war im I. 1646 die Eroberung der Bergfeste Torna, wenig Meilen im Süden von Puna gegen Sattara hin, wo seitdem, zwischen diesen Ortschaften, in den schwerzugänglichen GhatS immer der Hauptkern der neuen, wachsenden Macht der Mahratten sich concentrirte. Dieser Ero­ berung folgten bald andere auf dem weiten Hochlande, und als verstell­ tem Parteigänger Aurengzebs gelang cs ihm, bei der herrschenden Ver­ wirrung jener Zeiten in Kurzem eine bedeutende Macht an Land und Leuten zu gewinnen, mit der er nun um so sichrer sich dem verhaßten Oberherrn entgegenstellte. Er machte sich unabhängig, prägte Mün­ zen aus, ließ sich im Jahre 1674 feierlich als Großfürst (^Naha§ Raja oder Naigurh) aller Mahrattenstämme auf den Thron von Maharaschtra erheben, und so begann mit diesem Jahre die neue Aera dieses Reiches. Mit 7000 Reitern und 50,000 Mann Fußvolk beherrschte er schon die hohen Ghats, ganz Concan, von Bombai bis Goa, und widerstand allen Angriffen Aurengzebs. Bei seinem Tode, 1682, hinterließ er schon seinen Nachfolgern das große Ländergebiet zwi­ schen Surate und Goa, von den West-Ghats nordwärts bis zu dem Tapti, ostwärts zum Wurda, Godayery, Kistna, und südwärts bis zum Tumbudra. Die Söhne und Enkel, in fortwährende Händel mir ihren Nachbarn verwickelt, wählten Sattara zu ihrer Residenz, die Gebirgsstadt zwischen den wilden Ghatgipfeln, die von ihren 17 Thoren und Verschanzungen diesen Namen erhielt, und mit einer bedeutenden Zahl fast uneinnehmbarer, fester Felsburgen, die sich gleich alten, deutschen Ritterschlössern auf den Felsgipfeln emporheben, umgeben ist: Am glücke lichstcn herrschte, nach Kaiser Aurengzebs Tode (1707), dessen Nachkom­ men durch die Parteiungen ihrer Generale immer mehr geschwächt wur­ den (s. Asien IV. 1. S. 639), des Stifters Enkel, Sa Hadschi (oder Sahu Raja, auch Schao genannt), unter dessen Fahnen die versam­ melten Mahrattenhcere sich schon von ihrem Berglande hmab in die

396 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Ab sch n. §. 105. Ebene von Hmdostan ergossen, und dem Moghulru'che so harte Schläge versetzten, daß cs sich nicht wieder aus seiner Lethargie erholen konnte. Als Sahu Naja nach funszigjährigerHerrschaft im Jahre 1740 starb, hatten die Mahratten durch ihre zahlreichen Reitcrschaaren, die schnell und furchtbar, wie Gewitterwolken vom Sturme gejagt, sich in jährlich mit dem Beginn der trocknen Jahreszeit regelmäßig wiederholten Raub­ zügen, weit über die Gränzen ihrer Heimath und ihrer unmittelbaren Herrschaft ergossen, schon fast alle Theile von Hmdostan in Schrecken gesetzt und ausgeplündert; nur Bengalen war noch durch die breiten Gangesarme vor ihnen geschützt geblieben. Ihren einheimischen Hindu Rajas waren die meisten religionsverwandten Zemindare (Grund­ herrn) Dekans, aus Haß gegen der Fremdlinge oder Ungläubigen Ge­ walt, gern beigetretcn; oder wo dies nicht geschehen, waren ihrer unwi­ derstehlichen Sturmgewalt die Länder unterworfen worden, von Guzu­ rate am Westmeere bis Orissa am Bengalischen Meerbusen, und von Agra am Jamuna bis Carnatik und Mäißoore im Süden von Dekan. Im Osten, auf dem Plateaulande am Godavery, war ihnen der neugebildete Staat des Persers Nizam al Moluk (1719 — 1748, s. Asien IV. 1. S. 559', der in Golkonda die Trümmer des Mongolischen Kaiserreiches auf dem Hochlande beherrschte, theils befreundet, aus Po­ litik gegen den gemeinsamen Feind in Delhi, theils zu mächtig und nahe, um nicht mit ihm in gutem Vernehmen zu bleiben. Aber schon war die Herrschaft des so furchtbar gewordenen Reiches nicht mehr wirklich in der Hand der Nachkommen SewadschiS. Nur scheinbar saßen sie noch auf dem Thron von Sattara; denn wirklich waren sie gefangene Prinzen geworden, Schattenkönige, mit denen die schlauere Politik der Drahmanen, die sich zu ihren ersten Ministern emporgehoben, wie mit bloßen Puppen zu spielen wußte. Balladschi WiSwanat hieß der Brahmane, der zum Ersten Minister (tui. Peischwa, s.Asien IV. 1. S. 661)T31) am Hofe zu Sattara erhoben, die Verwirrungen lm Innern der Herrscherfamilie zu Delhi, wie zu Sattara, schlau zu be­ nutzen wußte, um seinem eigenen Ehrgeiz zu stöhnen, und bald, gleich den fränkischen Majordomen, die oberste Gewalt an sich zu reißen. Mit sei­ nem Tode, 1720, ward sein ältester Sohn Badschi Rao sogleich mit dieser Würde des Peischwa, der nun schon Oberhaupt war, belehnt, mehr Krieger als Staatsmann, der das Raja Geschlecht in dessen eige­ nem Palaste gefangen hielt, und selbst als tollkühner Räuberhauptmann^ im grandiosesten Styl, sich an die Spitze der Hunderttausende von Rest terschaaren stellte, die schnell wie die furchtbarsten Heuschreckenschwjrrne 781) Mt. Elphmstone British Territor. L c. p. 617; W. Thorn Momoir on the War in India [. c. p. 48; J. Grant Duff Hist, of tliy Mahiattas 1. c« p. 689. «

Dekan; Mahrattengeschichte, Peischwahs.

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die Länder und Völker verzehrten, wo sie stets unvorhergesehen, wie au§ weiter Ferne der Blitz, verderbend niederfielen. Sein Sohn Balladschi Badschi Rao (gewöhnlich Nana Sahib genannt), trat in die Fußtapfen des Vatcrö, entriß treulos dem Schattenkönige von Sattara den letzten Schein von Herrscherwürde, machte sich selbst zum Souve­ rain und nahm seine Residenz zu Pu nah. Diese ward nun mit dev Plünderung ungeheurer Schätze aus ganz Indien gefüllt zur Haupt­ stadt. des neuen Reichs (seit 1750). So hob sich, einestheils durch fort­ währende Siege im Carnatik, Guzerat, Adjimere, Khandeisch, Berar, Malwa, das Reich von Maharaschtra auf den Gipfel seiner Macht, so wie andern Theils durch den Traktat, im Jahre 1760, mit dem Kaiser­ hause der Groß-Moghule in Delhi, dessen Ansehen und Einfluß, kaum noch von dem Peischwa beachtet,- auf das geringe Territorium dieser Re­ sidenzstadt eingeschränkt war. Schon schien cs, als sollte die alte Brah­ ma» enherrsch'aft der Hindus, die bisher, in Delhi, seit mehr als einem halben Jahrtausend, nur die Rolle eines von mohammeda­ nischen Fremdlingen unterjochten Volkes gespielt hatten, sich wie­ der, in der verjüngten Mahratten-Generation, von neuem über ganz In­ dien verbreiten, als Verfall und Sturz mit harten Schlägen nach außen und innen r eben so plötzlich begannen und aus gleichen innern Verwir­ rungen dauernd hervorgingen, wie das Meteor des neuen Raubstaates aus demselben emporgelodert war. Es war derselbe nur aufRaub und Plünderung ausgegangen; vollständige Eroberung der überfallenen Landschaften, noch weniger Verwaltung der überflügelten Provinzen lag nicht in seinem Plane; daher alle Gränzverhällniffe unsicher blieben, und viele der Peischwa-Distrikte auch wieder losgerissen an die gleich beweg­ lichen Nachbarstaaten zurückfallen konnten. In dem weiten Gebiete Indiens hatten noch andere gleichzeitige Be­ gebenheiten mitgewirkt, die innern Zerrüttungen der Staaten und Völ­ ker auf das höchste zu steigern, und neue Umwandlungen auf dem Wege der Gewalt in kurzem herbeizuführen. Der Persische Eroberer, Nadir Schah, war auf dem Wege Alexanders und Mahmuds in Indien ein­ gedrungen (1737, s. Asien IV. 1. S. 639), und ward Herr von Delhi­ seiner Kühnheit und grausamen Blutgier mußte Alles weichen; und nur die Rache der Perser und Tataren befreite durch Ermordung den Orient bald wieder von diesem Wüthrich. Seine Ermordung (1747) bewirkte aber in Indien nicht Befreiung, sondern nur Vervielfältigung der Partheiungen, und lockte anfänglich im gegenseitigen Einverständniss, zweier­ lei Raubhorden vor die Thore von Delhi, die der Mahratten von Süden, und die ihrer Raubbrüder, der SeikS, vom Westen her, aus Lahors und dem Pendschab, die aber bald unter sich zerfallen mußten. Die SeikS, von denen im Jndusgebiete die Rede seyn wird.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 105.

schlugen sich bald zur Partei von Nadirs Feldherrn, der im Westen deS Indus die Afghanenherrschaft stiftete, und durch sie Ansprüche seineVorgängers auf Delhi mit dem Schwerte geltend zu machen wußte. Hierdurch entstand ein Gegengewicht gegen die Mahr attenmacht, die als Nebenbuhler von jenen ebenfalls den Thron von Delhi umschwärmten, und den schwachen Schah Allnrn, auf den Ruinen des Pfaucnthrons in Delhi, und seine Veziere mannichfaltig in ihr Interesse zu verflechten suchten. In der Schlacht von Panniput (14. Juni 1761, auf dem Felde der Entscheidungen und der Völkerschlachten, s. Asien IV. 1. S 563, 574, 571, 540, 580, 499, 498, 624 rc.), nörd­ lich von Delhi, wo die beiden Hauptparteiungen Nord- und Süd-Hindostans, jene mit 150,000, diese die Mahratten mit 200,000 Reitern ein­ ander entgegen standen, wurden diese letzteren, durch eine temporaire Lähmung ihres innern Regiments, und durch Verrätherei ihrer nordwest­ lichen Hülfsvölker, die aus ihrem Lager zum Feinde übergingen, zumal der damals sehr zahlreichen Jats (s. Asien IV. 1. S. 553, 574), so voll­ ständig geschlagen, daß seitdem die Mahratten ihre Ansprüche auf eine allgemeine Obergewalt in Indien aufgeben und sich auf ihr Hoch­ land zurückziehen mußten. Die Afghanischen Sieger des großen Tages waren nun die Gebieter von Delhi; aber sie zogen keinen Gewinn von ihrer Stellung, sondern überließen das gedemüthigte Haus der Schattenkaiser von Delhi den Kabalen seiner Veziere, die sich als treulose Vasal­ len vom schwachen Oberhaupt, losrissen, und sich in den letzten noch übri­ gen Provinzen des einst so mächtigen Reichs, wie in Bengalen, Oude, Bahar und andern als souveraine Fürsten festzustellen suchten, aber nur um so leichter Andern, nämlich den Briten, in die Hände sielen. Die SeikS blieben seitdem im Besitze des Pendjab; der Raja der kriegeri­ schen Jats erhielt zur Belohnung seines Verrathes die Stadt Agra, in der Mitte des eigenen Kampfplatzes zum Besitz, und sicherte diesen durch die Feste Bhurtp ur, im West von da gelegen, welche bis in die neueste Zeit des Birmanenkrieges ein gefährliches Raubnest für Bengalen blieb. Der Verlust den die Mahratten erlitten, demüthigte vorzüglich nur die Obergewalt ihres Peischwa, machte aber seine Vasallen und Generale um so mächtiger, da nun Familienstreitigkeiten, Ermordungen und Feh­ den zwischen dem Hause der gefangen gehaltenen Oberkönige in Sattara und den sie beherrschenden Peischwas, die- innern Staatsangelegenheiten, die stets in Unordnung geblieben waren, noch immer mehr in Verwirrung brachten. Oie'Großen des Reichs, dieIaghirdars (Besitzer erblicher. Herrschaften, die ihnen zum Theil selbst erst von den Maharadschas und Peischwas zur Belohnung gegen Tribut und Zuzug im Kriege verliehen oder bestätigt waren) traten nun als Selbstherrscher in ihren Provinzen auf. Aus einer absoluten Monarchie entstand hierdurch ein blos noch

Dekan; Mahratten - Verfall.

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lose verknüpfter Föderativstaat*") von Mahrattenhäuptlingen, deren mächtigste bald den Peischwa in Schatten stellen mußten. So geschahe es; der Besitzer des Landes am obern Tapti erhob sich zum Raja von Berar; der Herr des Landes von G uz erat und um den Golf von Cambaya zum selbstherrschenden Guickowar, der seine Residenz in Baroda nahm. Zm Süden riß sich der Staat von Tanjjore un Carnatik, bissen Nabob immer nur lose angeknüpft war an das Interesse der Mahratten, von diesen ganz loS; eben so der Staat des Nrzam von Hyderabad, in dessen Rechte die Mahratten allmälig Eingriffe gethan hatten. In Maißoore benutzte Hyder Ali"), der Emporkömmling, diese Verwirrungen, seit 1763, die Gewalt und Würde eines Sultans an sich zu reißen. Im Norden des Nerbudda er­ hob sich der vierte von drei in den Schlachten schon gefallenen Mahrattenbrüdern auf dem väterlichen Erbtheil von Udschajini ^Ougein) in Malwa, der so berühmt gewordene Madhadscha-Scindiah, als selbstständiger Fürst, und setzte durch seine Künste im Krieg und Frieden, durch List, Grausamkeit, Ehrgeiz und Tapferkeit bald die Ge­ bieter in Delhi, Puna und Calcutta in Furcht und Schrecken. Durch rastlose Thätigkeit, glückliche Eroberungszüge, Behauptung seiner festen Durgen, unter denen Gwalior (Asten IV. l. S. 548) im S. von Agra die berühmteste, ferner durch schlaue Theilnahme an den Kabalen des Hofes zu Delhi, gelang es ihm, von dem schwachen Schah All um zur obersten Würde eines Emir al Omrah (f. Asien IV. 1. S.559) in der Civil- und Mllitairgewalt deß alten Kaiserhauses erhoben zu wer­ den, und diese mit mancherlei Wechseln auch bis an seinen Tod (1793) zu behaupten. Dadurch kam das Supremat im Duab, zwischen Pamuna und Ganges, in seiner Person wieder an die Mahratten, und nun mußten ihre dauernden Streitigkeiten mit den Briten am Ganges be­ ginnen. Auch sein Einfluß beherrschte ganz den innerlich lose verbunde­ nen Föderativstaat der Mahratten ans dem Hochlande. Denn die Her­ ren von Sattara lebten als Schattenkönige fort in ihrem Staatsge­ fängniß, rund hatten nur noch den Peischwa beim Antritt des souverainen MajordonnatS mit seinen Insignien einzukleiden; Puna war der Sitz des Hofes Vnd der Versammlungsort der Großen des Reichs, wo die P ei sch was ihre Geschäfte führten; aber mit dem Abfall der tributairen gurfhen versanken auch sie in Ohnmacht, erschienen nur noch alS Or­ gan einer exekutiven Gewalt, und wurden nun selbst zum bloßen Instru­ ment in d»er Hand des gebietenden Scindiah. Aber auch seine Macht ward bald wieder gespalten, durch seinen Nebenbuhler Mulhar Row "*) Mt. Elpliinstone British Tcrritor. I. c v. 619. Thorn Memolr I. c. p. 49. **) M. Chr. Sprengels Leben Hyder Allys Nabobr

von LNysore 2 Th. 8. Halle 1784.

400 Ost-Wen. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §♦ 105, Holkar, der als erster Vezier des Peischwa, und zugleich als Grund­ herr von Malwa, mit gleichen Künsten jenem entgegentrat, doch zu früh starb (schon 1766) und seinem einzigen ihn überlebenden Sohne, dem noch tollkühnern DscheswuntRowHolkar, es überließ die Ermor­ dungen seiner Brüder am Mahadscha Scindiah und an dessen Sohne Dowlut Scindiah zu rächen Beide Söhne, Holkar und Scin­ diah, erbten den Haß, die Grausamkeit, den Ehrgeiz und Unterneh­ mungsgeist der Väter, und blieben bis in ihr Greisenalter, obwol immer mehr in Unbedeutenheit versinkende Nebenbuhler auf dem Kriegsschau­ plätze der zerrissenen Mahrartcnstaaten, bis in die neueste Gegenwart. Dieses Zerfallen des Mahrattenstaates im Innern wirkte auch nach Außen, auf die Gestade der Halbinsel zurück, wo an die Stelle der geschwächten Portugiesen und Holländer, die beiden rivalisirenden Europäer Mächte, Frankreich und England, mit größerer Anstrengung und Macht als bisher in die Schranken traten, um von der innern Zersplitterung, für sich, den größtmöglichsten Gewinn zu ziehen. Ihrer gegenseitigen Eifersucht und Politik gelang es, die einheimischen, überall durch diese letzten Begebenheiten zwar geschwächten, aber immer noch mächtigen Fürsten Indiens, nach und nach alle zu berücken, sie theilweis in das eine oder das andere politische Interesse zu ziehen, wodurch ihre Kraft getheilt ward, und ihr eigener Zustand in die allergrößte Ver­ wirrung gerketh. Ja die kurzsichtige Politik und die blinde Leidenschaft der AsiatischenDespoten verblendete diese so sehr, daß sie überall in Hoffnung eigenen Gewinns, bereit waren, ihr eigenes Land zum Kriegs­ schauplatz zweier Feinde aus der Fremde herzugeben, die bei ihnen we­ der Besitz noch Ansprüche auf Beistand zu machen hatten, sondern nur darauf ausgingen ihre Macht in Europa durch ihre Macht in Indien zu stützen und zu heben. Die Folge war, da die gebie­ tenden Fürsten den anfangs nur geduldeten Fremdlingen immer mehr Eingriffe gestatteten, daß sie diese sich allmälig selbst zu ihren Herren und Meistern erzogen, und daß die Einheimischen zuletzt eine Beute des siegreichen Theiles der Fremdlinge werden muß­ ten, wodurch nun aber eine ganz neue Geschichtsepoche für die Jndogangetifche Halbinsel herbeigeführt mard. Der Verfall des Kaiserhauses zu Delhi und die Zersplitterung der Mahrattenmacht, seit der Schlacht bei Paniput, erleichterte den Briten die Erweiterung ihrer Gebiete in Bengal (s. Asien IV. 1. S. 639), und in den nördlichen CirearS an'dem Gestade des Bengalischen Meerbusens. Sie benutzten eigennützig die Abtrünnigen von dtm Mahrattenbunde durch Unterstützung ihrer Parteien * am Golf von Eambay, den G u ick o w ar, um ihre Factorei von Bombai zu einem Landesgebiete zu erwei­ tern, und es gelang ihnen auch bald Herren der Insel Salsette zu werden. Auch zogen sie im Carnatik die Radjas von Tanjore,

Dekan; Mahratten, Tippo Saibs Fall.

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als natürliche Feinde der Maißoore Sultane, auf ihre Seite, utn den Einfluß der Factorei Madras gegen die Französische Colonie in Pondichery zu erweitern. Beide Fürsten blieben, in W. und O., bis in neuere Zeiten, die Alliirten der Briten, weil sie ihres Schutzes bedurf­ ten, gegen die Gebieter des Hochlandes, den Staat von Maißoore und den der Mahratten unter Scindiahs Leitung, in denen beiden dagegen der Französische Einfluß bald eine furchtbare Gestalt gewann, und den Zunder der Zwietracht hell'entflammte. Hyder Ali, der treu­ lose General seines rechtmäßigen Hindufürsten, war schon vor seiner Usurpation vieljähriger Freund der Franzosen gewesen, und die Stütze von Pondichery; nun wurde sein aus der kleinen Bergfeste Maißoore (f. ob. S. 273) emporgestiegenes Haus und Sultanat, das seine glück­ lichen Eroberungen von Coromandel bis Malabar, von Meer zu Meer, ausbreitete, und dadurch in vielfältige Berührung mit den Englischen Besitzungen um Madras und Bombai trat, der Mittelpunct, von dem aus der Umsturz der Briten in Indien vielfach projectirt und verschiedentlich mit wechselndem Glücke versucht ward (f. ob. S. 274). Drei verheerende Kriege, von 1767 — 69, 1780—84 und 1789 — 92, gingen erst dem völligen eignen Sturze von TippoSaib (1799) voran. Der erste Krieg halte keine bedeutenden Folgen, der zweite würde wahrscheinlich die Briten, die damals alle Kraft auf den Nordamerika­ nischen Krieg (1775—1782) verwenden mußten, und in Indien unglück­ lich waren, in Coromandel und Malabar vernichtet haben, wenn die Franzosen, statt für die Freistaaten Nordamerikas zu kämpfen, ihrem Versprechen gemäß, Hyder Alk ihre Truppen gesandt hätten; dann wür­ den sie vielleicht die Herrn in Ostindien geworden seyn und die Welt eine andere Gestalt gewonnen haben. Doch auch so schien, bei dem großen Verluste Englands att Gold und Menschen in Nordamerika, sein Verfall in Indien unvermeid­ lich. Der dort nur scheinbar beendigte, blutige Kampf der Parteien, ward auf Indien übertragen, und die Hydra wuchs da, unter andern Gestalten, zehnköpsig empor. Den dritten Krieg, nach Hyder Alis Tode, büßte aber Tippo Saib, bei verändertem Kriegsglück, mit dem Verlust der Hälfte seiner Besitzungen, und späterhin die durch die fran­ zösische Invasion in Aegypten zu leidenschaftlich genährte Hoffnung der endlichen Kühlung seiner Rache gegen den verhaßten Feind, durch den gänzlichen Verlust seiner Staaten und seines Lebens, bei der Erstürmung der Engländer von Seringapatam 1799. Von den mohammedanischen Usurpatoren kam nun das Sultanat von Maißoore, freilich in sehr ver­ engten Gränzen, an die bisher zurückgedrängte Familie der rechtmäßi­ gen Hindu Rajas zurück, die seitdem, unter Englischem Schutz, mit Eu­ ropäischer Besatzung, in ihrer Capitale, wol Alliirte der Briten unter Ritter Erdkunde VI.

Cc

402

Oft-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 105.

Aufsicht Britischer Residenten bleiben mußten. Mit den durch die bei­ den Sultane hinzugekommenen, eroberten Provinzen des Maißoore-Rei­ ches, wurden im Westen und Osten die Präsidentschaften Bombai und Madras bereichert (Ceded-Districts, s. oben S. 310), und mit den nörd­ lichen die damals befreundeten Fürsten von Golkonda (Nizam von Hy­ derabad) , und die der Mahratten (der Peischwa, ein geheimer Freund von Maißoore) beschwichtigt. So trat nach vierzigjährigen Unruhen, welche die Sultane von Maißoore herbeigeführt hatten, allmälig Ruhe im äußersten Süden von Dekan ein, wo nun das neue System beschützter, souverainer, mediatisirter, tributairer Starrten und Britischer Provinzen zuerst, später erst im Nor­ den, eine gewisse festere Form gewann. Furchtbare Kämpfe wurden gleichzeitig, und noch in späterer Bett, im Norden Dekans, durch dieselben Parteiungen der Europäer, welche auch die einheimi­ schen Hindus mit politischen Hoffnungen berauschten, herbeigeführt, ehe hie auf das Höchste gestiegene innere Verwirrung der Staaten und der Mangel an Einheit, bei der größten Aufregung und Anstrengung der Kräfte, den Gegnern, nachdem einmal das Loos der Befreiung vom mächtigen Usurpator in Europa gefallen war, auch in Indien, wie zum Gegengewicht in der Schicksalswaage der Völker, den endlichen Sieg über einheimische Unabhängigkeit erleichterten. Die Fürsten des Indischen Hochlandes waren empfänglich genug, bald die Vortheile Europäischer Kriegführung einzusehen; die Französi­ sche Politik, die Revolution, der Verlust der Colonien Frankreichs in In­ dien, führten, wie gesagt, eine bedeutende Zahl Franzosen, und unter diesen auch treffliche Ingenieurs und Officiere an die Höfe des Peischwa, des Nizam, S'cindiahS und der kleineren Mächte in Indien, wo ihre Dienste ihnen zu Ansehn und Reichthum verhalfen. Der Ossicier Ray­ mond 714) führte in dem Heere des Nizam, zu Hyderabad, mit Ta­ lent und Glück die Französische Militairdisciplin ein; dessen Truppen trugen die Farben der Neu - Franken - Republik und die Freiheitsmütze auf den Knöpfen der Uniform; damit wurde so lange wenigstens der Einfluß der Briten aus diesem Gebiete verdrängt. SeindiahS Heer ward durch den Französischen General Duboigne") umgestaltet; die große Suite seiner Europäischen Gehülfen ward reichlich belohnt, und General Perron erhielt das Oberkommando, so daß dieser durch Scindiahs Gunst und durch seine besonnene Politik, bald ein mächtiger Herr, der oberste Befehlshaberund Geschäftsführer an den Höfen zu Delhi und Puna ward. Schon waren die Briten früher mit den Mahratten zweimal (1776 und 1776-—1762) in Kriege verwickelt worden, in denen

,|4) Major W. Thorn Memoir o» the War in India 1. c. v. 23. ’*} rbend. i». 16, 26,

26.

Dekan; Mahratten, Briten-Macht.

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sie, in Guzerat, um Bombai und am Ganges bis Malwa hin, nicht ohne Glück gefochten hatten; aber ohne Nachdruck; weil damals noch Maißoore, Nordamerika und andere Angelegenheiten ihre Kräfte zertheilten. Unter S eindiahS Vermittlung hatten sie, 1762, zwar Friede mit den Mahratten geschloffen, aber die Centralstaaten des Indischen Plateaulandes stärkten sich insgeheim nur zu neuen Kämpfen gegen die Briten. AlS die Franken - Republik Italien unterjocht hatte, und ihre Colonie nach Aegypten zu neuen Eroberungen aussandte, die den Weg zur Herrschaft mit den Verbündeten in Indien bahnen sollte, stand (1798) am Hofe des Nizam, unter Raymonds Commando, ein Europäisch disciplinirteS Heer von 14,000 Mann Kriegstruppen schlag­ fertig , und im Gebiete von Delhi stand Seindiahs Armee, unter Perrons Anführung vom Ssetledsch bis über den Ganges hin­ aus, von Agra bis Oude, bereit, eine neue Herrschaft im nordwestli­ chen Indien zu gründen, außer den einheimischen Truppen mit der furcht­ baren Macht von 40,000 Europäisch diseiplinirter Znfantrie, mit zahlreicher Artillerie, von 300 Europäischen Officieren commandirt. Aber die Vorsehung hatte den Ausgang der Dinge anders beschlossen, als die Politik der Höfe; Tippo Saib, der das Centrum eines sehr complieirten System politischer Umtriebe bildete, brach von seinem Hasse gesta­ chelt zu früh los, und siel durch Wellesleys Siege, die von schlagendem Einflüsse für die NachbarverhLltnisse wurden. Den schwachen Nizam brachten schlaue diplomatische Unterhandlungen, da nun auch, durch den Seehelden Nelson, seinem Erhofften, bei Abukir die Flügel beschnitten waren (1. Aug. 1798), und die eigene Besorgniß vor seinen revolutionairen Französischen Freunden (Raymond war gestorben) dahin, am 1. Sept. desselben Jahres, durch den Tractat 1#), der zu Hydera­ bad in seiner Residenz abgeschlossen ward, alle Franzosen aus seinen Diensten zu entlassen, und 6 Bataillone Englischer Truppen in seinem Solde zu erhalten. Die große Gefahr für Englands Existenz in Indien ward auf diese Weise abgewandt; seine Macht war in Dekan gewachsen, durch die Bei­ behaltung der besten Theile von Tippo Saibs Reich. Auf der Ostküste Coromandel war die Präsidentschaft Madras, durch die Pro­ vinzen Coimbetore, Carnatik und andere längs dem Küstenstriche arrondirt, und durch die Abtretung vieler Festen (Durgas) gesichert; auf der Westküste Malabar eben so die Präsidentschaft Bombai, durch die Besetzung des ganzen, flachen Küstenstrichs im West der GhatS, wodurch außer dem Haupthafen Mangalore (f. Asien IV. 1. S.723, 730), auch alle Häfen von Cochin bis gegen Goa in Besitz der Briten kamen; ein großer Anwachs. Ihre Besetzung der Centralfeste Sese) ebend. p. 34.

Cc 2

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 105,

ringapatam sicherte ihnen, zum ersten male, die kontinentale Communication beider Präsidentschaften quer über daS Plateau von Dekan, welcher jene große Defensionslinie der Festen seitdem gefolgt ist (s. oben S. 315). Durch Cedirung einiger nördli­ chen Distrikte sollte der Nizam für seine Allianz mit den Briten belohnt, der Peischwa für dieselbe gewonnen, und gegen Scindiahs auch den Briten gefährlichen Einfluß gestärkt werden. Der Verlust in Aegypten und Tippo Saibs Sturz scho­ ben Buonapartes Hoffnungen in Indien nur weiter hinaus, hoben sie nicht auf; er suchte indeß den Afghanen König, Zemaun Schah, für sein Projekt eines Einfalles in Indien zu gewinnen. Perrons Macht blieb in Central-Indien für England ein gefahrvoller Stützpunct seiner Feinde; es mußte die Freundschaft des Schachs von Persien am Hofe zu Teheran als Gegengewicht suchen; denn Sieg und Frieden Frank­ reichs in Europa sollte Krieg und Sturz Englands in Indien erzeugen. Die Mahrattenstaaten zogen die Augen beider feindlichen Mächte auf sich: für Frankreichs Pläne waren sie, theis durch daS Land der erobernden Wechabiten in Arabien, mit denen damals der Franke als Türkenseind im besten Einverständnisse stand, theils zur See, über Insel Bo urb on, trefflich gelegen, am leichtesten von der Westseite zugänglich, und sicher­ ten von der Küste Malabar den geradesten Weg zum Pamuna- und Gangesgebiete der Briten. Der Sieg bei Austerlitz steigerte noch die Hoffnung zu Siegen am Ganges. England und Frankreich buhlten um die Gunst der Mahratten, deren schwache PeischwaS nur durch S eindiahs Einfluß bestochen werden konnten, den Beistand auszuschla­ gen, den damals ihnen die Briten zur HersteÜung ihrer Selbstständigkeit mehrmals verhießen. Da führten die inneren Fehden der über­ mächtig gewordenen Vasallen, im verwirrten und ganz lose ge­ wordenen Conföderativstaate der Mahratten, der schon längst nicht mehr im Stande gewesen war, seine Militairmacht, oder auch nur seine Conföderirten, vollständig zu versammeln, von selbst die große Catastrophe herbei, welche zur neuen Gestaltung der Dinge führte. Nach vielen grausamen Fehden der Vasallen unter sich, schlug endlich Holkar die Truppen seines Nebenbuhlers Scindiah, welche beide die mächtigsten von allen waren, am 29. Oct. 1802, bei Puna vollkommen, und bemächtigte sich am 16. Dec. der Residenz seines Mahratta-Oberhauptes, aus welchem dieser, der geängstigte Peischwa, zu den Briten nach Bombai, bei denen er sein Heil versuchte, glücklich ent­ floh. Er rief diese um Hülfe an 787), bereit mit ihnen, gleich dem Ni­ zam, unter ihrem Schutze, in Bündniß zu treten. Der günstige Augen­ blick, die Macht beider zerfallenen Gewalthaber zu zügeln, ward rasch 717) Maj. W, Thorn Memoir on the War in Tndza 1, c \\ 54.

Dekan; Mahratten, Krieg 1803,

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und großartig benutzt, und von drei Seiten zugleich rückten die Britischen Heere unter Stuart und Wellestey, in Ellmärschen, von den Gestaden und dem Ganges gegen die Mitte nach Puna vor, dar eben vom flüchtigen Holkar in Brand gesteckt aufzulodern begann, als die Briten, durch Taktik ohne Schwertschlag, Land und Residenz von den Feinden befreiten, als Freunde empfangen wurden,

und nun den

Peischwa unter ihrem Schutze, als Souverain in dem ganzen Umfange seiner alten Herrschaft auf dem Thron von Maharaschtra restaurirten, mit Windeseile, schon im nächsten Frühling am 6. Mai 1603. In dem mit dem Peischwa geschlossenen Allianz-Traetate wurden zwar die ererbten Besitzthümer und Rechte seiner Vasallen und Confödcrirkn ebenfalls von den Briten vollkommen anerkannt und garantirtz aber Scindiah, der nach der Obergewalt in Dekan strebte, und nun in den Briten einen größer» Feind als in Holkar erblicken mußte, söhnte sich mit diesem aus, und schloß mit ihm und dem Raja von Berar,

obwol sich alle drei selbst nicht trauten, in verstellter

Freundschaft, gegen die Briten eine Triple-Allianz, zu deren Vertreibung aus Dekan; General Perron sollte die Siege uyi Delhi leiten.

Das Plünderfest, Dessarah"), welches die Mah­

ratten am Ende der Regenzeit, jährlich, mit großem Pomp zum Anden­ ken an den Ursprung ihrer Macht aus einer Raubhorde, zur Aufmun­ terung, von neuem auf Plünderung auszugehen, durch die Verhee­ rung eines Kornfeldes symbolisch zu feiern pflegen, sollte Ende September das Zeichen des allgemeinen Aufstandes seyn.

Aber die Po­

litik und Taktik des Major General Sir Arthur Wellesley durch­ schaute das geheim gehaltene Gewebe, und kam ihnen als Generalissimus auf allen Seiten durch seine gleichzeitig gemachten Anordnungen zuvor. Er begann schon im August 1803 den Krieg gegen einen vierfach stärkeren Feind, mit einer Heeresmacht von 55,000 Mann, die in 3 Artnee-Corps getheilt waren, welche von Madras ans unter Haricourt, vom Duab aus unter Lake, und von Bombai aus unter feiner eigenen Anführung gegen den gemeinsamen Feind, im Centro, längs den Stromlinien des Kistna, des Pamuna und des Taptr nebst Nerbudda, wo Wellesley selbst der Hauptmacht Seindkas ent­ gegentrat, mit überraschendem Glücke operirten.

Ein furchtbares Erd­

beben, am 1. Sept., am Nordabhange Dekans ging den blutigen Sce­ nen voran; gleich darauf ward die Hauptfestung Perrons im Norden von Agra, Alighur"), erobert, und er selbst ward gefangen.

Am

11. Sept. fiel durch die Schlacht bei Delhi diese Stadt mit ihrem drwch seine eigenen Parteigänger geblendeten Kaiser, dem unglücklichen Schah 2(tlum40;, in die Gewalt der Briten, die von nun an die ") ebend. p. 69.

") ebend. p. 92, 101.

40) ebend. p. 114.

406

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 105.

Würde des alten Mongolen Kaisers rcfpectirtcn und dem geprüften Greise ein ruhiges Alter sicherten (er starb 1806, 86 Jahr alt). Die Haupt­ stadt 2£gra741) ward am 25. Sept. erobert, bald darauf das reiche Allahabad und nicht weit davon im N.W., am 1. Nov., ScindiahS Heer, bei LeSwari (LaSwari, ein Dorf, 27° 33' N.Br., 76° 48' O.L. v. Gr. auf dem Gränzgebiete des Raja von Jeypur vollständig geschlagener). Eine Folge dieser raschen und großen Siege in dem Niederlande war die Besetzung der Eingänge und Pässe aus dem Paniunathale zum Gebirgslande, am Nordabfall Dekans, in Malwa und Allahabad; zumal des GebirgSdistricts Bundelkhund im Süden von Agra, der wegen seiner Landesnatur wol die Indische Schweiz genannt wird. Gwalior, am Eingänge desselben, im N.W., seit alter Zeit die berühmte Bergfeste, auf einer Felshöhe für uneinnehmbar geltend, früher das Staatsgefängniß unglücklicher Timuriden, jetzt ScindiahDurgverließ für feine ganze Heeresgewalt und sein größtes Waffenmaga­ zin, siel durch Belagerung in der Englischen Truppen Gewalt, am 5. Febr. 1804 und ihr zur Seite mehrere Felsburgen 4'). Dies Bun­ delkhund, als der Schlüssel zum Hochlande von Dekan, ließen sich die Briten vom Peischwa als Provinz, zur Sicherung ihres Ganges­ gebietes abtreten. In Orissa, das im äußersten Osten als erobertes Besitzthum des Raja von Berar, auch zur Reihe der Verbündeten gehörte, ward Dalasore (Baleswara, unter 21° 32' N.Br.) mit Sturm erobert, und die Landschaft um Ja gärn aut44) (Dschagarna1ha), wo noch der furchtbarste und einflußreichste brahmanflche Götzcncultus herrschend geblieben, besetzt, wodurch die feindselige Scheidewand dieses Küstenstrichs längs dem Gestade aufgehoben ward, welche bisher Bengalen auf eine so nachtheilige Weise zu Lande von der Madras Pro­ vinz getrennt hatte. Von da aus wurde nun das centrale Berar be­ droht. So ward die wilde Gewalt der Triple-Allianz überall am NordauSgange des Plateaulandes gebändigt, in Guzerat im West desgleichen. Am Nerbudda eroberte Murray mit seinen Truppen die berühmte Festung und Handelsstadt Baroadsch") (f* Asien IV. 1. S. 513), und auf dem Hochlande selbst ängstigte Wellesley durch Entreißung der stärksten Festung Ahmednagur, im N.O. von Puna, und durch den blutigen Sieg im Norden von Ellore nahe dem Tapti, durch die Schlacht bei dem Dorfe Assye44), am 23. Sept.» den Sein di ah so sehr, daß dieser sich endlich zu Unterhandlungen und zum Friedensschluß bequemte, der ins December des Jahres 1604 zu Stande4T) kam. Seine zahlreichen Parteigänger überließ er ihrem

T41) Maj Will Thorn Mem. I. c, p. 181, ") ebend. p. 249. ") ebend. p. 273.

44) ebend. p. 262. 47) ebend, p. 295.

4?) ebend. p, 210, ") ebend. [>. 290.

Dekan; Mahratten, Frieden von 1803—1814.

407

eigenen Schicksale; zumal Hol Lar, auf dessen Seite der Raja der Jats getreten war, suchte in der Verzweiflung, nach vielen Abenteuern, sein Heil jenseit der großen Sandwüste im Pendjab, wo er auf den Bei­ stand der Seiks rechnete. Die Englischen Heere rückten ihm im Jabre 1805 siegreich nach, bis nach Ludiana (am Sfetledgearm, unter 30° 49' N.Br.) auf einer Flußinsel gelegen, wo sie am äußersten Nord­ westpunct ihrer Siege in Indien das Britische Panier aufpflanz­ ten, und auch seitdem ihre nordwestlichste Militairstation be­ hielten (seit 1809 unter Lord Mi nt ö erst förmlich eingerichtet), eben da, wo nicht fern Alexander der Große einst seinen Rückmarsch begonnen hatte (f. Asien IV. 1. S. 465). Aber der Guru Mala, oder die Nationalversammlung der Seiks zu Cofyore48), versagte da­ mals Holkar, dem Flüchtling ohne Land und Gut, der schon in Umritsir (s. Asien IV. 1. S.833- angekommen war, jeden Beistand, und er mußte sich nur glücklich schätzen, daß sie damals die Vermittlung deß Friedens zwischen ihm und den Briten übernehmen wollten. Der Ssetledge blieb seitdem (Tractat am Hyphasis 5. Dee. 1805) die Nordwestgrgnze") des Britisch-Indischen Reiches; Hollat behielt kein eigenes Reich, sondern nur seine frühern Ländereien als Grundbesitz, zu Mundisor im West des Chumbul in der Provinz Malwa; Seindiahß Herrschaft ward im Süden des ChumbulfluffeS, zwischen den Besitzungen des Peischwa und der Briten, auf enge Gränzen beschränkt. Die Angelegenheiten des noch immer sehr verwickelten, aber doch in etwas beruhigten MahrattenstaateS, und seiner zahlreichen, in engere Schranken zurückgewiesenen Conföderirten und Vasallen, waren der yberanordnung des neubestätigten P ei sch w a'überlassen. Der Franzosen Einfluß in Indien war vernichtet, und während Buonaparte auf dem Continent in Europa die größte Ausbreitung seiner Macht gewann, erstarkte die britische Macht in Asien, um bald auch in der Nähe des Mutterstaats, von Portugal, Spanien, Flandern und der Meeresseite aus, die Hand den östlichen Continentalmächten zu reichen, und die lange verlorene Selbstständigkeit Europas wieder erringen zu helfen. Aber noch war die Ruhe in Dekan nur äußerlich erzwungen, und nür scheinbar; doch erhielt sie sich ohne große Veränderungen von 1805 bis 1814. Der Peischwa bisher, in Abhängigkeit im Staatsgefängniß erzogen, durch den Tractat von 1803 von jeder Furcht des Widerstandes befreit, ohne die Kunst zu regieren erlernt zu haben, überließ sich nur der Rache und Verfolgung der Gegner seines Hauses; er setzte die frü­ hern Beamten ab, beraubte viele auch der rechtmäßigen Güterbesitzer, *•) ebend. p. 491.

4>) rbend. p. 493.

408 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 105. ließ andere willkürlich ermorden, und stieß so die mächtigsten und unter­ nehmendsten feiner Unterthanen von sich zurück. Er wußte das alte Heer nicht wieder zu organisiren, das einst den Mahrattenfürsten Nach­ druck verlieh, und bezahlte, eifersüchtig auf seine junge Herrschaft, aus Mißtrauen, nur lauter Neulinge als Soldaten aus seinem Schatze. Hun­ gersnoth brachte Elend ins Land, und lieber gingen die Mahratten, wo besserer Sold gezahlt ward und Aussicht auf Raubzüge war, in fremde Dünste, oder sie zogen auf eigene Hand auf Beute aus. Seindiah, unruhig wie immer, zog nun zwischen den Chumbul- und NerbuddaFlüssen jährlich auf Fehde gegen die vielen kleinern noch unbesiegten Gebirgs-Rajas und Polygars, in Malwa, Mewar, Marwar, Bhopal und zwischen andern bis dahin von Europäern noch unbesucht ge­ bliebenen Bergländern umher, und machte regelmäßig seine Mulkgiri, d. i. Naubfahrten, zumal gegen die Fürsten von Rajaputana in N W., um durch Brechung der Macht seiner Nachbarn selbst wieder mächtiger zu werden. Die Verbündeten der Briten, der Nizam zu Hyderabad, der Guicko war in Guzerate, die Rajas vonMaißoore und Travancore, bei denen überall Britische Besatzungen standen, verhielten sich, wenn schon mit Groll im Herzen gegen die fremden Ge­ bieter, zwar ruhiger, wurden selbst nach und nach mit ihnen befreunde­ ter; aber nicht fo Andere, zumal die unzähligen kleinern Vasallen von jenen, oder die noch ungcbändigten Rajas, oder die frcigcbliebenen Berg­ völker des Hochlandes, die an ewige Fehden gewöhnt, durch die verän­ derte Gestalt der Dinge nur zu häufige Veranlassung zu deren Erneue­ rung fanden. Dieser Zustand der Dinge vermehrte bald durch das ganze nörd­ liche Plateau von Dekan die Zahl der Freibeuter und der Raubhorden7"), zu denen sich immer neue kühne Abenteurer und Herren als Anführer und Parteigänger gesellten, so sehr, daß ihre Dur­ ra hs, oder Heerhaufen, zu furchtbaren Massen anwuchsen, und aus Ueberläufern aller Staaten, Raubheere und Raubvölker entstan­ den. Das verscherzte Kriegsglück schrieben die Völker des Hochlandes der Einführung fremder, Europäisch er Dis ciplinirung und Taktik in ihren Heeren zu. Sie kehrten mit Freuden zu der alten, ge­ wohnten, freiern Methode der Kriegführung, nämlich zu den Streifereien in Raubparteien, die bei Mahratten, wie bei Par­ thern, Kosacken, Kurden u. s. w. einheimisch und ehrenvoll war, zurück. Von Pind 61), d. i. Raub im Hindustani (nach Fitz-Clären« z im 7S0) ebend. p. 515; und H. T. Priusep Narrative of the Political and Military Transactions of British India under the Administra­ tion of the Marques of Hastings 1813—1818. Lond. 1820. p. 19 etc# 1 *) Fitzclarence on the Pindames l. c. p. 4.

Dekan; Mahratten, Pindarrics.

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Mahralta heißt die geborne DiebeScaste Ramofiö, davon in jedem Dorfe einige)"), erhielt diese immer furchtbarer werdendeRaubCavallcrie, die aber alle mohammedanischen Glaubens waren und nur Fremde unter dem Namen Ogirra in ihre Reihen aufnahmen, den Ehren Namen der Pindarri's, die öfter zu 40 000 Reitern, bald hierhin und dorthin, blitzschnell, hervorbrachen, und die Stelle der nun geschwächten Mahrattenhcere, nur mit noch größerer Grausamkeit ein­ nahmen. Die Raubzüge dieser Banditen, schon feit der Schlacht von Panniput gefürchtet"), gingen von den schwerzugänglichcn Wildnis­ sen und Klippenzügen des obern und mittlern Tapti und Nerbudda aus, wo die meisten unbesiegten, rohen Gebirgs-Najas mit ihren Völkern sie verstärkten Das gewöhnliche Feld ihrer Plünderungen war meisten* theils das in sich zerfallene Radjaputana in N.W.; aber sie brach­ ten alle Länder des Plateaus und dessen Umgebungen in Verwirrung; denn sie schonten weder Feind noch Freund, überfielen mit der größten Schnelligkeit wie der Blitz, so daß Flucht unmöglich war, da sie20geog. Meilen in 2 Tagen, 60 in acht, und 100 in 14 Sagen zurückzulegen pflegten. Ihre Pferde berauschten sie durch Gewürz und Opium zu au­ ßerordentlichen Leistungen wie sich selbst, übten die furchtbarsten Martern und Grausamkeiten aus, um schnell ihrer Habsucht zu fröhnen, hieben Kindern und Töchtern die Arme ab um die Armgeschmeide sicher zu be­ kommen, und verbreiteten solchen Schrecken vor sich her, daß ganze In­ dische Dörfer sich lieber selbst verbrannten, um nicht das Opfer ihrer Martern zu werden. Schon hallen sie die Circars an der Mündungdes Kistna grausam überfallen, bedrohten den Staat des Nizam, Berar und andere mit Briten befreundet gewordene Mächte. Seit 1812 hatten sie die Kühnheit gehabt, das große Emporium Mirza­ pur") am Ganges, bei Benares im Gebiete der Briten, durch solche Raubzüge, die sie Luhbur nennen, zu plündern. Sie waren seitdem immer mächtiger geworden, sahen den Scindiah und Holkar, in de­ ren Gebieten sie geduldet und zum Theil angesiedelt waren, als ihre schützenden Oberhäupter an, galten zwar auch bei ihnen, scheinbar, öffent­ lich als Ruhestörer, fanden aber an allen Mahrattenoberhäuptern und selbst an dem Peischwa ihre.heimlichen Stützen, da diese sie als dispo­ nible Truppen für ihre eigenen Zwecke ansahen, und auch öfter als solche (mit geringem Sold, und der Erlaubniß zum Plündern, wie z. B. die Aligol") gebrauchten, zur Ausführung ihrer vielen Ränke und Feh") Lieutn, Colon, Will. H. Sjkes late Statist. Reporter of tliy Go\\ of Bombay, on the Land Tenures of the Dekkan in Journ, of the Roy. Asiat. Soc. of Gr. Br. and Ireland Nr. IV. London 1835. p. 230. 63) Origin of the Pindarrics Lond. 1818. 8. in Quai> terly Review Lond. 1818. Vol. XVlli. p. 467. ") Fitzclaience on the Pindarrics 1. c, p. 8. **) Th. J)uer Broughlon lato Com-

410

Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 105.

den. $6tUn nicht der Krieg in Nepaul gegen die GorkhaS und die Eroberung der Himalaya-Provinzen die ganze Kraft der Briten feit 1814 in Anspruch genommen (s. Asien II. S. 513—523), so würde der Plan, diese Naubhorden zu vernichten, früher ausgeführt wor­ den seyn. Diese Vernichtung war nothwendig, um den seit 1805 auf Dekan begonnenen Frieden, den dieses Land seit Jahrhunderten nicht ge­ kannt hatte, zu erhalten, zu sichern und vollkommen zu machen, und die Alliirten der Briten auch im übrigen Indien vor ihnen zu schützen, sich selbst aber zu sichern. Kaum war der Beschluß gefaßt, den Krieg ge­ gen die Pindarries zu führen, und von den drei Präsidentschaften aus combinatorisch dazu der Anfang gemacht, so zeigte sich dcr Peischwa auch als ihr Beschützer, und als Feind gegen die Briten, mit denen der Mißtrauische längst gespannt war. Alle seine geheimen Verrathe und Vertheidigungsanstalten halfen ihm jedoch nichts; er war vom Netze englischer, geheimer Diplomatie längst belauscht und umstrickt, überrascht, und in seinen Burgverließen in Puna, für seine Untreue am Bundes­ genossen zur Erklärung gezwungen, die er aber keineswegs zu halten ge­ sonnen war, daß er seine Oberherrschaft für aufgelöst an­ sehe (am 15. Juni 1817) noch ehe die Angriffe gegen die Pindarries selbst losgehen konnten. Das Heer der Pindarries hatte sich in einer Vertheidi­ gungslinie g1) aufgestellt, die vom Nerbudda, nordwärts, über die Dindh yan-Gebirge, über Bilfah gegen den Uamuna nach' Gualior zu reichte, fest und sicher durch Wlldniß, Waldung, dichtes Buschholz, Tiefthäler, Weglosigkeit; aber ohne alle Festungen und Verschanzungslinien, durch die etwa ihre Güter, Weiber und Kinder hätten gesichert werden können. Die Generale I. Malcolm88), Adams und Marshall drangen unter General-Gouverneur Hastings Regent­ schaft in ihre Mitte ein. Der Kriegsbefehl erklärte sie als Räuberban­ den, doch sollte zuvor ein Versuch zur Unterwerfung gemacht werden, im Weigerungsfälle Ausrottung erfolgen. Die drohende Nähe der Bri­ ten hielt Seindiah in Furcht, und er, der unter den Felsmauern von Gualior sein Kriegslager aufgeschlagen und seit Jahren gerüstet hatte, unterzeichnete den Allianztractat und schickte den Briten seine HülfStruppen. Aber Holkar, der dies auch schon gethan, siel doch plötzlich wieder bundbrüchig von den Briten ab, und schloß sich, wie auch der Raja von Berar und andere Häuptlinge, der verzweifelten Sache der mander of the Residente Kscort at the Court of Schvdia Leiters wiitten in a Mahratta Camp. 1809. London 4. 1813. p. 66. **•) Fitzclarence on the Pindarries 1. c. p, 22. 8I) ebend. p. 39. **) Lieutn Colonel Valentine Blacher Memoir of the Operation!» of the British Army in India duiing the Mahratta War of 1817—1819 with Maps and topogr. Plans. London 1821. 4. p. 14 etc.

Dekan; Vernichtung -er Pin-arries.

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Pindarries und des Peischwa an, der auch durch Jnsultirung des briti­ schen Residenten MountstuartElphinstone in Puna, mit den Bri­ ten gebrochen und die Flucht ergriffen hatte"). Aber aller Widerstand war vergeblich; schon ehe das Jahr zu Ende lief, war die Angelegen­ heit entschieden, durch drei große in der Mitte des wildesten Hochlan­ des und im Herzen des Raubsttzes einander schnell folgende und entschei­ dende Schlachten, und durch viele kleinere. Bei Huslingabad am Nerbuda wurden die PindarrLes, nach einem anderthalb Tage daurenden sehr blutigen Kampfe, am 26. und 27. Nov., vollkommen ge­ schlagen und zerstreut. Der Raja von Be rar, der die Briten in of­ fener Fcldschlacht angriff, am 16. Dee., vollkommen besiegt; seine Resi­ denz Nagapura im S.O. der Tapti-Quellen, die er auf einem von Gondwara losgerissenen Landstriche erhoben hatte, mit Artillerie, Ele­ phanten und allen Kriegsvorräthen eingenommen, und er selbst in seinem Palaste gefangen; am 21. Dee. wurde Holkars") Heeresmacht, zu dem auch Abenteurer aller Art, zumal Pindarries und Mahratten sich gesammelt hatten, in den bis dahin wenig besuchten Höhen des alten Ozene, Udschayini (Ougein) am obern Chumbul, durch einen blutigen Kampf völlig zersprengt. So war in kürzester Zeit der bisher noch nie von Briten oder an­ dern Europäern betretene Boden des nördlichen Plateaulandes, die größte Wildniß Dekans, durch Wald, Raubthiere, Weglosigkeit, Raub­ völker und Raubhorden, von allen Seiten durchzogen. Die Horden der Pindarries und ihre Helfershelfer waren zum ersten male, aber für immer, wie das Wild aus dem Dickicht ihrer ver­ borgensten, bis dahin ganz unzugänglich gebliebenen Lagerstätten aufge­ schreckt und verjagt. Das klippige Bergland in Malwa und Bundelkhund, die Vindhyangebirge im Norden des Nerbudda, die Mahadeoberge im Süden desTapti, und die Bergketten der Sautpura und Gondwara, mit ihren felsigen Ghats (Durchbrü­ chen), konnten ihnen nicht mehr als natürliche Festungen dienen, von wo. aus sie durch Raubüberfälle überall hin Schrecken verbreitet hatten. Die hoch angeschwollenen, wllden Nerbuda- und Tapti-Ströme und viele andere Bergwaffer konnten ihnen nicht mehr als unübersetzbare Vertheidigungslinien, während der zweiten Jahreshälfte in der Regenzeit dienen, um von ihnen umzingelt, in Sicherheit ihre aus der Ferne her­ beigeschleppte Beute zu verprassen. Das Mahralten-Land hatt? hierdurch von der Nord- und Ostseite seine wichtigste natürliche Schutz­ wehr, seine sicheren Vorwerke gegen die Gangesländer und den bengali­ schen Golf verloren; die Hauptstütze seiner eigenen Mlitairkraft war durch jene Siege gebrochen. ") ebend. p. 65. 73 etc.

Zwei Drittheile der Raubhorden waren ebend. p. 146 etc.

412

Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Ab sch n. §. 105.

ihren Ursitzcn durch Tod und Flucht entfernt, ihre Genossen wie Holkar, der Peischwa, der Naja von Berar u. a. verfolgt und be­ straft, ihre geheimen Freunde, wie Scindiah, der Nizam von Hy­ derabad u. a. durch Traktate und politische Surveillance gebunden; die noch übrigen mußten sich unterwerfen oder entweichen. Denn mit dem Jahre 1818 traten nun die Briten als die einzige, große Macht in Central-Jndien auf, deren Herrschaft in den zerstreu? ten Gebieten der drei Präsidentschaften Bengal, Madras, Bombai, bis jetzt, der Zusammenhang in der Mitte gefehlt hatte, wodurch nun erst das große Anglo-Indische Reich sei­ nen Stamm und natürlichen Körper zu allen seinen Zweigen, Blüthen und tausend Blättern gewann, das politische System seinen Zu­ sammenhang und seine innere Begründung auf natürliche Grundlagen. Eine lange Reihe von Unterhandlungen mit den als Souveraine und 2Cllt(tte von Briten anerkannten Herrschern Indiens, ferner mit den von ihnen beschützten oder mediatisirten und ih­ nen tridudair gewordenen Fürsten des Landes, und mit der großen Zahl von ihnen mehr oder weniger abhängiger, kleinerer Häuptlinge, mußte nun das neue Staatensystem Indiens und das politische Gleichgewicht unter schiedsrichterlicher Leitung Englands näher begründen. Die Gränzen der britischen Territorien wurden überall fester bestimmt, die einheimischen Fürsten wurden auf ih­ ren Thronen anerkannt, aber die Kraft der feindlich gesinnten durch theilweise Sessionen ihrer Landschaften beschnitten, die theils zum BritenGebiet kamen, um Festungen und Festungslinien zu gewinnen, oder sichere Querstraßen durch daß Hochland zu eröffnen, oder fruchtbare Landstriche selbst zu verwalten, mit denen theils aber auch die ihnen hie und da treu gebliebenen Fürstenhäuser, z. B. die Näbobs von Bhopaul auf den Vindhyan-Bergen, die Nabobs von Eliahpur im Süden des Tapti u a. m. belohnt wurden. Die Staa­ ten der beiden so oft schwankenden Hauptmächte des Plateaus, des Mahratten-Peischwas und des Nizam von Hyderabad, wurden überall umzingelt von britischen Territorien, und von kleinen mcdiatisirten Fürsten, die daS Supremat der Briten anerkannten. In den von den Mahratlenstaaten losgerissenen, nördlichen Prov.inzen vom Tapti und Nerbuda, wie in Malwa und anderwärts, behielten sich die Briten die Rechte des Peischwa vor, auf gleiche Weise, wie er, Truppenstellung und Tribut einzufordern; dagegen schränkten sie den Raja von Sattara, ihn des Titels eines Peischwa entkleidend, auf sein ursprünglich enges Gebiet am obern Kistna zwi­ schen die Darwar- und Puna-Distriete ein. Die gleichfalls sehr beengten Gebiete ScindiahS,. Holkars und anderer Mahrattischer

Dekan; Mahratten Bändigung.

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Häuptlinge, oder Parteigänger, wurden eben so durch britisches Territo­ rium und kleinere mediatisirte Staaten von den großen Hauptmächten abgeschnitten, und in bloße britische Enclaven verwandelt. Die Reste der heimathlosen, oft noch in einzelnen Streifcorps zu gewältigenden Parteien der Pin darr ieS, und die ihnen verwandten Raubvölker des Hochlandes, z. B. die seitdem erst bekannter gewordenen BhilS, Culies, RamosiS, GondS u. a. wurden in Truppen der Com­ pagnie verwandelt, oder angesiedelt, wodurch fie wieder zu Ehre und Eigenthum gelangten. Die Einführung Europäischer Gesetzlichkeit in Handlungsweise und Bcsitzthum, das feste Abgadensystem in den britischen Territorien, die nachdrückliche Untersagung alles Raubwesens und will­ kürlicher Ermordungen, die Feststellung aller bürgerlichen Verhältnisse auf den Grund herkömmlicher Institutionen, die britischen Residentschaften an allen Höfen der Hindufürsten, die briti­ schen Soldtruppen in vielen ihrer Hauptstädte, die als Besa­ tzung und als politische Wächter dienen jeden Augenblick, in der Nähe, jeder Unordnung zu steuern, und ihre Garnisonirung in vielen Hauptfesten aller Landschaften, wodurch die Sicherung der Wege des Handels und Verkehrs im Kleinen und Großen bewirkt ward, vollendeten das seit 1818 begonnene, neue politische Sy­ stem TSl) in Indien. Bei dem so großen innern Reichthum dieser weiten, mannichfach von der Natur ausgestatteten Ländereien und den Gaben ihrer zahlreichen oft schon früher eivilisirten, seit Jahrhunderten aber wieder verwilderten Völkerschaften, konnte unter fortwährendem Einfluß des Friedens, der hier früher fast unerhört gewesen, der wichtige Erfolg einer günsti­ gen Umgestaltung auch dieses centralen Hochlandes von Dekan nicht ausbleiben, die ungemein rasch in gewisser Hinsicht fortschritt und auch schon in der Gegenwart theilweise (s. Asien IV. 1. S. 663)., wenigstens sichtbar genug ist62), obwol sie im Allgemeinen nur langsam fortzuschrei­ ten und nur allmälig sich ganz zu entwickeln im Stande ist.

4.

Eigenthümliche Territorial- und C o m m n n a l Verhältnisse des gegenwärtigen Zustandes im Mähratta-Lande unter britischem Einfluß.

Der Zukunft bleibt es überlassen, die näheren Beschreibungen der Landschaften und die günstigen Fortschritte der Populationen ’•') Sketch of the History and Administration of Marques of HastingS s. Asiat. Journ. 1824. Vol. XVII. p. 1—8, 118—120. •*) s. Contrasted View of the State of Centra Undia in A. D. 1817. and 1821. in J. Malcolm Major General Memoir of Central-India and Malvta Lond. 1832. 3 Edit. Vol. II. ch. XV. [>• 227 — 264.

414 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV.Abschn. §.105. 6et Cultur und Civilisation in den Platcaugebietcn des KistnaSystemes, die uns bis jetzt noch fehlen, wozu wir aber schon früher zur Characteristik der Bewohner einige Hauptumrisse mittheilten (s. Asien IV. 1. S. 662 — 63), darzulegen. Für das Verständniß der Gegenwart ist es nach obigem auch hinrcichend, wenn wir M. Elp Hinston es lehrreiche Nachwcisung der dort vorgefundenen und durch den Frieden verändere ten Localverhältnisse hier nur in einigen Puncten kürzlich berühren. Das britische Gouvernement, bemerkt der Commis­ si o n e r7bl) in Maharaschtra, der nachher Gouverneur von Bom­ bay ward, in seinem Report an den Governor General Marques Hastings, habe zwar durch die Mahratta-Staaten und die Siege des lebten Krieges, große Ländcracquisitionen gemacht, aber diese wurden auch durch zahlreiche Verpflichtungen compensirt, die mit übernommen werden mußten, und welche sehr bedeutende Ausga­ ben erheischten, die nicht so unmittelbar durch den Gewinn getilgt werden konnten. Das regulaire Heer mußte ungemein an Zahl vermehrt werden zur Aufrechthaltung der Sicherheit und des Friedens in den eigenen, wie in den verbündeten Staaten, wozu auch die weitläustigen Gebiete des Nizam gehören, der unter allen Betheiligten die größten Vortheile davon trug. Der Unter­ halt des Naja von Sattara und des Peischwa mit seinem ganzen Hofstaate, seiner Familie, feinen Iaghirdars, Ministern, Chefs und einem großen Theile seiner Truppen, wie vieler kleinern der abgesetzten Gebieter, verschlingen so viele Summen und Kräfte, daß wenigstens keine so außerordentliche Vortheile für die Sieger, wenigstens in der ersten Reihe der Jahre, übrig bleiben konnten. Sehr viele der Territorien, welche den Briten zufielen, blie­ ben noch vermischt mit denen der dort einheimischen Länder, Chefs, oder selbstständigen Prinzen, und unabhängigen Güterbe, sitzer, die nicht mit in die Categorie der entthronten Herrscher ge­ hörten, und deren freie Territorien in ihren Gerechtsamen unge­ schmälert, wie Schutzgewährung, Münzschlagen und viele kleinern Privilegien, immerfort die Asyle der Unordnungen, die Raubnester für die Plünderung des gestohlenen Gutes der Nach­ barn u. f. w. bleiben konnten. ’*’) Selections from die Records at the Kast-lndia House 25. Oct.

1819. in Asiat. Jouro. 1827. Vol. XXIII. p. 774.

Dekan; Territorial- und Communal-Verhältnisse. 415 Die herkömmlichen Iaghirdars, oder die Verl ei Hun­ gen und Belehnungen von Gütern oderAbgabenantheilen und Einkünften des Gouvernements, statt der Gehalte, für Dcainten, Minister, Militairdienste u. d. m., führen ein sehr verwickeltes und stets wechselndes finanzielles und politisches Verhältniß für die Verwaltungen wie für die Bewohner dieser Landschaften herbei. Diese Iaghirdars zerfallen in zweierlei Classen, nach ihren 2lnfordcrungcn und Verpflichtungen gegen das frühere Pcischwa, Regiment, und gegen die neuere, an dessen Stelle getretene briti­ sche Regierung. Elphinstonc setzt in der ersten Classe diese Verhältnisse, in Beziehung auf die Veziere, Generale, Minister der Peischwas, wie der Rajas von Sattara und die vielen Ab­ stufungen der geringeren Militair-Chefs (wie Sirdars, Selladars, Pagas, Killadars u. s. w.) auseinander, unter welche das Land nach allen Richtungen mit seinen Festungen, Durgas u. s. w. vertheilt ist, und von welchen wiederum die al­ ten Iaghirdars, oder Verleihungen und Belehnungen mit Gütern und Einkünften, die aus der Periode der Mohammeda­ ner Herrschaft unter den Delhi Kaisern hcrstammcn, zu unter, scheiden sind. 3cnc sind insgesammt Eigenthum der Mahrattahäuptlinge aus der Kriegercaste, und hier ist es nur we­ nigen Usurpatoren aus der Brahmanen- oder PriesterCast e gelungen, die anderwärts sich wie in Tanjore, Malabar re. reichere Pfründen zu verschaffen wußten, sich auf gleiche Weise wie jene zu bereichern. So eigenthümlich wie jene obern Verhältnisse der Großen in den Mahratta-Fcrritoricn, in Beziehung auf die politische und finanzielle Verwaltung hervortreten, eben so besonders gestaltet sich das Leben in den untern Classen des Volks, durch die Ein­ richtung der Dorfgemeinden und jeder letalen Corporation, woran schon oben erinnert ward, worüber Elphinstone folgende Spe­ cialverhältnisse mittheilt. Alle Dorfschaften, Flecken und Städte bilden hier in sich wiederum kleinere, sich selbst genü­ gende Staaten, die ganz abgelöst von dem übrigen, ein äußeres Regiment gar nicht bedürfen, und sogar durch ihre innere, zweckmäßige Organisation, glücklicher Weise ein treffli­ ches Element sich erhalten haben, der Fäulniß des sie Jahrhun­ derte lang umgebenden größer» Slaatenverbandes, wie den kleinern Räubereien und Tyranneien zu widerstehen, >a alle Wechsel derselben zu überleben. Jede Commune hat ihre Ländereien, die ganz der

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §.105.

Disposition der Gemeindeglieder überlassen bleiben; deren Grän­ zen sind genau bestimmt, eifersüchtig bewacht. Die Dertheilung derselben ist allgemein bekannt, jedes Feld hat seinen eigenen Na­ men, und bleibt gesondert für sich, wenn auch auf längere Zeit sein Anbau unterbliebe. Auch die Wüsteneien haben ihre Be­ sitzer. Die Ortsbewohner sind auch die Agricultoren, nur wenige derselben sind Gewerbtreibende, Kaufleute u. s. w. Der Patet, oder Potail, ist das Haupt der Gemeinde; sein Assistent ist der Chugula und der Kulkurni, ein Schreiber. Außer diesem hat je­ des Dorf seine 12 Vorsteher (Barra Balluti); diese sind der Astro­ log/ der Priester, der Zimmermann, der Barbier u. a. m. Theilnehmer der Verwaltung des Gouvernements sind aber nur der Sowar, oder Potedar, d. i. der Silberschmidt und Geldprobirer, und der Mhow, der nebst einigen andern auch der Wäch­ ter des Dorfs oder der Gemeinde ist. Jede dieser Classen von Geschäftsführern besteht aus einem oder mehrern Individuen, je nachdem sich ihre Familien verzweigt haben, denn am Ge­ schlecht, nicht am Individuum, hängt diese Verleihung erblich fort. Der Mhows, oder Wächter, z. B. sind selten unter 4 oder 5 Per­ sonen, und wo die Gemeinden zahlreich sind pflegen noch einige andere aus den Bhils, oder Ramosis als Wächter zu fungiren, obwol diese dann nicht die anderweitigen Verpflichtungen der Mhows übernehmen. Die Ramosis sind, wie wir schon oben nach Sykes^) bemerkten, die geborne Diebescaste, davon sich, zwilchen 17— 19° N.Br. und 73° 40' 0.9. v. Gr., bis 73° am Bhuna und im obern Kistna-Gebiete, in jedem Dorfe einige befinden, denen, man etwas Land abtritt, um durch sie dasselbe vor Räubereien zu beschützen. Sie werden dafür die rcsponsabeln Wächter der Zelte und Bagage der Truppen und Karawanen, die bei dem Dorfe lagern. 2(uf dieselbe Weise treten, nordwärts deö Mul-Flusses, Bhils-Familien, anderwärts Cu lies, als solche responsable für gestohlncs Gut ein. Die Agricultoren sind Grundbesitzer, oder deren Pächter, und alles übrige Gut ist Ei­ genthum der Regierung; die Gehülfen und Beamten der Potail gelten in ihren Chargen, als eben so durch Erbschaft berechtigt, wie der Grundbesitz selbst. Das Abgabensystem wird durch alle diese Verhältnisse sehr verwickelt, ist aber so verwachsen in die 764) H. S>kes on tlie Land Tenures of Dcldcan 1* c. Journ. cf the R. Geogr. Soc. Lond. 1835. Nr. IV. p. 230.

Dekan; C. Mackenzie Collection.

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Volkseinrichtungen, daß es auch von den Briten in der bisher!, gen Form beibehalten werden mußte, aber die Justiz die früher, hin Raub, Mord und Anarchie freien Lauf ließ, indem sie nur auf Selbstvertheidigung rechnete, wurde völlig umgestaltet. Den, noch hatte sich in diesem Gebiete des Mahrattenplateaus überall noch mehr Wohlstand unter diesem wilden kriegerischen Systeme erhalten, als in den Gangesländern, bei dem aussaugenden Sy, steme der Beamtenwelt einstiger mohammedanischer Herrschaften, wo freilich auch sehr starke Population zu kleiner Güterverthei, hing hinzukam, dagegen in den Mahrattagebieten sparsame Po, pulation mit großem Länderbesitz vorherrscht, und daraus die größten Contraste in allen Verhältnissen der Bewohner Bengalens mit dem hohen Dekan hervorgehen. Das alte Polizei, system in der alleinigen Gewalt des obersten Herrschers ist, hier, von den Briten beibehalten, die Volkserziehung müßte eine völlige Umbildung gewinnen. Anmerkung. Die C. Mackenzie Collection. Die Historie von Dekan im Süden des Kistnaz die Humanisirung seiner Bewohner durch die Wiederbelebung des Hin­ du , Collegiums in Madhura, vermittelst Europäi­ scher Wissenschaft. Die Hindu literarische Societät in Dekan. Im Begriff von den Plateauhöhen Maharaschtras zu dem untern Stufenlande des Kistna, zum nördlichen Carnatik und den CirearS hinabzusteigen, und dann das Dekangebiet auf der Süd­ seite deSKistna gänzlich zu verlassen, bleibt uns noch ein sehr merk­ würdiger Rückblick auf das ganze durchwanderte Feld Süd-DekanS zu thun übrig, der für diesen Boden und seine Bewohner wie für die nähere Erforschung, Erziehung und Erhebung von beiden, die wir überall bisher nur in dem betrübenden Zustande der Verwilderung, der innern Zerwürfniß, wie der äußern Abhängigkeit und in fortdauernden Wirren erblickten, eine segensreichere Zukunft ver­ heißt. ES ist der Rückblick auf ein früheres, historisches Leben dortiger Völker, auf ihre zurückgebliebenen Monumente, und auf das großartige Bestreben einiger edeln Briten in der Erhaltung und gewandten Be­ nutzung einheimischer, bis jetzt gänzlich vernachlässigter Cultur­ mittel und Culturdenkmale, den lange Belehrung und Volkserziehung für ein wieder aufzunehmen, um mit ächt christlicher derselben sich wieder die Eingänge in die Herzen Ritter Erdkunde VI.

zerrissenen Faden der versunkenes Geschlecht Liebe zur Veredlung und die Gemüther der Dd

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Ost-Asini. Vorder-Indien. IV. Abschn. §.105.

Hindus zu bahnen, die seit den Jahrhunderten ihres Versinkens und ihrer politischen Erniedrigung durch Erkaltung und Verwilderung völlig unzugänglich geworden waren. ^ Ein Seitenstück zu den so oft nur zu einseitig versuchten und ausschließlich sogenannten christlichen Missionen. Auch die geographische Wissenschaft dieses Erdabschnittes wird dadurch, nach einigen Jahrzehenden, eine völlig veränderte Gestalt gewinnen. Wir können für jetzt nicht mehr thun, als nur andeuten, was im Stillen ge­ schehen war und kürzlich erst zur Sprache kam, und wiedergeben, was Alex. Johnston, den wir schon früher den Wohlthäter von Ceylon nannten (s. ob. S. 36, 48), darüber bei Gelegenheit der Anwendung und Completirung der Mackenzie Collection (s. Asien IV, 1. S. 523 u. a. O.) öffentlich mitzutheilen veranlaßt ward. Obwol ganz persönlich, aber eng verbunden mit dem künftigen Schicksale von SüdDekan, möge diese merkwürdige Angabe hier zugleich das ehrenvollste Denkmal der dabei betheiligten Urheber seyn. Die Mackenzie Collection 76S) und die Geschichte ihres Ent­ stehens, ist eine der merkwürdigsten die je für den Orient zu Stande kam, welche die Veranlassung zu den heilsamsten Einrichtungen für die Humanisirung der Hindus in Dekan zu versprechen scheint, wenn gleicher Nachdruck der Ausführung wie dem Beginn des Unterneh­ mens zu Theil werden sollte. Colonel C. Mackenzie seit einer Neihe mehrerer Jahrzehende in Madras (f. ob. S. 332) lebend, starb im I. 1817; er hatte über 15,600 Pfd. Sterling, und unablässige Arbeit, während eines 38 jährigen Aufenthaltes in Indien, auf seine Sammlung verwendet; sie wurde auf Betrieb Al. JohnstonS vom Lord Ha­ stings General Gouverneur in Indien, für 10,000 Pfd. St. von den Erben erkauft. Ein Theil kam in die Bibliothek der Direction der Ost­ indischen Compagnie nach London, ein anderer Theil blieb bis jetzt in Indien und befindet sich gegenwärtig in Calcutta, wo der berühmte Orien­ talist H. Wilson seinen Catalog über dieselbe.ausarbeitete, der in 2 Octavbänden gedruckt erschien, 1828. Sie umfaßt einen unerwarteten Schatz bisher unbekannt gebliebener Dokumente und Materialien einheimischer Kunst und Literatur, zu einer Special-Historie und Geographie der Halbinsel Dekans in ihren einzel­ nen Bestandtheilen im Süden des Kistna-Flu sses. Sie enthält in der ersten Collection Original-Manuskripte aller Religions- und Völker-Classen, in allen Indischen Landessprachen, wie *«*) Mackenzie Collection a Descriptive Catalogue of Oriental Mscr. etc. by H. H. Wilson Loncl. 1828. 2 Vol. 8. s. Rec. in Erg. Bl.

z. Allgem. Litzeit. Halle 1832. Febr. Nr. 11. S. 86 — 94; Jour­ nal Asiatiq. Paris 1822. Notice sur les Travaux litteiaires du Co­ lon. Mackenzie i>. 243 — 251; Asiatic Journ. XII. p. 537. XIII. p. 242, 313 etc XVI, p. 137 etc. etc.

Dekan; C. Mackenzie Collection«

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auch in Persischen, Arabischen und den Europäischen, nebst Specialcarlen, Reiserouten, Aufnahmen, Rissen, Handzeichnungen, Reisen, Journalen, Kriegsberichten, Memoi­ ren über Geographie, Statistik, Historie, Kriegsgeschichte, Antiquitäten, Agrieultur u. s. w., über alle Dynastien und Herrschaften ältester Zeit bis heute, in 10 großen, nach Materien ge­ sonderten Abtheilungen. Die zweite geographisch nach Provin­ zen und Sprachen geordnete Collection, in 17 Foliobänden, ver­ breitet sich gleichfalls über alle Special- und Territorialverhältnisse der Reiche und Provinzen Süd-Dekans, und enthält viele Tausende von Jnseriptionen und andern Monumenten des Landes und seiner Be­ wohner. Die nach Caleutta gekommene Abtheilung dieses Theiles soll 40 Foliobände füllen, wozu noch sehr viele andere Schätze kommen. Diese Sammlung erregte durch ihren großen innern Reichthum unter 140 Bände vertheilt und durch den Beistand, den ihre zweckmäßige Be­ nutzung für die Indische Gesetzgebung, Verwaltung und Re­ gierung darzubieten scheint, die größte Aufmerksamkeit der Direktoren der Ostindischen Compagnie, wie die des Englischen Gouvernements. In einem amtlichen Verhör gab Al. Johnston, als des Verstorbenen näch­ ster Freund und Theilnehmer seiner Recherchen, über ihr Entstehen die merkwürdigste Auskunft, und Capt. H. Harkneß, ein Kenner der Li­ teratur und Sprachen jenes Süd-Dekans, mit der Untersuchung desjeni­ gen nach London überschickten Theiles beauftragt, gab, in seinem Briefe vom 21. Apr. 1835 **), an die Asiatische Societät in London folgendes Urtheil, über diese kleinere Abtheilung der Sammlung ab: Für die Län­ der von Curg und Maißoore, sagt Harkneß, besindcn sich in der­ selben allein 8 bis 9000 Copien und Facsimiles von Jnseriptionen, in den verschiedenen Landessprachen, auf Stein oder Erztafeln z sie datiren fast aus allen Städten des Landes im Süden des Kistna, von allen Pilgerorten, allen Verschanzungen, Durgas oder Bergfesten, aus asten Fürstenthümern und über alle wilderen Gebirgsvölker; sie enthalten ei­ nen großen Schatz chronologischer und historischer bis jetzt unbekannt ge, bliebener Thatsachen aller Art. Mit Jnseriptionen allein sind 5 Folio­ bände gefüllt. Diese Abtheilung enthält alle Nachrichten, Manuseripte und Denkmäler die zu einer Historie dieses Südendes der Halb­ insel Dekans, vom Kistna an, ausreichen, sowol seiner Regenten wie des Volkes, der Religion und Cultur, seit einem halben Jahrtausend vor Christi Geburt, bis zur Ankunft der Briten daselbst. Also eine Historie der Königreiche Chola (Tanjore), Chera, Pandya (Madhura); ferner von den Padava, Belala, Chalukya und Andhra (Tt-

*•) Capt. H. Harkners Letter in Journal of the Asiat. Society. Loncl. 1835. Vol. 11. Nr. IV. p. XXXIV —XXXV.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 105.

lingana) Prinzen, tcn ehemaligen Souverainen dieser Gegenden und Nachfolgern jener Königreiche, so wie der letzten, großen Hindu-Dyna­ stie, der Beherrscher des Vijaya-Nagara-Reiches, das in seiner Blüthezeit unter Narsinga Raja und Krischna Raja, von 1490 bis 1515, vom Kistna bis Cap Comorin, also durch ganz Süd-Dekan, sich aus­ dehnte (s. Asien IV. 1. '©• 569). Seit der Mitte des XVII. Jahrhun­ derts tritt diese letztere Herrschaft ganz aus der Geschichte zurück; aber die an ihre Stelle getretenen nominellen Rajas von Annagundy füh­ ren noch heute, wie so manche andere gesunkene Dynastie Indiens, ihre Hauschroniken aus der alten Zeit, über alle politischen Ereignisse bis in die Gegenwart fort. In demselben Maaße, wie über die oben genannten Curg und Makßoore Länder, verbreitet sich die Mackenzie-Collection über alle andern Provinzen der südlichen Halbinsel. Dieses Land südwärts des Kistna (Krischna) bis Cap Como­ rin, ein tropisches Areal von 14,000 geogr. Quadratmellen gehört, durch den eigenthümlichen Bau feiner Bergketten, seiner Plateaumassen, der Regen- und Monsun-Wechsel, die seltsam ineinandereingreifen, und dadurch eine doppelartige Mannichfaltigkeit seiner Naturerzeugnisse in Pflanzen- und Thierreich auf der Ost- und Westseite bedin­ gen, zu den begabtesten Räumen derErde, wie denn kaum ir­ gendwo ein gleichgroßes und gleichreichcS Stück der Planetenrinde sich nachweisen ließe, das zugleich durch die Verschiedcnartigkeit seiner menschlichen Bevölkcrung, die sich schon aus den oben angeführten Sprachgruppen und den verschiedensten RcligionSsystemen und Cwilisationsstufen von selbst nachweisen, eine diesem zu vergleichende physikalische und historische Entwicklung gewonnen hätte. Aber diese ist, wenigstens den centralen Theilen nach, der Europäischen Wissenschaft bis jetzt so gut wie fast gänzlich unbekannt geblieben, wenn auch die Ufersäume dieser Halbinsel, seit drei Jahrhunderten, stets die Begierde Europäischer Han­ delsleute auf sich zogen. Weder die Geologie, noch die Flora und Fauya derselben, sind erforscht, so wenig als die Sprachsysteme ihrer Population und deren Historien. Ein eigenes Agricultursystem seit der ältesten Zeit mit der größten Sorgfalt gepflegt, durch künstliche Wassersammler, Tanks, wie in Ceylon, auf den Hö­ hen zur Irrigation, oder durch K u n st d ä m m e in den Ebenen zur Ab­ lenkung der Flußläufe, davon das grandioseste Werk am Cavery schon längst bekannt ward (s. oben S. 294), ist hier seit urältester Zeit im Gange. Die Webereien geben hier noch heute wie zu den Römerzeiten die feinsten Musselingewebe, und in dem Mittelalter hatten auch die minder feinern von hier einen ungeheuern Absatz in allen Welttheilen. Denn nach Arabern und Portugiesen brachten auch Holländer ihren Goldstaub au- Sumatra und andern orientalischen Besitzungen, zu ihrer

Dekan; ältere Culturverhälmifse.

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Zeit, zum Dermünzen, in Gokdpageben, nach Tutieorin, um mit diesen die Gewebe der Halbinsel Süd-Dekans aufzukaufen, die von Am­ sterdam wieder nach Basel und anderwärts hingingen, um bunt bedruckt zu werden, und tonn wieder über Barcelona und Cadiz die Spanischen Colonien Amerikas mit Kleidung, aller Art zu versehen. Der Handels­ gewinn der Ostküste Coromandels bis China, und der Westküste Malabars bis zum Arabischen Golf und der Levante, mit dem Sta­ pel auf Dekan für beide Wellenden, gegen Aufgang und. Niedergang, war es, seit den ältesten Zeiten gleich dem in Ceylon (s. ob. S. 38 u. f., vergl. Asien IV. 1. S. 518), der in spätern Jahrhunderten hie Genue­ sen und Benetianer bereicherte, und- einen Vasco de Gama und Colomb zu Entdeckung neuer Welten führte. Die verschiedensten Zweige der Cul­ tur, wie in der Architeckur, der Seulptur, der Malerei, der hier sehr populairen dramatischen Poesie, eben so in den mathemathischen, astronomischen Wissenschaften, und in allem was den historifch-moralisch-politischen Zustand eines Volkes betreffen kann, finden in den Documenten der Mackenzie Collection so frühzeitige, ent­ schiedene Nachweisung, daß Al. Johnston 7®7) es dem Englischen Gou­ vernement als eine wichtige Aufgabe empfehlen durfte, die Mittel, welche aus. ihr für Wiederbelebung Indischer Literatur, Kunst, VolkSerziehung und Humanisirung sich ergeben würden, mcht unbenutzt fahren zu lassen für ihr überseeisches grandioses Indisches Be­ sitzthum. Die persönlichen Verhältnisse Al. Johnstons zu dem, was dort in dieser Art schon geschehen war, und die Einsicht von dem, wa§ durch vorsorgliche Theilnahme einer Regierung noch geschehen könne, ga­ ben seinem Urtheile das größte Gewicht, und. erhoben das bisher nur li­ terarische Streben der Asiatischen Societät in London, die aber in einem höhern Sinne sich dem Studium des Orientes gewid­ met hatte, feit kurzem zu einer mehr nationalen Angelegenheit des Mutterstaates im Verhältniß zu seinem Eolonielande HindostanS. Das jetzige Madhura, einst das so berühmte PandionS Reich, tritt in der ältesten Indischen Geschichte schon als ein civilisirtcS hervor (f. ob. S, 7) vielleicht, daß auch dieser Staat schon Antheil an Gesandtschaften hatte, die in frühern Zeiten zu den Römern gingen (f. Asien IV. 1. S. 486; wenigstens scheint Al. Johnston für diese Ansicht zu seyn, deren specielle Gründe uns jedoch noch unbekannt sind). Zu Ptolemäus und Arria ns Zeiten wenigstens zeichnet sich t>a$ Regnum Tandionis (s. ob. S. 11) als Culturgebiet schon vortheilhast vor andern aus. Schon damals, ergiebt sich aus Al. Johnstons Forschungen, hatten die Madhuresen ein System der Erziehung, eine ausgete7) Al. Johnston Memorandum lor the Year 1835. in Proccedings etc. Journal of the A$iat. Soc. Vol. II. Nr. IV. 1835. p. X

422 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 103. breitete Tamulische Literatur und eine sehr berühmte Akademie der Wissenschaften, die vorzüglich vom V. bis X. Saec. n. Chr. Geb. in hoher Blüthe stand. LiterarischevNuhm überbot dort sogar da­ mals, was jetzt unerhört seyn würde, den Cast en unter schied, die wissenschaftliche Production war nicht auf die priviligirtcn Casten wie im übrigen Indien beschränkt. Denn Liruvaluver, ein Autor vor­ trefflicher Lamulischer Werke, aus einer niedern Caste, ward seines lite­ rarischen Verdienstes wegen, nicht nur zum Mtglicde, sondern selbst zum Präsidenten dieses Collegiums in Madhura von seinem Fürsten erhoben, Hessen Mitgliedschaft einst der Stolz der vornehmsten und ober­ sten Casten der Brahmanen war. Ende des XVI. und Anfang des XVII. Jahrhunderts erregte diese Gegend auch in Europa Aufsehn, als eine Jcsuitenmission, durch P. Robertus de Nobilibus geleitet, in Madhura (im 1. 1606 nach Paulin) *«*) errichtet ward, der unter seinen Zeitgenossen, als Jesuitenpatcr, durch die früheste Kenntniß der Sans­ krit-Sprache und des Tamulische» ausgezeichnet war. Er hatte den Plan dort ein wissenschaftliches Jesuiteneollegium zu gründen, um von diesem aus (er selbst trug das Brahmanen-Kleid) die Lehren der christlichen Religion und der Europäischen Wissenschaften, auf dieselbe Art durch daS Land zu verbreiten, wie die antike Tamulische Akademie die Wissenschaften der Hindu Literatur in Dekan einst verbreitet hatte. Die­ se- nicht ausgeführte Projekt wurde von lll. Johnstons Vater, der einem hohen politischen Posten als britischer Resident in Madhura vor­ stand, in einem erweiterten Sinne wieder aufgenommen, und durch C. Mackenzies Arbeiten wesentlich unterstützt. Al. Iohnstons Groß­ vater, der fünfte Lord Rapier von Merchiston in Schottland, wollte die Biographie seines Vorfahren des berühmten John Rapier, der als Erfinder der Logarithmen angesehen wird, bearbeiten, und in der Einleitung zu seinem Werke eine vollständige Darlegung der Kenntnisse mittheilen, welche die Hindus, die Erfinder der Ziffern und des Decimalsystemes, von Arithmetik und Mathematik (|f. Asien IV. 1. S. 628) in frühesten Zeiten besaßen. Denn aus John Ra­ piers Papieren ging hervor, wie er auf Reisen erfahren habe, zuerst seyen die Ziffern im Collegium von Madhura erfunden, und von da durch Araber (nämlich im VIII. Jahrhundert unter dem Khalif Al Mansur) zu den Spaniern und nach Europa übertragen worden. Lord Rapier von Merchiston forschte- nun auf seinen Reisen in1 Italien, wie in Venedig und anderwärts, den Arbeiten der Jesuiten in ihrem Collegium in Madhura nach, und kehrte mit den eingesammel­ ten Nachrichten nach Schottland zurück, wo ihm die Beihülfe des da™) India Orientafis Clnistiana Auctore P. Paulino a 8. ßartholomaeo Carmelita diso. Romac 1794* 4. p, 164.

Dekan; Collegium in Madhura.

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mals jungen, sehr talentvollen C. Mackenzie bei seinen mathematischen Arbeiten zu statten kam. Für die Fortsetzung seiner mathematischen Un­ tersuchungen im Orient gewonnen, ging Mackenzie als Artillerieofsicicr im Dienste der Compagnie nach Madras, von wo ihm bald die Gelegenheit ward nach Madhura selbst versetzt zu werden. Dort lebte Al. JohnstonS Vater in seinem angesehenen Amte; er war mit der Tochter des Lord Rapier vermählt, die, nach dem Tode ihres Vaters, aus dessen Papieren die unvollendet gelassene Biographie des berühmtul Vorahnen zu redigiren beabsichtigte. Mackenzie nahm die Einladung dieser Familie nach Madhura zu kommen an (im I. 1783) und bald war der: Pl-un gereift, das Hindu Collegium unter dem Schutze des bri­ tischen Gouvernements von neuem ins Leben zu rufen. Damals erhielt Lohnstons Vater, vom Nabob von Arcote, dem derzeitigen Landes­ herren Madhuras, einige alte Ruinen in einem Jungle nur eine halbe Stunde vom Madhura Fort entfernt gelegen, wo nach der Tradition die alte Hindu Akademie gestanden haben sollte, zum Geschenk. Nicht ahnt bedeutendoKosten ward das Gebäude hergestellt, das seitdem Johnstonehouse genannt ward, und noch heute Al.Johnstons Besitzung ist. Mehrere Gemächer, Säle und Einrichtungen waren für das Stu­ dium der. Mathematik und Astronomie getroffen, um diese von neuem unter den dortigen Hindus zu verbreiten. Auf den Pilastern, die das Gebäude in 6 Hallen theilten, wurden auf jedem derselben die mathema­ tischen Figuren, Zeichen, Formeln u. s. w. eingegrabcn, die zur Erklä­ rung eines CursuS in der Arithmetik, Geometrie, Mechanik, Hydrostatik, Optik, Astronomie nöthig sind. Auf dem obern Dach wurde ein Bau auf gleiche Art eingerichtet, die ebene und sphä­ rische Trigonometrie zu lehren. Zwei Planetarien mit Uhr­ werken wurden errichtet, daran das Ptolemäische und das Eoxernicanifche System des Universums zu erläutern. Die Vorlesungen wurden in Tamulischer, Telinga, Malabarischer und der Ca­ rrara Sprache eröffnet, um die Vorzüge des Copernicanischen über das Ptolemäische System, dem die Brahmanen wie die Araber ergeben sind, zu erläutern, und ähnliche Vorträge sollten in den übrigen Wissen­ schaften Statt finden, um die Vortheile des Europäischen Wissens in al­ len practischen Kenntnissen den Hindus zur Anschauung zu bringen und darzuthun; ein schöner Plan, der neben den dortigen, schon ältern religiö­ sen Misflonsanstalten um so verdienstlicher war. Aber kaum hatte C. Mackenzie diesen Bau für Al. Johnstons Vater ausgeführt und eingerichtet, als ihn der Staatsdienst von Madhura abrief, worauf die weitere Ausführung des Collegiums leider unterblieb, obwol JohnstonS Vater und seine Mutter vielfache Verbindungen mit den dortigen gelehr­ ten Brahmanen eingingen, um alle Kenntnisse und Historien derselben auch ferner besser zu erkunden.

Dies waren die Vorbereitungen zu den

424

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 105.

Sammlungen, die Mackenzie, bei seinem zweiten Besuche in Ma d h ura, im I. 1796, als er zum Commandeur der Belagerung von Colombo nach Ceylon beordert ward, anzulegen und weiter auszufüh­ ren bedacht war. Er verband sich, seit dieser Zeit, mit vielen einheimi­ schen Hindu Gelehrten und andern Personen des Landes, um wenigstens, da jenes erste Projeet nicht mehr ausführbar war, eine historische Collection für das Material einer Landes- und wissenschaftlichen Culturgeschichte Süd-Dekans zu Stande zu bringen, an welcher er sein übriges Leben fast ein Vierteljahrhundert hindurch rastlos gearbeitet hat. Zm Jahre 1816, als er schon die Abnahme seiner Gesundheit merkte, empfahl er seinem vertrautesten Jugendfreunde, Al. Johnston, als dieser von seinem Posten als Ober-Richter in Ceylon nach Europa zu­ rückkehren mußte, das Schicksal seiner kostbaren Hinterlassenschaft, und bald darauf hatte ihn auch schon der Tod ereilt. Schon hat das Eng­ lische Gouvernement nicht nur die Mittel der Erhaltung dieser Samm­ lung für den Staat gesichert, sondern auch die Anordnung zu einer Ver­ vollständigung derselben durch die noch zerstreut gebliebenen übrigen Documente getroffen, und der gelehrte, bejahrte Brahmane Lutchmlah, welcher in Madras der einsichtvollste und treueste Theilnehmer an den Arbeiten dieser Mackenzie-Collection war, hat den ehrenvollen Auftrag erhalten, unter seinen gelehrten Ordensbrüdern eine größere Aüzahl von eifrigen Literatoren für die Completirung dieser historischen Sammlung zu werben, und eine Hindu-Literarische Societät zu diesem Zwecke in Madras und Dekan zu stiften. Der Entwurf dazu ist gemacht; der große Hauptzweck steht dabei fest, durch Einführung Europäischer Wissenschaft in Logik, Ethik, Physik, auf Hindukenntniß basirt, den moralischen, politischen, religiösen Zustand der Hin­ dus zu heben; wozu das Studium der einheimischen Historie und Cultur die Grundlage bildet. Zur Zeit des Mahabharata, schließt Al. Johnston seinen lehrreichen und anregenden Vortragt") über diesen Gegenstand, zur Zeit der Indischen Epopoe, deren Inhalt so reich an Logik und Ethik, wie an Poesie, war die Philosophie der Hin­ dus schon so weit fortgeschritten, als die der Römer in der Zeit der Stoa; die Gesetzgebung ManuS schon so durchgearbeitet, wie die Römische zur Zeit Kaiser Justinians (?). In derHandelSwissenschaft übertrafen sie die Römer der alten Welt und die Europäer im Mittelalter, selbst die Briten, bis in die Periode Carl L; wo dieselben richtigern Grundsätze der Handelsgesetzgebung erst aufzukeimen begannen, die schon in jener früheren Zeit in der Hindugesetzgebung gal­ ten. Die Ziffern, statt der Buchstaben, nach ihrem Werth im De­ cima lsystem geordnet, anzuwenden war ihre große, alte Erfindung, M*) AI. Jolmstoh Memorandum 1. e. \u XIV.

Dekan; Civilisationsaussicht.

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voll Simplicität und Scharfsinn, die den Griechen und Römern fehlte, die erst spät durch Araber den Europäern überliefert ward, durch de­ ren Handhabung es erst einem I. Napier möglich wurde die Loga­ rithmen zu erfinden, einem Kepler die Planetenbahnen zu berechnen, einem Newton die AttractionSgesetze, einem La Place die Mechanik de- Himmels. Die astronomischen Tafeln, die LaLoubere aus Hinter-Jndien den Cassinis vorlegte (s. Asien HL S. 1154, 1132), und die, welche die Franzosen aus Krishnapuram (im Carnatik), aus Rarsapur (im nördlichen Circar) und aus Trivalore (in Südwest von Madras, östlich von Salem) nach Europa brachten, zeigen wenig­ stens einige Bewandrung in einem Theile der practischen Astronomie; ihre Berechnungen scheinen sich insgesammt auf denselben Meridian £it beziehen, der mit dem des Madhura-Collegiums zusammen­ fällt. Ein einst höheres, geistiges Interesse, eine blühendere Epoche der Wissenschaften, bei den Hindus der frühern Periode, geht aus allem diesen hervor, und wie die berühmtere der Sanskrit Literatur des DicramadityaS im Norden Indiens (s. Asien IV. 1. S. 486, II. S. 1106), so bildete einst die Tamulische des Collegiums zu Madhura, im Süden von Dekan, den glänzendsten literarischen Mittelpunct. Die Liebe zu Auszeichnungen, Ehrenämtern, Würden, ist ein Haupttrieb bei den Hindus z begierig sahen sie sich auf Ceylon durch die Würde königlicher Friedensrichter zu Esquires erhoben. Dieser erste Versuch gelang; sie ließen alsbald in England ihre Znsiegel mit den Familienwappen graviren. In Ceylon wurden sie treue und gute könig­ liche Beamte. Bürgerliche Ehren, Annahme Europäischer Wissenschaft, Aufnahme und Gleichstellung in die gesellschaftliche Ordnung der Europäischen Welt, die ihnen bis jetzt überall im IndischBritischen Reiche fehlte, würde diese stolzen Gedemüthigten und Entar­ teten aus ihrer moralischen und geistigen Erniedrigung, Verkehrtheit und Erschlaffung erheben und wieder humanisiren. So jetzt, wo noch Nichts von Seiten der Regierung für ste geschehen, wie einst, als Kaiser Akbar, die Hindus, feiner Protection, mit seinen eigenen mohammeda­ nischen Glaubensgenossen gleich würdig erklärte (Asien IV. 1. S. 627), und sein weiser Minister, Ab ulfazl, auch in demselben toleranten Sinne, die Verwaltung des mächtigen Mogul-Reiches führte. Die dankbaren Hindus nannten damals den großen Kaiser dagegen mit dem schönen Ti­ tel: den Beschützer des Menschengeschlechts, ein Schmuck wel­ cher der Ostindischen Compagnie und dem Britischen Gouvernement «t Indien erst noch zu erwerben bevorsteht,

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Ost-Asien. Vorder-Jndien« IV. Abschn. §. 106. tz.

106.

Erläuterung 4.

Das Stromsystem des Godavery (Gadavari) in Leliugana. 1. Uebersicht. Z» den größten, aber noch unbekanntesten Stufcnlandschaften Dekans gehören die des Godavery,Stromes (Gadavari, oder Ganga Godavery, auch Ganga na770), d. i. der kleine Ganges, als weibliche Göttin ge­ dacht), welcher im äußersten, nordwestlichen Bcrglandc (Baglae na) der Subah Aurungabad, in der Nordostwendung, yio West-Ghats und Dindhyankettcn zusammenstoßen, auf den Berggehängcn des höchsten Tafellandes Maharaschtras, ganz benachbart der Meeresküste bei Dombai, zwischen den Festen Trimbuk und Chandore(Dschandur), unter dem 20°N.Br. entspringt (s. Asien IV. i. S. 657). Er ist cs, der von da an, in fast gleichbleibender, südöstlicher Normalrichtung, die dem directen Abstande von der Quelle zur Mündung fast gleich ist, mit unzähligen Serpentinen, aber ohne alle größere Krümmungen, die größte Breite der Halbinsel, fast vom West s Meere bis wieder zum Ost -Meere von M a su l i p a t a m durchschneidet. Die Strom ent Wicklung von der Quelle bis zur Mündung ist etwa der des deutschen Rhcinstromes gleich« über 150 geogr. Längenmeilen; das bewässerte Areal des Stromgebie­ tes mag immerhin um ein gewisses größer seyn (Rheingebiet 4000 Quadratmeilen), aber weil steht es in Hinsicht seiner günstigen Oberfiächcnbildung und seiner Culmrvcrhälknisse dagegen zurück. Der Godavery hat nur einen sehr kurzen, obern Lauf, inner­ halb wahrer Gcbirgsnatur, der den Rhein als Gebirgsstrom so merkwürdig und grandios auszeichnet; er ist, mehr analog der Donau gebildet, größtcntheils nur Plateaustrom« und windet sich (wie diese bis zu den reizenden Thalticfcn von Passau, auf der Naturgränze Bayerns und Oestreichs durch das einför­ migere Plateaugebict Süddcutschlands)« jedoch ausschließlich überall nur durch die einförmigen« nackten, gleichartigen Plateaucbcncn Mittel-Dekans hindurch.. Auch alle seine Zuströme sind gleichar­ tige Plateauflüsse, kein vollufriger Alpcnsohn wie der Inn, keine ,,e) Al. Stirling Account T. XV. y. 268.

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Orissa in Asiat Research. Calcutta

Dekan; Godavery, Stromsystem.

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fruchtbare vorliegende Niederung wie das Marchfeld, die Oedenburger Ebene, das Ungarische Tiefland. Wo er abwärts seiner letzten Durchbrechungen der Randgebirge, oberhalb Rajamundry, erst seine Niederung erreicht, steht er auch schon, ohne vorliegende Kornkammer, der Küste ganz nahe, da überschwcinmt er sein kleines Delta und fallt unmittelbar zuin Meere. Sein Strvlngebict hat daher nur sehr geringe Mannichfaltigkcit von Naturverhältnissen und Erscheinungen; in seinem obern, mittlern und untern Laufe konnten, da der mittlere fast allein vorherrschend geworden, und im Wesentlichen die einförmige Natur des Dekan-Plateaus theilt, rcnzen hervortreten. Der Godavery, mit Eigenschaften eines Plateaustromcs, so auch hier, der weit günstigern climatischen

keine großen Dissen den vorherrschenden die, wie überall, Stellung, als z. B.

bei dem Amursystcme (f. Asien III. S. 427 re.), ungeachtet, doch immer beengender Natur bleiben, konnte darum kein Culturstrom seiner Landschaften, gleich seinen nördlichen und südli­ chen, größer» »nd kleinern Nachbarn werden, weil ihm die gün­ stigern Naturformen fehlten, wie Hochgebirgsnatur, Wasserstürzc, Alpensecn, Alpenthäler, mannichfaltige Thalformen mit muldenförmigen Thalebenen, wechseln­ dem Ackerboden, Hügelbildung, Wasserfülle, Irri­ gationsfähigkeit, Schiffbarkeit, weites, fruchtba­ res Tiefland, ticfeindringende Meeresflnth u. s. w. Doch würde die Cultur sich auch dieses Stromgebietes in seinen großen und mannichfaltigen Verzweigungen frühzeitiger bemäch­ tigt und cs ganz durchdrungen haben, wenn nicht seine Aus­ breitung in der Mitte des Dekan-Plateaus, auf der Gränze zwischen dem Norden und Süden Indiens wie zwi­ schen dem Osten und Westen, es stets in alle Völker, und Herrscher-Kämpfe verwickelt hätte: so daß seine historische Stel­ lung von jeher noch größere Hemmungen und Schwierigkeiten zu überwinden darbot, als seine physicalische Stellung und Entwick­ lung. Gegenwärtig, seit der Besiegung der frühern Beherrscher, der Mahratten (s. ob. S. 411), ist fast das ganze Stromge­ biet des Godavery dem Territorium des Nizam von Hyderabad und des Raja von Berar zugetheilt, so daß

ihm

der Würd« der Gränzfluß beider ist, und im Westen von und am untern Godavery das Gebiet des Nizam, das des

Raja aber im Osten liegt. Die halbwilden Horden der Cnlics

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Ost-Asien, Vorder-Jndien. IV. Ab sch n. §. 106.

und Bhils blieben vom Nordufer des Godavery an, durch sein bergiges, klippiges Stromgebiet, int Hochlande von den West/ Ghats bis zum Wurda-Fluß im Osten, überall vorherrschend« verbreitet (s. Asien IV. 1. S. 6G0); aber ostwärts vom Würd» und von seinem Verein mit dem Godavery, an dessen Ostufer,sind überall die Völker der Gonds oder Goands ansässig, beides die roheren, raubsüchtigen, ungebändigt und uncioilifirt gebliebe­ nen Zlboriginer, die Centralvölker Dekans, deren Heimach bisher, aus demselben Grunde, nur wenig zu erforschen war, im nördlichen Mahratta, in Khandesch, in Berar und Gondwana. Erst mit den südlichern Landschaften, dem südlichen Aurungabad, Beder, Hyderabad und den Circars, längs den Südufern des Godavery und seinem Mündungsgebiete, fangen die bebauteren und civilisirteren Gegen­ den auch an bekannter zu werden. Ohne die letzten Kriegszüge gegen die Mahratten und Pindarries, deren Hauptsitze, Festen und Verschanzungen aus jener nördlichen Hälfte des Godavcrygcbictes hinübcrreichtcn zum obern Tapti und obern Nerbuda (s. ob. S. 411), würde uns dieses Stromgebiet, dem größten Theile nach, noch immer ein Terra incognit» geblieben seyn. Die Zeit des Besuchs jener Gegenden durch die Europäer ist aber noch zu kurz; alle Kenntniß blieb bis jetzt nur sporadisch, und kein Be­ obachter, wie in Malwa I. Malcolm, wie in Rajputana I. Todd, wie in Mahratta M. Elphinstone, keiner wie in Orissa A. Stirling, wie in Maißaorc Fr. Buchanan, trat bis jetzt in Berar, Beder, Gondwana und Hyderabad auf, uns über diese Gegenden wahrhaft und gejstvyll zu belehren. ?.

Quellarme des Godavery, und Verein mit dem Manjera, Unzählige Quellbäche entspringen den West-Ghats, zwischen

den Chandore und Tr im buk Bergen, unter dem zwanzigsten Drcitcnparallel, und vereinen sich, bei Kumbhauri, zu dem einen Hauptarme, den die Hindus, ohne einen besonders ausgezeichneten Grund, unter vielen andern Verzweigungen für den O-uellfitomm) ihres größten und heiligverehrten Ganga Godavery halten, dessen User auch deshalb von Brahmanenli) 7 71) W. Hamilton Descr. T. 11. p. 80. ") Lieutn. Colon. Fitzvlaionce Journal of a Route Acvoas India. Lond. 1819« 4.. p. 224.

Dekan; Godavery, oberer Lauf.

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bewohnt werden. Im Ayeen Akbery wird gesagt wie der Ganges dem Mahadeo, so sey dieser Strom dem Ko tum, Godom? Gautama, geweiht, daher er auch Gangkotcmy heißt73), ein merkwürdiger Ucberrcst alter Buddhistischer Anklänge (s.ob. S.384). Um Trimbuk Nassuck, nur 10 gcogr. Mei­ len vom westlichen Ocean der Malabarküste entfernt, werden die Tempel, die an seinen Quellen erbaut sind, von devoten Pilgern aus allen Theilen Hindostans bewallfahrtct. Bon da strömt er ganz gleichsinnig, wie seine südlichen, parallelen, benachbarten Plateauströme, Dhima und Kistna gegen S.O., zwischen den Städten Aurungabad und den ElloraGrottenwerken (f. Asien IV. 1. S. 678) an seinem Nord- wie Ahmednagar an sei, nem Südufcr, durch ein klippiges, unebenes, zerklüftetes Plateau­ land, voll Kuppen und niedere Felsen und Kegel, recht zu Asylen und Bergfesten fehdeliebcndcr Häuptlinge und Hordenanführcr ge­ eignet, ein Land der leichtern Reiterei, der Mahrattenschaaren, der Horden der Pindarries (s. ob. S. 408). Oberhalb des Ue, bcrgangsortes, auf der Straße zwischen Aurungabad und Ahmednagar, zu Toka ist der Godavery noch furthbar, nur knietief (im Januar); unterhalb der Stadt aber nicht mehr; da muß die Reiterei hindurch schwimme««. Brücken sind hier nicht geschlagen; von Schiffen ist nie die Rede. Der Strom durchzieht von der Provinz Aurungabads ostwärts, über Na ndeir, unter I9e3' N.Dr., »vo sein Spiegel, nach W. Cullens Messung74), nur 1074 Fuß Par. üb. d. M. liegt, die weite Land­ schaft, die nun zu seinen beiden Seiten, wo ihn im Süden der Manjera-Fluß begleitet, und im Norden der ihm fast gleich große Pain Ganga-Fluß, den Namen Beeder, Beder oder Bi der führt. Beder, »vo der dreifache Sprachknoten (f. ob. S. 288), die moderne Landescapitale, von «velcher die Pro­ vinz den Namen führt, liegt am Manjera (Manzora) Fluß, der in seinein ganzen Laufe unschiffbar bleibt, unter 17° 49' N.Br., sie hieß vordem Ahmedabad, «veil sie durch Ahmed Schah, von der Bhainani Dynastie (seit 1347), statt der frühern Resi­ denz in Kalbnrga, was mehr im S.W. dem Bhima genähert **) Ayeen Akbery ed. Gladwin. London 1800. 8. Vol. II. p. 66. _ ") W. Collen Journ. from Belari to Nagpoor by J. H. Modge in Catcntta Tiansaot. 1833. T. XVIII. Tab. I. vergl. dess. Notice of tht Geolog. Feature etc. in Taylor and Philipps Philos. Magaz. London 1828. Dec. Nr. 24. p. 435.

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lag, erbaut ward. Diese Gegend um Beder, wo der Man, jera,Spiegel nach W. Süllen, 1500 Fuß P. üb. d. M., also 4oo Fuß höher als der des Godavery bei Nandeir liegt, ist neuerlich, am Nordufer des Manjera, durch die Messung ci, net trigonometrischen Basis bei Daumergidda (unter 18° 3' N.Br., 77° 43' O.L. v. Gr.) berühmt geworden, die für die Messung des Meridians von Cap Komorin (Punnae, 8"9'N.Br.) bewerkstelligt ward; ein Meridian"^), von Pun­ nae bis Daumergidda, der längste, gemessene, auf der Erde von nahe 10 Breitengraden. Daumergidda liegt auf einer absoluten Höhe von 1890 F. P. (2015 Engl.) üb. b. M. Die gemessene Basis an ihrem Ostpunct 1860, an ihrem Wcstpunct 1807 F. P. üb. dl M. In der ganzen Strecke des Zwischenraumes, zwischen dem Kistna, User bei Kotapilly bis hierher, bei Beder am Manjera im Godaverysysteme, hält sich das Tafelland Dekans, in gera, der Richtung gegen Nord, immer auf einer mittlern abso, luten Höhe zwischen 1800 bis 2200 Fuß, und nur der Was, serspiegel,des Manjera (1500 F.) schneidet hier verhaltniß, mäßig so tief ein, wie der Kistnaspiegel bei Kotapilly und Pagtur (1018 F.), obwol der Manjera doch noch immer um ein halbes Tausend von Fuß höher fließt. In dein Zwischenlande des Kistna und Godavery, von Kotapilly bis Beder und Daumergidda, sind bei der Meridianmessung die absolu, ten Höhen von 15 an sich wenig bekannten und unbedeutenden Stationen^), bestimmt, durch welche man jedoch eine anschau, liche Vorstellung von den wechselnden Terrainverhält, Nissen der dortigen Natur des Tafellandes erhält. Sie heißen »om Kotapilly,Hügel über dem Nordufer des Kistna an (16° 28' 27" N.Br., 77° 26' 16" O.L. v. Gr., 1554 F. P. üb. d. M.), in nördlicher Reihe bis Daumergidda liegend, also: l) Jnpagutl 2260 F. P. üb. d. M.; 2) Kondakur 1905; 3) Kaunkurti 2270; 4) Pochamagutt 2295 ; 5) Kota Koddangul 1872; 6) Purgy 2304; 7) Annantu, 776) Lieutn. Colon. Will. Lambton Account of the Measurement of on Are on the Meridian extending from 15° 6' — 18° 3' 45" N.Latit. beeing a further Continuation of the former Are, commeneing in Lat. 8° 9' 38" in Asiat Research. 1820. Vol. XIII. 1>. 1 — 3 und Tab. 355 etc. 7e) Will. Lambton Account 1. c. T. JtUI. Tadle of Elevations etc. p. 355 etc#

Dekan; Godavery, Mittellauf.

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gherry 2248; 8) Kotamarpilly 2144; 9) Topccondah 2117; 10) Goraegut 2012; 11) Schilapill» 2132; 12) Taudmunnur 1809; 13) Malliga, ganz nahe bei Beder, 2141; 14) Dudallah 1881; 15) Daumergidda. Leider sind unS die speciellen durch C. Everest, Lambtons Nachfolger, fortgesetzten Arbeiten der Mcridianmcssung durch das ganze Go, davcrysystem nordwärts bis zur Basis von ©etonje77) (die schon im December 1824 gemessen war), im Norden des Ner, buda, noch nicht mitgetheilt, aus welchen viel Licht über die hie, sige phystcalische Geographie hervorgehen würde. 3. Des Godavery Mittellauf durch Tclingana. Der Godavery setzt, vom Verein mit dem Manjera-Fluß, ostwärts, durch ganz Beder im Nizam Territorium fort. An Nirmull (unter 19° 19' N.Br. ein berühmter Uebergangs, vrt der Pindarrie-Hccre auf ihren Strcifzügcn über diesen Strom) zieht er vorüber bis über des Nizams Ostgränze, zum Be rar, Territoriuln, in ganz gleicher Direktion, etwa bi- in den Meri­ dian von Madras, wo nun Gondwana, das Land der Gonds beginnt. Er nimmt eben da, vom Norden her, seinen' nördlichen Hauptzufluß den Wurda, nahe unter 19" N.Br., zwischen den Orten Ehinnur und Mahadeopur auf, der ihm seine Wasser aus dem nördlichen Berar und den Gondwara, Bergen zuführt, die das Südufer des obern Nerbuda begleiten« Sie kommen von den Sätpura-Ketten um die Quellhöhen des Tapti (s. Asien IV. l. S. 659), die sich ostwärts hinziehen, bis zu den Wasserscheidehöhen zwischen Sone, nord, wärts zum Ganges, und Mahanadi, südwärts, nach Cut, tak in Orissa (s. ob. S. 357). Dieses ganze Plateauland süd, wärts der Vindhya-Kctten, welches der Godavery bis zum Wurda, flusse durchzogen hat, erhielt, zur Zeit der ersten Mohainmcdancr, Eroberungen in diesen Gegenden, im Xlll. Jahrhundert (s. Asien IV. 1. S. 562), und der mächtigen Bahmany-Dynastie (s. Asten IV. l. S. 633), die bis auf Kaiser Akbar dauerte, wie schon frü, her bemerkt ward, den allgemeinen Namen Telingana (von Trilinga, Telugu, Tenugn oder Telinga, s. ob. S.379), M) Capt. Everest Surveyor General of the Compensation Measuring Apparatas of tüe Great Trigonometrical Survey of India in Asiat. Researches Calcutta 1833, T. XVIII. Phys. Class. P. I. 2. p. 194 hi- 214.

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womit die einheimische Sprache, wie das Volk und das Land seitdem bezeichnet ward. Aber die ältere Hindueintheihing unterschied in diesem Tclingana zwei Hälften, die Land­ schaft im Norden des Godav^ryquerthales, welche 2(n# bl)ta778) genannt wurde, dagegen der Name Kalinga nur für die Landschaft im Süden des Godaveryqucrthales gebraucht wurde, wie für die Küstengebiete, welche auch unter dem Namen der Fünf Circars, d. i. „der Fünf Provinzen" bekannt sind. Diese sind cs aber, welche späterhin von den Mohammeda­ nern an Europäische Colonisten überlassen wurden, wo sich erst Franzosen, dann Briten festsetzten. Der nordöstlichste Theil von Andhra aber, ostwärts des Wurda - Flusses, also das heutige kaum erst zu tagen beginnende Gondwana, heißt, in der alten Sanskrit Geographie, zur Zeit einstiger mächtiger Hindu-Najas (s. Asien IV. 1. S. 563), Bidharba, welches in seiner weiten Ausbreitung, Maharaschtra im West von Magadha im Osten, und Malwa im Norden von Andhra und Telingana (Tailingana bei Fr. Hamilton, mit der Capitale Wa< rangol 77 Milcs Engl, im N.O. von Hyderabad) im Süden trennt. Der einzige Ort von allgemeiner Bedeutung in diesem Godavcrylande ist in der Nähe von Elora und Daulatabad (f. Asien IV. 1. S. 678) Aurungabad, über welchen wir au­ ßer dem früher gesagten noch einige Bemerkungen hinzuzufügen im Stande sind. 4. Die Capitale Aurungabad; die Feste Daulata­ bad; das Sanatarium Rosah. Aurungabad, unter 19°54' N.Br., 75°33' 0.8. v. Gr. (bei W. Hamilton), ist die moderne Capitale der gleichnamigen Subah, welche, wie alle jene Gegenden und Ortschaften, während der Mahrattenperiode, im Verlauf ewiger Fehden des XVIII. Jahr­ hunderts, in größten Verfall gerieth; aber seit dem Jahre 1815 sich wieder zu heben beginnt. Aus dieser neuern Zeit giebt Dr. Poung, die wahrscheinlich berichtigte, astronomische Lage der Stadt auf 19" 45' N.Br. und 76" 2' 15" 0.8. v. Gr. an. Wir haben schon früher des dortigen, alten Emporiums Tagara, ,J*) Fr. Hamilton (Bnchanan) Notices concerning Plante etc. in India in Edinb. Transact. of tbe Roy. Soc. Edinb. 1824. Vol. X. P. I. p. 1761 s. India according to the ancient Divisions used in tbe Sanskrita tongue Tab.

Dekan; Godavery, Aurungabad.

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Deoghir, und der ersten Nennung der grandiosen ©rotten** werke in der Nachbarschaft erwähnt (s. Asten IV. l. S. 513, 564), auch die Erbauung der ersten Moschee und die Verlegung der Kaiscrresidenz aus Delhi nach Deoghir (134o) nachgewie* sen, das seitdem den Namen Daulatabad erhielt (d.i. Herr* scherstadt, ebend. S. 567, 568). Wir haben die damalige Prachtstadt und ihre Feste, den Indischen Königstein, durch I b n Batuta näher kennen lernen, aber auch, daß späterhin, als Aurengzeb Vizckönig von Dekan war, nicht fern von ihr, stch dessen neue Residenz unter dem Namen Aurungabad (@.568, 638 u. a.) erhob, die unter den jünger» Nizams70) auch diesen Namen behielt, und deren Residenz blieb, bis sie es vorzogen, sich in größere Entfernung von den Maharattcn, ihren verstellten Freun* den, nach Hyderabad, bei dem ehemaligen Golkonda, zurück* zuziehen. Ueber den felsigen Bergpaß aus dem tiefen Thale deS Taptiflusses, vom Norden her, aus Burhanpur in Khandesch, sind wir auch schon früher über den Adjunta ©hat heraufgestiegen (f. Asien IV. 1. @. 665), biß Aurungabad. Die absolut hohe Lage dcrStadt ist uns nicht durch Messung bekannt; wir schätzen sie zu 1700 bis 1800 Fuß über dem Meere. Dies ist die ähn* liche Höhe, welche neulich, durch Lieutn. Colonel Sykes80), 6a* rometrisch für die im S.W. benachbarten Orte Ahmednagar

1783 F. P., und Puna 1709 F. P. ermittelt wurde, so wie deren mittlere Temperatur, die 78° und 77° 6' Fahrh. an beiden Orten betragen soll, was uns jedoch, in Vergleich mit der nur geringern in Darwar (Asien IV. l. S. 713), und dem weit südlichern Kandy, das ebenfalls 78° Fahrh. darbietet, zu über* trieben erscheint, wenn nicht eben darin die Wirkung der Plateau* bildung auf verstärkte Hitze sich kund thut. Nach Dr. Q)ottng81) herrschen hier zwei Drittheile des Jahres W.S.W.*Winde; nur im Nov. bis Januar Ostwinde; dann steigt das Therm. von 50 bis 86° Fahrh. innerhalb 24 Stunden, es treten große und schnelle Wechsel von Hitze und Kühlung ein. In der heißen Iah* 79) W. Hamilton Derer. Vol. II p. 194. *°) Lieutn. Col. Sykes Notes on Mean Temperatures in India in Report of .the fourth Meeting of the Brit. Association for the Advancement of Science at Edinburgh 1834. London 1835. 8. p. 567 — 568. * *) Dr. 8. Young Medical Topography of Aurungabad in Transact. of the Medio, and Vbys. Society of Catcutta 1826. 8. Vol, II. p. 327.

Ritter Erdkunde VI.

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reszekt schwankt das Thcrm. zwischen 78" bis loo» im Schatten, wodurch große Contrastc, seht ungleiche Witternngszuständc be­ wirkt werden, welche inlcrmittircnde Fieber erzeugen. Das milt, lere Regenquantum, welches hier fällt, beträgt jährlich 30 Zoll (dies wäre weit mehr als in Darwar, s. Asien lV. 1.S.714, freilich nicht halb so viel wie in Colombo, s. ob. S. 86); jedoch in den zuletzt beobachteten drei regcnarmen Jahren- hatte das Quantum jährlich noch nicht 21 Zoll betragen. Die Monate May und Juni sind die gesundesten; nach den zwei ersten Re, gcnschauern pflegen sich die Fieber einzustellen. Während der Men, sunc werden die täglichen und tertiaircn Fieber allgemein; Ende Octobcr zeigen sich die galligen, remittirendcn und Mitte Deccm, ber die bösartigsten Fieber. Dies ist der regelmäßig, cliinatische Verlauf si'ir die menschliche Organisation, welcher die Lage der Stadt sehr ungünstig ist. Der Bcrgstrom Kowlah, ein nörd, licher Zufluß zum Godavery, scheidet die große Stadt, mit etwa 60,000 Einwohnern und 3 Stunden in Umfang, von ihrer Vor­ stadt, Bcgumplirah; welche durch ein paar Brücken mit jener verbunden ist. Jin Norden breitet sich ein Sumpfboden aus von einer halbkreisrundcn Anhöhe umgeben, so daß die Stadt wie in einem Bassin mit Alluvialboden erfüllt zu liegen scheint, in wel, chcm Reisfelder und ein großer Bewässcrnngsteich, ein Tank, voll Wasserpflanzen, vor dem Dclhithorc gelegen, sehr nachtheilige Aus­ dünstungen bewirken. Der centrale Theil der Stadl liegt sehr niedrig in gleichem Niveau mit den Sümpfen, nur der übrige Theil liegt etwas höher; das Militaircantonnement der Briten auf einer felsigen Plaine im S.W. der Stadt, auf der gesundr, sten Stelle. Die umgebenden, nackten Fclshöhen sind keines An, baucs fähig; pyramidale Cypresscnbäume782), die dem hei, gen Bengalen und Hindostan fehlen, zieren durch ihre Anpflan, zung die Gegend; sicher wurden sie erst durch die Mohammedq, ner, denen sie Licblingsbaum auf Grabstätten sind', hierher ver­ breitet, vielleicht wie andere zu Jbn Batutas Zeit (s. Asien IV, l. S. 568). In den Anlagen der Gärten, an den Gehängen, gedeihen die Obstarten in Menge: Orangen und viele mv' derc, auch Trauben, so gut wie die Europäischen. Sehr pracht­ voll ist der Anblick der Stadt von der Oftfeite mit ihrem Bergamphitheater und den zahllosen Ruinen von Moscheen und Pa*•*) Fitzehrence Journal I. c. p. 170.

Dekan; Godavery, Anrungabad.

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lasten in der Mitte ihrer städtischen Gebäude, die bei dem (Situ tritt freilich, wie die meisten Indischen Städte, mit Schutt und Elend erfüllt sind. Der gutgcfüllte Bazar, mit Waaren aller Art, macht einen bessern Eindruck. Die Ruinen des königlichen Palastes sind noch heute grandios, obwol nur von Schakalen und Eulen bewohnt; sie zeugen noch immer, wie die zu Delhi und Agra, von dem Reichthum, der Prachtliebe, dem edrln architektoNischen Geschmack ihrer Erbauer. Aber was die Stadt vor allen andern Indischen Städten auszeichnet, ist ihr Wasserreich­ thum, der freilich auf die Gesundheit ihrer Bewohner nachtheilig wirkt, aber doch im Orient stets gepriesen wird. Jedes Haus hat ein Wasserbassin, und eine eigene Quelle, einen Springbrun­ nen in seinem Hofraum. Die ganze Stadt steht auf Aquädukten, von denen leider viele verfallen und vcrschlämmt, zur Bcrderbniß der Luft vorzüglich beitragen müssen. In keiner Stadl der Welt, meint Dr. Q) o u n g, sey mehr Wasser wie hier. Doch fehlen noch die nützlichsten Maschinen, Wassermühlen und Windmühlen; al­ les Korn mnß noch auf Handmühlcn gemahlen werden; so weit ist die Industrie zurück. An die Verbesserung der Aquädukte der Stadt erlaubt die Prädcstinationslchre der Mohammedaner nicht zu denken; diese wird daher von Europäischer Verwaltung ausge­ hen müssen. Aurungabad muß sich, bei fortdauerndem Frie­ den, als Hauptverknüpfungspunct vieler Hauptstraßen durch das Plateauland, zwischen Bengalen, Delhi mit Bombay und Hydra bad, sehr bald wieder heben, womit auch der Ansang schon gemacht ist. Nur drei geogr. Meilen gegen

N.W. fern, auf einer sehr romantischen Tafelhöhe, bei dem Dorfe Liosah 7S3), nur etwa 450 Fuß noch über der alten Feste Daulatabad erhaben, ist eine so ungemein gesunde Lage, daß die Kranken, selbst von Bombay aus, bis dahin gehen, um in der dort beständig frischeren Kühlung der reineren Lüfte, obwol der Temperaturunterschied von der Lage Aurungabads nur gering seyn soll, ihre Gesundheit wieder zu erlangen. Auf dersel­ ben Höhe liegt, zwischen den Grüften mohammedanischer Gräber und Heiliger, auch Kaiser Anrungzebs Grabmal, in einer sehr malerischen Umgebung, die durch die nahen Felsgcbirge mit dem wundervollen Erottcnbau von Elora, und die hoch empor sich he-

*3) Dr. S.* Voirng Medical To|iogr. l. c. Vol. II. p. 339« Ee 2

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benden Felsburgen des antiken Deoghir, viele wohlthätige Reize darbietet für Geist und Körper, um diese Stelle von Rosah oder Rosas den interessanten, weit zerstreuten Gruppen Indi­ scher Sanatarien anzureihen (s. ob. S.7Z, Asien IV. l. G71, 972 n. a. O.). Doch ehe man dahin gelangt, zieht jene merkwürdige Festung Daulat-Abad^) &ie Austnerksamkeit des Wanderers auf sich. Sie liegt auf einem isolirten Trapp, oder Granit,Kegel in der Gestalt eines steilen Bienenkorbes, der an 3000 Schritt fern steht von den Zuge der nördlicher streichenden Bergkette. Der etwa 500 Fuß hohe Berg, etwa im untern Drittheil, mit steilabschüssigen Felswänden, oben voll Thürme, Häuser, Bäume, unten voll Verschanzungen und natürlicher Mauerwände, ist ei, gentlich selbst, von außen und innen, in eine Festung verwandelt, ganz mit Wasser und Graben umzogen. Die Pettah, oder Stadt Daulatabad, ist nur von niedern Mauern ohne beson, dere Festigkeit umgeben, hat aber mehrere Thore, schöne Dieser, voirs für Wasser, Ruinen von Palästen, und eine Moschee auf einem Hindutempel (Debi) gegründet; die oberen Galterien des hohen Minarets sind herabgestürzt; persische Inschriften bedecken seine Seitenwände. Ueber dieser untern Stadt erhebt sich der Ci, tadellberg, den unten eine Steilmauer von 30 bis 40 Fuß um, lauft, bis zum Glacis, und von diesem eine senkrechte nackte Fels, wand 150 Fuß hock, so daß bis zur Contrescarpe eine Steilseite von wenigstens 180 Fuß emporsteigt. Es folgen drei Mauer, Unten mit Thoren, mit Graben und Gallerien, wo immer nur ein paar Menschen zugleich passiren können; diese führen vom Mahakot zum Kalakot (Cotah die Festung), d. i. von der äußern zur innern Feste. Die Gräben sind in Fels gehauen; die Zugbrücken, die sonst hinüberführten, fand Delamain nieder, gestürzt. Nur über Leitern mußte man hinab und hinauf. Der einzige Wea, jenseit der Gräben, kann nur durch das Innere des Granitberges selbst hindurchgehen. Ein dunkler, hohler Felsgang, 12 Fuß hoch in das Granitgewölbe gehauen, muß mit Fackel­ schein wol io Minuten emporgestiegen werden, um bald durch weitere oder engere, auch wieder horizontale Passagen, voll Pfor, **4) Fitz Cforence Journal 1. c. p. 193; Licutn. Colonel Delamain Journey front Mundlaisir to Bombay in Asiat. Jotirn. N. Ser. 1831. Vol, V. p. 133; W. Hamilton Descr. Vvl. 11. p. 147.

Dekan; Godavery, Daulatabad.

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tcn, Seltenausfälle für Einzelne, Winkel, Seitcnfcnster, Wasscreisternen, Stufenfolgen auf und ab, zu einem freiern Raume zu kommen, der aber durch eine eiserne Fallthüre geschlossen werden kann, wodurch alle Verbindung von unten nach oben abgeschnit­ ten wird. Der ganze Höhlengang kann noch von oben tnit Feuer, brand, über dem eisernen Thore, überdeckt werden. Der einzige Ausgang ist oben durch des Commandanten Haus, und hier fan­ gen nun wieder Bauwerke mit Thoren an, meist in Fels ge­ hauen; es folgen die obern Thürme, Brücken, Wohnhäuser, Bat­ terien, Arsenäle, Magazine,. Forts, hinauf bis zur höchsten. Flag­ genstation des Nizam. Dieser Indische Königstein ist die merk­ würdigste Burg ihrer Art, D evag iri, oder De ogh i r der Hin­ dus, das Tagara bei Ptolemäns heißt, der Gütterberg, eine Benennung, die auch einige andere Fclsbrirgen in Gnzerat, in Bundclkhund und in andern Landschaften trügen. Hier breitet« sich unter ihrem Schutze, in urältestcr Zeit, das berühmteste Landes-Emporium aus, dessen Waaren, einst den Wclthafcn der Ara­ ber, der Phönicier, der Aegyplicr zugeführt wurden^ RamDiu war der letzte Hindu Monarch, der Raja von. Dekan, der sie ge­ gen das Jahr 1300 an die mohammedanischen Eroberer und Be­ herrscher von Delhi abzutreten genöthigt war (f. Asien IV. i. S. 562). Nach dem Falle der Groß-Moghule, nach AurcngzcbS Tode,, kam sie meist in die Gewalt rebellischer. Befehlshaber, dann der Mahratten, dann in den Besitz französischer Commandeurs unter dem Nizam; zuletzt in Holkars Gewalt, und nun wieder in. die des Nizam. In der Geschichte dieser berühmten, uralten, aber gänzlich verfallenen Felsburg spiegelt sich die Geschichte des- gan­ zen Landes, das seitdem die einheimischen Götter aus ihren Bur, gen entflohen, rin Spiel der Fremdlinge wurde. Aus den benach­ barten- Schluchten des Grottcnbergs von Elora ergießt sich, süd­ wärts zum Godavery, ein Bergstrom, welcher heilig gehalten, wird und Gang» heißt; am Zusammenfluß beider ist ein Badeort für Pilger von Brahmane» bewohnt Anmerkung.

W. Lambtons Indische Gradmessung durch.

Dekan, vom Cap Komorin an bis Berar, ihre gort, setzung über dir Bindhyaberge und durch die GangeSebene bis zum Himalaya, durch G. Everest, nebst dev Aufnahme von ganz Hindostan (1800 bis 1835). Eine der großartigsten geodätischen Unternehmungen des XIX. Jahrhunderts in den außereuropäische» Gebieten, ist unstreitig die

438 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 106. Lambtonsche Meridianmessung mit der trigonometrischen Aufnahme in Indien ^"), deren wir so oft schon gelegentlich er­ wähnen mußten, weil sie es vorzüglich ist, welcher wir die wichtigsten Fortschritte aller positiven Ortskunde und die berichtigteKartographik dieses merkwürdigen Ländergebietes verdanken. Hier an der Nord gränze der bisher vollständig öffentlich bekannt gewor­ denen Vermessungen, im Tclingalande, wird es daher für die Speeialgeographie Hindostans, wie für die Theorie der Erdgestaltung überhaupt, nothwendig seyn, wenn auch nur historisch nachzuweisen, was bisher durch dieselbe für positive Erdkenntniß geschehen ist, und darauf aufmerksam zu machen, was für dieselbe, durch die Fortsetzung der Ar­ beiten Anderer schon beendigt, oder noch für die nächste Zukunft zu er­ warten ist. Um das Zahr 1800, als die Siege der Briten auf dem Plateau­ lande von Maißoore, zum ersten male die Aussicht zu bfretten Ver­ bindungen ihrer Gestadecolonien, zwischen Coromandel und Malabar, quer über das Centralplatcau eröffneten, entwarf William Lambton den grandiosen Plan") zu einer Vermessung auf der Halbin­ sel Dekan, um die Ortsbestimmungen, basirt auf die Messung eines Meridianbogens der Erde, in jenen neuen Ländererwerbungen zu erhalten, an denen es bis dahin gänzlich fehlte. Das Madras Gou­ vernement gab die Mittel zur Ausführung; die Gradmessungen in Frankreich und England hatten die Wissenschaft und die mechanischen ,#l) Brigadier Maj. Lambton Account of a Method for exten ding a Geographie. Survey across tho Peninsula of India in Asiatic. Researches ed. London 1807. 8. Vol. VII. p. 312 —335; Capt. William Lambton An Account of the Trigonometrien! Ope­ ration in Crossing the Penfhsula of India and connecting Fort St. George with Mangalorc, in Asiatic Researches or Traosact. of the Society institoted in Bengal etc. Lond. Edit. 8. 1811. Vol. X. p. 290 — 384; Maj. Will. Lambton Account of the Measureinent of an Are on the Meridian comprehendcd between 8° 9' 38",39 and 10° 59' 48",93 N.Lat.: Trichinopally 1. Nov. 1809; in Transact. of the Asiatic Society. Calcutta Edit. 4. 1816. Vol. XII. p, 1—101; dess. Account of the Mcasurement of an Are on the Meridian extending from 10° 59' 49" and 15° 6' 0",65 N.Lat.: Bellary 17.Nov. 1812, in Transact, of the Asiat. Soc. Calcutta Edit. 4. 1816. ib. p. 286—293. — Lieutn. Colon. / W. Lambton Account etc. of the Continuation from 15°6'0",2 to 18° 3' 45" N.Lat.: Hyderabad 15. Sept. 1815, in Transact, ib. 1820. Vel. XIII. p. 1—127, — Capt. G, Everest Surveyor etc. of the Compensation measuring Apparatus of the Great Trigonometrical Survey of India, in Asiat. Research. Calcutta 1833. Vol. XVIII. Phys. CI. P. I. p, 194—214 etc, *•) Colonel Lambtons Surveys in India, by Prof. Wallace, in Hist, and Descr« Account of Brit. India Kdinb, 1H32, 8, Vol, III. p. 410—419.

Dkkan; Lambtons Mcffungcil in Jndiei».

439

Künste untfhttefn gefördert; die trefflichsten Instrumente wurden ange­ schafft, eine genaue Ermittelung der Größe des Erdsphäroids wurde noch gesucht, die Fortsetzung der Gradmessungcn unter allen Breiten der Erde und in allen Erdtheilen ward immer' unentbehrlicher. Die geodätischen Ortsbestimmungen und genaue Messungen auf der Erdoberfläche nach ihrer wahren Gestatt machten hier verschiedene Operationen nothwendig, um zu sichern Aufnahmen und zur Bestimmung der wahren Erdkrümmung drS zu vermessenden Landstrichs zu gelangen. Ausmessung mehrerer Ba­ sen oder Grundlinien, auf Horizontalflächen von 2 bis 3 Stunden Länge; Auswahl der Stationen in dem aufzunehmenden Gebiete, um daraus Triangel zu bilden, und an jeder durch Theodoliten die Winkel zu mes­ sen, um durch sie die unbekannten Theile der Triangel, die Lange der Linien zu finden. Dann Durchschnittslinien der Triang.ekfeiten mit den Meridianen der Stationen, um das ganze Netz nach den Weltgegenden zu orientiren, und endlich eben so genau das Verhält­ niß der Lage zu den Parallclkreifen der Erde durch astronomische Breiteubeobachtungen zu ermitteln. 2CuS solchen vorbereitenden Arbeiten war dann das jedesmalige,, entsprechende Stück des Erdmeridians, nach feinet wahren Länge trn Vergleich mit dem correspondirenden Himmeksbogen zu ermitteln, und die Landesvermessung war auf die genaueste Methode basirt, der nun die berichtigte Kartenzeichnung und jede practische Anwendung folgen konnte. W. La mb ton begann sein Werk mit der Messung einer Basis auf dem Plateau in Ost von Bangalore, über 100 Engl. Miles von der Küste. Zunächst mußte die absolute Höhe der Basis über dem Meere durch eorrespondirende Barometer­ beobachtungen zwischen Bangalore und dem Niveau des Oceans bei Madras gefunden wetden. Die Basis liegt unter 12° 54/ 6" N.Br.» mit ihrem Nordende bei dem Dorfe BanSwaddy 3037,» Fuß Engl. (2830^6 6 F. Par.) üb. d. M., mit ihrem Südende nahe dem Dorfe Agrar um-, 3023,« F. Engl. (2837, i» F. Par.) üb. d. Meere. Sie ward vom 14. Oetob. 1800 zu messen angefangen und am 10. Dee. beendigt; ihre Länge beträgt 39,267,jo o ba $ an tfr17),, halbwegs an ihrem Nordende, ist die große Triangelstation, wo die Durchschneidung mit tom Meridiane bestimmt» also die Messung orienlirt wurde. Mit neuen- Instrumenten schritt W..Lumbtan im Jahre 1802. zu, einer erweiterten Mrridiaumessung fort,, und bestimmte eine zweito Basis in der Ebene von Madras, zu 40,006,44 F. Engl> -- 7,«4» Engl. Miles Länge, unter 13° 0! 29^ N.Br., die einen Wmkel von

g7) W. Lambton Aceount L. c. Vol. XII,. p. 309, 310. XIIL p. 355. Nr. 33.

440 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 106. 12° mit dem Meridian bildete. Von ihr aus wurde eine Triangelreihe bis 85 Engl. Mikes weiter gegen W. zum Parallel vvn $3° 19' 49" ausgebreitet, die sich südwärts bis zum Parallel von Cu dalore, in der Carnatik-Ebene, unter 11° 44' 53" zum mittlern Cavery zwi­ schen Salem und gegen Coimbetore fortzog, und mit ihrem Netz ein Ge­ biet von 3700 Engl. Quadrat Miles bedeckte. Die sehr günstig gelege­ nen Stationen gaben sehr große Triangels deren Seiten 30 bis 40 Engl. Miles Länge hatten. Das Resultat dieser Arbeit war, die Länge eines E^dgrades unter 12° 32' N.Br. = 60,494 Fathom Engl.z damals der nach dem Peruanischen unter dem Aequator, dem Aequator zu­ nächst liegende gemessene Meridiangrad. Im Jahre 1803 ward auf diesen eine senkrechte Linie, von O. nach SB., als Erd­ grad zwischen den Stationen Carangooly und Carnaghur ge­ messen; das etwas unsicher bleibende Resultat gab das Verhältniß der Polarabplattung der Erde zu Im Jahre 1806 7,s) war die Reihe der Triangel schon quer über die ganze Halbinsel, von Madras bis Malabar ausgebreitet, bis Mangalore und Tellicherry, über die höchsten GhatS hinweg (s. Asien IV. 1. S. 722 — 733 nach Lambtons Bestimmungen) geführt, so zum ersten male die ganze Breite der Halbinsel") nach positi­ ven Daten bekannt geworden, und die Lage aller ihrer innern Theile berichtigt. Die Distanz von Madras bis zur Westküste betrug nicht 400 Miles Engl., wie die bis dahin besten Karten angaben, sondern nur 360, und die ganze zugehörige Topographie erhielt erst ihre sichere Grundlage. Die Messung einer dritten Basis war für die Weiterführung nothwendig, sie wurde nicht sehr fern von der ersten bei Bangalore, von Lieutn. Warren ausgeführt. Ihre berechnete Differenz, au- den schon vorhandenen Daten, von ihrer wirklichen Messung betrug nicht mehr als Q Zoll, obwol sie 170 Engl. MileS fern von der MadraSbasiS lag, von welcher die Berechnung ausging, ein Beweis für die größtmöglichste Genauigkeit der Arbeit. Die Länge dieser Basis, auf die gehörige Temperatur und auf das Niveau des Meeres reducirt, betrug 39,793,r Fath. Engl. = 7,«»« Engl. Miles. Als Resultat der Berechnung ergab sich, unter 12° 55' 10", die Größe eines Erdgrabet = 60,498 Fath. Engl. Auch diesmal ergab die Messung ei­ ner senkrechten Linie von W. nach O., von Savendrug bis Bangalore gezogen, kein entschiedenes Resultat, denn dieses blieb we7eur über Ramteck, Seuvi, Chapparra und di« alte Capitale Gurr ah (s. AsienIV. i. S. 563,) über den Nerbuda nach Jubbulpur, nach Panna und Adjigur,. oder über Mundelah und die SoneQuellen yuu Gangxsthalc. Auch die independenten Gebiete der Gonds wurden auf diese Weise immer mehr und mehr geschmä­ lert, ihre Territorien isolirt, ihre Macht gebrochen und auch sie

456

Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §.106.

mehr und mehr in Abhängigkeit von britischer Herrschaft gebracht; ihre Zahl immer mehr und mehr von Gawilghur und den Tapti wie Wurda,Quellen, gegen den Osten, an die Quellen des Sone und Mahanadi zurückgedrängt. Die Civilisationsfortschritte und der Europäereinfluß datiern also, in dieser Gegend des hohen Berar, erst seit sehr kurzer Zeit; der erste Augenzeuge, der unS auf diesem Boden einheimisch macht, ist Lieutn. Colonel Fitz Clärence, der im Januar 1818 mit dem britischen Heere im Kriege gegen die Pindarries, auS dem Gangesthale, auf der Militairstraße von Jubbulpur, über den Nerbuda, am 2len Januar in Nagpur einzog, von da aber das Land Nord,Berar über Elichpur und den Sudno# wara-Paß, überAmcrapur und Jafferabad bis Aurungabad -durchzog. Vom ©fibufcr811) des Nerbuda mußte ein hohes Ta# fclland überstiegen werden, auf dessen Höhe eine sehr traurige Aus# sicht sich über die südlichere Landschaft verbreitete; Einöde, ohne Ackerfeld, ohne Weide, nur Wildniß mit Jungle bedeckt, der ge# fahrvolle AufeMhalt zahlreicher Tiger, deren Verheerungen überall durch ihre Spuren bezeichnet waren. Wo um die Klippen sich Vegetation zeigte, da waren auch gleich Affenschaaren bei der Hand. Nag pur war am l6tcn Dec. von den Briten erobert, am 2tfn Januar rückte der Colonel F itz Clären ce in die Stadt ein; die Hitze war so groß, daß man Sommerkleider anzog. Die Madras#Armee hatte hier, unter General Doveton, ein großes Lager eingenommen; alle Europäischen Bedürfnisse mußten über 5oo Engl. Miles weit herbei transportirt werden. Die zahl# reichen Antelopenheerden und die Falkenjagd auf sie ge# hörte hier zu den Hauptunterhaltungen der Truppen. Im Arse# nal des Raja halte man Holländische Kanonen erbeutet, in sei# nem Schatze mehrere tausende venetianischer Zechinen (Chikeen); er selbst war Kriegsgefangener mit seinem Premierminister einem Brahmanen geworden, sein alter Palast verfallen, sein neuer in Nagpur erst seit 1760 beendigt. Von Nagpur bis Aurungabad, der frühern Capitale des Nizam, sind über Elichpur und Jaffirabad 17 Tagemärsche, die man auf Elephanten zurücklegen kann. Nach den 3 ersten Tagemärschen durch einigermaßen bebautes Land, vbwol weit schlechter als am Nordufer des Nerbuda, wird der Wupda# *“) Fitz Clarenee Joorney Across etc. I. c. p. 66 — 170.

Dekan; Elichpur, Gawilguch.

