Die Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel: Aus der Familiengeschichte der Nürnberger Patrizierfamilie Tucher von Simmelsdorf 1849/50 [1 ed.] 9783412524838, 9783412524814


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Die Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel: Aus der Familiengeschichte der Nürnberger Patrizierfamilie Tucher von Simmelsdorf 1849/50 [1 ed.]
 9783412524838, 9783412524814

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HELMUT NEUHAUS (HG.)

Die Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel Aus der Familiengeschichte der Nürnberger Patrizierfamilie Tucher von Simmelsdorf 1849/50

BEIHEFTE ZUM ARCHIV FÜR KULTURGESCHICHTE IN VERBINDUNG MIT KARL ACHAM, BERNHARD JAHN, EVA-BETTINA KREMS, FRANK-LOTHAR KROLL, TOBIAS LEUKER, HELMUT NEUHAUS, NORBERT NUSSBAUM, STEFAN REBENICH HERAUSGEGEBEN VON

KLAUS HERBERS BAND 97

DIE BRAUTBRIEFE SUSANNA MARIA VON TUCHERS AN KARL HEGEL Aus der Familiengeschichte der Nürnberger Patrizierfamilie Tucher von Simmelsdorf 1849/50

Herausgegeben von Helmut Neuhaus

BÖHLAU VERLAG WIEN · KÖLN

Gedruckt mit Unterstützung der Kost-Pocher’schen Stiftung, Nürnberg, und der Tucher’schen Kulturstiftung, Nürnberg

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: Selbstporträt Susanna Maria von Tuchers. Gouache auf gelblichem dünnem Karton, 12,5 cm × 14,8 cm. Privatbesitz.

© 2022 Böhlau, Lindenstraße 14, D-50674 Köln, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Wissenschaftlicher Satz: satz&sonders GmbH, Dülmen Druck und Bindung: Prime Rate Kft, Budapest Printed in the EU Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-52483-8

In dankbarem Gedenken an Friederike Menzel-Hegel (1939–2018)

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

Brautbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschreibung der Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers Zur Edition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang zu den Brautbriefen Susanna Maria von Tuchers

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11 14 15 16

Zu den Inhalten der Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers . . . . . . . . . . . .

18

Vorgeschichte der Verlobung Susanna Maria von Tuchers mit Karl Hegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlobungszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18 21

Die Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers: „Susettens Briefe im Brautstand Oct. 1849–Mai 1850.“ . . . . . . . . . . . . .

35

Chronologie der Brautbriefe zwischen Karl Hegel und Susanna Maria von Tucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

138

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

149

Verzeichnis der „Briefe von meines lieben Karls u. Susettes Brautstand u. Hochzeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Briefe vom 25. Oktober 1849 bis 25. Juli 1850 . . . . . . . . . . . . . . . . Genealogische Übersicht der Familie Tucher von Simmelsdorf 1849/50 (Auszug) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

150 151 227

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

228

Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

229

Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

229 230

Abbildungsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

233

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

235

Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

235 242 244

Vorwort

Daß dieses Buch doch noch erscheinen kann, war lange Zeit gar nicht zu erwarten, denn sein hauptsächlicher Inhalt, die Brautbriefe der Nürnberger Patriziertochter Susanna Maria von Tucher an den Rostocker Geschichtsprofessor Karl Hegel, war schlichtweg nicht bekannt. Seit ich im Jahre 2018 „Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher“ herausgegeben hatte, blieb immer das große Bedauern, nur die Hälfte publiziert zu haben – bis ich im Jahre 2020 im persönlichen Nachlaß Karl Hegels völlig überraschend auch die andere Hälfte entdeckte. Viele, die meine Forschungen zu dem Rostocker und Erlanger Historiker Karl Hegel seit mehr als zwanzig Jahren begleiten, haben mich seit dem Neufund immer wieder ermuntert, die zweite Hälfte doch ebenfalls zu edieren und zu publizieren, immer nachdrücklicher, je mehr ich aus den Briefen der Braut berichten konnte, die nunmehr den Briefen an die Braut zur Seite gestellt werden. Dies geschieht – ganz natürlich, ja geradezu zwingend – in einem Parallelband, der Susanna Maria von Tuchers Brautbriefe völlig eigenständig neben die ihres Bräutigams stellt. Formal wurde die frühere Edition hinsichtlich der Präsentation der Briefe und ihrer Kommentierung zum Vorbild genommen, womit das Ziel ihrer guten Lesbarkeit verbunden blieb, ohne ganz auf weitere Informationen zu verzichten. Grundsätzlich sollten in den die Briefe begleitenden Texten Wiederholungen und Überschneidungen vermieden werden, aber gelegentlich sind sie auch gewollt, um Verbindungen zwischen den beiden Hälften herzustellen, ohne jeweils besondere Hinweise zu geben. Mit vorliegendem Band wurde also darauf verzichtet, die Briefe des Bräutigams noch einmal herauszubringen und zusammen mit denen der Braut in chronologischer Abfolge in einem einzigen Buch zu präsentieren sowie die darstellenden Teile des früheren Bandes entsprechend zu überarbeiten. Es wird kein Buch mit dem Titel „Die Brautbriefe Karl Hegels und Susanna Maria von Tuchers 1849/50“ vorgelegt, denn beide Brautbriefe-Bände sollen für sich stehen. Über das Gemeinsame ihrer Liebe hinaus lassen sie unterschiedliche Welten und Horizonte erkennen: Karl Hegels Tätigkeiten in Universität und Politik richten immer wieder den Blick in die akademische Welt und auf die Probleme von Verfassungsgebung und Schaffung einer staatlichen Einheit Deutschlands; Susanna Maria von Tuchers Sichtweisen sind dagegen mehr von ihrem Leben in ihrer traditionsreichen Familie und in ihrer Heimatstadt Nürnberg mit ihrer großen reichsstädtischen Vergangenheit geprägt. Beide Bände zusammen bieten die Verlobungszeit des Rostocker Geschichtsprofessors und der Nürnberger Patriziertochter 1849/50 in ihren unterschiedlichen Kontexten.

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Vorwort

Vielen der Personen und Institutionen, denen ich im Jahre 2018 für ihre Hilfe und ihr Wohlwollen bei der Fertigstellung des Bandes „Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher“ danken durfte, danke ich auch diesmal. Hinzu kommt mein großer Dank an die Kost-Pocher’sche Stiftung, Nürnberg, und an die Tucher’sche Kulturstiftung, Nürnberg, die durch großzügige Druckkostenzuschüsse die Publikation dieses Bandes erst möglich gemacht haben. Den Damen Kirsti Doepner, Julia Beenken und Kathrin Reichel vom Böhlau-Verlag danke ich für die sorgfältige verlegerische Betreuung der Drucklegung. In ganz besonderer Weise aber gilt mein großer Dank Bernhard Menzel, dem Ehemann Friederike Menzel-Hegels, der am 16. Februar 2018 plötzlich verstorbenen Urenkelin Karl und Susanna Maria Hegels. Er hat mir die Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers mit der gleichen Großzügigkeit für diese Edition überlassen, wie es seine Frau Gemahlin vor Jahren für die Brautbriefe Karl Hegels getan hat. Erlangen, im November 2021

Helmut Neuhaus

Einleitung Brautbriefe

Überblickt man die zahlreichen Brautbriefe-Editionen, die vom 18. bis 21. Jahrhundert in deutschen Ausgaben erschienen sind 1, so präsentieren sie zum einen die wechselseitigen Briefe beider Verlobten wie zum Beispiel in den Fällen des Dichters Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) und Eva Catharina Königs, geb. Hahn (1736– 1778) 2, des Staatsmannes Wilhelm von Humboldt (1767–1835) und Karoline von Dachrödens (1766–1829) 3 oder des Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906–1945) und Maria von Wedemeyers (1924–1977) 4. Zum anderen kennen wir – aus unterschiedlichen Gründen – lediglich die Korrespondenz des Bräutigams wie in den Fällen des Philosophen Moses Mendelssohn (1729–1786) an Fromet Gugenheim (1737– 1812) 5 oder des Dichters Heinrich von Kleist (1777–1811) an Wilhelmine von Zenge (1780–1852) 6. In diese Gruppe von Brautbriefe-Publikationen gehören auf einen ersten Blick auch die Brautbriefe des Gutsbesitzers und Politikers Otto von Bismarck (1815–1898) an Johanna von Puttkamer (1824–1894) 7. 1 Vgl. einen ersten Überblick „Brautbriefe – ein eklektischer Blick auf privateste Korrespondenzen“, in: Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher, S. 147–161. 2 Freundschaftlicher Briefwechsel zwischen Gotthold Ephraim Lessing und seiner Frau, [hrsg. von K. G. Lessing], 2 Teile, Berlin 1789. 3 Briefe aus der Brautzeit 1787–1791, hrsg. von Anna von Sydow (= Wilhelm und Caroline von Humboldt in ihren Briefen, Bd. 1), Berlin 1906, 6. Auflage Berlin 1910. 4 Brautbriefe Zelle 92. Dietrich Bonhoeffer – Maria von Wedemeyer 1943–1945, hrsg. von Ruth-Alice von Bismarck und Ulrich Kabitz, München 1992. 5 Moses Mendelssohn: Brautbriefe (= Bücherei des Schocken Verlags, Bd. 49/50), Berlin 1936. – Diese Brautbriefe sind erstmals im Jahre 1929 in einer wissenschaftlichen Edition in hebräischer Sprache erschienen: Moses Medelssohn. Hebräische Schriften, Bd. 3: Briefwechsel, bearb. von Haim Borodianski (= Moses Mendelssohn. Gesammelte Schriften. Jubiläumsausgabe, Bd. 16), Berlin 1929; 1932 folgte eine deutsche Übersetzung: Moses Mendelssohn. Briefwechsel, Bd. 11: 1754–1762, bearb. von Bruno Strauss (= Moses Mendelssohn. Gesammelte Schriften. Jubiläumsausgabe, Bd. 11), Berlin 1931, Nr. 103–210, S. 205–337. 6 Heinrich von Kleists Briefe an seine Braut. Zum ersten Male vollständig nach den Handschriften hrsg. von Karl Biedermann, Breslau 1884, Nr. 1–34, S. 1–238; H. von Kleist, Sämtliche Werke. Brandenburger Ausgabe, hrsg. von Roland Reuß und Peter Staengle, Bd. IV/1: Briefe März 1793 – April 1801, Basel, Frankfurt am Main 1996, S. 103–553, und Bd. IV/2: Mai 1801 – August 1807, Basel, Frankfurt am Main 1999, S. 7–219. 7 Fürst Bismarcks Briefe an seine Braut und Gattin, hrsg. vom Fürsten Herbert Bismarck, Stuttgart 1900, S. 7–108; auf diese 34 Brautbriefe folgen mehr als 450 Briefe „An die Gattin“, ebenda, S. 109–598. Die Brautbriefe auch in: Otto von Bismarck, Die gesammelten Werke, Bd. 14: Briefe, Bd. 1: 1822–1861, hrsg. von Wolfgang Windelband und Werner Frauendienst, Berlin 1933, S. 49–98.

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Einleitung

Daß die sich auf die 34 Brautbriefe Otto von Bismarcks beziehenden 30 Briefe der Braut nicht in die Edition der Korrespondenzen des späteren preußischen Ministerpräsidenten und ersten Reichskanzlers des Deutschen Reiches aus dem Jahre 1900 aufgenommen wurden, ging auf seinen Sohn, den Fürsten Herbert von Bismarck (1849– 1904), zurück, und auch später konnte sich dessen Gemahlin Marguerite Malvine Gräfin von Hoyos (1871–1945) lange nicht zu einer gesonderten Publikation entschließen. Das Ehepaar war zu Beginn des 20. Jahrhunderts, kurz nach dem Tod Otto von Bismarcks, überzeugt, „wie peinlich, ja entsetzlich der Gedanke an eine solche Publizität“ der Liebesbriefe aus ihrer Verlobungszeit Johanna von Puttkamer gewesen wäre. Erst ein Vierteljahrhundert nach dem Tod Herbert von Bismarcks entschloß sich seine Witwe im Jahre 1931, die 30 Brautbriefe ihrer Schwiegermutter doch noch zu veröffentlichen. 8 Für Fürstin Marguerite Malvine von Bismarcks Sinneswandel, nach mehr als drei Jahrzehnten doch noch „Die Brautbriefe der Fürstin Johanna von Bismarck“ herauszugeben, sorgte nach ihren Worten wohl maßgeblich der Historiker Erich Marcks (1861–1938) mit dem ersten – und einzigen – Band seiner Bismarck-Biographie. 9 Er hatte die Herausgeberin im persönlichen Gespräch davon überzeugt, „es geschähe ihr [der Gemahlin Otto von Bismarcks] ein Unrecht durch Zurückhaltung dieser Briefe; es hätten sich Legenden darum gebildet, die zerstreut werden sollten.“ 10 Anders verhält es sich mit den Brautbriefen des Historikers Karl Hegel (1813– 1901), dem ältesten ehelichen Sohn des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) und seiner aus der Nürnberger Patrizierfamilie Tucher von Simmelsdorf stammenden Frau Maria Helena Susanna (1791–1855), und denen seiner Verlobten Susanna Maria Freiin von Tucher (1826–1878), der ältesten Tochter des wohlhabenden Gutsbesitzers und Tucherschen Familienbevollmächtigten Johann Sigmund Karl Freiherr von Tucher (1794–1871) und seiner Frau Maria Magdalena (1802–1876) aus einer der ältesten Patrizierfamilien der fränkischen Reichsstadt an der Pegnitz, der Grundherr von Altenthann und Weiherhaus. Mußte ich im Jahre 2018 bei der Herausgabe des Bandes „Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher. Aus der Verlobungszeit des Rostocker Geschichtsprofessors und der Nürnberger Patriziertochter 1849/50“ 11 immer wieder bedauern, daß die Antwortbriefe der Braut aus Nürnberg an ihren Verlobten in Rostock im privaten, an verschiedenen Orten von Nachkommen der Urenkel-Generation aufbewahrten Nachlaß Karl Hegels nicht aufgefunden werden konnten, so überraschte mich zwei Jahre später der nicht mehr er8 Die Brautbriefe der Fürstin Johanna von Bismarck. Mit Briefen und Aufzeichnungen von und über den Altreichskanzler, hrsg. von Fürstin Herbert von Bismarck, Stuttgart 1931; das Zitat aus dem Vorwort, ebenda, S. 6. 9 Erich Marcks, Bismarcks Jugend 1815–1848 (= Erich Marcks, Bismarck. Eine Biographie, Bd. 1), Stuttgart, Berlin 1909. 10 Die Brautbriefe der Fürstin Johanna von Bismarck, S. 9. 11 Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher.

Brautbriefe

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wartete Fund der verloren geglaubten Brautbriefe Fräulein von Tuchers an Karl Hegel über alle Maßen. Längst mit anderen Arbeiten zur Biographie des Historikers und – vor allem im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes – mit der digitalen Edition sämtlicher Briefe von und an Karl Hegel 12 befaßt, stieß ich im Sommer des Jahres 2020 bei archivalischen Nachrecherchen in jener Archiv-Truhe, in der sich neben zahlreichen persönlichen Dokumenten Hegels, u.a. sein „Gedenkbuch“ 13, auch die mit einem roten Bändchen zusammengebundenen und mit einer Schleife geschmückten Brautbriefe des Bräutigams befanden 14, erstmals auf eine aus einem vielfach eingerissenen Papierbogen gefaltete Mappe mit der Aufschrift „Susettens Briefe im Brautstand Oct. 1849 – Mai 1850.“, die sämtliche 27 Brautbriefe Fräulein Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel enthält. Die Aufschrift stammt von ihm selber 15, der seine Braut und spätere Ehefrau Susanna Maria von Tucher oftmals mit der Koseform „Susette“ nannte. Wann und wie diese Mappe in die genannte Archiv-Truhe gekommen ist, läßt sich nach zahlreichen Ortswechseln und nach dem zu Beginn des Jahres 2018 eingetretenen Tod der Urenkelin Karl Hegels, Friederike Menzel-Hegel, geb. Hegel (1939–2018), in deren Obhut sich dieser Teilnachlaß des Historikers befand, nicht mehr sagen. Wenn hier im Abstand weniger Jahre nach den Brautbriefen des Rostocker Geschichtsprofessors Karl Hegel auch die erst jetzt aufgefundenen der Nürnberger Patriziertochter Susanna Maria von Tucher vorgelegt werden, dann nicht nur um der Vollständigkeit eines Brautbriefe-Wechsels willen, dessen Antworten der Braut – durchgängig reagieren ihre Briefe auf die Briefe ihres Bräutigams – über viele hundert Kilometer hinweg die Schreiben Karl Hegels in einem differenzierteren Licht erscheinen und die Ansichten der Absenderin zu vielen von ihm aufgeworfenen Fragen und Problemkreisen konkreter werden lassen. In erster Linie erlauben sie, die früher nur oberflächlich skizzierte „Lebenswelt Susanna Maria von Tuchers im Spiegel der Brautbriefe Karl Hegels“ 16 authentischer zu beleuchten und ihre familiäre Situation wie die gesellschaftliche Situation in der alten Reichsstadt Nürnberg in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus einer sehr persönlichen Perspektive darzustellen. Und nicht zuletzt geht es – wie bei Karl Hegels Brautbriefen und früher schon bei der Edition seines „Gedenkbuch[es]“ – um die Sicherung eines kleinen persönlichen Archivbestandes, dessen 12 „Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813–1901). Vollständige und ausschließlich digitale Edition, Einleitung, Kommentar und Register“. 13 Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch. 14 Siehe die Abbildung in: Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher, S. 129, ferner ebenda, S. 162f. 15 In dieser Mappe befindet sich noch ein kleinerer zu einem Umschlag gefalteter Bogen mit der verkürzten Aufschrift „Susettens Briefe im Brautstand Oct. 49–Mai 50.“, ebenfalls von Karl Hegels Hand; dazu siehe unten Taf. 1, S. 141. 16 Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher, S. 211–215.

14

Einleitung

Erhaltung und Überlieferung gerade bei privater Aufbewahrung aus unterschiedlichen Gründen gefährdet sein kann.

Beschreibung der Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers

Die 27 Brautbriefe Fräulein von Tuchers aus der Zeit vom 25. Oktober 1849 bis 18. Mai 1850 sind in unlinierten Doppelbögen zweierlei Formats überliefert, entweder in den Abmessungen von circa 135 × 210 oder – mehrheitlich – von circa 223 × 283 Millimeter, wobei die größeren Briefe an den Rändern des dünnen Papiers oftmals starke Zerstörungen aufweisen. Alle Briefe sind auf der jeweils ersten Seite – meistens oben rechts – von 1 bis 27 durchnumeriert worden; nur die ersten beiden Briefe tragen die Numerierung oben links. Die Ziffern sind aus nicht ersichtlichem Grund in den Nummern 1 bis 7 mit rotbraunem Stift, in den Nummern 8 bis 27 in schwarzer Tinte geschrieben, vermutlich von Karl Hegel nach dem Tod seiner Frau am 1. Januar 1878 bei der Durchsicht ihres Nachlasses hinzugefügt. Einige Briefe beiderlei Formate umfassen mehr als die vier Seiten eines Doppelbogens, weshalb eine ordnende Hand die stets zusätzlichen zwei Seiten eines halben Doppelbodens besonders gekennzeichnet hat: zu Nr. 3 kommt 3b, zu Nr. 4: „ad 4“, zu Nr. 6: „ad 6“, zu Nr. 10: 10b, zu Nr. 12: 12b, zu Nr. 15: „ad 15“, zu Nr. 16: „ad 16“, zu Nr. 18: 18b, zu Nr. 25: „ad 25“ und zu Nr. 27 kommt „ad 27“, wodurch diese zehn Briefe sechsseitig wurden. Abgesehen davon, daß sich zu 13 Briefen keine Anschriftenbögen oder Umschläge gefunden haben, sind 14 Briefe als Faltbriefe in unterschiedlicher Größe erhalten, gebildet aus den Doppel- oder auch Zusatzbögen, zweimal längs und zweimal quer in neun verschieden große Felder so gefaltet, daß die auf der letzten Seite geschriebene Anschrift des Empfängers ein Adressenfeld bildet. Die Adressenfelder messen zwischen circa 58 × 117 (Nr. 25) und 80 × 155 Millimeter (Nr. 16). Bei den meisten Briefen lautet die Anschrift mit kleineren Varianten: „An Herrn Professor Karl Hegel in Rostock. Mecklenburg.“, in je zwei Fällen auch: „An Herrn Professor Karl Hegel in Berlin. Potsdamer Straße Nr. 27.“ (Nr. 17, 23), wenn der Rostocker Geschichtsprofessor bei seiner Mutter in der preußischen Haupt- und Residenzstadt weilte, oder: „An Herrn Professor Hegel in Erfurt. Augustiner Straße Nr. 857.“ (Nr. 21, 22), als Karl Hegel Abgeordneter des Volkshauses des in Erfurt tagenden Unionsparlamentes war. Stets enthalten die Adressenfelder – wechselweise an allen vier Seiten – infolge Verblassung nur selten vollständig lesbare Zweikreisstempel der Post mit Nennung des Aufgabeortes „NÜRNBERG“ plus Absendedatum (Tag, Monat, Jahr) und -uhrzeit sowie handschriftliche Vermerke in Form von Zahlen für nicht mehr erkennbare Zwecke beziehungsweise aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen. Verschlossen wurden die Faltbriefe mit aus dunkelrotem oder hellgrünem Siegellack gefertigten Siegeln, die – sofern sie sich in wenigen Fällen unzerstört erhalten haben – etwa einen Durchmesser von 15 Millimeter haben und in einem Rechteck

Zur Edition

15

die drei Buchstaben „SvT“ [Susanne von Tucher] anstelle eines Absenders erkennen lassen. Wie die Brautbriefe Karl Hegels so waren auch die Susanna Maria von Tuchers größtenteils Tagebuch-Briefe. „Wie gerne nehme ich“ – schrieb sie ihm am 4. November 1849 – „au[ch] Deinen Vorschlag an, unsre Briefe in Form eines Tagebuches [zu] schreiben“ 17 und ließ vom 6. November 1849 an nur noch Tagebuch-Briefe folgen, ausgenommen am 25. März 1850 18 und am 18. Mai 1850, dem Tag, von dem ihr letzter Brautbrief datiert. 19

Zur Edition

Die Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers sind aus dem „Privatnachlaß Karl Hegel: Briefe“ in der überlieferten chronologischen Reihenfolge und Numerierung sowie ohne irgendwelche Kürzungen abgedruckt. Die Briefköpfe enthalten nach der Numerierung in der zweiten Zeile stets den formalisierten Hinweis „Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel“ mit Absendeort und Datum. Die aus mehreren Tagesangaben in den Daten bestehenden Angaben benennen die Tage, zu denen die Absenderin in ihrem fortlaufenden Brieftagebuch Eintragungen gemacht hat. Der jeweils letztgenannte Tag stimmt zumeist mit dem Datum des Poststempels – soweit lesbar – überein. In der dritten Zeile wird der Bezug zu Karl Hegels Brautbriefen mit Nummer und Seitenzahlen der Edition von 2018 hergestellt. Von der vierten Zeile an wird – sofern vorhanden – die Adresse auf den Adressenfeldern der Faltbriefe wiedergegeben. Am Ende der Briefe folgt stets rechtsbündig Susanna Maria von Tuchers Unterschrift. Oftmals schließen sich – auch teilweise auf den Rändern – textliche Ergänzungen an. Die Seiten der Briefe wurden von der Absenderin nicht paginiert oder foliiert, was in der Edition zur schnelleren Orientierung und Kennzeichnung der Seitenanfänge mit [fol. 1r], [fol. 1v] etc. nachgeholt wird. Mit der Foliierung [fol. 1r] beginnend sind daran anschließend Absendeort und -datum des Briefes – unabhängig von ihrem Platz im Originalbrief – durchgängig linksbündig gesetzt worden; bei Tagebuchbriefen steht die Folio-Angabe stets vor dem zuerst genannten Datum. In der Edition werden die Brieftexte buchstabengetreu unter Beibehaltung uneinheitlicher Schreibweisen der Autorin präsentiert. Orthographie und Zeichensetzung wurden – auch wenn das die Lesbarkeit manchmal ein wenig erschwert – nicht heutigen Konventionen angepaßt, zumal diese zunehmend auch durch Uneinheitlichkeiten 17 Brautbrief Nr. 2. 18 Brautbrief Nr. 19. 19 Brautbrief Nr. 27.

16

Einleitung

und Fehlerhaftigkeiten gekennzeichnet sind. Verschreibungen und Streichungen der Absenderin wurden ignoriert, ihre Unterstreichungen stets beibehalten. Abkürzungen wurden nur dort aufgelöst – kenntlich gemacht durch eckige Klammern –, wo es das Verständnis erleichtert oder gar dafür notwendig ist, abgekürzte Monatsbezeichnungen wurden beibehalten, da sie aus sich selbst heraus verständlich sind. Der Kommentar zu Personen, Orten und Sachen ist seitenweise zugeordnet. Soweit als erläuterungsbedürftig oder -würdig erachtet, kehren sie unterhalb der Brieftexte als Zitate in kursiver Schrift wieder und werden dann erläutert. In die Textgestalt wurde nicht durch Veränderung der Schriftart oder durch Einfügung von Anmerkungsziffern eingegriffen. Der Kommentar enthält nur in Ausnahmefällen auf Personen, Orte und Sachen bezogene Quellen- und Literaturhinweise, die im übrigen in aller bibliographischen Vollständigkeit unter „Quellen“ und „Literatur“ verzeichnet sind. Alle Kommentierungen erfolgen nur beim ersten Vorkommen eines Namens, Ortes oder einer Sache, sind aber bei späteren Erwähnungen über die Register zu erschließen.

Anhang zu den Brautbriefen Susanna Maria von Tuchers

Mit dem überraschenden Fund der Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers war eine zweite Neuentdeckung verbunden. Denn es fanden sich – nur von einer schmalen Papierbanderole lose zusammengehalten – 30 kleinformatige Briefe (circa 135 × 210 Millimeter) aus dem Nachlaß Maria Helena Susanna Hegels, der Witwe des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Mutter Karl Hegels und Tante wie zukünftige Schwiegermutter Susanna Maria von Tuchers. Ihre eigenhändig vorgenommene Beschriftung der Banderole mit „Briefe von meines lieben Karls u. Susettes Brautstand u. Hochzeit“ stellt den Zusammenhang eindeutig her. Diese 30 Briefe aus der Zeit vom 25. Oktober 1849 bis 25. Juli 1850, zu denen keine Antwortbriefe überliefert sind, stammen von verschiedenen Absendern: 13 Briefe hat Susanna Maria von Tucher an ihre Tante („Tante Hegel“) und zukünftige Schwiegermutter geschrieben, zwei Briefe stammen von Maria Helena Susanna Hegels Schwägerin Maria Magdalena von Tucher, der Mutter ihrer Nichte und zukünftigen Schwiegertochter. Von den zehn Briefen Karl Hegels an seine Mutter hat er einen zugleich an seinen Bruder Immanuel und seine Schwägerin Friederike Hegel, geb. Flottwell (1822–1861), gerichtet, und einen zusammen mit seinem Bruder geschrieben. Zwei Briefe schickte Friederike Hegel an ihre Schwiegermutter, einen ihr Ehemann an seine Mutter und zwei Briefe empfing Immanuel Hegel (1814–1891) von seinem Bruder Karl. Wie die beiden letztgenannten Briefe in den Nachlaß der Mutter der beiden Brüder gelangt sind, läßt sich nicht mehr sicher klären. In diesen Anhang wurden außerdem vier weitere Briefe der zukünftigen Schwiegereltern Karl Hegels aufgenommen und chronologisch eingeordnet (Nr. IV, VII, XII, XIX), die ursprünglich Beilagen zu vier Brautbriefen Susanna Maria von Tuchers wa-

Anhang zu den Brautbriefen Susanna Maria von Tuchers

17

ren. Indem hier editorisch so verfahren wird, soll das Korpus der Brautbriefe der Tucher-Tochter wie – früher schon – das des Hegel-Sohnes frei von Beiwerk präsentiert werden. Alle 34 Briefe des Anhangs erweitern den Blick auf die durch die Verlobung veränderten verwandtschaftlichen Verhältnisse, begleiten die Vorbereitungen für die Einrichtung und Ausstattung der Wohnung des zukünftigen Ehepaars an der Ostsee und beleuchten die durch die Erkrankung Maria Helena Susanna Hegels in Berlin beeinträchtige familiäre Situation, die früh absehbar machte, saß die Mutter beziehungsweise zukünftige Schwiegermutter nicht an der Hochzeit am 28. Mai 1850 in Nürnberg teilnehmen konnte. Der kurz zuvor eingetretene Tod der erst vierjährigen Auguste Hegel, des ersten Kindes Friederike und Immanuel Hegels, und die zum Tode gleich nach der Hochzeit hinführende schwere Erkrankung Gottlieb Karl Sigmund von Tuchers, des jüngeren Bruders der – nunmehr – Susanna Maria Hegel, trübten das Ende der Verlobungszeit und den Wechsel der jungen Ehefrau nach Rostock, dem Wirkungsort ihres Ehemannes als Geschichtsprofessor. Für die Familie wurde der Tod des zwanzigjährigen Gottliebs von Tucher am 4. Juni 1850 zu einer großen Tragödie. Das Familienoberhaupt Johann Siegmund Karl von Tucher hat sie nach dem frühen Ableben seiner beiden ältesten Söhne, des nur 22 Jahre alt gewordenen Georg Christoph Karl im Jahre 1846 und des fünfzehnjährigen Christoph Friedrich Karl 1842, in die Worte gefaßt, „er komme sich vor wie ein entlaubter Stamm“. 20

20 So Karl Hegel am 4. Juni 1850 in einem Brief an seinen Bruder Immanuel; vgl. Anhang, Nr. XXXI.

Zu den Inhalten der Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers Vorgeschichte der Verlobung Susanna Maria von Tuchers mit Karl Hegel

Als sich Susanna Maria von Tucher und Karl Hegel über die Distanz von Rostock nach Nürnberg und zurück an die Ostsee in ihren Brautbriefen vom 20. und 25. Oktober 1849 verlobten 1, war die Braut 23 Jahre alt, der Bräutigam 36 Jahre und damit 13 Jahre älter. Daß sich Karl Hegel nicht schon als 26jähriger junger Mann ein Jahrzehnt zuvor mit Maria Pauline (Marietta) Wiß (1821–1902), der ältesten Tochter des Nürnberger Kaufmanns, Fabrikbesitzers und Assessors am Handelsappellationsgericht Johann David Wiß (1780–1867) verlobt hatte, begründete er in einem Brief vom 8. September 1839 an seinen Freund aus Heidelberger Studienzeiten sowie bedeutenden (Literatur-)Historiker und nationalliberalen Politiker Georg Gottfried Gervinus (1805–1871) mit seiner damaligen beruflichen Unentschiedenheit und mit seiner nicht ausreichenden wirtschaftlichen Basis für ein Ehe- und Familienleben, denn er hatte nach abgelegter Doktorprüfung 1837 und glänzend bestandener Lehramtsprüfung für preußische Gymnasien 1838 2 gerade erst sein Probejahr als Lehrer am Cölnischen Gymnasium in Berlin begonnen. Vor allem aber wollte er auch noch nicht die Ungebundenheit und Freiheit eines Junggesellen aufgeben. 3 Karl Hegels Mutter Maria Helena Susanna Hegel drängte den im Jahre 1841 zum Geschichtsprofessor an die Universität Rostock berufenen Sohn in ihren Briefen von der Mitte der 1840er Jahre an immer häufiger zu einer Verlobung und Eheschließung, besonders nachdem der jüngere Sohn Immanuel seine Braut Friederike Flottwell am 3. Juli 1845 geheiratet hatte, die Tochter des damaligen preußischen Finanzministers und oftmaligen Oberpräsidenten verschiedener preußischer Provinzen Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865). Schon zu Karl Hegels 31. Geburtstag am 7. Juni 1844 hatte die Mutter ihrem offenbar sehr wählerischen Ältesten geschrieben, daß sie ihm „eine gute fromme Frau [. . . ] von Herzen wünsche“, und mahnend hinzugefügt: „Du hängst Dich an die schönen Seelen, die Dir nicht werden können! u[nd] siehst Du einen kleinen Fleck oder Runzel, mißfällt Dir bei näherer Bekanntschaft dieß u[nd] das – so bist Du gleich im Extrem u[nd] wirfst das Kind mit dem Baad hinaus. O mir ist bange für die Frau, die Dir, wen[n] sie einen Scheffel Salz mit Dir gegessen hat, nicht

1 In ihrem Brautbrief Nr. 2 vom 4. November 1849 spricht Susanna Maria von Tucher von „unsre[r] Verlobung“. 2 Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert, Nr. III/24-III/28, S. 67–74. 3 Der Brief Karl Hegels an Georg Gottfried Gervinus vom 8. September 1839 aus Berlin findet sich: UB Heidelberg, Handschriftenabteilung: Heid. Hs. 2562, 157, 10, fol. 1r–2r. Zum Ganzen siehe: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 169–176, hier vor allem S. 174.

Vorgeschichte der Verlobung Susanna Maria von Tuchers mit Karl Hegel

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mehr so ideal erscheint wie in den ersten 5 Tagen – Nun nichts für ungut – grüße alle u[nd] behalte das Beste! Du Sohn der Wahrheit! Leb wohl lieber lieber Sohn!“ 4. Auffällig oft finden in den Briefen der Mutter die beiden Töchter Ernst Karl Friedrich Wilhelm Freiherr Senfft von Pilsachs (1795–1882), ab 1845 Geheimer Oberfinanzrat im königlichen Hause Preußens, 1848 Mitbegründer der „Kreuzzeitung“ und vom 1852 bis 1866 Oberpräsident von Pommern, und seiner Ehefrau Ida Henriette Caroline, geb. von Oertzen (1799–1849), Erwähnung. Deren älterer Tochter Ida Maria (1826–1891) und der ein Jahr jüngeren Elisabeth (*1827) war Karl Hegel bereits 1844 in Rostock zusammen mit ihrer Mutter begegnet. 5 Die Witwe Hegel fühlte sich zu dieser Familie nicht zuletzt wegen ihres – ihr entsprechenden – großen Engagements in der christlichen Erweckungsbewegung hingezogen und pflegte in Berlin in räumlicher Nähe gute nachbarschaftliche Kontakte. Sie galten vor allem den beiden stets in ihrer Freundlichkeit gegenüber Karl Hegel und in ihrer persönlichen Liebenswürdigkeit geschilderten Töchtern und deren – schon im Jahre 1849 verstorbenen – Mutter, die diese gerne verheiratet gesehen hätte. Karl Hegel ist – soweit zu sehen – darauf in Briefen an seine Mutter jedoch nie eingegangen. 6 Ohne Antwort blieb auch ein früherer Brief der Mutter aus Nürnberg vom 13. September 1845, in dem sie nach einem Bericht über ihre Reise zu den Verwandten in ihrer Geburtsstadt ihren – wohl mißtrauisch gewordenen – Sohn bat, ja nicht zu glauben, „daß ich sonst Was in betto habe“, womit sie ihre eigenmächtige Suche nach einer Frau für Karl meinte. Allerdings gestand sie ihrem Sohn durchaus ein, sie „habe hier Keine gefunden, von der ich mir denken könnte, daß sie Dich ganz befriedigt“. 7 Andererseits erwähnte sie besonders zwei ihrer Nichten und damit Cousinen Karl Hegels: zuerst Susanna Maria von Tucher – „Susettchen“ –, die älteste Tochter ihres Bruders Johann Sigmund Karl und seiner Frau Maria Magdalena von Tucher, die sich auf Verwandtenbesuch in Linz befand, und dann Carolina Louise Susanna von Schwarz (1826–1896) – „Lina“ –, die älteste Tochter ihrer jüngsten Schwester Louisa Caroline Ernestine von Tucher, die mit dem sehr wohlhabend gewordenen Nürnberger Neubürger Georg Christoph Benedict von Schwarz verheiratet war und auf Schloß Henfenfeld lebte, etwa 25 Kilometer östlich der Pegnitz-Stadt gelegen. Beide gleich4 So im Brief Maria Helena Susanna Hegels an Karl Hegel vom 6. Juni 1844 aus Berlin; die Briefe sind ungedruckt und befinden sich im Privatnachlaß Karl Hegel: Briefe. 5 Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 149; siehe auch Brief Maria Helena Susanna Hegels an Karl Hegel vom 26. August 1844 aus Berlin (Privatnachlaß Karl Hegel: Briefe). 6 Vgl. z.B. die Briefe Maria Helena Susanna Hegels an Karl Hegel vom 27. März, 23. Mai, 5. Juni oder 27. August 1846 (Privatnachlaß Karl Hegel: Briefe). 7 Brief Maria Helena Susanna Hegels an Karl Hegel vom 13. September 1845. Zu einer offenbar nur kurzen Begegnung mit Marietta Wiß, seit 1844 mit dem württembergischen Offizier Hermann Albert Sick (1815–1892) verheiratet, mit der ihr Sohn 1839 keine Verbindung eingegangen war, bemerkte die Mutter im selben Brief: „wie dank ich Gott, daß hier Dein guter Genius Dich gewarnt hat“ (Privatnachlaß Karl Hegel: Briefe).

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Zu den Inhalten der Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers

altrigen Cousinen waren seit Kindertagen engstens befreundet und wurden von der Berliner Tante als eine „sehr liebliche Erscheinung“ (Susettchen) 8 beziehungsweise als „ein liebes gemüthliches Kind“ (Lina) charakterisiert. Die Verehelichungen der ins heiratsfähige Alter gekommenen Kinder und insbesondere das Heiraten unter nahen Verwandten gehörte – wie auch sonst in Adelskreisen ganz allgemein – während des Verwandtenbesuchs aus Berlin offenbar zu den Gesprächsthemen in der großen Nürnberger Tucher-Familie, denn Maria Helena Susanna Hegel berichtete ihrem Sohn Karl unmittelbar nach der brieflichen Erwähnung seiner beiden Cousinen, daß sie „gelegendlich gehört habe“, daß Eheschließungen in „so nahem Verwandtschaftskreis [. . . ] für etwas sehr Bedenkliches“ gelten. Und sie schloß: „Ich denke daher wahrhaftig nicht daran u[nd] wünschte auch nicht, daß wir uns da einen Korb holten“; sollte er nach Nürnberg kommen – was zeitweise überlegt worden war –, um seine Mutter auf der beschwerlichen Rückreise nach Berlin zu begleiten, so brauche er nicht zu fürchten, „daß Dir solche Gedanken u[nd] Wünsche hier entgegenkommen“ 9. Gleichwohl kam es zwischen Susanna Maria von Tucher und Karl Hegel als Kindern von Geschwistern, also Cousine und Cousin 1. Grades, die mit Jobst Wilhelm Karl von Tucher (1762–1813) und seiner Ehefrau Susanna Maria, geb. von Haller (1769–1832), ein gemeinsames Großelternpaar hatten, im Oktober 1849 zur Verlobung und am 28. Mai 1850 zur Eheschließung. Von Seiten des Staates und der evangelisch-lutherischen Kirche war eine solche Verbindung nicht verboten, wenn sie nach den Formalitäten und Gepflogenheiten beider Institutionen erfolgte. Am 30. Mai 1850 unterschrieb die frisch vermählte Ehefrau ihren ersten Brief an ihre Schwiegermutter mit „Deine Tochter Susette Hegel.“ 10 Schon im Jahre 1847 hatte ihre Cousine und beste Freundin Lina den erfolgreichen Nürnberger Kaufmann Friedrich Karl Alexander Grundherr von Altenthann (1818– 1908) geheiratet, einen jüngeren Bruder von Susettes Mutter Maria Magdalena von Tucher. Sie war – noch vor ihren Eltern – die einzige Person, die in die Liebe ihres Cousins Karl Hegel zu Susanna Maria von Tucher eingeweiht war, von der sie glaubte, sie hätte keine Ahnung von dieser Liebe, wie Hegel in seinem ersten Brautbrief schrieb, sich der Geliebten in aller Behutsamkeit nähernd, nicht drängend, nur bekennend und sich in seinen Gedanken und Gefühlen vollkommen öffnend, die räumliche Distanz nach Nürnberg in angemessener Weise für eine Lebensentscheidung nutzend. 11

8 So Maria Helena Susanna Hegel in einem anderen Brief, zitiert bei Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 160. 9 Brief Maria Helena Susanna Hegels an Karl Hegel vom 13. September 1845 (Privatnachlaß Karl Hegel: Briefe). 10 Siehe Anhang, Brief Nr. XXIX. 11 Zu Susanna Maria von Tuchers Verlobung mit Karl Hegel siehe: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 178–184.

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„Sie hat den 20. als unseren Verlobungstag betrachtet“, notierte Karl Hegel in sein „Gedenkbuch“ zum Jahre 1849 12 und faßte damit den Brief Susanna Maria von Tuchers vom 25. Oktober 1849 zusammen 13, mit dem sie ihm auf seinen ersten Liebesbrief vom 20. Oktober geantwortet und seinen Heiratsantrag angenommen hatte. 14 Eine im Sommer 1848 zaghaft begonnene, aber ohne weitere Erklärung gebliebene Annäherung Johann Karl Friedrich Harsdorfs von Enderndorf (1820–1873), des königlichbayrischen Kämmerers und Richters in Nürnberg, an die Tucher-Tochter endete am selben Tag, als Susette in ihr Tagebuch schrieb, das leider nur in drei Blättern erhalten ist: „Le souvenir à Harsd[orf ] et Maltravers, le beau rêve de mon enfance, tout est disparu par l’amour de mon Charles, et disparaitra toujours plus.“ 15 Mit ihrer Verlobung, die sie wie ihr Bräutigam als wichtigsten Schritt ihres Lebens betrachtete, ging Susanna Maria von Tuchers Mädchenzeit zu Ende, die sie – am 16. März 1826 in Nürnberg geboren – wohlbehütet mit zahlreichen Geschwistern in der alten Patrizierfamilie der ehemaligen Reichsstadt als zweites Kind und ältester Tochter verbracht hatte. 16 Diesem Lebenseinschnitt entsprach die Beendigung des der Natur nach sehr persönlichen, französisch geschriebenen Tagebuchs, denn in ihrem Brief vom 4. November 1849 nahm sie Karl Hegels Vorschlag sofort an, „unsre Briefe in Form eines Tagebuchs [zu] schreiben“, denn dadurch sei es ihr „eher möglich, Dich zum Theilnehmer aller meiner Empfindungen und Gedanken zu machen“. 17 Dies mit einem Blick in ihr seit sechs Jahren geführtes Tagebuch in ihrem ersten Tagebuchbrief zum 8. November 1849 wiederholend 18, trennte sich Susanna Maria von Tucher in einem letzten Eintrag vom selben Tage von ihrem geheimen Zufluchtsort für alle ihre

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Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 158. Brautbrief Susanna Maria von Tuchers, Nr. 1. Brautbrief Karl Hegels Nr. 1, S. 9–12. Tagebuch Susanna Maria von Tuchers zum 25. Oktober 1849 (Privatnachlaß Karl Hegel: Tagebuch Susanna Maria von Tuchers); in deutscher Übersetzung: „Die Erinnerung an Harsd[orf ] und Maltravers, der schöne Traum meiner Kindheit, alles ist verschwunden durch die Liebe meines Karl und verschwindet immer mehr.“ – Ernest Maltravers ist der namengebende Held eines vielgelesenen sechsbändigen Romans von Edward Bulwer-Lytton (1803–1873) aus dem Jahre 1837, deutsch 1838 und 1845, der vor allem mit seinem Roman „The Last Days of Pompeii“ (1834) bekannt geworden ist. Ein weiterer Roman von ihm ist „Rienzi. The Last oft the Roman Tribunes“ von 1835, nach dem Richard Wagner (1813–1883) das Libretto seiner 1842 in Dresden uraufgeführten Oper „Rienzi, der letzte der Tribunen“ verfaßt hat. 16 Siehe auch den Abschnitt „Lebensnachrichten von Susette (Susanna)“, in: Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 158–163. 17 Brautbrief Susanna Maria von Tuchers, Nr. 2. 18 Brautbrief Susanna Maria von Tuchers, Nr. 3.

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Gedanken und Empfindungen als Mädchen und heranwachsende junge Frau, beginnend mit: „Je prends congé de vous, mes chères feuilles, je n’ai plus besoin de vous“ 19. Der Verlobte trat bis zu Susettes letztem Brautbrief vom 18. Mai 1850 an die Stelle des beendeten und abgeschlossenen Tagebuchs, und zusammen mit seinen tagebuchartigen Brautbriefen bis zum 20. Mai 1850 entstand somit gleichsam ein in Korrespondenz stehendes gemeinsames Tagebuch der Brautleute, das die intime Funktion eines individuellen Tagebuchs erfüllen sollte, allein nur für sie beide als einer Einheit bestimmt, gleichsam eine Chronik der Verlobungszeit der Nürnberger Patriziertochter und des Rostocker Geschichtsprofessors. Über das Gemeinsame hinaus, jenseits der sich immer wieder wiederholenden, bekräftigenden und sich in ihren Gefühlsregungen steigernden, bisweilen schwärmerischen Liebeserklärungen, wurden in den Brautbriefen unterschiedliche Akzente gesetzt. Was – da die Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers unbekannt waren – bisher über ihre Lebenswelt nur spärlich vermutet werden konnte 20, kann mit der nunmehr vorliegenden Edition konkreter benannt werden und erlaubt erweiterte und neue Einblicke.

Lebensalltag

Die älteste Tochter Johann Sigmund Karl und Maria Magdalena von Tuchers war in keine öffentliche Schule in Nürnberg gegangen, „sondern empfing, zusammen mit ihrer gleichaltrigen Cousine Lina von Schwarz, vom 6. bis zum 14. Lebensjahr Privatunterricht in den Hauptlehrgegenständen“, wie Karl Hegel in seinem „Gedenkbuch“ notierte und in ihrem von ihm für die Jugendjahre verfaßten Lebenslauf um die Information ergänzte, daß Susette mit ihrer Cousine vom Herbst 1842 an für ein Jahr „ein französisch=schweizerisches Töchterinstitut zu Grandson“ am Neuenburger See besuchte 21, um ihre Bildung zu vervollkommnen und auf ihre zukünftigen familiären Aufgaben vorbereitet zu werden. In Nürnberg lebte sie dann im Hause ihrer Eltern und hatte mancherlei Pflichten vor allem zur Unterstützung der Mutter zu erfüllen, die sechs weitere Kinder hatte, nachdem die Tochter Rosina Maria, noch nicht ein Jahr alt, und die beiden ältesten Söhne Georg Christoph Karl und Christoph Friedrich Karl schon vor Jahren gestorben waren. Während der 19jährige Gottlieb Karl Sigmund in Erlangen Rechtswissenschaft studierte, waren noch vier Schwestern zwischen fünf und 15 Jahren und ein dreijähriger Bruder zu versorgen und zu beaufsichtigen. 19 Tagebuch Susanna Maria von Tuchers zum 8. November 1849 (Privatnachlaß Karl Hegel: Tagebuch Susanna Maria von Tuchers); in deutscher Übersetzung: „Ich sage euch Lebewohl, meine geliebten Blätter, ich brauche euch nicht mehr“; der vollständige Eintrag findet sich in: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 185 mit Anm. 73. 20 Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 211–215. 21 Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 159.

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Die häuslichen Beschäftigungen zur Entlastung der Mutter waren offenbar vielfältig und zeitaufwendig, zumal zum Alltäglichen vom Ende des Jahres 1849 an die Herrichtung und Fertigstellung der eigenen Aussteuer hinzukam. Da die Brautleute einen baldigen Hochzeitstermin im Frühjahr 1850 anstrebten, entstanden mit zeitlichem Druck zusätzliche Belastungen. Immer wieder mußte Susette „ein ruhiges Stündchen“ finden, um ihrem Verlobten zu schreiben 22, was zumeist erst am Abend oder auch am frühen Morgen geschehen konnte, immer wieder durch eigene Erkrankungen und körperliche Beeinträchtigungen erschwert. Ohnehin mit viel Empathie ausgestattet, belastete sie die Pflege kranker Familienmitglieder, insbesondere auch der Kinder, und erfüllte sie mit großen Sorgen. Besonders eindringlich schilderte sie von März 1850 an eine lange Zeit in der Diagnose unbestimmt bleibende Erkrankung „Mariechens“, ihrer jüngeren Schwester Maria Therese Karoline (1834–1905), deren Pflege sie zusammen mit ihrer Mutter stark in Anspruch nahm. Aber während die langsam erwachsen werdende kleine Schwester bis zum Hochzeitstag Ende Mai wieder leidlich gesund wurde, verschlechterte sich der durch typhusartige Symtome gekennzeichnete Gesundheitszustand ihres Bruders Gottlieb Karl Sigmund (1830–1850) im Mai 1850 immer mehr, bis er schließlich – eine familiäre Katastrophe und zugleich große Glaubensprüfung – zwanzigjährig am 4. Juni starb, eine Woche nach der Hochzeit Susanna Maria von Tuchers und Karl Hegels. 23

Die Tucher-Familie und ihre Verwandtschaft

Über das Leben mit ihrer aus dem Hause Grundherr von Altenthann und Weiherhaus stammenden Mutter, mit ihrem Vater und mit ihren zahlreichen Geschwistern hinaus war Susanna Maria von Tucher fest eingebunden in den weiten Kreis ihrer Familie. Das Nürnberger Elternhaus war zwangsläufig deren Mittelpunkt, denn ihr Vater Johann Sigmund Karl war der älteste lebende Sohn Jobst Wilhelm Karl von Tuchers (1762–1813) und Susanna Maria von Tuchers, geb. von Haller (1769–1832), die beide schon vor 36 Jahren beziehungsweise 17 Jahren gestorben waren. Deren erster Sohn Sigmund Friedrich Wilhelm Karl war zwanzigjährig im Jahre 1812 als königlich-bayerischer Leutnant während des Rußland-Feldzuges des französischen Kaisers Napoleon I. gefallen. 24 Seit 1818 Verwalter des Stammgutes der jüngeren Tucher-Linie in Behringersdorf, von 1843 bis 1849 Mitglied der Zweiten Kammer der bayerischen Ständeversammlung, von 1845 bis 1851 Magistratsrat Nürnbergs war der vielbeschäftigte

22 Brautbrief Susanna Maria von Tuchers, Nr. 8. 23 Vgl. Anhang, Brief Nr. XXXI. 24 Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 123; siehe auch Brief Susanna Maria von Tuchers, geb. von Haller, vom 14. Juni 1825 an ihren Enkel Karl Hegel (Privatnachlaß Karl Hegel: Briefe).

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zweitälteste Sohn seit 1848 Familiensenior der tucherschen Gesamtfamilie. 25 Zu ihr gehörten selbstverständlich auch die Großeltern mütterlicherseits, Georg Christoph Karl (1777–1867) und Anna Katharina Maria von Grundherr (1774–1857), die auf dem Herrensitz „Glockenhof “ lebten, der zu einem Grundherr-Tucherschen Familientreffpunkt und Ort zahlreicher Feste geworden war. Susanna Maria von Tuchers nächste Bezugspersonen über den engsten Familienkreis hinaus waren die Geschwister des Vaters und deren Familien, deren unterschiedliche Berufs- und Lebenswelten sie immer wieder neue Ausblicke über ihre behütete Nürnberger Welt hinaus gewinnen ließen. Johann Sigmund Karl von Tuchers Bruder Christoph Karl Gottlieb Sigmund (1798–1877), in der Familie stets nur nach seinem dritten Vornamen oder „Onkel Gottlieb“ genannt 26, war in zweiter Ehe 27 mit Thekla Therese Eleonore von Gemmingen-Steinegg (1813–1901) verheiratet, mit der er neun Kinder hatte; zuletzt wurde Hermann Wilhelm von Tucher (1849–1871) am 4. Dezember 1849 geboren. 28 Gottlieb von Tucher besuchte das Nürnberger Egidien-Gymnasium, als sein Schwager Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) dort Rektor war, und hörte während der Fortsetzung seines Studiums der Rechtswissenschaft 1821/22 an der Berliner Universität philosophische Vorlesungen bei ihm. 29 Nach dem juristischen Staatsexamen 1824 begann er am Nürnberger Stadt- und Kreisgericht eine erfolgreiche berufliche Karriere, in der er es 1849 zum Appellationsgerichtsrat in Neuburg an der Donau brachte – daher ist in dieser Zeit in Nürnberg von seiner Familie kurz als von den „Neuburgern“ die Rede –, bevor er 1856 zum Oberappellationsgerichtsrat in München ernannt wurde. Nach einer auch hinsichtlich seiner Musikstudien besonders anregenden Italienreise im Jahre 1824 30 ging Gottlieb in seinen anschließenden Nürnberger Berufsjahren, in denen er für zwei Jahre auch Vormund des zeitweise in der Familie lebenden Findelkinds Kaspar Hauser (etwa 1812– 1833) war 31, seinen musikalischen, vor allem kirchenmusikalischen Interessen weiter 25 Diefenbacher, Tucher von Simmelsdorf, Sigmund; Diefenbacher, Adelsbier aus Nürnberg, S. 228ff. 26 Zahn,Tucher, Gottlieb Freiherr von. 27 In erster Ehe war er mit seiner Cousine Helena Wilhelmina von Haller (1804–1834) verheiratet, die dreißigjährig kinderlos verstarb. 28 Vgl. Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel vom 13. Dezember 1849 (Anhang, Nr. VI) und Brief Maria Magdalena von Tuchers an Karl Hegel vom 14. Dezember 1849 (Anhang, Nr. VII). 29 Die Matrikel der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin 1810–1850, Teil 1: Die Matrikel für das 11. Rektoratsjahr, Nr. 391. 30 Dieser Reise ist das Werk „Kirchengesänge der berühmtesten älteren italiänischen Meister gesammelt und dem Herrn Ludwig van Beethoven gewidmet von Gottlieb Freyherr von Tucher“, Wien [1827/28], zu verdanken. 31 Darüber berichtete die Großmutter väterlicherseits, Susanna Maria von Tucher, geb. von Haller, ihren neugierigen Urenkeln Karl und Immanuel Hegel in Berlin am 10. April 1829 und 8. Januar 1830 (Privatnachlaß Karl Hegel: Briefe).

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nach und publizierte 1848 als Ergebnis seiner (Nach-) Forschungen seinen „Schatz des evangelischen Kirchengesangs im ersten Jahrhundert der Reformation“. 32 Zu dem Neuendettelsauer Pfarrer Wilhelm Löhe (1808–1872) pflegte er enge persönliche und seine sozialen Anliegen ideell und materiell fördernde Beziehungen und war zudem kirchenpolitisch aktiv. 33 Zum zweiten und jüngsten Bruder ihres Vaters, zu Karl Friedrich Wilhelm von Tucher (1805–1875), „Onkel Wilhelm“, hatte Susanna Maria von Tucher naturgemäß nur bei Familienfesten persönlichen Kontakt. Seit seiner Hochzeit im Jahre 1835 mit Friederike Caroline Wilhelmine Camilla Gräfin von Montperny (1818–1889), die katholisch war und meist verkürzt „Tante Frieda“ genannt wurde, war er Herr auf dem von den Tuchern von Simmelsdorf erworbenen Schloß Leitheim, etwa 100 Kilometer südlich von Nürnberg oberhalb der Donau gelegen. Zusammen mit sechs Kindern – ein siebtes wurde 1859 geboren – wurde von dieser Familie an der Pegnitz nur kurz als von den „Leitheimern“ gesprochen. Von den Tanten war Sophia Maria Friederike Tucher (1800–1863) – familienintern „Tante Fritz“ genannt – seit 1821 mit dem aus Wetzlar stammenden Philipp Anton Guido von Meyer (1798–1869) verheiratet, der allerdings zumeist in Frankfurt am Main lebte und wirkte. Dort war der Sohn des Juristen und evangelischen Theologen Johann Friedrich von Meyer (1772–1849) – wegen seiner dreibändigen, Martin Luther berichtigenden Bibelübersetzung von 1819 „Bibel-Meyer“ genannt – großherzoglich-mecklenburg-schwerinscher Legationsrat und Bevollmächtigter beim Bundestag und trat als Autor und Herausgeber zahlreicher Schriften und Quellensammlungen zum Deutschen Bund hervor. 34 Infolge des Scheiterns ihrer Ehe trennte sich die Tucher-Tochter von ihm und kehrte mit ihren Töchtern in den Schoß ihrer Familie zurück. Der älteste Sohn Franz von Meyer (1822–1881) war als Arzt in die USA ausgewandert und sein Bruder Sigmund (1825–1839) früh verstorben. Die Tochter Antonia (1828–1850), an deren schwerer Erkrankung Susanna Maria von Tucher großen Anteil nahm, starb 1850. Die Töchter Marie (1824–1885) und Hele32 Schatz des evangelischen Kirchengesangs im ersten Jahrhundert der Reformation, Erster Theil: Liederbuch: Kirchengesänge, Psalmen und geistliche Lieder Dr. Martin Luthers und andrer frommen Christen. Aus den besten evangelischen Gesang- und Liederbüchern des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts gesammelt und hrsg. von G[ottlieb] Freiherrn von Tucher, Leipzig 1848; Zweiter Theil: Melodienbuch: Melodien des evangelischen Kirchengesangs im ersten Jahrhundert der Reformation mit dazu vorhandenen Harmonisirungen dieser Periode, hrsg. von G[ottlieb] Freiherrn von Tucher, Leipzig 1848. Dazu folgte nach zwei Jahrzehnten: G[ottlieb] Freiherr von Tucher, Über den Gemeindegesang der evangelischen Kirche. Ein Nachtrag zu des Verfassers „Schatz des evangelischen Kirchengesangs im ersten Jahrhundert der Reformation“, Leipzig 1867. 33 Rößler, Wilhelm Löhe und die Nürnberger Patrizierfamilie von Tucher, S. 16–25. 34 Siehe das Schriftenverzeichnis in: https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/person/gnd/ 117558850.

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ne von Meyer (1827–1888) lebten – wie ihre Mutter dem theologischen Wirken des Pfarrers Wilhelm Löhe eng verbunden – als Diakonissen in Nürnberg beziehungsweise in Neuendettelsau. 35 Die jüngste Tochter Auguste von Meyer (1830–1912) heiratete am 28. Februar 1850 den Leuchtenbergischen Bergmeister Heinrich Kieser (1813– 1893), ein Ereignis, das in den Brautbriefen Karl Hegels wie Susanna Maria von Tuchers schon deshalb großen Raum einnahm, weil im tucherschen Familienkreis deren Hochzeit der ihrigen voranging. Die jüngste Schwester Johann Sigmund Karl von Tuchers, die schon 1846 verstorbene Luise Caroline Ernestine von Tucher (1804–1846), hat Susette noch gut gekannt und oft auf Schloß Henfenfeld besucht. Ihre Tochter Carolina Luisa Susanna, zumeist „Lina“ genannt, war nicht nur ihre Cousine, sondern auch ihre beste Freundin. Ihr und weiterer sieben Kinder Vater war Georg Christoph Benedict von Schwarz (1801– 1876) – auch Benoit genannt –, ein Nürnberger Neubürger, der im Jahre 1825 mit seiner Eheschließung mit einer Tochter einer der angesehensten traditionsreichen Patrizierfamilien der Pegnitz-Stadt den von seinem Vater begonnenen Aufstieg abschloß. 36 Die Verheiratung Linas von Schwarz mit Friedrich Karl Alexander von Grundherr im Jahre 1847 bekräftigte diese Integration in die alte Nürnberger Patriziergesellschaft. Lina ist in den Brautbriefen Susettes neben ihrer zukünftigen Schwiegermutter die am häufigsten genannte Person aus Nürnberg, was die besondere Nähe beider Damen zueinander über intensive Anteilnahme am Familienleben hinaus verdeutlicht; am 9. Januar 1850 bekam sie ihr zweites Kind Maria Luise Karoline von Grundherr. Daneben wurden die Verbindungen zur gleichaltrigen Cousine und Freundin Luise von Schwarz (1826–1881) gepflegt, der Tochter des ebenfalls sehr erfolgreichen Kaufmanns Johann Christoph David von Schwarz (1802–1885) – auch Jeannot genannt –, der jüngere Bruder Benoits. Nur Johann Sigmund Karl von Tuchers Schwester Sophia Maria Luise (1802– 1857) war unverheiratet und lebte und arbeitete hauptsächlich im südwestlich von Nürnberg gelegenen Neuendettelsau. 37 Wohl schon aus seiner Tätigkeit in Nürnberg kannte sie den von Pietismus und Erweckungsbewegung geprägten und in ihrem Sinne wirkenden Pfarrer Wilhelm Löhe, der in Neuendettelsau in den 1840er Jahren seine Aufbauarbeit für ein Missionswerk und eine Diakonissenanstalt begonnen hatte, an der sich die Tucher-Tochter ihr Leben lang beteiligte, ohne je Diakonissin zu werden. Nach dem Tod der Ehefrau Löhes führte sie ihm über Jahre hinweg seinen privaten Haushalt. 38 35 Siehe dazu insgesamt Stempel-de Fallois, Das diakonische Wirken Wilhelm Löhes; Rößler, Wilhelm Löhe und die Nürnberger Patrizierfamilie von Tucher, S. 25–29. 36 Vgl. zu diesem Aufstieg Pilz, Die Familie von Schwarz auf Artelshofen und Hirschbach. 37 Rößler, Wilhelm Löhe und die Nürnberger Patrizierfamilie von Tucher, S. 6–16. 38 Vgl. Stempel-de Fallois, Freifrauen von Tucher (jüngere Linie) als bedeutende Mitarbeiterinnen, S. 6f.; Stempel-de Fallois, Das diakonische Wirken Wilhelm Löhes, S. 297–300 u. ö.

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Wie alle Geschwister Johann Sigmund Karl von Tuchers und deren Familien die Lebens-, Gefühls- und Gedankenwelt seiner Tochter prägten, so auch seine in Berlin lebende älteste Schwester Maria Helena Susanna Hegel, die Witwe des schon 1831 verstorbenen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel, die „Tante Hegel“ ihrer Jugendzeit. Jeder von Susanna Maria von Tuchers Brautbriefen gedenkt in kindlicher Liebe der kranken Mutter ihres Verlobten mit immer wiederkehrenden tröstenden Gedanken ihres christlichen Glaubens, mit daran geknüpften innigen Genesungswünschen und sehnsuchtsvoll formulierten Hoffnungen auf Besserung und auf ein baldiges Wiedersehen nach langer Zeit. Sie nimmt bewegten Anteil an ihrem eingeschränkten Leben, zu dem auch Geburt und Tod in der Familie ihres Sohnes Immanuel Hegel und seiner Frau Friederike gehören: Am 4. Dezember 1849 wurde ihr Sohn Wilhelm (1849–1925) geboren, und am 27. April 1850 starb vierjährig ihre älteste Tochter Auguste (Gustli) an der Bräune. Und voller Empathie und Zuneigung äußerte sich Susette in ihren vom 26. Oktober 1849 bis 30. Mai 1850 – monatlich und häufiger – abgeschickten 13 persönlichen Briefen an ihre zukünftige Schwiegermutter, geprägt von einer sie miteinander verbindenden tiefen Frömmigkeit, jenseits aller praktischen Erwägungen und Notwendigkeiten zur Vorbereitung eines eigenen Hausstandes in Rostock. Diese Briefe sind geschrieben voller Gottvertrauen in jeder Lebenssituation und geben immer wieder neue Einblicke in ihr Denken und Fühlen als Braut und zukünftige Schwiegertochter, die sich danach sehnt, in den Kreis der Söhne und der Schwiegertochter Friederike als „viertes Kind“ aufgenommen zu werden. 39 Schließlich gehörte zur weiteren Verwandtschaft „Tante Bayerlein“ – Maria Karolina Sophia Wilhelmina Bayerlein, geb. von Furtenbach (1800–1878) –, eine Cousine und Jugendfreundin der Mutter Susanna Maria von Tuchers. Sie war mit dem Major der königlich-bayerischen Cavallerie Wilhelm Georg Bayerlein (1784–1839) verheiratet gewesen und im Jahre 1838 einvernehmlich von ihm geschieden worden. 40 Oftmalige Besucherin im Hause Tucher war außerdem „Tante Rosenhayn“ – Eleonora Karolina Rosenhayn, geb. von Haller (1777–1853) –, die Witwe des österreichischen Generalmajors Gustav Ludwig Moritz von Rosenhayn und eine Tante der Geschwister Johann Sigmund Karl von Tuchers. Engerer Kontakt – auch über gegenseitige Besuche – bestand zudem zwischen Susanna Maria von Tucher und Maria Elisabeth Wilhelmine von Haller (1826–1899), einer Tochter des österreichischen Generalfeldmarschall-Leutnants Johann Georgs VI. von Haller (1773–1852), des Retters der Reichskleinodien im Jahre 1796 vor den Nürnberg bedrohenden und dann Mitte August 1796 besetzenden französischen Revolutionstruppen, und seiner Ehefrau Elisabetha Ludovica Emanuela Henniger von Eberg (1789–1826). Damit war die in Linz lebende, mit Susanna Maria von Tucher gleichaltrige Wilhelmine von Haller, die 1852 39 Vgl. die Briefe im Anhang: Nr. II, V, VI, VIII, X, XI, XIII, XIV, XV, XVIII, XXI, XXII, XXIX. 40 Vgl. Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 212.

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Sigmund Friedrich von Tröltsch (1815–1898) heiratete, zugleich eine Cousine Maria Helena Susanna Hegels und Johann Sigmund Karl von Tuchers. Wie die gesamte Tucher-Familie traditionell fester Bestandteil der Nürnberger Gesellschaft war, so war auch Susanna Maria von Tucher über die engeren verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Grundherr von Altenthann und Weiherhaus, Haller von Hallerstein oder von Schwarz auf Artelshofen, Hirschbach und Henfenfels hinaus in sie einbezogen. Wiederholt berichtet sie, ohne in jedem Fall namentlich konkret zu werden, von Begegnungen mit an die Pegnitz gezogenen Mitgliedern fränkischer Adelsfamilien wie den in der „Fränkischen Schweiz“ beheimateten Aufseß und den ursprünglich im Hohenloher Land ansässigen Crailsheim sowie von Angehörigen der Nürnberger Patrizierfamilien Fürer von Haimendorf, Geuder von Heroldsberg und Holzschuher von Harrlach. Ihr vor dem 9. April 1846 begonnenes Poesiealbum, das als „Stammbuch der Susanne Hegel geb. v. Tucher“ überliefert ist, läßt mit seinen zahlreichen Zitaten, Sinnsprüchen und persönlichen Eintragungen fast ausschließlich weiblicher Personen einmal mehr den Kreis vor allem der etwa gleichaltrigen Nürnberger Freundinnen und Verwandten erkennen. 41 Und zum weiteren Nürnberger Verwandten- und Bekanntenkreis gehörte auch die aus dem thüringischen Kleinschmalkalden stammende Neubürgerfamilie Wiß. Johann Christoph David Wiß, verheiratet mit Rosina Alexandrina von Schwarz (1799– 1861), war jener Onkel Susanna Maria von Tuchers, der ihr am 20. September 1849 in Simmelsdorf ihren Berliner Cousin Karl Hegel aus Rostock als „Vetter aus Amerika“ vorgestellt hatte. 42

Fromm und voller Gottvertrauen

„Ich habe mich treulich vor Gott geprüft“, schrieb Susanna Maria von Tucher in ihrem ersten Brief vom 25. Oktober 1849 an Karl Hegel, mit dem sie in die angetragene Verlobung „im Aufschauen zu Gott“ einwilligte, „der uns, das glaube ich fest, für einander bestimmte“ 43. Damit gab sie den Grundton ihrer Brautbriefe und ihres ganzen Lebens 44 vor, der unverwechselbar von großer persönlicher Frömmigkeit und grenzenlosem Gottvertrauen geprägt war und ihre in der gegenseitigen Liebe fundierte Verbindung mit ihrem Cousin einzig als Gottes Willen verstand. Gegenüber ihrer

41 42 43 44

Privatnachlaß Karl Hegel: „Stammbuch der Susanne Hegel geb. v. Tucher“. Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 7 u. ö. Brautbrief Susanna Maria von Tuchers, Nr. 1. Siehe Karl Hegels Aufzeichnungen „Letzte Worte meiner lieben Susanna“ in seinem „Gedenkbuch“ von Weihnachten 1877 bis zu ihrer Todesstunde am Neujahrstag 1878: Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 228–230.

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Tante und zukünftigen Schwiegermutter bekannte sie ihre „feste Überzeugung, der Herr habe uns für einander bestimmt und aufbewahrt“ 45. Dieser verinnerlichte romantisierende und moralisierende Glaube, der unmittelbar Gott persönlich erfahrbar machte, und das sich daraus ergebende Denken und Handeln im alltäglichen Leben waren im allmählich auch zur Industriestadt werdenden Nürnberg ganz wesentlich geprägt von Pietismus und Erweckungsbewegung innerhalb der evangelisch-lutherischen Kirche. Sie begannen seit den 1820er/1830er Jahren von der Universität Erlangen ausgehend theologisch – „Erlanger Schule“ beziehungsweise „Erlanger Theologie“ 46 – wie praktisch – karitativ und missionarisch – wirksam zu werden und das kirchliche wie soziale Leben zu beeinflussen. Für die Tucher-Familie wurde ganz wesentlich die Begegnung mit dem aus Fürth stammenden Pfarrer Wilhelm Löhe, der von 1826 bis 1830 in Erlangen Theologie studiert hatte. Ihm dürften Familienangehörige wohl erstmals während seiner Zeit als Aushilfspfarrer in Behringersdorf, wo Susanna Maria von Tuchers Vater Gutsverwalter gewesen war, und als Pfarrverweser an St. Egidien in Nürnberg in unmittelbarer Nähe ihres Wohnsitzes in den Jahren 1834/35 in seinen Gottesdiensten und Bibelstunden begegnet sein, bevor er 1837 Pfarrer in Neuendettelsau wurde. Löhes erste Begegnung mit Sophia Maria Luise von Tucher in Nürnberg datiert nach einem seiner Tagebucheinträge vom 9. Februar 1835, seine Bekanntschaft mit ihrem Bruder Gottlieb und dessen kirchenmusikalischen Interessen und Studien aus dem Februar 1841. 47 In Neuendettelsau entfaltete Löhe seine volle Wirksamkeit für Mission und Diakonie und wurde dabei finanziell immer wieder vom Hause Tucher unterstützt. Aber auch persönlich stellten sich mehrere Frauen der alten Patrizierfamilie in den Dienst seiner Sache. Sophia Maria Luise von Tucher blieb ihr mit ihrer Arbeit für die schließlich im Jahre 1854 gegründete Diakonissenanstalt – ohne selbst je Diakonissin geworden zu sein – lebenslang verbunden und errichtete drei Jahre später, kurz vor ihrem Tod, die „Sophie von Tucher’sche Fräuleinstiftung“. Ihre ältere Schwester Sophie Maria Friederike von Meyer, die seit ihrer Rückkehr von Wetzlar und Frankfurt am Main nach Nürnberg im Jahre 1843 wieder viel in ihrem Elternhaus verkehrte, engagierte sich in ihrer bereits von den Schattenseiten der Industrialisierung geprägten Heimatstadt stark für arme und kranke Frauen sowie insbesondere Kinder und ließ als alleinerziehende Mutter ihre Töchter Maria (1824–1885) und Helena (1827– 1888) in Neuendettelsau zu Diakonissen ausbilden, zum Teil mit Nürnberg als Wir45 Anhang, Brief Nr. V. 46 Thomasius, Das Wiedererwachen des evangelischen Lebens in der lutherischen Kirche Bayerns; Hein, Lutherisches Bekenntnis und Erlanger Theologie im 19. Jahrhundert; Beyschlag, Die Erlanger Theologie. 47 Vgl. zu den Beziehungen Löhes zur Familie Tucher im einzelnen: Stempel-de Fallois, Das diakonische Wirken Wilhelm Löhes, sowie Stempel-de Fallois, Freifrauen von Tucher (jüngere Linie) als bedeutende Mitarbeiterinnen und Förderinnen der „Diakonissenanstalt“ in Neuendettelsau.

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kungsort. Wie Gottlieb von Tucher, der Löhe vom Ende der 1840er Jahre in finanziellen Angelegenheiten beriet, war auch seine Ehefrau Thekla dem Wirken des Pfarrers eng verbunden; ihre Töchter Maria Wilhelmine (1837–1921), Helene Marie Luise (1838–1857), Anna Sophia Maria (1842–1935) und Elisabeth Luise (1843–1864) waren zeitweise – vom elterlichen Wohnsitz zunächst in Neuburg an der Donau, dann von München aus – Schülerinnen in Neuendettelsau. 48 Susanna Maria von Tucher war eine eifrige, aber gegenüber den Pfarrern und ihren Predigten auch kritische Kirchgängerin und liebte vor allem die Jakobskirche ihrer Heimatstadt, aber sie bedurfte – wie sie bekannte – „der äußerlichen Kirche“ nicht, „um Gottes Gegenwart zu fühlen und zu genießen“ 49, sondern sie konnte sich auch allein im Gebet auf Gott konzentrieren und ihm ihre Bitten und Wünsche vortragen. Mit der Erweckungsbewegung als einer Erneuerungsbewegung innerhalb des Luthertums wurde sie wohl vor allem durch ihre Begegnungen mit dem ebenfalls in Nürnberg geborenen Theologen und Pädagogen Friedrich Bauer (1812–1874) 50 und durch seine Unterweisungen in Hauskreisen konfrontiert. Als enger Vertrauter und Mitarbeiter Löhes hielt er im Hause Tucher, aber zum Beispiel auch bei den verwandten Kiesers die sogenannten „Bauers-Kränzchen“ ab und erörterte mit seinen Zuhörern theologische Fragen wie die Lehre von der Dreieinigkeit nach dem Athanasianischen Glaubensbekenntnis, worüber Susanna Maria von Tucher Karl Hegel gelegentlich berichtete. 51 Außerdem nahm Susette Anfang Dezember 1849 an einem Ausflug ihrer Familie nach Erlangen teil, wo neben ihrem Bruder Gottlieb, der dort im gerade begonnenen Wintersemester 1849/50 sein Studium der Rechtswissenschaft aufgenommen hatte, vor allem der Theologie-Professor Dr. Johann Hofmann (1810–1877) besucht werden sollte, den man mit seiner Ehefrau nicht zufällig im Hause des lutherischen Philosophen Emil August Schaden (1814–1852) antraf. 52 Der aus Nürnberg stammende Hofmann war nach seiner Professorenzeit an der Universität Rostock von 1842 bis 1845, wo ihn Karl Hegel kennengelernt hatte 53, an die Universität Erlangen zurückgekehrt und wurde hier zum Haupt der „Erlanger Theologie“. 54 Wenn Susanna Maria von Tucher, die sich sonst nie zu Angelegenheiten der Universität äußerte, Ende Februar 1850 an ihren Verlobten schrieb, Hofmann werde „sich freuen über die Berufung von Delitzsch nach Erlangen“ 55, dann ging sie auf Ausführungen von Karl Hegel in 48 Vgl. Stempel-de Fallois, Das diakonische Wirken Wilhelm Löhes, S. 297–305. 49 Brautbrief Nr. 4. 50 Zu ihm vgl. Rößler, Friedrich Bauer; mit weiteren Beiträgen auch in: Elisabeth FuchshuberWeiß, Hermann Reiner und Hans Rößler, Friedrich Bauer – ein fränkischer Schulmann und Theologe mit weltweiter Wirkung (= Neuendettelsauer Hefte, Heft 6), Neuendettelsau 2011. 51 Vgl. Brautbriefe Nr. 8, 9 und 16 sowie Die Brautbriefe Karl Hegels, Nr. 11. 52 Vgl. Brautbrief Susanna Maria von Tuchers, Nr. 6. 53 Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 147f. 54 Zu Hofmann sei hier nur verwiesen auf Beyschlag, Die Erlanger Theologie, S. 58–82. 55 Vgl. Brautbrief Nr. 15.

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seinem Brief vom 25. Februar 1850 ein. 56 Franz Delitzsch (1813–1890) war ab 1846 wenige Jahre ordentlicher Professor an der Universität Rostock gewesen und wechselte im Jahre 1850 für 17 Jahre nach Erlangen, wo er an der Seite Hofmanns und anderer mit dazu beitrug, daß die „Erlanger Theologie“ Weltgeltung erlangte.

Der Weg zur „Frau Professorin“

Mit ihrer Verlobung – so schrieb Susanna Maria von Tucher in ihrem ersten Brief an Karl Hegel – „übergebe ich mich Dir mit allen Schwächen und Fehlern, und gelobe Dir heilig, durch die völlige Hingabe meines Wesens, es Dir möglich zu machen, mich zu bilden, wie Du es haben willst, in der festen Überzeugung, dadurch edler, vollkommener und Gott gefälliger zu werden.“ 57 Damit formulierte sie einen Gedanken, der sich durch alle ihre Briefe an ihren Verlobten zieht, und verband ihn nur einen Satz später mit ihrer Gewißheit, daß „ich Vieles aufgeben muß, das mir bis jetzt lieb, ja unentbehrlich war“, denn mit einer Heirat war zwangsläufig der Wechsel von Nürnberg nach Rostock an den Wirkungsort Karl Hegels verbunden, wie sie ihn schon bei mancher Freundin erlebte, die nach auswärts geheiratet hatte oder ihrem Ehemann bei beruflicher Veränderung folgen mußte. Seiner zukünftigen Ehefrau das Einleben in der fremden Stadt an der Ostsee vorzubereiten und so angenehm und leicht wie möglich zu machen, war Karl Hegels vornehmstes Bestreben, wie aus seinen Briefen an Susanna Maria von Tucher immer wieder erkennbar wird, denn er war sich bewußt, daß sie ihm in eine ihr „ganz fremde Welt“ folgte 58, die ihr landschaftlich als norddeutsche Hafenstadt und gesellschaftlich als Universitätsstadt doppelt fremd sein mußte. Sein nie nachlassendes Bemühen, seiner Braut von den Ehefrauen seiner Kollegen oder von gesellschaftlichen Zusammenkünften mit ihnen zu berichten und ihr „eine gewisse Angst vor den norddeutschen Frauen“ zu nehmen 59, diente dem Zweck eines ersten Bekanntwerdens mit seiner Umgebung aus der Ferne, wie Susette auch nur aus der Distanz das Entstehen eines – ihres – zukünftigen Professoren-Haushaltes verfolgen konnte. 60 Einen unmittelbaren persönlichen Eindruck von Rostock konnte ihr vor Karl Hegels Nürnberg-Besuchen zu Weihnachten 1849 und Ostern 1850 nur Charlotte Hofmann vermitteln, selber aus Bremer Kaufmannsfamilie stammend und Ehefrau des früheren Rostocker, seit 1845 Erlanger Theologen. Sie muß ihr bei dem erwähnten Besuch der Tucher-Familie in Erlangen Anfang Dezember 1849 von der Hafenstadt an der Ostsee geradezu 56 57 58 59 60

Die Brautbriefe Karl Hegels, Nr. 16, S. 85. Brautbrief Nr. 1. Die Brautbriefe Karl Hegels, Nr. 2, S. 16. Brautbrief Nr. 3. Vgl. zusammenfassend: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 187–190.

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vorgeschwärmt haben, denn Susette schrieb am 7. Dezember 1849 an Karl, daß „Frau Professor Hoffmann [. . . ] mir nicht genug rühmen [konnte], wie gerne sie in Rostock gelebt hätte, und wie liebe und vorzügliche Menschen ich dort finden würde“. 61 Wie Karl Hegel in durchaus pädagogischer Absicht den Vorschlag gemacht hatte, die gegenseitigen Briefe in Form eines ununterbrochenen Tagebuchs zu schreiben, so hatte er auch im bildungsbürgerlichen Geist angeregt, über die Entfernung zwischen Nürnberg und Rostock hinweg „unseren Gedankenaustausch an irgend eine gemeinschaftliche schöne Lectüre“ zu knüpfen. 62 Susanna Maria von Tucher griff diesen Vorschlag sofort auf und erwartete Vorschläge 63, konnte aber auch auf eigene Kenntnisse von Werken Goethes, Lessings und Shakespeares verweisen, zum Teil im privaten Schulunterricht erworben, zum Teil in „Literatur-Stunden bei Herrn Pfarrer Heller“ gewonnen 64, dem aus Nürnberg stammenden Johann Karl Konrad Heller (1807–1885). Er war nach seinem Studium der evangelischen Theologie in Erlangen und Berlin lange Zeit als Hauslehrer in seiner Geburtsstadt tätig gewesen, bevor er ab 1843 unterschiedliche Pfarrstellen an St. Lorenz innehatte. Daneben spiegeln ihre Briefe nach Rostock ein großes musikalisches Interesse, wenn sie von einer Aufführungen der Oper „Martha“ von Friedrich von Flotow 65, die erst 1847 in Wien uraufgeführt worden war, von Konzerten mit Werken der Komponisten Ludwig van Beethoven und Franz Schubert, kirchenmusikalischen Aufführungen und eigenem Musizieren berichtete und mit ihrem Bräutigam über Felix Mendelssohn Bartholdys „Frühlingslied“ ins Gespräch kam, zu dem sie ihm Noten schickte. 66 Doch insgesamt war Susette das Nürnberger Kulturleben zu schmal, zu eng und zu wenig anspruchsvoll, weshalb sie sich in dieser Hinsicht größeres Angebot und eine größere Weite in einer Universitätsstadt erhoffte. Wohl auch deshalb ist es nicht verwunderlich, daß sie sich bei ihren Lektüren besonders von Berthold Auerbachs (1812–1882) Erzählung „Die Frau Professorin“ angesprochen fühlte 67, die erstmals 1846 – und später im Rahmen seiner weitverbreiteten „Schwarzwälder Dorfgeschichten“ – erschienen war. 68 In ihr verlieben sich der Maler und spätere Akademie-Professor Reinhard und die Wirtstochter Lorle ineinander, heiraten und ziehen gemeinsam in die vom heimatlichen Dorf und ihrer Familie entfernte Residenzstadt. Auerbach verarbeitete in diesem Werk die ihm zugetragenen Kenntnisse eines noch geheimen Liebesverhältnisses zwischen dem im fränki61 62 63 64 65 66 67 68

Brautbrief Nr. 6. Die Brautbriefe Karl Hegels, Nr. 2, S. 16. Brautbrief Nr. 2. Brautbrief Nr. 3. Brautbriefe Nr. 3, 4, 14. Brautbrief Nr. 10. Brautbrief Nr. 17. Berthold Auerbach, Die Frau Professorin. Erzählung, zuerst publiziert in: Urania. Taschenbuch auf das Jahr 1847, N.F. Jg. 9 (1846), S. 283–446.

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schen Fürth geborenen, damals in Zürich wirkenden Anatomen Jakob Henle (1809– 1885) und dem aus dem thurgauischen Tägerwilen stammenden, unehelich geborenen Dienst- und Nähmädchen Elise Egloff (1821–1848). 69 Susanna Maria von Tucher beschäftigte mit dieser Erzählung einmal mehr die ihr mit der Heirat Karl Hegels bevorstehende Trennung von Heimatstadt, Familie und Freunden und nicht die in der Dichtung in erster Linie thematisierte „Treppenheirat“ und damit eine Heiratsform, die gerade in der großen gesellschaftlichen Öffnungs- und Umbruchszeit der Mitte des 19. Jahrhunderts eine immer größere Bedeutung gewann. Denn von einer – bevorstehenden – nicht standesgemäßen Eheschließung konnte im Falle Susanna Maria von Tuchers und Karl Hegels gar nicht mehr die Rede sein, stammte seine Mutter doch aus derselben Adelsfamilie wie seine Braut. Diese Frage stand aber ein knappes halbes Jahrhundert zuvor noch durchaus im Raum, in einer Zeit, als ständische Abgeschlossenheit noch das Heiratsverhalten bestimmte und eine Öffnung des Adels gegenüber dem Bürgertum erst allmählich einsetzte. Als der von außen zugezogene bürgerliche Gymnasialrektor Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der sich stets in finanziellen Schwierigkeiten befand und einen unehelichen Sohn hatte 70, die Patriziertochter Maria Helena Susanna von Tucher heiraten wollte 71, wurde ihm dies keineswegs leicht gemacht. Ihr Vater Jobst Wilhelm Karl von Tucher strebte eine standesgemäße Eheschließung seiner ältesten Tochter an und bestand zumindest auf einer Anstellung des schwäbischen Philosophen als Universitätsprofessor, was ihm ebenbürtig erschien. 72 Hegel machte seinen alten Kollegen und Freund Friedrich Immanuel Niethammer (1766–1848), damals Oberkirchen- und Zentralschulrat in München, mit seinem Problem bekannt, der seiner bevorzugten defensiven Haltung gegenüber dem Familienoberhaupt Tucher entschieden widersprach, wenn er in seinem Brief vom 5. Mai 1811 an Hegel feststellte, daß er „als Professor und Rektor des Gymnasiums in Nürnberg [. . . ] angesehen und würdig genug [sei], um öffentlich und solenn als Mitglied einer Familie aufgenommen zu werden, die in dem vorigen Glanze der Reichsstadt Nürnberg allerdings eine sehr angesehene Stellung eingenommen hat“, und von einer Zeit sprach, „in welcher persönliches Verdienst und selbsterworbener Rang ohne alle Ahnen mehr adelt als alle Ahnenproben“. 73 Erst als dem Vater seiner „Marie“ erläutert wurde, daß es im Unterschied zur Universität Erlangen für die Nürnberger Schulen schon eine allgemeine Dienstpragmatik gab, die im Versorgungsfall allen Staatsdienern Witwenpensionen aus einem bereits eingerichteten Rentenfonds und damit eine Basis für die Altersversorgung seiner Toch69 Vgl. dazu: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 158–160. 70 Ludwig Friedrich Fischer (1807–1831). 71 Vgl. zum „Connubium“ in der Nürnberger Gesellschaft des 19. Jahrhunderts Hirschmann, Das Nürnberger Patriziat, S. 117f. 72 Vieweg, Hegel, S. 349f. 73 Briefe von und an Hegel, Nr. 183, S. 358–361, hier S. 359 und S. 360.

