Der Arbeitskampf mit Auslandsberührung [1 ed.]
 9783428461844, 9783428061846

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CURT W. HERGENRöDER

Der Arbeitskampf mit Auslandsberührung

Schriften zum Sozial- undArbeilsrecht Band 85

Der Arheitskampf mit Auslandsherührung

Von

Dr. Curt W. Hergenröder

DUNCKER & HUMBLOT I BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Hergenröder, Curt W.: Der Arbeitskampf mit Auslandsberuhrung / von Curt W. Hergenröder. - Berlin: Duncker und Humblot. 1987. (Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht; Bd.85) ISBN 3-428-06184-5 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

@ 1987 Duncker &< Humblot GmbH. Berlin 41 Satz: Hermann Hagedorn GmbH &< Co, Berlin 46

Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06184-5

Meinen Eltern

La greve a sa mythologie: phenomene collectif, elle est mouvement spontane, ne hors des contraintes du droit etatique, aussi divers que les traditions sociales sont diffirentes. Ces traits laissent supposer que le droit international prive ne saisit pas facilement la greve. A. Lyon-Caen, Rev. crit. 1977,271

Vorwort Arbeitskämpfe sind in den westlichen Demokratien zum Bestandteil des täglichen Lebens geworden. Die zunehmende wirtschaftliche Verflechtung aufinternationaler Ebene sowie die überstaatliche Zusammenarbeit der Koalitionen haben dabei dazu geführt, daß Arbeitskampfmaßnahmen und ihre Auswirkungen in vielen Fällen nicht mehr an den jeweiligen nationalen Grenzen haltmachen. Der ,,Arbeitskampf mit Auslandsberührung" hat zunehmend an praktischer Bedeutung gewonnen. Mit dieser Erscheinungsform verbunden ist eine Fülle von Problemen für das Internationale Arbeits- und Sozialrecht, die in ihrer Gesamtheit bislang monographisch nicht aufgearbeitet wurden. Diese Lücke will die vorliegende Untersuchung schließen. Die Studie hat der Juristischen Fakultät der Freien Universität Berlin im Sommersemester 1986 als Dissertation vorgelegen. Für die Veröffentlichung wurde sie überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht. Das am 1. 9.1986 in Kraft getretene Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25.7.1986 (BGBI. I S.1142) ist dabei ebenso berücksichtigt wie das Gesetz zur Sicherung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen vom 15.5.1986 (BGBI. I S. 740). Rechtsprechung und Schrifttum wurden bis Oktober 1986 ausgewertet. Die Untersuchung entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz sowie der Freien U niversität Berlin. Herzlich danken möchte ich an dieser Stelle vor allem meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Hugo Seiter. Er hat das Thema angeregt und die Arbeit mit vielfältigem kritischen Rat sowie durch seine über die fachliche Unterstützung weit hinausgehende Betreuung gefördert.

VIII

Vorwort

Dank schulde ich weiter meinem Zweitgutachter, Herrn Prof Dr. Dietrich von Stebut, fiir seine zahlreichen Anregungen, aber auch manch kritischen Hinweis. Herrn Ernst Thamm vom Verlag Duncker & Humblot danke ich fiir die Aufnahme der Arbeit in die Reihe "Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht". Berlin-Halensee, im Januar 1987

Curt W. Hergenröder

Gliederungsübersicht §1

Einruhrung und Problemstellung.. . ........................... . 1. Teil:

Allgemeine Lehren - Rechtsgmndlagen und Methodenfragen 1. Abschnitt: Ansätze zur Lösung international-arbeitskampfrechtlicher Probleme 1. Unterabschnitt: Normative Vorgaben rur die kollisionsrechtliche Beurteilung von Arbeitskämpfen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §2

19 19

Der Aussagegehalt arbeitskollisionsrechtlicher Kodifikationen

19

2. Unterabschnitt: Der Arbeitskampf mit Auslandsbezug in der Rechtsprechung

23

§3

Arbeitskampfmaßnahmen auf Schilfen unter ausländischer Flagge in deutschen Häfen .............................................

23

§4

Grenzüberschreitende Sympathiearbeitskämpfe und Boykottmaßnahmen ......................... ..............................

32

3. Unterabschnitt: Der Arbeitskampf mit Auslandsbezug in der Literatur .....

40

§5

Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf mit Auslandsberührung ........................................................

40

§6

Kollisionsrechtliche Fragen grenzüberschreitender Sympathiearbeitskämpfe und transnationaler Boykottaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

2. Abschnitt: Rahmenregelungen und ihre Bedeutung rur den Arbeitskampf mit Auslandsberührung

84

§7

Arbeitskampfregelungen im Internationalen Arbeitsrecht

84

§8

Die verfassungsrechtliche Verankerung des Arbeitskampfes .... . ....

95

§9

Die Rechtsnatur des Arbeitskampfrechts .........................

103

3. Abschnitt: Arbeitskollisionsrechtliche Grundfragen

117

1. Unterabschnitt: Die Methode der Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

117

§ 10 Das Kriterium der ,,Auslandsberührung" eines Arbeitskampfes ..... .

117

§ 11 Struktur und Systematik der arbeitsrechtlichen Kollisionsnormen ....

136

x

Gliederungsübersicht

2. Unterabschnitt: Verfassung und ordre public als arbeitskollisionsrechtliche Gestaltungsfaktoren ................................................. § 12 Wechselbeziehungen zwischen Grundgesetz, Kollisionsrecht und Sachrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 13 Internationaler Anwendungsbereich von Art.9 Abs.3 GG und ordre public .. . . . ... . . ... . . .. . . . . .. . ... . ... . .. . . . . .... . . . . .. . . .. .. . 3. Unterabschnitt: Die wesentlichen Gesichtspunkte zur Ermittlung des Arbeitskampfstatuts ....................................................... § 14 Beteiligte Rechtsverhältnisse und Trennungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . § 15 Der "Schwerpunkt" der arbeitskampfrechtlichen Beziehung als ausschlaggebendes Anknüpfungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 16 Die Sonderproblematik akzessorischer Kampfinaßnahmen ..........

155 155 169 192 192 203 227

2. Teil: Besonderer Teil - Sachverhaltsgruppen

1. Abschnitt: Kampfmaßnahmen inländischer Arbeitskampfparteien im Ausland und ausländischer Arbeitskampfparteien im In- und Ausland § 17 Arbeitskampfort und Arbeitskampfstatut ......................... § 18 Anwendbares Sachrecht und nationaler ordre public .. . . . . . . . . . . . . .

2. Abschnitt: Die Beteiligung ausländischer Arbeitskampfparteien an nationalen Arbeitskämpfen

1. Unterabschnitt: Grenzüberschreitende Sympathiekampfinaßnahmen § 19 Die rechtliche Problematik inländischer Sympathiekampfinaßnahmen zugunsten ausländischer Arbeitskampfparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 20 Akzessorietät und kollisionsrechtliche Beurteilung des ausländischen Hauptarbeitskampfes .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterabschnitt: Arbeitskampfrisiko und staatliche LohnersatzIeistungen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten .................................. § 21 Das Arbeitskampfrisiko bei Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung . § 22 Staatliche Lohnersatzleistungen bei Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung ..................................................... 3. Unterabschnitt: Transnationale Boykottaktionen ......................... § 23 Die rechtliche Problematik grenzüberschreitender Aufrufe zum Boykott oder Sympathiearbeitskampf ................................... § 24 Akzessorietät und kollisionsrechtliche Beurteilung der ausländischen Durchfiihrungsmaßnahmen ....................................

233 233 252

262 263 263 286 304 304 322 330 330 345

Gliederungsübersicht

XI

3. Abschnitt: Arbeitskämpfe zur Realisierung von Zielen auf internationaler Ebene

358

§ 25 Arbeitskampf und transnationaler Konzern .......................

358

§ 26 Arbeitskampfinaßnahmen internationaler Gewerkschaftsdachverbände

375

§ 27 Die kampfWeise Auseinandersetzung internationaler Dachverbände von

Arbeitgebern und Arbeitnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3. Teil:

393

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

403

Literaturverzeichnis

410

Stichwortverzeichnis

446

Inhaltsverzeichnis

§ 1 Einfiihrung und Problemstellung ................................... .

I. Arbeitskampf und nationale Arbeits- und Wirtschaftsordnung ....... . 11. Erscheinungsformen und Hintergründe von Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung ............................................... 1. Der Arbeitskampf mit Auslandsbezug in Vergangenheit und Gegenwart...................................................... a) Frühe Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Heutige Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ursachen der Internationalisierung von Arbeitskämpfen .......... a) Auslandstätigkeit von Arbeitnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Internationale Zusammenarbeit der Kampfparteien ........... c) Der transnationale Konzern ............................... d) "Runaway-industries" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Perspektiven fiir die künftige Entwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Arbeitskampf mit Auslandsberührung und Internationales Arbeitsrecht 1. Der Regelungsbereich des "Internationalen Arbeitsrechts" ........ 2. Arbeitskampf und Internationales Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Ermittlung des ,,Arbeitskampfstatuts" als Ziel der Untersuchung.

3 3 3 4 8 8 8 10 12 13 14 14 15 16

1. Teil: Allgemeine Lehren - Rechtsgnmdlagen und Methodenfragen 1. Abschnitt: Ansätze zur Lösung international-arbeitskampfrechtlicher Probleme

19

1. Unterabschnitt: Normative Vorgaben jiir die kollisionsrechtliche Beurteilung von Arbeitskämpjen?

19

§ 2 Der Aussagegehalt arbeitskollisionsrechtlicher Kodifikationen

19

I. EG-Übereinkommen vom 19. 6. 1980 über das aufvertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ..................................

19

11. Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25. 7.1986 111. Ergebnis .....................................................

21 23

XIV

Inhaltsverzeichnis 2. Unterabschnitt: Der Arbeitskampfmit Auslandsbezug in der Rechtsprechung

§ 3 Arbeitskampfmaßnahmen auf Schiffen unter ausländischer Flagge in deut-

23

schen Häfen .....................................................

23

I. Der Streik auf dem Motorschiff (MS) nKayode Bakare" . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bremen vom 5.8.1977 ..... 2. Die Folgeentscheidung des Verwaltungsgerichts Bremen vom 15.8. 1977 ................................................. 11. Panamesisches Recht als Arbeitskampfstatut bei einem Streik in einem deutschen Hafen .............................................. 1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 5.12.1979 ......... 2. Das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 29.5.1981 ......... III. Ordre public und deutsches ArbeitskampITecht .................... 1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 19.4.1982 .. . . . . . . . . . 2. Das Urteil des Arbeitsgerichts Husum vom 18.2. 1983 ........... IV. Die Maßgeblichkeit des Deliktsstatuts für die Beurteilung von Kampfrnaßnahmen ausländischer Arbeitskampfparteien im Inland ......... V. Der vorläufige Schlußpunkt: Die Entscheidungen des Arbeitsgerichts Hamburg vom 6.4.1983 und des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 26.8.1983 .................................................... 1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 6.4.1983 .......... 2. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 26.8.1983 .... VI. Fazit ........................................................

23 23

29 30 31 31

§ 4 Grenzüberschreitende Sympathiearbeitskämpfe und Boykottmaßnahmen .

32

I. Sympathiekampfmaßnahmen inländischer Arbeitnehmer zugunsten ausländischer Zielsetzungen ....................................... 1. Der Sympathiearbeitskampfdeutscher Arbeitnehmer zugunsten eines ausländischen Hauptstreiks - das Urteil des Arbeitsgerichts WuppertaI vom 24. 11. 1959 ......................................... 2. Der Arbeitskampfim "Drittinteresse" - die Entscheidung des Landgerichts Bremen vom 25.3. 1969 ................................ 3. Der "Times-Fall" .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11. Der Aufrufzu Unterstützungskampfmaßnahmen im Ausland - die "Boykottmaßnahmen" in der Seeschiffahrt im Jahre 1973 . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgerungen für die weitere Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unterabschnitt: Der A rbeitskampf mit Auslandsbezug in der Literatur

24 25 25 26 27 27 28 29

32 32 33 34 38 39

40

§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf mit Auslandsberührung .

40

I. Der Ort des Arbeitskampfes als maßgebliches Anknüpfungskriterium.

40

Inhaltsverzeichnis

1. Das auf die kollektive Auseinandersetzung anwendbare Recht. . . . . a) Die These von der Durchsetzung der eigenen Rechtsordnung

(Gamillscheg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Lehre vom Normzweck (Müller) . . . ... . . . . . . . . . . .. . . . .. . c) Der Arbeitskampfort als "Schwerpunkt" (Gitter, Martiny, Birk) .. d) Arbeitskampfort und Grundgesetz (Birk) .................... e) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Anknüpfung individual- und schadensrechtlicher Folgen von Arbeitskämpfen ............................................ a) Unterschiedliches Statut für Kampfmittel und Kampffolgen ? - Der "Tropwind-Fall" .......................................... b) Das Postulat eines "inneren Entscheidungseinklangs" - einheitliches Statut für Kampfmittel und Kampffolgen . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassende Kritik ...................................

XV

42 42 43 45 46 48 48 48 50 51

11. Die Anknüpfung an den Arbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arbeitskampfstatut als Annex zum Arbeitsvertragsstatut (Rüthers). 2. Die Anknüpfung an das Recht der Flagge bei Seeschiffen ........

54

a) Der Arbeitskampf als Institut des Privatrechts (Großmann) ..... b) Die Differenzierung nach der "Außenwirkung" (Geffken) . . . . . . . c) Die generelle Anwendung des Flaggenrechts (Seiter) .......... d) Flaggenrecht als Ausnahme von der lex fori (Birk) . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassende Kritik ...................................

54 56 57 58 59 60 61

III. Arbeitskampf und "Wirkungsstatut" (Schnorr von Carolsfeld) ........

63

IV. Die Maßgeblichkeit des Deliktsstatuts (Wintrich) ...................

64

V. Fazit ........................................................

66

§ 6 Kollisionsrechtliche Fragen grenzüberschreitender Sympathiearbeitskämpfe und transnationaler Boykottaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

I. Arbeitskampfstatut und Beteiligung ausländischer Arbeitskampfparteien an inländischen Arbeitskämpfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inländische Sympathiearbeitskämpfe zugunsten ausländischer Arbeitskampfparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inländische Aufrufe zum Sympathiearbeitskampf bzw. Boykott im Ausland................................................... 3. Zwischenergebnis...........................................

11. Der ausländische Hauptarbeitskampf als präjudizielles Rechtsverhältnis

im Rahmen einer inländischen Sympathiekampfmaßnahme . . . . . . . . . . 1. Die Akzessorietät der inländischen Sympathiekampfmaßnahme zum ausländischen Hauptarbeitskampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Meinungsstand zur kollisionsrechtIichen Beurteilung des Hauptarbeitskampfes im Rahmen der Akzessorietät ................... a) Die Maßgeblichkeit der ausländischen Rechtsordnung . . . . . . . . . aa) Grundsatz: Primat des ausländischen Rechts . . . . . . . . . . . . .

66 66 67 68 68 68 70 70 70

XVI

Inhaltsverzeichnis bb) Korrektur durch den ordre public ...................... cc) Art.6 EGBGB 1986 als "Rechtsgrundlage" grenzüberschreitender Demonstrationsstreiks? ......................... dd) Fazit ............................................... b) Die Beurteilung des ausländischen Hauptarbeitskampfes nach deutschem und ausländischem Recht ....................... c) Die Beurteilung des ausländischen Hauptarbeitskampfes nach deutschem Recht ........................................ d) Die These von der Anwendung des "günstigeren Rechts" ...... aa) Günstigkeitsprinzip und Arbeitsverweisungsrecht ......... bb) Kritik .............................................. 3. Zusammenfassung.......................................... III. Die ausländische Durchführungsmaßnahme als präjudizielles Rechtsverhältnis im Rahmen eines inländischen Aufrufs zum Boykott bzw. Sympathiearbeitskampf .............................................. 1. Rechtliche Abhängigkeit des Aufrufs von den Durchführungsmaßnahmen? ..................................................... a) Grundsatz einer eigenständigen Beurteilung ................. b) Postulat einer Akzessorietät ............................... c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Meinungsstand zur Beurteilung der ausländischen Unterstützungsaktionen im Rahmen der Akzessorietät ................... a) Die Anwendbarkeit der ausländischen Rechtsordnung . . . . . . . . . b) Die Maßgeblichkeit des deutschen Rechts ................... c) Kombination bei der Meinungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung...................... . ...................

2. Abschnitt: Rahmenregelungen und ihre Bedeutung für den Arbeitskampf mit Auslandsberührung

§ 7 Arbeitskampfregelungen im Internationalen Arbeitsrecht

71 73 74 74 75 77 77 78 79

80 80 80 81 82 82 82 82 83 84

84 84

I. Völkerrechtliche Bestimmungen ................................ . 1. Der Arbeitskampfin den Menschenrechtsinstrumenten der Vereinten Nationen ................................................. . 2. Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation ........ .

84

11. Europarechtliche Bestimmungen ............................... .

89

1. Europäische Menschenrechtskonvention und Europäische Sozialcharta .................................................... . 2. Recht der Europäischen Gemeinschaften ...................... .

89 91

111. Ergebnis .................................................... .

93

1. Überstaatliche Arbeitskampfgarantie und kollisionsrechtliche Konsequenzen .................................................. . 2. Existenz eines "materiellen internationalen Arbeitskampfrechts"? ..

93 94

84 87

Inhaltsverzeichnis § 8 Die verfassungsrechtliche Verankerung des Arbeitskampfes I. Die Arbeitskampfgarantie des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausdrückliche Garantie des Arbeitskampfes durch Art. 9 Abs. 3 GG? 2. Garantie der Koalitionsfreiheit in Art. 9 Abs. 3 GG und Arbeitskampf 3. Recht auf Arbeitskampfaus Art. 9 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG? 4. Zwischenergebnis...........................................

§9

XVII 95 95 95 96 98 99

11. Grenzen der verfassungsrechtlichen Privilegierung ................. 1. Der Arbeitskampf als "Hilfsmittel der Tarifautonomie" ........... 2. Die Lehre vom "Kembereich" ................................

100 100 101

III. Folgerungen für die weitere Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

102

Die Rechtsnatur des Arbeitskampfrechts .............................

103

I. Arbeitskampfrecht als Bestandteil des öffentlichen oder des privaten Arbeitsrechts? ................................................ 1. Die ArbeitskampijJarteien als Privatrechtssubjekte ............... a) Stellung und Aufgabe der Arbeitskampfparteien in der Rechtsordnung ................................................... b) Die Koalitionsfreiheit als Mittel der Privatautonomie .......... 2. Der Arbeitskampf als Ausdruck kollektiven privatautonomen Handelns. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das "öffentliche" Arbeitskampfrecht ........................ b) Die Rechtsbeziehungen der ArbeitskampijJarteien zueinander .. 3. Ergebnis .................................................. 11. Der Arbeitskampfim Spannungsfeld zwischen Individual- und Kollektivrecht ........................................................ 1. Arbeitskampfrecht als Bestandteil des "kollektiven" Arbeitsrechts . . a) Der Begriff des "kollektiven" Arbeitsrechts .................. b) Der Arbeitskampf im kollektiven Arbeitsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der individual(arbeits)rechtliche Aspekt des Arbeitskampfes ...... III. Arbeitskampfrecht und Zivilrechtsdogmatik ....................... 1. Die kollektivrechtliche Einheitstheorie des Bundesarbeitsgerichts .. a) Der rechtmäßige Arbeitskampf als Tatbestand "außerhalb" des Arbeitsvertragsrechts ..................................... b) Rechtswidriger Arbeitskampf und deliktsrechtliches Haftungssystem ................................................... 2. Zur Kritik an der "kollektivrechtlichen" Einheitslehre ............ 3. Stellungnahme ............................................. a) Das Streikrecht als subjektiv-privates Gestaltungsrecht? . . . . . . . . b) Kollektivrechtliche Einheitslehre und Arbeitskampfstatut ......

103 103 103 104 105 105 107 109 109 109 109 11 0 110 111 111 111

112 114 115 115 116

XVIII

Inhaltsverzeichnis 3. Abschnitt: Arbeitskollisionsrechtliche Grundfragen

117

1. Unterabschnitt: Die Methode der Anknüpji,mg

117

§ 10 Das Kriterium der "Auslandsberührung" eines Arbeitskampfes

117

I. Ansätze zu einer Definition in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

117

11. "Auslandsberührung" und Kollisionsnorm ........................ 1. Die dogmatische Funktion ................................... 2. Die Relation von Tatbestand und Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111. Der "internationale" Sachverhalt im Arbeitskollisionsrecht . . . . . . . . . . . 1. ,,Auslandsbezug" und individualvertragliche Rechtswahl .......... 2. Der "heterogen" verknüpfte Tatbestand im kollektiven Arbeitsrecht 3. Fazit...................................................... IV. Der Ausgangspunkt der Einteilung in "nationale" und "internationale" Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der "inländische" Arbeitskampf i. S. v. § 116 AFG bzw. § 84 AVA VG 2. Die Orientierung an den Grundstrukturen des Arbeitskampfes .... 3. "Nationaler" und "internationaler" Arbeitskampfund einzelstaatliche Arbeits- und Wirtschaftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis: Der in Betracht zu ziehende Kreis von Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kampfmaßnahmen inländischer Arbeitskampfparteien im Ausland sowie ausländischer Arbeitskampfparteien im In- und Ausland .... 2. Einbeziehung von ausländischen Arbeitskampfparteien in nationale Arbeitskämpfe ............................................. a) Die Einbeziehung von inländischen Arbeitskampfparteien in einen ausländischen Arbeitskampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Einbeziehung von ausländischen Arbeitskampfparteien in einen inländischen Arbeitskampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Arbeitskämpfe auf internationaler Ebene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

120 120 121 123 123 126 127 128 128 130 132 134 134 135 135 135 135

§ 11 Struktur und Systematik der arbeitsrechtlichen Kollisionsnormen. . . . . . . .

136

I. Methodendiskussion im Arbeitskollisionsrecht und Art. 30 EGBGB 1986 11. Individualarbeitsrecht .......................................... 1. Die Auseinandersetzung um die freie Rechtswahl im Arbeitsvertrag a) Der Grundsatz der Parteiautonomie als Leitprinzip der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ........................... b) Die Kritik an der freien Rechtswahl im Schrifttum ............ 2. Das Arbeitsverhältnisstatut im Lichte von Art. 30 EGBGB 1986 ... a) Die Parteiautonomie und ihre Grenzen ..................... b) Die objektive Anknüpfung gern. Art. 30 Abs.2 EGBGB 1986... c) Die Sonderanknüpfung zwingenden inländischen Rechts gern. Art. 34 EGBGB 1986 .....................................

136 137 137 137 140 142 142 143 144

Inhaltsverzeichnis 3. Ergebnis: Allseitige oder einseitige Kollisionsnormen im Individualarbeitsrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Öffentliches Arbeits(schutz)recht ................................ 1. GeItungs- und Anwendungsbereich des inländischen öffentlichen Arbeitsschutzrechts ......................................... 2. Der Methodenstreit um die Erweiterung des Anwendungsbereichs des inländischen öffentlichen Arbeitsschutzrechts auf Auslandssachverhalte . .. . .. . . . . . ... . . . . . ... . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erweiterung des Anwendungsbereichs qua ,,Ausstrahlung"? .... aa) Begriff und originärer Anwendungsbereich .............. bb) Übertragung der ,,Ausstrahlung" auf das öffentliche Arbeitsrecht? .............................................. b) Der privatrechtliche Kern öffentlich-rechtlicher Arbeitsschutznormen und die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ............... 3. Die Anwendung inländischen öffentlichen Arbeitsrechts im Ausland im Hinblick auf Art. 30 EGBGB 1986 .........................

XIX 145 145 145 146 146 146 147 148 149

IV. Kollektives Arbeitsrecht ................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einseitige oder allseitige Kollisionsnormen als Grundlage der Rechtsanwendungsentscheidung? ................................... 2. Zur kollisionsrechtlichen Problematik einzelner Teilrechtskreise ... a) Betriebsverfassung ....................................... b) TarifVertrag ............................................. 3. Fazit......................................................

150 152 152 153 154

V. Folgerungen für die weitere Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

155

2. Unterabschnitt: Veifassung und ordre public als arbeitskollisionsrechtliche Gestaltungs!aktoren

155

§ 12 Wechselbeziehungen zwischen Grundgesetz, Kollisionsrecht und Sachrecht

I. Das Gebot der Verfassungsmäßigkeit der arbeitsrechtlichen Kollisionsnormen ...................................................... 1. Die Kollisionsnorm als Bestandteil der innerstaatlichen Rechtsordnung 2. Art. 9 Abs.3 GG als verfassungsrechtliche Grenze der Kollisionsnormen ...................................................... 3. Art.9 Abs.3 GG als "Kollisionsnorm" für die Anknüpfung des Arbeitskampfes unmittelbar? ................................. 4. Zwischenergebnis...........................................

11. Berufene ausländische Rechtsordnung und Grundgesetz ............ 1. Die Bindung ausländischen Rechts an die Grundrechte .......... 2. Der dogmatische Weg zur Realisierung der Grundrechtsbindung im Lichte von Art. 6 EGBGB 1986 .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Meinungsstreit um die anwendbaren Grundsätze unter der Geltung von Art. 30 EGBGB a. F. ..........................

150

155 155 155 157 158 160 160 160 162 162

xx

Inhaltsverzeichnis aa) Das Postulat eines eigenständigen "Verfassungskollisionsrechts" ............................................. bb) Der ordre public als Einbruchstelle der Grundrechte. . . . . . b) Folgerungen aus der ausdrücklichen Verankerung der Grundrechtsbindung in Art. 6 Satz 2 EGBGB 1986 ................. 3. Der Streit um die Anwendung der Grundrechte - ein bloßes Methodenproblem? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Bedeutung von Art. 9 Abs.3 GG im Hinblick auf die Beurteilung grenzüberschreitender Kampfrnaßnahmen nach inländischem Arbeitskampfrecht ................................................... 1. Die Verfassungsmäßigkeit der inländischen Arbeitskampfrechtsordnung ...................................................... 2. Die Aussagekraft von Art. 9 Abs.3 GG im Hinblick auf grenzüberschreitende Kampfinaßnahmen ...............................

162 163 165 165

167 167 168

IV. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . ..

168

§ 13 Internationaler Anwendungsbereich von Art. 9 Abs.3 GG und ordre public

169

I. Die Reichweite der Koalitionsfreiheit im Spiegel der Meinungen ..... 1. Die Begrenzung von Art. 9 Abs. 3 GG durch die innerstaatlichen Kollisionsnormen ............................................... 2. Die Entwicklung des Anwendungsbereichs der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs.3 GG unmittelbar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Methode und Ergebnis beider Auffassungen im Vergleich ........

