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German Pages 171 [172] Year 1969
DEUTSCHE TEXTE 11
DER GALANTE STIL 1680-1730
HERAUSGEGEBEN VON CONRAD WIEDEMANN
MAX NIEMEYER VERLAG TÜBINGEN 1969
In den DEUTSCHEN TEXTEN werden poetische, kritische und theoretische Texte aus dem gesamten Bereich der deutschen Literatur bis zur Gegenwart sowie dazugehörige Materialien und Dokumente veröffentlicht. Die Wahl der Themen, die Zusammenstellung der Texte und die Anlage der Bände entsprechen der Zielsetzung der Reihe: die DEUTSCHEN TEXTE sind für den Unterricht in Literaturgeschichte und Literaturwissenschaft an den Universitäten und den höheren Schulen bestimmt.
D E N FRANKFURTER FREUNDEN DIETER KIMPEL, DIETRICH N A U M A N N UND K A R L R I H A GEWIDMET
© Max Niemeyer Verlag Tübingen 1969 Alle Rechte vorbehalten • Printed in Germany Satz und Druck Budidruckerei Eugen Göbel Tübingen Einband von Heinr. Koch Tübingen
INHALTSVERZEICHNIS
I . THEORIE DES GALANTEN STILS
Die Lehre vom Decorum 1 Christian Thomasius: Über die Begriffe ,galant' und ,galant homme' [1687] 2 Christian Thomasius: Über das Decorum [1689) 3 Christoph Heinrich Amthor: Über das Ius Decori [1730] .
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Galante Conduite 4 Johann Christian Barth: Von der Höfilichkeit insgemein [1720] 5 Johann Christian Wächtler: Pensum der praktischen Galanterie [1709] 6 Talander: Über das christliche Decorum [1706]
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Kritik der praktischen Galanterie 7 Christian Thomasius: Zwei Erscheinungsformen falscher Galanterie: Wollust und Ehrgeiz [1693] 8 Christian Thomasius: Decorum und Gesellschaft [1701] . . 9 Menantes: Uber die galante Oper und ihr Publikum [1707]
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Galante Literaturtheorie 10 Erdmann Neumeister: Über galante Poesie [1707] . . . . 11 Benjamin Neukirch: Uber die Galanterie in Briefen [1721] 12 Johann George Neukirch: Einfacher und geschickter Briefstil [1722] 13 Barthold Feind: Über Oper, Rezitativ und Arie [1708] . .
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I I . G A L A N T E POESIE
Alexandrinergedicht, Versepistel, Abriß 14 Christian Hoffmann von Hoffmanns Waldau: Lob-rede an das lieb-wertheste frauen-zimmer [1697]
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15 Christian Hoffmann von Hoffmanns Waldau : An Flavien [1695] 16 Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau : Auff den Mund [1695] 17 Hans Aßmann von Abschatz: Der verkleidete Comödiant [1704] 18 Benjamin Neukirch: An die schlesische Melpomene [1709] . 19 Leander: Abriß seines Liebes-Kummers [1700] 20 Leander: Ein wohlversetzter K u ß . . . [1700] 21 Philander von der Linde: Der eingebildete Spatziergang mit der Ciaelia [1705] 22 Philander von der Linde: Liebe ohne Liebe [1705] . . . . 23 Philander von der Linde: Als er ihr einen Quirl schnitzen solte [1705] 24 Christian Hölmann: Abbildungen der schooß [1704] . . . 25 Christian Hölmann: Dorinde wil einen Docter heyrathen [1704] 26 Menantes: Über Teutschlands Edles Frauenzimmer [1702] . 27 Menantes: An [1702] 28 Menantes: Er ist glücklich im Schlaffe [1702] 29 Menantes: Er schreibet zu galant an seine Schöne [1704] . . 30 Menantes: An die schöne und höfliche Amalia [1704] . . . 31 Menantes: Über die Poesie. In eines guten Freundes StammBuch [1718] 32 Christoph G. Burghart : Auff ihre allzugrosse fettigkeit [ 1704] 33 Johann Ulrich von König: Auf das Portrait Der Frau ReidisHofräthin von Petkum [1716] 34 Johann Ulrich von König: An Mademoiselle S*. Über ihre Perfection in der Music [1716] 35 Johann Ulrich von König: An Lorene, Als er vernommen, daß sie im Baade [1716] 36 Ephraim Gerhard: Er entsaget der poesie [1705] 37 Celander: Sie an ihm, als er zu frey redete [1716] 38 Johann Christian Günther: An seine Schöne, als sie ihr Nahmensfest begieng. Schweidniz 1714 39 Johann Christian Günther: An seine Geliebte [entst. 1720/21] 40 Johann Christian Günther: An Herrn [entst. 1718/19] . 41 Johann Christian Günther: An die Spötter seiner Poesie [entst. 1715/19] 42 Johann Christian Günther: Man schreyt mir häufig zu . . . [entst. 1720]
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Arie, Lied, Ode 43 Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau: Albanie, gebrauche deiner z e i t . . . [1695] 44 Christian Hofimann von Hoffmannswaldau: Ich singe tauben ohren . . . [1695] 45 Christian Hoff mann von Hoffmannswaldau: Wo sind die stunden . . . [1695] 46 Anonym: Komm braune nacht . . . [1695] 47 Johann von Besser: Nicht schäme dich . . . [1695] 48 Jacob von Melle: Nacht-Lied [1697] 49 Christoph Eltester: An Climenen [1697] 50 Christoph Eltester: Man schertzte, sie wäre eine dame aus England [1697] 51 Erdmann Neumeister: Idi soll mich mit gewalt verlieben... [1695] 52 Leander: Vorstellung eines gewissen Frauen-Zimmers [1700] 53 Christian Hölmann: An Celien [1705] 54 Christian Hölmann: Lieben und freyen [1704] 55 Christian Hölmann: Kummer-gedancken [1704] 56 Amaranthes: Auf [1710] 57 Menantes: Über die Lust in Lieben [1702] 58 Menantes: An einen guten Freund [1702] 59 Celander: Als er ihre Brüste küßte [1716] 60 Johann Christian Günther: Auf ein Mägdgen, so er einsmahls bey einem guten Freunde in der Nachbarschaft zum Fenster sah heraussehen [entst. 1714/16] 61 Johann Christian Günther: Was war das vor ein göttlich Paar? [entst. 1718] 62 Johann Christian Günther: An eben die Vorige [d. i. Rosette] [entst. 1718] 63 Johann Christian Günther: Auf eine gewiße Frau in B. [entst. um 1719/20] 64 Johann Christian Günther: An eine gute Bekandte in Landeshutt [entst. 1722]
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Sonett 65 Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau: Sonnet. Beschreibung vollkommener sdiönheit [1695] 66 Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau: Sonnet [1697] 67 Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau: Er sähe sie über feld gehen [1697]
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68 Heinrich Mühlpfort: Auff das am sonntag Cantate an 1681. zu nacht eingebrante sommerhauß tit. Hn. Zach, von Fritschens. Sonnet [1697] 69 Christoph Eltester: Als sie ihn ihren liebsten nannte [1697] 70 Christoph Eltester: Die liebe steigt nicht über sich, sondern unter sich [1695] 71 Anonym: Er entsaget ihrer liebe [1697] 72 Christian Hölmann: Als er sie im sommer-hause schlaffen fand [1704] 73 Menantes: Als er Amalia im Bade sähe [1702] 74 Christoph G. Burghart: An eine Nonne [1704]
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Madrigal 75 Benjamin Neukirch: An Sylvien [1695] 76 Erdmann Neumeister: Madrigal. Auff die vielfältigen arten der schürtzen beym frauenzimmer [1697] 77 Erdmann Neumeister: Madrigal. Man verwundert sich über [1707] 78 Erdmann Neumeister: Madrigal [1707] 79 Philander von der Linde: Madrigal [1710] 80 Christian Hölmann: An Clelien [1704] 81 Christian Hölmann: Uber ihr himmel-bette [1705] . . . . 82 Johann Christian Günther: Von der Liebe [entst. 1714/16]
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Sinngedicht, Epigramm, Grabschrift 83 Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau: Auf ihren Diamant [1704] 84 Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau: Auff eine Nonne [1695] 85 Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau: Grabschrifft des Ritters Marini [1680] 86 Christian Hoff mann von Hoffmannswaldau: Grabschrifft Mariae Magdalenae [1680] 87 Valentin Alberti: Auf eines Juristen hochzeit [1705] . . . . 88 Christoph Eltester: Auff einen Hahnrey [1695] 89 Johann Sigismund Suschke: Auf eine gewisse kleider-ordnung [1704] 90 Leander: Ob es vernünfftig sey ohne Hoffnung zu lieben [1700] 91 Leander: Von der Poesie [1700] 92 Christian Hölmann: Ober die sonnen-fächer [1704] . . . . 93 Christian Hölmann: An Seiinden [1709]
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Christian Hölmann: Vom extra-gehen der frauen [1709] . . Christian Hölmann: Die Amadis-liebe [1705] Christian Hölmann: Die liebe [1704] Christian Hölmann: Grabschrifft einer königlichen maitresse [1709] Amaranthes: Über die hart-anhaltende Geburt der Gräfin [1710] Amaranthes: Als sich diese hohe Zusammenkunft auf der Leipziger Börse divertirte [1710] Menantes: An dich [1702] Menantes: An einen eingebildeten und abgeschmackten Poeten [1704] Menantes: Die letzte Gunst ist das Grab der Liebe [1704] . . Joadiim Beccau: Ursprung der Poesie [1723] Celander: Als sie sich als eine Nonne verkleidet [1716] . . . Celander: Als sie in einer Roman lase [1716] Liebenthal: Satyrisdies Epigramma auf die Beförderung per Dativum [1718] Christian Friedrich Weichmann: Das wol-aufgenommene Leichen-Gedicht [1723] Horn: Warum an einigen Orten der Diebstal das Leben verwirket, und nicht auch der Ehebruch [1723] I . C . G.: Die weiber-herrschafft [1709] Anonym: Auf ein hoff artiges, aber armes frauenzimmer [1709] Anonym: An einen neuen ehemann [1709] Anonym: Die schönen glaubens-brüder [1709] Johann Christian Günther: An Leonoren [entst. 1714/16] . . Johann Christian Günther: Warum man midi . . . [entst. 1721/23]
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Quodlibet 115 Menantes: Quodlibet [1702]
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Cantate 116 117 118 119
Anonym: Du aber stehst und löffelst . . . [1710] Erdmann Neumeister: Cantata [1707] Menantes: Cantata Eines verzweiffeiten Liebhabers [1702] Menantes: Cantata. Eines annehmlichen Frauenzimmers [1704] 120 Johann Christian Günther: Fragment [entst. um 1720] . . .
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I I I . G A L A N T E BRIEFE
121 Talander: Losardo an Albellen, die ihn um etliche Romainen ersuchen lassen [1696] 122 Talander: Antwort [1696] 123 Talander: Philibert an Amalien, da sie im Bade gewesen [1696] 124 Talander: Antwort [1696] 125 Menantes: Bericht-Schreiben an einen guten Freund, wie die Universität, darauf man sich befindet, beschaffen [1732] . . 126 Menantes: Ein ander Satyrisches Gratulations-Schreiben an ein Frauenzimmer, die einen Liebsten erhalten, der durch sie Priester auf einem Dorffe worden ist [1732] 127 Johann Christian Günther: An Gottlieb Raspern [entst. 1721/23] 128 Johann Christian Günther: Als er jemanden einen guten Morgen wüntschte [entst. 1721/23]
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Nachwort
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Bibliographie
152
Textnadiweise
157
Autorenverzeichnis
160
I T H E O R I E DES GALANTEN
STILS
D I E L E H R E VOM DECORUM
1
CHRISTIAN THOMASIUS
'.Über die Begriffe,galant'
und,galant
homme'
[ . . . ] Aber ad propos was ist galant und ein galanter Mensch? dieses dürff te uns in Wahrheit mehr zu thun machen als alles vorige, zumahlen da dieses Wort bey uns Teutschen so gemein und so sehr gemißbrauchet worden, daß es von Hund und Katzen, von Pantoffeln, von Tisch und Bäncken, von Feder und Dinten, und ich weiß endlich nicht, ob nicht auch von Äpff ein und Birn zum öff tern gesagt wird. So scheinet auch, als wenn die Frantzosen selbst nicht einig wären, worinnen eigentlich die wahrhafftige galanterie bestehe. Mademoiselle Scudery beschreibet dieselbige in einer absonderlichen conversation de l'Air galant, als wenn es eine verborgne natürliche Eigensdiafft wäre, durch welche man gleichsam wider Willen gezwungen würde einem Menschen günstig und gewogen zu seyn, bey welcher Beschaffenheit dann die Galanterie, und das je ne scay quoy, wo von obgemeldter Pere Bouhours ein gantzes Gespräch verfertiget, einerley wären. Ich aber halte meines Bedünckens davor, daß Möns. Vaugelas und Möns. Costar die Eigenschafft der Galanterie ein wenig genauer und deutlicher beschrieben haben, daß es etwas gemischtes sey, so aus dem je ne scay quoy, aus der guten Art etwas zu thun, aus der manier zu leben, so am Hofe gebräuchlich ist, aus Verstand, Gelehrsamkeit, einen guten judicio, Höfflichkeit, und Freudigkeit zusammen gesetzet werde, und deme aller Zwang, affectation, und unanständige Plumpheit zu wider sey. J a ich meine, daß idh nicht irren
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werde, wenn ich sage, daß bey denen Frantzosen die Galanterie und la Politesse eines sey, und dannenhero zu bessern Verstand der Galanterie alles das jenige wohl verdiene gelesen zu werden, was rühmlich erwehnte Mademoiselle Scudery in einer andern conversation von der Politesse anmuthig und artig anführet. Denn daß sie daselbst vermeinet, wie die wahre Politesse darauff beruhe, daß man wohl und anständig zu leben, auch geschickt und zu rechter Zeit zu reden wisse, daß man seine Lebens-Art nach dem guten Gebrauch der vernünfftigen Welt richte, daß man niemands einige Grob- und Unhöfflichkeit erweise, daß man denen Leuten niemals dasjenige unter Augen sage, was man sich selbst nicht wolte gesagt haben, daß man in Gesellschafft das grosse Maul nicht allein habe, und andere kein Wort auffbringen lasse, daß man bey dem Frauenzimmer nicht gar ohne Rede sitze, als wenn man die Sprache verlohren hätte, oder das Frauenzimmer nicht eines Worts würdig achte; hingegen auch nicht allzu kühne sey, und sich mit selbigen, wie gar vielfältig geschiehet, zu gemein mache; dieses alles sage ich, sind solche Eigenschaiften, die zu einen galanten Menschen erfordert werden.
Endlich le bon gout und die warhafftige galanterie betreifend, so pfleget man zwar insgemein nach Franckreidi zu reisen, wenn man in diesen Eigenschafften sich vollkommen machen will, und ist an dem, daß die Frantzosen hiervon profession machen. Aber wenn wir die Wahrheit sagen sollen, so könten wir diese gute Qualitäten auch bey uns antreffen, wenn wir uns nur von dem gemeinen Pöbel etwas absonderten, und nicht ein iedweder sich einbildete, daß er nach seiner eigenen impression galant genug wäre, und le bon gout vollkommen besässe. Wie mancher junger Mensch, der erst ausfliegt, affectirt mit aller Gewalt für galant angesehen zu seyn, und seinen guten Verstand sehen zu lassen; Aber auff was Weise? Bald kleidet man sich auff die wunderlichste A r t von der Welt, und dürffen unsere Schneider nur mit zwey Worten sagen: diese Mode komme nur gantz warm aus Franckreich, so ist es schon gut, wenn gleich die Frantzosen uns damit höchlich auslachen. Bald, wenn man studiren oder was nöthigers thun soll, verliebt man sich sterblich, und zwar zum öfftern in ein gut einfältig buttes Mägdgen, aus deren Augen man 2
gleich sehen kan, daß eine Seele ohne Geist den Leib bewohne. Was gehen nun da für galanterien vor? Wie zutrampelt man sich vor dem Fenster, ob man die Ehre haben könne, die Jungfer, oder an deren statt die Magd oder die Katze zu grüssen? Wie viel verliebte Brieffe, die man aus zehen Romans zusammen gesuchet hat, und die mit vielen flammenden und mit Pfeilen durchschossenen Hertzen bemahlet sind, werden da abgeschicket, gleich als ob man des guten Kindes affection damit bombardiren wolte? Wie lasset man sichs sauer werden, eine galante Nacht-Music zu bringen? Wie spielet man mit denen verliebten Minen überall, auch wohl in dem Gottes-Hause? Daß ja von denen galanten Histörgen iederman zu sagen wisse, und auff den galanten Menschen mit Fingern weisen könne. Bald, wenn man seine galanterie in conversation sehen lassen will, vermeynet man nicht besser fortzukommen, als wenn man nur fein viel rede, es möge sich schikken, wie es wolle, oder wenn man einem ieden in der Gesellschaft contradicire, und da kan es denn nicht fehlen, es müssen manchmal galante fauten mit unterlauffen, daß man zum Exempel aus Italien über die Alpes zu Wasser reiset, daß man aus Spanien unmittelbar in Pohlen kommet, daß man bey Soldaten von der Philosophie, bey Gelehrten von der Fortification, beym Frauenzimmer von seinen Collegiis oder von der Metaphysic schwatzet, oder daß man die gantze Gesellschafft mit seinen galanten disputiren verdrießlich macht, u. s. w. Jedoch es mangelt bey dem Frauenzimmer auch nicht an vielfältig affectirter Galanterey? Wie manche Aber, Meine Herren, hier hält meine Feder billig inne, und erinnert sich des Respects, welchen man diesem artigen Geschlecht schuldig ist. Man kan ihre Fehler wohl dencken und wissen, aber man muß sie nicht sagen, vielweniger davon schreiben; Denn dadurch würde man die Gräntzen der Höflichkeit überschreiten, und die Hochachtung, mit der man ihnen allezeit begegnen soll, höchlich beleidigen. Discret seyn ist ein n o t wendiges Stücke der galanterie, und was würden wir also für Vortheil haben, wenn wir ihnen gleich in denen Stücken, worinnen sie wider die Regeln der Galanterie anstossen, die Wahrheit sagten, und doch eben in selbigem Augenblicke wider dieselbigen Gesetze sündigten. Wir müssen uns vielmehr befleißigen, die uns anklebende vielfältige Mängel zu bessern, um Sie dadurch mit guter Art zu erinnern, auch an die Änderung der ihrigen zu gedencken. 3
Derowegen, daß wir dereinst zum Schlüsse kommen, bin ich der Meinung, daß, wenn man j a denen Frantzosen nachahmen will, man ihnen hierinnen nachahmen solle, daß man sich auff honnête Gelehrsamkeit, beauté d'esprit, un bon gout und galanterie befleißige; Denn wenn man diese Stücke alle zusammen setzet, wird endlich un parfait homme Säge oder ein vollkommener weiser Mann daraus entstehen, den man in der Welt zu klugen und wichtigen Dingen brauchen kan. [ . . . ] in denen drey letztern Stücken gebe ich mich noch selbsten vor einen Lehrling aus, und getraue mir noch nicht die grundgesetze d'un bel esprit, du bon gout Sc d'un galand homme nach meiner eigenen invention in einer gewissen Kunstform fürzustellen; Ich habe aber bißhero angemerckt, daß Gracian ein bekandter und berühmter Spanier in seinem Buch, welches er Arte de prudencia genennet, und aus lauter Regeln geschickt und artig zu leben bestehet, dieses seinen fürnehmsten Zweck seyn lassen, wie er durchgehends die Menschen dahin führen möchte, daß sie beaux esprits, hommes de bon gout & galands würden. Welches gleich wie es von Amelot de la Houssaye in das Frantzösisdie übersetzet, und als ein sehr vernünftiges Werck von Leuten bey Hoffe, allwo die rechtschaffene galanterie eigentlich ihren Sitz hat, aestimiret worden; Also hat solches es auch ein gelehrter Mann unserer Stadt in die hochteutsche Sprache vertiret. [ . . . ]
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C H R I S T I A N THOMASIUS
-.Über das Decorum
13. Und dieses wäre also die Abhandelung derer drey Theile, die gemeiniglich ad Philosophiam Practicam erfordert werden. Über dieses aber ist in der Welt noch was besonders, das nebst dem honesto, utili und jucundo dem Thun und Lassen der Menschen eine gemeine Richtschnur ist, absonderlich aber Polite, Welt-kluge und höfflidie Leute von plumpen, groben und ungeschickten Tölpeln absondert. Dieses wird von denen Lateinern Decorum, von denen Frantzosen Galanterie genennet. In der Teutschen Sprache aber finde ich kein Wort, das den genium dieser Sache recht exhaurirte. Gleichwol ist bißhero, so viel mir wissend, das Decorum noch von niemand in formam disciplinae vel artis redigiret worden, sondern man hat es entweder negligiret, oder mit dem Justo 4
und Honesto gemeiniglich vermischt. Z w a r ist nicht zu leugnen, daß der gelehrte Medicus in Utrecht Lambertus Velthuysen in etlichen Schafften den Unterschied zwischen dem Justo & Decoro untersucht, auch bey dieser Untersuchung unterschiedene gute Dinge, an die man vielleicht sonst nicht gedacht hätte, mit vorgebracht; Nichts desto weniger aber kan leicht dargethan werden, daß seine Meynung nicht zulänglich, sondern vielen dunckeln und falschen praesuppositis unterworffen sey. Ich habe dannenhero etliche J a h r her meditiret, ob ich nicht hinter einen wahrhafften und deutlichen concept de Decoro, und de Pudore, als welcher letztere von dem ersten dependiret, kommen könte, und halte nunmehr dafür, daß vermittelst Göttlicher H ü l f f e und Examinirung vielfältig dabey fürfallenden Zweiffels ich denselben erhalten; Wannenhero ich auch ob besagten dreyen Stücken der Philosophiae Practicae, der Ethic, Politic und der Oeconomie, die Disciplinam Decori beyfügen, und in derselben folgende Lehren abhandeln will. i . D e fundamento decori, daß dasselbe die Ungleichheit derer Menschen praesupponire, und in nichts anders bestehe, als in der Ubereinstimmung des menschlichen Thun und Lassens mit dem Thun und Lassen solcher Personen, die f ü r etwas sonderliches in der menschlichen Gesellschafft aestimiret werden. 2. Was für ein Unterschied zwischen dem Decoro und justo imgleichen auch zwischen dem Decoro und Utili ac Jucundo sey. 3. Wie ferne das Decorum pro bono vero Sc apparente gehalten werden müsse. 4. Wie vielerley das Decorum sey. 5. Von dem Indecoro, wie ferne dasselbige unter dem turpi begriffen werde, und doch von dem inhonesto entschieden sey, wider die Lehre der Cynicorum. 6. Daß Pudor aus nichts anders herrühre, als aus der Erkäntnüß, oder Meynung, daß man Decorum verletzet habe. 7. Von dem wahren Unterschied einer raisonablen und so genanten Bauer-Schamhafftigkeit. 8. D a ß Pudori nicht alleine impudentia, sondern auch incivilitas, singularitas, arrogantia und stultitia entgegen gesetzet werden, und wie diese in disciplina decori voneinander entschieden werden müssen. 9. Durch was f ü r einen Grund der Mensch angetrieben werde, so wol dem decoro, als andern bonis nachzutrachten. 10. Daß man bey gegenwärtigen Zustand des Menschen in vita civili ja so wenig des decori als des honesti entbehren könne, und daß ein Mensch, der das decorum nicht observiret, fast noch weniger in dieser Welt fortkommen 5
könne, als der das honestum beleidige; 1 1 . Durch was Mittel man die genaue Wissenschafft des decori erlernen müsse, und daß die conversation das meiste darbey thue. 12. Was für conversation hierzu am bequemsten sey. 13. Wie sich einer verhalten müsse, der noch nicht de decoro gnugsam informiret ist, und sich doch nicht entbrechen kan, einen Actum fürzunehmen, dabey auff das decorum am meisten gesehen wird. 14. Was die Ursache sey, daß so viel Gelehrte in vita civili wider das decorum anstossen. 1 j . Von dem decoro bey dem Gottesdienst. 16. Bey conversation mit denen Obern. 17. Mit Frauenzimmer. 18. Mit seines gleichen. 19. Mit denen Untern. 20. Von dem decoro im Essen und Trincken. 2 1 . In Kleidung. 22. In Wohnung und Haußrath. 23. Im Reden. 24. In unterschiedenen Thun und minen. u. s. w.
CHRISTOPH H E I N R I C H A M T H O R :
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Über das Ins Decori
§ 2. [ . . . ] Damit man aber den Nutzen und die Nohtwendigkeit des Wohlstandes desto deutlicher begreiffen möge, muß man Nachfolgendes betrachten: Alle Menschen suchen glücklich zu leben: Die Glückseligkeit ist entweder innerlich oder äusserlich; Die innerliche schaffet uns den gemeinen Frieden, durch Vertilgung unserer unruhigen Affecten, von welcher Glückseligkeit tanquam Summo bono in der Ethica stricte sie dicta gehandelt wird. Die äusserliche Glückseligkeit betrifft das gantze Menschliche Geschlecht, und fliesset aus genauer Beobachtung der Gerechtigkeit, das ist, der natürlichen Schuldigkeiten. Keine von beyden kan völlig erhalten werden, wo ich bloß justus oder honestus, und nicht aber auch zugleich Decorus bin, so daß sie gar oft durch die geringsten Dinge können scandalisiret oder uns abgünstig gemachet werden; Woraus dann immediate fliesset, daß ein vernünftiger Welt-Mann auch die Minutissima in Acht nehmen müsse, damit er nicht durch Dinge, die sonsten in der That indifferent sind, andere Leute ärgert oder ihm feind machet, wie dann eben deswegen die Frantzosen den Wohlstand die Kunst zu gefallen nennen; Hingegen der dies versäumet, der macht ihm hierdurch nohtwendig viel Feinde, die, wenn ein ander ihrer Hülffe bedarff, insgemein wenig Mitleiden mit ihm haben wollen, wodurch denn nohtwendig die Glückseligkeit dieses Lebens ver6
hindert werden muß. Es fragt sichs noch dieses Orts, ob das Decorum mehr zum Recht der N a t u r oder der Sitten-Lehre gehöre; Eigentlich zu reden, gehöret es zu keinen von beyden, weil das Justum und Honestum mit lauter Dingen zu thun hat, worinnen eine wahrhafte Moralität steckt, dahingegen der Wohlstand nur mit gantz indifferenten Sachen zu schaffen hat, die v o r sich weder gut noch böse sind, sondern nur per accidens gut oder böse werden. Doch ist nicht zu läugnen, daß der Wohlstand der TugendLiebe näher trete, als der Gerechtigkeit des natürlichen Rechts; Denn das Honestum und Decorum kommet mit einander überein i . ratione fundamenti, dann in beyden Stücken ist die vernünftige Liebe der Grund-Stein, der das Recht der N a t u r mit gewissen Sachen schlechterdings verbindet, und läst hingegen auch alles dasjenige schlechterdings zu, was es nicht verbothen hat, dergestalt daß ich es jure thun kan; aber die vernünftige Liebe meines Nechsten ist viel zärtlicher und remittiret etwas gutwillig von ihrem Rechte, wann sie spühret, daß die unsere und die allgemeine Ruhe dadurch kan befordret werden. 2. Ratione finis, weil sowohl der Wohlstand als die Tugend-Lehre die allgemeine Ruhe der Menschen, sonderlich aber die innerliche Tranquillitaet zur Absicht hat. Man siehet dieses daraus, weiln niemand das Decorum wegen anderer Uhrsachen als nur dieser beyden in Acht nimmt: Primo damit er nicht Uhrsache habe sich ein Gewissen zu machen, wenn er andere Leute durch indifferente Dinge geärgert hat. 2do Damit er nicht durch unbesonnene Aufführung sich bey andern Leuten unangenehm oder verächtlich mache; wiewohl ich nicht läugnen will, daß auch nicht Secundario die äusserliche Ruhe des Menschlichen Geschlechts durch den Wohlstand befordert werde, wiewohl dieses N B . secundario nur geschieht. Denn e. g. wenn ich einem indecore und unhöflich begegne, so läst sich jener insgemein mercken, daß er mich vor einen indecoren K e r l hält, wordurch dann meine Gemüths-Ruhe, so bald ich es höre, gestöhret wird; der andere, dem ich unhöflich begegne, schliesset daraus, das ich ihn en bagatelle tractiren müsse, welches ihn ebenfals unvergnügt machet, und dadurch ist dann auch auf beyden Seiten die innerliche Ruhe verstöhret. Ist nun ein Mensch furchtsahm, so verbeist er seinen Verdruß, hat er aber sehr viel Hertz und Ambition, so kommt es bisweilen hierüber zur Thätigkeit, und wird also, durch eine gantz natürliche Folge, die äusserliche Glückseligkeit der
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Menschen, durch vorhergehende Zerstöhrung der innerlichen, aufgehoben. § 3. Es fragt sich aber weiter, v o r wem die Abhandelung des Decori am allermeisten gehöre? offenhertzig die Wahrheit zu bekennen, so sind hierzu die Professores Ethices die allernähesten, wiewohl sie sich dieses Rechts verlustig gemacht, und zum wenigsten die Professores Politices nicht ausschliessen können, und dieses darum: 1. Weil die so genannte Herren Ethici um das Decorum sich so viele liebe Jahre nicht bekümmert, deswegen ihr Recht non usu verloschen ist. 2. Weiln nicht die Ethici sondern Politici in diesen letzten Jahren, das Decorum wieder hervor gesucht. 3. Weil auf den meisten Universitaeten á parte Professores sowohl über das Justum als über das Honestum gesetzet sind, das Decorum aber ist allenthalben vacant. E . cedit occupanti. 4. ist auch niemand das Decorum nöhtiger als eben den Politicis. § 6. Daß der Wohlstand überhaupt nichts anderes sey, als eine Wissenschaft, niemanden auch durch gleichgültige Sitten Ursache zur Ärgerniß oder Verspottung Unserer zu geben. Hier setze ich die vollkommene Definition des Wohlstandes, worauf sich dieses gantze Collegium gründet, weiln aber die Worte an sich gar deutlich sind, auch hernach in der gantzen Tractation noch mehr wird erkläret werden, wil ich mich hier nicht aufhalten, sondern weiter gehen. § 5- [• • •] Weiln wir nun allmählich weiter gehen müssen, wird es nöhtig seyn die wahrhaften Principia und Fontes des Wohlstandes zu untersuchen, weil solches bisher noch nicht ex fundamento, sondern nur hier und dar incidenter geschehen. Viele Authores haben sich hiermit abgegeben, aber wenige das Ziel getroffen. Velthuysen setzt, wie schon offt gemeldet, Pudorem zum Fundament und Principio des Decori, dergestalt, das man alles vermeiden soll, welches wieder die natürliche Schamhafftigkeit ist. Allein wenn dieses wahr wäre, würden wir nicht ein Decorum sondern vielerley haben, weiln die Schamhafftigkeit in ihren Subjectis erschrecklich variiret, da mancher sehr grober und lasterhafter Kerl sich gar nicht schämet. Thomasius scheinet in seinen GrundLehren Part. 1. Cap. 16. § 14. das Studium imitandi zur HauptUhrsache des Decori zu setzen, indem er pro principio alhier setzet, man müste diejenigen in denen äusserlichen Handlungen
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imitiren, welche w i r v o r die Trefflichsten halten; w i e w o h l er d a gegen daselbst § 3 1 & 34. zugiebt, daß alle v e r n ü n f f t i g e M a n i e r lichkeit aus der Liebe fliessen müsse, allein auch dieses P r i n c i p i u m ist, w i e mich bedüncket, nicht accurat, w e i l p r i m o sehr obscur ist, und z u m wenigsten nicht v o n allen Leuten verstanden w i r d , w e r in einem jeden Stande, der Manierlichkeit und A u f f ü h r u n g nach, eigentlich v o r den A l l e r v o r t r e f f liebsten zu halten sey: D e n n die Vortrefflichkeit muß doch an diesem O r t nur excellentia moralis seyn, deren C r i t e r i a nicht v o n einem j e d w e d e n so g a r leicht zu finden sind, daher bisweilen eine solche V o r t r e f f l i c h k e i t als diejenige ist, v o n welcher Thomasius redet, bisweilen a m unrechten O r t gesuchet w i r d . W a n n dieses aber geschieht, k a n ein junger Mensch, indem er ein böses O r i g i n a l an statt eines guten erwehlet, v i e l leichter zu einen Phantasten als manierlichen Menschen w e r den; inzwischen gebe ich einem jeden selbst zu bedencken, ob nicht ein junger Mensch, der die W e l t und den Unterscheid der L e u t e noch nicht kennet, ja so leicht gar manches m a h l Leute v o r vortrefflich, oder deutlicher nach unserm Absehen zu reden, v o r sehr galant und manierlich hält, die bey andern v e r n ü n f f t i g e n Leuten v o r Phantasten passiren. M i t kurtzen, ich gebe dem H n . T h o m a s i o gerne nach, daß das Studium imitandi auch in der Manierlichkeit bisweilen v i e l Gutes würcke, aber ich läugne, daß die Vortrefflichkeit anderer L e u t e nachzuahmen, ein unbetrüglicher Wegweiser zur w a h r e n Manierlichkeit seyn könne, weil ein junger Mensch durch dieses Studium imitandi eben so leicht in seinen Sitten k a n verdorben als verbessert w e r d e n , w o er sich in seiner W a h l im geringsten versiehet, c o n f . quae i n f r a dicentur: cap. 3tio § 26. Es l ä u f f t dieses überhaupt darauf hinaus, daß die N a c h a h m u n g v o r sich m i r g a r nicht zeigt, w a s manierlich und artig sey, w o ichs nicht v o r h e r weiß, v i e l mehr zeiget die E r f a h rung, daß der A m o r complacentiae bisweilen und w a n n er nicht sehr v e r n ü n f f t i g ist, viel Böses stifte. E s hat aber w i e es scheinet, der H e r r Thomasius zu dieser Meinung sich dadurch verleiten lassen, w e i l n er in seinen G r u n d - L e h r e n n u r eine A r t des D e c o r i statuiret, da doch leicht k a n erwiesen w e r d e n , daß es z w e y e r l e y Species gebe, d a v o n die eine auf A m o r e m complacentiae, die andere aber auf Philosophische V e r m e i d u n g der Ä r g e r n ü ß ihr A b sehen hat. [ . . . ] W i r bleiben deswegen bey unserer M e y n u n g , die mit kurtzen in nachfolgenden bestehet: D a s w a h r e D e c o r u m
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philosophicum ist ein Anhang des Honesti, und fliesset gleich wie die Tugend selbst aus der vernünftigen Liebe. Diese Liebe gehet entweder überhaupt das Menschliche Geschlecht, oder auch gewisse Menschliche Gesellschaften, oder endlich midi selber an; Die vernünftige Liebe zu andern Mensdien, ich betrachte sie nun entweder in dem allgemeinen Begriff des gantzen Menschlichen Geschlechts, oder auch nach gewissen Societatibus privatis, so befiehlet sie mir doch allezeit, meine äusserlidie Actiones so einzurichten, daß ich dadurch niemanden ärgern, i. e. daß ich die böse Gemühts-Neigungen anderer Menschen nicht durch böse Thaten und Exempel irritire. Die vernünftige Liebe zu mir selbsten treibet auch midi, in indifferenten Dingen behutsam zu seyn, wenn andere Leute sonst dadurch Anlaß nehmen können, mich zu verachten, oder vor einfältig und ungeschickt zu halten; Also bleibet es dabey, daß die vernünftige Liebe nicht allein der Fons virtutis, sondern auch des Decori sey, und würde folglich das Principium cognoscendi in gegenwärtiger Disciplin also lauten müssen: „Ita indifferentes tuas actiones institue, ut nemini per illas ansam praebeas cupiditatibus suis malignis indulgendi, aut te contemnendi."
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GALANTE
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JOHANN CHRISTIAN B A R T H :
CONDUITE
Von der Höfflichkeit insgemein
§ i. Es ist vor allen Dingen nöthig, ehe wir ad specialia schreiten, zu fragen, was die Höfflichkeit sey? Damit man nun ein gründliches und deutliches Concept darvon habe, so sage ich: Die Höfflichkeit ist eine Tugendhaffte und galante Conduite, sich, so wohl in Wercken, als Worten, bey Erwegung der Zeit und des Orts, nach dem Genie der Leute, mit welchen man umgehet, zu richten: Damit man sich recommandire, und also sein Glück befördern helffe. § 2. Der Finis einer veritablen Politesse muß tugendhafft seyn: Denn, obgleich viele bey der heutigen Welt mit dem Nahmen eines Politici pralen, so durch listige Anschläge, falsche Caressen, und dergleichen simulirtes Wesen, bloß ihr eigenes Interesse mit des Nächsten heimlichen Schaden zu befördern suchen; so wolte ich doch dergleichen, wegen ihres lasterhafften Endzweckes, lieber Schmarotzer und Betrüger nennen. § 3. Diese tugendhaffte und galante Conduite äusert sich nun auf zweyerley Weise: Erstlich in Wercken, und anders in Worten.* In Wercken: Wenn man siehet, was bey der galanten Welt grand Mode worden, und also durch complaisante Verrichtungen, und sittsame Geberden, seine Person recommandiret; In Worten: Wenn wir durdi ein höffliches und manierliches Compliment bey Patronen unser Devoir beobachten, oder uns auch sonsten bey andern Personen im Reden geschickt wissen aufzuführen. § 4. Es wird dannenhero erfordert, daß ein galant Homme beydes wohl zu practiciren wisse: Denn, wenn einer gleich lange noch so viel Reverence in Wercken spühren liesse, und so man ihn was fragte, mit einer plumpen Antwort heraus wischete, oder * L a civilité n' est que la modestie Sc 1' honesteté, que chacun doit garder dans ses paroles, & dans ses actiones. C h a p . I. de la C i v . Mod.
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wohl gar wie ein Cophon prosopon da stünde, so würde er schlechte Grace zu gewarten haben; Au contraire sich in eine unvermuthete Verachtung setzen. § j . Und also muß man ebenfalls nicht alleine complaisant und bescheiden reden können, sondern sich auch sonsten durch angenehme Bezeigungen in Thaten beliebt zu machen trachten; Massen derjenige sonst aller Gunst, so ihm seine Beredtsamkeit zuwege gebracht, durch untugendhafifte, ungebräuchliche, oder wohl gar tumme Sitten und Geberden, würde verhinderlich seyn. § 6. Hierbey hat man sich ja nichts affectirtes und gezwungenes anzugewöhnen;** Sondern so wohl in Wercken als Worten ein gelassenes und munteres Wesen sehen zu lassen; Sintemahl ein naturelles und freyes, doch darbey tugendhafftes Gemüthe, tausend Liebhaber findet, hingegen ein passionirter, und von AfTecten eingenommener Mensch, von jeden gehasset und verachtet wird: Da gewöhnet sich nun mancher einen nach der Tabulatur gesetzten Gang an, mancher zwinget seine Kehle, um sich im Reden einer klaren weibischen Stimme zu bedienen; Ein anderer ist bemühet eine Majestätische Mine anzunehmen, indem er böse thut, und was dergleichen Possen mehr seyn, das alles läst affectirt und lächerlich; Kurtz, es bleibt bey der alten Regel: Invita Minerva nihil facias. § 7. Bey diesen Wercken und Worten nun, habe ich eine judicieuse Erwägung vonnöthen: Ob ich auch das, was ich thue oder rede, zu rechter Zeit, am gehörigen Orte, und bey der rechten Person anbringe:*** Zum Exempel das Tantzen, wenn es in seinen gesetzten Schrancken bleibt, ist eine vergönnte, und galanten Leuten wohl-anständige Sache, durch welche man sich, zumahl bey Frauenzimmer, über die massen recommandiren kan; Wann ich aber zu unrechter Zeit: als bey einem Trauer-Mahle, oder aber an einem unrechten Orte: Als par Exemple, in der Kirche, und mit einer Person, da es sich nicht schickte: Als etwan mit einer ** On n' est jamais si ridicule par les qualitez, que 1' on a, que par Celles, que 1' on affecte d' avoir. Reflex, mor. Id enim maxime quemque decet, quod est cujusque maxime suum. Cic. Off. Lib. I. Cap. 3. Modestia est scientia earum rerum, quae agentur aut dicentur loco suo collocandarum. Cic. Offic. Lib. I. Cap. 40. 12
Magd und dergleichen, tantzen wolte, würde ich midi eher prostituiren als recommandiren. § 8. Und also hat man sich auch in Worten zu verhalten: Ich kan ja wohl von natürlichen, und sonst schamhafften Dingen raisonniren; Allein, wenn ich zu unrechter Zeit: Als unter währender Tafel, oder an einem Orte, wo ehrbares Frauenzimmer zugegen wäre, und mit Personen, da es sich nicht gehörte: Als mit Kindern und so fort, davon reden wolte, so würde man mich gewißlich, wenn ich mit dergleichen Naturalibus aufgezogen käme, mehr vor einen Grobianum als Gratianum halten. § 9. Hieraus ist nun deutlich abzunehmen, was ein galant Homme vor eine Creatur seyn müsse: Er soll nehmlich I. Zeit, Ort und Personen judiciren, damit er II. Sich manierlich in Wercken, und III. Galant in Worten aufzuführen wisse. § 10. Wir werden also drey Theile in diesem Buche abzuhandeln haben, da wir im ersten zeigen werden, wie man sich klüglich in Zeit, Ort und Personen schicken soll; Im andern wird gesetzet werden, wie wir uns in Wercken manierlich zu verhalten haben; Und der dritte Theil wird handeln, was ein galant Homme im Wort beobachten soll. 5
JOHANN
CHRISTIAN W Ä C H T L E R :
Pensum der praktischen
Galanterie Kurtze Methode zu einer galanten Conduite, wie auch recommendablen Politesse in zierlichen Reden und wohlanständigen Gebärden zu gelangen. Sommaire. Es wird erfordert: Lust und Begierde zur Sachen, § 1. Nichts überdrüßig zu werden, § 2. Renommee zu suchen, § 3. Nach Ehre und Ruhm zu streben, § 4. Altiora zu tractiren, § 5. Gemeinen Leuten es nicht nachzuthun, § 6. Sich äuserlich nichts mercken zu lassen, § 7.