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ter zusprach 74, willigte er in die Heirat ein 75 und stellte seinen zukünftigen Schwiegersohn – im Sinne der Familientradition – auch seinem Vater Friedrich Wilhelm Karl von Tucher (1736–1814) vor, also Maria Helena Susanna von Tuchers Großvater und Susanna Maria von Tuchers Urgroßvater. Am 30. Mai 1811 schrieb Hegel an Niethammer: „Es handelt sich daher jetzt nur darum, daß der Vater – denn die übrige Familie ist einverstanden – die Zusicherung erteilte, daß sie [die Hochzeit] in jedem Falle, ich sei auch noch Gymnasialrektor, auf den Herbst vorgehe. – Ihre vortrefflichen an die Hand gegebenen Motive sind nicht unbenützt geblieben.“ 76 Am 14. August 1811 erhielt Georg Wilhelm Friedrich Hegel seine „Heirats-Lizenz“ 77, und am 15. September 1811 konnte der 41jährige Bürger seine 21 Jahre jüngere adelige Braut heiraten. Universitätsprofessor wurde er erst fünf Jahre später nicht im fränkischen Erlangen 78, sondern im badischen Heidelberg, als sein Schwiegervater schon gestorben war. Wie die Hochzeit des Philosophen Hegel mit Maria Helena Susanna von Tucher eine Liebesheirat und keine Versorgungsehe war, so war es auch mit der Verbindung seines Sohnes mit ihrer Nichte. Vater Hegels Ehefrau und – ab 1831 – Witwe wurde in den Adressenfeldern der an sie gerichteten Briefe stets „Frau Professor“ tituliert 79, was sie sofort nach der Eheschließung ihres Sohnes Karl für ihre neue Schwiegertochter übernahm. Immanuel Hegel schrieb seiner Mutter am 29. Mai 1850, daß ihr Hochzeitsbrief an seine Schwägerin, „addressirt an Frau Professorin Hegel“, am Vortage nach der Trauung angekommen sei. 80

74 So Niethammer an Hegel im selben Brief vom 5. Mai 1811: Briefe von und an Hegel, Nr. 183, S. 358–361, hier S. 360. 75 Kaube, Hegels Welt, S. 226. 76 Briefe von und an Hegel, Nr. 185, S. 362–367, hier S. 363 und S. 363f. 77 Briefe von und an Hegel, Nr. 193, S. 382. 78 Vgl. Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert, Nr. VIII/1, S. 157f.; Georg Wilhelm Friedrich Hegel lehnte mit Schreiben vom 6. September 1816 aus Nürnberg den an ihn ergangenen Ruf an die Universität Erlangen ab. 79 Siehe die Beispiele im Anhang. 80 Anhang, Nr. XXVI.

Die Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers: „Susettens Briefe im Brautstand Oct. 1849–Mai 1850.“

Nr. 1 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 25. Oktober 1849

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 20. Oktober 1849, Nr. 1, S. 9–12] [fol. 1r] Nürnberg d[en] 25 Oct. 1849. Lieber, theurer Karl! Dein Brief hat mich überrascht und tief ergriffen, und ich fühle meine Sprache zu arm, um Dir die Erhebung zu schildern, die Deine fast ungeahnte, herzliche Liebe, in mir hervorrief. Ich habe mich treulich vor Gott geprüft, und sage Dir mit vollster Überzeugung, und von Grund der Seele, daß ich mich mit ganzer Liebe und unbedingtem Vertrauen, Dir hingeben kann, in der festen Zuversicht, das höchste Lebensglück in der Verbindung mit Dir zu finden, und in dem Vertrauen auf Gott und Deine Liebe, daß es auch mir gelingen werde, Dich, lieber Karl, glücklich zu machen. Während der letzten Zeit Deines Aufenthaltes bei uns, ergriff mich der Gedanke oft mächtig, ob ich Dir mehr sei, als Andere, aber, da ich in Deinem Wesen nur die allgemeine, ver- [fol. 1v] wandtschaftliche Zuneigung zu bemerken glaubte, so verwarf ich alle ähnlichen Gedanken als unbegründet und zwecklos. In den letzten Stunden zwar, drängte sich mir der Gedanke gewaltsamer auf, und ich konnte nur in der Überzeugung, wie ich Dir so gar Nichts sein und bieten könne, Schutz dagegen finden; und sieh’, mein lieber Karl, das ist auch der Zweifel, der mich bei Empfang Deines Briefes

Nürnberg d. 25 Oct.1849. Ort und Datum stehen oben rechts. Während der letzten Zeit Deines Aufenthaltes bei uns Karl Hegel hielt sich zuletzt einen Monat vom (wahrscheinlich) 19. September bis 18. Oktober 1849 in Nürnberg bzw. Simmelsdorf auf. verwandtschaftliche Zuneigung Susanna Maria von Tucher (1826–1878) war als Tochter Johann Sigmund Karl von Tuchers (1794–1871) eine Cousine Karl Hegels, dessen Mutter Maria Helena Susanna Hegel, geb. von Tucher (1791–1855), eine Schwester ihres Vaters war.

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Abb. 1a–1d: Susanna Maria von Tuchers 1. Brautbrief vom 25. Oktober 1849

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beschlich, ob Du in mir das finden wirst, was Du hoffst und erwartest, ob Du glaubst, in der Vereinigung mit mir, die Befriedigung zu erhalten, die Du bis jetzt vermißt hast. Bist Du, mein theurer Karl, davon überzeugt, nun so übergebe ich mich Dir mit allen Schwächen und Fehlern, und gelobe Dir heilig, durch die völligste Hingabe meines Wesens, es Dir möglich zu machen, mich zu bilden, wie Du es haben willst, in der festen Über- [fol. 2r] zeugung, dadurch edler, vollkommener und Gott gefälliger zu werden. – Ich thue diesen Schritt, den wichtigsten meines Lebens im Aufschauen zu Gott, der uns, das glaube ich fest, für einander bestimmte, ich thue ihn ohne Leidenschaft, aber mit aller Innigkeit, deren mein Herz fähig ist. Ich weiß, daß ich Vieles aufgeben muß, das mir bis jetzt lieb, ja unentbehrlich war, aber ich weiß und fühle auch, daß Du durch Deine, mir so theure Liebe, mir Alles reich ersetzen kannst, und so gebe ich Dir nochmals die Versicherung, daß ich die Deinige werden, und Dir ganz und für immer angehören will. Deine theure Mutter, nun auch die meinige, hat mich durch die liebenden Zeilen, womit sie Deinen Brief begleitete, hoch beglückt; sie nimmt mich mit Liebe auf, und ich bringe ihr ein Herz voll der reinsten, innigsten Zuneigung. Gott gebe, daß sie bald wieder ihr Schmerzenslager verlassen kann; die gute, theure Mutter. [fol. 2v] Ich schreibe ihr so bald, als möglich, denn es drängt mich, ihr meine Liebe und meinen Dank auszusprechen. Und nun, mein theurer Karl, habe ich Dir wahr und offen geantwortet, und sehe mit freudiger Sehnsucht einem Briefe von Dir entgegen, der mir mein Glück von Neuem bestätigen soll. Meine Eltern grüßen Dich mit der innigsten Liebe; ich aber, mein lieber Karl, begleite diese Zeilen mit dem heißen Gebete, Gott möge uns beide segnen und in seinen Schutz nehmen, daß wir in unserer Vereinigung Ihn immer mehr finden und erkennen, um so das höchste, dauernde Glück zu erlangen. Lebe wohl, mein lieber, theurer Karl. Ewig in treuer Liebe die Deinige Susette.

die liebenden Zeilen Diese Zeilen der Mutter Karl Hegels an ihre Nichte konnten nicht aufgefunden werden. Ich schreibe ihr Susanna Maria von Tuchers Brief an Karl Hegels Mutter datiert vom 26. Oktober 1849 aus Nürnberg, hier abgedruckt im Anhang, Nr. II. Meine Eltern Johann Sigmund Karl von Tucher und Maria Magdalena von Tucher, geb. von Grundherr (1802–1876). Susette Koseform des französischen Vornamens „Suzette“, deutsch: Susanna, Susanne.

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Nr. 2 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 4. November 1849

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 30. Oktober 1849, Nr. 2, S. 13–17] [fol. 1r] Nürnberg d[en] 4ten November 1849. Mein lieber theurer Karl! Gestern Abend erhielt ich Deinen lieben, herrlichen Brief, und mit wie frohem Herzen benütze ich dieses, den lieben Großeltern geraubte Stündchen, um Dir dafür zu danken, und Dir die Versicherung zu geben, wie hoch mich jeder neue Beweis Deiner Liebe beglückt. Ich wartete schon Donnerstags mit Sehnsucht auf den Briefboten, und gab mich wider Willen der süßen Hoffnung hin, Du habest schon Sonntags meinen Brief bekommen und ich könnte schon Antwort haben; als nun gestern der ersehnte Brief erschien, ach da war ich zurecht so glücklich, und doch dann wünschte ich Dich, Du Lieber, so innig zu mir, um Dir mündlich jeden Gedanken mittheilen zu können, daß meine liebe [Mut]ter mich ungenügsam schalt, und meinte ich könnte recht zufrieden sein. Ich bin es ja auch, denn jede Zeile Deines lieben Briefes zeigt mir mehr und mehr, was ich Alles in Dir und durch Dich habe, aber wärest Du bei mir, ich würde mich dan[n] noch viel glücklicher fühlen. Wie gerne nehme ich darum au[ch] Deinen Vorschlag an, unsre Briefe in Form eines Tagebuches [zu] schreiben, dadurch ist es mir eher möglich, Dich zum Theilnehmer aller meiner Empfindungen und Gedanken zu machen, was [mir,] seitdem wir so wenig verbunden sind, ein wahres Herzensbed[ürf ]niß ist; morgen werde ich damit beginnen und hoffe, es [wird] uns gelingen, die schwere Trennung so viel als möglich zu [. . . .] Heute morgen war ich nach langer Zeit wieder in meinem lieben Jakobskirchlein bei unserm Herrn Pfarrer Pürkhauer. Es war mir ein überaus wohlthuendes, eignes Ge-

Nürnberg d. 4ten November 1849. Ort und Datum stehen dicht am oberen und rechten Seitenrand, im Schriftbild teilweise zerstört. Großeltern Georg Christoph Karl von Grundherr (1777–1867) und Anna Katharina Maria von Grundherr, geb. von Grundherr (1774–1857). daß meine liebe [Mut]ter Durch Papierzerstörung am rechten Seitenrand nicht voll lesbar. so viel als möglich zu [. . . .] Durch Papierzerstörung am rechten Seitenrand nicht voll lesbar. Jakobskirchlein Die auf das 12./13. Jahrhundert zurückgehende Jakobskirche wurde bis 1532 vom Deutschen Orden genutzt. Im Zuge der Durchsetzung der lutherischen Reformation in Nürnberg wurde sie auf bis 1806 katholisch gebliebenem exterritorialen Gebiet des Deutschen Ordens im Jahre 1810 evangelische Pfarrkirche. Pfarrer Pürkhauer Albert Franz Pürkhauer (1806–1858) wurde nach seinem Studium der

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fühl, mit dem Gedanken an Dich, der mir noch so fremd war, als ich zum letzten Mal (es war, ehe ich nach Linz reiste) diesen Raum besuchte, die liebe Stätte zu betreten; wie freute ich mich, daß wir das heutige, schöne Licht in meinem Glauben feiern konnten und [fol. 1v] fand darin eine neue Ursache, Gott zu danken, der mich ja über alles Bitten und Verstehen herrlich und glücklich geführt hat. Du fragst mich, mein liebster Karl, welchen Eindruck unsre Verlobung in meinem näher und ferner stehenden Kreise gemacht hat; ich glaube überall, oder doch nur mit wenig Ausnahmen, war es ein freudiger, wenigstens haben schon viele Freunde und Bekannte mir ihre herzlichen Glückwünsche gebracht und mich gebeten, sie Dir zu empfehlen; unter andern Pfarrer Vorbrugg, unser Beichtvater, Frau Consulent Holzschuher, die sich mit wahrhaft mütterlicher Zärtlichkeit freut, und Laura Haller, die Frau des Majors Haller. Auch Fanny Fürer wünschte mir Glück, bat sich aber aus, ferner Deine theilnehmende Freundin sein zu dürfen, worauf ich ihr sagte, es wäre mir sehr leid, wenn Du durch mich Etwas verlieren würdest. Die arme Fanny ist durch ihre Kränklichkeit so gereizt, daß es ihr fast unmöglich wird, einen Wunsch mit Ergebung aufzugeben; doppelt schwer wurde es ihr, ruhig zu sein, da Mathildens Abreise, sie ohnedieß schmerzlich bewegte. Mathilde ist am letzten Dienstag mit schwerem Herzen weg; ich begreife es, daß es ihr traurig ist, die Heimath wahrscheinlich für immer zu verlassen. Wenn ich sie nicht mit Dir verlasse! ich kann freilich freudiger scheiden, da

evangelischen Theologie an den Universitäten Erlangen und Berlin 1835 Pfarrer an der Heilig-Geist-Kirche und 1841 an St. Jakob in Nürnberg. Linz Stadt an der Donau im Kaiserreich Österreich. – Susanna Maria von Tucher hielt sich von Juni bis Mitte August 1849 bei Verwandten in Linz auf; vgl. Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 162. Pfarrer Vorbrugg Johann Christian Michael Vorbrugg (1796–1866) wurde nach einem Studium der evangelischen Theologie an der Universität Erlangen 1823 Pfarrer in Nürnberg an St. Jobst, 1826 an St. Jakob und 1838 an der Heilig-Geist-Kirche. Consulent Berater, Rechtsanwalt. Frau Consulent Holzschuher Josepha Karoline Wilhelmine Helene von Holzschuher, geb. von Braun (1795–1875), zweite Ehefrau des Consulenten und Syndikus Rudolf Christoph Karl Sigmund von Holzschuher (1777–1861) sowie Mutter von zehn Kindern, darunter Elise Karoline Friederike Holzschuher (1827–1850), eine Freundin Susanna Maria von Tuchers. Laura Haller Karoline Amalie Laura von Haller, geb. von Troeltsch (1812–1872), war in zweiter Ehe mit Johann Sigmund VI. Samuel von Haller (1794–1873) verheiratet. Major Haller Johann Sigmund VI. Samuel von Haller war als Witwer in zweiter Ehe mit Karoline Amalie Laura von Troeltsch verheiratet. Fanny Fürer „Fanny“ ist wohl der Rufname für Emma Sophie Rosalie Anna Fürer von Haimendorf (1813–1869), die mit Valentin Liberda (1803–1844), einem Professor der Philosophie in Iglau, verheiratet gewesen war; sie war eine Schwester Mathilde von Fürers. Mathilde Mathilde Rosalie Sophie Anna Fürer von Haimendorf (1815–1893) war von 1842 an die zweite Ehefrau des seit 1839 verwitweten Juristen Dr. Karl Friedrich Richter (1804– 1878) in Olmütz; sie war eine Schwester „Fanny“ von Fürers.

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ich die feste Zuversicht habe durch Dich und Deine Liebe immer reich entschädigt zu sein. O, mein lieber Karl, wie kannst Du Dir selbst so Unrecht thuen, indem Du Dich selbstgenügsam, hart und spröde nennst; ich bemerkte Nichts davon in Deinem Wesen, und selbst, wenn es wäre, mir ist nicht bange, wir lieben uns ja, und werden dadurch geschützt sein vor allen Anwandlungen der Selbstsucht und Härte. Ja gewiß, indem wir uns zum Himmel bereit machen in unserm häuslichen Glück, gewähren wir Keinem dieser unfreundlichen Gäste, Einlaß. [fol. 2r] In meinem nähern Kreise ist die Theilnahme eine ungetheilt freudige; meine lieben, theuren Eltern sind, wie Deine engelsgute Mutter, glücklich durch unser Glück, sie umgeben mich mit der zartesten Liebe, ebenso meine Geschwister, besonders die Kleinen. Meine guten Großeltern freuen sich mit großer Innigkeit und mein lieber Großvater wird ganz jung und frisch wenn er uns von seinem lieben Mecklenburg erzählt. Meine süße Herzens Lina, diese treue Seele, die mit rührender Innigkeit an mir hängt, grüßt Dich tausend Mal und versichert Dir, daß sie keine Ansprüche auf eine baldige Antwort macht. Von Onkel Gottlieb und Tante Thekla erhielten wir kürzlich Nachricht. Sie beklagen Beide, jetzt nicht in Nürnberg zu sein, und begrüßen Dich freudig als lieben Doppel-Verwandten. Ganz besonders habe ich Dir noch Grüße zu sagen von Tante Bayerlein, die unglücklich war, nicht öfter Gelegenheit gehabt zu haben,

Geschwister Susanna Maria von Tucher hatte noch sechs lebende Geschwister, zwischen 19 und drei Jahren alt: Gottlieb Karl Sigmund (1830–1850), Maria Therese Karoline (1834– 1905), Luise Karoline (1836–1901), Sophie Maria (1839–1871), Caroline Maria (1844– 1913) und Friedrich Wilhelm Sigmund (1846–1924). Zwei ältere Brüder, Georg Christoph Karl (1824–1846) und Christoph Friedrich Karl (1827–1842), und eine Schwester Rosina Maria (1841–1842) waren gestorben. Großvater Georg Christoph Karl von Grundherr. Mecklenburg Herzogtum, dann Großherzogtum an der Ostsee, staatlich in zwei Teile gegliedert: in das größere Mecklenburg-Schwerin und in das kleinere Mecklenburg-Strelitz. Lina Caroline Luise Susanna Maria von Grundherr, geb. von Schwarz (1826–1896), Tochter Benoits (Georg Christoph Benedikt) von Schwarz (1801–1876) und Luise Carolines von Schwarz, geb. von Tucher (1804–1846), war eine Cousine und die engste Freundin Susanna Maria von Tuchers. Onkel Gottlieb Christoph Karl Gottlieb Sigmund von Tucher (1798–1877), jüngerer Bruder des Vaters Susanna Maria von Tuchers und der Mutter Karl Hegels, zumeist „Gottlieb“ genannt. Tante Thekla Thekla Therese Eleonore von Tucher, geb. von Gemmingen-Steinegg (1813– 1901), war die zweite Ehefrau des früh verwitweten Christoph Karl Gottlieb Sigmund von Tucher; er war in erster Ehe mit Maria Helena Wilhelmine von Haller (1804–1834) verheiratet gewesen. Tante Bayerlein Maria Karolina Sophia Wilhelmina Bayerlein (Beyerlein), geb. von Furtenbach (1800–1878), war eine Cousine und Jugendfreundin der Mutter Susanna Maria von

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Dich zu sehen. Sie kam zu Wiß nach dem Essen, wenn Du Dir vielleicht erinnerst; sie trug mir auf, Dich speciell von ihr zu grüßen. Doch, jetzt genug von meinem Kreis; ich möchte Dir danken für jede Mittheilung, die Du mir gibst, und zu geben versprichst über Deine Umgebung; ich freue mich so, an Deiner Hand in alle die lieben Familien zu treten, die mich künftig umgeben sollen, und bitte Dich, mir recht viel davon zu schreiben, um in Deiner Welt recht bekannt und vertraut zu werden. Die liebenswürdige Frau Deines Freundes ist mir ein freundlicher Gegenstand meiner Gedanken, und ich freue mich sehr, sie kennen zu lernen. Möchtest Du sie wohl recht freundlich von mir grüßen und sie in meinem Namen bitten, manchmal theilnehmend meiner zu gedenken. Mein lieber Vater trug mir auf, Dich zu bitten, in Deinem näch[sten] Brief eine Karte mit unsern beiden Namen zu schiken, um hier eben solche stechen zu lassen; auch läßt er Dir vorschlagen, im Fall Du mehrere Briefe nach Süden, wie Erlangen, München [fol. 2v] zu schicken hast, sie uns in einem Paket durch die Fahrpost zu senden, wir wollen sie weiter befördern.

Tuchers; sie hatte 1821 den Rittmeister und späteren Major der Cavallerie, Wilhelm Georg Bayerlein, geheiratet und war 1838 von ihm geschieden worden. Wie Maria Magdalena von Tucher stammte ihre Mutter aus der Nürnberger Patrizierfamilie der Grundherr von Altenthann und Weiherhaus. Wiß Johann Christoph David Wiß (1780–1867) und Rosina Alexandrina Wiß, geb. von Schwarz (1799–1861), waren seit 1819 verheiratet. Ihr Bruder Georg Christoph Benedict von Schwarz (1801–1876) heiratete 1825 Luise Caroline Ernestine von Tucher (1804–1846), wodurch zwischen Wiß und Tucher eine verwandtschaftliche Beziehung entstand. Johann Christoph David Wiß schuf ab 1827 die Nürnberger Gartenanlage „Rosenau“, benannt nach seiner Ehefrau Rosina, und war der „Onkel Wiß“, der im September 1849 Karl Hegel mit Susanna Maria von Tucher in Simmelsdorf bekannt machte (vgl. dazu: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 7, 175 u. ö.). Die liebenswürdige Frau Deines Freundes In seinem Brautbrief Nr. 2, S. 14, hatte Karl Hegel als ersten Kollegen an der Universität Rostock den Mediziner Hermann Friedrich Stannius (1808–1883), seinen „lieben Freund“, und dessen „liebenswürdige Frau“ Berta Stannius, geb. Fromm (1818–1905), genannt. Karte mit unsern beiden Namen Visitenkarte des Brautpaares hat Karl Hegel in Rostock drucken lassen; vgl. Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 15 mit Abb. 1. Erlangen Fränkische Universitätsstadt im Königreich Bayern. München Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern. Fahrpost Transport von Sachen wie u.a. Post-Massensendungen durch spezielle Wagen oder Postkutschen.

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Mit Deinem lieben Brief erhielt ich gestern auch Briefe von Deiner lieben Mutter, von Manuel und Friederike. Wie glücklich fühle ich mich, diesen Lieben jetzt so nah anzugehören; Deine theure Mutter schreibt mir selbst, wenn auch mit Mühe, sie ist so lieb, so gut gegen mich, daß ich sie mit Entzücken meine Mutter nenne. Wie hast Du, liebster Karl, so ganz meinen Wunsch errathen, indem Du mir vorschlägst, Etwas gemeinschaftlich mit Dir zu lesen; Du fragst, ob meine häuslichen Geschäfte es mir erlauben, diesem Vorhaben nachzukommen; ach, gewiß, da finde ich leicht ein Stündchen, besonders wenn ich eine Lecture habe, die mich anspricht, und daß Du, mein theurer Karl, mich genug kennst, um mir eine mir angenehme vorzuschlagen, bin ich überzeugt. Ich werde Dir offen mittheilen, welchen Eindruck mir das Gelesene machte und bitte Dich, mich zu leiten und zu belehren. Darf ich Dir noch einen rechten Herzenswunsch mittheilen, mein lieber, lieber Karl? Du kannst ihn mir vielleicht nicht erfüllen, aber er ist mir zu lieb, als daß ich ihn nicht offen gegen Dich aussprechen sollte. Könntest Du nicht vielleicht das schöne Weihnachtsfest mit uns in Nürnberg feiern? Ich möchte so gerne diese herrliche Zeit recht ungetheilt und glücklich zum letzten Male im Elternhause verleben, und das kann ich nicht, wenn Du, mein Liebster, der Du der Mittelpunkt meiner Gedanken und Wünsche bist, es nicht mit mir feierst. Vergieb, und fürchte nicht, mir wehe zu thun, wenn Du mir meine Bitte abschlagen mußt. Um recht bald wieder eine Antwort von Dir erhalten zu können, will ich den Brief heute Abend noch schließen, so daß er morgen Mondtag Mittag abgeht; Deinen Brief erhielt ich Samstag Nachmittag. Leb’ denn wohl, mein lieber, theurer Karl! Gott sey mit Dir und Deiner Susette. Mondtag. Ich kann den Brief nicht siegeln, ohne Dir recht herzlich einen guten Morgen zuzurufen. Es ist ein herrlicher Morgen, so hell und freundlich wie der letzte, den wir miteinander verlebten, und der heutige ist noch schöner [. . . .] Briefe von Deiner lieben Mutter, von Manuel und Friederike Diese Briefe konnten nicht aufgefunden werden. Manuel Immanuel Hegel (1814–1891), in der Familie meistens „Manuel“ genannt, war Sohn des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Maria Helena Susanna Hegels, geb. von Tucher, sowie Bruder Karl Hegels. Als studierter Jurist war er ab 1838 auf allen Ebenen der preußischen Staatsverwaltung in hohen Positionen, zuletzt im Staatsministerium tätig. Von 1865 bis 1891 war er Präsident des Königlichen Konsistoriums der Provinz Brandenburg zu Berlin. Friederike Friederike Hegel, geb. Flottwell (1822–1861), war Tochter des preußischen Staatsmanns und oftmaligen Oberpräsidenten Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865) und Auguste Flottwells, geb. Lüdecke (1794–1862), sowie Ehefrau Immanuel Hegels. Mondtag Montag, der 5. November 1849. ist noch schöner [. . . .] Durch Papierzerstörung am linken Seitenrand, der für den Zusatz quer beschrieben wurde, nicht vollständig lesbar.

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Nr. 3 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 6.–13. November 1849

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 1.–9. November 1849, Nr. 3, S. 17–26] [fol. 1r] Dienstag, d[en] 6ten November [1849] Mein lieber, bester Karl! Gestern schon wollte ich Dir schreiben, aber ich konnte nicht dazu kommen; nicht aus Mangel an Zeit, sondern wegen einer trüben Stimmung, die ich Dir offen bekennen will und darf. Meine gute Mutter und auch die Kinder waren so lieb und zärtlich gegen mich, daß mir der Gedanke, sie zu verlassen, recht schwer fiel; ich rief mir Deine Liebe, mein theuerster Karl, vor die Seele, ich malte mir unser häusliches Glück mit den lebhaftesten Farben aus, aber der weite Raum, der mich von Dir trennt, die Aussicht auf acht lange Tage, die verstreichen mußten, ehe ich einen Liebesboten von Dir empfangen könnte, das Alles drückte mich so, daß ich nicht an Dich schreiben konnte. Wüßte ich nicht, daß Du mich verstehst, daß Du nachsichtig meine Schwäche beurtheilst und nicht einen Mangel an Liebe daraus folgerst, ich hätte nicht den Muth, es Dir so offen zu gestehen; übrigens, mein lieber Karl, fürchte nicht, daß diese Stimmung anhaltend bei mir ist; bist Du erst bei mir, dann werden keine solche Wolken den Himmel meiner Hoffnungen trüben; blicke ich ja doch heute schon viel heiterer in die Zukunft und freue mich herzlich auf unser trauliches Stillleben; auch von dem Umgang mit Deinen Freunden und Freundinnen verspreche ich mir großen Genuß, und hoffe in diesem Umgang das zu finden, was ich hier bei aller Liebe doch öfter schmerzlich vermißte; es fehlte mir so oft die rechte Stütze, um daran einen unselbständigen Gedanken zu halten, so daß ich oft unklar und schwankend, oder matt und gleichgültig wurde. Du, mein lieber Karl, und der Kreis, in den Du mich einzuführen gedenkst, Ihr bietet mir, das bin ich gewiß, viel mehr in dieser Hinsicht und mein innerer Mensch wird, so Gott will, nicht leer dabei ausgehen. Mittwoch, d[en] 7ten [November 1849] Wirst Du wohl mit mir zufrieden sein, wenn Du erfährst, wo ich heute Abend war? Bin ich es doch selbst nicht ganz; doch [fol. 1v] Du sollst es hören. Meine liebe, süße Dienstag, d. 6ten November Datum ohne Jahreszahl und Ort stehen linksbündig unter der zentral geschriebenen Anrede, aber Absendeort und Jahr ergeben sich unzweifelhaft aus dem Überlieferungskontext. Mit diesem Brief beginnen die Tagebuch-Briefe Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel. Meine gute Mutter Maria Magdalena Tucher, geb. von Grundherr. Kinder Die fünf jüngsten Geschwister Susanna Maria von Tuchers.

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Lina forderte mich auf, ins Theater zu gehen; es war die Oper „Martha“. Ich nahm die Aufforderung an, und als ich dort war, dachte ich mir, ob es Dir recht sein würde, daß ich diesen Abend einer Unterhaltung opfere, die Du unter dem Mittelmäßigen fandest; es fiel mir unser Gespräch bei Lina ein, wo Du mir sagtest: „man muß sich nie mit dem Mittelmäßigen begnügen“, und ich wünschte mich fort aus dem Theater. War ich vielleicht durch diese Erinnerung nicht in der Stimmung, es schön zu finden, oder ließ die Aufführung wirklich so Viel zu wünschen übrig, ich war durchaus nicht befriedigt. Ich weiß wohl, daß Du mit dieser Aüßerung nicht ernstlich den Theaterbesuch meintest, sondern überhaupt die Genügsamkeit mit allem Unwillkommenen, die nach und nach das ganze Wesen verflacht, daß man keinen Maßstab für das Wirklich-Große mehr hat; aber mir fiel sie immer ein und es war mir, als gehörte ich nicht ins Theater. Donnerstag d[en] 8ten [November 1849] Ich las heute mein Tagebuch, das ich seit 6 Jahren, wenn auch nicht regelmäßig führte, durch, und schloß es, da ich jetzt durch Deine Liebe, mein theurer Karl, ein Herz mein nennen kann, dem ich meine Gedanken und Empfindungen anvertrauen darf. War ich schon, seitdem ich die Deine bin, erhoben durch die so sichere Überzeugung, unsre Verbindung für das Werk und die Fügung Gottes, so wurde mir dieser Gedanke doch doppelt klar und lebendig, als ich so manchen Blick in mein verflossenes Leben warf, und sah, wie so Vieles, was ganz getrennt von unsrer Liebe scheint, mittelbaren Einfluß auf unsre Vereinigung hatte, und wie gütig und freundlich Gott mich führte, um mich zu dem Glück, Dir anzugehören, fähig zu machen. Mündlich, mein bester Karl, kann ich Dir mehr sagen, und Du wirst mit mir dem Herren danken, der besser weiß als wir, wann und wie Er uns einen Wunsch erfüllen soll. Freitag, d[en] 9ten [November 1849] Heute Abend war ich bei meiner süßen Lina, wie wohl wird mir immer [fol. 2r] bei diesem reinen, gemüthvollen Wesen. Möchte mir der liebe Gott seinen Segen geben, um Dich, mein theurer Karl, so zu beglücken, wie meine Lina ihren Friedrich. Wir Theater Das im klassizistischen Stil erbaute und am 1. Oktober 1833 eröffnete „Alte Stadttheater“ stand als Mehrspartentheater bei St. Lorenz an der Stelle, wo sich seit 1801 das „Nationaltheater“ als erste stehende Bühne Nürnbergs befunden hatte. Oper „Martha“ Die romantische komische Oper „Martha oder Der Markt zu Richmond“ von Friedrich von Flotow (1812–1883), Libretto von Friedrich Wilhelm Riese (1807–1879), wurde am 25. November 1847 in Wien uraufgeführt. mein Tagebuch Susanna Maria von Tucher führte seit 1843 ein Tagebuch in französischer Sprache, von dem nur drei Blätter mit fünf beschriebenen Seiten erhalten sind, die offensichtlich aus einem gebundenen Band herausgeschnitten wurden. An den linken Rändern sind noch die Einstichlöcher der Fadenheftung erkennbar. Vgl. dazu: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 176–181. Friedrich Friedrich Karl Alexander von Grundherr (1818–1908) war der Sohn Georg Chri-

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bemerkten im Lauf des Gesprächs, daß unsre vier Geburtstage im nahen Zusammenhange stehen; der Deinige ist den Tag vor dem meiner lieben Lina, und Friedrich seiner den Tag vor dem meinigen. Du schiltst mich vielleicht abergläubisch, und ich messe diesem Zusammentreffen auch keine Wichtigkeit zu, aber es schien mir eine gute Vorbedeutung und ich bin kindisch genug, mich darüber zu freuen. – Eine liebliche Überraschung war mir heute ein Besuch von Fanny Fürer, die außerordentlich herzlich mich begrüßte, viel herzlicher und inniger, als da ich sie zum ersten Male sah. Sie scheint jetzt ruhig zu sein über ihre zerstörten Hoffnungen, und mir that der Gedanke so wohl, daß mein Glück Niemanden einen stillen Kummer macht. Sie kennt Dich mein liebster Karl, und preist mich glücklich; wie fühlte ich mich erhoben, den stillen Jubel meines Herzens durch sie ausgesprochen zu hören. Samstag d[en] 10ten [November 1849] Heute wird wohl schon ein Brief an mich unterwegs sein, wie freue ich mich! sind doch Deine Briefe immer höchste Freude, da es uns noch nicht vergönnt ist, Aug’ in Auge uns so Vieles mitzutheilen, was schriftlich unmöglich so frisch und frei sein kann. – Ich war heute bei Meiers und sah die liebe Antonie in ihrer stillen Seligkeit, die ihr der gute Gott schenkt, trotz aller körperlichen Schmerzen, zu denen sich oft noch schwere Seelenkämpfe gesellen. Sie grüßt Dich herzinnig und freut sich, Dich meinen Karl, der ihr dadurch auch näher ist, zu sehen. Es ist rührend, wie die Ihrigen ihr das schwere stoph Karl und Anna Katharina Maria von Grundherrs sowie Ehemann Lina (Caroline Luise Susanna) von Grundherrs, geb. von Schwarz. Als Kaufmann wurde er Associé der Drogerieund Farbwarenhandlung Georg Friedrich Riemann und übernahm diese 1847, bevor er mit seinem Teilhaber Friedrich Hertel die Firma „Grundherr & Hertel“ gründete. Später übernahm er zahlreiche Aufgaben und eine Reihe führender Funktionen im Nürnberger Wirtschaftsleben. vier Geburtstage Karl Hegel wurde am 7. Juni 1813 geboren, Lina von Grundherr, am 6. Juni 1826, Friedrich von Grundherr am 15. März 1818 und Susanna Maria von Tucher am 16. März 1826. ihre zerstörten Hoffnungen Offenbar hatte sich „Fanny“, Emma Fürer von Haimendorf (1813–1869), einmal Hoffnungen gemacht, Karl Hegels Ehefrau zu werden. In seinem Brief vom 30. Oktober 1849 formulierte er ohne Namensnennung: „ich besorge, daß er [der Eindruck unserer Verlobung] an einer Stelle ein schmerzlicher gewesen ist, wenngleich ich mir deshalb keinen Vorwurf zu mache habe.“ (Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher, Nr. 2, S. 16). Samstag d. 10ten. Ab hier ist das Datum im Original nicht mehr – wie sonst – in einer eigenen Zeile geschrieben. bei Meiers Philipp Anton Guido Meyer (1798–1869), Diplomat (großherzoglich-mecklenburgisch-schwerinscher Legationsrat bei der Bundestagsgesandtschaft in Frankfurt am Main) und Schriftsteller, sowie Ehefrau Sophia Maria Friederike Meyer, geb. von Tucher (1800– 1863) („Tante Fritz“), Schwester Maria Helena Susanna Hegels und Johann Sigmund Karl von Tuchers sowie Tante Karl Hegels und Susanna Maria von Tuchers. Antonie Antonia Meyer (1828–1850), Tochter Guido und Sophia Maria Friederike Meyers.

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Kreuz tragen helfen durch treue, aufopfernde Liebe und herrlich wie Gott ihren Glauben stärkt. Sonntag d[en] 11ten [November 1849] Wärst Du doch heute mit mir in der Kirche gewesen!! wir waren bei Pürkhauer und hörten eine herrliche Predigt über die Worte: Gebet Gott, was Gottes ist. Er sprach so feurig über die vollständige Hingabe des Herzens an den Herrn, daß ich wohl fühlte, ich gäbe Gott nicht so ganz, was ihm gehört; doch [fol. 2v] ich hoffe, in unsrer Vereinigung, in unsrer gegenseitigen Liebe wird mein Herz lernen, sich immer mehr dem zu eigen zu geben, der die Quelle der allein wahren Liebe ist, und der, das glaube ich mit freudiger Zuversicht, zu unserm Bunde sein Ja und Amen spricht. Mondtag Abend Dank, innigen Dank für Deinen reichen Brief, den ich so eben erhalten. Ich hatte heute angefangen, zu hoffen und doch war ich überrascht, als mein Wunsch so bald erfüllt wurde. Wie freut mich Alles, was Du mir schreibst, Deine Mittheilungen über den Kreis Deiner Freunde, besonders die Erwähnung dieser jungen Schwäbin, zu der ich schon ein besondres Herz gefaßt habe. Ich bin recht kindisch, daß ich mich einer gewissen Angst vor den norddeutschen Frauen nicht erwehren kann; ich meine, sie sind nicht so einfach und die Furcht von ihnen weit übersehen zu werden, überwiegt in mir die Hoffnung, durch ihren Umgang recht viel zu gewinnen. Bei Männern ist mir das Gefühl nicht peinlich, so tief unter ihnen zu stehen, aber gegenüber von Frauen berührt es meinen hochmüthigen Sinn immer unangenehm. Ich weiß daß es nicht recht ist, aber sieh, mein theurer Karl, Dir kann ich alle meine Schwächen ganz offen gestehen und Dich um Nachsicht bitten. Die liebe Schwäbin denke ich mir wie die gute Tholuk oder meine Herzens-Tante Thekla und freue mich unendlich, sie kennen zu lernen. Dein Wunsch, mein bester Karl, ist auch unser Gedanke und mein Wunsch. So schwer ich mich von den Meinen trennen werde, so bin ich doch mit so getheiltem Herzen in dem lieben Kreis, daß ich mich nach der Zeit sehne, wo ich einer Stellung von ganzer Seele und mit allen Kräften angehöre. Ich bin Dein für alle Zeit und Ewigkeit, und das Leben, das ich jetzt führe, erscheint mir nur ein halbes. – Was Du mir wegen Deines Kommens an Weihnachten schreibst, erfüllt mein Herz mit süßer wenn auch schwanGebet Gott, was Gottes ist Wohl nach dem Matthäus-Evangelium 22, 21: „Da sprach er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ bzw. gleichlautend: Lukas-Evangelium 20, 25, und Markus-Evangelium 12, 17. Schwäbin Charlotte Bruns, geb. Gmelin (1816–1900), stammte aus dem schwäbischen Esslingen am Neckar und war mit Karl Georg Bruns (1816–1880), ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften an der Universität Rostock, verheiratet. Tholuck Mathilde Tholuck, geb. von Gemmingen-Steinegg (1816–1882), Ehefrau des Hallenser Theologie-Professors Friedrich August Traugott (Gotttreu) Tholuck (1799–1877) und Schwester Thekla Therese Eleonore von Tuchers.

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kender Hoffnung; doch ist mir genug, zu wissen, daß es auch Dein Wunsch ist, und daß Du kommst, wenn es sein kann. Ich will es Dir nicht [fol. 3r] schwer machen durch Klagen, wenn es Dir nicht möglich ist, diesen unsern gemeinschaftlichen Wunsch zu erfüllen, sondern mich an Weihnachten auf Ostern vertrösten Wegen der Lecture, die Du mir vorschlägst, will ich Dir noch schreiben, mein liebster Karl. Iphigenia und Tasso habe ich gelesen, auch Nathan, Dichtung und Wahrheit zum Theil, von Homer noch Nichts, ich wagte mich nicht daran, von Shakespeare Einiges, Hamlet, Romeo, den Kaufmann von Venedig, Wie es Euch gefällt; diese Werke noch einmal und andere mit Dir im nächsten Sommer oder an den langen, traulichen Winterabenden zu lesen, ist mir eine liebe, schöne Aussicht; für jetzt aber wünsche ich mir Iphigenie, als das was ich am längsten nicht gelesen und was mich besonders ansprach. Ich hatte vor zwei Jahren mit den Meisten meiner Bekannten LiteraturStunden bei Herrn Pfarrer Heller, wo wir unter andern Tasso und Nathan lasen; über Iphigenia kann ich Dir nur sagen, was mir selbst einfällt, und das wünschest Du ja, nicht wahr, mein Liebster. – Von Berlin haben wir seit dem 3ten [November 1849] Nichts gehört; die gute theure Mutter schrieb mir da selbst ein liebes, inniges Briefchen und auch Friederike und Manuel, durch deren geschwisterliche Liebe ich mich so reich fühle, sagten mir Worte der herzlichsten Freude über unser Glück; ich glaube, Dir in meinem letzten Briefe davon gesagt zu haben, denn ich erhielt diese Briefe mit dem Deinen. Gottlob, daß Du Iphigenia Johann Wolfgang von Goethes (1749–1832) Schauspiel „Iphigenie auf Tauris“ war erstmals 1787 im Druck erschienen. Tasso Goethes Schauspiel „Torquato Tasso“ war erstmals 1790 im Druck erschienen. Nathan Gotthold Ephraim Lessings (1729–1781) Drama „Nathan der Weise“ erschien erstmals 1779 im Druck. Dichtung und Wahrheit Goethes vierbändige Autobiographie „Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit“ war in den Jahren 1811, 1812, 1814 und – nach des Dichters Tod als Teil von „Goethe’s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand“ – 1833 erschienen. von Homer noch Nichts Homers Epen „Ilias“ und „Odyssee“ waren Susanna Maria von Tucher auch in den 1781 und 1793 erschienenen Übersetzungen von Johann Heinrich Voß (1751–1826) unbekannt. Shakespeare William Shakespeare (1564–1616). Hamlet, Romeo, Kaufmann von Venedig, Wie es Euch gefällt Susanna Maria von Tucher dürfte die Dramen „Hamlet“, „Romeo und Julia“, „Der Kaufmann von Venedig“ und „Wie es euch gefällt“ von William Shakespeare in der bis 1833 vollendeten deutschen Übersetzung von August Wilhelm Schlegel (1767–1845), Ludwig Tieck (1773–1853) und Wolf Heinrich Graf von Baudissin (1789–1878) gelesen haben. Pfarrer Heller Johann Karl Konrad Heller (1807–1885) wurde nach seinem Studium der evangelischen Theologie an den Universitäten Erlangen und Berlin 1837 Pfarrer in Beerbach und ab 1843 an St. Lorenz in Nürnberg. Berlin Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Preußen. inniges Briefchen Dieses Briefchen wie andere Briefe der Berliner Verwandtschaft wurden nicht gefunden.

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seitdem wieder bessre Nachrichten von der theuren Mutter hast; wie freue ich mich, mehr in ihrer Nähe zu sein und mich mit Dir in ihre Pflege theilen zu können; die gute, liebe Mutter! es wird mir ganz warm ums Herz, wenn ich denke, daß ich ihr so nahe angehöre; wie Viel verdanke ich Dir, mein lieber, theurer Karl!! Die Karte, die Du so freundlich warst, mir zu schicken, finde ich sehr hübsch; es ist ein ganz liebes Gefühl, unsre beiden Namen so eng vereinigt zu sehen. Nur Eines ist mir nicht recht, daß Du mir den Vorrang läßt; ich folge Dir nach, in Allem, ach, es ist mir ja viel leichter und lieber [fol. 3v] zu folgen, als selbstständig aufzutreten; und Tante Sophie! Die würde unzufrieden mit Dir sein, daß Du Dich Deiner Herrschaft begiebst; ich erkenne sie ja gerne an, oder wir theilen uns darein und führen beide den Scepter mit Liebe. Mein Papa hat hier auch schon Karten drucken lassen, und da steht Dein Name natürlich voraus, doch sind sie noch nicht fertig, sonst würde ich Dir eine schicken; daß Du siehst wie gut sich das ausnimmt; ich fühle mich ganz sicher unter Deinem Namen, ordentlich unter Deinem Schirm und Deiner Obhut und setze so gerne mein Leben unter Deinem Namen fort. Daß Du meinen Brief so spät empfingest, thut mir herzlich leid, denn ich darf ja von meiner Sehnsucht nach einem Brief auf die Deine schließen. Er muß auf der Post liegen geblieben sein, denn ich schickte ihn ganz sicher um 11 Uhr Morgens hinüber, daß er um 1 Uhr mit dem Bahnzuge fortgehen sollte; dieser wird hoffentlich schneller gehen; ich gebe ihn morgen Dienstag Vormittag auf und Du kannst ihn dann Freitag haben. Wäre es Dir nicht recht, die Briefe unfrankirt zu schicken? Durch die weite Entfernung von der Post ist es mir manchmal schwer, sie zur rechten Zeit, hinüber zu bringen, die unfrankirten kann ich aber in den Briefkasten, der in der Nähe ist, legen lassen; ist dies recht, so richten wir unsre Correspondenz so ein. – Doch jetzt muß ich für heute schließen, es ist ½12 Uhr, und meine Mama treibt zur Ruhe, wenn auch mein Herz und meine Hand nicht müde wird, mit Dir zu plaudern. Morgen früh schließe ich den Brief noch mit einem frischen Guten Morgen. Dienstag [13ter November 1849] Nur noch ein paar Worte kann ich heute hinzufügen, es könnte sonst zu spät zur Aufgabe werden. Ich fühle mich heute wieder so reich in Deiner Liebe, daß mir mein ganzes, früheres Leben ganz arm und leer erscheint. Heute über sechs Wochen ist Weihnachten, doch ich will mich noch nicht freuen.

Karte Gemeinsame Visitenkarte der Verlobten; vgl. Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 15 mit Abb. 1. Die von Susanna Maria von Tuchers Vater in Nürnberg in Auftrag gegebenen Karten sind unbekannt. Tante Sophie Gemeint ist wohl die in Neuendettelsau im von Pfarrer Wilhelm Löhe (1808– 1872) gegründeten Diakonissenhaus lebende Sophia Maria Luise von Tucher (1802–1857), die jüngere Schwester von Karl Hegels Mutter und Susanna Maria von Tuchers Vater.

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Leb wohl, mein lieber, bester Karl, ich brauche Dich nicht zu bitten mir bald zu schreiben, Du weißt daß Deine Briefe meine höchste Wonne sind. Deine Susette.

Nr. 4 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 13.–22. November 1849

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 11.–18. November 1849, Nr. 4, S. 26–32] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 22 NOV 1849 Adressenfeld: An Herrn Professor Karl Hegel in Rostock. Mecklenburg. [fol. 1r] Dienstag, d[er] 13te [November 1849] Mein theurer, liebster Karl! Heute Morgen trug ich meinen Brief an Dich selbst auf die Post, um ihn recht sicher besorgt zu wissen; es wäre mir herzlich leid, wenn Du wieder so lang auf Antwort warten müßtest. – So eben komme ich von der Stadt zurück, ich war diesen Abend bei Bekannten gebeten, wo ich Gelegenheit hatte, vierhändig zu spielen. Wir spielten die Sinfonie Nro. II von Beethoven, die ich wunderschön fand; aber bei solchen Meisterwerken drängt sich mir immer die Bemerkung auf, daß ich eigentlich so wenig von Musik verstehe. Ich finde nur nach meinem eignen Gefühl ein Tonstück schön oder nicht, aber ich kann mir den Gedanken, der sich durchzieht, nicht klar machen; und darum nicht immer urtheilen, ob eine Composition Werth hat oder nicht. Ich sah es wohl, als ich Dir ein Mal in Simmelsdorf vorspielte, daß Du mit meiner Wahl nicht zuDienstag, d. 13te Datum ohne Monatsname, Jahreszahl und Ort stehen linksbündig vor der zentral geschriebenen Anrede. Sinfonie Nro. II von Beethoven Ludwig van Beethovens (1770–1827) zweite Sinfonie in D-Dur entstand in den Jahren 1801/02 und wurde am 5. April 1803 in Wien uraufgeführt. Simmelsdorf Namengebender Sitz der Nürnberger Patrizier-Familie Tucher von Simmelsdorf. Der nordöstlich Nürnbergs gelegene Ort wurde 1598 erworben, das ursprüngliche Was-

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frieden warst; Du, mein lieber Karl, wirst von jetzt an meinen Geschmack bilden und meine Wahl leiten. [Mittwoch] d[en] 14ten [November 1849] Der wunderschöne Herbsttag lockte heute Alle, die sich losmachen konnten, ins Freie, und auch meine Mama entschloß sich zu meinem großen Erstaunen mit uns auf den Hummelstein zu gehen, wo immer Mittwochs Viele unsrer Bekannten und Freundinnen ihren Nachmittag zubringen. Du kennst vielleicht den Ort; es ist einer der hübschesten in unserer traurigen Gegend. Deine theure Mutter erzählte mir einst von einem Nachmittage, den sie dort mit Deinem Vater zubrachte, ehe sie versprochen waren; intressant war mirs daher in Erinnerung an Dich, mein theurer Karl und an Deine Eltern den Ort wiederzusehen. Sonst aber war ich wenig befriedigt von der Unterhaltung, die uns dort geboten wurde. Es waren die Meisten meiner Bekannten da, auch meine liebsten Freundinnen Lina, Luise Schwarz, Holzschuhers, Wiß und Andre, aber ein großer Kreis, selbst von lieben Freunden ist mir immer weniger genußreich als ein Verein [fol. 1v] von Wenigen, mit welchen man dann wirklich sprechen kann; und dazu an einem Ort, wo noch Fremde sind, wo jedes Wort, jede Bewegung beobachtet wird. Das Plaudern von allen Seiten, die verschiedenen, flüchtigen Bemerkungen, die abgerissenen, unterbrochenen Gespräche, das Alles macht mich ganz verwirrt und ich bin dann gewöhnlich sehr still. Ihr kennt im Norden diese Kaffeeparthien an öffentlichen Plätzen nicht, glaube ich; und es ist auch wirklich Nichts Schönes daran. Übrigens, mein lieber Karl, fürchte nicht, daß ich so einseitig bin, um mich nur auf den Umgang mit Einzelnen zu beschränken; wo Du mich einführst und bekannt machst, werde ich mit Freuden mich anzuschließen suchen; aber ich bin überzeugt, es ist Dir ein kleiner Kreis von innig vertrauten, gleichgestimmten Freunden auch am liebsten; ach ich freue mich so sehr auf Alle, die Dir wirklich nahe stehen. [Freitag] d[en] 16ten [November 1849] Gestern konnte ich Dir leider nicht schreiben, da ich zu sehr in Anspruch genommen war; ach es ist mir oft so peinlich, daß ich so schwer ein ruhiges Plätzchen finden kann, serschloß wurde in den 1830er Jahren im neugotischen Stil umgebaut, nachdem im Jahre 1808 das „Neue Herrenhaus“ errichtet worden war. Hummelstein Zum ehemaligen Weiler Hummelstein gehörendes Ausflugsgelände südlich des „Glockenhofes“ der Familie von Grundherr und westlich des Lorenzer Reichswaldes, nach der Eingemeidung im Süden Nürnbergs gelegen. Deinem Vater Der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel wirkte von 1808 bis 1816 als Direktor des Egidien-Gymnasiums und Schulrat in Nürnberg, wo er Maria Helena Susanna von Tucher kennenlernte und am 15. September 1811 in der Heilig-Geist-Kirche heiratete; siehe dazu Vieweg, Hegel, S. 348–352. Luise Schwarz Luise Schwarz (1826–1881) war die Tochter Jeannots (Johann Christoph David) von Schwarz (1802–1885) und Nichte Benoits und Luise Carolines von Schwarz, geb. von Tucher, sowie eine Jugendfreundin Susanna Maria von Tuchers.

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um Dir zu schreiben; und wüßte ich nicht, daß Du nachsichtig bist und meine Briefe mehr mit Augen der Liebe, nicht wahr, das darf ich glauben? – als mit dem scharf prüfenden Verstande liest, ich hätte nicht den Muth, sie Dir so unklar und verwirrt zu senden, als sie sich oft durch die mich umgebende Unruhe gestalten; andrerseits entziehe ich mich ungern den Kleinen, die die Haupt-Unruhe-Stifter sind, denn der Gedanke an die Trennung macht sie mir lieber als je. Gewöhnlich schreibe ich Dir, mein theurer Karl, Abends, aber gestern wars so kalt und unheimlich bei uns, daß mir die Hände ganz starr wurden, wenn auch das Herz Dir immer warm entgegenschlägt. Heute wurde mir eine rechte Herzensfreude durch den Besuch meines lieben Herrn Pfarrer Deinzer aus Großengsee, der mir mit aller Innigkeit seines treuen, frommen Gemüthes seine Segenswünsche brachte. Du lerntest ihn bei uns kennen, und es thut mir so leid, daß [fol. 2r] er eben zu der Zeit so gedrückt war durch körperliche Leiden, die einen großen Einfluß auf seine Stimmung äußern. Würdest Du ihn so kennen wie wir ihn Alle kennen, Du würdest ihm Deine Achtung und gewiß auch Zuneigung nicht versagen. Er ist sehr ernst und entschieden, in mancher Beziehung wie Onkel Gottlieb, aber so mild und freundlich in der Beurtheilung Anderer, dabei so entfernt von aller Überspannung und Schwärmerei, daß ich mir schon oft dachte, im Umgang mit diesem Mann, ferne von anderen Einsichten müsse es leicht sein, den rechten Weg zu finden und auch darauf zu bleiben, aber der liebe Gott will ja, daß der Christen Weg durch die Welt gehe, und ich wünsche mir nicht mehr ein abgeschiedenes Leben, wie ich voriges Jahr fast versucht gewesen wäre, sondern bin überzeugt, mit Dir, mein theurer Karl, in unsrer traulichsten Häuslichkeit mich auch zum Himmel bereiten zu können, wie Du selbst so schön in Deinem vorletzten Brief schreibst. [Samstag] d[en] 17ten [November 1849] Heute trennte ich mich von einer lieben Freundin, mit der ich bis jetzt immer zusammenlebte; es war das rechte Losreißen von den alten Banden, die mich an Nürnberg knüpfen; denn bliebe ich hier, so würde ich sie wahrscheinlich in einigen Jahren wiedersehen. Sophie Schiller reist morgen mit ihrem Mann nach Germersheim, wohin das Regiment, bei dem er steht, verlegt worden ist. Wir kennen uns seit dem zweiten Jahre Kleinen Die jüngeren Geschwister Susanna Maria von Tuchers. Pfarrer Deinzer Johann Georg Deinzer (1809–1856) wurde nach seinem Studium der evangelischen Theologie zunächst Hauslehrer in Nürnberg und 1840 Pfarrer an St. Helena in Großengsee. Großengsee Nördlich von Simmelsdorf gelegenes Dorf, das sich seit 1574 im Besitz der Familie Tucher von Simmelsdorf befand. Sophie Schiller Charlotte Sophie von Holzschuher (* 1826) war eine Jugendfreundin Susanna Maria von Tuchers und heiratete am 19. April 1849 den Nürnberger Arzt Dr. Karl Schiller, zugleich Bataillonsarzt bei der Königlich-Bayerischen 2. Sanitätskompanie, die nach Germersheim verlegt wurde. Germersheim Linksrheinischer Ort in der Pfalz, der 1816 an das Königreich Bayern fiel und

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und durchlebten seitdem Alles miteinander, wenn wir uns auch selten sahen. Die lange Zeit, die Gewohnheit und so viele Erinnerungen, die wir miteinander theilen, sind ein starkes Band, das uns bisher umschloß, und gewiß auch die Trennung überdauern wird. Sie zieht aber freudig mit ihrem Manne, und auch ich fühle, daß ich getrost und heiter Alles verlassen kann um Deinetwillen. Ich dachte mir’s nie, daß ich mich trennen müßte von Nürnberg und von Allem, was dieses Wort in sich schließt, oder, wenn ich mir’s dachte, so schien mir’s zu schwer; aber da hatte [fol. 2v] ich noch nicht erfahren, wie das Herz umgewandelt wird durch die völlige Übergabe des eigenen Wesens an ein liebes zweites, und wie man dann keine andre Heimath kennt und wünscht, als die des Geliebten. Sonntag, d[en] 18ten [November 1849] Heute können sich unsre Gedanken nicht in der Kirche begegnen, wohl aber doch dort, wohin sie sich bei jedem Gottesdienste richten sollen, denn es wäre schlimm, wenn wir der äußerlichen Kirche bedürften, um Gottes Gegenwart zu fühlen und zu genießen. – Mein lieber Pürkhauer predigte nicht und da kein Andrer der hiesigen Geistlichen mich so anspricht, so zog ich vor, zu Hause zu bleiben und an Dich, Du Liebster meines Herzens, zu schreiben. Wie bringst Du denn gewöhnlich die Sonntage zu? Die meinigen waren bis jetzt immer den guten Großeltern gewidmet, und ich kann nicht laügnen, daß mich das oft nicht recht befriedigte; seitdem ich aber weiß, daß ich bald diesen Kreis verlassen werde, erfüllt die rührende Liebe der Großeltern für ihre Kinder und Enkel, mein Herz oft mit wehmüthiger Freude. Mein theurer Großvater vergnügt sich ordentlich im Anschauen seiner Enkelchen und in seinen Augen erglänzt oft ein Wiederschein des kindlichen Lächelns, mit dem sie ihn umspielen; und die gute Großmutter, die trotz der Schwerfälligkeit des Alters, es sich nicht nehmen läßt, für jedes Kind in Liebe zu sorgen; es ist mir wahrhaft erhebend, dieses liebe Paar, das jetzt ausruht von den Mühen des Lebens so heiter den Abend genießen zu sehen; und ich finde immer wieder Ursache, Gott zu danken, der mich bis jetzt einem so lieben Kreis angehören ließ und mich jetzt einem andern reichen und schönen Verein zuführt, denn das weiß ich, daß ich an Deiner Mutter eine treue liebende Mutter finde und Friederike und Manuel mir theure, liebe Geschwister sind. Ich begreife jetzt nicht, daß ich öfters wähnen konnte, mein Lebensweg sei keiner von den lieblichen und schönen. Deine Liebe, mein theurer Karl, verklärte mir Alles, was ich [fol. 3r] schon erlebte, und läßt mir die Zukunft im schönsten Lichte erscheinen. [Dienstag] d[en] 20ten [November 1849] Heute schon hoffte ich auf einen Brief von Dir aber wahrscheinlich vergebens, denn es ist 5 Uhr vorüber, und später kommt der Bote nicht. Nun morgen um so gewisser, zur Festungs- und Garnisonsstadt mit mehreren Bataillonen und Regimentern der bayerischen Armee ausgebaut wurde.

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denn ich weiß, Du läßt mich nicht lange warten. Wir sind heute Abend zu Meiers geladen, und ich kann jetzt wohl ruhiger hingehen, als wenn ich einen lieben Brief von Dir erhalten hätte, zu dessen Beantwortung es mich immer drängt. d[en] 21ten [November 1849] Mittwoch Abend 5 Uhr So eben erhalte ich Deinen theuren Brief, Du lieber, bester Karl!! wie erquickt jeder neue Liebesbote mein Herz nach acht langen Tagen des Wartens. Ach, ich wußte es wohl, daß Du mir gleich schreiben würdest, und daß es nicht Deine Schuld sei, wenn ich länger warten mußte. Dank Dir mein theurer Karl, für jedes Wort der Liebe, das Du mir sagst, für jede Hoffnung auf Glück durch mich, die Du aussprichst. Ach, es ist mir so süß zu denken, daß ich Dich glücklich machen kann, ich will es ja so ernstlich, es ist ja mein höchstes Glück, Dich glücklich zu wissen, und mein höchster Stolz, Etwas dazu beitragen zu können; – aber ich kann jetzt nicht mehr schreiben, die Gedanken drängen sich mir so ungeordnet auf, so aufgeregt bin ich durch den Empfang Deines theuren Briefes, daß ich warten muß, bis sich der Sturm gelegt hat, um Dir zusammenhängend schreiben zu können. [Donnerstag] d[en] 22ten [November 1849] Die Mittheilungen aus dem Briefe Deiner Freundin, Frau Beseler, deren Namen ich schon oft mit Bewunderung und Verehrung nannte, hat mich unendlich gefreut; mein Herz schwillt bei dem Gedanken an ein gleiches Glück, ach, möchtest Du an mir eine Freundin finden, die Dich in Allem zu verstehen vermag! Ich meine wohl manchmal, Deine vertrauensvolle Liebe, die Du mir versprichst, könne Etwas aus mir machen. Mit herzlicher Liebe erwiedre ich den Schwestergruß der liebenswürdigen Frau, deren Beispiel zu folgen meine süßeste [fol. 3v] Hoffnung ist. – Du scheinst sehr viel durch die Politik in Anspruch genommen zu sein; ach, ich finde, es ist eine traurige Wirksamkeit, wo so oft bei dem eifrigsten Streben kein Ziel zu erringen ist; aber es drängt Dich, das was Du als Recht erkennst, zu vertreten, und nie sollen da kleinliche, selbstsüchtige Wünsche von meiner Seite, Dich ausschließender zu besitzen Dir hemmend entgegenstehen. Es berührte mich wohlthuend als ich in Deinem Brief die Erwähnung des Todestages Deines geliebten Vaters fand, und dieser Tag mit dem zusammentrifft an dem ich mich besonders mit Deinen theuren Eltern beschäftigte. Ich wußte die besondre Bedeutung des Tages nicht, aber unbewußt verlebte ich ihn mit Dir in Gedanken an Frau Beseler Emilie Beseler, geb. Karsten (1816–1900), war die Ehefrau Georg Beselers (1809–1888), der von 1837 bis 1842 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaft an der Universität Rostock und maßgeblich an der Berufung Karl Hegels zum dortigen außerordentlichen Professor der Geschichtswissenschaft beteiligt war. Beseler und Hegel waren seit dessen Heidelberger Studienjahren befreundet. Todestages Deines geliebten Vaters Georg Wilhelm Friedrich Hegel war am 14. November 1831 in Berlin gestorben.

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Deine theuren Eltern, während ich natürlich sonst mehr an die theure Mutter denke, da ich im Ganzen wenig Näheres von Deinem lieben Vater weiß. Du, mein geliebter Karl, wirst mich einführen in die Erinnerung an ihn; gebe Gott, daß ich einige Ähnlichkeit mit Deiner herrlichen Mutter besitze, wie Du mit Deinem Vater. Nur noch dieß kleine Plätzchen ist mir vergönnt, um Dir, mein liebster Karl, Lebewohl zu sagen. Wegen unsrer Lecture hast Du Nichts zu besorgen; ich mußte lächeln, als ich den herrlichen Monolog Iphigenies las, aber ich fürchte ihr Schicksal nicht; mit Dir fühle ich mich nie einsam. Aus Deinem Brief an meine gute Mutter sehe ich, daß die Genesung der geliebten Mutter recht langsam geht; wie heftig muß doch der Fall gewesen sein; Gott wolle seinen Segen zu ihrer baldigen Wiederherstellung geben!! ich liebe sie so innig!! Ich hätte Dir noch viel zu sagen, aber es geht heute nicht mehr. Leb wohl mein theurer Karl Deine Susette.

Nr. 5 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 24.–29. November 1849

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 19.–25 November 1849, Nr. 5, S. 32–36] [fol. 1r] Samstag, d[en] 24ten November [1849] Endlich kann ich ein Stündchen finden, um mit Dir mein Liebster zu plaudern; so sehr es mir selbst Bedürfniß ist, so kommen doch manchmal Tage, an welchen sich mir keine Möglichkeit zeigt, diesen Wunsch zu erfüllen, und wo ich mich begnügen muß, an Dich zu denken; Gott Lob, daß die äußeren Umgebungen nicht immer auch den Flug der Gedanken hemmen. – Wir waren gestern Abend bei Krailsheim gebeten, Monolog Iphigenies Eingangsmonolog in Johann Wolfgang Goethes „Iphigenie auf Tauris“, Verse 1–17: „Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern/Ein einsam Leben führt! Ihm zehrt der Gram /Das nächste Glück von seinen Lippen weg“. Brief an meine gute Mutter Dieser Brief Karl Hegels an seine Schwiegermutter konnte nicht aufgefunden werden. Samstag, d. 24ten November Die Datierung ohne Jahr und Ort steht oben links; eine Anrede fehlt. Krailsheim Wahrscheinlich sind gemeint: Franz Ernst Eduard von Crailsheim (1802–1879), königlich-bayerischer Forstmeister, und seine Ehefrau Florentine (Flora) Wilhelmine von Crailsheim, geb. von Crailsheim-Amerang (1819–1899).

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gerade sechs Wochen nach dem Abend, an dem wir miteinander dort waren. Wie oft denke ich an alle Stunden, die wir miteinander verlebten, und wenn Du, mein theurer Karl, mir Deinem Versprechen gemäß alle Geheimnisse Deiner Liebe mittheilst, so bin ich überzeugt, daß Du mir manche Momente bezeichnest, wo auch in mir der Gedanke entstand, wir würden uns nicht immer so fremd bleiben wie bisher, wenn ich es mir auch nicht klar machte, wie glücklich ich sein würde, Dir anzugehören. An dem Abend bei Krailsheim war ich freudig überrascht durch Dein Kommen, ich hatte Dich nicht mehr erwartet; und als unsre süße Lina in ihrer heitren Laune mich neckte wegen meiner Unlust, auf den Ball zu gehen, und als Du das mir unbedacht entschlüpfte Wort, ich hätte keine Lust gehabt, so wohl behieltest, da wurde ich so verwirrt, daß ich mich immer mehr verwickelte und mich über meine eigene Ungeschicklichkeit ärgerte. Tags darauf schienst Du mir so verändert, daß ich gar nicht recht wagte, Dich anzusehen, und mir dann dachte, ich sei Dir so ungeschickt erschienen neben Lina, die mir an dem Abend so unendlich liebenswürdig vorkam, daß Du gar Nichts mehr mit mir sprechen möchtest. In den letzten Tagen Deines Hierseins dachte ich mir wirklich, daß ich Dir nicht nur ganz gleichgültig, sondern unangenehm sei; bis zum Abschied! –. [fol. 1v] Sonntag [den 25ten November 1849] Heute kam ein so herzlich lieber Brief von unsrer guten Mutter an, daß ich mich überreich in ihrer Liebe fühle. Wie glücklich bin ich, daß es ihr doch wieder so gut geht, um einen ziemlich langen Brief schreiben zu können; denn außer den herzlichen Zeilen an mich war noch ein Blatt an meine gute Mutter dabei, durch das sie sich mit ihr wegen unserer künftigen Einrichtung bespricht; die guten Eltern! es ist mir wahrhaft rührend, mit welcher Liebe sie Alles bedenken, um unsre Häuslichkeit recht gemüthlich und heimlich zu machen. Mein lieber Karl, es klopft mir das Herz, wenn ich an unsre künftige gemeinschaftliche Heimath denke, und ich freue mich auf meine eigene Überraschung. – Deine theure Mutter schrieb einige Worte in ihrem Brief, die für mich die höchste Freude enthalten; soll ich sie Dir sagen? Sie schreibt: „Ich zweifle nicht, daß Karl an Weihnachten zu Euch kommt.“ – doch ich will ja geduldig warten und es Dir nicht schwer machen. – Mondtag [den 26ten November 1849] Heute war ich bei meiner süßen Lina, die Deine herzlichen Grüße freundlich erwiedert, so wie auch ihr lieber Friedrich. Wir sehen uns jetzt ziemlich oft, um die Zeit, die uns vergönnt ist, so viel als möglich zu benützen. Ich theilte ihr die eine Stelle aus Brief von unsrer guten Mutter Brief Maria Helena Susanna Hegels aus Berlin nach Nürnberg konnte nicht gefunden werden. ein Blatt an meine gute Mutter Beilage zu dem erwähnten Brief konnte nicht gefunden werden. ihr lieber Friedrich Friedrich Karl Alexander von Grundherr, Ehemann Lina von Grundherrs.

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Deinem letzten Briefe mit, die ich immer und immer wieder mit Wonne lese, die Stelle aus dem Briefe Deiner liebenswürdigen Freundin, was wir uns gegenseitig sein wollen und sein werden. Mein bester Karl, wenn ich mir früher ein glückliches, eheliches Verhältniß dachte, so wünschte ich mir immer einen Mann, zu dem ich aufblicken könnte, der mich durch nachsichtige, vertrauende Liebe emporheben würde; und das fühlte ich gleich in den ersten Tagen unsrer Verbindung, daß ich das an Dir gefunden habe, so daß ich nicht überrascht aber unendlich erfreut war, in Deinem [fol. 2r] letzten, lieben Brief meinem innersten Bedürfniß so völlige Befriedigung zugesagt zu finden. Mittwoch [den 28ten November 1849] Dank Dir, mein liebster Karl, für den theuren Liebesboten, den ich schon heute erhalten. Ich erwartete ihn erst morgen; wie lieb und gut bist Du, wie freundlich besiegst Du all meine Bedenklichkeiten, Du Lieber! Du hast mich so genau betrachtet, als ich noch keine Ahnung davon hatte, und liebst mich dennoch! sieh, das gibt mir recht, wie soll ichs nennen? ein Gefühl von Werth in meinen Augen, daß ich mit mehr Muth an alle neuen Verbindungen, in die ich treten soll, denke. Donnerstag [den 29ten November 1849] Gestern Abend konnte ich Dir, mein guter lieber Karl nicht mehr schreiben, da wir den Abend bei Holzschuhers waren, nur die liebe Mutter und ich ganz allein. Ich hatte Deinen Brief mitgenommen, wie mich jeder derselben fast immer begleitet, bis ein andrer ihn ersetzt; ach, sie sind ja mein liebstes Gut. – Ich bewahre sie in dem reizenden Kästchen auf, das Du mir gabst und so ist das Ganze mein kostbares Heiligthum. – Wie rührend ist mir Deine Sorge, um ein recht wohnliches Häuschen für uns aufzufinden; ich denke mir, daß Dir diese Sorge oft lästig wird bei Deiner beschränkten Zeit; könnte ich Dir nur Etwas abnehmen; aber es bleibt mir oder vielmehr der guten Mutter nur der leichtere Theil der Besorgungen und Du mußt Dich mit der Hauptsache plagen. Wie wohnlich und gemüthlich will ich Dir, mein liebster Karl, Alles einrichten, wenn mir die süße Pflicht obliegt für Dich zu sorgen als liebende Hausfrau. Deiner liebenswüdigen Freundin, die Dich so gefällig unterstützt, bitte ich Dich unsern herzlichen Dank zu sagen. Durch Deine Mittheilungen aus dem Kreis Deiner Bekannten und Freunde fühle ich mich nach und nach schon ganz heimisch in Rostock und es bangt mir gar nicht mehr vor dem Leben dort. Ach, mein lieber Karl, ich bin [fol. 2v] überzeugt, wo Du mir zur Seite stehst, und mich schützest ist mirs überall wohl und heimatlich. liebenswürdige Freundin Es handelt sich um Theodora Karsten, geb. Berg (†1863), die Ehefrau des Rostocker Mathematikers, Mineralogen und Physikers Hermann Karsten (1809– 1877) sowie Bruder Emilie Beselers. Kästchen Vermutlich das nicht mehr erhaltene Kästchen, in dem Susanna Maria von Tucher die Brautbriefe ihres Verlobten (siehe: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 129, Taf. 1) aufbewahrte.

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Du fragst so freundlich nach Allen in Deinem letzten Brief, daß ich Dir von Allen Nachricht geben will. Die Geschwister grüßen Dich in Liebe als ihren Bruder; die Kleinen plaudern Viel vom lieben Karl, der jetzt keinen andern Namen bei ihnen hat als: Bräutigam; sie singen Viel aus dem netten Liederbuch von Dir, und ich singe doppelt gern mit ihnen. Gottlieb ist glückselig in Erlangen; er besuchte uns zwei Mal und schwelgt in dem neuen Leben, das ihm in der Verbindung mit so vielen gleichgestimmten jungen Männern aufgegangen ist. Er nahm eine unsrer Karten mit und freut sich, sie seinen Bekannten zu zeigen. Die Mädchen intressiren sich sehr für Alles, was Bezug auf Dich und mich hat; mein Mariechen, mein Liebling denkt seufzend an die Trennung und schließt sich noch fester an mich, die sie auch mit besondrer Liebe im Herzen trägt. – Wie reich ist Deine Liebe, die mir das Alles ersetzen kann, ja die es noch weit überwiegt, mein Theurer, Einzig Geliebter! – in dem ich meine alleinige vollständige Befriedigung finde. Kieser spricht mit großer Liebe von Dir, und freut sich unsers Glücks; er will bis Ende Februar heirathen, da es Auguste, Gott sei Dank, wieder besser geht; auch Antonie erholt sich seit einigen Wochen wunderbar. – Warum, mein liebster Karl, sandtest Du mir Deinen letzten Brief nicht unfrankirt, wie ich Dich bat? Bitte thue es doch, denn sonst kann ich mir den weiten Weg auf die Post nicht ersparen. Meinen Geburtstag, mein Liebster, möchtest Du wissen; es ist wohl noch lange hin, da er erst im März und zwar den Tag vor dem Deiner theuren Mutter fällt. Nun mein theuerster Karl, sage ich Dir ein herzliches Lebewohl! Gott sei mit Dir und Deiner Susette. Gottlieb Susanna Maria von Tuchers ältester noch lebender Bruder Gottlieb Karl Sigmund von Tucher (1830–1850) studierte seit dem Wintersemester 1849/50 Jura an der Universität Erlangen. Verbindung Gottlieb von Tucher, der jüngere Bruder Susanna Maria von Tuchers, war Mitglied der Burschenschaft der Bubenreuther in Erlangen. Mariechen Marie Therese Karoline von Tucher (1834–1905) war die Susanna Maria von Tucher im Alter nächst folgende Schwester. Kieser Heinrich Kieser (1813–1893) war in Stuttgart geborener Herzoglich-Leuchtenbergischer beziehungsweise Fürstlich-Eichstättischer Bergmeister in Obereichstätt an der Altmühl im ehemaligen Hochstift Eichstätt, dem Königlich-Bayerischen Oberbergamt in München unterstehend. Um 1850 war er „Leuchtenbergischer Bergmeister in Nürnberg“ und setzte seine Berufslaufbahn später im Königreich Württemberg fort. Auguste Auguste Kieser, geb. Meyer (1830–1912), Tochter Guido und Sophia Maria Friederike Meyers und zweite Ehefrau Heinrich Kiesers. Antonie Antonia Meyer. Meinen Geburtstag Susanna Maria von Tucher wurde am 16. März 1826 in Nürnberg geboren.

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Nr. 6 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 30. November – 7. Dezember 1849

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 26. November – 3. Dezember 1849, Nr. 6, S. 36– 43] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 7 DEC 1849 3–4 Adressenfeld: An Herrn Professor Karl Hegel in Rostock. Mecklenburg [fol. 1r] [Freitag,] d[en] 30ten [November 1849] Mein theurer geliebter Karl! Wie Du Dich aus dem politischen Treiben reißen mußt um mir zu schreiben, sieh so geht es mir bei den häuslichen Beschäftigungen, die oft ihre Anforderungen an meine Zeit machen. Abends kann ich mich Dir noch am ungestörtesten widmen, aber da mein lieber Papa, der seit gestern wieder von Simmelsdorf zurück ist, oft noch spät nach Hause kommt, so wird es oft 11 Uhr und später bis einige Ruhe um mich her eintritt. Wie glücklich werde ich sein, wenn wir jeden freien Moment zu mündlichem Austausch unsrer Gedanken und Empfindungen benützen können und nicht jedes Wort erst den langen Wege durch Feder und Papier machen muß. Ich denke mir oft, wie heimlich wir unsre Häuslichkeit einrichten wollen, und hoffe, daß wir recht reich erfahren, wie es in unsrer Iphigenia heißt, daß der am glücklichsten sei, dem im eignen Hause Wohl bereitet ist. Wenn ich mir Dein bis jetzt so einsames Leben denke, sieh, dann wird der Wunsch, es Dir künftig so viel als möglich zu verschönern und zu erheitern, so lebhaft in mir, daß es mein liebstes Studium sein wird, all Deine Gedanken und Neigungen auszuforschen und Deinen Wünschen nachzukommen; wie glücklich

d. 30ten Die Datierung des Briefes steht ohne Monats- und Jahresangabe und ohne Ort links zwischen Anrede und erster Briefzeile. im eignen Hause Wohl bereitet Johann Wolfgang Goethe, Iphigenie auf Tauris, Erster Aufzug, Dritter Auftritt; Thoas, der König der Taurier, spricht zu Iphigenie: „[. . . ] / Was ich erwarb, genießen andre mehr / Als ich. Der ist am glücklichsten, er sei / Ein König oder ein Geringer, dem / In seinem Hause Wohl bereitet ist. / [. . . ]“.

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macht mich schon der Gedanke, Dir, mein liebster Karl, all mein Denken und Sinnen zu widmen. Ich arbeite treulich an mir, um fähiger zu werden, Dich zu beglücken; Dein Beifall, mein theurer Karl, ist das Ziel, nach dem ich strebe. Oft wenn ich unfreundlich oder heftig bin (sollten Dir diese Seiten meines Charakters trotz Deiner Beobachtung entgangen sein?) dann denke ich mir, wenn Du mich jetzt sehen könntest! – und ich schäme mich vor dem mich immer begleitenden Andenken an Dich. [Samstag,] d[en] 1ten Dezember [1849] Heute Abend war ich bei Aufseß, die auch Du kennst, gebeten. Sie sind mir gut und interessiren sich sehr für Alles was uns und unsre Verlobung betrifft; ich mußte ihnen Alles erzählen vom Augenblick Deines Kommens nach [fol. 1v] Simmelsdorf, bis zum Empfang Deines Briefes, der die erste Periode schloß und mich in ein neues, reiches Leben entführte. Wie gerne erinnere ich mich all der Scenen in Simmelsdorf ! – ach ich kann Dir wohl jedes Wort sagen, das Du dort und überhaupt mit mir sprachst. Ich kann Stundenlang mich damit beschäftigen, mir auszudenken, was Du wohl da und dort fühltest, wie Du diese oder jene Aüßerung meintest und sehe mit freudiger Erwartung der Zeit entgegen, wo Du mir all jene kleinen Räthsel lösen wirst. Herr v[on] Aufseß kennt Dich, mein theurer Karl, persönlich; er wünschte mir herzlich Glück und bat mich, Dich von ihm zu grüßen. Seine liebenswürdige Frau und die Töchter bedauerten, Dich nicht zu kennen, und ich versprach ihnen, Dich zu ihnen zu führen, wenn Du mal kommst. Ach, ich freue mich so, Dich All denen bekannt zu machen, die mir lieb sind. [Sonntag,] d[en] 2ten [Dezember 1849] – Heute erhielt ich schon tausend Grüße von Dir, die ich alle mit treuer Liebe erwiedre. Seit einigen Tagen schneit es nämlich unaufhörlich bei uns, und als mich heute Jemand aufmerksam darauf machte, daß die Schneeflocken alle von dem kalten Norden, wohin ich ziehen wolle, herkämen, dachte ich mir, es seyen Alles Deine Grüße und Deine liebenden Gedanken, die Du mir sendest. – Nicht wahr, ich bin recht kindisch, mein theurer Karl, aber sieh’ ich sage Dir eben Alles, was mir in den Sinn kommt, gerade wie wenn Du bei mir wärst.

Herr v[on] Aufseß Wahrscheinlich kannte Hans Philipp Werner von Aufseß (1801–1872), der im Jahre 1852 das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg gründete, Karl Hegel von den Germanistentagen der Jahre 1846 und 1847 in Frankfurt am Main und in Lübeck; vgl. Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 151 und 152. Seine liebenswürdige Frau und die Töchter Charlotte von Aufseß, geb. Seckendorff († 1882) und Hans von Aufseß hatten zahlreiche Kinder, darunter die Töchter Mathilde (1826–1905) und Maria Carolina (1832–1857).

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[Dienstag,] d[en] 4ten [Dezember 1849] Es ist wohl schon sehr spät in der Nacht, aber ich muß noch ein wenig mit Dir, Du Liebster, plaudern; ist es mir doch ganz unheimlich, wenn ich hie und da einen Tag vergehen lassen muß, ohne Etwas für Dich aufgezeichnet zu haben. – Wir waren heute Abend im Concert im Museum, ich war zum ersten Male wieder dort, seitdem ich Dir angehöre, und ich hatte dasselbe Gefühl der Einsamkeit und Halbheit, das mich immer beschleicht, wenn ich unter vielen fremden Menschen bin. Das Concert an und für sich war recht hübsch, besonders eine Sinfonie von Schubert und die Ouvertüre zur Athalie von Mendelssohn. Meine liebe Lina war auch mit, ebenso Kieser und Auguste, [fol. 2r] die Deinen freundlichen Gruß aufs Beste erwiedern. [Mittwoch,] d[en] 5ten [Dezember 1849] Heute wünschte ich doppelt, daß Du bei und mit mir gewesen wärst, mein theuerster Karl, oder daß Du doch wenigstens von unserm Vorhaben Etwas gewußt hättest; wir waren in Erlangen bei Deinem Freunde Hoffmann. Die Eltern hatten schon länger vor, Gottlieb zu besuchen, und um Deine Freunde kennen zu lernen, bat ich, sie begleiten zu dürfen; mein Papa in seiner rührenden Liebe für die Kleinen und um ihnen eine Freude zu machen, miethete einen Schlitten und so fuhren wir heute Nachmittag recht vollzählig, beim herrlichsten Wetter hinunter. Gottlieb führte die Eltern und mich zu Hoffmanns, die wir aber leider nicht zu Hause fanden, da sie bei Professor Schaden eingeladen waren. Da die liebe Mutter Frau v[on] Schaden kennt und wir doch sehr wünschten Hoffmanns zu sprechen, gingen wir zu Schaden, wo wir sehr freundlich aufgenommen wurden und auch Hoffmanns trafen. Museum Die „Gesellschaft Museum“ wurde im Jahre 1810 als Geselligkeits- und Lesegesellschaft zur „Pflege der heiteren und ernsten Musen“ gegründet und verfügte in einem eigenen Gesellschaftshaus auf dem Gelände des ehemaligen Barfüßerklosters u.a. über einen Gesellschaftssaal, Lesekabinette, Spiel- und Gesprächszimmer. Schubert Franz Schubert (1797–1828) war ein österreichischer Komponist. Ouvertüre zur Athalie Zur 1791 entstandenen Tragödie „Athalie“ des französischen Dramatikers Jean Racine (1639–1699) hatte Felix Mendelssohn Bartholdy wenige Jahre vor seinem Tod seine Schauspielmusik (opus 74, Mendelssohn-Werkverzeichnis M 16 [1843–1845]) im Auftrag König Friedrich Wilhelms IV. von Preußen (1795–1861) komponiert. Mendelssohn Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847) war ein deutscher Komponist. Hoffmann Johannes (Christian Konrad) Hofmann (1810–1877) war von 1845 bis 1877 ordentlicher Professor der evangelischen Theologie an der Universität Erlangen, zuvor von 1842 an schon an der Universität Rostock. Professor Schaden Der in München geborene Emil August Schaden (1814–1852) wurde 1839 Privatdozent der Philosophie an der Universität Erlangen, 1846 außerordentlicher, 1849 ordentlicher Professor seines Faches ebenfalls an der fränkischen Landesuniversität. Frau v[on] Schaden Karoline Schaden, geb. Thiersch (1821–1880), war die Tochter des Klassischen Philologen und Münchener Professors Friedrich Wilhelm Thiersch (1784–1860), des „Vaters der humanistischen Bildung“ im Königreich Bayern.