169

11. Versuch einer Konkretisierung der internationalen Reichweite von Art. 9 Abs.3 GG ................................................... 1. Der personelle Aspekt der Koalitionsfreiheit - Art.9 Abs. 3 GG als allgemeines Menschenrecht .................................... a) Individuelle Koalitionsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kollektive Koalitionsfreiheit ................ . .............. 2. Der räumliche Aspekt der Koalitionsfreiheit .................... a) Auslandssachverhalt und Völkerrecht ....................... b) Die Anwendbarkeit der Grundrechte bei Auslandssachverhalten c) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der sachliche Aspekt der Koalitionsfreiheit .... . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Bedeutung der "Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen" in Art. 9 Abs.3 GG rur die internationale Reichweite der Koalitionsfreiheit ................................................. b) Zur Tragweite internationaler Rechtsquellen ................. c) Die Kollisionsnorm als "Konkretisierungsgesichtspunkt"? ...... d) "Inländische" bzw. "ausländische" Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen und die Forderung nach einem "abgestuften" Grundrechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis: Die Notwendigkeit der Erschließung des internationalen Anwendungsbereichs von Art. 9 Abs. 3 GG im Rahmen des ordre public

169 173 175 176 176 176 178 179 179 180 182 182 182 184 185 186 188 189

Inhaltsverzeichnis 1. Zur Reichweite von ordre public und Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . .

XXI 189

a) Der unbeschränkte Geltungsbereich der kollisionsrechtlichen Vorbehaltsklausel bei der Anwendung ausländischen Arbeitskampfrechts .................................................. b) Die beschränkte Reichweite von Art. 9 AJ:>s.3 GG ............ aa) Der sachliche Anwendungsbereich der Koalitionsfreiheit . . . bb) Der internationale Anwendungsbereich der Koalitionsfreiheit 2. Art. 9 Abs.3 GG als Konkretisierungsgesichtspunkt des ordre public

189 190 190 191 191

IV. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

192

3. Unterabschnitt Die wesentlichen Gesichtspunkte zur Ermittlung des ArbeitskampJstatuts

192

§ 14 Beteiligte Rechtsverhältnisse und Trennungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

192

I. Arbeitskampfstatut und staatliches Regelungsinteresse .............. 1. Arbeitskampf mit Auslandsberührung und öffentliche Ordnung ... 2. Staatliches Regelungsinteresse und Kollisionsnorrn ... . . . . . . . . . . . . 3. Folgerungen rur das Arbeitskampfstatut ........................

192 192 195 198

H. Arbeitskampfstatut und beteiligte Arbeitskampfparteien . . . . . . . . . . . . . 1. Einheitliches Arbeitskampfstatut rur alle beteiligten Parteien "eines" Arbeitskampfes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff der ,,Arbeitskampfpartei" ....................... b) Betroffenes Rechtsverhältnis und kollisionsrechtliche Fragestellung 2. Der Kreis der beteiligten Arbeitskampfparteien ................. a) Kampfmaßnahmen von Inländern im Ausland und Ausländern im Inland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Einbeziehung von Ausländern in nationale Arbeitskämpfe . c) Arbeitskämpfe auf internationaler Ebene .................... 3. Folgerungen rur die weitere Untersuchung .....................

199

§ 15 Der "Schwerpunkt" der arbeitskampfrechtlichen Beziehung als ausschlagge-

bendes Anknüpfungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kollektive Privatautonomie und arbeitskollisionsrechtliche Konsequenzen.......................................................... 1. Die Rechtsnatur des Arbeitskampfes als Leitprinzip rur die Gestaltung der Kollisionsnorrn ......................................... 2. Folgerungen aus der Funktion des Arbeitskampfes als Hilfsmittel der Tarifautonomie ............................................. 3. Parteiautonome Vereinbarung des Arbeitskampfstatuts? .......... 4. ,,Arbeitskampfschwerpunkt" und Methodendiskussion im Arbeitskollisionsrecht ................................................ 11. Gesichtspunkte rur die Zuordnung einer arbeitskampfrechtlichen Beziehung zu einer bestimmten nationalen Arbeits- und Wirtschaftsordnung 1. Vertragliche Sonderbeziehung und Arbeitskampfstatut ...........

199 199 199 200 200 200 202 203 203 203 203 204 206 208 209 209

XXII

Inhaltsverzeichnis a) Die individualvertragliche Ebene - das Arbeitsverhältnisstatut aa) Folgen fiir das Arbeitskampfstatut? ..................... bb) Argumente gegen die ausschließliche Anknüpfung an den Arbeitsvertrag ....................................... b) Die kollektivvertragliche Ebene - das Tarifvertragsstatut . . . . . . . aa) Das Arbeitskampfstatut als ,,Annex" des Tarifvertragsstatuts? bb) Tarifvertragliche Rechtswahl und Arbeitskampfstatut ...... 2. Objektive Anknüpfung des Arbeitskampfstatuts ................. a) Individuelle Anknüpfungsmerkmale ........................ aa) Anknüpfungsgesichtspunkte auf Arbeitgeberseite ......... bb) Anknüpfungsgesichtspunkte auf Arbeitnehmerseite ....... cc) Anknüpfungsgesichtspunkte hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses der Kampfparteien ............................. b) Kollektive Anknüpfungsmerkmale ............. . . . . . . . . . . . . . aa) Der Sitz der tarifschließenden Parteien. . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der satzungsgemäß festgelegte Tätigkeitsbereich. . . . . . . . . . c) Zielbezogene Anknüpfungsgesichtspunkte ................... aa) Arbeitsrechtliche Arbeitskämpfe ....................... bb) Politische Arbeitskämpfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sekundärer Rückgriff auf das Deliktsstatut? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

210 210

III. Die Reichweite des Arbeitskampfstatuts .......................... 1. Kampfmaßnahmen im Dualismus Individual- und Kollektivrecht .. a) Die kollektive Ausübung von Individualrechten .............. b) Die Rechtsfolgen fiir das Einzelarbeitsverhältnis .............. aa) Die grundsätzliche Maßgeblichkeit des Arbeitskampfstatuts bb) »Günstigkeitsvergleich" i. S. von Art. 30 Abs. 1 EGBGB 1986? 2. Die Anknüpfung deliktischer Fragen ..........................

222 222 222 223 223 224 226

IV. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

226

§ 16 Die Sonderproblematik akzessorischer Kampfmaßnahmen ..............

227

211 213 213 213 215 215 215 216 217 218 218 219 219 219 221 221 221

I. Die rechtliche Abhängigkeit inländischer Kampfmaßnahmen von ausländischen Arbeitskämpfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der ausländische Arbeitskampf als arbeitskollisionsrechtliche »Vorfrage"? .................................................... 2. Begriff und Wesen der »Vorfrage" .............................

227 228

11. Das auf die »Vorfrage" anwendbare Kollisionsrecht ................. 1. Die »Hauptfrage" unterliegt dem inländischen Arbeitsrecht ....... 2. Die »Hauptfrage" unterliegt ausländischem Arbeitsrecht .. . . . . . . . .

228 228 229

III. Das auf die »Vorfrage" anwendbare Sachrecht .....................

230

IV. Ergebnis .....................................................

232

227

Inhaltsverzeichnis

XXIII

2. Teil: Besonderer Teil - Sachverbaltsgruppen 1. Abschnitt: Kampfmaßnahmen inländischer Arbeitskampfparteien im Ausland und ausländischer Arbeitskampfparteien im In- und Ausland

233

§ 17 Arbeitskampfort und Arbeitskampfstatut ............. . . . . . . . . . . . . . . . .

233

I. Arbeitskampfort liegt im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. ,,Ausstrahlungen" inländischer Betriebe ........................ a) Grenzüberschreitende Betriebe ............................ b) Auslandsaufenthalt folgt aus der Natur des Arbeitsverhältnisses. c) Künstler, Artisten auf Tournee im Ausland .................. d) Montagearbeitnehmer .................................... e) Leiharbeitnehmer .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befristete Abordnung ins Ausland zu Kontroll- und Leitungszwekken .................................................... aa) Entsendung in rechtlich unselbständige ausländische Betriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abordnung in ausländische Tochtergesellschaften. . . . . . . . . 2. Reiner Auslandseinsatz von Arbeitnehmern .................... 3. Rechtlich unselbständige Betriebsstätten inländischer Unternehmen im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unbefristet entsandtes Personal ............................ b) Ausländische Ortskräfte . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 4. Tochtergesellschaften inländischer Unternehmen im Ausland ..... a) Die grundsätzliche Anwendbarkeit ausländischen Rechts ...... b) Der Sonderfall "ausgeflaggter" deutscher Seeschiffe ........... c) Runaway-industries ...................................... 5. Wandernde Betriebe ........................................ 6. Betriebe und Unternehmen mit Sitz im Ausland ................ a) Die grundsätzliche Anwendbarkeit ausländischen Rechts ...... b) Zulässigkeit der Rechtswahl durch Vertrags- und Tarifstatut? ...

233 233 233 234 235 235 237

o

238 238 239 240 240 240 241 242 242 242 245 246 246 246 246

11. Arbeitskampfort liegt auf hoheitsfreiem Gebiet .................... 1. Seeschiffe ................................................. 2. Naßbagger, Hubinseln, Taucherplattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ölbohrinseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

247 247 247 247

III. Arbeitskampfort liegt im Inland ................................. 1. "Einstrahlungen" ausländischer Betriebe ....................... a) Die grundsätzliche Anwendbarkeit ausländischen Rechts ...... b) Der Sonderfall der "billigen Flaggen" ....................... 2. Reiner Inlandseinsatz ausländischer Arbeitnehmer .............. 3. Rechtlich unselbständige Betriebe ausländischer Unternehmen im Inland .................................................... 4. Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen im Inland . . . . . .

248 248 248 248 249 250 250

XXIV

Inhaltsverzeichnis 5. Wandernde Betriebe 6. Betriebe und Unternehmen mit Sitz im Inland ................. .

250 250

IV. Zusammenfassendes Ergebnis .................................. .

251

§ 18 Anwendbares Sachrecht und nationaler ordre public .................. .

252

I. Probleme des materiellen inländischen Arbeitskampfrechts bei Auslandssachverhalten ................................................ . 1. "Außenwirkung" und Kampfparität ........................... . 2. Die Zulässigkeit vertraglicher Arbeitskampfvereinbarungen bei Auslandssachverhalten ......................................... . a) Tarifvertragliehe Vereinbarung einer absoluten Friedenspflicht .. b) Arbeitsvertraglicher Verzicht der Ausübung von Kampfmaßnahmen .................................................. .

11. Materielles ausländisches Arbeitskampfrecht und nationaler ordre public 1. Die kollisionsrechtliche Vorbehaltsklausel in Rechtsprechung und Literatur ................................................. . 2. Die ErgebnisbeZogenheit von Art. 6 EGBGB 1986 .............. . III. Grenzüberschreitende Streikabwehr und positive Funktion der kollisionsrechtlichen Vorbehaltsklausel - zur Sonderanknüpfung zwingenden Rechts i. S. von Art. 34 EGBGB 1986 ........................... . 1. Art. 1 § 11 Abs.5 AÜG als zwingende Norm des privatrechtlichen Arbeitnehmerschutzes ...................................... . 2. Ausdehnende Anwendung der Vorschrift auf das Recht zur Verweigerung von Streikarbeit allgemein? ............................. . 3. Die Zulassung grenzüberschreitender Streikabwehr als Verstoß gegen Art. 34 EGBGB 1986? ...................................... . IV. Zusammenfassung ............................................ .

252 252 253 253 253 255 255 256

258 258 259 261 262

2. Abschnitt: Die Beteiligung ausländischer Arbeitskampfparteien an nationalen Arbeitskämpfen

262

1. Unterabschnitt: Grenzüberschreitende Sympathiekampjmaßnahmen

263

§ 19 Die rechtliche Problematik inländischer Sympathiekampfmaßnahmen zugunsten ausländischer Arbeitskampfparteien ............................. I. Sympathiekampfmaßnahmen im System der Arbeitskampfrechtsordnung 1. Begriff und Formen des Sympathiearbeitskampfes ............... a) Sympathiekampfmaßnahmen im engeren Sinne .............. b) Sonderformen des Sympathiearbeitskampfes ................. 2. Die Frage der Zulässigkeit von Sympathiekampfmaßnahmen im innerstaatlichen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sympathiekampfmaßnahmen der Arbeitnehmerseite .......... aa) Die Verweigerung von Streikarbeit .....................

263 263 263 263 264 265 265 265

Inhaltsverzeichnis bb) Der Sympathiestreik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Streik im "Drittinteresse" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Sympathieaussperrung ................................ c) Der Sympathieboykott .................................... 3. Ergebnis ..................................................

11. Die Rechtmäßigkeit grenzüberschreitender Sympathiekampfmaßnahmen im Spiegel der Meinungen ................................. 1. Die These von der generellen Unzulässigkeit inländischer Sympathiekampfrnaßnahmen zur Unterstützung ausländischer Arbeitskampfparteien ................................................... a) Rechtsprechung ......................................... aa) Das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 24. 11. 1959. bb) Die Entscheidung des Landgerichts Bremen vom 25.3.1969 b) Ablehnende Stimmen in der Literatur ...................... 2. Der grenzüberschreitende Sympathiearbeitskampf als rechtmäßiges Kampfmittel in Rechtsprechung und Literatur .................. a) Die Verweigerung von Streikarbeit im Hinblick auf einen ausländischen Arbeitskampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Zu lässigkeit grenzüberschreitender Sympathiestreiks. . . . . . . aa) Die Begründung im einzelnen ......................... bb) Umfang und Grenzen der Rechtmäßigkeit ............... c) Der grenzüberschreitende Streik im "Drittinteresse" . . . . . . . . . . . d) Die grenzüberschreitende Sympathieaussperrung ............. 3. Fazit...................................................... III. Der grenzüberschreitende Sympathiearbeitskampfim Lichte der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ........................ 1. Folgerungen aus der Annexfunktion des Arbeitskampfes als Hilfsmittel der Tarifautonomie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Problem: Der grenzüberschreitende Sympathiearbeitskampf als Ausgleichsinstrument für Paritätsstörungen eines ausländischen arbeitskampfrechtlichen Systems? ............................. 3. "Grundsatz der Gegenseitigkeit" und Notwendigkeit eines "transnationalen" Paritätsverständnisses ................................. 4. Ergebnis: Die Anerkennung grenzüberschreitender Sympathiekampfmaßnahmen als Ausnahmetatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXV 267 270 270 271 272 272 272 272 272 273 274 275 275 276 276 278 279 280 280 280 281 282 283 285

IV. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

285

§ 20 Akzessorietät und kollisionsrechtliche Beurteilung des ausländischen Hauptarbeitskampfes ...................................................

286

I. Die Hauptkampfbezogenheit von Sympathiekampfmaßnahmen ...... 1. Die rechtliche Abhängigkeit des inländischen Sympathiearbeitskampfes vom ausländischen Hauptarbeitskampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Grundlagen der Akzessorietät im Schrifttum ................ 3. Die Notwendigkeit einer dogmatischen Fundierung des Akzessorietätsgebots .................................................

286 286 287 287

XXVI

Inhaltsverzeichnis

11. Das Akzessorietätsgebot als Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit .................................................... 1. Die verschiedenen Formen des Hauptarbeitskampfes ............ a) Identität der Kampfformen ................................ b) Sympathiekampfmaßnahmen gegen ein Vorgehen der Gegenseite im Hauptkampfgebiet .................................... c) "Sympathie"arbeitskämpfe ohne Hauptstreik bzw. -aussperrung. aa) Sympathiearbeitskampf auf Aufforderung . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der "echte" Streik im Drittinteresse .................... 2. Das Vorliegen eines "Hauptarbeitskampfes" als Grundvoraussetzung des Akzessorietätsgedankens ................................. a) Die Unanwendbarkeit von Art. 6 EGBGB 1986 bei "echten" Streiks im Drittinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Akzessorietät und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ............. 3. Rechtmäßiger Hauptarbeitskampf und Erforderlichkeit der Sympathiekampfinaßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Rechtmäßigkeit des Hauptarbeitskampfes als Voraussetzung für die Erforderlichkeit der Sympathiekampfmaßnahme . . . . . . . . b) Das Postulat einer Rechtmäßigkeit des Hauptarbeitskampfes hinsichtlich Kampfdurchführung und Kampfziel . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis........................................... III. Die auf den ausländischen Hauptarbeitskampf anwendbare Rechtsordnung: ausländisches Arbeitskampfrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Notwendigkeit einer Beurteilung des ausländischen Hauptarbeitskampfes nach dem Hauptkampfstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kumulative Anwendung inländischen Arbeitskampfrechts? ....... 3. Ergebnis .................................................. IV. Zur Tragweite des ordre public .................................. 1. Die Anwendbarkeit von Art. 6 EGBGB 1986 im Rahmen präjudizieller Rechtsverhältnisse ....................................... a) Die Relativität der kollisionsrechtlichen Vorbehaltsklausel . . . . . . b) Besonderheiten präjudizieller Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . c) Der ausländische Hauptarbeitskampf als präjudizielles Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen grenzüberschreitender Sympathiekampfinaßnahmen und ordre public . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der verbleibende Anwendungsbereich von Art. 6 EGBGB 1986 ... a) Der Aussagegehalt ausländischer Rechtsordnungen ........... aa) Streikfreundlichen Rechtsordnungen .................... bb) Streikfeindliche Rechtsordnungen ...................... b) Die grundsätzliche Unanwendbarkeit von Art. 6 EGBGB 1986 bei inländischen Sympathiekampfinaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

288 288 288 288 289 289 290 291 291 292 293 293 293 294 294 294 295 296 297 297 297 298 299 300 301 301 301 302 302 303

Inhaltsverzeichnis

XXVII

2. Unterabschnitt: Arbeitskampfrisiko und staatliche Lohnersatzleistungen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten § 21 Das Arbeitskampfrisiko bei Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung

I. Die kollisionsrechtliche Beurteilung der Lohnverweigerung nach der Arbeitskampfrisikolehre ........................................ 1. Ausländischer Arbeitskampf und Arbeitskampfrisiko . . . . . . . . . . . . . 2. Der Meinungsstand in der Literatur ........................... a) Maßgeblichkeit des Arbeitsverhältnisstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendbarkeit des Arbeitskampfstatuts ..................... 3. Die Lohnverweigerung nach der Arbeitskampfrisikolehre als Institut des kollektiven Arbeitsrechts ................................. a) Die These vom kampfrechtlichen Abwehrinstrument . . . . . . . . . . b) Arbeitskampfrisiko und Einzelarbeitsverhältnis ............... 4. Ergebnis .................................................. 11. Die Verteilung des Arbeitskampfrisikos bei grenzüberschreitenden Sachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausländischer Arbeitskampf und "Dreizonenmodell" des Bundesarbeitsgerichts ............................................... 2. Die Arbeitsleistung wird im Ausland erbracht .................. a) Der Produktionsausfall beruht auf einem inländischen Arbeitskampf . . . . . . . . .. . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . b) Der Produktionsausfall beruht auf einem ausländischen Arbeitskampf . . . . . . . . .. . .. . . . . . . ... . . ... . . . ... . . . . . . . . . . . .. . ... aa) Die ausländischen Arbeitnehmer streiken fiir eigene Ziele. bb) Es liegt ein ausländischer Sympathiestreik zugunsten der deutschen Arbeitnehmer vor .............................. 3. Die Arbeitsleistung wird im Inland erbracht. . . . . . . . . . . .. . . . . .. . a) Die ablehnende Haltung in der Literatur .................... b) Vergleich mit grenzüberschreitenden Kampfrnaßnahmen der Arbeitnehmerseite ......................................... c) Die Notwendigkeit einer Anerkennung des Rechts auf Lohnverweigerung nach der Arbeitskampfrisikolehre bei "ausländischen" Arbeitskämpfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Ausgestaltung im einzelnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis ..................................................

304

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III. Mittelbare Berücksichtigung ausländischen Rechts? ................ 1. "Hauptkampfbezogenheit" der Lohnverweigerung nach der Arbeitskampfrisikolehre? . .. . . . . . . . .... . .. . . . .. . . . . . . . . . .... . . . .. .. . 2. Besonderheiten bei Auslandssachverhalten ..................... a) Das Problem der Zurechnung ausländischen rechtswidrigen Verhaltens ................................................. b) Ausländischer Hauptarbeitskampf und Akzessorietät .......... 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

319 320 320

IV. Zusammenfassung. . . . . . .. . . . . . ... . . . . . . .. . . . .. . . . . . . .. . . . .. . . .

321

317 317 319

XXVIII

Inhaltsverzeichnis

§ 22 Staatliche Lohnersatzleistungen bei Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung

322

I. "Inländischer" Arbeitskampf und staatliche Neutralität. . . . . . . . . . . . . . 1. Der Regelungsgehalt von § 116 AFG .......................... 2. Verteilung des Arbeitskampfrisikos bei Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung und staatliche Lohnersatzleistungen ................. 3. § 116 AFG als Bestandteil des aufAuslandssachverhalte anwendbaren nationalen Sachrechts .......................................

322 322

11. Der "inländische" Arbeitskampf i. S. d. § 116 Abs.2 AFG ........... 1. Räumliche Betrachtungsweise und anspruchsberechtigter Personenkreis ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Staatliche Neutralität und Auslandsbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der "inländische" Arbeitskampf i. S. d. § 116 Abs.3 Satz 1 AFG . . . . . . 1. Mittelbare Kamptbetroffenheit und "ausländischer" Arbeitskampf . . 2. Der Sonderfall "inländischer" Aufrufe zum Sympathiestreik im Ausland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Arbeitskampf mit Auslandsberührung und Sozialhilferecht .......... V. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

324

3. Unterabschnitt: Transnationale Boykottaktionen § 23 Die rechtliche Problematik grenzüberschreitender Aufrufe zum Boykott oder Sympathiearbeitskampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Boykott und Aufrufzum Sympathiearbeitskampfim System des Arbeitskampfrechts .................................................. 1. Zur Typologie des transnationalen Boykotts .................... a) Der Boykott im "engeren Sinne" ........................... b) Der Aufrufzu Sympathiekampfmaßnahmen als Boykott im "weiteren Sinne"? ............................................. 2. Zur Rechtsfigur des "Sympathieboykotts" ...................... 3. Die zur Beurteilung stehenden arbeitskampfrechtlichen Beziehungen beim Boykott .............................................. a) Die Mehraktigkeit des Boykottgeschehens ................... b) Die beteiligten arbeitskampfrechtlichen Beziehungen beim Boykott aa) Der Boykott im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Aufruf zu Sympathiekampfmaßnahmen ............. 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11. Das Arbeitskampfstatut bei transnationalen Boykottaktionen . . . . . . . . . 1. Die Beziehung zwischen Verrufer und Boykottiertem ............ 2. Die Beziehung zwischen Boykottiertem und den Adressaten des Verrufs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Beziehung zwischen den ausländischen Arbeitskampfparteien (beim Aufruf zu Sympathiekampfmaßnahmen) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

323 324

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Inhaltsverzeichnis

XXIX

4. Die Beziehung zwischen dem Verrufer und dem ausländischen Gegner des Sympathiearbeitskampfes (beim Aufruf zu Sympathiekampfmaßnahmen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis ..................................................

340 341

III. Die Beurteilung des nationalen und transnationalen Boykotts in der deutschen Arbeitskampfrechtsordnung ............................... 1. Die Zulässigkeit des Boykotts schlechthin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Zulässigkeit transnationaler Boykottaktionen ................ a) Der Boykott im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Aufruf zu ausländischen Sympathiekampfmaßnahmen . . . . . 3. Abschließende Würdigung. . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

341 341 343 343 343 344

IV. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

345

§ 24 Akzessorietät und kollisionsrechtliche Beurteilung der ausländischen Durch-

fiihrungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die rechtliche Abhängigkeit des Verrufs von den Durchfiihrungsmaßnahmen beim Boykott ............................................ 1. Boykottmaßnahmen im "engeren Sinne" ....................... a) Der Grundsatz der eigenständigen Beurteilung der Teilhandlungen des Boykotts ............................................ b) Die Verknüpfung von Aufruf und Durchfiihrungsmaßnahmen beim Boykott. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Aufruf zu Sympathiekampfmaßnahmen .............. . ..... a) Sympathiestreiks und -aussperrungen ....................... b) Sympathieboykott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis...........................................

11. Die auf die ausländischen Durchfiihrungsmaßnahmen eines transnationalen Boykotts anwendbare Rechtsordnung ....................... 1. Die kollisionsrechtliche Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhäitnismäßigkeit des Boykotts und ausländische Durchfiihrungsmaßnahme ................................................ 3. Die grundsätzliche Maßgeblichkeit der ausländischen Rechtsordnung 4. Kumulative Anwendung inländischen Arbeitskampfrechts? ....... 5. Ergebnis ..................................................

345 345 346 346 347 348 348 348 349 349 349 350 351 353 353

III. Zur Tragweite des ordre public . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Boykottmaßnahmen und sachliche Relativität der kollisionsrechtlichen Vorbehaitsklausel ...................................... 2. Der mangelnde Anwendungsbereich von Art. 6 EGBGB 1986 beim Boykott im "engeren Sinne" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aufrufzu Sympathiekampfmaßnahmen im Ausland und ordre public a) Arbeitskampffeindliche Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Arbeitskampffreundliche Rechtsordnungen .................. 4. Ergebnis: Die generelle Unanwendbarkeit von Art. 6 EGBGB 1986

354

354 355 355 356 357

IV. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

357

354

xxx

Inhaltsverzeichnis 3. Abschnitt: Arbeitskämpfe zur Realisierung von Zielen auf internationaler Ebene

§ 25 Arbeitskampf und transnationaler Konzern ........................... I. Typik und Funktion des Arbeitskampfes im transnationalen Unternehmensverbund ................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Praktische Erscheinungsformen des Konzernarbeitskampfes . . . . . . . a) Koordinierung nationaler Kampfrnaßnahmen zur Realisierung von eigenen Zielen gegenüber einzelnen Konzerngesellschaften .... aa) St. Gobain .......................................... bb) Dunlop-Pirelli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Koordinierung nationaler Kampfrnaßnahmen zur Realisierung von eigenen Zielen gegenüber der Konzernleitungsgesellschaft ..... aa) Akzo ............................................... bb) Solvay . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Koordinierung nationaler Kampfrnaßnahmen zur Realisierung von Zielen einer Konzerngesellschaft ........................... aa) Nabisco . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unilever ............................................ 2. Der Arbeitskampf um einen internationalen Konzerntarifvertrag . . . a) Der Begriff des "internationalen Tarifvertrages" . . . . . . . . . . . . . . . b) Die rechtliche Problematik internationaler Konzerntarifverträge . c) Zur Erkämptbarkeit entsprechender Kollektivvereinbarungen ... 3. Fazit......................................................