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Über Ehre und Ruhm sich nichts einbilden, § 8. In der galanterie sich täglich zu üben, § 9. Zierlicher Gebärden sich zu befleißigen, § 10. Anständiger Minen, und geschickten Leibes sich zu befleißigen, § 1 1 . Sich in die Leute zu schicken, § 12. Ehrerbietung von Geringen anzunehmen, § 1 3 . Frey en Zutritt zu verstatten, § 14. Vertröstung aufs Bitten zu geben, § 1 j . Human, obligeant und submiss zu seyn, § 16. Nicht morös und auster, sondern lustigen und gelassenen humeurs zu seyn, § 17. Resolut und expedit zu seyn, § 1 8 . Nicht leicht zu contradiciren, § 19. Nicht eigensinnig zu seyn, § 20. Nicht singulier zu sein, § 2 1 . Die Affecten zu zwingen, § 22. Auf piquante Reden ingénieusement zu repliciren, § 23. Durch Music die Gemüther zu afficiren, § 24. Dieses abgesondert zu thun, § 25. Audi an fremde örter zu thun, § 26. Durch Tantzen sich beliebt zu machen, § 27. In keinem Stück zu affectiren, § 28. Sich selbst nicht zu loben, § 29. Sich zu extenuiren, § 30. Kein Werck von sich zu machen, § 3 1 . Seinen respect zu mainteniren, § 32. Sich nicht allzu gemeine machen, § 33. Feine Discourse zu formiren, § 34. Von einer Sache klüglich zu raisoniren, § 35. In kurtzweiligen Dingen sich zu mäßigen, § 36. Zierliche Reden zu machen, § 37. Stets freundlich zu antworten, § 38. Sich zu besinnen zierlich zu reden, § 39. Allenfalls doch zu reden, § 40. Die Reden zuvor wohl zu bedencken, § 41. In der Ausrede nicht zu affectiren, § 42. Romanen zu lesen, § 43. Selbige mit Attention zu lesen, § 44. Die Redens-Arten daraus zu appliciren, § 45. 14
Zu dem Ende sich Locos Communes zu machen, § 46. Opern zu lesen, § 47. Alles wohl verstehen zu lernen, § 48. In Compagnie auf Discourse Acht zu haben, § 49. Die vorfallende Terminos zu verstehen, § 50. Complimenten sich bekandt zu machen, § 5 1 . Nicht allzu ceremonieux zu seyn, § 52. Bey Assembléen auf die galanteste Person zu sehen, § 5 3. Auf derselben Thun und Lassen Acht zu geben, § 54. Sie zu imitiren, § 5 j . Staats-Bücher zu lesen, § $6. Mit galanten Leuten zu conversiren, § 57. In keine Gesellschafft sich zu meliren, wo man nicht Ehre davon hat, § 58. § 38. Fänget iemand gegen einem eine Rede an, es sey selbige auch so kurtz gefast, als sie immer wolle, so bemühe man sich, dieselbe ja zu beantworten, und immer zuzusehen, ob man das letzte Wort behalten könne. § 39. Beym Beantworten nun, wie auch sonst bey allen Reden, besinne man sich zuvorhero, so viel Zeit darzu übrig ist, ob man nicht könne, wie gedacht, einen oder den andern lateinischen oder frantzösischen Terminum mit darunter setzen, oder ob man nicht sonst nach hochteutscher Beredsamkeit es vorbringen könne. Beym Schreiben dienet dieses zum Vortheil, daß, weil mehr Zeit zum Nachsinnen übrig, derjenige, welcher einen Terminum einzumischen verlanget, er aber sich auf nichts zu besinnen weiß, so dann zu dem bey dem Dictionaire annectirtem Register, wenn es ihm beliebig, sein refugium nehmen, das verlangte Wort nachsuchen, und selbiges begehrter massen gebrauchen kan. § 43. Will man aber eine geschickte Rede machen lernen, so bediene man sich zuförderst derer schönsten Romanen in derselbigen Sprache, derer man kundig ist, darunter denn unter den Teutschen des so genannten und bekandten Talanders seine Wercke wohl das Prae behalten. § 44. Diese müssen aber nicht zu dem Ende bloß gelesen werden, damit man nur die Historien und Intriques d'amour samt deren Verlauff an und vor sich selbst begreiffe, sondern über dieses wird hauptsächlich erfordert, daß der Leser wohl Acht habe r
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auf die darinne vorkommende Discourse und Unterredungen, absonderlich aber auf die eingemischte galante und verständige Redens-Arten. § 47. Ferner contribuiret auch hierzu nicht wenig die Lesung der Opern, insonderheit bey denen Liebhabern der teutschen Poesie, w i e w o h l auch sonst dieselben und a part die A r i e n der E l o quence ein grosses Licht geben, w o f e r n e man nur beym Durchlesen dasjenige gleichfalls beobachtet, w a s § 44. 45. und 46. erwehnet worden, welches denn bey Lesung derer wöchentlichen Gazetten zu thun, als die insonderheit nebst andern zu recommendiren seynd.
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TALANDER : Üher das christliche Decorum
§ 2. Die erste Schuldigkeit nun, welche einer zu beobachten hat, damit er so w o l seiner ewigen W o h l f a r t h rathe, als auch bey der honetten Welt sich in guten Credit setze, ist diese, daß er eine rechte Ehrerbietung gegen G o t t und Liebe zu dessen W o r t v o n sich leuchten lasse. Denn w e r so gottlose ist, daß er sich dencket durch atheistische M a x i m e n groß zu machen, und einen R u h m daraus suchet, zu zeigen, daß er die Religion gar nicht estimire, der betrüget sich gewaltig. D e n n über dieses, daß er die ewige S t r a f f e d a v o r zu gewarten, so verliehret er auch allen Glauben bey der Welt. Denn w e r w i l l einem Menschen trauen oder mit ihm gerne w a s zu thun haben, den man d a v o r hält, daß er ohne Religion und ohne Gewissen sey. Massen iedweder leichte schliesset, daß derjenige, welcher G o t t untreu ist, u m desto mehr an denen Menschen treuloß handeln werde. § 3. Demnach auch einer sonderlich bey öffentlichem Gottesdienste seine Devotion durch sittsame Anhörung der Predigt und sonst gebührende Erweisung in der Kirchen an den T a g legen soll. Denn es ist eine recht thörichte Einbildung, w e n n ein junger Mensch dencket, das stehe galant, w a n n er in die Kirche kömmt, den H u t auffbehält, und fein trotzig a la mort bleue nach dem lincken Ohre drücket; kein Gebet thut, und sich an heiliger Stäte in Lachen, Reden und Gebehrden solcher Freyheiten gebrauchet, die man nicht einmal bey politischen Assembleen einem, der v o n gesundem Verstände seyn will, v o r gut auslegen würde. 16
§ 4- Zum wenigsten dürffte derjenige, so von Universitäten nach Hause käme, und allda Dienste suchen wolte, sich schlecht recommandiren, wenn er in Angesicht seiner Patronen solte in eine Kirche bald zu einer Thür hinein, bald zur andern herauslauffen, kein Vater Unser beten, den Deckel fein derb auffbehalten, mit seinem Compagnon lachen, plaudern, Leute vexiren, und sich also anstellen, als ob der Gottesdienst bloß zu seinem Divertissement gehalten würde, nicht aber daß alda die arme Seele ihre geistliche Weide in geziemender Andacht suchen solte. § 5. Es ist darum eine sittsame und devote Erweisung beym Gottesdienste kein Zeichen einer Lachete, oder daß es etwan einem braven Kerl nicht anständig wäre, wenn er beten oder dem Prediger solte zuhören. Sonst würde mancher grosser Herr und tapfferer Krieges-Held, der gewiß mit der grösten Devotion sich in der Kirche und zu Hause in seinem Bet-Cabinet finden läst, unter die Rolle der feigen Memmen müssen gesetzet werden. § 6. Selbst diejenigen Staatisten und Hof-Leute, welche lieber wolten, daß kein Gott wäre, oder daß mit diesem Leben alles auffhörete, werden doch sich beym Gottesdienst allezeit sittsam und bescheiden auffführen, damit sie theils von sich eine gute Opinion machen; theils andere nicht ärgern, wohl wissend, daß mit Auffhebung der Religion und Andacht das Band der gantzen menschlichen Gesellschafft zerrissen, und alle Treue und Glauben auffgehoben werde.
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KRITIK DER PRAKTISCHEN
GALANTERIE
CHRISTIAN THOMASIUS: Zwei Erscheinungsformen Galanterie: Wollust und Ehrgeiz
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falscher
[ . . . ] Ich habe bisher zum öfftern in meinen Lectionibus gedacht, daß dreyerley Art Menschen in der Welt seyn, Bestien, Menschen, und Christen, und daß, wer den dreyfachen Stand, worinnen sie leben, nemlidi den Stand der verderbten, gesunden Natur, und Gnade in seinem Hertzen rechtschaffen begreiffe und empfinde, es in der Weißheit hochgebracht habe; massen denn alle Lehrstücke der Weißheit dahin sich concentriren. Gleichwie nun ein dreyfacher Stand unter den Menschen ist, also sind auch dreyerley Wege, darauff alle Menschen wandeln, der Weg der bestialität oder der verderbten Natur, der Weg der gesunden Vernunfft oder der Menschheit, und endlich der Weg des Christenthums oder der Gnade. Derowegen werde ich nicht unrecht thun, wenn ich auch euch nach diesen dreyfachen Wegen betrachte. Die meisten unter euch laufFen auff dem Wege der Bestialität; Sehr wenig haben sich umgekehret, und betreten den Pfad der gesunden Vernunfft; die allerwenigsten aber gegen den Weg des Christenthums. [ . . . ] Eine Bestie von einem Mensdien ist derjenige, der wider die Regeln der allen Menschen gemeinen Vernunfft nicht alleine die Wohllust, oder den Ehrgeitz, oder den Geld-Geitz sich täglich hinreissen last, und von ihnen angetrieben schändliche, schädliche, und lieblose Thaten verrichtet, sondern auch darob einen Gefallen hat, und immer dichtet und trachtet, wie er in denenselben es immer höher und höher bringen möge. Ihr sehet aus dieser Beschreibung, daß dreyerley Classen solcher Bestien seyn, die Wohllüstigen, die Ehrgeitzigen, die Geldgeitzigen. Last uns nun eine jedwede nach denen Beschaffenheiten, nach welchem dieselben sich in einem Stande hervor zu thun pflegen, betrachten. Ein Wohllüstiger Studente schiäffet des Morgens gerne lange, 18
und verderbet die beste Zeit, die Er zu seinen Studiren anwenden solte, mit Faullentzen, oder doch zum wenigsten liederlichen und unzüchtigen Gedancken; Seine Verrichtung des Tages über ist entweder Spielen, oder Fressen und Sauffen, oder Huren, und sich derjenigen Dinge befleissigen, und hauptsächlich darauff legen, die zu solchem Zweck dienen; als auff das Charten- und WürffelSpiel, auf! die Druck-Taffel, auff das Ballhauß, auff Besuchung der Wein- und Bier-Keller, der Toback-Stuben, der Chocoladeund Coffee-Häusser, der Comödien, der Leinen-Täntzer, der Klopff-Fechter, auff die Music, auff das Taschen-Spiel; an das Studiren wird am allerwenigsten gedadit, ausser, daß, wenn es hoch kommt, er dann und wann ein Historien-Buch, oder wohl einen Roman in die Hand nimmt, und daraus nur dasjenige heraus klaubet, was zur Verstärckung seiner Thorheit thut. Des Abends spielt, saufft oder huret er bis in die sinckende Nacht, denn er weiß, daß er des Morgens lange genung zu schlaffen hat; schreyet durch die Gassen, singet garstige Sau- oder Sauff-Lieder, oder lässet sich wohl gar nach Hause blasen, oder fiedeln, auch nach Gelegenheit wohl dazu leuchten, und da gehet er nun, und bringet bald der Jungfer, bald der Magd, bald einer noch gemeinern liederlichen Vettel Ständgen. Jedoch will er nicht den Namen haben, daß er gar nichts thue, oder so liederlich sey. Bey seinen Lehrern stellet er sich, wenn er nüchtern ist, gantz stille und eingezogen an, er beklagt wohl seine Liederligkeit (wenn dieselbe offenbahr ist,) und verspricht Besserung, aber er hat es nie in Willens, er stellet sich an, und will die Leute bereden, daß er die Debauchen hasse, und nur eine geziemende Frölichkeit liebe, daß er ein Feind von der Hurerey sey, und nur gerne mit FrauenVolck umgehe, polit und galant zu werden; wenn er aber bey seines gleichen ist, rühmet er sich seiner Üppigkeit, und Unfläterey, und wenn er verliebet ist, verschweret er sich, und sucht alle Beredungen hervor, ein Weibes-Volck auff zusetzen; so bald er aber seinen Zweck erreichet, ist er nicht alleine unbeständig, sondern auch undiscret, wie er denn auch nicht eiffersüchtig ist, sondern ein Vergnügen daran hat, wenn er einen andern seiner eingebildeten Lust kan theilhafftig machen. Er poussiret zuweilen seine Lehrer, verspricht erschrecklichen Fleiß, und man kan ihm nicht Stunden genung geben, er bittet sie, sie möchten doch beförderlich seyn, daß er in i. oder z. Jahren was rechtschaffenes lerne; aber
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die Collegia sind kaum angefangen, so bleibet er aussen, oder setzet doch wenigsten die Wochen über viel Lectiones aus, wiewohl er allemahl viel Verhinderungen vorwendet, und niemahln ohne Entschuldigung ist. Schweiget nun der Lehrer darzu stille, und last es gut seyn, so gibt er sein Geld mit Freuden, zumahl, wenn er denckt dadurch eine gute Recommendation an seine Eltern, oder ein geschrieben und gedruckt Testimonium davon zu bringen. Thut aber der Lehrer seine Erinnerung und Bestraffung wie er soll, sind sie bald geschieden, und wird ein anderer gesucht, der klüger ist, & quia mundus vult decipi, der das Geld nimmt, und thut was er haben will. Jedoch macht er die Lehrer nicht reich, denn er bezahlet sie gemeiniglich am letzten, nicht, daß er das Geld menagierte, (denn wenn er das Jahr viel tausend Thaler zu verthun kriegte, würden sie drauff gehen) sondern, daß es auf? Spiel-Leute, Tantzmeister, Weinschencken, den Kauffmann für kostbahre Kleider und Galanterien, den Ballmeister, die SpielSchulden zu bezahlen, u.s.w. für allen Dingen muß gewendet werden. Oder daß ein guter treuhertziger Bruder und Camerade ein gut Stücke davon kriegt, der ihm in Nöthen beyspringt, sich für ihm schlägt, oder doch rechtschaffen secundiret, daß er nichts davon kriegt, und gleichwohl ein praver Kerl heissen kan: Denn er hat mehrentheils nüchtern wenig Courage. Andere vielfältige Eigenschafften zu geschweigen. Ein Ehrgeitziger Studente hingegen stehet des Morgens frühe auff, und ist sehr arbeitsam. Sein Tichten und Trachten gehet dahin, wie er dermaleins ein vornehmer Mann (nach Gelegenheit derer unterschiedenen Facultäten) werden möge. Er leget sich auff subtile Wissenschafften, auff Politische Dinge, scharffsinnige Reden, stachelichte Schreib-Art, verwirrte Erfindungen, ist ein grosser Liebhaber von Streit-Schrifften, fället entweder allzuhitzig auff lauter neue Dinge, oder gehet allzuweit in der Liebe zum Alterthum, und bemühet sich durch Vertheydigung einer oder der andern Parthie einen grossen Namen zu machen. Die meiste Zeit bringt er mit Studiren zu, auch mit Abbrechung seines Schlaffes, massen er denn biß in die Nacht hinein studiret. Dem Spielen ist er nicht sehr ergeben, wiewol er alle Spiele leichte begreifft, auch fast alle Spiele kan, damit er sich bey grossen Herren oder Frauenzimmer dadurch in Ansehen bringe, und angenehm mache. Zu diesem Ende lernte er auch die Exercitia, und ist ihme das 20
Fechten f ü r andern angenehm, dadurch sich bey andern furchtbar zu machen. Er besuchet gerne, die vornehmer sind, und bemühet sich bey denenselben auff alle Weise zu insinuiren. An Fressen und Sauffen und groben Huren hat er einen Abscheu, und wenn er zu diesen Lastern von andern verleitet wird, sucht er solches so viel möglich, heimlich zu halten, auch seines gleichen von diesem Säuischen Leben abzumahnen. Er mag sidi gerne durch O r a tiones, Disputationes und andere dergleichen Specimina sehen lassen, er erzürnet sich leichtlich, wenn man ihm nicht Ererbietung genug erweiset, jedoch ist er nicht hämisch, sondern sucht sich offenbar zu rächen, und den Ruhm der Tapfferkeit zu erhalten, bemühet sich auch dabey, gegen seine überwundenen Feinde, oder denen er sonst schaden kan, zumal, wenn sie sich ihm submittiren, gütig zu erweisen, damit man ihn als einen genereusen Menschen rühmen möge. Er verliebet sich nicht geschwinde, jedoch wenn er sich verliebet, ist diese Passion bey ihm desto hefftiger, zumahl, wenn ihm der Genuß derselben entweder wegen Hochmuths der Person, in die er sich verliebet, oder wegen andrer Hindernüß sauer gemacht wird. Er bemühet sich die Hertzen mit Submission, die doch nicht sclavisch ist, Höfflichkeit und assiduität zu gewinnen, ist nicht so unbeständig als ein Wollüstiger, sondern seine Scheinbeständigkeit dauret so lange, als man den Estim bey ihm zu erhalten weiß; Er ist verschwiegen, seine rendezvous hält er für jederman heimlich, berühmet sich nicht leicht etwas, ist aber dabey sehr eyffersüchtig, jedoch mehr gegen die Weibesais Manns-Personen, die ihn jaloux machen. Er kan mit dem Studiren grosse Gedult haben, und etliche Jahr darinnen ausdauren, hält seiner Lehrer Collegia und MSC. sehr hoch, und befleißiget sich dieselben in Kopff zu bringen, auch durch seinen Fleiß ihr Lob zu erwerben, er caressiret sie auch deswegen auff vielerley Weise, indem er sie beschencket, ihnen zu Ehren Verse macht, ihnen Ständgen bringet, ihnen seinen Fleiß dediciret, sie überall zur Zeit oder zur Unzeit lobet, und in Summa alles thut, daß er sich derselben Hochachtung wieder zu wege bringen möge. Er ist propre in seinen Kleidungen, schafft sich viel Bücher an, und verwendet im übrigen sein Geld auff alles, was der point d'honneur erfordert; U n d wie er sich durch dieses alles groß zu machen, und über andre zu herrschen bemühet ist, also trachtet er auch nicht hauptsächlich darnach, daß ihn andre Leute lieben, sondern er ist 21
zu frieden, wenn sie ihn schon hassen, wenn sie ihn nur dabey fürchten, und wenn er nur von wenig Leuten, die noch tieffer als er, im Ehrgeitz stecken, und mächtig sind, hochgehalten, und von ihnen mit einer Schein-Liebe beehret wird.
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C H R I S T I A N THOMASIUS:
Decorum und
Gesellschafl
19. Demnach ich nun auf? unterschiedene Materien gesonnen, welche zu erklären ich nach der Michaelis-Messe etwan anfangen möchte, habe ich nach reiffer Überlegung gefunden, daß wohl die Doctrina de jure decori sich am besten darzu schicken solle. Wir leben in einer Zeit, da man entweder dem Decoro zu viel oder zu wenig thut. Alle Schand und Laster und die grösten Narrheiten der Welt schmeicheln sich bey den Menschen unter der Larve der Manierligkeit, der Mode, der Artigkeit, der honetetät (auch wohl vielleicht unter dem Nahmen des Gottes Dienstes) ein. Viele Menschen sehen solches, seufftzen darüber, und lassen es sich höchst angelegen seyn, diesen Übel zu steuren aber sie verfallen hierbey auff das andere extremum, und wollen das Decorum gar ausmertzen, und weil sie leicht erkennen, daß in der Mode, in der Höffligkeit, in der Manierligkeit, in des Landes Sitten nichts als Eitelkeit, und keine Weißheit oder wahre Tugend ist, wollen sie auch nichts damit zu schaffen haben. Hierdurch aber schaden sie der Lehre der Warheit und der Tugend viel mehr als dero offenbahre Feinde, und da sie bey nahe die Tugend und Weißheit ergriffen hatten, gerathen sie in viel schädlichere und gefährlichere Thorheiten, iemehr dieselben die Larve der Weißheit und Tugend an sich haben. Das Decorum ist die Seele der Menschlichen Gesellschaften, es ist eine Schwachheit, aber es ist kein Laster. Ein Weiser höret nicht auff ein Mensch zu seyn, und also bemühet er sich nicht die Menschheit abzulegen. Die Philosophi Cynici waren ohne Laster, aber ihr unverschämte Verachtung des Decori machte sie unerträglich. Barciayens Systema der Quacker-Theologie weiset aller Welt daß die Quacker so absurd und gottlose nicht seyn, als man sie fälschlich ausgegeben hat, aber ihre Grobheit in Reden, und daß sie sich in decoro närrischer Weise ein Gewissen machen, mag wol nicht die geringste Ursache derer schweren Verfolgungen seyn, die sie ausgestanden. Christus hat auch die menschlichen 2.2
Schwachheiten an sich genommen, Christus giebt Lehren von Decoro, Christus hat des Landes-Sitte niemahls so nachdrücklich getadelt oder dafür gewarnet, als für denen Sitten der auch mit Paulo unsträfflich lebenden Pharisäer. Spannet man das Decorum zu weit aus, so krigt der Landes-Fürst von der Universität so wohl in die Kirche als in das gemeine Wesen Leute die beydes offenbar und so zu sagen über H a l ß und Kopff ruiniren. Spannet man es zu eng ein, so werden die Länder von denen Universitäten mit Leuten besetzt, die man zu gar nichts braudien kan, die sich selbst und andern eine Last sind, die weder G o t t noch Menschen Nutzen, die alles reformiren und bessern wollen, und für sidi selbst die elendesten Leute sind, mit denen man nidit vernünfftig umgehen kan, indem sie alle Vernunfft mit Füssen treten, und mit einen unvernünfftigen so genannten Gewissen sich selbst und andere quälen, die gesunde Vernunfft und die vernünfftige heilige Schrifft, auch den vernünfftigen Gottes-Dienst, zu dem die heilige Schrifft vermahnet, nach solchem ihren unvernünftigen Gewissen auch unvernünfftig machen wollen, wodurch zwischen Eltern und Kindern, zwischen Mann und Weib, zwischen Herrn und Gesinde, zwischen Obrigkeit und Unterthanen, ja allenthalben U n ruhe und Mißvergnügen entstehet. Mit einem Wort das liederliche und lasterhaffte decorum ist die Pest des Staats, die unter dem Deckel des Christenthums oder der Gottseligkeit intendirte A b schaffung alles decori ist eine Kranckheit die dem Staat langsam abzehret, daß er nach und nach sich ruiniret. Oder wenn ich auff andre Kranckheiten reflectiren wolte, so ist jenes der Wassersucht, dieses der Schwindsucht nicht ungleich. 20. Der Wehrstand macht in allen Staaten das decorum, zum wenigsten soll er es machen. N u n solte dieser zwar dahin sehen, daß durch das decorum und die Sitten des Landes wieder die Erbarkeit nichts vorgenommen würde, und wenn der Lehrstand gewahr werden solte, daß dißfalls die Erbarkeit hindan gesetzet würde, ist es seines Ampts dieserwegen gehörige iedoch bescheidene Christliche erinnerungen zuthun, und die unzimlichkeit der Sache glimpflich vorzustellen. Der Nehrstand hält sich gemeiniglich in ansehen des decori passive und neigt sich hin, w o die beyden, ersten Stände oder einer von denenselben incliniret. 2 1 . Wie aber unter denen Menschen selten eine Sache in rechter masse bleibet, sondern gemeiniglich derselben zu viel oder zu
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wenig geschiehet; Also ist nicht zu leugnen, daß, wenn in dem decoro excesse geschehen, und unzuläßliche Dinge in gantzen Volck mode werden, gemeiniglich der Wehrstand daran Ursadie sey, indem sich nach des Hoffes und der Gewaltigen exempel die Unterthanen gerne richten. Was aber so dann den Lehrstand betrifft, so geschiehet es ebenfalß gar selten, daß er bey dergleichen fällen in denen gehörigen Schrancken verbleibet, sondern zum öfftern, bey dergleichen ärgernüssen nicht nur stum ist, sondern die excesse mit macht, und durch dieses sein böses exempel die Vornehmen verleitet, daß Sie es immer ärger machen, die gemeinen aber ärgert, daß Sie dergleichen lasterhaffte Sitten hernach für zuläßlich oder Christlich halten, und andere treuen Lehrer, die davon abmahnen, als Narren und Fantasten spotten, wodurch so wohl der Wehr- als Nehrstand in der Boßheit gestärcket wird. 2 2 . Andern theilß aber geschiehet es auch zu weilen, daß der Lehrstand in der Bestraffung des lasterhafften Decori zu viel thut, einen menschlichen Eyffer für Göttlich außgiebet, auff die Obrigkeit gegen das gemeine Volck schilt, sich auff das Exempel Nathans und Johannis, (ob schon Nathan in des Davids Cabinet ging, auch Johannes dem Herodem nimmer vor dem Volck prostituiret,) zur unzeit berufft, alle Fehler des gantzen Landes allein der Obrigkeit imputtiret, ohne gnungsamen Verstand, wie weit der Obrigkeit Ihr Amt in betrachtung vernünfftiger Gesetze gehe, alle Laster, auch die sonst weltlicher Straffe nidit unterworffen sind, gleich auff einmahl durch die Gesetze ausgerottet wissen will, ja alles decorum selbst auffhebet, oder aus Unverstand und unzeitigen Eiffer ein neues decorum oder neue Mode in Kleidungen, Essen, Trincken, und andern menschlichen Thun und Lassen einführet, die sich darnach richten ohne unterscheid Ihres übrigen thun und wandels lobet, die andern aber tadelt und schilt, und mit einem wort von der Lebensart Christi und Pauli gäntzlich abweichet, deren jener nach der gewönlichen Art sich kleidete, mit denen Zöllnern und Sündern aß und tranck, auch dem Phariseer verhub, daß er das gewöhnliche decorum an Ihn auß Verachtung nicht observiret hatte, dieser aber die schon für unnöthig erkante und denen Heyden nachgelassene ceremonie des Jüdischen decori mit machte, den Juden wie ein Jude, den Griechen wie ein Grieche und in summa allen allerley wurde. Aus diesen andern extremo nun des Lehrstandes kan nichts anders erfolgen als daß 24
der in lästern lebende Wehr- und Nehrstand durch solches Eyffern mit Unverstand an statt der erbauung mehr und mehr verbittert, und des Lehrstandes etwa habende gute Intention an statt der Beföderung nothwendig verhindert, mithin Gott schwerlich versucht, und wohl gar schwere Verfolgungen des guten erwecket werden. Zum wenigsten wird durch die Einführung eines neuen decori, nachdem alle Tugend und Gottesfurcht wieder die allgemeine gesunde Vernunfft und heilige Schrifft, abgemessen, und der Splitter des Nächsten zum Balcken, der eigene Balcken aber zum Splitter gemacht werden will, der Nehrstand in zwey Hauffen getheilet, welche stets mit einander uneinig, und auch derselben Uneinigkeit leichtlich in die Familien selbst auß gebreitet wird, zugeschweigen der höchstschädlichen Heucheley, für welcher der Heyland so sehr warnet, die zwar anfangs subtil ist, aber endlich immer gröber und handgreiflicher wird, biß Sie endlich in ein offenbahr Papistisches Mönchswesen außbricht.
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MENANTES:
Über die galante Oper und ihr Publikum
So schön und angenehm, so ärgerlich ist das Opern-Spielen! Wie will ich das beweisen? Eine Opera ohne Liebes-Begebenheiten vorzustellen, ist so höltzern, so wenig profitabel, als wenig erhört. Liebes-Begebenheiten ohne reitzende Liebes-Complimenten und wollüstige Actionen auffzuführen, ist so rar, als denen meisten Zuhörern wenig vergnüglich. Sich auff den Betten auszustrecken, und so vielen Zuschauern zu weisen, was man vor ein hübsch Lager machen könne; sich auf dem Theatro im NachtHabit herüm arbeiten zu lassen, einen Amanten in die Kammer nachzuziehen, und tausend dergleichen Sachen, die das OpernFrauenzimmer so schön natürlich macht, will anitzo nicht berühren, sondern zu meiner eigenen Schande anziehen, wie in Salomon, einer geistlichen Opera ausgeschweiffet, indem mich nach dem Gousto der Leute gerichtet: Aria. Schöner Anblick solcher Wangen, Die mit Purpur-Rosen prangen, Schwartzer Augen Wunder-Pracht. 25
Süsses Leben von den Brüsten, Die den Engeln selbst gelüsten, Saget, was mein Hertze macht? Da lag ein Opern-Printz vor einer schlaffenden Schönheit: da küßte er ihre Hand: da bückte er sich nach den Brüsten, und besah das süsse Leben — doch ich will das Ärgerniß straffen, und solte durch eine nur schrifftliche Vorstellung bald andere und mich selber ärgern. Wenn manche Priester Romanen nicht gar zu wohl wollen passiren lassen, weil sie von der Liebe handeln, was können sie nicht bey den Opern sagen, da die Liebe von lebendigen Personen, oder durch verliebte und geschminckte Opern-Printzessinnen, so lebendig in die Augen fällt, so lieblich in den Ohren klingt, und so lebhafft in das Hertz geprägt wird? Ja, da die Music, die zu nichts anders als zur Wollust des Hertzens dienet, darzu kömmt? Wundert man sich, daß ich anders dencke, als vor nicht gar zu langer Zeit gedacht, so sage, was ich empfinde: Die Zeit, die alles ändert, ändert auch würcklich unsern Humeur, und ein jedes Alter hat seinen Verstand und seine eigene Gemühts-Bewegung. So schön und angenehm, so ärgerlich ist das Opern-Spielen. Die artige Opern-Kinder mögen mir vergeben, daß noch einen Augenblick mit ihnen urtheile; denn sie selber lieben ja das Raisonniren und die Raisonneurs. Es ist nichts leichters, als von einer Opern-Göttin zu glauben, daß sie denen Menschen zu Gefallen mitmache: Nun ist nichts leichters, als daß unsere verderbte Natur solches wünschet; und weil sie sich also recht bemühet, zu reitzen und zu gefallen, so machet sie uns (oder auch allezeit welche) wollüstig. Ein OpernFrauenzimmer redet, wenn sie stillschweiget, mit ihren Geberden, Minen, Augen, und ihrem gantzen coquet-hafften Wesen ärgerlich, und ist endlich, sie mag thun, was sie will, das Ärgerniß selber; Wo sie anders das liebe Alter nicht ausser Stand gesetzt hat, Ärgerniß zu geben. Ich leugne nicht, daß in Opern zuweilen tugendhaffte Maximen vorkommen: allein Sitten-Lehren, die ein Opern-Frauenzimmer singt, gemahnen mich, wie ein trauriger Text, der lustig componirt: An statt, daß man über die bewegliche Worte weinen solte, lacht man über die Music; und wenn der Mund dort spricht: 26
Ach wie schön ist es, keusch zu seyn! so antworten die feurigen oder zum Charmiren gewohnte Augen: Ach wie schön ist e s — ! die geschminckte Wangen: Ach wie schön ist es! die heraus gelegte Brüste! Ach wie schön ist es! die liebliche Geberden und Bewegungen des Leibes: Ach wie schön ist es! und was denn? keusch zu seyn? Ach hätte ich in der Opera nicht von der Keuschheit singen hören, so hätte meine keusche Gemühts-Ruhe behalten! so habe einmahl einen Klugen seufftzen hören.
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GALANTE
LITERATURTHEORIE
ERDMANN NEUMEISTER: Üher galante
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Poesie
Vorbereitung I I . Das wird mir niemand läugnen können, daß die Poesie etwas Göttliches in sich begreiffe, und hierinnen den Rang vor allen andern Disciplinen habe. Ja, wenn ich so reden darfF, so concentriret sidi die verborgene Krafft und Quintessenz einer Sprache in einem Verse oder Carmine. I I I . Und mich dünckt, der angebohrne Genius lehret uns dieses von Natur. Denn das ist ausgemacht, wenn uns an der Affection eines Patrons, oder an den Caressen eines Frauenzimmers etwas gelegen, so nehmen wir insgemein die Zuflucht zur Poesie, welche uns darinnen rahten soll. I V . Ja, weil es das galanteste Studium, so scheinet die Natur selbst entweder eckel, oder nicht allzu freygebig damit zu seyn, weil sie nicht allen Gelehrten ein solch Naturel mittheilet, das sich zur Poesie schicket. V. Wer sich nun dergleichen Glückseeligkeit rühmen kan, dem werden die Verse so netto fliessen, daß er sich bisweilen über sich selbst verwundern wird, woher dieser und jener Einfall komme; D a sich hingegen ein anderer offt einen gantzen Tag über einem Disticho zermartern muß. V I . Deswegen darf! sich aber keiner abschrecken lassen, welcher nicht einen Poetischen Planeten zum Gebuhrts-Zeichen gehabt, öffters ist die Kunst so milde, und ersetzt, was uns die Natur nicht gönnen wollen. Ob es nun wohl etwas langsam gehet, so gehet es doch gewiß und gut. Ich sagte öffters, aber nicht allezeit, und braucht eine genaue Untersuchung dieses Dicti: Invita Minerva nihil facies. V I I . Zwar auch der vollkommenste Poet wird empfinden, daß der Genius Poeticus offtmahls gleichsam eigensinnig, und nicht gleich parat ist, wenn er uns im Versmachen aufwarten soll:
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V I I I . Inzwischen gibt es doch Mittel, womit man ihn caressiren, und zu unsern Diensten auffmuntern kan. I X . Die meisten möchten den Wein vor das beste ausgeben. Wie ihn denn etliche gar der Poeten ihren Caball nennen, worauf sie ihre Sinnen am fertigsten tummeln könten. Ich weiß, welche sich mit dem Brantweine herum tummeln. So muß auch der Toback eine Poetische Bachmatte abgeben, zumahl, wenn er mit gutem Biere, Thee, Coffee etc. gesattelt wird. X . Andere können nicht eine Zeile ausbrüten, wenn sie nicht in einsamer Gelassenheit sind, oder sich an einem lustigen Orte eines Gartens oder Aue befinden. Daher man auch einen anmuhtigen Spatzierweg einen Poeten-Gang zu nennen pfleget. X I . Mir ist eine gewisse Person bekandt, welche alle ihre Verse, mit Respecte zu melden, aussch . Denn wenn er sich nicht bey dem geheimden Bürgermeister befindet, wo man mit niedergelassenen Bein-Kleidern Audientz haben muß, so ists ihm nicht möglich, etwas auszusinnen. Zwar ob gleich der Ausfall garstig, so sind dennoch die Einfälle recht gut, und stincken nicht; Wie jenes gekrönten Poeten in Jena, der seine Carmina auf einer so säubern Fabrique machte. X I I . Doch diese und andere Remedia sind nicht bey allen von gleicher Wirckung. Ein jeder muß mit sich selbst eine Probe anstellen, was ihm am bequemsten und besten falle. X X V I . Zwar es wird doch niemand so artig seyn, und mit Gewalt ein Poet ex professo heissen wollen. Wer diesen Titul affectiret, der mag entweder einem Comiti Palatino etliche Thaler in die Gacke werffen, der wird ihn (XETÜ jto?„Xr|g iavraoiag darzu krönen; oder er muß die Zeit seines Lebens nicht anders vornehmen, als Verse schmieden. X X V I I . Doch wer jenes thun wolte, der möchte sich in Verdacht setzen, daß er ehrgeitzig sey, ja daß er ein geschickter Baeota wäre, wie die meisten Poetae larvati sind. Und wer das letzte ergriffe, den möchten gescheute Leute vor ein inutile terrae pondus, manche wohl gar vor einen Narren halten. X X V I I I . Die Zeiten sind vergangen, da grosse Herren einen Poeten mehr respectirten, als einen geheimten Raht. Die ungeschickten Kerles sind zu gemein worden. Wolten sie sich itzo mit Gewalt darzu dringen, möchten sie eher die Bestallung eines Pritzschmeisters, oder, wenn man das Kind bey seinen Nahmen 29
nennen will, eines kurtzweiligen Rahts und Hof-Narren bekommen. X X I X . Wir wollen uns daran begnügen lassen, daß wir einen Vers schreiben lernen, dessen wir uns vor niemand schämen dürffen, sondern so wohl Patronen und guten Freunden damit aufwarten, als uns selber ein Vergnügen machen können. Von der Construction I. Nichts mehr kan einen Vers recommandiren, als wenn er rein und ungezwungen fliest. I I . Diesen Vortheil zu gewinnen, muß man sich in acht nehmen, daß man nicht wider die Construction schlegelt. I I I . Und davon heisset nun der General-Lex: Keine Construction gehet in Versen an, die in prosa nicht angehet. Oder: Wie die Construction in einer gemeinen Rede und in der Oratorie ist, so muß sie auch in einer gebundenen Rede und in der Poesie seyn. I V . Diese unvergleichliche Regel haben wir Herr Weisen zu dandien, welcher sie nicht allein deutlich demonstriret, sondern auch extraordinair glücklich practiciret. V . Und wie dieses das vornehmste Hauptstück der reinen ungezwungenen Teutschen Poesie ist, so ist es auch versichert das schwerste.