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Frau Professor Hoffmann ist eine aüßerst liebenswürdige, angenehme Frau; als Deine Braut wurde ich von ihr aufs Herzlichste bewillkommnet, so daß ich mich bald ganz heimisch mit ihr fühlte; auch Herr Professor Hoffmann begrüßte mich sehr freundlich und freute sich, mich gesehen zu haben, ehe er an Dich geschrieben; er fragte, ob ich Etwas an Dich, liebster Karl, aufzutragen habe, aber ich denke, Du wirst noch eher direkte Nachricht von mir erhalten, denn morgen erwarte ich ziemlich bestimmt einen Brief von Dir, mein Theuerster, und Freitags wird dann meine Antwort abgehen. Frau Professor Hoffmann konnte mir nicht genug rühmen, wie gerne sie in Rostock gelebt hätte, und wie liebe und vorzügliche Menschen ich dort finden würde; sie versicherte mir, daß sie gleich wieder hinziehen möchte, wenn es sich sonst machen ließe; sie fände die Lebensweise in Erlangen bei Weitem nicht so angenehm. Ich hörte ihr so gerne zu, und liebe sie schon, weil sie Dich, mein bester Karl, so lieb hat und mir so viel Schönes von dem Kreis Deiner Bekannten erzählte. Nicht, als ob ich nicht schon davon überzeugt wäre, durch Deine lieben Briefe, aber bei mündlicher Mittheilung wird mir Alles viel bekannter und vertraulicher. [fol. 2v] Besonders erzählte sie mir viel von einer jungen Frau, einer Genferin, die sie sehr lieb habe und von Frau Becker, geb. Link, die ihr eine wahrhaft mütterliche Freundin gewesen sey. Wie freue ich mich, durch Dich alle diese lieben Freundinnen kennen zu lernen! – Es ist wahr, ich lasse liebe, theure Freundinnen zurück, aber die Liebe zu Dir, mein theurer Karl, wird mein Herz weit und reich machen, daß es sich innig auch an bis jetzt Fremde anschließen kann, wenn Du sie liebst. [Freitag,] d[en] 7ten [Dezember 1849] Mit inniger Freude empfing ich gestern Abend Deinen lieben Brief, mein theurer Geliebter; wie dank ich Dir für all Deine Mühe und Sorge! – Der Plan unsrer Wohnung ist allerliebst und ich fühle mich jetzt bei Weitem nicht mehr so fremd in Rostock

Frau Professor Hoffmann Charlotte Hofmann, geb. Lameyer (†1883), war die Ehefrau Johannes Hofmanns. Genferin Elise Röper, geb. Saugy, stammte aus Genf und war die Ehefrau des nach einem Jahrzehnt an der Universität Basel schließlich von 1836 bis 1885 an der Universität Rostock wirkenden ordentlichen Professors der Naturgeschichte und Botanik Johannes Röper (1801– 1885). Frau Becker Caroline Becker, geb. Link, war die Tochter Heinrich Friedrich Links (1767– 1851), des Professors der Naturgeschichte, Botanik und Chemie an der Universität Rostock von 1792 bis 1811, dann an den Universitäten Breslau und Berlin, und Ehefrau Eduard Beckers (1792–1880), des ordentlichen Professors für Ökonomie und Forstwissenschaft an der Universität Rostock. Der Plan unsrer Wohnung Karl Hegel hatte von der ersten, sich über zwei Stockwerke erstreckenden Rostocker Wohnung, die er mit seiner zukünftigen Frau beziehen wollte, zwei Skizzen des Grundrisses gezeichnet; vgl. die beiden Abb. in: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 41.

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überhaupt, seitdem ich mir eine Vorstellung machen kann von unsrer nächsten Umgebung, von unserm Häuschen, das ich seit gestern in Gedanken schon immerwährend einrichte. Du forderst mich auf, mein Liebster, Dir Alles zu bemerken, was mir vielleicht nicht passend erscheint, und so will ich Dir Einiges sagen, was ich wohl anders gewünscht hätte, was aber nicht sein muß. Vor Allem ist es mir sehr leid, daß wir nicht auf einer Etage sein können; ich dachte es mir so gemüthlich, mein Zimmer neben dem Deinen; aber Du fürchtest wahrscheinlich, dann nicht so ungestört arbeiten zu können, wenn Du eins der beiden vorderen Zimmer für Dich nimmst, oder wünschest zwei Zimmer frei zu behalten, was mir einestheils auch sehr angenehm und wünschenswerth erscheint, da Ihr sehr gesellig zu leben scheint, und wir manchmal im Fall sein werden, liebe Freunde bei uns zu sehen, wo dann ein Zimmer allein zu beschränkt sein würde. Raum haben wir allerdings überflüssig, aber um so angenehmer können wir dann auch liebe Gäste beherbergen; Deine gute Mutter, auf deren Besuch ich mich jetzt schon so sehr freue. – Was die häuslichen Unannehmlichkeiten betrifft, so bitte ich Dich, Dir deßwegen keine Skrupel zu machen; ich finde sie nicht so bedeutend, um [fol. 3r] sie mir so sehr zu Herzen zu nehmen; den Herd bitte ich Dich, so richten zu lassen, wie es Frau Karsten, Deine liebe Freundin, der ich herzlich für alle Mühe danke, für am besten hält; denn das richtet sich doch hauptsächlich nach der dort gebräuchlichen Kochart und dem gewöhnlich vorkommenden Feuerungsmaterial, ob Holz, Torf oder Steinkohlen. Wenn es möglich wäre, den Herd so einzurichten, daß die Küche damit erwärmt wird, so wäre es allerdings sehr angenehm für das Mädchen, die [es] sonst im Winter sehr kalt haben würde; doch weiß ich nicht, ob die Dienstboten dort so verwöhnt in dieser Beziehung sind, wie bei uns. – Mit dem Waschkessel und Trockenplatz wird es sich schon einrichten lassen; meine liebe Mama selbst in ihrem großen Haushalten hat keine besondere Waschküche, sondern den Kessel in der Küche, und meine Großmutter hat während ihres 48jährigen Haushalts keinen eingemauerten Kessel, sondern nur einen auf dem Herd, wie der in unsrem Haushalt nach Deiner Beschreibung zu sein scheint. – In Betreff der Möbel überlasse ich Alles getrost Dir, mein lieber Karl, Du kennst meinen Geschmack, wie Du mich überhaupt kennst, und ich glaube auch, daß wir in dieser Beziehung harmonieren. Jedenfalls wird es aber besser sein, die Möbeln in Berlin zu besorgen, denn auch Frau Hoffmann sagte uns, daß sie in Rostock wohl sehr gut, aber weniger hübsch und theurer als in Berlin oder Hamburg geliefert werden. Ist es nicht unbescheiden, mein theurer Geliebter, wenn ich Dich daran erinnere, daß in 17 Tagen Weihnachten ist? Bitte schreibe mir doch in Deinem nächsten Brief,

Frau Karsten Theodora Karsten, geb. Berg, war die Ehefrau des Rostocker Professors Hermann Karsten. Großmutter Anna Katharina Maria von Grundherr. Hamburg Hanse- und Hafenstadt an der Elbe.

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ob Du kommen kannst oder nicht; kommst Du – so ist mir die Vorfreude schon viel werth, und kannst Du nicht kommen – dann ist es mir auch lieber, wenn ich es vorher weiß, weil ich dann bis Weihnachten wieder in ruhigerer Stimmung bin, um der rechten Festfreude, die allerdings nicht von aüßeren Verhältnissen abhängen soll, nicht verlustig zu werden. Meine Eltern hoffen mit mir; die liebe Mutter hätte Dir selbst davon geschrieben, aber sie hatte kein Plätzchen mehr, und ich übernehme es nun auch in ihrem Namen. [fol. 3v] Was Du mir über Deine politische Thätigkeit schreibst, interessirt mich ungemein, und ich freue mich, durch Dich darin eingeführt zu werden. Mein lieber Papa ist in dieser Beziehung ein wenig einseitig, und doch war mir bis jetzt kein andrer Halt geboten. Den herzlichen Gruß Deiner lieben Freundin Victoire erwidere ich aufs innigste; Du schreibst mir schon so viel Liebes von ihr in eine[m] Deiner nächsten Briefe, daß ich mich wahrhaft freue, ihre Bekanntschaft zu machen, wie Du es mir versprichst. So eben kam meine treue, süße Lina, um nähere Nachrichten von Tante Thekla zu erfahren. Die gute Mutter wird Dir von ihrem Glück geschrieben haben. Linz grüßt Dich von Herzen. Adieu, mein lieber theurer Karl, ich muß jetzt schließen, da es sonst zu spät wird. Leb wohl, mein theurer, einzig Geliebter. Ewig in treuer Liebe Deine Susette.

Freundin Victoire Victorie Gervinus, geb. Schelver (1820–1893), war Musikwissenschaftlerin und Ehefrau des Literaturhistorikers und Politikers Georg Gottfried Gervinus (1805– 1871), neben Georg Beseler der zweite enge Freund Karl Hegels aus seinen Heidelberger Studienjahren.

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Nr. 7 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 9.–14. Dezember 1849

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 5.–11. Dezember 1849, Nr. 7, S. 43–47] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 15 DEC 1849 11–12 Adressenfeld: An Herrn Professor Karl Hegel in Rostock. Mecklenburg [fol. 1r] Sonntag, den 9ten [Dezember 1849] Ob Dir wohl heute Mittag die Ohren geklungen haben, mein lieber, theurer Karl? Die Gläser klangen hell, Dir zu Ehren und manch sehnsüchtiger Seufzer begleitete den Klang bis zu Dir. Der liebe Kieser und Auguste und noch einige Bekannte aßen bei uns und da sie wohl wußten, daß meine Gedanken bei Dir waren und Dich am liebsten auch an unserm Tisch gesehen hätten, brachten sie einstimmig ein Hoch Dir zu Ehren aus. Der gute, immer heitre Kieser grüßt Dich von Herzen, er spricht mit großer Liebe von Dir und Eurem gemeinschaftlichen Hauswesen im dritten Stock, und da er weiß, bei mir immer offene und aufmerksame Ohren dafür zu finden, so erzählte er mir lang und viel und sagte mir immer wieder, wie lieb und gut Du seist; ich weiß es freilich selbst am besten, höre es aber immer wieder gern von Andern, mein lieber, lieber Karl. Mit Kiesers Aussichten auf baldige Hochzeit scheint es sich wieder ein wenig zu verzögern. Sein Schwiegervater in Stuttgart starb plötzlich und er muß nun hin, um Alles zu ordnen; Auguste steht also auch eine Trennung, vielleicht für Weihnachten, bevor, und wir können uns dann miteinander trösten – ein leidiger Trost!

Sonntag, den 9ten Datum ohne Monatsnamen und Jahreszahl zu Beginn der ersten Briefzeile; keine Anrede. Schwiegervater Heinrich Kieser war in erster Ehe mit Adelheid Mittnacht (1819–1847) verheiratet, deren Vater in Stuttgart verstarb, als Kieser im Begriff war, eine zweite Ehe mit Auguste Meyer einzugehen. Stuttgart Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Württemberg.

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[Montag,] d[en] 10ten [Dezember 1849] Wie erfreute uns die Nachricht, die wir heute durch den lieben Manuel hörten! Gott segne die theure Friederike und das kleine Kindchen, das ich mit besonderer Liebe begrüße, als einen lieblichen Zuwachs des Kreises, der künftig meine Familie ausmachen wird. Wie glücklich ist die gute Mutter gewiß über das liebe Enkelchen, wenn sie jetzt auch doppelt schwer ihre gezwungene Unbeweglichkeit ertragen wird. Manuel schreibt über ihren Zustand, wenn auch nicht gerade ängstlich, doch beklagt er, daß die Besserung so langsam voranschreitet. Ich werde ihr nächstens schreiben, der theuren Mutter, da ich auf keine andre Weise ihr einige Erheiterung und Freude auf ihrem Krankenlager bringen kann. Die liebe Tante Sophie, die Dich, mein theurer Karl, recht von Herzen lieb hat, kam heute hierher. Ich hatte sie seit dem Abend bei Meiers, wo Du den Tag darauf nach München [fol. 1v] reistest, nicht mehr gesehen; welche Fülle von Erinnerungen drängte sich mir auf ! Oft wenn ich an die Zeit vor unsrer Liebe zurückdenke, kann ich gar nicht begreifen, daß ich mich damals glücklich fühlte, es scheint mir, als müßte ich da entsetzlich arm gewesen sein. – Ich mußte der lieben Tante Alles erzählen, und, ach wie gerne thue ich es immer wieder. Sie nimmt innigen Antheil an unserm Glück und grüßt Dich in treuer Liebe. Der Plan unsrer Wohnung, den ich immer wieder studiere und mich dadurch ganz heimlich in diesen Räumen fühle, wurde ihr auch vorgelegt und sie bewunderte mit mir Deine liebenswürdige Sorgfalt, mir auch in häuslicher Beziehung Alles recht nach Wunsch zu machen. Du lieber, theurer Karl, ich meine, es müßte Dir so schwer werden, Dich mit dergleichen Dingen zu beschäftigen, die dem Kreis Deiner Gedanken bisher so fern lagen. [Mittwoch,] d[en] 12ten [Dezember 1849] Warum ich Dir gestern Abend nicht schrieb, mein Liebster? Du wirst mich auslachen, wenn ich dies sage! Es ereignete sich hier kürzlich ein graülicher Mord, verübt an einer Frau durch Frauen; und durch das viele Hin- und Herreden über diese schreckliche Geschichte war ich so aufgeregt, daß ich, als die Eltern zu Bett waren, mich ganz un-

Kindchen Wilhelm Hegel (1849–1925) wurde am 4. Dezember 1849 als ältester Sohn Immanuel und Friederike Hegels geboren und machte später eine Karriere als hoher preußischer Verwaltungsbeamter und Politiker. Tante Sophie Sophia Maria Luise von Tucher (1802–1857). nach München reistest Zu Karl Hegels Reise von Nürnberg beziehungsweise Simmelsdorf nach München vgl. Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 158, und Hegel, Leben und Erinnerungen, S. 152. graülicher Mord Es handelte sich um die Ermordung der Cassierswitwe Margaretha Barbara Behringer; vgl. dazu: Nürnberger Tagblatt Nr. 293, Mittwoch, 12. Dezember 1849, S. 1173f.; Nr. 295, Freitag, 14. Dezember 1849, S. 1182; Nr. 296, Sonnabend, 15. Dezember 1849, S. 1185.

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heimlich allein fühlte und schnell zur Ruhe eilte, um der erschreckenden Bilder, die mich beschäftigt hatten, los zu werden. Ich weiß, es ist nicht recht, den äußern Eindrücken so viel Macht einzuräumen, ich bin auch sonst nicht so leicht aufgeregt, aber gestern Abend war es mir fast unmöglich an Etwas Andres zu denken. Heute war ein öffentlicher Verkauf von schönen Arbeiten zum Besten einer Erziehungsanstalt für arme Knaben. Hermann Bekh ist ein sehr thätiges Mitglied des Vereins, und war auch bei dem Verkauf gegenwärtig, wo ich Gelegenheit hatte, ihn zu sehen. Er sprach mir seine herzlichsten Wünsche aus, und erinnerte sich mit Vergnügen des unerwarteten Zusammentreffens mit Dir, mein theurer Karl, in Simmelsdorf. Er meinte, er wäre gerade zur Entstehung unsrer Liebe gekommen – ich weiß es nicht, mein theurer Geliebter, denn ich erschien mir während dieser gan- [fol. 2r] zen Zeit als ein Räthsel, zu dem mir Dein Brief, mein theuerstes Gut, recht die Lösung gab. [Donnerstag,] d[en] 13ten [Dezember 1849] Wie ungenügsam doch der Mensch ist! Sonst wußte ich recht gut, daß ich eine Antwort auf meinen Brief wohl am achten Tage erhalten kann; seitdem ich aber Deinen vorletzten Brief einen Tag früher bekam, fange ich immer schon einen Tag vorher an, zu hoffen. Ich bin heute überhaupt in immerwährender Erwartung gegen alle Möglichkeit und Überzeugung. Ich weiß daß Du nicht kommen kannst, daß Du mich nicht überraschest, ich verzichte sogar auf Dein Kommen an Weihnachten und doch habe ich heute den ganzen Tag eine unbestimmte Ahnung, als ob Du kämst. So oft das Thürchen geht, so sehe ich darnach, und ich weiß doch, daß Du es nicht bist, und jeder ungewohnte Tritt bewegt mein Innerstes. Ist es vielleicht die Erwartung Deines Briefes, der mir Gewißheit, wegen Deines Kommens bringt, die sich unvermerkt und gegen meinen Willen, denn ich will ja nicht hoffen in die Erwartung Deiner selbst, mein geliebter Karl, verwandelt hat? übrigens erscheint mir mein Wunsch jetzt recht selbstsüchtig, denn jedenfalls ist die Erfüllung desselben mit großen Opfern für Dich verbunden, wenn ich nur an die kalte, unangenehme Reise denke! vergieb es meiner Liebe, die sich nach Dir sehnt, die aber auch Dir zu Liebe gern einen Wunsch aufge-

Erziehungsanstalt für arme Knaben Der Geologe, Geograph und Pädagoge Karl Ludwig Georg von Raumer (1783–1865), ab 1827 Professor an der Universität Erlangen, gründete nach kurzer Zeit als streng im Sinne des Pietismus wirkender Lehrer an der Armenschule „Dittmar’schen Erziehungsinstitut“ im Jahre 1824 die „Erziehungs-Anstalt für Arme und Verwahrloste Knaben“ in Nürnberg (Erziehungsanstalt Veilhof ). Hermann Bekh Hermann Friedrich Jakob Beckh (1806–1886) war Jurist in Nürnberg sowie Guts- und Schloßbesitzer in Rathsberg bei Erlangen. Zusammentreffens mit Dir In seinem Gedenkbuch erinnerte sich Karl Hegel nur einer Begegnung mit Hermann Beckh während der Lübecker Germanisten-Versammlung Ende September 1847; Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 152.

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ben kann. – Diesen Abend will ich noch an die theure Mutter schreiben, und muß darum Dir, mein theurer Karl, Lebewohl sagen. [Freitag,] d[en] 14ten [Dezember 1849] Mein geliebter, theurer Karl! Dein Brief hat mich tief ergriffen, er enthielt ja die Erfüllung eines lebhaften Wunsches, den ich in den letzten Tagen schon aufgegeben hatte, wenigstens wollte ich es mir glauben machen. Dank Dir, mein theurer Karl, für all Deine Liebe, die mich so unaussprechlich beglückt! Also am 24ten [Dezember] darf ich Dich erwarten! Denn der Fahrplan vom 1ten Oktober ist nicht geändert, so daß Du Deine Reise einrichten kannst, wie Du beabsichtigest. Meine theuren Eltern und Geschwister theilen mit Herzlichkeit meine Freude und heißen Dich mit mir willkommen. Meine gute Lina weiß es noch nicht, ich hätte es ihr gerne sagen lassen [fol. 2v] wie überhaupt Mehreren, von welchen ich weiß, daß sie sich meines Glücks freuen, aber es war zu spät nach Empfang Deines Briefes und so muß ich mich schon für heute mit der innigen Theilnahme der Meinigen begnügen. Doch, mein theurer Geliebter, ich muß Dir Lebewohl sagen! Alles Andre auf mündlich! wie klingt mirs so süß, und weniger genügend als je erscheint mir das geschriebene Wort. Noch einen Liebesboten darf ich von Dir erwarten, dann bist Du selbst bei mir! Ewig in treuer Liebe Deine Susette.

an die theure Mutter schreiben Der Brief Susanna Maria von Tuchers vom 13. Dezember 1849 aus Nürnberg an Maria Helena Susanna Hegel in Berlin liegt vor: siehe Anhang, Nr. VI. Noch einen Liebesboten Das ist Karl Hegels Brief vom 13.–19. Dezember 1849, in: Die Brautbriefe Karl Hegels, Nr. 8, S. 48–51, auf den Susanna Maria von Tucher wegen des Bräutigams Reise nach Nürnberg über Weihnachten 1849 und Neujahr 1850 nicht antwortete.

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Nr. 8 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 3.–7. Januar 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 5. Januar 1850, Nr. 9, S. 51–54] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 8 JAN 1850 11–12 Adressenfeld: An Herrn Professor Hegel in Rostock Mecklenburg. [fol. 1r] Nürnberg d[en] 3ten [Januar] 1850. Mein lieber, theurer Karl! Wie weit bist Du jetzt schon weg von mir, meiner Liebe nur auf diesem Wege erreichbar, ich sehne mich nach Dir mein Liebster, aber Du sollst mich nicht mit Unrecht Dein Starkes genannt haben; ich will es zu sein suchen und wenn ich Dich wieder glücklich und wohl in Rostock weiß, dann wird es mir auch leichter ums Herz sein, als jetzt wo ich Dich in Gedanken auf Deiner unerfreulichen Winterreise begleite. Ich bin noch nicht lange von unsrer projektirten Schlittenfahrt zurückgekehrt; es war mir ordentlich wohl, auch draußen in der kalten Luft zu sein; jetzt aber im warmen Stübchen denke ich mit doppelter Sorge an Dich, mein Geliebter! es ist 7 Uhr, Du wirst jetzt bald in Hof sein! Gott behüte und beschütze Dich durch seine heiligen Engel. – Ich dachte, wir könnten den heutigen Tag noch in Gedanken miteinander verleben, aber mein Plan erlitt eine Störung durch Herrn Bauer, der diesen Abend nicht komNürnberg d. 3ten/1 1850. Ort und Datum stehen auf der ersten Briefseite oben rechts vor der Anrede. Hof Die Stadt an der Saale im Nordosten Frankens gehörte seit 1810 zum Königreich Bayern und war ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Bauer Der Nürnberger Katechet Friedrich Bauer (1812–1874) bestand nach seinem Studium der evangelischen Theologie an den Universitäten Erlangen und Halle im Jahre 1835 die Prüfungen für den Dienst in der bayerischen Landeskirche. Er war zunächst Prediger und Seelsorger im Nürnberger Armen- und Arbeitshaus („Korrektionshaus“), dann Religionslehrer an der Gewerbe- und Landwirtschaftsschule in Nürnberg, Lehrer an der „Erziehungs-Anstalt für Arme und Verwahrloste Knaben“ in Nürnberg und kurzzeitig Verweser einer Pfarrstelle an St. Egidien. Mit seiner Gründung der Nürnberger „Missionsvorbereitungsanstalt“ im Jahre 1846 wurde Bauer, zu dessen Freundeskreis auch Christoph Karl Gottlieb Sigmund von Tucher ge-

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men konnte und während Du mich also im Kränzchen vermuthest, sitze ich allein am Schreibtisch und sende Dir mein Grüße. Denke nur, wie sehr Herr Hahn meine Ungnade, mit welcher ich ihn immer drohte, verdient; Gottlieb brachte mir den trostlosen Bescheid, die Bilder seien schon alle verwischt; er hätte versucht, mich allein wegzuwischen, da sich das aber nicht machen ließ, zerstörte er uns Beide; so habe ich also gar Nichts, kein Bild von Dir, mein Liebster, als dasjenige, das mit ewig frischen Farben mir im Herzen lebt; das soll mich nie verlassen. Heute würdest Du mich loben, ich will brav sein und nicht so lange aufbleiben, sehne ich mich doch selbst zur Ruhe um mich alleine mit Gott und Dir zu fühlen. Leb wohl, mein Einzig-Geliebter, ich sende Dir meine wärmsten Herzensgrüße; ach könnten sie doch die Kälte der Nacht überwinden; es ist 9 Grad Kälte, und schneit auch noch; wenn Du nur glücklich über Hof bist; ich erwarte mit Sehnsucht nächsten Mondtag. [fol. 1v] [Freitag] d[en] 4ten [Januar 1850] Mit wahrer Befriedigung weiß ich Dich jetzt, so Gott will, in Berlin bei der theuren Mutter; ich kann mir denken, wie viel Du ihr zu erzählen hast und sie in ihrer innigen, warmen Liebe wird sich für Alles interessiren. Ich war heute Abend bei Lina, und sie freute sich mit mir, als die schlimme Zeit der Reise verstrichen war. Sie läßt Dich schönstens grüßen, ebenso ihr Friedrich. – Heute Nachmittag vollendete ich „Hermann und Dorothea“! Wie habe ich Dich, mein Geliebter, bei jeder Zeile zu mir gewünscht, um Dir wie sonst bei jeder bedeutsamen Stelle die Hand zu drücken zum Zeichen des Einverständnisses und in Deinen Augen zu lesen, daß Du meine Gedanken theilst. Wie freue ich mich auf unser trauliches Stillleben, auf unser gemeinsames Lesen und Clavierspielen; die Aussicht darauf erscheint mir, seitdem ich’s ein wenig hörte, der „Onkel Gottlieb“ Karl Hegels und seiner Braut Susanna Maria von Tucher, zum engsten Vertrauten und Mitarbeiter Wilhelm Löhes, des Gründers der Diakonissenanstalt Neuendettelsau, wo auch Susanna Maria von Tuchers und Karl Hegels Tante Sophia Maria Luise von Tucher lebte. Theologisch war Bauer tief geprägt von der Erweckungsbewegung und vom Pietismus unter entschiedenem Rückgriff auf Martin Luthers Bekenntnisschriften. Kränzchen Der auf landsmannschaftliche studentische Vereinigungen bezogene Begriff entwickelte sich im 19. Jahrhundert u.a. auch zur Bezeichnung von privaten Zusammenkünften, die vornehmlich von Damen gleicher sozialer Stellung gebildet wurden wie die um den Nürnberger Katecheten Friedrich Bauer. Herr Hahn Friedrich Hahn (1804–1880), Nürnberger Daguerreotypist. Bilder seien schon alle verwischt Zu dem Mißgeschick bei der Entstehung der Daguerreotypien bei dem Nürnberger Daguerreotypisten Friedrich Hahn vgl. Die Brautbriefe Karl Hegels, Nr. 10, S. 54–58 und S. 184; ebenda, S. 130, die erhaltene Daguerreotypie Hahns von Susanna Maria von Tucher, während eine von Karl Hegel auch „verwischt“ nicht erhalten ist. „Hermann und Dorothea“ Johann Wolfgang von Goethe vollendete sein Epos „Hermann und Dorothea“ in den Jahren 1796/97 und legte es noch 1797 im Druck vor.

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Abb. 2: Susanna Maria von Tucher (Dezember 1849)

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erfahren, doppelt reizend; und mein Leben ist mir nur ein halbes ungenügendes, wenn Du es nicht mit mir theilst. Heute erfuhr ich mit Schrecken von meinem Papa, daß er einen an Dich gerichteten Brief von Fanny Fürer, jedenfalls eine Einlage an Xeller enthaltend, vergessen habe, Dir zu geben. Um das Versehen wieder gut zu machen, gab er den Brief unter Deiner vollständigen Addresse für Berlin auf die Post. Ich fürchte fast, daß Dich der Brief nicht mehr in Berlin trifft, wenn Du schon Samstag Nachmittag nach Schwerin abreist und daß er Dir vielleicht nachgeschickt wird; es wäre besser gewesen, die Addresse in die der guten Mutter zu verändern. [Sonntag] d[en] 6ten [Januar 1850] Heute vermuthe ich Dich, mein Theuerster, in Schwerin, wahrscheinlich Mittag bei Schweden, ist’s nicht so? Ich bin zu Hause geblieben, um Deinen Wünschen zu folgen und mich meines Hustens wegen zu schonen, eigentlich aber auch um ein ruhiges Stündchen für mich zu haben, um Dir mein Liebster schreiben zu können. Die Eltern sind mit den Kindern zu den Großeltern gegangen, Mariechen ist mit Lina Wiß im anderen Zimmer und so bin ich ganz allein, mit meiner Liebe für Dich. Seitdem Du hier warst, hast Du mein ganzes Herz verändert und alle [fol. 2r] Regungen desselben gefangen genommen. Sonst strebte ich, so viel als möglich mit meinen Lieben zusammen zu sein, um ihren Umgang noch zu genießen, ehe ich sie verlassen müßte, jetzt aber bin ich am liebsten allein um ungestört an Dich zu denken, die schönen Erinnerungen wieder zu durchleben, und mir die Zukunft so wonnig als möglich auszumalen. Ich sollte es Dir gar nicht sagen, wie ich Dich liebe, aber ehe ich es mir versehe komme ich wieder auf dieß liebste und mich hoch beglückende Thema; unter weibliche[r] Anschauungsweise erscheinen die Männer fast bedauernswerth, daß sie nicht so wie wir, alle Gedanken auf den Gegenstand ihrer Liebe richten können; übrigens, wenn die Männer auch Zeit hätten, es zu thun, so zweifle ich doch, daß es ihnen möglich wäre (es wäre vielleicht gar nicht recht und männlich); denkst Du, mein Herzens Karl, nur manchmal recht innig an mich, dann will ich mich ganz bescheiden zurückziehen und Dich weder in Collegien noch politischen Conferenzen stören. –

Brief von Fanny Fürer Brief konnte nicht gefunden werden. Xeller Johann Christian Xeller (1784–1872) war ein aus Biberach gebürtiger Maler und Restaurator, von dem auch ein nicht mehr erhaltenes Gemälde Georg Wilhelm Friedrich Hegels stammte. Schwerin Haupt- und Residenzstadt des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin. Schweden Johann Friedrich Ludwig Schweden (1799–1871) war seit den 1820er Jahren Rechtsanwalt in seiner Geburtsstadt Schwerin und verheiratet mit Louise Charlotta Catharina Magdalena Schweden, geb. Röper (1802–1871). Lina Wiß Nicht genauer zu identifizierendes Mitglied der Nürnberger Neubürger-Familie Wiß.

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Ich wurde vorhin unterbrochen, Dir zu schreiben, mein Liebster, weil die Mutter nach Hause kam, die mit den Kindern noch ein Weihnachtslichtlein für mehrere arme Kinder ansteckte. Die Schwestern hatten ihre ersparten Kreuzer mit Freude hergegeben um einigen Kindern von Hausarmen ein bescheidenes Weihnachtsfest zu bereiten; unser großer Christbaum wurde dabei zum dritten Male angezündet und dann aber von den gebenden und empfangenden Kindern all seiner Herrlichkeiten beraubt; es war noch ein Abschiedsgruß des lieben heiligen Christfestes. [Montag] d[en] 7ten [Januar 1850] Der ersehnte, aber nicht zuversichtlich erwartete Liebesbote, Dein herzinniger Brief, bereitete mir heute eine unaussprechliche Freude. Gott sei Dank, daß Du glücklich und ohne besondre Unannehmlichkeiten in Berlin angekommen bist; die Weiterreise wird ja hoffentlich eben so gut von Statten gehen. Was Du mir über das Befinden der guten Mutter schreibst, thut mir von Herzen leid; wie traurig, daß sich jetzt wieder Schmerzen eingestellt haben! könnten wir doch nur ein Mal entschieden bessere Nachrichten von ihr erhalten. Sie schreibt so innig liebe Zeilen an meine Mutter, daß es mir immer ganz warm und wohl ums Herz wird, wenn ich mir denke, [fol. 2v] wie ich ihr jetzt angehöre und daß ich auf ein besondres Plätzchen in ihrer Liebe hoffen darf. – Morgen also wird der liebe Kleine bei Manuel getauft, wie wird die gute Mutter wünschen, beiwohnen zu können! ob sie es wohl wagen darf ? Wir wollen uns im Gebet mit den lieben Eltern vereinigen, und so die heilige Handlung mit ihnen feiern. Wie freue ich mich, die lieben, herzigen Kinderchen einst selbst zu sehen und Du sollst sehen, mein geliebter Karl, wie ich mich in meiner neuen Würde als Tante fühle. Für die freundliche Besorgung des Uhrchens danke ich schönstens; ich sehne mich fast darnach; die Nadel und das Kettchen trage ich aber doch, um doch Etwas von Dir, ein Zeichen Deiner Liebe immer bei mir zu haben, außer meinen lieben Ring, den ich immer wieder mit Freude ansehe. Leb wohl, mein Herz! Gott sei mit uns! Nur noch dieß kleine Plätzchen, um Dir Lebewohl zu sagen; wenigstens für die Mittheilungen, die Dir wirklich zukommen, denn bei all dem, was ich Dir in meinen täglichen und nächtlichen Träumen erzähle, da giebt es keinen Abschied und keine Trennung; meine Gedanken sind immer bei Dir; aber ich bin vernünftig und stark, das weißt Du ja. Leb wohl, mein Geliebter. Ewig Deine Susette.

Kreuzer

60 Kreuzer waren 1 Gulden.

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Nr. 9 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 8.–14. Januar 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 8.–11. Januar 1850, Nr. 10, S. 54–58] [fol. 1r] Dienstag d[en] 8ten Januar [1850] Mein einzig geliebter Karl! Während ich mit liebendem Herzen Dir schreibe, und mir so recht das Glück vergegenwärtige, von Dir geliebt zu sein, sind die Meisten meiner Bekannten im Museum auf dem bedeutungsvollen Neujahrsball. Du wirst mir ohne Versicherung glauben, daß ich nicht einen Augenblick gewünscht habe, daran Theil zu nehmen, und es nicht mache, wie der Fuchs mit den Trauben, indem ich die bedaure, die Vergnügen und oft Übertreibung dort suchen müssen; und doch, wäre ich auch hingegangen, wenn auch ohne besondern Zug; aus Gewohnheit und um nicht Anlaß zu Gerede zu geben, wenn Du, mein theurer Karl, mich nicht aus allen frühern Verhältnissen und Anforderungen herausgehoben hättest. – Diesen Abend lasen wir im Uli, wir sind bald [da]mit zu Ende. Die letzten Capitel sind eine einfach-liebliche und wahre Herzensgeschichte, wobei ich mein Innerstes oft berührt fühlte; ging es mir doch auch wie dem armen Vreneli, wenn auch nicht ganz so schlimm; aber alle Liebe, die man sanft erfährt, kann doch das Sehnen nach einem Herzen, das man sein nennen, an das man sich halten kann in Leid und Freud nicht stillen – und die unerkannte Ahnung, daß Du, mein Geliebter, dieß Herz für mich haben könntest, das wars, was mich zu Dir hinzog, und der feste Glaube daran ists, was mich Dein eigen macht für alle Zeit und Ewigkeit. Donnerstag, d[en] 10ten [Januar 1850] Bei unsrer lieben Lina ist seit gestern Morgen große Freude durch die Geburt eines gesunden herzigen Mädchens; die gute Lina ist wohl und Friedrich überglücklich durch das liebliche Paärchen. Heute Abend war das vor acht Tagen anberaumt gewesne Bauers-Kränzchen; es ist mir leid, daß Du heute nicht dabei warst – nicht meinetwegen, denn wo würde ich Dich mein theurer Geliebter, nicht zu mir wünschen? – aber der Sache wegen, von der Dienstag d. 8ten Januar Datum ohne Jahr und Ort steht oben links auf der ersten Briefseite vor der ersten Zeile. Uli Roman von Jeremias Gotthelf (1797–1854): Wie Uli, der Knecht, glücklich wird. Eine Gabe für Dienstboten und Meisterleute, Zürich, Frauenfeld 1841; im Jahre 1850 erschien in Berlin eine zweite Auflage: Uli, der Knecht. Ein Volksbuch von Jeremias Gotthelf. Geburt eines gesunden herzigen Mädchens Maria Luise Karoline von Grundherr (*†1850).

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Du vielleicht einen beßern Begriff bekommen hättest. Bauer sprach mit uns nach Anleitung [fol. 1v] des Athanasianischen Glaubensbekenntnisses über die Lehre von der Dreieinigkeit. Du wirst mir vielleicht einwenden, warum wir da über Dinge sprechen, die uns doch nie klar werden können, und immer Glaubenssache bleiben müssen; mir wars zurecht auch so, aber als Bauer mehr darüber sprach, wurde es mir ganz weit und warm ums Herz über diese Tiefe der göttlichen Gedanken, die immer mehr Herrlichkeit enthalten, je mehr man sich damit beschäftigt in glaübiger Demuth, die sie nicht zu ergründen, sondern nur würdiger anzubeten sucht. Dir hätte Bauer wahrscheinlich Nichts Neues geboten, aber mir war es erfreulich zu hören, was erleuchtete und fromme Männer über dieses göttlich-große Geheimniß gedacht haben. Kieser war auch mit seiner Auguste da, und fühlte sich so angesprochen, daß er wohl jetzt immer dabei sein wird, wenn es ihm möglich ist. Er läßt Dich, mein Liebster, schönstens grüßen, ebenso Bauer. Der Erstere erkundigte sich gleich, ob Du das Krüglein mitgenommen habest, und als er hörte, daß es noch hier sei, schlug er mir vor, er wolle mit Auguste herauskommen und sein Krüglein mitbringen, wir könnten dann im Andenken an Dich Beide benützen; das wäre mir ein armselig Vergnügen, denn die Hauptsache fehlt; mir that es ohnedieß recht weh, Kieser mit Auguste zu sehen; ich erschien mir so arm – doch so darf ich nicht anfangen, sonst wird mirs zu schwer. – In Deinem Krüglein fand ich noch Sachen von Dir, die Du hineingepackt hattest, um den Raum zu benützen. Ich werde sie Dir treulich aufheben, bis Du kommst, um Alles, was Dein ist, mich, das Krüglein und seinen Inhalt zu holen. Samstag d[en] 12ten [Januar 1850] Heute beschäftigte ich mich schon viel mit meiner neuen Heimath, im weitern Sinn als unser Häuschen. – Kieser erzählte mir vorgestern, daß er ein Buch geliehen habe, das mir gewiß interessant sein würde zu lesen, weil es Beschreibungen und Ansichten der ganzen Ostseeküste, also auch Dobberan, Warnemünde und unserm lieben Rostock enthalte. Ich bat ihn darum, und er war so freund- [fol. 2r] lich, es mir heute zuzuschicken. Von Rostock ist leider keine Abbildung aber eine sehr vortheilhafte Beschreibung darin; doch wie es auch sey, mir ist es lieb, und ich werde es immer lieber gewinnen. Athanasianischen Glaubensbekenntnisses Das „Athanasianum“ ist – neben dem „NicänoKonstantinopolitanum“ und dem „Apostolinischen Glaubensbekenntnis“ – eines der drei großen christlichen Glaubensbekenntnisse, das traditionell auf Athanasius von Alexandria (296/298–373) zurückgeführt wird. Dobberan Doberan ist ein westlich von Rostock gelegener Ort nahe der Ostsee, der sich im 19. Jahrhundert mit seinem Vorort Heiligendamm zum ersten Seebad an der Ostsee entwickelte. Warnemünde Von Rostock früh erworbener Ort an der Mündung der Warnow in die Ostsee, der den Zugang zum Meer sichern sollte und sich im 19. Jahrhundert zu einem Seebad entwickelte.

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Schöne Grüße habe ich Dir, mein liebster Karl, wieder zu bestellen von Pfarrer Deinzer, der heute bei uns war. Er nimmt einigen Antheil an unserm Glück und sprach unter anderm einen Gedanken aus, den ich auch schon gehabt und mit Liebe gepflegt habe. Er fragte mich, ob wir nicht vielleicht in Simmelsdorf und Helena den schönsten Tag, den unsrer unauflöslichen Verbindung feiern wollten. Was sagst Du dazu, mein theurer Geliebter? ich dachte schon öfters daran, und an mein Simmelsdorf knüpfen sich für mich so viele schöne Erinnerungen, daß es mir ein freundlicher Gedanke wäre, die schönste Erinnerung hinzufügen zu können, um damit vielleicht die Reihe zu schließen. Auch Du, mein Liebster, warst gerne außen, wir lernten uns doch da eigentlich kennen, wenn auch noch mit [zu]gehaltenen Augen. Ob sich übrigens der Gedanke ausführen ließe, ist noch eine Frage, deren Lösung verständigeren Leuten überlassen bleiben muß. Sonntag d[en] 13ten [Januar 1850] – Heute hatte ich schon zweimal die Freude, Deine Gesundheit zu trinken, mein EinzigGeliebter. Mittag wurde die Feier des gestern gewesenen Geburtstages meines lieben Vaters noch mit einer Flasche Wein verherrlicht, und da Friederle mich leben ließ, so stimmten die Andern ein; als ob aber Jedermann wußte, daß ich allein nicht mehr recht leben kann, so galt das zweite Klingen Dir mein lieber, lieber Karl. Nach dem Essen, ehe wir zu den Großeltern gingen, machten wir schnell einen Besuch bei Holzschuhers, die wir noch bei Tisch fanden. Der alte Herr war sehr heiter, hatte seinen Spaß mit mir als seiner treulichen Frau, die gar nicht Lust hat, ihren Fehler zu bereuen, und brachte dann in edler Rache, Dir ein Hoch aus, dem von Allen beigestimmt wurde. Vielleicht warst Du bei Stannius zu Mittag, ich dachte mir Dich, mein Liebster, dort. – Mein guter Großvater [fol. 2v] grüßt Dich in treuer Liebe, ebenso der alte Onkel Karl, der eigentlich für die ganze Welt abgestorben, ein besondres Interesse an unsrer Liebe nimmt; er war die letzten Tage krank, erkundigte sich aber immer recht liebreich, wie es mir denn gehe in meiner Einsamkeit.

Helena Das nördlich von Simmelsdorf gelegene Dorf Sankt Helena mit seiner selbständigen evangelisch-lutherischen Pfarrkirche stand unter dem Patronat der Familie Tucher von Simmelsdorf. Geburtstages meines lieben Vaters Johann Sigmund Karl von Tucher wurde am 12. Januar 1794 in Nürnberg geboren. Friederle Friedrich Wilhelm von Tucher (1846–1924), das jüngste Kind Johann Sigmund Karl und Maria Magdalena von Tuchers, jüngster Bruder Susanna Maria von Tuchers. Der alte Herr Rudolf Sigmund von Holzschuher (1777–1861). Onkel Karl Karl Gottfried von Grundherr (1774–1853), ehemaliger Magistratsrat der königlich-bayerischen Stadt Nürnberg.

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Mondtag d[en] 14ten [Januar 1850] Ich wurde gestern unterbrochen durch die Ankunft der guten Tante Sophie, die ganz ungehalten ist, daß wir ihr Dein Kommen nicht gemeldet haben. Sie glaubt uns Auftrag gegeben zu haben, ihr zu schreiben ob und wann Du kommst, weil sie vorhatte dann zu der Zeit zu kommen, um Dich zu sehen. Sieh so lieb hat sie Dich! wir verdienen’s gar nicht um sie. – Erinnerst Du Dir, mein Einzig-Geliebter, wie Du mich am Neujahrsabend, als wir von der Kirche zurückgekommen, auf unserm Lieblingsplätzchen saßen, fragtest: ob ich mir so recht vergegenwärtigen und denken könnte, daß Du in mir seist und ich in Dir. Damals konnte ich es weniger, aber seit einigen Tagen habe ich dieß Gefühl so fest und lebhaft in mir, daß es mich über die schmerzliche Sehnsucht erhebt. Wenn Du mich sehen könntest, Du würdest mich heiter und fröhlich finden, und doch bist Du mir so lieb und war mir Deine Nähe so süß, daß ich während der ersten Tage der Trennung nicht glaubte, mein Alleinsein je ruhig tragen zu können. Aber jetzt fühle ich mich so Eins mit Dir, Du bist mir jeden Augenblick nah und gegenwärtig, ich spreche mit Dir und Du, Du liebes Du füllst so ganz mein Herz aus, daß ich aufhöre Ich zu sein und nur das Du – Ich immer vor meinen Geistes Augen steht. Du sagtest mir nicht scherzweise, ich hätte Praxis in der Liebe und ich sehe jetzt, daß ich sie noch gar nicht kannte. Abends. – Mein einzig Geliebter! Du hast mich unendlich beglückt durch Deinen lieben, süßen Brief, den ich heute noch nicht erwarten wollte und ihn daher mit doppelt dankbarer Freude ans Herz drückte. Wenn er auch meiner Liebe kurz erscheint, so weiß ich mich doch zu bescheiden und danke Dir von Herzen dafür, da die Zeit Dir jetzt wohl recht kurz zugemessen ist. Die Einlage nach Neuburg will ich bestens besorgen; etwas alt werden die Nachrichten freilich sein, mein Geliebter, doch das geht auf Rechnung unsrer beiderseitigen Confusion. Wegen Mangel an Platz kann ich Dir Mehreres in Deinem Briefe nicht mehr beantworten, nur meine Freude will ich Dir aussprechen über die süße Hoffnung, die Du mir giebst, die Ungeschicklichkeit des Herrn Hahn wieder gut zu machen. Ach es wäre mir eine unendliche Freude auch mit leiblichen Augen mir Dein Bild vergegenwärtigen zu können. Wegen meines Hustens mach Dir keine Sorge, es ist wieder mal besser. Ich gehe wenig aus, es zieht mich auch gar nicht. Doch jetzt mein Geliebter muß ich ernstlich an den Schluß denken. Leb wohl, mein Einziger; ich befehle uns Beide in Gottes Schutz. Deine Susette. Neuburg Circa 100 Kilometer südlich von Nürnberg und östlich von Donauwörth gelegen: Neuburg an der Donau. Christoph Karl Gottfried Sigmund von Tucher, „Onkel Gottfried“, war dort seit 1849 Richter am Appellationsgericht, bevor er 1856 ans Oberappellationsgericht in München berufen wurde.

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Nr. 10 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 16.–21. Januar 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 16.–18. Januar 1850, Nr. 11, S. 58–64] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 22 JAN 1850 4–5 Adressenfeld: An Herrn Professor Hegel in Rostock Mecklenburg. [fol. 1r] Mittwoch d[en] 16ten Januar [1850] Heute bin ich ganz alleine mit Dir, mein Geliebter; die liebe Mutter ist ausgegangen und die Kinder sind in ihrem Zimmer; wie gerne benütze ich das ruhige Stündchen, um mit Dir recht nach Herzens Lust zu plaudern, denn ich sehne mich nach Dir, und hoffe, Deine Gegenwart lebhafter zu empfinden, wenn ich Dir mit Worten sage, daß ich Dein bin und Du, mein theurer Karl, mein. Denke Dir, ich glaube, das Mendelssohnsche Lied aufgefunden zu haben, Luise Schwarz hat das fünfte Heft der Lieder ohne Worte, und kennt eines derselben unter dem Namen: Frühlingslied; sie wird so freundlich sein, es mir zuzuschicken, und ich werde Dir dann den Anfang desselben abschreiben, um recht gewiß zu sein. Wie werde ich mich freuen, wenn es wirklich das ist, das Du in der Erinnerung hast. – Freitag d[en] 18ten Januar [1850] Diese Nacht träumte mir so lebhaft von Dir, wie sich überhaupt jetzt Dein Bild immer in meine Träume verwebt; wir gingen auf der Straße miteinander und plötzlich umarmtest Du mich und drücktest mich fest an Dich; ach, es war mir wieder so wohl und traulich; doch erinnerte ich Dich an unsre guten Vorsätze und Prinzipien, und ehe ich Mittwoch d. 16ten Januar Datierung ohne Jahreszahl und Ort sowie ohne Anrede. Lieder ohne Worte Titel einer Sammlung von 48 lyrischen Klavierstücken Felix Mendelssohn Bartholdys aus den Jahren 1829 bis 1845, die in acht Heften mit jeweils sechs Stücken erschienen sind. Frühlingslied Auf Felix Mendelssohn Bartholdy zurückgehende Bezeichnung für das sechste Stück im zwischen 1842 und 1844 entstandenen Heft 5 der „Lieder ohne Worte“: Allegretto grazioso A-Dur opus 62 Nr. 6.

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mirs versah, war Alles verschwunden und ich ganz allein mit meiner Sehnsucht, die manchmal aller guten Vorsätze spottet. Ich bin so froh, Dich wieder glücklich und wohl in Rostock zu wissen und danke Gott, daß die Heimreise nicht so sehr kalt war. – Wie freue ich mich, einst mit Dir alle die lieben Familien, von welchen Du mir schreibst, kennen zu lernen; Sie werden mich freundlich aufnehmen um Deinetwillen, mein Geliebter, und Deine bestimmte kleine Frau wird lernen, eine Hauptperson zu sein. Samstag d[en] 19ten Januar [1850] Ich habe jetzt das Mendel[s]sohn’sche Lied in Händen und mehrere Male durchgespielt; so wenig man eigentlich über Mendel[s]sohn’sche Compositionen urtheilen kann, ehe sie studirt und die feinern Schönheiten aufgefunden sind, so glaube ich doch, daß das das [fol. 1v] von Dir gewünschte Lied ist. Ich finde es außerordentlich zart, es ist oft als wenn man das Rauschen der Bäume im Wald und das leise Gezwitscher der Vögele hörte; ich werde es mit Liebe und Fleiß studieren, und freue mich, es Dir, mein Liebster, vorzuspielen, nur mußt Du mir versprechen, nicht die Erinnerung an Deine Freundin Thöl als Maßstab anzulegen. Es fängt so an:

Freundin Thöl Elise Thöl, geb. Lewenhagen (1814–1872), war die Ehefrau des bis 1849 an der Universität Rostock lehrenden, dann an die Universität Göttingen wechselnden ordentlichen Professors der Rechtswissenschaft Johann Heinrich Thöl (1807–1884).

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Du wirst erschrecken vor diesen schrecklichen Figuren; vielleicht kannst Du aber doch so viel enträthseln, um mir zu sagen, ob das der rechte Anfang ist. Gute Nacht, mein Liebster. Mondtag d[en] 21ten Januar [1850]. – So eben, mein theurer Geliebter, erhielt ich Deinen lieben Brief, der mich doppelt freute, da ich ihn bei den Schneemassen, die sich zwischen uns aufgethürmt haben und der großen Wahrscheinlichkeit einer unterbrochnen Communication nicht erwartet habe. – Leider sind aber die Nachrichten, die er enthält, die er mir von Dir, mein Liebster, bringt, nicht so, wie ich sie gewünscht und gehofft habe. Wie bedaure ich Dein Unwohlsein und die damit so nothwendig verbundene Gefangenschaft – und ich wußte Nichts davon, obwohl es mir in diesem Fall noch schwerer geworden wäre, nicht zu Dir eilen, Dich nicht erheitern und zerstreuen zu können. Recht zuversichtlich hoffe ich jetzt, daß es Dir wieder ganz gut geht, nur möchte ich Dich bitten, mein theurer Karl, bei diesem kalten und schneeigen Wetter, ich setze den Fall, daß es bei Euch, wie bei uns ist, so wenig als möglich auszugehen; denn wir haben seit gestern eine plötzliche Kälte von 24 Grad bei 4 Fuß hohem Schnee, so daß ich mich [fol. 2r] immer in Gedanken freute, Dich nicht auf der Reise zu wissen. – Auch was Du mir über die Aussichten zur Wahl schreibst, war mir nicht erfreulich, da es doch auch Deinen Wünschen in keiner Hinsicht entspricht. Ganz abgesehen von unsern persönlichen Interessen und Hoffnungen, sagtest Du mir und sprichst es jetzt wieder aus, daß Dir eine Wahl nach Erfurt nicht wünschenswerth sei, und doch scheint es Dir jetzt ziemlich nahe zu stehen, dorthin gewählt zu werden. Ich bin sehr gespannt auf die Entscheidung, bitte, schreibe mir doch immer von Deinen Aussichten in dieser Hinsicht, daß ich mit Dir hoffen oder fürchten kann. Könnte ich Dich nach Erfurt begleiten, so wäre es mir wohl die höchste Freude, Dich zu zerstreuen und aufzuheitern, wenn Dich Deine dortige Wirksamkeit nicht befriedigt, so aber ist mir auch das nicht vergönnt, und es bleibt uns Nichts übrig, als geduldig zu warten, was die nächste Zukunft bringt, und vielleicht dann eine Probe der Selbstverlaügnung abzulegen. – Wie dank’ ich Dir, mein bester Karl, daß Du Dich durch diese ungünstigen Aussichten nicht abhalten läßt, Schritte für die Verwirklichung unsrer speciellen Wünsche zu thun, und so geschickt unsre persönlichen Interessen mit den politischen verbindest, wie bei der Reise nach Güstrow z.B. Deine Meinung der Möbel wegen habe ich meiner lieben Mutter mitgetheilt, und will Dir jetzt unsre Ansichten darüber sagen. Zu der Einrichtung im Wohnzimmer bleibt Wahl Es handelt sich um die Wahlen der Abgeordneten für das Volkshaus des geplanten Erfurter Unionsparlaments, das im Mai 1850 zusammentreten sollte. Erfurt Am Südrand des Thüringer Beckens gelegene, ehemals kurmainzische Stadt, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts an Preußen fiel. Güstrow Etwa 40 Kilometer südlich von Rostock gelegene alte Residenzstadt, die 1848 ein Zentrum der Revolution im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin war.

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mir gar Nichts zu erinnern, die Wahl des Überzuges überlasse ich Dir, wie ich überhaupt unbeschränktes Vertrauen auf Deinen Geschmack setze. Man hat allerdings bei uns sehr häufig Plüsch, was vortheilhaft ist durch große Dauerhaftigkeit, aber auch sehr theuer im Einkauf, und ich zweifle nicht, daß um bedeutend billigeren Preis auch ein hübscher Überzug von Wollenstoff zu bekommen ist. In Bezug auf die Farbe würde sich vielleicht ein hübsches Braun gut in das blaue Zimmer passen; übrigens, mein Liebster, meine ich, hast Du viel weniger Mühe [da]mit, wenn Du die Besorgung der hübschen Möbeln anstehen ließest, bis wir zusammen nach Berlin kommen; so viel [fol. 2v] ich mir erinnre, wurde auch das zwischen uns ausgemacht, und Du aüßertest damals, daß Du es für besser fändest, Mehreres in Berlin zu nehmen, da doch Manches dort genommen werden muß, und es dann in einem Transport ginge. Fandest Du vielleicht die Preise so bedeutend billiger in Güstrow, daß Du Deinen Plan geändert hast? Ist das nicht der Fall und sind wirklich immer so viel Möbeln augenblicklich in Berlin zu haben, so meine ich, Du, mein theurer Geliebter, beschränkst Dich jetzt nur auf die Bestellung der weniger eleganten Möbeln in Dobberan wie z.B. ein großer Schrank mit zwei Thüren für Weißzeug, ein Kleiderschrank für mich, einen kleinen Schrank für das Mädchen, halb zum Legen der Wäsche und halb zum Hängen der Kleider eingerichtet, ein Tischchen, ein paar Stühle und die Bettstelle für das Mädchen. Wegen der 3 andern Bettstellen hat sich die Mutter an die liebe Mutter in Berlin gewendet, da sie so gut sein will, die Besorgung der Matrazen zu übernehmen, so ist es jedenfalls besser, am selben Ort die Bettstellen zu besorgen, weil es sonst nie so sicher ist, daß die Maße passen; übrigens fragte ich die Mutter doch des Maßes wegen, sie hat die Bettstellen außen gemessen, so daß also das genaue Maß der Matrazen wohl etwas geringer sein dürfte. Noch auf Eines wollte ich Dich aufmerksam machen; bitte trage doch dem Hausherrn auf, daß er für die Kücheneinrichtung sorgt, d.h. ein Schränkchen zum Aufbewahren der Geschirre und einen Tisch zum Abstellen der Sachen, beides natürlich befestigt und deßhalb zur Wohnung gehörig, doch ist das vielleicht schon ohnehin da. Wegen der beweglichen Kücheneinrichtung bittet Dich die Mutter, ihr Eine Deiner Freundinnen anzugeben, mit der sie sich deßhalb in Correspondnez setzen könnte und die die Güte haben würde, das zu besorgen, was hier nicht gekauft werden kann. Was Deine Frage wegen einer Chiffonière betrifft, so glaube ich ganz gut, ohne Commode ausreichen zu können, indem in einem solchen Schrank viel mehr unterzubringen ist als in einigen Schubladen einer Commode. Vielleicht ließe sich [fol. 3r] auch unter dem Spiegel anstatt eines Spiegeltischchens ein Schränkchen mit Fächern Hausherrn Der Nagelschmied Johann Friedrich Kuhfeld (1792–1861/62) war der Vermieter der ersten gemeinsamen Wohnung Karl Hegels und Susanna Maria von Tuchers in der Schnickmannstraße in Rostock. Chiffonière Kleiner Schrank oder Kommode mit Schubladen und Fächern zur Aufbewahrung von Wäsche, kleineren Kleidungsstücken und Accessoires.

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anbringen, wie wir welche haben, wenn Du Dir erinnerst, es war ein solches in Deinem Zimmer unter dem Spiegel. Was ein Sopha in das Gastzimmer betrifft, so wäre es allerdings recht nett und heimlich, wenn es sich machen ließe ein drittes anzukaufen; ich würde dann für eine Causeuse stimmen, meinst Du nicht? Doch das hat Alles Zeit, bis wir selbst nach Berlin kommen, wenn Du damit einverstanden bist, die eleganteren Meublen dort zu kaufen. Deinen Kleiderschrank könntest Du Dir vielleicht mit dem meinigen in Dobberan bestellen, daß die beiden gleich sind, was doch immer hübsch ist, denn wenn sie jetzt auch nicht beisammen stehen, (ich denke den Weißzeugschrank und Kleiderschrank in das kleine Zimmerchen neben dem Schlafzimmer zu stellen) so kann sich das doch leicht in einer andern Wohnung treffen, wo dann die Ungleichheit unangenehm auffallen würde. Wegen eines Ausziehtisches fragte ich meine Mutter, welche Art sie für die beste hält. Sie meinte am zweckmäßigsten und hübschesten wären die runden Tische, die durch eingelegte Bretter vergrößert werden. Die Platte ist freilich nicht schön, da sie immer in der Mitte einen Einschnitt hat, und es wäre dann gar nicht nöthig, eine schön polirte Platte zu nehmen, sondern lieber eine mit Wachstuch bezogene Tischpl[atte,] worauf wir dann auch gewöhnlich essen könnten; das Gestell kann doch hübsch sein, und wenn der Tisch mit einem Teppich bedeckt ist, ist es immer ein ganz anständiges Meubel; diesen Tisch würdest Du vielleicht auch in Dobberan bestellen; oder kennt Ihr eine andre praktische Art von Ausziehtisch, die doch auch gut in einem kleinen Zimmer stehen kann? Doch jetzt, mein Liebster, genug der Prosa, wenn sie auch nothwendig ist. Wir denken auch jetzt ernstlich an Alles, was besorgt werden muß; und wir beide, meine Mama und ich, haben oft die kürzlich stattgehabte Messe besucht, um Verschiedenes einzukaufen; so denke ich, werden wir nicht durch so kleinliche Dinge aufgehalten sein, an das Ziel unsrer Wünsche zu gelangen, und der wonnige Maimonat soll uns bereit finden, den Frühling unsres Lebens zu beginnen, wenn anders die politischen Verhältnisse nicht störend einwirken. – Nun mein liebster Karl, muß ich [fol. 3v] Dir Lebewohl sagen, da es schon spät ist und ich auf morgen mir kein ruhiges Stündchen versprechen kann. Schreibe mir doch ja in Deinem nächsten Briefe, wie es Dir geht; ich erwarte mit Sehnsucht beruhigende Nachrichten. Mit meinem Husten geht es wieder ganz gut; es war gar nicht von Bedeutung. Der theuren Mutter und Friederike werde ich n[ä]chstens schreiben, ich habe es schon lange vor, aber es blieb bis jetzt beim guten Willen. Wie sehr wünsche ich, daß Manuel eine passende Wohnung findet, in der auch die liebe Mutter wohnen könnte; es wäre doch jedenfalls eine große Beruhigung. Leb wohl, mein liebster Theuerster; Gott gebe bald eine günstige Entscheidung wegen Erfurt, ich bin unendlich gespannt. In ewiger Liebe Deine Susette. Causeuse

Kleines, zweisitziges Sofa.

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Nr. 11 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 23.–29. Januar 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 21.–26. Januar 1850, Nr. 12, S. 64–70] [fol. 1r] Mittwoch d[en] 23ten [Januar 1850] Ach, wenn ich nur einen Augenblick bei Dir sein könnte, mein theurer, vielgeliebter Karl, um zu sehen, wie es Dir geht, ob Du wieder ganz wohl bist. Gerade heute vor acht Tagen, ich war so heiter und hatte keine Ahnung davon, warst Du so unwohl, daß Du mir kaum zu schreiben vermochtest; sieh’ da wird mir die Trennung von Dir, mein Geliebter, mit dem ich Alles theilen möchte, recht schwer; wenn ich mir denke, wie oft Du vielleicht verstimmt oder unwohl bist und nicht heiter sein kannst, während ich lache und scherze. Ich fühle es immer mehr, daß ich jetzt nur ein halbes Leben führe und der Zweck meines Daseins wohl dann erfüllt ist, wenn es mir vergönnt ist, Dir als treue Lebensgefährtin zur Seite zu gehen und mit Dir nach höherer Vollendung zu streben. [Freitag] d[en] 25ten [Januar 1850] Von einer freundlichen Hoffnung, die mir heute geboten wurde, muß ich Dir doch schreiben; es soll mir nämlich vielleicht die Freude zu Theil werden, meine liebe Tante Thekla wiederzusehen, wenn auch nur auf kurze Zeit. Herr Doktor Reuter fährt Sonntag über acht Tage nach Donauwörth, um mit Onkel und Tante und dem Neuburger Arzt eine Besprechung zu haben, und da war er so freundlich, mich aufzufordern, ihn zu begleiten. Es wären allerdings nur einige Stunden, die ich mit der guten Tante zubringen könnte, aber doch wäre es mir jetzt eine große Freude, sie zu sehen, mündlich mich gegen sie auszusprechen. Sie ist eine so innig liebe Seele und hat besonders für mich eine große Zuneigung und viel Theilnahme, da meine bisherigen Führungen sehr denjenigen ihrer Jugend gleichen. Es ist mir so leid, daß Du sie nicht näher kennen lerntest. – Ob mein lieber Vater sich bewogen fühlt zu diesem Rendez-vous seine Einwilligung zu geben, weiß ich noch nicht, aber ich hoffe es von seiner, so oft erprobten Güte. – Ich muß für jetzt schließen, denn die Unruhe der Kinder wird mir ein wenig zu arg; Gottlieb ist heute von Erlangen heraufgekommen und will aus den Dorfgeschichten vorlesen; so ist also keine Ruhe und Stille mehr zu hoffen; leb wohl, mein Geliebter! Mittwoch d. 23ten. Datierung ohne Monatsnamen, Jahreszahl und Ort sowie ohne Anrede. Doktor Reuter Arzt in Nürnberg. Donauwörth Stadt an der Donau, etwa 100 Kilometer südwestlich von Nürnberg. Dorfgeschichten Es bleibt unklar, um welche „Dorfgeschichten“ es sich handelt.

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es ist jetzt 7 Uhr Abends; ob Du wohl in Deinem ruhigen Stübchen an mich jetzt auch schreibst? [fol. 1v] [Montag] d[en] 28ten [Januar 1850] Du wirst staunen über die bedeutende Lücke, die in meinem Tagebuche entstanden ist; ich möchte Dir wohl gerne den Grund davon verhehlen, mein Herzens-Karl, aber es geht nicht und ich muß Dir bekennen, daß ein leichtes Unwohlsein, ein rheumatischer Schmerzen in der rechten Schulter mich diese letzten Tage am Schreiben hinderte. Sieh – aus zwei Gründen möchte ich dies gerne nicht gestehen; ich weiß doch, daß es Dir leid ist um meinetwillen, und dann sollst Du auch nicht Ursache haben zu fürchten, an mir eine kränkliche, leidende Frau zu bekommen, was ich durch meinen lieben Papa als das Entsetzlichste für Männer habe erklären hören; aber für beide Besorgnisse habe ich Hülfsmittel in Bereitschaft; meinetwegen sei ganz außer Sorge, mein Geliebter, in wenigen Tagen wird es wahrscheinlich wieder ganz gut gehen, und Deinetwegen glaube ich auch, Dich bitten zu dürfen, beruhigt zu sein; ich rühmte mich bisher als eine Ausnahme in der jetzigen Mädchengeneration, was Gesundheit anlangte, und hoffe mein gutes Renommé weiter behaupten zu können; wahrscheinlich ist der gar rauhe, veränderliche Winter daran Schuld, daß ich bald mit Husten oder andern Folgen der Erkältung zu thun habe oder hat Sophiechen Recht, die in Bezug auf meine Schulter-Schmerzen aüßerte: das kommt daher weil Karl nicht mehr da ist, der seine Arme um Deine Schulter legt, und Dich vor dem rauhen Wind schützt?? mein lieber lieber Schutzengel, ich bedarf Deiner immer, so hast Du mich schon verwöhnt. Dein Freund Kieser war gestern hier, um mir mit seiner Auguste anzukündigen, daß die sehnlich erwarteten Papiere gekommen sind, und die Hochzeit jetzt für den dritten März anberaumt ist. Du erfreust Dich gewiß herzlich mit ihm, mein Geliebter! Kieser läßt Dich noch ganz besonders grüßen, und meinte es wäre recht schön, wenn Du dazu kommen könntest. Ja freilich wäre es schön, ach es wäre herrlich; aber es kann nicht sein. Selbst wenn Du zu dieser Zeit vielleicht in Erfurt, also doch viel näher an unsrem Nürnberg wärest, so verdiente ein solcher Gedanke [fol. 2r] das Prädikat „unvernünftig“; nicht wahr? und ich bin ja sehr vernünftig und will es auch bleiben. Ich bin heute schon einmal ungenügsam, denn ich erwartete sehnlichst einen Liebesboten von Dir, mein Theuerster, und es will mir nicht recht behagen, daß mir dieser Mondtag Nichts brachte. Wahrscheinlich ist der abscheuliche Schnee Schuld an dieser Verzögerung; könnte ich mein ganzes Herz in jeden Brief einschließen, so würde Eis und Schnee schmelzen und freie Bahn lassen. – Vielleicht erhalte ich auch dieß Mal Deine Antwort nicht direkt, sie macht vielleicht den Umweg über Berlin und der liebe Manuel ist so gut mein Uhrchen beizupacken, oder sollten vielleicht meine kühnsten Wünsche erfüllt werden und der Brief in Begleitung des lieben Schreibers en miniature und unbelebt, aber doch so werthvoll für liebende Augen, kommen? – Ich muß Sophiechen Sophie Maria von Tucher (1839–1871).

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jetzt aber wahrlich aufhören, sonst zürnst Du meiner Ungenügsamkeit, mein Liebster, sei nicht bös, aber ich sehne mich oft recht nach Dir, und ich meine es wäre mir ein großer Trost, dann Dein liebes Bild zu besitzen, und mich am treuen Blick Deiner lieben Augen zu erfreuen. [Dienstag] d[en] 29ten [Januar 1850] Wie glücklich macht mich Dein heute empfangener ersehnter Brief, der mir so gute, befriedigende Nachrichten von Dir bringt. Dank Dir, mein Liebster, für all Deine treue Liebe und Sorgfalt, mir meine künftige Heimath so lieb und traulich zu machen. Glaube mir, mein geliebter Karl, ich bin jetzt schon so heimisch in unserm Häuschen, so wie auch im Kreis Deiner Freunde, daß ich mit Muth daran denke auch unsrer Lisette gegenüber als Frau aufzutreten. Ich danke Dir noch besonders, mein theurer Karl, daß Du bei der Wahl unsres Dienstmädchens auch darauf Bedacht nahmst, ein im Kochen erfahrnes und gewandtes Mädchen zu miethen, bis ich mit der mecklenburgischen Art des Haushalts mehr bekannt bin. Mit Deiner muthmaßlichen Wahl nach Erfurt bin ich ausgesöhnt, so wie ich weiß, daß sie Dir nicht ganz unlieb ist. Gott gebe, daß Deine Hoffnungen sich erfüllen, und [fol. 2v] die Verfassung unsres engern Vaterlandes dadurch geschützt und befestigt werde. – Glaubst Du denn aber, daß der Erfurter Reichstag schon am 1ten Mai, mit Ablauf des Interim, geschlossen ist, wenn er erst am 20ten März in Wirksamkeit tritt? sonst würde freilich unser Interim länger dauern, als das des deutschen Vaterlandes! Und dann müßte ich all meine Vaterlandsliebe zusammennehmen, um dem Reichstag nicht zu zürnen, der mir meinen Liebsten vorenthält. Von Herzen freut es mich, daß das Mendel[s]sohn’sche Lied das rechte ist, ich werde es mir gleich abschreiben lassen und es eifrig studieren; was übrigens Deinen Wunsch hinsichtlich des Singens betrifft, so fürchte ich, ihn nicht erfüllen zu können, meine Stimme ist eigentlich doch gar Nichts; sie müßte nur durch den äußern und innern Frühling wieder erfrischt werden; ich wäre selbst so glücklich darüber, denn der Verlust derselben hat mir manche Thräne gekostet.

Lisette Dienstmädchen im zukünftigen Rostocker Haushalt Karl Hegels. Erfurter Reichstag Irrtümlicher Begriff für das Erfurter Unionsparlament. Interim Nach Verhandlungen zwischen Preußen und Österreich über die Beendigung der Amtsstellung der von der Frankfurter Nationalversammlung am 28. Juni 1848 eingerichteten Funktion des Reichsverwesers und über die Übernahme der Reichszentralgewalt durch eine interimistische Bundeszentralkommission kam es am 30. September 1849 zu einer entsprechenden „Übereinkunft“, der Erzherzog Johann von Österreich (1782–1859) als Reichsverweser am 6. Oktober zustimmte. Er legte sein Amt am 20. Dezember 1849 nieder, und seine staatsoberhauptlichen Aufgaben übernahm bis zum 1. Mai 1850 die interimistische Bundeszentralkommission.

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Für Deine freundliche Erinnerung an die liebe Mutter zu schreiben, danke ich Dir schönstens; ich schrieb vorgestern und legte ein paar Zeilen an Friederike bei; gewiß soll sie, die theure Mutter, nicht mehr so lange ohne direkte Nachricht von uns sein, es war gar nicht recht von mir. Wie leid sind mir die wenig guten Nachrichten, die Du, mein Liebster, mir von ihrem Befinden gibst. Ich fürchte, wir dürfen nur von der bessern Jahreszeit Besserung erwarten. – Ich bin recht froh, daß der Brief an Xeller richtig angelangt ist, Deine Grüße an Fanny werde ich bestens bestellen, so wie ich sie sehe. Ich sprach sie schon lange nicht mehr, wie ich überhaupt jetzt selten geselligen Verkehr suche, so daß die Mutter gestern scherzend meinte, nicht nur die Dienstmädchen machten weniger Unbequemlichkeiten, wenn sie einen Bräutigam haben, als wenn sie einen suchen, auch die Fräulein, das sähe sie an mir. Nicht als ob ich sonst öfter ausgegangen wäre, um mir einen Bräutigam zu suchen, aber da ich mich innerlich nicht so befriedigt fühlte, so suchte ich öfter Zerstreuung aus dem Hause, während ich jetzt überall mein höchstes Gut, mein vollkommenes Genüge, Deine Liebe mein Einzig-Geliebter, mit mir herumtrage. Doch jetzt muß es genug sein des Geplauders! leb wohl, mein Liebster, von meinen Eltern und Geschwistern die schönsten Grüße, ebenso von Lina und Friedrich, wo Alles gut geht. Das Kindchen soll nächsten Sonntag getauft werden, und den Namen Luise erhalten. Wie glücklich wäre die liebe Tante über die herzigen Kinderle! Meine projektirte Fahrt nach Donauwörth wird wohl der Taufe wegen unterbleiben; vielleicht wäre es mir auch nicht gut, mich so der Kälte auszusetzen. Leb wohl mein Geliebter; Gott behüte und beschütze Dich allüberall! Deine Susette.

ich schrieb vorgestern Susanna Maria von Tucher schrieb am 25. Januar 1850 an ihre Tante und zukünftige Schwiegermutter Maria Helena Susanna Hegel, nicht „vorgestern“, d.h. am 27. Januar; vgl. Anhang, Nr. XI.

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Nr. 12 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 3.–7. Februar 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 30. Januar – 3. Februar 1850, Nr. 13, S. 70–74] [fol. 1r] [Sonntag] d[en] 3ten [Februar 1850] Mein geliebter Karl! Ich muß mich für dieß Mal schon mit einem so kleinen Format meines Briefes begnügen, da unangenehmer Weise mein rheumatischer Schmerzen noch nicht beseitigt ist und mir dadurch das Schreiben erschwert; dies auch der Grund der langen Unterbrechung in meinen Aufzeichnungen für Dich, mein Geliebter. Du vermuthest mich wahrscheinlich heute bei Lina, um der Taufe beizuwohnen; ganz im Gegentheil brachte ich diesen Sonntag so still und einsam zu als nur möglich, nehmlich ganz allein zu Hause und auf Anrathen des Arztes zu Bette. Die Taufe von Linas Luischen soll erst in acht Tagen nach Wunsch der Großeltern sein, und so war es mir keine Entsagung allein zu Hause zu bleiben. Ich dachte an Dich, mein Geliebter – doch das brauche ich Dir nicht zu sagen – malte mir alle möglichen Fälle aus, die Deine Wahl nach Erfurt für uns persönlich nach sich ziehen können, vergegenwärtigte mir, wie es wohl sein würde, wenn eine vorübergehende Aüßerung von Dir [fol. 1v] Wahrheit werden, der Reichstag wider Erwarten lang dauern sollte und ich Dir fürs Erste nach Erfurt folgen würde – all diese Bilder und Gedanken ließen mir die Zeit nicht lang werden und jetzt konnte ich der Versuchung nicht widerstehen mit Dir mein Herzliebster darüber zu plaudern obwohl es jetzt für heute genug sein muß. Leb wohl, mein Geliebter; [Dienstag] d[en] 5ten [Februar 1850] Das gestrige Abendblatt brachte uns die Nachricht Deiner Wahl nach Erfurt; Gott sei mit Dir, mein Geliebter, und gebe Dir die Möglichkeit, die ernste und schwere Stellung zu Deiner und Deiner Freunde Befriedigung behaupten zu können. Lache mich nicht aus, mein Liebster, ich fühle mich ganz stolz und genieße ganz in der Stille einen Theil der Ehren, die Dir, meinem zweiten Ich, durch das Vertrauen Deiner Wähler zu Theil wird. – Wie freue ich mich, durch Deinen nächsten Brief etwas Näheres über die Wahl zu hören, in unsrer Zeitung waren ganz kurz die Gewählten genannt; doch d. 3ten. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Monatsnamen, Jahreszahl und Ort vor der Anrede zu Beginn der ersten Zeile. kleinen Format meines Briefes Eine Seite eines Doppelbogens mißt 13,5 × 21,6 Zentimeter; der Brief besteht aus 1 ½ Doppelbögen, also sechs beschriebenen Seiten. Abendblatt Abendausgabe der Nürnberger Tageszeitung „Der Korrespondent von und für Deutschland“.

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genügte mir diese Liste fürs Erste, in der ich auch mit Freu- [fol. 2r] den den Namen Deines Freundes Beseler fand, obwohl ich mich nicht enthalten konnte mit Bedauern an seine arme Frau zu denken, die ihn schon während der ganzen preußischen Kammerverhandlungen entbehren mußte. [Mittwoch] d[en] 6ten [Februar 1850] Mein liebster Karl! Dein Brief erfüllte mich mit hoher Freude, und ich danke Dir mit ganzer Liebe dafür. Alles, was Du mir über Deine Wahl mittheilst, kann das Gefühl, das ich zuerst bei der Nachricht davon empfand, nur erhöhen und ich gebe Dir das Versprechen, mein Liebster, daß Du Dich nicht in mir taüschest, wenn Du voraussetzest, daß ich meine persönlichen Wünsche unterzuordnen weiß, wenn sie sich mit der Stellung, die Dir das öffentliche Vertrauen anweist nicht vertragen; Du sollst nicht über mich zu klagen haben mein Geliebter, und wenn die Zeit unsrer Verbindung nur dadurch näher gerückt werden kann, daß Du den Reichstag eher verläßt, in der Überzeugung weder für Deutschland noch für Mecklenburg dort Etwas nützen zu können, so müßte ich doch recht egoistisch [fol. 2v] sein, wollte ich nicht wünschen, daß Dir diese schwere Erfahrung erspart bliebe. Nein, euer Wirken dort soll, so Gott will, ein recht erfolgreiches sein, alle Eure Wünsche und Hoffnungen sollen wo möglich erfüllt werden und ich freue mich dann von Herzen mit Dir, mein Geliebter, wenn auch in der Ferne. Wegen Deines Vorhabens bei Kiesers Hochzeit kann ich Dir heute Abend, mein Liebster, noch Nichts Bestimmtes sagen. Ich für meine Person hatte nicht vor, Etwas zu geben. Auguste ist mir recht lieb, doch steht sie mir nicht als Freundin besonders nah, und da die Eltern natürlich geben, so hätte ich es unterlassen um das Kiesersche Ehepaar nicht zu veranlassen sich in nächster Zeit bei uns zu revanchiren; wenn Du aber, mein Geliebter, Kieser aus besonderer Zuneigung Etwas geben willst, so finde ich es wohl hübscher wenn wir Beide zusammengeben. Ich werde heute Abend noch meinen Papa fragen, was er meint und Dir das Resultat der Berathung morgen schreiben. [fol. 3r] [Donnerstag] d[en] 7ten [Februar 1850] Guten Morgen, mein Liebster; Gott sei mit Dir diesen Tag und alle Tage Deines Lebens! Ich möchte wohl gern mehr mit Dir plaudern, aber ich fürchte, den Brief nicht zu rechter Zeit fortsenden zu können und möchte doch nicht daran Schuld sein, daß Du ihn einen Tag später bekommst. Der letzte hätte ohnedieß meiner Rechnung nach schon Samstag ankommen sollen, denn ich gab ihn vor Abgang des Mittagszuges auf die Post.

preußischen Kammerverhandlungen Georg Beseler war von 1849 bis 1852 Mitglied der Zweiten Kammer des Preußischen Landtages, die seit 1848 neben dem Preußischen Herrenhaus (Erste Kammer) bestand.

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Mein lieber Papa, der Dich, mein Herzliebster, freundlichst grüßt, meinte wegen der Hausschenke für Kieser, wir sollten nur eine Kleinigkeit geben; nun aber die wichtige Frage was? Ich hörte noch zu wenig von andern Bekannten, was sie gäben, und müßte da doch erst fragen, um wo möglich die Unannehmlichkeit zu vermeiden, Etwas zu geben, das Kieser’s noch von Andern bekommen; ob sich überhaupt Etwas für uns Beide finden läßt, oder ob Jedes für sich gibt, Du Heinrich, ich Augusten, das wird recht davon abhängen. Jedenfalls wechseln wir noch [fol. 3v] einige Briefe, bis zur Zeit der Hochzeit, mein Geliebter, und ich werde Dir in meinem nächsten Vorschläge machen, und dann mit Freunden besorgen, was Du für passend hältst. Von dem Befinden der theuren Mutter haben wir schon ziemlich lange keine Nachrichten, wir sind wohl selbst ein wenig Schuld daran, weil ich es so lange unterließ, ihr zu schreiben; doch erwarte ich jetzt täglich mein liebes Uhrchen, das Manuel so gut ist, zu besorgen, und damit auch direkte Nachrichten, hoffentlich befriedigende. Nun mein Liebster, muß ich Dir für heute Lebewohl sagen; die lieben Eltern und Geschwister tragen mir die schönsten Grüße auf, wie überhaupt alle Verwandte und viele Bekannte; besonders bat mich neulich Herr von Aufseß, Dich zu grüßen und Dir zu sagen, wie leid es ihm gewesen sei, durch sein Unwohlsein verhindert gewesen zu sein, Dich an Weihnachten zu sehen. Leb wohl, mein Geliebter, ich umarme Dich mit aller Liebe. Ewig die Deine. Susette.

Hausschenke

Hochzeitsgabe, Hochzeitsgeschenk.

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Nr. 13 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 8.–14. Februar 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 9.–10. Februar 1850, Nr. 14, S. 75–78] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 14 FEB 1850 11–12 Adressenfeld: An Herrn Professor Hegel in Rostock Mecklenburg. [fol. 1r] [Freitag] d[en] 8ten [Februar 1850] Mein lieber, theurer Karl! Wenn ich Dir jetzt so ruhig in meinem heimlichen Zimmerchen schreibe (denn seit das Wetter milder ist, flüchte ich mich in mein kleines Heiligthum, um ungestört zu sein), so denke ich oft, wie vielfach Du jetzt in Anspruch genommen und beschäftigt sein wirst, und welchem unruhigen und aufgeregten Wirkungskreis Du entgegengehst, und ich kann Nichts thun, als zu Gott beten, daß er Euer gemeinschaftliches großes Werk mit seinem besten Segen krönen wolle; das thue ich aber treulich, mein Geliebter, und so ist Dein neuer Wirkungskreis ein neues Band der Liebe und des Glaubens für uns geworden. Heute war Tante Fritz bei uns, um uns mitzutheilen, daß Kiesers Hochzeit schon für den 24ten dieses Monats anberaumt ist; ich kann mich fast auf diesen Tag fürchten, an dem Du, mein geliebter Karl, mir mehr als je fehlen wirst. – Wegen des Geschenks für das glückliche Paar habe ich noch keinen rechten Entschluß gefaßt; ich weiß Nichts Hübsches, das wir gemeinschaftlich geben könnten, und glaube, wir müßten uns schon zu zwei kleinen Sachen bestimmen. Ich denke Augusten ein hübsches Arbeitskörbchen zu geben, und als Geschenk für Heinrich fände ich einen eleganten Schreibzeug oder Etwas Ähnliches, ausschließend für seinen Gebrauch als Geschenk von Dir recht passend. Meinst Du nicht?

d. 8ten. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Monatsnamen, Jahreszahl und Ort vor der Anrede zu Beginn der ersten Zeile. Tante Fritz Sophia Maria Friederike von Meyer, geb. von Tucher.

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[Sonntag] d[en] 10ten [Februar 1850] Heute Nachmittag war die Taufe bei unsrer herzlieben Lina, der es Gottlob recht gut geht; es ist immer eine für jeden Anwesenden ernste und ergreifende Feier, denn unwillkührlich tritt Einem das eigne Taufgelöbniß und die vielfachen Vergehen dagegen vor Augen. – Die liebe Lina war wie immer, eine liebenswürdige Wirthin: ich betrachtete sie immer und nahm sie mir zum Muster. Wir aßen zu Abend im selben Zimmer, in dem wir an dem entscheidenden Dienstag waren; da flogen wohl all [fol. 1v] meine Gedanken zu Dir mein Liebster, und ich sehnte mich nach Deiner lieben Nähe, doch war mirs lieb, daß Du durch meinen letzten Brief den Tauftag weißt, und wohl in Gedanken bei mir warst, wenn Du meinen Brief schon heute Morgen erhalten hast, wie ich berechnete. Lina hatte einen kleinen Scherz mit dem herzigen Benoit gemacht, ihn als Bauernbübchen verkleidet und ihm Bouquetchen für alle anwesenden Damen gegeben, die er dann austheilte. Als er zu mir kam, wollte er mir alle übrigen Bouquetchen geben, so daß ich mir dachte, der Kleine stehe als Liebesbote in Deinem Dienst, und bedankte mich deßwegen so liebevoll und reich. [Dienstag] d[en] 12ten [Februar 1850] Ob Du ahnst mein Geliebter, wo ich gestern Abend war? Nein, das wirst Du Dir nicht denken können, mir aber doch nicht zürnen, das weiß ich. Also, frisch gestanden – ich war auf dem glänzenden Maskenball im Museum; natürlich ohne zu tanzen. Es hatte sich nämlich eine große Gesellschaft verabredet, maskiert den Ball zu besuchen, darunter waren auch Viele meiner Bekannten, und da es mich interessirte diese in ihrer Verwandlung zu sehen, entschloß ich mich, als Zuschauerin hinzugehen. Wenn Du mich gesehen hättest, du würdest gelacht haben, denn um Jedermann gleich zu zeigen, daß ich nicht daran denke zu tanzen, wählte ich eine ganz solide nichtjugendliche Toilette, so daß Viele mich gar nicht erkannten. Du wirst mir glauben, mein Geliebter, daß es mir nicht schwer wurde, meinem Vorsatz treu zu bleiben, wenn sich auch bei den ersten Tönen der Musik meine Tanzlust in den Füßen regte, aber sonst erschien mir das ganze Getreibe so ganz anders als sonst, daß ich mir selbst ganz verwandelt vorkam. d[en] 12ten. Abends. Heute erhielt ich durch die freundliche Güte Manuels mein Ührchen, dem ich mit Freude wieder sein altes gewohntes Plätzchen einräumte. Briefe von der lieben Mutter und den Geschwistern begleiteten Deine liebe Gabe, brachten uns [fol. 2r] aber leider von der theuren Mutter keine beruhigenden Nachrichten; sie ist meistens zu Bett oder auf dem Sopha und dadurch zur quälendsten Unthätigkeit gezwungen, die ihr natürlich sehr schwer zu ertragen ist. Zwar schrieb sie selbst einen Benoit Benedikt (Benno) Karl Friedrich von Grundherr (1848–1909) war der Sohn Lina und Friedrich Karl Alexander von Grundherrs, mit dem ersten Vornamen nach dem Großvater mütterlicherseits (Georg Christoph Benedikt von Schwarz) genannt. Bouquetchen Blumensträußchen.

