Die Chronik Ottos von St. Blasien und Die Marbacher Annalen 3534701909, 9783534701902

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German Pages 284 Year 2018

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Front Cover
Titel
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
A. Otto von St. Blasien
B. Die Marbacher Annalen
Literaturverzeichnis
Siglenverzeichnis
Texte und Übersetzungen
Ottonis de Sancto Blasio Chronica
Annales Marbacenses
Namenregister
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Die Chronik Ottos von St. Blasien und Die Marbacher Annalen
 3534701909, 9783534701902

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AU SGE WÄ H LTE Q U E L L E N Z U R D E UT S C H E N GE S C H I C HT E D E S M I TTE L A LT E R S FREIHER R VOM STEIN-GEDÄCHTNISAUSGABE

Begründet von Rudolf Buchner und fortgeführt von Franz-Josef Schmale

Band XVIIIa

OTTONIS DE SAN CTO BLASIO CHRONICA ET ANNALES MARBACENSES

Editionum quas paraverant A. Hofmeister et H. Bloch textus denuo imprimendos curavit FRANZ-J O S E F SCH M A L E

W I S S E NSCH A F T L ICH E B UCH G E S E L L SCHAFT DARM S TA D T

DIE CHRONIK OTTOS VON ST. BLASIEN UND DIE MARBACHER ANNALEN

Herausgegeben und übersetzt von FRANZ-JOSEF SCHMALE

W I S S E N SCH A FTL ICHE B UCH G E S E L L SCHA F T DARM STADT

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme

Die Chronik Ottos von St. Blasien und die Marbacher Annalen I hrsg. und übers. von Franz-Josef Schmale.- Darmstadt: Wiss. Buchges., 1998 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters; Bd. 18a) Parallelt.: Ottonis de Sancto Blasio Chronica et Annales Marbacenses. - Enth.: Die Chronik Ottos von St. Blasien [Einheitssacht.: Chronica (dt.)]. Die Marbacher Annalen [Einheitssacht.: Annales Marbacenses (dt.) ISBN 3-534-01419-7

Bestellnummer

01419-7

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme.

© 1998 by Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Offsetpapier Satz: Fotosatz Janß, Pfungstadt Druck und Einband: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt Printed in Germany Schrift: Linotype Garamond,

9.5/11 u. 10/12

ISSN 0067-0650 ISBN 3-534-014 1 9-7 Elektronisch ist folgende Ausgabe erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-70190-2

INHALTSVERZEICHNIS Einleitung . . . . . . . A. Otto von St. Blasien B. Die Marbacher Annalen

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Literaturverzeichnis

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Siglenverzeichnis

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Texte und Übersetzungen Ottonis de Sancto Blasio Chronica

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Annales Marbacenses

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Namenregister

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EINLE ITUNG A. Otto von St. Blasien Die bis zum Jahresbericht zu 1 209 reichende Chronik, die unter dem Namen Ottos von St. Blasien überliefert1 ist, gibt sich als eine Weiterführung der Chronik Ottos von Freising und desselben sowie Rahewins Gesta Fre ­ derici aus: Auf das Kapitel 47 des siebten Buches der Chronik fährt sein Autor in Kapitel 48 mit der Geschichte des Kaisers Friedrich fort, in die er allerdings mehrfach dem Original fremde Nachrichten einfügt, sonst aber die Gesta Frederici nur kursorisch erzählt. Von Kapitel 64 an (= 1 7- 52) be ­ richtet er dann, wie es scheint, völlig selbständig, auch dort, wo er ihm vorliegende Quellen benutzt. Selbst war er allerdings nicht in die Gescheh ­ nisse verwickelt, und damit erklären sich auch seine zahlreichen zeitlichen und sachlichen Irrtümer bis in seine jüngste Vergangenheit; erinnernde No ­ tizen hat er sich wohl nicht gemacht. Wenn man dies berücksichtigt, wird man ihm gleichwohl ein recht gutes Gedächtnis zubilligen müssen und ein reges Interesse an Nachrichten seiner wohl meist alemannischen Gewährs ­ leute. Seine besondere Aufmerksamkeit galt allem, was mit dem dritten Kreuzzug zusammenhing: Die Kapitel 3 1 bis 42 sind ihm fast ganz gewid ­ met. Interesse bringt er auch der zu seiner Zeit modernen Theologie entge ­ gen, wie sie sich vor allem von Paris aus verbreitete; aber wieviel er wirklich davon kannte oder ob er nur Namen wußte, ist nicht sicher zu sagen.2 Daß er die damals führenden Theologen studiert hatte, ja daß er sogar in Paris war, kann man aus seinen dürren Worten wohl nicht sicher schließen. Es scheint mir sogar aussagekräftiger, wenn er in Kapitel 47 ausführlich von den Wundertaten eines Priesters Volco und dessen Kritik an einigen Gelehr ­ ten - übrigens auf Grund eines Briefes - berichtet, daß hier seine wahre Gesinnung zum Ausdruck kommt, die gerade nicht der damals fortschritt ­ lichen Theologie galt, sondern der älteren.3 Auch das Lob, das Bernhard von 1 Ottonis de Sancto Blasio Chronica, ed. A. Hofmeister, MGH SSrerGerm [47], 1912, S. VII-XXV, 1-88; Übers.: H. Kohl, in: Geschschr. d. dt. Vorzeit 58, 1 88 1 , 2 1 94 1 ; W . Wattenbach-F.-J. Schmale 1 , 1 976, S. 1 1 2-1 1 5 (Lit.). 2 S. Kap. 4 1 S. 120ff. 3 Unten S. 142ff.

2

Einleitung

Clairvaux in der Auseinandersetzung mit Gilbertus Porretanus zuteil wird (Kap. 4) und das nach Bernhards Schriften, nicht aber nach der Darstellung Ottos von Freising in den Gesta I, 49ff. zitiert wird, scheint dafür charak­ teristisch.4 Ansonsten mag er noch die eine oder andere Notiz vor Augen gehabt haben, kaum aber größere Berichte, geschweige denn eine durchge­ hende Quelle. Es gibt zwar Berichte, die gelegentlich an unseren Text an­ klingen, aber bei näherem Zusehen ist keiner, abgesehen von einigen Wör­ tern, identisch. Der Autor schrieb sein Werk frühestens um 1 209/1 0; einen Hinweis, der eindeutig auf spätere Ereignisse vorausdeutete, gibt es nicht. Seinem Namen ,Otto de Sancto Blasio (0. von St. Blasien)' haftet eine gewisse Unsicherheit an, insofern er nur in einer einzigen Handschrift des 1 5 . Jahrhunderts be­ zeugt ist;5 die anderen Codices überliefern keinen Namen, obwohl sie älter sind. Dennoch ist nicht ausgeschlossen, daß gerade dieser Hs. noch das Original zur Vorlage gedient hat. Doch sei es nun, daß der Name zutrifft oder nicht, er bleibt doch nur ein Name, den irgendein Mönch getragen hat. Früher hat man gemeint, dieser Otto sei mit dem gleichnamigen Abt von St. Blasien identisch, der 1 222 gewählt wurde und schon 1223 verstarb,6 und man nahm an, daß er es war, der die Chronik gegen Ende seines Lebens begann, aber vom Tod überrascht wurde, bevor er mit seinem Bericht an seine damalige Gegenwart gekommen war.7 Natürlich hat Hofmeister recht, wenn er dagegen einwandte, daß der Abt bei so später Abfassungszeit es schwerlich vermieden hätte, z. B. einige Todesfälle aus späteren Jahren zu verzeichnen.8 Aber ein wirklich stichhaltiger Beweis ist das de nnoch nicht, und so ist die Frage, wer dieser Otto von Sankt Blasien war - ein Mönch oder der Abt -, letztlich doch unentschieden. Die zahlreichen Irrtümer, die ihm selbst noch zu Ende seiner Berichtszeit unterlaufen, scheinen mir doch eher auf längeren Abstand von den Ereignissen zu deuten. Es wäre also doch möglich, daß unter dem Autor der gleichnamige Abt sich verbirgt. Zu den politischen Anschauungen des Autors im weitesten Sinn ist nicht viel zu sagen; er bietet in dieser Hinsicht wenig Eigenart. Aus der Abschrift von Otto von Freisings Chronik darf man wohl schließen, daß er insgesamt die Weltsicht Ottos teilte, wenn man ihn auch nicht unbedingt in allen Ein­ zelheiten darauf festlegen wird, und ebenso dürfte auch Ottos und Rahewins leichter verständliches und politischeres Weltbild ihm entsprochen haben. 4 5 6 7

S. Kap. 4 S. 30 ff. Hofmeister S. VIII, XX Nr. 2. Hofmeister S. VIII f. H. Thomae, Die Chronik des Otto 1 877; H. Kohl S. VII. 8 Hofmeister S. XV.

v.

St. B. kritisch untersucht, Diss. Leipzig

Einleitung

3

Er brachte den Staufischen Königen und Kaisern die gleiche Hochachtung entgegen wie später Otto IV. nach Philipps von Schwaben Tod und bejahte ohne Einwand die italische, polnische und burgundische Politik oder später die Politik Heinrichs VI. im Mittelmeerraum. Friedrichs I. Kreuzzug findet in allen Einzelheiten seine Zustimmung, und dessen Sohn Friedrich von Schwaben lobt er in den höchsten Tönen. In dem Konflikt zwischen Fried­ rich und Alexander III. scheint er auf der Seite Friedrichs zu stehen, nennt aber Calixt (III.) papa scismaticus. Im ganzen also genießen alle Staufer, einschließlich aller Söhne Friedrichs, größtes Ansehen; selbst ein Tauge­ nichts wie Konrad findet noch verhaltenes Lob: Man wäre versucht zu sa­ gen, der Kaiser hat immer recht, und Otto IV. bestätigt diese Sicht nach dem Tode Philipps. Sprachlich fällt schließlich auf, daß der Autor eine Vorliebe für Partizi­ pialkonstruktionen besitzt, die durchweg korrekt angewendet werden, und nach Ausweis der Zitate eine recht gute Schulbildung besaß. Neben der selbstverständlichen Bibel, aus der verhältnismäßig oft für ein Werk der Ge­ schichtsschreibung, besonders aber an Stellen mit deutlich religiösem Inhalt zitiert wird, sind es die ,normalen' Klassiker wie Sallusts Catilina, Lucans Pharsalia, die kirchlichen Schriftsteller Hegesipp, Orosius, vor allem aber die beiden Schriften Ottos von Freising. Die Verbreitung des Werkes war gering. Nur vier Handschriften sind erhalten9: 1 . Kantonalbibl. Zürich Stiftsbibl. C. 33, Pergament in 2 ° des 1 3 . Jh. von 1 6 1 Folien, zwischen 1 254 und 1 273, wahrscheinlich vor 1261 zur Zeit des Papstes Alexander IV. geschrieben. Der Codex gehörte ursprünglich dem Dominikanerkonvent, später dem Großen Münster, und enthält nach der Chronik Ottos von Freising (Kapitelverzeichnisse I-VIII, Bücher I-VII) auf den Folien 1 03"-1 24v den Text der Chronik des Otto von St. Blasien. Von dieser Hs. gibt es zwei Abschriften. Die eine ( 1 a) wurde noch im Mittelalter genommen und liegt heute in der Pariser Nationalbibliothek un­ ter der Nr. 4895, Pergamenths. in 2° aus dem 14. Jh. Diese Sammelhs. enthält auf den Folien 1 5 1-1 6 1 , beginnend mit ,Fridericus I. dux Suevorum . . .' (Kap. 5), unseren Chroniktext. Die andere ( 1 b) wurde zwar auf Grund der Ausgabe von Muratori 10 erstellt, der aber nur die Ausgabe von Urstisius 1 1 wiederholt, dem seinerseits die Züricher Hs. vorlag. 9 Ebda. S. XII-XXII. 10 L. Muratori, Rer. It. SS. 6, Mediolani 1 725, S. 865-9 1 0. 1 1 Ch. Urstisius, Germ. hist. illustr. 1, 1 585, 1 97-227. - Auch die übrigen Edd. von P. Ae. Ussermann (Germ. sacrae prodromi II, Typis San-Blasianis 1 792), I. F. Böhmer (Fontium rer. Germ. III, 1 853) und R. Wilmans (MGH SS. 20, 1 865 [1 868] sind überholt, da sie die wichtigste Hs. nicht benutzten, die erst von Hofmeister herangezogen wurde.