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BENJAMIN NEUKIRCH -.Uber die Galanterie in Briefen
Vorrede. [ . . . ] Ich habe nur nodi eines, worüber ich midi gegen den geneigten leser rechtfertigen muß. Dieses sind die verliebten und galanten briefe. Es giebet viel saturnische köpffe, welche dergleichen dinge für sündlich halten, und folglich auch meine anweisung tadeln werden. Ich wundere mich aber, warum sie das erste schreiben, da sie es doch selber thun; und das andere verwerften, da sie es doch nicht verstehen. Lieben ist allen menschen, oder doch den meisten erblich; Es ist aber ein unterscheid zwischen ehelicher und verbothener liebe. Mit der letzten habe ich hier nichts zu schaffen. Denn mein Unterricht saget bloß, wie rechtmäßig-verlobte schreiben sollen. D a ß aber auch solche leute offt unrecht schreiben, lehret die tägliche erfahrung: Dannenhero halte ich es 3°
f ü r nützlicher, der jugend zu zeigen, wie sie verliebt und doch vernünfftig schreiben solle; als, daß man sie in dem strohme ihrer affecten schwimmen lässet. Die galanterie ist nichts anders, als eine schertzhaffte und dabey kluge artigkeit: und diese ist weder in der bibel, noch sonst verbothen. Sie ist das mittel, grosse gesellschafften zu unterhalten; Sie ist der weg, sich bey hohen und niedrigen beliebt zu machen: daß sie aber einige zu weit ausdehnen, und entweder zu frey oder zu scharfsinnig schreiben, rühret nicht von der galanterie, sondern von dem Unverstände des schreibenden her. Es sind gar wenig leute, welchen diese artigkeit von natur gegeben ist: darum hassen sie entweder dieselbe gar, oder sie machen es wie die äffen, welche alles, was sie sehen, nachthun wollen, aber auch das meiste verkehrt nachbilden. Wem es nun an dieser natürlichen geschicklichkeit mangelt, der thut wohl, wenn er mit galanten briefen sich unverworren lässet. [ . . . ] Einschätzung
der Frau
§ j . Das frauenzimmer ist für alle junge leute gefährlich; dabey ehrgeitzig, neidisch, verschwatzt, empfindlich, hönisch, und gleichwohl in dem vortheile, daß man sich ohne beschimpfung nicht wohl mit ihnen zancken kan. Demnach muß ein junger mensch achtung geben, daß er I. An ein frauenzimmer nicht zu verbindlich schreibe. Denn es gehet uns wie den fischen, welche sich zwar selbst ins netze stürtzen, aber gar selten wieder befreyen können: und es ist lange nicht so schwer, ein weibs-bild von ungemeiner Schönheit verliebt zu machen, als der allerheßlichsten wieder loß zu werden. Es ist genung, wenn wir einem frauenzimmer schreiben, daß wir sie lieben; wir dürffen nicht eben auch schweren, daß wir sie lebenslang alleine lieben; oder auch wohl gar, daß wir sie mit hindansetzung aller unser zeitlichen glückseligkeit heyrathen wollen. Die meisten jungen manns-personen begehen diesen fehler, und verursachen durch solche Unbedachtsamkeit, daß sie entweder ihrer eitern gunst, oder ihr glücke, oder auch die ruhe ihres gewissens verschertzen. Die mägdgen hingegen fragen nichts darnach, ob wir ihrentwegen arm oder elend werden, wenn sie nur einen mann bekommen; Und wo sie sich einmahl rechtschaffen verliebt, so sind die wenigsten so vernünfftig, daß sie uns unsers 3i
Versprechens entbinden: die meisten hingegen fähig, uns in das alleräuserste Unglück zu stürtzen. Derowegen muß man in solchen briefen behutsam gehen, und die Süßigkeiten, so man einem frauenzimmer saget, also fürbringen, daß sie uns z w a r bey ihr gunst erwerben, aber doch zu nichts verbinden können. Das ist: W i r müssen eine galanterie daraus machen, und wenn man uns ja zuweilen ans hertze fühlet, so müssen w i r uns stellen, als ob w i r es nicht verstünden; es sey denn, daß w i r in dem stände wären, daß w i r über unsre Sachen zu gebiethen hätten. Galante
Leute
§ 4. Galante leute sind, welche nicht allein ihren leib durch allerhand leibes-übungen geschickt gemacht; sondern auch von natur einen guten und hurtigen verstand, lustige und sinnreiche einfälle, freundliche und angenehme geberden, und in allen dingen etwas artiges, aber doch freyes und ungezwungenes haben: welche vernüniftig zu schertzen, aber auch schertz einzunehmen wissen: die leute nicht nach dem stände, sondern nach dem verStande messen; und einem ieden nicht allein mit höflichkeit, sondern auch mit solcher anmuth begegnen, daß man entweder ein sauer-topf, oder ihnen muß gewogen seyn. Solche leute kan man durch einen eintzigen galanten brief gewinnen. Allein, sie sind in unsern ländern noch etwas seltsam: und ungeachtet das w o r t galant bey uns viel gemeiner, als in Frankreich ist; so wissen doch ausser einigen hof-leuten noch ihrer wenig galant zu schreiben. V o n liebes-briefen § x. Die Zuneigung, welche bey leuten einerley geschlechtes, Vertraulichkeit erwecket, gebiehret insgemein bey denen, so zweyerley geschlechtes sind, liebe. Demnach sind die liebes-briefe nichts anders, als solche schreiben, welche z w e y personen v o n unterschiedenem geschlechte wechseln, die einander entweder schon lieben, oder doch lieben wollen. § 2. Der endzweck solcher briefe ist, daß sie die lesende person bewegen sollen. Dannenhero müssen ihre argumente viel durchdringender und kräfftiger seyn, als in complimenten oder freundschaffts-briefen; absonderlich von Seiten der manns-personen. D e r brunn, aus welchem w i r die argumente nehmen, ist unser hertz. D i e kunst aber thut nicht mehr dabey, als daß sie dasjenige was 32
das hertz saget, in Ordnung bringet. J e verliebter nun der Schreiber ist, ie beweglicher gerathen ihm auch die briefe. D e n n seine leidenschafft lässet ihm nicht zu, weit auszuschweiffen: sondern wie sein hertz redet, so redet auch seine feder. U n d dieses ist eben das fürnehmste, was m a n in liebes-briefen zu merdken hat. D e n n ein studierter u n d gekünstelter brief ist ein zeichen eines ruhigen u n d aufgeweckten gemüthes. Derowegen schicket er sich nicht f ü r verliebte, welche unaufhörlich unruhig seyn, u n d ihren verstand nicht besser zeigen können, als w e n n sie sich stellen, als ob sie ihn halb verlohren hätten. D a s ist: w e n n sie die bewegungs-gründe v o n ihren schmertzen nehmen, u n d mehr darauf sehen, wie sie ihre liebste durch allerhand verliebte Verstellungen rühren, als durch scharffsinnige einfalle ergötzen möchten. Dergleichen dinge bestehen offt n u r in kleinigkeiten, welche eintzig u n d allein die a n einander verliebte personen vergnügen; einem andern aber, den sie nicht angehen, mehr verdrüßlich, als angenehm seyn. D a r u m k a n m a n auch von ihrer erfindung keine regeln geben. S u m m a : ein rechter liebes-brief m u ß frey, natürlich, u n d mit einem w o r t e so seyn, wie er v o m hertzen kommet. D e n n in galanten schreiben hat der verstand, hier aber das hertz die oberh a n d : u n d ie beweglicher u n d zärtlicher verliebte briefe seyn, ie näher kommen sie dem zwecke, welchen wir uns zu erlangen f ü r gesetzet. D a n n e n h e r o a n t w o r t e t eine frantzösische dame, dem Comte de Bussi, als er ihr einen künstlichen liebes-brief geschrieben, gantz artig: Wenn etwas wäre, was ihm beym f r a u e n z i m mer den glauben benähme, so w ä r e es nicht, d a ß er in seiner liebe zu unverschämt, sondern, d a ß er in entdeckung derselben zu künstlich wäre. Grosse leidenschafften hätten mehr Verwirrung, etc. Besiehe les lettres choisies de Mr. Richelet.
Von galanten u n d scharfsinnigen briefen § i . Wir kommen zu einer art von briefen, welche mehr, als alle die andern zu sagen haben. D e n n es gehöret nicht allein kunst, sondern auch ein natürlicher u n d geschickter verstand dazu. Die Frantzosen nennen solche schreiben lettres galantes. D i e Lateiner w ü r d e n sie ingeniosas heissen: und wir können sie in unserer spräche nicht anders, als mit dem w o r t e scharfsinnig, bedeuten. Wiewol beyde Wörter die meynung der Frantzosen noch nicht 33
erklären. Denn ein galanter brief ist z w a r allzeit scharfsinnig; aber ein scharfsinniger ist nicht allzeit galant. Also haben viel Jesuiten eine art zu schreiben, welche genugsam von ihrem ingenio zeuget. Denn sie spielen nicht allein gerne mit Worten; sondern sind auch so geschwinde im erfinden, daß sie über ein schlechtes ding die allertieffsinnigste gedancken führen. Allein eben deswegen sind ihre gedancken nicht galant, weil sie allzu tiefsinnig, das ist, affectirt und gezwungen sind, und unterweilen so hoch steigen, daß wir sie mit unsrem verstände kaum erreichen können. Ein galanter mensch muß in allem seinem thun natürlich seyn: derowegen muß er auch natürlich schreiben. Und gleichwol, so natürlich er ist, so muß er doch auch in allen dingen etwas besonders haben. Tantzet er, so muß er es ohne affectirung der kunst, aber doch mit Verwunderung aller Zuschauer thun. Singet er, so muß er gefallen: redet er, so muß er ergötzen: machet er verse, so müssen sie durchdringen: und schreibet er endlich briefe, so muß er seine gedancken, ehe er sie zu papier bringet, wol untersuchen: wenn sie aber geschrieben seyn, so müssen sie scheinen, als ob er sie ohne bemühung geschrieben hätte. Verdrüßliche dinge muß er angenehm, angenehme verdrüßlich machen; bey traurigen begebenheiten glück zu wünschen, bey glücklichen betrübt zu seyn oder auch wol verweise zu geben wissen. Mit wenigem: er muß alles drehen können, wie und wohin er will; Solches aber zu erlangen, muß er nicht allein klug und von guter erfindung, sondern auch lustig, artig, und ein meister seiner affecten seyn. Hieraus ist nun leicht zu Schlüssen, was galante briefe seyn. Nemlich: § 2. Galante briefe sind solche schreiben, in welchen man entweder einer person mit einer artigen, freyen und ungezwungnen manier schmeichelt, und sich gantz unvermerckt in ihre gewogenheit spielt: oder man nimmt ein gewisses thema, mit welchem man die lesende person unterhalten will, und führet solches mit allerhand scharfsinnigen und schertzreichen erfindungen aus. Oder besser zu sagen: Galante briefe sind schreiben, in welchen etwas artiges verborgen stecket, so man weder beschreiben noch nennen kan. Denn es ist zu einem galanten briefe nicht eben allzeit vonnöthen, daß man etwas sonderliches und künstliches ersinne; sondern die freye und ungezwungene manier deren sich ein cavalier bedienet, und mit einem worte, der artige zug, mit welchem er seinen brief an34
fanget, fortführet und schlüsset, ist das fürnehmste, was ihn von gemeinen geistern unterscheidet, und seine schreib-art galant, und allen leuten beliebt und angenehm machet. § 3. Eigentlich solten alle galante briefe verliebt seyn. Denn ein galant homme ist bey denen Frantzosen nichts anders, als ein munterer und aufgeweckter köpf, welcher durch seine artige einfälle dem frauenzimmer zu gefallen suchet: durch galanterie aber verstehen sie die schertz-liebe oder diejenigen Süßigkeiten, welche ein galan seiner maitresse zu sagen pfleget. Allein weil wir doch einem patron so sehr caressirn, als eine dame; mit einem rechtschaffenen freunde eben so wohl schertzen, als mit frauenzimmer; über dieses sich aber gelegenheiten ereignen, wobey wir gerne unsren verstand und artigkeit zeigen: so wollen wir die galanten briefe weiter ausdehnen, und sie in viererley Sorten eintheilen: nemlich in verliebte, complimente, insinuations- und freundschafftsschreiben; doch so, daß die verliebten, als die fürnehmsten, und der grund aller galanten briefe, sollen den Vorzug haben.
Von galanten liebes-briefen § 1. Galante liebes-briefe sind schreiben, welche man mit frauenzimmer wechselt, und in welchen man entweder eine liebe simuliret; oder eine wahrhafftige so schertzhafft und galant fürbringet, daß sie die lesende person für eine verstellte halten muß. § 2. Von wahrhafftig-verliebten briefen sind die galanten darinnen unterschieden, 1. daß man diese öffentlich und ohne scheu, so wol an verheyrathetes als unverheyrathetes frauenzimmer; jene aber nur an solche personen schreibet, welche nicht allein frey seyn, sondern welche wir auch selbst zu ehlichen in willen haben. 2. D a ß die galanten alles nur schertzend fürbringen, was man hingegen in jenen von hertzen saget. § 3. Aus diesem solte man urtheilen, daß ein galanter brief bey weitem nicht so durchdringend sey, als ein verliebter. Allein es ereignet sich insgemein das wiederspiel. Denn scharff sinnige schreiben erhalten durch ihren sdiertz offt mehr, als andere mit allem ihren flehen und bitten. Die Ursachen sind: daß man erstlich seine neigung darinnen viel freyer eröffnen, und sich nicht schämen darff, wenn man gleich zwey oder dreymal abgewiesen wird. Und denn: daß man allerhand lustige einfälle und scharff sinnige ge35
dancken einmischt, welche nicht allein die lesende person zum lachen bewegen; sondern ihr auch zugleich ihren verstand zu erkennen geben, und uns bey derselbigen erstlich eine hochachtung, nachgehends freundschafft, und endlich eine wahrhafftige liebe erwerben. Z w a r solte man in den schrancken bleiben, und sich bloß in die klugen erfindungen, nicht aber in die person selbst verlieben: allein es ist von einer neigung zu der andern ein so kurtzer sprung, daß ich einen liebhaber schon im ernste glücklich schätze, wenn er seiner liebsten nur im schertze gefället. Denn das frauenzimmer ist wie die bienen. Rühret man sie schlechterdings an, so stechen sie: blendet man sie aber vorher mit rauche, so lassen sie sich von sich selber fangen. § 4. Es ist aber leichter zu sagen, was galante liebes-briefe seyn, und wozu sie dienen als, aus was für regeln sie bestehen, und wie man sie selbst erfinden und machen soll. Denn die materien dieser schreiben erstrecken sich noch weiter, als der verliebten; und die erfindungen sind so mancherley, daß man fast in einem ieglichen briefe etwas neues saget. Zudem muß es durchaus nicht scheinen, als hätte man darauf studiret; sondern sie müssen so frey und ungezwungen fliessen, als ob man sie, so zu sagen, aus dem ermel geschüttelt hätte. Dannenhero würden wir thöricht handeln, wenn w i r sie in gewisse lehr-sätze einschräncken, oder einem andern fürschreiben wolten, was er hier oder da gedencken solte; zumalen da diese art zu schreiben in Deutschland noch unbekandt, oder doch ungewöhnlich ist; und die meisten dasjenige, was sie wissen, von denen Frantzosen haben. Damit wir sie aber nicht gar mit stillsdiweigen übergehen, so wollen w i r zum wenigsten etliche haupt-materien fürnehmen, und einem anfänger zeigen, was man ohngefähr dabey gedencken kan: absonderlich aber, wie man sich bey einem und andern verhalten muß, wenn man f ü r einen galanten mann bestehen will. In dem übrigen will ich ihn auf die exempel, so ich zu dem ende mehrentheils aus frantzösischen scribenten entlehnet, verwiesen haben. Denn der natürliche verstand muß allhier das meiste thun: und wer von sich selbst zu dergleichen einfällen nicht geschickt und fähig ist, martert sich über den regeln nur vergebens. Hingegen macht ein hurtiger und scharfsinniger köpf durch fürstellung etlicher exempel, ihm selbst gesetze, nach welchen hernach alle seine erfindungen und gedancken sich richten müssen.
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Von galanten complimenten § i . Wir haben bereits oben von complimenten soviel geredet, d a ß wir von deren materien allhier zu handeln, nicht nöthig haben. D a n n e n h e r o wollen wir bloß sehen, wie die schlechten u n d galanten complimente unterschieden werden, u n d was so w o l überhaupt, als insonderheit bey diesen letzten zu beobachten sey. Ü b e r h a u p t werden sie folgender gestalt unterschieden: I. Schreibet m a n ein galantes compliment nicht an iederman: sondern nur an solche personen, deren gemüthe wir entweder kennen, oder welche von grossen meriten, und liebhaber galanter briefe seyn. D e n n ungeachtet m a n mir begegnen könte, d a ß es allezeit wohl stünde, w e n n m a n galant u n d artig schriebe; so ist doch solches in Teutschland noch nicht sehr üblich; weilen die meisten complimente durch Schreiber ausgefertiget, u n d von den herren bloß unterschrieben werden. N u n haben dergleichen leute nicht viel zeit zu verschwenden, u n d müssen offt fünff oder sechs solcher briefe in einer stunde hinschmieren. Demnach ist es am besten, d a ß sie bey der schlechten art bleiben, u n d sich a n ihre gewöhnliche f o r m u l n halten. I I . Können auch nicht alle leute, sondern nur galante, solche complimente schreiben. Es sind aber die galanten leute zweyerley. Etliche sind von n a t u r galant. D a s ist: Sie sind mit einem hurtigen u n d lebhafften geiste begabt; sie haben eine fertige zunge; sie wissen wol zu tantzen, u n d haben sich durch langen Umgang mit frauenzimmer und andern galanten leuten so ausgeübet, d a ß sie wegen ihrer natürlichen einfälle u n d angebohrnen geschicklichkeit, einem ieden gefallen müssen. Dergleichen k a n man gnug in Teutschland finden. A n d r e aber besitzen nicht allein dieses alles; sondern sie verstehen auch über dieses die guten künste, machen artige verse, u n d wissen die natürlichen einfälle mit so scharfsinnigen gedancken zu vermischen, d a ß sie die gemüther nicht allein ergötzen, sondern auch gleichsam bezaubern können. Von solcher art sind Voiture, Pais, etc. von denen w i r oben schon meidung gethan. D a n n e n h e r o erwachsen auch zweyerley arten von galanten complimenten. Die ersten sind natürlich, u n d nachläßig, aber doch so gesetzt, d a ß sie einen cavalier von denen erfindungen gemeiner leute unterscheiden, und einen jeden bereden, d a ß derjenige, der sie geschrieben, auch 37
künstlichere machen könte, wenn er nur wolte. Wir wollen ein exempel aus dem Furetiere nehmen, da sich ein fürnehmer herr gegen ihn wegen dedicirten buches bedancket. Der brief lautet also: Mein herr, ich habe sein buch empfangen, und die zuschrifft, in welcher er mir solches zueignet, durchgelesen. Wenn ich zeit hätte, so wolte ich ihm wieder mit einem so langen briefe, als der seinige ist, dafür dancken: weil ich aber mit geschafften überhäuffet bin, so werde ich mich bemühen, ihm meine erkentlichkeit in solchen dingen zu zeigen, welche keiner zeit vonnöthen haben. Ich bin, etc. Was könte wol artigers gesagt werden, und wie könte sich wol ein fürnehmer herr besser wegen seiner geschäffte entschuldigen? Die andre art von galanten complimenten sind etwas künstlicher, und mit allerhand scharfsinnigen erfindungen angefüllet. z. e. Wenn man einem grossen General zu einem erhabnen treffen, in welchem er sich gewagt, gratuliren wolte, so könte man ihm an statt des glückwunsches einen galanten verweiß geben, daß er mehr auf seine ehre, als den allgemeinen nutzen gesehen. E r könte wol noch zehen treffen gewinnen, wenn er gleich eines verlöhre: aber wenn wir ihn einmal verliehren solten, so wüsten wir seines gleichen nicht mehr zu finden, etc. Solcher gestalt hat der Hertzog von S. Aignan an den König von Franckreich, und Voiture an einen hohen General geschrieben. U n d dieses sind eben diejenigen complimente, von welchen wir fürnemlich hier reden wollen. III. Sind sie nach beschaffenheit der personen entweder länger oder kürtzer, als schlechte complimente. Kürtzer sind diejenigen, welche natürlich seyn, und von fürnehmen personen entweder an niedrigere, oder doch an ihres gleichen geschrieben werden. Länger aber sind die, so scharfsinnig sind, und von niedrigen an höhere geschrieben werden. Denn da muß man wegen des respects, so man ihnen schuldig ist, die nachläßigkeit an die seite setzen; absonderlich in Teutschland, wo man ohne dem einem niedrigem, er mag so klug seyn, als er will, nicht so viel zu gute, als in Franckreich hält. Gleidiwol ist es auch nicht nöthig, daß man zu weit ausschweiffe, welches doch meines erachtens der berühmte Voiture in Franckreich gethan; indem er zuweilen briefe von gantzen bogen und länger geschrieben. N u n muß ich zwar gestehen, daß er sie allemal mit einer sonderlichen kunst ausgeführet, und daß man sie gantz gerne lesen würde, wenn sie auch noch länger
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wären: allein diese übernatürliche gäbe hat nicht ein ieder, und w o er sie auch hat, so fehlet es ihm doch offt an müßigen stunden. Derohalben ist es besser, wenn man in der zeit wieder abschneidet. Denn es ist schon genug, wenn man in einem briefe nur ein oder etliche gute gedancken hat, und es ist nicht eben nöthig, daß man eine halbe lob-schrifft mache. Plinius ist ein hoffmann, und einer von denenjenigen, welche am galantesten in der weit geschrieben: gleichwol richtet er sich in seinen briefen nach der zeit, und gratuliret unterweilen dem K a y s e r mit etlichen Zeilen; da er hingegen, wenn er müßig ist, an seine freunde wol halbe bogen schreibet. Von galanten insinuations-briefen § i . Galante insinuations-briefe sind schreiben, in welchem wir unsrem patron mit einer scharfsinnigen und ergötzenden art liebkosen, und ihn anfangs zu bewunderung unsers Verstandes, nachgehends aber zu einer rechten liebe und fürsorge f ü r unsre person bewegen. § 2. Denen materien nach sind sie viel reicher, als die schlechten insinuations-schreiben. Jedoch, damit w i r in keine weitläufftigkeit gerathen, so wollen w i r nur die fürnehmsten allhier zusammen suchen, i . Loben wir unsren patron. 2. Empfehlen wir uns zu seiner gnade. 3. Suchen wir beförderung, schütz oder hülffe. 4. Erinnern wir ihn zuweilen seines Versprechens, j . Dancken w i r ihm f ü r die uns erzeigte gnade. 6. Recommendiren wir ihm auch unsre freunde. V o n lob-briefen, und z w a r überhaupt § 3. Das loben scheinet etwas gemeines zu seyn: denn wir schreiben keinen brief an grosse Herren, darinnen w i r sie nicht mit etlichen Worten loben solten; aber das ist noch nicht dasjenige, wovon wir reden: sondern wir verstehen hier solche briefe, welche nichts anders in sich, als lob, begreiffen, und gleichwol so eingerichtet seyn, daß sie demjenigen, an welchen w i r sie schreiben, gefallen müssen. Ein ieder kan leicht erachten, daß dieses unter allen briefen die schwersten seyn. Denn fürs erste muß man denjenigen, den man lobet, vollkommen kennen. Das ist: man muß seinen stand, sein gemüthe, sein alter, sein leben, seine gelehrsamkeit, und alle seine sonderbarste thaten wissen. Nechst diesem 39
muß man sich ja wohl hüten, daß man ihm nicht dinge sage, die unwahr sind, und ihn bey der weit beschimpfen, uns aber zu Schmeichlern machen können. Ferner muß man ihn nicht allzumercklich loben, sondern den rühm, welchen wir ihm geben, entweder in offenbahre thaten verbergen; oder durch eine oratorische formul mindern, z. e. Idi wolte zwar sagen, was Eu. Excellenz dort verrichtet, und was sie hier oder da ausgeübet: aber so weiß ich, daß sie lieber tausend ruhmwürdige wercke thun, als nur eine von ihren Verrichtungen rühmen hören. Endlich muß man audi keinen lob-brief, als bey guter gelegenheit schreiben, welche entweder sich selbst ereignet, oder von uns ersonnen wird. Von galanten freundschafftsbriefen § i. Galante freundschaffts-briefe sind, in welchen man sich mit einem guten freunde auf eine angenehme art ergötzet, und alles, was man ihm in schlechten freundschaffts-briefen ernstlich saget, mit einem gewürtzten schertze fürbringet. § 2. Dergleichen briefe sind sehr nöthig. Denn man kan nicht allein dadurch gar leicht eines andern gemüthe gewinnen; sondern sich auch aus manchen ungelegenheiten ohne mühe auswickeln, und viel verdrüßliche dinge vermeiden, welche man in schlechten freundschaffts-briefen nicht allezeit verhüten kan. Galanter Stil § j . Der galante stylus ist nichts anders, als eine vermengung des scharffsinnigen, lustigen und satyrischen styli: und gleichwol ist er von allen dreyen sehr unterschieden. Denn er ist weder so ernsthafftig als der scharffsinnige; noch so pöbelhafftig, als der lustige; noch auch so stachlicht als der satyrische: sondern was der scharffsinnige zu ernstlich saget, das bringet der galante schertzend für: was der lustige zu niedrig ausdrückt, das ersetzet der galante mit artigen gedancken: und was der satyrische an fremden, und zwar im ernste, durchziehet, das tadelt der galante entweder an dem schreibenden selber, oder doch mit einer so guten manier, daß der leser mehr darüber lachen, als zürnen muß. Summa: der galante stylus ist eine schreib-art, welche so wohl im ernste, als im schertze das maß hält, und den leser auf eine ungemeine art nicht allein ergötzet, sondern auch gleichsam bezaubert. Dannenhero siehet man, daß zu einem galanten briefsteiler 40
nicht nur ein herrliches ingenium, sondern auch ein gutes Judicium, vor allen dingen aber ein hurtiger geist gehöret. Die redens-arten in diesem stylo müssen zwar nicht studirt, aber auch nicht zu niedrig seyn: absonderlich in briefen an grosse Herren. Denn bey unsres gleichen gehet es hin, wenn wir gleich etwas gemeines mit u n t e r w e r f e n : bey einem fürnehmern aber müssen wir auch mitten im sdiertze respect gebrauchen. Also schertzet Voiture gantz anders mit dem Duc d' Aignan, und mit der Königin Christina, als mit seinen maitressen und guten freunden. Die connexion des galanten styli muß kurtz und real, sein numerus durchaus nicht oratorisch, seine construction aber mittelmäßig, natürlich und deutlich seyn. Das fürnehmste in dieser schreib-art ist der tour, oder die art eine invention durchzuführen, und unsre gedancken recht anzubringen. Denn es ist nichts daran gelegen, ob man von hohen oder niedrigen dingen, von gelehrten oder verliebten schreibet: man kan alles galant ausdrucken; wenn man nur den frantzösischen tour, oder vielmehr das decorum der alten verstehet. Denn die Frantzosen haben es doch denen Römern und Griechen abgeborget: und weilen sie selber nicht wissen, was es ist, so haben sie es je ne say quoy, genennet. Die ursach ist diese: sie sehen, daß viel hoffleute galant schreiben, welche doch die rhetorique niemals studirt: und daß hingegen viel andre pedanten bleiben, welchen es doch weder an gelehrsamkeit, noch an kunst ermangelt. Dannenhero geben sie der natur die schuld: und gleichwie sie gläuben, daß ihrer viel etwas angenehmes im gesichte haben, welches man weder beschreiben noch nennen kan; also halten sie auch dafür, daß mancher etwas dergleichen im schreiben führe. N u n ist zwar unstreitig, daß die natur bey der galanten schreib-art ein grosses thut: allein der umgang mit galanten leuten hilfft noch viel mehr. Denn auch der geschickteste köpf muß verderben, wenn es ihm an exempeln und an Übung fehlet: und mancher schul-mann würde galant genug schreiben, wenn er nur bey hofe gelebet hätte. Es gehet uns hierinnen, wie den kindern. Werden sie unter bauren erzogen, so reden sie bäurisch: hören sie aber wol sprechen, so reden sie zierlich. Denn die natur bereitet uns nur dazu: die conversation aber muß uns den habitum schaffen. Weil man nun nicht eher etwas begreiifet, als wenn man vorher schon weiß, wie man es anfangen und begreiffen soll; so werde ich vielleicht nicht übel handeln, wenn ich von der galan-
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ten schreib-art etliche regeln geben, und das nöthigste allhier erinnern werde. Es bestehet aber das fiirnehmste in folgenden puncten. I. Muß man ernsthaffte dinge schertzend, und schertzhaffte ernstlich zu sagen wissen. [ . . . ] I I . Wenn man gelehrte dinge an manns-personen mit einmenget, so muß man sie lustig fürbringen, oder doch mit lächerlichen einfällen unterspicken: sonst schicken sie sich nicht zum galanten stylo. [ . . . ] I I I . Wenn man gelehrte dinge an frauenzimmer einmischet, so muß man sich mit einer galanten manier entschuldigen. [ . . . ] IV. Muß man oratorische und insonderheit hyperbolische redens-arten meiden: wenn man sie aber brauchet, so muß man sie entweder durch gewisse Wörter, oder durch einen eingeworffenen schertz mäßigen. [ . . . ] V. Muß man nicht auf prächtige amplificationes und worte sinnen, sondern also schreiben, wie kluge und galante leute zu reden pflegen. Die galanterie bestehet in lauter schertze, der schertz in einer mäßigen freyheit: Die freyheit aber bindet sich nicht an worte. [ . . . ] V I . Muß man endlich alles in diesem stylo meiden, was entweder nach kunst oder regeln schmecket. Denn so bald man mercket, daß der Schreiber darauf studiret; so ist der stylus nicht mehr galant: und da die nachläßigkeit in andern dingen ein fehler ist, so wird sie allhier zur tugend. [ . . . ]
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JOHANN GEORGE N E U K I R C H :
Briefstil
Einfacher und geschickter
[ . . . ] in einem Briefe an einen hohen Patron. Schlechte Expressiones: Ew. Excellenz haben mir committiret, Bücher aus der Krausischen Bibliothec zuerhandeln welchem Befehle gehorsamst nachleben werde. Ich wünsche und bin zu frieden, wann ich Lebenslang einem so grossen Minister dienen soll: denn dadurch kan ich midi nicht allein glücklich, sondern auch vor viele Gnade erkenntlich machen. 42
Mein Wunsch ist dabey: Gott erhalte dieselben lange zum Flor des Landes und zum Trost so vieler Clienten, darunter aucii ich bin, bey allen Wohlseyn. Anbey bitte mir Dero Commissiones ferner aus, damit ich dadurch würdig werde zu seyn etc. Geschickte und höfliche Expressiones: Ew. Excellenz haben mich mit einer längstgewünschten Commission beehret, einige auserlesene Bücher aus der Krausischen Bibliothec zuerhandeln, welchen hohen Befehl mit allem Gehorsam nachzuleben vor mein grossestes Vergnügen achte. Denn in den Diensten eines so grossen Staats-Ministers die Zeit meines Lebens zu zubringen, ist mein eintziges Verlangen und wahre Zufriedenheit; angesehn mir dadurch nicht nur der Weg zu meinem künfftigen Glück gebahnet, sondern auch die schönste Gelegenheit eröffnet wird, für so grosse Güte und unverdiente Gnaden-Bezeigungen allezeit Proben meiner Dienst-Begierde mit geziemenden Respect abzulegen. Mein devoter Wunsch ist dabey: Gott wolle Ew. Excellenz biß in das späteste Alter in blühenden Wohlstande erhalten, damit durch Dero klugen Consilia so wohl die Gräntzen unseres geliebten Vaterlandes an Aufnahme blühen, als unter Dero Hulde so viele Clienten, unter welchen auch ich zustehen die Ehre habe, Trost und Schutz geniessen mögen. Und ist mir noch eine unterthänige Bitte erlaubet, so geruhen Ew. Excellenz mich ferner so glücklich zumachen, daß in Dero aufgetragenen Commissionen immer würdiger werde mit aller Veneration zu verharren etc.
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BARTHOLD F E I N D :
Über Oper, Rezitativ und Arie
[ . . . ] Die Warheit wird in den Schau-Spielen durch Fictiones vorgestellet, denn sonst müsten es keine Verse seyn, die man redet und absinget. Man ahmet nur der Natur einiger massen nach, und wer was gantz natürliches sehen will, dem giebt der grosse SchauPlatz der Welt täglich neue Praesentationes, nicht aber der kleine, in Opern und Comödien. Ein Schauspiel ist, so zu sagen, nur ein Schatten-Spiel, allwo man zwar etwas siehet, aber kein Fleisch 43
und Bein berühret, und wenn man bey hellem Tage einige hundert Lichter anbrennet, und der Zuschauer im Finstern in die Opera tritt, wer will ihn überreden, daß die Acteurs verlangen, er solle glauben, daß es Nacht sey, da noch die Sonne übern H o r i zont stehet? Statuen, Fontainen, Cascaden etc. sind und bleiben deshalb etwas Natürliches, ob sie gleich kein Geist beseelet, und die N a t u r dahin verordnet; dennoch hört man nicht, daß die Einbildung, so wir davon haben, mit versteinert werde. Das Recitatif, von allerhand Sorten, so in den Opern abgesungen wird, ist von den ordinairen Melodien der Arien, Lieder und Gesänge sehr weit abgesondert. Wenn etwas gefraget, erzehlet, anbefohlen oder abgelesen wird, so hat ein jedes in der Music seine eigene Regel, Thon und Harmonie. Ein Semicolon, Punctum, Signum interrogandi, Exclamationis, Colon und Comma hat seine Gesetze und Cadence, die, wie Feuer und Wasser, differiren, und wenn ein Acteur einen Brief singend abließt in einer, von einem exquisiten Musico verfertigten, Opera, wie von Reinhard Keysern, so wird man fast ein tertium quid unter Singen und Sprechen bemercken, welches man vom gantzen Recitatif sagen muß; es sey dann, daß man dasselbe die gantze Opera durch, so starck als die Arien accompagnirte, wie im Haage solche seltsame Gewonheit im Schwange gehet, die nicht anders als verdrieslich seyn kan, weil man kein Changement hat, und fast durch das continuirliche durcheinander Schwermen der Instrumenten betäubet wird. Ich weis wohl, daß man zuweilen ein Recitatif Ariosö oder obligatö setzet; Allein, es muß solches entweder auch al Arioso von dem Poeten componirt seyn, wie in dem Antiochus und Stratonica Act. i . Sc. 3, oder ein sonderlicher Affect ausgedruckt seyn, als eine Raserey, zitterndes Gewissen etc. Ich glaube auch nicht, daß ein vernünfftiger Mensch leicht in Abrede seyn werde, daß man nicht im Singen einer Rede zehnmahl mehr Nachdruck geben könne, als in der Declamation und simplen Sprache; Denn was ist wol das Singen anders, als die Erhöhung der Rede und Stimme mit der höchsten K r a f f t und Nadhdruck? Eine erhöhete Rede aber bleibt darüm doch eine Rede, ob sie gleich in einem andern Thon recitirt wird, und gar nicht etwas unnatürliches. [ . . . ] Solte man aber Opern in prosa machen, so blieben sie keine Opern mehr; Denn eine Opera ist ein aus vielen Unterredungen bestehendes Gedicht, so in die Music gesetzet, als welche der Verse wegen all-
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hier gebraucht wird, nicht aber ümgekehret, weil der Poet den Musicum zu allerhand Inventionen veranlasset, und der Musicus dem Poeten folgen muß. [ . . . ] Die Arien sind fast in der Opera die Erklährung des Récitatifs, das zierlichste und künstlichste der Poesie, und der Geist und die Seele des Schauspiels. Ich habe schon gesagt vor 2 Jahren, daß dieselbe nicht durch das blosse Metrum oder grobem Druck vom Récitatif müssen unterschieden werden, sondern, daß dieselbe ein Morale, Allegorie, Proverbium und Gleichnis im Antecedente haben müssen, und die Application im Conséquente, entweder auf das, was im Récitatif gesaget worden, oder üm eine neue Lehre, Unterricht oder Raht zu geben. Mangelt dieses, so muß sie entweder in einer Bitte bestehen, aber von tendren, und vom ordin a l e n Récitatif abgesonderten Expressionen seyn, oder auch eine fureur in sich haben. Eine Arie ist sonst entweder simple, ein duet, trio, quaternare, wol gar ein Sestin, und offt wol mehr. [ . . . ]
Das Récitatif wird auch am besten und leichtesten seyn, wenn es in kurtzen Versen besteht, denn die Alexandrinische sind vor dem Musico nicht allein verdrieslich zu componiren, sondern die Opera wird auch nur dadurch auf eine verdriesliche Art verlängert, wofür sich niemand besser vorzusehen gewust, als der selige Herr Lie. Posteil, in dessen Opern man auch nicht einen eintzigen Alexandrinischen Vers antreffen wird. Dieser hat auch die ordentlichste, geschickteste, und Regelmässigste Récitatifs gemacht, worinnen der selige Bressand auf dem prächtigen Schauplatz zu Braunschweig, und andere von den jüngern mehr, weit von ihm abgewichen. Ich erinnere mich vor etwa 2 Jahren eine Cantata, so ein Kirchen-Stück seyn solte, und von einem Studioso in Kiel componirt war, gelesen zu haben, in welchem Arien von 8 bis 1 2 Alexandrinischen Versen gesetzt, und das Récitatif aus gleichem genere bestund. Solche Poeten sind der Musicanten Märterer. Im Récitatif nun kan man allerhand generum sich bedienen, die Rythmos, weiter, als in den Arien, trennen, auch wol gar, wenn es sich so bald nicht fügen will, weglassen, in welcher Freyheit die Italiäner ausschweiffen, deren Récitatif oft kaum halb 45
gereimet wird. Keine Nation von der Welt aber ist hierinnen accurater, glücklicher und geschickter, als die Frantzosen, auf welche A r t sie dasjenige in ihren Schau-Spielen ersetzen, was ihnen an Arien abgeht. Von dem Stylo der Opern wäre viel zu sagen, wenn es die noch übrige enge Gräntzen dieser Blätter gestatteten. So viel kan ich gleichwol nicht verschweigen, daß, wie die Rede, als des Hertzens Dolmetscher, die Beschaffenheit des Gemühtes andeuten soll, selbige auch nohtwendig nach dem Caracter der eingeführten Person eingerichtet seyn muß, und nach der Passion, davon solche beherrscht wird. Ein Hochmühtiger prahlend, ein Großmüthiger prächtig, ein Weltweiser mittelmässig, ein Verliebter tendre und leicht, eine Historische Erzehlung eines Bohten gemein, und so ferner. Hieran hängt sehr viel, und kan man daraus den Genie und Jugement eines Poeten bald errahten, wenn man nur 2 bis 3 Scenen durchgeht. Und weil in einer Opera verschiedene Personen von verschiedenen Caracteres und Passionen eingeführt werden, ein jeder aber bey seinem Caracter seinen Willen und Thun nach dem Decoro exprimiren muß, so ist dieses eine der fürnehmsten Uhrsachen, warüm man ein Drama für das schwerste und grosseste Gedicht hält. Harsdörfer setzt in seinen GesprächSpielen Part. 5, p. 26: daß die Trauer- und Freuden-Spiele das letzte Meisterstück und höchste Vollkommenheit der Dicht-Kunst seyn, und Saint Amant, in der Preface seiner Gedichte, nennet sie le plus noble effort de F imagination. Dieses recht zu erkennen, muß man die Sujets und ordinaire Materien der Dicht-Kunst in Betrachtung ziehen, welche entweder auf Lob-Sprüche, Unterrichtungen, Geschichte und Thaten, Liebes-Sachen, Verlangen nach einer Wiederkunfft, oder Beschwerungen über eine Abwesenheit und Entfernung, so die Frantzosen regrets nennen, oder auf einen Verweis und Bestraffung, (reproches,) ihre Absicht haben. Lob-Sprüche sind eine A r t gewisser Lieder und Psalmen, davon uns die heilige Schriffl selber Beyspiele genug fournirt; Die H y m nos des Orpheus, Homerus, und hundert anderer, wohin auch der Römer so genandte Carmina secularia, oder Lob- und Dancksagungen ihrer Götter, gehören. Pindarus, Stesichorus, Tyrtaeus etc. ihre Oden, worinnen sie die Tugenden und tugendhaffte Personen gerühmet, sind von der Gattung ebensfals. Das Buch Hiob ist ein Werck von der andern Gattung, der Unterrichtung nem46
lieh, üm uns die wunderbare Wercke Gottes und dessen unbegreifliche Macht erkennen zu geben, insonderheit in der Natur. Die Gedichte Theognis, Simonides, Phocilides, und die, unter dem Nahmen Pythagoras, heraus gekommen, so erstlich vor etwa 5 bis 6 Jahren der neuen, vom berühmten Herrn Prof. Schurtzfleisch in H a l l e edirten Philosophiae Italicae beygefügt, handeln von der Sitten-Lehre. Das erste Buch des Hesiodi und die Libri Georgicorum des Virgilii handeln vom Ackerbau; wie Lucretius die schwerste Sachen in der natürlichen Wissenschafft, insonderheit des Epicuri Philosophie, tractiret. Die Geschichte sind insgemein das Argument der Helden-Gedichte, wie die Iiiada Homeri und Aeneidos Virgilii. Fabeln, oder erdichtete Geschichte, sind ein Stück der Historie, wie Ovidii Verwandlungs-Bücher. D i e Poemata Lyrica, Poesie Lyrique, oder in Strophen abgetheilte Gedichte, sind eigentlich verliebte Gedichte, aber offt auch LobSprüche. In Pastoralen, Schäfer-Gedichten, Eclogen oder HirtenGesprächen, handelt man fürnemlich von Liebes-Sachen, davon w i r beym Theocrito, Virgilio, Horatio etc. Exempel genug haben. In Elegien beklagt man sich über verschiedene Zufälle, über Untreu, Verrähterey in der Liebe etc. und die Bestraffungen der Laster nennet man Stachel-Straff-Gedichte, oder, insgemein Satyren. Alle diese sujets sind mit einander in den Schau-Spielen combinirt, und ihr Endzweck ist: entweder unter einer Fabel, Verhüllung einer erdichteten Begebenheit, oder allein natürlicher Vorstellung warhaffter Geschichte, das Volck auf eine angenehme A r t zu unterrichten und zu belehren, anbey hauptsächlich den Nutzen mit, durch und in der Belustigung zu verknüpften. Das ist aber eine gantz andre Frage, ob einer deswegen in die Comedie und Opera gehe? [ . . . ] Von den Vorstellungen noch etwas zu gedencken, so zeigt es ein schlecht Genie eines Poeten an, wenn er nichts als einen Wald, Gallerie, Cabinet, Saal, Vorgemach, Garten, Gassen etc. zu inventiren weis, weil solche fast in allen Schau-Spielen vorkommen. Einer geht der Music, der andre der Praesentationen, der dritte des sujets und der Action wegen, etliche gar der Narrenpossen und Kleider halber, hinein, welche insgesammt vor ihr Geld vollenkommen contentiret seyn wollen. Durch schöne Vorstellungen sondert sich ein Opern-Theatrum von dem andern, insonderheit 47
von der Comedien-Bühne ab, daher ein Poet auch hierinnen seine Erfahrung kan sehen lassen, und billig solte er etwas von der Architectur und Medianic verstehen. Er muß aber nicht prahlen, wie die Comedianten, und seinen Vorstellungen keine Bey-Wörter von sehr prächtig, unvergleichlich, sehr kostbar und wunderschön geben, denn solches last sehr niedrig, und hat es das Ansehen, als wenn er dadurch seine Opera recommendiren wolle. Das Hamburgische Theatrum kan wol die mehreste Repraesentationes zeigen, indem daselbst die Seiten-Scenen 39 mahl können verändert werden, und ich glaube, der übrigen Mittel-Vorstellungen könte man etliche hundert beysammen bringen. [ . . . ]
[ . . . ] Was sonsten bey diesen Gedancken noch remarquable, wird man hin und wieder in den Vorreden finden, und bey Betrachtung einer Opera zu gedencken Uhrsache haben, daß solche in einem luxurieusen Staat meist zum Zeit-Vertreib wollüstiger und müssiger Leute, anbey aber auch vielen Künstlern und Verständigen ihre Vertu zu exerciren, erfunden, die unschuldige mit unschuldigen Augen ansehen können, wie ein Kunst-Feuer, Tournir, Carrousel und andre Freuden-Bezeugungen, so nicht allein indifferent, sondern auch allerdings zulässig. Selbige zu vindiciren, ist auch so unnöhtig, als ohne Wirkung, und ob sie von den Unkündigen der Poesie, Mahlerey und Music unter die Narrentheidungen gezehlet werden, so Christen nicht geziemen, solches ficht midi in Verfertigung derselben wenig an, weil ich vielleicht in der Morale andre Principia in diesem Stück, als sie haben, auf sothane Art ich mich aber in einen weitläufftigen Streit mit ihnen einzulassen hätte. Fast die halbe Welt, ich wil auch sagen, die klügsten, approbiren sie, oder lassen sie wenigstens, als ein MittelDing, zu, wiewohl wir auch aus Heil. Schrifft wissen, daß die Welt-Kinder klüger in ihren Geschäfften, als die Kinder des Lichts.
