151 79 18MB
German Pages 230 [231]
MARTIN ZIMMERMANN
Der Rechtserwerb hinsichtlich eigener Sachen
Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 83
Der Rechtserwerb hinsichtlich eigener Sachen Rei suae sive de re sua contractum consistere non potest
Von Martin Zimmermann
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Zimmermann, Martin: Der Rechtserwerb hinsichtlich eigener Sachen : rei suae sive de re sua contractum consistere non potest / Martin Zimmermann. - Berlin : Duncker und Humblot, 2001 (Schriften zur Rechtsgeschichte ; H. 83) Zugl.: Bonn, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-428-10509-5
Alle Rechte vorbehalten © 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7379 ISBN 3-428-10509-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ
Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand in der Zeit von März 1998 bis Juli 1999, als ich wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Römisches Recht der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn war. Sie wurde im Wintersemester 2000/2001 von deren Rechts- und Staatswissenschaftlicher Fakultät als Dissertation angenommen. M e i n verehrter Lehrer, Herr Professor Dr. R o l f Knütel, hat nicht nur das Thema dieser Untersuchung angeregt, sondern auch ganz wesentlich zu ihrem Gelingen beigetragen. Für seine wertvollen Ratschläge, die zügige Durchführung des Promotionsverfahrens sowie vor allem für die m i r seit Beginn meines Studiums gewährte Förderung danke ich ihm sehr herzlich. Dank schulde ich auch Herrn Professor Dr. Horst Heinrich Jakobs, der das Zweitgutachten erstellt hat. Gewidmet sei diese Arbeit meinen lieben Eltern, die mir durch ihre Unterstützung und ihr Verständnis in all den Jahren eine unschätzbare Hilfe waren.
Konstanz, im Januar 2001
Martin Zimmermann
Inhaltsverzeichnis Einleitung
13
Α. Klassisches römisches Recht
19
I. Pignus rei suae 1. Die Aussage von D. 50. 17. 45 pr
19 19
a) Ulpians 30. Buch ad edictum
19
b) Folgerungen für D. 50. 17. 45 pr
20
2. Weitere Fragmente zum pignus rei suae a) Der Grundsatz des Erlöschens des Pfandrechts
22 22
aa) D. 13. 7. 29: Eigentumserwerb des Pfandgläubigers
22
bb) D. 41. 3. 33. 5: Verpfändung an den Eigentümer
24
b) Einschränkungen dieses Grundsatzes
26
aa) D. 44. 2. 30. 1 : Actio Serviana trotz Konsolidation
26
bb) C. 8. 19. 1: lus offerendi et succedendi trotz Konsolidation
32
3. Zusammenfassung II. Conducilo rei suae 1. Unwirksamkeit einer conductio rei suae
34 36 36
a) D. 50. 17. 45 pr
37
b) D. 16.3. 15
41
c) D. 41. 3. 21
43
d) D.41.2. 40.3
45
e) C. 4. 65. 20, C. 4. 65. 23 und C. 4. 65. 25
48
f) Zusammenfassung
53
aa) Rechtliche Unmöglichkeit
53
bb) Die Bedeutung eines Irrtums des conductor
53
2. Wirksamkeit einer conductio rei suae a) Nießbraucher als locator
55 55
aa) D. 7. 4. 29 pr
55
bb) D. 9. 4. 19. 1
57
Inhaltsverzeichnis b) Pfandgläubiger als locator
58
aa) D. 13.7. 35. 1
58
bb) D. 13.7. 22.3
59
cc) D. 41. 2. 37
61
dd) D. 13. 7. 37
63
ee) Bas. 20. 1.55
64
c) D.41.2. 28 d) Zusammenfassung
66 70
3. Nachträglicher Eigentumserwerb des conductor
72
4. Folgerungen
79
III. Precarium rei suae
81
1. Unwirksamkeit eines precarium rei suae
81
a) D. 50. 17. 45 pr. und D. 16. 3. 15
81
b) D.41.2. 40.3
84
c) D. 43. 19. 1. 11
85
d) D. 43.26. 4.3
89
e) Zusammenfassung
90
2. Wirksamkeit eines precarium rei suae
91
a) D. 13.7. 22.3
91
b) D. 13. 7. 35. 1
92
c) D. 2. 8. 15.2
92
d) D. 43.26. 6.4
93
e) D. 43.26. 11
95
f) D. 44. 7. 16
96
g) C. 8. 27.2
97
h) Sonderfälle: Wirksamkeit ohne Vorhandensein eines Zwischenrechts
98
aa) D.41.2. 28
98
bb) D. 43. 26. 22 pr
99
i) Zusammenfassung
103
3. Folgerungen
103
IV. Depositum rei suae
104
1.D. 50. 17. 45 pr. undD. 16.3. 15
105
2. D. 16.3.31. 1
105
3. Folgerungen
107
Inhaltsverzeichnis V. Emptio rei suae 1. Unwirksamkeit einer emptio rei suae
109 109
a) D. 50. 17. 45 pr
109
b) D. 12. 6.37
110
c) D. 41. 3. 21
112
d) D. 18. 1. 16 pr
112
e) C. 4.38. 10
113
f) Der bedingte Kauf der eigenen Sache
114
aa) D. 18. 1.61
115
bb) D. 30.41.2
116
g) Der Kauf einer res communis durch einen Miteigentümer
118
aa) D. 18. 1. 18 pr
118
bb) D. 18. 2. 13. 1
119
h) Der Kauf der verpfändeten Sache
120
aa) D. 13.7. 40 pr
120
bb) D. 17. 1.22.3
122
cc) D. 18. 1. 39 pr
123
i) D. 18. 1. 15.2
124
j ) Zusammenfassung
125
2. Wirksamkeit einer emptio rei suae
125
a) D. 18. 1.34.4
125
b) D.41.2. 28
128
c) D. 19. 1.29
128
3.C. 4. 38.4
131
4. Nachträglicher Eigentumserwerb des Käufers
133
a) Nachträglicher Erwerb ex causa lucrativa
133
b) Nachträglicher Erwerb ex causa onerosa
134
c) Zusammenfassung
135
5. Folgerungen VI. Weitere Rechtsgeschäfte hinsichtlich eigener Sachen
136 137
1. Commodatum rei suae
138
2. Stipulatio rei suae
138
a) Unwirksamkeit einer stipulatio rei suae aa) Gai. 3. 99
138 138
10
Inhaltsverzeichnis bb) D. 44. 7. 1. 10
139
cc) D. 45. 1.87
140
b) Wirksamkeit einer stipulatio rei suae
141
aa) D. 45. 1. 82 pr
141
bb) D. 7. 9. 1.7
141
cc) D.41.2. 28
142
dd) D. 45. 1.29. 1
142
ee) Bedingte Stipulation: D. 45. 1. 31 und D. 45. 1. 98 pr 3. Legatum rei suae Β. Geltendes Recht I. Das Pfandrecht 1. Die Grundpfandrechte an eigenen Sachen
144 145 148 148 148
a) Überblick
148
b) Der Regelungszweck
149
c) Der Anwendungsbereich des § 889 BGB
150
d) Die Rechtsnatur des Eigentümergrundpfandrechts
151
2. Das Pfandrecht an eigenen beweglichen Sachen
151
a) Der Grundsatz des Erlöschens
151
b) § 1256 12 BGB
153
c)§ 1256 II BGB
154
aa) Die Rechtsnatur des Eigentümerpfandrechts nach § 1256 II BGB.... 155 bb) Pfandverkauf durch den Eigentümer?
156
cc) Verhältnis zum Grundsatz der Akzessorietät des Pfandrechts
158
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
161
1. Das Vorhandensein eines Zwischenrechts
161
2. Das Fehlen eines Zwischenrechts
162
a) Rechtslage vor Inkrafttreten des BGB (gemeines Recht, Kodifikationen und Entwürfe) 162 aa) Gemeines Recht
162
bb) Preußisches Allgemeines Landrecht
163
cc) Sächsisches BGB
163
dd) Entwurf des Bayerischen BGB
164
ee) Hessischer Entwurf
164
ff) Dresdner Entwurf
165
Inhaltsverzeichnis b) Das Fehlen vergleichbarer Regelungen im BGB
165
c) Die bisher vertretenen Auffassungen zur Frage der Wirksamkeit
168
aa) Zur Anwendbarkeit des § 306 BGB
168
bb) Zum nachträglichen Eigentumserwerb
168
cc) Zusammenfassung
169
d) Folgenbetrachtung und -bewertung bei angenommener Wirksamkeit und Unkenntnis des Mieters 169 aa) § 535 S. 1 BGB
169
bb) § 535 S. 2 BGB
170
cc) § 536 BGB
172
dd) § 547 BGB
173
ee) § 547 a BGB
173
ff) § 549 BGB
173
gg) § 550 BGB
174
hh) § 556 BGB
174
ii) Verletzung von Nebenpflichten durch den Mieter
174
e) Zusammenfassung
175
f) Lösungsansätze
177
aa) Anfechtungsmöglichkeit
177
bb) Fehlen der Geschäftsgrundlage
179
cc) § 306 BGB
182
dd) Bewertung der Lösungsansätze
184
g) Die Rechtslage bei Kenntnis des Mieters III. Der Verwahrungsvertrag
185 186
1. Das Vorhandensein eines Zwischenrechts
186
2. Das Fehlen eines Zwischenrechts
187
a) Rechtslage vor Inkrafttreten des BGB (gemeines Recht, Kodifikationen und Entwürfe) 187 aa) Gemeines Recht
187
bb) Preußisches Allgemeines Landrecht
187
cc) Sächsisches BGB
188
dd) Entwurf des Bayerischen BGB
188
ee) Dresdner Entwurf
188
b) Das Fehlen vergleichbarer Regelungen im BGB
189
c) Die bisher vertretenen Auffassungen zur Frage der Wirksamkeit
189
Inhaltsverzeichnis
12
d) Folgenbetrachtung und -bewertung bei angenommener Wirksamkeit und Unkenntnis des Verwahrers 190 aa) § 688 BGB
190
bb) § 689 BGB
191
cc) § 695 BGB
191
e) Zusammenfassung
191
f) Lösungsansatz: § 306 BGB
192
g) Rechtslage bei Kenntnis des Verwahrers
192
IV. Der Kaufvertrag 1. Der Grundsatz
193 193
a) Die Anwendbarkeit des § 306 BGB bei von Anfang an vorhandenem Eigentum des Käufers 193 b) Die Rechtslage bei nachträglichem Eigentumserwerb des Käufers 2. Ausnahmen
194 195
a) Pfandversteigerung, § 1239 1 1, II 1 BGB
195
b) Anwartschaftsrecht des Verkäufers
197
c) Fiduziarisches Eigentum des Käufers
198
d) Der Besitzkauf
198
C. Ergebnisse I. Der Erwerb dinglicher Rechte II. Der Erwerb obligatorischer Rechte
201 201 202
Literaturverzeichnis
207
Quellenregister
223
Sachregister
229
Einleitung Unter „Rechtserwerb hinsichtlich eigener Sachen" ist sowohl der Erwerb dinglicher Rechte an der eigenen Sache zu verstehen als auch der Erwerb obligatorischer Rechte in Bezug auf die eigene Sache des Gläubigers. I m sachenrechtlichen Bereich handelt es sich um Fälle der Konsolidation, also des Zusammentreffens von Eigentum und beschränkt dinglichem Recht in einer Person. Beispielsweise ist an die Bestellung eines Pfandrechts zugunsten des Eigentümers oder an ein Zusammenfallen in anderer Weise als durch Rechtsgeschäft, etwa durch Erbgang, zu denken. M i t den obligatorischen Rechten hinsichtlich eigener Sachen sind die auf Rechtsverschaflfung
bzw. Gebrauchsüberlassung gerichteten Ansprüche
des
Käufers, Mieters, Pächters oder Entleihers gemeint, der zugleich Eigentümer der Sache ist, auf die sich der Anspruch richtet. Bei solchen Rechtsgeschäften über die res sua kauft also beispielsweise der Eigentümer seine Sache von einem anderen oder mietet sie von ihm. Gleichermaßen w i r d auf den Verwahrungsvertrag über eine dem Verwahrer gehörende Sache einzugehen sein, auch wenn in diesem Fall nicht von einem „Rechtserwerb" hinsichtlich der eigenen Sache gesprochen werden kann. Die hier auftretenden Fragen sind jedoch in ähnlicher Weise zu beantworten wie bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen, was eine parallele Behandlung dieser Rechtsgeschäfte über die res sua rechtfertigt. Solche Geschäfte werden vor allem dann vorkommen, wenn der Betreffende nicht weiß, daß er Eigentümer ist, wenn er also irrtümlich davon ausgeht, er sei Nichteigentümer, und wenn er statt dessen den Vermieter, Verkäufer, Hinterleger oder einen Dritten fur den Eigentümer hält. Wie sich zeigen wird, kann es aber auch geschehen, daß jemand bewußt ein Rechtsgeschäft dieser A r t über seine eigene Sache abschließt. In den römischen Quellen finden sich zu beiden Fallkonstellationen zahlreiche Fragmente. In erster Linie ist die Frage zu behandeln, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein solcher Rechtserwerb hinsichtlich der eigene Sache als wirksam anzusehen ist. Ausgangspunkt für die Erörterung ist ein von Ulpian stammendes Fragment, das folgende Regel aufstellt:
Einleitung
14
D. 50. 17. 45 pr. ULPIANUS libro trigensimo ad edictum Neque pignus neque depositum neque precarium neque emptio neque locatio rei suae consistere potest. ULPIAN im 30. Buch zum Edikt Weder ein Pfandrecht an einer eigenen Sache, noch deren Inverwahrungnahme, Bittleihe, Kauf oder Miete hat rechtlichen Bestand.
Danach kann also weder dem Eigentümer ein Pfandrecht an seiner Sache zustehen noch sind die vier aufgezählten Rechtsgeschäfte über die res sua wirksam. Einen Überblick über die in diesem Zusammenhang einschlägigen Texte und die auftretenden Fragen gibt der von Jakob Gothofredus 1 im 17. Jahrhundert zum Digestentitel 50. 17 De diversis regulis iuris antiqui verfaßte Kommentar, der zu D. 50. 17. 45 pr. folgende Ausführungen enthält:2 Rem suam utrum quis pignori vel deposito aut precario aliquando accipere possit quaeritur, utrum emere, utrum conducere? Id quod hac régula negatur. Quae, ut ad contractuum materiam manifeste pertinet, ita nominatim ad contractum pignoris et depositi (de quibus etiam principe loco initio huius legis agitur) referenda est: uti liquet ex /. 35 tit. de dolo malo. I. 3. tit. de in lit. iur. I. 1. 5. 7. tit. depositi. I. 18 tit. de praescript. verb. I. 186. de V. S. quae omnes de deposito tractant: uti rursum liquet ex /. 22. 34. de pignorai, action, quae de pignoribus sunt. Et pro more tamen Iurisconsultorum ad alios contractus, eandem regulana transtulit Ulpianus, eamque generaliter extulit, nempe rei suae, sive de re sua contractum nullatenus consistere posse: De pignore sane id ipsum quoque defìnitur /. debitor 40. in princ. tit. de pignerat. act. I. penult, in fin. de except, rei iud. sive ab initio res mea fuerit, sive postea factus fuerim rei pigneratae dominus, quia neque hoc casu potest perseverare pignus. De deposito, l. qui rem suam 15. depositi. De precario (quod deposito vicinum hic et /. 23. sup.) d.i. 15 et l. 4. tit. de precario l. 1, §.11. tit. de itin. actuq. priv. I. | (S. 221:) 40. §. ult. de adquir. possess. De emptione iuxta hanc legem, l. 15. in fin. et l. 16 de contrah. empt. d. I. 40. de pignor. act. I. cum res 4. C. eod. De conducto (nam ut promiscue veteres in locatione et conductione appellationibus utebantur l. 20. tit. de action, empti. ita hic locatio pro conductione dicitur) d. I. 15 et d. I. 40. I. 20. C. de locat. His adde et Commodatum, d. I. 15. tit. commodate Stipulationen^ l. nemo 82. de V. Ο. Dotem, l. cum in fundo 78. de iure dot. Legatum, §. sed si rem, Instit. de legatis. et Usumfructum et Servitutem: neminem enim res sua servit, l. uti fruì 5. tit. si usu. fr. per. I. in re 25. tit. de serv. urb. Eadem ratio condictionis, nemo enim rem suam, nisi furi condicere potest; I. ult. in fin. usufr. quemadm. cav. § sic itaque, Instit. de act. Licet autem haec régula nostra apertum sensum habeat et apertam rationem, sic ut dubitandi ratione nonnullis carere videatur, non adeo tamen notae sunt eius consequentiae: sed et contrariis, quae contra hanc regulam moventur, respondendum est. Ut de consequentiis seu illationibus primum agamus. Hinc sequitur, quaesito quoque postea dominio res ex illis causis constitutas evanescere, /. penult, in fin. de except, rei iud. L 1. quemadm. serv. amitt. veluti pignus etc. de quo iam antea. Hinc sequitur,
1 2
1587-1652. Gothofredus,
De Regulis Iuris S. 220-222.
Einleitung ex his causis de re restituenda quem non obligari, d. I. 25. depositi : et l. 40. § ult. de adquir. possess. Hinc rursum sequitur, condictionem pretii soluti re sua empta competere: Hinc sequitur, coeptam usucapionem interpellari, si a possessore (quocunque tandem contractus genere) res ad dominum redierit, cum alias inter emptorem et venditorem, autorem et successorem tempora usucapionum continuar! receptum sit, l. 29. tit. de pignor. act. I 21. 33. §. pen. tit. de usucap. Instit. de usucap. Nempe duo contraria in uno coire non possunt. Est tamen et haec régula suos intra coercenda limites, seu fines: Primum enim pertinet ea ad proprietatem, non vero ad commodum possessionis; ideo scilicet dixit Iurisconsultus, Rei suae; id est proprietatis et dominii: Alioquin et possessionis rei suae commodum conventione dominus recipere potest: Hinc et precarium possessionis et conductum et usus rei suae pignori datae consistit, denique pignoris rei suae possessio ad debitorem conventione transferri potest, et vero saepe transferri solet /. cum et sortis 35. tit. de pignor. actione. I. 4 §. item si rem meam 3. I. 6. §. I (S. 222:) ult. tit. de precario. I. si aliquam 28. tit . de adquir. possess. I. si in empitone 34. §. rei suae 4. tit. de contrah. empt. Et sic huic necquicquam obstat, quod debitor rem a se pignoratam conducere possit: quia Res SUA hic ita accipienda est, in qua scil. nullus alius ius aliquod habet. Atenim in pignore ius habet creditor, sic quidem ut ei securitatis gratia incumbat. Quare debitor id conducere potest, ut ita re uti possit, qua alioquin propter ius et detentationem créditons uti non posset. Item rei suae pignus, depositu, etc. consistit, si sub conditione in illum casum quo res sua futura non est, recipiat, nam neque res sua tum amplius est, l. existimo 96. tit. de V. O. I. 61. tit. de contrah. empt. Denique et res sua accessio quandoque esse potest alterius rei maioris et alienae, et emere cum tota re etiam nostram partem possumus, ut in specie legis quod si uno predo 13. in fin. tit. de in die m adicct. haud aliter atque res sacra rei profanae accessio esse potest: Non equidem ut pretium eius rei nomine debeatur, verum ut pars illa cum reliquis ambulet. Es stellt sich die Frage, ob jemand die eigene Sache als Pfandgläubiger, Verwahrer oder Prekarist erhalten und ob er sie kaufen oder mieten kann.Das wird von dieser Regel verneint. Diese bezieht sich, so wie sie augenscheinlich den Bereich der Verträge betrifft, besonders auf den Pfand- und den Verwahrungsvertrag (um die es in diesem Fragment auch gleich an erster Stelle geht): Das ergibt sich3 aus den Fragmenten D. 4. 3. 35, D. 12. 3. 3, D. 16. 3. 1, D. 16. 3. 5, D. 16. 3. 7, D. 19. 5. 18 und D. 50. 16. 186, die alle die Verwahrung behandeln. Und es ergibt sich aus D. 13. 7. 22 und D. 13. 7. 24 4 , die sich auf das Pfandrecht beziehen.
3
Den im folgenden angeführten Stellen ist gemeinsam, daß sie aus Ulpians 30. Buch zum Edikt stammen. Gothofredus will damit zeigen, daß Ulpian dort depositum und pignus behandelt hat und deshalb D. 50. 17. 45 pr. auch in diesem Zusammenhang eingeordnet werden muß; vgl. Lenel, Palingenesia II Sp. 612 ff. (Ulpian Nr. 885 ff.). - Siehe auch noch unten S. 19 ff. zum fiducia- Bezug von Ulpian 30 adedictum. 4 Statt „34" muß es „24" heißen, da D. 13. 7. 34 von Marcellus stammt (üb sing resp) während D. 13. 7. 24 aus Ulpians 30. Buch zum Edikt entnommen ist, vgl. Fn. 3.
16
Einleitung Nach dem Brauch der Rechtsgelehrten hat Ulpian diese Regel auch auf andere Vertragstypen angewandt und sie allgemein dahingehend ausgedehnt, daß an eigenen Sachen oder über eigene Sachen ein Vertrag keineswegs Zustandekommen könne.5 Hinsichtlich des Pfandrechts wird das auch bestimmt in D. 13. 7. 40 pr. 6 und in D. 44. 2. 30. 1 am Ende, sei es, daß es von Anfang an meine Sache war, sei es, daß ich später Eigentümer der als Pfand angenommenen Sache geworden bin, weil auch in diesem Fall das Pfandrecht nicht bestehen kann. Von der Verwahrung handelt D. 16. 3. 15. Von dem precarium (das hier und in D. 50. 17. 23 neben der Verwahrung genannt wird): D. 16. 3. 157, D. 43. 26. 4 8 , D. 43. 19. 1. 11 und D. 41. 2. 40. 3. Vom Kauf, der in diesem Fragment als nächstes genannt wird, D. 18. 1. 15 am Ende9, D. 18. 1. 16, D. 13. 7. 40 pr"° und C. 4. 38. 4. Von der conductio (denn wie die Alten bei der locatio conductio die Bezeichnungen ohne Unterschied gebrauchten - D. 19. 1. 20 -, so wird hier die locatio an Stelle der conductio genannt ): D. 16. 3. 15, D. 41. 2. 40. 3 1 2 und C. 4. 65. 20. Dazu kommen noch: Die Leihe, D. 16. 3. 15 und D. 13. 6. 15 13 , die Stipulation, D. 45. 1. 82, die Mitgift, D. 23. 3. 78 pr., das Vermächtnis, Inst. 2. 20. 10. Außerdem der Nießbrauch und die Dienstbarkeit: Niemand kann nämlich an seiner eigenen Sache eine Dienstbarkeit haben, D. 7. 6. 5 und D. 8. 2. 26 1 4 . Die gleiche Erwägung trifft auf die Kondiktion zu, denn niemand kann seine eigene Sache kondizieren, es sei denn vom Dieb, D. 7. 9. 12 am Ende und Inst. 4. 6. 14. Wenn auch diese unsere Regel einen klaren Sinn und einen klaren Zweck hat, so daß es einigen als richtig erscheint, keine Zweifel zu hegen, werden gleichwohl ihre Folgen nicht so sehr beachtet. Aber auch auf die (Gegen-)Argumente, die gegen diese Regel angeführt werden, ist einzugehen. So beschäftigen wird uns zuerst mit den Folgen oder den Ableitungen. Aus der Regel folgt, daß, auch dann, wenn das Eigentum erst nachträglich erworben wurde, die aus
5 Dieser Hinweis bezieht sich auf neque precarium neque emptio neque locatio, die nicht unmittelbar mit der von Ulpian in seinem 30. Buch zum Edikt behandelten Materie zusammenhängen. Vgl. Fn. 3. 6 In Papinian (3 resp) D. 13. 7. 40 pr. geht es primär um den Kauf der eigenen Sache, vgl. unten S. 120. 7 d. I 15 bezieht sich auf den im vorherigen Satz genannten Titel D. 16. 3. 8 Die die Unwirksamkeit eines precarium rei suae betreffende Aussage findet sich in Ulpian (71 ad ed) D. 43.26. 4.3. 9 Gemeint ist Paulus (5 ad Sab) D. 18. 1. 15. 2. 10 Vgl. oben bei Fn. 6. 11 Wenn der Eigentümer Mieter ist, muß es eigentlich conductio rei suae heißen. Vgl. dazu auch unten S. 37 f. 12 D. 13. 7. 40 pr. kann mit d. I 40 hier nicht gemeint sein. 13 d. L 15 bezieht sich womöglich sowohl auf den weiter oben genannten Titel D. 16. 3 als auch auf den anschließend genannten Titel D. 13. 6 (commodati vel contra): Im ersten Fragment findet sich die einzige in den Quellen enthaltene Aussage zur Unwirksamkeit des commodatum rei suae, im zweiten wird darauf hingewiesen, daß der Verleiher nicht Eigentümer zu sein braucht. Möglicherweise ist tit commodati auch einfach nur als allgemeiner Verweis auf D. 13. 6 zu verstehen. 14 Statt „25" muß es „26" heißen.
Einleitung jenen Verträgen zustandegekommenen Rechtsverhältnisse erlöschen - D. 44. 2. 30. 1 am Ende und D. 8. 6. 1 -, ζ. B. das Pfand usw., von dem schon vorher die Rede war. Aus der Regel folgt, daß aus jenen Vertragsverhältnissen der Betreffende nicht verpflichtet ist, die Sache zurückzugeben, D. 16. 3. 15 und D. 41. 2. 40. 3. 1 5 Aus der Regel folgt wiederum, daß beim Kauf der eigenen Sache der gezahlte Kaufpreis kondiziert werden kann. 16 Aus der Regel ergibt sich, daß eine begonnene Ersitzung unterbrochen wird, wenn vom Besitzer (durch welche Art von Vertrag auch immer) die Sache zum Eigentümer zurückgekehrt ist, während es sonst anerkannt ist, daß im Verhältnis von Verkäufer und Käufer, Vorgänger und Nachfolger die Ersitzungszeit fortgesetzt wird, D. 13. 7. 29, D. 41. 3. 21, D. 41. 3. 33. 5 und Inst. 2. 6. Denn es können [soweit es um unsere Fälle geht] zwei Gegensätze nicht in einem zusammenkommen. 17 Dennoch hat diese Regel Grenzen oder Einschränkungen, die sie beschränken: Zuerst nämlich bezieht sie sich auf das Eigentum, dagegen nicht auf den Vorteil des Besitzes; deshalb nämlich hat der Rechtsgelehrte rei suae gesagt; dies bezieht sich auf das Eigentum: Im übrigen kann der Eigentümer auch den Vorteil des Besitzes der eigenen Sache durch eine Vereinbarung wiedererlangen: Daher hat sowohl das precarium hinsichtlich des Besitzes als auch die Miete und der Gebrauch der eigenen Sache, die als Pfand hingegeben wurde, rechtlichen Bestand; schließlich kann der Besitz an einem [vom Schuldner] an eigener Sache bestellten Pfand auf den Schuldner [und Eigentümer] durch Vereinbarung übertragen werden, und das kommt tatsächlich häufig vor: D. 13. 7. 35, D. 43. 26. 4. 3, D. 43. 26. 6. 4, D. 41. 2. 28 und D. 18. 1. 34. 4. Und so steht dieser Regel überhaupt nicht entgegen, daß der Schuldner die von ihm zum Pfand gegebene Sache mieten kann: Weil seine Sache hier 18 so zu verstehen ist, daß an dieser Sache kein anderer irgendein Recht 19 hat. Der Gläubiger hat aber doch an der Pfandsache ein Recht, so nämlich, daß sie ihm als Sicherheit zur Verfugung steht. Deshalb kann der Schuldner diese mieten, so daß er die Sache gebrauchen kann, die er sonst wegen des Rechts und des Besitzes des Gläubigers nicht gebrauchen können würde. Ebenso hat das Pfand an der eigenen Sache, die Verwahrung der eigenen Sache usw. rechtlichen Bestand, wenn er [der Eigentümer] sie unter der Bedingung für den Fall [als Pfand oder zur Verwahrung] entgegennimmt, daß sie in Zukunft nicht mehr seine Sache ist; denn dann handelt es sich nicht länger um eine res sua, D. 45. 1. 98 2 0 und D. 18. 1.61.
15 Statt „25" ist „15" einzufügen, da D. 16. 3. 25 weder vorher genannt wurde noch eine in den Zusammenhang passende Aussage enthält. 16 Vgl. unten bei D. 12. 6. 37 und D. 18. 1. 16 pr., S. 110 ff. 17 Mit diesem Satz ist gemeint, daß zum Beispiel dann, wenn der Ersitzungsbesitzer dem Eigentümer die Sache vermietet oder verkauft, die Ersitzung unterbrochen wird, weil eine solche conductio bzw. emptio rei suae unwirksam ist, vgl. Javolen (6 ep) D. 41. 3. 21, dazu unten S. 43 ff. und S. 112. 18 Das heißt in D. 50. 17. 45 pr. 19 Dies bedeutet, daß die Regel dann nicht gilt, wenn ein beschränkt dingliches Recht an der Sache besteht. 20 Statt „96" muß es „98" heißen.
2 Zimmermann
Einleitung
18
Schließlich kann irgendwann einmal die eigene Sache Nebensache sein im Verhältnis zu einer anderen, größeren und fremden Sache21, und wir können dann mit der ganzen Sache auch unseren Anteil kaufen, wie im Fall von D. 18. 2. 13 am Ende. Ebenso kann auch eine res sacra im Verhältnis zu einer res profana eine Nebensache sein: Es verhält sich allerdings nicht so, daß ein Preis im Hinblick auf diese Sache geschuldet würde, sondern so, daß jener Teil mit dem anderen Teil übergeht. 22 Bei den einschlägigen Fragmenten w i r d auf die Kommentierung des Gothofredus zurückzukommen sein. I m ersten T e i l der Arbeit soll - nach den einzelnen Rechten hinsichtlich der eigenen Sache gegliedert - erörtert werden, ob die in D. 50. 17. 45 pr. aufgestellte Unwirksamkeitsregel i m klassischen römischen Recht gegolten hat und welcher Anwendungsbereich ihr im einzelnen zukam. Der zweite Teil w i r d sich anschließend mit der Frage beschäftigen, wie der Rechtserwerb hinsichtlich eigener Sachen i m geltenden Recht zu behandeln ist.
21
Gemeint ist eine Situation, in der Miteigentum besteht. Die Parallele meint, daß ebenso, wie wenn man etwas extra commercium „mitkauft", der Gesamtkauf nicht nichtig ist, auch der Kauf der Gesamtsache trotz des Käufereigentums an einer Nebensache wirksam ist. Siehe dazu auch Pomponius (9 ad ed) D. 18. 1. 18 pr. und unten S. 118 f. 22
Α. Klassisches römisches Recht I. Pignus rei suae 1. Die Aussage von D. 50. 17. 45 pr. In Ulpian D. 50. 17. 45 pr. 1 wird an erster Stelle das pignus rei suae genannt: Danach hat das Pfandrecht an der eigenen Sache keinen rechtlichen Bestand. Zweifel daran, daß sich das Fragment bei Ulpian tatsächlich auf das pignus bezogen hat und es sich dabei nicht um eine Interpolation handelt, ergeben sich aus der Inskription dieses Fragments, nämlich ULPlANUS libro trigensimo ad edictum.
a) Ulpians 30. Buch ad edictum Schon Gothofredus 2 weist in seiner Kommentierung darauf hin, daß die aus Ulpians 30. Buch zum Edikt stammenden Fragmente das depositum und das pignus betreffen. Nach Lenel3 behandelte Ulpian im 30. Buch seines Ediktskommentars neben der actio depositi auch die actio fiduciae, nicht aber die actio pigneraticia: In dem Digestentitel de pigneraticia actione D. 13. 7 ist ein Teil der Fragmente, nämlich D. 13. 7. 9, D. 13. 7. 11, D. 13. 7. 134 und D. 13. 7. 15, aus dem 28. Buch Ulpians ad edictum entnommen, während ein anderer Teil, nämlich D. 13.
1
Der Text des Fragments ist oben auf S. 14 abgedruckt. Gothofredus, De Regulis Iuris S. 220, abgedruckt auf S. 14 ff. 3 Lenel, Palingenesia II Sp. 612-619 (Ulpian Nr. 885-906); derselbe, SZ 3 (1882) S. 104, 105. 4 Fragment 13 hat eine falsche Inskription (38 statt 28), vgl. Lenel, SZ 3 (1882) S. 104 Fn. 1; derselbe, Palingenesia II Sp. 584 (Ulpian Nr. 810) Fn. 5. 2
20
Α. Klassisches römisches Recht
7. 22 und 13. 7. 24 aus Ulpian 30 ad edictum stammt.5 Ulpian 30 ad edictum D. 13. 7. 22, 24 beschäftigen sich in vergleichsweise ausfuhrlicher Art mit der actio pigneraticia, die aber auch schon in den aus dem 28. Buch stammenden Fragmenten behandelt wird. Da im 29. Buch ad edictum andere Materien 6 Gegenstand der Erörterung sind, Schloß Lenel daraus, daß Ulpian nicht an zwei verschiedenen Stellen seines Kommentars die gleiche Materie, nämlich die actio pigneraticia behandelt hat.7 Ein Teil der im Corpus Iuris enthaltenen Fragmente aus Ulpians 30. Buch ad edictum weisen einen Bezug zur actio depositi auf, während bei einem anderen Teil ein solcher fehlt. 8 Die einzige Erklärungsmöglichkeit sah Lenel darin, daß Ulpian in seinem 30. Buch ad edictum neben dem depositum auch die fiducia behandelt hat.9 Dafür spricht außerdem, daß die fiducia , die von den Kompilatoren vollständig getilgt wurde 10 , mit dem pignus eng verwandt ist, so daß eine Ersetzung der fiducia durch das pignus an den betreffenden Stellen durch die Kompilatoren relativ einfach zu bewerkstelligen war. 11 Diese Entdeckung Lenels hat allgemeine Zustimmung gefunden. 12 Es kann also davon ausgegangen werden, daß Ulpian im 30. Buch seines Ediktskommentars neben der actio depositi auch die actio fiduciae behandelte.
b) Folgerungen für D. 50. 17. 45 pr. Daraus folgt für das Fragment D. 50. 17. 45 pr., das dem 30. Buch ad edictum entnommen ist, daß es in irgendeinem Zusammenhang mit Ulpians Kommentierung von depositum oder fiducia gestanden haben muß. Der Bezug
5 Gleiches gilt für die Fragmente des Paulus, die den Büchern 29 und 31 ad edictum, die Fragmente des Gaius, die den Büchern 9 und 10 ad edictum provinciale und die Fragmente des Julian, die den Büchern 11 und 13 der digesta entnommen sind. 6 De tributoria actione; quod cum eo, qui in aliena potestate est, negotium gestum esse dice tur; ad senatus consultum Vellaeanum; vgl. Lenel, EP S. 270 ff.; derselbe, Palingenesia II Sp. 591 ff. (Ulpian Nr. 835 ff.). I Lenel, SZ3 (1882) S. 104. 8 Vgl. Lenel, SZ 3 (1882) S. 104, 107; derselbe, Palingenesia II Sp. 612-619 (Ulpian Nr. 885-906); derselbe, EP S. 291 Fn. 2. Auf das depositum beziehen sich D. 13. 7. 22, D. 13. 7. 24 und D. 18.3.3. 9 Lenel, SZ 3 (1882) S. 104, 105 ff. 10 Honseil / Mayer-Maly / Selb, RR S. 199 f.; Käser, Methodologie S. 86; derselbe, RPR I S. 415 Fn. 20, 460 Fn. 1 und RPR II S. 313. Zur Entwicklung vgl. auch Levy , Weströmisches Vulgarrecht S. 182 ff. II Lenel, SZ 3 (1882) S. 104, 105 a. E. 12 Vgl. zum Beispiel Noordraven, Index 18 (1990) S. 229, 231; derselbe, Fiducia S. 21 ff.; Biscardi, Garanzie reali S. 56; Käser, RPR I S. 460 Fn. 1; Oertmann, Fiducia S. 21 ff.
I. Pignus rei suae
21
auf das deposition ist deshalb unwahrscheinlich, weil dieses erst an zweiter Stelle genannt wird. Hätte sich Ulpian in seiner Kommentierung im Umfeld der Stelle, an der D. 50. 17. 45 pr. einzuordnen ist, mit dem depositum beschäftigt, so würde dessen Erwähnung an erster Stelle naheliegen.13 D. 50. 17. 45 pr. hatte also bei Ulpian Bezug zur fiducia. Daraus wird überwiegend der Schluß gezogen, die ursprünglich an erster Stelle erwähnte fiducia sei von den Kompilatoren durch pignus ersetzt worden. 14 Zwingend ist dieser Schluß jedoch nicht: 15 Es ist zum Beispiel möglich, daß Ulpian die fiducia rei suae behandelt hat und in diesem Zusammenhang auch andere Rechtsgeschäfte rei suae, angefangen bei dem der fiducia eng verwandten pignus, aufgezählt und daß nur dieser Exkurs Eingang in das Corpus Iuris gefunden hat. Es ist genauso gut möglich, daß bei Ulpian der Satz nequefiducia ,neque pignus, neque depositum ... rei suae consistere potest stand und die Erwähnung der fiducia von den Kompilatoren einfach gestrichen wurde. Die Tatsache, daß hier ein einziger Satz aus dem Zusammenhang gerissen und in den Titel D. 50. 17 aufgenommen wurde, läßt es nicht zu, daraus, daß ein Fragment sich in irgendeiner Weise auf diefiducia bezog, den Schluß zu ziehen, daß jede einzelne Nennung des pignus interpoliert ist. 16 Im übrigen ist sachlich sowohl ein Bezug auf das pignus als auch auf die fiducia möglich: Pignus rei suae consistere non potest ist eine Folge der Konsolidation beim Zusammentreffen von Eigentum und Pfandrecht in einer Person.17 Bei der zur Sicherungsübereignung durch mancipatio oder in iure cessio dienenden fiducia 18 ergibt sich die Unwirksamkeit aus der rechtlichen Unmöglichkeit, dem Fiduziar das Eigentum an der ihm bereits gehörenden Sache zu 13 Mit dieser Argumentation: Erbe, Fiducia S. 188; diesem zustimmend Käser, Pfandrecht S. 114 Fn. 299; derselbe, SZ 103 (1986) S. 1, 87 Fn. 370; Lenel, SZ 3 (1882) S. 104, 113. - Chorus, Handelen S. 120 hält auch einen depositum-Kontext für möglich. 14 Erbe, Fiducia S. 188; Käser, Pfandrecht S. 114 Fn. 299 und S. 171 Fn. 159; derselbe, SZ 103 (1986) S. 1, 87 Fn. 370; Biscardi, Garanzie reali S. 56. - Ankum, SZ 97 (1980) S. 288, 306 Fn. 82 nimmt an, daß ursprünglich fiducia statt pignus und depositum gestanden hat; so auch de Ruggiero, BIDR 19 (1907) S. 5, 22 Fn. 6. Scherillo, Locazione e precario S. 19 f. hält es fur möglich, daß bei Ulpian lediglich fiducia rei suae consistere non potest stand; diesem zustimmend Zamorani, Precario S. 257. 15 So auch Lenel, SZ 3 (1882) S. 104, 113, der es nur für möglich, aber nicht für notwendig hält, daß statt pignus ursprünglich fiducia stand; ähnlich Frezza, Garanzie II S. 16; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 128; Oertmann, Fiducia S. 24. 16 Allgemein dazu Lenel, EP S. 291 Fn. 7; Manigk, Real-Encyclopädie 6 Sp. 2287, 2310; Kariowa, RG II S. 562 f.: „Der bloße Umstand, daß Fragmente aus dem 30. Buch von Ulpians Ediktskommentar entlehnt sind, reicht nicht aus, um Interpolation anzunehmen, wenn sie nach unserer Überlieferung von der pigneraticia actio reden.4' (S. 563). 17 Vgl. unten S. 34 f. 18 Vgl. nur Käser, RPR I S. 460.
22
Α. Klassisches römisches Recht
verschaffen. 19 Somit steht in D. 50.17.45 pr. die Unechtheit des pignus keineswegs fest; zumindest gleich gute Gründe lassen sich zugunsten der Echtheit anfuhren. Im folgenden ist anhand weiterer Fragmente zum pignus rei suae20 zu untersuchen, ob die in D. 50. 17. 45 pr. aufgestellte Regel tatsächlich uneingeschränkt gegolten hat.
2. Weitere Fragmente zum pignus rei suae
a) Der Grundsatz des Erlöschens des Pfandrechts Neben D. 50. 17. 45 pr. finden sich noch weitere Quellen, aus denen sich der Grundsatz des Erlöschens des Pfandrechts bei Zusammentreffen mit dem Eigentum ergibt. Es handelt sich um zwei Julian-Fragmente:
aa) D. 13.7. 29: Eigentumserwerb des Pfandgläubigers IULIANUS libro quadragensimo quarto digestorum Si rem alienam bona fide emeris et mihi pignori dederis ac precario rogaveris, deinde me dominus heredem instituent, desinit pignus esse et sola precarii rogatio supererit: idcirco usucapio tua interpellabitur. JULIAN im 44. Buch seiner Digesten Wenn du eine fremde Sache gutgläubig gekauft, sie mir verpfändet und aufgrund einer Bittleihe erhalten hast, schließlich der Eigentümer mich als Erben eingesetzt hat, so besteht das Pfand nicht länger, und allein die Bittleihe bleibt übrig. Deshalb wird deine Ersitzung unterbrochen werden.
Eine Sache wurde von einem Nichteigentümer verkauft. Der gutgläubige Käufer verpfändete sie und erhielt den Besitz an ihr als Prekarist zurück. Danach wurde der Eigentümer der Sache von dem Pfandgläubiger beerbt. Weder von der Inskription noch von der Sache her gibt es einen Anhaltspunkt dafür, daß sich dieses Fragment ursprünglich auf die fiducia bezog.21 Was
19 Vergleichbar damit ist die rechtliche Unmöglichkeit bei der stipulatio rei suae, siehe dazu unten S. 138 ff. 20 In den Quellen finden sich ausschließlich Belege dazu, von denen keine einen Bezug zur fiducia aufweist; vgl. im Folgenden die Erörterung der einzelnen Fragmente. 21 So aber Silva, SDHI 6 (1940) S. 233, 251; wohl auch Albertario, Studi 2 S. 141, 148. Zu dieser Ansicht, die ein vom Pfandgläubiger eingeräumtes precarium überall fur unecht hält, siehe unten S. 104 f. - Gegen eine fiducia- Bezug: Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 94 Fn. 2; Käser, SZ 89 (1972), S. 94, 142 Fn. 156.
I. Pignus rei suae
23
das Pfandrecht betrifft, so entscheidet Julian, daß desinit pignus esse. Er geht also - wie selbstverständlich - davon aus, daß die Verpfändung durch den Nichteigentümer, der Ersitzungsbesitzer war, wirksam ist und daß das Pfandrecht mit dem Eigentumserwerb des Pfandgläubigers aufhört zu bestehen. Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Verpfändung ist unter anderem, daß die verpfändete Sache in bonis des Verpfänders war. 22 Dementsprechend ergibt sich für die Klagformel der actio Serviana, daß Voraussetzung für eine Verurteilung ist, daß die Pfandsache ... tunc, cum conveniebat, in bonis Ludi Titii (des Verpfänders) fuisse ..., 23 Es ist umstritten, ob eine Sache nur dann in bonis des Verpfanders ist, wenn er quiritischer Eigentümer bzw. gegenüber jedermann, also auch gegenüber dem quiritischen Eigentümer - insbesondere mit der exceptio rei venditae et traditae - geschützter und insofern qualifizierter Ersitzungsbesitzer ist 24 , oder ob der bloße Ersitzungsbesitz 25 genügt. Aus D. 13. 7. 29 ergeben sich keine Hinweise darauf, daß der Ersitzungsbesitz des Verpfänders in irgendeiner Weise qualifiziert war. Der Wortlaut desinit pignus esse spricht zwar dafür, daß Julian die Verpfändung für ursprünglich wirksam hält und davon ausgeht, daß das Pfandrecht erst nachträglich durch Konsolidation erloschen ist. 26 Aber selbst wenn man das Fragment so verstehen wollte, daß die vom Nichtberechtigten erteilte Verpfandung unwirksam ist, würde desinit pignus esse bedeuten, daß das Pfandrecht deshalb nicht konvaleszieren kann, weil es im Zeitpunkt seines Entstehens durch Konsolidation wieder erlöschen würde. 27 Auch bei dieser Interpretation würde man also aus dem Fragment die Regel herleiten können, daß das Pfandrecht beim Zusammentreffen mit dem Eigentum erlischt. Ein näheres Eingehen auf die Voraussetzungen einer wirksamen Verpfändung und die Auslegung des in bonis esse im Rahmen der actio Serviana ist deshalb nicht erforderlich; der Grundsatz des Erlöschens des Pfandrecht bei nachträglichem Eigentumserwerb des Pfandgläubigers läßt sich zweifelsfrei aus D. 13. 7. 29 herleiten. Mit dem Erlöschen des Pfandrechts begründet Julian seine eigentliche Entscheidung, daß nämlich damit die Ersitzung des Verpfänders unterbrochen
22 Das Erfordernis des in bonis esse läßt sich v. a. aus folgenden Fragmenten herleiten: Papinian (20 quaest) D. 20. 1. 3 pr.; Gaius (lib ad form hyp) D. 20. 1.15. 1; African (8 quaest) D. 20. 4. 9. 3; Marcian (lib ad form hyp) D. 22. 3. 23. 23 Zur Klagformel der actio Serviana vgl. unten S. 29 f. 24 So zum Beispiel Käser, Huld. Warmelo S. 143, 156 ff.; derselbe, SZ 78 (1961) S. 173, 199 ff.; derselbe, Pfandrecht S. 175; Pool SZ 102 (1985) S. 470 ff. 25 So zum Beispiel Apathy, IURA 35 (1984) S. 1, 3 ff.; Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 142 Fn. 156; Wieacker, TR 30 (1962) S. 58 ff.; vgl. zu D. 13. 7. 29 auch Wubbe, Res aliena S. 163 f. 26 Apathy, IURA 35 (1984), S. 1, 3 ff. 27 Käser, Pfandrechts. 175.
Α. Klassisches römisches Recht
24
wird: 28 Bei der Bestellung eines Besitzpfandes tritt eine funktionelle Besitzteilung zwischen Verpfänder und Pfandgläubiger ein. Der Verpfänder verliert dadurch nicht die civilis possessio, die Voraussetzung für die Ersitzung ist (possessio ad usucapionem), der Pfandgläubiger erhält nur Besitz in jeder anderen Beziehung29, ist also vor allem Interdiktenbesitzer und bei der rei vindicatio passivlegitimiert. 30 An dem Ersitzungsbesitz des Verpfänders ändert sich zunächst durch das precarium nichts, Julian (13 dig.) D. 41. 2. 36 stellt ausdrücklich fest:... nam cum possessio créditons non impediat capionem, longe minus precarii rogatio impedimento esse non debet .... Mit dem Erlöschen des Pfandrechts erlischt auch die civilis possessio des Verpfänders. Als bloßer precario Habens - sola precarii rogatio supererà - ist er nun lediglich Interdiktenbesitzer 32 , der jedem Herausgabeverlangen des precario dans nachkommen muß. Dagegen ist der jetzige Eigentümer durch Erbgang als precario dans Eigenbesitzer. 33 Dies fuhrt zur Unterbrechung der Ersitzung - idcirco usucapio tua interpellabitur.
bb) D. 41. 3. 33. 5: Verpfändung an den Eigentümer IULIANUS libro quadragensimo quarto digestorum Si rem tuam, cum bona fide possiderem, pignori tibi dem ignoranti tuam esse, desino usucapere, quia non intellegitur quis suae rei pignus contrahere. at si nuda conventione pignus contractum flierit, nihilo minus usucapiam, quia hoc quoque modo nullum pignus contractum videtur. JULIAN im 44. Buch seiner Digesten Wenn ich deine Sache, als ich sie gutgläubig besaß, dir, der du nicht wußtest, daß es deine war, zum Pfand gab, so höre ich auf, zu ersitzen, weil nicht angenommen wird, daß jemand ein Pfandrecht an seiner Sache erwerben könne. Doch wenn der Verpfändungsvertrag durch bloße Vereinbarung geschlossen wurde, ersitze ich trotzdem, weil angenommen wird, daß auf diese Weise kein [wirklicher] Verpfändungsvertrag abgeschlossen wird.
28
Um die Ersitzung geht es hier in erster Linie: Julian handelt im 44. Buch seiner Digesten de possessione et usucapione , vgl. Lenel, Palingenesia I Sp. 435 ff. (Julian Nr. 607 ff). 29 Javolen (4 ex Plaut) D. 41. 3. 16:... adreliquas... causas.... 30 Javolen (4 ex Plaut) D. 41. 3. 16; Paulus (54 ad ed) D. 41. 2. 1. 15; vgl. auch Käser, EB S. 353 f.; derselbe, RPR I S. 389. 31 Zamorani, Precario S. 269 f. möchte die Erwähnung der precarii rogatio streichen, da sie seiner Meinung nach keinen Einfluß auf die Ersitzung des Verpfänders hat. Die Besonderheit des Fragments liegt jedoch darin, daß der precario dans Eigentümer wird. Vgl. auch Apathy, IURA 35 (1984) S. 1, 7; Käser, SZ 89 (1972) S. 142 Fn. 156. 32 Dazu Käser, RPR I S. 388. 33 Apathy, IURA 35 (1984) S. 1, 3 und 7; Käser, SZ 89 (1972) S. 142 Fn. 156.
I. Pignus rei suae
25
Dieses Fragment stammt ebenfalls aus dem 44. Buch von Julians Digesten.34 Es geht auch hier primär um die Frage, ob jemand die von ihm verpfändete, nicht ihm - sondern dem Pfandgläubiger - gehörende Sache ersitzen kann. Julian differenziert danach, ob das Pfand als Besitzpfand oder nuda conventione, also besitzlos, bestellt wurde. Soweit es um den Bestand des Pfandrechts geht, findet sich nur für den ersten Fall - den des Besitzpfandes - eine ausdrückliche Stellungnahme: non intellegitur quis suae rei pignus contrahere. Daß Julian damit die Unterbrechung der Ersitzung des Verpfanders begründet, ist nach dem bereits zu D. 13. 7. 29 Ausgeführten verständlich: Der Verpfänder behält grundsätzlich die possessio ad usucapionem, seine Ersitzung wird durch die Verpfändung nicht unterbrochen. Im vorangehenden Fragment D. 41. 33. 3. 4, das ebenfalls aus Julians 44. Buch seiner Digesten stammt, stellt der Jurist ausdrücklich fest, daß Qui pignori rem dat, usucapii, quamdiu res apud creditorem est. Die Tatsache, daß durch das Zusammentreffen mit dem Eigentum ein Pfandrecht nicht entsteht, fuhrt bei einem Besitzpfand dazu, daß der Verpfänder durch die Übergabe an den Eigentümer seinen Ersitzungsbesitz verliert. 35 Dies gilt nach Julian selbst dann, wenn der vermeintliche Pfandgläubiger von seinem Eigentum nichts weiß; entscheidend ist nur das Erlangen der tatsächlichen Gewalt. 36 Der Verpfänder kann damit aus den gleichen Gründen wie bei D. 13. 7. 29 nicht mehr ersitzen. Für den Fall der Verpfändung nuda conventione 37 ergibt sich aus dem nihilo minus, daß auch hier ein Pfandrecht an der eigenen Sache nicht entstehen kann: Dieses nihilo minus bezieht sich nämlich auf quia non intellegitur .... Auf at si nuda ... kann es sich nicht beziehen, denn die Verpfändung als solche ändert nichts an der Fortdauer der Ersitzung. Außerdem fuhrt nach Julian - anders als beim Besitzpfand - gerade die Tatsache, daß die Verpfandung besitzlos ist, zur Fortdauer der Ersitzung ungeachtet der Nichtentstehung des Pfandrechts: Hier verliert der Verpfänder seine possessio ad usucapionem nicht durch die Übergabe der Pfandsache. 38 Aus diesem Grund wird die Ersitzung nicht unterbrochen.
34 Nach Lenel, Palingenesia I Sp. 436-438 (Julian Nr. 614 f.) folgt D. 13. 7. 29 nach D. 41. 3. 33. 5. 35 Vgl. Käser, Pfandrecht S. 187 f. 36 Apathy, IURA 35 (1984) S. 1, 6. 37 Unter Berufung auf Beseler, SZ 45 (1925) S. 396, 451, Ebrard, Form. Hypot. S. 58 und Rechnitz, Julian S. 45 hält Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 99 bei Fn. 17 das Fragment ab at si für interpoliert. Für diese Annahme gibt es jedoch keinen Grund. Gerade hinsichtlich der Frage der Ersitzung durch den Verpfänder ist die Differenzierung zwischen den beiden Arten der Pfandbestellung einleuchtend. Vgl. auch Käser, Pfandrecht S. 188. 38 Apathy, IURA 35 (1984) S. 1, 6; Käser, Pfandrecht S. 187 f.; von Savigny, Recht des Besitzes S. 337 bei Fn. 3.
26
Α. Klassisches römisches Recht Aus D. 41. 3. 33. 5 läßt sich somit herleiten, daß dem Eigentümer einer
Sache kein Pfandrecht daran bestellt werden kann, sei es auf dem Wege der Bestellung als Besitzpfand oder durch Einräumung nuda
b) Einschränkungen
conventione.
dieses Grundsatzes
aa) D. 44. 2. 30. 1 : A c t i o Serviana trotz Konsolidation Ein Erlöschen des Pfandrechts bei späterem Eigentumserwerb des Pfandgläubigers erscheint aber dann als unbillig, wenn die gesicherte Forderung unabhängig von der Konsolidation fortbesteht und außerdem ein weiterer, ursprünglich nachrangiger Pfandgläubiger vorhanden ist. Würde es bei dem Erlöschen des Pfandrechts bewenden, könnte dieser nunmehr mit der actio Serviana
die
Pfandsache herausverlangen, die Situation des Eigentümers wäre also schlechter als sie vorher fur ihn als bloßen Pfandgläubiger war. Ein solche Fallkonstellation findet sich im Fragment D. 44. 2. 30. 1, dessen Gedankengang in mehreren Schritten zu erschließen ist: PAULUS libro quarto decimo quaestionum Latinus Largus: cum de hereditate inter Maevium, ad quem pertinebat, et Titium, qui controversiam moverat, transigeretur, traditio rerum hereditariarum Maevio heredi a Titio facta est, in qua traditione etiam fundum ei suum proprium, quem ante multos annos avo eiusdem Maevii heredis obligaverat quemque alii postea in obligationem deduxerat, ex causa pacti tradidit. his gestis posterior Titii creditor ius suum persecutus est et optinuit. post hoc iudicium Maevius heres repperit in rebus avitis chirographum eiusdem Titii ante multos annos conscriptum, per quod apparuit eum fundum, qui in causam transactions venerat, etiam avo suo ab eodem Titio fuisse obligatum. cum ergo constet prius avo Maevii heredis in obligationem eundem fundum datum, de quo Maevius superatus est, quaero, an ius avi sui, quod tunc, cum de eodem fiindo ageretur, ignorabat, nulla exceptione opposita exsequi possit. PAULUS im 14. Buch der Quaestionen Latinus Largus: Nachdem über eine Erbschaft zwischen Maevius, dem sie gehörte, und Titius, der einen Streit darüber ausgelöst hatte, ein Vergleich geschlossen war, wurden Erbschaftssachen dem Erben Maevius von Titius übergeben. Dabei übergab er Maevius aufgrund des Vergleichs auch ein ihm gehörendes Grundstück, das er vor vielen Jahren dem Großvater des Maevius und später einem anderen verpfändet hatte. Danach verfolgte der spätere Gläubiger des Titius sein Recht und obsiegte. Nach diesem Rechtsstreit fand der Erbe Maevius unter den Sachen seines Großvaters ein von Titius vor vielen Jahren erstelltes Schriftstück, aus dem sich ergab, daß das in den Vergleich einbezogene Grundstück von Titius auch seinem Großvater verpfändet worden war. Da also feststeht, daß dieses Grundstück, hinsichtlich dessen Maevius den Prozeß verloren hatte, seinem Großvater zuerst verpfändet worden war, frage ich, ob er das Recht seines Großvaters, das er damals, als der Rechtsstreit über das Grundstück gefuhrt wurde, nicht kannte, geltend machen kann, ohne daß ihm eine Einrede entgegensteht?
27
I. Pignus rei suae
Bei einem Erbschaftsstreit 39 zwischen dem tatsächlichen Erben Maevius und dem Titius wurde ein Vergleich geschlossen, aufgrund dessen Titius unter anderem ein ihm gehörendes Grundstück dem Maevius übergab. 4 0 Dieses Grundstück war von Titius zuerst dem Großvater des Maevius, der jenen schließlich beerbte, und später einem zweiten Gläubiger verpfändet worden. Dieser zweite Gläubiger verlangte das Grundstück von Maevius, der von seinem vorrangigen Pfandrecht nichts wußte, mit der actio Serviana heraus und obsiegte. Maevius, der inzwischen von der Erstverpfändung an seinen Großvater erfahren hat, möchte nun seinerseits auf Herausgabe der Pfandsache klagen. respondi: si de proprietate fundi [litigatur] 41 et secundum actorem pronuntiatum fìiisset, diceremus petenti ei, qui in priore iudicio victus est, obstaturam rei iudicatae exceptionem, quoniam de eius quoque iure quaesitum videtur, cum actor petitionem implet. quod si possessor absolutus amissa possessione eundem ab eodem, qui prius non optinuit, peteret, non obesset ei exceptio: nihil enim in suo iudicio de iure eius statutum videretur. Ich habe geantwortet: Wenn der Rechtsstreit das Eigentum an dem Grundstück betraf und zugunsten des Klägers entschieden wurde, so würden wir sagen, daß die exceptio rei iudicatae dann entgegensteht, wenn derjenige klagt, der im ersten Rechtsstreit unterlegen ist, weil anzunehmen ist, daß auch dessen Recht geprüft wurde, wenn der Kläger sein Recht beweist. Wenn aber der Besitzer, gegen den die Klage abgewiesen ist und der [dann] den Besitz verloren hat, das Grundstück von dem, der im ersten Rechtsstreit unterlag, fordert, steht ihm die exceptio nicht entgegen: Es ist nämlich anzunehmen, daß in dem ersten Prozeß über sein Recht nicht entschieden wurde. Paulus geht ausführlich auf die Frage ein, ob einer solchen Klage des Maevius die exceptio
rei
iudicatae
Rechtslage bei der rei vindicatio:
entgegensteht. Zunächst erörtert er die
W i r d der Klage stattgegeben 42 , so steht dem
Beklagten, sollte er erneut klagen, die exceptio rei iudicatae
entgegen, denn die
Entscheidung i m ersten Prozeß enthält auch die Feststellung, daß der damalige Beklagte nicht Eigentümer der betreffenden Sache war. 4 3 Wenn aber umgekehrt der Vindikationsbeklagte den Prozeß gewinnt, so kann er nun selbst mit der Behauptung klagen, er sei Eigentümer der Sache. Die exceptio rei iudicatae
hin-
39 In welchem Stadium der Streit durch Vergleich beendet wurde, läßt sich dem Fragment nicht entnehmen. Allgemein zu dem Terminus controversiam movere Käser, Studi Sanfilippo 2 S. 215; zu D. 44. 2. 30. 1 siehe S. 238 f. bei Fn. 107. 40 Zum Eigentumserwerb des Maevius vgl. unten S. 29. 41 Mit dett. empfiehlt sich die Emendation litigatum; vgl. Mommsen / Krüger ad h. 1. Fn. 6. 42 Aus dem secundum actorem pronuntiatum fuisset ergibt sich, daß die exceptio rei iudicatae schon bei einer entsprechenden pronuntiatio, also dem feststellenden Zwischenbescheid im ersten Prozeß, gegeben war. Vgl. Knütel, Stipulatio poenae S. 277 bei Fn. 15. 43 Das ergibt sich auch aus dem Fragment Ulpian (9 ad ed) D. 3. 3. 40. 2: ... victus esset: si a me vindicaret, exceptione rei iudicatae summoveretur ... nam cum iudicatur rem meam esse, simul iudicatur illius non esse.
28
Α. Klassisches römisches Recht
dert ihn in diesem Fall nicht daran, denn in dem ersten Rechtsstreit wurde nur festgestellt, daß der damalige Kläger nicht der Eigentümer war, ein etwaiges Recht des Beklagten war nicht Gegenstand des Verfahrens:... nihil enim in suo iudicio de iure eius statutum videretur. cum autem pigneraticia actum est adversus priorem creditorem, potest fieri, ut de iure possessoris non sit quaesitum, quia non, ut in proprietatis quaestione quod meum est alterius non est, ita in obligatione utique consequens est, ut non sit alii obligatum, quod hic probabit sibi teneri, et probabilius dicitur non obstare exceptionem, quoniam de iure possessoris quaesitum non est, sed de sola obligatione. Wenn aber gegen den früheren Gläubiger die Pfandklage erhoben worden ist, kann es geschehen, daß das Recht des Besitzers nicht geprüft worden ist, weil es bei der Verpfandung nicht wie bei der Eigentumsfrage, wo das, was mir gehört, einem anderen nicht gehören kann, folgerichtig ist, daß das, was er als ihm verpfändet nachweist, nicht auch einem anderen verpfändet sein kann. Und richtiger wird gesagt, daß die exceptio nicht entgegensteht, weil das [Pfand-]Recht des [beklagten] Besitzers nicht geprüft wurde, sondern nur die Verpfändung [gegenüber dem Kläger].
Beim Rechtsstreit zweier Pfandrechtsprätendenten ist die Rechtslage dagegen anders: Ursprünglich wurde zwar nur die einmalige Verpfändung einer Sache zugelassen, Nachpfandrechte waren allenfalls als bedingte Rechte oder hinsichtlich des vom ersten Pfandrecht nicht erfaßten superfluum möglich 44 , so daß ein dem Kläger stattgebendes Urteil wie bei der rei vindicatio per se eine Berechtigung des Beklagten ausschloß. Als jedoch mehrere Pfandrechte an derselben Sache - und zwar als unbedingte Rechte - für zulässig erachtet wurden 45 , war es auch bei einem dem Kläger im ersten Prozeß stattgebenden Urteil möglich, daß der Beklagte ein im Rang vorgehendes Pfandrecht hatte. Dieses hätte er schon im ersten Prozeß mit der exceptio rei sibi ante pigneratae 46 geltend machen können. Hatte er dies aber nicht getan, so war sein Pfandrecht nicht Gegenstand des ersten Prozesses geworden; er ist infolgedessen nicht daran gehindert, nun seinerseits die actio Serviana zu erheben. in proposita autem quaestione magis me illud movet, numquid pignoris ius extinctum sit dominio adquisito: neque enim potest pignus perseverare domino constituto creditore. actio tarnen pigneraticia competit: verum est enim et pigneri datum et satisfactum non esse, quare puto non obstare rei iudicatae exceptionem. Bei der vorliegenden Problematik gibt mir jedoch mehr zu Zweifeln Anlaß, ob das Pfandrecht durch den Erwerb des Eigentums erloschen ist: Wenn nämlich der Gläubiger Eigentümer geworden ist, kann das Pfandrecht nicht fortbestehen. Dennoch steht ihm die Pfandklage zu: Es trifft nämlich zu, daß das Pfand gegeben wurde und
44 Honseil / Mayer-Maly / Selb, RR S. 207 f.; Käser, RPR I S. 467 f.; Wache, TR 37 (1969) S. 369, 370. 45 Spätestens in der Hochklassik: Wacke, TR 37 (1969) S. 369, 370. 46 Vgl. Honseil / Mayer-Maly /Selb, RR S. 208; Käser, RPR I S. 467; Wacke, TR 37 (1969) S. 369, 370 f.
I. Pignus rei suae
29
eine Befriedigung nicht eingetreten ist. Deshalb bin ich der Meinung, daß die exceptio rei iudicatae [der Klage des Maevius] nicht entgegensteht.
Im letzten Teil des Fragments 47 beschäftigt Paulus sich damit, ob die Pfandklage 48 dem Maevius überhaupt zusteht: Das Pfandrecht 49 des Maevius sei zwar mit dessen Eigentumserwerb am belasteten Grundstück erloschen, trotzdem sei eine Klage noch möglich. Dies ist die einzige Stelle in dem Fragment, an der explizit vom Eigentumserwerb des Maevius gesprochen wird. Im ersten Teil heißt es nur, daß Titius das Grundstück ...ex causa pacti tradidit. Diese beiden Aussagen können ohne Interpolationsannahmen miteinander in Einklang gebracht werden: Entweder hat es sich um ein nicht italisches Grundstück und damit um eine res nec mancipi gehandelt, an der Maevius durch bloße traditio in Vollzug einer causa, die hier durch das Vergleichspaktum gebildet wurde, quiritisches Eigentum hätte erwerben können, oder die Ersitzungsfrist war mittlerweile abgelaufen. Für letzteres spricht die Formulierung dominio adquisito bzw. domino constitute, da sich dieser ablativus absolutus so verstehen läßt, daß er den Zeitpunkt des Ablaufs der Ersitzungsfrist bezeichnet.50 Man kann also davon ausgehen, daß jedenfalls in dem Zeitpunkt, in dem Paulus sein Gutachten abgab, Maevius Eigentümer des betreffenden Grundstücks war. Paulus begründet das Fortbestehen der Klagemöglichkeit damit, daß das Pfandrecht einmal entstanden, der Gläubiger Maevius aber nicht befriedigt worden ist. Darin liegt ein Hinweis auf die Formel der actio Serviana, die als negative Voraussetzungen nur die Erfüllung der gesicherten Forderung, die Sicherheitsleistung und den Annahmeverzug des Gläubigers nennt:51 S. p. inter A m A m et L. Titium convenisse, ut ea res q. d. a. A° A° pignoris esset propter pecuniam debitam, eamque rem tunc, cum conveniebat, in bonis Lucii Titii fuisse eamque pecuniam neque solutam neque eo nomine satisfactum esse neque per A m A m
47 Beseler, Beiträge 2 S. 148 hält ... neque enim potest ... creditore für interpoliert und geht vom Fehlen eines größeren Textstückes nach ... et satisfactum non esse, ... aus; ähnlich Carrelli, Accessorietà S. 53, der außerdem auch ... actio tarnen ... competit für interpoliert hält; Interpolationsannahme auch bei Bonifacio, Studi Albertario I S. 63, 95 Fn. 2. - Das oben im Text Ausgeführte spricht entscheidend dafür, daß dieser Passus des Fragments echt ist. 48 Paulus nennt sie actio pigneraticia, gemeint ist die actio Serviana, vgl. Käser, RPR I S. 473 Fn. 45; so auch Kieß, Confusio S. 58 Fn. 43; Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones S. 124 Fn. 89. 49 Pignus bedeutet hier, nicht anders als im vorangehenden Satz pignoris ius, „Pfandrecht". Ohne einleuchtende Begründung will dagegen Bachofen, Pfandrecht 1 S. 86 f. darunter den Pfandbesitz verstehen. 50 So Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones S. 125; Schlichting, Verfügungsbeschränkung S. 87; in diesem Sinne auch Käser, Pfandrecht S. 46 Fn. 269. 51 Vgl. zu diesem Bezug auf die Klagformel auch Kieß, Confusio S. 58; Wesenberg, Symb. Taubenschlag S. 553, 560 f.; Rabel, Grundzüge § 108 (S. 497); Dernburg, Pfandrecht II S. 573.
Α. Klassisches römisches Recht
30
stare quo minus solvatur, nisi ea res arbitrio iudicis restituetur, quanti ea res erit, tantam pecuniam iudex N m N m A 0 A 0 c. s. n. p. a. 52
Das Erlöschen des Pfandrechts durch Konsolidation wird also von der Klagformel nicht erfaßt. 53 Da das Pfandrecht ursprünglich bestanden hatte und die von der actio Serviana berücksichtigten Erlöschensgründe nicht vorlagen, konnte Paulus die Klage gewähren. Er unterscheidet mithin klar zwischen Pfandrecht und Klagemöglichkeit, zwischen ius und actio. Das Pfandrecht ist zwar durch Konsolidation erloschen, die daraus eigentlich folgende Konsequenz, nämlich der Verlust der Klagemöglichkeit, tritt aber nicht ein; Maevius wird weiterhin wie ein Pfandgläubiger behandelt. Früher wurde häufig die Ansicht 54 vertreten, Paulus habe in diesem Fragment ein Eigentümerpfandrecht fur den Fall anerkannt, daß ein vorrangiger Pfandgläubiger Eigentümer wird: Das Bestehen weiterer Pfandrechte an der Sache führe dazu, daß Berechtigung und Verpflichtung in Bezug auf die Sache nicht vollständig kongruent seien, daher trete keine Konsolidation ein. 55 Paulus habe mit... neque enim potest pignus perseverare domino constituto creditore ... als möglichen Einwand gegen das vom ihm schließlich gefundene Ergebnis nur den Grundsatz genannt, diesen dann aber für den vorliegenden Fall mit ... actio tarnen pigneraticia competit ... wieder verworfen und sich damit für ein Pfandrecht an der eigenen Sache ausgesprochen.56 Gegen diese Auffassung spricht aber vor allem der Wortlaut des Fragments: Aus dem tarnen, das sich auf neque enim potest pignus per servare ... bezieht, ergibt sich, daß auch Paulus am Erlöschen des Pfandrechts festhalten will 5 7 , denn tarnen bedeutet gerade nicht, daß das bisher Gesagte verworfen, sondern daß es aufrechterhalten werden soll. Die Anerkennung eines Eigentümerpfandrechts würde zwar zu den gleichen Ergebnissen führen wie das über den 52
Nach Lenel EP S. 494. Daß bei Erlöschen des Pfandrechts durch Konsolidation dem Verpfänder gegen die actio Serviana des Gläubigers im Regelfall die exceptio doli gewährt wurde, wie Kieß, Confusio S. 59 annimmt, ist nicht zwingend: Der bisherige Pfandgläubiger könnte die Sache doch sogar mit der rei vindicatio in Anspruch nehmen. 54 Windscheid / Kipp, PandektenR I S. 1250 bei Fn. 26; Kretschmar, Confusion S. 57 ff.; Mosler, Konfusion S. 29 ff.; Friedmann, Confusio S. 17 ff., insbesondere S. 20; Hartmann, Rechte an eigener Sache S. 38 ff.; Jhering, JhJb 10 (1871) S. 387, 452 ff.; Wening-lngenheim, AcP 6 (1823) S. 134, 142 ff. 55 Mosler, Konfusion S. 31; Friedmann, Confusio S. 20; Jhering, JhJb 10 (1871) S. 387, 453 f. 56 Windscheid / Kipp, PandektenR I S. 1250 Fn. 26; Kretschmar, Confusion S. 59 f.; Friedmann, Confusio S. 17 f.; Hartmann, Rechte an eigener Sache S. 43 f.; Jhering, JhJb 10 (1871) S. 387, 453 f. 57 So auch Kieß, Confusio S. 58 Fn. 6; Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones S. 126; Dernburg, Pfandrecht II S. 572 f.; von Savigny, System V S. 392, der von einer „... Art von Nothwehr... gegen die Confusion" spricht. 53
I. Pignus rei suae
31
Formelwortlaut erreichte Fortbestehen der Klagemöglichkeit. Jedoch hatte Paulus in diesem Fall überhaupt keine Veranlassung, von dem Grundsatz des Erlöschens des Pfandrechts abzuweichen. Schon der Formelwortlaut gestattete es ihm, die Auswirkungen der Konsolidation, nämlich das Entfallen der Klagemöglichkeit, zu korrigieren. Weitere Überlegungen waren deshalb überflüssig. Die Argumentation mit dem Formelwortlaut ist keineswegs ungewöhnlich, sondern für die römischen Juristen und ihr „aktionenrechtliches Denken" geradezu kennzeichnend. Sie findet sich im übrigen zur actio Serviana auch an anderen Stellen.58 Nach alldem ist festzuhalten, daß das Fragment D. 44. 2. 30. 1 ebenfalls den Grundsatz des Erlöschens des Pfandrechts durch Konsolidation bestätigt. Der Grund, weshalb Paulus das Ergebnis des Zusammentreffens von Eigentum und Pfandrecht in der Person des Maevius im Verhältnis zu dem ursprünglich nachrangigen Pfandgläubiger durch die recht formale Anwendung der Klagformel korrigiert, liegt auf der Hand: Nur das Pfandrecht gewährt den Vorrang vor einem späteren Pfandgläubiger, das Eigentum dagegen nicht, obwohl es doch im Vergleich zum beschränkt dinglichen Recht ein „Mehr" an Befugnissen verleiht. Es wäre unbillig, wenn dieser „Rechtsüberschuß" des nunmehrigen Eigentümers ihm zum Nachteil gereichen würde. 59 Deshalb kann es für den Schutz des Eigentümers gegenüber dem ursprünglich nachrangigen Pfandgläubiger auch nicht darauf ankommen, ob bei dem Erwerb des Eigentums dem Erwerber das eigene Pfandrecht bekannt war oder nicht. 60 Der Grundsatz, daß das Pfandrecht beim Zusammentreffen mit dem Eigentum in einer Person erlischt, wird somit in D. 44. 2. 30. 1 zwar nicht aufgegeben, jedoch wird das Ergebnis der Konsolidation, soweit es wegen des Vorhandenseins eines weiteren, nachrangigen Pfandgläubigers als unbillig empfunden wird, dadurch korrigiert, daß die actio Serviana gewährt wird, die ihrem Wortlaut nach die Konsolidation nicht berücksichtigt. In der praktischen Auswirkung läuft dies allerdings auf eine Beschränkung des in den oben erörterten Fragmenten aufgestellten Grundsatzes hinaus.
58
Vgl. Paulus (4 quaest) D. 31. 1.61 (59) pr. :... et hic Serviana actio tenebit: verum est enim non esse solutam pecuniam ...; Gaius (9 ad ed prov) D. 16. 1. 13. 1: ... quia verum est convenisse de pignoribus nec solutam esse pecuniam Marcian (ad form hyp) D. 20. 1. 13.4. 59 Nach von Savigny, System V S. 392 Anm. (o) wäre es „ganz unnatürlich", wenn er die Vorteile seiner Priorität verlieren würde. 60 So auch Dernburg, Pfandrecht II S. 573. - Kieß, Confusio S. 59 hält es dagegen für zumindest möglich, daß die Unkenntnis des Maevius bei der Entscheidung des Paulus eine Rolle gespielt hat.
Α. Klassisches römisches Recht
32
bb) C. 8. 19. 1: lus offerendi et succedendi trotz Konsolidation Ein dem zuletzt behandelten Fragment vergleichbarer Fall findet sich in dem Reskripte. 8. 19. 1: IMP. ALEXANDER AUGUSTUS Athenioni Si vendidit is qui ante pignus accepit, persecut e tibi hypothecaria superesse non potest. 1. Cum autem debitor ipsi priori creditori eadem pignora in solutum dederit vel vendiderit, non magis tibi persecutio adempta est, quam si aliis easdem res debitor venumdedisset: sed ita persequens res obligatas audieris, si, quod eidem possessori propter praecedentis contractus auctoritatem debitum est, obtuleris. PP. Ν id. Mai. Agricola et Clemente conss. DER KAISER ALEXANDER SEVERUS an Athenion Wenn der vorrangige Gläubiger die Pfandsache verkauft, kann dir die Pfandklage nicht erhalten bleiben. 1. Wenn aber der Schuldner dem vorrangigen Gläubiger die Pfandsachen an Erfiillungs Statt gegeben oder ihm verkauft hat, ist dir die Rechtsverfolgung ebensowenig genommen, wie wenn der Schuldner die betreffenden Sachen anderen verkauft hätte. Aber wenn du die Pfandsachen in Anspruch nimmst, wirst du nur gehört werden, wenn du das angeboten hast, was demselben Besitzer wegen des früher abgeschlossenen Vertrages geschuldet wird. Erlassen am 11. Mai 230 unter dem Konsulat des Agricola und des Clemens.
Alexander Severus wurde die Frage vorgelegt, ob ein nachrangiger Pfandgläubiger (dieser ist mit tu gemeint) einen Anspruch auf die Pfandsache hat, wenn diese veräußert wird. Aus dem prineipium ergibt sich, daß dies nicht der Fall ist, wenn der vorrangige Gläubiger (is qui ante pignus accepit) die Sache veräußert. Denn dann erlöschen alle Pfandrechte an der Sache.61 In § 1 wird der Fall erörtert, daß der Schuldner selbst die Sache verkauft bzw. an Erfiillungs Statt hingibt 62 , und zwar an den vorrangigen Gläubiger. Zwischen diesem Fall und der Veräußerung der Sache durch den Schuldner an einen Dritten wird eine Parallele gezogen. Anders als bei der Veräußerung durch den vorrangigen Gläubiger erlischt das Pfandrecht des nachrangigen nicht; er kann die Sache also noch in Anspruch nehmen. Dies wird im letzten Satz allerdings dahin eingeschränkt, daß er dem vorrangigen Gläubiger die Erfüllung seiner Forderung anbieten muß, um mit der actio Serviana gehört zu werden. Das ... audieris, si... dürfte bedeuten, daß andernfalls dem vorrangigen Gläubiger die exceptio rei sibi ante pigneratae zusteht.63 Erst- und Zweitgläubi61
Käser, RPR I S. 467, 469. Solazzi, L'estinzione dell'obbligazione I S. 186 Fn. 2 hält entweder vendiderit oder in solutum dederit für interpoliert. Selbst wenn dies zuträfe, hätte dies jedoch keine Auswirkungen auf die grundsätzliche Aussage des Fragments. Außerdem ist in beiden Fällen vom Erlöschen der gesicherten Forderung auszugehen (vgl. sogleich im Text), so daß nichts gegen eine Nebeneinanderstellung des Verkaufs und der Hingabe an Erfiillungs Statt einzuwenden ist. 63 In diesem Sinne auch Siber, RR II S. 127 f. Diese Annahme entspricht den sich aus dem Fragment ergebenden Nachwirkungen des durch Konsolidation erloschenen Pfandrechts, vgl. dazu sogleich im Text. 62
II. Essentialismus - Nominalismus Kontroverse
33
Begründung mehr bedarf. Ein solcher Punkt ist nichts anderes als ein Dogma. Das Prinzip der „zureichenden Begründung" endet also in einem Rekurs auf ein Dogma, im Dogmatismus! Der Essentialismus steht deswegen auch in schärfstem Widerspruch zu den Erkenntnissen der modernen Wissenschaftstheorie, insbesondere des kritischen Rationalismus. 79 Dieser lehnt gerade das (Letzt-) Begründungsdenken ab, weil es keinen hinreichenden Grund zu der Annahme gibt, daß man die Wahrheit endgültig erkannt hat. Weder die Vernunft noch die Beobachtung des Menschen seien letzte irrtums- und vorurteilsfreie Autoritäten. Folgerichtig kann man sich nie sicher sein, ob die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung wahr sind. 80 Wissenschaftliche Erkenntnis ist kein Wissen im Sinne von Piaton und Aristoteles, das Endgültigkeit einschließt, sondern Information über verschiedene rivalisierende Hypothesen. Wissenschaftliche Hypothesen sind Theorien, die sich empirisch überprüfen lassen. Weil man nie Endgültigkeit erwarten darf, können Theorien auch nicht endgültig verifiziert werden, wenn überhaupt, wären sie vorläufig nicht widerlegt, bis sie durch weitere Beobachtungen falsifiziert sind und durch neue Theorien ersetzt werden. Die neuen Theorien können sich gegenüber anderen als überlegen zeigen, wenn sie dort zu befriedigenden Voraussagen führen, wo alte Theorien versagt haben. Das Ziel der Wissenschaft ist deswegen nicht die Suche nach der absoluten Wahrheit, sondern die Annäherung an die Wahrheit, indem alte Theorien verworfen und durch neue, sich besser bewährende Hypothesen ersetzt werden. Nicht die enzyklopädische Anhäufung von Wissen über Definitionen, wie es Piaton und Aristoteles vorschwebte, sondern die revolutionäre Erneuerung durch kühne Ideen und Theorien ist die moderne wissenschaftliche Methode. 81
78
Albert, H. (1968), S. 16. Nach Popper müßte eine systematische Kritik der essentialistischen Methode folgende drei ungelöste und unvermeidbare Probleme des Essentialismus lösen: (a) das Unterscheidungsproblem zwischen einer bloßen verbalen Konvention und einer wahrheitsenthaltenden Definition; (b) das Unterscheidungsproblem zwischen wahren und falschen Definitionen und (c) das Vermeidungsproblem eines unendlichen Regresses. Vgl. dazu Popper, K. R. (1958), S. 343 f. Siehe auch Albert, H. (1956), S. 257 und Weisser, G. (1956), S. 978 ff. 80 Die sichere Grundlage des endgültigen Wissens ist für die Vertreter der klassischen Methodologie Maßstab und zugleich Grundvoraussetzung für jede Art von Kritik, denn nur durch Feststellung der Übereinstimmung bzw. Abweichung von dieser sicheren Grundlage ließe sich eine Position überhaupt kritisieren. Erst Popper ist die Trennung des Kritizismus von der Idee der positiven Begründung gelungen, weil sein Prinzip der kritischen Prüfung ohne den Rekurs auf eine Autorität und ohne die Annahme einer Wahrheitsgarantie auskommt. Siehe dazu Popper, K. R. (1934) und Bartley, W. W. (1962a), Albert, H. (1968). 79
3 Schaffer
34
Α. Institutionen und Ökonomie
Deswegen spielen auch Definitionen in der modernen Wissenschaft eine ganz andere Rolle, als es sich die Essentialisten vorstellten. Weil wir endgültiges und sicheres Wissen nicht erlangen können, enthalten Definitionen keine Wahrheiten. Sie können nicht wahr oder falsch sein. 82 „With a definition there is no question of verifiability or falsibility." 8 3 Dieser nominalistischen Interpretation zufolge enthalten Definitionen kein Wissen, nicht einmal eine Meinung, sie erfüllen lediglich die Funktion von abkürzenden Etiketten; eine lange Geschichte wird auf abgekürzte Weise dargestellt. 84 Deshalb bleibt die wissenschaftliche Erkenntnis - im Sinne der modernen Wissenschaftstheorie - völlig unberührt davon, ob Definitionen eingeführt oder eliminiert werden. 85 In der Praxis sind Definitionen selbstverständlich von größtem Nutzen, weil sie unsere wissenschaftliche Sprache verkürzen. Deswegen besteht auch ein dringendes praktisches Bedürfnis nach Einführung von Definitionen. Die Vorstellung, daß durch Definitionen Zweideutigkeit ausgeschaltet wird, weil uns der Sinn der Begriffe klargemacht und unsere Sprache genauer wird, ist aber eine Illusion: „Klarheit ist ein intellektueller Wert an sich; Genauigkeit und Präzision aber nicht. Absolute Präzision ist unerreichbar und es ist zwecklos genauer zu sein, als es unsere Problemsituation verlangt. Die Idee, daß wir unsere Begriffe definieren müssen, um sie »präziser 4 zu machen oder gar um ihnen einen Sinn zu geben, ist ein Irrlicht. Denn jede Definition muß Undefinierte Begriffe verwenden; und so können wir es nicht vermeiden, letzten Endes mit Undefinierten Begriffen zu arbeiten." 86 81
Als einer der Hauptvertreter der modernen wissenschaftlichen Methode gilt Popper. In seinem Werk „Logik der Forschung" vertrat er bereits 1934 diese Vorstellung des kritischen Rationalismus, Popper, K. R. (1934), aber auch z.B. ders. (1995 b), S. 15 ff. Für Kant dagegen war - zu der damaligen Zeit wohl unvermeidlich - Newtons Physik wahr und zugleich der Beweis für die Existenz einer „reinen Naturwissenschaft", die synthetisch und gleichzeitig a priori gültig sei. Einstein konnte aber mit der Relativitätstheorie zeigen, daß Newtons Physik möglicherweise falsch ist. Auch die als „wirklich wahr" angesehenen naturwissenschaftlichen Theorien besitzen einen grundsätzlich hypothetischen Charakter. Siehe Popper (1934), insbes. S. X X I V , Albert, H. (1967b), S. 284 ff. Man denke z.B. an die jahrhundertelang gültige und als „wahr" angesehene Theorie, daß die Erde eine Scheibe sei!! 82
Vgl. Opp, K.-D. (1983), S. 2 und ausführlich Opp, K.-D. (1995), S. 104 ff. Hutchison, T. W. (1938), S. 651. Definitionen sind eben keine empirischen Aussagen. Nur diese können nach der Konzeption der modernen Wissenschaftslogik falsifiziert werden, d. h. an der Wirklichkeit scheitern. 84 Vgl. Popper K. R. (1958), S. 21. Begonnen wird mit der Definitionsformel, dem Definiens und nicht mit dem Definiendum. So ist z.B. die Definition „Ein Kalb ist eine junge Kuh" nicht die Antwort auf die Frage „Was ist eine junge Kuh?" sondern auf die Frage „Wie sollen wir eine junge Kuh nennen!". Eine Definition wird entsprechend der nominalistischen Interpretation also von rechts nach links gelesen. 85 Vgl. ebd., S. 21. 83
II. Essentialismus - Nominalismus Kontroverse
35
Selbstverständlich ist die Frage nach dem „Wesen" von D i n g e n und Z u sammenhängen nicht an sich verwerflich.