11. Die anwendbare Rechtsordnung bei grenzüberschreitenden Kampfmaßnahmen im Rahmen eines transnationalen Unternehmensverbundes . . 1. Ausgangspunkt: der grenzüberschreitende Sympathiestreik ....... 2. Meinungsstand zum Arbeitskampf im Konzern ................. a) Einheitliche Anknüpfung aller Kampfmaßnahmen? ........... b) Differenzierende Anknüpfung ............................. 3. Rechtsanwendungsfrage und Ziel des Arbeitskampfes ......... " . a) Koordinierung nationaler Kampfrnaßnahmen zur Realisierung eigener Ziele gegenüber einzelnen Konzerngesellschaften ...... b) Koordinierung nationaler Kampfrnaßnahmen zur Realisierung von Zielen gegenüber der Konzernleitungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . c) Koordinierung nationaler Kampfmaßnahmen zur Realisierung eines internationalen Konzerntarifvertrages .................. 4. Ergebnis .................................................. III. Sonderstellung des Konzernarbeitskampfes im Hinblick auf die mittelbare Anwendung ausländischen Rechts? ................ " . . . .. .. . 1. Die These vom "Arbeitskampfdurchgriff" im Konzern. . . . . . . . . . . . 2. Arbeitskampfdurchgriff im Konzern und Arbeitgebereigenschaft " . a) Nationale Sachverhalte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Transnationaler Konzern und "runaway-industries" . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis .................................................. IV. Zusammenfassung .......................................... " .

358 358 358 358 358 358 360 361 361 362 363 363 364 364 364

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Inhaltsverzeichnis

XXXI

§ 26 Arbeitskampfmaßnahmen intemationaler Gewerkschaftsdachverbände . .. .

I. Die Rolle eines internationalen Dachverbandes nationaler Einzelgewerkschaften bei Arbeitskämpfen mit AuslandsbeTÜhrung .... . . . . . . .. . . . 1. Die überstaatliche Organisation der Gewerkschaftsbewegung. . . . . . 2. Die Art der Beteiligung internationaler Gewerkschaftsorganisationen an grenzüberschreitenden Arbeitskämpfen ..................... a) Die rechtliche Struktur eines internationalen Gewerkschaftsverbandes am Beispiel der ITF. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Art der Beteiligung im einzelnen ....................... aa) Die Unterstützung eines nationalen Arbeitskampfes . . . . . . . bb) Die Kampffiihrung durch den internationalen Dachverband unmittelbar ......................................... ce) Abgrenzungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Folgerungen rur die weitere Untersuchung .....................

11. Die Unterstützung nationaler Arbeitskämpfe durch einen internationalen Gewerkschaftsdachverband ..................................... 1. Die zu beurteilenden arbeitskampfrechtlichen Beziehungen. . . . . . . 2. Die auf die Unterstützungshandlungen anwendbare Rechtsordnung a) Die Beziehungen zwischen internationalem Dachverband und einzelstaatlichem Mitglied ................................... b) Die Beziehungen zwischen internationalem Dachverband und nationalen Arbeitgeber(verbände)n ......................... aa) Die anwendbare Rechtsordnung im Hauptkampfgebiet .... bb) Die anwendbare Rechtsordnung im Sympathiekampfgebiet 3. Ergebnis............................................... III. Die unmittelbare Kampffiihrung durch einen internationalen Gewerkschaftsdachverband am Beispiel der ITF .......................... 1. Der Kampf der ITF gegen die "billigen Flaggen" ................ a) Streik und Aussperrung von Seeleuten auf Schiffen unter "billiger Flagge" .................................... . . . . . . . . . . . . . b) Abfertigungsboykotte durch nationale Hafenarbeitergewerkschaften .................................................... 2. Der Konflikt der ITF mit den nationalen Gewerkschaften sowie den Heimatstaaten der Billigflaggenbesatzungen .................... a) Der Boykott der .Camilla M." ............................. b) Der Boykott der .Rosso" .................................. 3. Die auf die Kampfmaßnahmen anwendbare Rechtsordnung. . . . . . . a) Ausgangspunkt: Der Arbeitskampf auf Billigflaggenschiffen unter Führung nationaler Gewerkschaften der Seeleute ............. b) Kollisionsrechtliche Konsequenzen aus der Beteiligung der ITF. aa) Kampffiihrung durch eine nationale Mitgliedsgewerkschaft . bb) Organisation der Seeleute in der Seafarer's Section der ITF . c) Die Beziehungen der nationalen Hafenarbeitergewerkschaften zu den bekämpften Reedern ................................. d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

375 375 375 376 376 377 377 378 378 379 379 379 380 380 381 381 381 382 382 382 382 384 385 385 386 387 387 388 388 388 389 390

XXXII

Inhaltsverzeichnis

IV. Überlegungen zur Rechtmäßigkeit des Vorgehens der ITFgegen die "billigen Flaggen" .................................................

390

V. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

393

§ 27 Die kampfweise Auseinandersetzung internationaler Dachverbände . von Arbeitgebern und Arbeitnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

393

1. Der internationale Verbandsarbeitskampf - eine Ausnahmeerscheinung 1. Das Vorgehen der Internationalen Seeleutegewerkschajt auf der Konferenz von Genua 1920 ....................................... 2. Internationaler Verbandsarbeitskampf und Tarifvertragssystem . . . . . a) Der "Eurovisionsboykott" ................................. b) Der internationale Verbandstarifvertrag als Rechtsproblem ..... 3. Zur praktischen Bedeutung des internationalen Verbandsarbeitskampfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

393 393 394 394 395 396

11. Beteiligte Arbeitskampfparteien und anwendbare Rechtsordnung . . . . . 1. Die Ebene der nationalen Arbeitskampfparteien ................ 2. Das Verhältnis der internationalen Spitzenverbände zu den nationalen Arbeitskampfparteien ....................................... a) Die Beziehung internationaler Spitzenverband - einzelstaatliches Mitglied ................................................ b) Die Beziehung des internationalen Spitzenverbandes zu den Mitgliedern der Gegenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Ebene der internationalen Spitzenverbände ................. a) Das Fehlen der Verankerung in einer gemeinsamen Arbeits- und Wirtschaftsordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die verschiedenen Anknüpfungsgesichtspunkte .............. aa) Bestehen vertraglicher Beziehungen .................... bb) Fehlen vertraglicher Beziehungen ......................

397 397

399 400 400 400

III. Fazit: Die Reduktion der Fragestellung auf die konkrete (Arbeits)Beziehung als kollisionsrechtliches Leitprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

401

IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

402

3. Teil: Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

403

Literaturverzeichnis

410

Stichwortverzeichnis

446

398 398 398 399

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. abgedr. ABI. Abs. AcP AD a.F. a.E. AFG AfP AfSozWiss AG All E.R. Anh. Anm. AÖR AP AR-Blattei ArbG ArbGeb ArbGG ArbR ArbRGW ARS Art. Aufl. AuR AÜG AVAVG Az AZO BABI. BAG

anderer Ansicht am angegebenen Ort abgedruckt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz Archiv für die civilistische Praxis Arbetsdomstolens Domar alte Fassung am Ende Arbeitsförderungsgesetz Archiv für Presserecht Archiv für Sozialwissenschaften und Sozialpolitik Amtsgericht All England Law Reports Anhang Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis (Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts) Arbeitsrechts-Blattei Arbeitsgericht Der Arbeitgeber Arbeitsgerichtsgesetz Arbeitsrecht Das Arbeitsrecht der Gegenwart (Jahrbuch) Arbeitsrechtliche Sammlung Artikel Auflage Arbeit und Recht, Zeitschrift für arbeitsrechtliche Praxis Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Gesetz über Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslosenversicherung Aktenzeichen Arbeitszeitordnung Bundesarbeitsblatt Bundesarbeitsgericht

XXXIV BAGE BB Bd. Beil. BerDGesVR BetrVG BFH BGB BGBI. BGH BGHZ BK BI. BlStSozArbR BlVerglRW BRDruckS BSG BSGE BSHG BTDruckS bsp. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE B.W.

bzw. c. ca. C.A.

c.c. Cass. Ch.D. CMLR Col.L.Rev. Corte Cost. D. DAG DB ders.

Abkürzungsverzeichnis Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Betriebs-Berater Band Beilage Berichte der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht Betriebsverfassungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bonner Kommentar Blatt Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht Blätter für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre Bundesratsdrucksache Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichtes Bundessozialhilfegesetz Bundestagsdrucksache beispielsweise Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Burgerlijk Wetbook beziehungsweise contre circa Court of Appeals code civil; codice civile Cour de Cassation (Frankreich) Chancery Division Common Market Law Review Columbia Law Review Corte Costituzionale Dalloz Deutsche Angestellten Gewerkschaft Der Betrieb derselbe

Abkürzungsverzeichnis DGB d.h. Diss. DJT DOK DRdA Dr.ouvr. Dr.soc. DruckS. DuR DVBI EBU Ed. EG EGBGB a.F. EGBGB 1986 Ein!. EMRK Entsch. Erg. Er!. ESC EStG EuGH EuGHMR EuGRZ EuR ETL EWG EzA f(f).

F FamRZ FAZ FFF FG FIA FIAV FIM

xxxv

Deutscher Gewerkschaftsbund das heißt Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Ortskrankenkasse Das Recht der Arbeit (Österreich) Le droit ouvrier Droit Social Drucksache Demokratie und Recht Deutsches Verwaltungs blatt European Broadcasting Union Editor Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18.8.1896 (RGB!. S.604) i.d.F. vom 8.11.1985 (BGB!. I S.2065) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch i.d.F. vom 1.9.1986 (BGBl.I S.1142) Einleitung Europäische Menschenrechtskonvention Entscheidung Ergänzung Erläuterung Europäische Sozialcharta Einkommensteuergesetz Europäischer Gerichtshof Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Europäische Grundrechte-Zeitschrift Europarecht European Transport Law Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht folgende Federal Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland International Federation of Performers Festgabe International Federation of Actors International Federation of Variety Artists International Federation of Musicians

XXXVI FlG Fn. FS gern. GewMH GewO GG GKG GS GWB GVÜ Giur.cost. HAG HaibS HGB h.L. h.M. H.R. Hrsg. IAO IAR ICEF ICLQ ICR i.d.F. IG IGF ILC ILR

ILJ

ILO IMF IPR IPRax IPRspr. iSd ITF

IUF i.V.m.

Abkürzungsverzeichnis Flaggenrechtsgesetz Fußnote Festschrift gemäß Gewerkschaftliche Monatshefte Gewerbeordnung Grundgesetz Das Gewerbe- und Kaufmannsgericht Großer Senat Gesetz gegen Wettbewerbs beschränkungen (EWG) Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen Giurisprudenza costituzionale Heimarbeitsgesetz Halbsatz Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Hooge Raad Herausgeber Internationale Arbeitsorganisation Internationales Arbeitsrecht International Federation of Chemical, Energy and General Worker's Unions The International and Comparative Law Quarterly Industrial Cases Reports in der Fassung Industriegewerkschaft International Graphical Federation International Labour Conference International Labour Review The Industrial Law Journal International Labour Organisation International Metalworkers' Federation Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts im Sinne der (des) International Transport Workers' Federation International Union of Food and Allied Workers' Associations in Verbindung mit

Abkürzungsverzeichnis

XXXVII

JA JArbSchG Jg JiR

Juristische Arbeitsblätter Jugendarbeitsschutzgesetz Jahrgang Jahrbuch für internationales und ausländisches öffentliches Recht

Journ.dr.int.

Journal du droit international Juristische Analysen Juristische Schulung

JurA JuS JW JZ KG KJ Koalitionsfreiheit

KR KSchG L.

LAG Lfg LG LFZG LS

Ud. MitbestG MittDPA MS MuSchG m.w.N. N. Nachw. n.F. NGA NILR NJ NJW Nr.

NUSI N.V. NZA OECD

Juristische Wochenschrift Juristen-Zeitung Kammergericht Kritische Justiz Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht, Bd.75, Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, Rechtsvergleichung und Völkerrecht, Teil 1 und 2 Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz Kündigungsschutzgesetz loi Landesarbeitsgericht Lieferung Landgericht Lohnfortzahlungsgesetz Leitsatz Limited Mitbestimmungsgesetz vom 04.05.1976 Mitteilungen der deutschen Patentanwälte Motorschiff Mutterschutzgesetz mit weiteren Nachweisen Nummer Nachweise neue Fassung National Graphical Association Netherlands International Labour Review Nederlandse J urisprudentie Neue Juristische Wochenschrift Nummer National Union of Seafarers of India de naamlooze vennootschap Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Organisation für Economic Co-Operation and Development

XXXVIII OLG OLGZ ÖTV R. RabelsZ RAG RAGE Rb RdA Rec. des cours Rev.crit. Rev.dr.l'homme Rev.int.trav. Rev.jur.arg. Rev.trim.dr. euro RG RGBI. RGRK RGZ Riv.dir.int. priv.proc. RIWjAWD Rn. Rs. Rspr. RVO S. s.

S.A. SAE SchwbG SeeAE SeemannsG SGb SGB I SGBIV

Abkürzungsverzeichnis Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr reglement Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Reichsarbeitsgericht Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts Rechtsbank Recht der Arbeit Recueil des Co urs Revue critique de droit international prive Revue des droits de l'homme Revue internationale du travail Revista juridica Argentina La Ley Revue trimestrielle de droit europeen Reichsgericht Reichsgesetzblatt Kommentar, herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern (12. Auflage 1974 ff.) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rivista di diritto internazionale privato e processuale Recht der internationalen Wirtschaftj Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters Randnummer Rechtssache Rechtsprechung Reichsversicherungsordn ung Seite section societe anonyme Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen Schwerbehindertengesetz Sammlung See-Arbeitsrechtlicher Entscheidungen Seemannsgesetz Die Sozialgerichtsbarkeit Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung

Abkürzungsverzeichnis Slg.

XXXIX

s.o.

Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften siehe oben

Soz. Fortschritt Sp.

Sozialer Fortschritt Spalte

STAZ StGB st. Rspr. Supp.

Das Standesamt. Zeitung für Standesamtswesen Strafgesetzbuch

Trib. TVG u.a UN U.S. usw. u.U. UWG v. VereinsG VG vgl. VO Vol. Vorbem.

VSSR W.L.R. WM WSI-Mitt. ZaöRV ZAS z.B. ZfA ZGR

ständige Rechtsprechung Supplement Tribunale Tarifvertragsgesetz unter anderem Vereinte Nationen United States Supreme Court Reports und so weiter unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb versus Vereinsgesetz Verwaltungsgericht vergleiche Verordnung Volume Vorbemerkung Vierteljahresschrift für Sozialrecht Weekly Law Report Wertpapiermitteilungen Zeitschrift des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts des Deutschen Gewerkschaftsbundes Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht (Österreich) zum Beispiel Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht

Ziff.

ZPO ZRP

Ziffer Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik

zust. ZVglRW

zustimmend Zeitschrift für vergleichende Rechtswissellschaft

§ 1 Einführung und Problemstellung I. Arbeitskampf und nationale Arbeits- und Wirtschaftsordnung Arbeitskämpfe sind in demokratischen Gesellschaftssystemen fester Bestandteil der jeweiligen Arbeits- und Wirtschaftsordnung. Wie diese ungeachtet aller Bemühungen um eine internationale Wirtschafts- und Handelspolitik bis hin zu überstaatlichen Wirtschaftsgemeinschaften letztendlich dennoch eine rein innerstaatliche Angelegenheit geblieben ist, so findet auch die Auseinandersetzung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern als Parteien des Arbeitsmarktes in aller Regel innerhalb des Staatsgebietes statt. Ein Bezug zu ausländischen Arbeitskämpfen oder gar grenzüberschreitende Aktionen bilden die Ausnahme. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, daß das Arbeitskampfrecht der einzelnen Staaten durch Harmonisierungsbestrebungen auf internationaler Ebene Impulse erfahren hat. So behandeln die Europäische Sozialcharta sowie einzelne Abkommen der Internationalen Arbeitsorganisation Teilaspekte des Arbeitskampfes. Umfang, Inhalt und innerstaatliche Verbindlichkeit dieser Normen sind freilich weitgehend umstritten und von der Rechtspraxis in den Unterzeichnerstaaten abhängig: ein weiterer Hinweis auf die Qualifizierung von Arbeitskämpfen als rein nationale Angelegenheit. Hält man sich die anerkannte Funktion von Arbeitskämpfen vor Augen, so überrascht diese innerstaatliche Ausrichtung. Streiks, Aussperrungen und andere Mittel des Arbeitskampfes dienen in erster Linie dem Preiskampf am Arbeitsmarkt, der politische Arbeitskampf wird von der Arbeitskampfrechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland als rechtswidrig angesehen 1. Gerade hier ist allerdings der Arbeitsmarkt schon seit längerer Zeit nicht mehr national begrenzt. Indes hat der Zuzug ausländischer Arbeitnehmer und ihre Beschäftigung in inländischen Unternehmen kaum Probleme für das nationale Arbeitsrechtssystem geschaffen - ganz im Gegenteil zu anderen Rechtskreisen 2 • Durch die völlige Eingliederung der Betroffenen in die inländische Arbeitsordnung, verbunden mit der bereits im Anwerbeland vereinbarten Geltung deutschen Arbeitsrechts, blieb auch der Arbeitskampf trotz der Beteiligung ausländischer Arbeitnehmer im Kern eine inländische Frage .. Mit dieser Feststellung korrespondiert die Qualifizierung des Arbeitskampfes als Hilfsmittel der Tarifautonomie. Der Tarifvertrag ist ein Institut des 1 Sieht man einmal vom im Art. 20 Abs. 4 GG verankerten Widerstandsrecht ab; dazu näher Brox/ Rüthers, Arbeitskampfrecht, S.58f., Rn. 113. 2 Man denke nur an das Ausländer- und das Familienrecht.

1 Hergenröder

2

§ 1 Einführung und Problemstellung

deutschen Rechts, die ihm zuerkannte Rechtsnonnqualität und die damit verbundene Delegation staatlicher Nonnsetzungsgewalt an die Tarifparteien ist untrennbar mit der inländischen Arbeits- und Wirtschaftsordnung verbunden. Mag damit die extra territoriale Geltung inländischer Tarifverträge noch ohne weiteres vereinbar sein, so treten dann Schwierigkeiten rechtlicher und tatsächlicher Art auf, wenn die Realisierung grenzüberschreitender Tarifverträge in Frage steht, also Koalitionen verschiedener Staaten am Abschluß beteiligt sein sollen und es um die Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen für mehrere Staaten geht. Dabei spielt auch eine ganz wesentliche Rolle, daß Selbstverständnis, Stellung und Zielsetzung der Koalitionen von Staat zu Staat differieren. Auch in gesellschaftlich ähnlich strukturierten Ländern bestehen zwischen den Trägern und Gegenspielern des kollektiven Arbeitsrechts weitreichende Unterschiede. Dies gilt in erster Linie für die Gewerkschaften 3 , jedoch auch für die Arbeitgeberverbände 4 • Ist aber die Tarifautonomie eine rein inländische Angelegenheit, so stellt sich die Frage, wie das bloße Hilfsmittel zur Realisierung und Durchsetzung von Kollektivvereinbarungen den nationalen Rahmen sprengen kann. Als weiteren Grund für die innerstaatliche Ausrichtung von Arbeitskampfmaßnahmen läßt sich schließlich anführen, daß ungeachtet aller Verrechtlichung des Arbeitskampfes Streik und Aussperrung nach wie vor besondere Fonnen gesellschaftlicher Konfliktlösung sind; für das Wirtschaftssystem der betroffenen Staaten können sie weitreichende Konsequenzen haben s . Mit Recht fonnuliert deshalb Rüthers6 : "Der Arbeitskampfist als wirtschaftliches, soziales und rechtliches Phänomen in das jeweilige Wirtschafts-, Sozial- und Rechtssystem untrennbar eingebunden." Angesichts dieser Gegebenheiten ist es nicht weiter verwunderlich, daß die in der Bundesrepublik Deutschland geltende Arbeitskampfrechtsordnung Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung lange Zeit kaum Beachtung schenken mußte. Konnte doch ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die beteiligten Arbeitskampfparteien im Inland ansässig waren, die von ihnen 3 Vgl. Erdmann, Arbeitsrechtliche Aspekte, S.170; Koubek, FS Sieber, S.397ff.; Mayer/Raasch, Internationales Arbeitsrecht, S.176f.; Rehbinder, Anwendbares Recht, S.134; Zaum, Diss., S.36f. Rechtsvergleichend insoweit Gamillscheg, FS Herschel, S.99ff.; Seidel, in: Koalitionsfreiheit, Teil 2, S.1369ff. 4 Blanpain, Badger Case, S.18f.; Northrup/Rowan, Bargaining Attempts, S.537ff. 5 Grundlegend in diesem Sinne schon BAGE 1,291 (300) = AP Nr. 1 zu Art. 9 GG Arbeitskampf. Vgl. ferner Birk, AuR 1974,296; Coester, RdA 1976,293; Richardi, RdA 1966,241. Hinsichtlich der jüngsten Arbeitskämpfe in der Metall- und Druckindustrie im Jahre 1984 insoweit Gentz, NZA 1985, 305. Hierzu auch die rechtsvergleichenden Überlegungen bei Wedderburn, in: Aaron/Wedderburn, Industrial Conflict, S.320ff. 6 Die offene Arbeitsgesellschaft, S.58.

H. Erscheinungsformen und Hintergründe

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verfolgten Ziele hier realisiert werden sollten und die ihnen zur Verfügung stehenden Kampfmittel auch ausreichten, um Druck auf den sozialen Gegenspieler erzeugen zu können. Die räumliche Eingrenzung von Arbeitskämpfen auf das Tarifgebiet als in der Regel angemessene Grenze rechtmäßiger Arbeitskämpfe durch das Bundesarbeitsgericht 7 legt dafür Zeugnis ab. Die faktische Gleichsetzung von Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrags und räumlichem Kampfgebiet unter dem Gesichtspunkt der Kampfparität und die damit verbundene grundsätzliche Unzulässigkeit von Sympathiearbeitskämpfen kennzeichnet in der Tat ein System, in welchem grenzüberschreitende Arbeitskämpfe vordergründig gesehen kaum Platz haben können.

11. Erscheinungsformen und Hintergründe von Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung 1. Der Arbeitskampf mit Auslandsbezug in Vergangenheit und Gegenwart Um so mehr erstaunt es, daß Kampfaktionen mit Auslandsbezug seit jeher ihren festen Platz in der Geschichte des Arbeitskampfes haben. Hervorzuheben ist dabei die Bandbreite möglicher Auslandsberührungen und Arbeitskampfformen. Im einzelnen scheint jede inländische Form eines Arbeitskampfes auch in einer Variante mit Auslandsbezug denkbar, wobei die praktischen Fälle dem theoretischen Vorstellungsvermögen kaum nachstehen, wenn nicht gar dieses übertreffen.

a) Frühe Beispiele Daß ein Ausländer auslösendes Moment für die Streikbewegung der Gesellen in Breslau im Jahre 1793 warB, mag nach dem oben Gesagten nicht überraschend klingen, ist doch auch die Beteiligung ausländischer Arbeitnehmer bei inländischen Arbeitskämpfen selbstverständlich. Beachtung verdient dagegen das Vorgehen Frankfurter Schlossergesellen Ende der neunziger Jahre des 18. Jahrhunderts: Nachdem ihre Forderungen auf Erhöhung des Frühstücksgeldes nicht erfüllt worden waren, erließen sie Laufbriefe nach verschiedenen Städten, darunter auch Kopenhagen. Hierin erklärten sie diejenigen Gesellen für unredlich, welche in Frankfurt eine Stellung antreten würden. Danach verließen sie geschlossen die Stadt9 . In dem Vorgehen dieser Frankfurter Gesellen kann ein echter Fall eines internationalen Boykotts gesehen werden: Im In- und Ausland wurde zu einem Verhalten aufgefordert, welches der Absperrung der Gegner vom geschäftlichen Verkehr diente, nämlich der Verhinderung der Einstellung neuer Arbeitskräfte. 7 BAGE 33,140 (178); 33, 185 (193) = AP Nr. 64, 65 zu Art. 9 GG Arbeitskampf. Vgl. auch zuletzt BAG NZA 1985, 504 (507) = AP Nr. 85 zu Art. 9 GG Arbeitskampf. 8 Vgl. Ritscher, Koalitionen (1917), S.125f. 9 Ritscher, Koalitionen, S.128.

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§ 1 Einführung und Problemstellung

Bernstein 10 nennt rund ein Jahrhundert später das Hafenarbeitergewerbe und die Beschäftigten im Kohlebergbau als diejenigen Berufsgruppen, die als erste Ansätze zu internationalen Streiks größeren Ausmaßes zeigten. So traten etwa im Jahre 1905 belgische Bergleute in den Ausstand, um den Streik ihrer Kollegen im Ruhrkohlebergbau zu unterstützen 11. Andere Motive verfolgten die schottischen Arbeiter von Singer, als sie sich im Jahre 1911 mit einem Streik gegen eine Entscheidung der amerikanischen Konzernleitung wandten 12 • Und den hohen Grad an Kampftaktik, der hinter solchen grenzüberschreitenden Aktionen stand, verdeutlicht die an die Bergleute des Kontinents gerichtete Resolution des internationalen Bergarbeiterkomitees in London im Jahre 1912, keinen Sympathiearbeitskampf zugunsten ihrer im Ausstand befindlichen englischen Kollegen zu führen. Durch die volle Aufrechterhaltung der deutschen Kohleförderung konnte nämlich auf die britischen Arbeitgeber ein viel größerer Druck ausgeübt werden, da auf diese Weise die Absatzmärkte der englischen Kohle verloren zu gehen drohten 13.