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Fluß erreicht, der am 8. Januar ein ganz unbedeutendes Was» scr hatte, das nur In einem Fclsbett einige Cascaden bildete. Dis dahin blieb überall die Gegend, selbst bis in die Nähe der Dör» fer, durch Tiger gefahrvoll, weil die Dauern bis Licht an ihre Hütten das Gebüsch und die hohe Grasung wachsen lassen, die rin Asyl dieser Raubbcstien sind. Sogleich auf der Westseite, auf dem Gebiete des britischen Alliirten des Nizam, eines moham» mcdanischcn Prinzen, sing die Agricultur des Opium (Papaver, Poppy) auf den Feldern an, als Lieblingsgenuß der Mos» lems, ein wichtiger Handelsartikel. Auf diesem Wege sieht man häufig die Maucrrcste, die zum Andenken der Suttis, wo Witt» wenverbrennungen Statt fanden, stehen bleiben. Der Weg führt, westwärts, immer am Südfuß der Bergkette hin, welche unter dem Namen der Deo Giri, Derar im Nord begränzt, nord» wärts zum engen O-uerthal des Ncrbuda hinabstürzt, an deren Fuß südwärts sich die weite Derar, Ebene ausbreitet. Hier liegt in gut bebautem Boden Elichpur"), das 60 Fuß hohe Stadt, mauern umgeben. Diese alte Capitale Berars (s. Asien IV. i. S. 562) ward unter Kaiser Akbar im Jahre 1583 geplündert. Ein prachtvolles Thor, von Sandstein massiv erbaut, führt in die Stadt, die einen gut versehenen Bazar hat. Von da mehrere Tagereisen weiter gegen Lacknawara Ghat hin, verschwindet die nördliche Gränzkette wieder dem Auge, deren Anblick den Wan» derer bis dahin stets in der Ferne begleitet. Dieser genannte Ghat13), der nach Amerapura geleitet, hat keine militairische Wichtigkeit, da ihm überall passirbare Ghats zu beiden Seiten liegen, die vom Tapti zum Ufer des obern Payn Ganga führen; doch ist auf seiner Höhe ein kleines Castell mit Thürmen erbaut. Wildniß, Jungte und verheertes Land führt von ihm in 3 Tagcmärschen gegen S.W. nach Aurungabad. Nordwärts nahe bei Elichpur liegt die schon oben genannte hohe Gebirgsfeste Gawilgurh auf dem 4000 Fuß hohen Rük» feit der Mahadeo Phar, d. i. der Götterberge, oder Deo Giri. Dieselbe Bergkette, an der Nordgränze Berars, die sich hier zwischen den obern Taptiquellen an die westlichern Satpura» Ghats anschließt, weiter nordostwärts aber das Südufer des Ner» buda begleitet und südwärts dem Würd» seine Quellen zuschickt. '*) Fitz Clarence I. c. p. 150. Hamilton Descr. II. p. 107.

**) tbtnb. p. 166;

»ergl. W,

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 106.

ist auf Arrowsmiths Karten Bind eh oder B indach ul8U) (wie Hi mach ul, Asien Bd. I. S. 13) genannt, eine provincielle Ver­ stümmlung des wolbekannten Gebirgsnamens Vindhya, der im Sanskrit Vindhyachala heißt (Asien IV. l. S. 495, 513), dessen Hauptzuge quer durch die Halbinsel diese südlichen Vorket­ ten sich allerdings anreihen. Es ist derselbe Name, unter wel­ chem auch weiter ostwärts die Sandsteinkette das nördliche Gond­ wana zum Sone und Tonse durchzieht, welche nordwärts um Panna und Adjighur die Diamantlager enthält (s. ob. S. 357). Zum Unterschiede von dem ganzen Zuge behält Voysey, zur ge-nauern Bezeichnung jener Particularerhebung in der Nahe des Bergforts, den Namen der Gawilgurhberge bei, und wir fol­ gen seinem Vorgänge. Sie beginnen im Winkel des Zusammen­ flusses beider Quellarme des Tapti (der nördliche heißtTapti, der südliche Purna), und ziehen ostwärts bis zur Quelle des Tapti und des Wurda, bis Baitul und Deogerh (den Deo Giri, im N.W. von Nagpur), eine Lange von 32 geogr. Meilen und in 4 bis 5 geogr. Meilen Breite. Von der Süd­ seite steigen sie, wie oben schon bemerkt wurde, aus der weiten etwa looo Fuß absolut hohen Ebene von Berar, sehr steil zu ei­ ner mittlern Höhe von 2000 bis 3000 Fuß, in den höchsten Kup­ pen bis 4000 Fuß auf, und fallen zum nördlichen Tapti eben so steil, wenn auch nicht eben so tief hinab, als gegen den Süden. Die Umrlsse der Höhen sind keineswegs zackig, nirgends pik- oder kegelartig, sondern im Allgemeinen flach, sehr zerrissen durch To­ bel, Felsschluchten, mit vielen Gruppen plattkuppiger, isolirter Trümmerhaufen, höchstens kegelartig angehäuft, bedeckt, auf den Höhen ohne allen Baumwuchs, aber oft hoch begraset. Die Schluchten und Durchrisse (Ghats) durch Walddickichte sind meist undurchdringlich. Auch hier schon Hausen wilde Tribus der Gonds, denen der Culies und Bhils in S.W. und N.W. (s. oben S. 427) benachbart, die sich von da ostwärts durch die Wildnisse von ganz Gondwana bis zu den Mahanadi- und Sonar-Quellen an die Westgränze Bengalens und südostwärts bis Orissa ausbreiten. Voysey fand sie in Sprache, Sitten, Gebräuchen gänzlich von den Hindus verschieden, Iägervölkev, ,M) H. W. Voysey on sonie petrified Shells fbund in the Gawilgerh Range of Hills April. 1823, iu Asiat. Res. 1833. T. XVIII. Pliys. Class. V. 1. p. 187 — 193.

Dekan; Trappformation, Basaltbildnng.

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-tlc hier und da auf ausgchauenen Waldstrecken in den Thälern etwas Reis oder Hirse bauen. Viele Trümmer von Bergfesten auf den Höhen zeigen, daß einst auch dies Land mehr bevölkert und cnltivirt war. Nicht durch seine Cultur, sondern durch seine geognostische Cxnstruction hat cs, in der Gegenwart, die Aufmerksamkeit des Naturforschers auf sich gezogen; die vielen Durchrisse und Erdspalten, die es durchsetzen, erleichterten die Untersuchung seiner Gcbirgsarten, die in einem sehr weiten Umfange zu den ungcschichteten Gcbirgsarten^) oder zu der gro, ßen Gruppe der Trapp-Formation gehören, welche in ei­ ner außerordentlich mächtigen Ausdehnung das Cen, tralplatcau Dekans, von Nord-Maißoore und dem KistnaFlussc nordwärts über den Nerbuda hinweg, bis Malwa>°), in großer Einförmigkeit constjtuirt, und zu der Hypothese führen muß, dessen Entstehung, nach der Hcbungstheorie, einer blasenarti­ gen Emporhebung dieses Theils der Erdrinde, plutonischcn Gewalten mit Fcucrbildungcn und Dämpfen, unter dem Drucke des noch darüber lastenden Oceans, aber ohne allen Vulcanismus, zuzuschreiben, analog den emporgehobenen basaltischen Inselgruppen der Südfce, oder der Batanaea im Ost-Jordanlande, dem schwarzen Harusch in Nord-Afrika (s. Afrika2teAufl. 1822. @. 988). Die Hauptmasse des Gebirgs ist hier dichter Basalt, dem des Giant-Causcway in Nord-Irland sehr ähn, lich, um Gawilgurh häusig als Säulenbasalt sich zeigend, über die Bergrücken in Schichten von vielen tausend Schritten Ausdehnung ausgebreitet. Der Basalt geht oft in Wackcnartcn von allen Härten und Varietäten über; sehr häufig zeigt er schalige, ungemein schwere Absonderungen und ist dann Kugel­ basalt. Voysey") fand in diesen Wacken und Basalten nie­ mals Augit, aber auch keine Hornblenden, die anderwärts in dieser Gesteinsart vorherrschend zu werden pflegen; dagegen sehr viel eingeschlossene andere Massen, wie Zeolithe, Chal, cedon, Opal, Heliotrop, Plasma, Stilbit, Analeim, Natrolith, Feldspath, Jchthyophthalm, Kalkstein, Grünerde u.a.m., mit welchen isolirten Fragmenten die Ober, >*) De la Beche Handbuch der Geognosie, bearbeitet von H. v. De­ chen, Oberbergrath. Berlin 1832. 8. S. 555 u. f. “) Al,

Turnbull Cbristie Sketches of Meteorol, Geology etc. in Jameson Edinb. N. Philos. Jomn. 1828. p. 116 etc, 1 ’) Voysey on sooio petrified Shells 1. c. T. XVIII. p. 189—194.

460 Ost-Asien. Vordcr-Iiidien. IV. Abschn. §.106. fläche des Landes auch häufig bestreut ist. Diese Dafis ihres Vor­ kommens ist stets das Wacken ge stein, welches mehr nur an dem Fuße der Berge ausgebreitet liegt, seltner auf ihren Hö­ hen sich zeigt. Auf den Höhen aller Kuppen sowol um Gawilgurh, wie durch Central, Indien im Süden des Ncrbuda, ist dagegen der festere, härtereKugelbasalt vorherrschend»^»), der nur sparsam am Fuße derselben sich zeigt, und selten andere Mineralien eingeschlossen enthält. Daher im Allgemeinen die landschaftlichen Contoure Hoch-Dekans, so weit seine Verbreitung geht, dieser geognostischen Constitution Ihre äußern, flachen, gerundeten, kuppenartigen, nack­ ten Formen verdanken, ohne alle Kühnheit der Zacken, Pyra­ miden und Kegelbildung, die nur primitiven und andern Gcbirgsarlcn angehört. Diese Verbreitung beobachteten Doysey und Christie aber durch ganz Berar, durch einen Theil von Hy­ derabad, westwärts durch ganz Bedcr bis zu den WcstGhats um Puna, wo bis Fort Victoria (nahe 18° N.Br. im S. von Bombay, s. Asien IV. 1. ®.668) die große Berg­ kette, dieKonkan von Inner-Dekan scheidet, auf basaltischer Unterlage ruht, die von da nordwärts über Bombay und Salseite sich durch ganz Khandcsch und Malwa ausdehnt, und ostwärts wieder bis zu dem Sandsteinplateau von Bundelkhund (f. oben S. 357) anreiht. Die große Zertrümmerung des Wackengesteins und dessen Verwitterung, hat den Boden mit der unendlichen Menge harter Rollsteine, die ihm ein so wüstes und nacktes Ansehn geben, weithin überstreut; die vollständigere Verwitterung des schaaligen Kugelbasalts, hat dagegen vorzüglich den reichen, mit dem Diluvium des schwarzen Cotton,Grundes bedeckten Boden so weiter Ebenen des Pla­ teaulandes erzeugt, den wir vom Darwar, Plateau an (s. Asien IV. 1. S. 708), in Ost-Maißoore am Cavery (s. ob. S. 279), in Hyderabad, durch ganz Berar, und nach Voyseys Angabe bis Hussingabad am obern Nerbuda, ja bis Seronj in Malwa, auf allen Plateauebenen Mittel-Dekans wiederfinden, über welche er wol gleich anfangs während der großen Wasser­ bedeckung in der EntstehungsPeriode sich in seinenHorizon**•) Bergt.

Voyeey Geologie, and mineralog. Structure of the Hills of Sitalialdi Nag pur and its Vicinity kbend. Tom. XVIII. p. 126; Al. Tnrnbull Christi» Sketches 1. c. on Secondary Trapp Roeks p. 116.

Dekan; Trappformation, Ausbreitung.

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talschichtcn ablagern mochte, wenn er auch durch spätere tropische Rcgcnfluthen weiter vcrschwemmt ward. Die äußern Schaa« l c n jenes Kugclbasaltes verwittern hier, wie überall, auch in den ähnlichen so basaltrcichen Plateaulandschasten Mittel »Europas so leicht, daß ihre 'schwarze Erde wahrend der Periode der gewaltig schlämmenden Regenzeit auch heute noch weithin durch die Ebe» nen der tiefen Stromgebiete transportirt werden kann, indeß die harten, hammcrftsten, kugligen Basaltkerne in Blöcken aus den Höhen zurückbleiben. Die Bäume können diesen harten, schwär, zcn Basaltboden nur schwer mit ihren Wurzeln durchwuchern, daher allgemein Waldmangel auf den Plateauhöhen; nur hohe Grasungen und Kräuter, wie Andropogon contortuin, Nardu$-2(rten u. q., die hier wuchern,-beweisen die Frucht» harkeit dieses Bodens. Zn diesen allgemeinen Beschaffenheiten aller Landschaf, ten, die zn der Trappsormation dieser Theile Indiens, von Maißoore, Darwar, Mahratta, Telingana, Berar gehören, kommt, bei den Gawilgurh-Ketten, noch eine be» sondere loeale Merkwürdigkeit,, die Doysey beobachtete, durch welche die Erklärung der Bildungsweise derselben durch die He» bungstheorie eine große Wahrscheinlichkeit erhält. 3$ot;scp19) stieg von dem Tapti.-FIusse durch Basaltgruppen, deren sechsseitige Säulen bis zn 2 Fuß im Diameter zeigten, zur Taselhöhe von Iillan hinaus, wo cr Engschluchtcn der Ghatpäffe durchwan» derte, deren Seitenwände von 25 zu 50 Fuß Höhe stcilauswärtS stiegen. Unten lagen ly Fuß hohe Schichten von Wacken und harten Thongestein; darüber 2 Fuß mächtige, erdigere Thonla, ger, die in Strecken von 20 Schritt Ausdehnung völlig mit Muscheln, sowol ganzen als in Trümmern erfüllt waren;, darüber lastete ein 15 Fuß mächtiges Stratum von hervorge» guollcnem Kugelbasalt, welches dieses Muschellager gedrückt hatte» Die Muscheln von der Gattung Conus, oder Voluta, waren alle, plattgedrückt, ohne zu brechen; also waren sie zuvor durch! irgend einen Proceß erweicht worden; zur Seite liegen zerbrochne. Muscheln. Schon früher 1819 beschrieb Voysey, in einem Me, Moire an Marq. Hastings, das Vorkommen solcher Muscheln in der Trappformation zu Melconda(?), 2000 Fuß über dem jetzigen Meerniveau; es waren Genera von Turbo und Cyclo«

") Voysey l e. T. XYJII. p. 191 etc.

462

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §.106.

stoma. )m innern derselben ging das Gestein öfter in Feuer/ stein über, und andere waren vollständig in Chalcedvn vcrwan, delt. Die einzigen in Dekan vorkommenden Petrefac ten von organischen Resten der Vorwelt, in der Trappforma/ tion zu finden, der sie sonst fehlen, und die hier unter so beson/ dern Umständen auftreten, ist merkwürdig; cs beweiset einstigen

Meeres stand, wo die Muscheln lebten; ihre Schaalen wurden aber durch zutretende Umstände, offenbar durch Hitze ihrer Koh/ lensäure beraubt. Während dieser Umänderung wurden sie, von oben her, durch darüber sich wälzende Lasten (der hervorquellende noch durch Hitze flüssige Kugclbasalt) platt gedrückt, ohne zu brechen, oder zuweilen ihre Masse völlig aufgelöst und in daS Muttergestein verstößt. Nur die Gewalt der Hitze konnte diese Wirkungen hervorbringen. Die Muschelbank wuchs in demselben Thonschlamm, auf dem sie noch heute liegt, auf Meeresboden; dieser wurde durch die darunter liegenden Wacken.-Massen empor/ gehoben. Durch die überquellenden Gänge der gleichzeitig ent/ porsteigenden Kugelbasalte, wurden sie von diesen überlagert, platt/ gedeckt, durch doppelte Hitze von unten und oben ihres AntheilS an Kohlensäure beraubt. Das ganze Land ward gehoben, wie diese einzelne Lagerung, das Centralplateau Dekans stieg unter dem Druck oceanischer Wasserlasten empor, die dem Basalt selbst im Zustande der Schmelzung seine Dichtigkeit gaben, und an unzähligen Stellen Dekans ist sein gangartiges, mauerartiges Durchbrechen, aus der Tiefe durch die über ihm lastenden Gneuß/ lager und jüngern Trapplager beobachtet, seine Feucrbildung ent/ schieden, wie die blascnähnliche Emporhebung Dekans durch Däm/ pfegewalt aus der Tiefe, im hohen Grade wahrscheinlich. Hier hätte demnach wol Voysey, wie Andere, in der Porphyr/ gruppe am Korgon und der Dolomitgruppe Tyrols (s.Asien I. S. 885), hinsichtlich der Bildungsgeschichte der Altai/ und der Europäischen Alpcnkettcn, so auch den Schlüssel zur Bi l/ dungsgeschichte des Dekan/Plateaus gefunden, aus des/ sen Fracturcn und Erdspalten, auf allen Seiten, die De/ kangebirge als gleichzeitige oder nachfolgende Randgebirge in den Streichungslinien der Plateauränder und Spalten hervorgehoben werden mußten, wie die West/Ghats, die wiederholten Successionen der Ost/Ghats und die Nordketten des Vindhyazuges.

Die unmittelbare Umgebung Nagpurs, von welcher wir

Dekan; Sitabaldi'-Berge, geognostische Stellung. 463 in der Betrachtung des obern Berar im Wurdagebiete ausgingen, bietet hierzu noch einen sehr merkwürdigen Punct der Erforschung dar, in dem Sitabaldiberge^), an dessen Fuß die genannte Stadt unmittelbar erbaut ist. Er besteht aus porösem Ba, fält, der durch zahllose Spalten fast ein säulenartiges Ansehn erhalten hat; dieser geht in rauhe, poröse Wacken oder Thonge, stein (indurated Clay) über, und dieses nach oben in Kugelbasalt, aus dem seine nördlichen und südlichen Höhen bestehen, voll plötz, licher Wechsel und Uebergänge, die nur aus Feuerbildung erklär, bar sind. Mehr, als an sich selbst, ist der Sitabaldiberg durch seine geognostische Stellung bedeutend, weil er hier das östlichste Vorgebirge jener im Westen ausgebreiteten Trappformation ist, auf der Berührurrgslinie?") mit der zweitgrößten, der Granitformation, im Osten, deren Verbreitung zwar nur erst partiell bestimmbar ist, aber doch, von hier, südwärts bis zu den nördlichen Cirkars, ostwärts', wol bis zu den Granitzügen Bengalens reicht. Diese bengalischen Granitberge, welche die Basis des Sandsteinplateaus der Bundelkhund-Kette (s. ob. S.357) bilden, ziehen vom Ganges, unterhalb Patna (wo das alte Palibothra am Einfluß des Sone lag, s. Asien IV. i. S.508), direct süd, wärts, quer durch das Land auf der Westgränze Bengalens ge, gen Orissa hin zum untern Mahanadi, sie streichen an dessen Kuttak-Delta vorüber zum See von Ganjam, westlich von Ja, granath, von wo an sie der granitischen großen Küsten, kette angehören, die in äußern, bergigen Contouren und innern, gleichartigen Bestandtheilen, sich als einCon, rinuum den Küstenzügen durch die nördlichen Circars über Chi, cacola und Vizagapatam^) bis wieder zu dem untern Klip, penlande des Godavery^) anreihen. Auch diese drängen sich wieder an die Syenitgebirge^) bei Hyderabad und Golkonda, die sich südwärts den NallaMaUa-Ketten und den Meridian, gebirgen der Ost,Ghats anreihen, die als primitive Ketten, aus *9) H- W. Voysey Geologie, and Mineralog. Structure of the Hills of Sitabaldi Nagpur and its Vicmity ebend. 1. c. T. XVIII. p. 124 bis 127. 20) F.Jenhins Account of Minerals collected at Nag­ pur I. c. T. XIV. p. 196. 21) H. Heyne Tracts on fndia 1. c. p. 282. 22) \Vr. Collen Notice on Geological Features in Tay­ lor Philos. Magaz. LS28. p. 135. 23) B. Heyne Tracts on lndia p. 262, 260, 279.

464 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. Z, 106. Thonschiefer, Syenit, Granit bestehend, uns schon aus dem obi­ gen (S.269—270) bekannt sind. Der Sitqbaldiberg hängt nur noch durch eine schmale, basaltische Landzunge, gegen West, mit der großen Trappformation zusammen, ringsum zeigen, nach den andern Seiten, die dort vorgenommenen Brunnengrabungen»^) überall Gneußformation, die aber zugleich sehr gestört und zertrümmert sich zeigt, und auf die Erhebungs­ weise der Basaltformation zurückführt. Der überall zcr, brochene, nach oben zerworfene Zustand dieser Gneuß- oder Gra­ nitbildungen, im Contact mit, oder schon bei der Annähe­ rung an die Trapp-Massen, bestätigen jene plutonische Bil­ dungshypothese auf eine sehr lehrreiche Weise. Voysey führt eine jener Brunnengrabungen in des Mr. Alex. Gordons Garten^), nahe an der Basis des Sitabaldibergcs an, die 40 Fuß tief geht;, sic durchdringt zu oberst eine 3 bis 5 Fuß tief ge­ hende Schicht von schwarzer Erde; dann durchsetzt sie eine Schicht zu Thon verwitterten Gneußgesteins (Magnesian silicious Clay), unter welcher unmittelbar der Gneußfelsen be­ ginnt, der bis in die Tiefe des Brunnenwassers anhält. Die Stei nbrülche in den Seiten des Sitabaldiberges sind erst seit der dortigen Europäeransiedlung begonnen, sie versprechen wichtige Aufschlüsse über das Vorkommen des Basaltganges zu geben, ob er nur eine Ueberlagernng sey, oder ob er in größere Tiefe hinab, setzt, und also aus dieser emporstieg, während ihn fast von allen Seiten Gneuß, Schiefer oder Granitgesteine umgeben. Schon gegenwärtig nimmt Nagpur, durch seine geognostische Lage auf dem Uebergangspuncte zweier so merkwürdiger geognostischer Formationen, für die Bildung der Halb­ insel Dekans eine interessante Stellung ein und verdient gar sehr fernere Beobachtung. Wie sehr ist cs auch für die Geographie zu bedauern, daß der treffliche Naturforscher, dem wir jene so eben mitgetheilten Beobachtungen verdanken, so frühzeitig (1825) den Wissenschaften durch den Tod entrissen ward. Vom Gipfel deS Sitabaldiberges, gegen Ost, gesehen, sagte Voysey, ändere sich sogleich die landschaftliche Natur, durch die veränderten Bergformen, weil deren Struktur, wie überall so auch hier, den veränderten Gebirgsarten entspricht, die ost, ,14) F. Jenkins Acc. 1. c. p. 197. Min. Str. 1. c. p. 127.

**) Voysey Geologie, auch

Dekan; Trappformation bis Omercuntuk.

465

wärts der sehr einförmigen Trappformation, wie Granit, Gneuß, Dolomitgcstcin, Marmorarten und Quarz, fcls, welche jener West,Region ganz fremd sind, hervor, treten. Die platten Gipfel, die langgedchntcn, flachen Bergrücken, voll Lücken und Durchrisse der Trappbcrge, sind nun gegen den Osten verdrängt; cs treten die scharfzackigen Contoure primitiver Gebirgsartcn, mit ihren Zickzackformen und kühnern Klippen her, vor. Bei Voysey, wie bei Ienkins, muß man die speciellen Angaben der Verbreitung dieser verschiedenen Gebirgsarten nach den einzelnen Localitälen (bei Ranteck in N.O. ist schon Gra, nit und Gneuß) nachsehen; uns genügt es hier die merkwür, dige geognostische Erscheinung des Ccntralkerns in ihrem großen geographischen Umrisse nachgewiesen zu haben, weil da, durch Natur und Boden des Plateaulandes näher bedingt wurde. Wir werden weiter unten auf die übrigen geognostischen Haupt, umrisse zurückkommen. Hier haben wir nur noch aus den spä, tern geognostischen Entdeckungen'Capt. Franklins^) hinzu;», fügen, daß dieser die Gränzlinie der großen Trappforma, tion noch weiter nordostwärts von Nagpur durch Gond, wana, bis Omercuntuk^), zum berühmten Pilgerorte an der Quelle von Sone und Nerbuda (unter 22" 55' N.Br., 82« 7' 0.5. v. Gr.) verfolgt hat. Wie der Sitabaldi,Derg, bei Nagpur, gegen S.O., am Südufcr des Bain,Ganga, so ist der Omercuntuck.-Berg, an 45 bis 50 geogr. Meilen weiter gegen N.O., der dortige Gränzstein der Trappformation, welche nur das Südufer des Nerbuda bis Jubbulpur be, deckt und begleitet. Im Ncrbuda-Thale, bei diesem Orte, zeigt sich Granit. Aber auf dessen Südufer zieht die Zone der Trappbildungcn, hie und da noch mit Sandsteinlagcrn inselartig überdeckt, in noch unbestimmter Breite, gegen West fort, zu den Mahadeobergen bis Deoghur und Assirghur, nahe den Quellen des Kanhan, und schließt sich also über Bai, tul und Gawilghur, jener großen Masse der basaltischen Ket, ten an.

Die Südgränze29) dieser gegen

Ost

auslaufenden

**) Voysey Geolog, and Min. Struct. 1. c. T. XVIII. p. 127; F. Jenkins Acc. of Min. 1. c. T. XIV. p. 212 etc. 37) Cpt. Frank­ lin Letter dat. Jutmlpore 12. Juli 1829. in Asiat. Journ. N. Ser. Vol. I. 1830. i». 249. *8) W. Hamilton Descr. T. II. y. 17. *•) Franklin Letter l. c. p. 250.

Ritter Erdkunde VI.

Gg

466

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §.106.

Trappzonc, meint Franklin, müsse von Senni bis Omer« cnntuk erst noch genauer untersucht werden. 6.

Der untere Lauf des Godavery und Kistna, mit dem Küstengebiet der nördlichen Circars. Von dem untern Laufe des Godavery«Flusses ist bis jetzt

nur sehr wenig bekannt; sollte seine Schiffbarmachung wirklich zu Stande kommen, so würden wir wol bald mehr von ihm ersah, ren.

Nahe dem 19°N.Br. vereinigt sich der Wurdafluß mit

ihm, und auf der innern Landspitze des Vereins liegt die Stadt Chinnnr, die C. 931un183°) auf seiner Reise durch Gondwa« nas Wildnisse (im I. 1795) besucht hat, unter 18° 53' N.93r. 79° 39' O.L. v. Gr.;

aber bekannt ist sie sonst nicht.

Capt.

93lunt3l) kam vom Ost aus Gondwana, vom Mahanadl, aus Konkair, unter 20°N.Br., und nahm den Westweg von da durch die Territorien der Gond, Berg-Rajas von Pannawar und Malliwer, nach Wyragur (Byragur), dem dortigen Hauptpassageort auf der großen Hauptstraße von Kuttak in den Circars nach Nagpur. Wyragur liegt am Kobragur, flusse, der gegen West zum Bain-Ganga fällt; also schon im Stromgebiete des Godavcrysystems. Meilen weiter in 97.56.

Nagpur liegt nur 15 gcogr.

Wyragur ist in jenem wilden Lande

der Gonds der erste, westliche, große Marktort, wo

die Cirear

" Kaufleute gegen Salz, Betel und Kokos, die sie bringen, die treff, liche Baumwolle von Derar und Chotisghur einhandeln, aus wel­ cher in den Circars die besten Musseline gewebt werden. Auch zweigt sich von Wyragur die große Südstraße nach Masulipatam ab, die von Nagpur kommt, ein Weg den Capt. B l u n t abwärts über Chinnur nahm. Wyragur liegt schon am West, ende des Plateaulandes von Gondwana, wo die Süd, senkung gegen Dekan sehr merklich beginnt, wo es keine kal, ten Nächte mehr giebt, die durch ganz Gondwana anhal, ten und wo C. Blunt die veränderte Clima, und Landes,Na, tur von Dekan zuerst wahrnehmen konnte.

Unmittelbar unterhalb des Vereins von Wurda und Goda, very, bei Kalaisur (Collysair Ghaut, unter 18° 38' 9l.93r.)32), 1 * °) C. Blont Narrative of a Route from Chimarghnr to Yerlnagoodum in Ellore Cirear in Asiat. Research. London 1803. 8. Ed. 1 VII. p. 144 etc. * *) C. ßlunt Narrative I. c. VII. p. 119 bi- 127. W. Hamilton Descr. T. II. p. 81.

Dekan; unterer Godavery-Lauf.

467

ist das Godaverybett eine Engl. Mile, d. k. eine gute Viertel­ stunde breit, aber im Sommer das Wasser so seicht, daß es nur einen kleinen Theil des Ninnsaalcs mit 15 Zoll tiefem Wasser füllt; nur in nasser Jahreszeit ist das ganze Bett mit vollem Strome gefüllt, der dann mächtige Wogen wälzt. Am Zusam­ menfluß beider Hauptströme steht ein Tempel der Kali, der von vielen Pilgern besucht wird, die hier ihr entsühnendes Bad neh, men. Der Godavery pafsirt dann bei den Ruinen von Ma, hadeopur die Slromenge von Muticotta (Mooty Gautty bei Blun t), welche, im wilden Waldlande derGonds, von Capt. Ü31 u n t33) als eine der stärksten Paßfesten erklärt wird, die er gesehen; sie ist uns nicht näher bekannt. Wilde Raubhorden ost, wärts von da, die von den Cirears herüberstrelfcn, werden von Capt. 9Munt34) mit dem Namen der Coands bezeichnet, er versichert, sie seyen kleiner von Statur als ihre Nachbarn, die Gonds (oder Goands) und von noch wilderem Naturell. Nicht fern von da, unterhalb, liegt am linken Einfluß des Salair, aus Gondwana, die berühmte Pagode Budrachellum (Bha, drachalam, d. i. der Heilige Berg) ein Wallfahrtsort für Hindu-Pilger, der Sita geweiht; es ist die Gegend merkwürdig, durch die einzige heiße Quelle, die, nach B. Heyne33), auf der ganzen innern Halbinsel Hindostans bisher bekannt ge­ worden, welche auch mit Mineral,Quellen überhaupt nur sehr kärglich versehen Ist; und diese liegt noch dazu in der Mitte des Godavcry-FlusseS. Genauere Nachrichten hierüber wären sehr erwünscht; die nächsten im Süden uns bekannt gewordenen heißen Quellen sind die zu Trincomalli im centralen Ceylon (s. ob. S. 81), und die nächste auf dem Kontinente die am Fuße der West-GhatS gelegene, zu Dazagong auf der Ma­ labarküste (f, Asien IV. 1. S.67V), also erst am Außenrande der Plateauseite. Nordwärts3») sind die ersten uns bekannt gewordenen heißen Quellen erst ostwärts der Quellen de» Nerbuda zu finden, zu Sohagpur in Gondwana, gegen 23» N.Dr., und von da gegen N.O. in gerader Linie die heißen »*) C. Blunt Narrative 1. c. VII. p. 168. ") ebend. p. 152. ") B. Hejne Tracts on India 1. c. p. 4. *•) Spihberg Notices of two Hot Springs in the Valley of the Nerbuda at the Northern Base of the Mahadco Hills in Transact of the Media, etc« Calcutta 1827. Vol. HL p. 400.

Gg 2

46, ehe derselbe den von Nord kommenden Hüstu aufnimmt, ein 87i) W. Hamilton Descr. II. p, 45. T$) A. Stirling Account of Orissa 1. c. T. XV. p, 185. 7*) P. Breton Medic. Topogr, 1. c. Vol. II. p. 262.

Nord-Dekan; Mahanadi-System.

483

rechter Söitenstrom zu, der von Konkair kommt, und dieser ist

et, dem in dem Berichte des Capt. Blunt, dem einzigen Am genzeugen in jenen wenig besuchten Gegenden, der Name Ma, ty'antibi77) beigelegt wird; derselbe kam von Nord über Sone­ hut entlang am Hustn,Fluß, zog auf dessen Westseite, überRuttunpur, die Capitale von Chotisgur, und setzte seinen Weg wei, tcr-südwärts fort, nach Ryepur (Raecpur der Karten) und Konkair. Zwischen Ru t tun pur und Ryepur hätte er noth­ wendig den Kymghurfluß, oder den Hauptarm des Mahanadi der Karten, uuv nach W. Hamiltons Angabe, der von West gegen Ost fließen soll, übersetzen müssen; er nennt aber daselbst in seinem Berichte, der gerade an dieser Stelle nur sehr summa­ risch7«) lautet, keinen Stromübergang, sagt dagegen bestimmt, weiter südwärts habe er zum ersten male den Maha­ nadi oder Kuttackfluß, zwischen dichten Wäldern dahin fließend getroffen, und die Stadt Konkair liege am Südufer7") dieses Mahanadi.

Ist der Konkair der wahre O-uellarm des

Mahanadi, also der Kyraghur - Arm nicht, so wird cs auch wahrscheinlicher was A. StirIitig81') in Orissa hörte, der Ma­ hn na d'i solle nahe Bustar entspringen, was noch viel weiter gegen Süd liegt (unter 10^° NBr.), und dasselbe erfuhr auch C. Blunt von dem Raja zu Konkair, der das Land des Raja von Bustar seines südlichen Nachbarn so eben erst mit Krieg überzogen und verheert hatte. Dort, sagte er, solle der Maha­ nadi aus einer Quelle zu Sehowah«') entspringen, nur 7 Coß, d. I. 4 starke Stunden, im Süden von Konkair, jenseit des sehr beschwerlichen Till» Ghat, eines wilden Bcrgpaffes.

Die

Arrowsmithschc Karte87) von Indien, um lene Angaben eines nördlichen Mahanadi mit den Aussagen vom südlichen Mahanadi zu vereinigen, läßt jenen aus der Gegend in West von Ruttunpur einen großen Bogcnlauf gegen Süd um Ryepur bis Konkair machen, um dann ihn fast im ganzen Kreise wlcdep ge­ gen Norden zum Hustueinflusse zurückzuführen, und in dieser ") J. T. Blunt Narrative l. c. Vol. VH. p. 111. ") .ebknd, VII. p. 107. *•) ebenb. p. 111,112. 10) A. Stirling XV p. 186. *‘) C. Blunt Narrative 1. c. p. 113. • 82) A. Arrowsimth I/nprov. Map gf India, 9 Sect, 1822; Black. Kingsbury, Harbin y and AI. len New and Improv. Map of India Lond. 1 Sect. 1822; Kingsbnry, Parbury and Allen Newly constrnctcd and extended Map of India hisjcribed to S. J. Malcolm, 6 Sect. 1827,

Hh r

484

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abfchn. §. 107.

Zeichnung ist ihm noch die treffliche Parbury Allansche Karte von Indien 1822 gefolgt. Die neuere Karte derselben Herausgeber von 1827 hat diese Hypothese verlassen. Dem sey nun wie ihm wolle, möge man die Quellen des Nordzuflusses (des Hustu, unter 23j), oder des Mittel« zuflusses (bei Kyraghur, unter21°), oder des Südzuflusses (bei Konkair, unter 20® io', oder Bustar, 19° 30' N.Br.), für den wahren Hauptarm des Mahqnadj (großen Stromes) halten, wir haben hiermit sein Oberes Stromgebiet im weitesten Umkreise seines Quellenbezirkes so genau bezeichnet, als es bis setzt nachweisbar ist; die besten und neuesten Karten der Briten wei« chen in Hinsicht der Zeichnung der Mahanadi-Arme alle unter, einander ab, und wir bleiben daher hier bei den Angaben der Augenzeugen selbst stehen, wenn diesen auch noch kein Ueberblick über das Ganze vergönnt war. Der Nordarm, Hustu, scheint von sehr bedeutenden Gebirgs, höhen herabzukommcu, die Erhebung derselben schätzt P. Dre, ton883) auf dem Gebirgszuge von den Mahanadi, zu den Brah, mini - Quellen, von W. nach O., auf 6000 Fuß üb. d. M., und sagt, auf solcher Höhe seyen diese Berge noch hie und da mit Dörfcm besetzt, indeß ihre mittlere relative Höhe oft mit 2000 Fuß betrage. Vom Hustu,Fluß ostwärts, bis zur Quelle de« Prahmini,Flusses, beschreibt P. Breton, nach siebcnjähri« gern Aufenthalte daselbst, das dortige Hochland; von der Hu, stu-Quelle aber südwärts, bis Konkair und Bustar, lernen wir das obere westliche Stromgebiet der Mahanadi,Zu« flösse nur auf Capt. Dlunts Durchreise kennen, den wir hier zuerst begleiten. 2. Oberes Stromgebiet der Westseite vom Hust» zum Bustar-Strome, im Gebirgslande der Gonds; nach Capt. I. T. Dlunts Reisebericht vom SoneFluß, über Sonehut an der Quelle des Hustu, über Ruttunpur, Ryepur, Konkair am Mahanadi, Strome, an der Gränze von Bustar, bis Wyragut zum mittlern Godavery (1795). Captain I.T.Blunt steigt aus dem Gangesthale bei Be, nares (von Chunarghur) direct gegen Süd, über die Vorter« ***) P. Breton Medic. Topogr, 1< c. Vol. II. p. 234, 241.

Hochland Gondwana, Blimts Reiseroute.

485

raffe der Sandsteinketten von Bundelkhund hinweg, da« Tlesthal des Sone,Fluß, westlich von Rotasghur (s.ob.S.357) übersetzend, zu den Gebirgshöhen der südlichen Ufergebirge dieses Sonc-O.ucrrisscs empor, um das Hochland von Gond, ibana in jener Gegend und die Quellen des Hustn, Flus, ses bei.S o n c h u t84) zu erreichen. Hierzu braucht er vom 28. Januar bis zum 24. Februar, mit einer Karawane von 30 Seapoys und Lastochsen zum Transport seiner Bedürfnisse, eine Zeit von 25 Tagereisen. Davon 6 Tagemärsche bis zum Quer, thal des Sone-Fluß, der in West der Feste Rotas und Bi d, jyghur, nachdem der hohe und felsige Kimur-Ghat über, klettert ist, bei dem ärmlichen Dorfe Corary, am 2 Februar übersetzt wird. Das Land bis dahin hat die Natur jenes zerris­ senen, bis 2200Fuß über der Gangesebene erhabenen Tafel, ländes, das wir schon in der mehr westlichen Fortsetzung de« DiaMäntenreviers um Pan na kennen lernten (s. ob. S. 357). Mehrere Ghals oder Bergpässe in einer Höhe von etwa tausend Fuß, nach C. Blunts Schätzung, meistentheils durch Wildniß, waren überstiegen,, ehe das Nordufer des Sone erreicht wurde. Sein Thalriß85) durch das Platcauland voll Triebsand hat hier die Breite einer 'halben Engl. Milo,. fein Wasser nur an 900 Fuß floo 9)arb) breit und höchstens 3 Fuß tief, hat reißenden Abfluß; es zieht zwischen Waldjungte dahin , voll Wildfpuren, ein paar zerstörte Tempel liegen an der Uferfeile, aller Anbau fehlt, Co« rary, der Ort der Durchfuhrt, hatte nuv 2 Hütten und fünfelende Halbwilde, Sole genannt, zu Bewohnern. Die aufstei­ genden Bergzüge am Südufer des Sone, gegen das centrale Ta« fclland, tragen außer Bambuswakdung, die hier allgemein^ auch hie und da Da n y a n e n (Pcepul, d. i. Ficus reKgiosa) und Dürr oder Indischer Feigenbaum (Ficus indica), mehr aber Dickichte von Saul oder S a k bä u m on (Shore» rolmsta, f. Asien IV. 1. S. 979), welche in Süd,Dekan uns nur auf den Nila. Giri Höhen bekannt sind, von Mowg (Bassia latifolia» s. IV. l. S. 685, auch um Adjunti wachftnd) und den uns unbekannt ge«, bliebenen Sitfa l, vielleicht auch eine Art SJiocea, Alles Land bleibt, vom Soue,Fluß bis Sonehul an den Quellen des Hustu, wildes, imnrer höher aufsteigendes Terrassenland, von

,

**) Capt. ßlunt Nairative I. e. Vol> VII. p. 57 — 83.

•*) ibend. p. 61.

486 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107. flippigen Felsketten in dem Parallelismus der Normaldireetion der Ostausläufer des Vindhya, d. i. von W. nach O. durch, zogen, welche In meist sehr beschwerlichen, steilen Felspässen, den sogenannten Ghats überstiegen werden müssen, um das Mahn» nadi, System zu erreichen. Von diesen Ketten stürzen, gegen Nord, mehrere parallellaufende Flüsse zum Querriß des Sone; int Osten der Coyle von Sirguja (s. ob. S. 353), westlich von diesem derNhairfluß^b) gCj Shawpur, welcher ebenfalls in den Waldbergen um Sirguja entspringt, und mit den beiden Zu, flüfsen Bijul und ©utaum vereint, sich bei Agowry zum Sone mündet. Er durchströmt die cultivirteste Hochebene dieser, Landschaft, das Gebiet des Raja von Singrywla, dessen Ress, den; Shaw pur ist; bei seinem großen Wasserreichihum, den ihm seist sehr hohes Quellgebirg zuführt, und bei seiner Breite von loö Schritt (Yard), nahe der Capitale, und 4 Fuß Tiefe, hindern leider nur seine vielen Klippen und Stromschnellen, über die er hinabstürzen muß, um den Sone zu erreichen, seine Schiff«, (totfeit, Westwärts vom Rhair ist der Myar, vom Bergorte Dey,, sah herabkommend, der nächste bedeutende nordlaufende Fluß, Widder den Hochgebirgsketten entspringt, die..das Hochland Sin, growla von dem südlichern und nod) höher aufsteigenden Ge, birgslande des Raja von Somit87) scheiden, dessenHauptfeste. Sonehut an den Quellen des Hustu ist. Noch weiter westlich ist es der obere Lauf des Sone, Flusses selbst, der demselben Ge, bitgszuge, also dem nördlichen Randgebirge des Gond« wann,Plateaus in der Nähe der Nerbuda, und nörd, lichsten Mahanadj/Quellen entspringt, über roeld)c daher Capt, Blunt, als er weiterhin Somit durchzogen und in das Gebiet des Raja von Chotesghur eingedrungen war, von dessen Capitale Ruttunpur^) aus, wo er einige Rasttage hielt, sehr gute Nachrid)ten der Pilgerberichte zu ihrem Wallfahrtsorte ein« ziehen konnte, den selbst zu erreichen außerhalb seines Reisezie, les lag. 1 An Jenen wilden Stromthälern des Rhair und Myar steigt aber Capt, Blun-ts Karawane allmälig zu dem Hochlande 1 des wenig bekannten Gondwana empor, und übersetzt so große **•) Capt. Blnnt Narrative I, c. Yol. VII. p,67. p. 78. •«) ebend. p. 62, 97.

•>) ebend. VII.

Hochland Gondwana, die Gonds, Eole, Karwar. 4) ebend. p. 61.

9l) ebend. p. 64t

488

Ast-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 107.

Annäherung von Capt. Blunts Reise-Karawane, anfänglich ent­ flohen, Männer wie Weiber mit ihren Kindern in die Berge. Für Cowries (s. Asien IV. l. S.420) ließen sie sich jedoch bei näherer Befreundung etwas von ihrem Erbsenvorrath (Chcnne, d. i. Cicer arietinuin) abkaufen. Gegen die nächtliche Kälte schü­ tzen sich diese fast nacktgehendcn Bergbewohner, die aber stets mit Bogen, Pfeil und einer Art zur Bahnung der Waldwege gcrü, stet sind, durch Feuer. In der Nähe des Gebirgspasses, Bildwarry Ghat, vereint sich der Bejul mit dem Gutaum, und nur 4 Coß in W. von Udgegur liegt Buddery, die Resi­ denz ihres Oberhauptes, welche Capt. B l u n t aber nicht berührte. Gegen West sollen mehrere Ortschaften liegen, die Ostseite des Wegs war nur von umherstreifenden Karwars besucht, die sich in viele Seelen theilen sollen; ein sehr unvollständiges Vokabular der Karwarsprache hat Sinnt892) mitgetheilt. Am 7ten Tagemarsche, nach Uebersetzung des Sone-Flusses, und als das Gränzgebirge der Karwar im Süden, gegen Singrowlas Territorium erreicht war, erblickte man die Dickery, Gebirge, die größten, seit dem Kimur-Ghat am Südufer des Sone; sie ziehen ostwärts bis Gya, oder Gäya, in Bengalen (Buddhas Geburtsort, s. Asien IV. 1. S. 510); von ihren Gi­ pfeln ist noch das Fort Bidjyghur am Sone, in West von Ro, tas zu erblicken. Durch den bequemern, östlichen Umweg des ©ul Ghat wurde dies Hochgebirge umgangen, die mehr offene Hochebene Singrowlas, an dessen Südseite betreten, und nach einer Tagereise durch die waldreiche Plateaufläche, über die Dörfer Ury und Gursery, mit 50 Hütten, wo auch etwas Kornbau war, die Residenz des dortigen Raja, die sogenannte Stadt Shawpur9^), am 11. Febr. (am Uten Tagemarsche vom Ganges aus), erreicht. Sehr hohe Gebirge umgeben sie, auch Wald, einige Kornfelder; ein paar Defiles, durch Bambus­ stockaden verstärkt, schützen die Lage der Stadt und Feste am RhairFluß. Aber die ängstlichen Bewohner dieser Stadt flohen beim Anblick der Seapoys in die Nachbarschaft. Der mistrauische Raja, dem der Captain von seinen nördlichen Nachbarn empfoh­ len war, suchte diesen vergeblich von seiner Weiterreise zurückzu, halten; und da er nicht zu halten war», gab er ihm zwar einen '") Capt. Blunt Narrative I. c. Vol. VII. p. 65. eb«nd. p. 67.

Hochland Gondwana, Grottentempel, Corair. 489 Brahmanen zum Wegweiser mit, aber mit dem treulosen Befehl, den Reisenden die Lebensrnittel abzuschneiden. Nach 2 Rasttagen wurde der Weg, südwärts, am 14. und 15. Fcbr., fortgesetzt, über die Dörfer Cuttoly am Myarfiusse und Deykah, das noch in einem gut bebauten Thale dicht un­ ter einer südlicher streichenden Hochkette liegt. Im Dorfe wurde, alles Vcrbergens ungeachtet, bedeutender Reisvorrath vorge­ funden, mit dem sich die Karawane auf 14 Tage verproviantiren konnte. Zwei Gruppen von in Fels gehauenen Tem, pcl - Grotten o»), nahe bei diesem Dorfe, beweisen, daß einst hier mehr Cultur und Population herrschend war. Der eine Frlstempel ist eine gute halbe Stunde von einem benachbarten Dorfe Marra, wo viele kleine Mahadeocapellcn sind, auf einer Felshöhe ausgehauen, neben welcher auch Felszellen zum Wohn­ ort für Fakirs; der Ort heißt Rowan Marra (ob von Ra, vuna?). Der Haupttempel ist 50 Fuß lang, 45 Fuß tief und 15* Fuß hoch in Fels gehauen, und ruht auf Felssäulen, zu deren Zerstörung aber schon viel geschehen. Die einzige Sculptur in der Felshalle, sagt C. Blunt, sey ein Ravuna mit 20 Armen, mit dsn» Speer in der Linken, von Kriegern umge­ ben,-im Kampfe gegen Rama, dem Sivas Gattin Bhavani und Ganesa zur Seite stehen. Die Höhlen zu beiden Seiten sind jetzt die Wohnung von Schaaren der Fledermäuse (vergl. Asien IV. 1. S. . 72 — 73,

") ebend. p. 75 — 79.

490

Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 107.

mein furchtsamen Chohan, den Gonds zwar Naher verwandt, von denen sie sich aber doch selbst noch unterscheiden s%). Zwei Pässe führen hinüber, die zu besichtigen waren, um den besten für die Lastochsen zum überklettern zu Wahlen. Der kürzeste, der Punkyputter Ghat, zeigte sich als der steilste, wildeste, ins* practicabel für die Karawane: Capt. Dlunt recognoscirte ihn. Der Myar-Fluß muß in seinem Felsthale 4mal übersetzt >.'cr* den; der sehr hohe Fels LilcauntDeo bleibt zur rechten Hand liegen, dann müssen 6 Ketten von Bergen überstiegen werden, in engen, gefahrvollen Felsschluchten, welche der tosende Myar-Fluß herabstürzt, Unmöglich war es dort mit Lastthieren zu passiren; am 19. Febr. wurde also der weitere, aber bequemere Weg durch das Walddorf Iirah, aus dem schon alle Gonds entwichen wa* ren, und durch den Heyte Ghat gewahrt. Dort kamen einige Wanderer herab, denen ein Lastochse in die Tiefe gestürzt rvav; ein Gosain oder ein devoter Hindu neben ihm, der sein Schick* sal beklagte. Dem Thiere wurde geholfen, der Gosain, der vom Gebirge herabkam berichtete, erst auf der Höhe liege ein Dorf, die Bewohner seyen hier alle durch die Raubüberfalle der Mahrattas aus ihren Wohnsitzen verscheucht. Der Hinaufweg auf das Co* rair,Gebirge war möglich, aber ungemein beschwerlich; an tausend Fuß steigen sie über Singrowlas Vorland senkrecht cm* por. Das Dorf auf der Höhe, tttna, von 6 Hütten, hatte nur 20 Bewohner, welche die Reisenden angafften, aber doch gegen Cowries sich zur Abtretung von etwas Korn bewegen (ie* ßen. Sie meinten, das schwerste Aufsteigen, gegen alles frühere, fylge erst noch. Sie hatten Reisbau, Eisenminen. Der Fels ist Granit, der Boden roth. Noch einen Gosain traf man hier; er war aus Denares gebürtig, hierher gereiset um für Salz und Zeuge, die et mit sich geführt, Lak (s. Asien Dd. III. S. 328) von den Chohans einzuhandeln. Die zu großen Be, schwerden her Reise hatten ihn hier zur Umkehr vermocht; das Vieh konnte kanm fort, alle Wege zugewachsen, mußten jedesmal erst gebahnt werden; Korn gab es noch hie und da. Die Berg­ völker der Chohans waren überall durch die Mahcatten in Flucht gejagt, welche fur$ zuvor den Raja von Corair über­ fallen und in seiner Gebirgsfeste Sonehut besiegt hatten. Ihn weiter zu kommen verlangte der Ghatea, oder das Oberhaupt' ”6) cbend. p. 89,

Hochland Gondwana, Mirzapnr, die Corair.

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des Bergdorfes, müsse Blunt erst dem Felsgott, der den Sit* c o u n t bewohne, das Opfer einer Ziege und eines Hahns brin, gen, um den nächsten Paß glücklich zu ersteigen. Durch alle ungünstigen Aussagen ließ sich Capt. Bluttt in seinem Zuge nicht aufhalten. Am 20. Febr. kletterte er mit sei*, ner Karawane den Paß Utna Ghar hinauf; die ChohanS waren nach dem gebrachten Opfer sogleich bereit gewesen den Weg zu bereiten, und nur bemüht den Lastochsen von Fclsstufe zu Stufe sorgfältig die Beine zu setzen, um sie glücklich hinauf zu geleiten. Den Steilwinkel des That giebt Capt. Sinnt97) zu etwa 75° an, was aber an die Unmöglichkeit des Erklimmens hmstreist, wenn man den Absturz sich überall gleichartig vorfiel, len wollte. Nur eine Stunde Weges konnte am ersten Tage zurückgelegt werden; der zweite Tag führte über gleich rauhe Felsen, an tiefen Spalten über gefährliche Dcsiles, zum Dorfe Nutwye, der dritte desgleichen an sehr steilen Preci, picen hin nach Bugrody und Chundah, nur ii Stunden weit; der vierte auf nicht minder klippigem Boden, der durch Regenschauer sehr schlüpfrig geworden war, doch 3 Stunden weit bis Purryhud, und endlich der fünfte in 2 Stunden Wegs nach Sonehut, nahe der Hustn,Quelle, wahrscheinlich auf je, neu größten Höhen von Gondwana gelegen, die P. Breton auf 6000 Fuss Meereshöhe schätzt. Die ältere Capitale des früherhin ganz independenten Co, rair Raja, Mirzapur, liegt zwei Tagemärsche weiter süd, wärts, mehr.im offenen, bebauteren Lande; da aber dieses den Ileberfällcn der feindlichen Mahratten mehr ausgesetzt war, sy halte der damallge Raja, Ram Gurri Sing, ein dunkel, farbiger Chohan von Geburt, sich in das Gebirgsasyi von Sone Hut zurückgezogen, und sich da mit einem Erdwalle verschanzt, seitdem die Mahratten das benachbarte Ruttunpnr in S.W. von der Berar,Seite her besetzt hielten, und von da aus auch den Tribut von Cvrajk einforderten. Da dieser seit 5 Jahren versagt ward, kamen sie endlich herangezogen, belagere ten So ne Hut, plünderten das Land und zwangen den Raja von neuem zum Tribut; Capt. Blunt fand sie eben im Begriff ihr Lager bei Sonehut zu verlassen. )n diesem Zustande der Verwirrung traf Capt. Blunt hier das Land, 91) cbenb. i>. 80 - 83.

192

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Ab sch n. §. 1Ö7.

Das Fort von ©oncßut808) liegt auf einer 2lnhöhe, einige o Hütten am Fuße derselben umher; nie, sagte man ihin, we, >en hier heiße Winde, das Clima auf dieser Höhe ist kühl, s hat häufige Regenschauer, die Nachte bleiben das ganze jähr hindurch frisch, doch baut man hiev noch etwas Reis und eringcre Kornartcn. Von Sonehut wurden die Wege weit csser als bisher, das Land offener, man hatte offenbar die rößle Plateanhöhe erreicht, auf der nur ein paar beschwer, >chc, aber doch geringere Abstufungen in den 2- folgenden Tage, närschen, nach der ganz verödeten, frühem Capitale von Corair, >ach Mirzapur führten, die jetzt völlig.verödet war. Nur zwei ihohans fanden sich vor, die in dem Schutt der Stadt nach den lebcrrcsten von der Mahrattcnplünderung suchten. Durch ein aar elende Dorfschaften von höchstens 5 bis 6 Hütten, Cutchar nd Cusahar, durch weite Waldungen von einander geschieden, ührte der Weg. Das Wild hat hier die Herrschaft über ie Menschen gewonnen, die in beständiger Furcht vor Ti« ern, Leoparden, Tigerkahen, schwarzen Bären sind, befleckte Hirsche, Nilgaus, Sambres?) und eine sehr rnghalsige für Blunt ganz neue Hirsch, oder vielleicht Antclo, engaltung, mit langen Vorder, und kurzen Hinter »Deinen, die n einen giraffenartigen Bau erinnert, weideten hier in Menge, lasen, Enten, Rebhühner, Wachteln, Schnepfen und anderes Ge, ügel zeigte sich in Schaarem Ein verfallner Tank und ein Hang» Hain bei Mirzapur zeigte» den frühern Anbau um ie verödete Stadt. Die C h o h a n S erkennt Capl. Blunt als as Aboriginer,Volk von Corair, das sich aber nur noch Tagereisen südwärts von da über die etwas bebauten Thäler usbrcilet, in denen die Dörfer Munsuk und Tug gong, mit wenigen Hütten liegen. Die Verwüstung war allgemein. Am 1, März, am 4tcn Tagemarsche von Sonehut wurde hon wieder das Gebiet eines andern Tribus erreicht, der urgammah, eines Stammes der Gonds, die auch ein cherhaupt vom Gyndgcschlechte beherrscht, das sich Raja on Mutyul^) nennt. Das Volk ist weit stämmiger und rüstiger als ihre nördlichen Nachbarn die Chohan in Corair; •t Gvnd Raja war ganz dunkelschwarz, gut gebaut, '•') c»|>t. Bliintb chcnd. VII, p. 84, chcnd. p, 89.

Hochland Gondwana, Plateau Oinercnnlnk, 49: und offen in feinen Miltheilungen. Die Gränz.en seines (fei nen Territoriums, das schon am folgenden Tage durchschritte: ward, gab er selbst so an: gegen N. Co rair; gegen O. Sur guja; gegen W. Pindava und Omercuntuk; gegen S Mahtin. Alles seyen menschenarme Länder, nur von Hindu Pilgern durchzogen, welche die Quellen des Sone un Nerbuda auf Omercuntuk besuchten. Der Weg dahin geh von hier durch Ru t tun pur; aber der Rajah der wilden Per taubghur Gonds, in S.W., habe das dortige Brahmanen heiligthum und dessen Schatzkammer geplündert, und die (fc'i gend unsicher gemacht, weshalb die Zahl der Pilger sich sehr »et mindert habe. Am dten März wurde, nach zwei Stunden beschwerliche Wege mit dem Uebersetzen über das rauhe und steile User de Hustn,Flusses, auch schon die Gränze des benachbarte Territoriums von Mahtin^«) erreicht, welches damals ein Mahratten.--Provinz war, die von dem Gebirgs,Tribus de Co w hi er bewohnt wird, gegen welche ihre westlichen Nachbar die Pertaubghur Gonds feindselig gesinnt sind. Borden war dies Pergunnah tributair an Bogleeund, dann wurde e nach vielen Verheerungen den Mahratten tributair; seitdem war es von den Pertaubghur Gonds, mit denen die Mahratte: in Fehde lagen, überfallen und geplündert; es ist gänzlich »et flrmt, alle Ortschaften waren niedergebrannt. Das Oberhaup der Cowhier sagte von 84 Dörfern der 7 Landesdistriete seye: nur noch 15 Dörfer übrig. Aus dem Westufer des Hustn Flusses steigt ein Gebirge aus, welches aus dem ganzen Weg: 8 Tagemärsche lang, über Mahtin bis Pory, und noch weiter, bis Ruttunpur, immer gegen Nordwest hoch sic emporhebend erblickt wird. Es ist das Aufsteigen zum Ta fellanbe von Omercuntuk, in seinen Wildnissen von stre senden Pertaubghur Gonds unsicher gemacht, um die heilige Flußquellen in Omercuntuk von CowhierS bewohnt. Da felsige Thal des Hust«, der gegen Süden zum Mahanadi fließ ist mehr von Tigern als Menschen bewohnt. Das nächste Grän, dorf Muugora, an seinem User, hatte nur eine Familie z Bewohnern. In den nahen Berghöhen von Cusgar Hause GondS, die nichts von der Welt wissen, denen die Kenntniß »o •0o) ibenb. p. 90-SS.

494 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107. Kupfer» und. Silbergeld fehlt, von denen nur durch Coivrics et, was Kom einzutauschen war. Der 2te Tagemarsch, der 4, Marz, führte aus den Wald, rev'eren, in hohe Grasungen nach Iulky, wo nun die Popula, «on der Cowhier in'Mahti n begann. Von zwei Wegen wurde der bequemste, über K urby durch das Bette des Bockye, Fluß, zum reißenden, starkströmenden Hustu-Fluß zurück ge, wählt, dessen zweimaliger Uebergang nicht ohne Gefahr war. Im« inet blieb man im Osten des hohen Bcrgzugcs. tlin den Ort Mahtin zu erreichen, mußten erst wieder eiN'paar sehr be, fchiverliche G h a t s und Bergketten überstiegen werden)' über die Dörfer Bunnair und Lungah. Mahtin liegt am Ufer des Bergstromcs Taty, und eine halbe Stunde fern vom Dorfe wehte von dem Gipfel eines sehr pittoresken Kegelbergcs, des Mahtin Dey, eine Hindu,Flagge. Dort wohne, sagt man, die Göttin Bhavani, deren Huly, d. i. das Frühlings, fest, mit Trommeln und Tanzen gefeiert wurde. Krin Brahmane stand dieser Feierlichkeit des unwissenden Hindu, Tribus vor, der gegen die großen Gefahren, mit welchen hier die zahlreichen Raub, Tiger ihn bedrohen, keine andere Hülfe weiß, als die Bhavani durch Opfer um Schutz anzuflehen. Am loten März, also am achten Tage nach dem Aus, marsch aus Mutyul, wurde südwärts des Dorfs Jattaingah der Ort Pory, zwischen 2 hohen Bergketten erreicht, von wel, chem, nach Aussage des dortigen Oberhauptes, des Byraghy, die Sone, und Nerbuda,Quellen auf Omercuntuk nur 22 Coß (höchstens 7 bis 8 geogr. Meilen) gegen West entfernt seyn sollen. Aber dahin zu reisen, meinte er, könne Niemanden einfallen, da es ein Land sey, voll wilder Bestien, voll wilder Dämone und voll wilder Gonds. Nach 3 Ta, gemärschsn, vom 11. bis 13, März, durch Bergland, mit wenigem Anbau, qur mit ein paar Hütten zu Noaparrah und Maudun, aber voll von wilden Büffelheerden, wurde beim Austritt aus dem Gebirgslande die Capitale von Cho, tisgur, Ruttunpur auf der Westseite des Hustu-Flusses lie­ gend erreicht. Die anhaltenden Regentage während eines großen Theiles des Monats hatten das ganze Hochland erfrischt, und ♦on dem Eintritt in Corair an, mit einer ungemein schönen Dlumenprachti»n) geschmückt welche Capitain Blunt eben »") Blunt VII. p. 94.

Hochland Gondwana, Ruttnnpur dir Capitale. 495 so neu als reizend war; aus Mangel an botanischer Kenntniß blieb sie leider in ihren Einzclnheiten uyuntcrsucht; sie mag einst als eine eigenthümliche Alpenflora des hohen- Gond, wan a erforscht werden. Ruttnnpur (Ratnapupa, d. h. Stadt der Edel« Peine) 2), unter 22°N.Br., die Kapitale von Chotisghur, einem der fruchtbarsten Distrikte von Gondwana, mit Korn« bau, hieß ehedem als Residenz einer angesehenen Raja-Dynastje Rajcpur, ehe Chotisghur den Mahratten unterworfen ward. Gegenwärtig beginnt mit diesem Rulkunpur das Gebiet des Raja von Be rar, das sich von da westwärts bis Be rar in ferner größten Breite ausdehnt. Aus dieser ältern Zeit zeigt man noch unter einem Ruincyhausen jener alten Stadt die Trümmer des Raja Mahal, oder Königspalastes; bei Capt. Blunts Besuch war Ruttuupnr der Sitz eines Subahdars (Geu, verneurS); ein Ort mit etwa looo elenden Hütten» Selbst das Haus des Gouverneurs war, obgleich mit Ziegeln gedeckt, und ain Bazar gelegen, mir sehr ärmlich. Einst ivarcn die alten Rajahs von Ruttunpur mächtig,, sie hatten, nach Aussage einiger Drahmancn, die Tempelheiligthümer cun Wallfahrtsort der Sone« und Ncrbuda-Queffe erbaut, wo man die Nachrichten ihrer Dy« nastie bis zum 52stcn Rcgentengllcde aufbewahren soff. Die letz­ ten derselben wurden dem Capt. B l u n t namentlich aufgeführt. Ein flüchtiger Besuch in die Umgebung, der Stadt Ruttunpur zeigte auch hier die Reste ihrer frühern Größe. Die Festung ist an hohen Absätzen zu beiden Seiten über Tanks aufgebaut; hie Mauern sind verfallen. Einer der jüngsten Tempel wurde von dem letzten Raja Bimbaji erbaut, dessen eine Witttve sich mit ihm verbrannte, die beiden andern erhielten Jaghirs zum Unter« halt. Zwei andere Tempel stehen nicht fern vom Fort auf einer Berghohe. Gegen S.W. besuchte Capt. Blunt ein dem Bhy« !toc(?) geweihtes Gebäude, darin ein 9 Fuß hohes Idol aus blauem Granit gehauen, roch gemalt mit Blumen geschmückt. Ein anderer Berg, stetchmi Tackry genannt, trägt einen Tein« pel der Bhavani, deren Schutz cs die Einwohner verdanken wollen, daß di« Mohammedaner noch nie den Frieden der Hindus in Ruttunpur Poren konnten, jvon fei« nem Gipfel breitet sich ein schöner Ueberblick aus: nordwärts *) tbend. p. 97-106.,

4%

Ost-Asien. Vorder-JnLien. IV.Abschn. §.107.

auf Festung und Stadt, die beide von einer großen Anzahl von Tanks umgeben sind, die früher zur Irrigation dienen mochten. Jenseit steigt der Berg Lossaghur auf, der früher eine Position der Mahrattas war, und dahinter erhebt sich das blaue Hoch, gebirge von Omereuntuk. Gegen West, nur eine halbe Stunde fern, ist das weiße Grabhaus eines Patanen Derwisch, der vor vielen Jahren mit Bekehrungen zum Islam beschäftigt, von den Gonds der nahen Gebirge erschlagen seyn soll; gegen Ost breitet sich der Spiegel des Dulapur Talaow aus, eines Sees, dessen Ufer auf eine Stunde weit künstlich eingedämmt ist. Nur im Vorübergehen sahe C. Dlunt in der Mitte eines andern Tank ein Gebäude, das auf 36 gothischen Bogen ruhete, auf dem sich 24 Pyramiden über den Außenpfeilern erhoben, und in der Mitte ein pyramidaler Tempel, 50 Fuß hoch; es sollte daMausoleum eines alten Ruttunpur Raja sevn. Um jedem Mis, trauen auszuweichen wurde es nicht näher untersucht. Früher sollen Dämone dieses Land bewohnt haben; wegen 7 heiliger Cunds (Brunnquellen), denen 7 Devtas vorstehen, bereit. Bad von Sünden befreien soll, wird Ruttunpur von den dort», gen Pandits, Cossy, das Heiligthum genannt. Der Stadtgouverneur bestätigte die Schwierigkeit von hier nach Omereuntuk zu gelangen; die Wege seyen ungemein wild und rauh, nur zu Fuß sey eS möglich dahin zu pilgern; aber man fei der Gefahr damals nur zu sehr ausgesetzt von den Pertabghur Gonds erschlagen zu werden. Einige Brahma, nen, die früher dahin gepilgert waren, konnten genauere Auskunft über den einzigen Pilgerpfad geben, den man überhaupt, von hier auS, nur nehmen könne. Er führe gegen Nord durch daGebirge immer bergauf und ab, durch Engpässe, Abstürze und dicke Wälder; 12 Coß, d. i. 7 Stunden Weges weit bis Pin, dar«, die Hauptstadt des gleichnamigen Pergunnahs, aber doch nur ein ärmliches Dorf, auS ein paar Gondhütten bestehend. Von da an sey der Weg nur diesen Bergbewohnern selbst bekannt, die den Pilgern zu Wegweisern dienen müßten. Der Sone ent« springe an der Ostseite der Berge, und fließe erst durch Pindara, nehme dann viele andere Flüsse vom Nordostabhange des Gebir, ge« auf, und ströme dann nordwärts an Sohajrpur vorüber, durch Boglekhund zum Ganges. Aber erst wenn man da­ hohe Tafelland Omereuntuk selbst erstiegen habe, komme man zu der Nerb«da,Quelle und dem Tempel, aas dessen

Hochland Gondwana, Ryepur Hauptstadt.

497

Hciligthum er ohne Unterbrechung hervorstieße. An diesem Sanctuarium, sagten sic, hätten die Rajas von Berar und Sohajepur nebst dem Pcrguna von Pindara ihren Antheil, aber gegenwär­ tig sey cs im Besitze der Pertabghur-Gonds. Der nächste Weg von Ruttunpur nach Vizagapatam in den Circars (s. ob. S. 475), dem Ziele von Capt. Blunts Expedition, würde direct südwärts über Bustar und Jya, pur903) zur Küste geführt haben; aber schon hier erfuhr der Captain, daß die dortige Wildniß der Gebirge und der Gonds ihm den Durchgang sehr schwierig machen würde, wozu, wie sich später ergab, auch noch ein. Verheerungskricg des Konkair Raja gegen den Bustar Raja die Feindseligkeit so erhöht hatte, daß der Durchgang unmöglich wurde. Der Weg wurde demnach, fürs erste, durch das weite Gebiet von Chotisghur, 13 Tagereisen weit nach Ryepur, und von da noch 7 Ta­ gereisen weiter bis zur Südgränze**) Chotisghurs, wo der Mahanadi an Konkair vorüberzieht, fortgesetzt, von wo man schon das Küstengebirge der nördlichen Cirkars erblicken konnte, die nur noch 3 Breitengrade von derselben ent­ fernt liegen. Hier erst ergab es sich, daß statt des südlichen Ge, birgsweges, ein Wcstwcg 5) zum mittlern Godavery gegen C hin nur (s. ob. S. 466) eingeschlagen werden müsse. Durch diese Umstände also wurde der größte Theil des Stufen, landcs des obern Mahanady-Systcmes, den die Land­ schaft Chotisghur einnimmt, bis in die Gegend der Südquclle um Bustar durch einen 2lugenzeugen wenigstens erblickt. Ryepur (Raeepur) ist, nächst Ruttunpur, die zweite Hauptstadt von Chotisghur, verdiente aber wegen ihrer Po­ pulation und ihres Commerzcs den Rang der ersten; sie hatte 3000 Hütten und ein aus Stein erbautes Fort, obwol im Ver­ fall. In 13 Tagemärschcn, vom 18tcn bis 3lsten März, wurde sie, durch ein ebenes Land von' etwa 20 geogr. Meilen Ausdeh­ nung, voll schöner Flüsse, Tanks, Wälder, Kornfelder und Dör, fer vom Capt. B l u n t erreicht. Uebcrfluß an Korn, liebliche Ger gend, Bequemlichkeit des Weges, geordnetes Gouvernement in dieser Mahratla-Provinz, was alles bei den frühern Märschen, von Corair bis Mahtin, schmerzlich entbehrt wurde, machte '«") Capt. Blnnt 1. c. VII. p. 97. *) ebend. p. 117. Ritter Erdkunde VI.

*)

ebend.

p. HO.

Il

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §.107,

bot angenehmsten Eindruck auf die Reisenden. Der Boden um Rycpur ist fruchtbar, schwarz, aber nirgends über 3 Fuß tief; die Unterlage, fester Felsbodcn, tritt überall sogleich in allen Flußufern, an den Tanks und Brunnen zu Tage. Reis wird nur da, wo Kunstteiche und andere Wasscrsammlungcn zu Irri, gation verwendet werden können, gebaut; allgemein ist hier treff­ licher Wcitzenbodcn, geeignet zur Cultur auch anderer Kornarten, Oclpflanzen, zumal für Leinsaat und Ricinus sehr ge­ deihlich. Chotisghur führt sehr viel Korn aus, in die Circars und in das Nizam-Territorium, gegen Salz, das ihm mangelt, und das hier mit Silber aufgcwogcn wird. Die zahl­ reichen Dorfschastcn hallen große Viehhecrden und ziehen Pferde auf, wie die Mahrattcn von der kleinen Race der Bergkleppcr, Tattu (oder Tangun, s. Asten IV.l. @.661,808). Die Su, bah Chotisghur war damals von den Mahratten an den Raja von Berar verpachtet, der wieder an seine Unter, Pächter kleinere Districte abgab, welche sodann von den Ze, mindaren den Tribut erhielten. So blieb der Willkür der Zcmindarc es über lassen jeden Durchreisenden nach Belieben mit Zöllen und Abgaben zu belegen, wodurch Handel und Verkehr ungemein gehemmt wurde, eine Dcrwaltungswcise, welche die Be­ völkerung des verheerten Landes nicht begünstigen konnte. Die Banjarras (Brinjarrics) haben hier den größten Verkehr in Handen (s. Asien IV. 1. S. 687 — 690); Chotisghur ist die fruchtbarste Provinz des Berar Raja. Ryepur ist der Passa, geort mit bedeutendstem Handel auf der einzigen Trans, portstraße zwischen Kuttak im Circar nach Nagpur in Berar, die aber öfter durch die Willkür kleiner Zcmindare gesperrt ist. Die Landschaft der 7 Tagereisen, südwärts von Ryepur, bis zum Mäh a na di bei Konkair, entspricht ganz der Be­ schaffenheit der nördlichern; überall mit dem Kornbau und den besten Nahrungsmitteln, große Dichhcerden, die vortreffliche Milch und Butter (Ghee) geben, viel Wild, Wasservögel, Wachteln, Ortolane, und malerische Ansichten. So wie der Mahanad > - Fluß erreicht ward, fingen wie­ der die engen Defiles, die dichten Waldungen, die Windungen der Thäler, die niedern Bergketten an. Der Strom wurde über­ setzt und auf dem jenseitigen Ufer das Gebiet des Raja von Konkair, der ein Gond-Chef ist, erreicht. Sein Gebiet liegt zwischen Chotisghur im Nord, und dem Raja,Ge-

Hochland Gondwana, Konkair.

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biete von Dustar im Süden. Hier, belnerkt Capt. Blunt, ist das Land der alten Rajas von Gondwannah»«); alt lcs Gebirg umher von den Bergvölkern der Gonds bewohnt. Gleich in der ersten Nacht wurde sein Führer von den wilden und rohen Berg.Gonds ermordet. Die Stadt Konkair wurde am 6ten April auf dem Süd, Ufer des Ma ha na di erreicht; sie liegt zwischen 2 Felsbcrgen, auf deren Gipfel ein Fort mit 2 Kanonen. Das Lager der Rei, senden wurde an dem Norduser des Flusses in einem Mango, Walde aufgeschlagen. Durch die damals den Briten befreun, deren Mahratta-Chefs dazu aufgefordert, kam der Gond Raja dieses Gondwannah.-Gebietes dem britischen Capitain mit Höflichkeit entgegen. Konkair ist ein ärmliches Dorf von den wildesten Gebirgslandschaften der Bergvölker umgeben, welche hier, gegen Süden, über Bustar sich zu denKüstcnketten der nörd, lichen Cirkars hinziehen, gegen West aber durch die Territo­ rien mehrerer Gond Rajas, durch die Wildnisse zum mitt, lern Godavery, zu dessen Ostufcrn, beim Einfluß desWurda zu ihm (f. ob. S. 428). Die damaligen Erkundigungen Capt. B l u n t s bei dem Gond Raja, über die Wcgrouten?), sind die einzige Nachricht, welche uns bis jetzt über die Geographie jener Gegen­ den zugekommen. Der nächste Weg von Konkair nach Vizagapatam an der Cirkar-Küste, würde über Donga(?) nach Jugdulpur (Jaghederpur der Karten), der Capitale des Dustar Raja gehen, und von da über Cotepar, auf der Gränze von Bustar und Iaepur, was schon zu dem Circar-Gebiet gehöre; von da aber durch den Kurkuty-Ghat (in der Küstenkctte der Circars) zum Lande des Diziram Rauzi 8) (ein mächtiger Po, lygar in Vizagapatam). Eine zweite Route, mit Umwegen gegen Ost, vermeide das Bustar Territorium, gehe über Sehow a h, wo die Quelle des Mahanadi, durch RyegurM und über den Iaepur-Ghat nach demselben Iaepur in den Cirears, und sey gegenwärtig die Straße der handelnden Banja« raS mit ihren Lastochsen. Iaepur, die Capitale des Raja von Iaepur, habe soo Häuser von Ureas bewohnt (d. i. Oriffa-Bervohner). •”•) Capt. Blunt 1. c. VII. p. 112. *) f. W. Hamilton Descr. II. p. 74.

') ebend. p. 113—110. Ji 2

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Ost-Asien. Vorder-Jndieii. IV. Abschn. §. 107.

Die erste Route zu nehmen war damals unthunlich, da Konkair in Krieg mit Bustar, dies Gebiet verheert hatte; die Stadt Bustar war ganz verlassen, ihre Bewohner hatten sich nach Iugdulpur (Jaghederpur im Süd von Bustar) ge, zogen, wo der bedeutende Fluß Inderswty oder Indrawnty (gegen S.W.^o) zum Godavery) vorüber ziehe, der sehr flippig, immer vollufrig, niemals durchgehbar sey, und das auf einer Halbinsel erbaute Fort der Stadt, zur Regenzeit, durch Bildung eines Sees rund umher, in eine Insel verwandle. Der verräthe, rische Bustar Raja, Dorryar Deo, sey ungemein grausam, habe seine Residenz in eine Feste nur 2 Stunden fern von Jug, dulpur verlegt, die Kaislur heiße, und von da aus versage er den Mahratten allen Tribut; sein Gebiet sey in 48 Pergunnahs getheilt. Auch die zweite Route über den Iaepur Ghat war damals versperrt; der Viziram Rauzi habe, sagte der Gond Raja von Konkair, seitdem ihn die Fringis von der Küste vertrieben (die Europäer durch das Gefecht bei Padnaburam, im Jahre 1794), mit seinem Truppeucorps diesen Ghat besetzt, weil er gastliche Aufnahme beim Iaepur Raja (Ramloch um) gefunden, der 5000 Mann Truppen commandire, und den Bri, ten Feind sey. Viele seiner Leute seyen mit langen Speeren und krummen Messern bewaffnet, sehr geschickte Lanzenwerfer aus der Ferne, und aus dem Hinterhalte kriechen sie auf dem Bauche schleichend herbei und ermorden den Feind. Aber auch wenn völliger Friede wäre, rieth der Gond Raja von Konkair ab, keine von beiderlei Routen über Bustar oder Iaepur Ghat in die Circars zu nehmen, weil sie durch das beständige Auf, und Absteigen über wilde Klippen, durch gefahr­ volle Abstürze, dichte Wälder, zu beschwerlich für Lastochsen, und hie und da von den wilden Gonds bewohnt sey, die gleiche Gefahr brächten, wie der völlige Mangel an Korn und oft an Was­ ser auf jenem Wege, bis zum Gebiete des Viziram Rauzi. Hierdurch wird also die Kenntniß dessen, was wir oben bei den Circars unbestimmt lassen mußten (>. ob. S. 471), vervoll, ständigt, und es zeigt sich, daß die dortigen Küstenketten der Cir­ cars als südliches Randgebirge des Gondwana Plac. Bliint l. c. VII. p.113; vergl. mit p. 135—136 und Asiat. Observ. of Calcutta in Asiat. Journ. 1825. Vol. XX. p. 18.

90°)

Hochland Gondwana, Westweg nach Wyragar.

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teaus eine wahre Naturgränze zwischen Küstengebiet und Binnenland bilden. Nur der Westweg"') blieb dem britischen Capitain übrig, um aus dein Mahanadigebiet von Konkair in -as Gebiet des Godavcry, zu dessen Ostseite, in Chanda, nach Wyragar (B y r a g u r), dem großen Marktorte am Kobra zur« Flusse, zu gelangen, der nordwestwärts in den Dain,Gang« fällt (f. ob. S. 466). Die Entfernung dahin beträgt 40 Coß, 12 gcogr. Meilen; der genannte Ort ist nicht mit dem gleichlau­ tenden Byragnr der Karten im Osten von Konkair am TellNadi.'Flusse, der unterhalb Sumbhulpur zum Mahanadi fällt, z>» verwechseln. Dieser West weg (etwa unter dem rosten Breitenparallel) führt über ein sehr wildes Gcbirgsland, welches das Ge­ biet des Konkair Raja scheidet von dein westlichen Chanda,Gebiet. zu Nagpur gehörig, in welchem Wyragar liegt. Es wird von den wildesten Bergvölkern derGondS bewohnt, die von ihren Häuptlingen dem Pannawar Raja und dem Malliwer Raja beherrscht werden. Beider Territo­ rien mußte Capt. Blunt auf seinem Quermarsche passircn, den er in Zeit von 10 Tagen (vom 8. bis 17. April) von Konkair bis Wyragar zurücklegte. Es ist dies der einzige genauere Be­ richt eines Augenzeugen, den wir über diese Gränzgebirgs« kette") besitzen, welche von dem Plateau von Omercuntuk und Mandela am Nerbuda-Quell, südwärts an der Ost­ seite von Bcrar vorüberzieht, Telingana in W. von Gond­ wana und Bustar in Ost scheidet, eben so wie Godaverygebiet im W. von Mahanadigebiet im O. und sich an die Küstenkette der nördlichen Circats anschließt.

Auf den Landkar­

ten ist diese Zeichnung noch sehr unsicher niedergelegt, und der Bericht des ersten gefahrvollen Durchzuges ist auch nicht geeignet darüber genauere Auskunft zu geben, )»» Wesentlichen erfahren wir nur Folgendes. Von Konkair geht es 2 Tagemärsche gegen West durch dichte Waldungen und mehrere Desilcs bis zum Gond-Dorfe Buslagur, das am Fuße eines aufsteigenden Hochgcbirgs liegt. Hier sahe Capt. Blunt bald das erste Bergwasser gegen West zur Godavery-Seite fließen, da bisher alle Flüsse ost-

,0) Blunt Narrative VII. p. 117.

") ebend. p. 118.—123.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 107.

wärts sich zum Mahanadi «Systeme senkten. Also hier befand er sich auf der Wasserscheide zwischen beiden Strom, sy sie men. Bis dahin, an 8 geogr. Meilxn von Konkair west, wärts, war keine einzige Wohnung wahrnehmbar, nur hie und da aus Zweigen Laubhütten und Gehege der Gonds zum Schutz geringer Kornpflanzungcn gegen den Einbruch wilder Thiere. Schon am loten April stellten sich auf den Bcrgwcgcn die wil­ den Gonds mit ihren langen Spießen dem Karawanenzuge drohend entgegen. Erst am I2tcn wurde die Wcstgränze des Konkair Raja Territoriums überschritten, und sogleich stellten sich die Wegelagerer und Raubhorden der Gonds in den Engpässen der Dcrgpfade ein. Das Dorf Pannawar, die Residenz ih< res Häuptlings, der den von Mahrattcn ausgestellten Paß respec, tirte, wurde an demselben Tage erreicht. Die Bustar,Gränze liegt nur 10 Coß, 3 geogr. Meilen, fern von hier, in gebirgiger, furchtbarer Wildniß. Nun führte die Route während 3 Tage, Märschen über die höchst beschwerlichen Gränzgebirgskettcn, nach 10 geogr. Meilen Ferne, nach Malliver, der Residenz ei, nes andern Gond Häuptlings, Im Westen des vorigen, dessen Empfehlungsschreiben derselbe aber verächtlich vor die Füße warf, weil zwischen den Gond, Chefs Feindschaft besteht. Auf dem Bergübergange fand C. Dlunt einen Pflaumenbanm mit sehr schmackhafter, röthlicher, säuerlicher Pflaume sehr verbreitet, die den Gonds zur allgemeinen Nahrung dient. Er verpflanzte später diese Kerne nach den Circars und nach Bengalen. In Malliver fand er wenig Reis; aber von da war in 3 Tage« Märschen, keine 3 geogr. Meilen weit, die Stadt Wyragar in CH an da, zu Nagpur gehörig, mit ihren 300 Häusern und dein großen Markt auf der Hauptstraße durch Telingana er, reicht (f. ob. S. 466), wo wir nun den kühnen Wanderer und die Westseite des Mahanadi, Systemes verlassen, um zu der Nord feite desselben in ein bis dahin eben so wenig bekanntes Terrain zurückzukehren.

Hochland Gondwana, n.Sirgnja, Chom-Nagpur. 503 3. Oberes Stromgebiet der Nordseite, vom Hust», fluß über Sirguja, ostwärts zu der Quelle des obern Brahmini in Chuta Nagpur, zu den By« turny,Quellen in Singbum, und dem obern Dum, mudah bei Ramghur; südwärts bis Sumbhulpur und über den Mahanadi bei Sonxpur zur Gränze gegen Orissa. Boden, Clima, Pflanzen, Thiere, Ortschaften. Nach P, Bretons Beobachtungen (1825). Durch P, Bretons Mittheilungen aus einem stebenjähri, gen Aufenthalt, in den bis dahin fast unbekannt gebliebenen Län« dcrn der Nvsdfeite Gondwanas, auf der Ostseite des Hu, stmFlusscs bis nach Bengalen hinein, bis Ramghur am Dum, mudah/Strom, der sich unterhalb Calcutta zum Hugly des Ganges, Deltas im Ostlaufe ergießt, ist uns auch jene Landschaft in etwas aus ihrem bisherigen Dunkel hervorgetreten. Zwar nur im Allgemeinen, so daß noch Vieles zu wünschen übrig bleibt, waS die Zukunft wol geben wird, da Briten auch hier die Besitzneh, wer des Landes geworden sind, von denen wir auch bald dctaillir, tere Berichte erwarten dürfen. Die dankcnswerlhen von diesem Arzte in seiner medicinischen Topographie012) mitgethcil, ten Nachrichten, haben als die ersten über diese bisherige Terra incognita, einen doppelten Werth, und wir werden ihnen hier, bis auf wenige Zusätze, fast ausschließlich folgen. Das ganze Ländergcbiet vom Hustu ostwärts, über Sir, guja, Chota,Nagpur (d. h. Klein Nagpur mit Burma dem Hauptort, an der Quelle des Brahmini-Flusses) bis Ram, ghur, zwischen 23 und 24° N.Br., südwärts bis Sumbhul, pur am Mahgnahi und Gangpur am Brahmini, ist Berg, landschaft voll Wälder, Jungles, Thäler und Ebenen. Diese Ebenen sind sehr weit ausgedehnt mit hohen Grasungen bedeckt, die zum Decken der Dächer benutzt werden; zum Theil sind sie angebaut, wie um Sirguja und in Chota,Nag» pur, welches letztere die ganze Landschaft am obern BrahminiFlusse bezeichnet. Die Gebirge ziehen zusammenhängend in •**) P. Breton Medical Topography of tlie Dislricts of Ramghur, Chota Nagpore, Sirgoojah and Suintihulpqre in Transactions of the Medio, and Pliysic. Soc. of Calcutta ib. 1825. 8. Vol. II. p. 234—261.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 107.

in Ketten oder unterbrochen von West, ans Om wuntiif nach Ost in Bengalen; schon der Plateauhöhe aufgesetzt, also er, haben genug, und über diese, relativ, nach Schätzung P. Bre« tons, nid)t mehr als im Mittel etwa 2000 Fuß aufsteigend. Auch Chota Nagpur und das Land tim Rainghnr ist im« rner noch als Tafelland zu betrachten, mit welliger Oberfläche, von tiefen Flußrinnen durchzogen, deren Wasser gegen Osten zum Ganges, gegen Süden zum Meere ablaufen, und von zahllosen Nuddies und Nullahs, d. i. Bächen zur Regenzeit, deren aufge­ speichertes Wasser zur Irrigation verbreitet wird. Die großen Flüsse, welche diese Ebenen durchziehen, find au­ ßer den schon früher genannten des Hustu und Mahanadi mit einigen Zuflüssen gegen Süden, und dem Coyle gegen Nor« den zum Sone (s. ob. S. 353), vorzüglich noch weiter ostwärts, gegen S.O., der Brahmini, der im obern Laufe Soank heißt, und nahe Burwa, in Chota Nagpur entspringt, der Coyle-Quelle ganz benachbart; dann der Dummudah, bei Ramghur, der gegen Ost zum Ganges zieht. Dem Brahmini folgt noch weiter ostwärts der kleinere ihm parallele Byturny, der im obern Laufe in S i n g b u in auch Coyle heißt; und die­ sem noch östlicher der Salnndy (Solandi bei Stirling). Diese find es, welche sich im untern Laufe mannichfaltig wie der Mahanadi bei Kuttak verzweigen und wieder vereinigen, und das Gestade von Orissa913) als gemeinsames Münd.ungsland vom Chilka,See bis Palmyras Point bewässern. Nord­ östlich von diesem letztem Cap ergießen sich in die Bucht, welche von da schon nach Bengalen zmn Hugly sich hinüberschwingt, noch einige kleine Küstenfiüsse: der Kansbans und Buraba­ lang bei Balasore, und der Subanrekha bei Iellasore, welche denselben Gränzgebirgen um den obern Brahmini, aber nach der bengalischen Seite entquellen, und mit ihren paralle­ len Stromthälern den Uebergang von Orissa nach Bengalen bilden. Der letztere Fluß, der Subanrekha (SuvarnaReka, d. h. Goldsandfluß) war, bis zum Jahr 1803, die alte Gränze") der Subah Bengalens, welche seitdem durch Hinzufügung der Kuttak,Provinz verschwand. Die Provinzen an diesen obern Stromgebieten lie»") A. Stirling 1. c. T. XV. p. 186. II. p. 34.

'*)

W. Hamilton Descr.

Hochland Gondwana, Boden, Anbau.

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gen 60 bis 80 geogr. Meilen landein, fern vom Meere; nur zerr streut sunt in ihnen die Dorfschaften; viele von diesen liegen auf den Gipsiln, oder am Fuß der Berge, an denen die Landleute einen ergiebigerem Boden finden, als oft in den Plainen. Doch sind diese auch bebaut, wie um ChotaNagpur, oder am obern Brahmini, mit Reis, Weitzen, Gerste, andern geringern Kornarlten, Baumwolle, wenig Zuckerrohr und Gemüsen; künstliche Irrigation als durch Wassergraben ist hier allgemein. Der Bolen ist hier meist roth von Farbe, sehr fruchtbar, leicht mit beim Pflug zu bebauen, für B a u m w o l l e n e u l t u r, und Böhmen (Phaseolus roax. hier Kullai genannt) sehr ergiebig; für Ciccr nrletimmi (Gram) dagegen ohne Ertrag. Die ab« hängigem Felder mit Lehmboden und Quellenreichthum eignen sich besonders zur Reiseultur. Der Boden im N.O. von da, um Ramghur am Dummudah, ist meist abhängiger Lehmboden, auf den Anhöhen mit Thon, Kies und Glimmer gemengt, vor, züglich für geringe Kornarten und die Cultur der Baumwolle geeignet. Der Boden von Sirguja ist dem von Ramghur ähn, sich, nur mehr kiesig und sandig; hat denselben Anbau; in vor, züglicher Fülle wird hier die Curcuma nngustifolia, Tikhur der Einwohner, gebaut, aus deren Wurzeln sie ein Mehl bereiten, das an Nahrhaftigkeit dem der westindischen Arrow,Wurzel völlig gleich kommt, und als das trefflichste Surrogat derselben dienen kann. Schon im Jahre'1821 schickte P. Breton an Dr. Wall!ch 40 Maund (1 Maund zu 82 Pfund) vom Mehl dieser Indischen Arrow-Wurzel, davon viele Proben nach Europa gingen. Der Alluvialboden des Mahanadi,Thales von Sum, bhulpur") ist ungemein fruchtbar und bringt reiche Ernten an Reis, Weitzen, Zuckerrohr; alle drei Produete von feinster Qualität, und im ergiebigsten Ertrage. Auch zum Anbau des Opiums ist dieser Boden sehr geeignet; diese Cultur kam zur Zeit der Mahratta,Herrschaft hier in Aufnahme; da der In, digo an den Ufern des Mahanadi wild wächst, würde auch dessen Anpflanzung Vortheilhaft seyn. In allen Provinzen dieses Gebietes giebt es sehr viele Der, sumpfungen und stehende Wasser, die aber in der regenlosen Jahreszeit, nach dem April, austrocknen, und gänzlich verschwin,

") P. Breton Medien Top. I. o, Vol. II. p. 237.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Ab schn. §. 107.

den. Selbst die großen Lagunen, die sogenannten Djils, Regen,Lachen, die sich hier, wie in dem gleichartig gelegenen Dschittagong (s. Asten IV. i. S. 409), in Menge vorfinden, und mit Wasserpflanzen bedecken, dorren ebenfalls im April und Mai ans, und füllen sich erst wieder mit dem Anfang der Regen. Dennoch werden sie durch die schnelle und wuchernde Vegetation ihrer Gewächse und deren Ausdünstung und Fäulniß, der Land­ schaft ungemein verderblich; doch leiden die Eingebornen nie darunter, sie denken daher nicht daran die Djils auszulassen und sparen vielmehr ihre Wasser so lange als möglich für die dürre Jahreszeit auf. Den Europäern aber wird die Sumpfluft ver­ derblich. Die Temperatur dieser Hochebenen, unter dem nördlichen Wendekreis gelegen, ist für die Lage nicht zu heiß, und erreicht keineswegs die drückende Schwüle des Bengalischen Tieflandes, sie wird sehr gering in der Winterzcit durch ihre höhere Lage, und erzeugt dadurch für ein Tropcnland bedeutende Contraste. Schon Capt. Blunt bemerkte, so lange er Gondwana durchzog, immer kalte oder doch sehr kühle Nächte, die in dem Ticflande gänz­ lich fehlen. P. Breton beobachtete den mittlern Thermometer­ stand in den Ebenen von Ramghur, Chota Nagpur und Sirguja; in den Tagen der Regenzeit auf 17$ bis 24 i® Reaum. (72 — 80° Fahrh.); in der heißen Jahreszeit 20° bis 29° R. (78—98° Fahrh.); in der kühlen Jahreszeit ein Fallen von 15° bis zum Gefrierpunkt (66°—32° Fahrh.). Ja in Sirguja, unter 22$° N.Br., sahe er vor Sonnenauf­ gang, im Januar, das Thermometer bis2°,2 unter denGe, frierpunct (28° Fahrh.) fallen, wozu der starke Thau, wel­ cher diese Nächte begleitet, durch seine Verdunstung wol vieles bei­ tragen mag. Vorherrschende Winde in der trocknen Jahres, zeit, vom Oktober bis zum Juni, kommen aus S.W. über daS Dekan-Land her; in der Regenzeit, von Juni bis Oe tob er herrschen die N-O.-Windc vor. Gewitterstürme in der heißen Jahreszeit, und Orkane, die nur selten eintreffen und wenige Stunden anhalten, kommen aus N.W. (North-Westers ge­ nannt), I» Yen ersten Regentagen erfrischt sich allgemein die Erddecke; aber nach 10 bis 12 Regentagen beginnen auch schon die eigenthümlichen, sie begleitenden Gerüche sich über die Land­ schaften zu verbreiten, welche die schädlichen Ausduftungcn ver-

Hochland Gondwana, Temperatur, Jahreszeit. 507 kündigen, zumal in den Niederungen, den Walddickichten, den Junglcs, wo die vegetabile Fäulniß die wenig ventilirten Lüfte verpestet. Selbst die Eingcborncn vermeiden es dann das Was, scr der mit Vegctabilicn geschwängerten Flüsse der Waldland, schäften zu trinken; sie halten sich an das der freiliegenden Tanks und der großen, raschen Flüsse, deren klares Wasser auch in die, ser Zeit gut und zum Trinken unschädlich ist. Für die Truppen, Märsche ist diese Jahreszeit dann ungcincin gefahrvoll; die er, schöpfte Mannschaft fällt über die Bäche, die Nullahs, die Berg, wasser her, sich zu letzen, und zieht sich so Magcnweh, Diarrhöen, Ruhr, Fieber und den Tod zu. Die kalte Jahreszeit, von Ende Oktober, oder An, fang November, bis Mitte oder Ende März, ist die ge« sundcstc Zeit; es folgt von da bis Mitte Juni die heiße Iah, zeit. Dann fangen die Regen an, bis Mitte Oktober bau, ernd, die ungesunde Zeit des Jahres, in welcher, zumal im September und Oktober, die Truppcnmärsche am gcfah» vollsten sind, weil die Menschen dann von der Ruhr und dem Jungle,Fieber, rcmittirenden Gallcnficbern, ergriffen werden, die sich nach P. Breton zum gelben Fieber Westindiens verhalten wie das F-aulfieber zur Pest. Die meist seichten Flüsse des Landes werden nur zur Re, gcnzcit vollufrig, ungemein reißend, entführen die ephemeren Ge, wüchse, die ihnen zur Seile wachsen, und zumal die Schilf, und - Rohrwaldungen aus ihren Uferbctten. Die meisten Flüsse, die in der Regenzeit io, 15 bis 20 Fuß Wassertiefe haben, fallen nach, her zu 2 bis 3 Fuß Tiefe ab, und verlaufen sich so ganz, daß sie im Sommer trocken liegen, mit ihnen also die Dörfer und Hüt, ten der Bewohner an ihren beiden Seiten, Die Temperatur der Berghöhen, auf denen Dorf, schäften bis zu 6000 Fuß üb. d. M., aber nur etwa zu 2000 F. relativ, über die benachbarten Plateauebenen, nach P, Bretons Schätzung, angebaut sind, ist von derjenigen der Ebenen wenig verschieden; doch haben sie weniger jene heftigen, tropischen, täg, lichcn Regenschauer, die auch wol noch wie sie C. Blunt er# lebte, in der Frühlingszeit (wie von Mitte Februar bis Anfang May, s, ob. S. 487) eintreten. Sie erhalten ihre Feuchtigkeit mehr durch die tägliche Attraktion und Condensqtion der Dünste und Wolken, welche auch ttn heißen Sommer über ihre Gipfel hinziehen. Die vorthcilhafteste Zeit der Ankunft der Europäer in

508 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107. diesen Gegenden, ist die kalte Jahreszeit, wegen der Milde der Lüfte, und weil dann bei klarem Himmel und trockncm Bor den Bewegungen und Wanderungen aller Art möglich sind. Die Eingcbornen legen ihre Wohnungen am liebsten an Tanks und Gewässern an, ohne darum mehr zu leiden als andere, die in offenen Blachfcldcrn wohnen; doch sind es nur elende Hütten, aus Holz und Rohrgcflccht, selten über 14 bis 15 Fuß lang, 8 bis 10 breit, für 8 bis 10 Personen, die Wände höchstens mit Schlamm oder Kuhdnng überzogen. Sie leben sehr mäßig und einfach, halten Haus und Hof reinlich, sind sehr thätig, meist Handelsleute, treiben dabei das Kriegshandwerk oder den Acker« bau. Reißen aber Krankheiten bei ihnen ein, wie z. B. im Jahre 1817 die Cholera Morbus, dann ist die Sterblichkeit furchtbar. Ihre Hauptkrankheiten sind solche, von denen die Europäer nicht befallen werden, wie der Kropf, der Aussatz, die Ele­ phantiasis (Kuschtham oder Gajapada, d. h. Elcphantcnfuß, ein altes Nebel der Tropen), die Naukhra (eine Nasen, Krankheit) und die Ra tu n d ha, eine Augenblcndung (Nyctnlopia); doch sind die Eingcbornen auch für alle Krankheiten em­ pfänglich, welche die Europäer bei ihnen treffen, und die Pocken haben dort große Verheerungen angerichtet. An Produkten der mannichfaltigstcn Art sind diese Län­ der sehr reich; die überwuchernde Vegetation hat die mineralogi­ schen Schätze bisher noch verborgen gehalten. Don dem Diamantrcvicrc war oben (s. ob. S. 352—356) die Rede. Die Hin­ dus bekümmern sich wenig um die Minern, die sie erst mühsam aus der Erde hervorholen müssen. In dem Schüttboden des mittlern Mahanadi, um Sumbhulpur, wo die Dia­ manten, aber auch des mittlern Soank oder Brahmini, um Gangpur, findet sich Go l d sa n d 01ü), der bei näherer Benutzung vielleicht reiche Ausbeute geben möchte. Um Ra mg hur und Hazaribagh, etwas nördlicher gegen Gaya im alten Maghada (s. ob. S. 221) sind Bleiminen und Silber; weiter ost­ wärts am Gehänge gegen das tiefe Bengalen, sind neuerlich die reichen Steinfohlen-Lager") entdeckt worden. Eisenla­ ger sind durch das ganze Hochland, wie durch das hohe Bundel•*•) P. Breton I. c. Vol. II. p. 261. lf) Jones Northwest Coal District along liver Damoda from Jeria to below Sanampur etc. in Asiat. Research. CalcW 1833. T. XVI1J. p. 167—170.

Hochland Gondwana, Pflanzenreich.

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ffjunb (s.ob. S.368), verbreitet. Heiße Quellen, die im cctu traten Dekan so selten sind (s.ob. S.467), fand P. Breton^) bei Ramghnr, wo sie Pimarkun heißen, und in Sirguja, Tatta Pani genannt (d.h. heißes Wasser), mit einerTernperatur die im I. 1819 bis auf 186° Fahrh. (68° 4 Reaurn.) beobachtet wurde. Das Pflanzenreichs) zeigt seinen größten Reichthum in den oft undurchdringlichen Wäldern des Landes, in denen I) der Saul oder Sab (Shovea rohusta, s. ob. S. 485) vor allen andern vorherrschend ist. In prachtvollster Größe und Höhe bildet er von Singbum am obern Byturny, westwärts, bis Sumbhulpur, am mittlern Mahanadi, zusammenhängende, dichte Hochwaldung, die 6 bis 8 geographische Meilen, un­ unterbrochen, die Länderflächen mit ihrem grünen Teppich über­ zieht. Wir fügen das lehrreiche Verzeichniß der übrigen Wald-bäume, nach ihren dort einheimischen und systemati, sehen Namen nach Roxburgh, wie es P. Breton gegeben, zur Vergleichung der früherbezeichneten Waldungen in Ceylon, Dekan, Dschittagyng, Ava u. s. w. bei (s. ob. S. 121, 272 und Asien IV. 1. S. 252 — 255, 412—415, 420, 699 — 702, 720, 763—766, 827—894, 978—982). Von Palmen werden hier dreierlei Arten genannt: 2) eine Phoenix sylvestris (s. Asien IV» 1. 863), hier Khuju r, eine 3) Phoenix dactilifera, Hier KH Ur­ in tt, oder Dattelpalme (wahrscheinlich Elate sylvestr., ebend. 857) und die bekannte 4) Fächerpalme (Bor. flabelliformis) hier Tar genannt (s. Asien IV. l. 854). Der prachtvolle 5) Teakbauin (Tcctonia grandis), hier Sagun, fehlt so wenig als, 6) die Banyane, Fic. indica, oder Bur, 7) der Indische Fei­ genbaum, Fic. religiosa, hier Pipul genannt, auch 8) der Gul a r, Ficus glomerata Roxb. 9) Der Baurnwollenbanm, oder Simul, Bombax heptapbyllum; io) die Kheir, welche den Catechu giebt, Mimosa catechu, welche vorzüglich um Palamow im Norden von Burwa, am obern Coyle einen Haupt­ erwerb durch ihr Harz giebt, welches die dortigen Bewohner Kuth20) (daher Catechu der Europäer) nennen, das beste wel­ ches in Indien bereitet wird (vergl. in 2lsien IV. 1. S. 254,697), II) der Babul eine andere Mimosenart. 12) Der Umultas ") P. Breton Medic. Top. I. c. II. p. 237. p. 242 — 244. ebend. II. p. 244.

**)

ebend.

II.

510 Ost-Asien. Vorder-Indicn. IV. Ab sch n. §. 107. (Cassia fistula); 13) Tu N^ (Cedrela tuna Roxb.); 14) N i M (Melia azadirachta); 15) S i su (Dalbergia Sisu); 16) R 0 hUn (Swietenia febrifuga); 17) Pilas (Butea frondosa); 18) die Caronda (Coi Usa cavandas); 19) ChaINpa (Michelia cliampaca); 20) Bel (Sida rhombifolia); 21) der Ebenholzbau IN, T e n d u k (Diospyros ebenura); 22) Bhillawun (Seinicarpus anacnrdium); 23) KUchila, die Strychnos nux voinica, welche

auch Capt. 931 u n t921) in dem Berglande um Ruttunpur mit ihren Früchten und Zweigen die Bäche und Brunnen beschatten sahe, ohne daß ftc die Wasser zum Trinken untauglich machte; 24) M ahwa (Bassia latifolia); 25) Kusun (Cartliainus tinctor); 26) Datura fastuosa; 27) 931) 11 r (Zizyphus jujuba) ; 28) 93 U / ghrettdU (Jatropba curcas); 29) Konch (Abrus praecatorius, welche das Rutti,Gewicht der Juweliere giebt); 30) Ri Ham (Ociinum pilosum); 31) MUdar (Asclepias gigantea); 32) Cheronji (Chironjea sapida); 33) Mehrere Species Euphorbien, 34) Rhododendron, 35) Dhamin, d. i. Bambusbäu­ me, 36) Kheri, 37) Rohr und Schilfarten (Calamus rotang), Kletterpflanzen und Schlingstauden in Baumgestalt, wie

in den Dschittagongwäldern u. a. m. Das Thierreich22) bietet nicht weniger Mannichfaltigkeit dar als das Pflanzenreich. Raubthiere aller Art, wie Tiger, Leoparden, Panther, Cheta (eine Leopardenart s. ob. S. 19, 143), eine schwarze Leopardenart, Hyänen, Bären, Wölfe, Jackale, Füchse, haben hier ihre wahre Domaine, und das schwächliche Volk weiß sich kaum gegen sie zu schützen. Von Elephanten ist hier nicht mehr die Rede, obwol sie weiter südwärts in Orissa vorkommen (s. Asien IV. 1. S. 919). Eine Art wilder Hunde, wird hier Q.yo genannt (in Orissa Balia oder Sata Rohini),^) ob identisch mit dem Kolsun in Malabar, oder dem wilden Hunde auf den Nila Giri (Canis primaevus s. Asien IV. 1. S. 726, 923, 986) ist uns nicht genauer bekannt, aber nach P. Bretons Angaben sehr^ wahrscheinlich. Er beschreibt ihn als rorhbraun, größer als der Jackal, mit dem Habitus des Hundes, aber mit buschigem Schwanz, sehr wild, raubgierig. Die Sage geht sogar, wo es Qyo's gebe fänden sich keine Tiger; was Breton aber für Fabel erklärt. •8I) C. Blunt Narrative 1. c. VII. p.97. ") P. Breton I. o. II, p. 247—260. -') A. Stirling Acc. l. c. T. XV. p. 183.

Hochland Gondwana, Thierreich, Löwe.

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Zuweilen, und dieß scheint uns sehr merkwürdig, zeigen sich hier, wie in Guzurate, wo erst seit kurzem eine neue Varietät (Felis Leo giiziiratenbib)24) von Ca Pt. Semee entdeckt wurde, auch Löwen. Im Jahr 1814 ward einer von den Eingebornen in dein Gebiete von Palamow, bei dem Dorfe Kundra erlegt, und Mr. SB. M. Fleming, damals eine Magistratspcrson in Ra mg hur, erkannte ihn als einen wirklichen Löwen (Leo). Ob er nur ein bloßer Streifling war? da er auch in Süd, behar nicht eben vorkommt, obwol sein Name, Shir Bubber (d. i. der Löwe) den dortigen gebildeten Landesbewohnern sehr wol bekannt ist. 2(uf jeden Fall scheint es die östlichste Spur von Verbreitung dieses Königs der Thiere in der alten Welt zu seyn, die je bekannt geworden ist. Er mußte vom Indus und aus den Sandwüsten von Sind sich, bis hie, her, als Strersling verirrt haben, wenn er nicht in einzelnen Fa, milien als auf dem Plateaulande von Gondwana einheimisch betrachtet werden kann, wofür uns keine andern Beweise be, kannt sind. Außer diesen größer« Thieren finden sich hier, wie überall in Indien, Schaarcn von Affenarten ein, Eber, Hasen, Stachelschweine, Wiesel, Marderarten, Schuppenthiere, das Pan, golin (hier Bajurkit, d. h. Diamantenthier wegen seiner Schuppen) u. a. m. Zu dem nutzbaren Hochwild gehören zu, mal zweierlei Ochsenarten, der Gaour und der wilde Büffel. Der Gaour25) jst eine ganz neue Species, wie es scheint diesem Höhenlocal eigenthümlich; erst seit 1818 gcnaurer bekannt worden, durch Major Roughsedge Gouverneur von Sing, bum, Sirgujah und Sumbhulpur, der ihn auf einer Jagdexpe, dition in das Gebirg Myn Paut bei Sirguja entdeckte. Das erlegte Thier fiel erst nach IG Kugelschüssen; es ist von außeror, deutlicher Größe, ein Riese unter dem Ochsengeschlecht, von sehr schöner, schlanker Gestalt und pechschwarzer Farbe. Seine Glie, der sind elastisch, kurz, sehr stark, seine Schenkel und Lendeü, muskel ungeheuer. Sein Kopf dem Hausstier gleich, doch die Stirn weit vorspringender, die Hörner nicht zurückgebogen, wie bei dem Büffel, sondern wie beim Englischen Ochsen, mit dicken krausen Haarbüschel dazwischen, oft verbogen durch das Wetzen *4) Proccedings of the Zoologie. Society in London 1833. 8. Vol.1. p. 140. 36) P. Breton 1. c. II. p. 247; vergl. Geoffroy St. Hilaire sur le Gaour in Mem, du Museum d’iiist. Nat. T. IX. 1822. p. 71,

512 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107. an Felsen. Ungemein wild ist der Stierblick. Das Fell hat feines, dichtes Haar, gleicht mehr dem des Seehundes, ist blicht glatt, der Huf größer, flexibler als beim gemeinen Stier. Ans der Ferne gesehen scheint das Thier einen Buckel zu haben; es unterscheidet dasselbe nämlich von allen andern Rinderarten eine Reihe von Wirbelfortsätzen bis 6 Zoll hoch, die mit dem letzten Halswirbel anfangen, und gegen die Mitte des Leibes abnehmen. Das Thier hatte eine Höhe von 6 und eine Länge von 12Fuß Englisch von der Nase zum Schwänze. Es ist eins der wilder sten Thiere, wird nicht gezähmt, wirst im August, nährt sich von Gras und Laub, lebt im Winter verborgen in den Wäldern, bricht nur in der heißen Jahreszeit daraus hervor, in die Thäler und Ebenen, zeigt sich in Heerdcn zu 10 bis 20 und nach P. Breton bis 5o Stück, ist immer scheu, flüchtig, schwer zu schießen, nie gelang es ein Junges zu zähmen. Der wilde D ü ft fei fürchtet den stärker» Gaour so sehr, daß er sich nicht in dessen Nähe aufhält, selbst nicht seiner Gebirgsheimath, welche Myn Paul vorzugsweise zu seyn scheint, nahen soll, und der Tiger greift nicht die Alten, sondern nur ihre Kälber an. Doch sahe P. Breton zwischen ihren Heerden auch das Nilgau und das Samur, eine Art Elenn (Elk) weiden. Den Stier nennen die Eingeborncn Purozah, die alte Kuh Gourier (daher wol der Name Gaour, die junge Kuh Parecah. Der wilde Büffel2«) (Gayal oder Gyall der Ein« gebornen) ist allgemeiner verbreitet, auch in Orissa und Ben« galen27), wo er denselben Namen trägt; auch er soll eine noch unbeschriebene Species sein, ist also wol von dem in Dekan vcr« schieden (s. Asien IV. 1. S. 897). Am zahlreichsten sind ihre Heerden um Sumbhulpur, wo sie die Felder der Landleute gewaltig verheeren; aber auch in Ramghur, Palainow, Chota Nagpur sind sie allgemein bekannt. Die Arten des Roth, Wilds2«), wie Samur (Elk der Briten), zwei Arten Nil, gau, davon eine sehr groß und schieferblau, die andre kleiner und rehfarbig beschrieben wird (wol verschieden von dem im Vor« Himalaya s. Asien II. S. 896; eine verwandte Art in Orissa wird Ghoranga genannt), der gefleckte Hirsch, der Roth« •*') P. Breton I. c. II. p. 251. *') A. Stirling Acc. of Orissa Asiat. Res. T. XV. p. 183; Remarks on Husbandry of Bengal. Caicutta 1804. 8. **) P. Breton 1. c. II. p. 252.

Hochland Gondwana, Seide, Tussnr, Lac. 513 Hirsch, die Kotari? mit 4 Hörnern, Antelopenarten, Mirgi (moose deer vcrgl. ob. S. 143) und andre, sind hier sehr häufig. Don Reptilien bemerkte P.Breton hier viele Schlangenarten. Die Boa con&trictor erreicht eine Länge von 23 Fuß, doch ist sie nicht sehr häufig; alle 8 Arten der Giftschlangen, die Rüssel in Indien beschrieben hat, finde» sich hier, und eine neunte Art noch dazu, welche Kurait heißt. Die Kutkurar ist nicht genau genug bekannt. Die Gomur ist die Cobra capella, welche durch ganz Indien geht (f. ob.' S. 144); eine andre Art heißt Amaitcr, oder Sia Chunder; die Katuka (Rekuda Poda b. Rüssel) heißt Bora in Bengal, die Sankuni ist die Boa fasciata. Die Scorpione (Bichuk) und Tausendfuß (Kunkhujurah) sind hier sehr groß, und in Menge, zumal in Sumbhulpur, aber ihr Stich ist nid)t schlimmer als Hornissen oder Wespenstich. Die Tarantel hat hier mehrere Namen; Ghundeh, Rutylaw, Du.d Mukra. Es giebt mehrere Arten Bienen, die einen körnigen, oder grünen, oder andre Arten Honig geben. In den Wäldern und Inngles breiten Raupen, dem , 13. Not.

Kk 2

516 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §» 107. ausschließlich, aber doch in allen Gebirgslandschaften der vorherrschende Theil der Population geblieben, zwischen welche in die cultivirlcrcn Ebenen« in die Stromthäler und an die Küstcngcstade des bengalischen Meeres, auch an, dere, den gangctischcn Hindus verwandtere Populatio, nen eindrangen, die unter ihren Rajahs, wie in den meisten der schon angeführten, sogenannten Residenzen, unabhängig unter einander, doch stets, mehr oder weniger, des allgemeinen Feindes der Bergvölker, sich zu erwehren hatten. Dieß ist ihre Stel­ lung zu diesen Gonds (Eoands), die unter den verschieden, stcn Namen, auf allen Seiten, gegen sie im Aufstande, stets zu Ueberfällcn, Plünderungen und allen Arten von Fehden ge­ neigt sind; dieß der Zustand dieser rohem Völkerschaften gegen die cultivirteren ihrer Umgebungen, auch seit den ältesten Zei­ ten der Historien. Hier ist der Ursitz jener wilden Völker des Waldlandcs, von denen schonCtesias, Oncsicritus, Megasthenes die Fabeln!,3U) mittheilen, die sie unstreitig aus den Puranas der Hindus selbst kennen lernten (f. Asien IV. i. S. 519), die in so viele andre Erzählungen von den indischen Anthropophagcn und Wundcrmcnschen übergingen, bis ein I. de MarignoIa«") und andere verständigere Reisende, als Augenzeu­ gen in jenen Gegenden (1340), das Daseyn derselben z» bestrei, ten anfingen, und sinnreiche Erklärungen über das wahre Ver, ständniß jener Fabeln, ihren Berichten über die Mirabilia mund? einwebten» Dis jetzt ist es noch schwierig diese verschiedenen Dölkerverzweignngen der Gondstämme und ihrer Nachbarn mit gehöriger Schärfe von einander zu sondern, oder unter sich na, turgemäß, zu gruppircn, da weder dortige Völker noch Sprachen in dem ganzen Umfange ihrer Verbreitung studirt sind, und die vielen Lücken der Landeskenntniß auch noch manche Lücke der Völkerkenntniß nothwendig mit sich führten. Indeß hat die freundliche Stellung der Briten zu ihnen, durch Besiegung der frühern feindlichen Obcrherren lbres Landes, der Mahratten, und durch die darauf erfolgte Mediatisirung einheimischer RajahS **•) Ctcsiae Cnidii quae süpetsunt ed. A> Lion. Gotting 8. 1823. Indien II. |>. 178» 22 p. 192 etc» Strabonis Geogr. Lib, XV. cap. 1. §• 57. India ed. Tzschucke T. VI. p. 116 etc. ,0) i. do Marignolis de Florentia Cbronicon in G, Dobner Monum. bist. Boemiae, Pragae 1768. 4. T. II, p. 112—115.

Gmdwana, die Gonds, die Aborigiuer. 517 manches Verständniß mehr über sie eröffnet, als dies früher der Fall war.'. Alle« »reinigt sich, diese Bergvölker der Gonds für die Aborigiiner ihrer Plateaulandschaft, vielleicht eines noch grö, ßern Theiilci von Dekan anzusehen, die völlig von den hellfarbi, gercn Hin,dis, mit den Sanskri'tsprachcn und dem Polytheist,, schen Emttesystem Brahma's, verschieden, jener b uns eifern bigcn n ecerartigcn Urbevölkerung Indiens, der Ae, thiopischln, angehören, wie sie die Herodoteische Zeit schilderte und die Gegenwart sie in ihren zerstreuten Trümmerresten noch überall nachzuweisen im Stande ist (s. Asien IV. 1. S. 446). Aus der frühern Periode ist kein historischer Aufschluß über sie zu gewinne», da ihr Land stets unbesucht blieb, weil es unzu, gänzlich war, und die Gonds nur als Raubhorden bei den Ueberfällem in die Nachbarstaaten bekannt wurden. So führt sie Ab ul Fazl"), zu Kaisers Akbars Zeit, bei solchen Gelegen, Heiken in Berar, Gondwana, und am Südarme des Tapti,Flus­ ses, dem Purna, namentlich auf. So lernen wir aus eines Sultan Mahmud von Malwa's Kriegszügen gegen sie (f. Asien IV. 1. S. 680 Mitte des XV Jahrh.; er stirbt 1462) ihre Sinnesart und damit unstreitig die Ursache kennen, warum ihr Land so lange Zeit unzugänglich blieb. Auf seinem Streifzuge 42) durch das wilde Bergland führte der G o n d Wegweiser sein Heer absichtlich irre,, so,, daß es durch Wassermangel, hei e Winde, Ueberfälle in den Bergschluchten an 6000 seiner Truppen verlor. Der Gond,Häuptling, dafür zum Tode verurteilt, rühmte sich seines Sieges» daß er durch seine Führung schon 12,000 von des Sultans Leuten unter die Erde gebracht. Sein Tod werde ihnen nicht ersprießlich seyn, da er statt seiner, drei Söhne hinterlasse, und er selbst bald wie, der in einem der Nachkommen von diesen gegen sie auftreten werde. Daraus, bemerkt Ferishta, der die GondS nicht für Hindus hielt, könne man schließen, daß sie doch wie diese an die Transmigration glaubten; ihre Lebenssorge sey ge, ring, da sie durch gute Thaten bald wieder aufzuerstehen meyn, ten. Diese Ansicht, der Verschiedenheit der Gonhs von den Hindus, bei einem so genauen Forscher ihrer Geschichten 4l) Ayccn Akbery cd. Fr. Gladw'ii. Lond, 1800. Vol. II. p. 52 — 68. ♦*) Ferislita History of die Bise of the Maliomcdan Po-

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV, Abschn. §. 107.

wie Ferishta, ist sehr merkwürdig und wird durch seinen Bearbeiter I. Briggs bestätigt, der sich auf die genauesten Forschungen des Mr. Richard Jenkins über diesen Gegen, stand beruft, die aber zur Zeit der Welt noch nicht öffentlich bekannt gemacht zu seyn scheinen. 2) Die GondS in Omercuntuk, die Pertabghur, Gonds; geringer Einfluß der Civilisation. Die kannibalischen Bhinderwar. Einen Haupt sitz der Gonds finden wir in dem schmerzn, gänzlichen Plateau von Omercuntuk und dem südlich von da, bis zu den Circarketten fortstreichenden, die Go, davery, und Mahanadi,Systeme scheidenden, wil, den Gebirgszügen, die von C. Blunt °‘J) zwischen Konkair bis Wyragur überstiegen werden mußten. Da Hausen, wie wir aus dessen Berichte wissen, die wildesten Gonds von Pertabghur, (die Residenz ihres Raja liegt unter 2l"N.Br., nur weniges nördlich von Wyragur), welche das ganze Land, mit ihren Raubzügcn und auch die Pilgerfahrten nach Omer, cuntuk (s. ob. S. 493) gefahrvoll machen. Wir brauchen nicht zu wiederholen, was wir durch Capt. Blunt auf seiner Route durch die Gebiete der Gonds erfuhren (s. ob. S. 494,496 ic.). In den neuen Kriegen der Briten (1818) gegen die PindarrieS und Mahratten wurde großer Vortheil von der Rebellion vieler Bcrgtribus dieser Gonds gewonnen, welche die Pässe der Nagpur Territorien gegen Ost besetzt hielten. Sie wurden zu Paaren getrieben, und den Briten unterworfen. So, zwei Hauptpässe, die an 60 Coß, d. i. 18 Geogr. Meilen in Ost von Nag pur in Bcrar, auf dem Wege nach Sumbhulpur lie, gen: Burasumber (Budah Sumba), und Bhurpyli, 17 Coß über 4 Meilen nördlich von jenem. Noch ist ihre Lage nicht genauer verzeichnet; doch konnten sie, denen Snmbhul, pur auf dem Wege ostwärts nach Bengalen vorliegt, leicht die direkte Communication der Briten aus Calcutta nach Nagpur: in Bcrar unterbrechen. Die dortigen Gonds, sagt W. Hamil­ ton ") stehen in ihren Wildnissen nur wenig über den Bestien, die sie überall umgeben. Von ihren Besiegern sind sie überall ») C. Blunt Narrative 1. c. VII. p. Dtt. Descr. II, p. 6—7«

") W. Hamilton

Gclldwana, bte Gonds; die Bhinderwar. 519 in die tzöler gelegenen schwerzugänglichen Bergregionen zurückgedrängt, vm denen sie zur Herbstzeit in die Ebene zum Plündern herabzussteyen pflegen. Seit 50 Jahren, erfuhr schon Capt. Blunt^) vvmMahratten Chef, habe ihr wachsender Appetit nach Zucker' md Salz, welche ihnen die Banjaras zuführen, ihre Civilisat'ior mehr als alles andre befördert. Die Seeluft soll ihnen elber so schädlich seyn, wie andern Bewohnern Indiens ihre bösen Fiieb.'rlüfte. Hier haben mehrere Hinduproselytenmacher bei ihnen eünizen Eingang gefunden, doch haben sie auch ihre un­ reinen Stten beibehalten; so enthalten sie sich keineswegs des Fleischejssers von Ochsen, Kühen und Kälbern. Einer der Gond Rajas 'von Deoghur von Omercuntuk soll, durch Aurengzeb, nach D-elli geführt und daselbst Mohamedaner geworden, nach seiner Rückkehr auch unter seinen Landsleuten einige Bekehrungen zum Islam bewirkt haben. Dieß ist die einzige Notiz dieser Art von den nördlichen Gonds. Andre sind in ihrer völligen Rohheit bis heute zurückgeblieben. Lieiutmant Prendergast hat, in Beogal. Annals. 1831 von seinem Besuche an den Nerbuda-Quellen auf Omercun­ tuk (im J. 1820) ein paar Bemerkungen über die Kannibali­ schen Slämm. der dortigen Gonds, die er Bhinderwar nennt, mitgetheilt. Sie leben in zerstreuten Hütten zu 8 bis 10 beisammen und sind bei den dortigen Bauern nur durch Ein­ handeln von Lebensmitteln bekannt. Sie essen Menschenfleisch, aber nie von andern, als nur von ihrem eigenen Stamme, von eigener Familie, und auch das nur unter besondern Umständen. Liegt einer der ihrigen sehr krank darnieder, so schneiden sie ihm, in der Meinung, daß er doch Nicht wieder gesund werde, die Kehle ab, und die versammelte Familie verschmauset ihn; eben so wird der vor Alter schwache von einem sogenannten Khilalkhor abgeschlachtet. Sie halten dies für kein Verbrechen, sondern für eine Wohlthat für die Familie, und für ein der Kali wohlgefäl­ liges Werk. Es war unmöglich beim Hinabsteigen von Omer­ cuntuk dlirch ihr Gebiet Nahrungsmittel bei ihnen zu erhalten, auch kein Kuppa (?) zum Oel für die Leuchte (Mushal); das Oel, das zur Fackel in der Nacht durch den Wald gegen die Raubhestien hatte dienen sollen, war von einem Gond ausge**) Blunt Narret. 1. c. VII. p. 142. Vol. V. p.161—162.

4#) Asiat* Journ, 1831.

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Ost-Asien. Dorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107.

soffen, der als Wegweiser durch die sehr wilden und rauhen Gebirge diente. In den zugänglichsten Theilen des Waldes le­ gen sie von Bambusrohren und Erde Cisternen an, um in der Regenzeit Wasser zu sammeln. Fehlt ihnen, wie dieß im Som­ mer nicht selten geschieht, das Wasser in einer Gegend, so wan­ dern sie mit ihren Hütten weiter. Roher Reis ist ihre Haupt, Nahrung, auch Schlangen aller Art, Geflügel, Affen, Eber, Rin­ der und alles was sie von Wild ergreifen können. 8)

Die Gonds im Gränzgebirg gegen Cirear Vi< zagapatam; die wilden Gonds von Bustar.

Im Süden des oben genannten Wyragur gelang es Capt. B l u n t seiner widerholten Anstrengungen ungeachtet nicht, durch die wilden, südlichern Gebirge der GondS nach Bustar und den Circars, direct, vorzudringen. Schon einmal hatte er dieß im Süd, Ost von Konkair vergeblich versucht (s. ob. S. 499). Auch das zweite mal wurde ihm' dieses, südwärts von Wyragur und Chinnur, auf der Ostseite des Godavery, ge­ gen den Jnderovty, oder Indrawuty,Fluß hin (s. ob. S. 500) vereitelt. Wyragur muß gegen N.O. und Süd von den wildesten Gonds-Horden umgeben seyn. Südwärts von Chinnur (f.ob. S. 431) liegt, vom Ostufer des Godavery das wildeste Gondgebirge^) nur wenig Meilen fern, nur etwa zwei Breiten­ grade nördlich entfernt von Ellore, in dem auf allen Karten leer gelassenen Fleck, in N.W. von Vizagapatam zwischen Mutacota und Buddrachellum (f. ob. S. 352) am Go­ davery und Bustar im Osten, wo Bhopalputtum als der Hauptsitz eines mächtigen Eond-Raja genannt wird. Um di­ rect von da gegen Dizagapatam, in 5 bis 6 Tagemärschen zum Compagnie, Territorium vorzubringen, nahm C. B l u n t vom Wurda seinen Weg (27. April) über einen Scitcnfluß, der dort auch Bain Gang» genannt wird, zum Dorf Dewilmur, rp48), das an seinem Ostufer liegt, mit etwa 50 Hütten von Gonds bewohnt, aber damals unter einem Mahratten,Chef stehend. Wo man Gonds begegnete entflohen sie in den Wald; nur ein paar der dortigen Einwohner brachten auf Muselmän-

C. Limit Narrative I. c. VII. p. 127. 129—139.

**’’)

♦•) tbend. p.

Gondwana, die Gonds am Jndrawuty.

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nisch ihren Salam-Gruß. Nach einem Marsch von drei kleinen Meilen, von Dcwilmnrry gegen das Waldgebirg, traf inan im Thale Rajaram Gonds, die betrunken waren, und in dem nächsten Gebirg ganz nackt gehende Gonds, Männer wie Wei# der, die zu den rohesten gehören sollen. Der Gond-Chef von Dewilmurry sagte, das er sie selbst in Schrecken setze, wenn er sich in seinem weißen Mußlinklcide unter ihnen zeige. Aus ihren Bergen fließe der Jndrawuty, und dahinter breite sich das Gebiet des Bustar#Raja von Bhopalputtum aus. Der folgende Tagemarsch (29. April) führte über C harr ah, nur durch außerordentlich wildes Gebirg, aus dem alle Gonds ent# flohen waren; aber am nächsten Tage (30. April) wurde das Ufer des Jndrawuty erreicht, an dem aber die versammelten wilden Gonds mit Speeren den Ucbergang wehrten. Blunt hatte gehofft noch an diesem Tage bis Bhopalputtum vorzudrin# gen. Vergeblich, er mußte zurückbleiben, in der Nähe des Dorfs Cowlapur campiren, wo er zwei Attacken von einer Schaar von etwa 300 Gonds, deren einige auch mit Feuerge# wehr bewaffnet waren, abzuhalten hatte. Er sahe sich also ge« nöthigt, da keine Erlaubniß von Bhopalputtum zum weiter Ge# hen einlief, umzukehren nach Dewilmurry und von dort den großen Umweg durch das Nizam # Territorium am Godavery hinab nach Ellore zu nehmen. Der Mahrattenhäuptling, Raja Loll Shah in Dewilmurry wünschte ihm Glück zu seiner Um# kehr. Das dortige Bergland, sagte er49), sey zu unweg# sam, die Gonds zu barbarisch und wild, um mit dem Le# ben davon zu kommen; nur die Banjarras mit ihren Last# ochsen können etwa glücklich hindurchgehen. Beide Geschlechter gingen ganz nackt, lebten nur als Wilde von ihren Waldprodue# ten. Selbst die in seinem Gebiete durch die Mahrattas etwas Gebändigten, nährten sich nur während 3 Monathen im Jahr von Korn, die übrigen 9 Monath von Wurzeln und Waldfrüch# ten. Jenseit Bhopalputtum könne man gar kein Korn mehr erhalten, keine Wegweiser, und sey bis zu . den Circars täglich ih# ten Attacken ausgesetzt. Nur in der Nähe der Mahratten hät# ren die Gonds sich Feuerwaffen verschafft, weiterhin seyen sie nur mit Dogen und Pfeil bewaffnet. Der Raja Loll Shah hatte unter seinen Truppen ein Corps von 500 Gond Solda#

♦») C. Blunt I. c. VII. p. 139 — 141.

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Ost-As'«'. Vorder-Indim. IV. Abschn. §. 107.

ten, alle sehr stark und tüchtig, nicht geringer im Körpcrschlag als die Scapoys, die Capt. Blunt begleiteten; aber sie waren alle ganz schwarz von Farbe. Der Mahrattcn - Chef gab ihnen das Zeugniß sie seyen bessere Krieger als die Rajpulen. 4) Die Gonds zwischen Godavery und Indrawuty, in den Teakholz-Waldschlägen. Das Lichten der großen Teakholz-Wälder, welche den größten Landesreichthuin an dieser Ostseite des Godavery ausmachen (s. Asien IV. 1. S. 809 und oben S. 468), und durch die von Mahadeopur (unter 19° N.Br., in S.O. von Chinnur), am Einfluß des Wurda zu ihm, abwärts, seil der britischen Besitznahme, daselbst angelegten, großen Waldschläge (Teak cutting Concern)9SI'), werden die ersten Schritte zur Civilisation der dortigen Gonds bahnen, wie dies auf ähn­ liche Weise einst mit den Indianern der Urwälder Nordainerikas der Fall war, seitdem diese ihre frühern undurchdringlichen Asyle aufgeben mußten. Einer der Vorsteher dieser Anlagen ging, nach einem dreimonathlichcn Aufenthalt von Mahadeopur über den Wurda Ghat, zur Ostseite des Stromes hinüber, zum Ort Asuruli von etwa 50 Hütten, der einer der größten im dortigen Gond­ wana, aber doch nur ein jammervoller Platz ist, in dessen elen­ den Hütten die ärmsten Menschen mit ihrem Vieh beisammen hocken. Von da besuchte er den nächsten Ort, Ramaji gurum (wahrscheinlich Najaram bei C. Blunt s. ob. S. 521), in dem er 3 Monath unter einer Sommerhütte zubringen mußte, weil er zu einem der großen Teak-Wald sch läge gehörte, des­ sen Aussicht ihm daselbst anvertraut war. Auf diesem Posten gelang es ihm manche Nachrichten über die dortigen Gonds zwischen Godavery und Indrawuty einzusammeln und die lückenhaften Angaben C. Blunts, von dieser Seite, zu vervoll­ ständigen, oder die bisherigen Aussagen der Banjarras, der Ochsentrciber, der einzigen Fremdlinge, die ihr Land durchziehen, zu berichtigen. Ihre Sprache ist hier betn Telinga, und Mahra^ta, als den Nachbardialeeten, in keiner Art ver­ wandt, aber auch die Orissa (Oorixa) Sprache scheint gqr **°) On Gondwana in Asiatlc. Observer of Catcutta, abridged in Asiatic. Journal. 1825. Vol. XX. x. 13 — 22.

Gondwana, die Gonds, Religion.

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keine Wurzel der ©entspräche zu haben. Eben so verschieden sind ihre Sitten und Lebensweise von den drei Nachbarvölkern, und ihre Religion hat gar nichts gemein, weder mit den Hindu innerhalb des Ganges, noch mit den Buddhisten, und noch weNiger mit den dortigen Mohammedanern. Sie -haben, keine Art von Idolen, keine Tempel, Pagoden oder sonst Orte der Vcreh# rung; sie haben keinen Castenunterschicd, kennen die Abhängig­ keit von Brahmanen nicht, und sind unter einander gleich. Sie hangen keinem Propheten, keinem Muni, Pogi, Guru wie andre (f. Asien IV. l. S. 941 rc>), oder sonstigem Stifter eines Cercmonicls bei ihnen an, und blieben also, ringsumgeben von polytheistischen Götzendienern und Moslems, wenigstens frei von ihren beiderseitigen Verkehrtheiten und Menschensatzungen. Ihr gefahrvolles Clima, die Undurchdringlichkeit ihrer Wildnisse hielten die Proselytenmacher wie die Bigotten von ihrer Bekeh, rung zurück, welche sonst fast alle Wälder Indiens durchdrungen haben. Kaum bemerkte man hier, bei ihnen, die Idee von ei­ nem obersten Wesen, oder von einem Zustande nach dem Tode; sichtbare Dinge beteten sie nicht an. Aber dem Echo, einem Wasserfalle, dunklen Schattcnhainen bezeugen sie großen Respect, als Wohnsitzen von Dämonen und Geistern, deren Wohlwollen zu gewinnen sie jedesmal beim Vorübergehen, Opfer bringen, Geflügel, Ziegen oder bergt. Solcher Aberglauben übt großen Einfluß auf sie aus. Sie werden in keinem Boote stromauf­ schiffen, und wenn man sie todschlagen wollte, ohne erst vorher dem Herrn des Wassers einen Vogel, oder etwas anders, geopfert zu haben. Für die Lehren des Evangeliums, die bisher noch nicht zu ihnen vorgedrungen, meint der Beobachter, möchten sie sehr empfänglich seyn. Dem physischen Schlage^) nach sind sie ungemein verschieden von ihren Nachbarn. Sie haben eine breite Brust, lange Schenkel, breite Stirn, kleine, röthliche, tiefliegende Augen, dicke, negerartige Sippen, schmutzige schwarze Zähne; im (tilge# meinen langes, dickes, starkes, schwarzes, doch zuweilen auch ro, thes und wolliges Haar. Hie und da weiße Gesichter scheinen nur Folge einer Ausschlagskrankheit (Leprosity) zu seyn, sonst ist ihre Farbe dem Schwarzen nahe, aber in verschiedenen Schat# tirungcn. Hicnach scheinen die Gonds am nächsten den Be# * *) Asiat. Journ. L c. XX y, 19.

524 Ost-Asien. Vorder-Ittdien. IV. Abschn. §. 107. wohnern der Andaman-Inseln, und den Australnegern z» ste­ hen. Sie gehören noch z» den ganz rohen Völkern; vor An­ kunft der Europäer war ihnen der Gebrauch des Geldes gänz­ lich unbekannt; seit kurzem lernen sie den Werth des Silbers zwar kennen, doch verwerfen sie noch die Rupien, die ihren Glanz verloren haben, und vom Golde besitzen sie noch gar keine Kenntniß. Jeder Gond floh ehedem bei dem Anblick eines Europäers in die dichteste Wildniß mit Abscheu vor ihm zurück. Diese Scheu ist überwunden, seit der Einrichtung des Wald­ schlags in Gondwana; sie lassen sich selbst dabei als Ar, beiter anstellen, fällen Holz und führen die Flooße den Fluß hinab in gewisse Fernen. Doch nähern sie sich dem Europäer auch heute nur noch mit Angst und Furcht, wie vor einem übernatürlichen Wesen, und sehen ihn und seine Arbeiten nur mit einigem Stutzen an. Vor dem Schlage des Teakholzes in diesen Wäldern gingen die hiesigen Gond« ganz nackt; jetzt sind viele von ihnen schon bekleidet, und die, welche in der Nähe des Waldschlages wohnen, fangen schon an die Tclinga, sprache zu sprechen, unter sich aber behalten sie ihre eigne bey. Ihre Lebensweise ist ganz wilder Art; 3 bis 4 Monath im Jahre ernähren sie sich von dem Anbau einiger Felder, auf de­ nen sie geringe Kornarten, wie Kungri und Juari (Holcus sorghum) aussäen und ernten. Sie fällen die Bäume und düngen mit ihrer Asche das Feld auf 3 bis 4 Jahr (die Cotucadu-Methode des Waldbrandes, wie im Süden, s. Asien IV. 1. S. 033.), ohne andre Bearbeitung des Bodens. Versagt er nach einigen Jahren den Ertrag, so ziehen sie zu einer andern Erdstelle, die sie auf gleiche Art aufbrauchen. Weil dadurch ihre Ortschaften sich stets von Ort zu Ort, wie die Waldansiedlnngcn Brasiliens, verrücken, so werden die Reisenden nicht selten da, durch irre geführt, weil die Ortschaften doch dieselben Na, men beibehalten, wie sie auch anders zu liegen kommen. Ein, zelne feststehende Dörfer o»2) machen jedoch davon eine Ausnahme, deren Umgebungen nämlich fruchtbar genug sind, um immerfort hinreichende Nahrung zu geben. Diese sind dann wol zehnfach stärker. bevölkert als jene; solcher Art sind jene schon oben genannten; Asurnli und Ramajigurun (Rajaram). Außer diesen werden auch noch angeführt, Desli, Yu< Asiat. Journ. t. c. XX. p. 20.

Gondwana, die Gonds, Manderh erden.

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lumpilli, Chara (wol'Charrah bei C. Dlunt s. ob. S. 521), Udrunga, Punmulla, Rakapilli, Bhopalputtum, deren Lage uns indeß meist noch unbekannt ist; nur der letztere, der bedeutendste von allen, und der Sitz eines Raja, ist uns auch schon in Capt. Blnnts Berichte nachgewiesen. In dieser Or­ ken sind die Wohnungen schon erträglich, die Bewohner haben die Tclingasprache angenommen, und führen ein mehr häusliches Leben, als ihre wandernden Nachbarn. In diesen Dörfern sind Kornmagazine, darin jeder sein Korn in Körben auf einer gedielten Flur niedersetzt, die etwa 5—6 Fuß hoch vom Boden steht und mit Heu bedeckt wird. Die Wohlhabenderen besitzen auch große Rindvichheerden; jedem ihrer Hirten übergeben sie loo Büffel und Kühe zur Huch. Aller Sorge ungeachtet wird deren Zahl gar oft durch die große Menge der Tiger verringert. Ihre Waffen sind lange Beile oder Acxte, mit denen sie die Tiger oft mnthig verfolgen. Jede Kuh trägt in ihren Heerdcn ein Stück Bambusstiel mit einem Eisen, oder einen Stein am Hylse, statt einer Glocke, um am Geklapper ihren Grasungsort aus der Ferne zu hören. Bei dem Ueberfalle eines Tigers stellen sich die Büf­ fel zwar selbst sogleich zur Gegenwehr, doch wenn sie stürzen oder fliehen, oder unvorhergesehen überfallen werden, trägt jedesmal der Tiger seine Beute davon. Die Wanderhorden unter den Gonds haben keine Heerden; sie sind zu arm und nähren sich kümmerlich, während 8 Monaten im Jahre meist nur von Wurzelwcrk. Sie werden von verschiedenen Häuptlingen beherrscht, die sich Rajas 5J) nen­ nen, wie die von Bhopalputtum, Bhimbaba, Kischun­ baba, Singareddi, Kobbaraj, Hurpheraj u. a. m., de­ nen wieder untergeordnete Häuptlinge zugehören; die meisten je­ doch leben von Raub und Plündern; es sind kleine Despoten. Die Einwohner in den festen Dörfern zahlen wenig Abgaben, die Wanderhordcn gar nichts, müssen aber mit zu Felde ziehen. Die geringern Häuptlinge erkennen jene als ihre Oberen an, und zah­ len ihnen einen kleinen Tribut; auch die Rajas sind wieder tri, butair an den Bustar Raja, den Basallen des Bhosla von Nagpur u. a. in. Da diesen Gonds alle Schrift und Geschichte fehlt, so ist auch die nähere Entstehung dieser Vasallenschaft unbekannt. ") $6t*b. p. 21.

526 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107. Ihr Loos ist übrigens sehr jammervoll; denn jedem Uebersalle der kleinsten Häuptlinge sind sie stets ausgesetzt, die mit Zierten und selbst mit 200 bis 300 Musketen bewaffnet sich gegenseitig befeh­ den, und den Besiegten ihr Korn, ihre Hcerden rauben, ihren einzigen Reichthum. Nur selten gelingt cs ihnen diese vor sol­ chen Ueberfällcn in die dichtesten. Waldasyle zu verbergen. Ihre einheimische Hauptmasse ist die Art, milder sic sich die Wald, wege bahnen, mit der sie die Wurzeln, die ihnen zur Nahrung dienen, auSgrabcn, und die ihnen zugleich Schutz-und Trutz-Waffe ist. Mit Bogen und Pfeil sind sie treffliche Schützen, und ver­ fehlen selten ihr Ziel; damit erlegen sie ihr Wildpret zur Speise. Nur da, wo sie mit ihren cultivirteren Nachbarn in einiger Der-bindung stehen, haben sie den Gebrauch von Speeren und Mus, kelen angenommen. 5) Die Pulinda in den Gränzgebirgcn von Orissa; die Koles, Kands und Sur (Pulindas, Barbaras, Savaras, Sabarrae b. Ptolemacns). Von den barbarischen Bewohnern Gondwanas auf des­ sen südlichen Eränzbergen gegen Orissa, von dem Territo­ rium des Bustar Raja an den nördlichen Circars (s. ob. S. 476) ostwärts, längs der Nordgränzc von Orissa, bis Bengalen, giebt A. Stirling, von Kuttak aus, einige Nachrichten. Dort werden sie nicht mehr Gonds genannt, sondern Kole, Kand und Sur. Es sind die wilden Stämme der Bergvölker, welche im Sanskrit Pulinda heißen. Diese, bemerkt A. Stirling 0"), seyen gleichbedeutend mit den Mletschas und den Bawari, d. i. Barbaren (s. Asien IV. 1. S. 495 u. 447), die von den Hindus selbst nicht mehr als zu ihrem Geschlechte gehörig aner­ kannt werden. Bei ihnen ist keine Spur von Hindureligions­ systeme, daher sie auch gar nicht zu den Hindus gerechnet wer­ den, die man sich ohne Brahmathum schon gar nicht denken kann. Manns Gesetz führt in einer merkwürdigen Stelle schon von der Kriegercaste (den Kschatriuas) an, daß sie durch Unter­ lassung ihres heiligen Ritus, und dadurch, daß sie keine Brah­ manen unter sich sahen, allmälig hcrabgesunken seyen zu den niedrigsten Castcn, die es dank aufzählt. Viel verachteter und nur zur Hälfte Menschen, vielleicht kaum dies, sind daher dem *54) A. Stirling Account of Orissa 1. c. T. XV. p. 198, 202—2Ö7.

Gondwana, die Pulindas; die Kands.

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Hindu solche Völker, die niemals die Brahmanen kannten; wie die barbarischen Pulinda, diese wilden Bergvölker. Diesen Namen finden wir schon in Harivansa^), wo die dreierlei merkwürdigen Völkernamen der Savaras, Barbaras, Pu, lindas nebeneinander, in einer Hymne an Arya (d. i. Durga) genannt werden, der sie Opfer bringen sollen: diePu, lindas, streifende Bergbewohner, die eine unverständliche Sprache reden, die Barbaras, eine niedrige Taste, die fern von den Men, sehen leben, und die Sa varas, ein rohes Volk Indischer Berge, das sich mit Pfauenfedern schmücke, darin wol die Sabarvae bei Ptolemäus, die in dem Diamantlande genannt werden, un, verkennbar sind, und von neuem die guten Quellen beweisen, ‘ welche Ptolemäus bei seiner merkwürdigen Arbeit zu Gebote standen (s. ob. S. 344). Wenigstens die beiden zuerst genannten Abtheilungen dieser Pu, lindas, nämlich die Koles und Kands, von denen diese im Süden des Mahanadi gegen die Circars und Orissas Gränze wohnen, jene aber im Nordosten des Mahanadi am obern Bra, mini, Fluß und in dessen mehr östlichem Bergreviere gegen Ben, galen hin, versichert A. Stirling, sind entschieden gänzlich v er, schieden von den Hindustämmen des ebenen Orissa, in physi, schern Schlage, in Gesichtszügcn, in Sprache, Sitte und Brauch, wie in Religion. Ihre Vorfahren muß man als die Ab orig i, ner dieses Landes vor der Ankunft der vom Norden eingewan, derten brahmanischen Colonien ansehen, welche das übrige Hindu, stan im Besitz haben. Doch besteht darüber dort keine Tradition oder Sage. 2t. Stirling sieht die drei genannten Völkerschaft ten nur für Verzweigungen eines und desselben Stammes in den verschiedenen Gebirgsprovinzen des Landes an. Die Kands. Den Namen von diesen (Coands, nicht Goand, s. ob. S. 476) lernte schon C. B l u n t5Ö) als streifende Raubhorden am Godavery,Ufer kennen. Sie finden sich in allen Gebirgsstaaten im Süden des Mahanadi,Stromes, in sehr gro, ßer 2tnzahl, und machen die Hauptpopulation des Berglandes im Süden von Boad und Ramgur bis Gumsur (s.ob.S.477) aus. Ihren Bergdistrict zwischen Daspalla(?), Boad und Gumsur, der ausschließlich von ihnen bewohnt wird, nen, l8) Harivansa, ed. Paris trad. franc. par M. A. Langlois, sec- Livrais. p. 265. Lect. 58. Blunt Narrative I. c. VII. p. 152.