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II GALANTE
ALEXANDRINERGEDICHT,
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POESIE
VERSEPISTEL,
ABRISS
CHRISTIAN HOFFMANN VON HOFFMANNS WALDAU : L o b - r e d e
an das liebwertheste frauen-zimmer
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Hochwerthes jungfern-volck, ihr holden anmuths-sonnen, Ihr auserwehlter schmück, der hauß und gassen ziert. Wer ist so steinern, der euch nicht hat lieb gewonnen? Und welchen habt ihr nicht mit fesseln heimgeführt? Wer ist so kühn, der darff für eure äugen treten, W e n n ihr d i e w a a r e n habt der Schönheit ausgelegt? W e r w i l l euch, liebste, nicht als einen G o t t anbeten,
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Weil ihr das bildnis seyd, das Venus selbst geprägt. Jedoch ich will nur bloß ein theil von dem berühren, Mit welchem die natur euch herrlich hat versehn. Der sinnen schiff soll mich in solche länder führen, Wo auff der see voll milch nur liebes-winde wehn. Die brüste sind mein zweck, die schönen marmel-ballen, Auf welchen Amor ihm ein lust-schloß hat gebaut; Die durch das athem-spiel sich heben und auch fallen, Auf die der sonne gold wolriechend ambra thaut. Sie sind ein paradieß, in welchem äpffel reiffen, Nach derer süssen kost iedweder Adam lechst, Zwey felsen, um die stets des Zephirs winde pfeiffen. E i n garten schöner frucht, w o d i e Vergnügung wächst.
Ein über-irrdisch bild, dem alle opffern müssen. Ein ausgeputzt altar, für dem die weit sich beugt. Ein crystallinen quell, aus welchem ströme flüssen, 49
D a v o n die Süßigkeit den nectar übersteigt.
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Sie sind z w e y schwestern, die in einem bette schlaffen, D a v o n die eine doch die andre keinmal drückt. Z w e y kammern, welche v o l l von blancken liebes-waffen, Aus denen C y p r i p o r die göldnen pfeile schickt. Sie sind ein zeher leim, woran die sinnen kleben; Ein feuer, welches macht die kältste hertzen w a r m ; Ein bezoar, der auch entseelten giebt das leben; Ein solcher schätz, f ü r dem das reichthum selbst ist arm. Ein k r ä f f t i g himmel-brod, das die verliebten schmecken; Ein alabaster-hauß, so mit rubinen prahlt; Ein süsser honigseim, den matte seelen lecken; Ein himmel, w o das heer der liebes-sterne strahlt. Ein scharff-geschliffen schwerd, das tieffe wunden hauet, Ein rosen-strauch, der auch im winter rosen bringt. Ein meer, worauff man der Syrenen k r ä f f t e schauet, V o n denen der gesang biß in die seele dringt. Sie sind ein schnee-gebürg, in welchem funcken glimmen, D a v o n der härtste stahl wie weiches wachs zerfleust. Ein wasser-reicher teich, darinnen fische schwimmen, D a v o n sich sattsam ein verliebter magen speist. Sie sind der jugend lust, und aller kurtzweil Zunder, Ein krantz, in welchem man die keuschheits-blume sieht. Sie kürtzen lange zeit, und stiiften eitel wunder, Weil beydes glut und schnee auff ihrem throne blüht. Sie sind ein runder sarg, w o liebe liegt begraben, Ein ditrich, welcher auch des hertzens grund auff schleust, E i n ort, in dem nur lust will sitz und Wohnstadt haben,
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I n dessen holen milch und nectar häuffig fleust. Z w e y fässer, welche sind mit julep-safft erfüllet, Lockvögel, derer thon ein freyes hertze bindt; Z w e y sonnen, welche z w a r mit dünnem flor umhüllet, Doch macht ihr heller blitz die klarsten äugen blind. Sie sind ein zart gewand von schwanen-weisser seide, D a r a n man sehen kan, wie ieder faden steht, Z w e y hügel, derer höh' bedecket ist mit kreide, Z w e y fläschgen, denen nie der wollust milch entgeht. Z w e y brünne, da nur stets gesunde wasser quellen, U n d w o die dürre nicht der ädern marck aussaugt.
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Z w e y jäger, weldie zahm und wilde thiere fällen, Wo keines wird verschont, was nur zu fangen taugt. Z w e y schnee-balln, welche doch unmöglich schmeltzen können, Womit das jungfern-volck der männer seelen schmeist. Z w e y aufgestelte garn, und schlingen freyer sinnen, Aus denen gar kein mensch, wie klug er ist, entreist. Z w e y kräme, w o man huld und freundlichkeit ausleget, Und w o ein rother mund nur kan der kauffmann seyn. Z w e y körb', in welchen man bloß marcipan feil träget, Nach dessen Süßigkeit die lippen lechsend schreyn. Z w e y thürme, derer pracht von elffenbein vollführet, D a r a u f ! Cupidens pfeil die wache fleißig hält. Z w e y kleinod, derer glantz der jungfern leiber zieret, Wenn ihre freundligkeit den männern netze stellt. Sie sind ein blasebalg, ein feuer auffzufachen, Das durch kein mittel nicht kan werden ausgelöscht. Z w e y bette, w o rubin und marmel hochzeit machen, Wo süsse mandel-milch der rosen Scharlach wäscht. Sie sind ein see-compas, der hurtig rudern heisset, Eh man in hafen der Vergnügung wird gebracht. Ein reiner thron, auff dem der liljen silber gleisset, Worauff verliebtes volck nur hat zu sitzen macht. Ein werthes heiligthum, das keusche lippen küssen, Für dem sich hertz und knie in tieffster demuth neigt. Ein meer, aus dem sich lust und liebligkeit ergiessen, Ein bergwerck, dessen grund zwey demant-steine zeigt. Doch niemand lobt den brauch die kugeln zu verdecken, D a r a u f ! man sehen kan, w o lieb- und lust-land liegt. Ach schönste! glaubet mir, ihr möget sie verstecken, Ein liebes-auge hat dem allen obgesiegt. Orontes selbst bezeugt, daß kein verbergen nutze, Der brüste Pharos hat durch zart gewand geleucht. E r ruht im liebes port ietzt unter ihrem schütze, Wenn uns ein rauher stürm noch um die segel streicht. Wol dem nun, der wie er kan so vergnüget leben! Den so ein weisser schild f ü r wehmuths-wunden schützt! Der seinem munde kan dergleichen zucker geben, Der so vergnügt, wie er, im liljen-garten sitzt!
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Der so die blumen mag auf! weissen wiesen brechen; D e r aus der brüste schacht rubin und demant gräbt. Der rosen samlen kan ohn einzig dornen-stechen; Der von der speiß und krafft der süssen äpffel lebt. Dem so das glücke blüht, den es so bruder nennet, Dem eine runde brüst kan pfühl und polster seyn. Der in der liebsten schooß mit vollem zügel rennet, Der seiner Venus so flößt liebes-balsam ein.
CHRISTIAN HOFFMANN VON HOFFMANNSWALDAU : A n F l a v i e n
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Geliebte Flavia, du kennest ja mein hertze, D u kennst es allzuwohl, es steht in deiner hand. Es wächst das andre mahl Dianens weisse kertze, Als du das hertz und mich dir selber hast entwandt. Wird ein gefällig wort auff diese blätter fliessen, So rühme deinen trieb, nicht meinen geist und mich. Ich werde sonder zwang dir doch bekennen müssen, Die liebste Flavia die schreibt hier mehr als ich. Doch bist du meisterin von meinen treuen sinnen, So schaue diesen brieff mit holden äugen an. D u wirst die feder ja mit recht nicht tadeln können, Die ohne deinen zug kein wort mehr schreiben kan. Ich hoff es w e r d e mich die richtsucht nicht v e r d a m m e n , V o r der die tugend selbst nicht unberührt k a n stehn,
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E s kennt der himmel j a die reinen freundschaffts-flammen, D i e auch an Sauberkeit den Sternen gleiche gehn.
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Ach! liebste Flavia, die sdiriffl und die gedancken Sind ja ein wunderwerck und kleinod dieser weit; Was spielen wir doch nicht in des gemüthes schrancken? Was haben wir da nicht verwegen fürgestellt? Was uns verboten wird, das kan man hier erfüllen, Man lachet, schertzt und küßt, thut was uns wohlgefällt. Kein scharff gesetze stört allhier den freyen willen, Und nichts ist starck genug, das uns zurücke hält. Man mag die schönste brüst hier ohne scheu berühren, U n d schauen, was man sonst nicht wohl befühlen darff. Man kan die heisse lust biß auff den gipffei führen:
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D a n n den gedancken ist kein richter allzuscharff. Kein riegel hält sie auff, es kan sie nichts verdecken, W a n n ihre räder nur in scharffem triebe gehn; Es kan kein zarter ort v o r ihnen sich verstecken, Kein zahn und nagel w e i ß hier recht zu widerstehn. Zeit und gelegenheit w e i ß keinem nicht zu fehlen, H i e r bricht man rosen ab, und fühlt die dornen nicht. M a n kan was, w o und wie nach seiner lust erwehlen, M a n findt kein thor allhier, so unsern fürsatz bricht. Die schrifften, die man sonst verdolmetscht durchs gemüthe, Die stumme redens-art, so aus der feder quillt, H a t eine solche krafft, und ist von solcher güte, D a ß offt ein schreiben mehr als ein gespräche gillt. Fällt gleich ein süsser schall uns in die dünnen ohren, So prägt die feder uns doch dessen meynung ein. Es hat des menschen w i t z die littern ihm erkohren, D a ß sie der sterbligkeit geschwänzte boten seyn. Sie lauffen über berg und schwimmen über flüsse, Sie stifften buhlerey, und richten freundschafft an: Sie führen gut und geld, sie bringen grüß und küsse, U n d schwingen offtermahls der liebe sieges-fahn. Sie pressen thränen aus, sie regen unsre hertzen, Sie blasen feuer auff, sie stärcken die gedult. Sie sagen reichlich zu, sie wissen w o h l zu schertzen, U n d ein geschmeider brieff zahlt offt die gröste schuld. Schrifft und gedancken sind der trost entfernter seelen, D a m i t bestillen sie die regung heisser pein, U n d was man vor der weit aus Wohlstand muß verholen, Das kan im sinn gespielt, im brieff geschrieben seyn. Geliebte Flavia, in meinem angedencken Schwebt itzt dein freundlich seyn, dein anmuths-überfluß; Mich deucht du wilst mich itzt mit rosen-thau beschencken, V o r dem die rose bleicht, und thau vertrocknen muß. Mich deucht es rühren mich der hellen äugen flammen, U n d das geschwinde gifft, so aus rubinen fährt. Es schlägt itzt über mir die wollust-fluth zusammen, So mir die höllen-angst ins paradieß verkehrt. Ich schau auff warmem schnee die rothen beeren stehen, Die ohne zucker auch dem zucker ähnlich seyn; 53
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Es scheint du heissest midi auff tuber-rosen gehen, Und machst die schwartze nacht zum hellen sonnenschein! Ich schliesse diesen brieff, der hin zu dir begehret, Und der die hände küst, die ich nicht küssen kan. Was mir versaget ist, das wird ihm itzt gewähret, Es scheint, als stösse mich ein kleiner eifer an. Gesegnetes papier! du schwebest voll gelücke, Lauf? itzt an meine statt in süssen hafen ein: Geneuß von wegen mein der süssen liebes-blicke, V o r der die sonne selbst scheint ohne krafft zu seyn. Bezeuge Flavia, daß schrifft und angedencken Des treuen freundes dir nicht gantz zu wider sey, Und wilst du seinen geist nicht unverschuldet kräncken, So denck itzund an ihn, und schreib ihm auch darbey.
CHRISTIAN HOFFMANN VON HOFFMANNSWALDAU : A u f f
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Mund! Mund! Mund! Mund, Mund! Mund! Mund! Mund! Mund! Mund!
der die seelen kan durch lust zusammen hetzen, der viel süsser ist als starcker himmels-wein, der du alikant des lebens schenckest ein, den ich vorziehn muß der Inden reichen schätzen, dessen baisam uns kan stärcken und verletzen, der vergnügter blüht, als aller rosen schein. welchem kein rubin kan gleich und ähnlich seyn. den die Gratien mit ihren quellen netzen; Ach corallen-mund, mein eintziges ergetzen! laß mich einen kuß auff deinen purpur setzen.
H A N S ASSMANN VON A B S C H A T Z : D e r v e r k l e i d e t e C o m ö d i a n t
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Kund und zuwissen sey der Compagnie gethan, Hier kommt ein neues Paar Comödianten an. Ich der Comödiant bin Edel zu erkennen Und darff manch hohes Hauß der Anglen Vätter nennen, Mich hat das falsche Recht zu dieser Nahrung bracht, Das meinen Bruder reich und mich zum Bettler macht.
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Doch mag er, wie er will, mit seinen Güttern prangen, Ich kan, was er niemahls, in einer Stund erlangen. Der göldne Königs-Stab, die Kronen sind mein Spiel, Ich trag und lege sie hinweg, so oflft ich will. Ihr führet allesamt mit mir ein gleiches Leben, Und müsset, weil ihr lebt, Comödianten geben. Wer mein Gefärte sey, streich ich nicht viel heraus, Es weists der kluge Mund, die süssen Wangen aus, Wenn eine Göttligkeit soll vorgestellet werden, So schicke sich hierzu nichts bessers auff der Erden. Sie ist, die nicht allein zum Scheine macht verliebt, Die Wunden ohne Schwerdt, und biß auffs Hertze giebt. Was der Gesellschafft wir nun willens vorzutragen, Wird dieser Zeddel euch mit kurtzen Worten sagen: Wir stellen künstlich für, was zu Athen erklang, Was Roscius nur wieß, und Seneca besang, Was Tasso und Guarin, die klugen Welschen, lehrten, Corneille, Molliere in Franckreich neu vermehrten. Was Londen und Madrit Verliebtes weisen kan. Die Zeit ist, die ihr uns selbst werdet zeigen an, Der Preiß, um welchen wir erlauben zuzuschauen, Ein Kuß, zu legen ab bey mir und meiner Frauen.
BENJAMIN NEUKIRCH:
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An die schlesische Melpomene
Du forderst, schönste! mich zu reim und versen aus. Was aber soll ich schreiben? Wenn man an musen schreibt, und mit göttinnen spricht, So schickt sich, wie du weist, kein falscher firniß nicht; Wer aber hertzlich spricht, den muß die liebe treiben. Du weist, Melpomene! daß ich dir folgen muß, Drum mache selbst den Schluß, Ob meine feder soll falsch oder redlich sprechen; Glaub aber dieses nur, wofern ich falsch muß seyn, So thu ich es bey dir wahrhafftig auf den schein, Im hertzen werd ich doch nicht das gesetze brechen.
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LEANDER:
Abriß seines Liebes-Kummers
Leander ach wie räthst du dir? Clarinto schlägt dir Leonilden Als eine kluge Wirthin für. Montan hingegen rühmt Rosilden. 5 Er spricht: Was soll das alte Blut? Ein Kuß von einem frischen Munde, Der schön ist, schmecket noch so gut, Und macht uns manche süsse Stunde. Dametas aber lacht ihn aus. 10 Er sagt; Was sollen solche Tocken? Sie können ja nicht eine Mauß Aus einem warmen Ofen locken. Ich trage dir Morinden an. Wer heut zu Tage nicht Ducaten i j Und feine Thaler lieben kan, Dem stehet nimmermehr zu rathen. Ein andrer lobt ein ander Bild. Will ich den alten Linco fragen, So heist es: Liebe was du wilt, 20 Ich weiß dir keine vorzuschlagen. Und mein getreuer Daphnis spricht: Wem seine Liebe soll gelücken, Der muß nur selbst der Augen Liecht Und die Vernunfft zu Marckte schicken. 25 Leander, ach wie räthst du dir? Wie machst du dein Gelücke feste? Ein jeder sagt dir ja was für. Doch welcher Rath ist nun der beste? Das weiß ich wohl, daß ihrer viel 30 Den dritten vor den besten schätzten. Ich aber liebe, wie ich wil, Und halt es mit dem allerletzten. 20
LEANDER :
Ein wohl versetzter K u ß . . .
Ein wohlversetzter Kuß, und ein gelindes Ach, Dem Flammen-volle Blick und Minen Flügel machen,
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Führt eher an den Zweck, als die kohlschwartze Bach, So von der Feder rinnt. Die allerkleinsten Sachen Sind in der Liebe groß. Viel Worte thun es nicht. Der Ehrerbiethung Stern giebt hier das beste Licht. Was Eckel bringen kan, das muß man weit entfernen, Und mit den Minen mehr, als Lippen reden lernen.
P H I L A N D E R V O N DER L I N D E :
Der eingebildete Spatziergang
mit der Ciaelia Als nechst ich ohngefehr bey stiller Abend-Ruh In der Gelassenheit zum Thor hinaus spatzierte, Da sprach die Claelia mir durch das Fenster zu, Und fragte mich, wohin mich meine Reise führte. 5 Nun war sie erst gesint, zugleich mit mir zu gehn, Däfern midi das Gelück nicht dazumal geneidet, Denn endlich konte sie sich nicht darzu verstehn; Warum? sie hatte sich bereits gantz ausgekleidet. Doch gieng ich höchst vergnügt aus ihren Augen hin, io Und ließ mich allgemach Verstand und Sinne leiten: Es gab die Phantasie mir auch bald in den Sinn, Als dürfft ich Claelien noch ausser Thor begleiten. Ich dachte bey mir selbst: Wie glücklich ist die Hand, So dieses Engels-Kind darf an der Seite führen! 1 j Und wenn ich hier und dar vergnügte Paare fand, So ließ ich bey mir selbst auch viel Vergnügung spühren. Ich legte deinem Ruhm die höchsten Farben bey: Wie manche Schönheit kam mir dazumal entgegen? Ich aber schätzte sie nur gegen die für Spreu: 20 Denn was ich schönes fand, das schienst du auch zu hegen. Die Zunge regte sich und fieng wie stammlend an: Die Felder lachen dir, ach Claelia, für Freuden; Der Himmel öffnet uns itzt die gewüntschte Bahn, So laß mich nun an dir Hertz, Sinn und Auge weiden. 2 5 Bald preist ich einen Schoß, der dich gezeuget hat: Bald diese Gegend, die dein Antlitz durffte schauen: Bald das verachte Graß, darauf die Ferse trat, Und nennte dich ein Bild der angenehmen Auen. 57
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Die Rosen, welche noch kein Garten liefern kan, Die rühmt ich schon an dir als völlig aufgeblühet, Ich schaute dich im Geist als solche Rosen an, Die ein erfahrner A r m auch sonder Dorn erziehet. Narcissen sah ich dort in schöner Blüthe stehn: Die Cronen waren drauf von der N a t u r vergüldet. Dein Leib, wie mich bedünckt, scheint diesen gleich zu gehn, Denn w o der Eingang ist, stehn Cronen abgebildet. Nicht ferne zeigte sich der blaue Hyacinth; Die Bienen hatten hier ihr Lager aufgeschlagen. D a nun der Honigseim aus deinen Kelchen rinnt; So laß mich auch davon in meine Fächer tragen. Die Tulpen sah man nie so wunderschön gemahlt, Es hatte deine Pracht sie dennoch übertroffen; Denn deine Liebligkeit, so aus den Augen strahlt, Läßt midi nur reiffe Frucht, nicht leere Blumen hoffen. Ich warff die Augen noch auf den gebückten Klee, Der must ein Ebenbild von meiner Demuth zeigen. Denn deine Güte hebt dieselben in die Höh, Die, Ciaelia, f ü r dir sich zu der Erde neigen. Drum ärgert dich ein Wort, das hier geschrieben steht, So glaube nur, es ist durch deine H u l d erzwungen. Wer einen Schritt erlangt, und niemals weiter geht, D e r dandke sich es selbst, wofern ihm nichts gelungen. Poeten nehmen sich offt eine Freyheit aus, Die nicht ein jeder darf nach scharffer Elle messen: Wer eine Sieben gibt, dem nehmen sie das Tauß: Bitt man sie zum Gespräch, so bleiben sie zum Essen. Zu dem, so sag ich es, doch alles dir allein: Ich gehe, w o mir recht, annoch an deiner Seite; Laß dir ein eintzig Wort nicht gantz zuwider seyn, U n d denck, ich schertze noch, indem ich dich begleite. Ein Wort im Schertz geredt, wird nicht so leicht bedacht. Mich deucht, ich rede noch, und weiß nicht, daß ich schreibe. Wird meine Rede nun nicht gar von dir veracht, So wisse, daß ich auch im Schreiben dein verbleibe.
PHILANDER VON DER LINDE: Liebe ohne Liebe Ich liebe Claelien, doch lieb ich sie nicht recht; Das macht, sie ist wol gut, jedoch vor mich zu schlecht: Sie ist wohl hübsch genug, doch auch nicht extra fein: Sie liebet mich zwar wol, und doch nicht mich allein: Sie ist zwar wol nicht dumm, doch nicht vor andern klug: Zwar frey von Heucheley, jedoch nicht von Betrug: Sie ist vor sich geschickt, doch plump in Compagnie: Ich liebe sie nicht recht, und dennoch lieb ich sie.
P H I L ANDER VON DER L I N D E : A l s e r i h r e i n e n Q u i r l s c h n i t z e n
solte Es gieng nechst Celadon in einen Tannen-Wald, Um vor die Sylvia den besten Quirl zu schnitzen, Doch als er fertig war, da sagte sie alsbald: Ey worzu solte mir das schwache Ding wol nützen? Geh, Celadon, geh noch einmal hinein; Es muß ein feiner dicker seyn.
CHRISTIAN H Ö L M A N N : A b b i l d u n g e n d e r s c h o o ß
Der geist des alterthums schrieb den beschaumten wellen Die künstliche geburth der liebes-Göttin zu, Und daß ein muschelhauß auf! den gesaltznen stellen So wohl zur überfuhr als ihrer ersten ruh An statt der wiege sey damals bestimmt gewesen; Allein so wurde da die Wahrheit eingehüllt, Wer ihre perlen nun wolt' aus dem schlämme lesen, Der fand sie endlich zwar, doch fremde vorgebildt. Zieht jenen Vorhang weg und last die fabeln schweigen, Was gilts? die Wahrheit wird, ja selbst der augen-schein, Euch den verdeckten grund der sache besser zeigen, D a ß ich so muschel, meer als welle müsse seyn. In meinen gründen ist die liebe ja gebohren, Ich bin ihr erster sitz, ihr stammhauß, Vaterland, 59
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Mich hat zu dieser see selbst die natur erkohren, A n deren ufern sich das schöne mägdgen f a n d . Ihr glieder möget nun v o r mir die seegel streichen, Weil ich die Götter selbst durch mich hervor gebracht, Ihr selber müstet auch im mutterleib' erbleichen, Wenn nicht durch mich das T h o r w a r ' in die weit gemacht. Es füllet meine frucht den himmel und die erde, Ich mache, daß der bau der wundergrossen w e i t Nicht v o r der letzten zeit zu einer wüsten werde, D i e nichts als distel-sträuch und dörner in sich hält. Ich bin das paradieß, v o r dem die keuschheit wachet, I n dessen gegenden die lebens-früchte blühn, W o unser leben w i r d , wie feuer, angefachet, D a b e y die söhne sich, wie A d a m , gerne mühn; E i n tempel, w o die glutt der liebe stündlich brennet; Ein opffertisch, w o milch zum o p f f e r w i r d gebraucht; E i n heiligthum, daß die v o r priester nur erkennet, I n deren keuscher brüst ein reiner Weyrauch raucht; Ein gutes feld, das nur gerathne fruchte bringet; E i n garten, den der thau der wollust überfliest; J a der die anmuth hat, die alle weit bezwinget, U n d dessen blumenfeld sein eigner fluß begiest. E i n meer, w o ebb' und flutt dem monden-lauffe gleichet; E i n spiegel-glattes eiß, w o auch ein riese f ä l t ; E i n hafen, den vergnügt die zucker-flott' erreichet; D i e schule, die man nur v o r junge männer hält; D e r liebe musterplatz, die mannschaft auszuüben; E i n Zwinger, welcher zu, doch nicht verschlossen ist; D i e wahlstadt, w o auch w o h l ein Simson ist geblieben; D a s schützenhauß, in dem ein jeder gerne schiest; E i n marckt, w o regungen durch blicke zu erlangen; E i n wechseltisch, der uns v o r jungfern frauen zahlt; E i n laden, w o noch nie gebrauchte wahren hangen; E i n thal, in welches nie das licht der sonnen strahlt; E i n bergwerck, welches gold- und silber-adern heget; (Die wüntschel-rutte schlägt offt allzu hefftig an) Ein land, das unbesät auch keine früchte träget; E i n abgrund, w o die weit die perlen fischen k a n ; D e r männer gröster schätz liegt offt in meinem fache,
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Denn das behältnüß bin ich eigentlich dazu, Drum hält die eifersucht bey mir so scharffe wache, Damit demselbigen kein fremder eingriff thu. Hier ist der bienenstock, wo aus der keuschen blume Der lebens-honig wird zur rechten zeit gemacht; Der himmel und die weit trägt den zum eigenthume, Wenn ich ihn an das licht, sein ziel davon, gebracht. Der liebe ruhestadt, die liegt auff meinem gründe, Ihr forst, in welchem sie die schönsten zobel jagt, Die männer sind dabey die besten jäger-hunde, Denn ihr verwegner geist ist immer unverzagt. Wenn ich verschlossen bin, so geht die lust im leide, Offi werden gar darum die länder ruinirt, Und spinnen trauerflor an statt der weissen seide, Weil meine muschel nicht den thron mit perlen ziehrt. So kan der Wohlstand sich auff meine pfeiler gründen, Wer führt nun einen rühm, der meinen lorbern gleicht? Bey euch, ihr brüste, wird man diesen schwerlich finden, Die ohnmacht hat euch nicht vergebens so gebleicht. Nur eines ärgert mich, daß auch die kinder wissen, Was die erwachsenen in meinem garten thun, Wie sie durch ihren thau mein blumenfeld begiessen, Und mit der grösten lust auff diesem beete ruhn. Ach könt' ich dieser brutt unnütze reden stillen! Ein Vorschlag fält mir bey: ich wil auf's ehst' einmal Ihr ungewaschnes maul mit meinem wasser füllen, Wer weiß? befrei' ich mich dadurch nicht dieser qual. Doch meine blosse heist itzund mich stille schweigen, Drum hüll' ich wieder midi in meine decken ein, Und wil nur noch mein thun dadurch gebilligt zeigen: Wo blumen sollen blühn, muß tau und regen seyn.
CHRISTIAN HÖLMANN: Dorinde wil einen Docter heyrathen In Sachsen ist das ey offt klüger als die henne; Nicht weit von mir, da wohnt ein mädgen, das ich kenne, Die hatte vom patron, der männer sonst beschert, Längst einen docters-mann, und den gewiß, begehrt. 61
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Allein, wie sie gesehn, daß keiner wolle kommen, Hat sie die sache so und klüger vorgenommen. Ein mediciner gieng bey ihr offt aus und ein, Der sprach einmal aus schertz, sie müste seine seyn, Wenn ihm das glücke nur so ein vermögen gönnte, i o Daß er vor selbiges den gradum haben könnte. Diß gieng wie pfeifer-staub in ihrer nasen auff, Sie lieff der mutter zu, und sagt' ihr diesen kauff, Die alte runtzelte vor freuden auch die stirne, Sie dachte weiter nach, und plagte das gehirne, i j Sie mühte sich recht sehr, sie sann die läng und quer, Wo nehm ich einen stiel zu dieser axt doch her. Die mittel sind nicht da, sie sind schon weggeflogen, Die kinder haben sie mir meistens ausgesogen, Was mach' ich itzo nun? der tittel kost auch schier, 20 Wie ich vernommen, mehr als ein gebräue bier. Allein die tochter war viel klüger als die alte: Da sie gemerckt, was sie vor kummer feste halte, Sprach sie: frau mutter, borgt auff hauß und garten geld, Daß er vor selbiges den docter-grad erhält, 2 j Und mich zur doctrin macht. Wenn ich nun in dem orden Der docter-frauen bin ein hohes mitglied worden, Dann zahl ich euch das geld, was ich euch schuldig bin, Intress' und Capital auff einem brette hin. Die pillen, elixir, die pulver und purgantzen, 30 Die wissen uns das geld schon wieder zuzuschantzen, Wer weiß, ob nicht mein schätz einmahl so glücklich ist, Daß ihn ein grosser herr zu seinem artzt' erkiest. O! dacht' ich, wüst' ich nur noch eine deinesgleichen, Ich wollte heute selbst den docter-hut erreichen; 3 5 Wie hübsch, wie niedlich ists um einen solchen mann, Der so ein kluges kind zum weibe haben kan.
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MENANTES: Über Teutschlands Edles Frauenzimmer Du Wunder-schönes Land, und Kleinod gantzer Erden! Wo die Glückseligkeit mit jeden Tag erwacht. Du ird'sches Paradies, wo Menschen Engel werden, 6z
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Wo Adams süsse Kost uns zum Vergnügen lacht, Du Himmel voller Glantz der angenehmsten Sonnen, Und deren Schönheits-Strahl in alle Länder dringt. Du Meer, in deren Schaum Saturnus Krafft geronnen, Worinnen Venus offt in einem Jahr entspringt. Beglückter Teutschen Sitz! Du Sammel-Platz der Schönen! Wo Himmel und Natur verschwendrisch worden ist. Wo sich der Städte Pracht mit Myrthen kan bekrönen, Und wo ein Menschen Mund nur Götter Lippen küßt. Des güldnen Apfels-Streit, den Paris beygeleget, Und dessen Kostbarkeit der Venus zuerkand, Wird durch den Ehrgeitz noch bey deiner Zeit erreget, Und manches nennet sich vor dir das schönste Land. Du Wunder-Theil der Welt! Paris tritt in die Schrancken, Die Venus, Juno sich und Pallas sonst ersehn, Und wil sidi üm den Preiß des Apffels mit dir zancken, Sein Frauenzimmer soll in ersten Paare gehn. Nun Engelland wil gar mit lauter Engeln prahlen, Franckreich soll neben dir der Palmen Zinsman seyn. Ach Teutschland könte dich ein Paris noch bestrahlen, Und stell'te die Vernunfft sich hier zum Richter ein! So würde deine Pracht und seltne Schätzbarkeiten Sein kluger Augen-Raht noch mehr als vor besehn, Und liese sich sein Blick auff andre Länder leiten, So würde Paris Mund auff diesen Spruch bestehn: Franckreich ist zwar ein Land mit Klugheit angefüllet, Und in Galanterie des Frauenzimmers Welt. J a wo Geistreicher Schertz gemein wie Wasser quillet. Wo witziger Verstand die hohe Schule hält. Allein daß Schüler offt die besten Meister werden, Kan Teutschland sonder Ruhm mit Sachsen Zeuge seyn. Man pflantzet erst geschickt die Liljen frembder Erden, Denn kömmt Natur und Kunst verwundrend überein. Du schöne Linden-Stadt! (so würde Paris sagen.) So bald mein Auge dich, du Kleinod Meissens sieht, Seh' ich die Pallas auch auff ihren Sieges-Wagen Die mich so wie Paris zu ihren Schätzen zieht. Die Göttin kan allhier die klügsten Töchter zeigen, Wo Witz, Verstand und List sehr schöne Proben weißt;
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Durch die allein der Ruhm muß bis zum Sternen steigen, Daß die galantste Stadt anitzo Leipzig heist. 4 j J a Dreßden kan sich auch mit gleichen Lorbern krönen, Wo die Gefälligkeit sehr artge Leute macht. Und Halle darff den Schmuck von keinen Frembden lehnen, Weil diese Seltenheit bey ihren Schönen lacht. Das kleine Weissenfelß hat Klugheit groß geschätzet, 50 Ob Einfalt gleich daselbst auch offt gemeistert wird, Des Gartens-Schönheit ist darum nicht gar verletzet, Wenn sich das Unkraut gleich bey Rosen hat verirrt. Noch andre Städte mehr und prächtigen Palläste Hat Pallas Wunder-Hand mit Töchtern angebaut, 5 5 Sie locket mich entzückt zu ihren Hochzeit-Feste, Und spricht: Die Klugheit macht die allerbeste Braut. Doch (würde Paris mehr den edlen Sinn entdecken,) Weil Schönheit ein Magnet der meisten Hertzen ist: Und sich ein jeder denckt das süsse Ziel zu stecken, 60 Daß ihn auff Erden schon des Himmels Vorschmack küsst. So kan sich Engeland zwar einen Spiegel gleichen, Der mir den Gegenstand stets wunderschöne weist, Wo Wangen-Purpur nicht geschminckte Farben streichen, Und wo Annehmlichkeit der Sinnen Meister heist. 65 Allein wie Sonnen-Glantz die Sternen übersteiget, So muß Britannien bey Teutschlands Strahlen stehn. Denn ob die Venus dort ihr Ebenbild gezeiget, So lässt sie sich doch selbst auff Preussens Throne sehn. Du Venus Wunderreich! Du Pallas Teutscher Erden! 70 Wo Juno sich den Thron von Gold und Perlen baut. Soll dir des Apffels Preiß nicht zu erkennet werden, Da man dein Wesen gantz, bey andern Stückwerck schaut? Nimm hin, Germanien! Was du vorlängst genommen, Und laß dein Eigenthum dir ein Geschencke seyn. 75 Der Apffel ist ja selbst auff deinen Baume kommen, Wer nun die Früchte pflantzt, nimmt sie auch wieder ein. So würde Pariß Schluß auf Weißheits-Grund bestehen, Und sein gerechter Spruch hing dieses Bitten an: Soll mir, du schönes Reich! durch deine Gunst geschehen, 80 Was Venus ehmahls mir in Griechenland gethan: So gib mir eine Frau nach deinen Wunder-Schätzen, 64
Wo Schönheit einen Geist, wie Gold die Perle hält. Wo Eulen von Vernunft sich nicht in Purpur setzen, Und wo kein Schatten Werde von einem Cörper fällt. 8 $ Wo kein Pigmalion nur stumme Götzen machet, Nicht, wo Apelles Kunst sich bloß mit Farben ziert, Nicht, wo ein A f f e nur in Gold und Seyde lachet, Nein, wo ein schöner Leib die Seele bey sich führt. J a wo die Kostbarkeit wie auff dem Götter Throne 90 Der Himmel die Gestalt, der Geist die Sonne heist. Wo edler Tugend Glantz und Pallas Lorber Crone Sich auff der Venus Haupt in schönsten Schmucke weist. Doch daß ich meinen Wunsch die Gräntzen möge setzen, Und schön, galant und reich mit auff einmahl vergnügt, 95 So gönne meiner Brust (diß wäre sein Ergetzen) Daß sie die Helena aus deinen Leiptzig kriegt.
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Printzessin! Deren Pracht was irdisch heist erfüllet! Printzessin! Die die Welt als Wunder-Göttin kennt. Printzessin! Deren Glantz die Nacht in Tag verhüllet, Und die der Himmel selbst die andre Sonne nennt! Will meine Niedrigkeit sich biß zum Sternen tragen, Und sucht ein blasser Mond hier deinen güldnen Schein: Will sich die Finsterniß zu deinen Lichte wagen, So dencke doch, es muß bey Sonnen Schatten seyn. Die Banden meiner Furcht hat eine Glüht verzehret, Die mir zum Lebens-Port und Grabe leuchten kan. Erzürnest du, daß dich ein schlechter Knecht verehret, So sage mir nur gleich des Todes Urtheil an. Verliebt, und furchtsam seyn, ist tadlens wehrt zu schätzen, Wer seine Noht verschweigt, verdirbt durch eigne Schuld, Es kan mich deine Hand ins Reich der Freuden setzen, Schlägt sie es aber ab, so sterb' ich mit Gedult. Allein betrachte nur, was ich allhier begangen, Und daß du wunderschön, und ich nur Menschlich bin. Erwege, daß dein Strahl mich zwunge Gluth zu fangen, Es risse seine Macht mich zu den Flammen hin.