In den Bereich des politischen Arbeitskampfes ist der vom Internationalen Gewerkschaftsbund ausgerufene internationale Boykott gegen die Regierung Horthy in Ungarn einzuordnen. Die der Organisation angehörenden österreichischen und teilweise auch tschechischen Gewerkschaften folgten diesem Boykottaufruf1\ der vom 20. Juni bis 10. August 1920 die ungarische Staatsführung vergeblich in die Knie zu zwingen suchte. Ebenfalls im Jahre 1920 reichte die Drohung der Internationalen Seeleutegewerkschaft mit einem internationalen Generalstreik in allen Häfen aus, um den Internationalen Reederbund , dem unter anderem die Reeder Belgiens, Dänemarks, Deutschlands, Großbritanniens, der Niederlande und Schwedens angehörten, zu Gesprächen über die 56- Stunden- Woche an den Verhandlungstisch zu zwingen 15. Ein Erfolg, der bis dahin im Hinblick auf direkte Verhandlungen der beteiligten Verbände außerhalb staatlicher Ordnungsgewalt beispiellos war. b) Heutige Praxis

Ab Mitte der fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts nahm die Zahl grenzüberschreitender Arbeitskampfmaßnahmen sprunghaft zu. Erstes Aufsehen erregte der im Jahre 1958 durchgeführte Abfertigungsboykott von Schiffen unter 10 Der Streik (2. Aufl. 1920), S.22f.; vgl. auch Braun, AfSozWiss, Bd.39 (1919), S.700f.; Tietze, Streikbefehl (1928), S.9. 11 Bernstein, Der Streik, S.22; Hue, Die Bergarbeiter, Bd.2 (1913), S.595. 12 Piehl, Multinationale Konzerne, S.71; Syndicats et societes multinationales, La documentation fran~aise, 1975, S.85. 13 Hue, Die Bergarbeiter, Bd.2, S.713. 14 Fimmen, Internationaler Gewerkschaftsbund (1922), S.14f. 15 Keim, Internationales Arbeitsrecht (1925), S.32f., 36f.; Tcerclas von Tilly, Internationales Arbeitsrecht (1924), S.92.

11. Erscheinungsformen und Hintergründe

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"billiger" Flagge. Auf Veranlassung der International Transport Workers Federation (ITF), des internationalen Zusammenschlusses der Transportarbeitergewerkschaften, weigerten sich die Dockarbeiter in Häfen verschiedener Nationen, Frachter und Tanker, die die Flagge eines "Billigflaggenstaates" führten, zu be- und entladen 16. Schon ein Jahr später mußte sich ein deutsches Arbeitsgericht 17 erstmals mit einem Sympathiestreik deutscher Arbeitnehmer zugunsten englischer Kollegen befassen. Die IG Druck und Papier hatte ihre Mitglieder aufgefordert, während des englischen Druckerstreiks im Jahre 1959 keine britischen Druckaufträge zu bearbeiten. Mitte der sechziger Jahre trat als neue Kampfform der internationale Käuferbzw. Warenboykott in Erscheinung. Nationale Einzelgewerkschaften versuchten mit Unterstützung ihrer internationalen Verbände, die Abnehmer der Erzeugnisse ihres Arbeitskampfgegners zum Boykott der entsprechenden Produkte zu bewegen. Betroffen waren unter anderem die transnationalen Konzerne Union Carbide (1966/1967), American Cyanamid (1969/1970) sowie im letzten Jahrzehnt Shell (1973) und Seagram (1977)18. Gänzlich anders lag der Sachverhalt, den die Cour de Cassation in Paris im Jahre 1969 zu entscheiden hatte 19: Ein französischer Arbeitnehmer war von seiner französischen Arbeitgeberin an eine auf den Jungfraueninseln (USA) tätige amerikanische Firma verliehen worden. Dort beteiligte er sich an einer Arbeitsniederlegung, die nach amerikanischem Recht rechtswidrig war und zur Kündigung berechtigt hätte - eine Einschätzung, die das (von der Cour de Cassation angewendete) französische Arbeitskampfrecht nicht teilte. Das Vorgehen der Gewerkschaft ÖTV im Jahre 1973 zwang die deutsche Rechtsprechung, sich erstmals auf breiter Ebene mit Fragen grenzüberschreitender Arbeitskämpfe auseinanderzusetzen 2o • Um Außenseiterreedereien zum Tarifabschluß zu bewegen, hatte die ÖTVausländische Schwesterorganisationen sowie deren Mitglieder aufgefordert, Seeschiffe der von ihr bekämpften bundesdeutschen Reeder zu boykottieren. Daraufhin weigerten sich Hafenarbeiter in mehreren ausländischen Staaten, solche Frachter abzufertigen, deren Eigner Kampfgegner der ÖTV waren 21 • 16 Dazu vorerst näher Nipperdey, FG Küchenhoff, S.134ff.; NorthrupjRowan, Bargaining Attempts, S.480ff. 17 ArbG Wuppertal, AP Nr. 20 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = BB 1960,443. 18 NorthrupjRowan, Bargaining Attempts, S.241f., 252f., 321f., 391ff., jeweils m.w.N. 19 Rev. crit. 1970, 684 mit Anm. Depitre = Dr. ouvr. 1970, 41. 20 ArbG Stuttgart, SeeAE Nr. 1(1) zu Art. 9 GG; LAG Stuttgart, SeeAE Nr. 1(11) zu Art. 9 GG = AuR 1974, 316ff.; ArbG Lübeck, SeeAE Nr. 2(1) zu Art. 9 GG; LAG Schleswig-Holstein, SeeAE Nr. 2(11) zu Art. 9 GG; ArbG Hamburg, SeeAE Nr. 3 zu Art. 9 GG; ArbG LingenjEms, SeeAE Nr. 5 zu Art. 9 GG; vgl. auch BAGE 28, 225 = AP Nr. 6 zu §1 TVG Form = SeeAE Nr. 2(III) zu Art. 9 GG.

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§ 1 Einführung und Problemstellung

Ebenfalls in den siebziger Jahren fanden relativ häufig 22 Kampfrnaßnahmen statt, die koordiniert in mehreren Staaten gegen transnationale Unternehmen gerichtet waren. Zu nennen wären hier etwa die Arbeitsniederlegungen in den französischen Konzernen Air Liquide (1970) und St. Gobain (1970/71), im niederländischen Akzo - Konzern (1972), in der britisch- italienischen Unternehmensverbindung Dunlop-Pirelli (1972) sowie im belgischen Glaskonzern Solvay (1978)23. Die Zielsetzungen dieser Arbeitskämpfe reichten dabei vom Protest gegen geplante Betriebsschließungen (Akzo) sowie dem Versuch einer Durchsetzung von Verhandlungen auf Konzernebene (Solvay) über das koordinierte Vorgehen bei gleichzeitig anstehenden Tarifverhandlungen in mehreren Ländern (St. Gobain) bis hin zu Sympathiekampfmaßnahmen in Form von Verweigerung von Streikarbeit (Air Liquide) und. Sympathie(warn)streiks (Dunlop-Pirelli). Daß gerade der Verweigerung von Streikarbeit bei grenzüberschreitenden Sachverhalten auch außerhalb des transnationalen Konzerns Bedeutung zukommt, zeigt der Fall der Times im Jahre 1979, der bislang vier Instanzen beschäftigte 24 : Die Unternehmensleitung der britischen Zeitung Times versuchte, die Produktion des arbeitskampfbedingt nicht erscheinenden Blattes teilweise nach Deutschland auszulagern, worauf auf Betreiben der englischen Druckergewerkschaft British National Graphical Association die IG Druck und Papier zum Solidaritätsstreik aufrief. 21 Eine umfassende Darstellung der Ereignisse findet sich bei Seiter, Arbeitskampfparität, S.15ff. 22 Die Angabe von Zahlenmaterial wäre in diesem Zusammenhang interessant, erweist sich aber als sehr schwierig, da die entsprechende (meist gewerkschaftliche) Literatur viele Fehlerquellen aufweist. Northrup(Rowan haben in ihrer umfassenden Untersuchung 'Multinational Collective Bargaining Attempts' anhand einer Vielzahl von Fällen nachgewiesen, daß Angaben über angeblich stattgefundene grenzüberschreitende Arbeitskämpfe im transnationalen Konzern unrichtig sind, vgl. etwa die Beispiele Hoffmann-La Roche (a.a.O. S.234ff.) und Michelin (a.a.O. S.270ff.). Einer der Gründe hierfür dürfte darin zu sehen sein, daß eine tatsächlich nicht bestehende internationale Arbeitnehmersolidarität auf diese Weise wenigstens vorgetäuscht werden soll. Nach der unter diesem Gesichtspunkt mit Vorsicht zu betrachtenden Tabelle von Eichner(Hennig, Soziale Aspekte, S.159, fanden von Februar 1971 bis Juni 1974 gegen 82 transnationale Unternehmen 50 Streiks, 3 Verbraucherboykotte, 6 Demonstrationen mit Arbeitseinstellung in anderen Ländern sowie 8 Überstundenverbote mit Verweigerung von Streikarbeit während der Streikperiode statt. 23 Vgl. zur Darstellung der einzelnen Fälle näher unten §25 I 1. Weitere Beispiele finden sich bei Birk, Unterstützungskampfmaßnahmen, S.139 mit Fn.577a; Däubler, DRdA 1973, 12; Fröhlich, Multinationale Konzerne, S.186f.; Northrup(Rowan, Bargaining Attempts, S.27ff.; Tugendhat, Die Multinationalen, S.227ff.; Willat, Multinational Unions, S.31ff.; Zaum, Diss., S.71ff. 24 Vgl. LG Frankfurt vom 7.3.1980, Az: 2(100 330/79; OLG Frankfurt vom 8.10.1980, Az: 17 U 79(80; ArbG Offenbach vom 27.3.1981, Az: 4 Ca 542(80; LAG Frankfurt vom 22.12.1983 und 25.6.1985, Az: 4(10 Sa 816(81. Hierzu ferner Mayer, druck+papier, 10(1979, S.10f.; Northrup(Rowan, Bargaining Attempts, S.346ff. Ausführlich zum Times- Fall unten § 4 I 3.

II. Erscheinungsformen und Hintergründe

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Des öfteren mußten sich deutsche Arbeitsgerichte 25 in den letzten Jahren mit Arbeitskämpfen auf Schiffen unter ausländischer Flagge in deutschen Häfen auseinandersetzen, sei es daß die Besatzungen streikten oder das Schiff besetzt hielten, sei es daß der Reeder zum Kampfmittel der Aussperrung griff. Die relative Häufigkeit entsprechender vorwiegend von der ITF geführter Arbeitskämpfe spiegelt sich auch in den zahlreichen ausländischen Gerichtsentscheidungen zur Problematik des Seearbeitskampfes in neuerer Zeit wider 26 • Ein Abfertigungsboykott besonderer Art fand im Jahre 1978 auf dem Frankfurter Flughafen statt. Nachdem die staatliche Fluggesellschaft Malaysian Airlines im Jahre 1978 bestreikt wurde, rief die ITF die ihr angeschlossenen nationalen Einzelgewerkschaften dazu auf, Maschinen der Malaysian Airlines im Ausland weder aufzutanken noch zu warten. In Folge dieses Aufrufs wurde eine DC-10 neun Tage lang in Sidney (Australien) nicht abgefertigt, eine andere DC-10 konnte mehrere Stunden lang den Frankfurter Flughafen nicht verlassen 27 • Einen Sonderfall betrifft schließlich der Streik und die Straßenblockade von Fernfahrern verschiedener Staaten an den Grenzen zu Italien Anfang 1984. Die Arbeitsniederlegung, die auf deutschen, italienischen und österreichischen Straßen zu einem Verkehrschaos führte, richtete sich gegen einen Bummelstreik italienischer Zöllner sowie gegen den italienischen Staat, der nach Auffassung der streikenden Fernfahrer zuwenig für eine reibungslose Grenzabfertigung tat 28 • Vergleichbare Fälle ereigneten sich in den letzten Jahren in mehreren europäischen Staaten.

25 ArbG Bremen, SeeAE Nr. 6 zu Art.9 GG; ArbG Bremen vom 19.4.1982, Az: 9 Ca 9102/82; ArbG Hamburg, SeeAE Nr. 7, 8, 10(1), 11, 12 zu Art.9GG; ArbG Husum, SeeAE Nr. 9 zu Art.9 GG; LAG Hamburg, SeeAE Nr.lO(II) zu Art.9 GG. 26 Frankreich: Tribunal de grande instance de Boulogne, I1 diritto marittimo 1982, 110 = European Transport Law 1982, 110; Cour d'appel de Douai, European Transport Law 17 (1982), 551 mit Anm. Quimbert. Großbritannien: Camellia Tanker Ltd. S.A. v. International Transport Workers Federation, (1976) ICR 274; Universe Tankship Ine. 0/ Monrovia v. International Transport Workers' Federation, (1982) ICR 262 = (1982) 2 W.L.R. 803 = (1982) 2 All E.R. 67 = (1982) 1 Lloyd's Law Reports 537 (H.L.). Italien: Tribunale di Genova, 11 diritto marittimo 1975, 262 = Riv.dir.int.priv.proc. 1975,131; vgl. auch die älteren Entscheidungen Tribunale di Genova, I1 diritto marittimo 1956, 525; Corte costituzionale, Foro italiano 1963 I 1. Niederlande: Rb Amsterdam, NJ 1981, 162; Pres. Rb Rotterdam, Schip en Schade 1982 Nr. 5 (S.13); Hofs- Gravenhage, European Transport Law 17 (1982), 598; Arbeidshofte Antwerpen, European Transport Law 19 (1984), 512ff. 27 Northrup/Rowan, Bargaining Attempts, S.519f. 28 Vgl. Der Spiegel vom 27.2.1984, S.114f.; dazu aus Sicht der EG auch Grunwald, EuR 1984, 404f.

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§ 1 Einführung und Problemstellung

2. Ursachen der Internationalisierung von Arbeitskämpfen Die Hintergründe und Ursachen für das Auftreten länderübergreifender Arbeitskämpfe sind mannigfaltig und auf verschiedenen Ebenen zu suchen.

a) Auslandstätigkeit von Arbeitnehmern Eine Vielzahl von Arbeitnehmern erbringt ihre Arbeitsleistung teilweise oder ganz im Ausland. Ausschlaggebend hierfür kann der Beruf als solcher sein, wenn er ohnedies mit Reisetätigkeit verbunden ist (Flugzeug- und LKW- Besatzungen, Seeleute). In Frage kommen aber auch Montagetätigkeiten und Abordnungen zu ausländischen Betriebsstätten. Im Falle der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung stellt der Auslandsaufenthalt eines Arbeitnehmers überhaupt die Regel dar. In all diesen Fällen sind die Arbeitnehmer tatsächlich gar nicht in der Lage, ihr Streikrecht im Inland auszuüben, es sei denn, sie halten sich gerade zufällig während eines Arbeitskampfes in der Bundesrepublik Deutschland auf. Darüber hinaus können diese im Ausland tätigen Arbeitnehmer aber auch in Arbeitskämpfe im Gaststaat verwickelt werden, so wenn die ausländischen Kollegen streiken und von den entsandten Arbeitnehmern Streikarbeit verlangt wird.

b) Internationale Zusammenarbeit der Kamp/parteien Historisch gesehen war mit der allmählichen Organisierung der Arbeiterschaft in der Gewerkschaftsbewegung von Anfang an eine überstaatliche Zusammenarbeit verbunden 29 • Tcerclas von Til/y30 weist vor dem Hintergrund des internationalen Arbeiterschutzes darauf hin, daß auf Betreiben von Karl Marx die erste internationale Gewerkschaft "zur Emanzipation der Arbeiterklasse aller Länder" auf dem Londoner Kongreß vom 28.9.1864 gegründet wurde. Eine internationale Gewerkschaftsorganisation, die bereits 1869/70 Streiks beachtlichen Ausmaßes in den Creusot - Werken organisierte. Dabei darf allerdings nicht unerwähnt bleiben, daß die ideologische Zielvorstellung nationaler wie internationaler Arbeiterzusammenschlüsse in Gewerkschaften, insbesondere was die Funktion des Arbeitskampfes anbelangt, sehr unterschiedlich war 31 und sich von der heutigen Aufgabe der Gewerkschaften in Staat und Gesellschaft teilweise gravierend unterschied 32 • 29 Vgl. schon Leist, BlVglRw II (1907), 448f.; Herkner, Arbeiterfrage, Bd.2 (8. Aufl. 1922), S.531ff.; Kuttig, JW 1922, 562; ferner Casserini, Gegenmacht, S.172; Hersehel, BB 1960,443; Koubek, FS Sieber, S.395; Piehl, Multinationale Konzerne, S.73; Tugendhat, Die Multinationalen, S.230f.; Zaum, Diss., S.36. 30 Internationales Arbeitsrecht (1924), S.14; vgl. auch die Hinweise bei FalkejGessnerj Höland, RabelsZ 45 (1981), 271ff.; Fülberth, in: DeppejFülberthjHarrer, Gewerkschaftsbewegung, S.24f.; Gottfureht, Gewerkschaftsbewegung, S.24ff.

11. Erscheinungsformen und Hintergründe

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Auf der anderen Seite ging mit der Entwicklung der internationalen Gewerkschaftsbewegung auch eine verstärkte Kooperation der Arbeitgeberseite über die Ländergrenzen hinweg einher. Gerade um die Auswirkungen nationaler Streiks abzumildern und dadurch gleichzeitig die Gegenseite zu schwächen, überwanden die Arbeitgeber ihr Konkurrenzdenken und versuchten, dem nationalen Druck durch internationale Zusammenarbeit auszuweichen. Braun 33 nennt in diesem Zusammenhang als zeitgenössische Beispiele die internationale Streikbrechervermittlung34 sowie die internationale Anerkennung von sogenannten "schwarzen Listen", also die Aufforderung zu Einstellungsverboten Streikender im Ausland. Bei diesen "schwarzen Listen" handelte es sich somit wie im umgekehrten Fall der Frankfurter Schlossergesellen Ende des 18. Jahrhunderts um eine Form des arbeitsrechtlichen Boykotts 35 - und zwar nunmehr des grenzüberschreitenden Boykotts durch die Arbeitgeberseite. Festzuhalten ist dabei, daß diese Kampfform ihre Bedeutung durch die Anerkennung eines lediglich suspendierenden Streikrechts 36 in der inländischen Arbeitskampfrechtsordnung verbunden mit der modernen Erscheinungsform der Arbeitskämpfe praktisch verloren hat. Auch in neuerer Zeit wird aber die Kooperation mit ausländischen Firmen als wichtiges Instrument hervorgehoben, um nationalen Arbeitskämpfen "wirksam" begegnen zu können 37 . Trotz eines spektakulären Falles aus jüngster Vergangenheit, nämlich des sogenannten "Hertz - Case"38, scheint dabei der grenzüberschreitende Einsatz von Streikbrechern an Bedeutung zu verlieren 39 . Allerdings ist der Ersatz streikender Besatzungen von Seeschiffen durch ausländische, arbeitswillige Seeleute (vorwiegend aus Hongkong, den Philippi31

272.

Dazu von Beyme, Gewerkschaften, S.147ff.; vgl. auch A. Lyon-Caen, Rev. crit. 1977,

32 Wobei allerdings zwischen westlicher und östlicher Hemisphäre zu unterscheiden ist, vgl. nur Koubek, FS Sieber, S.398; Rüthers, Arbeitsrecht, S.103ff.; Seidel, in: Koalitionsfreiheit, Teil 2, S.1351ff. 33 AfSozWiss, Bd.39 (1919), S.699f. 34 Als Maßnahme gegen die Streikbrechervermittlung sah das Statut der internationalen Holzarbeiterunion beispielsweise vor, "bei Lohnkämpfen den Zuzug fremder Arbeitskräfte abzuhalten", vgl. Bulletin der internationalen Union der Holzarbeiter, 11. Jg (1914), Nr. 3, S.43; zitiert nach Braun, a.a.O., S.710. 35 Kaskel, Arbeitsrecht, 3. Aufl. 1928, S.382f. 36 BA GE 1, 291 (310f.) = AP Nr. 1 zu Art. 9 GG Arbeitskampf. 37 Herzog, ArbG 1962, 617; zu den Schwierigkeiten einer derart praktizierten Arbeitgebersolidarität von Hoyningen-Huene, ZfA 1980, 461f. 38 Dazu näher Birk, GS Kahn- Freund, S.21ff.; Northrup/Rowan, Bargaining Attempts, S.436ff.; vgl. auch dies., S.123f., zu einem ähnlichen Fall im Honeywell- Konzern. Zum ganzen noch näher unten §18 III. 39 Zumal auch die Rechtsordnungen zunehmend dagegen Partei ergreifen, vgl. nur Art. 1 §11 Abs.5 AÜG sowie Art.L 124- 2 Code du travail (abgedruckt bsp. bei Birk, GS KahnFreund, S.24). Zum ganzen auch Schnorr, ZfA 1975, 165; Morgenstern, International Conflicts, S.115.

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§ 1 Einführung und Problemstellung

nen sowie Schwarzafrika) nach wie vor Bestandteil des Arbeitskampfes in der Seeschiffahrt40 • Demgegenüber ruft eine andere Form grenzüberschreitender Zusammenarbeit von Unternehmen immer wieder Arbeitskämpfe mit Auslandsbezug hervor: nämlich der Versuch, während Streiks die Produktion in ausländische Betriebe auszulagern oder die streikbedingt ausfallenden Dienstleistungen durch ausländische Unternehmen durchführen zu lassen41 . c) Der transnationale Konzern

Verschärft wird diese Problematik durch die Entwicklung nationaler Wirtschaftsräume zur internationalen Großraumwirtschaft verbunden mit einer wachsenden Bedeutung des transnationalen Unternehmens als marktbeherrschendem Organismus 42 • Zwar bestanden bereits lange vor der Wende zum 20. Jahrhundert Vorläufer4J transnationaler Konzerne, offenbar wurden die mit dieser Unternehmensform verbundenen Probleme für die einzelstaatlichen Rechtsordnungen und insbesondere auch für das Arbeitsrecht 44 erst weit später45 • Innerhalb transnationaler Konzerne sind Reaktionen der (oft ausländischen) Muttergesellschaften gegenüber nationalen Streiks wie die Androhung von Produktionsverlagerungen und Betriebsstillegungen üblich geworden 46 • In diesem Zusammenhang wurde auch der Begriff des "investment-strike" geprägt, also die Weigerung eines U ntemehmens, in Tochtergesellschaften in bestimmten Staaten weiter zu investieren 47 • 40 So etwa in den Fällen ArbG Husum, SeeAE Nr. 9 zu Art. 9 GG; ArbG Hamburg, SeeAE Nr. 10(1), 11, 12 zu Art. 9 GG. 41 Beispiele aus jüngerer Zeit bei Jacobs, CMLR 1978 (15), 136; vgl. auch den TimesFall unten §4 I 3. 42 Zu den Gründen dieser Entwicklung Ebenroth, Vermögenszuwendungen, S.10f.; Groß/eid, Internationales Wirtschaftsrecht, S.14; Tugendhat, Die Multinationalen, S.38ff., 58ff.; besonders zur Entwicklung des Freihandels MayerjRaasch, Internationales Arbeitsrecht, S.16ff. 4J So gründeten die Farbenfabriken Bayer mit Sitz in Leverkusen bereits 1862 ein Zweigwerk in New York, 1876 ein weiteres in Moskau, vgl. Piehl, Multinationale Konzerne, S.31f.; Tugendhat, Die Multinationalen, S.26. Die Anfänge international verbundener Unternehmen reichen freilich noch viel weiter zurück, dazu etwa Tugendhat, a.a.O., S.20ff.; Zaum, Diss., S.18. 44 Eine Übersicht geben Birk, BerDGesVR 18 (1978), S.263ff.; ders., Aspekte, S.44ff.; Erdmann, Arbeitsrechtliche Aspekte, S.176ff.; Säcker, Unternehmensverbund, S.191ff. 45 Wenngleich die Problematik sehr früh erkannt wurde, vgl. nur Braun, AfSozWiss Bd.39 (1919), S.702; die gesellschaftsrechtlichen Probleme beschäftigten bereits die Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts, vgl. Groß/eid, JuS 1978, 74. 46 Dazu etwa EichnerjHennig, Soziale Aspekte, S.67ff.; JungnickeljMatthies, Multinationale Unternehmen, S.16ff.; Levinson, Gewerkschaften, S.39; ders., Le contre- pouvoir, S.41ff.; Piehl, Multinationale Konzerne, S.61ff.; Rehbinder, Anwendbares Recht, S.137; Säcker, Unternehmensverbund, S.192ff.

II. Erscheinungsformen und Hintergründe

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Dieser internationalen Strategie der Unternehmen setzen die einzelstaatlichen Gewerkschaften meist unter Führung internationaler Gewerkschaftsorganisationen eigene Taktiken entgegen. Neben dem Versuch, Verhandlungen direkt auf der Ebene der Konzernmuttergesellschaft durchzusetzen 48 , gehört hierzu auch die Durchführung grenzüberschreitender Haupt- und Sympathiestreiks. Trotz der eingangs beschriebenen Probleme wird angesichts der Tatsache, daß Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie im nationalen Rahmen gegenüber transnationalen Konzernen bisweilen ihrer Funktion beraubt werden, der Abschluß multinationaler Tarifverträge immer mehr diskutiert49 und von gewerkschaftlicher Seite auch propagiert 50. Und "wer Tarifvertrag sagt, muß auch Arbeitskampf sagen"51. Freilich sind solche Arbeitskämpfe gegenüber transnationalen Konzernen insgesamt gesehen bislang eher selten, eben eine Folge der innerstaatlichen Ausrichtung gewerkschaftlicher Tarifpolitik 52. Immerhin bleibt die Lohnverweigerung nach der Arbeitskampfrisikolehre, vielerorts als "kalte Aussperrung" geschmäht 53, ein vor allem im Konzernzu47 Dazu Blanpain, Badger Case, S.21; Däubler, DRdA 1973, 8; Davies, in: Hopt, Groups ofCompanies, S.21H.; Fröhlich, Multinationale Unternehmen, S.182; Tugendhat, Die Multinationalen, S.229f. Zweifelnd im Hinblick auf die tatsächliche Wirksamkeit von "investment- strikes" Tugendhat, a.a.O., S.228f.; Zaum, Diss., S.51. Praktische Fälle schildern Northrup/Rowan, Bargaining Attempts, S.439ff. (Hertz) sowie Davies, in: Hopt, Groups of Companies, S.212 (Forei). 48 Hierzu näher Däubler, DRdA 1973, 11f.; Dubois, Droit Social 1973, 4ff. Bei Streiks in ausländischen Tochtergesellschaften sind Verhandlungen zwischen der für die Konzernmuttergesellschaft zuständigen Gewerkschaft und der Konzernspitze keine Seltenheit, vgl. bsp. für die Hoechst- Farbenwerke Northrup/ Rowan, Bargaining Attempts, S.223f. (Streik 1969 in Istanbul, Verhandlungen in Frankfurt), für den japanischen NissanKonzern dies., S.39ff. (Streik 1974 in Mexiko, Verhandlungen in Tokio). 49 Dazu etwa Birk, FS Beitzke, S.831; ders., VSSR 5 (1977), Hf.; ders., BerDGesVR 18 (1978), S.338ff.; Däubler/Hege, Tarifvertragsrecht, S.273ff., Nr.679ff.; Dubois, AuR 1975, 129ff., 172ff.; ders., Droit Social 1973, Iff.; Friedrich, RdA 1980, 109ff.; G. Lyon-Caen, Journ.dr.int. 1964, 247ff.; ders., Rev.trim.dr.eur. 1973, 583ff.; 1974, Iff.; Morgenstern, International Conflicts, S.105f.; Schnorr, Droit Socia11971, 157ff.; Schregle, RdA 1952, 161ff.; Szaszy, International Labour Law, S.345ff.; Walz, Internationaler Tarifvertrag, S.97ff. mit umfangreichen Nachweisen. 50 Art. 64 der Allgemeinen Erklärung über gewerkschaftliche Rechte fordert z.B. das Recht auf internationale Kollektivverhandlungen mit internationalen Wirtschaftsverbänden und multinationalen Konzernen (abgedruckt in DuR 1982, 107ff.). Vgl. ferner zum "transnational collective bargaining" Levinson, Gewerkschaften, S.92f., 119; ders., Le contre- pouvoir, S.75ff., 104f.; Piehl, Multinationale Konzerne, S.278ff.; umfassend auch Walz, Internationaler Tarifvertrag, S.121ff. 51 So im Hinblick auf internationale Arbeitskämpfe Herschel, BB 1962, 1258; Säcker, Unternehmensverbund, S.203; Walz, Internationaler Tarifvertrag, S.197. 52 Hier spielt allerdings auch der in der Bundesrepublik dominierende Verbandstarifvertrag eine bedeutende Rolle; vgl. Erdmann, Arbeitsrechtliche Aspekte, S.180; Zaum, Diss., S.74. 53 Zu diesem Vorwurf Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, S.104, Rn.170.