528

Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 107.

ticn sic Kandra. . 168.

Orissa; das Bergland im Inner».

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1. Das Bergland im Innern^); das obere Rajwara. Aus unbekannter Ferne begränzen die Bergzüge das frucht­ bare Mogulbandi im Norden, nur wenige ihrer Berggruppen dringen hie und da bis zum Meere vor. Ihr allgemeiner Parallelism von West nach Ost nöthigt den Mahanadi ebenfalls ihr inneres Längenthal in derselben Direction zu durchziehen, wo sie noch wie im Berglande der Sur bis dicht an das Kuttak, Delta herantreten (s. ob. S. 529). Im Norden des Brah, mini-Deltas, unter 2i° 10' N.Dr., wendet sich der Küsten­ zug gegen Nordost, verbindet sich den Nordketten, die au« Singbum und Keonjher, durch Moharbanj oder das Waldgebirge (f. ob. S. 528) dem Meere nähern, und engt gegen Balasore die Küstenebene zusammen, durch die äußerste vor, springende Berggruppe der Neltigrin (d.i. NilaGiri, Neilgherry, blaue Berge), die unter diesiun Namen, der sich in den verschiedensten Umwandlungen der Indischen Dialccte (s. ob. S. 339, Asien IV. l. S. 951 u. a. 0.) durch ganz In­ dien wiederholt, von allen Schiffern, die vom Ganges kommen, als Landmarke bekannt ist. Ein anderer auslaufcndcr Bergzug dringt im Süden, zwischen dem Chilka-Sce und Ganjam (s. ob. S. 477), zur Meeresküste vor, eine niedere Kette, die aber von da westwärts sich über Gumsur dem großen Ketten, zuge anschließt, der im Süden von Sonepur vorüber in das innere Gondwarra von Dustar eindringt (f. ob. S. 499), und sich an die Berge um den obern Jndrawuty und Godavcry, im, mer westwärts ziehend, anreiht. Zwischen dieser Südkette und jener Nordketle desBcrglandes von Orissa, oder zwischen Gum, für, Sonepur, Singbum und Midnapur ist das Bergland zwischen 16 Khetri, oder Khandait Aemindaren, das ist kleinen Berghäuptlingen parcellirt, welche das briti, sche Gouvernement gegenwärtig, als tributaire Rasa«, unter denen viele andere stehen, anerkennt; und am Fuß dieser Berg­ ketten dehnt sich noch ein zugehöriger Stri6> des bergigen Vor, landes aus, in welchem 12 dergleichen andere Berghäupt, livge ihr Gebiet haben, die zwar auch Lchnsträger, jedoch dem britischen Gesetz unterworfen und unter dem Moghulischcn Titel •) ebend. p. 176- 184,

534 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 107. der Killah (Burgherrn, von Castell, Bergfeste, daher auch Killahdar) einregistrirt sind. Diese Bergzüge der Küftenketten, welche aus den Plainen von Ganjam über Kuttak bis zum Brahmini-Delta hin erblickt werden, sind von keiner ausgezeichneten Höhe; die mei­ sten nur 300 bis 1200 Fuß über der Ebene erhaben, die höchsten nicht über 2000 Fuß; im Innern steigen sie bedeutender auf. Sie verzweigen sich vielfach, man kann sie keineswegs zusammen« hangende Bergjoche nennen, sie sind vielfach durchschnitten von Einsenkungen, gegliedert. Die vorderen liegen in irregulair zer, streuten Gruppen, mit welligen oder zackigen Gipfeln, die von Thälern in allen Winkeln durchschnitten sind, bald isvlirte Kegel, bald scharfkantige, bis zu ihren'Basen getrennte, lange Berge, die aber überall vom Fuße bis zu den Gipfeln bebuscht und bewal­ det sind. Ihre Hauptfarbe ist roth; sie sind wie geschichtet, öfter schiefrig, bestehest aus Granit. Schon zu Dizagapatam in den CircarS bis Ganjam herrschen Granitbergc vor, nebst Syenit und Gneuß, die hie und da von Laterites bedeckt werden, sehr analog dem Berglande in Süd-Dekan (f. ob. S. 260 bis 271). Der Granit von Vizagapatam'^H nimmt ein neues, seltsames Ansehn an, da er kleinkörnig ist und stark gemengt mit amorphen Granaten, in rundlichen Massen; die­ selbe Gesteinsart geht in die Berge von Kuttak über, wo daS feinkörnige Gestein sogar eine Achnlichkeit mit Sandstein erhält und mit einer Menge unausgcbildeter Granaten durchsäet ist, wie mit Steatitgängen durchzogen. Dieselbe Gebirgsart soll tief in Dekan fortsetzen. Nach dem Granit tritt derselbe Ei senk hon, Laterites, den wir schon aus dem Süden Dekans (s.ob.S.5) kennen, auch in Lagern von großer Mächtigkeit am Fuß der Gra, nitkette auf, und breitet sich 2 bis 5 geogr. Meilen Weges aus, doch nie in den Bergen, immer nur im flachen Vorboden; darin unzählige amygdaloide Höhlen mit gelbem Mergel oder ein­ gelagertem Eisenkies, mit vollkommenen Uebergängen in das Gra­ nitgebirge, so daß unbestimmt bleibt, welches die ältere und die jüngere Bildung sey. Häufig bilden die beiderseitigen Trümmer wieder ein neues

Conglomerat. In den Bergdistrieten im

•**)_ Jam. Calder General Observations on the Geology of India Asiat- Res- Vol, XVIII. 1833. und Phys. CI. I. p. 11: Jameson Geology in Murray Account of Brit. India. Ediub. 1832. Vol. III. p. 334.

Orissa; das Bergland im Innern.

535

Norden des Brahinini, um.Kconjhcr, den Nelligrin (NilaGiri) un> im Moharbanj, geht dieser halbverwiiterte Granit in weiße Gcan it- und Gneuß-Fclsen über, reich an Glimmer und Hornblende, in, Gebirgsarten, die den Bestandtheilen der Hi« nialaya-Ketten sehr ähnlich seyn sollen. An vielen Stellen sind diese graritischen Bildungen von Trapp-Gängen^) durchseht, die größtmtheils aus Grünstein, dem Basalt und Hornblendegestein sehr nahe verwandt bestehen. Außerdem findet sich hier noch Talkschicfcr, Glimmer­ schiefer, Chlorit, Serpentin, als Begleiter jener Granite und Topsstein, der unter dem Namen Mngni (wie in Maißoore der Sila, Bildstcin, s. ob. S. 2:9) zu Idolen, Tempelsculpturen, Gefäßen und feinern Arbeiten der Bewohner von Orissa verwendet wird. In den Nelligrin-(NilaGiri) Ber­ gen, bei Balasore, wird auch Korund (wie in Ceylon und Koromandel, s. ob. S. in, 313) gefunden, der hier Sila Dhar (d. h. zum Schleifen der Instrumente dienlich) genannt wird. Eisen in Menge als rother Eisenochcr, und Bohnenerz ist ver­ breitet, und wird auch geschmolzen und verarbeitet, zwischen den Brahinini und Byturni Flüssen in Dhenkanal, Angol und-im Moharbanj, d, i. dem Waldgebirge am Salundy-Fluß. Kalk, stein findet sich hier nur in den isolirten Concrctionen des Kon« karbodcns. Der Goldsand, den die Flüsse führen sollen, mag wol nur eine Folge der Hcrabschweminung aus den innern Mahanadyebcnen seyn (s. ob. S. 342). Der Anbau des Bodens in diesem Bcrglande ist nicht allge, mein und sehr verschieden; doch ist Reis die Hauptcultur,, und an den neugerodeten Waldstellen ist es vorzüglich Juari (Hole, sorgli.), Bajcra (Panic. spicatuin) und Mandia oder Ragi (Eleusine coracana), die am besten gedeihen. Indigo und Mohn (Poppy) zu Opium wird nur wenig gezogen. Die Wälder^) machen auch hier, wie im Innern Gondwarras, den größten Reichthum des Landes aus. Die Waldbewohner sind größtentheils nur Eisenschmclzer, Holzfäller, Kohlenbrenner, Zimmcrleute von Flooßen und Booten« Holzflößcr u. dgl. Das vorzüglichste Zimmerholz giebt der 1) Sal (Shorea robust«* s. ob. S, 509), der in den tiefen, grandiosen Wäldern der Berg-. landscl)afs, zwischen Mahanadi und Salundy an der Gpänze «•) A. Stirling l. c. T. XV. p. 179,

rbend. p. 180—183.

536 Ost-Asien« Vorder-Indien. IV. Abschn. §«107. Bengalens, die größte Höhe erreichen soll. 2) Die Teak, teiltet rücken nicht so dicht zur Küste heran, und bleiben im Innern des Landes jenseit des Mahanadi und Tel Nadi Thales bei Sonepur zurück, von wo sie sich bis zum Indrawuty hinüber zu ziehen scheinen (s. ob. S.520 und Asien IV. i. S. 8vs). Nur in Despalla stehen einzelne Teakbiume der Küste genäherter. Au, ßer den allgemeinen Begleitern Indischer Wilder, wie: 3) Pi, pul (Fic. religiös«), 4) Dur oder Danyane (Fic. indica). 5) Dainbusarten, die zu den trefflichsten Palankinen dienen, und 6) Tamarinden, kommen hier auch: 7) die Sisu (Dalbergia sisu), 8) Piyasal (Buchanania latifolia) und 9) GaINbar (Gmelinia arborea), als Waldbiume vor.' Außer diesen nennt noch A. Stirling als sehr häufig: 10) Asin (Pentapteva toroentosa); 11) .Gering» (eine Species von Pterospermum); 12) Lodh (O.uery, Pliyllantlnis longifolius?) und 13) Patali (Bignonia suaveolens, daher der Name Palibothras, s. Asien IV. 1. S. 508). Diese geben die vielen Holzwaaren, deren Der, kauf zu Kuttak auf dem Bazar ein Haupterwerb der Bewohner der Waldgebirge ist. Zu den Wald bin men gehören' hier auch die Orange und die Mango, welche letztere (vergl. Asien IV. 1. S. 893) hier wild wichst, und als eine besondere Gunst, Verleihung der Deotas angesehen wird. Im Allgemeinen zeigen die Bäume in dem verwitterten Boden, der die Granit, berge nur sparsam bedeckt, selten eine größere Höhe, oder einen reicheren Luxus ihrer vegetativen Entwicklung; dagegen finden sich in dem Waldgebüsch und den Iunglcs der Vorberge, eine Menge von officinellen und brauchbaren Früchten und Gewächsen, von denen die Einwohner häufig Anwendung machen. A. Stirling führt folgende namentlich auf: l) Harira und 2) Bahara (Terrainalia chelmla und belerica); 3) Mayanphal (Vangueria spioosa); 4) die Kuchila (Stryclmos nux vomica), wie im hi, Hern Gondwarra (f. ob. S. 510); eben so 5) die Amaltas (Cassia fistula, f. Asien IV. l. S. 823). Ferner: 6) Aonla (Phyllanthuro emblica); 7) Kayar (Mimosa khadira, wahrschein, sich die Kheir, welche in Gondwana das Catechu giebt, s. ob. S. 509); 8) Cliirunija sapida; 9) Sapindus saponaria; 10) Spondias mangifera; 11) Bhila (Semecarpus anacardium); 12) Ka, ranj (Galedupa arborea) u. fl. M. Unter den Schlingge, wichsen dieser Waldungen ist zumal eine gigantische, klet« ternde Bauhinia (ob tacemosa Wallich,?), bei den Einwoh,

Orissa; das Bergland, Waldflora.

537

turn 13) Slahri genannt, sehr charakteristisch, deren Blätter zum Dachdeckcn, die Ranken zu Stricken dienen, deren Frucht mit 4 bis 5 mandelartigen Kernen ein Lieblingsessen der Landes, einwohncr ist. Auch gehören die F-arbHölzer in den Bergwäl, dem hierher, zumal: 14) Bacam oder Sappan (Caesalpinia sappnn, s. ob. S. 122); und 15) Aal oder Achu (Morinda citriiolia). Alle diese Gewächse liefern mannichfaltige Waldpro, tu etc (Bankar), die unter dieser Rubrik in den Handel kom, men, wozu z. B. auch Dhuna, d. i. Pech, gehört, Lack, Tes« ser, wilde Seide (f. ob. S. 513) u. s. w. Diese Waldflora ist außerdem noch unendlich reich an kleineren Gewächsen, die kein Botaniker untersucht hat, von wel, cher aber die Einwohner, nach A. Stirling, durchaus vollständige Benennungen und gute Kenntnisse besitzen. Die Schilfwal, düng des Calamus rotang ist überall vorherrschend, und bildet, gleich den Gramineen, als Heerdenpflanze, den Mittel, Punct der vegetabilen Ansiedlung in Massen, um den sich das Heer der untergeordneten Vegetationen sporadisch ansetzt. In der Regenzeit der heißen Monate zeigen sich hier die blüthen, reichen Gebüsche der Capparis trifoliata, Barun der Einwohner, die prachtvollen Scharlachblüthen der Palas (Butea frondosa), die zur Färberei dienen, dazwischen massenweis die wilden Prachtblumen der Gloriosa superha, und viele andere, der schönste Schmuck der Landschaft. In der kühleren Jahreszeit sind es wieder andere glänzende Erscheinungen, wenn die brillan, tcn Blumen der Parasiten die Bäume umschlingen, wie Loranthus bicolor, mit ihren gelben und scharlachrothen Blü, then, welche das Laubgrün zudecken, oder die Kletterpflanze Coinbretum decandrum, die schon in weiter Ferne durch ihre w ei, ßen Hangenden Blüthenmassen erkennbar ist, mit denen sie ganze Waldungen überrankt und überwuchert. Diele Monan, bristen, Gramineen, Zwiebelartett schmücken den Rasen, teppich; Wasserlilien von allen Farben und die prachtvolle Lotos (Nelumbium speciosum) die Teiche, Lagunen und Ver, sumpfungen, in dichtgedrängter Menge. Die Fauna dieseDerglandcs ist durch sein Wild aller Art dem des Innern von Gondwana sehr nahe verwandt; dieselben Thiere, wie dort, wer, den auch hier aufgezählt (s. ob. S. 5io); doch kommen nockwilde Elephantenhcerden hinzu, von denen schon früher die Rede war (s. Asiekr IV. i. S. 91-9), und der Nashornvogel

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Ost-Asien. VorLer-Jndien. IV. Abschn. §. 107.

zeigt sich hier wieder, wie auf den Maißoore Höhen (s. ob. S. 260), mit seinem phantastischen, bis 6 Zoll hohen Schnabelhorn, in sehr großen Heerden, zumal auf den Höhen von Khurda im Lande der Sur, immer wild und laut schreiend, gleich der Elster; hier wird er Dhanesa genannt, oder Kuchilafresser, weil die Kuchila (Stryclmos nux vomica) seine Lieblingsnahrung ist. 2. Die Sumpfwaldung des Küstenstriches"^); untere Rajwara. Diese hat ganz den Character der bengalischen Sunderbunds, doch ohne die grandiose Form der dortigen Hochwal­ dung. Es sind hier nur dichte Iumgles, Buschwaldung, in den zahllosen Mündungen der Flußarme wimmelt es von 2(1* ligatoren. Die Ausdünstung dieser Zone giebt ihr eine für die menschliche Organisation sehr schädliche Atmosphäre. Schlammuser, Morastboden, Riedgräser, Unterholz, zumal der In, dischen Tamarix, Ihao (Tamarix intlica), dazwischen verkrüppelte Zwergpalmen, Hintal (Phoenix paludosa), machen die Zu, gänge beschwerlich, unmöglich. Wo nur Sandboden sich vor, findet, wie im Süden von Black Pagoda, da breitet sich ein dich, tcs Netzgeflecht verkriechenden Convolvulus Arten (Ky, saritala der Einwohner) über denselben mit ihren zweilappigen, succulenten Blättern aus, welche die eine Hälfte des Jahres mit hellrothen Blüthen bedeckt sind. Die Höhen derselben Sandberge sind gekrönt mit Asclepias gigantea, holzigen Dorngewächsen, dem starren, dornigen Grase Goru Kanta und andern. Die Dikkichte der dornigen Bambus Waldungen machen das Reisen in den meisten der Abtheilungen dieser Küstenzone, wie in Ku, jang, Herispur und andern, unmöglich; dazwischen erheben sich als höchste Zimmerholzbäume die Sundari (Heritiera litorajis, oder eine Sterculia Art).; Zu den Gefahren der Leoparden, Tiger, wilden Büffel und gefräßigen Alligatoren, die hier hausen, kymmt noch das verpestete Clima, die furchtbaren Fieber, die Su l (eine gefährliche Dyssenterje), die Elephantiasis und viele an­ dere Uebel in deren Gefolge. Ein Hauptgewinn dieser Zone ist die Fabrication des schönsten Salzes in Indien, das aber nicht Eigenthum dev vielen, kleinen Rajas ist, unter welche diese Küstenstrecke vertheilt •") A. Stirling Account 1. c. XV. p. 164—171.

Orissa; Sumpfwaldung, Küstenstrich.

539

blieb, sondern ein Monopol der ostindischen Compagie, welche daraus eine jährliche Revenüc von 18 Laks Rupien, oder 180,000 Thaler zieht. Das Secwasscr wird in die Khalaris, d. i. die Bassins, geleitet, mit dem salzigen Erdboden umher gesättigt, in großen irdenen Pfannen gesotten, in Haufen gelegt, mit Anmdo karka zugedeckt, und dann durch die Agenten der Compagnie ver­ laden, ein Salz von der schönsten Weiße und Reinheit. Reisbau ist nur hie und da, aber mit reichlichem Ertrag. Auch die Meeresstsche geben reichen Fang; man rechnet an 61 eßbare Fisch arten. Die Europäer rühmen am meisten: 1) Sole oder Banspatti;

2) den Tapsiya, Mangofisch;

3) den Phirki, Pomsret; 4) den Gojkarma, Weißfisch; 5) den Hilf», Sandfisch; 6) den Kharanga oder Mustek, eine Art Makrele; 7) den Sal oder Salia. Noch sind sie nicht näher bestimmt. Außer diesen werden hier treffliche Schildkröten, Austern, Krabben und andere Seeproducte von vorzüglicher Güte und in Menge gefangen, zumal in der Nähe von Fasse, Point-Palmyra, womit die Bazare von Balasore, Kurtak, Iag, gcrnaut verproviantirt werden. Dom Oktober bis Februar ist die große Fischerei und der Ueberfluß, der mit der großen Fluch von Ost herantreibt, macht einen wichtigen Handels, artikel für das Binnenland aus. 3.

Die Culturebene, Mogulbandi««).

Dieser Boden ist keineswegs besonders fruchtbar, dennoch pro, ducirt er durch Irrigation und Anbau viel Getreide und Pro, ducke mancherlei Art. Auf dem rechten Ufer des Mahanadi ist dieses Land mehr sandig, leichter Boden, auf dem linken Ufer nordwärts gegen die Berge ist er thoniger, oft weiß, und mit Kalkconcretionen (Konkar, hier aber Gengti genannt) durch, zogen, nordwärts bis Midnapore an der Gränze von Bengalen. Manche Ebenen dieses fast überall magern Bodens sind mitunter der Cultur auch ganz unfähig, und dann mit niederm Ge, stripp überwachsen, mit Corunda oder dem Bena,Grase. Reis ist hier Hauptprodukt, Hauptnahrung; im Norden des By, turny,Flusses gegen Bengalen hin die einzige Nahrung; sein Korn ist aber noch schlechter als der Reis von Bengal und Be, har (vergl. ob. S. 115); die Haupternte ist Mitte November

") tbtttb. p. 171—175.

540

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107.

bis Januar. Zwischen diesen Reisfeldern finden sich, in den nördlichen Pergunnahs, auch Anpflanzungen von Zuckerrohr, Taback, Palma Christi, in den südlichern von Hirse, gerin­ gern Kornartcn und Oclpflanzcn. Die zweite Hauptcnltnr ist Arend, d. i. PalmaChristi (Rlncinns communis). Der An­ bau von Mohn zu Opium, wie von Maulbeerbäumen zur Scidcnzucht, und von Indigo zur Färberei ist in Orissa noch unbekannt. Der Belclpfeffcr (Piper betel, s. Asien IV. 1. S. 875) zum Genuß der Arcka, ist bis jetzt nur in einigen Gär­ ten der Brahmanen bei der Jaggernaut Pagode angepflanzt. Die Kokospalme und Supari, d. i. Areka-Palme (f. Asien IV. 1. S. 858) ist auch nur in Drahmanendörfern angepflanzt; die Fächerpalme (Borassus flahelliformis), hier zur Benutzung des Palmweins (s. Asien IV. 1. ®. 856), wie Phoenix sylvestris, hier Khajur genannt (ob dieselbe? wie Asien IV. l. S.863), allge­ mein. Die Landschaft Kuttak war besonders von jeher be­ rühmt, durch ihre duftenden Keora oder Ketaka (Pandanus o-Joratissimus), die überall wild wachsen, gesellschaftlich mit Eu­ phorbien und Mimosen; ausgezeichnet durch ihre prachtvol, len Banyanen, durch ihre Bananen Gärten um die Dorf, schastcn, und merkwürdig durch die schattigen Mangohaine, die am Kansbans-Flusse bei Balasore (s. ob. S. 504) ganz wild wachsen (s. Asien IV. i. S. 893). An Gemüse, Obstarten und Blumen ist im übrigen dieser Boden Orissas nicht besonders aus, gezeichnet, theils wegen seiner Magerkeit, theils aber auch wegen der Armuth und Unwissenheit der Agricultorcn. Nur in den Tcmpelumgebungen und den Brahmanendörfern zeigt sich, bei mehr Wohlstand, auch besserer Anbau; da tritt auch der höhere Schmuck der Gewächse und der Blumen in den Anpflanzungen auf, wie die Nagacesera (Mesua ferrea), die Mulsari (Mimusops elengi), die Jonesia nsoea, die Oehna squarrosa u. o.; die Sultanchampa (Calophyllmn indicum), die Jarul (Lagerstroemia flos reginae) und eine prachtvolle Ixora zwischen den Kokos- und Arekaplantagcn, um welche die Reben von Betel, Turmerie, Ingwer (Amomum zingiber, Asien IV.l. S.825) u. a. sich emporwindcn. Die Fauna dieser Culturebene ist auf wenig Thiere ringe, schrankt; die Domain« des Wildes ist mehr über die beiden an, dern Zonen ausgebreitet, weil die Civilisation überall das Jagd, wild zurückdrängt, und das Heerdenleben der Hauslhiere ist

Orissa; Städte, Kuttak die Capitale.

541

hier wegen der schlechten Raren in Schaafcn, Ziegen, Rindern unbedeutend. Die Rare der Büffel giebt gute Milch, dient aber

Nicht zu Lastthieren. 4.

Gewerbe und Ortschaften: Kuttak die Residenz; Balasore die Hafenstadt; Puri Jaggernaut die Tempelstadt; die Küstenstation als Sanatarkum.

Das Gewerbe in diesem Lande ist außer der Agricultur nur gering, nur grobe Webereien werden hier gefertigt. Der Handel ist im Ganzen unbedeutend; Hauptexporten sind Reis und Vieh nach Calcutta, Salz in mehrere Theile Hindo, stans. Einfuhrartikel machen von Bengal alle städtischen Bedürfnisse aus, so wie von andern Küstengcgcnden, zumal von den Malediven, Kokos, Kauris, Korallen, getrocknete Fische. Unter den Ansiedlungen^») in Orissa verdienen nur drei Ortschaften den Namen von Städten: die beiden Hafens städte, Balasore und Jaggernaut, und die Capitale an der Dcltaspitze, Kuttak oder Kattak; alle andern sind nur Dörfer zu nennen, selbst Jajpur am untern Brahmini.'Fluß, obwol eine antike Stadt in Trümmern und ein Landesheiligthum, ist gegenwärtig doch nur ein Dorf. Solche größere Dorsschaften (Kesbehs) sind Badrak, Soro, Kendrapari, Asseraj, sar, Hariharpore, Pipkey; alle übrigen, die Dörfer der Sasan-Brahmanen ausgenommen, sind nur Weiler von rvenigen Hütten, und im Berglande, dem oben genannten Rajwara, lie, gen gar keine Dörfer, sondern nur zerstreute Wohnungen. l) Kuttak oder Kattak, dieHauptstadt mit 6512Häu, fern, 4v,ooo Einwohnern und mehrern Bazaren, an der Bi für, cation des Mäh an ad i auf der Landspitze, von beiden Strom, armen bespült und durch Steinmauern gegen des Stromes An, drang geschützt, ist die alte Landesresidenz (Kattak, d. h. im Sanskrit Residenz). Sie war eine der 5 Capitalen von GangeswaraDeo, und wird bei den Eingebornen nur Ka, tak Biranasi, d. i. die Residenz Benares (Viranaschi, d. i. die heilige Brahmanenstadt am Ganges) genannt, und war im X. Saec. ein Königssitz. Das einzige Denkmal aus der Zeit seiner sehr alten GajapatiRajas, ist die Feste Barabati?"),

»") A. Stirling Account I. c. X. p. 188—192. p. 189, 265, 338.

">) tbtnb, XV.

542 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107. aus betn XIV. Jahrhundert, im Hinbustyl, an welche die spätern Mohammedaner und Mahratten ihre Anbaue machten. Die erste Grundlage zu dieser neuern Stadt Kattak wird, in der Ge, schichte Orissas, in das Jahr 989 n. Chr. G. verlegt, und ange, geben, daß im Jahre 1006, die großen Anlagen gegen die Ueberschwcmmungen und der Festungswerke gemacht wurden. Den Quay von Quadern am großen Strome, wie er jetzt besteht, hält A. Stirling zwar sür ein Werk aus der Periode der GroßMoghule, aber nach dem Vorbilde eines weit ältern, aus der Hinduvorzcit gebaut, davon heute auch noch Reste vorhanden sind. Die Ruinen des antiken Königspalastes von Kuttak sind nur noch unförmliche Steinhaufen. Dem Südufer des Cajori, Kuttak gegenüber, liegt eine zweite, alte Landesfeste, Sarengerh, merkwürdig durch den sehr großen Umfang ihrer Außen­ werke, von denen aber kein Theil mehr bewohnt ist. Ein moder­ nes Dorf (Killah), aus der Muselmänner Zeit, liegt an der Stelle dieser alten Citadelle, und zwischen den Ruinen eines Palastes der Dynastie Orissas, der Gang« Bansa Rajas (reg. seit dem XI. Jahrhundert). 2) Balasore (Baleswara), unter 21® 32'9?.93r., gegen die Gränze Bengalens gelegen, an der von ihr sogenannten Bar lasore Bay, mit 10,000 Einwohnern, ist durch ihren Hafen und früheste Ansiedlung als Faclorei-Ort der Europäer bekannt gewesen. Es wird größtentheils von Kaufleuten bewohnt. Der Hafen hat Docken zur Aufnahme von Schaluppen, die nicht über 14 Fuß tief gehen. Zumal von M a l d i v i sch e n Schiffen wird er stark besucht, von Salzschiffen der Compagnie und von Reis schal uppen, die in der kalten Jahreszeit hierher kommen, um Reis nach Calcutta zu transportiren. Die frühern F-actoreien der Portugiesen, Engländer, Franzosen, Dänen, Hol­ länder in Balasore, konnten nur so lange bedeutend seyn, als noch kein unmittelbarer, directer Handel mit Bengalen Statt fand. 3) Puri Jagannathas oder Jagganada, Jagger, n a u t971), unter 19® 45' N.Br. 85® 54' O.L., ist der berühmteste Ort im Lande, durch seinen Tempel und die Pilgerwallfahrten. Als heiliges Land ist auch der Ort frei von Abgaben, und 15 Coß in der Umgehend darf kein Rind geschlachtet, kein Rindfleisch *’*) A. Stirling Acc. I. c. XV. p. 191; W. Hamilton Descr. II. p. 44—58.

Orissa; Puri Jaganathas, der Tempelort.

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genossen werden, um den geweihten Tempelkreis nicht zu verun, reinigen. Die Stadt, welche für sich den Namen Puri hat, auch Pursuttum heißt, hat 5741 Hauser mit 30,000 Einwoh, ner, aber eine fluctuirende Population; denn alle Hauptstraßen sind mit Pilger Herbergen besetzt, mit Volksgedränge, das hier Jahr ans Jahr ein, zumal aber an den Hauptsesten im März und Juli zuströmt. Die Menge der Pilger schlug Dr. Carey, nach den vorliegenden, ossiciellen Documenten, jährlich, vor dem Jahre 1813, wenigstens auf 1,200,000 Menschen an; seit, dem muß der Hindu, Fanatismus, unter dem britischen Regi, mente, sehr abgenommen haben, da A. Stirling kaum noch 100,000 auszählt, und auch diese, seit 1817, meist aus die Hälfte abgenommen haben. Im Innern ist die Stadt voll Schmutz, nach der Landseite zu liegen Obstgärten, darin die Kaschew-Nuß, das schöne Callophyllura inophyllum (Alexanders Lorbeer, nach Dr. Ainslie) und viele andere Gewächse üppig gedeihen. Viele Monumente, Tanks u. a. liegen umher, aber mit Sand über, schüttet, der die nackten Seeufer öde überzieht. Die Lage von Puri, als maritime Station, ist durch ihr ungemein liebliches und gesundes Clima in der neuesten Zeit 311 einem Sanatorium72) für Bengalen vorgeschlagen, und wie Dschittagong (s. Asien IV. 1. S. 416) das Montpelier Indiens genannt worden. Dem Dr. Brander verdanken wir die genauern climatischen Beobachtungen über den bisher überse, henen Vorzug dieses Gestades. Auch meint er, Seebäder wür, den hier vorzüglich gut einzunehmen seyn, wie die heißen Mi, neralquellen bei dem Dorfe lltir, 6 geogr. Meilen fern von der Stadt, ebenfalls für Patienten Bengalens zu benutzen wären. Bis jetzt ist diese Lage nur von Kuttak aus als Sommeraufent, halt benutzt worden, und ein großer Vorzug des unmittelbaren Gestades ist es, daß unter dem dortigen Boden der Sanddünen doch überall in einer Tiefe von 10 bis 30 Fuß ein Ueberfluß der trefflichsten Quellwasser hervordringt. Zwei Drittheile im Jahre von October bis May (3 Mo, nate), in welche die bequeme Küstenschiffahrt und die gute Lan, dungszeit fällt, würden für die Hinreise passend seyn, der gesun­ deste Aufenthalt daselbst, der die größten Vortheile brächte, wäre 73) Dr. Brander on theClimate ofPooree in Transact. of the Medio, and Phjs. Soc. of Calcutta 1829. 8. VoL IV. p. 377 — 384.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107.

In der schönsten Jahreszeit, von Februar bis Anfang Juni. Dann herrscht der S.W.,Monsun, dessen wohlthätiger Ein, fiuß auf die geschwächte menschliche Organisation hier höchst er, freulich und erquickend wirkt. Bei der herrlichen Erfrischung und Kühlung der Seewinde sind dann keine künstlichen Abküh, lungsanstalten, von Ventilatoren, Luftwedeln, feuchten Matten u. s. w., wie in Bengalen und im trocknen Binnenlande, mehr nö< thig. Für die Empfindung sind die angenehinstcn Monate die Winterzeit, von Oktober bis Februar, wo das Thermometer nur zwischen 14 und 20° Reaum. (64 — 76° Fahrh.) schwankt. Die Temperaturertreme während der 12 Monate im gan, zcn Jahre, halten sich zwischen 14° 22' und 25° 33' Reaum. (64—89° Fahrh.), bieten aber, innerhalb der Zeit von 24 Stun, den, oft nur kaum merkbare Variationen; es findet sich also auch hier, das möglichst gleichförmigste Clima (nur mit jährlichen Oscillationen von 29 Fahrenheilsgraden), welches der Gesundheit so zuträglich ist, obwol nicht so gleichförmig wie das von-Madras (s. ob. S. 330), wo jährliche Oscillationen nur von 12 Fahrenheitsgraden Statt finden, in Colombo so, gar nur von 104 (s. ob. S. 102, wo der Druckfehler „eine Dis, ferenz von 124" in: 10» zu verbessern ist). Aber die Gleich, förmigkeit ist in Puri größer als die auf den NilaGiriHö, hen, zu Utacamund (s. Asten IV. 1. S.970), wo die jährliche Oscillation um 31 Fahrenhcitsgrade differirt. Es folgen also, hinsichtlich der Gradationen der Gleichförmigkeit, diese verschiedenen Gesundheitsstatiionen in folgender Orb, nung aufeinander: 1) Colombo (104°), 2) Madras (12°), 3) Puri (29°), 4) Utacamund (31°); und die maritime Station von Puri hat geringere Steigerung der Hitze zu ertragen als die beiden ersteren, aber auch geringere Ab, kühlungen als die letztgenannte. Dies ist ihr klimatischer Charakter in Vergleich mit den übrigen, der sie zu einem In, dischen Sanatarium vollkommen eignet. Die ungünstigsten Monate zum Aufenthalte daselbst würden die vom Juni bis September seyn, weil dann die N.O., Winde und die heftigste Brandung (the Surf, oder die bengali, sche Küstenströmung) das Landen sehr erschweren, und oft eine un, überwindliche Barriere bilden, die nur das telegraphische Zeichen überflügeln kann. Der Regen fällt hier, mit den Ergüssen im Dinnenlande, z. D. Bengalens, verglichen, nur in mäßiger

Orissa, Puri Jagannathas, der Tempelort. 545

Quantität; die nasse Jahreszeit ist daher auch nicht sehr um angenehm. Mit dem bewölkten Himmel mildert sich die über, mäßige Hitze, und das blendende Licht des reflectirten Sonnen, strahls und selbst die Sandebcncn erhalten ihren grünen Ueberzug. Die Landwege von Calcutta nach Puri sind immer be, schwerlich; die Flußschiffahrt durch das Dcltanetz ist nur auf wenige Monate im Jahre beschränkt. Die Seefahrt auf Schoners kann in 2 Tagen zurückgelegt werden, dauert aber bei ungünstigen Winden auch eben so viele Wochen. Die Gär, tcn um Puri sind im hohen Grade productiv an allen Gewäch, scn und Früchten; selbst Erdbeeren und Weintrauben werden hier in Menge gezogen. Die größte Aufmerksamkeit hat Puri bisher als einer der 4 Kschetra o?r) (t>. h. heiliger Tempelort im Sanskrit; daher Khetr in verderbter Orissa Sprache) in Orissas Gebiete auf sich gezogen, dessen Tempel nach dem Hauptidol mit den Namen Jagannathas (d. i. Herr der Welt)?*) oder Jag« gcrnaut genannt zu werden pflegt. Bei den Eingebornen heißt dieses Heiligthum Puruschotama (b. i. Wischnu) Khctr)75, daher im gemeinen Leben Pursuttum. In den ältesten An, nalcn Orissas wird das Idol Sri Jeo?°) genannt. Es dehnt sich sein heiliges Gebiet von der Mündung des Byturni, Flussebis zum Ganjam-Flusse (dem Rassikoila) aus, und dadurch wird die ganze Küste geweihter Boden. Den geheiligten Mittelpunkt desselben bilden aber die geringen Sandhügel, Nilgiri oder Ni, lachal, d. i. die blauen Berge, titulirt, auf denen die ge, tvaltigste Pagode erbaut ist, in der die Idolatrie ihren scheuß, lichsten Cultus feiert; der berühmteste Wallfahrtsort in Indien, der so vielfach beschrieben??) ist. Der jetzige Tempel ward im Jahre 1198 n. Chr. G. zu Ende gebracht, unter dem berühmte, (tcn Orissa Raja, dem Raja Anang DH im Deo. In Form, Größe und Verhältnissen ist er einer ältern, minder bekannten Pagode zu Bhubaneswar (Bhavani Swara) d. i. Hei, ligtchum der Bhavani, in der Nähe von Kuttak, ganz gleich, aber durch seine Lage am Meere und durch seine Grund, •**) E. Bnrnouf Critique. Litteraire in Journ. Asiaiiq. Paris 1827, 8. T. X. p. 115. »*) v. Bohlen Indien I. p. ?29. ") A. Slirling Acc. 1. c. T. XV. p. 315 — 326. ’*) jbjtnb. XV, p. 264 etc. ”) W. Hamilton Derer. II. I. c.

Ritter Erdkunde VI.

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546 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107. mauern weit imposanter. Die Ausführung ist übrigens roh, ohne Eleganz, die Formen haben für das Auge nichts angenehmes. Der Bau ist colossal aus Granilsteinen aufgeführt, in neueren Zeiten durch Restaurationen und rothen Anputz sehr verderbt. Die nähere Architektur nebst Plan ist bei A. Stirling nachzusehn. Die Legende läßt ein heiliges Bischnubild aus dem Nimbaume (Melia azadirachta), daher Daru Avatar, oder die Baum,Inkarnation Bischnus genannt, von der Sita, Dwipa, einer Insel aus dem Westen, auf dem Meere herbei, schwimmen. Daraus soll unter Beistand des Wisvakarma (s.ob. 0.239) ein vierfaches, verschiedenfarbiges Idol entstanden seyn, über welches erst der Tempel erbaut wird, den Brahma selbst mit seinem ganzen Himmelsgcfolge einzuweihen sich herabläßt. Jenes Idol erhielt die vier Namen: Bischnus (SriKrifchnas oderIaggannathas), schwarz von Farbe, von dem, als dem populärsten, der ganze Tempel benannt wird; Baldeos (einSiva), weiß, und Subhadra (dieKali), fass, rangelb, nebst einem runden Steinpfeiler genannt Sudersan. In diesen sehr unförmlich gestalteten 4 Idolen sagen die Brah, manen, verehrten sie die gestaltlose höchste Gottheit, die alle Gestalten annehme, die scheußlichsten selbst, um durch Schrecken die Menschen zum Guten zu zwingen (die Schicksale dieses Idoles, s. unten Anmcrk. Geschichte). Unzählige Idole des Hindu, Pantheons stehen um dieses Hauptidol in den Tempeln!, schen umher; der wahre gestaltlose heilige Holzstamm, die Baum, Inkarnation soll im innersten Hciligthum verborgen liegen, und wird zugleich auch als die Gebeine Krischnas ausgegeben. Der frühere furchtbare Fanatismus an den großen Opfcrfcsten dieser Idole, wo Hunderte von blutigen Menschenopfern sich selbst in die Schwerter stürzten, und von dem Triumphwagen der Brah, manengötzen zerquetschen ließen, um die Heiligkeit nach dem Tode zu erlangen, hat sehr abgenommen. In jener Zeit war eS, wo nach Abul Fazies), bort- die Idole täglich 6mal rein gewa­ schen wurden, mit Wasser, Essenzen, Oel, Milch u. s. w., und eben so viel mal rein angekleidet, worauf ihnen 56 Brahmanen Opfergaben und Speise brachten, eine Quantität, die so groß war, daß davon 2Q,ooo Menschen gespeiset werden konnten, was na, türlich in die Tasche der Ministranten fiel. Ein solcher Cultus **•) Ayeen Akbery ed. Gladwin. London 1800. Vol, II. p. 14.

Orissa, Puri JagannalhaS; die 4 Kfchetra. 547 kann wol nur als Folge des bigottesten Strebens nach Martyrthum, sich erst nach grausamen und blutigen Kriegen ausge­ bildet haben, durch welche in diesen Gegenden das Brahma­ thum mit dem Schwerte eingeführt ward, um das Buddhathum, das früher hier festgewurzelt war, zu vertilgen (s. Asien 111. S. 1104/IV. 1. S. 512; s. ob. S. 225, 383, 385 u. a.). Während 4 Jahren, wo 2t. Stirling Augenzeuge dieser noch immer fortdauernden Prozessionen war, hatten nur zwei Fana­ tiker sich selbst zum Opfertode dargebracht, weil sie diese 2trt des verdienstlichen Selbstmordes der langem Dauer ihres leidenden Zustandes vorzogen. Noch bringt die Wallfahrt dem Britischen Gouvernement ihre Taxen, dem Tempel bedeutende Gaben ein. In dem Jahr von 1821 bis 22, zählte man noch 52,160 Wall­ fahrer nach Jaggernaut, von denen 35,160 die Taxe bezahlten. Die Wittwenverbrennungen, die Sutties, dauern hier wie in Tanjore (s. ob. S. 303) noch fort; jährlich zählte 2t. Stirling, aus der Provinz Kuttak, etwa 20 bis 30 Sut­ ties, welche die Verbrennungsstelle, nahe der Pagode, die Swarga Dwara (d. i. Eingang zum Himmel) heißt, zu ihrem feierlichen Traueropfer wählen. Anmerkung. Die vier Kschetra (Kheter), oder Wall­ fahrtsorte in Utkala Khand, oder dem Heiligen Bo­ den von Orissa und die 'Grottenwerke der KandGiri. In den Puranas und Upa PuranaS, oder den Sanskritischen Commenlarcn zu den V edam s (s. Asien IV. 1. S. 520 rc.), wird das­ selbe Küstenland, welches heule, nach seinen Bewohnern, Orissa heißt, mit dem Tttel Utkala Desa, oder Utkala Khand"), der heilige Tempelboden belegt, und ein Lieblingsaufenthalt der Götter (DevaraS) genannt, dessen Hälfte der Bevölke­ rung aus Brahmanen bestehe. Das Kapila Sanhita sagt: eö sey das ruhmvollste Land von Bharata Khanda (f. Asten I. Einleitung S. 10)5 seine weite Ausbreitung sey nur Ein ununterbro­ chener Tirt'h Wallfahrtsort); seine glücklichen Bewohner der Aufnahme im Himmel gewiß, aber auch der schon, welcher nur dieses Land als Pilger besuche, sich in dessen Flüssen bade, weil er dann der Vergebung der Sünden gewiß, sey, und wögen sie auch wie die Berge so schwer. Darum, fährt der lehrende Bharadvadja Muni, in *•) A. Stirling. Acc. 1. c. XV. y. 166.

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548 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV.Abschn. §.107. (cm genannten Kapila Sanhita zu seinem Schüler fort, wolle er thm nun auch Bericht geben, von dessen heiligen Strömen, Tempeln, KheLr, duftenden Blumen, von dem Lande, das die Götter selbst zu ih­ rem Wohnsitze erwählten. Noch als Sultan BaberS Feldherr Sivaiyai Sinh, im Lahre 1530, mit Krieg das Land überzog, soll er bei dem Anblick deS heiligen Mahanadk, wo ein Volk der Brahmarun wohnte, bei der Ansicht der hohen Steintemprl und aller Wunder der alten Stadt Bhavaneswara, ausgerufen haben: „DiesLand ist kein Land der Eroberung, kein Gegenstand menschlicher Habgier; denn eS gehört ganz, den Göttern; cs ist nur ein einziger Tirth", dann soll er eS verlassen haben und zurückgekehrt seyn nach Hindustan, um dessen Herrschaft den einheimischen Majas zu überlassen. Merkwürdig ist cs allerdings, bei aller Armuth und Verwilderung Orissas in der Gegenwart, für das Auge des Europäers, bei der ge­ ringen Qualität seiner Produkte wie seiner Bcwohner, die unter allen Populationen der Halbinsel hinflchtlich ihrer moralischen und intellectuellen Eigenschaften auf einer der niedrigsten'°) Stufen der Ent­ wicklung stehen, daß hier, wie E. Burnouf bemerkt überall die Ortsnamen ausschließlich Sanskritisch sind,, die Casteneintheitung, das Volk streng Brahmanisch geblieben, und daß die Bewohner, die Udra ober Utkala, selbst zu einem der 10 Geschlech­ ter der Schakadvipa-Brah manen gehören. Nicht weniger über­ raschend ist es, so bedeutende Architeeturdenkmale in einem Lande vorzufinden, das in der Gegenwart eher der Verwilderung preis gege­ ben erscheint, die vor den lehrreichen Untersuchungen des Beamten in Orissa, A. Stirling, auch gänzlich unbekannt geblieben waren, aber den Durchgang auch dieses Landes, wie so vieler andern Theile der Halbinsel Dekans durch eine glänzendere Periode, als die der Ge­ genwart ist, beweisen. Diese Denkmale liegen größtentheils auf den Stellen der 4 Kehtr des Landes eoncentrirt, deren eine wir schon im Puri Jaggarnaut näher bezeichnet haben. Die zweite heißt Arka, oder Padma Khetr und liegt zu Kanarac, in der Mitte desMahanadi Deltas, die sogenannte Schwarze Pagode (BlackPagoda) der Europäischen Schiffer. Die dritte liegt am untern DyturniFluß, ganz in Wildniß, und heißt Vijayi, (Birjai), oder Parvati Khetr. Die vierte endlich, mehr landein, nur etwas südlich der Stadt Kuttak, heißt Hara Khetr, und ist mit den Ruinen der anti­ ken Stadt Bhavaneswara die bedeutendste vielleicht auch die älteste von allen.

*80) A. Stirling I. c. p. 167. Asiat. T\ X. p. 116.

• *) Critiquc littcrairc 1. c. Journ.

Orissa, Hara Khetr, BhavaneSwara.

549

1) Hara Khetr und die Ruinen derCapitale BhavaneSwara lDhobanefer) "). Sie liegen nur 6 bis 7 Stunden südwärts von Kuttak, im Berglande der wilden Sur, in Khurda. Die neugebahnte Straße von Kuttak nach Jaggernaut führt bei dem Orte Balwanta (Belwunta) vorüber, wo man aus der Waldwildniß, auf mäßiger Fclshöhe, die hohe Steinpagode über der Krone der Waldung empor­ ragen sicht. Sie erhebt sich zugleich über dcn Trümmern der alten Capitale Bhavaneswara, die weit und breit in wüster Einsamkeit und Zerstörung das grandiose Tempelgebäude umlagern. Sie war die Capitale der Kcsar - Dynastie, und ward in den Jahren 617 bis 660 v. Chr. Geb. erbaut. Die umherliegenden Wälder heißen Eka mraz die Ruinen zeigen, daß diese Capitale eine der größten Pracht­ städte Indiens war. Bon der thurmhohen Hauptpagode des Lingam, nämlich Ling Raj (d i. König desLingam, Mahadeo) genannt, wohin sich das Auge wenden mag,, überall sieht man zugleich 40 bis 50 Fuß hohe Steinthürme, analoger Art, sich erheben, deren Zahl nach der Sage, als Weihorte MahadeoS, sich einst auf 7000 belaufen haben soll. Einige 100 stehen indeß noch, und viele! der zugehörigen Tempclbauten, alle aus rothen Granit, sind noch erhalten. Die Thürme sind nie unter 50 bis 60 Fuß, viele weit höher, die höchsten steigen von 150 bis 180 Fuß empor, und kein Holzbalken ist in ihnen, alles aus massiven Granit-Quadern durch Eifenklammern verbunden. Die Dächer dcn antiken Gewölben der griechischen Thesau­ rus gleich. Alle sind voll Skulpturen. Die vollendeteren Tempel ha­ ben geschliffene Granitwände, wie die Paläste zu Luxor in der Aegvptischen Thebais. Die Sculpturen ragen Alto teiievo hervor, meist in Lebensgröße, nach A. StirlingS Urtheil nicht ohne Kunst aus­ geführt. Aus den großen Mauersteinen ragen sie hervor, als tanzende Nymphen, Krieger mit Pferden, Elephanten, in Schlachten, Processionen, auch Monstra, löwenähnliche; auch friedliche Munis, Philoso­ phen in ihrer Palästra sind hier angebracht. Jeder Architrav der dor­ tigen Tempel enthält 9 sitzende Figuren, astronomische Symbole, Nava Graha (d. i. 9 Planeten) genannt, nämlich die 7 Schutzgötter der Wochentage, und die 2 brahmanischen, aufsteigenden und absteigenden Knoten, Rahu und Ketu. Der Tempelstyl ist untereinander sich gleich, und die große Pagode ist das Muster der übrigen, wie der GrundtypuS des jüngern Baues von Jaggarnaut. Sie nimmt mit allen Ummaucrungen einen quadra­ tischen Raum von 600 Fuß, jede Seite ins Gevierte, ein. Das Haupt2) A\ Stirling I. c. XV. [>. 305 — 315, wo die Abbildung der gro­ ßen Pagode vcrgl. Ayccn Akbery cd. Gladwin Lond. 1800. Vol. II. i>. 12.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §.107.

portal wird von 2 monströsen Greifen oder geflügelten Löwen, in sitzen­ der Positur, gegen den Aufgang tur Sonne gerichtet, bewacht. In der Mitte hebt sich der 1 0 Fuß hohe, granitische Pagodenttzurm, Bara Dev an genannt, majestätisch empor, als Allcrheil'gstes, im Innern mit den Idolen, von außen nach oben sich domartig verjüngend und bo­ genartig krümmend, statt des Gewölbes mit einer Art umlaufenden Knauf wie ein Blumenkranz gekrönt, der als rundes Gesimse alle 16 Facaden des Thurms und seine gerippten oder cannclirten Außenseiten, die nach oben immer verengter zusammenlaufen, in einen Knoten zu­ sammenschließt. Der Thurm tritt aus einer vierseitigen Basis hervor, diese Seiten stumpfen sich in 8 Haup tfacaden, und deren Kanten wieder in 8 untergeordnete Facetten ab, deren nach der Höhe zu säulenartige Cannelirungcn in ihren Vertiefungen wiederum mit klei­ nen Querfeldein und Sculpturen von Rosetten u dergl. ornam'entirt sind. Der Vorbau des hohen PagodenthurmS hat feine reichen Vor­ sprünge, Gesimse, colossale Thicrsculpturen, Dachknospen in Fruchtge­ stalten v bec Amlika, l h>llanthus einMica nachgebildet), Urnen u. f. w. Zu den colossalsten Thiergestatten gehören die löwenartigen Co­ lo sse die zwischen ihren Tatzen Elephanten zertreten, GajaMachuda genannt, d. h» „Z erst ö rer des Elephanten". Vordem Ein­ gänge der hohen Thurmpagode erhebt sich ihre Vorhalle, von Drei­ viertheil jener Höhe, unter welcher der Pilger zuerst daS Idol in dem Innern von jener erblickt, daher ihr Name Iagamohana d. h. „Wonne der Welt". Dann folgen Colonnadcn, Hofraum, mit Thürmen, Capellen, der geringern Götter, alles mit Sculpturen bis zum Hauptbau überdeckt Unter diesen finden sich viele Gruppen von Pilastern, Arabesken aller Art, in einandergeschlungene Blumcngeranke, mit Schlangen-Thier- und Mcnschengruppcn, mit einer Menge von Inscriptionen und Verzierungen, daß das Auge sich aus diesem Chaos von Ornamenten kaum vor Erstaunen zu retten weiß. Ein sehr häufig wiederkehrendes arch.tectonisches Ornament ist, hier, dasselbe heraldische Wappenschild, das Erskine auch auf Elephant'a in den dortigen Grottensculpturen bemerkte, und welches nach der Erklärung der Brahma­ nen eine Combination von Göttersymbolen enthält: die Gada (Keulen Padma (Lotus), Sankha (Muschel ob. S. 157) und der Chakra des Vifchnu (fein Discusrad). Dieser Ling Raj, der selbst in sei- ner ganzen Gestalt offenbar einen Lingam vorstellt, ist die schönste An­ tike in ganz Orissa, und sicher die älteste; er soll im Jahre 657 n. Chr. Geb. beendet seyn, nachdem man 43 Jahre daran gebaut hatte. Ueber die Zeit der Zerstörung der Capitale BhavaneSwara welche noch von mehrcrn Pallastruinen der Kesari Rajas, so wie von Kunsttcrchcn umgeben ist, und über die Zeit deS Verfalls vom Cultus Mahadeos in dem Haupttempel, ist gar keine Nachricht vorhanden;

Dvifsfl, die Kand Giri, Einsiedeleien.

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noch heute wird er zuweilen von Bengali-Pilgern, auf ihrer Fahrt nach Jaggarnaut, beucht, die auch zur großen Messe zu S heo Ra, tri gehn, auf der auch viele Desi, d. i. einheimische Pilger sich versammeln. 2) Die Kand Giri"), die Grottenwerke der Gruppe der Quadersandsteinb erg ez die Zainas Monumente. Nur 2 Stunden in Westen dieser zerstörten Prachtstadt, bei dem Dorfe Jagmara, liegt bi* Gruppe der buntfarbigen Quader sandstein­ berge, Kand Giri genannt, nicht durch ihre Höhe, die nur 150 bis 200 Fuß beträgt, merkwürdig, sondern durch ihre unzähligen, kleinen Höhlen und Grottenwerke, womit dieselben m 2bis3 irregulären Etagen übereinander, nach allen Richtungen hin, durchbohrt sind. Jede derselben ist so eben groß genug, um ein paar Menschen sitzend aufzunehmen; theils sind sie von der Natur gebildet und die Kunst half ihnen nur nach: theils sind sie durch meist groteske Skulpturen ornamcntirt. Dazu gehört ein Bergvorsprung, den man als einen colossa­ len, phantastischen Tigerkopf ausgehauen, mit offenem Rachen, durch welchen ein enger Eingang zu einer Holzhütte führt, in dem ein Dischnuire als Büßer seinen Wohnsitz aufgeschlagen hat. Der ganze Berg ist ein Montserrat, ein Aufenthalt von Eremiten. Die Legende läßt d.ese Kand Giri, vor Zeiten, einen Theil des Himalaya seyn, von Nischis (bt i. Heilige Weise s. Asien Vd. XU S. 906) zahl­ reich bewohnt, die jene Höhlen gruben; aber, der ganze Berg mit den Ascctcn ward losgerissen von Hanuman, um zum Bau der Ceylonbrücke (s. ob. S. 9, 153) verwendet zu werden: aber auf dem Wege durch die Lüfte fielen sie nieder, wo sie jetzt sind. So thöricht auch diese Mährchen von den öfter durch die Lüfte fliegenden Meteorsteinen der Hindus (f. ob- S. 473) sind: so fällt das Factum doch auf, daß sie hieher, wie hergeschneit erscheinen, denn sie sind weit Wit* breit in der Granitregion die einzigen, ganz isolirten Sandsteinberge« Auf ihrem höchsten Gipfel steht ein moderner Tempel Parswanathas if. Asten IV. 1. S. 74P, des Gründers der Jainas, und eine Menge Idole der Nirwanas, oder nackten Figuren (ebend. S* 745) in grauen Chloritschiefcrfclsen ausgehaucn, welche die Jain-s adoriren. Hinter dieser Tcmpelstätte erhebt' sich eine sehr merkwürdige Terrasse, Deo Sabha (d. h. Götterversammlung), mit zahllosen, sehr antik aussehenden Steinpfeilern, oder Capellen (vergl. in Ceylon oh, S. 251), hie zum Theil umgestürzt sind, zum Theil noch stehen,, nuu wenige Fuß lang, aber an allen 4 Seiten mit nackten Zain-Idolen, roh ornamenhirt. Die JainaS, oder Parwar Kaufleute Y-U

") A. Styling Account 1. c. XV. p. 312 t-. 315.

552 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 107. Kuttak, besuchen diese Monumente noch immer, und feiern hier, einmal im Jahre, in größerer Menge versammelt ein religiöses Fest. Am Abhange des Udaya Giri, sieht man die Ruinen eines Nur (d. i. Pallast), des berühmten Raja Lalat Indra Kesari, im Styl der Grottenwerke Dekans, in Fels gehauen (f. Asien IV. l. S. 674 — 685), nur in yül kleinerem Maaßstabe, selbst kleinlich; der Sage nach ttrfl von B uddhisten bewohnt ^ähnliche Grottenwerke, der Mulgiregalle s. ob. S. 191, zu Dambulugalle auf Ceylon ob. S. 255 — 257Z zumal aber die bei Faifo an der Turonbay, in Cochinchina Asien SBb. III. S. 1003 -1004 u. a. O.). Höher den Berg hinauf finden sich an den Sandsteinfelsen ganze Wände mit Jnscriptionen bedeckt, deren Charaerere durch ihre theilweise Achnlichkeit mit griechi­ schen auffallen und zu den noch unentzifferten gehören. Die Brahmanen weisen diese Jnscriptionen mit Abscheu auf die Zeiten eines BudkaAmel v?' zurück, wo Buddhacultus hier noch galt, und wollen sich gar nicht damit befassen; auch die JainaS geben keinen Auf­ schluß darüber. A» Stirling meint, vielleicht sey es altes Prakrit, und die Brahmanen könnten leicht den alten Cultus des PraSvanath mit dem des Buddha verwechseln; er findet nämlich in diesen Jnscriptionen auch das Zeichen des Kreuzes mit Widerhaken, welches Coltbrooke in seiner Abhandlung über die JainaS, Nandavcrta nennt, und welches zu ihren mystischen Zeichen gehören soll. 3)Arka oder Padma Khetr, die Ruinen des Sonnen­ tempels zuKanarak; Black, d.i. schwarze Pagode derBriten"). Zwischen den Sandbergcn, nahe dem alten Dorfe Ka na rak, 3£@. Meile im N.O. vonIaggaruaut, liegen die Ruinen des berühmten und. schon von Abulfazl bewunderten Sonnentempel6, von welchem nur noch die Vorhalle (Jagmohan) stehen blieb; denn der hohe Pagodenthurm ward durch Erdbeben und Blitz niedergeschmettert und zerstört; er vernichtete in seinem Sturze auch andere Bauwerke. Rur noch ein kleiner Rest von 120 Fuß Höhe ist von ihm übrig ge­ blieben; aber auch dieser ist noch heute ein schönes Denkmal alterthümlicher Hindu-Architectur. Der Localgott, Suruj Deo (Surya) ist eine sonst in Indien gar nicht verehrte Gottheit; hier aber angebetet, sagt die Legende, weil ein Sohn Krischna's, Samba, durch ein Bad unter dem Einfluß der Sonne (Surya) von dem Aussatze befreit ward. Gewiß ist dies ein uralter Cultus (f. Vorhalle, Europ. Dölkergesch. S. 81 u {.). Krischna, der Blaue, in der StesgeA. Stirling Acc. 1. c. XV. Tabnla ad pag. 313. Inscription on the Klumdigiri rock Khonda ") A. Stirling Account 1. c. XV. p. 326 — 333; vergl. Aycen Akbery ed Gladwin 1. c. II.

p.

Orissa; Padma Khctr; Visayi Khetr.

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rung akS Herr der Welt (JagannathaS) ist auch selbst die Sonne und daö All8S). Dieser Tempel ward aber erst unter der Regierung eines Raja Langora Narsing Deo, im Jahre 1241 n. Chr. Geh. erbaut. Die Legende spricht auch hier, wie einst die in Somnath (s. Asten IV. 1. S. 551) ") viel von einem großen Magnetsteine (Kum bla Pathar), der auf die Spitze des Tempelthores gelegt, alle vorübcrsekgclndcn Schiffe in den Hafen herbeizog. Dieser Zwang soll nach dem Mährchen zur Zeit der MoghuFchen Herrschaft die Matrox sen eines Schiffes dahin gebracht haben, ihn zu entwenden: seitdem zo­ gen die Priester mit ihrem Idol nach Jaggarnaut; diesem folgte gewaltsame Zerstörung und Verfall. Ob dieß einer der vielen blutigen Religions-Kämpfe (er würde vor das Jahr 473 n. Chr. Geb. fallen) 81; zwischen Brahmänen und Buddhisten an diesen Ostküsten war, in welchem die Brahmanen auch einmal vor den Buddhisten fliehen mußten, da gewöhnlich diese letzteren den Kürzeren zogen? Vor dem Tempel stand eine schöne, polygonale aus Basalt gehauene Säule8"), die stch auch gegenwärtig in Jaggarnaut befindet. In den zurückgebliebenen Ruinen zeigt sich das colossale und gewaltige je­ ner Bauten; aber wenig Geschmack und Vollendung, im Ganzen doch mit sehr zierlichen und überreichen Ornamenten; einzelne Skulpturen sind auch von ausgezeichneter Schönheit. 4/ Vijayi (Birjai) oder Parvati Khetr ®°) am unternByturni, bei dessen Eintritt in sein Deltaland, liegt nur 3 Stunden fern von Jajipur (Uajyapura) ganz in Trümmer und Wildniß. Nach wilden, phantastischen Legenden wird der Ort die Stadt des Opfers genannt. Ein gewaltiger Niese, den V i sch n u schlug, soll hier gestürzt sein; hier liegt sein Nabel (Nabhi), sein Haupt zu Gaya in Maghada, (Asten IV. 1. S. 510^1, sein Fuß zu Rajamundry im Godavcry Delta (f. ob. S. 468); ob dieß die Vernichtung etwa eines Buddhi­ stischen Küstenreiches durch Brahmadicner bezeichnen soll (? s. ob. S. 225, 238, 243 u. a. O.)r denn bis in das XVI. Jahrh, find hier nach A. Stirling fortdauernde Spuren Buddhistischer Seelen el) vorhanden, deren Erinnerung durch ganz Indien, toiex bei Christlichen Völkern überall das Heidenthum, in der daraus hervorwuchernden Mährchenwelt fortlebt. Am Ufer des Byturnl- Flus­ ses zieht sich eine erhabne Felsgallerie voll mythologischer Skulpturen hin; zu beiden Seiten seiner Ufer liegen die Trümmer einer großen Menge von Steintempeln, in gutem Style er••) Bohlen Indien Th. I. p. 229. ,T) Ferishta C. Briggs I. |>. 80. ••) Al. Stirling 1. c. XV. p. 264, •*) ihre Abbildung B. A. Stiiling 1. o. p. 329. 9°) Al. Stirling Acc. 1. c. XV. p. 333 — 337. ") Al, Stirling Acc. I. e, XV. p. 283.

554 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107. baut, Ocfter hielten die RajaS der Kesari-Dynastie (seit 473 n. Chr. Geb ), hier, ihren Hof; eben so die Ganga Vansa-Dynastie (seit 1151 n. Chr. Geb.) daher die Palläste aus den Zeiten von beiden hier zahlreiche Ruinen gruppen bilden. Um Iajipur liegen außer einer Menge von Tempclruincn, KhambaS, d i. Säulen, in den verschiedensten Stylartcn, vorzüglich auch viele seltsame Gestalten von Hindugöttcrn in Steinbildern umher. Zumal auf einer hohen Terrasse, die ein jüngeres Grab eines Mohamedanischcn SanctuS trägt, sind cs 3 colossale Hindustatuen. Sie sind herabgestürzt von ihren Thronen, ihre Beine nach oben gekehrt, in wilden Trümmer­ haufen; wahrscheinlich durch den Uebersall Mohammedanischer Sieger zerstört. Düle Skulpturen sind in Alto relievo, aus enormen Blöcken von Chloritschieferfels (Mugni genannt) gehauen, die Figuren colossal, 10 Fuß hoch. Sie stellen die Kali, die Varahi, die weibliche Kraft Vischnus im Var aha, dem Eber-Avatar (s. ob. S. 325) vor, und Jndrani, JndraS-Göttin; alle in groteskem Styl, aber künstlerisch frei und trefflich ausgeführt. Noch sind hier, wie anderwärts im Lande, die merkwürdigsten Mo­ numente antiker Brückenbauten"») zu bemerken, die ohne Kenntniß der Gewölbbogen, doch, in großem Styl, auf Pfeilern ruhend, ausgeführt sind, durch jene eigenthümliche nach obenübergreifende Construelion der Steinquadern, die sich gegenseitig stützt-und trägt, und im wesentlichen dieselbe ist, wie das antike Gewölbe des Thesauros zu Orchomcnos. Die Abbildung der Constructlon hat A. Stirling gegeben.

5. Die Bewohner von Orissa: Zahl, Menschen­ schlag, Lasten. Die Or, Odra, Oresa, Oressa, das Qr Desa, das Land der Or, oder Utkala Desa der Sanscritschriften. Die Sprache der Or, die Ver­ fassung. Erst seit dem Britischen Besitz ist man mit der Bevöl­ kerung und dem Zustande der Bewohner Orissas besser bekannt geworden; doch hat, bis jetzt noch, die Jalousie°4) der 16 K hetri (d. h. die sich gern von der Kschatrija, oder Kriegereaste, ableiten möchten), oder die Khandait Zemindare (vom Orissa-Wort Khan da, Schwert, d. i., die das Na­ tionalschwert tragen) des Gebirgslandes, welche das Briti­ sche Gouvernement als tributaire 9iajas anerkannt hat, jede •**) A. Stirling Acc. I. c. XV. p. 264, 268.

337—338,

?l) tzbend. XV. p. ebend. XV. p. 168, 172, 176, 207—210.

Orissas Bewohner, Zahl, Schlag.

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genauere Kenntniß der Populationen ihrer Gebirgsgebiete gehindert. Ueber das Mögulbandi dagegen, in 150 Per, gunnahs unter 2361 Grundherren vertheilt, die mit dem Titel Z"emindare in die Rollen der Compagnie eingetragen sind, und unter 18 Pol izeidistricte (Thanes) vertheilt sind, und über die zugehörigen 7 R a j w a ra S t a a t e n des Küstenstriches (f, ob. S. 538) verdanken wir nach osstcicllen Daten, hinsichtlich ihrer Bewohner, dem dortigen Gouvernementsbeamten, 2t. Stirling, die ersten, beehrenden Nachrichten 93). In diesen beiden letzteren 2lbtheilungcn Orissas, die, nach Capt. Sackvil, les Map of Orissa, 9000 O.uadrat Mileö Engl. Areal ein, nehmen, zahlt man 11,915 Dörfer (Mou za's und Pat, na's) mit 243,273 Hausern; außerdem noch die 3 Städte Kuttak, Dalasore, Puri. Jedes Dorf hat also im Durch, schnitt nur 20 Häuser; sie sind also sehr klein, gegen die Denga, lischen Dörfer. In dem nördlichsten D ritt heile jedoch sind die ärmsten, in dem südlichen die weit größern und wohlhaben, deren verbreitet. 2tuf jedes Haus, im Durchschnitt 5 Personen gerechnet, giebt in den Dörfern eine Population von 1,216,305 Einwohnern, in den Städten (Kuttak 40,000, Puri 30,01)0, Balasore 10,000) giebt eine Gesa mmtsumme von 1,296,305, oder nahe i,300,oco Einwohnern. Wenn dle Ebene Benga, len auf die Englische Quadrat Mile 203 Einwohner zählt, so hat die von Orissa auf gleichem Raum nur 135. Der Menschenschlag der Bewohner Orissas ist sehr zart und schmächtig; ihre Tracht unterscheidet die Männer nur wenig von den Weibern; schon 2lbul Fazl nennt sie weibisch und feige. Auch ignorant, und selbst stupid sind sie, nach A. Stirlings 2lnsicht, der meint, man könne sie die Indischen Böotier nennen, wegen ihres,rohen Stumpfsinns. Unter al­ len Unterthanen der Ostindischcn,Compagnie sind sie am leid), testen, am bequemsten inZud)t zu halten. Die oberstenBeam, tenstcllen sind, seit dem Verfall von Orissa, stets von 2tuslän­ dern verwaltet worden. Sie sollen voll Betrug, Verstellung, Intrigue seyn, und bei ihrem Tempelceremoniel kann die sittliche Entartung, das obscöne Leben nid;t ausbleiben. Der Bauer, stand ist mild, friedlid), fleißig, liefert die nützlid)sten Lastträger für den Hasen Balasore, die besten Knechte in Treue und Red, ") ebend. XV. p. 195 — 253.

556 Ost-Asien. Vorder-Judien. IV. Abschii. §. 107. lichkcit. Die Bergbewohner weichen sehr von deiien der Küste und der Ebenen-ab; sie sind scheuer, damisch, ungastlich, roh; ihre Häuptlinge oder Zemindare, die von Königen abstam­ men wollen, sind stolz, unwissend, barbarisch, ausschweifend, tyranisch, aber der Caste der Brahmanen ergeben, und dieß sichert ihnen bei den Hindus ihr Ansehen. Die Landmiliz der Rajwara, die sogenannten Paik's, ein Persisches Wort, verbinden mit der rohesten Barbarei, die blindeste Devotion gegen ihre Chefs, und haben eine Unruhe, eine Wildheit, die sie von jeher zu der furchtbarsten Classe der Population machten. Sie bestehen aus allen Casten und Abtheilungen, zumal aus den Chasa, der Agrikultur-Tribus. Aber auch Einzelne aus den niedrigsten Ca­ sten finden sich unter ihnen ein, wie Kandras (Dorfwächter) Pans (Stockmachcr), Davaris (in der Orissasprache dieselben, die im Sanscrit Barbar, Barbaren heißen). Selbst von den wilden Kands sind welche mit in ihre Banner aufgenommen (s. ob. S. 527), und Telingas aus der Ferne wie M u se l m ä n ner. Sie werden mit Ackerfeld besoldet, das sie in FriedcnSzeil bearbeiten, wofür sie ihren Chefs Kriegsdienste leisten. Schon Abul Fazl giebt die Zahl dieser Paiks auf 156,000 an, die er Sipahi Zemindari nennt. Es sind ihrer aber weit mehr. Sie unterscheiden sich durch ihre Waffen in dreierlei Classen: 1) Pahris, mit großen Schildern von Holz mit Häuten über­ zogen und mit großen Eiscnbuckeln, mit langen Orissaschwertcrn; sie dienen vorzüglich als Wächter. 2) die Baniia, mit Mus­ keten, im Felddienst; 3) Dhcnkiyas, d. i. Bogenschützen, mit Schwertern. Ihre Tracht besteht in Kappe und Weste von Tyger- und Leopardenfall, in einer 2lrt Kcltcnrüstung um Leib und Schenkel, ein Gürtel aus dem Schweif einer wilden Bestie. Schon diese Tracht flößt Schrecken ein; dann färben sie ihre Schenkel mit gelben Ocher, ihr Gesicht mit Zinnober, phanta­ stisch, barbarisch, roh. In ihren Iungles sind sie die furchtbar­ sten Truppen, die beste Infanterie, die den Heeren der Groß Moghule stets die Spitze bot. DaS Volk von Orissa zerfällt, nach ächter Hindu-Art, in 4 Casten (s. Asien IV. 1. 926), und sehr viele Unterabtheilungen. Es nennt sich selbstOr oder Odra, und sein Land daher Or SDcfa 99c), das Land der Dr, oder Odra, »••) Al. Slirling I. c. XV. p. 163—166.

Orissas Bewohner; die Odra.

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daher Orcsa, Oressa, das Orissa der Europäer, gleichbedeu­ tend mit dem Utkala Dcsa der Sanscritschristcn in den Puranas s. ob. S. 547. Der Ursitz dieser Or-Tribus war der beengtere Raum zwischen dem Rasikulia, oder Ganjam-Flusse in S.W., und dem Bans Kans im 97.0. (zwischen 19° 30' bis 21° 10' 97.33r. s. ob. S. 477 und 504). Aber der Fortschritt ihrer früheren Herrschaft und Eroberung verbreitete ihren Namen, wie ihre Sprache, weit über diese ursprünglichen Grän­ zen hinaus, bis durch einen Theil von Telingana und Ben­ galen, selbst nach dem waldigen, wilden Gondwana hinein. Un­ ter der blühendsten und mächtigsten Herrschaft der Orissa Monarchie (unter der Ganga Vansa Dynastie, seit 1151) breitete sich ihr Territorium aus, vom Hugli in Benga­ len bis Rajamundry im Godavcry Delta, und landein in Gondwana über Bustar, Sonepur bis Sumbhulpur; dieselbe Ausdehnung bch'iclt auch die Subah Orissa unter den Groß Moghulischen Kaisern (s. Asien IV. 1. S. 633); doch rissen die Könige von Golkonda, und später die Nizams, die südwestlichen Provinzen wieder davon los, bis zum Ganjam See; wie die Bengalischen Machthaber in Murschedabad den Jellasore Circar wieder mit zu ihrer Herrschaft am Ganges zogen, die Wildnisse Gondwanas nach und nach von selbst abfielen. So blieb nur die Provinz um die Resi­ denz Kuttak, das Zillah Kuttak, amMahanadi Delta, als Orissa zurück, welches allein nur den Ursitz der Or oder Odra Nation begreift, und von den Eingeborncn auch Or Desa, oder Oresa im engern Sinne, noch heute, ge­ nannt wird. Diese Or, Odra, Oria, Oresa, Orissa, im engern Sinne, nennen sich auch Utkala Brahmanen °7), und leiten sich her vom Geschlechte der 10 ursprünglichen Fami­ lien der Saka Dvipa Brahmanen, die sich nach den ver­ schiedenen Ländern Indiens nennen, die sie in Besitz »ahmen, deren drei Hauptpflichten sind: Yadnya (Opfer) Ad, hyayana (Lectüre der Dedas) und Dana (Almosengeben). Nur im Nothfall erlaubt ihnen das Gesetz andre Gewerbe zu treiben; ja dies geht so weit bei ihnen, nach drei Fastentagen, das Bestehlen andrer Brahmancn „um etwas Reis" gesetz« »») tbcnd. p. 198.

558

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107.

lies) zu erlauben, ihr Leben

dadurch zu fristen, damit ihre zu

große Armuth dem Könige kund werde, der sie dann zu unter­ stützen-verpflichtet ist. Jenes reine Brahmanenleben würde aber hier, in Orissa, zum Hungertode geführt haben, seit­ dem Iltkala Desa aus dem Heiligen Tempclbodcn in Verarmung versank, und alle Pricstcrpfründcn nur auf die Gaben der Pil, gcr von Jaggarnaut angewiesen sind. Daher wol, hier, dieselben Odras wie die T u l a v a b r a h m a n e n in Malabar (Asien IV. 1. S. 735 u. f.) und die Tanjore-Brah mancn auf Coromandcl (s. ob. S. 302), die Ackerbauer, die Gärtner, die Pflanzer von Kokos und Areka geworden sind, und auch in diesen Geschäften, die keineswegs der Ehre ihrer Caste zuwi­ der laufen, sich zu solchem Hochmuth erhoben, daß sie selbst die Bed^d. i. die Veda-B rahm anen, welche nur die Vedas studieren und von Almosen leben, also die Orthodoxen) stolz verachten. Trotz der Fehler, die ihnen, wie, nach A. Stirlings Ausdruck, allen Brah inanen gemeinsam sind, näm­ lich Frechheit, Lügncrci, Starrsinn, gehören sie doch zur intelli­ gentesten und industriöscstcn Classe der Orissabewohner. Sie nennen sich Mast an oder Mahastan oder Or Chasa (von Chasa, Ackerbauer), und stehen in ihrer Lebensweise den Agricultoren von Bchar und Tirhut am nächsten, ob sie von da, her in Iltkala Desa erst einwanderten? darüber schweigt Ge­ schichte und Tradition. Je mehr sie in ihrer Emancipation von den absurden Vorurthcilen ihrer Caste fortgeschritten sind, desto intellektueller und sittlicher, bemerkte A. Stirling, zeigen sie sich. Die Kriegercaste, die Kschatriya, ist in Orissa gänzliich erloschen, wie in vielen andern Theilen Indiens, dage­ gen sie z. B. in Maharaschtra und Rajastana die vorherrschende (s. ob. S. 386, 415) blieb. Die obengenannten K he tri, oder Bergsürsten bloße Polygars (s. ob. S. 8, 12 re. ein Telinga Wort von Pollam, d. i. ein Lehengut) brüsten sich zwar, stolz, mit jenem Titel Abkömmlinge der Kscha­ triya; sie sind aber keineswegs Souverainc, sondern haben sich nur aus der geringern Sudra Caste zu Macht emporgehoben; die Sudra, in 8 verschiedene Tribus getheilt, nahmen hier die Stellen der Kschatriya ein. Auch die dritte Caste der Veisyas, Kaufleute, sind mit andern sehr gemengt und nur zwei Abtheilungen derselben sind in Kuttak reine Deisyas,

0rilla, Bewohner, Caften, Sprache.

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ober Dysa TrLbus, geblieben, nämlich die Banyas ober Banjanen (s. Asien IV. 1. S. 443); nämlich Gandha Danija, bie Materialhänbler, Droguisten unb Sverna Danija b. i. Gelbwechsler. Die Caste ber Subra, b. i. bcr Gewerbetreiben­ de n zerfällt in bic Cha ttis Pathak (b. h. 36 Pa that, b. i. Professionisten), bie von reinem Stamme ftnb, ober Indi, vibuen gemischter Caste (Sankara Verna b. i. Misch­ linge). Merkwürbig ist es, daß in den Orissa Namen ihrer Abtheilungen die Sanscrltische' Urform sich sehr kenntlich erhal­ ten hat,

wie bie beigesetzten eingeklammerten Sanscritna-

men beweisen. Schmiede, Lohar (LoHakara); Weber, Tanti (Tantravaya); Töpfer, Kumhar (Kumbhakara); Goldschmiede, Sonar (Suwarnakara); Fischer, Tiur (Tivara); Gerber, Tchamar (Tchamnakara) u. s. w. Die degradirtesten Casten, welche bie entehrenden Geschäfte verrichten, werden Chan dal ober Chandala genannt. Die Sprache der 0 r, ober Odra, das Drici08), ober Orissa, ist ein ziem­ lich reiner Bascha (Dialect) des Sanscrit, dem Ben­ gali sehr ähnlich, aber sehr verschieden von der Telinga Sprache. Die mehrsten Titulaturen, mit welchen bie Ei­ telkeit der Einwohner sich brüstet sind Sanscrit. Sehr merkwür­ dig ist es, daß mehr als drei Vtertheile der OrissaWurzeln, dieser sonst ausgestorbenen heiligen Sprache angehö­ ren; die wenigen ihrer einfachen Flexionen gründen sich aus bie Regeln des Vy akaran. Ihr Alphabet ist bie NagaraSchrift, doch -wenig modificirt; an den Küsten wird alles auf Talpatr (Blätter der Palmyra-Palme, s. Asien IV. 1. S. 854) geschrieben. Gegen bie Bengalische Seite bleibt bic OriaSprache ziemlich rein; gegen bie Westseite mischt sie sich mit betn Telinga; schon um Ganjam wechselt die Aussprache; dort nennen sich die Einwohner nicht mehr O ri a s, sondern Odiahs, ober Wodiahs, das t verschwindet in den Wörtern und Jag­ garn ath gehet in Jagganatha über. Doch herrscht die Orissa-Sprache noch vor, bis Baurwah (Barua), 9 Geogr. Meilen in S.W. von Ganjam, und daselbst beginnt die Herrschaft der Telingasprache (s. ob.

S. 379); zu Viza-

••) Al. Stirling Acc. I. c. XV. p. 205—220; E. Burnouf 1. c. Journ. Asiat. X. p. 120.

560 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107. gapatam ist sie ausschließlich herrschend. Gegen Norden aber, gegen S o n e p u r, also landeinwärts, am Verein des T c l N a di, mit dem Mahanadi gehet das Oria in die Sprache der Gondwana über. Der Raja von Sonepur versicherte Al Stirling, die eine Hälfte seiner Unterthanen Isprcche die Oria, die andre Hälfte die Gondwana Sprache; doch erfuhr Al Stirling, daß noch die M a sse der Population des Berglandes, im Süden des Tel Nadi, von Guinsur (s. ob. S. 477) westwärts bis Iaepur und Bustar, einen Dialect von Orissa spreche, Ucbrigens ist, bis jetzt, in der Literatur dieser Sprache noch kein andres Geistesproduct von Bedeutung bekannt wor­ den, als ein Heldengedicht, Kanji Kaviri Pot hi, welches die Eroberung von Conjcvaram (im Carnatik f. ob. S. 320) besingt, eine der ruhmvollsten Begebenheiten der Orissa-Hi, storie. 2lußcrdcm hat die Orissa-Literatur sehr viele Ile Ver­ setzungen aus den Sanscrit, Classikcrn auszuweisen; jeder Tempel hat seine Legenden (Stthan Puran), seine Kalender (Panji) und Annalen in der Landessprache geschrieben. Die Landesverfassung Orissas zwischen Haupt und Gliedern entspricht ganz dem Europäischen LchnswesenOW) des Mittelalters, wie in Rajastan, wo die Kricgercastc herr­ schend blieb, nach Malcolm; wie in Cutch und Guzurate, nach Mac Murdo; wie in Maharaschtra, Malabar, Madhura und Tondimana (f. ob. S. 13, 295 u. a. O.). Ueberall wiederholen sich dieselben gesellschaftlichen Grundverhält, Nisse und nur zweierlei große Revolutionen haben zer­ störend auf dieselben eingewirkt, ohne sie völlig vernichten zu können, die Muselmännische Eroberung unter den Groß Moghulen von Delhi, die Britische Besitznahme der jüng­ sten Zeit. Von jeher war Orissa unter Häuptlinge der Krieger­ kaste vertheilt-, die erbliche Besitzer ihrer Lehen und Landcigen« thümer unter ihrem Ober Raja, dem Gajapati in Kuttak blieben, dem sie als Lehnsherrn Hofdienste thaten, Kriegstrup­ pen stellten und selbst Kriegsdienste leisteten. Die Krieger­ kaste wurde wahrscheinlich mit der Muselmännischen Eroberung verdrängt, ihre Stellen durch Mischlinge ersetzt (die jetzigen Khet r i) und an die Stelle ihrer Souveraine der Gajapati, traten •»•) A. Stirling Acc. 1. c. XV. p. 219 — 227.

Orissa; Geschichtsmomente.

561

die Subahdare und Nabobs der Mongholen oder Mahratten, ge, genwartig die Beamten der Ostindischen Compagnie. Anmerkung.

Geschichtsmomente von Orissa nach einheimischen Annalen.

den

Die älteste Sage knüpft die Speeiatgeschichte von Oris­ sa loo°) an die große, fabelhafte Hindumonarchie an, deren glänzender Centralsitz alS Hastinapura hervorleuchtet (s. Asien IV. 1. S.499); zu dessen Hofstaate als einer der vier großen Kronvasallen und GroßWürdenträger, auch der Gajapati von Orissa gehörte, der seinen Namen „ Elephan tenkönig" (Asien IV. 1. S. 920), alt GroßMarschall der Elephantenställe erhielt, wie der ASwaput, als Mar­ schall der Pserdeställe d. i. General der Cavallerie, Nurpul als Be­ fehlshaber der Männer, d. i. General der Infanterie u. s. w. Die mythische Geschichte des Landes vor der Christlichen Zeitrechnung, zieht viele Dynastien Indiens und selbst die glänzende» Namen des Vieramadityas (s. Asien IV. 1. S. 486, 492, ein Buddhiste oder Jaina) mit in ihre Regentenreihen, und nimmt von seiner Periode an, wie anderwärts in Indien die neue Aera (Sakabda, oder Salivahana um das Jahr 77 n. Chr. Geb.) an. Doch beginnt damit noch keine historische Zeit, bis erst seit 473 n. Chr. Geb. 'die Kesary Pat d. t. die Dansa Dynastie den Thron besteigt, und die Specialgeschichte von Orissa beginnt. Dieser histo­ rischen Zeit geht erst, noch vom Jahr 318 n. Chr. Geb. eine My­ the ') von der Landung der Yavanas (westliche Völker, Feinde f. Asien IV. 1. S. 441, 459), an der Küste der Odra vorher, wo­ bei das Idol (Sri Jeo) von Jagannatha flüchten muß, worauf eine große Fluth erfolgt. Der Feind, heißt es in der Sage, erzürnt, daß ihm das Idol entgangen ist, will den Ocean dafür strafen, daß er das Herrannahen feiner Flotte durch antreibendes Spülig verrathen hatte. Aber der Ocean zog sich furchtsam auf ein Coß (1£ Engl. MileS) zu­ rück, rauschte aber dann wieder plötzlich heran, und feine Fluth ver­ schlang, Flotte und Heer, überschwemmte weithin das Land bis Khurda, führte ungeheure Schlammmassen mit sich über das Land. Zu jener Zeit riß der Einbruch des Oceans den Chilka-See bei Ganjam. Der letzte einheimische Raja von Orissa fand seinen Tod in dem Küstenwalde. Die obsiegenden, feindlichen JavanaS (ob Buddhisten?) ermordeten auch noch seinen Sohn und seitdem herrschte eine feindliche JavanaDynastie 146 Jahre lag in Orissa. Sie sind eS, welche von der Kesary-Dynastie verdrängt werden. Die einheimischen An-

loo°) ebend. P. 254—338. Ritter Erdkunde VI.

0 ebend. p. 264.

Nn

562

Ost-Asi-n. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 107.

nalen der Drta sind über diese Begebenheit nicht klar genug, um nähern Aufschluß zu geben woher diese Javanas kamen; wir haben in den früher angeführten Stellen gesehen, daß unter ihnen sowol ein­ heimische, unreine Bewohner Hindostans, als Ausländer, Fremd­ linge verstanden werden können. Hier mußten sie eine seefahrende Macht gewesen seyn; ihr Ueberfall war von der Seeseite (vergl. gleich­ zeitige Begebenheiten in Ceylon, ob. S. 242 u. f.). Die Quellen?) der Orissa-Geschichte seit der histori­ schen Zeit, welche A. Stirling benutzen konnte, sind 4 ver­ schiedene : 1. Das Bansavali, eine Genealogie in Sanscrit, einer Drahmanen - Familie in Puri Eigenthum; etwa 400 Jahre altes Ma­ nuskript. 2. Das Mandali Panji, d. i. die Annalen des Tempels von Jagannath unter dem Titel: Annalen der Könige, in der Or ia-Sprache geschrieben; seit 600 Jahren. 3. Ein andres Bansavali, oder Genealogisches Werk, von ei­ nem Nachkommen des Königlichen Hauses in Orissa verfaßt; ein Manuscript auf Palmblättcr geschrieben. 4. Bansavali, oder Bansabali Pothi, d. i, Genealogien, Chroniken, in vielen Ausgaben, da fast jeder Kalcndermacher (Panji) im Lande im Besitze von dergleichen ist, die aber sehr groben Verfäl­ schungen unterworfen sind. Die historische Zeit Orissas beginnt mit der Vertreibung der JavanaS durch einen Jajati Kesary (er reg. von 473 bis 520 n. Chr. Geb.) s), einen Kriegsmann, der zugleich der Begründer der neuen Kesary-Dynastie wird, die über 600 Jahre die Herr­ schaft behauptet. Woher er kam, wird nicht gesagt; er erbaut seinen Palast zu Jajipur am untern Dyturni; aus jener ältern Zeit rüh­ ren die dortigen gewaltig verwüsteten Architekturen her. Er gewinnt und restaurirt das Idol von Jagannath, nach Anweisung der Brahma­ nen, denn es war bis dahin in den Wäldern von Sonepur (am Mahanadi) verborgen geblieben. Unter einem heiligen Banjanenbaum war es geborgen, in einem Gewölbe, aus dem cs hervergegraben wird. Die Stelle des alten Tempels war mit Sande überschüttet (wol durch die Meeresfluth?) ein neuer ward aufgebaut, das Idol aufgestellt, das Pries sterwesen eingerichtet. Gegen Ende seiner Regierung legt er die Grund­ bauten von Bh ovaneSw ara an. Er stirbt int Jahre 520 n. Chr. Geb. Seine Nachfolger beenden die Bauten zu Bhovaneswara, wo, in der Mitte des Vir. Jahrh., auch ein Tempel MahadeoS beendet wird. Die Regierung von 32 Kesary-Prinzen sind ohne bcson-

3) Al. Stirling Acc. 1. c. XV. p. 255.

8) ebend. p. 264—268.

Orissa; Geschichtsmonumente.

563

-eres Interesse. Gegen das Ende deS Jahrtausends, um das Jahr 989 n. Chr. Geb., wird das erste Fundament zu der jüngern Residenz, Kuttak, gelegt; sie erhält große Dämme gegen die Wasser, mächtige Festungswerke; doch kann sie den Untergang der Dynastie nicht hindern. Die 2te Dynastie, die Ganga Vansa, oder die Gangbanö 4), nach dem Orissa-Dialekte, schon seit 1151 völlig begründet, oder selbst etwas früher (1054, nach einer andern chronologischen Rech­ nung) tritt als die zweite, erobernde Macht in Orissa hervor, und behauptet die Herrschaft an 400 Jahre lang, bis auf den Sturz durch das Groß-Moghulische Reich. Es ist die an Charakteren und Tha­ ten glänzendste Periode der Landesgeschichte, die sich am weitesten vom Hugli bis zum Godavery ausbreitet. Ein gewisser Chor Ganga (Churang) aus Karnatik, Sohn der Göttin GangaSona een Akbery ed. Gladwin. London 1800. 8. Vol, 11. p, II—16. to) A. Stirling 1. c. XV. p. 291 — 305,

Nord-Dekan; der Tapti-Strom.

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1. Der Tapti. Der Tapti (Tapati)") entspringt in den wilden, «nchr als 4000 Fuß über dem Meeresspiegel erhabenen Berghöhcn um Baitul, oberhalb der Bergfesten Elichpur und Gawilgurh, ln den Mahadeo Bergen, im Lande der Bergfesten (f. oben S.465), ans den Gränzen von Gondwana im Ost. Mal, wa im Nord, Berar und Aurungabad im S. und S.W., und Khandesch im West. Seine beiden Hauptarme, der nördliche, Tapti genannt, der südliche, Purna. vereinen sich nach einem wilden, obern Laufe von etwa 20 gcogr. Meilen in der Nähe, etwas unterhalb Burhanstur (s. Asien IV, i. S. 665), der alten Capitale der Subah Kandhesch (s. Asien IV. 1. S. 638), von der wir schon früher den AdjuntarPaß nach Aurungabad erstiegen haben. Die Stadt breitet sich mit vielen Ruinen auf einer fruchtbarm Ebene ans; sie hat noch immer bedeutenden Handel. Sic ist der Hauptsitz einer Mohammedaner, fette, die Bohrahs heißen und sich Jsmailiah nennen, deren Hoher Priester sich für einen Nachkommen ihres Propheten aus, giebt. Es sind Handelsleute, die durch ganz Dekan weit verbrei, tet sind, von denen 1500 in Oujein und eooo Familien in Su, rate wohnen sollen. Erst in neuester Zeit, seit dem Traktat 1818, wo Holkar hier aus seinen Schlupfwinkeln verdrängt wurde (s. ob. S. 410), ist diese Capitale verlassen, und die nur fünf Stun, den in N.O. davon liegende Gebirgsfeste Asfirghur^) (unter 21° 28' N.Br., 76° 23' 0.8. v. Gr., verschieden von der weit östlichern Feste Assir im N.W. von Deogur), im Besitz der Bri, ten, der Hauptort des Landes geworden. Es ist eine Burg auf einer Felshöhe die sich 750 Fuß hoch über ihre Umgebungen er, hebt. Unter dem Verein der beiden Gebirgswasscr, aus den Ga, belthälern, strömt der Tapti direct noch-an 45 geogr. Meilen gegen West, südwärts der Satpura-Kette (s. Asien IV. l.S. 659), die ihn vom Ncrbuda Thale scheidet, durch das fruchtbare, aber durch häufige Fehden der Culies, Dhils und Pindarrics (f. ob. S.400) verwilderte, minder bergige und ebene Land Khandesch, bis er Surate erreicht, die bedeutende Handelsstadt (s. Asien IV. **) W. Hamilton Descr. of Hindostan Vol. I. p. 621. II, p, 27, 95 — 104; J. Forbes Orient. Memoirs Vol. I. 4. Edit, p, 244. **) S. John Malcolm Memoir of Central-India including Malwa etc. 3. Edit. London 1832. Vol. U. p. 478, 486.

568 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 108. i. S. 666), wo er mit schiffbarer, weiter Mündung sich in den Golf von Cambaya ergießt. Im untern Laufe durchzieht der T a p ti ein sehr fruchtbares, schwarzes Uferland, das er in tief «ingerissenen Steilufern durchschneidet, und das auch noch an sei, nen Seiten von 30 bis 40 Fuß tiefen Schluchten, die sich öfter Stunden weit fortziehen, seltsam zerschnitten ist. 2. Der Nerbuda. Der Nerbuda (Narmada, d. h. die Liebliche Im Sanskrit, Namadus bei Ptolem., s. Asien IV. 1. S. 513) hat fast die doppelte Länge als der Tapti, 125 bis 130 geogr. Meilen, ist aber, wie dieser, auf eine gleich enge Erdspalte mit seinem Stromgebiete angewiesen, ohne alle bedeutendere Zuflüsse von Süd oder Nord. Diesem Erdriß oder Thalspalt, der vom Pla, leaulande Omerkuntuks, aus der Mitte der Halbinsel, di, tect gegen West streicht, entsprechen die Streichungslinien seiner beiden Seitenketten, der Satpura im Süden, wie der viel länger» von West nach Ost, unter 22" N.Br., ziehenden Windhyan,Ketten (s. Asien IV. l. S. 495 — 06, 513) im Norden, die sich beide gegen Ost um die Nerbuda« und Sone,Quellen zu den größten, aber bisher noch ungemesscnen, Plateauhöhen emporheben. Im Harivansa") werden diese beiden Ketten, als zwei sich spaltende, westlaufcnde Zweige des einen Dindhyanzuges angesehen, der südliche Paripatra (die Satpura,Kette) genannt, der nördlicheRe, vata (der eigentliche Dindhyan, am Nordufer des Ner, buda), und von diesem letzteren auch der Fluß Nerbuda mit dem Namen Reva bezeichnet. Beide große Naturformen, das tiefe Slromthal des Nerbuda und die Gebirgs, mauer der Dindhyan,Kette an dessen Nordufer, als Strom, und Gebirgsbegleiter zusammengehörig, ändern hier die landschaftliche Physiognomie des Dekan,Plateaus gänz, lich ab, und scheiden die nordwärts liegende Vorstufe, oder die Dorierrasse Malwas, gegen das Ganges, und Indus,Tief, thal, von dem bisher betrachteten, eigentlichen Dekan, dem Süden der Halbinsel. Das Thal des Nerbuda bildet daher eine natürliche Gränzscheide wie für physikalische, so auch für historische Erscheinungen in der Mitte Indiens, zwischen ") Harivanaa Trad. p. M. A. Lengloia Pari*, sec. livrais p. 383.

Nord-Dekan; Nerbuda-Strom.

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dem Süden und Norden seines fchwerzugänglichsten und am spä, testen erst näher durch Europäer erforschten, weit und hoch aus, gebreiteten Ländergebietes. Im Süden") des Nerbuda ist bei den indischen Völkern die Aera des Saca, oder Saliva, ha na, im Gebrauch, im Norden des Nerbuda die Aera Di« cramadityas (s. Asien IV. l. S. 486), welche beide um 135 Jahre auseinander stehen. Der obere Lauf des Nerbuda") stürzt von seinen Quellen das große Plateauland des wilden Omercuntuk durch Gondwarra hinab bis Mandelah und Gurra (Gurra Mundla oder Mandela, s. ob. S.SOl) bei Jubbulpur, bis wohin die Landschaft gegenwärtig zur Pro, vlnz Allahabad gehört. Don da gewinnt er schon eine größere Breite und durchströmt im mittlern Laufe das Thal der Ba< saltfelsen und Trappgebirge über Hussingabad (Hoschung, abad), wo er für kleine Barken schiffbar wird, weiter abwärtüber Hindia, Qnkar Manhatta, Mhcysur, Chiculda, so wie durch die wieder unfahrbar werdenden Strom schnei, len in den Klippen des Hurn Pahl (d. h. Hirschsprung), überall an der Südgränze Malwas vorüberziehend, aber die tieferliegenden Landschaften von Nemaur bewässernd und be, fruchtend. Unterhalb dieser klippigen Thäler, mit vielfachen Fels, Verengungen und Stromhemmungen, tritt er, erst westwärts des Meridians von Puna (unter 74'Q.L. v.Gr.), wo seine sü d, lichen ttfcrbegleiter, im Turkasir, Distrikte, die Rajapipley, Berge") ihre Höhe und Wildheit zwischen ihm und dem Tapti verlieren, wie seine Nordbegleiter die Westenden der Dind, hyaketten zur Küstenebene absinken, in seinem untern Laufe, 4 Stunden oberhalb Tulluckwarra nach Malcolm, und wei« ter abwärts bei Sinnore (Zinore), intbie flache, höchst frucht, bare, cultivirte, dicht bevölkerte, reiche Gestade,Ebene von Guzurate ein, die er nun erst mit sanftem Strome, und auf eine Strecke von 20 geogr. Meilen schiffbar, jedoch nur für kleinere Barken, halbwegs erst für größere fahrbar, durchzieht, bis er unterhalb Baroach in weiter Mündung den Golf von Cambay, und durch die vielen vorgelagerten Sandschollen und Untiefen (Shorut und Dejbharbo genannt bei den Guzura« ten) endlich das Meer erreicht. **) W. Hamilton Descr. I. p. 620. *•) J. Malcolm Momoiir on Central - India Vol. I. p. 3. II. p. 607. ■*) J. Forti cs Orient. Mem. Vol. 11. p. 272.

570 Hst-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 108# I. Oberer Nerbuda-Lauf von der Quelle in Omercuntuk bis Jubbulpur. Durch des Major Bruce Expedition von Gwalior aus, im Jahre 1780, sagt I. Rennell^), ward eine allerdings merk­ würdige Thatsache ermittelt, die bis dahin sehr zweifelhaft geblie­ ben war, daß nämlich der Sone-Fluß, der zum Ganges fallt, (s. ob. S. 357, 485, 496), mit dein Ne rb u d a - Flusse, eine gemeinsame Quelle habe; daß beide wirklich demselben Berg­ see (?) auf dem Omercuntuk-Plateau entspringen, und durch ihren einander entgegengesetzten Lauf, gegen Ost und West, also Indien wirklich zu einer großen von Wassern rings umflossenen Insel gestalten. Dieser hydrographisch merkwürdige Erdspalt durchschneidet in der That die ganze, größte Breite der Halbinsel, in einer Strecke von 300 geographi­ schen Meilen, und verdient wol für die Zukunft größere Aufmerk, samkeit von den Beobachtern als ihm bisher zu Theil geworden. Noch immer müssen wir, vbwol schon I. Malcolm^) versi­ chert, daß der Lauf des Nerbuda bis in die kleinsten Details vermessen sey, uns mit den Aussagen der Hindu-Pilger über jene bewallfahrteten Flußquellen begnügen. Von einer Höhe.nnessung derselben ist uns noch keine Kunde gekommen, obwol sie schon seit geraumer Zeit ganz im Gebiete der Briten liegen. Mal, colm selbst theilt nur vermuthungsweise seine Ansaht mit, daß Omercuntuk zwar höher als das Plateau von Malwa, d. i. 2000 Fuß üb. d. Meere, liege, doch aber nicht so hoch als die noch mehr centralen Hochflächen Dekans. Omercuntuk (Amara Cantaka im Sanskrit, Omer, kantah bei Malcolm) ^), her berühmte Pilgerort, liegt unter 22° 55' N.Br. und 82° 7' 0.8, v. Gr. Der Pilgerweg auf der Ostseite, über Ruttunpur, wird vom Dorfe Pory aus, nach 7 bis 8 geogr. Meilen Weges (s. ob. S. 490) erreicht. Ist das Tafelland, erzählte der Brahmane dem Capt. (£. Blunt^"), er, stiegen, so zeige sich der Tempel auf dessen Mitte, da, wo der Nerbuda aus einem kleinen Wasserbassin (Pucka Cuond) stets abfließend hervortrete. Er schleiche nur auf der Plateauhöhe hin. *T) J. Rennell Mem. of a Map of India 2. Kdit. p. 235, ") J. Malcolm Memoir 1. c. I, p, 3. l») W. Hamilton Descr. II. p. 17. 30) C. Blunt Narrative in Asiat. Res. Vol. VII. 8. Ed. Lond, p. 100 •—103,

Nerb«da-Flnß, oberer Lauf, O.lieNe.

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gegen West, bis er sich in der Nähe von Mundlah (Man­ dela, Mundilla bei den Pilgern) jener alten Hindustadt, die feit 1818 in die Gewalt der Briten kam, hinabstürzt. Der dor­ tige Absturz des Nerbuda in die Tiefe, wird als etwas außer­ ordentliches geschildert. Der Tempel aus der Plateauhöhe soll 4o Fuß hock, voll Idole seyn, und den Brahmancn gehören, die den Tempeldienst verrichten. Der Tempel soll der Parvati, Sivas Gattin, zu Ehren, von eiyem der ältern Rajas von Ruttunpur erbaut, und mit ihrem Bildniß versehen seyn, das hier als das Symbol der Fruchtbarkeit unter dem Namen Narmada, die Bhavani, d. i. die rohe Naturkraft, bezeich­ nend, verehrt wird. Die Nerbuda-Quclle soll mit einer kreisrunden Mauer umgeben seyn, die von einem Manne mit Namen Reva (Revah) erbaut ward, und daher soll auch der Fluß durch ganz Mundla den Namen Mäht Reva erhalten haben. Die Tempclidole stellen die Historien der Pricstcrlegende vor, wie eine Hochzeitfeier zwischen Narmada und ihrem Ge, liebten, dem Halbgott Sone (der Fluß, ein Dewa), vorbereitet wird. Doch bei dessen Annäherung schickt die Geliebte ihre Sela, ein Johilla dem Bräutigam entgegen, um zu sehen ob er auch schön genug und würdig mit Juwelen geschmückt sey, ihr Ge­ mahl zu werden. Die Sklavin verliebt sich in die Schönheit des Dewa, vergaß ihren Auftrag und ward bei ihrer Rückkehr auf Amara cantaka im Zorn von ihrer Gebieterin in eine Ge­ stalt verwandelt, die dort als Tempelidol gezeigt wird. Ihren. Bräutigam stürzte sie von der Höhe des Tafellandes ln die Tiefe, aus welcher der S o n e noch heute hervorquillt, und sie selbst ver­ schwand an derselben Stelle, wo der Nerbuda hervortritt. Den Thränen der Johilla entsprang ein kleiner Fluß, der Johilla am Fuß des Omereunluk-Plateaus. So die Pilger! eg ende. Die Hymne21) eines Beas Muni an die Narmada singt: „Glanzreich wie Sonne und Mond sind deine Augen, aber dein „Stirnauge (also ein drittes, wie Siva Tritochanas, Dreiauge)22) „strahlt wie Feuer. Du trägst in deiner Hand den Speer gleich „dem Dreizack.

Das Blut Anducks (d. i. Asuras oder Mahe-

„ sasur, s. ob. S. 325) ist vor dir aufgetrocknet.. Brahma und „Siva preisen dich. Sterbliche beten dich an, Munis beugen sich

*») C. Blunt Narrst, l. c. p. 103, p. 207.

**) v. Dohlen Indien Th. l.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 108.

//90t dir, Dewas und Hindras sind deine Kinder. Du hast dich „dem Meere vermählt, du stammst von Surya (derSonne) ab; „dn heiligest die Menschen, du verdrängst die Noth, du vermehrst „den Wohlstand derer, die dir Opfer bringen u. s. w." Unterhalb des Nerbudafallcs bei Mundlah soll sein Bette sich sehr erweitern, und er nun erst zum großen Strome werden. Doch hat er unterhalb Jubbulpur und Gurra, bei Sakur, doch erst eine Breite von ooo Schritt erreicht. Dr. A d a in ”) hörte von einem Freunde, der am Ende der Campagne des Iah/ res 1818 wider die Mahratten, eine Expedition gegen die Insnr/ genten in die Gebirgsthäler der Gondwarra um Mundlah zu eommandiren hatte, daß dort auch reiche Thäler zwischen vielen Bergen liegen, die aber ein ausgedehntes Tafelland auf ihrem Rücken tragen. II.

Mittler Nerbu da/Lauf, von Jubbulpur durch Nemaur bis zur Ostgränze von Guzerate. Geogno/ stischc Struktur der Vindhyan / Ketten und des Nerbuda/Thales. Ortschaften. Gurra (GurraMundlah oder GurraIubbnlpur)^)

war einst eine bedeutende Hinducapitale (f. Asien IV. 1. @.563); Jubbulpur ist gegenwärtig^), feit 1818, der Gouvernements/ sitz der Briten geworden, eine der wohlhabendsten Städte jener Gegenden, gut gebaut, der Sitz reicher Kaufleute und sehr belebt, weil hier eine Hauptroute aus Allahabad und Bundclkhund her/ aufsteigt, die zum Nerbudathale und südwärts über Chuparah, wo viel Eisenwerke sind, nach Be rar führt.

Hier werden die

Landstraßen, nach dem Innern, wie in Khandesch, Mahratta, Gondwana und Maißoore, vorzüglich durchzogen von den Kara« tonnen der Lastochsen der Banjaras (s. Asien IV. 1. S. 687, s. ob. S. 281, 282, 498, 499).

Von Norden her steigt man

aus dem tiefen Gangcsthalc über Punna, aus der zweiten Bergterrasse von Bnndelkhund gelegen (s. ob. S. 358), noch über eine südlichere dritte Terrasse,

die von Lohargong empor,

auf welcher noch weiter südwärts, gegen Jubbulpur zu, die Stcu **) Dr. Adam Geolog. Notic. in Memoirs of the Werner, Nat Hist. Soc. Edinb. 1822. Vol. IV. p. 51. *♦) 1. Malcolm Mein, of Central-India I. p. 20. ") W. Hamilton Descr. II. >>. 24; Fitz Clarence Journal of a Kaute across India, London 1819. 4. p. 85.

Nerbuda-Fluss, Mittellauf bei Jubbulpur. 573 ti'on Dellari^) auf weiter Hochebene liegt. Dies ist hier die Hauptpassage, über die der Nordseite des Nerbuda.'ThalcS vorgelagerten Vindhyanketten. Diese letzte, dritte Terrasse, auf größerer Höhe als jene, also doch wol an 2000 Fuß absolut über dein Meeresspiegel gelegen (von Lohargong bis Dcllari), ist noch immer bergig, auf ihrem breiten, horizontalgeschichtetcn Sandsteinrücken, mit gleichartigen landschaftlichen Formen und Bcrgcontouren, wie jene nördlichern Züge beschaffen (s. ofr. S. 357), doch weniger wild, minder steil und frappant, obwol durch mehrfache Bergströme bewässert, daher mit mehr Wechseln, lieblicher, reicher bewaldet mit romantischer Scenerie. Mit der Höhe Bellaris, wo die ersten Spuren röthiicher verwitterter Amygdaloide, welche die horizontalen Sandsteinbänke überdecken, sich zeigen, beginnt, weiter südwärts, bald ein anderes geo« gnostisches Gebiet, die große Trappformation des een, traten Dekan, von deren Ausbreitung oben bei Nagpur und dem Sitabaldi.'Bcrge die Rede war (s. ob. S. 463). Es breitet sich dem Auge von Bellari südwärts, nach al­ len Richtungen, eine große Plaine aus, mit zerstreuten Bäu, men hie- und da besetzt, welche besser bebaut, sehr fruchtbar, auch wol mit Mango-Wäldern bepflanzt ist, und viele Ortschaften nährt. Es ist schon die sanfte, hier ziemlich breite Einsenkung dcs'obern Nerbuda-Thales, das von Mundlah gegen West zieht, das auch der Jlim, ein rechter Zufluß des Nerbuda hier in dersel« ben Richtung gegen S.W. hin bewässert, wo er sehr bald sich mit ihm, bei Sakur, unterhalb Jubbulpur, vereint. In sei, nem Thale liegt der Flecken Sehora, wo noch Sandstein und splittrige Kalkstein lag er zusammenstoßen; das Castell oder das G'u r von Sehora ist auf einem hervorstehenden Quarz, fcls, der schönen Eisenglanz enthält, erbaut. Um von Sehora gegen Süd das Nerbudaufer bei Jubbulpur zu erreichen, muß noch ein zweites Thal, jenseit Panaghur, am Periotbache (Pracu bei Arrowsmith) durchschritten werden, das, nach Dr. Adams Beobachtung, überall mit Agaten und Kieseln über, streut ist, die wol durch Wasser hierher geschwemmt sind. Auch zeigt sich hier jener merkwürdige Boden mit den Kalkeoncre, tjonen (Konkar, s. ob. S.282), der von Tanjore an, so eit, **) Dr. Adam Geological Notices etc. in Memoirs of the Werner. Nat. Hist. Soc. Kdinb. Yol. IV. 1822. p. 45.

574 Ost-Asien. Vorder-Jndien. iV. Abschn.'§. lf)S. len unterhalb des Berglandes vorgelagerten Niederungen, Coro« mandels und Bengalens eigenthümlich ist, und nur feiten ju be­ deutenderen absoluten Höhen als bis hierher emporsteigt. Es sind ganz irregulaire, traubenartig oder wie Maulbeeren gestaltete isolirte Tuffknollen, Tuffkalke, die, wie aus einem früher flüssigen Zustande, durch austrocknende Hitze hervorgegangen zu seyn scheinen. Auf der Höhe von Jubb ulpur, am Nordufer des Ner, buda, treten wieder nackte, fleischrothe (Btanitfelfcn27) (s. ob. S. 465) hervor; es sind, wenn man vom nördlichen, wild­ zerrissenen Eranitfuß der Vindhyankettcn in Bundelkhnnd herauf­ kommt, die ersten, die als Basis jener Sandsteinüberlagerungen der drei Dnndelkhund-Terrassen (f. ob. S.' 357 rc.) sich wieder unbedeckt zeigen. Dieser Granit zeigt hier nur nicht so zerrissene, steile Kegelmassen wie dort gegen das gangetische Tiefland, weil er hier als Basis, als Substratum, mehr ein Continuum bildet, eine Gesammtmasse der Erhebung, wel­ che mehr nach oben ihre Ueberlagerungen als zur Seite ge­ sprengt und zerrüttet haben mag, deren Trümmer dann durch die Fluthen der Sone- und Nerbuda-Thäler gegen Ost wie gegen West hinabgeschwemmt werden mußten. Wirklich hält dieser Granitboden, im Nerbudathale, von Jubbulpnr, west­ wärts an, bis Hussingabad29), wo die südlichern Trappforma­ tionen der Berar-Kelten über Elichpur, Gawilghur und die Mahadeo oder Deogiri Berge, und das obere Tapti-Gebiet, sich dich­ ter und dichter zum Südufer des Nerbuda herandrängen, auf dessen zerrissenem Klippenrande die Stadt Hussingabad er­ baut ist. Durch I. Francklin erfahren wir, daß im Nordwest von Jubbulpur, um die Quellen des Sonarflusses von "Sau­ gor (Sagar, 23° 48' N.Br., 78° 46' 0.6. v. Gr>), 1813 Fuß Par. üb. d. Meere, über Peysinagar, südostwärts bis Tenbufatta29), nahe dem Barana-Flusse, überall, die Trapp­ formation auf der Ostgränze Malwas sich als dessen Pla« ,T) Dr. Adam Geolog. Notic. 1. c, IV. p. 48. **) J. Jenkina Account of Minerals collccted at Nagpur in Asiat. Res. 1833. T. XIV. p. 213 etc. 2 ’) Capt. Jam. Franklin On the Geology of a portion of Bundelkhund and tbe Districts of Sagar and Jebelpur in Asiat, Research. Calcutta 1833. Vol. XV111. Phys. Class. 1. p. 30 — 38.

Nerbndci-Fluss, Mittellauf bei Iubbnlpur. 575 teanland emporhebt, und schon hier anfangt die große Nord, barriere des Nerbuda,Stromes zu bilden; daß dort da, her alles Land mit jener Menge von losen Chalcedonen, Halbopalen, Zeolithen, Kascholong, Achaten, Jas, pis und Heliotropen bestreut ist, die den Mandelsteinbildun, gen, welche die Trappformation begleiten, eigen sind. I. Franck, lin stimmt mit Dr. Adam in der Vermuthung überein, das blosgedeckte Granitthal Iubbulpurs zwischen den Trapp, formationen zu beiden Seiten, im Süden wie im Norden, habe durch Wasserfluthen sich seiner einstigen Ueberlagerun, gen entledigt. Er giebt ihm daher den Namen eines erst entblößten Thales (Valley of denudation); alle Verhältnisse zeigen, daß die primitive Gebirgsformation in der Tiefe, welche hier das Nerbudabett durchschneidet, derselben He, bungsmasse angehört, welche an den Nordseiten der Vindhya, ketten im Bundelkhund in den Vorketten als Granitkegel und gra, nitische Basis der dortigen Sandsteinketten hervortraten. Der Entblößung des Nerbuda Thales frei' Jubbulpur ging also bei der Hebung der Granitmassen aus der Tiefe nach oben, Zer, trümmerung seiner Ueberdeckungen vorher, und nach Wegschwemmung dieser Trümmer, zu beiden Seiten, in die Tiefen des Gangeslandes und Guzurates, konnte erst die primitive Thalbildung mit den mächtiger lastenden Trapp, höhen zu beiden Seiten, zur Stromrinne für den Ner/ bu da werden, daher die merkwürdigen geognostischen Wechsel und Umwandlungen der Stratißcationen und Gebirgsarten auf der Gränze der Berührung der tiefern, primitiven Massen mit den Uebergangsgliedern zum Trappgestein. Francklin fand bei Ten, d u k a i r o, nahe der Sonar,Quelle, viele Eisenlager, die auch in Schmelzungen verarbeitet werden, und einen mehr isolirten Trapp, fels mit Gipfelbildung von Dasaltsäulen, die ihm durch Erdbeben aus ihrer ursprünglichen Lage verrückt schienen, deren Gruppen einen sehr^merkwürdigen Anblick gewähren. Die dorti­ gen Trappbildungen sind mit rothem Mergel und Sand, steinschichten überlagert, die §!a l k stein schichten sind durch die Berührungen mit ihnen überall ealcinirt. So wie man von der Höhe herab sich der entblößten Tiefe der primitiven Bildungen nähert, zeigen sich, statt der sonst so regelmäßigen horizontalen Schichtungen, sehr starke Jnclinationen der Schichten, ja öfter senkrechte Emporhebungen derselben; alles wird

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Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 108.

inconsorm gegen die Auflagerung. Mit dem Sonar-Thale von Tendukaira gegen 91.0. nach Garha Koka, läßt sich die Ostgränze der Trappformation bestimmen, weiter vst, wärts reicht sie nicht; da treten die Sandsteinlager der Bandair.-Berge auf, die Dr. Adam, etwas weiter ostwärts von Bellari kommend, überstieg. Beider Beobachter geognostische Ercursionen begegnen sich hier, und vervollständigen die Kenntniß der Constitution dieses Terraingebictes; doch, heben wir absichtlich hier die Resultate ihrer Beobachtungen tim der Critik willen gesondert hervor. Mit dem Eintritt auf das primitive &ct biet des Thalcinschnittes von Iubbulpur, bemerkte I. Francs, litt, mit der Kette der Granitzüge auch das Vorkommen von Syenitbergen, die auf einer Strecke von 6 geogr. Meilen, meist ficischroth von Farbe, doch in vielen Wechseln und Vcr« Witterungen bis zum Tilvara-Ghat fortsetzen, d.i. zum Nerbuda-Uebergange, der im Süden von Iubulpur liegt. Das primitive Granitgestcin geht hier durch alle Wechsel auch von Gneuß, Hornblendschiefer, Talkgestcin, Thonschiefer (wie auf der Berührungsgränze am Fuße des Sitabaldi - Berges, s. ob. S. 465), in welchen der Nerbudastrom sich Bahn machte, in seinem Felsenbctte, von diesem Ghat über Lamaita, und von da bis zu dem Cataract von Bcragarh (Bedagur aufArrowsm.Karte, in S.W. von Iubbulpur, etwa eine Tagereise fern), von wo an man, in einem Cavoe, die pittoreskcsten Felswindungen des Stromes, die bisher noch gänzlich unbekannt blieben, verfolgen kann, oder über die Ruinen von Tripurapuri, nahe dem Dorfe Teor, zurückkehren, welches die Reste einer antiken Capitale, auch Garha Mandela genannt, (Gurra Mundlah), seyn sollen. Sie sind uns noch nicht weiter bekannt. An jenem Wasserfall von Beragarh beobachtete I. Francklin das Vorkommen von Dolomitmassen, mit Ala­ bastern und O.uarzen, und von Chloritschiefern durchsetzt, die wol ebenfalls bei der Hebung der Plateaumassen nicht unthätig wa­ ren; es scheint das bis jetzt einzig beobachtete Localvorkommen die­ ser Gebirgsart, in Central-Jndien (vergl. Asien Bd. Hi. S. 1003), dagegen dessen ganze Plateaubasis, nach allen bisherigen Daten, wie auch nach Voyseys gewonnener Ueber­ zeugung, die Granit- und Gneuß-Formation zu seyn. Die Stadt Iubbulpur am Nerbudaufer, liegt 1368 Fuß Par. (1458 F. Engl.) über dem Meere; das britische Cantonne-

Nerbuda - Fluß, Mittellauf bei Jubbulpur. 577 ment auf der benachbarten Anhöhe-I4oo F. Par. üb. b. Meere, nach Capt. Francklins trigonometrischer Messung r»), jm Osten der Stadt, auf einer offenen Plaine, die nur grobes Gras trägt, und, weniges Gebüsch ausgenommen, nur mit Mangopflan« zungen besetzt ist. Der Boden umher ist felsig, wenig frucht« bar, aber durch feine Lage auf der Gränze der weiter südwärts beginnenden und dann nach allen Seilen sich mächtig ausbreiten« den Trappformation geognostisch sehr interessant. Wenn bisher alle Sandstcinbänke, nordwärts, vollkommen horizontale Ab« lagerungen zeigten, so sind dagegen hier die Sandsteinfchich« ten, wo sic sich hie und da noch zeigen, nach Dr. Adams Beobachtung, senkrecht emporgehoben. Weiße Thonschich, ten mit Quarzkieseln gefüllt, welche die Ostscite der Thalscnknng überziehen, scheinen das Produet von Regenschlämmnngen zu seyn, die wieder zu Stein erhärteten. Die Gebirgsketten, die im Nor« den und Osten über Jnbbnlpurs Thalebene hervorragen, scheinen, durch ihre zackigen Contoure primitiver Gebirgs, arten, anzuzeigen, daß sie aus denselben Granitmassen bestehen, die in Trüininerblöckcn übercinandergehänst sind, wie die, welche der Stadl zunächst im Norden vorgelagert sind. Bei Jubbulpur, der ersten Stadt der Hinduprovinz Gond« wana31) von 91.56. her, vordem im Besitze des Nizam, jetzt zu den Cedcd«Districts am Nerbuda gehörig, tritt der Wanderer nun in das große Nerbuda«Thal^) selbst ein, das sich von Mundlah herab gegen West vorüber zieht, über Hnssinga« bad und Hindia, an 50 geogr. Meilen weit. Noch ist daS klare Wasser des Nerbuda«Stromes hier von geringer Breite; aber doch tief genug, da er selten vor Ende November an der dortigen Furth (Tilwarra Ghar) zu durchschreiten ist. Das felsige Bette besteht aus Felslagern (nichtTrapp, wie Dr.Adam meinte, nach Francklin), nur wenige Miles abwärts soll er zwischen weißen Marinorfelsen von körniger Struktur fite# ßen, deren Blöcke von den Hindus zu Architekturen und zumal zu Idolen verarbeitet werden. In solchen Skulpturen, die Dr. Adam selbst sahe, schien er dem panschen und penthelifchen oder *°) Capt. Jam. Francklin On the Geology etc. in Asiat. Researches 1. c. Vol. XVIII. y. 41 — 44. Tabula of tilevations, Sl) L. CoL Filz Clarence Journ. across India 1. c. p. 75« ") Dr, Adam Geolog. Notic. 1. c. IV. p. 40# Do Ritter Erdkunde VI.

578 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 108. dein cararischcn Marmor an Schönheit gleich ;» kommen. Dies ist offenbar der Do lomitfels am Bcragarhcataraet, den da, selbst Francklin beobachtete. Die beiden Hauptketten, welche hier das Nerbnda-Thal im Norden und Süden einschließen, die Vin.dhyas im Norden durch Malwa, und die Gondwana.-Berge durch Berar im Süden, scheinen unter sich ganz parallel gegen West fouzuzie, hcn. Sie bestehen hier noch aus Sand stein geb irgc, und die Gondwana,Seile zeigt vollkommene Tafelberge mit hori, zontaler Schichtung. Die Schichten des Vindhvan senken sich aber stark gegen West, und dieses Fallen wird je wei» »er nach West immer stärker, bis sie, um Hussingabad, mit dem Horizont einen Winkel von 45° bilden. Das Fallen dieser Schichten ist dem britischen Cantonnemcnt zu Hussingabad gegen, über auf dem Nordufer des Stromes sehr frappant; wie Wellen des Oceans steigen die Berge allmälig voin West her auf, gegen Osten immer höher wachsend, bis sie iin Osten immer plötzlich mit Steilseiten abstürzen. Auch auf dem Südufer des Stromes, in Front des Cantonnemcnts, ist eine solche isolirte Erhebung mit ganz gleicher Construction, die, obwol 2 Stunden von der Haupt« kette abstehend, auf dieselbe gleichzeitig wirkende Ursache, auf eine Hebung aus der Tiefe nach oben hinweiset. Of­ fenbar sind sie aus der horizontalen Lagerung, welche dieselben Sandsteinschichten der Nachbarschaft behaupten, durch unterirdische Gewalten, in successiven Impulsen, wirklich emporgehoben worden, wenn schon keine Tradition darü, ber Bericht zu geben weiß. Dem Erdbeben, welches am I7ten Juni 1821, nach vr. Adams Bericht, hier wirksam war, fehlte, bemerkt derselbe Beobachter, nur die gehörige Gewalt, um eine Bergkette von gleichem Charakter zu erheben, von der Westseite der Halbinsel vom Golf von Surate durch die ganze Breite der« selben bis zur Bay von Bengalen. Es war eine Succession langdauernder Hebungen (Succession of long lieaves), sehr verschieden von den gewöhnlichen Erdbebenstößen. Die undu, latorische Bewegung verlängerte sich, und setzte auf eine solche Weise in wiederholten Hebungen fort, daß sie aus einer sehr großen Tiefe und von weiter Ferne her zu wirken schien.

So die unmittclbare Wahrnahm« Dr. Adams an Ort und Stelle. Die Wirkung verbreitete sich durch ganz In, dien; die stärkste war im Guzerate, Distrikt, an dem Westgestade/

Nerbuda-Fluß, Mittellauf, Hussingabad.

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wo es sich am zerstörendsten zeigte und allgemeinen Schrecken her, vorrief. Der Boden desNcrbudathales, vonJubbulpur abwärts bis Hussingabad ist, wie Bundelkhunds Thäler, mit einer gro, bcn, schwarzen Srbe33) (ob Cotton-Grund?) bedeckt, und mit sehr vielen Chalcedoncn und Agathen überstreut (s. ob. S. 459 bis 460), ungemein fruchtbar, auch hie und da angebaut. Doch dem größern Theile nach noch in verwildertem Zustande, bebuscht, und selbst tiefe Wälder ziehen sich an vielen Stellen vom Fuß der Gondwana-Thälcr bis zum' Nerbuda-Spiegel, der in seinem lan­ gen Zuge überall den Südfuß der Vindhyankctte am Südrande Malwas bespült. Hussingabad, richtiger Hoschungabad, erhielt den Na, men von ihrem muselmännischen Erbauer, Hoschung Shah3*) von Malwa, der, in der Mitte des XV. Jahrhunderts, seine Re­ sidenz aus dem centralen Malwa (von Dhar, in S.W. von Otijcin) noch weiter südwärts in die festen Gebirgshöhen der Vindhyankette nach Mandu (in N.W. von Mheysur) verlegte, zugleich aber gegen Südost seines Reiches, auf dem Südufer des Ncrbuda im Winkel, wo der Towa-Fluß, der von Süden her aus dem Gcbirgsgau Khirlah kommt, sich zu ihm einmündet, diese feste Burg erbaute, um von ihrer Station aus die HinduRajas des wilden, östlichen Gondwarras und Omercuntuks zu be­ kriegen. Auch gelang es ihm von da die Gond-Rajas von Khirr lah (im Jahre 1433) zu schlagen, obwol die Gonds niemals von den Muselmännern gänzlich besiegt worden sind. Die seitdem groß gewordene Stadt33) liegt unter 22° 43' N.Br., 77° 48' D.f. v. Gr. am Nerbuda, der hier schon 900 Schritt Breite ge­ wonnen hat; sie besteht aus sehr vielen Gebäuden, war aber, noch 1820, als die Briten sic erst in Besitz genommen hatten, sehr schwach bevölkert. Sie ist seitdem der Gouvernementssitz in diesem Theile der Ccded-Districts am Nerbuda geworden, mit ei­ ner permanenten Station für ein britisches Militairdetachement, und ward wie zu Hoschung Shahs Zeit, so auch heute noch, zu­ mal während der Pindarrie Kriege, als ein Haupt-Schlüssel zu Gondwana und Be rar, wie der Communication mit dem Westen Guzerates, betrachtet.

Hier ist es, wo im Jahre 1817,

**) Dr. Adam Geol. Not. 1. e, IV. p. 52. •*) J. Malcolm Central-India 1. c. I. p. 29, 31. “) tbtttb. II. p. 495, 507. Do 2

580 Ost-Asien. Vorder-Indien. tV.Abschn.

108.

durch die Doppelschlacht am 26. und 27. Nor., die Macht der Pindarrics ihren ersten Stoß erlitt (s. ob. S. 4li). Der Ncr« budastrom ist in diesem flippigen Felsboden so vielfach getheilt und zerspalten, daß innerhalb 6 Stunden von der Stadt 13 verschiedene Fürthen durch ihn hindurch führen, die insgesammt mit Ende December und Anfang Januar passabel werden; durch die beste dieser Fürthen, bei Eundri, eine gute Stunde im Osten der Stadt verbindet der bequemste Fahrweg beide Uferseiten. Die seichtesten Stellen bei der Stadt behalten noch im October eine Tiefe von 5 bis 6 Fuß; daher der Fluß von da an auch durch kleine Barken schiffbar wird. Die Süßigkeit seines Wassers wird gerühmt; Dr. Heyne, der ihn hier übersetzte, sagt, daß er sehr viele Fische und Schildkröten^) nähre, welche die Größe der Mecrschildkröten erreichten. In seinen Flußgcschicben 6c« merkte er sehr vielen rothen und schwarzen Jaspis, an den ftei« len Ufern fand er das wohldustende Gras, Andropogon muricatum, und Pflanzen sonst kühlerer Zonen, wie Arten von Veronica, Ranunculus u. A. Es war December, die Baume ohne Laub, wie !m Europäischen Herbst, doch die Giisk-a tomentosa in Blüthe; im Februar blüheten schon die scharlachrothc Butea srondosa, und die lieblich duftende Bassia latifolia, deren süßduftende Blü, thcn wie Rosinen gestaltet, bei den Anwohnern zu Destillation von spirituoscn Getränken verwendet werden. Die Nordgebirge vom Nerbn da zeigten sich dem Naturforscher viel wilder als die Südketten. Doch fehlt es auch diesen Südkettcn zwischen hier und den Tapti-Quellen, über Petrora (Patro da der Karten), Schahpur nach Baitnl und Ber«r hin (f. ob. . 506.

Ncrl'nda-Fluß, Mittellauf, Stromschncllen. 59 t qen das Westende, unterhalb Chiculdah, am sogenannten Hurn Pa hl (Hlrs'chensprung) 'wird derselbe durch Fels, Verengungen von beiden Seiten eng eingeschnürt. Das Strom, bette liegt durch ganz Nemaur in Basaltboden^), voll ttn, tiefen und kleiner Stromschnellen; sein Spiegel bei Mundleysir (22° 11' N.Br., 75° 45' O.L. v. Gr.) ist 1200 Schritt (Vards) breit, aber nur 653 Fuß Par. (696 F. Engl. n. Dangerfteld) über dem Meere; also 1531 F. Par. unter dem Ja um Ghat, dep so hoch über ihm sich erhebt. Unter seinen Strom sch n el l en und kleinen Cataracten sind die bedeutendsten drei: 1) zu Deyri (Dauree ans 2lllans Map) zwischen Hindia und Unka Mandatta, wo der Strom sehr verengt ist; 2) zu Sansadarah unterhalb Mheystr, und 3) an dem genannten Hurn Pa hl (Deers levtp) 50) einer Stromschnelle 5 Stunden unterhalb Chiculdah, wo Basalt, klippen io bis 11 Fuß über der gewöhnlichen Wasscrhöhe des Nerbuda, der hier nur 200 Schritt breit ist, quer durch den gan, zen Strom sehen, so, daß nur in drei wildreißenden, engen Ca, nalen der Strom hindnrchwüthet. Von der Sage, daß ein ge, jagter Hirsch in der Angst über diese Klippen hinweg den Strom übersprungen habe, hat die/er Strudel, der an den Wassersturz des Rheins bei Lauffenburg erinnert, seinen Namen Hurn Pa hl, oder Hirsch ensprung, erhalten. Von diesem abwärts, wird der Nerbudda noch mehr um die Hälfte seiner Breite verengt, seine Stromrinne wird durch zusammentretende Berg, ketten auf beiden Seiten fast gehemmt in enge Defiles verwan, delt, und durch gewaltige durchsetzende Felsbänke und große Fels, Massen die Schiffahrt des Nerbuda ganz unmöglich gemacht. Er ist daher nur von Hussingabad an, abwärts, bis etwa un, terhalb Chiculdah, also blos im mittlern Laufe, für kleine Fahrzeuge, schiffbar, und auch hier muß an den genann, ten Stromschnellen Umladung für kurzen Landtransport statt fin, den, was jedoch durch Felesprcngungen zu erledigen seyn würde. Auf der Gränze gegen Guzurate tritt dagegen völlige Hem, mung der Schiffbarkeit ein, und erst außerhalb Ne, maurs, und beim Austritt aus diesen Bergen in die Ebene "1 Dangerfield 1. c. II. p. 326. p. 495, 507.

**) J. Malcolm I. p, 13; II.

592 Ost-Asien. Vorder-Jndien, IV. Abschn. §. 108. Guzarates, erhält der Nerbuda wieder sanften, ruhigen und schiff­ baren Lauf. Von Hindia^) einer kleinen Stadt am Südufer de» Nerbuda, der hier 100 Schritt breit ist, mit einem Fort, das den Stromübcrgang dominirt, vordem in Scindiahs Besitz, jetzt von Briten besetzt, abwärts, folgen nur niedre Bergreihen am Strom hin, aber so voll tiefer Schluchten und Wasserläufe und mit den dichtesten Waldungen bewachsen, daß sie fast undurchdring­ lich sind, und man nur in der Ferne einiger Stunden vom Stromufer etwa zu Fuß hindurchzukommcn im Stande ist. Die Bergketten gegen die Südseite werden Calygon, oder Ca ly, g r a in in a M) genannt, sie sind aber gänzlich unbekannt, und erst in den Pindarriekricgen von Europäern zum ersten male durchzogen. Hier ist überall noch Terra incognita, völlige Wildniß; das Hauptproduct dieses Bodens, Eisenerz, wird an den zwei Orten am Nordufer zu Chandgurh und Kau teste, beide abwärts von Hindia geschmolzen, letzterer Ort liegt im Norden von Unka Mundatta, in dem Gebiete der dort hau­ senden Gonds-Chefs (f. ob. S. 428, 515). Kaulcote war ehedem bedeutend, ist aber jetzt so im Verfall, daß es km Jahre 1820 von seinen ehemaligen 2000 Häusern nur noch 75 hatte, und von den 50 Eisenschmelzen M) der frühe»» Zeit nur 2, bei denen nur noch 52 Personen mit Weibern und Kindern be­ schäftigt waren. Das beste Eisenerz, mit 25 Procent Gehalt, wird keine 4 Stunden weit in N.W. von da, im Orte Manakeira gewonnen. Das Erz ist von sehr guter Qualität, aber die Bereitung schlecht; mit der Waare wird jedoch der Markt von Indore und Malwa versehen. Zunächst dieser letztem Orte, unterhalb Hindia, bildet der Nerbuda durch Spaltung seines Stromes in einen Nord­ arm, der hier Cavery genannt »vird, unter 22" 14' N.Br., 76" 17' 0.8. v. Gr. ein Inselchen, das als Pilgerort unter dem Namen Mundatta (Mandatta d. h. Phallus-Insel) Unka oder Ungkar Mandatta bekannt, ja ungemein berühmt ist. Die Insel selbst und ein Theil des gegenüberstehenden Ufert scheint, nach Dangerfield «>), aus Hornsteinschiefer zu **) J. Malcolm Mein. II. p. 495. *•) W. Hamilton Des«. IE. p. 102. ") J. Malcolm Mem. II. p. 500, 326. *°) D-ngerlield 1. c. p. 326.

Nerbuda-Fluß, Mittellauf, Ougkar Mandatta. 593 bestehen, der zuweilen zu einem porphyrartigenGesteine über, geht; zu beiden Seilen lagert sich ein sehr wilder, waldiger, ber, gigcr, wie im Süden von Hindia, schwer zugänglicher, noch um, bekannter Landstrich. Das Nordufcr des Nerbuda, abwärts von Mandatta bis Mundleysir, auf einer Strecke von 6 Gcogr. Meilen, ist sehr flippig und besteht nach desselben Beobach, ters Untersuchungen größtentheils aus sanft geneigten Schichten von Grünstcinschiefer mit zwischen liegenden Glimmer, schichten und kleinen Körnern. Der Reisende, der diesen Weg von OngkarMandatta bis Mundleysir zurücklegen will61), findet jedoch auch hier, zumal bis zu der benachbarten Ruinen, stadt Burway (Durwall), einer Feste Holkars, die größten Schwierigkeiten in der.Weglosigkeit, und Wildheit des flippigen Bodens. Zumal diese ganze Strecke zwischen Mandatta bis Kautcote ist wegen ihrer Wildniß stets das Asyl^r) aon Gond, und Rajputen-Räuberchefs, wie auch von mancher, lei andern Abenteurern gewesen, die aus ihren dortigen unzugäng, lichen Festungsbergcn nach allen Richtungen hin ihre lleberfälle machen konnten, und die Landschaften von Nemaur wie von Malwa plünderten, bis ihnen die Briten, seit dem Pindarrie, kriege, das Handwerk gelegt haben. Die Stadt Ongkar Mandatta^), (Omkar Man, datta nach Delamaine) liegt unter 22" 14' N.Br., 76° 17' O.L. v. Er., auf der Flußinsel, an deren steilfelsiger Südseite der Nerbuda, überall zwischen Felsen eingeengt nur in einer Breite von 100 Schritt, aber in großer Tiefe vorüberrauscht. Der einzige Uebergang über den Strom liegt drei Viertelstunden ostwärts, stromaufwärts, er ist aber nur im Januar und Fe, bruar durchfetzbar und auch dieser Ghat ist wegen der großen Trümmerblöcke im Flußbette, und wegen seiner reißenden Schnel­ ligkeit immer nur mit Gefahr zu passiren. Die Stadt hat nur etwa loo Häuser, die am Bergabhange längs dem Steilufer er, baut sind; aber über ihr erhebt sich auf der Berghöhe der Tem­ pel und Wallfahrtsort mit dem Schrein Ongkar genannt, der für einen der 12 Orte der Gegenwart Mahadeos auf Erden verehrt wird. Mahadeo wird hier unter der mystischen el) Journal of a Visit to Cooncan Mandata May 1820 in Asiat. Journ. XVII. 1824. p. 136. ") J. Malcolm Mein. I. p. 13, 623. ") J. Malcolm Mein. II, p. 604.

Ritter Erdkunde VI.

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594 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §.108, Sylbe „Om” angebetet. Die ganze Umgebung der Insel ist von allen Uferseiten fast undurchdringliche Waldwildniß, in mU cher der schwarze Tiger einheimisch genannt wird. Vor der bewohnten Stadt bildet der Nerbuda-Strom ein erweitertes Felsbassin^»), in welchem, sein Wasser ganz still zu stehen scheint; aber zur nassen Jahrszeit bei anschwellenden Wassern bildet er hier gewaltige Wirbel, in denen die entwurzelten Baume der Uferwaldungen oft Tagelang umherkreisen, ehe sie ein Glücks, zufall durch den Engpaß des Westausganges wieder hinausführt. Dieß Bassin ist von zahlreichen Schaaren der Flußfische von den verschiedensten Größen so sehr belebt, daß ein darin schwimmender Hund, den Lieutnant Colonel Delamaine bei-seinem dortigen Besuche (1825) bei sich hatte, immerfort, denn die Hin­ dus fischen sie nicht, von diesen Fischen erschnappen konnte. Die­ ses Strudelbecken ist nicht unergründlich, wie die anwohnenden Hindus behaupten, sondern hat, nach des Briten Messung 80 Ellen Tiefe, was allerdings schon bedeutend genug ist. 2(m Südufer des Strudelbeckens, also der Tempelstadt gegenüber, liegt das kleine Dorf Gudurpura (Gojapura), von devoten Hindus, oder Gosains, bewohnt, die auch größtentheils die Ei­ genthümer der Wohnungen auf der Insel sind. Ihre Hauser sind dort mit Treppen zum engen Flußbette hinab versehen, wie die auf der Insel, doch weit niedriger gelegen; den Ueberschwem, mungen des Stromes würden sie bei dessen hohem Wasserstande weit mehr ausgesetzt seyn, wenn nicht eben dann die zu hohe Fluth einen Ablauf durch den Nordarm des Cavery, der die Insel umkreiset, gewönne. Die Ueberfahrt auf der Fahre vom Dorf zur Stadt auf der Insel braucht 10 Minuten Zeit. Die Insel hat 2 Stunden in Umkreis, in ihrer Mitte er­ hebt sich ein mäßig hoher, aber steilfclsiger Berg. Eine lange, reguläre Treppenflucht führt zu dem Tempel empor, der keine 200 Schritt vom Flußbette abliegt. Plattformen steigen über Platt­ formen von Säulen getragen empor, die dicht und in ungezählger Menge beisammen stehen. Das alte Sanetuarium ist sehr klein, aber eine zweite Pagode ist darüber gebaut, deren Dom (Kulis) nur durch die Porticus (Sabhas) ihrer neugebau*4) L. Colon. Delamaine Political Agent of Nemaur Account of Omkar in Asiatic Journ. New Ser. 1830. Vol. 111. p. 207 etc. siebst Tabnla of the Island.

Nerbuda-Fluß, Mittellauf, Ongkar Man-atta. 595 ten Plattformen sichtbar wird. Um in das alte Sanctuarium zu gelangen, muß man durch den äußern Ueberbau hindurch, schreiten, das Heiligthum (Pindi) ist darin durch die Zeit zerstört, unkenntlich, ein dunkler Ort in einem Winkel zu rech­ ten Hand, mit stehendem Wasser bedeckt. Die dumme Masse der Pilger zieht die Fußbekleidung ab, steigt hinein in das dunkle Loch und opfert einige Rupics, die natürlich von den Brahma, nenpriestern geholt werden. Dieser alte Bau ist aus unbekannter Zeit; die Legende sagt, seit Anfang der Welt, wo Mahadeo hier unter diesem Dach gewohnt haben soll. Die Höhle, sagen die Prie­ ster, communicirc unter der Erde mit Allahabad, Benares und Hurdwar am Ganges, und der Pilger, der gewöhnlich von hier nach Hurdwar wallfahrtet (f. Asien II. S. 497, 909) glaubt es gern. Als des neuen Tempels Erbauer wird Jy Sing ge, nannt (ob es Jy Sing von 2lmbcr vor loo Jahren war, oder ein Jy ^ing von Guzurate vor 700 Jahren, meint Delamaine, blieb von ihm unermittelt). Der Bau ist auch schon durch die wuchernde Baumvegetation sehr in Verfass. Höher hinauf an den Bergen hat RaoDowlut Sing eine gute Re­ sidenz erbaut, und tiefer unter dem Tempel ein Wohngebäude für Gosains errichtet. Aber die hcrabrollenden Felsen, bei Sturmzeit, oder auch öfter durch die Steilschurren an den Klip, pen und Mauerwerken, von den Affenschaarcn, die oben Hausen veranlaßt, setzen die unten Wohnenden häufig in Angst und Schrecken; auch ist eben da der Aufenthalt vieler Schlangen. Einige hundert Schritte oberhalb der Stadt an ihrer Nord­ ostseite, bildet die Ostecke der Insel ein hohes Feksprecipice, der Opferfels (Bhircalleh), einige 70 Fuß senkrechter Höhe, von welchem die devoten Hindu-Märtyrer sich in den Strom stürzen. Beider jährlichen Messe im November, dem dort gefeierten Feste, Cartic Jaltra, finden auf diese Weise nicht wenige ihren Opfertob, um den Himmel dadurch zu verdienen. Eine Klippe mit rother Farbe beschmiert, zeigt ihnen di Rich­ tung ihres Sturzes, den auch Mahadeo genommen haben soll, als er die Welt verließ. Der Sprung der Phantasten geschieht vom Chubutra, dem sogenannten Altar auf der Felsterrasse; nur scheinbar ist die Tiefe senkrecht; den ersten Stoß erhalten die Fallenden von der Seite, sie prallen von Klippe zu Klippe und kommen zerschmettert in der Tiefe von 150 Fuß an. Käme

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596 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 108. einer der Springer, geht die Sage, mit dem Leben davon, so würde er Raja von Ongkar Mandatta werden; um dieß zu vorhin« dern, sagte Delamaine, vergifte man die dem Opfcrtode Eeweihctcn schon vor dem Sprunge. Doch wurde dieß von Dclamaines Begleiter, dem Dowlut Sing, geläugnct. Schon der Anblick des Tempels, der aus allen Landschaften Indiens Wallfahrer herbeilockt, soll von allen Krankheiten heilen; wie groß muß die Belohnung dem Märtyrer für seinen Sturj erscheinen. Der Schauder dieser Stelle, durch den Unsinn der Menschen, steht im größten Contrast mit der grandiosen Natursccne, die sich dein unbefangnen Blicke des Beobachters auf die prachtvolle, grüne Berg, und Fclslandschaft darbietet, welche der gewaltige sich vielfach windende Strom, auf beiden Seiten rauschend durch, bricht, indeß überall an seinem Ufer zierliche Kunsttreppen und Felsstufen mit Wohngebäuden, oder Ruinen der verschiedensten Architekturen, zum entsühnenden Bade bis zu feinyt Wellen hinabführen. Dem christlich gesinnten Europäer tritt hier der Aberglaube in seiner krassesten Gestalt, und seine Priesterschaft als die bctrügerischtc Lügcnbrut entgegen, die den geblendeten Pil« ger in immer engere Banden schlägt. Welches Verdienst um die Menschheit, den Wahn an die Wcrkhciligkeit des Besuchs solcher Wallfahrtsorte wie hier in Iaggarnaut, Hurdwar, Bha, drinath u. a. O. in dem Jdeenzusammenhange von vielen Mil, Nonen Verblendeter zu vernichten. ' Delamaine zog, am 16ten Januar 1825, hier mit der Pykurmu, d. h. er machte die Große Procession der Pilger, oder ihren Umgang an diesem Tage mit, der zu ein paar Felsen des Mandatta,Berges hinaufsteigt, die „der Vater und der Sohn" heißen, und durch diese Schluchten von den Umgebungen getrennt hier seltsam emporsteigen. Große Schlack), ten, sagen sie, sollen hier vorgefallen seyn; gewaltige Mauerver, schanzungen, Umwallungen, umzingeln hier die Berghöhcn, da, zwischen zahllose Felsklüfte und Bergspalten, voll Ruinen von Tempeln, Bauwerken, großen Portalen (Barah Duris) und an, dern Mauermasscn in gewaltigen Dimensionen. Die vielen Or, namente und Skulpturen, die sie noch heute bedecken, zeigen den Reichthum der frühern Eigenthümer der heiligen Insel. Die Mohammedaner sollen diese Bauwerke und Thore eingerissen und die mehrsten jener Skulpturen zerstört haben. An einer Stelle dieses Mandattaberges sahe Delamaine allein 16 colossale

Nerbuda-Fluß, Mittellauf, Ongkar Mandatta. 597 Elephanten in Stein gehauen, und nicht fern davon Ruinen eines sehr schönen Tempels, dessen vier Subhas, oder Porlicus, von immensen Stcinmassen aufgeführt noch sehr gut erhalten waren. Aus dessen Ruinen, bemerkte er, war wieder eine fleh nere Pagode zusammengebaut, mit einer^ Jnscription über dem Portal, von einem Raja Chnnderi km Bundelkhund, im letzten Jahrhundert dcr Samvat Aera. Neben den Mandatta, Bergen, die in der Ostscite der Insel liegen, erhebt sich der Mukund, Berg in der Westseite derselben. Steigt man ihn schräg empor, so gelangt man auf beschwerlichem Wege zn einem Tem, pel Mahadeos, dessen eine Flügelseite von einem Chunder Schah erbaut seyn soll. Von da führt ein Pfad über den Bergrücken, zu einer tiefen Bergschlucht gegen den Nordarm, den Cavery, dessen Spiegelfläche von Zeit zu Zeit dem Auge zwischen den Felsengen hervortritt. Durch eine noch tiefere Felsschlucht und ein zerstörtes Thor stieg Delamaine zu einem abgesonderten Berge empor, auf welchem ein Tempel der Pandus (s. Pan, duiden Asien IV. l. S. 378, 674 , 683 «„ a. O.); den ganzen Weg dahin fand er bestreut mit zerstörten Figuren, Scukpturen, Architekturen. Einige der Panduiden sind im Tempel, von co, lossaler Größe in Sculpturen an dessen Ostfacade abgebildet. Bon da kehrte Detamaine, an der Uferscite des Nerbuda, Flusses, zum Tempel von Ongkar Mandatta zurück, und stieg zu Lessen Treppenflucht (dem Ghat) zur Landungsstclle der, selben Fähre wieder hinab, an welcher er vom Dorfe Gudur, pura aus die furchtbare Götzen-Insel zuerst betreten hatte. An den Ufern des heiligen Stroms sind sehr viele Bauwerke aus Stein, mehrere Stockwerke hoch, von ambitiösen Pilgern als Werke der Frömmigkeit längs dem Wege der Wallfahrer erbaut.. Auf dem Ufer der Insel, im Geröll und an den Cataracten deS Nerbuda, werden häufig Muschelpetrefacteu 65) in Kalk, steinen, zumal Univalven und Divalven, Buednum und Ammo, niten gefunden, unter denen auch die den Pilgern so heiligen Salagrami sind, die ihnen als ein Symbol des Vischnu gel, ten (s. Asten 95b. III. S. 12). Sie werden hier Ban Ling genannt. Ein Baum, Kuri, wird in diesen Wildnissen um die Mandatta - Insel heilig gehalten, well unter seiner weißen Rinde sein Stamm mit dem Worte des Hindugötzen „Ram, Ram" ••) Dangerfield 1 ei II. p. 324.

