148 95
German Pages 282 [280] Year 2005
1
Einführung
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Diagnosekonzepte
3
Safety
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Kasuistiken
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Therapiekonzepte
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Leitsymptome
7
Literatur
8
Sachverzeichnis
Dr. med. Edgar Hinkelthein Bis 1992 Vorpräparant Anatomie, Universität Hamburg und Dozent für Anatomie Medi-Learn, Marburg 1993 – 1995 Akupunkturausbildung Universität Hamburg 1995 – 2000 Studium Osteopathie IAO, Gent 1998 Zusatzbezeichnung »Sportmedizin« 1999 – 2002 Dozent der Akademie Damp sowie PT-Schule Damp 2000 – 2001 Bachelorstudiengang Osteopathie bei BCNO, London mit Abschluß der Westminster-University, London 2000 – 2002 Dozent für Osteopathie IAO, Gent 2002 Facharzt für Orthopädie Seit 2002 in osteopathischer Privatpraxis niedergelassen 2003 – 2004 Ärztlicher Leiter der Osteopathieschule Damp Seit 2003 Dozent für Osteopathie bei der Osteopathieschule Damp Seit 2003 Redaktioneller Beirat der Dt. Zeitschrift für Osteopathie Seit 2004 2. Vorsitzender (bis 2/2005 kooptiert) des VOD e.V. Seit 2005 Gastdozent für Osteopathie bei der DAOM, Hamm Seit 2005 Dozent für Osteopathie bei der NAHN, Celle
Prof. Dr. med. Christoff Zalpour
Professor für Physiotherapie an der FH Osnabrück Member New York Academy of Sciences Vice Principal der International Academy of Osteopathy Gründungsmitglied des Vereins Hochschule für Gesundheit Mitglied der Herausgebergemeinschaft Osnabrücker Studien Kardiovaskuläre Grundlagenforschung in Stanford/USA Verschiedene ärztliche Tätigkeiten im Bereich Arbeits- und Umweltmedizin, Innere Medizin und Rehamedizin. Verschiedene Lehraufträge in Fort- und Weiterbildung in Europa u. a. für die IAO für die Fachgebiete: Pathologie/Semiologie, Physiologie und Embryologie für Osteopathen Langjährige Tätigkeit als Fachübersetzer englischsprachiger Therapie- und Medizin-(Technik)-Literatur Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der Zeitschrift »Physioscience« Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der Verbandszeitschrift des IFK »Physiotherapie« Wichtigste letzte Publikation: Für die Physiotherapie: »Anatomie Physiologie«
Edgar Hinkelthein und Christoff Zalpour
Diagnose- und Therapiekonzepte in der Osteopathie Mit 264 Abbildungen
1 23
Dr. Edgar Hinkelthein Satower Weg 29 24357 Fleckeby
Prof. Dr. med. Christoff Zalpour Fachhochschule Osnabrück Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Profil Gesundheit Caprivistr. 30 A 49076 Osnabrück
ISBN-10 3-540-04031-5 Springer Medizin Verlag Heidelberg ISBN-13 978-3-540-04031-6 Springer Medizin Verlag Heidelberg Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag. Ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Marga Botsch, Heidelberg Projektmanagement: Claudia Bauer, Heidelberg Copyediting: Susanne Reimann, Lübeck Layout und Umschlaggestaltung: deblik Berlin Zeichnungen: Albert R. Gattung und Regine Gattung-Petith, Edingen-Neckarhausen SPIN 10784428 Satz: medionet AG, Berlin Druck: Stürtz, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem Papier 2126SM – 5 4 3 2 1 0
V
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, die Osteopathie ist eine in der Geschichte der Medizin vergleichsweise junge Disziplin, obwohl die Ursprünge manueller Behandlung bereits im Altertum zu finden sind. Heute verstehen Osteopathen ihre Arbeit als sinnvolle Ergänzung zur Schulmedizin, keinesfalls als Ersatz. Gerade die orthopädischen Beschwerden, deren Behandlung einen immensen Kostenanteil im Gesundheitssystem ausmacht, bieten oft einen hervorragenden Ansatz für die osteopathische Behandlung. Nicht umsonst boomt diese Disziplin in den letzten Jahren zunehmend. Bei gestiegener Nachfrage durch die Patienten erkennen immer mehr Therapeuten den Nutzen einer osteopathischen Ausbildung. Das häufigste Anfängerproblem besteht darin, dass die Anwendung von Osteopathie keineswegs nur das Umsetzen vieler einzelner Techniken bedeutet, sondern der Patient in seiner Gesamtheit erfasst und behandelt werden muss. So logisch dies ist, so schwierig ist es gleichzeitig, dieses Vorhaben in die Praxis umzusetzen. Viele Osteopathen sprechen von der »Behandlungskunst«, was keineswegs in eine esoterische Richtung weist, wie Kritiker gerne anmerken, sondern vielmehr zum Ausdruck bringen soll, dass die Diagnostik und Therapie eines Patienten nicht einem Standard entsprechen kann, sondern jeder Patient als Individuum untersucht und behandelt werden muss. Auch in der Schulmedizin wird von der »ärztlichen Kunst« gesprochen; besonders deutlich wird dies bei der Beschreibung von Problemen, nämlich dann, wenn ein »Kunstfehler« passiert ist. Immer wieder wurde von Osteopathiestudenten der Wunsch an die Autoren herangetragen, die Kunst der osteopathischen Diagnose und Therapie nicht nur »live« im Unterricht dargeboten zu bekommen, sondern zum Nachlesen auch in schriftlicher Form zur Verfügung zu haben. Dem Springer-
Verlag gebührt der Dank, diesem Anliegen ein offenes Ohr entgegengebracht und den Autoren mit Rat und Tat kompetent zur Seite gestanden zu haben. Ebenso muss die Lektorin erwähnt werden, die mit Geduld und Ausdauer dazu beigetragen hat, das gedankliche Konzept der Autoren im Text zur Geltung zu bringen. Die hervorragende Arbeit des Zeichners, der unsere Anforderungen geduldig in die optimale grafische Form gebracht hat, hat uns begeistert. Nicht zuletzt gilt unser Dank den Familien, die uns über viele Abende und Wochenenden entbehrt haben, um dieses Buchprojekt Wirklichkeit werden zu lassen, und uns immer wieder Mut zugesprochen haben, das begonnene Projekt weiter fortzusetzen. In der Hoffnung, vielen Leserinnen und Lesern eine Hilfestellung bei der Ausübung der osteopathischen Behandlungskunst zu geben und damit die Qualität der Patientenversorgung zu optimieren, wünschen wir Ihnen viel Spaß und Erfolg im osteopathischen Beruf und stets ein »gutes Händchen« bei der Versorgung der Patienten. Dieses Buch versteht sich auch als Beitrag zur Verbesserung der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Ärzten, ärztlichen und nicht-ärztlichen Osteopathen. Ziel einer wirkungsvollen Osteopathie ist letztlich die Verbesserung der Lebensqualität unserer Patienten. Für Kritik und Verbesserungsvorschläge sind wir jederzeit dankbar, damit Sie und andere Leser aus dem vorliegenden Werk den größtmöglichen Nutzen für Ihre tägliche Praxis ziehen können. »Wer aufgehört hat, sich zu verbessern, hat aufgehört, gut zu sein …« Edgar Hinkelthein Christoff Zalpour Im Mai 2005
VII
Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchung und Behandlung in der Osteopathie Gesundheit aus osteopathischer Sicht . . . . . . . . . Vorgehensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 1 1 2
2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.5 2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4 2.7 2.8 2.9 2.10
Diagnosekonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spezielle Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . Inspektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inspektion des Körperreliefs . . . . . . . . . . . Inspektion der Posturologie . . . . . . . . . . . . Thermodiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . Listening . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . General Listening . . . . . . . . . . . . . . . . . . Local Listening . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Palpation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmerz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bindegewebs-Zonen/Head-Zonen . . . . . . . Tender Points (Jones) . . . . . . . . . . . . . . . . Chapman-Punkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionstests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axiales System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übrige Mobilitäten (parietal und craniosacral) Viszerale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . Neurologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Provokationstests . . . . . . . . . . . . . . . . . . Apparative Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3 3 6 6 9 10 10 11 13 13 13 15 15 15 16 16 17 17 18 20 21 21 21 22 22 26
3 3.1 3.2 3.3 3.3.1 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.7 3.7.1 3.7.2 3.7.3
Safety . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . Provokationstest . . . . . . . . . . . . . . Apparative Diagnostik . . . . . . . . . . Bildgebende Verfahren . . . . . . . . . . Labordiagnostik . . . . . . . . . . . . . . Labor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bakteriologie . . . . . . . . . . . . . . . . Histologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internistische Diagnostik . . . . . . . . . Blutdruck/Puls . . . . . . . . . . . . . . . Elektrokardiogramm (EKG) . . . . . . . Spiroergometrie . . . . . . . . . . . . . . Apparative neurologische Diagnostik Elektroenzephalogramm (EEG) . . . . . Elektroneurographie (ENG) . . . . . . . Elektromyographie (EMG) . . . . . . . . Ausgewählte Krankheitsentitäten . . . Krebserkrankungen . . . . . . . . . . . . Krebs und Immunsystem . . . . . . . . Arteriosklerose — Atherosklerose . . .
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33 33 33 33 33 43 43 47 47 47 47 51 53 53 53 54 54 54 54 60 61
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3.8 3.8.1 3.8.2 3.8.3 3.8.4 3.8.5 3.8.6
Safety in der Osteopathie . . . . . . . Lungenerkrankungen . . . . . . . . . . Herzerkrankungen . . . . . . . . . . . . Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . Bauchspeicheldrüsenerkrankungen Nierenerkrankungen . . . . . . . . . . Magen-Darm-Erkrankungen . . . . .
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64 64 68 71 76 77 82
4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5
Kasuistiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untere Extremität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 1: Belastungsschmerz im linken Sprunggelenk . Kasuistik 2: Mediale Knieschmerzen rechts . . . . . . . . . . Kasuistik 3: Lateraler Knieschmerz rechts . . . . . . . . . . . Kasuistik 4: Knieschmerz links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 5: Schmerzen in dem rechten Großzehengrundgelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 6: Rezidivierende Knie- und Leistenschmerzen links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 7: Belastungsschmerzen im rechten Knie . . . . . Kasuistik 8: Schmerzen beider Füße . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 9: Belastungsschmerzen linke Leiste . . . . . . . . Kasuistik 10: Schmerzen rechtes Bein . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 11: Schweregefühl der Beine . . . . . . . . . . . . . Rumpf/Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 12: Lumbalgie rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 13: Dorsalgie zwischen den Schulterblättern, Nackenverspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 14: Chronische Nackenverspannungen . . . . . . Kasuistik 15: Progrediente Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 16: Chronische lumbale Schmerzen . . . . . . . . . Kasuistik 17: Probleme der Kopfdrehung nach links . . . . Kasuistik 18: Rezidivierende Lumboischialgie . . . . . . . . Kasuistik 19: Chronische Lumbalgie . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 20: Schmerzen in der gesamten Wirbelsäule . . . Kasuistik 21: Akute Kreuzschmerzen rechts . . . . . . . . . . Kasuistik 22: Rezidivierende Dorsalgien . . . . . . . . . . . . Kasuistik 23: Linksseitige Thoraxschmerzen . . . . . . . . . . Kasuistik 24: Schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 25: Schmerzen an der Wirbelsäule und den Weichteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 26: Sternale Schmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . Obere Extremität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 27: Schulterschmerzen rechts . . . . . . . . . . . . Kasuistik 28: Akute Ellbogenschmerzen links . . . . . . . . . Kasuistik 29: Rezidivierende Kribbelparästhesien rechte Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 30: Belastungsschmerz rechter Ellbogen . . . . . Kasuistik 31: Bewegungseinschränkung der rechten Schulter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 32: Schmerzen rechte Hand und Unterarm . . . . Kasuistik 33: Persistierender Handgelenksschmerz rechts Kasuistik 34: Schmerzen im linken Mittelfinger . . . . . . . .
87 88 88 91 93 95
4.1.6 4.1.7 4.1.8 4.1.9 4.1.10 4.1.11 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.2.7 4.2.8 4.2.9 4.2.10 4.2.11 4.2.12 4.2.13 4.2.14 4.2.15 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.3.5 4.3.6 4.3.7 4.3.8
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98 100 102 105 108 109 112 115 115 118 120 124 127 130 132 135 137 139 142 144 147 149 152 154 154 156 159 161 164 166 169 171
VIII
Inhaltverzeichnis
4.3.9 4.3.10 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.4.6 4.4.7 4.4.8 4.4.9 4.4.10 4.4.11 4.5 4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.5.4 4.5.5 4.5.6 4.5.7
Kasuistik 35: Schulterschmerzen links . . . . . . . . . . Kasuistik 36: Persistierende Schulterschmerzen rechts Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 37: Kind mit 3-Monats-Koliken . . . . . . . . . Kasuistik 38: Chronische Müdigkeit . . . . . . . . . . . . Kasuistik 39: Unregelmäßiger Puls . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 40: Kurzatmigkeit mit Leistungsminderung . Kasuistik 41: Rezidivierendes Sodbrennen . . . . . . . . Kasuistik 42: Unregelmäßige Herzschläge . . . . . . . . Kasuistik 43: Rezidivierende Diarrhöen . . . . . . . . . . Kasuistik 44: Häufiges Wasserlassen . . . . . . . . . . . . Kasuistik 45: Stressinkontinenz . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 46: Bauchschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 47: Dysmenorrhöen . . . . . . . . . . . . . . . . Kopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 48: Kopfschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 49: Schwindel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 50: Kopfschmerzen und Übelkeit . . . . . . . Kasuistik 51: Sehstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 52: Ohrgeräusche und Hörstörungen . . . . . Kasuistik 53: Sehstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Kasuistik 54: Kopfschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . .
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174 176 178 178 180 183 186 189 191 193 196 198 201 203 206 206 208 211 213 215 217 219
5 5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.3 5.4 5.5 5.5.1
Therapiekonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Viszerales System . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Bezüge . . . . . . . . . . . . . . . . Organspezifische Behandlungsschemata . . Parietales System (UFK) . . . . . . . . . . . . . Craniosacrales System . . . . . . . . . . . . . . Weitere Therapieansätze . . . . . . . . . . . . . Kongestion (venös-lymphatischer Stau) und manuelle Lymphdrainage . . . . . . . . . . . . Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akupressur/Akupunktur . . . . . . . . . . . . . Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.5.2 5.5.3 5.5.4
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223 223 223 224 225 254 254 254
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257 257 257 257
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Leitsymptome. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
1 Einführung 1.1
Untersuchung und Behandlung in der Osteopathie – 1
Die Anwendung manueller Therapie ist bereits Jahrtausende alt, wie Überlieferungen aus Ägypten, Babylon, China usw. belegen. Der amerikanische Arzt Dr. A.T. Still (1828–1917) nannte sein manuelles Untersuchungs- und Therapiekonzept 1874 »Osteopathie«. Seiner Biographie zufolge entstand dieser Name, weil er bei jedem Patienten (griech.: Pathos=Leiden, Beschwerden) Veränderungen der Haltung/des Bewegungsapparates (griech.: Osteos=Knochen, Bewegungsapparat) feststellte. Leider wird der Begriff oft mit »Knochenkrankheit« übersetzt, was dem Konzept der Osteopathie nicht gerecht wird.
1.1
Untersuchung und Behandlung in der Osteopathie
Die osteopathische Untersuchung und Behandlung findet überwiegend manuell statt, was den Osteopathen den Spitznamen »Ingenieure des Körpers« eingebracht hat. Ziel der osteopathischen Untersuchung ist es, die Ursachen für die aktuellen und chronischen Beschwerden des Patienten zu finden, um diese Probleme dann ursächlich zu behandeln. Der Osteopath bezeichnet diese Zusammenhänge als UrsacheFolge-Kette, kurz UFK. Ziel der osteopathischen Behandlung ist es, durch Korrektur dieser Ursachen die UFK aufzulösen. So kann der Körper des Patienten seine Selbstheilungskräfte aktivieren und seine mechanische, chemische, psychische und energetische Integrität wiederherstellen.
1.2
Gesundheit aus osteopathischer Sicht
Gesundheit bedeutet aus osteopathischer Sicht, dass der Körper auf allen Ebenen harmonisch zusammenspielt und sich alle Körperstrukturen in einem optimalen Zusammenhang befinden, einem Zustand der Homöostase. Aus diesem Grund kann es keine »Kochrezepte« zur Behandlung bestimmter Symptome geben, vielmehr muss jeder Patient in seiner Individualität erfasst und sein spezifisches Problem dann ebenso individuell behandelt werden. Hieraus ergibt sich unmittelbar die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen therapeutischen Fachrichtungen.
1.2
Gesundheit aus osteopathischer Sicht – 1
1.3
Vorgehensweisen – 2
Weder der Arzt noch der Osteopath noch irgendein anderer Therapeut wird alle seine Patienten alleine erfolgreich behandeln können. Für den Therapieerfolg ist ein Miteinander der verschiedenen Fachrichtungen der Schulmedizin, von Osteopathen, Psychologen, Physiotherapeuten, Masseuren (z. B. Lymphdrainage), Akupunkteuren, Homöopathen, Ernährungsberatern, Ergotherapeuten, Logopäden, Sportlehrern usw. ein »sine qua non« – unumstößliche Voraussetzung. Ebenso wenig sinnvoll ist es aus der Perspektive des Osteopathen, generell nur parietal, viszeral oder craniosacral zu arbeiten. Wichtig Die Befunde des Patienten bestimmen unsere Therapie, nicht die Vorlieben des Therapeuten.