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§ 1 Einführung und Problemstellung

sammenhang bedeutsames reales Problem. Als 1972 sämtliche britischen Betriebe des Ford - Konzerns bestreikt wurden, kam es in weiterverarbeitenden Ford - Zweigwerken auf dem europäischen Festland zu Produktionsausfall aufgrund Lieferschwierigkeiten. Bei Ford in Saarlouis wurde für 4.200 Beschäftigte Kurzarbeit angeordnet, verbunden mit einer erheblichen Verminderung der Bezüge S4 • Die Verflechtung der Wirtschaft in internationaler Hinsicht führt also zu der Konsequenz, daß Arbeitskämpfe in einem Staat auch die Beziehungen der Arbeitskampfparteien in anderen Staaten berühren können. Die Folgewirkungen von Arbeitskämpfen lassen sich nicht mehr auf das ursprünglich betroffene Wirtschaftssystem eingrenzen. d) "Runaway-industries"

Eng mit der Konzernproblematik verknüpft sind die Fragen, die sich aus Arbeitskämpfen in Zusammenhang mit "runaway-industries"55 ergeben, also solchen Bereichen der Wirtschaft, in denen die Produktion aus Kostengründen im Inland zumindest teilweise eingestellt und in ausländische Staaten (meist der dritten Welt) verlagert wird. Hierfür können zu hohe Aufwendungen im Personal- bzw. Sozialsektor ausschlaggebend sein, aber auch strengere Anforderungen einer Arbeitsschutzgesetzgebung. Beide Faktoren sind für das wohl bekannteste Beispiel der "runaway-industries" verantwortlich, nämlich die Ausflaggung von Seeschiffen. Die Kampfmaßnahmen von Seeleuten und Hafenarbeitern zur Verbesserung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Besatzungen von "Billigflaggenschiffen" kennzeichnen dabei aber nur einen Teilbereich der in Frage kommenden Fälle. Von noch nicht genügend erkannter Bedeutung für den internationalen Arbeitskampfist auch die in den letzten Jahren zunehmende Praxis internationaler (Staats)Konzerne, Wettbewerber im Ausland aufzukaufen und die Betriebsstätten danach alsbald zu schließen 56. Die Sicherung der Arbeitsplätze im einen Staat wird dabei mit dem Verlust der Arbeitsplätze im anderen Staat erkauft. Diese Fallgruppe verdient insofern Beachtung, als eine Solidarität zwischen den Arbeitnehmern der beteiligten nationalen Konzerngesellschaften aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage kaum in Betracht kommt. Arbeitskämpfe der von der Schließung ihres Betriebes bedrohten Arbeitnehmer 54 Dazu Piehl, Multinationale Konzerne, S.155f. Allerdings stellt sich hier die Frage, inwieweit man bei der Lohnverweigerung nach der Arbeitskampfrisikolehre von einem "Arbeitskampfmittel" nach der inländischen Rechtsordnung ausgehen kann. Vgl. dazu einstweilen nur Seiter, DB 1981, 579 mit Fn.19 sowie ausführlich unten §21 13. 55 Zu diesem Begriff auch Kronke, Methodenentfaitung, S.177f. Zur Problematik als solcher vgl. ferner Davies, in: Hopt, Groups of Companies, S.212f. 56 Vgl. näher Blank/Unterhinninghofen, WSI- Mitt. 1983, 43ff. zu den Fällen Videocolor, VDM und Rockwell-Golde. Ähnliche Probleme werfen auch die Zusammenarbeitsabkommen multinationaler Konzerne mit den Staaten des Ostblocks auf, dazu etwa Casserini, Gegenrnacht, S.166f.

11. Erscheinungsformen und Hintergründe

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richten sich damit im Ergebnis gegen die ausländische Konzernmuttergesellschaft. 3. Perspektiven für die künftige Entwicklung Die Darstellung praktischer Fälle von Arbeitskämpfen mit internationalem Bezug hat deutlich werden lassen, daß entsprechende Kampfrnaßnahmen jedenfalls bislang fast ausschließlich von der Arbeitnehmerseite ergriffen wurden. Birk 57 weist in diesem Zusammenhang noch darauf hin, daß eine grenzüberschreitende Aussperrung "wegen ihres sozialen Sprengstoffs" kaum denkbar sei und bislang keine Rolle gespielt habe. Indes ist unverkennbar, daß internationale Arbeitskämpfe immer dann stattfinden, wenn die nationale Verhandlungsbasis durch entsprechende Maßnahmen der Gegenseite bzw. eine bestehende ökonomische Überlegenheit ihre Bedeutung zu verlieren droht. Um mit einem arbeitskampfrechtlichen Terminus zu sprechen, wenn die Kampfparität 58 innerhalb des betreffenden Tarifgebietes nicht mehr gegeben ist, eine wirksame Druckausübung also fraglich wird. Dies zeigen für den Bereich der inländischen Arbeitskampfrechtsordnung ganz deutlich die sogenannten "Boykottmaßnahmen" in der Seeschiffahrt im Jahre 1973 59 . Die ähnlich gelagerte Problematik der Ausflaggung von Seeschiffen und die Konzernsachverhalte bestätigen den Zusammenhang zwischen nationaler Kampfparität und internationalem Arbeitskampf. Von Sonderfällen einmal abgesehen, wie dem Streik von Fernfahrern an den Grenzen zu Italien 1984, läßt sich dabei für Arbeitskämpfe des hier untersuchten Typs die noch zu erhärtende These formulieren, daß sie im Grunde protektionistischen Tendenzen dienen; und zwar unabhängig von der Form, aber auch dem jeweiligen Arbeitskampfmittel. Ob Haupt- oder Sympathiearbeitskampf, Streik, Aussperrung oder Boykott, derlei grenzüberschreitende Arbeitskämpfe 57 Birk, BerDGesVR 18 (1978), S.345f.; ders., RabelsZ 46 (1982), 406; ferner Freund, Diss., S.49. Eine Ausnahme bilden allerdings ArbG Husum, SeeAE Nr.9 zu Art.9 GG (Kampfkündigung des Reeders gegenüber seiner Besatzung auf Schiff unter liberianischer Flagge im Hafen von Brunsbüttel); ArbG Hamburg, SeeAE Nr.lO(I) zu Art.9 GG (Lösende Aussperrung der Besatzung eines Schiffs unter panamesischer Flagge durch den Bareboat- Charterer aus Hongkong im Hamburger Hafen); ArbG Bremen vom 19.4.1982, Az: 9 Ca 9102/82 (Lösende Aussperrung der pakistanischen Matrosen eines Schiffs unter liberianischer Flagge im Bremer Hafen). Sämtliche Arbeitgeberkampfmaßnahmen erfolgten als Reaktion auf Streiks der Besatzung. 58 Zu diesem Begriff näher Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, S.101 ff., Rn. 166ff.; Lerche, Zentralfragen, S.64ff.; Seiter, Streikrecht, S.156ff.; ders., Arbeitskampfparität, S.59ff.; Scholz, Koalitionsfreiheit, S.262ff.; Scholz/Konzen, Aussperrung, S.168ff.; Zachert/Metzke/Hamer, Aussperrung, S.118ff. Ausjüngster Zeit hierzu vor allem Zöllner, DB 1985, 2453f. 59 Zu deren Hintergrund einstweilen nur Seiter, Arbeitskampfparität, S.15ff.; Binkert, Boykottmaßnahmen, S.15f.

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§ 1 Einführung und Problemstellung

versuchen entweder, ein bereits verlorengegangenes Gleichgewicht auf nationaler Ebene international wieder herzustellen oder aber eine solche Störung durch Ausweitung des Kampfgebietes zum Vorteil der kampfführenden Partei erst herbeizuführen. Dies gilt im Grundsatz für Arbeitskämpfe zur Verbesserung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen im Sinne von Art.9 Abs.3 GG, aber auch für Arbeitskämpfe um nicht tariflich regelbarer Ziele wie den politischen Arbeitskampf. Freilich liegt es in der Natur des letzteren, daß die Motivation einer solchen Arbeitsniederlegung auch gänzlich andere Schlüsse erfordert. Vergegenwärtigt man sich die einzelnen praktischen Fälle von Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung, so scheint Hans Zacher 60 recht zu behalten, wenn er meint, "daß die Koalitionsfreiheit längst angefangen habe, ein internationales Phänomen zu werden". Damit deckt sich die Einschätzung einer verbreiteten Meinung 61 , die eine deutliche Zunahme von Arbeitskämpfen aufinternationaler Ebene prophezeit. Demgegenüber begegnet die Ansicht von Zaum 62 , solche grenzüberschreitenden Arbeitskämpfe seien als "Fiebererscheinung" auf dem Wege zu einer Harmonisierung der einzelnen nationalen Arbeitsrechtsordnungen zu sehen, einiger Skepsis. Immerhin wird deutlich, daß Ansätze zu einer solchen Harmonisierung in eine Untersuchung zu rechtlichen Fragen von Arbeitskämpfen mit Auslandsbezug einbezogen werden müssen.

III. Arbeitskampf mit Auslandsberührung und Internationales Arbeitsrecht Arbeitskämpfe der geschilderten Erscheinungsformen werfen Rechtsprobleme der verschiedensten Art auf. Von besonderem Interesse ist dabei die Verankerung des Arbeitskampfes mit Auslandsberührung im Internationalen Arbeitsrecht. 1. Der Regelungsbereich des "Internationalen Arbeitsrechts" Der Begriff des "Internationalen Arbeitsrechts" wird in der deutschen Dogmatik nicht einheitlich verwendet, die unter diesen Terminus subsumierten Rechtsgebiete differieren 63. Diskussionsbeitrag, in: Koalitionsfreiheit, Teil 2, 8.1470f. Däubler, RIWjAWD 1972, 2; Erdsiek, NJW 1959, 2198; Freund, Diss., 8.49; Gamillscheg, RIWjAWD 1979, 225; Gitter, ZfA 1971, 127; Wintrich, Diss., 8.3f. 62 Vgl. dens., Diss., 8.226, bezogen auf den Arbeitskampf gegenüber transnationalen Unternehmen; zweifelnd aber auch Rehbinder, Anwendbares Recht, S.140. 63 Zur Terminologie vgl. nur Birk, RabelsZ 46 (1982), 384f.; Gamillscheg, Internationales Arbeitsrecht, 8.1 f.; dens., ArbRGW 2 (1965), 19; dens., RIW j AWD 1979,225; Geppert, DRdA 1970, 124f.; Kauffmann, Betriebsverfassung 4 (1957), 5f.; KüchenhofflWollenschläger, F8 8chieckel, 8.179f. 60

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IH. Arbeitskampf und Internationales Arbeitsrecht

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So gehört zum Internationalen Arbeitsrecht einmal das Arbeitsvölkerrecht mit seinen überstaatlichen Rechtsquellen, wobei allerdings das Arbeitsrecht der Europäischen Gemeinschaft bisweilen als "Supranationales Arbeitsrecht" ausgegliedert wird 64 • Weiter fällt unter das Internationale Arbeitsrecht aber auch das Arbeitskollisions- bzw. Arbeitsverweisungsrecht 65 • Birk 66 schließlich faßt nun auch dasjenige (nationale) Sachrecht systematisch als Internationales Arbeitsrecht auf, welches sich speziell auf Auslandssachverhalte bezieht 67 bzw. anders formuliert, den spezifischen Bedürfnissen des internationalen Verkehrs Rechnung tragen soll68. So nimmt es nicht weiter wunder, daß oftmals erst ein Blick in den Inhalt einer Abhandlung, die mit "Internationales Arbeitsrecht" überschrieben ist, Aufschluß darüber gibt, welche Materie der Autor behandelt 69 • Da die vorliegende Untersuchung von ihrer Anlage her sämtliche angesprochenen Rechtskreise tangiert, wird der Begriff des "Internationalen Arbeitsrechts" im folgenden als Sammelbezeichnung im weitesten Sinne verstanden. 2. Arbeitskampf und Internationales Arbeitsrecht Unter einem "Arbeitskampf' versteht man nach gefestigter Auffassung 70 die Störung der Arbeitsbeziehungen durch die Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite mittels kollektiver Maßnahmen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Ein 64 Gitter, ZfA 1971, 128; vgl. auch Seidl-Hohenfeldern, Internationale Organisationen, S.7, Rn.115; ablehnend zu diesem Begriff Schnorr, Arbeitsrecht, S.20f.; Wengier, Völkerrecht, Bd.2, S.1315. 65 Für die Verwendung des Begriffs "Arbeitsverweisungsrecht" im Gegensatz zum "Arbeitskollisionsrecht" plädiert insbesondere Gamillseheg, Internationales Arbeitsrecht, S.1f., Nr.1; vgl. auch Geppert, DRdA 1970, 125. Demgegenüber scheint der Terminus "Arbeitskollisionsrecht" im Vordringen befindlich, vgl. vor allem Birk, NJW 1978, 1825ff.; dens., RdA 1984, 129ff. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung werden beide Begriffe synonym verwendet. 66 RabelsZ 46 (1982), 386; ebenso Kranke, DB 1984, 404. 67 Konsequenz dieser Auffassung ist, daß die Frage, ob ein Sympathiestreik deutscher Arbeitnehmer zugunsten eines ausländischen Hauptarbeitskampfes zulässig ist, begrifflich zum "Internationalen Arbeitsrecht" gehört. 68 Vgl. auch Neuhaus, IPR, S.l; Siehr, RabelsZ 46 (1982),371. 69 Vgl. einerseits Mayer( Raaseh, Internationales Recht der Arbeit und Wirtschaft (Teil 111: Internationales Arbeitsrecht); Valtieos, Internationallabour law; - zum Arbeitsvölkerrecht und im Gegensatz dazu die kollisionsrechtlichen Darstellungen von Birk, RabelsZ 46 (1982), 384; Däubler, RIW(AWD 1972, 1; Gamillseheg, Internationales Arbeitsrecht. Gleiches gilt für das "Internationale Sozialrecht", vgl. von Maydell, Sach- und Kollisionsnormen, S. 15ff.; Naendrup(Grüneklee, BlStSozArbR 1983, 230. 70 So Brox(Rüthers, Arbeitskampfrecht, S.13, Rn.17; Seiter, Streikrecht, S.568ff.; Söllner, ArbR, §11 11 1, S.71f.; Zöllner, ArbR, §39 V 1, S.356. Demgegenüber setzen Hueek(Nipperdey(Säeker, ArbR, Bd.II(2, S.870ff. den Begriff des Arbeitskampfes mit

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§ 1 Einführung und Problemstellung

besonderer Arbeitskampfbegriff für den Bereich des Internationalen Arbeitsrechts existiert demgegenüber nicht. Offen ist vor allem, in welchen Fällen von einem "internationalen" Arbeitskampf bzw. einem Arbeitskampf mit "Auslandsberührung" gesprochen werden kann und nach welchen Kriterien dieser Begriff zu bilden ist 71 . Rechtlich werfen grenzüberschreitende Kampfaktionen der bereits geschilderten Art in mehrerer Hinsicht Probleme auf. Sämtliche angesprochenen Rechtskreise des Internationalen Arbeitsrechts werden dabei berührt. Zunächst interessiert die kollisionsrechtliche Fragestellung, welche der beteiligten nationalen Arbeitskampfrechtsordnungen berufen ist, den Sachverhalt zu entscheiden. Findet inländisches Recht Anwendung, so stellt sich das weitere Problem der materiellen Rechtmäßigkeit solcher auslandsbezogener Arbeitskämpfe. Darüber hinaus ist auch das Arbeitsvölkerrecht tangiert: Nämlich insoweit, als über- bzw. zwischenstaatliche Rechtsquellen Regelungen hinsichtlich internationaler Arbeitskämpfe enthalten.

IV. Die Ermittlung des "Arbeitskampfstatuts" als Ziel der Untersuchung Die Zielsetzung der Arbeit lautet, den Arbeitskampfmit Auslandsberührung einer umfassenden international-arbeitsrechtlichen Betrachtung zu unterziehen. Vordringliche Aufgabe und Leitprinzip der Ausführungen ist dabei die Ermittlung von Kriterien zur Bestimmung des "Arbeitskampfstatuts". Jener Rechtsordnung also, die auf grenzüberschreitende Kampfrnaßnahmen in arbeits- und sozialrechtlicher Hinsicht Anwendung finden soll. Zu untersuchen ist dabei, ob Normen eines "internationalen materiellen Arbeitskampfrechts" Prämissen für die Beurteilung von Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung vorgeben. Dieser von Birk 72 geprägte Begriff umfaßt diejenigen überstaatlichen Rechtsquellen, die Fragen internationaler Arbeitskämpfe zum Gegenstand haben. Freilich ist dieser Terminus nicht ganz unproblematisch, impliziert er doch die Existenz eines "formellen internationalen Arbeitskampfrechts" . Dieses könnte dann aber nur in Kollisionsnormen auf völker- oder europarechtlicher Ebene gesehen werden. Entsprechende Ansätze in dieser Richtung werden im Rahmen der Untersuchung berücksichtigt13 .

dem Tarifarbeitskampf gleich. Dagegen Seiter, Streikrecht, S.571; Zöllner, ArbR, §39 V 2, S.357f. Zur Bedeutung des Arbeitskampfbegriffs für das Arbeitskampfrecht näher Richardi, FS Wolf, S.549ff.; Seiter, Streikrecht, S.569ff. 71 Vgl. ausführlich hierzu unten §1O. 72 AuR 1975, 194, 197; ders., Unterstützungskampfmaßnahmen, S.129. 73 Dazu sogleich § 2.

IV. Die Ermittlung des "Arbeitskampfstatuts"

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Der Schwerpunkt der folgenden Ausführungen liegt auf kollisionsrechtlichem Gebiet. Der dem Arbeitsrecht gemeine Dualismus Individualrecht/Kollektivrecht sowie die Tatsache, daß das Arbeitsrecht Institute und Elemente des öffentlichen und des Privatrechts enthält, und diese Erscheinung auch vor dem Arbeitskampfrecht als Teilgebiet des kollektiven Arbeitsrechts nicht haltmacht, werfen dabei besondere Probleme auf. Die Rechtsnatur des "kollektiven" Arbeitsrechts bereitet im Hinblick auf die Ausgestaltung der einzelnen Kollisionsnormen zusätzliche Schwierigkeiten. Die von Kege[74 für das Internationale Privatrecht angesichts dessen vielzitierter Krise 75 gestellte Frage" Vaterhaus oder Traumhaus?" läßt das Kollisionsrecht des Arbeitskampfes und überhaupt des kollektiven Arbeitsrechts unberührt: Es fehlt bislang noch weitgehend 76 an einem "Vaterhaus"! Wenigstens Fundamente für ein solches Bauwerk zu finden gehört zu einem wesentlichen Anliegen dieser Arbeit. Die Eigenart der behandelten Materie sowie die dabei auftretenden Fragestellungen fordern jedoch auch eine Auseinandersetzung mit sachlich-rechtlichen Fragen 77. In einigen Fällen ist sie sogar Voraussetzung für die kollisionsrechtliche Problematik 78 . Der Stand von Lehre und Rechtsprechung zum bundesdeutschen Arbeitskampfrecht nötigt dabei in manchen Fällen dazu, sich einer abschließenden Beurteilung in materiellrechtlicher Hinsicht zu versagen und es bei einer Darstellung des Streitstandes bewenden zu lassen. Andererseits bietet eine solche Einbeziehung nationaler Fragestellungen auch die Möglichkeit, Ergebnisse auf ihre Brauchbarkeit im Hinblick auf internationale Sachverhalte zu prüfen und gegebenenfalls ihre Revidierung anzuregen. Dabei werden alle Fragen miteinbezogen, die sich unmittelbar aus dem Verhältnis der Parteien des Arbeitskampfes zueinander ergeben und zwar unter besonderer Berücksichtigung des Spannungsverhältnisses zwischen der kollektiven und der individualrechtlichen Ebene des Arbeitskampfes. Weiter wird das Verhältnis der Arbeitskampfparteien zu den beteiligten Staaten näher ausgeleuchtet und zwar insbesondere auch im Hinblick auf die sich hieraus ergebenden Konsequenzen für die maßgebliche Kollisionsnorm. AusgeklamFS Beitzke, S.551ff., 572. Dazu nur Joerges, Funktionswandel, S.38ff.; Rehbinder, JZ 1973, 155; speziell zum Arbeitsverweisungsrecht Kronke, Methodenentfaltung, S.165ff.; Simitis, FS Kegel, S.155ff.; vgl. aus belgischer Sicht auch Dumortier, Arbeidsverhoudingen, S.205ff. 76 Eine gewisse Konsolidierung der Auseinandersetzung ist für die verweisungsrechtliche Behandlung von Tarifvertrags- und Betriebsverfassungsrecht festzustellen, vgl. den Überblick bei Birk, RdA 1984, 135ff., 137f.; dems., RabelsZ 46 (1982), 404f., 407ff. 77 Zum Problem der Abgrenzung zwischen Kollisions- und Sachnorm vgl. nur Birk, RabelsZ 46 (1982), 386, 390; Kegel, GS Ehrenzweig, S.51ff.; dens., IPR, §1 VIII, S.32ff.; Schurig, Kollisionsnorm, S.58ff. Tendenziell anders aber Mann, FS Raiser, S.501. 78 Wer die Zulässigkeit des grenzüberschreitenden Sympathiestreiks bzw. des Sympathiestreiks schlechthin verneint, kommt gar nicht erst zu der Frage, nach welcher Rechtsordnung der unterstützte ausländische Hauptkampf im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung des inländischen Sympathiekampfes zu beurteilen ist. 74 75

2 Hergenröder

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§ 1 Einführung und Problemstellung

mert bleiben Probleme, die sich aus den Folgen von Arbeitskämpfen für Drittbetroffene ergeben, da hier das Feld des "eigentlichen" Arbeitskampfrechts verlassen und das Gebiet "normaler" schuldrechtlicher Leistungsstörungen betreten wird 79. Demgegenüber wird auf Fragen des Sozialversicherungs- sowie des Sozialhilferechts, soweit im Zusammenhang von Bedeutung, näher eingegangen. Der Gegenstand des Internationalen Arbeitsrechts bringt es mit sich, daß die Auseinandersetzung in der Wissenschaft zu Fragen der Methodik sowie hinsichtlich einzelner Lösungsansätze längst den Rahmen der einzelnen Rechtsordnungen verlassen hat und auf internationaler Ebene stattfindet. Zudem schärft das reiche Fallmaterial des Auslands den Blick für die im Rahmen der inländischen Rechtsordnung zu lösenden Fragen. Eine Berücksichtigung ausländischer Autoren und Gerichtsentscheidungen ist insoweit unumgänglich, ohne daß damit ein Anspruch auf Vollständigkeit im Sinne traditioneller Rechtsvergleichung erhoben wird 80. Nachfolgend wird im 1. Teil zunächst das methodische Instrumentarium für die kollisionsrechtliche Beurteilung von Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung entwickelt. Zugleich erfolgt eine Systematisierung der in Betracht kommenden Einzelfälle. Der 2. Teil ist dann der Untersuchung der einzelnen Fallgruppen unmittelbar gewidmet. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse rundet im 3. Teil die Darstellung ab.

79 Einen Überblick über die auftretenden Rechtsfragen im innerstaatlichen Recht gibt Schlüter, in: Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, S.226ff., Rn.379ff. Rechtsvergleichend von Beringe, DB 1963, 757ff.; vgl. zum ganzen auch Eckhardt, Die Entlastung des Verkäufers nach Art.74 EKG, S.179ff. 80 Zur Rechtsvergleichung im Hinblick auf Auslegung und Anwendung von Verweisungsnormen vgl. Moll, RdA 1984, 233. Eine rechtsvergleichende Darstellung des Arbeitskollisionsrechts geben Dumortier, Arbeidsverhoudingen in het Internationaal Privaatrecht, Antwerpen 1981, S.112ff., 269ff., 345ff. sowie Morgenstern, International conflicts of labour law, Genf, 1984. Vgl. auch dens., Rev. int. trav. 124 (1985), 129ff.

1. Teil: Allgemeine Lehren Rechtsgrundlagen und Methodenfragen 1. Abschnitt: Ansätze zur Lösung international-arbeitskampfrechtlicher Probleme 1. Unterabschnitt: Normative Vorgaben für die kollisionsrechtliche Beurteilung von Arbeitskämpfen?