598 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 108. beschrieben sey; unstreitig die Windungen eines Bohrwurms oder Borkenkäfers. An der Nordseite der Insel gehört noch eine Höhle, mit einem merkwürdigen Echo zu ihren Wundern, wer leise hineinredet, erhält eine laute Antwort zurück; ein abgeschos, senes Pistol erregt den Lärm einer Batterie von Vier und zwan, zig Pfändern. Auch dies dient dem Priesterunfug gegen die bi, gölten Pilger zu vielfachen Betrug. Außerhalb der Insel an den Pilgerstraßcn der Wallfahrer z. B. nach Purnji und Singari, findet man ebenfalls jene von Pilgern errichtete Steinhau, fen, die man für die frommen Erbauer als eben so viele An, Weisungen für die künftige Welt ansieht. Bei der Rückfahrt schiffte sich Lieutnant Colonel Delamaine auf einem kleinen Boote, stromaufwärts, nach dem benachbarten Sylani (Sil, larna der Karten) ein, um über die Stromschnellen des Ner, buda zu kommen, welche man mit den größer» Booten nicht überwinden kann. Die Fahrt dauerte von 3 Uhr. bis 8 Uhr Abends. Am folgenden Tage besuchte er im Osten der Insel, das Singajis Chatlrie, d. i. das Grabmal eines Sanctus von der Gulu Caste, der sich hier vor 150 Jahren lebendig be, graben ließ, und 12 seiner Schüler ihm zur Seite desgleichen. Vor 6 oder 7 Jahren soll auch hier eine Frau sich diesem Opfer, tobe an derselben Stelle unterzogen haben. Das Hauptopfer, das hier als Gabe dargebracht wird, ist Zucker; davon fand Delamaine ganze Haufen umher aufgesammelt. Don dem, was jeder opfert, erhält der Geber immer die Hälfte wieder zurück. Abwärts dieses scheußlichen Götzendienstes, 7 geogr. Meilen fern von der Insel Mandatta, liegt Mbeysir^) die Capitale der Provinz Nemaur, die einzige von Bedeutung mit 35oo Häusern und einem gut besetzten Basar, unter 22° ll' N.Br., 75'° 3V O.L. v. Er. ani Nordufer des Nerbuda, mit einem gro­ ßen Fort, aber in Verfall. Sie gehörte seit längerer Zeit der Familie Holkars, und ward einst durch Ahglya Daee erst zur Residenz erhoben, und mit Palästen und schönen Tempeln be, baut, die ihr einen ruhmvollen Namen brachten. Das Haupt« werk ist die grandiose Steintreppe (Ghat), welche aus der Stadt hinabführt am Felsuser zum Strombade, und die an den Seiten mit Pagoden geschmückt ist. Auf der andern Seite des **) J. Malcolm Mein. 1. c. 1. p. 15, II. p. 603.

Nerbiida-Flusi, Mittellauf, Mheysir, Mundleysir. 599 Stromes, gegen Süden, erhebt sich das Bcrgland, das zum Tapti-Flusse führt, und mit den Wildnissen der Satpura-Kette erfüllt ist; cs ist nur wenig gekannt, ein Circar mit seiner äl­ tern Capitale Bijaghur, die aber jetzt in Trümmern liegt, und Assir, die starke Feste (von Assa einem Hindu aus der Assir Tribusgegründet), auf der Gränze von Nemaur undKhan« de sch. Eben so liegt Mheysir gegen Ost, nur wenige Stun­ den zur Seite, am Nordufcr des Ncrbuda, das kleine Städtchen Mundleysir°7), mit nicht vollen 400 Häusern, mit Erdwall umgeben, wichtig als der Durchgangsort, von welchem die Bergstraße zum Jaum Ghat über 1500 Fuß hinaufführt. An dieser Stelle (unter 22° 12' N.Br., 45" 30' O.L. v. Gr.) liegt, nach Major Wilsons vergleichenden Barometcrbcobachtungcn zwischen Mhow und Mundleysir, wie gesagt, der sehr erweiterte Spiegel des Nerbuda-Stromes, hier 1200 Schritt breit, nur noch 653 F. Par. (696 F. Engl.) üb. d. M. Sein Gefälle zum Meere, von hier 45 gcogr. Meilen fern, be­ trägt also, auf jede Meile im Durchschnitt nur noch 15 Fuß, oder vielmehr, da er bei Sinnore, die letzten 15 gcogr. Mei­ len, nur in vollkommner Niederung Guzuratcs mit unbedeuten­ den Gefälle dahin serpenlirl, innerhalb des bergigen Nemaur, überall auf die geographische Meile 21 bis 22, aus die Stunde etwas über io Fuß Gefälle. Nach den Beobachtungen des Major Wilson^) z» Mundleysir, ist die Temperatur im tiefen Ncmaurthale im Allgemeinen, stets um 5 bis 6 Grad (Fahrh.?) höher gestellt als auf der Plateauhöhe Malwa's, zu Mhow u. a. a. O. Die Nähe der hohen Bergketten im Nor­ den und Süden giebt dein Thale vorherrschende Ost- und West-Winde, in der Richtung des Ncrbuda-Thales, dagegen zu beiden Seiten auf den Höhen weit variablere Luftwechsel Statt finden. Von Mundleysir abwärts, bis in den flippigen Gränzstrich unterhalb Chiculdah gegen Guzurale zu, besteht der tlfm anb09) des mehr erweiterten Ncrbuda - Thales, bis zu ei­ ner Höhe von 40 bis 70 Fuß über dessen Wasserspiegel, aus ei­ ner reichen, vegetabilischen Erddecke, die in 2 ganz verschiedene Strata abgetheilt ist. Das obere, hellfarbig, enthält vorherrschend •’) kbend. y. 324.

y. 505.

•»)

Dangerfield l, c. II.

p.

314.

••) ttlhb.

-600 Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV.Abschn. §.108. harte Mergel, mit gemeinen Kochsalz reichlich geschwängert, das durch Auslaugung und Evaporation in Menge gewonnen und an die ärmern Tribus der Bhils in dem Berglande ver, handelt wird. Diese salzhaltige Schicht hat 30 bis 40Fuß Mächtigkeit. Die zweite untere Schicht, ist von der obern durch eine stärker roth gefärbte Horizontallinie ge, schieden. Diese hat nur wenig Kochsalz, dagegen desto mehr kohlensaures Natron (Carbonate of Soda). Dieses Stratum ist selten mehr als 10 bis 15 Fuß mächtig und unmittelbar dem Basalte aufgelagert, der das Flußbette bildet. In der trock, neu Jahrszeit tritt die Sodaefflorescenz in ihren crystallinischen Anhäufungen von selbst aus diesen Lagern hervor, und wird von den Einwohnern eingesammelt. In der Nähe der Stadt Mhey, sir zeigt man in dem obern Stratum, jedoch nur in der Be, rührungölinie mit dem zweiten, unteren, Schuttmaffen, zu, mal von Backsteinen und Terra Cottas, die einem weit anti, kern MHey sir angehört haben sollen. Diese, geht die Sage, solle vor langen Zeiten, eben so wie die Capitale Oujein (Ud,

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schayini f. Asien IV. 1 S. 486, 512, 557) nebst 80 großen Städten mit ihnen in Malwa und Bagur (in N.W. von Mheysir), durch ein Erdschauer überschüttet seyn (overwhelmed by a shower of earth). Die Verschüttung der alten, jetzt mit Erdhügeln bedeckten Capitale Oujein, schreibtI. Mal, colm 70) den Überschwemmungen des vorüberrauschenden Sipra, Stromes zu, der auch die heutige Stadt auf gleiche Art bedrohe. Spuren von Vulcanischen Eruptionen und Verschüt, tungen sind dort keine vorhanden, wie dies auch B. Fraser7*) bemerkt, der überall nur einen feinen, grauen Thon im Bassin von Oujein vorfand, der sich auch in andern Einsenkungen Mal, was zeigte. Auch Dangerfield konnte jene bei Mheysir im tiefen Nerbuda-Thale nicht auffinden, obwol im Mahabha, rata eine Anspielung auf etwas dem ähnlichen vorzukommen scheint hyan, wärtig land

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(s. Asien IV. 1 S. 496), und auch Höhlen in den Bind, wie in den Rajapipley, (f. ob. S. 569) Bergen, gegen, mit stehenden Wassern gefüllt vorkommen, die I. Cop, (s. unten Carneol,Gruben) für Vulkanische hielt, die aber

to) J. Malcolm Mein. I. c. Vol. I. p. 10. T1) B. Fraser De§cript. 1. c. in Transactions of Geolog. Soc. Sec. Ser. Vol. I. p. 165.

Nerbuda-Fluß, Nemaur--Thal, Burwanni. 601 weder Dangerfield noch Andre nach ihm genauer zu tm, tcrsuchen Gelegenheit hatten. Doch sind Erdbeben in diesen Gegenden, zumal gegen N.W. hin, bis Gu zu rate und Cutch keineswegs selten, und ihre Erschütterungen haben dort (z. B. im I. 1819)73) nicht weniger gewaltige Veränderungen auf der Erd, oberflache herbeigeführt. Der Horizontalabsatz jener salzreichen Erdschichten am Nerbudaufer, scheint auf eine Schlämmung der Stromwaffer hinzudeuten; die sehr starke Verwitterung der lockern Schichten der Trappsorrnation giebt auch heute noch das Mate, rial dazu, und mit jeder nassen Jahreszeit wird es durch die große Heftigkeit der dann von allen Seiten herabstürzenden Regenwasser mit in die Tiefe gewälzt. Wie aber und durch welche Natur, Veränderung jene beiden Strata ihre Separationslinie erhalten konnten, bleibt künftigen genaueren Forschungen vorbehalten. Das Nemaurthal, in dessen Mitte Mheysir liegt, sagt I. Malcolm^), sey irn Allgemeinen eine wellige, sehr fruchtbare Thalebene, einst überall bebaut, ja hochcultivirt und voll Ortschaf, ten; gegenwärtig größtentheils verwildert, verödet, mit Jungles und Walddickichten, der Aufenthalt von Raubthieren und Raub, Horden, die kaum gebändigt werden konnten seit dem letzten Jahr, zehend. Der westliche Theil von Mheysir bis Chiculdah ist am ebensten und am meisten bebaut, mit den Orten Dhurmpuri, Sul, tanabad, Burwani bei Chiculdah u. a. alle von geringerer Be, deutung. Das Südufer ist jedoch in noch wilderem Zustande als die Nordseite, wo die meisten Ländereien liegen, die den Sein, diahs, Holkars und einigen Bhil und Rajputenchefs gehören. Wo auch kein Ackerbau, bringt die trefflichste Bewässerung doch das schönste Weideland hervor, und überall würde der Boden den reichsten Ertrag geben, wie sich dies aus dem üppigen Luxus der Waldvegetation ergiebt. Nahe Chiculdah am Nerbuda, gegen S.O. liegt die größte Stadt des Landes Burwanni (22° 4' N.Dr., 74° 58' O.L. v. i exilia.

poina habet. Jpsa so semper serens vastis dissunditur ramis), im übri­ gen verschönert er und ist ungenau, doch führt er das Bild vom M uttcrstamm ein, mit den Kindern und der Kunstlaube um den Stamm, welches die späteren Beschreiber wiederholen (quorum üriL» sc. rami,

adeo in terram curvantur ut annuo spatio infigantur > novamquc sibi piopaginem saciant circa parcntem in oibem, quodam opere topiario etc.)* Was Arrian in der Indischen Historie über den Gymnoso­ phisten-Baum nach Nearchs Aussage mittheilt, ist schon oben ange­ führt; Curtius Lib. IX. c, 2. §. schildert nur im Allgemeinen die Erhabenheit der schattigen Wälder an den Indusarmen, die gegen­ wärtig dort sehr sparsam geworden sind- ohne ihn zu nennen schildert er aber den Banjanenbaum (pleriqiMi rami instar ingentium stipi-

tuni flexi in humum, rursus qua so curvaverant erigebantur, adea at spucies es>et non rami resurgentis, sed arboris ex sua radico gerrcsatac). Strabo wiederholt nur dieselbe Schilderung, die dem Onesikritos, dem Begleiter Alexanders, entnommen war, welcher mit be­ sonderer Genauigkeit die Merkwürdigkeiten von Musrkanus Reich am untern Indus, weit gegen den Süden (s. Asien IV. 1. S 472), be­ schrieben hatte, und hier einige, wie er sich ausdrückt, paradoxeBäume, nämlich Banjanenbäume, beschrieb, deren jeder für sich ein eigenes Laubzelt ausmache «y* hos der Wahn, in ihnen die verwandelten Vorfah­ ren, nach der Lehre von der Seelenwanderung zu sehen, hindert hier eben so ihre Verfolgung. Auch auf Java l2) ist der Tiger noch häusig, er heißt da Machan loreng, aber auf Borneo, wo der Ele­ phant schon fehlt, soll schon kein Tiger mehr vorkommen (s. Asien IV. I. S. 915); weiter im Osten auf den kleinern Inseln scheint er ebenfalls nirgend mehr erwähnt zu werden. Recht eigentlich ist dagegen Border-Jndien in dev ganzen Aus­ dehnung seines kontinentalen Gebietes die Heimath des Tigers, der hier fein größtes Gedeihen von jeher gewonnen hat^ Merkwürdig ist es allerdings, daß Aristoteles des Tigers noch nicht als des gewaltig­ sten Beherrschers der Gangesländer erwähnt, da er doch so vieles von Alexanders Elephanten mittheilt, v. Schlegel l,> gründete hierauf, da auch das Rhinoceros und der Indische Alligator in dessen Thiergeschichte noch nicht vorkommen, die Vermuthung, daß Alexander,nach erkalteter Freundschaft gegen seinen berühmten Lehrer, ihm aus Indien selbst nicht mehr, wie früher aus Vorder-Asien, z. B. den Elephanten von Arbela, die dort neuentdeckten Thiere in seine Menagerie nach Athen zugeschickt habe. Macht es dies nicht zugleich sehr wahrscheinlich, daß es schon damals keine Tiger mehr am Euphrat und in ganz Dorder-Asien gegeben haben mag? zu einer Zeit, wo jene Gegenden weit cultivirter und bevölkerter waren, als in der spätern mohammedanischen Zeit bis auf die Gegenwart. Allerdings wird auch in Indien und Bac•) Finlajson Journal of ihe Mission to Siam and Hue. London 8. 1826. p. 263. ®) M. Ainslie Materia Indica T. II. p. 479. lo) Symes Kelation T. II. ch. 3. p. 31; 4. p. 90. 11) ß Heyne Tvacts on India p. 427. 12) Stamf. Raisles 13ist. of Java. Lond. 1817. 4. I. v. 49. Oawfurd lnd. Archipel. Vol. I. p. 115,

121. ") A. W. v. Schlegel Indische Bibl. Th. I. S. 1631 Bcrl. Kal. 1829. S. 25, 32.

696

Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 108.

trien, wo doch Alexanders Kühnheit bei Löwenkämpftn 14) und Ele­ phantenjagden (st Asien IV.lt S. 451, 906) gedacht wird, von keiner Tigerjagd gesprochen, der die Macedonicr etwa beigewohnt. Lheophrast, des Aristoteles Schüler, vergleicht schon gewisse bunteStöcke, die auö dem Orient kamen (wahrscheinlich von Calamus scipionum Lour. n. Sprengel) mit der Tigerhaut (noixdtuv di xiva i/ovaaq ofiotoy tw tov xlyqioq dtq^iaxt) 1 e). Dies konnte aber auch bloße Verwechslung mit den gefleckten Felle des Panthers seyn, der durch ganz Vorder-Asien bekannt genug, auch häufig im alten Testa­ mente bei Propheten und andern als wilde Raubbestie (Namer) vor­ kommt, auf welchen noch heutzutage wol der allgemeine Name eines Tigerthicrs übertragen wird, dagegen der Tiger selbst niemals auch im alten Testamente genannt wird *•). Nearch 17) sahe von die­ sem furchtbaren Tiger, den die Inder für stärker als den Elephan­ ten hielten, nach Arrian, nur ein Fell; die Erzählungen von Thieren, groß wie ein Pferd u. f. w., waren noch sehr übertrieben; er kam auch nicht über den Indus hinaus. MegastheneS, des Seleucus Ge­ sandter am Hofe der Prasierresidenz Palibothra (s. Asien IV. 1. S. 481, 508), ist der erste, der in einem bei Strabo aufbewahrten Fragmente, vom Gangeslande der Präsier berichtet, dieses erzeuge die größten Tiger, doppelt so groß wie die Löwen und von außer­ ordentlicher Stärke. Seine Schilderung mag kaum Uebertreibung seyn, wenn man die größten Bengalischen Tiger in den undurchdringli­ chen Urwaldungen der SunderbundS damit vergleicht. MegastheneS ist aber auch der einzige, welcher auf längere Zeit hier im Lande der Ti­ ger Augenzeuge bleibt; des Seleucus l*) Tiger ist vielleicht das erste Thier dieser Art, das nach-Griechenland kam. Sonderbar bleibt es, daß dieses Indische Thier unter dem Namen Tigris bei Griechen bekannt (7typte, r>) wurde, der aber nur scheinbar dem Nachdarflusse des Euphrat (Ttypt?, 1) gleich lautet. Der einhei­ mische Sanökritname 2°) dieses prächtigen Bengalischen Thieres ist VyüghraS; sollte jene Benennung, wie so viele andere, nur eine arge Verstümmelung des Indischen Wortes mit etymologischer Zuthat

Flor. Cochinch

seyn.

Die bekannte Etymologie des Flusses Tigris, wie schon Varro

,4) Q. Curtios rle Gest. Alex. L. VIII. c. 2. ec?. Zumpt. 1826. p. 250 1 s) Theophrasti Opp. ed. Schneider. Lips. 1818. I» L. V. c. 4. 7 p. 185 ; vcrgl. Sprengel Uebers. Anmerk. Th. II. S. 207. M) Rofenmüller Handbuch der biblischen Naturge­ schichte Th. II 8 1831. S. 134. 17) Arriani Histor. Indic. o. XV. ed Sthimedcr p. 82 Not. p. 85. ia) Strabo XV. I. H 37. cd. Tzsch. VI. p. 82. ,e) Athenaei Deipnosophistarum Lib. XIM. o.57. ed. Srhweighaenser Argentor. 1805. T, V. p,133.

.

10; v. Bohlen Indien Th. I. S. 41.

Das Tiger-Land in Bengalen.

697

thut, auf daS schnellste Thier mit dem bunten Felle zu übertragen (Ti­ gris , vocabulum, e lingna Armena, nam ibi et sagitta et qnori veliementissiimmi flumeii, dicitar Tigris, Varro de L. L. IV. c. 20) 21), scheint doch wol zu weit hergeholt. Die allgemeine Anwendung des Na­ mens Tigris, bei Lucan, Virgil, Horaz, Ovid, Seneca u. a. auf die Hyrkanischen, Parthischen, Armenischen, Kaukasischen und andere also nur vorderasiatische Raubthiere, wird nur selten den eigentlichen Tiger angehen, der schwerlich unter diesen vorderasiatischen zu verstehen seyn kann, und dessen bengalische Natur selbst noch im Tigerpaar (wol Panther), das den Wagen des DachuS vom fabelhaften Berge Nysa (s. Asien IV. 1. S. 449) ziehen soll (Virgil Acn. VI. v. 806. Horatius Carniin. III. 3. v. 13. Liber, agens celso Nysae de vertice tigris etc.), sehr zweifelhaft bleibt. Selbst was Plinius und Aelian von dem Tiger in Hyrkanien und Indien zu sagen wissen (Plin. VIII. 23. 25. Aelian VIII. 1. XV. 14.) ist ganz unbedeutend zu nennen. Wenn Byaghras oder Vyagra sein SanSkrit-Name ist, so wird er bei Malayen Ma­ chen, also fast wie in Java genannt, im Hindi und Dekani wie im Bengali aber Vagh, Bagh und Baugh 22); den Persischen und Arabischen Namen Sh er hat er mit dem Löwen gemeinsamz keiner von diesen einheimischen ging zu den Macedoniern oder Griechen und Rö­ mern über. Wie zu MegastheneS Zeit, ist auch heute noch der. Bengalische Tiger in den Sunderbunds des Bengalischen Golfes der gefürchtetste, der ungebändigtstez selbst vom Schiffe33), oder dem Boote aus, das zwischen den bewaldeten Canälen hindurchschiffen muß, nur etwas Brennholz am schlammigen Ufer zu schlagen, ist ihrer Ueberfälle wegen stets gefahrvoll. Doch läßt sich der Zudrang der Pilgerschaaren24), die zu vielen Tausenden dort vordringen, um ihre Ablutionen an den Gan­ gesmündungen zu machen, nicht von da zurückschrecken, trotz dem daß viele von ihnen jedes Jahr zum Opfer werden, theils durch die zahllo­ sen Alligatoren, die sie ins Wasser ziehen, oder durch die dreisten Tiger, die sie im Rachen als Deute davontragen; der überraschte Europäer schützte sich wol einmal gegen den heranfpringenden Tiger dadurch/ daß er einen Sonnenschirm gegen ihn aufspannt, vor dem dieser zurückbebt. In dem übrigen Bengalen im Delta um Cossimbazar an der Gangesbifluenz **) sind dagegen die ehedem so zahlreichen Schaaren der Ti­ ger und Leoparden schon, durch die Cultur und Populirung des letzten Jahrhunderts, fast gänzlich vertilgt. Für jeden ausgewachsenen Tiger-

21) Varro ed. Bip. 1788. I. p. 29. ") W. Ainslie Matciia lud, Vol. II. p. 479. 2S) J. Crawfurd Emhassy etc. Lond. 1828.4. p. 3. 24) Vic. Valentin Voy. ed. 8. Lond. 1811. Vol. I. p. 30. ") ebend. p. 49.

698

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 108.

topf zahlte daS Gouvernement 10 Rupien, für den Leoparden die Hälfte; ein schon im Jahre 1603 ausgezahltes Capital von anderthalb Lak Ru­ pien (30,000 Pfd. Sterl.) hatte sich wol wie wenig andere verinterefsirt. In SylhetS und DschittagongS (Asien IV. 1. S. 393, 420) öst­ lichen, wie in Gondwanas westlchen Wäldern vom Gangesdelta, hat der Tiger noch die Obergewalt über den Menschen, wie in den schwach bevölkerten kleinen Ortschaften der Gonds, denen die Feuerwaffen noch fehlen, und die nur ihre Götzen zur Rettung gegen diesen ihren grim­ migsten Feind, als die beste Schutzwehr, anzuflehen wissen. Im westli­ chen Indien in Rajasthan"), glauben die durch den Wahn der Metempsychose bcthörlen, fest daran, daß der Tiger, den sie „den Herrn des schwarzen Felsen" nennen, ihr Vetter oder irgend die Jncarnalion eines Raja sey. Er falle, wähnen sie, deshalb keinen Menschen an, und geschehe dies auch, so reiche der Ausruf „Mamu," d. i. „Oheim! ich bin dein Kind, laß mich," schon hin, ihn zurückzu'cheuchcn. Die so häufigen Beweise vom Gegentheil können den alten Aberglauben nicht vertilgen, wie I. Todd aus eigener Erfahrung nach­ messet s. ob. S. 492, 493, 494, 510). An allen schissreichen, waldrei­ chen Strom- und Mcercsufern Indiens, wie in Orissa (s. ob. S 538), ist der Tiger zu Hause. Dem Löwen im Kampfe gleich, überwindet er den einzelnen Elephanten, wie das Krokodil, und der Düffel ist seine liebste Beute. Im Schilf lauert er auf, fängt mit"dem ersten Sprung, oder kehrt beim Verfehlen in sein Dickicht zurück. Wie die Katzenarten klettert er auf Bäume, ist listig, blutgierig, grausam, zerreißt seine Deute, frißt so lange sie zuckt und säuft gierig das Blut aus. In den menschenleeren und größtentheils verwilderten Gegenden De­ kans ist der Tiger dieselbe Geißel der Menschen, wie in Gondwana und den SunderbundS. Aus dem bevölkerten und eultivirten Coromandel scheint er gänzlich zurückgedrängt, auS Ceylon ist er, nach Cordiners und DavyS einstimmiger Beobachtung, gänzlich vertilgt (f. ob» S. 143), wie der Wolf aus England; aber in Malabar und auf dem Plate an lande desto furchtbarer durch seine Zerstörungen. Im Waldsaume, am Fuß der Nila Giri, ist er recht eigentlich zu Haus, ausi die größeren, kühleren Höhen von Utakamund verirrt er sich nur selten, dem Wild nachsetzend, als Streifling (f. Asien IV 1. S. 963, 979, 984 ♦ Aber durch ganz Maißoore, das bergige Malabar, Tulava, bis zum Tunghubudra und Kistna hin, hat ihn "Fr. Duchanan**7) als einen wahren Zerstörer der Population ken­ nen gelernt. Alle jene schwachen, rohen Bergvölker ohne Feuerwaffen,

**) J. Todd Annals of Rajastlufn etr. Lond. 1832.4. Vol. II. p. 617* *7) Fr. (Biiclianaii) Hamilton Journey I. c. T. I. 163. II, 11, 61» 96, 118, 127, 168, 247. 111. 64, 74, 189, 210, 304, 383,425,427.

Das Tiger» Land in Dekan.

699

wie die Curubaru, Toreas, Eriligaru u. a. (s. Asien IV. 1. S. 932, 934), haben kein anderes Mittel, als Fackeln bei nächtlichen Expeditionen oder Feuerbrände, um ihre Dörfer, ja selbst in ihren elen­ den Holzhütten, um vor den zahllosen Tigern sich zu schützen; die Dorn­ hecken, welche alle Dorfbewohner dort um ihre Wohnungen zur Schutz­ wehr anpflanzen, reichen nicht immer hin, die hungrigen Bestien zurückzuhaltcn. Aus einer einzigen unglücklichen Ortschaft Cancanhully, nahe Seringapatam, deren Verschanzungcn durch Hyder Ali zerstört wa­ ren, hatten die Tiger, als Fr. Buch an an sie besuchte, während der zwei letzten Regierungsjahre dieses Tyrannen allein 80 Bewohner aus der Mitte ihrer elenden Hütten als Beute weggeschleppt und aufgefressen. Viele zerstörte Ortschaften und Ruinenhaufen waren ganz von Menschen verlassen, und die Lager der Tiger geworden. Andere Gemeinden suchen sich durch Erbauung ihrer Hütten auf Berghöhen und schwcrzugängliche Klippen zu sichern. Aber die Völkerschaften, die nur von den Waldproducten leben müssen, wie in (Surg, Travancore u. a. O., kön­ nen in diesen Dickichten, wie z. B. beim Einsammeln des Sandelholzes, ihren Ucberfällen gar nicht entgehen; die niedrigen Hirten -Casten mit ihren schutzlosen Heerden sind am übelsten dran, so die GoalaS (d. i. Kuhhalter, f. Asien IV. 1. S 896) und andere; denn sie müssen bei Mangel an Feuergewehr mit ihren Hunden und Feuerbränden in be­ ständiger Hut vor ihren Verfolgern seyn, und sehr häufig wird ihnen die ganze Heerde zu Grunde gerichtet. Die unglücklichen Mütter, wenn sie von ihren Männern verlassen und ohne allen Schutz sind, setzen ihre unmündigen Kinder als Opfer den Tigern in den Wald, und hoffen da­ durch ihre Errettung; die Yogis oder Büßenden an ihren Stationen und Wallfahrtsorten, wie am Cavety Wasserfall (f. ob. S. 286), ver­ trauen ihr Schicksal der Heiligkeit des Ortes. Auf den großem Land­ straßen , welche durch Wälder und Schilfdickichte gehen, werden diese ausgehauen, und jährlich an den Rastorten niedergebrannt; wo aber dies unterbleibt, nimmt sogleich die Domaine der Bestien wieder überhand. Selbst in der Umgebung der Capitale Seringapqtnam war das ganze Plateauland, nach Hyder Alis Falle, der stets einige angekettete Tiger") an fetixr Palastpforte hielt, den gräulichsten Zerstörungen die­ ser Thiere unterworfen; aus dem verödeten Tulava schleppten sie die Rei­ senden von den Landstraßen hinweg. Erst im Norden, gegen die wald­ losem, offenem Mahrattengebiete, waren sie mehr verloschen, und am bebauteren Tungubudra ziemlich verschwunden. Noch weiter nordwärts, wo der mohammedanische Bahmuniden König, Mujahid Schah (reg. 1375 — 1378), wie ein Heros, einst ") Vic. Valentia Trav. I. p. 439. Sprengel Leben Hyder Alys Th.I.

S. 72 Not.

700

Ost-Asien. Vorder-Jndien. IV. Abschn. §. 108,

einen gewaltigen Riesentiger mit einem Pfeilschuß "") das Herz durchborend erlegte, und dadurch den schwächeren Hindus zum Schrekken ein böses Omen ihrer baldigen Besiegung ward, sind gegenwärtig diese Riesenthiere verschwunden; in den Wildnissen am Nerbuda, in Malwa und Mewar, zumal aber in Guzurate, kehren sie wie­ der. Tigerkämpfe mit Büffeln und Elephanten in Lucknow, hat Lord SBolentia 30) beschrieben, sehr merkwürdige Tigerjagden am Ganges (1784) I. Forbes ") u. A. Bei Agra wird auch aus AkbarS Leben eine Ritterthat erwähnt, als ihm das Weibchen eines königlichen Tigers quer über den Weg lief. Sogleich spornte der Kaiser sein Pferd darauf los; mit einem Schwertstreich zerhieb er die Lende, und streckte das Unthier zum Staunen seines Gefolges zur Erde, das voll Freude herbeieilte den Steigbügel des Herrschers zu küssen, und Gott für die wunderbare Rettung zu danken (im I. 1561)"). Jetzt möchte dort eine solche That wol nur selten vorfallen können. In den West-Ghatsind die Tiger noch häufig, selbst auf den vorliegenden Inseln, auf Salsette"), sind sie keineswegs ausgerottet, selbst zahlreich, gefährlich, wenn sie auch dir größere Menschengesellschaft meiden, und im I. 1626, nach Hebers Bericht, zwischen Sonnen Auf- und Untergang nicht ge­ fürchtet wurden. In den Berg- und Waldwildniffen um Baroach, am Golf von Cambay und Guzurate, schildert sie I. Forbes") fast eben so groß und wild wie in den Sunderbunds am Ganges. Die größten daselbst maßen 14 Fuß Engl, von der Nasenspitze bis zur Schwanzspitze, sie hatten bis zur Schulter 4 Fuß Höhe, und eine Tatze 26 Zoll Umfang. Mit 2 Jahren sind sie ausgewachsen. Nur der Hun­ ger macht sie kühn und ins Freie gehen, sonst bleiben sie im Hinterhalt und fangen durch List ihre Beute. Ohne die große Furcht dieses Thie­ res vor dem Feuer würde kaum eine Communication im Lande möglich seyn, da man den größten Theil des Jahres nur des Nachts reifen kann, und die Posten (Dawks) durch ganz Indien nur durch Fußgänger be­ dient sind. Die beiden, welche das Felleisen des Nachts durch die Wäl­ der tragen, würden ohne ihr Geleit von Lanzenträgern und einem oder zwei lärmschlagende» Trommlern nie sich er. seyn; an den gefährlichsten Stellen kommen Nachts noch einige Fackelträger hinzu» Dennoch erlebte I. Forbes, daß an den beschwerlichen Flußübergängen des GumeahStromes, in Guzurate, während 14 Tagen diese Briefträger doch fast immer weggeschnappt wurden; einmal wurde das Felleisen vom Tiger erbeutet statt des Menschen, der sich rettete; aber desto grimmiger kehrte

,2e) Ferishta Hist. ed. Briggs T. II. p. 331. ,0) Valentia Trav. I. p. 159. 3I) J. Forbes Orient. Mem. Vol. II. p. 489—495. S2) Ferishta Hist. 1. c. T. II. p. 207. **) J. Forbes Orient. Mein. T. I. p. 428; B. Hoher Narrative Vol, III. p, 97. ") J. Foibes Oiient. Mem. T. 11. p. 282.

Das Tiger-Land in Guzuratr.

701

er kn der nächsten Nacht zu derselben Stelle zurück, und schleppte selbst einen der Fackelträger mit fort. Die Gefahren bei Truppinrnärschen und in Feldzügen sind daher in Indien eigener Art; in einer Nacht wurden von I. Forbes Corps drei Schildwachcn von Tigern gefressen und unzählige Nachzügler werden stets eine sichere Beute der Tiger; ihr Hunger spornte sie an, selbst aus der Mitte von Reiterhaufen sich ihre Deute zu holen; I. Forbes se) sahe auf einer Cavalcade bei Dhuboi am Nerbuda, bei Fackelschein, von einem Cavallerietrupp U* gleitet, daß der Tiger sich auf eins der Pferde schwang und mit einem Schlage seiner Tatze das Thier todt zu Boden streckte. Nur vor dem gebahnten Wege hat der Tiger eine gewisse Scheu, auf jedem abirren­ den Seitenwege ist der Mensch wie das Thier durch diese Wegelagerer verloren. Bor Sonnenaufgang, oder nach Sonnenuntergang Lurch Junglcs zu gehen, ist immer gefahrvoll, weil dann diese Thiere vorzüg­ lich auf der Lauer liegen, mit die Katze auf die Mäuse; und aus glei­ cher Ursache muß der Reisende seine Wanderung durch das Land sehr sorgfältig einrichten, um zu gehöriger Zeit sein Nachtquartier in einer sichern Ortschaft, oder wo möglich in einer ummauerten Stadt zu finden. Doch sieht man im Freien meist nur ihre Spuren, sie selbst selten; zwei Tiger zugleich, selbst in den größten Einöden, zu erblicken, ist schon eine große Seltenheit, und nur in den dürrsten Gegenden, bei Wassertiefen, oder an Wasserlachen, lassen sich wol einmal mehrere 3 bis 5 bei­ sammen überraschen. Durch diese sporadische Bert Heilung durch das ganze Land ist der Tiger überall drohend für den Bewoh­ ner. Nur mit der Lichtung der Wälder, der Austrocknung und dem Anbau des Bodens, mit der Zunahme der Bevölkerung geht das Ver­ löschen der Tigergeschlechter gleichen Schritt. Daß die wildeste und grausamste der Bestien durch die Angst zahm werden könne, davon giebt Ferishta an der Küste") der Schiffbrüche von Guzurate ein in­ teressantes Factum aus dem XI. Jahrhundert. Eizuddin Hussein, der spätere Fürst von Ghur, kehrte von einer Seereise aus dem südli­ chen Indien zurück, und litt hier Schiffbruch. Sein Vater, ein reicher Kaufmann, ertrank neben ihm; er rettete sich auf eine Schiffsplanke, und an diese klammerte sich ein Tiger an, der auf dem Schiffe gewe­ sen war. Beide wogten auf dem Wasser fort, und würden beide nach drei Tagen ohne sich verletzt zu haben an das Ufer geworfen und beide gerettet. Aus den obern Gegenden des Gangeslandes ist der Tiger durch Cultur, Kriegsleben und Ausrottung der Wäl­ der und Schilfuugen fast ganz verschwunden, im Duab, zwischen

") J. Forbes Or. Mern* III, p. 89. *•) Ferishta Hist. I. c. ed. Briggs I. p. 164. ,T) J. Forbes Royle Illustrations of Botany etc. of the Himalayan Mountain etc. Lond. 1833. Fol. P. 1. p. 11#

702 Ost-Asien. Vorder-Indien. IV. Abschn. §. 108, Jumna und Ganges, kommt er gar nicht mehr vor, aus dem ebenen Walddistricte am Nordufer des Ganges, wo er ehedem sehr häufig war, ist er durch die jüngste Cultur fast gänzlich verdrängt; in der Waldzone der Vor ketten des höhern Himalaya in Sirmore, Hurdwar, Kemaun (f. Asten II. S. 851, 913, 1037) ist er aller­ dings mit dem Elephanten noch Jagdthier geblieben, aber auf dem Südufer des Jumna um das freiere, dürre, offene DelhiLand, fehlt er schon gänzlich, und hier ist es, bis wohin, in die anliegende Sandwüste zum JnduSlande, jenseit Hansi und Hissar Feroze (s. Asten IV. 1. S. 570) im N.W. von Delhi sein westlicher Nebenbuhler als König der Thiere, der Guzuratische Löwe'") vom Indus her seine Streifzüge fortsetzt, um dort die Nilgaus, die Antelopen und anderes lechzendes Wild an der bewässerten Wüsten gränze zu ergreifen. Am Ufer des Indus, den neuerlich A. Burnes von der Mündung bis Lahore beschifft hat, scheinen hinter jenen Gandwüsten der Ostseite und zwischen den nackten Klippeuwüsten GedrosienS und ArianaS, an der Westseise, mehr die mächtigen Eber, die schon Aristoteles neben dem Löwen für die stärksten Thiere der Schöpfung hält, die Domaine zu behaupten, als die Tiger; diese zeigen fich allerdings auch noch imPendjab, woDurnes") die größte Kühnheit der SeikS auf der Tigerjagd zu bewundern Gelegenheit hatte; aber eS scheint doch, daß ste dort im Lande der Passage, der ewigen Truppenmärsche und dauernder Fehden xf. Asten IV. 1. S. 452 re.), durch alle Jahrhunderte, mehr als anderswo in Indien stets aus ihren Hinterhalten vertrieben viel zu sehr geschwächt find, um noch durch ihre Zahl wie anderwärts im Lande drohend zu seyn. Die einzige neuere Nachricht von ihrem Vorkommen auf der Westseite des Indus giebt unS Elphinstone**4),* t>er das Solimangebirge, im Süden Kabuls, als die westliche Gränzkette der Indischen Tigerländer bezeichnet. Wir hätten hiermit die ganze, große, ostasiatische VerbreilungSsphäre des königlichen Raubthieres, nach seiner Naturheimath und eigentlichen Domaine, als Bengalischer Tiger, mit sei­ ner Wandersphäre und seinen isolirten, übriggebliebenen Colonisationen und Zerstreuungen, und dem theilweisenVerkümmern und Verlöschen seines Geschlechtes, welches durch die fortgeschrittene menschliche Civilisation und die absichtliche Ausrottung herbeigeführt wurde, in ihren Hauptmomenten thatsächlich zusammengefaßt; eS bleibt uns'noch die feines Nebenbuhlers des Guzuratische» oder Asiati,,s) J Forbes Royle Illustrations of Botany etc. I. c. p. 6. **) Al. Burnes Travels into Bokhara Lond. 1834. Vol. III. p. 141, 4°) Mountstuart Elphinstone Account of the Kingdom of Cabul. London 1815. 4. c. VI. p. 141.

Das Löwen-Land in Asien.

703

schen Löwen und sekncS Einflusses auf denselben Erdtheil nachzu­ weisen übrig. 2. Die Derbreitungssphäre deS Löwen (Felis leo, Singha im. Sanskrit) nach seiner ältesten u nd gcgenwärtigen Naturheimath, nach seinen Verkümmerungen und Vertil­ gungen. Sein Verhältniß zur Mythe und Kunstgeschichte der Völker. Die Vertheilung der Thierg eschlechter über den Erdball hat ihre oft noch unerkannten Eigenthümlichkeiten, gleich denen der Pflanzenarten, nach Breiten wie nach Längen (f. Asien IV. 1. S. 829 , wodurch gewisse Limitationen und Gruppirungen der Produktionen entstehen, tye nur aus geographischen Untersuchungen hervortreten können. Wir haben schon früher im Birmanenlande der Hinterindischen Halbinsel darauf aufmerksam gemacht (f. Asien IV. f. S. 258), daß eS daselbst sehr viele Arten bc6 Felis Geschlechtes gebe, wie den königlichen Tiger, den Leopard, mehrere wilde Katzenarten u. a.; daß dagegen dort der gänzliche Mangel des Orenis-Ge­ schlechtes hervortrete, obwol Hindostan so benachbart ist, wo dagegen dieses Geschlecht doch so allgemein verbreitet sich zeigt, ß. B. der Hund selbst, der von den 13,000 Fuß hohen Plateauflächen Dankhars, am Spiti-Fluß, wie überall vom heerdenreichen, hohen Lüdet (f. Asien II. S. 623, 723, III. S. 236), als Hirtenhund hinabsteigt in die tiefern Indischen Landschaften bis zu den Kuhhaltern, den Goa las"') (Asien IV. 1. S. 896, in der Südspitze Dekans; in Hinter-Indien als solcher aber nie erwähnt ist, der zugleich auch wild umhcrstreifend in Vorder-Zn dien von Nepals Thälern (Asien III. S. 58) durch die Vindhyan- und Ghat-Ketten in Koppeln nach Wild umherjagt, und seit kurzem erst als Kolsun (Canis primaevus) in Kurg, Malabar und auf den Nila Giri (Asien IV. I. S. 728, 924, 986), wie, als O.y o oder D olia, in Gondwana und Orissa entdeckt ist e und Sonne von Iran,"'") ein sehr altes Sinnbild, das auch auf persischen Mün­ zen geprägt ist. Der Löwenorden ist cs, den heute der Perserkönig am Nurusfeste vertheilt, wo in den Thiergefechten dieses Tages auch Löwen als Kämpfer auftreten, die als gute Omina für die Perser-Monarchie dann jedesmal den Sieg davon tragen müssen. Aber vorzüglich nur der heiße sandige Strand am Persergolf bei Abufchehr im Süden, herbergt heute noch die meisten Löwen in Persien, wie der waldreichere, sumpfigere von Mazanderan in Norden die meisten Tiger, daher wol eben dort die Löwen fehlen. Der Landesmitre PersienS scheinen beide Raubthiere gänzlich zu fehlen. Die Gegend um den Hauptlandungshafen Abufchehr wird daher „Maaden i Shir," die Mine oder die Heimath der Löwen genannt, und mit jungen Löwen, die man daselbst noch einfangen kann, macht der dor­ tige Gouverneur seine Geschenke Aber in ganz Persien ist der Löwe Symbol; nicht blos in den Trümmern der großen Stadt Deris **) zwischen Abufchehr und Cazerun im Berglande, liegen die Grä­ ber im dortigen Todtenfelde voll Denkmäler mit Löwen figuren ge­ ziert, auch zwischen Jsp ah an und Teheran76), und schon Dr. Z. Fryer (1680; fand dieselben zwischen PersepoliS und Jspahan") zerstreut, und hörte, sie bezeichneten Männer, die in der Kraft ihrer Jahre gefallen seyen. Me die Gräber der Thebaner, die in der Schlacht gegen Philippus fielen, mit Löwen bild ern geschmückt wurden, ihren Heroismus zu bezeichnen (Pausanias Boeotic. 40.), so bemerkte auch Niebuhr denselben Gebrauch anderwärts in Persien "), und hielt ihn daselbst, den Denkmalen nach zu schließen, für sehr alt. W. Ouseley meinte, er stamme wol nur erst als mysteriöse Anspielung auf Ali, dm die Perser als „ Shir i K huda," d. i. „der Löwe Gottes," verehren, aus dem ersten Jahrhundert der Hegira ab. Aber die Lö, wenornamente, die Löwenkämpfe, der Löwenheros, sind ja aus weit älterer Zeit; auf allen Sculpturen aus der SafsanidenP er io de sind Löwenköpfe das Hauptornament der Pferdegeschirre ii, s. w. Auf den Monumenten von PersepoliS sind jene beLannt genug, und der Löwen kämpf mit dem Bullen allein wieder­ holt sich daselbst viermal als Relief an der großen Treppenflucht. 8bwen ") sind die Ornamente des Frieses in dem großen quadratischen ,74) W. Ouseley Trav. London 1819. 4. Vol. I. p. 184, 187; UL p. 338. ") ebend. Vol. !. p. 270. Vol. III. p. 565 Not. ") ebend. III. p. 83. 17) J. Fryer New Account etc. London lol. 1698. p. 258. ") Niebuhr Neise Th. II. p. 143. ") Kor Porter Voyage Vol. I. p. 594. Tab. XXXIV.

713

Das Löwen- Land in Iran.

Audienzsaal über dem Relief, das den König auf seinem Throne dar­ stellt, dieser Thron ruht auf Löwenfüße n und die Sockel der Säu-' len zwischen denen der Thron steht, sind Lövenfüße; der Martichoras am großen Portal hat den Löwenleib u. s. w.

Dieses

durchgehende Symbol und Ornament einer ganzen heroischen Volksge­ sinnung in jener Periode, scheint kaum anders denkbar, als bei einem wirklich einheimischen Leben und nach glücklichen Kämpfen mit dem König der Thiere, aus welchem der Memch als Heros siegend her­ vorging, und die Tropäen feines mächtigen, stolzen, aber nun verlö­ schenden Gegners, triumphircnd zum Symbol feiner eigenen Herr­ lichkeit

erhob.

Die

Nebenbuhlerschafr des

Löwen

mit dem

Menschen, um die Herrschaft der Erde, rnd feine Besiegung, sein früheres Zurücktreten im heroischen Zeitalter durch ganz West­ asien, stehen wol in genauester Verbindung mit dem dort höhcrn Adel der Völkergcsinnung und geistigern Entwicklung, während derselbe Löwe durch den größern Theil von Afrika seine Herrschaft behauptete und kein Nationaltriumph dieser Art unter den süd-Asrllanischen und Aethiopischen Völkern gefeiert werden konnte, so wenig wie in Ostasien über den all­ gemeinen, grausamsten Tigerfeind, der noch bis heute den Menschen mit Vernichtung bedroht.

So lange die Völker noch im täglichen Kampfe

mit den Bestien liegen, bekleiden sie sich" mit ter wirklichen Tiger- und der Löwenhaut, wie Herakles bei den Griechen; wie die wilden A e t h i opischeu und Nubischen Krieger 8°) au6 Xerxes Heere auf den Sculpturen zu Persepolis beim Festzuge die einzigen sind, die sich noch in Löwenhäute hüllen, während die Vertilger dieses Raubthieres längst schon in Medisches Gewand gekleidet oder in künstlicheren Rüstungen mit dem Löwenornamente einhergehen. Dieselbe Erscheinung zeigt sich in Syrien, Palästina, Grie­ chenland und Aegypten, wo der Mensch als Sieger über den Kö­ nig der Thiere sich stolz frühzeitig emporhob, und diesen als Symbol, Tropäe oder Ornament in seine Lebensverhältnisse aufnahm.

Wenn auch

heute noch an den Schilfufern des untern Euphrat und Tigris hie und da Löwen8') sich zeigen, und mitunter nicht fetten sind, wie zur Zeit, da dort der Prophet Daniel unter Darius in

die Löwengrube (VII.

7—16) geworfen ward, so ist doch das übrige benachbarte Land davon gänzlich befreit.

Schon der Naturforscher Hasselquist92) sagt: der

Löwe ist gegenwärtig nicht mehr in Syrien, nicht in Palästina; noch wett wichtiger ist BurkhardtS88), des erfahrensten Reifenden

,0) Hcrodot VII. c. 69; vcrgl. Heeren Zdeem Th. I. 1. S. 266; Niebuhr Reisen Th. II. S. 13 81) Russell History i>f Aleppo Vot. II. i). 190 etc. 82) Hasselquist Reise' nach Palästina (1749 bis 1752) Rostock 1762? 8. 2. Abty. S. 5631.

•*) J. L. Burk-

714 Ost-Asien. Vordcr-Indien. IV. Ab sch n. §. 108. Zeugniß, der Jahrzehende lang in Vorderasien als der aufmerksamste Beobachter umherwandcrte und daselbst ganz einheimisch genannt wer­ den muß In ganz Syrien von Damaskus zum Libanon nordwärts und südwärts durch das ganze Jordanthal, bis Petra, und westwärts bis Cairo am Nil, sahe er keine Spur vom Löwen; und nur zwi­ schen Suez und dem Sinai, wird er durch den Djebel Leboua, den Berg der Löwin, daran erinnert, daß sie hier einst Hausen mochten. Auf der ganzen Reise durch Arabien, wo einst Agatharchides"*) gering behaarte Löwen mit goldgelben Mähnen nannte, sahe er nie eine Spur vom Löwen, und bemerkt ausdrücklich, daß da, wo man sie noch zu­ nächst gegen die Afrikanische Seite hin etwa vermuthen sollte, im Bergla-de Johran südwärts von Mekka, nach Pembo und. gegen Sanaa hin, keine Löwen sind, wenn auch andere. Raubthiere. Wie stimmt dies mit den Nachrichten des Alten Testamentes, fragt schon Hafselquist, wo das dortige Land so löwenreich erscheint; wo, kann man sagen, die Aramäische Sprache") so reich an charakteristischen Namen für den Löwen (Sabbe im Arab., Ari, Arjeh im Hebräi­ schen der Jerreißer der Beute, nach Gesenius, Gur Arjeh als Junges, Kephir als raubfähiger Löwe, Labi, Lebija die Löwin u. s w.) ist, wo jeder seiner Zustände seinen eigenen Namen erhalten hat (z. B. Schach al der brüllende, Lai sch der starke u. s. w.). In der ältesten Periode war Kanaan löwenreich, als der Erzvater Jakob int Abschied von seinen Söhnen vom tapfersten sagen konnte: „ein junger Löwe ist Juda" (1. Mos. Cap. 49. 9), der später von Sieg und Eroberung satt, dahin gelagert und gefürchtet seyn wtkd, von dem das Scepter Juda nicht wird entwendet werden. Damals, im he­ roischen Zeitalter, kämpfte der Mensch noch mit dem König der Thiere, der es darum war, weil er keinem andern Thiere unterlag (Sprichwört. Salomon. XXX. 30), und darum auch als solcher aner­ kannt ward. Aber Helden, wie Simfon zu Thimnath, der Hirte Da­ vid bei Bethlehem und Andere, erlegten den Würger ihrer Heerdm (Richter XIV. 5; 1. Sam. XVII. 34); wieder Andere, selbst Prophe­ ten (1. Kön. XIII 24, XX. 36) wurden dagegen von ihm zerrissen. Seine Lagerstätten hatte er im Waldgebirge des Libanon und Hermon (Hohes Lied IV. 8), wie am Uferwald des Jordanthales, in wel­ chem Zacharias die jungen Löwen brüllen (Zacharias XI. 3) hörte, aus welchem Jeremias sie hervorsteigcn sahe (Jercm. 1L. 19). Saul haid Travels in Syria (1810) Lond. 1822. 4. p. 483; dess. Tra­ vels in Arabia (1814) Lond. 1829, 4. Vol. II. App. 449. Kx Agatliarchide de Rubro Mali ed. Hudson Oxford 1698. 8.

p. 49. ") E. Fr. K. Rosenmüller Handbuch der biblischen Attertbumskunde. Leipzig 1830. 8. Th. IV. % Abthcil. S. 111 biS 134.

Das Löwen-Land in Palästina.

715

und Jonathan, schneller als Adler, waren auch stärker als Löwen (2. Sam I 23). Absalon hatte ein Löwenherz (2. Sam. XVII. 10)5 Davids und Salomos Herrscherthron ruhte auf goldenen Lö­ wen. Ihre Zahl war noch groß genug um neue Helden zu erzeugen; in dem durch Assyrier entvölkerten Berglande SamariaS wurden die neuen Colonisten durch Löwen erwürgt, die dort in der Verödung über­ hand genommen (2. B. d. Kön. XVII. 25), selbst die Städter Jerusa­ lems sahe Jeremias durch Löwen bedrohen, die aus dem Walde her­ vorbrachen (Irrem. V. 6). Aber späterhin müssen die Löwen auch hier wie in Indien, Persien, Arabien verloschen seyn. Afrika blieb immer reicher an diesen Thieren. Kaiser Decius (reg. 249 bis 252 N. Chr. ©.), sagt das Chronicon Alexander, ad. Ann. 253, habe zur Zeit, da die barbarischen Saracenen im Morgenlande seine östlichen Provinzen des Reiches in Syria und Mesepotamia bedrohten, Löwen und Löwinnen aus Afrika nach Arabia und Palästina bis zum Circesischen Castrum am Euphrat verpflanzen lassen, damit sie sich dort vermehren sollten, wahrscheinlich, meint Re land "), um die Heerden dieser feindlichen Beduinenvölker, ihre einzigen Subsi­ stenzmittel, zu zerstören. Sollte aus dieser Ieit noch die so zahl­ reiche Menge der Löwen herstammen, die Ammian Marcellin, ein Jahrhundert später (359 n. Chr. G.), eben dort, auf den Feldzü­ gen unter Constantius und JulianuS in Mesopotamia bei Carra (Carrhae) in den Schilfwaldungen an den Flußufern vorfindet, von denen er meint, wenn nicht andere Plagen sie schon aufgerieben, so möchte ihre Unzahl von da aus wol sich wieder über den ganzen Orient verbreiten tonnen ®7). Die milden Winter, meint er, gestatteten ihnen eben dort das bequemste Asyl. 'Mit der Löwenfülle jener Zeit ist die Gegenwart im Euphratthale nicht zu vergleichen; doch sind diese Raubthiere hier, nicht so gänzlich erloschen wie in den Nachbarländern. Aegypten und Griechenland. Der Libysche Löwe geht durch.ganz Afrika, westwärts durch das thierreiche (y &riQio)öriq iotl stifivrj, Herod. IV. 181.) Land bis zu den Säulen des Herkules und durch das weite Gaetulia (Plin. H. N. V. 1 , VIII. 21.) bis zum Marokkanischen Atlas "); süd­ wärts durch die Mitte im Norden ••) und Süden e0) der Sahara, und von Congo und Angola 01) bis zum Cap der guten Hoff-

Bl) Hadr. Reländi Palaestina ex Monumentis veter. illustr. ed. Norimbergae 1716. 4. p.71 (prior ed. p. 97). ,T) Ammiani Marcellini Rer. Gestarum Lib. XVIII. c. 7. $. 4 — 6. ••) Höß Marokko p. 290; Jackson Account of Marocco p. 86. •9) Labat nouv. Relat. de VAfrique occid. II. p. 13. °°) Mungo Park Trav. p. 194, 208. el) Cavazzi b. Labat Relat. bist. 4c l’Ktbiopie occid. I. p. 164.

716 Ost-Asien. Vorder-Indien. fV.Abschn. §.108. nung ®*2)* zu Kaffern und Hottentotten (f. Lichtenstein, Shaw, Bruce u. A.). Aber auch im nordöstlichen Afrika verdient es gegen die sehr allgemeine Meinung hervorgehoben zu werden, daß der Löwe keines­ wegs mehr häufig ist. Don Tripolis über Murzuk wie Lyon (1819) ®8) fanden auch Denham und Clapperton bis Bornu (1823) ") keine Spur vom Löwen, und keinen der Eingebornen, der ihn gesehen hatte; erst zu Kuka, am Tschad-See (unter 14° N. Dr), erblickten sie den ersten jungen Löwen, der ihnen zum Verkauf angeboten wurde, und dies war der einzige auf ihrer ganzen mehrjähri­ gen Wanderschaft, wo sie so vielm Elephanten, Panther, Büffel, Hyä­ nen, (Straffen und anderem Wilde begegneten, von dessen Daseyn sie sich überzeugten. E. Rüppell, der hochverdiente Forscher Libyscher Land­ schaften, nennt den Löwen nirgends in Kordofan oder bei den NudaS ®*), ja in dem Wörterverzeichniß der 7 Nuba-Sprachen in Kordo­ fan und am Bahher Abiad wird fein Name unter den vielen Thiernamen nicht einmal mit aufgeführt. Der scharfsehende Entdecker von Darfur, Browne ®6), sahe daselbst keinen Löwen, weder gezähmt noch wild; man erzählte ihm zwar, es fänden sich dort Löwen und Leopar­ den, sie näherten sich nur den bewohnten Gegenden nicht; wir zweifeln, daß sie dort überhaupt vorkommen, denn auch Burkhardt®7)(1814) hörte in Nubien nichts von Löwen. Zn keiner dieser offenen Libyschen Landschaften sind schützende Wälder an Strömen und' Wassern, die zum Asyle der Löwen nothwendig scheinen. Ein Habeffinischcr König auS dem XVi. Jahrhundert, in einem Schreiben an den Pabst, das Alvarez (1520, ") mittheilt, rühmt sehr charakteristisch seine Sicherheit, wenn er sagt: „ich stehe unter meinen Nachbarn, wie ein Löwe im Dik„ kicht des Waldes, und bin allen Mohren und Heiden, die umher mich „anfeinden, gewachsen;" aber auf dem Abyffinischen Hochlande selbst scheint auch der Löwe zu fehlen, und er mußte dies Gleichniß aus seinen Umgebungen nehmen. Im Aegyptischen Nilthale ist er seit Menschengedenken nicht einheimisch, und nur zuwejlcn soll er nach Hasselquist ®®) an der libyschen Seite aus dem Innern Afri­ kas erscheinen; kein Autor von Herodot an, der dem alten Aegypten schon eine glückliche Armuth an wilden Thieren zuschreibt (Heiodot. II. "2) Asiatic Journ. 1825. Vol. XIX. ,>. 646. ••) Capt. G. F. Lyon Narrative of Travels in Northern Africa etc. Lond.4.1821. On the Fauna of Fezzan p.272. °4)* Denham and Clapperton Narrative of Travels and Discoveries (1822 — 24). London 1&26. 4. p. 50, 69. •*) Dr Ed. Rüppell Reisen in Nubien, Kordo­

fan rc. Frankfurt a. M. 1829. 8. S. 161,370 u. f.

®6) W.G.

Browne Travels in North. Africa London 1799. 4. p. 259. ®7) Burkhaidt Travels in Nubia. Lond. 1819. 4. •*) Fr. Alvaiez in Histoiia de las Cosas de Ktiopia etc. Kn Anvcrs 1557. 8.

p. 435.

9*) Hasselquist Reise a. a. O. S. 563.

Das Löwen-Land im Nilthale.

717

65.), nennt ihn dastlbst so wenig als den Elephanten; aber darum blieb er ihnen nicht, wie dieser, etwa fremd (s. Asien IV. l. S. 905). DaS Löwensymbol, die Löwenhieroglyphe, das Löwenbild im Tempel und das architectonische Löwenornament tritt hier überall im Lande der ältesten Cultur hervor;

die treffliche Darstellung der Lö-

wcnjagd in Thebäs Pallast (Descr. de l'Kgypte anuq. T. II. pl. 9), bemerkt schon v Schlegel 4°°), müsse wol an Libyens Gränze gedacht werden, und da Aegyptische Könige wol eher Löwen in ihren Menagen rien halten konnten a!S Elephanten, so sey die schöne Zeichnung und daS große Studium dieses Thieres in ihren Kunstwerken nicht zu verwun­ dern. Den einheimischen Namen des Löwen in Aegypten kennen wir frei­ lich nicht, und das L der phonetischen Hieroglyphe durch einen Löwen, Loboi im Koptischen, von Labi im Hebräischen, führt uns nur auf ei­ nen Semitischen Ursprung ') zurück.

Höchst wahrscheinlich ist es je­

doch, daß in den primitiven Zeiten, vor der Glanzperiode der Pharao­ nen, auch der Löwe dennoch einst, wie im Jordanthal, so auch im früher noch minder bevölkerten Nilthale,

zu dem noch keine Geschichte

zurückreicht, einheimisch gewesen, weil er sonst kaum als heiliges Thier so ganz in die Symbolik der Aegyptier *) als Natur und Son­ nengott im Löwenzcichcn, als Nilfluth, als Feuer u. s. w. hätte ver­ flochten werden können.

Der Löwe war Hieroglyphe für das Wasser

in Aegypten, sagt Plutarch (Symposiac. Lib.IV. quaest.5. ed.Reiske App. Vol. V. p. 663), weil der Nil am höchsten steht, wenn die Sonne in das Zeichen des Löwen tritt.

Jul. Pollux Onom. VIII. c. 9. nennt

ihn den Wächter der Quellen Xwv *Qqyo. VI. c. 31) mit, denn im Gegentheil würde er, wie schon Bro cchi 4) bemerkt hat, seinen Autor aus früherer Zeit citirt, oder vom Verlöschen dieser Thiere gesprochen haben. Broechi und andere Naturforscher wollen diese Löwen stets nur als Streiflinge gelten lassen, die ihren Weg zufäl­ lig einmal aus Asien nach Europa gefunden, und deren Brut daher nur in dem engen Strich Landes zwischen den beiden Flüssen zurückgeblieben wäre, auch seyen die Winter in Thrakien, Makedonien, Thessalien zu streng gewesen zum dauernden Aufenthalt dieser Thiere, falls nicht daS Clima dort früher wärmer gewesen, wie dies TheophrastS merkwür­ dige Stelle von dessen Veränderung zu Larissa in Thessalien wahrschein­ lich mache (de Causis plantarum Lib. V. c. XIV. (20) §. 2). Aber wir bezweifele dirs nur zufällige Vorkommen als eine verirrte Brut, da durch das ganze Land der Hellenen, freilich in früheren Zeiten, der 40S) Creuzer Symbolik Th. H. S. 231. 4) Brocchi Conchiliolo&U fossile Subappcnnina. Milano 1814. Introd. T. I. p. 41.

Das Löwen-Land in Gracia Löwe verbreitet war, bis in den Peloponnes.

719

Die Mythe des He­

rakles spricht von der Erlegung des Löwen auf dem ParnassuS und inNemea*),

wo man in der Mitte des PeloponnesoS noch die

Höhle des letzteren zeigte;

vom Löwen auf dem Cithäron sprach

nicht blos die Mythe drS Herakles, sondern auch die Sage vom Alkathous • , der nach dem Scholiasten dieses Wild auf Megareischcm Bo­ den erlegte.

Auch hat noch längere Zsit, wie PausaniaS berichtet,

das Waldgxbirg des Olympos,

auf der Gränze von Thessalien

und Makedonien, seine Löwen gehabt, die bort herumstreiften, von de­ nen der unbewaffnete Polydamas 7; zerrissen und die Tropäen eineältern makedonischen Königs, des Karanus, zerstört wurden, was als eine Zurechtweisung für verletzte Nachbarpolitik angesehen ward.

Wie

wäre es ohne diese einstige allgemeinere Verbreitung durch ganz Hellas sonst auch möglich gewesen, daß der Ionische Sänger,

ohne mit

der Natur des Löwen in seiner Heimath, zu beiden Seiten des Aegnfchen Archipelagus, auf das innigste vertraut zu seyn, das Bild dieses königlichen Thieres nach allen seinen charakteristischen Situatiouen so le­ bendig tn sich getragen und meisterhaft hingestellt hätte, daß es ihm an unzähligen Stellen in feinen Gesängen sich aufdrängte, um dadurch den Edclmuth und die Kraft seiner Helden zu verherrlichen.

ES freut sich

MenelaoS (Ilias III. 23) beim ersten Treffen des TrojerS AlexandroS, „so wie ein Löwe sich freut, dem größere Beute begegnet;" Aeneas in der Schlacht (Mas V. 299) bei t>cr Leiche seines gefallenen Freundes „rings umwandelt er ihn, w e ein Löw' in trotzender Kühnheit." Diomedes (II. X. 485

wüthet in der Nacht unter den schlafenden Troern

„so wie ein Löw' antreffend das ungehütete Kleinvieh, Ziegen oder auch Schaafe, mit grimmigem Muth sich hineinstürzt."

Agame-mnon Jl.

XI. v. 113) besiegt leicht die beiden jungen Söhne PriamoS, „so wie ein Leu der Hindin noch unbehülfliche Kinder leicht nach einander zer­ malmt."

Patroklos (XIV. v. 487) ist dem Löwen gleich, der unter

die Heerde sich stürzt, Hektor (XII. v. 4) mit dem Ungestüm deS Or­ kans kämpft wie ein Löwe mit wuthfunkelndem Auge, den der Kreis der Jäger umringt, und den Patroklos besiegt er (XV. v. 823), „wie dem gewaltigen Eber der Löw' obsiegt im Angriff,"

und Achilles selbst

XXIV. v. 41), nach Apollons Klage, „wie ein Bergleu denkt er nur Wildheit."

Die prachtvolle Stelle in der Ilias XX, 164., wo der vom

AeneaS gereizte Peleide mit dem zürnenden Löwen verglichen wird, und unzählige andere in dcr Jliade, wie in der Odyssee, lassen mit den

am

*) Pausanias Attica (!.) c.27 §.9. Corinth. (II) c. 15 §. 2. •3 Pausanias Attica (I.) e.4l. §.4. cf.. Scliolia Apollon. Rhod. L. 1. v. 517. 7) Pausanias Kliaca (VI.) c. 5. §» 3. und Boeotica (IX.) c. 40. §. 4,

720 Ost-Asien. Vorder-Indlen. IV. Abschn. §,108. geführten historischen Zeugnissen nicht daran zweifeln, daß das Löwen­ geschlecht erst durch das Heroengeschlecht der Hellenen, wie der Lydier und anderer Vorderasiaten erlöschen mußte, um durch tye ganze Dolksgesinnung in der Mythe, Religion, Poesie, Seulptur und Architectur zu dem bedeutungsreichsten und erhabensten Symbol zu werden, und zuletzt in ein allgemein beliebtes Ornament überzugehen. Zu je­ nem gehören das Löwenfell des Herakles, der Löwe auf dem Schild des Agamemnon, der Löwe im Thicrkreife, das antike Löwenthor in Mycenä, der colossal ausgehauene Löwe im Marmorfels auf Hymettus 408) am Marathonischen Wege, der Löwenkopf des MithraS, die Löwenbenennung für die männlichen Eingeweihten im Milhrasdienst, der Löwe als Stier­ würger, der überall wasserspeiende 9) Löwenrachen auf Tempeln und Seulpturen', wie der colossale Piräische Löwe und unzähliges Andere, dort entsprossene oder dahin verpflanzte, wie der gebändigte Löwe der Cybele, welcher und wieder vom Thracischen und Mithrischen Pontus durch das Lydischmedische Vorderasien zum Indus zurückführt, wo wir die Bhavani der Hindus, dieselbe Naturgöttin, in ihrer futchtbaren Gestalt, aus dem Feuerauge ShivaS geboren, überall südwärts hinab bis zu den Tcmpelseulpturen auf Mahamalaipur, reitend auf demselben Löwen im Kampfe mit den Dä­ monen erblicken (s. ob. S. 325). Zn Indien ist dieselbe Erscheinung wie in Griechenland sicht­ bar; in den ältesten Monumenten und Dichtungen *°) tritt überall der Löwe hervor, indeß bisher die neuere Zeit gänzlich von ihm ge­ schwiegen. Bis in die äußerste Südspitze Dekan-, wo er jetzt gänzlich fehlt, und selbst auf der Insel Ceylon llj, wo wir gar keine histori­ sche Spur seines einstigen VorhandenfeynS nachweisen können, im abso­ lut monarchischen Staate der einstigen Herrscher von Kandy, galt der Löwe als der König 1$) der Thierwelt, ohne den diese gar nicht gedacht werden konnten. Die uralte Genealogie des Herrschergeschlechtes (Sinha, sprich Singha, d. h. Löwe), wie der Name Sinhala (sprich Singhala, d. i. Löweninsel), ist eng mit ihrer ältesten Sage von ihrer Abstammung und Einwanderung aus dem Löwenlande JambudwipaS, also vom Festlande auf die Insel verknüpft (f, db. G. 64, 221), wo sich alle ls) Rajputen Fürsten bis heute mit dem

40•) Doddwell classical and topographical Tour through Greece. London 1819. 4. T. I. p. 624. ®) F. Creuzer Commcntat. Herod. 1. o. p. 357 Not. 360. ,0).2C. W. v. Schlegel Indische Dibl. Th. I. S. 220. 11) Asiat. Researches A. Stirling 1. c, XVI. p. 268; Chapman Remarks etc. in Transact. of the Roy. As. Soc. of Gr. Br. Vol, IIL p. 486. ") J. Davy Account of Ceylon 1. c. p. 140. ") Hough in Asiat. Research. T. XVI, 1828. Not. p. 277. Tod Annals of Rajastan I. p. 711 etc.

Das Löwen-Land in Indiern

721

Titel deß Löwen (Sing) schmücken, durch ganz Hkndostan, weil dies ihr königliches Geschlecht bezeichnet, bis zum gefürchteten Nunjet Sing, dett König der Seiks, selbst bei den mohammedanischen Regenten, unter denen Hyder Ali der bekannteste ist (Ali hat das Epitheton ASdallah, d. h. Gottes Löwe, und Hyder heißt Löwe)l4). Wenn eS daher weder hier in Ceylon, noch wie im hohen Tübet, dem schneereichen Lande, wo überall und unausbleiblich ")daSLöwenornüment in die ganze Architectur der Tempel und Paläste bis zu dem des Dalai Lama in H'Lassa Ie) verwebt ist, auch, wie in China, keine Löwen jemals gegeben, so folgt daraus nicht der Schluß, daß das Löwen-Symb o l der Sanskrit Literatur und Kunst darum auch keinen historischen Hintergrund in der Naturgeschichte des Indischen Landes gehabt habe. Im Lande der Birmanen ist dies ein anderer Fall, wo nie ein­ heimische Löwen bekannt waren. Auch die merkwürdige Jnscription der Glocke zu Rangun vom Jahre 1786 (s. Asien IV. 1. S. 173), ent­ hält zwar den Namen Thiha, d. i. der Löwe (verderbt aus dem Sanskritischen Sin ha), aber so fremd und verderbt dieser Name ist, so auch die häufig überall vorkommende Zeichnung des Löwenornamentes. Sehr unbekannt ist der Löwe in ganz Hinterindien Kurz vor dem Ausbruche des letzten Birmanenkrieges hatte der König in Ava eine Löwin zum Geschenk erhalten. Mit dem Anfange der Feindseligkeiten galt eS aber am Hofe zu Ava für ein böses Omen, in der Capitale ein Thier zu haben, dessen Figur in der britischen Flagge abgemalt war. Die Lö­ win l1) erduldete also dasselbe Schicksal, das alle Fremdlinge traf, sie ward eingekerkert und starb. Die sehr nahe liegende, aber ganz allgemein gebräuchliche Metapher der Sanskritschristen, wie z. B. im Hitopa desa, nach W. v. Hum­ boldts Bemerkung, einen Muthigen, den Löwen unter den Menschen zu nennen, die Verkörperung Vischnus als NarasinhaS (Mann­ löwe oder Sinha, sprich Singha oder Singh, woher v. Bohlen sehr wahrscheinlich den fremdartigen Namen der ägyptischen Sphinx (aqpfrS?) mit dem Löwenkörper herleitet)"), das überall wiederholte Ornament der vier heimischen Hauptthiere in den ältesten Grot­ ten- und Tempel-Skulpturen Indiens, des Löwen mit dem Elephan­ ten, dem Pferd und dem Stier, wie von Carli und Elora (f. Asien IV. l. S. 674, 678 u. f.) bis Anarajapura auf Ceylon, Mahn­ mal aipur in Coromandel und in Orissa (S. 249, 326, 550), sind ") Marsden Not. b. Marco Polo p. 155, 339. ") Turner Embassy to the Court of Teshoo Loomboo etc. p. 288. ") W. Hamilton Dcscr. of Bind. T. II. p. 576. ") Hougli in Asiat. Research. Tom XVI. 1828. p. 277 Not. ") v. Bohlen Indien Th. II. p. 205. Ritter Erdkunde VI.

3r

722

Ost-Asim. Vorder-Jndicn. iV. Abschn. §. 108.

wol hinreichende Fingerzeige den Löwen einst als heimischen Be­ wohner ganz Indiens zu betrachten. Daß er es aber als Herr­ scher auch wirklich war, wird dadurch wol entschieden, daß er in der einheimischen LandeSmythe und Sculptur, als die rohe Gewalt her­ vortritt, die selbst den als Gott der Weisheit verehrten Elephanten, Ganesa, überall besiegt, wie als Würger des Stiers und der Kuh, her Lieblinge der Götter, welche als Symbole des Friedens und der Gerechtigkeit galten. 2C. v. Schlegel führt die Stelle aus dem Hitopadesa vom Tapfern an, der, wo es auch sey, jedes Land sich durch die Majestät seines Armes muthig unterwerfe: „In welchem Walde der Zahn-Klauen-Schweif-bewaffnete Löwe 419) wandern mag, eben in diesem löscht er seinen Durst mit dem Blute des erlegten Hauptelephanten," und dieser Vorstellung gemäß, die nur aus der Na­ tur der ältesten Urzeit Fines löwenreichen Hindostans gewonnen seyn kann, wurden vor den antiken Tempelgrotten Eloras*°) die beiden colossalen steinernen Löwen aüsgehauen, die aufbrüllend einen Elephanten unter ihren Tatzen erwürgen, wie jene „Gaja Machuda," d. i. die Zerstörer der Elephanten, nämlich jene sogenannten colossalen Löwengestalten in Orissas Tempelruincn, die zwischen ihren Tatzen Ele­ phanten zertreten (s. ob. S. 550). Daß aber auch hier erst, nach Vertilgung des Löwengeschlechtes, wie auf griechischem, ägypti­ schem und canaanitischem Boden, in der Heroenzeit, der Frieden der Culturvölker unter dem Schutze der Götter hervortreten konnte, hat das Indische Dogma wie die Mythe verständlich genug aufbewahrt. Dri­ sch a"), der Stier wird schon im Manus Gesetzeodex Vlii. 16. als das Symbol von Wahrheit und Recht anerkannt, die Kuh ist als das Symbol der fruchtbringenden Erde in Indien, mit jenem den Göt­ tern heilig, wie Apis und Isis in Aegypten **). Das Kuhtödten ist, nächst dem Mord des Brahmanen, seit ältester Zeit, daS größte Verbre­ chen. Die BhilS (s. ob. S. 608; und die Bahiker, als Ochsen­ schlächter (s. ob. S. 666) sind daher mit allen ihres Gleichen die Gott­ losesten der Menschen, und verflucht von den Göttern. Unter den Thie­ ren ist daher der stierwürgende Löwe das Symbol der rohesten und wildesten Gewalt und der Verderber der Gerechtigkeit. Die Legenden der Barden, unter den BhilS und Rajputen, nämlich beider Casten der BhatS wie der Charuns, die offenbar als Indi­ sche Rhapsoden der Naturdichtung noch am nächsten stehen, erzählen, nach MaleolmS bei ihnen selbst eingesammelten Berichten, daß anIndische Bibliothek Th. I. S. 220. ao) Langles Monumens de Vindoustan T. II. pl. 43. J. Malcolm Memoir of Cen­ tral Asia and Malwa. Vol. I. p. 517. ll) v. Bohlen Indien

4l9)

Th. I. S. 518, 253, 255. II. S. 297.

Das Löwen- Land in Indien.

723

länglich die Bhats erschaffen seyen um die Lieblinge MahadevaS, den Stier und den Löwen, das Recht und die Kraft, zu pflegen und zu warten. Aber die Schwachen konnten den Streit nicht hindern, der sich erhob als der Löwe den Stier erwürgte, und dem anfänglichen Frie­ den der goldnen Zeit, eine verderbliche Reihe der Jahre roll unseliger Störungen folgte, bis sich Mahadeva zu einer zweiten Erschaffung, der Charuns, mit kühnerm Geiste, genöthigt sah, die eben so fromm wie jene Lieblinge schützten, stolz der

aber muthiger waren. Ihnen nun trug er die Sorge für feine auf; kein Stier wurde, seitdem sie, die Tapfern, das Recht wieder vom Löwen erwürgt, und seitdem, seit ihrex Zeit singt Charun, ward nie wieder der Gerechte von dem Gewaltigen

bedrängt. Die Verbreitungssphäre des Löwen war nach alle diesem unstreitig überall, in den frühesten Jahrtausenden weit größer als in der Gegenwart, durch die fortschreitende Civilisation des Menschengeschlechtes ward sie ungemein an Umfang verengt, in Zahl verringert. Sie breitete sich einst wie Über Ostafrika und Wcstasien so auch über ganz Indien, wahrscheinlich als die allein herrschende aus, und erst nach dem theilweisen Verlöschen deü Löwengeschlechtes, zwischen Ganges und Indus, mit den anfänglichen Fortschritten der menschlichen Civilisation, denen aber vi»le Jahrhunderte der Rückschritte folgten, drang eine zweite noch grausamere Herrschergewaltvom Osten, von der Gangesseite her, an die Stelle der ersten ebenfalls durch das ganze Indische Land, nämlich die deS Tigergeschlechtes, vor. Von dessen gleich anfänglicher Herrschaft, als Nebenbuhlerin der Löwenmacht war daselbst wenigstens niemals die Rede, keine Denk­ male sind von ihr in einer antiken Dölkcrgeschichte hinterlassen, und auch heute noch erscheint sie nur da, wo jene auswich. Die allge­ meinere Herrschaft beider über die alte Welt ist aber längst ge­ schwunden, und ihre theilweise, gegen die frühere Zeit, nur noch auf sehr enge räumliche Sphären beschränkt.

3t r

7‘24.

Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 109.

Fünfter Abschnitt.

V o r d e r - I n d i e n. (Fortsetzung)

Sechstes Kapitel. Das centrale Hindus'than, im engern Sinne, MedhyaDesa; das Gebirgsland des Vindhya-Systems; Malwa, Rajasthan, Bnndelkhund und die gesonderten Glie­ derungen der steinen Halbinsel Guzurate, mit den Küsteninseln Salsette und Bombay.

Erstes Kapitel. Das centrale Hindus'than; Medhya-Desa. 109' ucbersi ch t. Nord-, West-, Süd-, Ost-Gränzen; Gesammtconsiguration, natürliche Gliederungen und Theile. 90?it dem großen Querspalte des Nerbuda und Sonethales durch die ganze Breite der Halbinsel, von Guzurate bis zum Ganges, um Patna in Behar (f. ob. S. 570), hat der Süden Vorder-Jndlens, Dekan (Dakschlna, s.AsienI. S. 10), auch in dem weitesten Sinne genommen, wie wir ihm bisher gefolgt waren (s. ob. S. 375), seine Endschaft wirklich erreicht, und wir treten hier in ein ganz anderes, orographisch-hydrographisches System Central-Indiens (f. Asien IV. 1. S. 650 und oben S. 479), in einen neuen NaturtypuS des Binnenlandes ein. Wir finden diesen schon in den älte­ sten Sanskritschristen, nach Colebrookes *) Bemerkung, in l) H. Tb. Colebrooke Not. in Transact. of the Roy. Asiat. Soc, London 1824. Vol. I. P. I. p, 133.

Central-Hindllstan, Medhy-Desa.

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Manu Codex II. 21, mit dein Namen Medhya-Desa bezeiclnet, d. h. das Mittelland, oder der südliche, bergige 51 eil des eigentlichen Hindus'than, Mischen Vindhya uib Himalaya ausgebreitet, im engern Sinne. Diese Benen­ nung, im Gegensatze des Purb, d. i. des Landes im Osten, wo die Prasicr (s. Asien IV. 1. S. 460, 567), wird so festge­ stellt, daß eine Linie von Ameracantaka (Omers«ntuf, s. oben S. 570) nordwärts, durch den großen, heiligen Prayaga (s. Asien II. S. 497) des Painu » a und Ganga (bei Alkahabad), bis zum hohen Göttersitz des Himalaya fortsetzend, die Scheidung des Purb ober der Prachinas, d. i. der Ostländer von dem Medhya-Desa, dem Lande der Mitte, bezeichnet, welches westwärts bis zum Penjab, dem Lande der Panchanadas (s. Asien IV. 1. S> 458) reiche Wir fin­ den durchaus keinen Grund, von dieser grandiosen Naturanstcht der antiken Drahmanen Geographie abzuweichen, und fassen auch hier diesen zusammengehörigen Länderraum als ein großes Na­ tu r g a n z e in unserer Betrachtungweise zusammen^ Nordwärts jenes bezeichneten, großen Erdspaltcs erhebt sich, mit der Steilwand der Vindhyan-Ketten (s. ob. S- 582 bis 590), noch einmal eine weite, mannichfachgruppirle, een rra lc, vielgegliederte Berglandschaft, von mittler und mäßiger absoluter Höhe, das äußerste, nördlichste, natürliche Bott­ werk im Norden Dekans, gegen das gleichfalls centrale aber ebene Tiefland von Sind und Hind (Hindus'than),, oder die weiten, tiefen Flächen, welche Indus und Ganges durchströinen. Wir bezeichnen cs, seiner physikalischen Beschaffenheit nach, mit einem gemeinsamen Namen, der ihm bisher gefehlt hat, das Bergland des Vindhy.an-S>)stems, und versuchen hier zum ersten male im Zusammenhange, die geographische Charakteristik desselben, nach der man sich bisher vergeblich in den Lehrbüchern umsähe. Der mittlere Kern dieser Erhebungsmasse ist, zwi­ schen den Flüssen Betwa, Sind und Chumbul, die alle drei nordwärts zum Pamuna sich ergießen, das schon oben nä­ her bezeichnete Malwa-Plateau und mit der trianguiair aus­ gedehnten Trappformation gleichartig erfüllt (s. ob. S.53l u. f.). An diese lehnt sich, ostwärts, das schon mehr geglie­ derte und terrassirte Plateauland von Bundelkhund an, mit seinen hohen, horizontalgelagerten Sandsteinzügen, die von

72(i

Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. 5, 109.

Granitunterlagen gehoben (s. ob. S. 357, 485), von Süd-Ost nach Nord-West, zwischen Sone-Thal, Sonst, Sonar bis zum untern Flusse Sind, bei Gwalior (f. Asien IV. l. S. 548, 623 rc.), fortziehen, aber immer mehr und mehr von einander gesondert, bei der letztgenannten Feste, nur noch als ver­ einzelte Felsinscln und Felsklippen, aus weiten und tiefen Fruchtebenen des Gangcslandes hervorragen, die nur wei­ ter südwärts in geschlossenen Rücken- und Plateaumassen zusam­ mentreten. Der Betwa und der Sind-Fluß, hier, beide, aus Süd, vom Malwaplateau, gegen Nord, zum Pamuna in der Nachbarschaft von Kalpi einströmend, bezeichnen die Gränze Bundelkhunds im Ost, gegen Malwa im West, so wie sie in ihrer nordöstlichen Wendung den zerrissenen Bergboden des schon zu Rajasthan gehörigen 9 Scindiahlandes umGwalior bis zum Pamuna unterhalb Agra durchströmen. Das Bergland im Westen des Chumbulflusses bis zum obern Mhai (Mhye), wie zum Sabermati - Flusse (f. ob. Sr 64b), wird unter dem gemeinsamen Namen Rajasthan zusammengefaßt, oder Rajputana, das Land der Rajputen genannt, das sich mit deren zerstückelten Herrschaften über Mewar (mit Udeypur) mit Ajimere, Ieypur und Macherry oder Mewat auch bis zum äußersten Westfuße des Berglandes und in die Niederung, an die Gränzen der weiten, tiefen Sand­ wüsten von Sind erstreckt. Die dreierlei ethnographisch-politisch-historischen Abthei­ lungen: Rajasthan mit der Rajputen-Population im West, Malwa mit der Bhil - Population in der Mitte zwischen Chum« bul und Sind mit Betwa, und Bundelkhnnd mit denBhun, delas und noch theilweisc mit der Gond-Population im Osten, sind es also, welche sich in den großen gemeinfamenNaturtypus dieses mittelhohen Plateaulandes theilen, das in Triangelgestalt ausgebreitet, die Bindhyan-Kette, von W.S.W. gegen O.N.O., zur südlichen gemeinsamen Ba­ sis hat, die wir als aus dem tiefen Nemaur des Nerbuda steil aufsteigendes Randgebirge aus dem obigen schon (s. oben S. 582) hinreichend kennen. *) Lieutn. Colonel James Tod late Potitic. Agent to thc Western Kajpoot States Annals and Antiquities of Rajast'lian or tlie Cen­ tral and Western Rajpoot States of India. London 1829. 4. Vol. I. [>. 1.

Das- Bergland des Vindhnail-Systems.

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I. Nordgränze. Die nördlichste Spitze des mit Tafel - und Bergland man, nichfaltigcr Art erfüllten Triangels dieses großen Vindhyan, Systemes schiebt sich, zwischen Agra am Panama und Ieypur, nordwärts, gegen Bhurtpur und Mewat (mit Zllwur) vor, wo die Ebene der Delhi Provinz beginnt, welche nur noch die letzten, niedern, felsigen Hügelrcihcn aus Mewat bis zur Stadt Delhi am Pamuna durchziehen.

Der Wasserspiegel deS

Pamuna bei Delhi, liegt nur etwa 800 $-u§ 3) üb. d. M.; nordwärts hört alle Bergbildung im Duab auf, und die weile Gangesebene breitet sich hier zwischen den Vorbergen Me, wats, ohne alle Gcbirgsfortsetzung P, nordwärts, biszuin Südfuß der Himalayaketten aus, vor denen die Station Bel, eille, bei Scheranpur, nur erst um 150 Fuß relativ, oder bis zu ydo Fuß Par. absoluter Mcereshöhe, nach Messungen P, also ganz allmälich emporgestiegen ist S. 537). Westwärts von Delhi, unter 28° 30' 3 bis 4 geogr.Meilen im Süden der Stadt Hansi

Hodgsons (s. 2lsien fl. N.Dr., nur (s. AsienIV.

i. S. 570) steigt, bei dem Orte Tuham (Toosham) in Hur, nana, die letzte ganz nackte, rothe Granitklippe, als äu, ßcrster im Norden noch bis zu 700 Fuß emporgehobener, gänzlich isolirter Vorposten dieses Berglandes, aus der unabsehbaren Plainc empor, und auch westwärts6) von da bis zum $n, duS tritt keine Bergbildung mehr auf. Wir stehen also hier auf der wahren Gränze des Tieflandes gegen Indus und Gangesthal, die im West, Nord und Ost die beiden Schenkel, seiten des großen Triangels mit ihrer Nordspitze im großen Rund­ bogen umlagern. Die einzelnen Hügelzüge, auf denen Delhi am Pamunaufer erbaut ist, sind aber weit niedriger, höchstens nur von halber Stunde Breite, und loo bis 130 Fuß hoch. Sie setzen nicht auf das Norduser des Pamuna fort. Aber süd, wärts mehrt sich die Zahl ihrer Gruppen, ihrer Reihen, ihrer Glieder, und schon ganz Mewat (zwischen 27 — 28° N.Br., so *) J. Forbes Royle Illustration» etc. of Botany of the Himalayan Mount and Flora etc. Lond. 1833. Vol. I. p. 2, 6. 4) Jam. B. Fraser Description accompanying a Collection of Specimens made on a Journey from Delhi to Bombay in Transact. of the Geolog, boc. Sec. Ser. 1822. 4. Vol. I. p. 142. . II. p. 318. *’) Ajeen Akbery cd. Gladwin VoL 11,

Pt 40.

Das Malwa-Plateau, Produkte.

753

Regenzeit dauert die 4 Monate, von Juni bis September, sie hat einen regulären und milden Verlauf; das Wasscrquantum beträgt gewöhnlich im Jahre eine Höhe von 50 Zoll (also t mehr als auf dem Darwar-Plateau in Dekan, s. Asien IV. i. @.714; aber nur 4 so viel als in C 0 l 0 in b 0 auf Ceylon, s. ob. S. 86). Dann steigt das Thermometer Mittags nicht über 25° 5', und fallt Nachts nicht unter 17° 7' Reaum. Gegen das Ende der Regenzeit werden jedoch die Morgen etwas frischer; vor Ende December tritt aber nie kaltes Wetter ein. Die kalte Jahres, zeit hält an vom December bis in die Hälfte des Februar; im Februar, 1820, sahe Malcolm das Thermometer, am Morgen um 6 Uhr auf 1° 7' Reaum. (28° Fahrh.) fallen. Die heiße Jahreszeit füllt das letzte Drittheil des Jahres und wird durch die heißen, trocknen Nord, und Nordwest« winde, die aus dem Innern des Contincntes mit großer In, tensität durch den größer» Theil Indiens vorherrschen, nur auf kürzere Zeit heimgesucht; auch haben sie hier keineswegs den zer, störenden Character, wie in den Niederungen z. B. CoromandclS (f. ob. S. 330 in Madras). Am Tage steigt dann die Hitze wol bis zu 29-J ° Reaum. (98° Fahrh.); die Nächte bleiben jedoch stets kühl, und dadurch wird das Land immer wieder erfrischt. 5. Produkte und Handel«"). Der lockre, reiche, schwarze Lehmboden (Mal), der nur zu, weilen durch Eisengehalt compacter und dadurch minder benutzbar wird, ist durch seine große Fruchtbarkeit berühmt, zumal wenn ihm die gehörige Bewässerung zu Theil wird. Die größte Man, nichfaltigkeit des hiesigen Ackcrertrages ist wenigen Gegenden Indiens in gleichem Maaße eigen. Von Kornarten sind Wei, tzen, Jowarry (Hole, sorgh), Bajerie (Panicum), Reis, Indisch Korn, Gram (Cicer arietin.), Erbsen, Bohnen (Phaseol. mang, Mung UNd Plias. roax, Urilb) nebst Tuwar (Cytisus cajan) die Hauptproducte; Zuckerrohr wird mehr ge, .baut als consumirt werden kann, eben so vom Taback, Baum, wolle, Leinsaat, Scsamum (Til) u. fl. Indigo wird nur wenig gebaut, die rothe Farbwurzcl Monmda citrifolia (Achu in Gondwana, s. ob. S. 533) wird in großer Menge gezogen eo) J. Malcolm Memoir l. c. Vol. I. p. 8— 10. Ritter Erdkunde VI. Bbb

754 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 109. und ausgeführt; ffrcn so auch Kussun (Cattham. tinctoiiu.-.); irtit häufigcr aber noch wird das Opium als Hanpterport von Malwa gebaut, davon jährlich das ungeheure Quantum von 10,000 Maunds — 35o,ooo Pfund Av. dup. producirt, da­ von 6ooo = 210,000 Pfund Av. dup. in das Ausland, zu­ mal nach Mewar, Marwar, Dekan und Guzurate gehen. Diese einträgliche Cultur des Papaver somniferum hat in der neueren Zeit ungemein zugenommen, wodurch andere Cultliren zurücktraken. So war die Cultur der Rebe und der Obstarten zu Kaiser Akbers Zeit, nach Abu! Fazls Bericht hier ausgezetcknet. Die gegemvartig hier gebaute Mango, welche ungemein delicates Obst giebt, soll aus Goa eingeführt seyn (s. Asten IV. 1. S. Sti4). Die Gärtnerei ist seit der letzten Hälfte des Jahrhunderts hier sehr in Verfall gerathen, die Wälder bedek, ken die bergigen Umgebungen von Malwa, die reichsten Tcakwäl« der liegen in den Westbergcn (s. ob. S. 638). Der Wildreichthum überbietet noch die Zahl der Heer­ de n; ?igcr, Leoparden, Bären, Wölfe, Hyänen, Eber, Antelo« pen, Nilgau (Ntlaghi), weißfüßige Antelopen, die Sambre, «ine nach Malcolm noch nidjt bekannte Art, Rehe, Hirsche tu s. w. füllen das Land. Die Sambre-Haut, gut zubereitet, gehört zu dem schönsten Schmuck eines Malwa Kriegers. R in« derheerden geben gute Ausfuhr, doch ist das Nemaur-Thal noch reicher daran, als die Plateauhöhe, Ziegen und Schaf« hat Malwa sehr wenige gegen die bessere Zucht derselben, die in Mewar und Ajimer allgemeiner ist. Die einheimischen Pferde stehen weit hinter denen zurück, welche von den Mahrattas im Süden, aus Guzurate und dem Penjab in N.Westen bezogen werden, und für Kamee lzucht ist hier der Boden weniger gün­ stig, als in dem trocknern, sandigem, ebeneren, benachbarten Me­ war und Marwar. Alle Landesflüsse haben zahlreiche Fischbrut, aber keine eigenthümliche oder ausgezeichnete Artm. Industrie und Gewerbe sind nur theilwrise in Flor, und der Handel«*) muß eben so viel einführen, als er an hcimsschrn Produkten aus« führt. Mit Getreide hat Malwa von jeher sein Nachbarland Mewar versehen; doch wird zuweilen auch noch aus der Korn« kammcr Guzurates in Malwa eingeführt. Taback gewinnt Malwa nicht hinreichend; eben so muß Baumwolle noch viel *•) J. Malcolm Mem. 1. e. Vol. U. p. 76—91.

Das Malwa-Plateau, Ortschaften.

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eingeführt werden. Opiumausfuhr und im Lande gefertigte Ba umwall enge webe von vorzüglicher Güte, deren Fabrik«, tion seit kurzem wieder sehr in Aufnahme gekommen ist, müssen die Kosten aller Importen decken. Zu diesen gehören vorzüglich rohe und verarbeitete Seide mit Goldstoffen u. s. w., zumal auS Bengalen; Wollenwaaren aus Gnzurate zu Teppichen und Sät, telzeugen für Elephanten; Diamanten, Perlen, Juwelen in ge, ringen Quantitäten aus Guzural, Dekan, Dundclkhund; Gold« und Silbcrschmuck und Kupferarbciten aus Surate und Dom, bay; Gewürze, Betel, Kokos (f. ob. S. 643) und andere getrock, ncte Früchte ebendaher, wie Indigo aus Bundelkhund. Ueber Handel, Münze, Gewicht, Abgaben, Einkünfte sind bei Mal, coIm62) die vollständigen Nachrichten einzusehen. Noch sind un, geprägte Kupferstücke und Kowries hier die kleine Münze im Lande; die größern Städte Oujein, Jndore, Bhopal, Pertabghur, haben Münzstätten mit bestimmten Geprägen; der stets wechselnde Münzfuß wie der Gewichtswerth in den »er« schiedenen Herrschaften, unter welche Malwa getheilt ist, geben der zahlreichen Caste Indischer Wechsler und Mäkler viel Ge, schäft und Ertrag.

6. Eintheilung und Ortschaften. Aus den in den frühern Jahren angestellten Schätzungen und VolkszählungenM) «giebt sich nur ein theilweises Resultat für die Bevölkerung Malwas, das als Territorialbesitz unter 7 größere und 16 kleinere Rajahs vertheilt ist, die mehr oder weniger von dem britischen Gouvernement abhängig gcwor« den sind. Die Zählungen sind von den einzelnen Territorial, besitzern absichtlich aus Jalousie und Politik verfälscht und ent, stellt, so daß Malcolm selbst sich nur auf ungefähre Schätzun, gen dortiger Populationen beschränken mußte. Zu den 'größern gehören Seindias und Holkars Staaten, die sich aber auch in Nachbargebiete verbreiten; Seindia vorzüglich im Norden von Oujein bis Gwalior, Holkar mehr im Westen MalwaS, von Jndore bis zu den Rajpipley Bergen, und die Herrschaft deS Raja von Bhopal im Osten.'' Unter den etwa 30 größern

•*) J. Malcolm Mem. 1. c. Vol II. p. 80-93 und App. p. 375—379. •») J. Malcolm Mem. I. c. II. p. 375 — 384 etc. *♦) eb«nd. II. p. 224 etc. Bbb 2

756 Ost-'Asirn. Vorder-Indien. V, Al'schn. §. 109. Städten desLandes ist Oujein65) (Udscha yini, O; c >i e, auch Casya66) genannt, als eine der 7 heiligen Städte Indiens) die antike, unter dem ersten Meridian der Hindu Astronomen ge­ legene Stadt, schon aus den Puranas, und als Residenz 23 i# cramadityas, dessen Aera im Jahre 56 vor Chr. Geb. bet ginnt, durch ganz Hindostan am berühmtesten (s. Asien II. 1090; IV. 1. S. 486, 512, 557, 567, s. ob. @.6oo). Aber die ruhm­ vollere Periode seines großen Central-Reiches ist noch vorhistoriseb; sein elfter Nachfolger Naja Bhoj, der seine Residenz von Oujein nach Dhar (Dhara Nagara) verlegte, soll der Erbauer von Bhopal und dessen großartigen Kunstdämmen und Kunstteichen seyn, deren ablaufender Emissär der heutige Bctwa seyn soll. Alle drei Ortschaften haben auch heute noch viele Ruincnhügcl, die ihre ehemalige Bedeutung bezeugen. Unter Kaiser Akbers Regierung, versichert AbulFazlü7), standen in Oujein noch 360 große, heilige Bauwerke der Brahmancn und anderer Hindus. Das moderne Oujein liegt aber eine kleine Stunde südwärts der-antiken Ruinm, und war in neuerer Zeit die Capitale Seindias, bis dessen Residenz nach Gwalior verlegt warb. Von der Population der Jaina-Secte als Handelsleute in Malwa und Bundelkhund (Dundela), zumal aber in Oujein, war früher die Rede (f. Asien IV. i. S. 739 n. f.). Dr. Cru so «*), der in Begleitung Sir Ch. Malets, im 1. 1785, Oujein noch zur Zeit der Mahrattaherrschast besuchte, sagt, daß cs sehr wcitläuftig ge­ baut sey, voll Straßen, nettgcbautcr Tempel und Mausoleen. Die Stadt sey von hohem Alter; die schönsten Gärten voll Ro­ sen und Jasmingebüsche, und Obstpflanzungcn vonijAepfeln, Fei­ gen, Maulbecrbäumcn, Limonen und prachtvolle Cnprcsscn umge, ben sie. Nur eine gute halbe Stunde im Norden der Stadt be­ suchte Dr. Cruso den Kalleah Deh, den Palast der Ghuriden (f. AsienIV. l. S. 557) am Sipra-Flusse, dem man des­ halb sein Bette auf die andere Seite geleitet hatte, in fünf klei­ nere Arme ihn zertheilend, um ihm Wasserstürze zu geben und kühlere Lüfte zu gewinnen. Das Ganze ist voll grandiosesten Luxus angelegt, westlich erhalten, di« Gebäude mit Chunam (s.ob. S. 168) bekleidet. Die Wasserwerke sollen vonGheis") J. Malcolm I. p. 10, 22—27. ••) Harivansa trad. p. Lsnglois. Paris 1836. livr. 2. p. 381. *’) Ayeen Akbery cd. Gladwi.i Vol. II. p. 41. ••) Dr. Croso Journ. in J. Fprbes Orient. Mem, 1. e. Vol. IV. p, 7 — 9.

Das Malwa-Plateau, Bewohner.

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cddln (im Xlll.Jahrh. s.Asten IV. i. sind ganz verschieden von den daselbst seit alte, rer Zeit einheimischen und haben ihre verschiedenen Ge, bräuche, leben vom Schwert oder sind zum Pflug überge, gangen, oder treiben beiderlei Geschäft zugleich, vermischen sich nicht mit den Inländern, horchen aber auch den Gesängen jener Barden, und lassen durch sie ihre Hrirathen und anderen häus­ lichen Angelegenheiten einrichten. Die Kriegerstamme der einheimischen Rajputen der altern Zeit in Malwa, wie in Mewar, Udeypur und den umgebenden Bergländern, sind unter die verschiedensten poli, tischen Corporationen der Rawuls, Ranas, Rajahs, Tha, kurs, von denen auch viele sich Rajas tituliren, vertheilt. Sol, cher Rajas ist ein ganzes Dutzend im Westen des Chumbul an, saßig, welche die Vasallen Scindias, Holkars oder des Britischen Gouvernements sind, deren aber keiner über 6 Lak Rupien, d. u 600,000 Rupien (1 Rupie meist zu 2 Schilling 3 Den.) Einkünfte hat. Im Osten des Chumbul ist der Raja von Kotah (am Chumbul in Harowti) zwar der angesehenste, doch stehen unter ihm wieder andere, die sich sogar Ma ha-Rajas (Großfürsten) tituliren, obwol sie fast nur ihren eigenen Familien etwas zu ge­ bieten haben. •4) J. Malcolm. Mein. I. c. II. p, 139.

766

Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 109.

Alle diese Rajputcn-Häuptlinge der Kriegercaste sondern sich als ein höherer Adel (wie die Na irrn in Ma­ labar, s. Zlsien IV. 1. S. 753, 937), von allen übrigen Landes» bcwohnern ab; sie unterscheiden sich durch Haltung, Gestalt, Klei» düng, rothe Turbane von außerordentlicher Größe; ein gctricbe» nes Mctallbild, von Gold oder Silber, das Pserd und die Sonne vorstellend (dem sie täglich als ihrem persönlichen Schutzdämon Opfer bringen, s. ob. S. 019) ist ihr Halsschmuck. Auch tragen sie einen ihrer Vorfahren, als einen Heros, gewöhnlich einen Rei­ ter vorstellend, im Kleinen, in Gold abgebildet, als ein Amulet mit sich herum, das durch Zauber ihre bösen Dämone verscheucht, dem sie Gebete bringen. Als die Delhi-Kaiser seit Akbars Sie­ gen auch bis zu ihren Territorien ihre Gewalt ausdehnten, diente ihre Turbulenz jenen trefflich dazu, ihre eigenen Haustruppen und Subahdare durch die Rajputcn in beständiger Furcht und Ab­ hängigkeit zu erhalten; viele der Raja-Geschlechter wurden seitdem erst- gehoben. Erst mit dem Sturze jener Herrscher am Gangeerhielten die Mahrattenplündcrer auch hier die Oberhand und drückten die Rajputcn-Geschlechter (s. ob. S. 398 u. f.). Diese Nebenbuhlerschaft zwischen Rajputcn undMahratten um das größte Ansehn in Malwa und den benachbarten centra­ len Provinzen dauert der durch das Supremat der Briten da­ selbst eingetretenen Friedensperiode ungeachtet bis heute fort. Obwol sie aufhörten dort die souvcrainen Gebieter zu seyn, blieb ihr Fehdegcist, ihr Raubgennß, ihrFeudalverhältn i ß zurück; der Druck der Zeit entwürdigte ihre Sinnesart, und der Opiumrausch wurde durch alle Glieder dieses Geschlechtes, selbst bis zu den Weibern und unmündigen Kindern herab, das allgemeinste Verderben, das Ziel ihres höchsten Genusses; ihr ent­ nervtes Leben ist nur ein fortwährender Traum und Rausch. Viele Bastardtribus haben sich durch Vermischung mit frem­ dem Blute gebildet, und die Verzweigungen dieser Rajpulenstämme sind unendlich; so z. B. die Sondis, eine Halbcaste, in Sond, wara, Landleute oder Plünderer; die Kornhändler, Banja ras (s. ob. S.498—499, 281, Asien IV. 1. S.687—690); die Bhir (alias (s. oben S. 608) u. a. m. Aber auch die Geringsten unter ihnen dünken sich, voll Familjcnstolz, weit erhaben über alle Sudras. Als der gewaltige Mahrattenfürst Row Holkar (s. ob. S. 400, ein Sudra vom Schäfer-Tribus abstammend) ein Rajputen-Weib aus der Halbcaste des Sirwi-Tribus

DcrS Malwa-Plateau, Sudras.

707

heiraten wollte, deren Familie durch Ihren Dienst bei einem Idol der Incarnation der Bhavani bei aller Niedrigkeit doch sehr m Ehren stand, konnte dies nur durch eine ganz besondere Ceremo, nie e5) bewerkstelligt werden, welche wenigstens symbolisch daS Mißverhältniß ausglich. Das Schwert des Mahratta,Fürsten mit dem darum gewundenen Schnupftuche stellte den Prinzen vor, und diesem ward die Frau angetraut; sie heirathete also den Führer des Schwertes, aber nicht den Schäfer.

4) Die Gewerbtreibenden bilden in Malwa noch ver, schiedene gesonderte Abtherlungen; den mohammedanischen Bo, rahs stehen hier die Kaufleute von der Ja ina-Secte zur Seite, von denen schon früher die Rede war (s. Asten IV. l. S. 74t). Außer diesen beiden werden noch andere mehr oder mmder an, gesehene Handelsleute in Oujein und Indore genannt, die meistentheils von der gewerbreichen Küste Guzurates hier seit den letztem Jahrhunderten erst eingewandert und zum Theil sehr reich stnd, die Soucars (Banquiers), Shroffs (Geldwechsler), Bunnias (Krämer) u. a. Die Kayast ha oder die Kaith, eine niedrigere, aber unterrichtete Hindu,Tribus, die sich den Mo, hammedanern bei ihrer ersten Eroberung anschloß, während die stolzeren Brahmanenstämme entflohen, verbreiteten sich mit diesen ste nun beschützenden Siegern, so weit dieselben bis nach Dekan vordrangen. Sie sind keine arbeitende Classe, sondern L i, reraten, und leiten ihre Geschlechter bis zu der Erfindung der Schrift zurück. Sie sind alle im Lesen und Schreiben gewandt, verstehen auch Perstsch und das Hindi, die Geschaftssprachen Cen, tralindiens, und bekleiden die Posten der Secretaire, von den hö, Hern Chargen in der Armee, bis zu dem niedrigsten Dorfschreiber. Alle Glieder dieser Tribus haben eine gute Erziehung, kein Noth, leidender ist unter ihnen; sie sind gegen ihre Gebieter, Moham, medaner wie Rajputen, ungemein dienstfertig, ohne den Stolz und die Prätenstonen der übrigen Hindus, und eine dem Lande sehr nützliche Menschenclasse. 5) Die Su dras, die niedrigste, nicht zu dem schon oben erwähnten kriegerischen Volkstheile gehörige Classe, ist in den Städten und auf dem Lande am zahlreichsten. Sie bauen eben/ falls den Acker, wie viele der Brahmanen, Rajputen und Mo, hammedaner; aber zugleich treiben sie alle andern Gewerbe

,s) J. Malcolm Mepi. 1, «r. 11. p. 158.

768 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §.109. bis zu bet gemeinsten Art. Sie sind die Goldschmiede die Musiker, die Oelpresser, die Gärtner, die Weber, die Seiler, die Kuhhirten, die Schäfer; größtentheils sehr arm leiden sie viel Druck und Noth; Falschheit und Lüge ist ihnen die Hauptwaffe gegen ihre Unterdrücker; unter sich selbst fand sie Maleolm dieser Anklage keineswegs schuldig. Alle Zemindare, Vorsteher oder Potails der Städte und Dorfschaften, sagt derselbe treffliche Beobachter, sind verworfne, tyrannische, harte Behörden, Plünderer, Blutsauger, die ganz systematisch im Einverständniß mit wirklichen Raubbanden bei ihren Unterdrückungen zu Werke gehen. Zudem seufzt Centralindien unter dem Druck der religiösen Serien, wie derRaubhorden, die sich beide gegenseitig mit den Potails die Hände bieten. Jener Seelen 8s>) sind zahllose in den Städten'wie aus dem Lande; die Byragis, vielerlei Beltelorden, durchziehen zahlreich alle Landschaften; die Gosayns treten selbst in ganzen Trupps von Anführern gelei­ tet bewaffnet auf, und fordern ihren frommen Tribut mit Ge­ walt ein. Nehmen sie Soldatendienste, so gehören sie zu den tapfersten Schaaren der Rajahs. Zuweilen gehen sie auch zum Handel über. Die Raub Horden 87), welche früher, die furcht­ barste Plage, gleich Heuschreckenheeren, Centralindien an den Rand des Verderbens gebracht und in beständige Hungersnoth und po­ litische Wirren versetzt hatten, sind zwar seil betn Pindarriekriege in ihren größeren Massen vernichtet, aber in ihren isolirten Schlupf­ winkeln und einzelnen Banden noch keineswegs überall vertilgt. 8. Sprache und Literatur. Wir haben schon oben (s. S. 616) das Sprachgebiet des Hindi oder Hindui 8S), welches sich auch über ganz Malwa erstreckt, nach seinen Gränzen bezeichnet von Bundelkhund im Ost, wo das Bengali beginnt, westwärts bis zur Gränze Guzurate's, südwärts von den Satpura-Ketten im Süden des Nerbuda (vergl. ob. S. 377), nordwärts so weit das Mewarplateau und die Mewar-Kette reicht, über Jeypur, Jhoudpur und selbst in das tiefe Rajasthan bis Jessul, mir hinein, so weit Rajputenstämme sich ausbreiten. Dieses Hindi ist in diesem Centralindien die gemeine Volkssprache, und ") J.Malcofoi Mem. 1. c. II. p. 168. •*) tbenb. II. p. 190—194.

") rbtttd. II. p. 175-190-

Das Malwa-Plateau; Sprache und Literatur.

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wird mit dem verächtlichen Nebenbegriff, seit der Mahrattaperiode, auch das Rangri (lingua rostica, s. ob. @.761) genannt. Sie ist in verschiedenen Dialecten im Gebrauch, aber in Schrift, Grammatik, Literatur und Poesie doch die, selbe Sprache. DieRajputen geben ihr eine höhere etymolo­ gische Bedeutung (Rangur, Rungurh soll von Run, d. h. Schlacht, und Gurh^ d. h. Burgfeste, den Namen haben, und dieser denen, die sie sprechen, als Ehrentitel der Tapferkeit von den Delhikaisern beigelegt seyn; die Mahratten - Etymologie ist von Ran abgeleitet, d.h.Iungle, Wald, und Gurri, b.i. ein Mann oder Barbar, so viel als Duschmännersprache). In den Schulen ganz Central - Indiens ist diese Rangri- oder Hindi-Sprache im Gebrauch; der Staat hält keine dieser Schulen, sie sind insgesammt nur Privatunternehmungen und als solche ziemlich zahlreich besucht, obwol neben ihnen die große Masse des ärmeren Volks gar keinen Schulunterricht genießt. Selbst von den dortigen unwissenden Brahmancn, sagt I.Mal, c o l m, könnte unter hundert kaum einer lesen und schreiben. Da, gegen sind alle Städter und Handelsleute gut unterrichtet, des­ gleichen die Rajputen, Familien mit der Literatur vertraut, selbst die Frauen der höheren Stände wenigstens so, daß sie ihre Correspondenz selbst führen. Die Classe der Tänzerinnen erhält den ausgezeichnetsten Unterricht. Die Schulmeister stehen in hohem Ansehn und üben über ihre Schüler die Rechte eines Va­ ters über seine Söhne aus. Nur in einigen Städten, wie in Oujein, Indore, Mundissur, wird auch das Sanskrit gelehrt, doch nur von Einzelnen, die sich alsSchastris, d.i. Gel ehrte, Priester bekennen, von denen jedweder ein Paar Brahmanen zu seinen Untergebenen zählt; die Kenntniß bleibt immer nur sparsam verbreitet. Die Sprache des Gcschäftslebens dagegen, das Persische, ist viel allgemeiner betrieben, wird in den größeren Städten gesprochen, in Bhopal allgemein gelehrt, weil daselbst alle Correspondenz und Finanzverwaltung Persisch geführt wird; viele der Beamten, Persische Munschi, Mohammedaner wie Hin, dus, erhalten ihre Erziehung und Bildung im Auslande, im nörd, lichen Hindustan. Nur wenige Brahmanen erwerben sich einige Kenntniß in der Astronomie, um so viel zu wissen, als zur Feier ihrer Hauptfeste und zu ihren chronologischen und genealo­ gischen Institutionen nothwendig ist. Die Historie, weder die Ritter Erdkunde VI. Ccc

770 Ost-Asien. Vorder-Indien. V.Abschn. §. 100. bc$ Vaterlandes, noch der Vergangenheit überhaupt, macht einen Theil des Schulunterrichtes aus; Niemand bekümmert sich darum, dagegen werden die Mythologie und die genealogischen und anderen Fabeln jeder Dynastie, jeder Sekte, jedes Ritus und Ge.' brauch- auf das eifrigste eingeübt. 9. Lebe »-weise, Sitten und Gebrauche 80). Das Landvolk in Malwa schildert I. Malcolm als einsehr heiteres, dem Frohsinn ergebenes Geschlecht. Nach der Tagesarbeit sammeln sich die Männer in Kreisen, fingen im Chor, oder erzählen sich Histörchen, meist religiös-fabelhaften Inhalts, oder hon Vorvätern und Prinzen. Ihre Sitten sind gleich denen der Mahrattas noch sehr einfach. Die Sklaverei ist hier auf das weibliche Geschlecht beschränkt; dieser Sklavinnen ist aber eine sehr große Zahl. Sehr viele Veranlassungen sind vorhanden, in diesen traurigen Zustand zu gerathen. Diele Mädchen werden schon als Kinder verkauft, zumal bei einer Hungersnoth, viele werden Sklavinnen als Kriegsbeute. Männliche Sclaven sind nur selten in Ccntralindien, und werden meist als Adoptiv-Söhne behandelt. Das Kinderstehlen, noch vor der Bcsitznahine durch Briten ein allgemein eingewurzeltes Uebel, ist seitdem größtentheils vertilgt. Durch die letzten Kriegsperioden war die Armuth und Noth allgemein verbreitet. Ehedem war das Selbstopfer der Wittwen, Sutti, das Verbrennen (vergl. oben S. 547) sehr häufig; auch Mütter verbrannten sich hier bei dein Tode ihrer einzigen Söhne; sehr häufig geschah dies zur Zeit der Rajputcnherrschaft. Uebcrall bemerkte Malcolm noch die Denksteine im Lande, auf denen die Gestalten der Männer abgebildet sind und die der Frauen, die sich mit ihnen verbrannt, n. Seit der Briten Besitznahme hat dieser Gebrauch' sehr abgenommen. Kinder­ mord, sonst sehr allgemein, ist nur noch in einzelnen RajputenFamilicn im Gange; die Selbstopfer der Büßenden (Uogis u. a.), in dem Wahne als Rajputcn wiedergeboren zu werden, zeigen sich immer seltener. DieH ercrei, ein Brauch durch ganz Indien, findet auch hier noch sehr starken Anklang (vergl. oben S. 614); wir haben schon oben die Dhokan der Bhils ange­ führt, die auch hier aus der Ferne ihre Feinde und Verfolger vernichten (behexen), Thiere wie Menschen, und von den einen ••) J. Malcolm Mein. I. c. II. p. 196 — 2111

Das Malwa-Plateau; Volksmenge. verfolgt, von den andern beschützt werden.

771

Allgemeiner Zeitver­

treib der Bewohner von Malwa sind das Pferderennen, das Lanzenwerfcn bei den Kriegcrstäinmcn, gymnastische Uebungen und Tanze bei Allen. In allen Städten und Dorsschasten spielen die Banden der Tänzer und Tänzerinnen, Nut (Seiltänzer) und Bamalli (Hokuspokusmachcr,Juggler) mit ihren Sängern und Musikerbanden eine wichtige Rolle. Zu ihnen gesellen sich die Fareenspielcr aller 2(rt, und die sogenannten geistlichen Ko­ mödien, nämlich die dramatisch dargestellten mythologischen Fa­ beln, welche die Lieblingsunterhaltung des Volkes sind. So wird der Halbgott, der Affe Hanuman, wie Ganesa mit seinem Rüssel und dicken Bauche (s. oben S. 9, Asien IV. i. S. 908) zum großen Gelächter des Indischen Parterres auf die Bühne gebracht. Die Incarnation der Hindu-Göller ist das gewöhnliche Sujet für ihren Casperle. Das Springen des großen Fisches in dem Vischnu Avatar bringt stets großen Applaus. Auch die Hofscenen ihrer Rajahs, die Dorfsccncn ihrer Potail (Schulzen) mit ihren Intriguen, meist auf grünen Wiesen repräsentier, werden vorgeführt, und das Volk horcht zu bis tief in die Nacht. Ein Hauptlaster neben dem Opiumrausch ist das Würfelspiel. io.

Volksmenge und Militairmacht 9“).

Die Briten ließen cs sich frühzeitig angelegen seyn, in Cen­ tralindien zu einer genaueren Kenntniß der Volksmenge zu gelangen, was jedoch durch die politische Zerstückelung des Landes seine unüberwindlichen Schwierigkeiten zeigte. Die in den Ter­ ritorien Holkars, der Pu ar-Rajas von Dh ar, Dewaß u. a. gemachten Zählungen sind im Einzelnen9') mitgetheilt, die aus Scindiahs Gebieten wurden aus Politik verheimlicht oder verfälscht, so daß sich die Briten nur mit Schätzungen begnügen mußten.

Dazu wurden 14 Distrikte ausgewählt, als Muster für

dünn und stark bewohnte Landstriche; sie enthielten 3472 Engl. Quadrat- Miles Raum, und ihre Einwohnerzahl, nach richtigster Annäherung, 342,077 Bewohner. Hiernach würden in Malwa 98 oder nahe 100 auf die Englische Quadratmcile kommen, also 980 bis 1000 auf die Deutsche Quadratmeile, und dies hält Mal, colm für den ungefähren Maaßstab der gegenwärtig sehr verrin-

•°) J. Malcolm Mein. I. c. T. II. p. 219-225. Append. XIV. A et li p. 380 — 385.

«') ebend. II.

Ccc 2

772

£>|te>lfivn. Vorder-Indtc». V. Abschn. §. 109.

gcrttn Bevölkerung Centralindicns. Die Zahl der Hausbewohner ist nach den Städten und Dorfschaften sehr verschieden; in der Stadt Indorc zählte man auf jedes Haus mehr als 5, in den Dorfschaften um Onjein nicht über 4; die Mittelzahl mochte 5 Personen betragen, wonach sich einigermaßen die Volksmenge der Ortschaften abschätzen ließ. Furchtbar war in diesem Lande die Verwüstung und Entvölkerung, denen es während der lang­ jährigen Mahratten- und Pindarri-Kriege unterlag; in dieser Pe­ riode wurden die Völkerschaften wörtlich eine Beute der Ti­ ger. Malcolm m) hat darüber die genauesten Zählungen an­ gestellt. In den Jahren 1818, 1819 und 1820 wurde die solgende Anzahl zerstörter Dorfschaften (Khalsa, d.h. Gouvcrnementsdörser), die unbewohnt in Verwilderung versnnke.n und zu Lagerstätten der Tiger geworden wären, diesen Bestien wie­ der entrissen und ausgebaut, nämlich in Holkars Territorien in jenen respectivcn Jahren: 2C9, 344 und 508, zusammen 1120; aber 543 blieben noch in Trümmern. Im Dhar-Territorium waren es 28, 68, 52, zusammen 148, cs blieben noch 217 unbe­ wohnt. In Dewas waren es35,106, zusammen 141, es blie­ ben noch eben so viel unbewohnt; in Bhopal waren es 302, 249, 267, zusammen 818, cs blieben aber noch 813 wieder zu bevölkern übrig. In vielen dieser neubevölkertcn Ortschaften wur­ den die wehrlosen Dörfler in der ersten Zeit doch noch immer von zahllosen Tigern erwürgt, die ihreUeberfällemachten. Capt. Ambrose, 1818, zeigte seiner obern Behörde in einem einzigen Distrikt an, daß darin 86 Menschen vom Tiger gefressen waren; in einer andern Gegend reichte n»an eine Liste von 150 Unglück­ lichen dieser Art ein. Durch die Anstrengungen des Gouverne­ ments wurden die Raubbestien aber 1819 und 1820 so sehr ver­ folgt, daß seitdem weit wenigere der Dorfbewohner dadurch ihren Tod fanden. Von der Bhilzählung in Malwa war schon früher die Rede (s. ob. S.619). In Scindiahs Gebiete sind nicht, wie oben gesagt war,-gleich viel Bhils wie in Holkars Staaten, sondern weit mehr, weil sie dort nur l, hier aber 1 der Gesammtpopulation betragen. Im Allgemeinen ergaben sich bei den Volkszählungen in »’) J. Malcolm »benb. Vol. II. App. XV. p. 386 — 389; cf. Montgomcry Martin Hist, of 'British Colonies. London 1834. 8. Vol. I. p. 337.

Das Malwa-Plateau; Opiunicultur.

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Malwa »nd diesem Centralindicn drei beachtenswcrthc Resultate: 1) die geringe Zahl von Kindern gegen die Erwachsenen, 2) die Ucberzahl der weiblichen Personen, und 3) die großeDisproportion derMohammedan er gegen dieHindns, deren Verhältniß den Zahlen wie 1 zu 2i.v entspricht, wor­ aus sich ergiebt, wie gering der Fortschritt der mohainmedanischen Bekehrung in diesem centralen Hindustan auch in den letzteren Iahrzehenden aller ihrer oft gewaltsamen Anstrengungen ungeach­ tet geblieben ist, wie von scher ihr Eivfluß auf den Hinduismus von geringer Bedeutung war. In den Kriegstruppen der Heere ScindiahS, HolkarS und an­ derer Rajahs ist das Verhältniß bedeutender, wie izu 5; in B ho­ ps l aber viel bedeutender, weil dieser mohauunedanische Staat alle Reiterei und viel Fußvolk nebst looo Afghanen als Söldllingc ausPeschawer und Kabul zieht. Die g esa mm te Krieg sm«d>l aller Prinzen und Chefs von Ceutral-Indicn betrug(t824)^)nach einer ziemlich corrcctcn Aufnahme die Sntnme von 73,759 Mann, davon 21,842 Mann Reiterei und 51,917 Mann Fußvolk, weit geringer als in der früheren Periode, aber dem Zustande überstandener zwanzigjähriger innerer Kriege, wie General I. Malcolm bemerkt, ganz angemessen. Anmerkung,

Die Opiumcultur, die Mohnpflanze (PaKenntniß bet den Alten» officir neller Gebrauch bet den Westvblkern. Der Opium­ rausch bei den Mohammedanern; erste Spur der Ein­ führung in Indien. Lgricultur-District des Opium» tn Centralindien. Opiumcultur in. Malwa; Opiumcultur in Bahar um Patna. Opium Handel nach China. Verbreitung de« OpiumgcnusscS tn Indien in der Ge» genwart. yater somniferum Linn.).

DieOptumcultur macht den Haupterwerb in Malwa aus; Malwa ist das einzige band in Indien, wo bisher der Anbau der Mohnpflanze (Papaver somniferum Linn.) frei und sehr all­ gemein verbreitet war, denn in dem ganzen übrigen Hindostan ist diese Cultur entweder unbedeutend, oder, wie in Bahar und Denare», wo fi« zwar in Massen betrieben wird, unter das Monopol der Ost­ indischen Compagnie gestellt. Die vielen Millionen Ertrag, welche die Opiumcultur für den Handel in daS Au»land, zumal nach China, •*) J. Malcolm Mem, 1. c. T. U. App. XIII. p. 378 etc.

774

Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §.109.

seit dem Anfange des XVI. Jahrhunderts (f. Asien Bd. III. der Opium­ handel in Ganten, S. 853 — 855) darbietet, der Verbrauch des Opiums selbst durch den ganzen mohammedanischen Orient, und die progressive jüngste Steigerung seines Mißbrauchs auch anderwärts, die selbst den Populationen Ostasiens Gefahr, wenigstens in körperli­ cher, wie in geistiger und sittlicher Hinsicht Verkümmerung droht, ist der ernstesten Beachtung werth. Die locale Eigenthümlichkeit des Anbaus wie der sporadischen Verbreitung dieses durch Schlaftrunk und Rauch zu Rausch und Tod bringenden Gewäch­ ses, und des angewöhnten Gebrauchs seines trunken machenden, giftigen Milchsaftes zum Kitzel der Sinne wie zum Anreiz zu wilder That, verlangt hier, auf dem Boden seiner ausgezeichnetsten Cultur, in ethnographischer Hinsicht nicht weniger den übersichtlichen Umriß seiner allgemeinsten geographischen Verbreitungs­ sphäre, als auch seines Einflusses auf den Völker- und Staatenverkehr, in welchem das Opium, als Waare, seit wenigen Jahrzehenden erst ein so merkwürdiges Bindemittel entgegengesetzter Interessen der beiden größten Handclsnationen-der Erde, der Briten und Chinesen, ge­ worden ist. 1. Kenntniß vom Opium bei den Alten; offieineller Ge­ brauch bei den Wesivölkern; der Opiumrausch bei den Mohammedanern; erste Spur der Einführung in Indien. Wie bei fo manchen Culturgewächsen die genaueste Bestimmung ih­ rer ursprünglich wilden Species und Heimath unsicher bleiben mag, so auch bei dieser Mohnpflanze, die keineswegs blos Indien, sondern einem großen Länderstriche der alten Welt anzugehören scheint, von der aber verschiedene, nahe verwandte Species in frühester Zeit vielleicht für identisch galten, oder aus verschiedenen Species durch den Anbau in die gegenwärtige Culturpflanze zusammenflössen, die Papaver somniferum in Linne's System genannt ward. Die Mohnpflanze (Mijxwy, Pa^ pavei) ist schon in Asia Minor auf Troischem Boden dem Sänger der Ilias (VI«I. 306) bekannt, der das schöne Gleichniß des in der Feld­ schlacht schwer behelmten und sinkenden Hauptes des verwundeten KönigSsohncs Gorgythion von dem Mohnhaupt giebt, das im Gar­ ten erblüht, aber vom Wuchs und den schweren Regenschauern des Früh­ lings belastet sich zur Seite neigt. Also schon damals ist die ange­ baute Mohnpflanze gemeint, von welcher Hipp o kr at es ®4), der Arzt, eine schwarze und weiße Art, Dioskorides schon die 4) Kd. Grape de Gpio et u. flw. Düsen Mustern folgen alle späteren Aerzte. Plin. H.N. XIX.8. nennt dreierlei Mohnarten, candidiiMi, mg« um, rhotas; zu seiner Zeit war (V.I5, XX. 18) das Opium mit Wein schon als Schlaftrunk bei Römern bi6 zur Vergiftung im Gebrauch. Erst mit dem Wiederaufleben ber Wissenschaften im XVI. und XVI!.Jahrhundert, durch die Naturforscher und Aerzte, den Spanier Garcia ab Horto, den Italiener Proöp. Alpini, den Holländer Jac Bont und Andere, die in Aegypten,der Levante, in Persien und Indien ihren Studien nachgingen, erregte die Natur und die Anwendung des Opi um safte S bei außereuropäi­ schen Völkern größere Aufmerksamkeit alS vorher. Pr. Alpin in sei­ ner Naturgeschichte Aegyptens (Lugd. Batav, I7.1L. 1. c. 9. p. 159) sagt, daß schwarzer und weißer Mohn beide, zumal daS Thebäische Opium, daselbst ganz in gewöhnlichem Gebrauche seyen, und der Opium­ trank dazu diene, die Wachen zum Schlaf zu bringen. J.Bont (Medfc. Inder. L.IV. Lugd. Hatav. 1718. 4. Nolac in Garciam etc. cap. 4, de Opio) rühmt die offt'cinellen Eigenschaften des Opium und der Opiate

in den heißen Ländern, die er besuchte, und tadelt die ältern griechischen Aerzte, die nur von dessen schädlichen Eigenschaften gesprochen. P. I. Berg (Maler. Medic. Siockli. 1782. T. II. p. 477) nennt das The­ bäische Opium auS Oberägypten als allgemein im Gebrauch in der Levante, das weiße sey das beste und werde Maslae genannt Gar(iaS ab Horto (in Caiol. Clusii tixolic. Lib. VII. ib. Gare.a.H. IV. p, 154) nennt das von Cairo aus Thebä gebrachte Mekeri (wahr) CbauUn V o>agcs etc, ed. Amsl. 1735. 4. T. 111. p. 14.

776 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 109. scheinlich bei den Kopten von dem griechischen Namen M^v abge­ leitet, wie auch derselbe Name bei den Slavischen Völkern geblieben ist, Mak für Opium, großkörnigen Mohn, Maczek, als Diminutivum von Mak, für kleinkörnigen Garten- oder wilden Mohn •*). Das­ jenige von Aden, also aus Arabien gebrachte Opium, vom Rothen Meer, sagt GarciaS, sey schwarz und hart; von den Arabern brach­ ten eS die Portugiesen in den Handel, und nannten es mit dem ver­ derbten Namen Am fia oder Amfiam (wie beiOdoardoBarbosa, s. Asien Bd. III. S. 853, wo das f als Druckfehler in f zu verwan­ deln); bei den Moren (Mauriiani) heiße es Om fio (von Opium), in Persien, als Trank, Theriaki. GarciaS, als Reisender in In­ dien (f. ob. S. 128)t der erste, welcher mit specieller Kenntniß von dem Opium aus Cambaja in Huzuratc spricht, das auch aus Man du (die damalige Capitale in Malwa, s. ob. S. 585) und Chi» tote Com Chumbul) komme, wo es weicher und nicht schwarz, son­ dern hellgelblicff sey, aus sehr großen Mohntöpfen durch Zncisionen ge­ wonnen werde, und daselbst wie auch bei Arabern Caxcax heiße (d. i. Khufhkash, wie noch heute im Dekani und bei Arabern, nach AinSlie 9T), bei denen dieser Name wol erst aus dem Indischen angenommen ward). Also damals kam das Opium schon aus Malwa in den Handel der Araber und Portugiesen; von dem dort einheimischen Gebrauche sagt Garcia zwar nichts specielles, da er aber von den Moren (Uauritani) und Asiaten bemerkt, unter ih­ nen sey das Opium allgemein im Gebrauch, sie hätten sich so sehr daran gewöhnt, daß die Enthaltsamkeit davon ihnen sogar nachtheilig erschiene; die Genießenden seyen in beständigem Rausch; die Einen genössen es mä­ ßig, die Andern im Uebermaaß, so sieht man wol den schon zu feiner Seit weit verbreiteten Gebrauch des Opiums in Indien, und die Meinung ist irrig, als sey der Opiumrausch erst seit kurzem dort allgemeiner verbreitet. Auch P. Belon (stirbt 1563), der treff­ liche Reisende im Orient, erzählt ••) zuerst von den Türken, daß sie daS Opium äßen, um im Kriege muthiger zu seyn, daher, wenn eS Krieg gebe, sogleich eine sehr starke Opiumconsumtion eintrete. Sr sahe ihre Aecker, zumal in Kleinasien, in Kappadocien, Paphlagonien und Cilieien mit weißem Mohn bebaut, wie die Eu­ ropäer die ihrigen mit Weizen bedecken, doch mit der Einschränkung, daß jeder Sandmann dort nicht mehr baue, als er Leute zum einsam­ meln deS Saftes herbeischaffen kann, wozu sehr viele Hände gehören, da­ her die Cultur immer beschränkt bleibe. P. Belon war verwundert,

••) Wh. Ainslie Materia Indica. London 1826. Vol. I. p. 275. Cbenb. p. 326. *•) P. Belon du Mans Observations de plußieurs Singularitez ct choses memorables Irouvees en Grece Asie etc. Paris. 4. ed. '1554, Livr. III. ch, 15. fol. 183.

91)

Die Opiumcultur in Vorderasien.

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die Janitscharen täglich Opium verschlingen zu sehen, die wol eine halbe Drachme zu sich nahmen. Jeder Türke, auch der ärmste, kaufe sich doch wenigstens etwas davon, jeder der Bauern in Natolien suche doch einige Felder mit dieser Waare zu bestellen, die von da in zahlreichen Kamelladungen nach Europa wir nach Persien und Indien gehe; die Perser genössen das Opium noch weit allgemeiner als die Tür­ ken. Ohne die Cultur dieser Waare in Natolien, meint D e l o n, würde man sie in Europa wol gar nicht zu kaufen erhalten können. Der48orwurf bei ihnen, „du hast Opium gegessen," sey derselbe wie bei Europäern „du bist besoffen." Aus BelonS fernerer Bemerkung,daß er meine, es könne dieselbe Pavot-Pflanze wol auch, wenn man nur wollte, in Europa, in Frankreich, Deutschland und Italien gebaut werden, ergiebt cs sich, daß ihr Anbau neuerlich erst aus Nato­ lien nach Europa übertragen worden ist, und früher auch in Frank­ reich noch nicht bestand. Heutzutage wird dieselbe Mohnpflanze»') auch in England gebaut und selbst Opium dort daraus berei­ tet ,0°). Der vortreffliche deutsche Beobachter E. Kämpfer ') sahe in Persien selbst den Mohnsaft im Sommer von den fast reifen Kö­ pfen durch Einschnitte, mit fünffach bei jedem Schnitt verwundenden Messer, gewinnen, deren erster Ablauf (prima lachryma) als der köst­ lichste ihm Gob a ar genannt wurde; er war weißgelblich, der, wenn er trocknete, sich bräunte. Der zweite Ablauf, sagt er, sey schon dunkler, der bei der dritten Jneision giebt die geringere Sorte (lachryma nigemma exiguae virtutis). Auch Kämpfer versichert, daß viele der Perser wie der Inder täglich ihre Drachme Opium ohne Gefahr verschlucken, daß aber viele Uebel diesem Gebrauche folgen, daS Abma­ gern, schlaff werden, trüber Sinn, Abstumpfung des Geistes; auch sey es bei den Indern ein sehr böser Gebräuchlich durch Opium zum Meu­ chelmord, den man verüben wolle, zu berauschen, wie um Rache an dem Feinde zu üben, sich dann blindlings in Todesgefahr zu stürzen, was sie „Harrryk" nennen. Die Affassinen sollen dadurch ihre Novizen zu den Mordthaten berauscht haben. Bon Chardin **), dem Reisenden in Persien, wurden jenes deutschen Naturforschers Nachrichten bestätigt; der Mohn, dessen stärkste Cultur ihm vorzüglich umJSpahanundCazerun bekannt wurde, reife im Juni, wo den XII. Jmans von Per­ sien zu Ehren 12 Jncisionen in jeden Mohnkopf gemacht würden; die Einwirkung des erstenOpfumsafteSsty bei der Einsammlung schon so stark, daß die Arbeiter dabei erbleichen und das Zittern in die Glie••) Asiat. Journ. 1. c. 1817. Vol. III. c. 27. leo) IVf Culloch Dict. of Commerce. 2. Kd. I. c. p.864. l) E. Kämpfer Amoe~ nitates Exotic. Lemgov. 4. 1712. Fase. V. p. 642 — 645. *) Chardin Voy. ed. Amsterdam. 4. 1735. VoL III. ch. 4. P. 14.

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Ost-Asien. Norder-Indien. V.Al'schn. $. 109.

der bekommen. Die Perser verschlucken das Opium, sagt Chardin, in Pillen (Nehem-begni genannt), wodurch sie fröhlich gestimmt werden, lachen, und Albernheiten im Reden und Thun treibm. Der Körper fröstelt aber nach den ersten Pillen, starrt selbst und die Glie­ der werden steif, bis dann auch die zweite Dosis genommen ist, die in jenen Zustand versetzt. Durch stärkere Dosen wird Selbstmord bewirkt; aber auch diejenigen, welche nur an den schwächeren Gebrauch dieses Reizmittiti gewöhnt sind, erreichen nie ein hohes Alter. vr.Reineggg l0*) hat unter den neueren Reisenden das Einsammeln des Opiums, wie P. Belon vor ihm, in Kleinasien am genauesten beschrieben; eS be­ ginne, wenn die Blüthe sich entblättere; die Snciftoncn geschehen mit ei­ nem muschelsörmigen Schncidezeug; der herausquellende Milchsaft^mehre sich bis zum fünften Tage, wo er zu einer braunen Masse werde, und am 6ten sammle man ihn ein. Zn ein Holzgefäß gethan, das mit hei­ ßem Wasser umgeben ist, wird er weich genug, um zu kleinen Pillen von 1 bis 2 Unzen geknetet zu werden, die man Afiun nennt.; sie sind so weich, daß sie in der flachen Hand durch die natürliche Wärme zerge­ hen; die schwarze und härtere Sorte wird mit etwas fremdem vermischt. Die zerstörende Wirkung dieses Reizmittels als Arznei oder Gift auf den menschlichen Organismus hatte von scher die Aufmerksamkeit der Äerzte im südlichen Europa seit dem höchsten Alterthume erregt; erst mit der Periode der Ausbreitung des Zölam in Asien und Nordasrika zeigt sich bie merkwürdige Gewöhnung an den berau­ schenden G.iuß dieses GLsLsa'ftcs, und zwar vorzüglich nur in den Hauptniederlassungen der M ohamm edaner, von Aegypten bis Persien, zumal unter ihren fanatischen Kriegsherren, die sich dadurch gegen die Gefahren des Kampfes benebeln. Die Bemerkung Char­ dins 4;, das Weinverbol bei den Dienern des Koran habe dem Opiumrausch unter den Mohammedanern den Weg gebahnt, hat sehr viel Wahrscheinlichkeit für sich, und also nicht erst seit kürzern be­ ginnt diese Ansteckung im Orient, obwol sie erst in jüngster Zeit durch ihre weitere Verpflanzung über .die Grä.nzen Indiens h im au 6 auch zu Nichtmohammedanern bis nach China, Korea und Japan, wie in die Sundischen Jnselländer für den Großhandel der Briten und Amerikaner von großer Bedeutung geworden ist. Die nächste Vermittelung dieser Ansteckung im äußersten Osten, ein Gegen­ stück zu der d^s Branntwei'lgenusses im Westen der Erde, ist uns zwar historisch unbekannt, aber am wahrscheinlichsten ist sie wol ebenfalls durch die Gebräuche derselben mohammedanischen Colonisationen, zumal wie durch Araber in Indien mit Malayen, den zelotischen Die,03) RcineggS Schreiben an den Baron v. Asch in Blumenbach Medie. Biblioth. Bd.U. S.370, Chaidin Voy. l. c.

Die 0{ ilimculcur, Einführung in Indien. 779 ncrn des Koran (s. Asien IV. 1. S. 93 u. f.), von Hintcrindien bis an die ChinesischenGestade eingewandert. Bei Mala Yen*) ist in der That auf Malacca, PuloPenang, Singapore(s. Asien IV. I. S. 71) und weiterhin, wie bei Chinesen, obwel schon sehr frühzeitig daselbst verboten (s. AsienBd. III. 854', eine Haupteonfumtion des Opiums, weit weniger bei den Buddhistischen Sia­ mesen, Birmanen, oder den Hinduischen Bengalis und Dekanern; dage­ gen weit mehr im centralen Indien, überall, wo mehr die Mohamme­ danische Herrschaft ihre Ausbreitung gewann, und auch in China in C anton frühzeitig Handelsbedürsniß wurde, wo schon im vn Jahr­ hundert eine starke Handelspopulation der Korandiencr in der Khalifcnsich niedergelassen hatte (f. Asien Bd. III S. 812). Wir halten es für höchst wahrscheinlich, daß der Opiumrausch der mohammedanischen Eroberer in Indien dort erst die Ansteckung dieses Lasters verbreitet und die eigentliche Cultur des Opiums herbeigeführt hat, da dieselbe eigentlich keine Hinduische natio­ nale ist, nur auf wenige Distrikte beschränkt blieb, stets der Auf­ munterung durch Vorschüsse der Capilallsten bei dem einheimischen Landmanne bedurfte und andere nationale Berauschungsmit­ tel im allgemeincrn Schwünge bei den Hindus verbreitet sind, wie bir Palmwein (Jagory der verschiedensten Arten., das Hanfrauchen und der Mhowa Trank if. ob. S. 643), der selbst im Lande der ge­ waltigsten Opiumschwelger, in Rajaputana, sich neben •; dem Opium­ rausch erhält und bei den Hauptfesten, dem Huli, oder dem Indischen Carneval, eine Hauptrolle spielt. Der Sanskritsprache und Literatur der ältern Zelt, die viele Berauschungsmittel kennt, ist doch das Opium und sein Gebrauch fremd, und wenn Ainslie 7) die Namen der Mohnpflanze und des Opiums Tschasa (Chasa), Apaynum und Post oder Pust, als Deneinungen in Hindi und Sanskrit auf­ führt: so beruht dies mit den beiden letzteren nur auf einem Irrthum, da dieses kein e Sanskritwörter sind, Post ist die Benennung der Mohn­ pflanze im Bengali; Tschasa (Chasa) aber das einzige Sanskritwort, von diesen dreien, bezeichnet, nach unsers gelehrten Freundes Bo pp gütiger Belehrung, allerdings einen berauschenden Trank, aber ursprünglich nur von Zuckerrohr oder Zucker stoff bereitet, wie der berauschende Zagory u a. (s. Asien IV. 1. S. 656, s. ob. 282); diese Benennung ist daher nur eine auf den Opiumrausch später über­ tragene, und sehr wahrscheinlich dieselbe, welche die Araber in In­ dien mit der bei ihnen sehr häufigen Verwandlung des Indischen An*) Ciawhml Mission io Siam. Lond. 1828, 4. p. 25. *) Häher Nanative Vol. II. p. 488, 508. 1) Wi). Ainslie Mäteua l.idw. J. c, Vol. I. p. 27 i, d2U.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 109,

fangslauteS in ein Kh, und um den Plural oder auch eine Verstärkung zu bezeichnen, wie wir schon oben bemerkten, für die HandetSwaare, Khushkash nannten, derselbe Laut, der auch bis zu Japanesen mit der Waare vordrang, wo er Kes heißt (die Chinesischen Namen haben wir schon anderwärts nachgewiesen, s. Asien Dd. IN, S. 855). Auch in den Dekansprachen ist wol die Benennung des OpiumS: Casa-cafa im Tamulischen, wo die Mohnkapseln Pustakai •) hei­ ßen, und Casa cassa im Telingana aus derselben neuern Sanskritischen Sprachquelle stammend. Nehmen wir hierzu noch, daß die Waare de- Opium •), im Tamulischen und Telingana auch Apini, im Dekani Afim, im Malabarischen Ufyun wie im Arabischen, und im Ceylonesischen Abim, im Hindui Ufim, im Javanischen Apium, im Bali Hapium, also überall mit demselben Arabisch-Römi­ schen Worte, nur nach den national verderbten Umlauten, genannt wird, so bleibt wol kein Zweifel mehr übrig, daß der Opi um ver­ brauch mit der Cultur der Opiumpflanze (wenn auch mehrere Papaverarten in Hindostan bekannt sind, und der Mohnsaamen l0) in Kuchen gebacken bei den Hindusfesten eine Lieblingsspeisewie in Schlesien, Sachsen und Thüringen ist), doch in Hindostan kein ein­ heimischer, kein in die Periode der ältern Sanskritliteratur zurück­ gehender, sondern erst ein durch Arabische und Türkestanische, oder Persische Eroberung, Colonisation und Handelsver­ kehr eingeführter ist, und zu den wenigen gehört, dte Hindostan von außen her sich angeeignet hat. Vor dem Anfange des XVI. Jahrhundert- ist uns in Indien kein Beispiel von dort einheimischem Opiumgebrauch bekannt; in Sultan Baburs Beschreibung von Indien wird keiner Opiumcultur daselbst er­ wähnt (s. Asien IV. 1. S. 628), so wenig wie unter Kaiser Akbar unter den vielen durch ihn eingeführten Culturgewächsen von der Mohn­ pflanze etwa die Rede ist. Sultan Babur, sagt Ferishta"), war dem Wein ergeben, sein Sohn Humayun aber dem Opiumräusche, und zwar feit seiner Rückkehr au- dem Exil (1554, f. Asten IV. i. S. 624) in Persien, wo er dessen Gebrauch sich wol angewöhnen mochte, und zwar bis zu so großer Ausschweifung, daß seitdem die Staatsgeschäfte, von ihm ganz vernachlässigt, in schlechte Hände geriethm und neue Empörungen veranlaßten, er selbst im Taumel durch einen Sturz von der Marmortreppe seines Palastes im 51sten Lebensjahre dm Tod fand. Aus feinen hinterlassenen Handschriften l1) hat Ferishta

») Wh. Ainslie Materia Indic. I. c. Val. 11. p. 339. •) kbend. i. p. 271. 10) ebend. s. p. 325. 11) Ferishta History of the Bise of the Mahomedan Power in Imlia etc. cd i» Briggs. Lon­ don 1829. 8. Vol. 11. t>. 60, 83. lr) ebend. 11. p. 178.