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Einleitung

2. Der Wiener Codex (Nationalbibl.) Nr. 3334, eine Papierhs. in 2 ° von 1 83 Folien aus dem Jahre 1482, von Johannes Fuchsmagen geschrieben. Nach Otto von Freisings Chronik bietet er auf den Folien 126r-1 5JV den Text Ottos von Sankt Blasien in einer von 1 unabhängigen, aber gleichwohl so eng verwandten Überlieferung, daß er auf ein und dieselbe Vorlage zu­ rückgehen muß, die vielleicht sogar das Autograph war. Dieses Autograph oder der gemeinsame Ausgangspunkt der erhaltenen Überlieferung hat vielleicht auch noch dem Humanisten Nauclerus vorgele­ gen, als er in den ,Memorabilium omnis aetatis . . . commentarii' des öfteren auch aus unserer Chronik zitierte und dabei gelegentlich auch die als die richtiger erscheinende Lesart bewahrt hat. 1 2 Hofmeister vermutete, daß Nauclerus das Exemplar entweder nicht zurückgab oder es im Jahre 1 525 im Bauernkrieg, in dem das Kloster verwüstet wurde, verlorenging. Im Jahre 1482 war es j edenfalls noch vorhanden, wie aus 2 geschlossen werden darf. Die vorliegende Ausgabe folgt der Edition von A. Hofmeister. Hofmei­ ster stand wohl vor der Frage, da die Hss. 1a und 1 b als Abschriften von 1 nicht für die Edition in Betracht kamen, ob die Hs. 1 oder 2 zugrunde zu legen sei: 1 steht zwar wahrscheinlich der Schreibweise des 1 3 . Jahrhunderts näher, ist aber flüchtiger geschrieben und weist infolgedessen eine Reihe von Fehlern auf, während 2 in der Schreibweise dem 1 5. Jh. folgt oder die Ei­ genart des]. Fuchsmagen aufweist, aber im Wortlaut zweifellos zuverlässiger ist. Aus Gründen der Orthographie hat Hofmeister meist die Lesart von 1 in den Text genommen, auch dort, wo beide Hss. je für sich sachlich mög­ liches boten. Dem bin ich im allgemeinen gefolgt, nur an vereinzelten Stel­ len, an denen die Lesart von 2 eindeutig als die richtigere erschien, habe ich mich gegen Hofmeister entschieden. 1 3 Im übrigen habe ich mich bei der Wiedergabe der Lesarten j eweils auf das unbedingt Notwendige beschränkt: Unterschiedliche Schreibweisen, besonders bei Eigennamen, Korrekturen durchweg in 1 von der Hand des Schreibers - und die Verzeichnung derje­ nigen Namen, die schon vor Hofmeister (Naucleus, Muratori, Urstisius, Ussermann, Böhmer, Willmans) Verbesserungen (nur gegenüber 1) vorge­ nommen haben, sind nicht berücksichtigt und müssen gegebenenfalls der Originalausgabe entnommen werden. Von dem Kommentar Hofmeisters habe ich dankbar Gebrauch gemacht; nur selten war ihm, bei den Grenzen, die dieser Reihe gesetzt sind, etwas hinzuzufügen. Die Übersetzung wurde neu angefertigt und folgt dem Text - soweit wie möglich - wortgetreu, damit auch der Leser, der des Lateins weniger mäch­ tig ist, dem Latein der Chronik folgen kann. 12 Memorabilium omnis aetatis et omnium chronici commentarii, opera Thomae Anshelmi Badensis, Tubingae 1 5 1 6, passim. 13 Hofmeister S. XVIII.

Einleitung

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B. Die Marbacher Annalen Auch in dem Codex Jena Bose q. 6 - im folgenden J - aus dem 12. und 1 3 . Jahrhundert, in dem sich die Annales Marbacenses befinden, gehen die­ sen wie Otto von St. Blasiens Chronik die Chronik sowie die Gesta Frede­ rici Ottos von Freising beziehungsweise Rahewins voraus. Doch während die erste der hier behandelten der Überlieferung der Handschriftenklasse C angehört (C 1 , C 2), 1 4 steht diese Überlieferung an der Spitze der Klasse B (B 1 ), deren wichtigstes Merkmal gegenüber C das Fehlen der welfischen Interpolationen ist, 15 doch sind die Handschriften der C- Klasse denen der Klasse B eng verwandt. Die Chronik Ottos von Freising wurde in dieser Handschrift16 in (heute) 12 Quaternionen und einem Ternio von verschiedenen Händen bis zum siebten Buch Kap. 33, Z. 1 1 ( . . . Armeniam in extremo) geschrieben, die alle noch dem 12. Jahrhundert angehören. Der Rest und das achte Buch stam­ men dagegen von einer Hand des 1 3 . Jahrhunderts, und ebenso die sonst üblicherweise am Ende des siebten Buches stehende Liste der Päpste und Kaiser bis auf Xystus II. und Valerianus. Diese Liste wird dann mit Dyoni­ sius und Claudius wiederum von einer Hand des 12. Jahrhunderts fortge­ setzt, die nur zwei zusammenhängende Blätter beschrieb und die man schon von den Quaternionen 111 und IV kennt. Diese beiden Blätter müssen also aus der Mitte eines Quaternions stammen, das mit großer Wahrscheinlich­ keit ursprünglich einmal das 14. bildete, aber heute bis auf diese beiden Blätter verloren ist. Sie führen die Liste unmittelbar fort bis zu Hadrian IV. und Friedrich I. Von mehreren Händen des 1 3 . Jahrhunderts ist sie dann wieder fortgesetzt worden, darunter zuletzt von der Hand des Annalen­ schreibers bis zu Innocenz IV. und Friedrich II. (Fol. 122r). Fol. 1 22v ist frei geblieben bis auf eine Bemerkung am unteren Rand von derselben Hand, die darin erläutert, warum auf die Chronik nochmals ein Werk folgt, das mit dem Jahr 63 1 beginnt, sowie auf den Folien 123r-1 49v die Annalen, die mit dem Jahr 1238 enden. Zwischen den Händen der Chronik (Buch I-VII) und der Hand, die das folgende Buch VIII sowie die sogenannten Marbacher Annalen zu Pergament brachte, klafft also eine Zeitspanne von mindestens 60, wahrscheinlich aber 80 und mehr Jahren. Mit aller Vorsicht kann man einige Folgerungen ziehen: Wo die Chronik Ottos ursprünglich beheimatet war, ist heute unsicher, und daß sie einmal in Hohenburg war, ist unwahrscheinlich. Berücksichtigt man aber das, was 14 Ottonis episcopi Frisingensis Chronica sive Historia de duabus civitatibus, ed. A. Hofmeister, MG SSrerGerm [45], 1 9 1 2 (ND 1 984), S. LXIX-LXXXI. 15 Ebda. S. LU-LXIX. 16 Ebda. S. LII ff.

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Einleitung

über die Handschriftenklasse B und die Stellung von Bose q. 6 gesagt wurde und daß außerdem die Widmung der Chronik an Friedrich I. 1 1 57 erfolgte, kann sie ursprünglich in der Pfalz Hagenau gewesen sein, wo nach Gottfried von Viterbo Kaiser Friedrich eine Bibliothek eingerichtet hatte. Es dürfte daher wahrscheinlicher sein, daß sie spätestens 1 262 in Neuburg und damit in der Nähe Hagenaus war, und man darf wohl daran denken, ob es nicht das Widmungsexemplar von 1 1 57 war, das bis in das 1 3 . Jh. in Hagenau gelegen haben dürfte. Ihm wäre auch am ehesten angemessen, daß die Hs. die einzige gewesen zu sein scheint, die mit Miniaturen ausgestattet istY Außerdem fehlt in B 1 wie in allen Handschriften der B- Klasse - mit Aus­ nahme von B 2, aber diese Hs. ist mit der Klasse A kontaminiert - das achte Buch, was bei einem Widmungsexemplar für Friedrich I. plausibel gewesen wäre. Böhmer hatte die Annalen zuerst unter dem Namen Annales Argeminen­ ses herausgegeben;1 8 Wilmans hatte sodann aber sowohl die Chronik Ottos von Freising wie die ,Marbacher Annalen' für Marbach in Anspruch genom­ men und die Annalen deshalb nach diesem Augustinerchorherrenstift be­ nannt.19 Schulte dagegen bezeichnete sie nach dem Ort, an dem die Annalen zusammengeschrieben wurden, als Annales Alsaticorum Novicastrenses. 20 H. Bloch, der letzte Herausgeber, hat eine recht verwickelte Geschichte kon­ struiert.21 Er nahm an, es habe heute verlorene sogenannte Armales impe­ riales Argentinenses, etwa von 1 0 1 5 bis 1200 reichend, gegeben, mit denen um das Jahr 1 2 1 0/12 eine die Jahre 63 1-1 2 1 2 berücksichtigende Chronik verbunden worden sei. Ihr Verfasser sei ein in Trottenhausen stationierter Augustinerchorherr aus Marbach gewesen, der im Auftrag der Augustine­ rinnen von St. Ottilien in Hohenburg eine - von Bloch als Chronica Ho­ henburgensis bezeichnete - Chronik verfaßt habe. Dort in Hohenburg seien auch noch Nachträge vorgenommen worden und mit diesen Nachträgen sei sie schließlich nach Neuburg gekommen. Hier habe man im Jahre 1235 die vorliegenden Annalen begonnen, indem man, mit dem Jahresbericht zu 1 2 1 5 beginnend, Jahr für Jahr bis 1 2 3 8 die Annalen schrieb und die man i n ge­ wisser Weise als Autograph bezeichnen könnte. Die beiden Chronikteile 17 W. Lammers, Ein universales Geschichtsbild der Stauferzeit. Der Bilderkreis zur Chronik Ottos von Freising im Jenenser Codex Bose q. 6, in: Alteuropa und die Moderne Gesellschaft, Festschr. Otto Brunner, H g . Hist. Seminar d. Univ. Hamburg, 1 963, S. 1 70-2 1 4 ( W. Lammers, Vestigia Mediaevalia, Frankfurter Hist. Abh. 1 9, 1 979, 45-87); die Abb. in: Ausgew. Quellen z. dt. Gesch. d. MA. 1 6, 1 974, S. LXIX ff. 1 8 I. F. Böhmer, in: Fontes rer. Germ. III, 1 853, S. 66-1 1 3 . 19 R . Wilmans, in: MGH S S 1 7, S . 1 42-1 89. 20 A. Schulte, in: MI ÖG 5, 1 884, S. 5 1 3 ff. 21 Annales Marbacenses qui dicuntur, ed. H. Bloch, MGH SSrerGerm. (9], 1 907, S. VII-XXI, 1-1 09; vgl. Wattenbach-Schmale 1, S. 1 20-1 24 (Lit.). =

Einleitung

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habe man um 1 245 - zu der Zeit, als die Hand des Schreibers der vorliegen­ den Handschrift tätig war - vereint und dabei auch eine Reihe von Nach­ richten seit 1 1 33, dem Gründungsj ahr von Neuburg, ergänzend eingetra­ genP Bloch ist auf den entschiedenen Widerspruch vor allem von J. Haller ge­ stoßen.23 Dieser stimmte zwar der Quellenanalyse Blochs zu, kam aber sonst zu abweichenden Feststellungen. Für Haller lag der Einschnitt nicht bei 1 2 1 0/12, sondern um 1 200/01 : So weit waren die Annales imperiales Argen­ tinenses geführt worden, und so lange lebte auch der Propst Friedrich von St. Thomas in Straßburg, den Haller als Verfasser des ersten Teiles vorschlug. Dieser Friedrich war Kaplan Heinrichs VI. gewesen und stand auch noch im Dienst Philipps. Er ist zum letzten Mal im Jahre 1201 nachgewiesen. Da Friedrich zugleich Pfarrer in Kolmar, also in der Nähe von Marbach war, wo er die Bibliothek benutzen konnte, in der die gesamten Quellen der Marbacher Annalen bis zum Jahre 1 200 sich befanden, schien die Frage nach der Verfasserschaft des ersten Teils gelöst. Diese Annalen seien sodann um 1208 ergänzt und um 1230 ebenfalls in Marbach, beginnend mit 1209, bis 1238 fortgesetzt worden. Nach 1 238 und vor 1 250 seien sie schließlich nach Neuburg gekommen und dort zusammen mit dem achten Buch und vielen Ergänzungen der Annalen gemeinsam in die Handschrift eingetragen wor­ den. Jedoch bedürften, so meinte Haller, diese Zusätze grundsätzlich einer Neubestimmung; denn sie seien bedeutend geringer als von Bloch angenom ­ men. So sehr weit waren im Grunde Bloch und Haller bezüglich des ersten Teiles der Annalen gar nicht voneinander entfernt, wie es den Anschein hat. Es machte schließlich gar nicht so viel aus, ob der Pfarrer von Kolmar und Propst von St. Thomas nun nach Haller der Verfasser war oder ein unbe ­ kannter Marbacher, der - jedenfalls de facto - mit dem Jahresbericht zum Jahr 1 200 schloß. Nachgewiesen war keiner von beiden; und es bleibt dem­ nach offen, ob man mit Bloch (j eweils nur am Rand der Ausgabe vermerkt) auch einen Hohenburger und einen späteren Neuburger Anteil annimmt oder man mit Haller nur einige, vielleicht weniger umfangreiche - als Bloch annahm - spätere Neuburger Zusätze, die aber noch genauer zu bestimmen sind: Es ist zweifelhaft, ob man diese Neuburger Ergänzungen jemals so 22 H. Bloch, Die sogenannten Armales Marbacenses, in: Die Elsässischen Annalen der Stauferzeit= Regesten der Bischöfe von Straßburg 1, Innsbruck 1 908, S. 5 1 -1 24; Ders., MGH SSrerGerm [9], S. VIII ff. 23 J. Haller, Die Marbacher Annalen, Eine Quellenkritische Untersuchung zur Ge­ schichte der Stauferzeit, 1 9 1 2; Ders., Zu den Marbacher Annalen, Hist. Vier­ teljschr. 1 7, 1 9 1 4/ 1 5, S. 343-360, hauptsächlich gegen 0. Oppermann, Zur Entste­ hungsgeschichte der sogenannten Marbacher Annalen, MI Ö G 34, 1913, S. 561-595.