Wegen ihres
Realitätsbezuges
werden essentialistische „Wesensaussagen" aber irrtümlich als empirisch gehaltvoll angesehen. D e facto handelt es sich aber u m definitorische Festsetzungen und deren logische I m p l i k a t i o n e n . 8 7 Insofern sind Aussagen auf Grundlage v o n essentialistischen „Wesensaussagen" denknotwendig, analytisch und ohne empirisch informativen G e h a l t . 8 8 Wissenschaftliche
For-
schung wäre i n diesem Fall nicht hypothesenorientiert, sondern begriffsorientiert. D i e Betonung, daß vieles v o m Sinn des Institutionenbegriffs abhängt, verhindert deswegen den B l i c k auf die für die Wissenschaft eigentlich wesentliche Suche nach allgemeingültigen, überprüfbaren Hypothesen, also nach informativen Aussagen nomologischen Charakters. 8 9 Treffend schreibt Musgrave über die Begriffsproblematik: „Es scheint wenig Zweifel darüber zu bestehen, daß der beste Weg, einen Ausdruck wie »Elektron* zu verstehen, oder seine Bedeutung zu erfassen, der ist, eine Theorie über Elektronen zu studieren." 90
86
Popper, K. R. (1984), S. 63. Politiker, die dazu gezwungen würden, von ihnen benutzte Begriffe zu definieren, um MißVerständnisse zu vermeiden, könnten z.B. den Begriff „Demokratie" als „Herrschaft des Volkes" definieren und damit zunächst jeden Vorwurf der Zweideutigkeit zurückweisen. Aber besitzt der Wähler dadurch eine bessere Einsicht in die Absichten des Politikers? Auch der Sozialismus spricht schließlich von der „Herrschaft des Volkes"!!! 87 Das erkennt z.B. auch Rose in seinem Aufsatz über den Erkenntnis wert der Wachstumstheorie. Siehe Rose, K. (1956), passim. Solche Aussagen der „reinen" Theorie wurden von Hutchison treffend beschrieben als „propositions [...] which, however valuable for an examination of the facts of economic life, the terminological precisions, clarifications, and proposals they may contain, are completely devoid of empirical content as to causal determination, and are concerned not with wages, employment, and interest at all, but with ,wages4, »employment4, and »interest 4." Hutchison, T. W. (1938), S. 57. 88 Vgl. Albert, H. (1967b), S. 291. Die Grundprämissen enthalten ja schon alles wahre Wissen! 89 Vgl. zur Kritik an einer begriffsorientierten Erklärung auch Hempel, C. G. (1977), S. 178 ff., Albert, H. (1967b), S. 291. Die Wichtigkeit von Begriffsbedeutungen für die Entwicklung der wissenschaftlichen Theorien schlägt sich (angeblich) in der sog. Inkommensurabilitätsthese nieder, wonach aufeinanderfolgende Theorien nicht vergleichbar sind, wenn sich die Bedeutung der vorkommenden Begriffe gewandelt habe. Vgl. Kuhn, T. S. (1967), bes. Kap. X, Feyerabend, P. Κ. (1962), S. 80. Eine Zurückweisung dieser These findet sich bei Musgrave, A. (1979), S. 40 ff. Schon Myrdal stellte fest, daß Begriffe wie „Wirtschaft 44 usw. für die Nationalökonomie ohne Bedeutung sind. Begriffsbestimmungen stehen meist in keinem Zusammenhang zu den Problemen dieser Wissenschaft. Siehe Myrdal, G. (1932), S. 148 f. und dazu auch Albert, H. (1964), S. 12 sowie Hutchison, T. W. (1964). 90 Musgrave, Α. (1979), S. 51. 3*
36
Α. Institutionen und Ökonomie
Eine Wissenschaft, die sich recht wenig Gedanken um den Sinn ihrer Begriffe macht und dennoch eine große Präzision erreicht hat, ist die Physik. Sie versucht nicht aus den Begriffen Wissen abzuleiten, sondern kümmert sich um die Tatsachen und um die Frage der Wahrheit einer Theorie. Nicht nur in der Physik, sondern in den Naturwissenschaften als ganzes hat dieser methodologische Nominalismus heutzutage allgemeine Akzeptanz gefunden. Es wird nicht angenommen, daß Fragen wie „Was ist ein Atom?" oder „Was ist Energie?" von Bedeutung sind. Das Interesse gilt der Erklärung des Verhaltens eines Dinges (im Essentialismus ist es dagegen die Suche nach der wahren Natur der Dinge) und der Suche nach Regelmäßigkeiten sowie dem Versuch, diese Regelmäßigkeiten mit universellen Gesetzen zu beschreiben. 91 In den Sozialwissenschaften konnte der methodologische Nominalismus dagegen jene Durchsetzungskraft nicht beweisen. 92 Die Unbestimmtheit und Mehrdeutigkeit des Institutionenbegriffs und das daraus angeblich resultierende Problem für die Theoriebildung, sind offenkundige Belege dafür, daß Probleme der Sozialwissenschaften noch allzu häufig mit essentialistischen Methoden behandelt werden. 93 Von der Definition des Institutionenbegriffs hängt für die wissenschaftliche Erkenntnis letztlich wenig ab. Die Kritik Nelsons (vgl. S. 28 in dieser Arbeit) und anderer Wissenschaftler kann deshalb aus wissenschaftstheoretischer Sicht mit folgenden Worten Alberts zurückgewiesen werden: „Unter einer brauchbaren Wissenschaftslogik verstehen wir eine solche, die an die Stelle der alten Ztegnjfjfrorientierung die Profc/morientierung setzt, die die Ak-
zentuierung von Definitionen
zugunsten der Betonung von Hypothesen und Theo-
rien fallen läßt, die vom konservativen Gebrauch methodologischer Überlegungen zur Dogmatisierung traditioneller Denkformen, Verfahrensweisen und Perspektiven zu ihrem kritischen Gebrauch übergeht und an die Stelle des statischen Gesichtspunktes einer Rechtfertigung des Bestehenden den dynamischen einer Förderung der Entwicklung durch kritische Diskussion setzt." 94
91
Vgl. zur Theorie der Kausalerklärung Popper, K. R. (1934), III. Kapitel, S. 31 ff. und zu Naturgesetzen ebd., Kapitel * X neuer Anhang, S. 374 ff. 92 Vgl. Popper, K. R. (1965), S. 23 und ders. (1957), S. 41 und Anm. 30, Albert, H. (1967 b), S. 281 f. und 290 f. 93 Popper verweist auf K. Polanyi als Verfechter der essentialistischen Methode und in gewissem Ausmaß auf Mill, J. St. (1868), Kapitel VI, S. 2 und Kap. X. 94 Albert, H. (1964), S. 14. (Hervorhebungen im Original).
III. Vorschlag für die Definition des Institutionenbegriffs
37
III. Ein Vorschlag für die Definition des Institutionenbegriffs Im Prinzip könnte dieser Arbeit deshalb einfach eine weitere Institutionendefinition mit dem Etikett „Institution 1999" oder „Institution 2 " vorangestellt werden. Um aber die Verwirrung um den Institutionenbegriff nicht noch zu vergrößern, sollte man versuchen, die wesentlichen Gemeinsamkeiten vieler schon bestehender Definitionen in einer neuen Definition zu vereinen. Das heißt aber nicht, daß damit der essentialistischen Methode gefolgt werden soll, sondern nur, daß auch in der modernen Wissenschaft aus Gründen der Zweckmäßigkeit die Möglichkeit besteht, Ausdrücke, für die zunächst mehr intuitive Begriffe verwendet worden sind, durch Definitionen zu ersetzen. Damit die Definition mit der ursprünglichen Intuition korrespondiert, müssen die mit den Definitionen gebildeten Sätze den Sätzen entsprechen, in denen die Undefinierten Ausdrücke vorkamen. 95 Diese „Vorschrift" ist als Verbot der unkontrollierten Verwendungsweise von Universalien zu verstehen, insbesondere solcher, deren Verwendung durch den Sprachgebrauch festgelegt wird. 9 6 Im Vordergrund steht also die Zweckmäßigkeit einer Definition, die sich daran bewerten läßt, inwieweit sie bei der Auffindung von Schwächen und Widersprüchen in den bisherigen Theorien und bei der Zurückverfolgung von Hypothesen auf ihre Grundannahmen hilfreich ist. Für die Suche nach einer Definition von Institutionen soll im folgenden die Vielzahl der existierenden Definitionen nach Gemeinsamkeiten untersucht werden und eine Definition angeboten werden, die der Vielzahl der Phänomene einigermaßen gerecht wird. Auf der Grundlage dieser Gemeinsamkeiten wird anschließend eine Systematisierung und eine Art Kategorisierung der dem Institutionenbegriff zugeschriebenen Phänomene entwikkelt. Von Commons wird eine Institution sehr weit gefaßt, nämlich als „ [ . . . ] Collective Action in Control of Individual Action. Collective action ranges all the way from unorganized Custom to the many organized Going Concerns, such as the family, the corporation, [...] the trade union, the Federal Reserve System, [...] the state f . . . ] . " 9 7 Auch Hamiltons Aussage, daß eine 95 Diese Form kann als „rekursive" Bestimmung bezeichnet werden. Vgl. Popper, K. R. (1958), S. 343. Auch Popper selbst verwendet diese Vorgehens weise bei seiner Definition von Institutionen. Siehe dazu Popper, K. R. (1965), S. 52. Des weiteren Opp, K.-D. (1983), S. 2 ff. 96 Vgl. Popper, K. R. (1934), S. 52. Die unkontrollierte Verwendung bestimmter Universalien hat in den Wirtschaftswissenschaften zu einiger Verwirrung geführt, bzw. beeinträchtigt auch noch heute gerade die Auseinandersetzungen um die evolutorische Ökonomik. Siehe dazu auch ebd., Fn. 163, in Kap. A.IV., S. 55.
Α. Institutionen und Ökonomie
38
Institution „connotes a way o f thought or action o f some prevalence or permanence, w h i c h is embedded i n the habits o f a group or the customs o f a people [. . . ] " 9 8 , verdeutlicht, welch breites Spektrum v o m Institutionenbeg r i f f abgedeckt sein kann. Ä h n l i c h urteilt M i t c h e l l : „ [ . . . ] a convenient term or the more important among the w i d e l y prevalent, highly
standardized
social h a b i t s . " 9 9 Für N o r t h sind Institutionen „ [ . . . ] the humanly devised constraints that structure political economic and social i n t e r a c t i o n . " 1 0 0 Aus dieser kurzen Auflistung w i r d deutlich, daß Institutionen häufig z w e i unterschiedlichen T y p e n zugeordnet werden k ö n n e n : 1 0 1 1.
Institutionen Institutionen
als korporative
Gebilde
sind i n diesem Sinne organisierte
soziale
Zusammen-
schlüsse und werden deswegen auch als „Organisationen" b e z e i c h n e t . 1 0 2 Institutionen dieses Typs bestehen aus einem System v o n Regeln und Vorschriften, welchem sich die M i t g l i e d e r m i t ihrem Beitritt unterwerfen. Z u solchen Institutionen zählen z . B . Unternehmen, Verbände, der Staat und dergleichen.
97
Commons, J. R. (1934), S. 72. Hamilton, W. H. (1932), S. 84. 99 Mitchell, W. C. (1924), S. 373. 100 North, D. C. (1991), S. 97. 101 Vgl. auch Vanberg, V. (1982), S. 32, Vanberg, V. (1983), S. 56, Etzioni, A. (1964), S. 13, Parsons, T. (1975), S. 97, Feldmann, H. (1995), S. 9 f., Frey, Β. S. (1990b), S. 160, Hayek, F. A. v. (1980), S. 45 ff. 102 Vgl. Frey, B. S. (1990a), S. 2 f. und Frey, B. S. (1990b), S. 160. Eine ähnliche Unterscheidung findet sich auch bei Rutherford, M. (1994), S. 182, welcher einerseits von „general social rules" spricht und diese mit dem Begriff „institutional environment" gleichsetzt und andererseits „particular organizational forms" als „institutional arrangements" bezeichnet. Organisationen treten auch nach Rutherfords Verständnis als (kollektive) Akteure auf und unterliegen selbst sozialen Regeln. North dagegen zählt Organisationen nicht zu den eigentlichen Institutionen: „ A crucial distinction in this study is made between institutions and organizations. [...] Conceptually, what must be clearly differentiated are the rules from the players [...]." North, D. C. (1990), S. 4 f. Um die begriffliche Verwirrung perfekt zu machen, verwenden North und Davis in Anlehnung an Buchanan und Tullock die Begriffe „institutional environment" und „institutional arrangements" wiederum anders als Rutherford: „institutional environments" umfassen die rechtlichen Grundregeln („legal ground rules"), welche den fortlaufenden politischen und ökonomischen Prozeß beschränken, wohingegen die „institutional arrangements" nutzbare Mechanismen für das Handeln innerhalb der rechtlichen Grundregeln zur Verfügung stellen. Vgl. Davis, L. E./D. C. North (1971). Hayek schließlich grenzt Organisationen als „gemachte Ordnung" von einer gewachsenen „spontanen Ordnung" ab, die sich selbst erzeugt. Siehe Hayek, F. A. v. (1980), S. 59. 98
. Vorschlag für die Definition des Institutionenbegriffs 2. Institutionen als Normen oder Regeln und sozial-normative muster jeder Art
39 Verhaltens-
Institutionen stellen demzufolge ein Regelwerk für zwischenmenschliches Handeln dar. Zum einen sind dies Verhaltensregeln, wie Gesetze, Normen, Traditionen, zum anderen im weitesten Sinne alle Entscheidungssysteme, wie die Demokratie, der Markt, Verhandlungssysteme und Hierarchien. 103 In der Alltagssprache werden Normen für gewöhnlich mit Regeln der Moral, der Sitte und des Rechts gleichgesetzt. Auch für eine Vielzahl von Soziologen sind Normen Standards, Regeln oder Vorschriften. 104 Ebenso findet sich in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur häufig die Ansicht, daß Institutionen sinnvoll als Regeln aufgefaßt werden können. 1 0 5 Leipold interpretiert Institutionen als „ [ . . . ] sozial anerkannte Regeln für angemessenes Verhalten der Individuen in sich wiederholenden Entscheidungssituation e n " 1 0 6 und an anderer Stelle: „Institutionen [sind] ein System von wechselseitig respektierten und sozial sanktionierbaren Regeln oder Restriktionen des Verhaltens." 107 . Für North sind „Institutions [...] the rules of the game in a society [ . . . ] . " 1 0 8 Der Unterschied zwischen Organisationen und Verhaltensmustern liegt zum einen nach Dietl im Sanktionspotential: bei Organisationen sind Sanktionen auf Nichtbeachtung von Regeln auf deren Mitglieder, d.h. einzelne Personen oder Personenmehrheiten, beschränkt, wohingegen Verhaltensmuster oder normative Regeln für alle Gesellschaftsmitglieder gelten (z.B. in Bezug auf das Privateigentum). 109 Nach Kornai besitzen Organisationen zum anderen ein anderes „Aktivitätspotential". Weil Organisationen von Menschen geführt werden, besitzen Organisationen ein gewisses Eigenleben und können bei den Organisationsmitgliedern organisationspezifische Interessen wecken, die sich in Konflikten bezüglich der Einkommens-, Eigentums- und Machtverteilung innerhalb der Organisation äußern können. Zugleich existiert ein gemeinsames Motiv der Organisationsmitglieder, die Organisation am Leben zu erhalten, was zu innerorganisatorischer Kompromißbereitschaft, Vertretung der Ziele der Organisation nach außen und zu einem Schutzpotential gegenüber Veränderungen der 103
Einige Autoren grenzen Entscheidungssysteme als eigenständigen Institutionentyp ab. Vgl. Frey, B. S. (1990a), S. 160 und Feldmann, H. (1995), S. 9. 104 Vgl. Opp, K.-D. (1983), S. 4 mit Verweis in Fn. 2 auf soziologische Arbeiten. 105 U. a. vertreten North, die österreichische Schule und Rowe diese Ansicht. Vgl. Rowe, N. (1989), S. 1-35. 106 Leipold, H. (1987), S. 104. 107 Leipold, H. (1989), S. 14. Siehe für eine sehr ähnliche Definition Richter, R. (1994), S. 2 und Eggertsson, T. (1990), S. 2. 108 North, D. C. (1990), S. 3. 109 Vgl. Dietl, H. (1993), S. 36 f. und Hayek, F. A. v. (1980), S. 72 ff.
40
Α. Institutionen und Ökonomie
U m w e l t f ü h r t . 1 1 0 Für Hayek ist der entscheidende Unterschied zwischen Regeln der Organisation und allgemeinen Normen des Verhaltens der, daß erstere einer expliziten Funktion und expliziten Zielen der Organisation sowie Personen bzw. Stellen einer festgelegten Organisationsstruktur zugewiesen werden. Diese Regeln ordnen dann nur noch das Detail der Handlungen der Organisationsmitglieder. Regeln des zweiten Typs sind dagegen allgemeineren Charakters, d.h. unabhängig von einem spezifischen Z w e c k und nicht auf eine begrenzte Personengruppe b e s c h r ä n k t . 1 1 1 D i e Einengung auf den B e g r i f f „ R e g e l " hilft bei dem Problem, den Institutionenbegriff hinreichend abzugrenzen, jedoch nur bedingt weiter, denn nach Shimanoff können wiederum über 100 Synonyme für den Regelbegriff identifiziert w e r d e n . 1 1 2 H i e r zeigt es sich, daß die essentialistische Vorstellung,
durch
Definitionen
die
Sprache
bzw.
die
Wissenschaft
genauer
machen zu können, eine I l l u s i o n ist! Aus rein praktischen Erwägungen für die spätere Analyse w o l l e n w i r dennoch versuchen, den Regelbegriff etwas einzuengen.
110
Vgl. Kornai, J. (1975), S. 87-89. In der Neuen Institutionenökonomik findet sich der Zweig „Behavioral Theory of the Firm", welcher sich ausdrücklich mit den Besonderheiten von Organisationen unter institutionsökonomischen Gesichtspunkten beschäftigt. Begründet wurde diese Richtung besonders durch March, J. G./H. A. Simon, (1958) sowie Cyert, R. M./J. G. March, (1963). Das dargestellte Überlebensmotiv kann auch mit der „Identification" nach Simon, Η. A. (1947) und ders. (1991) verglichen werden. Auch in der Theorie der Eigentumsrechte werden Organisationen untersucht. Hier wird gezeigt, wie sich jede Zuordnung von Verfügungsrechten auf die spezifische Anreizstruktur innerhalb der Organisation auswirkt. Vgl. dazu Furubotn, E. G./S. Pejovich (1974), Schüller, A. (1983), Eggertsson, T. (1990). In dem transaktionsökonomischen Ansatz stehen die je nach Organisationsund Vertragsform unterschiedlichen Kosten im Zentrum der Untersuchung von Organisationen. Siehe Williamson, Ο. E. (1975) und ders. (1981). 111
Vgl. Hayek, F. A. v. (1980), S. 73. Die Führungsregeln einer Organisation, die den Mitgliedern gewisse Freiräume zubilligen, dürfen aber nicht mit den allgemeinen Regeln verwechselt werden. Sie ermöglichen den Organisationsmitgliedern ja nur innerhalb des spezifischen Organisationszweckes und innerhalb des Rahmens der spezifischen Befehle, die ihnen ihre Position zuteilt, jene Einzelheiten bei der Befehlsdurchführung einzufügen, die der Befehlende nicht kennt. Allgemeine Regeln würden hingegen dem Einzelnen erlauben, sich seine eigene Position selbst zu schaffen. Siehe dazu Hayek, F. A. v. (1969 c), S. 43. 112 Vgl. Shimanoff, S. B. (1980). Auch die ökonomische Theorie der Politik, welche sich am intensivsten mit dem Regelbegriff auseinandergesetzt hat, verfügt nicht über eine einheitliche Vorstellung, was eigentlich unter einer Norm bzw. Regel zu verstehen ist. So werden Regeln sowohl als persönliche Routinen und Strategien als auch als Entscheidungsvorschriften in interdependenten Situationen bezeichnet. Siehe dazu Ganz, J. S. (1971) und Heiner, R. A. (1983). Siehe zur Vorstellung, daß Institutionen als Regeln aufgefaßt werden können, ausführlich bei Rowe, N. (1989), S. 1-35.
III. Vorschlag für die Definition des Institutionenbegriffs
41
Zentral für eine Norm oder Regel ist, daß ein bestimmtes Verhalten als geboten oder verboten gilt, m.a.W., daß von den Individuen ein bestimmtes Verhalten erwartet w i r d . 1 1 3 Normen besitzen also zwei wesentliche Komponenten: Sie können zum einen das Verhalten von Individuen bestimmen (Verhaltenskomponente), und sie können zum anderen über zu erwartende Verhaltensweisen anderer informieren (Erwartungskomponente). 114 Die Verhaltenskomponente kann verschiedene Ausprägungen annehmen. Im Extremfall können Verhaltensweisen entweder gänzlich ausgeschlossen oder erzwungen werden, dann spricht man von einer dichotomen Ausprägung, und im Fall der nur quantitativen Ausprägung werden bestimmte Häufigkeitswerte für Verhaltensweisen erwartet (z.B. Anzahl von Wortmeldungen). 1 1 5 Weil eine Norm eine gewisse allgemeine Anerkennung genießt, in wiederholt auftretenden Interaktionen ihre Wirkung entfaltet und nicht den Charakter von Einmaligkeit besitzt, wird sie mit Verhaltensregelmäßigkeiten gleichgesetzt. 116 „Normen sind vielmehr Verhaltensregelmäßigkeiten, die als Verbot oder Gebot mit Sanktionsandrohung aus der menschlichen Interdependenz entstehen." 117 Implizit wie explizit enthalten Normen und Institutionen also noch eine weitere Komponente: die Sanktionskomponente. Ohne die Gefahr, bei Nichtbefolgung einer Norm sanktioniert (d.h. bestraft) zu werden, dürfte eine Norm oder eine Institution wohl kaum ihre Wirkung entfalten. Die Sanktionskomponente einer Norm ist ihre latente Sanktionsmöglichkeit. 118 Faßt man obige Ausführungen zusammen, bietet sich folgende Definition für Institutionen an: Institutionen sind Regeln bzw. Normen, Sitten, Gebräuche, m. a. W. sozial normative Verhaltensmuster jeder Art, die darauf basieren, daß eine Vielzahl von Indivi113
Vgl. Opp, K.-D. (1983), S. 4 f., Geiger, T. (1964), S. 95 ff., Weise, P. (1996), S. 207. Nach Opp können Normen auch bestimmte Motive oder Kognitionen verbieten oder gebieten, z.B. sind bestimmte sexuelle Bedürfnisse verboten, oder man darf bestimmte Aussagen im religiösen Bereich nicht glauben. Vgl. Opp, K.-D. (1983), S. 4 f. 114 In mehr soziologisch geprägten Arbeiten steht häufig die Erwartungskomponente im Zentrum und Institutionen werden z.T. als stabilisierte, wechselseitige Verhaltens- bzw. Rollenerwartungen beschrieben. Vgl. Arbeitsgruppe Soziologie (1986), S. 26, Opp, K.-D. (1983), S. 4. Aber auch in den Wirtschaftswissenschaften wird vermehrt auf die Erwartungskomponente verwiesen, so bei Schotter, A. (1981), S. 9, Langlois, R. N. (1986a), S. 17, Röpke, J. (1980), S. 129, Eisner, W. (1987), S. 5 und ders. (1986), S. 200, Neale, W. C. (1988), S. 229 f., Dietl, H. (1993), S. 86. 115 Vgl. Opp, K.-D. (1983), S. 6. 116 Vgl. Eger, T./P. Weise (1990), S. 65, Ostrom, E. (1986), S. 5, Kiwit, D./ S. Voigt (1995), S. 118 f., Eisner, W. (1987), S. 5. 117 Weise, P. (1996), S. 207. 118 Vgl. Eisner, W. (1987), S. 7, Schwödiauer, G. (1980), S. 156-157, Dietl, H. (1993), S. 37-38.
42
Α. Institutionen und Ökonomie
duen sich in Anbetracht des erwarteten Verhaltens anderer und der latenten sozialen Sanktionsmöglichkeit bei eigenem abweichendem Verhalten in einer Weise verhalten, die Regelmäßigkeit aufweist. Oder kürzer: die Beschreibung einer sanktionierbaren, erwarteten Verhaltensregelmäßigkeit.
Durch Lernen innerhalb bestimmter Gesellschaften und Bevölkerungsschichten werden Institutionen von Generation zu Generation weitervererbt, wobei sie sich mit der Gesellschaft im Ganzen verändern. 119 Analog den lose aneinandergereihten Eigenschaften und Entstehungsarten von Regeln lassen sich Institutionen systematisch ordnen. Folgende Kriterien bieten sich an: (1) Art der Handlungsbeeinflussung; (2) Art der Überwachung und (3) Art des Entstehens. Wenn im folgenden von Institutionen gesprochen wird, so sind damit Regeln bzw. normative Verhaltensmuster gemeint. Die Beziehungen zwischen Institutionen und Organisationen werden vor allem für Abgrenzungszwecke dargestellt.
IV. Arten von Institutionen Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Einteilungsmöglichkeiten von Institutionen nach Art des Handelns, des Entstehens und der Überwachung.
1. Arten der Handlungsbeeinflussung Regeln können grundsätzlich formuliert sein als: 1 2 0 (1) Gebote: eine Regel verlangt eine bestimmte Handlungsweise. In diesem Sinne formuliert eine Regel für den Betroffenen eine Pflicht oder auch HandlungsVorschrift (Zwangsfunktion von Normen). (2) Verbote:
121
Regeln, die bestimmte Handlungen oder Ergebnisse verbieten. Die Handlungen werden aus dem ursprünglichen Alternativenraum ausgeschlossen (Ausschlußfunktion von Normen). (3) Erlaubnisse: Zwischen dem Begriff „Verbot" und dem Begriff „Erlaubnis" besteht die (logische) Beziehung der Negation, wie zwischen den Begriffen
119
Vgl. Eger, T./P. Weise (1990), S. 75. Vgl. Ostrom, E. (1986), S. 7, Ostrom, E. (1980), Commons, J. R. (1957), Wright, G. Η . v. (1968), Toulmin, S. (1974), Kiwit, D ./S. Voigt (1995), S. 119. 121 Vgl. Hayek, F. A. v. (1969b), S. 173 ff. 120
43
IV. Arten von Institutionen
Gebote
1
Verbote
Erlaubnisse
Ι
1
geplant
ι
I
NORMATIVE MUSTER
|
soziale Regeli^J
| I
ungeplant
1
1
1 Gesetze
1
Faustregeln
|
Abbildung 1: Institutionenarten
„Wahrheit" und „Falschheit". Man kann auch sagen, daß Verbote NichtErlaubnisse sind und Erlaubnisse Nicht-Verbote. Es heißt ja bekanntlich, daß „das, was nicht verboten ist, erlaubt ist." Insofern kann man den nicht-verbotenen Entscheidungsraum als den in den Verboten implizit festgelegten Erlaubnisraum ansehen. Es gibt aber auch Erlaubnisse, die explizit als solche formuliert werden. Dann handelt es sich um Ausnahmen von Verboten (umgekehrt gilt, daß explizit formulierte Verbote Ausnahmen von Erlaubnissen sind). Zu denken wäre im Fall von explizit formulierten Erlaubnissen z.B. an das in Scheidungsfällen für einen Elternteil ausdrücklich zugesicherte Besuchsrecht (aber auch nicht darüber hinaus), die Erlaubnis für Soldaten im Krieg zu töten (aber eben nur im Krieg!) oder die Satzung eines öffentlichen Unternehmens, welche die erlaubten (aber eben nur diese) Tätigkeitsbereiche des Unternehmens verbindlich auflistet. Erlaubnisse können auch durch ausdrückliche Grenzen festgelegt werden: innerhalb einer oberen und unteren Grenze wird eine Anzahl bestimmter Handlungen spezifiziert, welche von dem Individuum frei ausgewählt werden dürfen. 1 2 2 (Genehmigungsfunktion von Normen). Somit ist klar, daß (explizite) Erlaubnisse genauso als Institutionen anzusehen sind wie Verbote. Viele Autoren interpretieren die präskriptive Kraft von Normen und Regeln erstaunlicherweise nur negativ im Sinne von Handlungsbeschränkungen und akzeptieren deswegen allein die Ausschluß- und Zwangsfunktion von Regeln. 123 Diese Sichtweise ist falsch. Sie ist die Folge des Versuchs, durch die Spezifizierung der handlungsbeeinflussenden Regeln, 122 Vgl. North, D. C. (1990), S. 4: „Institutional constraints include both what individuals are prohibited from doing and, sometimes, under what conditions some individuals are permitted to undertake certain activities."
44
Α. Institutionen und Ökonomie
Handlungen direkt vorhersagen zu wollen. 1 2 4 Weil Normen auch Erlaubnisse darstellen, sind Regeln als ein Set von Variablen zu interpretieren, die die Handlungssituation für den Entscheider strukturieren. In dieser regelstrukturierten Situation wählt das Individuum unter den (durch die Regeln) erlaubten Alternativen aus. 1 2 5 Nur in der Form von Geboten legen Regeln die Handlungen bereits eindeutig fest, weil der Handelnde keine Wahlfreiheit besitzt. 1 2 6 Welche Handlungen erlaubt, verboten oder geboten sind, hängt davon ab, auf welche gesellschaftlichen Bereiche sich die Inhalte der Normen beziehen. Erstens kann die Zahl möglicher Interaktionspartner beschränkt sein, wenn in einzelnen Ländern z.B. staatliche oder staatlich regulierte private Monopole für Fernmeldedienste oder für Güter wie Strom und Wasser eingerichtet werden, zweitens kann die Art der handelbaren Güter betroffen sein, wenn z.B. der Handel mit Rauschgift verboten ist. Schließlich können die Art und die Konditionen des Austauschprozesses angesprochen werden, wenn Zwang, Betrug und Irreführungen in Tauschbeziehungen untersagt werden.
2. Arten der Überwachung (SanktionsWirkung und Geltungsbereich von Institutionen): interne oder externe Institutionen? Selbst wenn eine Norm in Form von Geboten dem Individuum genau vorschreibt, welche der Handlungsalternativen zu ergreifen ist, bleibt es ihm immer noch überlassen, diese Norm überhaupt zu befolgen, oder aber die Kosten einer Nichtbefolgung zu tragen. 127 Normbefolgung bedeutet dann zugleich Kostenvermeidung. Worin aber bestehen die eigentlichen Kosten eines Regelverstoßes? In einer ersten Annäherung kann man sagen, daß die Furcht vor Sanktionen seitens anderer Gesellschaftsmitglieder die subjektive Einschätzung der Kosten bestimmt. Ein Regelverletzer kann befürchten, zu einer Geld- oder Gefängnisstrafe oder gar zum Tode verurteilt zu werden. Selbst wenn er nicht mit diesen extremen Formen der Bestra123
Vgl. Ganz, J. S. (1971), Shimanoff, S. B. (1980), Eger, T./P. Weise (1990), Eggertsson, T. (1990), S. 3 ff. Vgl. dazu und zur verhaltensermöglichenden Funktion von Institutionen ausführlicher Kapitel A.VI.l.b), S. 62 dieser Arbeit. 124 Dieser Gedanke fand seinen Niederschlag im homo sociologicus. Siehe dazu Dahrendorf, R. (1959). 125 In Form von Verboten und Erlaubnissen bedeuten Regeln im Rahmen des ökonomischen Verhaltensmodells zunächst nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine bestimmte Art zusätzlicher Restriktionen. 126 Genau genommen besitzt auch dann der von dem Gebot Betroffene einen Entscheidungsspielraum: er kann wählen zwischen der Befolgung des Gebotes oder dem Unterlassen jeglicher Handlung. 127 Vgl. Ostrom, E. (1986), S. 6 f.
IV. Arten von Institutionen
45
fung zu rechnen hat, kann die Mißachtung durch die Gesellschaft ihn von deviantem Verhalten abhalten. Viele Kostenarten spielen bei der Entscheidung, ob die Norm eingehalten werden soll oder nicht, ein Rolle, so z.B. auch Mitleid mit dem potentiellen Opfer. Man spricht dann von „psychischen Kosten" 1 2 8 , die sich in Scham, schlechtem Gewissen und ähnlichen Gefühlen niederschlagen. Es liegt auf der Hand, daß die Bewertung der zu erwartenden Sanktionen von Individuum zu Individuum differiert und sich im Prinzip nicht objektiv quantifizieren läßt. Alle Kostenarten besitzen jedoch die Wirkung, daß das einzelne Individuum mehr oder weniger wirksam von der Regeldeviation abgeschreckt w i r d . 1 2 9 Damit Sanktionen diesen Konformitätsdruck entwickeln können, muß die Einhaltung der Regel in irgendeiner Form überwacht werden, d.h. inkongruentes Verhalten erkannt und entsprechend bestraft werden. 130 Unterschiedliche Ansatzpunkte der Regelüberwachung bieten sich als weiteres Unterscheidungskriterium für Normen an, weil sie zugleich über den Geltungsbereich von Regeln mitbestimmen. Regeln und Normen können grundsätzlich psychisch mehr oder minder stark verankert sein. Ihre Durchsetzung wird durch unterschiedlich starke positive (Belohnung) wie negative Sanktionsmöglichkeiten sichergestellt. Ein Individuum wird die Folgen der Regelverletzung anders einschätzen, wenn es nicht damit zu rechnen braucht, die von dem Regelverstoß betroffene Person je wiederzusehen. Voraussetzung für das Sanktionspotential einer Norm ist also die Existenz von Rückkoppelungsejfekten. Besonders in den modernen, großen und anonymen Industriegesellschaften bestehen nur zwischen einem Bruchteil der Gesamtbevölkerung direkte wechselseitige 128
Eger, T./P. Weise (1990), S. 67. Psychische Kosten entsprechen „kognitiven Dissonanzen". Zur Theorie der kognitiven Dissonanz siehe Festinger, L. (1956) und Frey, D. (1978). 129 Man könnte auch sagen, daß je höher die Sanktionskosten (Kosten einer zu erduldenden Bestrafung) sind, desto eher wird regelkonformes Handeln generiert. Eine ausführliche Explikation des monetären Äquivalents der Kosten einer Strafe für den Straftäter findet sich in Becker, G. S. (1982), S. 51 ff. Becker weist darauf hin, daß die direkte Messung des monetären Äquivalents nur bei Geldstrafen möglich ist. Die gesamten gesellschaftlichen Kosten einer Straftat setzen sich aus den Kosten für den Straftäter, den Kosten der geschädigten Gesellschaftsmitglieder und den Kosten für die Durchführung der Bestrafung (z.B. Ausgaben für Gefängnisse) zusammen. Bei Geldstrafen sind nach Beckers Meinung die gesamtgesellschaftlichen Kosten allerdings fast null, weil der Geldstrafe als Kosten für den Straftäter ein gleich hoher Gewinn für den Entschädigten (abzüglich der Eintreibungskosten) gegenübersteht. Bei Haftstrafen gilt dieses „Null-Summen-Spiel" allerdings nicht, weil kein Geldbetrag zwischen Straftäter und Geschädigtem fließt. Gewinne wie das Gefühl der Genugtuung für die Bestrafung können bei dieser Berechnung ja nicht berücksichtigt werden. 130 Dies impliziert nicht automatisch die konstruktivistische Vorstellung einer mit Weisungs- und Sanktionsgewalt ausgestatteten Autorität.
46
Α. Institutionen und Ökonomie
Abhängigkeiten. Andere Mechanismen, die die Überwachung und Sanktionierung sicherstellen, müssen dann Rückkoppelungseffekte garantieren und Konformitätsdruck erzeugen. Zum einen durch die interne Überwachung, die durch das Individuum selbst erfolgt und zum anderen durch die externe Überwachung, die mit dem Sanktionshandeln Dritter verbunden ist. Den verschiedenen Formen der Überwachung lassen sich bestimmte Institutionenbegriffe zuordnen. Das sind (a) Gesetze als formgebundene Regeln, deren Befolgung durch staatliche Instanzen gesichert werden soll; (b) gesellschaftliche Regeln als formlose oder auch formgebundene Regeln, deren Nichteinhaltung zwar nicht staatlich aber „sozial" sanktioniert wird und (c) Entscheidungsregeln oder auch Faustregeln, welche vom Individuum selbst vorgegeben werden und formlos sind. 1 3 1 Die Übergänge zwischen diesen drei Arten von Regeln sind nicht nur fließend (wie beispielsweise im Fall der moralischen Regeln, welche sowohl den Faustregeln als auch den gesellschaftlichen Regeln zugeordnet werden), sondern in vielen Fällen gehört eine bestimmte Regel in mehr als eine der Sanktionskategorien. So wird in der Regel die Nichteinhaltung eines Gesetzes nicht nur staatlich, sondern auch sozial sanktioniert. 132 Einen Überblick über die Einteilung interner und externer Regeln nach der Art ihrer Überwachung gibt Tabelle 1. Gesetze sind Institutionen, die sich zu formal kodifizierten Normen und Rechten verdichtet haben. Gesetze sind „gesetzt", d. h. durch proklamativen Normsatz staatlich statuiert. In großen Gesellschaften werden zumeist als besonders wichtig eingestufte Verhaltensweisen durch formalisiertes Recht normiert. North unterscheidet deswegen auch zwischen formalen Beschränkungen, Verfassungen, Gesetzen, Property Rights und informellen, nicht kodifizierten, Institutionen, Sanktionen, Tabus, Gepflogenheiten, Traditionen sowie Verhaltenskodices. 133 Er betont aber zugleich: „Der Unterschied zwischen formlosen und formgebundenen Beschränkungen ist ein gradueller. Man stelle sich ein Kontinuum vor, das Tabus, Sitten und Traditionen am einen Ende bis zu geschriebenen Verfassungen am anderen erreicht." 1 3 4 Durch folgende Merkmale unterscheiden sich Gesetze von anderen sozialen Normen: 1 3 5 • Übertragung der Vollmacht für Sanktionen bei inkonformem Verhalten auf eine (monopole) Zentralmacht;
131 132 133 134 135
Vgl. Kirchgässner, G. (1993), S. 183, Eger, T./P. Weise (1990), S. 74 ff. Neben der Gefängnisstrafe ist u. a. mit der „sozialen Schande" zu rechnen. Vgl. North, D. C. (1991), S. 97. North, D. C. (1992), S. 55. Vgl. Geiger, T. (1964), S. 125 ff.
47
IV. Arten von Institutionen Tabelle 1
Überwachungsformen Interne Regeln
Externe Regeln
Interne Überwachung
Externe Überwachung
informell
informell
formell
imperative SelbstSelbstbindung überwachung
Informelle Kontrolle
Organisiert e Kontrolle
Ethische, moralische Regeln Dekalog, kategorischer Imperativ
Konventionen
privat
privat
Sitten und Gebräuche
formelle private Regeln
Gesetze
selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft
Privat- und Strafrecht
grammatigesellschaftkalische liche Regeln der UmgangsSprache, formen Rechts- bzw.
Art der Überwachung
staatlich
O l C l t l L l l V I l
Regeln
Beispiele
Linksverkehr Faustre^\eln und Gesellschaftliche
Gesellschafti liehe Re ρ ein
Gesetze
Regeln
• Ausübung der monopolisierten Reaktionstätigkeit durch eine richterliche Instanz; • Normierung der Reaktionsweisen im Verhältnis zur Normüberschreitung, d. h. Festlegung der Art und des Höchstmaßes der Bestrafung. Spezialisten sorgen für die Erfassung und Aufklärung von Regelverstößen, für die Verhängung von Strafen sowie für deren Vollzug. Ein bedeutsamer Unterschied zu sozialen Normen liegt darin, daß Rechtsbrecher auch dann mit Sanktionen zu rechnen haben, wenn andere Gesellschaftsmitglieder - teilweise auch die Betroffenen selbst - keine Möglichkeit oder keinen Anreiz zu Sanktionshandlungen haben. So muß der Staatsanwalt bei Offizialdelikten, unabhängig davon, ob der Betroffene selbst Klage erhebt oder nicht, tätig werden. Diese Form der Überwachung und Sanktionierung garantiert Rückkoppelungseffekte auch dort, wo keine wechselseitigen Abhän-
48
Α. Institutionen und Ökonomie
gigkeiten der Gesellschaftsmitglieder bestehen, wo also ein Gesetzesbrecher in der Anonymität der Großgesellschaft verschwinden könnte. Außerdem erhöht die Normierung der Strafe und die Abwicklung der Sanktionshandlung durch richterliche Instanzen die Transparenz der Norm für die Gesellschaftsmitglieder. 136 Gesellschaftliche (soziale) Regeln sind im Gegensatz zu Gesetzen nicht kodifiziert. Sie bestehen „nur" aus gesellschaftlich anerkannten Normen, von denen erwartetet wird, daß man sich an sie hält. Ebenso wie Gesetze sind soziale Normen gemeinhin bekannt, was aber nicht zu bedeuten hat, daß jedes Gesellschaftsmitglied alle Regeln und Normen tatsächlich kennt. Dem Individuum sind bereits dadurch Grenzen gesetzt, daß es sich nie alle Faktoren, die seine Interaktion beeinflussen, bewußt machen kann. Außerdem sind Regeln, auch wenn sie sich potentiell an alle Mitglieder der Gesellschaft wenden, hauptsächlich nur für den (veränderlichen) Teilausschnitt der Bevölkerung relevant, dessen Tätigkeiten in den Bereich der Regel fallen. Soziale Regeln besitzen ein Sanktionspotential, obwohl keine staatliche Sanktionsmechanismen für regelwidriges Verhalten aktiviert werden. Der Konformitätsdruck wird bei sozialen Regeln durch Fremdzwänge erzeugt, welche durch die Reaktionen der Gesellschaftsmitglieder auf Normverletzungen aus dem gesellschaftlichen Miteinander entstehen. Überwachung und Bestrafung sind privat organisiert, was nicht bedeuten muß, daß der Konformitätsdruck weniger stark ist. 1 3 7 Ein anschauliches Beispiel für eine gesellschaftlich sanktionierte Norm liefert Axelrod. Er beschreibt den Fall eines Duells: weil das Duell die angemessene und anerkannte Form der Beilegung von Meinungsverschiedenheit zur damaligen Zeit war, mußte ein Duellant für den Fall, daß er eine Forderung zum Duell nicht annahm, mit hohen Einbußen an Einfluß und Reputation in der Öffentlichkeit rechnen. In der Regel überwog die Furcht vor der gesellschaftlichen Sanktion die vielen rationalen Gründe, das Duell zu meiden. 1 3 8 Ebenso wie Gesetze benötigen soziale Normen also explizite Sanktionshandlungen anderer Akteure. Weil es aber keine garantierten (staatlichen) 136 Als ein Zweig der Neuen Institutionenökonomik beschäftigt sich insbesondere die „Ökonomische Analyse des Rechts" mit den ökonomischen Aspekten von Gesetzen und des Rechtssystems. Zum einen werden dabei die Wirkungen verschiedener rechtlicher Ausgestaltungen auf das Wirtschaftsgeschehen untersucht, zum anderen soll die Entwicklung des Rechtssystems als Folge rationaler Wahlentscheidungen im Sinne der Annahmen der Neuen Institutionenökonomik erklärt werden. Siehe dazu Posner, R. A. (1987), Ott, C./H.-B. Schäfer (1989), Behrens, P. (1986), Eidenmüller, H. (1995), Assmann, H.-D./C. Kirchner/E. Schanze (1978), Schäfer, H.-B./C. Ott (1995), 137 Kreditauskunfteien können als privat organisierte Überwachungsmechanismen interpretiert werden. 138 Vgl. Axelrod, R. (1986).
II. damit das Eigentum a u f den locator halb, das heißt, w e i l der conductor
ci
rei suae
überträgt. 1 3 0 D i e locatio
49 conductio
ist des-
Eigentümer ist und b l e i b t 1 3 1 , in Übereinstim-
m u n g m i t den bisher behandelten Fragmenten unwirksam. Eine ähnliche Aussage findet sich auch in C. 4. 65. 23: IMPP. DIOCLETIANUS ET MAXIMIANUS AA. ET CC. Aurelio Prisco A d probationem rei propriae sive defensionem non sufficit locatio ei facta, qui post de dominio coeperit contendere, cum nescientia dominii proprii et errantis nullum habeat consensum: sed ex eventu, si victus fuerit 1 3 2 , contractus locationis non constitisse magis declaratur. nemo enim sibi iure possessionem mutare potest.
DIE KAISER DIOCLETIAN UND MAXIMIANUS, AUGUSTI UND CAESARHS, an Aurelius Priscus Zum Beweis oder zur Verteidigung, daß eine Sache die eigene ist, genügt es nicht, daß sie demjenigen vermietet worden ist, der später einen Streit um das Eigentum beginnt, weil die Unkenntnis eines Irrenden vom eigenen Eigentum keinen Konsens bewirkt. Vielmehr ist es so, daß der Mietvertrag als unwirksam angesehen wird, wenn er [der Vermieter] den Prozeß verloren hat. Niemand kann sich nämlich selbst rechtmäßig den Besitz ändern, [a. 293] Diesem Reskript liegt folgender Fall zugrunde: Der Eigentümer hatte seine eigene Sache gemietet und später den locator , an den er w o h l die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses herausgegeben h a t t e 1 3 3 , m i t der rei
vindicatio
verklagt. M i t der Konstitution w i r d die Entscheidung getroffen, daß bei U n k e n n t n i s 1 3 4 des conductor
v o n seinem Eigentum in dem Abschluß des M i e t v e r -
trages nicht zugleich eine Übertragung des Eigentums an der Mietsache gesehen werden kann, was offenbar - insofern ist auch der C. 4. 65. 20 zugrundeliegende Fall vergleichbar - der beklagte locator
m i t der Argumentation, die M i e t e bilde
ein Besitzkonstitut, geltend gemacht hatte. Verliert dieser den Prozeß, so muß man den conductor
als Eigentümer ansehen, und damit erweist sich nachträg-
lich, daß die locatio
conductio
unwirksam ist.
130
Wacke, Index 22 (1994) S. 267, 277; Cuena Boy, Imposibilidad S. 120 f.; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 288; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 139; MayerMaly, Locatio conductio S. 117; Dulckeit, FS Schulz 1 S. 148, 183 Fn. 1; Siber, Passivlegitimation S. 62. - Dagegen bezweifelt Perozzi, Istituzioni II S. 291 Fn. 4 die Echtheit von existimans alienam. 131 Carcaterra, Negozi giuridici S. 16 f. hält es für wahrscheinlich, daß die Entscheidung in C. 4. 65. 20 auf den Fall der Unkenntnis des Eigentümers begrenzt war. Dazu siehe unten S. 53 f. 132 Krüger, Codex zu C. 4. 65. 23 Fn. 2 liest . Aus dem Zusammenhang ergibt sich aber, daß mit fuerit der Vermieter gemeint ist, vgl. dazu oben im Text. 133
Vgl. Wacke, Index 22 (1994) S. 267, 277.
134
Et errantis wird als späterer Zusatz angesehen von Wolf, Error S. 14; MayerMaly, Locatio conductio S. 117; Dulckeit, FS Schulz 1 S. 148, 183 Fn. 1; Erhardt, SZ 58 (1938) S. 167, 177. - An der Aussage der Stelle ändert dies nichts; für Echtheit des gesamten Fragments überzeugend Wacke, Index 22 (1994) S. 267, 275 f. und 290 Fn. 45. 4 Zimmermann
Α. Klassisches römisches Recht
50
Aus der Formulierung probatio rei propriae wird teilweise der Schluß gezogen, das Fragment behandele auch den Fall, daß der Vermieter Kläger ist. 135 Das ist jedoch nicht zutreffend 136 , weil der Vermieter sich gegen die rei vindicatio gerade mit der Behauptung verteidigt, er habe infolge des Vertragsabschlusses das Eigentum erworben. 137 Mit nullum habeat consensum ist nicht der Mietvertrag selbst gemeint 138 , sondern das gleiche, was auch schon in C. 4. 65. 20 angesprochen wurde: Bei Unkenntnis des conductor von seinem Eigentum kann in dem Abschluß des Mietvertrages nicht zugleich eine Übertragung des Eigentums liegen, insofern fehlt es am consensus} 39 Bei C. 4. 65. 23 ergibt sich dies zwingend daraus, daß nullum habeat consensum als Begründung dafür genannt wird, daß der Abschluß des Mietvertrages nicht als Beweis für das Eigentum des locator ausreicht. Bei Kenntnis des Mieters hätte man dagegen von einem Eigentumsübergang ausgehen können, und zwar selbst dann, wenn der conductor schon vor Abschluß des Mietvertrages die Sache besaß, nämlich durch constitutum possessorium. 140 Das bedeutet, daß als Grund für die Unwirksamkeit des Mietvertrages wiederum nur rechtliche Unmöglichkeit in Betracht kommen kann. 141 Der Abschnitt des Fragments, der dies ausdrücklich fur den Fall, daß der locator den Prozeß verloren hat, feststellt {sed - declarator), wird teilweise für unecht gehalten, weil zum einen fuerit in dem Reskript in der zweiten Person stehen müsse und zum anderen ein Eingehen auf diese Frage überhaupt nicht er-
135
Siber Passivlegitimation S. 62 f., der deswegen annimmt, probationem rei propriae sive und cum - consensum seinen nachträgliche Einfügungen; zustimmend Kaden, FS Koschacker 1 S. 334, 351 Fn. 80; Marrone, Efficacia S. 486 Fn. 7 (diesem zustimmend Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 140); Zilletti, Errore S. 364 ff.; für unecht wird cum - consensum auch von Voci, Errore S. 267 f. gehalten. 136 Deshalb ist auch der Annahme, daß cum - consensum später eingefugt wurde, nicht zu folgen. 137 Dulckeit, FS Schulz 1 S. 148, 182 Fn. 1; zustimmend Wolf, Error S. 13 Fn. 65 und S. 14 Fn. 69; Mayer-Maly, Locatio conductio S. 117; gegen die Interpretation Sibers, auch Erhardt, SZ 58 (1938) S. 167, 176 f. 138 So aber Molnàr, BIDR 85 (1982) S. 127, 130. 139 Wacke, Index 22 (1994) S. 267, 275. - Kaden, FS Koschacker 1 S. 334, 352 spricht von einem Anerkenntnis; Wolf, Error S. 14 und Mayer-Maly, Locatio conductio S. 117 von Verzicht; etwas anders Dulckeit, FS Schulz 1 S. 148, 183 Fn. 1. - Jedenfalls ist eindeutig, daß sich der fehlende Konsens nicht auf den Mietvertrag bezieht. Im übrigen spricht gerade auch C. 4. 65. 20 dafür, daß hier mit consensum eine Eigentumsübertragung gemeint ist; vgl. auch Cuena Boy, Imposibilidad S. 121. 140 Wacke, Index 22 (1994) S. 267, 276. - War dagegen der locator vor Abschluß des Mietvertrages im Besitz der Sache, so hätte man (bei Kenntnis des conductor) Übereignung durch brevi manu traditio annehmen können. 141 So auch Cuena Boy, Imposibilidad S. 120 f.
II.
ci
rei suae
51
forderlich gewesen sei. 142 Dagegen spricht freilich, daß die unpersönliche Formulierung des Reskripts nicht ungewöhnlich ist. 143 Die Ausführungen zur Wirksamkeit der locatio conductio sind auch nicht überflüssig oder ohne Bezug zu dem behandelten Fall: Wenn entschieden wird, daß der Abschluß des Mietvertrages bei einem Irrtum des Mieters auf die Eigentumslage keinen Einfluß hat, dann drängt sich ein Hinweis auf die Nichtigkeit einer conductio rei suae geradezu auf. 144 In den diesen beiden Fragmenten zugrundeliegenden Fällen wird sich also der locator darauf berufen haben, daß der Eigentümer durch den Abschluß des Mietvertrages, der ihn zum conductor machen sollte, zugleich sein Eigentum auf ihn, den beklagten Vermieter, übertragen habe. Es handelt sich somit um eine Auslegungsfrage, die in unmittelbar einleuchtender Weise so beantwortet wird, daß Grundvoraussetzung für eine solche Auslegung des Mietvertrages die Kenntnis des conductor von seinem Eigentum ist. Ansonsten fehlt ihm der erforderliche Übereignungswille. 145 Außerdem ergibt sich daraus jeweils, daß die wegen fehlender Eigentumsübertragung auf den locator vorliegende conductio rei suae unwirksam ist. Die dritte Konstitution, C. 4. 65. 25, lautet folgendermaßen: IMPP. DIOCLETIANUS ET MAXIMIANUS AA. ET CC. Aurelio Epagatho Si quis conductionis titulo agrum vel aliam quamcumque rem accepit, possessionem debet prius restituere et tunc de proprietate litigare. Ill h. Ian. Sirmi AA. conss. DIE KAISER DIOCLETIAN UND MAXIMIANUS, AUGUSTI UND CAESARES, an Aurelius Epagathus Wenn jemand ein Feld oder irgendeine andere Sache aufgrund eines Pachtvertrages empfangen hat, so muß er zunächst den Besitz zurückgeben und kann erst dann einen Prozeß wegen des Eigentums an der Sache fuhren. 30. Dezember 293 zu Sirmium unter dem Konsulat der Kaiser.
Jemand hatte eine Sache146 gepachtet. Die Konstitution bestimmt, daß er sie zuerst an den locator zurückgeben muß, bevor er seinerseits unter Berufung 142 Wolf, Error S. 14; Mayer-Maly, Locatio conductio S. 117 f.; Dulcheit, FS Schulz 1 S. 148, 183 Fn. 1; Erhardt, SZ 58 (1938) S. 167, 177. - Für Echtheit Zilletti, Errore S. 364 ff.; Marrone , Efficacia S. 486 Fn. 7; Kaden, FS Koschacker 1 S. 334, 351; Siber, Passivlegitimation S. 62 f. - Alle Genannten sprechen sich auch gegen die Echtheit von nemo - potest aus. Im Zusammenhang der Wirksamkeit einer conductio rei suae ist dies nicht von Belang; vgl. im übrigen auch dazu Wache, Index 22 (1994) S. 267, 275 f. 143
Vgl. Wache, Index 22 (1994) S. 267, 291 Fn. 58.
144
Wache, Index 22 (1994) S. 267, 290 Fn. 46: „Eine Antwort auf die mit dem Ausgangsfall aufs engste verknüpfte Frage gehört zu einer erschöpfenden Rechtsbelehrung; ...". 145 146
Wache, Index 22 (1994) S. 267, 277 f.
Mayer-Maly, Locatio conductio S. 118 Fn. 32 hält vel aliam quamcumque rem für eine „unechte Generalisierung", schwerlich zu Recht, weil der Passus vermutlich aus einem Zusammenhang gerissen ist, in dem mit einer allgemeinen Regel argumentiert
52
Α. Klassisches römisches Recht
darauf, daß er Eigentümer sei, auf Herausgabe klagen kann. Dieses Fragment wird vereinzelt als Beleg für die Wirksamkeit einer conductio rei suae angeführt. 147 Das ist unzutreffend: Entweder ist mit possessio die possessio civilis des conductor gemeint 148 , dann kann die locatio conductio nicht wirksam sein, weil der Pächter dann bloßer Detentor sein müßte. Er könnte sich zwar möglicherweise zum Eigenbesitzer emanzipiert haben, doch würde das nichts ändern, weil nemo sibi ipse causam possessionis mutare potest . Als Grund für die Unwirksamkeit käme dann nur das Eigentum des conductor 149 in Betracht. Die Rückgabepflicht stünde dieser Annahme nicht entgegen, da es sich um eine rein prozessuale Regelung handeln würde. Denn es ginge nur um die Frage, ob der conductor seine Eigentumsbehauptung bereits gegenüber dem Rückgabeverlangen des locator einwenden darf oder nicht. Ist possessio nicht in diesem, sondern in einem untechnischen Sinn, nämlich als „Besitztum" 150 zu verstehen 151, dann besagt das Fragment überhaupt nichts zur Frage der Wirksamkeit einer conductio rei suae. Da - anders als in C. 4. 65. 23 - der Ausgang des Prozesses um das Eigentum noch völlig offen ist 1 5 2 , könnte man in diesen Fall dem Reskript keine Aussage bezüglich des Eigentums entnehmen. Es würde dann wiederum nur ein prozessuales Problem behandelt werden, bei dem es letztlich um die Beweislastverteilung zwischen locator und conductor geht und das mit der materiellen Rechtslage nichts zu tun hat. Die Konstitution ist somit nicht geeignet, das bisher gewonnene Ergebnis in Frage zu stellen. Aus C. 4. 65. 20 und C. 4. 65. 23 läßt sich allerdings herleiten, daß eine conductio rei suae bei unbeschränktem Eigentum des conductor wegen rechtlicher Unmöglichkeit unwirksam ist.
wurde; vgl. die zu vermutende Zusammengehörigkeit mit der voraufgehenden c. 23, dazu Krüger, Codex zu C. 4. 65. 25 Fn. 3. 147 Carcaterra, Negozi giuridici S. 22, der außerdem annimmt, daß der locator in diesem Fall einen Nießbrauch an der Sache hat. 148 So Baron, JhJb 30 (1892) S. 197, 198 ff.; zustimmend Sokolowski, Philosophie II S. 402 Anm. 349. 149 Davon geht offenbar Mayer-Maly, Locatio conductio S. 118 aus. 150 Heumann/Seckel, Handlexikon unter „possidere" lit. e), S. 441. 151 Diese Möglichkeit sieht Cuena Boy, Imposibilidad S. 118. 152 Vgl. Cuena Boy, Imposibilidad S. 118.
II. Conductio rei suae
53
f) Zusammenfassung
aa) Rechtliche Unmöglichkeit Als Ergebnis läßt sich zunächst festhalten, daß die Unwirksamkeitsregel, die sich aus den angeführten Quellen ergibt, schon im klassischen Recht gegolten hat. Fragmenten wie D. 50. 17. 45 pr. oder D. 16. 3. 15, die wegen ihrer Generalisierung auffällig sind, muß jedenfalls inhaltliche Echtheit zugestanden werden. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß ausnahmslos alle bislang untersuchten Fragmente keinerlei Hinweise auf mögliche Ausnahmen von der Unwirksamkeitsregel enthalten. Gemeinsam ist ihnen aber auch, daß der conductor stets das unbeschränkte Eigentum an der Mietsache hat. Dies ist auch in den beiden Fällen 153 , in denen der locator als Ersitzungsbesitzer dargestellt wird, nicht anders, weil der Ersitzungsbesitz das Eigentum des Mieters in keiner Weise beschränkt. Daraus ergibt sich auch der Grund für die Unwirksamkeit: Die römischen Juristen behandelten solche Fälle unter dem Aspekt der rechtlichen Unmöglichkeit, das heißt, Gegenstand einer sinnvollen locatio conductio konnte für sie nur eine Sache sein, deren Gebrauch bzw. Nutzung dem conductor nicht ohnehin schon zustand. War dies infolge des unbeschränkten Eigentums der Fall, so konnte der Vertrag ihrer Ansicht nach den ihm zukommenden Zweck nicht erfüllen; er war deshalb unwirksam. Darauf, ob diese Unwirksamkeitsregel einen Widerspruch zu den noch zu behandelnden Fragmenten, die von der Wirksamkeit einer conductio rei suae auszugehen scheinen, darstellt, und ob ein solcher Widerspruch ein Indiz für die Unechtheit der Fragmente einer der beiden Gruppen sein könnte, kann sinnvollerweise erst nach einer Erörterung aller Stellen, die zu dieser zweiten Gruppe zu rechnen sind, eingegangen werden. 154
bb) Die Bedeutung eines Irrtums des conductor Wenn diese Beurteilung zutreffend ist, dann kann es für die Unwirksamkeit einer conductio rei suae nicht darauf ankommen, ob der conductor sein Eigentum gekannt hat oder nicht:
153 154
D. 41.3. 21; D. 41. 2. 40.3. Vgl. dazu S. 79 ff.
Α. Klassisches römisches Recht
54
In D. 50. 17. 45 pr., D. 41. 3. 21 1 5 5 und D. 41. 2. 40. 3 wird dessen Kenntnis oder Unkenntnis überhaupt nicht erwähnt. Wenn die Formulierung von D. 16. 3. 15 überhaupt einen Rückschluß zuläßt, dann würde sie für einen Irrtum des conductor bezüglich seines Eigentums sprechen. 156 Eindeutig ergibt sich nur bei C. 4. 65. 20 und 23, daß der Mieter sein Eigentum an der Sache nicht gekannt hat. Daraus zu folgern, daß bei allen anderen Fragmenten Kenntnis vorliegt, 157 ist nicht möglich: Zum einen wird man bei unbeschränktem Eigentum des conductor dessen Unkenntnis als den Regelfall ansehen müssen, weil sie der Hauptgrund dafür sein dürfte, daß er sich überhaupt auf den Vertrag einläßt. 158 Zum anderen erwähnen C. 4. 65. 20 und 23 den Irrtum ausschließlich als Argument gegen die Behauptung, infolge der locatio conductio liege ein Eigentumsübergang auf den locator vor. In den übrigen Quellen erfahren wir nichts von einer solchen Behauptung, deshalb brauchte dort auch nicht auf die mögliche Kenntnis oder Unkenntnis des conductor eingegangen werden. Obwohl also kein Fragment Hinweise auf die Kenntnis des conductor enthält, sondern das Vorliegen eines Irrtums wahrscheinlicher ist, hat dieser keine Bedeutung fur die Unwirksamkeit der conductio rei suae. Diese tritt auch dann ein, wenn der Mieter oder Pächter weiß, daß die Sache ihm gehört. Denn zum einen hat die Erwähnung des Irrtums bei C. 4. 65. 20 und 23, also bei den Reskripten, die klar von einem Irrtum ausgehen, nur die Funktion, die Behauptung des locator zu entkräften. Hätte man zum anderen den Irrtum trotzdem als notwendige Bedingung der Unwirksamkeit angesehen, so wäre wohl auch außerhalb der beiden Reskripte ausdrücklich daraufhingewiesen worden. Es läßt sich somit feststellen, daß zwar in allen untersuchten Fragmenten ein Irrtum des conductor wahrscheinlich ist, daß dieser Irrtum aber in keinem Zusammenhang mit der Entscheidung für die Unwirksamkeit des Vertrages steht. 159 Wie C. 4. 65. 20 und 23 zeigen, könnte unter Umständen bei Kenntnis des conductor in dem Vertragsschluß zugleich eine Übertragung des Eigentums durch constitutum possessorium auf den locator zu sehen sein. Dann wäre der Vertrag zwar wirksam, aber nicht, weil es an einem Irrtum des conductor fehlen, sondern weil es sich dann um keine conductio rei suae mehr handeln würde.
155
Hier gehen Cuena Boy, Imposibilidad S. 103; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2846; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 113; Eckardt, Iavoleni epistulae S. 81 und Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 136 f. von einem unwissenden Eigentümer aus; das Gegenteil wird von Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 288 vermutet. 156 Vgl. oben bei Fußnote 103. 157 So Mayer-Maly, Locatio conductio S. 117. 158 Käser, Pfandrecht S. 172 Fn. 161. 159 Cuena Boy, Imposibilidad S. 121; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 288; Zilletti, Errore S. 218 f.
II.
c i rei suae
55
2. Wirksamkeit einer conductio rei suae Aus denjenigen Fragmenten, die für die Wirksamkeit einer conductio rei suae zu sprechen scheinen, lassen sich zwei Gruppen bilden, je nachdem, ob der locator Nießbraucher oder Pfandgläubiger ist.
a) Nießbraucher als locator Eine conductio rei suae, bei der dem locator der Nießbrauch an der Sache zusteht, also durch einen conductor , der nur noch nuda proprietas hat, findet sich in folgenden zwei Fragmenten:
aa) D. 7. 4. 29 pr. 1 6 0 ULPIANUS libro septimo decimo ad Sabinum Pomponius quaerit, si fundum a me proprietarius conduxerit eumque fundum vendiderit Seio non deducto usu fructu, an usum fructum per emptorem retineam. et ait, licet proprietarius mihi pensionem solvent, tarnen usum fructum amitti, quia non meo nomine, sed suo fruitus est emptor: teneri plane mihi ex locato proprietarium, quanti mea interfuit id factum non esse, quamquam si a me conductum usum fructum quis alii locaverit, retinetur usus fructus: sed si proprietarius eum locasset suo nomine, dicendum amitti: non enim meo nomine fruitur colonus. ULPIAN im 17. Buch zu Sabinus Pomponius erörtert die Frage, ob, wenn der Eigentümer von mir ein Landgut gepachtet und dieses dem Seius ohne Vorbehalt des Nießbrauchs verkauft hat, mir der Nießbrauch mittels des Käufers erhalten bleibt; und er sagt, daß ich den Nießbrauch verliere, auch wenn der Eigentümer mir den Pachtzins zahlt, weil der Käufer nicht in meinem, sondern im eigenen Namen Früchte zieht. Allerdings hafte mir der Eigentümer aus der Pacht auf mein Interesse daran, daß der Verkauf unterblieben wäre. Wenn hingegen jemand den von mir gepachteten Nießbrauch einem Dritten verpachtet, bleibt er erhalten; verpachtet ihn aber der Eigentümer im eigenen Namen, so muß man sagen, daß er verlorengeht; denn der Pächter übt ihn nicht in meinem Namen aus.
Entsprechend der Titelüberschrift Quibus modus usus fructus vel usus amittitur geht es in diesem Fragment in erster Linie um Fragen des Erlöschens des Nießbrauchs: Im Ausgangsfall pachtet der Eigentümer sein eigenes Landgut vom Nießbraucher (von dem hier in der ersten Person gesprochen wird) und verkauft es an einen Dritten (Seius), ohne seinem Verpächter dessen Nießbrauch vorzubehalten - non deducto usu fructu. Die Frage, ob diesem der Nießbrauch trotzdem erhalten bleibt, verneint Pomponius, dessen Entscheidung von Ulpian kommentarlos referiert wird, und zwar auch für den Fall, daß der Eigen-
160
Übersetzung von Horak, in: Behrends /Knütel / Kupisch /Seiler, CIC II S. 639 f.
Α. Klassisches römisches Recht
56
tümer weiterhin den Pachtzins an den Nießbraucher zahlt, weil non meo nomine, sed suo fruitus est emptor. Das heißt, der Nießbrauch erlischt durch non usus. l6 ] Der Eigentümer haftet dann dem Nießbraucher ex locato. In der ersten Abwandlung dieses Ausgangsfalles (quamquam - fructus) verpachtet jemand, der den Nießbrauch vom Nießbraucher (a me) gepachtet hatte, diesen an einen Dritten weiter. Hier wird keiner der Beteiligten als proprietarius bezeichnet; der Nießbrauch soll erhalten bleiben. Der Grund dafür ist darin zu sehen, daß dann, wenn ein bloßer Pächter die Sache weiterverpachtet, auch der zweite Pächter im Namen des Nießbrauchers die Früchte zieht. Im Unterschied zum Ausgangsfall ist kein non usus gegeben. Der Nießbrauch erlischt nicht. Die zweite Abwandlung (sed - colonus) bezieht sich auf den Fall, daß der Eigentümer den Nießbrauch im eigenen Namen an einen Dritten weiterverpachtet. Dies soll zum Erlöschen des Nießbrauchs fuhren. Hier ist die Situation wieder die gleiche wie im Ausgangsfall, der Dritte zieht nur im Namen des Eigentümers die Früchte, deshalb liegt non usus vor. Im Ausgangsfall ist eine conductio rei suae gegeben. Als Grund für das Erlöschen des Nießbrauchs nach dem Verkauf an Seius kommt nur non usus des Nießbrauchers in Betracht 162 , weil der Käufer nicht in dessen Namen die Früchte zieht. Dies ist anders in der ersten Abwandlung, aber genauso in der zweiten. Um das Erlöschen des Nießbrauchs durch non usus geht es auch im Umfeld dieses Fragments, ausdrücklich zum Beispiel in D. 7. 4. 28 oder D. 7. 4. 25. Der Satz teneri - esse bestätigt die Wirksamkeit der conductio in diesem Fall; sie ist Grundlage für die Haftung des Eigentümers bzw. Pächters. 163 Anhaltspunkte für eine Interpolation dieses ersten Teils des Fragments fehlen. 164 In der ersten Abwandlung des Ausgangsfalles ist nirgends davon die Rede, daß gerade der Eigentümer seine Sache pachtet. Daher spielt dieser Teil des Fragments 165 in dem hier interessierenden Zusammenhang keine Rolle. Entscheidend für die Wirksamkeit der conductio rei suae in diesem Fall ist der Nießbrauch des locator. Durch dieses Zwischenrecht ist das Eigentum des
161
Dazu sogleich im Text. Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 113 f.; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 283\ Albanese, BIDR62(1959) S. 121, 141. 163 Cuena Boy, Imposibilidad S. 117; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 113 f.; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 284; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 141 f.; van Oven, TR 26 (1958) S. 322, 322 Fn. 2; Carcaterra, Negozi giuridici S. 21. 164 Dagegen nehmen Perozzi, Istituzioni II S. 291 Fn. 4 und Beseler, SZ 47 (1927) S. 355, 368 an, daß teneri - esse interpoliert ist. 165 Interpolationen nehmen an: Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 113; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 141 \ Beseler, SZ 47 (1927) S. 355, 368. 162
II.
c i rei suae
57
conductor beschränkt, da die Gebrauchs- und Nutzungsbefugnis dem locator zusteht. Dem conductor verbleibt nur die nuda proprietas. Schließt dieser „bloße Eigentümer" mit dem Nießbraucher einen Mietvertrag ab, so erhält er nicht das, was ihm ohnehin schon zusteht; der Vertrag kann folglich den ihm zugedachten Zweck erfüllen. Wegen des Zwischenrechts ist die Situation hinsichtlich der Wirksamkeit des Vertrages nicht anders als bei der Vermietung an einen Nichteigentümer, deshalb liegt keine rechtliche Unmöglichkeit vor. Aus diesem Grund ist die conductio rei suae wirksam.
bb) D. 9. 4. 19. I 1 6 6 PAULUS libro vicensimo secundo ad edictum Si servi, in quo usus fructus alienus est, dominus proprietatis operas conduxerit, verba efficiunt, ut cum noxae deditione damnetur. PAULUS im 22. Buch zum Edikt Hat der Inhaber des bloßen Eigentums vereinbart, daß sein Sklave, an dem ein anderer einen Nießbrauch hat, gegen Entgelt bei ihm arbeitet, so ergibt der Wortlaut des Edikts, daß er mit der Befugnis zu verurteilen ist, den Sklaven als Schädiger auszuliefern.
Das dem Digestentitel 9. 4 De noxalibus actionibus entstammende Fragment behandelt folgenden Fall: Der Eigentümer eines Sklaven schließt mit dem Nießbraucher eine locatio conductio über diesen ab; es handelt sich also um Sklavenmiete. 167 Verursacht der Sklave einem Dritten einen Schaden, so stellt sich die Frage, ob die Noxalhaftung den Eigentümer oder den Nießbraucher trifft. Paulus entscheidet unter Berufung auf den Wortlaut des Edikts 168 , daß ersteres der Fall ist, wobei er offensichtlich zugrundelegt, daß der Eigentümer infolge der conductio den Sklaven in potestate hat. Zwar ist denkbar, daß auch bei unwirksamer conductio der Sklave in potestate des Eigentümers ist, daß also die tatsächliche Gewalt über den Sklaven dafür ausreicht. Aber selbst wenn die Wirksamkeit der conductio nicht zwingende Voraussetzung für die Begründung dieser Entscheidung ist, so ergibt sich doch aus dem Fragment keinerlei Hinweis darauf, daß die conductio hier unwirksam ist. Gerade wenn man den Sachverhalt mit dem von D. 7. 4. 29 pr. vergleicht, läßt sich auch aus D. 9. 4. 19. 1 herleiten, daß die conductio rei suae
166
Übersetzung von Apathy, in: Behrends / Knütel / Kupisch /Seiler, CIC II S. 785.
167
Vgl. Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 142 f.
168
Ulpian (23 ad ed) D. 9. 4. 21. 3: 7η potestate ' sic aeeipere debemus, ut facultatem et potestate m exhibendi eius habeat ...; vgl. Behrends / Knütel / Kupisch / Seiler, CIC II S. 785 Fn. 1; ähnlich auch Biondi, Ann. Palermo 10 (1925) S. 1, 263 f. Fn. 1 a. E.; Beseler, SZ 46 (1926) S. 83, 112 hält verba - damnetur für eine Glosse. Im hier interessierenden Zusammenhang kommt es freilich nur auf die Wirksamkeit der conductio an, die sich unabhängig von diesem Satzteil aus dem Fragment ergibt.
Α. Klassisches römisches Recht
58
wirksam ist, w e i l der locator
einen Nießbrauch an der Mietsache h a t . 1 6 9 Dieses
Zwischenrecht ist wiederum der Grund dafür, daß keine rechtliche U n m ö g l i c h keit gegeben ist.
b) Pfandgläubiger U m eine conductio
als
locator
rei suae v o n einem Pfandgläubiger geht es in folgenden
Quellen:170
aa) D . 1 3 . 7 . 35. 1 FLORENTINUS libro octavo institutionum Pignus manente proprietate debitoris solam possessionem transfert ad creditorem: potest tarnen et precario et pro conducto debitor re sua uti. FLORENTINUS im 8. Buch seiner Institutionen Eine Verpfändung überträgt bloßen Besitz auf den Gläubiger, indem das Eigentum beim Schuldner bleibt: dennoch kann der Schuldner den Gebrauch an seiner Sache aufgrund einer Bittleihe oder Miete erlangen. Dieses Fragment bestätigt ausdrücklich, daß eine conductio
rei suae v o m
Pfandgläubiger m ö g l i c h ist. Es besagt, daß es trotz des Besitzübergangs a u f den Pfandgläubiger - es geht also u m ein Besitzpfand - m ö g l i c h ist, daß der Verpfänder precario
oder pro
conducto
die tatsächliche Gewalt über die Sache
hat.171 Weder formal noch inhaltlich gibt es Indizien für eine I n t e r p o l a t i o n . 1 7 2 Es kann somit festgehalten werden, daß i m klassischen Recht die conductio
rei
169 Cuena Boy, Imposibilidad S. 117 f.; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 284; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 142 f. 170 Nicht behandelt wird im Folgenden Julian (44 dig) D. 41. 3. 33. 6, weil in diesem Fragment der conductor bloßer Ersitzungsbesitzer ist, eine conductio rei suae somit nicht vorliegt. 171 172
Käser, Pfandrecht S. 174.
Carcaterra, Negozi giuridici S. 20 f. hält et pro conducto für interpoliert. Dies beruht auf seiner Ansicht, wonach eine conductio rei suae nur bei einem Nießbraucher als locator wirksam gewesen sei. Vgl. dazu unten S. 79 ff. - Perozzi, Istituzioni I I S. 291 Fn. 4 streicht potest - uti; genauso: Silva, SDHI 6 (1940) S. 233, 250; Albertario, Studi 6 S. 579, 581; Bozza, Ann. Macerata 6 (1930) S. 189, 234; Ciapessoni, Precarista S. 199, 204. Dazu vgl. auch noch unten S. 79 ff. und S. 103 ff. - Zweifelnd Scherillo, Locazione e precario S. 21 f. - Für die Echtheit sprechen sich dagegen aus: Käser, Pfandrecht S. 179 Fn. 191; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 105; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 284; Zamorani, Precario S. 248 f.; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 145 f.; Tondo , Labeo 5 (1959) S. 157, 171 ff.; van Oven, TR 26 (1958) S. 322, 323; wohl auch Cuena Boy, Imposibilidad S. 114.
II.
c i rei suae
59
suae auch dann wirksam war, wenn der locator ein Pfandrecht an der Sache hatte. Der Grund ist der gleiche wie bei den beiden zuvor erörterten Fragmenten: Genauso wie der Nießbrauch ist auch das Pfandrecht ein Zwischenrecht, das die rechtliche Unmöglichkeit ausschließt: Solange das Pfandrecht besteht und damit der Pfandgläubiger die tatsächliche Gewalt über die Sache hat, besteht für den Verpfänder/Eigentümer keine Möglichkeit, seine Sache zu nutzen oder zu gebrauchen. 173 Durch die locatio conductio bekommt er (als detentor) die tatsächliche Gewalt über die Sache zurück und somit auch die Möglichkeit, diese zu nutzen bzw. zu gebrauchen. Folglich verschafft ihm die locatio conductio etwas, das er ansonsten bei Bestehen des Pfandrechts nicht hätte erlangen kön-
bb) D. 13.7. 22.3 ULPIANUS libro trigensimo ad edictum Si post distractum pignus debitor, qui precario rogavit vel conduxit pignus, possessionem non restituât, contrario iudicio tenetur. ULPIAN im 30. Buch zum Edikt Wenn, nachdem das Pfand verkauft ist, der Schuldner, der es im Wege der Bittleihe erhalten oder es gemietet hat, den Besitz nicht zurückgewährt, haftet er mit der Gegenklage.
Ein Schuldner verpfändete eine Sache - offenbar handelt es sich auch hier um ein Besitzpfand - und erhielt sie als Prekarist bzw. als conductor wieder zurück. Nach dem Pfandverkauf durch den Gläubiger gab er die Sache nicht zurück. Ulpian entscheidet, daß das contrarium iudicium gegeben sein soll. Er geht also von der Wirksamkeit der conductio aus. Zunächst fällt auf, daß von restituere possessionem die Rede ist, obwohl ein conductor bloßer detentor und kein possessor ist. 175 Es ist jedoch möglich, possessio an dieser Stelle in einem untechnischen Sinn als Bezeichnung für die betreffende Sache zu verstehen, so als ob es heißen würde ... rem non restitu-
173 Dazu, ob diese Erwägung auch bei einer „besitzlosen" Verpfandung zutreffend ist, siehe unten S. 70 f. 174
Vgl. auch Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 173: „... ma ciò non è rispetto al precario ο alla conduzione di pegno, perchè in questo caso si tratta di legittimare il debitore pignorante, in vista del fruì , alla conservazione della cosa, cui egli non avrebbe diritto fino al momento del soddisfacimento del debito garantito."; diesem zustimmend Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 719 f. 175 Silva, SDHI 6 (1940) S. 233, 248 f., die deshalb eine Interpolation annimmt; so auch Scherillo, Locazione e precario S. 20; Kreller, SZ 62 (1942) S. 143, 201.
Α. Klassisches römisches Recht
60
at... 116 Aber auch dann, wenn man possessio in einem technischen Sinn versteht, ist die Aussage stimmig. Unterstellt man nämlich, daß der Prekarist, von dem ja in erster Linie die Rede ist, den (Interdikten-)Besitz hat, so fuhrt Ulpian den Gedanken in Anlehnung nur an diese Situation weiter. Weiterhin stellt sich angesichts der Inskription die Frage, ob nicht pignus interpoliert ist und statt dessen ursprünglich von fiducia die Rede war. 177 Wäre dies der Fall, so hätte der Schuldner nicht seine eigene, sondern eine fremde, nämlich seinem Gläubiger gehörende Sache gemietet. Die Wirksamkeit der conductio wäre dann selbstverständlich. Der Bezug auf die fiducia ist freilich nicht zwingend, da das Fragment eben nur einen kleinen Ausschnitt aus dem 30. Buch von Ulpians Ediktskommentar darstellt, es also durchaus möglich ist, daß an einzelnen Stellen auch von einem pignus die Rede war. Jedenfalls ist sachlich ein Bezug auf pignus ohne weiteres möglich, mit dem contrarium iudicium ist dann die gegen den Verpfänder gerichtete actio pigneraticia contraria gemeint. 178 Zum gleichen Ergebnis führt der Vergleich mit dem zuvor erörterten Fragment D. 13. 7. 35. 1: Auch dort ist die conductio wirksam, weil der locator Pfandgläubiger ist. In beiden Fällen steht dem locator ein Zwischenrecht zu, das die rechtliche Unmöglichkeit ausschließt. Die Beurteilung beider Fälle kann somit nicht unterschiedlich sein. Obwohl also die Inskription daran denken läßt, daß das Fragment ursprünglich auf die fiducia bezogen war, so kann doch nicht ausgeschlossen werden, daß Ulpian das pignus neben der fiducia behandelte oder, was wahrscheinlicher ist, überhaupt nur vom pignus gesprochen, dieses aber in einem weiten, auch die fiducia umfassenden Sinn verstanden hat. 179 Letzteres liegt vor allem des-
176
Das sieht auch Kreller, SZ 62 (1942) S. 143, 201. Gegen eine Interpolationsannahme Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 107 f.; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 163; Erbe, Fiducia S. 108 Fn. 3. 177 Vgl. oben S. 19 f.; für einen Bezug auf die fiducia : Väzquez, BIDR 94-95 (19911992) S. 181, 187; Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 723; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 107 f.; Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 141; derselbe, Pfandrecht S. 92 Fn. 188 und S. 184 (mit Bedenken gegenüber einer Interpolationsannahme, S. 184 Fn. 205); Zamorani, Precario S. 246, 267; Frezza, Garanzie II S. 26; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 163; Kreller, SZ 62 (1942) S. 143, 201; Erbe, Fiducia S. 108; Silva, SDHI 6 (1940) S. 233, 248 f.; Scherillo, Locazione e precario S. 20; Biondi, Ann. Palermo 7 (1918) S. 3, 167; Lenel, Palingenesia II Sp. 618 (Ulpian Nr. 903) Fn. 8 und 9; wohl auch Albertario, Studi 2 S. 141, 148. - Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 143 hält diesen Bezug fur zumindest möglich und erörtert die Stelle deshalb nicht. - Für einen Bezug auf das pignus dagegen Michel, Gratuité S. 131 Fn. 9. 178 Käser, Pfandrecht S. 184. 179 Dazu überzeugend Käser, Pfandrecht S. 184 Fn. 205 und S. 120: „ M i t solchem Sprachgebrauch dürfen wir rechnen, weil die römischen Juristen ihre Rechtstermini nicht mit der Strenge angewandt haben, die ihnen die an unseren Kodifikationen geschulten Gelehrten bisweilen aufzwingen möchten. Man beachte auch, daß zur Zusam-
II.
ci
61
rei suae
halb nahe, w e i l es für die eigentliche Fallentscheidung in D . 13. 7. 22. 3 nicht darauf ankommt, ob das Sicherungsmittel pignus oder fiducia
war.
Somit darf man D . 13. 7. 22. 3 als weiteren Beleg für die Wirksamkeit einer conductio
rei suae bei Vorhandensein eines Pfandrechts nicht unberücksichtigt
lassen.
cc) D . 4 1 . 2 . 37 MARCIANUS libro singulari ad formulant hypothecariam Re pignoris nomine data et possessione tradita, deinde a creditore conducta convenit, ut is, qui hypothecam dedisset, pro colono in agro, < i n > 1 8 0 aedibus autem pro inquilino sit: per eos creditor possidere videtur. MARCIAN in der Einzelschrift über die Pfandklage Nachdem eine Sache zum Pfand gegeben und der Besitz auf den Gläubiger übertragen und vom Gläubiger zurückvermietet war, wurde vereinbart, daß derjenige, der das Pfand bestellt hat, das Grundstück als Pächter, das Gebäude aber als Mieter innehaben sollte: Man nimmt an, daß der Gläubiger durch diese Personen besitzt. H i e r ist der zugrundeliegende Fall ähnlich: Der Schuldner verpfändete seine Sache an den Gläubiger, und zwar in der F o r m des Besitzpfands. Danach erhielt er die Sache als conductor
wieder zurück. D i e eigentliche Entscheidung - der
Digestentitel 41. 2. behandelt De adquirenda
vel amittenda
possessione
zieht sich auf die Frage, wer bei dieser Konstellation possessor
und findet sich i m letzten Satz: D e r Pfandgläubiger verliert seine nicht durch die Vermietung, sondern besitzt durch den conductor , bloßer detentor
ist. D i e Wirksamkeit der conductio
- be-
der Sache ist, possessio der selbst
w i r d hier erkennbar voraus-
gesetzt. A u f f ä l l i g ist, daß in dem Satzteil... ut is qui ... hypotheca
sit von pignus
ein Wechsel zu
erfolgt und daß die res sich in ager und aedes k o n k r e t i s i e r t . 1 8 1 Z w a r
menfassung von fiducia und pignus als 'Pfänder' kein anderes Wort zu Gebote stand als eben pignus 180 So die überzeugende Emendation Mommsens: Mommsen, Editio maior ad h. 1.; Mommsen / Krüger ad h. 1. Fn. 4; Digesta Milano ad h. 1. Fn. 6. 181 Interpolationen nehmen an: Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 143 f. Fn. 73 (mit folgender Rekonstruktion: ... convenit, ut is qui [hypothecam] dedisset pro colono [in agro - pro inquilino] sit: per [eos] creditor possidere videtur.); Ebrard, Form. Hypoth. S. 82 (der hypotheca verdächtigt). - Carcaterra, Negozi giuridici S. 18 will den letzten Satz streichen und nimmt an, daß Marcian stattdessen gegen die Wirksamkeit der conductio entschieden habe. Dies beruht auf seiner Ansicht, wonach die conductio rei suae nur vom Nießbraucher wirksam gewesen sei, vgl. dazu unten S. 79 ff.; in diesem Sinne auch Perozzi, Istituzioni I I S. 291 Fn. 4. - Einschränkend Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 284 Fn. 6, der das Fragment aber inhaltlich für echt hält. - Für Echtheit Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 177 f.; wohl auch Käser, Pfandrecht S. 180.