§ 2 Der Aussagegehalt arbeitskollisionsrechtlicher Kodifikationen Das deutsche Arbeitskollisionsrecht in seiner augenblicklichen Ausgestaltung beruhte über Jahrzehnte hinweg fast ausschließlich auf Richterrecht, vornehmlich geprägt durch Entscheidungen des BundesarbeitsgerichtsI. Seit einiger Zeit bestanden auf internationaler wie auf nationaler Ebene Bestrebungen, zumindest partiell eine Normierung des Arbeitskollisionsrechts durchzusetzen. Nunmehr hat der deutsche Gesetzgeber zum einen dem EG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht zugestimmtl, zum anderen eine Neuregelung des Internationalen Privatrechts verabschiedet 3 • Für die vorliegende Untersuchung ist von besonderer Bedeutung, ob diese Kodifikationen Bestimmungen enthalten, die entweder unmittelbar auf Fragen der Arbeitskämpfe mit Auslandsberührung Anwendung finden oder doch zumindest Rückschlüsse auf die maßgeblichen Verweisungsnormen zulassen.

I. EG-Übereinkommen vom 19.6.1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Überstaatliche Verträge und Abkommen4, die Regelungen im Rahmen des Kollisionsrechts enthalten, verpflichten die Vertragsstaaten - und damit den Vg!. Birk, RdA 1984, 131; dens., RabelsZ 46 (1982), 386. Die einzige Ausnahme stellte §1 SeemannsG dar, der als einseitige Grenznorm den Geltungsbereich des SeemannsG absteckt, vg!. dazu auch Gamillscheg, ZfA 1983, 318. 2 Gesetz zu dem Übereinkommen vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 25.7.1986, BGB!. II S.809; in Kraft getreten am 26.7.1986. 3 Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25.7.1986, BGB!. I S.1142ff.; in Kraft getreten am 1.9.1986. 4 Eine Übersicht über die bestehenden arbeitskollisionsrechtlichen Abkommen geben Kegel, IPR, §4 II, S.127ff. und Morgenstern, International Conflicts, S.8ff. 1



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§ 2 Arbeitskollisionsrechtliche Kodifikationen

inländischen Rechtsanwender - dazu, bei Sachverhalten mit Auslandsberührung die jeweils gleichen (Arbeits)Verweisungsnormen anzuwenden. Im Ergebnis wird dabei den Staaten die Befugnis genommen, einen Sachverhalt mit Auslandsberührung nach eigenem Gutdünken materiellrechtlich zu entscheiden s. Denn diese Befugnis setzt eben voraus, daß das Kollisionsrecht des betreffenden Staates die eigene Rechtsordnung für anwendbar erklärt. Gerade in der Ausgestaltung des Kollisionsrechts wird der einzelne Staat aber durch seine eingegangene völkerrechtliche Verpflichtung beschränkt 6 . Zur KlarsteIlung ist hinzuzufügen, daß dieses Kollisionsrecht als solches kein Völkerrecht, sondern einzelstaatliches Recht ist7. Die Europäischen Gemeinschaften haben sich in der Vergangenheit mehrfach darum bemüht, das Arbeitskollisionsrecht auf supranationaler Ebene zu kodifizieren. Entsprechende Vorhaben datieren aus den Jahren 1972 8 und 1976 9 • Hervorzuheben ist, daß beide EG-Entwürfe als Fortführung der EG-VO Nr. 1612/48 10 verstanden werden wollen; insoweit findet ausdrücklich eine Berufung auf die Freizügigkeitsvorschriften des EWG-Vertrages statt l l . Entsprechend sind die Meinungen, ob das dort verankerte Diskriminierungsverbot kollisionsrechtliche Konsequenzen erfordert, geteilt 12 • Allerdings ist darauf 5 Ziel dieses Vorgehens ist das Erreichen eines internationalen Entscheidungseinklangs; dazu gerade im Hinblick aufIPR- Kodifikationen Müller-Freienfels, FS Vischer, S.227ff.; vgl. auch Jayme/Kohler, IPRax 1985, 65. Kritisch zur "Konventionsflut" aber Firsching, IPRax 1985, 126f. 6 Eine noch weitergehende Beschränkung der staatlichen Rechtsanwendungsmacht enthalten internationale Gerichtsstandabkommen, in denen Fragen der internationalen Zuständigkeit der Gerichte geregelt sind, vgl. in diesem Sinne für das Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen (GVÜ) vom 27.9.1968, Birk, RdA 1983, 144. Zu dessen Anwendbarkeit im Hinblick auf arbeitskampfrechtliche Streitigkeiten ders., RdA 1983, 146. 7 Vgl. Ferid, FS Dölle, S.127; Hoffmann, in: von Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S.858; Schnitzer, FS Mann, S.294f. So ausdrücklich auch Kegel: "Es gibt im strengen Sinne kein völkerrechtliches IPR", vgl. Soergel/Kegel, EGBGB, Vor Art.7 Rn. 3; dens., IPR, §1 IV, S.6. 8 Vorschlag einer VO(EWG) des Rates über das auf Arbeitsverhältnisse innerhalb der Gemeinschaft anzuwendende Konfliktsrecht, ABI. 1972 C 49/26 und 1973 C 4/14; Text und Begründung ferner in BR- DruckS 163/72, dazu der Bericht in RdA 1972, 225ff. Einzelheiten bei Beitzke, GS Dietz, S.127ff.; Gamillscheg, RabelsZ 37 (1973), 289ff. 9 Geänderter Vorschlag einer VO(EWG) des Rates über das auf Arbeitsverhältnisse innerhalb der Gemeinschaft anzuwendende Konfliktsrecht vom 28.4.1976, KOM (75) 653; deutscher Text RdA 1978, 57f. mit Anm. Engels. Dazu näher Birk, NJW 1978, 1829; Gamillscheg, RIW/AWD 1979, 234ff.; Kronke, RabelsZ 45 (1981), 308ff. 10 Dazu unten §7 II 2. U Vgl. Beitzke, GS Dietz, S.127. 12 Bejahend etwa Däubler, RIW/AWD 1972, 11; Torsten Stein, in: Koalitionsfreiheit, Teil 2, S.1107; ablehnend Simitis, FS Kegel, S.164 mit Fn. 48. Grundsätzlich hierzu auch Jayme/Kohler, IPRax 1985, 65 m.w.N. in Fn.2.

II. Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25. 7. 1986

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hinzuweisen, daß eine Realisierung dieser arbeitsverweisungsrechtlichen EGEntwürfe nicht mehr zu erwarten ist 13 . Im Rahmen der Kodifikation des Internationalen Schuldvertragsrechts haben die Europäischen Gemeinschaften 1980 den Entwurf eines" Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht"14 vorgelegt, der von der Bundesrepublik Deutschland am 19.6.1980 unterzeichnet wurde. Art.6 15 dieses Abkommens befaßt sich mit der verweisungsrechtlichen Beurteilung des Arbeitsvertrages; eine Regelung für Arbeitskämpfe ist nicht darin enthalten. Indes schließt Art. 1 Abs. 2 des deutschen Zustimmungsgesetzes vom 25.7.1986 16 die unmittelbare innerstaatliche Anwendbarkeit der in den Artikeln 1 bis 21 des Übereinkommens enthaltenen Vorschriften ausdrücklich aus. Bezüglich der Einzelheiten des EG-Übereinkommens kann im übrigen auf das Schrifttum verwiesen werden 17.

11. Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25.7.1986 Der deutsche Gesetzgeber hat das EG-Übereinkommen vom 19.6.1980 mit geringfügigen sprachlichen Abweichungen sowie einem veränderten Aufbau und einer unterschiedlichen Systematik übernommen und die entsprechenden Bestimmungen in das "Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privat13

Vgl. auch Kronke, DB 1984,404; Jayme/Kohler, IPRax 1985,71.

14 ABI. 1980 L 266; deutscher Text in IPRax 1981, 67ff.; allgemein zum Entwurf vgl.

Firsching, IPRax 1981, 37 mit Nachw. zur Entstehungsgeschichte. Hierzu ferner Jayme/Kohler, IPRax 1985, 68ff.

Art. 6 lautet: "Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse von Einzelpersonen (1) Ungeachtet des Artikels 3 darf in Arbeitsverträgen und Arbeitsverhältnissen die Rechtswahl der Parteien nicht dazu führen, daß dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das nach Abs. 2 mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre. (2) Abweichend von Artikel 4 sind mangels einer Rechtswahl nach Artikel 3 auf Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse anzuwenden: a) das Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrages gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, selbst wenn er vorübergehend in einen anderen Staat entsandt ist, oder b) das Recht des Staates, in dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, sofern dieser seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet, es sei denn, daß sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, daß der Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis engere Verbindungen zu einem anderen Staat aufweist; in diesem Falle ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden." 16 Vgl. Fn. 2. Dazu ferner BT- DruckS 10/503 und BR- DruckS 224/83, jeweils mit Begründung. 17 Speziell zum Arbeitsrecht Kronke, RabelsZ 45 (1981), 312ff.; Kropholler, RabelsZ 42 (1978), 650; Querverweise auch bei Gamillscheg, ZfA 1983, 316ff. 1S

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§ 2 Arbeitskollisionsrechtliche Kodifikationen

rechts" eingestellt l8 . Durch die Einfügung in die Neufassung des EGBGB soll die "Überschaubarkeit des Internationalen Privatrechts gewahrt, die Rechtsanwendung erleichtert und einer Rechtszersplitterung entgegengewirkt" werden 19. Der neugefaßte Art. 30 EGBGB 1986 20 entspricht im wesentlichen Art. 6 des EG-Übereinkommens und regelt das auf Arbeitsverhältnisse anwendbare Recht. Die Vorlage erkennt den Primat der Parteiautonomie im Arbeitskollisionsrecht an 21 • Allerdings beinhaltet der Gesetzentwurf keine Regelungen über die verweisungsrechtliche Beurteilung des kollektiven Arbeitsrechts, insbesondere auch nicht im Hinblick auf den Tarifvertrag, der ja ebenfalls ein "vertragliches Schuldverhältnis" darstellt 22 • Mit Sicherheit läßt sich damit sagen, daß der Entwurf auch bezüglich des Arbeitskampfes mit Auslandsberührung keine unmittelbaren kollisionsrechtlichen Vorgaben enthält; dies gilt in jedem Fall für die kollektive Auseinandersetzung im Arbeitskampf. Ob sich hinsichtlich der Auswirkungen von Streiks und Aussperrungen auf das individualvertragliche Verhältnis der Arbeitskampfparteien etwas anderes ergibt, bedarf noch der näheren Untersuchung 23 • Mit Gamillscheg 24 wird man sagen müssen, daß es wohl nicht das Ziel dieses Gesetzentwurfs war, diese noch ungeklärten Fragen regeln zu wollen. 18 Vgl. Fn. 3. Dazu ferner BT- DruckS 10/504 und BR- DruckS 222/83, jeweils mit Begründung. Kritisch zur Art der Umsetzung des EG- Entwurfs im innerstaatlichen Bereich Hoffmann, IPRax 1984, 10fT.; Nolte, IPRax 1985, 72. 19 So die amtliche Begründung in den Gesetzentwürfen, vgl. BT- DruckS 10/503, S.5 und BR- DruckS 224/83, S.5. Vgl. insoweit auch schon Firsching, IPRax 1981,43. 20 Art. 30 EGBGB 1986 lautet: "Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse von Einzelpersonen (1) Bei Arbeitsverträgen und Arbeitsverhältnissen darf die Rechtswahl der Parteien nicht dazu führen, daß dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das nach Abs. 2 mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre. (2) Mangels einer Rechtswahl unterliegen Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse dem Recht des Staates, 1. in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrages gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, selbst wenn er vorübergehend in einen anderen Staat entsandt ist, oder 2. in dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, sofern dieser seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet, es sei denn, daß sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, daß der Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis engere Verbindungen zu einem anderen Staat aufweist; in diesem Fall ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden." 21 Kritisch dazu Kronke, DB 1984, 404; zur Rechtslage in Österreich insoweit Schwimann/Schlemmer, DRdA 1984, 208. Vgl. zum ganzen noch unten §11 II. 22 So Gamillscheg, ZfA 1983, 365f.; diese "Mißachtung" des kollektiven Arbeitsrechts entspricht seiner stiefmütterlichen Behandlung in der Doktrin, vgl. auch Birk, RabelsZ 46 (1982), 416f. 23 Dazu näher unten § 15 III 1 b. 24 ZfA 1983, 360.

I. Der Streik auf dem Motorschiff "Kayode Bakare"

23

111. Ergebnis Weder das EG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht noch das Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts enthalten eine Aussage zur kollisionsrechtlichen Beurteilung von Arbeitskämpfen mit Auslandsberührung. Unmittelbare Vorgaben für die Entwicklung inländischer Verweisungsnormen lassen sich demnach keiner der beiden Kodifikationen entnehmen.

2. Unterabschnitt: Der Arbeitskampf mit Auslandsbezug in der Rechtsprechung

§ 3 Arbeitskampfmaßnahmen auf Schiffen unter ausländischer Flagge in deutschen Häfen

I. Der Streik auf dem Motorschiff (MS) "Kayode Bakare" 1. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bremen vom 5.8.1977 1 Während eines Aufenthalts im Bremer Hafen trat die nigerianische Besatzung des unter panamesischer Flagge fahrenden Frachters "Kayode Bakare" auf Veranlassung der ITFin den Streik. Eine Aussperrung erfolgte nicht, Ziel des Streiks war ein Tarifvertrag 2 • Mit Streik beginn ordnete der Kapitän die Einstellung der Verpflegung der Besatzung an. Daraufhin erließ das Arbeitsgericht Bremen eine einstweilige Verfügung des Inhalts, daß die Schiffseignerin die nigerianischen Besatzungsmitglieder zu verpflegen habe.

Das Arbeitsgericht Bremen kam dabei zum Ergebnis, daß auf den Arbeitskampf deutsches Arbeitskampfrecht Anwendung finden müsse. Im einzelnen führte es dazu folgendes aus: "Da es sich um einen ordnungsgemäßen Streik handelt, sind lediglich die Hauptpflichten aus den Heuerverhältnissen suspendiert, nicht aber die Nebenpflichten. Dies ergibt sich aus dem deutschen Streikrecht, das aufgrund der Regelungen des internationalen Privatrechts und dem Liegeplatz des Schiffes Bremen als Streikort anwendbar ist."

Was unter den "Regelungen des internationalen Privatrechts" im einzelnen näher zu verstehen ist, bleibt dabei im dunkeln. Immerhin deutet der Hinweis auf den Liegeplatz des Schiffes darauf hin, daß das Arbeitsgericht Bremen die Anknüpfung an den Arbeitskampfort für maßgeblich hielt. Nach dem dann anwendbaren deutschen Arbeitskampfrecht war der Streik der Seeleute nach Ansicht des Gerichts aber rechtmäßig, so daß lediglich die Hauptpflichten aus den Heuerverhältnissen suspendiert waren, nicht aber die Nebenpflichten. Das Arbeitsgericht sah sich somit vor der weiteren Frage, nach welchem Recht die 1

7 Ca 7260 - 81/77 = SeeAE Nr. 6 zu Art.9 GG = SeeAE Nr.1 zu IPR- ArbR (nur

2

Näher zu den einzelnen Kampfzielen der ITF unten §26 III 1 a, IV.

LS).

24

§ 3 Arbeitskampfmaßnahmen in deutschen Häfen

Heuerverhältnisse zu beurteilen waren, da es für die Entscheidung nun darauf ankam, ob die Nebenpflichten des Heuerverhältnisses so wie § 39 Abs. 1 SeemannsG eine Verpflegung an Bord beinhalteten 3 • Hier stellte das Arbeitsgericht aufgrund der Flagge auf panamesisches Recht ab, ließ die Frage nach dessen Inhalt aber im Ergebnis offen, da es eine der deutschen Regelung widersprechende Vorschrift jedenfalls als gegen den ordre public verstoßend ansah. Im Ergebnis war damit die Verpflegung der Besatzung im Wege der einstweiligen Verfügung anzuordnen 4 • Das Arbeitsgericht Bremen beurteilte damit sowohl den kollektiven Aspekt (Rechtmäßigkeit des Arbeitskampfes) als auch die Folgen für das Einzelarbeitsverhältnis (Suspendierung nur der Hauptpflichten) nach deutschem Recht. Den Inhalt dieser vertraglichen Pflichten hätte das Arbeitsgericht Bremen demgegenüber dem Arbeitsverhältnisstatut entnommen 5 - von der besonderen Problematik des ordre public einmal abgesehen. 2. Die Folgeentscheidung des Verwaltungsgerichts Bremen vom 15.8.1977 6 Eigner und Kapitän des Frachters verlangten alsbald von der Bremer Polizei die Räumung des Schiffes, um die streikenden Seeleute von Bord zu bekommen. Die zuständige Behörde lehnte die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen die Besatzungsmitglieder jedoch ab. Daraufhin beantragten Eigner und Kapitän den Erlaß einer einstweiligen Verfügung, mit weIcher sie die Bremer Polizei zum Einschreiten verpflichten wollten. Sie begründeten den Antrag u.a. mit dem Hinweis, daß das Verhalten der Seeleute gegen § 123 StGB verstoße und damit den Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfülle. Das Verwaltungsgericht Bremen wies den Antrag zurück.

Das Verwaltungsgericht Bremen ging in seinem Beschluß durchweg von der Anwendbarkeit deutschen Arbeitskampfrechts - soweit für die Entscheidung erheblich - aus. Unter ausdrücklichem Hinweis auf die obige Entscheidung des Arbeitsgerichts Bremen hielt es den Streik der nigerianischen Seeleute für rechtmäßig. Zur Frage des Streikrechts der Besatzungsmitglieder schlechthin nahm das Gericht wie folgt Stellung 7 : 3 Nach Seiter, Arbeitskampfparität, S.77f., ist die Differenzierung nach Haupt- und Nebenpflichten im vorliegenden Fall allerdings unerheblich, weil der Entzug der Verpflegung durch den Reeder die Besatzung in ihrer Existenz gefährde und diese Abwehrmaßnahme gegen den Streik somit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletze, vgl. auch dens., Streikrecht, S.268ff., 299ff. A.A. Birk, Streik, S.65; LAG Hamburg, SeeAE Nr.10(II) zu Art. 9 GG. 4 Zum Problem der Verpflegungsgewährung auf Schiffen bei Arbeitskämpfen weiter Bemm/Lindemann, SeemannsG, §39 Rn.8; Birk, Streik, S.65; Seiter, Arbeitskampfparität, S.77f.; Geffken, Seeleutestreik, S.272; allgemein hierzu Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, §186 V, S.t101. 5 Anders aber das LAG Hamburg, SeeAE Nr.lO(II) zu Art.9 GG, das insoweit auf das Seemannsgesetz rekurrierte. 6 Beschluß vom 15.8.1977, Az: II V 160/1977 (unveröffentlicht).

1I. Panamesisches Recht bei einem Streik in einem deutschen Hafen

25

"Dabei mag offenbleiben, ob das Streikrecht - das von der grundgesetzlich garantierten Koalitionsfreiheit mitumfaßt wird (Art. 9 Abs. 3 GG) und auf das sich auch die Beigeladenen berufen können, jedenfalls solange sie sich im Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhalten - überhaupt einem polizeirechtlichen Einsatz zugänglich ist."

Das Vorliegen eines Hausfriedensbruchs lehnte das Verwaltungsgericht ebenfalls ab, da es die Pflicht zur Unterkunftsgewährung des Arbeitgebers auf Seeschiffen als vertragliche Nebenpflicht ansah, die durch den rechtmäßigen Streik nicht suspendiert wurde 8 . Die Entscheidung begegnet im Hinblick auf ihre Begründung durchgreifenden Bedenken. So fehlt in dem Beschluß jegliche Erörterung der Frage, ob Art.9 Abs.3 GG zur Rechtfertigung eines Streiks ausländischer Seeleute auf einem Schiff unter ausländischer Flagge in einem deutschen Hafen überhaupt herangezogen werden kann. Das Verwaltungsgericht Bremen bejaht dies ohne jegliche Begründung, obwohl der Arbeitskampf nicht um "inländische" Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen geführt wurde 9 .

11. Panamesisches Recht als Arbeitskampfstatut bei einem Streik in einem deutschen Hafen 1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 5.12.1979 10 Besatzungsmitglieder der unter panamesischer Flagge fahrenden und von griechischen Eignern bereederten MS "Z" legten nach Beginn der Löscharbeiten im Hamburger Hafen die Arbeit nieder. Sie forderten Heuerrestzahlungen, die sich aus der Differenz zwischen den von der ITF festgesetzten Tarifen und dem für die Besatzungsmitglieder geltenden griechischen Tarifvertrag ergaben. Von ÖTV-Vertretern unterstützt verlangten die Seeleute außerdem die Unterzeichnung der entsprechenden ITF-Tarifverträge durch die Reederei.Mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung begehrten die Eigner des Schiffes u.a., daß von den streikenden Besatzungsmitgliedern keine Arbeitswilligen an der Arbeit gehindert würden sowie ferner, daß das nach panamesischem Recht bestehende Weisungsrecht des Kapitäns beachtet würde.

Zum anwendbaren Recht führte das Arbeitsgericht Hamburg folgendes aus ll : A.a.O., S.5 des Beschlusses. Zur Unzulässigkeit der Betriebsbesetzung Nachweise bei Seiter, Streikrecht, S.520f.; vgl. auch dens., Arbeitskampfparität, S.80; Säcker, Boykott, S.31; ArbG Hamburg, SeeAE Nr.11 zu Art.9 GG = Nr. 9 zu IPR- ArbR(LS); a.A. Däubler, Arbeitsrecht, Bd.1, S.322ff. Näher zur Frage des Polizeieinsatzes bei Arbeitskämpfen Ule, Streik und Polizei, S.52, 98ff. Rechtsvergleichend zur Betriebsbesetzung Wendt, Betriebsbesetzung, S.61ff. 9 Zu dieser Frage unten § 13 11 3. 10 S 15 Ga 24/79 = SeeAE Nr. 7 zu Art. 9 GG = SeeAE Nr. 4 zu IPR- ArbR (nur LS). 11 A.a.O., unter 11 5 der Gründe. 7

B

26

§ 3 Arbeitskampfmaßnahmen in deutschen Häfen

"Das Gericht geht davon aus, daß als Recht der Flagge panamesisches Recht für das Rechtsverhältnis aller Parteien anzuwenden ist, da Umstände für die Anwendbarkeit eines anderen Rechtes nicht ersichtlich sind."

Im Ergebnis wurden die Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung in Ermangelung eines Verfügungsgrundes zurückgewiesen. 2. Das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 29.5.1981 12

In einem zweiten Fall ging es um einen beinahe identischen Sachverhalt: Wieder waren Besatzungsmitglieder eines unter panamesischer Flagge fahrenden Frachters zur Erzwingung von Heuernachzahlungen und Tarifabschlüssen mit der ITF in den Streik getreten. Im einstweiligen Verfügungsverfahren beantragten die Eigner des Schiffs u.a., verschiedene Besatzungsmitglieder zur Unterlassung von Maßnahmen zu verurteilen, die ein Auslaufen des Schiffs verhindern könnten. ITFund ÖTV sollten zur Unterlassung weiterer Unterstützung der Streikenden verurteilt werden. Im Rahmen der Entscheidungsgründe bekannte sich das Arbeitsgericht Hamburg zur Anwendung panamesischen Arbeitskampfrechts 13: "Auf den vorliegenden Arbeitskampfist das Recht von Panama anzuwenden. Daß sich das Schiff zur Zeit in deutschen Hoheitsgewässern befindet, reicht als Anknüpfungsgesichtspunkt für deutsches Recht nicht aus. Die Wirksamkeit des Streiks ist generell nach dem Streikrecht aus dem Labor Code 0/ the Republic 0/ Panama zu beurteilen."

Soweit Art. 476 1. dieser Kodifikation 14 allerdings die Vorschaltung eines Schlichtungsverfahrens unter Beteiligung staatlicher Stellen vorsah, lehnte das Arbeitsgericht Hamburg seine Anwendung wegen Verstoßes gegen Art.30 EGBGB a.F. ab. Diesbezüglich sah es einen Eingriff in die Tarifautonomie und damit in die in Art. 9 Abs. 3 GG verankerte Arbeitskampfberechtigung als gegeben an. Zum Streikziel, soweit die Seeleute Zahlung rückständiger Heuer verlangten, führte das Arbeitsgericht Hamburg folgendes aus: "Es kann nach dem Recht von Panama nicht davon ausgegangen werden, daß die arbeitskampfmäßige Erzwingung der Bezahlung für zurückliegende Arbeitsleistungen unzulässig wäre."

Im Ergebnis wurden die Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung daher zurückgewiesen 15 • S 1 Ga 11/81 = SeeAE Nr.8 zu Art.9 GG = SeeAE Nr.7 zu IPR- ArbR (nur LS). A.a.O., unter I der Gründe. 14 Vgl. zum panamesischen Arbeitskampfrecht auch Hueck/ Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. 11/2, S.1595, Nr. 80. 15 Wobei man es für das deutsche Arbeitskampfrecht durchaus bezweifeln kann, ob ein solcher "Streik" zur Erzwingung der Bezahlung rückständiger Heuer rechtmäßig wäre, da es sich um einen Rechtsanspruch handelt; vgl. zum ganzen auch Birk, Streik, S.60f.; Seiter, Streikrecht, S.496ff.; Siehr, FS Vischer, S.318f. sowie unten §26 IV. 12 13

IH. Ordre public und deutsches Arbeitskampfrecht

27

Das Arbeitsgericht Hamburg hatte zu beurteilen, ob der Arbeitskampf rechtmäßig oder rechtswidrig war, es war also eine Frage zu entscheiden, die dem kollektiven Rechtskreis angehörte. Im Gegensatz zum Arbeitsgericht Bremen 16 hielt das Arbeitsgericht Hamburg den Liegeplatz des Schiffes und überhaupt den Aufenthalt in deutschen Hoheitsgewässern als Anknüpfungsgesichtspunkt für nicht ausschlaggebend. Es ließ also das Territorialitätsprinzip hinter dem Flaggenrecht zurücktreten 17 . Die Unterstützung der streikenden Seeleute durch die örv beurteilte das Arbeitsgericht demgegenüber wohl nach deutschem Recht. Es ging allerdings nicht um Sympathiekampfmaßnahmen, sondern um "logistische" und moralische Hilfe 18. Für die Beurteilung der Zulässigkeit solcher Maßnahmen wäre damit - entsprechend den unterschiedlichen Rechtsverhältnissen - deutsches Recht heranzuziehen, während die Frage des Zugangsrechts deutscher Gewerkschafter zu den Unterkünften der Seeleute auf ihren Schiffen während eines Streiks wiederum vom Recht der Flagge entschieden würde.

