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German Pages 156 Year 1914
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Der Kampf um deutsche Kultur in Amerika Aufsätze und Vorträge
zur deutsch-amerikanischen
Bewegung
Von
Dr. Julius Goebel Professor der deutschen Sprache Staatsuniversität
von
und
Literatur an der
Illinois
Wie der Frühling wandelt Von Land zu Land.
der Genius
Hölderlin
Leipzig / Verlag der Dürr'schen Buchhandlung/ 1914
Druck von C. Grumbach
in Leipzig
Seinem
Dr. dem
Freunde und
C
J.
Mitkämpfer
H EXAMER,
hochverdienten
Präsidenten
des
Deutsch-amerikanischen Nationalbundes.
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V
Vorwort. Die hier vereinigten Aufsätze und Vorträge, ein kleiner Ausschnitt meiner Versuche im Dienste unseres amerikanischen Deutschtums, wollen einen doppelten Zweck erfüllen. Wie sie dem Vaterlande Kunde bringen möchten über die Entstehung und den Geist der deutschen Bewegung in Amerika, so wollen sie diese zugleich selbst fördern, vertiefen
und
in
immer weitere Kreise
tragen.
Die einzelnen Stücke der Sammlung sind in einem Zeitraum von dreißig Jahren entstanden und spiegeln somit den Gang der Bewegung
wider soweit ich selbst an ihr teilnehmen durfte. Sie mögen daher in gewissem Sinne auch als geschichtliche Dokumente gelten. Namentlich die längst vergriffenen und noch immer verlangten „Deutschen Briefe an Karl Biedermann", eine Festschrift zur
im Jahre
1883,
die
zugleich als
Programm
großen Pionierfeier
des neu zu schaffenden
deutschen Lebens gedacht war. Daß die Schrift als solches damals auch gefühlt wurde, mag die freudige Zustimmung bezeugen, die sie bei Bismarck, Rudolf Hildebrand, Karl Schurz und anderen führenden Geistern hier, wie drüben fand. Als eine Art geschichtliches Zeugnis für das
Wachsen der Bewegung
darf
wohl auch der Auszug aus der
Flugschrift „Zur deutschen Frage in Amerika" gelten, worin als Lösung der Frage die Gründung einer allgemeinen deutsch-amerikanischen Ver-
bandes zum Zwecke der Erhaltung deutscher Sprache und Kultur vorFünfzehn Jahre später kam der Gedanke dann geschlagen wurde.
im Deutsch-amerikanischen Nationalbund zur Verwirklichung. Geschichtliches Interesse darf schließlich die ursprüngUch in englischer Sprache gehaltene Rede gegen den angelsächsischen Imperialismus vielleicht auch heute noch be^pFucHenr Was sich jetzt von selbst versteht, erregte damals in der amerikanischen Presse Aufsehen, weil es dieser neu war, zu hören, daß wir Deutsch-Amerikaner ein gedieser wichtigen nationalen Frage mitEs war in jenen Tagen nicht leicht, sich zu dieser Wahrheit zu bekennen, zumal für einen Universitätslehrer, dem an manchen Anstalten dieses freien Landes ein ungeschriebenes akademisches Gesetz
schichtliches Recht hätten, in
zureden.
das öffentliche
Wort
in
nationalen Fragen verbietet,
der Entlassung und Verfolgung aussetzen
will.
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—
falls
er sich nicht
Dem
Leser wird es nicht schwer
der deutschen
fallen, die
heimlichen Triebkräfte
Bewegung im Erwachen des geschichtlichen Selbstbewußt-
und des deutsch-amerikanischen Einheitsgefühles zu entdecken. dem Bemühen, diese Kräfte nach allen Richtungen hin zu entwickeln und zu stärken, möge man zugleich das Band erblicken, daß die verseins
In
schiedenen Stücke dieser
zur Einheit verknüpft. glückliche Fügung, daß das Erwachen des neuen deutschen Lebens in unserer Mitte mit einer Reihe nationaler
Sammlung
Ich betrachte es als
Gedenktage zusammenfiel,
die
uns die goldene Blütezeit deutscher Kul-
tur froh ins Gedächtnis zurückriefen.
Wenn
ich versucht habe, in einer
Anzahl von Reden, von denen hier wenigstens die Festrede zum Faustjubiläum wiedergegeben ist, unser Streben mit dem Kulturideal jener großen Zeiten in Verbindung zu setzen, dann wolle man es dem Schüler Rudolf Hildebrands zugute halten, der in der deutschen Philologie nicht nur eine Wissenschaft, sondern auch eine Arbeiterin am Heile unseres Volkstums sieht. Wohl wissen wir in Amerika zu schätzen und zu nützen, Dichter
was die deutsche Kultur auch seit den Tagen unserer klassischen und Denker Unvergängliches geschaffen hat, und mit heißem
Hoffen verfolgen wir das Aufsteigen einer neuen deutschen Kultur, die sich im Vaterlande heute vorbereitet. Denn wie unsere Kultur ihren
Weltgang
einst mit der Botschaft unserer
Großen
antrat, so
wird
sie
ihn auch nur im Zeichen des Idealismus vollenden.