Α. Klassisches römisches Recht
62
ist pignus in einem technischen Sinne, also als Besitzpfand 182 , zu verstehen, jedoch dient die Rückvermietung an den Verpfänder gerade dazu, das Pfand zu einem „besitzlosen" zu machen.183 Dies erklärt den Wechsel zur hypotheca. m Auch die Konkretisierung der res ist unbedenklich. Offenbar handelte es sich dabei um ein Grundstück mit einem Gebäude; Marcian brauchte das nicht von Anfang an zu sagen. Eine begriffliche Unterscheidung zwischen Miete und Pacht - die hier darauf hinweisen könnte, daß die Gegenleistung des conductor für Gebäude und Grundstück unterschiedlich (beispielsweise einerseits einen festen Mietzins, andererseits einen Ernteanteil) bemessen war - konnte nur durch die Verwendung der beiden Termini 185 colonus und inquilinus erfolgen. Daß im Schlußsatz von eos statt von eum die Rede ist, obwohl dieser sich nach der hier vertretenen Interpretation auf eine Person, nämlich den conductor bezieht, gibt ebenfalls keinen hinreichenden Anlaß für eine Verdächtigung dieses Passus. Eine ähnliche grammatikalische Konstruktion findet sich auch im Fragment Julian (44 dig) D. 41. 3. 33. 4:... similis est ei qui quid deposuit vel commodavit, quos palam est desinere usucapere, ... Wie bei D. 13. 7. 22. 3 wird auch hier ein Bezug auf die fiducia für möglich gehalten.186 Das ist freilich nicht überzeugend. Sachlich ist ein Bezug auf das pignus ebenso gut möglich. 187 Das possessione tradita ist nicht als Hinweis auf die fiducia , sondern als eine präzise Ausdrucksweise Marcians in Abgrenzung zu einer besitzlosen Verpfändung anzusehen.188 Im übrigen spricht nicht einmal die Inskription des Fragments für einen fiducia-Bemg m D. 41. 2. 37 darf damit als ein weiterer zuverlässiger Beleg für die Nichtanwendung der Unwirksamkeitsregel bei einem Pfandrecht des locator angesehen werden.
182
Was mit der in einem liber singularis ad formulam hypothecariam verständlichen Präzisierung et possessione tradita übereinstimmt, vgl. dazu bei Fußnote 188. 183 Dazu noch unten S. 70 f. 184 Manigk, Real-Encyclopädie 9 Sp. 343, 386: „Fiducia und pignus mit verknüpfter locatio oder precarium waren im Effekt eine H. Dies bringt der vorliegende Text ... in einer Art Wortspiel zum Ausdruck." 185 Vgl. nur Käser, RPR I S. 565 Fn. 21. 186 Für einen Bezug auf fiducia : Fehr, Pfandrecht S. 80 f.; diesem zustimmend Albertario, Studi 6 S. 548, 550; Manigk, Real-Encyclopädie 9 Sp. 343, 386; keine Festlegung bei Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 111 f. - Dagegen für einen Bezug auf pignus: Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 732 f.; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 143 f. Fn. 73; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 177 f.; Carcaterra, Negozi giuridici S. 18; wohl auch Ebrard, Form. Hypoth. S. 82, insbesondere Fn. 7. 187 Käser, Pfandrecht S. 180, insbesondere Fn. 194. 188 Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 177 f.; diesem zustimmend Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 733. 189 Vgl. Lenel, Palingenesia I Sp. 651 (Marcian Nr. 40).
II.
ci
rei suae
63
dd) D . 1 3 . 7 . 37 PAULUS libro quinto ad Plautium Si pignus mihi traditum locassem domino, per locationem retineo possessionem, quia antequam conduceret debitor, non fuerit eius possessio, c u m 1 9 0 et animus mihi retinendi sit et conducenti non sit animus possessionem apiscendi. PAULUS im 5. Buch zu Plautius Wenn ich ein mir übergebenes Pfand dem Eigentümer vermietet habe, behalte ich durch die Miete den Besitz, weil der Schuldner, bevor er die Sache mietete, keinen Besitz an ihr hatte, und da zum einen ich den Willen habe, den Besitz zu behalten, und zum anderen der Mieter nicht den Willen hat, den Besitz zu erlangen. A u c h hier geht es u m die Bestellung eines Besitzpfandes, das heißt, die Sache wurde dem Pfandgläubiger bei der Verpfandung t r a d i e r t . 1 9 1 D i e danach stattfindende Rückmiete durch den Eigentümer wurde offensichtlich als w i r k sam angesehen. D i e Aussage ist die gleiche w i e in D . 41. 2. 37: Der Pfandgläubiger bleibt possessor , der conductor
ist nur
detentor}
92
Begründet w i r d dies i m zweiten T e i l des Fragments zum einen damit, daß der Verpfänder possessio) 9
vor der Rückmiete nicht possessor
gewesen sei (quia
zum anderen m i t einem entsprechenden animus
ziehungsweise des conductor
(cum -
des locator
be-
apiscendi)} 93
Hauptproblem ist abermals der mögliche Bezug des Fragments a u f die fiducia }9A
Gegen die Annahme, ursprünglich habe fiducia
statt pignus
gestanden,
190
Mommsen, Editio maior ad h. 1. Fn. 1 will cum streichen. Das ist jedoch nicht zwingend erforderlich, weil der Passus et animus ... ebenso wie der quia- Satz eine Begründung für per locationem retineo possessionem darstellt und es somit möglich ist, das kausale cum parallel zu quia ... zu übersetzen. - Keine Emendation findet sich in Digesta Milano ad h. 1. 191 Käser, Pfandrecht S. 180 Fn. 193 a. E.; unzutreffend daher Kunkel, SZ 90 (1973) S. 150, 159 Fn. 15. 192
Käser, Pfandrecht S. 180.
193
A u f den Passus ab cum bezogene Interpolationsvermutungen, die auf das Nebeneinander der beiden Begründungen gestützt werden, von: Käser, Pfandrecht S. 180 Fn. 192; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 105 und 107; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 175 f., insbesondere S. 176 Fn. 28; Rabel, Grundzüge S. 438 Fn. 1; Riccobono, BIDR 6 (1894) S. 119, 150 ff. - Im hier interessierenden Zusammenhang ist dies jedoch nicht von Bedeutung, weil dieser Nebensatz nur der Begründung der eigentlichen Entscheidung, daß nämlich der Verpfänder possessor bleibt, dient, dessen Aussage ansonsten aber keinen Einfluß auf die Frage der Wirksamkeit der conductio haben kann. - Wohl für Echtheit: Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 729 f.; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 284; MacCormack, SZ 86 (1969) S. 105, 143 Fn. 105. 194 Für einen Bezug auf die fiducia : Honseil / Mayer-Maly / Selb, RR S. 200 Fn. 9; Kunkel, SZ 90 (1973) S. 150, 159 Fn. 15; van Oven, TR 26 (1958) S. 322, 325 f.; Mayer-Maly, Locatio conductio S. 63; Perozzi, Istituzioni II S. 291 Fn. 4; Biondi, Ann. Palermo 7 (1918) S. 3, 135 Fn. 2 f); Fehr, Pfandrecht S. 80 Fn. 101; Riccobono, BIDR 6 (1893) S. 119, 150 ff.; Lenel, Palingenesia I Sp. 1153 (Paulus Nr. 1111) Fn. 4; wohl
64
Α. Klassisches römisches Recht
spricht hier nicht nur, daß es gut möglich ist, daß auch bei der Erörterung der fiducia vereinzelt auf das pignus eingegangen wurde 195 , sondern vor allem, daß es im Text heißt, daß die Sache vom dominus zurückgemietet wird. Dies würde nicht zur fiducia passen, bei der - anders als beim Pfand - das Eigentum auf den Gläubiger übertragen werden würde. 196 Dagegen wird teilweise zwar angenommen, daß auch domino interpoliert sei für debitori} 91 Dann stellt sich jedoch die Frage, weshalb eine derartige Interpolation vorgenommen wurde, da doch debitori beim Pfand ebenfalls passend gewesen wäre. 198 Daß Paulus den Mieter als Eigentümer bezeichnet, ist somit das entscheidende Argument für die Echtheit des pignus. Ein fiducia-Bezag ist abzulehnen. Sachlich stimmt die Entscheidung mit den bisher erörterten Quellen überein. Das dem Vermieter zustehende Zwischenrecht führt dazu, daß keine rechtliche Unmöglichkeit gegeben ist.
ee) Bas. 20. 1.55 ' Ε ά ν ό δ α ν ε ι σ τ ή ς μ ι σθ ώ σ η τ ω χ ρ ε ώ σ τ η τ ο έ ν έ χ υ ρ ο ν , α ύ τ ό ς μ ε ν ε χ ε ι κ α τ ά τ ο ύ μ ι σθ ω τ ο ύ ά γ ω γ ή ν , ό δ ε χ ρ ε ώ σ τ η ς ούκ έχει κατά τού μισθ ώσαντος άγωγήν. Wenn der Gläubiger die Pfandsache dem Schuldner vermietet hat, hat er zwar selbst gegen den Mieter eine Klage, der Schuldner aber hat keine Klage gegen den Vermieter.
Dieser Basilikentext hat keine Entsprechung in den Digesten. Auch hier handelt es sich um einen Fall, in dem der Eigentümer die Sache von seinem Pfandgläubiger zurückmietet. Die Besonderheit besteht jedoch darin, daß dem Vermieter die actio locati zustehen soll, aber umgekehrt dem Mieter nicht die actio conducti.
auch Carcaterra, Negozi giuridici S. 19 f. - Für einen Bezug auf pignus: Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 730; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 106 f.; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 284; Frezza, Garanzie II S. 25 f.; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 144 f.; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 175 f.; vgl. auch van Oven, TR 26 (1958) S. 322, 325 ff. - Käser, Pfandrecht S. 180 hält beides für sachlich möglich und will nicht ausschließen, daß dominus in einem untechnischen Sinn gebraucht wird. 195 Käser, Pfandrecht S. 180 Fn. 193. 196 Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 730; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 106 f.; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 284; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 144 f.; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 175 f.; 197 Biondi, Ann. Palermo 7 (1918) S. 3, 135 Fn. 2 f); Lenel, Palingenesia I Sp. 1153 (PaulusNr. l l l l ) F n . 4 . 198 Mit diesem Einwand Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 145; vgl. auch Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 730; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 106 f.; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 175 f.
II.
c i rei suae
65
Überwiegend wird dieses Fragment zwischen Paulus (2 sent) D. 19. 2. 55 und Idem (libro singulari de officio praefecti vigilium) D. 19. 2. 56 eingeordnet. 199 Dafür, daß Paulus Urheber der Vorlage von Bas. 20. 1. 55 ist, spricht zum einen die Möglichkeit, daß D. 19. 2. 56 ebenfalls von ihm stammt, zum anderen eine bezüglich der einseitig verpflichtenden locatio conductio in Paulus (34 ad ed) D. 19. 2. 20. 2 zu findende Verallgemeinerung. 200 Allerdings stammt auch von Ulpian ein liber singular is de officio praefecti vigilium 201, und in dem Scholion 1 zu Bas. 20. 1. 56 wird Ulpian genannt. Die Frage, wer Urheber der Vorlage von Bas. 20. 1. 55 ist, kann deshalb nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Inhaltlich bestätigt dieses Fragment das bislang gewonnene Ergebnis, daß die conductio rei suae wirksam ist, wenn dem locator ein Pfandrecht an der Sache zusteht. Das folgt hier daraus, daß ihm die actio locati gewährt wird. Demgegenüber soll dem conductor gegen diesen die actio conducti nicht zustehen. Dies wird damit zu erklären sein, daß die Eigentümerstellung des conductor die vertraglichen Pflichten des locator überlagert bzw. verdrängt: 202 Da der Pächter zugleich Eigentümer ist und der Verpächter nur ein Sicherungsinteresse an der Sache hat, sind die typischen Verpächterpflichten konkludent ausgeschlossen.203 An der grundsätzlichen Wirksamkeit der locatio conductio ändert dies jedoch nichts. Die insofern bestehende Parallelität zu D. 13. 7. 22. 3, 13. 7. 35. 1, 13. 7. 37 und 41. 2. 37 spricht dafür, daß auch Bas. 20. 1. 55 das klassische Recht korrekt wiedergibt. 204
199 Mommsen, Editio maior zu D. 19. 2. 55 Fn. 4; Digesta Milano D. 19. 2. 56; Knütel, Studien RR S. 33, 55; Riccobono, Mèi. Fitting II S. 463, 479; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 198 f. Fn. 61; Mitteis, SZ 34 (1913) S. 402, 406. 200 D. 19. 2. 20. 2 lautet: Interdum non locator obligatur, conductor obligatur, veluti cum emptor fundum conducit, donec pretium ei solvat. Vgl. auch Knütel, Studien RR S. 33, 55. 201 D. 1. 15. 2. 202 Vgl. dazu insbesondere Knütel, Studien RR S. 33, 55. 203 Zu einer Parallele beim Verhältnis von Mandat und Kauf in Ulpian (43 ad Sab) D. 17. 1. 19 vgl. Knütel, Mandatum S. 353, 367: „Römischem Rechtsdenken ist es nicht fremd, daß eine 'kumulative Kombination' zweier Verträge, die je für sich wechselseitige Verbindlichkeiten begründen können, dazu fuhrt, daß einer dieser Verträge nur einseitig verpflichtend wirkt." 204 Für eine klassische Vorlage von Bas. 20. 1. 55: Mommsen, Editio maior zu D. 19. 2. 55 Fn. 4; Digesta Milano D. 19. 2. 56; Knütel, Studien RR S. 33, 54 f.; Riccobono, Mèi. Fitting II S. 463, 479; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 198 f. Fn. 61 \ Mitteis, SZ 34 (1913) S. 402, 406. - Anderer Ansicht Peters, Die oströmischen Digestenkommentare S. 36; Mayer-Maly, Locatio conductio S. 62 f.
5 Zimmermann
Α. Klassisches römisches Recht
66
c) D. 41. 2. 28 Schließlich ist noch ein weiteres Fragment anzusprechen, das ebenfalls von einer wirksamen conductio rei suae handelt, das sich aber nicht in die beiden Untergruppen - locator als Nießbraucher bzw. Pfandgläubiger - einordnen läßt, nämlich D.41.2. 28: TERWLUANUS libro primo quaestionum Si aliquam rem possideam et eandem postea conducam, an amittam possessionem? multum refert in his, quid agatur: primum enim refert, utrum sciam me possidere an ignorem: et utrum quasi non meam rem conducam an quasi meam: et sciens meam esse, utrum quasi proprietatis respectu an possessionis tantum, nam et si rem meam tu possideas et ego emam a te possessionem eius rei vel stipuler, utilis erit et emptio et stipulatio, et sequitur, ut et precarium et conductio 2 0 5 specialiter possessionis solius conducendae vel precario rogandae animus interveniat. TERTULLIAN im 1. Buch der Rechtsfragen Verliere ich, wenn ich eine Sache besitze und sie später miete, den Besitz? Es kommt hier in erster Linie auf das an, was gewollt ist. Zuerst ist nämlich zu berücksichtigen, ob ich weiß, daß ich besitze, oder ob ich es nicht weiß und ob ich die Sache als eine fremde miete oder als die meine; und ob, wenn ich weiß, daß es meine ist, im Hinblick auf das Eigentum oder nur auf den Besitz. Denn auch, wenn du meine Sache besitzt und ich von dir den Besitz dieser Sache kaufe oder ihn mir stipulationsweise versprechen lasse, sind sowohl der Kauf als auch die Stipulation gültig, und daraus folgt, daß sowohl die Bittleihe als auch die Miete wirksam sind, wenn die besondere Absicht vorhanden ist, allein den Besitz zu mieten oder im Wege der Bittleihe zu erlangen.
Die Ausgangsfrage dieses Fragments geht dahin, ob jemand seine possessio an einer Sache verliert, wenn er diese mietet. Ansonsten wird der behandelte Fall aber nicht näher dargestellt: Ob der possessor auch Eigentümer ist oder ob vor Abschluß des Mietvertrages irgendeine andere rechtliche Beziehung zum späteren Vermieter bestand, erfährt man nicht. In der Antwort wird zunächst darauf abgestellt, ob der Mieter von seiner possessio Kenntnis hat oder nicht, und ob er sie als fremde oder als eigene gemietet hat. An dieser Stelle ist zum ersten Mal davon die Rede, daß der Mieter möglicherweise Eigentümer der Sache ist. Nach der Darstellung dieser möglichen Fallvarianten wird dann auf die Konstellation eingegangen, in welcher der Mieter Eigentümer ist und Kenntnis von diesem Eigentum hat. Hier soll es darauf ankommen, ob sich die Miete auf das Eigentum oder nur auf die possessio bezieht. Aus dem Vergleich mit dem Kauf und der Stipulation 206 der eigenen Sache, die wirksam sein sollen, wenn sie sich nur auf den Besitz beziehen, wird sodann auf conductio und precarium geschlossen, für die das
205 Mommsen, Editio maior ad h. 1. Fn. 3: conductio specialiter. - Digesta Milano ad h. 1. Fn. 6 und Gebauer / Spangenberg ad h. 1. setzen nach conductio lediglich si ein. 206
Zum Kauf siehe unten S. 125 ff.; zur Stipulation S. 141 ff.
II.
c i rei suae
67
gleiche gelten soll, wenn der animus vorhanden ist, nur den Besitz zu mieten oder als Prekarium zu empfangen. Damit endet das Fragment, ohne daß die zu Anfang gestellte Frage ausdrücklich beantwortet wurde. In formaler Hinsicht ist auffallend, daß nach ut et precarium et conductio zumindest das darauf bezogene Prädikat fehlt. 207 Mommsen fügt an dieser Stelle meae rei utiliter fiant, ubi ein, was dem Gedankengang des Textes etwas besser entsprechen dürfte als die schon in der älteren Textedition übliche Einfügung nur der Konjunktion si. 208 Bezüglich des Inhalts des Fragments gibt es mehrere Unstimmigkeiten: Wie bereits erwähnt, wird die am Anfang gestellte Frage nicht ausdrücklich beantwortet. Bemerkenswert ist weiter, daß insgesamt vier Fallvarianten gebildet werden, von denen eine nochmals in zwei Unterfälle aufgeteilt wird. Das Abstellen auf das quod actum läßt zwar eine solche Differenzierung geradezu erwarten, jedoch wird nur eine Variante, nämlich sciens meam esse, und zwar respectu possessionis, gelöst. 209 Hinsichtlich der ersten Unterscheidung sciam me possidere an ignorem stellt sich die Frage, in welchen Situationen der Besitzer keine Kenntnis von seinem Besitz haben soll. 210 Ganz ausgeschlossen ist es freilich nicht, daß eine solche Situation tatsächlich einmal vorkommt, wenn man zwischen Besitzerwerb und der Innehabung des Besitzes unterscheidet. 211 Denkbar ist beispielsweise der Fall, daß ein Haussohn mit dem Versterben des Gewalthabers die possessio an den Sachen erwirbt, die er in seinem Bereich hat, ohne davon Kenntnis zu haben. Was die hier interessierende Entscheidung im letzten Satz des Fragments betrifft, so wird die Gleichstellung von Kauf bzw. Stipulation auf der einen und precarium bzw. conductio auf der anderen Seite als sachlich nicht gerechtfertigt angesehen.212 Der Kauf bezieht sich grundsätzlich auf Eigentum und Besitz, also ist es nicht undenkbar, daß er sich auch nur auf den Besitz beziehen kann und daß ein entsprechender animus der Parteien vorhanden ist. 213 Allerdings ist der Verkäufer nicht zur Eigentums Verschaffung verpflichtet, sondern muß nur das habere licere prästieren. 214 Bei precarium und conductio ist die Situation
207
Lenel, Palingenesia II Sp. 343 (Tertullian Nr. 6) Fn. 1. Vgl. dazu oben Fn. 205. 209 Vgl. auch Seligsohn, Iusta Possessio S. 40 Fn. 40. 210 Cuena Boy, Imposibilidad S. 119. 211 Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 286. 212 Cuena Boy, Imposibilidad S. 119, insbesondere Fn. 113; Zamorani, Precario S. 276 ff. - Anderer Ansicht Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 143 f. Fn. 160; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 286 f. 213 Dazu unten S. 125 ff. 2,4 Käser, RPR I S. 550. 208
Α. Klassisches römisches Recht
68
grundsätzlich nicht anders, sie sind auf Gebrauchsüberlassung und nicht auf Rechtsverschaffung gerichtet. Ein Vergleich zwischen beiden Rechtsgeschäften ist deshalb nicht unstimmig, soweit er die Wirksamkeit eines Geschäfts über die res sua betrifft. 215 Das Fehlen einer ausdrücklichen Antwort auf die Ausgangsfrage und die Auslassung eines - womöglich umfangreichen 216 - Textstücks nach ut et precarium et conductio sprechen zwar dafür, daß eine Verkürzung des Originaltextes vorliegt; dennoch ist es möglich, ohne Interpolationsannahme 217 zu erklären, warum Tertullian die conductio rei suae für wirksam hält. Auf die Wirksamkeit kommt es in dem von ihm behandelten Zusammenhang deshalb an, weil man bei einer wirksamen locatio conductio zu dem Ergebnis käme, daß der conductor als bloßer Detentor seine possessio verlieren würde, womit die Ausgangsfrage (an amittam possessionem) zu bejahen wäre. 218 Ab nam et si rem meam tu possideas geht Tertullian dann auf die Wirksamkeit der conductio rei suae in dem Fall ein, daß der locator im Besitz der Sache ist. Die anderen Geschäfte werden nur zu Vergleichszwecken herangezogen. 219 Es kommen zwei Erklärungsmöglichkeiten für die Wirksamkeit der conductio rei suae in Betracht: Zum einen könnte es um Fälle gegangen sein, in denen das Eigentum des conductor durch ein Zwischenrecht, etwa einen Nießbrauch, beschränkt war. 220 215 Dazu, daß hinsichtlich der Wirksamkeit ein Vergleich selbst zwischen Rechtsgeschäften möglich ist, die auf Rechtsverschaffting gerichtet sind und solchen, die keine entsprechende Verpflichtung begründen, vgl. schon oben S. 39 f. und unten bei Fn. 223. 216 Scherillo, Locazione e precario S. 23 nimmt eine starke Verkürzung an. 217 Eine Überarbeitung nehmen an: Cuena Boy, Imposibilidad S. 118 f.; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 128; Zamorani, Precario S. 276 ff.; Pringsheim, SZ 78 (1961) S. 1, 70, der Nam - interveniat für interpoliert hält; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 152 ff., nach dessen Ansicht Nam - stipulatio klassisch ist; Silva, SDHI 6 (1940) S. 233, 253 ff.; Carcaterra, Negozi giuridici S. 14 f.; Beseler, SZ 50 (1930) S. 18, 40; Scherillo, Locazione e precario S. 22 f.; Seligsohn, Iusta Possessio S. 40, insbesondere Fn. 40; Rotondi, Scritti III S. 94, 106; Last, JhJb 62 (1913) S. 1, 230 f., der vel proprietario locam hinter conducam einfügen möchte. 218
Kniep, Vacua Possessio S. 234. Zu einer ähnlichen Konstellation siehe oben D. 41. 3. 21, S. 43 ff. - Aus diesem Grund können aus den Fragmenten Marcellus (17 dig) D. 41. 2. 19 pr. und Iavolen (7 ex Cassio) D. 41. 2. 21. 3 keine Einwände gegen die Echtheit von D. 41. 2. 28 hergeleitet werden. Vgl. dazu Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2838 ff.; Zamorani, Precario S. 276 f.; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 152 ff.; Carcaterra, Negozi giuridici S. 15; Scherillo, Locazione e precario S. 22 f. 219 Vgl. auch Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2842 Fn. 90. 220 In diesem Sinne interpretiert Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2838 ff., insbesondere S. 2841 Fn. 86 und S. 2842 f. Fn. 89-91 das Fragment; auch Ubbelohde, S. 234 f. ordnet D. 41. 2. 28 auf diese Weise ein.
II.
c i rei suae
69
Dann müßte nach den bisher behandelten Fragmenten die conductio rei suae wirksam sein, das heißt, der Eigentümer wäre nur noch detentor und würde auf diese Weise seinen Besitz verlieren. In diesem Fall würde die Entscheidung für die Wirksamkeit der locatio conductio den bisher erörterten Fragmenten nicht widersprechen. Zum anderen besteht auch die Möglichkeit, daß Tertullian einen Sonderfall behandelt, in dem zwar kein Zwischenrecht vorliegt, die conductio rei suae aber dennoch als wirksam anzusehen ist. Eine solche Konstellation wäre gegeben, wenn der Eigentümer sich die Möglichkeit, die Sache gebrauchen bzw. nutzen zu können, durch den Abschluß einer locatio conductio verschafft, statt gegen den bisherigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt einen Prozeß mit unsicherem Ausgang zu fuhren. Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn für den Eigentümer Beweisschwierigkeiten bestehen und er keine Möglichkeit hat, gewaltsam gegen den Besitzer vorzugehen, weil dieser Interdiktenschutz genießt. 221 Die Wirksamkeit einer emptio rei suae wird in einer solchen Fallkonstellation von dem noch zu behandelnden222 Fragment D. 18. 1. 34. 4 bestätigt. Gerade wenn man berücksichtigt, daß der Grund für die Unwirksamkeitsregel bei der emptio und der conductio rei suae der gleiche ist 2 2 3 , weil der Verkäufer im römischen Recht nicht zur Eigentumsverschaffung verpflichtet war, spricht nichts dagegen, die Miete in dieser Hinsicht genauso zu behandeln wie den Kauf. 224 In dem hier gegebenen Sonderfall ist das Geschäft ausnahmsweise ohne Vorliegen eines Zwischenrechts wirksam, weil es ein „sinnvolles" Geschäft ist, das dem Eigentümer einen Prozeß erspart, den er wegen Beweisschwierigkeiten unter Umständen gar nicht gewinnen könnte. Zwar erfolgt ein derartiger „Abkauf ' des Besitzes durch einmalige Kaufpreiszahlung, während der Eigentümer bei der locatio conductio fortwährend Mietzins zahlen muß. Aber gerade bei verbrauchbaren Sachen kann dies fur ihn die vorteilhaftere Alternative sein. Die locatio conductio ist dann jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt wirksam, in dem ihm der Nachweis seines Eigentums und damit auch der Prozeßgewinn gelingt. Im Hinblick auf die Ausgangsfrage, in der Tertullian den späteren conductor selbst als Besitzer bezeichnet, gilt das gleiche: 225 Hat der Eigentümer dem Inter-
221 Dernburg, Pandekten II S. 304 Fn. 6 führt unter Verweis auf D. 41. 2. 28 aus: „Die Miete der eigenen Sache ist nichtig es sei denn, daß dem Mieter rechtlich oder wenigstens tatsächlich die Nutzung derselben fehlt." 222 Vgl. S. 125 ff. 223 Dazu noch unten S. 109 f. 224 von Savigny, Recht des Besitzes S. 29 bei Fn. 3 nennt den in D. 18. 1. 34. 4 und D. 41. 2. 28 für den Kauf vorkommenden Fall emtio possessionis und stellt dem die conductio possessionis gleich. Das bedeutet, daß er die Wirksamkeit der conductio rei suae in D. 41. 2. 28 in ähnlicher Weise begründet sieht wie beim Kauf in D. 18. 1. 34. 4. 225 Vgl. Kniep, Vacua Possessio S. 234.
70
Α. Klassisches römisches Recht
diktenbesitzer die Sache vi oder clam entzogen, so dient der Abschluß des Mietvertrages aus Sicht des Eigentümers dazu, sich die tatsächliche Gewalt über die Sache, die ihm jederzeit wieder entzogen werden könnte, zu erhalten. Im übrigen ist zu bedenken, daß auch bei Bestehen eines Pfandrechts - als des in den Quellen am häufigsten vorkommenden Zwischenrechts - die conductio rei suae nicht notwendig die einzige Möglichkeit für den Eigentümer ist, die tatsächliche Gewalt über seine Sache wiederzuerlangen. Ihm bleibt es unbenommen, die gesicherte Forderung zu erfüllen und damit das akzessorische Pfandrecht zum Erlöschen zu bringen. Dennoch kann die Miete der verpfändeten Sache für ihn sinnvoller sein und sie ist, solange das Pfandrecht besteht, wirksam. Welche der beiden Erklärungsmöglichkeiten die zutreffende ist, kann nicht mit Sicherheit beantwortet werden, was vor allem an der offensichtlichen Verkürzung des Textes liegt. Der Hinweis auf den specialiter possessionis solius conducendae animus dürfte eher für die zweite Alternative sprechen, da die anderen Fragmente, die den Fall des Zwischenrechts behandeln, auf die Willensrichtung des Eigentümers nicht eingehen. Mietet der Eigentümer dagegen, um einen Prozeß zu vermeiden, so ist ein entsprechender animus sehr wohl gegeben und auch für die Fallentscheidung bedeutsam.226 Sieht man von der Verkürzung des Fragments ab, so ist nichts ersichtlich, was gegen dessen Echtheit sprechen könnte.
d) Zusammenfassung Aus allen hier untersuchten Fragmenten ergibt sich also, daß eine conductio rei suae in bestimmten Fällen wirksam war. Selbst da, wo Zweifel an der Echtheit einzelner Stellen angebracht sein mögen, ist die Aussage in der Substanz klassisch. Dafür spricht insbesondere, daß Fragmente, die weder formale noch inhaltliche Mängel aufweisen, wie zum Beispiel D. 7. 4. 29 pr., D. 9. 4. 19. 1 oder D. 13. 7. 35. 1, eine im Hinblick auf die Wirksamkeit der conductio rei suae übereinstimmende Beurteilung enthalten. Gemeinsames Merkmal aller dieser Belege ist, wenn man den Sonderfall von D. 41. 2. 28 ausnimmt, daß dem locator entweder ein Nießbrauch oder ein Pfandrecht zusteht. Das ist auch der Grund dafür, daß keine rechtliche Unmöglichkeit vorliegt: Durch dieses Zwischenrecht ist das Eigentum des conductor beschränkt. Schließt er mit einem Nießbraucher einen Mietvertrag ab, so erhält er nicht das, was ihm ohnehin schon zusteht, weil ihm nach der Einräumung des Nieß226 In die gleiche Richtung geht das cum ab initio agatur in D. 18. 1. 34. 4, vgl. unten S. 125 ff.
II.
c i rei suae
71
brauchs nur die nuda proprietas verblieben ist. Der Vertrag kann deshalb den ihm zugedachten Zweck erfüllen, wegen des Nießbrauchs ist die Situation grundsätzlich nicht anders als bei der Vermietung an einen Nichteigentümer. Beim Pfandrecht ist zu unterscheiden: Handelt es sich um ein Besitzpfand, so erfüllt die locatio conductio ihren Zweck, der conductor erhält die Sache zu Gebrauch oder Nutzung, die ansonsten im Besitz des locator wäre. Insofern ist die Lage nicht anders als beim Nießbrauch, das Zwischenrecht führt dazu, daß keine rechtliche Unmöglichkeit gegeben ist. Es fragt sich, ob es sich anders verhält, wenn ein besitzloses Pfandrecht bestellt wurde: In diesem Fall könnte man sagen, daß der Verpfänder auch ohne einen zusätzlichen Vertrag mit dem Pfandgläubiger die Sache gebrauchen kann, und daß ihm deshalb die locatio conductio nur etwas verschaffen würde, was er ohnehin schon hat. Wie bei den Fragmenten der ersten Gruppe würde rechtliche Unmöglichkeit vorliegen. 227 Dagegen spricht aber, daß die Überlassung des Pfandes an den Verpfänder mittels locatio conductio gerade dazu dient, die Verpfändung zu einer besitzlosen zu machen. 228 Daraus ergibt sich, daß dann, wenn schon bei der Verpfändung ein Mietverhältnis vereinbart wird, der Verpfänder nicht zuerst dem Pfandgläubiger die Sache übergeben muß, um sie gleich anschließend als conductor wiederzuerhalten 229; der Pfandgläubiger erhält den Besitz durch constitutum possessorium. Der Grund für die Wirksamkeit der conductio rei suae ist somit gegeben, unabhängig davon, ob erst ein Besitzpfand bestellt und der Verpfänder nachträglich zu einem Mieter wird oder ob das Besitzpfand von vornherein durch die Vermietung zu einem besitzlosen gemacht wird. Quellen, die andere Zwischenrechte als Nießbrauch oder Pfandrecht zum Gegenstand haben, sind nicht bekannt. Man wird das Gesagte aber gleichermaßen auf obligatorische Zwischenrechte ausdehnen dürfen: Danach wäre beispielsweise die Rückmiete an den dominus von einem locator , der seinerseits die Sache zuvor vom Eigentümer gemietet hatte, ebenfalls wirksam. 230 Auch hier gibt es keinen Grund, rechtliche Unmöglichkeit anzunehmen. Insofern kann es keinen Unterschied zwischen einem dinglichen und einem obligatorischen Zwischenrecht geben, entscheidend ist nur, daß dieses dem locator die Möglichkeit gewährt, dem Eigentümer den Gebrauch bzw. die Nutzung der Sache vorzuenthalten.
227 Nach Knütel, Studien RR S. 33, 54 soll die conductio rei suae (nur) bei einem Besitzpfand wirksam gewesen sein. 228 Vgl. Käser, Pfandrecht S. 168 f. 229 Ähnlich Käser, Pfandrecht S. 172 Fn. 164. 230 Honseil / Mayer-Maly /Selb, RR S. 324 Fn. 7; Käser, Pfandrecht S. 172; derselbe, SZ 89 (1972) S. 94, 139.
Α. Klassisches römisches Recht
72
Der Grund dafür, daß nur Nießbrauch und Pfandrecht als Zwischenrechte in den Quellen vorkommen, dürfte in dem wirtschaftlichen Bedürfnis für die Miete bzw. Pacht durch den Eigentümer zu sehen sein: Auf Seiten des locator ist beim Nießbrauch das Nutzungs- und Versorgungsinteresse, beim Pfand das Sicherungsinteresse zu sehen, das aber durch eine Vermietung nicht beeinträchtigt wird. Das gilt insbesondere für den Nießbrauch, da der Berechtigte durch die Vermietung die mittelbaren Rechtsfrüchte zieht. Für den Eigentümer kann dagegen das Gebrauchsinteresse von elementarer Bedeutung sein. Das trifft insbesondere dann zu, wenn er im Rahmen seines Betriebes auf die Sache und die Möglichkeit, sie wirtschaftlich zu nutzen, angewiesen ist. Zu beachten ist zudem, daß der Nießbrauch überwiegend aufgrund eines Legats bestellt wurde 231 ; dem Eigentümer/Erben blieb deshalb kaum eine andere Wahl, als die Sache zu pachten, wenn er deren Nutzung, etwa im Rahmen des ererbten Gutes, fortsetzen wollte. Bei der Miete als obligatorischem Zwischenrecht läge es demgegenüber näher, von Anfang an nur einen Teil der betreffenden Sache zu vermieten statt alles zu vermieten, um anschließend einen Teil zurückzumieten. Vielleicht erklärt sich damit der Umstand, daß wir über keine Quellen zur Miete oder Pacht als Zwischenrecht verfügen.
3. Nachträglicher Eigentumserwerb des conductor Allen bisher behandelten Fragmenten ist gemeinsam, daß der conductor von Anfang an, also schon vor Abschluß des Mietvertrages, Eigentümer war. Nur in zwei Quellen kommt ein nachträglicher Eigentumserwerb vor, nämlich in Ulpian D. 19. 2. 9.6 ULPIANUS libro trigesimo secundo ad edictum Si alienam domum mihi locaveris eaque mihi legata vel donata sit, non teneri me tibi ex locato ob pensionem: sed de tempore praeterito videamus, si quid ante legati diem pensionis debetur: et puto solvendum: ULPIAN im 32. Buch zum Edikt Wenn du mir ein fremdes Haus vermietet hast und dieses mir vermacht oder geschenkt worden ist, so hafte ich dir aus dem Mietvertrag nicht [mehr] wegen des Mietzinses. Aber wegen des vorangegangenen Zeitraumes ist zu prüfen, ob für die Zeit vor dem Anfall des Vermächtnisses Mietzins geschuldet wird, und ich bin der Meinung, daß er gezahlt werden muß:
und in dem in der Kompilation direkt angeschlossenen Fragment Julian D. 19.2. 10: IULIANUS libro ...ad Ferocem et ego ex conducto recte agam vel in hoc, ut me libérés.
231
Käser, RPR I S. 451.
II.
c i rei suae
73
JULIAN im [3.] 2n Buch zu [Urseius] Ferox und ich kann zu Recht aus dem Mietvertrag klagen, insbesondere darauf, daß du mich von meiner Verbindlichkeit befreist.
Die Aussage von D. 19. 2. 9. 6 ist folgende: Jemand hat ein ihm nicht gehörendes Haus vermietet. Danach ist es dem conductor vermacht oder geschenkt 233 worden. Dieser soll deshalb nicht auf den Mietzins haften. Für die Zeit vor dem dies legati soll der rückständige Mietzins, jedenfalls nach Ulpians Ansicht 234 , weiterhin geschuldet sein. Die einzige plausible Erklärung für die Entscheidung ist der Eigentumserwerb des conductor , was dafür spricht, daß mit dies legati 235 der Zeitpunkt des Eigentumserwerbs gemeint und ein Vindikationslegat 236 gegeben ist: Vor dem Eigentumserwerb des conductor ist ein wirksamer Mietvertrag gegeben, da auch die Vermietung einer fremden, das heißt dem locator nicht gehörenden Sache möglich ist. 237 Rechtliche Unmöglichkeit kommt nicht in Betracht, weil selbst ein Nichteigentümer dem conductor den Gebrauch der Sache verschaffen kann. Deshalb schuldet der conductor für diesen Zeitraum den Mietzins: etputo solvendum. 238 Nachdem der conductor Eigentümer des Hauses geworden ist, haftet er ex nunc nicht mehr wegen des Mietzinses. In diesem ersten Teil des Fragments ist auffällig, daß ein Verb fehlt, von dem der a.c.i. non teneri me abhängig sein könnte. Hinzu kommt, daß im Gegensatz dazu der zweite Teil so formuliert ist, 232
Vgl. Lenel, Palingenesia I Sp. 495 (Julian Nr. 918).
233
Eine nachträgliche Einfügung von vel donata nehmen an: Daube, Coll. Studies I S. 271, 274 Fn. 8; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 114; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 288; Benöhr, Synallagma S. 104 Fn. 2; Palazzolo, BIDR 68 (1965) S. 275, 283 Fn. 28; Astolfi, Studi I S. 52; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 138; Mayer-Maly, Locatio conductio S. 59, 116 Fn. 22; Beseler, Beiträge 4 S. 335; Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 150; di Marzo, BIDR 17 (1905) S. 103, 109 Fn. 1. Das ist jedoch nicht glaubhaft, da Ulpian hier zwei Fälle des unentgeltlichen Erwerbs aneinanderreiht und gerade die Unentgeltlichkeit für die Entscheidung des Falles von Bedeutung ist; dazu sogleich im Text. 234
Pfeil, Concursus S. 118 vermutet, daß dies unter den Klassikern umstritten war.
235
Pfeil, Concursus S. 117 f. - Dazu, daß die Pflicht zur Pachtzinszahlung entscheidend von dem Eigentumserwerb des conductor abhängt, siehe sogleich oben im Text. 236 237
Daube, Coll. Studies I S. 271, 274 Fn. 7 hält ein solches für wahrscheinlich. Palazzolo, BIDR 68 (1965) S. 275, 284 f.; Mayer-Maly, Locatio conductio
S. 114. 238 Amann (zit. in Digesta Milano S. 444 Fn. 3) will daraus non solvendum machen. Dies würde dem Gesagten widersprechen und wäre sachlich nicht gerechtfertigt. Gegen non solvendum auch Benöhr, Synallagma S. 104; Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 151 Fn. 2. - De tempore praeterito hält Mayer-Maly, Locatio conductio S. 59 Fn. 82 für eine Glosse, während Giannetto Longo, Studi Arangio-Ruiz II S. 379, 394 f. den ganzen zweiten Teil (sed - solvendum) streicht. Dies ist ebenfalls schwerlich überzeugend; ablehnend auch Palazzolo, BIDR 68 (1965) S. 275, 283 Fn. 28; zweifelnd bezüglich de tempore praeterito Benöhr, Synallagma S. 104 Fn. 5.
Α. Klassisches römisches Recht
74
als würde Ulpian selbst, in Ergänzung der vorher referierten Ansicht eines anderen Juristen, eine eigene Stellungnahme abgeben.239 Einer Meinung nach handelte es sich bei Fragment 9. 6 ursprünglich um eine längere Ausführung Ulpians, die von den Kompilatoren verkürzt wurde. 240 Als weitere Möglichkeit käme in Betracht, daß Ulpian, wie schon in D. 19. 2. 9. 5, Celsus zitiert. 241 Es ist freilich auch denkbar, daß Ulpian sich auf Julian berufen hat und daß deshalb Iulianus ait einzufügen ist. 242 Dafür könnte sprechen, daß das folgende Fragment D. 19. 2. 10, das keinen neuen Fall enthält, sondern mit dem et offensichtlich an die Ulpianstelle anknüpfen soll, von Julian stammt. Möglicherweise haben die Kompilatoren den Originaltext benutzt, um zu dem Ulpianfragment, in dem eine Entscheidung von Julian referiert wurde, einen - verkürzten - Nachtrag hinzuzufügen. 243 Außerdem beruft sich Ulpian in seinem 32. Buch zum Edikt noch an anderer Stelle auf Julian, und zwar hinsichtlich einer auf liberatio gerichteten actio ex conducto, die sich ebenfalls in D. 19. 2. 10 findet. 244 Somit spricht einiges dafür, daß Ulpian sich für den ersten Teil der Entscheidung - was den Zeitraum nach dem Eigentumserwerb betrifft - auf Julian berief, während der zweite Teil - der den Zeitraum davor betrifft - eine eigene Stellungnahme Ulpians ist. Gerade wegen des Julianfragments D. 19. 2. 10 ist die Frage, aus welchem Grund der conductor nach dem Erwerb des Hauses keinen Mietzins mehr zu zahlen braucht, jedoch problematisch, denn schon die Aussage dieser Quelle ist nicht ganz eindeutig. Palazzolo 245 geht, weil er vel im Sinne von „oder" versteht, von zwei Klagen des conductor aus und hält aus diesem Grund vel libérés für interpoliert. Dagegen wird das Fragment überwiegend so verstanden, daß nur eine Klage gegeben ist, und zwar eine actio ex conducto, die auf Befreiung gerichtet ist, das heißt vel wird mit „nämlich", „wenigstens" oder „insbe-
239
Palazzolo, IURA 16 (1965) S. 124, 139, insbesondere Fn. 60. Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 138 f. 241 Das wird von Benöhr, Synallagma S. 104 Fn. 3 für zumindest möglich gehalten. Dagegen Mayer-Maly, Locatio conductio S. 59; diesem zustimmend Pfeil, Concursus S. 117 Fn. 339. Siehe auch Lenel, Palingenesia I Sp. 141 Fn. 2. 242 Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 288; Palazzolo, IURA 16 (1965) S. 124, 139; Mayer-Maly, Locatio conductio S. 116; Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 150 f.; Lenel, Palingenesia I Sp. 495 (Julian Nr. 918). 243 So Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 150 f. - Mayer-Maly, Locatio conductio S. 116 f. ist wegen des Fehlens der Angabe des Buches ad Ferocem der Auffassung, daß den Kompilatoren der Originaltext Julians nicht vorlag, sondern daß sie ein in einer vorjustinianischen Katene gefundenes Zitat verselbständigten. 244 Nämlich in Ulpian (32 ad ed) D. 19. 2. 15. 9, vgl. Mayer-Maly, Locatio conductio S. 59, 116 f. Das dürfte entscheidend gegen die erstgenannten Ansichten sprechen. 245 Palazzolo, IURA 16 (1965) S. 124, 138 f., insbesondere S. 138 Fn. 55. 240
II.
c i rei suae
75
sondere" übersetzt. 246 Für diese Interpretation spricht vor allem, daß auch an anderen Stellen von einer solchen actio die Rede ist, und zwar in D. 19. 2. 15. 9, wo Ulpian, wie schon erwähnt, sich auf Julian beruft, und in Javolen D. 33. 2. 30. 1. Im übrigen ist nicht klar und wird von Palazzolo, der ja insofern eine Interpolation annimmt, auch nicht dargelegt, welche Klage neben der actio ex conducto auf Befreiung gerichtet sein sollte, wenn man vel tatsächlich mit „oder" übersetzen würde. Des weiteren ist unklar, auf welchen Teil von D. 19. 2. 9. 6 sich das Julianfragment beziehen soll. Nach dessen Stellung könnte man vermuten, daß es an den zweiten Teil anknüpfen soll, daß also für den Zeitraum vor dem Eigentumserwerb dem Mieter eine auf Befreiung gerichtete actio ex conducto zustehen würde. Das widerspricht jedoch dem bisher Festgestellten: Bevor der conductor Eigentümer wird, ist die locatio conductio ohne weiteres wirksam, weshalb Ulpian die Pflicht zur Mietzinszahlung bestätigt. Die in D. 19. 2. 10 erwähnte actio kann deshalb während dieses Zeitraums nicht gegeben sein. 247 Es bleibt also nur der Bezug auf den ersten Teil von D. 19. 2. 9. 6. Das würde bedeuten, daß die locatio conductio im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs des conductor nicht ohne weiteres unwirksam werden würde, wie es D. 19. 2. 9. 6 eigentlich vermuten ließe, sondern daß dieser noch die Möglichkeit hätte, ex conducto zu klagen, was den grundsätzlichen Fortbestand des Schuldverhältnisses voraussetzen würde. 248 Teilweise wird jedoch die Auffassung vertreten, daß mit dem Eigentumserwerb des conductor die Erfüllung der Verpächterverpflichtung rechtlich unmöglich werde und daher das Mietverhältnis erlösche. Das heißt, die Unwirksamkeitsregel soll einschlägig sein. 249 Allein aus diesem Grund sei der conductor nicht mehr zur Mietzinszahlung verpflichtet. Danach würde sich allerdings ein Widerspruch mit der nach Julian noch vorhandenen Klagemöglichkeit ergeben. Ein Bezug von D. 19. 2. 10 auf den ersten Teil des Fragments 9. 6 käme dann ebenfalls nicht in Betracht. Bei der Auslegung der beiden Fragmente muß berücksichtigt werden, daß in dem Fall von D. 19. 2. 9. 6 ein sogenannter concursus causarum, also das 246
Käser, Pfandrecht S. 171 Fn. 160; Frier, Landlords and Tenants S. 117 f.; Astolfi, Studi S. 53; wohl auch Mayer-Maly, Locatio conductio S. 59, 116; de Villa, Liberatio S. 46; Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 150 f. 247 So auch Palazzolo, IURA 16 (1965) S. 124, 139, der - wie oben erwähnt - von zwei Klagen ausgeht. 248 Vgl. auch Pfeil, Concursus S. 119. 249 Cuena Boy, Imposibilidad S. 120; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 288; Giannetto Longo, Studi Bonfante III S. 363, 384; Palazzolo, IURA 16 (1965) S. 124, 137-139, der deshalb vel - libérés für interpoliert hält; derselbe, BIDR 68 (1965) S. 275, 285; van Oven, TR 26 (1958) S. 322, 323 f.; Mayer-Maly, Locatio conductio S. 116; de Villa, Liberatio S. 46, S. 62 Fn. 3, der ebenfalls vel -libérés für interpoliert hält; Hägerström, Obligationsbegriff I, S. 113 Fn. 1.
Α. Klassisches römisches Recht
76
Zusammentreffen mehrerer Erwerbsgründe, vorliegt, weil der conductor die aus dem Vertrag mit dem locator geschuldete Gebrauchsmöglichkeit auch noch aus einem anderen Rechtsgrund bekommt. Hier handelt es sich um eine causa lucrativa , da infolge des Vermächtnisses bzw. der Schenkung keine Gegenleistung zu erbringen ist. Seit Julian sah man bei dem Zusammentreffen einer causa onerosa mit einer causa lucrativa die aus der causa onerosa entspringende Forderung nicht als erloschen an. In den Quellen finden sich dazu vor allem solche Nachweise, die den Kauf betreffen: Hatte der Käufer die Sache aus einem anderen, unentgeltlichen Rechtsgrund erworben, so stand ihm die actio empti zu, die jedenfalls auf Rückzahlung des bereits geleisteten Kaufpreises gerichtet war. 250 Aus der Behandlung des concursus causarum beim Kauf kann man den Schluß ziehen, daß die Römer solche Fälle nicht unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen Unmöglichkeit betrachtet haben. 251 Das bedeutet auf D. 19. 2. 9. 6 übertragen, daß wegen des hier vorliegenden concursus causarum, der gleichsam eine Eviktion des Mieters durch sich selbst 252 darstellt, der locator so angesehen wird, als würde er seine Leistung nicht mehr erbringen, weil sie der conductor aus einem anderen Rechtsgrund erhalten hat. Aus diesem Grund würde es der bona fides widersprechen, wenn der locator weiterhin den Mietzins verlangen könnte. 253 Andernfalls würde das Vermächtnis oder die Schenkung, also der unentgeltliche Erwerb, nicht zweckgerecht verwirklicht werden. Das heißt, daß zwar der Mieter seine Hauptpflicht nicht zu erfüllen braucht, daß aber dennoch das Schuldverhältnis weiterbesteht, was zumindest zur Folge hat, daß dem conductor noch eine actio ex conducto zustehen kann. Wie bereits dargelegt, ist die nach Julian gegebene Klagemöglichkeit vel in hoc ut me libérés mit der Annahme, das Schuldverhältnis sei wegen rechtlicher Unmöglichkeit erloschen, nicht zu vereinbaren. Dagegen führt zwar auch die Anwendung der Regeln über den concursus causarum zu einer Beendigung des Vertrages, jedoch ist bei dieser Konstruktion die Klage des Mieters verständlicher erklärbar.
250
Pfeil, Concursus S. 69 ff.; Honseil / Mayer-Maly /Selb, RR S. 261; Käser, RPR I S. 556 Fn. 31; Honseil, Quod interest S. 38 ff.; Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 117 ff.; vgl. dazu vor allem unten S. 133 ff. 251 Speziell zur locatio conductio Pfeil, Concursus S. 116 f. - Vgl. auch Arp, Unmöglichkeit S. 94; Medicus SZ 86 (1969) S. 67, 77. 252 Daube, Coll. Studies I S. 271, 274. 253 Pfeil, Concursus S. 119 f.; so versteht auch Benöhr, Synallagma S. 104 das Fragment D. 19. 2. 9. 6, ohne allerdings näher auf D. 19. 2. 10 einzugehen; Daube, Coli. Studies I S. 271, 274; Astolfi, Studi S. 53; derselbe, Labeo 12 (1966) S. 338, 350 f. Fn. 48.
II.
c i rei suae
77
Was das Ziel der in D. 19. 2. 10 genannten actio betrifft, so wird die Ansicht 254 vertreten, es gelte das gleiche wie beim Kauf: Danach kann der conductor den Ersatz seines Interesses verlangen, und während dieses beim Kaufvertrag jedenfalls in dem bereits gezahlten Kaufpreis besteht, geht es hier um den im voraus für den Zeitraum nach dem Eigentumserwerb gezahlten bzw. den für diesen geschuldeten Mietzins. Dafür läßt sich auch das bereits erwähnte Fragment Javolen D. 33. 2. 30. 1 anfuhren, das den Fall behandelt, daß der Eigentümer/Verpächter eines Landguts seinem Pächter den Nießbrauch daran vermacht hatte. In diesem Fall steht dem conductor eine Klage gegen die Erben zu. Rechtlich muß diese Konstellation genauso beurteilt werden wie die in D. 19. 2. 9. 6 behandelte, da sowohl das nachträglich erworbene Eigentum als auch der Nießbrauch die Nutzungsbefugnis umfassen. 255 Ein über die Pflicht zur Mietzinszahlung hinausgehender Schaden des Mieters kommt im übrigen nicht in Betracht. 256 Hinsichtlich des für den Zeitraum nach dem Eigentumserwerb geschuldeten Mietzinses muß der Vermieter sich entweder auf ein pactum de non petendo einlassen oder eine auf das Unterlassen einer Zahlungsklage gerichtete Stipulation eingehen.257 Auf diese Weise wird der Mieter/Eigentümer von der sich eigentlich aus der (wirksamen) locatio conductio ergebenden Pflicht frei. Soweit die actio conducti nicht auf Rückzahlung des bereits für die Zukunft gezahlten Mietzinses, sondern auf Freistellung gerichtet ist, stellt sich allerdings die Frage, wieso nicht der Schutz des conductor durch die einem bonae ßdei iudicium inhärente 258 exceptio doli gegen eine Klage des locator ausreichend sein sollte. Der Grund dafür könnte sein, daß der Mieter ein Interesse daran haben kann, nicht auf eine Klage des locator und sein Obsiegen in diesem Prozeß warten bzw. hoffen zu müssen, sondern selbst als Kläger Klarheit über seine Verpflichtung schaffen zu können. 259 Eine weitere Erklärungsmöglichkeit für eine Klage in hoc, ut me libérés ist allerdings, daß Julian möglicherweise unterstellt oder es sich bei ihm aus dem Zusammenhang ergab, daß der Vermieter den Mietzins stipuliert hatte. Dann würde sich der Befreiungsanspruch ohne weiteres erklären: Er wäre gegenüber der fortbestehenden actio ex stipulato gegeben. Mit Sicherheit feststellen läßt sich dies nicht; doch gerade der Umstand, daß der Mieter ansonsten durch die
254 Pfeil Concursus S. 120 f. und 126 ff.; Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 151; wohl auch Daube, Coll. Studies I S. 271, 274; Medicus, Quod interest S. 107; insoweit genauso Palazzolo, IURA 16 (1965) S. 124, 139 Fn. 62; Beseler, Beiträge 4 S. 335, der vel - libérés für interpoliert hält; ähnlich Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 138 f. 255 Medicus, Quod interest S. 107. 256 Pfeil, Concursus S. 128 f. 257 Pfeil, Concursus S. 121 Fn. 351. 258 Vgl. nur Käser, RPR I S. 487 f. 259 So Pfeil, Concursus S. 123.
Α. Klassisches römisches Recht
78
dem bonae fidei iudicium inhärente exceptio doli ausreichend geschützt wäre, spricht eher dafür, daß sich das Ziel einer Klage ex conducto im Zusammenhang mit einer Stipulierung des Mietzinses erklärt. Dies alles spricht dafür, daß in den beiden Stellen aus D. 19. 2 - wo es sich im ersten Teil von Fragment 9. 6 vermutlich um ein Julian-Zitat handelt - die Ansicht eben dieses Juristen korrekt wiedergegeben wurde. Zwar ist das Fragment D. 19. 2. 10, das nur einen Halbsatz enthält, von den Kompilatoren wahrscheinlich stark verkürzt worden. 260 Doch ist davon auszugehen, daß diese Kürzung nicht zu einer inhaltlichen Änderung geführt hat. Eine Parallele findet man in Ulpian D. 19. 2. 15. 9 und Julian D. 19. 2. 16, wo ebenfalls ein Julianfragment einen kurzen Nachtrag zu einem Ulpianfragment (ebenfalls aus dessen 32. Buch zum Edikt) bildet, in dem Julian zitiert wird. 2 6 1 Für den nachträglicher Eigentumserwerb ex causa lucrativa ist also nicht das gleiche anzunehmen wie bei den bereits untersuchten Fragmenten für das von Anfang an vorhandene Eigentum: Die ex nunc eintretende Nichthaftung des conductor ist nicht Folge der Unwirksamkeit der conductio rei suae wegen rechtlicher Unmöglichkeit, sondern die Folge des concursus causarum, der von den Römern nicht unter dem Unmöglichkeitsgesichtspunkt behandelt wurde, obwohl die Situation insofern eigentlich nicht anders ist als bei von Anfang an vorhandenem Eigentum des conductor. Das Ergebnis bleibt aber das gleiche: Der locator erfüllt infolge des concursus causarum seine vertragliche Pflicht nicht mehr, der conductor hat deshalb seinerseits einen Anspruch auf Freistellung von den sich aus der locatio conductio ergebenden Pflichten. Die ihm zustehende actio dient dessen Durchsetzung. Auf diese Weise ergeben sich aus der locatio conductio ab dem Eigentumserwerb des conductor keine weiteren Rechtsfolgen, der Vertrag wird beendigt. Insofern ist die Situation derjenigen ähnlich, die in den Fällen des von Anfang an vorhandenen Eigentums des conductor besteht; nur haben die Römer bei nachträglichem Eigentumserwerb eine Lösung entsprechend den Regeln über den concursus causarum gewählt und nicht die Unwirksamkeitsregel herangezogen. 262
260
Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 150 f., der auch das vel als unecht ansieht, in der Sache D. 19. 2. 10 aber für klassisch hält. 261 Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 150. - Auch an anderer Stelle haben die Kompilatoren dort, wo sie einen älteren Juristen zitiert fanden, eine Ergänzung aus dem Original angehängt, um das Zitat zu ergänzen, vgl. dazu Krüger, Geschichte S. 382 bei Fn. 86. 262 Vgl. die oben in Fußnote 251 Genannten.
II.
c i rei suae
79
4. Folgerungen Die der ersten Gruppe zugehörigen Fragmente enthalten keinerlei Hinweise auf mögliche Ausnahmen von der Unwirksamkeitsregel. Umgekehrt ergibt sich auch aus den Texten, welche die conductio rei suae fur wirksam erklären, nicht, daß der Vertrag bei Fehlen eines Zwischenrechts unwirksam ist. Einer vor allem von Mayer-Maly, Perozzi, Silva und Wagner vertretenen Ansicht 263 nach hat im klassischen Recht die Unwirksamkeitsregel generell, das heißt ohne Ausnahme, gegolten. Die Vertreter dieser Ansicht berufen sich auf die hier als der ersten Gruppe zugehörig behandelten Fragmente und leiten daraus weitgehende Interpolationsannahmen bezüglich der anderen Quellen ab. Albanese 264 geht dagegen von der Wirksamkeit der conductio rei suae aus und verdächtigt insbesondere D. 50. 17. 45 pr., D. 16. 3. 15 und D. 41. 2. 40. 3. Allerdings ist er der Meinung, daß die conductio rei suae in einzelnen Ausnahmefallen unwirksam war. 265 Er stützt sich vor allem darauf, daß im klassischen Recht zwischen quiritischem und bonitarischem Eigentum unterschieden worden sei. 266 Eine locatio conductio zwischen dem quiritischen und dem bonitarischen Eigentümer einer Sache müsse wirksam gewesen sein. Für die Kompilatoren sei das wesentliche Hindernis für die Aufstellung der Unwirksamkeitsregel weggefallen, da es im nachklassischen Recht nur noch eine Form des Eigentums gegeben habe, die Unterscheidung also nicht mehr vorgenommen worden sei. Beiden Auffassungen ist jedoch nicht zu folgen. Vielmehr ergibt sich nach den bisherigen Ausführungen folgendes Bild: 2 6 7 Grundsätzlich ging man von
263 Wagner, Generalverpfändung S. 55 f.; Mayer-Maly, Locatio conductio S. 114 ff., der hier ausschließlich die für die Unwirksamkeit der conductio rei suae sprechenden Stellen behandelt und nur auf S. 62 f. Bas. 20. 1. 55 anspricht; diesem zustimmend Kupiszewski, Labeo 3 (1957) S. 344, 351 ff.; Silva, SDHI 6 (1940) S. 233, 255; Perozzi, Istituzioni II S. 291 Fn. 4. - Carcaterra, Negozi giuridici S. 14 und 31 hält nur die conductio rei suae vom Nießbraucher für wirksam. 264 Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121 ff., insbesondere S. 154. - Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 139 f.; derselbe, RPR II S. 338 Fn. 23 verdächtigt D. 50. 17. 45 pr. und D. 16.3. 15. 265 Vgl. vor allem Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 138 f. 266 Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 122 und 154 f. 267 So auch Cuena Boy, Imposibilidad S. 113 ff., insbesondere S. 119 ff.; Zimmermann, Obligations S. 353; Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 719 f.; Käser, Pfandrecht S. 171 f., insbesondere S. 171 Fn. 160; Eckardt, Iavoleni epistulae S. 82 Fn. 28 (gegen Albanese); Knütel, Studien RR S. 33, 54 f.; Thomas, Index 2 (1971) S. 283 ff., insbesondere S. 283 und S. 288; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 173; van Oven, TR 26 (1958) S. 322, 323 ff.; Costa, Locazione S. 15 f.; Dernburg, Pandekten S. 304 Fn. 6; Mommsen, Unmöglichkeit S. 98 f. - Scherillo, Locazione e precario S. 3
80
Α. Klassisches römisches Recht
der Regel ... neque locatio rei suae consistere potest aus. Auch Stellen wie D. 50. 17. 45 pr. oder D. 16. 3. 15 sind als klassisch anzusehen. Umgekehrt sind die Fragmente der zweiten Gruppe, soweit es um die Wirksamkeit der conductio rei suae geht, hinsichtlich ihrer Echtheit unverdächtig. Sie ändern nichts an der grundsätzlichen Geltung der Unwirksamkeitsregel, sondern schränken diese lediglich ein für die Fälle, in denen aufgrund eines Zwischenrechts der Grund für die Unwirksamkeit - die rechtliche Unmöglichkeit - nicht gegeben ist. Auch der von Albanese angeführte Fall der Miete durch den Eigentümer, dem nur das nudum ius Quiritium zusteht, ist nicht anders zu beurteilen, da das bonitarische Eigentum des Vermieters genauso wie Pfandrecht oder Nießbrauch als Zwischenrecht zu verstehen ist. Deshalb widersprechen sich die Aussagen der Fragmente beider Gruppen nicht, vielmehr ergänzen sie sich, indem sich aus beiden zusammen die Behandlung der conductio rei suae im klassischen Recht - als Regel und Ausnahme - entnehmen läßt. Daß in keinem der angeführten Fragmente auf beides, also auf die grundsätzlich eintretende Unwirksamkeit und die bei Vorhandensein eines Zwischenrechts gegebene Wirksamkeit der conductio rei suae hingewiesen wird, erklärt sich aus der kasuistischen, auf den Einzelfall ausgerichteten Behandlung der jeweils zur Entscheidung anstehenden Fälle durch die römischen Juristen. 268 Man stellte zwar die Regel auf, daß eine conductio rei suae unwirksam ist; dieser aus der Kasuistik gebildeten Regel sollte aber - ohne daß dies ausdrücklich bestimmt wurde - nur soweit Geltung zukommen, wie die zugrundeliegende Überlegung zutreffend war, daß bei einem solchen Rechtsgeschäft über die res créditons rechtliche Unmöglichkeit vorliegt. Entfiel dieser Grund für die Unwirksamkeit, weil im betreffenden Fall dem locator ein Zwischenrecht zustand, so hielt man an der Regel nicht fest, sondern entschied sich für die Wirksamkeit des Vertrages. Bei einer solchen Denkweise erübrigte es sich auch, auf die Abweichung von der régula iuris ausdrücklich hinzuweisen, da diese von vornherein eine immanente Beschränkung auf die Fälle des fehlenden Zwischenrechts enthielt. Daher konnte schon Gothofredus 269 anmerken, daß eine res sua im Sinne der Unwirksamkeitsregel nur dann vorliegt, wenn der Betreffende unbeschränkter Eigentümer der Sache ist: ... quia Res SUA hic ita accipienda est, in qua seil, nullus alius ius aliquod habet.
Fn. 1 hält zumindest das Pfandrecht als Zwischenrecht für eine klassische Ausnahme von der Unwirksamkeitsregel. 268 Käser, Pfandrecht S. 172; Kaden, SZ 62 (1942) S. 439, 440; zustimmend Cuena Boy, Imposibilidad S. 88 Fn. 4. Vgl. dazu schon oben auf S. 37 ff. 269 Gothofredus, De Regulis Iuris S. 221 f., abgedruckt auf S. 14 ff.
III. Precarium rei suae
81
Zum nachträglichen Eigentumserwerb des conductor finden sich nur zwei Quellen, nämlich D. 19. 2. 9. 6 und eod. 10, aus denen sich zwar auch ergibt, daß der conductor nach Eigentumserwerb nicht länger haftet; doch ist dies nicht Folge der Unwirksamkeit der conductio rei suae wegen rechtlicher Unmöglichkeit, sondern Folge des concursus causarum, der von den Römern nicht unter dem Unmöglichkeitsgesichtspunkt behandelt wurde. In D. 19. 2. 9. 6 und eod. 10 war ein nachträglicher Erwerb ex causa lucrativa gegeben. Zu einem Erwerb ex causa onerosa , das heißt zum Zusammentreffen zweier entgeltlicher Erwerbsgründe, finden sich bei der locatio conductio keine Nachweise. Man wird aber davon ausgehen können, daß die Lösung hier genauso ausgesehen hat wie beim Kauf, das heißt, daß unter den Klassikern umstrittenen war, ob der locator einen Anspruch auf Mietzinszahlung hatte. 270 Somit hatte die in D. 50. 17. 45 pr. enthaltene Unwirksamkeitsregel bei der locatio conductio folgenden Geltungsbereich: Davon erfaßt war nur der Fall des anfänglich - das heißt vor Abschluß des Vertrages - vorhandenen Eigentums des conductor . Zudem galt diese Regel nicht, wenn und solange das Eigentum durch ein Zwischenrecht des locator beschränkt war oder wenn der bei D. 41. 2. 28 geschilderte Sonderfall vorlag, daß der Eigentümer den Vertrag abschloß, um ohne Prozeß oder bis zu dessen erfolgreichem Ausgang zumindest die tatsächliche Gewalt über die Sache erlangen zu können.
I I I . Precarium rei suae Auch diejenigen Quellen, die eine Aussage zum precarium rei suae enthalten, lassen sich in zwei Gruppen einteilen:
1. Unwirksamkeit eines precarium rei suae
a) D. 50. 17. 45 pr. 271 und D. 16. 3. 15 212 Diese beiden Fragmente, die die Unwirksamkeit eines precarium rei suae aussprechen, wurden schon bei der conductio rei suae behandelt. Das dort 2 7 3 270 271 272 273
Vgl. dazu unten S. 134 f. Der Text des Fragments ist oben auf S. 14 abgedruckt. Der Text des Fragments ist oben auf S. 41 abgedruckt. Vgl. oben S. 36 ff. und die dort angeführten Nachweise.
6 Zimmermann
82
Α. Klassisches römisches Recht
Gesagte gilt auch, soweit das precarium betroffen ist. Allerdings gibt es in diesem Zusammenhang noch einen weiteren Einwand gegen die Echtheit der beiden Fragmente, nämlich die Gleichstellung des precarium mit den genannten Vertragsverhältnissen. 274 Diese soll auch darin zum Ausdruck kommen, daß in Julian D. 16. 3. 15 von ... nec precario tenetur ... statt von ... nec inter dicto tenetur... die Rede ist. 275 Zwar entwickelte sich das precarium wohl erst in nachklassischer Zeit zu einem Innominatkontrakt 276 ; jedoch gab es schon in der Klassik erste Ansätze für eine Weiterentwicklung in Richtung auf ein institutionalisiertes Rechtsverhältnis, die aus der ursprünglich nur besitzrechtlich bedeutsamen Tatsache precarium ein Leihverhältnis eigener Art formten. 277 Beispielsweise konnte die Widerruflichkeit der Bittleihe im Einzelfall dadurch beseitigt werden, daß der precario dans aus einem parallel bestehenden Mietvertrag dazu verpflichtet war, von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch zu machen. 278 Ähnliches galt bei der Verbindung von Bittleihe und Kauf. 279 Besonders deutlich zeigt sich die Entwicklung des precarium zu einem Leihverhältnis eigener Art an dem jedenfalls ab der Spätklassik vorkommenden precarium ad tempus rogatum, bei dem die Widerruflichkeit von vornherein ausgeschlossen war. 280 Dies belegt, daß die Anfänge der Institutionalisierung des precarium schon in die Klassik fallen. Wenn dies zutrifft, wenn sich also die Bittleihe nicht in ihren besitzrechtlichen Wirkungen erschöpfte, dann ist es ohne weiteres begreiflich, daß schon in klassischer Zeit die Frage nach der Wirksamkeit des precarium rei suae in gleicher Weise gestellt wurde wie bei den Vertragsverhältnissen, insbesondere bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen, also locatio conductio 281 und commo-
274 Cuena Boy, Imposibilidad S. 124; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 95; Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 141: „Diese Gleichordnung wird in die Spätzeit gehören ..."; Zamorani, Precario S. 256 f.; Carcaterra, Negozi giuridici S. 24-26, der deshalb annimmt: „Dunque nulla di strano che i classici abbiano ammesso il dominus a ricevere a precario la sua res." (S. 24 f.) - Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 172 Fn. 22 hält das Nebeneinander von precarium und den anderen Vertragsverhältnissen für unbedenklich. 275 So Zamorani, Precario S. 259 unter Hinweis auf eine entsprechende Formulierung in Ulpian (71 ad ed) D. 43. 26. 4. 2; zustimmend Cuena Boy, Imposibilidad S. 124. 276 Vgl. nur Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 121 f. 277 Siehe insbesondere Käser, RPR I S. 389 und RPR II S. 407; derselbe, SZ 89 (1972) S. 94 ff. mit weiteren Nachweisen und überzeugender Argumentation; ferner Honseil / Mayer-Maly / Selb, RR S. 136. 278 Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 103 ff., vor allem S. 108 f. 279 Ulpian (2 resp) D. 43. 26. 20, dazu Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 111 f.; Knütel, Studien RR S. 33, 47. 280 Siehe vor allem Ulpian (71 ad ed) D. 43. 26. 4. 4, dazu Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 113 ff.; Honseil / Mayer-Maly / Selb, RR S. 136. 281 Vgl. oben S. 36 ff.
III. Precarium rei suae
83
datum 2* 2. Auch die Antwort mußte in beiden Fällen gleich ausfallen, und die Ursache der Unwirksamkeit eines precarium rei suae konnte ebenfalls nur in der „rechtlichen Unmöglichkeit" gesehen werden, dem unbeschränkten Eigentümer den Gebrauch bzw. die Nutzung einer Sache precario zu überlassen, weil er bzw. sie ihm schon zustand. Genauso wie bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen ist also die Nichterreichbarkeit des mit dem Geschäft objektiv verfolgten Zwecks der Grund für die rechtliche Unmöglichkeit und für die Regel, daß ein precarium rei suae keinen Bestand hat. 283 Zamorani 284 geht dagegen davon aus, daß das precarium im klassischen Recht nur ein besitzrechtlich relevanter Tatbestand war. Da der Prekarist vitiosa possessio gehabt hatte, sei anzunehmen, daß ein precarium rei suae in den gleichen Grenzen möglich gewesen sei wie der fehlerhafte Besitz an der eigenen Sache. Ausgehend von Gai. 3. 200, wonach ein furtum rei suae möglich ist, wenn der Eigentümer dem Pfandgläubiger oder dem gutgläubigen Besitzer die Sache wegnimmt, vertritt Zamorani die Auffassung, daß das precarium rei suae in diesen Fällen wirksam war. Diese Argumentation ist jedoch, selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß das precarium im klassischen Recht tatsächlich ein rein besitzrechtlich relevanter Tatbestand war, nicht überzeugend: Ein furtum hat völlig andere Voraussetzungen und Rechtsfolgen als die Einräumung eines precarium. Insbesondere erfolgt beim precarium die Überlassung der Sache mit dem Willen des precario dans. Es ist deshalb schwer vorstellbar, daß beides identisch behandelt wurde. Im übrigen galt auch beim furtum der Grundsatz rei nostrae furtum facere non possumus 285, die beiden genannten Fallgruppen stellten also nur Ausnahmen von dieser Regel dar. Folglich ist es denkbar, daß die wesentliche Rechtsfolge der Einräumung eines precarium, nämlich die Möglichkeit des precario dans, die Sache mit dem interdictum de precario zurückzufordern, als unbillig angesehen wurde, wenn der precario rogans unbeschränkter Eigentümer war. Dies vor allem dann, wenn sich erst nachträglich herausstellte, daß der precario rogans schon Eigentümer war. Das wäre sogar bei einem precarium, das nur als besitzrechtlich relevanter Tatbestand verstanden wird, der Grund für die Unwirksamkeitsregel. Man kann dagegen auch nicht einwenden, gegenüber dem interdictum de precario sei die Berufung auf das Eigentum ausgeschlossen gewesen: War das precarium rei suae nicht möglich, so war in diesem Fall auch kein prekaristischer
282
Vgl. unten S. 138. Auch Tondo , Labeo 5 (1959) S. 157, 173 sieht insoweit zwischen locatio conductio und precarium keinen Unterschied. 284 Zamorani, Precario S. 270-273. 285 Vgl. Paul. sent. 2.31.21. 283
84
Α. Klassisches römisches Recht
Besitz gegeben.286 Die eventuellen Ausnahmen von der in D. 50. 17. 45 pr. und D. 16. 3. 15 aufgestellten Regel können jedenfalls nicht aus einem Vergleich mit dem furtum rei suae hergeleitet werden; sie sind vielmehr den Fragmenten, die ein precarium rei suae zulassen, zu entnehmen.287 Somit ist folgendes festzuhalten: Beide Fragmente geben, auch was das precarium betrifft, den klassischen Rechtszustand wieder. Die „Gleichstellung" des precarium mit den genannten Vertragsverhältnissen ist sachlich gerechtfertigt, da der Regel insoweit grundsätzlich die gleichen Erwägungen zugrunde liegen. Wie schon bei der locatio conductio rei suae ausgeführt, ist die Bildung von Parallelbeispielen nicht ungewöhnlich. Wegen der Ähnlichkeit von locatio conductio und precarium (beide sind auf Gebrauchsüberlassung gerichtet) mußte sich ein Vergleich für Julian und Ulpian geradezu aufdrängen. Das gilt insbesondere dann, wenn diese als Rechtsgeschäfte über die eigene Sache hinsichtlich ihrer Wirksamkeit identisch zu behandeln sind. Außer diesen beiden gibt es weitere Fragmente, die die Unwirksamkeitsregel enthalten:
b) D. 4L 2. 40. 3288 Auch Africanus D. 41. 2. 40. 3 nennt neben der conductio das precarium. Es kann, was die Echtheit dieses Belegs betrifft, hier ebenfalls auf das bereits Gesagte289 verwiesen werden. Carcaterra 290 will die Erwähnung des precarium aus den gleichen Gründen wie in D. 50. 17. 45 pr. und D. 16. 3. 15 streichen, also deshalb, weil das precarium im klassischen Recht kein Vertrag gewesen sei. Dagegen spricht jedoch das schon zu diesen beiden Fragmenten Ausgeführte: Es ist keineswegs ein Hinweis auf eine nachklassische Änderung, wenn conductio rei suae und precarium rei suae bezüglich der Frage der Wirksamkeit zusammen genannt werden.
286 Vgl. dazu auch das noch zu erörternde Fragment Ulpian (71 ad ed) D. 43. 26. 4. 3, in dem das Interdikt gerade mit der Begründung ausgeschlossen wird, daß ein precarium rei suae unwirksam ist; Siber, Scritti Ferrini 4 S. 98, 107 und 111. 287 Dazu unten S. 91 ff. 288 Der Text des Fragments ist oben auf S. 45 abgedruckt. 289 Siehe oben S. 45 ff. 290 Carcaterra , Negozi giuridici S. 26.
III. Precarium rei suae
85
c) D. 43. 19. 1. 11
Dieses in mehreren Schritten zu erörternde Fragment behandelt drei Fälle, von denen hier in erster Linie der zweite und die dort zu findende Aussage ... sicuti me precarium rei meae non tenet ,... interessiert: ULPIANUS libro septuagensimo ad edictum Si tibi fundum precario concessero, cui via debebatur, deinde tu a domino fundi precario rogaveris, ut ea via ad eum fundum utaris: an noceat tibi exceptio, si adversus eum velis interdicere, a quo precario viam rogasti? et magis est, ut noceat, idque colligi potest ex eo, quod Iulianus scribit in specie huiusmodi. ULPIAN im 70. Buch zum Edikt Wenn ich dir ein Grundstück, dem ein Wegerecht geschuldet wurde, aufgrund einer Bittleihe überlassen habe und du dann vom Eigentümer des dienenden Grundstücks durch Bittleihe erreicht hast, daß du diesen Weg zu jenem Grundstück benutzen darfst, schadet dir dann die Einrede, wenn du gegen denjenigen das Interdikt geltend machen willst, von dem du die Wegbenutzung durch Bittleihe erhalten hast? Und es spricht mehr dafür, daß sie dir schadet, und dies kann aus dem hergeleitet werden, was Julian zu einem Fall dieser Art schreibt:
A (ego) ist Eigentümer des herrschenden Grundstücks. Zugunsten dieses Grundstücks besteht ein Wegerecht an dem Grundstück des Β. A hat sein Grundstück dem C (tu) als precarium überlassen. Außerdem hat sich C von Β die Wegbenutzung durch Bittleihe einräumen lassen. Nun stellt sich die Frage, ob dann, wenn C gegen Β das interdictum de itinere actuque 29] geltend macht, dem Β die exceptio vitiosae possessionis 292 zusteht. Die Frage wird bejahend beantwortet (et magis est, ut noceat). Grund dafür kann nur sein, daß C den Weg lediglich aufgrund der von Β gewährten Bittleihe benutzt und damit die Voraussetzungen der exceptio erfüllt sind. Gegen die Echtheit dieses ersten Teils des Fragments wird eingewandt, das Wegerecht sei nicht von dem herrschenden Grundstück zu trennen und damit schon in dem ersten precarium von A an C enthalten.293 Ein weiteres precarium bezüglich der Wegbenutzung von Β an C habe deshalb keinen Sinn. Käser 294 ist der Auffassung, das erste precarium habe sich auf das herrschende Grundstück mit Ausnahme des Wegerechts erstreckt, daher sei das zweite precarium nicht sinnlos gewesen. Aber auch wenn das erste precarium das Wegerecht mitumfaßte, ergibt der Fall einen Sinn: Die zweite Bittleihe würde C eine neue und für seine persönliche Benutzung maßgebliche Grundlage schaffen. Insoweit wäre 291 292
Um dieses geht es im Digestentitel 43. 19.
Vgl. D. 43. 19. 1 pr.; die exceptio setzt danach voraus, daß der Kläger den Weg precario benutzt hat. 293 Zamorani, Precario S. 261; Cuena Boy, Imposibilidad S. 127 nimmt deshalb an, daß C sich das zweite precarium in Unkenntnis des Bestehens der Servitut einräumen läßt. 294 Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 138 Fn. 142.
Α. Klassisches römisches Recht
86
dann Β sein precario dans. Es kommt somit nicht entscheidend darauf an, ob die Überlassung von A an C das Wegerecht mitumfaßte. Der weitere Einwand, die Frage ... an noceat tibi exceptio ... sei überflüssig und das ... magis est... in der Antwort unpassend, weil gegen C als Prekaristen die exceptio ohne weiteres zustehe und es sich also um eine Selbstverständlichkeit handele 295 , ist ebenfalls nicht durchschlagend: Wenn das Wegerecht schon von dem ersten precarium erfaßt wird, dann käme die Argumentation in Betracht, C benutze den Weg allein aufgrund dieses und nicht aufgrund des zweiten precarium, so daß er gegenüber A, nicht aber gegenüber Β als Prekarist anzusehen sei. Dann würde Β keine exceptio zustehen. Die Antwort... magis est ... wäre angebracht, weil die Lösung des Falles eben auch anders hätte ausfallen können. Da nicht von vornherein klar ist, ob das Wegerecht schon von dem ersten precarium erfaßt wird, ist an der Fragestellung und der Formulierung der Antwort nichts auszusetzen. Im übrigen spricht diese eher dafür, daß das Wegerecht bereits von der ersten Bittleihe erfaßt war; C ist trotzdem gegenüber Β Prekarist. quaerit enim, si ego tibi fundum precario dedero, cui via debebatur, et tu rogaveris precario, ut ea via utaris: nihilo minus utile interdictum mihi esse, quia, sicuti me precarium rei meae non tenet, ita nec per te precario possidere intellegor: quotiens enim colonus meus aut is, cui precario fundum dedi, via utitur, ego ire intellegor, propter quod et recte dico me itinere usum. Er behandelt nämlich den Fall, daß ich dir ein Grundstück aufgrund einer Bittleihe überlassen habe, dem ein Wegerecht geschuldet wurde, und du durch Bittleihe erreicht hast, daß du diesen Weg benutzen darfst: Trotzdem sei das Interdikt mir von Nutzen, weil, genauso wie mich eine Bittleihe meiner eigenen Sache nicht verpflichtet, so auch nicht anzunehmen ist, daß ich durch dich aufgrund einer Bittleihe besitze: Sobald nämlich mein Pächter oder derjenige, dem ich das Grundstück aufgrund einer Bittleihe überlassen habe, den Weg benutzt, werde ich als Benutzer angesehen. Deshalb behaupte ich auch zu Recht, daß ich den Weg benutzt habe.
Im zweiten Teil des Fragments wird ein von Julian behandelter Vergleichsfall erörtert: Dieser entspricht dem Ausgangsfall, das heißt, daß dem C (tu) das herrschende Grundstück als precarium überlassen war. Außerdem hat sich C die Wegbenutzung durch Bittleihe von dem Eigentümer des dienenden Grundstücks (B) einräumen lassen. Allerdings geht es nun um die Frage, ob das Interdikt dem A (ego), also dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks, zusteht. Auch wenn - wofür die Lösung des ersten Falles spricht - die prekaristische Überlassung des Grundstücks von A an C das Wegerecht umfaßte, ist die Erörterung, ob A das interdictum de itinere actuque geltend machen kann, in keiner Weise verdächtig. 296 Nach Julian kann A erfolgreich von dem Interdikt
295
Zamorani, Precario S. 262. Anders Zamorani, Precario S. 262 f., der mit dem zweiten Teil des Fragments auch die Aussage ... me precarium rei meae non tenet ... für nachklassisch hält. 296
III. Precarium rei suae
87
Gebrauch machen, das heißt, ihm steht die exceptio nicht entgegen, da nicht angenommen werden kann, daß er von dem W e g durch seinen Prekaristen C und damit gegenüber Β lediglich aufgrund der von Β gewährten Bittleihe Gebrauch mache. 2 9 7 Dies bedeutet, daß die zweite Bewilligung (durch B ) für A irrelevant ist; C kann dessen Rechtslage nicht verschlechtern, indem er sich von Β die Wegbenutzung durch Bittleihe einräumen läßt. Der Grund dafür ist, daß A als Eigentümer des herrschenden Grundstücks bereits Inhaber des Wegerecht ist. Eine erneute prekaristische Überlassung dieses Wegrechts, nämlich durch Β an A über dessen Prekaristen C wäre ein unwirksames precarium
' rei ' suae und als sol-
ches grundsätzlich unwirksam. 2 9 8 I m behandelten Fall ist somit zwar kein precarium
rei suae gegeben; die Unwirksamkeitsregel w i r d aber herangezogen,
um den vergleichbaren Fall des bereits als Servitut zustehenden Wegerechts zu lösen. Denn auch hier ist wegen der Inhaberschaft des A an der Servitut die rechtliche Unmöglichkeit gegeben, diese ihm aufgrund einer Bittleihe nochmals zu überlassen. Auch aus diesem Fragment ergibt sich also die Unwirksamkeit eines precarium
rei suae.
quae ratio, inquit, efficit, ut et, si ego viam precario rogavero et tibi fundum precario dedero, quamvis hac mente ieris, quasi fundo meo deberetur, inutile esset interdictum et precario eo itinere usus esse videar, non immerito: non enim opinio tua, sed mea quaerenda est. tu tamen, credo, poteris interdicto uti, etsi de hoc nihil scribat Iulianus. Aus diesem Rechtsgedanken folgt, so sagt er, daß auch, wenn ich die Wegbenutzung aufgrund einer Bittleihe erhalten und dir das Grundstück als precarium überlassen habe, obwohl du den Weg in der Meinung benutzt hast, daß er meinem Grundstück geschuldet werde, das Interdikt wirkungslos und anzunehmen sei, daß ich von dem Wegerecht aufgrund der Bittleihe Gebrauch gemacht habe, und nicht zu Unrecht: Es kommt nämlich nicht auf deine Annahme an, sondern auf meine. Dennoch bin ich der Meinung, daß du von dem Interdikt Gebrauch machen kannst, auch wenn Julian darüber nichts geschrieben hat. Dagegen Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 138 f. Fn. 142 und 143. - Cuena Boy, Imposibilidad S. 128 hält ein interdictum utile für möglich; für eine solche Annahme gibt es jedoch keinen Grund. - Das Interdikt des A wird auch von Beseler, Beiträge 5 S. 78 und Beiträge 1 S. 106 für klassisch gehalten. 297 Solazzi, Tutela S. 136 f. verdächtigt das auf das Wegerecht bezogene possidere, weil der Begriff possessio im Zusammenhang mit Servituten erst in nachklassischer Zeit benutzt worden sei. Possidere könnte jedoch in einem untechnischen Sinne gebraucht sein, vgl. allgemein dazu Käser, RPR I S. 447 Fn. 84. Außerdem ist es nicht ausgeschlossen, daß es schon im klassischen Recht Ansätze dazu gab, bei Servituten von possessio iuris zu sprechen; auch dazu Käser, RPR I S. 390 bei Fn. 44 und RPR II S. 256. 298 Vgl. Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 138 f. Fn. 142, 143; so auch Cuena Boy, Imposibilidad S. 128, nach dem allerdings ... sicuti me precarium rei meae non tenet ,... nicht bedeuten soll, daß man die eigene Sache nicht als precarium erhalten kann. Vgl. dazu sogleich oben im Text.