III. Ordre public und deutsches Arbeitskampfrecht Vergleichbare Fälle hatten das Arbeitsgericht Bremen 19 und das Arbeitsgericht Husum 20 zu entscheiden: In den Häfen von Bremen und Brunsbüttel streikten paklstamsche und philippinische Matrosen auf Frachtern unter liberianischer Flagge. Eigner bzw. Charterer der Schiffe erklärten die lösende Aussperrung. Im einstweiligen Verfügungsverfahren begehrten sie u.a., daß die Seeleute die Schiffe zu verlassen hätten.

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 19.4.1982 19 Das Arbeitsgericht Bremen wies im Ergebnis den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurück, weil es den Arbeitskampfnicht als "offensichtlich rechtswidrig" ansah. Dabei legte es der Entscheidung deutsches Arbeitskampfrecht zugrunde. Ohne näher zur kollisionsrechtlichen Problematik Stellung zu beziehen, lehnte das Arbeitsgericht Bremen die Anwendung von section 358 Merchant Seamen's Act, 1964 21 , mit folgender Begründung ab 22 :

SeeAE Nr. 6 zu Art. 9 GG, oben §3 I 1. Die streikenden Seeleute sowie die (jTVhatten sich ausdrücklich auf das Territorialitätsprinzip berufen, vgl. SeeAE Nr. 8 zu Art. 9 GG, BI. 3 oben. 18 Ein Parallelbeispiel findet sich bei Gaul, Die Dritte Gewalt 1961, Nr.1, S.1ff.: deutsche Gewerkschaft unterstützt finanziell belgische Gewerkschaft im Arbeitskampf. 19 Urteil vom 19.4.1982, Az: 9 Ca 9102/82 (unveröffentlicht). 20 Urteil vom 18.2.1983, Az: 1 Ga 1/83 = SeeAE Nr.9 zu Art.9 GG = SeeAE Nr.8 zu IPR- ArbR (nur LS). 16 17

28

§ 3 Arbeitskampfmaßnahmen in deutschen Häfen

"Auf das im Abschnitt 358 des "Liberia Marittime Law" festgelegte grundsätzliche Streikverbot konnte sich die Antragstellerin nicht berufen. Diese Vorschrift verlangt für die Zulässigkeit eines Streiks u.a., daß dieser 30 Tage im voraus schriftlich anzukündigen sei. Dies widerspricht dem ordre public des Art.30 EGBGB, da bei einer so langfristigen vorherigen Ankündigung ein Streik nicht wirksam geführt werden könnte."

Dabei ist Birk 23 zuzustimmen, wenn er anführt, daß das Arbeitsgericht prinzipiell ausländisches, also liberianisches Recht für anwendbar hielt. Nur stand seiner Berücksichtigung nach Ansicht des Gerichts Art.30 EGBGB a.F. entgegen. 2. Das Urteil des Arbeitsgerichts Husum vom 18.2.1983 20 Im Gegensatz zur obigen Entscheidung des Arbeitsgerichts Bremen entschied das Arbeitsgericht Husum im Ergebnis zugunsten der Antragsteller, wobei es wiederum deutsches Arbeitskampfrecht für maßgeblich hielt. Anstelle einer Begründung begnügte sich auch das Arbeitsgericht Husum mit einem Hinweis auf den ordre public 24 : "Eine eventuell diesen Grundsätzen des deutschen Arbeitskampfrechts widersprechende Bestimmung im liberianischen Seerechtsgesetz würde dem deutschen ordre public gemäß Art.30 EGBGB widersprechen und wäre unbeachtlich."

Wie das Arbeitsgericht Bremen schien also auch das Arbeitsgericht Husum zumindest von der möglichen Anwendung des Flaggenstatuts auszugehen, ließ diese allerdings am ordre public scheitern. Die Begründungen hierfür überzeugen in beiden Fällen nicht2 s.

Section 358 lautet insoweit: Strikes, Picketing and Like Interference. (1) It shall be unlawful for any person oder labour organization subject to this Chapter to promote or to engage in a strike or picketing or like interference with the internaiorder or operation of avessei, unless such strike, picketing or like interference: a) takes place at a port at which the Shipping Articles terminate; and b) a majority of seamen on the vessel involved have voted by secret ballot that such action be taken; and c) at least thirtydays written notice ofintention to take such action has been given to the employer or Master. (2) ... Ein Abdruck des Gesetzestextes findet sich bei Leffler, Heuerverhältnis, S.280ff. mit An1.6; vgl. zum liberianischen Arbeitskampfrecht auch Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd.II/2, S.1583, Nr. 60; Seeler, Arbeitskampf, S.86. 22 A.a.O. (Fn. 19), BI. 9 des Urteils. 23 Streik, S.22 mit Fn.20 a.E. 24 SeeAE Nr. 9 zu Art. 9 GG (S.5). 25 Vgl. ausführlich noch unten §18 11. 21

V. Der vorläufige Schlußpunkt

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IV. Die Maßgeblichkeit des Deliktsstatuts für die Beurteilung von Kampfmaßnahmen ausländischer Arbeitskampfparteien im Inland In einer weiteren Entscheidung hat sich das Arbeitsgericht Hamburg 26 für die Maßgeblichkeit des Deliktsstatuts und damit der aufgrund der Tatortregel anwendbaren deutschen Arbeitskampfrechtsordnung ausgesprochen. Philippinische Seeleute streikten auf einem Schiff unter panamesischer Flagge für einen ITF-Kollektivvertrag im Hamburger Hafen. Die Eigner des Frachters brachten eine neue Besatzung an Bord, die indes von den im Ausstand befindlichen Matrosen sowie Vertretern von ITF und ÖTVan ihrer Arbeitsaufnahme unter Anwendung körperlicher Gewalt gehindert wurde. Die arbeitswilligen Matrosen verlangten darauf von den Streikenden und den beteiligten Gewerkschaften, sie ungehindert ihre Arbeit durchführen zu lassen.

Das Arbeitsgericht Hamburg führte zur Rechtsanwendungsfrage folgendes aus 27 : "Das Gericht hat seiner Entscheidung deutsches Recht zugrunde gelegt. Nach deutschem internationalen Privatrecht ist bei unerlaubten Handlungen das Recht des Tatorts anzuwenden. Art.12 EGBGB nennt diese Voraussetzung zwar nicht ausdrücklich, setzt sie aber begrifflich voraus. Da sich die "B.I." im Hamburger Hafen befindet, hier die angeblichen unerlaubten Handlungen der Antragsgegner begangen sein sollen, ist deutsches Recht anwendbar."

Im Ergebnis freilich lehnte das Arbeitsgericht einen eigenen Verfügungsanspruch der als Streikbrecher tätigen Seeleute ab. Ein Recht auf ungestörte Arbeitsausübung gegenüber den Streikenden vennochte das Arbeitsgericht Hamburg der deutschen Rechtsordnung nicht zu entnehmen.

V. Der vorläufige Schlußpunkt: Die Entscheidungen des Arbeitsgerichts Hamburg vom 6.4.1983 28 und des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 26.8.1983 29 Eine erneute Rechtsprechungsänderung brachten zwei Entscheidungen Hamburger Arbeitsgerichte, die ähnlich gelagerte Sachverhalte betrafen.

26 Urteil vom 25.3.1983, Az: S 1 Ga 6/83 = SeeAE Nr. 11 zu Art. 9 GG = SeeAE Nr. 9 zu IPR- ArbR (LS). 27 SeeAE Nr. 11 zu Art. 9 GG (S. 4). 28 Az: S 15 Ga 7/83 = SeeAE Nr. 12 zu Art. 9 GG = SeeAE Nr. 10 zu IPR- ArbR (nur LS) = European Transport Law 19 (1984), 225ff. 29 Az: 6 Sa 36/85 = SeeAE Nr. 10(II) zu Art. 9 GG. Die Vorinstanz (ArbG Hamburg, SeeAE Nr. 10(1) zu Art. 9 GG) brauchte von ihrem Rechtsstandpunkt aus kollisionsrechtliche Fragen nicht zu erörtern.

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§ 3 Arbeitskampfmaßnahmen in deutschen Häfen

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 6.4.1983 Philippinische Seeleute streikten auf einem Schiff unter panamesischer Flagge im Hamburger Hafen für einen ITF-Kollektivvertrag. ITF und ÖTV unterstützten den Ausstand. Die panamesische Eignergesellschaft begehrte eine einstweilige Verfügung des Inhalts, daß die streikenden Seeleute das Schiff zu verlassen hätten. Vertretern der beiden beteiligten Gewerkschaften sollte der Zutritt zum Frachter untersagt werden. Das Arbeitsgericht Hamburg gab den Anträgen statt.

Seiner Entscheidung legte es dabei deutsches Recht zugrunde. Dabei unterschied das Arbeitsgericht Hamburg allerdings zwei kollisionsrechdiche Fragestellungen. a) Bei der Prüfung des Verfügungsanspruchs ging es mit folgender Begründung von der Geltung der deutschen Privatrechtsordnung aus 30 : "Nach deutschem Internationalen Privatrecht ist bei unerlaubten Handlungen und ihren Rechtsfolgen das Recht des Begehungsortes anzuwenden. Diesen Grundsatz setzt Art.12 EGBGB nach allgemeiner Auffassung voraus."

Die nach Auffassung des Gerichts durchaus mögliche Anknüpfung an das Recht der Flagge bei Seeschiffen lehnte es mit der Begründung ab, der Arbeitskampf sei über die inneren Angelegenheiten des Schiffes hinausgegangen. b) Soweit es allerdings im Rahmen der§§ 1004 i.V.m. 823 Abs.1, 830 BGB auf die Rechtswidrigkeit der Kampfrnaßnahmen ankam, untersuchte das Arbeitsgericht Hamburg die Rechtsanwendungsfrage erneut 31 : "In Betracht kommen die Rechtsordnung des Begehungsortes ebenso wie das Arbeitsstatut der streikenden Seeleute. Im Interesse eines einheitlichen Arbeitskampfrechtes für alle am Arbeitskampf beteiligten Parteien spricht noch mehr für eine selbständige Anknüpfung des Arbeitskampfstatuts. Bei Seeschiffen bietet sich grundsätzlich die Rechtsordnung des Registerstaates an, es sei denn, der Schwerpunkt der kollektiven und individuellen Arbeitsrechtsbeziehungen verweist wie hier nicht auf den Flaggenstaat, sondern auf eine andere Rechtsordnung."

Die Anwendung der deutschen Arbeitskampfrechtsordnung begründete das Arbeitsgericht Hamburg also gleichsam als Ausnahme von der generellen Regel mit dem Arbeitskampf auf einem "Billigflaggenschiff' . Bedeutsam ist, daß die Anknüpfung an das Arbeitsvertrags- und das Deliktsstatut ausdrücklich abgelehnt wurde.

30 ArbG Hamburg, SeeAE Nr. 12 zu Art. 9 GG (unter 1 c der Gründe) = European Transport Law 19 (1984), 225 (234). 31 ArbG Hamburg, SeeAE Nr. 12 zu Art. 9 GG (unter 1 c(2) der Gründe) = European Transport Law 19 (1984), 225 (235).

VI. Fazit

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2. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 26.8.1983 29

Einen fast identischen Sachverhalt hatte das Landesarbeitsgericht Hamburg kurze Zeit später zu entscheiden. Ohne nähere Begründung ging auch dieses Gericht davon aus, daß die Rechtsanwendungsfrage in zweifacher Hinsicht zu stellen sei: nämlich im Hinblick auf den geltend gemachten (Verfügungs)Anspruch sowie bezüglich der auf den Arbeitskampf anwendbaren Rechtsordnung. Unter ausdrücklicher Berufung auf die obengenannte Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg ging dabei das Landesarbeitsgericht in beiden Fällen von der deutschen Rechtsordnung als Entscheidungsgrundlage aus 32 und erklärte die Besetzung des Frachters durch streikende Matrosen für rechtswidrig.

VI. Fazit Die Übersicht über die in der Bundesrepublik Deutschland zu arbeitskollisionsrechtlichen Fragen ergangenen Gerichtsentscheidungen hat deutlich gemacht, daß es der Rechtsprechung bislang nicht gelungen ist, Übereinstimmung bei der verweisungsrechtlichen Beurteilung von Kampfmaßnahmen mit Auslandsberührung zu erzielen. Dabei ging es in allen Fällen zunächst einmal darum, welche Rechtsordnung überhaupt auf den Sachverhalt bzw. den geltend gemachten Anspruch Anwendung finden sollte. Die Rechtsprechung hat diese Frage freilich nur bei den Kampfmaßnahmen auf Schiffen unter fremder Flagge in deutschen Binnen- oder Seehäfen näher untersucht. Dabei werden fast sämtliche denkbaren Anknüpfungsalternativen von der inländischen 33 Judikatur vertreten, wobei selbst innerhalb einzelner Gerichte teilweise unterschiedliche Auffassungen über die anzuwendende Arbeitskampfrechtsordnung bestehen 34 • Überraschend nimmt sich die große Bedeutung des ordre public aus, der in fast allen Entscheidungen mehr oder weniger verdeckt zur Entscheidungsgrundlage gemacht wird. Man geht aber wohl nicht fehl in der Annahme, daß die Berufung auf die kollisionsrechtliche Vorbehaltsklausel zumindest in einigen Fällen die Unsicherheiten über die anzuwendenden verweisungsrechtlichen Grundsätze verdecken sollte. Ausgegangen waren die Streiks der ausländischen Seeleute in allen Fällen von der ITF bzw. der ÖTV als ihrer nationalen Mitgliedsgewerkschaft und Vertreterin. Dennoch unterzog die arbeitsgerichtliehe Rechtsprechung die Beziehungen zwischen den bekämpften Schiffseignern und den beiden beteiligten Gewerkschaften keiner genaueren kollisionsrechtlichen Untersuchung, 32 Vgl. LAG Hamburg, SeeAE Nr. 10(II) zu Art. 9 GG, (unter II 3 bzw. II 5 der Gründe). 33 Für das Ausland gilt ähnliches, vgl. Siehr, FS Vischer, S.315f.; weitere Entscheidungen bei Birk, Streik, S.46 mit Fn.l17. 34 Vgl. nur Arbeitsgericht Hamburg, SeeAE Nr.7, 8 zu Art.9 GG (Flaggenstatut); SeeAE Nr. 11 zu Art.9 GG (Deliktsstatut); SeeAE Nr. 12 zu Art. 9 GO (Schwerpunkt).

32

§ 4 Grenzüberschreitende Sympathiearbeitskämpfe

obwohl ÖTVund ITFmehrfach Anspruchsgegner waren. Im Vordergrund der Erörterungen stand die Beziehung zwischen Eigner bzw. Charterer der Schiffe und der Besatzung - also das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Lediglich das Interesse eines einheitlichen Arbeitskampfrechts "für alle am Arbeitskampf beteiligten Parteien" wird in einer Entscheidung betont 35 •

§ 4 Grenzüberschreitende Sympathiearbeitskämpfe und Boykottmaßnahmen I. Sympathiekampfmaßnahmen inländischer Arbeitnehmer zugunsten ausländischer Zielsetzungen 1. Der Sympathiearbeitskampf deutscher Arbeitnehmer zugunsten eines ausländischen Hauptstreiks - das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 24.11.1959 1 Das Arbeitsgericht Wuppertal befaßte sich in der genannten Entscheidung mit einem Sympathiestreik deutscher Drucker zugunsten britischer Arbeitnehmer. Zu Beginn des englischen Druckerstreiks im Jahre 1959 war eine deutsche Druckerei mit der Abwicklung zweier Aufträge einer britischen Firma beschäftigt, die beide noch vor Streikbeginn erteilt worden waren. Nachdem die IG Druek und Papier ihre Mitglieder aufgefordert hatte, sich mit den englischen Kollegen solidarisch zu erklären und während des englischen Streiks keine britischen Druckaufträge zu bearbeiten, weigerten sich auch die Arbeitnehmer der bezeichneten Druckerei, die Aufträge auszuführen und legten die Arbeit an diesen nieder.Die Feststellungsklage des Arbeitgebers, daß die Gewerkschaft zum Schadensersatz verpflichtet sei, war erfolgreich.

Das Arbeitsgericht Wuppertal wendete auf diesen Sachverhalt ohne weitere Begründung deutsches Arbeitskampfrecht an. Es beurteilte die Arbeitsniederlegung als sozialinadäquaten und damit rechtswidrigen Sympathiestreik. Unter anderem begründete es diese Wertung mit folgenden Ausführungen: "Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitskampf sozialadäquat ist, ist nach der geschichtlich gewordenen sozialethischen Ordnung des Gemeinschaftslebens, besonders des Arbeitslebens zu beurteilen. Hauptstreik war im hier zu entscheidenden Fall der englische Druckerstreik. Dieser müßte also, will man die Rechtmäßigkeit des 3S ArbG Hamburg, SeeAE Nr. 12 zu Art. 9 GG (unter 1 c(2) der Gründe) = European Transport Law 19 (1984), 225 (235f.). Das Problem klingt auch in der Entscheidung ArbG Hamburg SeeAE Nr. 7 zu Art. 9 GG an, wenn ausgeführt wird, daß "panamesisches Recht für das Rechtsverhältnis aller Parteien anzuwenden ist" (unter II 5 der Gründe). 1 Urteil vom 24.11.1959, Az: 2 Ca 502/59 = AP Nr. 20 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = BB 1960, 443 mit Anm. Hersehel sowie dem ebenfalls hierzu ergangenen Beitrag von Erdsiek, NJW 1959, 2198.

I. Sympathiekampfmaßnahmen

33

Sympathiestreiks prüfen, sozialadäquat gewesen sein. Man müßte also, allgemein gesehen, einen ausländischen - hier britischen - Streik an einem nur der deutschen Rechtsordnung bekannten und von dieser entwickelten Begriff, nämlich der sozialen Adäquanz prüfen. Man müßte diesen Begriff in englische Verhältnisse hineinverlegen. Dies ist unmöglich; denn es stehen sich hier völlig andere und sich getrennt entwickelt habende Rechts-, Wirtschafts- und Lebensverhältnisse gegenüber."

Das Arbeitsgericht Wuppertal spricht damit das Problem an, einen vom Standpunkt des Rechtsanwenders aus gesehen "ausländischen" Arbeitskampf nach nationalen Maßstäben bewerten zu müssen. Seine Auffassung ist insoweit allerdings abgelehnt worden. Überwiegend hat man ihm vorgeworfen, vor der Aufgabe kapituliert zu haben, einen ausländischen Sachverhalt nach deutschem Recht zu würdigen; also einer für den mit kollisionsrechtlichen Fragen befaßten Rechtsanwender tagtäglichen Angelegenheit 2 • Zu Recht haben daher die neueren Entscheidungen zu den Arbeitskämpfen auf Schiffen unter billiger Flagge in deutschen Häfen 3 dem Arbeitsgericht Wuppertal insoweit die Gefolgschaft versagt. Die Tatsache allein, daß es sich um einen "ausländischen" Arbeitskampf handelt, würde der Anwendung des deutschen Rechts nicht entgegenstehen. Nur fragt sich, ob diese Anwendung arbeitskollisionsrechtlich zu billigen ist. Zutreffend erkannt hat das Arbeitsgericht Wuppertal allerdings die weitergehende Frage, ob sich (arbeitsrechtliche) Konfliktlösungsmodelle ohne weiteres von einer Gesellschaft auf die andere übertragen lassen4 . 2. Der Arbeitskampf im "Drittinteresse" die Entscheidung des Landgerichts Bremen vom 25.3.1969 5 Mit dem klassischen Fall eines Arbeitskampfes im "Drittinteresse"6 hatte sich einige Zeit später das Landgericht Bremen zu befassen: Im Jahre 1968 beschlossen die in der ITF zusammengeschlossenen nationalen Einzelgewerkschaften einen weltweiten "Boykott" von Schiffen unter griechischer Flagge. Ziel des Arbeitskampfes war die Unterstützung freier griechischer Gewerkschaften, die von der damals herrschenden griechischen Militärdiktatur unterdrückt wurden.In Ausführung dieses Beschlusses forderte die ÖTV die ihrer Organisation angehörenden Hafenarbeiter in Bremen auf, am 5. Juni 1968 die unter griechischer Flagge fahrenden MS "Loueas N" und 2 So Erdsiek, NJW 1959, 2199; Haupt, Diss. S.142f.; Hersehel, BB 1960, 444; Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn. 194; Löwiseh, RdA 1962, 315; Nipperdey, FS Küchenhoff, S.144; Seiter, Arbeitskampfparität, S.41ff.; Wintrieh, Diss., S.148ff. 3 Vgl. oben unter § 3 I. 4 Vgl. nur Birk, AuR 1974, 297; Küehenhoff/Wollensehläger, FS Schieckei, S.201. Dazu auch unten §5 I 3 e mit Fn.73. 5 Zwischenurteil vom 25.3.1969, Az: 70 1259/68 (unveröffentlicht). 6 Dazu noch unten § 19 I 2 a cc.

3 Hergenröder

34

§ 4 Grenzüberschreitende Sympathiearbeitskämpfe

MS "Master Daskalos" nicht zu löschen. Weitere Abfertigungsboykotte fanden im Juni 1968 in Belgien und Finnland statt. Der Zeitcharterer von MS "Loucas N' forderte daraufhin von der ÖTV Schadensersatz aufgrund der verzögerten Abfertigung des Frachters.

Das Landgericht Bremen erklärte den geltend gemachten Anspruch dem Grunde nach aus den §§ 823 Abs.1, 831 BGB für gerechtfertigt. Ausgangspunkt der Entscheidung war dabei die Feststellung, daß mit der Arbeitsniederlegung kein zulässiges Kampfziel verfolgt worden war?: "Statt zu einem arbeitsrechtlichen Streik hat die Beklagte am 5.6.1968 zu einem politischen Streik aufgerufen. Dabei handelte es sich nicht um einen Erzwingungsstreik, sondern um einen politischen Demonstrationsstreik, d.h. einem politischen Organ - der Militärregierung in Griechenland - sollte die Auffassung der streikenden Arbeitnehmer - nämlich ihre Mißbilligung der Zustände in Griechenland - eindringlich gezeigt werden."

Einen politischen Demonstrationsstreik der vorliegenden Art erachtete das Landgericht Bremen aber als grundsätzlich rechtswidrig 8 . Eine Rechtfertigung der Arbeitsniederlegung aus dem Gesichtspunkt des Art.20 Abs.4 GG lehnte die Kammer mit der Begründung ab, die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland sei durch die Zustände in Griechenland nicht tangiert 9 . Im Hinblick auf den internationalen Anwendungsbereich der Grundrechte steht diese Aussage in direktem Gegensatz zu der Auffassung des Verwaltungsgerichts Bremen 10 , das die Berufung auf Art.9 Abs.3 GG auch bei einem Arbeitskampfum "ausländische" Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zuließ.

3. Der "Times-FaU" Bislang vier Instanzen 11 beschäftigte die Auseinandersetzung um den Druck einer Wochenausgabe der britischen Zeitung Times in Deutschland 12 : Die englische Tageszeitung Times hatte im Dezember 1978 nach längeren Streitigkeiten mit britischen Gewerkschaften ihr Erscheinen eingestellt 13. Daraufhin schloß das LG Bremen vom 25.3.1969, Az: 70 1259/68, BI. 18. Zur Rechtswidrigkeit des politischen Streiks vgl. §8 II 1. 9 LG Bremen, a.a.O., BI. 23. 10 Vgl. oben §3 I 2. 11 LG Frankfurt vom 7.3.1980, Az: 2/100330/79; OLG Frankfurt vom 8.10.1980, Az: 17 U 79/80; ArbG Offenbach vom 27.3.1981, Az: 4 Ca 542/80; LAG Frankfurt vom 22.12.1983 (Grundurteil) und 25.6.1985 (Endurteil), Az: 4/10 Sa 816/81. Die Revision ist derzeit vor dem Bundesarbeitsgericht unter dem Az: 1 AZR 625/85 anhängig. 12 Die Darstellung geht dabei von den im Urteil des LAG Frankfurt vom 22.12.1983 (Az: 4/10 Sa 816/81) getroffenen Feststellungen aus. Vgl. dazu ferner Mayer, druck + papier, 10/1979, S.10f.; Northrup/Rowan, Bargaining Attempts, S.346ff. Zur rechtlichen Einordnung auch Mayer/ Raasch, Internationales Arbeitsrecht, S.220f. 13 Zu den Hintergründen des britischen Arbeitskampfes Zoller, druck + papier, 10/1979, S. 7. 7

B

I. Sympathiekampfmaßnahmen

35

Management der Times mit deutschen Druckereien Satz- und Druckverträge, um eine für den europäischen Kontinent und Nordamerika bestimmte Wochenzeitung herauszubringen. Die englische Setzer- und Druckergewerkschaft National Graphical Association (NGA) sowie das Sekretariat der International Graphical Federation (IGI') riefen deshalb den Hauptvorstand der IG Druck und Papier zu einer Verhinderung des Drucks der Times in Deutschland auf. Dieser beschloß gem. § 15 Abs. 5b der Satzung (Solidaritätsmaßnahmen zugunsten befreundeter ausländischer Gewerkschaften), deutsche Arbeitnehmer, die mit der Herstellung der Times beschäftigt werden sollten, zur Nichtausführung dieser Tätigkeit aufzurufen. Weiter wurde zu einer "Solidaritätskundgebung" vor dem Druckereigebäude der Klägerin, eines mit dem Druck der Times befaßten Unternehmens, aufgerufen. Während die Arbeitnehmer der betroffenen Druckerei trotz des gewerkschaftlichen Aufrufs zur Arbeitsniederlegung weiterarbeiteten, fand vor dem Betriebsgelände der Klägerin die geplante "Solidaritätskundgebung" statt, in deren Verlauf es zu Demonstrationsexzessen kam. Die Unternehmensleitung beschloß deshalb, von der Herstellung der Times abzusehen. Mit ihrer Klage begehrt sie von der IG Druck und Papier sowie leitenden Gewerkschaftsfunktionären Ersatz des ihr durch den Produktionsausfall entstandenen Schadens.

a) Das Landgericht Frankfurt 14 verurteilte die IG Druck und Papier sowie deren Funktionäre antrags gemäß zum Schadensersatz. In dem Aufruf der beklagten Gewerkschaft zur Teilnahme an der "Solidaritätskundgebung" sowie der anschließenden Organisation der Demonstration erblickte das Landgericht Frankfurt einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der klagenden Druckerei, so daß die Kammer die Tatbestandsvoraussetzungen des § 823 Abs.1 BGB als erfüllt ansah. Eine Rechtfertigung des gewerkschaftlichen Vorgehens durch das Streikrecht lehnte das Landgericht Frankfurt ab, da es sich nicht um eine förmliche - nach den Regeln des Arbeitskampfrechts herbeigeführte - Streikmaßnahme gehandelt habeIs . b) Auf die Berufung der Beklagten hob das Oberlandesgericht Frankfurt 16 die vorstehende Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Offenbach. Zur Begründung führte das Berufungsgericht aus, daß Ziel der von den Beklagten organisierten Maßnahmen die Verhinderung des Drucks der Times gewesen sei, um dadurch Solidarität mit den streikenden britischen Druckern zu beweisen. Die Aufrufe und Versammlungen hätten also der Unterstützung des Arbeitskampfes in Großbritannien gedient. Demgemäß habe es sich auch um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfes i.S.d. § 2 Abs.1 Nr.2 ArbGG gehandelt 17 • Im Ergebnis sah das Oberlandesgericht damit die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit als gegeben an.