In der Ausbildung lernen zukünftige Osteopathen eine Vielzahl von Untersuchungs- und Behandlungsgriffen, sodass sie jede Region des Patienten sehr genau untersuchen können. Wie bei jeder handwerklichen Tätigkeit werden diese manuellen Fähigkeiten nur praktisch vermittelt. Auch gibt es bereits ausreichend Literatur, in der Untersuchungs- bzw. Behandlungsgriffe für die einzelnen Körperregionen beschrieben werden. Gutes Werkzeug alleine macht jedoch noch keinen qualifizierten Handwerker, er braucht zusätzlich eine differenzierte »Bau- und Reparaturanleitung«. Ein guter Osteopath benötigt neben den einzelnen Grifftechniken, die quasi seine Werkzeuge darstellen, ein klares Konzept, nach dem er seine Untersuchung durchführt, ggf. Zusatzuntersuchungen zur Abklärung evtl. vorhandener Kontraindikationen veranlasst und dann entscheiden kann, ob und welche osteopathische Therapie beim jeweiligen Patienten indiziert ist. Das vorliegende Buch soll Ihnen diesen »roten Faden« für Untersuchung, differenzialdiagnostische Abklärung und Therapie an die Hand geben. Die Grundlagen osteopathischer und allgemein therapeutischer Arbeit darzustellen ist hingegen nicht das Ziel dieses Buches
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
2
Kapitel 1 · Einführung
1.3
Vorgehensweisen
Die Gliederung des Buches befasst sich zunächst mit der Diagnostik des Patienten (Kapitel 2 »Diagnosekonzepte«). Hierzu gehören sowohl Anamnese als auch die körperliche Untersuchung. Aus Anamnese und Befund soll dann eine Verdachtsdiagnose gebildet werden, die ggf. durch apparative Zusatzuntersuchungen weiter bestätigt oder aber ausgeschlossen werden kann. Es gibt eine Reihe von wichtigen Untersuchungsbefunden, die der Sicherheit des Patienten dienen, um zu gewährleisten, dass keine fehlerhafte Therapie eingeleitet wird. Diese Untersuchungen werden im Abschnitt Kapitel 3 »Safety« ausführlich dargestellt. Gerade für diese Safety-Untersuchungen ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit unerlässlich. Um das eben geschilderte Vorgehen praxisnah zu erläutern, werden im dann folgenden Kapitel 4 ausgewählte Krankheitsbilder als Kasuistiken vorgestellt und unter osteopathischen sowie schulmedizinischen Aspekten besprochen. Dieses Kapitel soll gleichsam die Verdachtsdiagnostik einschließlich der Safety-Aspekte trainieren und verbessern. Das folgende Kapitel 5 stellt dann Konzepte vor, die bei der osteopathischen Behandlung der Patienten Anwendung finden und wiederum den Leitfaden für die Behandlung bilden. Für die tägliche Praxis sind im Kapitel 6 Leitsymptome aus Anamnese und Befundung tabellarisch den wichtigsten Krankheitsbildern zugeordnet. »Viele Wege führen nach Rom«, sagt ein altes Sprichwort. Ebenso gibt es viele Möglichkeiten, einen Patienten erfolgreich zu therapieren. Gerade in der Osteopathie kann es den »goldenen Therapiestandard« nicht geben. So soll dieses Buch nicht als starres Anleitungsbuch verstanden werden, nach dem Schritt für Schritt verfahren werden muss, sondern ein mögliches Diagnose- und Therapieschema anbieten, welches gleichzeitig größtmögliche Sicherheit für den Patienten wie auch eine hohe Wahrscheinlichkeit des Therapieerfolgs gewährleistet. Selbstverständlich wird jeder Osteopath in Anlehnung an bereits bestehende Verfahren sein eigenes Konzept entwickeln, die Autoren möchten mit diesem Buch Anregungen zu diesem Schritt geben.
2 Diagnosekonzepte Edgar Hinkelthein 2.1
Anamnese – 3
2.1.1 2.1.2
Spezielle Anamnese – 6 Allgemeine Anamnese – 6
2.5.3 2.5.4 2.5.5
2.2
Inspektion – 9
2.6
Funktionstests – 17
2.2.1 2.2.2
Inspektion des Körperreliefs – 10 Inspektion der Posturologie – 10
2.3
Thermodiagnostik – 11
2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4
Axiales System – 18 Übrige Mobilitäten (parietal und craniosacral) – 20 Viszerale Funktionen – 21 Neurologie – 21
2.4
Listening – 13
2.4.1 2.4.2
General Listening – 13 Local Listening – 13
2.7
Provokationstests – 21
2.8
Apparative Diagnostik – 22
2.5
Palpation – 15
2.9
Dokumentation – 22
2.5.1 2.5.2
Schwellung – 15 Schmerz – 15
2.10
Anhang – 26
Diagnosekonzepte werden erstellt, um einzelne Ursachen für die vom Patienten angegebenen Symptome und Beschwerden ermitteln zu können. Dieses Kapitel soll ein »Leitfaden« für den differenzierten Untersuchungsvorgang sein. In der Osteopathie werden folgende Untersuchungsschritte durchgeführt: 1. Anamnese 2. Inspektion 3. Thermodiagnostik 4. Listening-Techniken 5. Palpation 6. Funktionstests 7. Provokationstests 8. Apparative Diagnostik Wichtig Bei unzureichenden Ergebnissen oder Symptomen, die auf eine Pathologie hinweisen, müssen apparative Untersuchungen die osteopathische Diagnostik ergänzen.
2.1
Anamnese
Basis für eine Behandlung am Patienten ist die Anamnese. Sie
dient nicht nur dem gegenseitigen Kennenlernen, sondern gibt Hinweise auf den aktuellen und allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten.
Bindegewebs-Zonen/Head-Zonen – 16 Tender Points (Jones) – 16 Chapman-Punkte – 17
Während des Befragens können bereits bestimmte Kontraindikationen für eine osteopathische Behandlung ausgeschlossen werden. Ein weiteres Ziel der Anamnese ist es, die Strukturen zu identifizieren, welche Beschwerden auslösen. Um all diese Informationen vom Patienten zu erhalten, ist es wichtig, gezielt zu befragen und mitunter nachzufragen. Damit nicht maßgebliche Aspekte übersehen werden, sollte der Osteopath zunächst Fragen zu den aktuellen Beschwerden des Patienten stellen. Im Anschluss erfolgen Befragungen aus der allgemeinen und speziellen Anamnese. Wesentlicher Teil der Anamnese ist die Frage nach Umständen, welche die geschilderten Beschwerden des Patienten verbessern bzw. verschlechtern. Oft ergeben sich daraus deutliche Hinweise auf die Beteiligung von bestimmten Strukturen, die Auslöser oder Mitverursacher von Symptomen sein können. Beispiel So können z. B. nächtlich-morgendliche Beschwerden, z. T. mit Schwellungsneigung, die sich bei Bewegung rasch verbessern und tagsüber kaum auftreten, ein möglicher Hinweis auf venöse Stauungen sein.
Anamnesezeichen Im Folgenden werden für die einzelnen Strukturen typische Anamnesezeichen aufgeführt (. Tab. 2.1).
4
1
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
. Tabelle 2.1. Strukturen und typische Anamnesezeichen Struktur
Pathologie
Anamnestische Zeichen
Knöchern
Fraktur/Metastase
Progression/Belastungsschmerz/ständige Schmerzen (Dauerschmerz)/Nachtschmerz
Intraartikulär
Entzündung
Progression/Belastungsschmerz/ständige Schmerzen (Dauerschmerz)/Nachtschmerz
Kapsuloligamentär
Verkürzung/ Überdehnung
Dumpfer Schmerz/Schmerz bei gleicher Position über längere Zeit (Ruheschmerz)/ Morgensteifigkeit/unbelastete Bewegung verbessert Schmerz/längere und belastete Bewegung verschlimmert Schmerz
Muskulär
Verkürzung/ Überdehnung
Heller Schmerz/Schmerz bei Bewegung (bei Kontraktion oder Dehnung) des Muskels/Schmerzausstrahlung im Muskelverlauf/bei trophischen Änderungen reagiert ein Muskel mit kapsuloligamentärem Schmerzcharakter
6
Vaskulär-arteriell
Arterielle Durchblutungsstörungen
Tiefer Schmerz/Krämpfe/Belastungsschmerz/Kältegefühl/Blässe/Schmerzzunahme bei längerer Bewegung
7
Vaskulär-venös
Kongestion
Ruheschmerz, der sich bei Bewegung verbessert/Schweregefühl/Schwellung/müde Extremitäten/warm/rotblaue Farbe
8
Vaskulär-lymphatisch
Lymphstau
Schweregefühl/starke Schwellung/Kältegefühl/Blässe
Zentralnervös
Sinne/Bewusstsein
Bewusstseinstrübung/Verwirrtheit/Sinnesorgane Hirnnervenfunktion verändert
Peripher-nervös
Kraft/Sensibilität
Verminderte Kraft (Paresen)/brennende Schmerzen/Sensibilitätsstörungen/Ausstrahlung im Verlauf des Nerven
Neurovegetativ
Vegetative Reaktion
Allgemein: Transpiration/Nervosität/viel bzw. wenig Schlaf Segmental: Pilomotorik/Transpiration/Bindegewebszonen Quadranten: z. B.: li. Kopf+li. Hals+li. Arm+li. Thorax
Metabolische Belastung
Toxinbelastung
Diffuse, wandernde Beschwerden/bilaterale Beschwerden/cervicothoracale Kongestion (Kissenbildung)
Endokrine Störung
Hormonelle Dysfunktion
Änderung von Schwitzen/Schlaf/Müdigkeit/Konzentration/Durst/Appetit/Gewicht
Psychisch
Psychische Erkrankungen
Diffuse, wandernde Beschwerden/bilaterale Beschwerden
2 3 4 5
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Knochen
Kapsuloligamentär
Typische Symptome für Knochenpathologien (am häufigsten Frakturen, Metastasen) sind: 5 ständig bestehende Schmerzen, 5 Verstärkung der Schmerzen bei Belastung, 5 die Patienten wachen nachts vor Schmerzen auf, 5 Progredienz der Beschwerden.
Irritationen der kapsuloligamentären Strukturen, wie z. B. Verkürzungen oder Überdehnungen, führen zu folgenden Symptomen: 5 dumpfe Schmerzen, die sich verstärken, wenn die gleiche Position über längere Zeit beibehalten wird, 5 Morgensteifigkeit der Gelenke, 5 Schmerzlinderung bei unbelasteter Bewegung, 5 Schmerzsteigerung bei längerer und belastender Bewegungen.
Intraartikulär Typische Symptome für intraartikuläre Pathologien sind: 5 Funktionseinschränkung im Gelenk, 5 Dauerschmerzen, 5 Schmerzzunahme bei Belastung, 5 Nachtschmerz, 5 Progredienz der Beschwerden.
5
2.1 · Anamnese
Wichtig Sollten diese Anamnesezeichen positiv sein, muss zunächst an eine Kontraindikation für eine osteopathische Behandlung gedacht werden. Vor Beginn einer osteopathischen Behandlung ist daher eine weitere Abklärung notwendig.
2
5 Schweregefühl, 5 Schwellung.
Lymphatisch bedingte Schwellungen sind im Vergleich zur venösen Stauung sehr viel stärker ausgeprägt. Wichtig
Muskulär Die Patienten klagen meist über 5 helle Schmerzen, 5 die bei Bewegung (Kontraktion oder Dehnung) des Muskels auftreten und 5 im Muskelverlauf ausstrahlen. Ein bereits trophisch veränderter Muskel (bei langfristig bestehender Dysfunktion) reagiert mit kapsuloligamentärem Schmerzcharakter. Wichtig Verkürzungen oder Überdehnungen der Muskulatur sind eine häufige Ursache für diese Symptome.
Die Pathogenese des Lymphödems ist entscheidend für den therapeutischen Ansatz.
Zentralnervös Die Zeichen für zentralneurologische Defizite sind vielfältig und dementsprechend schwierig zu erkennen. Für eine gezielte Diagnostik sind daher genaue Kenntnisse in der Neurologie notwendig. Allgemein zu beachtende Hinweise in der Anamnese sind 5 Veränderungen des Bewusstseins (Verwirrtheit), 5 Veränderungen der Wahrnehmung durch die Sinnesorgane. Die Funktion der Hirnnerven muss bei Verdacht auf eine zentralnervöse Störung abgefragt werden. Hierzu zählen Störungen beim Riechen, Sehen, Hören, Schmecken, sowie das Testen von Gleichgewicht, Kau- oder mimischer Muskulatur, vegetativen Reaktionen und der Zungenmotorik.
Vaskulär-arteriell Charakteristisch für arterielle Durchblutungsstörungen sind 5 tiefe Schmerzen, 5 Neigung zu Krämpfen, 5 verstärkte Belastungsschmerzen, 5 Kältegefühl der betroffenen Extremitätenregion, 5 Blässe der zugehörigen Hautareale.
Wichtig Grundsätzlich erfolgt bei jeder Untersuchung eine grob orientierende neurologische Beurteilung. Bei einem positiven Ergebnis muss eine ausführliche neurologische Diagnostik durchgeführt werden.
Vaskulär-venös Betroffene Patienten klagen vor allem über 5 Ruheschmerzen, 5 Linderung der Beschwerden bei Bewegung, 5 Schwere- bzw. Müdigkeitsgefühl der Extremitäten, mit Schwellungsneigung, 5 livide Verfärbung der betroffenen Areale, 5 Temperaturerhöhung der betroffenen Körperregion. Infolge der nachts flacheren Atmung und dem damit verbundenen verminderten venösen Abtransport werden die Beschwerden meist in den Morgenstunden (vor dem Aufstehen) verstärkt und verbessern sich nach dem Aufstehen durch Bewegung.
Vaskulär-lymphatisch Im Gegensatz zur venösen Stauung charakterisiert sich die lymphatische Stauung durch 5 Kältegefühl der betroffenen Region, 5 blasse Hautfärbung,
Periphernervös Bereits in der Anamnese kann der Patient nach 5 ständigem oder zeitweiligem Kraftverlust, 5 Einschränkung seiner Kraft (Paresen), 5 Veränderungen der Sensibilität (Hypo- oder Hypersensibilität), 5 sowie Schmerzausstrahlung im Verlauf des Nerven befragt werden.
Neurovegetativ Störungen des neurovegetativen Systems äußern sich in den folgenden schnellen Reaktionen der Körperfunktionen: 5 Regulation von Herzfrequenz und -rhythmus, 5 Atemregulation, 5 Magen-/Darmfunktion, 5 Drüsensekretion, 5 Durchblutung, 5 Schweißsekretion, 5 Pilomotorik.
6
1 2 3 4
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
Es bestehen enge Zusammenhänge mit dem endokrinen System. Die Steuerung beider Systeme erfolgt über das gleiche Hirnzentrum, den Hypothalamus. Je nach Region der Störung kann der Körper wie folgt betroffen sein: 5 generell: Änderung von Transpiration, Nervosität, Schlafverhalten, 5 in Quadranten: z. B. linker Bauch und linkes Bein, oder 5 segmental: Änderung von Transpiration, Pilomotorik, Bindegewebszonen.
Wichtig Bei der klinischen Untersuchung stehen oft fasziale Befunde im Vergleich zu sog. »mechanischen Ketten« im Vordergrund.
Die folgende . Tabelle 2.1 fasst die besprochenen wegweisenden Anamnesezeichen übersichtlich zusammen.
Metabolisch
5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Eine metabolische Belastung äußert sich in: 5 diffusen Beschwerden, die oft bilateral auftreten, 5 typischer cervicothoracaler Kongestion (Kissenbildung), die als Bindegewebsschwellung am cervicothoracalen Übergang auftritt, 5 oft ist die Lokalisation der Beschwerden sprunghaft wechselnd, 5 die Patienten können meist keine Faktoren benennen, die zu einer Linderung der Beschwerden beitragen. Die Frage nach Toxinen wie Medikamente, Genussgifte sowie Er-
nährungsgewohnheiten ist besonders wichtig.
Endokrin Störungen des endokrinen Systems äußern sich in veränderten, vorwiegend langsamen Funktionen der Körpersteuerung: 5 vermehrtes/vermindertes Schwitzen, 5 veränderte Schlafgewohnheiten, 5 vermehrte/verminderte Müdigkeit, 5 Konzentrationsstörungen, 5 gesteigerter/verringerter Appetit, 5 vermehrtes/verringertes Durstgefühl, 5 Störungen der Gewichtsregulation. Diese Steuerung wird auch als Grundregulation bezeichnet.
2.1.1 Spezielle Anamnese In . Tabelle 2.1 wurden den einzelnen Strukturen die jeweils typischen Anamnesezeichen zugeordnet. In der Praxis wird der umgekehrte Weg benutzt: Dem Patienten werden Fragen zur Anamnese gestellt, sodass der Osteopath aus den Antworten auf die betroffenen Strukturen schließen kann. . Tabelle 2.2 soll diese Arbeit erleichtern. Wichtig Die Antworten zu den ersten 4 Fragen 5 Schmerzprogredienz, 5 Dauerschmerz, 5 Nachtschmerz, 5 (sofortiger) Belastungsschmerz reichen aus, um eine Kontraindikation zur osteopathischen Behandlung anzunehmen.
Ansonsten ist die Summe aller Antworten richtungweisend. So könnten Wärmegefühl und Schwellungsneigung sowohl für eine Entzündung als auch für einen venösen Stau sprechen. In Kombination mit Ruheschmerzen, rotblauer Verfärbung usw. besteht eher ein Hinweis auf eine venöse Stauung.
Wichtig
Wichtig
Differenzialdiagnostisch sollte bei diesen Symptomen auch an maligne Erkrankungen oder psychosomatische Störungen gedacht werden.
Bei trophischen Änderungen reagiert ein Muskel mit kapsuloligamentärem Schmerzcharakter.
Psychisch Die Anamnese gleicht der von metabolischen Störungen. Eine Abgrenzung ist daher häufig schwer. 5 Patienten klagen über wechselnde Beschwerden. 5 Typisch ist die Negation von Verbesserungen. 5 Oft treten die Beschwerden bilateral auf. 5 Häufig besteht eine lange Vorgeschichte.