Α. Klassisches römisches Recht
88
Anders verhält es sich also im letzten Fall, den das Fragment behandelt: A hat sein Grundstück dem C als precarium überlassen. Auch diesmal steht ihm ein Wegerecht am Grundstück des Β zu, allerdings nicht als Servitut, sondern ebenfalls als precarium. Selbst wenn C davon ausgeht, daß A das Wegerecht als Servitut zusteht, kann dieser nicht mit dem Interdikt gegen Β vorgehen, weil er ihm gegenüber bloßer Prekarist ist, dem die exceptio entgegensteht. Anders verhält es sich mit C. Ihm soll nach Ulpian Β die Einrede nicht entgegenhalten können. Da C das Interdikt geltend machen kann, muß man in diesem letzten Fall davon ausgehen, daß das precarium bezüglich des Grundstücks des A auch das Wegerecht gegenüber Β umfaßt. 299 Erwägen könnte man allerdings, daß dem A das Wegerecht auch nur aufgrund einer Bittleihe eingeräumt wurde und daß C daher eigentlich gegenüber Β nicht mehr Rechte haben kann als A diesem gegenüber hätte. In diesem Fall hätte Β auch gegenüber C jederzeit die Bittleihe widerrufen und ihm so die Wegbenutzung entziehen können. Will man nicht in die weniger wahrscheinliche Annahme ausweichen, daß vor der Schlußbemerkung Ulpians (tu tarnen, credo . . . / 0 0 gekürzt wurde und sich diese deshalb nicht auf den letzten Fall bezieht, bleibt als Erklärung folgendes: Ulpian nimmt, in Ergänzung zu dem von Julian Ausgeführten, zu der Frage Stellung, ob C erfolgreich mit dem Interdikt gegen Β vorgehen kann. Bei seiner Entscheidung, daß dies der Fall ist, stellt er offensichtlich darauf ab, daß C nur gegenüber A, nicht aber gegenüber Β Prekarist ist. 301 Man wird jedoch davon auszugehen haben, daß bei dieser Lösung Β jederzeit das prekaristisch eingeräumte Wegbenutzungsrecht gegenüber A widerrufen und auf diese Weise im Ergebnis auch C die Wegbenutzung entziehen konnte. Ein Widerruf gegenüber C ist nach Ulpians Lösung allerdings nicht ausreichend, da dieser nur gegenüber A Prekarist ist. Inhaltlich spricht somit nichts gegen die Echtheit des Fragments, insbesondere nicht gegen die zur Lösung des Falles im Mittelstück des Textes herangezogenen Regel... me precarium rei meae non tenet , .... 302 Die sonstigen Einwände 3 0 3 gegen die Echtheit des Fragments können demgegenüber vernachlässigt werden. 299
Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 138 Fn. 142. Arangio-Ruiz, Scritti I S. 135, 211 Fn. 1 a. E. will tu tarnen ... wegen „la contraddizione irrimediabile" zum restlichen Teil des Passus streichen. Dagegen läßt sich freilich das oben im Text Dargelegte anfuhren. 301 Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 138 Fn. 142 a. E. 302 Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 138. 303 Scherillo, Locazione e precario S. 29 (der colonus meus aut für interpoliert hält); Beseler, SZ 43 (1922) S. 415, 424 Fn. 1; derselbe, Beiträge 1 S. 106, Beiträge 2 S. 56 und Beiträge 5 S. 78 mit folgender Rekonstruktion: Si tibi fundum precario concessero, 300
III. Precarium rei suae
89
D. 43. 19. 1. 11 ist somit ein sicherer Beleg dafür, daß die Unwirksamkeitsregel schon im klassischen Recht gegolten hat.
d) D. 43. 26. 4. 3 ÜLPIANUS libro septuagensimo primo ad edictum Item si rem meam precario rogavero, rogavi quidem precario, sed non habeo precario idcirco, quia receptum est rei suae precarium non esse. ULPIAN im 71. Buch zum Edikt Ferner: Wenn ich eine mir gehörende Sache im Wege der Bittleihe erbeten habe, so habe ich sie zwar erbeten, aber ich habe sie deshalb nicht aufgrund einer Bittleihe, weil anerkannt ist, daß an der eigenen Sache eine Bittleihe nicht bestehen kann.
Das Fragment betrifft die Unterscheidung zwischen precario rogare und precario habere. Beim interdictum de precario war nur der precario habens passivlegitimiert. Letzteres soll nach D. 43. 26. 4. 3 nicht der Fall sein, wenn der precario rogans Eigentümer der Sache ist. Gegen die Echtheit wird vor allem eingewandt, das Fragment unterbreche im Ediktskommentar Ulpians die Behandlung einer anderen Frage und sei deshalb ein nachklassischer Einschub: 304 Die von Ulpian in D. 43. 26. 4. 2 begonnene Erörterung der Unterscheidung zwischen precario rogare und precario habere, wobei eine Person precario rogans und eine andere precario habens sei, werde erst im Fragment 6. 1 in dieser Weise wieder aufgenommen. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden: Auch in 4. 3 wird die Frage der Passivlegitimation beim interdictum de precario behandelt; insofern fügt sich das Fragment gut in Ulpians Kommentierung ein. 305 In diesem Sinne ist das item, mit dem D. 43. 26. 4. 3 eingeleitet wird, zu verstehen: Es will - als typische Fortsetzungsbemerkung in den Kommentaren - nur besagen, daß es um einen weiteren Fall geht, in dem precario rogare und precario habere auseinanderfallen, das heißt nicht beide in einer Person gegeben sind. Die Tatsache, daß precario rogare und precario habere hier nicht auf zwei Personen verteilt sind, sondern eine Person precario rogans, aber nicht precario habens ist, liegt an der Besonderheit des precarium rei suae und ist nicht ausreichend, um von einer Unterbrechung der Kommentierung sprechen zu können.
cui via debebatur, deinde tu a domino fundi precario rogaveris, Iulianus scribit nihilo minus utile interdictum mihi esse < nam> et si ego viam precario rogavero et tibi fundum precario dedero, inutile esse interdictum . 304 305
Fn. 27.
Zamorani, Precario S. 257 f.; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 125 f. Kaser, SZ 89 (1972) S. 94, 136 Fn. 138; Thomas, Index 2 (1971) S. 283, 290
Α. Klassisches römisches Recht
90
In formaler Hinsicht wird auf die dreimalige Wiederholung von precario und auf die Formulierung ... precario rogavero, rogavi quidem precario ... hingewiesen, die nicht von einem klassischen Juristen stammen könne. 306 Dies vermag ebenfalls nicht zu überzeugen; die Entscheidung des Falles läßt sich kaum kürzer und prägnanter formulieren als in Fragment 4. 3. 3 0 7 Auf den Einwand 308 , die Entscheidung widerspreche dem Ulpianfragment D. 43. 26. 6. 4, kann erst nach der Erörterung der zur zweiten Gruppe gehörenden Texte eingegangen werden. 309 D. 43. 26. 4. 3 läßt sich also ebenfalls entnehmen, daß ein precarium rei suae im klassischen Recht unwirksam war.
e) Zusammenfassung Alle fünf untersuchten Fragmente bestätigen mithin, daß die Regel precarium rei suae consistere non potest bereits im klassischen Recht gegolten hat. D. 43. 26. 4. 3, D. 43. 19. 1. 11 und D. 41. 2. 40. 3 liefern ein zusätzliches Argument dafür, daß D. 50. 17. 45 pr. und D. 16. 3. 15 inhaltlich das klassische Recht korrekt wiedergeben. Gemeinsames Merkmal der Fragmente ist, daß sich nirgendwo ein Hinweis auf das Bestehen eines Zwischenrechts des precario dans findet. Es ist also davon auszugehen, daß der precario rogans jeweils weder dinglich noch obligatorisch in seinem Eigentum an der Sache beschränkt ist. Der Grund für die Unwirksamkeit wurde bereits erörtert. 310 Wie D. 43. 26. 4. 3 zeigt, bedeutet Unwirksamkeit vor allem, daß dem precario dans das interdictum de precario nicht zusteht. Daraus ist ersichtlich, daß man die wesentliche Rechtsfolge der Einräumung eines precarium, nämlich die Möglichkeit, die Sache mit diesem Interdikt zurückzufordern, nicht eintreten lassen wollte, wenn der precario rogans unbeschränkter Eigentümer war. Damit ist aber zugleich das precarium als solches ohne den ihm sonst zukommenden Sinn. Deshalb stellte man die Unwirksamkeitsregel auf. Wäre man dagegen von der Wirksamkeit ausgegangen, so hätte man dem precario rogans gegenüber dem Interdikt die Berufung auf sein Eigentum versagen müssen.311
306
Zamorani, Precario S. 258 f.; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 127. Vgl. Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 136 Fn. 138: „... Aber gerade die Wiederholung ist hier hervorragend geeignet, den Gegensatz zum precario habere wirkungsvoll und in klassischer Kürze zu unterstreichen." 308 Cuena Boy, Imposibilidad S. 125 f.; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 126 f. 309 Vgl. unten S. 103 f. 310 Vgl. oben S. 81 ff. 311 Vgl. oben bei Fn. 286. 307
III. Precarium rei suae
91
Dies zeigt, daß die Geltung der Unwirksamkeitsregel unabhängig davon bejaht werden kann, ob man davon ausgeht, daß das precarium im klassischen Recht lediglich ein besitzrechtlich relevanter Tatbestand war oder nicht. Jedenfalls war das interdictum de precario die wesentliche Rechtsfolge der Einräumung eines precarium, und gerade dieses interdictum versagten die römischen Juristen dem precario dans gegenüber dem unbeschränkten Eigentümer.
2. Wirksamkeit eines precarium rei suae 312 Zunächst sind die Fragmente anzusprechen, die das precarium neben der locatio conductio erwähnen und die in diesem Zusammenhang schon behandelt wurden. Außerdem finden sich noch sechs weitere Quellen, die von der Wirksamkeit eines precarium rei suae ausgehen.
a) D, 13. 7. 22.
5 313
Dieses Ulpian-Fragment behandelt ein precarium rei suae als wirksam; der precario dans wird als Pfandgläubiger vorgestellt. Wie bereits dargelegt 314 , spricht trotz der Inskription vieles dafür, daß Ulpian zumindest auch das pignus erwähnt hat. Soweit das Fragment die Wirksamkeit des precarium rei suae betrifft, ist pignus sachlich ohne weiteres zutreffend: Infolge des Pfandrechts ist das Eigentum des precario rogans - anders als in den zur ersten Gruppe gehörenden Quellen - nicht unbeschränkt, mithin spricht nichts gegen die Möglichkeit des Pfandgläubigers, Rückforderung der Sache mit dem interdictum de precario zu verlangen; die Vereinbarung einer Überlassung als precarium erfüllt somit ihren Zweck. Deshalb ist hier das precarium rei suae wirksam. Insofern gilt also das gleiche wie bei der locatio conductio.
312 Nicht in diesen Zusammenhang gehören die Fragmente Julian (44 dig) D. 13. 7. 29, Ulpian (33 ad Sab) D. 24. 1. 32. 5, Julian (13 dig) D. 41. 2. 36 und Julian (44 dig) D. 41. 3. 33. 6, weil dort kein precarium rei suae behandelt wird. Auch in Venuleius (3 interdictorum) D. 43. 26. 7 wird nicht ausgesagt, daß gerade der precario rogans Eigentümer ist. 313 Der Text des Fragments ist oben auf S. 59 abgedruckt. 314 Vgl. oben S. 59 ff.
Α. Klassisches römisches Recht
92
b) D. 13. 7. 35. 7 315 Auch nach Florentinus D. 13. 7. 35. 1 ist ein precarium rei suae möglich, wenn der precario dans Pfandgläubiger ist. Beachtenswert ist, daß diese Quelle keine Hinweise auf einenfiducia-Rszxxg enthält.
c) D. 2. 8. 15. 2 MACER libro primo de appellationibus Creditor, qui pignus accepit, possessor non est, tametsi possessionem habeat aut sibi traditam aut precario debitori concessam. MACER im 1. Buch über Berufungen Der Gläubiger, der ein Pfand angenommen hat, ist kein „Besitzer", obwohl er an der Sache Besitz hat, die ihm entweder übergeben oder dem Schuldner aufgrund einer Bittleihe überlassen wurde.
Die Aussage wird im Zusammenhang mit D. 2. 8. 15 pr. verständlich, wonach der possessor eines Grundstücks nicht zur satisdatio gezwungen werden kann, also als Beklagter zur Sicherheitsleistung durch Bürgen. Mit possessor ist in diesem Kontext der Inhaber des eigentumsähnlichen Rechts an einem Provinzialgrundstück, der „Grundbesitzer", gemeint. 316 In diesem Sinn ist auch possessor non est in D. 2. 8. 15. 2 zu verstehen: Der Pfandgläubiger ist nicht ein solcher possessor , daß er davon befreit wäre, Sicherheit zu leisten. Wohl aber ist er possessor im allgemeinen Sinn, wenn ihm der Besitz am Grundstück eingeräumt wurde oder er precario dans gegenüber dem Verpfänder ist. 317 Das Fragment sagt somit aus, daß der Pfandgläubiger die satisdatio leisten muß, und zwar unabhängig davon, ob er das Grundstück infolge der Übergabe an ihn oder als precario dans besitzt. Die Verwendung und Gegenüberstellung dieser unterschiedlichen Bedeutungen von possessio ist unverdächtig und erklärt sich ohne weiteres damit, daß Macer die Frage erörtert, ob der Pfandgläubiger, der als possessor im technischen Sinne qualifiziert werden kann, von der satisdatio befreit ist. 318
315 Der Text des Fragments ist oben auf S. 58 abgedruckt. Zu den dort nachgewiesenen Interpolationsannahmen siehe auch noch unten S. 104. 316
Käser, Pfandrecht S. 177; derselbe, RPR I S. 402 f.
317
Käser,
318
Pfandrechts. 177.
Das spricht gegen die von Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 115 und Silva, SDHI 6 (1940) S. 233, 247 vertretene Ansicht, ... tametsi ... concessam sei interpoliert. - Für Echtheit: Cuena Boy, Imposibilidad S. 133; Käser, Pfandrecht S. 177; derselbe, SZ 89 (1972) S. 94, 143 Fn. 158; Zamorani, Precario S. 247 f. Fn. 10; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 164 ff.; Kniep, Vacua Possessio S. 246.
III. Precarium rei suae E i n fiducia-Bezag
319
93
k o m m t schon nach der Inskription nicht in B e t r a c h t . 3 2 0
Z u d e m wurde bei der fiducia
das Eigentum mittels mancipatio
oder in iure
cessio a u f den Sicherungsnehmer übertragen, die bei Provinzialgrundstücken j e doch nicht m ö g l i c h w a r e n . 3 2 1 D i e Stelle ist somit ein klarer Beleg dafür, daß ein Pfandgläubiger dem Verpfander dessen eigene Sache i m Wege der Bittleihe überlassen konnte.
d) D. 43. 26. 6. 4 ULPIANUS libro septuagensimo primo ad edictum Quaesitum est, si quis rem suam pignori mihi dederit et precario rogaverit, an hoc interdictum locum habeat. quaestio in eo est, ut precarium consistere rei suae possit. mihi videtur verius precarium consistere in pignore, cum possessionis 322 rogetur, non proprietatis, et est haec sententia etiam utilissima: cottidie enim precario rogantur creditores ab his, qui pignori dederunt, et debet consistere precarium. ULPIAN im 71. Buch zum Edikt Es ist gefragt worden, ob dieses Interdikt gegeben ist, wenn jemand seine eigene Sache mir als Pfand gegeben und sie dann aufgrund einer Bittleihe zurückerbeten hat. Die Frage geht dahin, ob eine Bittleihe an der eigenen Sache bestehen kann. Ich halte es für richtiger, daß die Bittleihe in Bezug auf das Pfand rechtlichen Bestand hat, da hinsichtlich des Besitzes, nicht des Eigentums nachgesucht wird. Und diese Auffassung ist auch sehr nützlich: Denn tagtäglich werden Gläubiger von denen, die ein Pfand hingegeben haben, ersucht, es ihnen aufgrund einer Bittleihe zu überlassen, und eine solche Bittleihe muß rechtlichen Bestand haben. I n dem nach diesem Fragment alltäglichen Fall, daß der Pfandgläubiger ein precarium
einräumt, soll das precarium
B e i dem Passus quaestio ... possit 323
rei suae wirksam sein. handelt es sich um eine notwendige Prä-
zisierung der Ausgangsfrage, die - was zunächst näher liegt, w e i l sie a u f den konkreten Fall bezogen ist - dahin geht, ob der Pfandgläubiger die Sache m i t
319 Für fiducia : Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 115; zumindest für die Möglichkeit eines -Bezuges: Last, JhJb 62 (1913) S. 1, 180; Arndts, Schriften 1 S. 186 Fn. 27; Kniep, Vacua Possessio S. 245 f.; wohl auch Albertario, Studi 2 S. 141, 148. - Für pignus: Cuena Boy, Imposibilidad S. 133; Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 733; Käser, Pfandrecht S. 177 Fn. 180; derselbe, SZ 89 (1972) S. 94, 143 Fn. 158; Zamorani, Precario S. 247; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 166 Fn. 12. 320
Vgl. Lenel, Palingenesia I Sp. 562 (Macer Nr. 6).
321
Käser, Pfandrecht S. 177 Fn. 180.
322 Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 174 Fn. 24 und Carcaterra, Negozi giuridici S. 25 lesen possessionis rogetur. - Statt dessen für die Einfügung von respectu Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 731 und Zamorani, Precario S. 278 f. Fn. 80. 323 Dieser wird als Glosse verdächtigt von: Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 98 und 131 f.; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 126 f.; Erbe, Fiducia S. 144 Fn. 3; Rabel, Grundzüge S. 436 Fn. 5. Dagegen spricht das oben im Text Ausgeführte.
Α. Klassisches römisches Recht
94 dem interdictum
de precario
von dem Verpfänder zurückfordern kann. Dies ist
wiederum abhängig von der Frage, ob ein precarium
rei suae wirksam i s t . 3 2 4
Ohne diese Präzisierung der Ausgangsfrage würde der folgende Satz mihi videtur...
ohne Zusammenhang m i t dem vorherigen sein. 3 2 5
Ulpian bejaht die gestellte Frage mit der Begründung, das precarium
beziehe
sich auf den Besitz und nicht auf das Eigentum: cum possessionis rogetur, proprietatis,
326
non
Diese Begründung ist sachlich vollkommen zutreffend: Der Pre-
karist erhält nur den Besitz der Sache, und zwar den Besitz, der dem precario dans zusteht. 3 2 7 Dies w i r d in dem Fragment nicht ausdrücklich erwähnt, ist aber bei Bestehen eines Pfandrechts 3 2 8 selbstverständlich. Ulpian legt also dar, weshalb die Unwirksamkeitsregel in diesem Fall nicht gilt. Somit gibt es keinen Grund, an der Echtheit dieser Aussage zu zweifeln. Schließlich weist Ulpian daraufhin, daß die Überlassung der Pfandsache als precarium
ein alltäglich vorkommendes Geschäft ist, und hebt hervor, daß
dessen rechtliche Anerkennung verkehrsnotwendig s e i . 3 2 9 Dies erklärt auch die
324
Vgl. auch Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 732 Fn. 36; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 174 Fn. 24. 325 Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 140 f. Fn. 148. - Zamorani, Precario S. 278 ff. nimmt deshalb an, daß nur die Ausgangsfrage echt, der Rest ab quaestio in eo est dagegen interpoliert ist. Allerdings soll nach Zamorani, die Antwort Ulpians auf die Ausgangsfrage bejahend gewesen sein, das heißt, er hält die Entscheidung in D. 43. 26. 6. 4 für sachlich zutreffend. Diesem zustimmend Cuena Boy, Imposibilidad S. 134, der allerdings cottidie - dederunt ausnehmen will. 326 Eine Interpolation nehmen an: Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 98 und 131 f.; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 127; Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 140 Fn. 148 hält eine Interpolation für zumindest möglich. Zum einen würde dies jedoch an der grundsätzlichen Aussage des Fragments nichts ändern, zum anderen spricht das oben im Text Dargelegte gegen eine solche Annahme. 327 In diesem Sinne auch Provera, Index 1 (1970) S. 380, 388 f.; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 174 Fn. 24; Dernburg, Pfandrecht II S. 77 f.; vgl. auch Gothofredus, De Regulis Iuris S. 221 f., abgedruckt auf S. 14 ff. 328 Teilweise wird angenommen, daß in dem ursprünglichen Text die Wirksamkeit des precarium bei der fiducia bejaht und beim pignus verneint wurde. So insbesondere Ciapessoni, Precarista S. 199, 205; diesem zustimmend Silva, SDHI 6 (1940) S. 233, 252 f.; Bozza, Ann. Macerata 6 (1930) S. 189, 225 Fn. 3; wohl auch Albertario, Studi 2 S. 141, 148. Dafür gibt es freilich - auch nach dem bisher Ausgeführten - keinerlei Anhaltspunkte, insbesondere nicht für einen fiducia- Bezug, vgl. Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 98 f.; Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 140 f. Fn. 148 a. E.; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 174 Fn. 24; Branca, Studi Solazzi S. 483, 502 f. - Siehe auch noch unten S. 104. 329 Auf diesen letzten Teil ab ... et est ... beziehen sich Interpolationsvermutungen folgender Autoren: Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 98 (der allerdings cottidie dederunt für echt hält); Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 126 f. (der ebenfalls cottidie dederunt für echt hält); Carcaterra, Negozi giuridici S. 25; Silva, SDHI 6 (1940) S. 233, 252; Erbe, Fiducia S. 144 Fn. 3; Beseler, SZ 57 (1937) S. 1, 21 f. verdächtigt cottidie als unklassisch; Scherillo, Locazione e precario S. 21 Fn. 4; Perozzi, Istituzioni I S. 881
III. Precarium rei suae
95
nochmalige Bestätigung der Wirksamkeit des precarium rei suae mit... et debet consistere precarium, die ja eigentlich nur eine Wiederholung des bereits Gesagten ist. Der Hinweis auf die Alltäglichkeit des behandelten Falles ist nicht verdächtig: 330 Die Überlassung der Pfandsache als precarium macht die Verpfändung gleichsam zu einer besitzlosen331, was für den Verpfänder den wesentlichen Vorteil hat, daß er die Sache weiterhin gebrauchen und insbesondere mit ihr wirtschaften kann. Insofern ist ein Hinweis auf ihr alltägliches Vorkommen und darauf, daß die Entscheidung utilissima ist, verständlich. Das erklärt zugleich den Hinweis auf die Notwendigkeit (debet) einer rechtlichen Anerkennung des precarium rei suae in diesem Fall.
e) D. 43. 26. 11 CELSUS libro septimo digestorum Si debitor rem pigneratam precario rogaverit, soluta pecunia precarium solvitur: quippe id actum est, ut usque eo precarium teneret. CELSUS im 7. Buch seiner Digesten Wenn der Schuldner die verpfändete Sache aufgrund einer Bittleihe erhält, erlischt diese mit Bezahlung der Schuld: Es ist nämlich gewollt, daß die Bittleihe nur bis zu diesem Zeitpunkt bestehen soll.
Es darf als sicher gelten, daß Celsus im siebenten Buch seiner Digesten die fiducia behandelt hat. 332 Daraus den Schluß zu ziehen, daß auch das pigneratam in Fragment 11 interpoliert ist 3 3 3 , ist zwar möglich, aber nicht zwingend. Die Aussage stimmt mit den bisher behandelten Quellen überein: Die dem Verpfänder/Eigentümer gewährte Bittleihe wird als wirksam behandelt. Grund für deren Erlöschen nach Erfüllung der gesicherten Forderung ist die Tatsache, daß mit der Erfüllung auch das akzessorische Pfandrecht untergeht. Mit diesem Untergang des Zwischenrechts entfällt auch der Grund für das Fortbestehen des precarium, nach Celsus ist es deshalb von vornherein auf den Zeitraum beschränkt, Fn. 1; Pernice, Labeo I I I / l S. 222 f. Fn. 4. - Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 174 und Dernburg, Pfandrecht I I S. 78 Fn. 5 beschränken sich auf eine Verdächtigung von ... et debet consistere precarium. - Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 140 Fn. 148 hält eine Interpolation insoweit für zumindest möglich. 330 Vgl. auch Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 174 f. Fn. 24 a. E. : „... un'osservazione sensata ed attendibile." 331 Vgl. zur locatio conductio oben S. 70 ff. 332
Vgl. dazu Lenel, Palingenesia I Sp. 138 (Celsus Nr. 65); derselbe, EP S. 291
Fn. 6. 333
So Cuena Boy, Imposibilidad S. 131; Väzquez, BIDR 94-95 (1991-1992) S. 181, 182; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 108; Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 141; Zamorani, Precario S. 246; Frezza, Garanzie II S. 26; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 163; Silva, SDHI 6 (1940) S. 233, 250; Bozza, Ann. Macerata 6 (1930) S. 189, 220 Fn. 6; Beseler, Beiträge 4 S. 228; Stella Maranca, Celso S. 48 Fn. 66/2; wohl auch Albertario, Studi 2 S. 141, 148; Ubbelohde, S. 244; Lenel, Palingenesia I Sp. 138 (Celsus Nr. 65) Fn. 1.
Α. Klassisches römisches Recht
96
in dem die Forderung besteht. 3 3 4 Selbst ohne den quippe-Satz 335
müßte man
zum gleichen Ergebnis kommen: M i t Erlöschen des Pfandrechts entfallt das Zwischenrecht, und es gilt deshalb wieder der Grundsatz, daß precarium suae consistere
rei
non potest.
fi D. 44. 7. 16 ÌULIANUS libro tertio decimo digestorum Qui a servo hereditario mutuam pecuniam accepit et fundum vel hominem pignoris causa ei tradiderat et precario rogavit, precario possidet: nam servus hereditarius sicuti per traditionem accipiendo proprietatem hereditati adquirit, ita precario dando efficit, ne res usucapì possit. nam et si commodaverit vel deposuerit rem peculiarem, commodati et depositi actionem hereditati adquiret. haec ita, si peculiare negotium contractum est: nam ex hac causa etiam possessio adquisita intellegi debet. JULIAN im 13. Buch seiner Digesten Derjenige, der von einem Erbschaftssklaven ein Darlehen erhalten und ihm ein Grundstück oder einen Sklaven als Pfand übergeben und dann aufgrund einer Bittleihe zurückbekommen hat, besitzt als Prekarist: So wie nämlich der Erbschaftssklave an dem durch Übergabe Empfangenen für die Erbschaft Eigentum erwirbt, so bewirkt er, indem er eine Sache aufgrund einer Bittleihe gibt, daß sie nicht ersessen werden kann. Denn auch, wenn er eine Sache aus seinem Sondergut verliehen oder in Verwahrung gegeben hat, erwirbt er die actio commodati oder depositi für die Erbschaft. Dies verhält sich so, wenn ein Geschäft für das Sondergut abgeschlossen worden ist: Denn man muß auch den Besitz als aus diesem Grund erworben ansehen. B e i diesem Fragment deutet nicht nur die I n s k r i p t i o n 3 3 6 a u f einen fiduciaBezug h i n : 3 3 7 A u s dem H i n w e i s ne res usucapì possit ergibt sich zwingend, daß der Prekarist nicht Eigentümer der Sache ist. N u r bei der fiducia , die eine Übereignung der Sache an den Sicherungsnehmer beinhaltet, ist dies, nämlich daß der Prekarist kein Eigentum an der Sache hat, der Fall, nicht aber b e i m pignus. Anders wäre es nur bei einer Verpfändung durch einen Nichteigentümer, für die 334
Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 726; Scialoja, Precarium S. 21 bei Fn. 5. Insofern genauso Ubbelohde, S. 243 f. Auch dann, wenn man von einem fiduciaBezug ausginge, wäre der Grund für das Erlöschen des precarium in dem Wegfall des Sicherungszwecks zu sehen, vgl. dazu Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 141 f. Fn. 154 gegen Zamorani, Precario S. 246 f. Fn. 9. 335 Den Beseler, Beiträge 4 S. 228 streichen will; zustimmend Giannetto SDHI 45 (1979) S. 93, 108. 336 Lenel, Palingenesia I Sp. 354 (Julian Nr. 217) Fn. 6.
Longo,
337 Für einen fiducia- Bezug: Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 723; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 108; Zamorani, Precario S. 246; Frezza, Garanzie II S. 27; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 163 Fn. 6; Erbe, Fiducia S. 140; Bozza, Ann. Macerata 6 (1930) S. 189, 220 Fn. 6; Ferrini, Opere 3 S. 81, 108 f.; Alibarndi, Opere 1 S. 215, 224 Fn. 3; Gradenwitz, SZ 7 (1886) S. 45, 46; Arndts, Schriften 1 S. 436, 441; Ubbelohde, S. 223 Fn. 20; wohl auch Albertario, Studi 2 S. 141, 148. - Anders Dernburg, Pfandrecht II S. 84 f.
III. Precarium rei suae
97
die Stelle aber keine Anhaltspunkte bietet. Überdies weist sicuti per traditionem accipiendo proprietatem hereditati adquirit, das sich auf das Sicherungsgut das ja auch tradiert 338 wurde - bezieht, auf den Eigentumserwerb und damit auf die fiducia hin. Die Gewährung einer Bittleihe bewirkt somit, daß der Sicherungsgeber die Sache nicht rückersitzen kann. Da also neben der Inskription auch der Inhalt des Fragments für die fiducia spricht und somit kein precarium rei suae vorliegt, kann von der weiteren Erörterung des Textes abgesehen werden.
g) C. 8. 27. 2 IMPERATOR ALEXANDER A. Maximo Creditor, qui hypothecae seu pignori rem sibi nexam vendiderit, rem litigiosam non videtur vendere, quia precario debitor possidet. PP. XII k. Oct. Maximo II et Aeliano conss. DER KAISER ALEXANDER SEVERUS, AUGUSTUS , an Maximus Der Gläubiger, der eine ihm als Hypothek oder Pfand verhaftete Sache verkauft, wird nicht deshalb, weil der Schuldner als Prekarist besitzt, als Verkäufer einer prozeßbefangenen Sache angesehen. Erlassen am 20. September 223 unter dem 2. Konsulat des Maximus und dem des Aelianus.
Dem Reskript wird folgender Sachverhalt zugrunde liegen: Der Pfandgläubiger 339 , der die Pfandsache dem Verpfänder als precarium überlassen hatte, verkaufte diese. Der Verpfänder machte geltend, die Sache sei eine res litigiosa gewesen. Dies bedeutet eine Berufung auf ein Edikt des Augustus 340 , das es untersagt, eine prozeßbefangene Sache bösgläubig, also in Kenntnis der Prozeßbefangenheit, von der nichtbesitzenden Prozeßpartei zu kaufen. Das Edikt erfaßte mithin Fälle, in denen der Vindikationskläger die Sache, die sich im Besitz des Beklagten befand, verkaufte. Sanktionen für einen Verstoß waren für den Käufer die Auferlegung einer Geldstrafe und die Unwirksamkeit des Kaufs. Außer338 Genauso wie fiducia durch pignus wurde die mancipatio durch traditio ersetzt, vgl. Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 108; Frezza, Garanzie I I S. 27; Ferrini , Opere 3 S. 81, 108 f.; Gradenwitz, SZ 7 (1886) S. 45, 46; Arndts, Schriften 1 S. 436, 436; Lenel, Palingenesia I Sp. 354 (Julian Nr. 217) Fn. 6, 7; Ubbelohde, S. 223 Fn. 20 und 20 a. 339
Teilweise wird ohne nähere Begründung ein Bezug des Fragments auf die fiducia angenommen: Erbe, Fiducia S. 71; Weiss, Pfandrechtliche Untersuchungen I S. 51 Fn. 1; für zumindest möglich hält dies Oertmann, Fiducia S. 51. - Dafür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte, vgl. auch Cuena Boy, Imposibilidad S. 134 mit Fn. 173; Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 143 Fn. 158; Zamorani, Precario S. 248 Fn. 12; Frezza, Garanzie II S. 217; Manigk, Real-Encyclopädie 9 Sp. 343, 392 f.; zweifelnd Fehr, Pfandrecht S. 90 f. 340 Fragmenta de iure fisci 8 (FIRA II 628); Gai. 4. 117a; vgl. dazu Käser / Hackl, RZPR S. 298; Kiefner, GS Kunkel S. 117, 120 f.; de Marini Avonzo, Res Litigiosa S. 173 ff.; alle m. w . N .
7 Zimmennann
Α. Klassisches römisches Recht
98
dem hatte die andere Prozeßpartei die Möglichkeit, der rei vindicatio des Käufers eine exceptio entgegenzuhalten. Im Fall von C. 8. 27. 2 dürfte der Verpfänder in etwa so argumentiert haben: Wesentliches Merkmal des Edikts sei, daß der Verkäufer die Sache nicht im Besitz habe. Die Prozeßbefangenheit sei nur der Hauptfall des Verkaufs durch einen Nichtbesitzer, das Edikt müsse deswegen auf den Pfandverkauf durch den nichtbesitzenden Pfandgläubiger entsprechend angewandt werden. 341 Das Reskript verneint eine Anwendbarkeit des Edikts:... rem litigiös am non videtur vendere ,... Entscheidend ist, daß das vom Pfandgläubiger eingeräumte precarium ganz offensichtlich als wirksam behandelt wird. Die Annahme, precario werde hier in einem untechnischen Sinne gebraucht, das heißt, um auszudrücken, der Verpfänder besitze allgemein aufgrund einer willentlichen Überlassung des Gläubigers 342 , ist unbegründet: Warum soll damit etwas anderes gemeint sein als in den anderen Quellen, die von einem Verpfänder/Prekaristen handeln?
h) Sonderfälle:
Wirksamkeit
ohne Vorhandensein eines Zwischenrechts
Sowohl Tertullian D. 41.2. 28 als auch Venuleius D. 43. 26. 22 pr. haben Sonderfälle zum Gegenstand, in denen ein precarium rei suae auch ohne Vorhandensein eines Zwischenrechts als wirksam behandelt wird:
aa) D. 41. 2. 28 3 4 3 Der Grund für die Wirksamkeit des precarium rei suae in diesem Fall (nam et si rem meam tu possideas et ego emam a te possessionem eius rei vel stipuler , ut il is erit et emptio et stipulatio, et sequitur , ut et precarium et conductio specialiter possessionis solius conducendae vel precario rogandae animus interveniat.) ist der gleiche wie bei der locatio conductio: Es ist zwar kein Zwischenrecht vorhanden, dennoch liegt keine rechtliche Unmöglichkeit 341 Vgl. dazu de Marini Avonzo, Res Litigiosa S. 274 ff.; Manigk, Real-Encyclopädie 9 Sp. 343, 392; Bachofen, Ausgewählte Lehren S. 79 f. Eine ähnliche Argumentation des Verpfänders dürfte den Fragmenten C. 8. 36. 1 und D. 44. 6. 1 pr. zugrunde liegen. Vgl. auch Käser, Pfandrecht S. 178 f. Fn. 187; Erbe, Fiducia S. 71. 342 So Dernburg, Pfandrecht II S. 55 f. ohne nähere Begründung („Dabei ist aber der Ausdruck im allerweitesten gewiß nicht im technischen Sinn genommen."); zustimmend Manigk, Real-Encyclopädie 9 Sp. 343, 393. - Bachofen, Ausgewählte Lehren S. 80 f. führt dazu aus, ein precarium im technischen Sinne erfordere eine „ausdrückliche Rogation". Es spricht jedoch nichts dagegen, eine solche hier anzunehmen. - Im technischen Sinne wird precario verstanden von Cuena Boy, Imposibilidad S. 134 mit Fn. 173; Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 143; Zamorani, Precario S. 248 Fn. 12. 343 Der Text des Fragments ist oben auf S. 66 abgedruckt.
III. Precarium rei suae
99
vor, w e i l der Eigentümer sich i m Wege der Bittleihe die tatsächliche Gewalt über die Sache verschafft, die er sonst nur durch einen, unter Umständen länger dauernden, Rechtsstreit, i n dem er den Eigentumsbeweis fuhren müßte, hätte erlangen können. W e n n dies der Z w e c k der Bittleihe ist, dann ist sie wirksam, bis dem Prekaristen der Nachweis seines Eigentums gelingt und er damit den Prozeß gewinnt.
bb) D . 43. 26. 22 pr. VENULEIUS libro tertio interdictorum Si is, qui pro possessore possideret, precario dominum rogaverit, ut sibi retinere rem liceret, vel is, qui alienam rem emisset, dominum rogaverit: apparet eos precario possidere. nec existimandos mutare sibi causam possessionis, quibus a domino concedatur precario possidere: nam et si id quod possideas alium precario rogaveris, videri te desinere ex prima causa possidere et incipere ex precario habere: et contra si possessorem precario rogaverit < i s > 3 4 4 qui rem avocare ei posset, teneri eum precario, quoniam aliquid ad eum per hanc precarii rogationem pervenit, id est possessio, quae aliena sit. VENULEIUS im 3. Buch der Interdikte Wenn jemand, der bloßer Eigenbesitzer ist, den Eigentümer um eine bittweise Überlassung ersucht hat, damit dieser ihm gestattet, die Sache zu behalten, oder jemand, der eine fremde Sache gekauft hatte, deren Eigentümer um eine bittweise Überlassung ersucht hat, so ergibt sich, daß er bittweise besitzt. Und es ist nicht anzunehmen, daß diejenigen sich den Grund des Besitzes ändern, denen vom Eigentümer gestattet wird, bittweise zu besitzen. Denn auch, wenn du das, was du besitzt, von einem anderen aufgrund einer Bittleihe erhalten hast, ist anzunehmen, daß du aufhörst, aus dem ersten Grund zu besitzen, und beginnst, bittweise zu besitzen. Und umgekehrt haftet auch derjenige aus Bittleihe, der den Besitzer, dem er die Sache hätte abfordern können, um die bittweise Überlassung der Sache ersucht hat, weil aufgrund dieses Ersuchens um eine Bittleihe etwas an ihn gelangt, nämlich der Besitz, der einem anderen zusteht. Der erste T e i l des Fragments 3 4 5 enthält die Aussage, daß ein possessor possessore
oder pro
emptore,
erhält, nunmehr precario
der die Sache v o m Eigentümer als
besitzt. Darin ist, w e i l die bittweise Überlassung durch
den Eigentümer selbst erfolgt, keine von der Regel nemo sibi possessionis
mutare
pro
precarium
potest
erfaßte
Änderung
der
causa
ipse
causam
possessionis
zu
sehen. 3 4 6
344 Das is ist mit der F 2 einzufügen. - Vgl. Mommsen, Editio maior ad h. 1. und im Text bei Fn. 350. 345
Die von Zamorani, Precario S. 275 f. Fn. 75 und Beseler, TR 10 (1930) S. 161, 188 angenommenen Interpolationen ändern insoweit nichts an der grundsätzlichen Aussage der Stelle. 346 Vgl. dazu Nörr, SZ 89 (1972) S. 18, 64 f. mit Fn. 211; MacCormack, BIDR 75 (1972) S. 71, 91; Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 143 Fn. 159.
100
Α. Klassisches römisches Recht
Was den hier interessierenden Teil ab et contra betrifft, so stellt sich zunächst die Frage, worauf sich der Relativsatz qui rem avocare ei posset bezieht. Grammatikalisch möglich ist sowohl ein Bezug auf den possessor (also den precario dans) wie auch auf den precario rogans. Von Bekker 347 wurde die Auffassung vertreten, daß ein Bezug auf den possessor gegeben sei. Dies würde bedeuten, daß dieser als precario dans die Sache von dem späteren precario rogans hätte herausverlangen können. Der Konjunktiv Imperfekt posset wäre dann so zu deuten: Der possessor könnte die Sache herausverlangen, wenn er sie nicht schon in seinem Besitz hätte. Der Passus wäre danach in etwa wie folgt zu übersetzen: Und umgekehrt haftet auch derjenige aus Bittleihe, der den Besitzer, welcher ihm die Sache hätte abfordern können, um die bittweise Überlassung der Sache ersucht hat,...
Würde man zugleich davon ausgehen, daß der precario rogans Eigentümer sei und damit unter dem possessor qui rem avocare posset beispielsweise einen Pfandgläubiger verstehen, so würde ein infolge des Zwischenrechts wirksames precarium rei suae vorliegen. Von dieser Fallkonstellation scheint Bekker 348 ausgegangen zu sein, nach dem precario dans sein kann Jeder 'possessor, qui avocare rem domino possit' fr. 22 pr. eod.; übrigens wird hier kein Gewicht auf den 'possessor' zu legen sein, die Befugnis vielmehr jedeinem zugeschrieben werden müssen, der dem Dominus den Besitz mit dinglicher Klage entwinden könnte."
Nach der Gegenansicht349 bezieht sich qui rem avocare ei posset auf den precario rogans. Das würde bedeuten, daß der Prekarist, obwohl er die Herausgabe der Sache verlangen könnte, sie sich trotzdem als precarium geben läßt. Zwar bezeichnen in dem folgenden teneri eum precario das eum und das spätere ad eum unzweifelhaft den Prekaristen, was dafür sprechen könnte, daß auch das ei in dem Relativsatz den Prekaristen als denjenigen bezeichnet, von dem der possessor die Sache herausverlangen könnte. Jedoch ist aus folgenden Gründen eher davon auszugehen, daß sich der Relativsatz auf den Prekaristen
347 Bekker, Recht des Besitzes S. 128; Otto / Schilling / Sintenis, CJC 4 S. 517; Thomas, in: Mommsen / Krueger / Watson, Digest, Vol. 4 S. 614 übersetzt et contra - sit folgendermaßen: „On the other hand, i f he has asked by precarium the possessor who could withdraw the property from him, he is liable for precarium , because something has come to him through this request for precarium , that is, possession of what belongs to someone else." 348 Bekker, Recht des Besitzes S. 128, vgl. auch S. 129. 349 In diesem Sinne verstehen das Fragment Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 143 Fn. 159; Zamorani, Precario S. 275 f. Fn. 75; Ubbelohde, S. 219; Kniep, Vacua Possessio S. 318.
III. Precarium rei suae
101
bezieht: Zunächst spricht dafür die Lesart rogaverit qui 35°, die in F 2 enthalten ist, also dem unter Zuziehung einer weiteren Handschrift korrigierten Text der Florentinischen Handschrift. 351 Fügt man an dieser Stelle ein is ein, so kann sich der Relativsatz ab qui nicht auf den possessor beziehen. Stattdessen bildet dann is zu rogaverit das Subjekt, auf das der Relativsatz bezogen ist. Bei der Interpretation Bekkers wäre nach dem Text überhaupt nicht klar, ob der precario rogans Eigentümer der Sache ist oder nicht. Ist er nicht Eigentümer, so wäre die Aussage des Satzes trivial: Ein possessor , qui rem avocare posset - und dies würde dann auch auf den Eigentümer selbst zutreffen, weil es möglich ist, unter avocare auch die rei vindicatio zu verstehen - kann einem anderen ein precarium gewähren. Es würde sich somit nur um den „Normalfall" der Überlassung einer Sache im Wege der Bittleihe handeln. Außerdem spricht der Vergleich mit dem Ausgangsfall für einen Bezug des Relativsatzes auf den precario rogans. Dort nämlich gewährte der Eigentümer einem possessor pro possessore bzw. pro emptore, also jemandem, von dem er die Sache mit der rei vindicatio hätte erlangen können, ein precarium - ut sibi retinere rem liceret. Berücksichtigt man, daß das et contra in dem hier interessierenden Satz sich darauf bezieht, daß nun der possessor nicht precario rogans, sondern precario dans ist, so ist die Konstellation im übrigen identisch: Gegen den possessor ist in beiden Fällen ein Herausgabeanspruch gerichtet. Venuleius erörtert jeweils die Frage, ob ein precario habere als Voraussetzung für die Haftung mit dem interdictum de precario 352 gegeben ist. Im Ausgangsfall ist dies problematisch, weil der precario rogans bereits aus einem anderen Grund Besitzer ist, im et contra-Satz deshalb, weil ihm ein Herausgabeanspruch gegen den precario dans zusteht. Im übrigen geht Venuleius auch im Fragment eod. 22. 1 darauf ein, ob in einer bestimmten Fallkonstellation ein precario habere gegeben ist. Deshalb ist anzunehmen, daß sich qui rem avocare ei posset auf den precario rogans bezieht. Es ist weiter festzustellen, was mit avocare gemeint ist. Eine Durchsicht der anderen 19 in den Digesten enthaltenen Fragmente 353, in denen von avocare die 350
Dazu schon oben Fn. 344. Vgl. nur Schulz, Einführung S. 3 f. 352 Vgl. Ulpian (71 ad ed) D. 43. 26. 2 pr.: Ait praetor: 'Quod precario ab ilio habes aut dolo malo fecisti, ut desineres habere, qua de re agitur, id illi restituas . ' 353 Pomponius (L. S. enchir) D. 1. 2. 2. 27; Paulus (17 ad Plaut) D. 5. 1. 24. 2; Julian (36 dig) D. 5. 1. 75; Ulpian (37 ad ed) D. 9. 4. 36; Paulus (10 ad Sab) D. 12. 6. 15. 1; Pomponius (9 ad Sab) D. 19. 1.3 pr.; Papinian (23 quaest) D. 21. 2. 66 pr.; Scaevola (2 resp) D. 22. 3. 6; Callistratus (4 de cogn) D. 22. 5. 3. 6; Papinian (5 resp) D. 28. 3. 17; Papinian (6 resp) D. 28. 4. 4; Pomponius (9 epist) D. 35. 1. 110; Paulus (L. S. ad L. Falcid) D. 35. 2. 1. 11; Ulpian (81 ad ed) D. 39. 2. 26; Ulpian (42 ad Sab) D. 39. 5. 6; 351
102
Α. Klassisches römisches Recht
Rede ist, ergibt, daß damit (soweit es sich um die Herausgabe einer Sache handelt) ganz unterschiedliche Rechtsmittel gemeint sind, beispielsweise die actio Serviana oder auch die hereditatis petitio. Da D. 43. 26. 22 pr. insoweit keine Hinweise gibt, muß man davon ausgehen, daß Venuleius mit avocare zunächst einmal allgemein alle Rechtsmittel meint, die auf Herausgabe einer Sache gerichtet sind, was auch die rei vindicatio 354 einschließt. Es wird somit entschieden, daß der precario rogans, qui rem avocare - und zwar auch mit der rei vindicatio - posset, mit dem interdictum de precario haftet. Da also zumindest auch das precarium rei suae gemeint sein kann und dieses als wirksam angesehen wird, stellt sich die Frage, wie die Entscheidung sich zu den bisher behandelten Fragmenten verhält. Unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen Unmöglichkeit kann es keinen Unterschied machen, ob der precario rogans unbeschränkter Eigentümer ist, die Sache also mit der rei vindicatio herausverlangen könnte, oder ob ihm ein sonstiges auf Herausgabe gerichtetes Rechtsmittel zusteht. Ein Zwischenrecht, das die Wirksamkeit des precarium auch in diesem Fall erklären würde, ist nicht vorhanden. Venuleius wird daher an die auch D. 41. 2. 28 zugrundeliegende Situation gedacht haben: 355 Der precario rogans läßt sich trotz des ihm zustehenden, auf Herausgabe der Sache gerichteten Rechtsmittels auf die Bittleihe ein, weil er sonst nur die Alternative hätte, einen Prozeß mit unsicherem Ausgang gegen den (Interdikten-)Besitzer zu führen. Die bittweise Überlassung der Sache hat dann den Zweck, ihm - jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, in dem es ihm möglich ist, beispielsweise sein Eigentum nachzuweisen und einen entsprechenden Prozeß zu gewinnen - die tatsächliche Gewalt über die Sache zu verschaffen, was ihm sonst nicht möglich gewesen wäre. Ein solches Geschäft ist kein „sinnloses"; die Unwirksamkeitsregel ist hier nicht anwendbar. Dem entspricht die von Venuleius für die Wirksamkeit des precarium gegebene Begründung: 356 quoniam aliquid ad eum per hanc precarii rogationem pervenit, id est possessio, quae aliena sit.
Pomponius (22 ad Sab) D. 46. 3. 20; Modestin (4 de poen) D. 49. 16. 3. 21; Macer (2 de re milit) D. 49. 16. 13 pr.; Callistratus (3 de cogn) D. 50. 11. 2. 354 Vgl. Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 143 Fn. 159. - Zamorani, Precario S. 275 f. Fn. 75 versteht unter avocare rem (nur) die Geltendmachung der rei vindicatio. - Kniep, Vacua Possessio S. 318 nimmt dagegen an, daß sich der Prekarist auf ein Besitzschutzinterdikt berufen kann. 355 In diesem Sinne Ubbelohde, S. 235 und wohl auch von Savigny, Recht des Besitzes S. 29. 356 Daher ist auch die Annahme,... quoniam ... sit sei interpoliert, nicht zu halten. So aber Zamorani, Precario S. 275 f. Fn. 75; Beseler, TR 10 (1930) S. 161, 188. - Für Echtheit Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 143 Fn. 159.
III. Precarium rei suae
103
i) Zusammenfassung Die Fragmente der zweiten Gruppe ergeben somit, daß ein precarium rei suae wirksam war, wenn das Eigentum des Prekaristen durch ein Zwischenrecht beschränkt war. Insofern gilt nichts anderes als bei der locatio conductio? 51 Der Grund für die Unwirksamkeit, nämlich die Sinnlosigkeit des Geschäfts, ist in diesen Fällen nicht gegeben; der Prekarist erhält etwas, was er ohne die Einräumung des precarium nicht erhalten hätte, und zwar die Gebrauchs- bzw. Nutzungsmöglichkeit. Daß dies der maßgebliche Gesichtspunkt ist, wird dadurch bestätigt, daß Ulpian in D. 43. 26. 6. 4 ausdrücklich darauf abstellt. Die Fragmente D. 41. 2. 28 und D. 43. 26. 22 pr. behandeln Sonderfälle, in denen trotz fehlenden Zwischenrechts keine rechtliche Unmöglichkeit vorliegt.
3. Folgerungen Genauso wie bei der locatio conductio 358 stellt sich beim precarium die Frage nach dem Verhältnis der beiden Fragmentgruppen. Die Antwort fällt auch hier so aus, daß zwischen ihnen kein Widerspruch besteht.359 Die Unwirksamkeitsregel wurde im Fall eines vorhandenen Zwischenrechts nicht angewandt, war also tatsächlich nur als Regel zu verstehen. Von dieser wich man ab, wenn die Umstände des konkreten Einzelfalles es erforderten, das heißt, wenn der Grund für die Unwirksamkeit wegen der dinglichen oder obligatorischen Beschränkung des Eigentums des precario rogans nicht gegeben war. 360 In D. 43. 26. 6. 4 wird sogar eine - wenn auch knappe - Begründung für die Entscheidung gegeben, die das Gesagte bestätigt.
357
Vgl. oben S. 70 ff. Vgl. oben S. 79 ff. 359 So aber Cuena Boy, Imposibilidad S. 125 f.; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 126 f. (für D. 43. 26. 4. 3 und D. 43. 26. 6. 4), der wie bei der conductio rei suae von der Wirksamkeit als Regel ausgeht (S. 154 f.); weitergehend Carcaterra, Negozi giuridici S. 24-26 und 32, der von genereller Wirksamkeit ausgeht; Silva, SDHI 6 (1940) S. 233, 252. - Für generelle Unwirksamkeit des precarium rei suae Wagner, GeneralVerpfändung S. 55 f. 360 In diesem Sinne Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 173; diesem zustimmend Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 719 f.; dieselbe Scr. Guarino 6 S. 2813, 2825 Fn. 39; Käser, Pfandrecht S. 171 f.; Siber, Scritti Ferrini 4 S. 98, 1077 und 111; Erbe, Fiducia S. 144 Fn. 3; Manigk, Real-Encyclopädie 9 Sp. 343, 393 (zum Verhältnis von D. 50. 17. 45 pr. und D. 43. 26. 6. 4); Scialoja, Precarium S. 31 bei Fn. 2; Ubbelohde, S. 231 f.; Mommsen, Unmöglichkeit S. 98 f.; zweifelnd Steinwenter, Real-Encyclopädie 22/2 Sp. 1814, 1816 f. - Scherillo, Locazione e precario S. 3 Fn. 1 und Vàzquez, BIDR 94-95 (1991-1992) S. 181, 194 halten zumindest das Pfandrecht als Zwischenrecht für eine klassische Ausnahme von der Unwirksamkeitsregel. 358
104
Α. Klassisches römisches Recht
Für das Vorliegen einer Streitfrage 361, also die Existenz einer Ansicht, die von der Unwirksamkeit, und einer anderen, die von der Wirksamkeit des precarium rei suae ausging, gibt es nach alldem keine Anhaltspunkte. Auch existiert keine Quelle, die bei Vorhandensein eines Zwischenrechts von der Unwirksamkeit des precarium ausgeht. Einer Ansicht nach ist das vom Pfandgläubiger dem Verpfänder gewährte precarium nachklassisch.362 Zum einen habe es in der klassischen Zeit nur ein precarium mit possessio des Prekaristen gegeben, zum anderen sei es nicht vorstellbar, daß der Pfandgläubiger auf diese Weise seine einzige Sicherheit, nämlich den Besitz an der Pfandsache, aufgebe. Gegen diese Argumentation spricht vor allem, daß diejenigen der oben erörterten Stellen, die mit Sicherheit keinen fiducia-Bezag aufweisen - vor allem D. 2. 8. 15. 2, D. 13. 7. 35. 1 und D. 43. 26. 6. 4 -, insoweit keine Hinweise auf nachklassische Veränderungen erkennen lassen. Daß der Pfandgläubiger durch die Einräumung eines precarium seinen Besitz verliert, ist für ein besitzloses Pfand, das durch die bittweise Überlassung der Sache entsteht, wesentlich. Dadurch wird der Pfandgläubiger nicht schutzlos 363 ; er kann nämlich jederzeit mit dem interdictum de precario gegen den Prekaristen/Verpfänder vorgehen und auf diese Weise die tatsächliche Herrschaft über die Pfandsache wiedererlangen. All dies spricht dafür, daß schon in klassischer Zeit das precarium rei suae bei dem - als Zwischenrecht wohl praktisch am bedeutsamsten - Pfandrecht anerkannt wurde.
IV. Depositum rei suae Ein depositum rei suae wird nur in drei Quellen behandelt, nämlich Ulpian D. 50. 17. 45 pr., Julian D. 16. 3. 15 und Tryphonin D. 16. 3. 31. 1.
361 Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 140 f. will dies aus dem Quaesitum est, ... und dem Mihi videtur verius... in D. 43. 26. 6. 4 herleiten. 362 Silva, SDHI 6 (1940) S. 233 ff., insbesondere S. 245 ff.; Ciapessoni, Precarista S. 199, 204 f.; zustimmend Bozza, Ann. Macerata 6 (1930) S. 189 ff., insbesondere S. 223 ff.; zustimmend auch Albertario, Studi 2 S. 141 ff; derselbe, Studi 6 S. 579 ff. Vgl. auch die bei den jeweiligen Fragmenten nachgewiesenen Interpolationsannahmen dieser Autoren. 363 Vgl. Russo Ruggeri, Studi Sanfilippo 7 S. 715, 720 f.; Käser, Pfandrecht S. 172 f.; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 129; Zamorani, Precario S. 250 f.; Tondo, Labeo 5 (1959) S. 157, 180.
IV. Depositum rei suae
105
1. D. 50.17. 45 pr. und D. 16. 3.15 Hinsichtlich der ersten beiden Texte kann wieder im wesentlichen nach oben verwiesen werden. 364 Ulpian D. 50. 17. 45 pr. stellt die Regel neque depositum rei suae consistere potest auf. Da Ulpians Ediktskommentar im 30. Buch neben der actioßduciae auch die actio deposit ζ365 zum Gegenstand hatte, ist die Behandlung des depositum in diesem Fragment einleuchtend und ein weiteres Argument dafür, daß die Regel im klassischen Recht gegolten hat. Für die Echtheit der Aussage zum depositum rei suae in Julian D. 16. 3. 15 (Qui rem suam deponi apud se patitur vel utendam rogai, nec depositi nec commodati actione tenetur) spricht hier ebenfalls, daß Julian im 13. Buch seiner Digesten die actio depositi behandelt hat 366 , so daß die Erwähnung des depositum an dieser Stelle unverdächtig ist. Wie schon bei der Behandlung der locatio conductio ausgeführt, bedeutet das nec depositi ... actione tenetur nicht, daß das Geschäft als wirksam behandelt und lediglich die actio depositi nicht gewährt wird. 3 6 7 Vielmehr wollte Julian damit auf die in dem ihn interessierenden Zusammenhang entscheidende Rechtsfolge der Unwirksamkeit eines depositum rei suae hinweisen.
2. D . 16. 3 . 3 1 . 1
Von diesem Fragment ist für die Frage nach der Wirksamkeit eines depositum rei suae nur der zweite Teil relevant: 368 TRYPHONINUS libro nono disputationum ... si tarnen ignorans latro cuius filio vel servo rem abstulisset apud patrem dominumve eius 3 6 9 deposuit ignorantem, nec ex iure gentium consistei depositum, cuius haec est potestas, ut alii 3 7 0 , non domino sua ipsius res quasi aliena, servanda detur. et si rem meam fur, quam me ignorante subripuit, apud me etiamnunc delictum eius ignorantem deposuerit, recte dicetur non contraili depositum, quia non est ex fide bona rem suam dominum praedoni restituere
364
Zu D. 50. 17. 45 pr. siehe oben S. 14 (Text) und S. 36 ff.; zu D. 16.3.15 siehe oben S. 41 ff.; vgl. auch S. 81 ff. 365
Lenel, Palingenesia I I Sp. 612-619 (Ulpian Nr. 885-906).
366
Lenel, Palingenesia I Sp. 353 (Julian Nr. 210).
367
Vgl. oben S. 41 ff.
368
Übersetzung von Knütel, in: Behr ends /Knütel /Kupisch /Seiler, CIC III S. 353 f.
369
Mommsen, Editio maior ad h. 1. Fn. 2; Mommsen / Krüger ad h. 1. Fn. 21: apud patrem dominumve eius] apud eum 370 So die überzeugende Emendation Mommsens: Mommsen, Editio maior ad h. 1. Fn. 3); Mommsen / Krüger ad h. 1. Fn. 22. - Keine Emendation findet sich bei Gebauer / Spangenberg ad h. 1. und Digesta Milano ad h. 1.
106
Α. Klassisches römisches Recht
compelli, sed et si etiamnunc ab ignorante 371 domino tradita sit quasi ex causa depositi, tarnen indebiti dati condictio competei. TRYPHONIN im 9. Buch seiner Erörterungen ... Wenn jedoch der Räuber ohne zu wissen, wessen Sohn oder Sklaven er die Sache weggenommen hatte, diese bei dem ahnungslosen Hausvater oder Sklaveneigentümer hinterlegt, so kommt auch nach Völkergemeinrecht kein Verwahrungsvertrag zustande, weil dessen Wesen darin besteht, einem anderen eine fremde Sache, nicht aber einem Eigentümer seine eigene Sache als eine fremde in Obhut zu geben. Und wenn ein Dieb meine Sache, die er gestohlen hat, ohne daß ich es gemerkt habe, bei mir, der ich auch jetzt von seiner Straftat noch nichts weiß, hinterlegt, dann wird man zutreffend sagen, daß ein Verwahrungsvertrag nicht zustande kommt, weil es Treu und Glauben nicht entspricht, einen Eigentümer zu zwingen, seine Sache einem Räuber herauszugeben. Aber auch wenn der Eigentümer noch immer in Unkenntnis der Lage die Sache aufgrund des vermeintlichen Verwahrungsvertrages herausgegeben hat, so steht ihm doch die Kondiktion auf das zu, was geleistet, aber nicht geschuldet wurde.
Im ersten Teil des Fragments 372 wird der Fall behandelt, daß ein Räuber die geraubte Sache bei einem Dritten, der nachträglich Kenntnis vom Raub und vom wahren Eigentümer erlangt, hinterlegt. Tryphonin geht auf das Problem ein, ob der Verwahrer diese Sache dem Eigentümer oder dem Hinterleger herausgeben muß. Es besteht also eine Konkurrenz von Eigentumsrecht und Vertragstreue bzw. von rei vindicatio und actio depositi. Die auf Treu und Glauben gestützte Entscheidung geht dahin, daß der Verwahrer die Sache grundsätzlich dem Eigentümer zurückzugeben hat. Nur wenn dieser die Sache (nach Aufklärung, wo sie sich befindet) nicht zurückfordert, darf an den Vertragspartner aus dem Verwahrungsvertrag, also den Räuber, herausgegeben werden. Im hier interessierenden zweiten Teil wird der Ausgangsfall in der Weise abgewandelt, daß der Räuber die von einem Haussohn oder Sklaven geraubte Sache bei dem Eigentümer selbst hinterlegt, der nicht weiß, daß es sich um seine eigene Sache handelt. Tryphonin entscheidet hier, daß kein Verwahrungsvertrag zustandekommt, daß also das depositum, cuius haec est potestas, ut alii , non domino sua ipsius res quasi aliena, servanda detur , nicht wirksam ist. 373 Das gleiche, nämlich recte dicetur non contrahi depositum, soll gelten, wenn ein Dieb die gestohlene Sache bei dem Eigentümer hinterlegt, der nicht weiß, daß sie ihm gehört. Nach Treu und Glauben könne der Eigentümer nicht gezwungen werden, die Sache an den Hinterleger herauszugeben. Vor
371 Mommsen, Editio stereotypa ad h. 1. Fn. 16; Mommsen / Krüger ad h. 1. Fn. 1; Digesta Milano ad h. 1. Fn. 11 : ab ignorante etiamnunc 372 Vgl. dazu nur Knütel, Mèi. Sturm S. 239, 247 ff. m. w. N., der darlegt, daß das Fragment jedenfalls inhaltlich von Tryphonin stammt; vgl. auch derselbe, Roms Recht S. 130, 152 ff. 373 Otto / Schilling / Sintenis, CJC 2 S. 267 beziehen den cuius- Satz nicht auf depositum, sondern auf ex iure gentium. Dagegen spricht aber schon die Stellung des Relativsatzes. Vgl. auch Käser, lus gentium S. 124.
I.
e i u m rei suae
107
allem wegen dieser vergleichsweise ausfuhrlichen Begründung für die Unwirksamkeit eines depositum rei suae, auf die gleich zurückzukommen sein wird, ist der Beleg von besonderem Interesse. 374
3. Folgerungen Was den Grund für die Unwirksamkeit eines depositum rei suae betrifft, so ist D. 16. 3. 31. 1 - wie soeben hervorgehoben - besonders aufschlußreich. Tryphonin führt an, daß es der bona fides nicht entspreche, wenn der Verwahrer gezwungen werde, seine eigene Sache an den Hinterleger herauszugeben. Es stellt sich die Frage, wieso dies zur Unwirksamkeit des Vertrages führen sollte. Da der Dieb als Hinterleger dem Eigentümer die Sache sowieso wieder herausgeben müßte, wäre dieser ohne weiteres durch die inhärente exceptio doli geschützt, wenn jener die Rückgabe verlangen sollte. 375 Warum wurde dann nicht an der Wirksamkeit des Vertrages festgehalten und dem Eigentümer in solchen Fällen mit der exceptio geholfen? Die Antwort darauf erhält man, wenn man die anderen wesentlichen Rechtsfolgen eines wirksamen Verwahrungsvertrages betrachtet: Eine Haftung des Verwahrers für entstandene Schäden kann schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil er diese Schäden als Eigentümer seinem eigenen Vermögen zufügen würde, da der Hinterleger - wie gezeigt keine Möglichkeit hat, die Sache zurückzuerlangen. Das unbeschränkte Eigentum des Verwahrers führt in gleicher Weise dazu, daß beispielsweise ein Aufwendungsersatzanspruch gegen den Hinterleger nicht in Betracht kommt, denn es handelt sich ja um Aufwendungen, die ausschließlich dem Verwahrer selbst zugutekommen. Das bedeutet, daß ein depositum rei suae nicht diejenigen Rechtsfolgen zeitigen kann, die bei einem depositum rei alienae eintreten würden. Damit wird auch die Entscheidung für die Unwirksamkeit verständlich: Das depositum erfüllt nur dann seinen Zweck, der darin besteht, für einen bestimmten Zeitraum eine Obhutspflicht des Verwahrers zu begründen, wenn dieser nicht unbeschränkter Eigentümer ist. Andernfalls sind die Unterschiede zum Normalfall 374 Anhaltspunkte dafür, daß insoweit eine Interpolation vorliegt, gibt es nicht. Für die Echtheit des zweiten Teils des Fragments Käser, lus gentium S. 124 f. - Eine nachträgliche Einfügung des letzten Satzes ab sed et si ... wird angenommen von: Perozzi, Istituzioni II S. 363 f. Fn. 2; Beseler, Beiträge 3 S. 40; Pflüger, SZ 18 (1897) S. 75, 110 f. - Selbst wenn dies zutreffend sein sollte, hätte es auf die Aussage zur Wirksamkeit des depositum rei suae keinerlei Einfluß. Im übrigen wird man davon auszugehen haben, daß die im letzten Satz genannte condictio indebiti dati an die condictio furtiva angelehnt wurde und daß deshalb eine Besitzkondiktion möglich war. Dazu zuletzt überzeugend Müller-Ehlen, Hereditatis petitio S. 94 Fn. 24 m. w. N. 375 Paulus (6 ad Plaut) D. 44. 4. 8 pr. (= D. 50. 17. 173. 3): Dolofacit, qui petit quod redditurus est.
108
Α. Klassisches römisches Recht
der Verwahrung so groß, daß ein Festhalten an der Wirksamkeit des Vertrages nicht sachgerecht wäre. Aus diesem Grund führt Tryphonin in D. 16. 3. 31. 1 aus, daß das Wesen des Verwahrungsvertrages darin besteht, bei dem Verwahrer eine ihm nicht gehörende Sache zu hinterlegen. Nicht anders als zum Beispiel bei der locatio conductio ist somit der Grund für die Unwirksamkeit in der rechtlichen Unmöglichkeit zu sehen. Damit steht auch fest, daß der in D. 16. 3. 31. 1 vorliegende Irrtum des Eigentümers insoweit irrelevant ist: Dadurch, daß dieser - aus welchen Gründen auch immer - bewußt eine eigene Sache in Verwahrung nimmt, ändert sich an dem zu D. 16. 3. 31.1 Ausgeführten nichts; der Vertrag bekommt dadurch keinen sinnvollen Inhalt. Die bisher angestellten Überlegungen treffen zu, wenn - wie bei D. 16. 3. 31.1 - der Verwahrer in seinem Eigentum weder dinglich noch obligatorisch beschränkt ist, wenn er also vom Hinterleger - hätte dieser die Sache in Händen -jederzeit Herausgabe der Sache hätte verlangen können. Ist dies aber nicht der Fall, weil der Hinterleger beispielsweise Pfandgläubiger, Nießbraucher oder Mieter der Sache ist, gilt das Gegenteil. Der Verwahrungsvertrag erfüllt infolge des Zwischenrechts seinen Zweck. 376 D. 50. 17. 45 pr. und D. 16. 3. 15 enthalten diese Einschränkung der Unwirksamkeitsregel nicht; jedoch ist auch hier anzunehmen, daß sie von vornherein nur in den Fällen Anwendung finden soll, in denen der Grund für die Unwirksamkeit gegeben ist. 377 Daß es für solche Ausnahmen von der Regel keine Nachweise in den Quellen gibt, ist demgegenüber nicht aussagekräftig. Bei locatio conductio und precarium kommt fast ausschließlich das Pfand als Zwischenrecht vor. Dies wird seinen Grund darin haben, daß die auf diese Art im Ergebnis erreichte besitzlose Verpfändung sowohl im Interesse des Verpfänders als auch des Pfandgläubigers lag und deshalb entsprechend oft vorkam. 378 Bei der Verwahrung dagegen gibt es einen solchen, in der Praxis besonders wichtigen und demzufolge häufig vorkommenden Anwendungsfall nicht. Würde der Pfandgläubiger dem Verpfänder/Eigentümer die Pfandsache in Verwahrung geben, würde er schlechter stehen als bei locatio conductio oder precarium, da der Verwahrer grundsätzlich nur für dolus haftet bzw. dem Hinterleger kein interdictum de precario zusteht. Deshalb ist das Fehlen entsprechender Quellenbelege nicht überraschend. 376
Vgl. die entsprechende Überlegung bei locatio conductio und precarium, oben S. 70 ff. und S. 103 f. 377 Für diese Einschränkung der Regel beim depositum rei suae auch Gandolfì, Deposito S. 138; Käser, SZ 89 (1972) S. 94, 139; Carlo Longo, Deposito S. 6 f.; de Ruggiero, BIDR 19 (1907) S. 5, 22 f. Fn. 6. - Rotondi, Scritti II S. 1, 69 erwähnt nur D. 16. 3. 15 und D. 50. 17. 45 pr., ohne auf mögliche Ausnahmen einzugehen. Dagegen will Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 154 f. auch beim depositum von der Wirksamkeit als Regel ausgehen. 378 Vgl. oben insbesondere S. 93 ff.
. m
rei suae
109
Somit läßt sich feststellen, daß die in D. 50. 17. 45 pr. aufgestellte Regel auch für das depositum rei suae den klassischen Rechtszustand wiedergibt. Sie hat allerdings nicht uneingeschränkt gegolten; bei Vorliegen eines Zwischenrechts des Hinterlegers war der Verwahrungsvertrag offenbar wirksam.
V. Emptio rei suae Die Einteilung der einschlägigen Quellen in zwei Gruppen, die scheinbar gegensätzliche Aussagen enthalten, ist auch bei der emptio rei suae möglich:
1. Unwirksamkeit einer emptio rei suae 379
a) D. 50. 17. 45 pr. 3* 0 Was die Echtheit dieses Ulpian-Fragments betrifft, kann, auch soweit es die emptio rei suae angeht, nach oben 381 verwiesen werden. Der Grund für die Unwirksamkeit ist hier ebenfalls in der rechtlichen Unmöglichkeit der Erfüllung der Verkäuferverpflichtung zu sehen.382 Anders als beispielsweise bei der locatio conductio ist der Kauf auf die Übertragung des Eigentums gerichtet, auch wenn keine entsprechende Verpflichtung des Verkäufers zur Eigentumsverschaffung bestand, sondern nur das habere licere geschuldet wurde. Ist der Käufer bereits Eigentümer, kann ihm der Verkäufer das Eigentum nicht noch einmal verschaffen. Das allein kann allerdings keine ausreichende Begründung für die Unwirksamkeit einer emptio rei suae sein. Denn es würde, wenn man es bei dieser Erwägung bewenden ließe, nichts dagegen sprechen, das Geschäft trotz des Eigentums des Käufers als wirksam anzusehen und den Verkäufer wie jeden anderen Verkäufer, der Nichteigentümer ist, zu behandeln. Außerdem könnte man gegen die Unwirksamkeit einwenden, daß
379
Nicht behandelt wird Paulus (54 ad ed) D. 41. 3. 4. 12 (Tunc inpotestatem domini redisse dicendum est, cum possessionem eius nactus sit iuste, ut avelli non possit, sed et tamquam suae rei : nam si ignorans rem mihi subreptam emam, non videri in potestatem meam reversam.) weil dort zwar eine emptio rei suae vorkommt, über ihre Wirksamkeit aber nichts ausgesagt wird, vgl. nur Cuena Boy, Imposibilidad S. 101; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2847 ff. Fn. 106. 380 Der Text des Fragments ist oben auf S. 14 abgedruckt. 381 Siehe S. 36 ff. 382 Vgl. Cuena Boy, Imposibilidad S. 99 ff.; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2815 ff., insbesondere S. 2816-2818; Käser, RPR I S. 489 f. und 549.
110
Α. Klassisches römisches Recht
der Kauf zwar auf Übertragung eines Rechts gerichtet ist, der Verkäufer aber nicht die Verschaffung des Eigentums, sondern nur das habere licere schuldet. 383 Der wirkliche Grund für die Unwirksamkeit wird deutlich, wenn man den Fall der emptio rei suae mit dem Fall vergleicht, daß neben dem Verkäufer auch der Käufer Nichteigentümer ist: In diesem Fall wird der Kauf ohne weiteres als wirksam angesehen, allerdings haftet der Verkäufer im Falle der Eviktion durch den Eigentümer. Ist der Käufer selbst Eigentümer der Kaufsache, so ist - soweit keine Rechte Dritter an der Sache bestehen - ein solcher Eviktionsfall von vornherein ausgeschlossen. Eine Eviktionshaftung, also die wesentliche Rechtsfolge, die bei einem „normalen" Verkauf durch einen Nichteigentümer eintreten kann, ist somit bei der emptio rei suae nicht möglich. Zudem beruht der ungestörte Besitz bzw. Genuß der Sache nicht auf einer Leistung des Verkäufers, sondern auf dem schon bei Vertragsschluß vorhandenen Eigentum des Käufers. Eine Pflicht des Käufers zur Kaufpreiszahlung muß als nicht gerechtfertigt erscheinen, wenn gleichsam von Anfang an eine „Selbsteviktion" gegeben ist. Da aber die wesentlichen Rechtsfolgen des Kaufs nicht eintreten, wenn der Käufer Eigentümer der Kaufsache ist, gibt es keinen Grund dafür, den Kaufvertrag als wirksam anzusehen. Damit zeigt sich auch hier, daß der eigentliche Ursache für die Unwirksamkeit in dem Zweck des Kaufvertrages liegt, dem Käufer etwas zu verschaffen, was er noch nicht hat. 384 Kann dieser Zweck nicht erreicht werden, so bedeutet dies, daß die bei einem „normalen" Kauf üblicherweise eintretenden Rechtsfolgen sinnvollerweise nicht eintreten können. Deshalb wurde einem solchen Geschäft von vornherein die Wirksamkeit versagt. In dieser Nichterreichbarkeit des dem Kauf innewohnenden Zwecks und damit in der rechtlichen Unmöglichkeit, der die gleichen Erwägungen zugrunde liegen wie beispielsweise bei der conductio rei suae, ist somit der eigentliche Grund dafür zu sehen, daß die emptio rei suae als unwirksam behandelt wird.
b) D. 12. 6. 37 IULIANUS libro tertio ad Urseium Ferocem Servum meum insciens a te emi pecuniamque tibi solvi: earn me a te repetiturum et eo nomine condictionem mihi esse omnimodo puto, sive scisses meum esse sive ignorasses.
383 Umgekehrt will Peters , SZ 96 (1979) S. 173, 192 f. daraus, daß der Kauf der eigenen Sache unwirksam war, herleiten, „... daß der Kauf nicht nur als ein Geschäft über den ungestörten Sachbesitz aufgefaßt wurde, sondern auch und gerade über das Eigentum." 384
Vgl. auch Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2815 ff., die zum Beispiel auf S. 2855 von „... la - normale - pratica inutilità dell'emptio rei suae" spricht.
. m
rei suae
111
JULIAN im 3. Buch zu Urseius Ferox Ich habe unwissentlich meinen eigenen Sklaven von dir gekauft und dir den Kaufpreis gezahlt: Ich bin jedenfalls der Meinung, daß ich diesen von dir zurückfordern kann und mir deshalb die Kondiktion zusteht, gleichgültig, ob du gewußt hast, daß es sich um meinen Sklaven gehandelt hat, oder ob du es nicht gewußt hast.
Der Eigentümer kaufte seinen Sklaven von jemandem, ohne zu wissen, daß er schon Eigentümer war. Daraus, daß dem Käufer die Möglichkeit zugestanden wird, den bereits gezahlten Kaufpreis zu kondizieren, folgt mittelbar, daß der Kauf als unwirksam angesehen wird, denn einen anderen Grund für diese Rückforderungsmöglichkeit kann es nicht geben. 385 Der Hinweis darauf, daß der Käufer insciens 386 war, bedeutet nicht, daß die Unkenntnis des Käufers Voraussetzung für die Unwirksamkeit des Kaufs ist, denn das Fragment geht überhaupt nur auf die Rechtsfolgen dieser Unwirksamkeit ein. Es wird damit also nur ausgesagt, daß im Fall der Unkenntnis des Käufers eine Kondiktionsmöglichkeit besteht. Wenn man den Grund für die Unwirksamkeit, nämlich die rechtliche Unmöglichkeit, berücksichtigt, ist einleuchtend, daß es auf Kenntnis oder Unkenntnis des Käufers nicht ankommen kann, da die Unmöglichkeit objektiv gegeben ist, wenn der Käufer bereits das Eigentum an der Kaufsache hatte. Auch das sive scisses meum esse sive ignorasses ist nur im Zusammenhang der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit von Bedeutung. Nach Julian ist es für das Bestehen der Kondiktionsmöglichkeit irrelevant, ob der Verkäufer das Eigentum des Käufers gekannt hat oder nicht. 387 Festzuhalten bleibt demnach, daß D. 12. 6. 37 die Unwirksamkeitsregel beim Kauf bestätigt.
385
Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2819.
386
Eine Interpolation nehmen an: Beseler, Beiträge 4 S. 70; zustimmend Solazzi, Condictio indebiti S. 51 Fn. 2. Dies beruht freilich auf der unzutreffenden Annahme, daß die condictio indebiti im klassischen Recht keinen Irrtum des Leistenden voraussetzte. Daß die condictio indebiti bei bewußter Leistung auf eine Nichtschuld ausgeschlossen ist, ergibt sich zum Beispiel aus Ulpian (26 ad ed) D. 12. 6. 1. 1, Paulus (3 ad Sab) D. 12. 6. 24, Ulpian (26 ad ed) D. 12. 6. 26. 3, Tryphonin (7 disp) D. 12. 6. 64. Die oben genannte Ansicht wird heute nicht mehr vertreten, vgl. Kupisch, Bereicherung S. 15 f.; Honseil / Mayer-Maly / Selb, RR S. 354; Käser, RPR I S. 596 f. Fn. 36. 387
Haymann, BIDR 59-60 (1956) S. 1, 40 nimmt eine Interpolation an, weil bei Kenntnis des Verkäufers nicht die condictio indebiti, sondern die condictio furtiva einschlägig gewesen sei. Für eine Interpolation auch Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 121 f. - Zwar war bei wissentlicher Annahme einer nicht geschuldeten Leistung durch den Verkäufer die condictio furtiva gegeben, jedoch spricht Julian nur ganz allgemein von einer Kondiktionsmöglichkeit, ohne sich auf die condictio indebiti festzulegen. Seine Entscheidung, daß der Käufer unabhängig von der Kenntnis oder Unkenntnis des Verkäufers den bereits gezahlten Kaufpreis kondizieren kann, ist somit nicht zu beanstanden.
Α. Klassisches römisches Recht
112
c) D. 41. 3. 2 / 3 8 8 Dieses Javolen-Fragment wurde schon im Zusammenhang mit der conductio rei suae behandelt.389 Der hier vor allem interessierende letzte Satz (in venditione idem iuris est, quod in locatione, ut emptio suae rei consistere non possit) wird von einigen für interpoliert gehalten. 390 Es gibt jedoch keinen überzeugenden Grund für diese Annahme, da Javolen ohne weiteres den Kauf neben der locatio conductio zu Vergleichszwecken anführen konnte. 391 Im übrigen stimmt die Aussage von D. 41. 3. 21 mit den bisher behandelten Fragmenten überein. 392
d)D. 18. 1. 16 pr. POMPONIUS libro nono ad Sabinum Suae rei emptio non valet, sive sciens sive ignorans emi: sed si ignorans emi, quod solvero repetere potero, quia nulla obligatio fuit. POMPONIUS im 9. Buch zu Sabinus Der Kauf der eigenen Sache ist unwirksam, sei es, daß ich sie wissentlich, sei es daß ich sie unwissentlich gekauft habe: Wenn ich sie jedoch unwissentlich gekauft habe, werde ich zurückfordern können, was ich ich geleistet habe, weil keine Verpflichtung bestand.
Der erste Satz dieses Fragments 393 bestätigt das bereits zu D. 12. 6. 37 Ausgeführte: Der Kauf der eigenen Sache ist jedenfalls bei Unkenntnis des Käufers unwirksam. Darüber hinaus ist die Unwirksamkeit der emptio rei suae unabhängig davon gegeben, ob der Käufer weiß, daß er Eigentümer ist, oder nicht. Die Unkenntnis ist also keine Voraussetzung für die Nichtigkeit des Geschäfts. Im zweiten Satz geht es wieder um die Rechtsfolge der Nichtigkeit:
388
Der Text des Fragments ist oben auf S. 43 abgedruckt.
389
Vgl. oben S. 43 ff.
390 Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 96 und 112 f.; Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 136 f., insbesondere S. 137 Fn. 52; Mayer-Maly, Locatio conductio S. 115; Beseler, SZ 45 (1925) S. 396, 479 391
So zutreffend Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2845 Fn. 95.
392
Zur Frage, ob der possessor pro herede gut- oder bösgläubig war, vgl. Cuena Boy, Imposibilidad S. 102 f.; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2846; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 113 und Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 136 f. - Wie sich aus D. 12. 6. 37 (dazu S. 110 f.) ergibt, hat dies keinen Einfluß auf die Unwirksamkeit des Kaufs. 393
Dessen Echtheit nicht angezweifelt wird, vgl. Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2816 ff.; Cuena Boy, Imposibilidad S. 100; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 121; Meylan, IURA 20 (1969) S. 287, 291; Carcaterra, Negozi giuridici S. 2; Bossowski, Studi Riccobono I I S. 255, 260; Perozzi, Istituzioni I I S. 274 f. i. V. m. S. 275 Fn. 1 ; Arangio-Ruiz, Compravendita 1 S. 128 sieht eine Interpolation als möglich an, hält die Regel aber für klassisch.
V. Emptio rei suae
113
Der Käufer soll, jedenfalls wenn er nicht wußte, daß ihm die Sache schon gehörte, den Kaufpreis zurückfordern können. Nach der Begründung quia nulla obligatio fuit kommt dafür nur eine Kondiktion in Betracht. Diese Begründung würde auch auf den Käufer zutreffen, der sein Eigentum kennt. Infolgedessen stellt sich die Frage, ob sed si ignorans emi aussagt, daß die Kondiktion im umgekehrten Fall - weil es an einem Irrtum des Leistenden fehlt - ausgeschlossen ist 3 9 4 oder ob darüber keine Aussage getroffen werden sollte 395 . Da im klassischen Recht die condictio indebiti einen Irrtum des Leistenden voraussetzte 396, spricht alles dafür, daß Pomponius die Rückforderungsmöglichkeit auf den Fall des si ignorans emi beschränken wollte, in dem der Käufer sein Eigentum und damit auch das Nichtbestehen einer Leistungspflicht nicht kennt. Dagegen liegt dann kein Irrtum vor, falls der Käufer, der weiß, daß er Eigentümer der Kaufsache ist, daraus die rechtliche Folgerung zieht, daß eine Leistungspflicht nicht besteht. Die Begründung quia nulla obligatio fuit spricht nicht dagegen, weil der zweite Satz des Fragments von vornherein nur auf den unwissenden Käufer bezogen ist. D. 18. 1. 16 pr. bildet folglich einen sicheren Beleg dafür, daß die emptio rei suae unwirksam ist, und zwar unabhängig davon, ob der Käufer sein Eigentum kannte oder nicht.
e) C. 4. 38. 10 IMPP. DIOCLETIANUS ET MAXIMIANUS AA. ET CC. Aureliae Gordianae Si mater tua velut ex bonis patris praedium suum comparavit, cum rei propriae non consistât emptio et hanc simulatam proponas, huiusmodi placitum mutare substantiam veritatis et ei nocere non potuit. D. VII id. April. CC. conss. DIE KAISER DIOCLETIAN UND MAXIMIANUS, AUGUSTI UND CAESARES , an Aurelia Gordiana Wenn deine Mutter ihr Grundstück gleichsam aus dem Vermögen des Vaters gekauft hat, so hat, weil ein Kauf der eigenen Sache unwirksam ist und du vorbringst, daß dies ein Scheingeschäft gewesen ist, ein Vertrag dieser Art die wirkliche Sachlage nicht ändern und ihr nicht schaden können. Gegeben am 7. April 294 unter dem Konsulat der Kaiser.
Der Kauf des eigenen Grundstücks der Mutter 397 ist auch dann als emptio rei suae unwirksam, wenn sie es velut ex bonis patris gekauft hat. Damit ist
394 So Cuena Boy, Imposibilidad S. 100; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2816, die deshalb eine Interpolation für möglich hält (S. 2816 f. Fn. 11). - Solazzi, Condictio indebiti S. 51 w i l l das ignorans streichen. 395
Wohl in diesem Sinne Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 121.
396
Siehe oben Fn. 386.
397
Um ein Dotalgrundstück wird es sich dagegen nicht handeln: Die Mutter wäre in diesem Fall zwar „wirtschaftliche Eigentümerin", vgl. dazu Käser, RPR I S. 333 f. 8 Zimmermann
114
Α. Klassisches römisches Recht
gemeint, daß ein Kauf einer fremden, nämlich dem Vater (dem Ehemann der Mutter) gehörenden Sache simuliert werden sollte. 398 Dies ändert nichts daran, daß das Grundstück der Mutter gehört. 399 Das Reskript bestätigt die Unwirksamkeitsregel: cum rei propriae non consistât emptio. Teilweise wird die Auffassung vertreten, et hanc simulatam proponas sei nachträglich eingefügt, da schon der Hinweis auf die Unwirksamkeit des Kaufs der eigenen Sache als Begründung ausreichend sei. 400 Dagegen spricht zum einen, daß sich bereits aus velut ex bonis patris das Vorliegen eines Scheingeschäfts ergibt und somit der erneute Hinweis auf dieses nicht verdächtig ist. 401 Zum anderen ist die doppelte Begründung für die Unwirksamkeit sachlich überzeugend: 402 Die Nichtigkeit des simulierten Geschäfts ergibt sich aus der Simulation selbst, die Nichtigkeit des verdeckten Geschäfts daraus, daß es sich um eine emptio rei suae handelt. Aus welchem Grund die Parteien das Scheingeschäft vornahmen, ergibt sich aus dem Fragment nicht. Denkbar ist aber, daß eine unentgeltliche Zuwendung des „Kaufpreises" beabsichtigt war. Dies sollte - unter Umgehung des Verbots der Ehegattenschenkung - dadurch erreicht werden, daß eine „Gegenleistung" vereinbart wurde, die wegen des schon bestehenden Eigentums der Ehefrau an dem Grundstück in Wirklichkeit keine Gegenleistung war.
f) Der bedingte Kauf der eigenen Sache Zwei Quellen behandeln den Fall, daß jemand seine eigene Sache unter einer Bedingung kauft:
Dennoch hätte der Kauf einen sinnvollen Inhalt, da er ihr auch formal das Eigentum und die Früchte noch während der Ehe verschaffen würde; die Begründung cum rei propriae non consistât emptio ist deshalb für diesen Fall nicht passend. 398 Pugliese , Simulazione S. 183; Giannetto Longo, Studi Riccobono III S. I l l , 147 f.; vgl. auch Käser, RPR I S. 243 bei Fn. 8. 399 Vgl. Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2829 Fn. 50. 400 Partsch, SZ 42 (1921) S. 227, 258 f.; auch Betti, Esercitazioni 1 S. 186 f. und Pugliese, Simulazione S. 183 f. wollen et hanc simulatam proponas streichen. 401 Giannetto Longo, Studi Riccobono III S. 111, 147. 402 In diesem Sinne Giannetto Longo, Studi Riccobono III S. 111, 148. Ihm ist auch darin zu folgen, daß mutare substantiam veritatis et als ein unverdächtiger Hinweis darauf anzusehen ist, daß es für die Beurteilung des verdeckten Geschäfts auf die tatsächliche Rechtslage ankommt. - Nicht überzeugend daher Betti, Esercitazioni 1 S. 186 f. und Partsch, SZ 42 (1921) S. 227, 258 f., die diesen Passus streichen wollen.