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innigen liebewarmen Brief an meine Mutter, aber ihre Schwäche spricht sich auch darin aus. Es ist eine entsetzlich schwere Prüfung für die theure Mutter, bei der man leicht versucht werden könnte zu fragen: warum und wozu? [Donnerstag] d[en] 14ten [Februar 1850] Dank Dir, mein Geliebter, für den so lieben Brief, den ich schon gestern Abend erhielt; erst heute aber kann ich ihn beantworten, da ich leider meinen gestrigen Abend, der ganz besonders und ausschließend Dir hätte gehören sollen, bei Karoline Tucher in einer langweiligen Damengesellschaft zubringen mußte. Wie freute mich Alles, was Du mir auch über Deine politischen Beziehungen schreibst, das Zeitungsblatt, das Du mir sendest, ich danke Dir dafür als ein Zeichen Deines köstlichen Vertrauens, das mich Theil nehmen läßt an Allem was Dich berührt und bewegt. Du bist ungehalten, mein Geliebter, daß ich Dir nicht bestimmter über meine Gesundheit schrieb und machst Dein Recht auf mein vollständiges Vertrauen geltend, ein Recht, dem zu genügen meine höchste Freude ausmacht; glaube ja nicht, daß ich Dir absichtlich Etwas verschwieg, aber die ganze Sache schien mir so unbedeutend, daß ich sie weiter gar nicht erwähnte, doch auf Deine bestimmte Frage will ich Dir auch ohne Hehl bekennen, daß es mir immer noch nicht ganz gut geht. Der Doktor erklärt es für einen Nerven-Rheumatismus; weil der Schmerzen bei der Bewegung des Armes sich nicht zeigt, sondern blos bei fortgesetztem ruhigen Arbeiten, so daß ich gleich der lieben Mutter seit 14 Tagen zum Nichtsthun verurtheilt bin, weil Nähen Stricken selbst Clavierspielen mir gleich den Schmerzen vermehrt, am besten geht noch das Schreiben, besonders an Dich mein Herz, und ich wähle dazu jetzt gewöhnlich die Morgenstunden, weil da der Arm durch die [fol. 2v] Nachtruhe gestärkt ist. Der Doktor verspricht mir baldige Beßerung, wenn ich recht schön folge und Nichts arbeite, was mir freilich jetzt doppelt schwer wird, wo ich gern recht fleißig sein möchte, um die für die Ausstattung erforderliche Zeit so viel als möglich abzukürzen, daß ich bereit sein kann, Dir nach Erfurt zu folgen, wenn es sich sonst machen läßt.

Karoline Tucher Maria Louise Katharina Karoline von Tucher, geb. Faber (1817–1887) war die Ehefrau Gottlieb Friedrich Wilhelm Karl von Tuchers (1810–1861) aus der älteren Linie der Tucher von Simmelsdorf. Sie war eine Tochter des Wertheimer Kaufmanns und Fürstlich-Löwensteinschen Hofbankiers Johann Christoph Faber (1783–1861). Zeitungsblatt Es handelt sich um das „Offene Sendschreiben an die Wahlmänner des III. Wahlkreises für die Abgeordnetenwahl zum Volkshause des Erfurter Parlaments“, eine ganzseitige „Beilage zur Nr. 32 der Mecklenburgischen Zeitung. Schwerin, Donnerstag, den 7. Februar 1850, Abends“, die hier fehlt. Sie ist abgedruckt in: Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert, S. 143, Abb. VII/12. In seinem „Sendschreiben“ legte Karl Hegel seine politischen Vorstellungen für seine Tätigkeit als Abgeordneter in Erfurt dar, die auf die Errichtung eines (klein-)deutschen Bundesstaats auf konstitutioneller Grundlage zielten.

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Ich verspreche mir sehr viel von einem Aufenthalt dort, nur das Eine müßte ich fürchten, Dich meinen Geliebten, weniger zu besitzen als in Rostock, doch das überlasse ich Alles freudig Deiner Liebe, auf die ich in jeder Lage vertrauen kann. Alles, was Du mir schreibst und aufträgst wegen des Bieres, werde ich mit Kieser bereden so wie ich ihn sehe, und freue mich, mit Dir Deine Freunde mit Nürnberger Produkt zu bewirthen. – A propos, die Hochzeit ist verschoben, da Auguste einen geschwollenen Backen hat, und man nicht weiß, wie lange das anhält. Bis jetzt ist kein Tag bestimmt. Leb wohl, mein Geliebter, wegen der Hausschenke, kannst Du mir jetzt noch schreiben, ich finde Deinen Vorschlag auch recht hübsch. – Noch eine Bitte, sei doch so gut, in einem Deiner Briefe einen Gruß an Tante Bayerlein zu erwähnen; sie hat Dich so ins Herz geschlossen, daß sie mir immer ganz besondere Grüße aufträgt; es ist eine besondere Schwachheit, aber ein Gruß von Dir würde sie sehr beglücken. Leb wohl, mein Einzig-Geliebter In ewiger Liebe Deine Susette.

Nr. 14 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 15.–21. Februar 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 13.–17. Februar 1850, Nr. 15, S. 78–82] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 21 FEB 1850 3–4 Adressenfeld: An Herrn Professor Hegel in Rostock Mecklenburg [fol. 1r] [Freitag] d[en] 15ten [Februar 1850] Mein geliebter, theurer Karl! Heute war ich bei meiner herzlieben Lina, deren treue, innige Freundschaft ich erst jetzt, wo die Schranke, die immer zwischen einer Frau und einem Mädchen besteht, mehr und mehr verschwindet, wo der Gedanke an bald. 15ten. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Monatsnamen, Jahreszahl und Ort vor der Anrede zu Beginn der ersten Zeile.

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dige Trennung zugleich so nah liegt, in ihrem ganzen Umfang erkenne. Ich denke mir manchmal, daß ich meine Jugendfreundinnen sehr vermissen und schwerlich mich an Andre wieder so anschließen werde können als wie an die, die von Gespielen der Kindheit, Freundinnen und Vertraute meiner Jugend wurden; aber anderntheils scheint es mir wieder, als ob mir eine vertraute Freundin nicht mehr so Bedürfniß sein könnte, wenn Du, mein Liebster bei mir und mir ein liebender Freud bist, was Du mir so treulich versprachest. Du wirst mir im weitesten Sinn des Wortes Alles sein, und ich finde darin die festeste Bürgschaft für völlige Befriedigung. [Sonntag] d[en] 17ten [Februar 1850] Zum ersten Male seit langer Zeit war ich heute wieder in der Kirche. Der Doktor hatte es mir erlaubt, da es viel, viel besser mit meinem Schulterschmerzen geht. Ich fand dort aber nicht die Sammlung, die ich gewünscht hatte, und daran warst Du, mein Liebster, die ganz unschuldige Ursache. Es wurde mir so schwer, meine Gedanken auf die Predigt zu richten, immer flogen sie zu Dir, ihren gewöhnlichen Mittelpunkt und Endziel; und da ich ihnen meistens freien Lauf lassen kann, ließen sie sich auch jetzt nicht beschränken. [Montag] d[en] 18ten [Februar 1850] Gestern Abend war ich in einem sehr schönen Concert, mein Geliebter. Wie habe ich Dich zu mir gewünscht, um Dich fragen zu können über die Musik die aufgeführt wurde unter andern über eine Sinfonie von Schubert, die ich sehr schön fand, wenn auch nicht so klar als manche Beethovensche Composition, bei welcher oft der Hauptgedanke so scharf und deutlich hervortritt, daß auch so wenig Eingeweihte wie ich, ihm zu folgen vermögen. Die heutigen Zeitungen brachten uns eine Nachricht, die für die Einigung Deutschlands sehr trostlos lautet, [fol. 1v] für unsre baldige Vereinigung, mein Geliebter, dagegen um so mehr Hoffnung gibt. Ich weiß nicht, ob sie begründet ist, aber bei uns wird als bestimmt angenommen, daß der Zusammentritt des Erfurter Reichstags von Österreich aus als Kriegserklärung angesehen, und mit bewaffneter Macht dagegen eingeschritten werden wird. Daß dadurch die Dauer des Reichstages sehr verkürzt werden wird, ist wohl wahrscheinlich, und während Süd[-] und Norddeutschland sich bekriegen, könnten wir, mein Geliebter, um so früher den deutlichen Beweis führen, daß sie sich aufs Beste miteinander vertragen und im beseligendsten Frieden stehen könnten. Gott gebe, daß unser armes Vaterland nicht die Graüel des Österreich Das Kaiserreich Österreich verfolgte eine den Erfurter Bestrebungen, d.h. den politischen Zielen Preußens für die Gestaltung Deutschlands entgegengesetzte Politik, die auf den Gegensatz „großdeutsche“ versus „kleindeutsche“ Lösung zusammengefaßt wird und sich in den Brautbriefen immer wieder in der Betonung des Gegensätzlichen von Süddeutschem und Norddeutschem in allen Lebensbereichen äußert.

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Bürgerkrieges zu fühlen bekommt; bei uns ist man darauf gefaßt. Was erwartet man denn in Nord Deutschland von der nächsten Zukunft? [Mittwoch] d[en] 20ten [Februar 1850] Dein herzinniger Brief, mein Geliebter, den ich heute empfangen, hat mich hoch beglückt, wenn auch meine Sehnsucht nach Dir immer nach jedem Briefe doppelt groß ist. Wenn Du zu mir sprichst, dann möchte ich Dich tausenderlei fragen und Dir gleich auf Alles, was Du in Deinem Briefe erwähnst antworten; doch es scheint ja wirklich, als ob die Aussicht auf unsre Verbindung durch den Erfurter Reichstag nicht hinausgeschoben wird, und also diese Zeit der schmerzlichen Entbehrung bald durch eine schönere verdrängt wird, wo ich Dir dann Alles, Alles recht nach Herzenslust mittheilen kann. Was Du mir über Schwärmen und Lieben schreibst, mein Herz-Geliebter ergriff mich wunderbar, weil ich an mir selbst die Erfahrung dessen machte, das Du aussprichst. Ich sagte Dir, mein Liebster, daß ich auch einst geschwärmt habe, und obwohl Du mich um Verzeihung bittest daß Du jetzt nicht schwärmst gestehe ich doch ganz offen, daß die völlige Befriedigung, die mir Deine Liebe gewährt, auch bei mir diese Gefühlsrichtung, die doch meistens oder immer in unbestimmten, sehnsüchtigen Träumen besteht, verdrängt hat, und schon oft wurde es mir klar, daß wenn ich auch [fol. 2r] sonst mehr geschwärmt, ich doch nie so innig und wahr geliebt habe wie jetzt. Sieh, mein Geliebter, ich fühle mich viel glücklicher und besonders viel sicherer im Besitz Deiner Liebe, als es bei aller Schwärmerei möglich wäre. Ich kann es Dir jetzt nicht so recht sagen, aber ich meine ich wäre weniger glücklich und hätte Dich weniger im Herzen wohnen, wenn ich schwärmen könnte; ich sprach öfter schon mit Luise und Lina über diese Verschiedenheit der Empfindungen, und es ist mir eine wahre Freude, aus Deinem Briefe zu entnehmen, daß wir auch darin so Eins in Gedanken sind. – Wie freue ich mich, ein Glied dieses lieben Kreises zu werden, der Dir, mein Liebster, so innig vertraut ist, was doch wohl sein muß, wenn solche Gespräche angeregt werden. – Meine liebe Lina war heute bei uns im Garten, um das herrliche Frühlingswetter, das wir seit einigen Tagen haben, zu genießen, und um sich in ihrer Einsamkeit zu trösten, denn sie ist seit heute Morgen Strohwittwe. Friedrich muß eine Geschäftsreise unternehmen, zu welcher er wohl 4 Wochen nöthig haben wird. Sie forderte mich auf, recht oft zu ihr zu kommen um miteinander zu arbeiten und von unsern Liebsten zu plaudern. Sie grüßt Dich freundlichst, auch im Namen ihres Friedrichs. – Onkel Be-

Geschäftsreise Friedrich Karl Alexander von Grundherr hatte 1847/48 die Firma „Grundherr & Hertel Droguerie- und Farbwaren en gros“ gegründet, die sich noch im Aufbau befand und dann von seinem Sohn Benedikt (Benno) Karl Friedrich weiter ausgebaut wurde; vgl. Diefenbacher, Adelsbier aus Nürnberg, S. 236.

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noit, nach dem Du fragst, ist jetzt in Neapel, der letzte Brief war von Florenz; übrigens scheint er bis jetzt nicht sehr befriedigt zu sein von dieser unstäten, zwecklosen, wandernden Lebensweise, was ich auch recht gut begreife, denn ich meine, wenn man ohne Beruf, ohne Ziel so alleine in der Welt herumreist, müßte man bald auch in den schönsten Umgebungen sich unbefriedigt fühlen. Wenn wir einmal miteinander reisen, und haben unsre trauliche Haüslichkeit in Aussicht, unsre gemeinschaftliche Heimath als Ziel, das ist freilich ganz anders; das muß herrlich sein; meinst Du nicht? – Der Brief von der theuren Mutter, den Du mir vermeldest, ist bis jetzt nicht angekommen, wir haben seit dem 12ten [Februar] keine Nachrichten, die aber leider auch damals nicht gut waren (ich glaube, [fol. 2v] ich schrieb Dir davon). Es thut mir in der Seele weh, wenn ich mir die liebe Mutter so schwach und hinfällig denke, während ich sie noch so ziemlich kräftig in der Erinnerung habe. Gott gebe, daß sie bis Frühjahr so weit erholt ist, ein Bad zu besuchen; wir sprachen auch schon davon, besonders von Teplitz im Andenken an die selige Großmutter, der dieses Bad so gut gethan hat. Wahrhaft rührend ist mir ihre liebende Sorge für uns, mit der sie Alles mit meiner lieben Mutter berathen und gerne Alles selbst beschicken möchte. Auch schrieb sie, was Du, mein Geliebter, wiederholst, daß mir noch Etwas zugedacht war; ich weiß nicht was, aber ich bin beschämt durch ihre so teure Liebe. [Donnerstag] d[en] 21ten [Februar 1850] Nur mit wenigen Worten, mein Geliebter, will ich Dir die Auskunft mittheilen, die mir mein Papa wegen der Papiere gab. Er glaubt, daß Du hier Nichts brauchst als die Erlaubniß Deiner Regierung, Dich in Mecklenburg häuslich niederzulassen und zu heirathen; um aber diese Erlaubniß zu bekommen glaubt mein Vater, daß Dir meine Papiere nöthig sind und bittet Dich, deßwegen zu fragen. Er wird sich noch näher erkundigen, und Dir darüber schreiben. – Wegen des Weißzeugschrankes finde ich gar Nichts zu erinnern; ich bitte Dich nur, ihn so groß als die Kleiderschränke und mit

Onkel Benoit Benoit (Georg Christoph Benedikt) von Schwarz war der Vater Lina von Grundherrs. Neapel Auf der Apenninen-Halbinsel etwa 220 Kilometer südöstlich von Rom am Tyrrhenischen Meer gelegene Stadt. Florenz Im Norden der Apenninen-Halbinsel im Zentrum der Toskana gelegene Stadt. Teplitz Heilbad, südlich von Dresden am Südhang des nordböhmischen Erzgebirges gelegen, dessen Thermalquellen gegen Rheumatismus helfen sollten. selige Großmutter Die 1832 gestorbene Susanna Maria von Tucher, geb. von Haller, war die Großmutter mütterlicherseits von Susanna Maria von Tucher und Karl Hegel. wegen der Papiere Dazu sei auf Karl Hegels Brautbriefe Nr. 15 und Nr. 16, seinen Brief vom 17. Februar 1850 an Johann Sigmund Karl von Tucher (Karl Hegels Brautbriefe, S. 215, Anm. 274) sowie dessen Brief vom 24. Februar 1850 an Karl Hegel (Anlage, Nr. XII) verwiesen.

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5–6 Fächern zum Legen zu bestellen. Leb wohl, mein Einzig-Geliebter, es ist hohe Zeit zu schließen. In treuer Liebe Deine Susette. [PS] Die Hausschenke für Kieser besorge ich diese Tage, hoffentlich zu Deiner Zufriedenheit. Die Hochzeit ist für heute über acht Tage Morgens um neun Uhr anberaumt. – Wegen meiner Schulter sei ohne Sorgen, es geht ganz gut wieder. – Mein Ührchen ist jetzt ganz in Ordnung und geht sehr pünktlich. Leb wohl! Liebster.

Nr. 15 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 22.–28. Februar 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 20.–25. Februar 1850, Nr. 16, S. 82–88] [fol. 1r] [Freitag] d[en] 22ten [Februar 1850] Mein liebster Karl! Gestern schon hätte ich Dir so gerne geschrieben, aber ich bin jetzt so außerordentlich fleißig an meiner Ausstattung, daß ehe ich es mir versehe, mein Schreibstündchen, von ½ 9 Uhr Abends anfangend, vorüber ist, ehe ich meine tägliche Aufgabe gelöst habe; die wahrscheinlich kurze Dauer des Erfurter Reichstags, unsre Abhängigkeit davon, in Bezug auf die Zeit unsrer Verbindung, und der Wunsch, mit allen Vorbereitungen fertig zu sein, so wie der Reichstag geschlossen ist, das Alles treibt uns, die Zeit so viel als möglich zu benützen und so opferte ich auch den gestrigen Abend meiner Häkelarbeit. Heute aber verlasse ich Alles um ganz bei Dir, mein Geliebter zu sein. Habe ich Dir ja außer dem, was ich Dir immer und immer wiederhole auch zu schreiben über die große Angelegenheit der Hausschenke. Es war mir so eine Freude, Etwas für Dich, mein Herzliebster, zu besorgen, es war mir ein Vorgenuß dieser lieben Pflicht und dieses Rechtes, das mir Deine Liebe einräumt. Ich kaufte ein sehr hübsches Bierkrüglein von Glas mit Deckel, das Heinrich gewiß recht gern für seinen Abendtrunk benützt. Deinen Namen ließ ich auf den Deckel graviren, und so denke ich, wird es Heinrich ein liebes Andenken an Dich sein; er hat Dich so herzlich lieb, und spricht sich so erfreut über unser Glück aus, daß ich ihn unwillkührlich lieber gewinne. d. 22ten. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Monatsnamen, Jahreszahl und Ort vor der Anrede zu Beginn der ersten Zeile. Heinrich Heinrich Kieser.

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[Samstag] d[en] 23ten [Februar 1850] Bei meinem Gang in die Stadt traf ich heute mit Kieser und Auguste im Haus zusammen, sie beredeten mich, mit ihnen in ihre künftige Wohnung hinaufzusteigen um zu sehen, wie nett und heimlich Alles angerichtet wird. Ich mußte mir immer denken, wie wir uns unser Häuschen recht wohnlich machen wollen, und konnte mich des leisen Wunsches nicht erwehren, daß wir doch auch schon so weit wären. Kieser ist ganz überselig; Du, mein Geliebter, kennst ja seine lebhafte, heitre Art und Weise, sein Glück zu zeigen, und wirst Dir denken können, wie er jubelt, endlich nach 2 Jahren am Ziel seiner Wünsche zu sein. – Ich theilte ihm Deine Bitte mit, wegen des Biers, und er versprach mir, sich genau nach Allem zu er- [fol. 1v] kundigen und es dann zu besorgen. Wie freue ich mich, Deine Freunde damit zu bewirthen, wenn ich auch selbst gar nicht recht die Baierin in dieser Beziehung repräsentiren kann; es müßte nur sein, daß ich vielleicht in der Fremde das schätzen lerne, was ich bis jetzt in der Heimath nicht zu würdigen wußte. – Die Mutter treibt mich ins Bett, und Du erlaubst auch nicht, daß ich noch länger schreibe, mein Einzig-Geliebter! Drum, gute Nacht. Gott behüte Dich und mich, die Dich von ganzer Seele liebt. [Montag] d[en] 25ten [Februar 1850] So eben komme ich von einer Gesellschaft bei Crailsheim zurück, und nach all dem leeren Geschwätz dort, sehne ich mich doppelt nach ein Paar Minuten mit Dir, mein Geliebter, zu plaudern. Es war eine dieser großen Spielgesellschaften, wo die Nichtspielenden dann oft übel genug daran sind; doch ging es mir heute über Erwarten gut; außer einigen Damen, die nicht spielten, waren blos Elise Holzschuher und Luise Wiß, die mir Gesellschaft leisteten, und wir drei unterhielten uns noch ganz erträglich. Das gesellige Leben hier, erscheint mir jetzt so ganz anders als sonst, es hat so alles Interesse für mich verloren, daß ich mir jetzt oft schon als fremd erscheine; dadurch, daß ich diesen Winter gar keine größeren Kreise besuchte, finde ich jetzt so viel neue Erscheinungen, die ich mir aber gar nicht näher beschaue, um so mehr, da man mich auch schon als halb-abwesend ansieht, und neue Bekanntschaften sich mir nicht nähern. Alle meine geselligen Beziehungen beschränken sich auf Fragen nach Dir, mein Liebster, auf Erkundigungen über die Zeit unsrer Heirath, und über den für uns so wichtigen Reichstag. Jedermann spricht mir hier die Hoffnung ab, daß dort Etwas Befriedigendes zu Stande gebracht wird, doch mag daran auch die Stellung Bayerns dem engern Bunde gegenüber Schuld haben; ich will noch das Beste hoffen, es wäre mir zu leid für Dich und für Alle, die ihre Kräfte an das Werk setzen, wenn es abermals vergebens wäre. – So wenig einheitlich aber unser Vaterland bis jetzt noch erscheint, um so mehr suchen Elise Holzschuher Elise Holzschuher (1827–1850) war das achte von zehn Kindern Rudolf Sigmund und Josepha Karoline von Holzschuhers und ist ledig gestorben. Luise Wiß Nicht genauer zu identifizierendes Mitglied der Nürnberger Neubürger-Familie Wiß.

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Einzelne ein recht einiges Ganze[s] zu bilden, und bauen gleich wie wir, mein Geliebter, ihren häuslichen Herd mitten unter den politischen Stürmen auf. Selten kann ich mir erin- [fol. 2r] nern, von so vielen Verlobungen gehört zu haben, und noch heute in der Gesellschaft wurden wir freudig überrascht durch die Nachricht, daß die älteste Aufseß (Du erinnerst sie Dir vielleicht) Braut sei, mit dem Rektor Begh in Fürth. Ich nehme jetzt doppelt innigen Antheil an dem Glück jeder Braut, weil ich weiß, wie es ein andres Leben ist, das Leben in einem theuren Du; und am liebsten möchte ich recht bald zu ihr um mich recht mit ihr zu freuen. – Es ist spät, mein Liebster und so traulich es in meinem Zimmerchen ist in stiller Nacht, wenn mir der liebe klare Mond beim Schreiben zusieht, und alle Grüße zu Dir bringt, die erst den langen Weg von der Feder aufs Papier machen müssen, so will ich doch brav sein und Dir schön folgen, und es den Träumen überlassen, Dir Alles zu sagen, was mein Herz für Dich, mein EinzigGeliebter fühlt. [Mittwoch] d[en] 27ten [Februar 1850] Du hast mich so verwöhnt durch Deine liebevolle Treue, mein Geliebter, mit welcher Du immer die bestimmten Brieftage einhältst, daß wenn, wie heute, ein so freudig erwarteter Tag vorübergeht, ohne mir Etwas zu bringen, ich ganz betrübt bin. Doppelt sehnte ich mich heute nach einem Liebesboten, um morgen an Augustes und Heinrichs Hochzeit, mich recht von Neuem in Deiner Liebe beseligt zu fühlen, denn ich kann und darf Dir wohl gestehen, daß der morgende Tag mir wehmüthig in meiner Einsamkeit erscheinen wird; doch die Zeit wird ja bald unsern Hochzeitstag bringen und so will ich fröhlich in Hoffnung sein. Die Hochzeitsgäste von der Ferne sind heute angekommen da die Trauung schon morgen früh um 10 Uhr sein soll; und so ist das Haus ziemlich voll bei uns. Tante Sophie hat ihr Erkerstübchen in Besitz genommen, Onkel Wilhelm und Tante Frida bewohnen Dein Zimmerchen und Gottlieb ist auch für einige Tage wieder in sein

die älteste Aufseß Mathilde von Aufseß (1826–1905) war die älteste Tochter Hans Philipp Werners und Charlottes von Aufseß. Rektor Begh Der in Nürnberg geborene Johann Kaspar Beeg (1809–1867) war zunächst Lehrer und Erzieher u.a. in Nürnberg, München und Griechenland, wurde 1844 an der Universität Erlangen zum Dr. phil. promoviert und übernahm 1845 das Amt des Rektors der Königlichen Landwirtschafts- und Gewerbeschule in Fürth. Fürth Etwa zehn Kilometer westlich von Nürnberg gelegene Stadt, die 1835 als Endpunkt der ersten deutschen Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth mit der beginnenden Industrialisierung in Berührung kam, 1843 Anschluß an den Ludwig-Donau-Main-Kanal fand und sich mit den Eisenbahnanschlüssen der 1860er Jahre zu einer modernen Industriestadt entwickelte. Onkel Wilhelm Karl Friedrich Wilhelm von Tucher (1805–1875) war der jüngste Bruder Maria Helena Susanna Hegels und Johann Sigmund Karl von Tuchers sowie Onkel Susanna Maria von Tuchers und Karl Hegels. Tante Frida Friederike Caroline Wilhelmine Camilla von Tucher, geb. Gräfin von Mont-

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Stübchen gezogen. Onkel Gottlieb und die liebe Tante konnten nicht kommen, sie versparen es zu unsrer Hochzeit, worauf sich die Tante schon jetzt unendlich freut. Gott schenke uns Allen ein fröhliches, seliges Wiedersehen! [fol. 2v] [Donnerstag] d[en] 28ten [Februar 1850] Dieß Mal wurde meine Geduld auf eine harte Probe gestellt, denn so eben erst, ½ 11 Uhr Abends, konnte ich Deinen lieben, theuren Brief lesen, mein Einzig- und Ewig-Geliebter. Das liebe Kiesersche Brautpaar machte diesen Nachmittag mit den Hochzeitsgästen einen Spaziergang, und obwohl ich wußte, daß während der Zeit der ersehnte Liebesbote ankommen würde, und gerne zu Hause geblieben wäre, um ihn so bald als möglich zu erhalten, konnte ich doch nicht gut wegbleiben, und mußte mir eine um 3 Stunden verlängerte Wartezeit auflegen. Jetzt hab ich ihn aber, meinen lieben Brief, habe alle Deine innigen, theuren Worte mit Entzücken gelesen, und fühle mich wieder überselig, nachdem ich wohl heute recht sehnsüchtig nach Dir, mein Einziger war, nach Dir, der Du mich fragst, wie es mit meiner Sehnsucht, mit meinem Denken an Dich, steht – als ob ich Dir erst sagen müßte, daß Du mein Gedanke zu aller Zeit, mein Liebster und mein Alles bist. Die Hochzeitfeier war recht feierlich, mir wars eine Vorfeier der unsrigen. Deiner, mein Geliebter, wurde oft in Liebe gedacht, und Kieser kam ganz besonders herzlich zu mir, um auf Dein Wohl, auf unsre baldige Nachfolge und dauernde Freundschaft trotz der weiten Trennung anzustoßen. Die Inlage von meinem lieben Vater war schon geschrieben, ehe Dein lieber Brief ankam, doch ersiehst Du daraus, daß Du es Dir schon gefallen lassen mußt, außer der Bescheinigung über die erfolgte Proklamation, noch ein Zeugniß, daß Du dort in Rostock das Niederlassungsrecht besitzest, mitzubringen. Die Behörden bei uns sind entsetzlich gewissenhaft, und entlassen ein so theures Landeskind nicht, ehe sie bestimmt wissen, daß es eine andre Heimath findet; mein Papa wundert sich sehr, daß ich ohne alles Weitere das Heimathrecht in Mecklenburg erhalte, und daß man sich dort gar nicht darum bekümmert, was es mit dem neuen Landeskind für eine Bewandniß hat. – Es ist mir so leid, daß mein Brief wieder einen Tag zu spät gekommen ist; ich dachte es mir wohl, denn ich weiß, daß Du mein treues Herz mich nicht warten läßest. Ich bin um so [fol. 3r] unglücklicher darüber, da ich ganz unschuldig daran bin, also auch mit dem besten Willen nicht abhelfen kann. Meine Briefe sind regelmäßig bis 11 Uhr auf der Post um mit der 1 Uhr-Fahrt abzugehen, es ist also nur die Schuld des perny (1818–1889), war die Tochter des Grafen Friedrich Ludwig Camill von Montperny (1790–1844) und der Gräfin Carolina Friderica Wilhelmine von Otting und Fünfstetten (1799–1860) sowie Ehefrau Karl Friedrich Wilhelm von Tuchers. die liebe Tante Thekla Therese Eleonore von Tucher, geb. von Gemmingen-Steinegg. Inlage Den Brief Johann Sigmund Karl von Tuchers an seinen zukünftigen Schwiegersohn Karl Hegel vom 24. Februar 1850 siehe als Anlage, Nr. XII.

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Postbeamten und allemal unverzeihlich. Ich übersehe gewiß nicht die Zeit, denn der liebe Tag, der mir Deine Briefe bringt, ist mir ein solches Fest, daß ich ihn nicht freiwillig verzögere. Wenn Du in Erfurt bist, werden ja ohnedieß unsre Briefe viel schneller laufen – ob Du aber dann Zeit für mich hast, mein Geliebter? – Ich werde diesen Abend noch einige Zeilen für die theure Mutter schreiben, da Frau v[on] Mittnacht, Heinrichs erste Schwiegermutter auf einer Reise nach Berlin ist, und heute hier ankam; morgen wird sie ihre Reise fortsetzen, und da sie mir anbot, Briefe mitzunehmen, und die gute Mutter selbst besuchen will, um ihr von Augusten und uns Allen zu erzählen, so kann ich es nicht übers Herz bringen, sie ohne schriftlichen Gruß ziehen zu lassen. Was hast Du für Nachrichten von dem Befinden der guten Mutter? mein theurer Geliebter; wir hoffen, daß ihr die beßere Jahreszeit, und das wunderbar baldige Frühlingswetter gut thut. [fol. 3v] Wir haben [es] seit ohngefahr 8–10 Tagen so herrlich warm, daß man recht gut im Freien sitzen kann; und der Himmel ist so prächtig tiefblau, daß ich mehr als je die Lerchlein beneide, die nicht nur fliegen können, wohin sie wollen, weit weit, so weit wie meine Gedanken, sondern auch sich empor schwingen können in diese entzückende Himmelsluft, um darin nach Herzenslust zu schwelgen und frisch und fröhlich zu jubeln. Du fragst mich nach den lieben Hofmanns; ich sah sie nicht mehr, seitdem wir sie besuchten, weiß auch nicht, ob sie hier waren. Hoffmann wird sich freuen über die Berufung von Delitzsch nach Erlangen, nicht wahr? ich meine, er hätte schon davon an Weihnachten gesprochen. Ich muß schließen, mein Herzliebster, denn für morgen darf ich mir nicht versprechen, noch schreiben zu können. Von allen meinen Lieben, von meiner lieben Lina, die heute meine Einsamkeit theilte, von Meiers, Onkel Wilhelm, Tante Frida, Tante Sophie die schönsten Grüße. Sie freuen sich Alle, wenn Du kommst; brauche ich Dir wohl zu sagen, wer sich am meisten freut, wer jetzt schon glücklich ist in dieser Aussicht? Du weißt es ja ohnedieß schon, daß Dich über Alles liebt Deine Susette.

diesen Abend noch einige Zeilen für die theure Mutter Susanna Maria von Tucher schrieb am 28. Februar 1850 an ihre Tante und zukünftige Schwiegermutter; vgl. Anhang, Nr. XIII. Frau v[on] Mittnacht Mutter Adelheid Kiesers, geb. Mittnacht (1819–1847), und erste Schwiegermutter Heinrich Kiesers. Delitzsch Der evangelische Theologe Franz Delitzsch (1813–1890) war von 1846 bis 1850 ordentlicher Professor an der Universität Rostock und wechselte dann bis 1867 an die Universität Erlangen.

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Nr. 16 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 1.–8. März 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 27. Februar – 5. März 1850, Nr. 17, S. 88–92] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 8 MAR 1850 [. . . ] Adressenfeld: An Herrn Professor Hegel in Rostock Mecklenburg. [fol. 1r][Freitag] d[en] 1ten März [1850] Mein Herzliebster, theurer Karl. Wie wohl ist mir, wenn ich nach einem unruhigen, bewegten Tage mich in mein Stübchen verschließen kann, um Dir, mein Geliebter zu schreiben. So eben haben uns Meiers und das junge Ehepaar verlassen, sie waren bei uns, um die lieben Leitheimer, die nur kurze Zeit hier bleiben, für ein paar Stündchen zu sehen. Heute früh, nachdem ich den Brief an Dich fortgeschickt hatte, gingen wir Alle zu Kieser, um unsre kleinen Geschenke zu übergeben. Das Krüglein schien Kieser recht viel Freude zu machen, und fand überhaupt sehr viel Beifall. Im Allgemeinen erhielten sie recht schöne Sachen, und Auguste freut sich sehr, ihre Wohnung mit all den hübschen Dingen ausschmücken zu können. Ich bin froh, daß diese Tage vorüber sind; es war mir manchmal recht schwer, sie so alleine zu verleben; denn trotz aller Liebe, mit der die Meinigen mich umschließen, die sich mir jetzt oft doppelt rührend zeigt, fühle ich mich doch immer alleine und unvollständig, wenn Du, mein Geliebter, mir so fern bist; und so sehnte ich mich sehr nach meinem zweiten geliebten Ich in diesen Tagen, mehr als sonst.

d. 1ten März Datierung ohne Tagesbezeichnung, Jahreszahl und Ort vor der Anrede zu Beginn der ersten Zeile. Leitheimer Schloß Leitheim, östlich von Donauwörth und nördlich oberhalb der Donau gelegen, kam durch die Heirat Karl Friedrich Wilhelm von Tuchers, des jüngsten Bruders der Mutter Karl Hegels, mit Friederike Caroline Wilhelmine Camilla Gräfin von Montperny (Tante Frieda bzw. Frida) in Tucherschen Besitz. Die „Leitheimer“ wird als Sammelbegriff für diesen Zweig der Tucher-Familie verwandt.

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[Sonntag] d[en] 3ten [März 1850] Mein liebster, bester Karl. Wo magst Du wohl jetzt sein, mein Herz? an diesem schönen, stillen Sonntags-Abend? Sonst suchte ich Dich des Sonntags um diese Zeit immer am Schreibtisch und freute mich, daß Du manches liebe Wort für mich niederschriebst, jetzt aber ist diese bestimmte Sonntag-Beschäftigung durch die Unregelmäßigkeit der Post gestört worden, und ich weiß nicht, wo Dich meine Gedanken suchen sollen; doch Du denkst auch heute an mich, das weiß ich, und damit bin ich auch ganz befriedigt. Es war heute ein wundervoll schöner Frühlingstag, so warm und mild, daß Alles ins Freie schwärmt, um sich nach dem langen schwierigen Winter an dem erwachten Leben zu erfreuen. Meine lieben Eltern waren mit [fol. 1v] Onkel Wilhelm und Tante Frida diesen Nachmittag spazieren, ich blieb aber doch lieber zu Hause und wollte an Dich schreiben; nun kam aber die liebe Fanny Fürer, die, in der Hoffnung, uns nicht zu treffen, sich in den Garten geflüchtet hatte, um die herrliche Luft, ungestört durch das Gewühl der Spaziergänger, zu genießen. Sie war recht lieb und herzlich, grüßt Dich mein Liebster, freundlichst, und erkundigte sich recht theilnehmend nach der guten Mutter, von deren Befinden ich ihr leider keine guten Nachrichten geben konnte. Heute Morgen bekam ich ein kleines Brieflein von der lieben Mutter, in dem sich aber neben rührender Liebe und Sorge für uns, eine große Schwäche ausspricht. Wenn sie sich nur bald so weit erholen würde, um die Reise nach Teplitz zu machen; sie scheint Vertrauen auf dieses Bad zu haben; Gott, der Herr, wolle Alles zum Besten führen! ich muß gestehen, ich bin recht ängstlich und trage ihr Leiden schwer auf dem Herzen. Wie gerne möchte ich recht bald zu ihr, um ihr zu danken für die sich selbst vergeßende Liebe und Treue, mit der sie für uns trotz aller Schmerzen und Leiden sorgt; mir erscheint sie wahrhaft rührend. [Dienstag] d[en] 5ten [März 1850] Heute gab die junge Frau Auguste ihre erste Gesellschaft, ein wichtiges Unternehmen! Wir waren Alle bei ihr zum Thee gebeten, und obwohl es nur die Verwandten und einige Bekannte waren, bildeten wir doch einen ziemlich großen Kreis. Ich sagte Augusten im Scherz, daß ich sie mir zum Vorbild nehmen wolle, für die Zeit, da ich mich in die Würde einer Hausfrau und Wirthin finden müßte; übrigens hat es Gustele viel leichter, da sie ihre Mutter und die Schwestern, die sie wahrhaft bedienen, an der Seite hat; doch fürchte ich mich jetzt nicht mehr, und denke mir immer: ich bin ja nicht die Erste und Einzige, die lernen muß, sich in fremden Umgebungen [fol. 2r] zu bewegen, und ich müßte doch wirklich recht ungeschickt sein, wenn ich es nicht auch bald lernen würde, und so denke ich mit vieler Zuversicht an meine Selbstständigkeit. Lache mich nicht aus, mein Geliebter, aber es freute mich neulich sehr, als mir von verschiedenen Seiten hinterbracht wurde, daß viele Norddeutsche, unter andern Gustele

Auguste Kieser, geb. Meyer.

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auch Hofmanns, gefunden hätten, ich passe ganz gut nach Norddeutschland und würde mich dort bald heimisch fühlen. Ich zweifle nicht am Letztern, wenn Du, mein liebster Karl, mir zur Seite stehst. [Mittwoch] d[en] 6ten [März 1850] Heute verließen uns die lieben Leitheimer, die mir noch besondre Grüße an Dich, mein Liebster, auftrugen. Die liebenswürdige Tante Frieda lernte ich recht bei diesem Besuch näher kennen; sie ist ein kindlich frommes, holdseliges Wesen, wenn auch ein wenig verzogen durch die aufmerksame Liebe, die sie bis jetzt durchs Leben geleitete. Wie erschien, wie gefiel sie Dir, mein Liebster, bei Deinem Aufenthalt in Leitheim? – Mit der Abreise unsrer Gäste tritt jetzt wieder Ruhe bei uns ein, und frisch müssen wir wieder an die Arbeit gehen, denn sonst seid Ihr in Erfurt eher fertig als wir. Gott weiß, was aus diesem Reichstag noch wird; bei uns circuliren verschiedene Gerüchte in Bezug darauf, auch werden an unsrer Nordgrenze viele Truppen zusammengezogen, was man in Verbindung mit [. . . ] bringt. Alles stellt sich feindlich zwischen uns, mein Geliebter, doch das kümmert unsre Liebe nicht. [Donnerstag] d[en] 7ten [März 1850] So eben, mein Herzliebster, erhalte ich Deinen theuren Brief, den ich am allerliebsten gleich beantworten möchte, aber wir sind diesen Abend zu Auguste gebeten, die das sogenannte Bauers-Kränzchen halten will, und ich muß mich also für jetzt schön begnügen, Dir nur meinen Dank für Deine liebevollen Zeilen auszusprechen, und Dir dazu sagen, wie lieb Du mir bist, wie jeder Tag mich Dir mehr zu eigen gibt, und jeder Brief mein Sehnen nach [fol. 2v] Deiner lieben Nähe mehrt. Abends. Ich freute mich so sehr auf dieß Schreibstündchen, in dem ich ganz ungestört und froh mit Dir plaudern, mein Versaümniß nachholen und Dir von der Hochzeit erzählen wollte, mein Geliebter, aber ein trauriges Ereigniß, ein sehr bedeutender Brand, ziemlich in unsrer Nähe, nahm uns Alle so in Anspruch, daß ich Dir nur diese wenigen Zeilen schreiben kann. Es brennt immer noch, und da ziemlich viel Gebaüde beisammen stehen, werden wohl alle ein Raub der Flammen werden. Zum Glück ist es ein einzelstehender Hof, auch geht kein Wind. Gott erbarme sich der Armen, die jetzt obdachlos und vielleicht von allem Nothwendigen entblößt sind. Ich wollte, ich könnte sie Alle aufnehmen. [Freitag] d[en] 8ten [März 1850] Guten Morgen, mein Liebster! mein erst Geschäfte soll heute sein, Dir zu schreiben, nachdem uns Gott gnädig vor aller Gefahr in der verfloßnen Nacht behütet hat. – Aufenthalt in Leitheim Karl Hegel war im September 1849 – kurz vor seiner Verlobung – in Leitheim gewesen; vgl. Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 157. [. . . ] Hier fehlt ein von der Absenderin vergessenes Wort.

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Ich bin Dir noch den Bericht von Augustens Hochzeit schuldig, den ich in meinem letzten Brief, allerdings in der Freude über Deinen lieben Brief, vergaß. Morgens um 10 Uhr war die Trauung in der Spitalkirche, oder eigentlich in der Sakristei, da in der Kirche gebaut wird. Die eingeladenen Gäste wurden zuerst abgeholt, und als Alle versammelt waren, kam das Brautpaar. Gustele war ungeheuer bewegt, und sah sehr übel aus, doch recht lieblich in ihrem weißen Brautkleid. Als man sich gegenseitig begrüßt hatte, kam Herr Pfarrer Vorbrugg, auch unser Beichtvater, um die Trauung zu halten. Die Rede war recht einfach aber recht innig und herzlich. Mir wars als wenn das Alles zu mir gesagt wäre, und ich gelobte Dir, mein Liebster, von Neuem in meinem Herzen, Alles das zu sein, was Du wünschest und erwartest. Nach der Trauung verließ das liebe Paar nach dem Pfarrer zunächst die Versammlung, und wir fuhren dann Alle hinaus in den Garten zu Mewes, wo der große Saal unten festlich geschmückt, und Alles zu unsrem Empfang vorbereitet war. Heinrich war überselig, und wünschte mir recht herzlich eine [fol. 3r] recht baldige Nachfolge; daß Deiner, mein Geliebter, oft und freundlich gedacht wurde, nicht nur von meiner Seite, versteht sich. Um halb drei, nach reichlichem Dejeuné und Süßigkeiten, fuhren wir nach Hause um uns umzukleiden, da für Nachmittag ein kleiner Spaziergang verabredet war, um das herrliche Frühlingswetter zu genießen. Gustele machte schon die sorgsame Hausfrau und war überhaupt sehr liebenswürdig in ihrer neuen Würde. Des andern Tags wurden die vielen, schönen Hausschenken überbracht, was immer sehr lustig und nett ist, wenn so alle Augenblicke eine andre Überraschung geboten wird. Auch Guido hatte ein schönes Geschenk, ein Dutzend Bestecke in einem eleganten Etui, geschickt und es mit einem sehr heitern launigen Verschen begleitet. Von den Geschwistern der Mutter, also auch unsern Eltern, erhielten sie ein sehr schönes Theeservice, von Tante Fritz ein Paar silberne Leuchter, von Wiß eine sehr schöne Lampe und so von allen Verwandten und Bekannten. Sieh, mein Liebster, all diese angenehmen Überraschungen haben wir auch zu erwarten, wie freue ich mich auf unsern Reichthum. Wenn es bei der ersten Bestimmung der Zeit, in welcher der Reichstag zusammentritt, bleibt, werde ich Dir meinen nächsten Brief nach Berlin schicken; doch brachte uns die gestrige Zeitung die Nachricht, daß der Termin auf den 4ten April verlängert sei, bitte, schreibe mir in Deinem nächsten Brief darüber. Heinrich, den ich gestern sprach, läßt Dich schönstens grüßen und Dir wegen der Besorgung des Biers sagen, daß es im Mai noch nicht zu spät zur Versendung sei, im Spitalkirche Kirche des Heilig-Geist-Spitals in Nürnberg. hinaus in den Garten zu Mewes Es handelt sich offenbar um einen Schreibfehler und muß „hinaus in den Garten zu Merkels“ heißen, ein großes Anwesen in der Gemarkung „Gärten bei Wöhrd“, das der Kaufmann und Marktvorsteher Paul Wolfgang Merkel (1756–1820) im Jahre 1797 erworben hatte. Berühmt war die Stuckdecke von Donato Polli (1663–1738) im großen Saal des Pavillons. Guido Philipp Anton Guido von Meyer war mit Sophia Maria Friederike von Tucher – auch „Tante Fritz“ genannt – verheiratet, und der Vater Auguste Kiesers, geb. Meyer.

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Gegentheil könnte er Dir dann Bessres liefern, und es sei auch nicht gut, wenn es so lange vor uns dort sei, weil es dann nicht abgezogen werden kann. Was meinst Du? Wir können eben jetzt gar keine Zeit angeben in der wir wahrscheinlich nach Rostock kommen; und das ginge wohl doch nicht, es hinzusenden während Du nicht dort bist, oder könnte es Jemand für Dich annehmen? – Leb wohl, mein Herzliebster, von Allen die schönsten Grüße auch von Tante Bayerlein, die sehr glücklich über Dein freundliches Andenken sein wird. Leb wohl Liebster! Gott sei mit Dir und führe Dich recht bald und glücklich zu Deiner Susette.

Nr. 17 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 10.–14. März 1850 [Keine Antwort auf einen unmittelbar vorausgehenden Brief Karl Hegels] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 15 MAR 1850 11–12 Adressenfeld: An Herrn Professor Karl Hegel in Berlin Potsdamer Straße No. 27 [fol. 1r] [Sonntag] d[en] 10ten [März 1850] Weißt Du, mein Herzliebster, wann ich mich am Meisten nach Dir sehne? Es klingt wohl vielleicht lächerlich, als ob die Sehnsucht sich an gewisse Zeiten bände, aber doch ist mirs so; und dieser Sehnsuchtstag ist mir der Sonntag. Wenn ich des Morgens in mein liebes Jakobskirchlein gehe, wenn besondere Stellen in der Predigt mich mehr ergreifen, wenn nach der Kirche Viele das freundliche Wetter benützend, ihren Weg vor die Stadt richten, um ungestört das Eben-Gehörte zu überdenken, überhaupt während des ganzen friedlich stillen Ruhetags begleitet mich überall der Gedanke, der Wunsch, daß Du, mein Liebster bei mir wärst; ich wollte dann gerne die ganze Woche in Erinnerung und Hoffnung fröhlich sein. Doch, vergieb, mein Liebster, ich will nicht undankbar sein und nicht mehr klagen, da die selige Zeit unsrer Vereinigung doch d. 10ten. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Monatsnamen, Jahreszahl und Ort zu Beginn der ersten Zeile, keine Anrede.

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nicht so sehr fern ist, und ich weiß ja, daß Du dieses Ziel auch herbeisehnst und will Dir und mir also die Wartezeit nicht erschweren; aber heute war eben wieder so ein lieber, stiller Sonntag und ich mußte Dir sagen, wie mir zu Muthe ist. Meine süße Herzens Lina ist auch noch einsam, und so trösteten wir uns Beide miteinander auf einem langen Spaziergang, den wir zusammen nach dem Essen machten. Meine Lina ist ein wahrhaft rührendes Wesen in ihrer Liebe zu mir; sie ist so glücklich, daß ich sie jetzt besser zu verstehen vermag, als sonst, wo mir die Wonne einer völlig befriedigten Liebe fremd war, und es scheint fast, als ob wir jetzt noch inniger verbunden wären, als je. Doch fürchte nicht, daß ich die Trennung von ihr nicht ertragen könnte, oder zu schwer finden würde; wie meine Lina ihre völlige Befriedigung in ihrem Friedrich findet, so fühle ich auch, daß Nichts mir unentbehrlich ist, um glücklich zu sein als Deine Liebe, mein theuerster Karl. [Dienstag] d[en] 12ten [März 1850] Heute, mein Geliebter, muß ich mir die Freude versagen, Dir mehr als einige Worte zu schreiben, da mein Mariechen seit heute Morgen unwohl ist, und sich diesen Abend recht leidend fühlt. Da ist es ihr denn einigermaßen eine Erleichterung, wenn die liebe Mutter oder ich ihr die Hand auf den Kopf legen, was ihre Nerven zu beruhigen scheint. Hoffentlich geht es ihr bald wieder ganz gut, und ist dieses Unwohlsein nicht der Anfang zu einer ernsten, längeren Krankheit. [Mittwoch] d[en] 13ten [März 1850] Mit unsrer lieben Patientin geht es leider noch gar nicht besser; der Arzt erklärt es für eine Unterleibs Entzündung und hat heute Blutegel verordnet, doch bis jetzt, doch schon spät am Abend, fühlt sie keine Besserung. Ich bin eigentlich nicht ängstlich, aber heute Abend mußte ich sehr wider Willen in eine langweilige Damengesellschaft, und alle Anwesenden erkundigten sich so angelegentlich nach unsrer Kranken, und äußerten sich so besorgt, daß ich unwillkührlich auch besorgt wurde; doch mit Gottes Hilfe wird es sich ja zum Besten wenden. Ich wäre so gerne zu Hause geblieben, um die liebe Mutter in der Krankenpflege abzulösen, aber die lästigen, geselligen Rücksichten ließen keine Entschuldigung zu, um so mehr, als die liebe Mutter sich für ihre Person hatte entschuldigen lassen; man quält sich doch recht mit so vielen ausgebreiteten, geselligen Beziehungen, die sich, wenn man immer an einem Orte bleibt, durch mehrere Generationen oft vererben, und sonst gar keinen Werth haben, oder Genuß bieten. Ich denke mirs oft wirklich ganz schön, frei von allen frühern, selbst von manchen verwandtschaftlichen Rücksichten, mir meinen geselligen Umgang nur auf Grund gegenseitiger Übereinstimmung suchen zu können. Es fällt mir oft ein, was wir in der

Mariechen Maria Therese Karoline von Tucher, Schwester Susanna Maria von Tuchers und Cousine Karl Hegels.

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„Professorin“ miteinander lesen, wie Reinhard zum Lorle sagt, daß er sie ganz aus ihrem heimathlichen Laden heraushebe zu einem neuen Leben, so mein Einzig-Geliebter, lösest Du mich los von manchen beengenden Verhältnissen, um mich in einen andern Laden zu verpflanzen, in dem ich hoffentlich recht bald und recht fest, Wurzel fassen werde. [Donnerstag] d[en] 14ten [März 1850] Mein Herzliebster! theuerster Karl! Obwohl ich heute meinen lieben, erwarteten Brief nicht erhalten habe, kann ich doch mein Briefchen an die gute Mutter nicht absenden ohne Etwas für Dich, der Du jetzt in Berlin bist, beizulegen. Ich wollte zuerst nur ein kleines Blättchen mit einem herzinnigen Gruß Dir [fol. 2r] senden, aber die, während der letzten Tage geschriebenen Zeilen möchten doch auch zu Dir, dem sie angehören, und so soll denn wie gewöhnlich meine lange Epistel zu Dir gelangen, als Sonntagsgast und Liebesgruß aus dem Herzen Deines Liebchens, das Dir bald ganz angehören wird. Heute bist Du von Rostock abgereist, um nicht mehr allein zurückzukehren; weißt Du, mein Liebster, daß es mir jetzt scheint, als wäre unser Ziel viel näher gerückt, als wärst Du ganz direkt auf dem Wege, um mich zu holen. Wie viel liegt aber noch dazwischen und wie lange mag es vielleicht dauern, bis wir in unsre gemeinschaftliche, künftige Heimath einziehen? Doch mag es kommen wie es will, ich habe eben dasselbe Gefühl von Sicherheit, jetzt im Angesicht dieser ungewissen und unklaren Zukunft, wie es mich oft beseelte, während der schönen Tage unsres Zusammenseins, wenn ich, von Dir gehalten und umschlungen mich Eins mit Dir fühlte, ein Ganzes, dem alle übrigen Lebensverhältnisse Nichts anhaben könnten. Meinen nächsten Brief werde ich Dir wohl nach Erfurt schicken, da bist Du dann viel näher bei mir, es [ist] mir das ein lieber Gedanke. Wie sehr wünsche ich, daß Du die liebe Mutter ziemlich wo[hl an]treffen möchtest, denn das ist wohl Alles, was wir für jetzt hoffen dürfen, da vor Gebrauch eines Bades wahrscheinlich keine vollkommene Genesung zu erwarten ist. Wenn sie nur kräftig genug ist, um so bald als möglich eine Badereise zu unternehmen! Gott gebe seinen besten Segen dazu.

„Professorin“ Im Jahre 1846 veröffentlichte der zu seiner Zeit viel gelesene Schriftsteller Berthold Auerbach (1812–1882) seine Erzählung „Die Frau Professorin“, nachdem er von dem damals noch geheimen Liebesverhältnis zwischen dem in Fürth geborenen, von 1840 bis 1844 an der Universität Zürich, bis 1852 an der Universität Heidelberg und dann an der Universität Göttingen wirkenden Medizin-Professor Jakob Henle (1809–1885) und der aus dem thurgauischen Tägerwilen stammenden, unehelich geborenen Elise Egloff (1821–1848) durch eine Indiskretion erfahren hatte. Die Erzählung wurde zuerst publiziert in: Urania. Taschenbuch auf das Jahr 1847, N.F. Jg. 9 (1846), S. 283–446. Briefchen an die gute Mutter Siehe Susanna Maria von Tuchers Brief vom 14. März 1850 an Maria Helena Susanna Hegel im Anhang, Nr. XIV.

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Meine liebe Lina erwartet morgen ihren Friedrich zurück, gerade an seinem Geburtstage; ich freue mich herzlich mit ihr, wenn ich mir auch nicht verwehren kann, sie ein wenig zu beneiden. Ist das nicht verzeihlich, mein Liebster? Mit unsrer lieben Patientin bessert es sich nur sehr langsam und immer kehren die heftigen Schmerzen wieder, doch ist der Arzt, Gottlob, nicht besorgt. Nun, Gott befohlen, mein Liebster! Er schenke und erhalte Dir die Freudigkeit zu Deinem neuen Beruf, und lasse Euer Wirken gesegnet sein. Ewig in treuer Liebe Deine Susette. [PS] Ich wollte zuerst Deinen Brief in den der lieben Mutter einschlagen, da ich jetzt aber einen großen Bogen für Dich nahm, soll dieser Brief das Couvert bilden, sei so gut, das Inliegende der theuren Mutter zu übergeben.

Nr. 18 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 16.–19. März 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 7.–12. März 1850, Nr. 18, S. 92–96] [fol. 1r] [Samstag] d[en] 16ten [März 1850] Wie ich mich sehne Deine lieben Hände zu fassen, an Deinem Herzen, das ich ja mein nennen darf, zu ruhen, und Dir so recht inniglich zu danken für alle Liebe, für alle reichen Gaben derselben, mit welchen Du mich heute überhäuftest, mein Einzig-Geliebter, kann ich Dir unmöglich sagen. Wie wunderschön willst Du mich schmücken mein Herzliebster, viel, viel zu schön und zu reich!! Und die unendliche Freude, die mir Dein theures Bild machte, mit erneuten Entzücken betrachte ich es immer wieder, und meine Seele fühlt Nichts als die reichste Wonne bei dem Gedanken, ganz Dein eigen zu sein für alle Zeit, und selbst der Gedanke an die Trennung von der Heimath großen Bogen Doppelbogen in den Maßen 223 × 284 Millimeter als Faltbrief mit der Adresse auf fol. 2v. d. 16ten. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Monatsnamen, Jahreszahl und Ort zu Beginn der ersten Zeile, keine Anrede. heute Geburtstag Susanna Maria von Tuchers, die am 16. März 1826 in Nürnberg geboren wurde. Bild Das Bild Karl Hegels – offenbar aus dem Jahre 1850, ihn also im Alter von 37 Jahren zeigend – konnte bisher nicht gefunden werden.

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vermag meinen Jubel nicht zu dämpfen, und soll es auch nicht, denn mein ganzes Wesen ist Eins mit Dir, meinem Liebsten, und Nichts in der Welt könnte mir mein halbes Leben ohne Dich zu einem glücklichen und befriedigten machen. Dank, ewigen Dank [fol. 1v] gegen Dich und gegen den guten Vater im Himmel, der Dich mir gab, erfüllt mein Herz und ich will Gott preisen und loben mein Lebenlang für die wunderbar herrliche Führung unsrer Lebenswege zu der glückseligen Vereinigung unsrer Herzen. Freilich, mein Karl, lebt die feste Zuversicht in mir, daß Gott uns von jeher für einander bestimmte, und uns besonders für einander aufbewahrte, bis er es in seiner weisen Güte für gut fand, daß wir uns finden sollten. Dein Brief, mein treuer Karl, entzückte mich hoch und die erhobne, freudige Stimmung, in die er mich versetzte, begleitete mich in den heutigen Tag, und zeigte mir in nicht gar weiter Ferne das herrliche Bild unsres ehelichen und häuslichen Glückes, wenn ich sehnsüchtig Dich, meinen Liebsten zu mir wünschte. Alle Deine Liebesgaben, mein Herzens-Karl, die die theure Mutter und die liebe Friederike so wunderschön besorgten, finde ich ganz herrlich, nur zu reich für mich; die theure Mutter, [fol. 2r] wie gerne hätte sie gewiß Alles selbst besorgt und gepackt, doch erkenne ich in Allem ihre Wahl und ihren schönen Geschmack; und sie selbst fügte so überaus reiche Gaben bei, und Friederike sandte mir auch ein so hübsches Geschenk, daß ich gar nicht weiß, was ich am Meisten bewundern soll. Ein rechter Wermuthstropfen in meine Freude waren mir freilich die schlimmen Nachrichten von der theuren Mutter Befinden; wir kannten ihr Leiden bis jetzt gar nicht in seiner ganzen Ausdehnung, und es scheint fast, als ob es sich in letzter Zeit sehr verschlimmert hätte. Du bist jetzt so glücklich bei ihr zu sein, mein Herzliebster, und wirst mir wohl im nächsten Brief schreiben, wie Du sie fandest, ob schlimmer als an Neujahr, denn von einer Besserung seitdem scheint gar keine Rede sein zu können. Gott gebe doch seinen Segen und schicke ihr die verlornen Kräfte wieder, daß sie uns, die wir ihr angehören und so innig lieben noch lange erhalten werde. [fol. 2v] [Sonntag] d[en] 17ten [März 1850] Heute ist der theuren Mutter Geburtstag und Du, mein Liebster, bist so glücklich, ihn mit ihr zu feiern, während ich alleine von ihren Kindern, in der Ferne sein muß; doch sind wir ja Eins, mein Geliebter, und so weiß ich, daß selbst der weite Raum uns eigentlich nicht ganz zu trennen vermag, wenn ich mich nur recht in Euren lieben Kreis denken könnte; aber mir ist das nicht vergönnt, wie meinen lieben Eltern, die die ganze Haüslichkeit der lieben Mutter kennen, und in Gedanken in diese lieben Räume treten können. Meine Gedanken und Empfindungen sind heute sehr gemischter Art; ich lobe und danke Gott für das Glück Deiner Liebe, der ich auch den innigen Antheil an der theuren Mutter warmen Herzen verdanke, und ich bin fröhlich in dem Reichthum Mutter Geburtstag Maria Helena Susanna Hegel, geb. von Tucher, wurde am 17. März 1791 in Nürnberg geboren.

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Deiner Liebe, anderntheils aber denke ich mit schweren Herzen an die theure Mutter, und vermag die Befürchtung nicht zu unterdrücken, daß sie uns vielleicht nicht lange mehr erhalten werden könnte. Was gäbe ich [fol. 3r] darum, könnte ich bei ihr sein, die kostbare Zeit, daß wir uns ihrer Liebe noch erfreuen, recht auskaufen und ihr sagen und zeigen, wie lieb sie mir ist. Es ist mir eine schmerzliche Entbehrung, so lange die Freude erwarten zu müssen, sie als meine geliebte Mutter wieder zu sehen. [Montag] d[en] 18ten [März 1850] Meine Gedanken sind stets bei Dir und begleiten Dich auf allen Deinen Wegen, mein theurer Geliebter, sie folgen Dir heute nach Erfurt, wohin ich Dir wahrscheinlich bald ganz folgen werde, denn voraussichtlich währt doch das Parlament länger, als unsre Liebe es wünscht. Ich bin sehr gespannt, was Du mir von dort, und von den Aussichten und Erwartungen, die man an den Reichstag knüpft, schreibst. Schreibe mir doch Alles, was Dich bewegt, Du Liebster meiner Seele, ob Du heiter bist oder nicht, ob Deine Hoffnungen und Erwartungen erfüllt werden oder ob Du schmerzliche Enttäuschungen zu erfahren hast; ich möchte so gerne Alles mit Dir theilen, und selbst wenn ich Dich [fol. 3v] nicht verstünde, kann doch mein Herz jede Regung des Deinigen nach- und mitempfinden. [Dienstag] d[en] 19ten [März 1850] Ich sende heute meinen Brief ab, er soll Dich morgen am Tage der Parlaments-Eröffnung erreichen, und Dir meine Glück- und Segenswünsche bringen. – An die theure Mutter und Friederike schreib ich heute Morgen, um Beiden zu danken für alle Liebe, und darum kann ich diesen Brief erst mit dem Abendzug fortschicken, vielleicht erhältst Du ihn aber doch morgen, denn Du bist mir ja jetzt viel näher, ich denke es mit Entzücken. Leb wohl, mein süßes, liebes Herz, ich erwarte so bald keinen Brief, denn Du wirst sehr in Anspruch genommen sein, vielleicht liebe Bekannte finden, welchen Du Dich widmen mußt; ich weiß doch, daß Du mein bist und wenn ich mich recht nach Dir sehne ist mir Dein liebes Bild, das an meinem Nähtischchen hängt und mich treu und liebevoll ansieht ein süßer Trost. Leb wohl! Gott sei mit uns!! Deine Susette.

auskaufen nutzen schreib ich heute Morgen Siehe Susanna Maria von Tuchers Brief vom 18. März 1850 an Maria Helena Susanna Hegel im Anhang, Nr. XV.

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Nr. 19 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 25. März 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 20. und 21. März 1850, Nr. 19, S. 96–103] [fol. 1r] Nürnberg d[en] 25. März 1850. Mein herzliebster Karl! Was wirst Du denken, wenn Dir der heutige Brief anstatt eines fast täglichen Berichtes nur wenige flüchtige Zeilen bringt? es war mir aber wirklich unmöglich, in letzter Woche Zeit zum Schreiben zu finden, so sehr mich auch mein Herz zu Dir, mein Liebster, drängte. Ich müßte vielleicht auch den heutigen Tag vorübergehen lassen, wenn nicht Dein lieber, treuer Brief, den ich gestern Abend erhielt, es mir zum unabweislichen Bedürfniß machte, Dir gleich dafür zu danken, und der Fülle meiner Liebe zu Dir, Worte zu leihen, so daß ich alles Andre ohne Rücksicht zurückstelle, und zu Dir eile. Wie leid ist mir, daß mein letzter Brief erst so spät in Deine Hände kam, ich dachte ihn Dir für Mittwoch Abend oder Donnerstag Morgens zu, und so schnell wäre er gewiß auch zu Dir gekommen, [fol. 1v] wenn er den nächsten Weg über Coburg gelaufen wäre; wahrscheinlich geht aber die Route, wie ich an den Postzeichen des meinigen sehe, über Hof, vielleicht sogar über Leipzig, denn sonst wäre es unbegreiflich, daß ein Brief von Erfurt bis hieher 2 ½ Tag braucht. Mein lieber Vater rieth mir, die Station Coburg zu bemerken, vielleicht geht die Verbindung dann rascher. – Du schreibst mir, mein Liebster, Du seiest ungenügsam in Bezug auf Nachrichten von mir, wie mich das freut!! Glaubst Du, ich sei es weniger? Nein gewiß, ich gehe noch weiter in meinen Wünschen und Hoffnungen, die es nicht unterlassen wollen, mein Herz in freudige Erwartung für die Osterfeiertage zu versetzen; und diese Wünsche Dir mitzutheilen, und die Frage an Dich zu richten, ob Du mir die unaussprechliche Freude machen willst, uns an Ostern zu besuchen, das bestimmte mich noch vorzüglich, Dir gleich zu schreiben, sonst hätte ich nach Deinem Wunsche gewartet auf eine [fol. 2r] zweite Nachricht, um das fatale Kreuzen der Briefe zu vermeiden. Meine lieben Eltern wünschen mit mir eine so schöne Feier des herrlichen Osterfestes, obwohl mein lieber Vater meint, Du würdest vielleicht als Schriftführer beCoburg Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha, auf halber Strecke circa 120 Kilometer nördlich von Nürnberg und 110 Kilometer südlich von Erfurt gelegen. Leipzig Messestadt, Verkehrsknotenpunkt und Wirtschaftsmetropole des Königreichs Sachsen, etwa 190 Kilometer südwestlich von Berlin und 300 Kilometer nordöstlich von Nürnberg gelegen. Osterfeiertage Die Osterfeiertage fielen auf den 31. März und 1. April 1850. Schriftführer Karl Hegel war nicht zum Schriftführer in den Plenarversammlungen des

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sonders, selbst während der Osterferien nicht abkommen können. Weißt Du, mein Liebster, daß ich der Politik zürnen könnte, die Deine Zeit so in Anspruch nimmt, daß kaum für mich eine bleibt? Vergieb daß ich so kindisch bin; wenn ich einmal ganz bei Dir bin, werden wir uns viel friedlicher in Deine Zeit theilen, aber jetzt bin ich wahrhaft eifersüchtig. Die Nachrichten, die Du mir von dem Befinden der theuren Mutter gibst, beruhigen mich sehr; ich war wirklich sehr besorgt und bekümmert. Gott gebe daß die Bäder ihr fortwährend gut thun. Die gute, einzig-liebe Mutter ist mir eine Gabe Deiner Liebe, für die ich Gott nicht genug danken kann. – Er wolle sie uns noch recht lange erhalten! [fol. 2v] Meinem lieben Mariechen, nach welcher Du Dich so herzlich erkundigst, geht es leider gar nicht gut. Sie war ganz auf dem Weg der Besserung, konnte gestern ein Stündchen außer Bett zubringen, so daß wir aller Sorge überhoben waren; aber heute Morgen bekam sie einen so heftigen, schmerzhaften Rückfall, daß ich recht Angst um sie habe. Gott gebe, daß der Arzt, der noch nicht da war, uns beruhigen kann. Noch Eines, mein liebster Karl! Hast Du das von der baierischen Behörde verlangte Papier in Erfurt und möchtest Du wohl so gut sein, es Deinem nächsten Brief beizuschließen? oder Du bringst es mir selbst mit?? Ach es wäre herrlich, obwohl es mir geht wie an Weihnachten, daß ich bei diesem fürchterlichen Winterwetter kaum wage, nur einen solchen Wunsch auszusprechen; doch er ist einmal tief mir in der Seele und im Herzen, und da Du in beiden Alles lesen darfst und sollst, will ich ihn Dir auch nicht verhehlen. Leb wohl, mein Liebster, Gott sei mit Dir! Könnte ich, nur mit diesen Zeilen zu Dir! Ewig in treuer Liebe Deine Susette. [PS] Was wäre es mir für eine Freude, Dir die schönen reichen Gaben, mit welchen Du mich so überhäuftest, zu zeigen und Dir mündlich zu danken.

Volkshauses gewählt worden, sondern zum „Schriftführer der [4.] Abtheilung“ als einer von sieben Untergliederungen der Abgeordneten.

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Nr. 20 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 1.–9. April 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 6. April 1850, Nr. 20, S. 103–107] [Montag] d[en] 1ten April [1850] Mein Herzliebster! Nur wenige Stunden sind wir getrennt und schon drängt es mich wieder Dir meine herzinnigen Grüße zu senden und ein Weilchen mit Dir zu plaudern. Wäre es auch nur um Dir so recht zu danken für Deine Liebe, mein Einzig-Geliebter, die Dich trieb mir so schöne Tage wie die letztverflossenen zu bereiten. Du glaubst nicht, wie leer mir das Haus erschien, als Du, mein Liebster, mich verlassen hattest; ich sehnte mich so nach einem treuen Herzen, dem ich alle Freuden der letzten Tage, alle meine frohen und ernsten Gedanken mittheilen könnte, alleine war mirs gar schwer. Ich bat meine treue Luise [am] Abend zu mir und in traulichem Geplauder gingen alle seligen Augenblicke unsres letzten Zusammenseins nochmals vor meiner Seele vorüber, so daß ich jetzt wieder ganz glücklich bin und den reichen Schatz Deiner Liebe fest in mein Herz verschlossen habe, so daß kein Sehnsuchtsschmerz meinem Reichthum Etwas anhaben kann. Ich weiß ja, daß Du mein bist, daß Du mich liebst und selbst wenn Du nicht an mich denkst, mich doch Nichts aus Deinem Herzen, das ja meine einzig rechte und liebste Heimath ist, zu verdrängen vermag. Nicht wahr, das darf ich glauben? [Mittwoch] d[en] 3ten [April 1850] Heute war wieder die erste Sitzung, mein Liebster, ich begleitete Dich, wie auch auf Deiner ganzen Reise mit meinen Segenswünschen. Gott gebe Euch recht bald ein erfreuliches Resultat Eurer Anstrengungen, daß Du recht heiter und befriedigt nach vollbrachtem Friedensbund zu mir zurückkehren kannst.

d. 1ten April. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Jahreszahl und Ort zu Beginn der ersten Zeile vor der Anrede. Nur wenige Stunden sind wir getrennt Karl Hegel war über Ostern von Erfurt nach Nürnberg gereist und hatte dort die Feiertage verbracht. erste Sitzung Plenarsitzung des Volkshauses des Erfurter Unionsparlamentes.

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Heute blätterte ich in den Juniusliedern meines lieben Geibel und fand da ein Paar Zeilen, die ich Dir, meinem Geliebten hier abschreibe; ich hätte sie Dir so gerne gleich gelesen: [fol. 1v] „Ahnend sagt Dir ein weiblich Gemüth was gut und was schön sei, Aber mißtraue der Frau, wenn sie mit Gründen Dir kommt“. Kann ich mich damit nicht trösten, wenn es mir oft schwer aufs Herz fällt, daß ich so selten für Etwas einen rechten Grund angeben oder mich klar darüber aussprechen kann? Meinst Du, mein Liebster, daß ich das zarte, weibliche Ahnungsvermögen besitze, dem Du erst Bestimmtheit geben wirst und sollst? Mit Freuden übergebe ich mich Deiner liebevollen Leitung, mache mich so, wie Du mich haben willst, bin ich so, dann bin ich auch ganz glücklich und reich. [Samstag] d[en] 6ten [April 1850] Obwohl Du auf die Nachrichten unsres Korrespondenten nicht viel Werth legst, mein Liebster, so kann ich doch nicht umhin, eines Berichtes zu erwähnen, den die heutige Nummer über Mecklenburg bringt und der, im Fall es sich so verhält, Dir und mir für Dich, gewiß recht leid ist, nämlich die Nachricht, daß der Großherzog das treue Festhalten an der Verfassung aufgegeben und dem Willen der Ritterschaft sich gefügt habe. Ich wünsche sehr, daß die Nachricht unbegründet ist, und will mich viel lieber meiner Leichtgläubigkeit wegen auslachen lassen, als daß Du die betrübende Erfahrung der Wortbrüchigkeit an Deinem bisher so muthig treuen Großherzog machen müßtest. – Meine liebe Lina, die Dich in schwesterlicher Liebe grüßt, war heute bei uns im Garten um sich nach mir Einsamen umzusehen. Sie theilte uns einen sehr unangenehmen Vorfall mit, der ihren Friedrich betroffen hat, einen sehr bedeutenden Diebstahl an Quecksilber im Werth von 3000 Gulden. Es wurde mit unerhörter Frechheit das Magazin erbrochen und 10 Zentner fortgeschafft. Bis jetzt ist noch keine Spur der Juniuslieder Emanuel Geibel, Juniuslieder, Stuttgart, Tübingen 1848 (Erstausgabe). Geibel Der deutsche Dichter Emanuel Geibel (1815–1884) war in erster Linie Lyriker, dessen Gedichtbücher in hohen Auflagen Verbreitung fanden; am bekanntesten ist sein Frühlingslied „Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus“. Korrespondenten Die im Jahre 1804 in Nürnberg gegründete Tageszeitung „Der Korrespondent von und für Deutschland“ war in ihrer Zeit eine der führenden Zeitungen in Deutschland. Sie verfügte über ein dichtes Nachrichtennetz, war um wachsende Aktualität bemüht, wurde vor allem in Adels- und Beamtenkreisen sowie den höheren Gesellschaftsschichten gelesen und galt im Königreich Bayern als regierungsfreundlich und liberal-konservativ. Großherzog Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin (1823–1883) regierte seit 1842 in der erblichen Nachfolge seines Vaters, Großherzog Paul Friedrich (1800– 1842), und war Karl Hegels Landesherr. das treue Festhalten an der Verfassung aufgegeben Die Durchsetzung der ersten mecklenburgischen Verfassung vom 10. Oktober 1849 scheiterte am Widerstand der mecklenburgischen Ritterschaft und Großherzog Georgs von Mecklenburg-Strelitz (1779–1860), sodaß der Landesgrundgesetzliche Erbvergleich von 1755 in Kraft blieb.

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Thäter aufgefunden, doch läßt natürlich Friedrich mit Hülfe der Polizei Nichts unversucht, vielleicht gelingt es doch, sich ihrer zu bemächtigen. [fol. 2r] [Sonntag] d[en] 7ten [April 1850] Ich bin ganz allein mit meinem Mariechen, die sich wenn auch langsam aber doch merklich erholt, zu Hause und erwarte halb und halb Deinen Liebesboten, der mir hoffentlich die Nachricht Deiner glücklichen Ankunft und Deine Herzensgrüße bringen soll. Es ist ein recht traulich stiller Sonntag-Nachmittag, ein wahrer Ruhe- und Friedetag, wie ich ihn so gerne habe und so selten feiern kann. Die letzten milden Frühlingstage haben die letzten Spuren des Winters vertrieben, die Luft weht herrlich warm in mein Zimmerchen und dabei schreibe ich an Dich, Du Liebster und danke Gott, daß er Dich mir zuführte um an Deiner Hand getrost und freudig durchs Leben zu gehen. Ich kann Dir nicht sagen, wie friedlich still mein Herz ist, seit ich Dich liebe und so recht fest und sicher in Deiner Liebe ruhe für alle Zeit. Ihr Männer könnt Euch das gar nicht so denken, wie es einem weiblichen Herzen zu Muthe ist, das früher so allein, ohne rechten Halt, ich möchte sagen ohne bestimmtes Ziel seiner Liebe war, und jetzt plötzlich ein theures Wesen gefunden, dem es angehört, dem es alle Liebe und alle Treue hingeben darf; es ist ein vollständig neues Leben in dem man nicht begreift, wie man das frühere Leben ertragen konnte. – Es ist gut, mein liebster Karl, daß Du nicht da bist, um zu sehen wie ich ordentlich roth werde über das, was unwillkührlich die Feder meinem Herzen ganz frei ab- und nachschrieb; wäre ich politisch und berechnend, ich würde Dir nicht sagen, wie ich Dich so unaussprechlich liebe, aber [Du] sollst Alles wissen und weißt es ja ohnehin schon – –. So eben kam der Briefbote, brachte mir aber keinen Brief; die Post von Erfurt sei ausgeblieben, vielleicht wegen Hochwasser, durch das plötzliche Thauwetter hervorgebracht. Nun wahrscheinlich morgen – wann es sei, es macht mich gleich glücklich. Leb wohl, mein Einziger, mein stilles, seliges Stündchen des Friedens muß zu Ende sein; [fol. 2v] Lina erwartet mich für diesen Abend und vorher soll ich noch zu den Großeltern. Leb wohl, mein Frieden- und Freudenbringer! Gott segne meine Liebe, daß sie auch Dich beglücke. [Dienstag] d[en] 9ten [April 1850] Schon heute Morgen erhielt ich Deinen lieben Brief, mein theurer Karl, der verschiedenartige Empfindungen in mir erregte, die der Freude über Deine Liebe und die des Schmerzes und der Betrübniß über die unangenehmen Erfahrungen, die Dir die letzte Zeit brachte. Könnte ich Dir doch nur Etwas abnehmen, aber Du weißt ja was für ein unerfahrnes Menschenkind ich bin, das Nichts kann als Dich von ganzer Seele lieben und in Liebe Alles mit Dir tragen.

[Du]

Papierfehler; aber das „Du“ läßt sich sinnvoll erschließen.

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Wie sehr ich wünsche, daß die Zeit, wo ich Alles mit Dir erfahren und erleben darf, nicht mehr weit sei, weißt Du, mein Geliebter, und wirst mir also ohne Versicherung glauben, daß ich gerne den von Dir festgesetzten Zeitpunkt, das schöne Pfingstfest für unsre Vereinigung annehmen möchte, aber die liebe Mutter, die natürlich ein sehr gewichtiges Wort mitzusprechen hat, glaubt nicht, bis Pfingsten mit Allem, was noch zu thun ist, fertig zu werden; durch Mariechens Krankheit, die sich sehr langsam nur erholt, und durch so manche andern Dinge, die sich im Frühjahr zusammendrängen, wurde sie sehr in den nöthigen Besorgungen gehindert, und sie bittet Dich daher, die Hochzeit bis Ende Mai zu verschieben. Wir wollen uns so viel als möglich [bee]ilen, vielleicht läßt es sich doch bis Pfingsten einrich[ten.] – Wegen der unterlassenen Bestellung meiner Bitte, mein Herzliebster, hast Du nicht nöthig Dich zu entschuldigen, es war ja ganz natürlich; ich ging an dem Nachmittag noch aus, es war so wunderschön, und das leere Haus erschien mir unerträglich, suchte Elise Holzschuher auf und erfreute mich an ihrer innigen Theilnahme, und so gings auch ganz gut. – Leb wohl, mein Liebster, von Allen die schönsten Grüße; Friedrich hat noch keine Spur von dem entwendeten Quecksilber. Von der theuren Mutter wissen wir auch Nichts Neues, seit meinem Geburtstage erhielten wir keine Briefe mehr, Gott gebe daß es ihr gut geht! Leb wohl, mein Theuerster. Ewig in unwandelbarer Liebe Deine Susette.

Pfingstfest Pfingsten war am 19. und 20. Mai 1850. [bee]ilen Papierfehler, der aus inhaltlichen Gründen die Lesung „beeilen“ sehr wahrscheinlich macht. einrich[ten.] Papierfehler, der aus inhaltlichen Gründen die Lesung „einrichten“ sehr wahrscheinlich macht.

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Nr. 21 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 11.–16. April 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 14. April 1850, Nr. 21, S. 107–111] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 17 APR 1850 [. . . ] Adressenfeld: An Herrn Professor Hegel in Erfurt. Augustiner Straße No. 857 [fol. 1r] [Donnerstag] d[en] 11ten [April 1850] Mein herzliebster Karl! Wie Schade, daß Du jetzt nicht hier bist, um Dich mit mir über das neuerwachte Leben, das uns der Frühling so mit einem Male bringt zu freuen. Noch nie erschien mir der Übergang vom Winter zum Frühjahr so wunderbar schnell, und noch nie erfreute ich mich so über diese schöne Zeit wie dieses Jahr. Ich denke wahrhaft mit Bedauern an Dich, mein Herzliebster, dem es vielleicht nicht vergönnt ist, öfters aus den engen Straßen Erfurts ins Freie zu flüchten, und preise doppelt als unverdientes Glück unsre Gartenwohnung, die es mir möglich macht, das Frühjahr kommen zu sehen, ohne meine jetzt kostbare Zeit dem Spazierengehen widmen zu müssen. Ich sehe das Frühjahr dieses Mal mit eignen Empfindungen nahen, denn ich weiß, daß es Dich mir bringt; so lange der Winter noch herrschte, erschien mir die Zeit unsrer Verbindung in weiter Ferne, und jetzt ist mirs als lägen nur noch wenige Tage dazwischen, und die ganze Natur eile sich zu schmücken, um unser Glück zu feiern. Du wirst mich der Eitelkeit und der Selbstsucht zeihen, aber ich kann nicht anders, Alles in der Welt bekommt ehe ich mirs versehe, irgend eine Beziehung zu unsrer Liebe und Alles betrachte ich nur von dem einen Standpunkt aus.

d. 11ten. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Monat, Jahreszahl und Ort zu Beginn der ersten Zeile vor der Anrede. Gartenwohnung Die Gartenwohnung hatte die Adresse „Im Tucherischen Garten vor dem Wöhrder Thore“ oder „Vor dem Wörhder Thore“ in Nürnberg, wohin Karl Hegel seine Briefe an seine Braut richtete. Das Gartengelände bei Wöhrd – später Cramer-Klett-Park – lag nördlich der Pegnitz und östlich der Nürnberger Stadtmauer und wurde 1825 in die ehemalige Reichsstadt eingemeindet.

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[Samstag] d[en] 13ten [April 1850] Weißt Du, mein Theuerster, daß die Berichte von Erfurt mich ganz unglücklich machen? Ich möchte so gerne Alles lesen, was die Zeitungen davon sagen, habe aber oft keine Zeit dazu, und wenn ich doch wirklich hie und da Etwas lese so verstehe ich eigentlich von Allem sehr wenig. Du wirst mich wohl auslachen, aber ich bekenne Dir lieber meine Unwissenheit als daß Du sie selbst erfahren müßtest. Wie freue ich mich, wenn Du, mein Liebster, mir erklärst, was ich nicht verstehe und freundlich meiner Dich annimmst. Zwar könnte mir fast bang werden, wüßte ich nicht, daß Du mich lieb hast, lieber als Andre, die viel [fol. 1v] mehr wissen als ich. Heute machte ich an mir die Erfahrung, daß mit der Sorge und der Arbeit für ein Wesen die Liebe zu demselben wächst und so überlasse ich mich gerne Dir, als meinem Führer und Lehrer. [Sonntag] d[en] 14ten [April 1850] Die heutige Zeitung brachte uns die Nachricht, daß Minister v[on] Mannteuffel unmittelbar von Berlin kommend, seine ganze Familie nach Erfurt habe kommen lassen, und sich überhaupt dort so eingerichtet habe, daß man daraus auf eine längere Dauer des Reichstages schließen könne. Wenn dem so ist, so wirst auch Du, mein Geliebter, mich für die erste Zeit nach Erfurt bringen, wenn wir den Termin des Ende Mai beibehalten. Mir ist es ziemlich einerlei ob ich Dir nach Rostock oder Erfurt folge, aber Du, mein Herzliebster wirst mit dieser Aussicht nicht zufrieden sein, weil Du für mich in Erfurt ein ungemüthliches und für Dich ein zerrissenes, getheiltes Leben voraussiehst. Doch was soll ich mir jetzt schon Gedanken machen über das, was ja noch nicht gewiß ist und so leicht und schnell sich ändern kann. [Montag] d[en] 15ten [April 1850] Mein geliebtester Karl! Darf ich mich mit Dir freuen über den heute gemeldeten Sieg der Bahnhofspartey, der Du ja angehörst? Gott gebe daß dieß der rechte, sichre Weg zur Vollendung Eures Werkes sei; unsre persönlichen Interessen will ich gerne unterordnen, wenn Du nur mit der befriedigenden Gewißheit von Erfurt scheiden kannst, daß dort wirklich Glückbringendes geschaffen worden sei. Ich freue mich in der Stille über jede freudige Aussicht, die sich Dir auf dem politischen Schlachtfeld öffnet und möchte so gern Etwas dazu beitragen können, Dir das Unangenehme zu erleichtern.

Minister v[on] Mannteuffel Otto Theodor von Manteuffel (1805–1882) war konservativer preußischer Politiker, von 1848 bis 1850 preußischer Innenminister, dann bis 1858 preußischer Ministerpräsident. Bahnhofsparthey Die „Bahnhofspartei“ war ein Zusammenschluß der liberalen Politiker des Erfurter Unionsparlaments, benannt nach ihrem Tagungslokal im neuen Erfurter Bahnhof.