8

Einleitung

genau wird feststellen können, daß sie allgemein Zustimmung finden, wenn man hier und da auch zu einigen Vorschlägen versucht ist. Auch für eine engere Verbindung mit Hohenburg gibt es in Wirklichkeit keinen Anlaß, außer daß dieses Damenkloster ein einziges Mal erwähnt ist wie übrigens noch manches andere. Als Entstehungsort darf man lediglich Neuburg aus­ schließen, denn sonst wären die Annalen wohl nicht so spät, nämlich nach 1 243, eingetragen worden. Stimmen die Meinungen von Bloch und Haller im Grunde darin überein, daß sie zum Jahre 1 200 de facto eine Zäsur konstatieren, gehen sie für die spätere Zeit stärker auseinander, und ganz eindeutig neigt das Urteil mehr Haller zu. Aber auch Hallers Ergebnisse kann man m. E. noch weiterführen. Was heute festgestellt werden kann, ist für den zweiten Teil das Folgende: Der zweite ( ?) Teil der Annalen schließt bezüglich der Schrift nahtlos an den Jahresbericht zu 1 200 mit dem zu 1201 und weiteren Jahresberichten an, erzählt aber über die weiteren Vorgänge des jeweiligen Jahres hinsicht­ lich der Anzahl der einzelnen Ereignisse wie der Ausführlichkeit ihrer je­ weiligen Behandlung spärlicher als in den Jahren zuvor, und zwar derart, daß die korrekt zugeordneten Nachricht(en) j eweils unmittelbar zu den ent­ sprechenden Jahren eingeordnet sind. Aber darauf folgen weitere, die zu ganz anderen Jahren gehören. Sie sind, beinahe willkürlich, zusammengefaßt und enthalten zum Teil längst vergangene, nicht mehr präzise zu erinnernde Ereignisse. In diesen zweiten Partien der einzelnen Jahresberichte stehen zu 1201 Nachrichten von 1206 bis 1220, 1 202 zu 1 207, 1 208 zu 1 2 1 1 bis 1 2 1 3, 1 2 1 1 ZU 1 2 1 2, 1 2 1 2 ZU 1 209 bis 1220, 1 2 1 5 ZU 122 1 , 1 2 1 5 ZU 1 2 1 1 , 1 2 1 6 ZU 1 2 1 8, 1 2 1 8 zu 1 2 1 9 und 1 22 1 , 1 2 1 9 überhaupt nur zu 1 220 und 1 2 1 8, 1220 nur zu 1 22 1 bis 1 237, 1 228 zu 1 229 und 1228. Von 1 229 an kommen dann wieder nur Ungleichzeitigkeiten ganz unwesentlicher Art vor, die alle damit zu erklären sind, daß Todesfälle zum Ende des Jahres im nächsten Jahr ver­ zeichnet wurden, weil sie möglicherweise erst verspätet an dem Ort eintra­ fen, wo sie aufgeschrieben wurden. Ich schließe zunächst daraus, daß auch die Annalen des zweiten Teiles nach dem Jahre 1 200 dort blieben, wo sie entstanden waren. Der Einschnitt nach dem Jahr 1 200, der nur in der Art der Berichterstattung bemerkbar ist, mag den Tod des ersten Schreibers bedeuten, und dieser brachte gewiß auch eine Änderung im Maß des Interesses an der bisherigen Arbeit: Man führte zwar die Annalen noch weiter, aber in knappster Form bis zum Jahre 1202. Dann verlor man für eine Weile das Interesse, und es trat eine Unterbre­ chung bis 1 207/08 ein, als wieder einer oder mehrere Schreiber ausführlicher bis etwa 1 2 1 8 berichteten. Nun gab es erneut eine Pause, doch seit ungefähr 1 222 überbrückte j emand die letzten zwei oder drei Jahre mit knappen und teilweise zusammenfassenden Berichten und stellte dann wieder regelmäßig Nachrichten zusammen bis 1 238. Mit diesem Jahr brach aus einem heute

Einleitung

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unerfindlichen Grund die Berichterstattung ab. Die Annalen gelangten - als Leihgabe ( ?) - nach Neuburg ( ?), vielleicht gerneinsam mit einem Codex, der auch das achte Buch der Chronik Ottos von Freising enthielt; denn in Neuburg besaß man schon (aus Hagenau ?) die ersten sieben Bücher. Hier wurden die Annalen zwischen 1 243 und 1250 abgeschrieben, unter Ergän­ zungen, die nur selten der Zeit, zu der sie sich ereignet hatten, richtig zu­ geordnet werden konnten. Die Ergänzungen zu den Annalen könnten die­ jenigen Teile umfassen, von denen soeben als chronologisch nur ungefähr zugewiesen die Rede war. Wo diese Annalen geschrieben oder seit etwa 1 200 aufbewahrt wurden, ist nicht mit Gewißheit festzustellen. Wenigstens drei Forscher - Wilrnans, Bloch und Haller - lokalisieren sie in Marbach oder seinem Umkreis, und dieses Stift ist unter allen Stiften und Klöstern des Elsaß - eine kirchliche Institution des Elsaß muß es gewesen sein - arn ehesten wahrscheinlich: Neunrnal wird Marbach in irgendeiner Weise erwähnt und ist damit unter allen kirch­ lichen Einrichtungen, sieht man einmal von Nennungen des Bisturns und der Bischöfe von Straßburg ab, arn häufigsten genannt. Wenn man wüßte, was der Schreiber in dem Jb. zu 1226 zunächst abgeschrieben hatte, bevor er an der betreffenden Stelle radierte und statt der ursprünglich dort stehenden vier ( ?, Bloch) Buchstaben irnpensa Marbacensiurn eintrug (drei Buchst. nach Haller), könnte man vielleicht mit einiger Sicherheit sagen, daß die Urschrift der Annalen wirklich aus Marbach stammt und noch 1226 dort lag.24 Die Chronik Ottos von Freising wurde unter Entfernung des Quater­ nions XIV - von dem man nur noch zwei Blätter als passend gebrauchen konnte, weil sie sich nahtlos einfügen ließen - um das achte Buch vervoll­ ständigt. Man mißverstand allerdings das System der Chronik: Man brachte nämlich die Papst-Kaiser-Liste nach dem achten Buch, statt sie arn Ende des siebten zu belassen, wo sie eigentlich, arn Ende der irdischen Geschichte nämlich, in der es allein Päpste und Kaiser gab, ihren einzig richtigen und sinnvollen Ort hatte. Dann band man die Chronik und die Annalen zu einem Band zusammen, möglicherweise weil diese die Chronik ergänzten. Der entsprechende Hinweis darauf scheint zunächst gefehlt zu haben, weil mit dem Anfang der Annalen auf einem neuen rechten Folio begonnen wur­ de und die vorhergehende Seite zunächst leer blieb. Er wurde erst später auf dem unteren Rand der vorhergehenden Versoseite nachgeholt. Der erste, der Hauptteil, ist ursprünglich wohl nach 1 1 95/1200 geschrie­ ben. Sieht man von den Neuburger Ergänzungen ab, ist die Chronologie im 24 Haller, Die Marb. Ann. S. 50. Vielleicht hatte dort gestanden: ,non sine grandi nra . . .' Der Schreiber (und Neuburger Autor?) bemerkte aber noch rechtzeitig, daß das unrichtig war. Er tilgte ,nra', fuhr dann im ursprünglichen Text mit ,impensa' fort und ersetzte das frühere ,nra' durch das in seiner Situation richtigere ,Marbacensium'. -

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Einleitung

allgemeinen einigermaßen in Ordnung. Besonders für die Zeit Heinrichs VI. bringen die Annalen manche von Zustimmung getragene Nachricht, die sonst nirgends oder weniger ausführlich überliefert ist. Auch später bringen sie Schätzenswertes, z. B. über den Kinderkreuzzug; danach werden sie aber deutlich lokaler. Auch der erste Verfasser - er schrieb vom Berichtsjahr 63 1 an bis wahr­ scheinlich zum Jahre 1 200 - wollte ursprünglich nur die Chronik Ottos von Freising ergänzen aus Quellen, die Otto nicht zugänglich, aber - wohl in Marbach - vorhanden waren und manche zusätzliche Nachricht boten. Bis 1 1 52 ist fast alles bekannt, nur die von Bloch so genannten Annales imperia­ les Argentinenses sind anderweitig nicht überliefert. Doch sie enthalten über die Verzeichnung der j eweiligen Wechsel der Straßburger Bischöfe hinaus fast ausschließlich Lokalnachrichten aus dem Elsaß. Mit dem Regierungsan­ tritt Friedeichs I. und vor allem nach dem Ende der Gesta Frederici mehren sich die Nachrichten, die in anderen Quellen nicht oder nicht so berichtet werden. In diesem Teil erweist sich der Autor als ein begeisterter Verehrer der Staufischen Herrscher, der alle Maßnahmen gutheißt. Auch nach dem Jahre 1200 wird den Herrschern die gleiche Verehrung entgegengebracht, auch dem König und Kaiser Otto nach Philipps Tod, so daß sich die Hoch­ schätzung gar nicht auf das staufisehe Haus allein beschränkt, sondern grundsätzlich dem Herrscher überhaupt gilt. Die Ausgabe folgt der Edition von Bloch, der - wie der ersten von R. Wil­ mans - die einzige Hs. zugrunde liegt, jedoch wird der Text von mir erst vom Jahr 1 1 52 an bis 1238 wiedergegeben. Was dann noch folgt, sind ein­ zelne oder zu Gruppen zusammengestellte Nachrichten, die erst mit dem Jahr 1 262 wieder einsetzen. Vor dem Jahr 1 1 52 ist fast alles aus erhaltenen Quellen abgeschrieben, und lediglich die von Bloch so benannten Annales imperiales Argeminenses sind nur in unseren Annalen erhalten. Doch aus den eben angedeuteten Gründen wurde auf einen Abdruck verzichtet, sie enthalten nämlich nichts, was die Wiedergabe in dieser Reihe rechtfertigte. Aus den Lesarten wurde nur das unbedingt Notwendige berücksichtigt. In einigen Fällen, die aber angemerkt wurden, habe ich den Text verändert, weil mir die vorgeschlagene Lesung nicht notwendig erschien. Die Quellenanga­ ben der Marginalien, sowohl die nachweisbaren wie auch Blochs zumindest fragliche Angaben über die vorgebliche Herkunft aus Hohenburger oder dem möglichen Neuburger Ursprung, wurden in die Anmerkungen verwie­ sen und geben nicht meine eigene Meinung wieder. Etwaige Neubestim­ mungen des neuburgischen Gutes habe ich nur sehr selten und ebenfalls nur in den Anmerkungen versucht. Den Kommentar Blochs, soweit er der zeit­ lichen Einordnung diente, habe ich dankbar verwendet. Die Übersetzung stammt von mir.

L ITERATURVERZE I C HNIS Benutzte Ausgaben Ottonis de Sancto Blasio Chronica, ed. A. Hofmeister, MGH SSrerGerm [47], 1 9 1 2 . Annales Marbacenses qui dicuntur, rec. H. Bloch, M G H SSrerGerm [9], 1 907.

Übersetzungen H. Kohl, Die Chronik Ottos von St. Blasien, Geschichtsschreiber d. dt. Vorzeit 68, 1 88 1 , 2 1 94 1 . G. Grandauer, Die Jahrbücher von Marbach, Geschichtsschreiber d . dt. Vorzeit 74, 1 88 1 .