V. Emptio rei suae
115
aa) D. 18. 1.61 MARCELLUS libro vicensimo digestorum Existimo posse me id quod meum est sub condicione emere, quia forte speratur meum esse desinere. MARCELLUS im 20. Buch seiner Digesten Ich bin der Ansicht, daß ich meine eigene Sache unter einer Bedingung kaufen kann, weil es unter Umständen zu erwarten ist, daß sie aufhört, meine zu sein.
Interpolationsannahmen 403 stützen sich hier zunächst einmal darauf, daß ein anderes Marcellusfragment - D. 45. 1. 98 pr. 4 0 4 , ebenfalls aus dem 20. Buch seiner Digesten - mit Existimo posse me id quod meum est sub condicione stipular i... für die bedingte Stipulation der eigenen Sache dasselbe aussagt. Für die Echtheit der zwei Fragmente spricht aber, daß eine parallele Behandlung der beiden Fälle eines bedingten Geschäfts über eine eigene Sache am gleichen Ort, nämlich im 20. Buch der Digesten des Marcellus, als durchaus sachgerecht erscheint. Die Entscheidung ist außerdem ohne weiteres überzeugend: Beim Kauf unter einer aufschiebenden Bedingung - nur um eine solche kann es gehen 405 kommt es für die Wirksamkeitsvoraussetzungen auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts an. 406 Vorher läßt sich noch nicht sicher beurteilen, ob dann tatsächlich noch eine emptio rei suae vorliegen wird. Deshalb ist der Kauf ab diesem Zeitpunkt als wirksam anzusehen, falls es sich dann um eine emptio rei alienae handelt. 407 Insofern ist die Begründung quia forte speratur meum esse desinere m zutreffend. Dies gilt wenigstens dann, wenn man sperare nicht mit
403 Vassalli, Studi 1 S. 243, 265; Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 189 f.; Di Marzo, BIDR 15 (1903) S. 91, 110 f. - Für Echtheit Cuena Boy, Imposibilidad S. 110; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2829 ff.; Arangio-Ruiz, Compravendita 1 S. 129 Fn. 2; Carcaterra, Negozi giuridici S. 10. 404
Vgl. dazu bei der stipulatio rei suae, unten S. 144 f.
405
Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2831 Fn. 55; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 127 f.; Carlo Longo, Corso S. 178; wohl auch Perozzi, Istituzioni II S. 275 Fn. 1. 406 Käser, RPR I S. 256 bei Fn. 39. 407 Dies gilt gerade auch, wenn man mit Flume davon ausgeht, daß sich die Bedingung auf den Rechtsakt selbst und nicht auf die Rechtsfolgen bezogen hat. Denn dann muß die rechtliche Möglichkeit der Leistung im Zeitpunkt des Bedingungseintritts beurteilt werden. Vgl. (zur Stipulation) Flume, Rechtsakt S. 143: „War die Stipulation dagegen bedingt, so war von der Rechtsfolge her die Utilität der Stipulation nicht in Frage zu stellen, wenn die Sache dem Stipulator bei Eintritt der Bedingung nicht gehörte, und erst recht war dem so, wenn die Stipulation als solche, das heißt als Rechtsakt, überhaupt erst mit dem Eintritt der Bedingung perfekt wurde." 408
Eine Interpolation nehmen an: Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 126 f.; Vassalli, Studi 1 S. 243, 265; Perozzi, Istituzioni II S. 275 Fn. 1; Beseler, TR 8 (1928) S. 279, 291; Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 189 f.; di Marzo, BIDR 15 (1903) S. 91, 110 f.; Carlo Longo, Corso S. 178. Dagegen spricht freilich das oben im Text Ausgeführte.
Α. Klassisches römisches Recht
116
„hoffen", sondern mit „erwarten" oder „befürchten" übersetzt. 409 Dann könnte damit auch gemeint sein, daß der Kauf gerade unter der Bedingung abgeschlossen wird, daß der Käufer sein Eigentum verliert. Zwingend ist das aber nicht, da die Bedingung nicht näher bezeichnet wird und der Grund für die Entscheidung bei jeder aufschiebenden Bedingung gegeben ist. Carcaterra 410 will sub condicione nicht auf emere, sondern auf quod meum est beziehen, das heißt er nimmt einen unbedingten Kauf und bedingtes Eigentum an. Allerdings müßte dann, ausgehend vom letzten Satz des Fragments, der ja von einem Eigentumsverlust spricht, das Eigentum des Käufers auflösend bedingt sein. 411 Es mag zwar zutreffend sein, daß die römischen Juristen in einem solchen Fall die emptio rei suae für wirksam hielten, da sich eine auflösende Bedingung auch als eine Art Belastung des Eigentums verstehen läßt 412 , jedoch gibt es dafür keine weiteren Belege. Insbesondere das Fragment Ulpian D. 30. 41. 2 4 1 3 , das von einem bedingten Kauf handelt, spricht gegen Carcaterras Ansicht. Zudem wäre es, wenn das Fragment wirklich das von ihm Gemeinte hätte aussagen sollen, wahrscheinlicher, daß sub condicione vor meum est stehen würde. Das Fragment trifft somit in erster Linie eine Aussage darüber, daß es für die Beurteilung der Wirksamkeit des Kaufs auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts ankommt. Im Umkehrschluß kann man ihm aber entnehmen, daß dann, wenn der Käufer im Zeitpunkt des Bedingungseintritts Eigentümer der Sache ist, eine unwirksame emptio rei suae vorliegt.
bb) D. 30.41.2 ULPIANUS libro vicesimo primo ad Sabinum Tractari tarnen poterit, si quando marmora vel columnae füerint separatae ab aedibus, an legatum convalescat. et si quidem ab initio non constitit legatum, ex post facto non convalescet, quemadmodum nec res mea legata mihi, si post testamentum factum fuerit alienata, quia vires ab initio legatum non habuit. sed si sub condicione legetur, poterit legatum valere, si exsistentis condicionis tempore mea non sit vel aedibus iuncta non sit, secundum eos, qui et emi rem meam sub condicione et promitti mihi stipulanti et legari aiunt. purum
409
Vgl. Heumann / Seckel, Handlexikon unter „sperare", S. 550. Insoweit zutreffend Carcaterra, Negozi giuridici S. 11; zustimmend Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2830 f. 410 Carcaterra, Negozi giuridici S. 11. - Dagegen: Cuena Boy, Imposibilidad S. 110; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2830 f.; vgl. auch Gothofredus, De Regulis Iuris S. 222, abgedruckt auf S. 14 ff. 411
So Carcaterra,
412
Vgl. noch unten bei C. 4. 38. 4, S. 131 ff.
413
Dazu sogleich, S. 116 ff.
Negozi giuridici S. 12; Biondi, Studi Riccobono I V S. 1, 8.
V. Emptio rei suae
117
igitur legatum Catoniana régula impediet, condicionale non, quia ad condicionalia Catoniana non pertinet. ULPIAN im 21. Buch zu Sabinus Man wird dennoch fragen können, ob dann, wenn einmal der Marmor oder die Säulen von dem Gebäude getrennt wurden, das Vermächtnis wirksam wird. Aber wenn das Vermächtnis von Anfang an unwirksam war, wird es nicht durch nachträgliche Umstände wirksam, genauso wie das Vermächtnis einer mir gehörenden Sache zu meinen Gunsten nicht wirksam wird, wenn sie nach Testamentserrichtung veräußert wurde, weil das Vermächtnis von Anfang an unwirksam war. Wenn sie jedoch unter einer Bedingung vermacht wurde, kann das Vermächtnis wirksam sein, falls sie mir zur Zeit des Bedingungseintritts nicht gehört oder nicht mit dem Gebäude verbunden ist. Das gilt nach der Ansicht derer, die die Auffassung vertreten, daß meine eigene Sache [von mir wirksam] unter einer Bedingung gekauft, mir stipulationsweise versprochen oder vermacht werden kann. Einem unbedingten Vermächtnis steht also die régula Catoniana entgegen, einem bedingten aber nicht, weil sie sich auf bedingte Vermächtnisse nicht bezieht. N a c h D . 30. 41. 1 kann das, was in ein Haus eingebaut wurde,
nicht
Gegenstand eines Vermächtnisses sein, w e i l es keine selbständige Sache mehr ist. Daran anknüpfend w i r d in Fragment 2 entschieden, daß bei der Beurteilung der Wirksamkeit
eines Vermächtnisses nachträglich eintretende
Umstände,
nämlich die Trennung v o n M a r m o r oder Säulen v o m Gebäude, nicht zu berücksichtigen sind. Insofern w i r d die régula
Catoniana ,
auf die auch am Ende des
Textes verwiesen w i r d 4 1 4 , angewandt. Nach ihr ist die Wirksamkeit eines Legats nur a u f den Zeitpunkt der Testamentserrichtung bezogen zu beurteilen. 4 1 5 Gleiches soll für das legatum rei suae416
gelten, wenn der Vermächtnisnehmer seine
Sache nach Testamentserrichtung veräußert. B e i einem aufschiebend bedingten Legat allerdings soll es nicht a u f den Zeitpunkt der Testamentserrichtung, sondern a u f den des Bedingungseintritts ankommen, das heißt, die régula
Cato-
niana gilt in diesem Fall n i c h t . 4 1 7 U l p i a n beruft condicione
sich a u f die Ansicht derer, qui
et promitti
mihi stipulanti
et legari
et emi
rem
meam
sub
aiunt. Danach k o m m t es also für
die Beurteilung der Wirksamkeit eines solchen Geschäfts a u f den Zeitpunkt des 414 Beseler, Beiträge 2 S. 59 hält die Stelle ab purum igitur ... für interpoliert; zustimmend Vassalli, Studi 1 S. 243, 266; zweifelnd Mitteis, SZ 33 (1912) S. 159, 200. - Für eine Interpolation ab secundum eos... Beseler, TR 8 (1928) S. 279, 305. 415
Vgl. D. 34. 7 {de régula Catoniana). Allgemein: Käser, RPR I S. 754 f.; Flume, FS Niederländer S. 17 ff. 416 417
Dazu siehe unten S. 145 ff.
So auch Ulpian (10 ad Sab) D. 34. 7. 4. - Auch dies stimmt mit der Ansicht Flumes überein, daß sich die Bedingung auf den Rechtsakt selbst und nicht auf die Rechtsfolgen bezogen hat. Vgl. Flume, FS Niederländer S. 17, 23 f.: „Weil das bedingte Legat als Rechtsakt auf die Bedingung bezogen und so der Rechtsakt der Vermächtnisbestellung erst mit der Bedingung perfekt wird, bestimmt die Bedingung die Wirksamkeitsvoraussetzungen für das Legat als Rechtsakt. Folgerichtig gilt deshalb für die auf den Tod des Erblassers bezogene régula Catoniana : ad condicionalia non pertinet
118
Α. Klassisches römisches Recht
Bedingungseintritts an. Genauso wie bei D. 18. 1. 61 ist der Umkehrschluß möglich, daß der Kauf unwirksam ist, wenn der Käufer bei Bedingungseintritt Eigentümer ist. Es wird die Auffassung vertreten, Ulpian habe damit auf eine Meinungsverschiedenheit zwischen Sabinianern und Prokulianern hinweisen wollen. 418 Aber selbst wenn für emptio, stipulatio und legatum rei suae unter einer Bedingung auch die gegenteilige Ansicht vertreten wurde, das heißt, für die Beurteilung der Wirksamkeit nicht auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts abgestellt wurde, bedeutet das nur, daß das Geschäft von vornherein unwirksam war. Diese Frage betrifft also ausschließlich den Zeitpunkt für die Beurteilung der Wirksamkeit des Geschäfts, nicht aber die Voraussetzungen der Wirksamkeit selbst. Von dem Grundsatz der Nichtigkeit einer emptio rei suae wird dagegen nicht abgewichen; ein näheres Eingehen auf die bei bedingten Rechtsgeschäften allgemein sich stellenden Fragen erübrigt sich somit.
g) Der Kauf einer res communis durch einen Miteigentümer Den Kauf einer mehreren gemeinschaftlich gehörenden Sache durch einen der Miteigentümer behandeln folgende Fragmente:
aa) D. 18. 1. 18 pr. POMPONIUS libro nono ad Sabinum Sed si communis ea res emptori cum alio sit, dici debet scisso pretio pro portione pro parte emptionem valere, pro parte non valere. POMPONIUS im 9. Buch zu Sabinus Wenn diese Sache aber dem Käufer und einem anderen gemeinschaftlich gehört, muß man sagen, daß der Kauf - bei anteilsmäßig geteiltem Kaufpreis - für den einen Teil wirksam, für den anderen unwirksam ist.
Danach ist die Wirksamkeit des Kaufs für beide Miteigentumsanteile getrennt zu beurteilen. 419 Soweit es um den dem Käufer gehörenden Anteil geht, liegt eine emptio rei suae vor, die auch in diesem Fall unwirksam ist. In Bezug auf den anderen Anteil ist der Kauf aber wirksam, insofern ist ein dem Verhältnis der Anteile entsprechender Kaufpreis zu zahlen. Aus der Formulierung 418
Wesener, FG Herdlitczka S. 265, 290 f.; Masi, Condizione S. 101 ff.; Vassalli, Studi 1 S. 243, 266. - Jedenfalls auf das Legat bezogen: Käser, RPR I S. 256 Fn. 40 und Liebs, A N R W I I 15 S. 197, 256. - Anderer Ansicht Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2831 f. 419
Beseler, SZ 50 (1930) S. 18, 59 w i l l dici debet - non valere durch emptio non valet ersetzen. - Von Echtheit gehen offenbar Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2818 und Cuena Boy, Impossibilidad S. 100 Fn. 46 aus; beide allerdings ohne nähere Ausführungen zum Fragment.
V. Emptio rei suae
119
scisso pretio pro portione läßt sich ableiten, daß der Kaufpreis auf die gesamte Sache bezogen war, denn ansonsten käme eine verhältnismäßige Aufteilung nicht in Betracht. Dies deutet darauf hin, daß der Käufer davon ausging, der Verkäufer sei Eigentümer der ganzen Sache, seinen Miteigentumsanteil also nicht kannte. Andernfalls wäre die auf die ganze Sache bezogene Vereinbarung nicht verständlich. Die Lösung entspricht für den dem Käufer gehörenden Anteil den bisher zur emptio rei suae behandelten Stellen.
bb) D. 18.2. 13. 1 ULPIANUS libro vicensimo octavo ad Sabinum Verum est autem vel unum ex venditoribus posse meliorem adferre condicionem: emere enim cum tota re etiam nostram partem possumus. ULPIAN im 28. Buch zu Sabinus Es ist zutreffend, daß auch einer der Verkäufer ein besseres Gebot abgeben kann: Wir können nämlich mit der ganzen Sache auch unseren Anteil kaufen.
Der letzte Satz dieses Fragments scheint zunächst der Aussage von D. 18. 1. 18pr. zu widersprechen. Behandelt wird hier, dem Titel D. 18. 2 de in diem addictione entsprechend, folgender Fall: Eine mehreren gemeinschaftlich gehörende Sache wurde von den Miteigentümern unter Vereinbarung eines Rücktrittsvorbehalts für den Fall, daß innerhalb einer Frist ein besseres Angebot abgegeben würde, also einer in diem addictio, gemeinschaftlich 420 verkauft. Nach Ulpian darf auch einer der Verkäufer, das heißt ein Miteigentümer, ein besseres Gebot abgeben. Die Formulierung emere ... etiam nostram partem possumus 421 läßt den Schluß zu, daß sich das bessere Angebot und somit der zweite Kaufvertrag auf die ganze Sache, also einschließlich des Anteils des Miteigentümers/Käufers bezieht. 422 In diesem Fall ist ohne weiteres die Feststellung möglich, ob tatsächlich eine melior condicio vorliegt, da sich auch der erste Kauf auf die ganze Sache bezieht. Der Kaufvertrag soll wirksam sein. Diese Einschränkung der Unwirksamkeitsregel beruht auf folgender Erwägung: Da der Miteigentümer sowohl auf Verkäufer- als auch auf Käuferseite auftritt, bezieht sich der Kauf bei
420
Das ergibt sich aus Ulpian (28 ad Sab) D. 18. 2. 13 pr. und den beiden vorangehenden Fragmenten Ulpian (28 ad Sab) D. 18. 2. 11 und Pomponius (9 ad Sab) eod. 12. 421 Sieg, Bessergebotsklausel S. 15 bei Fn. 4 zweifelt an der Echtheit; dagegen Peters, Rücktrittsvorbehalte S. 40 Fn. 1, der jedoch eine Kontroverse vermutet. - Das Fragment ist bislang noch nicht ausfuhrlicher erörtert worden. 422 So auch Glück 16 S. 251: „Hier kann auch einer der Mitverkäufer bessere Bedingungen anbieten. Denn er war nur Mitverkäufer zu seinem Antheile. Hier bietet er aber nicht blos auf diesen Antheil, sondern auf das Ganze."
120
Α. Klassisches römisches Recht
wirtschaftlicher Betrachtung nur auf die restlichen Anteile und ist insofern ein sinnvolles Geschäft. Der auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Bruchteil des Kaufpreises steht dem Käufer, da er zugleich Miteigentümer/Verkäufer ist, im Innenverhältnis ohnehin zu. Würde man die Regel emptio rei suae non valet strikt anwenden, wäre der Kauf, wie etwa im Fall von D. 18. 1. 18 pr. nichtig, soweit der Miteigentumsanteil des Käufers betroffen wäre. Das widerspräche auch dem Sinn und Zweck der Bessergebotsklausel, die nur dem Interesse der Verkäufer, also auch dem des Miteigentümers/Verkäufers dienen soll. Somit ändert D. 18. 2. 13. 1 nichts daran, daß der Kauf des eigenen Miteigentumsanteils im von D. 18. 1. 18 pr. behandelten Normalfall als emptio rei suae unwirksam war.
h) Der Kauf der verpfändeten
Sache
In den folgenden drei Fragmenten wird der Fall behandelt, daß der Verpfänder/Eigentümer die Pfandsache von seinem Gläubiger kauft:
aa) D. 13.7. 40 pr. PAPINIANUS libro tertio responsorum Debitor a creditore pignus quod dédit frustra emit, cum rei suae nulla emptio sit: nec si minoris emerit et pignus petat aut dominium vindicet, ei non totum debitum offerenti creditor possessionem restituere cogetur. PAPINIAN im 3. Buch der Responsen Ein Schuldner kauft vergeblich vom Gläubiger die verpfändete Sache, weil der Kauf der eigenen Sache unwirksam ist. Auch wird, wenn er für einen zu geringen Preis gekauft haben und das Pfand fordern oder das Eigentum vindizieren sollte, der Gläubiger nicht gezwungen, ihm den Besitz wiedereinzuräumen, wenn er nicht die ganze Schuld anbietet.
Auch dieses Fragment wiederholt die Regel, daß eine emptio rei suae unwirksam ist. Bei unbefangener Betrachtung kommen mehrere mögliche Deutungen des „Kaufs" der Pfandsache durch den Verpfänder in Betracht: 423 Zunächst könnte damit ein „ K a u f der Pfandsache vor der Pfandreife, also ohne daß der Gläubiger das Pfand im Wege des Verkaufs verwerten wollte, gemeint sein, und zwar unter Anrechnung des „Kaufpreises" auf die Hauptschuld. Daß diese Annahme unzutreffend ist, ergibt sich schon daraus, daß ein solches Geschäft nichts anderes als die Erfüllung der Hauptschuld wäre. Es gibt keinen Grund dafür, dies als „ K a u f zu bezeichnen. Das Fragment enthielte dann nur die triviale Aussage, daß ein solches Geschäft als „ K a u f zwar unwirksam ist, 423 Wubbe, Res aliena S. 140 f. nimmt zu der Frage, in welcher Situation der Kauf stattgefunden hat, nicht Stellung.
V. Emptio rei suae
121
die vollständige Erfüllung der gesicherten Forderung aber doch zum Erlöschen des akzessorischen Pfandrechts fuhrt. Die zweite Möglichkeit ist ebenfalls ein Kauf vor Pfandreife, allerdings ohne Anrechnung auf die Hauptschuld. Ein solches Geschäft könnte in Einzelfällen eventuell sinnvoll sein, etwa, wenn der Gläubiger sich mit einem im Verhältnis zur Hauptforderung geringen Betrag einverstanden erklärt und für den Verpfänder die Freiheit von der Belastung - ohne zugleich die gesicherte Forderung erfüllen zu müssen - sehr wichtig ist. Dann würde aber schon begrifflich keine emptio rei suae vorliegen, sondern ein entgeltlicher Verzicht des Gläubigers auf sein Pfandrecht bzw. ein Kauf eines fremden Rechts. Das würde bedeuten, daß die der Unwirksamkeitsregel zugrundeliegenden Erwägungen nicht einschlägig wären, ein solches Geschäft müßte also wirksam sein. 424 Im übrigen spricht der zweite Satz des Fragments wegen seines Bezugs auf die gesicherte Forderung, die ja von einem solchen Rechtskauf unberührt bliebe, ebenfalls dagegen. Somit muß die Stelle folgenden Fall meinen: 425 Nach Pfandreife macht der Gläubiger von seinem ius distrahendi Gebrauch, betreibt also den Pfandverkauf. Tritt der Verpfänder/Eigentümer als Käufer auf - etwa, weil er angesichts des drohenden Verlusts der Sache doch noch bereit ist, zu zahlen - , so ist dieser Kauf der eigenen Sache unwirksam. Die Bezeichnung als emptio rei suae ist hier stimmig, da es sich tatsächlich um einen normalen Sachkauf handelt: Die Veräußerung soll eigentlich einem Dritten das Eigentum verschaffen. Der Gesichtspunkt, der zu einer anderen Entscheidung hätte führen können, nämlich daß die Lastenfreiheit der Sache Gegenstand des Geschäfts sein könnte, wurde nicht berücksichtigt. Die der Unwirksamkeitsregel zugrunde liegenden Erwägungen sind somit wie bei allen bisher behandelten Stellen einschlägig. Der zweite Satz des Fragments ergibt so ebenfalls einen Sinn: 426 Die Zahlung des „Kaufpreises" läßt sich als Zahlung auf die gesicherte Forderung verstehen. Ist diese vollständig erfüllt, erlischt das akzessorische Pfandrecht und der Verpfänder/Eigentümer kann die Sache herausverlangen. Daraus ergibt sich, daß minoris emerit in einem untechnischen Sinn gebraucht wird. 4 2 7 Außerdem
424
Belege für einen solchen „Rückkauf 4 des Pfandrechts finden sich in den Quellen
nicht. 425 In diesem Sinne auch Cuena Boy, Imposibilidad S. 106 f.; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2852 f.; Litewski, SDHI 40 (1974) S. 205, 282 i. V. m. Fn. 326; Käser, RPR I S. 470 f. i. V. m. Fn. 12. 426 Für dessen Inteipolation: Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 125; Carcaterra, Negozi giuridici S. 9 f. Dagegen spricht das oben im Text Ausgeführte. Für Echtheit: Cuena Boy, Imposibilidad S. 107; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2853; Wacke, TR 37 (1969) S. 369, 377 f.; wohl auch Käser, Pfandrecht S. 30 f. Fn. 182 und Wubbe, Res aliena S. 140 f. 427 Cuena Boy, Imposibilidad S. 107; anders Carcaterra, Negozi giuridici S. 9 f.
122
Α. Klassisches römisches Recht
stimmt damit überein, daß von pignus petat aut dominium vindicet und nicht von einem Anspruch aus Kaufvertrag gesprochen wird. 4 2 8
bb) D. 17. 1.22.3 PAULUS libro trigensimo secundo ad edictum Si hi, quorum res veneunt quas pignori dederunt, supposuerunt emptores et eis emendas res mandent, mandatum intellegitur, licet quantum ad meram rationem mandatum non constitit: nam cum rem tuam emas, nulla emptio est in tua persona rei tuae. PAULUS im 32. Buch zum Edikt Wenn die, deren verpfändete Sachen verkauft werden sollen, Käufer vorgeschoben haben und sie beauftragen, die Sachen für sie zu kaufen, so wird dies als ein Auftrag angesehen, obwohl strenggenommen der Auftrag nicht gültig war. Denn wenn du deine Sache kaufst, so besteht in deiner Person kein wirksamer Kauf deiner Sache.
Hier übt der Pfandgläubiger sein ius distrahendi aus 429 , die Verpfänder/Eigentümer treten allerdings nicht selbst als Käufer auf, sondern beauftragen Dritte mit dem Kauf. Paulus entscheidet, daß ein Auftrag vorliegt, obwohl ad meram rationem mandatum non constitit. Als Grund für diesen möglichen Einwand gegen die Entscheidung wird angeführt, daß der Kauf der eigenen Sache unwirksam ist. 4 3 0 Inhaltlich ist gegen diese Stelle nichts einzuwenden, wenn man davon ausgeht, daß ihr folgende Überlegung zugrunde liegt: Bei der mittelbaren Stellvertretung 431 der Eigentümer durch die beauftragten Käufer ist formell keine emptio rei suae gegeben, da die Beauftragten im eigenen Namen Sachen kaufen, die ihnen nicht gehören. Gleichwohl geht der Auftrag dahin, das Eigentum an den Sachen zu erwerben und es dann den Verpfändern zu verschaffen, also dahin, ihnen etwas zu verschaffen, was sie schon haben. Die beauftragten Käufer sind bloße Strohmänner; das Geschäft hat somit den gleichen Zweck hat wie ein direkter Kauf durch die Eigentümer, in deren Person ein Kauf unwirksam wäre. Deshalb könnte man daran denken, die Unwirksamkeitsregel anzu-
428
Cuena Boy, Imposibilidad S. 107; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2853.
429
Dazu auch Cuena Boy, BIDR 91 (1988) S. 677, 686; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2852. 430 A u f den Passus ab licet beziehen sich verschiedene Interpolationsannahmen. Verdächtigt wird quantum ... rationem von Biondi, Ann. Palermo 7 (1918) S. 3, 58 Fn. 1, Leifer, Gewaltgedanke S. 121 Fn. 3 und Heumann / Seckel, Handlexikon unter „merus" lit. c), S. 341. - Beseler, Beiträge 3 S. 136 will licet ... constitit und in tua persona rei tuae streichen; zustimmend, soweit licet ... constitit betroffen ist, Carcaterra, Negozi giuridici S. 7. - Kaden, SZ 62 (1942) S. 439, 441 hält darüber hinaus auch nam cum ... tuae für interpoliert. 431 Carcaterra, Negozi giuridici S. 7 bezieht den Fall auf die unmittelbare Stellvertretung und nimmt deshalb eine Interpolation an.
V. Emptio rei suae
123
wenden, was auch der mera ratio entspräche. 432 Paulus entscheidet jedoch anders. Es bleibt bei einem wirksamen Mandat; ausschlaggebend dafür ist offensichtlich die formelle Stellung der Beauftragten als Nichteigentümer, nicht der mit diesem Geschäft verfolgte Zweck. Entscheidend ist freilich im hier interessierenden Zusammenhang, daß auch D. 17. 1. 22. 3 die Regel aufstellt, daß der Kauf der eigenen Sache grundsätzlich unwirksam ist. Es handelt sich - wie auch in D. 13. 7. 40 pr. - um den Fall des „normalen" Pfandverkaufs, bei dem, wie bereits ausgeführt, die der Unwirksamkeitsregel zugrundeliegenden Erwägungen einschlägig sind. 433
cc) D. 18. 1. 39 pr. IULIANUS libro quinto decimo digestorum Si debitor rem pigneratam a creditore redemerit, quasi suae rei emptor actione ex vendito non tenetur et omnia in integro sunt creditori. JULIAN im 15. Buch seiner Digesten Wenn der Schuldner die Pfandsache vom Gläubiger zurückkauft, so haftet er als Käufer seiner eigenen Sache nicht aus dem Kauf, und dem Gläubiger verbleiben alle seine Rechte.
Umstritten ist, ob die Stelle ursprünglich auf diefiducia bezogen war. 434 Die Inskription belegt einen solchen Bezug nicht, da Julian im 15. Buch seiner Digesten empti venditi behandelt hat. 435 Inhaltlich spricht folgendes gegen einen fiducia-Bezug: 436 actione ex vendito non tenetur et omnia in integro sunt creditori kann nur so verstanden werden, daß der Kauf unwirksam ist. Bei der fiducia ist der Sicherungsnehmer ein vollwertiger Eigentümer. Wenn der Sicherungsgeber zum Beispiel schon vor Wegfall des Sicherungszwecks sein Eigentum wiedererlangen will, warum sollte dann der Kauf dieser - ihm nicht gehörenden - Sache unwirksam sein?
432 Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 124 f. ist deshalb der Auffassung, daß mandatum intellegitur ... constitit: nam interpoliert ist. - Vgl. aber auch: Cuena Boy, Imposibilidad S. 105 f., der sich für die Echtheit des Fragments ausspricht; derselbe, BIDR 91 (1988) S. 677, 687 f.; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2852 Fn. 118; Kreller, FG Heck-Rümelin-Schmidt S. 118, 152 f. und 156, der die Stelle vor dem Hintergrund der Abgrenzung zwischen mandatum mea und tua gratia erörtert und sich für zumindest inhaltliche Echtheit ausspricht (S. 152 Fn. 3). 433
Vgl. oben S. 121.
434
Für fiducia : Daube, Coll. Studies II S. 1025, 1053 Fn. 56; Carcaterra, Negozi giuridici S. 8 f. - Dagegen für pignus: Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2854; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 125 f.; wohl auch Cuena Boy, Imposibilidad S. 107 f. 435
Lenel, Palingenesia I Sp. 358 (Julian Nr. 240).
436
So Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2854.
124
Α. Klassisches römisches Recht
Meint das Fragment dagegen die Situation des Pfandverkaufs durch den Gläubiger wie bei D. 13. 7. 40 pr. und D. 17. 1. 22. 3, so ist die Entscheidung sinnvoll und sachgerecht. Bei dieser Interpretation bezieht sich quasi nicht auf suae rei , sondern auf emptor ,437 Die Verwendung von redimere ist auch bei einem Verpfänder unbedenklich, weil aus dessen Sicht, da er ja wieder unbeschränktes Eigentum an der Sache erlangen möchte, ein „Zurückkaufen" gegeben ist. 438 Somit läßt sich auch aus diesem Fragment die Unwirksamkeit einer emptio rei suae herleiten. Wieder ist entscheidend, daß der Gläubiger sein ius distrahendi auszuüben unternimmt, so daß ein gewöhnlicher Sachkauf vorliegt worauf quasi suae rei emptor ausdrücklich hinweist.
i) D. 18. 1. 15. 2 PAULUS libro quinto ad Sabinum Si rem meam mihi ignoranti vendideris et iussu meo alii tradideris, non putat Pomponius dominium meum transire, quoniam non hoc mihi propositum fuit, sed quasi tuum dominium ad eum transire: et ideo etiam si donaturus mihi rem meam iussu meo alii tradas, idem dicendum erit. PAULUS im 5. Buch zu Sabinus Wenn du mir, der ich das nicht wußte, eine mir gehörende Sache verkauft und auf meine Anweisung einem anderen übergeben hast, so ist Pomponius der Meinung, daß mein Eigentum nicht übergeht, weil nicht dies von mir beabsichtigt war, sondern [beabsichtigt war], daß gleichsam dein Eigentum auf ihn übergeht: Und deshalb wird auch dann dasselbe zu sagen sein, wenn du mir eine mir gehörende Sache schenken willst und sie auf meine Anweisung einem anderen übergibst.
Die Besonderheit des Falles liegt darin, daß die traditio nicht an den Eigentümer als Käufer, sondern auf dessen iussum hin an einen Dritten erfolgen sollte. Auf die Unwirksamkeit des Kaufs wird nicht eingegangen, sondern nur die Frage erörtert, ob das Eigentum des Käufers auf den Dritten übergeht. Allenfalls mittelbar ließe sich daraus herleiten, daß der Kauf unwirksam ist. 4 3 9 Das Fragment widerspricht somit nicht den bisher behandelten Aussagen zur emptio rei suae.
437
Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2854.
438
Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2854 will redemere einfach nur mit „kaufen" übersetzen, was auch gut möglich ist; ebenso Heumann / Seckel, Handlexikon unter „redimere" 2 a) S. 497. 439
So Cuena Boy, Imposibilidad S. 101; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2820; Zilletti, Errore S. 124; Arangio-Ruiz, Compravendita 1 S. 128 Fn. 1.
V. Emptio rei suae
125
j) Zusammenfassung Die neben D. 50. 17. 45 pr. behandelten Fragmente belegen, daß die Unwirksamkeitsregel nicht erst von den Kompilatoren eingeführt wurde. Zugleich hat sich gezeigt, daß die Unwirksamkeit unabhängig davon eintritt, ob der Käufer von seinem Eigentum wußte oder nicht. Dessen Irrtum über die Eigentumslage gehört folglich nicht zu den Voraussetzungen der Regel. Auf seiten des Verkäufers ist Kenntnis oder Unkenntnis - soweit es um die Rechtsfolge der Unwirksamkeit des Kaufs geht -ebenfalls ohne Belang. Beides ergibt sich zweifelsfrei aus D. 12. 6. 37 und D. 18. 1. 16 pr. Beim Kauf der Pfandsache durch deren Eigentümer ist zu unterscheiden: Übt der Pfandgläubiger sein ius distrahendi aus, um die Sache zu verwerten, so konnte der Eigentümer nicht als Käufer auftreten, weil dieser Kauf den Zweck hatte, einem Dritten das Eigentum zu verschaffen und somit ein gewöhnlicher Sachkauf war. Nach D. 13. 7. 40 pr. bestand in dieser Situation allerdings die Möglichkeit, einen solchen „ K a u f in eine Erfüllung der gesicherten Forderung umzudeuten. Natürlich mußte der „Kaufpreis" betragsmäßig mindestens von entsprechender Höhe sein, um die Forderung und damit das akzessorische Pfandrecht zum Erlöschen zu bringen. Eine - in den Quellen allerdings nicht überlieferte - Vereinbarung über die entgeltliche Aufhebung des Pfandrechts außerhalb des eigentlichen Pfandverkaufs im Rahmen der Verwertung mußte dagegen als Kauf eines fremden Rechts wirksam sein; hier war die Unwirksamkeitsregel schon tatbestandlich nicht einschlägig. Allen Belegen ist im übrigen gemein, daß sie keine Anhaltspunkte für mögliche Ausnahmen von der Regel erkennen lassen. Auch beim Kauf soll darauf erst nach einer Behandlung der zur zweiten Gruppe gehörenden Stellen eingegangen werden. 440
2. Wirksamkeit einer emptio rei suae
a) D. 18. 1. 34. 4 PAULUS libro trigensimo tertio ad edictum Rei suae emptio tune valet, cum ab initio i d 4 4 1 agatur, ut possessionem emat, quam forte venditor habuit, [et] < u t > 4 4 2 in iudicio possessionis potior esset.
440 441
Vgl. unten S. 136 f.
Id ist gemäß dem Codex Secundus einzufügen, vgl. Mommsen, Editito stereotypa adh. 1. Fn. 10.
126
Α. Klassisches römisches Recht
PAULUS im 33. Buch zum Edita Der Kauf der eigenen Sache ist dann gültig, wenn von Anfang an beabsichtigt ist, daß der Besitz gekauft sei, den im gegebenen Fall der Verkäufer gehabt hat, so daß dieser in einem Rechtsstreit um den Besitz stärker sein würde.
Um die Aussage der Stelle verstehen zu können, muß man zunächst feststellen, welche Situation mit et in iudicio possessionis potior esset gemeint ist. Eine vergleichbare Formulierung findet sich in Ulpian (32 ad ed) D. 19. 1. 11. 13:443 Idem Neratius ait venditor em in re tradenda debere praestare emptori, ut in lite de possessione potior sit : .... Danach ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer den ungestörten Besitz der Sache zu verschaffen. Mit potior esse in einem Rechtsstreit um den Besitz kann hier also nur gemeint sein, daß die Sache dem Käufer nicht evinziert wird, denn andernfalls würde der Verkäufer wegen der Nichterfüllung seiner Verpflichtung haften. Genauso wird man die Formulierung in D. 18. 1. 34. 4 verstehen dürfen. Da allerdings esset im Verhältnis zu emat vorzeitig ist, bezieht sie sich zwingend auf den Zeitraum vor Abschluß des Kaufvertrages, als noch der Verkäufer im Besitz der Sache war. 444 Gemeint ist dann folgendes: In einem hypothetischen (deshalb die Verwendung des Konjunktivs esset) Rechtsstreit zwischen dem späteren Verkäufer und dem Käufer wäre der Käufer unterlegen, weil der Verkäufer Besitzer war. Das potior esse wird damit als Folge des Besitzes des Verkäufers dargestellt; aus diesem Grund ist et in iudicio in ut in iudicio zu emendieren. 445 Eine solche Situation wäre gegeben, wenn der Eigentümer (also der spätere Käufer) mit der rei vindicatio gegen den Besitzer (also den späteren Verkäufer) vorgehen würde und den Eigentumsbeweis nicht führen könnte: Ihn als Kläger würde die Beweislast für sein Eigentum treffen, und er würde in diesem Prozeß unterliegen, wenn er nicht beweisen könnte, daß er Eigentümer der eingeklagten Sache ist. 446 Der Kauf hat somit die Funktion, dem Eigentümer den Besitz und die damit verbundene, hinsichtlich der Beweislast vorteilhaftere prozessuale Stellung zu
442 So schon Haloander, vgl. Mommsen / Krüger ad h. 1. Fn. 4; genauso Arp, Unmöglichkeit S. 95 Fn. 116. - Mommsen, Editio maior ad h. 1. Fn. 1: habuit in iudicio', Digesta Milano ad h. 1. Fn. 7: habuit, et in iudicio; genauso Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 122. - Dazu sogleich im Text (bei Fn. 445). 443 Vgl. auch Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 122 f., der in D. 18. 1. 34. 4 nur cum ab initio id agatur streicht. 444 Cuena Boy, Imposibilidad S. 112; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2835 f. 445
Vgl. oben Fn. 442. - Nicht erforderlich ist jedoch, wie Arp, Unmöglichkeit S. 96 possessionis mit „wegen des Besitzes" zu übersetzen, statt es auf iudicio zu beziehen, weil sich schon aus quam forte venditor habuit der Grund für die stärkere Stellung des Verkäufers ergibt. 446
Cuena Boy, Imposibilidad S. 112; Arp, Unmöglichkeit S. 95; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2836 f.
V. Emptio rei suae
127
verschaffen, die er sonst nicht hätte erlangen können. 447 Daraus folgt auch, daß der Kauf seinen Zweck erfüllt: Er verschafft dem Käufer etwas, das er sonst nicht hätte erlangen können, und zwar weder durch einen Prozeß wegen der Beweisschwierigkeiten noch durch ein gewaltsames Vorgehen gegen den Besitzer, wenn und weil dieser Interdiktenschutz genießt. Carcaterra 448 vertritt die Ansicht, daß nur ein Recht und nicht der Besitz Gegenstand eines Kaufvertrages sein konnte und deshalb eine Interpolation vorliege. Dem ist nicht zu folgen: Paulus spricht ausdrücklich davon, ut possessionem emat. Ein anderer Zweck des Geschäfts kommt nicht in Betracht, denn die Übertragung des Eigentums auf den Käufer, dem dieses bereits zusteht, ist nicht möglich. Zur Erfüllung eines solchen Kaufvertrages war selbst bei res mancipi die einfache Besitzverschaffung ausreichend. Warum sollte der Kauf, der dem Eigentümer etwas verschafft, was er sonst nicht hätte erlangen können, nämlich den Besitz, nicht als emptio possessionis bezeichnet werden? Das Fragment beginnt zwar mit rei suae emptio tunc valet , daraus läßt sich jedoch nicht herleiten, daß Gegenstand dieses Kaufs die res im Sinne eines „normalen" Sachkaufs, bzw. daß die Verschaffung des Eigentums an ihr bezweckt ist. 449 Paulus leitet seine Erörterung nur deshalb auf diese Weise ein, um klarzustellen, daß es um die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Unwirksamkeitsregel geht. Die Regel ist aber gerade deshalb nicht einschlägig, weil eine emptio possessionis vorliegt. Auch gegen die Bezeichnung des Geschäfts als emptio läßt sich nichts einwenden.450 Gerade wenn der Eigentümer nicht in der Lage ist, sein Eigentum zu beweisen, ist die Vereinbarung eines Kaufvertrags wegen des auch hier gegebenen Austauschs von Sache (das heißt des Besitzes an ihr) und Geld naheliegend. Als von D. 18. 1. 34. 4 erfaßt sieht Russo Ruggeri 451 auch die Situation an, daß dem Besitzer beispielsweise ein Pfandrecht oder ein Nießbrauch an der Sache zusteht. Daß in diesem Fall ein „ K a u f wirksam sein mußte, ist einleuchtend. Dies ergibt sich zwangsläufig aus der Überlegung, daß ein Kauf eines
447 Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2836 f. weist zutreffend daraufhin, daß eine solche Situation nicht gegeben ist, wenn dem Käufer gegen den Verkäufer Interdiktenschutz zusteht. 448 Carcaterra, Negozi giuridici S. 3 ff. 449 Etwas anders Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2833 ff. Fn. 65 und 66, die annimmt, Gegenstand des Geschäfts sei die res, und die Besitzübertragung sei lediglich die Folge des Geschäfts; zustimmend Cuena Boy, Imposibilidad S. 111 f. - Das bedeutet freilich nichts anderes, als daß der Besitz Gegenstand des Kaufvertrages ist. 450 Nach Carlo Longo, Corso S. 179 soll diese nicht klassisch sein. 451 Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2837.
Α. Klassisches römisches Recht
128
fremden Rechts vorliegt. 452 Es ist daher zweifelhaft, ob D. 18. 1. 34. 4 auch diesen Fall erfassen sollte, da eigentlich schon begrifflich keine emptio rei suae vorliegt und deshalb die Wirksamkeit eines solchen Geschäfts nicht fraglich sein konnte. Dem Fragment läßt sich somit ohne Interpolationsannahme eine sachlich überzeugende Aussage entnehmen; demgegenüber sind die formalen Einwände 4 5 3 zu vernachlässigen.
b) D. 4L 2. 2S 4 5 4 Tertullian D. 41. 2. 28 wurde schon bei der conductio rei suae behandelt. Wenn man davon ausgeht, daß Tertullian den Kauf als Vergleichsfall behandelt hat, so ist gegen den Passus Nam et si rem meam tu possideas et ego emam a te possessionem eius rei vel stipuler , ut il is erit et emptio et stipulatio ... nichts einzuwenden:455 Ist danach der Kauf auf die possessio bezogen, so kann dies nichts anderes bedeuten als in D. 18. 1. 34. 4. Gemeint ist somit, daß die emptio rei suae wirksam ist, wenn sie den Zweck hat, dem Eigentümer den Besitz zu verschaffen, den er sonst nicht hätte erlangen können.
c) D. 19. 1. 29 IULIANUS libro quarto ex Minicio Cui res sub condicione legata erat, is earn imprudens ab herede emit: actione ex empto poterit consequi emptor pretium, quia n o n 4 5 6 ex causa legati rem habet. JULIAN im 4. Buch aus Minicius Derjenige, dem eine Sache unter einer Bedingung vermacht worden war, hat diese unkluger Weise vom Erben gekauft. M i t der Klage aus Kauf kann der Käufer den Kaufpreis zurückfordern, weil er die Sache nicht aufgrund des Vermächtnisses hat.
Jemand, der durch ein aufschiebend bedingtes Vermächtnis begünstigt war, kaufte die vermachte Sache vom Erben. Julian entscheidet, daß er aus dem Kauf auf Rückzahlung des Kaufpreises klagen kann, das heißt, der Kaufvertrag wird 452
Vgl. oben S. 121.
453
Vgl. Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 122; Arangio-Ruiz, Compravendita S. 129 Fn. 2, der es für möglich hält, daß der letzte Halbsatz nachträglich eingefügt wurde; Carcaterra, Negozi giuridici S. 5; Carlo Longo, Corso S. 179 Fn. 1. - Perozzi, Istituzioni I I S. 275 Fn. 2 hält ohne Begründung das Fragment für interpoliert. 454
Der Text des Fragments ist oben auf S. 66 abgedruckt. Zur Echtheitsfrage siehe ebenfalls oben. 455
Anders nur Zamorani, Precario S. 277; Carcaterra, Negozi giuridici S. 14 f.
456
Mommsen, Editio maior ad h. 1. Fn. 4: quia non] quando
V. Emptio rei suae
129
nicht als unwirksam behandelt. Antworten auf die zwei fur das Verständnis wesentlichen Fragen, nämlich ob es sich um ein Damnations- oder ein Vindikationslegat handelt, und wann die Bedingung eintritt, ergeben sich aus dem Fragment nicht unmittelbar. Dementsprechend werden dazu unterschiedliche Ansichten vertreten: Einer Meinung 457 nach soll es sich um ein Damnationslegat handeln; im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs aufgrund des Kaufs sei die Bedingung schon eingetreten. Das würde bedeuten, daß die ex causa legati geschuldete Sache vom Gläubiger nunmehr ex causa emptionis erworben worden wäre. Damit würde ein concursus causarum vorliegen; der durch das Vermächtnis Begünstigte könne den Kaufpreis zurückfordern, und zwar mit der im vergleichbaren Fall Ulpian (21 ad Sab.) D. 30. 34. 7 erwähnten actio ex testamento , nicht mit der actio ex empto. Eine andere Ansicht 458 geht ebenfalls von einem Damnationslegat aus, nimmt aber an, daß schon vor Bedingungseintritt der Kaufvertrag abgeschlossen und der Kaufpreis gezahlt, die Sache allerdings noch nicht übereignet worden ist. Nach Bedingungseintritt sei dann das Vermächtnis erfüllt worden. 459 Der letzte Halbsatz des Fragments habe gelautet: quia non ex causa emptionis , si, condicione existente, ex testamento egerit et rem acceperit, sed ex causa legati rem habet. Auch danach würde also ein concursus causarum vorliegen, allerdings wäre, im Gegensatz zur erstgenannten Ansicht, die ex causa emptionis geschuldete Sache nachträglich ex causa legati erworben worden. Weiter wird die Auffassung 460 vertreten, es handele sich um ein Vindikationslegat; die Bedingung sei schon vor dem Abschluß des Kaufvertrages eingetreten. Auch danach soll in dem letzten Halbsatz entweder das non gestrichen oder durch nunc bzw. existente condicione ersetzt werden. Würde man dieser letztgenannten Ansicht folgen, wäre der Käufer somit von Anfang an Eigentümer der Sache, es würde eine emptio rei suae wie in den bisher behandelten Quellen vorliegen. Dagegen spricht folgendes: Sowohl der Hinweis auf die Bedingung als auch die Erwähnung des Vermächtnisses wären für die Lösung des Falles irrelevant; statt dessen hätte Julian den Käufer auch einfach als Eigentümer vorstellen können, ohne auf den Erwerbsgrund einzugehen, 457 di Marzo, BIDR 15 (1903) S. 91, 116 ff.; Hartmann, Obligation S. 103 Fn. 9 hält dies für möglich. 458 Ferrini, Teoria S. 623 ff. 459 Zum gleichen Ergebnis käme man, wenn man bei ansonsten identischer Fallkonstellation ein Vindikationslegat annehmen würde; in diesem Sinne wohl Honseil, Quod interest S 38 f., der entsprechend ex causa emptionis sed hinter quia non einfügen will; diesem zustimmend Ankum, Scr. Guarino 7 S. 3215, 3220 Fn. 17. 460 Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2821 ff., insbesondere S. 2823 f.; wohl auch Carcaterra, Negozi giuridici S. 12.
9 Zimmermann
130
Α. Klassisches römisches Recht
wie dies auch bei allen bisher behandelten Quellen der Fall ist. 461 Zudem ist das Ergebnis dieser Ansicht, daß nämlich der Käufer seiner eigenen Sache den Kaufpreis mit der actio empti zurückfordern kann, sachlich unzutreffend: Es gibt keinen Grund für die Annahme, daß hier eine Ausnahme von der Unwirksamkeitsregel vorliegt. 462 Es ist zwar zuzugeben, daß diese Klage in bestimmten Fällen auch bei einem unwirksamen Kaufvertrag möglich war. 463 Wie bereits dargelegt, war jedoch nach Julians Auffassung eine unwirksame emptio rei suae in dem Fall, daß der Käufer den Kaufpreis schon gezahlt hatte, über eine entsprechende Kondiktion rückabzuwickeln. 464 Demgegenüber ist folgende Interpretation des Fragments vorzugswürdig, weil bei ihr sowohl die Gewährung der actio empti als auch die Begründung im letzten Halbsatz ohne Interpolationsannahmen einen Sinn ergeben: 465 Der mit einem bedingten Vindikationslegat Bedachte erwarb die Sache vor Bedingungseintritt von dem Erben ex causa emptionis. Bei Bedingungseintritt liegt damit ein unwirksames legatum rei suae466 vor. Das Vermächtnis kann seinen Zweck, dem Vermächtnisnehmer die Sache unentgeltlich zu verschaffen, dennoch erfüllen, wenn der Käufer den Kaufpreis zurückerhält. Dafür kommt allein die actio empti in Betracht. Grund dafür ist, daß der Vermächtnisnehmer... non ex causa legati rem habet und daß der Erbe auf diese Weise nicht durch den Kauf, der ihm den Gegenwert der Sache verschafft, das Legat umgehen kann. 467 Bei dieser Betrachtungsweise ist es nicht erforderlich, mit einer weiteren Ansicht 468 - ebenfalls unter Zugrundelegung eines Vindikationslegats und eines Bedingungseintritts nach Erwerb ex causa emptionis - von einer Unwirksamkeit der aufgrund des Kaufs vorgenommenen Übereignung bei Bedingungseintritt auszugehen. Dies wäre eine Parallele zu der Veräußerung des Vermächtnisge461 Das wird auch von Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2824 Fn. 31 erkannt, die darin jedoch nur eine zusätzliche Sachverhaltsangabe Julians sieht. 462 So auch Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2824 und dort Fn. 33. 463 Vgl. zum Beispiel Modestin (5 reg) D. 18. 1. 62. 1; Pomponius (9 ad Sab) D. 18. 1.6. 1. 464 Vgl. oben S. 110 ff. bei Julian D. 12. 6. 37 und Tryphonin D. 18. 1. 16 pr.; in diesem Sinne auch Cuena Boy, BIDR 91 (1988) S. 677, 682. 465 So zutreffend Ernst, Rechtsmängelhaftung S. 39 f., der damit Salkowski, S. 144 f. Fn. 71 folgt. 466 Vgl. dazu unten S. 145 ff. 467 Vgl. Ernst, Rechtsmängelhaftung S. 39: „Das ist juristisch eine einleuchtende Entscheidung, weil sich andernfalls der Erbe durch den Verkauf der Sache der Belastung durch das Legat entzogen hätte. Das Legat muß sich bei Eintritt der Bedingung gegenüber dem Kauf durchsetzen." - Anders Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2823, dazu schon oben im Text. 468 Pfeil, Concursus S. 94 ff., insbesondere S. 96 f.; Cuena Boy, Imposibilidad S. 103 f. Fn. 60; Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 128; diesem zustimmend Beseler, Beiträge 4 S. 335; vgl. auch Cuena Boy, BIDR 91 (1988) S. 677, 680 ff.
V. Emptio rei suae
131
genstands an einen Dritten durch den Erben während der Schwebezeit. A u c h a u f diese Weise würde sich zwar das Legat gegenüber dem K a u f durchsetzen; bei der hier gegebenen Identität v o n Käufer und Vermächtnisnehmer ist ein solcher Schutz j e d o c h nicht erforderlich; der Vermächtnisnehmer ist und bleibt Eigentümer und kann den Kaufpreis zurückfordern. Z u d e m ist diese Ansicht gezwungen, den letzten Halbsatz entweder zu k o r r i g i e r e n 4 6 9 oder ihn a u f das wirtschaftliche Haben der S a c h e 4 7 0 statt a u f den Rechtsgrund für das Eigentum zu beziehen. D i e Tatsache, daß i n D. 19. 1. 29 die actio
empti gewährt w i r d , läßt nach
alldem Rückschlüsse a u f die Wirksamkeit einer emptio rei suae nicht zu, w e i l eine solche emptio rei suae nicht gegeben ist. V i e l m e h r liegt ein unwirksames legatum rei suae vor. Darauf w i r d noch einzugehen s e i n . 4 7 1
3. C . 4. 38. 4 IMPP. DIOCLETIANUS ETMAXIMIANUS AA. ET CC. Aurelio Luciano Cum res tibi donatas ab herede donatricis distractas esse proponas, intellegere debueras duplicari tibi titulum possessionis non potuisse, sed ex donatione et traditione dominum factum frustra emisse, cum rei propriae emptio non possit consistere, ac tunc demum tibi profuit, si ex donatione te non fuisse dominum demonstretur. sare quoniam omnia bona tibi ab ea donata et tradita dicis, ad hoc a filio facta venditio rerum maternarum adferre perfecta etiam donatione poterit defensionem, ne vel exemplo inofficiosi testamenti possit haec avocare. PP. IUI k. Iun. AA. conss. DIE KAISER DIOCLETIAN UND MAXIMIAN, AUGUSTI UND CAESARES, an Aurelius Lucianus Da du vorträgst, daß die dir geschenkten Sachen von dem Erben der Schenkerin dir verkauft worden sind, hättest du einsehen müssen, daß du dir den Grund des Besitzes nicht verdoppeln konntest, sondern - durch die Schenkung und die Übergabe Eigentümer geworden - nicht wirksam gekauft hast, weil der Kauf der eigenen Sache keinen Bestand haben kann. Jedoch ist er dir dann von Nutzen, wenn nachgewiesen wird, daß du durch die Schenkung nicht Eigentümer geworden bist. Da du freilich sagst, daß dir das ganze Vermögen von ihr geschenkt und übergeben worden ist, kann dir der vom Sohn vorgenommene Verkauf der seiner Mutter gehörenden Sachen, auch bei vollzogener Schenkung, insofern zur Verteidigung dienen, daß er [dir] diese Sachen nicht in analoger Anwendung der Regeln über das pflichtwidrige Testament entziehen kann. Erlassen am 29. Mai 293 unter dem Konsulat der Kaiser. D i e Besonderheit dieser Konstitution besteht darin, daß in mehreren Fallvarianten eine emptio rei suae teils Wirkungen entfaltet, teils wirkungslos ist. Pa-
469
Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 128 f. {existente condicione statt non).
470
Pfeil, Concursus S. 98 f.: „Denn solange ihm der in Unkenntnis des Testaments gezahlte Kaufpreis nicht erstattet worden ist, hat er den Vermächtnisgegenstand noch nicht wirklich auf Grund des Legats,...". 471
Vgl. dazu unten S. 145 ff.
132
Α. Klassisches römisches Recht
rallel zum Codex ist sie auch in den Fragmenta Vaticana (293. 2) 4 7 2 überliefert, allerdings ohne im hier interessierenden Zusammenhang relevante Unterschiede aufzuweisen, so daß im folgenden nur auf C. 4. 38. 4 eingegangen wird. Im Ausgangsfall hatte tu aufgrund einer Schenkung Eigentum erworben: ex donatione et traditione dominum factum. Der spätere Vertrag, in dem der Beschenkte die Sachen vom Erben der Schenkerin gekauft hatte, war als emptio rei suae unwirksam. Die Schaffung eines doppelten Besitztitels war in diesem Fall nicht möglich. 473 Anders verhält es sich dagegen, wenn bewiesen wird, daß tu nicht ex donatione et traditione Eigentümer geworden ist, denn dann war tu im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags nicht Eigentümer. Somit handelte es sich um eine wirksame emptio rei alienae. 474 Im Schlußteil wird aufgrund der Angaben des Petenten ein weiterer Umstand hervorgehoben, der eine Rechtswirkung des späteren Kaufs auslöst: Wenn die Schenkung zwar vollzogen ist, der Erbe (nämlich der Sohn der Schenkerin) diese aber rückgängig machen kann. Mit exemplo inofficiosi testamenti ist folgendes gemeint: Mit der sogenannten querela inofficiosi testamenti konnten bestimmte Angehörige des Erblassers, insbesondere dessen Kinder, das Testament anfechten, wenn dieses inofficiosum, also „pflichtwidrig" war, das heißt, wenn es das Pflichtteilsrecht dieser Angehörigen nicht beachtete.475 Seit Alexander Severus wurde analog dazu auch bei Schenkungen unter Lebenden eine Anfechtungsklage gegen den Beschenkten zugelassen, die zur Unwirksamkeit der Schenkung führte (Paulus 14 resp D. 31. 87. 3 - 4); das unwirksam zugewandte Geschenk wurde zum Nachlaß gezogen.476 In einem solchen Fall soll der Kauf der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch dem Käufer gehörenden Sachen wirksam sein. Das ist einleuchtend, da ein solcher Kauf den Zweck erfüllt, das sozusagen durch die Anfechtungsmöglichkeit „belastete" Eigentum zu einem 472 Quod autem res tibi ab herede donatricis distractas esse proponis, duplicari tibi titulum possessionis non potuisse constat, sed ex perfecta donatione dominum factum frustra emisse, cum rei propriae emptio non possit consistere ac tum demum tibi profuerit, si ex donatione te non fuisse dominum monstretur. Sane quoniam omnia bona vobis ab e a donata et tradita die is, ad hoc a filio facta venditio rerum maternarum adferre perfecta etiam donatione poterit defensionem, ne exemplo inofficiosi testamenti possit haec avocare. Quibus omnibus praeses provinciae suam notionem praebebit. Proposita IUI kal. Iun. Diocletiano et Maximiano V et IIII conss. - Wieacker, Textstufen behandelt diese Parallelüberlieferung nicht; Volterra Scritti V I S. 3, 219 f. geht auf die Sachaussagen nicht ein. 473 Da eine emptio rei suae vorliegt und der Kauf daher unwirksam ist, läßt sich aus dem Fragment nichts zur Frage ableiten, ob ansonsten ein doppelter Besitztitel möglich war, vgl. Pool, Kwestie S. 24 f. 474 Siehe auch Cuena Boy, Impossibilidad S. 109; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813,2828. 475 Käser, RPR I S. 709 ff. 476 Käser, RPR I S. 713.
V. Emptio rei suae
133
„unbelasteten" zu machen. 477 Der Käufer erhält auf diese Weise etwas, was ihm bislang nicht zustand. Die der Unwirksamkeitsregel zugrundeliegenden Erwägungen sind somit nicht einschlägig.
4. Nachträglicher Eigentumserwerb des Käufers Den bisher zur emptio rei suae behandelten Quellen ist gemein, daß der Käufer schon vor Abschluß des Kaufvertrages Eigentümer ist. Wenn jemand eine res aliena kauft und nach Abschluß dieses Vertrages aus einem anderen Rechtsgrund das Eigentum an der Sache erwirbt, dann wird aus dem (ersten) Kaufvertrag nachträglich ein Geschäft über eine res sua. Man könnte daher wegen der nachträglichen Unmöglichkeit, den Kaufvertrag zu erfüllen, an eine Anwendung der Unwirksamkeitsregel denken. Deshalb ist zu erörtern, wie ein nachträglicher Eigentumserwerb behandelt wurde. Bei einem solchen concursus causarum wurde der nachträgliche Erwerb ex causa lucrativa , also aufgrund einer unentgeltlichen causa, wie zum Beispiel Legat, von dem Erwerb ex causa onerosa , also aufgrund einer entgeltlichen causa, wie beispielsweise Kauf, unterschieden. Die Darstellung bezieht sich im Folgenden auf die seit Julian von den römischen Juristen gewählte Lösung. Vorher ging man beim Zusammentreffen zweier Erwerbsgründe wohl von dem Erlöschen der (ersten) Schuld mit dem Erwerb aufgrund der zweiten causa aus. 478 Dafür, daß man dies mit der Unwirksamkeit einer emptio rei suae begründet hat, gibt es keine Belege.
a) Nachträglicher Erwerb ex causa lucrativa Wie sich bereits in D. 19. 2. 9. 6 und D. 19. 2. 10 4 7 9 bei der locatio conductio gezeigt hat, wurde im Fall des nachträglichen Erwerbs ex causa lucrativa nicht die Unwirksamkeitsregel herangezogen. Vielmehr blieb man bei der Wirksamkeit des ersten Vertrags, und dies gilt auch für den Kauf, der vor dem Eigentumserwerb durch den Käufer eine emptio rei alienae war: Dies belegen mehrere Fragmente 480, die dem Käufer jeweils die - zumindest auf Kauf-
477 Für Echtheit auch Cuena Boy, Imposibilidad S. 109; Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2828 Fn. 47; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 128. - Carcaterra, Negozi giuridici S. 10 behandelt nur den Passus ab sane quoniam und geht von dessen Echtheit aus. 478 Vgl. dazu nur Pfeil, Concursus S. 167 f.; Käser, RPR I S. 643 f. 479 Siehe oben S. 72 ff. 480 Außer Ulpian (32 ad ed) D. 19. 1. 13. 15 vgl. vor allem PS 2. 17. 8; Paulus (76 ad ed) D. 21. 2. 9; Paulus (2 ad ed aed cur) D. 21. 2. 41. 1; Julian (33 dig) D. 30. 84. 5. Dazu Pfeil, Concursus S. 69 ff.; Ernst, Rechtsmängelhaftung S. 30 ff.; Schulz, SZ 38
134
Α. Klassisches römisches Recht
preisrückzahlung gerichtete 481 - actio empti gewähren. 482 Auf jene Quellen kann im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden. Stellvertretend soll jedoch angeführt werden das Fragment D. 19. 1. 13. 15: ULPIANUS libro trigesimo secundo ad edictum Si fundum mihi alienum vendideris et hic ex causa lucrativa meus factus sit, nihilo minus ex empto mihi adversus te actio competit. JJLPIAN im 32. Buch zum Edikt Wenn du mir ein fremdes Grundstück verkauft hast und mir dieses aus einer unentgeltlichen causa zugefallen ist, steht mir gegen dich dessenungeachtet die Klage aus dem Kauf zu.
Tu hat ego ein fundum alienum verkauft. Nach Abschluß dieses Vertrages erwarb ego das Eigentum an dem Grundstück vom Berechtigten ex causa lucrativa 4 8 3 Wäre man wie beim anfänglichen Eigentum des Käufers von der Unwirksamkeit des Vertrages ausgegangen, so hätte dieser keine Rechtsfolgen gezeitigt, insbesondere nicht den vertraglichen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, der Ziel der actio empti gewesen sein dürfte. 484 Der bereits gezahlte Kaufpreis hätte statt dessen kondiziert werden können. 485 Im übrigen findet sich in keiner dieser Quellen ein Hinweis auf die Unwirksamkeit einer emptio rei suae.
b) Nachträglicher
Erwerb ex causa onerosa
Der nachträgliche Erwerb des Käufers aufgrund einer entgeltlichen causa wird nur behandelt in D. 21. 2. 29 pr.: POMPONIUS libro undecimo ad Sabinum Si rem, quam mihi alienam vendideras, a domino redemerim, falsum esse quod Nerva respondisset posse te a me pretium consequi ex vendito agentem, quasi habere mihi rem liceret, Celsus filius aiebat, quia nec bonae fidei conveniret et ego ex alia causa rem haberem. POMPONIUS im 11. Buch zu Sabinus Für den Fall, daß ich die Sache, die du mir als eine fremde verkauft hattest, vom Eigentümer kaufe, vertrat Celsus der Sohn die Auffassung, was Nerva entschieden habe, nämlich daß du von mir den Preis erlangen
(1917) S. 114, 117 ff.; Medicus, Quod interest S. 100 ff.; Honseil, Quod interest S. 38 ff. 481 A u f die strittige Frage, ob der Käufer darüber hinaus den Ersatz des Interesses verlangen konnte, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Vgl. dazu nur Ernst Rechtsmängelhaftung S. 30 ff. m. w. N. 482 Ernst, Rechtsmängelhaftung S. 54: „Vielmehr erhält der Käufer den Kaufpreis ex empto zurück, und er kann ohne weiteres ex empto klagen, da j a ein gültiger Kauf vorliegt."; siehe dazu auch Medicus, SZ 86 (1969) S. 67, 77. 483
Zum Fragment siehe auch Wacke, FS Niederländer S. 141, 157.
484
Dazu Pfeil, Concursus S. 80 f. m. w. Ν .
485
Vgl. dazu oben S. 110 f.
V. Emptio rei suae
135
kannst, wenn du aus dem Kauf klagst, weil ich mich ja im ungestörten Besitz der Sache befinde, sei falsch, da es Treu und Glauben nicht entspreche und ich die Sache aus einer anderen causa in Besitz habe.
Tu hatte auch hier ego eine res aliena verkauft. Anschließend kaufte er, wohl um eine Eviktion durch den Eigentümer zu verhindern, die Sache von jenem und erlangt auf diese Weise das Eigentum. 486 Wie Pomponius mitteilt, vertrat Nerva die Ansicht, tu könne mit der actio venditi erfolgreich den Kaufpreis von ego verlangen. Dem dürfte die Erwägung zugrunde liegen, daß tu dem Käufer (ego) das habere licere verschafft hatte. Celsus meinte dagegen, daß tu die actio venditi auf den Kaufpreis nicht zustehe; dies würde Treu und Glauben widersprechen. Sein eigentliches Argument besteht darin, daß das habere licere des ego auf der Leistung des Eigentümers beruht und tu deshalb keinen Anspruch auf die Gegenleistung haben kann. Im hier interessierenden Zusammenhang läßt sich folgendes feststellen: 487 Nach der von Nerva vertretenen Auffassung war der erste Kaufvertrag (zwischen ego und tu) ohne weiteres wirksam. Bei der von Celsus bevorzugten Lösung ist nicht klar, ob dem Käufer lediglich eine exceptio zustehen oder ob er ipso iure befreit sein soll. 488 Fest steht jedoch, daß Celsus die Regel emptio rei suae consistere non potest nicht heranzieht. Auch er stellt somit nicht darauf ab, daß aus dem ersten Kaufvertrag durch den nachträglichen Eigentumserwerb des ego von einem Dritten eigentlich eine emptio rei suae geworden ist. Grund für seine Entscheidung in D. 21. 2. 29 pr. ist, daß der Käufer die Sache aufgrund einer anderen causa innehat. Die Fälle des nachträglichen Eigentumserwerbs ex causa onerosa werden somit ebenfalls nicht unter dem Unmöglichkeitsgesichtspunkt behandelt.
c) Zusammenfassung Schließt jemand einen Kaufvertrag über eine ihm im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht gehörende Sache, so ist die Unwirksamkeitsregel zunächst nicht einschlägig. Erwirbt aber der Käufer das Eigentum an der Kaufsache aus einem anderen Rechtsgrund, so käme eine Anwendung der Regel emptio rei suae consistere non potest hinsichtlich des (ersten) Kaufvertrages in Betracht, dessen 486 Siehe auch Pfeil, Concursus S. 151 f., die allerdings annimmt, ein Vorteil für ego sei der vom Ablauf der Ersitzungsfrist unabhängige Eigentumserwerb. Da die Sache als res aliena verkauft ist, war ego jedoch bösgläubig und konnte deshalb nicht ersitzen. 487 Zu dem Fragment allgemein und zu der umstrittenen Frage, ob der Käufer bei bereits gezahltem Kaufpreis diesen mit der actio empti zurückfordern konnte vgl. Pfeil, Concursus S. 151 ff.; Ernst, Rechtsmängelhaftung S. 75 ff.; Schulz, SZ 38 (1917) S. 114, 145 ff.; Medicus, Quod interest S. 104 ff. 488 Siehe dazu Pfeil, Concursus S. 156 f. (m. w. Ν).
136
Α. Klassisches römisches Recht
Gegenstand durch den Eigentumserwerb nachträglich eine res sua geworden ist. Es hat sich jedoch gezeigt, daß der nachträgliche Eigentumserwerb des Käufers nicht von dem Anwendungsbereich der Unwirksamkeitsregel erfaßt wurde. Gelöst wurden solche Fälle nach den Grundsätzen des concursus causarum. Diese führten - jedenfalls bei nachträglichem Erwerb ex causa lucrativa m - letztlich auch zu einem Erlöschen der Verpflichtung des Käufers aus dem (ersten) Kaufvertrag, ohne jedoch die Nichtigkeit des gesamten Vertrages auszulösen. Der D. 50. 17. 45 pr. und vergleichbaren Fragmenten zugrundeliegende Unmöglichkeitsgesichtspunkt wurde allerdings nicht herangezogen, um zu diesem Ergebnis zu gelangen.490 Die Behandlung des nachträglichen Eigentumserwerbs durch den Käufer stellt somit das Verhältnis der beiden causae zueinander in den Mittelpunkt; der Begriff emptio rei suae wird hier überhaupt nicht verwendet. Daraus läßt sich folgern, daß der Satz emptio rei suae consistere non potest sozusagen schon tatbestandsmäßig auf das von Anfang an vorhandene Eigentum des Käufers beschränkt war. Eine res sua im Sinne der Regel liegt mithin nur dann vor, wenn sie diese Qualität schon vor Abschluß des Kaufvertrages hatte; die nachträglich eintretende Unmöglichkeit wird nicht erfaßt.
5. Folgerungen Nachdem festgestellt wurde, daß der Anwendungsbereich der Unwirksamkeitsregel auf das von Anfang an vorhandene Eigentum des Käufers beschränkt war, ist für diesen Anwendungsbereich das Verhältnis der beiden Fragmentgruppen zu klären, die zu scheinbar gegensätzlichen Ergebnissen kommen und jeweils nicht auf eine mögliche andere Entscheidung hinweisen. Nach einer von Carcaterra, Perozzi und C. Longo vertretenen Ansicht 491 ist nur die Unwirksamkeitsregel klassisch, während alle das Gegenteil aussagenden Fragmente, das heißt in erster Linie D. 18. 1. 34. 4, interpoliert sein sollen. Demgegenüber geht Albanese 492 - entsprechend seiner Ansicht zur locatio conductio - auch für die emptio rei suae davon aus, daß im klassischen Recht 489
Wie sich aus D. 21. 2. 29 pr. ergeben hat, war die Lösung für den nachträglichen Erwerb ex causa onerosa umstritten. Nach Celsus bestand aus dem ersten Kaufvertrag keine Zahlungsverpflichtung. 490 Vgl. auch Medicus, SZ 86 (1969) S. 67, 77: „Auffällig ist endlich folgendes: Mit der res créditons eng verwandt sind die Fälle des concursus causarum. Denn die Erfüllung der einen Verbindlichkeit bringt die Sache in das Eigentum des Gläubigers und macht so eine Erfüllung der konkurrierenden zweiten Verbindlichkeit nachträglich unmöglich. Trotzdem wird die Unmöglichkeitsregel bei der Lösung der concursus- Fälle nie herangezogen." 491 Carcaterra, Negozi giuridici S. 31; Perozzi, Istituzioni II S. 274 f. und 275 Fn. 2; Carlo Longo, Corso S. 178 f.
VI. Weitere Rechtsgeschäfte hinsichtlich eigener Sachen
137
die Wirksamkeit der Normalfall war, während die Unwirksamkeit als Regel erst von den Kompilatoren eingeführt wurde. Die Untersuchung der einzelnen Quellen hat dagegen gezeigt, daß beide Auffassungen nicht zutreffen. Vielmehr ist die dritte Ansicht 493 vorzugswürdig, daß sowohl die Fragmente, die die Unwirksamkeitsregel enthalten, als auch diejenigen, die für die Wirksamkeit einer emptio rei suae entscheiden, den klassischen Rechtszustand wiedergeben. Für ihr Verhältnis zueinander gilt das gleiche wie schon bei der locatio conductio, 494 Das heißt, die Unwirksamkeitsregel ist auf die Fallkonstellationen beschränkt, in denen der Kaufvertrag den ihm zukommenden Zweck nicht erfüllen kann, dem Käufer etwas zu verschaffen, was ihm nicht oder noch nicht zusteht.495 Ist das Geschäft dagegen sinnvoll, weil der Eigentümer zum Beispiel wegen einer für ihn hinsichtlich der Beweislast ungünstigen prozessualen Lage die Sache von deren Besitzer nicht zurückerlangen könnte, so findet die Regel keine Anwendung, ein solcher „Besitzkauf' ist wirksam. Daß die in Fragmenten wie D. 50. 17. 45 pr. getroffene Aussage nicht uneingeschränkt und absolut gelten sollte, zeigt besonders deutlich C. 4. 38. 4, wo die emptio rei suae einerseits - sozusagen für den Normalfall - für unwirksam erklärt und andererseits in einer Situation, in der der Kaufvertrag seinen Zweck erfüllen kann, gegenteilig, nämlich für die Wirksamkeit entschieden wird. Ein Widerspruch zwischen den Entscheidungen liegt also nicht vor. Wenn man den Grund für die Unwirksamkeit in der oben dargelegten Weise versteht, dann ist es nur konsequent, daß die Regel in den Fällen, in denen dieser Grund nicht gegeben ist, nicht angewandt wurde.
VI. Weitere Rechtsgeschäfte hinsichtlich eigener Sachen Im folgenden soll auf weitere Rechtsgeschäfte über die res sua eingegangen werden, die in Ulpian D. 50. 17. 45 pr. nicht genannt werden, für die aber ebenfalls die Unwirksamkeit als Regel anzusehen ist:
492
Albanese, BIDR 62 (1959) S. 121, 155. Speziell für den Kauf in diesem Sinne Russo Ruggeri, Scr. Guarino 6 S. 2813, 2815 und 2854 f.; Cuena Boy, Imposibilidad S. 100 ff. 494 Vgl. oben S. 79 ff. 495 In zwei Fällen läßt sich eine restriktive Auslegung der Unwirksamkeitsregel festellen, obwohl die Voraussetzungen für ihre Anwendung eigentlich vorliegen: Zum einen in D. 18. 2. 13. 1 für den Spezialfall des Kaufs des eigenen Miteigentumsanteils, zum anderen in D. 17. 1. 22. 3 für den Kauf der eigenen Sache durch Strohmänner. 493
138
Α. Klassisches römisches Recht
1. Commodatum rei suae Das einzige Fragment, welches das commodatum rei suae behandelt, ist Julian D. 16. 3. 15. Dort heißt es im ersten Teil: Qui rem suam deponi apud se patitur vel utendam rogai, nec depositi nec commodati actione tenetur. 496 Für die Leihe kann nichts anderes gelten als für die Miete, da das commodatum genauso wie die locatio conductio auf Gebrauchsüberlassung gerichtet ist und sich nur durch seine Unentgeltlichkeit von jener unterscheidet. 497 Daraus folgt weiter, daß das commodatum rei suae wirksam gewesen sein mußte, wenn dem Verleiher ein Zwischenrecht an der Sache zustand, also zum Beispiel ein Pfandrecht oder ein Nießbrauch. 498
2. Stipulatio rei suae Die stipulatio rei suae wird in den folgenden Fragmenten behandelt:
a) Unwirksamkeit
einer stipulatio rei suae
Die grundsätzliche Unwirksamkeit der Stipulation der eigenen Sache wird in folgenden Quellen ausgesprochen:
aa) Gai. 3. 99 Praeterea inutilis est stipulatio, si quis ignorans rem suam esse dari sibi eam stipuletur; quippe quod alicuius est, id ei dari non potest. Ferner ist eine Stipulation unwirksam, wenn sich jemand die Übereignung einer Sache versprechen läßt, ohne zu wissen, daß es seine eigene ist, weil ja das, was jemandem gehört, ihm nicht mehr übereignet werden kann.
Gai. 3. 99 liegt der Fall zugrunde, daß sich der Eigentümer, der nicht wußte, daß ihm die Sache bereits gehörte, diese von einem anderen stipulationsweise versprechen ließ. Entscheidend ist, daß ein dare , also die Verschaffung des quiritischen Eigentums, geschuldet sein sollte. Daraus ergibt sich der Grund für die Unwirksamkeit der Stipulation: Dem Eigentümer kann nicht noch einmal das Eigentum verschafft werden. Es liegt - objektive - rechtliche Unmöglichkeit
496
Zum vollständigen Text und zur Echtheitsfrage siehe oben S. 41 ff. Honsell / Mayer-Maly / Selb, RR S. 300; Käser, RPR I S. 533 f. 498 So Ferrini, Opere 3 S. 81, 138 f.; diesem zustimmend de Ruggiero, BIDR 19 (1907) S. 5, 22 f. Fn. 6. 497
VI. Weitere Rechtsgeschäfte hinsichtlich eigener Sachen
139
vor 4 9 9 ; die bei einer stipulatio rei alienae eintretenden Rechtsfolgen sind nicht sinnvoll, deshalb ist die Nichtigkeit des Geschäfts sachgerecht. Dies ergibt sich auch aus dem bereits angesprochenen Fragment Inst. 4. 6. 14 500 , das zu den auf ein dare oportere gerichteten Klagen aussagt, daß sie dem Eigentümer grundsätzlich nicht zustehen: nec enim quod actoris est id ei dari oportet, quia scilicet dari cuiquam id intellegitur, quod ita datur, ut eius fìat, nec res quae iam actoris est magis eius fieri potest. Der in dem Fragment erwähnte Irrtum des Eigentümers hat auf die Entscheidung keinen Einfluß: 501 Die rechtliche Unmöglichkeit der Eigentumsverschaffung ist unabhängig von den Vorstellungen der Parteien gegeben. Der Hinweis darauf, daß der Stipulator sein Eigentum nicht kannte, dient nur der Erklärung, weshalb das Geschäft überhaupt vorgenommen wurde.
bb) D. 44. 7. 1. 10 GAIUS libro secundo aureorum Nec minus inutilis est stipulatio, si quis rem suam ignorans suam esse stipulatus fuerit. GAIUS im 2. Buch der goldenen Worte Genauso 502 ist die Stipulation unwirksam, wenn sich jemand eine eigene Sache, ohne zu wissen, daß es seine ist, versprechen ließ.
Das aus den res cottidianae sive aurea 503 stammende Fragment unterscheidet sich von dem Parallelfragment Gai. 3. 99 inhaltlich nur dadurch, daß der Nachsatz quippe quod alicuius est, id ei dari non potest fehlt, der auf die rechtliche
499
Vgl. auch Cuena Boy, Impossibilidad S. 89; Zimmermann, Obligations S. 688; Medicus, SZ 86 (1969) S. 67, 76 f. 500 Dazu bereits oben S. 39 f. 501 Cuena Boy, Impossibilidad S. 89; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 127; Medicus, SZ 86 (1969) S. 67, 81 („Streben nach Plausibilität der Beispielsfälle"); Carcaterra, Negozi giuridici S. 29. - Medicus weist zutreffend darauf hin, daß das Geschäft bei Kenntnis des Eigentümers einen anderen Charakter bekommen und zum Beispiel als verdeckte Schenkung anzusehen sein kann. - Vgl. auch Arp, Unmöglichkeit S. 94 mit der Hervorhebung „... daß jedenfalls unter der ausdrücklich genannten Voraussetzung, daß man von dieser Eigentumslage nichts wußte, dieses Geschäft sinnlos ist...". 502
Nämlich wie in den zuvor (eod. 1. 9) erörterten Fällen der tatsächlichen anfänglichen Unmöglichkeit. 503 Die in den Digesten in Auszügen überlieferten res cottidianae sind ein juristisches Elementarwerk; vgl. Dulckeit / Schwarz / Waldstein, Rechtsgeschichte S. 294. Zu D. 44. 7. 1. 10 vgl. Lenel, Palingenesia I Sp. 257 f. (Gaius Nr. 498). - Zur Urheberschaft siehe Käser, lus gentium S. 94 ff. m. w. N., der von einer Originalschrift des Gaius ausgeht; siehe auch Knütel, FS Gaul S. 317, 323 f.
Α. Klassisches römisches Recht
140
Unmöglichkeit hinweist. 504 An der Echtheit ist wegen der Quasi-Parallelüberlieferung jedoch nicht zu zweifeln. Auch aus D. 44. 7. 1. 10 ergibt sich somit die Unwirksamkeitsregel für die Stipulation. Carcaterra nimmt an, daß mit dem Hinweis auf den Irrtum des Eigentümers hier - im Gegensatz zu Gai. 3. 99 eine Einschränkung der Unwirksamkeitsregel bezweckt ist. 505 Für eine andere Interpretation als bei Gai. 3. 99 gibt es jedoch keine Anhaltspunkte. 506
cc) D. 45. 1.87 PAULUS libro septuagensimo quinto ad edictum Nemo rem suam fiituram in eum casum, quo sua fit, uti liter stipulatur. PAULUS im 75. Buch zum Edikt Niemand kann sich eine Sache, an der er Eigentum erwerben wird, wirksam für den Fall versprechen lassen, daß er Eigentümer geworden ist.
Nach diesem, auch in den Institutionen Justinians507 enthaltenen, Fragment ist die Stipulation einer Sache gerade für den Fall, daß sie dem Stipulator gehören wird, unwirksam. Lenel ordnet das Fragment bei der cautio legatorum servandorum causa ein. 508 Mit dieser Stipulation mußte der Erbe dem Vermächtnisnehmer Sicherheit leisten, wenn ein bedingtes oder befristetes Damnationslegat vorlag. 509 Versprochen wurde quidquid dari fieri oportet, 510 Es ist gut möglich, daß D. 45. 1. 87 in diesem Zusammenhang aussagen soll, daß eine Stipulation genau der gleichen Art bei einem Vindikationslegat nicht möglich war. 511 Als Grund für die Unwirksamkeit einer derartig formulierten Stipulation ist wieder rechtliche Unmöglichkeit anzunehmen.
504 Gai. 3. 92-109 und D. 44. 7. 7-15 sind ein Beispiel für eine ausführlichere Behandlung in den Institutionen des Gaius. Vgl. dazu Nelson, Gai institutiones S. 319. 505
Carcaterra,
Negozi giuridici S. 29.
506
Zutreffend Cuena Boy, Impossibilidad S. 89; Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 127. 507 Inst. 3. 19. 22: Item nemo rem suam futuram in eum casum quo sua fit utiliter stipulatur. - Zum Verhältnis beider Fragmente zueinander vgl. Wieacker, Textstufen S. 225 Fn. 23, der annimmt, daß die Institutionenkommission nicht den Originaltext, sondern die Digesten als Vorlage benutzt hat. 508
Lenel, EP S. 540; derselbe, Palingenesia I Sp. 1094 Fn. 6 (Paulus Nr. 821).
509
Käser, RPR I S. 743 f.
510
Lenel, EP S. 539; derselbe, Palingenesia I Sp. 1094 Fn. 6 (Paulus Nr. 821).
511
M i t dieser Vermutung Lenel, EP S. 540; derselbe, Palingenesia I Sp. 1094 Fn. 6 (Paulus Nr. 821); Ferrini, Teoria S. 411; Grosso, Legati I S. 408 Fn. 2; Cuena Boy, Impossibilidad S. 89 Fn. 5. - Die Echtheit dieses Belegs wird nicht angezweifelt, vgl. auch Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 127; Carcaterra, Negozi giuridici S. 29
VI. Weitere Rechtsgeschäfte hinsichtlich eigener Sachen b) Wirksamkeit
141
einer stipulatio rei suae
In den Fällen, in denen der Grund fur die Unwirksamkeit nicht gegeben war, wurde die Regel nicht angewandt; die Stipulation war gültig:
aa) D. 45. 1.82 pr. ULPIANUS libro septuagensimo ocatvo ad edictum Nemo rem suam util iter stipulatur, sed pretium rei suae non inutiliter: sane rem meam mihi restituì recte stipulari videor. ULPIAN im 78. Buch zum Edikt Niemand kann sich seine eigene Sache wirksam versprechen lassen, den Wert der eigenen Sache dagegen in wirksamer Weise. Freilich ist anzunehmen, daß ich mir die Rückgabe meiner Sache wirksam versprechen lasse.
Aus diesem Fragment ergibt sich, daß die Stipulation nur dann unwirksam ist, wenn sie auf Verschaffung des Eigentums, das dem stipulator bereits zusteht und damit auf ein dare gerichtet ist. In einem solchen Fall liegt rechtliche Unmöglichkeit vor. Da mit der Stipulation jeder zulässige Schuldgegenstand versprochen werden kann, also nicht nur ein dare im Sinne der Verschaffung des quiritischen Eigentums 512 , ist auch die in D. 45. 1. 82 pr. genannte Stipulation des Wertes der eigenen Sache ohne weiteres möglich und wirksam. 513 Auch das Versprechen des restituere der eigenen Sache ist in dem Sinne zu verstehen, daß nicht die Eigentumsverschaffung geschuldet ist, sondern ein bloßes facere im Sinne einer Besitzverschaffung.
bb) D. 7. 9. 1.7 Ein Beispiel dafür ist die cautio usufructuaria 514, bei der dem Eigentümer vom Nießbraucher unter anderem versprochen wird, die Sache nach Beendigung des Nießbrauchs herauszugeben. Dazu merkt Ulpian in D. 7. 9. 1.7 an: 515 ULPIANUS libro septuagensimo nono ad edictum Sed quod diximus id quod inde exstabit restitutu iri, non ipsam rem stipulatur proprietarius (inutiliter enim rem suam stipulari videretur), sed stipulatur restitutu iri quod inde exstabit....