Die Opimiicilltlir; Einführung in Indien. 7S1 lineOde erhalten, die der Kaiser selbst auf die Freuden des Opium S wie andere auf die des Weins und der Berauschung gedichtet harte Kaiser Akbar '*) nahm häufig Opium, wie sein Vater Humayun; als er nach heftigen Anfällen, die ihm dieser Gebrauch veranlaßt hatte (im I. 1583), in dem seine Unterthanen sehr für sein Leben fürchteten, wieder hergestellt war, gab er zur Sühne bedeutende Summen als Al­ mosen für die Armen. Aber auch der Großvater Babur hatte nicht blos in Wein, sondern auch, wie ErSkine ") uns aus seinen Memoi­ ren mittheilt, zu einer Zeit, wo der Kaffeetrank und das .Tabackrauchen noch nicht bei den Mohammedanern in Indien $um Kitzel der Sinne eingeführt war, doch nur erst gegen das Ende seines Lebens, nachdem ll) er öffentlich das Gelübde gebracht keinen Wein mehr zu trinken, so sehr in Opium geschwelgt, daß er dadurch seinen Tod beschleunigt halte. Es waren epileptische Zufälle, von denen er selbst in seinen Memoiren, im letzten Lebensjahre (1530) schreibt. Mit den Baburiden beginnt also der Op.iumgebrauch bei demTimuridengeschlechte vomTurk Dfchagatai-Stamme (s.Asien IV. l. S. 62D, und unter Kaiser Akbar ward die Sukah Malwa schon durch ihre Opiumcultur gerühmt und Abul Fazl l6) versichert, die Einwohner derselben gäben selbst ihren kleinsten Kindern schon frühzeitig Opium, bis sie dadritte Jahr erreicht hätten. AuS diesem Factum und der merkwürdi­ gen Angabe Odoardo DarbosaS (1519), daß die Chinesen auf ihrer Rückfracht auS Indien ihre Junten schon damals mit sehr viel Opium (Amtiain, clio noi clnamiamo op o, s. Asien 23. IH. S. 653) beladen, wahrscheinlich aus Guzurate, rrgiebt sich, daß wol Centralhindostan, und zumal Malwa, der älteste Sitz der Opiumcultur in Indien gewesen seyn mag. Dies sind die einzigen ofsiciellen und historisch beglaubigten Da­ ten , die wir bisher haben über den Beginn des Opiumgebrau­ ches und seine Cultur in Hindustan ermitteln können, der sich also auch hier zuerst in die Lebensweise der Mohammedaner fest­ wurzelte, und wahrscheinlich durch daS schlechte Beispiel der Herrscher­ familie und der Großen deS Reichs, sich nur zu schnell durch die Reihen der Kriegerstämme Indiens verbreitete, wo wir ihn heute noch am all­ gemeinsten bei den Mohammedanern (z.D. allen arabischen,T) Soldtruppen, welche die tapfersten Heere der Indischen Rajas bilden, '*) ebend. II. p. 253. vergl. A)een Akbery ed. Gladwin Vol. I. p. 75. ") \y. Krskine in Memoirs of Zehireddin Muhammed Baber Kniperor of Hindustan written by himself in tlie Jaghatai Turki etc. London 1826. 4. Intiod. p. XL1X. ,6) Ferishta I. c. Vol. II. p. 55, 62. '•) Ayeen Akbery ed. Gladwin. II. p. 40. lT) Col. Fitz Clarencc Journ. of a Houte across India. Lond. 1819. 4. p. 103.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Al'schn. §. 109.

die sich täglich berauschen), bei den Mahratten (s. ob. S. 409) und den «Raipittcn zur Tagesordnung gehörig vorfinden. I. Tod der sich sehr um die Ermittlung der Einführung des Opiums in Indien bemühte, gesteht, daß die Periode, wann dasselbe ein Gegenstand der Cultur und der Zubereitung ward, ihm unbekannt geblieben; dessen Ge­ brauch und offtuneile Eigenschaft sey daselbst vielleicht alt, aber sein Mißbrauch erst neu, nicht über 300 Jahre alt. Es sey von Opiumbewirthung in keinem indischen Heldengedichte die Rede, sehr all­ gemein'aber von der Etiquette des Betelkauens (s. Asien IV. 1. 859), und sehr häufig werde der Gast, in den Porsten, mit dem Munwarpiala, d. i. dem Credenztrunk geehrt, aber nie mit dem Umlpant (Opiumtrank), der in neuerer Zeit in der dort einheimischen Etiquette an die Stelle des Phul-ra-Arrac, d. i. der Besprengung mit wohldufrendem Blumenparfüm, getreten sey. Ehe man, wie heut­ zutage, die feinern Opiumextraete und Pillen einführte, genoß man da« Narcoticum in rohester Art durch Zerquetschen der Mohnkapseln, die in Wasser getaucht wurden, das man dann nach einiger Zeit als Infu­ sion schlürfte. Dieser Trank „Lejarro" genannt, oder auch Pos (Post, s. oben, d. h. zerquetschte Kapseln) ist heute noch bei den ro­ hesten Stämmen der Rajputen, die nicht leicht von alter Art abwechen, in Gebrauch. Bei ihnen, im Süd von Agra aus, bemerkte Heber, sey dieser Genuß ^ganz allgemein, und sehr häufig ,e) finde man sie davon benebelt; da aber im übrigen ihre Lebensart sehr einfach sey, so schade ihnen dies weniger und sey weit weniger zerstörender Reiz als bet andern, zumal Europäern; obwol auch sie dadurch abmagern und wie alle Opiumesser entzündete, stark entflammte rothe Augen be­ kommen. 2. Agrieulturdistrict des Opiums in Central-Jndien. Der Opiumanbau ist keineswegs durch ganz Hindustan verbrei­ tet, sondern nur auf eine für daS Ganze sehr enge Region CentralJndiens eingeschränkt, theils durch Gebrauch, theils durch Regulative des Gouvernements. Von dem Norden von Ajmere kommend gegen Udeypur, bemerkte Bischof Heber, in der Mitte des MewarplaIcauS, zwischen Dabla und Bunaira 30) die ersten, weißen Mohnfelder in Blüthe, welche daS beste Opium geben; dies war von dorther das erste Zeichen der Annäherung an den eigentlichen Di­ strikt der Opiumcultur in Central-Jndien, der schon gegen die Westgränze MalwaS, im Süden von Chit ore, zu Nimbaira3') 1Ä) J. Tod Annals I. c. Vol. II. p. 630. ,9) B. Heber Narrative Vol. II p. 432. -0) rbend. Vol. II. p. 458. ") ebmd. II. p. 488.

Die Opinmcnltnr in Ceiitral-Indien.

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die schönsten buntfarbigen Mohnfeldcr zeigte. Hier waren alle Begeg, nenden zur Zeit bc6 Hulifcstes Taumelnde. Um Pertabghur"), 1600 Fuß üb. b. M. (s. ob. S. 641 v hatten die Mohn selber durch Frost (Ende Monat Februar) sehr gelitten, aber südwärts dieser Station auf geringerer Höhe wa'ken sie, schon zu Amba Rama, un­ beschädigt geblieben Dieser angegebene Strich möchte die westliche Gränzlinie der Verbreitung der Mohnpflanzungen für die Opium cultur bezeichnen (denn in Guzurate finden wir sie nirgends), die gegenwärtig von Mewar ostwärts durch einen großen Theil von Rajputana und ganz Malwa, südwärts aber auch über den Nerbuda und Lapti hin­ aus, bis in das Gebiet des mohammedanischen Prinzen, des Nizam, reicht. Der Wurda-Fluß macht in Berar die Oftgränze") der Opiumeultur (f. ob. S 457). Ostwärts von Malwa aber, ist in neuerer Zeit der Anbau des Opium durch die Mahratteneroberung auch in einigen bebauteren Theilen von Gondwana einge­ führt *4), bis Sumbhulpur am Mahanadi-Strom (f. ob. S. 482). Nord ostwärts von Malwa wurde, wie daselbst, die Opium­ pflanze, schon seit früherer uns unbekannter Zeit (wahrscheinlich mit dem dortigen Eindringen der mohammedanischen Herrschaft unter Akbar, s. Asien IV. 1. S. 632» auch in Bengalen, und selbst, obwol sehr sparsam und nur im Bcrglande, bis in Orissa ts. ob. S. 505, 540; gebaut; selbst auf dem Nordufcr des untern Ganges, wie in Bahar, nämlich in Benares und Patna, so auch um Boglipur und Na­ jamahal. Auch noch ostwärts des Tista-FlusseS 3S), im Süden von Sikim (Asien Bd. III. S. 104 rc. bis zur Gränze A^ams, am untern Burremputer war die Cultur dieser Giftpflanze in die Provin­ zen der dortigen mohammedanischen Häuptlinge vorgedrungen, in die Territorien von Purneah und Rungpore (also doch nicht weiter als zwischen 20 bis 26° N.Br). Seit dem Zahre 1773, kurz vorher ehe der britische Opiumhandel mit China anfing, nahm die ostin­ dische Compagnie dies Monopol, das mit dem ersten Etablissement der Briten in Bengalen Statt gefunden zu haben scheint, aus den Händen einzelner Beamten, und verpachtete cs. Seit 1797 wurde aber die Cul­ tur in den genannten Districten überall verboten und auf die BaharDistricte von Benares und Patna am Ganges eingeschränkt, um die Opiumverfälschung, welche dem Absatz der Waare im Auslande nach­ theilig war, und die Contrebandirung zu hindern; weniger wol, wie man 33) ebend. Vol. II. p. 501, 508.

33) Col. Fitz Clarence Jonral of a Route across India. Lond 1819. 4. p. 140. 34) P. Bre­ ton Medic. Topogr. etc. in Transact. of Phys. and Medic. Soc. Calcutta 8. Vol. II. p. 237. 3S) Opium Trade in India in Asiatic. Journ. 1826. Vol. XX. p. 30.

784 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. L 109. sich auch wol rühmte, um den vielen auS dem Opiumgebrauch im bri­ tischen Territorium hervorgehenden Verbrechen zuvorzukommen. Um Patna *•) am Ganzes wurde seitdem sehr viel Opium zum LuxuS .und zum Handel gebaut; der Genuß dieses Reizmittels wurde noch un­ widerstehlicher a'.s der des Branntweins, für alle dortigen DolkSclassen; der Nabob von Oude zu Tennants Zeit, fand seinen Tod am Opium; dem Raja von Berar zu Nagpur wußten seine Hofleute (1818) in der großen, politischen Verwirrung und in der letzten Noth nichts weiter zu rathen alS sich in Opium 27) zu berauschen. Die Opiumeultur' am Ganges nahm außerordentlich zu durch Unterstützung der Plantagen, zu denen Europäer die CapiLalicn vorschössen, um die großen Massen der Waare für den Chinesischen Markt zu gewinnen, wo die Nachfrage nach Opium immer eifriger wurde, je mehr durch wieder­ holte Verbote der Chinesischen Kaiser diesem verderblichen Stimulus der Eingang in das himmlische Reich verweigert werden sollte. Auch trugen gleich anfangs die im Jahre 1770 angebrochene große HungerSnoth *•) in den Gangesländern und folgende dazu bei, diesem Rausch­ mittel, das man nun desto häufiger genoß den Hunger zu bändigen und die Todesgrdanken zu verdrängen, eine allgemeinere Consumtion zu verschaffen, eben so sein vermehrter offieincller Gebrauch. Dieser natürlich fruchtbare und sorgfältig zubereitete Boden des OpiumdistrieteS in Dahar, reichte aber keineswegeS aus, um die wachsende Nachfrage zu befriedigen. Zugleich ist die Vegetation des BodenS von Bengal und Bahar überhaupt nicht geeignet gerade die kräftigsten, gewürzhaftestcn Pflanzen zu erzeugen; wie der Senf, der Taback ander­ wärts mehr Energie gewinnen, so auch ist das Opium *•) aus den Gangesprovinzen oder das sogenannte Patna Opium um so vieles schwä­ cher, daß die Aerzte größere Dosen des dort erzielten Reizmittels bedür­ fen, als der weiter westwärts cultivirten. Mag dies am feuchteren Clima, dem schlechter» Austrocknen der Waare oder an Verfälschung des Ertrags liegen, das Malwa Opium, wie das unter den Mohamme­ danern in Vorder-Asien erzeugte, wird für weit stärker gehalten, dagegen hat aber das Patna Opium im Geschmack größere Milde ’°) und angenehmern Geruch, so daß eS eine vom Malwa Opium im Han­ del sehr verschiedene Sorte bildet. Hierzu kommt noch der besondere von Ten na nt anderwärts *l) bemerkte Umstand, daß die Culturart

*•) W. Tennanf Indian. Recreations. Vol. II. On Opium-Culture, p. 296 etc. *T) Fitz Clarence Journ I.'c. p. 140. 3e) Description of the Culture of the White Poppy and Preparation of Opium as practised in the Province of Bahar. Asiat. Journ 1817. Vol. III. p. 26 etc. ") W. Tennant I. c. II. p. 296. *•) Montgomcry Martin Iiistory of Britsli Colonies. Lond. 1834. 8. Vol. I. India. p. 215—217. ' ‘) W. Tennant 1. c. II. p. 206-209.

Die Opiumcultur in Central-Jn-ien.

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der Opiumpflanze in Bahar sehr schwankend betriebe» wird, und daß durchaus keine übereinstimmende Methode des Anbaues daselbst Statt findet, sondern jeder Eigenthümer auf seine eigene Art bek der Production verfährt, wodurch also auch Ungleichheit in die Waare kommt. Allerdings wird nun wol die Mohn pflanze auch noch in anderen südlichern Theilen Indiens ") gebaut, aber doch nur sparsamer und vorzüglich nur wegen des Oels und der Verspeifung des Mohnsamen-, der zu den Lieblingsconfituren der Hindus benutzt wird. Da das Ein­ ritzen zu Opiumsaft die Verminderung des Mohnsamens veranlaßt so geschieht dies in Dekan nur sehr selten. Au einer Handelswaare wird der dortige Mohnsaft gar nicht bearbeitet, auch findet Dr. Fr. (Buchanan) Hamilton dort den Ertrag davon gar - nicht gewinnreich; er führt nur an zwei Stellen im Dara Mahal und nur da, wo auch die Mohammedanerhe,rrschaft in Maißoore es be­ günstigt haben mag, die Cultur der Mohnpfanze zur Opium­ erzeugung an, nämlich um Colar und Kellamang alum, öst­ lich zwischen Bangalore und Ryacotta (s. ob. S. 310), wo sie aber ganz unbedeutend bleibt. Die Cultur des Opiums ist demnach nur auf das mittlere Hindostan beschränkt, und diese Verbreitungssphäre bleibt in­ nerhalb des 20° bis 26° N. Br. und zwischen den Meridianen von Udeypur und Patna, d. i. säst 76° bis 85° O.L. v. Gr. einge­ schlossen, doch reicht sie auch noch in einer Richtung etwas nur gegen N.W. durch Kantul Provinz bis Pertabghur zum 74° hinaus, wo man das Thal des Mhai (Mhye) Flusses als die natürliche Westgränze dieser Cultur anzusehen hat. Innerhalb dieser Re­ gion der Opium-Cultur bildet aber Malw'a die Provinz der Haupterzeugung, wo auch der Anbau in früheste, unerforschte Seit zurückgeht, von wo frühzeitig der Handel ins Ausland über die Westküste Statt fand, wo er über Bombay indirekt nach den östli­ chen Märkten und China zum großen Nachtheil Bengalen- ging. Dar anfängliche Verbot der ostindischen Compagnie gegen diese Ausfuhr aus Malwa über Bombay, öffnete nur dem Handel die Schleichwege über die Portugiesischen Etablissements von Damaun zwischen Bom­ bay und Surate, und über Diu 34) in Guzurate. Nach der Entrei­ ßung Mal was durch die Briten, seit 1818, aus den Händen derMahrattaS, mußte bei der dort allgemeinern Opiumcultur das britische Gouvernementsein bisheriges Beengungssystem hinsichtlich dersel­ ben aufgeben. DaS meiste Opium wird daselbst in den Staaten seiner **) Fr. Buch. Hamilton Journ. 1. c. Vol. 1. p. 295. HI. p. 404. ") J. Tod Annals 1. c. Vol. II. p. 634. ") On Opium Trad* in India, in Asiat. Journ« 1826. Vol, XX. p. 30. Ritter Erdkunde VI.

Ddd

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Ost-dlsien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 109.

alliirttn RajaS erzielt; die Cultur, so wenig als der Verkauf, konnte bort monopolisirt werden; durch den zurückkehrenden Frieden und die zuneh­ mende Nachfrage in China wurde dagegen die Opiumcultur daselbst ungemein begünstigt; die MalwaAusfuhr schien sogar dem ben­ galischen Handel mit derselben Waare nachtheilig zu werden. DaS britische Gouvernement suchte daher, um seinen Vortheil an den großen Ein­ künften vom Opiumhandel nicht zu verlieren, die Ausfuhr über Bombay zu dirigiren, und legte dort einen Transitzoll auf alle OpiumauSfuhr nach China. Hierdurch blieb die Malwaeultur frei, die Exporten stiegen seitdem von Jahr zu Zahr, der Anbau erweiterte sich dem 'Raume nach ungemein. Erst seit diesen letzten Zeiten hat man auch noch weiter im Osten das Opium auf der Insel PuloPenang, und selbst auf CelebeS und nach Professor Reumann auch in China zu bauen angefangen. 3. Opiumcultur in Malwa Vor langen Zeiten, geht die einheimische Tradition, war die Opium­ cultur in Malwa n ur auf den sehr engen Landstrich 36) zwischen dem Chumbul und seinem rechten Zuflusse dem Sipra, der beiOujrin vorüberfließt, von ihrer beiderseitigen Quitte am Vindhyan, um Indo re, bis zu ihrem Vereine beschränkt, in dem sogenannten Doabah, oder Duab, dem Lande zwischen beiden Flüssen^ von Malwa (s. Asien !V. 1. S 499). Wir vermuthen, daß diese Cultur eben dort, seit dem Einzuge mohammedanischer Herrscher, d. i. seit der Mitte des Xlll. Jahrhunderts in dem neuen Residenzlande, von Koran die­ nern beginnen mochte (f. Asien IV. 1. S. 557, 564). Aber schon lange Zeiten her verbreitete sie sich weiter über ganz Malwa, in verschie­ dene Theile von Rajputana, zumal durch Mewar und Harowti. Öbwol nun alle dortigeVölkertribus, wie I.'Tod bemerkte, dieKumbiS, wie die JatS, die BaniahS und Brahmanen, seitdem die Agricultur deS Opiums betreiben, so erkennen sie doch alle darin die KumbiS, nämlich die Originalcultivatoren des Opiums in jenem Duab, als ihre Meister an; denn diese ziehen stets | mehr Gewinn von der Opiumpflanze als alle andern. Oie Opiumcultur nahm hier zu Lande, umgekehrt wie andereAgrieulturen, im verkehr­ ten Verhältnisse zum allgemeinern Wohlstände zu; mit dem Verfall der früherhin weit höhern Cultur dieses Central-Indiens, mit den jüngsthin dauernden Kriegen, den Pestilenzen, hm Jahren all­ gemeiner Hungersnoth, den Entvölkerungen Malwa'S und Rajputana'S nahm die Cultur dieser Giftpflanze auf das verderblichste immer mehr ,8) Wh. Ainslie Materia Indien 1. c. Vol, I. p. 271. Annals 1. c. Vol. II. p. 631 — 635.

**)

J. Tod

Die Opmmcultur in Central-Jndien.

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und mehr zu. Das R Subsystem der Delhi Kaiser der M ong ho li­ sch en Zeit verheerte, früherhin, auch schon weidlich dies schöne Land, und beschränkte den Landesertrag für den Landmann nur noch auf die unmittelbar für ihn einzunehmende Kornernte von Gerste, Wei­ hen und geringern Sämereien. Als auch diese Agricultur und Ernte, durch das beständige Plünderungssystem der Mahrattenherrschaft (s. ob. S. 404 u. f.), unsicher wurden, gab nur allein noch das Mohnfeld sicheren Ertrag, weil es auf dem kleinsten Raume leichter zu schützen und zu bewachen, oder durch Contribution von der Verwüstung einfallender Reiterei, die im Mohnfelde keine Nahrung fin­ det, eher loszukaufen war, dagegen die Ernte in kürzester Zeit einge­ bracht ist. Das Maximum der Landesverwüstung in Mewar, zusammentreffend mit der vergrößerten Nachfrage des Opiums in China, die bis zur fieberhaften Begier nach die­ sem Taumelsaft wuchs, ward das Maximum derOpiumcultur in Malwa v>on 1784 bis 1818), wo noch etwas mehr Schutz im Berglande als in dem für Reiterhorden überall offenen und zugängli­ chern Mewar zu finden war. Die zahlreichen Emigranten aus Me war flohen damals in die Mal w a di stricte zwischen O uj ein undMundissur auf das Hochland, um Kachrode (23° 25^ N.Br.) und Oneil, in Seindias Gebiet, wo sie an Appa Saheb und dessen Vater, die län­ gere Zeit die Pächter jener Landschaften und die Beschützer der dortigen Agrikultur waren, gastliche Aufnahme fanden. An den schon vorhan­ denen Irrigationen jener fruchtreichen Landstriche, die dort zur Agricultur überhaupt, zumal aber des Opiums, ein Haupterforderniß der Anlage bilden, konnten sie keinen Antheil mehr erhalten. Sie er­ hielten aber Güterverleihungen, auf denen sie sich ihre Brunnen und Be­ wässerungscanäle zu graben hatten; sie zogen es vor statt der Cerealien ihre Cultur auf Zu ckerrohr und Opium, die beide der Bewässerung bedürfen, zu beschränken, und nur nebenher zur nothdürftkgen Speise Muk hi, d. i. ein Indisches Trockenkorn, das keiner Irrigation bedarf, zu bauen. Wenn dieses Trockenkorn, oder etwa der Hanf (Sunn), den sie dort ebenfalls noch bauen, eingebracht ist, verbrennt man die Stoppeln des Feldes, pflügt dies um und bewässert es; dann wird cs reichlich mit Kuhmist gedüngt und dieser untergepflügt; dieselbe Procedur wird 6 bis 7 mal wiederholt. Dies pflügen und harken giebt einen ganz zu Pulver zcrkleinten Boden, der nun in Gartenbeete vertheilt und mit niedrigen Dämmen zur Irrigation versehen zur Einsaat'7- bereit ist. Ist diese geschehen, so folgt die Bewässerung des Bodens bis zur Sättigung, 7 Tage lang; an dem letzten dieser Tage, oder am 9ten und Ilten Tage,

’7) J. Tod Annals 1. c. II. p. 632, Ddd 2

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geht die Saat auf. Am 25sten, wenn die zweiten Blätter treiben, m hält sie die zweite Irrigation. Nach der Abtrocknung jäten Frauen und Kinder diese Felder, und lassen von den Mohnpflan-en, die nun an 3 Zoll hoch sind, nur so viele stehen, daß jede an 8 Zoll von der andern ent­ fernt bleibt; sie lockern die Erde mit Eisenhacken von neuem auf. Ei­ nen Monat später wiederholt man diese Auflockerung mit Irrigation. Zehn Tage später folgt die 5te Bewässerung, und 2 Tage später beginnt die Blüthe. Dieser Moment ist das Signal zu der 6ten, der sogenann­ ten Blüthenbewässerung, auf welche in 24 biö 36^Stundcn alle Blüthen zugleich hervorbrechen. Ist die Hälfte der Blumenblätter abgefallen, so wird die Erde noch einmal durch Irrigation angefeuchtet; dann ist die Mohnkapsel völlig entblättert und wächst schnell zu ih­ rer Größe heran. So wie sie sich mit einem feinen, weißen Mehlstaube Gedeckt, ist sie zum Lanzenstich, dem der Opiumsaft entquellen soll, gereift. Das Schneideinstrument hat drei Sporne mit feinen Spitzen, die mit Baumwolle umwickelt werden, damit sie beim Einritzen, was von unten nach oben zu in Furchen geschieht, nicht zu tief eindringen, weil sonst der Saft, der nach außen dringen soll, in das Innere der Kapsel abfließen würde. DaS Feld wird in 3 Abtheilungen gebracht, und jede Pflanze 3 mal in drei aufeinanderfolgenden Lagen verwundet. Die Operation beginnt mit der warmen Morgensonne, der verdichtete Milchsaft wird in der folgenden Morgenkühle abgeschabt, und am 4ten Morgen wird jede Pflanze von neuem geprüft, ob sie noch Saft giebt; in der Regel ist sie erschöpft. Der abgeschabte, coagulirte Milchsaft wird in ein Gesäß mit Leinsaatöl gethan, damit er nicht vertrockne. So bleibt nun der Mohnsaamen mit der Kapsel zurück, die dann abgebrochen in die Scheuer gebracht werden, wo man sie auf der Tenne ausbreitet, etwas besprengt, mit einem Tuch überdeckt und nun durch Vieh den Saamen austreten läßt, der zur Oelpresse geschickt wird, indeß man die Mohnköpfe verbrennt. Dies ist die von I. Tod auf das genaueste in Malwa selbst beobachtete primitive Methode der dortigen Mei­ ster in der Opiumcultur, welche ganz regelmäßig und daS Muster für andere geworden, wie die von Ten na nt *•) mitgetheilte Behand­ lung des Patna Opium, oder anderer, die mehr oder weniger davon ab­ weichen. Das Mohnöl wird mehr als andere Oelarten in Mewar in der rampe (Cheragh) verbrannt. Don 40SirS (^-75 Pfund) Mohnsaamen

•*) Will. Tennant Indian Recreations I. c. Vol. II. p. 206 — 210; vrrgl. Asiat. Journ. 1817. Vol. III. p. 26« Meyen Grundriß der Pflanzengeographie, Berlin 1836. 6. Die Opiumcultur. S. 418 bis 422.

Die Opimncliktlir tu Central-Indien.

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rechne« man hier auf 2 Sirs Milchsaft Ertrag, also auf ^ des Lu», faatgewichtes. t Biga (Begah) des Malwa Ackers (vom Maaß Schahjehani, wo das Jurib, oder Ruthe, = >00 Cubitus) giebt ö bis 15 SLrS Opiumsaft, jeder Sir zu 45 Salimschahi Rupien Gewicht. Schon der Mittelertrag, von 9 Sirs, gilt für eine gute Ernte, die der Landmann dem Handelsmann alsbald verkauft. Dieser trägt die Waare in dreifachen baumwollmn Beuteln heim. Dort breitet er 2 bis 3 Zoll hoch Mohndlättcr auf dem Boden aus, und legt das Opium in Klumpen von 15 RupieS Gewicht darauf, um eS 5 Monat lang der Aus­ dünstung zu überlassen War der Saft dünn oder mit Oel gemischt» so bleiben von 10 Theilen nur 7 Theile zurück ; war er rein A so macht das Residuum 8 Theile ou&. Diese BeoparriS, b, f. die Aufkäufer des Opium, verhandeln bann ihre Waare weiter, zu einheimischer Consumtion au. die Rajputen^ oder zu Exporten über Bombay nach China. In den Jahren 1784—1601 war,, nach I. Tod, der Markt» preis bei dem Landbauer das Dürri (= 5. Pucka Sirsz 1 Sir = 90 Salimschahi RupieS Gewicht) ") 16 bis 21 Salimschahi Rupies^ Im Jahre 1809 war dieser Preis auf das doppelte gestiegen, bis &ih 42 Salimschahi RupieS. Dann siel er wieder bis auf 29 oder 30. Mit der bald eintretenden, ungehinderten Ausfuhr aus den Hafen von Sind und Guzrrat» nach China und den Inseln des Sundischcn Archipelagus, stieg er wieder', im Jahre 1820 bis zu 38 und 39, also nahe an 40 Sah Rup. (zu I. Tods Zeit). In den Jahren 1821, 22, 23 und 24, wurden aus Malwa 40) auf dem Indischen Opiummarkte 3000, 6700 , 7000 und 7200 Kisten Opium verkauft, von denen- die Ostind. Comp, eine Einnahme von 3,2 dis 3,389,333 Curr. RupieS erhielt. Aber die Grsammtcultur betrug weit mehr; zu Malcolms Zeit (1820) producirte Malwa,. feinem größten- Anschlage") «ach, jährlich über 10,000 Maund (1 Maund nur zu 35 Pfund Ar. dup. gerechnet); also über 350,000 Pfund Av. dup.; davon 60Ö0 Maund (210,000 Pfd. Av. dup.) exportirt, die übri­ gen 4000 also im Lande, und dies wäre in der That eine enorme Quantität, confumirt werden. Nach einer etwas geringern Berech­ nung*4^) * stellt sich jedoch dies Verhältniß so, daß über 8600 M. in Malwa producirr werden, davon 6500 M. jährlich nach Dekan, Mewar, Marwar und Guzurate exportirt werden. Die Preise sind ungemein wechselnd und daher die Berechnungen schwierig; nach S6> Zur Berechnung dieser Maaße f. Malcolm Mem. Voh H. Tabul.

Weights Touch, etc. in App. VII. et VIII. p. 360 etc. 4®) Opium Trade in India in Asiat. Jouin. 1826. Vol. XX. p. 30. "> J. Malcolm Mem. L c. VoL i. p. 8. ") ebenb. Vol. II. p, 76 und Not. b.

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Ost-Asien. Vorder-Jndn'li. V. Abschn. §.109.

dem Kostenanschläge de» Anbaues könne indeß der Mittelpreir des Opiums beim Landmann in Malwa für 1 Sir (d. i. 2 Pfund) zu 8 RupieS angeschlagen werden (ober die Größe der Sir wechselt auch hier wieder gar sehr, und es gehen in den verschiedenen Distrikten bald nur 20, oder 40, oder wol gar 60 Sir auf 1 Maund'. Capt. Dangerfield 48), der die genauesten Untersuchungen über die Opiumcultur in Malwa angestellt hat, berechnet die Menge der mit Opium in Malwa bebauten Aecker, auf 86,920 Begahs, deren Landtaxe an die verschiedenen Gouvernements 518,576 Rup. beträgt. Daraus werden, nach ihm, jährlich 434,600 Sir'S Mohnsast zur Bereitung des Opium gewonnen; | geht durch die Ausdünstung verloren. Der Rest, 347,680 Sir's füllt jährlich den Markt; da aber die heimische Consumtion nicht über 2000 Pukka MaundS (hier jedes zu 40 Sirs a 2Pfund, also das Doppelte an Gewicht gegen I. Tod's Angabe in Av. dup. gerechnet), so blieben volle 6500 Maund Opium zur jährlichen Exportation aus Malwa übrig, was, nach Malcolms Dafürhal­ ten, eher zu wenig als zu viel sey. Diese haben aber im Chinahan­ del jede einen mittlern Werth von 1000 Dollar, also siebentehalb Millionen Dollar, und bei hochsteigenden Preisen weit mehr.Roch ist zu bemerken, daß auch in der nordwestlichen, bergigern Gränzprovinz Kantul (f. oben S. 757;, um Pertabghur und am Mhai (Mhye; Fluß, sehr viel Opium gebaut, aber die Waare unge­ mein mit Zusatz von Gummi gekocht und verfälscht, ebenfalls für Malwa Opium verkauft wird, und dadurch die Preise von jenem nicht selten drückt. Deshalb wird die geprüfte, ächte Waare für den China Handel mit dem Compagniesiegel auf den dahin ge­ sandten Kisten versehen, die auch von den Chinesen auf Treue und Glau­ ben44) ohne vorgängigeOeffnung angekauft werden. Dies verfälschte Opium wird von den GosainS in Guzurate untergebracht, aber inRajputana, wo man dessen weit zerstörendere Eigenschaften kennt, nie consumirt. Man sagt, es komme nach den Gewürzinseln und diene dort zum Anreiz des Bodens, in dem die Gewürznelken48) gezogen werden. Auch die Mahr alten bauen, wie wir oben in den Ländern des Nizam anführten, im Westen des Wurda ihren Opiumbedarf; schwerlich wird davon viel in den Welthandel kommen; sie ver­ brauchen es selbst, auch ist das Mahratta Opium 4. 486. W. Hamilton Deaqr. I, p. 551. *; J. Tod Annala 1. c. Vol, 11, p, 757,

Chitore die Capitale am Bairaß. (im Jahre 1680).

819

Dennoch diente sie noch bis in die neuere

Zeit zu Verschanzungen.

Die Mahrattcn hatten sogar noch im

Jahre 1792 dort ihre Batterien errichtet. Seitdem gerieth Chi, tote immer mehr und mehr in Verfall. Die Prachtbauten sollen aus der Zeit der antiken Dynastie der Sisa dias seyn. An Akb a rs Zeit erinnert der Pyramidalpfeiler, aus trefflich behauenen Quadern aufgeführt, 30 Fuß hoch, deren jede Farade 12 Fuß Breite an der Basis hat, und oben als großer Leuchthurm diente, das Hauptquartier des Kaisers in der Ferne zu verkünden; die­ ser Pftiler wird Akbar-ca-dewa^), Akbars Lampe ge­ nannt. Der Ehitore-Fels ") liegt, wie der von Mandelgurh, ganz isolirt von der zusammenhängenden Chitore-Kette; eine gute Stunde fern vom zusammenhängenden Oberlande, dem Uper, mal, ragt er steil, fast senkrecht, aus dem tiefen, fruchtbaren Thale empor, das ihn abscheidet vom Gebirg, aber aus demselben Ge­ stein, eine cmporgcstoßene Klippe, die sich nur in geringer Breite von 1200 Schritt, aber in größerer Länge, eine gute Stunde weit (3 Engl. Milcs und 2 Furlongs) von S.S.W. gegen N.N.O., am Ostufer des Bairaßflusses fortzieht. Die Ebene, aus welcher der Tafelberg mit der Festung bis. zu 500 Fuß relativ, nach I. Hardie"), emporragt, soll 3 gcogr. Meilen Umfang haben. Das scheidende'Tiefthal ist mit Waldung bedeckt, eine Wildniß, wie der Fuß des Felsen, voll Wild, Hirsche, Eber, Tiger, die bis hierher vordringen; selbst Löwen sollen hier zuweilen sich zeigen. Der Felsumfang beträgt auf der Höhe drittchalb Stunden (8 Engl. Miles)u). In den umgebenden Thalschluchten zeigt sich Thon­ schiefer, und über diesem ragt der Kalkstein hervor. Der Abhang des Festungsbergs ist Thonschiefer von erdigem Ansehn, feinzersplitternd; aber den obern Festungskranz, auf dem die künst­ liche Mauerverschanzung aufgesetzt ist, umläuft, nach I. Har­ dt es Beobachtung, ein Saum welliger Quarzschichten, die auf dem Thonschiefer liegen, und durch ihre größere Härte unstreitig zur Erhaltung der steilen Abstürze und der Unzu-

">) 1 Tod Annals l. c. Vol. II p. 756. ") ebend. 1. p. 328, wo die schöne Ansicht: an Interior View of Chitore witli the Colunin of Victory. **) J. Hardie Observat. on the Geology of the Mcywar District in N. Edinb. Phil. Journ. 1829. p. 123. ") J. Tod Annals I. c. Vol. II. p. 757 —765. Fff 2

820 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 109. gänglichkcit beigetragen haben. Der Miere Stadtthcil, Tulaiti, liegt an der Westseite des Festungsbcrgs. Alles ist voll pracht­ voller Bauten, Tempel, Triumphsäulen, Portale, die Paläste von Chitrung Mori, Ra na Raemul, der große 'Tempel von Rana Statut, die hundert Thürme und Zinnen der Acropvlis der Gholotes, die Wohngebäude von Jeimul und Pntto, seltsam und kühn auf einzelnen Felsvorsprüngen erbaut., Alles dies und viele andere Merkwürdigkeiten sind noch in ihrem Zusammenhange um die Fclslabyrinthe zu sehen. Erst nach dreitägigem Umherge­ hen, zwischen diesen außerordentlichen Ruinengruppcn, sagt I. Tod, sing er an fid> innerhalb derselben einigermaßen zu orien, tirm. Nun ging er an den Plan, an die Aufnahme von Chi, tore, an die Zeichnungen, deren er einige in seinem Prachtwerte mitgetheilt hat. Zn den außerordentlichsten Denkmalen der Ar, chiteetur gehört die große Thurmsäule von 9 Etagen, welche nächst dem Kutub Minar In Delhi, die gewaltigste in Hindostan ist. Sic erreicht zwar nicht die Höhe »vic jene, ist aber weit schö, ncr durch Sculpturcn von unten bis unter den Säulenknopf ver, ziert. Sie ist das Siegesdenkmal des Rana Khumbo, zur Feier über zivei Fcindeshcere von Stalro« und Guzurate. Bischof Heber, der später als I. Tod diesen Ort besuchte (im Febr. 1825), schätzt dasselbe Gebäude'") zu 110 bis 120 Fuß Höhe; es ist viereckig, von der Basis bis zur Kuppel aus weißen Marmorguadcrn, die sehr künstlich durch Skulpturen verziert sind, errichtet, im Innern mit engen, aber sichern Marmvrtreppcn, die durch sieben Apartements voll Sivaidole zu den obersten zwei Stockwerken führen, die balkonartig über die andern hervorsprin­ gen und von ihrer Höhe die prachtvollste Umsicht gewähren, Unter den vielen hiesigen Indischen Stonumentcn, die den Bischof Heber durch den Schl ihrer niedern, mehr gedrückten, aber oft sehr langen und weitläuftigen Pfeilerreihen an ägyptische Bau­ werke erinnerten, sind auch viele von geringerm Umfang, aber fast alle reich omainentirt. Auf der Höhe des Berges ist der prachtvollste große Tempel, betn zerstörenden Siva geweiht, der mit dem Dreizack in der Fronte steht; das Innere mit den gro­ tesken vielarmigen Idolen fand Heber durch Lampen erleuchtet, zur Seite der blutdürstigen Rachegöttcr, Löwen abgebildet und Tigerfelle vor ihnen ausgebreitet, auf dem Steinpflaster Zeichen 314) B. Heber Narrative I. c. Vol. II. p. 477 — 486.

Chilore die Capitale am Bairaß.

821

blutiger Opfer. Drei Brahmanen ans einem rothen Teppich sitzend nahmen die Opfer der Besuchenden an. Das Gebäude ist schön und ehrwürdig wie ein griechischer Tempel und eine go­ thische Kirche, aber fchaudervoll zugleich. Unter den Hindugebäuden bemerkte Heber ein einziges in muselmännischem Styl vom Sohne Aurengzebs als Siegestrophäe aufgeführt, das aber die spätern Hindu Rajas nicht gestört haben. Ueberall zwischen den Tempeln und Festungswerken sahe Heber sehr viele Cisternen, Felsbassins, Brunnen ausgehauen, bereu man 84 zählt, von denen damals aber nur 12 mit Wasser versehen waren» Einer dieser Brunnen aus Felsen gehauen, zu dem Felsstufen hinabführen, von Bauwerken und Baumgruppen höchst romantisch umgeben, liegt dicht am Rande des hohen Felsabsturzes> über betn alte Tem, pelbauten schweben, an dem drei mächtige Platanen hinabhän­ gen, von dreihundertjährigem Alter, ein Wunder zu sehen. Das Fort hatte, im Jahre 1825, wieder einen Commandanten (Killedar), und viele Bewohner, aber keine Soldaten, sondern nur Drahmanen, Weber und Krämer; am Thor der Festung stand nur eine Kanone. Das Innere ist höchst merkwürdig; mit euro­ päischer Besatzung würde die Festung uneinnehmbar seyn, Bei Akbars Eroberung, erzählt die Legende, brachte sich die schöne Rani, die Fürstinregentin, sammt ihrem Palaste, Reichthum, Hofstaat und der noch übrigen Garnison, die sich auf das tapferste vertheidigt hatte-, der Kali zum Opfer, durch, den Tod in den Feuerflammen (Joar, fc i. das Feueropfer), um nicht dem Feinde in die Hände zu fallen. Die untere Stadt von Chitore war 1825 wieder zu einem guten Marktplatz für das Bergland geworden, den viele Weber und Kornhändler bewohnten.. Ueber den Bairaß geht hier eine Furch hinüber nach Mewar, von woher dieser Festungsberg mit seiner Mauerkrone schon aus weiter Ferne über Fluren und Waldungen rotnantisch. emporragt. Mandelgurh^). der Festungsberg, von ähnlicher Kolktet Art, liegt nur weiter abwärts gegen Norden, sonst, ganz eben so am Ostufer des Bairaß,-wo der 95unaß vom West her sich mit ihm vereinigt. Dies große Fort wurde von Kaiser '21 n xengzeb, im Jahre 1099, einem Rahtore-Chef im. Lande Kirar übergeben, ein Name, womit der wilde Westabhang von Harowti belegt wird, voll enger Thäler und Waldwildnisse, wo 1. Tod Anttals 1. t. Vul. 11. y*. 071—682*.

822

Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 109.

noch heute viele Bären Hausen, und wo I. Tod nicht selten das Morgenkrähen des Kurkeru, des wilden Waldhahns hörte. Die abscheulichsten Wege führen weiter nordwärts von der Feste Mandel, über Kachowra, in das Land der Mi, nas (s. ob. S. 608, 638), die überall, vordem, nur als Raub, gesindel bekannt, deren Räuberland stets gemieden war. I. Tod durchzog es im Jahre 1821 mit größter Sicherheit, und ver­ sichert die Eingebornen so friedlich wie Kinder in dieser ihrer Hei, mach gefunden zu haben. Jehajpur"8) (Jehazgurh der Karte), eine dritte Bergscstung, wie die vorigen auf bedeutender Höhe gelegen, hat nur Minas zu Bewohnern, und gebietet loo zugehörigen Ortschaften. Von dieser Feste strömt der Bunaß, Fluß noch nördlich bis zu feiner Ostwendung bei Tonk; eine Querstraße führt aber aus Ajmere an ihr vorüber, ostwärts, über das Bergland nach Dundi und Kotah, von der oben schon die Rede war. 3. Das Bergkand Harowtis im Osten des Chumbul, Thales. Hier wurden nur einzelne, romantische Stellen auf dein Gränzgebiete Malwas und Harowtis, in der Harowtioder Mokundra-Kette bekannt, die an den Pässen und Fluß, durchbrächen bisher besucht worden sind. Die großen Jagden"), tvelche die Rajputen RajaS von Harowti, jährlich, in ihren Waldwildnissen, zumal in den Gränzgebirgen gegen Makwa zu halten pflegen, zu denen auch die Officiere der britischen Garnisonen aus Mcwar, Nimutch und Maltva eingeladen wurden, machten auch I. Tod mit jenen bis dahin unbefuchk gebliebenen Gegenden bekannter. Dem Für­ sten von Kotah kosteten diese Jagden jährlich 2 Lakhs Rupien (20,000 Pfd. Sterl.); cs gehörten jedesmal 25 Zimmcrteute dazu, um die Waldwege zu hauen, 200 Aireas oder Jäger, 500 Trei, ber und anderes Gefolge. Von Kotah südwärts, zwischen Chumbul und CakkSind, liegt der schon oben genannte Mokundurra-Paß, der nach Malwa führt, von dem auch die Gebirgskette den Namen hat: „das Krischna 5.1)01"18) (Mokuud, d. i. t. c. Vol. H. p. 672. ") ebend. II. p. 702 — 704.

»'•) J. Tod Annals

bi« 701.

*’) ebend, 1L p. 693

Harowti im ä>st des Chuinbul, Bhampura.

823

Kri»'chna, Durra, oder Divara, d. t. das Thor, wie Jfjiu i idwara u. a. Namen). Ein wot bebautes Feld roll Ortschaft ten führt vom Norden her zu diesem Bergpaß, den man nur wenig aufsteigt, um ihn durch dichten Wald und dann auf nackt ten Felswegen gegen Süd wieder hinabzusteigen nach Malwa. Steinhaufen und Steinpfeiler von Banjaras, als Zeichen ihrer Karawanen (Tandas) errichtet, liegen von Zeit zu Zeit am Wege. Ein Thurm beherrscht seine Höhe; an seinem Fuße liegt ei» Brahmancnklostcr, At ti ls, das von einem Häuptling vonBhynsror gestiftet ist. Von ihin werden viele Legenden erzählt. Aber der ganze Mokundurra Ghat ist voll merkwürdiger Denkmale aus früher unbekannter Zeit, die seine große Wichtigkeit als Haupt/ paß aus Malwa nach Harowti und dem Gangcslande beurkun­ den ,9). Als I. Tod ihn zurück erstieg, hatte er drittehalb geogr. Meilen auf ihm zu durchwandern; auf der Paßhöhe bot sich eine weite Aussicht über die ganze Malwa, Plaine dar» Alles ist hier voll Denkmale der Rajputcnkämpfe und voll Legenden von Herrcnthatcn. Seltsame Ruinen von Pilastern, reich mit Seulptu» nn geschmückt, auf denen Hindu und Aegyptischer Styl vereint zu seyn scheinen, hat I. Tod abgebildet; sie werden BhimS Chaori genannt; zwei andere einzeln stehende Denksäulcn von großer Schönheit in der Sculptur, sollen Denkzeichen von BhimS Hochzeit seyn. Bei jedem Schritt enthüllen sich neue Denksteine, Erabmonumente. Hier ist classischer Boden für eine verschollene Hinduzeit. I. Tod vermuthet, daß hier auf der Gränze von Malwa und dem Norden Indiens einst eine große Stadt lag, die von den Beherrschern HarowtiS zur Erhaltung des Landfrie­ dens sorgfältig vertheidigt ward. Die Landschaft verdient wol genaue» c Untersuchung. Bhampura2"), unter 24° 31'N.Dr., 73°50' O.L. i>.Gr., 1261 Fuß. üb. d. M. liegt in S.W. .des Passes an der Ostseite des Chumbul, dem obengenannten Rainpura gegenüber, eine gut nmu.auerte Stadl, von 5000 Häusern, voll Wohlstand und be­ deutendem Handel; die Residenz ihres Raja, früher zuin Territoriuin Holkars gehör! dessen prachtvolles Mausolcuin in einem benachbarten Waldthale aber in barbarischen modernen Mahratta Stul erbaut ist, wo I.Tod zugleich dessen» Streitroß und dessen

“) J. Tod Annals II. 738 — 710. ") J. Malcolm. Mem. I. c. Vol. 11. (1.480. J Tod Ami. II. p 718 — 720.

824 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 109. Mowah, d. i. seinen Strcltelephanten vorfand, die beide das Gna« denbrot erhielten. Die Stadt liegt nur wenig fern von den Berg, Wildnissen, deren bestiminte Contoure, ihr im Norden, ganz deut­ lich vom West gegen Ost, von Jawnd und Nimutch, ost­ wärts bis G agrown am Cali Sind vorüber ziehen. Südwärts liegt die mehr einförmige Fruchtebene Malwas, mit dem Ein­ tritt in jene K lte aber zeigten sich überall Felsthäler, Stromwir, frei, Wasserfälle und romantische Alpennalur. Südwärts von Bhampura, auf dem schwarzen Lehmboden von Malwa, mit dem welligen Fruchtlande, gegen Gurrote hin, das 1200 Häuser zählt, fand I. Tod die Ebene mit den schönsten Achaten und Karneolen überstreut, drittehalb geogr. Meilen weit, bis zu dem niedern Hügelzuge der Lager von zelligem Thoneisenerz, in denen die Höhlentempel eon Dhumnar ausgearbeitet sind, deren Lage wir aus obigem schon kennen (s. ob. S. 746). Sie sind merkwürdig genug um noch eine nähere Betrachtung zu verdienen. Im Osten von Bhampura und dem Mokundurra Ghat, durchbricht der Cali Sind bei Gagrown die Harowti,Kette. Schon aus der Ferne entdeckt man die feste Lage von Stadt und Castell, die sich grandios über der rcichbewaldcten Landschaft er­ heben,' die vom Geschrei der Schaare» der Pfauen und Wald­ hühner wiederhallt. Nördlich der Stadtmauer stürzt sich der Strem221) in vielen Windungen, in einer 200 Fuß tiefen Fels­ spalte, durch drei Felsketten, wie durch erhabene Portale hin­ durch, und gewinnt so feinen Eingang aus Malwa in daS ge­ priesene Haro-wti. Weiter ostwärts durchbricht der Newnj, in noch tiefem Feksspatt, an 300 Fuss tief, dieselbe Gränzkette, in dem wildeste» Waldland und Jagdrevier, das vorzüglich durch feine Bären­ jagden berühmt ist22). Hier liegt Ekailgnrh, eine «ngcheure Srcinmasse, di« Ruinen citier uralten Feste der Aboriginer dieses Landes, welche de» Rückm eines ganzen Berges zudecken, und wieder mit Walddickicht durchwachsen find. Ganz nahe dabei ist «in Wasserfall Gypur Mahadeo genannt, der 60»Fuß herab­ stürzen und feine Wasser zum Chuwbul schicken fett. Bon da, gegen N. und ND., ist das Land Harowti noch fast Tetra incognita zu nennen. "') h Tod Ab nab II, p. 736 —738.

**} kbind. 11. p. 74t.

Grottentempel zu Dhumnar. Anmerkung.

825

Die ©rottentempel auf dem Hochlande von

Malwa und Harowti, in Baug und Dhumnar. Zweierlei Gruppen von merkwürdigen Grottentempeln in diesem centralen Hochlande Indiens, die wir nun schon so zahlreich auch anderwärts in Dekan (s.Asien IV. 1. S.669,673—687), Cey­ lon (s. ohen S. 255 — 257), Coromandel (s. ob. S. 322 —327), Orissa (s. ob. S. 551 — 553) vorgefunden haben, nämlich an der Nord- und Süd-Gränze Malwaß, die zu Baug und Dhum­ nar, sind hier noch als wichtige ethnographische Denkmale älterer hi­ storischer Zustände des Indischen Landes, zur Vergleichung mit jenen, kurz zu characterisiren, um geographisch, nach den Localitäten, alle bis jetzt beobachteten Daten, übersichtlich, zur Vergleichung beisammen zu finden, davon so viele, bisher wegen Zerstreutheit der Nachweisungen und Unbekanntschaft mit demselben, leider, nur zu sehr, um zu tiefer drin­ genden Forschungen großartiger Völker- und Cultur-Verhältnisse frü­ herer Perioden zu gelangen, gänzlich außer Acht blieben, und welche doch allein nur Aufschluß über die großartigsten Erscheinungen der Ge­ genwart in ihrem Zusammenhange mit der Vergangenheit gewähren kön­ nen. Wenn wir oben, S. 687, selbst irrig bemerkten, daß wir noch keine nähere Beschreibung der Grottentempel von Baug besäßen, so war uns, eben wegen jener Zerstreutheit eines fast unübersehbaren und bis jetzt noch von keinem Geographen, Historiker und Antiquaren gesam­ meltes Material, die vortreffliche Specialbeschreibung derselben von Capt. Dangerfield in dem zweiten Bande der Transaetionen der Societät in Bombay entgangen, und wir finden hier die passende Gelegenheit nachzuholen, was wir dort versäumten, da es vom Anfang an unser mühsamstes Streben in unserer Erdkunde war, den Ertrag der geographischen Forschung, nicht blos durch Citate und ausgehobene einzelne Merkwürdigkeiten, welches gar leicht und nur zu herkömm­ lich, aber für die Wissenschaft sehr unersprießlich ist, sondern dem We­ sen nach, mit einer gewissen Vollständigkeit ajler Haupterscheiuungen, bis auf die Gegenwart, durch Critik gesichtet und zur Ver­ gleichung vorbereitet, für fernern Fortschritt und Prüfung, auszubrei­ ten, damit nicht, wie so oft, wieder vergessen werde oder unbeachtet bleibe, was schon einmal mühsam erforscht war.' I.

Die Grotlentempel zu Dhumnar in Nord-Makwa, an der Gränze von Harowti.

Ihre Lage ist aus dem obigen bekannt, Malcolm und Dangerfielb21) haben von ihnen nur gesprochen, Dangerfield hat ihre

2g) J* Malcolm Meiu» VoL f. p. 12. 11. Ayp. [k 330.

826

Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 109.

geogndstischcn Verhältnisse bezeichnet (f. ob S. 746), I. Tod"») hat sie zuerst beschrieben. Der eisenhaltige Sandsteknberg, der sie in seinem Innern verbirgt, hat einen Umfang bis zu fünfviertel Stunden, fällt ge­ gen Nord steil ab, und erhebt sich allmälich bis zu 140, nach Dangcrfield höchstens bis zu 200 Fuß relativer Höhe, über die anliegende Ebene. Die Gipfelwand steigt 30 Fuß senkrecht empor, sie ist oben ganz tafclartig, mit Banjanen bewachsen. Gegen Süd krümmt sich die Berg­ wand in Gestalt eines Pferdehufs, mit einwärts gehenden Hörnern, und hier ist dieselbe ganz mit Höhlen durchzogen, deren J^Tod 170 ver­ schiedene zählte. Diese sind vielmehr Eingänge zu Tempeln, oder zu sehr weitläuftigen Felswohnungen einer ganzen großen Troglodytenstadt, von welcher im Innern wie an der Außenseite des Berges die unzweideutigsten Spuren vorhanden sind. Der Fels ist von Natur zellig, und mag jene natürlichen Höhlungen haben, die nach Capt. Dangerfields Bemerkungen öfter mit losem Dohnenerz gefüllt sind. Diese mögen der künstlichen Ausweitung allerdings sehr zu statten gekom­ men seyn. Nach I. Tod ist der eisensteinhaltige Fels aber sehr hart, und nimmt selbst Politur an. Ob die äußeren Stadtspuren älter sind, als die subterrestrischen Werke, läßt I. Tod unentschieden; eine noch vorhandene Mauer derselben hatte 9 Fuß Mächtigkeit, und bestand gleich einer cyclopischen Construetion, wie er sagt, ohne Mörtel aus sehr lan­ gen Quadcrmassen. Durch einen Höhleneingang aus der Höhe tritt man in eine Felsgallerie, die ICO Schritt lang und 4 breit ist, und in einen vierseitigen Hofraum endet, der 100 Fuß lang, 70 breit, 35 hoch ist. Eine ungeheure Excavation, in deren Mitte ein Tempel aus einem Felsblock gehauen stehen blieb, der dem Vischnu, dem vierwaffigen, Chotur-Buja, geweiht ist. Außerhalb umlaufen diesen Raum viele Felsgange, Felstreppen, Felsbogen, und alle Klüfte und Durch­ brüche sind auf das pitoreskeste bewachsen, mit Banjanen, Pipalas und Tamarinden. Jener Monolith setzt durch seine Größe und Sculpturin in der schauerlichen Mitte der Grottenwerke in Erstaunen; cr ist m't dem Pantheon der Idole geschmückt, wobei auch der Bulle, der Ele­ phant, der Büffel, der Pfau, die Menschen und die Dämone als ihre Gefährten wie in Kailasa des Halbmondkranzes von Grottenwerken in Elora cs. Asien IV. 1 S. 678' nicht fehlen. Aus vielen der Seitenhöhlcn hat man die prachtvollste Aussicht auf die bmachbarten Plainen, und die Bergzüge jenseit der Muudissur und Sondwarra. Der Höhlen und Grotten aller Art ist eine außerordentliche Zahl; feit am ist der dop­ pelte Styl der Sculpturen, den I. Tod hier bemerkt zu haben glaubt, indem die eine Seite der Monumente ganz Buddhistisch und im Jaina Charactcr ausgearbeitet ist, die andere in dem ArchitecJ Tod Annals l. c. II.

722 — 726.

Grottentempel zu Bang. turstyl der Si'va- und Bischnu-Diener.

827

An der Südseite der

Höhlen treten überall Seulpturen der PanduS auf; so die Haupt­ gruppe der 5 Panduiden (Bhims Söhne, s. Asien tV. 1. S. 674, 683,378* IH. 115 u. a. D.\ die hier, nach ihrem Exil vom Pamuna, ihre Wohnung gefunden haben sollen. Diele Abbildungen entsprechen auch hier denen der Jainas, wie die in Orissa und anderwärts (s. Asien

.

IV. 1 S. 743).

Die größte Aushöhlung, „Bhims Bazar" ge­ nannt, 100 Fuß lang und 80 Fuß breit, hat die Buddhistischen DHa­ tz ops (oder Dagoba's, s. oben S. 237 u. a. O.) zu Verzierungen, umher'unzählige Zellen zur Aufnahme zahlreicher Ordensbrüder, oder größere Gemächer, Bhims Schatzhaus u. s. w. genannt, in mannichfaltigster Form. Obwol nicht in so grandiosem Styl, wie die Denkmale in Elora, Carli, Sallette, sind sie zahlreich genug, und nach I Tods Meinung weit älter. Er scheint dieses Urtheil darauf zu gründen, daß sie weit roher und kühner, dabei ohne Jnserlptionen sind, obwol auch hier sich einige unzusammenhängende Schristreihen vorfinden sollen, die zu den noch unentzifferten Alphabeten gehören, welche sich fast überall mit den sogenannten Denkmalen der Panduiden vergesellschaftet vorfin­ den. Wir erinnern hierbei nur, daß die Schlüsse, welche Z. Tod sei­ nen sonst trefflichen Beobachtungen beifügt, über Entstehung, Chronolo­ gie, Abstammung, Architecturstyl, Jnscriptionen, deren Inhalt ihm unbe­ kannt bleibt, oder die er sich nur von oft zu willfährigen Cicerones er, klären läßt, jedenfalls sehr zweifelhaft bleiben, und immer erst näherer Prüfung bedürfen, wie dies ihm an sehr vielen Stellen von einem treff­ lichen Kenner") des Sanskrit und der Indischen Antiquitäten schon an­ derwärts nachgewiesen ist. 2.

Die Grottentempel zu Baug, welche Panch Pandu (d. i. die fünf Pandus) heißen *•). Eine gute Stunde im S.S.O. der kleinen Stadt Baug (s. oben

S.587u.f.), .am Tanda Ghat, der Hauptpaffage vom untern Nemaurthale nordwärts nach Malwa, zwischen alten Burgen, Walddickichten und Raubnestern, erhebt sich die rothe bis 150 Fuß hohe Sandstein­ kette, in horizontalen Bänken mit ihren Einlagerungen von Eisenoxy­ den und weißen Sandsteinschichten alternirend, in deren Mittelhöhe der senkrechten Felswände die Höhleneingänge in das Innere führen. Durch die untere Hälfte der Höhlen zieht die Schicht der weißen Sandsteinbänke, auf denen die rothen aufgelagert erscheinen. Es sind vier ") P. v. Bohlen Recension von Tod Annals etc. in Jahrbücher für wissenschaftl. Critik. 1834. No. 62—83. S. 532 — 704.

*•) Capt. Dangeifield somc Account of the Caves near Baug cal» led the Panch Pandoo in Transact. of the Liter. Soc. of Bom­ bay. London 1820. 4. Vol. II. p. 199 — 202,

828 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 109, Haupthdhlen, von beriet» nur die eine gegen den Norden gelegene 94it erhalten ist. Aus dem Thäte eines geringen Dergwassers, des WaugreyfluffeS, steigt man den sanften Bergabharg dis zur senkrechten Sandsteinwand empor, an deren Westseite die Eingänge der Höhlen liegen. Eine Treppenflucht von 70 in Fels gehauenen Stufen führt zu einem schma­ len Ruheplatz, einst eine Vorhalle (Viranda) von Säulen getragen, mit ornamentirtem Plafond, jetzt in Trümmern zerfallen, doch so, daß man den Stuccoüderzug der Höhlenwand noch sehen kann. Diese äußereVerzierung ist in schlechtem Styl, aus jüngerer Zeit, wie schon die schlechte Vorstellung eines Ganesa zeigt. Durch zwei einfache Felsenthürcn von 54 Fuß Weite erhält die Grotte ihr einziges, einfallendes Licht. Zhr Inneres, das nicht selten den Tigern eine kühle Lagerstätte bietet, kann nur bei Fackelschein untersucht werden, und erinnert ungemein an die Buddhistischen Dambulugalle in Ceylon (s. ob. S. 255). Erst einige Minuten nach dem Eintritt entdeckt man die Größe der Höhle, die einen regulairen, quadratischen Raum von 84 Fuß langen Seiten ein­ nimmt, deren Plafond in einer Höhe von 14^ Fuß von vier Reihen mas­ siger Säulen getragen wird, deren 2 in der Mitte rund sind, die zur Rechten und Linken am Fuß viereckig, aber in einer Höhe von 5 bis 8 Fuß in sechsseitige bis zehnseitige Pfeiler übergehen. Der Plafond al­ lein zeigt Ornamentirungen von Quadraten und Seulpturen, die aber durch Fackeldampf unkenntlich geworden sind. Zwischen der Mittelreihe der Säulen bis gegen das Ende der Höhle tritt man in ein längli­ ches Gemach, 12 Fuß breit, 20 Fuß lang, mit der Fronte nach dem Eingang der Höhle zu frei geblieben, das von zwei sechsseitigen Säulen getragen wird, indeß aus den andern Säulen colossale Gruppen von Fi­ guren bis zu 9 Fuß Höhe mehr als reliefartkg hervortreten. Durch eine kleine Pforte tritt man aus der Rückenwand dieses Gemachs in das hin­ terste Fclsgemach, das Allerheiligste, in dessen Mitte ein sechsseitiger FelSpfeiler mit der gerundeten Kuppel, beinahe die Decke erreichend, als Mo­ nolith stehen blieb (der Dhagop), hier bei den Einwohnern Churn genannt. Auf allen Seite» dieser großen Grotte sind Seitenkammern von -Fuß Tiefe mit besonderen Eingängen zur Grotte in den Fels gehauen, die man Dukans, d. t. Buden, nennt, deren 7 zur rechten, 6 zur linken Wand, und 4 am Ende der Höhle liegen, nämlich je 2 zu beiden Seiten jenes länglichen Endgemaches, hinter dem der Dhagop liegt. Aus diesen Dukans der linken Seite kriecht man durch engere» lange Gänge oder Gemächer, die als Felskammcrn eingehauen sind, von denen fünf nach einander immer höher aufsteigen und früher zur Höhe des Berges geführt zu haben scheinen, aber gegenwärtig voll Trümmer, ohne Lust und Licht, schwer näher zu erforschen sind. Nur 20 bls 30 Schritte von dieser ersten Höhle, welche am besten

Grottmtvnipcl zu Bc.ug.

829

erhallen ist, tritt man in die zweite, die offenbar niemals beendigt ward, wie sich aus ihrem Zustande und den Spuren der Mcißelhicbe, die noch überall sichtbar sind, crgiebt. Ihre Anlage ist gleich lang mit der vorigen, aber nur halb so breit. Hundert Schritt weiter von ihr, gegen Süden, gelangt man über einen sehr rauhen und steilen Pfad zur dritte» Grotte, 80 Fuß lang, 60 breit, und in ihrer ganzen Einrichtung der ersten sehr ähnlich, aber größtentheils eingefallen. Doch ist sie in einem weit edttren Style dceorirt, und hat nicht das düstere von jcmr. Ihre Wände waren mit einem feinen Stucco überzogen, mit eleganten Malereien geschmückt, mit wenigen Farben. Viele Figuren und die Randyerzierungen sind auf etruskische Art mit indisch roth auf andern Grund gemalt. An der Decksicht man noch Blumen und Früchte, an der Stelle der Säulenknäufe in einander greifende Bordüren, alla etrusca, darüber Figuren von Dra­ chen oder Seethieren, an der untern Gröttemvand sehr schöne männliche und weibliche Figuren in kupserroth gemalt, die leider sehr gelitten ha­ ben; aber die unteren Glieder, die Schenkel und Füße, die noch deutlich zu sehen sind, sagt Capt. Dangerfield, beweisen, daß sie von Künst­ lern gemalt wurden, die alles übertrafen, was in heutiger Zeit von den Hindus in dieser Art zu Stande gebracht werden kann. Die vierte Höhle ist jener sehr ähnlich, aber ungemein verfallen; an ihrem Ende zeigt sich der eingestürzte Eingang zu einer fünften. Dangerfield konnte durchaus nichts über die Erbauung dieser Monumente erfahren, die den Heroen der PanduS zugeschrieben wer­ den. DaS umgebmde Walddickicht besteht aus Teak, Eisen holz (Dalbergia latifolia ftoxb. \ Feronia elephantum, Erythrina indica, und die benachbarten Holzungen aus But^a frondosa, ©abul (Acacia arabi. 324—332. ’♦) ebend. I. p. 379. ’*j C. Pogson History of the Bondelas 1. c. p. 132.

860 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Ab sch n. §. 110. lern, reizend durch die Romantik ihrer nächsten Umgebungen an dem künstlichen Tank, der sich mit dem prachtvollsten Blumcnwalde der lieblich duftenden Lotos überwuchert. Von den Fcstungsbcrgen führen wir nur die beiden berühm, testen, Adjyghur und Kalinjer an, weil die andern ihnen nur analoge Verhältnisse, obwol in geringerem Maaßstabe, zeigen. Adjyghur 27G), unter 25° N.Br., soll nach ihrem Erbauer, ei­ nem antiken Raja, Adji Gopaul, genannt seyn, d. i. Adiis Festung, und ihr Ursprung in unbekanntes Alterthum zurückge­ hen. Ruinen von drei großen Steintcmpcln, aus Quadern ohne Cement aufgeführt, von trefflichster Arbeit und ganz bedeckt mit Sculpturen ausgezeichnetster Art, sind von sehr hohem Alter, das aber nicht näher bestimmt ist. Die Schriftzcichcn der unbekann­ ten Inskriptionen, die sich an ihnen vorfinden, sind erhaben In Relief cingcschnittcn. In dem Felsen sind drei große Wasserbe­ hälter wundervoll ausgehauen, die an die Brunnen Saiomons -ei Jerusalem erinnern. Weit jünger, ja modern, sind die noch heute bestehenden Dcrschanzungcn der Höhe von Adjyghur, die erst im Jahr 1809 vom Colonel Martindell einem rebellischen Zemindare abgenominen wurde. Dieser, wie seine acht Weiber, da keine Rettung mehr übrig war, ermordeten sich insgesammt, um nicht vom Feinde befleckt zu werden; ein Opfer, Joar ge» nannt, ächt hinduischer Art, das, wie zu Alexanders Zeit, auch­ heute noch bei den Rajputen Ccntralindiens nicht selten ist. In der Indischen Feste Chitore z. B., als sie sich Kaiser Akbar er­ geben mußte, erzählt die Historie 77>, habe sich die Fürstin mit ihrem ganzen Hofstaate in ihrem eigenen Palastc, wie einst Sardanapal, in Flainmcn und Dampf, und die ganze Besatzung in das Schwert gestürzt, um dies Joar,Opfer der Kali darzu­ bringen. Kalinjer 7S), unter 25® 6' N.Br., der Kali, der zerstö­ renden Naturgöttin, Sivas Gattin, geweiht, ist als Festung weit bedeutender als Adjyghur, und tritt mit den ersten historischen Nachrichten schon in Ccntralindien als solche hervor. Der Name wird von Kalu, eine der unzähligen Benennungen Mahadeos, und von Lin zur, d.i.Berg, abgeleitet; nach Andern von Kali *") C. Pogson I. c. p. 135-138. ") B. Heber Narrat. I. c. T. II. p. 477 etc,; Fitz Ctarence I. c. p. 62. ’•) C. Pogson 1. c. p. 148—165.

Bergland Vundelkhnnd, Festung Kalinjer. 861 und Ilinjur, ein Ort, ein Heiligthum der Kali, mit deren Le­ genden ein ganzes Werk über die Heiligkeit des Festungsberges (Kalinjer Muhattum genannt, daraus dieUebersetzungen bei Pogson p. 158 — 165) erfüllt ist. Die Belagerungsgeschichte der Festung im Jahr 1812, ihre Erstürmung, ihre endliche Capitulation hat Capt. Pogson nach den Original-Docurnenten 7y) mitgetheilt. Bis zu diesem Jahre war sie, trotz der Abtretung der Mahratten an das britische Gouvernement, doch das Hauptraubnest und Asyl für die Raubchefs in Bundelkhund geblieben. Der end­ liche Sturm nach halbjähriger Blokade durch Col. Martindell wurde zwar noch zurückgeschlagen, aber die Kühnheit der Attacke führte doch wenige Tage später die Kapitulation der Besatzung herbei, und seitdem erst ist ihr Inneres durch C. Pogson, der auch sehr interessante Abbildungen derselben, wie einen Grundriß von ihr mittheilte, bekannt geworden. Das terrassenförmige Auf, steigen, die Steilheit des Festungskranzes, die pyramidale Auf, thürmung des Bergkegels bis zur senkrechten Höhe von 900 Fuß über der tiefen Waldplaine, die Einsamkeit und Jsolirung giebt dem Anblick dieses uralten Sonnenheiligthums (Ruvi Chitr genannt, als Sitz eines sehr alten Sonneneultus) etwas grandioses und erhabenes. Die sieben Thore, welche hinauf und zu ihrem Innern führen, sollen nach den sieben Planeten und den Wochentagen (vergl. Asten IV. 1 S. 504) benannt gewesen seyn, durch welche beim Aufsteigen und Eintreten in daInnere symbolisch die nothwendige Läuterung der Seele angebe«, tet worden sey, um zur Seligkeit zu gelangen. Durch die Ero, berungen der Mohammedaner sind aber schon längst die Reliquie» aus der alten Hinduzeit verstümmelt oder entwürdigt. Das erste Thor des Castells, etwa hundert Fuß über der allgemeinen Plaine, jetzt Suwur Ghanti (sprich Ghali, d. i. der Schweine, Paß) genannt, bis wohin noch keine Befestigung reicht, hat im Frontispiz eine Persische Jnscription, auf welcher das Jahr der Erbauung loio nach Chr. Geb. angegeben seyn soll. Scho» zum zweiten Thor Kafir Ghati, d. h. Thor der Ungläubi« gen, zum Schimpf der Hindu so genannt, ist der Ausweg sehr rauh und beschwerlich; viele Seulpturen Hinduischer Idole-und Ornamente sind hier schon in ihrer Verstümmelung zu sehen. Das vierte Thor, dqs Hauptthor, führt in die Festung hinein; von

.

") C. Pogson I. c, Ch, VIII. p. 139-148.

862

Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 110.

außen, zwischen dem dritten und vierten, führt ein klippenreicher Umgang um die Feste, der mit Buschdickicht bewachsen, aber in neuerer Zeit geschlossen ist, weil er sehr vielen Tigern und Leo, parden zum Lager diente, wodurch die Festungsnähe zu unsicher ward. An einer Mineralquelle, Bhyrub Kund, führt der Weg vorüber, wo ein nacktes Idol, Bhyrub genannt, nebst mchrern andern in Fels gehauen ist. Erst über dem letzten Thore eröffnet sich dem Wanderer das prachtvolle Panorama über die viele Meilen weite Landschaft im Umkreise, und in Dogelperspec, tive fallt der Blick in die nächste Tiefe hinab aus Wald und Flur mit Heerden von Dich und auf den Kranz umgebender Felsberge. Beim Eintritt in das Fort fällt zuerst das Augenmerk auf zerstümmelte Sculpturen von vielköpfigen Idolen, dem Lingamcul, tus angehörig, auf eine große eiserne Kanone noch aus Eisenbar, ten zusammengefügt, und auf mehrere Stücke der Art aus an, dern Metallen. Die große Feste im irregulären Vieleck auf dem Plateau bis zum Tafclkranze der senkrechten Fclsabstürze erbaut, bietet oben einen weiten Raum von zwei Stunden Umfang dar, dessen Fortificationen von 3000 Mann Garnison zu besetzen wären, wenn sie von allen Seiten gehörig gesichert seyn sollte. Dennoch ist sie eigentlich unzugänglich, und nur von einer Seite zu er, schleichen, am Dunsakur, d. i. an der Seite des Thors gegen Panna hin, von wo im Jahre 1818 ein geheimer Ueberfall der Gonds, noch glücklicher Weise durch die Wachsamkeit der briti, schen Besatzung vereitelt wurde. Im Innern des Forts sieht man noch die Ruinen des Palastes von Chuttur Saul, die in das große Magazin verwandelt sind, die Ruinen eines alten Hindutempels mit seinen Kuppeln, das Koth Tiruth, ein loo Schritt langes in Fels gehauenes Bassin mit trefflichen Quellen vom besten Wasser, zwei kleinere desgleichen, einen Tank mit Mi, neralwasser u. a. m. Aber der größere Theil des Raumes ist mit wilden Sitophulbä umen (Anona tripetala Linn., Custard Apfel, s. Asten IV. i. S. 720) bewachsen, welche gleich denen in Gärten cultivirlen die deliciösesten Früchte geben, und da wo sie genug Feuchtigkeit haben, dieselben zu außerordentlicher Größe entwickeln. Sehr alte Puppyyahbäume(?), Tamarinden und PippalaS von außerordentlicher Größe bilden hier ihre Dickichte, aus denen nicht selten'Leoparden und Hyänen her, vorbrechen und den Frieden der Feste stiren, Schaafe, Hunde,

Bergland Bnndelkhnnd, Festung Kalinjer.

863

Stachelschweine u. s. w. wegschleppen, wenn man diese nicht durch Gehege schützt. Der Boden, ein rother Kiesgrund, ganz dem des Diamantstratums von Panna gleich, ist hier sehr fruchtbar, lind giebt ebenfalls viele Fragmente crystallischer, tranS, parenter Mineralkörper, Dutla genannt, unter denen die dort!, gen Brahmancn auch Diamanten gefunden zu haben behaup, ten. Am äußern Felskranz des Festungsthores nach der Panna, Seite, werden viele Felshöhlen von Bienenschwärmen bevölkert, die aber nur schlechten Honig geben. Hier treten gute Wasser, quellen aus den Felsspalten hervor. Durch eine romantische Waldpartie steigt man hier zwischen Felsen, die mit Lingamsculp, luven bedeckt sind, zu einem weiten Felsbassin hinab, das auf Säulen ruht, an welchem gigantische Trcppcnfluchtcn noch weiter hinab zu zerstümmelten Jdolensculpturen und zu einem Höhlen, tempel führen, der Nilkantha (der Blaue, Dischnu) heißt. Er hat Halbmondsgcstalt, 20 Fuß im Durchmesser, ist aus nacktem Fels gehauen, und hat über dem Portal eine Sanskruinscriplion, die aber zu sehr verwittert und zerstört ist um ganz entziffert wer, den zu können; sie soll das Lob des Stifters dieses Tempels, ei» ncö Permal Raja (f. Asien IV. 1. @.584, 598u.a.O.) ent, halten. Im Innern der Höhle ist ein rohes Idol des Lingam, 3 Fuß 2 Zoll in Umfang, mit eingelegten, ungestaltet. Silberau« gen, schwarz angestrichen. Auf den innern Verschanzungen sind viele terrassirte Stufen und Absätze, auf deren einem der Brun, nen der Sita (Sita Kund) sein Wasser giebt, aber gewöhnlich in der heißen Jahreszeit versiegt. Putal Gang« wird eine Felshöhle genannt, zu der man von oben 40 Fuß tief auf steilen Stufen in Felsgänge hinabsteigt, bis dahin, wo sich mehrere Fels, spalten öffnen, und einen schauerlichen Blick in verschiedene bi800 Fuß hohe, fast senkrechte, furchtbare Abstürze gewähren. In der Tiefe dieser Fclsgänge hat sich durch Wassertropfen von oben herab ein Wasserbecken gebildet, das von Menschenhand vergrö, ßert ward, und einen sehr klaren, kühlen Felsborn von 20 Fuß Länge und 12 Fuß Breite in schattiger Kühle und Finsterniß frömmelte. Nur mit brennenden Fackeln kann man zu ihm hinab, steigen, die aber stets Schaaren flatternder Fledermäuse, gleich den Harpven, emporscheuchen. Wälzt man durch die tief hinabzie, henden Spalten große Felsblöcke, so setzen diese ihre gewaltigen Sprünge bis zu den tiefen Waldgehängen am Fuße des Berge­ fort, und bringen dort in den Wipfeln der Bäume die

Affen,

864 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §.111. schaarcn kn den größten Marin, welche In Menge den FelS« berg umhausen. Tag für Tag sicht man sie auf allen Baumen, Felsgipfeln und in allen Bastionen und Umschanzungen des Forts ihre gewaltigen und oft unglaublichen Sprünge machen; es ist der gelbgrckue Affe mit schwarzem Gesicht (Simia oder Semnopithecus entellus), der Hanumanaffe, der als eine Jncarna» tjon des Siva verchrt wird. Auch noch andere Spalten mit Trcppenfiuchten und Wasserbehältern (Kunds) dieser Art sind hie und da vorhanden, an denen viele Inskriptionen devoter Pil, gcr, die sie als heilige Drte schon vor Jahrhunderten besuchten. Eine dieser Inschriften geht bis auf nahe an 400 Jahre zurück. Der ganze Festungsberg ist ein Gegenstand der Hinduverehrung.

§. lll. Erläuterung 4. Das Tafelland Mewar, das Patar von Central-Indien. Die Najputenstaaten von Udeypur, Ajimer, Zeypuy. Uebersicht. Das Tafelland zwischen der Chitore-Kctte in Ost und der Mcwar-Kette in West, den hohen Aravulli, oder wol richtiger Aravalli, in Süd, und der nördlichen Vorterrasse von Bhurtpur und Macherry im Norden (s. ob. S. 728 , 740 re.), welches von seiner mittlern Erhebung von 2000 Fuß in den süd, lichcn Hochebenen sich allmälich bis auf 1000 Fuß und weniger gegen den Norden hinabsenkt, fassen wir hier unter dem Begriff der Mewarstufe als den einen großen Naturtypus zu« stimmen, in welchen sich mannichfaltige Völker und Herrschaften getheilt haben, den aber ausschließlich die Rajputen, oder Ras« buten (d. h. Prinzen), die Kriegercaste beherrschen, daher für diese hier recht eigentlich der Name Rajasthan, d.«. Land der Könige, in Gebrauch ist. Nur die südliche, größere Hälfte dieses Tafellandes nimmt jedoch eigentlich nur der Rajputen, staat von Mewar2S0) (zusammengezogen aus Madhyavara, *'°) J. Tod Annals and Antiquities of Rajasthan 1. c. Vol. I. p.10 etc., wobei überall zu vergleichen P. v. Bohlen Kritik derselben in Jahrbücher f. Miss. Kritik 1834. Nr. 62— 83. S. 532—701. Ewald Ree. in Gött. Gel. Anz. 1831. Nr. 102 u. 103. S. 1009 bi» 1022$ und Jahrg. 1833. Nr. 70. 72. S. 689—708. Sylt,

de Sacy Ree. in Journal des Savans 1830. Not. p« 643— 657«

Das Tafelland Mewar; Uebersicht.

865

d. i. das Mittelland) ein, der daher im engern Sinne der Name der Mewarstufe gehört, welche aus gleichem Grund« den Namen des Medhya-Desa, oder des Central,Landes ebenfalls im engern Sinne verdient, den ihm I. Tod beilegt. Die nördliche Hälfte nimmt der Staat von Dhundar oder Amber mit seinen Vasallenstaaten ein, welcher aber den Euro, päern kaum unter diesem Namen bekannt ist, sondern von ihnen stets nach der Capitale, Staat von Jeypur genannt wird, wie auch Mewar unter dem Namen seiner Capitale als Staat von Udeypur im Auslande weit bekannter ist. Zwischen bei, den liegt das früherhin weit berühmtere Adjimer, welcheaber als eigner Rajputenstaat, gegenwärtig nur eine isolirte Enclave britischer Besitzungen, seit 1818 politisch für sich zu bestehen aufgehört hat, wie manche andere Herrschaften dieser Rajputengebiete. Unter die nördlichste, bergige Vortcrrasse dieses Tafellandes (s. Asien IV. l. S. 628) haben sich die klei­ nern Staaten von Shekhavati, ein Vasall von Ieypur, der von Machery oder Alwur, und der Staat der Jaks von Bhurtpur getheilt, welche, wie jene, insgesammt zu dem großen Confödcrativstaat Rajasthans der souveraincn Rajputen, fürsten gehören, die jedoch sich unter den Schutz der britischen Herrschaft gestellt, mit dem Zugeständniß von britischen Re, sidcnten an ihren Höfen, und Zahlung eines Contingentes zur Erhaltung der Schutzgarnisoncn und beliebigen militairischcn Sta, tionen, wodurch sich das Gouvernement der ostindischen Compag, nie, an diesen Westgränzen ihrer Besitzungen, dieselbe inili« tairische Schutzmauer gegen den vorderasiatischen Feind von außer) her zu bilden beabsichtigte, wie einst das französische Kai, serthum durch den rheinischen Bundesstaat eine dergleichen gegen den germanischen Osten zu sichern sich so angelegen seyn ließ. Erst seit dieser politischen Umgestaltung der Dinge, nach der Besiegung der Mäh rat ten (f. ob. S. 409), durch welche die­ ses, seit einem Jahrhundert in sich zerrissene Rajasthan, zu ei, ner ausgeplünderten Wüstenei geworden war, beginnt unsere ge, naucre Kunde von diesem weiten bis dahin gänzlich unbekannt gebliebenen Ländergcbicte. Wir können diese Entdeckung Cen­ tral,Indiens kühn einer erst künftig zu machenden Ent« deckung Central-Afrikas an Bedeutung für Crdkenntniß und Völ­ ker, und Culturgeschichte zur Seite stellen. Der kurze Feldzug Mittcr Erdkunde VI. ) ii

666

Osi-Asien. Vorder-Indirn. V. Slvschn. Z. 111.

von 1817 zerstörte das bis dahin bestehende Raubspstem, und di« neu zu organisirende Gonffibcrotion Ml) als Alliirte der Briten, rettete dieRajpiitenstaaren von ihrem Untergänge durch die Mahratlcn, hob sie empor aus ihrer tiefsten Erniedrigung. Alle Najas beeilten sich damals ihre Bundcsgesandten zu Un­ terhandlungen nach Delhi zu schicken, Ieypur allein widcrsehle sich anfänglich. Schutz von außen, gegen Mahratten, Seikhs und andere Feinde, wieIndependenz von innen, dagegen ein bcstimmt.s Kriegscontingent von den Revcni'ien jedes Raja für die schützende britische Macht, machten die Grund­ bedingungen der Traktaten aus, die am 18. Jan. 1818, durch Lientn. Colon. I. Tod in Udcypur, mit dessen Nana als dem mächtigsten von allen, in Auftrag des Marq. von Ha­ stings, als Gcncralgouvcrncur von Indien, abgeschlossen und speciell für diesen Staat, später von andern unterzeichnet wurden; wodurch nun der Zustand des Friedens und der Ruhe allge­ mach herbeigeführt werden konnte. Der Verfall des RajputenLandes war groß, kaum zwcr Städte erkannten noch den Rana von Mewar als Landesobcrhaupt an; die Babulbäume (Mimosa avabicn) und gigantisches Schilf hatten die Landstraßen über­ wuchert, Tiger und Eber hatten die Ruinen der öden Ortschaften zu ihren Lagern erwählt; kein Handel und Wandel war mehr möglich; der Hauptmarkt von Mewar, Bhilwarra, in dessen Milte gelegen, der im Jahre 1806 noch oooo Familien zu Ein­ wohnern gehabt, war zehn Jahre spater, als I. Tod dieselbe Stelle besuchte, gänzlich aus der Reihe der Ortschaften verschwun­ den (1818). Als politischer Agent an den Höfen der'westlichen Rajputstaatcn angestellt, war I. Tods Einzug in Udeypur für das Schicksal mehrerer Millionen der Rajputcn nicht ohne Bedeutung; sein Empfang war freudig, glanzvoll, eine Festfeier. Durch das Sonncnthor ging der große Zug in der Mitte der Stadt mit Begleitung der Musikbanden und des Volksjubcls zum Tripolia, dem dreifachen großen Schloßportal, das in den Palast des Rana einführt. Als Rathgeber und politischer Beistand begann seitdem die Reorganisation im besten - Einver, ständnisse mit dem britischen Residenten, dem das Interesse für die Rajpntenstaatcn bald eine Herzensangelegenheit, ja eine be­ geisternde Lebensaufgabe wurde, so daß der edle Mann dadurch **') I. To4 Annab in Annals es Mewar. Vol. I. p. 471.

Das Tafelland Mewar; Uebersicht.

867

selbst das Mistrauen seiner eigenen, obern Behörde erregte, die ihm Kontrollen zur Seite stellte, bis er später, nach seiner Removirung von den Rajputenhöfen, als sein Abgang aus Indien allgemein, wie der Verlust eines wohlwollenden Vaters und Wohl­ thäters, aber vergeblich bedauert ward, erst seine Rechtfertigung"-) und seinen verdienten Ruhm fand. Nicht leicht war cs, die zerfallenen Vasallen Mewars, deren patriarchalischer Feudalverband durch allgemeine Verwilderung und Verarmung so gut wie aufgelöst schien, wieder zusammcnzn, knüpfen, und unter den einen Hut des Rana von Udeypur zu bringen. Die Bergbarrieren in Ost und West waren früher unter ihre Gcbirgshäupllinge und Waldfürsten vertheilt in den Aravalli und Mairwarra, als Wächter der Gränzpässc; den Wegefürsten waren im Süden und Norden die Hauptburgen zur Vertheidigung der Heerstraßen übergeben worden; das reichste und beste Kornland lag in der Mitte von Mewar, ringsumgeben von einem schützenden Tcrritorienkranze der Groß-Vasallen des Mewar-Reiches, welchen die Barone (Thakur) und der nie, dcre Adel ((Sole, d. h. die Masse) an 10,000 Reisige zu stellen hatten, als Zuzug zum allgemeinen Aufgebot, wenn cs Krieg gab. Aber von alle dem war dem Rana von Mewar nur die Capitale Udeypur mit der nächsten Thalumgebung übrig geblieben N); ein paar treugebliebene Vasallen, die Commandan, tcn der Burgen Chitore und Mandelghur (s. ob. S. 821) brachten keinen Gewinn, weil ihre Einkünfte aus die Erhaltung der Garnisonen verbraucht werden mußten. Außer den großen hatten auch viele kleine Vasallen sich losgerissen, viele Burgen überfal­ len, ausgeplündert, ihre Commandanten ermordet. Das Raub­ gesindel der Minas und Bhils, beides die unterdrückten und unter sich verwandten Aboriginerstämme, in stetem Haß gegen ihre Besieger die Rajputcn entzündet, brach aus seinen Derg«nd Wald-Asylen in die fruchtbaren Gebiete ein, verheerte das Land und hinderte allen Verkehr der Handclskarawanen, selbst die Processionen der Heirathszüge, die von Ort zu Ort ehedem im Gange waren. Wenn auch der emphatische Ausdruck „das schas Mewar," d. h. die zehntausend Städte Mewars, als deren Oberhaupt der Rana, dem Titel nach, angesehen ward. ,l) B, Heber Narrative l. c. Vol. fl. p.- 466, 461. AnnaU I. c. I. p. 477.

2>i 2'

**) J. Tod

8G8

Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Ab sch n. §.111.

schon längst keine Bedeutung mehr hatte, so hätte doch wenig­ stens seine Residenzstadt noch ihre Bedeutung sich erhalten kön, nen. Von diesem Udeypur aber, die früher innerhalb ihrer Stadtmauern 5o,ooo Häuser zählte, waren im Jahre 1618 nur noch 3,ooo bewohnt, die übrigen in Ruinen oder ihr Holzwerk verbrannt. Die Aecker des Landes waren verheert, keine Ernte gesichert, die Hecrden verschwunden, der Ra na konnte öfter keine fünfzig Cavallcristen als seine Leibgarden zusammenbringen. Seine ganze Autorität war wieder herzustellen, der Adel zu seiner Pflicht zurückzuführen, das zerstreute und nach allen Seiten emigrirte Volk von Mewar zur Wiederkehr in die Heimath einzuberufen. Die Wege wurden gesichert, der Hauptmarkl Bhilwarra als Bazar erneuert, durch Schutz gesichert. Schon 4 Jahre darauf (1822) war er der Sammelplatz vieler Kaufleute, Künstler, Wechsler, meist Dischnu- und Jaina-Diener geworben, zur Hälfte aus der Fremde herbeigezogen, die aber schon wieder 2700 Häuser, oder doch Hütten, bewohnten, und im I. 182» fand Bischof Heber284) denselben Ort schon im hohen Grade wieder in Flor. Auf ähnliche Weise wurden die andern Ortschaften gehoben;

tt b e 9 p u r85),

Ende des Jahres 1818, mit 3500 Häusern, hatte im Jahre 1822 schon wieder 10,000 aufgebaut. Die Zähmung

der Vasallen war schwierig, die von Deoghur, Salu mbra, Bednore waren ganz unabhängig geworden, und durch Intri­ guen und Politik von außen unterstützt; die ersten Einberufun, gen dieser Lchnstrager am Hofe ihres gemeinsamen Lehnsherrn gaben zu tumultuarischen Auftritten und vielen Debatten Veran­ lassung; mehrere erschienen nicht, andere geschreckt von dem Wort einer Restitution der alten Rechte und'der geschützten Auto, ritat des Rana, wollten die Traktaten keineswegs unterschreiben. Die Unterwerfung, die neue Gestaltung des Foederativsiaats auf den Grund der frühern Zeit, konnte erst nach vielen Versuchen herbeigeführt werden. Der Hof war selbst in allen seinen Glie­ dern verarmt, verderbt, der Rana schrieb die zierlichsten Briefe, war aber zu keiner rechtlichen Handlung zu bringen; die Minister, die Beamten, voll Geiz, ließen sich zu allem bestechen, die Potails, oder die Dorfvorsteher, waren unzufrieden, wie ihre Barone re­ bellisch gesinnt. Die bösen Jahreszeiten kamen dazu, um die

B. Heber Narrative I. c. Vol. II. p. 461 — 464. I. e. II. p. 503,

") J. Tod

Das Tafelland Mewar; Uebersicht.

869

Restauration zu erschweren. Dennoch zeigte der erste Census, der im 1.1821 doch wenigstens über drei Hauptdistricte zwischen den Bunaß- und Bairaßflüssen, aus denen dem Rana die bedeutendsten Revenüen zufließen mußten, gemacht wurde, um nach diesem Maaßstabe das übrige Land zu beurtheilen, daß sich daselbst die Population von 27 Ortschaften, seit dem Jahre 1818, schon verdreifacht, die Zahl der Pflüge in demselben Verhältniß zugenommen hatte, die allgemeinere Cultur des Lan­ des um das vierfache gestiegen war, obwol Alles noch recht wol in einem dreifach erhöhteren Maaße hatte fortschreiten körn ncn, ohne das Maximum erreicht zu haben. Viele Mittel der Einkünfte lagen noch unbenutzt, die Irrigation durch Canäle fehlte, der Rana, bei aller Verschwendung (s. oben S. 640), hatte doch ein hinreichendes Einkommen, seinen Hofstaat würdig in Stand zu setzen, und alle Hoffnung zur Wiederherstellung und dem Fortschritt des Wohlstandes war doch vorhanden. Dies ist der Gesichtspunct, von welchem aus man die folgenden fragmentarischen, geographischen Nachrichten über die Me war stufe be­ trachten muß, die wir fast ausschließlich den angestrengtesten Be­ mühungen I. Tods^o) verdanken; denn nur weniges ist gleichzeltig mit ihm von I. B. Fraser^) und C. Dangerfield, oder nach ihm von B. He b er^) und I. Har die über die­ selbe beobachtet. Nur unter besonders günstigen Umständen war es I. Tod, seit dem Jahre 1806, als britischer Geschäftsträger am ambu­ latorischen Hofe Scindiahs (s. ob. S.407) angestellt, mög­ lich, dieses Mewar kennen zu lernen, das vor dieser Pel1) J. Tod Geogr. of Rajasthan in Annals and Antiq, I. c. Vol. I. p. 1—19; deff. Annals of Mewar VoL 1. p. 212—652; deff. History of the Rajpoot Tribes und The Feudal System in Kajasthan ebend. I. p. 22 — 210; deff. Personal Narrative ebend. 1. p. 653 — 795. 17) Jam. B. Fraser Description Accompanying a collection of Specimcns made on a Journey from Delhi to Bom­ bay in Transact. of the Geol. Soc. Sec. Ser. 1822. Vol. I. p. 141 — 154; Dangerfield Geolog. Sketch of Malwa l. c. b. Malcolm Mem. Vol. 11. p. 331—345. ••) B. Heber Narrative 1 c. II. p. 355 — 477 ; J. Hardie Observations on the Geology of Meywar District in New Edinb. Phil. Journ. 182i. Oct. — A» r. p. 329 — 334. Cont. Apr. — Oct. 1829. p. 116—125; ders. Remarks on the Geol. of the Country on the Route from Baroda to Uda.yapur via Birpur and Salumbher in Asiat. Res. Calcutta 1833. T. Will, p 83 — 98; ders. Sketch o£ the Geology of CentialIndia exclus Malwa ebend. T. Will. p. 27—90. *

K70

Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 111.

riobc auf allen Landkarten Indiens Afrika durch einen weißen,

leeren

wie Central,

Fleck bezeichnet

war. Im Jahre 1815 füllte I. Tod diese Lücke zuerst durch eine Karte aus, welche dem Generalgouverneur Hastings zum Entwurf seiner Campagne 1817 die nöthige geographische Basis gab, in einer Reduction dem Stich übergeben unter die Offv eiere des britisch, ostindischen Generalstabes behufs ihrer Operativ, nen im Pindarrie Kriege ausgetheilt wurde, und so auch später nach Europa kam. Ueber die zu dieser Karte angewandten Mlttel und Quellen giebt der Verfasser die gehörige Aufklä, ning 289); wo Wegrouten und astronomische Beobachtungen bri, tischer Ofstciere nicht' ausreichten, wurden durch Geld und gute Worte von ihm unterrichtete indische Beobachter auf mehrere Ex, Petitionen zur Entdeckung, zumal auch in die Jnduswüsten auögesandt, und die Karte während des Aufenthaltes im Mäh, ratta,Lager bei Gwalior keine Posten in Indien Briefboten, überall die die Hauptquellen der einer bewundernswürdigen

seit J812 bis 1817 ausgearbeitet. Da bestehen, aber die Kasids, d. i. die Wege zurücklegen, so können sie als Routiers angesehen werden. Mit Genauigkeit, sagt I. Tod, können sie

ihre Routen ganz im Detail angeben, so daß man dieselben, wenn nur die Größe der Coß (die so sehr in Indien wechseln) bekannt ist, sehr gut in Karten niederzulegen vermag. Eine bloße Schätzung würde ihnen unmöglich diese Sicherheit und Ucberein, pimmung ihrer Angaben mit dem Perambulator geben, durch welchen I.Tod ihre Distanzen öfter zu prüfen Gelegenheit fand. Nur früherhin schon geschehene indische Vermessungen (dergk.

f. Asien IV. I. S.565, zumal unter den Baburiden, S. 630 — 632; und in Orissa, s. ob. S. 564) vermochten dies zu be, werkstelligen; es soll, meint I. Tod, Gebrauch alter Hindu,Gou, vernements gewesen seyn, die Wege von Stadt zu Stadt auszu, messen. In einem alten Manuscript, Abu Mahatma, das I. Tod der Asiatischen Societät geschenkt hat, soll ein Jnstru, ment zum Wegmefser beschrieben seyn, welches die Identität und Richtigkeit alter und moderner Distanzangaben erklären würde. Auf diese Weise wurden alle Wegrouten lange Reihen von Iah^

Map of Rajasthan or Rajwarra embraeing the Rajpoot Prineipalities of Central and Western India by J. Tod Lieutnt. Colonel Bengal Establishment > s. btff* Armal* l. p* 3 — 6.

DaS Tafelland Mewar; llebersicht.

871

rett hindurch gesammelt, gegenseitig geprüft und in dem ganzen Chumbulsystem, in den Vindhya, m den Aravaili und Mewarketten u. s. w. für politische und milltairische Zwecke critisch rcvidirt und niedergelegt, bis einmal das trigonometrische Netz sich auch über diese Theile ausbreiten würde. Viele Berich, tigungen wurden von den gut stritten, astronomtschen Standpuncten durch von da radienmäßig ausgesandte Wegmesser, bis auf Distanzen von 5 geogr. Meilen vom gemeinsamen Centra des Beobachtungsortes gewonnen. Die Materialien dieser Vorarbeiten zu der ersten Karte von Rajasthan, füllten 10 Foliobände Reiserouten durch diese Gegenden. Die gleichzei­ tig, zum Behuf der gegen die Pin darries begonnenen Gxpe< dltionen gleichermaßen ausgearbeitete Karte von Malwa wurde die Grundlage zu Capt. Dangerfields Karte, welche von die, sem Ingenieur, unter General Malcolms Commando, aber sehr vervollständigt worden ist. Denn sie wurde nachher auf astronomischeoo) Beobachtungen basirt- und durch eine Rund» reise um alle Gränzen Malwas, wie durch eine zweite Observa, nonsreise von Mundissur aus, durch Mewar zur Vollendung gebracht. Viele nähere Bestimmungen I. Tods in den Jahren 1817 — 22, mit seinem Gefährten dem verdienstvollen Ingenieur Capt. P. T. Waugh, so wie eine Bergreise (1820) durch die Arav alli nach Marwar, Iudpur, Adjtmere trugen sehr vieles zur Berichtigung der Topographie von Mewar bciA so wie die westlichen Gränzgegenden dadurch in Uebereinstimmung gebracht wurden mit Elphinstones Bikanir in der Wüste und mit den Angaben Frasers auf seiner Reise von Delhi, süd­ wärts über Nagore, Iudpur nach Udeypur. Endlich, so trug I. Tods Reise von Udeypur, 1822—23, zum Indus-Delta, nicht wenig zur nähern antiquarischen und geographischen Kennt­ niß der wenig bekannt gewordenen Landschaften daselbst bei; doch wurden die dortigen Ortsbestimmungen nicht von ihm gemacht, sondern durch die wissenschaftlichen Anstrengungen des General Reynolds, durch welche der Kartentheil von Guzurat,. der Sauraschtra Halbinsel und Cutch wesentliche Verbesserun­ gen erhielten. Das von I. Tod zu reichlich ausgebreitete Feld der Hypothesen, das schon hinreichend critisch beleuchtet ist, sott* Capt F. Dangeitield Smveying ofticer etc. in Malcolm Mem. II. p. 314 - 320.

872 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 111. nm wir hier ganz zur Seite liegen lassen, dagegen den Schatz seiner trefflichen bisher einzigen Beobachtungen und Erfahrungen zum ersten male für unsere Wissenschaft zu heben versuchen, um welche er sich, gleich den Entdeckern in Central, Afrika und in andern weit mehr besprochenen Fernen, die größten Verdienste erworben hat. 1. Udeypur, oder der Najputenstaat von Mewar. Udeypur (24° 34' 45" 6 N.Br. 73° 44' 0.9. v. Gr. von Udya, d. h. Aufgang) die Stadt des Ostens, 1936 Fuß Par. üb. d. 59t., die alte Residenz des Ra na oder des Sou, verains von Mewar, liegt in der Mitte des Staates, zu welchem die Territorien von IG Groß,Vasallen (die sich Rao, Rawut, Raj, Thakurs, ja selbst Maharaja tituliern)291) und von 2000 bis 3000 Städte, Ortschaften und Dörfer gehören, welche nebst den Domainen des Rana, oder ihres könig, lichen Gebieters, über die Süd halste der Mewarstufe ausgc, breitet liegen. Die Stadl ist in einem der romantischten Thä­ ler von Indien aufgebaut, am Eingang der Gebirgspässe aus den wilden Aravalli-Ketten zu der fruchtbarsten Ebene, dem Kornboden, welchen Dairaß und mit ihm Bunaß, gegen N.O. hin, bis Chitor« bewässern; also auf der Gränze zwischen dem Bergland und der Ebene Mewars, welche die Residenz auf beiden Seiten dominirt. Das Thal von Udeypur92), nach Dangerfield an 12 geogr. Meilen lang, 4Stunden breit, also mehr als 12 Stunden Umfang, wie I. Tod wol in einem en­ gern Sinne seine Größe bezeichnet, liegt, im Mittel, an 2000 F. üb. d. M. Die primitive Mcwarkette von Adjimcre gegen Süden ziehend, zertheilt sich hier in verschiedene Acste, und von zweien der Scitenzweige ist die Einsenkung Udeypurs umgeben. Das dadurch gebildete Thal durchströmt der Bedas flu ß, der aber theilweise dasselbe mit einem See füllt. Dieser ist an der Eng, kluft, am Ausgang des Thales, durch einen künstlich aufgeworfe­ nen Damm erst erzeugt. Mehrere Hügel liegen um diesen See. Auf dem Fclsrande eitles derselben, im Süden der Einsenkung, s. J Tod Annals i. p. 506, wo eine Tabelle ihrer Namen, Ti­ tel, Besitzungen» *’) J. Hardie Observ. I c. Kdinb. 1‘hil. Journ. 1829. p. 117—118. ß. Fraser Descr. I. c. I p. 152. field b. Malcolm Mein. II. p. 336.

Danget-

Rajpmenstaat Udeypur; Lage der Residenz.

873

und am Ostnfer des Sees ward die Skadt Udeypur er« baut, die von bedeutendem Umfange ist, voll Wohngebäude, Sem# pcl und andere Architekturen, die aber in größtem Verfall waren. Der Palast selbst nimmt einen außerordentlichen Raum auf ei# nein hundert Fuß hohen Hügelzuge ein, ist von Granit und Mar# mor aufgeführt, in regulärer Architeetur, mit achtseitigen Thür# men flankirt, mit Kuppeln gekrönt, und obwol in verschiedenen Jahrhunderten erbaut, ist er gut erhalten, aus der Ferne gesehen wenigstens, ein imposanter großartiger Bau. Die Stadt von außen stattlich, im Innern wie alle orientalischen Städte elend,

Ist

auf drei Seiten von Mauern und Wassergräben umzogen, die jedoch wenig zur Festigkeit ihrer sonstigen Sage beitragen. A» ih# rer vierten Seite, der westlichen, breitet sich der süße sehr tiefe Landsee mit seegrünem Wasser von drittehalb Stunden Umfang aus, eine der malerischten Landschaften Indiens. Der Palast^) überschaut diesen See in seiner ganzen Pracht; die Terrasse, wel# che ihm, gegen die Seeseite, auf halber Höhe etwa 50 Fuß über dem Seespiegel vorgebaut ward, ist von einem außerordentlichen Umfange, ruht auf dreifachen Reihen von Bogengewölben, welche dieselbe über dein Bergabhange mit solcher Sicherheit tragen, daß auf ihr selbst der königliche Marstall feine Stelle erhalten konnte, und alle Evolutionen mit Cavallerie, Elephanten und Artillerie ausgeführt zu werden pflegen. Entzückend ist von der Schloß# terrasse der Blick über Thal, Stadt und See. Er ist rings von Hügeln und Kegelbergen in den kühnsten, zerrissensten und rlcgan# testen Formen umgeben, die perfpectisisch sich hintereinander in Reihen und Gruppen emporthürmen, überall mit Warten und Burgen gekrönt sind, deren Abhänge zum Theil nackte Felsformen zeigen, oder am Fuße mit luxuriöser Vegetation von Garten und Wald, nach oben mit grünem Wald-Jungle geschmückt sind. Mehrere Inseln unterbrechen auf das lieblichste den Seespiegel wie die Boromäischen Inseln den Sago Maggiore; auf zweien derselben sind königliche Sommerresidenzen angelegt.

Die besten

Goldorangen in Indien reifen auf diesen hesperische» Feen# Inseln von Udeypur. Die zierlichen Bauwerke, wenn auch in gedrücktem Styl, doch überall in leichtem Gitterwerk sculpirt, um# ringen förmlich diese Inseln, mit ihren luftigen Colonnaden, Bal# tonen, Domen, Palästen von schneeweißem, obwol rauhem Mar#

•*) J. Tod Aiinals 1. c. I. p. 472.

674 Ost-Asien. Vorder-Jndlkn. V. Ab sch». §. 111. morgestcin, über denen und tun welche aus Hofraumen, Espla­ naden, Garten und dunkeln Waldpartien, die Palmiras, die Cyp ressen, die Kokospalmen mit ihren schlanken, gefieder­ ten Wipfeln stets von kühleren Seelüften gefächelt emporragen. Die Sommcrpaläste an solchen Sccbecken sind eine große Lieb­ haberei der Najputcnfürstcn, sie gehören zu ihren Luxusartikeln; die Architekten und Bildhauer von Udeypur bilden eine eigne Seulpturschule und sind durch aste Nachbarprovinzcn berühmt. Die Kunst 291) hat, wie gesagt, zum Theil mit zur Bildung des Sees beigetragen, denn an seinem östlichen Auslauf durch einen loo Fuß engen Fclsspalt, dem einzigen Durchbruch, den er aus dem Thale gewinnen konnte, ist ein Erddamm künst­ lich aufgebaut, mit Marmor bekleidet, 37 Fuß hoch, 334 Schritt lang, i io Schritt breit, nach der Seescilc durch Bastionen ge­ stärkt, mit herabsührcnden Trcppcnfiuchtcn zum Secspicgcl; oben mit Tempeln und offenen Bauwerken geschmückt, und dieselbe Ter­ rasse tragend, die dem Schloßbau vorliegt. Nur ein enger Ca­ nal, der dem Ablauf des Sees, hier Bedas genannt, geblieben, läßt theiliveis seine Wasser zur Ebene fließen. Bei Regenzeit überschwemmt das Thal weit und breit, und der See kann nur bis zu einem gewissen Niveau durch diesen Emissär sich vermin­ dern. Ein zweiter Sec liegt diesem ersten im Nordosten des Thals nicht sehr fern zur Seite, ebenfalls mit kleinen Inseln, aber ohne Bauwerke, und 306) breiten Die Hügel Thonschiefer rcn Kalkknollen,

S.

viele sich von m), dem

andere Marschen und Lachen (Dj ils, s.ob. in den nahen Ebenen Mewars umher aus. Udeypur bestehen aus Quarzfels aind die Niederungen sind mit jenen kohlcnsau, Konkarboden, bedeckt (s. oben S. 841),

der unmittelbar hier dem primitiven Felsboden aufliegt; seine obere Wetterseite wird locker, zerreiblich, erdig; der frische Bruch

ist mehr krystallinisch, braunroth oder schmutzig weiß; der Konkar giebt gebrannt den Einwohnern ihren Kalk. Auch anderes loses Gestein- wie Feuersteinkiesel, Lydischer Stein und primitive Rollblöcke sind über die Ebenen vertheilt. Der Konkar­ boden ist nur mit einer geringen Schicht fruchtbarer Erddecke überzogen, die Anhöhen sind an ihren Steilgchängen nicht selten ganz von Erde entblößt.

Noch bemerkte vr.Hardie99) in den-

*s4) Dangvrüeld I b. Malcolm II. p. 33h etc. J. Hardie (Jbaerv. I. c. y 11V. ***j Di. liuidiC on the Mediial fopo-

Rajputenstaat Udeypnr; Clima.

875

selben Erdschichten ein Lager jüngerer Bildung, ein Alsuvinm, fast ganz aus Muscheln bestehend, und zwar derselben Arten, die noch heute daselbst in allen stehenden Lagunen und Sümpfen einheimisch sind, wie Planorbis, Helix globosus, Lymnaea palu­ stris, Vhipara fltio, Anadonta, Ario und andere Univalvm, was auf eine allmälige Austrocknung des Bodens zurückschließen lassen möchte. Diese Austrocknung des Bodens, die sparsamere Vegetation, die geringere Mächtigkeit der übergelagertenHu» musschichten, die in Guzurate, Bengalen, Orissa (s. ob. S. 505 ii. f.) und anderwärts, weil sie die Feuchtigkeit weit länger zurückhalten, als die reichste Erzcugungswerkstätte der Fier berluft angesehen werden; ferner die absolut hohe Lage de« Thales über dem Meere und die starke Ventilation durch die Bcrglüftc heben manche Nachtheile des Climas wieder auf, web chem die fast geschlossene Lage des Udeypurthalcs mit seinen gro» ßen Scespiegcln und andern stehenden Lagunen, wie mit den Wald« jungles an den Bergabhängcn unterworfen ist. Die Berge sind umher glücklicher Weise, wenn auch prallig, doch nicht hoch ge» nug, um durch die vier engen Schluchten aus dem Derglande, welche die einzigen Zugänge zur Stadt bilden, die frischen Luft» züge abzuhalten. In Hinsicht der Temperatur ist dies Thal mit der von Malwa zu vergleichen 9"). Die engen Bergumgebungen lassen nur N.O.» und S.W.»Winde zu. Die letzteren brin» gen nach der heißen Jahreszeit immer Regen; der erste heftige Regenschauer wird jedoch stets von dem entgegengesetzten Winde, dem N.O. herbeigeführt; Nebel Massen sind die Vorboten der Regenzeit. Diese füllt die zahllosen Marsche und Djils oder Regenlachen, welche das Land überschwemmen und befruchten, aber auch ein Diertheil des Jahres zum Lande böser Dünste ma» chen. Bei der Verdcrbniß aller Brun neu, welche sich dann mit der vegetabilischen Fäulniß der Regenbäche füllen, wird da« Brunnenwasser von den nachtheiligstcn Folgen, zumal für den Fremdling (vergl. ob. S. 506). Die übrigen drei Viertheile de« Jahres sind sehr gesund, obwol die 4 Monate anhaltenden hei­ ßen Landwinde, unabänderlich aus Nordosten wehend,die ganze Oberfläche des Bodens bersten machen und während der

grapby of Oudypoor in Ti an säet. of the Medic. and Pb ja. Soc, of Calcutta, ib. 1831. 8. Vol. V. p. 29—32. •*) Dr. Hardie on the Medical Topogr. 1. e, V. p. 5 — 28« *') l Tod AwiaU l c. I. p. 653.

870

Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschu. §.111.

dürren Sommer auch hier beschwerlich genug sind. Dann herrscht hier wahre Verödung und Todtcnstille1M), die Bäume verlieren ihr Laub wie im Winter, bis auf den Mango und wenige an­ dere immer grünende Gewächse. Sonst steht aber die Vegeta­ tion still; den Hügeln fehlt bald ihre Decke, kein Strauch, kein Grashalm ist mehr zu sehen, die Thiere erliegen, wie die Pflan­ zen, der tödtendcn Hitze. Der erste Regenguß wird von Donnerstürmen begleitet; die unübersehbaren Risse und Erdspalten des ausgetrockneten Bodens werden von den Schuttmassen der wil­ desten Bergströme überwälzt, die jedes Hinderniß vor sich hcrschicben. Erst nach dem Fall einer gewissen Quantität Regen tritt auf einige Tage nach den ersten Stürmen wieder Ruhe ein. Die Spalten der Erde füllen sich mit den Wassern an; derselbe Son­ nenstrahl erhitzt sie von neuem. Die Expansion durch die Hitze treibt sie noch mehr aus einander, große Erd- und Felsmassen lö­ sen sich ab, und die Zerstörung und Verwitterung des Schieferfelsbodcns geht mit reißender Schnelligkeit vor sich. Diesem Ein­ fluß ist die zerstörte Zerrüttung und Zerspaltung eines großen Theils der Dodenfläche von Mewar in unzählige wech­ selnde Unebenheiten zuzuschreiben. Den Einheimischen bekommt dieses Clima sehr wohl; die Ra jpu ten sind durchweg ein männ­ lich starkes Geschlecht gegen die schwächlichen Bengalis, voll In­ telligenz und Verschmitztheit, und keineswegs so imbccill, wie die Hypothesen den Einfluß der Malaria auf die geistigen Eigenschaf­ ten der ihr unterworfenen Bevölkerung angeben, die hier weit mehr vom Opiumrausch als vom Clima geschwächt wird. Die ärmere Dolksclasse, die Bhils und Minas, sind allerdings hier weit diminutiver Art, was Dr. Hardie aber ihrer elenden Le­ bensart zuschreibt, und dennoch sind auch sie noch energisch ge­ nug, um sich von ihren Gebietern, den Rajputs, fürchten zu ma­ chen, ja sie erreichen selbst ein verhältnißmäßig sehr hohes Alter. Die Arawalli-Gebirge, welche mit den Mewarketten die Einsenkung von Udeypur auf allen Seiten umgeben, haben wir schon oben (S. 731—733) als primitive charakterisier. Dangerficld hat ihre Eingänge vom Südosten her über die Salamber-Kette (f. ob.. 333.

Rajputtnstaat Udeypnr; Salumber-Kette. phyrgestein als die Umgebungen des Dhcybnr genannt.

877 Die

Gebirgsart um den Udeyp ur spricht dieser genaue Beobach­ ter für Gneußtafeln oder feinkörnigen Granit^"") an, der beim ersten Anblick aber kaum von glimmerreichem Sandstein zn unterscheiden sey. Die Salamber- oder Salumber.-Kette hat von der Stadt SalumbarH tytcn Namen, eine Rajputenresidenz, die groß, stark ummauert (24° 08' N.Br., 74° 09' O.L. v. Gr.) ist, und nur 821 Fuß Par. über dem Meere am Südsuß des Gneuß, gebirges liegt, das 1 ioo bis 1200 Fuß höher sich erhebt, und nord­ wärts gegen die Arawalli emporsteigt. I. Har die, der vom Sü­ den her, aus Saugwara, durch merkwürdiges Felsgebirge von reinem Quarzgestein vordrang, das durchsichtig wie Bcrgcrystall, oder blendendweiß wie Schnee, oder als rosenrother Quarzfels sich phantastisch emporthürmt, ge, schichtet ist, und die ganze Landschaft mit seinen Felsblöckcn feit, sam überstreut hat, fand, nordwärts bei Iaitana, Glimmer und Thonschiefer, noch immer voll von Einlagerungen mächtiger, wei, ßer Quarzmasscn, nordwärts S a l u m b a r aber Glimmerschiefer, der in Gneuß überging, welcher wiederum mit Granit, lagern wechselte. Hier also ist das primitive Gebiet des, jenigenTheils der Arawalli entschieden, den wir oben den ver, mittelnden Zug zwischen der Mewarketle und Malwa genannt haben (s. ob. S. 735), davon die zerrissenen Sa lu m, barberge einen Theil ausmachen, der aber auf der Höhe noch minder als am Südgehänge zerspalten erscheint. Dang er, fielt)2), welcher dieselbe Höhe vom Osten, vom Duryawud, Thale über Maunpore her erstieg, fand den Aufweg durch Felsklippcn, Teakwald, Bambusen ungemein beschwerlich. Auch er bestätigt, daß der Berg im Norden von Salumbar Gneuß sey; aber ganz nahe bei Maunpore sahe auch er noch zwei isolirte Höhen, die aus weiter Ferne aus dem grauen Schiefergcstein wie ein paar Sch nee piks emporstiegen; bei näherer Untersuchung zeigten sie sich als 150 bis 200 Fuß hohe Felsen, aus ha l bd u rch, sichtigem, schneeweißem oder rosen rothem Quarz, phan, tastisch, castellartig emporgethürmt, mit horizontalen und vcrtica.

,0°) Dangerfield Geolog. Sketch I. c. Macdonald Mem. II p. 338. ‘) J. Hardie Remarks on the Geol etc. in Asiat. Res. I. c. Tom. XVIII. p. 93. ') Dangerfield 1. c. II. p. 340.

878

Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 111.

len Spalten durchsetzt, dergleichen oft sehr mächtige Quarz, loget wiederholen sich in allen Thalbildungen von Salumbar bis Udeypur. Mehrere kleinere, fruchtbare Thäler sind inner« halb dieser Bergzüge seeartig eingeschlossene Senkungen, welche die Nachbarhöhcn 100 bis 300 Fuß überragen. Die größte Einsenkung aber, im N.W. der Stadt Salum, bar, füllt der Dheybur.-See (Dheybur 24*14'N.Br., 74* 0' O.L. v. Gr.) 31l3)z 970 F. Par. üb. d. M. erhaben nach Daa* gerfieldsMessung, also in weit größerer Tiefe als der Übet)* p u r- See, aber doch gleichen, gewaltsamen Erdspalten und künst* tid>m Erddämmcn fein Daseyn verdankend. Wie dort der Be­ das, so ist hier das Wasser des Gumti,Flusses, der ehedem» durch einen engen Thalspalt die Dheybur, Kette durchbrach, mit* kelst eines prachtvollen, querüber gebauten Marmordammes aufgehalten und zuin See aufgestaut, der tief und auf allen Sei« fett von 400 bis 700 Fuß hohen Gebirgen überragt ist. Der See hat 3 Stunden Länge, anderthalb Stunden Breite, einige Waldinseln, auf denen Devote Hausen. Die Architektur des Dam, mes ist noch vorzüglicher, prächtiger, als zu Udeypur; am Ostende desselben erhebt sich auch hier ein schöner Palast. Die Damm, höhe über dem Seespiegcl ist 54 Fuß, dessen Länge 3 Furlong, die Breite lio Schritt (Darb), doch blieb er unvollendet, da fein; Erbauer Rana 2 ey Sing h während der Arbeit dahinstarb. Das Ganze ist aus wohlgchauenen, weißen Marinorquadern als Werk,stücken aufgeführt. Die Tempel und Gebäude auf der Terrasse' des Erddammes sind ebenfalls reichlick mit Sculpturen bedeckt;; Dangerfield bemerkte an ihnen Ornamente großer Elephanten* (6pfc, 7 Fuß hoch, jeder aus einem ganzen Marmorbkock ge­ hauen, auf hohe Piedestals gereiht. Die seltsame Bildung dieser tiefen Seen mit den engen Felsspalten an ihren Ausläufen, die Dangerfield als gewaltsame Durchrisse ansieht, an deren Steilwänden er colossale Säulenbildungen von Horn­ stein und porphyrartigem Gestein wahrnahm, nebst den cigcnthüm,lichen Umgebungen, machen cs wahrscheinlich, daß sie gewaltigen Erderschütternngen und Einstürzen in Folge anderer Emporhebun«' gen ihr- Daseyn verdanken, und hier analoge Erscheinungen mit der Bildung der Scebecken in den Arawalli verbunden sind, wie sie durch L.

v.

B.u ch in den Thälern Tyrols und den Italieni,

,0*) Dangerfield s. 325) auf die seltsamste, gewagte Hypothese brachten, hier müßten griechische Künstler, aus Scleucus Periode, etwa beim Bauplan thätig initgewirkt haben; doch schildert er diesen Gebäuden ganz benachbart wieder andere, welche, durch niedere Säulen in dreifachen Stockwerken übereinander getragen, mehr den gothischen oder angelsächsischen Bauten gleichen sollen. Die Zeichnungen, welche Tod mitgetheilt, geben die richtige An­ sicht, welche allerdings die größte Aufmerksamkeit auf diese bis dahin unbekannten Prachtbauten richten muß, die ganz in dem ihnen verwandten, edlen Style der Jain Monumente auf dem Abubuda (f. ob. S. 732) und zu Ajimer (s. Tafel b. Tod Ann. 1. S. 778) ausgeführt sind. Die zierliche Festungsarchitectur selbst verdient Bewunderung. Auch außerhalb der­ selben stehen beachtungswerthe Monumente dieser Art; z. B. auf der Höhe des Bergpasses nach Marwar, der Mama-Devi, oder der Tempel der Göttin Mutter, die mit ihrem zahlreichen Gefolge in Marmorfiguren, von 3 Fuß Höhe, denselben als Or­ namente schmücken; ein großer Hofraum umläuft den Haupttcmpel, dessen innere Seitenwand voll Marmortafeln sich zeigt, be­ deckt mit Götterbildern und Inskriptionen der Fürsten, die ihnen U—..................... -

"') J. Tod treffliche Zeichnungen der Feste und des Jainatempels irr Ann, I. p. 669, 671.

Rajpimnstaat Udeypnr; Gn'mzpaß.

Sy5

Denkmale setzten, welche aber alle zcrstümmelt und zerbrechen wurden von den bis hierher vordringenden Rohilla Afghaneu, den Söldlingen mohammedanischer Herrscher. Dieseln Mama Dcvi gegenüber, auf der andern Seile, dicht am hinab, steigenden Paßcingange nach Marwar, denselben domini, rvnb, erhebt sich ein Dom auf Säulen, mit einem Altar, ähnlich dem Tempel der Sibylle auf Tivoli's Felsen, ein Mausoleum des Pirthi Raj, eines tapfern Trubadurcn der Mewar, dessen Gattin Terra Bhae eine Heldin in den Rajputen Romanzen bekannt genug ist. Im XIII. Jahrhundert sollen diese Landes, Häuptlinge, aus Bednore durch Mohammedaner hierher vcrtrie, bcn seyn, und das Dergland mit Herocnthalen verherrlicht haben. Siebenter Tagemarsch (20. Oct.) zum Gränzpaß von Mewar und Marwar^). Erst am folgenden Mittag wurde weiter gezogen, aber an der Gränze von Marwar, die in der Mitte des Gebirgspasses liegt, Halt gemacht. Sehr steil geht der Weg, nach I. Tods Messung, in einem Winkel von 55° hinab; dennoch konnte er von den Elephanten zurückge, legt werden (fast unbegreiflich, denn dies ist etwa die Steilheit des Kegels der Riescnkoppe in Schlesien). Zur Seite thürmen sich auch hier pittoreske Felsen von roscnrothcm Quarz empor. In der Höhe droht die Feste K o m u l m e r, über Wald, Fels, schluchlcn, Wildbäche herabschaumd. Die Felswand Hat,,' dwara, d. h. Elephantcnthor, bezeichnet das Gränzge» biet zweier Rajputen Königreiche. Ein Gränzcommando der Marwar von Ihoudpur empfing die Gäste zur Escorte auf dem neuen Gebiete; es waren Gebirgsstämme deAboriginer Volks, der Mer oder Mair, der angränzendenMair, wara,Kette, die unter Marwar, wie unter Ajimer und un, ter Udeypurs Besitz vertheilt sind; sie werden so wenig als die Bhils, ihre Stammesverwandten, in kurzem noch zu den Plün« dervölkern zu zählen seyn, wenn der begonnene Friede auch hier seinen Bestand hat. Achter Tagemarsch (21. Oct.) nach Gavora"). In der Nähe des so eben zu verlassenden Gränzpasses, gegen das Dergland Mairwarra, im Nord, wie gegen das Tiefland Marwar im West, liegt das böse Raubschloß Gokulgurh, **) J. Tod Person. Narrst, in Ann. I. ") eben», p. 687-692.

I. p. 676 — 687.

896

Ost-Asien. Vorder-Indien. V.Abschn. §.111,

von dem folgender Gebrauch stammt. Wer von den Nachbar« fürsten, wegen Raub und Störung des Landfriedens, zum Exil verurtheilt ist, wird von seinem Lehnsherrn vorgefordert. Dieser wirst ihm ein schwarzes Gewand um, giebt ihm einen schwarzen Hengst und eine schwarze Lanze, und überläßt dem nun vogel« freien es selbst über die nahe Gränze zu flüchten, und sich zu ex« patriiren. Dies Kleid heißt Barwattia (bar« und wattuna, expatria); schon vor dreitausend Jahren sollen die Pan du, Brüder am Uamuna, solche Barwattias getragen haben (f. ob. S. 827). Der nächste Gränzort auf dem Marwar«Gebiete, ist Ga, nora, der Hauptorr in Godwar, dessen Häuptling, oder Tha« kur, dem britischen Gast zum Empfange entgegen ritt. Früher hatte Ga nora dem Rana von Udeypur gehört; in der neuen Derrhcilung der Rajputengcbiete war es dem Raja von Jhoud, pur zugefallen. Dennoch hatte der Thakur aus alter Vasallen, Anhänglichkeit die Investitur des Schwertes von seinem alten Obcrhcrrn angenoinmen, statt von dem neuen. Dieser ließ aus Eifersucht, zur Strafe, die Stadtmauern von Ganora einreißen. Seit langem hatten die Vorfahren des Thakur diesen Posten mit Tapferkeit gegen die Mongholcnüberfälle vertheidigt; sie waren mit den Ranas von Udeypur verwandt. Der Gebrauch bei der Belehnung war, das Erscheinen des Vasallen an der Palast, pforte des Rana am Marsfelde, wo ihm der Rana mit einer Keule von Silber und dem Feldgeschrei „gedenke Komul, mers" entgegenkam. Darauf ward er der „Detter von Me« war" genannt. Bei der ersten Irrung, meinte I. Tod, würde wol die Jalousie des Rana von Jhoudpur in Fehde losbrechen, gegen den Thakur von Ganora; da der Brite nach Jhoudpur ziehen wollte, so wich er diesmal der gastlichen Einladung des Thakur aus. Mit dem Eintritt in die Plaine von Marwar, welche nackter Felsboden bedeckt, begann ein großer Wechsel der Tcinpe« ratur. Von der Kühle auf der Paßhöhe, am Morgen, bei il°5 Reaum., stieg das Thermometer in der Niederung, am Abend, auf 28° 5' Reaum., und diese Hitze hielt an. An den folgenden Tagen mußte gerastet werden, um die Bagage zu erwarten, de, ren Transport vom Aravalli herab sehr beschwerlich war, die zu« gleich vielfach beschädigt ward. Der Chef von Rupnaghur einer benachbarten Raubburg am Westabfall des Gebirgs, die

Rajputenstaat Udeypur; Naturgrauze.

897

auch einen Bergpaß gleich Ganora beherrscht, machte seinen Be, such. Er ist noch getheilter Vasall zwischen beidenLehns, Herrn von Marwar und Udeypur, im West und Ost der Gebirgskette. Neunter Tagemarsch (28.Oct.)18). Durch sehr frucht, bare, trefflich bewässerte Ebenen, voll Ortschaften ging es an den eingerisscnen Stadtmauern von Ganora vorüber. Ein "eifriger alter Anhänger des Rana von Udeypur rief dem britischen Colo, nel bei der ersten Begrüßung die Worte lebhaft entgegen: „Gieb uns Godwar zurück!" Ungeachtet dies nun keineswegs in seiner Macht stand, so gab er ihm doch zur Antwort: Warum habt ihr cs euch nehmen lassen; Gott selbst hat es euch nicht zu, gedacht; denn der hat euch die Aravalli zur Naturgränze der Herrschaft gesetzt, ihr Westfuß sollte nie zum Mewar, d. i. zum Hochlande, gehören! Auch darauf war der alle Politiker gerüstet; er antwortete: „Auch nach diesem Princip ist Godwar „unser Eigenthum; denn hier sind noch andere Naturgränzen „als die Berge; gehe nur weiter, und du wirst eine Strecke weit „noch alle Büsche und Blumen finden wie in Mewar, aber nur „wenig Schritte weiter und Alles ist anders! Aonla, Aonla, „Mewar! Bawul, Bawul, Marwar! Wo die Aonla, „Blume ihre gelbe Blüthe trägt (also wol eine Bcrgpflanze) da „gehört das Land von rechtswcgen uns, den Mewars, weiter „wollen wir nichts! Sie mögen ihre krüppligen Bawnls (oder „Babul), die Wüstenakacie (Mimosa arabica) behalten, ihr „Khuril und Ak! Gieb uns nü? unsere heilige Pipul (Fic. „religiosa, Pipala) zurück und den Aonla der Gränze!"

Wirklich, bemerkt I.Tod, ist die Naturgränze hier sehr frappant; man setzt über einen schmalen Bach und Alles ist an, ders; die prachtvolleGebirgsnatur ist verschwunden.

Die Ban,

jane (Burr, Fic. indica) und die Pipala (Fic. relig.), nebst einer der Cvpressenform ähnlich gestalteten Mimosenart, welche Godwar noch am Fuß der Bcrgzone ganz eigenthümlich seyn soll, verschwindet alsbald gegen das Dorngebüsch der dürrett Wüste, wie der Capernstrauch, der Iowas (?) und andere Ge, wüchse, die zwar noch gutes Kameelsuttcr aber doch kein Schmuck mehr für die Ebene sind. Jenes I mprotnptü auf eine politi.

1') J. Tod Personal Narrat. I. c. Ann. I. [>. 692. Ritter Erdkunde VI.

Lll

898 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 111. sche Gränze durch Vegetationsverhältnisse gegründet, beruhte auf einer Volks sage, deren hier sehr viele im Schwange gehen, nnd benutzt werden, die Behauptungen der Annalen «nd Histo# rien zu erhärten und zu belegen. Diese Sage bestimmte einst die Gränze der Bergherrschast so weit die gelbe Aonla blühe, wodurch eben diese verherrlicht ward. Die Ernte war in dieser Marwarplaine schon ringt# bracht; so viel auch das Land durch Amir Khan ausgeplündert fettn mochte, immer zeigte sich hier noch Wohlhabenheit, so weit die vielen kleinen Aravalli-Flüsse, unter denen auch der L uni oder der Salzfluß, von der Bergkette herab den Fuß »nd nächsten Saum des Tieflandes bewässern und bestückten. Die Dörfer sind hier noch groß und volkreich, aber den Einwohnern fehlt schon die Fröhlichkeit des Bergvolkes von Mewar. Na# d o l c 3‘0)' mit seinen Iaina Architccturen liegt schon ganz in der Ebene von Mar war, die wir fürs erste hier wieder verlassen, um zu der hohen Mewarstufe und ihren übrigen Landschaften noch zurückzukehren. 3. Die Ortschaften in der Ebene der Mewarstufe. Zwischen jenen beiden Ost# und Nordronten, und der Chitore#Kette im Ost, wird das ebene Land der Mewar# stufe von mehrern kleinern, wasserarmen, unter sich parallcllau# senden Flüssen durchschnitten, die von West gegen Ost fließen, insgesammt der Mewarkette entspringen nnd sich im Thale des Bunaßflusses, unter vcrschit»cncn Abständen, zu dem einen Hauptstrome vereinen, der von den beiden südlichsten dieser quer# laufenden Flüsse seinen Namen trägt, und mit seinem reichlichem Gewässer dicht zur Chitore#Kette herantretend, ihre steile, westliche Contrepente, unter den Felshöhen der Fcstungsberge von Ehitore, Mandelghur, Jehajpur (Ichazgurh), Rajemal, immer nordost# wärts, als ihr Strom begleit er, bespült und befruchtet, bis er, wie oben gesagt, bei Tonk plötzlich gegen Ost sich wendend zum Durchbrecher des Chitorezuges wird, um durch die sieben gegliederten Ketten (die Satpura) zum Chumbulthale zu getan# gen. Bairaß, Bunaß, Kotasery, werden uns von Süd nach Nord die 3 südlichsten dieser querlausenden Flüsse genannt, welche schon unterhalb der Festung Mandelghur vereint sind; **•) J, Tod Person. Narrst. I. c. Ann. I. p. 696.

Rajputenstaat Udehpur; ebenes Land.

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die beiden nördlichern heißen Khari bei Deorah3") und Dyn aus Ajimere kommend. Zwischen ihnen breitet sich das ungemein fruchtbare, vorzugswcis ebene Mewar aus, voll Ortschaften, dem I. Tod in Hoffnung einer bessern Zukunft, den Namen des schönen Garten von SDteroat31) gab. Gegenwärtig aber ist er freilich noch meist verwüstet, voll Jungle, Waldung, Dersum« pfung, in Ruinen und Verfall, seil den Mahratta und Pindarricverheerungen, welche diesem srüherhin wohlhabendsten Theile Rajaputanas am unbarmherzigsten mitspielten. Als die neue Ordnung der Dinge langst festgestellt war, erfuhr B. Heber, der im Jahre 1825 diese Ebene dnrchreisete, von dem Polizei« obristen (dem Jemautdar) zu Ummcrghur^) der mit seiner Garde den Frieden im Lande zu sichern hatte, wie häufig dieser doch leider noch durch Räuber und Diebsgesindel, von Bhil, Minus und Rajputengeschlechte gestört werde. Das schnelle Zuwachsen der Waldgebüsche und Jungles trug sehr viel zu der allgemeinen Verwilderung bei, obwol es zugleich Zei, chen großer Fruchtbarkeit ist; Tod meint, es gebe keinen33) frucht­ barern Boden in Hindostan, als den des ebenen Mewar zwischen Bairaß und Bunaß. Ummerghur3«) eine bedeutend große Stadt im Duab, zwischen Bairaß und Bunaß gelegen, haben wir schon früher als den Ort genannt, wo sich ein Fischer -Tribus der Bhils aushält (f. ob. Sr 617); sie ist neu, sehr regelmäßig angelegt, und durch einen reichen Kaufmann, dessen Mausoleum sein Andenken er, hält, sind in der Mitte der Stadt drei schöne Tempel aufgeführt. Südwärts von dieser Stadt, auf dem Wege nach Chitore, erhebt sich aus der Ebene eine Felsklippe, auf welcher das Castell Gun, growr (Gungrah der Karte) erbaut ist, gleichsam der kleine Vorposten der weit höheren Chitore,Feste. Die Lage ist ungemein reizend; um den Fuß ziehen sich waldige Höhen, von einigen Palmbaumgruppen überragt, der Daumwuchs, der weiter nord, wärts auf dem dürrern Plateauboden abnimmt, ist hier, den Ber, gen näher, in seiner prachtvollsten Fülle. Der Bunaß-Fluß, der nordwärts Ummirghur durchsetzt werden muß, um nach Bhil,

*°) J. Tod Person. Narrat. I. c. Ann. I. p. 784. **) ebtNd. II., p. 683. **) B. Heber Narrative 1. c. T. II. p. 473. **) J. Tod Person. Narrat. 1. c. Ann. I. p. 790. •*) B. Heber Narrative I. c, II, p. 464 — 472,

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Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §.111.

war», dem Hauptemporium von Mewar zu gelangen, hat ein sehr schönes, klares Wasser, das bei Rasmy treffliche Forel­ len nährt, zur Regenzeit schwillt er außerordentlich an. Entlang seinen Ufern beobachtete I. Tod in der Ebene, zwischen Rasmy und Seonah, am 23. Oct. an einem kalten Morgen eine sehr merkwürdige Luftspiegelung^) (Fata Morgana), in welcher die benachbarte Gebirgskette in tausend zerrissenen Piks und Rui, neugestalten emporzusteigen schien. Dies merkwürdige Phänomen, das sich sehr häufig im westlichen Tieflande Marwars und der Indnsebene zeigt, wird bei den Rajputen Si-kote (d. h. Win, ter,Schlösser) genannt, weil es sich meist in der kühlen Iah, rcszeit zu zeigen pflegt. Bhilwara^) das Emporium haben wir schon oben ge, nannt (s. ob. S. 868); es liegt nur 2 geogr. Meilen nordwärts vom Bunaßufcr. Heber fand die nett aufgebaute Stadt zwar ohne glänzende Gebäude, aber mit vier Bazaren voll Handel und Wohlstand, außerordentlich belebt voll Waaren und Industrie, mehr als in allen andern von Delhi an am Ganges bis dahin (im Jahre 1825) durchreiseten Ortschaften. Korn, Mehl, Baum, wolle, Wollenwaaren, einheimische Schneidwaaren in Stahl und Eisen, deren Güte des Bischofs Erwartung weit über, traf, waren in Fülle ausgelegt. Die Wiederaufnahme des Markt, ortes hatte I. Tods Anstrengungen vollkommen entsprochen, der den Rana von Udeypur dazu vermocht hatte hier Colonien anzu, siedeln, und ihnen Abgabcnfreiheit auf eine Reihe von Jahren zu gestatten. Unter seiner Leitung war ein Handelscodex für sie ausgearbeitet und eingeführt. I. Tod selbst verschaffte ihnen Muster englischer Fabrikate zur Nachahmung, gab aus eigenen Mitteln Gelder zur Verschönerung des Ortes, und die Einwohner selbst sagten in frohem Andenken an ihren Wohlthäter, ihre Stadt sollte von rechtswegen Tod,gunge heißen. Besonders fielen dem Bischof hier die großen gemauerten B u l i s, d. i. die Brun, nen, auf; viercckigte Bassins thurmtief gemauert, oben mit einer Säulenhalle gedeckt, zu denen 60 bis 70 Fuß tief Steintreppen in mächtigen Fluchten hinabgehen, um auf ihnen da» Wasser he, quem« herauszutragen, das aus den gewöhnlichen Brunnen an Stricken durch Ochsen heraufgezogen zu werden pflegt. *'M J. Tod Person. Narrat, 1. c. Ann. II. p. 682: **) P. Heber Narrative I. c. II. p. 461—465.

Dieser

Bergt, k. p. 17.

Raiputkttstaat Udeypur; Bunaira.

901

Brunnenbau, von Treppen, Säulenhallen, Corridors, AnPflanzungen umgeben, bildet ungemein malerische Partien, wird aber nur int Rajputenlande an dem Südwestufer des Aamuna, nirgends auf dessen Nordufer gefunden; er ist durch die Sitte der häufigen Abwaschungen, unter Gebet, bei Hindus wie bei Mohammedanern eingeführt; in diesen friedlichen, pittoresken Gemauern, von zahlreichen Taubenschwärmen umflattert, finden diese Lieblingsvögel der Orientalen das sicherste Asyl für ihre Brut. In der niedern Berggruppe im West von Bhilwara, die von dem Orte Purh3?) die Purhbcrge genannt wird, liegen die Kupfer.- und Zinn-Minen Daribas, an deren Wiederauf­ nahme I.Tod leider durch seine Entfernung aus Rajasthan ver­ hindert ward. Pnrh soll eine der ältesten Städte Mewars seyn, sie liegt in der Mitte des Gaues, den auf einem Umkreise von 8 Stunden die Babas, d. h. die Infanten der NanaS von Mcwar bewohnen. Ostwärts der Stadt liegt ein isolirtcr Schie­ ferfels, der Granaten enthält. Nordwärts setzt die zerrissene Berg­ gruppe gegen Bunaira fort, welche südwärts dieser Stadt, bet Mandel, vom Kotasery durchbrochen wird. iSunaira38) mit einem bedeutende» aber schon alten Ca­ stell, ist eine große ummauerte Stadt, die mitten in Gärten am Fuß ihrer bebuschten Schloßklippe erbaut ist. Sie ist die Resi­ denz eines Raja, der zwar verarmt und tributair an Udevpur, doch alle Würde eines souveraincn Fürsten behauptet. Hier wird viel Baumwolle gebaut, etwas Weitzen und Gerste, und hier sahe B. Heber das nördlichste Opiumfeld in Mewar. Einige Palmbäume über mehrere Grabmäler sich erhebend, und Trümmer, einiger Moscheen auf benachbarten Anhöhen, tragen sehr vieles zur Romantik der Landschaft von Bunaira bei. Wei­ ter nordwärts wird der Boden der Mewarstufe, dürrer, waldloser, tinfkuchtbarer, umher nur öde mit dornigem Gestripp bewachsen. Dabla38) ist die nördlichste Mewarstadt gegen die Gränze von Ajimcr, wozu schon am Nordufer des Khari-Flusses das benachbarte Deorah und Bunai gehören. Das zerstörte Ca­ stell konnte seinen Thakur nicht mehr beherbergen, der sein Asyl in Kotah suchte. Als B. Heber (1825) hindurchzog, war der *’) J. Tod Person. Narrat. I. c. Ami. I. p. 787. **) kbeiid. I, p. 787; B. lieber Nanat. I. c. II. p. 458 — 461. »») J Tod l. c. I. p. 786 i B. Hebet I. c. II. p. 452—457.

902 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 111. Ort so arm, daß gar keins der Bedürfnisse für die Karawane aufzutreiben war. Die Kaufleute, meist Colonisten aus der In, duswüste von Bikanir, haben hier nur einen temporairen Auf, enthalt und kehren dann mit ihrem erworbnen Eigenthum in ihre Oase zurück. D a b l a selbst liegt schon in einer völligen Sand, wüste, und das Haupteinkommen besteht im Verkauf des sparst», men Wassers, das hier ein Monopol des Gouvernements ist. II. Ajimere (Ajamida) die britische Provinz in Raj, putana, auf der Mewarstufe, seit 1818. Im Norden des Rajathums von Udeypur nimmt das brt, tische Territorium von Ajimere, in seiner größten Aus, Breitling von West nach Ost, die Mitte der Mewarstufe ein, und trennt die Gebiete der einheimischpn Rajputcnherrschaften Udeypurs im Süden, von Kischenghur und Jei)pnr im Norden; gewährt aber dagegen der politischen Macht der Briten eine sichere Communicationslinie für ihre Mi, litaircommandos zwischen dem Westen und Osten, um ihren Einfluß über die Bergvölker der Mewarketle und die Raj, putenstaaten im Ticflande Marwars und Sinds gegen West, eben so wie über die der Berg,Rajas in der Chitore, Kette, in Harowti, und überhaupt gegen Osten des Chumbul, mit Nach, druck zu behaupten. Ajimere spielte früher als Hauptort der Rajputenstaaten, und als Capitale der Mongholischen Subah Ajimere^») (s. Asien IV. i. S. 626), zu welcher der größere Theil Rajputanas gehörte, eine viel bedeutendere Rolle, zu einer Zeit da Schah Jehangir (Dschehan) und Aurengzeb (f. Asien IV. l. S. 636) hier ihre Paläste und Residenzen errichte, ten, um von da die kriegerischen Rajputen Rajas zu bändigen tinb im Zaum zu halten. Diese Glanzperiode ging völlig unter, mit den Ueberfällen und Plünderungen der Mahratten in die, sen Gebieten, in deren Folge ScindiahS tyrannische Gewalt sich auch über Ajimere wie über einen großen Theil der Rajpu, -tenstaaten ausbreitete (f. ob. S. 402; im I. 1800 war General Perron im Besitz von Ajimer)"); durch seinen Allianztractat, unmittelbar vor dem Pindarriekriege (I8lj7, s. ob. S. 410) mußte **°) Ayeen Akbery ed. Fr. Gladwin. Lond. 1800. 8. Vol. 11, p. 80 —85. Descr. of the Soobah of Ajrneer. 41) W, Hamilton Descr. of Bind, Vol. 1. p. 521.