Einige Literaturhinweise G. Baaken, Die Verhandlungen zwischen Kaiser Heinrich VI. und Papst Coelestin III. in den Jahren 1 1 95-1 1 97, in: Dt. Arch. 27, 1971, S. 457-5 1 3 . P . Csendes, Heinrich VI., 1 993. G. Duby, Le dimanche de Bouvines 26 Juillet 1 2 1 4, Paris 1 973. H. Fichtenau, Akkon, Zypern und das Lösegeld für Richard Löwenherz, in: Arch. f. österr. Gesch. 1 25, 1 966, S. 1 1-32. E. Eikhoff, Friedrich Barbarossa im Orient; Kreuzzug und Tod Friedrichs I., 1 975. 0. Engels, Die Staufer, 1 972. U. Gäbler, Der "Kinderkreuzzug" vorn Jahre 1 2 1 2, Schweiz. Zs. f. Gesch. 28, 1 978, s. 1-14. W. v. Giesebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit 5 u. 6, 1 988-95. E. Griffe, Les de buts de l' aventure cathare en Languedoc (1 140-1 1 90); Le Languedoc cathare de 1 1 90 a 1 2 1 0; Le Languedoc cathare au ternps de Ia croisade, Paris 1 969, 1 97 1 , 1 973. K. Jordan, Heinrich der Löwe, Eine Biographie, 1 979. E. Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite, 1 927; Ergänzungsband, 1 93 1 (ND 1 963). F. Kernpf, Papsttum und Kaiserturn bei Innocenz III., Die geistigen und rechtlichen Grundlagen seiner Thronstreitpolitik, Rom 1 954. M. Laufs, Politik und Recht bei lnnocenz III.; Kaiserprivilegien, Thronstreitregister und Egerer Goldbullen der Reichs- und Rekuperationspolitik Papst Innocenz' III., 1 980.

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Literaturverzeichnis

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S I G LENVERZE I C HN I S H s . Zürich, Kantonalbibliothek, Stiftsbibl. C. 33 ( 1 3 . Jh.) Hs. Wien, Nationalbibl. 3334 (1 482) Abt Additio(nes) Neoburgensis (- es) Annales monasterii Argentinensis Bischof Hermann Bloch Johann Friedrich Böhmer (5. Hg. des Otto; 1 . Hg. der Marba­ cher Annalen) Continuatio Hohenburgensis CB Erzbischof Eb. Fluß Fl. Gemahlin G. G. Fr. Ottonis episcopi Fringeneis et Rahewini Gesta Frederici seu rectius Cronica, ed. F.-J. Schmale, übers. v. A. Schmidt = Aus­ gewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Bd. 1 7, 1 965 gegründet gegr. gewählt gew . G raf G r. Herzog H. Hand Hd. Ho. Adolf Hofmeister Handschrift Hs. Jahresbericht Jb. Kaiser K. Kb. Kardinalbischof Kd. Kardinaldiakon König Kg. Kardinalpriester Kp. Landgraf Lg. Markgraf Mg. Ludovicus Antonius Muratori (3. Hg. des Otto) Muratori Nota Neoburgensis NB NH Nota Hohenburgensis Oheim 0. Otto Fris., Chron. = Ottonis Frisingensis episcopi Chronica sive Historia de dua­ bus civitatibus 1 2 A. AddN AmA. B. BI. Böhmer

14 Pa. Pg.

s.

T. Urstisius Ussermann V V. Wilmans

Siglenverzeichnis Patriarch Pfalzgraf Seite; Sohn Tochter Christianus Urstisius ( 1 . Hg. des Otto) P. Aemilius Ussermann (4. Hg. des Otto) Lücken in J ergänzender Codex Wien NB. 578 Vater Roger Wilmans (6. Hg. des Otto; 2. Hg. der Marb. Ann.)

OTTONIS DE SANCTO BLASIO CHRONICA

DIE CHRONIK OTTOS VON ST. BLASIEN

1 •. Quod Bernhardus abbas Clarevallis exhortatione sua plurimos ad iter Ierosolimitanum accendit. 2. Cfinradus rex Iherosolimam proficiscitur. Petri quoque Baiulardi scripta dampnantur. 3 . De repatriacione Cfinradi regis. 4. De morte Cfinradi regis et synodo celebratab Remis. 5. Fridericus rex creatur. Eugenius papa et successor eius Anastasius et Bernhardus abbas Clarevallis vita deceduntc. Adrianus suscipit pontificatum. 6. De contentione H[einrici] ducis Saxonum et H[einrici] ducis Noricorum. 7. De diversis pugnis F[riderici] regisd et consecratione eius. 8. De discordia domini pape et imperatoris. 9. De reconciliatione domini apostolici et cesaris. 10. De repudiacione• imperatricis Adale. 1 1 . Imperator F[ridericus] contra Willehelmum militem instaurat Mediolanumque expugnat. 1 2 . De diversis auctoribus, qui eisdem diebus claruerunt. 1 3 . Adriano papa mortuo scisma in ecclesia exoritur Romana. 14. De rebellatione Mediolanensium. 1 5 . Imperator F[ridericus] contra Mediolauenses cum exercitu proficiscitur. 1 6 . De obsidione et expugnatione Mediolani. 1 7. Imperator F[ridericus] iam tercia vice ltaliam ingreditur. 1 8 f. De pugna ducis Welf et palatini deg Tuingin. 1 9. De regressu imperatoris ab Italia et reconciliatione ducis et palatini. 20. Cesar quarta iam vice ltaliam intrat Romamque expugnatam devasta�. 2 1 . De possessionibus et diviciis Friderici imperatoris. 22. De constructione Alexandrie. 23. De obsidione Alexandrie. •

Die Nummern sind von Ho. hinzugefügt.

b celebrato 1 c decederunt 2 d fehlt 2

e repudiaciatione 1 f Zahl fehlt 1 g dtuingin 1 h nur noch in 2

1 . Bernhard, der Abt von Clairvaux, begeistert durch seine Ermahnung viele zur Heerfahrt nach Jerusalem. 2. König Konrad geht nach Jerusalem. Des Petrus Abaelard Schriften werden verdammt. 3. Über die Heimkehr des Königs Konrad. 4. Über den Tod des Königs Konrad und die Synode, die zu Reims ge­ feiert wird. 5. Friedrich wird zum König gewählt. Papst Eugen, sein Nachfolger Anastasius und Abt Bernhard von Clairvaux scheiden aus dem Leben. Ha­ drian übernimmt den Pontifikat. 6. Über den Streit Herzogs Heinrich von Sachsen und Herzogs Heinrich von Bayern. 7. Über die verschiedenen Kämpfe Friedrichs und seine Weihe. 8. Über die Auseinandersetzung des Papstes und des Kaisers. 9. Über die Versöhnung des apostolischen Herrn und des Kaisers. 1 0. Über die Verschmähung der Kaiserin Adela. 1 1 . Der Kaiser führt Krieg gegen Wilhelm und erobert Mailand. 1 2 . Über verschiedene Autoren, die in diesen Tagen berühmt waren. 1 3 . Nach dem Tod Hadrians entsteht ein Schisma in der Römischen Kirche. 14. Über den Aufstand der Mailänder. 1 5 . Kaiser Friedrich zieht mit einem Heer gegen die Mailänder. 1 6 . Über die Belagerung und Eroberung Mailands. 1 7. Kaiser Friedrich fällt schon zum dritten Mal in Italien ein. 1 8. Über den Kampf Herzogs Welfs und des Pfalzgrafen von Tübingen. 1 9. Über die Rückkehr Kaiser Friedrichs und die Versöhnung des Her­ zogs und des Pfalzgrafen. 20. Der Kaiser fällt zum vierten Mal in Italien ein und verwüstet das eroberte Rom. 2 1 . Über die Besitzungen und die Reichtümer des Kaisers Friedrich. 22. Über die Errichtung Alessandriens. 23. Über die Belagerung Alessandriens.

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Ottonis d e Sancto Blasio Chronica

24. Alexander papa scismate sedato sedem obtinet apostolicam conciliumquei cogit Lateranense. 25. De rege Yconii et obitu Alexandri pape successoreque eius Lucio. 26. De curia apud Magunciam celebrata. 27. Lucius papa vita decedit eique Urbanus succedit. 28. De nuptiis Heinrici regis. 29. Wido Ierosolimorum [rex] succedit. 30. Saladinus rex crucem dominicam cum lherosolima capit regemque eius abducit. 3 1 . Imperator F[ridericus] cum filio equivoco crucem peregrinacionis ac­ cepit. 32. Cesar F[ridericus] filio H[einrico] regalibus traditis lherosolimam proficiscitur. 33. Clemens successor Urbani et Gregorii obit eique Celestinus succedit. H[einricus] rex coronatur. Constantinopolis expugnatur. 34. Tarnen Christianus exercitus patitur, Iconium capitur. 35. De morte F[riderici] imperatoris eiusque filii eiusdem nominis. 36. De expugnacione Accaron. 3 7. Imperator H[einricus] Ytaliam cum exercitu intrat. 38. De captivacione Richardi regis Anglorum. 39. Imperator Heinricus secunda vice Alpes ascenditk. 40. Imperator H[einricus] Palernum in dedicionem accipit. Alanus, Prepositinus, Petrus magistri claruerunt. 4 1 . De repatriacione H[ einrici] imperatoris. 42. De tercia expedicione transmarina. 43. Imperator Heinricus tercia vice Ytaliam ingreditur. 44. De nuptiis Phylippi fratris Heinrici imperatoris. 45. De morte Heinrici imperatoris. 46. De Celestino papa vita decedente. Innocencius substituitur. Phylippus rex creatur. 47. De quodam sacerdote miracula crebra faciente. 48. lnnocencius papa Phylippum collaudat in regem. 49. Qualiter a Christianis destructa sit Constantinopolis. 50. De occisione Phylippi regis simulque promotione Ottonis. 5 1 . Qualiter filia Phylippi regis desponsatur Ottoni regi. 52. De consecracione regis Ottonis.

i so Ho.; consilium 2 und so fast immer k transcendit Ho.

Kapitelverzeichnis

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2 4 . Papst Alexander behauptet nach der Beilegung d e s Schisma den Apo­ stolischen Stuhl und ruft das Konzil im Lateran zusammen. 25. Über den König von Konya, den Tod des Papstes Alexander und seinen Nachfolger Lucius. 26. Über den Hoftag, der in Mainz gefeiert wurde. 27. Papst Lucius scheidet aus dem Leben, und ihm folgt Urban. 28. Von der Heirat König Heinrichs. 29. Wido folgt [als König] der Jerusalemitaner. 30. König Saladin erobert das Kreuz des Herrn samt Jerusalem und führt den König ab. 3 1 . Kaiser Friedrich nimmt mit dem gleichnamigen Sohn das Kreuz der Pilgerschaft. 32. Kaiser Friedrich übergibt dem Sohn die Regalien und bricht nach Jerusalem auf. 33. Clemens, der Nachfolger Urbans, und Gregor sterben, und ihm folgt Coelestin. König Heinrich wird gekrönt. Konstantinopel wird erobert. 34. Obgleich das christliche Heer leidet, wird Konya eingenommen. 35. Über den Tod des Kaisers Friedrich und seines gleichnamigen Sohnes. 36. Über die Eroberung Akkons. 37. Kaiser Friedrich betritt mit einem Heer Italien. 38. Über die Gefangennahme Richards, des Königs der Engländer. 39. Kaiser Heinrich besteigt zum zweiten Mal die Alpen. 40. Kaiser Heinrich empfängt die Übergabe Palermos. Alanus, Prepositinus und Magister Petrus zeichneten sich aus. 4 1 . Über die Heimkehr des Kaisers Heinrich. 42. Über den dritten Kriegszug über das Meer. 43. Kaiser Heinrich geht zum dritten Mal nach Italien. 44. Über die Hochzeit Philipps, des Bruders des Kaisers Heinrich. 45. Über den Tod des Kaisers Heinrich. 46. Über das Hinscheiden des Papstes Coelestin. Innocenz folgt. Philipp wird zum König gewählt. 47. Über einen Priester, der häufig Wunder tut. 48. Papst Innocenz stimmt Philipp als König zu. 49. Wie von den Christen Konstantinopel zerstört wird. 50. Über die Ermordung Philipps und die gleichzeitige Erhebung Ottos. 5 1 . Wie die Tochter König Philipps mit König Otto verheiratet wird. 52. Über die Weihe König Ottos.