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[Dienstag] d[en] 16ten [April 1850] Dein lieber Brief, mein geliebter Karl, hat mich heute schon überrascht, ich erahnete noch auf keinen, konnte auch die Zeit, die unsre Briefe brauchen, um an den Ort ihrer Bestimmung zu gelangen, nicht so sicher nachrechnen wie [fol. 2r] sonst in Rostock. Um so mehr freuten mich Deine lieben Zeilen, die mir die Versicherung Deiner theueren Liebe brachten, die Du mit Mühe dem politischen Treiben abgerungen hast, und in welchen Du mir sogar sagst, daß auch während interessanter Verhandlungen Deine Gedanken manchmal zu mir schweifen, wenn auch nur auf Momente. Sieh, mein geliebtester Karl, das dachte ich mir hier schon, daß Du Dir Unrecht thust, wenn Du mir sagst, daß Tage vergehen, ohne daß Du an mich denkst. Ich begnüge mich ja gerne mit einem flüchtigen Gruß, den Du mir hie und da sendest und das weiß ich, daß doch kein Tag vergeht, an dem Du nicht ein Mal Deiner Liebe Dir bewußt wirst. Dein Vorschlag wegen Pfingsten, mein Herzliebster, will sich die Mutter zu Herzen nehmen; wir wollen so fleißig sein als möglich, und wenn dann der Reichstag zu Ende ist, kann ja der Tag unsrer Vereinigung immer noch festgesetzt werden – die betrübenden Nachrichten von der theuren Mutter berührten mich recht schmerzlich. Wir wähnten sie ganz auf dem Weg der Besserung oder doch der nöthigen Kräftigung um in einigen Monaten eine Badereise zu unternehmen. In ihrem lieben Brief spricht sich eine große Mattigkeit und wenig Hoffnung auf Besserung aus, findest Du nicht auch? und doch diese lebhafte, rührende Freude über die lieben Kinderchen, deren Anblick sie alle Schmerzen vergessen läßt! Ach, es ist ein herrlich liebendes Gemüth! Gott wolle doch seinen Segen geben, daß auch mir noch lange das Glück zu Theil wird, ihr liebendes Kind zu sein. – Alles, was Du mir in Deinem Briefe mittheilst, interessirt und freut mich sehr, wie Du Dir denken kannst, und ich danke Gott, daß Du selbst jetzt mehr Vertrauen zur Erfurter Sache hast, als sich in Deinem letzten Briefe aussprach. – Wie glücklich macht mich Deine Hoffnung, in der Vereinigung mit mir leichter das Elend in Mecklenburg zu vergessen [fol. 2v] oder doch ertragen zu können; mein Geliebter, diese Erfahrung wird mein höchstes Glück sein; Gott gebe, daß sie mir wirklich zu Theil wird. Leb wohl, mein Liebster, Gott sei mit Dir und führe Dich glücklich und heiter zu mir zurück. Ewig in treuer Liebe Deine Susette. [PS] Mit Mariechen geht es ziemlich gut, aber sehr langsam, doch ist sie den größten Theil des Tages auf; sie nimmt jetzt Bäder von welchen der Arzt sehr viel hofft. – Seit heute Abend haben wir einen lieben kleinen Besuch; Wilhelmine und Helene sind Wilhelmine Wilhelmine von Tucher (1837–1921) war die älteste Tochter Gottlieb Sigmund von Tuchers und seiner Ehefrau Thekla Therese Eleonore. Helene Helene von Tucher (1838–1857) war die zweitälteste Tochter Gottlieb Sigmund von Tuchers und seiner Ehefrau Thekla Therese Eleonore.

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mit ihrer Gouvernante, die ihre Verwandten hier besucht, von Neuburg gekommen und wohnen bei uns zum großen Jubel der Kinder. Leb wohl!

Nr. 22 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 19.–24. April 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 20. und 21. April 1850, Nr. 22, S. 111–115] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 24 APR 1850 10–11 Adressenfeld: An Herrn Professor Hegel in Erfurt. Augustiner Straße No. 857 [fol. 1r] [Freitag] d[en] 19ten [April 1850] Mein lieber, theurer Karl! Je mehr sich die Zeit naht, in der ich ganz Dein eigen seie, Dir für immer angehören darf, um so mehr wächst meine Sehnsucht nach Dir, in dessen Liebe ich je länger je mehr mein eigentliches Leben, meine rechte Heimath gefunden habe und finde. Es erscheint mir lange, daß ich keine Nachricht von Dir erhalten, es ist das gewiß kein Vorwurf, das weißt Du, denn ich erkenne dankbar an, wenn Du nur hie und da ein Stündchen mir widmen kannst, aber meine Ungeduld möchte gerne das Unmögliche möglich machen und täglich sich von Neuem an Deiner Liebe erquicken. Um Dich zu mir sprechen zu hören, mein Geliebter, las ich eben wieder einen Theil Deiner frühern Briefe durch, und es überkam mich ein solches Gefühl des Dankes gegen Dich, gegen unsern lieben Gott, der uns endlich ohne alles menschliche Thun zusammenführte, daß ich mir gelobte, alle Kräfte meines Geistes dem einen Ziele zuzuwenden, Dich meinen Karl so viel als möglich zu beglücken, um so der reichen Güte Gottes werth zu werden. [Sonntag] d[en] 21ten [April 1850] Mein herzliebster, theurer Karl! Ein ganz lieber, interessanter Verbindungsweg meiner Gedanken mit Dir sind mir jetzt die Zeitungen, durch die Nachrichten, die sie uns d. 19ten. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Monat, Jahreszahl und Ort zu Beginn der ersten Zeile vor der Anrede.

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von Erfurt bringen. So oft die Bahnhofpartei erwähnt wird, weiß ich, daß das auch Dir, meinem Liebsten gilt, jeder Sieg der Majorität freut mich, weil ich weiß, daß Du mitgestimmt hast, und so folge ich in der Stille und Ferne den Ereignissen in Erfurt, denen ja mein zweites, liebes Ich so ganz hingegeben ist. Ich freue mich doppelt auf jeden Deiner Briefe, die mir oft Klarheit geben über Dinge, die ich vorher nicht recht verstand und die mir doch vom größten Interesse sind. Über die Dauer des Reichstages läßt sich wohl mit Gewißheit noch Nichts bestimmen, auch beschäftigt mich das weniger als die Frage in wie weit [fol. 1v] die Hoffnungen, die darauf gesetzt wurden, erfüllt werden, und in dieser Hinsicht möchte ich Dir, meinem Geliebten, gerne jede Enttäuschung ersparen können. Gestern Abend war ich bei Kieser gebeten, die einen entfernten Verwandten Heinrichs, einen Rostocker, bei sich hatten; und da sie glaubten, es würde mir interessant sein, einen zukünftigen Landsmann kennen zu lernen, ließen sie es mir sagen. Doch konnte mir dieser Herr eigentlich Nichts Neues mittheilen, da er schon 18 Jahre von Rostock entfernt ist und in Stuttgard als Buchhändler wohnt; es war ihm also eigentlich das jetzige Leben und der Kreis Deiner Freunde und Bekannten ganz fremd, doch erzählte er mir viel Liebes von der Herzlichkeit der Mecklenburger und meinte, es würde mir gewiß recht gut dort gefallen, woran ich ja überhaupt jetzt gar nicht mehr zweifle, sondern mit freudiger Erwartung und frohem Muth meinem neuen Leben entgegengehe. [Mittwoch] d[en] 24ten [April 1850] Schon gestern Morgen beglückte mich Dein lieber Brief, mein treuer Geliebter, und ich hätte am allerliebsten Dir gleich geantwortet, um Dir zu danken für Deine Liebe, und Dir zu sagen, wie unendlich glücklich sie mich macht, aber meine Zeit ist jetzt so ausgemessen und ich verliere so ungerne Etwas davon, da ich sie ganz dem Zurichten und Fertigen meiner Ausstattung gewidmet habe, daß ich mich während des gestrigen Tages damit begnügte, immer in Gedanken während meiner Arbeit Briefe an Dich, meinen Geliebten, zu schreiben, aber die Ausführung derselben erst auf heute Morgen versparte. Dein gestern ausgesprochner Wunsch, mein Herzliebster, mich schon jetzt bei Dir zu haben, entzückt mich, so leid es für mich selbst ist, daß er unerfüllt bleiben muß, aber Dein zweiter Wunsch, die Hochzeit auf Pfingsten festgesetzt zu lassen, kann erfüllt werden, und obwohl [fol. 2r] die liebe Mutter am Anfang immer meinte, es gehe nicht, so hat sie jetzt doch meine Bitten und Vorstellungen, wie unangenehm es Dir sein müßte, noch lange Zeit nach Schluß des Parlaments hinbringen zu müssen, ohne hieher kommen zu können, nachgegeben, und ich arbeite mit allem Eifer, um ihr zu beweisen, daß es möglich zu machen ist, und um auch in dieser Thätigkeit meiner Sehnsucht nach Dir und der Zeit unsrer Verbindung eine zeitweilige Befriedigung zu geben. Du fragst mich, mein Einzig-Geliebter, ob auch ich die süße Qual der Sehnsucht nach Dir empfinde, gleich wie Du mich zu Dir wünschest? Zweifelst Du noch daran? Du weißt es ja, daß ich aufgehört habe, Ich zu sein und daß mein ganzes Wesen sich nur

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befriedigt und vollständig in Dir fühlt, und ich sollte mich nicht sehnen aus dem Zustande der Halbheit, in die mich die Trennung von Dir, nachdem Du mein Herz mit allen seinen Gefühlen in Besitz genommen hast, versetzt hat, zu kommen? Du, lieber theurer Karl! Noch habe ich Dir meine Freude über die Besserung der theuren Mutter nicht ausgesprochen. Ich danke dem lieben Gott mit Dir, und gebe mich der frohen Hoffnung hin, daß der Sommer sie immer mehr stärken und kräftigen werde, daß wir uns noch recht lange ihrer Liebe und Treue erfreuen und sie liebend umgeben können. Ich schreibe heute einige Zeilen an sie, da meine liebe Mutter schrieb, und ich es doch nicht vermag, den Brief abgehen zu lassen, ohne einen Herzensgruß beizufügen. Die Liebe der theuren Mutter ist eine der köstlichsten Gaben, die ich Deiner Liebe verdanke, mein Herzliebster. – Wie freute ich mich über den Besuch Deines Freundes Gervinus, der Dich so liebenswürdig überraschte. Du erwähnst seine liebe Frau nicht, also ist sie wahrscheinlich nicht mit ihm, was meinem Egoismus eigentlich lieb ist, denn es wäre mir zu leid, wenn ich um die herrliche Gelegenheit gekommen wäre, sie schon [fol. 2v] jetzt kennen zu lernen. – Deine Grüße, mein Liebster, soll ich alle freundlich erwiedern; Lina und Luise sind beide leider unwohl; Lina unternahm die vorige Woche den Umzug ins Schwarzische Haus, wobei sie sich wahrscheinlich verdarb, und seitdem leidet sie an Zahnweh und geschwollenen Backen, so daß sie schon mehrere Tage zu Bett liegt. Die Proklamation, mein Geliebter, ist hier schon vorgenommen worden, so daß also unsrer Verbindung kein Hinderniß mehr im Wege steht, als das Parlament und dann „die verwünschte Ausstattung“, doch wird ja das auch bald beseitigt werden. Nun leb wohl, mein Geliebtester, möge Euer Werk ferner einen erwünschten Fortgang nehmen, daß Du mit frischem, freudigem Muthe daran fortarbeiten kannst; meine Liebe möchte Dir so gerne alles Gute schenken können. In aller Liebe Deine Susette.

Schwarzische Haus Neues Haus der Familie von Schwarz in Nürnberg. Proklamation Aufgebot, mit dem eine beabsichtigte Eheschließung öffentlich bekanntgemacht wurde. „die verwünschte Ausstattung“ Susanna Maria von Tucher zitiert hier aus Karl Hegels Brief vom 20./21. April 1850, nachdem er zuvor mit Blick auf den Hochzeitstag gefragt hatte: „Wozu noch viele Vorbereitungen und Zurüstungen?“; Die Brautbriefe Karl Hegels, Nr. 22, S. 111–115, hier S. 113.

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Nr. 23 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 26.–30. April 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 26. und 27. April 1850, Nr. 23, S. 115–118] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 30 APR 1850 10–11 Adressenfeld: An Herrn Professor Karl Hegel in Berlin Potsdamer Straße No. 27. [fol. 1r] [Freitag] d[en] 26ten [April 1850] Herzliebster, theuerster Karl! Es ist mir oft ganz eigenthümlich zu Muthe, daß ich mir meine nächste Zukunft gar nicht recht ausmalen kann, was die äußern Umgebungen und Verhältnisse betrifft. Nichts ist mir klar und gewiß als Deine Liebe, mein Herzliebster, aber das genügt mir auch und die Frage, wohin ich Dir für die erste Zeit folge, wie Alles sich einrichten wird verschwindet vor der selige Gewißheit, daß Du mein bist und ich Dein, ob in Rostock oder Erfurt. Noch drei bis vier Wochen und Du führst mich ein in ein neues, fremdes Leben, dem ich in freudiger Erwartung entgegensehe. [Sonntag] d[en] 28ten [April 1850] Heute, mein Geliebter, wurden schon ernstliche Verhandlungen wegen unsres Hochzeittages gepflogen; ich schlug den Pfingstmondtag vor, aber die liebe Mutter meint, dann schon in den letzten Tagen der vorhergehenden Woche, durch die lieben erwarteten Gäste gestört und abgehalten zu werden, und stimmte für Dienstag, den 21ten [Mai]; nun ist aber unglücklicher Weise am Mittwoch der Jahrestag einer Stiftung, deren Executor mein armer geplagter Papa ist, und die ihm die Verpflichtung auferlegt, mit der Mutter, der auf den Stiftungstag verordneten Farth beizuwohnen. Da der Tag nach der Hochzeit durch die zu erwartenden Hausschenken eine so große Rolle spielt, dürfen natürlich die Eltern nicht dabei fehlen, und so wurde der Dienstag, natürlich d. 26ten. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Monat, Jahreszahl und Ort zu Beginn der ersten Zeile vor der Anrede. Jahrestag einer Stiftung Vermutlich handelt es sich um die Dr.-Lorenz-Tucher-Stiftung, die Lorenz I. Tucher (1447–1503) gegründet hatte und an deren Spitze stets der Familienälteste stand.

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der Mittwoch verworfen und dann der Donnerstag vorgeschlagen. Mein guter Vater meinte freilich, es sei doch sehr fatal, wenn er den Tag vor der Hochzeit gar nicht zu Hause sein könne, die Mutter könnte sich in diesem Fall davon Dispensiren lassen. – aber endlich fügte man sich meinen Bitten und Vorstellungen, wie lästig Dir jeder Tag des nutzlosen, unthätigen Zuwartens sein müsse, und ich erhielt die Erlaubniß, Dir meinem Liebsten, den Donnerstag d[en] 23ten [Mai] als den schönen Tag unsrer Verbindung vorzuschlagen. Könnte ich nur den lieben Eltern einen Theil meiner ungeduldigen Aufregung mittheilen; aber der Vater [fol. 1v] besonders scheint ganz vergessen zu haben, wie sich das Herz sehnt, ganz Eins zu werden, mit einem geliebten zweiten Ich. [Dienstag] d[en] 30ten [April 1850] Schon gestern Morgen, mein Einzig-Geliebter, überraschte mich Dein theurer Brief zu meiner innigen Freude. Jeder Deiner Briefe vermehrt die Sehnsucht in mir, Dein zu sein für alle Zeit und Ewigkeit, und Dir jeden Augenblick beweisen zu können, daß und wie ich Dich liebe. – Ein wenig hat mich die Nachricht des baldigen Schlusses des Parlamentes erschreckt; wenn ich mir auch dachte, daß es so kommen könne, hegte ich doch immer noch die leise Hoffnung, es möchte sich vielleicht doch bis Pfingsten hinausziehen, was mir Deinetwegen sehr wünschenswerth erschien, denn ich möchte Dir gar zu gerne die unangenehme Zeit des Wartens entweder in Berlin oder nun gar in Rostock erspart sehen. Du bist so gut, mein Liebster alle Schuld unsrer Zögerung auf die ungewissen Verhältnisse, die Einfluß auf die Zeit unsrer Verbindung äußerten, zu schieben, aber Alles, was Dich unangenehm berührt, ist mir wie ein leiser Vorwurf, wenn ich die Möglichkeit sehe, daß es hätte abgeändert werden können, und so drückt mich der Gedanke ordentlich, daß wir jetzt fertig sein könnten, daß Du unmittelbar von Erfurt kommen könntest, mich zu holen, wenn wir den erst festgesetzten Termin Ende April unbeschadet vom Erfurter Reichstag festgehalten hätten; meiner Mama darf ich das gar nicht sagen, denn sie findet es ganz natürlich, daß man in Aussicht der durch das Parlament veranlaßten Zögerung, sich nicht so sehr geeilt habe. Doch, nun ist einmal nicht mehr zu helfen, und wir müssen uns schon darin ergeben, bis Pfingsten zu warten, ja vielleicht wird Deine Nachsicht noch länger in Anspruch genommen, denn jetzt, wo Du unabhängig von Rostock aus zu jeder Zeit kommen kannst, meinten die Eltern, wir sollten den Donnerstag nach Pfingsten der dem Vater nicht [fol. 2r] ganz gelegen ist, nicht festhalten, sondern vielleicht den Sonntag oder Mondtag den 26ten oder 27ten [Mai] bestimmen, weil es Dir ja gewiß einerlei wäre, einige Tage früher oder später von Rostock wegzugehen. Sollte sich unerwarteter Weise der Schluß des Parlaments verzögern, so würden diese Rücksichten wegfallen und Du, mein Liebster, kannst dann bestimmen, welcher Tag Dir am zweckmäßigsten scheint ob der 23te oder der 27te oder vielleicht doch noch der 20te [Mai], der sich auch möglich machen ließe, wenn es sein muß. – Dieser Brief, mein liebster Karl, wird Dich wahrscheinlich in Berlin treffen, bei der lieben, theuren Mutter; ich fürchte sehr, daß die anhaltend

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kalte Witterung, die wir seit acht Tagen haben, störend auf ihre Genesung wirkt; ich möchte gerne einige Zeilen an sie beilegen, aber ich glaube nicht, daß mir noch Zeit bleibt und bitte Dich nur, sie viel tausendmal von mir zu grüßen in inniger Kindesliebe, je mehr der schöne Tag naht, an dem ich wirklich ihr Kind mich nennen darf, um so schwerer wird mir der Gedanke, sie nicht an diesem Tage umarmen zu können, es wird uns eine schwere Entbehrung sein, mein Geliebter. Möchtest Du wohl so freundlich sein, in Deinem nächsten Brief eine Deiner Karten beizulegen, um die meinigen in Größe und Schrift darnach richten zu lassen, denn vor unsrer Abreise müssen wir doch zu allen Bekannten Karten schicken und – erschrick nicht – von den Näherstehenden persönlich Abschied nehmen, wo wir dann andre Karten nöthig haben als die, die wir bei unsrer Verlobung austheilten. Wegen des Biers habe ich mit Kieser noch nicht gesprochen, wenn er auch dafür stimmt, es jetzt zu versenden, werden wir es doch nicht eher fortschicken, als bis ich gewiß weiß, daß Du in Rostock bist. Leb wohl, mein Geliebter, theurer Karl; ich zähle die Briefe, die ich Dir noch schreiben werde, und freue mich, daß [es] nur noch wenige sind, bald kann ich Dir Alles mündlich sagen und Dir durch Wort und That beweisen, wie sehr Dich liebt Deine Susette.

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Nr. 24 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 30. April – 6. Mai 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 30. April / 2. und 3. Mai 1850, Nr. 24, S. 119–122] Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG MAI [. . . ] Adressenfeld: An Herrn Professor Hegel in Rostock Mecklenburg [fol. 1r] [Dienstag] d[en] 31ten [April 1850] Mein Herzliebster, theurer Karl! Ich schreibe Dir noch ganz erfüllt von dem Schmerz über den schweren Verlust, den die theuren Geschwister durch den Tod des süßen Gustli erlitten haben. Erst jetzt fühle und weiß ich, wie nahe ich durch Dich, mein Geliebter, den Deinigen verbunden bin; liegt mir ja doch der Schmerz der armen Eltern und der theuren, ohnedieß so schwer geprüften Mutter so drückend auf der Seele, daß mir der Gedanke daran gar nicht aus dem Sinne kommt und mein Herz unaufhörlich damit beschäftigt ist. Wie sehne ich mich nach Dir, mein theurer Karl, aber so müssen wir den ersten gemeinsamen Schmerz, den uns Gott sendet, noch körperlich getrennt tragen; Dir wurde doch die wehmüthige Freude zu Theil, bald nach dem Hingang des holden Kindchens zu den Eltern eilen zu können; vielleicht kamst Du bald genug, um die liebe Hülle noch ein Mal zu sehen, aber mir, die sich in herzlicher Liebe auf das holde Wesen freute, mir bleibt nich[t] einmal ihr liebes Bild, daß ich mich noch in der Erinnerung daran erfreuen könnte. Ach, mein theurer Karl, wie ernst ist doch das Leben, nirgends eine ungestörte Freude; wer weiß was der liebe Vater droben uns für Schmerzen bestimmt hat, die wir miteinander in vereinter Liebe tragen sollen? Mir ist nicht bange, denn ich denke mir, wenn wir gegenseitig unsrer Liebe gewiß, und d. 31ten Datierung ohne Tagesbezeichnung, Monat, Jahreszahl und Ort zu Beginn der ersten Zeile vor der Anrede. – Der Brief beginnt mit Eintragungen für den 31. April 1850, was ein Irrtum der Absenderin war, denn der Monat April hatte auch im Jahr 1850 nur 30 Tage. Gustli Auguste Hegel (1846–1850), meist „Gustli“ genannt, starb am 27. April 1850 – noch nicht vier Jahre alt – in Berlin an Diphtherie (Bräune); vgl. Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 165.

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mit kindlichem Vertrauen auf Gott unsre Lebensbahn gehen, so wird uns der Herr auch in den schwersten Stunden nahe sein und uns stärken, wie er es so reichlich an den armen Eltern thut. Es vereinigt sich auch in meiner Umgebung Manches um mir die ernste Seite des Lebens bei dem wichtigsten Schritt, beim Eintritt in mein neues, völliges Leben, zu vergegenwärtigen, so daß ich ohne übertriebene Erwartungen aber mit getrosten Muth und freudig dankbarem Herzen das Wort aussprechen werde das mich Dir, meinem Liebsten, meinem [fol. 1v] Lebensgefährten und Führer für ewig verbindet. Mein Mariechen erholt sich leider sehr langsam; das ängstlich forschende Mutterauge bemerkt sogar Rückschritte in der Besserung, so daß wir Alle mit Sorge das theure Kind betrachten. Ich glaube, eine großen Theil der langsamen Genesung auf Rechnung des verspäteten und immer noch zögernden Frühlings schieben zu können, aber ein Mutterherz läßt sich nicht leicht beruhigen, und ist doppelt ängstlich, wenn es schon so Schweres erfahren hat, wie meine guten Eltern; Gott gebe nur, daß unsre liebe Kranke doch bis zu unsrer Hochzeit sich gestärkt und frischer fühle. Die zweite Sorge ist mir meine liebe Luise Schwarz, die sehr schwer krank liegt, so daß sie mich wohl nicht bei unsrem wichtig-schönen Gang begleiten kann. Eine andre Sorge ist uns Allen auch Tante Wiß, die gestern einen Schlaganfall hatte, der sie der Sprache beraubte, so daß sie sich nur durch Zeichen verständlich machen kann. Sieh, mein Geliebter, so sehe ich überall in den mir nächsten Kreisen Schmerz und Sorge und sehne mich recht nach Dir, dessen Liebe mir Alles tragen hilft und mein höchstes Glück ausmacht. Noch wenige Wochen und wir können uns des schönsten Wiedersehens freuen auf das keine Trennung mehr folgt. [Montag] d[en] 6ten [Mai 1850] Mein Geliebter, theurer Karl! Eine große Pause mußte in meinem Briefe eintreten, weil ich kein ruhiges Stündchen finden konnte um Dir mein Herzliebster zu schreiben; aber Dein gestern erhaltner, inhaltsschwerer und folgenreicher Brief soll nicht lange auf Antwort warten, um so mehr, da ich sie Dir so geben kann, wie wir, Du und ich, sie wünschen. Die lieben Eltern, die gute Mutter mit edler Resignation in die Unmöglichkeit, die ganze Ausstattung schon hergerichtet, auflegen zu können, haben mir die Erfüllung Deiner Bitte zugesagt und den zweiten Pfingstfeiertag den 20ten Mai festgesetzt. Das ist bis heute über vierzehn Tage, mein Einzig-Geliebter, es ist mir noch als träumte ich, ich kanns noch gar nicht recht fassen, und doch, wie dank ich’s Deiner Liebe [fol. 2r] die es endlich zu einer festen Bestimmung brachte, Du lieber theurer Karl. – Dein Schmerz um das süße Gustli und die theure Mutter hat mich wieder Schweres erfahren hat Die Eltern Susanna Maria von Tuchers verloren durch Tod schon im Jahre 1842 – noch kein Jahr alt – ihre Tochter Rosina Marie (1841–1842) sowie ihre beiden ältesten Söhne Georg Christoph Karl und Christoph Friedrich Karl im jugendlichen Alter in den Jahren 1842 und 1846. Tante Wiß Rosina Alexandrina Wiß, geb. von Schwarz (1799–1861).

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von Neuem ergriffen; fast könnte man versucht sein zu fragen: warum o Gott, mußte ihr, der ohnedieß so schwer und schmerzlich Heimgesuchten, noch dieser neue, tiefe Schmerz auferlegt werden? ich denke mit sehnsüchtiger Liebe ihrer. – Wie erfreut mich die Hoffnung, die Du mir gibst, daß der liebe Manuel vielleicht doch Dich begleitet, ich kann mir wohl denken, daß es ihm schwer wird, allein zu kommen, da er hoffte die theuere Friederike und ihre Gustli mitbringen zu können, aber seine Liebe zu Dir wird ihm vielleicht doch möglich machen; unsre Hochzeit[s]feier wird ja überhaupt still und ernst sein, daß sie ihn nicht wehthuend berühre. Ich hoffe sehr auf die Erfüllung dieses Wunsches, denn es wäre mir zu schwer gar Niemand von den Lieben um uns zu sehen, welchen ich jetzt doch ganz und vor Allen angehöre. Kieser, den ich gestern sprach, läßt Dich schönstens grüßen. Ich fragte ihn wegen des Bieres und lege Dir seine schriftliche Antwort bei. Er freut sich sehr des endlich nahgerückten Ziels unsrer Wünsche und Hoffnungen. Leb wohl, mein Geliebter, daß ist wohl der letzte Brief, den ich Dir nach Rostock sende, der nächste wird Dich in Berlin treffen, und dann brauchts nicht mehr Feder und Papier, um Dir immer wieder von Neuem zu sagen, daß Dich von ganzer Seele liebt Deine Susette. [PS] Ich bin ein wenig ungewiß, wohin ich diesen Brief addressiren soll, da Du mir in Deinem letzten Brief zuerst Rostock bestimmst und dann doch von einem Aufenthalt in Schwerin sprichst, wo Du meinen Brief bis Mittwoch oder Donnerstag erhalten könntest. Da ich aber in Schwerin keine Addresse weiß und mir nicht denken kann, daß Du so lange in Schwerin bleibst, halte ich mich an Deine erste Bestimmung. Leb wohl, mein Geliebter.

seine schriftliche Antwort

Die Antwort konnte nicht gefunden werden.

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Nr. 25 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 10. Mai 1850 Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 11 MAI 1850 11–12 Adressenfeld: An Herrn Professor Hegel in Rostock Mecklenburg. [fol. 1r] [Freitag] d[en] 10ten [Mai 1850] Mit schwerem Herzen schreibe ich Dir heute zu ungewöhnlicher Zeit, mein Geliebter; weiß ich doch, daß diese Zeilen Dich gewiß unangenehm berühren, und Du mit ihrem Inhalt nicht zufrieden bist. Sie sollen nämlich den abermaligen Vorschlag zu einer Verzögerung unsres Hochzeittages enthalten. Sei nicht ungehalten, mein Liebster, dießmal ist es der liebe Gott, der uns diese kleine Geduldsprüfung sendet und da wollen wir so viel als möglich schön stille halten. Die Gründe, die diese Verzögerung nothwendig oder doch sehr wünschenswerth machen, sind hauptsächlich die langsamen Fortschritte, die in der Genesung Mariechens zu bemerken sind, und dann ein seit vorgestern bei Gottlieb eingetretenes gastrisches Fieber, das so heftig scheint, daß an ein Aufstehen unter 10–12 Tagen nicht zu denken ist. Mariechen fühlt sich auch während der letzten Woche nicht so wohl wie vor 8 Tagen, so daß sie der Arzt wieder ganz ins Bett gebannt hat [fol. 1v] und uns alle Hoffnung abspricht, daß sie bis den 20ten [Mai] wohl genug sein würde, um der Feier unsrer Verbindung beiwohnen zu können. Du wirst mir vielleicht einwenden, daß wir keine Gewißheit einer bedeutenden Besserung nach acht Tagen haben, allerdings aber es ist doch eher eine Hoffnung dafür vorhanden; länger könnten wir uns wohl doch nicht daran binden. Diese voraussichtliche Störung an diesem Tage, den ich so gerne mit ungetheiltem, frohem Herzen zubringen möchte, lag mir seit heute Morgen, wo sich der Arzt so bestimmt aussprach, schwer auf der Seele, noch mehr aber der lieben Mutter, die aber in Liebe für uns, dieses Gefühl überwinden wollte, doch bemerkte ich, daß sie eine leichthingeworfne Bemerkung meiner Seits, daß sich die Hochzeit jetzt nicht mehr gut verschieben lasse, begierig ergriff und daran, als einer Möglichkeit ihren stillen Wunsch erfüllt zu sehen, d. 10ten. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Monat, Jahreszahl und Ort zu Beginn der ersten Zeile ohne Anrede. gastrisches Fieber Einfache Form von Typhus mit fieberhaften Nebenwirkungen.

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festhielt. Ich setzte ihrem ersten Vorschlag alle meine Bedenken entgegen, daß Dich jetzt kaum mehr ein Brief in Rostock treffen würde, daß das Erfurter Parlament uns vielleicht störend in Weg treten könnte, aber sie wußte auf Alles eine Antwort, und stellte mir immer wieder von Neuem vor, wie traurig es mir und uns Allen sein müßte, [fol. 2r] die beiden Geschwister vielleicht an der Hochzeit noch zu Bett zu sehen und doch keinenfalls fähig, Theil an der Feier zu nehmen. Endlich erschien es mir selbst das Beste, Dir, mein lieber Karl, zu schreiben, Dir Alles vorzulegen und an Deine Liebe mich zu wenden, die es gewiß auch begreiflich und passend findet. Obwohl ich nicht einsehe, in wiefern eine Verzögerung von 8 Tagen irgend eine Wichtigkeit für uns haben kann, so wurde mir doch bang, unsre Verbindung für den erstfestgesetzten Termin durchzusetzen, so wie offenbar von Gott gesandte Hindernisse sich dagegen stellten; so lange nur die leidige Ausstattung daran Schuld sein sollte, ergab ich mich auch nicht gutwillig darein, sondern dachte mir, daß es geht, wenn es gehn muß, und es geht auch, denn wir werden bis Samstag vor Pfingsten wohl ganz fertig, aber jetzt will ich geduldig sein, und Dich, Du Liebster, noch entbehren im Gedanken, daß es doch aus irgend einem Grund besser sein muß. [fol. 2v] Übrigens mein theuerster Karl, soll Dich das nicht abhalten, Deinem ersten Plan gemäß, vor Pfingsten zu kommen, wir bringen dann doch die acht Tage zwischen dem 20ten und 27ten [Mai] miteinander zu, nur daß unser Hochzeittag am Schluß anstatt am Anfang dieser Zeit steht. Ich sende Dir diesen Brief nach Rostock, obwohl ich nicht glaube, daß er Dich noch dort trifft, doch wollte ich mein Möglichstes thun, um Dir Deinen Entschluß ganz in die Hand zu geben. In Berlin findest Du einen Brief der lieben Mutter desselben Inhalts, im Fall Du, noch ohne von diesen neuen Bestimmungen zu wissen, nach Berlin kommst. Dem lieben Manuel wird es ja hoffentlich auch einerlei sein, an Pfingsten oder acht Tage später zu kommen; es ist ein unglückliches Zusammentreffen von Verhältnissen, unter dem wir Alle leiden, das wir aber auch Alle in vereinter Liebe uns erleichtern wollen, Nicht wahr mein Herzliebster. Wenn Du nach Berlin kommst, so grüße die theure Mutter und die lieben [fol. 3r] Geschwister recht innig von mir, wie geht es Allen, nach den schweren Leidenstagen, die erst so kurze Zeit hinter ihnen liegen und deren Schmerzen noch so frisch in der Seele sind? Die liebe, theure Friederike wird es leicht begreifen, daß ein Mutterherz ganz und allein erfüllt ist von der Sorge für ein krankes Kind, und zu Nichts Anderm die rechte Freudigkeit finden kann; sie hat es ja selbst erst erfahren. Heute oder morgen über acht Tage wäre die schöne Stunde des Wiedersehens gekommen, die mir Dich, mein Geliebter, gebracht hätte; wann ich Dich jetzt erwarten darf, ob Du meine für diese Zeit vertröstete Sehnsucht stillen kannst und willst, dem sehe ich mit Spannung entgegen. Wie dem auch sei, ich halte mich an Deiner Liebe fest, die Gewißheit, daß sie mir bleibt zu jeder Zeit und unter allen Verhältnissen,

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erhebt mich über die schweren und trüben Stunden meines jetzigen zerrissenen und unruhvollen Lebens. Leb wohl, mein Liebster, Gott halte seine Hand über uns und führe unsre Liebe zur schönsten Vollendung! Deine Susette. [PS] Noch ehe ich schließe, will ich Dir die letzten Nachrichten über Gottliebs Befinden mittheilen, er hustet heute weniger, als die letzten Tage, schlummert viel, ist aber ganz klar und ruhig, hat weniger Fieber, so daß der Doktor mit seinem jetzigen Zustand zufrieden ist. Gott gebe, daß keine Verschlimmerung eintritt und wir doch für jetzt beruhigt sein können. Leb wohl, Geliebter!!

Abb. 3: Briefumschlag an Karl Hegel, 11. [Mai] 1850, mit Briefsiegel Susanna Maria von Tuchers

[PS] Auf einem beigelegten kleinen Zettel aktualisierter Text zum Gesundheitszustand des Bruders Susanna Maria von Tuchers.

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Nr. 26 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 12.–13. Mai 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 9. Mai 1850, Nr. 25, S. 123–125] [fol. 1r] [Sonntag] d[en] 12ten [Mai 1850] Mein liebster, bester Karl. Du wirst wohl meinen gestern abgegangenen Brief noch in Rostock erhalten haben und theilst also jetzt in treuer Liebe all die Sorgen und schweren Gedanken, die mich drücken, und die mir seit heute Morgen, wo ich Deinen lieben Brief voll ungeduldiger Freude über die so nahe Zeit unsrer Vereinigung erhielt, besonders peinlich sind. Doch weiß ich, daß ich eben dieser Deiner Liebe die Gründe der Verzögerung billig und begreiflich erscheinen, und Du mit mir darin übereinstimmst, daß unter den jetzt obwaltenden traurigen Verhältnissen uns der schönste Tag unsres Lebens gestört und getrübt worden wäre. Doch jetzt will ich Dir von unsern Kranken berichten, was ja von doppeltem Interesse für uns Beide ist. Gottliebs Zustand erklärt der Arzt jetzt für eine Lungenentzündung, die er zuerst durch Schröpfen und da das nicht genügte, durch eine[n] heute angewandte[n] Aderlaß zu heben sucht. Bei seiner ohnehin schwachen Brust [fol. 1v] ist diese Krankheit sehr ängstlich und für ihn sehr peinlich, da er mit einem heftigen, schmerzhaften Husten gequält ist. Gott gebe, daß doch bald Anzeigen der Besserung sich einstellen. Mit Mariechen geht es ganz erträglich, nur muß sie sich sehr schonen, und der Arzt hat ihr für morgen wohl erlaubt aufzustehen, aber noch muß sie im Zimmer bleiben. Bei gutem Wetter und aufmerksamer sorglicher Pflege hoffe ich schon, daß sie bis den 27ten [Mai] wieder ganz hergestellt ist. [Montag] d[en] 13ten [Mai 1850] Ich konnte Dir mein Geliebter gestern nicht mehr schreiben und auch heute Morgen fand sich kein ruhiger Augenblick dazu; unser Kranker nimmt uns sehr in Anspruch, und leider hat sich sein Zustand eher verschlimmert als gebessert. Er schlummert sehr viel, bei heftigem Fieber, wobei er aber oft im Schlaf spricht; auch sonst ist ihm der Kopf nicht ganz frei, und er phanthasirt viel von seinen Collegien, und überhaupt allen Verhältnissen, in welchen er sich bis jetzt bewegte. In der Erinnerung an unsern

d. 12ten. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Monat, Jahreszahl und Ort zu Beginn der ersten Zeile vor der Anrede. Collegien Vorlesungen, die Gottlieb Karl Sigmund von Tucher als Erlanger Student der Rechtswissenschaft besuchte.

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lieben seligen [fol. 2r] Georg sind wir natürlich doppelt ängstlich und es ist mir oft recht schwer ums Herz, das so gerne frisch und fröhlich sein möchte im Besitz Deiner Liebe. Je mehr betrübende Hindernisse unsrer Verbindung in den Weg treten, um so mehr sehne ich mich darnach, als einem ewig unauflöslichem Bund, einem Halt, der allen Verhältnissen und Veränderungen Trotz bietet. Die heutige Zeitung enthält die Nachrichten von der Wiedereinberufung des Parlaments auf den 26ten [Mai] – Du kannst Dir denken, mein Einzig-Geliebter, wie mir die Nachricht erschreckte; hoffentlich darfst Du doch einige Tage später eintreffen, sonst wüßte ich nicht, wie wir es einrichten sollten. Ach, wie gerne will ich auf Alles, was Du mir in Liebe zugedacht hast, auf die schöne Reise verzichten, wenn ich Dir nur ganz angehöre und Nichts uns mehr zu trennen vermag. Ich sehe mit Ungeduld einem Brief von Dir entgegen, der mir Nachricht bringt, wann Du, mein Geliebter, zu mir kommst; ich denke mit Jubel an die Möglichkeit, [fol. 2v] daß Du Deinen erstgefaßten Plan ausführst und doch schon während des Pfingstfestes bei mir bist, mein liebster, theuerster Karl. Über unsern Hauptkranken unterließ ich bis jetzt, Dir von meiner Luise, nach der Du so freundlich fragst, zu schreiben; es geht ihr etwas besser, so daß sie hofft, doch in der Kirche bei unsrer Trauung anwesend sein zu können. Sie grüßt Dich schönstens mit Dank für Deine Theilnahme, die sie herzlich freute. Wie sehnlich wünsche ich, durch Dich beruhigendere Nachrichten von dem Befinden der theuren Mutter zu erhalten, sie selbst schrieb uns gestern einen lieben, ergebnen aber doch recht traurigen Brief, ihr Fußübel scheint sie noch lange, lange ans Bett zu fesseln. Gott erhöre doch unser Aller Gebet und schenke unsrer lieben Kranken wieder neue Kräfte. Deine gütige Sorge, mir unser Quartier so heimlich als möglich zu machen, hat mich wahrhaft gerührt! wer weiß, wann wir es beziehen? Leb wohl, mein geliebter Karl, ich schreibe Dir in Eile, aber immer in gleicher Liebe. Gott schenke uns ein frohes Wiedersehen! Deine Susette.

Georg Georg Christoph Karl von Tucher, der 1844 an der Berliner Universität zu studieren begonnen und bei seiner Tante, Maria Helena Susanna Hegel, gewohnt hatte, war am 20. Juli 1846 im Alter von 22 Jahren in München an Typhus gestorben; vgl. Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 149f.

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Nr. 27 Brief Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 18. Mai 1850

[Antwort auf Karl Hegels Brief vom 14. und 16. Mai 1850, Nr. 26, S. 125–128] [fol. 1r] [Nürnberg] d[en] 18. Mai [1850]. So eben, mein herzliebster Karl, erhalte ich Deinen lieben Brief, der mir einerseits die Zerstörung einer süßen Hoffnung andrerseits aber auch eine Entscheidung bringt, die ich auch schon heimlich für besser unter den jetzigen Verhältnissen anerkennen mußte. Es ist mir schwer, Dich meinen Geliebten entbehren zu müssen, aber das fühlte ich in den letzten Tagen wohl oft, daß Deine Anwesenheit hier und der Wunsch, mich Dir widmen zu können, mich immer in einen innern Widerspruch und Streit versetzt hätten, bei den Pflichten, die Gottliebs und Mariechens Pflege mir bringen. Ich danke Dir, mein geliebter Karl für die Versagung meines Wunsches, und weiß doch, daß ich deßwegen nicht an Deiner Liebe, die sich nach unsrer Vereinigung sehnt, zweifeln darf. Von unsern Kranken möchte ich Dir gerne Erfreuliches berichten können, doch warum wollen wir uns Täuschungen hingeben, die doch bald oder spät [fol. 1v] vielleicht einer traurigen Wirklichkeit weichen müßten. Für Gottlieb fürchtet der Arzt in diesem Augenblick keine Gefahr, verhehlt uns aber nicht, daß seine Brust wahrscheinlich schon lange leidend ist, was sich auch durch seinen immerwährenden Carrthar und Husten angekündigt hat, und daß dieser Sturm die Lunge jedenfalls so angegriffen hat, daß viel für die Folge zu fürchten ist; ob ärztliche, jahrelange Behandlung, sorgfältige Beobachtung und Schonung unter Gottes Segen ausreichen, um die kranke Lunge wieder auszuheilen, weiß nur Gott, von dem wir diese schwere Prüfung ergeben annehmen und dem wir Alles anheimstellen wollen. Es wäre wohl das Schwerste, was meine armen Eltern und uns Alle treffen könnte, ihn seinen beiden vorangegangnen Brüdern folgen zu sehen, aber ich habe die feste Zuversicht zu Gott, daß er uns tragen hilft, was er sendet, wenn wir es als von ihm kommend hinnehmen. Meine theure Engelsmutter ist gefaßt und ergeben, und wir Alle ruhig, seitdem wir so weit gekommen sind, Zeit [fol. 2r] und Stunde und Art der Hülfe ohne eigne Bestimmung Gott zu überlassen. Er kann ja die trübe Aussicht wieder aufhellen und Alles besser wenden als wir denken. – Mit Mariechen hatten wir abermaligen Schrecken durch einen dritten d. 18. Mai. Datierung ohne Tagesbezeichnung, Jahreszahl und Ort zu Beginn auf der ersten Briefseite oben rechts. seinen beiden vorangegangenen Brüdern Christoph Friedrich Karl und Georg Christoph Karl von Tucher.

136

Die Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers

Endzündungsanfall, der vorigen Donnerstag wieder 8 Blutiegel nothwendig machte, doch geht es ihr ziemlich gut, sie liegt wohl wieder vollständig, fühlt sich aber ziemlich kräftig und heiter; ihr Zustand ist weniger bedenklich, nur sehr langwierig und im Fall die Entzündung sich noch öfter wiederholen sollte, doch recht ängstlich. Sieh, mein geliebter Karl, so steht’s bei uns, überall Sorge und Angst, und doch soll dieser Brief die bestimmte Nachricht, bestimmt so Gott will, wegen unsers Hochzeittages bringen. Der Arzt selbst rieth uns, ihn nicht weiter zu verschieben, da sowohl bei Gottlieb als vielleicht auch bei Marie gar kein Termin der Genesung anzugeben ist, so daß eine Verzögerung von 8 Tagen oder sogar mehreren Wochen gar keinen [fol. 2v] Unterschied macht. Im Gegentheil, die Kranken selbst sind ruhiger, wenn sie kein bestimmtes Ziel mehr vor Augen haben, bis wohin sie ihre Krankheit beendigt sehen möchten, und von einer freudigen Hochzeitfeier, ohne ernste, trübe Gedanken und Besorgnisse, kann ja unter diesen Verhältnissen noch lange, lange keine Rede sein. Die lieben Eltern stimmen also ganz dafür, den 28ten [Mai], Dienstag über acht Tage, festzusetzen, und dann natürlich nur eine ganz stille, ruhige Feier zu begehen; ich selbst, mein geliebter theurer Karl, obwohl mir das Scheiden aus dem Elternhause, bei diesen trüben und ernsten Befürchtungen schwer wird, sehne mich doch mehr als je nach der Vereinigung mit Dir, dem jetzt doch mein innerstes Wesen angehört, und der, das weiß ich, Leid und Freud des Vaterhauses, in Liebe mit mir trägt und theilt. Ich bin jetzt in einer innern Zerrissenheit und sehne mich nach Einklang, den nur Du mir geben kannst. [fol. 3r] Der geliebten Mutter sage doch meinen schönsten Dank für ihr liebes Briefchen; wie geht es ihr denn, sie schreibt gar Nichts von ihrem Befinden. Den theuren Geschwistern möchte ich gar gerne selbst danken für ihre Liebe, die sie bewegt, uns die unendliche Freude ihrer Anwesenheit bei unsrer Hochzeit zu machen, es ist mir ein so lieber, süßer Gedanke, daß ich mich an dieser schönen Aussicht ganz erquicke. Wir dachten hauptsächlich an die liebe Friederike und Manuel, die gewiß gar gerne den Geburtstag ihres Mariechens den 24ten [Mai] noch mit feiern möchten, bei Festsetzung des Hochzeittages und wählten deßhalb den 28ten [Mai]; grüße sie in inniger Liebe von mir. Die lieben Neuburger und Leitheimer, auch Tante Sophie werden gewiß kommen, und heute erwartet Fritz Haller, Tante Rosenhayn; Wilhelmine HalGeburtstag ihres Mariechens Marie Hegel (1848–1925) wurde am 21. Mai 1848 in Berlin geboren; vgl. Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 156. Neuburger Die „Neuburger“ wird als Sammelbegriff für die Familie Christoph Karl Gottlieb Sigmund von Tuchers verwandt; Neuburg war in der Mitte des 19. Jahrhunderts dessen Wohnund Wirkungsort als Jurist. Fritz Haller Friederike von Haller (1789–1865) war eine Schwester Sigmunds VI. Haller von Hallerstein und blieb unverheiratet. Innerhalb der Familie wurde sie Tante „Fritz“ genannt. (Auch in der Tucher-Familie gab es eine „Tante Fritz“: Sophia Maria Friederike Meyer, geb. von Tucher). Tante Rosenhayn Eleonora Karolina von Rosenhayn, geb. von Haller (1777–1852) war die

Die Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers

137

ler kommt von Linz. Alles vereinigt sich in Liebe, um sich mit uns zu freuen, aber der liebe Gott erinnert uns vielfach daran, [fol. 3v] daß wir unsre Zuversicht nur auf Ihn setzen. Er hat Alles in Händen. Doch, mein liebster Karl, freue ich mich all der lieben theilnehmenden Herzen, und danke Gott dafür, liegt auch der Gedanke an die, die fehlen, schwer auf der Seele. Du fragst theilnehmend nach den andern Kranken, von welchen ich Dir schrieb; Luise ist noch sehr leidend, so daß ich ganz auf ihre Anwesenheit verzichten muß, auch Tante Wiß erholt sich sehr schwer, und es ist eine Wiederholung sehr zu fürchten. Dieß ist so Gott will der letzte Brief ! Ich erwarte Nachrichten von Dir, mein Geliebter, über die Zeit Eurer Ankunft und sehe Dir, und den lieben treuen Geschwistern, mit Sehnsucht entgegen. Gott gebe, daß Ihr uns doch ohne ernste Besorgniß für die nächste Zeit findet, und uns erfreuliche Nachricht von der lieben Mutter bringt. Leb wohl! mein Herzliebster, wollen wir unser Gebet vereinen, daß Gott Alles zum Besten wende. In ewig treuer Liebe Deine Susette. [PS] Der inliegende Brief ist vor dem meinigen geschrieben, macht also keine Änderung in unsern jetztgefaßten Beschlüssen! [Auf Karl Hegels Brief vom 20. Mai 1850, Nr. 27, S. 145–146, hat Susanna Maria von Tucher nicht mehr geantwortet.]

Ehefrau des österreichischen Generalmajors Gustav Ludwig Moritz von Rosenhayn († 1823) und Schwester Johann Georgs XXII. Haller von Hallerstein (1786–1854). Wilhelmine Haller Maria Elisabeth Wilhelmine von Haller (1826–1899) war eine Tochter Johann Georgs VI. Haller von Hallerstein (1773–1852), des Retters der Reichskleinodien im Jahre 1796 vor den auf Nürnberg zumarschierenden französischen Truppen, und Elisabetha Ludovica Emanuela Hennigers von Eberg (1789–1862); sie war verheiratet mit Sigmund Friedrich von Troeltsch (1815–1898). Der inliegende Brief Dieser Brief hat sich nicht erhalten, sodaß neben der Datierung weder Absender noch Empfänger bekannt sind.

Chronologie der Brautbriefe zwischen Karl Hegel und Susanna Maria von Tucher

Nr.

Nr.

1 1 2

Datum

Absender(in)

Empfänger(in)

20.10.1849

Berlin

Karl Hegel

S. v. Tucher

25.10.1849

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

30.10.1849

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

2

4.11.1849

3

6.–13.11.1849 11.–18.11.1849

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

4

13.–22.11.1849

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

19.–25.11.1849

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

5

24.–29.11.1849

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

3

1.–9.11.1849

4 5 6

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

26.11.–3.12.1849

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

6

30.11.–7.12.1849

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

5.–11.12.1849

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

7

9.–14.12.1849

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel S. v. Tucher

7 8

13.–19.12.1849

9

5.1.1850

Rostock

Karl Hegel

Berlin

Karl Hegel

S. v. Tucher

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

8

3.–7.1.1850 8.–11.1.1850

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

9

8.–14.1.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

10 11 10 12 11 13

16.–18.1.1850

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

16.–21.1.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

21.–26.1.1850

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

23.–29.1.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

30.1.–3.2.1850

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

12

3.–7.2.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

9./10.2.1850

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

13

8.–14.2.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

14 15 14 16 15 17

Absendeort

13.–17.2.1850

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

15.–21.2.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

20.–25.2.1850

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

22.–28.2.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

27.2.–5.3.1850

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

Chronologie der Brautbriefe zwischen Karl Hegel und Susanna Maria von Tucher Nr.

Nr.

Datum

Absendeort

Absender(in)

Empfänger(in)

16

1.–8.3.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

18

7.–12.3.1850 17

10.–14.3.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

18

16.–19.3.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

20./21.3.1850

Erfurt

Karl Hegel

S. v. Tucher

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

19 19

25.3.1850

20

1.–9.4.1850

Erfurt

Karl Hegel

S. v. Tucher

21

11.–16.4.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

20./21.4.1850

Erfurt

Karl Hegel

S. v. Tucher

19.–24.4.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

26./27.4.1850

Erfurt

Karl Hegel

S. v. Tucher

26.–30.4.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

Erfurt Berlin

Karl Hegel

S. v. Tucher Karl Hegel

20

6.4.1850

21

14.4.1850

22 22 23 23 24

30.4.1850 2./3.5.1850 24

25

30.4.–6.5.1850 9.5.1850

25

10.5.1850

26

12./13.5.1850

26 27 27

139

Erfurt

Karl Hegel

S. v. Tucher

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

Nürnberg

S. v. Tucher

Rostock

Karl Hegel

S. v. Tucher

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

14.5.1850 16.5.1850

Rostock Berlin

Karl Hegel

S. v. Tucher

18.5.1850

Nürnberg

S. v. Tucher

Karl Hegel

20.5.1850

Berlin

Karl Hegel

S. v. Tucher

141

Taf. 1: Die 27 Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel

142

Taf. 2: Selbstporträt Susanna Maria von Tuchers: Gouache auf gelblichem dünnem Karton, bemalte Fläche 12,5 × 14,8cm. Rückseite: Susanne von Tucher – geb. 16. März 1826 – gest. 1. Jan. 1878 – vermählt 28. Mai 1850 mit Dr. Karl Friedrich Wilhelm von Hegel, Professor der Geschichte in Erlangen. (Tinte, von späterer Hand nach 1891, da Karl Hegel erst 1891 in den königlich-bayerischen Personaladel erhoben wurde.)

143

Taf. 3: Karl Hegel im Alter von 20 Jahren: Ölgemälde Jakob Schlesingers (1792–1855) in neobarockem Rahmen

144

Taf. 4: Die Eltern Susanna Maria von Tuchers: Johann Sigmund Karl und Maria Magdalena von Tucher. Rückseite: Sigmund und Marie Tucher 1867–70? (von späterer Hand)

145

Taf. 5: Die Schwiegermutter Susanna Maria von Tuchers: Maria Helena Susanna Hegel (nach 1831)

146

Taf. 6: Susanna Maria von Tucher: Bleistiftzeichnung (unbekannter Künstler), Karton, 26,9 × 34,7cm. Rückseite: Susanna Hegel, geb. v. Tucher (Bleistift, von späterer Hand)

147

Taf. 7: Briefsiegel Susanna Maria von Tuchers: vergrößernde Fotografie des Siegels (circa 20mm Durchmesser)

148

Taf. 8: Susanna Maria Hegel, geb. von Tucher, mit ihren vier ältesten Kindern (Ende 1850er Jahre)

Anhang

Vorbemerkung: In diesem Anhang finden sich nach einer chronologischen Übersicht insgesamt 34 Briefe aus der Verlobungszeit Susanna Maria von Tuchers und Karl Hegels, die alle Bezug nehmen auf ihre Verlobung und Hochzeit. 30 Briefe an Karl Hegels Mutter haben sich in einem eigenen Bestand erhalten, von einer von ihr beschrifteten offenen Banderole lose zusammengehalten: „Briefe von meines lieben Karls u. Susettes Brautstand u. Hochzeit“ (Privatnachlaß Karl Hegel). Die jeweiligen Antwortbriefe Maria Helena Susanna Hegels fehlen. – Vier Briefe der zukünftigen Schwiegereltern Karl Hegels (Nr. IV, VII, XII und XIX) sind als Beilagen zu den Brautbriefen Susanna Maria von Tuchers überliefert und wurden hier eingeordnet.

Verzeichnis der „Briefe von meines lieben Karls u. Susettes Brautstand u. Hochzeit“

Nr.

Datum

Absendeort

Absender(in)

Empfänger(in)

I II III

25.10.1849 26.10.1849 31.10.1849

Nürnberg Nürnberg Rostock

Maria Magdalena von Tucher Susanna Maria von Tucher Karl Hegel

IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII XXIII XXIV XXV XXVI XXVII XXVIII XXIX

12.11.1849 15.11.1849 13.12.1849 14.12.1849 25.12.1849 25.12.1849 3.1.1850 25.1.1850 24.2.1850 28.2.1850 14.3.1850 18.3.1850 23.3.1850 1.4.1850 1.4.1850 30.4.1850 1.5.1850 2.5.1850 25.5.1850 25.5.1850 27.5.1850 27.5.1850 29.5.1850 29.5.1850 30.5.1850 30.5.1850

Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Erfurt Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg Nürnberg

XXX XXXI XXXII XXXIII XXXIV

1.6.1850 4.6.1850 9.6.1850 13.6.1850 25.7.1850

Nürnberg Nürnberg Nürnberg Dresden Rostock

Maria Magdalena von Tucher Susanna Maria von Tucher Susanna Maria von Tucher Maria Magdalena von Tucher Susanna Maria von Tucher Karl Hegel Susanna Maria von Tucher Susanna Maria von Tucher Joh. Sigmund Karl von Tucher Susanna Maria von Tucher Susanna Maria von Tucher Susanna Maria von Tucher Karl Hegel Karl Hegel Susanna Maria von Tucher Maria Magdalena von Tucher Maria Magdalena von Tucher Susanna Maria von Tucher Susanna Maria von Tucher Karl Hegel Immanuel und Karl Hegel Friederike Hegel Immanuel Hegel Friederike Hegel Karl Hegel Susanna Maria Hegel, geb. von Tucher Karl Hegel Karl Hegel Karl Hegel Karl Hegel Karl Hegel

Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Immanuel und Friederike sowie Maria Helena Susanna Hegel Karl Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Karl Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Karl Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Karl Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Immanuel Hegel Maria Helena Susanna Hegel Maria Helena Susanna Hegel Immanuel Hegel

Die Briefe vom 25. Oktober 1849 bis 25. Juli 1850

Nr. I Brief Maria Magdalena von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 25. Oktober 1849

[fol. 1r] N[ürn]b[er]g: d[en] 25t[en]/10 [18]49 Unmöglich ist es mir meine theure vielgeliebte Mari, Dir auf Deinem Schmerzenslager länger die Kunde vorzuenthalten, welche Dein mütterliches Herz mit stiller Wonne u[nd] Dank erfüllen wird; Dein lieber Karl, nun auch unser lieber Sohn, hat unserm theuren Kind ein Herz voll treuer inniger Liebe angeboten, u[nd] unsrer lieben Susette ist es nach kurzer aber ernster Prüfung ihrer Herzens nun vollkommen klar geworden, daß an der Seite eines so edlen bidern Mannes ihr ein beglückendes Loos werden wird. Laß uns theure vielgeliebte Mutter in freudigem Gefühl die Hände falten u[nd] dem unsre Kinder empfehlen, welcher sie bisher geführt u[nd] geleitet, der sie, wir wollen das mit festem Vertrauen annehmen, zu ihrer beiderseitigen Vervollkommnung zusammengeführt u[nd] für einander bestimmt hat; Sein Segen bleibe über ihnen, den viel geliebten! – Wie m[ein] lieber Siegmund u[nd] ich Karls Mittheilung, die an uns erst wenig Stunden vor seiner [fol. 1v] Abreise gemacht, aufgenommen haben, wird er Dir selbst mitgetheilt haben, Susettens Brief an Karl, den er Dir gewiß mittheilen wird, giebt Dir auch ein klares offenes Bild ihres ernsten Lebens, ihrer sie seit dem Geständniß Deines lieben Sohnes beherrschenden Gefühle; Du wirst bei ihr kein Aufjubeln sich sehnender nun befriedigter Leidenschaftlichkeit erwarten, aber je mehr es ihr aus Karls Brief Mari Kurzform für Marie bzw. Maria; Maria Helena Susanna Hegel (1791–1855) wurde in der Familie vornehmlich „Marie“ genannt. Karl Karl Hegel (1813–1901), der älteste Sohn Maria Helena Susanna Hegels und Adressat der Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers. Susette Koseform des französischen Vornamens „Suzette“, deutsch: Susanna, Susanne, hier für Susanna Maria von Tucher. Siegmund Johann Sigmund Karl von Tucher (1794–1871), zumeist nach seinem zweiten Vornamen „Sigmund“ genannt, Ehemann Maria Magdalena von Tuchers, geb. von Grundherr (1802–1876). Susettens Brief an Karl Susanna Maria von Tuchers Brautbrief Nr. 1 vom 25. Oktober 1849.

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Die Briefe vom 25. Oktober 1849 bis 25. Juli 1850

u[nd] mündlichen Mittheilungen der lieben Lina, die die Vertraute unsres lieben Karls war, klar wird, wie viel sie ihm schon geworden u[nd] wie noch mehr sie ihm werden soll, um so befriedigter u[nd] erhabener erscheint uns u[nd] allen, die sie in den letzten Tag[en] sprachen, ihr ganzes Wesen; sie stellte Karl u[nd] gewiß mit Recht, als sie ihn fast noch nicht kannte, sehr hoch, u[nd] die Gewißheit einem solchen Mann lieb u[nd] theuer geworden zu seyn, giebt ihr schon in den ersten Stunden dieses neuen Verhältnißes, eine Freudigkeit u[nd] Befriedigung welche ihr ganzes Wesen belebt. – [fol. 2r] Eben verläßt uns unsre liebe Fritz, ihr wie ihren l[ieben] Mädchen herzliche Theilnahme, so wie überhaupt die Freude all derer welche in verwandschaftlicher u[nd] freundschaftlicher Beziehung zu uns stehen, trägt noch dazu bei, uns die Freudigkeit zu dem Opfer zu geben, welche die Hingabe unsres geliebten Kindes an Deinen lieben Sohn den Elternherzen auferlegt; doch vor allem liegt in seinem trefflich edlen Wesen die Bürgschaft für ihr Glück u[nd] somit die völlige Zustimmung der Eltern; rief Susette gleich im ersten Moment, nachdem es ihr selbst klargeworden war, aus, wie würde sich unser Georg darüber gefreut haben, wie hoch stand ihr Karl, ja liebe theure Mutter, als Ersatz für ihn, den Unvergeßlichen, nehmen wir Deinen Karl. Mein l[ieber] Mann umarmt Dich Du theure Schwester und mit erneuter Innigkeit, er hat Karl erkannt u[nd] liebt ihn väterlich; ebenso die theuren Eltern, die ihre Befriedigung in der, so Gott es geben wird, von dem ja alle gute u[nd] vollkommene Gabe kommt, glücklichen Zukunft der lieben Enkelin finden. Gott gebe, daß auch sie noch länger Zeuge, wenn auch leider nur in der Ferne von dem Glück unsrer Kinder sein können, u[nd] vor allem möge Er der Herr auch die baldige Genesung u[nd] die [Wieder-]Herstellung von dem schweren Unfall schicken. [fol. 2v] Wie sehr wird diese harte Schickung Karls Glück stören, bei der Liebe, die er zu Dir hat; laß uns nur durch Lina Carolina Luisa Susanna von Grundherr, geb. von Schwarz (1826–1896), zumeist „Lina“ genannt, war die engste Freundin Susanna Maria von Tuchers. unsre liebe Fritz Sophia Maria Friederike von Meyer, geb. von Tucher (1800–1863), in der Familie „Tante Fritz“ genannt, war eine Schwester Maria Helena Susanna Hegels und Johann Sigmund Karl von Tuchers sowie Schwägerin Maria Magdalena von Tuchers. Georg Georg Christoph Karl von Tucher (1824–1846) war der älteste Sohn Johann Sigmund Karl und Maria Magdalena von Tuchers sowie Bruder Susanna Maria von Tuchers. Er studierte vom Wintersemester 1844/45 bis zum Wintersemester 1845/46 Rechtswissenschaft an der Berliner Universität – die Matrikel nennt als Abgangsdatum den 30. März 1846 – und wechselte dann an die Universität München. Während der drei Berliner Studiensemester wohnte er bei seiner Tante Maria Helena Susanna Hegel. In zahlreichen ihrer und Immanuel Hegels – in Privatbesitz erhaltenen – Briefen an Karl Hegel zwischen dem 27. Oktober 1844 und dem 27. März 1846 wird über Georgs Aufenthalt in der preußischen Hauptstadt und das enge familiäre Verhältnis berichtet. – Am 20. Juli 1846 ist Georg zweiundzwanzigjährig in München an Typhus gestorben; vgl. Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 149f. die theuren Eltern Die Eltern Maria Magdalena von Tuchers waren Georg Christoph Karl von Grundherr (1777–1867) und Anna Katharina Maria von Grundherr, geb. von Grundherr (1774–1857).

Die Briefe vom 25. Oktober 1849 bis 25. Juli 1850

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die l[iebe] Friderike bald, recht bald etwas von Dir darüber hören; doch nun denke ich werden unsre Nachrichten von Euch von Rostock ins Haus kommen u[nd] eben so umgekehrt; wie freut sich Susette schon auf einen Brief von Karl, als Antwort auf den ihrigen. Tausend Liebes an Deine lieben Kinder, wie näher, wenns möglich, steht auch mir uns der gute Manuel die liebe liebe Friderike; ich darf sie nicht erst bitten, mein liebes Kind, was einmal von uns getrennt auch weit im Norden liebevolle Geschwisterherzen zu finden hofft, mit treuer Liebe u[nd] Innigkeit aufzunehmen, sie schenken sie ihr gewiß freiwillig u[nd] noch um des l[ieben] Karls willen im höchsten Grad; es möge Gott es geben, daß ihr durch Dich, Du theure Mutter, recht lang Ersatz für die entfernteren Eltern werde. – Susettchen will Dir selbst schreiben, Du wirst es der ungekünstelten Sprache ihres Herzens a[n]merken, ob sie die Liebe Deines Sohnes zu würdigen versteht. Leb wohl u[nd] Gott gebe, daß diese Worte Dich schmerzensfreier u[nd] auf dem Weg der Besserung finden, Lebt wohl, mit der treuesten Liebe Deine Mari. [PS] Heute will ich an Thekla schreiben, daß sie jetzt eben von uns getrennt sein müßen, es geht ihnen gut, doch fließt wie sie selbst gesteht noch manches Thränlein, der schweren Trennung, auch an T[ante] Sophie, nach Leitheim, sind wir Nachricht schuldig! Bereits lernte auch Karl sie sehr schätzen, u[nd] theilte sich recht herzlich mit.

Friderike Friederike Hegel, geb. Flottwell (1822–1861), war die Schwiegertochter Maria Helena Susanna Hegels. Rostock Alte Hansestadt an der Ostsee mit einer 1419 gegründeten – und damit der im Ostseeraum ältesten – Universität, an der Karl Hegel ab 1841 Geschichtsprofessor war. Manuel Immanuel Hegel (1814–1891), zweitältester Sohn des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) und seiner Ehefrau Maria Helena Susanna Hegel sowie Ehemann Friederike Hegels und jüngerer Bruder Karl Hegels. Thekla Thekla Therese Eleonore von Tucher, geb. von Gemmingen-Steinegg (1813–1901) war die zweite Ehefrau Christoph Karl Gottlieb Sigmund von Tuchers (1798–1877), des jüngeren – in der Familie zumeist nach seinem dritten Vornamen genannt – Bruders Maria Helena Susanna Hegels, der 1849 ans Appellationsgericht in Neuburg an der Donau berufen worden war. T[ante] Sophie Sophia Maria Luise von Tucher (1802–1857), Mitarbeiterin des Pfarrers Wilhelm Löhe (1808–1872) in Neuendettelsau, Schwester Maria Helena Susanna Hegels und Johann Sigmund Karl von Tuchers. Leitheim Schloß Leitheim, östlich von Donauwörth und nördlich der Donau gelegen, kam durch die Heirat Karl Friedrich Wilhelm von Tuchers (1805–1875), des jüngsten Bruders der Mutter Karl Hegels, mit Friederike Caroline Wilhelmine Camilla Gräfin von Montperny (1818–1889) in Tucherschen Besitz.

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Die Briefe vom 25. Oktober 1849 bis 25. Juli 1850

Nr. II Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 26. Oktober 1849

[fol. 1r] Nürnberg d[en] 26ten Oct. 1849. Liebe, ge[treue] Mutter! Vergönne [es mi]r, Dich mit diesem süßen Namen zu nennen, wozu mir die Liebe Deines, nun auch meines Karls, ein unverdientes Recht gibt; ach, ich kann Dir nicht schildern, wie diese, so ungeahnte Liebe mich erhebt und beglückt, und das fühle ich deutlich, immer mehr beglücken wird; mündlich könnte ich es Dir, Du theure Mutter, eher sagen, und darum ist mein Herz auch mit unendlicher Sehnsucht nach Dir, nach Manuel und Friederike, die Ihr Alle mir jetzt so viel näher steht, erfüllt. Ich schrieb gestern an meinen lieben Karl und sagte ihm offen und wahr, wie es mir ums Herz war; seitdem fühle ich eine solche Befriedigung und Ruhe in mir, daß ich dem lieben Vater im Himmel nicht genug für dieses mir so unerwartete Glück danken kann. Liebe, theure Mutter, Du nimmst mich mit so rührender Liebe und Freude auf, sei versichert, daß mein [fol. 1v] Herz Dir mit al[ler] Liebe eines Kindes angehört, un[d da]ß es mein höchstes Glück sei[n w]ird, die Hoffnungen, die D[u au]f mich baust, zu erfüllen. Der traurige Un[fall,] der Dich, Du liebe Mutter, wieder aufs Krankenlager geworfen, hat uns tief betrübt und erschreckt; Gott gebe, daß uns die liebe, gute Friederike bald beruhigende Nachrichten über Dein Befinden heben kann. Gerne möchte ich Dir mehr schreiben, aber, um den Abgang des Briefes nicht zu verzögern, muß ich für heute schließen; nur noch die wenigen Worte laß mich Dir sagen: daß ich mich unendlich glücklich fühle und mit Zuversicht hoffe, Gott werde mich leiten und führen, um auch meinen lieben Karl glücklich zu machen. Lebe wohl, Du liebe, theure Mutter, an die liebe Friederike und Manuel, bitte ich Dich, viel Schönes zu sagen, und wie dankbar ich bin, für die Liebe, mit der sie mich als Schwester aufnehmen wollen. Es umarmt Dich im Geiste Deine in Liebe ergebene Susette.

Ich schrieb gestern Susanna Maria von Tuchers Brautbrief Nr. 1 vom 25. Oktober 1849.

Die Briefe vom 25. Oktober 1849 bis 25. Juli 1850

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Nr. III Brief Karl Hegels an Immanuel und Friederike Hegel sowie an Maria Helena Susanna Hegel, Rostock, 31. Oktober 1849 Faltbrief Rundstempel: ROSTOCK 31 OKT [. . . ] Adressenfeld: An Frau Professor Hegel geb. v. Tucher Berlin Potsdammer Str. 27. [fol. 1r] Rostock, 31. Oct. [18]49. Lieber Manuel und Friederike! Ich danke Euch von ganzem Herzen für Eure innigen Glückwünsche und Dir noch besonders, lieber Manuel, für die schönen und tiefgefühlten Worte, womit Du das Glück des Ehestandes aus eigener beglückender Erfahrung erhebst. Euer häusliches Glück wird mir ein Vorbild des meinigen sein und werde ich mich bemühen, es weder an der Liebe selbst noch an ihren Werten fehlen zu lassen, ohne welche solches Glück nicht bestehen kann. Liebe theuerste Mutter! Ich erwidere Deinen innigen Gruß vom Krankenbette mit tief gerührtem Herzen und versichere, daß die Freude Deines mütterlich liebevollen Herzens mein Glück noch um Vieles vermehrt, da ich einestheils nichts inniger wünsche, als Dir Freude zu bereiten und zugleich darin den mütterlichen Segen erblicke, der mir zu meinem Glücke nicht fehlen dürfte. Meine liebe Susette hat in einfachen und eben dadurch mich um so mehr rührenden Worten mich vom Grund ihrer Seele ihrer ganzen Liebe und ihres unbedingten Vertrauens versichert in der festen Zuversicht, wie sie sagt, das höchste Lebensglück in der Verbindung mit mir zu finden und in dem Vertrauen [fol. 1v] auf Gott und meine Liebe, daß es auch ihr gelingen werde, mich glücklich zu machen. Den Gedanken, welcher ihr wohl in den letzten Stunden unseres Zusammenseins entstand, daß sie mir mehr sei, als andere, habe sie mit der Überzeugung abgewehrt, daß sie mir doch so gar nichts sein und bieten könne: wenn ich nun aber dennoch glaubte, in der Vereinigung mit ihr die volle Befriedigung zu finden, so wolle sie sich nur mit allen ihren Fehlern in den letzten Stunden unseres Zusammenseins Karl Hegel erinnerte sich des Endes seines Aufenthaltes in Simmelsdorf vor dem 20. Oktober 1849; vgl. Die Brautbriefe Karl Hegels, Nr. 1.

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und Schwächen übergeben und mir die völligste Hingebung ihres Wesens geloben. – Ich würde Dir gern den ganzen lieben Brief schicken, wie die liebe Marie erwartet, wenn ich mich so lange von ihm trennen könnte; darum laß Dir vorläufig mit dem Vorstehenden genügen, bis ich erst mehrere Briefe von ihr in Händen habe. Übrigens schicke ich Dir Dein Eigenthum ehrlich zurück. Da ich erst am Montag, d[en] 29. [Oktober] Abends hier angekommen bin, so ist der vom 25. Oct[ober] datierte Brief aus Nürnberg vielleicht schon etwas liegen geblieben und Ihr hattet schon gleichzeitig in Berlin die Nachricht von meinem Glücke. Zugleich fand ich auch Deine Zusendung vor, lieber Manuel, mit der ersehnten Nachricht von der lieben Mutter Besserbefinden. Für die erstere danke ich Dir, für die andere dem lieben Gott, daß er größeres Unglück von der lieben Mutter abgewendet hat; möchte auch das wirklich eingetretene Übel recht bald gänzlich beseitigt sein! doch muß ich leider besorgen, daß die Spuren davon noch lange fühlbar sein werden. Ich verlange sehr danach, recht oft Nachricht von meiner besten Mutter zu haben. [fol. 2r] In Schwerin wurde ich theils durch meine Geschäfte, theils durch die dortigen lieben Freunde länger, als ich dachte, nämlich bis zu Montag Mittag festgehalten. Auch las ich die mecklenburgische Zeitung durch und wurde von dem Minister recht sehr gebeten, noch für sie zu schreiben und die Regierung ferner zu unterstützen: ich versprach das zu thun, so weit es mir möglich wäre. Leider war der Großherzog eben

den ganzen lieben Brief Karl Hegel bezieht sich auf Maria Magdalena von Tuchers Brief vom 25. Oktober 1849 aus Nürnberg an ihre Schwägerin Maria Helena Susanna Hegel (Anhang, Nr. I). Schwerin Haupt- und Residenzstadt des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, wo Karl Hegel – als Universitätsprofessor in Rostock beurlaubt – ein Jahr lang von September 1848 bis September 1849 die Redaktion der neugegründeten „Mecklenburgischen Zeitung“ leitete. Mecklenburgische Zeitung Die ab 2. Oktober 1848 erscheinende Zeitung löste als formal unabgängiges, dem Schweriner großherzoglichen Hof nahestehendes und von ihm mitfinanziertes Blatt die „Neue Schwerinsche politische Zeitung“ ab, die 1811 an die Stelle der 1757 gegründeten „Schwerinschen Zeitung von den merkwürdigsten Staatsgeschichten“ getreten war. Karl Hegel als erster „Chefredakteur“ hatte die Aufgabe, an jedem Werktage abends eine vierseitige Zeitung – zumeist mit Beilage mit weiteren Berichten über die Verfassungsverhandlungen im Landtag – erscheinen zu lassen. Unter dem Kürzel „H. Schwerin“ steuerte er 64 Leitartikel und zahlreiche kleinere Beiträge bei. Nach seinem Ausscheiden als Redaktionsleiter erschienen weitere Artikel und Kommentare von ihm zum mecklenburgischen Verfassungsstreit; siehe auch Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 154–156; Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert, Nr. VII/9 – VII/12, S. 137–143. Minister Der mecklenburg-schwerinsche Jurist und Politiker Ludwig Friedrich Wilhelm von Lützow (1793–1872) war von 1840 bis 1850 Erster Minister seines Heimatlandes und gewann Karl Hegel für die politisch-journalistische Tätigkeit in Schwerin. Großherzog Friedrich Franz II. (1823–1883) war studierter Jurist und von 1842 bis 1883 Großherzog von Mecklenburg-Schwerin; er pflegte mit seiner Familie ein enges Verhältnis zu Karl Hegel.

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nach Schlesien zu seiner Braut abgereist, mit der er sich am 3. Nov[ember] zu Ludwigslust zu vermählen gedenkt. Aus dem ganzen Lande werden Deputationen dorthin gesandt, und je mehr der Adel durch Wegbleiben seinen unvernünftigen Groll zu erkennen giebt, um so mehr wird die ganze übrige Bevölkerung dem Großherzoge die herzlichste Theilnahme bezeugen. In Schwerin werden große Feierlichkeiten zu seinem Empfange vorbereitet, und besonders freut es mich auch, daß das Festspiel von Eggers zur Aufführung im Theater angenommen worden [ist]. Meine Verlobungskarten kann ich erst übermorgen hier vertheilen lassen, weil sie nicht früher fertig werden; ebenso die Briefe, welche ich nach auswärts versenden will. Ich werde Euch die für Berlin bestimmten zur gefälligen Beförderung zuschicken, und auch um eine Anzeige in der Zeitung bitten. Nach der von mir angefertigten Liste werde ich hier am Orte gegen 70 Karten auszutheilen haben und im übrigen Lande so wie außerhalb nach verschiedenen Orten gegen 60 Briefe verschicken. – Ich gestehe, daß ich diese Weitläufigkeiten wenig liebe und am liebsten schon so weit drüber hinweg wäre, daß ich meine Susette bereits in meiner Behausung geborgen hätte; doch die Welt fordert ihre unerbittlichen Rücksichten und muß ich mich wohl oder übel drein finden. – Von meinen Bekannten in Rostock habe ich noch wenige gesehen, da ich theils mit Einräumen meiner Sachen, theils mit Briefschreiben beschäftigt war. Lebe wohl, liebe Mutter; möchte ich recht bald wieder von Deiner rasch vorschreitenden Besserung hören! lebt wohl, lieber Manuel, liebe Friederike. Euer Karl.

Braut Großherzog Friedrich Franz II. heiratete am 20. Oktober 1849 seine Braut Auguste Mathilde Wilhelmine Reuß zu Schleiz-Köstritz (1822–1862), Tochter des Fürsten Heinrich LXIII. Reuß zu Schleiz-Köstritz (1786–1841). Ludwigslust Stadt und Barockschloß, südlich von Schwerin gelegen und benannt nach Herzog Christian Ludwig II. von Mecklenburg-Schwerin (1683–1756), war bis 1837 Hauptresidenz der Herzöge, dann der Großherzöge von Mecklenburg-Schwerin. Eggers Der aus Rostock stammende Kunsthistoriker und Journalist Friedrich Eggers (1819– 1872) war unter Karl Hegels Leitung Redakteur bei der „Mecklenburgischen Zeitung“ und schrieb Gedichte und Theaterstücke. Verlobungskarten Ein Beispiel ist abgebildet in: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 15. ebenso die Briefe Ein Beispiel ist abgebildet in: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 20.

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Nr. IV Brief Maria Magdalena von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 12. November 1849 Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 13 NOV 18[49] 5–6 Adressenfeld: An Herrn Professor Karl Hegel in Rostock Mecklenburg. frei. [fol. 1r] N[ürn]b[er]g d[en] 12/11 [18]49 Auch wenn Du mein lieber Karl mir nicht selbst einige Zeilen, welche den Brief an mein liebes Kind umschloßen haben zugesendet hättest, so hätten dennoch Susettens Brief einige Worte von mir begleitet, denn es drängt mich Dir, der Du uns immer lieb u[nd] theuer warst u[nd] auch dem, die Liebe zu unserer lieben Tochter, uns nun noch nähere, schönere Rechte giebt, auch mit dem theuren Sohnes Mann zu begrüßen. Mit welcher Freude würde unser geliebter Heimgegangener, Sohnesrecht u[nd] Liebe mit Dir, der ihm oft als edles Vorbild vor Augen stand, getheilt haben, wie beglückend denke ich mir (wäre er bei uns geblieben) nun eben dieß neue Verhältniß auch für ihn, bei seiner Liebe für Dich u[nd] die Schwester; doch erst am letzten Sontag rief uns unser theurer Pfarrer Pürkhauer wider tief eindringend von der Kanzel die Worte zu: Gieb mir mein Sohn, meine Tochter Dein Herz u[nd] laß meine Wege Deinen Augen wohlgefallen, u[nd] so hatte Er der [. . . ] ja auch nur Gedanken des Fridens u[nd] nicht des Leides, als Er den Vielgeliebten aus Liebe zu sich nahm, u[nd] als ein neues Geschenk Brief an mein liebes Kind Karl Hegels Brautbrief vom 1.–9. November 1849, Nr. 3, S. 17– 26. Susettens Brief Susanna Maria von Tuchers Brautbrief Nr. 3 vom 6.–13. November 1849. geliebter Heimgegangener Georg Christoph Karl von Tucher (1824–1846). Auch der zweitgeborene Sohn Johann Sigmund Karl und Maria Magdalena von Tuchers, Christoph Friedrich Karl von Tucher (1827–1842), war in jungen Jahren gestorben; siehe dazu auch Anhang, Nr. I. Pfarrer Pürkhauer Albert Franz Pürkhauer (1806–1858) wurde nach seinem Studium der evangelischen Theologie an den Universitäten Erlangen und Berlin 1835 Pfarrer an der Heilig-Geist-Kirche und 1841 an St. Jakob in Nürnberg. Gieb mir mein Sohn In „Die Sprüche Salomos“ 23, 26 heißt es: „Gib mir, mein Sohn, dein Herz, und laß deinen Augen meine Wege wohl gefallen“. [. . . ] Textverlust durch Papierzerstörung infolge des Öffnens des Briefsiegels.

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Seiner Gnade nehmen wir Dich als innig geliebten Sohn für ihn an, u[nd] nie u[nd] nimmermehr kannst u[nd] wirst Du das Vertrauen täuschen, was wir Dir mit freudiger Zuversicht durch die völlige Hingabe unsers geliebten Kindes geben, Lieber Karl ich spreche diese Worte, eben so wie aus dem eigenen auch aus dem Herzen meines lieben Mannes, er hält mit vollem Recht großes auf Dich, innig bewegt las er auch, wie den ersten, so auch den zweiten Brief an Susetten, u[nd] als er ihn ihr zurückgab, sah ich seine innige Rührung, mit der er sie umarmte u[nd] ihr wiederhohlt Glück wünschte; Du siehst daraus wie freudig unsre Herzen bewegt sind, u[nd] der ungekünstelte Ausdruck davon spricht sich ja in den Briefen Deiner lieben Braut aus. Was Du lieber Karl uns in Betreff der Zeit in welcher Du uns unser liebes Kind davon zu führen gedenkst, mittheilst, so kann ich Dir zum Trost sagen, daß [fol. 1v] wir Eltern, die wir nun einmal A gesagt haben, u[nd] wohl wissen daß nun das B darauf folgen muß, uns gleichfalls schon mit dem Gedanken vertraut gemacht haben, Susettchen im Frühjahr mit Dir ziehen zu lassen, doch scheint für Dich selbst noch manches in diesem Zeitraum zu liegen, was eine genauere Bestimmung noch nicht zuläßt, besonders wenn auch das gute Zutrauen Deiner Mitbürger Dich zu dem erwarteten Landtag ruft; nun ich verspreche Dir lieber Karl, daß es an mir u[nd] dem was eine Mutter in solchen Verhältnissen zu thun obliegt nicht fehlen soll, Dir die liebende Gattin u[nd] sorgende Hausfrau länger zu entziehen, als es die notwendige Ordnung u[nd] Einrichtung einer neuen Haushaltung bedarf. Die weite Entfernung der neuen Heimath meiner lieben Susette, erfordert nun freilich in manchen Dingen eine andre Einrichtung als wenn sie hier od[er] in der Nähe ihren eignen Herd aufgebaut hätte, so daß ich glaube, daß ich mich auf Weißzeug Leibwäsche Kleider Betten beschränken muß, u[nd] was von Möbeln u[nd] andern Haurath nothwendig ist, Dir lieber Karl od[er] vielmehr durch Dich der gütigen Besorgung einer erfahrenen gefälligen Hausfrau Deines bekannten Kreises, übergeben muß, doch werde ich vor allem darüber auch noch an die gute Mutter schreiben, deren Genesung Gott seegnen wolle. Grüße von m[einem] l[ieben] Mann kann ich Dir nicht schreiben, er ist seit einigen Tagen in Simmelsdorf. Doch was ich Dir schrieb, ist auch in seinem Sinn. Die uns näher stehenden Freunde u[nd] Verwanden, vor allem auch meine lieben theuren Eltern, nehmen Dich in der Liebe zu Susetten freudig in ihr Herz auf u[nd] viele trugen uns schon alles Liebe u[nd] Schöne für Dich auf, dem sich mit inniger Herzlichkeit anschließt D[eine] l[iebe] Mutter M[aria Magdalena]. den ersten, so auch den zweiten Brief an Susetten Karl Hegels Brautbriefe vom 20. Oktober 1849: Nr. 1, S. 9–12; vom 30. Oktober 1849: Nr. 2, S. 13–17. den erwarteten Landtag Landtag im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin. die gute Mutter Karl Hegels Mutter Maria Helena Susanna Hegel. Simmelsdorf Der nordöstlich Nürnbergs gelegene Ort wurde 1598 erworben und wurde zum namengebenden Sitz der Nürnberger Patrizierfamilie Tucher von Simmelsdorf.