Könnte dies Buch dazu beitragen, die Bande des Blutes und Geistes, Land schon seit Jahrhunderten mit der deutschen Heimat verbinden, noch enger zu knüpfen und anzuspornen zu gemeinsamer Arbeit auf den höchsten und heiligsten Gebieten des Menschenwesens, dann wäre meine schönste Hoffnung erfüllt. die dies
Urbana,
Illinois,
Januar 1914.
Julius Goebel.
V£ac£Rt£Rt£üC£RC£av£RV:i£RV£S.V£RC£Ri:£StViS»kV£RV£av£StV£Rt£RC£RV£StC£!tZ£i(V£RV£a
VII
Inhalt. Seite
Vorwort Die deutsche Bewegung in Amerika. (1912) Deutsche Briefe an Karl Biedermann. (1883) Zur deutschen Frage in Amerika. (1886) Warum protestieren wir Deutsch-Amerikaner gegen den Imperialismus? (189Q) Zur Geschichte der Scheltnamen Dutchman und Duich. (1903) Amerika in der deutschen Dichtung. (1894) Über die deutsche Dichtung in Amerika. (1894) Longfellow als Vermittler deutscher Geisteskultur. (1907) Die Deutschen in der amerikanischen Geschichtschreibung.
(1909)
V 1
14
36 40 48 54
75 83 96
Das Deutschtum in Amerika zu Lincolns Zeit. (1909) Die Gründung von Neu-Bern in Nord-Carolina. (1910)
105
Das Faust-Jubiläum. (1908) Gedanken über die Zukunft des Deutschtums in Amerika. Der deutsch-amerikanische Nationalbund. (1914)
121
113
(1910)
129 141
Die deutsche Bewegung in Amerika. Rückblicke und Aussichten.*) Wie frischer Frühlingshauch zieht es heute durch die Geister von Deutsch-Amerika, und unwillltürlich treten mir beim AnbHck dieser Festversammlung die Worte unseres großen Volksdichters auf die Lippen
:
Der Sommer ist hart für der Thür, Der Winter ist vergangen.
Was
vor fünfzehn Jahren noch ein Traum kühner Schwärmer heute zur erhebenden Wahrheit geworden: das Deutschtum in Amerika, das lang zerstreute, hat sich aus freiem Antrieb zur Einheit zusammmengefunden. Der deutsch - amerikanische Nationalbund mit seinen zwei Millionen Mitgliedern stellt heute eine Kulturmacht dar, deren Einfluß nach innen und außen wir selbst noch nicht voll ermessen können. Nie zuvor hat unser Volkstum in diesem Lande eine gleich
schien,
ist
verantwortungsvolle und gebietende Stellung eingenommen. Zwar an Versuchen, das amerikanische Deutschtum zur einheitlichen Macht zusammenzuschließen, hat es auch im vergangenen Jahrhundert nicht gefehlt. Nach jeder großen Zuwanderung ist der Gedanke einer zusammenfassenden Organisation aufgetaucht; so in den dreißiger, den fünziger und achtziger Jahren. Aber dem deutsch-amerikanischen Nationalbund ist von allen diesen Versuchen zuerst und allein der Bestand beschieden. Dafür scheint mir diese Stiftungsfeier und der Geist, aus dem sie geboren, die beste Bürgschaft. Zweierlei ist es, was nach meiner Ansicht der deutschen Bewegung die Zukunft sichert: daß sie in ihrem innersten Wesen deutsch-amerikanisch, d. h. vom Geiste des hingehendsten Patriotismus getragen ist, und daß sie, aus diesem patriotischen Geiste heraus, den Kampf um deutsche Kultur auf ihre Fahne geschrieben hat. Wer möchte leugnen, daß unsere deutsch-amerikanischen Vor-
um die Einheit ihrer Volksgenossen bemühten, nicht auch von heißer Liebe zu ihrer neuen Heimat beseelt waren? Denn auch in der Fremde schlägt das deutsche Gemüt neue Wurzeln der Heimatliebe, ohne die es verdorren müßte. Kein überzeugenderer Beweis aber
fahren, die sich
*) Nach einer Rede, gehalten bei der Feier des zehnten Stiftungsfestes der Vereinigten deutschen Gesellschaften von New York am 27. Mai 1912. 1 Ooebel, Der Kampf um deutsche Kultur in Amerika.
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