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1 •. Anno dominice incarnationis M°C0XLVI. 1summus pontifex Euge­ nius2 ecclesie transmarine paterne condolens multos ad Ierosolimitanum iter accendit ac venerabili Bernhardo Clarevallensi abbati onere predica­ tionis vice sui imposito ex omnibus mundi partibus cismarinis innume­ rabilem exercitum coadunavit. Venerabilis itaque pater Bernhardus 3in­ dutus virtute Spiritus ex alto3' ad iniunctum sibi predicationis officium non segniter accingitur virtuteque verbi 4omni gladio ancipiti penetrabi­ liori4', miraculorum comitante incomparabili gratia, totam Galliam et Germaniam peragravit et ad expedicionem transmarinam innumerabiles accendit�*. 2. Anno dorninice incarnationis M°C0XLVII. 5Cönradus rex6 mortuo fratre suo Friderico Swevorum duce7 filiob eiusdem nominis ducaturn concessit ac pariter cum ipso cruce peregrinationis accepta Hierosoli­ mam adiit. Preterea WelP dux, Heinricus Noricorum9 dux et multi alii nostrarum parcium principes et episcopi cum innumerabili diverse con­ dicionis exercitu eandem viam aggressi per Ungariam et Greciam iter arripiunt ac Franeorum regi Ludewico10 cum multis principibus sue gentis illuc tendenti consociantur. In itinere itaque multa pericula passi plurimisque diverso modo consumptis Cfinradus rex cum suis mari emenso Ptolomaidam11 applicuit ac inde intinere terreno Ierosolimam veniens cum maximo tripudio a patriarcha12 et rege13 et universis civibus suscipitur. Post hecque Ludewico Franeorum rege cum reliqua parte exercitus pari honore suscepto contra Sarracenos proeineturn movent5'. Regione itaque paganorum diversis modis igne ferroque profligata Da­ mascum obsidione cingunt ipsamque urbem paganis pro posse resisten­ tibus toto nisu impugnant. Itaque pagani vim Christianorum non susti-



Nummern nach Urstisius u. Ho.

b eius fügt Ho. ein

Kap. 1 u. 2 (1 1 46/1 147)

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1 . Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1 1 46 1 beflügelte der höchste Bischof Eugen2 in seinem väterlichen Erbarmen mit der überseeischen Kir­ che viele zum Zug nach Jerusalem, und Bernhard, der Abt von Clairvaux, der an seiner Statt mit der Aufgabe der Predigt betraut war, vereinigte aus allen Teilen der Welt diesseits des Meeres ein zahlloses Heer. Also unterzog sich der verehrungswürdige Vater Bernhard, 3angetan mit der Kraft des Gei­ stes in der Höhe3 *, fleißig der Predigtaufgabe und durchzog mit der Kraft des Wortes, das 4tiefer dringt als das doppelschneidige Schwert4 *, begleitet von unvergleichlichen Wundern, ganz Gallien und Germanien und beflü­ gelte zahllose zum Zug über See1 *. 2. Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1 1 4 7 5verlieh König Konrad6, nachdem sein Bruder Friedrich, der Herzog von Schwaben7, gestorben war, dem gleichnamigen Sohn den Dukat und zog gleichermaßen, nachdem er das Kreuz der Pilgerschaft genommen hatte, nach Jerusalem. Außerdem zogen Herzog WelfS, der Herzog Heinrich von Bayern9 und viele andere Fürsten und Bischöfe aus unseren Gegenden sowie unzählige verschiedenen Standes, die denselben Weg nahmen, durch Ungarn und Griechenland; sie vereinigten sich mit König Ludwig1 0, zusammen mit vielen Fürsten ihres Volkes. Auf dem Weg erlitten sie also viele Gefahren, und sehr viele kamen auf verschie­ dene Weise um; Konrad und die Seinen durchmaßen das Meer und landeten in Akko1 1, von hier aus kamen sie auf dem Landweg nach Jerusalem und wurden mit großer Freude vom Patriarchen12, vom König13 und von allen Bürgern empfangen. Danach wurde der Frankenkönig Ludwig mit dem übri­ gen Teil des Heeres mit gleichen Ehren empfangen, und sie setzten die Trup­ pen gegen die Sarazenen in Bewegung5*. Also wurde das Gebiet der Heiden auf verschiedene Weise mit Feuer und Schwert heimgesucht; sie schlossen Damaskus ein, belagerten es und bekämpften die Stadt selbst mit allen Kräf­ ten, während die Heiden nach Können Widerstand leisteten. Die Heiden konnten den Ansturm der Christen nicht aushalten und setzten nach dem I -I * G. Fr. I. 3�5. 2 P. Eugen III. 3-3* Vgl. Lk 24,49. 4-4* Vgl. Hebr 4, 12. s--s * G. Fr. I, 41-43, 47 f., 63 f. 6 Konrad III. 7 Friedrich II. 8 Welf IV. 9 Heinrich Jasomirgott. 10 Ludwig VI. 1 1 Im J. 1 148. 12 Fulcher. 13 Balduin III.

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Ottonis de Sancto Blasio Chronica

nentes condiciones rnilitibus Ternpli rnediantibus pro velle principurn statuunt, sicque obsidione soluta exercitus Christianorurn discessit ac Ierusalern veniens curn triurnpho suscipitur. 14His diebus Petrus Baiulardus prava de Trinitate senciens contrariaque catholice fidei dogrnatizans heresirn Arrianarn15 resuscitare rnolitur. Con­ tra quern venerabilis abbas Bernhardus velud contra ecclesie hostern, in­ surgens viva voce scriptisque ipsurn rnagnifice convincens hereticurn probavit scriptisque eius synodaliter exarninatis ab apostolico et darnp­ natis ipsi de cetero silenciurn inposuitw. 3. Anno incarnationis dorninice M°C0XLVIII. Cönrado rege repatri­ ante Heinricus Noricorurn dux, filius Leopaldi16, sororius Heinrici irn­ peratoris17, frater Cönradi regis, filiarn irnperatoris Constantinopolitani1 8 prius sibi i n itinere desponsatarn i n rnatrirnoniurn accepit e t e x e a Leo­ paldurn19, patrern Leopaldi ducis Orientalis20 et Friderici fratris sui, qui trans rnare obiit2\ ducern serenissirnurn, genuit. Hic Heinricus dux bello curn Ungaris habito victor extitit ipsosque de terrninis suis rnultis ex eis occisis gladio fugavif2• 4. Anno dorninice incarnacionis M°CLII. Chßnradus rex rnoritur eo­ dern videlicet anno, quo hospitatus est in civitate Friburgensi, Spirarn­ que< deportatus obsequiis regalibus sepelitur anno regni sui XV23• Hiis ternporibus 24Eugenius papa synodurn episcoporurn Rernisd congregavit, cui ipse presidens rnultaque prava corrigens inter cetera li­ brurn Gisilberti• Pictaviensis episcopi suspecturn eo presente exarninavit,

c

Spiram 1

d fehlt 1

• sigilberi 2

Kap. 2- 4 (1 147, 1 148, 1 1 53)

23

Willen der Fürsten und auf Vermittlung der Ritter des Templerordens Bedin­ gungen fest; so wurde die Belagerung aufgelöst, das Heer zog ab und kam nach Jerusalem, wo es mit Triumph aufgenommen wurde. 14In diesen Tagen dachte Petrus Abaelard Abwegiges von der Dreifaltig­ keit; er lehrte, was dem katholischen Glauben entgegenstand, und bemühte sich, die arianische Häresie15 wieder zum Leben zu erwecken. Dagegen er­ hob sich der verehrungswürdige Abt Bernhard gleichsam wie gegen einen Feind der Kirche, und in Wort und Schrift erwies er ihn überzeugend als Häretiker; seine Schriften wurden auf einer Synode vom Papst geprüft und verurteilt, ihm selbst legte er im übrigen Schweigen aufw-. 3. Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1 1 48 kehrte König Konrad in die Heimat zurück; Herzog Heinrich von Bayern, der Sohn Leopolds16 und der Schwester des Kaisers Heinrich17, hatte sich früher mit der Tochter des Kaisers von Konstantinopel18 auf dem Kreuzzug verlobt und nahm sie zur Ehe, und aus dieser Ehe wurde der allerdurchlauchtigste Herzog Leo­ pold geboren19, der Vater des Herzogs Leopold der Ostmark20 und seines Bruders Friedrich, der jenseits des Meeres verstarb21• Dieser Herzog Hein­ rich führte Krieg mit den Ungarn und ging als Sieger daraus hervor; er schlug sie mit dem Schwert von seinen Grenzen in die Flucht und tötete viele von ihnen22• 4. Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1 1 52 starb König Konrad, in dem nämlichen Jahr, als er in der Stadt Freiburg zu Gast war; er wurde nach Speyer übergeführt und mit königlicher Hingabe beigesetzt, im 1 5 . Jahr sei­ nes Königtums23• Zu dieser Zeit 24versammelte Papst Eugen eine Bischofssynode zu Reims, der er selbst vorsaß und vielerlei korrigierte; darunter prüfte er auch ein Buch des Bischofs Gilbert von Poitiers, das in seiner Gegenwart verdächtigt t 4- t 4* G. Fr. 1, 5 1 . 15 Als ,Sabellianus hereticus' wurde Abaelard auf dem Konzil v. Soisson i m J . 1 1 40 verurteilt nach der Lehre des Sabellius, nach dem die Trinität nur Namen und Er­ scheinungsweisen einer Person sind. 16 Leopold III., Markgraf v. Ö sterreich. 17 Heinrichs V. Schwester Agnes. 1 8 I m J . 1 1 48 heiratete Heinrich Jasomirgott die Theodora Komnena, T. des Andronikos Sebstokrator, Schwester des Kaisers Manuels I. 19 Leopold V. 20 Leopold VI. 21 t 1 6. 4. 1 1 98. 22 Nach G. Fr. 1, 34 wurde Heinrich von den Ungarn völlig besiegt. 23 Irrtum; in Wirklichkeit starb Konrad am 1 5 . 2. 1 1 52, im 14. J. seines Königtums, zu Bamberg und wurde dort auch begraben. 24-24* Vgl. Bernhard v. Clairvaux, In Cantica serm. 80, Nr. 8.

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in quo super verba Boecii de Trinitate, sana quidem et catholica, male commentatus est hoc modo: ,Pater est veritas, id est verus; Filius est veritas, id est verus; Spiritus sanctus est1 veritas, id est verus. Et hi tres simul non tres veritates, sed una veritas, id est unus verus'. Que expositio pape ceterisque episcopis perversa visa est omnino que suspecta, quia secundum Augustinum25 Deusg non nisi ea magnitudine magnus est, que est quod ipse, et non nisi ea veritate verus est, que est quod ipse, alioquin illa erit maior magnitudo vel veritas, qua Deus magnus vel verus est, quam ipse24*, quod fateri absurdissimum est. Hanc expositionem vene­ rabilis abbas Bernhardus in libro suo super Cantica canticorum, capitulo LXXXJ.26 sie correxit: Pater est verus, id est veritas; Filius est verus, id est veritas: Spiritus sanctus esf verus, id est veritas. Sicque verbis tantum transpositis sanus est intellectus. 27Idem liber in nonnullis locis a vera fide visus est discrepare et ideo synodaliter reprobatus et dampnatus est, episcopo libri ipsius auctore humiliter consenciente ipsumque ore pro­ prio dampnante27*. Sicque solutum est concilium. 5. Anno dominice incarnationis M°C0LIII. 28Fridericus dux Swevorum mortuo Cönrado a principibus rex creatus29 nonagesimus nnus ab Au­ gusto regnavif8''. 30Eugenius papa obiiel, cui Anastasius successie0*.32• Eodem anno pie memorie beatissimus Bernhardus abbas Clarevallen­ sish doctor egregius ac multorum monasteriorum pater XIII. Kaiendas Septembris migravit ad Dominum. Anastasius papa obiie3, Adrian successit34, in ordine centesimus sexa­ gestmus.

f fehlt 1

g Abkürzung für Dicitur 2

Kap. 4- 6 ( 1 1 52, 1 1 53, 1 1 54)