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Nr. V Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 15. November 1849

[fol. 1r] Nürnberg d[en] 15/11 1849. Meine liebe Mutter! Was wirst Du auf Deinem Schmerzenslager von Deinem Töchterlein denken, die so lange unterließ, Dir für Dein herzinniges Briefchen zu danken? Mein Herz drängte mich schon lange dazu, denn ich möchte Dir ja gerne Alles sagen, was mich bewegt, wie ich mich immer seliger fühle in der Gewißheit der Liebe Deines, meines Karls, aber eben die Überzeugung, wie wenig ich das schriftlich aussprechen kann, dazu mehrere andere Briefe und nothwendige Dinge, die besorgt werden mußten, erlauben mir erst heute Dir, Du theure Mutter, diese Zeilen zu schreiben. Heute sind es drei Wochen, daß ich den Bund der Liebe und Treue mit meinem Karl schloß und ich kann wohl sagen, daß ich mich täglich mehr gedrungen fühle, dem Herrn für seine Gnade zu danken und ihn zu loben, denn mit jedem Tage wächst meine Befriedigung trotz der traurigen Trennung, [fol. 1v] die wir wohl so viel als möglich durch ununterbrochene Briefwechsel zu überwinden suchen, die ich aber doch immer schmerzlich genug empfinde. Ob mir die unendliche Freude zu Theil wird, meinen lieben Karl an Weihnachten zu sehen, weiß ich noch nicht gewiß, und wage nicht, mich darauf zu freuen; Du wirst mir aber nachfühlen können, meine liebe, süße Mutter, wie sehr ich wünsche, meinen Karl, dem ich bei unsrem persönlichen Zusammensein so ferne stand, der brieflich der Mittelpunkt all meiner Gedanken und Wünsche geworden ist, zu sehen, ehe er kommt, um mich aus dem Vaterhause wegzuführen. Nicht, als ob wir uns brieflich nicht genug kennen lernen, ach, ich weiß, daß ich so fest und vertrauensvoll auf ihn bauen kann, in jeder Lage und unter jedem Verhältniß, und die feste Überzeugung, der Herr habe uns für einander bestimmt und aufbewahrt, hebt mich über die Sorge, meinem Karl nicht so viel sein zu können [fol. 2r] als er hofft und erwartet, aber doch möchte ich ihn so gerne ein Mal bei mir haben im Kreis von Vater, Mutter und Geschwistern, ehe der Gedanke an Trennung von den alten Verhältnissen so nahe liegt. Könntest Du, meine theure Mutter, und meine lieben Geschwister Manuel und Friederike den lieben Kreis vervollständigen, ach, dann wäre ich freilich überreich. Aber das darf ich nicht hoffen, denn Du sollst Dich jetzt schonen, meine Geschwistern Susanna Maria von Tucher hatte noch sechs jüngere Geschwister: Gottlieb Karl Sigmund von Tucher (1830–1850), Maria Therese Karoline von Tucher (1834–1905), Luise Caroline Marie von Tucher (1836–1901), Sophie Maria von Tucher (1839–1871), Caroline Marie von Tucher (1844–1913) und Friedrich Wilhelm Sigmund von Tucher (1846–1924); die Schwester Rosina Maria (1841–1842) war – noch nicht ein Jahr alt – gestorben.

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liebste Mutter, um recht bald wieder kräftig zu sein. Gott sey Dank, daß ich durch meinen lieben Karl doch bessere Nachrichten von Deinem Befinden erhalten habe; wir geben uns Alle der freudigen Hoffnung hin, daß der schlimme Fall keine üblen Folgen habe; und nächstes Jahr kommst Du zu uns nach Rostock – ich kann freilich noch nicht recht einladen, aber ich bin überzeugt, daß ich damit auch Karls Wunsch und Bitte ausspreche – gebrauchst die Seebäder, und läßt mich wieder Deine Maria sein, die Dich mit noch größerer Liebe pflegen [fol. 2v] wird, als vor vier Jahren. An die liebe, gute Friederike, die mich mit so viel Herzlichkeit als Schwester aufnimmt, will ich auch noch einige Zeilen beilegen, um ihr zu danken. Ich freue mich so sehr sie näher kennen zu lernen, denn unser Zusammensein vor mehreren Jahren war doch nur ein sehr kurzes und unruhiges, aber in meinem Herzen lebt ein so innig liebendes Andenken für sie, daß ich recht zuversichtlich hoffe, da sie mir auch so freundlich entgegenkommt, wir werden uns immer inniger anschließen und ein Band der treuesten Liebe um Dich, theure Mutter und Deine vier Kinder schlagen. Für heute, meine theuerste Mutter, kann ich nicht mehr mit Dir plaudern; Gott verleihe Seinen Segen zu Deiner baldigen, vollständigen Genesung, das ist unser Aller Gebet; selbst die Kleinen, besonders Lilli bitten alle Abende, daß die gute Tante Hegel ohne Schmerzen, recht ruhig schlafe. Leb wohl, meine liebste Mutter! In treuer Liebe Deine Tochter Susette.

Nr. VI Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 13. Dezember 1849

[fol. 1r] Nürnberg d[en] 13/12 1849. Vor allem Andern Dir, meiner theuren Mutter, die herzlichsten Glückwünsche zu dem ersten, lieben Enkelchen, das wir Alle mit so viel Freude begrüßten, an das ich aber mit ganz besonderer Liebe denke; liegt mir ja doch Alles, was Dich Du theure und meine liebe Friederike und Manuel berührt, so nah als ob es meine Eltern und Geschwister beLilli Vermutlich ist die jüngste Schwester Caroline Marie von Tucher gemeint. Enkelchen Am 4. Dezember 1849 wurde Wilhelm Hegel (1849–1925) als erster – und einziger – Sohn Friederike und Immanuel Hegels geboren; vgl. Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 163. Mit Auguste Hegel (1846–1850) und Marie Hegel (1848–1925) hatte das Ehepaar schon zwei Töchter, Maria Helena Susanna Hegel also drei Enkelkinder.

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träfe. Du liebe, theure Mutter, wie beklage ich mit Dir die so schmerzliche Trennung von der guten Friederike und dem lieben Kindchen, nach dessen Anblick Du Dich recht sehnen wirst, aber wir, Deine andren Kinder hoffen ganz in der Stille und in hoffentlich verzeihlichem Egoismus, daß diese gezwungene Ruhe Dir für Deine Erholung überhaupt recht wohlthätig sein wird, und ich freue mich unaussprechlich, Dich vielleicht im Frühjahr recht wohl und kräftig umarmen zu können. Ob hier, oder in Berlin? – das ist freilich eine Frage, die sich erst dann beantworten läßt, wenn die Zeit näher gerückt ist. [fol. 1v] Von meinem lieben, theuren Karl erhalte ich regelmäßig alle acht Tage liebe Briefe, von welchen jeder neue mir immer wieder herrlicher zu sein scheint als der vorhergehende. Dir darf ich’s sagen, liebe theure Mutter und kann es auch von Tag zu Tag mit größerer Gewißheit aussprechen, daß ich ihn innig liebe und verehre, daß ich bis jetzt keine Ahnung hatte von der Liebe, die ich für ihn fühle, daß ich voll Lob und Preis gegen Gott bin, der mich gegen meinen widerstrebenden Eigenwillen, gegen meine selbstsüchtigen, verkehrten Wünsche so viel herrlicher geführt hat, als ich es je gehofft und geahnt habe. Ich denke mir oft, ich bin dieses Glückes nicht werth, aber in Demuth ohne alles eigne Verdienst, nehme ich die Liebe meines Karls als mein höchstes Kleinod hin, und danke ihm und dem Herrn, der ihn mir gegeben hat, aus vollem Herzen. Die liebliche Aussicht, daß er an Weihnachten vielleicht kommt, fürchte ich, aufgeben zu müssen; er schrieb mir wohl noch Nichts Bestimm- [fol. 2r] tes darüber, aber aus seinen Briefen sehe ich, daß er sehr in Anspruch genommen ist, und ich glaube also schon, mich mit dem Gedanken vertraut machen zu müssen, ihn vor Frühjahr nicht zu sehen. Morgen erwarte ich wieder einen Brief von meinem lieben Karl, der mir Gewißheit bringen soll, und ich werde den Brief an Dich, theure Mutter, noch einen Tag liegen lassen, um Dir die Entscheidung mitzutheilen. Mein theurer Karl wird Dir gewiß auch geschrieben haben, daß er eine Wohnung für uns gemiethet hat. Er war so freundlich, mir den Plan davon zu schicken, wonach ich mich ganz gut orientieren kann, und mich schon ganz wie zu Hause in diesen Räumen fühle. Es ist mir so leid, daß Karl durch die weite Entfernung die Besorgung der Möbeln übernehmen muß, was ihm gewiß viel Mühe macht und Zeit raubt; wie er mir schreibt, wird er den größten Theil derselben in Berlin machen lassen, was gewiß in vieler Beziehung besser ist, ganz abgesehen von dem gu- [fol. 2v] ten Rath und schönen Geschmack unsrer liebe Mutter, dessen ich mich noch recht gut erinnere bei der Einrichtung in Simmelsdorf vor zwei Jahren, wo die „liebe Tante Hegel“ immer befragt und zu Rath gezogen wurde; aber bitte, liebe Mutter, schone Dich nur recht und strenge Dich nicht zu sehr an, denn Deine Gesundheit ist ja doch unser höchster Wunsch. – Wohnung Karl Hegel hatte in der Schnickmannsstraße in Rostock eine zweigeschossige Wohnung gemietet. Plan davon Einen Plan der Wohnung hatte Karl Hegel skizziert und an seine Braut geschickt; eine Abb. findet sich in: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 41.

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Mit Freuden wirst Du die Nachricht von dem kräftigen, kleinen Ankömmling in Neuburg gehört haben; wie nett sich das wieder traf, am selben Tage mit der lieben Friederike, wie bei Gustli und Thekla. Der lieben Tante geht es außerordentlich gut, sie schrieb schon am 11ten [Dezember] einen ziemlich langen Brief an die gute Mutter, voll Lob und Dank gegen den Herrn. D[en] 14ten [Dezember]. Heute erhielt ich einen lieben Brief von meinem Karl, worin er mir schreibt, daß er an Weihnachten kommt! – Ach, meine liebe Mutter, wie ich mich freue! es ist doch der persönliche Umgang Etwas ganz andres

Nr. VII Brief Maria Magdalena von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 14. Dezember 1849 [fol. 1r] [Nürnberg den 14. Dezember 1849] Ein paar Zeilen mögen Susettchens Brief an Dich mein lieber Karl begleiten, welche Dir hauptsächlich das nur in Kürze widerhohlen sollen, was ich in Betreff Eurer häuslichen Einrichtung ausführlich schon mit der guten Mutter abgesprochen habe. Ich hatte mir nehmlich gedacht u[nd] nach einer Besprechung mit der liebenswürdigen F[rau] P[rofessor] Hoffman auch als das Beste befunden, hier alles für Euch Ihr lieben Kinder, mit Ausnahme von Meubeln, Haus[-] u[nd] Küchengeräthe u[nd] VorhänAnkömmling in Neuburg Hermann Wilhelm von Tucher (1849–1871) wurde am 4. Dezember 1849 als neuntes und jüngstes Kind Christoph Karl Gottlieb und Thekla von Tuchers geboren. Gustli Auguste (Gustli) Hegel wurde 1846 geboren; Susanna Maria von Tucher verwechselt sie offenbar mit dessen Bruder Wilhelm, der am selben Tag wie Hermann Wilhelm von Tucher geboren wurde. die gute Mutter Maria Magdalena von Tucher, die Mutter Susanna Maria von Tuchers. Brief von meinem Karl Brautbrief Karl Hegels vom 5.–11. Dezember 1849, Nr. 7, S. 43–47. Etwas ganz andres Mit diesen Wörtern bricht der Brief ab; der Rest ist nicht erhalten. [Nürnberg den 14. Dezember 1849] Der Brief ist nicht datiert – und nicht unterschrieben –, lag aber dem Brautbrief Susanna Maria von Tuchers Nr. 7 vom 9.–14. Dezember 1849 bei und gehört in dessen Kontext. Seine Datierung auf den 14. Dezember 1849 ergibt sich aus dem letzten Satz vor dem [PS]. guten Mutter Mutter Karl Hegels. Besprechung Die Besprechung hat Anfang Dezember 1849 in Erlangen stattgefunden; vgl. Brautbrief Susanna Maria von Tuchers Nr. 6. F[rau] P[rofessor] Hoffman Charlotte Hofmann, geb. Lameyer († 1883), Ehefrau Professor Dr. Johann Hofmanns (1810–1877), Ordinarius der evangelischen Theologie an der Universität Erlangen von 1845 bis 1877, kannte die Rostocker Verhältnisse sehr gut, da ihr Mann zuvor von 1842 bis 1845 Ordinarius an der Universität Rostock gewesen war.

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gen, welche sich doch auch zu genau nach der Größe der Fenster richten müßen, zu besorgen, auch alles an Betten, ausgenommen die Roste mit Springfedern u[nd] den darauf gehörigen Matratzen, welche auch genau den Betten angepaßt werden müßen. Wen Du nun lieber Karl mit diesen allerdings doch nicht sehr einfachen Besorgungen angehen u[nd] in Anspruch nehmen wirst u[nd] muß[t], muß ich natürlich Dir überlassen, nur bitte ich mit einer klugen wirthschaftlichen Frau zu Rathe zu gehen, den[n] leider kann ich Dir keine sehr große Sum[m]a disponibel stellen; von den 2000 f[lorin] welche der l[iebe] Vater zur S[usettes] Ausstattung bestimmt hat, muß ich 1200 f[lorin] notwendig f[ür] Leib, Tisch, Bett, Küchenwäsche Betten Kleider pp haben u[nd] Dir verbleiben daher noch 800 f[lorin] zu den dortigen Anschaffungen. Ich habe mir hier mehre[re] Ausstattungsberechnungen vorlegen laßen, u[nd] mehrere gleichlautend gefunden, u[nd] daher die meiner lieben Holzschuher als maasgebend genommen, bei deren zuerst verheiratheten Tochter, belief sich die Summe für an[fol. 1v] gefertigte Möbel auf 563 f[lorin] u[nd] die Einrichtung zu Küche auf 163 f[lorin]. Matrazen waren dazu nicht, sondern zu dem Federwerk gerechnet; freilich glaube ich, daß viele anzuschaffende Dinge bei uns wohl viel billiger ob wohl auch oft viel einfacher sind als bei Euch, u[nd] wir haben Gulden wo Ihr Thaler haben müßt. Den[n] bei Holzschuhers wurde mit dießer Summe von 563 f[lorin] eingerichtet ein Wohnzimmer, besseres Zimmer, Schlaf u[nd] Gastzimmerchen nebst einigen nothwendigen Stücken fü[r] das Mädchen. Noch mehr bin ich nun besorgt lieber Karl wie es Dir gelingen wird mit dieser Summe die Erwarthungen in diesen ausgebreiteten für Euch allerdings etwas zu weitläufigen Quartire zu erzielen, obschon ich zugebe, daß eine Etage doch nur mit der größten Beschränkung zureichend gewesen wäre, doch anfangs muß ja nicht so voll stehen, da ist schon etwas gut dafür. S[usette] hat in Beziehung der Einrichtung gar keine speciellen Wünsche u[nd] Vorschläge, wird sich auch ganz gern nach dem was in Berlin u[nd] bei Euch Gebrauch ist richten, auch an Luxus ist ihr Auge nie gewöhnt worden, aber eine heimlich einf[lorin] Gulden. der l[iebe] Vater Vater Susanna Maria von Tuchers. pp perge perge. meiner lieben Holzschuher Josepha Karoline Wilhelmine Helene von Holzschuher (1795– 1875). zuerst verheiratheten Tochter Auguste Henriette Holzschuher (* 1819), die zweitälteste Tochter Rudolph Christoph Karl Sigmund Holzschuhers (1777–1861) und Josepha Karoline Wilhelmine Helene Holzschuhers, geb. Braun, heiratete am 1. Juni 1845 den Königlich-Bayerischen Kreis- und Stadtgerichtsassessor Wilhelm Hammer (* 1811). Sie war die erste Tochter der Holzschuhers, die heiratete, nachdem ihre ältere Schwester Karoline Amalie (1817– 1839) und die jüngeren Schwestern Regina Marie (1820–1834) und Rosalie Dorothea Sophie (1821–1822) vorher gestorben waren. Ihre jüngere Schwester Charlotte Sophie Holzschuher (*1826) heiratete am 19. April 1849 den Nürnberger Militärarzt Dr. Karl Schiller (* 1820); eine weitere Schwester, Elise Karoline Friederike (1827–1850), ebenfalls eine Jugendfreundin Susanna Maria Tuchers, starb im Jahre 1850.

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fache u[nd] dabei geschmackvolle Wohnung hatte immer große Anziehungskraft für sie, was die Einrichtung in der Küche betrifft, wird sie da gar manches finden, was in N[ürn]b[er]g nicht ist, u[nd] so erst die restable Köchin muß kennen lernen, u[nd] widmen kann sie sich dem villeicht selbst an Ort u[nd] Stelle, manches anschaffen, was sie als Nürnbergerin villeicht nicht glaubt entbehren zu können, doch ist sie in solchen Dingen nichts weniger als pedantisch. – S[usette] mahnt zum Schluß um den Brief noch zur rechten Zeit auf die Post zu bringen. Leb wohl lieber Karl. [PS] O[nkel] Gottlieb ist am 4ten d[ieses] Monats mit einem Söhnchen erfreut worden. –

restable Wohl im Sinne von „erfahren“ zu verstehen. O[nkel]Gottlieb Christoph Karl Gottlieb von Tucher war der Bruder von Karl Hegels Mutter und Susanna Maria von Tuchers Vater. Söhnchen Hermann Wilhelm von Tucher (1849–1871).

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Nr. VIII Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 25. Dezember 1849 Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 25 DEC 1849 [. . . ] Adressenfeld: An Frau Professor M. Hegel geb. v. Tucher Berlin Potsdammer Str. 27. [fol. 1r] Nürnberg d[en] 25/12 1849. Liebe, theure Mutter! Mit meinem Karl schreibe ich an Dich, Du Liebe, die wir so gerne hier bei uns hätten, um ganz glücklich zu sein. Ich kann Dir nicht sagen, wie mich das persönliche, mündliche Verkehren mit meinem geliebten Karl beseligt. Ich wüßte bis jetzt gar nicht, wie glücklich mich seine Liebe macht, wie reich ich in ihr bin, und mein Herz fließt über von Dank und Preis, daß Du, meine theure Mutter, unser Glück nicht sehen und theilen kannst, daß die Nachrichten von Deinem Befinden, die uns mein Karl brachte, noch nicht so ganz beruhigen und befriedigend sind, das ist mir wohl recht schwer und gar oft fliegen meine Gedanken, wenn ich mich recht selig fühle, zu Dir in Dein einsames Stübchen, um Dich zum Zeugen unsres Glückes zu machen. Gott gebe, daß Dich der gestrige Abend bei der lieben Friederike und Manuel nicht zu sehr angestrengt hat, wir dach- [fol. 1v] ten viel an Euch Ihr Lieben alle und freuten uns Deiner Freude über das Enkelchen, das Du zum ersten Mal sahst. Welche unendliche Freude hast Du, meine liebste, beste Mutter, mir durch die wunderschöne und reiche Gabe bereitet, die so doppelt großen Werth für mich hat als zweifaches Andenken an Dich, meine theure Mutter, und an die gute selige Großmutter; Gott gebe, daß Euer Geist und Segen mich begleite und ich dadurch immer geschickter und fähiger werde, meinen Karl, der mir Alles ist, zu beglücken. Auch mein

Nürnberg d[en] 25/12 1849. Diesem Faltbrief hat Karl Hegels Brief vom gleichen Tag (Anhang, Nr. IX) beigelegen, worauf er verweist und wie die exakt gleichen Papierfaltungen belegen. Enkelchen Der am 4. Dezember 1849 geborene Wilhelm Hegel. selige Großmutter Susanna Maria von Tucher, geb. von Haller (1769–1832), die Mutter Maria Helena Susanna Hegels.

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lieber Karl hat mich so reich und schön beschenkt, und er war mir doch selbst schon die liebste und beste Weihnachtsgabe. Meine Eltern und Geschwister, meine süße Herzens Lina und Meines Alle freuen sich meines Glückes mit großer Herzlichkeit. Sie grüßen Dich, Du theure Mutter, innig und hoffen mit mir, recht bald befriedigende Nachrichten von Dir zu hören. Meine liebe Lina ist wohl, aber sehr angegriffen; die Unruhe der Weihnachtszeit, die bei ihr vermehrt wurde durch die Ab- [fol. 2r] reise ihres Va[. . . ,] der Abschied vom Vater, der vor[ig]en Sonntag nach Ebersdorf abging und von da nach Prag, Wien, Triest sich wenden will, und alle die trüben Gedanken, die sich daran knüpfen, der Gedanke wie es so ganz anders wäre, wenn die gute Tante noch lebte und das Alles hat ihre ohnehin wenige Kraft sehr geschmälert und sie ist die letzten Tage etwas schwach, aber nicht krank; ihre innige Theilnahme für mich trug auch dazu bei, die Aufregungen für sie zu mehren, denn sie empfand die Momente des Wartens und der Spannung, ehe mein Karl wirklich ankam mit mir und bewegte es in ihrem treuen, warmen Herzen. Gott segne und behüte sie! Über die herrlichen Nachrichten von der lieben Friederike freuten wir uns herzlich, und wie werde ich mich recht freuen, wenn ich sie und Manuel, die Kinderchen und Dich, meine herzliebe Mutter, selbst sehen kann, so Gott will nächstes Frühjahr. Mein lieber Karl schreibt zum Schluß; drum leb wohl, meine theure, inniggeliebte Mutter, ich umarme Dich mit dankbarer Liebe. Deine Susette. [PS] Von meinen lieben Eltern tausend schöne Grüße.

Va[. . . ,] Textverlust infolge des Entfernens des Briefsiegels. Vater Lina von Grundherrs Vater war Georg Christoph Benedict von Schwarz (1801– 1876), zumeist „Benoit“ genannt. Noch in seinem Brautbrief Nr. 15 vom 13.–17. Februar 1850 fragt Karl Hegel nach „Nachrichten von O[nkel] Benoit [. . . ] u. wo er sich gegenwärtig befindet“; Karl Hegels Brautbriefe, S. 82. Ebersdorf Vermutlich handelt es sich um Ebersdorf bei Coburg, etwa 100 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen. Prag Haupt- und Residenzstadt des seit dem 19. Jahrhundert zum Kaiserreich Österreich gehörenden Königreichs Böhmen. Wien Haupt- und Residenzstadt des Kaiserreichs Österreich. Triest Etwa 500 Kilometer südwestlich von Wien an der Nordostküste des Mittelmeeres gelegene Hafenstadt im Kaiserreich Österreich. Tante Die früh verstorbene Luise Caroline Ernestine von Schwarz, geb. von Tucher (1804– 1846), war die Ehefrau Georg Christoph Benedicts (Benoit) von Schwarz und als Schwester Maria Helena Susanna Hegels und Johann Sigmund Karl von Tuchers eine Tante Karl Hegels und Susanna Maria von Tuchers.

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Nr. IX Brief Karl Hegels an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 25. Dezember 1849 [fol. 1r] [Nürnberg, den 25. Dezember 1849] Liebe, theuerste Mutter! So bin ich denn gestern Mittag 1 Uhr glücklich hier angelangt u[nd] habe mein liebes Susettchen in die Arme geschlossen. Ich fand sie im Wohnzimmer in den Armen ihrer Mutter, nachdem sie den ganzen Vormittag in banger Erwartung zubrachte. Es war ein seliges Wiedersehen! – Am Nachmittag ging ich noch ein halbes Stündchen mit Gottlieb auf den Christmarkt und in einige Läden, wo ich Weihnachtsgeschenke für die Geschwister einkaufte. Zu der Bescherung kamen alle die lieben Verwandten, Lina u[nd] Friedrich u[nd] der Großvater, die Tante Fritz und ihre Kinder mit Kieser u[nd] die Frau v[on] Bunnerstein. Mein Susettchen hatte an unsern Geschenken, Deinem und meinem, eine recht große Freude, und mit der Uhr habe ich gerade einen

[Nürnberg, den 25. Dezember 1849] Der Brief ist undatiert, muß aber in Nürnberg geschrieben worden sein. Nach Karl Hegels Brautbrief Nr. 8 vom 13.–19. Dezember 1849, S. 48–51, war es seine Absicht, am Heiligen Abend in Nürnberg einzutreffen. Der Inhalt dieses Briefes läßt nur seine Datierung auf den 25. Dezember 1849 zu. Gottlieb Gottlieb Karl Sigmund von Tucher war das viertälteste Kind Johann Sigmund Karl und Maria Magdalena von Tuchers sowie ältester noch lebender Bruder Susanna Maria von Tuchers. Friedrich Friedrich Karl Alexander von Grundherr (1818–1908) war der Ehemann Lina von Grundherrs. Großvater Georg Christoph Karl von Grundherr. Tante Fritz und ihre Kinder Sophia Maria Friederike von Meyer, geb. von Tucher, war mit dem großherzoglich-mecklenburg-schwerinschen Legationsrat, dem Bevollmächtigten Mecklenburg-Schwerins beim Bundestag des Deutschen Bundes in Frankfurt am Main und Schriftsteller Philipp Anton Guido von Meyer (1798–1869) verheiratet und hatte sechs Kinder: zwei Söhne, von denen der älteste, Franz von Meyer (1822–1881), als Arzt in Amerika lebte, und der jüngere Sigmund (1825–1839) bereits verstorben war, sowie vier Töchter: Maria von Meyer (1824–1885) war als Diakonisse in Nürnberg tätig, Helene (1827–1888) wohnte als Diakonisse in Neuendettelsau, Antonie (1828–1850) und Auguste (1830–1912) lebten in Nürnberg bei ihrer Mutter. Kieser Heinrich Kieser (1813–1893), der 1850 Auguste von Meyer heiraten sollte, war in Stuttgart geborener Herzoglich-Leuchtenbergischer beziehungsweise Fürstlich-Eichstättischer Bergmeister in Obereichstätt an der Altmühl im ehemaligen Hochstift Eichstätt, dem Königlich-Bayerischen Oberbergamt in München unterstehend. Um 1850 war er „Leuchtenbergischer Bergmeister in Nürnberg“ und setzte seine Berufslaufbahn später im Königreich Württemberg fort. Frau v[on] Bunnerstein Lesung unsicher und nicht identifizierte Person.

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ihrer Wünsche getroffen; ich hätte es sehr bedauert, wenn ich sie nicht gleich mitgebracht hätte. Ich sage Dir nichts von dem Glücke der Liebenden, das Du auch so verstehst. Heute morgen waren wir alle zusammen in dem St. Jacobs-Kirchlein, um die Predigt des Pastors Pirkheuer zu hören; ich saß mit Susettchen unten, die Eltern oben im Chor. Die Predigt war eine recht schöne Festpredigt, zu dem schönen heiteren Wintertage, wo das liebe Nürnberg von der Sonne so hell beglänzt erscheint. Wir sind von da zusammen in des Vaters Studierzimmer auf der Amtsstube gegangen, um Dir sogleich zu schreiben und sitzen jetzt nebeneinander allein an einem Tisch in diesem. [fol. 1v] Die Finger sind mir aber in der Kirche so steif geworden, daß ich nur schwer aus der Stelle komme. Wir denken und sprechen oft von Dir, liebste Mutter, von Manuel u[nd] Friederike, und sagen uns, daß auch Ihr in Gedanken bei uns seid. Wenn Du kannst, so schreibe doch noch einige Worte an uns zum neuen Jahr, damit wir hören, wie Dir Deine Ausfahrt zu Manuel bekommen ist; wir sind deshalb nicht ohne Besorgnisse, dessentwegen wir von Dir selbst beruhigt werden müßten. Meine Reise war sehr kalt, doch nicht gerade beschwerlich. Nur zum Mittagessen konnte ich in Leipzig nicht gelangen, da der Zug erst kurz vor ½ 5 Uhr ankam und der andere vom Altenburger Bahnhof schon um 5 [Uhr] wieder abging. Es blieb nur eben noch so viel Zeit übrig, um mich mit 2 Tassen Caffee zu erwärmen; u[nd] nicht anders erging’s mir am Abend in Reichenbach, wo ich eben mein Glas Bier erhielt, als der Postillon zur Abfahrt blies. In Plauen konnte ich mich 3 Stunden ausruhen, bis es um

St. Jacobs-Kirchlein Die in ihren Ursprüngen auf das 12./13. Jahrhundert zurückgehende Jakobskirche wurde bis 1532 vom Deutschen Orden genutzt. Im Zuge der Durchsetzung der lutherischen Reformation in Nürnberg stand sie auf bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches auf katholisch gebliebenem exterritorialen Gebiet des Deutschen Ordens und wurde im Jahre 1810 evangelische Pfarrkirche. Vaters Studierzimmer auf der Amtsstube Karl Hegels Vater Georg Wilhelm Friedrich Hegel war von 1808 bis 1816 Rektor des Nürnberger Egidien-Gymnasiums und von 1813 bis 1816 zugleich Schulrat der Stadt mit Amtssitz im Lorenzer Pfarrhof. Altenburger Bahnhof Der Altenburger Bahnhof war seit 1842 Ausgangspunkt der neuen Bahnstrecke zwischen Leipzig und Altenburg, die in den folgenden Jahren bis Hof weitergebaut wurde; aus dem Altenburger Bahnhof wurde der Bayerische Bahnhof in Leipzig. Reichenbach Stadt im Vogtland und 1849 noch Ausgangsstation der Sächsischen Staatsbahn auf der Strecke nach Leipzig. Postillon Zwischen Reichenbach und Plauen mußte in eine Postkutsche umgestiegen werden, da infolge des noch nicht vollendeten Baus der Göltzschtalbrücke keine Bahnverbindung bestand. Plauen Stadt im Vogtland, die mit der Verbindung nach Reichenbach erst im Jahre 1851 an die Sächsisch-bayerische Eisenbahn angeschlossen wurde.

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4 Uhr morgens weiter nach Hof ging; kurz vor Lichtenfels hatten wir das Unglück, eine arme alte Frau auf dem Bahnwege überzufahren. – Von Gottlieb wurde ich auf dem Bahnhofe in Empfang genommen; Onkel Siegmund kam erst etwas später von seinen Geschäften nach Hause. Heute Mittag sind wir bei den Großeltern und was die folgenden Tage bringen, weiß ich noch nicht – für Susettchen und mich ist es ziemlich einerlei, wo wir sind, da wir doch jedenfalls zusammen sind und uns um die Anderen nicht viel kümmern. Sie wird Dir selbst besser ausdrücken können, als ich, was so ein liebendes Paar empfindet; ich gestehe, daß ich darüber nicht gern viele Worte mache, wenn auch nicht die Zeit drängte, diese Zeilen abzuschließen, damit wir den Brief noch zur rechten Zeit vor 12 Uhr auf die Post bringen können. – Tausend Grüße an Immanuel u[nd] Friederikchen; ich umarme Dich, liebste Mutter. Dein Karl.

Nr. X Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 3. Januar 1850

[fol. 1r] [Nürnberg, den 3. Januar 1850] Geliebte Mutter! Außer den mündlichen, herzlichsten Grüßen soll Dir mein Karl doch noch ein schriftliches Zeichen meiner Liebe bringen, das Dir sagen soll, wie glücklich ich bin und wie ich selbst getrost der Trennung entgegen sehe, gehoben und beseligt durch die Gewißheit der Liebe meines Karls. Hof Die Stadt an der Saale im Nordosten Frankens gehörte seit 1810 zum Königreich Bayern und war ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Lichtenfels Zwischen Bamberg und Coburg im Obermaintal gelegener Ort, circa 100 Kilometer nördlich von Nürnberg. Onkel Siegmund Johann Sigmund Karl von Tucher war ein Bruder der Mutter Karl Hegels und dessen zukünftiger Schwiegervater. Großeltern Georg Christoph Karl von Grundherr und Anna Katharina Maria von Grundherr. [Nürnberg, den 3. Januar 1850] Das kleine, vierseitige Briefchen (99 × 131 Millimeter) mit einem aufgedruckten Blumenmotiv auf der ersten Seite oben links ist undatiert, muß aber spätestens am 3. Januar 1850, dem Tag der Abreise Karl Hegels aus Nürnberg nach seinem dortigen Weihnachts- und Neujahrsaufenthalt, geschrieben worden sein, denn er sollte es seiner Mutter in Berlin übergeben. Die Erwähnung der Erkrankung der Pflegerin Maria Helena Susanna Hegels deckt sich mit Karl Hegels Bericht in seinem Brautbrief Nr. 9, S. 51.

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Es waren schöne, herrliche Tage, die ich in letzter [fol. 1v] Zeit verleben durfte und mit innerer Freude denke ich der Zeit, wo wir uns ganz und für immer angehören werden. Wie erfreute mich Dein lieber, herzinniger Brief, den ich gestern Abend erhielt, nicht nur als ein neuer Beweis Deiner Liebe, sondern auch als Zeichen Deiner zunehmenden Kräfte, die es Dir doch möglich machten so bald nach den angstvollen Tagen, die Dir [fol. 2r] die Krankheit Deiner Mathilde bereitete, einen so langen Brief zu schreiben; Gott gebe ferner seinen Segen und lasse dieses Jahr für uns Alle ein recht glückliches, gesegnetes werden. Was enthält dieses kommende Jahr Alles für mich, ich gehe ihm heiter und im Vertrauen auf den Herrn, der zu Allem, was wir unternehmen, sein Ja und Amen sprechen muß, entgegen, [fol. 2v] meine geliebte, theure Mutter! Meiner lieben Friederike und ihrem Manuel wird mein theurer Karl meine Grüße und Wünsche bringen; er nimmt ja mein Herz mit sich mit Allem, was es Liebes für Euch fühlt. Leb wohl, meine theure Mutter, ich umarme Dich mit aller Liebe, Du geliebte Mutter meines Karls. Deine Susette.

Mathilde

Pflegerin Maria Helena Susanna Hegels in Berlin.

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Nr. XI Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 25. Januar 1850 Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 28 JAN 1850 11–12 Adressenfeld: An Frau Professor Hegel in Berlin Potsdamer Straße 27. frei. [fol. 1r] Nürnberg d[en] 25ten Januar 1850. Meine geliebte Mutter! Jetzt schreibe ich leider wieder einsam und nicht mehr so frohen Herzens als am schönen, seligen Weihnachtsfeste an Dich, Du theure liebe Mutter, wo mein Karl noch bei uns und mit mir war; ach es war mir eine herrliche Zeit, die ich mit ihm verleben durfte und noch jetzt fühlt sich mein Herz durch die Erinnerung daran gehoben und beseligt, daß ich leichter die Trennung von ihm ertrage als ich es mir möglich dachte. – Doch jetzt zu Dir, meine liebe, theure Mutter; wie geht es Dir denn, besonders mit Deinen rheumatischen Schmerzen; ich dachte oft mit Sorge an Dich während der letzten kalten Zeit; Gott gebe, daß sich Dein Zustand nicht verschlechtert hat, seitdem wir Nichts mehr von Dir hörten. – Von meinem theuren Karl habe ich aus Rostock schon zwei liebewarme Briefe erhalten, die mir jetzt, seitdem wir uns gesehen, gesprochen und klarver- [fol. 1v] standen haben, doppelt genußreich und werth sind. In einem derselben theilt er mir einen rührenden Beweis Deiner Liebe mit, die nicht müde wird zu geben und sich unsres Glücks freut, wie des eignen; Du liebe theure Mutter, ich danke Dir mit meinem Karl für all Deine treue Liebe und Güte, und freue mich meines Kindsrechts, das mir Dein warmes Herz schenkt. Abends. – So eben komme ich von meiner herzlieben Lina nach Hause; sie ist Gott sei Dank recht wohl so wie auch ihr kleines, hellaugiges Mädele, das Sonntag über acht Tage getauft werden und den theuren Namen Luise erhalten soll, obwohl meine gu-

zwei liebewarme Briefe Brautbriefe Karl Hegels, Nr. 10, S. 54–58, und Nr. 11, S. 58–64. Luise Luise Maria Karoline von Grundherr (*1850).

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te Großmutter und Tante Rosenhayn Pathinnen sind; aber meine liebe Lina bewahrt das Andenken an ihre selige Mutter so treu in ihrem Herzen, daß sie den Namen Luise jenen andern vorzog. Du würdest Dich freuen, meine theure Mutter, sie in ihrer Häuslichkeit zu sehen, und sie würde Dir, wie uns Allen, lebhaft [fol. 2r] das Bild der theuren Tante vor die Seele rufen; ob uns aber die Freude zu Theil werden kann, Dich geliebte Mutter während der seligen Zeit meiner Vereinigung mit meinem theuren Karl hier zu sehen, da muß ich wohl noch ruhig warten und all meine Lieben mit mir. Mein Liebster schrieb mir in seinem letzten Briefe Mehreres über unsre künftige, häusliche Einrichtung, besonders über Ankauf von Möbeln; ich möchte gar gerne ihm die Mühe dieser Besorgungen so viel als möglich abnehmen und schlug ihm vor, den Ankauf der hübschern Möbeln, die doch in Berlin am hübschesten und zugleich am billigsten zu bekommen sind, zu versparen, bis wir Beide zusammen nach Berlin kommen. Meinst Du nicht meine theuerste Mutter, daß sich das so einrichten ließe? Nun, meine geliebte Mutter, sage ich Dir ein herzliches Lebewohl; Gott gebe, daß wir befriedigende Nachrichten über Dein Befinden erwarten dürfen, das wünschen wir [fol. 2v] Alle sehnlichst. Darf ich Dich wohl bitten, beiliegenden Brief an die liebe Friederike zu besorgen? Leb wohl, meine geliebte Mutter, Gott wolle uns ein fröhliches Wiedersehen schenken. In inniger Liebe Deine Susette

meine gute Großmutter Anna Katharina Maria von Grundherr. Tante Rosenhayn Eleonora Karolina von Rosenhayn, geb. von Haller (1777–1852), war die Ehefrau des österreichischen Generalmajors Gustav Ludwig Moritz von Rosenhayn. ihre selige Mutter Luise Caroline Ernestine von Schwarz, geb. von Tucher, war die jüngste Schwester Maria Helena Susanna Hegels sowie Tante Susanna Maria von Tuchers und Karl Hegels. beiliegenden Brief Brief liegt nicht mehr bei und konnte auch sonst nicht aufgefunden werden.

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Nr. XII Brief Johann Sigmund Karl von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 24. Februar 1850 [fol. 1r] Nurnberg den 24 Feber 1850 Mein lieber Sohn! Da Du Alles was zu Deiner häußlichen Niederlassung u[nd] Verehelichung mit Susette erforderlich ist, noch vor Deinem Abgang von Rostock zu ordnen wünschest, was bei der ganz ungewissen Dauer des Reichstages zu Erfurt u[nd] der durch denselben zur Entscheidung kommenden Verhältniße auch ganz wohlgethan ist, – so benachrichtige ich Dich, daß ich zu der, für Susett auch bereits schon nachgesuchten Entlassung aus dem hiesigen Unterthans Verband u[nd] zu deren Auswanderungs Bewilligung nach Meklenburg, ein Zeugniß von der dortigen betreffenden Heimaths Behörde nur noch darüber nachzubringen habe, daß von derselben Dir die Genehmigung zu Deiner Ansässigmachung u[nd] Verehelichung mit Susetten, – (welche am 16. März 1826 dahier geboren u[nd] deren ganzer Namen Susanna Maria Carolina Henriette ist) – ertheilt worden ist, woraus sonach hervorgeht, daß dieselbe in Meklenburg an- u[nd] aufgenommen wird. Die hiesigen Behörden bekümmern sich hierauf weiter nicht mehr um die Bildung Eures Hausstandes, sondern ertheilen ohne weitern Anstand zu Susettens kichliches Aufgebot die Bewilligung u[nd] auf die seiner Zeit von Dir hierüber, von dem Pastor Deines Kirchspiels beizubringende Zeugniß, auch die Bewilligung zu Euerer kirchlichen Trauung. Welche Zeugniße Du für Deine Behörde wegen [fol. 1v] Susett nöthig hast, damit dieselbe dies eben anzugebene Zeugniß Dir ausstellt, wirst Du mir noch angeben, denn kaum kann ich glauben, daß solche diesselbe Dir ohne Susettens Taufschein, – Nachweisung ihrer Entlassung aus dem hiesigen Verband u[nd] ohne erklärte Einwilligung der Eltern der Braut, ausstellen wird. In unsern ausgebildeten staatlichen u[nd] sozialen Verhältnissen müssen die Regierungen zum Wohl des Ganzen, auf mancherlei derartige belästigende Beschränkungen bestehen u[nd] in wie ferne die Meklenburg[ische] Regirung u[nd] für Dich eine Exemption davon macht, weiß ich nicht. Deine Erwählung zum Erfurter Reichstag gewährt mir den Beweis, welche große Achtung u[nd] Vertrauen Du Dir in Meklenburg erworben hast u[nd] macht mir in dieser Beziehung große Freude; – auch hat mich Deine Ansprache an Deine Wähler, durchaus befriedigt. Nurnberg, den 24 Febr 1850 Der Brief Johann Sigmund Karl von Tuchers lag seiner Tochter Susanna Maria von Tuchers Brautbrief Nr. 15 bei. Reichstages zu Erfurt Irreführende Bezeichnung des Erfurter Unionsparlaments. Ansprache an Deine Wähler Karl Hegel hatte mit seinem Brautbrief Nr. 14 vom 9.–10. Februar 1850 sein „Offene[s] Sendschreiben an die Wahlmänner des III. Wahlkreises für die

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Wolle Gott geben, daß solche auch zu Deinem Glück u[nd] Deiner Befriedigung gereichen u[nd] die bei uns, an diesen Reichstag geknüpft werdenden Befürchtungen, zu weitern ernstlichen Verwicklungen in unserm Vaterlande, nicht führen. Daß Du hiebei Deinen wissenschaftlichen Beruf u[nd] Dich selbst nicht aus irgend welchen Rücksichten zum Opfer bringen wirst, läßt mich Deine gemachten reichen Erfahrungen u[nd] sehr besonnene u[nd] verständi[. . . . . . ]digung u[nd] Beurtheilung der Verhältnisse [. . . in] aller Beruhigung erwarten; denn liebst [. . . ] auch meine Susette zu sehr, um Deine Vereinigung nicht mit derselben in einem nur befriedigenden u[nd] beglückenden ruhigen Berufs Verhältniß, so bald als möglich herbeizuführen. In treuer väterlicher Liebe Dein Sigm[und] Tucher

Abgeordnetenwahl zum Volkshause des Erfurter Parlaments“ an seine Braut geschickt, eine ganzseitige „Beilage zur Nr. 32 der Mecklenburgischen Zeitung. Schwerin, Donnerstag, den 7. Februar 1850, Abends“. In diesem „Sendschreiben“ legte Hegel seine politischen Vorstellungen für seine Tätigkeit als Abgeordneter in Erfurt dar, die auf die Errichtung eines (klein-)deutschen Bundesstaats auf konstitutioneller Grundlage zielten. Susanna Maria von Tucher hat auf dieses „Zeitungsblatt“ in ihrem Brautbrief Nr. 13 vom 8.–14. Februar 1850 reagiert und es offenbar auch ihrem Vater zur Kenntnis gebracht. Es ist abgedruckt in: Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert, Abb. VII/12, S. 143. [. . . . . . ] [. . . in] [. . . ] Die angezeigten drei Auslassungen erklären sich aus dem aufgeklebten und dann aufgebrochenen Briefsiegel, was Textverlust zur Folge hatte. – Zu diesem Brief siehe auch Karl Hegels Brautbrief Nr. 17.

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Nr. XIII Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 28. Februar 1850

[fol. 1r] Nürnberg d[en] 28/2 1850. Meine geliebte Mutter! Nur ein paar Worte kann ich Dir heute sagen, da mir so wenig Zeit gegönnt ist, das gütige Anerbieten der Frau v[on] Mittnacht zu benützen. Aber begrüßen muß ich Dich doch, meine theure Mutter, Dich fragen wie es Dir geht, und Dir immer und immer wieder sagen, wie unendlich glücklich mich die Liebe meines [fol. 1v] Karl macht. Weiß ich ja doch, daß Dein liebendes Mutterherz nicht müde wird, es immer wieder zu hören und es leicht versteht, daß ich nicht aufhören kann, Gott für dieses höchste Gut meines Lebens zu danken. Heute Abend erst erhielt ich wieder einen lieben, theuren Brief, den ich so eben beantwortet habe und noch ist mir das Herz übervoll von dem so ungeahnten, reichen Glück meinen Karl mein nennen zu können. Ich hatte heute [fol. 2r] einen etwas schweren und recht bedeuthsamen Tag; der Hochzeitstag der lieben Auguste, war mir eine Vorfeier des unsrigen und wohl sehnte ich mich mehr als je nach meinem Liebsten, um so erquickender war mir jedes Wort der Liebe das sein heutiger Brief enthält und ich bin jetzt wieder ganz fröhlich, und freue mich, daß wir, trotz des weiten Raumes, der uns scheidet, Eins sind in unwandelbarer Liebe. [fol. 2v] Dürfte ich Dich wohl bitten, meine geliebte, theure Mutter, in Deinem nächsten Briefe die Addresse an Xeller beyzufügen? Mein Karl war wohl so freundlich, sie für Fanny aufzuschreiben, da aber Fanny, ohne daß wir es wußten, einen Brief abgegeben hatte, glaubte ich, dieser enthalte den Brief an Xeller, und gab ihr die Addresse nicht, die sie jetzt zu haben wünscht. ein paar Worte Susanna Maria von Tucher schrieb ein kleines, vierseitiges Briefchen (99 × 131 Millimeter) mit einem aufgedruckten Blumenmotiv auf der ersten Seite oben links. Frau v[on] Mittnacht Mutter Adelheid Kiesers (1819–1847), der ersten Ehefrau Heinrich Kiesers (1813–1893). lieben, theuren Brief Brautbrief Karl Hegels Nr. 16 vom 20.–25. Februar 1850. beantwortet Susanna Maria von Tuchers Brautbrief Nr. 15 vom 22.–28. Februar 1850. Hochzeitstag der lieben Auguste Auguste von Meyer heiratete am 28. Februar 1850 Heinrich Kieser; vgl. Brautbrief Susanna Maria von Tuchers Nr. 15 vom 22.–28. Februar 1850. Xeller Johann Christian Xeller (1784–1872) war ein aus Biberach gebürtiger Maler und Restaurator, von dem auch ein nicht mehr erhaltenes Gemälde des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel stammte. Fanny Es handelt sich wohl um den Rufnamen für Emma Sophie Rosalie Anna Fürer von Haimendorf (1813–1869), die mit Valentin Liberda (1803–1844), einem Professor der Philosophie in Iglau, verheiratet gewesen war; sie war eine Schwester Mathilde von Fürers.

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Gute Nacht, meine herzliebe Mutter! Der Herr schenke Dir eine ruhige, erquickende Nacht. In inniger Liebe Deine Susette.

Nr. XIV Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 14. März 1850

[fol. 1r] Nürnberg d[en] 14ten März 1850. Meine herzliebe Mutter! Wenn ich auch immer wünsche, bei Dir sein, Dich Du Geliebte sehen und sprechen zu können, so wünsche ich es mir doch doppelt für die nächsten Tage, die wir zum Erstenmale in näherer, vertraulicher Beziehung erleben. Könnte ich Dir nur recht sagen, was ich Dir und mir, Du theure Mutter für unsre nebeneinander liegenden Geburtstage wünsche, aber der treue, himmlische Vater weiß besser als wir, was uns frommt, und ich bin gewiß, daß Er mein Flehen für Dein Glück, Du geliebte Mutter, erhören wird. Was ich mir wünsche, das weiß ich, enthält auch Freude für Dein treues Mutterherz, nämlich die Weisheit von oben, Deinen Karl, meinen Karl so glücklich zu machen, als ich durch seine Liebe bin und wie ich vertrauensvoll bleiben werde. Vielleicht ist er jetzt bei Dir, meine liebste Mutter, um Deinen Geburtstag mit zu feiern, wenigstens schrieb er mir [fol. 1v] in seinem letzten lieben Brief, daß er den Plan habe, Rostock am 14ten, also heute, zu verlassen, den 16ten und 17ten in Berlin zuzubringen um den 18ten in Erfurt zu sein. Doch brachten uns die letzten Zeitungen so vielseitig Nachricht von einer Verzögerung des Erfurter Reichstags, daß ich nicht recht weiß, wo ich meinen Liebsten jetzt suchen soll. Überhaupt sind wir Alle sehr gespannt auf dieses für uns und unsere Vereinigung so einflußreiche Ereigniß, denn von der Dauer und der Gestaltung des Reichstages hängt für jetzt die Zeit unsrer Verbindung ab. Doch, wie es auch im politischen Leben sich entscheide, für unser stilles Glück, das wir uns in treuer, inniger Liebe auferbauen wollen, bangt mir nicht; ich hoffe, wir werden es in Erfurt ebenso sicher unter dem Segen Gottes gründen als in Rostock. Freudig folge ich meinem Karl für die Dauer des Parlamentes nach Erfurt und wäre überglücklich, wenn ich ihn bei den unvermeidlichen, unausbleiblichen Unannehmlichkeiten eines Geburtstage Maria Helena Susanna Hegel war am 17. März 1791 in Nürnberg geboren, Susanna Maria von Tucher am 16. März 1826 ebenfalls in der Pegnitz-Stadt. letzten lieben Brief Brautbriefe Karl Hegels, Nr. 18 vom 7.–12. März 1850.

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solchen Wirkungskreises erheitern und zerstreuen könnte. Ich habe alle Gründe für oder gegen den Wunsch, ihn nach [fol. 2r] Erfurt zu begleiten, abgewogen und glaube, daß es sich ziemlich ausgleicht, so daß ich ganz getrost erwarte, wie sich diese Frage entscheidet. Abends. Die eine mich so sehr beschäftigende Frage ist durch die heutige Zeitung beantwortet, die die bestimmte Einberufung der Abgeordneten nach Erfurt für den 20ten enthält. Nie hätte ich mir gedacht, daß mich die Zeitungen so sehr interessiren könnten, und ehe ich es glaubte sind meine ersten Wünsche und Hoffnungen mit der Politik, die mir sonst ziemlich fern lag, verwebt; also konnte mein lieber Karl seinem Plan folgen und diese Zeilen werden ihn in Berlin treffen. Es ist mir so wehe, meine geliebte Mutter, daß ich nicht als Dein viertes Kind, das Du in Liebe auf- und angenommen hast, den schönen Tag mit Euch feiern kann; und mein Herz will sich gar nicht recht dabei beruhigen, sondern möchte gar gerne ganz in sein Kinderrecht eintreten; nun, so Gott will, das nächste Jahr, meine theure Mutter, findet uns Alle vereint und Dich hoffentlich wohler und kräftiger als jetzt. [fol. 2v] Meine liebe Lina schrieb Dir kürzlich, wie sie mir erzählte, einen recht langen, ausführlichen Brief, die liebe Seele; ich denke mit schwerem Herzen an die Trennung von ihr, die mir wieder von Neuem recht innig verbunden ist; doch, wie Du gewiß aus ihrem Brief entnommen hast, fühlt sie sich so vollständig befriedigt in ihrem Friedrich und mir verspricht die Liebe meines Karls dasselbe Glück, daß es gewiß recht undankbar von uns wäre, wollten wir die uns bevorstehende Trennung gar zu schwer nehmen. Heute erwartete ich meine liebe, wöchentliche Herzensfreude, einen schriftlichen Liebesgruß von meinem lieben Karl, aber ich hoffte vergebens; wahrscheinlich hat er während der letzten Tage in Rostock so viel zu besorgen gehabt, daß er keine Zeit für mich finden konnte; so habe ich also meine Freude noch zu erwarten, doch will ich ihm noch einen besondern Gruß senden, den Du, liebe Mutter, wohl so freundlich bist, ihm zu bestellen, nicht wahr? Leb denn wohl, meine theure Mutter, ich lege mich Dir ans Herz in treuer Kindesliebe und bitte Dich um Erhaltung meines Plätzchens in diesem theuren, warmen Herzen. Gott führe uns recht bald glücklich zum schönen Wiedersehen. Deine Susette [PS] An die liebe Friederike und Manuel bitte ich Dich, meinen innigsten Schwestergruß zu sagen.

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Nr. XV Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 18. März 1850

[fol. 1r] Nürnberg d[en] 18ten / 3 1850. Meine herzliebste, theure Mutter! Wie soll ich Dir genug danken für die so unendlich reichen Beweise Deiner theuren Liebe, mit welchen Du mich an meinem Geburtstage überraschtest? Ich küsse Deine lieben Hände, meine theure Mutter, die trotz Deiner Schwäche so in Liebe für mich thätig waren, und danke Dir von Herzensgrund für die so wunderschönen, so überaus reichen Gaben, die viel, viel zu schön für mich sind, so wie auch für die so herrliche Wahl im Namen meines Karls. Wie viel schöner ist Alles, viel geschmackvoller als ich mir meinen Braut-Anzug früher wünschte und es wäre ja wahrlich ewig Schade, wenn ich meinen Gedanken mit einem Oberkleid folgen wollte; nein, meine liebste, gütigste Mutter, ich danke Dir doppelt dafür, daß Du meinen, allerdings früher ausgesprochenen, Wunsch nicht so ganz er- [fol. 1v] fülltest; so wie Du es wünschest, meine theure Mutter, wie Du mir meinen Braut-Anzug wähltest, so soll er mich an dem schönsten Tag meines Lebens schmücken, und mit Freuden gab ich schon lange meinen ersten Wunsch in dieser Beziehung auf. Ein unendlich süßer Gedanke wäre mir die Hoffnung, Dich meine herzliebste Mutter an diesem Tage hier zu besitzen, denn Deine Liebe ist mir ein so theures Gut, daß ich mich immer wieder von Neuem und besonders in jedem wichtigen Augenblick meines Lebens derselben erfreuen und jedes Gefühl mit Dir, meine liebste Mutter, theilen müßte; aber Dein letzter, so lieber Brief raubte mir alle Hoffnung, diesen heißen Wunsch erfüllt zu sehn, und so sehr Deine treue innige Liebe für Dein so glückliches Kind mich entzückte, so schwer betrübte mich die Nachricht von dem leider so schlimmen Stand Deiner Gesundheit. Gott gebe, daß die neu verordneten Bäder guten Erfolg haben und Du, liebste Mutter, Dich bald kräftiger fühlst; wir [fol. 2r] vereinigen Alle unsere Gebete mit den Deinigen und der gute, treue Vater, der uns erst so reich und überschwänglich gesegnet hat, wird in seiner Gnade auch diese Sorge um Deine Gesundheit uns vom Herzen nehmen, daß wir in seliger Gemeinschaft Ihn loben und preisen können für so große Güte. – Wie ich mich sehne, Dich zu sehen, an Deinem Herzen, das jetzt in mütterlicher, treuer Liebe für mich schlägt, zu ruhen, meine geliebte Mutter meines theuren Karls, wirst Du Dir wohl selbst denken können, da Du wohl weißt, wie lieb ich schon immer meine liebe Tante Hegel hatte, und seitdem ich Dir angehöre, durch die Vereinigung mit meinem Karl, ist mir die Trennung von Dir eine schwere Entbehrung, deren ich sehnlich wünsche, bald überhoben zu sein. Wann der schöne Tag unsrer unauflöslichen Vereinigung, und dann der des fröhlichen Wiedersehens mit Dir, meiner geliebten Mutter, anbrechen wird, ist für jetzt [fol. 2v] noch nicht zu bestimmen, da wir so sehr an die

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noch schwankende politische Gestaltung der Dinge gebunden sind, doch denke ich, wird wo möglich der erst festgesetzte Zeitpunkt Mitte Mai, bleiben und ich folge dann freudig meinem Liebsten nach Erfurt; denn wo ich mit ihm bin, findet mein Herz eine liebe Heimath. An meine theure Schwester Friederike, die so liebenswürdig und freundlich alle meine Herrlichkeiten besorgte, werde ich noch einige Zeilen beilegen, um ihr selbst zu danken, Du aber, meine gütige Mutter, nimm nochmals meinen innigsten Dank für Deine so große Güte, die sich mir so vielfach und so reichlich zeigt. Meine lieben Eltern grüßen Dich in inniger Liebe, und danken mit mir für alle Deine Güte, die so innig Theil an uns Allen nimmt. An unser krankes Mariechen denkst Du gewiß auch mit liebender Sorge; Gottlob kann ich Dir gute Nachricht von ihr geben; seit heute ist sie fast schmerzenfrei, und fühlt sich viel besser. Nun, meine liebste Mutter, umarme ich Dich in kindlicher Liebe, und wonnenreich von ganzem Herzen Deine Tochter Susette. [PS] Dürfte ich Dich wohl in Deinem nächsten Brief um die Addresse von Xeller für Fanny Fürer bitten? [fol. 3r] Ich muß noch ein Blättchen beilegen, meine herzliebste Mutter, um Dir für jede der schönen Gaben besonders zu danken, und Dir zu sagen, wie sehr mir jede gefällt. – Ein theures, liebes Andenken ist mir das zierliche wunderhübsche N[eue] Testament; ja, meine liebste Mutter, das herrliche ewige Gottes Wort soll meines Herzens Trost und meines Fußes Leuchte zu jeder Zeit sein, und unsre Liebe führe uns je mehr und mehr zu dem Urquell aller Liebe, der unsre Herzen von Anfang an für einander bestimmte und unsre Lebenswege endlich wunderbar zusammenführte, wofür ich Ihn ewig loben und preisen will. Die wunderschöne, so reiche Mantilla freute mich sehr, meine gütige Mutter; sie ist so geschmackvoll und so passend zu allen Kleidern, daß ich darin wieder ganz den schönen, nobeln Geschmack meiner lieben Tante Hegel erkannte, der so prächtig das Schöne mit dem Zweckmäßigen zu vereinigen weiß. [fol. 3v] Das Häubchen ist reizend und denke nur, meine liebe Mutter, es steht mir sogar sehr gut, obwohl die Mutter mir immer sagt, ich hätte gar kein Gesicht, dem ein Häubchen erträglich stehen könnte, aber dieß ist so passend für mich gewählt, daß Alle finden, es stünde mir wider Erwarten gut. Das Krägelchen ist wunderschön und findet wie überhaupt Alles den ungetheiltesten Beifall; meine liebe Mutter, wie ich so Alles aufzähle überkommt mich wieder dasselbe Gefühl Deiner unverdienten, übergroßen Mariechen Maria Therese Karoline von Tucher (1834–1905) war eine Schwester Susanna Maria von Tuchers und eine Nichte Maria Helena Susanna Hegels. Mantilla Schleiertuch, seidenes Gewebe.

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Güte und Liebe, das mich schon beim Auspacken der unerwarteten Herrlichkeiten durchdrang, aber es beschämt mich nicht, denn Liebe ist ja eine Himmelsgabe, die nicht verdient oder errungen, wohl aber erkannt und verändert werden kann und daß mein Herz voll der innigsten Liebe für Dich ist, ach das weißt Du ja, meine liebste Mutter, und mein höchster Wunsch ist, sie Dir recht bald durch die That beweisen zu können. Leb wohl, meine theure süße Mutter, Gott segne Dich und schenke Dir recht bald wieder die verlornen Kräfte, das ist das heiße Gebet Deiner Susette. [PS] Ich erwähnte gar Nichts von dem lieben Bild meines Liebsten, das mich doch so unaussprechlich freute. Ich finde es sehr gut und was fehlt, ersetze ich leicht aus dem treuen Bild, das mir ewig im Herzen wohnt.

Nr. XVI Brief Karl Hegels an Maria Helena Susanna Hegel, Erfurt, 23. März 1850

[fol. 1r] Erfurt, 23. März [18]50. Geliebteste Mutter! Da bin ich denn heute schon den fünften Tag in Erfurt u[nd] habe bereits die vierte Sitzung des Volkshauses hinter mir. Ich berichte nichts über unsere Parlamentsverhandlungen, da Ihr hierüber das Ausführliche in den Zeitungen finden werdet; auch ist nicht viel davon zu sagen, da bis heute nur Wahlprüfungen vorkamen, deren man sich so schnell als möglich erledigte. Ich beschränke mich also hauptsächlich auf das, was mich persönlich betrifft u[nd] auf die persönlichen Eindrücke, die ich empfangen habe.

Bild meines Liebsten Es läßt sich nicht feststellen, um welches Bild es sich handelt. Volkshaus Mitglieder des Volkshauses des Erfurter Unionsparlaments waren die in der Mehrzahl der Staaten des Deutschen Bundes vom Volk gewählten Abgeordneten.

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Ich reiste zusammen mit Beseler, Droysen, Goßler in demselben Coupé bis Halle; dort traf ich noch den Reg[ierungs-]Rath Karsten aus Schwerin, welcher direct über Wittenberge gekommen war; u[nd] auch Vincke, Patow, Gerlach, Stahl u[nd] andere Abgeordnete aus Preußen waren mit demselben Zuge. In Erfurt angekommen, verfügte ich mich sofort in meine Wohnung in der Augustinerstraße, wo ich von den Wirthsleuten, einem Schullehrer Große u[nd] Frau, sehr freundlich bewillkommnet wurde u[nd] mein Wohnzimmer geheizt fand. Dieses ist, ebenso wie das Schlafzimmer, sehr einfach eingerichtet, aber mit allen nöthigen Bequemlichkeiten versehen und gut warm, was bei dem kalten Schneewetter, das wir bisher hatten, nicht unwesentlich ist. Im Gasthof zum Kaiser, wohin ich dann ging, fand ich sogleich mehrere BekannBeseler Georg Beseler (1809–1888) war Jurist und Politiker, von 1842 bis 1859 ordentlicher Professor an der preußischen Universität Greifswald; in Erfurt war er Mitglied des Volkshauses. Droysen Johann Gustav Droysen (1808–1884) war von 1840 bis 1851 ordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Kiel, später an den Universitäten Jena und Berlin. Er war nicht Mitglied des Erfurter Unionsparlamentes, aber zuvor 1848/49 der Frankfurter Nationalversammlung. Goßler Der Hamburger Kaufmann und Senator, später Teilhaber des Bankhauses „Joh. Berenberg, Goßler & Co“, Johann Heinrich Goßler (1805–1879) war in Erfurt als Vertreter der Freien und Hansestadt Hamburg Mitglied des Staatenhauses. Halle Die alte Hansestadt an der Saale gehörte seit 1815 wieder zum Königreich Preußen. Karsten Dethlof Ludolph Eobald Karsten (1787–1879) war Jurist, von 1836 bis 1846 Bürgermeister der Hansestadt Rostock, danach Regierungs- und Lehnrat in Schwerin und von 1848 bis 1850 Bevollmächtigter beider mecklenburgischen Großherzogtümer bei der Provisorischen Zentralgewalt in Frankfurt am Main; in Erfurt war er für das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin Mitglied des Staatenhauses. Wittenberge Die Stadt an der Elbe hatte seit 1846 eine Bahnstation an der Strecke Berlin – Hamburg. Vincke Da Karl Hegel von „andere[n] Abgeordnete[n] aus Preußen“ spricht, kann es sich entweder um Karl Friedrich Ludwig von Vincke (1800–1869) handeln, der in Erfurt für Schlesien Mitglied des Volkshauses war, oder um dessen Vetter Georg Ernst Friedrich von Vincke (1811–1875), der Westfalen im Volkshaus vertrat. Patow Der Jurist Robert Erasmus Patow (1804–1890) war einflußreicher Politiker und wurde 1848/49 Oberpräsident der preußischen Provinz Brandenburg; in Erfurt war er für das Königreich Preußen Mitglied des Staatenhauses. Gerlach Ernst Ludwig von Gerlach (1795–1877) war 1848 Mitbegründer der sog. Kreuzzeitung (Neue Preußische Zeitung) und von 1842 bis 1877 Mitglied des preußischen Staatsrates; in Erfurt war es Mitglied des Volkshauses für die Provinz Pommern. Stahl Der zum Luthertum konvertierte Jude Friedrich Julius Stahl (1802–1861) war Jurist, Rechtsphilosoph und Politiker und als solcher von 1849 bis 1854 Mitglied der Ersten Kammer des preußischen Landtages; in Erfurt war er Mitglied des Volkshauses. Große u[nd] Frau Johann Friedrich Christoph Große (1789–1858) und seine Frau Martha Barbara Große, geb. Platz (1808–1882), waren Karl Hegels Vermieter in Erfurt. Gasthof zum Kaiser Das „Hôtel zum Römischen Kaiser“ lag in der Nähe des Bahnhofes am zentralen Platz Erfurts.

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te, Dahlmann, Kierulff u.a. Die Abgeordneten waren dort sehr zahlreich versammelt. Andern Tages machte ich einige Besuche, las Zeitungen in dem vereinigten Lesezimmer vom Casino u[nd] Ressource, wo Mittags im Gasthof bei Silber, in der Nähe des Bahnhofs, wo eine große Zahl von Abgeordneten, ebenso wie im Kaiser, um 3 Uhr speisten, und freute mich, daß es am folgenden [fol. 1v] Tage zur Eröffnung des Parlaments kommen sollte, weil mir di[e]s geschäftige Nichtsthun doch im Grunde wenig behagte. Am 20. [März] Morgens läuteten die Glocken, auch die große Susanna (um mich an Susette zu erinnern) vom Dom. Wir gingen in die evangelische Kirche, wo der Superint[endent] Scheiber eine recht passende eindringliche Predigt hielt. Doch war meine Stimmung sonst eben nicht feierlich oder besonders gehoben. Man hat zu viel Täuschungen erfahren, um leicht wieder Vertrauen fassen zu können; doch ist es vielleicht gut für das Gelingen, daß man dies mal so nüchternen Sinnes ans Werk geht. Die Botschaft des Verwaltungsraths hatte ganz denselben nüchternen Charakter. Von dem Regierungsgebäude, wo sie vorgetragen wurde, gingen wir in die Augustinerkirche, wo sich die Sitzungslocale der beiden Häuser befinden. Diese sind außerordentlich schön Dahlmann Friedrich Christoph Dahlmann (1785–1860), von 1842 bis 1860 ordentlicher Professor für Deutsche Geschichte und Staatswissenschaften an der Universität Bonn, 1848/49 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, war in Erfurt Mitglied des Staatenhauses für das Königreich Preußen. Kierulff Der Jurist und Politiker Johann Friedrich Kierulff (1806–1894) war Oberappellationsgerichtsrat in Rostock und 1848/49 Mitglied der Deutschen Nationalversammlung in Frankfurt am Main; in Erfurt war er für das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin Mitglied des Volkshauses. Casino u[nd] Ressource Versammlungsorte der Geselligkeit für das gebildete Bürgertum, Kaufleute, Militär und Beamte Erfurts. Gasthof bei Silber Gastwirtschaft der alteingesessenen Erfurter Gastwirts- und Postmeisterfamilie Silber, wohl in der Bahnhofsstraße gelegen. Dom Der Erfurter Dom ist der älteste Kirchenbau Erfurts und steht unmittelbar neben der Severikirche auf dem Domberg. Möglicherweise nannte Karl Hegel die größte und berühmteste Glocke des Domes, die „Gloriosa“, nach seiner Braut. evangelische Kirche Gemeint ist die Barfüßerkirche, die im Stadtzentrum gelegene Bettelorden-Kirche, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts fertiggestellt worden war. Scheiber Superintendent Friedrich Ludwig Scheibe (1809–1884) war von 1837 bis 1863 Pfarrer der Reglerkirche in Erfurt. Verwaltungsrath Exekutivorgan der Erfurter Union (Dreikönigsbündnis) vom 26. Mai 1849, in das die Mitglieder der Union Bevollmächtigte zur Führung der Geschäfte entsandten und das die Regierungen der Einzelstaaten gegenüber dem Erfurter Parlament vertrat. Regierungsgebäude Das von Preußen ab 1816 umgebaute Gouvernementsgebäude stand auf dem Gelände der frühneuzeitlichen Kurmainzischen Statthalterei, in der der französische Kaiser Napoleon I. (1769–1821) im Jahre 1808 den Erfurter Fürstenkongreß veranstaltete. Augustinerkirche Die aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammende Kirche beim Augustinerkloster wurde zum Tagungslokal sowohl des Staatenhauses als auch des Volkshauses des Erfurter Unionsparlaments umgebaut.

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u[nd] geschmackvoll eingerichtet, das Staatenhaus im hohen Chor mit schön gemalten Fenstern, das Volkshaus im Schiff der Kirche. Die Wahl des Alterspräsidenten u[nd] der Schriftführer, wozu die jüngsten Mitglieder genommen werden – ich war keiner von diesen, die nur 34 Jahre zählten – machten den gewöhnlichen Anfang. Unser Alterspräsident v[on] Frankenberg, der sich mir später als einen nahen Freund des Flottwellschen Hauses bekannt machte, benimmt sich so ungeschickt wie die meisten Alterspräsidenten; doch soll ihn Eichhorn im Staatenhause noch bei weitem übertroffen haben durch die lächerlichste Unbeholfenheit. Am folgenden Morgen formirten sich die Abtheilungen, wie sie durch das Loos zusammengeworfen worden. Ihr werdet gesehen haben, daß ich in der 4. Abtheilung mit Gr[af ] Schwerin, Gerlach, Duncker, Kierulff u. A. zusammengekommen bin. Schwerin wurde hier, nicht durch das Loos, zum Vorsitzenden, ich zum Schriftführer gewählt – die Ehre ist nicht groß, aber ich finde doch etwas dabei zu thun durch die Abfassung der Protokolle über die Sitzungen der Abtheilung. Auch durch mehrere Wahlprüfungen der Abtheilung wurde ich beschäftigt. – [fol. 2r] Mit Freuden begrüßte ich Deinen lieben Brief, den ich zu Hause vorfand. Also meine Wäsche ist glücklich angekommen u[nd] Du hast ihr sogar, Du liebes Mütterchen, einen gewissen [. . . ] Reiz von Erinnerungen abgewonnen. Auch wäre ich durch das, was Du mir über Dein Befinden schreibst, nach den Umständen vollkommen befriedigt, wenn mich nicht der neue Unfall Mathildens befürchten ließe, daß Du Staatenhaus Die Versammlung der von den Regierungen der teilnehmenden Staaten bestellten und entsandten Bevollmächtigten. Frankenberg Der Jurist Wolff Sylvius Leopold von Frankenberg und Ludwigsdorf (1785– 1878) war von 1832 bis 1848 Präsident des Oberappellationsgerichts in Posen und in Erfurt Mitglied des Volkshauses, anfangs dessen Alterspräsident und zeitweise dessen Präsident. Flottwellschen Hauses Gemeint ist die Familie des preußischen Staatsmannes Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), dessen Tochter Friederike als Ehefrau Immanuel Hegels Schwägerin Karl Hegels war. Eichhorn Johann Albrecht Friedrich von Eichhorn (1779–1856) war von 1840 bis 1848 preußischer Staatsminister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten; in Erfurt war er für das Königreich Preußen Mitglied des Staatenhauses und dessen Alterspräsident. Abtheilungen Nach der allgemeinen Geschäftsordnung für das Staatenhaus und das Volkshaus des Erfurter Unionsparlaments waren zur Prüfung der Entsendung der Delegierten beziehungsweise der Wahlen der Abgeordneten jeweils mehrere Ausschüsse zu bilden, die ihre Ergebnisse dem jeweiligen Plenum vorzulegen hatten. Gr[af] Schwerin Maximilian Graf von Schwerin-Putzar (1804–1872), Jurist und preußischer Politiker, 1848/49 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, in Erfurt Mitglied des Volkshauses für die preußische Provinz Pommern. Duncker Der Gelehrte und Journalist Maximilian Wolfgang Duncker (1811–1886) war von 1842 bis 1857 außerordentlicher Professor für Geschichte an der Universität Halle und Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung; in Erfurt war er Mitglied des Volkshauses für die preußische Provinz Sachsen. gewissen [. . . ] Reiz Es fehlt ein nicht sinnvoll zu lesendes Adjektiv.

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dadurch doch sehr erschreckt sein möchtest. Doch wie danke ich dem Himmel, daß er Dir in der guten Elise gerade jetzt einen sichern Beistand geschenkt! Nichtsdestoweniger wünsche ich sehr, daß Du auch Mathilden behalten könntest. Auf einen Brief von Susettchen warte ich noch immer mit Schmerzen u[nd] kann mir ihr Schweigen wirklich nicht anders erklären, als daß sie consequent erst einen neuen Brief von mir aus Erfurt abwarten wollte. Da ich selbst aber immer noch wartete, so habe ich erst vorgestern an sie geschrieben und werde nun wohl noch mindestens bis morgen auf die Antwort warten müssen; indessen wirst Du wohl über die Ankunft des Kistchens benachrichtigt sein. Wegen Mariechens Krankheit bin ich aber auch in Sorgen. – Außer den öffenlichen Sitzungen haben auch schon mehrere Privatversammlungen von Abgeordneten zur Besprechung über unsere nächste und weitere Aufgabe statt gefunden. Die Parteien der vorausgehenden und nachfolgenden Revision fangen an sich zu scheiden: ich gehöre natürlich der letzteren mit allen meinen Freunden an. Wir kommen in einem Saale des Bahnhofgebäudes zusammen und hatten dort gestern eine sehr lebhafte u[nd] interessante Discussion über ein von dem Min[ister] Bodelschwingh vorgelegtes Programm, welches „die Annahme der Verfassung vor der Revision“ zum Ziel hatte. Bodelschwingh sprach mit großer Kraft u[nd] vieler Wirkung; außer ihm ließen sich [die] renommirtesten parlamentarischen Größen vernehmen: Vincke, Beseler, Beckerath, Stedmann, Wippermann, Camphausen, welcher den Vorsitz führte, u[nd] andere. Das [fol. 2v] Programm wurde unverändert angenommen u[nd] unter großem Gedränge unterzeichnet. Es umfaßt verschiedene MeinungsnuanElise Pflegerin Maria Helena Susanna Hegels in Berlin. an sie geschrieben Karl Hegels Brautbrief Nr. 19 vom 20./21. März 1850, S. 96–103. Bahnhofgebäude Das Erfurter Bahnhofsgebäude wurde ab 1846 innerhalb der Festungsmauern der Stadt gebaut und 1847 – noch ohne das erst 1852 fertiggestellte Empfangsgebäude – eröffnet. Bodelschwingh Der studierte Rechts- und Kameralwissenschaftler Ernst Albert Karl von Bodelschwingh (1794–1854) war ehemaliger preußischer Staatsminister verschiedener Ressorts sowie 1849/50 Vorsitzender des Verwaltungsrates der Erfurter Union, in Erfurt Mitglied des Volkshauses und Vorsitzender des Verfassungsausschusses. Beckerath Der Bankier und Politiker Hermann von Beckerath (1801–1870) war nach kurzzeitiger Amtszeit als Reichsfinanzminister 1848/49 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung; in Erfurt war er Mitglied des Volkshauses für die preußische Rheinprovinz. Stedmann Karl Johann Wilhelm von Barton genannt von Stedmann (1804–1882) war Jurist und Politiker, 1848/49 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung und in Erfurt Mitglied des Volkshauses für die preußische Rheinprovinz. Wippermann Karl Wilhelm Wippermann (1800–1857) war Jurist und kurhessischer Politiker; in Erfurt war er Mitglied des Volkshauses für Kurhessen. Camphausen Der Kaufmann, Bankier und Politiker Gottfried Ludolf Camphausen (1803– 1890) war 1848 preußischer Ministerpräsident und 1849 Bevollmächtigter des Königreichs Preußen bei der Provisorischen Zentralgewalt in Frankfurt am Main; in Erfurt war er Mitglied des Volkshauses für die preußische Rheinprovinz.

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cen, nur die Revisionspartei Gerlach, Stahl u[nd] Consorten ist ausgeschlossen. Es wird nun drauf ankommen, ob die Partei der Annahme en bloc auch bei der Präsidentenwahl zusammenhalten wird, worüber morgen Abend eine Vorverhandlung stattfinden soll. Gewiß würde Gagern alle Stimmen auf sich vereinigen, aber er ist noch nicht eingetroffen u[nd] will sich absichtlich der Präsidentenwahl entziehen; es handelt sich nun um Simson oder Bodelschwingh. – Diese Wahl, so wie die des übrigen Bureaus findet am Montage statt, am Dienstage vermuthlich die Wahl des Verfassungs=Ausschusses. Davor hat das Volkshaus vorläufig nichts weiter zu thun u[nd] ist zu erwarten, daß es sich auf 8 Tage über das Osterfest vertagen wird. Was ich in diesem Falle zu thun habe, ist wohl nicht zweifelhaft: ich rutsche sofort nach Nürnberg zu meinem Susettchen ab, leider freilich noch nicht zur Hochzeit, welche die lieben Eltern sich nicht so über Hals u[nd] Kopf gefallen lassen werden, aber doch zum wonnevollen Wiedersehen. Ich schreibe Dir dann von Nürnberg; dorthin habe ich von meinen Absichten noch nichts kundgegeben. – Bei der Wäsche fiel mir ein, daß wenn es Deine gütige Absicht sein sollte, – wie ich jedoch nicht glaube, weil es überflüssig wäre, – mir noch mehr Handtücher machen zu lassen (Susettchens Ausstattung wird diesen Artikel gewiß reichlich genug bedenken) ich sie etwa zwei Hand breit länger wünschte. – Nun leb wohl, liebste Mutter; tausend Grüße an Manuel u[nd] Friederike. Für Manuel habe ich Quartier, wenn er etwa kommen sollte, was mir eine sehr große Freude machen würde. Ich verkehre hier mit diesem u[nd] jenem; vorzugsweise mit Niemand; die Frankfurter, selbst Beseler, schließen sich einigermaßen untereinander ab u[nd] haben ihre besonderen Vereine, in die ich mich nicht eindränge. – Noch einmal lebt wohl und schreibt mir bald wieder. In herzlicher Liebe Euer Karl.

Gagern Heinrich Wilhelm von Gagern (1799–1880) war Jurist, Beamter und Politiker, 1848/49 Präsident der Frankfurter Nationalversammlung, Reichsministerpräsident und Reichsminister des Äußeren und Innern der Provisorischen Zentralgewalt in Frankfurt am Main; in Erfurt war er Mitglied des Volkshauses für das Großherzogtum Hessen. Simson Der studierte Rechts- und Kameralwissenschaftler Eduard Simson (1810–1899) war Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49 und zeitweise ihr Erster Vizepräsident und ihr Präsident; in Erfurt war er Mitglied des Volkshauses für die Provinz Preußen und für wenige Woche sein Präsident. Osterfest Die Osterfeiertage fielen auf den 31. März und 1. April 1850. Frankfurter Gemeint sind die Mitglieder der Frankfurter Nationalversammlung von 1848/49.

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Nr. XVII Brief Karl Hegels an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 1. April 1850 Faltbrief Rundstempel: LEIPZIG 5 APR [18]50 Adressenfeld: An Frau Professor Hegel geb. v. Tucher Berlin. Potsdammer Straße 27. [fol. 1r]

Nürnberg, 1. April [18]50. 2. Feiertag Morgens

Geliebte Mutter! Unser lieber Manuel hat seinen sehr willkommenen Brief, welcher gestern Nachmittag hier ankam, so zuversichtlich hieher geschickt, als er gewiß glaubte, daß ich meinen Vorsatz, die Feiertage bei meinem geliebten Susettchen zubringen zu wollen, ausgeführt haben würde. Die mir zu diesem Besuch gegönnte Zeit ist freilich nur sehr kurz; denn von den siebentägigen Ferien gehen 3 Tage für die Reise ab, so daß für Nürnberg nur 4 Tage übrig geblieben sind, von Donnerstag Mittag an bis heute Mittag, wo die Stunde der Trennung bereits wieder gekommen ist. Aber ich danke es doch dem Himmel, daß ich dise Tage von Erfurt abkommen konnte, da uns Beiden, Susettchen u[nd] mir, die Zeit der Trennung sonst wohl zu lang geworden wäre. Meine Ankunft war vollkommen überraschend, wenn gleich sehnlich herbeigewünscht; ich konnte vorher keine Nachricht geben, weil ich selbst erst am Tage vor meiner Abreise den Entschluß zu dieser fassen konnte. Hier habe ich Alles, mit Ausnahme von Mariechen, die noch im Bette liegt aber täglich sichtlich in der Besserung fortschreitet, wohl auf gefunden. Meine Besuche beschränkte ich natürlich auf die nächsten Verwandten, die Tante Fritz, bei der außer Antonia auch Helena an einem bösen Finger krank danieder liegt, Lina u[nd] Friedrich, die Großeltern, das junge Kieser’sche Ehepaar, wo Antonia Antonia Meyer war eine der Töchter Sophia Maria Friederike von Meyers, geb. von Tucher, und Guido von Meyers. Helena Helene Meyer war eine der Töchter Sophia Maria Friederike von Meyers, geb. von Tucher, und Guido von Meyers. Kieser’sche Ehepaar Jung verheiratet waren Heinrich Kieser und seine Frau Auguste, geb. Meyer, auch eine der Töchter Sophia Maria Friederike von Meyers, geb. von Tucher, und Guido von Meyers.