512
Vgl. nur Käser, RPR I S. 538.
513
Beseler, Beiträge 4 S. 166 hält sed ... inutiliter für interpoliert; zustimmend Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 127. - Dagegen für Echtheit: Cuena Boy, Imposibilidad S. 89 f.; Sturm, SZ 83 (1966) S. 68, 75 f. Fn. 28; Carcaterra, Negozi giuridici S. 28. 5,4 Vgl. dazu Käser, RPR\SA5\. 515
Übersetzung von Horak, in: Behrends /Knütel / Kupisch /Seiler, CIC II S. 659.
Α. Klassisches römisches Recht
142
ULPIAN im 79. Buch zum Edikt Wenn wir aber vorhin gesagt haben, daß das zurückzugewähren sei, was von der Sache noch vorhanden ist, so läßt sich der Eigentümer nicht die Sache selbst versprechen (denn es wäre als wirkungslos anzusehen, würde er sich seine eigene Sache versprechen lassen), sondern er läßt sich die Rückgewähr dessen versprechen, was von ihr noch vorhanden ist.... Das Fragment wiederholt die Regel, daß eine stipulatio
rei suae unwirksam
i s t 5 1 6 , und zeigt, daß eine Stipulation i n diesem Sinne nicht vorliegt, solange sie einen anderen Inhalt hat als die Eigentumsverschaffijng. Dies ist bei der cautio usufructuaria facere,
der Fall; geschuldet ist nicht ein dare , sondern lediglich ein
nämlich die Restitution, in der Sache also Besitzverschaffung. 5 1 7
cc) D . 4 1 . 2 . 28 I m gleichen Sinne, also als Versprechen der Besitzverschaffung und damit eines facere,
ist auch Tertullian D . 41. 2. 2 8 5 1 8 zu verstehen, soweit es dort u m
die stipulatio
rei suae geht.
dd) D . 45. 1 . 2 9 . 1 E i n weiteres Beispiel fur eine Ausnahme v o n der Unwirksamkeitsregel w i r d i m ersten T e i l v o n U l p i a n D . 45. 1. 29. 1 behandelt: ULPIANUS libro quadragensimo sexto ad Sabinum Si a fure hominem sim stipulatus, quaesitum est, an stipulatio valeat. movet quaestionem, quod stipulatus hominem plerumque meum videor: non valet autem huiusmodi stipulatio, ubi quis rem suam stipulatus est. et constat, si quidem ita stipulatus sim: 'quod ex causa condictionis dare facere 519 oportet?', stipulationem valere: si vero hominem dari stipulatus fìiero, nullius momenti esse stipulationem.... ULPIAN im 46. Buch zu Sabinus Es ist gefragt worden, ob die Stipulation wirksam ist, wenn ich mir den [gestohlenen] Sklaven von dem Dieb habe versprechen lassen. Die Frage ist dadurch veranlaßt, daß es in den meisten Fällen danach aussieht, daß ich mir einen mir gehörenden Sklaven versprechen lasse. Eine derartige Stipulation, mit der sich jemand seine eigene Sache versprechen läßt, ist jedoch unwirksam. Und es steht fest, daß die Stipulation wirksam ist, wenn ich mir [von dem Dieb] habe versprechen lassen „Was er aufgrund der Kondiktion herauszugeben oder zu tun zivil-
516
Marrone , Ann. Palermo 28 (1961) S. 98 Fn. 4 verdächtigt den Klammerzusatz.
5,7
Vgl. Cuena Boy, Imposibilidad S. 89 f.; allgemein zu D. 7. 1. 9. 7 Reichard, SZ 107 (1990) S. 46, 57 f. und 60. 518 Der Text ist oben auf S. 66 abgedruckt. 519 Mommsen, Editio stereotypa ad h. 1. Fn. 1 fugt te ein; ebenso Mommsen / Krüger ad h. 1. Fn. 9; Digesta Milano ad h. 1. Fn. 1. - Demgegenüber wird bei Gebauer / Spangenberg ad h. 1. noch keine Emendation in Betracht gezogen.
VI. Weitere Rechtsgeschäfte hinsichtlich eigener Sachen
143
rechtlich verpflichtet ist?", daß sie aber unwirksam ist, wenn ich mir habe versprechen lassen, daß mir der Sklave übereignet werde.
Der Eigentümer hat sich vom Dieb den ihm gestohlenen Sklaven stipulationsweise versprechen lassen.520 Im ersten Satz wird zwar noch nicht ausdrücklich gesagt, daß gerade der Eigentümer als Stipulator auftritt. Bei dem Bestohlenen ego könnte es sich also auch um einen Nichteigentümer handeln, dem die actio furti gegen den Dieb zustand. Ulpian möchte jedoch diese Fallkonstellation nicht behandeln und präzisiert deswegen die Fragestellung im folgenden Satz. Ihm geht es um den „Normalfall", in dem der Eigentümer als Bestohlener das Geschäft mit dem Dieb vornimmt. Diesen Bezug auf den Regelfall drückt das plerumque aus. 521 Ulpian differenziert bei seiner Entscheidung: Falls die Eigentumsverschaffung, also ein dare im technischen Sinne, versprochen wird, ist die Stipulation unwirksam. Grund dafür ist die rechtliche Unmöglichkeit, das Versprechen zu erfüllen. 522 Anders soll es sich jedoch verhalten, wenn der Dieb das verspricht, was der Eigentümer mit der condictio furtiva bereits von ihm verlangen kann. Zwar ist auch die condictio furtiva , die dem Eigentümer zusteht 523 , auf ein dare gerichtet. Dieses dare ist aber nicht im technischen Sinne, das heißt als Pflicht zur Eigentumsverschaffung zu verstehen; geschuldet ist nur die Besitzverschaffung. 524 Damit wird die Unterscheidung verständlich: 525 Beim Versprechen des quod ex causa condictionis dare facer e oportet liegt eine bloße Besitzstipulation vor, die in Übereinstimmung mit den bisher behandelten Fragmenten als wirksam anzusehen ist.
520
Eine solche Novationsstipulation könnte im Rahmen eines Vergleichs vorgekommen sein, vgl. dazu Sturm, Stipulatio Aquilina S. 76 f. mit Fn. 93. 521 So Sturm, Stipulatio Aquilina S. 79 f., der darin Salkowski, Novation S. 292 f. mit Fn. 42 folgt. - Aus diesem Grund sind die folgenden, sich auf plerumque beziehenden Interpolationsannahmen nicht haltbar: Hägerström, Obligationsbegriff II S. 102 f. Fn. 2 (der movet - videor streichen will); Guarneri Citati, Ann. Palermo 11 (1923) S. 161, 300 Fn. 1; Bohäcek, Ann. Palermo 11 (1923) S. 341, 352. - Plerumque auf meum zu beziehen ist wegen des dargelegten Verhältnisses zwischen den beiden ersten Sätzen des Fragments wenig überzeugend; auch dazu siehe Salkowski, Novation S. 292 f. Fn. 42. 522 Sturm, Stipulation Aquilina S. 77 f.; Riccobono, Ann. Palermo 29 (1962) S. 105, 423; Salkowski, Novation S. 292 f. 523 Ulpian (18 ad Sab) D. 13. 1. 1 : In furtiva re soli domino condictio competit. 524 Käser, RPR I S. 618 Fn. 52. 525 Siehe auch Cuena Boy, Impossibilidad S. 90; Sturm, Stipulatio Aquilina S. 82; Riccobono, Ann. Palermo 29 (1962) S. 105, 423 (der allerdings von einer bedingten Stipulation ausgeht, wofür der Text keinen Anhaltspunkt bietet); Salkowski, Novation S. 293.
Α. Klassisches römisches Recht
144
Das Fragment bestätigt damit das bisher gewonnene E r g e b n i s : 5 2 6 Eine unwirksame stipulatio
rei suae ist nur dann gegeben, wenn ein dare i m Sinne der
Eigentumsverschaffung versprochen w i r d .
ee) Bedingte Stipulation: D . 45. 1. 31 und D . 45. 1. 98 pr. Bezüglich der aufschiebend bedingten Stipulation der eigenen Sache kann zunächst a u f das zum K a u f Ausgeführte verwiesen w e r d e n . 5 2 7 D i e W i r k s a m k e i t der Stipulation, wenn der Stipulator i m Zeitpunkt des Bedingungseintritts nicht Eigentümer ist, w i r d bestätigt durch D . 45. 1 . 3 1 : POMPONIUS libro vicesimo quarto ad Sabinum Si rem meam sub condicione stipuler, utilis est stipulatio, si condicionis existentis tempore mea non sit. POMPONIUS im 24. Buch zu Sabinus Wenn ich mir eine mir gehörende Sache unter einer Bedingung versprechen lasse, ist die Stipulation wirksam, wenn die Sache zum Zeitpunkt des Bedingungseintritts nicht mehr mir gehört. 528 Dieselbe Aussage findet sich in dem - hier allein interessierenden - ersten Satz v o n D . 45. 1 . 9 8 p r . 5 2 9 : MARCELLUS libro vicensimo digestorum Existimo posse < m e > 5 3 0 id quod meum est sub condicione stipulari, item viam stipulari ad fiindum posse, quamquam interim fundus non sit meus:...
526
Daher sind die weiteren Interpolationsannahmen unbegründet: Riccobono, Ann. Palermo 29 (1962) S. 105, 423 (si vero - esse stipulationem)', Beseler, SZ 47 (1927) S. 355, 378 (hominem sim - si quidem); Bossowski, Ann. Palermo 13 (1927) S. 343, 422 (iex causa furti statt ex causa condictionis); Guarneri Citati, Ann. Palermo 11 (1923) S. 161, 300 (non valet - stipulatus est, si quidem - stipulatus fuero); Bohäcek, Ann. Palermo 11 (1923) S. 341, 352 (movet quaestionem, non valet - stipulatus est, si vero esse stipulationem). - Sturm, Stipulatio Aquilina S. 78 ff. legt in überzeugender Weise die Echtheit des Fragments dar. 527
Vgl. oben S. 114 ff.
528
Beseler, TR 8 (1928) S. 279, 308 liest inutilis est stipulatio, et si. - Dagegen für Echtheit: Cuena Boy, Impossibilidad S. 90; Masi, Condizione S. 99; Carcaterra, Negozi giuridici S. 28 f.; wohl auch Flume, Rechtsakt S. 143 und Wesener, FG Herdlitczka S. 265, 289. - Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 127 mißversteht die Aussage des Fragments, indem er annimmt, die Sache dürfe während der Schwebezeit nicht im Eigentum des Stipulators gewesen sein. 529 Siehe dazu Cuena Boy, Imposibilidad S. 90 f.; Flume, Rechtsakt S. 142 ff.; Masi, Condizione S. 99 ff.; Carcaterra, Negozi giuridici S. 28 f., die alle die Echtheit dieses Passus nicht in Zweifel ziehen. - Anders nur Beseler, Beiträge 4 S. 332, der Existimo posse me nec id quod meum est sub condicione stipulari, nec viam ad fundum, si interim fundus non sit meus ... lesen will. 530 Mommsen, Editio maior ad h. 1. Fn. 2 (unter Berufung auf van de Water); Mommsen / Krüger ad h. 1. Fn. 11; Digesta Milano ad h. 1. Fn. 2. - Die Einfügung des me ist durch die entsprechende Formulierung von Marcellus (20 dig) D. 18. 1. 61 begründet (Existimo posse me id ...). Dazu schon oben, S. 115 f.
VI. Weitere Rechtsgeschäfte hinsichtlich eigener Sachen
145
MARCELLUS im 20. Buch seiner Digesten Ich bin der Ansicht, daß ich mir das, was mir gehört, unter einer Bedingung wirksam versprechen lassen kann; genauso das Wegerecht auf Zugang zu einem Grundstück, auch wenn mir dieses vorerst nicht gehört....
Zum Beispiel ist die Bedingung denkbar, daß der promissor das Eigentum an der Sache erlangt. Die der Entscheidung zugrunde liegende Erwägung ist aber bei jeder bedingten Stipulation einschlägig: Maßgeblich für die Beurteilung der Wirksamkeit der Stipulation ist der Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Liegt dann keine stipulatio rei suae vor, so steht der Wirksamkeit des Geschäfts nichts im Wege. Der zweite Halbsatz ab item viam bezieht sich auf die parallel zu lösende Frage, ob die Stipulation eines Wegerechts möglich ist, obwohl das herrschende Grundstück dem Stipulator nicht gehört. 531 Gemeint ist wohl der Fall, daß die Stipulation unter der Bedingung erfolgt, daß der Stipulator das Grundstückseigentum erwirbt. Dies bedeutet eine Einschränkung des Grundsatzes, daß der Inhaber einer Grunddienstbarkeit Eigentümer des herrschenden Grundstücks sein muß. 532 Maßgeblich für die Beurteilung dieser Voraussetzung ist ebenfalls der Zeitpunkt des Bedingungseintritts; gehört dann das Grundstück dem stipulator , ist die Stipulation des Wegerechts wirksam.
3. Legatum rei suae Wie schon die Behandlung von Ulpian D. 30. 41. 2 beim Kauf gezeigt hat, ist das Legat einer dem Vermächtnisnehmer bereits gehörenden Sache unwirksam; entscheidender Zeitpunkt ist nach der régula Catoniana derjenige der Testamentserrichtung. 533 Da das legatum rei suae auf Eigentumsverschafïung gerichtet ist, liegt der Grund der Unwirksamkeit ebenso wie bei der stipulatio rei suae in der rechtlichen Unmöglichkeit. Dem Vermächtnisnehmer kann das ihm
531
Unzutreffend daher Giannetto Longo, SDHI 45 (1979) S. 93, 127, der diesen Halbsatz auf den Fall der bedingten stipulatio rei suae bezieht. Gegen Giannetto Longo, auch Cuena Boy, Imposibilidad S. 90 f. 532 Vgl. Inst. 2. 3. 3; Ulpian (2 inst) D. 8. 4. 1. 1: nemo enim potest servitutem adquirere vel urbani vel rustici praedii, nisi qui habet praedium. 533 Zu D. 30. 41. 2 siehe oben S. 116 ff. - Weitere Belege zum unwirksamen legatum rei suae: D. 19. 1. 29 (zumindest nach der hier vertretenen Interpretation des Fragments, dazu S. 128 ff), Julian (33 dig) D. 30. 84. 8, Paulus (10 quaest) D. 31. 82. 2, Scaevola (18 dig) D. 32. 37 pr. und C. 6. 37. 13 (a. 286). - Zum bedingten legatum rei suae siehe neben D. 30. 41. 2 auch Paulus (3 ad Nerat) D. 35. 1. 98 und Celsus (17 dig) D. 31. 18; vgl. auch oben beim Kauf, S. 114 ff; zum ganzen Cuena Boy, Imposibilidad S. 91 ff; Voci , Diritto Ereditario I I S. 256 ff; Grosso, Legati I S. 260 ff.
10 Zimmermann
146
Α. Klassisches römisches Recht
bereits zustehende Eigentum nicht nochmals verschafft werden. Das kommt besonders deutlich zum Ausdruck in Inst. 2. 20. 10 534 : Sed si rem legatarii quis ei legaverit, inutile legatum est, quia quod proprium est ipsius, amplius eius fieri non potest: et licet alienaverit earn, non debetur nec ipsa nec aestimatio eius. Hat aber jemand dem Vermächtnisnehmer dessen eigene Sache vermacht, so ist das Vermächtnis unwirksam, weil das, was jemandem gehört, nicht noch einmal sein Eigentum werden kann. Und auch wenn der Vermächtnisnehmer die Sache [nach Testamentserrichtung] veräußert hat, wird weder sie selbst noch ihr Schätzwert geschuldet.
Für die rechtliche Unmöglichkeit macht es keinen Unterschied, ob es sich um ein Damnations- oder ein Vindikationslegat handelt 535 ; die Überlegung quod proprium est ipsius, amplius eius fieri non potest trifft auf beides zu. Der zweite Satz des Fragments erklärt sich aus der régula Catoniana : Ein bedingtes Vermächtnis für den Fall, daß der Vermächtnisnehmer sein Eigentum nach Testamentserrichtung verliert, wäre jedoch bei Bedingungseintritt wirksam. 536 Wirksam ist das legatum rei suae dagegen in folgenden Fällen: Hatte der Erblasser vom Vermächtnisnehmer dessen Sache gekauft, dieser den Kaufvertrag aber im Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht erfüllt, so ist ein Vermächtnis dieser, noch dem Vermächtnisnehmer gehörenden Sache wirksam. 537 Das Legat ist dann, wie die Auslegung ergibt, nicht auf Verschaffung des Eigentums gerichtet, sondern auf Befreiung von der actio ex empto. Gleiches gilt, wenn das Vermächtnis auf die Beseitigung einer an der vermachten Sache bestehenden Belastung gerichtet ist. 538 Als repräsentativer Text sei D. 34. 3. 1. 1 genannt: ULPIANUS libro vicesimo primo ad Sabinum Iulianus scripsit, si res pignori data legetur debitori a creditore, valere legatum habereque eum actionem, ut pignus recipiat priusquam pecuniam solvat. sic autem loquitur Iulianus, quasi debitum non debeat lucrari: sed si alia testantis voluntas fuit, et ad hoc pervenietur exemplo luitionis. ULPIAN im 21. Buch zu Sabinus Julian schreibt, daß das Vermächtnis wirksam ist, wenn eine verpfändete Sache dem Schuldner vom Gläubiger vermacht wird und daß der Schuldner eine Klage auf Rückgabe der Pfandsache noch vor Rückzahlung des
534
Übersetzung von Behrends / Knütel / Kupisch / Seiler, CIC I S. 110.
535
Käser, RPR I S. 749.
536
Siehe auch oben zu D. 30. 41. 2, S. 116 ff.
537
Ulpian (21 ad Sab) D. 30. 39. 2; vgl. dazu Cuena Boy, Imposibilidad S. 97 f.
538 Fälle, in denen dem Erblasser selbst das Recht zustand: Außer D. 34. 3. 1. 1 noch Ulpian (51 ad ed) D. 30. 71. 5 und Julian (34 dig) D. 30. 86. 4. - Fälle, in denen einem Dritten das Recht an der vermachten Sache zusteht: Ulpian (21 ad Sab) D. 30. 43. 3; Julian (34 dig) D. 30. 86 pr.; Papinian (17 quaest) D. 31. 66. 6. - Zu alldem vgl. Cuena Boy, Imposibilidad S. 96 ff. m. w. N.; Vering Erbrecht S. 690 f.
VI. Weitere Rechtsgeschäfte hinsichtlich eigener Sachen
147
[kreditierten] Geldes hat. Julian spricht aber so, als ob die Hauptschuld davon nicht profitieren dürfe. Wenn aber der Wille des Erblassers ein anderer war, wird der Schuldner auch dazu gelangen, so wie im Falle einer Einlösung des Pfandes.
Der Pfandgläubiger vermachte die Pfandsache dem Verpfänder, der zugleich Eigentümer und persönlicher Schuldner war. Dies hat jedenfalls die Wirkung, daß das Pfandrecht erlischt. 5^9 Ob sich das auch auf die gesicherte Forderung auswirkt, ergibt sich aus der allgemeinen Regel, daß bei Rückgabe des Pfandes der Gläubiger (also hier der Erbe) weiterhin die gesicherte Forderung geltend machen kann, wenn nicht eine gegenteilige Vereinbarung nachgewiesen wird. 5 4 0 Das bedeutet, daß aus der Rückgabe der Pfandsache allein nicht auf einen Erlaß der Forderung geschlossen werden kann, der von dem Schuldner, wenn das Kapital stipuliert war, wohl durch eine exceptio doli gegen den Erben eingewandt werden könnte. 541 Deshalb weist Ulpian im zweiten Teil des Fragments darauf hin, daß die Auswirkung des Vermächtnisses auf die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung vom Willen des Erblassers abhängig ist. 542 Die der Unwirksamkeitsregel zugrundeliegende Erwägung, daß dem Vermächtnisnehmer das ihm schon zustehende Eigentum nicht verschafft werden kann, ist nicht einschlägig. Vielmehr hat das Legat einen sinnvollen und erfüllbaren Inhalt, nämlich die Befreiung von einer an der vermachten Sache bestehenden Belastung, hier von einem Pfandrecht.
539
Käser, Pfandrecht S. 31 Fn. 184. Modestin (3 reg) D. 2. 14. 3: Postquam pignus vero debitori reddatur, si pecunia soluta non fuerit, debitum peti posse dubium non est, nisi specialiter contrarium actum esse probetur. 541 Wacke, SZ 91 (1974) S. 251, 264 f. 542 Zur Echtheit dieses Passus, der mit der Wirksamkeit der stipulatio rei suae nichts zu tun hat, vgl. Käser, Pfandrecht S. 31 Fn. 184 m. w. N. 540
Β. Geltendes Recht
I. Das Pfandrecht
1. Die Grundpfandrechte an eigenen Sachen
a) Überblick Im Bereich der Grundpfandrechte an der eigenen Sache gilt der von § 889 BGB aufgestellte allgemeine Grundsatz, daß das Zusammentreffen des Eigentums mit dem beschränkt dinglichen Recht an einem Grundstück in einer Person nicht zum Untergang dieses Rechts führt. Es tritt also kein Erlöschen durch Konsolidation ein. Die Verfasser des BGB scheinen damit von dem römischen und dem gemeinen Recht abgewichen zu sein, das ein grundsätzliches Erlöschen vorsah.1 Es ist jedoch zu beachten, daß sich die Berücksichtigung des Interesses des Eigentümers an dem Fortbestehen des dinglichen Rechts an der eigenen Sache schon in den römischen Quellen findet, nämlich in Paulus D. 44. 2. 30. 1 und C. 8. 19. I. 2 Auf der aus diesen Fragmenten zu entnehmenden Überlegung, daß der Eigentümer gegenüber nachrangigen dinglich Berechtigten schutzwürdig ist bzw. daß diese durch ein Aufrücken infolge der Konsolidation ungerechtfertigt bereichert wären, beruht die Regelung des § 889 BGB. 3 Das BGB ging aus noch zu erörternden Gründen lediglich einen Schritt weiter und erkannte ein Eigentümerrecht im Bereich des Immobiliarsachenrechts grundsätzlich an. Damit folgte man den partikularrechtlichen Regelungen des 19. Jahrhunderts. 4 Außerdem finden sich Spezialvorschriften in den §§ 1163, 1177 BGB, die das Entstehen von Grundpfandrechten an der eigenen Sache regeln. Erweitert 1 Zum römischen Recht siehe oben S. 19 ff., zum gemeinen Recht vgl. nur Windscheid/Kipp, PandektenR I S. 1249. 2 Zu D. 44. 2. 30. 1 siehe S. 26 ff., zu C. 8. 19. 1 siehe S. 32 ff. 3 Vgl. Johow, in: VE III/2 S. 402 f. und S. 488 ff.; Motive III S. 201 bei Fn. 2. 4 Motive III S. 201 f.
I. Das Pfandrecht
149
wird der Grundsatz des § 889 BGB durch § 1196 BGB, wonach der Eigentümer die Möglichkeit hat, eine ursprüngliche Grundschuld an seinem Grundstück zu bestellen.
b) Der Regelungszweck Der Zweck dieser Vorschriften liegt vor allem darin, dem Eigentümer als Inhaber des Grundpfandrechts die bessere Rangstelle zu erhalten bzw. zu sichern und so ein Aufrücken nachrangiger Gläubiger zu verhindern, auf das diese keinen Anspruch hätten.5 Dieser Gedanke findet sich, wie bereits erwähnt, schon in Paulus D. 44. 2. 30. 1 und C. 8. 19. 1. Gerade im Bereich der Grundpfandrechte 6 sah der Gesetzgeber zudem ein praktisches Bedürfnis für die Regelung des § 889 BGB. Dem Eigentümer sollten die mit dem besseren Rang verbundenen wirtschaftlichen Vorteile gesichert werden, insbesondere bei einer weiteren Kreditaufnahme zu in der Regel günstigeren Bedingungen.7 Außerdem hat die Regelung den Zweck, Rechte Dritter an dem eigentlich von der Konsolidation betroffenen Recht zu erhalten. 8 Dies erklärt, warum in § 889 BGB generell ein Erlöschen des beschränkt dinglichen Rechts durch Konsolidation ausgeschlossen wurde. Im Gegensatz dazu hat sich der Gesetzgeber im Mobiliarsachenrecht (§§ 1063 I, 1256 I 1 BGB) 9 für ein grundsätzliches Erlöschen von Pfandrecht und Nießbrauch an der eigenen Sache entschieden und die Fälle, in denen ein Bedürfnis für das Fortbestehen angenommen wurde, als Ausnahmen normiert (§§ 1063 II, 1256 I 2, II
5
/
Motive III S. 203 f.; Wache, in: MünchKomm § 889 Rn. 1; Eickmann, in: MünchKomm §1163 Rn. 1; Gursky, in: Staudinger 13 § 889 Rn. 1; Wolfsteiner, in: Staudinger 13 § 1163 Rn. 5; Konzen, in: Soergel § 1163 Rn. 1; Hagen, in: Erman § 889 Rn. 1; Räfle, in: Erman § 1163 Rn. 1; H. P. Westermann, in: Westermann § 3 I 4 (S. 19); Baur /Stürner, SachenR § 36 Rn. 98. 6 Vgl. Motive III S. 204 f.: „Was dagegen das eingetragene Vorkaufsrecht, das Erbbaurecht, die Dienstbarkeiten und die Reallasten betrifft, so kann zugegeben werden, daß bei denselben der Fortbestand des Rechtes in dem vorausgesetzten Falle durch das praktische Bedürfnis weniger dringend gefordert wird als bei der Hypothek und der Grundschuld." 7 Eickmann, in: MünchKomm § 1163 Rn. 2 hält diese Erwägungen, die für die Entstehungszeit des BGB zuträfen, für heute nicht mehr in vollem Maße einschlägig, da die Zinsen für die erstrangige Hypothek „in den meisten Fällen die höchsten" seien; genauso Konzen, in: Soergel §1163 Rn. 1. - Anders dagegen Wolfsteiner, in: Staudinger 13 § 1163 Rn. 5. 8 Motive III S. 202 f. 9 Dazu unten auf S. 151 ff.
150
Β. Geltendes Recht
BGB). In den Motiven wurde zwar auch fur das Immobiliarsachenrecht die Möglichkeit einer entsprechenden Regelung erwogen, dazu aber unter anderem folgendes ausgeführt: 10 „Der Hauptgrund aber, welcher gegen die Annahme des gedachten Grundsatzes in's Gewicht fällt, ist die Rücksicht auf das Institut der Eigentümerhypothek. Der Entwurf muß dieses Institut anerkennen, um einerseits das berechtigte Interesse des Realkredites in großen Gebieten des Reiches zu wahren und zu fördern, andererseits zu verhindern, daß den nachstehenden Berechtigten ein durchaus unberechtigter Vortheil aus der Vereinigung eines vorstehenden Rechtes mit dem Eigenthume erwachse."
Zu beachten ist schließlich der mit dem Gesetz vom 22.6.197711 in das BGB eingefügte gesetzliche Löschungsanspruch aus §§ 1179 a, 1179 b BGB, der gegen den Inhaber gleich- und vorrangiger Eigentümerrechte besteht. Dadurch wird der von den Verfassern des BGB vorgesehene Zweck der Eigentümergrundpfandrechte, nämlich deren Inhaber die bessere Rangstelle als künftiges Sicherungsmittel vorzubehalten, zumindest für eine Vielzahl von Fällen vereitelt. 12
c) Der Anwendungsbereich des § 889 BGB § 889 BGB gilt für alle beschränkt dinglichen Rechte an Grundstücken, unabhängig von ihrer Eintragung und unabhängig davon, auf welche Art sich das beschränkt dingliche Recht mit dem Eigentum am Grundstück vereinigt. 13 Die Hypothek für Rückstände von Zinsen und anderen Nebenleistungen sowie für Kosten, die dem Gläubiger zu erstatten sind, erlischt gemäß § 1178 I 1 BGB in Abweichung von § 889 BGB durch Konsolidation. Gleiches gilt gemäß § 1192 II und § 1200 I BGB für die Rückstandsgrundschuld bzw. -rentenschuld.14
10
Motive III S. 203. BGBl. IS. 998. 12 Siehe dazu Eickmann, in: MünchKomm §1163 Rn. 2; Eickmann, in: MünchKomm § 1177 Rn. 2; Wolfsteiner, in: Staudinger 13 § 1163 Rn. 7 f.; Konzen, in: Soergel § 1163 Rn. 1; Räfle, in: Erman § 1163 Rn. 1; Schellen, Konfusion S. 286. 13 Wacke, in: MünchKomm § 889 Rn. 2; Gursky, in: Staudinger 13 § 889 Rn. 2. 14 Gemäß §§ 1107, 1178 BGB gilt diese Ausnahme von § 889 BGB auch für die Reallast, gemäß §§ 914 III, 1107, 1178 BGB für die Überbaurente und gemäß §§ 917 II, 914 III, 1107, 1178 BGB für die Notwegrente. 11
I. Das Pfandrecht
151
d) Die Rechtsnatur des Eigentümergrundpfandrechts Heute 15 wird das von § 889 BGB zugelassene Eigentümergrundpfandrecht allgemein als ein dem Eigentum gegenüber verselbständigtes dingliches Recht angesehen.16 Dieses Recht hat grundsätzlich den gleichen Inhalt wie ein Fremdgrundpfandrecht. 17 Eine Einschränkung ergibt sich allerdings aus § 1197 BGB, nach dessen Abs. 1 die Zwangsvollstreckung durch den Eigentümer ausgeschlossen ist. Dadurch soll verhindert werden, daß der Eigentümer infolge der Zwangsvollstreckung nachrangige Rechte zum Erlöschen bringt, die vom Erlös möglicherweise nicht mehr gedeckt sind. § 1197 II BGB bestimmt, daß dem Eigentümer Zinsen nur gebühren, wenn das Grundstück auf Antrag eines anderen zum Zwecke der Zwangsverwaltung in Beschlag genommen ist, und dies nur für deren Dauer.
2. Das Pfandrecht an eigenen beweglichen Sachen
a) Der Grundsatz des Erlöschens Im Gegensatz zu den Grundpfandrechten ist im Bereich der beweglichen Sachen ein Pfandrecht an der eigenen Sache grundsätzlich nicht möglich. § 1256 I 1 BGB bestimmt: Das Pfandrecht erlischt, wenn es mit dem Eigentum in derselben Person zusammentrifft.
Diese Norm geht unmittelbar auf die römische Regel pignus rei suae consistere non potest zurück. 18 Es kommt also zum Erlöschen des Pfandrechts durch Konsolidation. Der Gesetzgeber hat sich im Gegensatz zum Immobiliarsachenrecht für das Erlöschen des Pfandrechts als Regelfall entschieden. Gleiches gilt auch für den Nießbrauch an beweglichen Sachen, für den § 1063 I
15 Zu den früher vertretenen Ansichten vgl. nur Gursky, in: Staudinger 13 § 889 Rn. 5 m. w. N. 16 Eickmann, in: MünchKomm § 1177 Rn. 3; Gursky, in: Staudinger 13 § 889 Rn. 5; Wolfsteiner, in: Staudinger 13 § 1177 Rn. 5; Hagen, in: Erman § 889 Rn. 3; Räfle, in: Erman § 1177 Rn. 1; Eickmann, in: Westermann § 119 III (S. 829); Baur / Stürner, SachenR § 36 Rn. 124; in diesem Sinne auch schon Wolff 7 Raiser, Sachenrecht § 147 I 3 (S. 610). 17 Gursky, in: Staudinger 13 § 889 Rn. 6; Wolfsteiner, in: Staudinger 13 § 1196 Rn. 2. 18 Zum römischen Recht siehe oben S. 19 ff. - Schon der Vorentwurf zum Sachenrecht folgte insoweit dem römischen Recht, vgl. Johow, in: VE III/2 S. 402 f. (zum römischen Pfandrecht) i. V. m. S. 432 (zum Standpunkt des Entwurfs).
152
Β. Geltendes Recht
BGB eine dem § 1256 I 1 BGB entsprechende Vorschrift enthält.19 Grund 20 fur diese unterschiedliche Regelung ist zum einen die im Immobiliarsachenrecht durch das Grundbuch gegebene, im Bereich der beweglichen Sachen aber fehlende Möglichkeit, das Recht an der eigenen beweglichen Sache offenkundig zu machen. Zum anderen ist beim Pfandrecht an beweglichen Sachen das wirtschaftliche Bedürfnis für eine generelle Anerkennung eines Eigentümerrechts im Vergleich zu den Grundpfandrechten weniger stark. Bereits im Vorentwurf wurde zutreffend darauf hingewiesen, daß das Erlöschen eines beschränkt dinglichen Rechts infolge der Konsolidation keine zwingende Rechtsfolge ist. 21 Für den - bei Rechten an beweglichen Sachen als solchen verstandenen - Regelfall, daß das beschränkt dingliche Recht dem Eigentümer keine Vorteile verschafft, die er nicht schon kraft seines Eigentums hat, hielt man aber den Untergang des Rechts für die angemessene Rechtsfolge. 22 Eigentliches gesetzgeberisches Motiv für das grundsätzliche Erlöschen des Pfandrechts an der eigenen beweglichen Sache war somit die bei beweglichen Sachen als Regelfall angenommene Sinn- und Zwecklosigkeit der Unterscheidung der beiden, einer Person zutehenden, Rechte.23 Ein Bedürfnis für das Fortbestehen des beschränkt dinglichen Rechts neben dem Eigentum kann es auch bei beweglichen Sachen geben. Dem wurde in § 1256 I 2, II und parallel dazu für den Nießbrauch in § 1063 II BGB Rechnung getragen. Daher sind vor allem die beiden in § 1256 12 und II BGB geregelten Ausnahmen von Interesse, deren Tragweite im einzelnen umstritten ist.
19
Zum Eigentümernießbrauch vgl. Schön, Nießbrauch S. 221 ff. Vgl. Η. Ρ. Westermann, in: Westermann § 3 I 4 (S. 20). - Darauf, daß die Rechtsklarheit ein grundsätzliches Erlöschen von Eigentümerrechten an beweglichen Sachen erfordert, weist auch Schellen, Konfusion S. 299 hin. 21 Johow, in: VE III/2 S. 844: „Ein theoretischer Zwang zur Annahme des Rechtsunterganges wird im Entwurf nicht anerkannt."; S. 130: „... nicht als ein die Gesetzgebung unbedingt bindendes Axiom gelten darf." - Zu den früheren Versuchen, die Wirkung der Konsolidation mit der „logischen Unmöglichkeit" des Bestehens eines Eigentümerrechts zu begründen, vgl. ausführlich Schmidt-Rimpler, Eigentümerdienstbarkeit S. 57 ff. (m. w. N.). 22 Speziell zum Pfandrecht Johow, in: VE III/2 S. 844: „... sondern daß das Erlöschen des begrenzten Rechts nur da anzunehmen ist, wo eine fernere Unterscheidung von begrenztem Recht und Eigenthum in der Person des Berechtigten nicht durch ein berechtigtes Interesse derselben gefordert wird." 23 Vgl. allgemein Johow, in: VE III/2 S. 51 f. 20
I. Das Pfandrecht
153
b) § 125612 BGB Gemäß § 1256 I 2 BGB tritt das Erlöschen des Pfandrechts nicht ein, solange die Forderung, für welche das Pfandrecht besteht, mit dem Recht eines Dritten belastet ist. 24 Mit dieser Regelung soll der Dritte geschützt werden, dem ein Pfandrecht oder ein Nießbrauch an der Forderung zusteht, für die das eigentlich von der Konsolidation betroffene Pfandrecht bestellt worden ist. Denn die Forderung ist für ihn kraft der Pfandsicherung wirtschaftlich wertvoller. Einer Ansicht 25 nach soll das Pfandrecht in diesem Fall erlöschen und nur dem Dritten gegenüber als fortbestehend gelten. Für die Annahme eines solchen relativen Eigentümerpfandrechts spricht die Tatsache, daß § 1256 I 2 BGB ausschließlich den Schutz des Dritten bezweckt und dieses Ziel auch mit dem Fortbestehen des Pfandrechts nur zugunsten des Dritten erreicht wäre. Überdies besteht kein Bedürfnis, das Fortbestehen des Pfandrechts auch dem Eigentümer selbst zugute kommen zu lassen.26 Gegen diese Ansicht spricht jedoch der Wortlaut des § 1256 I 2 BGB, der generell anordnet, daß das Erlöschen des Pfandrechts nicht eintritt und dies nicht auf bestimmte Personen beschränkt. Dieser Wortlaut ist Ausdruck der Bedenken, die zumindest die erste Kommission gegen die Anerkennung eines relativen dinglichen Rechts hatte.27 Wie zum Beispiel § 2175 BGB zeigt, der den relativen Fortbestand auch dinglicher Rechte vorsieht und im ersten Entwurf noch auf Forderungen beschränkt war 28 , hat die zweite Kommission diesen Bedenken nicht konsequent Rechnung getragen. 29 Auf die Fassung des § 1256 I 2 BGB hat das aber keine Auswirkungen gehabt. Da also in dem Wortlaut dieser Vorschrift, der aus dogmatischen Gründen weiter geht, als eigentlich erforderlich ist, unzweifelhaft das Bestreben zum Ausdruck kommt, die Existenz eines relativen dinglichen Rechts zu verhindern, ist es nicht möglich, durch Auslegung zu einem, dem Gesetzeszweck vermeintlich besser entspre-
24
Eine dem § 1256 I 2 BGB entsprechende Ausnahme vom Grundsatz des Erlöschens durch Konsolidation fehlt in § 1063 BGB, da der Nießbrauch gemäß den §§ 1059, 1069 II, 1274 II BGB nicht mit einem Nießbrauch oder Pfandrecht belastet werden kann. 25 Wieling, Sachenrecht § 15 V I I I 2 d aa(S. 728); Wolff / Raiser, Sachenrecht § 171 I 1 b (S. 707); Kober, in: Staudinger 10 § 1256 Rn. 2. 26 Wieling, Sachenrecht § 15 V I I I 2 d aa (S. 728); Esser, Rechtsfiktionen S. 152; Kretschmar, Confusion S. 247. 27 Vgl. Motive III S. 203 oben; siehe dazu auch Esser, Rechtsfiktionen S. 152; Kretschmar, Confusion S. 245-247. 28 Vgl. § 1866 des ersten Entwurfs: „Ist eine dem Erblasser gegen den Erben zustehende Forderung Gegenstand des Vermächtnisses, so ist das Schuldverhältnis in Ansehung des Vermächtnisses nicht als durch Vereinigung erloschen anzusehen." 29 Vgl. dazu Kretschmar, Confusion S. 245 f.
154
Β. Geltendes Recht
chenden, bloß relativen Fortbestehen des Pfandrechts zu gelangen.30 Dies entspricht im Ergebnis der heute herrschenden Meinung. 31
c)§ 1256 II BGB Die zweite Ausnahme bildet § 1256 II BGB. Danach gilt das Pfandrecht als nicht erloschen, soweit der Eigentümer ein rechtliches Interesse an seinem Fortbestehen hat. Die römischen Quellen, nämlich Paulus D. 44. 2. 30. 1 und C. 8. 19. I 3 2 , berücksichtigten das rechtliche Interesse des Eigentümers bei Vorhandensein nachrangiger Pfandgläubiger, die bei Erlöschen des von der Konsolidation betroffenen Pfandrechts eigentlich aufgerückt wären. Dies geschah zwar nicht durch die Anerkennung eines Eigentümerpfandrechts. Jedoch wurde entweder dem Eigentümer die actio Serviana gewährt oder der nachrangige Pfandgläubiger auf das ius offerendi et succedendi verwiesen und somit ein der Anerkennung des Eigentümerpfandrechts vergleichbares Ergebnis erzielt. Die Regelung des § 1256 II BGB beruht auf dieser Einschränkung des Erlöschens durch Konsolidation. 33 Es sind im wesentlichen drei Fallgruppen, in denen ein rechtliches Interesse im Sinne des § 1256 II BGB anzunehmen ist: Bestehen an der Pfandsache weitere dingliche Rechte, die dem von der Konsolidation betroffenen Pfandrecht gegenüber nachrangig sind, so müßten infolge der Konsolidation grundsätzlich diese Rechte im Rang aufrücken. Ein nunmehr erstrangig gewordener Pfandgläubiger könnte beispielsweise den Pfandverkauf betreiben und hätte bei der Erlösverteilung entsprechend seinem Rang die vorteilhaftere Position. Dies wäre der Fall, obwohl der ursprünglich Nachrangige keinen Anspruch auf eine bessere Rangstelle hat und obwohl er sich seinen schlechteren Rang möglicherweise hat vergüten lassen, etwa durch eine höhere Verzinsung. Umgekehrt gewährt das Eigentum zwar ein Mehr an Befugnissen als das Pfandrecht; es sichert aber - anders als dieses - nicht den Vorrang gegenüber anderen dinglich Berechtigten. In erster Linie ist es diese Unbilligkeit, die
30
So auch Kretschmar, Confusion S. 247. Damrau, in: MünchKomm § 1256 Rn. 3; Wiegand, in: Staudinger 13 § 1256 Rn. 4; Mühl, in: Soergel § 1256 Rn. 2; Gursky, in: Westermann § 132 IV 2 (S. 934); Knütel, Pfandrecht S. 19; Flad, in: Planck5 § 1256 Anm. 2. 32 Zu D. 44. 2. 30. 1 siehe S. 26 ff., zu C. 8. 19. 1 siehe S. 32 ff. 33 Vgl. Johow, in: VE III/2 S. 402 f. und S. 844. Siehe auch S. 488 ff., wo (im Zusammenhang mit der Eigentümerhypothek) die römischen Quellen ausführlich behandelt werden. - Motive III S. 201: „Schon die röm. Quellen enthalten eine Reihe von Aussprüchen, in welchen dem Eigenthümer pfandrechtliche Befugnisse an der eigenen Sache zugestanden werden." 31
I. Das Pfandrecht
155
§ 1256 II BGB vermeiden will. 3 4 In solchen Fällen liegt ein rechtliches Interesse des Eigentümers am Fortbestehen des Pfandrechts vor. Ein rechtliches Interesse wird ferner dann angenommen, wenn der Eigentümer die gesicherte Forderung - vorausgesetzt sie besteht noch - zusammen mit dem Pfandrecht weiter übertragen will und so Pfandrecht und Eigentum wieder auseinanderfallen würden. 35 Zum Erwerb der Forderung durch den Eigentümer bei gleichzeitiger Konsolidation kann es beispielsweise nach §§ 1225 S. 1, 412, 401 I, 1250 I 1 BGB oder dann kommen, wenn der Eigentümer, der nicht persönlicher Schuldner ist, den Pfandgläubiger beerbt. Die Annahme eines rechtlichen Interesses in diesen Fällen ist freilich nicht einleuchtend: Wenn keine nachrangigen Gläubiger vorhanden sind, kann der Eigentümer dem Zessionar ohne weiteres ein erstrangiges Pfandrecht an der ihm gehörenden Sache bestellen. Im Unterschied zu den Grundpfandrechten ist diese Neubestellung ohne zusätzliche Kosten möglich. Sind aber weitere Pfandgläubiger vorhanden, so liegt ohnehin der oben angesprochene Fall vor. Schließlich ist ein rechtliches Interesse zu bejahen, wenn der Eigentumserwerb durch den Pfandgläubiger nach dem Anfechtungsgesetz anfechtbar ist. 36
aa) Die Rechtsnatur des Eigentümerpfandrechts nach § 1256 II BGB Was die Rechtsnatur des Pfandrechts betrifft, das gemäß § 1256 II BGB als nicht erloschen gilt, so wird teilweise die Auffassung vertreten, dieses fiktive Pfandrecht sei ein vollwertiges, das alle Wirkungen eines „normalen" Pfandrechts habe.37 Der nach dieser Ansicht unpassend formulierte § 1256 II BGB soll genauso wie § 1256 I 2 BGB zu verstehen sein, der davon spricht, daß das Erlöschen nicht eintritt. Dies beruhe darauf, daß das Pfandrecht als dingliches Recht eine Einheit sei, die nicht in ihren Wirkungen beschränkt werden, sondern nur entweder vollständig untergehen oder bestehen bleiben könne. 38 Die heute herrschende Auffassung geht dagegen davon aus, daß nach § 1256 II BGB nur einzelne Wirkungen des fingierten Pfandrechts gegenüber
34
Motive III S. 842; Damrau, in: MünchKomm § 1256 Rn. 4; Wiegand, in: Staudinger 13 § 1256 Rn. 6; Mühl, in: Soergel § 1256 Rn. 2. 35 Damrau, in: MünchKomm § 1256 Rn. 4; Wiegand, in: Staudinger 13 § 1256 Rn. 9; Mühl, in: Soergel § 1256 Rn. 2. 36 Vgl. dazu die Entscheidung RGZ 154, 378, insbesondere S. 382 f. 37 So insbesondere Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen S. 28 ff.; Schellen, Konfusion S. 301; Brodmann, in: Planck § 1256 Anm. 3. 38 Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen S. 30-32.
156
Β. Geltendes Recht
Dritten aufrechterhalten werden. 39 Von praktischer Relevanz ist dies vor allem für die Frage, ob der Eigentümer, zu dessen Gunsten das Pfandrecht als nicht erloschen gilt, den Pfandverkauf betreiben kann. 40 Für die herrschende Ansicht spricht der Wortlaut der Vorschrift: Das Pfandrecht gilt als fortbestehend, soweit - und nicht: wenn - der Eigentümer ein rechtliches Interesse daran hat. Der in diesem Wortlaut und in der Entstehungsgeschichte41 zum Ausdruck kommende Gesetzeszweck, den Eigentümer aus Gründen der Billigkeit vor den Konsequenzen der Konsolidation zu schützen, wird schon dann vollständig verwirklicht, wenn die für ihn vorteilhaften Wirkungen des Pfandrechts, das heißt vor allem die Rangwirkung, erhalten bleiben. Es gibt keinen Grund, darüber hinausgehende Rechtspositionen zu schaffen. 42 Anders als bei § 1256 I 2 BGB hat dieser Gesetzeszweck im Wortlaut seinen Ausdruck gefunden. Die Beschränkung des fiktiven Fortbestehens des Pfandrechts auf einzelne Wirkungen ist deshalb sachlich gerechtfertigt und kein „konstruktives Monstrum" 43 . Dies entspricht schließlich auch der Rechtslage im klassischen römischen Recht, auf das die Regelung des § 1256 II BGB zurückgeht 44 , und das ebenfalls kein Eigentümerpfandrecht anerkannte, sondern nur einzelne Wirkungen des Pfandrechts als fortbestehend von dem Erlöschen durch Konsolidation ausnahm.45 Der von der Minorität vertretenen Ansicht ist daher nicht zu folgen; das gemäß § 1256 II BGB als nicht erloschen geltende Pfandrecht ist kein vollwertiges.
bb) Pfandverkauf durch den Eigentümer? In diesem Zusammenhang stellt sich weiter die Frage, ob der Eigentümer, zu dessen Gunsten das Pfandrecht als nicht erloschen gilt, selbst den Pfandverkauf betreiben kann.
39
Damrau, in: MünchKomm § 1256 Rn. 5; Wiegand, in: Staudinger 13 § 1256 Rn. Ί: Kregel, in: RGRK § 1256 Rn 4; Mühl, in: Soergel § 1256 Rn. 5; Flad, in: Planck* § 1256 Anm. 3; Endemann, BR I I / l S. 40-44, 898. - In diesem Sinne auch BGHZ 27, 227, 233, wonach sich ein Dritter nicht auf die Fiktionswirkung des § 1256 II BGB berufen kann. 40 Dazu sogleich unter bb). 41 Motive III S. 842. 42 Wiegand, in: Staudinger 13 § 1256 Rn. 7. 43 So aber Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen S. 31 Fn. 98. 44 Vgl. oben bei Fn. 33. 45 Dazu zusammenfassend oben S. 34 ff.
I. Das Pfandrecht
157
Einer heute noch vertretenen Ansicht nach soll dies möglich sein. 46 Dies beruht zum einen auf der soeben erörterten Annahme, das Eigentümerpfandrecht des § 1256 II BGB sei ein inhaltlich vollkommenes Pfandrecht und berechtige folglich auch zum Pfandverkauf. 47 Zur Begründung wird zum anderen aber auch angeführt, daß die gegenteilige Ansicht einen nachrangigen Pfandgläubiger benachteiligen würde: 48 Dieser hätte nur die Möglichkeit, gemäß §§ 1249, 268 III BGB das Pfandrecht des vorrangigen Eigentümers abzulösen, um selbst den Pfandverkauf betreiben zu können. Auf diese Weise müßte er das Risiko, daß der Erlös zur Befriedigung des Vorrangigen ausreichend ist, tragen. Dagegen spricht zunächst, daß, wie oben dargelegt, § 1256 II BGB das Nichterlöschen des Pfandrechts nur soweit fingiert, wie das Eigentümerinteresse reicht. Der Pfandverkauf durch den Eigentümer selbst könnte nur dem Zweck dienen, die nachrangigen dinglichen Rechte auf diese Weise aufzuheben, nicht aber dem von § 1256 II BGB verfolgten Zweck, den Eigentümer vor nachrangigen Gläubigern zu schützen. Das kommt auch in dem für die Eigentümergrundschuld geltenden § 1197 I BGB zum Ausdruck. 49 Diese Vorschrift wird teilweise im Rahmen des § 1256 II BGB für analog anwendbar erklärt. 50 Dies dürfte zwar schon an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke scheitern, da man durch Auslegung des § 1256 II BGB zu dem gleichen Ergebnis kommt. Richtig ist allerdings, daß sich aus § 1197 I BGB der Gedanke entnehmen läßt, daß der Eigentümer kein schutzwürdiges Interesse an der Verwertung seiner eigenen Sache haben kann. Dies gilt gemäß § 1177 II BGB auch für den Fall, daß die gesicherte Forderung fortbesteht. Der Pfandverkauf wird also nicht mehr von dem Eigentümerinteresse umfaßt. 51 Aber auch die Argumentation, die fehlende Möglichkeit des Pfandverkaufs durch den Eigentümer benachteilige nachrangige Gläubiger, ist nicht überzeugend: Selbst wenn der Eigentümer diese Möglichkeit hätte, wäre einem nachrangigen Gläubiger damit noch nicht geholfen, denn er wäre wegen § 1232 BGB immer vom Willen des Eigentümers abhängig. Möchte dieser den Pfandverkauf nämlich nicht betreiben, weil er zum Beispiel ein Interesse daran hat, die ihm gehörende Pfandsache zu behalten, so bliebe dem Nachrangigen wiederum nur die Möglichkeit, gemäß §§ 1249, 268 III BGB das Pfandrecht des vorrangigen Eigentümers abzulösen, um selbst den Pfandverkauf betreiben zu 46
Damrau, in: MünchKomm § 1256 Rn. 5; Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen S. 484; Wolff/Raiser, Sachenrecht § 160 V (S. 673). 47 Mit dieser Begründung Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen S. 484. 48 Damrau, in: MünchKomm § 1256 Rn. 5. 49 Zu § 1197 I BGB siehe oben S. 151. 50 Flad, in: Planck5 § 1256 Anm. 3; Brodmann, in: Planck § 1256 Anm. 3. 51 Wiegand, in: Staudinger 13 § 1256 Rn. 8; Mühl, in: Soergel § 1256 Rn. 4; Endemann, BRII/1 S. 898 Fn. 18.
158
Β. Geltendes Recht
können. Das damit für ihn verbundene Risiko würde ihm somit auch die Möglichkeit eines Pfandverkaufs durch den Eigentümer nicht in jedem Fall abnehmen. Daher erscheint es als nicht gerechtfertigt, aus diesen Gründen von dem aus dem Wortlaut und der Teleologie des Gesetzes gewonnenen Ergebnis abzuweichen. Es bleibt also festzuhalten, daß § 1256 II BGB den Eigentümer nicht zum Pfandverkauf berechtigt. 52
cc) Verhältnis zum Grundsatz der Akzessorietät des Pfandrechts § 1256 II BGB findet unstreitig dann Anwendung, wenn dem Eigentümer die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung zusteht. Ist jedoch der Eigentümer zugleich der persönliche Schuldner, zum Beispiel wenn der erstrangige Pfandgläubiger den Eigentümer, de r zugleich persönlicher Schuldner ist, beerbt, so erlischt die Forderung durch Konfusion. Dies müßte nach allgemeinen Grundsätzen auch zum Erlöschen des akzessorischen Pfandrechts führen, § 1252 BGB. Überwiegend wird die Ansicht vertreten, daß § 1256 II BGB, der an den allgemeinen Erlöschensgründen und insbesondere am Grundsatz der Akzessorietät nichts ändere, keine Anwendung finde und es somit kein fiktives Fortbestehen des Pfandrechts gebe.53 Zur Klärung dieser Frage ist vom Zweck der gesetzlichen Regelung auszugehen: Wie bereits ausgeführt, liegt dieser vor allem darin, dem Eigentümer, in dessen Person „ein Überfluß von Recht stattfindet" 54, gegenüber nachrangigen dinglich Berechtigten seine Rangprivilegien im Hinblick auf die Verteilung des Erlöses bei einem Pfandverkauf und bezüglich der Abwehr von Herausgabeansprüchen zu erhalten. § 1256 II BGB soll also ausschließlich aus Gründen der Billigkeit vermeiden, daß der Erwerb des Eigentums, gegenüber dem das Pfandrecht zwar ein Minus darstellt, das aber nicht den Vorrang vor weiteren dinglich Berechtigten sichert, dem von der Konsolidation Betroffenen zum Nachteil gereicht und umgekehrt anderen Vorteile bringt, auf die sie keinen Anspruch haben.
52
So auch Wiegand, in: Staudinger 13 § 1256 Rn. 8; Kregel, in: RGRK § 1256 Rn. 4; Mühl, in: Soergel § 1256 Rn. 4; Endemann, BR I I / l S. 898 Fn. 18; Brodmann, in: Planck § 1256 Anm. 3. 53 Wiegand, in: Staudinger 13 § 1256 Rn. 9; Kregel, in: RGRK § 1256 Rn. 4; Mühl, in: Soergel § 1256 Rn. 3; Küchenhoff, in: Erman § 1256 Rn. 2; Flad, in: Planck5 § 1256 Anm. 3 a. E.; Baur /Stürner, SachenR § 55 Rn. 33; Gursky, in: Westermann § 132 IV 3 (S. 934); Wolff/ Raiser, Sachenrecht § 171 I 2 (S. 707); Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen S. 486; Crome, System 3 S. 258 Fn. 41, 660 f.; Wunderlich, Verpfänder S. 114. 54 So Motive III S. 842.
I. Das Pfandrecht
159
Aus diesem Grund kann das Bestehen oder Nichtbestehen einer gesicherten Forderung in der Hand des Eigentümers keinen Einfluß auf die Schutzbedürftigkeit des nunmehrigen Eigentümers haben: Sowohl mit als auch ohne Forderung bietet das fiktive Nichterlöschen des Pfandrechts dem Eigentümer nicht die Möglichkeit, sich aus der ihm gehörenden Sache zu befriedigen. 55 Nur eine solche Befriedigungsmöglichkeit wegen einer Forderung würde hinsichtlich des rechtlichen Interesses eine unterschiedliche Beurteilung beider Fälle rechtfertigen. Das fiktive Nichterlöschen des Pfandrechts dient jedoch nur der Abwehr nachrangiger Pfandgläubiger und dem Vorbehalt des Ranges bei einer eventuellen Pfandveräußerung. Auf das Vorliegen eines rechtlichen Interesses, auf das § 1256 II BGB allein abstellt, hat das Erlöschen der gesicherten Forderung daher keinerlei Einfluß. 56 Ein zusätzliches Argument dafür läßt sich aus der Regelung des § 1197 I BGB gewinnen. Dieser untersagt dem Inhaber einer Eigentümergrundschuld die Zwangsvollstreckung zum Zwecke seiner Befriedigung. Danach gibt es also kein schutzwürdiges Interesse des Eigentümers an der Verwertung seiner Safche. 57 Daß dieser Rechtsgedanke unabhängig von dem Bestehen oder Nichtbestehen der gesicherten Forderung ist, zeigt § 1177 II BGB: Für das Zusammenfallen von Hypothek und Eigentum und gleichzeitigem Bestehen der Forderung gilt ebenfalls § 1197 I BGB. Ist aber im konkreten Fall ein rechtliches Interesse des Eigentümers auch bei Nichtbestehen einer gesicherten Forderung zu bejahen, dann gibt es keinen Grund, § 1256 II BGB in diesem Fall nicht anzuwenden. Dies gilt gleichermaßen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Akzessorietät: Zum einen fingiert § 1256 II BGB - wie schon oben unter aa) erörtert überhaupt kein vollwertiges Pfandrecht; es werden nur einzelne Wirkungen zugunsten des Eigentümers aufrechterhalten. Der Gesetzgeber hätte mit der gleichen rechtlichen Wirkung anordnen können, daß dem Eigentümer die Rangrechte des Pfandgläubigers erhalten bleiben. 58 Warum sollte der Grundsatz der Akzessorietät hier Anwendung finden, wo es doch nur um diesen Teil der Wirkungen des Pfandrechts geht? Außerdem geht schon durch die Konsolidati-
55
Endemann, BR I I / l S. 898 Fn. 19. Wieling, Sachenrecht § 15 V I I I 2 d bb (S. 728 f.). In den Beratungen der ersten Kommission war man sich darüber einig, daß auch in dem Fall des Erlöschens der gesicherten Forderung der Eigentümer ein Interesse am Fortbestehen des Pfandrechts gegenüber nachrangigen Berechtigten haben kann, vgl. Jakobs / Schubert, Beratung III 2 S. 991 f. - Man verständigte sich allerdings dahin, „... daß zur Anerkennung eines der Eigenthümerhypothek entsprechenden anomalen Pfandrechtes ohne Forderung ein erhebliches praktisches Bedürfnis nicht vorliege." (S. 992). 57 Zu § 11971 BGB siehe oben S. 151. 58 So Esser, Rechtsfiktionen S. 156. 56
160
Β. Geltendes Recht
on jeder Bezug zu der unter Umständen noch bestehenden gesicherten Forderung verloren, da der Eigentümer sich wegen dieser ohnehin nicht aus der eigenen Sache befriedigen kann. Zum anderen würde die Gegenansicht zu einer starken Einengung des Anwendungsbereichs des § 1256 II BGB fuhren, der dann nur noch einschlägig wäre, wenn nicht der Eigentümer, sondern ein Dritter persönlicher Schuldner ist. Ist dagegen der Eigentümer selbst der persönliche Schuldner und wird er zum Beispiel von dem erstrangigen Pfandgläubiger beerbt, so würde dieser nicht durch § 1256 II BGB geschützt; ein nachrangiger dinglich Berechtigter würde aufrücken. Auch wenn der erstrangige Pfandgläubiger die Pfandsache von seinem Schuldner, der zugleich Eigentümer ist, an Erfüllungs Statt erhält oder unter Aufrechnung mit der gesicherten Forderung erwirbt, wäre § 1256 II BGB nach der Gegenansicht nicht anwendbar. Die Unbilligkeit dieses Ergebnisses ist offensichtlich. 59 Dies zeigt auch der im ersten Teil behandelte Fall von C. 8. 19. I 6 0 : Erwirbt der Pfandgläubiger die Pfandsache unter gleichzeitigem Erlöschen der gesicherten Forderung, so stellt die Sache in seinem Vermögen das wirtschaftliche Äquivalent für die untergegangene Forderung dar. Aus diesem Grund muß der Rangvorteil gegenüber den nachrangigen Gläubigern aufrechterhalten werden. Wenn § 1256 II BGB in dem Fall des Fortbestehens der gesicherten Forderung aus Gründen der Billigkeit die Wirkungen der Konsolidation einschränkt, muß dies auch im Fall des Erlöschens der gesicherten Forderung gelten. Es wäre inkonsequent, wenn das Gesetz zwar im ersten Fall den Eigentümer unter Nichtbeachtung des in § 1256 I 1 BGB aufgestellten Grundsatzes schützen würde, jedoch im zweiten Fall den Grundsatz der Akzessorietät höher bewerten würde als die hier im gleichen Maße bestehende Schutzbedürftigkeit des Eigentümers. Aus diesen Gründen ist entgegen der überwiegenden Ansicht § 1256 II BGB auch dann anzuwenden, wenn Eigentümer und persönlicher Schuldner identisch sind und die gesicherte Forderung durch Konfusion erlischt. 61
59 Das gesteht auch Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen S. 486 Fn. 498 zu, der aber dennoch der Gegenansicht folgt. 60 Vgl. oben S. 32 ff. 61 So auch Wieling, Sachenrecht § 15 V I I I 2 d bb (S. 728 f.); Endemann, BR I I / l S. 898 Fn. 19; Heck, Sachenrecht S. 426.
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
161
I I . Gebrauchsüberlassungsverträge 1. Das Vorhandensein eines Zwischenrechts Liegt ein Zwischenrecht vor, ist also das Eigentum des Mieters, Pächters oder Entleihers in der Weise obligatorisch oder dinglich beschränkt, daß er als Eigentümer kein Recht zum Besitz hat und ihm deshalb der Gebrauch bzw. die Nutzung der Sache entzogen ist, so kann er sich durch Miet-, Pacht- oder Leihvertrag wirksam den Gebrauch oder die Nutzung der eigenen Sache ausbedingen. Alle Rechtsfolgen dieser Verträge, wie zum Beispiel die Pflicht zur Mietzinszahlung oder zur Rückgabe der Sache nach Vertragsbeendigung, treten ohne weiteres ein. 62 In Betracht kommt beispielsweise die Miete vom Nießbraucher oder auch von einem Mieter, der seinerseits die Sache - ganz oder teilweise - an den Eigentümer zurückvermietet. Wenn der Eigentümer/Mieter kein Recht zum Besitz hat, ist die Rechtslage nicht anders als in dem „Normalfall", daß ein Nichteigentümer als Mieter mit dem unbeschränkten Eigentümer als Vermieter kontrahiert. Das Pfandrecht an beweglichen Sachen scheidet als Zwischenrecht in dem oben genannten Sinne aus, da das BGB - anders als das römische Recht 63 - bei Mobilien nur das Faustpfandrecht kennt und dieses gemäß § 1253 I 1 BGB bei Rückgabe der Pfandsache an den Eigentümer erlischt. Entscheidend ist stets, ob der Eigentümer durch ein solches Zwischenrecht beschränkt ist. Dieses muß nicht notwendig dem Vermieter, Verpächter oder Verleiher zustehen: Ist ein Dritter zum Beispiel Nießbraucher, so ist dennoch der zwischen einem hinsichtlich der Sache weder obligatorisch noch dinglich Berechtigten (als Vermieter) und dem Eigentümer (als Mieter) abgeschlossene Mietvertrag wirksam; gegebenenfalls kommt es zur Rechtmängelhaftung des Vermieters. Die Rechtslage ist mithin nicht anders als in dem Fall, daß sowohl Vermieter als auch Mieter nichtberechtigt sind und das unbeschränkte Eigentum einem Dritten zusteht.
62 RGZ 104, 308, 309 f. (Der Beklagte hatte ein ihm gehörendes Haus vom Kläger gemietet. Das Reichsgericht hielt den Mietvertrag für wirksam, weil die Nutzungsbefugnis infolge eines Kaufvertrages mit dem Kläger diesem zustand.); OLG Augsburg BayZ 1905, 327, 327; Kiefersauer, in: Staudinger lT § 535 Rn. 22; Emmerich, in: Staudinger 13 §§ 535, 536 Rn. 7; Jendrek, in: Erman § 535 Rn. 35; Knoke, in: Planck § 535 Anm. 2 (S. 803); Gunkel, in: Planck Vor § 598 (S. 913); Arp, Unmöglichkeit S. 184; Windscheid / Kipp, PandektenR II S. 721; Mittelstein, Miete S. 117; Oertmann II 2 S. 735. 63 Zum Pfandrecht als Zwischenrecht siehe beispielsweise Florentinus D. 13. 7. 35. 1, oben S. 58 f.
11 Zimmermann
162
Β. Geltendes Recht
Wenn im Folgenden von „beschränktem" oder „unbeschränktem" Eigentum die Rede ist, so ist darunter das durch ein Zwischenrecht in der dargelegten Weise beschränkte oder nicht beschränkte Eigentum zu verstehen.
2. Das Fehlen eines Zwischenrechts Problematisch ist jedoch die Rechtslage in den Fällen, in denen ein solches Zwischenrecht des Vermieters, Verpächters, Verleihers oder eines Dritten fehlt. Denkbar ist beispielsweise der Fall, daß die betreffende Sache dem Eigentümer abhanden gekommen ist und ihm später vermietet wird, sei es von einem gutgläubigen Besitzer oder einem Dieb. Genauso kann es vorkommen, daß der Erbe eine eigene Sache mietet, weil ihm deren Zugehörigkeit zur Erbschaft nicht bekannt ist. Denkbar ist auch der Fall, daß ein dem Pächter gehörendes Grundstück verpachtet wird, weil die Parteien davon ausgehen, der im Grundbuch eingetragene Verpächter sei Eigentümer, während in Wirklichkeit das Grundbuch unrichtig ist.
a) Rechtslage vor Inkrafttreten des BGB (gemeines Recht, Kodifikationen und Entwürfe)
aa) Gemeines Recht Im gemeinen Recht waren Gebrauchsüberlassungsverträge über eigene Sachen bei Fehlen eines Zwischenrechts unwirksam. So führte beispielsweise Sintenis64 unter Hinweis auf D. 50.47. 45 pr. aus: „Dagegen aber ist allerdings der Natur der Sache nach im Allgemeinen nicht möglich, dass Jemand seine eigene Sache von einem anderen pachte, es sei denn, dass diesem gewisse Befugnisse daran zuständen, dann können diese, und so, wenn derselbe deren Besitz und Gebrauch haben sollte, die Sache selbst Gegenstand des Pachts für ihn werden;..."
64
Sintenis, Civilrecht 2 S. 661; vgl. auch Windscheid / Kipp, PandektenR II S. 719 f. (zur Miete), S. 592 (zur Leihe); Struckmann, in: VE II/2 S. 254.
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
163
bb) Preußisches Allgemeines Landrecht Im preußischen ALR war nicht geregelt, ob die eigene Sache des Mieters oder Pächters gemietet oder gepachtet werden konnte; man folgte deshalb dem gemeinen Recht.65
cc) Sächsisches BGB Im Bürgerlichen Gesetzbuch für das Königreich Sachsen von 1863/65 finden sich folgende Regelungen bezüglich Gebrauchsüberlassungsverträgen über eigene Sachen: §795 Ein Vertrag, vermöge dessen der Eigenthümer einer Sache diese oder rücksichtlich derselben nur für den Nichteigentümer mögliche Rechte erwerben soll, ist nichtig. § 1189 Der Eigenthümer kann seine eigene Sache pachten oder miethen, wenn deren Benutzung einem Dritten zusteht.
§ 795 ist nicht etwa so zu verstehen, daß er sich ausschließlich auf dingliche Rechte an der Sache bezieht, sondern er erfaßt auch die rein obligatorische Berechtigung hinsichtlich der eigenen Sache. Dies folgt zum einen aus der systematischen Stellung des § 795 im dritten Teil des Sächsischen BGB (Recht der Forderungen), dem im übrigen das Sachenrecht im zweiten Teil vorausgeht. Zum anderen folgt es aus den Motiven zu § 820 des Entwurfs des Sächsischen BGB von 1860, aus denen hervorgeht, daß man insoweit vom gemeinen Recht nicht abweichen wollte, daß also ein Vertrag über die res propria grundsätzlich nichtig sein sollte. 66 In Verbindung mit § 1189 ergibt sich mithin die Nichtigkeit von Pacht- oder Mietverträgen über die eigene Sache bei Fehlen eines Zwischenrechts. In § 1227 S. 2 ist die Rechtsfolge des nachträglichen Eigentumserwerbs des Mieters oder Pächters geregelt, der ebenfalls zur Nichtigkeit des Miet- oder Pachtvertrages fuhrt: § 1227 S. 2 Erwirbt der Pachter oder Miether während des Pacht- oder Mietvertrages das Eigenthum oder Benutzungsrecht an der Sache von dem Verpächter oder Vermiether, so erlöscht der Pacht- oder Mietvertrag von der Zeit der Erwerbung an.
Inwieweit sich der Mieter oder Pächter gegenüber dem Vertragspartner auf sein Eigentum berufen kann, ist in den §§ 1227 S. 1, 1184 geregelt:
65 66
RGZ 49, 285, 286; Förster /Eccius II S. 174 bei Fn. 33. Motive Sächs. BGB S. 761 f.; vgl. auch Siebenhaar / Ρöschmann Anm. zu § 795.
164
Β. Geltendes Recht
§ 1227 S. 1 Mit dem Einwände, daß ihm das Eigenthum an der Sache zustehe, kann sich der Pachter oder Miether gegen seine Verbindlichkeit zur Rückgabe nur unter den in § 1184 angegebenen Voraussetzungen schützen. §1184 Der Entleiher kann sich der Rückgabe der Sache nicht durch den Einwand entziehen, daß ihm das Eigenthum an derselben zustehe; ausgenommen wenn er bereits zur Zeit der Verleihung Eigenthümer war und die Verleihung nicht unter Umständen erfolgte, unter welchen auch dem Eigenthümer der Gebrauch seiner eigenen Sache von einem anderen eingeräumt werden konnte, oder wenn ihm der Verleiher nach der Verleihung das Eigenthum überließ.
Die Umstände, unter welchen auch dem Eigentümer der Gebrauch seiner eigenen Sache von einem anderen eingeräumt werden konnte, ergeben sich aus §1189. Nach den §§ 1227 S. 1, 1184 ist es also zum Beispiel dem Mieter der eigenen Sache möglich, sich gegenüber dem Herausgabeanspruch des Vermieters auf sein Eigentum zu berufen, wenn der Mietvertrag gemäß §§ 795, 1189 bei Nichtvorhandensein eines Zwischenrechts nichtig ist.
dd) Entwurf des Bayerischen BGB Der Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern von 1861-1864 enthält folgende Vorschriften: Art. 407 Der Eigenthümer kann seine eigene Sache von demjenigen, welchem der Gebrauch an derselben zusteht, in Miethe nehmen. Art. 431 Abs. 1 Der Miether kann die Rückgabe des Miethgegenstandes nicht aus dem Grunde verweigern, weil der Vermiether nicht Eigenthümer derselben sey, ausgenommen, wenn er sofort liquid machen kann, daß ihm selbst das Eigenthum an der Sache zustehe.
Ein Umkehrschluß aus Art. 407 führt zu dem Ergebnis, daß ein Mietvertrag über die eigene Sache bei Fehlen eines Zwischenrechts nicht wirksam abgeschlossen werden konnte.
ee) Hessischer Entwurf Auch beim Hessischen Entwurf von 1845 ist derselbe Schluß möglich. Im zweiten Buch der vierten Abteilung („Von den Verbindlichkeiten im Besonderen") finden sich diese Normen: 67
67
Zitiert nach Struckmann, in: VEII/2
S. 257 f.
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
165
Art. 152 Der Vertrag, wodurch Jemand, der Bestandgeber, den Gebrauch eines Gegenstandes einem Anderen zu überlassen, und dieser, der Bestandnehmer, dafür einen bestimmten Preis zu geben verspricht, ist der Bestandvertrag. Art. 154 Es kann Jemand auch einen ihm selbst angehörigen Gegenstand in Bestand nehmen, wenn und so lange einem Dritten der Gebrauch desselben gebührt.
Die Motive zu diesem Entwurf merken dazu an, daß ein von Art. 154 erfaßter Fall beispielsweise dann vorliegt, wenn der Gebrauch der Sache dem Bestandgeber „... vermöge der persönlichen Dienstbarkeit des Nießbrauchs, gebührt ,..". 68
fï) Dresdner Entwurf Zum Dresdner Entwurf eines allgemeinen deutschen Gesetzes über Schuldverhältnisse von 1866 zeigt sich auch in diesem Zusammenhang die recht enge Anlehnung an das Sächsische BGB. Er sah die folgenden Bestimmungen vor: Art. 539 Abs. 2 Der Eigenthümer kann seine eigene Sache von Demjenigen in Miethe nehmen, welchem der Gebrauch derselben zusteht. Art. 566 Abs. 2 Die Verbindlichkeit des Miethers zur Rückgabe der gemietheten Sache fällt nur dann weg, wenn der Miether bereits zur Zeit der Schließung des Vertrages Eigenthümer der Sache gewesen ist, und nicht der Fall des Art. 539 Abs. 2 vorliegt, oder wenn ihm der Vermieter nach der Vermiethung der Sache das Eigenthum an solcher überlassen hat.
b) Das Fehlen vergleichbarer
Regelungen im BGB
Im Unterschied dazu enthält das BGB leeine speziellen Normen für Gebrauchsüberlassungsverträge über eigene Sachen des Mieters, Pächters oder Entleihers, weder was die Wirksamkeit solcher Verträge, noch was die Möglichkeit, sich gegenüber seinem Vertragspartner auf sein Eigentum berufen zu können, betrifft. Eine dem § 1189 des Sächsischen BGB, dem Art. 407 des Bayerischen Entwurfs, dem Art. 154 des Hessischen Entwurfs oder dem Art. 539 Abs. 2 des Dresdner Entwurfs entsprechende Vorschrift, die zum Inhalt gehabt hätte, daß jedenfalls bei Vorhandensein eines Zwischenrechts ein wirk-
68
Motive Hess. Entwurf m S. 58.
166
Β. Geltendes Recht
samer Vertrag gegeben sei, hat keine Aufnahme in das BGB gefunden, obwohl noch der Vorentwurf insoweit dem Dresdner Entwurf folgte. 69 Aus den Motiven zum BGB läßt sich entnehmen, daß es dafür hauptsächlich drei Gründe gibt: 70 Zum ersten erschien es den Gesetzesverfassern als selbstverständlich, daß ein Gebrauchsüberlassungsvertrag über die res sua bei Vorhandensein eines Zwischenrechts wirksam sei. Zweitens ergäbe sich aus einer solchen gesetzlichen Vorschrift im Umkehrschluß zwingend, daß der Vertrag bei Fehlen eines Zwischenrechts nichtig sei. Diese Folge sollte vermieden werden. Man war der Meinung, daß in einem solchen Fall keine Verpflichtung zu einer objektiv unmöglichen Leistung vorliege, da die Gebrauchsgewährung tatsächlicher Natur sei. Daß der Vertrag infolge eines Irrtums des Mieters, Pächters oder Entleihers über sein Eigentum nach den allgemeinen Vorschriften, die ja im ersten Entwurf noch keine Anfechtung, sondern Nichtigkeit ipso iure vorsahen, nichtig sein könne, wurde gleichwohl nicht ausgeschlossen.71 Dritter Grund für die Nichtaufnahme einer entsprechenden Regelung in das BGB war schließlich die Annahme, daß auch dann, wenn man von der Wirksamkeit solcher Verträge ausginge, eine sinnvolle und dem Rechtsgefühl entsprechende Lösung zu erreichen sei, indem gegen den Rückgabeanspruch des Nichteigentümers die Einwendung dolo facit, qui petit, quod statim redditurus est gewährt und im übrigen die Frage einer Miet- oder Pachtzinszahlung durch die Regelungen über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gelöst werden könne. 72 Dies bedeutet, daß der Vermieter als zumindest mittelbarer Besitzer 73 dem Eigentümer nach den §§ 987 ff. BGB haften würde und der Eigentümer/Mieter insoweit, wie ihm Nutzungsherausgabe zustünde, von der Entrichtung des Mietzinses befreit wäre. Auch die Beratungen der ersten Kommission zu den Art. 565, 566 des Dresdner Entwurfes, dem insoweit der Vorentwurf folgte, sind in diesem Zusammenhang von Interesse. In der Sitzung der Kommission vom 4. 5. 1893 lag der Antrag Windscheids vor, folgende Vorschrift aufzunehmen: 74 Der Mietvertrag ist ungültig, wenn der Miether beim Abschluß nicht gewußt hat, daß er Eigenthümer der vermietheten Sache sei oder daß ihm ein anderes Recht an
69 70 71 72 73 74
Struckmann, in: VE II/2 S. 253 ff., 355 ff. Dazu Motive I I S. 371 f. Motive II S. 371 a. E. Motive II S. 372. Dazu auch Fn. 84. Jakobs / Schubert, Beratung II 2 S. 498 f.
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
167
derselben zustehe, kraft dessen er Anspruch auf den zugesagten Gebrauch hat. Der Mietvertrag wird ungültig, wenn (zu der Zeit, zu welcher) der Miether nach dem Abschluß das Eigenthumsrecht oder ein anderes Recht der bezeichneten Art an der vermieteten Sache erwirbt.
Man war zwar der Auffassung, der Grund fur die Nichtigkeit eines solchen Mietvertrages könne nicht in der objektiven Unmöglichkeit der Verpflichtung gesehen werden, da die Pflicht zur Gebrauchsgewährung rein tatsächlicher Natur sei und deshalb auch gegenüber dem Eigentümer erfüllt werden könne. Der in dem Antrag Windscheids vorausgesetzte Irrtum des Mieters über sein Eigentum an der Sache wurde jedoch von der Kommission als durchaus möglicher Grund für die Unwirksamkeit eines solchen Vertrages anerkannt. Der Antrag wurde trotzdem abgelehnt, da man davon ausging, die im allgemeinen Teil zu den Willensmängeln getroffenen Regelungen seien vollständig und angemessen; unter Umständen liege auch nur ein unbeachtlicher Motivirrtum vor. Ein dringendes praktisches Bedürfnis für eine Entscheidung durch den Gesetzgeber liege nicht vor, somit müsse das Problem der Wissenschaft überlassen bleiben. Weiterer Grund für die Entscheidung war die Überlegung, die sich ebenfalls aus den Motiven zum BGB ergibt, daß nämlich auch dann, wenn man solche Verträge für wirksam hielte, eine sachgerechte Lösung durch die Gewährung der dolo /ac//-Einwendung aus § 242 BGB und durch die Anwendung der §§ 987 ff. BGB möglich sei. 75 Die Protokolle der 2. Kommission enthalten keine Aussagen, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung wären. Aus der Entstehungsgeschichte des BGB läßt sich somit herleiten, daß keine grundsätzliche Änderung gegenüber dem gemeinrechtlichen Rechtszustand beabsichtigt war. Mit der Nichtaufnahme entsprechender Vorschriften in das BGB wollte man die Frage der Wirksamkeit der betreffenden Verträge nicht regeln. Für die Fälle eines vorhandenen Zwischenrechts sah man die Entscheidung für die Wirksamkeit als „selbstverständlich" an; es sollte also die frühere Lösung weiter Gültigkeit haben. Im übrigen überließ man die Frage der Wissenschaft. Solange diese keine überzeugendere Lösung entwickelt, bedeutet dies, daß der alte Rechtszustand gelten soll, soweit er mit den allgemeinen Grundsätzen des BGB im Einklang steht.76
75
Zu alldem Jakobs / Schubert, Beratung II 2 S. 500 f. Aufschlußreich ist dazu auch die bei Jakobs / Schubert, Beratung II 2 S. 500 Fn. 2 zitierte Anmerkung von Schmitts zur Ablehnung des Antrags von Windscheid, wonach damit und mit der Ablehnung des Art. 566 des Dresdner Entwurfs „alles offen" sei. Vgl. auch Motive II S. 402, wo die Annahme, ein Mietvertrag, den der Mieter in Unkenntnis seines Eigentums abschließt, sei nichtig, als durchaus in Betracht kommend dargestellt wird. 76
168
Β. Geltendes Recht c) Die bisher vertretenen Auffassungen zur Frage der Wirksamkeit
aa) Zur Anwendbarkeit des § 306 B G B M i t der auch schon von der ersten Kommission vorgebrachten Argumentation, die vom Vermieter, Verpächter oder Verleiher geschuldete Gebrauchsüberlassung sei ausschließlich tatsächlicher Natur und könne deshalb auch dem unbeschränkten Eigentümer an der eigenen Sache verschafft werden, w i r d ganz überwiegend eine Anwendung des § 306 B G B bei Fehlen eines Zwischenrechts abgelehnt. 7 7 N u r vereinzelt w i r d dessen Anwendbarkeit bejaht. 7 8
bb) Z u m nachträglichen Eigentumserwerb Wenn der Mieter nach Abschluß des Mietvertrages das Eigentum an der Mietsache v o m Vermieter erwirbt, soll darin in der Regel eine konkludente Aufhebung des Mietvertrages liegen. 7 9 Einer anderen Auffassung nach, die aber bei ursprünglich vorhandenem Eigentum die Anwendung des § 306 B G B ablehnt, soll das Mietverhältnis in einem solchen Fall ab Kenntnis des Mieters von dem Eigentumserwerb gemäß §§ 275, 323 B G B endigen. 8 0
77 RG JW 1906, 436, 437 („... Gegenstand der Leistung des Vermieters ist die Gebrauchsgewährung, die wegen ihrer tatsächlichen Natur auch dem Eigentümer an der eigenen Sache verschafft werden kann."); Kiefersauer, in: Staudinger 1 § 535 Rn. 22* Löwisch, in: Staudinger 13 § 306 Rn. 28; etwas anders noch Löwisch, in: Staudinger § 306 Rn. 19 („Zulässig ist hingegen uU die Miete einer dem Mieter gehörenden Sache; ..."); Reuter, in: Staudinger 13 § 604 Rn. 6; Emmerich, in: Staudinger 13 §§ 535, 536 Rn. 7 (der hier zwar nur Fälle nennt, in denen ein Zwischenrecht gegeben ist, aber Unwirksamkeit bei Fehlen eines Zwischenrechts ausschließlich dann annimmt, wenn der Mieter vom Vermieter unbeschränktes Eigentum erwirbt); Ballhaus, in: RGRK § 306 Rn. 8 („Nicht von vornherein aus Rechtsgründen unmöglich ist die Miete einer eigenen Sache ..."); Heintzmann, in: Soergel §§ 535, 536 Rn. 126; Knoke, in: Planck § 535 Anm. 2 (S. 803 f.); Windscheid / Kipp, PandektenR II S. 592, 721; Mittelstein, Miete S. 118; Leonhard, BSchR S. 137; Kress, ASchR S. 101 Fn. 11; Oertmann, II 2 S. 735 f.; Enneccerus / Lehmann S. 508; Hellmann, AcP 90 (1900) S. 363, 434; Titze, Unmöglichkeit S. 62 Fn. 6. 78 Crome, System 2 S. 533 Fn. 36. - Nach Jendrek, in: Erman § 535 Rn. 35 kann an den unbeschränkten Eigentümer seine Sache nicht vermietet werden; auf § 306 BGB wird hier allerdings nicht hingewiesen. - Aus RGZ 104, 308, 309 läßt sich nicht mit einem Umkehrschluß herleiten, daß das Reichsgericht ebenfalls dieser Ansicht war, da im zu entscheidenden Fall ein Zwischenrecht vorlag (vgl. oben Fn. 62) und auf die Rechtslage bei Fehlen eines Zwischenrechts folglich nicht eingegangen werden mußte. 79 RGZ 15, 208, 210; Heintzmann, in: Soergel §§ 535, 536 Rn. 126. 80 Mittelstein, Miete S. 118 f.; Oertmann, II 2 S. 736; a. A. Enneccerus / Lehmann S. 508.
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
169
cc) Zusammenfassung Nach ganz überwiegender Auffassung soll also ein Gebrauchsüberlassungsvertrag über die eigene Sache des Mieters, Pächters oder Entleihers bei Fehlen eines Zwischenrechts im Gegensatz zur Rechtslage im gemeinen Recht wirksam sein. Um zu überprüfen, ob dies zu praktikablen und sachgerechten Ergebnissen führt, bleibt zu untersuchen, welche Rechtsfolgen ein solcher Vertrag im Vergleich zu Gebrauchsüberlassungsverträgen mit einem Nichteigentümer erzeugen würde, wenn er wirksam wäre.
d) Folgenbetrachtung und -bewertung bei angenommener Wirksamkeit Unkenntnis des Mieters
und
Im folgenden werden am Beispiel des Mietrechts einige der Rechtsfolgen dargestellt, die bei einem wirksamen Vertrag an sich eintreten müßten. Hier wird jeweils unterstellt, daß der Mieter nicht weiß, daß er Eigentümer der Mietsache ist. 81 Es ist zu untersuchen, welche Besonderheiten und Einschränkungen sich daraus ergeben, daß der Mieter unbeschränkter Eigentümer der Mietsache ist. Außerdem ist in diesem Zusammenhang zu erörtern, ob bei dieser Konstellation die jeweilige Rechtsfolge überhaupt den Zweck erfüllen und den Sinn haben kann, der ihr bei einem „normalen" Mietverhältnis zukommt. Für den Pacht- bzw. Leihvertrag gilt entsprechendes.
aa) § 535 S. 1 BGB Die Hauptpflicht des Vermieters ist die in § 535 S. 1 BGB normierte Pflicht zur Gebrauchsgewährung. Würde man den Vertrag auch bei Fehlen eines Zwischenrechts für wirksam halten, so träte diese Rechtsfolge auch hier ein. Die Gebrauchsgewährung ist zwar, wenn man ihr einen rein tatsächlichen Charakter beimißt, auch dem nicht zum Besitz Berechtigten gegenüber dem Eigentümer möglich; es fragt sich aber, welchen Sinn sie haben soll, wenn jener das gleiche Ergebnis durch die Vindikation erzielen könnte. Sinn und Zweck des Mietvertrages ist, daß durch ihn dem Mieter der Gebrauch einer Sache verschafft wird, der ihm nicht ohnehin schon zusteht. Wenn Hellmann 82 schreibt:
81
Zu dem Fall, daß der Mieter sein Eigentum an der Mietsache kennt und dennoch den „Mietvertrag" abschließt, siehe unten S. 185 f. 82 Hellmann, AcP 90 (1900) S. 363, 434.