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Ein kaltes Spiegel-Glaß muß durch die Sonne brennen, D a dessen Gegenstand dem Feuer nicht entgeht: U n d Menschen müssen den nur einen Unmensch nennen, Der als ein Brennglaß nicht bey deiner Sonnen steht. Z w a r sucht ein Menschen Mund bey Göttern sich zu weyden, Geht mein verliebter Geist auff allzuhoher Bahn: So kan die Venus doch Adonis Küsse leiden, U n d A m o r schaut den Stand wie Gauckelpossen an. Der Liljen weisser Schmuck muß offl bey Nesseln prangen, Bey Tulipanen Pracht, bey schönen tausend-schön K a n wilder Thymian auch einen Platz erlangen, U n d Majoran darff wohl bey Kayser Cronen stehn. Aus schlechten Dünsten macht die Sonne Regenbogen; Der kostbarste Magnet zieht den geringsten Stahl: Die Liebe bleibt dem Rang und Ehrgeitz ungewogen, U n d legt den Reben-Stock üm einen wilden Pfahl. Sie macht die Wüsteney zu einen Lust-Gefilde, Und unsern Sclaven-Stand den hohen Fürsten gleich. Den Herrn zum Unterthan, den Jäger selbst zum Wilde, Gesetze gelten nicht in ihren Königreich. Was hier die Feder setzt, sind nur erzwungne Zeilen, Die H a n d schreibt nicht vor sich, du führest sie allein, U n d will ich nun damit zu deinen Füssen eilen, So dencke nur, ich muß, ich bin nicht selber mein. Die Wunden, so mich schmertzt, hat mir ein Blick geschlagen, Der auch ein Felsen Hertz wie Wachs zerschmeltzen kan: Dein schöner Mund darff nicht nach Zeit und Orte fragen, D u weist wohl, wenn du mich zum Sclaven nähmest an. Man hielte dazumahl ein prächtges Vogelschiessen, (Doch mein getroffnes Hertz w a r deiner Pfeile Ziel) Und eine Schönheit w a r dabey so hoch gepriesen, Daß ich im Geiste schon zu dero Füssen fiel. Ich suchte denn so lang in diesen Wunder-Auen, Biß Leonora mich, und ich sie konte sehn. Ach daß ich Adlern gleich in Sonnen wolte schauen, Und wüste nicht wie mir durch einen Strahl geschehn! Die Augen musten sich verblendet niederschlagen, Die Augen, die die Glut dem Hertzen mitgebracht, D i e Augen sind allein die Ursach meiner Plagen,
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Ach daß ich mich zu kühn zu deinen Licht gemacht! Die Freyheit w a r der Brust dem Augenblick entführet, Ein Schmertzen-reiches Ach! kehrt wieder bey mir ein. Wie Furcht, Verzweiffelung und G r a m die Seele rühret, Wird Färb' und auch Gestalt bey mir Verrähter seyn. Ich bin ein bloses Nichts, ein Schein und leerer Schatten, Die Sinnen irren stets, ich weiß nicht, w o ich bin. Bey Tage will mein Geist sich mit der Sonnen gatten, Die Träume führen mich zu deinen Zimmer hin. Die Freude nimmt man mir, die Quaal ist unbenommen, Ach Göttin! lege doch ein Gnaden Pflaster drauff: Bin ich aus Liebe nur in deine Banden kommen, So löse sie doch auch aus Liebe wieder auff. Ich falle hier als Knecht zu deinen zarten Füssen, Es kniet jetzt vor dir ein treuer Unterthan, Laß deiner Hoheit-Glantz doch meine Demuth grüssen, N i m m mich bey deinen Strahl zu einen Kleeblat an. Der Schönheit Wunderwerck, der Tugend-Kostbarkeiten, Und was den Göttern mehr als Menschen ähnlich ist, Wil einen Sammel-Platz in deiner Brust bereiten, Ach! daß dich Wehmuth auch als eine Schwester küßt. Wil mich dein strenger Blitz in Staub und Aschen wissen, Spricht denn dein schöner Mund mir alle Hoffnung ab; So laß mich nur zuvor dein schönes Auge küssen, So küß' ich wie du wilt, hernach auch Tod und Grab. Doch nein, mein Fehler muß den schönsten Uhrsprung So schliest das Ende nicht ein frühes Sterben ein: [kennen, Denn muß dich nicht der N e i d den Himmel selber nennen? Drüm was von Himmel stammt, muß schön und ewig seyn. Ich warte nun bereits auff die erwünschten Stunden, D a ich in Fesseln soll vor meiner Göttin stehn. H a t meine Noht alsdenn ein gnädig Ohr gefunden, So kan ich höchst vergnügt zum Freuden-Himmel gehn. Doch soll die Kühnheit ja mit Blut gebüsset werden; So ätze mir zum Ruhm auff meinen Leichen-Stein: Des Himmels Ebenbild, ein Engel dieser Erden, Heist mich durch Schönheit hier des schönsten Todes seyn.
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MENANTES : Er ist glücklich im Schlaffe
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Erwünschte Nacht! ihr angenehmen Schatten! Was vor ein Strahl umzircket mein Gezehlt? Will sich mit mir noch eine Sonne gatten, Die sich anitzt zu meinem Bette stellt? 5 Ach Engels-Kind sey tausendmahl willkommen, Wie bin ich doch so unverhofft beglückt? Wo hast du denn die Gnade hergenommen, Daß deine Brust noch meinen Geist erquickt? Komm lege dich auf dieses sanffte Küssen, 10 Hier findest du der Liebe Sammel-Platz. Dein Zucker soll mir alle Quaal versüssen Vergnüge mich du auserwehlter Schatz. Umarme doch mit wollen weichen Händen Den heissen Leib, der sich nach Kühlung sehnt, 1 j Erhebe dich mit deinen zarten Lenden Schau wie die Lust schon alle Glieder dehnt. Es sind mein Kind zwar allzu enge Schrancken, Allein es geht mit süssen Zwang hinein, Ach Zucker-Kost der kützlenden Gedancken, 20 Dabey das Marek muß ausgezehret seyn. Ach laß uns doch die Freude recht geniessen Bemühe dich und förder ihren Lauff. Itzt wird sich gleich der süsse Thau ergiessen Ach Kind! Ach Schatz! thu deine Muschel auf. 2 5 Nur noch einmahl. — Wie bist du gar verschwunden? Verfluchter Traum, der mich so sehr betrügt! Wo bleiben nun die Anmuhts-vollen Stunden? Wo ist mein Schatz, der mir in Armen liegt? Ach alles ist nur Phantasie zu nennen! 30 Die führt midi offt auf diese falsche Bahn. Ach Schönste soll ich stets vergebens brennen? Was hat dir doch dein treuer Knecht gethan. Ich seuffze zwar, alleine gantz vergebens, Was hilfft die Nacht, wenn mich die Sonne quält. 3 5 Ich sehe schon das Ende meines Lebens, Wo mich dein Strahl der Liebe nicht beseelt.
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MENANTES: E r schreibet zu galant an seine Schöne Lysander hatte nechst an Flavien geschrieben, Und den verliebten Brieff recht zierlich ausgeschmückt, So, dacht' Er, wird sie dich am ersten wieder lieben, Indem die Nettigkeit aus jeder Zeile blickt. Doch muste Flavia des grossen Irrthums lachen, Als könt' ein muntrer Geist, ein annoch freyer Sinn, Aus blosser Phantasie verliebte Briefe machen; Und sendet ihm darauff zur Antwort wieder hin: Dein kluger Kopff hat itzt zu lieben angefangen, Drum streicht dein schöner Brieff den schönsten Lobspruch Doch suchstu dermahleins die Liebe zu erlangen, [ein, So muß das Hertz verliebt und auch der Schreiber seyn. MENANTES: An die schöne und höfliche Amalia Was offt den Klügsten fehlt und wenige beglückt, Darzu wird man bey dir, Amalia, geschickt, Denn deiner Schönheit-Pracht, die Englischen Geberden, Die lassen Augenblicks die besten Redner werden. Jedoch gesteh' es nur, Annehmlichste der Zeit! Zu Schmeichlern werden wir durch deine Höfflichkeit. MENANTES: Uber die Poesie. In eines guten Freundes StammBuch Der Jugend Poesie ist wie ein schönes Kind, Das voller Feuer steckt, doch wenig Tugend kennet. Wenn unsre Jahre nun zur Reife kommen sind, Wird sie ein edles Weib, das voller Anmuth brennet. Die Tugend zieret sie, sie ists, die Klugheit schmückt, Die keusch, indem sie liebt, scharfsinnig, wenn sie dichtet, Erbaulich, wenn sie lehrt, und wenn sie denckt, beglückt, Die ihre Schuldigkeit mit Ruhm und Lust verrichtet. In solchem edlen Thun geht diese Schöne fort; Sie kommt auf eine Bahn, die ihr die Sternen zeigen. Bis endlich, sind wir nun nicht weit von jenem Port, Sie mit der Scansion kan in den Himmel steigen. 69
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CHRISTOPH G. BURGHART: Auff ihre allzugrosse fettigkeit
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H i l f f , himmel! welch ein bild! soll das Lisette seyn? Ist das ihr netter Leib, ihr zartes angesichte? Wie? oder äffet mich vielleicht der augenschein, Indem ich nur auf! sie stets die gedancken richte; Ach nein! du bist es nur; ich kenne deinen strahl, Ob du mir von gestalt gleich fast unkenntlich worden, Dem auge bleibt die krafft auch in der grösten quahl, Womit den schönen leib das glücke sucht zu morden. Wo ist die Majestät? w o die annehmligkeit? Mit der dein antlitz vor wie eine göttin prahlte; Wo ist der wundermund? dem ich vor wenig zeit Noch die verliebte schuld in einem träume zahlte. Wo ist der dünne halß? w o ist das kleine kinn? Wo ist der schlancke fuß? w o sind die kleinen hände? Wo der geschickte leib? ach schmertz! ist alles hin? Ach findet deine pracht ein so geschwindes ende? Z w a r deine brüst behält noch ihren heissen schnee, Die lilien der halß, die rosen deiner wangen, U n d was mir lindern kan das übergrosse weh, Der ungemeine geist ist noch nicht untergangen, N u r was dich vor beliebt und angenehm gemacht, Der glieder artigkeit ist gantz und gar verschwunden, Wie sich dem tage gleicht die ungeheure nacht; So hab ich Lisilis ihr selber ähnlich funden. Ein fremder Überfluß von vieler fettigkeit Vernichtet alle zier, verstellt dein gantzes wesen, Das vormals kleine haupt ist allzu dick und breit, J a w o uns die natur ließ ihre künste lesen, D a lässet sie uns itzt auch ihre fehler sehn. Ach schmertz! was hat an dir dein meister-stück verbrochen? D a ß ihm ein solcher f a l l zur straffe muß geschehn? O himmel! dieses heist mehr als zu scharff gerochen! Doch nein, ich glaube nicht, daß es von dir entspringt, Es kan dein übel wohl aus andern quellen fliessen, Wer zweiffeit? daß die weit verfluchte schlangen bringt, Die ihr verteuffeit gifft auff alle stellen giessen; Vielleichte trat dein fuß auff einen solchen ort!
Vielleichte hat dich wo ein drachen-hauch vergiff tet, Und basilisken-blick; vielleichte hat ein wort 40 Durch seine Zauberkraft dein Unglück angestifitet. So war, verdammter neid, dir so ein leichtes ding, Lisettens grossen geist mit tausend lügen plagen? Du must auch ihren leib, der voller rosen hieng, Mit greulicher geschwulst durch teuffels mittel stillagen. 45 O himmel! schaustu diß und kanst geduldig seyn? Wilstu nicht ohn Verzug den frechen frevel dämpffen? Und schlägt dein eyfer nicht mit blitz und donner drein? Auff! auff! du selber must vor deine kinder kämpffen! Brich loß, zertritt den kopff, der uns so tieff verletzt; 50 Es müsse tausend weh auff dessen scheitel kommen, Und tausend plagen sey demselben zugesetzt, Der sich, mein engel, dir zu fluchen unternommen. Nun wohl! es wird geschehn, getrost, mein werthes kind! Dein auge sieht betrübt, ich muß mit dir mich grämen; 5 5 Allein getrost! gleichwie man offtmals wieder findt, Was uns der himmel ließ durch fremde tücke nehmen; So glaube, daß auch du die ietzt verlohrne pracht, Der glieder artigkeit, bald wieder kanst verlangen; Und wie ein Phoenix, den die flamme neu gemacht, 60 Weit schöner als zuvor mit neuer zierde prangen. Doch gläube dieses mir, mein engel, auch dabey, Solt uns der himmel gleich nach wuntsche nicht erhören, So daß dein erster schmuck nicht mehr zu hoffen sey, Werd' ich doch deinen geist biß in den tod verehren.
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J O H A N N U L R I C H VON K Ö N I G :
Auf das Portrait Der Frau
Reichs-Hofräthin von Petkum
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Wann ich dein Ebenbild, Hochwohlgebohrne Frau, Recht nach dem Augenmaaß und nach der Kunst beschau, Kan ich in deinem Bild ein ander Bild erkennen, Das dir noch ähnlicher, als du dir selbst, zu nennen; Die Warheit selber spricht: daß dieses Contrefay Dein eignes, und zugleich der Klugheit Bildniß sey.
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J O H A N N U L R I C H VON K Ö N I G :
An Mademoiselle
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ihre Perfection in der Music Wann deine schöne Hand pflegt das Ciavier zu rühren, So muß ich jeden Griff in meinem Hertzen spüren, Singt nun dein holder Mund, so trägt sein Anmuths-Thon, Durch seine Fertigkeit, den höchsten Preiß davon; 5 Wofern du aber gar wilt auf die Laute spielen, Muß die entzückte Brust gantz fremde Regung fühlen, Die Liebe dringt, (wie sonst nur durch den Augenschein,) Hier, Schönste, durchs Gehör zu meiner Seelen ein. Drum, wo mein Seufftzen dich nicht künff tig soll beschweren, 10 So laß mich ja nichts mehr von deinem Spielen hören; Dis aber ruff ich dir noch im Vertrauen zu: Bey deinem Wunderspiel verspielt ich meine Ruh.
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J O H A N N U L R I C H VON K Ö N I G :
men, daß sie im Baade
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An Lorene, Als er vernom-
Ihr Tropfen, die ihr heut den schönsten Leib benetzt, Der meine Seele längst im stillen Brand gesetzt, Ihr schleicht euch in die Schooß der nackichten Lorenen, Um ihren Rosen-Busch mit Perlen zu becrönen; Ach aber, wie umsonst bemüht ihr euch doch hier, Ihr sucht zu reinigen, was reiner noch als ihr, [Glieder, Drum rollet von dem Schmuck der schlanck-polirten Nur wiederum beschämt, ihr arme Perlen, nieder, Ihr seyd hier viel zu schlecht: die Liebe weiß allein, Was für ein Perlen-Fluß ihr angenehm kan seyn, Lernt aber, wo ihr könnt, ein Wunder hier erkennen: Midi kan das Wasser auch schon in Gedancken brennen.
EPHRAIM GERHARD :
Er entsaget der poesie
Ich weiß nicht, was ich noch poetisiren soll: Es schmeckt das schlechte zeug noch immer manchen wohl, und ieder tag will fast ein reimgen von mir haben;
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Ich aber dencke stets mein dichten zu begraben. Zu Zeiten kömmt mich zwar ein kleiner kitzel an: Allein wie butter nicht beym feuer dauren kan; So muß der schnelle trieb sich auch gar bald verlieren. So bald die feder nur will ein paar Zeilen schmieren, Die zwar zu anfangs gold, am ende steingen seyn, i o Und prägt ich Jupitern und auch die Venus drein; So muß ich doch alsbald des albern zeuges lachen, So bald nur der verstand bey solchen schönen Sachen, Selbst seine blöse zeigt. Denn schmeiß ich alles hin, Und schwere tausendmahl, daß ich kein dichter bin: i j Die feder wird zerstampt: die dinte wird vergossen, Aus der doch auch vorhin zuweilen was geflossen, Das toll in ohren klang. Bald fang ich wider an Und suche mit Verdruß, ob ich noch dichten kan, Besonders wenn ich seh, wie andre geld verdienen, 20 Bey denen witz und kunst, gleich klee im winter, grünen, Da mischt sich denn der geitz in alle Zeilen ein: Der will vors henckers danck: ich soll ein dichter seyn: Ich soll mit Laps und Taps um ziel und wette kriegen: Ich soll, dem Neuburg gleich, bey grossen Herren lügen: 25 Ich soll das, was noch nie in unser weit geschehn, 5
Und was nicht werden wird, auch in dem dunckeln sehn: Ich soll der Fürsten witz, der diener redlichkeiten: Ich soll die frömmigkeit, die dodi bey unsern Zeiten Ein rares wildpret ist; ich soll die kluge kunst, 30 Die bey den meisten nichts als aufgeblasner dunst, An allen priestern sehn: Ich soll die keuschheit preisen, Mit der die jungfern noch bis zu den Sternen reisen, Wo der Lucretien ihr altes bildniß steht; Ich soll der frauen treu, die doch so bald vergeht, 35 So bald das licht verlöscht, bis an den himmel heben: Ich soll des Hercules und Herculiskens leben An unserm Sterops schaun: Ja was? ich soll noch mehr: Ich soll den ochsen-fuß, und trat* er noch so sehr, Vor eine engelhand ums geld paßiren lassen; 40 Ich soll die kindergen in lauter gold einfassen, Die doch wohl gestern noch die windeln voll gethan: Ich soll mit angst und müh den ungeschickten Pan, 73
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D e r doch das dümmste vieh auf unsrer deutschen erden, Den ein erzörnter Schluß zunächst hieß Doctor werden, V o r den Cujacius und Duaren ansehn: J a endlich soll ich auch wohl auf die Wahrheit schmähn, Und das, was laster heist, v o r reine tugend schelten: Der geitz spricht fein dabey: er woll' es wohl vergelten: Ich solle vor die müh schon wohl vergnüget seyn: Dis bringe zehnmal mehr, als die critiquen, ein. Ich fang auch denn wol an, ich will den Sterops preisen, U n d sagen, wie er sich auf den bemühten reisen, Die nur sein ofen weiß, vortrefflich wohl versucht: Ich sage: daß er stets die faule lust verflucht, Und daß der müde schweiß ihn hoch empor gehoben. Ich müh' mich, Dumpifern w i e einen gott zu loben, Ich singe, wie er stets der wahren tugend hold, Den lästern feind gewest: wie er das schönste gold, Als gifft und pest gehaßt: wie er nie durch geschencke, U n d auch noch weniger durch tief-gesuchte räncke Das kluge recht verdreht, und bilde mir dabey N u n ganz gewißlich ein, daß ich ein dichter sey; Allein so bald ich nur das blat zum drucker schicke, So überzeugt mich schon mein grimmig ungelücke, D a ß ich das handwerck doch noch lange nicht gelernt, Durch das man sich anitzt vom pöbel weg entfernt. Denn wenn der bogen kaum bis zu der helffte kommen, So wird er wider wünsch schon wieder weg genommen, Es kommet ein verbot, der druck wird confiscirt, Weil ich die feder noch, wie vor, zu scharff geführt: Es heist: „ D e r kerle will doch alles reformiren, E r mißbraucht seinen k o p f f : E r solte fein studiren, Wie man bey dieser weit zu ehren kommen will, Denn hätte seine müh' ein viel beliebter ziel." Was fang ich denn nun an? Ich will fein stille sitzen, U n d mir d e n s c h w a c h e n k o p f f mit keinem reim erhitzen.
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Man sieht doch, daß er das noch lange nicht versteht, Wodurch die poesie itzt zu den Sternen geht. Wohlan! ich will es denn auch kühnlich lassen bleiben, U n d meinetwegen mag der hencker verse schreiben!
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CELANDER:
Sie an ihm, als er zu frey redete
Die Finger auf den Mund, und still davon geschwiegen Ihr redet allzu frey, ihr treibet losen Schertz, Das Hertze lasset ihr in eurem Munde liegen, Ich aber hüll den Mund hinunter in mein Hertz. 5 Man kan zuweilen wol ein Wort von Lieben nennen, Doch man muß nicht zu weit in Venus Tempel gehn. Den Eintritt mag man wol gern einem jeden gönnen Allein ihr Heiligthum will keinen Spötter sehn. 38
J O H A N N C H R I S T I A N G Ü N T H E R : An seine Schöne, als sie ihr Nahmensfest begieng. Schweidniz 1714
Wenn dieses welcke Blat, du englische Grisette, Nicht seine Kostbarkeit von deinem Nahmen hätte, So sprach ich allerdings, daß meine Dichterey Des Feuers würdiger als deiner Augen sey. 5 Die Ehrfurcht, so mein Geist vor deiner Gottheit heget, Die Liebe, so mein Herz zu deiner Schönheit träget, Sind Feinde, derer Streit mich beiderseits verlezt, Nachdem sie meine Brust zur Wahlstatt ausgesezt, Auf welcher sie bisher mit gleichem Glücke kriegen; 1 o Denn beide sind geschickt, einander obzusiegen. Die Liebe, wie es scheint, bekommt nunmehr das Feld, Weil dein geneigter Blick ihr Schuz und Rücken hält; Sie selbst hat mir die Hand zu dieser Schrift geführet, In welcher meine Pflicht das erste Kind gebiehret. 15 Die Morgenröthe taucht ihr Kleid in Scharlach ein Und will, jedoch umsonst, den Rosen ähnlich seyn, Die Venus und ihr Sohn auf deinem Munde brechen, Weil deine Reizungen sie in die Augen stechen. Der Widerwillen legt der Sonne Zügel an, 20 Die ihres gleichen nicht auf Erden leiden kan; Ihr Säumnüß billiget die Faulheit ihrer Pferde, Damit ihr Antlitz nicht von dir beschämet werde. Gewis, die Lippe führt ein reiches Kaufmannsgut, Und das Gesichte zeigt ein Meer voll Milch und Blut, 75
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Allwo die Gratien am Ufer deiner Wangen So Perlen suchen gehn als Purpurschnecken fangen. Die Lilgen wuchern starck auf der Haut, Der Brüste weicher Pfiehl ist vor den Schwan gebaut, Und ihre Schönheit last uns aus den Schalen schließen, 3 o Was vor Entzückungen im Kerne wohnen müßen. Ach, daß der Himmel doch mit uns so hart verfährt, Da er das Sehn erlaubt und den Genuß verwehrt. O karge Müdigkeit, was hilft es Brunnen wißen Und dennoch keinen Trunck vor seinen Durst genießen! 3 j Denn wäre dieses nicht, so würde meine Hand Und wohl noch etwas mehr mit deiner Schoos bekand, Ich aber dörfte nicht mit deinen Kleidern zancken, Die mir den ebnen Weg ins Paradies verplancken. Jedoch der Umschweif hat, kaum eh ich es gedacht, 40 Den ungewißen Fuß vom Wege weggebracht. Verzeih, berühmtes Kind, die Freyheit meiner Lieder, Und ist des Dichters Scherz der Tugend nicht zuwider, So las mich diesesmahl, es kan gar leicht geschehn, Die Sonne deiner Huld im ersten Zeichen sehn; 45 Dies ist ein guter Blidk, der mit geneigtem Lichte Den wohlgemeinten Wuntsch nach deiner Güte richte: Der Tag, der heute sich vor Hochmuth selbst nicht kennt, Weil der Calender ihn nach deinem Nahmen nennt, Soll dir das holde Fest noch tausendmahl verjüngen 50 Und manches Jubeljahr zu deinem Glücke bringen; So viel die Frühlingsluft den Bäumen Laub gebiehrt, So viel der rauhe Nord den Ästen Haar entführt, So viel Vergnügung soll die allgemeinen Plagen Des Leidens in der Welt aus deiner Gränze jagen.
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JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER:
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An seine Geliebte
Mehr sag ich jezo nicht, galant- und kluges Kind, Als daß die Redligkeit, die stets den Preis gewinnt, Mir jezt und allemahl so Kiel als Zunge rühre, So oft ich deinen Ruhm der Welt vor Augen führe. Drum glaube, was du wilt, ich sage, was ich muß,
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Und wollte glücklich seyn, wofern des Himmels Schluß Mir, der ich auf der Welt nach Ruh und Frieden strebe, Ein Kind von deiner Art in Herz und Armen gäbe. Wo Reiz und Zärtligkeit in netten Gliedern sizt, Wo Feuer und Verstand die volle Brust erhizt Und Übung und Natur die edle Seele zwingen, Die angenehme Treu ins Heiratsgut zu bringen, Da fällt allein die Wahl von meiner Sehnsucht hin, Da hängt, da bleibt und schwört mein unverfälschter Sinn, Die Feßel keuscher Glut bis an das Grab zu tragen. O höchst vergnügte Last! Man flucht in unsern Tagen Auf lauter schwere Zeit und rühmt die alte Welt Bios darum, weil man dort noch sonder Neid und Geld Den Gram der Eitelkeit bey süßer Ruh verwunden Und in vergnügter Eh das Paradies gefunden. Die Klagen haben recht, allein wo kommt es her? Was macht denn uns die Frucht der wahren Liebe schwer? Das macht, wir lieben jezt aus Hochmuth, Geiz und Mode Und fälschen jeden Kuß mit bitterm Narrensode.
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Wo findet man wohl jezt, man geh auch weit und breit, Ein Paar, das mit Vernunft und nach der Neigung freyt? Viel laufen wie das Vieh von ohngefehr zusammen, Noch mehr verbrennen sich in unversuchten Flammen, Die meisten aber sehn auf Niederträchtigkeit, 30 Auf das, was ihrer Hand gemünztes Blech verleiht. O Schade vor die Lust, die, wenn das Silber klinget, Den Nachklang später Reu bey Zanck und Untreu bringet. Ich hab es oft gesagt und sag es allemahl, Verdient mein redlich Herz nur einen Gnadenstrahl 3 5 Des Auges in der Höh, so ist mein Wuntsch auf Erden, Bios durch ein kluges Weib des Lebens froh zu werden. Ich rede fast zu viel und freyer als ich soll; Darüber lacht mein Feind, die Misgunst nennt mich toll; Er kan, sie mag es thun, genung, daß mein Gemüthe 40 Mit Ernst und Unschuld liebt und daß mir deine Güte, Du schön- und kluges Kind, die Kühnheit nicht verwehrt. Mit welcher dir mein Kiel den stummen Trieb erklärt, Den stumm- und starcken Trieb, der, seit ich dich erblicket, Dein Bildnüß allzu tief ins Herz mir hat gedrücket. 77
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Du hast Vernunft und Geist; Iis, prüfe dieses Blat, Und wo ein einzig Wort ein Falschheitszeichen hat, So reiß es gleich entzwey und sende mir die Stücke In Körben voller Fluch wie deinen Zorn zurücke. Doch nein, ich merck es dir an Wort und Mienen an, Daß der, so dich verehrt, was Beßers hofen kan. Die Zeit, so alles lehrt, wird dich auch endlich lehren, Mit was vor Eifer dich die treuen Seufzer ehren. Nimm dies papierne Pfand auf künftigen Beweis, Die Neigung gegen dich bleibt im Verborgnen heiß Und brennt in meiner Brust so heimlich als verschwiegen, Den Vorwiz böser Welt vernünftig zu betriegen. Erlangt mein Wuntsch bey dir kein vorgestecktes Ziel, So dencke dermahleinst, wenn dich der Liebe Spiel In fremden Armen wiegt und nachmahls doch betrübet, Mit was vor Redligkeit dich blos um dich geliebet
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JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER :
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An Herrn
Vertraut- und werther Freund, ach, las dir was erzehlen, Ich werde wiederum (o spotte nicht!) verliebt. Die Sehnsucht fängt mich an mit stiller Angst zu quälen Und macht's wie Seitenweh, das blinde Stiche giebt. Vier Jahr entbehr ich schon die schöne Leonore, Mein Herz verlies mit ihr die Übung süßer Gluth, Das Unglück riß mich fort, und meinem Dichterrohre Vergieng der geile Klang wie mir der holde Muth. Ich sang und spielte zwar, doch nichts als Klagelieder, Dort um das Elb-Athen, hier um den Pleißenstrand. Nun, dacht ich, kommt dir doch die liebe Zeit nicht wieder, Die Schweidniz dazumahl in deinem Lager fand, Nun, dacht ich, wirstu alt und früh erkennen müßen, Daß Zärtligkeit und Lust ein flüchtig Spielwerck seyn; Die Thränen haben dir das beste Marek entrißen, Von was gedenckstu mehr, dem Amor Zinß zu weihn? Gott Lob, ich dachte falsch, die Wollust kehrt zurücke, Ich werd und weis nicht wie den Adlern gleich verjüngt; Der Kummer hindert nicht das Lächeln heißer Blicke,
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Wozu mich jezt ein Stern geneigter Vorsicht zwingt. Die Schwalbe bringt den Lenz, die Störche warme Tage Und Amor mir vielleicht die gute Botschaft bey, Daß dieses Osterfest der Gränzstein meiner Plage Und Glück und Wohl mit ihm in naher Ankunft sey. 2 j Es wär auch einmahl Zeit und, dächt ich, gnung gelidten, Seit dem ich ohne Trost auf hohen Schulen bin: Mein Scheitel graut vor Noth, viel Hofnung ist beschnidten Und mancher schöner Tag ohn eine Lust dahin. Doch acht ich alles nichts; ein Augenblick im Lieben 30 Bezahlt uns, wer es weis, zehn Jahre theurer Zeit. Jezt kan ich mich davor mit größerm Nuzen üben; Auf Wermuth kriegt der Most viel schärfre Liebligkeit. Der Vorschmack fliest mir schon auf Lippen, Zung und Seele, Und ob die Noth gleich noch ihr Abschiedswetter schickt, 35 So find ich doch, wie dort Aeneas, eine Höhle, In der midi Dido schüzt und sichre Lust erquickt. Du siehst es mir wohl an, ich bin ganz ausgelaßen, Scherz, Lachen, Spiel und Vers sind blos mein Zeitvertreib, Die Zirckel haben Ruh, die Bücher müßen paßen, 40 Und was mein Umgang wüntscht, sind Jungfern, Magd und Weib. Der Wohlstand kömmt mich an, jezt will ich zärtlich heißen; Das abgeschabte Kleid wird mühsam ausgekehrt, Es müßen Schnallen, Schuh von Kreid und Kohlen gleißen, Die gröbste Krause wird gestickter Arbeit werth. 45 Mein Aufzug war bisher ein halb soldatisch Wesen, Und wie der freye Pursch in Jena schwermt und geht, So hatt ihn sich mein Leib zum Muster auserlesen, Weil, was sonst zierlich heist, hier blos den Füchsen steht. Sechs Löcher in dem Strumpf, fünf Federn in den Haaren, jo Das hielt ich ebenfalls vor ehrlich und galant, Und war der Brandtewein im Antliz ausgefahren, So kneipt ich öfentlich die Blatern mit der Hand. Vor roch mein Haar nach Staub und schmuzigen Papieren, Jezt muß Violenmehl den halben Rock beschnein, 5 5 Und wüst es nur dabey mein Beuthel auszuführen, So richt't ich meinen Staat recht seid- und sinnreich ein. Was Mägdgen artig läst, das raubt mir Herz und Augen, 79
Ich beßre Schmuck und Zucht aus ihrer netten Tracht, Und was ihr Mund nicht lobt, das will mir auch nicht taugen, 60 Und wär es zu Paries auch noch so schön gemacht. Dies ist das wenigste, was Lieb und Brunst verwandelt, Mein Sinn verändert sich an Sitten, Wuntsch und Hang. Secundus wird bereits vor Wolfen eingehandelt, Und Bilder geiler Kunst bekleiden Tisch und Banck. 65 Ich kriege frommen Fleiß, das Hohe Lied zu suchen, Die Andacht treibet midi in Kirch und Heiligthum, Mein Herz wird mild und gut, ich haße Trunck und Fluchen Und kehre von der Bahn der wilden Spötter um. Die Ehrsucht trieb mich vor, den Siegern nachzusingen, 70 Jezt aber denck ich nur: Bleibt, Helden, wo ihr wollt! Carl, Tugend und Eugen, erlaubt mir umzuspringen: Die Mägdgen rauben mir, was ihr bekommen sollt. Was hätt ich vor begehrt, den Knaster halb zu meiden? Jezt meid ich ihn umsonst, jezt zieht mich andre Glut; 7 j Denn meint gleich Lesbia den starcken Dampf zu leiden, So weis sie noch nicht recht, wieviel er Abbruch thut. Verworfne Fechterkunst, dich mag ich nicht begreifen, So sehr ich sonsten wohl zu dir gebohren bin; Da, wo wir Staub und Saal mit Saum und Sohlen schleifen, 80 Ergözt mich, Arm und Schritt dem Tacte nachzuziehn. Ich schwaze mit mir selbst, bald fang ich an zu lachen, Bald hält der Spiegel her, bald wüntsch ich weis nicht was, Bald träumt mir ohngefehr von lauter weichen Sachen, Womit ich nechst gescherzt, als jemand bey mir saß. 8 5 Die faule Poesie bekommt jezt neuen Zunder, Die Reime laufen mir zu Paaren in den Kiel: Und dies machtLesbia.Drum nimmt midi nicht mehr Wunder, Warum mir erst vorher der Vers verdrießlich fiel. Es fehlt' ihm rechter Zeug, es fehlt' an ihrem Munde, 90 Hier quillt der Musenbach, der Geist und Feuer bringt. Und dies erfahr ich erst seit jener Abendstunde, In der sie mich mit Lob und Arm und Scherz umringt. Philetas, eifre nicht, ich folge deinem Triebe, Den ehmahls Griechenlands verliebtes Ohr geschäzt, 95 Und finde schon die Spur der allgemeinen Liebe, Die Zeit und Ewigkeit voll Lebensbäume sezt. 80
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Nun, Naso, glaub ich dir die Reizung schöner Mienen, Nun fühl ich den AfFect, um den dein Finger sang, Als Frau und Kammermagd (hier last sich's zweyen dienen) Dein wohlgetheiltes Herz in süße Feßel zwang. Verlaßnes Vaterland, du und auch ihr Sudeten, Versprecht euch meinen Ruhm in Liedern deutscher Kunst, Die Lieb erhebt auch euch im Schalle meiner Flöthen: Und dies macht Lesbia; drum danckt es ihrer Gunst. Sie weckt mich glücklich auf, sie ist jezt in den Linden, Wo jedes Blat ergözt, das erst- und schönste Kind Von denen, die aufs neu mein Herz mit Anmuth binden Und durch die Poesie stumm überwunden sind. Ihr Musen, greift euch an, ihr sollt auch mit mir küßen, Ihr sollt auch mit mir gehn und auf der Lilgenbahn (Seht, was Versprechen thut!) das Trinckgeld noch nicht wißen. Die Sonne sincket schon, ihr Musen, greift euch an! Mein Freund, du lachst mich aus und nennst es blinde Poßen; Es mag denn, ras ich gleich, so ras ich mit Vernunft. Wie mancher wüntscht sich nicht so angenehm geschoßen! Genug, denn Lesbia eilt gleich zur Wiederkunft.
JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER:
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An die Spötter seiner Poesie
Ist Dämon nicht ein fauler Thor? So sprechen viel der reichen Brüder, Er bringt kein großes Werck hervor, Und was er macht, das sind nur Lieder; Er scherzt mit Gärthen, Kuß und Hayn, Will ruhig und verborgen seyn Und weder Schaz noch Staat erwerben; Sagt, ist wohl Dämon weis und klug? Ihr Narren, thut er nicht genug? Er lernt ja leben und auch sterben.
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JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER:
Man sdireyt mir häufig zu...
Man sdireyt mir häufig zu: Verlas die Poesie! Was kan denn ich davor? So oft ich ihr entflieh, So oft erhascht sie midi mit allzeit größrer Liebe. Die Reime feßeln mich, es sind nicht falsche Triebe, Es ist Natur und Hang, ist wie ein schönes Kind Des Buhlers leichten Zorn durch einen Blick gewinnt, So nimmt Calliope die schnelle Flucht gefangen, Und wär ich noch so weit aus ihrer Schoos entgangen. Ich weis auch eben nicht, ob sie viel Schaden thu; Sie bleibt in Noth getreu, sie stellt den Geist in Ruh Und läst von allen Wißenschaften Die Anmuth und den Kern im Herzen fester haften. Man wirft ihr täglich vor, sie hab ein höhnisch Maul, Wie junge Weiber sind; ihr Scherz ist selten faul, Sie redet etwas hin und meint es nicht so böse Und spottet wohl mit Recht, so oft ein neuer Zese Ihr deutsches Kleid verstellt und wenn es ihr gelingt, Daß der und jener Thor mit Fleiß ins Neze springt. Und steht es andern frey, ihr Ungemach zu schrauben, So kan sie sich wohl selbst die Gegenwehr erlauben. Was will ihr Tadler mehr Viel Dichter klagen blos, Gedancken anzubringen, Erbetteln ihren Schmerz, zu dem sie sich erst zwingen, Von fremder Traurigkeit und weinen künstlich toll Und glauben selber nicht, was uns bewegen soll. Wen aber rührt die Qual gemahlter armer Sünder, Es wäre denn ein Weib und noch nicht trockne Kinder. Die Noth erklärt sich schlecht und redet, wie sie denckt. Lis, prüfe, theures Haupt, was hier den kränckt. Die Wahrheit wird sich hier in keine Larve stecken, Wohl aber überall ein treues Herz entdecken. Ich habe nie begehrt, was mehr als Nothdurft heist; Ein Alter kluger Ruh, das vom Erworbnen speist, Ist jederzeit mein Wuntsch. Mein Satyr muß oft gähnen, Wenn Männer zärtlich thun und durch ein thöricht Sehnen Geschlecht und Bart entweihn. [...]
ARIE,
LIED,
ODE
CHRISTIAN HOFFMANN VON HOFFMANNSWALD AU :
Albanie,
gebrauche deiner z e i t . . .
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Albanie, gebrauche deiner zeit, U n d laß den liebes-lüsten freyen zügel, Wenn uns der schnee der jähre hat beschneyt, So schmeckt kein kuß, der liebe wahres siegel, Im grünen may grünt nur der bunte klee. Albanie. Albanie, der schönen äugen licht, D e r leib, und was auff den beliebten wangen, Ist nicht vor dich, vor uns nur zugericht, Die äpffel, so auff deinen brüsten prangen, Sind unsre lust, und süsse anmuths-see. Albanie. Albanie, was quälen wir uns viel, U n d züchtigen die nieren und die lenden? N u r frisch gewagt das angenehme spiel, Jedwedes glied ist ja gemacht zum wenden, U n d wendet doch die sonn sich in die höh, Albanie. Albanie, soll denn dein warmer schooß S o öd und wüst, und unbebauet liegen? Im paradieß da gieng man nackt und bloß, U n d durffte frey die liebes-äcker pflügen, Welch menschen-satz macht uns diß neue weh? Albanie.
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Albanie, w e r kan die Süßigkeit
Der zwey vermischten geister redit entdecken? Wenn lieb und lust ein essen uns bereit, Das wiederholt am besten pflegt zu schmecken, Wünscht nicht ein hertz, daß es dabey vergeh? Albanie. Albanie, weil noch der wollust-thau Die glieder netzt, und das geblüte springet, So laß doch zu, daß auf! der Venus-au Ein brünstger geist dir kniend opffer bringet, Daß er vor dir in voller Andacht steh. Albanie.
CHRISTIAN HOFFMANN VON HOFFMANNSWALDAU : Ich singe
tauben ohren...
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Ich singe tauben ohren, Dein schönes antlitz kennt mich nicht, Hab ich der freundschaffl süsses licht, Mein bestes kleinod gantz verlohren? Wird denn mein tag zu düstrer nacht? Soll ich mich lebendig begraben? Und deiner äugen schöne pracht, So vormahls sonne war, itzt zu cometen haben? Was sind es doch für sünden, Davor ich peinlich büssen muß, Und aller schmertzen Überfluß, Als übelthäter, itzt empfinden? Doch laß der übelthäter recht Mich, eh' ich sterbe, nur geniessen! Und mache, daß dein armer knecht, Was er verbrochen hat, mag vor dem tode wissen. Vor was hab ich zu büssen? V o r göttin hab ich dich erkennt, M e i n hertz als Weyrauch d i r gebrennt,
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Und mich gelegt zu deinen füssen. Strafft mich der himmel oder du? Dir hab ich mich in mir verzehret; Der himmel stürmet auff midi zu, Dieweil ich dir zu viel, und ihm fast nichts gewähret. 25
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Ach zürne nicht, Melinde, So mir diß freche wort entfährt! Ein sünder ist erbarmens werth. Du fühlest nicht, was ich empfinde! Nicht lache, wenn dein sclave fällt, Du weist, verwirret seyn, und lieben Hat allbereit die erste weit Mit schrifft, die nicht verlescht, zusammen eingeschrieben. Doch wilt du göttin heissen, Zu der dich deine tugend macht? So must du auch bey solcher pracht Dich der erbarmung stets befleissen. Reiß deinen kalten vorsatz ein, Nicht mache meine noth zum schertze, Die hölle lehret grausam seyn, Der himmel, dem du gleichst, verträgt kein steinern hertze.
CHRISTIAN HOFFMANN VON HOFFMANNS WALDAU: W o
sind
die stunden...