In . Tabelle 2.2 ist die spezielle Anamnese als Fragebogen aufgeführt:
2.1.2 Allgemeine Anamnese Zur allgemeinen Anamnese (. Tab. 2.3, Erfassungsbogen) gehören Fragen nach den Grunderkrankungen eines Patienten. Informationen über regelmäßig benötigte Medikamente, die auf den Zeitraum sowie das Ausmaß einer Grunderkrankung schlie-
2
7
2.1 · Anamnese
Schmerzprogredienz
X
Dauerschmerz
X
Nachtschmerz
X
(Sofortiger) Belastungsschmerz
X
Ruheschmerz
Psychische Erkrankung
Endokrine (Hormonelle) Störung
Metabolisch Toxinbelastung
Neurovegetativ Vegetative Reaktion
PNS Kraft/ Sensibilität
ZNS Sinne
Lymphatischer Stau
Venöser Stau
Arteriell DBS
Muskulär kürzt/dehnt
Kapsulär/ligamentär kürzt/dehnt
Anamnese-Fragen:
Knöchern/artikulär/ -itis/Metastasen
. Tabelle 2.2. Spezielle Anamnese Fragebogen
X X
X
Tiefer Schmerz
X
Dumpfer Schmerz
X
Heller Schmerz
X
Brennender Schmerz
X
Bilateraler Schmerz
X
X
Wandernder Schmerz
X
X
X
X
Längere Bewegung verschlimmert Schmerz
X
X
Belastete Bewegung verschlimmert Schmerz
X
X
X
X
Unbelastete Bewegung verschlimmert Schmerz Belastete Bewegung verbessert Schmerz
X
Unbelastete Bewegung verbessert Schmerz
X
Schmerz in gleicher Position für längere Zeit
X
Morgensteifigkeit
X
Schmerzausstrahlung im Muskelverlauf
X
X
Schmerzausstrahlung radikulär
X
Schmerzausstrahlung im Nervenverlauf
X
Krampfartiger Schmerz, Krämpfe
X
Diffuser/wechselnder Schmerz Kältegefühl, kalte Haut Wärmegefühl, warme Haut
X X
X X
5 6 7 8 9
Müdigkeitsgefühl der Extremitäten
X
Schweregefühl der Extremitäten
X
Blasse Hautfarbe
X
Rotblaue Hautfarbe Schwellung, Schwellneigung
X X
X X
X
X
Störungen der Sinnesorgane
X
Störungen des Bewusstseins
X
Kraftmangel (Paresen)
X
Sensibilitätsstörungen
X
10
Änderung des Schwitzens
X
X
X
Änderung des Schlafs
X
X
X
11
Änderung der Müdigkeit/Konzentration
X
X
12 13
Änderung des Durstgefühls
X
Änderung des Appetits
X
Änderung des Gewichts
X
X
Quadrantensymptomatik
X
14 15
. Tabelle 2.3. Allgemeine Anamnese: Erfassungsbogen Letzter Arztbesuch
16 17 18 19
wann
warum
welche
wofür
von Arzt, privat
welche
wofür
von Arzt, privat
welche
wofür
von Arzt, privat
welche
wofür
von Arzt, privat
Medikamente
Beschwerden/Erkrankungen Bewegungsapparat (Schulter/Ellbogen/Hand; Hüfte/Knie/Fuß; Wirbelsäule)
20
Herz/Kreislauf (Herzrasen/-stolpern; Blutdruck; Schwindel) Lunge/Atmung (Kurzatmigkeit/Husten/Auswurf/Luftnot)
21
Verdauungstrakt (Sodbrennen/Aufstoßen/Durchfall/Blähungen/Verstopfung/Veränderungen beim Stuhlgang)
Psychische Erkrankung
Endokrine (Hormonelle) Störung
Metabolisch Toxinbelastung
Neurovegetativ Vegetative Reaktion
PNS Kraft/ Sensibilität
4
ZNS Sinne
3
Lymphatischer Stau
2
Venöser Stau
Knöchern/artikulär/ -itis/Metastasen
Anamnese-Fragen:
Arteriell DBS
. Tabelle 2.2. Fortsetzung
Muskulär kürzt/dehnt
1
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
Kapsulär/ligamentär kürzt/dehnt
8
9
2.2 · Inspektion
2
. Tabelle 2.3. Fortsetzung Urogenital (Brennen/Schmerzen/Harnverhalt/Inkontinenz/übermäßiger Harndrang, z. B. auch nachts/Blut im Urin/Sexualverhalten/veränderte Mensis) Endokrin (Gewicht/Schweiß/Schlaf/Durst/Appetit/Konzentration/Müdigkeit) Tumoren
Ja/Nein Wenn ja, welche: Was wurde gemacht: Nachtschweiß? Gewichtsverlust?
Abgeschlagenheit?
Traumata
wann wann Bestehen noch Beschwerden?
was was
Operation
wann wann wann Bestehen noch Beschwerden?
was was was
Familie
wer wer wer
was was was
Beruf
Hobby/Sport
Größe/cm
Gewicht/kg
Allergien
Genussgifte Ernährungsgewohnheiten
ßen lassen, sind ebenfalls wichtige Anhaltspunkte, da die Patienten oft nicht ausreichend über ihre Krankheiten informiert sind und nur unzureichend auf die gestellten Fragen Antwort geben können. Die Frage nach typischen Beschwerden der einzelnen Organsysteme ist notwendig, da eine bestehende Erkrankung nicht zwangsläufig bereits erkannt und therapiert sein muss. Wichtig ist die Abklärung nach vorausgegangenen Erkrankungen, wie z. B. Metastasierungen, Traumen oder Operationen. Mitunter stellen sie eine Kontraindikation für die geplante osteopathische Behandlung dar. Zur Risikoabschätzung ist auch die Familienanamnese wichtig. Dabei wird erfragt, ob Erkrankungen in der eigenen Familie (Blutsverwandte wie Großeltern, Eltern, Geschwister) aufgetreten sind. Informationen über Lebensgewohnheiten und das soziale Umfeld geben Hinweise auf spezielle körperliche aber auch seelische Belastungen.
Wichtig Da die Symptome bei einer toxischen Belastung nicht unerheblich sind, gehören Fragen nach Allergien, Genussgiften und ggf. auch Ernährungsgewohnheiten in jede Anamnese.
i Tipps Die Fragen zur speziellen Anamnese (. Tab. 2.2 und 7 Kap. 2.10, Anhang) und der Erfassungsbogen zur allgemeinen Anamnese (. Tab. 2.3 und 7 Kap. 2.10, Anhang) können dem Patienten bereits vor der Behandlung zum Ausfüllen gegeben werden, damit sich der Osteopath in einem anschließenden Gespräch auf die Vorinformationen beziehen kann. In 7 Kapitel 2.10 sind beide Bögen als Kopiervorlagen abgedruckt.
2.2
Inspektion
Für die weitere Diagnostik entkleidet sich der Patient bis auf die Unterwäsche. Um Bewegungsabläufe sowie Einschränkungen
10
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
beurteilen zu können, sollte der Patient beim Entkleiden beobachtet werden. Da dies von manchen Patienten als unangenehm empfunden wird, muss der Osteopath den Patienten vorher darüber aufklären, warum er beim Entkleiden beobachtet wird. Um eine gute Ausgangsbasis für die Untersuchung und die spätere Behandlung zu schaffen, ist es wichtig, auf die Wortwahl zu achten. Formulierungen wie: »bitte ziehen Sie Schuhe, lange Hose sowie Pullover und Hemd aus« sind taktvoller als die bloße Aufforderung, alles bis auf Unterhose und BH auszuziehen. Wichtig Viele Patienten reagieren zwiespältig auf eine körperliche Untersuchung, deshalb muss darauf geachtet werden, dass der Patient sich zu keinem Zeitpunkt der Untersuchung körperlich und seelisch bloßgestellt oder hilflos fühlt.
Eine genaue und einfühlsame Untersuchung sowie das Ernstnehmen der Problematik führen zum Abbau von Angst und werden vom Patienten als positiv empfunden. Bei der Inspektion achtet der Therapeut auf 3 wichtige Merkmale: 5 Veränderungen der Haut, wie z. B. Farbe, Narben, Ekzeme, Hämatome. 5 Veränderungen des Körperreliefs wie Schwellungen, Einziehungen, Muskelatrophien, Bindegewebszonen. 5 Eine veränderte Haltung (Posturologie), welche einen deutlichen Hinweis auf die Lokalisation der Störung geben kann (7 Kap. 2.2.1 Inspektion der Haut).
14
Zur differenzialdiagnostischen Beurteilung der Haut wird auf die gängigen Lehrbücher und Atlanten der Dermatologie verwiesen. In . Tabelle 2.4 wird kurz auf die häufigsten Ursachen von Hautverfärbungen eingegangen.
15
2.2.1 Inspektion des Körperreliefs
16
Veränderungen des Körperreliefs können ein wichtiger Hin-
13
17 18 19 20 21
weis für abgelaufene oder noch bestehende Pathologien sein. Die Ursache für Einziehungen können beispielsweise Narben durch versteckten (z. B. transvaginalen) Operationszugang, fasziale Retraktionen, Stress oder falsche Ernährung sein. Bei einer leeren Anamnese sollten diese Punkte noch einmal in offener Form nachgefragt werden. Die offene Formulierung vermeidet Druck auf den Patienten und trägt so zum ausgewogenen Therapeuten-Patienten-Verhältnis bei. Muskelatrophien können unter anderem ein Hinweis auf unphysiologische Belastungen des Bewegungsapparates sein. Diese »Einziehungen« geben einen direkten Hinweis auf Beund Entlastungszonen.
Schwellungen treten sowohl akut als auch chronisch auf. Bei einem fraglichen Befund ist es daher wichtig, den Patienten zu fragen, wie lange die Schwellung(en) bereits bestehen und ob es tageszeitliche Veränderungen gibt. Mögliche Ursachen sind Allergien, venös-lymphatische Stauungen, Toxine, Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis, Störungen der Entgiftungsfunktion von Leber und Nieren oder z. B. auch Traumata. Wichtig Eine cervicothoracale Kongestion (Kissenbildung) kann auf Störungen des venösen Rückflusses mit Anreicherungen von Toxinen im Körper hinweisen (näheres siehe 7 Kapitel 4.5.1).
Bindegewebszonen sind spezifische Gewebeareale, die bei einem positiven Befund als Schwellungen oder Einziehungen deutlich werden. Sie weisen auf segmentale oder viszerale Irritationen hin (7 Kap. 4.5.3).
2.2.2 Inspektion der Posturologie Die Posturologie unterscheidet je nach Dominanz der Positionsabweichung in der Horizontal-, Frontal- und Sagittalebene folgende Typen:
Rotationstyp Abweichungen in der Horizontalebene um eine craniocaudale Achse. In der Seitenansicht des Patienten zeigen sich diese Ab-
weichungen am deutlichsten. Gedachte Linien, die beide Calcanei, beide SIPS, beide Scapulae und beide Procc. mastoidei verbinden, laufen normalerweise parallel und bilden keinen Rotationswinkel. Bei Rotationsabweichungen ist trotz exakter Seitenansicht der Blick auf beide Calcanei/SIPS/Scapulae/Procc. mastoidei möglich, da die entsprechende Region außenrotiert steht. Bei normalem Befund verdecken die genannten Strukturen ihr Pendant in exakter Seitenansicht.
Seitneigungstyp Der Seitneigungstyp kennzeichnet sich durch Abweichungen in der Frontalebene um eine anteroposteriore Achse. Bei Betrachtung des Patienten von hinten sind diese Abweichungen am deutlichsten. Eine gedachte Lotlinie von der Sutura sagittalis soll alle Procc. spinosi, die Rima ani sowie die Mitte zwischen beiden Scapulae, beiden Knien und beiden Calcanei treffen.
Ext-/Flex-Typ Kennzeichnend für den Ext-/Flex-Typ sind Abweichungen in der Sagittalebene um eine transversale (laterolaterale) Achse. Am
2
11
2.3 · Thermodiagnostik
. Tabelle 2.4. Lokalisation und Pathogenese von Hautverfärbungen Hautfarbe
Lokalisation
Pathogenese
Braun
Generalisiert Lichtexponierte Stellen Gesicht, Mamillen, Linea alba, Vulva Narben, druck-/lichtexponierte Stellen Spiegelgleiche Pigmentierung im Gesicht Cafe-au-lait-Haut
genetisch (vermehrt Melanin) Sonnenlicht-Exposition Schwangerschaft
Blass
Generalisiert/fleckig Gesicht/Mund/Nägel Lokalisation des Ödems
Vermindert Melanin (Albinismus/Vitiligo) Durchblutungsstörung/Anämie Ödeme (überlagern Hautfärbungen)
Rot
betroffene Region, Gesicht, Dekolletee
Gefäßerweiterung/Durchblutungssteigerung (auch Entzündung.)/Kälteeinwirkung, vegetativ bedingt
Gelb
Skleren, Schleimhäute (SH), generalisiert lichtexponierte Stellen, Gesicht (nie Skleren, SH) Handfläche, Fußsohle, Gesicht (nie Skleren, SH)
Ikterus (Lebererkrankung, Hämolyse)
Bronzegrau
generalisiert, Narben
Hämochromatose
Livide/zyanotisch
Betroffenes Abflussgebiet Gesicht, Hände, Füße
Venöser Stau, arterielle Durchblutungsstörung, Herz-Kreislauf-Erkrankungen Polyzythämie, arterielle Durchblutungsstörungen
M. Addison/Hypophysentumor Niereninsuffizienz Neurofibromatose
chronische Urämie (Retention von Harnfarbstoffen) Karotinämie (alimentär, Hypophysenunterfunktion)
deutlichsten werden sie in der Seitenansicht. Normalerweise liegen äußerer Gehörgang, Schulter, Becken, Knie und Knöchel auf einer gemeinsamen Lotlinie. Teilweise ist der Befund von einer Seite besser zu erkennen als von der anderen. Um Beschwerdeursachen besser einordnen zu können, werden besonders jene Zonen untersucht, die biomechanisch zur entsprechenden Typologie passen. In . Tabelle 2.5 ist die Zuordnung einzelner Regionen zur jeweiligen Typologie aufgeführt. (. Abb. 2.1–2.3) Ein Patient kann durchaus mehrere Ursache-Folge-Ketten (UFK) haben, die verschiedenen Typologien zuzuordnen sind. In diesem Fall gibt die Posturologie keinen richtungsweisenden Befund, sodass andere diagnostische Kriterien weiterführen müssen.
2.3
Thermodiagnostik
Mit der Thermodiagnostik werden Veränderungen der Temperaturabstrahlung einzelner Körperregionen manuell erfasst. In der Osteopathie wurde die Thermodiagnostik von dem Franzo-
. Tabelle 2.5. Typologienzuordnung Rotationstyp
Seitneigungstyp
Ext-/Flex-Typ
SSB-Strain
SSB-Torsion und TMG
C1-Rotation
C0-/C1-Shift C1-/C2-Shift
C0-bilateral
C2–7 in Ext.
C2–7 in Flex.
WS-Zonen in E (ant.)
T1–5/Costae I–V
WS-Zonen in F (post.)
T6–10/Costae VI–X
Übergang C7–T1
Symphysis pubica
T11-Sacrum
Übergang T12–L1
Ilium ARO/IRO
Ilium In-/Outflare/ Upslip
Ilium Ant./Post.
Hüfte ARO/IRO
Hüfte ABD/ADD
Hüfte E/F Knie
USG
Chopart-Gelenk
OSG
12
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
1 2 3 4 5 6 7 8
a
b
. Abb. 2.1. a Rotationstyp hochthoracal. b Rotationstyp Becken
. Abb. 2.2. Seitneigungstyp Beckenshift
9 . Abb. 2.3. Extensions-/Flexionstyp
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
sen J.P. Barral entdeckt. Er unterschied je nach Größe und Ausbreitung punktförmige, lineare, bandförmige, zirkuläre und weitere Zonen von Temperaturerhöhungen. Er gab diverse Zuordnungen von Körperabschnitten und thermischen Zonen an, nach denen eine hohe Differenzierung der Problematik über die Thermodiagnostik möglich wurde. Andere Osteopathen haben die Thermodiagnostik in verschiedene Richtungen verändert, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll.
Pathogenetisch entsteht durch Veränderungen des Gewebestoffwechsels eine lokale Temperaturabweichung, die manuell erfasst werden kann. Die Thermodiagnostik wird als schnelle Hilfe zum Auffinden von Beschwerdeursachen eingesetzt. Bei Unklarheiten oder dem Verdacht auf eine schwere Pathologie darf die Thermodiagnostik kein Ersatz für notwendige schulmedizinische Diagnoseausschlussverfahren sein. Die folgenden thermodiagnostischen Verfahren werden zur schnellen Lokalisation eines Problems durchgeführt: 5 Erster Untersuchungsschritt: Der Patient befindet sich in Rückenlage auf der Untersuchungsbank. In etwa 10 cm Abstand zur Haut bewegt der Osteopath seine Hand langsam und gleichmäßig über dem Patienten hin und her. Auffällig sind umschriebene Bereiche mit erhöhter oder auch geringerer Temperatur. Diese Stellen werden vom Osteopathen registriert und später genauer untersucht. 5 Im zweiten Schritt wird die Untersuchung in 50 cm Abstand zur Haut wiederholt.
Die gefundenen Regionen auf 10-cm- bzw. 50-cm-Niveau haben folgende Zuordnung: 5 10-cm-Zonen: funktionell mechanische oder strukturell mechanische/chemische Irritationen, wie z. B. Entzündungen etc., 5 50-cm-Zonen: fasziale oder emotionale Irritationen. Die Untersuchung wird anschließend in Bauchlage im 10 cm und 50 cm Abstand zur Haut durchgeführt.
13
2.4 · Listening
Ziel der Thermodiagnostik ist das Lokalisieren von veränderten Temperaturen. Diese Stoffwechselaktivitäten werden als mögliche Ursache für Beschwerden in der weiteren Befunderhebung genauer untersucht. Wichtig Findet sich während der weiteren Untersuchung kein funktionelles Korrelat zur entsprechenden Zone, muss eine strukturelle Pathologie (insbesondere Entzündung, Tumor) ausgeschlossen werden.
i Tipps Bei Frauen findet sich bereits in der Frühphase der Schwangerschaft sowohl im 10-cm- als auch im 50-cm-Handabstand ein sog. »Temperatur- Fön« im Bereich des Mittelpunktes zwischen beiden SIAS. Bereits ab dem 5.–7. Tag nach der Befruchtung, während der Einnistung in die Uterusschleimhaut, kann eine Temperaturerhöhung wahrgenommen werden.