170
Β. Geltendes Recht
„Der für das römische Recht mögliche Gesichtspunkt, daß in den Normalfällen der Sachmiete dem Mieter der Gebrauch zu gewähren ist, auf den er nicht ohnehin einen Rechtsanspruch hat, ist im BGB sicher nicht zum Ausdruck gelangt.",
so bedeutet das nur, daß nach dem Wortlaut des § 535 BGB S. 1 faktische Gebrauchsgewährung geschuldet ist. Seinen Sinn erfüllt ein Mietvertrag allerdings nicht in jedem Fall, in dem faktische Gebrauchsgewährung möglich ist, sondern nur dann, wenn er dem Mieter etwas verschafft, das er ohne ihn nicht hätte erlangen können. Die durch den Abschluß eines Mietvertrages normalerweise entstehende obligatorische Berechtigung des Mieters gegenüber dem Vermieter kann aber nicht entstehen, wenn der Mieter schon aus seinem unbeschränkten Eigentum gegenüber jedermann berechtigt ist, denn zusätzlich zu seinem Vollrecht kann ihm sinnvollerweise keine weitergehende Berechtigung verschafft werden.
bb) § 535 S. 2 BGB Auf Mieterseite besteht die Hauptpflicht nach § 535 S. 2 BGB in der Entrichtung des vereinbarten Mietzinses. Geht man von der Wirksamkeit des Mietvertrages aus, so ergeben sich Besonderheiten zunächst einmal daraus, daß parallel zu dem vertraglichen Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter auch noch ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis besteht:83 Jedenfalls durch den Mietvertrag wird - seine Wirksamkeit unterstellt - der Vermieter zum mittelbaren Besitzer. 84 In den hier interessierenden Fällen des Fehlens eines Zwischenrechts ist er gegenüber dem Eigentümer nicht zum Besitz berechtigt; dadurch, daß er an den Eigentümer vermietet, erlangt er kein Recht zum Besitz. Daher wird die Auffassung vertreten, soweit der Vermieter seinerseits nach den §§ 987 ff. BGB dem Eigentümer zur Nutzungserstattung verpflichtet sei, könne dieser die Mietzinszahlung unter Berufung auf die Einwendung dolo facit qui petit , quod statim redditurus est verweigern. 85 Somit hätte also zumindest
83 Dies wurde schon von der ersten Kommission erkannt, man hielt es anscheinend nicht für ungewöhnlich, daß bei Wirksamkeit des Vertrages neben vertraglichen Ansprüchen auch noch solche aus den §§ 987 ff. BGB gegeben sind, vgl. Motive II S. 372, Jakobs /Schubert, Beratung II 2 S. 500 f. und unten Fußnote 85. 84 Das gilt zumindest im Normalfall, in dem der Mieter unmittelbarer Besitzer wird. In bestimmten Fällen kann der Vermieter seine Pflicht zur Gebrauchsgewährung erfüllen, obwohl er unmittelbarer Besitzer bleibt, vgl. dazu Emmerich, in: Staudinger §§ 535, 536 Rn. 23; Voelskow, in: MünchKomm §§ 535, 536 Rn. 41; Larenz, BSchR S. 218 f. - In einem solchen Fall liegt - unabhängig von der Wirksamkeit des Mietvertrages - ohne weiteres eine Eigentümer-Besitzer-Verhältnis vor. 85 Oertmann II 2 S. 736; Knoke, in: Planck § 535 Anm. 2 (S. 804); Hellmann, AcP 90 (1900) S. 363, 434; Enneccerus / Lehmann S. 508. - Die gleiche Argumentation wurde schon von der ersten Kommission angeführt, um zu begründen, daß eine
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
171
der bösgläubige oder verklagte Vermieter gemäß den §§ 242, 987, 990 BGB keinen durchsetzbaren Anspruch auf Zahlung, während der gutgläubige wegen § 993 BGB den Mietzins einfordern könnte, solange sich das Eigentum des Mieters nicht herausgestellt hat. Einer anderen Ansicht nach soll folgendes gelten: 86 Im Rahmen der Rechtsmängelhaftung beim Kauf stehe es gemäß § 440 III BGB der Herausgabe an den Dritten, der ein Recht am Kaufgegenstand hat, gleich, wenn der Käufer diesen beerbt oder wenn er das Recht des Dritten anderweit erwirbt. Im Fall der Miete der eigenen Sache lasse sich behaupten, daß der Mieter die Mietsache kraft seines Eigentums innehat und gebraucht, und nicht infolge der Gebrauchsgewährung durch den Vermieter. Übertrage man den Rechtsgedanken des § 440 III BGB auf diesen Fall, so ergebe sich daraus, daß es keinen Unterschied machen könne, ob einem Dritten ein den Gebrauch hinderndes Recht an der Mietsache zusteht oder ob der Mieter selbst unbeschränkter Eigentümer ist und somit das Recht hat, die Sache völlig unabhängig von der Gebrauchsüberlassung durch den Vermieter zu gebrauchen. Dies bedeute, daß die Anwendung der §§ 541, 537 I BGB zu dem Ergebnis führe, daß der Mieter von der Mietzinszahlung befreit sei, der nicht weiß, daß er Eigentümer ist. Bei Kenntnis sei er dagegen wegen der §§ 541, 539 S. 1 BGB zur Zahlung verpflichtet. Bei dieser Argumentation wird allerdings übersehen, daß der Vermieter nach dem Wortlaut des § 535 S. 1 BGB nur die faktische Gebrauchsgewährung schuldet. Die Eviktion steht in § 440 III BGB hingegen deshalb dem anderweitigen Erwerb der Sache durch den Käufer gleich, weil es hier wegen der Rechtsverschaffungspflicht des Verkäufers trotz der weiterhin ungestörten Innehabung der Sache zu einem Schaden des Käufers kommen kann. Der Vermieter schuldet jedoch keine Rechts Verschaffung, sondern nur die Gebrauchsgewährung. Wenn diese rein tatsächlich zu verstehen ist, so kommt es nur auf die ungestörte Innehabung an, die auch dann gegeben ist, wenn der Mieter das Eigentum von einem Dritten erwirbt. Wenn man also, wie es der Wortlaut des § 535 S. 1 BGB erfordert, von einer Pflicht zur faktischen Gebrauchsgewährung ausgeht, darf bei angenommener Wirksamkeit des Vertrages - die zugrundeliegende Berechtigung keine Rolle spielen. Es ist festzuhalten, daß, selbst wenn man den geschilderten Auffassungen zustimmen würde, die Rechtsfolge des § 535 S. 2 BGB bei wirksamem Vertrag nur in bestimmten Fällen einträte. Auch hier stellt sich daher die Frage, welchen Sinn die Annahme eines wirksamen Vertrages hat, wenn die Hauptpflicht des Mieters, die ja tatsächlich bei dem Mieter, der sein Eigentum nicht kennt, oder
ausdrückliche Regelung zur Frage der Wirksamkeit solcher Verträge nicht erforderlich sei, vgl. Motive II S. 372; Jakobs /Schubert, Beratung II 2 S. 500 f. 86 Mit dieser Argumentation Windscheid/Kipp, PandektenR II S. 721 f.
172
Β. Geltendes Recht
gegenüber einem bösgläubigen Vermieter als unbefriedigend und mit dem Rechtsgefühl nicht vereinbar anzusehen ist, nicht generell gegeben ist, sondern nur in Einzelfällen. Zudem ist nicht einzusehen, warum selbst der gutgläubige Vermieter - auch wenn man von der rein tatsächlichen Gebrauchsüberlassung ausgeht - einen Anspruch auf Mietzinszahlung haben sollte. Daß dies nicht der Billigkeit entspricht, zeigt der Vergleich mit der Fallkonstellation, daß weder Vermieter noch Mieter eine entsprechende Berechtigung haben, sondern ein Dritter unbeschränkter Eigentümer der Mietsache ist. Solange hier der Mieter den ungestörten Gebrauch der Sache hat, ist er verpflichtet, den Mietzins zu zahlen, obwohl - anders als in dem Fall, daß der Vermieter zugleich Eigentümer oder sonst Berechtigter ist - der Vermieter durch den Abschluß des Mietvertrages keine Einschränkung seiner rechtlichen Stellung hinsichtlich der Mietsache erfahrt. Dies ist dadurch gerechtfertigt, daß der Mieter ohne den Mietvertrag nicht in den Genuß der Sache gelangt wäre. Ist aber der Mieter selbst unbeschränkter Eigentümer, so erhält er von dem Vermieter nur etwas, was er ohnehin hätte erlangen können, das heißt, daß dessen Leistung für ihn wertlos ist. Umgekehrt erleidet der Vermieter dadurch keinerlei Vermögenseinbuße, da er ja ohnehin einem Anspruch des Eigentümers aus § 985 BGB ausgesetzt war. Warum er dennoch Mietzins verlangen können sollte, ist nicht einleuchtend. Da dies unabhängig von Gut- oder Bösgläubigkeit so ist, kann eine entsprechende Differenzierung nicht überzeugen. Dagegen läßt sich auch nicht einwenden, daß der gutgläubige Besitzer durch die §§ 987 ff. BGB geschützt werde. Da auch bei einem unwirksamen Mietvertrag ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis vorliegen würde, geht es nicht um die Frage, ob der gutgläubige Besitzer die gezogenen Nutzungen behalten darf, sondern darum, ob gegen den unbeschränkten Eigentümer selbst überhaupt Mietzinsansprüche bestehen, die auf Seiten des Vermieters Nutzungen darstellen würden.
cc) § 536 BGB Gemäß § 536 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die vermietete Sache während der Mietzeit in einem zu dem vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Besonderheiten ergeben sich wieder aus dem zwischen Mieter und Vermieter bestehenden Eigentümer-Besitzer-Verhältnis: Soweit Instandhaltungsmaßnahmen unter die §§ 994, 996 BGB fallen, hat der Vermieter, der nach § 536 BGB verpflichtet ist, diese im Verhältnis zum Mieter zu tragen, seinerseits wieder einen Anspruch auf Verwendungsersatz gegen den Mieter qua Eigentümer. Das Nebeneinander von Vertrag und Eigentümer-BesitzerVerhältnis, also die Doppelstellung der Beteiligten, führt hier zu widersprüchlichen Ergebnissen. Daran zeigt sich einmal mehr, daß die Annahme eines wirk-
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
173
samen Vertrages neben einem ohnehin gegebenen Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nicht sinnvoll ist.
dd) § 547 BGB Dem Mieter steht für die von ihm auf die Mietsache gemachten Verwendungen ein Ersatzanspruch nach Maßgabe des § 547 BGB zu. Dies muß, falls man den Vertrag für wirksam hält, auch dann gelten, wenn der Mieter selbst unbeschränkter Eigentümer der Mietsache ist. Man käme damit zu dem unbefriedigenden Ergebnis, daß der auch nach Vertragsbeendigung noch gebrauchs- und nutzungsberechtigte Eigentümer Ersatz für Verwendungen auf die eigene Sache, die ja allein ihm selbst zugute kommen, verlangen könnte.
ee) § 547 a BGB Nach § 547 a I BGB ist der Mieter zur Wegnahme von Einrichtungen, mit denen er die Sache versehen hat, berechtigt. Auch diese Rechtsfolge des Mietvertrages erfüllt ihren Sinn nicht; sie ist überflüssig, wenn der Mieter unbeschränkter Eigentümer ist und als solcher die Mietsache ohnehin nie an den Vermieter herausgeben muß. 87
ff) § 549 BGB Grundsätzlich ist der Mieter gemäß § 549 BGB nicht zur Gebrauchsüberlassung an Dritte befugt. Diese Rechtsfolge widerspricht der Befugnis des Eigentümers, mit der Sache nach Belieben zu verfahren. Durch einen Mietvertrag werden zwar im Normalfall Befugnisse des Eigentümers eingeschränkt, aber im Normalfall ist der Vermieter Eigentümer. Dem Mieter dagegen soll der Mietvertrag bezüglich der Sache nur zusätzliche Befugnisse verschaffen. Man könnte einwenden, diese Argumentation vermische unzulässigerweise die beiden Ebenen; die Befugnisse des Betreffenden qua Eigentümer seien von seiner Rechtsstellung qua Mieter zu trennen. Diese Unterscheidung ändert jedoch nichts daran, daß bei unterstellter Wirksamkeit des Vertrages Mieter und Eigentümer identisch sind und die sich aus dem Mietvertrag ergebenden Pflichten des Mieters damit auch den Eigentümer der Sache treffen. Ist der Mieter ein nicht durch ein Zwischenrecht beschränkter Eigentümer, so widerspricht folglich § 549 BGB dem Sinn des Mietvertrages, dem Mieter 87
Vgl. dazu sogleich unter hh).
174
Β. Geltendes Recht
überhaupt erst ein obligatorisches Gebrauchsrecht einzuräumen. Im übrigen kann in den hier behandelten Fällen eine Gebrauchsüberlassung an Dritte niemals Interessen des Vermieters verletzen, denn dieser ist weder Eigentümer noch steht ihm ein Recht zum Besitz zu.
gg) § 550 BGB Das gleiche gilt für den in § 550 BGB geregelten Unterlassungsanspruch des Vermieters bei vertragswidrigem Gebrauch der Mietsache durch den Mieter.
hh) § 556 BGB Gemäß § 556 I BGB ist der Mieter verpflichtet, die gemietete Sache nach der Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. Dies führt zu unbilligen Ergebnissen, falls der Mieter unbeschränkter Eigentümer der Sache ist, da er sie als solcher nach Rückgabe sofort wieder beim Vermieter vindizieren könnte. Dem Mieter steht daher - falls man von einem wirksamem Vertrag ausgeht - die Einwendung dolo facit qui petit, quod statim redditurus est zu. 88
ii) Verletzung von Nebenpflichten durch den Mieter Beschädigt oder zerstört der Mieter schuldhaft die Mietsache, so hat der Vermieter - die Wirksamkeit des Vertrages vorausgesetzt - dem Grunde nach einen vertraglichen Schadensersatzanspruch. Ein Schaden an der Mietsache kann diesem allerdings bei Fehlen eines Zwischenrechts nicht entstehen: Weder ist der Vermieter Eigentümer bzw. zum Gebrauch oder zur Nutzung berechtigt, noch steht ihm gegen den unbeschränkten Eigentümer ein durchsetzbarer Herausgabeanspruch zu, so daß eine Beschädigung oder Zerstörung der Mietsache keinerlei Auswirkungen auf sein Vermögen haben kann. Wie sich schon oben bei den §§ 549, 550 BGB gezeigt hat, kann der Vermieter in dieser Fallkonstellation bei jeder Pflicht des Mieters, die dessen Umgang mit der Sache betrifft, keinerlei Interesse an deren Einhaltung haben, weil der Mieter unbeschränkter Eigentümer ist. Insofern ist die Annahme eines wirksamen Vertrages, der die entsprechenden Sorgfaltspflichten überhaupt erst begründet, ebenfalls nicht sachgerecht.
88 Oertmann II 2 S. 791 (zur Miete), S. 867 (zur Leihe); Windscheid / Kipp, PandektenR II S. 592 (zur Leihe); Hellmann, AcP 90 (1900) S. 363, 434; Knoke, in: Planck § 556 Anm. 2 (S. 840).
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
175
e) Zusammenfassung Es läßt sich also festhalten: Wenn man von der Wirksamkeit des Vertrages ausgeht, dann treten zwar an sich alle Rechtsfolgen ein, die er im „Normalfall" hervorruft. Allerdings sind diese Rechtsfolgen nicht sinnvoll und nicht sachgerecht: Viele Probleme haben ihre Ursache darin, daß bei dem Fehlen eines Zwischenrechts parallel zu dem vertraglichen Verhältnis ein Eigentümer-BesitzerVerhältnis besteht. Mieter und Vermieter haben eine Doppelstellung als Parteien sowohl des Mietvertrages als auch des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses. Daraus ergeben sich vielfach einander widersprechende Rechtsfolgen, was von den Vertretern der herrschenden Ansicht 89 - die ja von der Wirksamkeit solcher Verträge ausgeht - vor allem über § 242 BGB korrigiert wird. So verhält es sich zum Beispiel bei dem Gegenüberstehen von vertraglichem Zahlungsanspruch einerseits und von Nutzungsersatzansprüchen der §§ 987, 990 BGB andererseits. Ähnliches gilt auch für den vertraglichen Rückgabeanspruch des § 556 BGB. In beiden Fällen soll sich der Mieter gegen den Anspruch des Vermieters auf die Einwendung dolo facit qui petit , quod statim redditurus est berufen können. Aus der Doppelstellung des Mieters, der zugleich unbeschränkter Eigentümer ist, ergeben sich weitere Widersprüche: Wenn Vorschriften des Mietrechts, wie zum Beispiel die §§ 549,550 BGB die Befugnisse des Mieters einschränken bzw. dem Vermieter einen Unterlassungsanspruch gewähren, so hat dies im „Normalfall" den Zweck, die Interessen des Vermieters zu schützen. In diesem „Normalfall" ist aber der Vermieter Eigentümer oder durch einen Hauptmietvertrag dem Eigentümer gegenüber zur Obhut über die Mietsache verpflichtet, und es sind seine Befugnisse, die durch den Abschluß des Vertrages beschränkt werden, indem er sein Gebrauchsrecht verliert. Der Mieter dagegen erhält durch den Vertrag mehr, als er bisher hatte, nämlich eben dieses obligatorische Gebrauchsrecht. Dieses ist zwar von vornherein durch Pflichten, die den Umgang mit der Sache betreffen, wie zum Beispiel § 549 BGB oder bestimmte Nebenpflichten, beschränkt, aber es ist dennoch ein Mehr im Vergleich zu seiner vorherigen Situation. Vorschriften wie § 549 BGB bezwecken also nicht eine Beschränkung der Rechtsstellung des Mieters, sie definieren vielmehr einen Zuwachs an Rechten. Ist aber der Mieter unbeschränkter Eigentümer, so kann er vor Abschluß das Vertrages nach Belieben mit der Sache verfahren. Hält man den Vertrag für wirksam, so kommt man zu dem Ergebnis, daß nunmehr die Rechtsstellung des Mieters/Eigentümers durch den Mietvertrag beeinträchtigt wird, obwohl dies dessen Zweck, dem Mieter ein Mehr an Rechten zu
89
Vgl. oben Fn. 77.
176
Β. Geltendes Recht
verschaffen, widerspricht. Umgekehrt ist die bezweckte Einräumung eines obligatorischen Gebrauchsrechts und damit eine Erweiterung seiner Rechtsstellung nicht erreichbar, da dem Mieter der Sachgebrauch kraft seines Eigentums bereits zusteht. Um die geschilderten Widersprüche zu vermeiden, würde, wenn man an der Wirksamkeit solcher Verträge festhalten wollte, nur der Ausweg einer Korrektur über § 242 BGB bleiben. 90 Außerdem ist zu bedenken, daß Interessen des Vermieters, dem nicht einmal ein durchsetzbarer Herausgabeanspruch nach Vertragsbeendigung zusteht, überhaupt nicht berührt werden können. Das zeigt sich ebenfalls bei der Verletzung von Pflichten des Mieters, die eigentlich zu einem vertraglichen Schadensersatzanspruch führen müßten. Dem Grunde nach würde ein solcher Anspruch zwar bestehen, doch ist eine Vermögenseinbuße des Vermieters nicht denkbar. Auch bei dem oben unter dd) erörterten Problem, daß der Mieter jedenfalls für notwendige Verwendungen nach § 547 I BGB Ersatz verlangen könnte, wenn man den Vertrag für wirksam hielte, würde sich wohl nur über § 242 BGB eine Lösung finden lassen. Es zeigt sich also, daß die Rechtsfolgen, die bei angenommener Wirksamkeit des Vertrages einträten, entweder keinen Sinn ergeben bzw. den ihnen eigentlich im Rahmen eines Mietverhältnisses zukommenden Zweck nicht erfüllen oder zu Ergebnissen führen, die wieder korrigiert werden müssen, in der Regel über § 242 BGB. Die Teleologie der mietrechtlichen Vorschriften selbst führt somit zu dem Ergebnis, daß nur die Nichtigkeit solcher Verträge eine angemessene, praktikable Lösung darstellt. Zum einen würden die geschilderten Probleme nicht auftreten, zum anderen wäre man nicht gezwungen, einzelne, als unbefriedigend und dem Rechtsgefühl widersprechend empfundene Rechtsfolgen über § 242 BGB zu korrigieren. Die Nichtigkeit dieser Verträge wäre also nicht nur die konsequentere Lösung; sie würde wegen dieser Notwendigkeit, die an sich eintretenden Rechtsfolgen in der geschilderten Weise wieder zu korrigieren, auch zu keinen wesentlich anderen Ergebnissen führen als die herrschende Ansicht. Damit würde man nicht nur einzelnen Symptomen entgegenwirken, sondern die Ursache aller angesprochener Probleme beseitigen, die darin liegt, daß ein Gebrauchsüberlassungsvertrag über die eigene Sache des Mieters, Pächters oder Entleihers bei Fehlen eines Zwischenrechts ein „unsinniger" Vertrag ist. Die Annahme der Nichtigkeit dieser Verträge hätte außerdem den Vorteil, daß nicht zwischen anfänglichem und nachträglich erworbenem Eigentum
90 Die Vertreter der Ansicht, die Wirksamkeit dieser Verträge annimmt (vgl. oben Fn. 77) gehen allerdings nicht auf diese Probleme ein.
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
177
differenziert werden müßte. Die Vertreter der herrschenden Ansicht nehmen für den Fall des nachträglichen Eigentumserwerbs durch den Mieter an, daß der Vertrag entweder infolge einer konkludenten Aufhebung oder gemäß §§ 275, 323 BGB beendet wird. 91 Dies ist ebenfalls inkonsequent, da die oben geschilderten Probleme sowohl bei anfänglich vorhandenem als auch bei nachträglich erworbenem Eigentum auftreten und somit die Nichtigkeit bzw. Vertragsbeendigung in beiden Fällen die angemessene Lösung ist. All dies macht deutlich, daß für Gebrauchsüberlassungsverträge über die eigene Sache bei Fehlen eines Zwischenrechts die angemessene und praktikable Lösung allein die Nichtigkeit des Vertrages ist. Dieses Resultat wurde zunächst materiell durch das Abstellen auf die objektive Teleologie der mietrechtlichen Vorschriften und auf die Ergebnisse, zu denen die gegenteilige Ansicht fuhren würde, gewonnen. Im Folgenden ist zu untersuchen, wie dieses Ergebnis formal zu begründen ist, das heißt, an welche Rechtsnorm, die auf ihrer Rechtsfolgenseite die Nichtigkeit ausspricht, die Lösung anzuknüpfen hat.
f) Lösungs ans ätze
aa) Anfechtungsmöglichkeit Für die Fälle, in denen der Mieter den Willen hat, eine fremde Sache zu mieten, und somit von einem Irrtum beeinflußt ist, wird die Frage diskutiert, ob eine Anfechtung nach § 119 BGB möglich ist. Die erste Kommission hat dies ausdrücklich offengelassen und sich auch nicht hinsichtlich der Art und Beachtlichkeit des Irrtums festgelegt. 92 Es wird die Ansicht vertreten, es handele sich in diesen Fällen nur um einen unbeachtlichen Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtige. 93 Oertmann sah § 119 II BGB als einschlägig an. 94 Teilweise wird eine Anfechtungsmöglichkeit bejaht, allerdings ohne daß angegeben wird, welche Art von Irrtum vorliege. 95 Besteht die Fehlvorstellung des Mieters darin, daß er von einer nicht in seinem unbeschränkten Eigentum stehenden Sache als Vertragsgegenstand ausgeht und deshalb den Vertrag abschließt, so beeinflußt diese Fehlvorstellung nicht den Vollzug seines Willens: Er erklärt das, was er, äußerlich betrachtet, er91 92 93 94 95
Vgl. oben Fußnoten 79, 80. Jakobs /Schubert, Beratung II 2 S. 500; Motive II S. 371. Knoke, in: Planck § 535 Anm. 2 (S. 803). Oertmann II 2 S. 736. Mittelstein, Miete S. 118; Kiefersauer, in: Staudinger 11 § 535 Rn. 22.
12 Zimmermann
178
Β. Geltendes Recht
klären will, nämlich, daß er einen Mietvertrag über eine bestimmte Sache abschließen möchte. Dieser Erklärung mißt er auch keine andere Bedeutung bei, als ihr in Wirklichkeit, das heißt normativ, zukommt. Eine Anfechtbarkeit nach § 119 I BGB scheidet mithin aus. Die Fehlvorstellung betrifft vielmehr die Willensbildung. Der Mieter schreibt der Sache eine bestimmte Qualität zu, die sie in Wirklichkeit nicht aufweist. In Betracht kommt somit eine Anfechtbarkeit gemäß § 119 II BGB. Unter einer verkehrswesentlichen Eigenschaft einer Person oder Sache im Sinne dieser Vorschrift versteht man nicht nur ihre natürliche Beschaffenheit, sondern auch die vorhandenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die in ihren Beziehungen zu anderen Personen oder Sachen wurzeln und infolge ihrer Beschaffenheit und Dauer auf die Brauchbarkeit und den Wert von Einfluß sind. 96 In einem Urteil vom 14. Dezember 1960 entschied der BGH, daß das Eigentum an einer Sache nicht von dieser Definition erfaßt ist. 97 Es sei nicht ersichtlich, inwiefern das Eigentum an einer Sache auf deren Brauchbarkeit oder Wert Einfluß haben könne. Dagegen spricht jedoch folgendes: Der Irrtum darüber, wer Eigentümer einer Sache ist, ist ein Irrtum über deren rechtliche Zuständigkeit.98 Das Eigentum ordnet die Sache einer bestimmten Person zu. Es ist also ein Merkmal der Sache, das sich aus ihrer Beziehung zu einer Person, nämlich dem Eigentümer, ergibt bzw. diese betrifft. Dieses Sachmerkmal ist in den hier behandelten Fällen von entscheidender Bedeutung für die Brauchbarkeit der Sache:99 Wie dargelegt wurde, stellt ein Mietvertrag keine sinnvolle Regelung dar, wenn der Mieter unbeschränkter Eigentümer ist. Das Eigentum an der Sache beeinflußt somit ihre Tauglichkeit als Vertragsgegenstand. Daher spricht nichts dagegen, einen Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft anzunehmen, wenn der Mieter davon ausgeht, eine fremde Sache zu mieten, während er selbst deren unbeschränkter Eigentümer ist.
96 BGHZ 34, 32, 41; 88, 240, 245; Dilcher, in: Staudinger 12 § 119 Rn. 38; Hefermehl, in: Soergel § 119 Rn. 37; Kramer, in: MünchKomm § 119 Rn. 113; Larenz, AT § 20 II b (S. 382); Larenz/Wolf, AT § 36 Rn. 49; Hübner, AT Rn. 787. 97 BGHZ 34, 32, 41 f. - Die Ansicht des BGH wird kommentarlos wiedergegeben von Dilcher, in: Staudinger 12 § 119 Rn. 59; Hübner, AT Rn. 789; Larenz, AT § 20 II b (S. 382 Fn. 55). 98 So zutreffend Coing, in: Staudinger 11 §119 Rn. 42. - Auch Kramer, in: MünchKomm § 119 Rn. 116 lehnt die Auffassung des BGH ab. 99 In der Entscheidung des BGH ging es um die Anfechtung eines Kaufvertrages. Wie jedoch Kramer, in: MünchKomm § 119 Rn. 116 zutreffend ausführt, ist auch in diesem Fall wegen der Rechtsmängelhaftung des Verkäufers ein Einfluß auf die Brauchbarkeit der Sache zu bejahen.
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
179
Dies gilt auch dann, wenn man mit einer von Flume begründeten Ansicht 100 einen rechtsgeschäftlichen Eigenschaftsirrtum voraussetzt und damit die Verkehrswesentlichkeit im Zusammenhang mit dem konkreten Geschäftszweck bestimmt: Die rechtsgeschäftliche Bestimmung der Wesentlichkeit einer Eigenschaft kann danach auch konkludent erfolgen; in diesem Fall ist auf den jeweiligen Geschäftstypus abzustellen.101 Das bisher gewonnene Ergebnis, daß ein Mietvertrag mit einem unbeschränkten Eigentümer als Mieter keine sinnvolle Regelung ist, folgt aus der Teleologie der mietvertraglichen Bestimmungen des BGB. Deshalb ergibt sich aus dem Geschäftstypus „Mietvertrag" die Beziehung des Rechtsgeschäfts auf die Eigenschaft „Eigentum an der Mietsache". Eine Anfechtungsmöglichkeit nach § 119 II BGB ist folglich zu bejahen, falls der Mieter den Willen hat, eine fremde Sache zu mieten, während er in Wirklichkeit selbst unbeschränkter Eigentümer ist.
bb) Fehlen der Geschäftsgrundlage Als weiterer Lösungsansatz kommt eine Anwendung der Grundsätze über den Wegfall bzw. das Fehlen der Geschäftsgrundlage in Betracht, die zu einer Korrektur gemäß § 242 BGB führen würden. Da es einen „Konsens über den Denkansatz im Bereich der Geschäftsgrundlage" 102 nicht gibt und auf die Einzelprobleme im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden kann, wird hier die herrschende, vor allem von der Rechtsprechung vertretene Ansicht zugrundegelegt, ohne auf die abweichenden Meinungen 103 im Detail einzugehen. Diese Vorgehensweise ist auch dadurch gerechtfertigt, daß die bei Gebrauchsüberlassungsverträgen über die res sua auftretenden Probleme wenig gemein
100 Flume, AT II § 24 (S. 472 ff.); Medicus, AT Rn. 770; Dilcher, in: Staudinger 12 § 119 Rn. 46 f. 101 Flume, AT II § 24 2 c) (S. 479 f.); Dilcher, in: Staudinger 12 § 119 Rn. 47. 102 So die Formulierung von Schmidt, in: Staudinger 13 § 242 Rn. 943; Chiotellis, Geschäftsgrundlagenstörungen S. 29 hat „schon über 56 Einzeldarstellungen und Theorien" gezählt. - Vgl. auch Littbarski, JZ 1981 S. 8: „Denn nur wenige Bereiche des Zivilrechts dürften sowohl von den Voraussetzungen als auch den Rechtsfolgen her in Rechtsprechung und Schrifttum so umstritten sein wie gerade die Lehre von der Geschäftsgrundlage." 103 Umstritten ist vor allem auch der Anwendungsbereich der Lehre vom Wegfall bzw. Fehlen der Geschäftsgrundlage. In der Literatur ist eine Tendenz feststellbar, sie möglichst auf einen Kernbereich einzuschränken. Vgl. dazu Flume, AT § 26 (S. 494 ff.), insbesondere § 26 7. (S. 525 ff.); Teichmann, in: Soergel § 242 Rn. 214 ff.; Kramer, in: MünchKomm § 119 Rn. 120; Brox, in: Erman § 119 Rn. 52; Hübner, AT Rn. 1101; Littbarski, JZ 1981 S. 8 ff. (m. w. N.); sowie die Nachweise bei Schmidt, in: Staudinger 13 § 242 Rn. 959 ff.
180
Β. Geltendes Recht
haben mit den herkömmlicherweise als Fallgruppen des Instituts „Wegfall der Geschäftsgrundlage" diskutierten. Nach dieser Auffassung gehört zur (subjektiven) Geschäftsgrundlage „eine bestimmte gemeinsame Vorstellung oder sichere Erwartung beider Vertragsparteien, von der sie sich beide beim Abschluß des Vertrages haben leiten lassen, und zwar in der Art, daß jede Partei bei Kenntnis der Unrichtigkeit dieser Vorstellung oder Erwartung den Vertrag nicht oder doch nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätte, oder zum mindesten ihn der Gegenpartei redlicherweise nicht angesonnen hätte." 104
Gehen sowohl der Mieter als auch der Vermieter davon aus, daß der Mieter nicht oder zumindest nicht unbeschränkter Eigentümer ist, so läßt sich für den Normalfall ein solcher beidseitiger Motivirrtum annehmen: Der Mieter hätte den Vertrag nicht abgeschlossen, wenn er gewußt hätte, daß er unbeschränkter Eigentümer der Mietsache ist. Vom Vermieter läßt sich jedenfalls sagen, daß er bei Kenntnis dem Eigentümer den Abschluß des Mietvertrages redlicherweise nicht angeboten hätte. Ein Fehlen der Geschäftsgrundlage wäre somit anzunehmen. Anerkannt ist auch, daß die (objektive) Geschäftsgrundlage gebildet wird von der „Gesamtheit solcher außerhalb des Geschäfts liegender Umstände, deren Vorhandensein oder Fortdauer sinngemäß vorausgesetzt werden muß, damit das Geschäft im Hinblick auf den typischen oder den im Geschäftsinhalt zum Ausdruck gekommenen Geschäftszweck noch als eine sinnvolle Regelung zu bestehen vermag." 1 5
Da die Folgenbetrachtung bei unterstellter Wirksamkeit des Mietvertrages zu dem Ergebnis geführt hat, daß der Mietvertrag bei unbeschränktem Eigentum des Mieters keine sinnvolle Regelung darstellt, wäre auch danach ein Fehlen der Geschäftsgrundlage anzunehmen, und zwar unabhängig davon, ob sich die Parteien überhaupt eine konkrete Vorstellung von den Eigentumsverhältnissen an der Sache gemacht haben. Aus der Sinn- und Zwecklosigkeit des Vertrages
104
So die Definition von Larenz, AT § 20 III (S. 395); vgl. auch BGHZ 25, 390, 392; 58, 355, 362; 74, 370, 372 f.; 128, 230, 236; 131, 209, 214; BGH NJW 1991, 1478, 1478; 1993, 259, 262; 1993, 1641, 1642; 1993, 1856, 1859; 1997, 320, 323; Dilcher, in: Staudinger 12 §119 Rn. 91 ff.; Heinrichs, in: Palandt §242 Rn. 113; Hefermehl, in: Soergel § 119 Rn. 66; Knopp, in: Soergel / Siebert § 242 Rn. 387 f.; Werner, in: Erman § 242 Rn. 168; Larenz/Wolf, AT § 38 Rn. 11, 20. 105 So die Definition von Larenz / Wolf, AT § 38 Rn. 21. - Die Rechtsprechung verwendet zwar überwiegend die subjektive Formel (siehe Fn. 104), verzichtet aber auf das Erfordernis konkreter Vorstellungen der Parteien, vgl. BGHZ 128, 230, 236 f.; 131, 209, 215; dazu auch Heinrichs, in: Palandt §242 Rn. 122: „... ist die objektive Geschäftsgrundlage lediglich eine besondere Fallgruppe der umfassenden subjektiven Geschäftsgrundlage." - Vgl. auch OLG Nürnberg OLGZ 1977, 75, 76 f.; Knopp, in: Soergel/Siebert § 242 Rn. 387 f.; Larenz, ASchR § 21 II (S. 324).
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
181
ergibt sich auch die erforderliche Wesentlichkeit 106 des Fehlens der Geschäftsgrundlage für die Parteien. Weitere Voraussetzung für eine Korrektur über § 242 BGB ist, daß sich mit dem Fehlen der Geschäftsgrundlage kein Risiko verwirklicht, das in den Bereich einer Partei fällt und damit von ihr zu tragen ist. 107 Das Risiko, daß der Vermieter nicht Eigentümer ist, trägt bei einem „normalen" Mietvertrag gemäß § 541 BGB der Vermieter. Diese Wertung ist jedoch nicht einschlägig. Es liegt gleichsam eine Selbsteviktion durch den Mieter vor, die bei diesem keinen über das negative Interesse hinausgehenden Schaden verursacht. In den hier interessierenden Fällen verwirklicht sich das Risiko, daß der Mieter unbeschränkter Eigentümer ist, darin, daß der dennoch abgeschlossene Vertrag objektiv keine sinnvolle Regelung darstellt. Da die Nichtigkeit des Vertrages die einzig sachgerechte Lösung ist, kann man nicht davon sprechen, daß das „Risiko" des Fehlens der Geschäftsgrundlage in den Bereich der einen oder der anderen Partei fällt. Eine Vertragsanpassung als grundsätzliche Rechtsfolge 108 des Fehlens der Geschäftsgrundlage wäre, wie sich aus der oben angestellten Folgenbetrachtung ergibt, ebenfalls nicht sachgerecht. Daher kommt nur die Auflösung des Vertrages in Betracht. Grundsätzlich soll die Auflösung nicht ipso iure eintreten, sondern durch ein Kündigungs- oder Rücktrittsrecht 109. Dies kann nur den Sinn haben, der betroffenen Partei die Wahlmöglichkeit einzuräumen, ob sie trotz des Fehlens der Geschäftsgrundlage am Vertrag festhalten möchte. Bei dem Erwerb obligatorischer Gebrauchsrechte hinsichtlich eigener Sachen geht es jedoch nicht um die wirtschaftliche Schlechterstellung einer Partei; vielmehr ist die gesamte Regelung objektiv sinn- und zwecklos. Die Vertragsbeendigung durch ein Gestaltungsrecht ist dehalb nicht angebracht; stattdessen muß nach § 242 BGB ipso iure Unwirksamkeit eintreten.
106 Vgl. dazu BGHZ 128, 230, 238; 131, 209, 216; BGH NJW 1978, 2390, 2391; 1991, 1478, 1479; 1993, 1856, 1860; 1993, 259, 262; 1997, 320, 323; Heinrichs, in: Palandt § 242 Rn. 125; Medicus, AT Rn. 865 ff.; Lare nz / Wolf, AT § 38 Rn. 32. 107 BGHZ 74, 370, 373 ff.; 101, 143, 151 f.; 128, 230, 236; BGH NJW 1978, 2390, 2391; 1991, 1478, 1479; 1993, 1856, 1859; 1993, 259, 262; Heinrichs, in: Palandt § 242 Rn. 126; Hefermehl, in: Soergel § 119 Rn. 66; Medicus, AT Rn. 862 ff.; Larenz / Wolf, AT § 38 Rn. 34; Larenz, AT § 20 III (S. 395). 108 Vgl. BGHZ 47, 48, 52; 70, 47, 51 f.; 83, 251, 254 f.; 89, 226, 238 f.; 128, 230, 239; BGH NJW 1993, 259, 262; 1993, 1641, 1642; 1997, 320, 323; Heinrichs, in: Palandt §242 Rn. 130; Werner, in: Erman § 242 Rn. 179; Medicus, AT Rn. 878; Larenz / Wolf, AT § 38 Rn. 44. 109 BGHZ 133, 316, 327; 101, 143, 150; BGH NJW 1987, 2674, 2676; 1993, 1641, 1642; Heinrichs, in: Palandt § 242 Rn. 132; Medicus, AT Rn. 878; Larenz / Wolf, AT § 38 Rn. 46.
182
Β. Geltendes Recht cc) § 306 BGB
Schließlich ist die Anwendung von § 306 BGB in Betracht zu ziehen. Die herrschende Ansicht 110 , die eine Anwendung des § 306 BGB ablehnt, argumentiert damit, daß der Vermieter lediglich die Gebrauchsüberlassung schulde. Diese sei rein tatsächlich zu beurteilen, so daß sie selbst dem unbeschränkten Eigentümer verschafft werden könne. Bei dieser Argumentation wird allerdings übersehen, daß beim Kauf der eigenen Sache des Käufers für den Regelfall die Anwendbarkeit des § 306 BGB allgemein bejaht wird. 1 1 1 Zwar könnte man einwenden, daß hier der Vertrag deshalb auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichtet ist, weil der Verkäufer dem Käufer das diesem zustehende Eigentum nicht noch einmal verschaffen kann. Damit wird jedoch der wirkliche Grund für die Unwirksamkeit nicht deutlich. Es ist dies, wie schon die Behandlung des römischen Rechts gezeigt hat, die Sinnlosigkeit der Aufrechterhaltung eines solchen Rechtsgeschäfts 112; keine der bei einem „normalen" Kauf eintretenden Rechtsfolgen erfüllt ihren Zweck. Dies macht deutlich, daß insoweit zwischen Rechtsgeschäften, die auf Rechtsübertragung und solchen, die auf Gebrauchsüberlassung gerichtet sind, kein Unterschied besteht.113 Darauf, ob die Pflicht des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung tatsächlicher oder rechtlicher Natur ist, kommt es somit für die Frage der Wirksamkeit nicht an. Da diese Erwägungen folglich auch auf Gebrauchsüberlassungsverträge über die res sua zutreffen, muß § 306 BGB in diesen Fällen ebenfalls angewandt werden: Die im unbeschränkten Eigentum des Mieters, Pächters oder Entleihers stehende Sache ist kein tauglicher Vertragsgegenstand. Entscheidend für eine Anwendbarkeit des § 306 BGB ist zudem, wie der Vergleich mit dem Kauf der res sua zeigt und von Α φ 1 1 4 ausführlich dargelegt 110
Vgl. die oben in Fn. 77 Angeführten. Vgl. unten S. 194 ff. 112 Oben S. 109 ff. zur emptio rei suae und S. 39 f. zur stipulatio rei suae, die eine Rechtsverschaffungspflicht begründete und deshalb mit dem Kauf nach BGB vergleichbar ist. 113 Damit stimmt überein, daß im römischen Recht die Unwirksamkeitsregel sowohl für conductio rei suae und emptio rei suae als auch für die stipulatio rei suae galt. 114 Arp, Unmöglichkeit S. 155 ff. (unter Einbeziehung einer Vielzahl von Fallgruppen) und S. 243. Speziell zur Miete S. 184: „Die Regel, die für den Kauf der eigenen Sache gilt, wäre daher auf die Miete nur für die Fälle zu übertragen, wo dem Mieter der Gebrauch und die Nutzung der Mietsache bereits ohne Mietvertrag zustehen." Zustimmend Battes, in: Erman § 306 Rn. 1: „Es spricht demgegenüber vieles dafür, die Nichtigkeit auf die Fälle zu beschränken, in denen das Rechtsgeschäft 'sinn-, zweckund gegenstandslos' ist, Α φ aaO." - Vgl. auch Larenz, ASchR § 8 I (S. 99): „ A m ehesten wird man sagen können, daß ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag von vornherein zweck-, sinn- und gegenstandslos ist." 111
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
183
wurde, daß diese Norm die Nichtigkeit für solche Rechtsgeschäfte anordnet, die sinn-, zweck- und gegenstandslos sind. Gegen dieses Ergebnis scheint das historische Argument zu sprechen: Man wollte gerade keine Vorschrift wie beispielsweise Art. 539 Abs. 2 des Dresdner Entwurfs in das BGB aufnehmen. 115 Zu beachten ist jedoch der Grund dafür, daß die Gesetzesverfasser keine derartige Regelung treffen wollten: 116 Soweit man an Fälle dachte, in denen ein Zwischenrecht vorlag, wollte man an der vor Inkrafttreten des BGB bestehenden Rechtslage nichts ändern; man hielt die Wirksamkeit solcher Geschäfte für selbstverständlich. Im übrigen ging man davon aus, daß es sich um ein eher seltenes Detailproblem handelte. Nähere Überlegungen wurden nur im Hinblick auf die Pflicht zur Mietzinszahlung und den Rückgabeanspruch des Vermieters nach Vertragsbeendigung angestellt. Daran wollte man exemplifizieren, daß die wesentlichen Rechtsfolgen ohnehin nicht eintreten, das Problem also eher ein theoretisches ist. Es kommt noch hinzu, daß auch die erste Kommission sich nicht auf die Wirksamkeit solcher Verträge festlegen wollte. Man hielt es offenbar für den Grundsatz, daß Gebrauchsüberlassungsverträge über die eigene Sache des Mieters, Pächters oder Entleihers bei Fehlen eines Zwischenrechts nichtig sind. 117 Lediglich wegen des fehlenden praktischen Bedürfnisses wurde von einer Normierung im BGB abgesehen; die Lösung dieser Fälle sollte der Wissenschaft überlassen bleiben. 118 Da die Wissenschaft das Problem jedoch 115
Motive II S. 371 f. Dazu oben S. 165 ff. 117 Generell war eine möglichst geringe Abweichung vom bisherigen Rechtszustand beabsichtigt, das heißt, daß die Rechtskontinuität nach dem Willen des Gesetzgebers möglichst erhalten bleiben sollte, vgl. das Gutachten der Vorkommission vom 15.4.1874, abgedruckt in Jakobs /Schubert, Beratung I 1 S. 170 ff.: „Sie halten dafür, es werde das künftige Gesetzbuch den berechtigten Wünschen der deutschen Nation, den Interessen aller Einzelstaaten, den Anforderungen der Wissenschaft und der Rechtsübung nur unter der Voraussetzung entsprechen, daß an den bewährten gemeinschaftlichen Instituten und Sätzen der innerhalb des Deutschen Reichs bestehenden CivilrechtsSysteme festgehalten ... wird." - Zutreffend daher die Bemerkung Oertmanns: „Der Leitgedanke bei der Beratung des Gesetzes war nicht sowohl der, neues Recht zu schaffen, als vielmehr der einer Rechtsvereinheitlichung und Modernisierung des früheren Rechts. Daraus wird man die Folgerung ziehen dürfen, daß zur Auslegung der neuen Sätze in weitem Umfange auch die älteren Sätze, auf denen sie geschichtlich beruhen, samt der dazu erwachsenen Literatur und Rechtsprechung verwertet werden dürfen, daß überhaupt im Zweifel für eine tunlichst geringe Abweichung des alten vom neuen Rechte zu vermuten sei." (Oertmann 3 1 S. XIX). 118 Allgemein dazu, daß gerade die bewußte Nichtregelung einer Frage - oft mit der Wendung, die Lösung bleibe Wissenschaft und Praxis überlassen, zum Ausdruck gebracht - eine Anknüpfung an das römische Recht ermöglicht und erfordert, vgl. RGZ 57, 392, 394 f.: „Die Motive zum I. Entwurf... bemerken darüber, man könne die 116
184
Β. Geltendes Recht
nicht befriedigend aufgearbeitet hat, spricht bei der Auslegung des BGB auch unter Berücksichtigung der Ansichten des historischen Gesetzgebers nichts gegen den Rückgriff auf das römische und gemeine Recht. Dieses behandelte die conductio rei suae bei Fehlen eines Zwischenrechts im Regelfall als wegen rechtlicher Unmöglichkeit unwirksam. Aus alldem folgt, daß § 306 BGB auf die hier interessierenden Fälle anwendbar ist; der Vertrag mit dem unbeschränkten Eigentümer als Mieter, Pächter oder Entleiher ist mithin nichtig.
dd) Bewertung der Lösungsansätze Eine Anfechtungsmöglichkeit als Lösungsansatz vermag nicht zu befriedigen: Die geschilderten Inkonsequenzen treten auch dann auf, wenn der betreffende Mieter die Anfechtung unterläßt oder die Frist des § 121 BGB versäumt. Da, wie oben dargelegt wurde, die Nichtigkeit von Mietverträgen über die eigene Sache des Mieters bei Fehlen eines Zwischenrechts die angemessene Rechtsfolge ist, wäre es folgerichtig, wenn die Nichtigkeit ipso iure eintreten würde, das heißt unabhängig von einer Anfechtung. Die Zubilligung eines Anfechtungsrechts ist somit keine ideale Lösung. Die beiden anderen Lösungsansätze sind funktional gleichwertig. Sowohl § 242 als auch § 306 BGB ermöglichen es, das Ergebnis, das materiell aus der Teleologie der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften gewonnen wurde, formal in das System des BGB einzuordnen. Aus folgenden Gründen dürfte allerdings die Anwendung des § 306 BGB den Vorzug verdienen: Schon die Tatsache, daß die Rechtsfolge des Wegfalls oder Fehlens der Geschäftsgrundlage regelmäßig nur zu einer Anpassung des Vertrages führen soll, zeigt, daß dieses Rechtsinstitut die Funktion hat, das im Einzelfall auftretende, mit Treu und Glauben unvereinbare Ergebnis zu korrigieren. § 242 BGB wird mithin zum Ausfüllen von „Risikolücken" herangezogen. Beim Erwerb obligatorischer Gebrauchsrechte durch den unbeschränkten Eigentümer handelt es sich aber um eine abstrakt zu bestimmende Fallgruppe, die als einzig sachgerechte Rechtsfolge die Nichtigkeit jedes in Unkenntnis des unbeschränkten Eigentums des Mieters abgeschlossenen Vertrages erfordert. Daher kann auch die Frage, welche von den Parteien das Risiko des „Fehlens der Geschäftsgrundlage" trägt, sinnvollerweise nicht gestellt werden.
Entscheidung fuglich der Wissenschaft und Praxis nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze überlassen, und später ist eine Änderung in diesem Punkte nicht angeregt worden. Daraus ist zunächst ersichtlich, daß eine grundsätzliche Änderung des bisherigen Rechts nicht beabsichtigt ist,..."
II. Gebrauchsüberlassungsverträge
185
Der Rückgriff auf Treu und Glauben, der im übrigen auch von den Vertretern der herrschenden Meinung hinsichtlich einzelner Folgen des ihrer Meinung nach wirksamen Vertrages befürwortet wird, ist mit der Anwendung des § 306 BGB überflüssig. Auf diese Weise entspricht die Lösung des Problems dem eigentlichen Grund dafür, daß die Nichtigkeit des Vertrages die angemessene Rechtsfolge ist. Dieser Grund ist, wie auch die Behandlung des römischen Rechts 119 gezeigt hat, die rechtliche Unmöglichkeit, verstanden als Sinn- und Zwecklosigkeit des Rechtsgeschäfts. Deshalb ist das Unmöglichkeitsrecht des BGB der systematisch richtige Ort für die Lösung der hier interessierenden Fälle. 120
g) Die Rechtslage bei Kenntnis des Mieters Bei der oben vorgenommenen Folgenbewertung und bei der Erörterung der Lösungsansätze wurde jeweils Unkenntnis des Mieters (Pächters, Entleihers) unterstellt. Weiß dieser jedoch, daß er unbeschränkter Eigentümer der Mietsache ist, so stellt sich die Frage, ob dies eine abweichende Beurteilung erfordert. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß in solchen Fällen in aller Regel ein Zwischenrecht des Vermieters, zum Beispiel ein vom späteren Mieter eingeräumter Nießbrauch, vorliegen dürfte, so daß der Vertrag ohne weiteres als wirksam zu behandeln ist. Sollte aber ein unbeschränkter Eigentümer in Kenntnis dieser Tatsache dennoch als Mieter einen Vertrag über die eigene Sache abschließen, so ändert dies grundsätzlich nichts an den oben genannten Gründen, die notwendig zur Unwirksamkeit führen müssen, da auch die Kenntnis des Mieters oder überhaupt der Parteien nichts an der Nichterreichung des dem Mietvertrag innewohnenden Zwecks ändern kann. Gleichwohl kann sich der unbeschränkte Eigentümer im Rahmen seiner privatautonomen Gestaltungsfreiheit wirksam zur Zahlung von „Mietzins" gegenüber dem unberechtigten Besitzer verpflichten. Grund dafür ist jedoch nicht das Fehlen eines Irrtums. Vielmehr liegt dann kein Mietvertrag vor, auch wenn die Parteien das Geschäft so bezeichnen, sondern je nach den Umständen eine
119
Siehe dazu insbesondere S. 37 ff. Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß bei einem nachträglichen Eigentumserwerb des Mieters von einem Dritten beide Lösungsansätze zum gleichen Ergebnis führen: Entweder ist ein Wegfall der Geschäftsgrundlage anzunehmen oder - mit der gleichen Argumentation wie bei § 306 BGB - die Anwendbarkeit der §§ 275, 323 ff. BGB (vgl. auch oben bei Fn. 80). - Beim rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb vom Vermieter selbst ist eine jedenfalls konkludente Aufhebung des Mietvertrages anzunehmen. 120
186
Β. Geltendes Recht
(verdeckte) Schenkung oder ein vergleichsähnliches Geschäft, wenn es dem Eigentümer darum geht, zumindest zeitweise in den unmittelbaren Besitz der Sache zu kommen, den er andernfalls - beispielsweise wegen Beweisschwierigkeiten - nicht oder nicht so schnell hätte erlangen können. 121 Dieses Geschäft ist ein „sinnvolles"; die oben dargelegten Gründe, welche die Unwirksamkeit als sachgerecht erscheinen lassen, sind deshalb nicht einschlägig. Ein Beispiel für die zuletzt genannte Fallgruppe bildet das im ersten Teil dieser Arbeit behandelte Fragment Tertullian D. 41. 2. 28 1 2 2 : Der Vertrag erfüllt hier den Zweck, dem Eigentümer die tatsächliche Sachherrschaft und die damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteile zu verschaffen, die er sonst nicht oder jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt hätte erlangen können. Denkbar ist schließlich der Fall, daß zusammen mit dem Abschluß des Mietvertrages ausdrücklich oder konkludent eine Einigung über den Eigentumsübergang auf den Vermieter erfolgt. Bei einer solchen Übereignung in der Form des § 930 BGB liegt schon begrifflich kein Rechtsgeschäft über eine eigene Sache vor.
I I I . Der Verwahrungsvertrag
1. Das Vorhandensein eines Zwischen rechts Bei Verwahrungsverträgen über eine dem Verwahrer gehörende Sache ist zunächst - genauso wie bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen - zu unterscheiden, ob ein Zwischenrecht vorliegt oder nicht. Ist das Eigentum des Verwahrers durch ein dingliches oder obligatorisches Recht zum Besitz beschränkt, das einem anderen zusteht, so ist der Vertrag ohne weiteres wirksam; alle Rechtsfolgen treten ein. 123 Jemand, der zum Besitz der Sache berechtigt, aber zugleich zur Obhut verpflichtet ist, wie beispielsweise ein Mieter oder Nießbraucher, kann selbstverständlich die Obhut durch Verwahrung bei einem sorgfältig ausgewählten Dritten ausüben. Insoweit ist der durch ein Zwischenrecht beschränkte Eigentümer sogar im Regelfall noch geeigneter als jeder Dritte. Bei Vorhandensein eines Zwischenrechts gilt somit das gleiche wie bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen; auch hier kommt ein Pfandrecht nicht als Zwischenrecht in 121 Insoweit zutreffend Leonhard, BSchR S. 137 i. V. m. ASchR S. 308 ff., der allerdings aus der Parallele zum „Besitzkauf 4 zu weitgehend die Wirksamkeit jedes Mietvertrages über die eigene Sache folgert. - Zum vergleichsähnlichen Charakter eines „Abkaufs" des unmittelbaren Besitzes siehe unten S. 199 ff. 122 Siehe dazu oben S. 66 ff. 123 Nipperdey, in: Staudinger 11 § 695 Rn. 12; Oertmann II 2 S. 1105.
III. Der Verwahrungsvertrag
187
Betracht, da es nach § 1253 I 1 BGB bei der Rückgabe der Pfandsache an den Eigentümer erlischt.
2. Das Fehlen eines Zwischen rechts Problematisch ist die Rechtslage wiederum in den Fällen, in denen ein solches Zwischenrecht fehlt. Aus ähnlichen Gründen wie bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen kann es vorkommen, daß der unbeschränkte Eigentümer über seine Sache einen Verwahrungsvertrag abschließt, und zwar als Verwahrer.
a) Rechtslage vor Inkrafttreten des BGB (gemeines Recht, Kodifikationen und Entwürfe)
aa) Gemeines Recht Im gemeinen Recht war ein Verwahrungsvertrag über die eigene Sache des Verwahrers bei Fehlen eines Zwischenrechts nichtig. Beispielsweise merkte Sintenis 124 unter Verweis auf D. 50. 17. 45 pr. an: „Ob der Gegenstand dem, der ihn in Verwahrung giebt, dem Deponenten, gehört, ist gleichgültig, nur kann umgekehrt eine dem Depositar gehörige Sache nicht bei ihm selbst deponiert werden."
Es galt die Aussage, daß es zum Wesen (potestas) des depositum gehöre, einem anderen eine fremde Sache, nicht aber einem Eigentümer seine eigene Sache in Obhut zu geben. 125
bb) Preußisches Allgemeines Landrecht Das preußische ALR bestimmt in § 79 I 14: § 7 9 1 14 Hat er jedoch erst nach geschehener Hinterlegung ein auf die Sache ihm selbst zustehendes Eigenthumsrecht in Erfahrung gebracht, und würde er daran, bei Zurückgebung der Sache an den Niederleger, Gefahr laufen, so ist er befugt, wenn diese Angaben einigermaßen bescheinigt werden können, die Sache in gerichtliche Verwahrung abzuliefern.
124 125
Sintenis, Civilrecht 2 S. 564. Aufgrund von Tryphonin D. 16. 3. 31. 1, dazu oben S. 105 ff.
188
Β. Geltendes Recht
Damit wird keine ausdrückliche Aussage über die Wirksamkeit des Verwahrungsvertrages über die eigene Sache des Verwahrers getroffen, geregelt ist nur die Frage, ob der Verwahrer, der nunmehr sein Eigentum an der Sache behauptet, gezwungen ist, diese an den Hinterleger zurückzugeben. Förster vertrat die Auffassung, daß § 79 den Fall regelt, 126 „wo wegen der Unkenntniß des Depositars von seinem Eigenthum ein äußerlich, scheinbar giltiger Verwahrungsvertrag zu Stande gekommen ist, der nur der Anfechtung durch eine Einrede bedarf. In dem Fall, wo zur Zeit der Hinterlegung der Depositar sein Eigenthum an der bei ihm niedergelegten Sache schon kannte, hat ein Verwahrungsvertrag überhaupt nicht abgeschlossen werden können, es ist dann ein Vertrag ohne Inhalt abgeschlossen, in Wirklichkeit nihil actum est."
cc) Sächsisches BGB Das sächsische BGB regelt in § 1271 S. 1 nur, ob der Verwahrer dem Hinterleger sein Eigentum entgegenhalten kann und verweist insofern auf § 1184: 127 § 1271 S. 1 Von dem Einwände, daß ihm das Eigentum an der hinterlegten Sache zustehe, kann der Verwahrer nur unter den in § 1184 angegebenen Voraussetzungen Gebrauch machen.
dd) Entwurf des Bayerischen BGB Auch der bayerische Entwurf trifft nur eine entsprechende Bestimmung und verweistauf Art. 431: 1 2 8 Art. 678 Die Bestimmungen des Art. 431 kommen auch beim Hinterlegungsvertrage zur Anwendung.
ee) Dresdner Entwurf Der Dresdner Entwurf enthielt folgende Vorschrift:
126 Förster II S. 283 Fn. 46; genauso Förster / Eccius II S. 294 Fn. 46. - Koch, Forderungen III S. 441 nahm an, daß bei Kenntnis des Verwahrers im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Vertrag wirksam sei (allerdings ohne Begründung). 127 § 1184 ist abgedruckt oben auf S. 164. 128 Art. 431 ist abgedruckt oben auf S. 164.
III. Der Verwahrungsvertrag
189
Art. 740 Von dem Einwände, daß dem Hinterleger das Eigenthum an der hinterlegten Sache nicht zustehe, kann der Verwahrer nur unter den in Art. 566 angegebenen Voraussetzungen Gebrauch machen.
Der Verweis auf Art. 566 1 2 9 bedeutet, daß jedenfalls die Verpflichtung zur Rückgabe der hinterlegten Sache wegfällt, wenn der Verwahrer Eigentümer ist und dem Hinterleger kein Zwischenrecht zusteht.
b) Das Fehlen vergleichbarer
Regelungen im BGB
Das BGB regelt die Wirksamkeit von Verwahrungsverträgen über die eigene Sache des Verwahrers bei Fehlen eines Zwischenrechts nicht. Die erste Kommission verwies insofern auf die zum Mietvertrag und zur Leihe gemachten Ausführungen. 130
c) Die bisher vertretenen Auffassungen zur Frage der Wirksamkeit Auch für den Fall, daß der Verwahrer unbeschränkter Eigentümer ist, daß es also an einem Zwischenrecht fehlt, wird wie bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen fast allgemein die Auffassung vertreten, der Verwahrungsvertrag sei wirksam, das heißt insbesondere nicht nach § 306 BGB nichtig. 131 Dem unbeschränkten Eigentümer soll lediglich die Einwendung dolo facit qui petit quod statim redditurus est gegen den Herausgabeanspruch des Hinterlegers gemäß § 695 BGB zustehen.132
129
Art. 566 Abs. 2 ist abgedruckt oben auf S. 165. Motive II S. 571 und 579; vgl. auch Jakobs / Schubert, Beratung II 3 S. 169 f. 131 Hüffer, in: MünchKomm § 688 Rn. 9; Reuter, in: Staudinger 13 § 688 Rn. 4, § 695 Rn. 7; Nipperdey, in: Staudinger 11 § 688 Rn. 4 und § 695 Rn. 13; Oertmann II 2 S. 1105; Enneccerus / Lehmann S. 715; Leonhard, BSchR S. 264; Windscheid / Kipp, PandektenR II S. 602; Wolff, FG Koch S. 150, 177; Hellmann, AcP 90 (1900) S. 363, 435. - a. Α. nur Crome, System 2 S. 743 f. Fn. 23. 132 Hüffer, in: MünchKomm § 695 Rn. 7; Reuter, in: Staudinger 13 § 695 Rn. 7; Nipperdey, in: Staudinger 11 § 695 Rn. 13; Krohn, in: RGRK § 695 Rn. 3; Oertmann II 2 S. 1105; Enneccerus / Lehmann S. 715; Leonhard, BSchR S. 264; Wolff, FG Koch S. 150, 177 f. 130
Β. Geltendes Recht
190
d) Folgenbetrachtung und -bewertung bei angenommener Wirksamkeit und Unkenntnis des Verwahrers Für den Verwahrungsvertrag sollen ebenfalls einige der Rechtsfolgen dargestellt werden, die bei einem wirksamen Vertrag an sich eintreten müßten. Wie bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen wird zunächst unterstellt, daß der Verwahrer sein Eigentum an der hinterlegten Sache nicht kennt. Auch hier ist zu untersuchen, welche Besonderheiten und Einschränkungen sich daraus ergeben, daß der Verwahrer unbeschränkter Eigentümer und der Hinterleger damit nicht zum Besitz berechtigt ist. Außerdem ist in diesem Zusammenhang darzustellen, ob bei dieser Konstellation die jeweilige Rechtsfolge überhaupt den Zweck erfüllen und den Sinn haben kann, der ihr bei einem „normalen" Verwahrungsvertrag zukommt und in diesem Sinne eine Folgenbewertung vorzunehmen.
aa) § 688 BGB Nach § 688 BGB ist der Verwahrer verpflichtet, die ihm von dem Hinterleger übergebene Sache aufzubewahren. Er muß also Raum und Obhut gewähren. 133 Ist der Verwahrer unbeschränkter Eigentümer der hinterlegten Sache, so hat eine Verletzung dieser Verpflichtung keine Auswirkung: Wenn man von einem wirksamen Vertrag ausgeht, so entstehen zwar die entsprechenden Verpflichtungen des Verwahrers. Verletzt er aber beispielsweise seine Fürsorgepflicht und wird dadurch die Sache beschädigt, so hat der Hinterleger keinen Anspruch auf Schadensersatz, da keine Position in seinem Vermögen davon betroffen ist. Er hat nämlich weder ein Recht an der Sache noch einen durchsetzbaren 134 Rückgabeanspruch. Insofern ist die Situation nicht anders als bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen über eigene Sachen.135 Wenn man von der Wirksamkeit des Vertrages ausgeht, so bedeutet dies, daß den Verwahrer diese Hauptpflicht zwar trifft, ihre Verletzung aber keinerlei Rechtsfolgen hervorruft. Auch eine gerichtliche Durchsetzung der Obhutspflicht ist für den Hinterleger gegenüber dem unbeschränkten Eigentümer nicht möglich: Nach dem Gesagten hat er weder ein wirtschaftliches noch ein rechtliches Interesse an der Durchsetzung dieser Verpflichtung; eine entsprechende Klage wäre sinnlos. Eine schlechthin sinnlose bzw. zweckwidrige Klage, die dem Klä-
133 134 135
BGHZ 3,200. Vgl. sogleich unter cc). Vgl. oben S. 174.
III. Der Verwahrungsvertrag
191
ger keinen irgendwie schutzwürdigen Vorteil verschaffen kann, ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.136 Es handelt sich also - einer Naturalobligation vergleichbar - um eine Verpflichtung, die nicht durchsetzbar und deren Verletzung nicht sanktioniert ist. Insofern gibt es im Ergebnis keinen Unterschied zwischen der Rechtslage bei Wirksamkeit und Unwirksamkeit des Vertrages. Gerade weil die Obhutspflicht die Hauptpflicht des Verwahrers ist und das wesentliche Element dieses Vertragstypus darstellt, ist es nicht verständlich, warum man den Vertrag als wirksam anerkennen sollte. Denn in einem solchen Fall erfüllt der Verwahrungsvertrag den ihm zukommenden Zweck nicht, es handelt sich um ein sinnloses Rechtsgeschäft.
bb) § 689 BGB Bei der entgeltlichen Verwahrung trifft den Hinterleger gemäß § 689 BGB eine Vergütungspflicht. Wenn aber den Verwahrer als unbeschränkten Eigentümer der Sache faktisch keine Obhutspflicht trifft, so stellt sich die Frage, weshalb der Hinterleger zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet sein sollte. Auch hier führt also die Annahme eines wirksamen Vertrages zu Ergebnissen, die nicht sachgerecht sind.
cc) § 695 BGB Nach § 695 BGB kann der Hinterleger die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern. Bei Fehlen eines Zwischenrechts kann der in seinem Eigentum unbeschränkte Verwahrer diesem Rückgabeanspruch die dolo facit-Einwendung entgegenhalten; er ist somit nicht durchsetzbar.
e) Zusammenfassung Die Folgenbetrachtung führt zum gleichen Ergebnis wie schon bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen: 137 Aus dem Sinn und Zweck der §§ 688 ff. BGB ergibt sich, daß nur die Nichtigkeit solcher Verträge eine sachgerechte und praktikable Lösung darstellt.
136 Thomas, in: Thomas/Putzo Vorbem § 253 Rn. 27; Schumann, in: Stein/Jonas vor § 253 111 Rn. 101; Zöller / Greger Vor § 253 Rn. 18; Schellhammer, ZP Rn. 141; Rosenberg / Schwab / Gottwald, ZPR § 92 IV 1 (S. 516). 137 Vgl. oben S. 175 ff.
192
Β. Geltendes Recht f) Lösungsansatz: § 306 BGB
Da, wie gezeigt wurde, die Situation nicht anders ist als bei Gebrauchsüberlassungsverträgen über eigene Sachen, bietet sich die gleiche Lösung an. Die Gesetzesverfasser haben in dieser Frage auf ihre Ausführungen zur Miete und zur Leihe verwiesen 138 , somit spricht auch bei der Verwahrung das historische Argument für eine dem römischen Recht folgende Lösung. 139 Im Fragment D. 16. 3. 31. I 1 4 0 findet sich der Anknüpfungspunkt, der auch für das BGB Gültigkeit hat: Tryphonin fuhrt dort aus, daß das Wesen des depositum darin besteht, einem anderen eine fremde Sache, nicht aber dem Eigentümer seine eigene Sache in Obhut zu geben. Deshalb sei Unwirksamkeit des depositum rei suae anzunehmen. Dieses Ergebnis wird von Tryphonin also aus dem Sinn und Zweck des Verwahrungsvertrages hergeleitet. Wird ein Verwahrungsvertrag über die im unbeschränkten Eigentum des Verwahrers stehende Sache abgeschlossen, so ist diese kein tauglicher Vertragsgegenstand. § 306 BGB, verstanden als Vorschrift über sinn-, zweck- und gegenstandslose Verträge, ist mithin anwendbar. Möglich ist allerdings auch hier eine Lösung nach § 242 BGB und den Grundsätzen über das Fehlen der Geschäftsgrundlage.
g) Rechtslage bei Kenntnis des Verwahrers Weiß der Verwahrer, daß er unbeschränkter Eigentümer der Sache ist, und schließt er dennoch einen Verwahrungsvertrag über sie ab, so gilt das gleiche wie bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen, nämlich daß das Vorliegen oder NichtVorliegen eines Irrtums keinen Einfluß auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts hat. 141 Im übrigen wird bei Kenntnis des Eigentümers regelmäßig ein Zwischenrecht gegeben sein. Ist dies nicht der Fall und wird bewußt ein „Verwahrungsvertrag" abgeschlossen, so können sich die Parteien im Rahmen der Privatautonomie wirksam verpflichten. Dies ist aber nicht durch das Fehlens eines Irrtums bedingt, sondern dadurch, daß - unabhängig von der Bezeichnung der Parteien -
138
Vgl. oben Fn. 130. Was die Regelungsabsichten des historischen Gesetzgebers betrifft, kann hier auf das zu den Gebrauchsüberlassungsverträgen Ausgeführte verwiesen werden, vgl. oben S. 183 f. 140 Dazu oben S. 105 ff. 141 Vgl. oben S. 185 f. 139
I . Der auvertrag
193
kein Verwahrungsvertrag vorliegt, sondern beispielsweise bei der entgeltlichen Verwahrung eine (verdeckte) Schenkung.142
IV. Der Kaufvertrag 1. Der Grundsatz a) Die Anwendbarkeit des § 306 BGB bei von Anfang an vorhandenem Eigentum des Käufers Es entspricht allgemeiner Meinung, daß die Verschaffung eines dem Gläubiger bereits zustehenden Rechts objektiv unmöglich ist. 143 Daher ist der Kauf der eigenen Sache gemäß § 306 BGB nichtig. 144 Insoweit ist also die Rechtslage nicht anders als im römischen Recht, wo die Regel emptio rei suae consistere non potest galt. 145 Der Grund für die Unwirksamkeit ist ebenfalls identisch: Es liegt eine Verpflichtung zu einer rechtlich unmöglichen Leistung vor. Da die Erfüllung der Verkäuferverpflichtung nicht möglich ist und demzufolge der Käufer auch nicht zur Kaufpreiszahlung verpflichtet sein kann, könnte ein Festhalten an der Wirksamkeit des Vertrages nur die Funktion haben, dem Käufer vertragliche Sekundäransprüche zu verschaffen bzw. zu erhalten. Ein Schadensersatzanspruch auf das positive Interesse scheidet jedoch aus, da der Käufer bereits alles hat, was ihm der Vertrag verschaffen sollte. Einzig und
142
Siehe dazu auch die Ausführungen zur Miete der eigenen Sache, S. 185 f. Nach RGZ 150, 216, 218 ist die vertragliche Gestattung des Gebrauchs eines Weges unwirksam, wenn der Gläubiger ohnehin schon dazu befugt war; nach RGZ 80, 311,316 kann der Nießbraucher die ihm bereits zustehenden Mietzinsforderungen nicht nochmals durch Rechtsgeschäft erwerben. 144 BGH W M 1996, 1404, 1405; Thode, in: MünchKomm δ 306 Rn. 13; Westermann, in: MünchKomm § 433 Rn. 6; Löwisch, in: Staudinger § 306 Rn. 28; Köhler, in: Staudinger 13 § 433 Rn. 29; Kaduk, in: Staudinger 11 § 306 Rn. 12; Ostler, in: Staudinger 11 § 433 Rn. 9; Heinrichs, in: Palandt § 275 Rn. 7; Putzo, in: Palandt § 433 Rn. 12; Ballhaus, in: RGRK § 306 Rn. 7; Mezger, in: RGRK § 433 Rn. 4; Huber, in: Soergel Vor § 433 Rn. 78; Wolf, in: Soergel § 306 Rn. 9; Battes, in: Erman § 306 Rn. 18; Fikentscher, SR Rn. 325; Emmerich, Leistungsstörungen S. 21; Arp, Unmöglichkeit S. 182; Esser, SR S. 466; Leonhard, ASchR S. 308; Kress, ASchR S. 101 Fn. 11; von Tuhr, AT 1 S. 139; Wilhelmi, KaufS. 5; Titze, Unmöglichkeit S. 61 f. 145 Dazu siehe im einzelnen oben S. 109 ff. - Noch Enneccerus / Kipp / Wolff S. 318 bei Fn. 8 verwies ausdrücklich auf D. 18. 1. 16 pr.; vgl. auch Windscheid / Kipp, PandektenR II S. 627 f. bei Fn. 6 in Verbindung mit der Aussage auf S. 628: „Im BGB ist der Kreis der möglichen Gegenstände des Kaufs ebenso zu bestimmen, wie im bisherigen Recht." 143
13 Zimmermann
194
Β. Geltendes Recht
allein ein Anspruch auf das negative Interesse kann in Betracht kommen. Ein solcher steht dem Käufer aber auch bei Nichtigkeit nach Maßgabe des § 307 BGB zu. Es gibt somit keinen Grund, an der Wirksamkeit eines Kaufvertrages über die eigene Sache festzuhalten; das Rechtsgeschäft ist sinn-, zweck- und gegenstandslos. Die Nichtigkeit gemäß § 306 ist somit eine konsequente und sachgerechte Rechtsfolge. Die Ansicht Sibers 146 , der Kauf der eigenen Sache falle nicht unter § 306 BGB, wird heute dagegen nicht mehr vertreten. Seine Argumentation, der Leistungserfolg sei in diesen Fällen schon „wirklich", also mehr als möglich, vermag nicht zu überzeugen, da beim Kauf der Leistungserfolg nur darin bestehen kann, dem Käufer durch die vom Schuldner vorzunehmende Übereignung das Eigentum zu verschaffen. 147 Die so verstandene Leistungspflicht ist objektiv unerfüllbar. Auch die Erwägung 148 , daß bei einem wirksamen Vertrag der Verkäufer, der vor der Übergabe die Kaufsache fahrlässig zerstört, auf das positive Interesse haften würde, ist keine Begründung für seine These: Zwar haftet der Verkäufer bei einem Kaufvertrag über eine ihm selbst gehörenden Sache auf das positive Interesse, wenn er diese schuldhaft zerstört; jedoch ist dies eine Folge seiner Verpflichtung zur Übereignung. Ist dagegen der Käufer Eigentümer, so würde die Annahme eines wirksamen Vertrages dazu führen, daß die Haftung des Besitzers gegenüber dem Eigentümer über das bei Vorliegen einer Vindikationslage bestehende Normalmaß, das heißt über die §§ 989, 990, 992 BGB hinaus, erweitert werden würde. Im Gegensatz dazu führt der Abschluß eines unwirksamen Vertrages allenfalls zu einer Haftung auf das negative Interesse, beispielsweise nach § 307 BGB - oder allgemein aus culpa in contrahendo. Infolgedessen ist § 306 BGB auf den Kauf der schon vor Vertragsabschluß dem Käufer gehörenden Sache anzuwenden.
b) Die Rechtslage bei nachträglichem Eigentumserwerb
des Käufers
Ist bei Abschluß des Kaufvertrages weder der Verkäufer noch der Käufer Eigentümer der Kaufsache, so kann es nachträglich zu einem Kauf der eigenen
146 Siber, in: Planck § 306 Anm. 1 (S. 321) und Vorbm. III 2 c zu §§ 275-292 (S. 207); RG JW 1924, 1360 erwähnt diese Ansicht, nimmt dazu aber nicht Stellung. Ähnlich auch Krückmann, JhJb 59 (1911) S. 20, 97 f. (der wegen der „Zweckerreichung" ein Nichtentstehen der Verpflichtung des Käufers annimmt) und Eckstein, Arch. BR 37 (1912) S. 390, 475 f. 147 So auch Leonhard, ASchR S. 308 f.; Wilhelmi, Kauf S. 9; gegen Siber auch Kress, ASchR S. 101 Fn. 11. 148 Siber, in: Planck § 306 Anm. 1 (S. 321).
I . Der auvertrag
195
Sache kommen, wenn der Käufer diese von einem Dritten erwirbt, sei es entgeltlich, sei es unentgeltlich. 149 In diesem Fall gelten die allgemeinen Vorschriften fur nachträgliche Unmöglichkeit, das heißt die §§ 323 ff. BGB, auf die § 440 I BGB verweist. Gemäß § 440 III BGB sind die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch des Käufers erfüllt, die § 440 II BGB für bewegliche Sachen aufstellt, die dem Käufer zum Zwecke der Eigentumsübertragung übergeben worden sind.
2. Ausnahmen Der soeben dargelegte Grundsatz wird durch mehrere Ausnahmen eingeschränkt. Allerdings handelt es sich nur um scheinbare Ausnahmen, da in Wirklichkeit kein Kauf der eigenen Sache vorliegt; Gegenstand des Kaufs ist jeweils das nicht bereits dem Käufer zustehende Eigentum:
a) Pfandversteigerung,
§ 123911,111 BGB
Nicht so eindeutig ist dies in dem Fall, daß der Eigentümer der Pfandsache bei deren Versteigerung mitbietet, was gemäß § 1239 I 1, II 1 BGB zulässig ist und vor allem dann sinnvoll sein kann, wenn das Pfand für eine fremde Schuld haftet und dessen Wert geringer ist als der Betrag der gesicherten Forderung. Das gleiche gilt, obwohl es nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt ist, auch für den freihändigen Verkauf. 150 Beim privaten Pfandverkauf nach § 1233 I BGB, der den Normalfall darstellt, kommt ein Kaufvertrag zwischen Pfandgläubiger und Erwerber zustande, der nach den §§ 929 ff. BGB erfüllt wird. 1 5 1 Mithin könnte man eigentlich von einem Kauf der eigenen Sache sprechen. Warum ein solcher dennoch nicht vorliegt, was also der eigentliche Grund für die Wirksamkeit dieses Geschäfts ist, ist umstritten: Die erste Kommission ging davon aus, daß die Lastenfreiheit der Sache Gegenstand des Kaufvertrages ist. 152 § 1180 III des ersten Entwurfs bestimmte demzufolge:
149 Bei einem nachträglichen rechtsgeschäftlichen Erwerb des Käufers vom Verkäufer (aus einem anderen Rechtsgrund) ist eine jedenfalls konkludente Aufhebung des Kaufvertrages anzunehmen. 150 Wiegand, in: Staudinger 13§ 1221 Rn. 4; Wolff / Raiser, Sachenrecht § 166 V I (S. 697). 151 Vgl. dazu nur Wiegand, in: Staudinger 13 § 1233 Rn. 5, 6. 152 Motive III S. 826.
196
Β. Geltendes Recht
Die Vorschriften des Abs. 2 gelten auch in dem Falle, wenn dem Eigenthümer des Pfandes der Zuschlag erteilt ist.
Der Absatz 2 des § 1180 E I, der zu § 1242 II BGB wurde, besagte: Mit der rechtmäßigen Veräußerung des Pfandes erlöschen auch diejenigen Pfandrechte an demselben, welche dem Erwerber bekannt waren. Das Gleiche gilt in Ansehung des Nießbrauchs an dem Pfände, es sei denn, daß derselbe im Range allen Pfandrechten vorgeht.
Nach der Auffassung der zweiten Kommission war § 1180 III E I überflüssig, und er fand deshalb auch keine Aufnahme in das BGB. 1 5 3 Man Schloß sich, was die Begründung der Wirksamkeit betrifft, den Bemerkungen von Jacubetzkys 154 an, der davon ausging, daß beim Erwerb durch den Eigentümer nicht lediglich die Belastung der Sache erlösche, sondern daß neues Eigentum begründet werde. Von Jacubetzky führte dazu aus: „Wird dem Eigentümer der Zuschlag erteilt, so wird ihm das Eigentum kraft des Rechtes des Pfandgläubigers entzogen und gleichzeitig aus der Hand des Pfandgläubigers wieder gegeben. "
Die den Überlegungen der ersten Kommission entsprechende Meinung wurde und wird auch nach Inkrafitreten des BGB noch vertreten 155 , während die Gegenansicht156 den Ausführungen der zweiten Kommission folgt. Obwohl der Erwerb durch den Eigentümer nach § 1239 I 1, II 1 BGB ausdrücklich zulässig ist, ist dennoch ein Eingehen auf den Grund für die Wirksamkeit erforderlich. Beide Konstruktionen führen nämlich zu unterschiedlichen Ergebnissen, wenn das Eigentum des Verpfänders anfechtbar war. Erlischt lediglich die Belastung der Sache durch das Pfandrecht, so bleibt die Anfechtbarkeit erhalten. Geht man dagegen von einem Neuerwerb aus, so kann der Eigentümer wie jeder andere Erwerber nach den §§ 1242 I 1, 932, 142 II BGB unanfechtbares Eigentum erwerben. 157 Daß die zweite Kommission § 1180 III E I, in dem die Ansicht der ersten Kommission ihren unmittelbaren Ausdruck im Gesetz fand, gestrichen und sich den Ausführungen von Jacubetzkys, der seine Meinung gerade auch
153
Protokolle III S. 480. von Jacubetzky, Bemerkungen S. 292. 155 Wiegand, in: Staudinger 13 § 1239 Rn. 3; Ostler, in: Staudinger 11 § 433 Rn. 9; Damrau, in: MünchKomm § 139 Rn. 4; Mühl, in: Soergel § 1239 Rn. 4; Gursky, in: Westermann § 130 II 3 a (S. 921); Esser, SR S. 466; Wolff / Raiser, Sachenrecht § 166 V I 2 (S. 697 f.); ähnlich Brodmann, in: Planck § 1239 Anm. 2, der jedoch nicht von einem Kauf ausgeht, sondern von der Befugnis des Eigentümers, „... seine Sache gegen Erlegung seines Meistgebots auszulösen." 156 von Tuhr, AT 1 S. 139; Crome, System 3 S. 857 Fn. 94; Flad, in: Planck5 § 1239 Anm. 2; Endemann, BR I I / l § 139 Fn. 19 (S. 924); Spreng, in: Staudinger 11 § 1239 Anm. 1 b. 157 von Jacubetzky, Bemerkungen S. 292. 154
I . Der auvertrag
197
für die Fälle des anfechtbaren Eigentums des Verpfänders vertrat, angeschlossen hat, spricht entscheidend für die Konstruktion des Neuerwerbs. Die Gegenansicht, die vom bloßen Erlöschen der Belastung ausgeht, macht unnötigerweise aus dem Erwerb im Rahmen der Pfandverwertung im Ergebnis einen Kauf des Pfandrechts, der aber gerade nicht gegeben ist, wenn ein Nichteigentümer die Sache ersteigert. Mit der Konstruktion des Neuerwerbs ist es möglich, den Eigentümer als Ersteigerer in gleicher Weise zu behandeln wie jenen. Eine Ungleichbehandlung beider Fälle war auch von der ersten Kommission nicht beabsichtigt. Diese wollte die ausdrückliche Zulässigkeit des Mitbietens durch den Eigentümer nur deshalb im Gesetz verankern, um zu verhindern, daß ein solches Geschäft als unwirksamer Kauf der eigenen Sache qualifiziert wird. 1 5 8 Die von ihr gewählte Konstruktion war allerdings nicht erforderlich; sie beachtet nicht, daß sich die Belastung der Sache in der Situation der Pfandverwertung gerade darin äußert, daß der Verpfänder sein Eigentum verliert. Unabhängig von dieser Streitfrage ist festzuhalten, daß dann, wenn der Eigentümer der Pfandsache bei deren Versteigerung erfolgreich mitbietet, der Kauf jedenfalls nicht auf das dem Käufer bereits zustehende Eigentum bezogen ist und daher keine Unmöglichkeit vorliegt.
b) Anwartschaftsrecht
des Verkäufers
Unstreitig zulässig ist der Kauf der eigenen Sache, wenn das Eigentum des Käufers auflösend bedingt ist. 1 5 9 Dies folgt daraus, daß der Kauf hier darauf gerichtet ist, das Eigentum des Käufers von der auflösenden Bedingung zu befreien bzw. das Anwartschaftsrecht des Verkäufers durch Rückübertragung oder Verzicht zum Erlöschen zu bringen und gegebenenfalls den Besitz wieder auf den Käufer zurückzuübertragen. 160 Ein solches Geschäft unterscheidet sich also vom „normalen" Sachkauf dadurch, daß die Rechtsänderung nicht das Eigentum, sondern das Anwartschaftsrecht, das dem Verkäufer zusteht, betrifft. Aus diesem Grund liegt keine Unmöglichkeit vor. 1 6 1 Das muß allgemein für jede Art 158
Motive III S. 826. Westermann, in: MünchKomm § 433 Rn. 6; Löwisch, in: Staudinger 12 § 306 Rn. 19 (ein entsprechender Hinweis fehlt in der 13. Auflage); Ostler, in: Staudinger 11 § 433 Rn. 9; Kaduk, in: Staudinger 11 §306 Rn. 12; Huber, in: Soergel Vor § 433 Rn. 78; Wolf, in: Soergel § 306 Rn. 9; Battes, in: Erman § 306 Rn. 18; Arp, Unmöglichkeit S. 183\Heck, JW 1924, 1360. 160 Westermann, in: MünchKomm § 433 Rn. 6; Arp, Unmöglichkeit S. 183; Heck, JW 1924, 1360. 161 Nicht überzeugend daher RG JW 1924, 1360, das in dem Fall des Rückkaufs durch den Vorbehaltsverkäufer eine Umdeutung nach § 140 BGB vornahm und das 159
198
Β. Geltendes Recht
von Anwartschaftsrecht gelten, und zwar unabhängig davon, wie dessen Rechtsnatur zu beurteilen ist.
c) Fiduziarisches
Eigentum des Käufers
Nicht anders ist der Fall zu behandeln, daß der Käufer, der bloß fiduziarisches Eigentum hatte, seine Sache kauft. 162 Der Vertrag ist wirksam; er hat den Zweck, den Käufer, der als Treuhänder formal bereits Eigentümer der Kaufsache ist, von seiner Verpflichtung zur Rückübereignung zu befreien. Gegenstand des Vertrages ist damit die entgeltliche Aufhebung der obligatorischen Verpflichtung des Treuhänders zur Rückübertragung des Eigentums.
d) Der Besitzkauf Ein lediglich auf entgeltliche Besitzübertragung gerichteter Vertrag, bei dem der „Käufer" Eigentümer der betreffenden Sache ist, dürfte hauptsächlich in zwei Fällen vorkommen: Ist zwischen dem Besitzer und dem Eigentümer streitig, wem das Eigentum an der Sache zusteht, und „kauft" der Eigentümer diese, um ohne Rechtsstreit in ihren Besitz zu gelangen oder die Ungewißheit hinsichtlich der Rechtslage zu beseitigen, so ist der Vertrag wirksam. 163 Wie im ersten Teil dieser Arbeit gezeigt wurde, galt dies schon im römischen Recht. 164 Daß diese Ausnahme auch im geltenden Recht anerkannt ist, geht auf die Entscheidung Paulus im Fragment D. 18. 1.34. 4 zurück. 165
Geschäft als einen „... Kauf des Besitzes, oder, was näherliegt, als Rückgängigmachung des früheren Kaufvertrages ..." verstehen wollte. Vgl. dazu Heck, JW 1924, 1360; diesem zustimmend Arp, Unmöglichkeit S. 183. - Gegen das Reichsgericht auch Wilhelmi, Kauf S. 18, der aber unzutreffend von einem Vergleich ausgeht, „... wobei die zu entrichtende Geldsumme etwa als Reugeld aufzufassen ist." 162 Huber, in: Soergel Vor § 433 Rn. 78. 163 Thode, in: MünchKomm § 306 Rn. 13; Emmerich, in: MünchKomm § 275 Rn. 17; Löwisch, in: Staudinger 12 § 306 Rn. 19; Ostler, in: Staudinger 11 § 433 Rn. 9; Kaduk, in: Staudinger 11 § 306 Rn. 12; Huber, in: Soergel Vor § 433 Rn. 78; Wolf, in: Soergel § 306 Rn. 9; Mezger, in: RGRK § 433 Rn. 4; Battes , in: Erman § 306 Rn. 18; Emmerich, Leistungsstörungen S. 21; Arp, Unmöglichkeit S. 183 f.; Enneccerus / Lehmann S. 406; Enneccerus / Kipp / Wolff S. 318; Wilhelmi, Kauf S. 18; Leonhard, ASchR S. 309; diesem zustimmend Larenz, ASchR S. 100 Fn. 7; vgl. auch Dernburg, BR II/2 § 169 II (S. 8). 164 Siehe S. 125 ff. 165 Noch Enneccerus / Kipp / Wolff S. 318 Fn. 9 verwies auf D. 18. 1. 34. 4; genauso Wilhelmi, KaufS. 18 bei Fn. 37. - Vgl. auch Windscheid / Kipp, PandektenR II S. 628
I . Der auvertrag
199
Der Grund für die Wirksamkeit ist im Vergleichscharakter des Geschäfts zu sehen166, wenn dessen Sinn gerade darin liegt, Ungewißheit bezüglich der tatsächlichen Rechtslage zu beseitigen. Aber auch falls kein Vergleich im technischen Sinne vorliegt, kann es sich um ein sinnvolles Geschäft handeln. So verhält es sich beispielsweise, wenn der Verkäufer (zu Unrecht) von seinem Eigentum überzeugt ist und dem Eigentümer deshalb keine andere Möglichkeit bleibt, als den „Kaufvertrag" mit ihm abzuschließen, um ohne einen Rechtsstreit in den Besitz der Sache zu gelangen. Einen wirksamen Kauf muß man insbesondere auch in dem Fall annehmen, daß der Eigentümer sein Eigentum nicht beweisen kann. Gleiches gilt für die Fallkonstellation, daß der Verkäufer sich irrtümlich für den Eigentümer hält und der Käufer bei Vertragsschluß nicht darauf hinweist, daß in Wirklichkeit er der Eigentümer ist, um nach Übergabe der Sache die Kaufpreiszahlung zu verweigern. Der Vertrag bezieht sich hier auf den Besitz; er hat den Zweck, dem Käufer sofort die tatsächliche Sachherrschaft zu verschaffen. Eine Mentalreservation des Käufers, den Vertrag nicht zu wollen, ist gemäß § 116 S. 1 BGB unbeachtlich. 1 6 7 Ein „normaler" Kauf ist in diesen Fällen nicht gegeben, da der Sachkauf nach § 433 I 1 BGB auf Eigentums Verschaffung und Übergabe, der Rechtskauf nach § 433 I 2 BGB auf die Rechtsverschaffung gerichtet ist. 168 Dennoch läßt sich der Vertrag als ein kaufahnlicher im Sinne der §§ 445, 493 BGB qualifizieren 169 , dessen Gegenstand die bloße Besitzübertragung ist. Falls der Eigentümer seine gestohlene Sache vom Dieb „zurückkauft", so kommt nicht immer ein wirksamer Vertrag zustande. Ist der Diebstahl zwischen „Käufer" und „Verkäufer" offengelegt, so wird man schon den Rechtsbindungswillen verneinen müssen; § 116 S. 1 ist dann nicht anwendbar. 170 Jedenfalls
bei Fn. 8 in Verbindung mit der Aussage auf S. 628: „Im BGB. ist der Kreis der möglichen Gegenstände des Kaufs ebenso zu bestimmen, wie im bisherigen Recht."; Arp, Unmöglichkeit S. 183 f. - Zu D. 18. 1. 34. 4 siehe oben S. 125 ff. 166 Thode, in: MünchKomm § 306 Rn. 13; Köhler, in: Staudinger 13 § 433 Rn. 29; Huber, in: Soergel Vor § 433 Rn. 78 und § 445 Rn. 5; Arp, Unmöglichkeit S. 183 f. i. V. m. S. 96. 167 Zu diesem Fall im Ergebnis zutreffend Wilhelmi, KaufS. 19 ff. 168 Insofern zutreffend Fikentscher, SR Rn. 657; Walter, Kaufrecht S. 12 und 85. 169 So Huber, in: Soergel Vor § 433 Rn. 78 und § 445 Rn. 5. - Wilhelmi, Kauf S. 18 ff. begründet die Wirksamkeit des Vertrages damit, daß er § 139 BGB anwendet und bei Kenntnis des Käufers annimmt, dieser hätte den Kaufvertrag auch ohne den nichtigen Teil (das heißt die Verpflichtung zur Eigentums Verschaffung) abgeschlossen. Wenn man davon ausgeht, daß der (kaufähnliche) Vertrag von vornherein nur auf die Besitzübertragung gerichtet ist, liegt freilich keine Teilnichtigkeit vor. 170 Köhler, in: Staudinger 13 § 433 Rn. 29.