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Wo sind die stunden Der süssen zeit, D a ich zu erst empfunden, Wie deine lieblichkeit Mich dir verbunden? Sie sind verrauscht, es bleibet doch dabey, D a ß alle lust vergänglich sey. Das reine schertzen, So mich ergetzt, Und in dem tieffen hertzen 85
Sein merckmahl eingesetzt, Läst mich in schmertzen, Du hast mir mehr als deutlich kund gethan, Daß freundlichkeit nidit anckern kan. 15
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Das angedencken Der zucker-lust, Will midi in angst versencken. Es will verdammte kost Uns zeitlich kräncken, Was man geschmeckt, und nicht mehr schmecken soll, Ist freuden-leer und jammer-voll. Empfangne küsse, Ambrirter safft, Verbleibt nicht lange süsse, Und kommt von aller krafft; Verrauschte flüsse Erquicken nicht. Was unsern geist erfreut, Entspringt aus gegenwärtigkeit.
Ich schwamm in freude, Der liebe hand Spann mir ein kleid von seide, Das blat hat sich gewand, Ich geh' im leide, Ich wein' itzund, daß lieb und sonnenschein 3 5 Stets voller angst und wolcken seyn.
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ANONYM :
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Komm braune nacht...
Komm braune nacht, umhülle mich mit schatten, Und decke den mit deiner schwänze zu, Der ungestört sich will mit sonnen gatten, Und im bezirck der engel suchet ruh, Ja hilff mein ach, eh du noch wirst verschwinden, Mit linder hand von meiner seele binden.
Wie, hör' ich nicht, willkommen mein verlangen! Schon im gemach mit leiser stimme gehn? Fühl' ich mich nicht mit lilien umfangen, 1o Und meinen fuß auff diesen grentzen stehn, Wo mir Celinde wird aus thränen lachen, Aus flammen eiß, aus bette himmel machen.
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So tilge nun, o heldin! meine schmertzen, Wirff mit dem flor die leichte zagheit hin, Laß meine hand mit deinem reichthum schertzen, Und mich entzückt das schöne thal beziehn, Da sich im thau die stummen lüste kühlen, Und tag und nacht mit ihren färben spielen. Dein heisser mund beseele mich mit küssen, Hilff, wenn ich soll an dieser brüst versehrn, Durch linden biß der flüchtigen narcissen Mir ausgestreckt die stille freude mehrn, Und möchtest du ja deinen krantz verlieren, Solln perlen doch die schönen haare zieren.
2 5 Mein wort erstirbt, die seele will entweichen, Ach laß sie doch in enge himmel ein, Laß schiff und mast in deinen hafen schleichen, Und deine hand selbst meinen Leitstern seyn, Du solt alsbald die eingeladne gaben, 3 o Nebst voller frächt statt der belohnung haben. 47
J O H A N N VON BESSER :
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Nicht schäme dich...
Nicht schäme dich, du saubere Melinde, Daß deine zarte reinligkeit Der feuchte mond verweist in eine binde, Und dir den bunten einfluß dräut, Der grosse belt hegt ebb' und flut, Was wunder, wenns der mensch der kleine thut.
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Die röthligkeit bei deinen bunten Sachen Hat niemahls deinen schooß versehrt. Wie muscheln sich durch purpur theuer machen, So macht dein schnecken-blut dich werth. Wer liebt ein dinten-meer wohl nicht, Weil man daraus corallen-zincken bricht? Nur einmahl bringt das gantze jähr uns nelcken, Dein blumen-busch bringts monatlich, Dein rosen-straudi mag nicht verwelcken, Sein dorn der hält bey dir nicht stich, Denn was die sanfften blätter macht, Das ist ein thau von der johannis-nacht. Kanst du gleich nicht die lenden hurtig rühren, Lobt man dich doch im stille stehn, Der augenblau wird leichtlich sich verlieren, Denn wirst du seyn noch eins so schön. Man sammlet, spricht die gantze weit, Viel besser frucht, wenn starcke blüte fällt. Laß mich darum doch keine fasten halten, Ein könig nimmt den schranck zwar ein, Doch muß er fort, wann sich die wasser spalten, Der geist muß ausgestossen seyn. Man geht, wie iedermann bekandt, Durchs rothe meer in das gelobte land.
J A C O B VON M E L L E :
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Nacht-Lied
Ihr stillen lüffte dieser nacht, Mit denen ich zum öfftern schwatze, Fangt auff den thon den meine rede macht, Und tragt ihn hin nach jenem platze, Da wo mein engel liegt Und in der hut der schönsten Amoretten Auff sdiwanen-brust und feder-betten Wird eingewiegt.
Eilt hin und seht an meiner statt Das grab der edlen Schönheit stehen, Was zeit und glück mir abgesaget hat, Das könt ihr unverwehrt durchwehen, Ihr solt der Spiegel seyn, Darinnen ich diß himmels-bild betrachte, Was ich verehr und göttlich achte, Wist ihr allein. Ich weiß, daß dort der höchste preiß Der Schönheit ausgekramet lieget, Dran die natur mit ihrem grösten fleiß Ein wunder an das andre füget. Wer doch so seelig war, D a ß nur ein blick so kühn, so hoch dürfft steigen, Solt er auch gleich sich wieder neigen Zur wiederkehr. Sind gleich die äugen zugethan; Die sonnen sind nur untergangen, Um wenn der tag wird wieder brechen an, Mit mehrer glut und glantz zu prangen. Die Schönheit wird bey nacht Verstohlen, (und war es gleich nicht ihr wille) Viel sichrer und mit mehrer stille, Als tags betracht. Des munds rubin bleibt ohne licht Und in dem schlaff gleich hoch geröthet; Doch dienet er zum küssen jetzo nicht. Wer schiäfft, der scheinet halb getödtet. Drum kan die seele nicht Zum küssen sich auff ihre lippen setzen, Und jene seele recht ergetzen, Die küsse bricht. Schlaff sanffte, göttin, in der pracht Der wunder deines leibes gaben, Der kühlen lufft in dieser stillen nacht
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Sey die verwundrung eingegraben, Die aus dem hertzen quillt, Das sich verwirrt in deiner Schönheit netze Und gantz mit liebe deiner schätze Ist angefüllt.
C H R I S T O P H ELTESTER :
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An Climenen
Mein urtheil ist: ich soll verbrennen, Und doch darff ich die glut nicht nennen, Die meinen geist verzehrt. Die sinnen sind verkehrt, Noch gleichwohl muß ich schweigen. Mein hertz soll stahl und eisen seyn; Wer aber hat doch fleisch und bein, Dem blut und regung nicht auch in die seele steigen? Climene, du kanst meine flammen Fürwahr mit rechte nicht verdammen: Denn dein verliebter blitz Hemmt selber meinen witz, Und wilst du mehr noch wissen? Dein heisser strahl hat midi entzündt, Mein feu'r ist deiner sonnen kind, Wie soll ich ärmster denn nicht seine mutter küssen? Ach, leugne nicht, was du verübet, Ich bin ein mensch, und drum verliebet; Laß engel, engel seyn, Sie fühlen keine pein; Wir aber haben glieder, Und sind aus fleisch und blut erbaut, Wem vor des leibes blosse graut, Der bring uns Adams stand und Evens unschuld wieder. Du siehest selbst, ich bin getrieben, Der himmel will, ich soll dich lieben: Denn mein entbrandter sdimertz
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Leidt ferner keinen schertz, Dein blick hat mich entzündet, Ich brenne nur dieweil idi muß, So zeige nun durch einen kuß, Daß man zwar dort den todt, hier aber leben findet.
CHRISTOPH E L T E S T E R :
Man sdiertzte, sie wäre eine dame aus
England Man sagt, Celinde sey von Englischem geblüte; Ich läugne warlich nicht, was aller weit bekandt, Es giebts uns sattsam kund ihr englischer verstand, Ihr englisch wesen und ihr himmlisches gemüthe. 5
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Noch mehr: die anmuth, die in ihren mund gepräget, Die schöne ähnlichkeit, die sie mit engein führt, Macht, daß vor andern ihr ein soldies wort gebührt, Das nichts denn lieblichkeit in seinen sylben träget. Celinde, weil du nun ein engel bist zu nennen, Weil nichts als englisches aus deinen äugen blitzt; So laß dann deine brüst in liebe seyn erhitzt: Denn liebe lässet sich von engein niemahls trennen. Ja wilt du engel seyn, so mustu dich bemühen, Daß deine gegenwart mir öffters sey gemein. Du weist, daß engel doch gern um die menschen seyn; Wie kanstu denn mit recht dein auge mir entziehen?
ERDMANN N E U M E I S T E R :
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Ich soll midi mit gewalt verlieben...
Ich soll mich mit gewalt verlieben, Mir ist zur inclination Ein artig mädgen vorgeschrieben; Wiewohl ich bleibe noch davon, Weil idi das marck der besten jähre Vor midi und gute freunde spare. 9i
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Ich habe z w a r nichts auszusetzen, Das mädgen ist wohl liebens werth. Und diesen will ich glücklich schätzen, Den sie zum courtisan begehrt. N u r idi will mich des glucks begeben U n d in beliebter freyheit leben. Sie weiß sich propre auffzuführen; Mandl frauen-zimmer last auch drum Ein krummes maul zum possen spüren, Doch das verdoppelt ihren rahm. Die armen sünder müssen passen, Und ihr das prä in allem lassen. Wem sind die wunder-schönen blicke Und ihre minen nicht bekandt? Es fehlt ihr nichts in keinem stücke, Was sie nur hat, das ist galant. Der wird erst schöne Sachen wissen, Der sie mit appetit darf! küssen. Mir steht die thür v o r andern offen. Doch weil mich vor die courtoisie Mein glücke last was bessers hoffen, So geb ich mir auch keine müh, Und habe den termin im lieben Auff lange zeit noch abgeschrieben. Ich will bey guten freunden bleiben, Die sollen manchen lieben tag Die lange zeit gewünscht vertreiben. U n d weil coffee und auch toback Die angenehme lust vermehren, Will ich die liebe noch verschweren. Wenn ja mein hertz an solchen dingen Sich endlich noch verplämpern soll, So laß ich mich durchaus nicht zwingen, Gezwungne speise schmeckt nicht wohl.
Ich muß die wähl und freyheit haben, Wenn ich mich soll nach wünsche laben.
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Und also last midi Mit einer inclination, Sonst geht mir alle lust verlohren. Deßwegen bleib ich auch davon, Und mag midi nicht damit vermengen, Noch vor der zeit die flügel hengen.
LEANDER:
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Vorstellung eines gewissen Frauen-Zimmers
Idi kenn ein Mägdchen, die im Munde Nichts als Verstand und Honig führt. Wo ihre Gegenwart regiert, Da wird uns auch ein Tag zur Stunde, Sie legt das dreymahl fünffte Jahr Jetzt mit dem Frühling auf die Bahr. Die Augen sind so schwartz als Kohlen; Die Stirn ist hoch, der Mund ist klein. Es können nichts als Blumen seyn, Da, wo sie Athem pflegt zu hohlen. Ihr Wang ist zwar nicht Rosen-roth Dodi auch nicht allzu blaß und todt. Ihr Halß beschämt den lichten Schimmer, Den man im reinen Schnee erkiest, Da wo dis Kind zugegen ist, Wird auch ein Stall zum schönen Zimmer, Weil ihrer Wort und Minen Pracht Sich überall zum Wunder macht. Sie ist von angenehmer Länge, Von Schultern breit, und sdimal von Leib. Es sey des Menelaus Weib, Der Schönheit kostbarstes Gepränge; 93
Es fällt mir doch ein jeder bey, Daß Sie nach ihr die Schönste sey. 2j
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Ihr Compliment, Tantz, Gang und Minen Sind ungezwungen und doch nett. Sie ist nicht mager, auch nicht fett. Und darfï ich mich so viel erkühnen, So sag ich: daß ihr reiner Kuß Gar ungemein vergnügen muß. Ihr Hertz ist zart und voller Liebe; Doch ihre Gluth führt keinen Rauch. Vernünfftig seyn ist ihr Gebrauch. Sie folget keinem falschen Triebe. Die Tugend heißt ihr liebster Ruhm, Und Höfligkeit ihr Eigenthum. Wie nun die angenehmen Bienen Am allerminsten müßig gehn, So sieht man Sie auch selten stehn, Wie die, so nur der Faulheit dienen. Sie ist wohl artig und galant, Mehr aber durch den Fleiß bekannt. Sie strebet nicht nach höherm Stande, Ob sie schon nichts von Ahnen hat. Sie lobt den Adel in der That, Und hält den Hochmuth nur vor Sdiande. Drum hüllt sie ihrer Gaben Schein Stets in den Rock der Demuth ein. Wiewohl sie ist nicht niederträchtig. Wer rühmt nicht ihren Helden-Muth. Und was das allermeiste thut: Sie schweigt und redet stets bedächtig. O wie gelücklich ist ein Mann, Der sie zum Weib erhalten kan!
CHRISTIAN H Ö L M A N N : A n C e l i e n
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Lacht, ihr stunden, Mich von neuem an, Weil sich gefunden, Was mich vergnügen kan, Celie, der schönen zier, Ist wieder hier. Mein vergnügen Keimt von neuen auff, D i ß muß erliegen, Was hindert dessen lauff, Denn die lippen meiner zier Sind wieder hier. Meine flammen Facht die sehnsucht an, Wer wil verdammen Diß, was mich heilen kan? Weil die brüste, schönstes kind, Hier wieder sind. Auff, ihr sehnen, Auff und fiedert euch! Weg, ihr thränen! Hier ist mein freuden-reich! Auge, lippe, brüst und schooß Sind wieder loß. Laß uns lieben, Schönste, recht vergnügt, Laß das betrüben Von freuden seyn besiegt, Nach dem trauren muß erfreun Das labsal seyn.
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CHRISTIAN HÖLMANN:
Lieben und. freyen
Ich liebe, du liebest, er liebet das lieben; Was liebet, wird alles vom lieben getrieben, Wir lieben, ihr liebet, sie lieben zusammen, Drum kommet, ihr nymfen, und kühlet die flammen. 5
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Ich liebte zum ersten die stolze Clorinde, Die keusche Diana, die schöne Melinde, Sie liebten mich wieder, ich kont' es wohl spüren, Doch ließ ich midi niemahls von einer verführen. Ich hatte geliebet, ich muß es gestehen, Da meynt' ich, mir solte das lieben vergehen; Nun hat midi das lieben doch wieder bestricket, So bald ich die schöne nur einmahl erblicket. Die werd' ich hinführo alleine nur lieben, Sie wird midi im lieben auch nimmer betrüben, So offt ich sie küsse, küst sie mich von neuen; Doch lieb' ich das lieben und hasse das freyen.
Ich liebe das freyen, und hasse das lieben, Das ausser der ehe die wollust heist üben; Die also umirrend' und naschende liebe, Die machet die säffte des leibes nur trübe. 5
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In fremden gefielden sind auch zwar gewässer; Doch kühlen die eignen die hitze weit besser, Die eignen sind sichrer zum trincken, zum baden, Die fremden die dienen zum mercklichen schaden. Die blumen umzäunen die dornichten wachen, Damit sich kein fremder kan über sie machen; Doch mögen die keuschen und fleissigen bienen Sich ihrer zum honig, zur nahrung bedienen.
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Drum liebet das freyen, und hasset das lieben, Dort findt man ergötzen, hier langes betrüben; Dortbindetder himmel die hertzen zusammen; Hier aber erwecket die wollust die flammen.
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Kummer-gedancken
Nun gehn die sorgen an: Nun hengt der himmel nicht mehr voller geigen: Der jugend wollust-kahn Heist mich ans land der kummer-insul steigen, Wo tausend hütten stehn mit ach und weh bedeckt, Wo jeder abend mich ins dornen-bette steckt. Mein geist entsetzet sich, Jedweder blick allda ist dem gewissen Ein scharffer schlangen-stich, Durch welchen mir die seele will entflüssen; Itzt schmeck ich allererst, was dies vor fruchte trägt, Wenn unsre jugend hat der wollust feld geägt. Mein sinn, Gott, die natur, Befehlen mir, vor krancke heil zu finden: Wo aber ist die cur, Die meine seelen-risse soll verbinden? Kein mittel schlaget an, die wunden sind zu groß, Und das verderben wirfft schon über mich sein loß. Laß mich, o einsamkeit! Nun meine grufft in deinem schatten haben, Wo ich das sünden-kleid Der lasterhafften jugend kan vergraben: Erkenntnüß, wahre reu, verdruß und seelen-pein, Die machen allbereit dazu den leichen-stein.
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Der Himmel zeigt viel tausend Sterne, Doch nur ein eintzges Sonnen-Licht, So fällt mir vielmals auch von ferne, Manch nettes Kind ins Angesidit, Dodi ist, wann ich es recht bekenne, Nur eine Schönheit in der Stadt, Die, weil ich sie die Sonne nenne, Mein Hertz allein in Händen hat. Wen dieses schöne Kind nicht rühret, Der muß ein Klotz und harter Stein, Bey dem man nichts empfindlichs spüret, Und kein vernünftiger Mensche seyn, Der Mund, der sich mit Purpur träget, Heißt unsrer Freyheit Opffer-Heerd, Und was sich mit dem Athem reget, Ist warlich mehr als Hebens werth. Die Augen stecken voller Blitze, Worein man nicht wohl sehen kan, Drum zündet ihre Glut und Hitze Audi so viel tausend Hertzen an, Und durch die allerliebsten Reden Kan dieses extra schöne Kind Uns vollends Geist und Seele tödten, Dieweil sie voller Feuer sind. Wen reitzet nicht ihr schönes Wesen, Das auch aus jeder Mine lacht, Ihr lächeln ist gar auserlesen, Wodurch sie sich zum Engel macht, Und wem sie wird ein Küßgen schencken, Der schreibe sich nur kühnlich bey, Daß er (er darff es sicher dencken,) Dadurch zum Halbgott worden sey.
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Man seh nur mit vernünfflgen Blidken Den Putz von ihren Kleidern an, In die sie sich vortrefflich schicken, Und recht manierlich finden kan, Die Mißgunst selbsten wird gestehen, Daß sie vor andren in der Stadt, So nette sie doch immer gehen, Hierinnen was a partes hat. Kurtz; Was man nur an ihr wird finden, Das kömmt galant und schön heraus, Ihr blosser Fuß kan uns entzünden, Denn ieder Schritt sieht präditig aus, Und soll ich euch die Schöne nennen, Von der ich so gefesselt bin, Es ist, ich will es frey bekennen, Die ertzt galante
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Über die Lust in Lieben
Lieben ist das schönste Leben, Das uns solche Lust kan geben, Die man unvergleichlich hält. Ehre, Pracht, und grosse Schätze, Sind versichert nur die Netze, Die man eitlen Sinnen stellt: Hier sind Florens Wunder-Auen, Und in Paradieß zu schauen Engel, die empfindlich sind. Zucker Rosen und Narcissen Bricht man durch das süsse Küssen, Wo der Himmel selbst zerrinnt. Doch man muß sein Glücke Wagen, Denn auf einen Sturm verzagen, Daß gewinnt die Vestung nicht, Ob zu erst die Dornen stechen,
Ach! so ist nicht auszusprechen, Wie entzückt man Rosen bricht.
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Wills die Tugend gleich verfluchen, Und heist mich was schönres suchen, Als in schnöder Wollust ruht: Nun so ehr ich sie von beyden, Unterdessen kan ichs leiden, Daß mirs was Galantes thut.
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An einen guten Freund
Herr Bruder, wehrter Hertzens-Freund! Dein Brief ist eingeloffen, Und hat wie aus den Inhalt scheint, Auch meinen Wunsch getroffen. Drüm weiß ich vor zu grosser Lust Nicht recht wie ich soll schreiben, Und wie die höchst-vergnügte Brust Mag ihre Kurtzweil treiben. Biß endlich mich der Reimen Geist Hans Sachsens Verse schreiben heist. Mein Buch ist vor den Ruhm zu klein Den du ihn hast gegeben, Und weist, daß treu und höflich seyn Wohl kan beysammen leben, Doch kömmt der andre Theil heraus, So soll er besser klingen, Und manchen ehrbarn Liebes-Schmauß In leeren Schüsseln bringen. Und wenn es mancher nicht gefält, So denck ich, schister in die Welt. Der Teuffei reit die Mädgen gar, Wenn sie die Liebe plaget. Denn die versetzet Haut und Haar, Daß mans ihr nicht versaget:
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Die güldne Ketten wird ein Pfand Von — ach! potz Velten! Sie kaufft dem Courtisane Band, Daß muß zwey Gülden gelten, Wird nun der Hintre nackend stehn, So muß die F — betteln gehn. Ich nähme mir wohl mehr die Müh, Die zu lieben, Die abgeschabte Courtoisie Kan midi gar schlecht betrüben, Sie hänget frembde Säcke an Mit Frangen wohl versehen, Weil meiner nicht mehr will und kan, Zu ihren Diensten stehen, Vielleicht macht mich was bessers froh, Wer schiert sich drüm, ich bin nun so. Herr Bruder nun erzehl ich dir Die Tugenden fein nette, Sie gackt die Nacht offt ins Papier, Und wirfft es unters Bette, Warum? Hör du galante Welt! Sie hat den Stein der Weisen, Die Courtisane kosten Geld, Drum sucht sie Gold zu Sch. — Das gut ist, glaub es sicherlich, Es hält auf ihren Maule strich.
Herr — dauret mich recht sehr, Daß er nichts bessers kriget, Alleine — kan doch mehr, Was Sparsamkeit vergnüget, Sie giebt so eine Köchin ab, 55 Daß man nicht drüber klaget, Sie binckelt in den Suppennap, Die Magd hat mirs gesaget: Ihr Mädgen nehmt es wohl in acht, 60 Weil Saltz die besten Speisen macht.
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Der Alte - - hat der Braut Sein Hauß und Hof vermachet? Ach du gebadine Narren-Haut, Darin ein Hahnrey lachet! 65 Wer Teuffel will die Töchter nun Mit nackten Ste — nehmen? Thu ichs, so mags ein Schelm wohl thun, Man muß sich gleichwol schämen. Die Hörner stehn wohl manchmahl gut, 70 Doch nur auf einen güldnen Hut.
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Herr Haubtman — ist allhier Per posta angekommen Bey guten Sect und Buttel-Bier Hab ich gar viel vernommen Herr Cammer-Juncker — soll Herr — Weibgen Küssen, Daß ist der Hauß-Zinß, merck es wohl Die Keuschheit ist zerrissen. Indessen triefft bey dir doch ein, Verschwiegen und getreu zu seyn. Drum will ich dieser Läffeley Das Alleluja singen. Herr Bruder! deine wehrte Treu Soll mein Vergnügen bringen, Der Freunde giebt es zwar sehr viel, Doch sind sie schrecklich theuer, Denn Noth ist nur der Freundschafft Ziel. Und Gold besteht im Feuer: So macht auch deine Freundschafft mit, Und bleibt der Tugend edler Schmidt!
Celander : Als er ihre Brüste küßte Blondine deiner Brüste Kuß, Hegt mehr von süssen Uberfluß Als tausend Zucker-Fladen 102
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Und theure Marmeladen, Mehr Süssigkeit quilt aus dem Schnee Der Brüste, als aus Hyblens Klee, Die Feige wird zur Schleen Kein Honig kan bestehen, Daß nicht zu Gall und Wermuth wird Wenn es der Brust wird beygeführt. Der Wein wird schlechte Pfütze Das Manna Haber Grütze, Dem Ambrosin und Nectar Safft Benimmt dein Busen alle Krafft, Dein unbefleckte Brüste Die Zinsen Himmels-Lüste.
J O H A N N CHRISTIAN G Ü N T H E R : A u f e i n M ä g d g e n , s o e r e i n s -
mahls bey einem guten Freunde in der Nachbarschaft zum Fenster sah heraussehen
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Schweigt doch nur, ihr höhnsdien Thoren, In der kühlen Dämmrungsstill, D a mein Herz vor Leonoren Seine Regung zeigen will, Weil sich ihrer Jugend Pracht Überall gefällig macht. Durch die Reizung ihrer Sitten Komm ich um den Freyheitsstand, Den mir manche schon bestritten, Aber keine noch entwand, Weil der Himmel ihrer Art Meine Liebe vorgespart. Ihrer Kleider nette Schwärze Zeigt mir ein vergnügtes Licht, Welches wie des Mondes Kerze Zärtlich aus den Wolcken bricht Und der Hofnung, die sie liebt, Einfluß und Ergözung giebt.
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Selbst die Schönheit vom Gemüthe Bricht durch Blick und Antliz vor, Und der Reden Geist und Güte Küzelt oft ein lauschend Ohr, Daß mich auch das Zusehn schmerzt, Wenn sie mit Gespielen scherzt. O wie seelig ist die Stunde, Da man, angenehmes Kind, Auf dem rosenvollen Munde Deines Herzens Huld gewinnt Und den Vorschmack jener Welt Selbst mit dir in Armen hält. Fliegt daher, ihr stillen Lieder, In die schöne Nachbarschaft Und bewegt die stillen Glieder Durch die Würckung starcker Kraft, Bis ein Traum von meiner Treu Leonorens Lustspiel sey.
JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER:
Was war das vor ein göttlich
Paar?
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Was war das vor ein göttlich Paar? Wo hat die Welt dergleichen Lüste? So lacht' ihr Mund, so flog das Haar, So hüpften die gefüllten Brüste. Die Sehnsucht schilt den leeren Raum, Ich weis nicht, was ich selbst begehre. Der Menschen Leben heist ein Traum, O wenn doch meins ein solcher wäre!
JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER:
An eben die Vorige
[d. i. Rosette] Ich untersteh midi, dir, galant- und treues Kind, Ein schlecht geseztes Lied verwegen darzureichen; 104
Doch weil dein Schluß und Wort sein schönster Inhalt sind, So wird ein holder Blick auf deßen Zeilen streichen. Die Dinte scheint sehr bleich. Was macht es? Sie erschrickt, Mit solcher Klimperey dein Auge zu beschweren; Dein Auge, deßen Strahl so scharf als Sonnen blickt, K a n leicht den fahlen Saft wie midi in Brand verkehren. Und ist auch dies Papier in etwas schmal und klein, So scheint mir doch der Stern von deiner Sanftmuth größer; Daher versprech ich mir ein gütiges Verzeihn, Drum tadle nicht die Schrift, mein Herz ist desto beßer.
JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER: A u f eine g e w i ß e F r a u in B .
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Was man von galanten Kindern, Mit vergälltem Munde spricht, K a n die Sehnsucht nicht verhindern, Die der Werth ins Auge sticht, D a ß sie dir bey stiller Ruh Ein geheimes Opfer thu. Als ich dich in unsern Gaßen N u r verstohlen angeblickt, Fing ich alles an zu haßen, Was sich hier mit Ehrgeiz schmückt; Die Verwundrung nahm mich ein, D i r ein stilles Lied zu weihn. Mir gefiel dein freyes Wesen, Welches Blick und Gang bewies, Und ich wüntschte dem den Beesen, Der es neulich Frechheit hies, Nach der Thorheit unsrer Stadt, Die viel falsche Meinung hat. Tadler- und Verleumdungsmeßer Biegen wie geschliffnes Bley, 105
Scheint dein Bild doch schön und beßer Als das neidische Geschrey. Wer dich sieht und das nicht glaubt, Ist wohl des Geschmacks beraubt. 25
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Wendung, Gang, Person und Lachen Laßen mich zum Überfluß Bey mir selbst die Rechnung machen, Was wohl der genießen muß, Den der Stern vergnügter Nacht Deines Umgangs würdig macht. Auf dergleichen Marmor gleiten, Den man aus dem Busen gräbt, Ist ein Fall von großen Leuten, Der ins Paradies erhebt; Gift aus feuervoller Hand Wird ein süßer Tod genand. O wie zärtlich mag sichs küßen, Wenn man deine Zunge fühlt Und ihr Scherz mit sanften Bißen Um die heiße Lippen spielt; So ein küzlich Aus und Ein Mag des Himmels Vorschmack seyn. Wär auch zehnmahl deine Liebe Ein vor midi verbothner Baum, Gäb ich doch dem starcken Triebe Solcher süßen Sünden Raum, Weil die Schuld, so es verlezt, Aller Strafen Qual ersezt. Lieben achtet kein Geseze, Und die angenehme Spur So entzündter Liebesschäze Ist ein Antrieb der Natur, Die uns nicht zuwieder spricht; Das versteht der Pöbel nicht.
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Drum so lache, kluge Schöne, So vernünftig, als du thust, Wenn du irgend das Gehöhne Tummer Spötter hören must, Weil dein ungebundner Geist Hier und da mit Küßen speist. Jugend, Lust und schöne Wangen Stehn fast stündlich auf der Flucht, Sind die einmahl weggegangen, Werden sie umsonst gesucht; Wer die Bahn der Klugheit tritt, Nimmt sie fein bey Zeiten mit.
JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER: A n eine gute Bekandte in
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Gedencke von mir, was du wilst; So sehr du mich verwegen schiist, So wenig kan ich mich entbrechen, Jezt, da mein ungewißer Fuß Den Abschied nehmen soll und muß, Mit dir, galantes Weib, ein redlich Wort zu sprechen. Ich habe von Natur ein Herz, Das sonder Eigenlob und Scherz Die Warheit mehr als Reichthum schäzet, Ein Herz, das Gott und Weißheit liebt, Mit Wißen keinen Mensch betrübt Und das sich überall an Redligkeit ergözet. Dies Herze bleibt nun dir geweiht, Ob gleich Verhängnüß, Glück und Zeit Dich an ein ander Herz gebunden. Verfluche mein Bekäntnüß nicht; Ich habe noch kein Angesicht Und nichts so schön vor mich als deinen Werth gefunden.
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Mein Vers verlezt kein keusches Ohr; Indeßen kan denn ich davor, Dir, was ich fühle, frey zu sagen, D a ß nehmlich, da ich bey dir saß, Dein reizend Ein ich weis nicht was Mit seiner Artigkeit mein Herze wund geschlagen? Dies schwör ich bey der Augen Macht, Wodurch dein Geist gefehrlich lacht, Daß, wenn ich mich vermehlen wollte, Daß, sag ich, könt es nur geschehn, Mein Herz und Mund und heißes Flehn Kein ander Weib als dich vom Himmel bitten sollte. O was vor Eintracht, Scherz und Lust Verspräch ich mir an deiner Brust, Dem Tempel unverfälschter Liebe! Wie zärtlich wollt ich mit dir thun, Wie sanfte dächt ich nicht zu ruhn, Wenn dein Besiz der Lohn von meinem Fleiße bliebe! Ich such und finde dich in mir, Ich seh und finde mich in dir, Wir haben einerley Gemüthe; Ein Paar von solcher Ähnligkeit Ist wohl von größrer Seltenheit Als Freunde wahrer Treu und schwarze Pfirschkenblüthe. Die Fruchtbarkeit von deiner Sdioos Ist warlich nicht so reich und groß Als deiner Mienen Geist und Stärcke. Auch keine Stunde geht dahin, In der ich, wenn ich bey dir bin, A n dir kein neues Bild der höchsten Tugend mercke. Mit Schmeicheleyen red ich nicht, Weil dieses selbst die Warheit spricht: D u bist so artig als bescheiden Und kanst den wohlverdienten Ruhm
(Dies ist der Warheit Eigenthum) So wenig als mein Vers das Lob des Pöbels leiden. 55
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Die Selbstverleugnung hilft dich nichts; Die Schönheit hat die Art des Lichts Und last sich nimmermehr verstecken; J e mehr sich dein Verdienst verhüllt, Je beßer wird sich auch ihr Bild So wie bey voller Nacht der Mondenschein entdecken. Du brauchst auch weder Puz noch Kleid, Viel minder die Beredsamkeit, Bey aller Welt beliebt zu werden. Ein obenhin bewegtes Glied Ergözt, entzündet, reizt und zieht Viel Sehnsucht aus der Brust und fängt uns mit Gebehrden. Die Nachwelt soll nach langer Zeit Durch meiner Lieder Ewigkeit Audi deines Nahmens Denckmahl lesen Und über das Verhängnüß schreyn Und mir zu Liebe zornig seyn, Daß du, galantes Kind, mir nicht bescheert gewesen. Ich dencke, weil ich leb, an dich; Gehab dich wohl, gedenck an mich, Es geh dir ewig nach Vergnügen. Viel Stürme melden sich schon an, Nachdem ich dich nicht küßen kan; Drum las mir dann und wann ein Blat zu Hülfe fliegen.
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CHRISTIAN HOFFMANN VON HOFFMANNSWALDAU:
Sonnet.
Beschreibung vollkommener Schönheit Ein haar so kühnlich trotz der Berenice spricht, Ein mund, der rosen führt und perlen in sich heget, Ein Zünglein, so ein gifft vor tausend hertzen träget, Zwo brüste, wo rubin durch alabaster bricht, Ein hals, der schwanen-schnee weit weit zurücke sticht Zwey wangen, wo die pracht der Flora sich beweget, Ein blick, der blitze führt und männer niederleget, Zwey armen, derer krafft offt leuen hingericht, Ein hertz, aus welchem nichts als mein verderben quillet, Ein wort, so himmlisch ist, und mich verdammen kan, Zwey hände, derer grimm midi in den bann gethan, Und durch ein süsses giffi die seele selbst umhüllet, Ein zierrath, wie es scheint, im paradieß gemacht, Hat mich um meinen witz und meine freyheit bracht.
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CHRISTIAN HOFFMANN VON HOFFMANNSWALDAU:
Sonnet
Dich Lesbia und midi trug nedist ein geiler wagen, Gleich als die Cynthia begonnt den lauff der nacht, Die Flora hat ihn selbst zu ihrem fest erdacht, Und der verbuhlte gott das holtz herbey getragen, j Die färben, so mit fleiß allhier begraben lagen, Die sagten: Adons blut hat uns hieher gebracht; Die Venus hatte selbst die esse heiß gemacht, Als ihn mit gutem stahl ihr krummer mann beschlagen. Und hat ihn dazumal ein schwartzes tuch umhüllt, IO Schwartz störet keinen schertz und stört die liebe nicht, Man schaut wie mancher stern aus sdiwartzen wolcken bricht, no
Und itzt ein wahrer reim aus schwarzem munde quillt: Man soll kein wildes pferd nicht ferner mehr bemühen, Den geilen wagen soll die geile taube ziehen.
C H R I S T I A N H O F F M A N N V O N H O F F M A N N S W A L D A U : E r s ä h e sie
über feld gehen Es gieng die Lesbia in einem schäfer-kleide Als Hirtin, wie es schien, der seelen, über feld, Es schaute sie mit lust das auge dieser weit, Es neigte sich vor ihr das trächtige gedraide; Es kriegte meine lust auch wieder neue weyde Von wegen dieser brüst, da Venus wache hält; Der schultern, w o sich zeigt der lieblichkeit behält; Und dann der schönen schoos, des hafens aller freude. Ich sprach: ach Lesbia! wie zierlich geht dein fuß, D a ß Juno, wie mich deucht, sich selbst entfärben muß, Und Phöbus dich zu sehn verjüngt die alte kertze; Nicht glaube Lesbia, daß du den boden rührst, Und den geschwinden fuß auf graß und blumen führst, Es geht ein ieder tritt auf mein verwundtes hertze.
HEINRICH MÜHLPFORT: Auff das am sonntag Cantate an 1681. zu nacht eingebrante sommerhauß tit. Hn. Zach, von Fritschens. Sonnet Brenn immer wie du wilt, du altes sommer-hauß, Den freunden nur zur lust, den nachbarn nicht zum schrecken, Es darff kein Wächter hier den brand zu löschen wecken: Denn ob du gleich anitzt vergehst in asch und graus, So baut der herr von Fritsch dich schöner wieder aus, Und Venus will didi selbst mit ihren rosen decken, Ja statt der ziegel schenckt sie ihre purpur-schnecken, Gedenckt auch alle jähr zu halten einen schmauß. Der Nymphen schönes volck will dich hinfort bewohnen, Die nackten Amor'n gehn und legen zwibeln ein, D a ß künfftig wachsen auff narcissen, anemonen, in
U n d daß ein ewig lentz um deine bürg muß seyn. Wer aber, wo ich auch aus frevel nicht Vorwitze, Versetzte dich in brand? ach! ach! der Spieler hitze!
CHRISTOPH ELTESTER: Als sie ihn ihren liebsten nannte Libore, deine gunst ist fast zu hoch gestiegen: Du weist ja, wer ich bin, und soll dein liebster seyn? Solch ungemeines glück will mir durchaus nicht ein, U n d heist vernunfft und witz bey mir zu boden liegen. Ach! deine höffligkeit will mich zu starck besiegen! D u gehst verschwendrisch um mit deinem gnaden-schein. Denn dencke, was du thust: ein schlechter kiesel-stein Soll sich auff dein geheiß zum diamant verfügen! Zu perlen legt man sonst nicht schwartzen ziegel-grauß, U n d nesseln bindet man in keinen blumen-straus; Wie schickt sich dann dein glantz zu meinem duncklen wesen? Libore, glaube mir, du thust mir wohl und recht, Wenn du ins künfft'ge mich nur nennest deinen knecht, Zu deinem liebsten hat das glück mich nicht erlesen. CHRISTOPH ELTESTER: Die liebe steigt nicht über sich, sondern unter sich Dein auge solte mir zum tempel neulich dienen, Allein der große brand that meiner seelen weh: D r u m zog sie sich hinab zu deiner wollust see, U n d kühlte wieder sich mit nectar und rosinen. Sie tranck und ward beräuscht aus deinen mund-rubinen, U n d taumelte von dar auff deiner brüste schnee, Die zweyen bergen gleich, von wegen ihrer höh, Am gipffei etwas roth, sonst gantz beeiset schienen. Doch, weil hier kälte war, sie aber nackt und bloß, So kroch sie endlich gar in deinen warmen schooß, D a ward ihr allererst ihr lager angezeiget. Climene, zürne nicht. Sie folget der natur, Sie geht den regeln nach, und hält der liebe spur, Die mehrmals unter sich, nicht aber auffwerts steiget.
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ANONYM: Er entsaget ihrer liebe
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Entbrich der fessel dich und fleuch den falschen wahn, D a ß Roselinda sey vor göttlich mehr zu schätzen, Nicht laß dich ihren kuß, so wie vorhin, ergötzen, Es ist nunmehr um sie und ihren rühm gethan, Weil auch ein sclave selbst sich ihr gebrauchen kan, Und seinen schlechten mund an ihre lippen setzen: Du must sie warlich ietzt aus seel und geiste ätzen, In dem ihr schnöder fuß betrit die laster-bahn. Es weicht der purpur selbst von den bekandten lippen, Es flieht der marmel weg der doppelt runden klippen, Schau wie sich noth und spott ihr zur gefärtin macht! Die tuber-rosen sind von wespen angestochen; Es ist der siegel-ring der keuschheit ihr zerbrochen. Mit einem wort: sie hat ein kind zur weit gebracht.
CHRISTIAN HÖLMANN: Als er sie im sommer-hause schlaffen fand
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Den rosen-stöcken hat die zeit den schmuck entführt; Die lilien sind auch gefallen und verblichen; Den tulipanen ist die bunte zier entwichen; Und die narcissen hat der blumen-tod gerührt; Die nelcke, die vorher den garten so geziehrt, Und unsre brüst erquickt durch ein gewürtztes riechen, Ist ebenfals als wie die andern schon verstrichen, Und kurtz: von blumen wird itzund nichts mehr verspürt. Doch hier bey Clelien sind alle plätzgen voll, Hier blühen rosen auff, dort zeigen sich narcissen, J a alles blumwerck liegt auff diesem jungfer-küssen, Ich weiß nicht, was ich recht hierüber sagen soll: Vielleicht will mich ein trieb mit blumen-hunger straffen, Drum liegt der frühling hier im sommer-hause schlaffen.
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Hilff Himmel! welchen Schmuck der Perlen weissen Glieder Ließ mir der zarte Leib an seiner Blosse sehn! Die Brüste lagen hier gantz ungewöhnlich schön. Die Hände spritzten sie an Bauche hin und wieder, Sie hub das eine Bein zu waschen auff und nieder, Daß mir das Paradieß recht offen konnte stehn. Ich sang: Amalia, laß mich doch zu dir gehn, Alleine Scham und Zorn verstimmten meine Lieder. Ach Venus unsrer Zeit! du bist Diana nicht, Die in den Brunnen gleich des Todes Urtheil spricht, Doch sucht dein strenger Grimm mein Leben zu verkürtzen, So fällt Narcissus dort in Brunnen, den er sieht: Weil nun mein stoltzer Geist zu gleichen Spiegel flieht, So kanst du mich zur Straff' in deinen Brunnen stürtzen.