25

worden war und in dem er die Worte des Boetius von der Dreifaltigkeit wahr, heilsam und katholisch - übel kommentiert hatte, und zwar in dieser Weise: "Der Vater ist Wahrheit, also wahr; der Sohn ist Wahrheit, also wahr; der Heilige Geist ist Wahrheit, also wahr. Und diese drei sind zu­ gleich nicht drei Wahrheiten, sondern eine Wahrheit, also ein wahres." Die­ se Darlegung erschien dem Papst und den übrigen Bischöfen verkehrt und überhaupt suspekt, da nach Augustinus25 Gott nur durch die Größe groß ist, also das ist, was er selbst (ist), und nur durch die Wahrheit wahr ist, also das ist, was er selbst (ist); andernfalls würde jene Größe oder Wahrheit größer sein, durch die Gott groß oder wahr ist als er selbsrl4 *, - was zu bekennen völlig absurd ist. Diese Darlegung hat der verehrungswürdige Abt Bernhard in seinem Buch über das Hohelied im 8 1 . Kapitel26 folgen­ dermaßen berichtigt: "Der Vater ist wahr, das ist die Wahrheit; der Sohn ist wahr, das ist die Wahrheit; der Heilige Geist ist wahr, das ist die Wahr­ heit." Und nur so übersetzt, ist die Einsicht heilsam. 27Daher wurde jenes Buch an einigen Stellen dafür angesehen, vom wahren Glauben abzuwei­ chen, und deshalb wurde es durch gemeinsames Urteil verworfen und ver­ dammt, wobei der Bischof und Autor j enes Buches demütig seine Zustim­ mung gab und es mit eigenem Mund verdammte27*. Und so wurde das Konzil aufgelöst. 5. Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1 1 53 2�urde nach dem Tod Konrads Herzog Friedrich von Schwaben von den Fürsten zum König er­ hoben29 und herrschte als 94. seit Augustus28''. 30papst Eugen starb3\ ihm folgte Anastasius3 0*• 32. Im gleichen Jahr ging der - frommen Angedenkens - allerseligste Abt Bernhard von Clairvaux, der hervorragende Gelehrte und Vater zahlreicher Klöster, am 20. August zum Herrn ein. Papst Anastasius verstarb33, ihm folgte Hadrian34, in der Reihenfolge der 1 60. 25 Augustinus, De Trinitate V, 1 0. 1 1 zitiert nach Bernhard v. Cl. ebda. Nr. 7. 26 Ebda. 80, Nr. 8. 27-27* Bernhard suchte den Eindruck zu erwecken, Gilberts v. Potiers Fall sei auf der Synode zu Reims 1 1 48 behandelt worden. In Wirklichkeit geschah das erst nach dem Ende der Synode. Vgl. auch Bernhard ebda. 80 Nr. 9. 28-28* G. Fr. II, 1 . 29 4 . 3. 1 1 52; vgl. G . Fr. II, 1 . JO-JO'· G . Fr. II, 10. 31 8. 7. 1 1 53. 32 Anastasius rv. 33 t3 . 12. 1 1 54. 34 Hadrian IV.

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6. Anno dominice incarnationis M°CLIIII. 35Heinricus dux Saxonie36, filius avunculi Friderici regis37, filius Heinrici ex filia38 imperatoris Lo­ thari?9· ducaturn Noricum sui iuris hereditate paterna affectans cum Heinrico, filio Leopaldi, patruo Friderici regis, qui eundem ducaturn beneficii loco a rege Cönrado acceperat, toto nisu contendit, Heinrico non minore ambitione sibi resistente. Quorum litem Fridericus rex se­ dare cupiens - utrumque enim linea consanguinitatis tangebat - consilio principum taliter diffinivit40, ut marchia Orientalis, que prius ducatui Norico iure beneficii subiacuit, a ducatu seiuncta per se consistens nul­ loque respectu iuris duci Bawarie subiacens ducatus iure et nomine con­ staret hocque Heinricus filius Leopaldi41 principis iure et ducis nomine et honore sublimatush contentus esset, ducatu Norico Heinrico duci Sa­ xonie cedente. Ad hoc utroque consenciente lite decisaw, qui prius mar­ chio, dux Orientalis deinceps dictus est. Sicque Heinricus fratruelis Wel­ fonis42 ducatu Bawarie et Saxonie potitus hereditatem paternam conse­ quitur. 7. Anno dominice incarnationis M°CLV. 43Fridericus rex contra ducem Polanorum44 proeineturn movens regionem ipsius armata manu ingressus et transitoque preter spem quodam fluvio45 cum exercitu regione deva­ stata ipsum ad dedicionem coegit ac censum iam per aliquod annos ne­ glectum reddere compellens et expedicionem Italicam ipsi indicens om­ nimodam subiectionem sacramento sibi firmari fecit. Quo promisso om­ nimodis frustratus est. Nam post regressum regis periurus effectus nec expedicioni interfuit nec cetera, que sacramentis firmaverat, custodiens iram denuo regis promeruit. Eodem anno dispositis pro voluntate sua in Gallia et Germania rebus universis Fridericus rex contracto ex omnibus regni visceribus exercitu validissimo proeineturn movit in Italiam. Ubi multis pro libitu consum-

h fehlt 2

Kap. 6

u.

7 ( 1 1 54, 1 1 55)

27

6. Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1 1 54 35beanspruchte Herzog Heinrich von Sachsen36, der Sohn des Oheims von König Friedrich37, der Sohn Heinrichs von der Tochter38 des Kaisers Lothar39, das Herzogtum Bayern als sein Recht durch väterliches Erbe und stritt mit aller Kraft mit Heinrich, dem Sohn Leopolds, des Vaterbruders des Königs Friedrich; die­ ser hatte dasselbe Herzogtum als Lehen von König Konrad empfangen, während Heinrich ihm mit nicht geringerem Ehrgeiz widerstand. Ihren Streit zu beenden begehrend - beide nämlich verknüpfte das Band der Ver­ wandtschaft -, entschied dieser nach dem Rat der Fürsten40, daß die Ost­ mark, die früher dem Herzogtum Bayern nach Lehnrecht unterstanden, vom Herzogtum getrennt für sich bestehen und ohne irgendeiner Rechts­ verbindung zum Herzog von Bayern zu unterliegen, als Herzogtum dem Recht und dem Namen nach unverändert bleiben solle; damit sollte Hein­ rich, der Sohn des Fürsten Leopold4\ erhöht mit dem Recht, dem Namen und der Stellung eines Herzogs zufrieden sein; das Herzogtum Bayern sollte an Herzog Heinrich von Sachsen gehen. Daraufhin stimmten beide zu, und der Streit war entschieden35''; der frühere Markgraf wurde seitdem Herzog von der Ostmark genannt. So erlangte Heinrich, der Brudersohn Welfs42, mit dem Dukat über Sachsen und Bayern das väterliche Erbe. 7. Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1 1 55 43unternahm König Friedrich einen Heereszug gegen den Herzog von Polen44 und fiel mit bewaffneter Hand in die Region ein; er durchzog unverhofft einen Fluß45 mit dem Heer, verwüstete die Gegend und zwang sie zur Übergabe und zum Tribut, der schon seit einigen Jahren vernachlässigt worden war, und verpflichtete sie eidlich und auf jede Weise, am Feldzug in Italien teilzu­ nehmen. Doch dies Versprechen war in jeder Weise unnütz. Denn nach der Rückkehr des Königs wurde er meineidig: er nahm nicht an dem Heerzug teil und beachtete nicht, was er sonst noch versprochen hatte; das erregte mit Recht des Königs Zorn. Als König Friedrich im gleichen Jahr alle Dinge nach seinem Willen in Gallien und Germanien geordnet hatte, zog er aus sämtlichen Gliedern des Reiches ein sehr starkes Heer zusammen und setzte es nach Italien in 35-35 * Vgl. z u Kap. 6 G. Fr. I, 46; II, 7, 9, 1 1 , 44, 45, 57. 36 Heinrich d. L. 37 Heinrich d. St. 38 Gertrud. 39 Lothar III. 40 1 7. 9. 1 1 56. 41 S. Anm. 9. 42 S. Anm. 8. 43-43* Das Kap. berichtet über Ereignisse d. J. 1 1 54-1 1 57. - Vgl. G. Fr. II, 1 1 , 12, 1 7-43; III, 1-5. 44 Boleslaw IV. 45 Fl. Oder.

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matis omnibusque rebellibus subaetis Terdonam, que sola restabat, ob­ sidione einxit expugnatamque eepit et destruxit. Exin ad Urbem tendens Romanis resistentibus Urbe areetur, quos forti aggressione in brevi ex­ pugnans, multis oeeisis, favente sibi apostolieo, Urbem ingreditur, ab eoque eonseeratus imperatoris et augusti nomen xcus IIII46·i ab Augusto sortitur, Romanis interim sedieione mota eum exereitu imperatoris eon­ fligentibus. Tandem fugatis et vietis et ad dedieionem eoaetis, omnibus­ que ibidem bene dispositis, suadentibus Coloniensi arehiepiseopo47 et Herrnanno Constaneiensi episeopo48 et quibusdamk aliis prineipibus, ad ulteriora eontra Willehelmum49 filium Rogerii50, qui Apuliam usurpato regio nomine tenebat, progredi disposuit. Sed ab aliis dissuasus hoe in posterum differens ad Cisalpina revertitur. In quo itinere insidias a Ve­ ronensibus passus, ipsis non impune talia lieere neeessario iratus sie ostendit. Ponte enim eius iussu ad transponendum exereitum per Atta­ sim fluvium a Veronensibus navibus eompaetis strueto, quidam Alberi­ eus51 ex ipsa eivitate et aliunde latronum manu in1 inmensum eonflata preparatis quibusdam natatilibus instrumentis in superioribus fluminis insidias tendit, ut parte exereitus fluvium transeunte ipsi eisdem instru­ mentis eompage navium dissoluta reliquam partem exereitus eitra rema­ nentern pugna invaderent. Sed sieut eonatus eorum in vanum, sie eventus eessit in perieulum. Maehinati enim, ut dieturn est, ubi statuerant impe­ ratorem invadere, ipse iam eopiis ex toto fluvio transpositis progressus fuerat iamque eum omni exereitu ad Alpes tendebat. Illi itaque per no­ turn sibi eompendium preeurrentesm in augustis Alpium, parte exereitus iam progresso, imperatorem eum reliquis offendunt ae, nisi pecunia se redimat, viam sibi intercludi belloque eongredi minantur. Imperator ita­ que, ut semper et ubique imperterritus, tale paetum eum latronibus im­ peratorem inire dedecorosum existimans et hoe protestans eum exercitus parte que substitit restabat ae se ad eonfligendum modis omnibus pre­ paravit. Igitur Otto palatinus de Witilisbaeh senior52, pater Ludewici du-

i xcusyus 2 k quibus 2

1 fehlt 2 m procurrentes 2

Kap. 7 (1 1 55)

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Marsch. Als er dort nach Belieben schaltete, unterwarf er alle Rebellen, schloß Tortona ein, das allein übrigblieb, nahm und zerstörte es. Von dort zog er zur Stadt (Rom) und bezwang sie, trotz des Widerstandes der Römer, indem er in heftigem Angriff sie in Kürze niederkämpfte und viele tötete; der Papst begünstigte ihn, er zog in die Stadt ein, wurde von ihm zum Kaiser gekrönt und empfing als 94. den Namen des Augustus46; die Römer entfach­ ten derweil einen Aufstand und kämpften mit dem Heer des Kaisers. End­ lich wurden sie geschlagen, besiegt und zur Übergabe gezwungen; nachdem alles wohlgeordnet war, beschloß er auf Rat des Kölner Erzbischofs47, des Bischofs von Konstanz, Hermann48, sowie einiger anderer Fürsten hin, zu­ nächst gegen Wilhelm49, den Sohn Rogers50, der Apulien unter dem Namen eines Königs behauptete, zu ziehen. Aber von anderen wurde abgeraten; er verschob es auf eine spätere Zeit und kehrte in das Gebiet jenseits der Alpen zurück. Auf diesem Weg erlitt er einen Hinterhalt durch die Veronesen; er zeigte sich so erzürnt, daß er es für notwendig hielt, ihnen nicht zu erlauben, ungestraft davonzukommen. Auf seinen Befehl war von den Veronesen eine Brücke aus zusammengebundenen Schiffen über die Etsch gebaut worden, um das Heer überzusetzen; ein gewisser Alberich51 - und Räuber, die aus der Stadt und anderswoher zu ungemeiner Menge zusammengeströmt wa­ ren - beabsichtigte, im Oberlauf des Flusses Hinterhalte aus schwimmen­ den Bauwerken vorzubereiten, um - wenn Teile des Heeres den Fluß durch­ wateten - mit Hilfe eben dieser Bauwerke die Schiffe aus dem Verbund zu lösen und den übrigen Teil des Heeres, der diesseits zurückbliebe, im Kampf anzugehen. Aber so eitel der Versuch war, so geriet der Ausgang zur Gefahr. Bei dem Versuch nämlich, dort den Kaiser anzugreifen - so wird berichtet -, hatte dieser selbst den Fluß schon völlig überschritten, war weitermar­ schiert und strebte mit dem ganzen Heer schon auf die Alpen zu. Deshalb liefen j ene über eine wohlbekannte Abkürzung voraus in die Täler der Al­ pen; ein Teil des Heeres war schon vorausgezogen, den Kaiser mit den übri­ gen griffen sie nun an und drohten ihm, falls er sich nicht durch Geld frei­ kaufe, den Weg abzuschneiden und zu kämpfen. Der Kaiser indes - wie immer und überall unerschrocken - hielt, ein solches Übereinkommen mit Räubern einzugehen, für eine Schande; er blieb dieses erklärend mit dem Teil des Heeres, der bei ihm war, stehen und bereitete sich auf jede Weise zum Kampf. Also wählte der Ffalzgraf Otto von Wittelsbach der Ältere52, 46 47 48 49 50 51 52

1 8 . 6. 1 1 54. Arnold Il. Hermann Il. Wilhelm I. Roger Il. Vielleicht ein G. v. Tirol. - Der Autor verwirrt hier einiges. Otto IV. v. Wittelsbach, seit 1 1 80 H.