2
5 Der Patient steht auf dem Boden, die Füße stehen parallel etwa 10 cm auseinander. Der Osteopath steht seitlich neben dem Patienten. Eine Hand des Osteopathen wird mit einem sanften Druck von 20–30 Gramm auf den Kopf des Patienten gelegt, während die andere Hand leicht zwischen den Schulterblättern aufliegt. 5 Der Therapeut bittet den Patienten, die Augen zu schließen. Die Reaktion des Patienten wird durch die Lokalisation der Problematik bestimmt. Normalbefund: Nach ca. 4 Sekunden fällt der Patient ohne wei-
tere Reaktion »wie ein Brett« nach dorsal. Pathologien: Jede Bewegung des Patienten, die nicht vom ganzen Körper in einer Einheit geschieht, ist eine Normabweichung. Oft findet sofort nach dem Schließen der Augen eine Ausweichbewegung statt. Wichtig Als Merkhilfe gilt, dass der Patient durch die Bewegung »auf seine Läsion guckt«. Der Blick wird zur Lokalisation der Problematik gewandt.
2.4
Listening
Listening (franz.: Écoute) wird sowohl in der Diagnose als auch in der Therapie eingesetzt. Der Ursprung liegt in der faszialen Osteopathie. Mit diagnostischen Listening-Techniken wird versucht, der faszialen Körperspannung zu folgen. Die Lokalisation einer Beschwerdeursache zeigt sich durch einen faszialen Zug zur gleichen Region an. Durch fasziale Spannungen entstehen propriozeptive Aktivitätsmuster. Zur Lokalisationsdiagnostik werden propriozeptive Reizänderungen genutzt. Ziel des diagnostischen Listenings ist die Lokalisation eines Problems. Wichtig Ein Listening gibt keinen Hinweis auf die Art der Störung.
Bei dem diagnostischem Listening wird zwischen dem sog. General Listening (7 Kap. 2.4.1) und dem Local Listening (7 Kap. 2.4.2) unterschieden.
Dabei bedeutet: 5 Flexion: Das Problem liegt ventral, daher fällt der Patient nach vorne. Je weiter sich der Patient nach vorne neigt, desto weiter caudal liegt die Problematik. 5 Extension: Das Problem liegt dorsal, daher fällt der Patient nach hinten. Je weiter sich der Patient nach hinten neigt, desto weiter caudal liegt die Problematik. 5 Seitneigung: Das Problem liegt auf der Seite, zu der sich der Patient neigt. Je mehr sich der Patient zur Seite neigt, desto weiter caudal liegt die Problematik. 5 Rotation: Die Rotation verstärkt das Ausmaß der Flexion/Extension/Seitneigung. Je weiter die Problematik von der craniocaudalen Rotationsachse entfernt ist, desto mehr Rotation entsteht. 5 Einsinken: Der Patient scheint in sich zusammenzusinken, wenn eine Problematik im cranialen Bereich vorliegt. Ist das »Schrumpfen« mit einer Rotation kombiniert, so ist die Ursache meist eine Torsion der spinalen Dura mater. 5 Stehen bleiben: Zeigt der Patient eine stabile Position, die meist mit einer leichten Flexion, z. T. auch Seitneigung kombiniert ist, so liegt das Problem ventral subdiaphragmal.
2.4.1 General Listening 2.4.2 Local Listening Das General Listening nutzt Änderungen der Körperfaszienspannung zur Lokalisationsdiagnostik. Die folgenden Untersuchungsschritte werden beim General Listening beachtet.
Mit dem »Local Listening« wird regional überprüft, ob und wo fasziale Spannungen vorhanden sind.
14
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
1
Es gibt zwei Möglichkeiten, diese Spannungen zu untersuchen: 5 Die Suche nach dem faszialen Zug (mechanisch) in Rücken-
2
lage. Diese Technik wird als Local Listening in Rückenlage bezeichnet. 5 Die Suche nach der Auswirkung des faszialen Zuges auf die arterielle Durchblutungssituation.
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Bei dieser Untersuchung wird das Local Listening im Sitz mit Hilfe der sog. Adson-Wright bzw. Sotto-Hall-Tests (. Abb. 2.5) durchgeführt.
. Abb. 2.4. Local Listening in Rückenlage, Handpositionen (Bild 1–4)
4
3
2
Local Listening in Rückenlage Der Patient befindet sich in Rückenlage, während der Therapeut seine Hand mit einem minimalen Druck von ca. 20–30 g nacheinander an vier Positionen auf die ventrale Rumpfseite des Patienten legt. Mit dieser Methode werden die sog. »Faszienzüge« aufgesucht (. Abb. 2.4). Um einen möglichst genauen Befund zu erzielen, wird mit der Untersuchung am Becken begonnen und nach und nach bis zum oberen Thorax fortgefahren. Während der Untersuchung muss der Therapeut auf folgende Befunde achten: 5 Ausgangsstellung der Hände, 5 Abweichungen der Hände von der zu erwartenden Position.
1
i Tipps Findet an der entsprechenden Handposition (. Abb. 2.4, 1–4) keine Abweichung statt, so liegt kein Faszienzug vor. Eine Abweichung zeigt stets in Richtung des Problems. Die Faszie versucht sich der Lokalisation einer Störung anzunähern. Dabei findet eine dreidimensionale Anpassung statt.
Wichtig Bei Lokalisationen unmittelbar unter der Hand, z. B. Pylorus, wird diese in die Tiefe gezogen. Es findet keine Abweichung zur Seite statt.
16 17 18 19 20 21
Local Listening im Sitz (Adson-Wright-/Sotto-HallTest) Bei dem Test nach Adson-Wright, der auch als Sotto-Hall-Test bezeichnet wird, kann der Untersucher neben den arteriellen Pulsationen fasziale Irritationen bis zur oberen Thoraxfaszie überprüfen (. Abb. 2.5). Beim Testen werden beide Seiten im Vergleich untersucht. Störungen der rechten Faszien werden normalerweise an der rechten A. radialis gefunden, während linksseitige Störungen im Bereich der linken A. radialis zu lokalisieren sind.
. Abb. 2.5. Adson-Wright-/Sotto-Hall-Test, Endposition
Durchführung Der Patient sitzt mit hängenden Armen auf der Untersuchungsbank. Der Osteopath steht mit aufgestelltem Bein hinter dem Patienten.
15
2.5 · Palpation
5 Zunächst wird der Radialispuls bei hängendem Arm geprüft. 5 Anschließend bringt der Therapeut den Arm des Patienten passiv in eine 90°-Schulterabduktion bei gleichzeitiger 90°Ellbogenflexion. Dabei wird der Oberarm des Patienten auf den Oberschenkel des Therapeuten abgelegt. Aus dieser Position wird die Radialispulsation weiterhin geprüft. i Tipps Um kein falsches Ergebnis zu erzielen, dürfen weder das Handgelenk noch der Schultergürtel des Patienten vom Untersucher abgestützt werden.
5 Bleibt die Pulsation unverändert, wird die HWS des Patienten vom Therapeuten in Seitneigung und Rotation zur Testseite gebracht. 5 Ist die Pulsation unverändert, besteht keine fasziale Einschränkung der oberen Thoraxfaszien. 5 Der Befund ist positiv, wenn die Pulsation der A. radialis durch die Vordehnung der oberen Thoraxfaszien ausfällt. 5 Zur weiteren Lokalisation sucht der Therapeut den Körper des Patienten Stück für Stück ab, indem er mit der freien Hand regional einen leichten Druck von ca. 40–50 g ausübt. Der Druck wird direkt in die Tiefe ausgeführt (reines Handauflegen). Dieser Test wird zunächst auf einer Rumpfseite durchgeführt. Untersucht wird die ventrale, laterale und dorsale Rumpfseite von caudal nach cranial bis zu der Höhe, in der eine Pulsation wieder palpiert werden kann. 5 Die aufgefundene, etwa handtellergroße Stelle weist auf das fasziale Geschehen hin. 5 Findet sich auf der getesteten Seite kein Areal, in dem eine Pulsation getastet werden kann, wird die Suche auf der kontralateralen Seite fortgesetzt. i Tipps Ziel der Listening-Tests ist die Lokalisation der faszialen Irritation. Die Ursache der faszialen Irritation wird beim Listening nicht festgestellt.
2
− Dabei treten bei trophischen Änderungen oder Irritationen von Organen Bindegewebszonen auf. − Auch eine vermehrte Lympheinlagerung in bestimmte Hautzonen als Folge von neurolymphatischen Reflexen tritt auf. 3. Ermitteln von Veränderungen des Muskeltonus. − Diese können mechanisch oder nerval bedingt als Tonuserhöhung des gesamten Muskels auffallen. − Tonusveränderungen des Muskels können aber auch als sog. »Tenderpoints« (7 Kap. 2.5.4) oder auch als Mackenzie-Zone auffallen.
2.5.1 Schwellung Schwellungen können posttraumatisch entstehen, mitunter auch nach einem Minimaltrauma aufgrund einer bekannten oder unbekannten Gerinnungsstörung. Häufige Ursache für Schwellungen können Hyper- bzw. Desensibilisierungen eines Dermatoms sein, die Ausdruck einer Störung im zugehörigen Rückenmarks-Segment sind. Alle Strukturen des zugehörigen Segments müssen daher als mögliche Ursache der Beschwerden näher untersucht werden: 5 Angiotom: segmentbezogene arterielle, venöse und lymphatische Gefäße. 5 Dermatom: Haut und Hautanhangsgebilde im jeweiligem Segment. 5 Myotom: Muskulatur im Bereich des Segmentes. 5 Sklerotom: Bindegewebe, Kapseln, Ligamente, Sehnen, Faszien, Lymphknoten, Knorpel, Knochen im Segmentbereich. 5 Viszerotom: Auf das Segment bezogenes Organgewebe. i Tipps Verursacht wird eine Schwellung auch durch die Wirkung von Gewebemediatoren, welche als lokale Antwort auf einen Gewebereiz ausgeschüttet wurden.
2.5.2 Schmerz 2.5
Palpation
Mit Hilfe der Palpation können folgende Untersuchungsergebnisse erzielt werden: 1. Auffinden von Irritationen im Bereich von Dermatomen oder peripheren Hautnerven. − Ziel der Palpation kann z. B. sein, Störungen im Bereich von zugehörigen Segmenten zu erkennen. − Differenziert wird zwischen zentralen und peripheren Nervenirritationen. 2. Feststellen von Veränderungen des Bindegewebes.
Bei Schmerzen wird differenziert, ob der ausgelöste Schmerz der Problematik des Patienten entspricht oder ob ein unbekannter Schmerz besteht, der Folge einer nozizeptiven Sensibilisierung ist. Zur Beurteilung gehört daher immer während einer Palpation die Frage nach Ausstrahlung, Charakter, Stärke sowie Dauer des Schmerzes (7 Kap. 2.1).
16
1 2 3
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
Wichtig Wichtig ist es, Schmerzen zu beachten, die nach Beendigung der Palpation noch für einige Zeit (1–3 Minuten) nachklingen. Diese Symptome können ein Hinweis auf Entzündungen oder andere schwere Pathologien sein und stellen oft eine Kontraindikation zur Behandlung dar.
Zwerchfell Th1 Th2 Th3 Th4
6 7 8
Ösophagus
Th5
4 5
Herz
Th6 Th7 Th8
2.5.3 Bindegewebs-Zonen/Head-Zonen Da die viszeralen (Organ-) und parietalen (Haut-)Afferenzen im Bereich der Spinalnerven gemischt sind, werden 5 Probleme der inneren Organe auf entsprechende hyperalgische Zonen der Haut als sog. »Head-Zonen« (. Abb. 2.6), durch einen viscerocutanen Reflex projiziert. 5 Das Bindegewebe stellt sich mit seinen sog. »Bindegewebszonen nach Teirich-Leube« (. Abb. 2.7) durch viszeromuskuläre Reflexe, die auch als »muskuläre Maximalpunkte nach Kohlrausch« bezeichnet werden, dar.
9
Th9
Magen Leber/Gallenwege
Th10
Dünndarm
Th11 Th12
Dickdarm Niere/Hoden Harnblase
. Abb. 2.6. Head-Zonen
Wichtig
10 11 12
2.5.4 Tender Points (Jones)
Wie bereits in 7 Kapitel 2.5.1 erläutert, müssen sämtliche zugehörige Strukturen genau untersucht werden, da sie mitunter eine mögliche Ursache der Beschwerden sind.
Die Projektion der Head- sowie Bindegewebszonen und der muskulären Maximalpunkte ist in den . Abb. 2.6 bis 2.8 dargestellt.
Als Folge nicht-physiologischer Kontraktionen der Muskulatur entsteht eine Bewegungseinschränkung des betroffenen Gelenkes, die sich auch während einer Palpation als schmerzempfindlicher Bereich mit einer vermehrten Gewebespannung zeigt und als »Tender Point« bezeichnet wird. Ausgelöst wird dieser
13
. Abb. 2.7. Bindegewebszonen
14 15 16
Armzone Magen
17
LeberGallenzone
18
Darmzone
19
(Dysmenorrhoe)
20 21
Kopfzone
(Diarrhoe)
Genitalzone
Darmzone
(Obstipation)
Blasenzone
VenenLymphzone
Genitalzone
(Hypomenorrhoe)
arterielle Beinzone
17
2.6 · Funktionstests
2
Bronchien Migräne
Migräne
Trachea
Trachea
Herz
Niere
Herz Bronchien (Asthma) Pankreas
Leber/Galle
Leber/Galle
Darm
Magen weibl. Genitale Obstipation
Niere Sigmoid/Rectum
Obstipation (ARO)
. Abb. 2.8. Muskuläre Maximalpunkte (nach Kohlrausch)
Zustand durch abnorme Spannungen, die infolge von Irritationen der nicht-adaptiven, tonusregulierenden Kernkettenfasern entstehen. Nach dem Osteopathen L.H. Jones werden die »Tender Point« auch als sog. »Jones-Punkte« oder als »Strain-Counterstrain« bezeichnet. i Tipps Im Zusammenhang mit Tender Points finden sich am Bewegungsapparat oft auch gesteigerte Muskeleigenreflexe.
Jeder Tender Point ist spezifisch für eine bestimmte Läsion. So können mit Hilfe der Jones-Punkte Läsionen gefunden werden, die durch neurophysiologische Irritationen entstanden sind. Wichtig Parietale Läsionen, die nicht auf Basis neurophysiolgischer Irritationen entstanden sind, können nicht über die JonesPunkte-Diagnostik gefunden werden.
wahrnehmbar bzw. minimiert ist. In dieser Position wird der Patient für etwa 90 Sekunden belassen. Anschließend muss der Patient langsam in die neutrale Position zurückgebracht werden. Die Therapie ist erfolgreich, wenn bei der anschließenden Palpation kein Tender Point mehr aufzufinden ist.
2.5.5 Chapman-Punkte F. Chapman hat den Zusammenhang zwischen viszeralen Irritationen und Zonen des Unterhautbindegewebes mit vermehrter Einlagerung von Lymphflüssigkeit als neurolymphatische Reflexe beschrieben. Bei der Palpation von Chapman-Punkten kann an einer für das jeweilige Organ spezifischen Zone eine Art »Wasserkissen« getastet werden. Diese »Wasserkissen« entstehen als Folge einer vermehrten Einlagerung von Lymphflüssigkeit in das Bindegewebe. Die Lokalisation der Organzonen (. Abb. 2.9) sowie die Therapie und Behandlung von Chapman-Punkten sind in Kapitel 5.2 aufgeführt.
i Tipps Das Auffinden von Jones-Punkten ist wegweisend für die Therapie einer Läsion.
Durchführung Der entspannt sitzende oder liegende Patient wird vom Osteopathen in den drei Ebenen E/F, Seitneigung und Rotation so positioniert, dass die palpierte Spannung des Punktes nicht mehr
2.6
Funktionstests
Funktionstests stellen die nächste Stufe der Diagnostik dar. Mit Hilfe dieser Tests wird die Funktion der jeweiligen Struktur, wie z. B. Knochen, Gelenke, Muskeln, Kapseln und Bänder, untersucht.
18
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
Nasennebenhöhlen
1
(Querfortsätze C3, C4, C5)
Nasennebenhöhlen
2
(1. + 2. Rippe medioclaviculär)
Schilddrüse + Nebenschilddrüse + Herz (Angulus von Ludovici)
3 4
Lunge Gallenblase
Oesophagus
(5. + 6. Rippe rechts!)
(6. Rippe links)
+ Magen Duodenum
5 6
+ Milz Niere (Psoas Höhe L3)
Rectum
7
(vordere Hüftgelenkskapsel)
I-C-Klappe + Caecum
8
Uterus + Ovar + Prostata
+ li. + re. Colon + Sigmoid
9
(Vastus lat.)
Duodenum
10
(Pubis symph.)
Mechanische Dysfunktionen geben einen Hinweis auf eine Störung der Homöostase des Patienten und müssen daher näher untersucht werden.
16 17 18 19 20 21
Oesophagus + Magen
(Costotransversalgelenk 6 + 7 links)
Harnblase
Duodenum (Costotransversalgelenk 7–10)
Niere + Thymus
Rectum + Uterus + Ovar + Uterus + Prostata
I-C-Klappe + Caecum (Querfortsätze L2- L4)
+ li. + re. Colon + Sigmoid
b
a
12
15
(Costotransversalgelenk 6 rechts!)
+ IT
. Abb. 2.9. Chapman-Punkte
14
Gallenblase
Leber
(OS-Innenseite)
11
13
Lunge
(dorsale Schultergelenkskapsel)
Nebenniere( Th12) (Tr. iliotibialis li. cranial)
+ Harnblase
Herz + Schilddrüse Nebenschilddrüse
Milz + Pankreas Pankreas (6. + 7. Rippe links)
Nebeniere
Herz
2.6.1 Axiales System Das axiale System besteht aus: 5 den Kopfgelenken, 5 den Wirbelgelenken mit Facetten- und Intervertebralgelenken, 5 Rippenwirbelgelenken, 5 dem Sacrum und dem Sacrococcygealgelenk. In . Tabelle 2.6 sind die Beziehungen des axialen Systems zu dem vegetativem Nervensystem sowie den Organsystemen dargestellt.