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: Als er Amalia im Bade sähe
CHRISTOPH G . BURGHART
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: An eine Nonne
Darff sich was weltliches in deine zelle wagen? Darff wohl, o heilige, bey dir ein sünder stehn? Du pflegest sonsten zwar mit engein umzugehn; Jedoch Gott selber will sein hauß uns nicht versagen, Wann wir nur an die brüst mit leyd und reue schlagen: Mich drückt der sünden last; du wirst dein lob erhöhn, Woferne du mich läst bey dir zur beichte gehn; So laß mich doch um rath vor mein gewissen fragen, Du bist die priesterin; dein leib ist mein altar, Die beyden lichter drauff sind deiner äugen paar; Der tempel aber selbst ist deine dunckle zelle, Ach sprich mich, heilige, von meinen sünden loß, Die straffe leg' ich dir gantz willig in die schooß, Wo nicht, so bringet midi die schuld noch in die hölle.
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BENJAMIN NEUKIRCH :
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An Sylvien
Was fluchst du, Sylvia, -wenn meine schwänze hand Um deinen busen spielet? Sie war so weiß als du, eh' sie der liebe brand, Und deine macht gefühlet. Flöstu das feuer nun in meine glieder ein, So kan ja meine hand nidit schnee und marmel seyn. Du sprichst: Sie hat hier nichts zu suchen und zu thun. Gar recht; Es soll auch bleiben. Sie suchet nichts als dich, sie wünschet bloß zu ruhn, Und ihren schertz zu treiben. Was ursadi hast du dann, daß du dich so beklagst? Da du doch diese gunst den flöhen nicht versagst.
Madrigal. Auff die vielfältigen arten der schürtzen beym frauenzimmer
ERDMANN NEUMEISTER:
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Sie fangen wohl recht artge moden an: Die eine setzt sich was von golde dran, Die andre traget frangen, Und die Brabanter spitzen, Die andre hat, ich weiß nicht was, dran sitzen. Die nähet sie mit ihrem nahmen aus, Die eine macht des liebsten seinen draus. Soll ich davon mein wenig urtheil fällen, So möchten sie noch wohl zu dulden seyn; Man nehe nur die worte mit darein: Hierunter ist der nechste weg zur höllen.
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ERDMANN NEUMEISTER:
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Ich wundre midi, daß hier die Universität In stetem Flore steht. Ich wundre mich, daß hier in allen Ständen Ein jeglich Ding so ordentlich bestellt. Und will ich mich nach schönen Sachen wenden, So find ich hier die schönsten von der Welt. Ich will itzt nicht von schönen Häusern sagen. Man sehe nur das Frauenzimmer an, So will ich jeden fragen, Ob er sich wohl genung verwundern kan? Kurtz: Alles ist zu wunderns wehrt. Doch giebt mir dis den grösten Wunder ein, Daß gleichwol hier die Schinder ehrlich seyn.
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Madrigal. Man verwundert sich
ERDMANN NEUMEISTER :
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Man lerne doch nur reden, Und spare keinen Fleiß. Was ist ein Kerl, der diese Kunst nicht weiß? Ein Klotz aus Fleisch und Bein. 5 Ein seltzam Thier in seinem Vaterlande. Ein ausgeputzter Stein. Kein Mensch in Menschen Stande. Denn reden ist, was uns zu Menschen macht. Wer das nicht kan, wird Lebens-lang veracht. io Er taugt in keine Compagnie. Ich sag es noch: Er ist ein Menschlich Vieh. 79
PHILANDER VON DER L I N D E :
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Capernicus ein Schneider, Der andrer Leute Kleider Nach Franckreichs Mode macht, Trägt selber gar Franzosen, 116
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An statt der Futterhosen. Wie ist das recht? Galanter Leute Tracht Und Cavalliersche Mode, Soll jetzund so gemein Auch unter den gemeinen Leuten seyn?
CHRISTIAN HÖLMANN: A n C l e l i e n
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Nicht fürchte dich, verliebtes kind, Ob meine reime gleich manchmahl verwegen sind, Und andrer leute thun erzehlen: Dich, glaub es sicherlich, soll keiner quälen, Denn die midi liebt, wird auch von mir geliebt, Und im geringsten nicht betrübt. Kein fremdes ohre soll von unsern liebes-wahren Nicht einer sylbe werth erfahren. J a liesse man mich gleich darum befragen: So würd ich wenig sagen; Und wolte man midi gar verklagen: So wolt' ich doch nichts sagen; J a brächte man die folter-banck und wolte mich drum So wolt' ich gleidifals nichts nicht sagen; [plagen: Und wolte man mich endlich auch drum gar zum tode tragen: So wolt' ich dennoch und zum possen nichts nicht sagen, Denn meine liebes-treu zu denen ist verschwiegen, Die unter einer decke mit mir liegen.
CHRISTIAN HÖLMANN: Über ihr himmel-bette
81
j
Hier hat die Delie den himmel auff der erden, Hier ruhet die, die mir viel unruh macht, Hier schiäffet die, um die mein geist stets wacht, Und träumet, unbesorgt, daß ich zum schatten werde, Hier lieget die, vor der mein hertze liegt, Und athmet, daß sie in ein hauffen seuffzer fliegt, Ach athmete sie doch davon die meinen ein! So könt ich sehr beglückt durch diesen himmel seyn. ii7
Ach wer doch nur, du leichtes decke-bette, Ein eintzigmahl dein amt hier zu verwalten hätte! Es möchte zwar in diesem himmel ein finsterniß davon [entstehn, Wenn ich, als mond, o sonne, dir das * mittel gantz bedeckte, Hingegen würd es mir weit besser als tausend andern buhlern gehn, Weil ich alsdenn im himmel-bette, und auch zugleich im himmel steckte. * Eclipsis annularis
J O H A N N CHRISTIAN G Ü N T H E R :
Von der Liebe
O Liebe, Was vor innig-süße Triebe Hegstu nicht in deiner Brust! Würden doch nur die Verächter j Einmahl unsrer Wollust Wächter, Schwör ich bey Amoenens Gunst, Daß sie erstlich selbst nicht wüsten, Ob der Himmel zeitlich sey, Und darnach vor Scham und Reu i o N u r vom Zusehn sterben müsten. Das thäten sie, Das thäten deine Triebe, O Liebe!
18
SINNGEDICHT, EPIGRAMM, G R A B S C H R I F T
83
C H R I S T I A N HOFFMANN VON HOFFMANNSWALDAU:
Auf ihren
Diamant Ich glaube vor gewiß, daß ihrer äugen brand, Mehr glut und funcken führt als dieser diamant; Doch soll die süsse glut entzünden ohne schmertzen, So muß kein diamant sich stellen zu dem hertzen.
84
C H R I S T I A N HOFFMANN VON HOFFMANNSWALDAU:
Auff eine
Nonne Man nahm mir meinen schmudk, und ließ nur fleisch und blut, Man schnitt die haare weg, und ließ mir meine glut. Im beten hat mir stets der glaube sehr behaget, Weil er von auiferstehn des fleisches etwas saget.
85
CHRISTIAN
HOFFMANN
VON
HOFFMANNSWALDAU:
Grab-
schrifft des Ritters Marini Ich speisete die Welt mit Amber reicher Kost, Aus meinen Reimen wuchs das Blumwerck geiler Lust. Hab' ich die Fleischligkeit zu sdilipffrig angerühret, So dencke Venus selbst hat mir die Hand geführet.
86
CHRISTIAN
HOFFMANN
VON
HOFFMANNSWALDAU:
Grab-
sdirifft Mariae Magdalenae Hie ruht das schöne Haupt, hie ruht die schöne Schoß, Auß der die Liebligkeit mit reichen Strömen floß. ii 9
Nach dem diß zarte Weib verließ den Huren-Orden, So sind die Engel selbst derselben Buler worden. 87
VALENTIN ALBERTI
: Auf eines Juristen hochzeit
Der zweymal wittwer war, nimmt itzt mit gutem muth Gott lob die dritte frau. Wie? hält der die billantze, Der zweymal geht zu grab und dreymal zu dem tantze? Gott, der dreyeinig ist, macht eins hier dreymal gut. 88
CHRISTOPH ELTESTER:
Die hörner trägt der mann, das weib verdienet sie. Das tragen bringt ihr lust, ihm lauter last und müh. Sie fühlt die hörner wohl, und wird dadurch erquicket; Er aber fühlt sie nicht, und doch wird er gedrücket, Allein so schwer sie sind, wird doch bißher geglaubt, Daß er sie tragen muß als seines weibes haupt.
j
89
Auff einen Hahnrey
J O H A N N SIGISMUND SUSCHKE:
Auf eine gewisse kleider-
ordnung Man war zu meiner zeit in einer Stadt bedacht,
Den vielen kleider-stoltz nicht länger zu vertragen, Die Ordnung ward hiervon im druck bekannt gemacht, Und an ein iedes thor in kirdien angeschlagen; 5 Man sah die blätter an, man las, man stund dabey, Doch pracht und Überfluß verblieb in allen orden, Und endlich merckte man, die kleider-ordnung sey Von kirchen-thüren nur allein gehalten worden. 90
LEANDER:
Ob es vernünfftig sey ohne Hoffnung zu lieben
Es hat uns die Natur tief in die Brust geschrieben: Wo nichts zu hoffen ist, da ist auch nichts zu lieben. 120
91
LEANDER:
Von der Poesie
Wer in der Tichter Kunst will unvergleichlich seyn, Der führe Lohensteins gelehrt- und hohen Geist, Und was im Gryphius nett und beweglich heist, Mit Hoffmanns Liebligkeit in seinen Wercken ein. 92
CHRISTIAN H Ö L M A N N
j
93
: Über die sonnen-fächer
Die schönen führen uns als ihrer blicke zügel, (Sonst giengen die zu weit und zündten alles an) Allein die heßlichen, die brauchen uns zum riegel, Damit ihr schlacken-werck sich wohl verstecken kan. Wie wir den sonnen lufft nun und auch schatten geben; So kan der schatten selbst durch uns in schatten leben.
CHRISTIAN H Ö L M A N N
: An Seiinden
Sie fasset alles wohl; doch von den rechten dingen Ist das geringste nicht in sie, mein kind! zu bringen. 94
CHRISTIAN H Ö L M A N N :
Vom extra-gehen der frauen
Nachdem das extra-gehn der frauen auf ist kommen, Hat mancher schwache mann an stärcke zugenommen. 95
CHRISTIAN H Ö L M A N N
: Die Amadis-liebe
Die Chloris lieset nur den gantzen tag romainen, Was gilts? sie wird sich bald zum frauen-stand gewehnen. 96
CHRISTIAN H Ö L M A N N :
Die liebe
Es ist die buhlerey nunmehr sehr hoch gestiegen, Und gleichwohl will sie doch noch immer niederliegen. 121
97
CHRISTIAN H Ö L M A N N :
Grabschrifft einer königlichen mai-
tresse Der leib, den Ludewig vor andern hochgeschätzt, Wird nun den würmern hier zur speise vorgesetzt; Dieselben können sich itzt vom geblüte schreiben, Weil sie mit diesem fleisch auch ihre wollust treiben. 98
AMARANTHES:
Über die hart-anhaltende Geburt der Grä-
fin Alcmena quälte sich biß in den achten Tag Als sie mit Herculn dort in Kindes-Nöthen lag, Aurora! stemme dich; verbeiß die herben Zähren, Erwege, daß du auch Alciden wirst gebähren. 99
Als sich diese hohe Zusammenkunft auf der Leipziger Börse divertirte
AMARANTHES:
Ihr, die ihr dieses Bild Verwundrungsvoll beschaut, Das eines Meisters Hand der Decken anvertraut, Die die Zusammenkunft der Götter und Göttinnen Recht künstlich hat gewust im mahlen auszusinnen, Sprecht nicht: Ihr hättet hier, als wie zuvor geschehn, Auf diesen grossen Saal ein stummes Bild gesehn, Denn diese hohe Zunfft will euch nunmehro zeigen, Daß auch das Leben kan in todte Bilder steigen.
j
100
MENANTES:
An dich
Die Warheit kan zwar nicht zu meinen Ruhme setzen, Daß ein galanter Sinn hier was galantes liest; Jedoch ich wil es selbst vor unvergleichlich schätzen, Wenn es das Glücke hat, und dir gefällig ist.
122
101 MENANTES: An einen eingebildeten und abgeschmackten Poeten Mein Freund, was wilst du viel von duncklen Sachen dichten, Und was der klügsten Welt auch noch ein Ratzel ist. Erkenne dich doch erst, und was du kanst verrichten, Weil du dir selber noch ein redites Rätzel bist.
1 0 2 MENANTES
: Die letzte Gunst ist das Grab der Liebe
Ismene, lebe wohl, die Banden sind verdorben. Ich wünsche dir befreyt nun eine gute Nacht. Gedencke, gütges Kind, ist meine Lieb' erstorben, So hat ihr deine Schooß ja selbst das Grab gemacht.
1 0 3 JOACHIM BECCAU:
Ursprung der Poesie
Apollo ließ einmal die blaue Sternen-Bahn, Begab sich in die Welt, und traf die Armuht an. Die hat er ihm alsbald zum Ehgemahl erkoren; Von diesen Eltern ist die Poesie gebohren.
104 CELANDER: Als sie sich als eine Nonne verkleidet Die Masque ist recht gut, allein das Fleisch der Nonnen, Das fehlet dir mein Kind, die Wollust wohnt in dir, Der Liebe Perlen Safft ist offt in dir zerronnen, Du suchst den Zeit-Vertreib der Nonnen nicht herfür, Ein wesentliches Werck soll deine Sehnsucht stillen. Das Kleid soll nur die Brust und nicht die Brunst verhüllen.
105 CELANDER: Als sie in einer Roman läse Es werffe Persis nur die Liebs-Geschichte hin, Es brauchts nicht, daß das Buch ihr den Verstand vermehre, 123
Es ist Intriguen voll, ihr auspolirter Sinn, Es brauchts nicht sag' ich noch, daß der Roman sie lehre. 106
LIEBENTHAL:
Satyrisdies Epigramma auf die Beförderung
per Dativum Erlangt man Ämter in der Welt, Geschieht es meistentheils durch Gelt. Man will nach Christi Worten leben: Denn, wer da hat, dem wird gegeben. 107
CHRISTIAN FRIEDRICH WEICHMANN:
Das wol-aufgenommene
Leichen-Gedicht Ich glaube gern, dein Lied sey angenem gewesen. Die Witwe wünschte längst deßgleichen schon zu lesen. Noch kömmt es endlich recht. Doch halt dich nicht zu klug! Des Mannes Tod allein ist ihr schon Trost genug. 108
H O R N : Warum an einigen Orten der Diebstal das Leben verwirket, und nicht auch der Ehebruch
Du frag'st: warum man nicht so für den Ehebruch, Als für den armen Dieb, den lichten Galgen wähle? Der Geiz vertheidigt bald den scharfen Todes-Spruch: Das Weib ist nur mein Fleisch, Geld aber meine Seele. 109 I. C. G.:Dieweiber-herrsdiafft Die männer sollen stets die ober-herrschafft führen. Diß hat da,s Sachsen-recht denselben zuerkannt; Allein das kammer-recht das heist die frau regieren, Da giebt ihr selbst der mann den scepter in die hand.
124
110 ANONYM: Auf ein hoffärtiges, aber armes frauenzimmer Du zierst den kopff mit band, die stirn mit krausen haaren, Den hals mit perl und gold, die brüst mit nackten waaren; Du denckst, wer da nicht will? Ach nein! du irrest sehr: Was nutzt ein offner kram, wenn das gewölbe leer?
111 ANONYM: An einen neuen ehemann Wen hast du denn gefreyt? Die beste von den schlimmsten. Wie ist sie am verstand? Die klügste von den tümmsten. Ist sie auch schön genug? J a [?] wie ein a.b.c. Was kriegst du denn mit ihr? Ein cornu copiae.
1 1 2 ANONYM: Die schönen glaubens-brüder Was glaubst du? ward gefragt. Die antwort kam geflogen: Ich glaube nichts. Warum? so werd ich nicht betrogen. So glaub ich alles denn, warff ihm ein andrer ein, Es muß ja etwas wahr von dem geglaubten seyn.
113
JOHANN CHRISTIAN G Ü N T H E R : A n L e o n o r e n
Du zwingst mich, werthes Kind, dir vieles vorzusagen, Du suchst in Wort und Schwur das Zeugnüß meiner Treu Und forschest, ob ich auch wie du beständig sey Mein Engel, liebstu rein, so brauchstu nicht zu fragen.
114
JOHANN CHRISTIAN G Ü N T H E R : W a r u m m a n m i c h . . .
Warum man mich in keiner Kirche sieht? Du weist ja, daß mein Herz der Heuchler Umgang flieht.
QUODLIBET
1 1 5 MENANTES: Q u o d l i b e t
D u dumme Welt!
25
Wenn wirst du einmahl klüger heissen? Was nützt in Kasten alles Geld, Wenn du wilst Grütz und Bönen speisen? Die Thaler kriegen einen Rost, Und du nur Bärenheuter-Kost. Reiche sind den Eseln gleich, Die offt Gold und Silber tragen, D a ß sie Last und Sorgen plagen, Denn so sind die Esel reich. Ein Reicher und ein fettes Schwein, Die dienen sonst zu nichts, als daß man sie muß schlachten; Drüm Bruder, wir wollen die Thorheit verpachten, Wir trindken den Wein, Und streichen die Thaler deswegen nur ein, Nicht daß wir in ihrer Gefangenschafft liegen, Nein, daß sie uns müssen als Sclaven vergnügen. Ich Armer, Ach! ich muß verderben, Weil meine Schöne grausam ist, Sie selber spricht, du must ersterben, Wie daß du nicht dein Hencker bist? Ach lauffet und bringet den Wagen herein, Und schmeisset den Narren ins Tollhauß hinein. Wer allzusehr verliebt bey einem Mädgen sieht, Dem wird sie es versagen,
30
Doch wer sich nicht üm sie bemüth, Dem pflegen sie es selber anzutragen. Ach die Mädgen habens gerne, Ob sie gleich was spröde seyn: Denn so gleich das Maul zu geben,
5
10
ij
20
12 6
Und uns zu Gefallen leben, Trifft nicht mit dem Wolstand ein. Das Rind-Vieh kommet heuer In zimlidi hohen Kauff, 3 j Die Ochsen werden theuer, Denn einer frißt den andern auff. Neulich trieb dieMuntrigkeit mich ins Grüne zu spatzieren, Und ein angenehmer Freund war die beste Lust dabey: Nun solt' uns der Rommeldeus auch die durstge Kehle [schmieren 40 Doch der Appetit wieß aus, daß das Wasser besser sey. Itzt kömt ein Schiff von Stade, Und führet Treck-Pomade, Ein Wagen mit Kuhfladen, Statt Pflästergen beladen, 4 j Ein Schiff mit steiffen Waden, Und sind nun diese waren da, So wird man gleich die Opera Von hundert tausend Jungfern spielen, Wenn eine Wespe sticht, 50 So pflegt man es zu fielen, Die Zungen Stiche Bluten nicht, Und machen doch viel grössre Schmertzen. Mit grossen Herrn zu Schertzen, Ist keines klugen Ampt. 5 5 Opinio, du bist verdammt, Du machest die aller erbärmlichsten Hasen, Bald last du den Küster, Bald Doctor, Magister, Bald Rath, und Excellentz, 60 Bischoff, Magnificentz Professor, Superindendent, Der General sich noch dazu genennt, Wie Schweriner im Gehirne rasen. Den die Schmeicheley verführet, 6 j Der mit glatten Worten schmieret, Der doch allzeit in der That Nichts als Pralereyen hat, Nun den wil ich wieder schmieren, I27
Und ihn auf das Maul Hof — Das Wetter ist sehr kalt, Drum möcht' ich gern in Kachel-Ofen kriechen, Amanda gönne mir dergleichen Auffenthalt, Du hast schon eingeheitzt, ich kan die Wärme riechen. Halt Bruder, steck die Pfeiffen an, 75 Und laß den Wurm verrauchen, Ach daß ich nicht die Mädgen kan Damit zu Tode schmauchen! Nur die edle Tugend muß unsre schöne Losung heisen, Wenn wir auf der güldnen Bahn der Vergnügung wollen 80 Am Hoffe [reisen. Nimmt itzt der Narr die Zoffe, Weil nun die Stelle ledig ist, So Prüffe dich, ob du ihr würdig bist; So singt man itzt zum Spasse 8 j In einer Nicols Gasse. Viele Bücher, viele Grillen, Viele Doctors, viele Pillen, Viele Häuser, viele Sparren, Viele Herren, viele Narren, 90 Und ein eintzger Pfaffen Kittel Hat nun so viel Ehren-Tittel. Wie hat die Welt das Eitel so lieb? Wer stiehlt, der ist ein Dieb, Das kan mir schwerlich fehlen, 95 Doch Mädgen, die die Keuschheit stehlen Und die aus unsern Beutel naschen Heist man galante Taschen. Mein Glücke wird nicht immer schlaffen, Denn nach den Sturm und Winden 100 Folgt ein stille See, Nach Donner ach und weh Kan man den frohen Hafen finden. Die Hoffnung ist das Ziel wornach mein Hertze reicht, Ein kluger machet sich das Leben selber leicht. 105 Sa lustig ihr Brüder, was giebt es zu schaffen? Trinckt einmahl herüm Wer schiert sich was drüm. 70
128
ixo
115
120
12 5
Es sollen die traurigen Grillen itzt schlaffen. Wollt ihr midi, ihr Neider drücken? Legt ihr hinter meinen Rücken Immer alles ärger aus? Nun so sag' ich Teutsch heraus, Daß ihr audi bey mir von hinten Sollet Lohn und Antwort finden. Die Lüste gleichen sich den überzognen Pillen, Die Honig in den Mund, und Gall im Hertzen quillen. Nedist war der Schreiber Grobenholtz Bey einen Leichen-Gang so stoltz, Und wolte gleich mit oben seyn; Jedodi das eingebildte Schwein Must' unter praven Leuten stehn. J a keiner wolte mit ihm gehn, Drüm sprang er endlich biß zum Schwantz: Diß war ein lustger Schreiber-Tantz. Weil nun der Esel hinten steht, So schließt er auch mein Quodlibet.
129
CANTATE
116 ANONYM: DU aber stehst und löffelst... [...] Aber was gebt ihr mir, so will icii euch eine Cantate weisen, die ich in einer uhralten Collection von Hochzeit-Carminibus gefunden, und die in suo genere tolle genug ist? Gesprächliche Zugabe Charisanders an Möns. Floretten. Du aber stehst und löffelst nu, Und weist den Leib gewaltig wol zu biegen; Laß mich nur auch einmal ein Liebgen kriegen, Ich will noch feiner thun, als du; 5 Ich will das eine Bein ausstreichen bis zur Wand, Und mit der rechten Hand Lisettgen weissen Schuch anrühren. Du lieber Schuch (so will ich sprechen) Lisettgen pflegt dich wol mit Kreide zu beschmieren, 10 Mir aber will es gantz an Artzeney gebrechen; Du werther Schuch, es steht auf dir Die halbe Wolfahrt des Floretten; Lisette darf dein für und für, Mein aber, spricht sie, hat sie nicht vonnöthen. ij Lisettgen, Baumöhl meiner Schmertzen, Du Brustlatz aller kalten Hertzen, Du Kober aller Zier, Des Traurens Löschpapier, Der Seuffzer Blasebalck, Streu-Büchse meiner Zehren, 20 Der Poesie Clystier, Der Sinnen Zerbster-Bier, Du Ofengabel du des eyfrigen Begehren, Der Liebe Feuerzeug, Handbüchlein der Gedancken, Nachtstückgen meiner Ruh, 25 Der Complimenten Sitz, du Andachts-Fecher du, 130
Hertz-Pulver, Marzipan, Lacrytzen-Safft der Krancken, Du Abgrund tausend guter Morgen, Der Tugend Quodlibet, Calender meiner Zeit, Du Speise meiner Lust und Fröligkeit, 3 o Lichtputze meiner Noth, und Flederwisch der Sorgen; Floretto, der sich deiner Macht ergiebt, Der hatte dich, da du noch nicht gebohren, Zu seiner Liebsten auserkohren, Und schon im Mutterleibe dich geliebt, 35 Dametes dachte wol Nur diese diese soll Mir einig und allein noch einst die Zeit vertreiben; Ja, ja nun will ich auch bey mein Marandgen bleiben. Ey, mein Floretto, sage nu, Ob Charisander nicht auch in der weiten Ferne Mit Frauenzimmer artig courtisiren lerne, Und noch viel besser thu, als du. Charisander, von Virginien aus Franckreich, Vener. Facult. Assess. Menippus: Es ist ein ziemlicher Genie in den Verßen, aber ich kan doch solche noch lange vor keine Cantate passiren lassen, und wären sie etwa mit unter die simplen Recitative zu rechnen. [...] 117
ERDMANN NEUMEISTER :
5
io
Cantata
Geld! Rufft die Welt Allemahl. Wo's nicht geht, Da besteht Alles kahl. Geld Liebt die Welt Mehr, als Kunst, Wer das zahlt, Den bestrahlt Alle Gunst. 131
Geld Ist der Welt 15 Ihr Patron. Wo das klingt, Da gelingt Alles schon. Ach ja, es ist nunmehr dahin gekommen, 20 Daß jedermann das Geld zur Losung angenommen. Man lerne nur nichts mehr, Und martre sich so sehr. Es hilfft doch alles nidits. Wo harte Thaler klingen, Da muß, ich weiß nicht was, gelingen. 2 5 Geschicklichkeit ist Bärenhäuterey. Das Geld weiß durchzudrücken. Geld ist das Wunderding, Mit dem sich alle Dinge schicken. Gelehrsamkeit gilt keinen Pfifferling. 30 Wenn ein Pedante kömmt, Und hat sich grob vergülden lassen, Muß Phöbus selber passen. Ein Esel muß ein Lautenschläger seyn. Ein Winter-Schwein 3 5 Wird vor galant geacht. Ein Ochse wird zur Nachtigal gemacht. Und alles um das liebe Geld. Da wird ein Amt durch einen Kerl bestellt, Der tauget nicht zu sieden noch zu braten. 40 Jedoch er ist gespickt. So ist er auch geschickt. Das machen die Ducaten. Ein Haase muß ein Löwe seyn. Und ein et caetera muß bey den meisten Leuten, 4 $ Ein galant homme bedeuten. Das Geld hüllt ihn in diesen Mantel ein. Wem zehnmal sdion der Galgen zuerkannt, Und kömmt nur mit der krummen Hand, Der wird wohl gar zum Richter selbst bestellt. 50 Dis würckt das wehrte Geld. Wie geht es sonst? Die vor das gantze Land
Von Mutterleibe an die Hurerey getrieben, Der steht die Keuschheit doch an ihrer Stirn geschrieben. Und wird ihr aller Ruhm der Jungfern zuerkannt, j j Das macht, sie hat viel Geld. Geld ist der Abgott, den die Welt V o r ihren Trost und Himmel hält. Doch ich menge mich nidit ein. Was ich bin, das will ich seyn: 60 Arm, und doch darbey vergnügt, Nehmen, was der Himmel fügt. Und inzwischen mag die Welt Immer das verdammte Geld Lieben, fressen, sammlen, sparen, 65 Und damit zum Teufel fahren.
1 1 8 MENANTES: Cantata Eines verzweiffeiten Liebhabers Aria.
j
1o
15
Mein Hertze brich entzwey: Und ende meine Schmertzen. Ach komm gewünschter Tod! Versüsse meine Noth, Und lesche nur die matten Lebens-Kertzen. Mein Hertze brich entzwey, Und ende meine Schmertzen. Komm Tod und strecke mich N u r auff das Ruhe-Bette, Komm doch, was säumst du dich, Zerbrich die Lebens-Kette! Zerreisse meine Brust! Und auch das Bild, so mich darinnen quälet: Dem Hencker ist die Marter nicht bewust, Damit sie mich nur halb nicht gantz entseelet. Ach! Himmel ach! erkalte doch mein Blut Und auch die heisse Glut, Die sich in allen Adern rühret, Damit die Quaal ihr Ende spühret.
133
Beraube mir die Sinnen, Daß sie nicht mehr bezaubert sind, Ach Armer! Ach was wilst du noch beginnen, Dein Wünschen geht im Wind. Drum öffne dich du Höllen-Schlund! Und schlucke meine Pein Nur in dich ein! Jedoch mein Seufftzen wird den tauben Lüfften kund. Aria. Himmel, Erde, Tod und Hölle Hört midi unglückseigen nicht. Was idi liebe, wil midi hassen, Was ich sudie, muß ich lassen, Und mein hartes Schicksall spricht: Andre schertzen, Nur die Schmertzen Sind allein auff dich gericht. Himmel, Erde, Tod und Hölle, Hört mich Unglückseigen nicht. Ach Grausame! doch auch mein Leben! Bin ich darzu versehn? Dir meine Brust zur Sclaverey zu geben So dencke nur, ich bin dir noch verbunden: Wenn ich durch diese Wunden Nur darflf zum Sterben gehn. Aria. Stirbt mein Geist durch dein Verlangen, Ach! so stirbt er wunder-schön. Kan ich nur die Gnad' erwerben, Daß du mich zu meinem Sterben Lässest mit Erbarmung gehn. Stirbt mein Geist durch dein Verlangen Ach! so stirbt er wunder-schön. Doch nein, Bey Felsen kan gar kein Erbarmen seyn, Und Diamantne Sinnen
55
60
Sind nur durch Blut, Und keine Thränen-Fluth Hier zu gewinnen. Verdammtes Leben hin! Soll ich der Höllen Opffer heissen? Wie daß ich nicht jetzt gleich mein Hencker bin? Doch nein, es sollen mich die Furien zerreissen. Aria. Verdoppelt euch im Hertzen Angst, Marter, Ach und Weh, Damit ich nur im Sdimertzen Verzweiffelt untergeh.
119
MENANTES:
$
10
1$
20
Cantata. Eines annehmlichen Frauenzimmers
Ihr Schmeichler dieser Zeit! Galante Redner ohne Hertzen! Die mit Beständigkeit Und mit dem Himmel selber schertzen. Was haben wir euch doch gethan? Daß wenn ihr uns am allermeisten liebet, Daß wenn um einen Kuß Fast Leib und Seele springen muß, Daß ihr uns denn am meisten auch betrübet, Wie übel ist das Frauenzimmer dran? Ihr heisset uns an Tugend und Geberden Vollkommen schön und ungemein, Und wollet, daß wir nur der Tugend Feinde werden Um eurer Falschheit gut zu seyn, Wir sollen euch vollkommen glücklich machen, Wenn ihr ein güt'ges Aug' erblickt, Und durch den Wechsel eurer Sachen Uns selbst vollkommen unbeglückt? Wir sollen fast vor Zärtlichkeit zerrinnen, Und sind wir an Empfindung reich, So machen wir nur eure Sinnen Inskünfftige den Felsen selber gleich.
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JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER:
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2j
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Fragment
Aria. Was fang ich an, wo soll idi hin? Wo ist mein Trost, wer ist mein Retter? Kein Mensch, kein Himmel, keine Götter Erfreun den unvergnügten Sinn. O daß ich doch gebohren bin! Was fang ich an, wo soll ich hin? Wo ist mein Trost, wer ist mein Retter? Recitat. Ach Gott, mein Gott, erbarme dich! Was Gott? Was mein? Und was erbarmen? Die Schickung peitscht mit ausgestreckten Armen, Und über mich Und über mich allein Kommt weder Thau noch Sonnenschein, Der doch sonst auf der Erden Auf Gut- und Böse fällt. Die ganze Welt Bemüht sich, meine Last zu werden. Von außen drängt mich Haß und Wut, Von innen Angst und Blut, Und dieses soll kein Ende nehmen. Ich will mich oft zu Tode grämen, Und wenn ich will, so kan ich nicht, Dieweil mir das Verhängnüß In allen Wüntschen widerspricht. Verdammter Schluß, Durch den ich leben soll und muß! Wo dieses ja ein Leben ist, Wenn Sturm und Noth Uns täglich schärfer droht Und Schmach und Schmerz das Herze frißt. Aria. Ihr Flüche, ruft den Donnerwettern Und zündet Gottes Eifer an!
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3j
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45
50
5j
60
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Flieht, flieht und reizt die starcken Keile, Damit ihr Schlag mein Elend heile, Damit sie dies mein Haupt zerschmettern, Das doch nicht eher ruhen kan. Recitat. Wie? Ist die Allmacht nicht so starck, Mich schwachen Wurm zu tödten? So mag ihr Bliz vor Scham erröhten, So freße mir die Gift das Marek, So müße Fluth und Eisen Den Weg zur Freyheit weisen, So breche Stein und Bley Den Kercker meiner N o t h entzwey! Wer widerräth mir dieses Glücke? O freundliche Gelaßenheit, Bist du es? J a ! D u kommst zu rechter Zeit; O komm doch noch! Ich hielt dich lange gnug verloren. Es ist, als w ä r ich neu gebohren; Wie Oel in Wunden thut, S o stärckt dein Trost mein Blut Mit frischen Balsamkräften. N u n leid ich gern, D a so ein süßer Kern In bittern Schalen keimet; N u n trag ich troz der schweren Zeit Ein Herze voll Vergnügligkeit. Aria. N u n fast sich, nun sezt sich mein stilles Gemüthe, N u n glaubt es der Vorsicht der ewigen Güte, Die dieser Zufriedenheit Vorschub gethan. O ruhige Seele, behalt dir das Glücke, Und fiel auch so Himmel als Erden in Stücke, So bleib in dir selber und sieh es mit an.
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1 2 0 JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER:
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Fragment
Aria. Was fang ich an, wo soll ich hin? Wo ist mein Trost, wer ist mein Retter? Kein Mensch, kein Himmel, keine Götter Erfreun den unvergnügten Sinn. O daß ich doch gebohren bin! Was fang ich an, wo soll ich hin? Wo ist mein Trost, wer ist mein Retter? Recitat. Ach Gott, mein Gott, erbarme dich! Was Gott? Was mein? Und was erbarmen? Die Schickung peitscht mit ausgestreckten Armen, Und über mich Und über mich allein Kommt weder Thau noch Sonnenschein, Der doch sonst auf der Erden Auf Gut- und Böse fällt. Die ganze Welt Bemüht sich, meine Last zu werden. Von außen drängt mich Haß und Wut, Von innen Angst und Blut, Und dieses soll kein Ende nehmen. Ich will mich oft zu Tode grämen, Und wenn ich will, so kan ich nicht, Dieweil mir das Verhängnüß In allen Wüntschen widerspricht. Verdammter Schluß, Durch den ich leben soll und muß! Wo dieses ja ein Leben ist, Wenn Sturm und Noth Uns täglich schärfer droht Und Schmach und Schmerz das Herze frißt. Aria. Ihr Flüche, ruft den Donnerwettern Und zündet Gottes Eifer an!
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Flieht, flieht und reizt die starcken Keile, Damit ihr Schlag mein Elend heile, Damit sie dies mein Haupt zerschmettern, Das doch nicht eher ruhen kan.
Recitat. Wie? Ist die Allmacht nicht so starck, Mich schwachen Wurm zu tödten? So mag ihr Bliz vor Scham erröhten, 40 So freße mir die Gift das Marek, So müße Fluth und Eisen Den Weg zur Freyheit weisen, So breche Stein und Bley Den Kercker meiner Noth entzwey! 4 5 Wer widerräth mir dieses Glücke? O freundliche Gelaßenheit, Bist du es? J a ! Du kommst zu rechter Zeit; O komm doch noch! 50 Ich hielt dich lange gnug verloren. Es ist, als wär ich neu gebohren; Wie Oel in Wunden thut, So stärckt dein Trost mein Blut Mit frischen Balsamkräften, j 5 Nun leid ich gern, Da so ein süßer Kern In bittern Schalen keimet; Nun trag ich troz der schweren Zeit Ein Herze voll Vergnügligkeit.
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Aria. Nun fast sich, nun sezt sich mein stilles Gemüthe, Nun glaubt es der Vorsicht der ewigen Güte, Die dieser Zufriedenheit Vorschub gethan. O ruhige Seele, behalt dir das Glücke, Und fiel auch so Himmel als Erden in Stücke, So bleib in dir selber und sieh es mit an.