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wir einen vergnügten Abend zubrachten; noch gingen wir zu Wiß u[nd] zum General Haller (der früher als Obrist in Bamberg stand), um seine Schwester Laura Fürer, die zum Besuch bei ihm ist, zu sehen. [fol. 1v] Diese befindet sich im besten Wohlsein und läßt besonders Manuel angelegentlichst grüßen. Gleichzeitig mit uns waren da zum Besuch (nach der Kirche) die Geuder’schen, Gottliebine und ihr Mann So So, u[nd] die Schwester Luise Geuder, welche beide Frauen sich mit vieler Liebe nach Dir erkundigten, sich der früheren Zeiten, da ich ein Kind war u[nd] von ihnen gepflegt wurde, erinnerten u[nd] mir die herzlichsten Grüße für Dich auftrugen. Aber auch Fürers habe ich nicht versäumt. Fanny ist sehr leidend, doch so, daß sie ausgehen kann. Sie will im Mai ins bairische oder salzburgische Gebirge gehen u[nd] zur Nervenstärkung eine Radicalcur beginnen, welche sich, einen Winterauf[ent]halt in München eingerechnet, noch über den folgenden Sommer hinaus fortsetzen soll; die Entfernung von den Ihrigen scheint mit zur Kur zu gehören. Charfreitag so wie gestern am ersten Feiertag Morgen waren wir in der Jakobskirche bei Pirkheuer. Gestern Mittag kamen zum Besuch Hofmanns aus Erlangen u[nd] Hans v[on] Raumer, welche Gottlieb von meinem Hiersein benachrichtigt hatte, herüber u[nd] blieben über Mittag bis zum Abend. Der Abend wurde bei Lina u[nd] Friedrich zugebracht u[nd] Hans v[on] Raumer, der ehrenwerthe SchleswigWiß Familie des Johann Christoph David Wiß (1780–1867) und seiner Ehefrau Rosina Alexandrina Wiß, geb. von Schwarz (1799–1861). Ihr Bruder Georg Christoph Benedict von Schwarz (1801–1876) heiratete 1825 Luise Caroline Ernestine von Tucher (1804–1846), wodurch zwischen den Familien Wiß und Tucher eine verwandtschaftliche Beziehung entstand. General Haller Johann Georg XXII. von Haller (1786–1854) war ein Neffe Johann Georg VI. von Hallers (1773–1852), seit 1845 Oberst und 1849 zum Generalmajor befördert; er war lange in Bamberg stationiert, bevor er nach Germersheim versetzt wurde und an der Niederschlagung der badisch-pfälzischen Erhebung 1848/49 beteiligt war. Bamberg Alte Bischofsstadt, etwa 60 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen. Laura Fürer Eleonore von Fürer, geb. von Haller (1789–1877), wurde „Laura“ genannt und war eine Tochter Johann Sigmund IV. von Hallers (1756–1820) sowie Nichte Johann Georg VI. von Hallers. Im Jahre 1829 wurde sie von Ihrem Ehemann Karl Sigmund Christoph von Fürer (1785–1852) geschieden. die Geuder’schen Eine der ältesten Nürnberger Patrizierfamilien waren die Geuder von Heroldsberg. Gottliebine Gottliebine von Racknitz (1796–1879) war seit 1819 mit Sigmund Geuder von Heroldsberg (1785–1851) verheiratet. So So Möglicherweise eine Abkürzung für die beiden Söhne Sigmunds und Gottliebines Geuder von Heroldsberg. Luise Geuder Vermutlich eine jüngere unverheiratete Schwester Sigmund Geuders von Heroldsberg, die im Freiherrlich von Hutten’schen Damenstift zu Nürnberg lebte. Hans v[on] Raumer Johannes von Raumer (1820–1851) war ein Sohn des Mineralogen und Naturhistorikers Karl Ludwig Georg von Raumer (1783–1865), u.a. von 1827 bis 1865 ordentlicher Professor der Mineralogie an der Universität Erlangen. Er studierte Bergwissenschaft und Rechtswissenschaft an den Universitäten München, Berlin und Erlangen, war

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Holsteinische Soldat u[nd] früherer Frankfurter Deputirter hat uns erst heute morgen verlassen. So hat sich in diese wenigen Tagen vieles Liebe u[nd] Gute zusammengedrängt; wie wünschte ich Dir, liebste Mutter, daß Du ebenfalls bald wieder einmal Dich der lieben Seelen, wie Du sie ja zu nennen pflegst, hier in Nürnberg erfreuen könntest. Von der Mutter Marie u[nd] ihrem Sigmund, von den Großeltern u[nd] allen schon Genannten sind mir [fol. 2r] die innigsten Grüße an Dich aufgetragen u[nd] die fortwährenden Erkundigungen nach Dir beweisen mir ihre tiefe Theilnahme für Dich. Leider mußte ich nun von Manuel erfahren, daß Du in den letzten Tagen wieder ganz bettlägerig warst u[nd] von rheumatischen Schmerzen geplagt. Gewiß [ist] die üble Witterung daran schuld gewesen, welche auch mir die Reise nicht angenehm gemacht hat. Ich fuhr im Schlitten durch den Thüringer Wald, wo namentlich bei Oberhof haushoher Schnee lag: Nachts war es 8 Grad Kälte, wobei ich allein im Postwagen saß u[nd] nicht wenig fror. Dazu war die Reise über Gotha u[nd] Coburg nach Lichtenfels, wo Eisenbahn u[nd] Postzüge nicht zu einander passen, mit unangenehmem Aufenthalt verbunden, so daß ich die Erfahrung machte, wie ich viel besser über Leipzig gereist wäre. Daher nehme ich nun auch den Rückweg über Leipzig, wiewohl ich nach den neueren Fahrplänen vom 1. April nun in Hof über Nacht bleiben muß u[nd] so erst morgen Abend um 10 Uhr in Erfurt ankomme (auf dem Wege über Coburg würde ich zu derselben Zeit hier abreisen, die Nacht im Postwagen zubringen u[nd] doch erst morgen Abend in Erfurt eintreffen). Von Erfurt aus werdet Ihr weiter von mir hören. Meiner vorigen Meinung nach glaubte ich dort etwa bis zum Ende Mai verweilen zu müssen; wenn nach der neueren Proposition des Verwaltungsraths an den Verf[assungs-]Ausschuß die Grundrechte rechtskundiger Magistrat der Stadt Dinkelsbühl, engagierte sich stark für den Verbleib des Herzogtums Schleswig bei Deutschland und war 1848/49 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung. der ehrenwerte Schleswig-Holsteinische Soldat Johannes (Hans) von Raumer trat engagiert für den Verbleib des Herzogtums Schleswig bei Deutschland ein und wurde 1849/50 im Schleswig-Holsteinischen Krieg freiwillig aktiv, den die „Schleswig-Holsteiner“ im Juli 1850 in der Schlacht bei Idstedt verloren. Thüringer Wald Deutsches Mittelgebirge an der Nordgrenze des Königreichs Bayern. Oberhof Hochgelegener Ort des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha im Herzen des Thüringer Waldes, etwa 180 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen. Gotha Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha, die 1847 Anschluß an das Eisenbahnnetz fand, etwa 220 Kilometer nördlich von Nürnberg am Nordhang des Thüringer Waldes gelegen. Coburg Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha, etwa 110 Kilometer nördlich von Nürnberg an den südlichen Ausläufern des Thüringer Waldes gelegen. Proposition Vorschlag, Angebot. Verf[assungs-]Ausschuß Volkshaus und Staatenhaus des Erfurter Unionsparlaments setzten zur Vorberatung des angestrebten Verfassungsentwurfs jeweils Verfassungsausschüsse ein. Ih-

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noch suspendirt bleiben, so wird auch die Revision sehr abgekürzt u[nd] könnte das Parlament schon in diesem Monat zum Ende kommen. – Ich berichtige hier noch Deine Schuld zur Kieser’schen Hausschenke mit 10 Gulden 45 kr[euzer]. – Die Mutter Marie glaubt mit der Ausstattung von Susettchen kaum vor Mitte Mai fertig werden zu können. Recht sehr verlangt mich danach, von Dir in Erfurt zu hören, daß es Dir besser geht. Manuel u[nd] Friederiken wünsche ich, daß sie den Umzug glücklich überstehen. Tausend Grüße an sie. – In Erfurt wird es sich wohl so machen, wie Manuel erwartet. – Herzliches Lebewohl innig geliebte Mutter von Deinem Karl

Nr. XVIII Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 1. April 1850

[fol. 1r] Nürnberg d[en] 1ten April 1850. Meine geliebte, theure Mutter! Gewiß sind Deine Gedanken in treuer Liebe die letzten Tage bei Deinen glücklich vereinten Kindern gewesen und so will ich denn die schöne, wenn auch kurze Zeit nicht ganz verstreichen lassen, um Dir mit meinem Karl die herzinnigsten Grüße zu senden. Meine Freude über die unerwartete Ankunft meines Liebsten brauche ich Dir, dem treuen Mutterherzen nicht zu schildern, Du wirst begreifen, daß ich entzückt und gerührt von seiner Liebe bin, die 3 beschwerliche Reisetage nicht scheut, um mir 4 wonnevolle Tage zu bereiten. Durch persönliches, mündliches Aussprechen sind wir jetzt klarer über unsre nächste Zukunft geworden und für jetzt ist bestimmt, daß wir erst unsern Bund ewig und unauflöslich schließen, wenn das Parlament in Erfurt beendet oder doch wenigstens vertagt ist, was nach meines Karls Meinung [fol. 1v] in 6 bis 8 Wochen der Fall sein könnte. In Erfurt würde wohl für mich ein sehr ungemüthlicher Aufenthalt sein, und übrigens könnte auch meine Gegenwart Karl öfters mehr geniren als erfreuen, so daß es besser ist, wir weichen der Politik und ziehen dann gleich in unsre trauliche Häuslichkeit, die wir uns in Berlin mit allem Nöthigen recht nett ausschmücken wollen, gebe Gott, daß wir Dich, meine theure Mutter, dann recht kräftig und erholt finden; ich hoffe recht viel von den Bädern, die Dir doch recht gut thun wie Karl uns erzählt; zwar schreibt uns der liebe Manuel von einem Rheumatismus, re Beratungsergebnisse wurden dem Verwaltungsrat mitgeteilt, als die Union Ende April 1850 politisch schon gescheitert war.

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der Dich, liebe Mutter, recht plagt, der wird aber wohl mit dem zweiten, verspäteten Winter, den die Frühlingssonne bald vertreiben muß, sich ganz gewiß entfernen und Dich dann nicht mehr belästigen. Die vielen, herzlichen Grüße, die uns von Vielen an Dich, theure Mutter, aufgetragen wurden, wird Dir mein Liebster bestellen, ich behalte mir nur die herzinnigsten Grüße meiner lieben Mutter vor und bitte Dich auch an Friederike und Manuel recht viel Schönes zu sagen. Leb wohl, meine theure, herzliebe Mutter, ich drücke Dich an mein Herz, das Dir in meinem Karl ganz gehört. Deine Susette.

Nr. XIX Brief Maria Magdalena von Tuchers an Karl Hegel, Nürnberg, 30. April 1850

[fol. 1r] [Nürnberg, den 30. April 1850] Um des Lobes welches Du mir lieber Karl wegen der Bereitwilligkeit, die Hochzeit zu beschläunigen spendest, unter den zuletzt eingetrettenen Umständen nicht verlustig zu werden, mögte ich Dir nur versichern, daß wir auch noch Wort halten werden, im Fall es sich in E[rfurt] doch noch so fügen würde, daß Du wegen der zu kurzen Zwischenzeit nicht mehr nach R[ostock] zurückkehren wolltest; Susettchen hat Dir ausführlicher die Gründe dieser neuen kurzen Verzögerung auseinander gesetzt, doch wie gesagt sie sind ungültig, würdest Du gleich von E[rfurt] kommen können; gehst Du noch nach R[ostock] wird sich noch manches zu ordnen zu bereden in Augenschein zu nehmen für Dich finden, oder Dir dan[n] wenigstens die Befridigung zu theil werden, Deinem Frauchen noch mancherlei geebnet und aus dem Weg geräumt zu haben, was sich außerdem gewiß bei Eurer Ankunft noch vorgefunden hätte. So wirst Du wohl schon selbst daran gedacht haben Euere Dienerin, die ja doch nun schon seit mehreren Wochen ohne beschäftigt zu sein in Eurem Dienst ist, die etwaige vollständige Ordnung u[nd] Reinigung des Quartires zu übergeben u.s.w.; was die von hier aus zu schikenden Gegenstände betrifft, so geht das allerdings erst mit od[er] einige Tage [Nürnberg, den 30. April 1850] Der Brief ist nicht datiert, aber der Vermerk „zu 23.“ von unbekannter Hand verweist unzweifelhaft auf Susanna Maria von Tuchers Brautbrief Nr. 23 und hat diesem ursprüglich beigelegen. Euere Dienerin Karl Hegel hatte bereits in seinem Brautbrief Nr. 12 vom 21.–26. Januar 1850 berichtet, daß er für den zukünftigen Rostocker Haushalt mit Lisette aus der östlich von Rostock gelegenen Ortschaft Sülz ein Dienstmädchen „gemiethet“ hat; siehe auch: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 197.

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nach Euch Ihr geliebten Kinder ab, kommt aber doch, da Ihr keinesfalls direkte geht, noch vor Euch an, u[nd] Susettchen mag sich da selbst ihre Schätze ordnen, was gewiß für eine angehende Hausfrau den größten Reiz hat. Nun Gott befohlen m[ein] lieber Karl u[nd] in 3 Wochen, Gott gebe es, ein frohes schönes Wiedersehen, wenn auch mit der Aussicht Dir einen nicht geringen Theil meiner Liebsten zu übergeben. Der Vater grüßt Dich herzlich, in anerkennender Liebe Deine treue Mutter. [PS] Manuel begleitet Dich doch gleich zu uns, wie ists mit Friderikchen? – Und die gute Mutter, daß sie zurück bleiben muß! –

Nr. XX Brief Maria Magdalena von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 1. Mai 1850

[fol. 1r] N[ürn]b[er]g d[en] 1/5 [18]50 O meine liebe theure Mari, wie schwer, wie betrübend fällt uns doch bei so tieferschütternden Ereignißen die Last des Getrenntseyn auf das Herz, indem wir hier in voller Thätigkeit Alles aufbieten unseren Lieben das Ziel ihrer Wünsche nicht zu verrüken, unser Karl gewiß oft nicht umhin kann, sich von seinen Berathungen hinweg in die Nähe der liebenden Braut zu denken, durch wacht, durch seufzet Ihr uns so nahe angehenden Geliebten in heißen dringenden Gebet u[nd] Flehen bange Stunden an Krankenbettchen des süßen Kindchens, welches nun der Vater Seinen Himmelskindern schon zugesellt hat. Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen, Sein Name werde gelobet, so sprechen wir zwar u[nd] demüthigen uns ohne Murren unter die Vaterhand, die giebt wenn sie nimmt, verbindet wenn sie schlägt; aber eben dieses Vaterherz, das ja viel mehr lieben kann als auch das reichste Vater u[nd] Mutterherz hiniden, gestattet die Thränen mit welchen wir Ihm Sein Eigenthum zurückgeben, ja es schafft uns [fol. 1v] selbst in denselben Trost u[nd] Erquickung; der Herr möge Dir Du Vielgeprüfte auch in dem Schmerz um den irdischen Besitz des lieben Kindchens immerfort mit Seinem Trost so nahe bleiben, wie Er es bisher war, u[nd] die geprüften Elternherzen aufrichten u[nd] stärken, vor allen ihnen auch die Sorge um den kleinen

bei so tieferschütternden Ereignißen Am 27. April 1850 starb Auguste Hegel (1846–1850), die älteste Enkelin Maria Helena Susanna Hegels in Berlin. der Herr hats gegeben Zitat aus dem Buch Hiob, Kapitel 1, Vers 21: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; der Name des Herrn sei gelobt!“

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Wilhelm abnehmen, daß er freilich sich erkräftigen möge; doch laß ich die gute Friederike seinetwegen beruhigen, ist der Kleine nicht krank sondern nur zart u[nd] zeigt kein so sichtliches Gedeihen; so kann ich ihr meine beiden Kleinen als Beispiel angeben, wie es so oft zu geschehen pflegt, daß so ein Stillstehen mitteilt, was die Mutter oft mit Besorgniß erfüllt, aber doch nichts Befürchtung erregentes ist, wie zart bleich u[nd] unansehnlich waren Lili u[nd] Friedrich in dem Alter von ¼ bis zu ¾ Jahren, da half nicht Amme od[er] sonst etwas, u[nd] dann wuchsen sie frisch u[nd] fröhlich heran, so wird es hoffentlich auch bei Eurem kleinen Liebling ergehen, auch die neuburger Mädchen, die 14 Tage auf Besuch bei uns waren, sagten daß der Kleine, seit einer Ausschlagkrankheit u[nd] heftigen Abweichen, gar nicht mehr auf den alten Flek kommen wolle, sondern sehr bleich u[nd] welk aussehe, auch die doch endlich in Aussicht stehende bessere [fol. 2r] Witterung, wird den l[ieben] Kindern wie allen [. . . ] helfen, so auch m[einer] l[ieben] Mari die nach fast 8 Wochen noch sehr bleich u[nd] mager ist, doch geht es von Tag zu Tag mit ihren Kräften besser; vor allen möge der zu erwartende Sonnenschein (den[n] bei uns ist es als wenn die Sonne allen Schein alle Wärme verlohren hätte) Dir die belebensten Strahlen zusenden, den[n] aufs neue bedarfst Du theure Mutter Kraft u[nd] Stärke. Diese Briefe werden unsern Karl wohl bei Euch treffen, ich meine es ist unter den eingetrettenen Umständen so gut u[nd] viel besser, daß wenn er den Schmerz der Geschwister noch so ganz frisch auf dem Herzen tragend, hieher zur Hochzeitsfreude geeilt wäre. Doch lange soll es nicht mehr werden, u[nd] mit der Hingabe an den theuren Freund sehen wir mit dem geliebten Kind, dan[n] auch allem gefaßt entgegen, was Karls damalige Stellung villeicht in nächste Aussicht stellt, ob R[ostock] od[er] E[rfurt] mit ihm verbunden wird es ihr nicht schwer werden die neue Heimath schön u[nd] freudevoll zu finden. Susettchens Brief an Karl der schon längst bei Euch liegt, wird alles deutlich auseinander legen. Wir können nicht daran denken, wie schön es gewesen wäre, hätte F[riederike] mitkommen können, doch Er sagt Ja u[nd] Amen zu unsern Vorhaben, doch wird d[er] l[iebe] Manuel d[en] l[ieben] Bund [fol. 2v] begleiten? Deinen letzten Brief hab ich unsren Lieben hier mit getheilt, alle sind der innigsten Theilnahme voll, eben so m[eine] guten Eltern, d[er] l[iebe] Vater, der dabei aufs neuen an das was [. . . ] haben Ihm wider zurück geben müssen, erinnert wurde, Wilhelm Wilhelm Hegel, der Sohn Friederike und Immanuel Hegels. Lili Caroline Maria von Tucher war die 1844 geborene jüngste Tochter Maria Magdalena und Johann Sigmund Karl von Tuchers. Friedrich Friedrich Wilhelm Sigmund von Tucher war der 1846 geborener jüngster Sohn Maria Magdalena und Johann Sigmund Karl von Tuchers. neuburger Mädchen Christoph Karl Gottlieb und Thekla von Tuchers älteste Töchter Wilhelmine und Helene von Tucher. Mari Maria Therese Karoline von Tucher, auch „Mariechen“ genannt. Susettchens Brief an Karl Brautbrief Nr. 23 Susanna Maria von Tuchers vom 26.– 30. April 1850.

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erinnert wurde; die l[ieben] Eltern des süßen Kindchens glauben den größten tiefsten Schmerz empfunden zu haben, wer wollte das auch bestreitten, u[nd] doch wie war es anders als ich, nach dem 14 Tage vorher mein kleines Röschen die Augen schloß, der geliebte [. . . ] 14 jährige Sohn uns für dieses Leben genommen wurde u[nd] unser Georg, oft bat ich es dem kleinen Engel in stillem Andenken an ihn ab, daß die Empfindungen des Hingebens nicht gleich stark u[nd] mächtig waren; der HErr wolle Euch gnädig bewahren, solchen Maastab anlegen zu müßen. Doch nun noch einige Worte welche Du Liebste villeicht beantwortet haben möchtets, was die Einrichtung unsrer Lieben betrifft, der Bezug zu der 3ten Matratze ins Gastbett bringen unßre Kinder mit, das ist nun gleich gemacht, sonst hast Du ja die Güte gehabt für alles was Rahmen u[nd] die andren Matratzen betrifft Sorge zu tragen, die 4 Polster zu den 2 gleichen Betten wozu ich schon früher das Maas geschickt habe folgen gleichfalls ohne Bezug da Du wohl denselben wie zu ihren Matratzen dazu angekauft hast, sonst werde ich meine leichten Sachen als wie [. . . ]decken u[nd] d[er] g[leichen] noch beigeben was ich vermuthen muß daß S[usette] das noch nicht vorfindet u[nd] an Ort u[nd] Stelle angekommen, bleibt es der jungen Frau vorbehalten, noch das fehlende zu ersetzen. Da wir doch vor der Hochzeit noch Briefe wechseln u[nd] Raum u[nd] Zeit nicht mehr ausreichen will, so schließe ich indem ich Euch noch von m[einem] l[ieben] Siegmund die Versicherung der innigsten Theilnahme aussprechen soll. Der HErr hat wie immer so auch in diesem Leid sich gnädig Deines inneren Menschen angenommen und Dich mit Ergebung in seinem Willen getröstet [. . . ] Mari

mein kleines Röschen Rosina Marie von Tucher, geboren am 12. April 1841, gestorben am 14. Februar 1842. 14 jährige Sohn Christoph Friedrich Karl von Tucher, der zweite Sohn Maria Magdalena und Johann Sigmund Karl von Tuchers, starb 1842 im Alter von 14 Jahren. unser Georg Georg Christoph Karl von Tucher, der älteste Sohn Maria Magdalena und Johann Sigmund Karl von Tuchers, starb 1846 im Alter von 22 Jahren. [. . . ] das Ende des Satzes wurde in sehr kleiner Schrift unlesbar auf den Seitenrand geschrieben.

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Nr. XXI Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 2. Mai 1850 Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 2 MAI 1850 11–12 Adressenfeld: An Frau Professor Hegel in Berlin. Potsdamer Straße Nr. 27. [fol. 1r] Nürnberg d[en] 2ten Mai 1850. So groß auch meine Freude über den Empfang Deines lieben Briefes war, meine theure, herzliebe Mutter, so ungleich größer war mein Schmerz über seinen betrübenden Inhalt. Das süße Gustchen, so bald mußtest Du und die theueren Eltern diesen holden Liebling dem himmlischen Vater zurückgeben!! ja wohl unerforschlich, wie Du schreibst, sind seine Wege; Gottlob daß wir wissen, daß Er sie auch herrlich hinausführt, wenn sie uns auch dunkel und dornenvoll erscheinen. Die arme liebe Friederike wird sich an Deiner Ergebung erbauen und Du schreibst ja selbst, daß sie und ihr geliebter Manuel gefaßt sind; Gott erhalte ihnen nur die beiden andern Kinderchen recht frisch und gesund, und nehme Euch, Ihr Geliebten, die Sorge um den Kleinen bald vom Herzen; meine liebe Mutter erinnerte sich gleich mit mir an meine beiden kleinen Geschwisterchen, die auch in dem Alter des kleinen Wilhelm so schwächlich waren, und uns so viel Sorge und Angst machten; wie herrlich sind sie [fol. 1v] dann später gediehen. Ich vereinige mein Flehen mit dem Eurigen, Du geliebte, theure Mutter, auch für Dein Befinden, das durch den Schmerz um Deinen Liebling wieder recht leidend zu sein scheint. Ach könnte ich nur recht bald zu Dir eilen, Dich sehen und sprechen, so in der Entfernung trägt sich alles gemeinsame Leiden doppelt schwer. Meinem Geliebten wurde die süße, wenn auch traurige Befriedigung, diese letzten Tage mit Dir und den theuren geprüften Eltern zubringen zu dürfen, jetzt aber wird er Euch wohl schon wieder verlassen haben, um nach Rostock zu gehen, wo nicht, so grüße ihn viel tausendmal in herzlicher Liebe von Deinem Kind. So sehr leid es mir für ihn, wie für Gustchen Das älteste Enkelkind Maria Helena Susanna Hegels, Gustchen (Auguste) Hegel, war vierjährig am 27. April 1850 gestorben; vgl. Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 165. die beiden andern Kinderchen Marie Hegel und Wilhelm Hegel. meine beiden kleinen Geschwisterchen Caroline Maria von Tucher und Friedrich Wilhelm Sigmund von Tucher.

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mich ist, daß der Tag unsrer Vereinigung noch verschoben hat werden müssen, wodurch er in die unangenehme Nothwendigkeit versetzt wird, noch ein Mal die Reise nach Rostock alleine zu machen, so ist es mir jetzt doch fast lieb, noch einige Wochen hingehen und den Schmerz der uns Alle jetzt bewegt, milder werden zu lassen, ehe wir unsern Bund für Freud und Leid [fol. 2r] schließen. Die süße Hoffnung, die liebe Friederike an diesem schönen Tage hier zu sehen, müssen wir jetzt wohl aufgeben, aber vielleicht kann doch Manuel uns Allen die Freude machen, zu kommen, was ihm und der theuren Friederike auch in einigen Wochen vielleicht weniger schwer ist als jetzt. – Wir sehen mit Spannung neuen Nachrichten von Euch, Ihr Theuren, entgegen, wie es Dir und den lieben Geschwistern in dieser schweren Zeit geht, die nächsten Mittheilungen wird mir mein Karl machen, der mir ver[spro]chen hat, mir von Berlin aus zu schrei[ben;] ach, ich ahndete damals nicht, daß Ihr so Schweres erfahren mußtet und antwortete ihm so heiter und froh; kaum war aber mein Brief weg, so erhalten wir Deinen lieben Brief und mit ihm die schmerzliche Kunde. Nun, meine liebe theure Mutter, muß ich Dir Lebewohl sagen, mein Gebet begleitet diesen Brief, möchte er Dich doch wohl und gestärkt treffen; ich umarme Dich mit aller Liebe und Treue. Deine Susette.

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Nr. XXII Brief Susanna Maria von Tuchers an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 25. Mai 1850 Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 25 MAI 1850 10–11 Adressenfeld: An Frau Professor Hegel in Berlin. Potsdamer Straße 27. [fol. 1r] Nürnberg d[en] 24ten Mai [1850] Meine geliebte, theure Mutter! Wohl kann ich mir denken, wie Deine theilnehmende Liebe nach Nachricht von uns von dem Befinden der Geschwister verlangt und ich mache mir wahrlich Vorwürfe, daß ich so lange Zeit hingehen ließ, ohne Dir, Du theure Mutter, wieder zu schreiben. Mit Gottlieb ist eigentlich der Zustand noch derselbe, doch hat das Fieber sehr nachgelassen, auch der Husten ist weniger, so daß wir doch etwas beruhigter sein können. Seit wenigen Tagen hat er eine sehr geschwollene Drüse am Hals, was vielleicht auch von guten Folgen für die Lunge sein kann. Die Nächte sind im Allgemeinen ruhig und auch des Tags schlummert er viel. Seine Stimmung ist recht gefaßt und geduldig, er ist so ergeben in Gottes Willen und Rathschluß, und so dankbar und freundlich gegen uns, daß wir Alle uns darüber freuen und bekennen müssen, ihn nie von einer so liebenswürdigen Seite gekannt zu [fol. 1v] haben. So findet der Herr doch bei Jeden Mittel und Wege ihm Geduld und Sanftmuth zu lehren. Ich erwarte heute Abend meinen geliebten Karl zum schönen, wenn auch ernsten Wiedersehen, auf das keine Trennung mehr folgen wird. Geliebte Mutter, Du wirst mir nachfühlen können, was Alles mein Herz jetzt bewegt; aussprechen kann ich Dir’s nicht, ist ja doch selbst in meinem Herzen ein ewiger Wechsel streitender Gefühle, des Schmerzes und der Freude, der Furcht und der Hoffnung, so daß keines derselben mir recht zum klaren Bewußtsein kommt.

Nürnberg d[en] 24ten Mai [1850] Unter dem Datum ohne Jahreszahl ist von unbekannter, aber vermutlich Karl Hegels Hand mit blauem Stift „50“ geschrieben, was die inhaltliche Zuordnung ins Jahr 1850 bestätigt. Gottlieb Gottlieb Karl Sigmund von Tucher war der dritte Sohn Maria Magdalena und Johann Sigmund Karl von Tuchers.

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D[en] 25ten. Mein Liebster ist seit gestern Abend bei mir, jetzt kann ich mich wieder meines Glückes freuen, meine geliebte Mutter, und fröhlich sein trotz manchem Schmerz, der mir schwer fällt. Mit Gottlieb geht es heute erträglich, der zweite Arzt, mit dem der unsrige gestern eine Consultation hatte, erklärt die Drüsengeschwulst für ein gutes Zeichen und hofft, daß sie eine wohlthätige Krisis herbeiführen wird. Wegen der theuren Geschwister Manuel u[nd] Friederikchen sorge Dich ja nicht [fol. 2r] theure Mutter, es läßt sich ganz leicht machen, macht sich eigentlich von selbst, daß sie bei uns wohnen und das ist doch viel viel schöner. Ich freue mich unendlich auf sie, die mir jetzt so nahe angehören, die mich in Liebe aufnehmen wollen beim Scheiden aus dem bisher mich umgebenden Kreis. Dieß ist wohl das letztemal, daß ich Dir, meine geliebte Mutter, vor diesem mit banger Freudigkeit erwarteten Tag schreibe, Diensta[g] Nachmittag zwischen 3–4 Uhr soll un[ser] Bund eingesegnet werden; Du den[kst] unser in treuem mütterlichen Gebet, meine theure Mutter, nach der ich mich so unaussprechlich sehne. Ich darf nicht mal davon sprechen, sonst wird mir das Herz zu schwer. Leb wohl, meine theure, geliebte Mutter, nimm mich in Deine Arme, und in Dein Herz auf; Gott erhöre Dein und unser Gebet und wolle uns seinen Segen geben. Deine Susette.

Nr. XXIII Brief Karl Hegels an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 25. Mai 1850 [fol. 1r]

Nürnberg, Sonnabend, 25. Mai [1850], Morgens 9 Uhr

Liebste Mutter! Nur in wenigen Zeilen will ich Dir eine vorläufige Nachricht über unsere Lieben, bei denen ich gestern Abend um ½ 10 Uhr glücklich angekommen bin, geben. – Vater Siegmund empfing mich auf der Eisenbahn und berichtete mir über Gottliebs Befinden, daß dasselbe sich seit den letzten Nachrichten, die wir erhalten hatten, nicht schlimmer geworden, daß es vielmehr Grund gebe zu guten Hoffnungen, nachdem der arge Husten und allerdings bedenkliche Auswurf aufgehört und eine starke Geschwulst am Hals sich gebildet hat, welche jetzt zur Reife kommen muß, um dann

Nürnberg, Sonnabend, 25. Mai, Morgens 9 Uhr Unter dem Datum ohne Jahreszahl ist wohl von Karl Hegels Hand mit blauem Stift „50“ geschrieben, was die inhaltliche Zuordnung ins Jahr 1850 bestätigt.

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geöffnet zu werden. Die Ärzte Ziel u[nd] Dieße hoffen, daß sich hier ein Absceß bilden werde, welcher die Krankheitsstoffe u[nd] bösen Materien im Körper ableiten könne, so daß am Ende die Krankheit unserem Gottlieb zum Heil gereichen müßte, wenn die Krisis in solcher Weise einen glücklichen Ausgang nimmt. Vielleicht findet dieser schon in den nächsten Tagen statt und würden wir dann unsere Hochzeitsfeier in froherer Stimmung begehen können. Übrigens fand ich die lieben Eltern gefaßt und meine Ankunft erregte ebenso bei ihnen, wie bei meinem Susettchen u[nd] den lieben Geschwistern große Freude. Susettchen fiel mir ganz athemlos vor erwartungsvoller Freude in die Arme, unten an der Treppe, wo sie mir entgegenstürzte, als sie mich von oben im hellen Mondschein erkannt hatte. – Die lieben Gäste sind zum Theil schon eingetroffen, die Tante Rosenhayn, die ich heute morgen besuchen werde, Wilhelmine aus Linz, die bei Major Haller wohnt; die Leitheimer u[nd] Neuburger treffen am Sonntag ein. – Die Hochzeitsfeier wird ganz einfach gehalten werden, Nachmittags 3–4 Uhr soll die Trauung in der Spitalskirche sein, Pfarrer Vorbrugg [fol. 1v] wird uns einsegnen. Nur die nächsten Verwandten, doch ein Kreis von 25 Personen, werden nach der Trauung in den Garten geladen. Die entfernteren Verwandten u[nd] Bekannten, einige 40 Personen, werden nur zur Trauung in die Kirche geladen. – Manuel Ziel Arzt in Nürnberg. Dieße Arzt in Nürnberg. Wilhelmine Wilhelmine von Haller (1826–1899). Linz Stadt an der Donau im Kaiserreich Österreich. Major Haller Sigmund VI. von Haller (1794–1873), der als Witwer seit 1842 in zweiter Ehe mit Laura von Tröltsch (1812–1872) verheiratet war, lebte in Nürnberg und Großgründlach und war ein Bruder Johann Sigmunds IV. von Haller sowie Johann Georgs VI. von Haller. Er gehörte zu den Überlebenden des königlich-bayerischen Kontingents aus dem Rußland-Feldzug Napoleons im Jahre 1812, wurde 1838 als Rittmeister pensioniert sowie 1840 als Major charakterisiert und 1850 zum Obersten der Landwehr befördert. Ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen, gründete er die „Sigmund Freiherr von Hallersche Familienstiftung“, in deren Eigentum das Schloß in Großgründlach überging. Leitheimer Schloß Leitheim, östlich von Donauwörth und nördlich oberhalb der Donau gelegen, kam durch die Heirat Karl Friedrich Wilhelm von Tuchers, des jüngsten Bruders der Mutter Karl Hegels, mit Friederike Caroline Wilhelmine Camilla Gräfin von Montperny (1818–1889) (Tante Frieda bzw. Frida) in Tucherschen Besitz. Die „Leitheimer“ war der familieninterne Sammelbegriff für diesen Zweig der Tucher-Familie. Neuburger Die „Neuburger“ war der familieninterne Sammelbegriff für die Familie Christoph Karl Gottlieb Sigmund von Tuchers; Neuburg war in der Mitte des 19. Jahrhunderts dessen Wohn- und Wirkungsort als Jurist. Spitalskirche Die Kirche des Heilig-Geist-Spitals in Nürnberg war von 1424 bis 1796 Aufbewahrungsort der Reichskleinodien. Pfarrer Vorbrugg Johann Christian Michael Vorbrugg war seit 1823 lutherischer Pfarrer in Nürnberg (St. Jobst, St. Jakob, Heilig-Geist-Kirche). Garten „Im Tucherischen Garten vor dem Wöhrder Thore“ war die Nürnberger Adresse, an die Karl Hegel seine Brautbriefe gerichtet hatte. In dem Gartengelände bei Wöhrd – 1825 in

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u[nd] Friederike sollen durchaus hier im Garten wohnen u[nd] habe ich mich überzeugen müssen, daß ihre Aufnahme hier keine größere Störung verursachen wird, als ohnehin nicht zu vermeiden ist. Die liebe Mutter will sich nicht von Gottlieb entfernen, u[nd] der Vater schläft mit ihr im Nebenzimmer neben dem Zimmerchen, welches Gottlieb früher bewohnt hat – wo er vom Geräusch u[nd] der Unruhe des Hauses am weitesten entfernt ist. Das große Eckzimmer unten ist der Ausstattung eingeräumt. Ich u[nd] später auch Susettchen mit mir bewohnen das allerliebste Stübchen von Sophie, welche anderswo untergebracht ist. Doch ich muß schließen, weil der liebe Vater mich abholt, um mit ihm zum Pfarrer Vorbrugg zu gehen. Liebe theuerste Mutter gedenke unserer u[nd] segne uns in der feierlichen Stunde unserer kirchlichen Einsegnung – Lebe wohl, theuerste liebste Mutter: Möge es Dir wohl ergehen! Dein Karl. [PS] Mariechen ist schon den ganzen Tag außer Bett u[nd] war heute morgen beim Frühstück: sie wird auch in der Kirche sein können.

Nr. XXIV Brief Immanuel Hegels und Karl Hegels an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 27. Mai 1850

[fol. 1r] N[ürn]b[er]g d[en] 27[ten] Mai 1850. Liebe theure Mutter! Nun sind wir in dem alten lieben Nürnberg angekommen und erquicken uns in der köstlichen Morgenluft beim herrlichsten Sonnenschein an dem schönen Grün des Gartens. Siegmunds haben es nicht anders thun wollen: wir mußten bei ihnen wohnen,

die ehemalige Reichsstadt eingemeindet – lag nördlich der Pegnitz und östlich der Nürnberger Stadtmauer die Gartenwohnung der Familie Tucher. Sophie Sophie Maria von Tucher. N[ürn]b[er]g d[en] 27[ten] Mai 1850. Immanuel Hegel datierte den Brief irrtümlich aus Berlin, obwohl er sich in Nürnberg aufhielt. Karl Hegel strich den falschen Ort durch und ergänzte „Nbg.“ Siegmunds Damit ist die Familie Johann Sigmund Karl und Maria Magdalena von Tuchers zusammenfassend gemeint.

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wo es uns freilich auch am wohlsten ist. Die liebe Tante weiß in ihrer unermüdlichen Thätigkeit, Umsicht u[nd] Fassung alles zu vereinigen, u[nd] die widersprechendsten Gefühle mit wundervoller Ruhe und Klarheit gleichzeitig zu tragen. Leider ist der Zustand von Gottlieb noch immer sehr bedenklich, da das Fieber noch nicht aufgehört hat, u[nd] die Tante widmet sich unausgesetzt seiner Pflege. Mit Mariechens Befinden geht es dagegen, Gott sei Dank, recht gut; sie war heute Morgen beim Frühstück u[nd] bewegt sich auch beim freundlichen Sonnenschein im Garten; es ist ein liebliches inniges Wesen, welches mich sehr an die selige Tante Luise erinnert hat. Ueber Susette haben wir uns beide sehr gefreut; sie sieht recht gut aus, ist frisch u[nd] lebendig, u[nd] mit aller Wärme ihres Herzens drückt sie [fol. 1v] ihre Liebe u[nd] ihr Glück aus. Wie würdest Du Dich freuen, wenn Du Deinen Sohn Karl als zärtlichen Liebhaber an ihrer Seite sähest! Wie würde es Dir überhaupt wohl sein bei den lieben Nürnbergern! es geht einem das Herz in ihrer Mitte auf; jeden Augenblick müssen wir hier an Dich denken u[nd] Dich herwünschen. Doch hast Du auch liebliche Freuden zu Hause, das drückt uns Dein lieber Brief aus, den wir gestern Abend hier vorfanden, u[nd] der uns eine große Beruhigung gewährte. Die lieben Kinder! oft sehnen wir uns nach ihnen u[nd] wie werden wir uns freuen, sie wieder an unser Herz zu drücken! Unsere Reise hat uns viele reiche Genüsse gewährt, u[nd] wir waren im Ganzen vom Wetter recht begünstigt. Friederike, wenn sie auch sich zuweilen nach den Kindern langen mochte, ist doch immer recht heiter gewesen u[nd] hat sich den herrlichen Eindrücken der schönen Natur mit voller Freude hingegeben. Den ersten Abend kamen wir um 7 Uhr in Gotha an; in Halle hatten wir Karl, als unglücklichen EisenbahnReisenden zurücklassen müssen; die Fahrt über Weimar, Erfurt war sehr schön. – Stavenhagens trafen wir im Park, als wir eben zu ihnen gehen wollten. [fol. 2r] Sie begrüßten uns sehr herzlich. Da sie uns auf der ferneren Reise noch über Eisenach bis Die liebe Tante Maria Magdalena von Tucher war als Ehegattin Johann Sigmund Karl von Tuchers Schwägerin Maria Helena Susanna Hegels und damit eine Tante Immanuel und Karl Hegels. die selige Tante Luise Die 1846 verstorbene Luise Caroline von Schwarz, geb. Tucher, war eine Schwester Maria Helena Susanna Hegels und damit eine Tante Immanuel und Karl Hegels. Die lieben Kinder Maria Hegel und Wilhelm Hegel. Weimar Haupt- und Residenzstadt des 1741 entstandenen und 1809 staatsrechtlich vereinigten Herzogtums, dann Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. Stavenhagens Vermutlich Friedrich Karl Leopold von Stavenhagen (1796–1869) und seine Ehefrau. Stavenhagen war 1848/49 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung gewesen und seit dem Sommer 1849 pensionierter preußischer Generalmajor. Bevor er ab 1859 erneut als Parlamentarier politisch tätig wurde – Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses, Mitglied des Reichstages des Norddeutschen Bundes, Mitglied des Zollparlaments –, lebte er ein Jahrzehnt als Pensionär in Gotha. Eisenach Im westlichen Thüringer Wald gelegene ehemalige Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Eisenach, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem Ort der Beschwörung der deutschen Einheit wurde.

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Liebenstein begleiten wollten, so blieben wir bei ihnen in Gotha bis zum andern Mittag u[nd] machten hier am Vormittag sehr anmuthige Spaziergänge um diese außerordentlich freundlich gelegene Stadt. Von Eisenach aus, nahmen wir einen Fuhrmann, gingen wir über die Wartburg, durch das romantische Annathal nach der hohen Sonne, u[nd] fuhren noch am Abend bis Liebenstein. Nach einem Gewitter war Regen eingetreten, u[nd] konnten wir daher bei dieser Fahrt nicht viel sehen. Desto schöner war es am andern Morgen in Liebenstein, u[nd] wir machten hier einen sehr genußreichen langen Spaziergang beim herrlichsten Sonnenschein auf den Liebenstein u[nd] nach Altenstein durch die köstlichen Buchenwaldungen u[nd] mit den schönsten Aussichten auf die anmuthige Landschaft. Am Mittag um 12 Uhr trennten wir uns von Stavenhagens, welche nach Gotha zurückfuhren, während wir mit Extrapost, da unsere Zeit sich sehr verkürzt hatte, die Reise durch das abwechselnde freundliche Werrathal über Meiningen nach Hildburghausen fortsetzten, wo wir übernachteten. Am andern Morgen fuhren wir sehr zeitig aus [fol. 2v] u[nd] kamen nach einer recht belohnenden Wagenfahrt nach Coburg um 10 Uhr. Hier machten wir einen schönen Spaziergang nach der Festung, wo sich eine herrliche Aussicht nach allen Seiten darbietet. Um 2 Uhr fuhren wir per Postwagen nach Lichtenfels, u[nd] nach einer Rast von 2 Stunden beendigten wir die Reise beim schönsten Wetter über Bamberg u[nd] Erlangen. In Nürnberg empfingen uns auf dem Bahnhof Karl mit Susette. Siegmund u[nd] Onkel Gottlieb; letzterer war auch mit Thekla am Mittag angekommen; beide sahen sehr

Liebenstein Etwa 50 Kilometer südöstlich von Eisenach gelegener Ort im Herzen des Thüringer Waldes. Wartburg Burg oberhalb Eisenachs, die im 19. Jahrhundert u.a. Ort des Wartburgfestes am 18. Oktober 1817 zur Erinnerung an die Einführung der Reformation Martin Luthers im Heiligen Römischen Reich war. Annathal Weg durch das kleine Annatal führt von Norden zur Hohen Sonne. hohen Sonne Die Hohe Sonne war eine Waldsiedlung mit Schloßruine am Rennsteig, etwa sechs Kilometer südlich von Eisenach gelegen. Altenstein Etwa 20 Kilometer südlich von Eisenach und nahe Liebenstein lag Altenstein als Sommerresidenz der Herzöge von Sachsen-Meiningen. Werrathal Die im südlichen Thüringer Wald entspringende Werra bildet bei Hannoversch Münden zusammen mit der Fulda die Weser. Meiningen Etwa 60 Kilometer südlich von Eisenach gelegene Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Meiningen. Hildburghausen Etwa 30 Kilometer südöstlich von Meiningen gelegene ehemalige Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Hildburghausen. Festung [Coburg] Etwa 100 Kilometer nordöstlich von Nürnberg oberhalb der Stadt Coburg gelegene Burg- und Festungsanlage. Erlangen Etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegene Universitätsstadt. Onkel Gottlieb Christoph Karl Gottlieb von Tucher, Bruder Maria Helena Susanna Hegels und Johann Sigmund Karl von Tuchers und daher von Immanuel und Karl Hegel sowie Susanna Maria von Tucher zumeist „Onkel Gottlieb“ genannt.

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wohl aus. Wilhelms kommen heute Mittag. Die Rosenhayn ist schon da; wir wollen sie noch heute Vormittag besuchen. – Küsse meine lieben Kinder: Gott möge Dich u[nd] sie bewahren! Die herzlichsten Grüße dem theuren Freund Schilling, auch N[. . . ] u[nd] der lieben Klitzing, auch der lieben Elise. Lebe recht wohl, theure Mutter, wir schreiben Dir bald wieder. Von ganzem Herzen Dein Immanuel. Mir bleibt nur ein kleines Plätzchen, herzliebste Mutter, um Dich innigst von Susettchen u[nd] mir zu grüßen. – Gestern Mittag trafen die lieben Neuburger ein, Gottlieb u[nd] Thekla mit ihrem Söhnchen Augustin u[nd] wurden von Susettchen u[nd] mir auf dem Bahnhof empfangen u[nd] in die Wohnung von Friedrich u[nd] Lina geführt, wo wir mit ihnen zu Mittag aßen, während Susettchen an Linens Stelle die liebenswürdige Wirthin vertrat, da die Wirthe auf einen Tag nach Henfenfeld mußten. Gestern Abend empfingen wir ebenso mit den beiden Onkeln unsere lieben Geschwister aus Berlin – es war eine große Freude u[nd] herzlichster Empfang; inzwischen war auch Tante Sophie gekommen. Die letzten werden die Leitheimer sein, die erst heute Abend ankommen. Wir wollen heute Abend auf dem Schloßzwinger sein. Die Trauung ist auf morgen Nachmittag 4 Uhr festgesetzt. – Gott behüte Dich, liebste Mutter u[nd] gebe uns seine Segen zum feierlichen Morgen! [PS] Lebe wohl, liebste Mutter. Die Einlage gab mir die T[ante] Fritz. – Es ist heute ein herrlich schöner Tag: möchte auch der morgende so sein!

Wilhelms Kurzbezeichnung für die Familie Karl Friedrich Wilhelm von Tuchers auf Schloß Leitheim. Freund Schilling Möglicherweise ein Freund und Kollege Immanuel Hegels in Berlin. N[. . . ] Name durch Papierzerstörung unlesbar, aber wahrscheinlich Nordenflycht, wie im Brief Nr. XXVI vom 29. Mai 1850 genannt. Klitzing Freundin Maria Helena Susanna Hegels in Berlin. Mir bleibt nur ein kleines Plätzchen Hier beginnt ohne Anrede und Unterschrift Karl Hegels Teil des gemeinsamen Briefes der beiden Brüder. Augustin Christoph Karl August von Tucher (1839–1914). Henfenfeld Etwa 25 Kilometer östlich von Nürnberg gelegenes Rittergut, das im Jahre 1817 von dem Nürnberger Kaufmann Benoit (Georg Christoph Benedikt) von Schwarz erworben worden war. Schloßzwinger Auf der Nürnberger Burg gelegen. Einlage Die nicht näher bezeichnete Einlage hat sich offenbar nicht erhalten.

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Nr. XXV Brief Friederike Hegels an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 27. Mai 1850

[fol. 1r] Nürnberg d[en] 27ten Mai [1850] Meine traute geliebte Herzens Mutter! also von dem lieben Nürnberg aus rufe ich Dir heute meine zärtlichsten Grüße zu! – es erscheint mir fast wie ein Traum, daß ich in Nürnberg bin – in diesem lieben prächtigen Kreis, in dem man sich doch gleich wieder so heimisch fühlt. Mit Worten kann ich es Dir nicht sagen, wie unendlich viel meine Gedanken bei Dir sind, Du treue liebe Mutter – wie oft ich Dich im Geist, mit der innigsten Liebe umarme u[nd] küsse, u[nd] Dir danke – ja von ganzem Herzen danke für die Treue u[nd] Zärtlichkeit mit der Du, einzige trauteste Mutter! unsere Kinderchen behütest und bewachst, und daran eine so rührende Freude findest! wie herzlich hat mich Dein gar so lieber Brief gestern Abend erquikt u[nd] erfreut, – bei all dem Schönen, den mannigfaltigen Genüssen, die uns der liebe Gott hat zu Theil werden lassen, in der Bewunderung u[nd] dem Entzücken an Seiner schönen Natur – – war doch mein Herz oft recht in Sehn- [fol. 1v] sucht bei Euch, bei meinen herzliebsten Kindern, die ich nun immer getheilt aufsuche! Hier unten, u[nd] dort Oben! Manche Thräne kostete mir wohl der Gedanke, wie so ganz anders ich mir diese Reise ausgemalt hatte, aber es waren keine bitteren Thränen, – ach nein! ich möchte ein Danklied nach dem andern in meinem Innern anstimmen, f[ür] so viel Gnade, die wir genossen, u[nd] in der wir noch so reich sind! – Eines [. . . ] mich der Anblick des kleinen Friedrich recht sehr, namentlich wenn er mit seinem Stimmchen anhebt, die bekannten kleinen Liedchen zu singen; – er ist ein allerliebstes Kind. – Doch vor Allem sollt’ ich Dir von den beiden Hauptpersonen sprechen, dem lieben Paare! – ich kann Dir nur sagen, Susette ist ganz reizend in meinen Augen, – so durch und durch Liebe u[nd] Innigkeit, so man ihr nicht widerstehen könnte, stünde sie mir als Fremde gegenüber; um wie viel mehr öffnet [fol. 2r] sich ihr mein Herz, nun ich sie als Schwester begrüßte! Auf dem Bahnhof erwartete sie uns mit unserem Karl, u[nd] den beiden lieben Onkels Siegmund u[nd] Gottlieb; u[nd] an ihrer innigen warmen Umarmung fühlte ich die Nürnberg d[en] 27ten Mai [1850] Datierung ohne Jahreszahl, aber der Brief gehört eindeutig ins Jahr 1850. bei meinen herzliebsten Kindern Gemeint sind Maria Hegel und Wilhelm Hegel sowie die am 27. April 1850 verstorbene Auguste (Gustchen, Gustli) Hegel. [. . . ] Nicht lesbares Wort, da überschrieben. kleinen Friedrich Friedrich Wilhelm von Tucher (1846–1924), dritter Sohn und jüngstes Kind Johann Sigmund Karl und Maria Magdalena von Tuchers sowie jüngster Bruder Susanna Maria von Tuchers, gleichaltrig mit Auguste Hegel, der gerade verstorbenen ältesten Tochter Friederike und Immanuel Hegels.

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Freude ihrer Herzen über unsere Ankunft; – so gingen wir denn Alle zusammen nach dem Garten, wo mir die liebe Thekla zuerst entgegen trat, mit dem wohlbekannten lieben seelenvollen Blick – u[nd] gleich dahinter kam dann die Tante Maria, der ich überall eine ganz besondre Stelle einräumen möchte – denn in meinem Herzen steht sie obenan! mit welcher sanften u[nd] stillen – freudigen Ergebung saß sie wieder unter all’ den Stürmen, die um sie gelagert waren, wie sichtbar hält die Hand Gottes dieses arme Mutterherz standhaft u[nd] fest – möge es des Herrn Wille doch sein, die Sorgen ihres Herzens in Freude zu verwandeln! – ob eine [fol. 2v] bestimmte Hoffnung dazu vorhanden, scheint mir nicht, – wenigstens spricht die theure Tante selbst dieses nicht aus, um so mehr bewundere ich sie, wie sie bei diesem Schmerz, mit gewohnter Treue liebender Umsicht ihr ganzes Haus versorgt, während sie die Pflege ihres Gottliebs unausgesetzt dabei besorgt, u[nd] f[ür] Alle ein Auge, für Jeden ein Ohr hat! – Die Kinder sind Alle sehr sehr nett, Marie ist eine liebe Erscheinung, so sanft u[nd] weiblich, dabei doch voll Theilnahme, u[nd] auch ihr Aussehen ist nicht so schlecht, wie man fürchten sollte, Luise habe ich noch nicht gesehen. – Sophie u[nd] die kleine Line haben sich recht nett ausgebildet, nicht so hübsch als Lilli früher war, aber liebe Gesichterchen haben sie Alle. – Vieles möchte ich Dir noch sagen über Karl u[nd] Susette, – ich werde aber getrieben zum Schluß; – Karl sieht neben seinem Bräutchen recht innig glücklich aus, u[nd] verfolgt sie mit strahlendem Auge, was ich ihm auch sehr verdenken wollte, wenn er es nicht thäte, denn ich finde sie ganz liebenswürdig u[nd] lieblich; das Dagureotyp mußt Du völlig vergessen, sie sieht so hübsch u[nd] anmuthig aus, oft ich sie mit ordentlicher Freude ansehe – eine liebere Schwiegertochter konntest Du nicht erhalten! – Morgen wirst Du mit Susettchen u[nd] [Karl] in treuem heißen Gebet unter uns sein! Gottes reicher Segen möge auf den lieben Geschwistern ruhen! Ach nun meine süßen Kinderchen! einen neuen Bogen möchte ich für dieses Thema nehmen, – ach küsse sie doch täglich von ihrer Mama recht zärtlichst, u[nd] schreibe mir was meine Mimi von der Mama spricht, – ich höre ja immer ihre Silbertönchen in meinem Herzen – Gottes Schutz u[nd] Obhut empfehle sie in jedem Augenblick!

Tante Maria Maria Magdalena von Tucher. Marie Maria Therese Karoline von Tucher. Luise Luise Karoline von Tucher. Sophie Sophie Marie von Tucher. kleine Line Caroline Marie von Tucher Lilli Es ist nicht erkennbar, wer gemeint ist. Dagureotyp Es ist wohl die Daguerreotypie als zeitgenössische frühe Form der Fotografie des Nürnberger Künstlers Friedrich Hahn (1804–1880) von Ende Dezember 1849 gemeint; siehe die Abb. in: Die Brautbriefe Karl Hegels, S. 130. meine Mimi Es ist wohl die Tochter Maria Hegel gemeint.

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Grüße die liebe Elise u[nd] auch meine Mädchen, – ich bitte sie Alle 3 sich recht ordentlich u[nd] gut zu halten, – aber die Amme möchte ich nicht allein nach dem Thiergarten schicken, einmal hatte ich es erlaubt, f[ür] meine Abwesenheit aber nicht, dazu kenne ich sie zu wenig; – ist sie auch mit den feuchten Windeln nicht leichtsinnig? Nun, meine trauteste geliebte Herzens Mutter, leb denn wohl! Gott wolle Euch in Seinen gnädigen Schutz nehmen, – mir ist mein Herz voll von Dank! – Mit den tausendfachsten Grüßen an all’ d[ie] Lieben schließe ich! Deine Friederike.

Nr. XXVI Brief Immanuel Hegels an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 29. Mai 1850

[fol. 1r] Berlin d[en] 29ten Mai 1850 Liebe treue Mutter! Wir danken Dir von ganzem Herzen für die lieben ausführlichen Briefe, welche Du uns von Dir und den herzigen Kindern hierher gesandt hast. Sie geben uns eine große Beruhigung, in der Trennung u[nd] Sehnsucht nach Euch, und lassen uns getrost das Zusammenleben mit den lieben Nürnbergern genießen. – Gestern Nachmittag war nun die ernste u[nd] feierliche Stunde der Trauung in der Kirche, wo Du auch vor Jahren mit dem Vater vor dem Altar gestanden hast. Es war ein großer Kreis von Verwandten in der Kirche versammelt, wo auch die sich eingefunden hatten, welche bei der gegebenen Einschränkung des Festes von Siegmund nicht in das Haus geladen werden konnten. Vorbrugg hielt eine erbauliche Rede, u[nd] die Feierlichkeit war erhebend bis auf die Unruhe in der Kirche, in welche eine große Masse Volks eingedrungen war. Die nächsten Angehörigen fuhren dann mit uns in den Garten: es war ein wunderschöner Tag, u[nd] für uns Erquickung, sich im Freien zu bewegen; Siegmunds, Gottliebs [fol. 1v] Wilhelms, die Fritz, Sophie, Friedrich Grundherr mit Lina, die Eltern Grundherr, zwei ehrwürdige Erscheinungen, besonders der Vater, ein meine Mädchen Dienstmädchen im Hause Friederike und Immanuel Hegels in Berlin. Berlin d[en] 29ten Mai 1850 Immanuel Hegel datierte seinen Brief irrtümlich aus Berlin, obwohl er sich in Nürnberg aufhielt. mit dem Vater vor dem Altar gestanden Georg Wilhelm Friedrich Hegel heiratete Maria Helena Susanna von Tucher am 15. September 1811 in der Nürnberger Heilig-Geist-Kirche. Friedrich Grundherr „Friedrich“ hat Karl Hegel mit Bleistift über den von seinem Bruder fälschlicherweise „Wilhelm“ genannten Ehemann Lina von Grundherrs geschrieben.

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urkräftiger Mann, die Rosenhayn, welche zwar ziemlich gealtert, doch immer gleich lebendig u[nd] geistesfrisch, mit ihr Fritz Haller, welche Dir ein herzliches Andenken bewahrt, u[nd] mit der, als ich am Abend neben ihr saß, ich Bruderschaft gemacht habe. Am Abend vereinigten wir uns beim Abendessen, wo stattlich getafelt u[nd] noch Toaste ausgebracht wurden. Karl sprach auch dabei sehr herzlich u[nd] bewegend seinen Dank den Eltern u[nd] Großeltern aus. Besonders rührend waren die Segenswünsche, die der alte Großvater Grundherr aussprach. – Ich hatte auf der anderen Seite die Lina, mir gegenüber die Frida u[nd] Friedrich Grundherr, nicht weit von mir Friederike u[nd] Gottlieb. Wir waren recht heiter u[nd] glücklich beisammen. Um Mitternacht trennten sich erst die Geschwister u[nd] das junge Ehepaar verfügte sich zuletzt in die oberen Zimmer, welche Tante Sophie ihnen eingeräumt hat. – Karl ist sehr liebenswürdig, nach allen Seiten hin freundlich, u[nd] es spricht sich in seinem ganzen Menschsein u[nd] [fol. 2r] Wesen das volle Gefühl seines Glücks aus. Susette war als Braut sehr lieblich; sie ist ein offenes frisches u[nd] verständiges Wesen u[nd] an Karls Seite müssen wir es uns mit voller Hoffnung sagen, daß sie recht zusammenpassen u[nd] mit Gottes Segen miteinander glücklich sein werden. – Als wir von der Trauung zurückkehrten, war Dein Brief addressirt an Frau Professorin Hegel, geborene von Tucher angekommen, u[nd] wurde mit herzlicher Freude begrüßt. Das junge Ehepaar nahm Deine mütterlichen Segenswünsche mit größtem Dank auf. Heute morgen erhielten wir Deinen dritten Brief, der uns die erfreuliche Nachricht von Wilhelms drittem Zähnchen brachte. Gottliebs Zustand ist nicht ohne Hoffnung, da er sich doch seit einigen Tagen durch das Geschwür wesentlich erleichtert hat: das Fieber ist geringer, er schläft ruhiger, u[nd] war heute Morgen sogar wieder etwas aufgestanden. Er ist in dem heiteren Zimmer von aller Unruhe des Hauses entfernt. Heute Vormittag war dann der Tag der [fol. 2v] Hausschenken; es kamen die geputzten Mägde mit den Körben u[nd] brachten reiche Geschenke, eine lange Tafel wurde voll davon; schöne viele Sachen, besonders die Silbersachen von Siegmunds, den Eltern Grundherr u[nd] der Tucherschen Geschwister sehr kostbar. Für heute fehlt die Zeit, um mehr davon zu erzählen. Karl führte darüber Buch u[nd] theilte die Trinkgelder aus. Am Freitag wollen wir eine Fahrt nach Simmelsdorf machen, u[nd] am Sonnabend vermuthlich abreisen. Um jedoch die Fahrt nicht zu anstrengend zu machen, denke ich erst am Montag anzukommen. Gott gebe es, daß wir Dich u[nd] die Kinder dann recht wohl antreffen; möchtest Du, theure Mutter Dir nur auch die nöthige Ruhe gönnen!

Fritz Haller Friederike von Haller (1789–1865) war eine Schwester Sigmunds VI. von Haller und blieb unverheiratet. Innerhalb der Familie wurde sie Tante „Fritz“ genannt. (Auch in der Tucher-Familie gab es eine „Tante Fritz“: Sophia Maria Friederike Meyer, geb. von Tucher). Frau Professorin Hegel Susanna Maria von Tucher als Professor Dr. Karl Hegels Ehefrau.

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Habe tausend Dank für alle Deine Liebe! Karl u[nd] Susettchen sind heute zu sehr beschäftigt, um selbst schreiben zu können. Sie senden Dir die innigsten Grüße u[nd] ebenso Siegmunds, alle Geschwister, die Rosenhayn etc. Grüße auch von unserer Seite herzlich die liebe Klitzing, den treuen Freund Schilling, unsere Hausgenossen Nordenflycht, die gute Elise etc. – Wir sind sehr erfreut über den geänderten Entschluß Matthildes, auch ist uns die Sending u[nd] Damker jetzt sehr angenehm. Lebe recht wohl, theure Mutter, von ganzem Herzen Dein Imm[anuel.]

Nr. XXVII Brief Friederike Hegels an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 29. Mai 1850

[fol. 1r] Nürnberg d[en] 29ten Mai [1850] Meine theure liebe Mutter, eben erhielten wir Deinen dritten lieben Brief u[nd] danken Dir herzinniglich f[ür] all’ Deine Liebe, die sich darin wieder so rührend ausspricht, in der Freude, der Erquickung, die Du in Deinem „Mutteramt“ – findest, was Du statt meiner übernommen! wie danke ich Gott, daß es Dir keine Beschwerden macht, daß Er unsre Kinderlein so gnädig behütet, u[nd] sie Dir nur Freude u[nd] keine Sorge machten bisher! – unsere süßen süßen Kinderchen! ach küsse sie doch von uns so wie ich es immer thue, u[nd] sage meiner holdseligen Mimi, daß Mama bald wiederkommt, u[nd] sie möchte sich doch auf mich freuen, – ach das liebe herzige Kind! wie steht sie mir so lieblich vor Augen in all’ den kleinen Bildern u[nd] Geschichten, die Du uns so treulich mittheilst – Du herzensliebe Mutter – wenn ich Deine Briefe lese, muß ich immer sagen: Gott vergelt’s, denn wir können Dir ja nie all’ die Liebe vergelten, die Du an uns thust.

Nordenflycht Ferdinand Otto von Nordenflycht (1816–1901), verheiratet mit Adelheid Conrad (1821–1862) war Jurist und preußischer Beamter in zahlreichen Verwendungen, u.a. war er von 1849 bis 1851 Leiter der Pressestelle des Preußischen Staatsministeriums in Berlin. Sending Nicht identifizierte Person. Damker Nicht identifizierte Person. Nürnberg d[en] 29ten Mai [1850] Datierung ohne Jahreszahl, aber der Brief gehört inhaltlich eindeutig ins Jahr 1850. Er wurde aus Platzmangel nicht unterschrieben, denn Friederike Hegel schrieb auch über sämtliche Seitenränder, teilweise quer über ihren früheren Text.

Die Briefe vom 25. Oktober 1849 bis 25. Juli 1850

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[fol. 1v] Nun sollt’ ich aber eigentlich wohl von ganz andren Dingen sagen, als von unsren kleinen Lieblingen, nicht wahr? Gestern, der schöne festliche Hochzeitstag – Gott segne ihn dem lieben Paare, als Grundstein ihres ehelichen, häuslichen Glück’s; – nur Du fehltest, meine Herzens Mutter, u[nd] ich fühlte doch, ich war nur ein schlechter Ersatz, denn Du gehörtest viel mehr hierher – so wohl mir auch in diesem lieben lieben Kreise war! – Wie gern hätte ich dies Dein Töchterchen gezeigt, als wir sie in ihrem Hochzeitsstaat so lieblich geschmückt hatten, sie war darin so anmuthig, echt jungfräulich u[nd] bräutlich, die Liebe u[nd] Hoffnung strahlten durch den Schleier von unbewußter Scheu u[nd] Beklommenheit, aus ihren lieben Augen, wenn sie sich an ihren Karl mit vertrauender Liebe anlehnte, u[nd] er verdient auch sicherlich das vollste Vertrauen u[nd] hingebendste Liebe; – sah er doch selbst so aus als ob [fol. 2r] er sich kaum traute, sein Weibchen in die Arme zu schließen, – ich möchte fast sagen, selbst wie eine Jungfrau! aber Du darfst mich nicht verrathen, daß ich so Etwas Dir geschrieben, nicht wahr, Mütterchen? Als wir nun Alle fertig geschmückt waren, fuhren wir in verschiedenen Parthien zur Kirche, wo uns ein großer Kreis von Verwandten u[nd] näheren Bekannten erwartete, – es mochte wohl ½ 5 sein, als wir aus der Sakristei in die gefüllte Kirche gingen, wo der Prediger Vorbruck die kirchliche Weihe über den Bund unsrer Lieben sprach, – in einer herzlichen, wenn auch nicht ausgezeichneten Rede, – Susette war wohl bewegt, aber wie sie selbst sagte hatten sich ein so seliger Frieden u[nd] Ruhe in ihr Herz gelegt, der ihr Alles so leicht gemacht hätte; den Morgen u[nd] den Tag vorher war sie in einer zu großen inneren Bewegung; – immer u[nd] immer [fol. 2v] mußte ich denken: ach wäre die Mutter hier! Deinen Karl am Trau-Altare zu sehen, wie hätte es Deinem treuen Mutterherzen wohlgethan! – Soweit kam ich vorhin – da kamen so viele Besuche, daß ich mich nicht mehr fortstehlen konnte, u[nd] nun ist mir so müde u[nd] matt zu Muth, daß ich kaum die Feder halten kann; meine Schmerzen scheinen mich doch auf ein ganz stilles ruhiges Leben, wie ich es in Berlin führe, hinzuweisen, denn ich muß ihnen Allen hier recht theilnahmlos erscheinen, – u[nd] ich bin’s gewiß nicht, aber förmlich abgespannt fühl’ ich mich heut, von dem gestrigen bewegten Tage, u[nd] dem vielen sprechen, sehen u[nd] hören; u[nd] man möchte die Lieben Alle doch Einzeln genießen, u[nd] sich mit ihnen wieder recht nah kommen! Die liebe Thekla ist unverändert u[nd] so viel frischer als ich – auch Frieda ist sehr lieblich u[nd] liebenswürdig wie immer. Onkel Gottlieb ist prächtig, wir haben uns gestern Abend bei Tisch sehr schön unterhalten, er war mein Nachbar. Die Tante Rosenhayn ist von einer rührenden Herzlichkeit und Liebe gegen uns, und grüßt Dich mit alter Zärtlichkeit, so wie die andren Tanten u[nd] Onkels Alle Alle – jedes wollte Dich besonders grüßen lassen! Lina ist allerliebst u[nd] hat mich ganz bezaubert durch ihr Wesen.

Prediger Vorbruck Pfarrer Johann Christian Michael Vorbrugg. Frieda Friederike Caroline Wilhelmine Camilla von Tucher, geb. Gräfin von Montperny.

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Die Briefe vom 25. Oktober 1849 bis 25. Juli 1850

An die Eltern schreiben wir heut auch – meiner Cläre Brief hat mich heut auch tief bewegt, u[nd] der Empfindung darf ich mich doch in diesen Tagen nicht hingeben, sonst komme ich doch in raschen Widerspruch mit mir selbst u[nd] fange an, mich so sehnsüchtig zu bangen, nach Dir u[nd] den Kindern! – mein altes Kopfweh hat mich [zu]letzt auch geplagt; – aber nun ist’s vorüber. Am Freitag ist bestimmt, nach Simmelsdorf eine Parthie zu machen, das freut mich sehr, u[nd] am Sonnabend werden wir wohl aufbrechen. Meiner Mimi u[nd] meinem goldnen Jungen sende ich Küsse über Küsse – ach! könnte ich sie ihnen nur erst selber wieder geben. Gott bewahre u[nd] behüte sie u[nd] Dich mein Mutterchen. Die zärtlichsten Grüße von dem jungen Ehepaar. Susette u[nd] Karl strahlen heut’ in Glück u[nd] Liebe.

Nr. XXVIII Brief Karl Hegels an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 30. Mai 1850 Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 31 Mai 1850 9–10 Adressenfeld: An Frau Professor Marie Hegel geb. von Tucher Berlin Potsdammer Str[aße] 27. [fol. 1r]

Nürnberg, Donnerstag, 30. Mai [1850] Nachmittags.

Geliebte theuerste Mutter! So bin ich denn mit meiner lieben Susette auf ewig verbunden, nachdem durch den Segen der Kirche das Band unsrer gegenseitigen innigen Liebe zu einem unauflöslichen geworden ist. Dein lieber inniger Brief, der uns Deinen mütterlichen Segen zum Tage unsrer Verbindung brachte, kam so sehr zur rechten Zeit, daß wir ihn bei unserer

An die Eltern schreiben Gemeint sind Friederike Hegels Eltern: Eduard Heinrich und Auguste Flottwell. Cläre Es handelt sich um Friederike Hegels ältere Schwester Clara Flottwell (1825–1912). meinem goldnen Jungen Wilhelm Hegel. Nürnberg, Donnerstag, 30. Mai [1850] Nachmittags. Datierung ohne Jahreszahl, aber der Brief gehört inhaltlich eindeutig ins Jahr 1850.

Die Briefe vom 25. Oktober 1849 bis 25. Juli 1850

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Rückkehr aus der Kirche vorfanden. Habe Dank, geliebte Mutter, für Deine innige Mutterliebe, die sich wie immer, so auch jetzt aufs neue gegen mich so rührend u[nd] schön bewährt, die mir den Segen des Himmels verheißt. Denn der Segen der Eltern baut der Kinder Häuser, sagte der treffliche Großvater in dem Trinkspruch, den er seiner geliebten Enkelin Susette an unserem Hochzeitsabend in tiefer Bewegung zubrachte, und dieser Segen wird uns auch von Dir im höchsten Maße zu Theil – der Segen nicht nur in Worten der Liebe, sondern auch in der That, in dem herrlichen Vorbild, welches er uns vor die Seele, wie vor Augen, stellt. So wurde auch Deiner an demselben Abend mit herzlichster Liebe gedacht durch Deinen lieben Bruder Gottlieb, der Dich jedoch nicht erst bei uns in Erinnerung brachte, denn viel u[nd] oft haben wir Dich unter den schönen Kreis der lieben Geschwister u[nd] Anverwandten herbeigewünscht, um Dich als nächste u[nd] theilnehmendste Zeugin unseres Glücks bei uns zu sehen. Wie nah Du uns im tiefbewegten Geist u[nd] Herzen gewesen bist, wie Deine Seele uns segnend gleichsam umschwebt hat, beweis[en] auch die liebevollen u[nd] rührenden Zeilen, die Du [fol. 1v] uns an demselben Tage geschrieben u[nd] die wir heute morgen empfangen u[nd] im Garten gelesen haben. Habe auch dafür den innigsten Dank, theuerste Mutter! Die nähere Beschreibung unseres Festes wirst Du durch Manuel u[nd] Friederike demnächst mündlich erhalten. Kaum bliebe mir die Zeit in diesen glücklichen u[nd] viel beschäftigten Tagen, sie schriftlich auszuführen, u[nd] wie weniges ließe sich davon ungenügend zu Papier bringen! Es genüge für jetzt zu sagen, was Du bald selbst mit Augen sehen wirst, daß Susettchen u[nd] ich in unsrer Liebe das vollkommenste Glück genießen, was auf Erden möglich ist. Unsere lieben Eltern hier empfinden dieses Glück mit uns, wenn gleich ihr Glück mehr als das unsrige durch die immer sehr bedenkliche Krankheit ihres Sohnes Gottlieb getrübt wird. Die liebe herrliche Mutter widmet sich unausgesetzt der Pflege ihres Sohnes mitten unter den Besorgungen für ihr Haus u[nd] für uns u[nd] die lieben Gäste; und muß uns oft ihre Gegenwart entziehen, wo wir sie denn immer schmerzlich vermissen. Glücklich genug, daß Gottliebs Krankheit in diesen Tagen eine einigermaßen bessere Wendung genommen hat; das Fieber, welches bei meiner Ankunft noch sehr heftig war, hat in den letzten Tagen immer mehr nachgelassen u[nd] die Geschwulst am Halse konnte heute mit günstigem Erfolg operirt werden, indem viel Eiter hinausgelassen wurde. Die liebe Mutter hat hieraus so viel neue Hoffnung geschöpft, daß sie sich vielleicht entschließen wird, uns morgen nach Simmelsdorf zu begleiten u[nd] die Pflege ihres Sohnes an diesem Tage der Tante Sophie zu überlassen. Schon kommen die zu heute Abend in den Garten geladenen [fol. 2r] Gäste u[nd] drängen mich zum Schluß, da ich Dir noch so viel zu schreiben hätte. – Manuel u[nd] Fried[erike] haben ihre Abreise auf Sonnabend Mittag festgesetzt u[nd] werden Montag Mittag wieder bei Dir eintreffen. Die anderen lieben Gäste reisen am Montag, wir zwei am Dienstag, wenn’s möglich ist. Noch weiß ich nicht, welchen Weg wir nehmen u[nd] wie lang wir ausbleiben werden, gewiß nicht sehr lang, da es mich zu Dir u[nd]

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nach Rostock treibt; doch glaube ich nicht, daß ich schon an meinem Geburtstage, wie Susettchen meint, in Berlin sein könnte. – Von Manuel u[nd] Friederike, die hoch erfreut über Deine heutigen guten Nachrichten von ihren lieben Kindern sind, die herzlichsten Grüße, nicht minder von Deinen lieben Geschwistern u[nd] Anverwandten allen. Wir waren gestern Abend (bis dahin hat Dir Manuel geschrieben) von der lieben Lina nach Rohlederers Garten eingeladen. Heute morgen kam ein Theil im Bratwurstküchel am Lauferschlagthurm zusammen, die Tante Rosenhayn war auch dabei – heute Abend in unserem Garten, morgen nach Simmelsdorf, übermorgen ist Manuels Abreise, u[nd] wir machen daneben Abschiedsbesuche, wozu auch noch der Sonntag zu benutzen ist. Am Montag wird die Ausstattung u[nd] die reiche Hausschenke eingepackt – eine Pracht von schönen Sachen, die es zu viel wäre einzeln aufzuzählen. NB. Doch ich werde abgerufen u[nd] muß schließen. Lebe wohl, innigstgeliebte Mutter. In treuer Liebe Dein Karl. NB. Von den Tucherischen Geschwistern u[nd] der Tucherischen Gesammtfamilie haben wir ein schweres silbernes Theeservice bekommen, von den lieben Eltern ein schönes weißes Besteck u[nd] silberne Eßlöffel für 12 Personen, von den Großeltern einen großen Suppenlöffel u[nd] zwei andere große Löffel usw.

Nr. XXIX Brief Susanna Maria Hegels, geb. von Tucher, an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 30. Mai 1850

[fol. 1r] Nürnberg d[en] 30ten / 5 1850. Wie soll ich Alles, was ich Dir, meiner geliebten theuren Mutter, sagen möchte, was mein Herz bewegte während der letztverflossenen Tage, wie soll ich das in Worte, und in schriftliche Worte bringen? ist mir doch das Herz so voll seliger Freude, daß ich sie selbst kaum zu fassen vermag, und nur innerlich Gott danken kann für das Glück, an meinem Geburtstage Karl Hegel wurde am 7. Juni 1813 in Nürnberg geboren. Rohlederers Garten Gartenwirtschaft im nordwestlich vor der Nürnberger Altstadt gelegenen St. Johannis. Bratwurstküchel Eine der vielen Nürnberger Bratwurstküchen. Lauferschlagthurm Der Laufer Schlagturm, nach seiner Schlaguhr benannt, ist an der Ostseite der Nürnberger Stadtmauer gelegen. NB. Notabene (wohlgemerkt, ergänzend).

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das er mir in der Liebe Deines meines Karl schenkte. Wohl mischen sich ernste, trübe Gedanken in meine Freude, und ich denke mit Bekümmerniß daran, die theuren Eltern und Geschwister zu verlassen, meinen lieben Gottlieb krank zu wissen und mich vielleicht auf traurige Nachrichten aus der Heimath vorbereiten zu müssen, aber doch fühle ich deutlich und klar, daß mein eigentliches Leben doch nur in der Liebe meines Karl jetzt ruht, und daß ich Alles verlassen kann um seinetwillen. Er wird mich bald zu Dir, meine herzliebste Mutter, bringen und Deine Liebe, Dein treues, inniges Mutterherz, die Liebe meiner theuren Geschwister Manuel und Friederike werden mir ein süßer [fol. 1v] Trost in der Fremde sein, wenn mir die Trennung von der Heimath schwer aufs Herz fällt. Wie dank ich Dir, meine theure Mutter, daß Deine Liebe es möglich machte, daß meine liebe liebe Friederike den schönen, reichen Tag, der mich meinem Karl verband, mit uns feiern konnte, wie innig lieb habe ich sie und unsern herzlich lieben Manuel gewonnen! ach mir ist das Herz so voll Liebe für meinen Karl, für Alle, die mir in ihm und durch ihn angehören, daß ich mich sehne, unaussprechlich sehne, mich bald gegen Dich, meine geliebte Mutter, aussprechen zu können. So Gott will, sehen wir uns in 8–10 Tagen, denn mein Karl möchte doch gar zu gerne den 7. Juni in Berlin, vereint mit all seinen Lieben feiern. Bis dahin, meine geliebte, theure Mutter, muß ich Dir noch Lebewohl sagen; Dank, innigen Dank für all Deine treue, mütterliche Liebe, mit der Du auch mich, Dein Kind, umfängst, für Dein, gewiß auch für mich zum Himmel gesandtes, Gebet. Ich küsse Dich im Geiste meine theure Mutter, Gott nehme uns Alle in seinen allmächtigen Schutz. Deine Tochter Susette Hegel.

Deine Tochter Susette Hegel Ehenamen.

Erstmalig unterschrieb Susanna Maria von Tucher mit ihrem

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Nr. XXX Brief Karl Hegels an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 1. Juni 1850 Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 1 JUN 1850 2–3 Adressenfeld: An Frau Professor Marie Hegel geb. v. Tucher Berlin Potsdammer Str[aße] 27. [fol. 1r]

[Nürnberg] Sonnabend, 1 Juni 1850 Morgens

Theuerste Mutter! Manuel u[nd] Friederike, Deine Kinder, reisen heute Mittag von hier ab, übernachten in Hof, gehen morgen weiter bis Leipzig, wo sie am Nachmittag und Abend bleiben, weil sie an demselben Tage doch nicht bis Berlin gelangen könnten, übernachten noch einmal in Leipzig u[nd] kommen am Montag Nachmittag um 3 Uhr bei Dir und ihren lieben Kinderchen an. Dies melde ich Dir, geliebte Mutter, in ihrem Namen u[nd] Auftrag, weil sie verhindert sind, selbst, wie sie wollten, noch an Dich zu schreiben, da sie durch Einpacken u[nd] Besuche heute morgen vollauf beschäftigt sind. Wir, d[as] i[st] meine liebe Frau u[nd] ich, werden wohl kaum am Dienstag fortkommen, da wir eine Menge von Abschiedsbesuchen vorhaben und außerdem auch noch die Verpackung von Hausschenken u[nd] der Ausstattung besorgen müssen. Dazu hat die liebe Mutter noch um einen Tag weiteren Aufschub gebeten, so daß wir heute morgen die Abreise auf Mittwoch anberaumt haben. Meine Reise wird wohl, wegen des verlängerten Aufenthalts hier, bis auf einen Abstecher nach Dresden, direct auf Berlin gerichtet sein, um Dir mein Susettchen so bald als möglich [fol. 1v] zuzuführen u[nd] den Aufenthalt in Berlin nicht zu kurz machen zu müssen. Wir waren gestern sehr vergnügt in Simmelsdorf, gingen begünstigt vom schönsten Wetter durch das Uzmannsbacher Thal nach Helena, aßen um 4 Uhr unter der Ve[Nürnberg] Sonnabend, 1 Juni 1850 Morgens Absendeort ist nach Ausweis des postalischen Rundstempels und gemäß dem Briefinhalt zweifellos Nürnberg. Dresden Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Sachsen. Uzmannsbacher Thal Das Dorf Utzmannsbach ist etwa drei Kilometer nordöstlich von Simmelsdorf gelegen. Helena Das nördlich von Simmelsdorf gelegene Dorf Helena gehörte der Familie Tucher von Simmelsdorf.

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randa im Freien zu Mittag, 25 oder mehr Personen, u[nd] trafen um ½ 11 Abends hier wieder ein (um 5 Uhr Morgens wurde abgefahren). Leider mußten wir dabei wieder unsere liebe Mutter vermissen, die sich von Gottlieb nicht auf einen ganzen Tag trennen wollte. Und noch schmerzlicher berührte uns die betrübende Nachricht bei unsrer Rückkehr, daß das bedenkliche Symptom des Abweichens sich bei Gottlieb aufs neue u[nd] heftiger eingestellt habe. Es scheint wirklich wenig Hoffnung zu sein. Die lieben Eltern sind Gott ergeben auf Alles gefaßt. Die Leitheimer reisen übermorgen, die Neuburger morgen. Mein Susettchen, welches mich unendlich glücklich macht, Manuel u[nd] Friederike grüßen Dich geliebte Mutter mit mir in kindlicher Liebe. Dein Karl. NB. Ich brauche kaum zu sagen, daß Manuel u[nd] Frau am Montag um 3 Uhr ein Mittagessen erwarten – nimm mir die überflüssige Bemerkung nicht ungut, liebe Mutter.

Nr. XXXI Brief Karl Hegels an Immanuel Hegel, Nürnberg, 4. Juni 1850 Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 4 JUN 1850 5–6 Adressenfeld: Herrn Regierungsrath J. Hegel Berlin. Matthäi Kirchstr[aße] 10. [fol. 1r] Nürnberg, 4. Juni (Dienstag) 1850. Mittags Liebster Manuel! Das von Allen erwartete u[nd] mit immer größerer Bestimmtheit vorhergesehene Trauer-Ereigniß ist noch schneller eingetreten als wir bis zuletzt geglaubt hatten. Der gute Gottlieb ist bereits heute morgen um ½ 5 Uhr sanft verschieden. – Noch am Sonntag, am Tage nach Eurer Abreise, hatten wir neue Hoffnung gefaßt, da das Befinden des Kranken gebessert erschien. Am Nachmittage empfingen wir, nämlich die Eltern, Susette u[nd] ich u[nd] Mariechen mit ihm das H[eilige] Abendmahl, nach welchem er verlangt hatte, aus den Händen des Pfarrers Vorbrugg. Er war zwar sehr schwach, besonders durch das anhaltende Abweichen mit Abgang von Blut, aber doch

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bei ungestörtem Bewußtsein. Gestern traten neue bedenkliche Symptome ein, welche die stattfindende Zersetzung des Blutes anzeigten, u[nd] der Arzt erklärte, daß dem Leben nur noch wenige Tage Frist gesetzt seien. Für die Nacht hatte der Vater eine Wärterin angenommen, um doch der Mutter einige Ruhe zu verschaffen. Um 3 Uhr wurden die Eltern durch die Wärterin gerufen. Der Kranke sagte zur Mutter: Grüße, grüße alle meine Freunde, alle, die mich besucht haben; die Mutter machte ihn darauf aufmerksam, daß er jetzt seine Gedanken auf seinen Herrn u[nd] Heiland zu richten habe; er erwiderte: Du sprichst vom Tod u[nd] Sterben; ich sterbe nicht. Doch war er insofern völlig vorbereitet auf seinen Tod, als seine Stimmung fromm u[nd] ergeben war, auch auf Befragen der Mutter gesagt hatte, daß er seinen dahingegangenen Brüdern zu folgen gerne bereit sei. Die Eltern legten sich wieder zur Ruhe u[nd] wurden um ½ 5 Uhr wieder gerufen: ihr trefflicher Sohn hatte so eben ausgeathmet. Er war gewiß ein guter lieber frommer u[nd] kräftig strebsamer Jüngling – so haben ihn seine Freunde, wie wir, ihn gekannt u[nd] geliebt; u[nd] sicher hätte er seinen geliebten Eltern bei längerem Leben Ersatz gegeben für Vieles, was sie an seinen beiden vor ihm dahingegangenen älteren Brüdern verloren. Der Vater sagte heute morgen unter schweren Thränen, er komme sich vor wie ein entlaubter Stamm. Was hat er nicht Alles für die Familie und für sein Haus geschafft, in dem Gedanken, daß seine Kinder die Früchte davon ernten, daß seine Söhne ihm [fol. 1v] bald seine Mühe erleichtern, sein Werk fortsetzen würden! Wie viel Hoffnungen sind ihm ins Grab gesunken mit seinen drei erwachsenen Söhnen! Ich will suchen ihm so viel Ersatz dafür zu gewähren, als mir in der Entfernung möglich ist. – Die liebe Mutter trägt ihren Schmerz mit derselben himmlischen Ergebung u[nd] Ruhe, ja ich möchte sagen Heiterkeit, die Ihr an ihr kennt: sie scheint nur die Anderen zu trösten, nicht selbst des äußeren Trostes zu bedürfen. – Unsere Abreise war auf morgen festgesetzt, Ausstattung u[nd] Hausschenken waren bereits in zwei Tonnen verpackt, wozu nur noch eine Kiste für die Kleider kommen sollte. Unter den gegenwärtigen Umständen müssen wir sie noch weiter verschieben, wahrscheinlich bis Montag, 10. [Juni 1850]. Unsere Anwesenheit ist den lieben Eltern jetzt besonders erwünscht u[nd] kann dazu beitragen, ihren Schmerz in etwas zu erleichtern. Der endliche Abschied wird freilich doppelt schwer fallen. Am Sonnabend Abend nach Eurer Abreise hatten wir noch eine lange ermüdende Gesellschaft bei Wilhelm Tucher auszuhalten, nachdem wir am Nachmittag die letzten unserer Abschiedsbesuche abgearbeitet hatten – eine Arbeit, die wir auch noch am Sonntag Vormittag bis um 2 Uhr fortsetzten u[nd] glücklich zu Ende brachten. Die Abendgesellschaft dauerte bis Mitternacht; Gottlieb u[nd] Thekla konnten sich nicht davon dispensiren, obwohl sie ihre Abreise auf den andern Morgen früh 4 Uhr festseinen dahingegangenen Brüdern Im Jahre 1842 war Christoph Friedrich Karl von Tucher, 1846 Georg Christoph Karl von Tucher gestorben. Wilhelm Tucher Karl Friedrich Wilhelm von Tucher.

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gesetzt hatten; Thekla mußte um 2 Uhr wieder aufstehen, um noch zu packen. Die Leitheimer blieben noch bis gestern Mittag. Susettchen u[nd] ich besorgten verschiedenen Austausch (u.a. für die Leuchter von Wiß einen Fußteppich vor dem Sopha), u[nd] am Nachmittage wurde gepackt. Heute morgen habe ich die Trauerbotschaft zu den Großeltern nach dem Glockenhof gebracht; als ich zurückkam, fand ich den trefflichen Pfarrer Deintzer von Gr[oßen] Gsee, der zum Besuch gekommen war; an ihn hatte sich der liebe Gottlieb ganz besonders angeschlossen, ihn oft u[nd] zuletzt noch zu Ostern besucht. – Die Beerdigung wird Donnerstag Nachmittag stattfinden, morgen die Section. Heute sind gerade acht Tage seit unserem Hochzeitstage verlossen: so nahe beisammen ist Freud u[nd] Leid, wie selten in einer Familie – es sind ernste Flitterwochen! [fol. 2r] Die Nachricht, die ich Euch gebe, wird Euch kaum überraschen; doch richte ich meinen Brief an Dich, lieber Manuel, damit Du sie unsrer guten Mutter selbst mittheilen mögest. – Susettchen wollte noch einige Worte hinzufügen, aber sie wurde durch fortwährende Besuche und durch Schneidern, wobei auch Lina nebst andern Freundinnen fleißig helfen, um sämmtlichen Kindern schwarze Kleider anzufertigen, daran gehindert. In Berlin dürft Ihr uns kaum vor dem 15. Juni erwarten. Die herzlichsten Grüße von Susette u[nd] ihren lieben Eltern an Euch u[nd] die liebe theuerste Mutter, welche gewiß den innigsten Antheil an unserem Leid wie an unsrer Freude nehmen wird. Leb wohl. In inniger Liebe Dein Karl.