Irritationen von Wirbeln: Gruppenläsion oder Läsion eines einzelnen Wirbels Gruppenläsionen 5 Gruppenläsionen weisen stets auf eine Irritation im zugehörigen Segment hin. Die entsprechenden Organe, Ge-
fäße, Muskeln, Haut, Bindegewebe und Knochen werden
bei einem positiven Befund auf ursächliche Störungen untersucht. 5 Zur Korrektur wird zunächst die ursächliche Struktur erfasst und mobilisiert. Im Anschluss kann die betroffene Wirbelregion behandelt werden. 5 Gruppenläsionen werden als Restriktionen bezeichnet. Restriktionen sind Bewegungseinschränkungen über mehrere Etagen in eine bestimmte Richtung.
Läsionen eines einzelnen Wirbels 5 Die Läsion eines einzelnen Wirbels wird »monolytisch« genannt und tritt oft als Dekompensation auf. Dies geschieht entweder posttraumatisch oder als Folge einer massiven segmentalen Störung, wie z. B. bei einem Pylorusspasmus. 5 Die Korrektur erfasst zunächst den Wirbel. Am besten eignen sich hierfür manipulative Techniken oder Jones-Techniken. 5 Einzelne Wirbelläsionen werden als monolytische Läsionen bezeichnet. Monolytische Läsionen sind Blockaden, die mit einer Bewegungseinschränkung auf einer Etage in eine bestimmte Richtung einhergehen.
19
2.6 · Funktionstests
2
. Tabelle 2.6. Beziehungen des axialen Systems insbesondere zu den Organsystemen Beziehungen
Wirbel
(Organ-)Systeme
Vagus (parasympathisch) Ggl. cervicale superius (orthosympathisch) Augenstellreflex (mechanisch)
C0–2/ OAA
Kopf-/Halsorgane (orthosympathisch/parasympathisch) Herz, Lunge, Thymus, Ösophagus, Magen, Milz, Pankreas, Duodenum, Leber, Gallenblase, Dünndarm, Caecum, Colon ascendens, Colon transversum, Nebennieren, Nieren, oberes 1/3 Ureter (parasympathisch)
Phrenicus (faszial)
C3–5
Kopf-/Halsorgane, Herz, Lunge, Thymus, Ösophagus, Magen, Milz, Pankreas, Duodenum, Leber, Gallenblase, Dünndarm, Caecum, Colon ascendens, Colon transversum, Nebennieren, Nieren, oberes 1/3 Ureter
Lig. cervicopleur (mechanisch) Ggl. cervicale medium (orthosympathisch)
C6–7
Herz, Lunge, Ösophagus, Magen, Milz, Pankreas, Duodenum, Leber, Gallenblase, Nieren
Ggl. stellatum (orthosympathisch) Plexus pulmonalis (orthosympathisch) Plexus cardiacus (orthosympathisch) Truncus sympatheticus (orthosympathisch)
T1–5/Costa 1–5
Kopf-/Halsorgane, Herz, Lunge, Thymus, Ösophagus
Ggl. coeliacum (orthosympathisch) Truncus sympatheticus (orthosympathisch)
T6–9/Costa 6–9
Magen, Milz, Pankreas, Duodenum, Leber, Gallenblase
Ggl. mesentericum superius (orthosympathisch) Truncus sympathicus (orthosympathisch)
T10–11/Costa 10–11
Dünndarm, Caecum
Ggl. mesent.ericum inferius (orthosympathisch) Truncus sympatheticus (orthosympathisch)
T12–L2/Costa 12
Colon ascendens, Colon transversum, Colon descendens, Sigmoid, Nebennieren, Nieren, Ureter, Beckenorgane, Geschlechtsorgane
Untere Exträmität (mechanisch)
L3
Ilium (mechanisch)
L4
Sacrum (mechanisch)
L5
Plexus sacralis (parasympathisch) Truncus sympathicus (orthosympathisch)
S2–4 Sacrum
Untere 2/3 Ureter, Colon descendens, Sigmoid, Beckenorgane, Geschlechtsorgane
Ggl. impar (orthosympathisch)
Coccyx
Beckenorgane
Um die Gruppenläsionen von einer monolytischen Läsionen zu unterscheiden, wird die biomechanische . Tabelle 2.7 zugrunde gelegt: 5 X und Y bezeichnen die Richtung L=links oder R=rechts, 5 wobei X und Y die entgegengesetzten Richtungen symbolisieren.
. Tabelle 2.7. Biomechanik der Wirbelsäule
In der . Abb. 2.10 ist ein Normalbefund des axialen Systems dargestellt, der sich für eine schnelle Befunddokumentation in der täglichen Praxis eignet.
C1
C0
Gruppen-Restriktion
Monolytische Blockade
C0 bilateral Extension oder Flexion
C0 E oder F SXRY
C1 RX oder Shift X
C2–T4
Mehrere Wirbel in E oder RXSX
Ein Wirbel in E oder F RXSX
T5–L5
Mehrere Wirbel in NSXRY
Ein Wirbel in E oder F RXSX
20
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
. Abb. 2.10. WS-Normalbefund
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
2.6.2 Übrige Mobilitäten (parietal und
craniosacral) Das parietale System wird im Anschluss an das axiale System auf funktionelle oder strukturelle Dysfunktionen untersucht. Neben den einzelnen Tests kann folgender Schnelltest des parietalen Systems durchgeführt werden: 1. Iliosacrale Funktionen − Rotation Ant./Post., − In-/Out-Flare, − ARO/IRO 2. Fibula − cranial/caudal als Überprüfung auf Dysfunktionen und Ursache-FolgeKetten (UFKs) der unteren Extremität. 3. Clavicula − SCG − ACG als Test auf UFKs der oberen Extremität.
Wichtig Ergibt der Schnelltest des parietalen Systems keine Dysfunktionen an ISG/Fibula bzw. der Clavicula, sind keine funktionell bedeutsamen Läsionen an der entsprechenden Extremität zu erwarten.
Um das craniosacrale System zu untersuchen, sind verschiedene Methoden möglich. Zur Basisdiagnostik zählt die Palpation des primär respiratorischen Mechanismus (P.R.M.), auf die in diesem Buch jedoch nicht näher eingegangen wird. Da die »Ten-Steps-Procedure« diagnostische und therapeutische Aspekte vereint, wird sie unter den Therapiekonzepten (7 Kap. 5) ausführlicher beschrieben.
21
2.7 · Provokationstests
2.6.3 Viszerale Funktionen
. Tabelle 2.8. Hirnnerven
Die viszeralen Funktionen werden über das vegetative Nervensystem ortho- und parasympathisch gesteuert. Bei viszeralen Dysfunktionen sind daher fast immer Irritationen des axialen Systems zu erwarten (7 Kap. 2.6.1, Tabelle »Axiales System«). Zusätzlich können die Faszien, die jedes Organ »wie ein Mantel« umhüllen, bei mechanischen viszeralen Affektionen irritiert werden. Folge einer Faszienirritation ist eine Provokation des N. phrenicus, womit gleichzeitig die Segmente C– gereizt werden. Aufgrund der faszialen Umhüllung lösen fasziale Irritationen viszeral immer auch Zirkulationsprobleme aus. Die Wiederherstellung der viszeralen Mobilität, der sog. Organbeweglichkeit durch die Zwerchfellbewegung, ist daher von großer Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Aspekt der viszeralen Funktion ist die Eigenbewegung der Organe, die als Motilität bezeichnet wird. Viszerale Dysfunktionen können mit Hilfe folgender Tests untersucht werden: 5 Untersuchung des axialen Systems (neurovegetativ), 5 Local Listening (faszial), 5 Phrenicus-Provokationstest (faszial), 5 viszeraler ISG-Inhibitionstest (faszial).
Da auf die Untersuchung des axialen Systems (7 Kap. 2.6.1) sowie auf das Local Listening (7 Kap. 2.4.2) bereits eingegangen wurde, werden im Folgenden lediglich der Phrenicus-Provokationstest und der viszerale ISG-Inhibitionstest aufgeführt.
Phrenicus-Provokationstest Der Therapeut drückt mit beiden Zeigefingern zwischen den sternalen und claviculären Kopf des M. sternocleidomastoideus in dorsocaudale Richtung. Normal ist ein unangenehmes dumpfes Druckgefühl. Beschreibt der Patient hingegen einoder beidseitig »helle Schmerzen«, liegen Zeichen einer Irritation des N. phrenicus vor. Ursache hierfür ist oft eine viszerale Irritation.
2
2.7
Hirnnerv
Befunde/Tests
I
Gibt es Störungen bei der Geruchsempfindung/beim Riechen?
II, III, IV, VI
Sehstörungen bekannt, Akkomodation prüfen, Finger-Folge-Versuch, Gesichtsfeldausfälle Pupillenreaktion direkt/indirekt, Nystagmus
V, V1/V2/V3
Nervenaustrittspunkte, Kaumuskulatur palpieren, Masseter-Reflex, (evtl. Kornealreflex)
VII
Wangen aufblasen, Lidschluss, mimische Muskeln palpieren, Tränensekretion, Glabellareflex Geschmack vordere 2/3 Zunge, evtl. Hyperakusis
VIII
Leise sprechen/flüstern, nach Hörstörungen fragen, nach Gleichgewichtsstörungen, lagebedingtem Schwindel fragen
IX
Geschmack hinteres 1/3 Zunge, Würgereflex, Sensibilität hinteres Zungendrittel
X
Reaktion Herz (Herzrasen/-stolpern), Atmung, Darm (Obstipation/Diarrhö) Abweichung Gaumensegel. Heiserkeit
XI
Palpation M. sternocleidomastoideus/M. trapezius, Schulter gegen Widerstand hochziehen
XII
Zunge herausstrecken (Abweichung zur kranken Seite?), Zungenmotorik
Provokationstests
Bei positivem Vorlauftest eines ISG wird der Patient gebeten, seinen Bauch mit beiden Händen leicht anzuheben. Dabei wird erneut der Vorlauftest im Stand ausgeführt. Ist das Vorlaufphänomen bei angehobenem Bauch verschwunden, liegt ein »viszeraler Vorlauf« vor, der mit Hilfe einer Organmobilisation korrigiert werden kann
Durch Provokationstests soll vor allem ein Ausschluss möglicher Kontraindikationen erfolgen. Das Prinzip der Provokation bleibt dabei für die unterschiedlichen Lokalisationen und Strukturen stets identisch. 5 Dehnung: aktiv und passiv 5 Annäherung: aktiv und passiv 5 Kontraktion: aktiv 5 Kompression: passiv 5 Distraktion: passiv 5 Perkussion: passiv
2.6.4 Neurologie
Für jeden dieser Tests ist Schmerz ein Hinweis auf eine funktionelle oder strukturelle Störung.
Viszeraler ISG-Inhibitionstest
Die neurologische Untersuchung gehört zu jeder klinischen Untersuchung eines Patienten. Stichwortartig wird in den . Tabellen 2.8–2.16 auf einige Systeme hingewiesen, die bei jeder neurologischen Testuntersuchung geprüft werden sollten.
22
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
Apparative Diagnostik
Wichtig
2.8
Vor einer osteopathischen Behandlung muss die Ursache des provozierten Schmerzes gefunden werden.
Die apparative Diagnostik wird ausführlicher in Kapitel 3 »Safety« dargestellt. Sie dient dem Ausschluss von Kontraindikationen bzw. der Differenzialdiagnostik, wenn die vorangegangenen Untersuchungen auf ernsthaftere Erkrankungen schließen lassen oder nicht zu endgültigen Ergebnissen führen konnten.
Erst wenn dem Therapeuten genau bekannt ist, warum der Provokationstest positiv ist, kann und darf er therapeutisch tätig werden. Bestehen Zweifel an der Ursache des Schmerzes, muss zunächst eine weitere Abklärung erfolgen, ggf. mit Hilfe apparativer Diagnostik, wie z. B. Labor, bildgebende Verfahren etc. Die Provokationstests dienen aber auch dazu, eine Verdachtsdiagnose aus den vorangegangenen diagnostischen Maßnahmen zu bestätigen bzw. zu verwerfen.
5 Besteht z. B. der Verdacht dass eine ligamentäre Struktur Ursache der Beschwerden ist, tritt während der aktiven sowie passiven Provokation ein Dehnungsschmerz am Ligament auf. 5 Reagiert die gesuchte Struktur zwar bei aktiver Dehnung mit Schmerz, bei passiver Dehnung jedoch nicht, kann das verdächtigte Ligament ausgeschlossen werden. 5 Sind die aktive Annäherung sowie die aktive Dehnung schmerzhaft, eine passive Annäherung und passive Dehnung hingegen nicht, ist eine muskuläre Struktur Ursache der Beschwerden, da diese sowohl bei aktiver Dehnung als auch bei aktiver Annäherung mit Schmerz reagiert.
11
2.9
Dokumentation
Für die Befunddokumentation gibt es 2 Möglichkeiten: 1. Sämtliche Untersuchungsschritte und deren Ergebnisse werden schriftlich dokumentiert. − Dies hat den Vorteil, dass für jeden einzelnen Patienten die Existenz der gesamten Untersuchung für alle physiologischen und pathologischen Befunde im Einzelfall schriftlich festgehalten ist. − Nachteil dieser Methode ist der hohe Zeitaufwand. 2. Es wird schriftlich ein Basisstandard festgelegt, nach dem die Untersuchung jedes einzelnen Patienten abläuft. Schriftlich dokumentiert werden müssen dann beim einzelnen Patienten nur abweichende Untersuchungsstandards sowie Pathologien, die vom Normbefund abweichen. Für den einzelnen Patienten reicht in der schriftlichen Dokumentation dann die Nennung der pathologischen (von
12 . Tabelle 2.9. C1–T2
13 14 15 16 17 18 19 20 21
Segment
Kennmuskel
Muskeltest
C1
Kurze Rotation OAA
»Kleines Ja«
C2
Kurze Rotation OAA
»Großes Ja«
Occiput, hinter dem Ohr
C3
M. levator scapulae
Schulter hochziehen
Gesamter Hals
C4
Zwerchfell
Atemfunktion
Cranial Schulter, Dekolletee
C5
M. deltoideus
ABD Arm/Schulter
Brachioradialisreflex/ N. radialis
Lateral Schulter über Deltoideus
C6
M. biceps brachii
UA Flexion
Bizepssehnenreflex/ N. musculocutaneus
Radialseite OA/UA/Hand: Daumen
C7
M. triceps brachii
UA Extension
Trizepssehnenreflex/ N. radialis
Handmitte, 2.–4. Finger
C8
Mm. adductor pollicis / abductor digiti minimi
Adduktion Pollex in Extension Abduktion digiti minimi
Fingerbeugereflex
Ulnare Handkante, Kleinfinger
T1
Mm. interossei
Gespreizte Finger Adduktion
T2
Reflex/Nerv
Sensibilität
Ulnarseite UA Ulnarseite OA
23
2.9 · Dokumentation
2
. Tabelle 2.10. L1–S5 Segment
Kennmuskel
Muskeltest
Reflex/Nerv
Sensibilität
L1
M. psoas
Hüftbeugung
Cremaster
Suprainguinal+dorsales Band
L2
Adduktoren Hüfte
Hüftadduktion
Cremaster
Infrainguinal Oberschenkel+dorsales Band
L3
M. quadriceps
Knieextension
Adduktoren/ N. obturatorius
Vom Trochanter major zum Knie ziehend
L4
M. tibialis anterior
Fußdorsalflexion
PSR/N. femoralis
Lateraler Oberschenkel, medialer Unterschenkel, medialer Fußrand
L5
Großzehenheber
Großzehenextension
Tibialis posterior/ N. tibialis
Lateraler Unterschenkel, Fußrücken, Großzehe
S1
Fußbeuger
Fußplantarextension
TSR/N. tibialis
Poplitea, dorsolateraler Unterschenkel, Fußaußenrand
S2
Zehenbeuger
Zehenflexion
Scrotum, dorsaler Oberschenkel, dorsomedialer Unterschenkel
S3
Analreflex
Reithose
S4
Analreflex
Perianal
S5
Analreflex
Anal
. Tabelle 2.11. Differenzierung zentrale/periphere Lähmung Kriterium
Zentrale Lähmung
Periphere Lähmung
Muskelkraft
Vermindert mit Einbuße der Feinmotorik
Vermindert mit peripherem Verteilungsmuster
Muskeltonus
Hypotonus
Spastische Tonuserhöhung
Eigenreflexe
Gesteigert
Hypo- oder Areflexie
Fremdreflexe
Abgeschwächt/fehlend
Normal (oder bei gelähmtem Erfolgsmuskel ausgefallen)
Pathologische Reflexe
Vorhanden
Keine
Muskelatrophie
Keine
Neurogene Muskelatrophie
der Norm abweichenden) Befunde sowie der Abweichung von dem Untersuchungsstandard. − Ein Vorteil dieser Methode ist der geringe Zeitaufwand und die bessere Übersichtlichkeit. − Der Nachteil dieser Dokumentation ist jedoch, dass für den einzelnen Patienten die erhobenen Normbefunde nicht explizit als unauffälliger Befund schriftlich aufgeführt wurden. Dieses wird aber pauschal durch den Praxisstandard festgelegt.