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cis53, qui postmodum Bawarie dux effectus est, lectis de exercitu stren­ nuis, valle girata hostibus insciis, signo retecto, montana ascendit ipsos­ que a tergo signo datu cum clamore invadens in precipicium compulit. Sicque omnibus morti datis captos ex eis XII precipuos imperatori tra­ didit. Ex quibus XI patibulo suspensis, uno dimisso, qui reliquos illa­ queaverat, imperator per vallern Tridentinam triumphans gloriose repa­ triavit iamque Alpibus transmissis exercitum ad propria remisit43*. 8 . Anno dominice incarnationis M°C0L0VI0 54episcopus Lundonien­ sis55 cum quodam alio episcopo collega suo56 a Romana curia recedens acn per Burgundiam repatriando iter faciens a quibusdam capitur rebus­ que omnibus denudatus 57lucri gratia57* in custodiam mittitur, dissimu­ lante imperatore querimoniamque pro hac re parvipendente. Qua de cau­ sa domnus apostolicus legatos suos58 ad imperatorem misit. Qui Bisun­ tum, ubi generalem curiam tune temporis imperator habebat59, venientes litteras apostolicas imperatori coram principibus representant, in quibus pro dissimulata captivatione Lundoniensis episcopi redargutus0 imperi­ um de manu apostolici se recepisse admonetur. Quo audito imperator et omnes presentes principes maxima indignatione accensi, quod quasi iure beneficii sub hominio cesarem imperium a se suscepisse papa gloriaretur, et cum clamoris maximo strepitu in legatos invecti vix manibus tempe­ rabant, indignum ducentes tali contemptu Romanos gloriari. Unus an­ tem legatorum quasi pro apostolico loquens stolidissime his ita respon­ dit: "Si ergo a domno apostolico non habet, a quo habet ?" Quibus verbis commotus Otto palatinus de Witilinsbach, qui gladium maiestatis impe­ ratori astans tenebat, ipso gladio evaginato impetu in cardinalem facto vix ab imperatore retentus est, quin exicio cardinalem dederit. Tandem multis iniuriis impetiti a conspectu cesaris eliminantur divertendique ad episcopia vel cenobia questus gratia occasione omnino interdicta via regia Romam reverti iubentur. Qui reversi apostolico iniuriam sibi irragatarn conqueruntur seque vix mortem evasisse protestati sunt. Imperator au-

a2 0 redarguitur 2

n

Kap. 7 u. 8 ( 1 1 55, 1 1 56)

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der Vater Herzog Ludwigs53, der nachher Herzog von Bayern wurde, aus dem Heer tüchtige Männer aus; das Tal wurde umgangen, und er stieg, unbemerkt von den Feinden, das Zeichen verdeckt, den Berg hinauf, gab in dem Rücken (der Feinde) ein Zeichen, drang mit Geschrei auf sie ein und stürzte sie in den Abgrund. Und so tötete er alle bis auf 12 Vornehme, die er dem Kaiser übergab. Ihrer 1 1 wurden am Galgen erhängt; einer, der die übrigen aufgehängt hatte, kam frei; danach kehrte der Kaiser durch das Tal von Trient in ehrenvollem Triumph zurück und entließ das Heer, sobald es die Alpen überschritten hatte, zu seinem Eigentum43 *. 8. Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1 1 56 54kam der Bischof von Lund55 mit einem gewissen anderen Bischof56, seinem Kollegen, von der rö­ mischen Kurie zurück und nahm seinen Heimweg durch Burgund; er wurde dort von einigen gefangengenommen, aller Sachen beraubt und 57des Ge­ winns wegen57* ins Gefängnis geworfen, in der Meinung, der Kaiser werde die Klage wegen dieser Angelegenheit geringschätzen. Aus diesem Grunde sandte der Herr Papst seine Legaten58 zum Kaiser. Die kamen nach Besan�on, wo der Kaiser zu dieser Zeit einen allgemeinen Reichstag abhielf9, und wiesen einen Brief des Papstes an den Kaiser vor allen Fürsten vor, in dem er für die Nichtbe­ achtung der Gefangennahme des Bischofs von Lund Vorwürfe erhielt und ge­ mahnt wurde, daß er das Imperium aus der Hand des Papstes empfangen habe. Als der Kaiser und alle anwesenden Fürsten das hörten, wurden sie in große Entrüstung versetzt, weil der Papst sich rühmte, der Kaiser habe gleichsam nach Lehnrecht unter einem Lehnseid das Imperium von ihm entgegengenommen; unter größtem Geschrei fuhren sie auf die Legaten los und hielten kaum die Hände zurück; es dünkte sie unwürdig, daß die Römer sich einer solchen Ver­ achtung rühmten. Aber einer der Legaten antwortete höchst töricht, indem er gleichsam für den Papst sprach: "Wenn er es also nicht vom Herrn Papst hat, von wem hat er es dann?" Auf diese Worte zog der Pfalzgraf Otto von Wittelsbach, der das Schwert der Maj estät, neben dem Kaiser stehend, hielt, dieses Schwert aus der Scheide, um den Kardinal anzugreifen, und wurde kaum vom Kaiser zurückgehalten, daß er nicht dem Kardinal den Tod gäbe. Endlich wurden sie unter vielen Beschimpfungen aus dem Anblick des Kaisers entfernt; sie wandten sich zu den Bistümern und Klöstern, voller Klagen darüber, daß die Königsstraße gänzlich verboten war, als man sie nach Rom zurückkehren ließ. Zurückgekehrt, klagten sie dem Papst das Unrecht, das man ihnen zu53 Ludwig I . 54-54* Zum Kap. 8 vgl. G. Fr. III, 8-1 1 . 5 5 Eskil. 56 Nicht identifiziert. 57-57* Tit 1, 1 1 ; 1 Petr 5,2. 58 Kp. Roland, der spätere Alexander III., und Kp. Bernhard. 59 Im Oktober 1 1 57.

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tem missis litteris in omnes regni terminos cunctis principibus irragatarn imperio a papa et a Romanis calumniam conquestus est et ulcisci dedecus imperii summapere nititur54*. 9. Anno ab incarnatione Domini M°C0LVIIl0P 60principes verentes, ne controversia inter regnum et sacerdocium in inmensum conflata rem pu­ blicam involveret exicio, apostolicum per episcopum Babinbergensem61 et alios62 Romam directos eadem de causa conveniunt et, ut imperatorem litteris mitioribusq et aliis nunciis de notabili priorum litterarum arro­ gancia se excusans placaret, dant consilium. Apostolicus autem audiens nuncios cesaris, cancellarium62 videlicet et Ottonem palatinum, Italiam intrasse negociaque imperii potenter disponere - nam conventus impe­ ratorios absque imperatore, immo curias si dici fas est, cum episcopis Italie, qui XV numero quodam conventu congregati erant, et cum aliis Italie principibus celebrabant63 -, timensque superventurum cesarem sa­ lutifero eorum consilio consensit ac supplicibus litteris cum condigna salutacione per idoneos legatos64 de obiectis se excusans mediantibus principibus cesarem placavit et a priori indignatione revocatum anime­ quiorem reddidit. Sicque imperatoris ira contra Romanos excitata ad tempus quievit60*. 1 0. Circa hec tempora Fridericus imperator generalem curiam cum maxima principum frequencia apud Constanciam65 habuit ibique coram Herrnanno episcopo in choro Constanciensi uxorem suam, filiam mar­ chionis de Vohiburch66, Adalam nornine, causa fornicationis sepius infa­ matam67 repudiavit 68eique postmodum filiam Reginoldi principis69 ac excellentissimi comitis Burgundie, nomine Beatricem, superduxit68*. Ex hac Beatrice genuit Fridricum ducem Swevie, Heinricum imperatorem, Conradum ducem, Ottonem comitem Burgundie, Phylippum regem, qui omnes in brevi perierune0•

P M°C0LVII 0 2 q minoribus 1

Kap. 8-1 0 ( 1 1 56, 1 1 58)

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gefügt, und bekannten, dem Tod kaum entronnen zu sein. Der Kaiser aber sandte Briefe in alle Gebiete des Reiches und beklagte vor allen Fürsten den Schimpf, der dem Imperium vom Papst und den Römern zugefügt worden war, und war mit allen Kräften bestrebt, die Schande zu rächen 54*. 9. Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1 1 5 8 6ilbefürchteten die Fürsten, daß der Streit zwischen der weltlichen und der geistlichen Gewalt ins Uner­ meßliche geschürt würde und das Gemeinwesen in Untergang hülle; sie sand­ ten deshalb durch den Bischof von Bamberg61 und andere62 nach Rom zum Papst, um ihn in derselben Sache anzugehen und den Rat zu geben, daß er den Kaiser durch einen gemäßigten Brief und andere Botschaften besänftige, welche die bemerkenswerte Arroganz des früheren Briefes entschuldigten. Der Papst aber hörte, daß Gesandte des Kaisers, nämlich der Kanzler62 und der Pfalzgraf Otto, Italien betreten hätten und mit Macht Angelegenheiten des Reiches regeln würden, denn sie feierten kaiserliche Zusammenkünfte ohne den Kaiser, ja Hoftage - wenn es recht ist, das zu sagen - mit den Bischöfen Italiens, die zu fünfzehn an einer Zusammenkunft teilnahmen, und den übrigen italienischen Fürsten63; er fürchtete die Ankunft des Kaisers und stimmte deren heilsamen Rat zu; mit einem unterwürfigen Brief mit würdiger Salutation und überbracht durch geeignete Legaten64, die sich für die Vor­ würfe entschuldigten, nahm er von der früheren Entrüstung Abstand und gab Gleichmut zu erkennen. Und so besänftigte sich der Zorn des Kaisers, der gegen die Römer entfacht war, für eine gewisse Zeit60*. 1 0. Um diese Zeit hielt Kaiser Friedrich einen allgemeinen Hoftag in Kon­ stanz65, an dem viele Fürsten teilnahmen, und wies vor Bischof Hermann seine Frau, die im Chor stand - die Tochter des Markgrafen von Vohburg66 mit Namen Adela -, wegen mehrfachen Ehebruchs zurück67; 68danach führe er ihm Beatrix zu, die Tochter des Fürsten Reginold69, des hervorragenden Gra­ fen von Burgund68*. Von dieser Beatrix zeugte er den Herzog Friedrich von Schwaben, den Kaiser Heinrich, den Herzog Konrad, den Grafen Otto von Burgund und den König Philipp; sie gingen alle binnen kurzem zugrunde70. 60-60* Vgl. zu Kap. 9 G. Fr. III, 20--2 5. 61 Eberhard Il., aber ein Irrtum des Autors. 62 Rainald v. Dassel, später Eb. von Köln. 63 März 1 1 58. 64 Kp. Heinrich und Kd. Hyacinth. 65 Im März. 66 Diepold II. 67 G. Fr. II, 11 sprechen von zu naher Verwandtschaft. 68� 8* Vgl. G. Fr. II, 50. 69 Reinald III. 70 Gest. in den J. 1 1 91 (Friedrich), 1 1 97 (Heinrich), (Konrad), 1 200 (Otto), 1208 (Philipp).