Ajimer, britische Provinz; Größe.

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Scindiah einen Theil seiner Länderbente an die Briten abtreten, worunter außer Banda mit mehrcrn Festen in Bundelkhund und dein Erhebungrknoten West-Malwas, um 9? i in u t ch und Nirnbaira (f. ob. S. G40), auch Ajirnere und ein Theil der benachbarten Berggaue in der Mewarkette, näinlich Mcrwar oder Mairwar gehörten, die nun mitten innerhalb der independenten Conföderation der Rajputcnstaaten zu drei wichtigen Militair-Provinzen mit britischen Canton» Neinents der Präsidentschaft Bengalens erhoben wurde», um die Communicationen von Benares durch die Rajputcnlandcr nach Malwa, Ajirnere, zum Nerbuda und Gu, zurate gegen Süd nach Bombay, wie nach Agra und Delhi gegen Norden zu sichern, dem System der Raubhorden zu steuern, die Rajputcnstaaten zu ihrem Tribut und zur Erfüllung*der Tractatcn anzuhalten und den Landfrieden zu sichern (f. ob. S. 412)Erst seit diesem neuen Zustandes der Dinge ist die Stadt Ajimer mit ihren Umgebungen für Europäer zugänglich gewor­ den, obwol schon einmal, vor anderthalb Jahrhunderten, als Kai­ ser Jchanghir dort seine temporairc Residenz hielt, ein briti­ scher Gesandter der Compagnie Sir Thom. Rowe, im Jahre 1676, daselbst, am Hofe zu Ajimer, eine Audienz und selbst die Erlaubniß zu der Gründung einer Factorey- erhalten hatte, die jedoch bei den fortdauernden Unruhen von geringem Nachhalt seyn konnte. Die größte Breite des zugehörigen Territoriums nimmt den Raum zwischen der Mewarkette in West und dem Dunaßfiuß im Ost, unter der Feste Jehajpur (f. ob. S. 822) ein, eine Strecke von 16gcogr.Meilen; die Breite dieses schma­ len Länderstreifs, von Süd nach Nord, ist weit geringer, nur & gcogr. Meilen, nämlich von dem Militairposten Jhak, auf der Gränze von Udeypur, Ajimer und Mcrwar, nordwärts bis zur Stadt Ajimer. Die engste Stelle dieses Länderstreifs, zwi­ schen Dahl« (f. ob. S. 891) über Deorah, welches in der Mitte des Ajimer-Territoriulns am Nordufcr des Khari-Flusscs (f. ob. S. 899) liegt, nordwärts zum benachbarten Gebiet des kleinen Rajputenstaates von Kischeng hur, ist mit einem Blick zu überschauen, und beträgt höchstens nur 4 bis 5 Stunden Breite. Dieser Länderstreif dient nur dazu die Militairstraße zwischen **) J. Tod Person. Kanal. 1. c. Ann, 1. p. 785,

904 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 111. Ajimer und den Harowtistaaten von Bund» und Khota zu sichern (s. ob. S. 812, 815). Don Deorah nach Ajimer sind 8 geogr. Meilen Weges; der Khan, Fluß ist als politischer Gränzstrom zwischen Ajimer und Mewar angesehen, doch scheinen die Gränzen selbst hier nicht mit topographischem Detail festgestellt zu seyn, was unter den gegenwärtigen Schlitzverhältnissen zur Conföderation der Rajputenstaaten auch nicht erforderlich seyn mag. In der Mitte dieser britischen Militairenclave hat sich in der Stadt SBunai 343), unter britischer Abhängigkeit, noch ein einheimischer Rhatore Chef, d. i. einer Abtheilung der Rajputen erhalten, der dort in seiner Feste residirt; er war, als Heber (1825) hindurchzog, erst ein Kind, das unter britischem Einfluß, seiner neuen Lehnsherrn, groß gezogen wird. Die Stadt B u n a i ist nicht bedeutend, sie ist am Fuß von Bergzügcn erbaut, die ge, gen N.W., übsr Nussirabad zur Ajimere,Kette ziehen, Hhre nackten Fclsabhänge sind, gleich der ganzen Ostscite der Arawalli wie der Mcwarkette, so wie auch die Wände des Castells, das über der Stadt schwebt, mit stachlichen Cactus überwuchert; an ihrem Fuße breitet sich hier eine schattige Waldgruppe aus, welche in diesem dürren Theil der Mewarstufe schon eine seltene Zierde der Landschaft geworden ist. Die Bewohner baten, beim Durch, zug von Bischof Hebers Karawane, doch keine Zweige von die, fett Bäumen für das Kamcelfutter, wie sonst wol gewöhnlich ist, abzuhauen, weil jährlich ihretwegen eine religiöse Pilgerfahrt hier, her gehe. An dem Lande haben die Briten hier keine große Acquisition44) gemacht; es hat nur dornichte Bäume, Holzman, gel, jene dürre Wüstenvegetation, in welcher die stachligen Cactus, formen vorherrschen, Sandboden, Wassermangel; es ist im Som, mcr nackt und verbrannt, ein Land zur Kameelzucht geeignet; auch wird es von zahlreichen Kameelheerden beweidet. Die Fels, Hippen, die aus den Ebenen emporragen, haben, nach I. Har, dies43) Beobachtungen, der sein Standquartier in Nussir, abad halte, überall senkrecht stehende Gcbirgsschichten. Nusstrabad4^) in N.W. von Bunai, nachCapt.Wil, so n s neuester astronomischer Bestimmung 74® 49' 12" 0.5. v. Gr., auf halbem Wege von da bis Ajimer 7 bis 8 Stunden von »«») I. Tod 1. c. I. p. 784; B. Heber Narret. II. I>. 448. **) B. Heber Narrat. II. p. 439. ") J. Hardio Sketch os (ha Gcology of Central-India I. c. T. XYUI, p. 55. ***) v. He­ ber Narrat. II, p. 443—446.

Ajimer, Kritische Provinz; Nussirabad.

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jedem der Orte fern, ist erst ein von Briten seit 1818 neuge, gründetes Cantonnement, ihre Haupt,Militairstation, zur Erhaltung der Ordnung und der Sicherheit in den Rajputen, staaten gegründet, daher noch auf keiner Karte verzeichnet. Sie ist sehr regulair zu einem netten Städtchen angebaut, das im Aufblühen ist. Die Straßen sind breit, hinreichend mit Alleen von Parkinsvnicn bepflanzt, um die zu große Dürre der Land, schaft zu verdecken; auch Pipalas, meint Heber, würden hier gedeihen, wenn man sie nur anpflanzte, und mit ihrem vegetati, ven Luxus nicht nur noch mehr Schatten geben, sondern auch dazu beitragen vor der größten Landplage den bösen Staubwin, den zu schützen, die hier zumal in der Sommerhitze höchst 6c, schwerlich sind. Obstbäume gedeihen hier, wahrscheinlich der Winde wegen, eben noch nicht, man erhält Obst und Weintrauben aus den Bergthälern von Ajimer. Das Bauholz ist hier sehr selten und theuer, und muß erst aus Agra oder Multan herbei, geschafft werden; aber auf dem Bazar, den Griechen und Par, sis mit Waaren versehen, sind schon alle Luxusartikel wie in Cal, cutta, obwol zu hohen Preisen, zu haben. Im Jahre 1825 hielt der Bischof hier Kirche, und theilte einer Versammlung von 120 Christen das Abendmahl aus, qn einer Stelle wo zehn Jahre zu, vor noch kein einziger Europäer gewesen war. Zur Kirche brach, ten jedoch noch alle Zuhörer, die sitzen wollten, ihre Stühle mit; und wenn die Herren und Damen des Cantonnements zu Gaste, gehen, schicken sie auch ihre Stühle und Tische wie das Tischgeräth einander zu. Möbel gehören hier zu den größten Kostbar, keilen. Die Cantonnementsstadt erhielt ihren Namen von betn, Titel, unter welchem General Ochterlony., der sie gründete, am Hofe in Delhi genannt ward, Nabob Nussir ed Dow, lah. Ein Osficier") dieser Station nennt, in einem Schrei, ben vom Jahre 1824, ihre Lage ungemein einförmig, in einer Ebene nur von trocknen Bergzügen umgeben, überschüttet mit ei, net unendlichen Menge loser Feuersteinkiesel, ohne eine Cultur, stelle in der Nähe und kaum ein Gläschen, das den Boden grün färbt. Gegen Südost eine unabsehbare Flache, gegen N.W. durch die sterile Kette von Ajimere am Horizont begränzt, auf deren Gipfel man, wenn der Himmel ganz klar ist, die Festung von Ajimere erkennen kann, welche etwa 6 Stunden entfernt liegt.

♦*) Account in. Asiat. Joorn. 1824. Vol. XVII. p. 226.

90G

Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 111,

Der Mangel alles Grüns um die Stadt zeigt auch den Wasser­ mangel der Gegend an. Mit großen Kosten hat die Regierung mehrere Brunnen in die Fclstiefe bohren und einen großen Künst­ le ich aushanen lassen, um den Durst von 10,000 Menschen, die das Cantonnemenl bewohnen, zu stillen; immer müssen Schild, wachen zur Sicherung am Wasser stehen. Erst in einer Felsticfe von co bis 70 Fuß ist Brunnenwasser zu finden, aber die­ ses ist nicht immer trinkbar. Ajimer (Ajamida, nach einer Sage, beiW.Hamilton, von einem alten Landeskönige des Namens, dem Gründer der Stadt genannt; nach I. Tod soll derselbe Ajia geheißen haben, und daraus der Name Ajimer gebildet seyn, die Burg des 2(ji daß er an Großartigkeit selbst das Schloß von Windsor an der

14) B. Heber Narrative l.

t*

II. p. 417»

020 Ost-Asien. Vorder-Jndieii. V. Abschn. §.111. Themse überbiete. Iey S i n g h ist Astronom, er baut Stern, warten, führt selbst astronomische Tafeln, die er mit dem Jahre 1728 schließt; seine Revenuen steigert er zu einem jährlichen Ein­ kommen von einem Crore (einer Million Pfund Sterl.). Das Schicksal der Nachbarstaaten am Chumbul, wie von Dhurt, pur, Macherry und Shekhawuty, ist mehr oder weniger mit in die Geschichten von Ieypur verflochten. Doch schon damals kann es in Dhundar, außer den Dörfern, wol keine 4000 Städte gegeben haben, deren in Shekhawuty die Hälfte aufgezählt 375) wird, davon ein Viertheil Eigenthum der Thakur oder des Adels gewesen seyn soll. Dies muß sich wol auf einen altern Zustand eines weiter ausgedehnten Rajputenstaatcs bezie« hen, da die Gränzen von diesem von jeher ungemein wechselnde und übergreifende gewesen sind, je nach den politischen Ebben und Fluthen ihrer Beherrschung. Seit der Mitte des XVIII. Jahrhunderts wurde auch die Macht von Ieypur durch dieMahratten völlig heruntergebracht; das Land wurde geplündert und verödet, die Vasallen lösten los, selbst die Thakur (der hoheAdel) fielen ab, Anarchie und blutige Fehde nahm überhand. Dem Raja blieb kein Vier« theil seiner Einkünfte übrig; jährlich wurde sein Gebiet von den Parteien Holkars, 2lmir Khans und andererRaubchefs, wie von Pindarrics geplündert. In diesem Zustande, Ende des Jahr, Hunderts, regierte PertaubSinghRaja bis zum Jahr 1803; ihm folgte Jugguth Singh, "im allgemeinen Verderben auch von Haß gegen die sich immer mehr ausbreitende britische Macht, wie gegen die Mahratten erfüllt. Er war der letzte der Rajputen-Rajas, welcher seine Unterhändler nach Delhi im 1.1818 zur allgemein ausgeschriebenen Versammlung schickte, um sich nothgedrungen der Conföderation ) B. Heber Narrst. Vol. II. p. 446.

958 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 112. nennen, sondern einem großen Theile nach weit besser für Agricultur beschaffen als selbst Ieypur, Adjimer und Udeypur, selbst im südöstlichen Gebiete des Lunilanfes noch eine reiche Kornkammer zu nennen, die Weitzcn, Gerste (Guju), Gram (Cicer. arietin.), Bajri (Panic.spie.), 2owarri (Hole, sorgh.), SO? ii n g und Muk (Plmseol - Arten) in Uebcrfiuß37) ccr zeugt, rote kein anderes Land Indiens, das fern von fließenden Strömen liegt. Die Irrigation geschieht durch Schöpfräder und Aquädukte; bei einem sorgfältigern Gouvernement könnte das Land bald reich werben. Der Weitzen wird nach der Regen« zeit ausgesäet; er enthält in der Regel eine sechsmalige, künst, liche Bewässerung; seine Ernte ist im März; er ist von vorzüg« licher Güte, und giebt ein sehr weißes Mehl; seine Ausfuhr nach Iessulmer, Ajimer, Bikatiir ist bedeutend. Die Bewässerung allein kann jedoch nicht Alles erzwingen; dies zeigt sich an der hier versuchten, aber nur schlecht gelungenen Opium-Cultur; nur zunächst unter der Mewarkette wird etwas Mohn gebaut, aber das Opium, $ tja tu38) genannt, ist nur roh, von gerin, gem Preise, und wird nach Art der Rajputen als Trank, mit Wasser vermischt (s. ob. Tejarro S. 782), getrunken. Der Tran­ site des Malwa-Opiums ist bedeutend; eben so wird Taback nur wenig gebaut. Die Cultur der Baumwollenfelder38) soll, nach Capt. Sandys Beobachtungen, der von 1825 das Land als Quartiermeistcr des Gencralstabs von Rajputana bereisete, und seine Beobachtungen an B. Heber mittheilte, ganz vorzüglich seyn. Vieles andere fehlt, wie Obst, Zimmerholz u. s. w., oder ist nur auf einzelne Culturstellen, wie in die königlichen Gärten der Residenz Ihoudpur, concentrirt, wo schöne Obstpflanzungen sind. Die rankenden Melonenarten^), die sehr reichliche Früchte geben, müssen in den Sandebencn die Stelle des Obstes ersetzen; Karinga heißen die trefflichsten Wasser, melonen. Der Mangobaum, der Banjanenbaum, der Dabul (Mimos. arab.), der Nim (Melia azadirachta) und die hohe Cy presse der Mewarkette, überschreiten das Nordufer des Luni-Flusses nicht. Die gelbe Aonla,Blume"), das Wahrzeichen von Mewar (f. ob. S. 897), bleibt schon im Süden ***) Al. Barnes Papers Desnr. I. c. IV. p. 123, 125. *•) ebtnb. IV. p. 124. »•) B. Heber Narrst. Vot. II. p. 446. *°) J. Tod Person. Narrat. I. c. Ann. 1. p. 699, 731. AI. Burnes 1. c. IV. p. 102. 4 *) J. Tod Person. Nannt. 1. c. I. p. 737.

Ihoudpur-Staat, Mineralien.

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v'on Palli, am Gebirgsstrom von Indura zurück. In einem Lande, wo der Holz wuchs so sparsam ist wie im Westen des Luni, und durch einen großen Theil Marwars, auch im Osten dieses Flusses, werden auch die geringsten Vegetationen bedeutend; selbst die Grasarten und Büsche. Nur die Häuser der Am gesehenem sind aus gedörrten Backsteinen erbaut; alle Woh« nungen der ärmcrn'Volksklasse sind Gras Hütten, in der Ger stalt wie Bienenkörbe^ deren Wände aus den Zweigen desPhoke, Strauchs (s. ob. S.935) geflochten sind, die Dächer mit Akra, d. i. Heu von Riedgras gedeckt. Eben so sind alle Brunnen nicht ausgemauert, sondern mit Phokezweigen, die saftig sind, aber auch eine wcidcnartige Natur haben mögen, geflochten. Daher von diesen Charactergewächsen Akra und Phoke^) daS Sprichwort: „Akun ki lukri phokon ki war — Diti Raja teri Marwar," d. i. „In Akra-Zweigen und Phoke-Wand, Erblicke o König von Marwar dein L a n d." Unter den Mineralien ist Sand am allgemeinsten verbrei« tct, kalkiger Konkarboden hie und da, der zum Mörtel beim Bauen verwandt wird. Bei Ihoudpur und Nagore sind sehr gute Kalksteinbrüche, und der Ort Mokrano^), unter 27® N.Br. im West nahe dem Sambur-Sce, 6—7 geogr. Meilen im Nord von Ajimer, war einst durch seine Marmorbrüche bei rühmt. Der weiße Marmorstein von da heißt daher Mo, krano"), und ging einst als prachtvoller Baustein, obwol grö, Derer Art als der Europäische Sculpturmarmor, unter diesem Na, men, weit durch Hindostan; viele der Paläste, Mausoleen und Moscheen in den Kaiserstädten Agra und Delhi sind aus die, fern Mokrano-Marmor aus Marwar erbaut; er brachte dem Lande bedeutende Gelder ein. Gegenwärtig ist aber die Periode der Palastbauten vorüber. Blei und auch Zinn soll es, nach I. Tod, auch In den Sojut-Bergen (f. ob. S. 882) in N.O. von Pali geben; Alaun bei Pali, etwas Eisen in Binmahl und den südlichen Districten gegen Guzurat. Durch die Fabri, cation ihrer Eisen- und Metallwaaren4S) ist nur die Stadt Nagore im Norden berühmt; woher sie aber ihre Metalle er, 41) Al. Barnes Papers Descr. I. c. IV. p. 104. ") J. Tod Ann. of Marwar 1. c. Ann. 11. p. 165. ") B. Fraser Descr. 1. c. I. p. 147. **) Al. Barnes Papers Descr, IV. p. 128.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §,112.

hält, wissen wir nicht.

Aber das Salz ist eine Hauptquclle des

Ertrags für Marwar. Aus drei Salzseen^) wird cS vor, züglich gewonnen. Dem Sambur, dem größten von allen, denn er hat 8 Stunden Länge und eine kleine Stunde Breite47), von welchem oben die Rede war; aus dem bei D i dwa no h inN.W. von jenem, und dem weit südlicher gelegenen (Panchbhadra bei I. Tod, Punchbuddur bei A. Durneß) auf dem rechten Ufer des Luni, ganz nahe bei der Stadt Dhalotra. Doch auch aus mehreren, anderen, kleineren^), wie dem von Filodi, und auch seichte Flußbetten überziehen sich mit Salzincrustaten; Salzseen überhaupt werden Aggurs genannt. Jene größer» drei Aggurs geben die reichsten Exporten. An dem letzte, ren Orte int Panchbhadra bei Bhalotra ist eine besondere Art des Gewinns; man gräbt Gruben 10 Fuß tief, 4o F. breit, 120 F. lang, in den salzreichen Boden; aus demselben schwitzt Was, ser hervor, dessen Oberfläche man mit den Zweigen eines Busches der Wüste, „Mu t tir i"49) genannt, belegt, welcher das Cristalli, sircn der Salztheile fördern soll. Nach zwei Jahren pflegt die ganze Oberfläche mit einer Salzschicht überzogen zu seyn, die öfter eine Mächtigkeit von 4 bis 5 Fuß beträgt. Vom Sambur, See war oben die Rede; das sogenannte Sambur Lun (Sambur Salz) so) wird durch natürliche Verdünstung des Seewassers gewonnen, wobei der Gebrauch ist, durch Matten von SikundragraS geflochten, das Wasser in Felder zu theilen, um die Beweglichkeit der Oberfläche zu mindern, wodurch die Cristallisation gefördert wird. Die Salzstücke werden in großen Massen am Ufer aufgehäuft; man bedeckt diese mit Alkalinen, Pflanzen, die auf ihnen verbrannt werden, weil durch die zurück, bleibende Asche dann eine für jedes Wetter undurchdringliche Schutzdecke für den darunterliegenden Salzhaufen, der oft lange Zeit liegen kann, bis er verladen wird, entsteht. Die Fauna von Marwar ist nicht reichhaltig; Rinder und Kameele sind die Hauptthiere, die unentbehrlichsten des Lan, des, beide von vorzüglicher Zucht und berühmt. Das Kameel

444) J. Tod Ann. of Marwar I. c. II. p. 165; AI. Buroes 1. c. IV. p. 124. 4T) Dr. Govan on the Natural. History and Physic Geogr. etc. in Brewster Edinburgh Journ. of Science Jan. 1825« Nr. III. p. 26. ") J. Tod Person. Narrat. Ann. I. p. 699, 701. ") AI. Bornes I. c. IV. p. 124. ") J. Tod Ann. of Marwar 1. c. Aon. II. p. 174.

Jhoudpur-Staat; Thierreich.

961

beginnt hier zuerst in Central-Indien, wo der Elephant das Ende seiner Verbreitungssphäre erreicht hat, ganz allgemein zu werden. Ob es hier von jeher einheimisch war? schwerlich. Der Schutzgott der Rhatore Rajputen und der Mewar Hirten heißt Pabu; er wird göttlich verehrt, weil er, nach ihrer Legende das Kameel51) erst in Marwar eingeführt habe; er wird stets reitend vorgestellt. Das Kameel hat hier auch den Pflug im Acker und den Transport der Karren zu ziehen, vorzüglich aber, da nur die wenigsten Wege fahrbar sind, als Lastkameel die Waaren, z. B. alles Opium durch die Wüsten zu transportiren. Nur das Salz und die getrockneten Kokos werden durch die Och­ sen-Karawanen verführt. Das Marwar-Kameel ist braun­ schwarz; es übersteht große Fatiguen; große Märkte sind hier nicht, aber in jedem Dorfe können deren einige von den Rehba­ ris, d. i. den Hirten derselben, aufgekauft werden, das Stück zu 50 bis 6o Rupien; die zum reiten der Couriere bestimmten sind weit theurer. Die Miethe eines Kamcels auf ioo Coß (200 Engl. Miles, 40 geogr. Meil.) ist nur 8 Rupien. Kameelfutter findet sich überall. Unter den Ochsen^) sind die Heerden der trefflichen Wiesen des Nueyur am Lun« zu Sanchore und die von Nagore die geschätztesten; ein Paar guter MarwarOchsen, zum Wagenziehen und zum Trabe abgerichtet ^), ko­ sten im Lande 150 bis 200 Rupies. Die große Zahl aber wird zum Salztransport und zum Handelsverkehr überhaupt zwi­ schen Kutch und Marwar gehalten. Mehrere Tausend solcher Lastochsen sieht man täglich als die Tan das der Banjarras oder Charuns (s. ob. S. 762) passiren, die auch hier dasselbe Ansehn wie anderwärts genießen. Man vertraut ihnen die kostbarsten Güter an; sie opfern für dessen Erhaltung ihr eigenes Leben auf; sie zahlen nur geringe Abgaben, und haben ihre Familie und Haus­ rath stets bei sich. Auch Büffel werden in zieinlicher Menge gehalten. Esel dienen zum Salztransport; von Pferden ist keine besondere Zucht hier; die besten kommen aus Kattywar. Ziegen und Sch aase sind zahlreich, doch letztere keineswegs in ihrer Wolle so vorzüglich, wie das Vieh in dem benachbarten Bi, kanir und Jessulmer. “) AL Bornes 1. c. IV. p. 127. **) «ttob. IV. p. 103, 127, »*) B. Heber Narrat. VoL II. p. 446. «ittrr Erdkunde VIPpp

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Ost-Asien. Vorder-Iudteri. V. Abschn. Z. 112. Wo Heerdcn, da locken sic auch Raubwild herbei; so zumal

am Luni und in Nucyur, bis wohin der Tiger.selbst und die Hyäne noch von den Arawalli-Bcrgcn herabstrcift; auch wol noch der Wolf; aber im übrigen zu offenen Lande, ohne Waldasyi und Buschdickicht, sind sie äußerst selten; höchstens noch, wo w nigcs Tamariskcngebüsch sie Herbergen kann, zeigen sie sich mit dem Eber und andern Wild. Auch der prachtvoll gefiederte Pfau, der Schmuck aller Schattenwälder des bergigen Centrale Hindostans ist hier verschwunden; seine Stelle vertreten schön ge­ fiederte Rebhühner, zumal das schwarze; auch wilde En­ ten. Tauben werden in Menge vom Volke gehegt, Raben­ flüge verirren sich zuweilen in die Einöden der Wüsten, wo sie wie die einsamen Geier dem Aase nachgehen. In den zurück­ bleibenden tiefern Stagnationen des Luni findet man Kroko­ dile von einem kleinen Schlage (welche Species?). 3.

Gewerbe und Handel.

Weberei ^) von groben Wollen- und Bamnwollenzeugen, und die Metalkarbeiten in Nagore, vorzüglich Schwerter, Lanzen, Flinten, sind das einzige Gewerbe von einiger Bedeutung im Lande. Der Handel^) ist dagegen wichtig und selbst au­ ßerhalb über einen großen Theil von Indien ausgebreitet. Die Marudis (d. i. Marwar Kaufleute tiflb Banquiers) findet man fast in allen großen Städten Indien«, in solcher Zahl, daß I. Tod meint, sie machten überhaupt wol neun Zehn­ theile der Handelscaste in den von ihnen vorzüglich besuch­ ten Landschaften aus. Sehr viele von ihnen sind Jainas, die blos um Geld zu erwerben in die Fremde zum Indus, Gan­ ges und Nerbuda gehen, und mit dem Erwerb wieder in ihre Heimath zurückkehren. Hauptniederlassungen von ihnen findet man in Bombay, in Puna bei Mahratten, in Aurungabad. Nagpur in Berar (s. ob. S. 451) und Gondwana,, durch ganz Rajasthan, Oujein in Bhilwara (s.ob.S.89v),' in Ieypur, Bikanir, vorzüglich in Jessulmer u. s. w. Ihre verschiedensten Handelscorporationen und Scctcn senden ihre Geschäftsträger in die se nsten Gegenden Indiens aus; so die

*»*) J. Tod Ann. of Mewar I. c. II. p. 166. **) J. Tod Ann. II. p. 166—171; Al. Barnes Papers Descr. 1. o. IV. p. 122, 124—126.

Jhoudpur-Staat; Palli, Emporium.

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Laycn-Tribus der Khartra-Secte Tausende; die Oswals, von 0fi am Sunt genannt, rechnen ihre so zerstreute Zahl auf hunderttausend Familien. Mag dies auch wol etwas übertrieben seyn, so ist die Zahl dieser Gewerbscaste und ihrer Tribus doch über alle Erwartung groß. I. Tod hatte ein Verzeich­ niß von 1800 Namen derselben gesehen, die ein in Mewar Ein­ heimischer angelegt hatte; da diesem aber durch einen Layenbruder noch die Kenntniß von 150 neuen Zweigen derselben hinzukam, war ihm die Geduld vergangen dasselbe weiter zu verfolgen. Pali5C), oder Palli, war erst seit einem Jahrhundert zum großen Entrcpot in Marwar geworden, 8 geogr. Meilen in S.O. der Residenz Jhoudpur, das vermittelnde Emporium zwischen der Westküste Jndias (Guzurate und Marwar, s. ob. S. 627), und dem Gangcslande, zwischen Dekan, Malwa, Sind und dem Penjab. Hier begegneten sich die Waa­ ren und Kaufleute aller Nationen; denn über Palli geht noch heute allles Opium aus Malwa nach West-Asien und China, und die Waaren von Persien, Arabien, Afrika und (Eu­ ropa werden durch Guzurate, über Palli, in das Binnenland, durch Karawanen, unter dem sichern Geleite der Charuns (ei­ gentlich Charanas, d. h. Läufer, nach v. Bohlen)5') geführt. Alle Europäische Waaren des Luxus sind heutzutage auf dem Markte zu Palli feil58), wo noch vor zwei Jahrzchenden nie von Europäern die Rede war. Die letzte Zeit der Fehden, der Unsicherheiten, der Verwirrungen, hatte aber hier feit einigen Jahrzchenden die bedeutendste Abnahme dieses großen Weltver­ kehrs veranlaßt. Das drückende Monopolsystem des Rhatore Rajas von Jhoudpur, und seiner habsüchtigen Verwal­ tung, hatte das frischere Wiederaufleben desselben immer wieder zur Erstarrung zurückgebracht; dennoch ist ec nicht ganz unter­ drückt, und scheint nur mit einem durch den veränderten, politi­ schen Weltgang auch veränderten Mittelpunct, statt des tyrannisirten Palli, in dem unter britischer Sicherheit stehenden Ajimer von neuem aufzublühen. Pali, oder Palli, in der Gränzprovinz Godwar, liegt in sumpfiger Ebene, eine offene **) I. Tod Person. Narrat. I. c. Ann. I. [>. 700 — 702; AI. Burnes Papers Descr 1. c. IV. >>. 124' 6 7) v. Wohlen Recens. a. a» O. Jahrb. f. Wissensch. Cr tik 1834. S. 54$. “) B. Heber Narrative Yol. 11. p. 447 etc.

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904 Oft-Asien. Vorder-Jndien. V.Abschn. §. 112, Stadl, voll Wohlstand, selbst Reichthum, die bei Al. Burncs Besuch, im Jahre 1830, noch 50,000 Einwohner zählte. Die Stadt hat das Recht ihre eigenen Magistrate zu wählen und 6c» sitzt Handelsprivilegien; Palli schlägt, z. B. wie Dhilwara in Udeypur, ihre eigene Münze. In Palli wird viel Papier gemacht. In frühern Jahrhunderten, im Jahre 1120 n. Chr. Geb. (1176 der Vicramaditya oder Samvat Aera, I. Tod nennt das Jahr 1156 n. Chr. G., s. ob. S. 756) sollen hier die Palliva Brahmanen^o) von Kanyakubja (s. Asien IV. 1. S.501) als Eroberer eingezogen, eine Colonie gehabt und damals die R ha» tore Rajputen von der Nordseite des Ganges (gleich an« dem Puar- und Chowanstämmen andere, s. ob. S. 761) zur Besitznahme der Landschaft am L u n i und von M u n d u r (die ältere Capitale neben Jhondpnr), die sie selbst nicht behaup» ten konnten, herbeigerufen haben. Dem Rufe gemäß drangen diese Usurpatoren auch in das Land ein; späterer Druck nach» rückender Mohammedaner verdrängte die Brahmanen. Un» »ernehmende Banjanen, die seitdem den größten Einfluß am Hofe zu Marwar erlangten, hoben, vor keinem vollen Jahrhun­ dert, erst Palli zum Centralmarkt empor, welcher nach der Capitale Jhoudpur der bedeutendste Ort in Marwar wurde, und stets an looo Mann Soldtruppen zum Schutz seines Ver­ kehrs in Bereitschaft hat. Doch ist den reichsten Handelsleuten auch heute noch der Aufenthalt in Palli^) weder sicher noch be­ quem genug; sie lassen nur ihre Agenten daselbst heimisch wer­ den; sie selbst zieh» sich stets in die größeren Indischen Städte, wo sie mehr Sicherheit des Eigenthums und Annehmlichkeit des Lebens finden, wie nach Bombay, Aurungabad, Delhi u. s. w. zurück. Außer dem steten Umsatz in Palli werden auch noch sehr stark besuchte Jahrmärkte gehalten, wie zu Pokhur, so zu Bhalotra am Luni, wo die berühmtesten Roßmärkte, auf welche die Pferde von Kutch, Kattvwar, aus Sind, Mullan und die besten vom Luni gebracht werden, und, noch weiter abwärts am Strome, zu Mundhwa°l) (Mondawa), 419) Al. Barnes Papers Descr. 1. c. IV. p. 116; vergl. J. Tod Person. Narr. in Ann. Vol. I. p. 700. II. p. 286. eo) Al. Bor­ nes Papers Descr. 1. c. IV. p. 125. •') J. Tod Ann. 1, c. II. p. 163, 169.

Ihoudpur-Staat; Opium-Transito.

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Ws besonders ein Rindermarkt, sechs Wochen lang dauert. In einem Lande wo, nach I. Tods Schätzung, der Waarentransport stets an 100,000 Lastochsen beschäftigt, deren Tandas bis zu 4000 stark, die Danjarras in fortwährender Thätigkeit er­ halten, kann der Viehhandel nicht unbedeutend seyn. Weitzenausfuhr und Wollenwaareu von Marwar, nach allen Seiten hin, Salzerporten, zumal gegen das In­ nere, und Opi um-Transito aus Malwa nach dem Westen, sind Hauptgegenstände des Verkehrs. Die Rückfrachten dieser Tandas (d. i. Ochsenkarawane) und Katars, d. h. Karawanen im Allgemeinen, bringen aus Sind nach Marwar: Reis, Assasötida, Schwefel; aus Lahore Shawls von Kaschmir; aus Delhi und Ieypur Metalle, Gewebe von Wolle und Baumwolle, Zucker; aus Kutch und den Seehäfen Datteln, trocken und frisch (Kharik und Pknd Ku jur), von denen hier eine außerordentliche Konsumtion Statt findet; eben so KokoS, Elfenbein, den ganzen Stapel aus Arabia, Malabar, nebst den Europäischen Waaren. Der Opium-Transito, dessen wir schon früher erwähn­ ten (f. ob. S. 785) spielt auch hier eine wichtige Rolle. Durch die von dem trefflichen Beobachter Al. Burnes, in Palli selbst, eingezogenen Nachrichten, erfahren wir hierüber Folgendes: Opium ist Hauptwaare in Palli; seit den Jahren 1825 bis 1830 gingen nie unter 1500 Kameelladungen, öfter über 2000 hindurch. Ein Kameet trägt 10 Maund (l M. — 40 Sirs); das Palli Maund ist größer als das Bombay Maund. Jährlich betrug die Ausfuhr dieser Contrcbande sicher 20,000 bis 24,000 Maund, und niemals fehlte es an dieser Waare. Seitdem der Transito dieser Waare gegen einen hohen Zoll erlaubt war, nahm ihr Preis um i ab. Es wird von hier durch die Wüste über Jessulmer nach Sind und zumInduShafen CurachiDun, der (s. Asien IV. 1. @.477) transportirt, an 100 geogr. Meilen Weges, zu Lande, und dann zu Schiffe, nach dem portugiesischen Hasen Da mann. Die Kosten des Landtransportes sind gewal, tig, durch die Staaten von Ihoudpur, Jessulmer und der Amirs von Sind, die starke Zölle davon ziehen. InIhoudpur allein zahlt jedeKameelladung SORupies Transitozoll an den Radja. Dennoch wird es auch noch von den kleineren Chefs, ") J. Tod l. c. II. p. 167; Al. Burnes l. c. IV. p. 126.

966 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Ab sch n. §. 112. deren Territorien cs passiren muß, besteuert. Es kann daher in Palli nur den reichsten Commijsionairen zum Transport überge, bcn werden, die eine 2lssecuranz einzugehen pflegen, gegen 300 Nupies die Kaincelladung Opium, sicher und unverletzt durch Wetter, Plünderung u. dgl., bis zum Hasenort Damaun zu überliefern, eine Summe, die dem Risico und der leichten Verderbniß dieser Waare, nach Al. Burnes Urtheil,' ganz angemessen und keineswegs übertrieben seyn soll. Die Charuns und Bhats sind hier die einzigen sichern Chefs und Führer der Karawanen^), mitten durch die wildesten Regionen der Raubhorden, gegen welche sie allein ihr heiliger Character sichert (f. ob. S. 762). Ihren Zügen müssen sich alle andern Reisenden anschließen, die sicher durch die Wüsten, oder aus dem Binnenlande zum Gestade nach Kutch, Sind, oder Guzurate, gelangen wollen; da aber auch sie der Gewinnsucht sehr ergeben sind, so suchen sie jeden Zoll, der doch auch von ihnen gefordert wird, zu umgehen, und so ent­ stehen nicht selten auch mit ihnen Händel. Das größte Interesse haben daher die Rajas von Jhoudpur den Frieden in ih­ rem Lande zu erhalten, weil ohne diesen der Handel des Em­ poriums von Palli nothwendig sinken müßte, das ihnen allein an (Steuern64), monatlich, ein Lak Rupien abwerfen soll (10,000 Pf. Sterl., also 120,000 Pf. St. jährlich). 4. Das Gouvernement. Jhoudpur ist einer der größten Rajputenstaaten CentralIndiens und hat nur den von Ieypur zu seinem Rivalen, hin­ sichtlich gleich großer Einkünfte, aber an Macht ist jener die­ sem überlegen. Sein Areal beträgt nach Al. 95itrne6M) an 7000 geogr. Quadratmcilen (70,000 Engl. Q.-M.), seine Popu­ lation, nach I. To ds°0) Schätzungen in runder Summe, etwa 2,000,000 Seelen. Jhoudpur ist der angesehenste der 5 größeren Rhatore-Rajputenstaaten, zu denen auch Bikanir, Kischenghur und viele von geringerer Bedeutung in Marwar selbst gehören, die aber als Shurayets, d. i. als Omrahs von Ge­ blüt (s. Asien IV. l. S. 559), oder ebenbürtige Vasallen ihres Lehnsherrn, das Recht haben, ihm in Zeiten der Noth ihren Rath 44 *) J. Tod Person. Narrat. I. c. I. p. 702, 703. ®4) AI. Kar­ nes Papers Descr. 1. c. IV. p. 126. ") ebend. IV. p. 115. J Tod Annals I. c. II. p. 163.

Ihoudpur-Staat; Gouvernement.

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zu ertheilen. Diese Shurayets«?) sind in Marivar die Chefs von Zlwoh, Nimbaj, Rian, Assobe und Kiasir, oder die Häuptlinge der Champavut, Udawut, Mirtla, Kumpa, wut und Kurnote Tribus. Der Raja von Ihoudpur ist daher als Chef auch Familicnhaupt der großen Nation der Rha, tore, dessen Einfluß weit über die politische Gränze seines Ter, ritoriums hinausreicht. Zwar sind ihm, seit kürzerer Zeit, zwei seiner Provinzen entrissen, wie Sirohi mit dein Abuberge, des­ sen Chef sich mit dem Deora-Stamine independent machte (s. ob. S. 732) und Omurkote, ehedem seine Feste und Gränz, ort gegen den Indus, der ihm aber seit 1813 von den Amirs von Sind entrissen ward, seit welcher Zeit auf jenem Gränzge, biete zwischen beiden Nachbarn stete Fehde geblieben (bis 1830, nach Al. Bnrnes a.a. O.). Dennoch ist die Macht des Ihoud, pur Raja noch bedeutend. Die sogenannten zum Sprichwort gewordenen: „36 Tribus der Rhatore," die sich mit den „Panchar huzar Rhatoran," d. h. den 50,000 Rhatore Schwertern, als der Musterung von Marwar, brüsten, welche ihnen zu Gebote stehen, wozu 5000 Cavalleristen gehören, sind die tapfersten unter den Rajputen und die besten Soldaten in Indien. Wenn auch durch den Opiumtaumcl ungemein de, moralisirt und entnervt, so bleibt ihnen doch noch viel ritterliche Tugend, und die ganze Zahl würde leicht zu heben seyn. Der Großvasallencs) des Ihoudpur,Reichs sind 8, von zweiter Classe 16, welche Lehnherrschaften besitzen. Die große Volksmasse bilden, nach I. Tod, zwar die Jats in Ihoudpur,

4,

nämlich aber die Rhatore demnächst 4, etwa eine halbe Mil, Hon, davon sicher 50,000 waffenfähige seyn werden. Die Trup, penstcllung der Vasallen der Rhatore Chefs in Ihoudpur, schätzt Al. SBurncö69) auf 60,000 Mann in Zeit der Noth, wozu noch die Soldtruppcn und Haustruppen kommen, die der Raja auf seine Kosten hält. Die Revenüen'0) des Raja von Ihoudpur sind, der schlechten Verwaltung durch die Banjanen, welche dieselben ganz in Händen haben, ungeachtet, sehr bedeutend. Die Khalsa, d. h. die königlichen Ländereien (vergl. ob.S.772), welche ehedem auf 80 Lakhs Rupien berechnet wurden, geben jährlich

") AI. Bornes I. c. IV. p. 119. *•) Al. Bornes I. o. IV. >>. 118.

••) J. Tod Ann. H. p. 176. T0) ebrnd. IV. P. 126.

968 Ost-Asien. Vorder-In-ien. V. Abschn. §. 112. 87 Lakhs Revenüen; davon werden 10 Lakh zum Unterhalt des Harem, io Lakh auf fromme Werke für Brahmanen, Io/ gis und tägliche Almosen verwendet; 15 Lakh für den Hofstaat des Prinzen. Die letztere Summe kann er leicht, wenn er das Land willkürlich drücken will, verdoppeln. Durch die Einlicferung von Naturalien an den Hof sind die Verwaltungen sehr verein, facht; gewisse Dörfer liefern z. B. die Milch, andere das Futter ür den Marstall, andere für die Kameele u. s. w. Die Steuern knd nicht überall gleich, sie wechseln. Von der Monsunernte z. B. wird von 1 bis zu j- der Production gezahlt, je nach der Entfernung von der Capitale; von den Jrrigationsäckern wen«, gcr, weil diese mehr Auslagen sortiern u. s. w. Die Transit, steuern, die Waarenzölle, machen ein Haupteinkommen aus. Alle diese Revenüen sind an Geschäftsleute, an die Ban, Ionen verpachtet, die zwar sehr häufig in ihren Pachtungen gewechselt werden, deren jeder aber das Land um so mehr, in kürzester Zeit, auszusaugen sucht. Zwar weiß auch daraus daS Gouvernement wieder seinen Vortheil zu ziehen; die abgesetzten Pächter werden auf Jhoudpur beschieden, um ihnen einen guten Theil ihres zusammengeraubten Gewinns wieder auszupressen. Aber die oft Mishandelten werden doch immer wieder zu Ehren angenommen, erhalten als Zeichen der Gnade wieder Turban und Stellen in andern Distrikten, wo dieselbe Erpressung und Proce, dur wiederkehrt. Banjanen haben aber alle Finanzverwaltun, gen im Lande, sowol des Raja wie der übrigen Rhatore Chefs, in Händen. Der Landbesitzer sind, außer dem Raja, noch dreierlei. Erstlich die Patails, oder Rhatore Chefs, von Putta, welches dm Titel der Lehngüter bezeichnet, der ihre In, Haber, als Vasallen, verpflichtet, die Truppen zum Kriege für den Raja zu stellen. Zweitens: die Bhumeas (von Bhum, d. h. Land), alte Grundbesitzer von Ländereien, die frei sind von Abgaben, Taxen und Hofdiensten. Ihre Ländereien liegm stet« ln der Nähe der Khalsa, die sie zu schützen verpflichtet sind; sey es nahe oder fern von der Residenz; z. B. im Nueyur auf »em Ufersaume des Luni, wo die Ueberfälle der wilden KhosaS, AkaubtribuS, aus den Wüsten sehr gefürchtet werden, sind die Bhumias 471) zur Zurücktreibung derselben verpflichtet, sonst müssen sie sich durch Tribut loskaufen. In das Kriegsfeld beglei.

!

*”) Ai. Bornes Papers Descr, I, e. IV. p, 104.

Jhoudpur-Staat; Gouvernement.

969

ten diese den Raja nicht. Drittens: Tempelgüter oder geist« liehe Pfründen, die als „Dhurun," d. h. Werke der Wohlthä­ tigkeit, dauernd verbleiben, oder als Sudawurt, d. i. Werke der Gunst, zurückgefordert oder aufgehoben werden können; beide zahlen keine Abgaben. Die Territorien der Rhatore Chefs, oder der königlichen Vasallen, bei denen auch das Recht der Ju­ stiz über Leben und Tod herkömmlich, das ihnen aber selten als solches vom Raja zugestanden wird, weil beide dasselbe misbrauchen, lassen sich, ihren topischen Begränzungen nach, nicht genau bestimmen, weil sie zu mannichfaltig in einander übergreifen. Ihre Einkünfte sollen aber noch größer als die des Raja selbst seyn. Der seit 25 Jahren im Jahre 1830 noch herrschende Raja von Jhoudpur, Man Sing, hatte seine Rhatore Vettern durch eine eiserne Ruthe in Zucht und Unterwürfigkeit gehalten, die Empörer durch Entreißung von Gütern hart gestraft, und viel Unzufriedenheit gegen sich erregt. Sie schrieben das Unglück seiner Devotion gegen die Gurus zu (f. ob. S. 612), denen er sich seit längerer Zeit ergeben und die er mit Pfründen überhäuft hatte. Zuvor hatte er viel Noth gehabt, die Verheerungen und Ueberfälle AmirKhans aus Malwa, eines der ärgsten Pindar« riehäuptlinge zurückzuweisen; doch war ihm die Herstellung der Ordnung geglückt. Er selbst, nach einem Leben voll Aventüren, hatte erst durch Usurpation den Thron von Jhoudpur bestie­ gen (im I. 1804), und einen ältern Bruder durch den Beistand der Priester verdrängt, wofür er zu ihrem Sclaven geworden. Sein Vorgänger war Bhim Sing, durch frühzeitige Freund­ schaftsverhältnisse mit den Briten gestärkt, voll kluger Politik, hatte er sich in der Mahrattenperiode selbstständiger zu erhalten gewußt als seine Nachbarn; auch war sein Reich weniger durch sie ver, heert, und durch britischen Einfluß, seit 1817, sehr befestigt. Man« Sings bigotte Außenseite und zurückgezogene Lebensweise unter den Gurus, seinen Günstlingen, soll, nach Al. Burnes, nur Politik gewesen seyn, um sich dem Einfluß seines treulosen Adels zu entziehen, den er, wie dieser ihn, stets fürchten mußte. Aus I. TodS Aufenthalt (Nov. 1819) am Hofe zu Jhoudpur« lernen wir den Charakter dieses Rhatore-Ra ja naher ken, nen. Mit den Ansprüchen und dem Ceremoniel eines königlichen Verbündeten des alten Kaiserhauses von Delhi und mit großem Glanze umgeben, verband er alle Eigenschaften eines Rajputen« Sprößlings (f. ob. S. 766). Die Sicherung seiner Macht, als

970 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 112. Souveraine, durch Briten, wurde das Unglück seiner Va­ sallen, denen der Muth zum Widerstand fehlt, wenn sie ihr Oberdaupl mit jener fremden Gewalt im Bunde sehen. Kaum hatte I. Tod *72) die Freundschaftstractate der Briten mit Man Sing erneuert (1819) und dessen Residenz verlassen, so fiel dieser als der grausamste Tyrann über seine eigenen Va, fallen her, um ihre wieder auflebende Kraft von neuem zu brechen. 5. Die Bewohner. Die Bewohner Marwars bestehen aus sehr verschiedenen Völkerzwcigcn und Classen, unter denen die Rajputen die Herrscher sind, die Jats als Cultivatoren die größte Zahl, die Banjancn die Reichen und Geschäftsleute, Kaufleute wie Fi, nancicrs und Verwalter von Groß und Klein ausmachen. Die Jaks oder Jhats, von zweifelhafter Heckunft und wenig bekannten Schicksalen (s. Asien IV. l. S. 486, 553, 574 bis 579, s. ob. S.939), die Hauptinasse der Ackerbauer in Mar, war, wo sie unter dem Namen der Shoudcy oder Zemin, dare (d. h. eigentlich erbliche Landbesitzer, s. Asien IV.i. ©.560) bekannt sind, lernte Al. Burnes als eine ungemein fleißige Rare kennen, welche gern, gegen eine Abgabe von ihrer Ernte, sich zu Unterthanen der Rhatorcs bekennen. Sie wollen hier fei, neswegs Aboriginer, sondern ursprünglich erst aus Bikanir und den Ländern westwärts Delhi gegen den Süden (wahrscheinlich unter dem Scb,-tze der Rhatore Usurpatoren) eingewandert seyn. Von Abonginern scheint in der fruchtbarern Mitte Mar, wars keine Spur übrig geblieben zu seyn; sie finden sich nur in den kümmerlichen Theilen der Wüsten als zersprengte, einzelne Haufen von Hirten oder Räubern unter den verschiedenen Na, men der Culies, Bhils und Minas (s. oben S. 761) vor, analog den Barabrastämmen in den Saharawüsten Nordafrikas. Diese eingewandcrten Jaks sind von Farbe schwarzbraun (tawny) und ein kräftiges Geschlecht; bei ihren Hochzcitfeiern ist ein Ge, misch von Hindugcbräuchen und Ceremonicl der Mohammedaner. Seit etwa fünstehalb hundert Jahren, sagt Al. Burnes, soll eine strenge Vischnusecte unter ihnen (die Vischnuvi, Jats) 73) sich aus Bikanir her in Marwar verbreitet haben, die 47S) J. Tod Personal Narrat. 1. c. Ann. I. p. 719 etc. 7S) AS. Burnes Papers descr. 1. c. IV. p. 121.

Jhoudplir-Staat; Bewohner, Banjanen. 971 kci»,Thier tödtet,keinenBaum umhaut, denen zumal derKejrasob identisch mit Kheir, Mimos. cntechu, s. ob.S.509) heilig ist,die überhaupt jede Z c rst ö r u n g meidet (ob ein Nest der Guebern-Art?). Durch sie soll eine mildere Gesinnung verbreitet worden seyn. Der R hatore, Tribus macht die vorherrschende Zahl der Rajputen in Marwar aus, doch zählt man hier auch etwa 10,000 vom Bhatti,Tribus, welcher der vorherrschende in Jessulmer geworden. Daraus, daß Lakha Phulani, der im Norden zu Phulia oder Phulera in Bikanir residirte, ein Held in den kriegerischen Romanzen der Rajputen, in Marwar den älteren Schauplatz seiner Thaten findet, könnte man auf den Gedanken kommen, daß die Bhattis auch hier früher herrschend waren, und später erst gegen den Westen eindrangen. Lakha Phulani 74) ist der erste antike Heros der Wüste, der von Sioji, dem ersten Rhatore,Usurpator, im Jahr 1212 geschlagen seyn soll. Von dem CHoHan, Tribus scheinen weniger aus Mewar nach Marwar eingedrungen zu seyn, und nur den gebir, gigen Süden von Sirohi und die Abu-Berge zu behaupten (s. ob. S.733,761). Doch haben sie sich auch durch das 9? uc< yur 75) oder bis zu den Uferseiten des untern Luni verbreitet. Sie sind, dem allgemeinen Rajputencharacter gemäß, voll energi, scher, ritterlicher, nobler Anlagen, aber ein dissolutes, indolentes, durch beständigen Opiumtaumel entnervtes Geschlecht, voll Rach, sucht, Tyrannei, Stolz, Hochmuth und Unthätigkeit, nur zur Füh, »mg des Schwertes und zur Fehde bereit, an der es, wenn auch Friede nach außen, unter ihnen selbst doch nie fehlt, weil jeder Rajputenstaat in seiner innern Einrichtung den Saamen der Zwietracht, der Zerstückelung, des Verderbens trägt. Der Danjancn ,0) Einfluß ist aus den oben angegebenen Gründen (s. ob. S. 968) durch ihre Mittel und ihre Schlauheit in allen Geschäften noch größer, als die rohe Gewalt und die zerstörende Leidenschaftlichkeit der Rhatore-Rajputen. Im Jahre 1830 waren die Singwis, zwei Banjanenbrüder, Foujraj und Futtihraj, Minister im Lande, ein dritter Banjane lei, tete die auswärtigen Angelegenheiten mit den fremden Mächten, und ein vierter Banjane, obwol seine Caste ihm Blut zu vergießen persönlich verbietet, er also ni$t einmal mitfechten kann. T4) J. Tod Sketch of the Indian Desert. Annals II. p. 327. ") Al. Bnrnes I. c. XV. p. 104. ") tbtnb. IV. p. 121.

973 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 113. stand wohlbcwaffnet als Commandeur,General an der Spitzender Jhoudpur, Armee, die ohne ihn nicht zu Felde zieht. Die Zahl der Brahmanen im Lande ist nur gering, wie sie denn überhaupt weder bei Mahratten (s. ob. @.381, 415) noch bei Rajputen (s. ob. S. 612, 761), wo die Charun und Dhats ihre Stelle vertreten, besondern Anklang gefunden zu ha, im scheinen. Nur in der südlichsten Provinz von Marwar, an dein Run von Kutch, am linken Ufer des Luni, soll der Tribus derSanchore, (Sachore b. Al. Burnes) Brah, manen 477) ausschließlich im Besitze des dortigen Landes geblie, bcn seyn; doch soll auch er aus seinem fruchtbaren Gebiet öfter durch dieUeberfälle der wilden Khosas, einesRaubtribus auS dein Thur r, der Wüste, verjagt worden seyn. Obwol eine B ra h« manen,Colonie, die Palliwas (s. ob. @.964) oder Pal, liwal, den Gründer der Rhatore,Dynastie, Seoji (im Am fange des XIII. Jahrhunderts), einen Sohn des damaligen Hin» dukaisers aus Kanyakubja (f. Asien IV. 1. @.502), erst nach Marwar hereinrief, so wurde ihr darum doch nicht von dem glücklichen Usurpatoren aufgeholfen. Die Legende erzählt 78>; Seoji sey auf dem Rückwege einer Wallfahrt von Dwarica (wol dem antiken Dwara Sumudra, s. AsienIV.i.S.564) In das Gangesland durch Marwar und Palli gekommen. Die dort schon angesiedelten Brahmanen hatten eine Depu« tation an ihn abgeschickt, sie von zweierlei Feinden zu befreien, von den Minas der Arawalli (d. i. den Mairs oder Bhils, f. ob. S. 913), deren Ueberfälle ihren Frieden störten, und von den Löwen, die damals hier sehr zahlreich waren (wodurch obige Stelle S. 708 zu berichtigen ist: denn wenn hier auch nur in einer Legende von einer Ueberzahl der seitdem ziemlich ver« fchwu»denen Löwen die Rede ist, so finden wir diese An» gäbe doch durch eine Stelle im Ayeen Akbery bestätigt, die «ns bei obiger Anmerkung entgangen war, in welcher ein eignes Kapitel über die Kaiserliche Jägerei auch von den Löwenjag­ den 79) Kaiser Akbars handelt, die ganz eben so, wie die noch heute am Sabermati gebräuchlichen und oben beschriebenen, ge» führt wurden. Leider giebt Abul Fazil nicht an, wo sie ge» 4VT) J. Tod Ann. of Marwar ia Ann. 1. c. II. p. 163; AI. Buntes 1. c. IV. [>. 104, 129. ,e) J. Tod Person. Narrat. I. c. Ann. T. p. 700. t0) Ayeen Akbery ed. Fr. Gladwin. Lond. 1800; Dilfcrent Ways of bunting the Lion. Vol. L p> 236—236.

Ihoudpur-Staat; Bewohner, Sergurra. 973 halten wurden; wir vermuthen in Rajasthan oder Guzurate). S e o j i befreite die P a l l i w a s zwar vo:> der zwiefachen Plage (er schlug auch Lakha Phulani im I. 1212), behielt aber selbst das Land und ließ die Drahmanen selbst wieder erschlagen. Ein Theil derselben wird wol auch noch am Leben geblieben und entflohen seyn; es scheint, daß eben diese nur ihr Asyl in Jessulmer gefunden. 2" diesem Staate der Bhatti-Rajputen find sie unter dem'Namen dcrPalliwa a)) sehr zahlreich. Sie sollen, sagt die dortige Legende, vor dem Druck der Verfolger von Delhi (ob Mohammedaner oder früher?) vor mehreren Jahr, Hunderten dahin gegen West in die Mitte des noch Ichwerer zugänglichen Thurr (der Wüste) entflohen seyn. Dort haben sie gegenwärtig großen Einfluß, sind im Besitz vieler abgabenfreiec Dorfschaflen, sind Großhändler, die auch in Palli und andern Städten ihre Comtvire haben, den Abend ihres Lebens mit ihrem gewonnenen Reichthum aber stets sich nach Iessulmer zurückziehen. Auch die zweite Religionssecte, die der Mohamme, daner, scheint in ihren Bekehrungen in diesem Gebiete eben so wenig Eingang gefunden zu haben wie die Hindus, aller gemalt« samen Ucbersälle der mohammedanischen Beherrscher vom InduS und Ganges ungeachtet, die mit dem Schwert zu bekehren such, ten. Noch weit geringer als in Malwa (f. ob. S. 757) ist hier die Zahl ihrer Proselyten; zu ihnen gehören fast nur die Sold, truppen des Raja von Ihoudpur. In einem Dorfe 2»« dawur 8>), nahe bei Mairta, am obern Laufe des Rin (Ara, nya), ist erst neuerlich einem vertriebenen Ex fürsten von Sind, vom Kalora,Tribus, einem Mohammedaner, der seine Abstam, mung nicht von den Persischen Zlbbassiden,Königen, sondern von Abbas, einem Oheim Mohammed des Propheten 82), herleitet, mit seinem Gefolge ein Asyl durch die Liberalität des Raja von Ihoudpur angewiesen. Auf ähnliche Weise sind noch manche an« dere isolirte Tribus im Lande vertheilt, deren Herkommen aber nicht immer im Klaren ist. So z. B. lernte Al. Burnes noch den Sergurra«Tribus 83) in Marwar kennen, zu den 2lgri« cultoren gehörig, der durch seine wildrauschende Musik, die bei keiner Hochzeit fehlen darf, merkwürdig ist, und deshalb überall •°) Al. Burnes Papers descr. I. c IV. p. 110. *') J. Tod Per­ sonal Narrat. 1. c. I. p. 840 1T) Jam. Bornes Narrative of a Visit to the Court of Sinde. Edinb. 18dl. 8. [>. 21. •*) Al, Bornes Papers descr, 1. c. IV. p. 122.

974 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschu. §.112. hin das Land durchzieht. Er soll zugleich die Wegweiser im Lande b Iben, weder aus degradirten Hinducasten, noch aus Bhils beste­ hen, welche auch eine wilde Musik haben (s. oben S. 644). Es soll ein verschmitztes, listiges Geschlecht seyn. Sehr merkwürdig ist es unstreitig, was I. Tod mittheilt, daß Dreivier, theile der mercantilen Classen Marwars Abkömmlinge der Usurpatoren des Landes seyen, daß aber von 104 Nyats oder Tribus noch heute 7 derselben, mit'zahllosen Verzwei, gungen durch Indien, zu der Jaina-Secte gehören, deren Glaube hier unstreitig einst der alleinherrschende war (vergl. ob. S. 734), in einer für uns noch ganz dunklen Zeit, aus der nur Monumente so eben erst hervortauchen. 6. Eintheilung des Landes in Districte und Ort, schäften. Marwar ist in besserem Zustande vor den Verheerungen der Mahratten und der Pindarries, zumal Amir Khans von Malwa geblieben, als alle östlicheren Rajputenstaaten, schon seiner größern Ferne 85) wegen; aber auch, weil es, wenn auch nur wenig feste Schlösser, doch eine große Anzahl stark bevölkerter Dörfer und Städte besitzt, die zur Selbstvertheidigung geeignet waren. Die Zahl der Städte^) und Dörfer wird in Marwar auf 5000 angegeben; darunter zwar nicht viele große Städte, aber sehr viele größere und zumal am Luni sehr stark bevölkerte Dorf, schäften, so daß sehr viele Ortschaften im Lande mit 500 bis 5000 Wohnungen gezahlt werden können, die freilich sehr häufig nur jene geflochtenen Grashütten seyn mögen. Diese Dörfer 87)z in den überschwemmbaren Fluren des Nuey ur, sind insgesammt auf den Höhen der Sandberge erbaut, welche die Wasserfläche nie erreichen kann. Das ganze Rajathum Ihoudpur ist in 24 Districte getheilt, die nach den größern Hauptstädten in den­ selben genannt werden, wie z. B. Na göre, Mairta im Nor, den der Refidenz Ihoudpur; Sojut, Godwar, Jallore u. a. im Süden derselben. Diese Städte sind keineswegs unbe, deutend; Ihoudpur, die Refidenz, hat 60,000 Einwohner, Palli 50,000, Nagore 40,000, Mairta, obwol jetzt im Ver, 4I4) J. Tod Person. Narrat. I. c. Ann. I. p. 726. ") B.Heber Narrat. Vol. II. p. 446. 9e) AI. Burnes Papers descr. 1. c. IV. P. 128. ") ebend. p. 104.

Jhoudpur-Staat; Ortschaften.

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fall, hat 20,000; die Städte Sambnr am See, Pokrun, Pipar, Sojut, Jaitarum, Parbulsir, Didwanoh, Fillodi, Wallotra, Ryepur haben alle über 5000 Einwohncr. Der Mangel an Bergen im Lande hat auch den Mangel an Festungen bedingt; aber auch die kleineren Städte liegen meist offen, ohne Ummaucrung. Außer der Hauptlandcsfeste von Jhoudpur sind im Süden desLuni im Nueyur, gegen die Abubcrge hin, die beiden Festen **) Siwannu (Seywanoh auf I. Tods Map) und Jallore (Jhalore ebcnd. am Sukri) die berühmtesten. Jallore hat 15,000 Einwohner und ist die stärkste Feste in Marwar an dessen äußerster Südgränze. Sie ist das Staatsgcfängniß für die Empörer, und nie fehlt es an Prinzen, die dort ihre Tage vertrauern. Der regierende Raja Man Sing selbst saß hier drei Jähre gefangen und belagert; Jogi's befreiten ihn von seinen Feinden, seitdem fiel er in ihre Hände. Die früheren Herrscher, die Soniguras von Jak, lore s'’), von ihrem Castell Sonigura (d. h. goldenes Haus) genannt, hatten sich lange Zeit tapfer gegen die mohammedani­ schen Ucbcrfälle der Delhikaiscr gewehrt, bis sie, von ihnen über­ wunden, aus der Liste dcrKönige vertilgt, und ihr Land mit 360 Ortschaften den Rajas von Jhoudpur überwiesen ward Diese Soniguras werden schon im Jahre 1301 nach Chr. Geb. in Fcrishtas Geschichten als tapfere Widersacher der dort eindringen­ den Mohammedaner genannt; sic sollen vom Tribus der Mal­ lin ath seyn, welche die Hypothese an einen antiken Tribus der Malli Alexanders (jetzt Multan, s. Asien IV. i. S. 470) an, reiht. Ihr heutiger Name ist allerdings erst weit jünger, von Jhalinder-nath, d. i. Göttertempel, von einem Hciligthum, nur eine Coß im West von Jhalore gelegen. Malli­ na th, der dort einheimische Götze, wurde von den Rhatorc-Siegcrn derselben in ihrem Hindu-Pantheon aufgenommen; denn seine Abbildung findet sich unter den Sculpturcn in Mundo­ rr s Ruinen mit der Benennung, wo ihn I. Tod abgezeichnet hüt (s. Tabula in Anaals Vol. I. p. 729). Es ist kein brahmanischer Gott, sondern ein ritterlicher Held, mit Schnurbart, zu Pferde, den Commandostab führend, ein Heros. Das genauere Studium der Reste der alten Colonie der Malli, oder des hcli-

••) AI. Barnes Papers descr. 1. c. IV. p. 129. **) J. Tod Per­ sonal Narrat. 1, c. Ann. I. p. 696; II, p. 296—297.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 112.

kigen I Halo re, würde wol manche Belehrung geben, da sich der Ort, wie das benachbarte Abu, lange Zeit selbstständig erhalten hatte. Die Descendenten der vertriebenen Soniguras bewoh­ nen gegenwärtig das Delta, zwischen der Stromspaltung des Luni, Chetulwano genannt. Jhalore ist von einer isolirten Berg­ gruppe eingenommen; die Feste der Stadt Jhalore liegt auf ihrem Gipfel, 300 bis 4oo Fuß hoch über der Fläche, ist mit vie­ len Brunnen, schönen Reservoirs, mit guten Wassern (Bawaris genannt) und mit einem Kunstteiche umgeben, der sein Wasser aber nur die eine Hälfte des Jahres behält. Nach I. Tods Erkundigungen hat die Stadt Jhalore 3017 Häuser, das Fort liegt gegen N.O., nur eine Viertelstunde vom Sukri« Flusse. Sie hatte im Jahre 1813 nur 5 Rajput-Familien zu Bewohnern, 936 Muselmännische, 140 Mallis oder Gärtner, 100 Brahmanen, eben so viel Weber, Oelarbeiter etwa u.a., und 1196 Kaufhäuser. Das Land umher könnte sehr gut bebaut seyn, wenn es nicht beständigen Invasionen unterworfen wäre. Von hier bis zum Abubuda liegen mehrere isolirte Berggruppen, von denen aber der Abu die südlichste und die höchste ist. Die Grotten­ werke von Jhalinder-nath waren noch zu Sultan Baburs Zeit ein staij bepilgerter Wallfahrtsort, in neuerer Zeit sind sie nicht näher bekannt geworden. Siwannu liegt auf einem 250 Fuß hohen steilen Fels, ringsum von Bergen umgeben; die Verschanzungen sind schlecht, aber die Wasser auf der Höhe sind sehr gut, und der Posten wird gegen die Südgränze sehr eifersüchtig bewacht. Seine einheimi­ schen Bewohner heißen Sewanchi. Die Feste hat 200 Mann Garnison, die Stadt liegt zu ihren Füßen. Beides sind zugleich Hauptstädte zugehöriger Distrikte. 7.

Jhoudpur, die moderne Residenz und Landesca­ pitale der Rhatore, mit dem Thale der Königs­ gräber.

Dix antike Capitale von Marwar, Mundore, auf der Gruppe der Porphyrkegel erbaut, aber gegenwärtig in Rui­ nen, die Thebais der ältesten Purihara-Dynastie, ehe die jetzigen Rhatore-Rajputen die Eroberer des Landes wurden, und Jhoudpur, die jüngere Capitale der jetzigen RhatoreD yn ast ie, nur wenig südlicher als jene, an derselben Bcrggruppe emporgebaut, liegen beide im Norden des Luni, welchen von

Jhoudpur-Staat, Gründung.

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beiden Städten aus jener Berggruppe südwärts ein kleines Berg, wasser, der Jogini-Fluß, zueilt. Noch stand Jhoudpur nicht, als Sioji, der Nhatore, Häuptling und Abenteurer von Kanyakubha, mit seinem Kriegcrstamme aus dem Gangesthal von den Pulliwa-Brahmanen auf seiner Wallfahrt in der Mitte des XII. Jahrh. n. Chr. G. zu Hülfe gerufen wurde (f. ob. @.964). Von ihm werden 11 Generationen seiner Usurpatoren-Nachfolger bis ouf 9tibmuljin4911) gerechnet, der 24 Söhne hinterläßt, von denen die Häupter der Rhatore- Tribus abstammen sollen.

Der jüngste dieser, Jhouda oder Jo da, ward von sei,

nen Brüdern einstimmig zu ihrem gemeinsamen Obcrhcrrn erho, ben, und von diesem ward die neue Capitale in der Mitte des XV. Jahrhunderts (1459 n. Chr. G., nämlich im I. 1515 der Samvat-Acra) 91) erbaut, die von ihm auch den Namen Jhoudpura, Jodapur oder Jhoudpur erhalten hat. Bis in das fünfte Glied begnügten sich dessen Nachfolger mit dem Titel eines Rao; Kaiser Akbar aber beehrte ihr Geschlecht, das mit den Dclhikaisern im besten Vernehmen stand, mit der Würde eines Raja, übt Sing, Akbars Zeitgenosse, war der erste Raja von Mar war; ihm folgten 10 Generationen bis auf den gegenwärtigen Regenten, Man Sing Raja. Hierin stimmen alle einheimischen Annalen des Landes überein; auf dem königli, chcnJnsiegcl titulirt sich der Raja von Jhoudpur noch heute „Knecht von Delhi" und noch heute weht auf der Feste Jhoud, purs die Fahne der Moghulischcn Kaiser, mit welcher die Ba, buridcn die Rhatore-Rajas von Marwar belehnten. Erst durch die MahrattcmUebermacht wurde der Einfluß des Delhiherrschers aus Jhoudpur verdrängt, bis diese wieder der britischen Gewalt und Politik weichen mußten. Im Jahre 1819, im November, wurdeI.Tod als britischer Geschäftsträger am Rhatore-Hofe zu Jhoudpur als Gastfreund empfangen; durch ihn erhalten wir die ersten genaueren Berichte über diese bis dahin von Europäern unbesucht gebliebene Mar, warresidenz, in welcher ein größerer Pomp sich aufthat, als man erwartet hatte. Von Udeypur, über die Gränzfeste Komulmer durch Ganora und Godwar bis Nadole, war er in das Land der Aonlablume vorgerückt (s.ob.S.897). Von da setzteer

te0) AI. Barnes Papers deecr. 1. c. IV. p. 116 etc. ’*) J. Tod Annals II. p. 178. Ritter Erdkunde VI. Qqq

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 112.

seinen Weg durch Palli über den Luni l'iS Ihalamund^), nur 2 gcogr. Meilen im Süden von Ihoudpur, fort. Hier mußte sein Zug Halt machen, weil man am Hofe zu Ihoudpur die Debatten über den Empfang eines britischen Gesandten, als einer bis dahin unerhörten Begebenheit, noch nicht beendigt hatte. DaS Ceremoniel war hier, wie überall, schwierig, weil die Ost indische Compagnie nur als Unterthan ihres Königs erscheint, ihre Ge, sandten also mit denen der Souveraine nicht gleiche Anforderun, gen an einem Raja/Hofe machen können, obwol das militairische Uebergewicht in ihren» Gefolge ist. Der mächtigste Vasall Mar. »vars, Salim Sing, Chef von Pokurna, dessen Baronie von Iessulmcr sich einst losriß, in Begleitung Surtan Sings, des Chefs der Udawuts, sauten dem britischen Envoye in Ihalamund endlich zum Empfange entgegen. Die Karneele schritten muthig durch den schweren Sand hin, durch, der die Capitale umlagert, die von hier aus einen höchst romantischen und großartigen Prospekt °3) giebt. Das Fort ist auf dem Vorsprung der Bergkette erbaut, die ganz isolirt von Süd nach Nord zieht und die ganze Uingcbung dominirt. Die höchste Stelle dieses Tafelberges mit der Feste, der in einer Breite von einer guten Stunde an io Stunden weit gegen Nord zieht, übersteigt keine 300 Fuß relativer Höhe; die Stadt ist tun den Südfuß des Vorsprunge- erbaut, auf einer für sich wieder gesonderten geringeren Anhöhe und in einem Umfange von mehr als 2 Stunden (6 Miles Engl.), mit Maucr.Derschauznngen um, geben, die loi Thürme flankiren, durch welche 7 Thore einfüh, ren. Die Straßen der Stadt sind rcgulair gebaut, schön, und vor längerer Zeit zählte inan 20,000 Familien als Bewohner, oder etwa 80,000 Seelen, deren Zahl aber abgenommen und nach 211. Burnes im I. 1830 nur noch 60,000 betrug. In den Gär, tcn, »velche die Stadt zunächst Hingeben, gedeihen die trefflichsten Pomgranaten (Anar), noch besser als die berühmten inKa, bul, denen sie aber darin gleichen, daß sie be.dana, d.h. kern, los sind, da sonst die Granate durch ihren eigenthümlichen Kern, reichthum berühmt ist. Am Nordende des höchsten Punctes der Feste ragt das Residenzschloß hervor, das nach Capt. Ra, 4el) I. Tod Personal Narrative in Annals I. c. I. p. 705.

") f. Tabu». Town and Fort of Jadpoor fiom the 8. ß. in J. Tod Ann. I. c. 1. p. 709—735.

Jhoudpur-Staat, Residenz Jhoudpur.

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per M), wenn auch minder pittoresk und von minder solider Ar, chitectur, doch die Größe und das Imposante von Windsor Castle, des Königs von Großbritannien Resideyz, besitzen soll. Wer würde dergleichen, bemerkt Heber verwundert, je in den bis dahin unbekannten Wüsten Rajasthans auch nur haben ver, muthen können. Der kühne Festungsbcrg mit dem Residenzschloß fällt von den meisten Seiten fast senkrecht ab. Solide Mauern und zahlreiche viereckige wie runde Thürme umkränzen die Berg« höhe, die zwei kleine Stunden am Fuße Umfang hat, welche 7 Barrieren mit Festungsthoren umziehen, auf welcher mehrere Forts vertheilt liegen. Zwei kleine Seen liegen am Fuß des Ci« tadellenberges, der Ranni Talab, d. i. der Königinn«See, und der Golab Sagar, d. i. der Rosenwasser-See, aus denen beiden die Garnison in Eimern ihr Wasser emporzieht, und mit diesem ein Felsbassin (Kund) füllt, das innerhalb des Forts liegt. Die Brunnen des Forts sind alle brakisch. Innerhalb so mannichfalligerBauten ist die Residenz des Raja, eine ganze Succession von Palästen, an welcher jeder der regierenden Fürsten etwas zugebaut hat. Der Empfang in diesem Palaste beim Raja von Jhoudpur, Man Sing, am 4. 9to». 1819, war ungemein statiös, und zur größten Ucberraschung der Briten ganz dem Ceremonie! des Kaiserhofcs zu Delhi nachgebildet. Selbst das Zelt des Raja, das derselbe bei einem spätern Besuche auf­ schlagen ließ, war ganz von Carmoisin 9S), prachtvoll, gleich den Kaiserzclten zu Delhi ein kleiner Palast. In der Königsburg standen alle Schloßhöfe voll Garden, überall herrschte tiefes Schweigen, bis zum Eintritt in den großen Audienzsaal99), von zahlreichen, quadratischen, massiven Säulen getragen, die 12 Fuß aus einander, in Reihen geordnet, aber in einem etwas ge­ drückten Styl sich erhoben. In diesem Shehesstambhla, d. h. der Tausend Säulenhalle (wie Tshil Minar in Persepolis), gefüllt mit Ministern, Vasallen und dem ganzen Hofstaat, ging der König von Marwar dem Gesandten der Com­ pagnie um ein paar Schritt entgegen, zur graciösen Begrüßung, und ließ sich dann wieder auf seinem Throne nieder, der in der Mitte der Halle, in einer Nische, durch das königliche Ga di, d.i. das Thronkissen oder den Divan, ausgezeichnet war, über welchen e.732. • •) ebmd, 1. p.722.

Jhoudpur-Staat, Felsthal der Königsgrciber. Vtil Felsspaltes hin zieht sich das Thal der Klön igs grab er; nicht Katacombcn im Schooße der Erde, wie in der Thcbais, sondern ganze Reihen freistehender Cenotaphe der Rhatorc, Fürsten von Marwar oder Maru bis zu dem Mausoleum des Rao Mal Deo, Sultan Baburs Zeitgenossen, der durch seine Kampfe mit dem nachfolgenden Usurpator Shir Shah, Humayuns Gegenkaiser (f. Asien IV. i. S. 631), den Ruhm und Glanz der Jhoudpur,Rajas beginnt, und ihnen die fortdauernde Zuneigung und Gunst der nachfolgenden Delhikaiftr erwirbt. Die Mausoleen in Pyramidalgestalt, von Mat Deos Nachfolgern, werden immer prachtvoller und zeigen den Fortschritt des Luxus auch in der Wüste, wie am Ganges. Sie sind alle aus dunkelbraunen oder rothen Sandstein-Quadern, im Styl der Siva- oder Duddha-Monumente, die Säulen nach Art der Jaina, Architekturen von Komulmer, auf gewaltigen Terrassen und Un, terlagen aufgeführt, und mit polirten Tafeln bekleidet. So die Denkmale Mal Deos, Udi des Großen, dem Freunde Akbars, dem ersten Raja., bis auf Jeswunt Raja, dem unversöhnii« chen Feinde Aurengzebs, und Ajit Sing Raja, welcher nach tanger Gefangenschaft doch endlich seine Herrschaft wieder vom Druck der mohammedanischen Gebieter befreite. Aber graufcnvoll sind die Todtenopfer, die diesen Rajas gebracht wnrdcn; den Aj i t begleiteten die 64 Weiber feines Harems mit in die Scheit, tcn des Todes, und zu Aurengzebs Zeit wurden mit dem tapfer, sten Budh Sing 120 Frauen begraben. Dies könnte selbst mit Aurengzebs zckotischer Wuth gegen den Hinduismus befreunden. Als der Rao Raja von Bundi (s. oben S. 815), Dishen Sing, im Jahr 1821 starb, I. T o d s Freund, den er zum Schutz seines Erbprinzen eingesetzt hatte, war fein letzter Wille, daß keine seiner Frauen mit ihm sterben sollte, rin erfreulicher Fortschritt durch Umgang mit den Briten herbeigeführt.

8.

Mundore, die antike Capitale der Purihara, und die KönigSgärten.

Aus dem Felsthale der Rhalore, Mausoleen steigt man berg, an zu den Mauern des Forts von Mundore 6U0), der anti, ken Capitale, vor jener Zeit der Unterwerfung unter die Ob­ hut uiohammedanischer Kaiser von Delhi. Hier stehen auch Grab,

so°) tbtnb. I. p. 725.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §.112.

male, aber die der Raos, der älteren Heldenfürsten, des Rao Rinmull, Rao Ganga, Rao Chonda, welche diesesMun, dorr von den ältern Besitzern, dem Purihara-Tribus, einem Zweige der Agnicula oder Agni-pala (s.ob.S.733) eroberte, deren Geschichten in die mythische Zeit derRaj, Pali oder der Hirtenkönige zurückgeht, von denen Palii in Godwar und Pali-thana (Wohnung des Pali) in Sau, raschtra (Guzurate), am Fuße des Berges Satrunja, der dem Buddha oder Jaina heilig, gegründet seyn sollen. Ihre Ge, schichten sind unbekannt, viele Hypothesen hat I. Tod von ihnen aufgestellt; sie sollen aus Kaschmir zur Zeit der Shiva, und Buddha, Kämpfe (f. Asien Bd. II. S. 1105) südwärts zu den Agnicula eingewandert seyn. Hier will I. Tod häufige Kcilin, scriptionen (nail headed) auf Felsen, Säulen, Münzen ge, sammelt haben. Die localen Monumente, welche besondere Beachtung verdienen, sind die Mauern von Mundore, von colossalen Quadern, Riesenwerke, aufgehäuft, welche an die cyclo« pischen Denkmale im Lande der Etrusker erinnern, wie z. B. an die von Cortona und Dolterra. Ein gepflasterter Hochweg führt zu der gigantischen Trümmerstadthalbwegs aufwärts ist ein großes Wasserbecken in Fels gehauen, aber von zwei mäch, tig wurzelnden Feigenbäumen mit Zerstörung bedroht; es wird nach dem letzten der Parihara-Rcgcntcn,NahurRao, genannt. Darüber erheben sich die colossalsten Maucrquadcrn ohne Ce, ment, regellos auf einander gebaut, als mächtige Bastionen ringsum den Felsrand des Tafelberges umlaufend. Die Ruinen der Stadt Mundore und die der Purihara-Paläste gaben die Bausteine zur Errichtung der jünger« Capitale und Mausoleen von Jhoudpur. Sie selbst sind daher gering; noch ist in ih, nen eine Reihe von Haustcmpcln zu erkennen, deren Portale und Sculpturen jedoch zeigen, daß Taksha, d. i. Jaina, oder Buddha, Architekten, sie errichteten; denn sie enthalten häu­ fig symbolische Zeichen, unter denen auch der doppelte Triangel, das Freimaurer-Zeichen, oft wiederkehrt. Hauptreste aus alter Purihara-Zeit enthält ein Thorweg und ein prachtvoller Torun, d. i. Triumphbogen, am Südosteingange des Schlosses, der mit einer Masse von Sculpturen überdeckt ist, die I. Tod für Sie, geszeichen der Mundore-Könige hält. Fast in derselben Direktion jenseit der Stadtmauern, nordwärts, liegen noch ältere Grabmale der ersten Rhatore und Sati; aber die Tradition von ihnen fehlt.

Zhoudpur-Staat, Mundore, antike Residenz.

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Gegen 0. und 07.0. setzt ein Erdspalt der antiken Rest, dcnz ihre Gränze; ein Tiefthal, aus betn ein dunkelgrünes Laub« gewölbe von Mango, Feigenbäumen, Eulur und andern Bäu« men hervorragt, die auf Klippen, zwischen denen 0.netten spru­ deln, gepflanzt sind, ein dunkles Schattenthal zum Lustwandeln geeignet, zur Erquickung der Rhatore-Prinzen angelegt. Auch hier, in dem Engthal von Puschkunda, sind pittoreske Architecturen zwi­ schen Wasserbecken und Laubgrün vertheilt; zwei Thore am Ende einer durchgehenden Hochstraße führen das eine zu den Gärten der Rhatore-Prinzen, das andere zu den Statuen der Paladine der Wüste. Verläßt man beide, so kann man dem Bache Nagda folgen, bis zu seiner Quelle, wo in einer Grotte ein Heiligthum des Na h u r-Ra o, eines Herocnkönigs von Mun­ dore; unter Skulpturen verschiedener Art ist auch eine mit 9 Fi­ guren, welche Ravana enthalten, der aus der fernen Tapu Ra« vana oder Lanka gekommen seyn sott, die Tochter des Mundore, Königs als Gemahlin (f. ob. S.63,382) heimzuführen. In ge­ ringerer Ferne von da führt ein Thor in eine umschlossene Area, ln deren entferntestem Theile, gegen die Bergseite, ein weitläusti« gcr Saal sich erhebt, dessen Decke von dreifachen Säulenreihen in jenem schlanken Styl der Jaina «Architektur (wie in Ajimcr, s. ob. S. 910) getragen wird. Aus den Seiten der Felswände sind hier, über Lebensgröße, ganz im Pompe der Kriegsrüstung, die irrenden Ritter der Wüste, von Kopf bis zu Fuß gewappnet, ausgehauen, wie sie ihre Hengste besteigen, oder schon reiten, die gleichfalls ritterlich geharnischt sind und unsterbliche Namen tra­ gen. Diese Figuren, farbig Angemalt, stehen ganz frei, und vor dem Saale ein colossaler Ganesa; als Wächter aber zu beiden Seiten des Portals zwei Dhirus, die Söhne des Kriegsgottcs. Andere Skulpturen in ganzen Reihen von Göttern und Helden der Rhatore folgen. Eine noch größere Säulenhalle als diese

hccht „ Tyntis cula devata rat’hand. i. „die Wohnung der 36 Königsgeschlechter" oder das Pantheon der Rhatore-Rajputen. Die Statuen von Brimha, dem Schöpfer, Surya, dem Son, nengott, Hanuman, Rama u. a. sind hier, nur von Stein mit Stueco überzogen. Von da nicht fern liegt Palast und Garten des Ajit Sing Raja, welcher letztere in geringem Raume an kühlen Schatten, Wasscrbassins, Fontaine», Wasser­ lachen, Säulengängen, feinen Skulpturen, Treppenfiuchten und romantisch lieblichen, einsamen Anlagen aller Art alles weit über-

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. V.Abschn. §. 112.

trifft, was man in solcher Abgeschiedenheit nur zu erwarten berechtigt ist. Auch im Sommer ist er durch liebliche Kühlung und Frische ausgezeichnet, wie durch die schönsten Gewächse und durch einheimische Culturpfianzen. Hier blühte die goldene, stark duftende Champa (Michelia champaca, s. oben 'S. 510), die Pomgranate trug Blüthen und Früchte, eben so der Silo, phul (Custard, Apfel, Anona trip., s. ob. S. 862), d. i. der Apfel der Sita (Sitaphala). Hier wuchsen die herrlich« sten Bananen (Musa sapient, s. Asien IV. l, S. 875), Mo« gra (?), Chamaili oder Jasmine, und die Bara«Mascha, d. i. die Zwölfmonatblume, weil sie eine immerblühende das ganze Jahr hindurch ist. Jhoudpur, die Residenz der Rhatore, mit ihrcmThale derKönigsgräber, Mundore, die antike Trümmcrstadt mit ihren Königsgärten, gehören in der Mitte des Thurr von Marwar unstreitig zu denjenigen Oa« sen Sinds, welche den Libyschen an Wundern der alten und neuen Zeit zur Seite gestellt zu werden verdienen; sie gehören zu den merkwürdigsten Entdeckungen des XIX. Jahrhunderts für die Geographie und Ethnographie, wie für Culturgeschichte der alten Welt. 9. I. Tods Reiseroute durch Marwar, von Nadole überJndurra, Palli, Khankani nach Jhoudpur, und von da zurück über Nandla, Bisilpur, Pipar, Mairta, Jhirrow, Real), Alniawas nach Ajimere. Durch I. Tods Reiseroute (1819), aus Ndeypur über Komulmer undGanvra nachMarwmr bis zur Residenz Jhoud, pur, und von da wieder gegen den Osten nach Ajimere zu« rück, gewinnen wir noch einige specielle, lehrreiche Nachrichten über diese bis jetzt so wenig bereisete Landschaft, daß wir die Re« sultate derselben, als Vervollständigung, den obigen allgemeinem Bemerkungen hier noch hinzufügen, bis die Zukunft, nach allen Seiten hin, mehr Aufschluß über das Gesammle zu geben im Stande seyn wird. Auf dem Hinwege^) von Komulmer nach Jhoud­ pur wurde Nadole, die erste Rhatorrstadt, betreten. I. Tod hält sie für das Buz ule in Ferifhtas Beschreibung von Sultan Mahmuds zwölftem Feldzug gegen Somnath (1024 n. Chr. G.), ““) J. Tod Person. Narrst. 1. c. Ann, I. p. 696 — 703.

Jhoudpur-Staat, Nadole, Jndurra.

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welches auf dem Marsche von Ajimer nach Nehrwala (s. Asien IV. 1.0.550) berührt wurde. Die Helden von Nadole waren kühne Streiter wider Mahmud. Die schönen Architekturen und Mar, morse»lpturcn zu Nadole beweisen noch heute, daß einst daselbst Jaina,Cultus vorherrschte; viele sind zerstört, vielleicht schon durch Mahmuds Invasion. Am seltsamsten unter den dortigen Denkmalen ist das große Wasserbassin, „Chunna ca bowli," so genannt, weil die Korntaxe (Chunna) auf des­ sen Wasserspende zur Irrigation gegründet ist. Es ist eine unge, heure Excavation aus dem Felsen, zu der man auf grauen Gra, nitstufen hinabsteigt. Die Seitenwände sind durch colossale Qua, derblöcke übereinander gebaut, ohne Cement. Unzählige andere Ueberreste, auch Jnscriptionen auf Stein und Metalltafeln (eine vom I. 1218 n. Chr. ©.), Münzen der Chohan Prinzen und Mohammedanische, Manuskripte über die Historie der von den 36 Königstribus der Rajputen gegründeten Städte, und Dickes andere drängte sich dem nur schnell durchziehenden Reisenden in so rei, cher Fülle auf, daß er wol sahe, hier sey einst classischer Boden gewesen für die Rhatore Geschichte, und die Wiege der Jaina-Macht, die von Mundorc bis Abu, einst, ihr un« bekanntes Reich ausdehnte, denn auch die ganz benachbarten, jetzt unbcdeutcren Orte wie Nadolaye, Balli, Daisuri, Sa, bt i, versprachen eine gleiche Ernte von Deiikmalen für die Jaina Antiquitäten, die bis jetzt noch so sehr im Dunkel liegen (s. Asien IV. 1. S. 738 — 749). Jndurra ?), nur 4 starke Stunden nordwärts von Nadole, liegt am Nordufer eines der linken Zuflüsse zum Luni, auf der Gränze von Godwar und Marust'hali. Noch bis dahin geht die gelbe Aonla (s. ob. S. 697); der Contrast der Land, schaft ist groß, rückwärts größte Fruchtbarkeit des Bodens, vor, wärts Anfang der Dürre, wenn auch nicht Wüste, mit der aber überall andere Naturgaben, fern vom Einfluß des reichbewässer, ten Gebirgslandes, hervortreten. Der früher kaum merkbare Sand gewinnt hier die beschwerliche Uebcrhand; die seichten Ränder der Flußbetten besetzen sich mit weißen Salzincrustationen, der schöne Mangobaum bleibt aus dem sandigen Marwar zurück, die co­ lossale Gestalt der Indischen Feige mit ihr; die Stelle der Obstarten und Sastgewächse müssen die Wassermelonen und *) J. Tod Person. Narr. l. e, Ann. I. p. 699—700.

986 Ost-Asien, Vorder-Jndien, V. Abschn. §. 112. pie Geschlechter der Cucurbitaceen vertreten. Nur niedres, bonm ges Gesträuch des Sandbodens wuchert noch am feuchten Fluß» ufer. Die Dörfer, statt der Steinmauern des Gebirgslandcs, die man so eben verlassen hat, umschanzen sich mit Dorngehegen, Kantaka-kote (von Kantaka, Dorn, und koke, Fe­ stung) genannt, denen die eingepflanzten Pfähle das Ansetzn von Fortificationcn geben. Palli, das Emporium, liegt nur eine kleine Tagereise (4 gcogr. Meil.) in Norden von Jndurra; von ihm war schon oben die Rede. 2 geogr. Meilen im Osten von Palli, ragt noch eine isolirte Höhe, Punagir, d. h. Berg der Tapferkeit, her­ vor, dessen Gipfel mit einem kleinen Tempel gekrönt ist. Ein Buddhischcr Zauberer von Palit'hana, in Sauraschtra, soll ihn durch Magie hierher versetzt haben. Im Norden von Palli über Charira und Rohit liegt Khankani3) am Nordufer des Luni neben zwei Salzseen (Khar, d. h. Salz), daher der Name. Von hier ist aus obigem der Weg über Jhalamund nach der Capitale bekannt. Auf dem Rückwege*) von Jhoudpur nach Adjimer, passirte I. Tod die Städte: Nandla, Bisilpur, Pipar« Mairta, bis er über Govindghur und Pokhur an den Quellen des Luni, aus Marwar in die Mewarstufe zurückkehrte,, vom 19. bis 30. Nov. 1819. Nandla, nur ein paar Stunden im Osten der Capitale, und des Iogini-Flusscs, ist nur ein kleiner Ort, in rothen Sand­ steinboden gelegen, von wo ein Marsch durch sehr beschwerlichen Sand nach Bisilpur am Rin- (Aranya) Fluß führt, das auf einer kleinen Anhöhe ganz pittoresk neu angebaut ward, nachdem die alte Stadl, von der noch Theile der Stadtmauern und ein Thorweg hervorragen, durch ein Erdbeben verschlungen gewesen seyn soll. Am Rin-Fluß aufwärts liegen alle folgenden Ort­ schaften. Der Boden gegen Pipar hin wird mehr braun, trägt gute Gerste und Weitzenäckcr, nährt wieder Bab ul (Mimos. arai>.), Ni ms (Melia azadir) und die Cv presse der Mcwarkette. Der Rin ist der größereQucllarm des Luni; sein Uferboden wird hier ganz dunkelschwarz, aus Sand und Humus gemischt (Dhamuni genannt). Pipar ist ein Marktort mit 1500 Häusern, davon J. Tod Person. Narrat. I. c. Ann. p. 736 — 773.

k.

p. 703.

*) ebend. I.

Jhoudpur-Staat, Mairta.

987

ein Dritheil von den Oswals, einer Handelscaste von der Jaina, Sette, bewohnt, und von etwa 100 Familien der Mu< Hais ries, einer Handelscaste von der Siva-Secte, Einige 30 Familien sind mit Webereien von Chinz beschäftigt. Je mehr sich nun der obere Rin, oder nördliche Luni,Arm, der Mewarstufe nähert, über Madrco, Bhorunda, Inda, wur bis Mairta/ desto vortheilhaster ist die Veränderung des Landes; die Krüppclvegetation des Trockenbodens schwindet mehr und inehr, man hat wieder welligaussteigende Sandsteinketten mit Engpässen ;u durchziehen, welche früherhin als befestigte EhatS von den Landesbewohnern gegen Aurcngzebs Uebcrfälle ans Aji, mer her (s. ob. S. 902) vertheidigt, noch heute die Denkmale je, net patriotischen Rhatore,Kämpfe, in Cenotaphien und Weihaltä, rcn, zeigen. Alle Dorfbewohner und Cullivawren sind hier Jats> Landeigenthümer, ein ganz independentes, keckes, ungemein intu, striöses Geschlecht; sie kümmern sich nicht um Fehde und Krieg« sie verehren den Pflug und sind auch Hirten. Mairta ist die östlichste bedeutende Stadt in Marwar, die auf einer Anhöhe erbaut, einen imposanten Anblick gewährt; sie soll gegenwärtig 20,000 Häuser haben. Wie in so vielen Hindustädten ist auch in ihr ein Gemisch von Glanz und Armuth. Der Boden der nächsten Umgebung ist nicht unfruchtbar; aber die Wasser liegen in zu großer Tiefe, um das Land reichlich da, durch zu bewässern und der Regenerguß ist hier nicht besonders reichlich. Die anliegende, wellige Plaine, gegen West, ist mit Gras und Unterholz bedeckt, gegen Ost und S.Ost fällt, in einer Ferne von 8 bis 10 Stunden, der Blick auf die Zinnen der Me, warkctten und dcr Arawalli. Zunächst, ringsum, liegen viele Dorf, schäften, mit Ackerfeldern, auf denen Jowarri (Hole, sorgh.), Mut (Plmseol.) und viel Oelsaamen (Sesamum Orient.) ge­ baut wird. Die ganze Plaine von Mairta ist nur ein großes Schlachtfeld) in welchem so viele Hauptentscheidungen der Kämpfe mit den Usurpatoren vom Ganges her in den frühesten Jahrhunderten Statt fanden, wie mit den Mohammedanern zu Aurcngzebs Zeit, der Marwar von Ajimere aus, jährlich, be­ drohte, wie in neuester Zeit mit den Mahratten, die sich stets' in. die Angelegenheiten der Rajputen mit dem Schwert einmischten. Das Todtenfeld von Mairta ist daher voll Grabstätten, Grabmale, Denksäulen mit Jnscriptioncn, Ruinen und Helden, sagen- unter denen die von Ram Sing und Ajit Sing Raja, we.

988 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §K 112. gen seines tragischen Endes, zu den berühmteren gehören.

Die

Geschichte der jüngsten Mahrattenkäinpfe5) hat I. Tod um­ ständlich mitgetheilt. Mairta ward vom Rao Duda von Mundore, dem Vater Maldeos gegründet, welcher letztere hier die Burg aufführte, die nach ihm Mal-kote, d. i. die Mal'sburg, genannt ward. Er gab sie, mit 360 Ortschaften, seinem Sohne I e i m u l, der, später von ihm verstoßen, eine gün­ stige Aufnahme bei den Delhikaisern fand, die Herrschaft von B e d, nore in Mewar erhielt, und als tapferer Feldherr Kaiser Akbars und Iehangirs, Chitore ruhmvoll vertheidigte. Seine Nachkommen sind noch heute die Chefs von Bednore. Die Stadt Mairta nimmt einen sehr großen Raum ein, und ist mit starken Mauern und Bastionen umgeben, Erdwälle sind auf der Westseite, Steinmauern auf der Ostseite aufgeführt. Das Ca, stell liegt ihr gegen S.W., hat l-J- Engl.Mile in Umfang, und ist durch eine zahlreiche Menge kleiner Brunnen mit Wasser ver, sehen, wie die Stadt mit vielen kleinen Tanks, die um sie her angelegt sind. Auf die Trümmer eines alten Hindutcmpels baute Aurengzcb, zu seiner Zeit, hier eine sehr große und hohe Moschee; sein Andenken wird noch heute von den Rhatores verflucht; noch ist es nicht unter dem Volke vergessen, daß er ihren tapfern Ies, wu nt Ra ja vergiften, und dessen Nachfolger AjitSingRaja 20 Jahre einsperren ließ, indeß er das Blut der Großen im Lande vergoß, und dessen Fluren und Ortschaften verheerte. Don Mairta sind nur noch 10Stunden gegen S.O., über Ihirrow, Reah, Alniawas (Aulmawas der Karte) bis zur Gränze Ajimers, wo die Landschaft mannichfaltigcr, wohlhabender wird, und gute Wege, die Dorhöhen der Mewarkcttcn hinaufführen, wo aber Ende November die Abkühlung doch schon so bedeutend ver, spürt ward, daß sich am 28. Nov. bei Sonnenaufgang die Was­ serschläuche mit Eiskrusten besetzten und das Thermometer unter den Gefrierpunct fiel. Alniawas ist die letzte wohlhabende Gränz« stadl im Osten von Marwar gegen Adjimer. U.

Bikanir, der Rhatore Rajputenstaat, und der Raubstaat von Bhutnair.

Bikanir 6) im Norden von Ihoudpur, zwischen 27ybis 29 i® N.Dr. ausgebreitet, ist nur ein Rajputenstaat vom zwei. ,es) J. Tod Person. Narrat. I. c. Ann. 1. p. 751 — 766. *) J. Tod AnnaU of Bikancer in Ann. 1. t. II. p. 179-215.

Bikanir, Rhatore-Staat, Entstehung.

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ten Range, und eine Abzweigung von Ihoudpur zu nennen, doch wichtig, als Miltelprovinz zwischen dem britischen Ter, ritorinm von Delhi und Hissar in Huryana, gegen die südlichem Staaten von Ihoudpur und Iessulmer, und an Ausdehnung fei# neswegs unbedeutend. Seinen Flächenraum berechnet J.Tod auf 22,000 Engl. O.uadr.-Miles, feine größte Breite von W. nach 0., zwischen Pugul und Rajgnrh, auf 36 geogr. Meilen (180 Engl. M.), und von N. nach S., zwischen Bhutnair über Mahajin und Bikanir bis zur Gränze gegen Ihoudpur und 3ef« sulmer auf 32 geogr. Meilen (160 Engl. M.). Der Bikanir, Staat ist eine jüngere Usurpation von Ihoudpur, und verdankt sein Bestehen der Sicherung durch die Wüste. Beka der Sohn Jhoudas, nachdem dieser seine Residenz von Mun, bore nach Ihoudpur verlegt hatte (1459 n. Chr. G.), erweiterte die Gränze von Marwar gegen Norden; er verjagte die J ats, die dort ansässig waren; ein Theil von ihnen ging zum Moham, medanismus über, wie noch heute die Bewohner von Bhutnair strenge Diener des Koran sind; Andere sollen damals Schüler des Nanuk geworden seyn, den Namen der Jats aufgegeben haben, und sich Sikhs oder Seiks (d. h. Schüler) genannt haben. Erst nach 30 Jahren beständiger Fehden und Abenteuer ans die, sem Gebiete gründete Beka seine Residenz, Bikanir, im Jahre 1489, und starb c Jahre später. Unter feinen Nachfolgern be, siegte Rae Sing (seit 1573 n. Chr. G.) auch die Johyas, welche den äußersten Norden von Bikanir und Bhutnair bewohn, ten, und von ihm ganz vernichtet wurden, da, wo gegenwärtig auf dem halben Wege zwischen Bhutnair westwärts zum Setledsch nach Buhawnlpur, der Name Rung mahal (d. h. genial, ter Palast«) auf I. Tods Karte steht. Die Sage geht: hier habe einst Sekunder Rumi (Alexander M.) die Jo, hyas überfallen; hier seyen noch heute Ruinen ihrer großen Städte, wie z.B. Amirkote, im Sande verborgen, davon auch Rungmahal noch Zeugniß gebe; hier sey ehedem ein Fluß, Hakra, geflossen, der das Land fruchtbar gemacht, aber, seit des, fen Vertrocknung, die Landschaft zur Wüste verödet. Die Hy« pothese sucht nun das Verschwinden des Caggar.-Stro, meS (f. Asien IV. l. gegen

West

S. 498),

der nebst einigen andern von Ost

aus den Sewalick, den niedern Vorhöhen der Hima,

') J. Tod Ami. ofBikaneer 1. c. II. p. 197.

*) tbend. II. p. 187.

990 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 112. layazüge entspringt, sich aber dort südwestwärts von HansiHissar (vergl. Asien IV. i. S.570) durch Hu ryana in den Sand/ wüsten von Dhutnair verliert, mit diesem sabelhaften Hakra der Iohyas, in Verbindung zu setzen, und läßt den Caggar, mit jenem im Zusammenhange, als einen linken Seitenstroiü bei Ooch (Land des Oryeanus, s. Asien IV. l. S. 470) zum Setledsch (dort Gharra) und Indus, unterhalb Multan, ein/ stießen. Er sott9) an Rungmahal, Anopghur, Bullur, Phulera und die Ebenen von Khadal (wo Derrawul als Hauptort) vorübergefloffen seyn, wo man das Vorkommen dort!/ ger Brunnen, in dieser Direetion, welche noch heute eine Weg/ route ist, für die Ueberreste früheren Wasserlaufes ansehen mag. Uebrigens bekennt schon I. Tod, daß kein bekanntes historisches Datum einheimischer Annalen ein solches Factum begründe, und Lieutnant Arthur Conollyio), der im Jahre 1831 der erste Reisende in dieser Direetion über die genannten Orte von Du/ hawulpur nach Bhutnair die Wüste durchzog, fand hier sg wenig wie M. E l p h i n jl o n e “) der schon früher von Bikanir nach Buhawulpur (1808) die Wüste durchsetzt hatte, die frappante Spur von einem solchen vertrockneten Strombette vor, obwol er allerdings in dieser Direetion die Wüste nicht so ganz arm und unwirthbar fand, wie sie herkömmlich gedacht ward. Aus ver/ fchiedenen Umständen, welche die Landeschroniken erzählen, zumal aus der Nachricht von einer großen 12 Jahre lang dauernden Hungersnoth 1J) vor den Ueberfällen des Rhatore Usurpators Seoji in Marwar, der den Bhatti Helden Lakha Phulani schlug (1212 n. Chr. ©.), welcher eben zu Phulera oder Phuli in Bikanir, also am vermeintlichen antiken Caggarlaufe residirte, meint I. Tod, schließen zu dürfen, daß die Austrocknung des Caggar über ein Jahrhundert vorher etwa im XL Jahr/ hundert Statt gefunden, und die Ursache jener furchtbaren Land­ plage gewesen sey, von welcher die Erinnerung und die Annalen voll sind. Doch sind Hungersnöthe dort keine seltenen Erschei/ »o»)

J. Tod Ann. of Bikanir 1. c. II. p. 187. und Sketch of tlie In­ dian Desert. kbkNd. Ann. II. p, 295. 10J Lieutn. Arthur Conolly Journal to the North of India oycrland from Englaiul etc. London 1834. Vol. II. p. 285 — 298. ll) Mountstuart Krphinstone Account of the Kingdom of Caubul London 1815. 4. p. 2 — 10. ”) J. Tod Sketch of the Indian Desert. in Ann. II. p. 327.

Bikanir, Rhatore-Staat, Boden.

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nnngen; alle drei Jahr rechnet man noch heute, auf wenn nicht totale, doch partielle Erscheinungen dieser Art. Boden und Producte. Bikanir ist ein Staatengebiet ohne allen Fluß; kein einzi, gcr durchschneidet seine Ebenen, so wenig wie eigentliche Gebirgs, ifigc 13). Von Osten nach Westen ist cs nur eine große, zu» saminenhangende Sandfläche, nur Tiba's, d. i. Sanddünen, und niedere Klippcnreihen, die sich von der Jessulmer-Kette aus (s. ob. S. 952) nach verschiedenen Richtungen verzweigen, und im Herzen von Bikanir wie an der Gränze gegen Jhoudpur, zwischen der Stadt Bikanir und Nagore im S.O., ihre Gränze finden, bilden die vorzüglichsten Modificationen seiner Oberfläche. Im Nordost von da an der Gränze gegen Shekhawutty, Hu, ryana in Delhi, und Dhutnair, um die Orte Rajgurh, Nohur und Raotsir, ist guter Boden, schwarze Erde mit Sand gemischt, hinreichend mit Irrigation versehen, um Wei­ ten, Gram und selbst Reis in Fülle zu erzeugen. Derselbe Boden durchzieht auch manche Theile der Nordprovinz Dhutnair, -westwärts, bis zum Pendjabboden, und in der Mitte liegt der Mohilla,Distrikt als eine fruchtbare Oasis von Tibas oder Sandhöhcn umlagert. Auch hier ist Weitzenackcr, der guten Ertrag giebt. Dies sind nur begünstigte Stellen; doch ist der übrige Landcsthcil nicht überall holzleere Wüste, wenn auch meist nur Krüppelholz oder Dorngebüsch da wächst. Gegen die westliche Jndusseite, gegen den Gharra (Sedledge) hin, breiten sich große, harte Thonflächen ") aus, deren Bo, den unter dem Huftritt der Pferde wie ein Brett klingt, was den Reisenden Elphinstone wie Conolly, z. B. bei Phulera, sehr ausfallend war. Ueber solchen Flächen, die ohne alle Vegetation bleiben, wehen leicht dünne Wellen und ganze Hügelrcihen von Sand hin. Aber ein großer Theil des Bodens ist dennoch wahre Wüste, deren Natur wir schon durch Elphinstones Embassade kennen lernten, der sie mit seinem Gefolge, auf 12 Elephanten, 600 Kamcelen, und einer Escorte von 150 Mann in der ganzen Breite von Ost nach West, Bikanir, die Residenz selbst, passirend, durchsetzte. Bei Churu, an der Ostgränze, trat er am 30.0«. *’) J. Tod Annals of Bikaneer in Ann. II, p. 200. I4) M. El­ phinstone Acc. I. c. p. 7; Arth. Conolly Journal 1. c. 11. p. 292.

992

Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §.112.

1808 in Bikanir ein, erreichte die Residenz am 16. No»., und 10 Tage spater, am 26. Nov., die Stadt Baharvulpur an der Wcstgränze, früher die Residenz des Khans von D a u d p u * tret515), der sich aber etwas weiter südwärts in die Wüste nach Ahmedpur bei Ooch zurückzog (s.Asien IV.i. @.471). Nur die letzten 20 gcogr. Meilen waren ganz ohne Wasser, die große Osthälste des Weges fast durch ganz Bikanir, bis Pugul, da­ gegen, mit Thälern und Hügeln von 100 bis 200 Fuß hohen Sandwellen bedeckt, in deren Mitte auch die Capitale liegt. Wir reisetcn, sagt Elphinstonc16), meist in der Nacht, um die Tageshitze zu meiden, aber nur höchstens 3 bis 5 gcogr. Meilen war man im Stande innerhalb 24 Stunden zurückzule­ gen. Der Zug der Karawane war immer 2 Engl. Miles lang, denn der Weg windet sich stets zwischen Sandhügcln durch, und ist als Gangsteig nur so wenig festgetreten, daß keine zwei Kameele nebeneinander gehen können; bei jedem falschen Tritt sank das Thier in den Sand, wie in weichen Schnee ein. Bei den vielen Hemmungen und Stockungen war es leicht, sich vom zer, streuten Zuge zu verlieren, deshalb von Zeit zu Zeit getrommelt und trompetet werden mußte. Die Beschwerden waren bei dem Durchmärsche so groß, daß in der ersten Woche 40 Menschen starben; sehr viele Hindus hatten aus Furcht an der Wüstengränze schon die Karawane verlassen, und täglich desertirten meh­ rere Leute. Die Tage waren sehr heiß, die Nächte selbst für die Europäer so kalt, daß man gern Feuer anmachte, wo es nur ging. Mit dem Aufgange der Sonne fing die Hitze an, die bis zur Fieberhitze gesteigert, bis zum Sonnenuntergange anhielt. Die Seapoys litten mehr am Fieber als die Europäer; aber alle an Augenentzündungen. Am Lten November wurden die Wälle von Bikanir entdeckt; in der Feme von Einöde umgeben schien diese Residenz anfänglich so groß wie Delhi zu seyn, hohe Thürme und Pagoden ragten empor. Aber im Innern fand man elende Hüt­ ten, die kaum die Uebervölkerung Herbergen konnte, welche sich hier eoncentrirte; weil zu gleicher Zeit, damals, der Staat von Bikanir von 5 feindlichen Truppencorps der benachbarten RajahS attakirl ward. Deshalb hatte man, 4 Stunden in der Runde ***) f. AI. Burncs Narrative of a Voy. by the River Indus etc. in d. Trav. into Bokhara Vol, III. p. 91. Arth. Cooolly I. c. II. p. 285. *•) M. Elphinstone 1, c. p. 7—17.

Bikanir, Rhatore-Staat, Capitale. um die Residenz, alle Brunnen zuschütten lassen.

993 Unter dem

Fort war die größte Merkwürdigkeit des Ortes, ein noch offener Brunnen 15 bis 20 Fuß im Durchmesser, und 300 Fuß tief, mit guten» Wasser. Das Schloß des Raja war ein altcrthümlich, seltsamgebautes, wcitläuftiges Gebäude, in dem viel Schätze auf, gehäuft seyn sollten. Der Raja erkannte sich als Vasall von Delhi an, und die Bewohner seiner Residenz, in weiße Musselin, gewänder gekleidet, mit hohen Turbanen geziert, zeigten sich we, nigstens sehr höflich und neugierig, bei einer für sie so ganz neuen Erscheinung. Am 16. Nov., also nach einer Rast von 10 Tagen, rückte man nordrvestivärls weiter, bis Puggul (was ehedem zu Jessulmer gehört hatte, dem es entrissen ward, gegenwärtig zu Daudputra gehörig)17), durch Sandberge von außerordentlicher Höhe, wo aber die Brunnen nur halb so tief wie in der Residenz sind. Der Ort besteht nur aus Slrohhütten, zwischen zerfallenen Lehmwällen, uinher unabsehbares Sandmcer, furchtbare Einöde. Fünf Tage wurde der Weg, gegen West, durch dieselbe Gegend fortgesetzt, bis man am 21. Nov. einen festen, harten Thonboden betrat, auf welchem wieder die Kamccle nebeneinander gehen konnten. Hier kam der Embassade ein Zug von 150 Mann Trup, pcn des Khan von Bahawulpur entgegen, der ihr 100 Stück fri­ sche Kamccle mit 400 gefüllten Wasscrschläuchen aus den Brun­ nen von Monjghur zuführte, und 4 Mctallkrüge mit Wasser ans dem Hyphasis (GHarra), mit des Khans Insiegel bezeichnet, zum frischen Trunk für den Gesandten. Ehe noch die Wüste ver­ lassen war, sahe man, am folgenden Morgen des 22. Nov., ei, nett großen Seespiegel mit vielen Inseln; aber bald zeigte sich daß es nur eine Täuschung war (Si,kote, s. ob. S. 890, eigent, lich Sita-kote, Serab bei Persern), die über den ebenen Boden fortzog. Bald ward der bedeutendere Ort Moujghur, mit Moscheen, Kuppeln und einem Fort erreicht, wo sich die Annä­ herung gegen Persien zum ersten inale durch Sitte und persischen Dialect des Hindustani zeigte. Am 26. Nov., endlich, erkannte man, in weiter Ferne, die ersten Baumstämme, welche die Linie bezeichneten, wo das Culturland an die Wüste gränzt, wo grüne Gefilde, Brunnen voll Wasser und fruchtbares Land beginnen. Es waren nur Tamarisken, die aber nach einer völligen Entbehrung

*’) J. Tod Annals of Jessulmer in Ann. Vol. II. p. 279. «itter Erdkunde VI.

R rr

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 112.

des Grüns, während eines Monats Zeit, in Entzücken versetzten. Bald war Bahawulpur am Ufer des Hyphasis (Gharra, Sedledje) erreicht. — So weit Elphinstone; kehren wir in die Mitte Bikanirs für jetzt noch zurück. Hier ist wenig Wechsel der Landschaft^), doch möchten die Bewohner ihre Ti bas nicht mit den Himalayahöhen vertauschen, obwol in der heißen Jahreszeit die Tofans (Wirbelwinde) durch Sandmassen die Sonne verdüstern, oder Hcuschrcckenflüge, wie Wolken, lange Schatten über das Land werfen. Nur in der äu­ ßersten Ferne, gegen S.O., steigen bei heiterm Himmel die Hör henzüge der Mewarkctten hervor. Die niedern Sandsteinklippen, welche durch ^das Land ziehen, geben hie und da gute Bausteine, wie die Steinbrüche zu Husairah, in deren Nahe der größte Sirr, d. h. Salzsee, liegt, von 2 guten Stunden Umfang, die in Bikanir sparsamer sind als in Marwar. Ein zweiter, kleinerer, liegt bei CH au pur, ist nur eine Stunde lang; beide haben nur 4 Fuß Wasserticfe; bei heißen Winden verdunsten sie ganz, und lassen nur Salzkrusten zurück. Die Brunnenwasser liegen hier überall sehr fern von der Oberfläche, wie in Bikanir 300, so auch sind die Brunnen zu Daisnokh, in der Nähe der Residenz, gleichfalls 300 Fuß tief; nur selten einmal findet sich schon bei 60 Fuß Tiefe Wasser. Nur die fruchtbarern Stellen des Mohilla-Districtes, einer Art Oase, haben schon bei 30 Fuß Tiefe überall Wasser, aber doch nur brakisches. 2(((c Brunnen werden mit Phokcgeflecht ein­ gefaßt, und das Wasser an Seilen mit Eimern mühsam herauf­ gezogen. In allen Städten haben die Mallis, d. i. Gärtner, das Wassermonopol den Trunk zu vertheilen. Die wohlha­ benden Familien hielten sich Tankas, d. i. große Cisternen, die gemauert, oben verdeckt und verschlossen sind, aber in der nassen Jahreszeit geöffnet sich mit Regen füllen, und das süße Wasser 8 bis 12 Monat frisch bewahren. Auch öffentliche Tankas dieser Art sind für das allgemeine Bedürfniß angelegt. Produkte^). Außer den Sandsteinbrüchen bei Husairah, die 13 Coß in N.O. der Residenz, dem Fiskus etwa jährlich 2000 Rupies einbringen sollen, werden auch im Ost der Residenz, zu Birumsir und Bidasir, Kupfergruben angegeben, die

“l) J, Teil Ann. of Bikanir 1. c. in Ann. II. p. 203. II. p. 200— 204.

") ebeNb.

Bikanir, Rhatore-Staat, Gewächse.

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oDct seit den letzten Jahrzehendcn nicht bearbeitet worden sind; bei Kotath, in S.W. von Bikanir, in der Nähe des gleichna­ migen Marktortes, ein Walkerthon, der zum reinigen der Haute gegraben wird, und 1500 Rupies jährlichen Ertrag giebt. Bajera (Panic. spie.) ist das Hauptkorn des Landes, es braucht nur wenig Wasser, obwol bei Zeiten; es giebt viel trefflicheres Mehl als das gleiche Korn auf dem Lehmboden von Malwa; die Bajera-Kuchen von Bikanir sind berühmt wegen ihrer Delir catesse; eine gute Ernte versieht das Land zwei Jahre hindurch hinreichend mit dieser Kornart. Weitzen wird in dem MohillaDistrict in Ueberfluß geerntet; auch an Gerste, Tram, Math (Bohncnartcn), an Til (Sesamum) fehlt es nicht. Der Pflug ist sehr einfach, zum Ziehen für Kamecle und Ochsen eingerichtet; von beiden wird auch das Korn durch Treten ausgedroschcn. Gute Wcitzenäcker geben auch reichliche Baumwollenplan­ tagen, mit 7 und selbst 10 Jahre percnnirenden Ertrag, wenn man nur die Schößlinge beschneidet, wodurch das Gewächs Stärke und Ausdauer gewinnt, immer von neuem auszuschlagen. Der Baumwuchs ist Bikanir versagt, Mango und Tamarin­ den sind nur in der Capitale angepflanzt; von Dattelpalmen scheint auf der Ostseite des Indus noch keine Spur vorzukom­ men (f. Asien IV. l. S. 832). Vieles Buschwerk, wie Babul (Mimos. arabica), Pilu, Jhal, Ni IN (Melia azadir), Phoke (s. ob. S. 959) und andere werden genannt, aber man kennt sie nicht näher; der Rocura, der bis 20 Fuß hoch wächst, gilt dort schon als ein Baum, welcher das größte Zimmerholz liefert. Ak soll eine Art Euphorbie seyn, auch Madar genannt, die in der Wüste hoch wächst, und an Substanz ein Product gleich dem Hanf an Festigkeit liefert. Wilde Beeren, Ber, Khyr und Kharil, und wilde Arten von Trauben, wie Bhurut, Buru, Herraro und Sewun, werden gesammelt und mit BajraMehl gemengt, geben sie Speise für die Armen. Auch viel Rankengewächse, Cucurbitaceen, wie Gowar, Katchri, Ku« kri, und zumal gigantische Wassermelonen, dienen zur all­ gemeinern Nahrung; diese letztem werden in Stücke geschnitten, an der Sonne getrocknet für die Zeit der Noth, kommen in den Handel und geben eine sehr nährende, gesunde, antiscorbutische Speise. Schaafe und Kameele find die Hauptthiere Bikanirs; Rrr r

996 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn, §, 112. mich die Rinder lind geschützt, doch finden erstere überall gutes Futter, indeß letztere nur auf gewisse Gegenden eingeschränkt sind. Die Kameele von Bikanir sollen die besten in Indien seyn; ihr Mittelpreis ist das Stück zu 100 Rupien, die besten zum reu len werden zu 1000 Rupien aufgekauft. Sie sind von besonders schöner Gestalt, der Kopf wird wegen seines regulären Baues ge« priesen; Phoke, Iowas und alle Domgewächse sind ihreHaupt« Nahrung. Die Wolle der Sch aase Bikanirs ist von vorzüg» sicher Güte; verarbeitet wird sie von Armen und Reichen gctra« gen, sie macht, nebst Kom und Kameelcn, den Hauptexport des Landes aus. Sie wird in Zeugen der verschiedensten Sorten, von 3 bis 30 Rupien an Werth, bis zu Schleiern und zur Fein» heil der Shawls verarbeitet,

ausgeführt,

wie die DopatiS

(Schleier), und die Turbane, die aus einer Länge von 40 bis 60 Fuß gewunden werden, und dabei doch von der größten Leich« tigkeil bleiben. Ein choeoladenbrauner Streif, der sie stets durch« zieht, ist ihr Wahrzeichen. Auch ist die Milch der Schaafc und die Butter (Ghi) der Rinder, eine Hauptnahrung der Einwoh, ncr. An kleinem Wild fehlt es nicht, wie Nilgaue, An, lelopen, Hirscharten (Elk), Jackal und Hyäne sind häu, fig, der Tiger fehlt, der Löwe zeigt sich sparsam (s. oben S. 708); der Fuchs der Wüste von Bikanir soll ein sehr hüb» sches Thier seyn. Der Handel kann bei der Verwilderung der Raubhorden des Landes von keiner großen Bedeutung seyn. Der Hauptinarkt für die Karawanen ist Rajgurh, an der Ostgränze, gegen das Delhigcbiet; vordem kamen die Produetc aus dem Pcndjab und von Delhi, direct, über Hansi Hissar dahin. Von Delhi kom« men seidne Zeuge, Indigo, Zucker, Taback, Eisen; von Harowti und Malwa das Opium, von Shikarpur und Multan am Indus die Datteln und andere Früchte, von Palli aus Marwar das Zinn, Gewürze und Elfenbein. Der hohe Zoll von allen Durchgangswaaren ist sehr hemmend. Im Lande selbst wer« den gute Eisenarbeiten gemacht, die im Handel gesucht sind, wie Schwertklingen, Dolche, Lanzen, Schwertgriffe mit buntem Stahl und eingelegter Arbeit, selbst Feuerwaffen. Auch Elfen« beinschmuck, die Armringe für Frauen, und Braceletten (CHu­

ris)

werden hier gut gearbeitet. Die größten Jahrmärkte im Lande werden, in den Monaten Kartik und Phalgun, in den beiden Städten Kotath und Gujnair, die nahe beisammen

Bikanir, Rhatore-Staat, Bewohnen

W7

in S.W. der Residenz liegen, gehalten. Es sind vorzüglich Bich« Märkte, wohin die Kameele und Rinder Bikanirs zum Der, kauf kommen, wie die Pferde aus Multan und vom JnduSx Lern Handel fehlt jedoch alles Leben^ Bewohner, Population, DolkSckassen^^ Seit drei Jahrhunderten ist Bikanir, seit der Verfolgung der Jats aus seinem Innern, immer mehr und mehr in ein Land der Wüste und der Raubhorden versunken, die, wie alleWü, stenbewohner, seil den Zeiten der Söhne Esaus, es als ihr Recht betrachten, den Andern, die nicht zu ihnen gehören, ihren Ueber/ flufj abzunehmen. Dies ist auch der Fall mit den Nachkommen der Söhne Bekas, des Sohnes Jhouda's, deren Häuptlinge sich rühmten, einst an der Spitze von 10,000 Rhatore Degen zu stehen. Aber mehr als die Hälfte der Ortschaften jener Zeit, der frühern Besitznahme, sind nicht mehr; viele Karawanenwege, wel, che früher hindurchft'chrten und durch Zoll und Verkehr den Schatz der Regenten füllten, sind ungangbar geworden; die Städte ha, ben dadurch ihre Nahrung verloren und sind in Ruinen versau, keu wie Churu, Rajgurh und Rinnie, die einst alle drei nahe beisammen, wichtige Emporien für den Transits zwischen Ganges und Indus waren. Dasselbe ist mit den Nachbargebieten der Fall, weil das Raubfystem des letzten Jahrhunderts, f)/ wol die Regenten wie die Unterthanen ergriffen hat, und dis Maldotes von Jcssulmer, wie die Larkhanis von Jep, pur eben so als Raubhorden gefürchtet sind, wie die Bida, w u ls von Bikanir, wozu noch die zerstreute» Räuberhaufen der Khosas, Rajurs, Sirais (nicht von Sahra herzuleiten und Sahraes mit I. Tod zu schreiben, sondern die Ueberläufer vom Sira), wie die Larkhanis, die vom Lar kommen, d. h. vom Indus her, der unterhalb, oder südlich des Ortes Sehwun, Lar heißt, nördlich von da aber Sira") und andere, die gleich den Beduinen Arabiens, hier, aus den Wüsten des Thurr, nach allen Richtungen hervorbrechen, und ihre verheerenden und grau, samen Ucberfälle machen. Unter 37 Groß/Basal len, die den Rhatore Raja von **•) J. Tod Annals of Bikaneer t. c. Ann. II. p. 180—195. ") Al. Burnes Narrative of a Voyage l>y iLte River Indus tit btflf« Trav. into Bokhara Vol. UL p. 62,

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §.112.

Bikanir als ihren Lehnsherrn anerkennen sollen, ist dieser Rajpu, tcnstaal vertheilt, aber sehr ungleich bevölkert, wie bebaut. Aus der Population eines Dutzend der Hauptstädte kann man ei, ncn Schluß auf Volkszahl im Ganzen machen. Bikanir soll 12,ooo Hauser haben, jedes zu 5 Bewohner gerechnet, gäbe 60,000 Einwohner; 2 Städte, Churu und Rajgurh, haben jede 3000 Häuser, also 15,000 Ew., 2 Städte, Nohur und Bahaderan, haben 2500 Häuser und jede nach derselben Schätzung 12,500 Ew. Rinnie hat 1500 Häuser und 7500 Ew. Drei Städte, Ja et, pur, Rattungurh und Daismukh haben jede 1000 Häuser und 5000Ew., Mahajin hat 800 Häuser und 4000 @1». Bi, dasir 500 Häuser mit 2500Ew. Senthal nur 50Häuser mit 250 Ew., also in Summa 29,850 Häuser hätten demnach 144,250 Einwohner. Hierzu hat man etwa 100 Dörfer mit 200, eben so viel mit 150; 200 Dörfer mit 100, und etwa 800 Weiler mit 30 Hütten zu rechnen, deren Bewohner etwas über eine halbe Million, in Allem etwa zu 600,000 Ew. zu schätzen wären, was vielleicht noch die Wahrheit überbieten mag. Auf die Engl. Qua, dratmile rechnet I. Tod etwa 25 Seelen in Bikanir, was ihm doch immer noch eine Bevölkerung wie die in Hochschottland ge, ben würde. Dreiviertheile dieser SBolNmengc522) sind auch heute noch die ältern Bewohner des Landes, die Jaks (Iits nennt sie hier Tod); der Rest sind die Nachkommen der Rhatore Erobe, rer, die Söhne Bikas mit eingerechnet, die Sarsote, Brahmanen, Charuns, Bhats und einige niedere Hindu, tasten, deren Zahl jedoch zusammen nicht ^ der Rajputen be, trägt. Die Jats bilden die wohlhabendsten und zahlreichsten Ge, meindcn, sie sind als frühzeitig Eingewanderte doch die meisten Dhumeas (d. i. freie Grundbesitzer). Ihr Reichthum ist ihnen aber fast nutzlos; denn bei ihren raubsüchtigen Rhatore Chefs müssen sie sich arm stellen. Nur an Hochzeiten legen sie ihre Prunkklcider an, graben ihre Schätze aus, werden damit selbst verschwenderisch, verrennen die Landstraßen um von allen Seiten Hochzeitgäste zusammen zu treiben, gegen die sie das Gast, recht ausüben. Deren Zahl und die Freigebigkeit gegen sie erhöht das Maaß des Ruhms und der Ehre der Hochzeitgeber. "*) J. Tod Ann. I. c. II. p. 197 — 200.

Bikauir, Rhatore? Staat, Einkünfte.

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Die Sarsote Brahmanen (von Sarasvati, s.Llsicn IV. 1. S. 498) behaupten, hier, noch vor den Jaks, die sie Co, lonisten nennen, die Meister im Lande gewesen zu seyn; sie sind ziemlich zahlreich, friedlich, industriös, ohne Castenvorurthcile, essen Fleisch, rauchen Taback, bauen den Acker, und treiben Handel, selbst mit der sonst so heilig gehaltenen Kuh, obgleich sic behaup, tca von Singirikscha, einem Sohne Brahma's, abzustammen. Die Charuvs und Bhatü sind hier wie in Malwa, Mewar und Marwar hochgeehrt. Die Maltis und Naes, d. i. Gärt, ner und Barbiere, sind wichtige Glieder jeder Rajputenfamilie, die ohne sie nicht bestehen kann, da sie auch die Köche sind, und in Dörfern wie in Städten unentbehrlich. Die CHuras und Thaoris sind gegenwärtig Räubercasten, jene von den Kutch, gegenden, diese aus Mewar; ihre Häuptlinge halten nämlich ent, schicdcnc Banditen und Räuber im Sold, die zu jeder That sich dingen lassen. Der Bahaderan-Chef z. B. hat alle Rhatore Rajputen aus seinem Gebiete verjagt, und nur jene beiden Lasten zurückbehalten, von deren Beute er lebt. Die Churas dagegen sind ein Stamm eigner Art, vielleicht eines Aboriginer Volkes, verschieden wenigstens- von allen übrigen, denen das seltsame Recht zusteht, als wären sie die eigentlichen Herren des Bodens, vpn jedem Todten nach der Todtenceremonie einen Tribut von 4 Ku­ pfermünzen zn erhalten. Sie find die Treuesten im. Lande, die Lastträger und Gränzwächter..

Die Rhatore Herrscher sind tapfer, hart gewöhnt, leicht befriedigt, haben noch wenig Bedürfnisse, sind nicht so depravirt durch Moghulen und Mahrattas, wie ihre Nachbarn im Osten, haben weniger Vorurthcile als sie, und würden die besten Sol­ daten seyn, wenn sie an Disciplin zu gewöhnen waren. Doch schweifen auch sie im Opiumrausch aus, und rauchen noch andre Taumelkrauter; beider Genuß geht ihnen über Alles. Ihre Häupt­ linge sind tyrannische DespotenDie regelmäßigen Einkünfte^) des Raja von Bikanir solle» selten eine Summe von 50,000 Pfd. Stcrl. übersteigen, die bedeutendsten sind aber ganz willkürliche Erpressungen. Von der Truppenzahl, welche ehedem die 37 Groß-Vasallen von Bikanir zusammengebracht haben sollen (43,572 Mann Fußvolk und 5400 Reiter), kann gegenwärtig nicht mehr der vierte Theil ge-

**) I. Tod Ann. os ßikaneet 1. c. Ann. II. $>. 200.

1000 Ost-Asien. Vorder-Indixn. V. Abschn. §. 112. rechnet werden. Das gan;e Aufgebot der Söhne von Bika, betragt gegenwärtig höchstens 10,000 Mann, davon 1200 gute Reiter. Außer diesen hält aber der Raja noch 500 Mann Sold, truppen zu Fuß, mit 5 Sti'ick'Kanonen, und 3 Escadrons zu Pferde, an 250 Mann, insgesammt Fremdlinge, Mohammedaner, Afghanen, Patanen u. s. w., welche die Garnison der Capitale bilden. Ihr Commandant ist aber ein Rajpnt vom Purihara, Tribus, dem die Einkünfte von 25 Dörfern zur Löhnung der Truppen angewiesen sind. Der Staat Bhutnair, oder Dhatnair^), macht zwar noch einen integrirenden Theil von Bikanir aus, der aber ziemlich selbstständig davon als die nördlichste Provinz abgelöst er, scheint, und unter einem eigenen Chef steht, der den Titel Nabob führt. Noch vor kurzem residirte dieser in Naneah am Caggar, wo dieser verschwindet, und lebte nur von dem gestohlenen Gute und der Beute, die seine Unterthanen machten. Er >var mächtig und drohend genug, um öfter den Zorn der benachbarten Herr, scher auf sich zu laden; aber die Wüste war sein Asyl. Der Stifter dieser Herrschaft soll ein Dhat Prinz gewesen seyn, das Land soll Nair geheißen haben. Als dieser Usurpator, vom Bhatti Rajputenstamme, zur Annahme des Muhamme, danismus übergegangen, erzählt man, soll er sich zur Abscheidung von seinen Stammcsverwandten „BHut" genannt haben. So ist die etymologisirende Legende, die auch einst das blühendere Land von dem Caggar, der nun versiegt ist, durchströmen läßt. Die Beschaffenheit des Landes Bhutnair und der Produkte stimmt mit der von Bikanir überein. Es werden zwar 18 Städte im Lande namentlich genannt, ob viele davon aber etwas anders als Namen sind, läßt sich bei den wenigen Durchreisenden nicht ge, nau ermitteln; Marote und Phulra sollen noch einige Be, deutung haben. Phulra soll sehr antik und die Residenz des Wüsten-Heros Lakha Phalani gewesen seyn, von dem schon oben bei Gelegenheit der ältesten Landcssagcn vor einem Iahrtau, send Erwähnung geschehen (s. ob. S. 971). So viel uns be, sännt, ist Lieutnant Arthur Convlly, der erste Europäische Reisende, der Bhutnair, in seiner ganzen Breite von West nach Ost durchzogen hat (1831)15). Er legte die Strecke zwischen *,4t J. Tod Ann. of Bikaneer I. c. Atm. II. p. 211—215. **) Lieutnt. Arthur Conolly Journey to the North of India oycrlaurf etc. Lonrf, 1834. 8. Vol. II. p, 285 —298.

Bhutnair-Staat, O.uerreise.

tOOl

Dahawulpur über Phulra und die Capitale Bhutnair, von da aber nach Tibbi bis Raneah, an der Gränze des bri­ tischen Territoriums von Hissar, in Delhi-Provinz, innerhalb 10 Tagen zu Pferde zurück, eine Strecke von 35 geogr. Meilen, von denen 15 in West zum Territorium des Khans von Baha, wulp u r, die 20 östlichen geogr.Meilen zum Gebiet von Bhu nair gehörten. 'Die ersten 4 Tagcmarschc vom Gharra- (Sed, lcdje) Ufer bei Dahawulpur über die Stationen Parwallah, Marut, Jamghur nach Phulra, boten nichts ausgezeichnetes dar. Schon in der ersten Stunde des ersten Tagemarsches hörte der fruchtbare Boden auf, weil Sandhaufen begannen. Auf den Weg nach Marut mußte man sich mit Futter und Wasser versehen; noch sind gute Wasserbrunnen bei dem kleinen Fort Marut. Zwischen diesem Städtchen und dem nächsten, Jamghur, die beide auf jenem festen, tönenden Boden liegen, steht das einzige Wäldchen von niedrigen Babulbäumcn (Mimosa arabic.). Von Phulra, das gegenwärtig, wie gesagt, mit sei­ nem kleinen Fort zu Dahawulpur gehört, wird über einen ganz hart tönenden Thonbodcn Sirdar Kote die G'ränzfeste von Dikanir erreicht; sie hieß vordem Walvur. Von da folgt, gegen

Ost,

nach 5 Stunden Weges, Anopghur, die größte Stadt des Landes, mit einem Fort von Backsteinmancrn; sie wurde am 11. Januar erreicht. Am 12. Jan., nach geogr. Meilen We­ ges das Erd-Fort Hulwana, mit guten Brunnen, in dessen Nähe man etwa die Ruinen von Rungmahal (der gemalte Pa­ last) suchen müßte. Der 13. Jan. führte, nach 4 geogr. Meilen Weges, über die befestigte Stadt Surutghur, nach Guri» Bungi. Der 14. Jan. nach Futtchghur, wo sich der Weg spaltet, deren einer nach Bhutnair selbst führt, und der an, dere, welcher anderthalb Stunden an der Feste von Bhutnair, der jetzigen Residenz, vorüberführt, nach Tibbe, von wo sogleich die Gränze zwischen dem Rajputcnstaat und dem Gebiete der bri­ tischen Compagnie überschritten wird.

Das Land war bis dahin

nur theilwcisc mit tiefern Sande bedeckt; oft btr harte Boden nur dünn davon überweht; häufig war derselbe mit niedern GraS, büscheln bewachsen, die Ochsen und Kameelcn mitunter eine sehr gute Weide gaben. An vielen gegrabenen Brunnen, ISO bis

250 Fuß tief gelegen, kam inan vorüber, zn welchen in der

Re­

gel alle 3 Tage das Vieh zur Abtränkung getrieben wird. Viele Strecken des Landes konnten mit Korn und Hülsenfrüchten br-

1002

Ost-Asien. Vorder-Jndien. V.Abschn. §. 112.

baut werden: aber bei dem Mangel an Nachfrage ist auch der Anbau gering, obwol mehrere der genannten Stationen sich seil kurzem sehr erweitert haben. Die Hauptnahrung ist Bajra (Panic. spie.); das Jowarri (Hole, sorgli.) mußte als Pferdefutter dienen. Seit den letztem Jahren des britischen Einflusses sind die Raubhordcn der Bhutties in Zaum gehalten, und das Land sicher geworden. Die erste Spur der Annnähernng an das civilisirtcre Gränzgebiet der Briten, gegen Hissar, waren die Gebeine von drei Bhuttie Mördern, die in Ketten a»> Wege hingen. Dies unerhörte Strafgericht hatte Wunder gethan. Die Bhutties, oder die Bewohner von Dhutnair, sind ein wildblickcnder Menschenschlag, von dunkler Hautfarbe, denen noch nicht über den Weg zu trauen; sie sind zwar sehr streng in den Ceremonien des mohammedanischen Glaubens, aber ihr Zusatz, zum täglichen Gebet zu Allah, soll die Bitte um Vertilgung der Briten und um Rückkehr der alten, guten Zeiten seyn. Nur 2 Tagemärsche fern von der Bhutnair-Gränze, bei Tibbe, liegt Hissar die erste britische Station, wo die Jnspection einer britischen Gouvernements Stuterei, in dem grünen Weidelande Huryanas (d. h. Grün) ihr Standquartier hat. Hier beginnt sogleich Europäisches Leben, Sprache, Gastfreiheit.

Erläuterung 6. Die Rajputenstaaten von Jessulmer, Parkur und Omerkote, zwischen Marwar, Kutch und Sind. 111. Der Bhatti Rajpntenstaat Jessulmer (Jevsulmir). Uebersicht. Dieses westwärts mehr abgelegene Land Jessulmer», die größte Oase des Wüstenlandes von Sind, in der Mitte des Thurr, von allen Seiten ringsum von sandigen Wogen und Einöden umgeben, ist eine von den Europäern fast gänzlich unbeachtet gebliebene, nicht unwichtige Entdeckung der jüng­ sten Zeit (1830). Alle frühern ganz unzuverlässigen Angaben lassen eben so wie die völlig leeren Stellen der Landkarten selbst der neuesten Zeit, darüber in gänzlicher Unwissenheit, und obwol der einzige I. Rennell, schon frühzeitig, durch treffliche Com­ binationen der Route» der Capitale Jessulmer fast ihre rich-

Der Bhatti Rajputenstaat Jesfulmer.

1003

tige, astronomische Breite angewiesen hatte, so verzeichneten doch die besten und neuesten darauf folgenden englischen Karten sie wieder, in dem weit umher weiß gelassenen Raum, um einen halben Grad zu weit nordwärts. I. Tod sammelte526) zuerst auch über Jesfulmer, durch seine Emissäre, und auf der Reise nach Jhoudpur, bessere Berichte über das Land; 2t 1. Bur« nes22) der Wiederentdecker dcS Jnduslaufes und der Uebersteiger der Höhen von Bamyan, ist zugleich der erste berichtcrstattcndc Augenzeuge über Jesfulmer, dessen Lage er durch Observationen auf 2G° 56' N.Dr. bestimmt, und dadurch, wie durch seine Routiers, durch einen großen Theil Marwars, die Wissenschaft mit einer berichtigten Karte des Tieflandes26) von Sind und des westlichen Rajasthans ungemein bereichert hat. Das Land Jesfulmer liegt zwischen den Parallelen 25" bis 28° N.Br., und zieht sich vom 69° bis 72° O.L. v. Gr., ein Raum von etwa 2000 gcogr. Quadratmeilen (20,000 Engl.Q.-M.), in ungleicher, wechselnder Breite, von N.W. gegen S.O., im Mittel etwa 12 geogr. Mellen, aber mehr von S.W. gegen N.O. gezogen, in einer Ausdehnung von 36 geogr. Meilen (180 Miles Engl.), in dessen ungefährer Mitte die Capitale Jesfulmer liegt, nach welcher das ganze Land genannt zu werden pflegt. Ihren Namen leitet man von Mer, d. i. dem Berge, und von Jcssoh oder Jehoh, d. i. Berg des Jessoh, her, der aber in den ältesten Legenden und Chroniken des Landes noch nicht vorkommt. Wenn das ganze Tiefland auch hypothetisch den An« schein haben mag, als sey es in früheren Zeiten vom Meere 6c# deckt gewesen, das einst vom Indus «Delta und dem Run von Kutch, in der Jndusniederung, bis zum Fuß der Himalayaebene und zu der Gangesniederung hinrauschend, das erhabnere Cen« tralindien uud Dekan gleich einer Insel umfluthete, so weiß doch davon selbst die Sage nichts. Diese, in den dort einheimischen, ältesten Heldenliedern, singt schon von dem Lande der Po war, ***) J. Tod Annals of Jessulmer I. c. in Ann. 4. 1832. Vol. II. p. 278 — 289; vergl. Vol. I. p. 18, II. p. 291 — 293. *») Al. Bornes Papers Descriptive of the Countries on the Northwest Fron­ tier of India etc. On Jaysulmeer in Journal of the Roy. Geogr. Soc. of London 1834. Vol. IV. p. 105 — 115. *») AI. Bornes Central-Asia comprising Bokbara, Cabool, Persia, the River Indns and Countries eastward of it, by J. Arrowsmith Lond. 1834; deff. AI. Bornes Map of the Indus and Punjab Rivers witii tho Sou­ thern Portion of Rajgootana. Lond. 1833.

1004 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. $.112. Warem) (oder Pramara, die längst wieder verschwunden) mit den „NokotiMaruea," d.h. den 9Festungen von Marwar, die sie, das Land zu behaupten, errichtete. Unter diesen wird Abu imSüdost, Mundore in der Mitte, Parkur, Cho, tun und Kherulu (s. ob.S.952) nebst Omerkote im West und Südwest, Puggul im Nord, Arore (Alore, f. ZlsienlV. 1. @.472) und Lodorva im Nordwest genannt. I. Tod meinte, da bei diesen Iefsuliner nicht vorkomme, so müsse diese Sage älter als dessen jüngere Gründung seyn, die erst im XII. Jahr­ hundert hervortritt, wie Jhoudpur erst im XV. gegen das weit ältere Mundore. Dies ist auch wirklich der Fall, und Al. Burnes hat das antike Lodorwa wirklich als ein jetzt ärm­ liches Dörfchen, etwa 3 Stunden im Westen der jungem Capi­ tale Jessuliners, kennen lernen. Lodorva wurde, nachdem die Geschichte in ihren Annalen seil dem Jahre 73 t nach Chr. Geb. etwas zu tagen begonnen hatte, von dem Usurpator Jesfoh oder Jesul, also nach einer Existenz von einem halben Jahrtausend, wieder zerstört. Gleich darauf, im Jahr 1156 n. Chr. Geb., er­ baute dieser Begründer der neuen Dynastie auf dem heiligen Berge von Trienta (d.h. die dreiKote, Festmtgen oder der

Dreispitz)^), wo ein Brahmane iin Dienste Krischnas und Arjunas ihm treffliche Wasserquellen, Lage zu festen Burgen ge, zeigt, und Prophezeihungen künftiger Herrlichkeit gebracht haben soll, die neue Residenz, welche nach dem Stifter I essul, met genannt wurde, und seitdem auch der ganzen Herrschaft den Namen gab. Ob Jefsul oder Jessoh wirklich vomNajputen« stamme war, dem sich seine Dynastie später zuzählte, bleibt zwei, felhaft; aber sein Geschlecht eignete sich die Natur und die Sitte des Bhatti-Tribus der Rajputen so an, daß es gegenwärtig als Zweig der sehr gemischten Stämme der Bhatti gilt, die in mancher Hinsicht sehr von chren östlicheren Brüdern, mit denen sie auch stets in Fehde stehen, abweichen. Dem sey, wie ihm wolle, sehr groß mag der Unterschied alter und neuer Zeit in die­ ser von allem Culturgebiet entfernt liegenden Oase HindostanS nicht seyn, in welcher fast überall nur kleine Dorfschaften und Weiler zerstreut liegen, aus leichten Schäferhütten bestehend, de, tett Bewohner als Hauptgeschäft, in kleinen Gruppen durch die

**•) J. Tod Annals II. [>. 291; AI. Bornes I, e. IV. p. 106. *•) J. Tod Aon. I. c. 11. p. 243.

Icssulmer-Staat, Gründung.

1005

Einsamkeiten vertheilt, ihr Wollvich lucifccn, Diese Einförmig« krit wird nur selten durch den Anblick einer langen bemcgli, chen Linie der Kutar (Karawane oder Kasila) untcrbro, chcn, an deren Spitze der CHarun (Charana, d. h. der Läu, fer) täglich an der Raststelle einen neuen Knoten an das Ende seines Turbans knotet 31), um sich die Zahl der zurückgeleg« ten Stationen dadurch zu bezeichnen. Häufiger geschieht es, daß dieSahracs, bigotte Mohammedaner, die Beduinen der Sindwüste, auf der Lauer zur Seite liegen, die sich verirrenden Pferde und Kamccle wegzufangcn, oder dem armen Schäfer, der sich etwa durch ein aufgescheuchtes Wild zur Jagd, oder durch lockende Beeren, wie Turs und Bawas, zur Abwendung von seiner Heerde verleiten läßt, diese schnell hinter die Sandbcrge oder um die Felsklippcn wegzutreiben, und so in bittere Noth zu versetzen, während er im friedlichen Zustande neben seiner weiden« den Heerde fast nur mit dem Reiben seines Mehlbreis (Rabri, hier wie Kuskus) beschäftigt zu seyn pflegt. Dieses Ländergcbict, seines weiten Umfangs ungeachtet, ist daher nur der unbcdeu« tendste 32) der 5 großen Rajputenstaaten; es fehlen ihm die Naturgaben, welche Jeypur und Jhoudpur besitzen; dem Bhatti-Tribus von Jessulmer, an dessen Spitze der Herr, scher mit dem Titel eines Rawul steht, fehlt das Familienan« sehn des Hauses der ChohanRana von Ubey pur, und wenn es auch mit Bikanir auf gleicher Stufe der Cultur, des Um, fanges, der politischen Bedeutung steht, so ist Jessulmer doch ärmer als dieses, weil ihm die Gelegenheit fehlte, durch Raub gleich viel Beute zusammenzuhäufen. Der Jessulmerstaat hat das Unglück, ringsum von lauter turbulenten Raub« ch e fs umzingelt zu werden, durch die cs seit zwei Jahrhunder­ ten selbst mehrere seiner bessern Provinzen «ingebüßt hat, die sich zu independenten Raubstaaten erheben konnten, weil jene sich treulos gegen ihren Lehnsherrn auflehnten und den siegreichem, wohlhabenderen Nachbarn anschlössen. Die turbulenten Bika« nir im 91.0. veranlaßten die Trennung Pugguls 33) von Jessulmer, da Puggul in den frühern Zeiten von den BhattieS besetzt war, und zu den 9 großen Festen Marwars gehörte. **) J. Tod Sketch I. c. Ann. II. p.293. **) Al.Barnes Papers derer. I. c. IV. p. ,105. **) J. Tod Ann. of Jessulmer 1. c. II. p. 279.