24
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
. Tabelle 2.12. Pyramidenbahnzeichen (pathologische Reflexe) Pyramidenbahnzeichen
Test
Pathologischer Reflex
Leri-Vorderarmzeichen
Passive Beugung von Fingern und Handgelenk
Mitbewegung des Ellbogens ist physiologisch. Eine einseitige Abschwächung pathologisch
Wartenberg-Daumenzeichen
Aktive Beugung des 2.–4. Fingers gegen Widerstand
Beugung des Daumens
Babinski-Zeichen
Bestreichen des lateralen Fußrandes
Dorsalflexion der Großzehe, Spreizung der 2.–5. Zehe
Gordon-Zeichen
»Kneten« der Wade
Dorsalflexion der Großzehe, Spreizung der 2.–5. Zehe
Oppenheim-Zeichen
Bestreichen der Tibiakante
Dorsalflexion der Großzehe, Spreizung der 2.–5. Zehe
Chaddock-Zeichen
Druck auf Malleolus lateralis
Dorsalflexion der Großzehe, Spreizung der 2.–5. Zehe
Strümpell-Zeichen
Beugung des Knies gegen Widerstand
Supination des Fußes
Bing-Reflex
Beklopfen des Fußrückens am Fußgelenk
Plantarextension des Fußes
Mendel-Bechterew-Zeichen
Perkussion des lateralen Fußrandes
Plantarextension und Spreizung der 2.–5. Zehe
Marie-Foix-Zeichen
Passive Plantarextension der Zehen
Beugung von Knie und Hüfte
Monakow-Zeichen
Bestreichen des lateralen Fußrands
Hebung des lateralen Fußrands
10 . Tabelle 2.13. Wahrnehmungstests
11
Wahrnehmungstest
Durchführung
12
Lageempfinden
Der Patient soll mit geschlossenen Augen eine vom Therapeuten an der Gegenseite vorgegebene Position der Extremität nachstellen
13
Vibrationsempfinden
Wird durch das Aufsetzen einer schwingenden neurologischen Stimmgabel auf hautnahe Knochen geprüft
Bewegungsempfinden
Der Therapeut umfasst seitlich die Endglieder von Fingern oder Zehen und führt passive Beuge- oder Streckbewegungen aus, die der Patient benennen soll
Temperaturempfinden
Kalt-/Warm-Prüfung
Schmerzempfinden
Wird mit spitzer Nadel geprüft
Berührungsempfinden
Das stumpfe Empfinden wird mit Fingerkuppe/Wattebausch/Pinsel geprüft
Zwei-PunkteDiskrimination
Mit einem Stechzirkel wird der Abstand zweier spitzer Punkte so lange vergrößert, bis die zwei Punkte getrennt wahrgenommen werden
14 15 16 17 18 19 20 21
25
2.9 · Dokumentation
2
. Tabelle 2.14. Koordinationstests Koordinationstest
Durchführung
Finger-Nase-Test
Der Patient soll mit geöffneten/geschlossenen Augen in weitem Bogen die Zeigefinger auf die Nase zu bewegen
Finger-Finger-Test
Der Patient soll mit geöffneten/geschlossenen Augen in weitem Bogen die Zeigefinger aufeinander zu bewegen, sodass sie sich schließlich treffen
Barany-Test
Der Patient soll mit geöffneten/geschlossenen Augen den erhobenen Zeigefinger von oben senkrecht auf ein Ziel zu bewegen und es treffen
Knie-Hacke-Test
Der Patient soll mit geöffneten/geschlossenen Augen die Ferse auf das gegenüberliegende Knie (Patella) bringen und dann damit auf dem Schienbein zum Knöchel herabrutschen
Diadochokinese-Test
Der Patient soll schnell aufeinander folgende Pro- und Supinationsbewegungen bei gebeugtem Ellbogen (Glühbirne eindrehen) durchführen
Rebound-Test
Der Patient drückt seine Extremität gegen den Widerstand des Therapeuten, der plötzlich mit seinem Widerstand aufhört. Das überschießende Zurückschnellen der Extremität (Rebound) ist Zeichen einer cerebellären Störung
Steh-Prüfung (Romberg)
Der Patient stellt die Füße zusammen und streckt die Arme nach vorne aus. Nach Augenschluss sollte er ruhig stehen bleiben. Bei vestibulären Störungen oder Problemen der Tiefensensibilität ist dies nicht möglich
Unterberger-Tretversuch
In Ausgangsstellung des Romberg-Versuchs soll der Patient auf der Stelle treten. Drehungen über 45° sind pathologisch und deuten z. B. auf eine vestibuläre Störung hin
Sterngang-Test
Der Patient geht mit geschlossenen Augen mehrfach zwei Schritte vor und wieder zurück. Bei Störungen des Vestibulärorgans dreht sich der Patient mehr und mehr zur Seite des Labyrinth-Ausfalls
Gang-Prüfung
Der Patient führt den freien Gang, den Blindgang und den Seiltänzergang vor. Leichte Paresen werden beim Hüpfen deutlicher. Mit geschlossenen Augen fallen spinale Ataxien verstärkt auf. Gangstörungen treten als spinale, cerebelläre oder periphere Ataxien auf
. Tabelle 2.15. Vegetatives Nervensystem Vegetative Funktion
Durchführung
Blasen-/Mastdarm-Funktion
Nach Störungen fragen
Puls/Blutdruck
Messung zeigt Unregelmäßigkeiten
Atmung
Atemrhythmus und -frequenz bestimmen
Verdauungsfunktion
Anamnestisch nach Störungen suchen
Dermographismus
Zu lange Rötung der Haut oder blass bleibende Haut sind pathologische Zeichen, die auf eine akute oder chronische Hyperorthosympathikotonie hinweisen
Schweißsekretion
Störungen der Schweißsekretion sind an Armen und Beinen nicht bei Nervenwurzelläsionen, sondern nur bei Plexus- und peripheren Nervenschädigungen zu erwarten
26
1 2 3 4
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
. Tabelle 2.16. Psychischer Befund Psychischer Aspekt
Pathologien
Bewusstsein (Vigilanz)
Klar, benommen, somnolent, soporös, komatös
Orientierung
Zu Person, Ort, Zeit und Situation
Merkfähigkeit (Gedächtnis)
Fragen zur Prüfung von Neu- und Alt-Gedächtnis sowie auf zwischenzeitliche Gedächtnislücken (Amnesien)
Konzentration
Fähigkeit, bestimmte gedankliche Leistungen konsequent und folgerichtig durchzuführen. Störungen sind Fahrigkeit, Abgelenktheit, Schwierigkeiten, sich längere Zeit zu konzentrieren
Spontaner Antrieb
Situationsgerecht, gesteigerter Antrieb (Unruhe, Hektik) oder Antriebsmangel (Lethargie)
Stimmung
Ausgeglichen, depressiv, aggressiv
Affektion
Affektstörungen sind inadäquate Reaktionen (Weinen, Lachen, Schreien, Ängste) auf eine bestimmte Situation
Wahrnehmungsstörungen
Illusionäre Verkennung (Verfälschung realer Objekte in der Wahrnehmung) oder Halluzination (Trugbilder)
Denkvermögen
Verlangsamung (Bradyphrenie) oder Hemmung (Demenz, symptomatische Psychose) des Denkens oder formale Denkstörung (schizophrene Psychose, endogene Depressionen)
5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
2.10
Anhang
Nachfolgend sind die Fragebögen Spezielle Anamnese und Allgemeine Anamnese zum Fotokopieren abgebildet. Um den Fragebogen zur Speziellen Anamnese für Übungszwecke benutzen zu können, ist es sinnvoll, die bereits mit Kreuzen markierte Tabelle (Kontrollbogen) auf eine Folie zu fotokopieren, um sie bei Bedarf als »Kontrollvorlage« zu verwenden. Die Fragebogenformulare zur Speziellen Anamnese und zur Allgemeinen Anamnese können in der Praxis als Fotokopien eingesetzt werden.
2
27
2.10 · Dokumentation
Schmerzprogredienz
X
Dauerschmerz
X
Nachtschmerz
X
(Sofortiger) Belastungsschmerz
X
Ruheschmerz
Psychische Erkrankung
Endokrine (Hormonelle) Störung
Metabolisch Toxinbelastung
Neurovegetativ Vegetative Reaktion
PNS Kraft/ Sensibilität
ZNS Sinne
Lymphatischer Stau
Venöser Stau
X X
X
Tiefer Schmerz Dumpfer Schmerz
Arteriell DBS
Muskulär kürzt/dehnt
Kapsulär/ligamentär kürzt/dehnt
Anamnese-Fragen:
Knöchern/artikulär/ -itis/Metastasen
. Spezielle Anamnese-Fragen: Kontrollbogen
X X
Heller Schmerz
X
Brennender Schmerz
X
Bilateraler Schmerz
X
X
Wandernder Schmerz
X
X
X
X
Längere Bewegung verschlimmert Schmerz
X
X
Belastete Bewegung verschlimmert Schmerz
X
X
Unbelastete Bewegung verschlimmert Schmerz
X
X
Belastete Bewegung verbessert Schmerz
X
Unbelastete Bewegung verbessert Schmerz
X
Schmerz in gleicher Position für längere Zeit
X
Morgensteifigkeit
X
Schmerzausstrahlung im Muskelverlauf
X
X
Schmerzausstrahlung radikulär
X
Schmerzausstrahlung im Nervenverlauf
X
Krampfartiger Schmerz, Krämpfe
X
Diffuser/wechselnder Schmerz Kältegefühl, kalte Haut
X
X
Wärmegefühl, warme Haut
X
Müdigkeitsgefühl der Extremitäten
X
6
Schweregefühl der Extremitäten
X
7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
X
Rotblaue Hautfarbe Schwellung, Schwellneigung
X X
X X
X
X
Störungen der Sinnesorgane
X
Störungen des Bewusstseins
X
Kraftmangel (Paresen)
X
Sensibilitätsstörungen
X
Änderung des Schwitzens
X
X
X
Änderung des Schlafs
X
X
X
X
X
Änderung der Müdigkeit/ Konzentration
Psychische Erkrankung
Endokrine (Hormonelle) Störung
Metabolisch Toxinbelastung
Neurovegetativ Vegetative Reaktion
PNS Kraft/ Sensibilität
X
5
Blasse Hautfarbe
ZNS Sinne
4
Lymphatischer Stau
3
Venöser Stau
2
Arteriell DBS
Anamnese-Fragen:
Muskulär kürzt/dehnt
. Spezielle Anamnese-Fragen: Kontrollbogen (Fortsetzung) Kapsulär/ligamentär kürzt/dehnt
1
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
Knöchern/artikulär/ -itis/Metastasen
28
2
29
2.1 · Dokumentation
Schmerzprogredienz Dauerschmerz Nachtschmerz (Sofortiger) Belastungsschmerz Ruheschmerz Tiefer Schmerz Dumpfer Schmerz Heller Schmerz Brennender Schmerz Bilateraler Schmerz Wandernder Schmerz Längere Bewegung verschlimmert Schmerz Belastete Bewegung verschlimmert Schmerz Unbelastete Bewegung verschlimmert Schmerz Belastete Bewegung verbessert Schmerz Unbelastete Bewegung verbessert Schmerz Schmerz in gleicher Position für längere Zeit Morgensteifigkeit Schmerzausstrahlung im Muskelverlauf Schmerzausstrahlung radikulär Schmerzausstrahlung im Nervenverlauf Krampfartiger Schmerz, Krämpfe Diffuser/wechselnder Schmerz Kältegefühl, kalte Haut
Psychische Erkrankung
Endokrine (Hormonelle) Störung
Metabolisch Toxinbelastung
Neurovegetativ Vegetative Reaktion
PNS Kraft/ Sensibilität
ZNS Sinne
Lymphatischer Stau
Venöser Stau
Arteriell DBS
Muskulär kürzt/dehnt
Kapsulär/ligamentär kürzt/dehnt
Anamnese-Fragen:
Knöchern/artikulär/ -itis/Metastasen
. Spezielle Anamnese: Fragebogen
Wärmegefühl, warme Haut
5
Müdigkeitsgefühl der Extremitäten
6
Schweregefühl der Extremitäten Blasse Hautfarbe
7 8 9
Rotblaue Hautfarbe Schwellung, Schwellneigung Störungen der Sinnesorgane Störungen des Bewusstseins Kraftmangel (Paresen)
10 11
Sensibilitätsstörungen Änderung des Schwitzens Änderung des Schlafs
12
Änderung der Müdigkeit/ Konzentration
13
Änderung des Durstgefühls Änderung des Appetits
14
Änderung des Gewichts Quadrantensymptomatik
15 16 17 18 19 20 21
Psychische Erkrankung
Endokrine (Hormonelle) Störung
Metabolisch Toxinbelastung
Neurovegetativ Vegetative Reaktion
PNS Kraft/ Sensibilität
ZNS Sinne
4
Lymphatischer Stau
3
Venöser Stau
2
Arteriell DBS
Anamnese-Fragen:
Muskulär kürzt/dehnt
. Spezielle Anamnese: Fragebogen (Fortsetzung) Kapsulär/ligamentär kürzt/dehnt
1
Kapitel 2 · Diagnosekonzepte
Knöchern/artikulär/ -itis/Metastasen
30
31
2.1 · Dokumentation
2
. Allgemeine Anamnese: Erfassungsbogen Letzter Arztbesuch
wann
warum
welche
wofür
von Arzt, privat
welche
wofür
von Arzt, privat
welche
wofür
von Arzt, privat
welche
wofür
von Arzt, privat
Medikamente
Beschwerden/Erkrankungen Bewegungsapparat (Schulter/Ellbogen/Hand; Hüfte/Knie/Fuß; Wirbelsäule) Herz/Kreislauf (Herzrasen/-stolpern; Blutdruck; Schwindel) Lunge/Atmung (Kurzatmigkeit/Husten/Auswurf/Luftnot) Verdauungstrakt (Sodbrennen/Aufstoßen/Durchfall/Blähungen/Verstopfung/Veränderungen beim Stuhlgang) Urogenital (Brennen/Schmerzen/Harnverhalt/Inkontinenz/übermäßiger Harndrang, z. B. auch nachts/Blut im Urin/Sexualverhalten/veränderte Mensis) Endokrin (Gewicht/Schweiß/Schlaf/Durst/Appetit/Konzentration/Müdigkeit) Tumoren
Ja/Nein Wenn ja, welche: Was wurde gemacht: Nachtschweiß? Gewichtsverlust?
Abgeschlagenheit?
Traumata
wann wann Bestehen noch Beschwerden?
was was
Operation
wann wann wann Bestehen noch Beschwerden?
was was was
Familie
wer wer wer
was was was
Beruf
Hobby/Sport
Größe/cm
Gewicht/kg
Genussgifte Ernährungsgewohnheiten
Allergien
3 Safety Christoff Zalpour 3.1
Allgemein – 33
3.2
Provokationstest – 33
3.3
Apparative Diagnostik – 33 Bildgebende Verfahren – 33
3.3.1
3.4
Labordiagnostik – 43 Labor – 43
3.4.1 3.4.2 3.4.3
Bakteriologie – 47 Histologie – 47
3.5
Internistische Diagnostik – 47
3.5.1 3.5.2 3.5.3
Blutdruck/Puls – 47 Elektrokardiogramm (EKG) – 51 Spiroergometrie – 53
In diesem Kapitel sind wichtige Tests und Untersuchungsmethoden aufgeführt, mit denen die Kontraindikationen für eine osteopathische Behandlung erkannt werden können.
3.1
Allgemein
Voraussetzungen für die sichere Anwendung der Osteopathie am Patienten sind: 5 eine ausführliche Anamnese, 5 die klinische Untersuchung sowie 5 das sichere Durchführen osteopathischer Techniken. Eine weitere Voraussetzung ist es, die Grenzen in der Osteopathie zu erkennen und zu akzeptieren.
3.6
Apparative neurologische Diagnostik – 53
3.6.1 3.6.2 3.6.3
Elektroenzephalogramm (EEG) – 53 Elektroneurographie (ENG) – 54 Elektromyographie (EMG) – 54
3.7
Ausgewählte Krankheitsentitäten – 54
3.7.1 3.7.2 3.7.3
Krebserkrankungen – 54 Krebs und Immunsystem – 60 Arteriosklerose — Atherosklerose – 61
3.8
Safety in der Osteopathie – 64
3.8.1 3.8.2 3.8.3 3.8.4 3.8.5 3.8.6
Lungenerkrankungen – 64 Herzerkrankungen – 68 Lebererkrankungen – 71 Bauchspeicheldrüsenerkrankungen – 76 Nierenerkrankungen – 77 Magen-Darm-Erkrankungen – 82
3.3
Apparative Diagnostik
3.3.1 Bildgebende Verfahren Eine eigenständige Durchführung und die sichere Interpretation der gängigen bildgebenden Verfahren stehen dem nichtärztlich tätigen Osteopathen mitunter nur eingeschränkt zur Verfügung. Deshalb ist es wichtig, Befundergebnisse, die der Patient dem Osteopathen vorlegt, richtig beurteilen zu können. Bei weiterführenden Untersuchungen, von denen sich der Osteopath einen tieferen Erkenntnisgewinn verspricht, müssen richtige Verfahren ausgewählt werden, die therapieentscheidende Strategien begründen können oder aus denen sich absolute Kontraindikationen für eine osteopathische Behandlung ergeben. i Tipps
Wichtig Das wichtigste Qualitätskriterium einer zielgerichteten osteopathischen Behandlung ist die Kenntnis der entsprechenden Kontraindikationen.
3.2
Provokationstest
Die relevantesten Provokationstests sind in 7 Kap. 2, Diagnosekonzepte aufgeführt.
Die einzelnen Verfahren werden im Folgenden kurz anhand einiger wiederkehrender Kriterien vorgestellt: 1. Welche technische Grundlage liegt dem Verfahren zu Grunde? 2. Welche Strukturen werden bevorzugt dargestellt? 3. Welche typischen Indikationen zur Durchführung des Verfahrens gibt es? 4. Welche Risiken und Nebenwirkungen sind mit dem Verfahren verbunden?
34
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Kapitel 3 · Safety
Röntgen Die Technik des Röntgens besteht seit über 100 Jahren. Entdecker der Röntgenstrahlung und Erfinder des Röntgens war der deutsche Physiker Wilhelm Conrad Röntgen (1845–1923). Das erste von W.C. Röntgen angefertigte Bild einer menschlichen Struktur zeigte das Skelett seiner rechten Hand. Einzelne Knochen waren in ihrer Größe und Struktur deutlich zu erkennen und voneinander abgegrenzt. Sie zeigten sich als dunkle Gebilde vor hellem Hintergrund. Demzufolge werden die durch Röntgenstrahlen absorbierten Strukturen wie etwa Knochengewebe als sog. Verschattung bezeichnet, während die für Strahlungen durchlässigen Strukturen, wie z. B. Luft, Aufhellungen genannt werden. Diese Nomenklatur geht auf die Einteilung Röntgens zurück und hat sich bis heute gehalten, obwohl inzwischen die Röntgennegativfilme betrachtet werden und nicht mehr wie ursprünglich in der ersten Röntgendarstellung die Röntgenpositive. Der ursprünglichen Bezeichnung Röntgens folgend werden 5 dunkle Strukturen, wie z. B. Luft oder Wasser, als Aufhellung bezeichnet, 5 helle Strukturen, wie z. B. Knochen, Zähne oder metallische Implantate, Verschattung genannt.