200
Β. Geltendes Recht
greift aber bei sittenwidriger Ausnutzung der Zwangslage des Eigentümers § 138 BGB ein; der gezahlte „Kaufpreis" kann gemäß § 817 S. 1 kondiziert werden. 171
171
Huber, in: Soergel Vor § 433 Rn. 78.
C. Ergebnisse Für beide Teile dieser Arbeit, also sowohl für das klassische römische wie auch für das geltende Recht, läßt sich ein vergleichbares Fazit ziehen.
I. Der Erwerb dinglicher Rechte Was die dinglichen Rechte an der eigenen Sache betrifft 1 , so wurde das Pfandrecht stellvertretend für die anderen Fälle der Konsolidation, also des Zusammentreffens von Eigentum und dinglichem Recht, behandelt. Grundsätzlich erlischt sowohl nach römischem als auch nach geltendem Recht das Pfandrecht beim Zusammentreffen mit dem Eigentum. Grund dafür ist die im Regelfall gegebene Sinnlosigkeit einer weiteren Unterscheidung zwischen dem Eigentum als Vollrecht und dem beschränkt dinglichen Recht, das lediglich einen Ausschnitt aus dem Eigentum darstellt. Von diesem Grundsatz wird dann abgewichen, wenn ein Bedürfnis für das Vorhandensein von Befugnissen besteht, die zwar das Pfandrecht, nicht aber das Eigentum gewährt. Im Bereich des Immobiliarsachenrechts hat das BGB im Vergleich zum römischen Recht lediglich das Verhältnis von Regel und Ausnahme geändert; § 889 BGB liegt die Erwägung zugrunde, daß regelmäßig ein Bedürfnis für ein Eigentümerrecht gegeben ist. Bei dem Pfandrecht an beweglichen Sachen jedoch entspricht die in § 1256 BGB getroffene Regelung auch hinsichtlich des Verhältnisses von Regel und Ausnahme vollkommen der Rechtslage im römischen Recht. § 1256 I 1 BGB übernimmt mit der Formulierung „Das Pfandrecht erlischt, wenn es mit dem Eigentum in derselben Person zusammentrifft" die von Ulpian D. 50. 17. 45 pr. aufgestellte Regel pignus rei suae consistere non potest. Von Interesse sind daher vor allem die Ausnahmen von diesem Grundsatz.2 Ein Erlöschen durch Konsolidation gilt nach § 1256 II BGB als insoweit nicht eingetreten, als Pfandrecht und Eigentum nicht kongruent sind, wenn also das Pfandrecht seinem Inhaber Befugnisse gewährt, die über die des Eigentümers hinausgehen. Dies ist in erster Linie beim Vorhandensein nachrangiger dinglich 1 2
A. I. (S. 19 ff.) und B. I. (S. 148 ff.). Α. I. 2. b) (S. 26 ff.) und Β. I. 2. c) (S. 154 ff.).
202
C. Ergebnisse
Berechtigter der Fall. Das Pfandrecht gewährt ihnen gegenüber den Vorrang; das Eigentum als das eigentlich umfassendere Recht nicht. Auch § 1256 II BGB stellt somit nichts anderes dar als den zur Rechtsnorm abstrahierten Inhalt der in den beiden Fragmenten Paulus D. 44. 2. 30. 1 und C. 8. 19. 1 enthaltenen Entscheidungen. Da das BGB die Regelung des römischen Rechts in der geschilderten Weise übernommen hat, läßt sich dieses für das Verständnis und die Auslegung des § 1256 II BGB fruchtbar machen: Die umstrittene Frage, ob § 1256 II BGB ein „vollwertiges" Pfandrecht fortbestehen läßt oder lediglich einzelne Wirkungen des Pfandrechts als nicht erloschen fingiert, ist mit Paulus D. 44. 2. 30. 1 und C. 8. 19. 1 zugunsten der zweiten Alternative zu beantworten. In diesen beiden Fragmenten wird kein Eigentümerpfandrecht anerkannt, jedoch entweder dem Eigentümer die actio Serviana gewährt oder der nachrangige Pfandgläubiger auf das ius offerendi et succedendi verwiesen und somit ein der Anerkennung eines Eigentümerpfandrechts vergleichbares Ergebnis erzielt. Dies läßt sich aus zwei Gründen auf das geltende Recht übertragen: Zum einen war von den Gesetzesverfassern eine Übernahme der römischrechtlichen Regelung beabsichtigt, was sich auch in der Formulierung des § 1256 II BGB („Das Pfandrecht gilt als nicht erloschen, soweit ...") äußert. Zum anderen entspricht der mit § 1256 II BGB verfolgte Zweck den Erwägungen, die den genannten Fragmenten zugrunde liegen. In diesen kommt zum Ausdruck, daß der Eigentümer aus Gründen der Gerechtigkeit vor einem Aufrücken nachrangiger Gläubiger geschützt werden muß. Dieser Zweck läßt sich schon durch ein fiktives Fortbestehen einzelner Wirkungen des Pfandrechts erreichen. Aus Paulus D. 44. 2. 30. 1 und C. 8. 19. 1 ergibt sich weiter, daß die römischen Juristen dem Eigentümer unabhängig vom Bestehen der gesicherten Forderung den Vorrang erhalten haben. Wie zu zeigen versucht wurde, ist dies auch für das BGB die sachgerechte Lösung, da hier der Regelungszweck ebenfalls darin liegt, den Eigentümer aus Gründen der Gerechtigkeit vor nachrangigen Gläubigern zu schützen.
I I . Der Erwerb obligatorischer Rechte Im schuldrechtlichen Bereich ist zunächst festzuhalten, daß die Rechtslage bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen und der Verwahrung in den Fällen unproblematisch ist, in denen ein Zwischenrecht vorliegt. 3 Ist der Eigentümer durch ein obligatorisches oder dingliches Recht zum Besitz beschränkt, das 3
Β. II. 1. (S. 161) und B. III. 1. (S. 186).
II. Der Erwerb obligatorischer Rechte
203
einem anderen zusteht, so führt dies dazu, daß das Rechtsgeschäft über die res sua nicht anders zu beurteilen ist als ein Rechtsgeschäft über eine res aliena . Die Miete, Pacht, Leihe oder Inverwahrungnahme der eigenen Sache ist ohne weiteres wirksam. Von besonderem Interesse sind daher die Fälle, in denen ein solches Zwischenrecht fehlt. Ist kein Zwischenrecht gegeben und mietet der Eigentümer eine ihm gehörende Sache oder nimmt er sie in Verwahrung, so stellt sich die Frage, ob ein solches Rechtsgeschäft nichtig ist oder nicht. Die heute herrschende Ansicht bejaht die Wirksamkeit. Anders wird jedoch beim Kauf der eigenen Sache entschieden, der auch nach der herrschenden Meinung grundsätzlich unwirksam sein soll. Man unterscheidet mithin zwischen Rechtsgeschäften, die eine Partei zur Rechtsübertragung verpflichten, und solchen, die eine derartige Pflicht nicht begründen. Im römischen Recht4 läßt sich jedoch keine unterschiedliche Behandlung beider Arten von Rechtsgeschäft über die res sua feststellen. Genauso wie beispielsweise die stipulatio rei suae war auch die conductio oder die emptio rei suae grundsätzlich unwirksam. Die Untersuchung der einschlägigen Fragmente ergibt, daß der Grund für die Unwirksamkeit dieser Geschäfte stets in der rechtlichen Unmöglichkeit zu sehen ist. Rechtliche Unmöglichkeit ist allerdings nicht in dem Sinne zu verstehen, daß die Erfüllung der jeweiligen Verpflichtung denkunmöglich oder der Logik widersprechend ist. Vielmehr ist entscheidend, daß in den einschlägigen Fällen die bei einem Rechtsgeschäft über eine res aliena eintretenden Rechtsfolgen entweder von vornherein ausgeschlossen sind oder sinnvollerweise nicht in Betracht kommen. Die Sinn- und Zwecklosigkeit dieser Rechtsgeschäfte war der Grund dafür, daß die römischen Juristen nicht an deren Wirksamkeit festhielten. Dies ist auch die Erklärung für die Gleichbehandlung der Rechtsgeschäfte, die eine Pflicht zur Rechtsverschaffung begründeten, wie die Stipulation, mit denen, die nur zur Verschaffung des habere licere verpflichteten, wie der Kauf oder die Miete. Die Lösung des römischen Rechts erscheint aus den genannten Gründen als die sachlich gerechtfertigte; dies zeigt für das geltende Recht in gleicher Weise eine Folgenbetrachtung bei unterstellter Wirksamkeit. 5 Daher ist es verwunderlich, daß die herrschende Meinung im geltenden Recht bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen und der Verwahrung von deren Wirksamkeit ausgeht. Diese Ansicht beruht auf einem Mißverständnis der in den Materialien zum BGB zu findenden Bemerkungen der Gesetzesverfasser. 6 Diese entschieden 4
Zuammenfassend A. II. 4. (S. 79 ff.), A. III. 3. (S. 103 f.), Α. IV. 3. (S. 107 ff.) und Α. V. 5. (S. 136 f.). 5 B . II. 2. d) (S. 169 ff.). 6 Zu diesen ausführlich B. II. 2. b) (S. 165 ff.).
204
C. Ergebnisse
sich hauptsächlich deshalb gegen die Aufnahme einer entsprechenden Regelung in das BGB, weil ihnen zum einen die Lösung bei Vorliegen eines Zwischenrechts als selbstverständlich erschien, und weil sie zum anderen ein praktisches Bedürfnis für eine Normierung verneinten. Im übrigen sollte die Frage „der Wissenschaft überlassen" bleiben. Die „Wissenschaft" hat sich jedoch mit dem Problem nicht auseinandergesetzt. In der Literatur beschränkte man sich im wesentlichen darauf, die in den Motiven zu findenden Ausführungen zur Miete der eigenen Sache zu wiederholen bzw. sich auf diese zu berufen, ohne die weiteren Folgen der Wirksamkeit solcher Rechtsgeschäfte zu erörtern. 7 Gerade an der Tatsache, daß bis zum Inkrafttreten des BGB die Lösung des römischen Rechts anerkannt war, wird deutlich, daß die Gesetzesverfasser die frühere Rechtslage nicht beseitigen wollten, es sei denn zugunsten einer besseren Lösung. Eine solche ist jedoch nicht ersichtlich; daher verdient der alte Rechtszustand auch unter Geltung des BGB den Vorzug. Beim Kaufvertrag über die eigene Sache des Käufers 8, der nach § 433 I 1 BGB den Verkäufer zur Verschaffung des Eigentums verpflichtet, ist eine Anwendung des § 306 BGB für den Regelfall anerkannt. Auch damit knüpft das BGB an das römische Recht an, nämlich an die Regel suae rei emptio non valet. Will man mit der herrschenden Ansicht eine unterschiedliche Behandlung des Kaufs der eigenen Sache auf der einen und der Miete der res sua auf der anderen Seite mit der Rechtsverschaffungspflicht des Verkäufers begründen, so übersieht man folgendes: Im römischen Recht war der Verkäufer lediglich dazu verpflichtet, dem Käufer das habere licere zu prästieren. Dennoch galt suae rei emptio non valet , weil der eigentliche Grund für die rechtliche Unmöglichkeit eines solchen Rechtsgeschäfts seine Sinn- und Zwecklosigkeit ist. Auf die Verpflichtung zur Rechtsverschaffung kann es deshalb im geltenden Recht ebenfalls nicht ankommen. Die Miete der eigenen Sache bei Fehlen eines Zwischenrechts muß daher genauso wegen rechtlicher Unmöglichkeit nichtig sein wie im Regelfall der Kauf der eigenen Sache. Der Kauf der res sua bietet schließlich ein weiteres Beispiel für den bedeutenden Einfluß des römischen Rechts im hier untersuchten Fragenkreis: 9 Heute ist der sogenannte Besitzkauf, die emptio possessionis, als wichtige Ausnahme von der grundsätzlichen Nichtigkeit des Kaufs der eigenen Sache anerkannt. Diese Ausnahme ist nicht etwa eine unter der Geltung des BGB von Rechtsprechung oder Literatur entwickelte Lösung; vielmehr geht sie auf eine Entscheidung des Paulus im Fragment D. 18. 1. 34. 4 zurück. Ältere Lehrbücher
7 8 9
Siehe insbesondere die Nachweise in Fn. 77. Α. V. 1. (S. 109 ff.) und Β. IV. 1. (S. 193 ff.). Α. V. 2. a) (S. 125 ff.) und Β. IV. 2. d) (S. 198 ff.).
IL Der Erwerb obligatorischer Rechte
205
wiesen noch ausdrücklich darauf h i n 1 0 ; in den aktuellen Kommentaren zum B G B fehlt ein solcher H i n w e i s 1 1 , was freilich nichts daran ändert, daß die Anerkennung der emptio possessionis
unmittelbar auf dem römischen Recht
beruht. A l l dies zeigt deutlich, wie wertvoll die Heranziehung des römischen Rechts auch unter Geltung des B G B für dessen Verständnis und Anwendung ist. 1 2 Daß sich die Entscheidungen der römischen Juristen für das geltende Recht in dieser Weise fruchtbar machen lassen, hat, wie die vorgelegte Untersuchung an vielen Stellen zeigt, i m wesentlichen zwei Gründe. Es beruht nicht nur darauf, daß die Verfasser des B G B , wie das Beispiel des § 1256 B G B deutlich macht, häufig bewußt römischrechtliche Regelungen übernommen haben und diese deshalb für die Rechtsanwendung zu berücksichtigen sind. 1 3 Der Hauptgrund ist darin zu sehen, daß die v o m römischen Recht bereitgestellten Lösungen nicht selten die überlegenen, das heißt die durchdachteren und sachgerechteren, sind. 1 4
10 Nachweise in Fn. 165. - Heute wird dieser Zusammenhang nur von Arp Unmöglichkeit S. 183 f. (in Verbindung mit S. 95 f.) erklärt. 11 Vgl. die in Fn. 163 Genannten. 12 Vgl. auch Windscheid / Kipp, PandektenR I S. V I (aus dem Vorwort Theodor Kipps zur 8. Auflage): „In der Tat: jede tiefere Erkenntnis des deutschen bürgerlichen Rechts wird für alle Zeiten in der Betrachtung des bisherigen gemeinen Rechts eine ihrer wesentlichen Grundlagen zu suchen haben." 13 Weitere ausgewählte Beispiele bei Knütel, Antike S. 43, 53 ff. und derselbe, ZEuP 1994, S. 244, 265 ff. - Zur auch nach Inkrafttreten des BGB weiterhin bestehenden Bedeutung des römischen Rechts für die Rechtsanwendung vgl. die Anmerkung Gebhards, in: VE 1/1 S. 102: „Wenn das bisherige Landesrecht fortan auch nicht mehr als Hülfsrecht in Betracht kommt, so ist damit der reiche Schatz von allgemeinen Rechtswahrheiten, welcher in den Quellen des gemeinen Rechtes niedergelegt ist, keineswegs preisgegeben .... Unberührt bleibt ferner die Bedeutung, welche dem bisherigen Rechte insoweit zukommen kann, als dasselbe bezüglich ihm entnommener Rechtssätze ein Hülfsmittel historisch-systematischer Auslegung bildet." - Sherman, Roman Law S. 326 stellt dazu folgendes fest: „The German Civil Code is a very late 19 th century republication of Roman law as adopted in Germany. It also embodies many rules of Germanic customary law, especially as to land rights. But without the Roman Corpus Juris as a key to unlock it, this modern law of Germany cannot be understood. In the German code of 1900 the Roman law element is predominatingly supreme." 14 Dazu auch Knütel, Antike S. 43, 65 f.: „Der entscheidende Umstand, der zugleich erklärt, warum man auch in den Jahrhunderten nach der Rezeption immer wieder auf den römischen Rechtsstoff zurückgekommen ist, dürfte bei den Inhalten liegen. Das römische Recht ist eine Rechtsordnung, in der die meisten Regeln ohne störende gesetzgeberische Eingriffe aus vernünftiger und natürlicher Anschauung unter Beachtung leitender Prinzipien aus der Sachproblematik heraus entwickelt werden konnten; die römischrechtlichen Regeln und Lösungen haben daher oft etwas evident Richtiges." Siehe auch derselbe, ZEuP 1994 S. 244, 276.
206
C. Ergebnisse
Gerade auch die in dieser Arbeit erörterten Fälle des Rechtserwerbs hinsichtlich der eigenen Sache zeigen, daß oftmals die optimale Regelung eines Problems im römischen Recht nicht nur vorgedacht, sondern bereits voll entwickelt ist.
Literaturverzeichnis Adamkiewicz , Hugo: Zur Lehre von der hypothekarischen Succession, in: AcP 56 (1873), S. 1 ff. Albanese, Bernardo: Conductio suae rei, in: BIDR 62 (1959), S. 121 ff. Albertario , Emilio: La involuzione del possesso del precarista del creditore pignoratizio e del sequestratario nel diritto postclassico giustinianeo, in: Studi di diritto romano, Volume secondo, cose - diritti reali - possesso, Milano 1941, S. 141 ff. -
Rezension zu Ciapessoni, Il precarista detentore (Atti del I Congresso nazionale di studi romani II, 1928, S. 199 ff.), in: Studi di diritto romano, Volume sesto, saggi critici e studi vari, Milano 1953, S. 579 ff.
-
Rezension zu Fehr, Beiträge zur Lehre vom römischen Pfandrecht in der klassischen Zeit, Uppsala 1910, in: Studi di diritto romano, Volume sesto, saggi critici e studi vari, Milano 1953, S. 548 ff.
Alibrandi , Ilario: Teoria del possesso, in: Opere giuridiche e storiche, Volume primo, Roma 1896, S.215ff. Ankum, Hans: Das Ziel der „actio empti" nach Eviktion, in: Sodalitas, Scritti in onore di Antonio Guarino 7, Napoli 1984, S. 3215 ff. -
Verbotsgesetze und lus publicum, in: SZ 97 (1980), S. 288 ff.
Apathy , Peter: lui. D. 13. 7. 29 - Verpfändung durch einen Nichteigentümer, in: IURA 35 (1984), S. 1 ff. Arangio-Ruiz, Vincenzo: La Compravendita in diritto romano, Vol. 1, Napoli 1954. -
La struttura dei diritti sulla cosa altrui in diritto romano, in: Scritti di diritto romano I, 1974, S. 135 ff.
Arndts von Arnesberg, Ludwig: Die Emphyteuse, in: Gesammelte Civilistische Schriften, Erster Band, Stuttgart 1873, S. 210 ff -
Zur Lehre von der Fiducia, in: Gesammelte Civilistische Schriften, Erster Band, Stuttgart 1873, S. 436 ff.
Arp, Torsten: Anfängliche Unmöglichkeit: zum Verständnis von § 306 BGB, Paderborn u. a. 1988, zugleich Diss. Bonn 1985/86. Astolfi , Riccardo: Giuliano e il „legatum liberationis", in: Labeo 12 (1966) S. 338 ff. -
Studi sull'oggetto del legati in diritto romano, Padova 1964.
Bachofen, Johann Jakob: Ausgewählte Lehren des römischen Civilrechts, Bonn 1848. -
Das Römische Pfandrecht, 1. Band, Basel 1847.
Baron, Julius: Noch einmal der Besitzwille, in: Jhering's Jahrbücher 30 (1892), S. 197 ff. -
Zur Lehre vom Besitzwillen, in: Jhering's Jahrbücher 29 (1891 ), S. 192 ff.
208
Literaturverzeichnis
Baur, Jürgen F. / Stürner, Rolf: Sachenrecht, begründet von Fritz Baur, fortgeführt von Jürgen F. Baur und Rolf Stürner, 17. Auflage München 1999. Behrends, Okko / Knütel, Rolf / Kupisch, Berthold / Hans Hermann: Corpus Iuris Civilis, Text und Übersetzung, Band I, Institutionen, 2. Auflage Heidelberg 1997; Band II, Digesten 1-10, Heidelberg 1995; Band III, Digesten 11-20, Heidelberg 1999. Bekker, Ernst Immanuel: Das Recht des Besitzes bei den Römern, Festgabe an Johann Caspar Bluntschli, Leipzig 1880. Benöhr, Hans-Peter: Das sogenannte Synallagma in den Konsensualkontrakten des klassischen römischen Rechts, Hamburg 1965. Beseler, Gerhard: Beiträge zur Kritik der römischen Rechtsquellen, 1. Heft Tübingen 1910; 2. Heft Tübingen 1911; 3. Heft Tübingen 1913; 4. Heft Tübingen 1920; 5. Heft Leipzig 1931. -
Bindung und Lösung, in: SZ 45 (1925), S. 396 ff.
-
Einzelne Stellen, in: SZ 47 (1927), S. 355 ff.
-
Miscellanea critica, in: SZ 43 (1922), S. 415 ff.
-
Romanistische Studien, in: SZ 46 (1926), S. 83 ff.
-
Romanistische Studien, in: SZ 50 (1930) S. 18 ff.
-
Romanistische Studien, in: TR 8 (1928) S. 279 ff.
-
Romanistische Studien, in: TR 10 (1930) S. 161 ff.
-
Textkritische Studien, in: SZ 52 (1932), S. 31 ff.
-
Unklassische Wörter, in: SZ 57 (1937), S. 1 ff.
Betti , Emilio: Esercitazioni romanistiche su casi pratici, volume primo, Padova 1930. Biondi , Biondo: Iudicia bonae fidei, in: Annali del Seminario Giuridico della R. Università di Palermo 7 (1918), S. 3 ff. -
La vendita di cose fuori di commercio, in: Studi in onore di Salvatore Riccobono, Band IV, Palermo 1936, S. 1 ff.
-
Le actiones noxales nel diritto romano classico, in: Annali del Seminario Giuridico della R. Università di Palermo 10 (1925), S. 1 ff.
Biscardi , Arnaldo: Appunti sulle garanzie reali in diritto romano, Milano 1976. Bohàcek , Miroslav: La dottrina di Marcello sulla mora e la novazione condizionale, in: Annali del Seminario Giuridico della R. Università di Palermo 11 (1923), S. 34Iff. Bonifacio , Franco: Appunti sulla natura della litis contestatio nel processo formulare, in: Studi in memoria di Emilio Albertario Vol. I Milano 1953, S. 63 ff. Bossowski , Franciszek: De condictione ex causa furtiva, in: Annali del Seminario Giuridico della R. Università di Palermo 13 (1927), S. 343 ff. -
„De gregis vindicatione", in: Studi in onore di Salvatore Riccobono, Band II, Palermo 1936, S. 255 ff.
Bozza, Francesca: Sull'origine del possesso, in: Annali della R. Università di Macerata 6 (1930), S. 189 ff. Branca , Giuseppe: „Missiones in possessionem" e possesso, in: Studi in onore di Siro Solazzi, Napoli 1948, S. 483 ff.
Literaturverzeichnis Buchka, Gerhard: Die Hypothek des Eigenthümers nach den neuesten Deutschen Gesetzgebungen und in ihrem Verhältnis zum Römischen Recht, Wismar - Rostock Ludwigslust 1875. Carcaterra , Antonio: I negozi giuridici sulla cosa propria, estratto dagli Annali della Facoltà di Giurisprudenza della R. Università di Bari 3 (1940), Bari 1940. Carrelli , Edoardo: Sulla accessorietà del pegno nel diritto romano, Roma 1934. Chiotellis , Aristide: Rechtsfolgenbestimmung bei Geschäftsgrundlagenstörungen Schuldverträgen, München 1981, zugleich Diss. München 1979/80.
in
Chorus , Jeroen M. J.: Handelen in strijd met de wet, Zwolle 1976. Ciapessoni , Pietro: Il precarista detentore, in: Atti del primo congresso nazionale di studi romani, volume secondo, Roma 1929, S. 199 ff. Costa , Emilio: La locazione di cose nel diritto romano, Torino 1915, Nachdruck Roma 1966. Crome , Cari: System des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 2. Band: Recht der Schuldverhältnisse, Tübingen - Leipzig 1902; 3. Band: Rechte an Sachen und an Rechten, Tübingen 1905. Cuena Boy, Francisco: Estudios sobre la imposibilidad de la prestación. imposibilidad juridica, Valladolid 1992. -
La
„Emptio suae rei": Los casos de D 19,1,29 y D. 17,1,22,3, in: BIDR 91 (1988) S. 677 ff.
Cuiacius, Iacobus: Opera Omnia, Paris 1658. Daube, David: Tenancy of Purchaser, in: Collected Studies in Roman Law, Band 1, Frankfurt a. M. 1991, S. 271 ff. -
Slightly Different, in: Collected Studies in Roman Law, Band 2, Frankfurt a. M. 1991, S. 1025 ff.
Dernburg , Heinrich: Das bürgerliche Recht des Deutschen Reichs und Preußens, Zweiter Band: Die Schuld Verhältnisse, Zweite Abteilung: Einzelne Obligationen, 1. und 2. Auflage Halle a. S. 1901. -
Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts, Band II, Leipzig 1864.
-
Pandekten, Zweiter Band: Obligationenrecht, unter Mitwirkung von Johannes Biermann, 7. Auflage Berlin 1903.
Digesta Milano : Digesta Iustiniani Augusti, hrsg. von Bonfante, Fadda, Ferrini, Riccobono und Scialoia, Milano 1931. Dulckeit, Gerhard: Zur Lehre vom Rechtsgeschäft im klassischen römischen Recht, in: Festschrift Fritz Schulz, 1. Band, Weimar 1951, S. 148 ff. Dulckeit, Gerhard / Schwarz, Fritz / Waldstein, Wolfgang: Römische Rechtsgeschichte, begründet von Gerhard Dulckeit, Fritz Schwarz, neu bearbeitet von Wolfgang Waldstein, 9. Auflage München 1995. Ebrard, Friedrich: Die Digestenfragmente Hypothekarrezeption, Leipzig 1917.
ad formulam hypothecariam und die
Eckardt, Bernd: Iavoleni epistulae, Berlin 1978.
14 Zimmermann
210
Literaturverzeichnis
Eckstein, Ernst: Der Untergang der Obligation durch Unmöglichkeit, Leistungserschwerung und verwandte Umstände und das Schicksal der Gegenleistung, in: Archiv für Bürgerliches Recht 37 (1912) S. 390 ff. Ehrhardt, Arnold: Errantis voluntas nulla est, in: SZ 58 (1938), S. 167 ff. Emmerich, Hugo: Pfandrechtskonkurrenzen nach bürgerlichem, Handels- und Prozeßrecht, Berlin 1909. Emmerich, Volker: Das Recht der Leistungsstörungen, 4. Auflage München 1997. Endemann, Friedrich: Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, zweiter Band, erste Abteilung: Sachenrecht, 8. und 9. Auflage Berlin 1905. Enneccerus, Ludwig / Kipp, Theodor / Wolff Martin: Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Erster Band, zweite Abteilung: Recht der Schuldverhältnisse, von Ludwig Enneccerus, 10. Bearbeitung Marburg 1928. Enneccerus, Ludwig / Lehmann, Heinrich: Recht der Schuldverhältnisse, 15. Bearbeitung Tübingen 1958. Erbe, Walter: Die Fiduzia im römischen Recht, Weimar 1940. Erman, Walter: Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von Harm Peter Westermann, Band 1 und 2, 9. Auflage Münster 1993. Ernst, Wolfgang: Rechtsmängelhaftung, Tübingen 1995. Esser, Josef: Schuldrecht Allgemeiner und Besonderer Teil, 2. Auflage Karlsruhe 1960. -
Wert und Bedeutung der Rechtsfiktionen, 2. Auflage Frankfurt a. M. 1969.
Fehr, Martin: Beiträge zur Lehre vom römischen Pfandrecht in der klassischen Zeit, Upsala 1910. Ferrini , Contardo: Storia e teoria del contratto di commodato nel diritto romano, in: Opere, Volume terzo, Milano 1929, S. 81 ff. -
Teoria generale dei legati e dei fedecommessi secondo il diritto romano, Milano 1889.
Fikentscher , Wolfgang: Schuldrecht, 9. Auflage Berlin - NeV York 1997. Fiume , Werner: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2. Band, Das Rechtsgeschäft, 4. Auflage Berlin u. a. 1992. -
Die régula Catoniana - ein Exempel römischer Jurisprudenz, in: Festschrift für Hubert Niederländer, Heidelberg 1991, S. 17 ff.
-
Rechtsakt und Rechtsverhältnis, Römische Jurisprudenz und modernrechtliches Denken, Paderborn u. a. 1990.
Förster, Franz: Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts, II. Band, 3. Auflage Berlin 1873. Förster, Franz / Eccius, M. E. : Preußisches Privatrecht, II. Band, 6. Auflage Berlin 1892. Frezza , Paolo: Le garanzie delle obbligazioni, Corso di dirittto romano, volume secondo: garanzie reali, Padova 1962. Friedmann, Felix: Die Wirkungen der confusio nach römischem Recht, Diss. Greifswald, Berlin 1884. Frier , Bruce W.: Landlords and Tenants in Imperial Rome, Princeton 1980.
Literaturverzeichnis Gandolfi , Giuseppe: Il deposito nella problematica della giurisprudenza romana, Milano 1976. Gebauer, Georgius Christianus / Spangenberg, Georgius Augustus: Corpus Iuris Civilis codicibus veteribus manuscriptis et optimis quibusque editionibus collatis recensicet Georgius Christianus Gebauer, et post enim obitum editionem curavit Georgius Augustus Spangenberg, Gottingae 1776. Glück, Christian Friedrich: Ausführliche Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld, ein Commentar, Sechszehnten Teils erste Abtheilung, Erlangen 1814. Gothofredus, Iacobus: In titulum Pandectarum de diversis regulis iuris antiqui commentarius, Genf 1653. Gradenwitz, Otto: Interpolationen in den Pandekten, in: SZ 7 (1886) S. 45 ff. Grosso , Giuseppe: I legati nel diritto romano, parte generale, 2. Auflage Torino 1962. -
Obbligazioni, contenuto e requisiti della prestazione obbligazioni alternative e generiche, 3. Auflage Torino 1966.
Guarneri Citati , Andrea: Contributi alla dottrina della mora, in: Annali del Seminario Giuridico della R. Università di Palermo 11 (1923), S. 161 ff. Hägerström, Axel: Der Römische Obligationsbegriff im Lichte der allgemeinen Rechtsanschauung, Band I, Uppsala und Leipzig 1927; Band II, Uppsala und Leipzig 1941. Hartmann, Gustav: Die Obligation, Untersuchungen über ihren Zweck und Bau, Erlangen 1875. -
Rechte an eigener Sache, Untersuchungen zur Lehre vom Eigenthumsrecht, Freiburg 1877.
Haymann, Franz: Grenzen zwischen Betrug und Diebstahl bei der Sachübergabe im römischen Recht, in: BIDR 59-60 (1956), S. 1 ff. Heck, Philipp: Anmerkung zu RG JW 1924, 1360, in: JW 1924, S. 1360. -
Grundriß des Sachenrechts, Tübingen 1930.
Hellmann, Friedrich: Zur Lehre von den nachträglichen Ungültigkeit der Rechtsgeschäfte, in: AcP 90 (1900), S. 363 ff. Heumann, Hermann / Seckel, Emil: Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts, 11. Auflage Jena 1907. Honseil, Heinrich: Id quod interest im bonae-fidei-iudicium, Studien zum römischen Schadensersatzrecht, München 1969. Honsell, Heinrich / Mayer-Maly, Theo / Selb, Walter: Römisches Recht, aufgrund des Werkes von Paul Jörs, Wolfgang Kunkel, Leopold Wenger, 4. Auflage Berlin u. a. 1987. Hübner, Heinz: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, 2. Auflage Berlin New York 1996. Huschke, Philipp Eduard: Über die usucapio pro herede, fiduciae und ex praediatura, in: ZRG 14(1848), S. 145 ff. Jacubetzky, Karl: Bemerkungen zu dem Entwürfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, München 1892. Jakobs, Horst Heinrich / Schubert, Werner: Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen, hrsg. von Horst
212
Literaturverzeichnis
Heinrich Jakobs und Werner Schubert, Einfuhrung, Biographien, Materialien, Berlin - New York 1978; Recht der Schuldverhältnisse II, §§ 433 bis 651, Berlin - New York 1980; Recht der Schuldverhältnisse III, §§ 652 bis 853, Berlin - New York 1983; Sachenrecht II, §§1018 bis 1296, Berlin - New York 1991. Jhering, Rudolf von: Der Besitzwille, Zugleich eine Kritik der herrschenden juristischen Methode, Jena 1889. -
Passive Wirkungen der Rechte, in: Jhering's Jahrbücher 10 (1871), S. 387 ff.
Kaden, Erich-Hans: Die Lehre vom Vertragsschluß im klassischen römischen Recht und die Rechtsregei: Non videntur qui errant consentire, in: Festschrift Paul Koschacker, 1. Band, Weimar 1939, S. 334 ff. -
Rezension zu Carcaterra: I negozi giuridici sulla cosa propria, in: SZ 62 (1942), S. 439 ff.
Karlowa , Otto: Römische Rechtsgeschichte, 2. Band, Leipzig 1901. Kaser , Max: „Controversiam movere", in: Studi in onore di Cesare Sanfilippo 2, Milano 1982, S. 215 ff. -
Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt: Das altrömische, das vorklassische und das klassische Recht, 2. Auflage München 1971; 2. Abschnitt: Die nachklassischen Entwicklungen, 2. Auflage 1975.
-
Eigentum und Besitz im älteren römischen Recht, 2. Auflage Köln - Graz 1956.
-
In bonis esse, in: SZ 78 (1961), S. 173 ff.
-
lus gentium, Köln - Weimar - Wien 1993.
-
'lus publicum' und 'ius privatum', in: SZ 103 (1986), S. 1 ff.
-
Nochmals zu „in bonis habere", in: Huldingingsbundel Paul van Warmelo, Pretoria 1984, S. 143 ff.
-
Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode, Wien - Köln - Graz 1986.
-
Studien zum römischen Pfandrecht, Neudrucke mit Nachträgen, Napoli 1982.
-
Zur Geschichte des precarium, in: SZ 89 (1972), S. 94 ff.
-
Zur Methode der römischen Rechtsfindung, in: Ausgewählte Schriften 1, Camerino 1976, S. 3 ff.
-
Zur Methodologie der römischen Rechtsquellenforschung, Wien 1972.
Kaser, Max / Hackl, Karl: Das Römische Zivilprozeßrecht, 2. Auflage München 1996. Kiefner, Hans: Ut lite pendente nil innovetur, Zum Verbot der Verfügung über res und actiones litigiosae im römischen Recht und im gemeinen Recht des 19. Jahrhunderts, in: Gedächtnisschrift für Wolfgang Kunkel, Frankfurt a. M. 1984, S. 117 ff. Kieß, Peter: Die confusio im klassischen römischen Recht, Berlin 1995, zugleich Diss. Freiburg (Breisgau) 1993/94. Kniep, Ferdinand: Vacua Possessio, 1. Band Jena 1886. Knütel, Rolf: Das Mandat zum Freikauf, in: Dieter Nörr, Shigeo Nishimura, Mandatum und Verwandtes, Beiträge zum römischen und modernen Recht, S. 353 ff. -
Kauf und Pacht bei Abzahlungsgeschäften im römischen Recht, in: Studien im römischen Recht, hrsg. von Dieter Medicus und Hans-Hermann Seiler, Berlin 1973, S. 33 ff.
Literaturverzeichnis -
„Nicht leichter, aber um so reizvoller" - Zum methodologischen Vermächtnis Max Käsers, in: SZ 115 (1998), S. 33 ff.
-
Pfandrecht an beweglichen Sachen, in: Ergänzbares Lexikon Sachenrecht, hrsg. von W. Gerhardt, 2. Auflage Neuwied 1995.
des
Rechts,
-
Rechtseinheit in Europa und römisches Recht, in: ZEuP 1994, S. 244 ff.
-
Römisches Recht und deutsches Bürgerliches Recht, in: Die Antike in der europäischen Gegenwart, Referate gehalten auf dem Symposium der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg am 23. und 24. Oktober 1992, hrsg. von Walther Ludwig, Göttingen 1993, S. 43 ff.
-
Roms Recht - „und erstaunlich ist es nicht, daß die bedeutendsten europäischen Völker sich der Herrschaft dieses Rechts gebeugt haben", in: Das Mittelmeer - die Wiege der europäischen Kultur, hrsg. von Klaus Rosen, Bonn 1998, S. 130 ff.
-
Stipulatio poenae, Studien zur römischen Vertragsstrafe, Köln - Wien 1976.
-
Von Wurzeln und Stämmen, in: Festschrift für Hans Friedhelm Gaul, Bielefeld 1997, S. 317 ff.
-
Zum Pflichtenkonflikt des Verwahrers, in: Mélanges Fritz Sturm, hrsg. von R. Vigneron, Band 1, Lüttich 1999, S. 239 ff.
Koch, Carl Friedrich: Das Recht der Forderungen nach Gemeinem und nach Preußischem Rechte, mit Rücksicht auf neuere Gesetzgebungen, historisch-dogmatisch dargestellt, 3. Band, enthaltend die einzelnen Obligationen, 2. Auflage Berlin 1859. Kreller, -
Hans: Formula fiduciae und Pfandedikt, in: SZ 62 (1942), S. 143 ff.
Zum Iudicium Mandati, in: Festgabe für Philipp Heck, Max Rümelin, Arthur Benno Schmidt, Tübingen 1931, S. 118 ff.
Kress , Hugo: Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, München 1929. Kretschmar, Paul: Die Theorie der confusion, Leipzig 1889. Krückmann, Paul: Nachlese zur Unmöglichkeitslehre, zweiter Beitrag, in: Jhering's Jahrbücher 59 (1911) S. 20 ff. Krüger, Paul: Corpus Iuris Civilis, Volumen Secundum, Codex Iustinianus, 12. Auflage Berlin 1959. -
Geschichte der Quellen und Litteratur des Römischen Rechts, 2. Auflage München und Leipzig 1912.
Kunkel, Wolfgang: Hypothesen zur Geschichte des römischen Pfandrechts, in: SZ 90 (1973), S. 150 ff. Kupisch, Berthold: Ungerechtfertigte Bereicherung, Geschichtliche Entwicklungen, Heidelberg 1987. Kupiszewski, Henryk: Locatio-conductio rei suae, in: Labeo 3 (1957) S. 344 ff. Larenz, Karl: Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Auflage München 1989. -
Lehrbuch des Schuldrechts, Erster Band: Allgemeiner Teil, 14. Auflage München 1987.
-
Lehrbuch des Schuldrechts, Zweiter Band: Besonderer Teil, Erster Halbband, 13. Auflage München 1986.
214 Larenz, Karl / Wolf, München 1997.
Literaturverzeichnis Manfred: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Auflage
Last, Adolf: Fragen der Besitzlehre, in: Jhering's Jahrbücher 62 (1913) S. 1 ff. Leifer, Franz: Die Einheit des Gewaltgedankens im römischen Staatsrecht, München Leipzig 1914. Lenel, Otto: Afrikans Quästionen, Versuch einer kritischen Palingenesie, in: SZ 51 (1931), S. 1 ff. -
Das Edictum perpetuum, 3. Auflage Leipzig 1927.
-
Palingenesia Iuris Civilis, Vol. I und II, Leipzig 1889.
-
Quellenforschungen in den Edictcommentaren, in: SZ 3 (1882), S. 104 ff.
Leonhard, Friedrich: Allgemeines Schuldrecht des BGB, München - Leipzig 1929. -
Besonderes Schuldrecht des BGB, München - Leipzig 1931.
Levy , Ernst: Weströmisches Vulgarrecht: Das Obligationenrecht, Weimar 1956. Liebs, Detlef: Rechtsschulen und Rechtsunterricht im Prinzipat, in: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt II, 15. Band, hrsg. von Hildegard Temporini, Berlin New York 1976, S. 197 ff. Litewski, Wieslaw: Pignus in causa iudicati captum, in: SDHI 40 (1974), S. 205 ff. Littbarski, Sigurd: Neuere Tendenzen zum Anwendungsbereich der Lehre von der Geschäftsgrundlage, in: JZ 1981 S. 8 ff. Longo, Carlo: Corso di diritto romano, Il deposito, Milano 1946. -
Corso di diritto romano, parte generale: Fatti giuridici - negozi giuridici - atti illeciti, parte speciale: La compra-vendita, Milano o. J.
Longo, Giannetto: Le res extra commercium e l'azione di danni nei contratti di vendita nulli, in: Studi in onore di Pietro Bonfante, Vol. III, Milano 1930, S. 363 ff. -
Negozi giuridici collegati e negozi su cosa propria, in: SDHI 45 (1979), S. 93 ff.
-
Sulla simulazione dei negozi giuridici, in: Studi in onore di Salvatore Riccobono, Band III, Palermo 1936, S. 111 ff.
-
Sul regime delle obbligazioni corrispettive nella „locatio-conductio rei", in: Studi in onore di Vincenzo Arangio-Ruiz, Vol. II, Napoli o. J., S. 379 ff.
MacCormack, Geoffrey: Nemo sibi ipse causam possessionis mutare potest, in: BIDR 75(1972) S. 71 ff. -
The Role of Animus in the Classical Law of Possession, in: SZ 86 (1969) S. 105 ff.
Manigk, Alfred: Fiducia, in: Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, neue Bearbeitung, hrsg. von Georg Wissowa, 6. Band Stuttgart 1909, Sp. 2287 ff. -
Hypotheca, in: Paulys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, neue Bearbeitung, begonnen von Georg Wissowa, 9. Band, Stuttgart 1916, Sp. 343 ff.
de Marini Avonzo, Franca: I limiti alla disponibilità della „res litigiosa" nel diritto romano, Milano 1967. Marrone, Matteo: L'efficacia pregiudiziale della sentenza nel processo civile romano (estratto dal vol. X X I V degli Annali del Sem. Giuridico di Palermo), Palermo 1955.
Literaturverzeichnis di Marzo , Salvatore: Appunti sulla dottrina della causa lucrativa, in: BIDR 15 (1903), S. 91 ff. -
Appunti sulla dottrina della causa lucrativa, in: BIDR 17 (1905), S. 103 ff.
Masi , Antonio: Studi sulla condizione nel diritto romano, Milano 1966. Mayer-Maly , Theo: Locatio conductio, München 1956. Medicus , Dieter: Allgemeiner Teil des BGB, Ein Lehrbuch, 7. Auflage Heidelberg 1997. -
Id quod interest, Studien zum römischen Recht des Schadensersatzes, Köln und Graz 1962.
-
Zur Funktion der Leistungsunmöglichkeit im römischen Recht, in: SZ 86 (1969), S. 67 ff.
Meylan, Philippe: Nouvelle explication de Celse, D. 12,4,16, in: IURA 20 (1969) S. 287 ff. Michel , Jacques: Gratuité en droit romain, Bruxelles 1962. Mitteis, Ludwig: Rezension zu: Hans Peters, Die oströmischen Digestenkommentare und die Entstehung der Digesten, in: SZ 34 (1913), S. 402 ff. -
Über die sogenannte lex (Julia) municipalis, in: SZ 33 (1912) S. 159 ff.
Mittelstein, 1932.
Max: Die Miete nach dem Recht des Deutschen Reiches, 4. Auflage Berlin
Molnär, Imre: Object of „locatio conductio", in: BIDR 85 (1982), S. 127 ff. Mommsen, Friedrich: Beiträge zum Obligationenrecht, Erste Abtheilung: Die Unmöglichkeit der Leistung in ihrem Einfluß auf obligatorische Verhältnisse, Braunschweig 1853. Mommsen, Theodor: Digesta Iustiniani Augusti, Vol. I Berlin 1868; Vol. II, Berlin 1870. -
Corpus Iuris Civilis, Editio Stereotypa, Volumen Primum: Institutiones (recognovit Paulus Krueger), Digesta (recognovit Theodorus Mommsen), 10. Auflage Berlin 1905.
Mommsen, Theodor / Krüger, Paul: Corpus Iuris Civilis, Editio Sexta Decima, Volumen Primum: Institutiones (recognovit Paulus Krueger), Digesta (recognovit Theodorus Mommsen, retractavit Paulus Krueger), Berlin 1954. Mosler, Eduard: Zur Lehre von der Konfusion, Diss. Berlin 1897. Motive: Motive zu dem Entwürfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Band II Recht der Schuldverhältnisse, Berlin und Leipzig 1888; Band III Sachenrecht, 2. Auflage Berlin 1896. Motive Hess. Entwurf: Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Großherzogtum Hessen nebst Motiven, Vierte Abtheilung, Von den Verbindlichkeiten - Zweites Buch: Von den Verbindlichkeiten im Besonderen, Darmstadt 1845. Motive Sächs. BGB: Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Sachsen nebst allgemeinen Motiven und Inhaltsverzeichnis, Dresden 1860. Müller-Ehlen, Martina: Hereditatis petitio, Studien zur Leistung auf fremde Schuld und zur Bereicherungshaftung in der römischen Erbschaftsklage, Köln - Weimar - Wien 1998, zugleich Diss. Bonn 1996.
216
Literaturverzeichnis
Münchener Kommentar: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von Kurt Rebmann und Franz Jürgen Säcker, Band 1: §§ 1-240, 3. Auflage München 1993; Band 2: §§ 241-432, 3. Auflage München 1994; Band 3: §§ 433-606, 3. Auflage München 1995; Band 4: §§ 607-704, 3. Auflage München 1997; Band 6: §§ 854-1296, 3. Auflage München 1997. Nelson, H. L. W.: Überlieferung, Aufbau und Stil von Gai institutiones, Leiden 1981. Nörr, Dieter: Spruchregel und Generalisierung, in: SZ 89 (1972) S. 18 ff. -
Zur Entstehung der gewohnheitsrechtlichen Theorie, in: Festschrift für Wilhelm Felgentraeger, Göttingen 1969, S. 353 ff.
Noordraven, Gijsbert: De fiducia in het Romeinse recht, Arnhem 1988. -
Die „ficucia" im römischen Recht, in: Index 18 (1990), S. 229 ff.
Oertmann, Paul: Die Fiducia im römischen Privatrecht, Berlin 1890. -
Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch und seinen Nebengesetzen, Allgemeiner Teil, 3. Auflage Berlin 1927; 2. Buch: Recht der Schuldverhältnisse, 2. Abteilung §§ 433 - 853, 5. Auflage Berlin 1929.
Otto, Carl Ed. / Schilling, Bruno/ Sintenis, Carl Friedrich Ferdinand: Das Corpus Juris Civilis in's Deutsche übersetzt von einem Vereine Rechtsgelehrter, 2. Band, Leipzig 1831; 4. Band, Leipzig 1832. Palandt, Otto: Bürgerliches Gesetzbuch, 58. Auflage München 1999. Palazzolo , Nicola: Evizione della cosa locata e responsabilità del locatore, in: BIDR 68 (1965), S. 275 ff. -
Osservazioni in tema di legato con effetto libertario in favore del conduttore, in: IURA 16 (1965), S. 124 ff.
Partsch , Josef: Die Lehre vom Scheingeschäfte im römischen Rechte, in: SZ 42 (1921) S. 227 ff. Pernice , Alfred: Labeo, römisches Privatrecht im ersten Jahrhunderte der Kaiserzeit, 3. Band, 1. Abteilung, Halle 1892. Perozzi, Silvio: Istituzioni di diritto romano, Vol. I und II, 2. Auflage Rom 1928. Peters, Frank: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Studien im römischen Recht, hrsg. von Dieter Medicus und Hans-Hermann Seiler, Berlin 1973, S. 137 ff. -
Die Rücktrittsvorbehalte des römischen Kaufrechts, Köln - Wien 1973.
-
Die Verschaffung des Eigentums durch den Verkäufer, in: SZ 96 (1979) S. 173 ff.
Peters, Hans: Die oströmischen Digestenkommentare und die Entstehung der Digesten, Leipzig 1913. Pfeil, Susanne: Der concursus duarum causarum im römischen Recht, Frankfurt a. M. u. a. 1998, zugleich Diss. Heidelberg 1997. Pflüger , Η. H.: Über die condictio incerti, in: SZ 18 (1897) S. 75 ff. Planck, Gottlieb: Planck's Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von E. Strohal, 2. Band, 1. Hälfte: Recht der Schuldverhältnisse (Allgemeiner Teil), 4. Auflage Berlin 1914; 2. Band, 2. Hälfte: Recht der Schuldverhältnisse (Besonderer Teil), 4. Auflage Berlin - Leipzig 1928; 3. Band: Sachenrecht, 4. Auflage Berlin Leipzig 1920.
Literaturverzeichnis -
Planck's Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von E. Strohal, 3. Band: Sachenrecht, 2. Hälfte (§§ 1113-1296), 5. Auflage Berlin 1938.
Pool, Eric Henk: Een kwestie van titels, causa van bezit, verjaring en eigendom naar klassiek Romeins recht, Amsterdam 1995. -
Lateinische Syntax und juristische Begriffsbildung: in bonis „alicuius" esse und bonitarisches Eigentum im klassischen römischen Recht, in: SZ 102 (1985), S. 470 ff.
Pringsheim, Fritz: Id quod actum est, in: SZ 78 (1961), S. 1 ff. Protokolle: Protokolle der Kommission fur die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Band III, Sachenrecht, Berlin 1889. Provera, Giuseppe: „Precario habere", Rezension zu Pierpaolo Zamorani, Precario habere, Milano 1969, in: Index 1 (1970), S. 380 ff. Pugliese , Giovanni: La simulazione nei negozi giuridici, studio di diritto romano, Padova 1938. Rabel , Ernst: Grundzüge des römischen Privatrechts, in: Holtzendorff/Kohler (Hrsg.): Enzyklopädie der Rechtswissenschaft, Band I, 7. Auflage 1915, S. 399 ff. Rechnitz, Wilhelm: Studien zu Salvius Julianus, Weimar 1925. Reichard, Ingo: Stipulation und Custodiahaftung, in: SZ 107 (1990), S. 46 ff. RGRK: Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes, hrsg. von Mitgliedern des Bundesgerichtshofes, Band II, 1. Teil (§§ 241-413), 12. Auflage Berlin - New York 1976; Band II, 2. Teil (§§ 414-610), 12. Auflage Berlin - New York 1978; Band II, 4. Teil (§§ 631-811), 12. Auflage Berlin - New York 1978; Band III, 3. Teil (§§1204-1296), 12. Auflage Berlin - New York 1996. Riccobono , Salvatore: Studi critici sui libri X V I I I di Paulus ad Plautium, in: BIDR 6 (1893), S. 119 ff. Riccobono , Salvatore jr.: Il valore delle collezioni giuridiche bizantine per lo studio critico del „Corpus Iuris Civilis", in: Mélanges Fitting II, Aalen - Frankfurt a. M. 1969, S. 463 ff. -
Profilo storico della dottrina della mora nel diritto romano, in: Annali del Seminario Giuridico della Università di Palermo 29 (1962), S. 105 ff.
Rosenberg , Leo / Schwab , Karl Heinz / Gottwald, Peter: Zivilprozeßrecht, begründet von Leo Rosenberg, fortgeführt von Karl Heinz Schwab, nunmehr bearbeitet von Peter Gottwald, 15. Auflage München 1993. Rotondi , Giovanni: Contributi alla storia del contratto di deposito nel diritto romano, in: Scritti Giuridici II, Studii sul diritto romano delle obbligazioni, a cura di Emilio Albertario, Pavia 1922, S. 1 ff. -
Possessio quae animo retinetur, in: Scritti Giuridici III, Studii varii di diritto romano ed attuale, a cura di Pietro de Francisci, Pavia 1922, S. 94 ff.
de Ruggiero , Roberto: Depositum vel commodatum, in: BIDR 19 (1907), S. 5 ff. Russo Ruggeri, Carmela: Conductio e precarium rei pignori datae, in: Studi in onore di Cesare Sanfilippo 7, Milano 1987, S. 715 ff. -
„Suae rei emptio consistere non potest", in: Sodalitas, Scritti in onore di Antonio Guarino 6, Napoli 1984, S. 2813 ff. 15 Zimmermann
218
Literaturverzeichnis
Salkowski, Carl: Ausführliche Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld, ein Commentar begründet von Christian Friedrich von Glück, 49. Teil, Erlangen 1889. -
Zur Lehre von der Novation nach Römischem Recht, Ein Beitrag zum Römischen Obligationenrecht, Leipzig 1866.
Savigny, Friedrich Carl von: Das Recht des Besitzes, Eine civilistische Abhandlung, 6. Auflage Gießen 1837. -
System des heutigen Römischen Rechts, 5. Band, Berlin 1841.
Schellen, Norbert: Konfusion, Diss. Köln 1985. Schellhammer, Kurt: Zivilprozeß, Gesetz-Praxis-Fälle, Ein Lehrbuch, 7. Auflage Heidelberg 1996. Scherillo , Gaetano: Locazione e precario, Estratto dai Rendiconti del Reale Istituto Lombardo di scienze e lettere Voi. 62, Milano 1929. Schlichting , Gerhard: Die Verfügungsbeschränkung des Verpfänders im klassischen römischen Recht, Karlsruhe 1973. Schmidlin, Bruno: Die römischen Rechtsregeln, Versuch einer Typologie, Köln - Wien 1970. Schmidt-Ott, Justus: Pauli Quaestiones, Berlin 1993. Schmidt-Rimpler, Walter: Die Eigentümerdienstbarkeit, Zugleich ein Beitrag zur Lehre von der Konfusion dinglicher Rechte, nebst einem Exkurs über die Erbenhafiung im BGB, Hailea. d. S. 1911 Schön, Wolfgang: Der Nießbrauch an Sachen, Gesetzliche Struktur und rechtsgeschäftliche Gestaltung, Köln 1992. Schulz, Fritz: Die Lehre vom Concursus Causarum im klassischen und justinianischen Recht, in: SZ 38 (1917), S. 114 ff. -
Einführung in das Studium der Digesten, Tübingen 1916.
Scialoja, Vittorio: Sopra il precarium in diritto romano, Roma 1878. Seidl, Erwin: Prolegomena zu einer Methodenlehre der Römer, in: Gedächtnisschrift für Rudolf Schmidt, Berlin 1966, S. 359 ff. Seligsohn, Ernst Heinrich: Iusta Possessio, Diss. Freiburg i. Br. 1927. Sherman, Charles Phineas: Roman Law in the Modern World, Vol. I, History of Roman Law and its Descent into English, French, German, Spanish and Other Modern Law, 3. Auflage New York 1937. Siber, Heinrich: Die Passivlegitimation bei der Rei vindicatio als Beitrag zur Lehre von der Aktionenkonkurrenz, Leipzig 1907. -
Römisches Recht, Band II: Römisches Privatrecht, Berlin 1928.
-
Vorbereitung- und Ersatzzweck der Besitzinterdikte, in: Scritti in onore di Contardo Ferrini, Vol. 4, Milano 1949, S. 98 ff.
Siebenhaar, Eduard / Pöschmann, Karl Magnus: Commentar zu dem bürgerlichen Gesetzbuche für das Königreich Sachsen, Band 2: Das Recht der Forderungen, 2. Auflage Leipzig 1869. Sieg, Harald: Quellenkritische Studien zur Bessergebotsklausel (in diem addictio) im römischen Kaufrecht, Hamburg 1933.
Literaturverzeichnis Silva, Vittoria: Precario con possesso e precario con detenzione, in: SDHI 6 (1940), S. 233 ff. Sintenis, Cari Friedrich Ferdinand: Das practische gemeine Civilrecht, 2. Band, Das Obligationenrecht, 3. Auflage Leipzig 1868. Soergel, Hans Theodor / Siebert, Wolfgang: Bürgerliches Gesetzbuch, begründet von Hans Theodor Soergel, neu herausgegeben von Wolfgang Siebert, Band 2, Schuldrecht I (§§ 241-610), 10. Auflage Stuttgart u. a. 1967. Soergel, Hans Theodor: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von W. Siebert, Band 1: Allgemeiner Teil (§§ 1-240), 12. Auflage Stuttgart - Berlin - Köln 1987; Band 2: Schuldrecht I (§§ 241-432), 12. Auflage Stuttgart - Berlin - Köln 1990; Band 3: Schuldrecht II (§§ 433-515), 12. Auflage Stuttgart - Berlin - Köln 1991; Band 4/1: Schuldrecht I I I / l (§§ 516-651), 12. Auflage Stuttgart - Berlin - Köln 1997; Band 6: Sachenrecht (§§ 854-1296), 12. Auflage Stuttgart - Berlin - Köln 1990. Sokolowski, Paul: Die Philosophie im Privatrecht, Band II: Der Besitz im klassischen Recht und dem deutschen bürgerlichen Gesetz, Halle 1907. Solazzi, Siro: La tutela e il possesso delle servitù prediali, Napoli 1949. -
L'errore nella condictio indebiti, Estratto dal volume LIX degli Atti dell'Academia di scienze morali e politiche della Società reale di Napoli, Napoli 1939.
-
L'estinzione dell'obbligazione nel diritto romano, Vol. I, 2. Auflage Neapel 1935.
Staudinger, Julius von: Julius von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 3. Band: Sachenrecht, 2. Teil (§§ 1018-1296), 10. Auflage München u. a. 1936. -
Julius von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 1. Band: Allgemeiner Teil (§§ 1-240), 11. Auflage Berlin 1957; 2. Band: Recht der Schuldverhältnisse, Teil 1 c (§§ 249-327), 10./11. Auflage Berlin 1967; 2. Band: Recht der Schuldverhältnisse, 2. Teil (§§ 433-610), 11. Auflage Berlin 1955; 2. Band: Recht der Schuldverhältnisse, 3. Teil (§§ 611-704), 11. Auflage Berlin 1958; 3. Buch: Sachenrecht, 2. Teil (§§ 1018-1296), 11. Auflage Berlin 1963.
-
Julius von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 1. Buch: Allgemeiner Teil, §§ 90-240, 12. Auflage Berlin 1980; 2. Buch: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 255-327, 12. Auflage Berlin 1979.
-
Julius von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Buch: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 241-243, 13. Bearbeitung Berlin 1995; 2. Buch: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 293-327, 13. Bearbeitung Berlin 1995; 2. Buch: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 433-534, 13. Bearbeitung 1995; 2. Buch: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 535-563, 13. Bearbeitung Berlin 1995; 2. Buch: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 581-606, 13. Bearbeitung Berlin 1996; 2. Buch: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 652-704, 13. Bearbeitung Berlin 1995; 3. Buch: Sachenrecht, §§ 883-902, 13. Bearbeitung Berlin 1996; 3. Buch: Sachenrecht, §§ 1113-1203, 13. Bearbeitung Berlin 1996; 3. Buch: Sachenrecht, §§ 1204-1296, 13. Bearbeitung Berlin 1997.
Stein, Friedrich / Jonas, Martin: Kommentar zur Zivilprozeßordnung, Band 3, §§ 253299a, 21. Auflage Tübingen 1997. Stein, Peter: Regulae Iuris, From Juristic Rules to Legal Maxims, Edinburgh 1966.
220
Literaturverzeichnis
Steinwenter, Arthur: Precarium, in: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, neue Bearbeitung, begonnen von Georg Wissowa, 22. Band, 24. Halbband, Stuttgart 1954. Stella Maranca, Filippo: Intorno ai frammenti di Celso, Roma 1915. Sturm, Fritz: Novation durch Versprechen des Geldwerts?, in: SZ 83 (1966) S. 68 ff. -
Stipulatio Aquilina, Textgestalt und Tragweite der Aquilianischen Ausgleichsquittung im Klassischen Römischen Recht, München 1972.
Thomas, Heinz / Putzo, Hans: Zivilprozeßordnung, erläutert von Heinz Thomas, Hans Putzo, Klaus Reichold, Rainer Hüßtege, 21. Auflage München 1998. Thomas, Joseph Anthony C.: Conductio rei suae, in: Index 2 (1971), S. 283 ff. Titze, Heinrich: Die Unmöglichkeit der Leistung nach deutschem bürgerlichen Recht, Leipzig 1900. Tondo , Salvatore: „Pignus" e „Precarium", in: Labeo 5 (1959), S. 157 ff. Tuhr, Andreas von: Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Erster Band, Allgemeine Lehren und Personenrecht, Berlin 1910. Ubbelohde, August: Ausführliche Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld, ein Commentar, begründet von Christian Friedrich von Glück, Serie der Bücher 43 und 44, 5. Teil, Erlangen 1896. van Oven, Julius Christian: Locatio conductio rei suae, in: TR 26 (1958) S. 322 ff. Vassalli, Filippo: „Dies vel condicio", lineamenti della dottrina romana della condizione, in: Studi Giuridici, Volume 1, Roma 1939, S. 243 ff. Vàzquez, Carmen Garcia: Precarium rei suae, in: BIDR 94-95 (1991-1992) S. 181 ff. VE : Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, hrsg. von Werner Schubert, Allgemeiner Teil, Teil 1, Verfasser: Albert Gebhard, Berlin - New York 1981; Recht der Schuldverhältnisse, Teil 2: Besonderer Teil, Verfasser: Franz Philipp von Kübel und Hilfsarbeiter, Berlin - New York 1980; Sachenrecht, Teil 2: Beschränkt dingliche Rechte und materielles Zwangsvollstreckungsrecht, Verfasser: Reinhold Johow, Berlin New York 1982. Vering, Friedrich H.: Römisches Erbrecht in historischer und dogmatischer Entwicklung, Heidelberg 1861. de Villa, Vittorio: La liberatio legata nel diritto classico e guistinianeo, Milano 1939. Voci, Pasquale: Diritto ereditario romano, Volume secondo, parte speciale, successione ab intestato, successione testamentaria, 2. Auflage Milano 1963. -
L'errore nel diritto romano, Milano 1937.
Volterra, Edoardo: Il problema del testo delle costituzioni imperiali, in: Scritti Giuridici, Volume VI, 1994, S. 3 ff. Wacke, Andreas: Die verschuldete Eviktion, Dogmengeschichtliches und Rechtsvergleichendes zu § 440 Abs. 2 und Abs. 3 BGB, in: Festschrift für Hubert Niederländer, Heidelberg 1991, S. 141 ff. -
„Errantis voluntas nulla est". Grenzen der Konkludenz stillschweigender Willenserklärungen, in: Index 22 (1994), S. 267 ff.
Literaturverzeichnis -
Prozeßformel und Beweislast im Pfandrechtsprätendentenstreit, in: TR 37 (1969), S. 368 ff.
-
Zur Lehre vom pactum taciturn und zur Aushilfsfunktion der exceptio doli, Stillschweigender Verzicht und Verwirkung nach klassischem Recht, in: SZ 91 (1974) S. 251 ff.
Wagner, Herbert: Voraussetzungen, Vorstufen und Anfange der römischen Generalverpfändung, Marburg 1968. Walter, Gerhard: Kaufrecht, in: Handbuch des Schuldrechts in Einzeldarstellungen, hrsg. von Joachim Gernhuber, Band 6, Tübingen 1987. Watson, Alan: The Digest of Justinian, English translation edited by Alan Watson, Vol. 4, Philadelphia 1985. Weiss, Egon: Pfandrechtliche Untersuchungen, I. Abteilung, Beiträge zum römischen und hellenischen Pfandrecht enthaltend, Weimar 1909. Wening-Ingenheim: Das Pfandrecht an eigener Sache, in: AcP 6 (1823), S. 134 ff. Wesenberg, Gerhard: Zur Dogmengeschichte der confusio, in: EOS, Comentarii Societatis Philologae Polonorum, Vol. 48 Band. 1, Symbolae Raphaeli Taubenschlag dedicatae, Bratislava - Warschau 1956, S. 553 ff. Wesener, Gunter: Pendenz, Vorwirkungen und Rückwirkung der aufschiebenden Bedingung im römischen Recht, in: Festgabe für Arnold Herdlitczka, München Salzburg 1972, S. 265 ff. Westermann, Harry: Sachenrecht, Ein Lehrbuch, begründet von Harry Westermann, fortgeführt von Harm Peter Westermann, Karl-Heinz Gursky, Dieter Eickmann, 7. Auflage Heidelberg 1998. Wieacker,
Franz: Textstufen klassischer Juristen, Göttingen 1959.
- Zur Verpfändung fremder Sachen, in: TR 30 (1962), S. 58 ff. Wieling, Hans Josef: Sachenrecht, Band I, Sachen, Besitz und Rechte an beweglichen Sachen, Berlin u. a. 1990. Wilhelmi, Lothar: Der Kauf eigener Sache, Würzburg 1934, zugleich Diss. Halle a. d. S. Windscheid, Bernhard / Kipp, Theodor: Lehrbuch des Pandektenrechts, Band I und II, 9. Auflage Frankfürt a. M. 1906. Wolf, Joseph Georg: Error im römischen Vertragsrecht, Köln - Graz 1961. Wolff, Martin: Das Recht zum Besitze, in: Festgabe für Richard Koch, Berlin 1903, 5. 150 ff. Wolff
Martin / Raiser, Ludwig: Sachenrecht, 10. Auflage 1957.
Wubbe, Felix Bernard Jozef: Res aliena pignori data, De verpanding van andermans zaak in het klassieke romeinse recht, Leiden 1960. Wunderlich, 1907.
Georg: Verpfänder, Pfandeigentümer und Pfandschuldner, Berlin - Leipzig
Zamorani, Pierpaolo: Precario habere, Milano 1969. Zilletti, Ugo: La dottrina dell'errore nella storia del diritto romano, Milano 1961. Zimmermann, Reinhard: The Law of Obligations - Roman Foundations of the Civilian Tradition, Cape Town u. a. 1990.
222
Literaturverzeichnis
Zöller, Richard: Zivilprozeßordnung, begründet von Richard Zöller, 20. Auflage Köln 1997.
Quellenregister
Α. Vorjustinianische Quellen Fragmenta de iure fisci 8
Fragmenta Vaticana 293.2
3.200
83
4.117a
97340
4.4
39 9 5
97340
132 Pauli sententiae
Gai institutiones 3.99 3. 168
2. 17.8 39 9 5 ; 138- 140 33
2.31.21
133 4 8 0 83 2 8 5
66
B. Corpus Iuris Civilis Institutiones 2. 3. 3
145
2 . 6 pr.
17; 44; 106
2.20.10
16; 146
3. 19. 22
140 5 0 7
4.6.14
16 f.; 39; 139
Digesta 1.2.2.27 1.15.2
101 353 65
2. 14.3
1 475^
3.3.40.2
27 4 3
4.3.35
15
5.1.24.2
101 353
5.1.75
101 353
7.4.25
56
532
201
7.4.28 7.4.29 pr. 7. 6. 5pr.
56 55; 57; 70 16; 35
2.8. 15 pr.
92
7.9.1.7
141 f.
2.8.15.2
92; 104
7.9.12
16
Quellenregister
224 8. 2. 26
16
8. 4. 1. 1
145 532
53 f.; 79 f.; 81 f.;
8. 6. 1
17
84; 90; 104 f.; 108;
9. 4. 19. 1
57; 70
16. 3. 25
9. 4. 36
101 353
16.3.31. 1
16.3. 15
16 f.; 41 f.; 43; 45;
138 17,5 104 f.; 107 f.; 187 1 2 5 ; 192
12.3.3
15
12. 6. 1. 1
111 3 8 6
17. 1. 19
65 2 0 3
12. 6. 15. 1
ΙΟΙ353
17. 1.22.3
122 f.; 124; 137 495
18. 1.6. 1
130 463
18. 1. 15.2
169; 124
18. 1. 16 pr.
16; 17 16 ; 112 f.;
386
12. 6. 24
111
12. 6. 26.3
111 3 8 6
12. 6. 37
17 16 ; 110-112; 125; 13 Ο
12. 6. 64
464
111 3 8 6
125; 130 4 6 4 ; 194 145 18. 1. 18 pr.
18 22 ; 118-120
18. 1.34.4
17; 69; 70 2 2 6 ; 125 123
13. 1. 1
143 523
13.6. 15
16
13.7.9
19
18. 1. 39 pr.
13.7. 11
19
18. 1.61
13.7. 13
19
13. 7. 15
19
18. 1.62. 1
130
463
13. 7. 22
15; 19 f.
18. 2. 11
119
420
13. 7. 22. 3
59; 61 f.; 65; 91
18. 2. 12
1
19420
13. 7. 24
15; 20
18. 2. 13 pr.
1
19420
13. 7. 29
17; 22 f.; 25; 9 1 3 1 2
18. 2. 13. 1
18; 119; 120;
128; 136; 198; 204 17; 115; 118; ! 44530
4
13.7. 34
15
13.7. 35. 1
17; 58; 60; 65; 70;
137
495
18.3.3
20 8
92; 104; 161 63 13. 7.37
63; 65
19. 1. 3 pr.
101 353
13.7. 40 pr.
16; 120; 123 f.; 125
19. 1. 11. 13
126
19. 1. 13. 15
133 480 ; 134
16. 1. 13. 1
31 5 8
19. 1. 19
37 8 2
16.3. 1
15
19. 1.20
16; 37 8 2
16.3.5
15
19. 1.29
128; 131; 145 533
16.3.7
15
19. 2. 9.5
74
Quellenregister 19. 2. 9.6 19. 2. 10 19. 2. 15.9
72 f.; 75 - 77; 81;
30.71.5
146 5 3 8
133
30. 84. 5
13 3 4 8 0
72 f.; 74 f.; 76 2 5 3 ;
30. 84. 8
145 533
77 f.; 133
30. 86 pr.
146 5 3 8
244
30. 86. 4
146 5 3 8
74
; 75; 78
19. 2. 16
78
19. 2. 20.2
65
31. 1.61 (59) pr.
31 5 8
19. 2. 55
65
31. 18
145 533
19. 2. 56
65
31.66.6
146 5 3 8
19. 5. 18
15
31.82.2
145 533
31.87.3
132
20. 1. 3 pr.
23 2 2
31.87.4
132
32. 37 pr.
145 533
33. 2. 30. 1
75; 77
34.3. 1. 1
146 f.
34. 7. 4
117 4 1 7
35. 1.98
145 533
35. 1. 110
1 Ol353
35. 2. 1. 11
1 Ol353
39. 2. 26
101 353
58
20. 1. 13.4
31
20. 1. 15. 1
23 2 2
20. 4. 9. 3
23 2 2 480
21.2.9
13 3
21.2. 29 pr. 21.2.41. 1
134 f.; 136 4 8 9 1 3 3480
21.2. 66 pr.
101 353
22. 3. 6
101 353 22
22. 3. 23
23
22. 5. 3. 6
101 353
23. 3. 78 pr.
16
39. 5. 6
101 353
24. 1.32.5
91
41.2. 1. 15
24 30
41.2. 19 pr.
682
41.2.21.3
68,218
28.3. 17 28. 4. 4
1013 353h
101
41.2. 28
17; 66; 6 8 2 1 8 ; 69221;
224.
220
30. 34. 7
129
98; 102 f.; 128;
30. 39. 2
146 537
142;186
30.41. 1
117
30.41.2 30. 43. 3
116 f.; 145; 146 146
538
5
41.2. 36
24; 9 1 3 1 2
41.2.37
61 -63; 65
;
7 0 ; 8 1 ;
Quellenregister
226
16 f.; 45; 48; 53 1 5 3 ;
45. 1. 82 pr.
16; 141
54; 79; 84; 90
45. 1.87
140
41.3.4. 12
109 3 7 9
45. 1.98 pr.
17; 115; 144 f.
41.3. 16
24
41.3.21
17; 43; 45; 48;
46. 3. 20
101 353
49. 16.3.21
101 353
49. 16. 13 pr.
1 Ol353
50. 11.2
101 353
50. 16. 186
15
41.2. 40.3
29;30
53 1 5 3 ; 54; 68 2 1 8 ; 112 41.3.33.4
62 34
41.3.33.5
17; 24; 25 ; 26
41.3.33.6
58170;91312 292
43. 19. 1 pr.
85
43. 19. 1. 11
16; 85; 89 f.
43. 26. 2 pr.
101 3 5 2 275
50. 17. 23
16
50. 17. 45 pr.
14; 153; 17 18 ; 1822; 35 - 39; 42 f.;
43. 26. 4. 2
82
43. 26. 4. 3
16 8 ; 17; 84 2 8 6 ;
90; 103 3 6 0 ; 104 f.;
89 f.; 103 3 5 9
108 f.; 125; 136 f.;
43. 26. 6. 1
89
162; 187; 201
43. 26. 6. 3
47
43. 26. 6. 4
; 89
53 f.; 7 9 - 8 1 ; 84;
50. 17. 173.3
17; 90; 93; 94
325
103 f. 43. 26. 7
91312
43.26. 11
95
107 375
;
Codex 4. 38. 4
16; 116 4 1 2 ; 131 f.; 137
43. 26. 22 pr.
98 f.; 102 f.
4. 38. 10
113
43. 26. 22. 1
101
4. 65. 19
48129
4. 65. 20
16; 4 8 - 5 0 ; 52; 54
44. 2. 30. 1
16 f.; 2 6 - 2 9 ; 31;
4. 65. 23
48 - 50; 52
33 f.; 148 f.; 154;
4. 65. 25
48; 51
6. 37. 13
145 533
7.31. 1
44106
202 44. 4. 8 pr. 44. 6. 1 pr. 44. 7. 1.9
107 375 98341 139
502
44. 7. 1. 10
139 f.
44. 7. 16
96
8. 19. 1
32 - 34; 148 f.;
45. 1.29. 1
142 f.
8. 27. 2
97 f.
45. 1.31
144
8. 36. 1
154; 160; 202 98341
Quellenregister
227
C. Byzantinische Quellen 20. 1.56
Basilica 20. 1.55
65
64 f.; 79 2 6 3
D. Neuzeitliche Rechtsquellen §541
171;181
§ 116 S. 1
199
§547
173; 176
§119
177-179
§ 547 a
173
§121
184
§549
173-175
§138
200
§550
174 f.
199 1 9 7 161
§556
174 f.
§688
190 f.
§ 142 II
196
§689
191
§242
167; 171; 175 f.;
§695
189; 191
179; 181; 184; 192
§817 S. 1
200
157
§889
148- 151; 201
§914
150 14
BGB
§139 §140
§ 268 III
169
120
§275
168; 177; 185
§306
168; 182; 184 f.;
§91711
150 14
189; 192; 193 f.;
§930
186
204
§932
196
193 f.
§985
172
§987
166 f.; 170- 172;
§307 §323
168; 177; 185
120
;
195
175
§401 I
155
§989
194
§412
155
§990
171; 175; 194
§433
199; 204
§992
194
§440
171;195
§993
171
§445
199
§994
172
§493
199
§996
172
§535
169-171
§ 1059
153 24
§536
172
§ 1063
149; 151 f.
§ 5371
171
§ 1069 II
153 24
§ 539 S. 1
171
§1107
150 14
Quellenregister
228 §1163
149
Art. 565
165 f.
§1177
149; 157; 159
Art. 566
165 f.; 167
Art. 740
189
§1178
150
§ 1179 a, b
150
§ 1192 II
150
EI
§1196
149
§ 1180 II
196
§ 11971
157; 159
§ 1180 III
195 f.
§ 1197 II
151
§ 1866
153 28
§ 12001
150
§ 1225 S. 1
155
E Bayerisches BGB
§ 1232
157
Art. 407
164 f.
§ 1233 I
195
Art. 431 I
164; 188
§ 1239
195 f.
Art. 678
188
§ 1242
196
§ 1249
157
E Hessen
§ 1250 I 1
155
Art. 152
165
§ 1252
158
Art. 154
165
§ 1253 I 1
161;187
§ 1256 I 1
149; 151 f.; 160;
Preußisches A L R
201
§ 79 I 14
§ 125612
149; 152 f.; 155 f.
§ 1256 II
149; 154- 160;
Sächsisches BGB
201 f.
§795
§ 1274 II
153
§2175
153
24
Dresdner Entwurf Art. 539 II
165;183
187
163 f.
§1184
163 f.; 188
§ 1189
163 - 165
§ 1227
163 f.
§ 1271 S. 1
188
Sachregister actio commodati 41; 96; 138
conductio rei suae 3 6 - 8 1
-
conducti 40; 64 f.; 77
confundere
-
depositi 19 f.; 41 f.; 105 f.
-
empti 76; 130 f.; 134; 135 4 8 7
constitutum possessorium 48; 50; 54; 71
-
ex conducto 74 - 76
-
ex stipulatu 11
-
ex testamento 129
- fiduciae
datio in solutum 32 f.; 160 depositum rei suae 104 - 109; 192
19 f.; 105
-
furti
-
locati 64 f.
-
pigneraticia
-
pigneraticia contraria 60
-
Serviana
143
detentor 68 f.
44; 46 1 2 0 ; 52; 59; 61; 63;
dolofacit 189;191
107 375 ; 166 f.; 170; 174 f.;
19 f.; 29 4 8 Eigentum:
23; 26 - 34; 102; 154;
bonitarisches 79 f.
202 -
35
quiritisches 141
venditi 135
animus 44; 63; 66 f.; 70; 98
23; 29; 39; 79; 138;
Eigentümer-Besitzer-Verhältnis 166 f.; 170; 172 f.; 179
Anwartschaftsrecht 197 f.
Eigentümergrundpfandrecht 150 f. emptio rei suae 109 - 137
Besitz s. possessio 224
Besitzkauf 69 198 - 200; 204 f.
; 127; 137; 186
121
;
Eviktion 40; 76; 110; 135; 171; 181 exceptio doli 30 5 3 ; 33; 77 f.; 107; 147
Bittleihe s. precarium
-
rei iudicatae 26 - 29
bonafides 76; 107
-
rei sibi ante pigneratae 26 - 31 ; 32 -34
-
rei venditae et traditae 23
-
vitiosae possessionis 85
bonaefidei iudicium 11 f. causa lucrativa 7 5 - 8 1 ; 133 - 136 -
onerosa 7 5 - 8 1 ; 133 - 136
cautio usufructuaria
141 f. 13
commodatum rei suae 16 ; 41; 138 concursus causarum 7 5 - 8 1 ; 129; 133 - 136
fiducia: allgemein 19-22 rei suae 21 f. furtum rei suae 83 f.
Sachregister
230 Gebrauchsüberlassungsverträge
161 -
besitzloses
25; 62; 71; 95; 104;
108
186
Grundpfandrechte Geschäftsgrundlage 179-181
148-151
Verkauf 59; 98; 121 - 125; 156 158 Versteigerung 195-197
habere licere 67; 109 f.; 135
pignus rei suae 1 9 - 3 6 possessio:
in bonis 23 in diem addictio 119 f. interdictum de precario 83; 89 - 91; 94; 101 f.; 104; 108 de itinere actuque 85 - 89
causa possessionis 46; 99 civilis possessio 24 clam
45 - 48; 69 f.
Irrtum 51; 53 f.; 108; 113; 125; 139 f.; 166 f.; 177- 179; 185; 192
precario habere / rogare 89 f.
ius distrahendi 121 - 125
precarium rei suae 81 - 104
-
offerendi 154;202
et succedendi
possessio ad usucapionem 24 f.
32 - 34;
Kauf 193 - 200 Konsolidation 13; 20 - 36; 148 -160 legatum rei suae 145 - 147 Leihe s. Gebrauchsüberlassungsverträ-
querela inofficiosi
testamenti 132 f.
régula Catoniana 116 - 118; 145 f. -
iuris 37 - 39; 80
res communis 118 - 120
ge stipulatio-rei Miete träge
suae 138-145
s. Gebrauchsüberlassungsver-
Nießbrauch s. usus fructus Pacht s. Gebrauchsüberlassungsverträge Pfandrecht: Akzessorietät 158-160 an beweglichen Sachen 151-160
Unmöglichkeit, rechtliche 21 f.; 39 41; 56 f.; 70 - 72; 79 - 81; 109 f.; 149 f.; 167; 182 - 185; 193 - 195; 203 f. usus fructus 35; 55 - 58; 70 - 72; 161 Verwahrung 186-193 Zwischenrecht 186 f.
56 f.; 70 - 72; 161 f.;