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1 1 . Anno incarnationis dominice M°C0LVIII 71Fridericus imperator contra Willehelmum, Rogerii filium, invasorem Apulie, Calabrie, Sicilie, expedicionem instaurans a Mediolanensibus rebellantibus multis iniuri­ is72 affectus in ipsos arma convertit et per vallern Tridentinam secundo in Italiam exercitum duxit ac ad plana perveniens precipue Papiensium et Cremonensium ope Italico exercitu admodum roboratus Mediolanen­ ses hostes pronunciavit totaque Liguria igne ferroque profligata Cremen­ ses Mediolanensium fautores obsidione cinxit multisque diebus diversis­ que modis attritos tandem per condicionem suscipiens, ut vite donati provincia cederent, civitate tradita ipsam funditus evertit ac deinde73 con­ tra Mediolanenses aciem direxit. Itaque signis contra' Mediolanum74 erectis imperatore nesciente mille de exercitu milites instructissimi contra Mediolanum' seu proripientes• cives ante portas ad bellum ordinatos of­ fendunt. Quas incaute aggredientes alacriter a civibus suscipiuntur, pug­ naque conserta multis hinc inde occisis milites cesariani pre paucitate sui vim civium non ferentes fugam ineunt. Qua peccato militum cesar iratus a vindicta vix se continuit acw interdicta tali presumptione in posterum, militibus data venia, urbem obsidione undique vallavit. Cecidit in hac congressione ex parte cesaris Egebertus comes de Butin et alii plures. Itaque cives cesaris industria undique artati fortiter resistunt ac illatum sibi dampnum viriliter recompensantes portis sepius errumpunt patratis­ que hinc et inde preclaris facinoribus, multis hinc inde occisis, non sine maximo exercitus dampno portis recipiuntur. Quadam enim eruptione cum cesarianis, ubi• Italicis militibus obsidebantur, congressi Wemherum Italicum marchionem prestantissimum cum multis aliis occiderunt, de cuius nomine dicitur adhuc Wernheri markd5• Ex ipsis autem civibus

r fehlt 1 5 coram 2 ' Mediolanenses 1 u fehlt 1 v prorumpentes 1 w et 2 x fehlt 2

Kap. 1 1 (1 1 58)

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1 1 . Im Jahr der Menschwerdung des Herrn 1 1 5 8 71bereitete Kaiser Fried­ rich gegen Wilhelm, den Sohn Rogers, den Invasor Apuliens, Kalabriens und Siziliens, einen Feldzug vor, während die Mailänder rebellierten und ihm zahlreiche Schmähungen zufügten; daher wandte er die Waffen gegen sie und führte durch das Tal von Trient72 zum zweiten Mal ein Heer nach Reichsitalien; er verstärkte das Heer, als er in die Ebene kam, mit italieni­ scher Hilfe, vor allem der Pavesen und Cremonesen, so sehr, daß er den Mailänder Feinden das Urteil sprach, und ganz Ligurien wurde mit Feuer und Schwert zugrunde gerichtet; die Cremasken, Parteigänger der Mailän­ der, schloß er durch Belagerung ein und machte sie durch viele Tage hin­ durch auf verschiedene Weise mürbe; endlich nahm er die Übergabe an, so daß sie, bei Geschenk des Lebens, die Gegend verließen; die Stadt selbst wurde übergeben und von Grund auf zerstört; sodann73 richtete er die Schlachtreihe gegen die Mailänder. Deshalb wurden die Feldzeichen gegen Mailand74 erhoben, und 1 000 Ritter, in Ordnung gestellt, setzten sich eilends in Marsch und griffen an; der Kaiser wußte allerdings nicht, daß die Bürger sich vor den Toren zum Kampf geordnet hatten. Also griffen sie unvorsich­ tigerweise an und wurden von den Bürgern empfangen; es entstand ein Kampf, auf beiden Seiten fielen zahlreiche, und die Ritter des Kaisers, die ob ihrer geringen Zahl der Macht der Bürger nicht widerstehen konnten, flohen. Der Kaiser war sehr erzürnt über den Fehler der Ritter und konnte sich nur mit Mühe zusammennehmen; die vorgesehene Bestrafung (ver­ schob) er auf später, erteilte den Rittern Vergebung und umschloß die Stadt auf allen Seiten. In diesem Kampf fielen seitens des Kaisers der Graf Engel­ bett von Pütten und zahlreiche andere. Also leisteten die Bürger, durch den Eifer des Kaisers auf allen Seiten bedrängt, tapferen Widerstand, glichen den zugefügten Schaden wieder aus, brachen öfter aus den Toren hervor, brach­ ten hervorragende Taten zustande - auf beiden Seiten wurden viele getötet - und wurden nach größtem Schaden für das Heer von den Toren wieder­ aufgenommen. Bei einem Ausfall, im Treffen mit den Kaiserlichen, dort, wo sie von italienischen Rittern belagert wurden, töteten sie den tapferen italie­ nischen Markgrafen Werner, zusammen mit vielen anderen, dessen Name bis zur Stunde lautet: Werner von der Mark75• Seitdem aber wurden die Bürger täglich allenthalben durch Kriegsmaschinen und Kämpfe aufgerie-

71 -71* Unter d. J. 1 1 58 sind Ereignisse vermeldet, die sich auf d. J. 1 1 58-1 1 60 ver­ teilen. Vgl. G. Fr. in dieser Reihenfolge: II, 51 f.; III, 29 f., 32, 35; IV, 47 f., 67-73; III, 36-39, 41-46; IV, 5 1 ; III, 41-48, 50-53. 72 1 1 59. 73 1 1 60; hier und im folgenden sind Ereignisse von der Belagerung Cremas mit der von Mailand vermischt. 74 1 1 58. 75 W. v. Ancona; er starb bei der Belagerung von Crema im Juli 1 1 59.

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cottidie multi passim machinis et congressionibus perimebantur76, ac di­ versa sorte pessundati multis malis atterebantur. Cives itaque cesaris im­ petum non sustinentes - arta quippe obsidione omnibusque bellicorum instrumentorum machinis impugnatos admodum attriverat - condicio­ nes pacis, mediante Friderico duce de Rotinburch77, Heinrico duce Ba­ warie et Saxonie78, Bertolfo duce Zaringe79, necnon et rege Boemie80, ab imperatore querunt multoque auri pondere imperatrici collato necnon infinita peccunia imperatori vix impetratam tali modo accipiunt. Impe­ ratore ad impetrata, ut iam dieturn est, vix assensum dante, pace data dies statuitur, qua cives dediticiiY se suaque omnia in manus cesaris contrade­ rent sicque obtentu principum gratiam eius invenirent81 • Qua veniente imperator procul a civitate per IIIPr ferme miliaria Latina secessit ibique tribunali ambiciosissime instructo cum frequencia principum resedit, cuncto exercitu per turmas suas tractu Iongissima a civitate usque ad locum tribunalis extento tociusque militaris glorie apparatu decentissime instructo. Via itaque per medium exercitum usque ad imperatorem civi­ bus patefacta, prima procedit archiepiscopus82, sacerdotalibus indutus, nudis pedibus, cum omni clero et ceteris ordinibus ecclesiasticis, simili habitu, lugubri facie reliquias sanetarum gestantes. Post hos consules aliarumque dignitatum barones cum omnibus libere condicionis ordini­ bus, nudis pedibus, sagis induti, exertis gladiis collo impositis. Post hos servilis conditionis cum omni vulgo torque' collo innexo eadem via suo quisque ordine venientes pedibus imperatoris provolvuntur seque ma­ iestatis reos verbis et gestibus profitentur. Principibus ergo pro eis sup­ plicantibus subiectioneque omnimoda sacramentis firmata, imperator ad misericordiam flectitur ipsosque vite et civitati pristinisque honoribus redditos de malis peiores - sicut in sequentibus ostendemus - reddidit, sicque soluta obsidione cum exercitu discessie� *. 12. His diebus Petrus Lombardus et Petrus Manducator apud Parisius magistri insignes claruerunt multaque ecclesie profutura conscripserunt. E quibus Lombardus83 librum Sententiarum Illlor distinctionibus ordi-

Y so Ho.; dedicii 2; fehlt 1 z getilgt 1

Kap. 1 1 u. 12 (1 1 58)

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ben76, auf verschiedene Weise zugrunde gerichtet und durch vielerlei Übel erschöpft. Die Bürger konnten daher den Angriff des Kaisers nicht mehr aushalten; durch die enge Belagerung und durch allerlei Kriegsmaschinen bekämpft, wurden sie aufgerieben; durch Vermittlung Herzog Friederichs von Rothenburg77, Herzog Heinrich von Baiern und Sachsen78, Herzog Bert­ holds79, aber auch des Königs von Böhmen80 erbaten sie Bedingungen des Frie­ dens vom Kaiser; viel Gold gaben sie der Kaiserin und eine ungeheure Summe Geldes dem Kaiser, und so nahmen sie ihn an. Der Kaiser gab, wie gesagt, dem Erreichten mit Not seine Zustimmung, und nachdem der Frieden gewährt war, wurde der Tag festgesetzt, an dem die Bürger sich und all ihr Eigen in die Hand des Kaisers übergeben sollten und sie so unter dem Schutz der Fürsten seine Gnade fänden81 • Von dort kommend, zog er ungefähr vier lateinische Meilen weg, ordnete voller Ehrgeiz ein Tribunal an und nahm inmitten der zahlreichen Fürsten Platz: Das ganze Heer war abteilungsweise in einem sehr langen Zug, der sich von der Stadt bis zum Ort des Tribunals erstreckte, und mit dem gesam­ ten militärischen ehrenvollen Pomp sehr würdig ausgestattet. Ein Weg war mit­ ten durch das Heer bis zum Kaiser hin für die Bürger offengelassen: an der Spitze ging der Erzbischof82, bekleidet mit den Bischofsgewändern, aber mit bloßen Füßen, mit dem gesamten Klerus und den übrigen kirchlichen Rangordnun­ gen in ähnlichem Gewand, mit traurigem Antlitz, die Reliquien der Heiligen tragend. Auf diese folgten die Konsuln und die Barone der anderen Würden mit allen Ordnungen freien Standes, mit bloßen Füßen, mit langem Mantel und entblößten Schwertern um den Hals gehängt. Nach diesen diejenigen dienenden Standes mit dem gesamten Volk, ein Joch um den Hals gehängt; auf demselben Weg kamen sie, ein jeder in seiner Ordnung, warfen sich nieder und bekannten sich der Maj estätsbeleidigung in Wort und Haltung schuldig. Die Fürsten baten also für sie, und die Unterwerfung wurde auf jede Weise beeidet; der Kaiser wurde zum Mitleid bewogen, aber sie, denen die früheren Rechte für das Leben und die Stadt zurückgegeben wurden, gaben vom Schlechten Übleres zurück, wie wir im Folgenden zeigen werden; so wurde die Belagerung aufgehoben, und er zog mit dem Heer abl l *. 1 2 . In diesen Tagen waren Petrus Lombardus und Petrus Manducator in Paris ausgezeichnet und berühmt und schrieben vieles, was für die Kirche nützlich war. Von ihnen verfertigte Lombardus83 ,Vier Bücher Sentenzen', 76 77 78 79 80 81 82 83

Gehört zur Belagerung Crernas. Der Sohn des Königs Konrad III. Heinrich d. L. war nicht bei der Belagerung von Crema. Herzog Benhold IV. Wladislaw II. 8. 9. 1 1 59. Obert. Seit 1 1 59 B. von Paris, t zo. 7. 1 1 60 ( ?).

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Ottonis de Sancto Blasio Chronica

natum confecit, in prima distinctione de Trinitate, que Deus est, subti­ lissime tractans, in secunda de creatione rerum primordialium, in tercia de incarnatione verbi, in quarta de sacramentis ecclesiasticis. Preter hec Apostolum neccon Psalterium per• continuas glosas luculenter admodum exposuit Deoque digna conversatione degens apud Parisius vita decessit. Alter vero, Manducator84 scilicet, conversatione et studio huic non dispar, librum Scolastice Hystorie utilissimum confecit a principioque Geneseos, incipiens Pentateuco librum Iosue Iudicumque et Ruth con­ tinuavit libroque Regum Paralipomenon includens cum ultimis Ysaie, Tobiam complectitur transmigrationeque cum morte Godolie et visioni­ bus Danielis descripta Esdram, Hester, Iudit librumque Machabeorum diligenter prosequitur. Exin Iosephum secutus a Iohanne Hircano usque ad regnum Herodis nativitatemque Christi hystoriam deducit euangelio­ que complexo in Actibus apostolorum opus totum concludit, obscura queque dilucidans b, ambigua certa faciens, tradicionesque Hebraicas cum incidenciis hystoriarum notas faciens ecclesiasticarum tradicionum di­ versas species inducit. Preter hec librum sermonum mira subtilitate com­ posuit, in quo preter alia utilia moralitatem mentibus legencium miro modo inculcavit. 1 3 . Anno dominice incarnacionis M°C0L 0IX0 85Adriano papa mortuo86 factum est scisma in electione, quibusdam Octavianum cardinalem, Vic­ torem vocatum87, eligentibus, aliis Rölandum cancellarium, Alexandrum dictum88, intronizantibus. Divisis itaque tali scismate cardinalibus, no­ vem numero in parte Victoris, undecim in parte Alexandri consistenti­ bus, res ad imperatorem refertur. Qui habito principum consilio ab ip­ sisque< tale scisma maiestate imperatoria sedandum esse data sentencia generalem curiam omnibus regni principibus ad ineundum pro statu ec­ clesie concilium Papie in epiphania Dominid·89indixit