14
Eine Röntgendarstellung kann auf dem typischen Röntgenfilm sowie auf digitalen Medien, wie z. B. CD und Internet, erfolgen. Wird die Hinterseite eines Röntgenfilmes von einer starken Lichtquelle erhellt, sind transparente Darstellungen verschiedener organischer und anorganischer Strukturen möglich. Damit können spezifische pathologische Situationen des Patienten, wie z. B. spiralförmige Frakturen eines langen Röhrenknochens oder eine Bocksbeutelform des Herzens als Hinweis auf einen Perikarderguss, beurteilt werden.
15
Welche technische Grundlage liegt dem Verfahren zu Grunde?
11 12 13
16 17 18 19 20 21
Zur Generierung von Röntgenstrahlen ist eine Röntgenröhre erforderlich. In dem luftleeren Glaskolben der Röntgenröhre befinden sich eine Anode sowie ein Heizfaden, der als Kathode eingesetzt wird. Der Heizfaden erglüht, sobald Strom durch ihn hindurchfließt. Damit wird es einigen Elektronen möglich, aus der Metalloberfläche auszutreten und in den Einflussbereich der Anode zu gelangen. Diese energiereichen Elektronen werden in der Anode abgebremst und verlieren ihre Energie zum größten Teil in Form von Wärmeabgabe. Ein kleiner Teil der Bewegungsenergie strahlt jedoch als Photon sog. »Lichtteilchen« ab und tritt als Bremsstrahlung in einem charakteristischen Spektrum aus der Anode als sog. Nutzstrahlenbündel aus. Das Nutzstrahlenbündel wird durch entsprechende Blenden auf den gewünschten Bildausschnitt reduziert. Zusätzlich ist die gesamte Röntgenröhre so
ummantelt, dass möglichst wenig unerwünschte Streustrahlung aus der Anode austreten kann. Röntgenstrahlen können weder reflektiert noch gebrochen werden, d. h., sie durchdringen das bestrahlte Objekt und führen so beim Treffen auf das Trägermaterial, dem sog. Röntgenfilm, zu einer Abbildung. Die gewonnenen Abbildungen können mit Hilfe der modernen Technik digitalisiert werden. Damit wird eine schnelle und einfache Weiterleitung von Untersuchungsergebnissen möglich. Wichtig Verschiedene Stellgrößen, wie z.B. die »Härte« der Strahlung, die Belichtungszeit oder die Verwendung von Verstärkerfolien führen zu unterschiedlichen Abbildungsqualitäten.
Welche Strukturen werden bevorzugt dargestellt? Die Dichte des durchstrahlten Materials bestimmt, wie viel Strahlung absorbiert bzw. wie viel durchgelassen wird. Demzufolge sind Strukturen mit hoher Dichte wie Knochen, Zähne, metallische Implantate aber auch röntgendichte Kontrastmittel qualitativ gut darstellbar. Weichteile können aufgrund ihrer geringeren Dichte nur bedingt dargestellt werden. Je nach Weichteildichte sind unterschiedliche Graustufen zwischen dem Rumpf und den Extremitäten beurteilbar.
. Übersicht Bei der Begutachtung von Röntgenbildern muss grundsätzlich Folgendes beachtet werden: 5 Je dichter das Gewebe, desto heller die Darstellung. 5 Eine helle Darstellung wird als »Verschattung« bezeichnet. 5 Je durchlässiger das Gewebe, desto dunkler die Darstellung. 5 Eine dunkle Darstellung wird »Aufhellung« genannt.
Wichtig Mit Hilfe der Röntgenuntersuchung können differenzialdiagnostische Fragen, wie z. B. nach Art oder Ausmaß der Verletzung von Gelenkknorpeln, Bandscheiben oder Ligamenten, nur indirekt oder gar nicht beantwortet werden.
Typische Indikationen zur Durchführung des Verfahrens Die Anwendung von Röntgenstrahlen zu diagnostischen Zwecken ist trotz ihrer Beschränkungen außerordentlich vielfältig.
35
3.3 · Apparative Diagnostik
Die Röntgenuntersuchung gibt bei der Frage nach Frakturen oder anderen Substanzveränderungen des Knochens, wie z. B. einer lokalen oder generalisierten Osteoporose, Osteomyelitis, Knochenmetastasen oder einem Primärtumor des Knochens im fortgeschrittenem Stadium wichtige erste Hinweise. Zudem kann das grobe Ausmaß, wie z. B. die Beurteilung einer eventuellen Gelenkmitbeteiligung und ob ein Prozess eher akut oder chronisch ist, häufig geklärt werden. Wichtig Osteoporose, Osteomyelitis sowie Knochentumoren sind im Frühstadium auf Röntgenbildern oft nicht zu beurteilen. Bei einem aus der Anamnese gewonnenem Verdacht sollten deshalb noch andere Untersuchungsverfahren, wie z. B. eine Knochenszintigraphie sowie Labordiagnostik (7 Kap. 3.4) erfolgen.
Übersichtsaufnahmen des Brustkorbes (. Abb. 3.1) werden in der Regel in zwei Ebenen durchgeführt, um Organe wie Herz und Lunge in ihrer Größenausdehnung im Mediastinum beurteilen zu können. Krankhafte Strukturveränderungen des jeweiligen Parenchyms, insbesondere Ergüsse in Pleura und Perikard, Entzündungen, wie z. B. als »klassische Lobärpneumonie« oder Neubildungen bei z. B. einem Pleuramesotheliom nach langjährigem Asbestkontakt, sind mit Hilfe dieser Methode zu erkennen.
3
traindikationen wie eine Schwangerschaft ausgeschlossen wer-
den. Sind Röntgenuntersuchungen nach sorgfältiger medizinischer Abwägung indiziert, müssen die keimbildenden Organe wie Ovarien und Hoden zur Vermeidung einer Erbgutschädigung durch eine strahlenundurchlässige Abdeckung geschützt werden. Über die routinemäßige Anwendung einer Röntgenreihenuntersuchung, dem sog. Screening, z. B. als Mammographie bei primär gesunden symptomlosen Frauen zwecks Abklärung eines möglichen Mammacarzinomes existieren unterschiedliche Auffassungen. Vorteilhaft ist die Möglichkeit der Früherkennung asymptomatischer Geschwülste, die bei einem positivem Befund frühzeitige Behandlungen und u. U. eine vollständige Heilung gewährleisten. Um den Patienten nicht unnötig einer überflüssigen Strahlenbelastung auszusetzen, müssen diese Untersuchungsmethode und deren Diagnostik jedoch von einem speziell geschulten Radiologen durchgeführt werden. Wichtig Obwohl man auch bei Flugreisen einer erhöhten Strahlenbelastung ausgesetzt ist, sollte das Risiko der Strahlenbelastung durch Röntgen nicht verharmlost werden und jede Röntgenanforderung klinisch begründbar sein.
Computertomographie (CT) Welche Risiken und Nebenwirkungen sind mit dem Verfahren verbunden? Röntgenstrahlen sind energiereiche Strahlen mit erbgutschädigender Wirkung. Vor jeder Röntgenuntersuchung müssen Kon-
Die Computertomographie (CT) wurde von Hounsfield und Cormack, die 1979 den Nobelpreis erhielten, erstmals gebaut. Diese Methode ist auf die Anwendung von Röntgenstrahlen in abgeschwächter und elektronisch aufbereiteter Form zurückzufüh. Abb. 3.1. Nativröntgenaufnahmen posterior-anterior und laterale Projektion Thorax. T Trachea, sk Skapula, kl Klavikula, la/ra linkes/rechtes Atrium, lv/rv linker/rechter Ventrikel, ao Aorta, az V. azygos, vcs V. cava superior, vci V. cava inferior, pa Pulmonalarterienhauptstamm, lpa/rpa linke/rechte Zwerchfellhälfte, ma Magenblase. (Aus: Freyschmidt 2003)
36
Kapitel 3 · Safety
1
ren. Als Weiterentwicklung des konventionellen Röntgenverfahrens ist die Computertomographie dem Röntgen in vielerlei Hinsicht überlegen.
2
Nachteile des CT gegenüber dem konventionellen Röntgen sind:
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
5 eingeschränkte Verfügbarkeit, 5 höhere Durchführungskosten. Vorteile des CT gegenüber dem konventionellen Röntgen: 5 niedrigere Strahlenbelastung.
Welche technische Grundlage liegt dem Verfahren zu Grunde? Das CT ist in der modernen Verfahrenstechnologie durch eine bessere Bildauflösung und eine geringere Strahlenbelastung weiterentwickelt worden. Es wird zwischen dem sog. Spiral-CT sowie dem HRCT, dem sog. »high resolution CT« unterschieden. Grundsätzlich werden Röntgenstrahlen angewandt, die im Gegensatz zu dem herkömmlichen Röntgen aus unterschiedlichen Perspektiven von einer beweglichen Röntgenröhre auf den in der CT-Röhre liegenden Patienten abstrahlen. Die so gewonnenen Bildergebnisse werden zunächst nicht auf einem Film konserviert, sondern digital in einem Computer aufbereitet. Die aus unterschiedlichen Winkeln aufgenommenen Bilder von überlappend gleichen anatomisch-pathologischen Strukturen werden mit Hilfe der modernen Rechnerfähigkeit als sog. Schichtbilder in unterschiedlich definierten Schichtebenen dargestellt. Je nach gewählter Schichtdicke, die bis zu etwa 1 mm in einer Region betragen kann, ergibt sich die Strahlungsexpositionszeit.
Typische Indikationen zur Durchführung des Verfahrens Die in den konventionellen Röntgenaufnahmen mitunter veränderten, aber nicht eindeutig diagnostizierbaren Strukturen lassen sich mit Hilfe des modernen CT in ihrer strukturellen Beschaffenheit genauer darstellen. Orientierende Staging-Untersuchungen sind mit Hilfe des CT besser und differenzierter in Bezug auf ihre Größenausdehnung durchzuführen. Eine Tumordiagnostik (7 Kap. 3.7.1 Krebserkrankungen) wird häufig mit einem ergänzendem Abdomen-, Thorakal- und/oder Cranio-CT (CCT) durchgeführt, um bei einem Patienten mit positivem Tumorbefund zu klären, ob und in welchem Ausmaß eine Absiedelung mit Metastasen vorliegt. Aber auch Pathologien, wie z. B. Ergüsse, Hämatome sowie Fibrosen, sind voneinander zu differenzieren und quantifizieren.
i Tipps Bevor die Computertomographie entwickelt wurde, war es üblich, mit dem konventionellen Röntgen sog. Schichtbilder herzustellen. Dieses Verfahren wurde als »Schichten« bezeichnet. Mit dem CT hat diese Methode jedoch nichts gemeinsam und wird in der modernen Medizin nur noch vereinzelt eingesetzt.
15 Welche Strukturen werden bevorzugt dargestellt?
16 17 18 19 20 21
Das CT stellt auf sehr differenzierte Weise die anatomisch-pathologischen Strukturen des Organismus dar. Besonders dichte Strukturen, wie z. B. Knochen, erscheinen im Bild ebenso weiß und werden als Verschattung bezeichnet wie im konventionellen Röntgenbild. Lufthaltige Strukturen, wie z. B. die Lunge, werden schwarz abgebildet und ebenso wie beim Röntgenverfahren als Aufhellung bezeichnet. Weichteile, Hämatome, verkalkte Lymphknoten, Metastasen usw. werden je nach Dichte in unterschiedlichen Graustufen abgebildet (. Abb. 3.2). Das Prinzip entspricht dem des Röntgenbildes. . Abb. 3.2. Segmentale Anatomie der Leber im axialen CT
37
3.3 · Apparative Diagnostik
Welche Risiken und Nebenwirkungen sind mit dem Verfahren verbunden?
Wichtig
Die Strahlenbelastung mittels Röntgen ist beim CT höher als beim konventionellen Verfahren, jedoch wird durch den stark gerichteten »harten« Strahl der CT die Streustrahlung reduziert. Damit ist die Gesamtstrahlenbelastung nur als mäßig anzusehen. Besonders empfindliche Zonen wie Augenlinsen oder Gonaden dürfen aufgrund ihrer hohen Strahlengängigkeit nicht dem Strahlengang ausgesetzt sein.
Da die Untersuchung mitunter über 30 Minuten andauert und der Patient sich in dieser Zeit nicht bewegen darf, müssen Kontraindikationen, wie z. B. Platzangst, vor Beginn der Untersuchung abgeklärt werden. Bei geräuschempfindlichen Patienten ist ein Hörschutz erforderlich.
Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) Bloch und Purcell entdeckten 1946 das Phänomen der Kernresonanz. Über Jahrzehnte wurde die Kernresonanz zur Analyse bi-
ophysikalischer und biochemischer Materialien eingesetzt. Infolge der Raumfahrttechnologie ist diese Methode in den 70erJahren zur bildgebenden Diagnostik eingesetzt worden. Dieses von Röntgenstrahlen völlig unabhängige Verfahren wird auch als sog. Kernspintomographie bezeichnet. Wichtig Da diese Untersuchungsmethode sehr kostenintensiv ist, sollte die medizinische Notwendigkeit genau hinterfragt werden.
Welche technische Grundlage liegt dem Verfahren zu Grunde? Das physikalisch wirksame Prinzip ist ein elektromagnetisch hervorgerufenes Magnetfeld, in das der Patient gebracht wird. Wie beim CT ist die technische Apparatur ebenfalls eine Röh-
3
Welche Strukturen werden bevorzugt dargestellt? Jedes Gewebe kann mit Hilfe der Kernspintomographie dargestellt werden. Besonders gut und differenziert sind alle Gewebe, die einen hohen Wasseranteil haben, darzustellen. Dazu gehören Weichteilgewebe, die sehr gut voneinander abgegrenzt werden können, wie z. B. Knorpel, Ligamente, Kapseln, Disci und Menisken. Wichtig Alle Weichteilgewebe können mit der Magnetresonanztomographie besonders gut dargestellt werden.
Typische Indikationen zur Durchführung des Verfahrens Verletzungen, Tumore und Gewebeveränderungen von Rückenmark und Gehirn, Bandscheiben, Faszien u. v. m. können hochselektiv dargestellt werden (. Abb. 3.3). Pathologische Veränderungen an Gelenken erfordern den Einsatz des MRT, da mit dieser Untersuchungsmethode der Krankheitsverlauf anhand einer dreidimensionalen Aufnahme dargestellt werden kann.
re oder Teilröhre.
Befindet sich der Patient in dem durch elektrischen Strom induzierten Magnetfeld, reagieren die körpereigenen Wasserstoffatome, sog. Protonen des Gewebes, indem sie Energie aufnehmen und sich im Magnetfeld wie eine Kompassnadel ausrichten. Diese Reaktion entspricht dem vom Physikunterricht bekannten Versuch, einen Stabmagneten unter eine mit Eisenspänen gefüllte Plastikschale zu halten. Die Eisenspäne richten sich ebenso in eine Position aus, wie die Protonen im Magnetfeld Energie aufnehmen. Nach Abschalten des Magnetimpulses wird ein Teil der Energie abgegeben. Die Protonen »relaxieren« in einen Zustand niedriger Energie. Diese Energieabgabe kann durch entsprechende Instrumente gemessen und ausgewertet werden. Die so entstandenen Bilder werden unterschieden 5 nach ihren Relaxationszeiten, 5 der sog. T1- und T2-Gewichtung und 5 nach der Protonendichte.
Welche Risiken und Nebenwirkungen sind mit dem Verfahren verbunden? Biologisch schädigende Effekte sind bisher nicht bekannt. Eine bedingte Kontraindikation können Herzschrittmacher sein. Kontraindikationen für eine MRT-Untersuchung sind aufgrund ihres hohen Eisenanteils und der damit verbundenen Verbrennungsgefahr Tatoos sowie Permanent-Make-up. Eine absolute Kontraindikation stellen sog. Stapes-Plastiken dar. Wichtig Aufgrund des starken Magnetfeldes darf weder das Assistenzpersonal noch der Patient metallische Gegenstände, wie z. B. Uhren, Schmuck oder herausnehmbare Zahnprothesen, während der Kernspintomographie mit in den Untersuchungsraum nehmen.
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Kapitel 3 · Safety
. Abb. 3.3. T2-gewichtetes sagittales MRT des Kopfes
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Sonographie Die Sonographie wird auch als sog. »Echographie« oder »Ultraschall« bezeichnet. Diese Untersuchungsmethode erfordert keine besonderen räumlichen Voraussetzungen und Sicherheitsvorkehrungen. Somit kann die bildgebende Darstellung in jedem Untersuchungszimmer eingesetzt und beliebig oft wiederholt werden.
Welche technische Grundlage liegt dem Verfahren zu Grunde? Durch einen Schallkopf werden Schallwellen auf das Objekt ausgesandt. Beim Auftreffen werden die Schallwellen über ein Echo auf halbem Weg zurückgeworfen. Eine Reflexion entsteht. Diese Reflexion wird in Abhängigkeit von der unterschiedlichen Zeit und Intensität, die der Schall beim Zurückkehren benötigt, zur Bilddarstellung genutzt. Ultraschall ist eine mechanisch-elastische Schwingung mit longitudinaler Wellenausbreitung. In der medizinischen Diagnostik werden Frequenzen zwischen 2 und 20 MHz mit einer Wellenlänge von 7,5×10-4 bis 7,5×10-5 m eingesetzt.
Welche Strukturen werden bevorzugt dargestellt? Pathologische Veränderungen des Weichteilgewebes, wie z. B.
Ergüsse, Zysten, Metastasen, Abszesse, aber auch Strukturen wie Gallengänge und Ligamente können sonographisch besonders deutlich dargestellt werden.
Größe, Klappenfunktion und Kontraktilität von Herz und Gefäßen können mit Hilfe des Ultraschalls gut beurteilt werden. In der Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung stellt die Sonographie ebenfalls einen wichtigen Fortschritt dar. Wichtig Um ein Organ oder eine Struktur vollständig darzustellen, muss bei der Durchführung darauf geachtet werden, dass zwischen Schallkopf und Schallobjekt keine Luft gerät. Hohlräume zwischen dem Schallkopf und der zu beschallenden Fläche werden vermieden, indem der Schallkopf in einer Schicht aus Elektrodengel auf der Haut bewegt wird.