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III GALANTE B R I E F E
121
TALANDER: Losardo an Albellen, die ihn um etliche Romainen ersuchen lassen
Mademoiselle. Hier übersende ich gehorsamst, was ich etwan von galanten Büchern an der Hand gehabt: Sie seynd glücklich, wann deren Durchlesung einen so artigen Frauenzimmer zum Zeitvertreib dienen wird; Doch bedinge idi voraus, daß, wo sie in denen Geschichten Damen finden, welche gegen ihre Liebhaber gantz unempfindlich seynd, sie ja nicht diese üble Natur wollen an sich nehmen, sondern vielmehr derjenigen ihrem Beyspiele folgen, welche die Seufftzer und Klagen ihrer Amanten mitleidend erhöret, und ihre Söhnsucht vergnüget haben. Sie scheinen zwar mehrere Neigung zu der ersten ihrer Härtigkeit bey sich zu tragen; Allein da die Unbarmhertzigkeit unter die Fehler zu zehlen, und sie doch sonst in allen vollkommen, werden sie ja in diesem eintzigen Stücke ihrem Ruhme keinen Abbruch thun. Verlangen sie zuweilen über etliche dunckele Oerter eine Erklärung, wird selbige auff erhaltenen Befehl ihnen auffzuwarten alsofort zu thun bereit seyn Mademoiselle Dero verpflichtester Diener Losardo. 122
TALANDER:
Antwort
Monsieur. Vor die überschickten Bücher sage idi schönsten Danck, und werde nicht unterlassen, selbige durch zu studiren. Wegen der Erinnerung, daß idi der mitleidenden Frauenzimmer Natur mehr als der unempfindlichen ihre gegen die Liebhaber annehmen soll, werde ich viel Bedencken haben. Denn da mir Monsieur zur Vollkommenheit rathet, düncket mich, daß es besser gethan, etwas
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unempfindlich zu bleiben, als gegen die schmelchlenden Klagen der verstellten Liebhaber grosse Barmhertzigkeit üben. Sonst hoffe ich, daß der Innhalt nicht so dunckel seyn wird, daß man selbigen nicht ohne Ausleger verstehen solte. Wenn aber Monsieur nach Verlauff etlicher Tage bey uns einzusprechen beliebet, so will ich ihnen Rechenschafft geben, wie viel ich von denen Historien behalten, und wie mir selbige angestanden haben. Indeß verbleibe ich Monsieur Ihre geneigte Freundin Albelle. 123 TALANDER: Philibert an Amalien, da sie im Bade gewesen Mademoiselle. Wiewohl ich iedesmal ein Verlangen trage, sie zu sehen, habe ich doch solches Glück heute vor andern gewündschet, da sie diesen Mittag gebadet haben. Mich düncket, so ich ein Maler gewesen, hätte ich alsdenn die in dem Fluß Ladon badende Diane nach dem Leben abschildern wollen; Ich habe mir nur durch die Einbildung einen Abriß von allen dero entblösten schönen Gliedern gemachet, und ward darüber so entzücket, daß ich gantz von aller Bewegung kam, und alles an mir erstarrete. Wie würde es nun ergangen seyn, wann ich so viel kostbare Schätze der Natur hätte mit rechten Augen betrachten sollen. Ohne Zweiffei hätte ich vor allzu äuserster Vergnügung den Geist ausgegeben. Doch wie viele Liebhaber würden mir diesen süssen Tod gemißgönnet haben; Ich glaube, sie selbst wären damit nicht zufrieden gewesen, weil ihr Absehen ist, daß, so ich ja als ein Verliebter erblassen müste, ich eher aus Marter, als aus Übermasse der Wollust sterben soll. Dem sey, wie ihm wolle, so getröste ich mich, daß sie doch nicht gerne nach reifferer Überlegung verliehren würden Mademoiselle Dero getreuester Diener Philibert. 1 2 4 TALANDER: A n t w o r t
Sie vergleichen mich mit Dianen, wündschen auch, daß sie midi hätten mögen baden sehen, und fürchten gleichwohl nicht, daß ihnen ihr Vorwitz hätte dürffen wie dem Actaeon belohnet wer142
den. Aber wer heisset sich doch über meine blossen Glieder Betrachtungen haben. Sie sagen nur, ob solches nicht eine rechte Boßheit ist: Können sie an nichts nöthigers gedencken? Gewißlich, sie sollen mir diese muthwillige Gedancken mit der Straffe büssen, daß ich sie nun in acht Tagen nicht will wieder vor mich lassen. Sie werden dieses desto leichter ausstehen können, weil sie mich doch ihren Gemüths-Augen nach eigenem Gefallen können vorstellen; Und indeß vergehen ihnen kaum ihre Todes-Gedancken. Indeß verbleibe ich votre Servante Amalie. 125
Bericht-Schreiben an einen guten Freund, wie die Universität, darauf man sich befindet, beschaffen
MENANTES:
Monsieur! Dero gütige Erlaubniß, Ihnen zuweilen mit einigen Zeilen aufzuwarten, machet mich so kühne, dieses wenige an Sie abgehen zu lassen, und von Ihrem Zustande beliebige Zeitung einzuziehen. Befinden sich Monsieur in so guter Constitution, und Prosperität als ich Sie bey meiner Abreise verlassen, so gratulire von Hertzen hierzu, und wünsche, daß Sie länger vergnügt leben mögen. Ihrem höflichen Ersuchen aber zu gratificiren, berichte, daß ich bey meiner Ankunft in dem galanten Leipzig also fort dem Herrn Professor N. die Reverenz gemacht, und nicht genug rühmen kan, wie leutselig dieser vornehme Mann mir begegnet. Er behielt mich darauf zur Tafel, und nebst delicaten Speisen hatte ich die angenehmste Conversation von honetten Studiosis. Denn ausser dem, daß ihr Exterieur recht artig, und die Aufführung vollkommen civil und complaisant war: so muste ich auch ihre gelehrte und kluge Discourse admiriren. Ich bildete mir also gleich ein, daß dieses ein rechter Extract von den hiesigen Studiosis seyn müste; allein wie ich mit ihnen in andere Compagnie kam, war meine Verwunderung so groß als zuvor; und kurtz zu sagen, ich fände an den meisten die Quintessence einer geschickten Conduite; und daß man in solcher Gesellschafft nicht anders als vergnügt leben könne. Meine Zufriedenheit über diese schöne Stadt wurde nun noch mehr bestätiget, als ich nach und nach die Collegia besuchte, und so fürtreflich erudite Leute darinnen fände, deren solides Dociren meinen in N. ausgehungerten Juristen-Magen mit grös143
tem Contentement sättigte. Hier dachte ich gleich meine Fundamenta recht zu legen; und die herrliche Instruction der gelehrten N., des berühmten N. und N., die ich publice und privatim geniesse, werden mein Verlangen sattsam stillen. Weil ich aber dabey meine Zunge gerne in die Schule der Beredtsamkeit schicken wolte, so führet mich ein guter Freund zu dem Herrn Doctor W., dessen Unterrichtung den Ruhm so wohl, als die heraus gegebene Schrifften, verdienen. Endlich Ihre Curiosité von Monsieur N. seiner Fertigkeit im Tantzen zu befriedigen, so versichern Sie sich, daß, ob zwar der Ruf groß von ihm ist, dennoch seine Geschicklichkeit selbigen bey weitem übersteiget. Doch ist zu bedauren, daß er in kurtzem diese Stadt mit W. changiren, und an selbigen Hof kommen wird; wiewohl unter der Zeit gedencke schon so viel zu begreiffen, daß ich hernach mich in andern Exercitiis, als Fechten, Bereuten, und den Ball spielen, desto besser habilitiren kan; welches alles hier in schöner Übung anzutreffen. Allein der beste Unterscheid zwischen hier und dem verrosten N. ist: was denn? das charmante Frauenzimmer. Monsieur stellen sich nur den Augen Ihres Gemüths die artigsten von Person und Wesen vor, so haben Sie ihr Portrait; und wie ich aus einer nur kurtzen Conversation, und aufrichtigem Bericht guter Freunde verstanden, so ist der Esprit bey selbigen, so wohl als die äusserliche Gestalt, unvergleichlich. Ob sie nun wohl dabey von so politischer Verschlagenheit seyn, daß sie einen Ungescheiten wichtig in die Schule führen: so soll sich doch ein solcher vielmehr deßwegen gratuliren, und sicher glauben, er werde hierdurch mehr profitiren, als wenn er bey einem einfältigen Dinge J a und Nein lernet. Enfin, Monsieur, Sie sehen aus diesem kleinen Entwurff gnugsam, daß hier gut zu leben sey, darum will ich mir drey Wohnungen bauen, eine für meine Studia, die andere für gute Freunde und Exercitien-Meister, die dritte aber für ein galantes Frauenzimmer. Belieben Sie mir nun einmahl die Ehre Ihres Zuspruchs zu gönnen, so werde ich Sie in das Mittel logiren; denn diese Stelle gönne ich Ihnen von Hertzen; und es wird, nebst schönster Recommendation, durch alle gefällige Dienste selbige zu mainteniren bemühet leben, Monsieur, Votre tres humble Serviteur. 144
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Ein ander Satyrisches Gratulations-Schreiben an ein Frauenzimmer, die einen Liebsten erhalten, der durdi sie Priester auf einem Dorffe worden ist
MENANTES:
Hochgeehrte Jungfer Braut, Zukünfftige Frau Pastorin! Wie schön klinget nun der Titul, den man Ihnen wegen so wohl getroffener Heyrath beyleget? Sie werden das Maul rumpffen, und meinen, ich suchte meinen Spott damit zu treiben; allein Sie glauben aufrichtig, daß ich Ihnen von Hertzen gratulire, und nun zur Gnüge erkennen lerne, wie vermögend ein Frauenzimmer ist. Denn die grösten Patronen und alles Geld würden nicht so viel zuwege gebracht haben, als ein einziger freundlicher Blick, den Sie den alten Herrn von N. gegeben. Gewiß er muß duchdringend gewesen seyn, weil er so grosse Erkenntlichkeit mit sich bringet; und dieses wird Ihren Liebsten obligiren, daß er sich desto gefälliger in allen, so Sie verlangen, erweiset, weil seine gantze Wohlfahrt von Ihnen herrühret. Ach wer doch auch so glücklich wäre, durch eines artigen Frauenzimmers Bette auf die Cantzel zu steigen, weil der Sprung so leicht ist, und ich midi ohne Scheu darinnen im Consistorio wol examiniren lassen wolte. Doch ich besinne mich, man muß zum wenigsten den Nahmen nach geistliches Fleisch haben, sonst hätte sich vielleicht jemand eher, als ihr itziger Herr Bräutigam, damit schmeicheln können. Wiewohl idi rede allzu weltlich, und dencke nicht, daß Mademoiselle nunmehro in einen heiligen Stande treten, darinnen man gantz ehrbar mit Ihnen thun muß. Nun ich wünsche deßwegen von Grund der Seelen tausendfaches Wohlergehen, und daß Sie Ihren Liebsten, wie Sie bereits gethan, auch hinführo mit vielen Segen krönen mögen, so werden Sie auf beyden Seiten eine desto vergnügtere Ehe führen, und alle lose Mäuler zu Schanden machen, die sagen: Ihr Liebster hätte diese Mariage allein wegen des Dienstes gethan. Zuletzt bitte zu befehlen, mit was für einem anständigen Praesent ich meine Schuldigkeit auf Ihrer hochzeitlichen Gasterey sol abstatten. Kan ich Ihrem Liebsten mit einer guten Postille dienen, so belieben Sie es ohnschwehr zu melden, es wird sich damit gehorsamst einfinden Meiner hochgeehrten Jungfer Braut, und zukünftigen Frau Pastorin gehorsamster und von allen Zeiten her getreuer Diener, N. N. 145
1 2 7 JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER: A n Gottlieb Raspern
Liebes Brüderchen. Du kennest mich so gut als Dich selber, und also bin ich der Mühe überhoben, mit vielen Modewüntschen und Versicherungen meiner Aufrichtigkeit Deiner Gedult im Lesen beschwerlich zu fallen. Vor die von Deiner Güte so redlich und reichlich genoßene Wohlthat hastu Dir meine Danckbarkeit von nun an auf ewig zu versprechen, und vielleicht wird auch einmahl eine Zeit kommen, welche viele Lästerungen meiner Verfolger zu Schanden machen und manchen ofenbahr überführen wird: Günther sey unter allen seinen verdrießlichen Umständen mehr gewesen als geschienen. Gönne mir nur allzeit die von mir bereits erkandte Redligkeit Deines geneigten Gemüthes und glaube, daß ich nebst einer gründlichen Wißenschaft und einer aus Erkäntnüß der göttlichen Allmacht entspringenden Gemüthsruhe von der Welt keine anderen Schäze begehre als den Ruhm auch nur von etlichen rechtschafenen Seelen, daß ich, die Schwachheitsfehler ausgenommen, jeglichem von meinen Nechsten so viel als mir selber gegönnet. Das Glücke, Dich bald wieder brüderlich zu umfangen, werde ich noch ein paar Wochen entbehren müßen. Sende mir nur sobald als möglich eine zulängliche Erzehlung von allem, was sich Zeit meiner Abwesenheit Merkwürdiges zugetragen, nebst meinen zurückgelaßenen Arien (in Sonderheit die: Will ich dich doch gerne meiden etc.), denen 2. geistlichen Gedichten und was Du sonst etwan Lesenswürdiges hast. Daß ich auch nicht das Beste vergeße: Ich habe gehöret, daß der Accis in allem fallen, der Aufschlag aber auf Franzbrandtwein und Knastertaback 3 fach höher steigen solle. Mein! Hilf mir doch aus dem Kummer und berichte mich, ob es in der Warheit bestehe. Von unserm Schmiedeberg weis ich Dir nichts Sonderbares in das Ohr zu sagen, außer, daß bisweilen meine Mägdgen, wie die jungen Dinger pflegen, wenn sie der Küzel sticht, von häuslichen Kleinigkeiten und handgreiflichen innerlichen Staatsfehlern etwas zu lachen bekommen. Ein Duzend neu verfertigter Arien, welche schon fast wie die warmen Semmlen abgegangen und die Dir auch in Sonderheit wegen etlicher zärtlichen Melodien gefallen werden, will ich bey nechster Gelegenheit dem Herrn von Beuchelt sowohl als Dir zu geneigtem Urtheil übersenden. Wie ich jezo hier lebe, darüber muß ich Dich 146
wegen der Kürze der Zeit und um eine faule Müh zu ersparen, an den Brief des Herrn Bruder Michaels verweisen. An Deine liebwerthesten Eltern mache nebst schuldigem Danck meine ergebensten Empfehlungen wie auch an alle guten Gönner und Freunde. Lebe wohl und bleib mein Rasper wie ich Dein Günther.
1 2 8 JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER: A l s er jemanden einen guten
Morgen wüntschte
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Guten Morgen! Meine Sorgen Sind Papier. Schlecht und recht Tausend Winter Bin ich Ihr tiefster Knecht Joh. Christ. Günther
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NACHWORT Zur Auswahl Mit der vorliegenden Anthologie wird erstmals versucht, Überbau und Praxis der sogenannten galanten Dichtung in Deutschland zu dokumentieren. Als zeitliche Umgrenzung ergaben sich die fünf Jahrzehnte zwischen 1680 und 1730, in denen sich in der deutschen Literatur die Ablösung des feudalistischen Weltbilds des Barock durch ein bürgerliches vollzog und in denen die Diskussion um die Tugend oder Untugend der Galanterie historisch allein relevant war. In diesem Zeitraum sind nahezu alle ausgewählten Texte erstmals publiziert worden. Im theoretischen Teil liegt der Akzent der Auswahl auf Christian Thomasius und seiner Lehre vom Decorum (Wohlstand, Galanterie), die nur wenig bekannt oder doch in ihrer Bedeutung sehr unterschätzt zu sein scheint. Die weniger originelle Literaturtheorie der Zeit erwies sich in der Regel erst dort als interessant, wo sie zeittypische Gattungen behandelt (Oper, Singspiel, Brief). Wichtig in diesem Zusammenhang dürfte f ü r den Leser der Anthologie der Hinweis auf das widersprüchliche Verhältnis von galanter Theorie und galanter Dichtung sein. Im System der streng utilitaristisch orientierten galanten Lebenslehre hat nämlich die Poesie in der Regel keinen Platz. Diese wiederum versteht sich selbst als das „galanteste Studium" (Neumeister). Die galante Dichtung hat somit als ein illegitimes (was sich in der Thematik und Funktion niederschlägt), dabei freilich höchst vitales Kind der Galanterie zu gelten. Bei der Auswahl der poetischen Beispiele ging es dem Herausgeber nicht darum, den Prototyp des galanten Gedichts darzustellen. Eine solche Sammlung wäre ebenso langweilig wie unergiebig geworden. Leser, die das galante Gedicht in seiner Reinform suchen, seien auf die Gedichte Benjamin Neukirchs und Christoph Eltesters in den neugedruckten Bänden I und I I der Neukirdischen Sammlung (Bibl.-Nr. X I a/b) verwiesen oder auf das poetische Œuvre eines Amaranthes (Bibl.-Nr. V I I ) oder Ce149
lander (Bibl.-Nr. V I ) . Die meisten der hier abgedruckten Gedichte sind durch ein reflektiertes Verhältnis zur Galanterie charakterisiert; sei es, daß sie kritisch Bezug nehmen, sei es, daß sie inhaltlich oder formal zu Grenzüberschreitungen neigen. N u r so ließ sich der mit der galanten Dichtung verbundene Problemkomplex hinreichend sichtbar machen. Zugleich wurde versucht, alle poetischen Formschemata, Sprechweisen und Höhenlagen der Zeit zumindest mit einem Beispiel zu belegen. Die formale Unterteilung richtet sich nach der Gepflogenheit der Zeit. Innerhalb der einzelnen Abteilungen sind die Gedichte chronologisch geordnet, und zwar nicht nach ihrer Entstehungszeit (die meist gar nicht zu ermitteln ist) oder nach dem Datum der Publikation (das sehr zufällig sein kann), sondern nach dem Alter ihrer Verfasser (Geburtsjahr). Auf diese "Weise ergibt sich die historisch bezeichnende Abfolge von dem vorgalanten H o f f mannswaldau über die eigentlich Galanten zu dem nachgalanten Günther. Eine Reihe von Bedingungen wurde durch den beschränkten U m f a n g des Bändchens diktiert. So konnten weder die Zusammenhänge von Petrarkismus und Studentenpoesie des Barock mit der galanten Dichtung, noch die zwischen Galanterie und Anakreontik dokumentiert werden. Ebenso mußte - abgesehen von einigen Briefen - auf Beispiele aus der einschlägigen Prosaliteratur verzichtet werden (Galanter Roman, H o f - und Skandalchronik, Gespräch). Für den galanten Roman liegt jedoch bereits ein exemplarischer Neudruck vor (Hunold-Menantes, Die liebenswürdige Adalie, ed. H . S i n g e r , 1967). Schwerer wiegt vielleicht, daß auch manches interessante Gedicht seiner Länge wegen draußen bleiben mußte. Betroffen sind davon vor allem Satiren, wie sie in der Nachfolge Boileaus entstanden. Schließlich w a r es in diesem Rahmen auch nicht möglich, die Bedeutung Frankreichs als Vorbild der deutschen Galanten darzustellen. Zum Text Der Herausgeber ist sich bewußt, daß sein Bändchen einer strengen Textkritik nicht immer standhält. Weder konnte er durchgängig die Erstfassungen seiner Texte bieten, noch konnte und wollte er wichtige und unwichtige Lesarten vermerken. Einzeln 150
gesehen hätte sich das nur in den wenigsten Fällen rentiert, im ganzen hätte es den Skopus der Anthologie nicht verändert. Die abgedruckten Texte bieten jeweils die authentische Schreibweise der Vorlage mit folgenden Einschränkungen: soweit Virgel (Schrägstrich) vorkommt, ist sie durch Komma ersetzt; für doppelte Binde- oder Trennungszeichen stehen einfache; Umlaute sind durchwegs in moderner Schreibweise gegeben. Wechsel der Drucktype (bei Fremdwörtern) ist nicht nachgeahmt; Abkürzungssiglen sind aufgelöst; gelegentliches qv ist normalisiert zu qu; Strophenzählung, soweit sie in den Druckvorlagen vorkommt, wurde nicht übernommen, da allen Gedichten ein Zeilenzähler beigegeben ist; Initialen sind nicht imitiert; gelegentliche Großschreibung des zweiten Buchstabens (nach der Initiale, wie bei GOtt u. a.) ist normalisiert; offensichtliche Druckfehler wurden stillschweigend verbessert. - Kursiv stehende Überschriften sind nicht original, sondern vom Herausgeber eingesetzt. - Lag von einem Text eine kritische Ausgabe vor, so wurde diese als Vorlage verwendet. Für die freundliche Überlassung ungedruckter Manuskripte danke ich Herrn Privatdozenten Dr. Notker Hammerstein (Frankfurt/M.) und Herrn Studienrat Franz Heiduk (Würzburg), letzterem darüber hinaus für manchen interessanten brieflichen Hinweis.
BIBLIOGRAPHIE A. Quellen Aufgeführt sind nur soldie Titel, denen Texte entnommen wurden I Herrn Hannß Aßmanns Freyherrn von Abschatz . . . Poetische Übersetzungen und Gedichte . . . Leipzig und Breßlau, bey Christian Bauch, Buchhändl. Anno M D C C IV. - Darin u. a.: Anemons und Adonis Blumen (S. 245-320). II Christophori Henrici Amthoris . . . Collegium Homileticum de Jure Decori, Oder Eine Wissenschaft, Die da lehret, wie man sich in Conversation mit allerhand Leuten manierlich und wohl-anständig aufführen soll, damit man andern kein Aergerniß gebe, auch daß andere Leute keinen Anlaß nehmen, uns zu verachten, oder für ungeschickt zu halten etc. Leipzig und Copenhagen, Bey Johann Nicolay Lossius. 1730. [Posthum.] I I I Galante Ethica, In welcher gezeiget wird, Wie sich Ein junger Mensch bey der Galanten Welt, Sowohl Durch manierliche Wercke, als complaisante Worte recommandiren soll . . . von Johann Christian Barthen. Dreßden und Leipzig, Bey Gottfried Leschen, 1728 [= 3. Auflage]. I V (August Bohse) Der getreue Hoffmeister adelidier und bürgerlicher Jugend, oder Auffrichtige Anleitung, wie so wohl ein junger von Adel als anderer, der von guter Extraction, soll rechtschaffen aufferzogen werden . . . von Talandern. Leipzig, in Verlag Joh. Ludw. Gleditsch Anno 1706. V (August Bohse) Des Galanten Frauenzimmers SecretariatsKunst; oder Liebes- und Freundschaffts-Briefe . . . von Talandern. Leipzig, bey Thomas Fritschen, 1696 [= 2. Auflage]. V I Celanders Verliebte- Galante, Sinn- Vermischte und GrabGedichte. Hamburg und Leipzig, Bey Christian Liebezeit, Anno 1716. [Zur Verfasserfrage vgl. Hayn-Gotendorf,Bd. 1, S.584 f.; dort sind Joh. Georg Gressel und Christoph Woltereck als mögliche Verfasser genannt.] V I I (Gottlieb Siegmund Corvinus) Proben Der Poesie In GalantenVerliebten- Vermischten- Schertz- und Satyrischen Gedichten abgelegt Von Amaranthes. Franckfurt und Leipzig, bey Philipp Wilhelm Stocken, 1710. V I I I Barth. Feindes, Lt. Deutsche Gedichte . . . Erster T h e i l . . . . Stade Verlegts Hinrich Brummer . . . Im Jahr 1708. IJ2
IX Johann Christian Günthers Sämtliche Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe hrsg. von Wilhelm Krämer (Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart, Bd. CCLXXV, CCLXXVII, C C L X X I X , C C L X X X I I I und 2 Bde.) Bd. 1: Liebesgedichte und Studentenlieder in zeitlicher Folge. Leipzig 1930 Bd. 2: Klagelieder und geistliche Gedichte in zeitlicher Folge. Leipzig 1931 Bd. 3: Freundschaftsgedichte und -briefe in zeitlicher Folge. Leipzig 1934 Bd. 4: Lob- und Strafschriften in zeitlicher Folge. Leipzig 1935. X Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Deutsche Ubersetzungen Und Getichte. Mit bewilligung deß Autoris. In Breßlau, Verlegts Esaias Fellgibel... 1679. X I a) Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster theil. Nach einem Druck vom Jahre 1697 mit einer krit. Einleitung und Lesarten hrsg. von A. G. de Capua und E. A. Philippson. Tübingen 1961. [Zuerst 1695] b) - anderer Theil. Nach dem Erstdruck vom Jahre 1697 mit einer krit. Einleitung und Lesarten hrsg. von A. G. de Capua und E. A. Philippson. Tübingen 1965. c) - Vierdter Theil. Franckfurt und Leipzig, bey Michael Blochbergern, 1736. [Zuerst 1704] d) - fünffter theil. Franckfurt und Leipzig, Verlegts Michael Blochberger. 1734. [Zuerst 1705] e) - sechster Theil . . . Leipzig, Bey Michael Blochberger. 1743. [Zuerst 1709] X I I Christian Hölmann, Galante Gedichte. Mit Christoph G. Burgharts Gedichten. Hrsg. von Franz Heiduk. München 1969. X I I I (Christian Hunold) Die Edle Bemühung müssiger Stunden in Galanten, Verliebten, Sinn- Schertz- und Satyrischen Gedichten, Von Menantes. Hamburg, Verlegts Gottfried Liebernickel 1702. X I V (Christian Hunold) Galante, Verliebte Und Satyrische Gedichte, Erster Und Anderer Theil, Von Menantes. Hamburg, Verlegts Gottfried Liebernickel... 1704. [Der „Erste Theil" ist im wesentlichen identisch mit Nr. XIII.] XV (Christian Hunold) Die Allerneueste Art, Zur Reinen und Galanten Poesie zu gelangen . . . ans Licht gestellet von Menantes. Hamburg, Bey Gottfried Liebernickel . . . 1707. [Von 153
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Hunold ist nur die 74seitige Vorrede, die Poetik selbst stammt von Erdmann Neumeister.] (Christian Hunold) Menantes Academische Neben-Stunden allerhand neuer Gedichte, Nebst einer Anleitung zur vernünftigen Poesie. Halle und Leipzig, verlegts, Johann Friedrich Zeitler. 1713. (Christian Hunold) Auserlesene und nodi nie gedruckte Gedichte unterschiedener Berühmten und geschickten Männer zusammen getragen und nebst seinen eigenen an das Licht gestellet von Menantes. Erstes - Viertes Stück. Halle . . . 1718. (Christian Hunold) Die allerneueste Art, höflich und galant zu Schreiben, oder: Auserlesene Briefe, In allen vorfallenden, auch curieusen Angelegenheiten, nützlich zu gebrauchen . . . von Menantes. Neueste und verbesserte Auflage. Hamburg, bey Christian Wilhelm Brand . . . 1732. (Johann Ulrich von König) Theatralische, geistliche, vermischte und Galante Gedichte, Allen Kennern und Liebhabern der edlen Poesie, zur Belustigung, ans Licht gestellet Von König. Hamburg und Leipzig, Gedruckt und verlegt durch Johann von Wiering, im Jahr 1716. (Johann Burckhard Mencke) Philanders von der Linde Galante Gedichte . . . Leipzig, Verlegts Johann Friedrich Geditsch. 1705. (Johann Burckhard Mencke) Philanders von der Linde Scherzhaffte Gedichte . . . Leipzig, Verlegts Johann Friedrich Gleditsch. 1706. (Johann Burckhard Mencke) Philanders von der Linde Vermischte Gedichte . . . Leipzig, bey Joh. Friedrich Gleditsch und Sohn, Im Jahr 1710. Benjamin Neukirchs Anweisung zu Teutschen Briefen. Leipzig, verlegts Thomas Fritsch, 1721. Johann George Neukirch . . . Fundamente Zu Teutschen Briefen Nach dem Heütigen Stylo Curiae . . . Halle 1722. (Gottlieb Stolle) Des Schlesischen Helicons auserlesener Gedichte Ander Theil. Breßlau und Liegnitz, In Verlegung Michael Rohrlachs seel. Wittib und Erben. 1700. [Die Anthologie enthält vornehmlich Gedichte des Herausgebers Leander, d. i. Gottlieb Stolle.] Christian Thomasens Allerhand bißher publicirte Kleine Teutsche Sdirifften . . . Halle, Gedruckt und verlegt von Christoph Salfeld . . . 1701. [Enthält 22 Abhandlungen und Programme.] Christian Thomasens Errinnerung Wegen deren über seine Grund-Lehren, Bißher gehaltenen Lectionum . . . Ingleichen Wegen neuer Lectionum publicarum de jure decori oder von
Recht derer Sitten und Gewohnheiten. Halle, Zufinden im Rengerischen Buchladen, (o. J.) [Vermutl. 1701] X X V I I I Commodes Manual Oder Hand-Buch . . . Fünffte und vermehrte Edition von Johann Christian Wächtlern . . . Leipzig, zu finden bey Lanckischens Erben, (o. J.) X X I X C. F. Weichmanns Poesie der Nieder-Sachsen. Zweyter T h e i l . . . Hamburg, Bey Johann Christoph Kißner. 1723. B. Bibliographische Nachschlagewerke Faber du Faur, Curt von: German Baroque Literature. New Häven 1958. Goedeke, Karl: Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. 3.Bd.: Vom dreißigjährigen zum siebenjährigen Kriege. 2. Aufl. Dresden 1887. Hayn, Hugo und Gotendorf, Alfred N . : Bibliotheca Germanorum erotica et curiosa. 8 Bde. 3. Aufl. München 1912-1914. C. Literaturhinweise Berücksichtigt sind nur Arbeiten mit allgemeinerem Gesichtspunkt, die der Ein- und Weiterführung dienen können. Anton, Helmut: Gesellsdiaftsideal und Gesellschaftsmoral im ausgehenden 17. Jahrhundert. Studien zur französischen Moralliteratur im Anschluß an J.-B. Morvan de Bellegarde. Breslau 1935. Auerbach, Erich: La cour et la ville. In: Vier Untersuchungen zur Geschichte der französischen Bildung. Bern 1951. Blackall, Eric A.: Die Entwicklung des Deutschen zur Literatursprache 1700-1775. Mit einem Bericht über neue Forschungsergebnisse von D. Kimpel. Stuttgart 1966. Borinski, Karl: Baltasar Gracian und die Hofliteratur in Deutschland. Halle 1894. Brüggemann, Diethelm: Vom Herzen direkt in die Feder. Die Deutschen in ihren Briefstellern. [Enthält weitere bibliographische Hinweise zur Briefliteratur.] München 1968 (dtv 503). Cohn, Egon: Gesellschaftsideale und Gesellschaftsroman des 17. Jahrhunderts. Berlin 1921. Flemming, Willi: Galante Dichtung. In: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, Bd. I, 2. Aufl. 1958, S. 522-525. Groethuysen, Bernhard: Die Entstehung der bürgerlichen Welt- und Lebensanschauung in Frankreich. 2 Bde. Halle 1927-1930. Hammerstein, Notker: Jus und Historie. Ein Beitrag zur Geschichte des historischen Denkens an den deutschen Universitäten im späten 17. und 18. Jahrhundert. (Ungedr. Habil.-schr. Frankfurt/M. 1968.) r
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TEXTNACHWEISE Mit römischen Ziffern wird auf die Bibliographie der Quellen verwiesen. 1 X X V I (aus Abhandlung I: „Christian Thomas eröffnet Der Studierenden Jugend zu Leipzig in einem Discours, Welcher Gestalt man denen Frantzosen in gemeinem Leben und Wandel nachahmen solle?" [1687]), S. 14-16; 45 bis 50. 2 X X V I (aus Abhandlung IV: „Christian Thomas eröffnet Der Studierenden Jugend Einen Vorschlag, Wie er einen jungen Menschen, der sich ernstlich fürgesetzt, Gott und der Welt dermahleins in vita civili rechtschaffen zu dienen, und als ein honnet und galant homme zu leben, binnen dreyer Jahre Frist in der Philosophie und singulis Jurisprudentiae partibus zu informiren gesonnen sey" [1689]), S. 257-260. 3 II, S. 5-9 und 13; 50-55. 4 III, § 1-10 des (unpagin.) „Vorberichts" (Datum der Vorrede: 24. Apr. 1720). 5 XXVIII, S. 1-3; 18-20. 6 IV, S. 70-73. 7 X X V I (aus Abhandlung X I V : „Christian Thomas Entbietet Der studirenden Jugend in Halle, Seinen Gruß und Dien-
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ste, Und eröffnet Ihnen in einer öffentlichen Lection sein Vorhaben, wie er künfftig Seine Lehr-Art einzurichten, auch über die Kirchen-Historie, die Morale, die Historiam Juris Romano-Germanici, die Institutiones Justitiani und den Process publice zu lesen gesonnen sey" [1693], Kolumnentitel : „Vom elenden Zustand der Studenten"), S. 570-578. XXVII, S. 23-30. XV, aus Hunolds (unpagin.) „Vorrede". XV (aus „Vorbereitung"), S. 1 bis 7; (aus dem 5. Kapitel: „Von der Construction"), 45. X X I I I , aus der (unpagin.) „Vorrede"; (aus dem 1. Buch, 3. Kap.: Einschätzung der Frau), S. 22-23; (aus dem 1. Buch, 10. Kap.: Galante Leute), 103-104; (aus dem 2. Buch, 7.Kap.: „Von liebesbriefen"), 225-226; (aus dem 2. Buch, 8. Kap.: „Von galanten und scharffsinnigen briefen"), 246-249; (aus dem 2. Buch, 9. Kap.: „Von galanten liebes-briefen"), 254-256; (aus dem 2. Buch, 10. Kap.: „Von galanten complimen157
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ten"), 286-289; (aus dem 2. Buch, 11. Kap.: „Von galanten insinuations-briefen". „Von lob-briefen"), 295-296; (aus dem 2. Buch, 12. Kap.: „Von galanten freundschafftsbriefen"), 309; (aus dem 4. Buch, 6. Kap.: Galanter Stil), 622-630. XXIV, S. 16-19. VIII („Gedancken von der Opera"), S. 77-80; 95-96; 99 bis 102; 109-110; 113-114. X I b , S . 3-6. XI a,S. 77-80. X I a , S . 74. I („Vermischte Gedichte"), 5. 118. XI e, S. 15. X X V („Verliebte Gedichte"), S. 71-72. X X V („Verliebte Gedichte"), S. 76. X X , S. 42-44. X X , S. 67-68. X X , S. 125. Dieses Gedicht ist in der zweiten Auflage von 1710 getilgt. XII, S. 17-19. XII, S. 162-163. XIII, S. 1-4. X I I I , S. 26-28. XIII, S. 52-53. XIV, S. 166. XIV, S. 168. XVII, S. 79. XII, S. 183-185. X I X , S. 377. X I X , S. 380-381. X I X , S. 400. X I d, S. 205-207. Zuschreibung an Ephraim Gerhard nach F. Heiduk.
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37 38 39 40 41 42
43 44 45 46
47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64
VI, S. 342-343. IX, Bd. 1, S. 26-27. IX, Bd. 1,S. 240-241. IX, Bd. 3, S. 66-69. IX, Bd. 2, S. 54. IX, Bd. 3, S. 109. Ausschnitt aus dem Gedicht „An Ihro Magnificenz Herrn Johann Burchard Mencken, S. C. M. Pol. a consiliis et ab historiis scribendis profess. publ. nach Leipzig. Aus Lauben den 14. April. 1720". X I a , S. 70-71. X I a , S. 378-379. X I a , S. 437-438. X I a , S.422. A.Hübscher will das Gedicht Hans Aßmann von Abschatz zuschreiben; seine Argumente sind jedoch unzureichend. X I a, S. 69-70. X I b, S. 84-86. Zuschreibung an Jacob von Melle nach F. Heiduk. X I b , S . 88-89. X I b,S. 91-92. X I a , S. 480-481. XXV, S. 7-9. XII, S. 51-52. XII, S. 55-56. Überschrift vom Hrsg. F. Heiduk. XII, S. 169. VII (Erster Teil), S. 96-97. XIII, S. 56-57. XIII, S. 100-102. VI, S. 28. IX, Bd. 1, S. 15-16. IX, Bd. 1, S. 109. IX, Bd. 1,S. 117. IX, Bd. 4, S. 222-224. B. ist Abkürzung für Brieg. IX, Bd. 3, S. 191-193.
65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98
XI a, S. 88. XI b, S. 17. XI b, S. 14. XI b, S. 267. XI b, S. 41. XI a, S. 50-51. XI b, S. 309. XII, S. 40. XIV, S. 38. XII, S. 192. XI a, S. 64. XI b, S. 126. XV, S. 236. XV, S. 237. XXII („Unterredung von der Poesie"), S. 270. XII, S. 102. XII, S. 103. IX, Bd. 1, S. 36. XI c, S. 235. XI a, S. 127. X, „Poetische Grab-Schriften", Nr. XXIX. X, „Poetische Grab-Sdiriften", Nr. XXXII. XI d, S. 45. X I a , S . 125. XI c, S. 249-250. Zuschreibung an Johann Sigismund Suschke nach F. Heiduk. XXV („Verliebte Gedichte"), S. 40. XXV („Vermischte Gedichte"), S. 83. XII, S. 101. XII, S. 120. XII, S. 120. XII, S. 128. XII, S. 129. XII, S. 136. VII (Erster Teil), S. 276-277.
Das Gedicht richtet sich an die Gräfin Aurora von Königsmarck, die bekannteste Mätresse Augusts des Starken. 99 VII („Anderer Theil"), S. 160 bis 161. 100 XIV, S. 81. 101 XIV, S. 201. 102 XIV, S. 203. 103 XXIX, S. 254. 104 VI, S. 333. 105 VI, S. 347. 106 XVII, S. 270. 107 XXIX, S. 258. 108 XXIX, S. 255. 109 XI e, S. 71. 110 XI e, S. 60. 111 XI e, S. 50. 112 XI e, S. 51. 113 IX, Bd. 1, S. 57. 114 IX, Bd. 4,S. 281. 115 XIII, S. 96-100. 116 XXII („Unterredung von der Poesie"), S. 250-251. 117 XV, S. 293-295. 118 XIV, S. 69-71. 119 XIV, S. 182-185. 120 IX, Bd. 2, S. 116-118. 121 V, S. 48. 122 V, S. 48-49. 123 V, S. 49-50. 124 V, S. 50. 125 XVIII („Zehende Abtheilung, Von Bericht-Schreiben"), S. 328-330. 126 XVIII („Dreyzehende Abtheilung, von Satyrischen und Critique-Schreiben"), S. 484 bis 486. 127 IX, Bd. 3, S. 149-150. 128 IX, Bd. 3, S. 154.
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AUTO RENVERZEICHNIS Hans Aßmann Freiherr von Abschatz (1646-1699), Studium der Rechtswissenschaft in Straßburg und Leyden, hoher Beamter in seiner schlesischen Heimat. Nr. 17. D. Valentin Alberti (1635-1697), orthodoxer protestantischer Theologe und Philosoph, Kampfschriften gegen Angelus Silesius. Nr. 87. Amaranthes, siehe Gottlieb Siegmund Corvinus. Christoph Heinrich Amthor (ca. 1678-1721), Professor der Rechtswissenschaft in Kiel, dänischer Hofhistoriograph. Nr. 3. Johann Christian Barth, nicht identifiziert; vielleicht Pfarrer zu Teicha bei Halle, f 1734. Nr. 4. Joachim Beccau (1690-Jahreswende 1754/55), Theologiestudium, Hauslehrer, Rektor in Neumünster/Schleswig-Holstein. Nr. 103. Johann von Besser (1654-1729), Studium in Königsberg, Legationsrat, Oberzeremonienmeister am preußischen und sächsischen Hof. Nr. 47. August Bohse, genannt Talander (1661-1730), Studium der Rhetorik und Rechtswissenschaft in Leipzig und Jena, Sekretär am Weißenfelser Hof, akademische Lehrtätigkeit in Hamburg, Dresden, Leipzig, Liegnitz. Bekannt als Autor zahlreicher galanter Romane. Nr. 6 , 1 2 1 , 1 2 2 , 123,124. Christoph G. Burghart (1682-1745), Studium der Medizin in Wittenberg, Arzt und Bürgermeister in Reichenbach/Schlesien. Nr. 32, 74. Celander, bisher unaufgelöstes Pseudonym, möglicherweise Johann Georg Gressel oder Christoph Woltereck. Nr. 37, 59, 104, 105. Gottlieb Siegmund Corvinus, genannt Amaranthes (1677-1746), Jurist in Leipzig. Nr. 56, 98, 99. Otto Christoph Eltester (1666-1738), Studium der Rechtswissenschaft in Frankfurt/O., hoher Justizbeamter in Preußen. Nr. 49, 50, 69, 70, 88. Barthold Feind (1678-1721), Studium der Rechtswissenschaft in Wittenberg und Halle, Advokat in Hamburg. Nr. 13. Ephraim Gerhard (1682-1718), schlesischer Rechtsgelehrter, unterrichtete in Altdorf. Nr. 36. Johann Christian Günther (1695-1723), Sohn eines Landarztes, Studium der Medizin in Frankfurt/O., Wittenberg, Leipzig und Jena, ohne Abschluß. Unstetes Wanderleben. Nr. 38, 39, 40, 41, 42, 60, 61, 62, 63, 64, 82, 1 1 3 , 1 1 4 , 1 2 0 , 1 2 7 , 1 2 8 . 160
Christian Hölmann (1677-1744), Medizinstudium, bekannt als Pestarzt in Schlesien. N r . 24, 25, 53, 54, 55, 72, 80, 81, 92, 93, 94, 95, 96, 97. Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679), Gymnasium in Breslau und Danzig (Opitz), Studium der Rechtswissenschaft in Leyden, Reisen durch England, Frankreich und Italien, Mitglied des Rats in Breslau, diplomatische Missionen. Nr. 14, 15, 16, 43, 44, 45, 65, 66, 67, 83, 84, 85, 86. Horn, nicht identifizierter niedersächsischer Dichter, vielleicht: Hildebrand (von) Horn (1615-1686), Hofbeamter in dänischen Diensten. Nr. 108. Christian Friedrich Hunold, genannt Menantes (1680-1721), Gymnasium in Weißenfels, Studium in Jena ohne Abschluß. Literatenleben in Hamburg, Wandersleben/Thüringen, Halle. Bekannt als Verfasser von Romanen und Operntexten. Nr. 9, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 57, 58, 73,100,101, 102, 115,118,119,125,126. I. C. G., unbekannter Monogrammist der Neukirchschen Sammlung, Bd. 6. Nr. 109. Johann Ulrich von König (1688-1744), Studium vermutlich in Tübingen, Literat in Hamburg (Oper), Hofpoet und Zeremonienmeister am sächsischen Hof. Nr. 33, 34, 35. Leander, siehe Gottlieb Stolle. Liebenthal, nicht identifizierter niedersächsischer Dichter. Nr. 106. Jacob von Melle (1659-1743), Lübecker Polyhistor. Nr. 48. Menantes, siehe Christian Friedrich Hunold. Johann Burckhard Mencke, genannt Philander von der Linde (1674 bis 1732), Polyhistor und Professor für Geschichte in Leipzig, Herausgeber der Acta eruditorum (von seinem Vater begründet), sächsischer Hofhistoriograph. Nr. 21,22,23, 79. Heinrich Mühlpfort (1639-1681), Studium der Rechte in Wittenberg und Leipzig, Hofmeister und Beamter in Schlesien. Nr. 68. Benjamin Neukirch (1665-1729), Studium in Frankfurt/O., Rechtsanwalt in Breslau, Dozent in Frankfurt/O., Halle und Berlin, Prinzenerzieher in Ansbach. Nr. 11, 18, 75. Johann George Neukirch (1670?-1735), Magister, lehrte Rhetorik und Poesie in Halle. Nr. 12. Erdmann Neumeister (1671-1756), Studium in Leipzig, Hofdiakon in Weißenfels, Superintendent in Sorau, Hauptpastor in Hamburg. Nr. 10,51,76, 77, 78,117. Philander von der Linde, siehe Johann Burckhard Mencke. Johann Sigismund Suschke (1673-1754), Studium in Leipzig, Pfarrämter in Sachsen. Nr. 89. Gottlieb Stolle, genannt Leander aus Schlesien (1673-1744), Studium in 161
Halle und Leipzig, Gymnasialdirektor in Hildburghausen, Professor in Jena. Nr. 19, 20, 52, 90, 91. Talander, siehe August Bohse. Christian Thomasius (1655-1728), Studium der Rechtswissenschaft und Philosophie in Frankfurt/O. und Leipzig, als Dozent der Rechte aus Leipzig vertrieben, Professor in Halle, Begründer der Aufklärung in Deutschland. Nr. 1, 2, 7, 8. Johann Christian (Christfried?) Wächtler (1652-1732), Studium in Leipzig, Jurist. N r . 5. Christian Friedrich Weichmann (1698-1770), Hofmeister, Jurist in Hamburg. Nr. 107. Anonym sind die Verfasser von Nr. 46,71, 110, 111,112, 116.