1006 Ost-Asien. Vorder-Indlen. V. Abschn. §.112. Die Jhoudpur im Osten haben Pokurn an sich gerissen, da5 vordem zu.Jessulmer gehörte. Noch vor keinem Jahrhundert hat sich Daodputra im N.W. losgerissen, durch Daod Khan, einem Eingebornen von Shikarpur auf der Westseite des Indus, der von den Amirs in Sind unterstützt ward, und sich seitdem in dieser jungen Usurpation behauptet. Zu gleicher Zeit hatte sich Djlawur oder Durawul, jetzt zu Daodputra gehörig, im S.O. von Ooch gelegen, durch den Verrath seiner Chefs getrennt. So ist nur noch ein kleiner Ueberrest für denRawul von Jessulmer geblieben, der großcnthcils dem Thurr angehört, ein Ländcrgebiet, das durch die 5 mächtigern, fehdelustigen, raubsüch­ tigen Nachbarstaaten in fortwährender politischer Verwirrung er­ halten wird. Boden.

Jessulmer ist wie Bikanir ohne fließenden Strom, doch liegt in seiner Mitte ein großer Salzsee (Sirr), im N.O. von der Residenz, der sich von Kanoad bis Mohungurh an 7 Stunden weit ausdehnt und der Kanoad Sirr heißt. Wäh­ rend mehrere andere kleinere Sirr dieser Art im Lande nur wäh­ rend ein paar Monaten ausdauern und blos ephemer dann ver­ trocknen, hat dieser das ganze Jahr hindurch sein Wasser und fließt selbst bei starken Rcgenmonsun über. DüllN sendet er so­ gar einen kleinen Fluß gegen S.O. aus, der sich aber nach 12 Stunden Wegs über Lahtie, Lowarki bis zur Gränze nach Jhoudpur, bei Pokurn, schon wieder im Sande verliert. Hierdurch erhält Jessulmer, wie durch den niederen Klippen­ zug, der, wie wir aus obigem wissen (f. ob. S. 952), vorzüglich die Südhälfte Jessulmers füllt, in der Richtung von S.O. gegen N.W. seine Demarkationslinie entschiedener Steri­ lität und komparativer Culturbarkeit, oder seine na­ türliche Hauptabtheilungör») in eine nördliche Hälfte, die'vorherrschend mit Ebenen und Tibas erfüllt, die eigentliche Sandwüste ist, und in die südliche Hälfte, welche mehr Rohi hat, und mit ihrer reichern, wenn auch nur temporalren Bewässerung, eine größere Mannichfaltigkeit der Oberflächen dar­ bietet, wenn sie auch nicht eben überall Fruchtbarkeit zeigt. Ge­ gen dieses nördliche Sandmeer ohne Wechsel und gegen die süd'") J. Tod I. c. II. p. 279.

Itssulmer-Staat, Clima.

1007

tid)f, klippige, nackte Dergwüste ist allerdings die Mitte, in wel­ cher die Capitale Iessulmer selbst liegt, wofür sie auch dort gilt, ein Paradies. Die Sandbcrge, die Tibas 35), nehmen einen großen Theil des Thnrr

ein;

Al. Burnes

passirte 16 Stunden

weit eine Strecke, die ganz mit ihnen überdeckt nur wenig Intervallen zeigte. Sie schienen ganz regellos sich zu verbrei, ten, doch bei näherer Ansicht nicht so ganz chaotisch und coiv fus, wie sie im ersten Anblick erschienen. Sic richten sich nach den herrschenden Winden; ihre Steilwände kehren sie, zumal in der Nähe ihrer Ecken, den Ost- und Nordostseiten zu, die sanfteren Böschungen der Gegenseite, woher die S.W., Monsune sie aufwehen. Hie und da sind sie auch bewachsen, mit Gras und Gestripp, doch kann sie dies nicht fixiren, es itrift und wird wieder unter dem überhinwehenden Sande begraben, wie zumal Phokebüsche und Akragras (s. oben S. 959), In sofern ist kein Tiba ganz nackt, aber es sind auch nur schein, bar permanente Dünen. Denn in der That wandern sie alle nach dem Sonnenbrände der heißen Jahreszeit, wo sic in völliger Nacktheit und Beweglichkeit dem Wanderer das gräß« lichstc Schauspiel bereiten. Der klippige, nackte Boden (Rohi) starrt überall in zerrissenen, nackten Gruppen hervor; er ist nur selten bebaut; auf einem Tagemarsch von 16 Stunden Wegs kann man öfter nur an einer Stelle ein paar Ackerfelder rechnen. Kein Drittel deS Bodens ist pflügbares Land; wo der Pflug haftet, giebt der Bo, den guten Ertrag, zumal da, wo sich Sand mit Thon mischt. Die Hauptbedingung der Fruchtbarkeit ist aber die Feuch, tigkeit.' Clima und Bewässerung. In der Winterzeit, wo Al. Burnes 36) die Oase Jes, sulmers besuchte, fand er bei dem Sonnenstände im Süden des Aequators die Luft sehr kalt, indeß die Hitze im Somme«! sehr groß ist, und der Verlauf eines und desselben Tages öfter die größten Extreme zeigt. Beim Eintreten aus den Plainen in die Sandhügel zeigte sich die Kühlung sehr stark, und der Boden

**) Al. Burnes Papers deser. 1. C. II. p. 113.

p. 112.

"

*•) rbend. II.

1008

Ost-Aslen. Vorder-Jndien. V.Abschn. §.'112

war, wenn man vom Pf.rde stieg, stets kälter als die Lust. Im Januar, 10 Tage lang, stieg das Thermometer um 2Uhr Mit, tags nie über 20° Reaum. (75° Fahrcnh.), indeß cs bei Sonnen,

aufgong

stets bis —2° Reaum. (30° Fahrenh.) fiel. Täglich gefror Eis, aber nie über i Zoll dick. Der große Tank bei Iessulmer war jeden Morgen mit Eis belegt. Die Brunnen dampf­ ten jeden Morgen, das aus der Tiefe heraufgezogene Wasser war stets warm; die Erdwärme in der Tiefe entsprach nie der tägli­ chen Abkühlung an der Oberfläche. An einer Stelle, bei der Tiefe eines Brunnens von 25 Fuß unter der Erdoberfläche, hatte daS Brunnenwasser eine um 12 Fahrenh. erhöhte» Temperatur, als das Wasser des Tanks an der Oberfläche, und tun 3° höher, alS die Lufttemperatur am Morgen um io Uhr. In heißen Som­ mern soll hier keine Differenz zwischen der Temperatur der Flußund Brunnenwasser seyn, die sich nur in der kalten Jahreszeit zeigt, und je tiefer die Brunnen, desto größer ihre dann relative Wärme seyn. Es ist schade, daß Al. Burnes keine Gelegenheit hatte Beobachtungen über diese Differenzen der Erdwärme in den verschiedenen Brnnnenticfen, die dort so bedeutend hinabsteigen, anzustellen; sie würden für die dortigen Erwärmungsgesctze der Erdrinde sehr lehrreich gewesen seyn, da die Brunnen, wie z. B. der Schloßbrunncn in Iessulmer, sogar bis zu 480 Fuß (60 Fathom)537) hinabreichen soll, und viele andere bis zu 300 Fuß hinabsinken. Die Bewohner des Landes meinen, der Re­ gen heize den Boden und gebe den Brunnen ihre Warme; sie bilden sich dies ein, weil sie nach dem Regen die Schlangen auS ihren Höhlungen kriechen sehen, denen es dann zu schwül darin werden soll. Doch giebt der S.W.-Monsun dem Lande nur wenig Feuchtigkeit; seine Regenfülle nimmt in diesen Parallen von Ost gegen West ab 33), und von Centralin­ dien gegen das Jndusthal hin werden die atmosphä­ rischen Niederschläge immer sparsamer. In Malwa ist mehr Regen als in Mewar; hier ist er noch schwerer als in Mar war. In Marwar fällt noch mehr Regen als in Ies­ sulmer, und selbst hier ist er bei aller Sparsamkeit noch häufi­ ger als in Daodputra am Indus. Wie weit der Ein­ fluß des S.W.-Monsun überhaupt sich hier aus-

'”) Al. Barnes Paper» descr. I. c. IV, p. 109. p. 112.

••) ebend. IV.

Iessulmer-Staat, Produkte.

1009

dehne, meint Al. Burnes, sey bis jetzt noch nicht ermittelt; wir glauben das Aufhören seiner Wirkungen früher in der Ver­ zeichnung über die Gränze der Dattelpalme, welche ganz Rajaputana eben aus diesem und keinem andern Grunde fern geblieben seyn mag, nach L. v. Buchs Fingerzeigen schon nach­ gewiesen zu haben (s. Asien IV. 1. S. 829, 832). Das geringe Quantum des jährlich fallenden Re­ genwassers, das noch dazu unsicher ist und zuweilen aus, bleibt, kann sich bei so lockerm Sandboden nur in größeren Tiefen sammeln und für die Dauer halten, da es aus der erhitz­ ten Oberfläche leicht wieder verdunstet. Unmittelbar nach den Re­ gengüssen ist es auch näher an der Oberfläche zu finden; außer­ dem aber selten näher, als bei 180 Fuß Tiefe, und, wie gesagt, selbst erst bis zu 480 Fuß. Als Al. Burnes von Süd her, von Parkur, am Run von Kutch, über Balmir (Barmair bei I. Tod) sich der Capitale von Iessulmer näherte, nahm die Brunnentiefe immer zu, ohne ein sichtbares Ansteigen des Bodens. In Balmir standen die Brunnen 96 Fuß tief (16 Fath.), in der Nähe Jessulmers 360 F. (60 Fath.), in der Residenz 480 F. (80 Fath.). Da das Wasser aus diesen Brun, neu nur mit größter Mühe emporgezogen werden kann, so sucht man im harten Thonboden, der das Wasser hält, große TankaS auszugraben, die man auch überall im Lande von Stunde zu Stunde künstlich angelegt findet, deren Dämme so feste Wände bilden, daß sie zugleich überall leicht in Bastionen verschanzter Orte verwandelt werden könnten. Produkte. * Ein großer Theil von Iessulmer ist mit losem Flugsande bedeckt, aber das ganze Land überall mit Quarzkieseln über­ streut, und selbst alle Bergkuppen sollen nach Al. Burnes daraus bestehen. Im Thurr sind die Tibas selbst ungemischter, loser Sand, obgleich auch hie und da von ihm Klippen von Kalk­ stein und Porphyrgestein damit überstreut sind. Wo die Sand­ berge nicht eindringen, ist der Boden Lehmsand, der, wenn er nur tief genug ist, gute Ernten giebt, sich jedoch im Allgemeinen bes­ ser zur Heerdenwirthschast eignet. Nur in einer Gegend des Lan­ des soll der Sand eisenhaltig seyn, sonst fehlt jede Art von Me­ tall dem Boden, und es ist merkwürdig, daß hier jede Goldspur, Ritter Erdkunde VI. Sss

1010 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §.112, welche den Libyschen Sandwüsten so reichlich beigemischt ist, der ganzen Sandformation von Rajasthan fehlt. Ein dunkelgelber, dichter, sehr fester Kalkstein» davon eine Art, „Baidu" ge, nannt, sehr hart ist und treffliche Politur annimmt, bient als Marmorstein zu Architekturen. Der Mangel an Zimmer, holz hat zum Stein bau der Häuser^) mjt diesem treff­ lichen Material geführt, was sonst in diesen Theilen Rajasthans nur selten der Fall ist. Die Häuser der Armen sind runde oder kegelartige Grashütten, die der Reichen mitunter überraschend schöne, massive Bauwerke. Selbst die kleinern Städte in der Umgebung der Capitale gewinnen dadurch das Ansehn von Forts, wenigstens ans der Ferne. Die Häuser mit platten, tcrrassirten Dächern sind gegenseitig so gestellt, daß sie natürliche Vertheidi­ gungen bilden, da ihre dicken, langen Mauern in ziemlichen Lan­ gen nach den Außenseiten der Ortschaften gerichtet sind. In der Capitale sahe Al. BnrneS 60 bis 80 Fuß lange Quadersteine aus solchen Marmorstücken geschnitten, die ganz ohne Adern und Sprünge wie Balken zum Häuserbau der Vornehmen dien­ ten, welche dadurch höchst elegante und schlanke Formen in Pfeilern, Säulen, im Pagodenstyl gewinnen. Bei der den Rajputischen Architekten eigenthümlichen, eleganten und feinen gitter­ artigen Skulptur in den Ornamenten (f. ob. S. 873, 881, 894, 910) sahe das neueste Gebäude eines Priesters in Jcssulmer, welches der britische Reisende aufführen sah, wie eine reiche in Zimmerholz geschnitzte Arbeit aus, welche im Innern durch Ver­ goldungen reichlich verziert war. Daß also das Material hier wol einen großen Einfluß auf den eigenthümlich vorherrschenden, schlanken Styl der Iaina-Architektur, im Gegensatz des gedrückten Styls der Grottcuarchiteetur der Hindus des centralen Dekans, ausüben mußte, scheint hiernach-klar am Tage zu liegen. Auch wird eine dunkle Art des Kalksteins von Chocolatesarbe mit Hellen Aderstreifen, welche A bu r 40) genannt wird, zu Schüs­ seln und Gefäßen verschiedener Art verarbeitet. Salz 4l) wird in den verschiedenen Salzseen (Sirr) gewonnen, und bringt, da es Regale ist, aus dem Salzdistrict, der 12 geogr. Meilen der Capitale im Westen liegt, jährlich eine Revenüe von 1200 Rupies ein. “•) Al. Burnes 1. «. IV. 110, 113. ") J. Tod Ann. I. e. 11. p. 281. ") AI. Burnes I. c. IV. p. 108.

Iessulmer-Staat, Flora, Fauna,

1011

Die Landesflora ist sehr beschränkt. Die Hauptcultur im Lande ist Bajera (Panic. spicat), eine gröbere Kornart, die einen leichten Boden liebt, und bei guter Ernte reichlichen Ertrag auf 2 bis 3 Jahre geben kann, wo dann nur noch Weizenein, fuhr aus dem Jndusthale nöthig ist, da entweder nur sehr we, nig, oder wie Al. Burnes 42) bemerkt zu haben glaubt, gar kein Weizen in Iessulmer gebaut wird. Gleich nach den ersten Regenschauern kann Bajera ausgesäet werden, und größere Ge, fahr droht nur, wenn zu viel Regen den lockern Boden wegspült. Das Bajera-Korn dieses Sandbodens soll selbst vor dem Wei, zenmehl den Vorzug verdienen, und gleich dem von Bikanir das beste in Hindostan seyn. Außerdem wird Jowari (Holc.sorgh) in den niedern Ebenen gebaut, und Mut und Mung (Phaseol. aconit. und mung.), die allgemeinste Nahrung der ärmeren Classe. Reis wird nur eingeführt. TU (Sesamum) und Baum, wolle gedeihen ebenfalls auf dem Boden, wo Bajera fortkommt; aber die letztere Pflanze giebt doch nur bei Pflege erst, alle drei Jahre etwa, eine Baumwollenernte; diese soll aber, bei magerer Irrigation, besseres Material zur Verarbeitung geben, als die auS dem Gangcslande, wo durch zu viel Bewässerung das Product mindere Feinheit gewinnen soll. In einzelnen Vertiefungen, wo sich Feuchtigkeit ansammelt, wächst eine Pflanze Jkbur wild, die dem Hanfe ähnlich durch rösten im Wasser zur Seilerei be, nutzt wird. Statt der Obstarten dienen hier die Cucurbita, ceen und Melonen als Surrogate; in großer Menge wird eine sehr kleine Melone, Gowar genannt, gezogen, die nicht grö, ßer als ein Hühnerei ist, und der Seltenheit wegen sehr weit und breit ausgeführt wird. Unter den Thieren nimmt auch hier das Kameel und das Schaaf die erste Stelle ein. Die Heerden sind keineswegs zahlreich, die Rinder sind nur klein, ihre Butter (Ghi) aber von gewissen Grasarten vorzüglich; der Pflug ist hier verschieden eingerichtet, für den einzelnen Ochsen oder für ein Paar, oder wenn er mit dem Kameel zusammengejocht wird. Die Büffel streifen frei umher und stellen sich selbst ein, um gemolken zu werden. Di« Sch aase sind klein und der Europäischen Race ähnlicher, als die sonst in Indien gewöhnliche, wo sie viel größer ♦*) Al. Burnes 1. c. IV. p. 107; J. Tod Ann. I. c. II. y. 281.

Sss2

1012 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Mschn. §.112. sind und eine schwarze oder dunkle Wolle geben. Die weißen Schaafe in Jessulmer sind aber berühmt wegen des unge­ mein weißen und feinen Wollgewebes, 8ui (Looee)5«) genannt, das hier, wie in Dikanir, aus ihrer Schur gefertigt wird, der Hauptstapel des Landes. Diese Wollgewcbe kom­ men auch hier von 3 bis zu 40 Rupien das Stück in den Han­ del, ein Carmoisinstrcifen unterscheidet sic; aber ungeachtet ihrer großen Feinheit und Annehmlichkeit zu Shawls, Turbanen, Rökken, kommen sie wenig als Waare in das Ausland. Das Ka­ mee! ist nur klein, hier weniger tüchtig als in Marwar; sein Gebiß ist dazu geeignet, die nadelharten holzigen Dornbüsche der Wüste zu kauen, sein Fußballcn auch festen Tritt auf losem Sande zu finden. Es wird vor Pflug und Karren gespannt, muß die Wasscreimer aus dem tiefen Brunnen heraufziehen' und die so unentbehrlichen Meshaks (Wasserschlä uche) .hin und her tragen. Die Lastkamecle selbst sollen hier von schwächli­ cher Race seyn. Doch behauptet I. Tod 44>, die Rajas von Bikanir und Jessulmer hätten sich eine reitende Artil­ lerie von 200 Kameclen geschaffen, deren jedes 2 Mann trage. Sie diene trefflich bei Retraiten. Wird dies Corps attackirt, so ist das Kameel zum Nicdcrknien dressirt, der Packsattel dient zur Verschanzung, hinter welcher der Artillerist seinen Schuß abfeuert. Die offene, baumlose Einöde sichert das Land vor den größeren Raubthiercn; Tiger wie Löwen sind hier unbekannt, obwol Füchse, Wölfe, Jakale,Hyänen und einige wildeKatzen, arten nicht fehlen, die den Antelopen (Nilgaus führt I. Tod an), Hasen und kleinerem Wild nachgehen. Eber sind selten; Jerboas, jene Erdratten oder kleine Springhasen, wie in Bikanir, unterminiren auch hier durch ihre Reitlöcher alle Sandhöhen und Ebenen, so daß der Einbruch in dieselben für das Lastthicr der Karawanen oft sehr beschwerlich und hemmend werden kann. Geyer, Falken giebt es häufig in den Wüsten, Rabenschaaren stellen sich auch hier ein. Den Kulum, ei­ nen Zugvogel der nördlicheren Gegenden Indiens, den Al. Bur« neS auch in Kutch und Guzurate in der kalten Jahreszeit gese­ hen, und den er hier als Passage-Vogel zu treffen erwartet hatte, fand er nicht vor; dagegen wilde Enten, Rebhühner und "') Al. Barnes I. e. IV. p. 100) J. Tod Ann. II. p, 281. 44) J, Tod Posort of Sind L c. Voh II. p. 328.

Iessulmer-Staat, Bewohner.

1013

unzählige kleinere Reptilien, Scorpione', Asseln u. s. w., die nn, ter den zahllos ausgestreuten Kieseln des Bodens überall ihre Asyle finden. Der Handel 4^) von Iessulmer kann bei der Armuth eigner Produkte und Fabrikate nur im Transit» bestehen, aber auch dieser ist wegen der steten Hemmungen durch Fehden und Räubereien nur gering zu nennen, obwok hier die Hanptpassage ans den mittleren Gangesprovinzen butd; die Knttars (Kamcelkarawancn) zum mittlere und untern Indus stattfindet, nach Oed;, Shikarpur, Mnltan, Rori Bckher, Hydra­ bad und zu dem Indus-Delta. Es sind dieselben Durch« gangswaarcn wie durd; Marwar und Bikanir. Wir führen nur an, daß nad; Al. Burnes Erkundigungen durd; die Capitale Iessulmers allein jährlid; 20bis25,c>ooMaund Opium nach Sind passiren, um von da über Curad;i Bunder nad; Da» maun zu gehen, was die früher in Palli butd; I. Tod einge­ zogene Nachricht vollkommen bestätigt (s. ob. n, Vol. II. p. 309 — 316. T •) Ferishta History of the Kings of Rlultan in Hjst. o( tfoe Bis* etc. I. c( l). Briggs VeL IV« p. 411.

1032

Ost-Asien. Vorder-Jndien. V.Abschn. §.112.

anstalten die Umgebung zu einem fruchtreichen Boden umgestal­ tet hatten. Noch in dieser Periode war es, wo Omerkote, daS bei Ferishta Amirkote heißt, und als Amara Kote, d. i. Fort der Unsterblichkeit, erklärt wird, zum Asyl für den Kaiser Humayun ward, der aus Ajimer und Jessulmer von Verralhern bedroht, durch die Wüste zum Indus floh. Nur die Eile seiner Kameele rettete ihn vor den nachsetzenden Feinden. Seine Mongholischen Begleiter, erzählt der Geschichtschreiber^'), fielen neben ihm tob nieder, oder wurden durch das Uebermaaß der Hitze verrückt. Der Wassermangel war furchtbar; den­ noch war des Kaisers Muth stets frisch; er sorgte für seine Fa, milie im Vortrab, die ihn im Nachtrab begleitete. Als der Feind ihn endlich erreichte, kehrte er mit seinen tapfersten Gefähr­ ten um, begann die Schlacht und mit dem ersten Bogenschuß ward ihr Anführer zu Boden gestreckt. Die andern entflohen. Die Beute ihrer Kameele ward die Rettung Humayuns, der nun auch einen Brunnen erreichte. Er befahl seinen Leuten niedcrzuknieen und Allah für die glückliche Rettung zu danken. Dann fehlte das Wasser wieder 3 Tage lang; neue Noth, bis man an Brunnen kam. Ihre Tiefe machte die Durstigen un, geduldig; jedesmal wurde die Trommel geschlagen, wenn der Wassereimer aus der Brunnentiefe von mehrern loo Fuß heraufkam, damit die Treiber ihre Lastthiere herantrieben; aber der zu wilde Zudrang stürzte mehrere in die Tiefe. Neue Noth. Am nächsten Tage, beim ersten Wasserbach, der erreicht ward, kamen viele Ka­ meele vor Uebermaß um. Endlich erreichte Humayun, nach unsäglichen Beschwerden, nur noch mit wenigen seiner Gefährten das Castell von Amirkote, wo der Rana mitleidig den kai­ serlichen Flüchtling schützte. Hier, wurde Akbar geboren von der Königin Banu Begum. Humayun, von des Rana Truppen escortirt', setzte seine Flucht über den Indus nach Per­ sien fort. So weit die Geschichte; die Geographie des Landes bleibt unbekannt, sie geht aber aus diesem Durchzuge hinreichend her­ vor. Späterhin verliert Omerkote seine Selbstständigkeit, eS kommt mit Sind und Multan als Subah«*) an die Herrschaft der Delhi Kaiser. Mit den innern Verwirrungen des Delhi Rei•••) Ferishta History I. c. Vol. II. 94 — 95. bery ed. Fr. Gladwfo Vol. II. p. 111 — 118.

“) Aycen Ak-

Rajputen-Staat Omerkote, Schicksale.

1033

ches zu Aurengzcbs Zelt verschwindet jeder Bericht aus jenen Ge, gende«. Die Rhatore Rajputen breiten vom Osten her ihre Macht aus, die Rajas von Ihoudpur streiten mit den Kalora, einer dort aus mohammedanischen Heiligen und von Aurcngzeb unter, stützten Dynastie (seit 1705) als Vicekönige von Tatta, und mit Multan, um das Supremat von Omerkote. Seit dem XVI. Jahrhundert nahmen die Fürsten am Indus tapfere Krie, gerstämme der Belludschen8?) von der Westseite des In, dus in ihren Sold. Der Einfluß dieser Belludschen wächst mit der schützenden Macht Cabulistans in seinen Provinzen durch die Jnduslande, die Grausamkeit der Kalora stürzt ihre eigenen Herrscher. Ein tapferes Belludschen Geschlecht, die Talpuris, vier Stüber83), die Amirs ober „Herrn von Sinde" ge, nannt, bestiegen nach blutigen Revolutionen, seit den Loziger Jah­ ren des vorigen Jahrhunderts, den Thron von Hydrabad am Indus. Sie halten erst Freundschaft mit ihren östlichen Nach, barn, den Rhatores von Ihoudpur, und gestatteten ihnen ihre Garnisonen bis Omerkote vorzuschicken8**). Seitdem aber ihre Macht durch den innern Verfall ihrer frühern Oberherren von Cabul gewachsen ist, entrissen sie Daudputra, oder dem Khan von Bahawulpur, einen Theil seiner Provinzen, schickten ihre tributfordernden Horden nach Parkur (s. ob.S. 1024) und such, ten sich Kutch zu unterwerfen. Sie eroberten im Jahre 1813 die Festung Omerkote und verjagten die Truppen des Raja von Ihoudpur aus bedeutenden Strecken seiner westlichsten Pro, vinzen,-so daß sie gegenwärtig (1834 nach Al. Burnes)83) das Land von Parkur bis Jessulmer nordwärts im Besitz haben, welchem letzteren sie ebenfalls Theile seiner Gebiete entrissen. Die, ser reißende Fortschritt der Erweiterung der Herrschaft der Talpuri in Sind, gegen den Osten, ist die Ursache, warum Omerkote auf dem Gränzgebiete politischer Fehden, seit langem unzugänglich war für geographische Forschung, und es auch blieb, bis in die neueste Zeit, als der kühne Al. Burnes den Plan zu einer Entdeckungsreise von Kutch durch die Wüsten von Sind und Ooch zum Indus entworfen hatte, von dem er aber, •*) Ferishta I. c. IV. p. 385. I$) Dr. Jam. Burnes Narrative of a Visit to the Court of Sinde 1829. Edinburgh 1831, 8. p. 22 etc. •4) Mac Murdo Account of Cutch l. c. Vol. II. p. 237. ") Al. Burnes Notice regarding a Map of the Indus in dess. Trav. I. c. Vol. III. p, 214,

1034 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §.112. als politisch zu beunruhigend für die Amirs, durch das Bombay Gouvernement zurückgehalten68G) wurde. Eine merkwürdige Um­ gestaltung ist, seit dem Erdbeben von 1819, und einer darauf im Jahre 1826 erfolgten großen Ueberschwemmung der Jndusfluthen, welche dem untern Jndusarm, zwischen Sin dH und Kutch einen veränderten Lauf und einem westlichen Theile des Run eine neue Gestalt gaben, auch mit diesem Omerkote^) vorgegangen, weil ein Jndusarm, der ehedem weit oberhalb Hndrabad abzweigte, aber längst vertrocknet war, sich seitdem wieder durch Erderschütterung eröffnet und den Durch­ bruch durch die Wüste gebildet hat. Omerkotc soll durch eine­ plötzliche Jndusüberschwemmung zerstört worden seyn; cS würde demnach gar nicht mehr fern abgeschieden in der Milte des Thurr liegen, da seit diesem seltsamen Bodenwechsel, nach Al. Burnes Versicherung, eine Wasscrverbindung von da bis nach Luckput sich gebildet hat, die bis zum Jahre 1829 we, rngstens vollen Bestand hatte. Omerkote soll wie Jessulmer durch das genannte Erdbeben sehr zerstört worden seyn. Hiermit, beschließen wir die Darlegung der wesentlichen Hauptmomente der geographischen Verhältnisse des centralen Hindostans, als eines ungemein inhaltrei­ chen, zusammenhängenden Naturganzen, wie wir das­ selbe aus dem Fortschritt der frischesten Naturbcobachtung des letz­ ten Dierteljahrhunderts zu schöpfen vermochten, und überlasse» eS andern historischen Arbeiten, außer den in Obigen überall ange­ gebenen Fingerzeigen über die menschlichen Verhältnisse' dieses Ge­ bietes, auch die historisch,ethnographische Seite desselben vollständiger zu erschöpfen, als es die Hauptaufgabe und der Raum dieses Werkes hier zu gestatten schien. •••) AI. Burnes Papers Descr. I. c. Vol. IV. p. 89. s7) Al. Burnes Memoir of the Eastern Branch of the Indus and the Run of Cutch in -eff. Trav. Lond. 1834. 8. Vol. III. p. 316; vergl. Mac Murdo Papers relating to the Earthquake which occurred in lndia 1819, in Transact. of the Bombay Liter. Society« London 1823, 4, Vol. IIP p. 97t.

Gestadelandschaften, Schlammgolfen.

1035

Zwei.teS Kapitel.

Die gesonderten Gliederungen der Gestadelandschaften Guzurate, Kutch und die Küsteninseln Bombay und Salsette. §.

113.

Uebersicht. Don dem Run von Kutch mit der Sunt# und Bunas, Mündung (s.ob.S.S4s) südwärts bis zum Cambaya-Golf, der mit dem Laufe der Sabermati, Dhandur, Mhai, Nerbuda und Tapti Flüsse bis zu ihren Mündungen aus obigem bekannt genug ist (s. ob. S. 621 — 655), sind zwei, vom übrigen Com tinente, durch die genannten Vertiefungen gesonderten, inselartigen Gliederungen, die Halbinseln, Kutch und Guzurate genannt, ausgebreitet, die unter sich wieder durch den tiefern Golf von Kutch von einander getrennt sind. Drei Einbrüche des Meeres von W. und S.W. gegen O. und N.O. sind es also, welche an ihren Ostenden, im flachen Bin, nenlande zu seichten Schlammgolfen werden, die merk, würdige, salzige, nur temporär mit Wassern bedeckte und dann wieder theilwcis oder ganz entwässerte Oberflächen darbieten, wel, che ihren gemeinsamen centralen Zusammenhang ungemein er, schweren und unsicher machen, während ihre maritimen Westsei, ten vom hafenreichen Meere umspült werden. Daß der süd, lichste dieser Golfen, der von Cambaya schon von dieser Ha, fenstadt an, wegen starker Ebben und Schlammbänke nicht mehr schiffbar sey, ist oben gezeigt (s. ob. S. 645); daß der nörd, lichste derselben, das flache Run oder Erun(Araniya) zwar nicht meerbedeckt sey, aber temporair durch die Monsunregen sich mit Morästen fülle, und zu Salzkrusten verdunste, ist ebenfalls nachgewiesen. Der mittlere Golf von beiden, der von Kutch, ist uns noch weniger genau bekannt; aber auch er scheint in der östlichen Hälfte, ostwärts von dem Hafenorte AnjarS, zu Tunea und Mallia, an der Mündung des Mutchu,Flusses, in Schlammboden, gleich dem Run, überzugehen. Dieser Flachgrund, mit temporären Morästen und Wassern über­ deckt, greift hier von dem innersten Winkel des Golfs von Cam«

1036 Ost-Asten, Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 113. bay, von der Sabermati, und Bhauder, Mündung nordwärts zur Bunas, und Luni,Mündung in die innersten Winkel der Golfe von Kutch und des Run hinüber, so daß die beiden bergigen scheinbaren Halbinseln von Kutch und Guzuratp hierdurch zu wirklichen Inseln ihrer Form nach, den großem Theil des Jahres hindurch sich gestalten müssen. Diese gemeinsame Stellung zum Continent, ihre beiderseitige Jsolirung vom Ganzen und unter sich, hat ihnen analoge, aber doch differente Schicksale bereitet. Ihre schwere Zu, gänglichkeit von der Ostscite, auf einem Zwitterboden, der weder Land noch Wasser ist, hat sie beide, der Vor, theile vollständiger, maritimer Inseln beraubt, und von der Ost, feite, viele Jahrhunderte hindurch, fast unnahbar gemacht, ihre bewohnbarere Seite aber zu gesicherten Asylen roher Abort, g i n e r erhoben, oder nach deren Unterdrückung durch die eindrin, genden Usurpatoren der umherschweifenden Rajpulen,Tri, bus, zu Raubnestern ihrer Plünderzüge zu Land, durch die benachbarten sie natürlich schützenden Wüsten, oder zu schwerzuer« reichenden Hafenstellen ihrer Piratenflotten. Dadurch sind diese Insclländer von Kutch und G uz »rate, wenn auch an einzelnen ihrer Küstenpuncte, seit den ersten Eroberungen der Mohammedaner und 2lnsiedlungen der Europäer (wie Somnath, s. Asien IV. 1. S. 549, und Diu, cbend. S. 616, 642) zwar gekannt, bis in die neueste Zeit den Europäern in ihrem In, nern jedoch in der That unbekannt und unnahbar geb.lie, ben. Auch hier mußte erst die jüngste Politik und Diplomatik, eine Folge der beigelegten Mah-rattenhändel der Rajpu, ten Confödrration und der Sicherung der Territorien der Präsidentschaft Bombay, wie ihres Handels an den Westgesta, den Indiens und ihrer Alliirten, zumal dcs Guicowar von Barode, dessen Herrschaft sich durch das continentale Gu, zurate, von Nemaur am Nerbuda (s. ob. S.621,632) bis auf die Ostseite der Halbinsel Guzurate ausbreitet, die geogra­ phische Kenntniß das Innere dieser Jnselländer aufhellen, was jedoch, seit dem ersten Viertheil des gegenwärtigen Jahrhunderts, nur erst noch zum Theil hat geschehen können, daher hier auch nur fragmentarische, kursorische, noch wenig zusammenhängende Berichte gegeben werden können, da wir erst künftigen mehr dort einheimischbleibenden Beobachtern und in den verschiedenen Fä, chern wissenschaftlich gebildeten Männern zusammenhängendere, alle

Das Inselland Kutch, Cach'ha.

10.37

Zweige der Wissenschaft mehr befriedigende zu danken haben wer­ den, Doch auch so glauben wir hier Vollständigeres zu geben, als je zuvor in Geographien gelehrt war. Erläuterung

1.

Das Jnselland Kutch oder Cach'ha und seine Bewohner. Das Land Kutch oder Cach'ha^») (sprich Kutsch, Katscha, d. h. im Sanskrit der Morast) innerhalb seiner be­ stimmtesten Naturgränzcn, dem Golf von Kutch im Süde n, dem Salz-Run im Norden, dem Ostarm des Indus im Nordwcst, und den Verzweigungen des Run im Ost, liegt zwischen 68 bis 70° O.L. v. Gr. und dein 22 bis 24° N.Br., ist also recht eigentlich unter dem nördlichen Wendekreise ausge­ breitet. Seine Ausdehnung von 0 st nach West beträgt 32 gcogr. Meilen, seine Breite von S. nach N. nur 13 gcogr. M.; diese engt sich aber zuweilen bis auf 3 gcogr. Meilen zusammen. In der schönen, trockenen Jahreszeit ist dieses Gebiet durch Wüsten­ strecken von 2 bis 24 Stunden Weges Länge von seinen Nach­ barländern geschieden; in der nassen Jahreszeit, wenn die Mon­ sune sich ergießen, aber von allen Seiten durch Wasserflächen vom übrigen Hindostan für die Hälfte des Jahres völlig abgeschnitten; auch die jährlich anschwellenden und wieder versiegenden süßen Wasscrmassen des Indus, die sich zu der Runseite hinüber gießen, tragen dazu bei, dem eigenthümlichen Boden von Kutch immer nur slucluirende Gränzen 89) zu setzen, wozu noch Erd­ beben kommen, welche hier nicht selten die Niveauverhält­ nisse von Land und Wasser seltsam verändern. Theils sind «S die S.W.-Monsune (vom Mai bis Oktober), welche die •••) Capt. Jam. Mac Murdo Resident at Anjar Account of tlic Province of Cutch and of the Countries lying between Guzerat and the River Indus, read 29. Sept. 1818, in Transactions of the Literary Society of Bombay. London 1820. 4. Vol. II. p. 205—241; Jam. ßurnes Surgeon to the Residency at Bhooj, Medical Topography of Bhooj History of Cutch, Natives of Cutch in Append. The Narrative of a Visit to the Court of Sinde etc. Edinburgh 8. 1831. p. 145—253, nebst Map Sketch of the Runn and Countries adjat ent; W. Hamilton Descr. of Hindost. Vol* I. p. 585 — 603; Politics of Sind and Cutch in Asiatin. Journ. 1826. Vol. XXI. p. 367 etc. ") Al. Burnes Memoir of the Eastern Branch of the Indus and the Runn of Cutch «(Alterations of an Earthquake 1819) in deff. Travels Vol. III. p. 309 —329.

1038 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §.113. salzige Meeresfluth und den Aufstau des östlichsten Indus, armes des Kori gegen den Osten hereinschieben in die Einsen, kung des Run bei Luckput; theils sind cs die Regenwasser, welche mit den Luni, und Bunaßflüssen die inneren Golfen dcS Run mit Morasten bedecken, die nach der Verdunstung in der trockenen Jahreszeit sich dann in eine desto reichere Weide ver, wandeln. Nach den ältesten Landeseintheilungen in 6 Distrikte heißen: das Westende, Ubrassa und Gurrah; dasOstende, Wa, gut; die Nordseite, Pawur undPutchun; dieSüdküste Kanthi. Diese Benennungen müssen in die früheste Periode, schon lange vor das XIII. Jahrhundert, zurückgehen, wenn der westlichste District wirklich, wie die Sage angiebt, nach U bra oder Abra, dem ersten Summa-Chef, der vor der Tyrannei der Sumra, Herrscher in Sindh hiehcr floh, und sein Geschlecht hier ansiedelte, genannt ward. Der Name Cach'ha, in den Puranas, ist mit einer Legende über die Entstehungsgeschichte dieses Landes verbunden, das öde und wüste gewesen seyn soll bis zur Zeit, da ein heiliger Rischi (s. ob. S. 551), der am Narrain Sirawar, b. «. am See Narain (den der Indus vor Zeiten gebildet haben soll; gegenwärtig hat nur eine heilige Quelle auf dem Kutch den Na, men beibehalten), in Meditationen versenkt, gefürchtet habe, keinen Ausgang mehr aus dieser Wildniß finden zu können. Er setzte durch seine Zauberkraft das Land in Feuer; der Erdboden stieß überall Flammen und Rauch aus, und verbrannte. Dann erst bedeckte sich das Land mit schönen Weiden, welche die Diehher, den anlockten, und diesen zogen die Hirten nach; so ward es bevöl, kert. Allerdings entspricht, bemerkt MacMurdo, wol bisher der genaueste Kenner von Kutch, in dem er so lange Jahre als bri, tischer Agent rcsidirte, dieses ganz dem Ansehn einer Feuerbildung; überall zeigt es sich wild, wie von Erdbebenstößen zerrissen, voll Klippen und Felsen, mit Schlacken und den mannichfaltigstcn vulkanischen Produkten bedeckt. Gebirge^). Durch die ganze Länge von Kutch, von West nach Ost, der Küstenkrümmung correspondirend, zieht eine Ge, birgskette von mäßiger Höhe, Lunkhi oder Lukhi Jub, berl, d.i. das Lukhi,Gebirg, dessen Breite höchstens drei gute "") C. Mac Murdo Account, of Catch . c. Transact. Vol.II. p,207.

Jnselland Kutch; Lukhi-Gebirge.

103^

Stunden einnimmt, doch zusammenhängend und wild und steil genug, das ganze Jnselland in eine nördliche und südliche Zone theilend. Von der ebenen Nordseite, von Parkur und dem'fla» chen Run aus gesehen, zumal wenn ihr Fuß mit Nebeln oder Wolken umzogen ist, scheinen sie dem Auge des Wanderers, der dort nur in Plainen umherzieht, hoch in die Lüste zu steigen9I). Die Bergkette ist größtentheils nackt, wenigstens waldlos, und nur mit krüppligem Buschwerk bewachsen, das immerfort von den zahlreichen Hecrden der Ziegen und Schaafe, die hier weiden, abgenagt wird. Die klippigen Höhen der Lukhi sind ohne Erde, ohne Grün, ohne Wald, obwol einzelne vermoderte Baumstämme die man immerfort hie und da zum Brandholz herabbringt, wol zeigen, daß in frühern Zeiten einst dort die Wälder nicht gänzlich fehlten. Die Farbe der Berge ist rostbraun) auch ein ganz west ßer Gipfel ragt darunter hervor. Chaotisch ist ihre wilde Anhäu« fung, ihr Anblick grausig wüst, weil keine Quelle, kein fließendes Wasser sie befruchtet, und nur in der Monsunzeit temporaire Bergwasscr sie zerreißen und durchstürzen. Unter den Bergen ist der Nunow, fast in der Mitte von Kutch sich erhebend, und wie ein Zuckerhut gestaltet, der merkwürdigste; er ist in weiter Ferne schon die Landmarke der Schiffer, die ihn mit dem Namen Chigo (d. h. Sieh dich um) obwol irrig belegen, weil dies der einheimische Name einer mehr westlichen Ufer Höfe ist. Im Nordost vom Kegel des Nunow ist die zweite auffallendste Höhe, der Warra, ein Tafelberg, dessen scharfer Rücken wie mit dem Lineal in gleichlaufender Linie dahinstreicht. Im Norden dieser Hauptkette zieht eine zweite Parallelkette von un< tergeordnetcr Höhe, die namenlos blieb. An einigen Stellen vermischt sie sich durch südliche Verzweigungen mit jener. Sie zieht ebenfalls durch die ganze Länge von Kutch, von der Ostecke zwischen den Bheylabergen^) in Nord und denen bei Kan« mer im Süd, beide in Wagur, westwärts bisJharra Fort gegen Luckput Bunder, wo Kutch an die Jndusebene von Sindh gränzt. Dieses nördliche Parallelgebirge ist roc* Niger Kettenzug als die Lukhi, hat meist gesonderte Kegel, und ist in mehrere Gruppen getheilt; aber im Westen verbinden sich beide durch zwischenliegendes Bergland, das von vie«

**) Al. Bornes Memoir of the Eastern Braneh etc. I. c. Travels Vol. III. p. 320. •*) ebend. p. 325.

1040 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 113. len kleinern Schluchten und Thalern durchschnitten wird.

Von

ein« dieser Bcrggruppen umgeben, liegt das Thal von Bhuj oder Bhooj, die Hauptstadt von Kutch, und zwei gute Stunden nordwärts derselben noch innerhalb jener Bergzüge erhebt sich ein großer Pikkegel, der Jundria, in welchem alle Mühlsteine gebrochen werden, die man im Lande verbraucht. Diese Bergzüge fallen hier gegen N.W. besonders mit steilem Absturz hinab zur Tiefe des Nun. Auch der unmittelbare Uebcrgang zum Run ist durchaus nicht allmälig, sondern von Bheyla im Ost, bis Luckput im West, wenn auch nicht hoch, doch überall fel­ siges, klippiges Ufet593), und die letzten Meilen gegen West zur Jndusseite hin, von Nurra bis Luckput, springen lauter senkrecht abstürzende Caps, Klippen, kleine Vorge­ birge zum trocknen Nun, dem nur die rauschenden Meereswasscr fehlen, um hier ein Klippengestade zu zeigen. Wo diese Klippcngränzen fehlen, zieht das Nun überall tiefer landein. Hier wird es fast offenbar, daß das Meer sich aus der Depresston des Run zurückzog, und einst schiffbar seyn mochte, wie die Landcssage be­ hauptet. Da aber schwerlich die Meerspiegel hier particulair sin­ ken konnten, so wird sich wol die Fläche des Run selbst gehoben haben. Die Sage der Einwohner ist zwar zu thöricht, daß ein Jogi die Ursache der verschwundenen Meeresfläche in Run ge­ wesen sey; aber sie spricht wenigstens dafür, daß dies seit Men­ schengedenken geschehen sey. Al. Burnes führt als Bestätigung eines solchen Factums an, daß vor 5o Jahren im Run, bei Wawania ein Schiffswrak im Schlamme 50 Fuß tief unter der jetzigen Oberfläche gefunden sey, weit größer als die heutigen, dortigen Schiffe, und daß man am Rande jenes Klippensaumes große Steinblöcke mit Löchern vorfinde, die ehedem zu Ankersteinen gedient hatten. Die Thäler zwischen den beiden parallelen Bergket­ ten und der südliche Küstensaum, der in einer Breite von

4 bis 6 geogr. Meilen am Meere hinzieht, aber häufig von Hä­ sen unterbrochen wird, enthalten den culturbaren Boden, der aber nur wenig bebaut ist. Dicht am User zieht hier eine hohe Sanddüne hin, wie auf Coromandel, hinter welcher das Niveau des Landes dem Auge sogar niedriger zu liegen scheint, wie der Meeresspiegel. Diese sandige Uferhöhe heißt gegen die Seite

*•*) Al. Barnes Mem. I. c. p. 326.

Znselland Kutch, Bhunni, Weideland.

1041

der JnduSmündung hin, bei den Einwohnern, Chigo. Den Nordsaum deS Landes Kutch, gegen die Seite des Run, nimmt in einer Breite von 2 bis höchstens 3 Stunden der ebene mit» unter flippige Landstrich ein, den man dort Bhunni9«) nennt, etwas erhabner als das Run gelegen, aber doch nicht hinreichend hoch genug, um auf ihm Korn zu bauen, obwol er reichlich ge» nug mit Brunnen versehen ist. Es ist ein Grasstrich, der nie beackert oder sonst bebaut wird, weil er vom schönsten Weide» lande überzogen wird. Es sind die üppigsten Grasungen für zahllose Heerden der Rinder und Büffel, deren Butter (Ghi) ei» nen Hauptartikel zur Landesausfuhr abgiebt. Die Charun, die Rehbaris und mohammedanische SindhTribuS, zu 6 bis 8 Familien in Gruppen vertheilt, sind die Besitzer dieser Heer, den; sie wohnen in Wanderdörfern (Wand, oder NyceS) beisammen, deren Grashütten leicht beweglich und mit den No« maden hin tind her wandern. Abgeschieden von der übrigen Welt führen die dasigen Bewohner ein einfaches Hirtenleben. Aber drei Monat im ist dieses Bhunni der Sammelplatz der Regenfülle der Monsunwasser; nachher wird eS zum Marsch» boden und dann erst zur grasreichen Wiese. In alten Zeiten soll eben hierher das Jnduswasser sich als Landsee Na, rain ergossen haben; vor loo Jahren war das Wasser dieses Seebodens noch süß, und bedingte hier am Westende des Bhunni und Run R e i s c u l t u r. Die süßen Wasser des östlichen JnduSarmS sind aber, absichtlich, von den rachsüchtigen Sindhs, durch künstliche Dämme und Canäle, gegen den West; zur Befruchtung ihrer eigenen Territorien, von den Feldern ihrer Nachbarfeinde der Kutch abgeleitet, zu Reiscultur, die vordem auch überall am Lu ckput-Arme des Indus auf der Kutchseite Statt fand. Die, ser ist in der letztem Zeit durch Erddämme völlig (seit der Schlacht von Jarra im I. 1762)95) seiner Wasser beraubt, und selbst der Hafen von Luckput dadurch verseichtet. Im benachbarten söge, nannten großen Run, dessen Natur wir aus obigem schon kennen, liegen noch ein paar inselartige dem Bhunni ana» loge Landstriche, welche von den Dörfern auf ihnen, Kur» rir und Kawra oder Kaora heißen; wahre Inseln mit •■*") Mac Mordo L c. p. 208; AI. Bornes Mem. 1. c. VoL III. p. 325. ,f) AL Burnes Mcm. of the Eastem Branch etc. I. c. Trav. VsL III. p. 310.

Witter Erdkunde VI.

Uuu

1042 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §.113. Grasungen für Heerdenwirthschaft geeignet. Zumal Kawra, oder Kaora, dieselbe Insel, welche die Gebrüder Al. und Jam. Burnes, auf ihren Sper-alkarten vom Run, P u chu in 59°) ge, nannt haben, im N.W. ist für Kutch bequem gelegen, als 11 e, bergangsstation nach Sindh, das durch 12 geogr. Meilen breite Wüsten von ihm geschieden ist. Ku rrir liegt nur 3 Stun, den in N.W. von Bhunni entfernt, nnd Puchum 6bis7Stun, den fern von Kurrir. Mehr im Osten, im sogenannten flci» nen Run gegen Guzurate hin, liegt noch «ine solche grasreiche Insel, Charar genannt, auf welcher der Hauptort Santul, pur, über welchen die einzige Communieation mit der Capitale Ahmedabad (f. ob. S. 647) Statt findet. Mineralien nnd vulkanischer Boden. Leider ist die Beobachtung eigentlicher Geologen^) noch nicht bis Kutch vorgedrungen, das nach Mac Murdv allerdings als «ine plu» tonische Domaine erscheint, womit auch Al. BurneS Be, vbachtungen übereinstimmen. Eisenerze^) sind überall in Kutch verbreitet, auch wird sehr viel darauf gebaut; die Bheyla,Berge der nördlichen Parallelkctte bestehen, nach Al. Burnes, ganz aus Eisen» stein; eben so wie die Klippen der Inseln Kurrir und Pu» chum; und, nach Mac Murdv, wird zu Jhurira bei Bhooj, im Bette des Sone»Chcla»Flusses, und im östlichen Wagur»Di» stritt bei Ganithul, viel Eisen gewonnen. Steinkohlen, wahr, scheinlich Braunkohlenlager und bituminöse Erdartcn fin» den sich häufig vor; so z. D. werden in einem steilen Flußbette •6ei Bhooj, bis zu einer Tiefe von 20 Fuß, sehr viele Gruben, in einem Umfange mehrerer Stunden,auf Steinkohlen bear­ beitet, die trefflich zur Feuemng dienen und sonst innerhalb der Tropen selten sind. Bei dem Bau eines Forts in Wagur, auf dem Berge Shy e, traf man auf ein Lager bituminöser Erde, die sogleich aus Aberglauben wieder verdeckt ward. Durch ganz Kutch sollen Holzpetrefacte häufig seyn, zumal von einem sehr harten der Tamarinde ähnlichem Holze, dem Kijurabaume (ob Kejra, Mimosa catecliu? s. ob. S. 102L) und von milchgeben­ den Büschen (ob Euphorbien?). • ••) Al. Burnes Mem. I. c. Vol. III. p. .325. *’) Jam. Calder General Observations on the Geology of India in Asiatic Resear­ ches Calcutta 1833. 4. Vol. XVIII. Phys. Class. P. I. p. 19. •*) Mae Murdo Acc. I. c. II. p. 209. Al. Burnes I. c. III. p, 325.

Jnselland Kutch, Lavaboden.

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7 Stunden Im Ost von Lukput, bei dem Dorfe Mhur, liegt gegen das Westende der Bergketten ein kleiner Berg mit ei­ nem Tempel der Assapura (d. i. Bhawani, Sivas Gattin, s. ob. S. 489), und dicht dabei ein erloschener Bulcan, der, weil er einst Feuer und Flammen auswarf, vom Volke heilig ge­ halten wird. Die bituminöse Erde, die an seiner Seite ge­ graben wird, brennt man als Opfer im Tempel der Assapura, weil sie ihr lieber sey als Weirauch; denn hier erschlug sie einen Dyt (einen Riesen), von dessen Gebeinen sie genommen wird. Nahe dabei an einem andern Bergabhange ist eine Wafferquelle mit einem künstlichen Reservoir, Chachera Kund, von einer gleichnamigen Göttin genannt; das Wasser daraus gießt man in Erdlöcher, wo es verschwindet, aber große Klumpen Salz zurückläßt, aus dem man nach dreimaligem Auflösen im Wasser und Abkochen, einen Alaun in so außerordentlichen Quantitä­ ten erhält, daß jährlich an 100,000 Maund davon cxportirt wer­ den können, meist nach Guzurat und Bombay, wo er zum Fär­ ben und im Handel weiter verbraucht wird. Diese Alaunwerke sind Regale. Ferner, bemerkt Al. ©urncS99) hierzu, daß ganz Kutch überall von Lavaboden bedeckt sey und viele vulcanische Gebirge zähle; hierzu kommen die heftigen Erdbeben, denen dieses Land ausgesetzt ist, von deren zerstörenden Wirkungen beide genannte Briten Augenzeugen waren, und die allgemein im Lande Kutch verbreiteten Dolkssagen von Erdfeuer und umgekehrtem Bo­ den, und allerlei Erscheinungen» die freilich den Wunderinännern, den Jogis, größtentheils zugeschrieben werden. Der Run, sagen Hindus und Mohammedaner, eine etwas veränderte Aussage der obigen Legende vom Rischi, sey vordem ein See gewesen, der Hindu Sanctus, Dhurumnath, ein Jogi soll auf dem Gipfel des DenadurPik eines der höchsten Kutchberge, von wo man das ganze Run überschauen kann, 12 Jahre lang auf dem Kopf gestanden haben. Die fanatische Seele der Jogis übt nämlich gleich einem Bettelorden einen sehr großen Einfluß auf die aber, gläubigen Bewohner von Kutch aus, wo sie sehr zahlreich und im Besitz der besten Pfründen sind. Nach der Landestradition erhoben die Denadur Jogis, welche den Dhurumnath999) als den Stifter ihrer Secte ansehen, erst den armen Schäfer-

") AI. Burnes Memoir of tlie Eastern Brand) etc. Vol. III, p. 323. eoe) Al. Burnes Mein. I. c. Trav. III. p. 328.

Uuu 2

1044

Ost-Asien, Vorder-Jndlen. V.Abschn. §.113.

tribuS von Sami, aus Tatta (in Sindh), bei seiner Ansied» lung und Usurpation in Kutch, als die Vorahnen der jetzigen Herrscherfamilie in Kutch, zu ihrer Würde als Rajas em« por. Daher ihr großer Einfluß. Des Dhurumnath Pöni, tcnz endete damit, daß ihm die Gottheit erschien, aber zugleich zerspaltete nun unter ihm der Berg in 2 Theile, der benachbarte See trocknete aus, die Schiffe und Boote, die dort seegelten, wur­ den umgekehrt, die Hafen zerstört, viele Mirakel geschahen. Von einem solchen Seehafen (Tur), der bei dem Dorfe Nerona, 8 Stunden in N.N.W. von der heutigen Capitale Bhooj gele, gen, singt ein Volkslied: Nerona nuggartur Indhi Gun, tri Chitrano, d. h. Nerona war Seehafen als Gun« tri (eine alte Stadt in Kutch) blühte, im nahen Distrikte Chitrano. Vom Dorfe Chari im West von Chitrano, ist die, selbe Tradition; eben so von der Erasinscl Puchum im Run, deren Bewohner von den zerscheitcrten Schiffen an ihren Klippen sprechen. An der Westseite ihrer Insel nennen sie die einst gro, ßen Hafenorte Dornt, Doh, oder Dohi, und Phangwuro. Auch ein kleiner Ort Bitaro, mehr landein auf der Route nach Sindh gelegen, soll ebenfalls ein Seehafen gewesen seyn, und noch andere Stellen, desgleichen an der Nordseite des Nun, nahe dem neulich durch Erdbeben (1819) emporgehobenen Erdwalle Allahbund, wo Biga-gud der größte Seehafen gelegen war, von dem noch Backsteinruincn gezeigt werden; eben so wie östlich von da die Stellen Dingur und Ballyari, die alle an dem verschwundenen schiffbaren See gelegen haben sollen, den die An­ wohner des Run den „Kiln" nennen. Bei dem furchtbaren Erdbeben des Jahres 1819601) wurde ganz Kutch auf das heftigste erschüttert und in so vielen Locali, taten verändert, daß man ans einer längern Sueccssion und Repetition (s. ob. S. 578) solcher Convulsionen der Erd, rinde wol geneigt seyn möchte, jene Traditionen im Wesent, lichen keineswegs zu bezweifeln. Es verbreitete sich jenes heftige Erdbeben (gleichzeitig, nur ein Unterschied von höchstens 18 Minuten wahrer Zeit, zeigte sich in den Stößen der fernsten Di, stanzen) über einen größten Theil von Indien, von 18

®01) J. Mac Morde Payers rebting to the Barthquake which ocrurred in India 1819. in Transact. of thi- Lit. See. of Bombay. London 1823. 4. Vol. III. p. 90—*116; vergl. AI. Barnes Mein, of the Eastcm Branch etc, in dtff. Trav, VoL III. p. 313 — 319.

Jnselland Kutch, Erdbeben ltil9.

1045

Breiten, und 20 Längengraden, oder in einer Breite von 270 geogr. Meilen von S. nach N. und 300 geogr. Meilen von W. nach O. Die äußersten bekannt gewordenen Gränzen derhef, tigsten Erschüttterungen, vom 16. Juni 1819, waren fühlbar und zerstörend: in Pondichery in Coromandel und Katmandu im Himalaya, wie von Calcntka in Bengalen bis Belludschistan in Persien. Die Hauptare der Er, schütterung war von Kutch über das Run nach Ballyari lind durch die Wüste bis Jessulmer; das Centrum der ge, waltigsten Zerstörungen ganz Kutch, zumal dessen West, feite, gegen den Ostarm des Indus, der bei Luckpnt aus einer frühern Seichte von 1 Fuß bei Ebbe und 6 Fuß bei Fluch, zeit, wo er also zu durchwaten war, zu einer Tiefe bis 20 Fuß hinabsank, so daß er, was früher feit Jahrhunderten nicht mehr der Fall gewesen, wieder schiffbar wurde. Der Indusarm wurde hierdurch aus einem Strombette zu einem Meeres, golf; und tiefer landein entstanden große Erdsenkungen, wie bei Sindri ein See in der Wüste, von S Stunden Länge H, dem zur Seite ein eben so großes Schlammplatea» sich emporhob, der Gottesdamm (Allahbund) genannt, der 20 Stunden lang gestreckt stehen blieb, und aus Salzboden, Thon, Muscheln und Sand besteht. Ja, der ganze Westausgang des Run wurde so sehr von den m«n eindringenden Wassern, denen sich die hef, tigsten Monsunregen zugesellten, überfiuthet, daß die beladenen Barken aus Sindh und dem Indusdelta wirklich schon wieder in den Run einseegelten; und das Klippennfer des Bhunni zu einer fahrbaren Secküste wurde. Bei den oben angeführten Klippen von Nurra sahe Mac Murdo 3) wirklich wieder Schiffe ausladen, und meint, wenn dieser Zustand, der'sich seit 9 Monaten nicht änderte, anhielt, so würde das Run wieder zum fahrbaren Secspiegel werden, was es einst, nach der Tra, dition und den durchlöcherten Ankerstcincn an seinem Uferrande gemäß, auch war. Das sonst ganz trocken gelegte Run war, Ende März 1820, noch wasserbedeckt, und nur an einer einzigen Stelle furthbar. Aber diese Veränderungen des Seebo, dens waren mit gewaltigen Convnlsionen des Erdbodens

*) Al. Burnes Illen», l. e. Vol. III. [>. 313, vergl. J. Burncs Narlative ot a Visit etc. I. c. p. 28. *) Mac Murdo Papers relating etc. L c. Vol. 111. p. 103 —104.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. V.Abschn. §.113.

vergesellschaftet. Das Run hatte bei dem Erdbeben, in seiner ganzen Ausdehnung, ehe es mit Wassern durch den heftig nach, folgenden Monsun bedeckt wurde, an sehr vielen Stellen große Quantitäten Wasser und Schlamm ausgeworfen, und viele kleine Sand, und Schlammhügel bis zu 6 Fuß hoch emporgestoßen, die noch drei Tage lang, nach dem Erdbeben, in beständigem Auf, rühr waren. Die Wasser in den Brunnen^) im Ufersaume des Run, dem sogenannten Bhunni, warfen überall Blasen und in einigen Gegenden Wasser aus, mit dem sie die Umge­ bungen in Höhen von 6 bis 10 Fuß überschütteten, so daß sich die Schäfer mit ihren Heerden oft nur mit Noth zu retten ver, mochten. Zu gleicher Zeit, erzählt Al.'Burnes, sollen im al, ten Seehafen Phangwuro mit dem Schlamm viele Stücke Eisen und Schiffsnägel an die Oberfläche des Bodens geworfen seyn, und allerlei Fragmente, die man seitdem in einigen neuge, grabenen Tanks gefunden haben will, was vor dem Erdbeben 1819 niemals geschehen war. Die in der Tradition angesproche, nen wechselnden Niveauverhältnisse des Run lassen sich hieraus leicht erklären. Die Veränderungen, welche der See, boden erlitten haben mag, lassen sich nicht so nachweisen. Aber auf dem Landboden von Ku tch, zu welchem das Run offenbar nur den Uebcrgang bildet, hatten sich alle sonst in der dürren Jahreszeit stets trocken liegenden Flußbetten ohne allen Regen, aus der Tiefe nach oben, wo nur immer lockeres Sand, bette gewesen, in ihren ganzen Breiten temporär 5) mit Was, fer gefüllt, die nach viertel und halben Stunden wieder in die Tiefe zurücksanken. Ihre rothe Farbe, wol von der rothen Sandsteinformation, brachte die entsetzten Landesbewohner in neue Schrecken, weil sie darin die Blutfarbe zu erblicken glaub, len. Alle Ortschaften der Ebenen in Kutch hatten vorzüg, lich gelitten, weit mehr als die auf soliden Felshöhen erbauten Ortschaften, doch waren auch diese zum Theil den heftigsten Con« vulsionen unterworfen, und z. B. fast keine Burg durch ganz Kutch unzerrüttet geblieben, und ein paar Tausend Menschen von ihnen zerschmettert. In der Capitale Bhooj, in der Ebene ge, legen, waren aber 7000 Steinhäuser ganz zertrümmert, die noch •®4) AI. Burnes Memoir of the Eastern Branch etc. 1. c. Trav. Vol. III. [>, 324. s) Mac Muido Papers relating etc, Vol. III. p. 102.

Jnsellaird Kutch^ Sandstein, Muschelmarmor. 1047 stehen gebliebenen alle zerspalten, und an 1150 Menschen erschla, gen. Die damals noch britische Hauptfeste des östlichen Kutch, in Wagur, 2tnjar, roo Mac Murdo selbst kaum dem Unglück entging, war mit allen Bastionen,. 3000 Schritt Ummauerungcn von 3i Fuß Dicke, 40 Fuß hoch, mit einigen 30 runden und quadratischen Thürmen völlig zerrüttet, alle Kanonen im Schutt begraben, in der Feste alle Wohnungen vernichtet, in- der Stadt an 1500 und eben so viel zerspalten. In den westlichsten Ber­ gen von Kutch, um jene vulkanischen Kegelpiks, will man. aus den zerrissenen Felsbergen Flammen haben- aufsteigen sehen, aus, geworfene Feuerkugeln, und die bituminöse Erde in der Nähe der Alauuquelle, die dein Assapura Tempel nahe liegt, in der Nähe von Mh ur, soll in Flammen gesetzt die ganze Gegend mit Feuer bedroht haben. Dies möge hinreichen die plukonische Natur des Bodens von Kutch zu erläutern, auf welchem übrigens, seit lnenschlicher Erinnerung, kein ähnliches Erdbeben bekannt war, weshalb die Furchtsamen den Untergang der SBclt6) für so. nahe hielten, daß die Brahmanen Priester große Summen in Opfern von den geängstigten Sündern für ihre Pfründen dabei zu gewinnen schlau genug waren, zumal da die Er schütte, ruogsstöße, wenn schon immer schwächer werdend, doch fast ein ganzes Jahr hindurch das Land in Angst- erhielten, dann auch noch- unerhört tobende Monsune, Regen und Orkane von West herkommend (Huwah genannt) und schlechte Ernten, sich dem all, gemeinen Uebel zugesellten. Außer diesen allgemeinen Anzeichen eines» pkutonischen Do, dens (thätige Vulcane sind unbekannt) scheinen Sandsteinla, ger und Kalkstein die Hauptbestandtheile desselben zu bilden. Wenigstens im Osten, zwischen Guzurat und Kutch, in der größ, ten Verengung des Run, wo dies nur noch die Breite einer klei« ncn halben oder Viertelstunde hat, in der Nähe der Chorar, Jnsel, lernte Ak.Burnes ein Lager von Muscheln und See, producten kennen, die mit andern Körpern, roth und gelb von Farbe, zu einem Muschelmarmor petrificirt sind, auf dem sie ara, bische Schriftzüge aus dem Koran lesen wollen. Es ist dies der schöne Kunstmarmor, Dukur Warra?), welcher eine treffliche ") S. ihre Strafpredigten bti Mac Murdo- Papers I. c. p. 105 etc. T) Al. Isurnes Memoir of tlic East. Biancli etc. 1, c. Trav. Vol, 111. p. 325.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §.113.

Politur annimmt, und in den Mosaiken der Prachtbauten mongholischer Kaiser eine wichtige Rolle spielte.

Boden. Der Boden von Kutch ist, im Allgemeinen, an der Oberfläche ein leichter, mit grobem Sand gemengter Lehm oder Thon, der aber nur von 1 bis 6 Zoll tief das Land bedeckt; darunter liegt eine 6 bis 8 Fuß mächtige Schicht eines weißen, kreideähnlichen Bodens, der auch gelbliche Farbe annimmt und mit kleinen Sternchen gemengt ist. Erst unter dessen Schichten kann man auf gutes Wasser rechnen, jedoch auch in der Nähe am Fuß der Berge, wo Sandschichten liegen, schon bei 4 Fuß Tieft. Dagegen ist in vielen andern Gegenden von Kutch, bei 60 bis 70 Fuß, durchaus kein Wasser zu erteuftn. In Wagur, der östlichen Hälfte von Kutch, ist der Boden lehmreicher mit Kies gemischt und gut für die Vegetation. Die Hydrogra, phie von Kutch bestätigt die plutonische Bildung seines Bodens; die große Anzahl seiner Flüsse9) sind ihm nur von sehr geringem Nutzen; denn kein einziger stießt das ganze Jahr hindurch, die meisten sind nur temporäre Regenbäche während der Monsunzeit, auch haben die wenigsten derselben eigene Namen, viele versiegen ehe sie das Meer erreichen. Die größten dieser Flüsse, etwa zwei bis drei haben noch bis zum April Wasser, sie fließen gegen Süd und fallen zwischen Mundra und Mandevi den beiden Haftn, stalionen an der Südküste in den Golf von Kutch. Die Ge, birgszüge sind aber voll Thalrisse und tiefer Einschnitte, welche radienartig die Dergbäche der Regenzeit nach allen Richtungen zur Ebene führen, wo sie aber in der Sommerzeit als stehende Wasser selbst für den Gaumen der Heerden zu salzreich sind, um von ihnen gesucht zu werden. Der süßen Wasser-Tanks, die man hier gräbt, sind nicht so viele wie in andern Gegenden, die mei, sie» sind nach 6 Monaten durch Seitenfiltration in weichen Do« den ausgeleert, und unter 20 Tanks kann man kaum einen rech« nen, der sein Wasser ein ganzes Jahr behält. Gutes, süßes Wasser zu finden muß man mit Drunnengrabung bis in 50 und 60 Fuß Tieft gehen. Pflanzenreich l0). Die bekannten Indischen Kornarten, wie Juari, Bajera, Mut, Mung, Gowar u. a., nebst Weitzen und Gerste sind auch hier die Hauptnahrung der Bewoh, *®*) J. Mac Mordo Account I. c. VoL ü, p. 211. 1>. 212. »°> tbtttb. II. p. 213.

’l tbttlb. II.

Inselland Kutch, Pflanzen, Thiere.

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ner, aber noch ist Einfuhr diese?Produete auS Sind nothwendig. Die erste Ernte derselben fällt im November, die zweite im Ja­ nuar. Der Boden ist leicht, er wird schlecht bearbeitet, selten mit dem Pfluge, meist nur mit einem Haken umgeworfen. Die Agrieultur ist nicht weit her. Die Baumwolle giebt zwar rcichli, chen Ertrag, ihre Ernte ist im Marz und April; sie liefert starke Exporten, aber sie ist nur von geringer Qualität, und wird sehr unrein nach Bombay und Arabien ausgeführt. Europäische Ge­ müse gedeihen hier, auch Trauben, die wahrscheinlich aus Per, sien hier angepflanzt sind (die Kischmisch), treffliche Moschus, Melonen, die in den trockenen, heißen Flußbetten zu vorzügli­ cher Güte gedeihen; sie reisen vom April bis Juni in großer Menge. Auch hier wird die wilde Traube Pilu gerühmt, de­ ren dunkelpurpurfarbige Beere einen säuerlichen, angenehmen Ge­ schmack hat, und auf einem dickstämmigcn Busche der Wüste wächst. Der völlige Waldmangel giebt dem Lande ein sehr ödes Ansehn; nur um die Dörfer sieht man zuweilen einzelne Pipala oder Danjanen, Tamarinden, Dabuls oder Mi­ mosen und Mangopflanzungen. Die Kokospalme ") ist nur an wenigen Stellen mit größesterMühe, an der äußersten Nordgränze ihres Vorkommens überhaupt (s. Asien IV. 1. S. 841), angebaut; die Dattelpalme dagegen wird schon an manchen Stellen häufig, weil ihr Lebensgürtel da beginnt, wo die Kokos aufhört, und sie recht eigentlich der Reprä, sentant der subtropischen Zone ist, wo der Regenniederschlag seine Domaine verliert (s. Asien IV. i. S. 832); denn schon in Kutch bleiben zuweilen im Jahre die Monsunregen gänzlich aus, zum großen Nachtheile des Kornertrags ,2). Thierreich^). Das edelste Thier in Kutch ist das Pferd von vorzüglicher Race, wahrscheinlich arabischer Abstammung, wie das Kattiwar-Pferd, wenn auch nicht eben von größter Schön­ heit. Das Rindvieh ist in Wagur von vorzüglicher Schönheit, im westlichen Kutch von geringerer Art. Schaafzucht ist all­ gemein verbreitet, eben so die der Ziegen, ein Lieblingsthier der mohammedanischen Hirten; ihre Milch ist eine Hauptnahrung. Kameele werden in Menge gezogen, doch mehr zum Reiten

*V) rbend. II. p. 211. ") J. Burnes Medical Topogr. of Bhooj L c. in deff. Narrative of a Visit. p, 244. ") Mac Murdo Account l. c. Yol. U. p« 214—210.

1050 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §.113. als zum Lasttragen, da sie feiner gebaut und sehr feurig sind. Wild «Esel finden sich auch hier amllfer dcSRun, und wilde Eber in Menge an den Schilffümpfen. Tiger, Cheta (f.ob. S. 19), Leoparden, Wölfe, Hyänen, Jakale, dreierlei Fuchs arten, graue, weiße und fuchsrothe, Hasen finden sich häufig. Auch Raubvögel, Trappen (Bussard), Wachteln, Rcbhüh« ner und das sogenannte schwarzeRebhuhn sind hier häufig; dies letztere soll von ganz besonderer Schönheit durch seine dunkle Sd)wärze mit weißem Sprenkeln seyn, und obwol sehr häufig selbst im östlichen Kutch, nämlich in Wagur, verbreitet, doch nir, gends im Osten des Run gesehen'werden. Ortschaften. Bhuj oder Bhooj C14), unter 23® 15' N.Br., 69° 45' O.L. v. Gr., ist die moderne Haupt- und Rest, denzstadt von Kutch; nur 3 geogr. Meilen weiter nordwärts streicht der Wendekreis über dem Dorfe Sumrasir am Süd, ufer des Run hin. Sehr sanft ist dahimvärts die Senkung der Ebene, in welcher die Stadt Bhooj, wahrscheinlich nur Ivo Fuß über dem Meere, liegt. Etwas höher als die Stadt liegt das britische Canlonnement, in welchem I. Burncs seine meteorologischen Beobachtungen angestellt hat. Ein Bergamphitheater umgiebt bis auf anderthalb und zwei Stunden Weite die Residenz. In der Mitte der Ebene erhebt sich der isolirle bis 500 Fuß hohe Berg Bhoojeah mit der Festung, an seinem Fuß gegen S.W. liegt das britische Canlonnement der KutchBrigade. Die Residenz liegt li Stunden davon fern gegen W., die Stadt nur halb so weit gegen N.W. Das Thal gehört zu den unfruchtbarsten der ganzen Landschaft; 9 Monate ist die Plaine ganz dürr, fast ohne Grashalm, ohne Blatt. Die Sage geht, diese Stelle sey vor alten Zeiten zur Residenz ausersehen, nicht um des Anbaus willen, sondern um aus der Mitte des Landes die Raubhorden am sichersten verfolgen zu können. DaS Canlonnement steht auf nacktem Fels, die Stadt auf Sandboden; alle Brunnen sind brakisch, bis auf einen einzigen süßen Brun­ nen mit gutem Wasser in der Residenz, aus welchem auch den Europäischen Officieren der frische Trunk geliefert wird. Zwei Flüsse ziehen im O. und im SB. des Cantonnements vorüber und vereinen sich 2 Stunden unterhalb Bhooj zu einem, aber nur zur *14) ). Burnes medical Topogr. of Bhooj in Narrathe 1. c. p. 247» Mac Muido Account 1. c. Vol. 11. p. 217.

Jnselland Kutch, Clima.

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Monsunzeit fließen sie. In dem Sandbette des einen werden Kohlenlager gefunden. Ein Tank von einer guten halben Stunde im Umfang, der eine Viertelstunde im Westen der Stadl liegt, füllt sich erst in der Regenzeit ganz mit Wasser an, im Juni ist er meist bis zu zwei Drittheilen ausgetrocknet; er ist es, der vorzüglich die Städter mit Wasser versorgen muß. Die Station von Bhooj, wie überhaupt das Clima von Kutch, gilt für eins der ungesundesten in Indien, und nur durch höhere Gehalte werden die Europäer bewogen, dahin zu gehen. I. Burnes erklärt dies aber für ein Dorurtheil und zeigt 15), daß die dortige Garnison nicht mehr Kranke zähle, als andere britische Stationen Indiens, daß die Station zwar keine gesunde zu nennen sey, aber doch eben nicht verderblicher, als die in @iu zcrate und andere in Indien. In den Jahren 1823 und 1824 war dort sogar Alles gesund, 1823 aber, nach einem sehr harten Monsun, herrschten viele Krankheiten. Allerdings würden gewisse Europäische Constitutionen in Kutch immer kränkeln, die, sobald sie Bombays Clima erreichen, gesund werden. Fieber, Rheuma/ tismen, sind hier wie anderwärts vorherrschend, zumal Ende Mon­ sun, z. B. im Oktober 1828 lag 1 der Europäer daran krank darnieder, doch werden sie selten tödtlich; besonders schädliche Aus­ dünstungen finden sich nicht, obwol man dies von dem nahen salzigen Run und seiner Evaporation, zumal bei Nordostwinden, vermuthen sollte. Die Cholera hat sich in Kutch noch gar nicht gezeigt. Allerdings hätte die Lage des britischen Cantonnements noch besser gewählt werden können, als in Bhooj. Noch näher dem Run würde dessen böser Einfluß zugenommen haben, zumal weil da auch die schlechten Wasser zunehmen, wie z. B. zu Narrona, 4 bis 5 geogr. Meilen im Nordost von Bhooj, dicht am Run, oder weiter westwärts in Luckput, von bessern Wasser das Sprichwort sagt, „ein Schluck schon entkräf­ tet den Mann." An 9 Monate im Jahr ist da- Clima hier unter dem nörd, lichcn Wendekreise gemäßigt, angenehm, im Sommer jedoch auch sehr heiß, im October drückend und ungesund, im April und Mai unerträglich durch die Orkane, die alle Häuser in Sand­ wolken hüllen, gegen welche selbst die Glasfenster nicht schützen. Die Atmosphäre ist sehr trocken. Das Pulver im Magazine zu **) J. Buines mctlic. Topogr. 1. c. p. 244, 251.

1052 Hst-Asirn. Vorder-Jndikn. V.Abschn. §.113. Bhoo) hält sich besser, als In andern Indischen Stationen der feuchten Westküste. Das Thermometer sieht im Sommer öfter über 30° 22' Reaum. (100° Fahrenh.), ju Mundavie an der Südküste schon im April oft auf 32° 89' R. (106" Fahren!).), dagegen fällt es ln der kalten Jahreszeit bis nahe zum Gefrier, Punct, doch nie darunter, gewöhnlich bis 3° 56' R. (4o° Fah» rcnh.); einmal beobachtete es I. Burnes auf o" 44' R. (33° Fahrenh.). Die herrschenden Winde sind W., nämlich 10 Monat im Jahre S.W. oder N.W. und W.; Ostwinde, die stctS ungesund sind, wenn sie lange wehen, immer mit einem Ge­ folge von Epidemien und Heuschrcckenzügen, halten in der Regel nur einen Monat an, der übrigbleibende Monat wird von va, riabeln Winden eingenommen. Der Regenmonsun, wel, cher, wie gesagt, wol zuweilen einmal hier auf der Gränze sei, nes nordwestlichen Vorkommens (s. Asien IY. 1. S.832 und oben S. 1049) ganz ausbleibt, beginnt in der Regel mit heftigen Windstößen von 91.0., ehe er plötzlich nach S.W. um, seht. Die Kargheit der Befeuchtung des Landes und der Man, grl an Industrie hindert dessen Anbau. Das britische Cantonnc, ment bei Dhooj ist mit einer Gartenanlage umhegt, um die Stadt sind nur wenige Dattelanpflanzungen und einige Gärten. Der Anblick der weißen Gebäude der Stadt, ihrer Moscheen, Pago­ den, von außen, hat etwas imposantes, aber das Innere ist nicht anziehender als bei andern Indischen Städten. Der Residenzpalast hatte durch seine guten Mauern und Kuppeln mit email, litten bunten Ziegeln ein mehr chinesisches Ansehn. In der Mitte des Tanks vor der Stadt waren vordem erhöhte Terrassen mit Lusthäusern und Blumenbeeten für den Fütsten angebracht, um frische Luft zu schöpfen. Die Stadt sollte im Jahr 1818 an 20,000 Einwohner zählen; der Festungsberg liegt von der Stadt zu entfernt, um sie beschützen zu können. Ueber den Wiederauf, bau nach dem zerstörenden Erdbeben fehlen specielle Nachrichten. M a n d a v iClb) an der Südküste, 8 geogr. Meilen im S.S.W. von Bhooj, der Haupthafen, ist die bevölkertste Stadt in Kukch, die erste dortige Hafenstalion der Briten, von welcher aus Al. Burnes seine wichtigen Entdeckungsreisen nach Sind und Jessulmcr begonnen. Ihrer lieblichen Lage zwischen Kokos, 4 “) J. Jlurnes mtdic. Top. p. 218.

l.

c. p. 246, Mac Murdo Account I. c.

Jnselland Kutch, Luckput Bundcr.

1053

garten ungeachtet scheint sie eine noch ungesundere Station als Bhooj zu seyn; der dortige Palast des Rao ist zum Lazarett- bri­ tischer Öfflciere eingerichtet, in dem stets Fieberkranke liegen. Der Druck der schwülen Atmosphäre am Ende der Monsunzeit ist hier eben so drückend, wie das Uebermaaß der heißen Lüfte im Soin, iner, deren Wirkung der Gluthitze, die von einem brennenden Heuhaufen hcrwchk, gleich geachtet wird. Die benachbarten Flüsse sind trocken, der Hafen seicht, so daß die größeren Schiffe auf der Rhecde bleiben müssen. Sie soll 50,000 Einwohner haben, darunter 15,000 Dhattias, 10,000 Danjanen, 5000 Drahmancn, im übrigen Mohammedaner und Hindus ans niederen Classen. Ihr Haupthandel mit Bombai, Malabar und Arabien wird in

800 Booten zu 40 bis 500 Candies Tonnenlast betrieben; der Zoll wirft 2| Lakh Rupien ab; Baumwolle, Garn von Seide und Baumwolle, grobe Webereien, Alaun, Ghi-butter machen die Ausfuhr aus; der Binnenhandel wird von Charun nach Marwar und Mewar betrieben. Luckput, ehedem Busta Bundcr, ein irregulaires,großes Fort am Wcstende von Kutch, auf einem hohen Kicsufer längs dem Ostufer des Indus-Kor!-Armes erbaut, wurde erst vor 70 bis 80 Jahren vom Rao Gore angelegt, und nach dem Groß­ vater des letzten Regenten von Kutch genannt. Dis zum An­ fange des XIX. Jahrhunderts blieb es aber ein unbedeutender Flecken, in welchen die Einwohner des benachbarten ältern Busta Bundcr eingewandert waren. Erst durch den letzten, klugen Usurpator von Kutch, durch den Mohammedaner Futteh Mo, hamed, wurde Luckput zur Hafenstation in mercantilischer Hinsicht erweitert. Man zählte 15,000 Einwohner, das Zollein, kommen auf 60,000 Rupies. Die benachbarten feindseligen Sindhs dämmten aber den Jndusarm zu, leiteten dessen Wasser auf die westliche Seite ihres Territoriums, wodurch diese Hafen, station sehr verlor. Ihr wurde durch das Erdbeben eine neue Fahrstraße geöffnet. Der Druck und die Ueberfälle der westlichen Nachbarn in Sindh, unter den eifersüchtigen Amirs von Hydera­ bad, lassen Luckput nicht aufblühen. Mundra, im Osten von Mandavie, mit 12,000 Einw. und 30,000 Rupien Einkünfte, ist der einzige Ort, der noch in Kutch mit ihr verglichen werden kann. Alle anderen Orte, wie Koteri, Nangercha, Ko, thara, Roha, Thera, Sandhan, Kyra, Mothara, Ra, gur Adui, Wandia, Arresir haben unter 10,000 bis 5000

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Einw., die übrigen weniger. Anjar, früher die wichtigste Fe­ stung des Landes im östlichen Wagur, oder Chur,Wagur, die Militair-Station des britischen Rcstdentcn, seit 1819 vom Erdbeben zerstört, wurde im Jahr 1822 dem Rao von Kutch zu, rückgegeben. L u u k o t e im N.O., von Anjar nicht fern, war das Hauptasyl der Raubhorden in Wagur vor ihrer Bändigung durch die Britenfeste Anjar. Von antiken Ruinen und frühern Denkmalen finden sich in Kutch keine Spuren vor; die einzigen, von denen Mac Murdo hörte, sollen im Osten von Mundra an der Südküste liegen. Es sind die größer» Pagoden von D u d, resir, deren Erbauung auf ein halbes Jahrtausend zurück datirt wird. Bewohner^). MacMurdo schätzt die Population von Kutch auf 350,000 Seelen, davon die Hälfte etwa Moham, medaner, oder nach I. Burnes nur £ Mohammedaner, die andern 4 Hindus verschiedener Casten sind; aber von vielen läßt es sich noch nicht genau ermitteln, ob sie zu jenen oder zu diesen zu zählen sind, da sie auf beiden Schultern tragen. Die Volksmenge war vordem größer, wurde aber durch die Hun, gersnoth und Pestilenz, die im Jahr 1812 hier wie in Guzerat wüthete, bis auf die Hälfte vermindert, wozu noch die spätern Tyranneien des Usurpators Futteh Mohamed kamen, der sehr viele Emigrationen nach Sindh veranlaßte, so wie das Erd, beben von 1819 vielen den Untergang bereitete. Die Eingebor, nen von Kutch findet I. Burnes stärker, stämmiger, schöner gebildet als die gewöhnlichen Hindus, groß, ihre Gesichtsbildung mit der Adlernase und dem langen Barthaar erinnert an jüdische Bildung. Zumal die Rajputen-Caste ist treffliches Kricgsvolk, ihre Weiber sind von schönem Schlag, so verderbt auch ihre Sit, ten seyn mögen. Mac Murdo lernte sie von der schlechtesten Seite kennen; er fand bei ihnen das ausschweifendste Leben, die schändlichsten Laster um schnöden Erwerb bei Männern (Puvyas) wie bei Weibern, Abortioncn von diesen allgemein im Gang; eine Mutter, die sich derselben fünfmal rühmte. Kindermord all, gemein, weil sich die Jharejah-Rajputen nur mit Mädchen fremder Tribus verheirathen, es mit denen ihrer eignen Tribus zu thun für unkeusch halten; daher ihnen die Töchter zur Last •1T) Mac Murdo Account I. c. II. p. 224—235; J. Burnes Natives oi Cutcü in Narrative I. c. 228—239.

Jnselland Kutch, Bewohner.

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sind, und unverheirathcte den Familien als eine Prostitution er, scheinen. Dieser unglückliche Wahn tödtet hier viele Säuglinge schon an der Mutterbrust durch Opiumvergiftuug; Opiumschwel, gcrei ist allgemein.

Die Weiber werden durch solche Laster hier

zu Furien; bei den Männern ist Gift und Dolch allgemein im Gebrauch, der Mord nicht entehrend, selbst zwischen Vater und Sohn. Der Verrath ist allgemein, selbst von den Frömmsten geht dort das Sprichwort: „wenn ein Heiliger das Was« ser von Bhooj trinkt, wird er Verräther." I. Bur« nes meint zwar, nicht alles Volk in Kutch sey so ganz versun, ken, doch bestätigt die beständige Anarchie der Landesgcschichte, der Zustand des Rajputenwesens und das Räuberleben im Lande diese Characteristik nur zu sehr. Unstreitig hat die Tyrannei des Gou, vernemcnts und der beständig wechselnden Despoten einen großen Antheil an dieser Verwilderung. Das stabilere Gouvernement durch den Einfluß der Briten (1819) hat schon manche Vcrbes, scrung herbeigeführt, wie z. B. das Verbot des Kindermordes, welches mit in den Traktaten einbegriffen ward, doch soll derselbe noch heimllch selbst in der Festung von Bhooj verübt werden. Neben der größten Depravation der Sittlichkeit besteht unter dem Volk eine große Schlauheit und Intelligenz, neben der Rohheit der Hirtenstämme uianche Industrie. Die Handelsleute ken, nen hier ihre Voll heile wie anderwärts, die Paläste der Raos und ihre Mausoleen zu Bhooj und Mandavie zeigen von ihrer geschmackvollen Architektur, sie sind treffliche Zimmerleute, Was, senschmiede; die Gold, und Silberarbeiten in Kutch sind selbst berühmt, netter und geschmackvoller als die Chinesischen. Ihre Tracht hat nichts ausgezeichnetes, sie tragen wenig Omamente; ihre Sprache ist ein Gemisch von Guzurati und Sindhi; die Guzurate,Sprache und Schrift ist dieGeschästssprache, daeigentliche Kutch soll nach MacMurdo ein Sanskritdialekt seyn. Die Hindu von Kutch sind im Wesentlichen nicht von den andern Hindu verschieden, so wenig wie die herrschenden IharejahrRajputen in Kutch von den übrigen Rajputen, Tribus. Jene sind die Nachkommen einheimischer Hirten, Tribus (Chawra, Catti, Ahir, Rehbari), die als Noma­ den mit ihren Heerden umherziehen, ohne permanente Dörfer, ohne Städte, ohne Ackerbau, ohne patriarchalische Verfassung. Die Reh bari sind Schäfertribus; die Ahir wie die Catti hält Mac Murdo nur für eine Abspaltung von den andern.

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für identisch mit ihnen, obwol sie sich nicht gegenseitig verheirat then. Die Chawra galten noch kürzlich als rechtmäßige Land« bescher, als eine Art Rajputen oder Herren, deren geringe Lan« bereitn oder Grassias an Untergebene verliehen waren, welche sich mehr wie Hausdiener (Khowas) der Chawra ansahen, alS die mehr begüterten Vasallen im Verhältniß zu den herrschenden Jha, reja-Rajputen stehen. Sie sind die schon im IX. Jahrhundert von den als Usurpatoren018) vom Indus her einziehenden Rajpu« tenstämmen unterjochten Urbewohner von Kutch. Ihre Zahl hat immer mehr abgenommen. Aeltere Geschichte. Vom Indus her wanderte zuerst aus Multan, unter der Su mudra, Dynastie, eine mohamme« dänisch gewordene Kriegerparlei in Kutch als Besieger der bor# tigen Aboriginer ein. Die Sumudra (Sumrah) wurden durch Alaeddin Khiljy Ende des Xlll.Jahrhunderts (s.Asien

.

IV. 1 S. 563) am Indus bis nach Kutch hin verfolgt. Am Indus wurden die Sumudra von der Summa-Dynastie verdrängt; nun drangen auch diese in Kutch ein. Diele der äl­ tern Sumudra kehrten nach Sindh zurück, oder blieben in Kutch zurück. Die Summa wie die Sumudra bevölkerten also Kutch. Die Summa theilten sich in viele Tribus; die einen blieben Hindu, die andern wurden Proselyten der Korananhänger. Jharra, ein Chef der Summa aus Sind, ein Mohammeda­ ner, der viele Frauen hatte, heirathcte in seinem höheren Alter noch einmal die Tochter eines der Chefs der Hindustani in Kutch. Als er starb, ward die junge Hindufrau mit ihrem jungen Sohne verstoßen und von den andern verjagt; sie floh zu ihren Hindu, verwandten nach Kutch, wo ihr Sohn im Hinduglaubcn heran­ wuchs. Die dortigen Ca tti waren im Besitz der Districle Pak­ kur und der Grasinsel Putchum im Run (f. ob. S. 1044); in den Fehden, die sie mit den eindringenden Horden der Summa« Tribus bekamen, fochten auch die tapfern Abkömmlinge jenes Geflüchteten mit. Diesen nun gelang es, sich siegreich zur Unab, hängigkeit und zu Oberherren von Kutch emporzuschwingen; sie nannten sich Jhareja. Dies sind die heutigeHerrscher, Tribus in Kutch, die sich gern zu den Rajputenstämmen zäh, len. Ihr Oberhaupt nahm den mohammedanischen Titel der Sindhfürsten Jam an, mit ihnen soll sich die Sitte des Mäd,

•*•) J. Burnes History of Catch in Nannt. I. c. p. 147—227.

Jnselland Kutch, neuere Geschichte. chenmords in Kutch verbreitet haben.

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Es folgten 9 Jams

auf einander als Fürsten der Jharcga, bis zur Zeit Kaiser A k ba rs, wo Khenjar, der rechtmäßige Erbe der Herrschaft sei­ nes Vaters Humirji II., von seinem Bruder Jam Rawul verjagt, bei dem Sultan von Ahmedabad Schutz fand (s. oben S. 647). Dieser, der Khenjars Schwester zur Gemahlin hatte, führte seinen Schwager mit einem Hülfsheer auf den Thron von Kutch zurück; Jam Rawul, der Thronräuber, wurde verjagt, er floh mit seinem Anhang nach der Nordküste des gegenüberlie­ genden G uz »rate, und wurde dort der Usurpator des Rajpu, tcnstaates Nova Nuygur 19), deren Besitzer noch heute dessen Nachkommen und die Verwandten der Jharejas sind. Der int Jahr 1549 nach Chr. Geb. auf seinem Throne rcstaurirte Jam nahm den Titel Nao an, er wurde auch ans Dankbarkeit Be­ schützer der Mohammedaner, denen er jährlich auf seine Kosten in seinem Hafenorte Mandavie ein Schiff ausrüstete, um. die Pilgerfahrt nach Mecca zu machen, wofür ihm von den Delhikaisern Anerkennung und die Ehre des Mahi Mu, ratib (d. i. der Fischorden) zu Theil ward. Von Khenjar stammt die ganze Folge der rechtmäßigen Rao von Kutch ab, bis auf den heutigen, welcher der Ute der Khenjar-Dynastie ist, und von dreien seiner in Kutch zurückgebliebenen Brüder (Rhayabji, Sassabji, Aleyaji) leiten die 250 Jhareja, Chefs in Kutch ihren Ursprung her, die sich Bhyaud (d. h. Brüderschaft) nennen, ihre Güter als Lehn vom Rao be­ sitzen, die erblichen Rathgeber seines Hauses sind, deren jeder Neu, geborne Anspruch auf einen Antheil des Landes macht, das in zahllose Zerstückelungen zerfallen würde, wenn nicht eben Kinder, mord im Gebrauch wäre. Neuere Geschichte und Restauration des Reichs durch die Briten. Aus diesem Hergange der Dinge ergiebt sich der ganze heutige sociale Zustanh der Bewohner von Kutch, wie ihr Religionsleben, ihre Sitte und Brauch; aus der jüngsten Geschichte, nach dem Verfall des Delhi-Thrones, der die Rao von Kutch schützte, aber eben so der gegenwärtige Verfall und Zustand des Landes 20).

Nach Kaiser Aurengzebs Tode

i») Mac Murdo Remarks on the Province of Kattiwar in Transact. of the Lit. Soc. of Bombay. Lond. 4. T. I. p. 269. *°) J. Burnes History of Catch 1. c, p. 149—222.

Ritter Erdkunde VI.

Xrx

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führten die Verwirrungen am Indus

und in Guzurate auch

Raubzüge gegen Kutch herbei, die das ganze folgende XVIII, Jahrhundert kaum aufhörten. So hatte Rao Daisul seit 1719 allein 4 Raubüberfälle von der Ahmedabad-Seite zurückzu­ schlagen; er errichtete Militairposten gegen die Ueberfälle von Sindh und Parkur. Sein Nachfolger Lakka oder Lukh (seit 1745), nach welchem die Feste Lukhpur genannt ward, und Gore, der den Palast zu Mandavie baute, sind grausame Ty­ rannen, denen Rao Rahiden seit 1778 folgt, der mit Wahn­ sinn endet. Die mächtige Kalora-Dynastie in Sindh (sei! 1705 bis 1786) und ihre Verdränger vom Throne, die tapfern Dclludschen vom Talpuri-Sramme, die unter dem Na­ men der Amir von Sind bekannt sind, bleiben bis in die neueste Zeit ihre feindseligen westlichen Nachbarn. Sie fallen selbst als Eroberer in Kutch ein und verheeren das Land, oder beschützen die Raubhorden, die es von Sind aus überfallen und plündern; sie theilen mit ihnen die Beute, sie dämmen das Was­ ser des Indus auf und leiten cs von der Kutch-Seite auf ihre Delta-Seite herüber, wodurch große Landstriche von Kutch in Wüste versinken. Die inneren Fehden und Mordsccncn der wüthvollen und treulosen Tyrannen, die Ueberfälle der einheimischen Raubtribus, zumal der Bewohner des östlichen Kutch in Wagur, und die der verrufenen Mianas, nebst den Flotten zahlloser Seeräuber, welche das Gestade eben so unsicher machen wie die Landwege, vollenden das Schandergemälde der Anarchie und des Verfalls von Kutch in der letzten Reihe der Dccennien. Die Gewalt ward den rechtmäßigen, aber schwachen Regenten durch die Ränke zweier schlauer Usurpatoren entwunden, der Gouver, neure Hunsraj, der sich in Mandavie, und Futte Ma,. homed, der sich mit dem Titel Jemidar in Bhooj festsetzt, die nun in gehässigen Parteiungen zerspalten sich gegen, seitig zu verderben suchen. Sie rufen seit dem Anfange des XIX. Jahrhunderts zwar zu wiederholten malen die Vermittlung des Guieowar von Barode, ihres östlichen Nachbars, wie die der Briten in Bombay um Wiederherstellung des Friedens und um Vernichtung der Piraten durch die britische Marine an, doch nur immer, um den Gegner zu verderben, und zeigen sich bei jeder Unterhandlung treulos und vcrrätherisch. Die Trak­ taten, zu denen sich die Präsidentschaft Bombay im Jahr 1809 durch ihren politischen Agenten Jam. Mac Murdo, der mit

Jnselland Kutch, neueste Geschichte.

1059

einer Kriegsflotte-gegen die Piraten in Kutch zu Felde zieht, ver­ steht, weil ihr eigner Seehandel ungemein dadurch gefährdet ward, werden nicht erfüllt. Die Banditen-Horden aus Kutch, nach Kattiwar, Guzurate und Darode gesandt, hören mit ihren Raubzügen nicht auf, und die Piraten finden nach wie vor für ihre Beute den besten Markt in Bhooj, wo Futte Mahomed der Hehler der Schuldigen ist. Wie die Väter, so die Söhne, nachdem Hunsraj und Futte Mahomed (seit 1813) gestorben. Die Schattenkönige, die in die Gefängnisse eingesperrten Rao's, zerfallen unter sich in politische und religiöse Parteiungen. Der.wahnsinnige Rao Rahiden, der noch die beiden Wüthriche, die Usurpatoren seiner Macht überlebte, stirbt endlich, und nun treten wieder sein rechtmäßiger und sein unehelicher Sohn, von einer Sklavin geboren, Rao BHarra, in die Schranken. Ganz Wagur, die Osthälfte von Kutch, hatte sich in unbändige Räuberbanden und Banditenhaufen aufgelöst, die jedem Sold zu Gebot standen. Der Sclavensohn wird nach furchtbaren Blutscenen als Rao Dharmulji von den Chefs der Jharejas auf den Thron von Kutch erhoben. Er haßt die Briten und stößt den britischen Agenten von seinem Hofe in Bhooj zurück. Gegen alle Tractaten dringt eineFluth von Ban­ ditenhorden aus Wagur, zumal vom Raubnest Kunkote, gegen Ost in Kattiwar und Guzurate ein, und verheert in wenig Monaten 136 Dörfer, treibt 40,000 Ochsen davon, und zerstört ein Eigenthum, das auf 80 Lakhs Rupien geschätzt wurde. Der Guicowar und die Briten, unter Mac Murdo's Commando, der seine Station zu Murvi im Süden des Run in Guzurate nahm, mußten 10 Lakhs Kriegskosten zur Truppenstellung verwenden, um diese Raubhorden zurückzuwerfen. Die stete Wiederholung dieser Zustände machte ernste Aufforderung zum Frieden und zu Schadenersatz nothwendig; da beides keine Ansprüche fand, marschirte ein britisches mit dem Guicowar verbündetes Heer in Kutch ein. Obwol die Brunnen alle mit Arsenik vergiftet wurden und jeder Verrath erlaubt schien, drang Colonel East, als General-Commandeur der Expedition, doch über Anjar bis unter die Mauern von Bhooj vor. Hier erst nach feiger Retirade ergab sich der Rao und sein Dur­ bar (Staatsrath) den Forderungen des Feindes: Ersatz des Scha, dens von 20Lakh Rupien, Session des Hafens Mandavie und Xrr 2

1060

Ost-Asien. Vorder-Jndien. V.Abschn. §.113.

der Feste wie des Districtes Anj ar in Wagur-, von wo in für« zer Zeit durch britische Truppen und Disciplin dem Piraten, und R a u b w e se n Einhalt gethan ward. Dies geschah im Jahr 1816. Rio Bharmulji blieb, weil er von seinen Jharcja, Chefs erwählt war, auch von den Briten anerkannt als Rao; die stipulirte Kricgseontribution trieb er sehr bald von seinen bis. herigcn rebellischen Jharcja-Chefs ein. Mac Murdo bleb seit, dem britischer Resident in Anjar bis zu seinem Tode (28.April 1820 im 38stcn Lebensjahr)^), wo er zuvor noch das Erdbeben erlebte und die ersten lehrreichen Berichte über Kulch gab, das wir seine Entdeckung nennen müssen, für dessen Restazira« tion er sein Leben als Staatsmann zum Opfer brachte, dessen Befreier vom schmählichsten Joch er genannt zu werden ver, dient. Er liegt zu Wurnu in Wagur begraben, wo die Einwoh, ner sein Denkmal bewallfahrten. DerSclavcnsohn RaoBhar« mulji, beständig im Opiumtaumel, voll Insolenz undTrculosig, feit, immer mit Mvrdanschlägcn gegen seinen Beschützer Mac Mnrdo beschäftigt, und nur durch dessen persönlichen Wider, stand, den er ihm selbst an seinem eignen Hofe leistete, von den unsinnigsten Unternehmungen zurückgehalten, inußtc bald von sei, nen eignen Bhyaud, mit Hülfe britischer Truppen, entthront werden. Sein dreijähriger Erbe ward zum Rao Dessul erho« ben, und ihm ein Regcntschaftsrath von den Jhareja, Chefs eingesetzt. Diese, der furchtbaren Anarchie müde, hatten sich noch ihren Wohlthäter Mac Murdo als den dritten Mann der Regentschaft^^) selbst erbeten. Somit kehrte Friede und Ruhe im Lande Kntch zurück; das britische Canton, nement bei Bhooj gab der Regentschaft Nachdruck. Die nun lebhaft erwachte Jalousie der Sindh, Nachbarn gegen die An« Näherung der Briten, das Erdbeben von 1819 mit seinen furcht, baren Zerstörungen, der bald darauf folgende Tod Mac Mur, dos und das Eintreten von Hungersnoth und Krankhei, ten 1823 und 24 und darauf folgende starke Emigrationen aus dem Lande nach Guzurate, und andere Hindernisse haben die raschere Aufnahme des Landes Kutch vielfach gehemmt. Durch die erneuerten Traktate^) zwischen den , r—

Briten und dem



Ä2lJ Jam. M* Adam Biographical Sketch of Captain Mac Murdo in Transact. of the Lit. Bombay Soc. Vol. II. p. 643 — 650, **) J. Bornes History of Cutch 1, c. p. 217 **) tbmd. p. 222.

Jnselland Kutch, Gouvernement.

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Kutch, Go»ver»ement, 1822, wurde die Integrität der Herrschaft des Rao, und ihm, gegen Zahlung von 2 Lakh Rupien jährlich, Schutz von außen zugesichert, das Gebiet von Anjar gegen jähr, liche Zahlung von 80,000 Rupien wieder cedirt, obwol beide Summen noch nicht für die Militairkosten der Schutztruppen aus, reichten.

Der Amirs von Sindh Drohungen eines Ueberfalls

mußten 1820 und 1825 durch Aufstellung eines Truppencorps zu, rückgewiesen werden. Jeden Eingriffs in die innern Angelegen, heilen des Kutchstaates hat das britische Gouvernement sich bis jetzt enthalten und nur für die Erziehung des jungen Rao Des, su l gesorgt, der schon im Jahr 1829, 13 Jahr alt, vom britischen Caplan in Bhooj, Mr. Gray, im Englischen wohlunterrichtet war, und Neigung zu den Wissenschaften, zumal zur Astronomie, blikken ließ. Im April 1830 befestigte der edle General John Mal, colm während seines Aufenthaltes in Bhooj den Frieden des Landes durch weife Einrichtungen, und die Hoffnung be« ginnt seitdem zur Wiederkehr einer glücklicheren Zeit für das bis, her unglückliche Kutch und seine Bewohner. Gouvernement M). Vieles ist freilich im Innern noch zu thun. um diesen Segen des Friedens herbeizuführen. Der Rao ist nur Chef seiner Vasallen, die aber durch Kriegsdienst mit ihrem Gefolge an ihn gebunden sind, wie deren Landeigcnthümer (Grassias) wieder an sie, ihre Chefs (Tilats). Ihnen, den Tilats, haben die Grassias die Krieger zuzuführen, nicht dem Rao, wodurch dieser stets in der Hand seiner Vasallen ist. Beim Aufgebot des Rao zum Krieg eilen die Boten auf Kamee len an einem Tage, nach allen Seiten zugleich, bis an die Gränzen des Reichs, und in drei Tagen kann Alles unter den Waffen seyn; einst 30,000, jetzt keine 15,000 Reiter. Diese, mit Scl,wert und kurzem Speer be»vaffnet, fliegen alsbald in Haufen zu 5 bis 50 aus allen Quartieren zusammen zum Chupper (d. h. di« Versammlung, vom Namen eines solchen Aufgebot,Ka< in cd 6). Die Soldtruppen und die Infanterie bleiben zur Be­ satzung in den Festen zurück. Ohne Bagage zieht die Cavallcrie ins Feld, nur der Ihareja - Anführer führt ein elendes Zell auf einem Kameel bei sich, es ist mehr nur heiliges Wahrzeichen, orangenfarben, weil cs der Assapura (s.ob.S.1043) geweiht ist; es ist Allen zugänglich; der Feldherr schläft wie jeder Gemeine *4) Mac Murdo Account 1. c. in Transact, II. p. 22t.

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auf dem Erdboden. Jeder Reiter erhält täglich | Rupie Kriegs­ geld, den Officieren wird das Opium geliefert. Außer diesem Kriegsgebot hat der Rao gar keinen Einfluß auf die innere Der, waltung der Angelegenheiten seiner Jhareja-Chefs und ihrer Bhyauds oder Brüderschaften. Das Feudalverhältniß besteht zwischen den Grassias und ihren Tilats, wie zwischen die­ sen vom Jhareja-Stamme und ihrem Rao. Die Güter der aus­ gestorbenen Familien fallen an ihre Verleiher zurück. Die Gras­ sias der Tilats werden gut behandelt, die der Raos mit großer Willkür oft ausgepreßt. Außer diesen einheimischen Rajputstämmen derIharejas und den ansäßigen Landleuten der zugehörigen GrassiaS finden sich auch hier die Hinducasten 62$) der Banjanen, der Bhat, tias, Charuns und die Hirtenstämme, so wie verschiedene Tribus der Mohammedaner vor, unter denen letzteren vorzüg­ lich noch die Mianas 2G) zu nennen sind. Es ist ein Räuber­ volk, das nur von Mord und Plünderung lebte, und vorzüglich das östliche Kutch, in Wagur, den District Miana bewohnte, der nach ihnen genannt ist. Sie wollen ebenfalls Rajputen seyn, aber keine Apostaten, wie die Jharejas, die sie deshalb vcr, achten. Sie wollen strenge Moslemen seyn; sie sind, nach Mac Murdo, aus dem Indusdclta eingewandert. Sie sind seit un­ denklichen Zeiten eine verstoßene Plünder-Caste; Niemand würde in ihnen Rajputenblut erkennen. Sie sind schon seit Jahrhun­ derten die große Plage von Kutch gewesen, sie waren dem Volke stets verderblich, aber dem Gouvernement, das sich ihrer nicht sel­ ten zu Expeditionen bediente, nützlich. Sie schnitten den feindli, chen Heeren bei Ueberfällen in Kutch öfter alle Zufuhr ab, über­ fielen ihre Heerführer als Meuchelmörder und befreiten dadurch öfter das Land aus Nöthen. Dafür wurde ihr Räuberhandwerk geduldet, ja sie wurden öfter belohnt und mit Gütern beschenkt. Fülle Mahomeds festeres Regiment bedurfte ihrer Stütze weniger; er suchte sie daher auszurotten, zu vertilgen. Dies ge, lang dem Grausamen fast, aber die Flüchtigen, Ueberlebenden, kehrten nach seinem Tode wieder zurück. Die Hungersnoth brachte sie wieder zu Emigrationen. Mac Murdo schätzte im 1.1819 ihre Zahl noch aus 3000 Kriegsleute. Das fruchtbare Jahr 1825 e1. 239.

") ebenb. p. 235—236.

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ten. Die Raos von Kutch haben sich aus Politik von jeher, wo es nützlich war, mit Mohammedanerinnen benachbarter Rezentem gegenseitig verschwägert. Alle Moslemen sind hiev ungemein ent, artet. Die Mianas sind stolz auf ihr Koranthum, aber einer ihrer Tribus, die Munkas C2U), dulden keine Beschneidung, vcr, mischen sich aber doch mit andern Moslemen und stehen in Der, kehr mit ihnen. Ihren Todten legen sie ein Bündel Heu auf das Gesicht, brennen dies an und vergraben sie dann in der Erde.

Erläuterung 2. Die Halbinsel Guzurate oder Kattiwar. Die Halbinsel Guzurate, oder Kattiwar, im Westen von Ahmedabad und Cambay, zwischen dem Golf von Kutch und von Cambay gelegen, wird durch den Sabermati,Fluß (s.ob. S. 646) natürlich abgeschieden vom kontinentalen Gebiete Gnzurates, von dem ihr Alluvialboden (s. ob. S. 644) die natürliche Fortsetzung bildet. Diese Niederung, welche auf dem Westufer des Sabermati, von Golf zu Golf zieht, mag in frühern Zeiten, wie das Run, mecrbedcckt gewesen seyn, und erst mit der Versiegung von diesem und dem Zurück, treten des innern, seichten Golfes von Cambaya (s. ob. S. 645), die einstige Insel zur Halbinsel gemacht haben, welche aber durch die südliche Fortsetzung des Run, quer durch, bis zum.innern Golf von Cambay in der nassen Jahreszeit öfter wieder zur In, fei wird ^). Ihre Gestaltung, obwol dreimal größer als das Inselland Kutch, ihre ganze Natur, ihre Geschichte, zei, gen sehr viel Analogie mit den Erscheinungen, die wir so eben in Kutch kennen lernten; ihr Inneres ist uns aber noch un, bekannter geblieben, weil es nicht von Briten besetzt ward, son, dem, nach den Mahrattcnverheerungen und den Traktaten von 1803, dem Guicowar von Barode als Eigenthum seiner Herrschaft überlassen blieb (s. ob. S. 406 u. f. und 634). Ihre Gestade sind seit der Portugiesen Niederlassung, auf ihrer äußer, sten Südspitze auf dem kleinen Voreilande Diu (s. Asten IV. l.

S.

642), wie bei Cambay seit drei Jahrhunderten vielfach von

•**) Mac Mordo Account 1. c. Vol. II. p. 230. ") Jam. Mao Mordo Remarks on tbo Province of Kattiwar in Transactions of die Literary Society of Bombay 4. T. I. p. 267.

Halbinsel Guzurate, Lage.

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Europäern bcschifft» ohne näher untersucht zu seyn, ihre früheste Bedeutung taucht in der Zerstörungsgeschichte des Som, nath-Tcmpels durch Mahmud I. den Gazncviden (s.AsienIV.

d. S. 549—553), zum ersten male im % 1025 n. Chr. G. hervor, womit auch die einheimische Historie^) beginnt. Die Nachrichten, welche diese mittheilt, beziehen sich stets mehr auf den cultivirteren, fiädtereichern, stark bevölkerten, continen« talen Theil Guzurates, als auf dessen Halbinselland, welches den rohern, einheimischen Horden und sich selbst mehr überlassen blieb, auch keinen Antheil an den mcrcantilen Welt, verkehr von Gurjararaschtra, oder Guzurate, nahm, wie dieser aus den Nachrichten über Darygaza schon den Alten be«

. @.

tonnt war (s. Asien IV. 1 513). Von jener östlichen Hälfte, dem continenlalcn Guzurate war schon früher hinreichend die Rede, hier nur von dem, was uns fast ausschließlich durch Mac Murdo Näheres über die Halbinsel selbst berichtet roitb 32), die seit der Mahratten Zeit gewöhnlich mit dem Namen Katti, war (eigentlich nur einer der 9 Provinzen des Landes) belegt wird, weil die Katti, obwol nur einer der vielen Tribus, die sie bewohnen, doch die Hauptkricgcr waren, welche anfänglich den Verheerungen von jenen entgegen traten.

Die Halbinsel liegt innerhalb der Tropen, zwischen 20 bis 23° N.Br. und 69 bis 72° 0.8. v. @r.33). Ihre 9 Haupt« Provinzen, nach denen sie theilweise bekannt geworden, heißen: 1) Jhallawar, 2) Kattiwar, 3) Goilwar, 4) Muchu Kaunta, 5) Hallar, 6) Soruth, 7) Babriawar, 8) Jaitwar oder Burdah, und 9) Oka Mundal, die kleinste im äußersten Westen. Der Golf von Kutch dringt auf der Nordseite, von West her, mit immer abnehmender Tiefe als Schlammsumpf, wie das Run, tief in das Land gegen Ost ein, bis zu den Or, len Patri und Bujanna in Ihiallawar, eine kleine Tage« reise im Westen der Capitale Ahmedabad. Ein ähnlicher Sch lamm sumpf, sagt MacMurdo^), beg gnet diesem von

**) Ali Mohammed Khan The Political and Statistical History of Gujarat translated from the Persian by Jam. Bird. Lond. 1835. 8. chapt. II. p. 137 etc. **) J. Mac Murdo Rcmarks 1. c. T. I. p. 269 — 286; W. Hamilton Descr. of Hindost. Vol. L p. 636—661. •*) Mac Mutdo Remarks L c. 1. p, 259. ") tbenb. I. p. 267-

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Ost-Asien. Vorder-Indien. V.Abschn. §.113.

Süden her, durch den jener, über Dholara, mit dem innersten Cambay - Golf in Verbindung steht. Jährlich nimmt derselbe an Breite gegen West zu; das Sprichwort sagt: „ Die Stimme ei, nes Mannes könne hier aus Kutch bis Kattiwar gehört wer, den, das gegenüberliegende Juria, jetzt ein Seehafen, habe sonst Fußpfade gehabt, die zu ihm führten." Bis Pa tri auf, wärts wird sehr viel Salz in diesem Salzsumpfe bereitet. Das Centralgebirge Kattiwars heißt Mandva^); hier entspringt der größte Fluß Bhadur, bei dem Orte Jus, dhun; er durchschneidet in einem Laufe von nahe an 20 geogr. Meilen, von 0. gegen W.S.W., die größere Hälfte der Halb, infei; er strömt an den Orten Juitpur, Opleyta, Gunnode, und unter den Mauern vonKattiana(Kotyana auf Walker Map) vorüber, von wo noch 7 Stunden bis zu den Lagunen von Novi« bunder, wo er nach 6 Stunden, in S.O. von Puribunder, in den Ocean mündet. Er soll 90 Zuflüsse haben, die gering ge« nug seyn müssen; zur Monsunzeit trägt er kleine Schiffe bis Kat, tiana; seine Ufer sind im hohen Grade durch seine Bewässerung rultivirt. Auf demselben Centralgebirge entspringt, jenem Westflusse ganz benachbart, der Ostfluß, welcher auch Bhadur heißt, in etwas kürzerm Laufe an Palliad, Ranpur und nahe Dho, lara vorüber, in den innersten Winkel des seichten Golfes von Cambay fließend, nachdem er mehrere Zuflüsse aufgenommen, wo er dann den Namen Suka Bhadur erhält. Zwei Nordflüsse entspringen gleichfalls jenen Central­ höhen in der Nahe des Ortes Sirdhar (Surdha u r auf Wal­ ker Map), und ergießen sich beide nordwärts in den Golf von Kutch; ebenfalls von geringerer Bedeutung als der West, ström. Es ist der östliche, der Mutchu, der sehr wasserreich und im Felscnbette an Wankanir und Murvi (s. ob.S. 1059) vorüber, von da durch Ebenen gegen Nord in vielen Armen, bei Mallia, zum Golf mündet, und sein westlicher Nachbar der Aj i, der Rajkote vorüber, einen Seitenfluß den Mari aufnimmt, und dann durch die Küstenprovinz Hallar, bei Balumba, zum Golf fällt. Sein Lauf ist dem des vorigen an Kürze gleich, aber sein Wasser wird als das beste der Insel gerühmt; aus seinem obern Flußbette wird bei Rajcote etwas Goldstaub gewaschen. e,s; Mac Murdo Remarks l. c. T. 1. [>. 2b4.

Halbinsel Guzurate, Gebirge.

1067

Der bedeutendste der Südflüsse, der Sutringa^), ent« springt etwas südlich von dem vorigen, ebenfalls auf der Central, gruppe der Berge, die jedoch in ihrer mehr gegen S.W. gerück, ten Lage von der dortigen Hauptstadt den Namen der Juna, ghur«Berge oder Gernar (im Sanskrit heißt sie Rewta, chul) führt; sie füllt die Provinz Soruth, und viele ihrer Gi, pfel sind heilig gehalten, viele mit Pagoden, wenn auch von ge, ringer Bedeutung besetzt. Der Sutringa erhält sehr waffer, reiche Zuflüsse auS den noch südwestlicher gelegenen Bergketten von Babriawar. Einer seiner dortigen Zuflüsse, der Reiva, wird wegen der wildromantischen Thäler seiner hohen Felsufer und der Hochwälder, die ihn überjchatten, und kaum einen Durch, blick in das Himmelsblau gestatten, gerühmt. Unter erhabenen, dichten, dunkelschattigen Jhambu (ob Eugenia Jambos? s. Asien IV. 1. S. 720) geht immer der Weg an seinen Ufern hin. Die Iunaghur,Berge, eine von W. nach 0. 6 Stun, den lange Kette von Bergen, mit 6 bis 7 Piks, unter denen einer heilig verehrt ist, wie noch so manche andere der erhaben, sten Berge der Halbinsel, sind größtentheils auch mit Mango be« waldet; sie schwellen mit ihrem Wasserreichthum den Sutringe, flu ß so reichlich an, daß er auch außer der Monsunzcit seinen Strom längere Zeit als die andern Flüsse bewahrt. Außer die, sen ist die Halbinsel noch mit unzähligen andern Flüssen versehen, die wenn auch klein, doch reichlich genug fließen, um überall hin Fruchtbarkeit und Seegen zu verbreiten. Don Kamballia (Khummaulea auf Walker Map) in S.W. der Hallarpro, vinz, gegen das Westende des Kutch-Golfes gelegen, bizu den genannten Wankanir im Ost, zählte Mac Murdo, auf einer Reise von 10 Tagemärschen, nicht weniger als 42 Nord, ströme, von verschiedener Größe, die er hier zu passiren hatte, die in jener, wahrscheinlich der Regenzeit, alle reichlich mit dem hesten Wasser versehen waren. Sie haben meist sehr romantische Namen; wie Rupa Rebe (Silberwelle), Phuljer (Dlu, menreich), Nagne (Schlangenlauf) u. s. w.

Gegen das äußerste Westende der Halbinsel sind die Ge, birge von Burdah, in der Provinz Jaitwar, die sich aus dem Innern der Gegend von Gumti, deren Ruinen merkwür, ") ebend. l. p. 265—266.

1068 Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §. 113. dig seyn sollen, südwärts bis zu dem bedeutenden Hafenorte Pur, b u n d e r ziehen; sie sind mit niedriger Holzung bedeckt. Das äußersieWestende Euzurates nimmt die niedrige Hügelgruppe von Oka Mundal (Okamandala) ein, welche ganz mit Babul Jungte (Mimosa arah.) und Viilchbüschen (ob Euphorl)ia-2(rlcn?) bewachsen, von ebenem Ackerlande umge­ ben sind. Oka Mundal3') ist die kleinste Provinz der Halb­ insel, welche durch ein kleines Run, oder einen schmalen, nie, drigen Sumpfboden, der ans dem Westende des Kutch, Golfes südwärts nach Pindh Tarnt bis zum Meere hindurchsetzt, von bet östlichen Hauptmasse Euzuratcs völlig abgeschieden ist. ES wird dieses Run bei Muddi nur durch eine Sandbank vom Ocean geschieden: sonst würde Oka Mundal eine vollkommene Insel seyn. Bei Springfluthen wird sie aber durch die steigende Salzfluth des Meeres, welche in das schmale Run eindringt, völ, lig zu einer Insel umgewandelt. Das genannte Dorf Pindh T a r u t hat von einer heiligen Quelle38) den Namen, die blutgefärbt seyn soll, in welche die Pilger die Asche ihrer Verwandten werfen, um Seligkeit zu erlangen. Das kleine Jnselchcn Bäte, oder Shun Budhar(Shnn Kodar auf Blacker Map), liegt im Norden diesem Westende vor, und ist in der Provinz Oka Mundal mit eingeschlossen. Es ist, wie Dwaraca, eine Wall­ fahrtsstation für Pilger, am äußersten Wcstende Indiens. Die­ ses Jnselchen gehört einem eigenen Ra na des Tribus Wadhil, oder der WadhairRajputen, welche ebensallsauf der Hauptinsel von Oka viele Dorfschaften bewohnen, dies sind ursprüng, lich Fischerleute, sie waren bis in die letzter» Zeiten die gefürchletstcn Piraten. Die Chefs, oder Tilas, dieser Rajputen, sind völlig independent geblieben, die einzigen, welche im unbeschrank­ ten Besitze der Rechte ihres GrundcigenthumS (Grassta) sich be­ finden. Die Wasser des JnsellandeS Oka Mundal sind schlecht, ihre Höhen sind reich an Eisen. Die Gruppe der Pulitanna-Bcrge39) liegt gerade au dem entgegengesetzten Ostende der Guzurate-Jnsel, in der Provinz Goilwar, nordwärts der Mündung des Sutringafluffcs bis gegen Bhownuggur, der Hauptstadt Goilivars, und der Mündung des Nerbuda, direct nach West gegenüber. Nicht

**’) Mac Mtirdo Remarks I. c. I. u. 263.

•*) cbend. l. p. 266.

") ebenb. I. p. 267.

Halbinsel Guzurate, Provinzen.

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durch die Höhe, sondern durch den Shrawnck-Tempel (d. i. der Srawack oder Iaina, s. Asien IV. i. S. 739) sind sie be­ rühmt. Zu den merkwürdigen Bergen dieser Gruppe gehören auch die Berge Oollitanna und Seroi.

Die wildeste Gcbirgsgruppe scheint die im äußersten Nord, osten der Halbinsel in Kattiwar zu seyn, welche die Cho, tula-Berge genannt und von den barbarischen rohesten Tribu« den Katti bewohnt werden. Das Glinta w) dieser Halbinsel Guzurate halt MacMurdo der Europäischen Constitution nicht für nachtheilig; auch in den heißesten Sommermonaten steigt das Thermometer nicht über 31 bis 32° Reaum. (102° Fahrh. im Zelte); in der kältesten Zeit des Januars fällt cs nur bis nahe zum Gefrierpunct, nie unter 6 bis 6° Reaum. (45° Fahrh.). Die heißen Winde herrschen vor, im Mai und Juni, im Dee. und Januar die Ost, und Nordost-Windc, mit sehr dichten Nebeln pflegen sie das Land zu überziehen, welche sich aber stets mit Sonnenaufgang zertheilen. Im Allgemeinen ist das Clima trocken und gesund; Westwinde nehmen die übrigen Monate ein. Sornth (Sanraschtra) ist die Mittelprovinz der Halb, insel mit der höchsten Gcbirgsgruppe, welche von der Hauptstadt Jhunaghur") jf>rcn Namen trägt, sie beherrscht das Südge« stade Mangrole. Es ist der Hauptsitz der Mohammedanischen Macht auf der Halbinsel geworden, war aber frühcrhiu von den Churascna Rajputcn beherrscht zu derselben Zeit, als Rao Khenjars Bruder, Jam Rawul aus Kutch vertrieben, hier in Guzurate einfiel, und die Nordküste derselben mit der Gegend von Nova Nuggur an sich riß (s. ob. S. 1057). Seit dem Jahre 1436 wurde diese fruchtbarste Gebirgslandschaft mit gut bebau, ten Uferebenen ein Besitz Mohammedanischer Sultane und Su, bahdare des Moghul-Reiches.

Die Provinz Babriawar") nimmt die äußerste Süd, spitze der Halbinsel, zwischen Sornth in West, Goilwar und Kattiwar im Nord, und dem Cambay-Golf im Ost ein; zu ihr gehört die südlichste Vorinsel Deo (Diu, d. i. Dwipa, die Insel), das einst berühmte Diu,Fort der Portugiesen, jetzt zu *°) Mac Murdo 1. c. I. p. 265. milton Derer. I. u. 667 etc, p. 262.

♦■) kbend. I. p. 261; W. Ha") Mac Murdo Remarks 1. c. I.

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Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §.113.

einem unbedeutenden Hafenorte herabgesunken. An der Westseite liegen die Trümmer von Puttan, des vor Zeiten so berühmten Somnath (s. Asten IV. 1. S. 549) in Schutt. Diese Pro» vinz ist sehr bergig, waldig, wenig zugänglich und wegen der Roh» heit ihrer Bewohner der Caolies (ob Culies?) auch wenig 6c» sannt; es sollen diese srüherhin einen größern Theil der Halbinse bewohnt und durch ihre Feinde die Katties erst in dieses Süd» ende, in die Enge getrieben seyn, wo sie unvermischt mit Frem» den hausen. Ihr großes Zimmerholz bringt ihnen wenig Nutzen, da sie ohne allen Verkehr sind. Ihre Schilfwälder sind noch voll Tiger, die Berge haben gutes Weideland und Wild, zumal Nilgaus und Hirscharten. Ghir (Ghurrea auf Walker Map) im Berglande, ist der Hauptort, I asfra bad die beste Hafenstelle in S.O. von jenem und nordostwärtS von Diu. Die Küstenprovinz Iaitwar zieht sich von Soruth und Babriawar westwärts über Purbun der "), eine Haupthafen» stadt Guzurates, bis Oka Mundal; sie wird von den RanaS der Iaitwar Rajputen beherrscht, die sich Puncheria nennen (b. h. geschwänzte Ranas, von einer Volkstradition, als habe ihr Vorfahr ein verlängertes SteiSbcin gehabt). Die Ruinen der frühern Residenz Gumty auf den Durdah»Bergen werden noch heute bewundert. Der größte Theil von Iaitwar ist flacher Bo» den, flippig mit wenig Erde bedeckt, die Wasser sind meist salzig, der Boden aber reich an Eisenstein; Holzmangel ist hier drückend wie in vielen Theilen Guzurates. Ein berühmter Wallfahrtsort am Gestade ist hier Dwaraca (d. h. das Thor)"), das mo, derne Somnath, von dem viele Mythen und Sagen. Vom West» ende Oka Mundal war schon weiter oben die Rede. Die Ostprovinz Goilwar") am Cambay»Golf mit der Hauptstadt Dhownuggur, hat ihren Namen ebenfalls von eit nem Rajputenstamme Goil, der sie beherrscht. Goilwar ge» hört zu den getreidereichsten, fruchtbarsten, bevölkertesten Provin» zen Guzurates, und hat den Vortheil guter Seehäfen, durch die es seinen Ueberfluß ausführen kann. Als ein Zeichen der höher» Industrie in dieser Provinz ist wol der hiesige Ambawun, d.i« der Mango,Wald, eine Anpflanzung von mehrere» Stunden

*♦* W. Hamilton Descr. I. p. 665. ") ebend. I. p. 662. " Mac Mtirdo Remarks 1. c. I. p. 260.

Halbinselland Guzurate, Nordküste.

1071

Umfang anzusehen, welche hier als die einzige Erscheinung dieser Art auf der ganzen Halbinsel gepriesen ist. Die 4 Nordprovinzen derselben Hallar, Mutchu Kaunta, Kattiwar, Ihallawar, liegen in der angegeben nen Reihenfolge von Oka Mandat ostwärts, läng- dem Südnfer des Kutch-Golfes hin. Hallar40) dehnt sich an dem Golf aus von Oka Mundal und Kamballia (s. ob. S. 1067) ostwärts bis zum wasserreichen Mmchu -- Fluß und' landein bis zum Quellgcbirge Mandva der beiden genannten Nordflüsse, bis Rajcote und Gondul. Boden dieser großen Provinz, welche Jam Rawul, der Kutch Vertriebene, mit seinen Jhareja Rajpulen, Halla-Tribus, eroberte, hat guten Ackerboden für Korn

Der aus vom und

Baumwolle, davon der Haupthafen gut gelegen am tiefen Ausgange des Kutch-Golfes und die Capitale, Nowanuggur, durch Exporten auch bedeutenden Gewinn zieht. Dieser Ört ist sehr volkreich, ein guter Markt für den Indischen Welthandel zu« mal mit Arabien, er hat Webereien, und Färbereien die sehr ge, suchte Waare liefern. Unfern des Hafenortes liegen einige Auster, bLnke, welche Perlen von einer geringern Qualität produci, ren: sie sind Regale des Jam von Nowa nuggur; die schlechte Dewirthschastung derselben hat ihrem Ertrage ein frühzeitiges Ende gemacht. Mutchu Kaunta, die zweite an jene anstoßende, nörd, liche Küstenprovinz, hat vom Flusse, der sie befruchtet, den Namen. An ihm liegt Murvi, die Capitale, der Rajputen Beherrscher, ein jüngerer Zweig der Rao von Kutch, welchen Kaiser Akbar mit dieser Provinz für seinen Beistand belehnte. Der Boden ist zwar sehr fruchtbar und gut bewässert, aber ganz verödet, aus, geplündert und entvölkert, durch seine bösen Nachbarn, die barba, rischen Katti und die Meianas aus Wagur (s.ob.S. 1062) mit ihren unaufhörlichen Ueberfällcn.

Kattiwar^), das Land der Katti, nimmt die wildesten Bergrevicre zwischen Soruth, Babriawar im S.» Mutchu im W. und dem Goilwar am Cambaygolf ein; es zieht sich gegen Nordost zum Run des innern Kutch, Gols hin, bis Ihallawar. Es ist ohne Hauptstädte, klippiges, ödes Feisland mit niedern Bergen, aus rothem Sandstein, ohne Wälder, mit schlechtem Ackerboden, ") eben», i. p. 261.

*T) «bend» I. p. 260«

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Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. {.113,

der nur durch Brunnen seine Bewässerung erhalten kann. ES ist wenig angebaut, sein Hauptproduct sind gute Pferde, die den Raubhorden zu schnellen Ucberfällen und zu Lastthicren dienen. Ihallawar ist die nordöstlichste Provinz von allen, daj Verbindungsglied der Halbinsel mit dem contincntalen Haupt, theile Guzurates, ein ganz ebener, fruchtbarer Ackerboden, eine wahre Kornkammer, treffliches Weitzenland, das auch viel Baumwolle tragt. Die Tilat, oder Chefs, der Ihalla Rajputen, im Besitz dieses Gebietes, haben einigen Ruhm in den altern Geschichten, sind aber durch die Verwirrung der neuern Zeit in großen Verfall gerathen. Die Nähe von Ahmedabad der alten Capitale im Osten, und der 4 großen Emporien am Golf von Cambay im Süden, bis zum Ncrbuda und Tapti hin, sichern ihm bei wiederkehrendem Frieden einen neucrblühenden Wohlstand. Bewohner. Die Zahl der Bewohner der Halbinsel ist mt, bekannt; die herrschenden Tribus auf derselben sind Rajputen, unter denen die Iharejas, wie in Kutch, die angesehensten und die zahlreichsten sind; nach ihnen die Ihalla, die Goil, die Iaitwa. Außer ihnen finden sich die roheren Katti vor, von dreierlei Tribus (Walla, Khacher und Khuman), die aber gleicher Abstammung nur in verschiedene Distrikte sich getheilt haben. Außer diesen beiden Hauptpopulationen finden sich noch viele andere, aber mehr zerstreute, isolirte Völkergruppen vor, die wenig genau gekannt sind; unstreitig ältere, unterdrückte Aborigi, ner, wie wahrscheinlich die Kulies, Kauts, oder es find erst jüngere Einwanderer, wie die Scindias (Dawars genannt), Kumbies, Mares, Ahars, Rehbaries (Schäfertribus) u. a. m. Die Jhareja Rajputen von ihren Brüdern in Kutch wenig verschieden, von wo ihre Partei, mit Jam Rawul, seit dem Jahre 800, hiehcr vertrieben ward, sind die mächtigsten Usurpatoren der größcrn Wcsthälfte der Halbinsel geworden. Die schon früher hier am Gestade des Kutch-Golfes in Hallar an, gesiedelten Jaitna Rajputen, mußten vor ihnen weichen, so wie mehrere kleinere mohammedanische Herrschaften. Die Rajputen, Chefs (Tilat) und ihre Brüderschaften (Dhyaud) theil, ten unter sich das neue Besitzthum, in demselben Feudalvcrhält, niß wie dies in Kutch und ganz Rajasthan der Fall war.

Halbinselland Guzurate, die Katti.

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Ein Halbes Jahrhundert vor den Iharejas hatte ein anderes Raubvolk^ die Katti^), auf gleiche Weise durch Waffengewalt, einen Theil der Halbinsel beseht. Sie kamen von den Ufern deS Indus, zogen durch das westliche Kutch und dann als Nomaden mit ihren Heerden in Kattiwar ein, das sie besetzt hielten; daS nach ihnen genannt ward. Sie folgten dem Wandertriebe, der allen Anwohnern des Indus, im Gegensatze der festgesie, delten Gangesanwohncr, eigen zu seyn scheint, gegen Süd und Süd-Ost, wie die Turkmannen vom Oxus stets gegen N. und N.W. zieh». Sie mußten mit ihren Heerden das wüste Run durch- oder umziehen, und drangen so von 91.0. her über Jhallawar in Kattiwar ein, wo sie in der Umgebung des OrteS T h a n das reichste Weideland für ihre Heerden vorfanden. Sie nahmen sehr große Räume der Halbinsel ein, ohne sich auf gleich bestimmte Weise in dieselben, gleich den Jhareja, zu theilen. Der Friede, die frühere Civilisation der Halbinsel, von der in so vielen Heiligthümern und Wallfahrtsor­ ten, aus älterer Seit49)/ so unzählige Spuren bis heute noch fortdauern, und überall hin auch heute noch die Pilger aus ganz Hindostan herbeilocken, wie einst, nur in größerer Zahl, zu dem vielgefeierten Somnath, diese wurden durch die Ueberfälle so vie­ ler Barbarenstämme grausam gestört. In zwei bis drei Herr­ schaften, mit industriösen Unterthanen, war vordem die Halbinsel getheilt. Die neuen Usurpatoren verachteten den Pflug und daS Gewerbe; sie erkannten kein Recht an, als ihr Schwertgebot: ihr einziges Geschäft neben der Nomadenwirthschaft war das Rau, ben und Plündern. Hieraus erwuchsen die ewigen Fehden und der Verfall des Landes, wie in allen von Rajputen besetzten Staaten, wo unendliche Spaltungen des Grundbesitzes zu immer neuen Fehden führen, die hier Bharwattia (Bhar, d. h. außer, wat, Land nach Mac Murdo; vergl. ob. S. 896)50) hei, ßen. Mac Murdo bemerkt, daß er auf einer kleinen Tour von 8 Stunden, hier im Lande der Rajputen, durch 15 verschiedener Herren Territorien kam, deren Orte alle zu Festungen eingerichtet waren. Ist Bharwattia, so werden' überall große Klap­ pern zur Warnung und als Hutzeichen auf hohen Stangen und

**•) Mac Murdo Remarks 1, c. Tom I. p. 269. ") Mac Murdo Remarks on the Sacras etc. ebend. I. p. 267 0. f. *e) Mac Murdo Remarks I. p. 272. Ritter Erdkunde Vl.

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1074 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §.113. Baumästen angebracht; bann roeiB man, daß es unsicher ist und daß man Raub, Mord, Blut und Brand zu erwarten hat. Nur durch C har uns und Bhals, die wie anderwärts hier gleich­ falls das Geleit651) geben, aber auch als Geißeln dienen, werden hier die Familienfehden (Wyri oder Were) beigelegt. Die Rajputen sind groß, schön von Gestalt, aber nicht sehr stark; ihr Gesicht ist lang gezogm, ihre Adlernase gebogen, ihre Augen sind groß, doch ohne Feucrgcist; sie gleichen ihren Brüdern in Kutch. Die Katti^r) sehr groß von Gestalt, haben oft Helles Haar, blaue Augen, sie sind ath'etisch, wild, tapferer, grausamer als jene, die besten Reiter gleich den Arabern. Alle beide Tribus sind Opiumschwelgcr. Die übrigen Classen der Be­ wohner der Halbinsel sind weniger bekannt, oder unterscheiden sich wenig von ihren benachbarten Verwandten. Die Blutopfer der Charun und Bhat sind auch hier allgemein; sie werden hier Trag« genannt. Ein anderer eigenthümlicher Gebrauch aufGu, zurate ist es, jedem, der eines gewaltsamen Todes stirbt, einen Grabstein zu setzen, mit dein Namen, Datum und der Todcsart, welche durch eine rohe Figur symbolisch bezeichnet wird, wie z. B. durch ein Pferd, durch eine Lanze u. s. w. Am obern Theile dieses Grabsteines, der Pallia^) heißt, ist das Bild von Sonne oder Mond angebracht (vergl. die Hindudenksteine, s. ob. S. 385). Schon seit dem Sturze der Timuriden am Ganges ward Guzurate fast jährlich von den Raubzügen der Mahrattas überfallen (f. ob. S. 396), die nur flüchtig hindurchstreiftcn, mit welchen aber insbesondere die Katti in häufige Scharmützel an den Ostgränzen der Halbinsel (daher K a t t i w a r genannt) gera­ then mußten. Dies ist die Zeit dauemder Verwirrungen, welche zuerst im Jahre 1803 durch die Schwächung der Peischwa-Hrrr, schaft (s. ob. S. 406) gemildert ward, worauf die Oberherrschaft des Guicowar von Barode (s. ob. S. 4oo) folgte, der mit Briten im Verein den Frieden endlich in Kutch und dann auch in Guzurate herstellte (f. ob. S. 1060), und, nach langen Käm, pfen, endlich das Uebergewicht über die vielen getheilten Rajputenstaaten und Territorien der Halbinsel gewann. 61 *) v. Hammer Notice and Extracts of the Miritol Mcmalik (Mirror of Countries) of Sidi Ali Capoodawn in Transart. of the Bom­ bay Soc. T. II. p. 9. ") Mac Murdo Kemarks I, pf 278.

s$) ebend. I. p. 280.

Die Gruppe der Küsteninseln von Bombay. 1075 Erläuterung 3. Die Gruppe der Küsteninseln Bombay, Elephant« und Salsette. Wird die Küste von Guzurate oder der Cambay-Golf und das Mündungsland des Nerbuda und Tapti, bei Surate, süd, wärts, verlassen, so ist die einzige maritime Gliederung der langen Malabarseite, am Fuß der West-Ghats, die wir frü, her hinreichend kennen lernten, im Süden von Damaun und Bassein (f. Asien IV. l. @.665), unter 19° N.Br., die kleine Gruppe der Küsten-Jnseln, von denen Salsette die größte, Bombay t-e kleinere aber die wichtigste ist, welche noch von einigen andern Klippeneilanden unbedeutenderer Art umge, bcn werden. Schon mit der zweiten Tagcfahrt54) von Su, rate, im April, fliegt das secgelnde Schiff an Damaun, dem Portugiesischen Hafen, vorüber, dem bald das Vorgebirg St. Johns folgt, hinter welchem die erhabenen Tafelberge derGhatS um die Eodavery-Quellen (f. ob. S. 429) pittoresk emporsteigen. Am Morgen des dritten Tages wird das Gebirg von Bas« sein passirt, und das bergige Gestade der Insel Salsette erreicht, hinter welchem auf dem nahen Kontinente Concanas die weit HS, Hern Punah-Ketten, mit Carli, sich emporthürmen (s. Asten IV. 1. S. 667 — 674 :(.). Zwischen flippigen, romantischen Ufern von Salsette und Bombay nebst kleinern Inseln hindurch, die nur durch enge Meercsgassen von einander geschieden sind, wird, mit Sonnenuntergang des dritten Tages, der Leuchtthurm von Bombay erblickt, und bald darauf dessen Hafen erreicht. Kommt in derselben Frühlingszeit, vom Süden her, der Caleuttafahrer55), bet Ceylon im ersten Monat des Jahres doublirt hat, so seegelt dieser, im Februar, mit dem günstigsten Winde am reichen Gestade Malabars und Goas vorüber, und erreicht, in 14 Tage, von Calicut an, die Nähe von Bombay, das sich, schon ehe man den Ort selbst erblickt, durch die Bele« bung der Gestade und der Wellen verkündigt. Stets sind meh« rere Dutzende seegelnder großer Schiffe, die Asien mit Europa ver­ binden, im Angesicht, und unzählige kleinere Fischerbarken. Die *4) 0. Heber Narrative T. III. p. 77 — 78. ***) Thom. Lumsden Journcy from Memt in India to London etc. Lond. 1822. 8. p. 42 —50.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §.113,

Küstenfahrt ist außerordentlich belebt, bis auch hier der erste Blick auf den Leuchtthurm, den Centralsitz selbst der dritten Präsi­ dentschaft des britischen Reiches in Indien verkündet. Ungemein malerisch ist von der Südseite die Einfahrt in den Hafen von Bombay; links die Festung mit den öffentlichen Gebäuden am Südende der Insel um den geräumigen Hasen, der trefflich mit Werften, Docken, Waarenhäusern für die große Scestation versehen ist, zur rechten steigt jenseit des schmalen Meerarmes die steile Mahratta-Küste empor. i.

Die Insel Bombay; Maha maha deva Im Sanskrit.

Die Insel Bombay, unter 18" 5G' N.Br. 72« 57/ O.L. v. Er., ist an sich nur gering von Umfang; sie wird erst bedeu­ tend durch ihren trefflichen Hafen und die Capitale, welche von ihr den Namen erhielt. Ob von einer Mecresgöttin BombaDeviKv), oder richtiger im Sanskrit Maha maha deva, d. I. die Insel des großen GottesMahadeva; nach Aussprache der westlichen Araber und Perser in Munbai verwandelt, oder ob von Portugiesen erst von Buona Bahia, d. i. Gute Bai, in Bombay verdreht, bleibt dahin gestellt. Zwei un­ gleiche Hohenzügc, die .3 Engl. Milcs auseinandcrstehend, beide parallel, von S. nach N, streichen, und eine Niederung zwischen sich lassen, constituiren die kleine Insel Bombay; die westliche Kette 5, die östliche 8 Engl. Miles lang, sind an ihren nörd­ lichen und südlichen Enden durch Sandstriche verbunden, die, zu einem festen Boden verhärtet, nur wenige Fuß über das Meer, Niveau aufsteigen, und nicht selten dem Wellenschläge und seinen Einbrüchen weichen. B. Heber”) schien die kleine Inselgruppe, zu welcher diese Bombay gehört, durch allmäligcn Anwachs aus Korallenriffen und Anhäufung von Sandbänken durch den Mee­ resanschlag, wie so manches andere Korallcneiland der Indischen Gewässer, entstanden zu seyn. Der innere, niedere Land­ strich, früher eine Salzlagune, meinteer, füllte sich mit Schlamm­ massen und überdeckte sich, durch den Abfall der Laubwälder, zu­ mal der Kokospalmen, die hier in bedeutenden Wäldern verbrei***) W. Hamilton Desrr. II. p. 152 — 168. J. Forbes Orient. Mem. Vol. I. p. 152. III. 442; vergl. W. Ouseley Tray. I, p. 71, 335. 87J ß. Heber Narrative T. II, p. 130.

Insel Bombay, Begründung der Colonie.

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tct stehn, mit Fruchtcrde. Nur durch künstliche Uferdämme wurde der fernere Eindrang der salzigen Fluthen abgehalten. Das Land ist hier trefflicher Rcisboden, in der Regenzeit wird es zu Süm­ pfen, gewisse Stellen find zu Wiesen und Esplanaden, Erercierplätzen n. f. w. erhöht, auf den niedern, felsigen Küsten sind Fort, Stadt und Hafcnanlagen gegründet.