Typische Indikationen zur Durchführung des Verfahrens Sämtliche Gewebestrukturen lassen sich je nach Eindringtiefe der Schallwellen darstellen. Die Abgrenzung der einzelnen Gewebe aufgrund ihrer Dichte und Struktur, insbesondere die differenzialdiagnostische Unterscheidung erfordern langjährige Übung und Erfahrung. Orientierend können in der Abdomen-Sonographie Organsysteme wie Leber, Milz, Gallenblase, Nieren, Nebennieren sowie die Pankreas in ihrer Parenchymstruktur und dreidimensionalen Größenausdehnung erkannt werden (. Abb. 3.4). Pa-
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3.3 · Apparative Diagnostik
3
. Abb. 3.4. Sonographie der Niere, parasagittaler Schnitt
thologische Veränderungen wie Stauungen, Raumforderungen, Entzündungen sowie degenerative Veränderungen können abgeschätzt und verifiziert werden. Gelenke können auf Entzündungen, Ergussbildung oder zur Diagnostik von Ligamenten und Kapseln untersucht werden. In der Neugeborenenuntersuchung wird die Sonographie z. B. auch zur Darstellung der Hüftgelenke eingesetzt, um rechtzeitig eine eventuell bestehende Hüftdysplasie zu erkennen.
Szintigraphie
Wichtig
Die Szintigraphie ist ein nuklearmedizinisches Verfahren, bei dem eine quantitativ genaue Messbarkeit radioaktiver Strahlung genutzt wird. Dazu werden radioaktive Substanzen mit kurzer Halbwertszeit an bestimmte Stoffe gekoppelt, die eine Affinität zu spezifischen Geweben haben (Labelung). Das Verfahren kann nur an besonderen Zentren durchgeführt werden, die über eine nuklearmedizinische Einrichtung verfügen. Diese Untersuchungsmöglichkeiten werden z. B. in Universitätskliniken eingesetzt.
Die Sonographie der Gefäße ist wichtig bei der Ausschlussdiagnostik von Thromben, Verkalkungen und Aneurysmen.
Welche technische Grundlage liegt dem Verfahren zu Grunde?
Eine Ultraschalluntersuchung des Herzens wird als Echokardiographie bezeichnet. Diese Untersuchung erfolgt entweder transthorakal oder transösophageal als sog. »Schluckechokardiographie«. Das Verfahren gibt Aufschluss über die Klappentätigkeit, Größe und Funktion des Herzmuskels sowie über mögliche Ergussbildungen im Perikard.
Welche Risiken und Nebenwirkungen sind mit dem Verfahren verbunden? Die Sonographie kann bedenkenlos häufig z. B. auch bei Schwangeren eingesetzt werden und wird als harmlose Untersuchungsmöglichkeit angesehen. Zudem ist dieses Verfahren relativ preiswert und nahezu überall durchführbar.
Zur Labelung werden radioaktive Kurzstrahler eingesetzt, die aufgrund ihrer kurzen Halbwertszeit nicht gelagert, sondern direkt hergestellt werden müssen. Gebräuchlich sind z. B. Isotope Technetium als mTc bei der Diagnostik des Knochenmetabolismus. Gekoppelt an Granulozyten wird Isotope Technetium bei der Fokussuche entzündlicher Veränderungen eingesetzt. Die Funktionsuntersuchung der Schilddrüse wird in Verbindung mit Jod als J durchgeführt. Das Ausmaß der radioaktiven Abstrahlung wird mit Hilfe eines Strahlendetektors sichtbar gemacht, der sog. Gamma-Kamera.
Die so gewonnenen Bilder reflektieren entweder einzelne Organgebiete, wie z. B. die gesamte Schilddrüse oder beide Hände etc., können aber auch als Ganzkörperszintigramm (. Abb. 3.5) den gesamten Organismus und das gesamte Skelett von ventral und dorsal zeigen.
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Kapitel 3 · Safety
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. Abb. 3.5. Ganzkörperszintigramm des Sklettsystems von ventral (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. M. Schäfers, Uni-Klinik Münster)
. Abb. 3.6. Ganzkörperszintigramm des Sklettsystems von dorsal (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. M. Schäfers, Uni-Klinik Münster)
Welche Strukturen werden bevorzugt dargestellt?
Typische Indikationen zur Durchführung des Verfahrens
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Die Labelung bezieht sich immer auf bestimmte Zellen wie Erythrozyten oder Osteoklasten. Dort, wo diese Strukturen besonders häufig vorkommen, wird ein besonders intensives Anreicherungs-Signal sichtbar. Findet die Labelung z. B. an Granulozyten statt, werden Areale, die eine entzündliche Aktivität aufweisen, besonders signalgebend sein. Bei der Darstellung knöcherner Strukturen ist die Anreicherung in Regionen mit Knochenneubildungen und in kalzifizierenden Arealen zu erwarten. Die größte Intensitätsvermehrung wird dabei v. a. in der Spongiosa und etwas weniger in der Kompakta des Knochens beobachtet. Zur Untersuchung der Schilddrüse wird die physiologische Einmaligkeit genutzt, dass dieses Gewebe Jod und daher auch Jod-Isotope wie 131J speichern kann. So wird es möglich, »aktives Schilddrüsengewebe« darzustellen. Die Szintigraphie der Schilddrüse gibt im Zusammenhang mit weiteren Untersuchungsergebnissen wichtige Hinweise auf mögliche maligne Prozesse.
Die Szintigraphie kann z. B. zur spezifischen Suche ossärer Läsionen eingesetzt werden. Eine Ganzkörperszintigraphie wird erforderlich, wenn bei einem bereits bekannten Primärtumor der Verdacht auf Metastasen besteht (. Abb. 3.6). Letzteres wird Staging-Untersuchung genannt. Bei der Szintigraphie ossärer Strukturen ist folgende Diagnostik möglich: 5 Auffinden von Primärtumoren des Skeletts, 5 frühzeitiges Erkennen einer Osteomyelitis, 5 Entdecken verborgener- Frakturen, 5 Aufdecken von entzündlichen oder degenerativen Gelenkerkrankungen, Osteonekrosen oder Dystrophien. Auch der eher seltene Morbus Paget kann mit Hilfe der Knochen-Szintigraphie entdeckt werden.
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3.3 · Apparative Diagnostik
Wichtig Erkrankungen wie Osteoporose, Osteomalazie, aber auch Veränderungen des Weichteilgewebes, die entweder mit einer vermehrten Anlagerung von Entzündungszellen einhergehen oder durch eine vermehrte ossäre Ablagerung auffallen, können mit der Knochenszintigraphie diagnostisch relativ sicher erfasst werden.
Welche Risiken und Nebenwirkungen sind mit dem Verfahren verbunden? Bei dieser Untersuchungsmethode werden radioaktive Substanzen mit relativ kurzer Halbwertszeit eingesetzt. Eine vollständige Elimination der Testsubstanzen ist nach wenigen Tagen erreicht. Die eingesetzte Substanzmenge ist hinsichtlich ihres biologischen Potenzials ebenfalls sehr gering. Wichtig Obwohl der Abbau und die Konzentration der eingesetzten Substanzen sehr gering sind, unterliegt der Umgang mit einem schwach radioaktiven Material besonderen Sicherheitsbestimmungen, die stets eingehalten werden müssen.
Dopplersonographie Der österreichische Physiker und Mathematiker Christian J.D. Doppler beschrieb erstmals den sog. Doppler-Effekt. Die Doppler-Sonographie ist ein Verfahren der Ultraschalldiagnostik. Im Gegensatz zur Sonographie entsteht die Darstellung jedoch durch die gleichzeitige Nutzung von Ultraschall und dem Doppler-Effekt.
Welche technische Grundlage liegt dem Verfahren zu Grunde? Mit dem Doppler-Effekt wird das Phänomen der Frequenzänderung einer Welle beschrieben. Ch. J.D. Doppler entdeckte erstmals, dass bei der relativen Bewegung auf eine Wellenquelle eine Änderung der Wellenfrequenz entsteht. Vergleichbar ist dies mit dem Sirenenton eines Feuerwehrautos, der sich beim Nähern des Autos anders anhört als beim Entfernen. Mit Hilfe eines Schallkopfes werden Fließbewegungen in Gefäßen hörbar und quantifizierbar gemacht. Bei dieser Methode handelt es sich nicht um ein bildgebendes-, sondern nur um ein tongebendes Untersuchungsverfahren, bei dem die erzeugten Strömungsgeräusche Anhaltspunkte für eventuell pathologische Veränderungen sind. Während der arterielle Blutstrom eher an einem pulsierenden Ton wie »pjiuuu-pjiuuu-pjiuuu« zu erkennen ist, kann die venöse Strömung des Blutes durch einen gleichförmigen »schschschsch«-Ton beurteilt werden.
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Mit diesem Verfahren kann außerdem die Flussrichtung erfasst werden, sodass z. B. bei einem Subclavia-Entzugssyndrom der retrograde Blutfluss in der A. vertrebralis sinister als pathognomonisches Zeichen dieser Erkrankung dargestellt werden kann. Wichtig Mit einer Sonderform, der sog. transcraniellen DopplerSonographie, wird der cerebrale Blutstrom durch das Os temporale hindurch dargestellt. Aufgrund der Knochendicke ist diese Untersuchungsmethode an anderen Stellen des Schädels nicht möglich.
Welche Strukturen werden bevorzugt dargestellt? Durch das suprasystolische Aufpumpen einer Blutdruckmanschette lassen sich Beeinträchtigungen der arteriellen Fließfähigkeit gut abbilden und quantifizieren (. Abb. 3.7). Bei dieser Methode wird der Druck der Blutdruckmanschette so lange vorsichtig abgelassen, bis der arterielle Puls hörbar und damit der arterielle Verschlussdruck ermittelt ist. Die im Seitenvergleich gewonnenen Werte eignen sich z. B. zur Einschätzung einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). Ebenso können der Verlauf und das Stadium von Durchblutungsstörungen bzw. Gefäßschwächen kontrolliert werden.
Typische Indikationen zur Durchführung des Verfahrens Beurteilt werden kann: 5 das Ausmaß venöser und arterieller Durchblutungsstörungen, 5 der ortho- und retrograde Blutfluss. i Tipps Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) dient die Methode zur Verlaufsbeurteilung.
Welche Risiken und Nebenwirkungen sind mit dem Verfahren verbunden? Ebenso wie bei der Sonographie werden in diesem Verfahren Schallwellen eingesetzt, bei denen keine schädigende Wirkung auf biologisches Gewebe bekannt ist. i Tipps Als Risiko wird aber die Gewebeerwärmung bei längerer Untersuchungsdauer genannt, die thermische Gewebeschäden z. B. am Embryo erzeugen könnte.
Endoskopie Seit dem Einführen der Endoskopie ist es möglich, Hohlräume und Körperhohlorgane auszuleuchten und zu inspizieren.
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Kapitel 3 · Safety
. Abb. 3.7. Dopplersonographie der Lebervenen, axiale Sicht
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Neben der Diagnostik besteht während dieser Untersuchung die Möglichkeit, Gewebe für eine Biopsie zu entnehmen oder kleinere Operationen durchzuführen. Die diagnostische Endoskopie kann außerdem in Kombination mit einer Ultraschalldiagnostik, der sog. Endosonographie, oder einer Röntgendiagnostik als ERC oder ERCP eingesetzt werden. Diese Bildeindrücke sind mit Hilfe moderner Technik z. B. auch einem Assistenten durch eine zweite Optik zugänglich. Durch eine Kamera können sowohl der Verlauf wie auch das Einzelbild konserviert und sogar per Videokonferenz, z. B. über das Internet, einem weiteren Publikum zugänglich gemacht werden.
Welche technische Grundlage liegt dem Verfahren zu Grunde? Eine externe Kaltlichtquelle, deren Licht über optische Fieberglasleiter innerhalb sehr flexibler Schläuche bis zur Spitze des Endoskops geleitet wird, stellt die Grundvoraussetzung des Verfahrens dar. Neben der Lichtquelle, durch die eine Bildgebung möglich wird, bestehen weitere Arbeitskanäle, durch die z. B. Probeentnahmen zur feingeweblichen Untersuchung gewonnen werden können.
18
Wichtig
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Die Möglichkeit der Probeentnahme ist bei der Diagnostik von Krebserkrankungen bzw. deren Ausschluss sehr wichtig.
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Welche Strukturen werden bevorzugt dargestellt? Im Gastrointestinaltrakt sind verschiedene Untersuchungsmethoden der Schleimhaut-Beschaffenheit möglich: 5 die Ösophagoskopie, zur Untersuchung der Speiseröhre, 5 Untersuchung des Magens mit Hilfe einer Gastroskopie (. Abb. 3.8), 5 Spiegelung des Dickdarms als sog. Koloskopie. Entzündungsherde sowie maligne Veränderungen sind mit diesem Verfahren gut zu beurteilen und frühzeitig zu behandeln. So können z. B. Polypen, die als Vorstufe einer malignen Entartung des Dickdarmes einzustufen sind, frühzeitig entfernt werden. Diese Behandlung wird als sog. endoskopische Polypektomie bezeichnet. Zur Entnahme von endobronchialem Sekret oder einer Biopsie wird bei Untersuchungen der Lunge eine sog. Bronchoskopie durchgeführt.
i Tipps Endoskopien werden in der Regel unter Narkose durchgeführt.
Typische Indikationen zur Durchführung des Verfahrens Bei unklaren Oberbauchbeschwerden mit oder ohne Verdauungsstörungen kann untersucht werden, 5 ob eine entzündliche Erkrankung, 5 eine reine Funktionsstörung oder 5 eine Geschwulst, wie z. B. ein gutartiger Polyp oder ein bösartiges Malignom, vorhanden ist. Außerdem sind 5 Fremdkörperingestionen, 5 Blutungen oder
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3.4 · Labordiagnostik
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Da die Ergebnisse einer Endoskopie das Vorliegen einer ernsthaften Erkrankung, wie z. B. eines Malignoms, sicher ausschließen oder z. B. die Ursache einer Blutung wie z. B. bei einem Magengeschwür aufdecken können liegt der Nutzen dieser Untersuchungsmethode jedoch weit über dem eventuellen Risiko einer Perforation. Wichtig Um das Risiko einer Perforation weitestgehend ausschließen zu können, sind die genauen Kenntnisse über absolute Kontraindikationen notwendig.
3.4
Labordiagnostik
3.4.1 Labor
. Abb. 3.8. Endoskopische retrograde Cholangiographie (ERC) der Gallenwege
5 Verletzungsfolgen mit dieser Methode gut zu differenzieren. Bei der Ösophagoskopie sind v. a. Erkrankungen wie eine Ösophagitis, die eine wichtige Präkanzerose für das Ösophaguscarzinom ist, Polypen und Malignome diagnostisch erfassbar, aber auch Divertikel, wie z. B. das Zenker-Divertikel. Die Koloskopie wird überwiegend zur Diagnostik von Entzündungen, Divertikeln, Polypen und Malignomen eingesetzt.
Die . Tab. 3.1 bis 3.11 stellen die Normwerte der gebräuchlichsten Blut/Urin/Liquor-Parameter dar. An erster Stelle findet sich jeweils die entsprechende Testsubstanz, anschließend folgt der jeweilige Normwert in der gängigsten Einheit. Sofern es erforderlich ist, sind diese Werte geschlechtsspezifisch aufgeteilt in: weiblich (w.) und männlich (m.). In der letzten Spalte ist die jeweilige Referenzflüssigkeit angegeben: 5 Plasma (P), 5 Serum (S=Plasma — Fibrinogen), 5 EDTA-Blut (=ungerinnbar gemachtes Vollblut mittels Komplexbildner), 5 Urin oder Liquor. Wichtig
Wichtig Absolute Kontraindikationen für eine Koloskopie sind aufgrund der hohen Verletzungsgefahr eine akute Divertikulitis, schwere lokale Entzündungen, wie z. B. Colitis ulcerosa, sowie ein toxisches Megakolon.
Kleine Tumoren bilden oft so wenig Marker, dass sie mit dieser Untersuchungsmethode nicht gefunden werden können (s. . Tab. 3.4). Bei Schwangerschaft oder Entzündungen können die Werte verändert sein.
In der Bronchoskopie sind neben Fremdkörperaspirationen Schleimhautveränderungen des respiratorischen Epithels von
Wichtig
diagnostischem Interesse. Biopsien, Fremdkörperentfernungen und das Einlegen von Radionukliden sind mit Hilfe der Bronchoskopie möglich.
Die Werte können durch eine Vitamin-K-reiche Ernährung beeinflusst werden. Cumarine befinden sich u. a. auch in Waldmeister (s. . Tab. 3.5).
Welche Risiken und Nebenwirkungen sind mit dem Verfahren verbunden? Das Hauptrisiko während einer Endoskopie ist die Gefahr der Perforation des zu untersuchenden Gewebes.
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Kapitel 3 · Safety
. Tabelle 3.1. Normwerte Blutbild Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG)
m.: 3–8 mm (1 h) 5–15 mm (2 h), über 50 Jahre: 2. Std.: bis 20 mm. w.: 6–11 mm (1 h) 6–20 mm (2 h), über 50 Jahre: 2. Std.: bis 30 mm.
EDTA
Hämoglobin (Hb)
m.: 8,1–11,2 mmol/l=13–18 g/dl w.: 7,4–9,9 mmol/l=12–16 g/dl
EDTA, Urin
Hämatokrit (HCT/Hk/Hkt)
m.: 41–53 Vol.-%; w.: 36–46 Vol.-%
EDTA
Erythrocytenzahl, Reticulocyten
m.: 4,5–5,9×106/µl; w.: 4,0–5,2×106/µl
EDTA
Thrombocytenzahl
m.: 16–30 J.: 210–366/ml; w.: 220–406/ml m.: 31–45 J.: 193–365/ml; w.: 205–379/ml m.: 46–60 J.: 202–356/ml; w.: 201–379/ml m.: >60 J.: 177–361/ml; w.: 187–366/ml 150.000–350.000/µl
EDTA
Leucocytenzahl
4000–10.000/µl
EDTA, Urin,
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
. Tabelle 3.2. Normwerte der Elektrophorese Serum/Liquor (Plasmaproteine insgesamt: 6.6–8,5 g/dl)
. Tabelle 3.3. Normwerte Immuglobuline (Ig) A, D, E, G, M→Antigene
Im Serum Αlbumin
IgA
70–500 mg/dl
Serum
45–65%
Serum IgE