Glockenhof Seit 1765 gehörte der südöstlich vor der Nürnberger Altstadt gelegene Herrensitz der Familie von Grundherr. Pfarrer Deintzer Johann Georg Deinzer (1809–1856) wurde nach seinem Studium der evangelischen Theologie zunächst Hauslehrer in Nürnberg und 1840 Pfarrer an St. Helena in Großengsee; siehe auch Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers, Nr. 4 und 9. Gr[oßen] Gsee Das nördlich von Simmelsdorf gelegene Dorf Großengsee befand sich seit 1574 im Besitz der Familie Tucher von Simmelsdorf. Section Leichenöffnung zur genaueren Feststellung einer Todesursache.

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Nr. XXXII Brief Karl Hegels an Maria Helena Susanna Hegel, Nürnberg, 9. Juni 1850 Faltbrief Rundstempel: NÜRNBERG 9 JUN 1850 Adressenfeld: An Frau Professor Marie Hegel geb. v. Tucher Berlin Potsdammer Str[aße] 27. [fol. 1r]

Nürnberg, 9. Juni [18]50. Sonntag früh

Theuerste Mutter! Morgen Mittag endlich wollen wir das liebe Nürnberg verlassen, nachdem wir den guten Eltern noch die letzten schweren Tage der Trübsal, so viel an uns war, erleichtern helfen. Am Donnerstag, d[en] 6. [Juni] wurde der brave Gottlieb von seinen Freuden, den Bubenreuthern, zu Grabe getragen; acht von diesen trugen das Leichentuch und acht die Fackeln. Außer den Bubenreuthern waren auch die andern Landsmannschaften der Studentenschaft von Erlangen zahlreich vertreten. Es wurden viele Thränen von den jungen Leuten vergossen, einige konnten kaum das laute Schluchzen zurückhalten. Ein junger Theolog von dem Corps der Bub[enreuther] Burschenschaft hielt dem abgeschiedenen Freunde eine ergreifende Abschiedsrede. Zu der Beerdigung waren auch Wilhelm u[nd] Frida von Leitheim wieder eingetroffen. Der liebe Vater wollte anfangs selbst zu Fuß die Leiche des Sohns begleiten; wir hielten ihn durch unsere Bitten davon ab u[nd] ich vertrat seine Stelle in dem Zuge, geführt von W. v[on] Tucher u[nd] Ferdinand Grundherr; nach mir folgte der Onkel Wilhelm, geführt von Friedrich Grundherr u[nd] Kieser. Der Vater fuhr mit Susetten hinaus u[nd] war am Bubenreuther Die im Jahre 1817 nach dem Wartburg-Fest als „Allgemeine Erlanger Burschenschaft“ gegründete Studentenverbindung an der Universität Erlangen, die nicht zu den „Corps“ genannten studentischen Vereinigungen gehörte, wurde später nach dem Dorf Bubenreuth bei Erlangen benannt. – Gottlieb Karl Sigmund von Tucher studierte seit dem Wintersemester 1849/50 Rechtswissenschaft in Erlangen und war Mitglied der „Bubenreuther“, zu denen aus dem Tucherschen Bekanntenkreis zum Beispiel auch Hans Philipp Werner von und zu Aufseß, Hermann Friedrich Jakob Beckh und Hans von Raumer gehörten. Landsmannschaften Studentische Verbindungen mit landsmannschaftlicher Orientierung. W. v[on] Tucher Karl Friedrich Wilhelm von Tucher. Ferdinand Grundherr Ferdinand von Grundherr (1808–1882) war ein Sohn Georg Chri-

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Grabe; auch Lina u[nd] viele andere Frauen waren nach hiesiger Sitte dort. Da der Zug in der Mittagshitze um 2 Uhr vom Hause abging durch die ganze Stadt bis zum Johanniskirchhofe, so hatten die Begleitenden auch äußerliche Beschwerde zu leiden. Die Burschen sangen zuletzt dem [fol. 1v] verlorenen Freunde den Abschiedsgesang, wobei die sogen[annten] Chargirten ihre Schläger kreuzweise über den Sarg hielten; sie zerrissen den Eichenkranz, den sie auf diesen gelegt, u[nd] warfen ihm ein Jeder die Blätter in die Gruft nach. Vor der Beerdigung war die Leiche im Apollosaal ausgestellt, angethan mit dem schwarzsammetenen Röckchen des Bubenr[euther] Corps; nebenbei im Freien versammelte sich die Begleitung; nur die nächsten Anverwandten kamen hinauf in die Wohnung. – Die lieben Eltern, insbesondere die herrliche Mutter, haben eine bewundernswürdige Fassung bewahrt. Einige Stunden vor der Beerdigung gingen wir mit den Kindern zusammen zu der verwesenden Hülle des Verstorbenen hinunter u[nd] die liebe Mutter las mit lauter Stimme u[nd] verklärtem Blick ein Gebet vor, wozu der Vater einige tief empfundene Worte hinzufügte. Alle, die zu trösten u[nd] mit zu klagen kamen waren verwundert über die Mutter, die selbst vielmehr als die Tröstende erschien. Am Abend war der Familienkreis im Garten zusammen mit dem Kreis der nächsten Verwandten; am folgenden Abend ging die liebe Mutter mit uns, u[nd] auch Mariechen durfte dabei sein, zu Kiesers, bei denen die Leitheimer wohnten; wir waren sogar heiter u[nd] saßen bis nach 10 Uhr bei Tisch. Gestern haben wir, Susette u[nd] ich, unterstützt von andern hülfreichen Händen unsre Sachen noch völlig in die zwei Fässer u[nd] eine Kiste verpackt; die l[iebe] Mutter fügte noch ein Fäßchen mit Schmalz hinzu; u[nd] diese vier Stück sind so eben vom Fuhrmann abgeholt worden, um per Eisenbahn nach Berlin spedirt zu werden. – So eben kommen wir aus der Jakobikirche. Morgen (Montag) Mittag reisen wir von hier ab, wollen Dienstag in Dresden eintreffen, dort zwei oder auch drei Tage bleiben u[nd] am Freitag oder Sonnabend bei Euch Ihr Lieben, [fol. 2r] ankommen. Susettchen freut sich unendlich drauf, Dich, theuerste Mutter, wiederzusehen, u[nd] trägt stoph Karl von Grundherrs (1777–1867) und Onkel des verstorbenen Gottlieb Karl Sigmund von Tuchers. Johanniskirchhof Westlich vor der alten Nürnberger Stadtmauer gelegener, ins 13. Jahrhundert zurückreichender Friedhof mit der St.-Johannis-Kirche im Zentrum. Chargirten Inhaber von Führungsämtern in studentischen Verbindungen. Schläger Fechtwaffen schlagender studentischer Verbindungen. Apollosaal Saal des im klassizistischen Stil erbauten kleinen Gartenpavillons „Apollotempel“, östlich der alten Nürnberger Stadtmauer vor der Vorstadt Wöhrd gelegen. Jakobikirche Die auf das 12./13. Jahrhundert zurückgehende Jakobskirche wurde bis 1532 vom Deutschen Orden genutzt. Im Zuge der Durchsetzung der lutherischen Reformation in Nürnberg wurde sie auf bis 1806 katholisch gebliebenem exterritorialen Gebiet des Deutschen Ordens im Jahre 1810 evangelische Pfarrkirche.

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mir die innigsten Grüße an Dich und meine Berliner Geschwister auf. – Von Dresden gebe ich Euch wohl noch einmal Nachricht über die Zeit unsrer Ankunft. Herzliche Grüße von den lieben Eltern. Manuels u[nd] Friederikens Briefe haben wir vorgestern Nachmittag empfangen, als wir beim Caffee im Garten saßen – an meinem Geburtstag, wo wir auch Eurer viel gedachten. Gestern war Linens Geburtstag: Mittags waren die Leitheimer u[nd] Tante Fritz zum Essen bei uns; Friedrich u[nd] Lina kamen später u[nd] blieben zum Abendessen. – Heute Nachmittag kommen wir noch einmal zum Abschied auf dem Glockenhof zusammen. Nun lebe wohl theuerste Mutter, herzliche Grüße an Manuel u[nd] Friederike. Auf baldiges frohes Wiedersehen. In inniger Liebe Dein Karl.

Nr. XXXIII Brief Karl Hegels an Maria Helena Susanna Hegel, Dresden, 13. Juni 1850 Faltbrief Rundstempel [. . . ] 15 6 Adressenfeld: An Frau Professor Marie Hegel geb. v. Tucher Berlin. Potsdammer Str[aße] 27. [fol. 1r]

Dresden, 13. Juni [18]50. Donnerstag Abends

Theuerste Mutter! Dieser Brief soll Dir unsere Ankunft zum Sonnabend Nachmittag ½2 Uhr anzeigen. Seit vorgestern Abend sind wir hier in Dresden, schwelgen in den Genüssen der Kunst u[nd] Natur, die meinem Susettchen eine ganz neue Welt eröffnen. Vormittags sa-

Briefe Die Briefe Friederike und Immanuel Hegels an die Nürnberger Verwandten haben sich nicht gefunden. Linens Geburtstag Lina (Karoline) Grundherr, geb. Schwarz, wurde am 8. Juni 1826 in Nürnberg geboren.

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hen wir die Gemälde-Gallerie und die Antikensammlung, Nachmittags machten wir Spazierfahrten zu Wasser u[nd] zu Lande in die Umgegend, Abends befanden wir uns auf dem schönsten Platz der Brühlschen Terrasse, um die Farbenpracht zu bewundern, welche die untergehende Sonne über den herrlichen Strom u[nd] die ganze Landschaft verbreitete. Heute Nachmittag wollten wir auf die Bastei, wurden aber, nachdem wir so eben per Dampf zu Lande den Ort erreicht hatten, wo die Fußtour beginnen sollte, durch ein starkes Gewitter überfallen, gaben die Bastei auf u[nd] kehrten per Dampf zu Wasser zurück, um noch ein weniges an Dich u[nd] die lieben Eltern in Nürnberg zu schreiben. Wir wohnen in dem ehemaligen blauen Stern, jetzt Stadt London geheißen, u[nd] haben von unserem Zimmer aus den schönen Blick über die Elbe nach der Brücke u[nd] Altstadt. Das Wetter bleibt heute Abend trübe u[nd] regnerisch. Doch verweilen wir noch morgen hier, um die Gallerie noch einmal zu sehen. Dann geht es übermorgen zu Euch, Ihr Lieben, nach Berlin. Nürnberg verließen wir am Montag Mittag, der Abschied wurde uns Beiden zugleich schwer u[nd] leicht: Susettchen lachte mit dem einen Auge, während das andere weinte, [fol. 1v] u[nd] bei mir überwog, ich gestehe es, die glückliche Stimmung; auch den guten Eltern wurde der Abschied erleichtert durch die Freude über unser Glück. Sie begleiteten uns nach dem Bahnhof – die Kinder mußten auf des Vaters Geheiß zu Hause bleiben – ebenso Friedrich u[nd] Lina, welcher letzteren der Abschied besonders schwer wurde. Sie winkten uns noch von ferne mit den Tüchern nach. Ein baldiges Wiedersehen wurde verabredet; im Fall ich nach Erfurt käme, mußte ich versprechen, wieder nach Nürnberg abzuschweifen, u[nd] im Falle ich nicht dahin käme, versprach der gute Vater, uns mit der Mutter in Rostock zu besuchen, was mir noch weit lieber wäre.

Gemälde-Gallerie Vermutlich die Sammlung der Alten Meister im Johanneum, denn das neue Gebäude für die Gemäldegalerie von Gottfried Semper (1803–1879) (Semperbau) befand sich – durch die Revolution von 1848 bedingt – noch im Bau. Antikensammlung Die Dresdener Antikensammlung (Skulpturensammlung) war in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Erdgeschoß des Johanneums untergebracht. Brühlsche Terrasse Nach dem sächsischen Politiker Heinrich von Brühl (1700–1763) benannter, etwa 500 Meter langer Teil der Dresdener Befestigungsanlage zwischen Augustusund Carolabrücke. Entlang der Elbe entstanden zahlreiche Bauwerke und Gartenanlagen. Bastei Felsengebilde in der Sächsischen Schweiz, etwa 30 Kilometer südöstlich von Dresden in der Nähe von Pirna an der Elbe gelegen. ehemaligen blauen Stern, jetzt Stadt London geheißen Der „Blaue Stern“ war ein Wohn-, Gast- und Hotelgebäude auf der Neustädter Elbseite gegenüber der Altstadt. Schon Karl Hegels Vater hatte dort im Herbst 1820 gewohnt. Brücke Die nach August dem Starken (1670–1733) benannte Augustusbrücke verbindet über die Elbe hinweg Dresdener Altstadt und die östlich gelegene Neustadt.

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Mehreres mündlich. Bis dahin lebe wohl liebe Mutter; unsere innigsten Grüße an Manuel u[nd] Friederike! Susettchen grüßt Dich mit herzlichem Verlangen nach dem Wiedersehen; sie schreibt an die l[ieben] Eltern. In inniger Liebe Dein Karl.

Nr. XXXIV Brief Karl Hegels an Immanuel Hegel, Rostock, 25. Juli 1850

[fol. 1r] Rostock, 25. Juli [18]50. Lieber Manuel! Ich darf die Berliner Correpondenz wohl nicht ganz u[nd] gar an Susettchen allein überlassen, wiewohl es mir ganz recht ist, daß sie die größere Hälfte davon übernimmt, um Euch vollständigere Nachrichten über unsere häusliche Einrichtung u[nd] unsere Lebensweise zu geben, als Ihr sie von mir erhalten würdet. Mir bleibt noch zu berichten, theils was mich speciell betrifft, theils wie ich das, was uns gemeinsam angeht, von meinem Standpunkt aus ansehe. In letzterer Beziehung scheint es mir beinahe überflüssig, das Glück meines gegenwärtigen Zustandes und die Befriedigung, welche ich in meinem häuslichen u[nd] ehelichen Leben täglich u[nd] stündlich empfinde, noch besonders gegen Euch zu preisen oder viele Worte darüber zu machen, da sich dies so sehr von selbst versteht u[nd] weniger sagen u[nd] beschreiben, als empfinden läßt. Auch würde es mir kaum anstehen, mein Susettchen viel zu rühmen u[nd] zu loben, u[nd] mag es darum genug sein, wenn ich Euch im Vertrauen bekenne, daß meine innig geliebte Frau alle Eigenschaften besitzt, um mich glücklich zu machen. Vor Allem ist mir besonders wohlthuend ihre immer gleichmäßig heitere Stimmung u[nd] ihr glücklicher leichter Sinn, womit sie auch mir das Leben verschönert, dem ich sonst nur zu sehr geneigt war, es mir durch mein Temperament zu erschweren. Durch dieselben Eigenschaften, verbunden mit Unbefangenheit u[nd] Einfachheit des Benehmens, mit Offenheit u[nd] Herzlichkeit hat sie sich auch leicht bei meinen [fol. 1v] hiesigen Bekannten eingeführt und bei den Freunden, denen sie näher gekommen ist, beliebt gemacht. Übrigens sind wir erst vor wenigen Tagen mit allen Besuchen herumgekommen, da wir in der ersten Zeit mit der inneren Einrichtung des Hauses beschäftigt waren, dann auch zum Theil durch das schlechte Wetter am Ausgehen verhindert wurden. – Unsere Wohnung ist recht heimlich geworden, nachdem die eleganten neuen Möbel überall ihre passende Stelle gefunden, Rouleaux u[nd] Gardinen aufgehängt sind. Auch der Flügel ist seitdem, neu beledert, angekommen u[nd] gereicht es uns

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zum besonderen Vergnügen nach Tisch, Mittags oder Abends, ein quatre main darauf zu spielen. Daß ich oben wohne, wird schon Susettchen geschrieben haben; zufällig ist die Tapete meines Arbeitszimmers überwiegend grün, so daß Gardine u[nd] Überzug des Schlafsopha vollkommen anpassen. Noch fehlt, beiläufig gesagt, das von der lieben Mutter für uns gekaufte Rouleau, welches sie bereits vor 14 Tagen dem Knecht des Fuhrmanns einhändigte – der Knecht ist, wie ich erst jetzt erfahren, hier gewesen, hat aber das Rouleau weder abgeliefert noch mitgebracht, vielleicht um sich nicht, wegen des angebrannten Fasses, nicht bei uns sehen zu lassen; ich habe deshalb das Einliegende geschrieben u[nd] bitte Dich es per Stadtpost zu besorgen. – Während der schönen Tage der letzten Zeit waren wir zwei Mal in Warnemünde, einmal auf einen ganzen Tag, u[nd] ein Mal in Doberan am heiligen Damm, wohin wir auf der See per Dampfschiff von Warnemünde aus fuhren; es war ein sehr schöner sonniger Nachmittag; Susettchen konnte sich nicht satt sehen an den Schönheiten des Meeres. In Warnemünde waren wir versucht, einige Tage zu bleiben, wenn wir nur gerade eine gut gelegene [fol. 2r] Wohnung gefunden hätten; die Anwesenheit von Frau Bruns mit ihrer Mutter, einer lieben echten Schwäbin, von Regierungsrath Prosch u[nd] Frau, von Karstens hätte uns – bei dem herrlichen Wetter u[nd] den schönen Mondnächten – jetzt einen kurzen Aufenthalt in Warnemünde besonders angenehm gemacht. Auf längere Zeit hinüberzugehen finden wir uns noch nicht disponirt, da wir uns eben erst einer geordneten Häuslichkeit erfreuen. Sollten aber die Eltern sich wirklich entschließen, noch in diesem Herbst hierher zu kommen, so werden wir ihnen vorschlagen, mit uns, so lange es ihnen gefällt, in Warnemünde zu bleiben. Mit vielem innigsten Antheil habe ich von der lieben Mutter vernommen, daß es mit ihrem Fuß u[nd] sonstigem Befinden sichtlich besser geht u[nd] knüpfe ich daran die Hoffnung, auch sie vielleicht noch in diesem Herbst bei uns zu sehen, wenn nicht andere Umstände dies verhindern oder wenn sie nicht vorzieht, uns, sei es im Herbst oder zu Weihnachten zu sich nach Berlin einzuladen – doch wird auch dies noch daquatre main Vierhändig Klavier spielen. Warnemünde Von Rostock früh erworbener Ort an der Mündung der Warnow in die Ostsee, der den Zugang zum Meer sichern sollte und sich im 19. Jahrhundert zu einem Seebad entwickelte. Doberan am heiligen Damm Doberan ist ein westlich von Rostock gelegener Ort nahe einer vier Kilometer langen Erhöhung an der Ostsee, dem Heiligen Damm, wo sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts das älteste deutsche Seebad entwickelte. Frau Bruns Charlotte Katharina Bruns, geb. Gmelin (1816–1900), war die Ehefrau des ordentlichen Professors der Rechtswissenschaft an der Universität Rostock, Karl Georg Bruns (1816–1880). ihre Mutter Charlotte Gmelin, geb. Becker (1793–1862). Regierungsrath Prosch Karl Friedrich Wilhelm Prosch (1802–1876) war Jurist und Politiker im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin und Regierungsrat am Schweriner Hof. Frau [Prosch] N. N. Prosch (1805–1885), Ehefrau von Karl Friedrich Wilhelm Prosch. Karstens Es läßt sich nicht feststellen, welches Ehepaar Karsten gemeint ist.

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von abhängen, ob die lieben Eltern von Nürnberg uns besuchen; nichts hat die l[iebe] Mutter von dem geschrieben, daß sie es für vernünftiger halten würde, ihren Besuch auf das nächste Jahr zu verschieben, aber der Vater hat sich noch nicht darüber geäußert. – Recht sehr hat es mich auch gefreut zu hören, daß unsere liebe Friederike mit den Kinderchen nach Friedrichsfelde gezogen ist, wobei Du, lieber Manuel, freilich auf einige Zeit von ihnen größtentheils getrennt bist; doch wird Dich das Gedeihen der Kinder in der stärkenden Landluft gewiß reichlich dafür belohnen u[nd] ein frohes Wiedersehen bei Deinem wöchentlichen Besuch Euch beide doppelt erfreuen. Sehr gespannt bin ich zu erfahren, ob Vater Flottwells Versetzung nach Magdeburg wirklich stattfinden wird: wie herrlich wäre das! wie erwünscht für Euch, für ihn u[nd] die ganze Familie! – ich nehme den innigsten Antheil an der Erfüllung dieser Aussicht. [fol. 2v] Elises Weggang thut mir unserer lieben Mutter wegen sehr leid u[nd] wird sich dafür schwerlich ein Ersatz finden lassen. In wiefern ihr Helene Meyer aus N[ürnberg] nützlich sein könnte, getraue ich mir nicht mit Sicherheit zu beurtheilen, da ich sie zu wenig kenne. Susettchen meint, Helene würde wenig Anspruch machen, doch würde es hauptsächlich auf die Mutter selbst ankommen, ob sie es sich gefallen lassen möchte, daß Helene ihr diene! Gewiß ist dies das hauptsächliche Bedenken. – Was häl[t]st Du von der deutschen Sache? Der Bruch mit Österreich scheint unvermeidlich. Auch der schleswig-holsteinische Krieg macht für Deutschland einen Wendepunkt, wo sich seine Schmach oder seine Ehre entscheidet. Über die Politik Preußens wird erst dann ein Endurtheil zu fällen sein, wenn sich herausstellen wird, wie viel sie für Alles, was sie bis jetzt aufgegeben oder verloren hat, in Deutschland erreicht oder behauptet. Beinahe muß ich befürchten, daß sie nach u[nd] nach alle ihre Positionen verlieren wird. – Vor Warnemünde zeigen sich bald russische, bald schwedische oder dänische Kriegsschiffe, wodurch die Badegäste viel Unterhaltung bekommen. – Meinestheils vermisse ich eine praktische Wirksamkeit, die mich beschäftigt u[nd] befriedigt. Mit dem bloßen Studieren will es noch nicht recht gehen u[nd] ich habe mich seit zwei Jahren zu sehr dran gewöhnt, an der lebendigen Gegenwart in der Nähe Friedrichsfelde Östlich von Berlin gelegenes Dorf, heute ein Ortsteil des Berliner Bezirks Lichtenberg. Vater Flottwell Eduard Heinrich Flottwell wurde 1850 Oberpräsident der preußischen Provinz Brandenburg mit Sitz in Potsdam. Magdeburg Hauptstadt der preußischen Provinz Sachsen und Sitz des Regierungspräsidiums Magdeburg, etwa 150 Kilometer westlich von Berlin gelegen. Helene Meyer Tochter Sophia Maria Friederike von Meyers, geb. von Tucher, und Nichte Maria Helena Susanna Hegels. deutsche Sache Die Frage der deutschen Einheit war zugespitzt im Gegensatz von kleindeutscher Lösung (Preußen) oder großdeutscher Lösung (Österreich). der schleswig-holsteinische Krieg In der Schleswig-Holsteinischen Erhebung von 1848 bis 1851 ging es um die Zugehörigkeit des Herzogtums Schleswig zum Königreich Dänemark oder zum Deutschen Bund.

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wirkend u[nd] darin ordnend Theil zu nehmen. Ich suchte daher nach einer Arbeit von praktischer Bedeutung, die mich auf irgend eine Weise in diesem Zusammenhang erhält. – Noch möchte ich Dich bitten, Dir von Nordenflycht, den ich bestens grüßen lasse, die Gebrauchsanweisung des Romershaus[ener] Augenwassers geben zu lassen u[nd] mir baldmöglichst zu schicken; ich kann die meinige nicht finden [NB.] u[nd] das Augenwasser deshalb nicht anwenden. – Mit den herzlichsten Grüßen an die liebe Mutter, Friederike u[nd] Deine Kinderchen u[nd] der Bitte um baldige Antwort Dein Bruder Karl. NB. Vielleicht ist sie im Schreibsekretär des Vaters liegen geblieben, wo ich Dich noch einmal nachzusehen bitte.

Romershaus[ener] Augenwasser Heilmittel, das im wesentlichen einen an ätherischem Öl reichen, mit Wasser verdünnten Auszug von Fenchelsamen enthält.

Genealogische Übersicht der Familie Tucher von Simmelsdorf 1849/50 (Auszug) Jobst Wilhelm von Tucher (1762–1813) Susanna Maria von Haller (1769–1832)

Maria Helena Susanna von Tucher (1791–1855) Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) Sigmund Friedrich Wilhelm Karl von Tucher (1792–1812) Johann Sigmund Karl von Tucher (1794–1871) Maria Magdalena von Grundherr (1802–1876) Christoph Karl Gottlieb von Tucher (1798–1877) 1) Maria Helena Wilhelmine von Haller (1804–1834) 2) Thekla Therese Eleonore von GemmingenSteinegg (1813–1901) Sophia Maria Friederike von Tucher (1800–1863) Philipp Guido von Meyer (1798–1869) Sophia Maria Luise von Tucher (1802–1857)

Georg Christoph Karl von Grundherr (1777–1867) Anna Katharina Maria von Grundherr (1774–1857)

Luise Caroline Ernestine von Tucher (1804–1846) Georg Christoph Benedict von Schwarz (1801–1876) Karl Friedrich Wilhelm von Tucher (1805–1875) Friederike Caroline Camilla von Montperny (1818–1889)

Georg Christoph Karl Sigmund von Tucher (1824–1846) SUSANNA MARIA VON TUCHER (1826–1878) Christoph Friedrich Karl Sigmund von Tucher (1827–1842) Gottlieb Karl Sigmund von Tucher (1830–1850) Marie Theresa Karoline von Tucher (1834–1905) Luise Caroline Marie von Tucher (1836–1901) Sophie Maria von Tucher (1839–1871) Rosina Marie von Tucher (1841–1842) Caroline Marie von Tucher (1844–1913) Friedrich Wilhelm Sigmund von Tucher (1846–1924)

Abkürzungsverzeichnis

Abb. ADB

Abbildung Allgemeine Deutsche Biographie Anm. Anmerkung APR April bearb. bearbeitet Bd. Band Bde. Bände bzw. beziehungsweise DB Deutsche Biographie DEC Dezember d.h. das heißt FEB Februar f./ff. folgende / fortfolgende fol. Folio geb. geborene hrsg. herausgegeben Hs. Handschrift JAN Januar Jg. Jahrgang

MAR NB NDB NF N. N. No. NOV Nr. Oct. p. p. PS r S. u. u.a. u. ö. v vgl. z.B.

März notabene (übrigens) Neue Deutsche Biographie Neue Folge nomen nescio (unbekannter Name) Numero November Nummer Oktober perge perge (und so weiter) Postskriptum recto Seite und unter anderem und öfter verso vergleiche zum Beispiel

Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellen Archivalische Quellen Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (LAELKB), Nürnberg: Heilig-Geist-Kirche Nürnberg, Traubuch J 1850 Ordinationsbuch Ansbach 1746–1835 Vorarbeiten zum bayerischen Pfarrerbuch Privatnachlaß Karl Hegel: 1. Bilder 2. Briefe 3. „Briefe von meines lieben Karls u. Susettes Brautstand u. Hochzeit“ 4. „Susettens Briefe im Brautstand Oct. 1849 – Mai 1850.“ 5. „Stammbuch der Susanne Hegel geb. v. Tucher“ 6. Tagebuch Susanna Maria von Tuchers 7. Gedenkbuch [Karl Hegels] 8. Familienchronik [Familienbuch Karl Hegels] Universitätsbibliothek (UB) Heidelberg, Handschriftenabteilung: Heid. Hs. 2562, 157, 10

Publizierte Quellen Auerbach, Berthold: Die Frau Professorin. Erzählung, zuerst publiziert in: Urania. Taschenbuch auf das Jahr 1847, N.F. Jg. 9 (1846), S. 283–446. Beseler, Georg: Erlebtes und Erstrebtes. 1809–1859. Mit Anlagen, Berlin 1884. Briefe von und an Hegel, hrsg. von Johannes Hoffmeister, Bd. 1: 1785–1812 (= Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Sämtliche Werke, Bd. XXVII-XXX), 3. Auflage, Hamburg 1969. Der Korrespondent von und für Deutschland, Nürnberg 1849 und 1850. Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher. Aus der Verlobungszeit des Rostocker Geschichtsprofessors und der Nürnberger Patriziertochter (1849/50), hrsg. von Helmut Neuhaus (= Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte, Heft 87), Wien, Köln, Weimar 2018. Fünfzig Jahre aus dem Leben von Georg und Emilie Beseler 1809–1859, Kiel 1904. G. G. Gervinus Leben. Von ihm selbst. 1860. Mit vier Bildnissen in Stahlstich, Leipzig 1893. Hegel, Immanuel: Erinnerungen aus meinem Leben, Berlin 1891.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Hegel, Karl: Leben und Erinnerungen. Mit 1 Portrait in Heliogravüre, Leipzig 1900. Neuhaus, Helmut: Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.

Literatur Nachschlagewerke und elektronische Hilfsmittel Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), 56 Bde., Berlin 1875–1912. Deutsche Biographie: www.deutsche-biographie.de/ (letzter Zugriff: 5.10.2021). Die Matrikel der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin 1810–1850, bearb. und hrsg. von Peter Bahl und Wolfgang Ribbe, Teil 1: Die Matrikel für das 1. bis 23. Rektoratsjahr (1810 bis 1833) (= Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 86/1), Berlin, New York 2010. Die Matrikel der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin 1810–1850, bearb. und hrsg. von Peter Bahl und Wolfgang Ribbe, Teil 2: Die Matrikel für das 24. bis 40. Rektoratsjahr (1833 bis 1850) (= Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 86/2), Berlin, New York 2010. Genealogisches Handbuch der zur Zeit lebenden raths- und gerichtsfähigen Familien der vormaligen Reichsstadt Nürnberg, hrsg. von Wilhelm von Imhoff, 7., 8. und 9. Fortsetzung, Nürnberg 1878, 1890, 1900. Johann Gottfried Biedermann’s Geschlechterregister des Patriciats der vormaligen Reichsstadt Nürnberg bis zum Jahre 1854 fortgesetzt und hrsg. von Christoph Friedrich Wilhelm von Volckamer, Nürnberg 1854. Lengemann, Jochen: Das Deutsche Parlament (Erfurter Unionsparlament) von 1850. Ein Handbuch: Mitglieder, Amtsträger, Lebensdaten, Fraktionen (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Große Reihe, Bd. 6), München, Jena 2000. Neue Deutsche Biographie (NDB), 27 Bde., Berlin 1953–2020. Neues Adreßbuch der Stadt Nürnberg, 3 Abtheilungen, hrsg. von Carl Mainberger, Nürnberg 1850. Register der Matrikel der Universität Erlangen 1843–1893, bearb. von Christina HofmannRandall (= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte, IV. Reihe: Matrikel fränkischer Schulen, Bd. 4, 2. Teil), Würzburg 2010. Schubert, Franz: Bürgerbücher aus Mecklenburg, L 1.4 Rostock 1807–1869 (= Quellen und Schriften zur Bevölkerungsgeschichte Norddeutschlands), Kitzingen 1998. Stadtlexikon Nürnberg, hrsg. von Michael Diefenbacher und Rudolf Endres, Nürnberg 1999. Verzeichnis des Lehrer-Personals und der sämmtlichen Studirenden der königl. LudwigsMaximilians-Universität München in den beiden Semestern des Studienjahres 1845/46, München 1846.

Literatur

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Monographien, Sammelbände, Aufsätze, Beiträge Baar, Regina: Victorie Gervinus – Leben und Wirken der Ehefrau und Witwe, in: Georg Gottfried Gervinus 1805–1871. Gelehrter – Politiker – Publizist, bearb. von Frank Engehausen, Susan Richter und Armin Schlechter (= Archiv und Museum der Universität Heidelberg, Schriften, Bd. 9), Heidelberg, Ubstadt-Weiher, Basel 2005, S. 73–84. Beyschlag, Karlmann: Die Erlanger Theologie (= Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 67), Erlangen 1993. Brandt, Hermann: Das Staatsgrundgesetz für das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin 10. Oktober 1849 im Lichte der mecklenburgischen Verfassungsbemühungen des 19. Jahrhunderts, in: Modernisierung und Freiheit. Beiträge zur Demokratiegeschichte in Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 1995, S. 497–521. Briefkultur um 19. Jahrhundert, hrsg. von Rainer Baasner, Tübingen 1999. Der Liebesbrief. Schriftkultur und Medienwechsel vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, hrsg. von Renate Stauf, Annette Simonis und Jörg Paulus, Berlin, New York 2008. Die Erfurter Union und das Erfurter Unionsparlament 1850, hrsg. von Gunther Mai, Köln, Weimar, Wien 2000. Diefenbacher, Michael: Adelsbier aus Nürnberg – Nürnberger Patrizier und die TucherBrauerei, in: Adel als Unternehmer im bürgerlichen Zeitalter. Vorträge des wissenschaftlichen Kolloquiums der Vereinigten Westfälischen Adelsarchive e.V. vom 28. bis 30. Juli 2004 in Bad Driburg, hrsg. von Manfred Rasch in Verbindung mit Toni Pierenkemper und Norbert Reimann (= Vereinigte Westfälische Adelsarchive e.V., Veröffentlichung Nr. 17), Münster 2006, S. 219–236. Diefenbacher, Michael: Tucher von Simmelsdorf, Sigmund, Freiherr, in: NDB 26 (2017), S. 491f. Haller von Hallerstein, Helmut Freiherr: Schloß und Dorf Henfenfeld (= Schriftenreihe der Altnürnberger Landschaft, Bd. 35), Nürnberg 1986. Hein, Martin: Lutherisches Bekenntnis und Erlanger Theologie im 19. Jahrhundert (= Die Lutherische Kirche, Geschichte und Gestalten, Bd. 7), Gütersloh 1984. Hirschmann, Gerhard: Das Nürnberger Patriziat im Königreich Bayern 1806–1918. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung (= Nürnberger Forschungen. Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, Bd. 16), Nürnberg 1971. Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert, hrsg. von Helmut Neuhaus (= Erlanger Studien zur Geschichte, Bd. 7), Erlangen, Jena 2001. Kaube, Jürgen: Hegels Welt, Berlin 2020. Kreis, Marion: Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 84), Göttingen 2012. Liebe schreiben. Paarkorrespondenzen im Kontext des 19. und 20. Jahrhunderts, hrsg. von Ingrid Bauer und Christa Hämmerle, Göttingen 2017.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Mayer, Friedrich: Nürnberg im neunzehnten Jahrhundert mit stetem Rückblick auf seine Vorzeit und dem Grundriß, Nürnberg 1843. Mayer, Friedrich: Nürnberg und seine Merkwürdigkeiten, ein Wegweiser für Fremde. Mit 12 Tafeln Ansichten und dem Grundriß der Stadt in 2 Blättern, Nürnberg 1849 [Nachdruck der 1. Auflage aus dem Jahre 1849 mit dem Nachtrag 1852. Mit einem Nachwort von Klaus Matthäus (= Bibliotheca Franconica. Faksimilenachdrucke seltener fränkischer Bücher und Texte, hrsg. von Hans Baier, Bd. 4), Erlangen 1980]. Neuhaus, Helmut: Hegel, Thomas Immanuel (Emanuel) Christian, in: NDB-online. Neuhaus, Helmut: Hegel, Karl Friedrich Wilhelm, in NDB-online. Neuhaus, Helmut: Karl Hegel in Mecklenburg von 1841 bis 1856, in: Mecklenburgische Jahrbücher 135 (2020), S. 221–246. Paul Wolfgang Merkel (1756–1820). Kaufmann, Reformer, Patriot. Eine Ausstellung des Stadtarchivs Nürnberg und der museen der stadt nürnberg im Stadtmuseum Fembohaus vom 1. April 2006 bis 2. Juli 2006, hrsg. von Michael Diefenbacher, Ruth Bach-Damaskinos und Georg Seiderer (= Ausstellungskatalog des Stadtarchivs Nürnberg, Nr. 16), Nürnberg 2006. Pilz, Kurt: Die Familie von Schwarz auf Artelshofen und Hirschbach. Ein Beitrag zur Firmengeschichte Nürnbergs im 19. und 20. Jahrhundert, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 66 (1979), S. 248–269. Rößler, Hans: Friedrich Bauer – ein fränkischer Schulmann und Theologe mit weltweiter Wirkung (Biographie), in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 80 (2011), S. 1–56. Rößler, Hans: Wilhelm Löhe und die Nürnberger Patrizierfamilie von Tucher, in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 88 (2019), S. 1–31. SchreibLust. Der Liebesbrief im 18. und 19. Jahrhundert, hrsg. von Renate Stauf und Jörg Paulus, Berlin, Boston 2013. Stempel-de Fallois, Anne: Das diakonische Wirken Wilhelm Löhes. Von den Anfängen bis zur Gründung des Diakonissenmutterhauses Neuendettelsau (1826–1854) (= Diakoniewissenschaft. Grundlagen und Handlungsperspektiven, Bd. 2), Stuttgart, Berlin, Köln 2001. Stempel-de Fallois, Anne: Freifrauen von Tucher (jüngere Linie) als bedeutende Mitarbeiterinnen und Förderinnen der „Diakonissenanstalt“ in Neuendettelsau, in: Korrespondenzblatt der diakonischen Gemeinschaften von Neuendettelsau, 129. Jg. (1995), S. 4–9. Thomasius, Gottfried: Das Wiedererwachen des evangelischen Lebens in der lutherischen Kirche Bayerns. Ein Stück süddeutscher Kirchengeschichte (1800–1840), Erlangen 1867. Vieweg, Klaus: Hegel. Der Philosoph der Freiheit. Biographie, München 2019. Zahn, Johannes: Tucher, Gottlieb Freiherr von, in: ADB 38 (1894), S. 767–770.

Abbildungsnachweise

Abb. 1a–1d: Susanna Maria von Tuchers 1. Brautbrief vom 25. Oktober 1849: Fotografien, Otmar Wiesenegger, Erlangen (Privatbesitz). Abb. 2: Susanna Maria von Tucher (Dezember 1849): Daguerreotypie von Friedrich Hahn, Nürnberg; Aufschrift unten rechts: F. Hahn in Nürnberg; Reproduktion: Petra Lehnardt-Olm, Fotografie, Berlin; publiziert in: Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher, hrsg. von Helmut Neuhaus (= Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte, Bd. 87), Wien, Köln, Weimar 2018, Taf. 2, S. 130 (Privatbesitz). Abb. 3: Briefumschlag an Karl Hegel, 11. [Mai] 1850, mit Briefsiegel Susanna Maria von Tuchers: Fotografie, Otmar Wiesenegger, Erlangen (Privatbesitz). Taf. 1: Die 27 Brautbriefe Susanna Maria von Tuchers an Karl Hegel: Fotografie, Otmar Wiesenegger, Erlangen (Privatbesitz). Taf. 2: Selbstporträt Susanna Maria von Tuchers: Gouache auf gelblichem dünnem Karton, bemalte Fläche 12,5 cm × 14,8 cm: Fotografie, Otmar Wiesenegger, Erlangen; Rückseite: Susanne von Tucher – geb. 16. März 1826 – gest. 1. Jan. 1878 – vermählt 28. Mai 1850 mit Dr. Karl Friedrich Wilhelm von Hegel, Professor der Geschichte in Erlangen. (Tinte, von späterer Hand nach 1891, da Karl Hegel erst 1891 in den königlich-bayerischen Personaladel erhoben wurde.) (Privatbesitz). Taf. 3: Karl Hegel im Alter von 20 Jahren: Ölgemälde Jakob Schlesingers (1792–1855) in neobarockem Rahmen; publiziert in: Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert, hrsg. von Helmut Neuhaus (= Erlanger Studien zur Geschichte, Bd. 7), Erlangen, Jena 2001, Frontispiz (Privatbesitz, Dauerleihgabe in der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg). Taf. 4: Die Eltern Susanna Maria von Tuchers: Johann Sigmund Karl und Maria Magdalena von Tucher: Fotografie Atelier Johann Hahn, Nürnberg; Rückseite: Sigmund und Marie Tucher 1867–70? (von späterer Hand); publiziert in: Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher, hrsg. von Helmut Neuhaus (= Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte, Bd. 87), Wien, Köln, Weimar 2018, Taf. 17, S. 137 (Tucher’sche Kulturstiftung Nürnberg: Bilddatenbank BI0222, Fotografien, Teil von BI0169). Taf. 5: Die Schwiegermutter Susanna Maria von Tuchers: Maria Helena Susanna Hegel (nach 1831): Fotografie von einem Gemälde; publiziert in: Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert, hrsg. von Helmut Neuhaus (= Erlanger Studien zur Geschichte, Bd. 7), Erlangen, Jena 2001, Abb. I/4, S. 8 (Privatbesitz). Taf. 6: Susanna Maria von Tucher: Bleistiftzeichnung (unbekannter Künstler), Karton, 26,9 cm × 34,7 cm; Rückseite: Susanna Hegel, geb. v. Tucher (Bleistift, von späterer Hand); Fotografie, Otmar Wiesenegger, Erlangen; publiziert in: Die Brautbriefe

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Abbildungsnachweise

Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher, hrsg. von Helmut Neuhaus (= Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte, Bd. 87), Wien, Köln, Weimar 2018, Taf. 17, S. 144 (Privatbesitz). Taf. 7: Briefsiegel Susanna Maria von Tuchers: vergrößernde Fotografie des Siegels (circa 20mm Durchmesser), Fotografie, Otmar Wiesenegger, Erlangen (Privatbesitz). Taf. 8: Susanna Maria Hegel, geb. von Tucher, mit ihren vier ältesten Kindern (Ende 1850er Jahre): Fotografie, unbekannter Fotograf (Privatbesitz).

Register Personenregister

Auf die Nennung von Adelsprädikaten und Titeln wird verzichtet; nicht aufgenommen wurden: Susanna Maria von Tucher (Susette) und Karl Hegel Athanasius von Alexandria (296/298–373) 30, 75 Auerbach, Berthold (1812–1882) 32, 108 Aufseß, Charlotte, geb. von Seckendorff (†1882) 60, 99 Aufseß, Maria Carolina (1832–1857) 60 Aufseß, Mathilde (1826–1905) 60, 99 Aufseß, Hans Philipp Werner (1801–1872) 60, 89, 99, 218 August der Starke (1670–1733), Kurfürst von Sachsen 221 Auguste Mathilde Wilhelmine Reuß zu Schleiz-Köstritz (1822–1862) 157 Barton (siehe: Stedmann, Karl Johann Wilhelm) Baudissin, Wolf Heinrich (1789–1878) 48 Bauer, Friedrich (1812–1874) 30, 69f., 75 Bayerlein (Beyerlein), Maria Karolina Sophia Wilhelmina, geb. Furtenbach (1800–1878) 27, 41f., 93, 106 Bayerlein, Wilhelm Georg (1784–1839) 27, 42 Becker, Caroline, geb. Link 62 Becker, Eduard (1792–1880) 62 Beckerath, Hermann (1801–1870) 185 Beckh (Bekh), Hermann Friedrich Jakob (1806–1886) 67, 218 Beeg (Begh), Johann Kaspar (1809–1867) 99 Beethoven, Ludwig (1770–1827) 32, 50, 94 Behringer, Margaretha Barbara (Mordopfer) 66

Beseler, Emilie, geb. Karsten (1816–1900) 54, 57 Beseler, Georg (1809–1888) 54, 64, 182, 185f. Bismarck, Herbert (1849–1904) 12 Bismarck, Johanna (siehe: Puttkamer, Johanna) Bismarck, Marguerite Malvine (siehe: Hoyos, Marguerite Malvine) Bismarck, Otto (1815–1898) 11f. Bodelschwingh, Ernst Albert Karl (1794–1854) 185f. Bonhoeffer, Dietrich (1906–1945) 11 Brühl, Heinrich (1700–1763) 221 Bruns, Charlotte Katharina, geb. Gmelin (1816–1900) 47, 223 Bruns, Karl Georg (1816–1880) 47, 223 Bulwer-Lytton, Edward (1803–1873) 21 Bunnerstein, Frau von 168 Camphausen, Gottfried Ludolf (1803–1890) 185 Christian Ludwig II. (1683–1756), Herzog von Mecklenburg-Schwerin 157 Crailsheim, Florentine (Flora) Wilhelmine, geb. Crailsheim-Amerang (1819–1899) 55f., 98 Crailsheim, Franz Ernst Eduard (1802–1879) 55f., 98 Dachröden, Karoline (1766–1829) 11 Dahlmann, Friedrich Christoph (1785–1860) 183 Damker (Hilfe für Maria Helena Susanna Hegel in Berlin) 208 Deinzer, Johann Georg (1809–1856) 52, 76, 217 Delitzsch, Franz (1813–1890) 30f., 101

236 Dieße (Arzt in Nürnberg) 199 Droysen, Johann Gustav (1808–1884) 182 Duncker, Maximilian Wolfgang (1811–1886) 184 Eggers, Friedrich (1819–1872) 157 Egloff, Elise (1821–1848) 33, 108 Eichhorn, Johann Albrecht Friedrich (1779–1856) 184 Elise (Pflegerin Maria Helena Susanna Hegels in Berlin) 185, 203, 206, 208, 224 Faber, Johann Christoph (1783–1861) 92 Fanny (siehe: Fürer, Fanny: Fürer, Emma Sophie Rosalie Anna) Fischer, Ludwig Friedrich (1807–1831), unehelicher Sohn Georg Wilhelm Friedrich Hegels 33 Flotow, Friedrich (1812–1883) 32, 45 Flottwell, Auguste, geb. Lüdecke, verw. Schultz (1794–1862) 43, 210 Flottwell, Clara (1825–1912) 210 Flottwell, Eduard Heinrich (1786–1865) 18, 43, 184, 210, 224 Frankenberg, Wolff Sylvius Leopold (1785–1878) 184 Friederle (siehe: Tucher, Friedrich Wilhelm Sigmund) Friedrich Franz II. (1823–1883), Großherzog von Meckenburg-Schwerin 115, 157 Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861), König von Preußen 61 Fürer, Fanny: Fürer, Emma Sophie Rosalie Anna (1813–1869) 40, 46, 72, 86, 103, 176, 180, 188 Fürer, Eleonore, geb. Haller (1789–1877), meist „Laura“ genannt 40, 188 Fürer, Karl Sigmund Christoph (1785–1852) 188 Fürer, Mathilde Rosalie Sophie Anna (1815–1893) 40, 176

Register

Gagern, Heinrich Wilhelm (1799–1880) 186 Geibel, Emanuel (1815–1884) 115 Georg (1779–1860), Großherzog von Mecklenburg-Strelitz 115 Gerlach, Ernst Ludwig (1795–1877) 182, 184, 186 Gervinus, Georg Gottfried (1805–1871) 18, 64, 123 Gervinus, Victorie, geb. Schelver (1820–1893) 64, 123 Geuder von Heroldsberg 188 Geuder, Gottliebine, geb. Racknitz (1796–1879) 188 Geuder, Luise 188 Geuder, Sigmund (1785–1851) 188 Gmelin, Charlotte, geb. Becker (1793–1862) 223 Goethe, Johann Wolfgang (1749–1832) 32, 48, 55, 59, 70 Goßler, Johann Heinrich (1805–1879) 182 Gotthelf, Jeremias (1797–1854) 74 Große, Johann Friedrich Christoph (1789–1858) 182 Große, Martha Barbara, geb. Platz (1808–1882) 182 Grundherr, Anna Katharina Maria, geb. Grundherr (1774–1857), auch: Großmutter, Großeltern 24, 39, 41, 46, 53, 63, 72, 76, 87, 116, 152, 159, 170, 173, 187, 189, 193, 206f., 212, 217, 227 Grundherr, Benedikt (Benno) Karl Friedrich (1848–1909), auch „Benoit“ genannt 91, 95 Grundherr, Carolina Luisa Susanna, geb. Schwarz (1826–1896), zumeist „Lina“ genannt 19f., 22, 26, 41, 45f., 51, 56, 61, 64, 68, 70, 74, 86f., 91, 93, 95f., 107, 109, 115f., 123, 152, 167f., 172f., 178, 187f., 203, 206f., 209, 212, 217, 219ff. Grundherr, Ferdinand (1808–1882) 218 Grundherr, Friedrich Karl Alexander (1818–1908) 20, 26, 45f., 56, 70, 74, 86, 91, 95, 109, 115ff., 168, 178, 187f., 203, 206f., 218, 220f.

Personenregister

Grundherr, Georg Christoph Karl (1777–1867), auch: Großeltern, Großvater 24, 39, 41, 45f., 53, 72, 76, 87, 116, 152, 159, 168, 170, 187, 189, 193, 206f., 211f., 217ff., 227 Grundherr, Karl Gottfried (1774–1853) 76 Grundherr, Maria Luise Karoline (*†1850) 26, 74, 86f., 172 Gugenheim, Fromet (1737–1812) 11 Hahn, Friedrich (1804–1880) 70, 77, 205 Haller, Elisabetha Ludovica Emanuela, geb. Henniger von Eberg (1789–1862) 27, 137 Haller, Friederike (1789–1865), auch „Fritz“ genannt 136, 207 Haller, Maria Helena Wilhelmina (siehe: Tucher, Wilhelmine) Haller, Johann Georg VI. (1773–1852) 27, 137, 188, 199 Haller, Johann Georg XXII. (1786–1854) 137, 188 Haller, Johann Sigmund IV. (1756–1820) 188, 199 Haller, Johann Sigmund VI. Samuel (1794–1873), „Major Haller“ 40, 136, 199, 207 Haller, Laura (siehe: Fürer, Eleonore) Haller, Laura Karoline Amalie, geb. Troeltsch (1812–1872) 40, 199 Haller, Sigmund VI. (1794–1873), auch „Major“ genannt Haller, Wilhelmine Maria Elisabeth (1826–1899), meist „Wilhelmine“ genannt 27f., 136f., 199 Hammer, Wilhelm (* 1811) 164 Harsdorf, Johann Karl Friedrich (1820–1873) 21 Hauser, Kaspar (1812–1833) 24 Hegel, Auguste (1846–1850), zumeist „Gustli“ genannt 17, 27, 127ff., 161, 163, 192, 195, 204 Hegel, Friederike, geb. Flottwell (1822–1861), 16ff., 27, 43, 48, 53, 66, 73, 82, 86, 110f., 127ff., 131, 136, 150,

237 153ff., 160ff., 166f., 169ff., 173, 178, 180, 184, 186, 190ff., 195f., 198, 200f., 204, 206ff., 211ff., 214f., 220, 222, 224f. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770–1831), auch: Vater 12, 16, 24, 27, 33f., 43, 51, 54f., 72, 153, 169, 176, 206, 221, 225, 227 Hegel, Immanuel (1814–1891), zumeist „Manuel“ genannt 16ff., 24, 27, 34, 43, 48, 53, 66, 73, 82, 84, 89, 91, 127ff., 131, 136, 150, 152ff., 160ff., 166f., 169ff., 178, 184, 186ff., 190ff., 196, 198ff., 203f., 206, 208, 211ff., 214f., 217, 220, 222, 224 Hegel, Maria Helena Susanna, geb. Tucher (1791–1855), auch: Witwe Hegel, Berliner Tante, Mutter 12, 16, 18ff., 27, 29, 33ff., 38, 41, 43, 46, 48f., 51, 53ff., 58, 63, 66, 68, 70, 72f., 81f., 86, 88, 91, 96, 99, 101ff., 105, 108ff., 117, 120, 123, 125, 127ff., 131, 134, 136f., 145, 149ff., 154ff., 159ff., 166f., 169, 171ff., 176ff., 179ff., 186ff., 190, 192f., 195, 197ff., 204, 206f., 208ff., 212ff., 217f., 220, 222ff., 227 Hegel, Marie (1848–1925) 136, 161, 195, 201, 204ff., 208, 210, 212, 214, 224f. Hegel, Susanna Maria, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt 17, 20, 28, 207, 212f., 227 Hegel, Wilhelm (Willi) (1849–1925), auch der „Kleine“ oder „Kindchen“ genannt 27, 66, 72, 161ff., 166, 193, 195, 201, 204ff., 208, 210, 212, 214, 224f. Heinrich LXIII. Reuß zu Schleiz-Köstritz (1786–1841) 157 Heller, Johann Karl Konrad (1807–1885) 32, 48 Henle, Jakob (1809–1885) 33, 108 Henniger von Eberg, Elisabetha Ludovica Emanuela (siehe: Haller, Elisabetha Ludovica Emanuela) Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer (†1883) 30ff., 61f., 101, 104, 163, 188 Hofmann, Johannes (Christian Konrad) (1810–1877) 30f., 61f., 101, 104, 163, 188 Holzschuher, Auguste Henriette (* 1819) 164

238

Register

Holzschuher, Charlotte Sophie (siehe: Schiller, Sophie) Holzschuher, Elise Karoline Friederike (1827–1850) 40, 51, 98, 117, 164 Holzschuher, Josepha Karoline Wilhelmine Helene, geb. Braun (1795–1875) 40, 51, 57, 76, 164 Holzschuher, Karoline Amalie (1817–1839) 164 Holzschuher, Regina Marie (1820–1834) 164 Holzschuher, Rosalie Dorothea Sophie (1821–1822) 164 Holzschuher, Rudolph Sigmund Karl Sigmund (1777–1861) 40, 51, 57, 76, 164 Homer 48 Hoyos, Marguerite Malvine (1871–1945) 12 Humboldt, Wilhelm (1767–1835) 11

Leitheimer, auch „Wilhelms“: die Familie Karl Friedrich Wilhelm Tuchers, die seit 1835 auf Schloß Leitheim lebte 25, 102, 104, 136, 199, 203, 206, 215, 217, 219f. Lessing, Gotthold Ephraim (1729–1781) 11, 32, 48 Liberda, Valentin (1803–1844) 40, 176 Lina (siehe: Grundherr, Carolina Luisa Susanna) Link, Heinrich Friedrich (1767–1851) 62 Lisette (Hausmädchen in Rostock) 85, 191 Löhe, Helene, geb. Andreae (1819–1843) 26 Löhe, Wilhelm (1808–1872) 25f., 29f., 49, 153 Lützow, Ludwig Friedrich Wilhelm (1793–1872) 156 Luther, Martin (1483–1546) 25, 70, 202

Johann von Österreich (1782–1859), Erzherzog 85

Manteuffel, Otto Theodor (1805–1882) 119 Manuel (siehe: Hegel, Immanuel) Marcks, Erich (1861–1938) 12 Mariechen (siehe: Tucher, Maria Therese Karoline) Mathilde (Pflegerin Maria Helena Susanna Hegels in Berlin) 171, 185, 208 Mendelssohn, Moses (1729–1786) 11 Mendelssohn Bartholdy, Felix (1809–1847) 32, 61, 78f., 85 Merkel, Paul Wolfgang (1756–1820) 105 Meyer (Meier), Antonia (1828–1850) 25, 46, 54, 58, 66, 101ff., 168, 187 Meyer, Auguste (siehe: Kieser, Auguste) Meyer, Franz (1822–1881) 25, 168 Meyer, Helene (1827–1888) 25f., 29, 54, 66, 101ff., 168, 187, 224 Meyer, Johann Friedrich (1772–1849) 25 Meyer, Maria (1824–1885) 25, 29, 54, 168 Meyer, Philipp Anton Guido (1798–1869) 25, 46, 58, 105, 168, 187, 227 Meyer, Sigmund (1825–1839) 25, 168 Meyer, Sophia Maria Friederike, geb. Tucher (1800–1863), auch „Tante Fritz“ genannt

Karsten, Dethlof Ludolph Eobald (1787–1879) 182 Karsten, Hermann (1809–1877) 57, 63 Karsten, Theodora, geb. Berg (†1863) 57, 63 Kierulff, Johann Friedrich Martin (1806–1894) 183f. Kieser, Adelheid, geb. Mittnacht (1819–1847) 65, 101, 176 Kieser, Auguste, geb. Meyer (1830–1912) 26, 30, 58, 61, 65, 75, 84, 88ff., 93, 98ff., 103ff., 168, 176, 187, 190, 219 Kieser, Heinrich (1813–1893) 26, 30, 58, 61, 65, 75, 84, 88ff., 93, 97ff., 105, 122, 126, 129, 168, 176, 187, 190, 219 Kleist, Heinrich (1777–1811) 11 Klitzing (Freundin Maria Helena Susanna Hegels in Berlin) 203, 208 König, Eva Catharina, geb. Hahn (1736–1778) 11 Krailsheim (siehe: Crailsheim) Kuhfeld, Johann Friedrich (1792–1861/62) 81

Personenregister

25, 29, 46, 54, 58, 66, 90, 101ff., 105, 136, 152, 168, 187, 203, 206f., 220, 224, 227 Mittnacht, Adelheid (siehe: Kieser, Adelheid) Mittnacht, Mutter Adelheid Kiesers 101, 176 Montperny, Gräfin Carolina Friderica Wilhelmine, geb. Otting und Fünfstetten (1799–1860) 100 Montperny, Friederike Caroline Wilhelmine Camilla (siehe: Tucher, Friederike Caroline Wilhelmine Camilla) Montperny, Graf Friedrich Ludwig Camill (1790–1844) 100 Napoleon I. (1769–1821), Kaiser von Frankreich 23, 183, 199 Neuburger, auch „Gottliebs“: die Familie Christoph Karl Gottlieb Sigmund Tuchers während seiner Zeit am Appellationsgericht in Neuburg an der Donau (1849–1856) 24, 136, 199, 203, 215 Niethammer, Friedrich Immanuel (1766–1848) 33f. Nordenflycht, Adelheid, geb. Conrad (1821–1862) 208 Nordenflycht, Ferdinand Otto (1816–1901) 203, 208, 225 Onkel Gottlieb bzw. Gottlieb (siehe: Tucher, Christoph Karl Gottlieb Sigmund) Patow, Robert Ersamus (1804–1890) 182 Paul Friedrich (1800–1842), Großherzog von Mecklenburg-Schwerin 115 Pirkheuer (siehe: Pürkhauer, Albert Franz) Polli, Donato (1663–1738) 105 Prosch, Karl Friedrich Wilhelm (1802–1876) 223 Prosch, N. N. (1805–1885), Ehefrau von Karl Friedrich Wilhelm Prosch 223 Pürkhauer, Albert Franz (1806–1858) 39, 47, 53, 158, 169, 188 Puttkamer, Johanna (1824–1894) 11f.

239 Racine, Jean (1639–1699) 61 Raumer, Johannes (Hans) (1820–1851) 188f., 218 Raumer, Karl Ludwig Georg (1783–1865) 67, 188 Reuter (Arzt in Nürnberg) 83 Richter, Karl Friedrich (1804–1878) 40 Riese, Friedrich Wilhelm (1807–1879) 45 Röper, Elise, geb. Saugy 62 Röper, Johannes August Christian (1801–1885) 62 Rosenhayn, Eleonora Karolina, geb. Haller (1777–1852) 27, 136, 173, 199, 203, 207ff., 212 Rosenhayn, Gustav Ludwig Moritz († 1823) 27, 137, 173 Schaden, Emil August (1814–1852) 30, 61 Schaden, Karoline, geb. Thiersch (1821–1880) 30, 61 Scheibe(r), Friedrich Ludwig (1809–1884) 183 Schiller, Karl (Arzt) 52, 164 Schiller, Sophie Charlotte, geb. Holzschuher (*1826) 52, 164 Schilling (Freund Immanuel Hegels in Berlin) 203, 208 Schlegel, August Wilhelm (1767–1845) 48 Schlesinger, Jakob (1792–1855) 143 Schubert, Franz (1797–1828) 32, 61, 94 Schwarz, Carolina Louise Susanna (siehe: Grundherr, Carolina Louise Susanna) Schwarz, Georg Christoph Benedikt (1801–1876), zumeist „Benoit“ genannt, Ehemann von Louise Caroline Ernestine Schwarz, geb. von Tucher 19, 26, 41f., 51, 91, 95f., 167, 188, 203, 227 Schwarz, Johann Christoph David (1802–1885), zumeist „Jeannot“ genannt 26, 51 Schwarz, Luise (1826–1881) 26, 51, 78, 95, 114, 123, 128, 134, 137

240 Schwarz, L(o)uise Caroline Ernestine, geb. Tucher (1804–1846) 19, 26, 41f., 51, 167, 173, 188, 201, 227 Schweden, Johann Friedrich Ludwig (1799–1871) 72 Schweden, Louise Charlotta Catharina Magdalena, geb. Röper (1802–1871) 72 Schwerin-Putzar, Maximilian (1804–1872) 184 Semper, Gottfried (1803–1879) 221 Sending (Hilfe für Maria Helena Susanna Hegel in Berlin) 208 Senfft von Pilsach, Elisabeth (*1827) 19 Senfft von Pilsach, Ernst Karl Friedrich Wilhelm (1795–1882) 19 Senfft von Pilsach, Ida Henriette Caroline, geb. Oertzen (1799–1849) 19 Senfft von Pilsach, Ida Maria (1826–1891) 19 Shakespeare, William (1564–1616) 32, 48 Sick, Hermann Albert (1815–1892) 19 Sick, Maria Pauline (Marietta) (siehe: Wiß, Maria Pauline) Siegmunds: die Familie Johann Sigmund Karl und Maria Magdalena Tuchers in Nürnberg 200, 206ff. Simson, Eduard (1810–1899) 186 Stahl, Friedrich Julius (1802–1861) 182, 186 Stannius, Berta, geb. Fromm (1818–1905) 42 Stannius, Hermann Friedrich (1808–1883) 42 Stavenhagen, Friedrich Karl Leopold (1796–1869) 201f. Stedmann, Karl Johann Wilhelm von Barton genannt von Stedmann (1804–1882) 185 Tante Bayerlein (siehe: Bayerlein, Maria Karolina Sophia Wilhelmina) Tante Frieda (siehe: Tucher, Friederike Caroline Wilhelmine Camilla) Tante Fritz (siehe: Meyer, Sophia Maria Friederike)

Register

Tante Hegel (siehe: Hegel, Maria Helena Susanna) Tante Luise (siehe: Luise Caroline Ernestine Schwarz, geb. Tucher) Tante Rosenhayn (siehe: Rosenhayn, Eleonora Karolina) Tante Sophie (siehe: Tucher, Sophia Maria Luise) Tante Thekla (siehe: Tucher, Thekla Therese Eleonore) Thiersch, Friedrich Wilhelm (1784–1860) 61 Thöl, Elise, geb. Lewenhagen (1814–1872) 79 Thöl, Johann Heinrich (1807–1884) 79 Tholuck, Friedrich August Traugott (Gotttreu) (1799–1877) 47 Tholuck, Mathilde, geb. GemmingenSteinegg (1816–1882) 47 Tieck, Ludwig (1773–1853) 48 Tröltsch, Laura Karoline Amalie (siehe: Haller, Laura Karoline Amalie) Tröltsch, Maria Elisabeth Wilhelmine (siehe: Haller, Maria Elisabeth Wilhelmine) Tröltsch, Sigmund Friedrich (1815–1898) 28, 137 Tucher, Anna Sophia Maria (1842–1935) 30 Tucher, Caroline Marie (1844–1913) 41, 160f., 193, 195, 205, 227 Tucher, Christoph Friedrich Karl (1827–1842) 17, 22, 41, 128, 135, 158, 194, 216, 227 Tucher, Christoph Karl August (1839–1914) 203 Tucher, Christoph Karl Gottlieb Sigmund (1798–1877), zumeist nach dem dritten Vornamen „Gottlieb“ genannt 24, 29f., 41, 52, 69f., 77, 83, 100, 120, 136, 153, 163, 165, 193, 199, 203f., 207, 209, 211, 216, 227 Tucher, Elisabeth Luise (1843–1864) 30 Tucher, Friederike Caroline Wilhelmine Camilla, geb. Montperny (1818–1889), auch „Tante Fri[e]da“ genannt 25, 99ff., 104, 153, 199, 207, 209, 218, 227

Personenregister

Tucher, Friedrich Wilhelm Karl (1736–1814) 34 Tucher, Friedrich Wilhelm Sigmund (1846–1924) 41, 76, 160, 193, 195, 204, 227 Tucher, Georg Christoph Karl (1824–1846) 17, 22, 41, 128, 134f., 152, 158, 194, 216, 227 Tucher, Gottlieb Friedrich Wilhelm Karl (1810–1861) (ältere Linie der Tucher von Simmelsdorf ) 92, 216, 218 Tucher, Gottlieb Karl Sigmund (1830–1850) 22f., 30, 41, 58, 61, 83, 99, 130, 132f., 135f., 160, 168, 170, 188, 197ff., 207, 211, 213, 215ff., 218f., 227 Tucher, Gottlieb (siehe Tucher, Christoph Karl Gottlieb Sigmund) Tucher, Helene Marie Luise (1838–1857) 30, 120, 193 Tucher, Hermann Wilhelm (1849–1871) 24, 163, 165 Tucher, Jobst Wilhelm Karl (1762–1813) 20, 23, 33f., 227 Tucher, Johann Sigmund Karl (1794–1871), zumeist nach dem zweiten Vornamen „Sigmund“ genannt, auch: Vater, Eltern, Onkel Siegmund 12, 17, 19, 22ff., 27ff., 35, 38, 42, 46, 49, 59, 64, 66, 68, 72f., 76, 83f., 86, 88f., 96, 99f., 103, 105, 112, 124f., 128, 135f., 144, 149ff., 158ff., 164f., 167ff., 174f., 180, 186, 189, 192ff., 197ff., 203f., 206f., 211, 213, 216, 218ff., 222, 224, 227 Tucher, Karl Friedrich Wilhelm (1805–1875), auch: die Leitheimer 25, 99ff., 153, 199, 218, 227 Tucher, Lorenz I. (1447–1503) 124 Tucher, L(o)uise Caroline Ernestine (siehe: Schwarz, Luise Caroline Ernestine) Tucher, Luise Karoline (1836–1901) 41, 160, 205, 227 Tucher, Maria Helena Susanna (siehe: Hegel, Maria Helena Susanna) Tucher, Maria Louise Katharina Karoline, geb. Faber (1817–1887) 92 Tucher, Maria Magdalena, geb. Grundherr (1802–1876), auch: Mutter, Eltern, Tante

241 12, 16, 19f., 22f., 27f., 38f., 41f., 44, 49, 55ff., 63f., 66, 68, 72f., 76, 78, 80ff., 86, 88f., 96, 98, 103, 105, 107, 112, 117, 120, 122ff., 128, 130f., 135f., 144, 149ff., 156, 158ff., 163, 167ff., 180, 186, 189ff., 192ff., 197, 199f., 201, 204ff., 211, 213ff., 218ff., 222, 224, 227 Tucher, Maria Therese Karoline (1834–1905), auch „Mariechen“ genannt 23, 41, 58, 72, 107, 109, 113, 116f., 120, 128, 130, 133, 135f., 160, 180, 185, 187, 193, 200, 205, 219, 227 Tucher, Maria Wilhelmine (1837–1921) 30 Tucher, Rosina Maria (1841–1842) 22, 41, 128, 160, 194, 227 Tucher, Sigmund (siehe Tucher, Johann Sigmund Karl) Tucher, Sigmund Friedrich Wilhelm Karl (1792–1812) 23, 227 Tucher, Sophie Maria (1839–1871) 41, 84, 160, 205, 227 Tucher, Sophia Maria Friederike (siehe Meyer, Sophia Maria Friederike) Tucher, Sophia Maria Luise (1802–1857) 26, 29, 49, 66, 70, 77, 99, 101, 136, 153, 200, 203, 206f., 211, 227 Tucher, Susanna Maria, geb. Haller (1769–1832) 20, 23f., 96, 166, 227 Tucher, Thekla Therese Eleonore, geb. Gemmingen-Steinegg (1813–1901) 24, 30, 41, 47, 64, 83, 100, 120, 153, 163, 193, 203, 205, 209, 216, 227 Tucher, Wilhelmine: Maria Helena Wilhelmina Tucher, geb. Haller (1804–1834) 24, 41, 227 Tucher, Wilhelmine Maria (1837–1921) 120, 193 Vincke, Georg Ernst Friedrich (1811–1875) 182, 185 Vincke, Karl Friedrich Ludwig (1800–1869) 182, 185 Vorbrugg (Vorbruck), Johann Christian Michael (1796–1866) 40, 105, 199f., 206, 209, 216 Voß, Johann Heinrich (1751–1826) 48

242 Wagner, Richard (1813–1883) 21 Wedemeyer, Maria (1924–1977) 11 Wippermann, Karl Wilhelm (1800–1857) 185 Wiß, Johann Christoph David (1780–1867) 18, 28, 42, 51, 105, 188, 217 Wiß, Lina 72 Wiß, Luise 98 Wiß, Maria Pauline (Marietta) (1821–1902) 18f.

Register

Wiß, Rosina Alexandrina, geb. Schwarz (1799–1861) 28, 42, 51, 105, 128, 137, 188, 217 Xeller, Johann Christian (1784–1872) 72, 86, 176, 180 Zenge, Wilhelmine (1780–1852) Ziel (Arzt in Nürnberg) 199

11

Ortsregister

Nicht aufgenommen wurden die Namen der Städte Nürnberg und Rostock. Altenburg 169 Altenstein 202 Annatal 202 Artelshofen 28 Aufseß 28 Bamberg 170, 188, 202 Bastei (Sächsische Schweiz) 221 Bayern (Königreich) 42, 52, 61, 69, 98, 115, 170, 189 Beerbach 48 Behringersdorf 23, 29 Berlin 14, 17ff., 27, 32, 43, 48, 54, 56, 63, 68, 70, 72f., 81f., 84, 101, 105, 108, 112, 119, 125, 127, 129, 131, 138f., 152, 155ff., 162, 164, 166, 170ff., 177f., 190, 195ff., 200, 203, 206, 210, 212ff., 217ff., 221, 223 Biberach 72 Böhmen (Königreich) 167 Brandenburg (preußische Provinz) 182, 224 Bremen 31 Bubenreuth 218 Coburg 112, 167, 170, 189, 202 Crailsheim 28

Dänemark (Königreich) 224 Deutscher Bund 25, 181, 224 Deutschland 88, 94f., 189, 224 Dobberan (Doberan) 75, 81f., 223 Donau 25, 40, 83, 102, 153, 199 Donauwörth 83, 86, 102, 153, 199 Dresden 214, 219f. Ebersdorf (bei Coburg) 167 Eisenach 202 Elbe 63, 182, 221 Erfurt 14, 80, 82, 84, 87, 92, 101, 104, 108, 111f., 114, 116, 118ff., 122, 125, 138f., 177f., 181ff., 185f., 189ff., 193, 201, 221 Erlangen 22, 30ff., 34, 42, 58, 61f., 67, 83, 99, 101, 188, 202, 218 Esslingen 47 Florenz 96 Fränkische Schweiz 28 Franken 69, 170 Frankfurt am Main 25, 29, 46, 60, 182 Friedrichsfelde 224 Fürth 29, 33, 99, 108 Genf 62 Germersheim

52, 188

243

Ortsregister

Gotha 189, 201f. Grandson 22 Griechenland 99 Großgründlach 199 Großengsee 52, 217 Güstrow 80f.

Neapel 96 Neckar 47 Neuburg an der Donau 24, 30, 77, 83, 121, 136, 153, 163, 193, 199 Neuenburger See 22 Neuendettelsau 26, 29f., 153

Halle 47, 182, 201 Hamburg 63, 182 Heidelberg 18, 34, 54, 64 Heiligendamm 75, 223 Helena (bei Simmelsdorf ) 76, 214 Henfenfeld 19, 26, 28, 203 Heroldsberg 28 Hessen (Großherzogtum) 186 Hildburghausen 202 Hirschbach 28 Hof 69f., 112, 169f., 189, 214 Hohenloher Land 28 Hohe Sonne 202 Hummelstein 51

Obereichstätt 58, 168 Oberhof 189 Österreich (Kaiserreich) 40, 85, 94, 167, 199, 224 Olmütz 40 Ostsee(küste) 17f., 31, 41, 75, 153, 223

Iglau 40, 176 Italien 24 Kleinschmalkalden Kurhessen 185

28

Leipzig 112, 169, 189, 214 Leitheim 25, 102, 104, 153, 218 Lichtenfels 170, 189, 202 Liebenstein 202 Linz 19, 27, 40, 64, 137, 199 Ludwigslust 157 Lübeck 60, 67 Magdeburg 224 Me(c)klenburg(er) 41, 88, 96, 100, 120, 122, 174, 182 Mecklenburg-Schwerin (Großherzogtum) 41, 72, 80, 156f., 159, 182f., 223 Mecklenburg-Strelitz (Großherzogtum) 41, 182 Meiningen 202 München 24, 30, 33, 42, 58, 61, 66, 77, 99, 134, 152, 168, 188

Pegnitz 12, 19, 25f., 28, 118, 177, 200 Pfalz 52 Pirna 221 Plauen 169 Pommern (preußische Provinz) 182, 184 Posen 184 Potsdam 224 Prag 167 Preußen (Königreich) 48, 80, 85, 182ff., 224 Preußen (Provinz) 186 Rathsberg 67 Reichenbach 169 Rennsteig 202 Rheinprovinz (preußisch)

185

Saale 69, 182 Sachsen (Königreich) 112, 214 Sachsen (preußische Provinz) 184, 224 Sachsen-Coburg und Gotha (Herzogtum) 112, 189 Sachsen-Hildburghausen (Herzogtum) 202 Sachsen-Meiningen (Herzogtum) 202 Sachsen-Weimar-Eisenach (Großherzogtum) 201 Sächsische Schweiz 221 Schlesien (preußische Provinz) 182 Schleswig (Herzogtum) 189, 224 Schwerin 72, 92, 129, 156f., 182, 223

244

Register

Simmelsdorf 12, 25, 28, 35, 42, 50, 52, 59f., 66f., 76, 155, 159, 162, 207, 210ff., 214, 217 Stuttgart 58, 65, 122, 168 Sülz (in der Nähe Rostocks) 191 Tägerwilen (im Thurgau) 33 Teplitz 96, 103 Thüringen, Thüringer Wald 80, 189, 202 Triest 167 Uzmannsbacher Thal Vogtland

214

169

Warnemünde 75, 223f. Warnow 75, 223 Wartburg 202 Weimar 201 Werra 202 Westfalen (preußische Provinz) 182 Wetzlar 25, 29 Wien 32, 45, 50, 167 Wittenberge 182 Wöhrd 105, 118, 219 Württemberg (Königreich) 58, 65, 168 Zürich

33

Sachregister

Nicht aufgenommen wurden die Begriffe „Brief“ und „Post“ in unterschiedlichen Zusammensetzungen. Altenburger Bahnhof (Leipzig) 169 Antikensammlung (Dresden) 221 Appellationsgerichtsrat 24 Apollosaal (im Nürnberger Apollotempel) 219 Armen- und Arbeitshaus (Nürnberg) 69 „Athalie“ 61 Athanasianisches Glaubensbekenntnis 30, 75 Augustinerkirche (Erfurt) 183 Augustinerkloster (Erfurt) 183 Augustusbrücke (Dresden) 221 Bahnhofspartei 119, 122 Barfüßerkirche (Erfurt) 183 Bauers-Kränzchen 30, 70, 74, 104 Bratwurstküchel am Laufer Schlagturm (Nürnberg) 212 Brühlsche Terrasse (Dresden) 221 Bubenreuther (Studentenverbindung) 218f. Bundestag des Deutschen Bundes in Frankfurt am Main 25, 46 Bundeszentralkommission in Frankfurt am Main 85

Carolabrücke (Dresden) 221 Cölnisches Gymnasium (Berlin)

18

Daguerreotypien 70, 205 „Der Kaufmann von Venedig“ 48 „Der Korrespondent von und für Deutschland“ 87, 115 Deutscher Orden 39, 169, 219 Diakonie 29 Diakonisse(n) 26, 29 Diakonissenanstalt (Neuendettelsau) 26, 29, 70 „Dichtung und Wahrheit“ von Johann Wolfgang Goethe 48 „Die Frau Professorin“, Erzählung von Berthold Auerbach 32, 108 Dienstpragmatik 33 Dr.-Lorenz-Tucher-Stiftung (Nürnberg) 124 Dom (Erfurt) 183 Egidien-Gymnasium (Nürnberg) 24, 33f., 51, 169 Eisenbahn (Nürnberg – Fürth, 1835) 99 Erfurter Fürstenkongreß (1808) 183

245

Sachregister

Erfurter Reichstag (siehe: Unionsparlament [Erfurt, 1850]) Erlanger Theologie, Erlanger Schule 29ff. Erfurter Unionsparlament (siehe: Unionsparlament [Erfurt, 1850]) Erste Kammer des preußischen Landtages 182 Erweckungsbewegung 19, 26, 29f., 70 Erziehungs-Anstalt für Arme und Verwahrloste Knaben (Nürnberg) 67, 69 Evangelisch-lutherische Kirche, auch Landeskirche 20, 29, 69 Fahrpost 42 Frankfurter Nationalversammlung (1848/49) 85, 182ff., 185f., 201 „Frühlingslied“ von Felix Mendelssohn Bartholdy 32, 78f., 85 Gärten bei Wöhrd (Nürnberg) 105, 199 Garten [von] Merkel 105 Garten(wohnung) (Tuchers) 118, 199f., 205f., 211f., 219f. Gedenkbuch Karl Hegels 21f., 67 Gemälde-Gallerie (Dresden) 221 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg 60 Germanistentag zu Frankfurt am Main (1846) 60 Germanistentag zu Lübeck (1847) 60, 67 Glockenhof (Nürnberg) 24, 51, 217, 220 Göltzschtalbrücke 169 „Grundherr & Hertel“ (Nürnberg) 46, 95 „Hamlet“ 48 Heilig-Geist-Kirche (Nürnberg) 105, 158, 199, 206 „Hermann und Dorothea“ 70

Johanneum (Dresden) 221 Johanniskirchhof (Nürnberg) Juniuslieder 115

Königliche Landwirtschafts- und Gewerbeschule (Fürth) 99 Korrespondent (siehe: „Der Korrespondent von und für Deutschland“) Kreuzzeitung 19, 182 Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich (Mecklenburg, 1755) 115 Landtag (Großherzogtum MecklenburgSchwerin) 159 „Lieder ohne Worte“ von Felix Mendelssohn Bartholdy 78 Lorenzer Pfarrhof (Nürnberg) 169 Ludwig – Donau – Main – Kanal 99 Lukas-Evangelium 47 Magistratsrat (Nürnberg) 23 Markus-Evangelium 47 „Martha“, Oper von Friedrich von Flotow 32, 45 Matthäus-Evangelium 47 Mecklenburgische Zeitung 92, 156f., 175 Missionsvorbereitungsanstalt (Nürnberg) 69 Mission(swerk) (Neuendettelsau) 26, 29 Museum (Nürnberg) 61, 74, 91 „Nathan der Weise“ 48 Nationaltheater (Nürnberg) „Odyssee“

40, 51,

„Ilias“ 48 Industrialisierung 29, 99 Interim (1850) 85 „Iphigenie auf Tauris“ 48, 55, 59 Jakobskirche, Jakobskirchlein (siehe: St. Jakob [Nürnberg])

219

45

48

Parlament (siehe: Unionsparlament [Erfurt, 1850]) Pietismus 26, 29, 67, 70 Politik, politische Tätigkeit 54, 64, 72, 82, 92, 99, 113, 119f., 178 Preußisches Herrenhaus (Erste Kammer) 88 Preußischer Staatsrat 182 „Professorin“ (siehe: „Die Frau Professorin“) Proklamation (Aufgebot) 100, 123, 174

246 Regierungsgebäude (Erfurt) 183 Reglerkirche (Erfurt) 183 Reichskleinodien (Heiliges Römisches Reich) 27, 199 Reichstag (siehe: Unionsparlament [Erfurt, 1850]) Reichsverweser 85 Reichszentralgewalt, provisorische Zentralgewalt 85, 182, 185f. Ritterschaft (Mecklenburg) 115 Rohlederers Garten (Nürnberg) 212 „Romeo und Julia“ 48 Rosenau (Nürnberg) 42 Rußland-Feldzug (1812) 23, 199 Schleswig-Holsteinischer Krieg (1849/50) 189, 224 Schloßzwinger (Nürnberg) 203 Schriftführer 112f., 184 „Schwarzwälder Dorfgeschichten“ 32, 83 „Sendschreiben“ Karl Hegels (1850) 92, 174 Severikirche (Erfurt) 183 Sinfonie Nro. II von Ludwig van Beethoven 50 Spitalkirche (siehe: Heilig-Geist-Kirche [Nürnberg]) Staatenhaus des Erfurter Unionsparlaments 182ff., 189 Staatsgrundgesetz (MecklenburgSchwerin 1849) Stadt- und Kreisgericht (Nürnberg) 24 St. Egidien (Nürnberg) 29, 69 St. Helena (Großengsee) 52, 217 St. Jakob (Nürnberg) 30, 39f., 106, 158, 169, 188, 199, 219 St. Jobst (Nürnberg) 40, 199 St. Johannis (Nürnberg) 219 St. Lorenz (Nürnberg) 32, 45, 48 Tagebuch Susanna Maria Tuchers 21f., 45 Theater, Altes Stadttheater (Nürnberg) 45 „Torquato Tasso“ 48

Register

Treppenheirat 33 „Uli“, „Wie Uli, der Knecht, glücklich wird“ 74 Unionsparlament (Erfurt, 1850) 14, 80, 87f., 92, 94f., 97f., 104, 111, 119f., 122f., 125, 131, 134, 174f., 177, 181ff., 189f. Universität Basel 62 Universität Berlin 24, 40, 48, 62, 134, 152, 158, 182, 188 Universität Bonn 183 Universität Breslau 62 Universität Erlangen 29f., 33f., 40, 48, 61, 67, 69, 99, 101, 158, 163, 188, 218 Universität Göttingen 79, 108 Universität Greifswald 182 Universität Halle 47, 69, 184 Universität Heidelberg 108 Universität Jena 182 Universität Kiel 182 Universität München 152, 188 Universität Rostock 30f., 42, 47, 54, 61f., 79, 101, 156, 163 Universität Zürich 108 Verfassung (Mecklenburg, 10. Oktober 1849) 115 Verlobungskarte, Visitenkarte 49, 157 Verwaltungsrat (der Erfurter Union) 183, 185, 189f. Volkshaus des Erfurter Unionsparlaments 14, 80, 92, 113f., 175, 181ff., 185f., 189 Wahl zum Erfurter Unionsparlament 80, 85, 87f., 92 „Wie es euch gefällt“ 48 Wohnung, Haushalt (in Rostock) 62f., 66, 80ff., 134, 162ff., 173, 191, 222 Zweite Kammer (der bayerischen Ständeversammlung) 23 Zweite Kammer (des Preußischen Landtages) 88

Einblicke in das Privatleben eines Brautpaares in der Mitte des 19. Jahrhunderts Helmut Neuhaus (Hg.) Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher

Aus der Verlobungszeit des Rostocker Geschichtsprofessors und der Nürnberger Patriziertochter 1849/50 2018. 256 Seiten mit 13 s/w- und 17 farb. Abb., geb. € 45,00 ISBN 978-3-412-51128-9 Auch als e-Book erhältlich.

Preisstand: 3/2022

Im privaten Nachlaß des an der Universität Rostock wirkenden Historikers Karl Hegel, eines Sohnes des Philosophen G.W.F. Hegel, haben sich seine 27 Brautbriefe an die Nürnberger Patriziertochter Susanna Maria von Tucher erhalten, mit einem roten Bändchen zusammengebunden und mit einer Schleife geschmückt. Über Einblicke in das Privatleben eines Brautpaares in der Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus geben sie den Blick frei auf das Denken und Fühlen eines Gelehrten und auf die Entstehung eines Professoren-Haushaltes. Sie eröffnen zugleich das Panorama einer Zeit der politischen Umbrüche in Revolution und Restauration, einer Epoche der wirtschaftlichen und kommunikativen Veränderungen, einer Zeit des geistigen Aufbruchs in den Wissenschaften sowie der kulturellen Verfestigungen bürgerlichen Lebens. Zu lesen sind sie aber auch vor dem Hintergrund einer wenig bekannten Brautbrief-Literatur des 18. bis 20. Jahrhunderts.

Politische, soziale und wirtschaftliche Ereignisse des 19. Jahrhunderts im persönlichen Spiegel Karl Hegels

Helmut Neuhaus Karl Hegels Gedenkbuch

Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts 2013. 414 Seiten, 23 s/w-Abb., geb. € 55,00 ISBN 978-3-412-21044-1

Preisstand: 3/2022

Karl Hegel (1813–1901), ältester ehelicher Sohn des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel und einer der bedeutendsten deutschen Historiker des 19. Jahrhunderts, hat bis ein Jahr vor seinem Tode ein Gedenkbuch geführt, das nicht nur tiefe Einblicke in sein Leben und das seiner Familie gewährt, sondern ein spannendes Bild seiner Zeit zeichnet. Es spiegeln sich darin die umwälzenden politischen, sozialen und wirtschaftlichen Ereignisse des 19. Jahrhunderts. Und es zeigt den um persönliches und wissenschaftliches Ansehen bemühten Professor. In einer gut lesbaren und ausführlich erläuterten Fassung wird dieses einzigartige Dokument hier präsentiert.