Vor fast zwei Jahrhunder­

ten, zu I. Fryers Zeit (168J), waren noch 4o,ooo Acres Land in der niedern Mitte der Insel übcrstuthet, und noch heute wer­ den thciliveis gewisse Gegenden diestr allen Lagunen, auf denen z. B. die Schwarze Stadt erbaut ist, in der Monsunzeit, unter Wasser gesetzt. Früherhin galt der hiesige Aufenthalt für so »n, gesund, daß man das Lebensalter im Durchschnitt für Europäer nur auf 3 Jahre berechnete. Durch die Cultur siitd seitdein große Veränderungen vorgegangen. Durch Portugiesen, die sich von dem Hindu Chef der größern, nördlicher gelegenen Insel Salfette, welcher zu Tanna residirte, diese unbedeutende Insel einst abtreten ließen, wurde im I. 1530 an der sehr günstigen Hafcnstclle der erste Grund zu dem Fort Bombay, auf dem S.O.-Ende der Insel, auf einer schmalen Landzunge, angelegt, welche auf der Westseite die Backb ay, auf der Ost feite der geräumige Hafen bespült. Auf drei Seiten vom Meere umwogt, häng! es nur auf der vierten, nördlichen, die am schwächsten vertheidigt ist, mit der Landseite zusammen, welche früherhin ein Kokoswald bedeckte, der aber nach und nach in der Nähe der Feste weggehauen ward, um Raum für das Glacis, für den Anbau der Stadt, für die Esplanade der Sommerwohnungen und anderer Anlagen zu gewinnen. Zur Portugicscnzcit war die Nähe des glänzende» und blühenden Goa zu hindernd, um Bombay zu größerer Aufnahme zu bringen. Im Jahre 1661 überließen sie es an die Krone Groß-Britannicns, die zwar anfänglich 1664 davon Besitz nahm (s. Asien IV. i. S. 649), aber, als zu kostspielig und unnütz für dieselbe, bald wieder an die Ostindische Compagnie cedirte, welche es vorzog ihre zu oft durch die Mahrattcn- und Mongholen-Ueberfälle bedrohte Residenz, zu Surate, mit einer neuen ans der gesicherteren Insel Bombay zu vertauschen (im I. 1686). Dennoch hatte auch dieser Aufenthalt, das folgende Jahrhundert, immer mit vielen Hindernissen des Climas, der Piratenumgebung und Unglücksfällen mancherlei Art zu kämpfen, und konnte sich, o lange die ungünstigen, contüieutaleit Verhältnisse der nächsten

1078 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §. 113. Nachbarschaft der Mahratten, und Maißoore-Staaten, wie der Piratenflotten dauerten, nur einzelner, günstiger Intervallen er­ freuen, bis die Herstellung des Landfriedens in den Mahratta-Län, dem (s. ob. S. 412) auch der Präsidentschaft Bombays friedliche Existenz, beruhigte Territorien auf dem benachbartesten Gestadelande, und einen blühenderen Handel sicherte, der seitdem in zunehmendem Aufschwung ist. Die frühere Periode^), welche auch nicht ohne bedeutenden F-orrschritt geblieben war, hat vor, züglich I. Farbe s beobachtet und geschildert. Vor der Zeit ^) von 1813, hatte die Präsidentschaft nur an 600 geogr.Quadrat­ meilen (6000 Engl. O..,Miles) Territorialbesitz, und an 6| Mil, lion Rupien Einkünfte, die aber, bei einer Militairmacht von 20,000 Mann, mit mehr als 500 Europäischen Officieren, größ« tentheils wieder aus die Gränzvertheidigung und Sicherung ihrer Existenz verwendet werden mußten, zumal auf eine Marineaj), die im I.1814 aus 18 armirten Kreuzfahrern und vielen Kriegs, booten bestand, welche zur Säuberung des Indischen Meeres von seinen Piraten, die in den Gewässern von Goa, Kutch und dem Persischen Golf ihre Hauptasyle fanden, und zur Sicherung der Kauffahrteischiffe nothwendig war. Mit Mountstuart Elphinstones Regierung der Prä! sidentschaft Bombay, 1818, beginnt eine neue selbstständige Pe, riode dieser Colo nie, die aus einem beschränkten Handels» tomptoir und einer Meereswarte gegen Seeraub, von nun an einen höher« Antheil an der politischen Entwicklung des Indischen Coloniestaates gewann 61). Bis dahin war Bombay von den übrigen Colonien Indiens eben so geschieden durch seine Einrich, hingen wie nur eine andere etwa afrikanische Colonie es hatte seyn können. Bombay übt seitdem aber einen wichtigern Ein, puß über die ganze Malabarische Seite Dekans und über das centrale Hindostan selbst aus. Mit der politischen Bedeutung mußte die merkantile Wichtigkeit gleichen Schritt halten; der fried, liche Zustand von Dekan und Malwa, die Hebung jener Länder mußte auch Bombay, den Centralsitz der großen Meeres, anfurth (Maabar, s.Asien IV.l. @.588) steigern, und zum Orte zweiten Ranges in Indien, nach dem obersten Gouver, •**) J. Foibes Orient. Mein I. p. 153 etc. III. p. 437 — 441. *») W. Hamilton Descr. II. p. 164 etc. *°) ebtud. II. p. 158. ,l) Bombay Gaz. 6. April 1824; Asiat Journ. 1825. Vol. XX. p. 630.

Insel Bombay, neuer Aufschwung.

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newentöfltze hi Cakcutta, erheben. Es ist seitdem nach Canton und Cakcutta das dritte große Emporium Int Oriente62) geworben. Bis in die neuere Zeit war aller Zu/ sammenhang Bombays mit Central-Indien nur allein durch Bengaten vermittelt, und der bis dahin noch unbeschiffte In­ dus bot keine Communicationstinie zum Norden in das Innere dar. Madras aber besaß durch feine frühere Bedeu­ tung das Monopol des Verkehrs mit dem größer» Theile der Dekan-Lander im Süden des Ncrbudaz Rajapulana aber im ewigen Aufruhr, voll Raubhorden, ohne Wegbahnung, hinderte jeden continentaken Zusammenhang mit dem Innern, wie die Pi­ raten von Kutch jeden nordwärts gehenden Gestadeverkehr. Halbe und ganze Jahre waren früher vonnöthcn, um auf gefahrvollen Landwegen von Bombay bis Delhi, oder Calcutta, vorzu­ dringen, und solche Unternehmungen blieben, bis zur Bildung des Föderativstaates der Rajputen, bis zur Dampfung der Peischwa« gemalt oft unausführbare Projekte. Die im obigen über jene Landschaften vorangeschickten Untersuchungen, geben hinreichenden Ausschluß über die heutztitage völlig, veränderte politische und mer­ kantile Stellung Bombays. Der wachsende Wohlstand der östtichen Indischen Pro­ vinzen, die Zunahme der Civilisation, der Industrie, der Gewerbthätigkcit, der Sicherheit des Eigenthums, die regulairen Ab­ gabensysteme, haben viele Völkerschaften und Staaten voin Un­ tergänge gerettet z sie hatten dort schon viele Culturen, Fabricationen, großartige Unternehmungen durch vortheilhafte Anlage von Capitalien unter Leitung Europäischer Einsicht und Speculation, herbeigeführt, welche der Westseite Indiens bis dahin fremd blieben. Der Handel in Bombay hatte sich vordem nur auf die Exporten roher Produktionen der Malabarscite beschränken müs­ sen, und hier waren die einheimisch gewordenen unternehmenden Parfis den Europäische» Briten fast überall im Handel und der Speculation zuvorgekommen. Der außerordentliche Productenreichthum der Westseite Indiens fordert aber zugleich außer den rohen Exporten zu den mannichfaltigstcn Industriezweigen auf, für die sich nun erst, die im Frieden, unter einem milden Schutze höher auszubildende Population ihre Wege zu eröffnen hat, zu *) M' Cullocl) Dict. of Commerce Sec. Ed. London 1834. 8. p. 13b.

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Ost-Asien. Vorder-Indien. V. Abschn. §.113.

deren Bahnung das Bombaygouvemement ganz anders als vor/ dem die Hand zu bieten vermag. Die Agricultur von Malwa, die Weideländer am Nerbuda und Rajasthan, die Teakwälder der Ghats, die Zimmerhölzer und Farbehölzer der übrigen Waldre/ viere, die Metalladern von Eisen, Kupfer, Blei, Zinn, Zink und andere Mineralien, die überall mehr und mehr hervortreten, die Baumwolle und der Hanf von Kutch und Nemaur, die Indigo/ Pflanzungen, das Gummi der Mimosenarten der Wüstenstriche von Sind, die Culturen der manichfaltigsten Art der Malabar/ küste, alles dies fordert noch zu den Verarbeitungen einheimischer Industrie auf, wovon bis dahin nur wenig Spuren sich zeigten, wofür Bombay das Centrum der Industrie abgiebt. Bombay ist zugleich außer dem Sitze eines bedeutend er/ weiterten Gouvernements und Commerzes, zu einem Sitze mehr wissenschaftlicher Bildung geworden als es vorher war, wozu die, seit 1804, nach dem Muster der zu Calcutta gestifteten literarischen Societät in Bombay, durch Mackin/ loscht) (Duncan, Valentia, Salt, Forbes, Erskine waren bei der Eröffnung gegenwärtig) und viele andere, nachfol/ gende Institutionen, für Kirche, Schule und allgemeinere Bildung nicht wenig beitrugen. Es ist zugleich als eine vortheilhaftere Rückkehrstation für Indische Briten nach Europa gegen vor/ dem anerkannt. Die Passage von da nach England ist weit kürzer zur See und wohlfeiler als die von Calcutta; die langweilige und oft gefährliche Fahrt auf dem Ganges durch Ben/ galen und die Sunderbunds, die an der Hugli/ Mündung mehr Unglücksfälle erzeugt, als auf offener See, wird bei ihr gänzlich vermieden. Die Doublirung von Ceylon wird gleichfalls vermie/ den. Wer vom Ganges, oder sonst woher, über Bombay nach Europa zurückkehrt, hat vorher auf Querreisen durch die Halbin­ sel Gelegenheit die merkwürdigsten so lange unbekannt gebliebenen Gegenden dieses Wunderlandes kennen zu lernen, die völlig von den bis dahin allgemein besuchten ja vulgair gewordenen Gestadeprovinzen verschieden sind, und den reichsten Stoff neuer Beob­ achtungen darbieten. Die Ueberfahrt von Bombay geschieht direct durch die freie, offene See, ohne sich erst, wie an der Coromandelseite, mit den Gefahren der Küstenströme und Sand***) Mackintosh Introdnction in Transactions of the Lilcrary So­ ciety of Bombay Lond. 4. 1819. T. I. p. XI etc.

Insel Bombay, Hafen, Strömung.

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bänke herumzuschlagen, die ebenfalls zu weit mchrcrn Unfällen zu führen pflegen. Seit 1818 hat Bombays Territorialherrschafk, ob, wol noch immer geringer an Umfang gegen die von Bengalen und Madras, doch an Umfang zugenommen, und reicht längs dem Gestade, von dem Bcsitzthum des Guicowar, von Ahmeda­ bad südwärts über Surate bis gegen Goas Portugiesisches Ter­ ritorium hin. Es hat, nach Montgomery Martin, jedoch an 6400 geogr. Quadrat»,eilen ( 64,938 Engl. O..-Miles) Fla chenraum und 6,251,000 Bewohner, nach Mac Culloch mit 11 Millionen; aber es ist im Besitz der besten Seehäfen in Indien. Es beherrscht daher die ganze Westküste Indiens und gebietet dem Persischen wie dem Arabischen Gewässer. Sein Hafen, sagt I. Forbcs v»), ter 18 Jahre lang in Bombay einheimisch war, ist einer der schönsten der Welt, zugänglich zu allen Jahres­ zeiten, mit dem sichersten Ankerplatz während der stürmischen Mon­ sune, selbst vor den wildesten Orkanen gesichert, welche noch an der Barre von Surate und längs der Malabarküste in den an­ dern Hafcnstcllcn so leicht Verderben bringen. Der Hafen °5) wird von den Inseln Colabah (oderOl d W omans Island), Bombay und Salfette gebildet. Im Osten des Hafens liegt B n t ch e r s Island, nur 4 Miles fern, und gleich dahinter liegt das berühmte Jnselchcn Elephanta. 3Miles im S. von Bulchers Island liegt das Jnselchcn Caranjah, an dessen Wcstnfer eine Sandbank. Im S. W. von Caranjah, 5 Miles fern, liegt Tüll Point, zwischen ihm und Colabah ist die Ein­ fahrt in den Hafen. 2(uf der Südspitze von Colabah, 150 Fuß üb. d. Meere, erhebt sich der Leuch tthnrm, der an 7 Seemei­ len weit leuchtet. Die Strömungen des Küstenmeeres sind hier um Bombay im Mai, Juni und einem Theil des Juli gegen Nord, zum großen Vortheil der Schiffe, die vor dem S.W.Monsun diesen Weg dahin nehmen. Mitte Juli, August, September, bei schwerem Regensall und dem Anschwellen des Cambay-Golfs, wenden sie sich gegen Süd, mit einer Geschwin­ digkeit von 20 bis 30 Engl. Miles auf den Tag, in gewisser Ent**) J. Fo.rbes Oriental Mein. Vol. 1. p. 21; vrrgl» John M' Citier Descriptiori t>l the Coast of India; ptibtished at the Charge of the East India Co'op. by Dalrymple. Lond, 4. 1789. J>. 8. ") Mac Culloch Met. !. c. p. 135,

1082 Ost-Asien. Vorder-Jndien. V. Abschn. §.113. fernung von der Küste. In der Höhe von Bombay bezeichne» die Seeschlangen (Hydrini), die schon Arrian wie PliniuS (Össtts, Graai, d. i. im Sanskrit Graha, d. i. Schlange nach Bopp) C66) und die Indier fi7) gleich den Europäischen Schif­ fern c8) sehr gut kannten, die Annäherung zum Bombayge, stade. Mc. Cluer 69) sagt, die großen Seeschlangen be­ zeichnen dem Schiffer die Seetiefe von mehr'als 270 Fuß (45 Klafter), die kleinen Seeschlangen von einer geringeren; an ihnen erkennt der Schiffer, wo er zur Sicherung seiner Fahrt der Sundirungen 70) bedarf. Die Ebbe und Fluth im Hafen von Bombay sind zwar irregulair, aber doch hinreichend, um große Docken der Compagnie zum Schiffbau im Hafen anzule­ gen, die einzigen der Art im Indischen Meere; die gewöhnliche F-lnthenhöhe ist 14, die Springflut!) steigt bis zu 17 Fuß Höhe. Die Schiffswerften) konnten daher hier bedeutend werden. Seit 1810 hat man aus dem trefflichen Teakholz Kriegsschiffe der größten Art und Kauffahrteischiffe, große Chinafahrer, von 1000 bis 1200 Tonnen Last, und viele ge­ ringere in großer Anzahl gebaut, die den Vorzug der länger» Dauer vor andern besitzen (s. Asten Bd. IV. 1. S. 814). Diese Schiffswerft« sind nur von den Parsis eingenommen, welche die Monopole des Holzkaufs, der Inspektion, des Schiffsbaus (zumal die Parsifamilie der Jumsetji) besitzen; daher diese solche Vor, rechte, vordem wenigstens 72), nicht selten mißbrauchten. Bei den hiesigen Schiffswerften, die zur Reparatur der königlichen Schiffe, wie derjenigen der Ostindischcn Compagnie dienten, be, merkte Lord Valentia (1804), gäbe es viele Sinekuren. Das Seearsenal ist von der größten Bedeutung, selbst nach der Besitznahme von Ceylon und des trefflichen Hafens von 5tin, comalli (s. oben S. 187,193), der in vieler Hinsicht mit dem von Bombay wetteifert. Arriani Peripl. Mar. Erythr. ed. Huds. p. 23; Plin. II. N. VI. 2fr; Vincent Peripl. Mar. Erythr. Vol. II. p. 353. °7) Khoja Abdul Kurrccm Memoirs cd. Gladwin. Calcnt’a 1788. p. 14k ••) Niebuhr Reise Th. 1. p. 452. ee) J. Mac Cluer Description 1. c. p. 10. TO) B. Heber Narrat. III. p. 130. 7l) John Edyc of the Survey Department Royal Navy I)escrij»tion «•! the See Ports on the Coast of Malabar, of the facilities they afford for Building Vessels of the Produce of the adjacejit forrests, in Journal of the Roy. Asiat. Soc. Lond. 1835. 8. Vol. 11. p. 324 — 377. 71) Vic. Valentia Tray. Vol. 11. p. 177.

Insel Bombay, Clima, die Stadt.

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Das schützende Fort7J), sehr fest gegen die See, ist nach verschiedenen Planen und zu groß angelegt, um gehörig besetzt werden zu können. Noch neuerlich ist es durch Hineinziehung der Dungari-Höhe um vieles verstärkt. Batterien über Batterien be­ herrschen den Hafen. Der Blick von seiner Höhe dehnt sich weit und breit über Meeresflächen, durch Inseln unterbrochen, die mit Felsen und Waldungen geschmückt sind, in deren Hintergrund sich das erhabene Tafelland mit den Piks der Ehatkelte ausbrei­ tet. Der Schmuck der Kokos und anderer Palmen an allen Ge­ staden vermehrt die Romantik der Landschaft ungemein. Das Clima von Bombay, sagt I. Forbes, ist sehr ge, fund, selten zu heiß 7t), die heißen Trockenwinde fehlen hier gänz­ lich. Die wechselnden, kühlenden Seelüfte sind allerdings ein gro, ßcr Vorzug, den Bombav vor Calcutta genießt, und fein Clima mag dem der Indischen Capitale im Ganzen wol vorzu­ ziehen seyn; doch keineswegs denjenigen Lagen, die nordwärts des Ganges von Patna nach der Gebirgsscite zu im Bereiche der Gebirgslüfte des Himalayazuges bewohnt werden. Die mitt­ lere Temperatur von Bombay soll nach I. Nicholls 75) Beobachtungen, die er in den beiden Jahren 1803 und 1804 an, gestellt hatte, 2l|° R. (80|° Fahrcnh.) betragen. Die Hitze steigt im A p r i l, dem heißesten Monate, nicht über 21 bis 32° Reaum. (80 bis 90° Fahrcnh.). Das fallende Rcgenquantum nach acht­ jährigen Beobachtungen beträgt jährlich nn Monat Juli 22 Zoll; das Maximum in einem Tage wol bis 6 Zoll 76) (vergl. Asien IV. l. S. 794). Die Stadt innerhalb des Forts Bombay ist schon von den Portugiesen zu bauen angefangen, größtentheils aus Zimmerh>5lz, unansehnlich. Das nördliche Quartier, von den Parsis ein, genommen, gehört zu den unreinsten. Ohne den großen Brand77) vom Jahr 1603, worauf das Fort und die anliegende Esplanade sehr erweitert und neu angebaut werden mußten, würde sie noch viel winkliger, enger, zusammengedrängter und widerwärtiger seyn. Sie ist in keiner Hinsicht mit den großartigen Anlagen von Cal­ cutta zu vergleichen; ihre Bazare sind eng und unrein; die ta) W. Hamilton Descr. H. p. 152; Vic. Valentia Träv. JJ. p. 176. **) J. Forbes Orient. Mem. Vol. I. p. 21. Te) Jasper Nicholls upon the Temperatuve ot the Island of Bombay 1803 and 1804 in Transact. ot the Lit Bombay Soc. 4. T. I. j. 8 etc.

, dem Padscha Mahal (s. Asien Bd. II. @. 843—908) das Himalaya «Gebirge verlaßt, beide gehören bis dahin, durch Sirmore und Gherwal, üof Strecken von 30 und 25 geogr. Meilen zurückgelegten We, ges, als wildeste Gebirgsströme, mehr mit Sturz als Gefalle, zwi, scheu Felshöhco und Felsspalten, dem obern Laufe des Gan, gessystems an. Nun erst treten sie beide, bei einem absolu, ten Niveau' ihres beruhigteren Wasserspiegels von etwa loooFuß über der Mecresfläche, in die weiten Ebenen der Delhi, Provinz oder ihres Mittellaufes ein. Beideunter sich fast parallele Stromläufe, im gegenseitigen Abstande von 15 bis 16 geogr. Meilen, fließen erst südwärts, wenden sich dann aber immer mehr ostwärts, der allgemeinen Sendung des Bodens gegen den Bengalischen Golf folgend, bis sie bei Allah, abad in dem berühmten großen Stromvereine (Deva Prayaga,« f. ob. S. 725 und Asien Bd. II. S. 914) zusam, menfließen, und von da an nur den einen Hauptstrom des Ganges bilden. Der Ganges hat von seiner Quelle bis Al, lahabad an 130 (dieLänge derWeichsel), der Damuna an 155 geogr. Meilen (die Länge des Rheins) durchlaufen; näm, lich der erstere von Hurdwar an loo, der zweite von Faiza, bad an, mit etwas größer» Umwegen, 130 geogr. Meilen, und die zwischen beiden liegende Landzunge, das indische berühmte Mesopotamien, oder das bei den Hindus sogenannte Do ab, d. i, das heilig gehaltene Zweistromland,'nimmt einen bedeutenden Raum jener Flächen ein. Hier und im weitern Ler, laufe gegen Osten durchzieht der Ganges recht eigentlich die Mitte der ächt Indischen Völker und Herrschaften, wo, so weit sein um, ftmgreiches Stromgebiet sich ausdehnt, Brahmanenlehre und Casteneintheilung herrschend waren, so weit die Ge,> schichte zurückgeht, und man braucht nur die Namen der Ort,, schäften innerhalb des Doab und zu beiden Seiten der Hlußufer

Stromsystem deS Ganges, Uebersicht.

1103

zu nennen, um an Hauptmomente indischer Mythen, Historien «fnb Civilisationen der verschiedensten Zeiten, die von hier, dem Prasierlande, ausgingen (f. Asien IV. 1. ©.496—512, 529—548), zu erinnern: ©eheranpur, Paniput, Delhi, Mathura, Ägra, Etaweh, Kalpi am Damuna abwärts, und Hurd« war, Hastinap.ur,©hajehanpur,Futteghur,Kanodge, Caunpur, Manikpur, Kurrah u. a. m. bis Allahabad am Ganges, und Pamuna, Vereine. Zu diesem Pamuna ergießen sich von der Südseite alle großen Ströme aus Mewar, Malwa und Bundelkhund als rechte Zuflüsse: der Chumbul, Sind, Betwa, Sonar, Ken, Tonse (letzterer unmittelbar unter Allahabad schon zum Ganges), die wir in obigem als Plateauflüsfe Malwas und als durchbrechendeF-lüsseHarowtis und Bundelkhunds nebst ihren Stromgebieten vollständig kennenlernten 968 F. üb. d. M. Ca, sipnr, viel weiter im S.O., inRohilkund, zwischen dem Rain, ganga und Kosila, doch noch etwas nördlich des Parallels von Delhi, obwol noch dicht am Südfuß des Himalayazuges, ist schon bis auf — 610 Fuß gesunken (s. Asien Bd. II. S. 527). Das Gefälle des Pamuna von Delhi bis Agra ist unbekannt, aber diese Capitale wird wol in ähnlicher absoluter Höhe über dem Meere liegen, wie das mit ihr fast unter gleichem Parallel am Gangesufer liegende Futteghur, das, nach I. PrinsepS Messung 5), = 465 F. Par. über dem Golf von Bengalen liegt. *) Hodgson Longitud. and Elevation» #nd Stations in the Survey in Asiat. Research. T. XIV. p. 321. * 4) J, Forbcs Royle Super­ intendent of the flotan. Garden at Seheranpore Natural Hist, and Flora of the Himalayan Mountain. Lond. 1833. Fol. P. I. p. 2, 6. *) Jam. Prinsep Meteorological Journal of Benares in Asiatin. Ra-, searchcs Cale. T. XV. App. HI. p. VII,

Gangessystem, mittler Lauf, Gefalle.

1107

Von La, über Kanodje abwärts, bis Cawnpur, an der Oftfeite des Duab, hat der Ganges etwas über loo Fuß Gefälle; die Station Cawnpur liegt nur — 360 F. P. üb. d. M., mit ihr in ähnlicher Höhe mag Kal p i (f. ob. S. 835) an dem Süd, westufer des Duab liegen, das hier schon in einen sehr spitzen Triangel zusammengeengt erscheint. Bis zu seiner Spitze, bei Allahabad, senkt es sich wol kaum um 100 Fuß tiefer hinab, denn weit unterhalb derselben, über Mirzapur, liegt Benares, die Capitale von Bahar, ebenfalls nach I. Prinseps Messun, gen nur noch = 231 Fuß P. über dem Spiegel des Golfs von Bengalen. Hieraus ergiebt sich die allgemein sanfte Sen, kung des Bodens der Gangesebene, die vom Fuß der Himalayakette bei Hurdwar, längs dem ganzen Duab bis Be, na res, nur 737 Fuß beträgt, und zu beiden Seiten in den un, absehbaren Ebenen sich gleichermaßen ausbreitet. Die Natur dieser gleichartigen, ungemein bebauten, aber fast als Ho, rizontalboden für das Auge im colossalstenMaaßstabe auS, gebreiteten Ebenen, haben wir schon oben durch die Schwie, rigkeiten kennen lernen, welche sie bei der Errichtung der Signal, punete und Triangelstationen zur Meridianmessung in neuester Zeit darboten (f. ob. S. 447 — 448). Die ersten Hügel, welche diese Ebene gegen S.W. hegrän, zen und unstreitig die Ursache sind, daß der Pa mu na und Gan, g e s, statt ihrem Südlaufe zum nächsten Indisch,Persischen Meere zu folgen, gegen Osten zum Bengalischen abweichen, erheben sich als O.uarzfelsen6) am rechten Pamuna,Ufer, eben wo Delhi, die alte Capitale, auf und aus dem Material ihrer Hö, hen erbaut ist. Der Quarz durchsichtig, durchscheinend, grau, gelb, roth oder braun, geschichtet gegen S.W., in Winkeln von 45® gegen den Horizont fallend, in kubische Massen zerspaltend, nähert sich hie und da mehr der Natur des O.uarzsandsteins, und häufig ist Sand auch in demselben verbreitet, mit ihm überzogen. Es ist die letzte nördliche Spur der aus den Mewar, und Aravalli,Ketten bis hieher so merkwürdig vorherrschenden Quarz «nassen, die andern Theilen der Erdrinde im allgemei, nen so fremd sind (s. oben S. 874, 877, 879, 889). Glimmer, •) Jam. B. Fraser Dcscription accompanying a Collection of Speeiznens etc. on a Journey from Delhi to Bombay in Transact. of the Geolog. Soc. sec. Ser. 1822. 4. Vol. 1. p. 143.

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Aaaa-2

1108 Ost-Asien. Vorder-Jndien. VI. Abschn. H. 114. reichthum ist in Menge, theilt, licher stein Korn

oft Nesterweis in diesem Gestein ver­

aber nicht inniger damit gemengt, so wenig wie ein eigent­ Ucbergang sich ans diesem Quarz in den gemeinen Sand­ nachweisen laßt, obwol dieser mit seinem zertrümmerten weit und breit die anliegenden Ebenen, zumal auf der West­

seite des Duab, durch Huryana, Bikanir und Sind, damit über­ deckt. Die ältern Bauwerke in und um Delhi sind fast insge, sammt aus diesem ungemein dauerhaften Quarzgcstein erbaut, und viele Hindupfeiler, welche erst durch Zerstörung älterer Hindutempel, nahe ihrem jetzigen Ruinenhaufen, entstanden zu seyn scheinen (s. Asien IV. l. S. 568), ans denen wiederum zum Theil die niohammedanischen Bauwerke errichtet sind, welche die Fernze-Sänle oder den berühmten Kutub Minar (f. ob. S.820) umgeben, bestehen aus demselben Material. Diese O.uarzselscn bei Delhi und ihre Verzweigungen, im S.W. davon zu Rewarri, westwärts nach Huryana, südwärts nach Mewat, Shekawnlty und Bikanir (s. ob. S.727), sehen wir als die wichtigsten hydrographischen Schcidepuncte zwischen Ganges und Indusgebiet an, da selbst die verschwindenden Sandbäche, westwärts von da, wie z. B. der Caggar und andere geringere, allerdings schon eine gewisse Tendenz zeigen, dem Jndusbettc sich zn nähern, das sie vielleicht einst zu einer gewissen Zeit wirklich erreichten (s. ob. S. 989). 2.

Die Rewarri,Station auf der hydrographischen Westgränze des Gangesgebietcs, Boden, Clima und Vegetation.

Die Station Rewarri7), eine gute Tagereise im S.W. von Delhi, wo ein britisches Cantonnement zur Zügelung dortiger Rajputenstaaten angelegt ward, das man nachher wieder aufhob»), gewinnt durch diese Stellung an der dortigen Natur, gränze des Gangesgebietes ein höheres geographisches In­ teresse. Nach Dr. Govans Barometer,Beobachtungen (1824), denen er jedoch selbst keine absolute Richtigkeit beilegen, sondern sie nur als Annäherung zur Wahrheit angesehen wissen 7) Dr. G. Govan on the Natoral History and Pbysical Geography of the Districts etc. betw. Juinna and Sutlnj in Brewster Edinb. Journ. of Science, Jan. 1825. Nr. III. p. 27. •) Jam. Banken on Public Health in Indio in Transact. of the Medic. and Physic. Soc. oi Calcutta, ib, 1826. Vol. III. p. 329.

Gangessysteni, mittler Lauf, Rewarri-Starion. 1109 wollte, liegt Rewarri auf einer sandigen, dürren Plaine, zwi, fchen 800 bis 900 Fuß üb. d. M>, aber, wie Ludiana am Sedledgsch, in einer ider gesundesten Lagen Indiens, frei von allen verderblichen Miasmaten und Ficbererzeugnng. Dr. Govans Ansicht nach breitet sich zwischen dieser Plaine und der Niederung des Run von Kutch keine Erhöhung aus, welche dem einstigen Eindringen des Meercsstandes bis in diese Gegenden um Dekan in eine Insel zu verwandeln, hätte als Hinderniß entgegentreten können. Di« Hügel bei Rewarri, beobachtete Dr. Govan ^), bestehen aus graublauem, sehr zerreiblichen Thonschiefer, der ei, nem Glimmerschiefer aufzuliegen scheint, die aber beide von mäch, eigen, oft ungemein gewundenen Quarzlagcrn durchsetzt wer, teil. Ihre höchsten Züge erheben sich hier öoo bis looo Fuß über der allgemeinen Plaine; an sie reihen sich die Berge von Shckawutty und Dikanir (s. ob. S. 935,991) an. Bei B r u n, nengrabungen gelang es, in dem neu angelegten Cantonne, ment, nur an ein paar Stellen und nicht ohne große Mühe, ein von Salz freies, süßes Wasser erst bei 50 Fuß unter der Ober­ fläche zu erteufcn. Die ersten 8 Fuß. bedeckt ein vegetabiler Schlammboden, dann folgt ein Alluviakboden mit den Kalkcon, cretionen des Konkar, die durch ganz Indien (f. ob. S. 282, 654 u. a. 0.) verbreitet sind. Dann eine 26 Fuß mächtige Schicht von demselben Konkar mit sehr kalkhaltigem Thongcmcnge, und darunter erst eine 9 Fuß starke, hcllgelblich graue Thonschicht, die Feuchte hält, in welcher sich süße Wasser sammeln. Der tiefe, schlammige Alluvialboden mit Salzrcichthum, mit Sand nnd er, gallischen Resten aus früherer Meeresbildung, die häufig in die zcrreiblichen, isolirten Kalkstcinmassen eingewickelt, durch den gan­ zen, großen Wüstenstrich verbreitet liegen, verdienten nach Dr. Govan allerdings wol noch genauerer Untersuchung. Ihm schien dies« Gegend derjenigen der bekannten Natron-Seen, welche Andreossy in Aegypten entdeckt hat (f. Afrika 2te Aust. S. 860), in jeder Hinsicht sehr nahe verwandt zu seyn; selbst die analogen Formen der Gewächse in beiden Nil, und Gangesebcnen fielen ihm, wie die Analogie ihrer geoguostischen Beschaffenheiten, auf; im That der Natron, Seen: Asclepias gigantea und Rhamnus lotus, eben so wie auf Newarris Boden: Asclepias syriaca und Ziziphus jujuba, deren Frucht wie die Rhamnus, Lotosbcere zu *) Dr. Govan I. c. p. 29.

1110

Ost-Asien.

Vorder-Jndien. VI.Abschn. §.114.

Brod verbacken wird. Aus der Plaine von Rewarri senken sich noch zur Regenzeit alle fließend werdenden Flüsse nord, w ä r t s gegen den Pamuna hin, den sie aber zu schwach nicht erreichen und sich im Sande verlieren. Die heißen Windei) hat man hier aus der ersten Hand; im April, Mar und einen Theil des Juni wehen sie in der Regel von W. oder N. oder von S.W. her; dann dorrt Alles aus, zerplatzt und zerspaltet; dann sind alle Körper der Thiere im hohen Grade clectrisch, was zur Erhaltung ihres Organist mus beitragen mag. Feuersbrünste sind dann ganz allge, meine Erscheinungen. Furchtbar sind die Wirbelwinde, die dann öfter im West aus den Sandwüsten aufsteigen, und die Nord weststürme, die mit dunkelrothem Himmel die Erde von daher bedrohen. Die heißen Winde wehen oft auch die ganzen Nächte durch und werden dann unerträglich. Mit dem An, fang der Regenzeit ist die Napidität, mit welcher sich dann sogleich die nackte Fläche in ihr neu s Grün kleidet, bc« wundernswürdig. Die meisten Hügel sind hier nackt, der B a u m, wuchs hat kein natürliches Gedeihen, nur Baumpflanzungen findet man an den Gräbern mohammedanischer Sancti oder Hindu-Jogis. Krüppliche Mimosen (Mim.arabica, sirissa, farnesina, catechu), der kletternde Capernstrauch (Capparis heteroclita), die Justicia, Barieria prionitis, Aeschynomene grandiflora , Nauclea, Melia, Butea frondosa, Clerodendroa phlomoides, Mimusops, Cassia fistula und einige andere sind hie und da jU sehen. Die gemeinsten Büsche sind Capparis aphylla, GardeDia dumetoruin und verschiedene Species von Zyzyplms, Indigosera, eine einzige Species Spartium, die sich bis hieher nach In,

Lien verirrt hat. Zu den herrlich duftenden Gewächsen, die in der Regenzeit allgemein verbreitet sind, gehören vorzüglich Ascle, piasarten UNd Pergularia odoratissima. 3. Charakteristik von Delhis Clkma und Vegetation. Geht man ostwärts von Rewarri, dessen Trocken, Clima nur als eine Fortsetzung desjenigen von Bikanir und Jessulmcr sich zeigt, zum Pamunaufer nach Delhi, so hat dieses zwar et, was gemilderte aber doch noch ganz analoge Erscheinungen, “) De. Govan I. c. p. 30.

Gangessystem, mittler Lauf, Delhi-Station.

1111

über welche wir durch I. Noykes treffliche Beobachtungen n) daselbst kürzlich erst neue Ausschlüsse erhalten haben.. Der Boden von Delhi, 800 Fuß über dem Meere gelegen, ist dürre, voll Salzesflorescenzen, die Brunnen brakisch. Der nackte Boden ab, sorbirt sehr viel Sonnenstrahlen und erhöht dadurch seine Tem, peratur ungemein und die Dürre der heißen Jahreszeit, die schon Fr. Bernier^) meisterhaft geschildert hat. Das Land ist aber ganz offen, dem Windstrich vom Meere und den kalten Bergwinden des südlichen Afghanistan und Kelat ausgesetzt; da, .her sind hier, wie in dem benachbarten Rajasthan, die Winter kälter als man der subtropischen Breite nach erwarten möchte (s. ob. S. 1007,988,928).

Hier ist also ein Clima großer Ex,

kreme, in Hitze und Kalte; daher der Flora tun Delhi die Guttiserae, Anonaceae und Strychneae fehlen, die der und der Feuchtigkeit bedürfen, die Kalte aber fliehen, und dem Süden und Osten Indiens angehören. Doch ist das

z. B. Hitze mehr (Eli,

ma von Delhi im Allgemeinen nicht unvortheilhaft; jenes Mi, ttitnum von Kälte, was dort sich zeigt, ist doch niemals anhal, tend; daher viele minder empfindliche Gewächse des südlichen In, diens, als jene genannten, daselbst doch gedeihen, die weiter nord, warts, im obern Duab, den Himalayalüften schon mehr ge, nähert, wie z. B. um Seheranpur, nicht mehr wachsen. 2tlS solche Gewächse führt F. Noyle folgende auf: Ailantlms excelsa, Prosopis spicigera, Salvadora persica nebst Capparis aphylla, und als Gebüsche verschiedene Arten von Hibiscus, Grewia, Flacourvon krautartigen Pflanzen: Anisocliilns carnosus, Aerna jaSalsoIa-2(rtm bedecken hier als Salz, pflanzen den Boden; Balanites aegyptiaca, Alliagi mauroruin, Salvadora persica, und verschiedene Species von Ethulia, Heliotropium u. a., sind merkwürdig, als über ganz Nordindien verbreitete Gewächse, welche, dieses Gebiet, mit Aegypten ge, me infam hat. 2tndere Gewächse, wie eine Species Picnomum tia;

vanica und viele andere.

und Kentrophyllum, sind merkwürdig, als Der bind ungsglie, der mit der Flora des südlichen Europa. Die meisten hier um Delhi von F. Royle genannten Pflanzen, bemerkt derselbe, seyen auch Lohargong auf dem Vindhyan (s. ob. S. 846,850) und Mirza pur am Ganges (si ob. 841), wie manchen Gegen11) J. Forbes Royle Natural Hist, and Flora etc. I. c. p. 6. ll) Fr. Bcrnier Voy. 11. 323 etc.

1112 Ost-Asien. Vorder-Jndien. VI. Abschn. §, 114, den des südlichen Dekan gemeinsam. Wie sehr großen Einfluß aber auch im Eewächsrciche die Cultur ausrichte, bemerkt F. Royle, beweise der Baum Xanthochymus dulds, der nur im südlichsten Theile Indiens wachse, und weiter nordwärts um Ser hcranpur in der Himalayanähe, nie mehr gedeihe, wol aber in den Königsgärten zu Delhi üppig wuchere. Da stehe er ge­ schützt im Palastgarten, von andern Bäumen umgeben, werde stets in dem Clima, das dieser zarten Sensitive unter den Guttiferae künstlich bereitet ist, bewässert und so sehr gepflegt, daß seine Wurzeln sogar mit Milch übergössen werden, um ihn zu nähren. Eine eigene Wache beschützt ihn, um seine köstlichen Früchte, die sehr hoch geschätzt sind, nicht zu verlieren. Zu den Eigenhei­ ten der Fauna von Delhis Wüstenseite, gegen Huryana, ge­ hört der König der Thiere, der Löwe, den wir hier schon früher anführten (s. ob. S. 708); außer ihm sind Nilgaue, Stachelschweine, der Indische Igel, kurzschwänzige Ma­ nie u. a. um Delhi gemein. 4. Seheranpur Duab nach Boden, Clima, Vegeta­ tion, Flora und Fauna. Setzt man im Parallel von Delhi über den Pamuna in das Duab, so zeigt sich in diesem platten Mesopotamien sogleich eine große Verschiedenheit. Die rigide, dornige Wüsten­ vegetation der Westseite des Parnuna, die wir in ihren ana­ logen Erscheinungen auch schon auf dem Vindhyan-Gebirge (f. ob. S. 837) auf dem Darwar,Plateau, in Maißoore (s. Asien IV. 1 S. 802) und anderwärts kennen lernten, verschwindet mit dem niedern Buschwerk; der Baumwuchs wird luxuriöser, unstreitig weil die Regen füllet, wie weiter im Süden, von West gegen Ost zunimmt (f. ob. S. 1008), so auch hier, im mehr nördlichen, ebenen Gangeslande. Aber auch die Flußbe, wäsferung nimmt zu, und der Boden wechselt. Diese Wech­ sel werden noch stärker gegen die Mitte des Duab über Mi, tut, und nordwärts in dem oberen Duab, um Seheranpur. Seheranpur (s. Asien Bd. II. S. 537) ist durch seine Station als botanische Eartenanlage13) in Indien, am Fuße des Himalaya, unter 30° N.Br., eben so interessant geworden für physicalische Geographie, wie der botanische Garten zu Calcutta

.

**) J. Fortes Royle Natural Hist, and Flora l. c. p. 2, 7—12.

Gangessystem, mittler Lauf, Seheranpur-Station. 1113 unter betn Wendekreise und die Plantationcn zu Zlngaracandy bei Tcllichcrry im tropischen Süden, auf Malabar, unter 12° N.Br. (f. Zlsicn IV. 1. S. 776). Seheranpur ist treff­ lich gelegen zur Beobachtung in der Plaine wie in dem benach­ barten Gebirge, und als Uebergangsstation zur Acclimatisining der Gewächse, für die verschiedenen Terrassenhöhen und Plainen. Durch seine Lage treten in seinen Umgebungen grö­ ßere Differenzen und schnellere Successionen von Erscheinungen, nach Höhen und Tiefen und Temperaturextremen hervor, die ihren Einfluß weithin auf die Mannichfaltigkeit der Naturproductionen der Gangcscbencn verbreiten. Der Di strick des Duab-Seheranpur ist ganz eben, er hat nur geringe Ungleichheiten, er wird nur von Bächen durchschnitten, die vom Duab- Canal zur Bewässerung des Landes genährt werden. Der Boden ist meist thonig, sandig, mit einer untern Schicht eine* backsteinhartcn, tönenden Lchmlagers, waS an den Boden von Dhutnair erinnert (f. ob. S. 1001). An manchen Stellen ist hier Konkar in Massen eingelagert, die zuweilen groß genug zu Grabsteinen sind. Meist dient der Konkar nur zu Bereitung eines groben Kalkes. Unter diesem Boden folgt eine Schicht kleiner Kies, aus dem man die Brunnen hervorgräbt. Ein Theil dieses Bodens hebt sich wol um ein Geringes über den an, dem; er ist dann trockner, die Brunnen darin gehen dann tiefer. Diese trockneren Höhen nennt man Khadir, dagegen den nie­ drigen Boden gegen die Nordberge, den Sewalick und dem Dehra Dun (f. ob. S. 446) mehr genähert, der sehr feucht ist und oft überschwemmt, das Bangur-Land (identisch mitTarai, Ta, riyani u. a., s. Asien Bd. III. S. 44). Das Clima ist hier dem der Gangeslandschaften im allge­ meinen gleich, aber doch wieder durch die mehr nördliche Lage Scheranpurs modificirt; es genügt der Wissenschaft nicht mehr überall in der Climatik der Geographie, wie bisher, sich mit allgemeinen Floskeln zu behelfen. Man muß wie in die Spe, cialgeschichte so in die Specialclimatik einbringen, um die Cha­ rakteristik. und das Leben des verflachten, verallgemeinerten wieder zu gewinnen. Reichhaltiges Material liefert hierzu die Beobach­ tung in den sonst für so uniform gehaltenen Gangesebenen; S c, heranpur ist hierdurch dem Botaniker classische Beobachtungsstation geworden. Die Kälte beginnt hier früher; sie hält hier länger an, nur ein kurzer Frühling folgt im

1114 Ost-Asien. Vorder-Jndien. VI. Abschn. $.114, Februar und März, wenn nach den abgefallenen Blättern das junge Laub wieder sproßt, und die meisten Bäume in Blüthe ste­ hen. Die Regen, so dicht an der hemmenden Wolkenwand dcS Himalaya fallen hier reichlich.

Die Periode des Maximum

imb Minimum der Temperatur (32-£° und 2" Reaum., 105* und 37° Fahrh.) im Juni und Januar, stehen hier weil auseinander. Der Grad und die Dauer bei dem Wechsel der Contraste ist hinreichend um vielen annuellen Pflanzen daS Wachsthum zu gestatten, deren Gedeihen sonst mit dem Cha, racker der übrigen Landesflora unvereinbar scheinen würde. Da­ gegen gestatten wiederum die große Hitze, und der Einfluß der reichlichen periodischen Regen, die Entwicklung des Baues ächt tropischer Gewächse, die eben so sehr von dem Habi­ tus jener, mehr den kühlen Europäischen Lüsten ungehörigen Ge, wächst, abweichen. Da aber die größte Hitze hier eben so we­ nig anhält wie die größte Kühlung, nie zu excessiver Kälte wird, so können daher hier auch viele pcrennircnde tropische Pflanzen in freier Luft sehr wohl gedeihen. Die Seheranpur Flora steht daher recht characteristisch auf der Nord,Gränze der Flora Nord-JndicnS, wie auf der Süd,Gränze der Flora Persiens oder der sogenannten Orientalischen, das

ist Vorder-Asiens. Ueber die Gränze hinaus schreiten die Tropcngcwächse daher nicht leicht, weder nach West noch Nord, wo für sie, mit mindcranhaltender Hitze in der kühlen Jahreszeit, auch kalte Regen und Gebirgsnebcl in den Bergschluchtcn ver­ bunden sind, die ihre zarte an eine schwülere Atmosphäre ge­ wohnte Organisation nicht mehr zu ertragen vermöchte. Daher stehen wir hier auf der Gränze der Indischen Fruchtarten. Die Ananas in größter Fülle in Aracan, Dschittagong (s. Asien IV.

1. S. 251, 319, 419) und den untern Gangcsprovinzcn, blüht hier um Seheranpur nicht mehr; der duftende Pandanus (Pandan. adoratissimus) wird nur im Schutz anderer Bäume grün bleiben; die dclicate Papaya (Carica papaja) und alle Pflan­ zen des Cu starb-Apfels (Anona squamosa) im Freien wenig­ stens erfrieren hier schon; (Musa, s. Asien IV. l.

der Pi sang

oder die Banane

S.

884) zu weiterer Verbreitungssphäre mit schützenden Pctiolen versehen, kann hier noch besser überwin, lern als selbst der Mangobaum, den man hier durch Gras­ umwicklung grgcn die Kälte schützen muß, wenn er blühen und seine schönen Früchte zur Reife bringen soll (s. Asien IV. l.

Gaugessystem,mittler Lauf, Seheranpur-Station. 1115 S. 691). Die harte Agave dagegen läßt sich in ihrer wuchern­ den Tcnacität durch die nördliche Breite hier in ihrer Vegetation noch keine Gränze setzen. Daß die nördlichste Palmen, gränze Indiens, eben hier, der nordischen Form der Nadelholzwaldung in ihrem südlichsten Repräsentanten (der Pinus longifolia) begegnet, haben wir schon früher angezeigt (s. Asien IV. l. S. 864). Bei dieser Verkümmerung des Gebie­ tes der Monocotyledonen, wächst dagegen hier das Reich der Dicotyledoncn; die Baumvegetation besteht fast nur aus ihnen, die ihre Blätter in der kalten Jahreszeit fast sämmtlich verlieren, wie in dem kältern Norden. Die gemeinsten Waldbäume sind hier noch viele der uns schon aus den südlichern Landschaf­ ten Dekans bekannten: Dalbergia sissu, Acacia arabica, serissa, faraesina; Cedi ela tuna; Butea frondosa, Aegle marinelos, Feronia elepliantum u. a., viele Species von Feigen, Maulbeerbäu­ men Melia, Trophis, Bauhinia, Cordia, Ginelina, Premna u. a. 111. Die gemeinsten Büsche sind die Species von Rebe n,Capern von Zizyplms, Carissa, Vitex negundo, Butleia nirada, Guilandina bonduc, Crataeva religiosa u. a. IN. Als gemeine Kräu, ter führt F. Royle auf, die Species von: Cassia, Hedysareae, Justitia, Barleria, viele Cucurbitaceen, Euphorbiaceen, Distelarten, Sida, Cirsium, Chondrilla, Caesulia, Catula sternutatoria, Ocymuin, Leucas, Portulaca, Heliotropium, Aloe, Anthericum, Glo­ riosa superba u. st. st. Die Costus nepalensis ist die einzige bet Scitamineen, die hier in jeder Distanz den Bergen ent­ schlüpft, Zeoxina sulcata ist die einzige der Orchideen, die man auch in den ariden Plainen findet, und zwar in einer merkwür­ digen Ausbreitung von Seheranpur bis nach Ceylon. Die Bam, busarten wachsen hier nicht mehr wild, sie werden nur im cultivirten Zustande gefunden; andere Gramineen sind: Sacliarum, Andropogon, Polypogoo, Sporobolus, Eragrostis, Rottbaellia, Anthistiria, und Species V0N Panicum, Paspalum, Elythrophorus. Die Wasserpflanzen sind, wie überall, mit verall­ gemeinertem Charakter, so auch hier, mehr dieselben, welche dem übrigen Indien gemeinsam sind. Dies zeigt sich schon mit den Gewächsen welche nur in der Nähe der Wasser stehen: mit Herpestis monniera, Gratiola juncea, Hydrolea Zeylanica, Splienoclea Zeyl,, Limnoplnla gratioloides, Jussiaea repens, Marsilea quadrifolia; Species von Coix, Leersia, Sagittaria, Pontedera, Butomus u. a. Mit diesen kommen dicht am Rande der Flüsse

1116 Ost-Aslen, Vorder-Jndien. VI.Abschn. §. 114. gewöhnlich die Arten der Tamarisken, Rumex, Polygonum u. a. vor, worauf nun die eigentlichen Wassergewächse vor­ züglich folgende sind: die prachtvolle Lotos (Neluml)ium speciosum, s. ob. S. 636), Euryale ferox, Damasonium indicum, Trapa bispinosa, verschiedene Nymphäen, Utricularien, Potamogcton, Rohrkolben (Typha), Meerlinsen (Leinna), Vallisnerien u. a. nt. Selbst die bekannten Europäischen Arten: Rammculus sceleratus und aquatilis, davon dieser letztere nur in den nördlichen Provinzen, jener aber auch durch die Wasser ganz Hin. dostans verbreitet ist, sind merkwürdige Beweise der äqualisirendcn Eigenschaft der mehr gleichförmig temperirten Wasser auf die Uniformirung der Vegetation. Diese aufgeführ, ten Gewächse des obern Duab Seheranpur, sind die perenniren, den, welche der Flora ihren landschaftlichen Character geben, oder die in der Regenzeit hervortreten, und ihr dann mehr das tropische Gewand geben. Aber in der Periode der kalten Jahreszeit, von November bis März, wenn die Wärme entschieden abnimmt, der Boden wie die Atmosphäre trocken werden, dann zeigen sich wieder andere Species, meist Einzelnwesen aus kälteren Breiten, von höhern Standorten, oder Europäische Genera, unter denen die Potentillen, Campanulen, Arcnarien, Spergula, Lithospermum, Tradescantia, Poa, das Auge des Europäers wegen ihrer heimathlichen Formen und Er­ innerungen erfreuen. Die einen sind wirklich identisch mit denen mehr nördlicher Breiten (davon einige unstreitig mit der Einführung von Cerealien verbreitet wurden); andere sind selbst­ ständig von den benachbarten Gebirgshöhen mit Winden, Was­ sern, Vögeln, Hecrden oder sonst herabgewandcrt, und haben sich ohne Zuthun der Menschen in diesen südlichern Parallelen ange­ siedelt. Hierher gehören die Europäischen bekannten: Malva rotundifolia, Yeroniea hederaefolia, Fumaria vaUlantii, Anagallis caerulea, Sonchus oleraceus, Antirrhm. orontiura, Silene conoidea, Saponaria vaccaria, Avena fatua, Loliutn temulentum, Verbena oliicinalis u. a.

Aus diesen Thatsachen ergiebt sich, nach F. Roylc"), eine große Uebereinstimmung dieser Ebenen-Flora Indiens, mit dem übrigen Indien, da diesem obern Duab aud) so manche Gewächse des südlichern Indiens beigegeben sind, wie aus 14,) Jam. Foibes Royle Natural Hist, and Flora L c. p. 9.

Gangessystem, mittler Lauf, Seheranpur, Flora.

1117

Ceylon, selbst von der Ostküste Neuhollands, wie viele aus den noch nördlicheren Breiten. Dieser allgemeinere Character der Ebenen,Flora um Seheranpur zeigt sich auch darin, daß einzelne der Gewächse noch weiter gehen: Aloe persoliata, Guilandina bontluc, Giseckia pharnacioides sind auch in Afrika

wie überall in Indien heimisch; einige Species von Oataeva fin­ den sich selbst hier in Indien, Afrika und Amerika; Cactus indicus Roxi)., eine ganz gemeine Pflanze in ganz Indien, und auch hier, um Seheranpur, ist die einzige Species, nicht nur ihres Genus, sondern auch ihrer ganzen Familie, die sich aus Ame­ rika nach Indien (wie Cassuvium nach Malabar, s.Asien IV. I. S. 697) verloren und daselbst eingebürgert und verwildert hat; vielleicht daß auch das Genus Lantana hierher zu zahlen ist, obgleich Royle sich berechtigt hält, sie mehr als ein in der Alten Welt einheimisches Gewächs anzusehen, da er einige Species der, selben häufig in diesen nordwestlichen Provinzen, wie Dr. Wal, lich in Rohilcund, eine auf den Nilgerri gefunden, auch Vcntenat eine. Laut, nivea, in der südlichen Halbinsel, und Forskal eine, L. vibumoides, in Arabia felije. nennt. Wenn die wilde Flora auf diese Weise ihren Antheil an dem hier vereinigten Doppel,Clima der temperirten wie der tropischen Landschaften nimmt, so ist es kein Wunder, wenn hier auch die Cultur,Flora und die Agrikultur an beiden participirl; wenn hier, auf dem äußersten nordwcst, lichen ebenen Gangeslande schon, dem der Ucbergang zu der vorderasiatischen Welt durch das Pendjab, oder mittlere Indusland, doch noch etwas nordwestlicher liegt, wo also alle diese Erscheinungen auf der wahren Gränze des asiatischen Orientes und Occidentes (s. ob. S. lioi) noch marquan, ter hervortreten werden, schon gleichsam die Doppelnatur die­ ses Orientes und Occidentes sich im Conflict zeigt. Dies geht unmittelbar aus den zweierlei Ernten^) her­ vor, welche das obere Duab Seheranpur, zugleich wie das südliche und das nördliche Indien in einem und demselben Jahre genießt. Die eine, Khurif, ist die Re­ genernte; ihre Aussaat ist int Mai und Juni, ihre Ernte im October.

Die zweite, Rubbi, hat die Aussaat im Oktober,

die Ernte im März und April. ") J. Forbes Royle 1. c. p. 10.

Diese umfaßt diejenigen Mo,

1118 Ost-Asien. Vorder-Indlen. VI.Abschn. §.114. natc, welche in ihrer Temperatur den Culturjahreszeiten der kälteren Länder approrimircn; ihre Kornarten, Cul, lurcn u. s. w. entsprechen daher auch jenen. Es sind als Ce­ realien: Wcitzen, Gerste, Hafer, Hirse; als Leguminosen: Erbsen, Bohnen, Wicken, Kicher (Chick) u. a.; als Crucife, ren: Senf und Oelsaamcn; als Umbelliferen: Rüben, Ko, riander, Kümmel, Fenchel; eben so andere Europäische Culturge, wachse, wie: Taback, Safflor, Zichorie, Flachs, Hanf, der aber mehr wild als gebaut zum Bcrauschungsmittcl dient. Eben so gedeihen daher hier dann alle Europäischen Gemüse treff, lich in der kalten Jahreszeit dieses nördlichen Hindostan. Aber mit der Regenzeit der Monsune wuchert die ent, gegengesetzte Reihe der Culturgewächse, die Tropi, sche, mit ihrem vegetativen Luxus hervor: Reis, Mais, Juari (Hole, sorgli.), Bajera (Panic.), Paspalum, Ragi (Eleusine corac.); von Hülsenfrüchtcn mehrere Species Phaseolus, Dolichos; Baumwolle, Indigo, viele Cucurbitaceen, Tul (Sesam. Orient.); mehrere Species Solanum wegen ihrer es, culenten Früchte. Aber die ganz tropischen: wie Jngwer(^mo» mum Zingiber), Turmeric (Curcuma longa) und die Cultur des Betel (Piper betel, s. Asien IV. 1. S. 864) reichen schon nicht mehr bis in den Indischen Norden des obern Du ab. Crotolaria juncea und Hibiscus cannabinus werden noch überall zur Benutzung ihrer Fibern für die Seilerei gebaut. Wie mit jenen perennirenden und andern Pflanzen, so auch mit den Obstarten und eßbaren Früchten. Viele, bei­ derlei Zonen, der tropischen wie der temperirten, ge, dcihcn gleichgut im nördlichen Indien; im Garten zu Sehe, ranpur sind im Freien die verschiedensten Fruchtbäume der differentesten Länder von Jndia, Cabul, Europa, Chi, na, Amerika cultivirt. Aus heißen Ländern: die Bananen, Custardäpfel, Schaddock, Guajava (Psidium pomif.), Orange, Limone, Mango, Tamarinde die überall im südlichern Indien verbreitet sind. An chinesischen Früchten: Litchi (s. Asien III. S. 1094), Loquat, Longan, Wampi, die platte Pfirsich, die gefingerte Citrone, welche insge, sammt hier trefflich acclimatisirt sind. Von nördlichen Obst, arten aus dem Nordwesten, oder Vorder,Asien, aus Kaschmir,. Kabul und dem Gebirgslande: Mandel, Pfirsich, Necta, eine (s. ob. S. 735), Aprikosen, Pflaumen, Pomm,

Gangessystem, mittler Lauf, Seheranpur, Fauna. 1119 qranaten, Weintrauben, Acpfel, Birnen, O.u Itte, Maulbeere, Feige und Wallnuß. Von nutzbaren Holzarten kalter Climate gedeihen doch auch in diesem mitun, ter heißen: die Pinusarten, Eichen, Ahorn, Korneel, kirsche, Vogelkirsche, Hollunder, Wachholder, Burbäum; von Amerikanischen Arten zumal sind hier Ma, hagony, Parkinsonia aculeata, Acer negundo vollkommen na, turalisirt, und von vielen andern Gewachsen Amerikas, wie von Neu-Holland, dem Cap der Guten Hoffnung, Arabien, Nord-Afrika, China und selbst Japan, ist die, scs noch zu erwarten, wie von allen denjenigen Ländern, welche dem Clima von Seheranpur analog, sehr heiße Sommer, zugleich auch, kalte Winter haben. In der Fauna des obern Duab^) treten keine solche charactcristische Verhältnisse wie in der Flora hervor, weil jene sich der Natur der allgemeinen Verthcilung indischer Product« näher anschließt. Das Kameel, den Düffel, den Ochsen, als Lastthiere hat dies Gangesgcbiet mit dem übrigen Hindostan gemeinsam; nur der Ochs allein dient hier zum Ackerbau. Erst durch die Bemühungen der letztem Zeit um die Stutereien, ist die Pferdezucht hier auf einen bessern Fuß gebracht (vergl. Asien IV. 1. S. 898 — 903). Der Elephant wird hier nicht mehr erwähnt, unstreitig nur weil er hier größtcnthcils ausgerottet ist (f. Asien IV. 1. S. 9i'9—922), wie sein Gefährte der Tiger, der in gleichem Maaße verdrängt wird, wie die Waldjunglcs »er, mindert werden, und die Landcscultur fortschreitet. Vom 86, wen ist keine Spur vorhanden, daß er den Pamuna zum Duab überschritten (s. ob. S. 708 u. f.) hätte. Ueber die vom Walde befreiten Plänen schweifen dagegen die Schaaren der Antelo, pcn hin. Die andern Mammalicn sind denen des übrigen In, diens gleich. Unter den Vögeln, die schon mannichfaltiger, beweglicher, wechselnder in ihrem Standorte, findet sich der stolze Pfau hier wieder in der Nähe der Dörfer ein, wenn diesen nur Baum, Wäldchen zur Seite stehen (vergl. ob. S. 962, 942, 943, 636;. IV. 1. S. 420 u. a.); zur Regenzeit kommen zahlreiche Flüge von Grall&e, Auseres - Arten, wie Ibis, Pelicane, Enten,, Schnepfen herbei; Hühnerarten, graue und schwarze Reb, **) J. Forlies Rojli 1. c. p. 11.

1120 Ost-Asien. Vorder-Indien. VI.Abschn. §. 114, Hühner, Wachteln u. s. nv, zur Frühlingszeit hört man den Kuckuk, Oriolus u. a. A. Die Insekten sollen hier eben so mit denen von Calcutta und Madras, oder dem Osten wie dem Süden Indiens übereinstimmen. 5.

Der nördliche Gränzsaum des obern Duab im Waldstreif, oder Tarai, nach Clima und Vegetation.

Das Nordende des obern Duab reicht zunächst nord, wärts von Seheranpur, bis Haridwara zum Südfuß der Himalaya-Vorkctten in die schon früher besprochene Region des Tarai oder Tariyani (d. h. die Sumpfniederung), mit der Fieberluft und der Kropfregion, welche in der Regenzeit durch das Austreten der Flüsse in wahre Sumpfwal, düng verwandelt wird. Für Flora und Fauna thut sich hier als Zwischenstufe, zwischen dem obern Duab und der al, pinen Vegetation und thierischen Belebung des erhabenem Himalayasystems, das schon früherhin beleuchtet ward, eine ganz andere Erscheinung auf, in welcher der Contrast des Trock­ nen und Feuchten in offenen und freien Räumen charakteristisch hervortritt. Der unmittelbare Fuß des Himalayazuges ist überall mit dichtem Jungle bedeckt, hohe Grasung, Schilfrohr, Bambu, sen, Buschwerk, Walddickicht; dieser breite, undurchdring, liche Waldstreif") zieht von Dschittagong nordwest, wärts am Nordrande von Arakan, Bengal, Bahar und Delhi hin, über alle Flußdurchbrüche aus dem Gebirgs, systeme bis zum Ganges und Yamuna, wo diese aus ihren Gebirgsthoren in die Ebene heraustreten; aber er nimmt an Breite von Ost gegen West immer mehr und mehr ab, bis er am Damuna, wo ihm schon die mehr dürre Natur des In, Lusbodens begegnet, kaum noch bemerkbar ist. Er erreicht also am Nordsaume des obern Duab, so eben seine Gränze, weil diese Naturform dem Orr ident Asiens nun ganz fremd wird. Der senkrechte Sonnenstrahl, die dichtgedrängte Vegetation, welche der Luft wenig Cirkulation gestattet, giebt dort, über dem Bo, den der Sumpfwaldung, eine erhitzte, feuchte Atmosphäre, die zur Erzeugung tropicaler Gewächse ganz besonders geeig, net ist. Don den südlichen und östlichen Theilen dieses Wald,

J. Forbes Rojle 1. c, p. 12.

Gangessystem, mittler Lauf, -er Wal-streif. 112t .strcifs, dessen Vegetation mit den windenden Schling, bäumen wir, mit Fr. Hamilton, als die Extra,Gange, tische (Indica aquosa) schon früher charactcrisirt haben (s. Asien IV. 1. S. 413), erhielten, außer dem genannten, auch noch die berühmten Botaniker Dr. Rorburgh und Dr. Wallich, wie F.'Noyle sagt, ihre splendiden Specimina der baumartigen Farrn, der Scitamineen, der schmarozerischen Orchideen, die prachtvolle« Piperaceae, Ebenaceae, Bignoniaceae, Myrtaceae, Byttneriaceae, Malvaceae, Guttiferae, Dipterocarpeae, Annonaceae, Dilleniaceae. Aber im weitern Fortschritt gegen N.W., in

das innere continentale Gebiet, verringert sich dieser vege, tative Waldluxus, weil dieselben Ursachen zwar noch, aber doch nur in schwächerm Grade wirksam sind; der Waldstreif nimmt allmälich in Fortschritt an Breite und Dichtigkeit ab, schon durch Bengal, Rohilkund, das Land wird um den Goggra, Ram, ganga, Ganges schon trockner, die Atmosphäre verliert mit dem Abstand vom Meere ihr Uebermaaß der Feuchte, die Frische der Wintcrmonate in der Nähe des Hochgebirges gegen das Conti, nentalgebiet nimmt zu, ja Kälte tritt ein. Mehr und mehr ver, schwinden, je weiter nach N.W., hin die Tropical,Formen, wie die des oceanischen Climas indischer Gewässer. Der europäi« sche Typus tritt in den Gewächsen immer deutlicher hervor. Da aber dennoch immer große Hitze mit viel Feuchte ver, bunden bleibt, so finden sich auch noch viele in Bengal, Sil, hct, dem südlichen Dekan, ja selbst auf den Sunda-Jnseln in Java gemeine Gewächse, in jenem Tariyani des obern Duab am Ganges gedeihlich vor, die innerhalb seines Schutzes viel höhere, nördliche Breiten wirklich erreichen, als sie, ohne den, selben, in offenen, trocknen Plainen durchwandern würden. In den nördlichsten Theilen besteht hier nun dieser genannte Jungle (oder Jan gal, ein Ausdruck in den bengalischen Steucrrollcn, s. Asien IV. 1. S. 628, der in die moderne indobritische Sprache ganz allgemein übergegangen ist), meist aus großen Bäumen und langem Gras; dies letztere wird in der trocknen Jahres, zeit niedergebrannt, um das Raubwild zu verscheuchen und das Vieh auf den neuen Sprossen zu weiden, die sogleich aus der alten Grasung hervortreten. Die niedern Vorhöhen sind mit Ge, büsch und Kräutern bedeckt, die Thaltiefen, wie das Dehra Dun (s. ob. S. 446), in den ungelichteten Partien, mit undurchdring, Ritter Erdkunde VI. Dbbb

1122 Ost-Asien. Vorder-Indien. VI. Abschn. §. 114. lichcn Wäldern und einer eigenen einförmigen Waldflora. Wie' die tropischen Pflanzenformen, so bringen auch die süd­ lichen Thierformen, welche der Plaine fremd geworden, doch noch durch denselben Waldstreif, der ihnen zum Asyl dient, bis hierher vor. Das Rhinoceros und der wilde Büffel zwar sind auch hier verschwunden; aber der Elephant, wenn schon von kleinster Rare (s. Asien IV. l. S. 922), ist doch auch hier nicht selten, und erreicht um Hurdwar feine äußerste Nordgränze. Tiger, Leoparden, Hyänen, Luchse, Bären sind hier gemein, eben so wie Affenschaaren (Simia rhesus und entellus), Hirsche in zahlreichen Rudeln, vierhörnige Autelo, pen, Eber u. s. w. Unter den Iungle Vögeln zeichnet F. Royle zwei südliche Trappenarten als besonders merkwürdig aus, Florikin und Lik (Otis bengalensis und auritus), den Nashornvogel, die grüne Taube (Columba javanica), den bengalischen Specht (Pic bengal.) und Schmetterlinge, wie Papilio parakekti, die südostwärts bis Java einheimisch sind, südliche Schlangen, wie Boa constrictor, die aus dem centraten Indien sich bis hierher in den Norden desselben verbreiten. Aber aus der angränzenden kältern Bergzone verirrt sich auch zuweilen unter diese tropische Formen einmal ein Bewohner der Schnee, gebirge, wie der Auerhahn (Wood cock) und der Gebirgs, phasan (Plias. leucouotus), die zur Winterszeit im Iungle des Dehra Dun geschossen werden, und die wir früher als die De, wohner hoher Himalayakelten kennen lernten.

G. Das mittlere Duab, die Lage von Merut und seinen Umgebungen. Jahreszeiten, Fieberregion. Von diesen Uebergängen nach den Höhen, kehren wir, aus dem obern Duab Seheranpurs, zu denen nach den Tiefen der Gangeslandschaften zurück, wo uns zuerst in der Mitte des Duab, zwischen den beiden Ruinen der antiken Capitalen, In, draprastha, wo jetzt Delhi, und Hastinapura (s. Asien IV. 1. S. 499) die heutige Britenstation Merut entgegentritt. Merut liegt unter 28" 58' N.Br., nur 8 geogr. Meilen in 9J.O. von Delhi, und eben so weit in S.W. der weitläuftigen Trümmerberge>b) von Hastinapura, dem Babylon des alten Indiens, deren Termitenhaufen, die sich darüber aufbauten, es *•) W, Hamilton Descr. of Bind. I. p. 455.

Gangessystem, mittler Lauf, Merut.

1123

wahrscheinlich verhindert haben, daß sie noch von keinem neuern Forscher naher untersucht sind. Merut, oder Mirut, ist eben, falls von höherm Alter, und war von nicht geringer Bedeutung, als Mahmud I. im I. 1016 (s. Asien IV. 1. S. 543) es mit seinen großen Schätzen eroberte. Es ist in neuerer Zeit, seit 1809, ein Hauptcantonnement") britischer Truppen im Duab ge­ worden, wo eine bedeutende christliche Gemeinde von Bischof He, ber vorgefunden wurde. Seine gesunde Lage auf einem et­ was erhöhteren Boden, von beiden den Fieberlüften mehr unter­ worfenen waldigen Flußufern des Ganges und Damuna gleich weit entfernt, rechtfertigt die Wahl^o) &jcfeg gxtes für eine MiUtairstation. Wirklich giebt der Arzt des britischen Cantonnements, in seiner medicinischen Topographie^) von Merut, diesem Orte, in dieser Hinsicht, den Vorzug vor allen andern Garnisonen in Indien, und empfiehlt es als eine treffliche Station für Vetera­ nen zur Niederlassung. Die Nächte find in Mirut22) so rein von schädlichen Lüften und so mild, daß daselbst alle Europäer gewohnt find in freier Lust die Nächte hindurch ohne alle Be­ deckung zu schlafen. Die Bettzeuge haben nie am Morgen die ge­ ringste Feuchtigkeit; da hingegen in andern feuchtem Climaten der südöstlichen Gangesprovinzen dies nur den größten Verderb brin­ gen würde. Der Ort ist auf Sandboden gebaut, der sich hinrei­ chend gegen Süd senkt, um dahin seinen Wassern Gefälle zum Kali Nu dd i zu geben, einem Flüßchen, das oberhalb der Stadt mit einem durch das Duab gezogenen Canale zusammenhängt, unterhalb derselben aber die größte Länge des Tuabs in zwei Theile theilt, und sich unterhalb Futteghur, bei Kanodge, zum Ganges mündet. Der Sandboden mit Konkarconcretionen ge­ mengt, ist feucht genug, um das ganze Jahr hindurch mit Gra­ sung bedeckt zu seyn. Dieses ewige Grün ist der größte Schmuck von Merut. Die Stadt hat an 30,000 Einwohner; sie ist um­ mauert und schmutzig im Innern wie alle indischen Städte. Das le) W. Hamilton Descr. 1. c. I. p. 453; Reg. Hebers Leben und Nachrichten über Indien von Fr. Krohn. Berlin 1831. 8. Th. II. S. 121 —129. 20) Jam. Ranken on Public Health in India in Transact. of the Medic. and Phys. Soc. of Calcutta. Calc. 1826. 8. Vol. III. p. 329. 31) T. Jackson General and Medical Topography of Meerot ebend. in Transact. Calcutta 1825. 8. Vol. I. p. 292 — 298. 22) J. Grierson on the Endemie Fever etc. in Transact. of the Medic. and Phys. Soc. of Calcutta. ib. 1825. Vol. II. p. 203.

Bbbb 2

1124 Ost-Asien. Vorder-Indien. VT. Abschn. §.114, Kantonnement, Subiana ausgenommen, die nördlichste Sta« tion britischer Truppen, liegt außerhalb der Mauern, nur 20 geog. Meilen fern von der Schneekette des Himalaya, die in ungemes« fener Lange zu beiden Seiten von N.W. nach S.O., noch von hier mit ihren kühnen und wilden Klippen und Piks, zumal nach heftigen Regenniederschlägen, ungemein klar und deutlich z» er« blicken sind, bei glänzendem Sonnenstrahl im blauen Himmel ein prachtvoller Anblick. Die drei Jahreszeiten zerfallen hier l) in die temperirte oder kalte, von Ansang Oct. bis Ende März, wo im Januar und Febr. das Thermometer zuweilen bis unter den Gefrierpunet fällt, wo am Morgen kalte Reise sich einstellen und Sümpfe sich selbst mit Eiskrusten belegen. 2) Die heiße Jahreszeit, von April bis Ende Juni. Im May wehen die sehr heißen Winde, gegen die man sich nur durch Hülse der Tatties zu schützen und dadurch die Tempera« tur auf 21° bis 22° Reaum. (80 — 82° Fahrh.) zu erhalten weiß. Es sind dies Geflechte aus Bambus und fibrösen Wurzeln duftender Grasarten (Andropogon Ivarancura, oder Mar­ tini, oder aud> Schoenanthusi3), die wegen ihres aromatisd)en Duftes and) für die Spicknarde der 2(ltcn gelten), die immer feucht gehalten und in Thüre und Fenster gestellt werden, um die heißen Lüste abzuhalten. Im Juni, bei windstiller Hitze, steigt diese oft bis zu 25°, bis fast 28° Reaum. (90 bis 94® Fahrh.). Mit dem 20. Juni tritt der Regenmonsun ein, und die 3tc, die nasse Jahreszeit, dauert bis wieder Mitte Sept., wo die Aequinoctialflürme einbrechen. Die Westwinde sind hier die vorherrfthenden. Diesem Wechsel zufolge sind alle ve« getativen Erscheinungen dieselben, wie um Seheranpur; alles Land umher ist bebaut. Der Dhaak, Buten frondosa, mit feinen prachtvollen Scharlachblüthen ist hier der gemeinste Waldbaum, der aber fast nur zu Brennholz verwandt wird. Dieselbe Jagd ist hier wie im obern Duab. Wie durch ganz Indien stellen sich and) hier, im Gefolge der heißen Jahreszeit Fieber (Oul) ein; aber dies macht den Ort noch nicht zur ungesunden Station, er ist schon dadurch glücklich genug, sagt Dr. Jackson"), daß er einige Grade außerhalb des Wendekreises liegt, wo die tropi« **) Dr. Wallich Not. on Spicknarde in Transact. I. c. Vol. I. in App. 369; cf. Plutos, Transact, Vol, LXXX. p. 289 und Roxburgh Flor. Indic. Vol. I. p, 279. **) T, Jackson treuer, and Medic. Top. 1. c. I. p. 296.

Gangessystem, mittler Lauf, Miasmata.

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scher, Krankheiten schon ihre zerstörende Heftigkeit verloren haben. Die Nachbarschaft der kalten bis 10,000 Fuß und dann noch doppelt so hoch emporragenden Schneeberge, wirken, schon in dieser Ferne, auf die Kühlung gewisser Monate nicht nur für die Vegetation, sondern auch vorthcilhast auf den menschlichen Organismus ein. Weiter nordwärts, auf Bergstationen, liegen die Sanatorien, von denen früher die Rede war, die immer mehr zu einer Zuflucht der Fiebcrpatienten des Flachlandes wr.den. In diesem ist Alkes, was temporaire Wasserüberschwemmun» gen und Stagnationen über Vegetationen und Laubabfällen 6v< wirkt (f. ob. S. 506, 752 u. a. O.), durch die Erzeugung böser Miasmen verderblich, welche die Ursache der indischen Fie, ber sind, die unter sehr verschiedenen Namen grassiern, unter denen das bösartige Fieber, Oul genannt (Malignant Fe­ ver)1 2*,), oft schon in Zeit von 6 Stunden den Tod bringt. Sie fin^ das Unglück der Einheimischen wie der Europäer; sie sind das Gefolge der Regenzeit; sie find es, die den Tariyani zur Menscheneinöde machen, und dort der bestialischen Natur die Vor» Hand gestatten. Aber sie wüthen auch außerhalb dieses Wald» streift. Daher findet längs den bebuschten Flußufern, und zumal längs den noch langsamer laufenden Canälen, in diesen Ebe, nen des Duab, und der Gangesländer, ein Ueberschuß der Mortalität Statt, dessen Verhältniß das Volk selbst, wenn auch etwas übertreibend, wie 5 zu 3, gegen die davon entfernter liegenden Ortschaften, anschlägt. Alle schon früher bestehenden und neu projeetirtcn Canäle des Duab, wie einst im babyloni­ schen Mcftpotamien, zum Vortheil der Revenücn herzustellen, hat man daher in neuern Zeiten abgerathen, weit die Miasmata durch ihre Irrigationen nur vermehrt werden würden. Wo der» gleichen schon bestehen, gehören die Ortschaften zu den ungesun» besten Stationen, unter denen gegenwärtig z. B. Kurnal, 29* 38< N.Br., auf dem westlichen Vamunaufer, am alten FerozeCanal (s.AsienlV. l.S.570) zwischen Thanusar (lV.i.S.540) und Panniput (f. ob. S. 394), die verderblichste von allen ist. Die gesundesten Stationen der Ebenen sind hier immer btt entferntestliegenden von Waldungen, Stagnationen, auf Sandboden, geringen Anhöhe» u. s. w., so z. B. die Canton»

1 *) Jam. Ranken on Public Health in India in Transact. ul tlie Medic. and Phys. Soc. Valentin 1826. Vol. II. p. 313, 319, 329.

1126 Ost-Asien. Vorder-Jndien. VI. Abschn. §.114,

nementsanlagen von Nussirabad (s. ob. S. 904), von Ludiana am Sedledsche (s. ob. S. 407), von Rewarri (f. ob. S. 1108) und von Mirut. Das Gangesbett ist meist lehmig, alluvial, wo zur Seite Niederungen sind, stagniren Sümpfe, die beständig böse Dünste aussenden; alle Truppenstel, lungcn an ihm sind daher sehr gefährlich, hinab bis Cawnpur, wo die starke Bewaldung, Irrigation, Bebauung durch Gewächse die Ungesundheit nur noch steigert. Am Damunabette herrscht dagegen der Sand vor; Delhi hat jedoch in seiner unmittel« baren Umgebung mehr Bäume als Häuser, Feroze ShahS Canal (später Ali Murdans Canal genannt, nach seinem Restaurator^), der ihn zur Zeit Shah Jehangirs von Kurnal, über 20 geogr. Meilen weit, südwärts bis Delhi leitete, bis wo, hin er seit der Briten Restauration^), im Jahre 1820, bis heute Kornsegen ins Land bringt) ist in der Nähe und befruchtet ungemein zur Seite der so bevölkerten Capitale die Gelände, da« her aber auch die Klage der Delhibewohncr über die Sterblichkeit in ihrer Gegend. Muttra (das alte Mathnra, s. Asten IV. l. S. 500, 544) weiter abwärts am Pamuna könnte gesunder seyn; Agra theilt wieder dasselbe Schicksal mit Delhi. 7. Die Residenzen und Capitalen am Yamuna: Delhi, Muttra, Agra, Etaveh, Kalpi. Die antiken, großen Hindu-Capitalen der Brahmanen Kaiser vor der Mohammedaner Invasion lagen am Gangesufer, wo wir schon früher an Hastinapura und Kanyakubja, jetzt Kanodge, und ihre Lage und Bedeutung erinnert haben (s.As. IV. 1. S. 501, 543, 546); die vom Westen her eingcdrungenen muselmännischen Usurpatoren zogen es natürlicher Weise vor ihre Banner und Residenzen an den Ufern des Ua« m u n a zu erheben, wo sic ebenfalls schon die Trümmer von Tha« vusar, Inkraprastha, Mathura und von andern antiken Capita, len zu Erbauung der ihrigen benutzen konnten. So hoben sich vorzüglich die beiden Nebenbuhlerinnen im Duab, Delhi und Agra, zu den glänzendsten Prachtstädtcn und Kaiserresidcnzen empor, welche nur irgend wo je der weite Erdkreis getragen. **) W. Hamilton Descr. I. p. 414.

*») Reg. Heber Leben und Nachrichten über Indien, übers, v. Fr. Krohn Th. II. ®. 132.

Gangessystem, mittler Lauf, Delhi-Residenz. 1127 Delhi, unter 28°41'N.Br. 77°5'0.8. v. Gr. gelegen'«), bedeckt zum Theil die Trümmerwelt des weit ältern Indra, prastha, die einstige Capitale des antiken Reiches der hochge­ feierten Kuru (s. Asien IV. i. S. 499), und noch immer die Residenz eines Monarchen, der sich Kaiser, Shah shahi, König der Könige nennt, aber nur ein Schatten seiner Vorfahren, ein mediatisirter Prinz ist, der nichts zu regieren hat. Aber die Ghuriden Residenz, feit dem XL Jahrhundert (s.AsienIV. t. S. 555) ward auch schon von den Prachtwcrken der Toghlu, kiden, vom Patanen oderAfghanenstaimne, seit dem XlV. Jahr­ hundert überbaut, unter denen Delhi, wie eine orientalische Roma emporwuchs, die Ebn Batuta beschrieben hat (f. Asien

IV. t. S.566—568). Timur, der Berheerer, hinterließ an der Stelle jenes Delhi, das diesen Namen schon seit dem VII.Jahr, hundert vor Chr. Geb. von einem seiner Brahmanenbcgründer, Delu, erhalten haben sollte, als einen Aschenhaufen (s.Asien

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IV. 1 S. 576); von Shah Feruze Prachtbauten und andern je­ nes Mittelalters blieben nur einzelne, grandiose Ruinen zwi, schen ungeheuern Schuttmassen übrig (z. B. Feroze Cotelah, die Feroze-Sä ule oder Stab). So war Raum gewonnen zum Wiederaufbau der glänzendsten Residenz derBaburi, den, des neuen Delhi, der Capitale der Groß-Moghule, »vel« che das Reich ihrer Herrscher, wie ihre eigene Herrlichkeit, schon wieder seit einem Jahrhundert überlebt hat. Keine Capitale als solche, mag mehr Wechsel erlebt haben, seit D e l u s Zeiten, welche der Gründung Roms gleich kommt, bis auf die des letzten der Groß-Moghule, des erblindeten Greises Shah 2(11um (er stirbt erst iin Jahre 1806, s. ob. S. 405), in der Gegenwart. Auch noch in den Ruinen erkennt man heute den Glanz der größten indischen Residenz, die eine Oberfläche von einigen 20 Engl. Qua, drat-Miles bedecken, in denen zur Zeit Kaiser Aurengzebs an 2 Millionen Menschen wohnen sollten; die gegenwärtige Stadt bedeckt davon nur noch 7 O.uadr.,Milcs, Maj. W. Thor»'»)

*•) W. Hamilton Descr. I. p. 413 — 423; Th. and W. Daniell Oriental Scenery. London 1801. Tab. XVIII. und XIX» View of Delhi; Oriental Scenery. Lond. 1795». Tab. III. Noitheast View of the Cotseah Baug on Jumna at Delhi. **) Maj. Will. Thorn Memoir of the War in India conducted by General Lord Lake and Gen. Sir Arthur Wellesley etc. 1803 —1806. London 1818. 4. p. 153—174.

1128 Ost-Asien. Vorder-Jn-ien. VI.Abschn. §,114.

gab ihr zu Anfang des XIX. Jahrhunderts noch 500,ooo Einw.; gegenwärtig30) soll sie keine 200,000 mehr Herbergen; genauere Zählungen fehlen bis jetzt. Die Schutthaufen des antiken Delhi vor Timurs Ueberfall, sind ganz zerstört und zerstreut über die weite Ebene, die steril, nackt, unfruchtbar, ohne'alle landschaftli­ chen Reize sich am Westufcr des Pamuna ausbreitet, der hier nicht einmal, wenigstens nicht außer der Regenzeit, auch nur für geringe Lastboote schiffbar ist. Aber das neue Delhi hat die Größe der Moghulen in vielen Monumenten bewahrt; wenn auch sie fast alle in Verfall sind, so kann doch der Styl, das Grandiose, der feine Geschmack, die sie auszeichnen, noch immer bewundert werden. Shah Jehan (Dschehan, reg. 1627 — 1656, s. Asien IV. l. S. 635) ist der Erbauer dieses neuen nach ihm ge, nannten JehanAbad, darin er, mit seinem Vater Jehangir, dem Restaurator von La ho re im Pcnjab, und seinem Großva« tcr Akbar, dem Erbauer von Agra, wetteiscm wollte. Ohne Shah Nadirs Zerstörung und Blutbad in dieser Capitale (1738) würde sie noch heute weit glänzender und bevölkerter seyn. Seit dem Jahre 1631 fing Shah Jehan feinen neuen Palastbau auf den niedern Quarzklippen am Yamunaufer an; an 3 Seiten wurde er mit hohen Mauern aus rothen Quadern und einem liefen Graben umgeben, von einer Engl. Mile Umfang; die vierte, die Ostfeite, bespülte der Pamuna, der aber heutzutage schon da, von zurückgewichen. In dem Dewan Kost, d. i. dem Audienz, gebäude, aus weißem Marmor, ward der berühmte Pfauen, thron aus soliden Goldtafeln mit Diamanten, Rubinen und Smaragden überzogen errichtet, der zwischen zwei Pfauen mit ausgebreiteten Edelsteinschwcifen sich erhob, hinter denen ein Pa, pagcy in natürlicher Größe, aus einem einzigen Smaragd ge, schnitten, den prachtvollsten Thron der Erde zierte. Den pracht, »ollsten Stein eines schon in frühem Seiten gefeierten Thrones dieser Art, einen Rubin von erster Qualität, hatte schon Timur mit seiner Beute (f. Asien IV. i. @. 576) entführt; den Edel« steinschmuck des Moghulischen Pfauenthrons entführte Shah Na, dir auf da- persische Hochland. Tavernier, der Juwelier, sahe diesen Thron, und beschrieb ihn 20 Jahre nach seiner Deendl, ,0) W. Hamilton Descr. of Bind. I. p 421; vergl. Reg. Heber Leben und Nachrichten über Jadien, übers, v. Fr. Krohn, Berl. 1831. Dd. 11. S. 128-164.

Gangessystem, mittler Lauf, Delhi-Residenz.

1129

gung; Aurengzeb hatte zu dessen Ausstattung noch die unge, Heuersten Schatze des Rajah von Bundclkhund erbeutet (s. ob. S. 360), der ganze Gewölbe voll Gold und Edelsteine besessen haben soll. Bischof Heber fand den Palast, der dem Ende deDelhi-Canals, welcher in der guten Jahreszeit wenigstens Frische und Erquickung durch die Gärten der Hauptstadt verbreitet, ganz nahe steht, großartiger als den Kreml in Moskau, an Dauerhaft kigkcit des Materials Windsor-Castle gleich, obwol nicht an Größe; er steht noch heute in seiner Herrlichkeit, und ist die Residenz des Shahs von Delhi, dessen Hof aber das traurigste Bild des Ver, falls und der Verarmung-, oder vielmehr der Bedeutungslosigkeit des Timuridcnhauscs darbietet. Bischof Heber hat ihn nach sei­ ner dort gehabten Audienz beschrieben. An dem Palast wurde nach der Südseite die neue Capitale Shah Jehanabad, 7 Engl. Miles in Umfang, mir gleich, großen Stadtmauern aufgeführt, denen man 7 schöne Thore zur Einfahrt gab, nach den Capitalen genannt: Delhi, Lahor, Ajmer, Turkman, Mohur, Kabul, Kaschmir, diese ste­ hen noch heute. Die 36 Quartiere der Stadt erhielten ihre Na, men von dem hohen Adel, der darin seine verschiedenen Sitze nahm. Am Aj mer-Thore wurde eine Medresse (ein moham, medanisches Collegium) von ungeheuern Umfang gebaut, das jetzt geschlossen ist. Zu alle dem kamen dogroße Moscheen, unter de, nen die Pamuna-Musjid^), die große Moschee, als die Cathedrale von Delhi, von jeher, durch ihre grandiose Archi, tectur, die Bewunderung der Völker erregt hat; sie wurde inner, halb des vierten bis zum zehnten Regierungsjahre Shah JehanS vollendet. Wie der Kaiser, so bauten die Großen, die Omrahs, und füllten mit ihren Bauwerken die Capitale, die nach innen und außen sich mit Gärten, Pavillons, Bädern, Stiftungen aller Art schmückte, füllte, umgab. Zu diesen Werken kamen die Gär, ten und Gartenschlösser der Kaiserinnen und Prinzessinnen, und ihre Mausoleen, die Wittwensitze, alle von weitem Umfange mit Bädern, Marställen, Musikgallerien, Denkmalen u. s. w. Alles dies wurde bei Shah Nadirs Ueberfall (1737, f. Asien IV. 1. S. 639) mehr oder weniger ein Feld der Verwüstung; er sahe

41) Th. and ff, Daniell Oriental Seenery Lond. 1795. Fol. Tab. I. Basiern Gate of the J um nah Musjid at Delhi, Tab. XXIII. Tbo J umnah Musjid at Delhi.

1130 Ost-Asien. Vorder-Indien. VI.Abschn. §. 114. aus seinem Hauptquartiere, in der Moschee Rowschun und Dowla, dem furchtbaren Gemetzel zu das seine Horden in der Capitale anrichteten, und schleppte eine Kontribution von 25 Store (d. i. an 30 Millionen Pf. Steil.) als Beute davon. Die neue Stadt hat sich seitdem nie wieder erholt, sie ist nur dünn bevölkert geblieben und kaum ein Schatten der Vor­ zeit; enge Straßen, ein paar große ausgenommen, wenig besetzte Bazare, geringer Handel und einige Gewerbe geben ihr Thätig, feit. Die Karawanen vom Norden, die einzigen von Bedeu, hing aus Kaschmir und Kabul, bringen Gewebe, Shawls, Früchte, Pferde; noch immer ist hier ein bedeutender Edelstein« markt. Die nahen Umgebungen, zumal am Yamuna entlang, werden bebaut, mit Reis, Weitzen, Hirse, Indigo. Im Süden der neuen Stadt, nur eine Viertelstunde fern, unter den Ruinen, Haufen von alt Delhi, zeigt man auch noch das alte Fort, den Palast und Moscheen aus des Patanen Feroze Schahs Zeit, weitläuftige Mauern, innerhalb welcher jene merkwürdige Säule von braunem Granit steht, mit Jnscriptionen Persischer und Sanskritischer, aber auch unbekannter, noch unentzifferter Schriftzüge, die 10 Fuß im Umfang hat, 42 Fuß Höhe, und unter dem Namen des Feroze Cotelah (Ferozes Stab) oder Feroze Lath 33) bekannt ist. Dies seltsame Monument wird nach und nach interessanter durch Auffindung ähnlicher, bis, her vernachläßigter Steinsäulen, deren nun schon 3 andere ähnli­ cher Art aufgefunden sind, mit analogen Jnscriptionen, mit de, ren Vergleichung und Entzifferung man gegenwärtig lebhaft be, schäftigt ist. Die eine liegt im Fort zu Allahabad3*) und ist unter dem Namen „Bhim Sem Gada," d.i.BhimSems Stab bekannt, die andern beiden, und nach einer spätern Nach» richt sind es ihrer drei, stehen noch aufrecht in Nordbehar, nahe der Nepalgränze im Tarai, nicht fern von Bettia und dem Gandaki,Flusse. Don dieser letztem haben 21. Stirling und D. H. Hodgson in Nepal erst ganz kürzlich, Oct. 1834, ") W. Tliorn Memoir 1. c. p. 162. ") Asiatic Research. Calc. Vol. VII. p. 178. *\) Lieytn. T. 8 Burt Description with Drawings of the Ancient Stone Pillar at Allahabad etc. in Jam. Prinsep Journal of the Asiatic Society of Bengal. Calcutta 1834. Vol. III. p. 105—114; J. Prinsep Note on Inscr. I. ib. p. 114— 118; Capt, A. Troyer Rcmarks upon the second loser« ib. p. 118

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i23.

Gangessystem, mittler Lauf, Delhi.

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Nachricht gegeben 35), von jenen haben Lieutn. T. S. Burt, I. Prinsep und Capt. Troyer die Inskriptionen mitgetheilt, und die Schlüssel der unbekannten Alphabete aufgesucht. Als offenbar historische Denkmale aus sehr alter Zeit sind sie von nicht geringer Wichtigkeit, da jene Inscriptionen Analogien mit denen zu Mahamalaipur (s. ob. @.327) und zu Bud, dha Gya (s. Asien IV. l. S. 310), wie auf andern Monn, menten in Canara, Carli und Elora zeigen, und da I. Prin, sep die wichtige Entdeckung gemacht hat, daß auf drei jener Laths oder Säulen, wie sie inNord.-Behar heißen, identische Jnscriptioncn sich wiederholen. Das jüngst entdeckte fünfte Denkmal dieser Art steht, nach des Nepalesischen Vakil Lokra, man Upadhya Berichte, noch weiter am Ganges abwärts, nicht fern von Patna 36), nämlich am Wege von Hajipur in Tirhut nach Bakra. Nahe der Feroze,Säule in alt Delhi liegen die Denkmale und Grüfte der Baburiden-Kaiser, zumal das große Mau, soleum Humajuns, Vater Akbars, von weißem Marmor. Auch die Kaiserlichen Gärten Shahlimar, von Schah Iehan angelegt, noch prachtvoll in ihren verwilderten Ruinen, späterhin, seit General Ochterlonys Einzuge daselbst (1806), die königliche Residenz britischer Residenten in Delhi geworden. Dem durch die Mahratten so gcdemüthigten Greise Schah Allum (s. ob. S. 405) blieb nämlich nach der Besiegung Scindias durch die Briten (1803) wie seinen Descendenten keine Macht, sondern nur die Königsehre und eine Appanage von 125,000 Psd. Sterling. Nach Schah Allums Tode (1806) ersetzten britische Resi, denken seine Stelle; Garnisonen, neue Tribunale und britische Einrichtungen, nach denen der mohammedanischen Bewohner ino, diftcirt, schlossen den letzten Rest des Kaiserreiches an das Terri, torium der Britisch, Ostindischen Compagnie an. Zu den Merkwürdigkeiten Delhis gehören noch der Cutah Minar S7) und das Gentur Muntur, oder das Observato, rium der Schahs. Der Cutab Minar, in einiger Ferne von der Stadt, ist die berühmte Säule, höher als Trajans und An« **) B, H. Hodgson Resident in Nepal Notice of seine Ancient Characters etc. rbknd. Vol. III. p. 481—488. *•) tbtnb. Vol. III. p. 483. *’) W. Thorn Wem. L c. p. 169; Tb. and W. Daniell Antiquities of India 1799. Fol. Tab. XXIV. Cuttab Minar at Delhi.

1132 Ost-Asien. Vorder-Jndten. VI.Absch». §. 114. tonins Säulen In Rom. Sie ist an der Basts ein Polygon von 27 Seiten, aus sehr schönem rothen, festen Sandstein erbaut, er, hebt sich als Säule bis zu 242 Fuß 6 Zoll, und ist mit 27 halb, runden Cancllirungen schlank emporgeführt, deren Flächen mit arabischen Sentenzen aus dem Koran beschrieben sind. Kul, beddin Ei buk, der Zertrümmerer des Brahmanen, Thrones in Delhi (1193), der Sclave der Ehuriden (s. 2(fim IV. l. S. 555), der Stifter der ersten Patancn-Dynastie, nämlich der Ghuridcn, erbaute sie als Triumphsäule des Mohammedanismus über das Brahmanenthum; sie sollte nur der Eingang zu einer großen Moschee seyn, daher Minar, Minaret genannt. Nachdem sie schon 6 Jahrhunderte gestanden, wurde sie im Jahr 1803 durch ein Erdbeben sehr verletzt. Sie ist von manchen andern Säulen und Bauten verwandter Art umgeben. Das G c n t u r M u n t u r 38) ist ein späteres Denkmal der Vorliebe der Dclhikaiser für astronomische und astrologische Stu­ dien; erst unter Mohammed Schah, im dritten Jahre seiner Regierung, 1724, durch den kunstsinnigen Mäccn der Astronomie Jcvsi ng, Raja von Jeypur (f. ob. S. 930), seinem Günst­ ling, erbaut. Es liegt eine kleine Stunde fern von der Uamuna Musjid, außerhalb der Stadtmauern, am Pamuna-Ufcr, pracht­ voll aufgeführt, aber nie vollendet, und spater von den Jaks ge­ plündert. Die colossalen Gnomone, Quadranten, die Gewölbe, die Marmortreppcn, die grandiosen Anstalten sind auch in den Trümmern noch zu erkennen. Und außer diesem Observato­ rium und dem Saraj Jeypur oder Huwa Muhul, seiner eige­ nen Residenz, erbaute derselbe Raja noch drei andere derselben Art, zuMuttra, Benares, Oujein, und nannte seine astro­ nomischen Tafeln, die er im Jahre 1728 vollendete und mit ei­ ner merkwürdigen Vorrede begleitete, seinem hohen Kaiserlichen Patron zu Ehren „Zydji Mohammedshahsi," d. i. dieTafeln Mohammed Schahs. Muttra 3S), Mathura im Sanskrit (Methora bei Arrian), dessen Glanz und Pracht aus alter Zeit uns aus Sultan Mahmuds Raubüberfall im I. 1017 (s. Asien IV. l. S. 500, 544) bekannt ward, ist auch heute noch, am westlichen Pamuna**) W. Thorn Mem. 1. e. j>. 171; Tb. and VV- Daniell Antiquitie* of India 1799. Fol. Tab. XIX. and XX. the Observator; at Delhi. *•) W. Hamilton Dcscr. Vol. I. p. 367—369; W. Thorn Mein, L e. {>. 175-177.

Gangessystem, mittler Lauf, Agra.

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Ufer, unter 27" 3V N.Dr., südwärts von Delhi gelegen, eine große Stadt. Als Geburtsort Krischnas wird ]te von den Hin­ dus ungemein heilig gehalten. Nach Mahmuds Plünderung wurde Mathura von neuem prachtvoll aufgebaut; Kaiser 2(ureng# zeb zerstörte es wieder und baute aus den Trüimnern seiner Hindutempel w) neue Moscheen auf. Später fiel die Stadt in der Mahratten Gewalt; Scindiah gab sie seinem Feldherrn Ge­ neral Perron (s. oben S. 402) als Iaghir statt der Bezahlung, und dieser errichtete hier seine beste Kanonengießerei. Seit 1803 kam sie an die Briten und wurde das Hauptquartier ihrer Trup, pen für Ober-Indien. Ganz nahe dabei liegt Bindrabund (Vindravana im Sanskr., d. h. Wald von Tulsibau, inen), auf demselben Vamunaufer, eine Stadt von gleicher Hei­ ligkeit, weil Krischna hier seine Jugend als Hirtengott verlebte. Daher beide Orte, Mathura und Vindravana, obwol sie keine großartigen Pagoden 41) habe», wie der Süden Dekandergleichen in großer Zahl besitzt, dennoch sehr heilige, bewallfahr, tete Orte für die Pilger ganz HindostanS sind. Daher hier am Strome, zu dem drei große Treppenfluchten hinabgehen, sehr hei­ lig gehaltene entsühnende Badestellen; daher hier die Fische im Wasser selbst, wie die Affen in den Wäldern, die in großen Schaaren umherziehen, besonders geweiht und nie verfolgt werden. Es ist der Hanuman-Affe, dessen freche Schaaren oft jeden Zugang zur Stadt verwehren. Zwei englische Cavallerie-Officiere, die im Jahre 1808 hier nach den Affen, die sie altakirl hatten, zu schießen sich erdreisteten, wurden dafür von den zelotischen Fa­ kiren ernsthaft verfolgt; ihre einzige Rettung war die Flucht auf ihrem Elephanten durch den Uamuna-Strom, in dem sie aber beide ertranken. Agra 42), nur wenig südlicher, unter 27° 11' N.Br., in Architekturen und Ruhm als Residenz die Nebenbuhlerin von Delhi, obwol weit geringer an Umfang und weniger bevölkert, gegenwärtig höchstens nur nach Schätzung mit etwa so,ooo Ein­ wohnern, vordem nur ein Dorf, steigt majestätisch empor an der Südwestseite des Pamunaufers, an dem sie in einem Halbkreise *°) Tb. and W. Daniell Oriental Scenery 1. c. 1801. Tab. XXII. View oi iMuttra on the Ganges. 4>) Tb. and W. Daniell Orient, Sc. I. c. 1795. Tab II Linde» Tcmplcs at Bindrabund. ") W. Hamilton Dccr. of Lind. Vol. 1. p, 304—307; Will. Thora Mem. 1. c. p. 181 — 209.

1134 Ost-Asien. Vorder-Jndien. Vk. Abschn. §. 114. erbaut ist. 2lus der Ferne schon zeigt sie sich stark, reich, gran« dios. Kaiser Akbar, der weise Solon des Orients genannt, grün, bete Agra als seine Residenzstadt (s. Asien IV. i. S. 634), die gegenwärtig jedoch kein Vergleich mehr ist von den», was sie frü, Herhin war. Jetzt sind ihre Straßen ungemein beengt, viele liegen in Trümmern, die Häuser sind vielstöckig, aber oft unbewohnt. Zwei gute Stunden im Norden des heutigen Agra liegt das Mau, soleum Kaiser Akbars *3) zu Secundra, von dessen Zinne der Blick einen Umkreis von 6 gcogr. Meilen Übersicht, der ganz mit Ruinen alter Herrlichkeit überdeckt ist; im Hintergründe der­ selben zieht der Silberstrom des Lamuna vorüber, und die glän­ zenden Thürme von Agra erheben sich. Hier ist der Pain u na nie durchgehbar, und im Juni wird er eine halbe Englische Mile breit. Der Hauptcingang des Mausoleums ist von der Süd­ seite; drei hohe Dogcnportale aus rothem Quaderstein, mit Mo­ saik eingelegt, mit eben so viel Flügelthüren. Ueber dem mittle­ ren erhebt sich eine Bastion mit 4 schönen Minarets von weißem Marmor, bis zur halben Höhe canellirt, mit schönen Marmortreppen, die zu den Balkönen führen, von denen jene prachtvollen Blicke sich ausbreiten. Das Innere nimmt ein großer Garten ein. Jede Seite des Hauptgebäudes hat im Innern 350 Fuß Länge und erhebt sich in 4 Stock, die gradatim kleiner werden, aber mit Thürmen und Kuppeln bis zum höchsten besetzt sind, das 120 Fuß über der Schwelle sich erhebt. In der Mitte ist Akbars Gruft, aus weißem Marmor erbaut; 4 große Gewölbbo, gen führen in 20 verschiedene Gemächer, die zu Familiengrüsten bestimmt waren, darin auch mehrere Gemahlinnen und Prinzen des Hauses beigesetzt sind. Diese nehmen die erste Etage ein; die zweite ist dieser ähnlich, aus rothem Granit erbaut, die vierte wieder aus weißem Marmor, Alles mit Marmor und Gra­ nit geplattet. 2luf der obersten Plattform steht ein prachtvoller Cenotaph aus weißem Marmor, gerade über Akbars Gruft, in dem Erdgeschoß; er ist mit Reliefs, Guirlanden und Ornamenten aller 2lrt bedeckt. Das ganze Gebäude ist voll Majestät und Ele, ganz, alle Dächer werden von canellirten Säulen getragen. Viel­ leicht war nur das Mausoleum Hadrianö in Rom (die Moles Hadriani, jetzt Engelsburg) einst damit zu vergleichen. Die Größe **) Th. and W. Daniell Orient. Seen. 1795. Tab. IX. Tonib of Akbar at Secundra«

Gangessystem, mittler Lauf, Agra.

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dieses Denkmals aus Akbars Zeit zeigt sich schon daraus, daß im Jahr 1805, als die britischen Truppen nach beendigter Campagne (s. ob. S. 407) während der Monsunzeit ihre Lager am Gangebezogen, in diesem Mausoleum zuSecundra allein das 8te, 24ste und 25ste Regiment leichter britischer Dragoner mit Artille­ rie und Bagage ihr bequemes Winterquartier fand, ein Umstand, dem wir dessen genaueste Beschreibung bei W.THorn") verdan, ken. Die Stadt Agra breitet sich in einem Halbkreise aus, in welchem der Kaiscrpalast von großer Ausdehnung: aber unzählige Paläste der Großen, Sitze des Adels aus dem Moghul-Reiche, die schönsten Gärten, meist melancholisch, verödet, in Ruinen, so weit das Auge reicht, liegen nah und fern um jenen her. Das Fort Agra, oder Akberabad, ist sehr groß, sehr fest gebaut, von jenem rothen Steine aus den Steinbrüchen von F- u t, tehpur (s. ob. S. 941; es ist keineswegs, wie gewöhnlich ange­ geben wird, rother Granit, sondern nach Volseys Untersuchung ein rother, aber sehr fester, trefflicher Sandstein)^), der Härte und Anschn von Jaspis hat. Seit General Perrons Vollen­ dung des Fcstungsbaues hat derselbe an Stärke sehr gewonnen. Gräben von enormer Tiefe, doppelte Remparts und gewaltige Bastionen umgeben cs. 2(16 die Briten dies Fort im Jahr 1803 durch Capitulation einnahmen, zog die Besatzung des Feindes von 6000 Mann aus; im Schatz ward der Fund von 280,000 Pfund Silber eine reiche Beute für Officierc und Soldaten. Die britischen Besitzungen erhielten durch den Ort große Verstärkung, die Schiffahrt auf dem Vamuna ward seitdem gesichert. Agra gilt nun als der Schlüssel zum innern Hindostan. Je, nes Fort Akberabad, über l Engl. Mile in Ausdehnung, hat im Innern 3 Hofräume, mit Porticos, Eallcricn, Thürmen, die zum Theil mit Goldplatten gedeckt sind. Den ersten Hof umgeben gewölbte Colonnadcn, als schattiger Aufenthalt für die kaiserliche Garde, den zweiten dergleichen, nur für den Aufenthalt der Omrahs, Staatsministcr und obern Beamten eingerichtet, der dritte ist für das Harem und den Kaiser; daran stoßen die Palmpflanzungen und kaiserlichen Gärten. Gegen den Yamuna breitet sich die große Terrasse zum Exercitium der Truppen, der ") W. Thorn Mein. 1. c. ch. XXII. I>. 473—479. ", Vojsey Snrveyor on tbc Stoncs of Agra in Asiatic Researches T. XV. ;>. 429—435 of Asiat. Journ. 1824. XVII. p. 49.

1136 Ost-Asien. Vorver-Jndlen. VI.Mschn. §.114. Elephanten, znm Abhalten der Thiergefechte aus, und ein großes Vierseil mit einem Lager für die Garnison. Diesen Bau besuchte v. Mandelslo 40) nur ein halbes Jahrhundert nach dessen Er, richtung, im I. 1638; noch genauer ist der Kaiscrpalast im Fort mit seinen Moscheen, Arsenalen, Magazinen, Bädern, Spring, brunnen, Cascaden, den Kunstwerken, Gold, Silber und Edel, steinschmuck schon frühzeitig von I. B. Tavernier, dem Ju, velier, nur wenige Jahre später (s. ob. S. 350) beschrieben, der, obwol der Hof nach Delhi gezogen war, doch die Erlaubniß er, halten hatte, den Palast in allen Einzelnheiten zu besehen. Nicht weniger wurde von dem freigebigen Monarchen die ganze Stadt geschmückt, die er zur glänzendsten der Well zu machen hoffte; viele Karawanserais, Bazars, Moscheen entstanden nach seinem Befehl. Den fremden Colonisten gab er Factoreien, Pri, vilegien und freie Religionsübung; seine Omrahs bauten sich lange Palastreihen um die Wette am Ufer des Stroms hin, und Agra würde alle Städte der Welt überstralt haben, wenn nach Akbars Tode nicht die Laune seines Sohnes, Schah Jehan, Delhi auf Kosten von Agra gehoben hätte. Doch erbaute Jehan selbst, keine Stunde entfernt von Agra, am Wcstnfer des Pamuna, seiner geliebtestcn Sultanin Nurjehan (d. h. das Licht der Welt, eine Nichte der berühmten Nurmahal, welche die Mutter Schah Jehans war) zu Ehren, die bei ihrer Niederkunft starb, und sich selbst zum Trost, die prachtvollste Todtengruft, die je ge, baut ward, die heute noch wie ein Zauberschloß in den Gärten der Armide dasteht, und Tauje Mahal 47), das Wunder der Welt, oder der Diamant der Seraglio's genannt wird. Es ist ein erhabener Dom, ganz aus weißem Marmor erbaut, von so vollendetem Mauerwcrk, daß sich alles auf das vollkom, menste bis heute erhalten hat. Nur einige Grüfte sind durch daS Erdbeben von 1803 gesprengt, deren Spalten aber mit Silber ausgefüllt wurden. Dieser Dom liegt in einem wundervollen Garten, den zwei große ins Gevierte erbaute Reihen von Gebäu, den umgeben, die einen äußern und innern Hofraum bilden. Den äußern Hofraum umgiebt eine hohe Mauer aus rothem 4‘) Joh. Albr. v. Mandettlo morgenländifche Reisebeschreibung, her» ausgegeben von A OleariuS. Schleßwig 1658. Fol. Bd. 1. Kapitel

27. @.89. *7) W. Thorn Mein. 1. e. p. 200 etc.; J. Forbes Orient. Mem. Vol.III. p. 106 etc.; f. Tb. and W. Daniel! Orient. Scenery 1. c. 1795. Tab. XVIII. Taje Maltal at Agra.

Gangessystem, mittler Lauf, Agra.

1137

Stein (Granit nach Doysey), mit vier Metallthoren, die ernst das Ganze umschließt; an den vier Ecken stehen vier Bastionen, und an den vier Seiten in der Mitte der Mauer vier Octogone, mit hohen Hörnen, deren Durchgangsgewölbe, welche die erhübe, nen Eingänge bilden, unten die Metallflügel verschließen. Aber diese äußern Gebäude sind nur zu Wohnungen der Aufseher und zur gastlichen Aufnahme der Reisenden, die dieses Wunderwerk besuchen, bestimmt. Den innersten Raum umgeben viele Pracht, gebäude, in deren Mitte der Garten liegt, voll Springbrunnen, Obsthaine und Blumenwälder, die zum täglich erneuerten Schmuck des Grabes dienen. Zwischen Marmorbecken mit fließenden und springenden Wassern, unter Orangenalleen und auf Marmorge, täfcl, führt eine breite Flucht von Marmortreppen zur großen Plattform von weiß mit schwarz quarirtcm Marmorgetäfel, über welchem der erhabene Dorn, mit vier zierlichen, schlanken Mina, rrts an federn Eckpfeiler, welche freie Wendeltreppen umlaufen, aufsteigt, unter dem die gefeierte Leiche ruht. Das Einkommen von 30 Ortschaften ward zur Erhaltung dieses Mausoleums be, stimmt, und der Ucberrcst zum Theil als Almosen gespendet, zum Theil als Schatz in der Gruft niedergelegt. Die Domkuppel, 70 Fuß im Durchmesser, von oben erhellt, ruht auf einem Octogon, das an den 4 Hauptseiten von 4 gewölbten Vorhallen umgeben, in seiner Mitte die Grabstätten des Kaisers und seiner Gemahlin, jene mit einer Persischen, diese mit einer Hindostanischen In, fchrift, enthält. Das Ganze ist mit Mosaiken und dem pracht­ vollsten Edclsteinschmuck überdeckt. Denn das Innere ist der Idee des Paradieses im Koran gemäß, gleich einer Laube geschmückt, in künstlichen Blumenfestons und Fruchtstücken aller Art, davon Capitain W. Thorn in einer der schönsten Blumen allein 72 Edelsteine zählte. Zu den Mosaiken sind, nach Voyseys «») Beobachtungen, vorzüglich 12 Steinarten benutzt, unter denen auch Lapis lazuli, der Indien fremd ist und aus Tübet kommen soll (höchst wahrscheinlich auf der von Moorcroft durch Par« kend, Khotan und dem Nity Ghat erforschten Gebirgs, straße, s. Asien Bd. II. S. 560—562); vorzüglich auch blut, rother Jaspis, Chalcedon, Sardonir, Plasma u. a. Die Halle, mit wirklichen Blumen besetzt, in der Mitte des reich **) Voysey

Surveyor on Stones in Agra in Asiat Research, T. XV.

p. 429-435. Ritter Erdkunde VI.

Cccc

1138 Ost-Asien. Vorder-Jndien. Vl. Abschn. §. 114. duftenden Gartens, soll ein Bild des ewigen Frühlings im Pa­ radiese seyn, und selbst das Verhallen der Töne in diesen magi­ schen Räumen sollte nach der Anlage des Künstlers jum flöten­ den Wiederhol! werden. Der Styl des Schmucks im Innern dieses Gebäudes, sagt ein Kenner, I. Forbes, erinnerte ihn bei dessen Betrachtung an die Pracht des Salomonischen Tempels, und wie Salomo den König Hiram von Tyrus um einen kunst­ reichen Mann bat, der in Gold und Silber, in Eisen und Erz, in Purpur und Scharlach zu arbeiten verstehe, so stellte auch Schah Jehan einen Kunstverständigen, dem er die größten Ehren erzeigte, an die Spitze seines ganzen Baues. Eilf Jahre gcbör, ten zu dessen Aufführung, viele Jahre mehr zur Ausschmückung; alle Provinzen des Reichs lieferten ihren Tribut; jede wetteiferte, ihre schönsten Kostbarkeiten hier zur Schau auszustellen. Eine Nobelgarde bewachte das Denkmal, ein Chor von Priestern brachte die täglichen Opfer, ein anderer von Sängern ward bei der Moschee angestellt. Auch auf der andern Seite des Painuna, Flusses wollte der Kaiser sein eigenes Mausoleum erbauen, und beide durch eine prachtvolle Marmorbrücke verbinden. Schon war der Plan dazu abgesteckt, da trübten Rebellionen seine Regie» rungszeit, und lange in Agra eingeschlossen fand er daß Be» gräbniß neben der Gruft seiner Sultanin. Von seinem eigenen Sohne Aurengzeb (s. Asien IV. 1. S. 637) int Greisenalter abgesetzt und ermordet, traf ihn in der Mitte kalter, steinerner Pracht dasselbe Loos, das er seinem Vater bereitet hatte. Das Land um Agra gehört zu den am besten bebauten der britischen Provinzen; das anliegende Duab ist ungemein frucht, bar, und die vielen Tamarinden, und Mangowäldchen, die ei bedecken, geben ihm seiner reichen Agrikultur ungeachtet das An, sehn eines Walddistrictcs. Zuckerrohr, Indigo, Taback sind außer dem Reis und den Cerealien die Hauptculturen dieses Bodens, abwärts am Pamuna bis Etaveh und Kalpi (f. ob. S. 846), die beiden Hauptstädte am Pamuna, die zugleich die wichtigsten Marktorte im Lande sind. Nur in den regen» losen Zeiten sind Heuschreckcnflüge 49) hier die furchtbarste Plage für das Land. Der Lauf des Pamunastromes ist hier ") G. Playfair on the Appearence of Loensls in the Doab in Transact. of tbe Medic. and Pbys. Soc. of Calcutta. Calcotta 1825. 8. Vol. I. p. 103.

Gangessystem, mittler Lauf, Gangescapktalen. 1139 sanft50), zwischen hohen, erdigen Ufern hin, durch die der Chumbul, Betwa und Ken vom Süden her sich einmünden, ohne F-clsenhcmmungen; und doch ist der Lauf de- Yamuna nicht so trage und zerstörend, wie cs weiter unterhalb Allahabad der vereinigte Lauf beider Hauptströme wird. Der Boden dieses Duab von Cawnpur bis Allahabad auf der Nordseite des Yamuna, bemerkt Dr. Adam, ist ein ganz anderer, als der auf der Südseite desselben, den wir im ebenen Bundelkhund kennen lernten (s. ob. S.85Z). Es ist ein hellfarbiger Sch lamm/ boden aus Thon.', Kiesel.', mit vorherrschender Kalkerde ge, mischt, bis oberhalb Mo nghir, und durch die große Menge von Glimmerschüppchen charactcrisirt, welche überall die Erde füllt, die auf dem Südufer des Yamuna fehlen, wo dage, gen auf der Bundelkhund, Seite jene grobe, schwarze Erde von Thon und vegetabilischen Substanzen vorherrschend wird, die dem Duab und der Plaine Ober,Indiens im Gangeslande fehlt.

8. Die Capitalen am Ganges.- Furrukabad, Ka, nodge, Cawnpur. Der Ganges, zu dem wir an der Nordseite des Duab zu« rückkehren, kann von der Militairstation Mjrut an, abwärts, schon auf Pulwars, d. i. Flußb o otcn, von 20 Tonnen Last, 40 Fuß lang, io Fuß breit, mit 8 Ruderern und einem Steue, rer (Mangi), an Furrukabad, Futteghur und Kanodge vorüber, im O et ob er bei hohem Wasser recht gut beschifft wer, den. Lieutnant Thom. Lu ms den 51), der diese Wasserfahrt bis Calcutta im 1829, eine Strecke von 24o geogr. Meilen (1200 Engl. Miles), zurücklegte, zahlte für die Ueberfahrt 22| Pf. Sterling. Mit Geduld muß man freilich zu einer solchen Fahrt gerüstet seyn, da bei widrigen Winden und den stets treibenden Sandbänken ihr viele Hemmungen entgegentreten. Th. Lums, den brauchte freilich mit Aufenthalt mancher Art an zwei Monat Zeit zu dieser Wasserfahrt stromab, vom S. October bis zum 28. November bis Calcutta. S0) Dr. Adam Geological Notices and Misccllaneons Remarks between thc Jumna and Nerbuddah in Mcmoirs of the Werner. Natnr. Hist. Soc. 1822. Vol. IV. p. 16 — 25. S1) Thoin Lnmsden Journey from Merut in India to London etc. London 1822, 8. p. 3.

Cccc 2

1140 Ost-Asien. Vorder-Indien. VI. Abschn. §.114. Furrukabad M), unter 27° 24' nördl. Dr. am westlichen Gangesufer erbaut, mit 70,000 bis 80,000 Einwohnern, ist das Hauptcmporium jener Eangcsplaine; Futteghur ist die britische Militairstadt, dicht daneben, 465 Fuß üb. d. M. gelegen. Kan od ge 53), jetzt nur eine einzige, lange Straße am Fluß hin, zwischen Backstcinruincn und Schutthügcln 51), voll Terrakottas, Münzen und geringen Resten des antiken, einst an Größe Sen/ den gleichen Kanyakubja (s. Asien IV. 1. S. 502), ist zu völ, ligcr Bedeutungslosigkeit herabgesunken; selbst der Strom deS Ganges hat sich von ihr abgewendet, und sein altes Bette wird nur noch zur Ueberscluvcmmungszeit bis auf eine kleine Stunde von der Stadt gefüllt; sein Wasser hat durch einen Canal zum Fort von Kanodge geführt werden müssen. Ein paar moham/ mcdanische Gräber sind heute die einzige Merkwürdigkeit in einer Stadt, die einst als Capitale in der Sprache ihrer Population die Grundlage zu dem Hindi oder Hindui gegeben haben soll, dessen Dialect seinen Einfluß über ganz Ccntralindien bis an die Gränze des Bengali, Telinga, Mahratta und Sauraschtra verbreitet hat (f. oben S. 768). Don Kanodge gehen schon den Ganges abwärts größere Schiffe, Budg erows, die von 15 Matrosen geführt sind. Cawnpur ss), unter 26° 30' N.Br., am Westufer des Ganges erbaut, ist eine Hauptstation britischer Truppen, in der Nähe von Luckn ow, und durch die Ueppigkeit und Eleganz die­ ses Britenlagers merkwürdig, in welchem 7000 Mann einheimi­ sche Truppen und 4 europäische Regimenter ihre Quartiere hat­ ten, zur Zeit, da W. Thorn die Stadt beschreibt. Die Bun­ galows der Offikiere liegen zwischen den schönsten Gärten, die über zwei Meilen entlang das Ufer besetzen. Mais, Reis, Zuckerrohr, Panis, Bananen, aber auch europäische Cerealien, Kartoffeln u. s. w. werden hier gebaut, in dem Clima, das in der einen Hälfte deS Jahres wenigstens

als ungemein reizend beschrieben wird.

**) W. Hamilton Descr. I. p. 378. **) ebend. I. p. 374; Will. Thorn Mem. I. c. p. 80; Lumsden Joiirney p. 5; W. Tennant Indian Reercat. Edinb. 1803 Vol. II. p. 356 etc. *4) G. Vic. Valentin Voy. and Travels to India. Lond. 1809. 8. Vol. I. p. 179 etc.; f. Th. and W. vaniell Oriental Scenery in XXIV. Views. London. Fol. 1801. Tab. VII. Ruins of Canouge; fcefj". Oriental Scenery Landsrapes. London 1807. Fol. Tab. XII. Canondge on the River Ganges. ") W. Hamilton Descr. I. p. 335) Will. Thorn Mem. p, 354; Th. Lumsden Jouroey p. 7.

Gairgessystem, mittler Lauf, Rohilkund.

1141

Som März bis Juli wehen aber auch hier jene heißen Winde die beschwerlichen Staubwolken auf, wie überall im Duab, bis die Ueberschwemmungen der Monsune vom Juni bis Septem­ ber eintreten, die alle Flußbetten vollufrig machen. Leider hat sich diese Station, wie wir schon oben bemerkten, in der schlim, men Jahreszeit als sehr ungesund erwiesen. Die Morgen und Abende sind im December und Januar so kalt, daß man sie eben so gern am Kaminfeuer zubringt wie in Englands es ist die Periode der Strichvögel, unter denen die delikatesten Otto# Latte hier berühmt sind, die in dichtesten Schwärmen in daLand fallen« das. wegen seiner Wälder und Gebüsche voll Wild ist. In früherer Zeit wurde Opiumcultur 56) noch oberhalb Cawnpur und Futteghur betrieben; später scheint, nach Da# lentias Bemerkung, an dessen Stelle mehr Jndigocultur getreten zu seyn. 9.

Rohilkund, da» alte Kuttair, mit Rampur und Bareil ly.

Rohilkund^, das Land der Rohilkas (Kuttair im Sanskrit), breitet sich an der Ost feite des Gangesufers vom obern Duab bis zu den Nepalbergen aus, eine Landschaft, die vorn obem Ramganga und Kosila durchschnitten wird, an deren 2lrmen Casipur— 610 F. Par. üb. d. M., Pillibit, Rampur und Bareilly als die Landescapitalen liegen. Dieses Gebiet, das Kuttair der Sanskrit-Geographie, zwischen 28 bis 29° N.Br. gelegen, zieht sich von dem Lolldong-Paß bei Hnrdwar südostwärts immer an den Vorbergen der Himalaya# Züge von Kamaun und Nepaul hin bis zum Gebiete von Oude. Die glückliche Lage des Landes am Fuß der reichen Ge# birgewand, die alle Bedürfnisse der Bergkandschaft darbietet, und gegen Süd und West vorn mächtigen Gangesstrome gegen Ueberfälle vorn Westen her geschützt, im Innern von reichen Was­ seradern der Bergströme befruchtet, wird mit Recht der Garten von Hindostan genannt. In den ftühesten Zeiten des mo­ hammedanischen Delhi-Reiches war Kuttair ein sehr blühendes Land, wo sich viele der Prinzen von Geblüt aus den verschiedcn1 •) W. Tcnnant Indian Recreations Vol. II. p. 201. 6 T) W. Ha­ milton Descr. Vol. 1. p. 427; Will. Tliorn Mem. 1. c. p. 436 bis 445; W. Tcnnant Indian Recreations. tidinb. 1803. Vol. II. p. 379 etc.

1142 Ost-Asien. Vorder-Jndien. VT. Abschn. §.114. sten Dynastien, zumal der Patancn, von den Ghuriden bis zur Endzeit der Baburiden, sich in srinm reizenden Thälern ansiedelten, und auf seinen sanften Hügeln und Fclshöhen Dur, gen, Schlösser, Dillen, Garten anlegten, Herrschaften gründeten, zwischen denen eine ungemeine Zahl von blühenden Dörfern und Städten emporwuchs. Erst seit dem Anfange des XVIII. Jahr, Hunderts erhielt es seinen modernen Namen, von der zuletzt ein, ziehenden Afghanen,Colonie, vom Stamme der Pusefzi, kriegerische Horden, die sich durch ihren Haß gegen die Mahrat, tcn den geschwächten Mongholen,Kaisern sehr beliebt machten, in deren Heeren sie die Vorkämpfer wurden, und dadurch, weil sie zugleich tapfere Krieger und Agricultoren waren, festen Fuß in diesem Lande fassen konnten. Bischof Heber, der Bareilly be, suchte, vergleicht sie nach ihren guten, ritterlichen Eigenschaften mit den Hochschotten seines Vaterlandes. Vom Penjab, Worte Rohilla (d. h. Bergland) würd» der ihnen selbst fremde Name erst beigelegt, und Kuttair seitdem Rohilkund genannt. Die Bewohner, gänzlich von den Hindus verschieden, sind von athletischen Gestalten, offen, frei, turbulent, kriegerisch, rachsüchtig, ihren Chefs ergeben, treu, tollkühn, ihre Weiber schön gestaltet, graciös. Ihr ungemein fruchtbares, bevölkertes, bebau, tes Land, unter zahlreiche Territorien getheilt, war häufig das Asyl von Hordenführern und Raubchefs, Khans genannt, von Abenteurern, Rebellen u.s.w. Erst in der neuern Zeit sind auch sie unter britische Oberhoheit gekommen (seit 1803). Die vielen Dörfer und Ortschaften, fast alle von Mangowäldcrn umgeben, der stattliche grüne Wald von Sal, Sissu, Nadelholzbäumen am Vor,Himalaya, und dahinter das erhabene Schncegcbirge, alles dies giebt dem Lande Rohilkund, voll Burgen und Schlösser, viel eigenthümliche Reize. Don hier, von Pillibit aus, durch Blake, Colebrooke, Webb (s.Asien 95b.II. S.500, 526, 535), wur« den die ersten der Riesengipfel der Schneeketten gemessen. Noch Ist dieses Rohillaland wenig genau untersucht; über die Ca, pitale theilt neuerlich John Glyn 5Q) einige authentische, be­ lehrende Nachrichten mit, die eine Vorstellung von der dortigen Art der Population geben. Bareilly hatte 1822 nach einer •*) Reg. Heber Leben und Nachrichten über Indien, übers, von Fr. Krohn. Berk. 1831. Th. II. S. 74. ‘ *J John Glyn Population cf BareiHy in Robilcund in Transact. of (he Asiat, Society of Gr. Brit 1827. Vol. 1. p. 467 — 483.

Eangessystem, mittler Lauf, Bareilly. Zählung 13,926 Häuser mit 65,790 Einwohner;

1143

davon 4o,2o5

Hindu, 25,585 Mohammedaner und nur 5 Christen. In der Stadt zählte man 64o Brunnen. Die Rohillas vom Afgha, ncnstamme 1964 Familien; der Adel und die Priester, voll Bigottcrie« hassen die Briten, weil sie ihre Unabhängigkeit unter den letzten schwachen Mongholcn-Kaisern einbüßen mußten, seitdem hie Briten die Gebieter von Delhi wurden. Die Hindus, von angesehener Castc, Brahmanen, Rajputen, Gutsherren, 1594 Fa, milicn, und die Gewcrbtreibenden, befinden sich weit besser unter der neuen Herrschaft. Weber machen die Mehrzahl der armem Bewohner aus; dann folgen Kornhändler, dann Gold, und Sil, berschmiede, mit deren Gewerbe an 200 Familien beschäftigt sind. Alle Bewohner Rohilkunds, Hindus wie Moslems, legen, weil das Eigenthum gegenwärtig gesichert ist, gern ihren Reichthum in Goldschmuck an den Tag. In diesen Provinzen der obern Gan, ges, Landschaft, bemerkt I. Glyn, sey mehr Goldgeschmeide und Juwelen, als in den untern, weil man es in Bengalen vorziehe, sein Vermögen auf Landgüter zu verwenden. Die Vertheilung der Gewerbe ist hier, wie überall unter den Hindus, noch sehr zurück, eben so die Fabriken wie der Handel, weil überall Man, gel an Industrie und Capital ist. Eine Europäerstadt von 60,000 Einwohnern, wie Bareilly, würde ein gan; anderes Leben zeir gen. Nicht das Clima bewirkt diese Indolenz, die Castenabson, derung trägt aber sehr viel zur Hemmung des Verkehrs bei und ist eine Hauptursache des so wenig allgemeiner verbreiteten Wohl, standes. Wenn die Europäer mit den vielen Sultans, Nabobs, Rajahs u. s. w. immer das Bild des Reichthums in Indien ver­ binden, so vergessen sie gewöhnlich auf der andern Seite die Bettelarmulh des weit zahlreichern Theiles der Nation, die oft über alle Begriffe geht. Der Weitzen ist durch diesen Theil von Indien nur Nahrung der höher» Classe; obwol er dreimal wohlfeiler im Gangeslande als in England ist, bemerktI.Glyn, so ist doch der Erwerb der untern und selbst der mittlern Volksclasse hier zu gering, um dieftn Luxusartikel zu gerne, ßen. Die Mittelklasse des Volks vermengt das Weitzenmehl mit Erbsen, Wicken und anderem Korn, um sich einen SchmauS zu bereiten; die untere kann sich nur von Gerste, Hirse, Mais, Wicken u. s. w. nähren; die ärmsten nehmen Wurzeln, Heu­ schrecken zu Hülfe, den verstoßenen Casten bleiben aber nur todte Fische, Aas, Ungeziefer zur Nahrung übrig. Die hiesigen Hin-

1144 Ost-Asien. Vorder-Jndien. VI. Abschn. §.114.

dus sind noch weit industriöser als die Moslemen; wenn 1 der Hindus Gewerbe und Handel treiben, so thun dies nur 4 der Moslemen; jene sammeln gern Schätze, diese verschleudern sie eher. Hauptgewerbe sind hier in Baumwolle, Zucker, Leder, Holzarbeiten, Sticklack, Glas, Töpfergeschirr, aber in allen sind sie weit zurück; ganz plump sind ihre Hölzer, nen Zuckerpressen, alle ihre Instrumente, ihre Backöfen, Brenn, öfen, ihre Töpferwaare u. s. w. Europäische, eingeführte Cultur wird ihnen zur großen Wohlthat. 10. Das Gebiet des Nabob von Oube, mit Lucknow) der Residenz am Gumty. Südlich von Rohilkund und in gleichem Parallel mit Kanodge liegen, nur weiter ostwärts, Lucknow amGumty und Oube am Goggra, die Hauptstädte des Territoriums des Vezier Nabobs von Lucknow und Königs von Oube (Stube)60), der in Lucknow seine Residenz genommen hat, und obwol völlig mit seinem Besitz eine Enclave des britischen Rei« ches in Indien bildend, doch durch alle Wechsel der Zeiten ein selbstständiger Monarch geblieben ist, obwol unter dem Schutze der ihm befreundeten Briten. Nur dieser Schutz hat diesen ehe. Maligen Vizekönigen der Mongholischen Subah von Oube ihre souveraine Stellung erhalten, denn obwol ihr Gebiet noch immer daS Areal eines schönen europäischen Königreichs von mehr als 2000 geogr. Quadratmeilen (21,ooo Quadrotineilen Engl.), mit einer Population von wenigstens 3 Millionen Menschen, in einem der fruchtbarsten Länder Indiens beträgt: so konnten sie, bei den politischen Umwälzungen Indiens in dem letzten halben Iahchnndert, ihren Thron doch nur dem Beistände britischer Trup« pen verdanken. Nicht die persönliche Tugend der Beherrscher von Oube, denn diese zeigen fast nur eine Reihe nichtswürdiger Ty, rannen gegen ihre Völker, sondern das politische Princip der Nichtinterferenz in die innern Staatsangelegenheiten, wenn nur die äußern in Uebereinstimmung mit den 5rartaten der Briten bleiben, erhält sie. Seit den mancherlei politischen Wechseln von 1814 sind jedoch auch hier von Seiten des britischen Eouverne, mente in Indien Anforderungen auf besseres inneres Verwal, tungssystem im souverain genannten, aber doch von Briten sehr *°) The Pruvince of Onde 6. W. Hamilton Vol. I. p. 338—368.

Gangessystem, mittler Lauf, Lucknow. abhängigen Schutzstaate von Oude gemacht.

1145

Oude, die Stadt,

einst die berühmteste der Städte in Indien, das antike Ayod Hy a, das im Ramayana besungene (s. Asien IV. l. ®. 502—505), um ter 26° 28' N. Br., ist gegenwärtig nur gering, zur Seite der langen Trümmerhügel, welche die Lage der antiken Stadt bezeich, ncn, nahe bei Fyzabad, das bis zum Jahr 1775 die Residenz war, die seitdem erst nach Lucknow verlegt ward. Die hier auf, gehäuften Schätze 61) sind bis in die neueste Zeit ungeheuer ge, wesen. Auch Lucknow, die heutige Residenz, liegt aus classischem, in der ältesten Sanskrit, Literatur gefeiertem Boden, wo einst Lakshmanavati stand, eine der Segcnspenderin Lakshmi oder Sri geweihte Stadt (s. Asien IV. 1. S. 502). Sie liegt unter 26® 51' N.Br. am Gumty (Gomati, d. h. Windung im Sanskr.), der von seinem Schlangenlaufe wie der Mäander sei, sien Namen erhielt, und das ganze Jahr hindurch schiffbar ist. Als Residenz eines Allürtcn der Briten ist dieser Ort in neuerer Zeit vielfach besucht. Don Cawnpur aus ist er nur 10 geogr. Meilen fern, und im Palankin mit Menschenposten und Fackel, trägem in einem Tage zu erreichen«»). Lord Dalentia ti3), der von Benares aus nach Lucknow reifete, lernte am Gumty auswärts, über Juanpore und Sultanpor, dessen Serpen, tincn recht kennen, bis er die dritte Hauptstadt an ihnen, Luck, n o w, erreichen konnte. Bei J uan p o re steht eine Prachtbrücke, die Kaiser Akbar erbaute, und welche bis heute dem wild toben, den Strome widerstand. Sie gilt als ein Wunderwerk in In, dien. Ueberhaupt ist das ganze Flußufer mit den Wegen zu die, sen drei Städten voll großartiger Denkmale aus jener Zeit. Die schönsten regulairen Anpflanzungen von Mangowäldchcn oder so,

.

genannten Topes (s. Asien IV. 1 S.868) begleiten den Strom; eben hier um Ayodhya scheint nach jener Palastbeschreibung im Ramayan die Mangocultur in rin ungemein hohes Alter hinauf, zusteigen. Der Sandboden der Oude-Ebenen ist überall, und auch in der heißesten Sommerzeit, in geringer Tiefe quellenreich. Dies giebt ihm seine große Fruchtbarkeit; das Compagnie, Territorium ist aber weit besser bebaut, als das des Vezier Nabobs. Die Kornernten werden hier offenbar schlechter,

aber die Zahl der

' *) W. Hamilton Descr. I. p. 351. ") Th. Lumsden Journey l c. p.fr. ") G. Vio. Valentia Voy. I. c. Vol.l. ;>. 123—130.

1146 Ost-Asien. Vorder-Jndien, VI. Absch». §. 114. Mangopflanzungen nimmt zu, wie der Iungle und die Waldung, voll Affcnheerden und Pfauenschaarcn. Das Clima muß hier durch die glutheißen Nord west, und die kalten Eiswinde vom Nord sehr große Extreme haben. Die Sommerhitze hatte schon Mitte März das ganze Land verdorrt und rothbraun gefärbt. 2wcfnoro64), eine große, aber enggcbaute, schmutzige, indi, sche Stadt, der man 300,000 Einwohner giebt (s. Asien IV. l. S. 502), ist aber zugleich, bemerkt Vic. Valencia, der sich

4 Monate daselbst aufhielt, voll Prachtgcbäude und Monumente thörichter, eitler Fürsten, die mit ihren Schätzen und Vcrschwcn, düngen hierher durch oft alberne Liebhabereien, alle Merkwürdig« keilen der Welt oft in kleinlichen Styl zusammcnzuhäufen such, tcn, um den Ort mit Thoren, Forts, Palästen, Moscheen^), Gär, ten, Lurusbautcn von allen nur ersinnlichcn Arten und in allen Stylen zu füllen, um ihn zur bewundcrtstcn Stadt Indiens zu erheben. 2" dieser Hinsicht kann es kein frappanteres Seiten, stück zur Vergleichung üppiger indischer Hofhaltungen antiker und neuester Zeit geben, wo wie im Orient überhaupt alles stationair ist, als die des oben angeführten Ayodhya Palastes im Sanskrit Epos, und der heutigen Residenz der titeln, sorglo, sen Nabobs zu Lucknowcc), wo, bisher wenigstens, unermeßlicher Reichthum, Schwelgerei und Luxus, mit Wissenschaft und Kunst gepaart schienen, aber ohne den Ernst des Lebens, ohne alle Sorge für das Wohl der Unterthanen und ohne Spur einer weisen Der, waltung zum Glück der bedrückten Völker. Der königliche Palast in Lucknow, sagt ein jüngster Augenzeuge, liegt im Osten der Stadl an der Flußseite, und hat 6 Haupthöfc, der erste, Puteh Myhlah, ist für die Equipagen bestimmt, der Eingang durch hohe Portale, mit der großen Halle, Nowhut Khana, wo die Militairmusik jeden Morgen und jeden Abend ertönt. Der zweite Haupthof ist für den Hofstaat, im Viereck, mit Gärten •4) G. Vic. Valentia Voy. l. c. I. p 135—179) Th Lumsden lourn. !. c p. 9 —18; On Lucknow in Bengal. Chronide, s, Asiat. Journal, N. 8. 1831. Vol. V. p. 322 etc. W. Tennant In­ dian Rerreations Kdinb. 1803. Vol. 11. p. 399—4*6. *6) H. Salt Views Fol. Lond. 1809. Tab. VI. View of Luknow Tab. VII. Mosquee of Luknow. W. Daniell Oriental Scenery in XXIV Views Fol. London 1801. Tab. XVI. Palace of Nawaub Suja Dowla at Lucknow; Tab XVII. View of Lucknow, Tab V. Punj MahaHa Gate at Lmknow. Reg. Heber Leben und Nachrichten von

Indien übers, von Fr. Krohn Th. II. S. 43 — 57.

Gangcsshstem, mittler Lauf, Lncknow.

1147

und kleinen Gemächern umgeben, er wird Bowl! genannt, von einem großen Brunnen, mit Treppenhaus und vielen kleinen Ge, mächern, in denen eine unzählige Menge von Brunncnröhrcn sich öffnen.

Diese Gemächer sind zu einer kühlen Retirade während

der heißen Jahreszeit bestimmt, weil das durch die Oeffnungen der Mauern tröpfelnde Wasser die Lüfte erfrischen soll. An der einen Seite, dem Bowli gegenüber, ist ein Raum mit Arcaden zum Schlafen in freier Luft während der Solstiticn bestimmt, der überall mit Marmorbeckcn umgeben ist, in welche Quellen herabplätschern, dessen Seiten zur Abhaltung der heißen Lüfte mit duftenden Maltengefiechlen umstellt sind, die stets von Dienern feucht gehalten werden, und von carmoisinsammlnen, oder Pracht, voll gestickten Teppichen umhängt sind. Parallel mit diesem zwei« tcn Hofraum erhebt sich gegen Ost, auf gewölbter Terrasse, ganz von Quadern, das Sungi Dalaum, der Stcinhof, eine große Halle von doppelten Arcaden umgeben, mit 4 Kuppeln in den Ecken und einer fünften gekrönt, die in der Mitte der Hauptfronte steht, mit doppelt vergoldetem Silber gedeckt. Am Ende der Ter« raffe sind zwei Flügel für die Morgen« und Abcndunterhaltung eingerichtet. Der schönste Blumengarten mit Parterren, Spatzier« gängen, Fontainen, Laubgängen, Schattendächern u. s. w. breitet sich vor diesem Gebäude aus, zu dem vier Eingänge führen: vom Norden.her ein bedeckter für die Damen, ein anderer vom Sü, den her, und zwei große durch Portale von 0. und W. In der Mitte des Gartens steht eine kleine Moschee mit vergoldete» Mi« narets mit Pavillons für Damen. An die Nordscite dieser Anlage stößt ein anderer Gartenraum mit Gebäuden für die Verwaltungsbehörden, darin das erste für die Subah Lucknow dient. Das Zenanah, eine ganze Masse von unförmlichen Gebäuden, ohne Fenster nach den Außenseiten, in drel gesonderten Quartieren, die Schlösser genannt, Shish Mahal, Khurd Mahal, Rung Mahal, liegen gegen West. Geschieden von diesen Palastbautcn des Harems, durch eine Straße, liegt längs dem Flußufer der Blumengarten und Weinberg mit einer hohen Dackstcinmauer umgeben; in seiner Fronte stehen 3 Ba, (Konen; zwei an den Ecken auf Bogen, mit silbergedeckten und vergoldeten Kuppeln; die centrale tragt einen Sommerpalast, ein Octogon mit plattem Dach zum Spatzierengehen. Der Garten ist voll von Quellen, Bädern, Garderoben, Parterren u. s. w. Synderbarcr Styl ist es, daß hier vor allen Pforten der Paläste

1148 Ost-Asien. Vorder-Jndien. VI. Abschn. §.114, kleine Mauern aufgeführt wurden, welche wie Jalousien die Ein« ginge verstecken, und daß auf allen Dächern der Paläste Tau, benhauser sind. Diese Thiere werden, zumal auf den Zenanas, in unzähligen Schwärmen gehegt; jeder Schwarm hält 100 Tau, ben, von den verschiedensten und schönsten Farben. Die gleich, farbigen, die gleichbunten, werden in gleichen Flügen gehalten; Knaben müssen sie füttern und in den verschiedenen Flugschwen, kungen exerciren auf Commando und Signale sich zu erheben, wiederzukehren, sich zu zerstreuen, in verschiedene Haufen zu sammeln, in die Höhe zu steigen, wieder herabznkommen und in den Schlag zu gehen. Festsciern sind die größten Staatsangelegenheiten dieses uto, pischen Hofstaats; Pie. Valentia wohnte dem Imambarah, oder dem Todtenfeste Hassan und Husseins bei, der Nachkommen Alis, das 10 Tage dauerte, wozu ein eigenes Mausoleum vom letzten Nabob errichtet ward, das zu seiner eigenen Gruft be­ stimmt ist, und das Valentia für eins der schönsten Bauwerke in Indien erklärt. Sr. Majestät der Nabob, dem überall königliche Ehren gehören, bei dem Lord Valentia zur Audienz, als des Lord Wellesley Schwestersohn und Enkel der Madame Company (als Verwandter des Generalgouverneurs der Ostindischcn Com, pagnie), nach Art der Hinduansicht, eingeführt ward, ging englisch gekleidet, hatte nach englischer Art seinen Adjuvanten; er brachte ben größten Theil des Tages mit Divertissements in seinen Pa, listen und Zenanas zu. In allem herrscht Luxus und unnütze Pracht; eine Menge Elephanten, Kamecke und Züge aller Arten von Vieh stehen ihm zu Gebot; in seinen Stutereien mit einigen tausend Pferden, sollen an looo Stück zu den größten Schön­ heiten gehören, die bei Aufzügen, zu einigen Hunderten gruppirt und prachtvoll gezäumt mit den Elephanten, Rhinoeeroten, Pa» lankinen, Equipagen, die von Teppichen, Gold und Stickereien strahlen, den orientalischen Pomp repräftntircn, der gegenwärtig mehr und mehr im übrigen Indien schwindet. Das Zeughaus, die Museen, die Menagerien in Lucknow verdienen besonderes Studium. Einer der letzten Nabobs, Saadct Ali, ließ sich im Jahre 1810 eine Eisenbrücke über den Gumty bauen; 1820 war es der Nabob von Oude, der sich das erstes) Dampf, •') G. A Piinsep Account of Stcam Vetsels and of Proceedings connected Willi Stcam Navigation in ßritish lndia. Calcutta 1830. 4. p. 3.

Gangessystem, mittler Lauf, Allahabad.

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schiff auf dein Ganges, ein Boot von 50 Fuß Lange, 8 Fuß Breite, von 8 Pferde Kraft bauen ließ, daß in einer Stunde 8 Engl. Milcs zurücklegte. Dieser Nabob ist gefeierter Dichter im Orient. Die britischen Residenten am Hofe in Lucknow sind im Luxus nicht zurückgeblieben. Des General Martin Claude Palast, den