14 IS 16 17

3'

Urteil vom 7.3.1980, A/: 2, 10 0 330(79. A.a.O., BI. 10 des Urteils. Urteil vom 8.10.1980, Az: 17 U 79(80. A.a.O., Bl.16 des Urteils.

36

§ 4 Grenzüberschreitende Sympathiearbeitskämpfe

c) Das als nächstes mit der Sache befaßte Arbeitsgericht Offen bach 18 wies die Klage ab. Insbesondere ein rechtswidriges Verhalten der Beklagten vermochte es nicht zu erkennen, da das Ziel der Aktion - ein Solidaritätsstreik der Arbeitnehmer der Klägerin - nicht verwerflich gewesen seil 9 . Das Arbeitsgericht Offenbach ging dabei davon aus, daß es sich um einen Aufruf zur Verweigerung von Streikarbeit gehandelt habe. Da die Arbeitnehmer berechtigt seien, Streikarbeit zu verweigern, könne der Aufruf hierzu auch nicht rechtswidrig sein. Im Hinblick auf die Tatsache, daß ein ausländischer Arbeitskampf unterstützt werden sollte, äußerte sich das Gericht dabei wie folgt 20 : "Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, daß hier ein ausländischer Streik unterstützt werden sollte, denn die Solidarität der Arbeitnehmer kann in Anbetracht der zunehmenden internationalen Verflechtung der Wirtschaft nicht auf den nationalen Bereich beschränkt werden, zumal Großbritannien auch Mitglied der Europäischen Gemeinschaft ist. Da der Arbeitskampf im britischen Zeitungsgewerbe um Arbeitsbedingungen geführt wurde und nach hiesigem wie dortigem Recht zulässig war, braucht der noch streitigen Frage nicht nachgegangen zu werden, ob die Rechtmäßigkeit des inländischen Unterstützungskampfes von der des ausländischen Hauptkampfes abhängt und ob diese nach inländischem oder dem betreffenden ausländischen Recht zu beurteilen ist."

d) Wieder anders entschied das Landesarbeitsgericht Frankfurtz l : Auf die Berufung der Klägerin hob es das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach auf und gab der Klage statt. In Übereinstimmung mit dem Landgericht Frankfurt 22 stellte die Kammer zunächst fest, daß eine förmliche, nach den Regeln des Arbeitskampfrechts herbeigeführte Kampfmaßnahme nicht vorgelegen habe, das Streikrecht mithin nicht zur Rechtfertigung des Verhaltens der Beklagten herangezogen werden könne 23 • Im Rahmen der weiteren Untersuchung, ob ein Fall von Streikarbeit vorgelegen habe, nahm das Landesarbeitsgericht auch zu der Tatsache Stellung, daß der Hauptarbeitskampf im Ausland stattgefunden hatte: "Anhaltspunkte dafür, daß dem in Großbritannien von englischen Gewerkschaften gegen die Firma Times Newspapers Ltd. geführten Arbeitskampf nach der dortigen Gesetzeslage die Rechtmäßigkeit gefehlt hätte, werden nicht erkennbar. Die Beklagten durften davon ausgehen, daß sie einen um Arbeits- und Wirtschafts bedingungen geführten ausländischen Hauptarbeitskampf unterstützen sollten. Zu bemerken ist allerdings, daß nach englischem Recht eine Gewerkschaft beim Bestreiken eines Betriebes nicht berechtigt ist, die Arbeitnehmer nicht bestreikter Betriebe durch Zwangsmaßnahmen zu einem Sympathiestreik zu veranlassen."

18

19 20 21

22 23

Urteil vom 27.3.1981, Az: 4 Ca 542/80. A.a.O., BI. 11 des Urteils. A.a.O. Grundurteil vom 22.12.1983 und Endurteil vom 25.6.1985, Az: 4/10 Sa 816/81. Vgl. oben Fn. 14. BI. 19 des Grundurteils vom 22.12.1983.

1. Sympathiekampfmaßnahmen

37

Im Hinblick auf die grundsätzliche Rechtmäßigkeit entsprechender Sympathiekampfmaßnahmen im Inland äußerte sich das Landesarbeitsgericht Frankfurt eindeutig 24 : "Grenzüberschreitende Arbeitskampfmaßnahmen sind heute als zulässig anzusehen. Auch wenn - wie im vorliegenden Falle - das sich in der Bundesrepublik Deutschland betätigende Unternehmen selbst von keinem Streik (weder von einem Sympathiestreik noch von einem Solidaritätsstreik) betroffen wird, so ist es doch jedenfalls erlaubt, die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer eines solchen Unternehmens aufzufordern, keine Streikbrecherarbeit zu verrichten, auch wenn der Streik im Ausland stattfindet... Den Arbeitnehmern der Klägerin war nicht zuzumuten, sich als Streikbrecher zu betätigen und dadurch den in England Streikenden in den Rücken zu fallen."

Allerdings kam das Landesarbeitsgericht zum Ergebnis, ein Fall von Streikarbeit habe nicht vorgelegen, da gerade nicht· der Druck der gewöhnlich in England hergestellten Tageszeitung Times angeordnet worden war, sondern eine kontinentale Wochenausgabe gedruckt werden sollte. Solidaritätskundgebungen zugunsten ausländischer streikender Arbeitnehmer und Gewerkschaften erachtete die Kammer zwar für grundsätzlich zulässig 25 • Doch da erklärtes Ziel der Beklagten gewesen sei, es der Klägerin unmöglich zu machen, ihre geschäftlichen Aktivitäten und damit ihre aus dem Grundrecht der Pressefreiheit fließenden Befugnisse zu verfolgen, sah das Gericht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 823 Abs.1 BGB als erfüllt an 26 • e) Nachdem die Revisionsentscheidung des Bundesarbeitsgerichts noch aussteht, wäre eine endgültige Stellungnahme zum "Times-Fall" verfrüht. Hinzuweisen ist allerdings darauf, daß die arbeitsgerichtlichen Urteile in direktem Widerspruch zur Entscheidung des Arbeitsgerichts WuppertaF7 stehen, das die Zulässigkeit entsprechender Kampfrnaßnahmen ausdrücklich verneint hat. Insoweit hätte man sich eine ausführlichere Begründung gewünscht. Der Hinweis des Arbeitsgerichts Offenbach 28 auf die grenzüberschreitende Solidarität der Arbeitnehmer vermag angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 29 nicht zu überzeugen.

24 25

26 27

28 29

A.a.O., BI. 20f. des Grundurteils. Vgl. hierzu noch unten §19 11 2. A.a.O., BI. 23f. des Grundurteils. A.a.O., BI. 29f. des Grundurteils. Vgl. oben § 4 I 1. Vgl. Fn. 19. Dazu ausführlich unten § 19 III.

38

§ 4 Grenzüberschreitende Sympathiearbeitskämpfe

11. Der Aufruf zu Unterstützungskampfmaßnahmen im Auslanddie "Boykottmaßnahmen" in der Seeschiffahrt im Jahre 1973 Ein weiterer Gegenstand der Rechtsprechung deutscher Arbeitsgerichte war der im Jahre 1973 von der Gewerkschaft ÖTV gegen einzelne deutsche Reeder geführte sogenannte "Boykott" in der Seeschiffahrt. Um den Beitritt von Außenseiterreedereien zur Tarifgemeinschaft des Verbandes deutscher Reeder (VD R) bzw. Küstenschiffseigner und den Abschluß von Anschlußtarifverträgen mit diesen Außenseiterreedereien zu erreichen, wandte sich die Gewerkschaft ÖTVan die in London ansässige ITFmit der Bitte um Unterstützung. Auf deren Vermittlung hin forderten mehrere der ITF angeschlossene nationale Transportarbeitergewerkschaften Hafenarbeiter ihres Landes auf, die Abfertigung solcher Schiffe zu verweigern, die von den bekämpften Außenseiterreedereien bereedert wurden. Daraufhin kam es unter anderem in dänischen 30 , finnischen 3!, niederländischen 32 und schwedischen 33 Seehäfen zu Sympathiestreiks ausländischer Docker, die das Be- und Entladen bestimmter deutscher Seeschiffe verweigerten 34 • Die deutschen Besatzungen dieser solchermaßen "boykottierten" Schiffe streikten in einigen Fällen ebenfalls.

In Frage stand dabei jedoch nicht die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Streiks der deutschen Besatzungen nach in- oder ausländischem Recht. Vielmehr ging es ausschließlich um die Zulässigkeit des Vorgehens der ÖTV, ausländische Arbeitskampfparteien in den nationalen Arbeitskampf miteinzubeziehen. Dabei ist festzustellen, daß im Verhältnis der inländischen Kampfgegner, also der ÖTV zu den angegriffenen Reedern, ausschließlich materielles deutsches Arbeitskampfrecht Anwendung fand. Die im Rahmen der Boykottmaßnahmen in der Seeschiffahrt mit der Problematik befaßten Arbeitsgerichte stellten bei der Beurteilung der im wesentlichen gleichgelagerten Sachverhalte durchweg keine verweisungsrechtlichen Überlegungen an. Da die meisten Entscheidungen die Boykottmaßnahmen der ÖTV als unverhältnismäßig und damit ohnehin rechtswidrig ansahen, bestand auch kein Grund mehr, nun noch auf die Rechtmäßigkeit der ausländischen Durchführungsmaßnahmen näher einzugehen. Allein das Bundesarbeitsgericht 3S sah ausdrücklich das kollisionsrechtliche Problem einer inzidenten Berücksichtigung ausländischen Rechts: 30 Dazu ArbG Lübeck, SeeAE Nr.2(1) zu Art.9 GG; LAG Schleswig- Holstein, SeeAE Nr.2(II), 2(IV) zu Art.9 GG; BAG, SeeAE Nr.2(II1) = BAGE 28, 225; SeeAE Nr. 2(V) zu Art.9 GG. 31 Dazu ArbG LingenjEms, SeeAE Nr.4 zu Art.9 GG. 32 ArbG Stuttgart, SeeAE Nr.1(I) zu Art.9 GG mit Anm. Geffken, DuR 1973, 422ff.; LAG Baden- Württemberg, SeeAE Nr.1(II) zu Art.9 GG = AR- Blattei (D) ArbeitskampfIV: Entsch. 1 = AuR 1974, 316ff. mit Anm. Geffken, DuR 1974, 329ff. 33 Dazu ArbG Hamburg, SeeAE Nr. 3 zu Art.9 GG. 34 Eine Übersicht über die Zahl der boykottierten Schiffe sowie den Ort des Boykotts findet sich im ÖTV- Pressedienst vom 25.7.1973, S.4, sowie bei Seiter, Arbeitskampfparität, S.16.

IH. Folgerungen

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Im Hafen von Apenrade (Dänemark) verweigerten die Hafenarbeiter die Abfertigung eines unter deutscher Flagge fahrenden Schiffes. Nachdem der bestreikte Reeder zunächst einen Anschlußtarifvertrag unter Vorbehalt unterzeichnet hatte, focht er diesen später nach § 123 Abs.1 BGB an. Die Feststellungsklage der ÖTV wies das Arbeitsgericht Lübeck 36 ab, da es den Boykott als rechtswidrig und die Anfechtung deshalb als durchgreifend erachtete. In der Berufungsinstanz lehnte es das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein 37 ab, auf die Frage der Zulässigkeit des Boykotts näher einzugehen, da es bereits einen etwaigen Vorvertrag der Parteien als nicht bindend ansah. Wieder anders das Bundesarbeitsgericht, das die Rechtmäßigkeit des Boykotts für maßgeblich hielt 38 • Zu einer abschließenden Beurteilung sah es sich aber mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht in der Lage. Insoweit verwies es den Rechtsstreit zurück. Im Rahmen seiner Ausführungen wies das Bundesarbeitsgericht daraufhin, daß "hier möglicherweise auch die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht zu ziehen wäre".

Diese eher beiläufige Äußerung des Bundesarbeitsgerichts darf sicherlich nicht für voreilige Rückschlüsse herangezogen werden. Immerhin lassen sich doch zwei Punkte feststellen: Einmal denkt das Bundesarbeitsgericht zumindest an die Anwendung des ausländischen Rechts, schließt diese also nicht von vornherein aus 39 • Zum zweiten aber bedeutet diese mögliche Anwendung der ausländischen Rechtsordnung weiter, daß das Gericht den inländischen Verruf unter Berücksichtigung der ausländischen Kampfmaßnahmen überhaupt beurteilen möchte, also ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen beiden Aktionen im In- und Ausland sieht. Ein solches Akzessorietätsverhältnis hatte ja in der spiegelbildlichen Fallgestaltung (deutscher Sympathiearbeitskampf zugunsten eines ausländischen Hauptstreiks) das Arbeitsgericht Wuppertal 40 angenommen. Auch das Arbeitsgericht Offenbach41 sowie das Landesarbeitsgericht Frankfurt42 haben die Frage nach der Rechtmäßigkeit des ausländischen Hauptarbeitskampfes im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der inländischen Sympathiekampfmaßnahme ausdrücklich gestellt.

III. Folgerungen für die weitere Untersuchung Damit steht fest, daß im Laufe der weiteren Untersuchung neben dem Arbeitskampfstatut auch der inzidenten Anwendung ausländischen Rechts Beachtung zu schenken sein wird. Dies wiederum setzt die Erörterung materiellBAGE 28, 225 (232) = AP Nr. 6 zu §1 TVG Form = SeeAE Nr. 2(III) zu Art.9 GG AR- Blattei (D) Arbeitskampf IV: Entsch. 2 und Tarifvertrag II: Entsch. 10. 36 SeeAE Nr. 2(1) zu Art. 9 GG. 37 SeeAE Nr. 2(II) zu Art. 9 GG. 38 BAGE 28, 225 (231) = AP Nr. 6 zu §1 TVG Form (unter 4) = SeeAE Nr.2(III) zu Art.9 GG (unter 4); dazu auch Morgenstern, International Conflicts, S.114. 39 Immerhin wurde dieser Aspekt in den Vorinstanzen erst gar nicht berücksichtigt. 40 Dazu oben § 4 I 1. 41 Vgl. oben § 4 I 3 mit Fn. 20. 42 Vgl. oben § 4 13 mit Fn. 23. 3S

=

40

§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf

rechtlicher Fragestellungen voraus. Zunächst einmal ist zu untersuchen, ob entsprechende grenzüberschreitende Kampfmaßnahmen überhaupt zulässig sind. Weiter ist das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Haupt- und Sympathiekampfmaßnahme näher zu beleuchten.

3. Unter abschnitt: Der Arbeitskampf mit Auslandsbezug in der Literatur

§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf mit Auslandsberührung I. Der Ort des Arbeitskampfes als maßgebliches Anknüpfungskriterium Stellvertretend für die Auffassung der h.M.l in der Literatur über das "auf Arbeitskämpfe anwendbare Recht" kann der Kernsatz der nachfolgenden Stellungnahme von Gamillscheg 2 in seiner grundlegenden Abhandlung zum Arbeitsverweisungsrecht gelten, in der es heißt: "Zum Recht des Arbeitskampfes kann man wohl ohne weiteres sagen, daß hier jeder Staat seine eigenen Grundsätze durchsetzt, die von den Extremen des mit Strafsanktion verbundenen Streikverbots über die verschiedenen Formen der zwangsweisen und freiwilligen Schlichtung bis zum völligen Beiseitestehen des Staates reichen; dabei wird kein Staat bei Arbeitskämpfen auf seinem Boden Rücksicht auf fremde Rechte nehmen, was auch vor ausländischen Gerichten anzuerkennen ist. Jeder Arbeitskampfbestimmt sich daher einschließlich seiner vermögensrechtlichen, insbesondere kündigungsrechtlichen Folgen nach dem Recht des Arbeitsorts. Streiken also Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse deutschem Recht unterliegen, in einem Land, das den Streik verbietet, so hilft ihnen kein Hinweis auf das Streikrecht des deutschen Arbeitsstatuts; streiken ausländische Arbeiter in der Bundesrepublik, so kann sich der Arbeitgeber nicht auf ein Streikverbot des ausländischen Arbeitsstatuts berufen." 1 So grundsätzlich Birk, RabelsZ 46 (1982), 405f. ("Faustregel"); ders., AuR 1974, 301; ders., AuR 1975,193; ders., AuR 1977, 240; ders., BerDGesVR 18 (1978), 338, 340; ders., Unterstützungskampfmaßnahmen, S.129f.; ders., NJW 1978, 1831; ders., GS KahnFreund, S.36; ders., Streik, S.33; ders., RdA 1984, 136[.; Coester, RdA 1976, 290; Däubler, Multinationale Konzerne, S.234; Freund, Diss., S.49; Gamillscheg, IAR, S.365[., Nr.342; ders., AcP 155 (1956), 70f.; ders., Labour Contracts, S.20, Nr. 42; Jacobs, CMLR 1978, 140; Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn. 193; Martiny, in: Reithmann, Internationales Vertragsrecht, S.456, Rn.542; Moll, RdA 1984, 224; Müller, RdA 1973, 141,143; ders., Internationale Aspekte, S.74f., 77, 79f.; ders., Riv. dir. int. priv. proc. 1972, 705,709,712; Nipperdey, FG Küchenhoff, S.145; Rehbinder, Anwendbares Recht, S.140; Säcker/Streckel, AR- Blattei (D), ArbeitskampfIV: Entsch. 2 BI. 4 (Boykott); Siehr, FS Vischer, S.315; Zaum, Diss., S.164f.; Zöllner, Arbeitsrecht, §9 III 5, S.116; im Ergebnis auch Simitis, FS Kegel, S.169. Ferner Dumortier, Arbeidsverhoudingen, S.355f.; Knapp, in: Colloque, S.238; Krotoschin, Rev. Jur. Arg. 1974 (154), 789; Lyon-Caen, in: Colloque, S.183 (Diskussionsbeitrag); Morgenstern, International Conflicts, S.112f. 2 Internationales Arbeitsrecht, S.365f., Nr.342.

I. Der Ort des Arbeitskampfes

41

Für alle in Zusammenhang mit einem Arbeitskampf stehenden Rechtsfragen soll demzufolge die lex loci gelten, also das am Ort der Auseinandersetzung geltende Recht. Als einziger Anknüpfungsgesichtspunkt kommt damit das Territorium des betroffenen Staates in Frage und zwar hinsichtlich aller in Betracht zu ziehenden Kampfmittel. Widersprüchlichkeiten durch kumulative Anwendung mehrerer Rechtsordnungen werden vermieden, da auch individualrechtliche und schadensrechtliche Probleme von den Gerichten dem einheitlichen Statut unterworfen werden sollen. Einige Autoren wollen allerdings in gewissen Fällen eine Durchbrechung dieses Grundsatzes zulassen. So möchte etwa Zöllner 3 die generelle Möglichkeit einer Rechtswahl nicht von der Hand weisen, wenn für einen ganzen Betrieb ein abweichendes Arbeitsvertragsstatut vereinbart ist. Gitter 4 wiederum will dem Vertrags statut den Vorrang vor der lex loci dann einräumen, wenn die Anknüpfung an den Arbeitsort alleine nicht zu "sinnvollen Ergebnissen" führt. Solches soll der Fall sein, wenn die betreffenden im Ausland arbeitenden Arbeitnehmer nicht in den Arbeitsprozeß eines ausländischen Unternehmens eingegliedert sind. Wie andere Autoren 5 auch möchte Gitter beispielsweise im Ausland tätige Montagegruppen deutschem Arbeitskampfrecht unterwerfen 6 • Im Gegensatz dazu wären im Ausland tätige Leiharbeitnehmer in aller Regel in Betriebe eingegliedert, Arbeitskämpfe damit nach ausländischem Recht zu beurteilen. Birk 7 läßt demgegenüber Ausnahmen vom Recht der lex loci allenfalls bei "insularen" Sachverhalten zu, bei denen eine Einbettung des Arbeitskampfes in das betrQffene nationale Sozialsystem fehlt. Diese Voraussetzung ist nach Birk 8 etwa dann gegeben, wenn die Besatzung eines Seeschiffes in einem ausländischen Hafen streikt und der Arbeitskampf nicht über die "internal affairs" des Schiffes, also über Bord hinausgeht. Maßgeblich wäre damit die Außenwirkung des Arbeitskampfes auf die öffentliche Ordnung des Hafenstaates 9 . Ungeachtet dieser einzelnen Ausnahmen vom generell anwendbaren Recht des Arbeitskampfortes stellt sich die Frage nach der Begründung dieser 3 Arbeitsrecht, §9 III 5, S.116; ders., in: Colloque, S.218f.; ablehnend etwa Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art.12 Rn.193; vgl. auch Birk, FS Beitzke, S.861. 4 ZfA 1971, 146; im Ergebnis ebenso Kreuzer, a.a.O., Rn.193 a.E. 5 Seiter, Arbeitskampfparität, S.39 mit Fn.117; Simitis, FS Kegel, S.169; Wintrich, Diss., S.131. 6 ZfA 1971, 146; ähnlich auch Müller, RdA 1973, 146 (Ausstrahlung). 7 Streik, S.34; ähnlich auch Münchener Kommentar/ Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn. 193, der auf die "ernsthafte Berührung der ausländischen Sozialordnung durch die Kampfmaßnahmen" abstellen möchte. 8 Streik, S.39f.; ders., Unterstützungskampfmaßnahmen, S.136f., wo er allerdings einer Begrenzung durch das ausländische Recht das Wort redet. 9 Ähnlich auch Geffken, Seeleutestreik, S.397ff.; ders., NJW 1979, 1740ff.; Siehr, FS Vischer, S.314f.

42

§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf

Auffassung. Dabei ist zwischen zwei Fragen zu unterscheiden: Zunächst einmal, warum auf die kollektive Auseinandersetzung die lex loci Anwendung finden soll. Die zweite Frage aber drängt sich angesichts des regelmäßig unterschiedlichen Arbeitsvertragsstatuts geradezu auf: Weshalb sollen auch die individualrechtlichen Auswirkungen des Arbeitskampfes nach dem Recht des Arbeitskampfortes beurteilt werden? 1. Das auf die kollektive Auseinandersetzung anwendbare Recht a) Die These von der Durchsetzung der eigenen Rechtsordnung (Gamillscheg)

In der oben wiedergegebenen Stellungnahme führt Gamillscheg aus, daß "jeder Staat seine eigenen Grundsätze im Recht des Arbeitskampfes durchsetze", weiter "kein Staat bei Arbeitskämpfen Rücksicht auf fremde Rechte nehmen würde, was auch vor ausländischen Gerichten anzuerkennen sei" 10. Diese These von Gamillscheg, die eigentlich eine Tatsachenbehauptung ist, enthält zwei Aussagen: 1. Daß ein Staat seine Grundsätze im Bereich des Arbeitskampfrechts durchsetzt und 2. daß dies auch vor ausländischen Gerichten anzuerkennen sei. Eine eigentliche Begründung findet sich in diesen Sätzen nicht 11 . Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß auch bei Nichtübereinstimmung der Rechtsordnungen zweier Staaten dennoch die eine Rechtsordnung abweichende Regelungen eines anderen Staates tolerieren wird, solange - und dies ist gerade im Arbeitsrecht der ausschlaggebende Gesichtspunkt 12 - nicht durch die Anwendung fremden Rechts eigene staatliche Interessen verletzt werden 13. Letzteres wird man aber bei Kampfmaßnahmen von Ausländern im Inland nur in den wenigsten Fällen annehmen können 14 • Was den zweiten Satz von Gamillschegs These betrifft, so ist darauf hinzuweisen, daß es den einzelnen Staaten überlassen bleibt, wie sie die kollisionsrechtliche Ordnung gestalten und welche Inlandsbeziehung sie als maßgeblich ansehen. Die Territorialität des Geltungsbereichs entspricht eben nicht der Territorialität des Anwendungsbereichs einer Rechtsordnung 15 • Die 10 Gamillscheg, IAR, S.365f., Nr. 342; ders., AcP 155 (1956), 70f.; ders., Labour Contracts, S.20, Nr. 42; zustimmend Jacobs, CMLR 1978 (15), 140; Zaum, Diss., S.164. 11 Was Wintrich zu der Aussage bewogen hat, Gamillschegs Grundsätze seien "nicht ganz erklärlich" (Diss., S.126f.); kritisch auch Großmann, AuR 1968, 226f. 12 Vgl. nur Simitis, FS Kegel, S.156ff., der aus diesem Grunde generell die lex loci anwenden will. 13 So allgemein für das Kollisionsrecht Meessen, FS Mann, S.233. 14 Dazu noch unten § 14 I 1.

I. Der Ort des Arbeitskampfes

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Auswahl der Inlandsbeziehung wiederum bestimmt letztendlich das wohlverstandene Eigeninteresse der Staaten 16. b) Die Lehre vom Normzweck (Müller) Gerhard Müller l7 will die zutreffende Kollisionsnorm für Arbeitskämpfe mit Auslandsberührung aus Inhalt und Funktion des Arbeitskampfrechts erschließen. Seiner Ansicht nach entfalten und gewährleisten die Rechtsinstitute und Rechtsnormen des kollektiven Arbeitsrechts das im Grundgesetz verankerte Sozialstaatsprinzip l8, das den Staat zur Ordnung undOestaltung der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet 19. Im Bereich derlibhängigen Arbeit stünden sich mit den Gewerkschaften und Arbeitgebern gleichstarke Gruppen gegenüber, die durch ihre Geschlossenheit und Stärke und durch ihre gegenseitige Abhängigkeit in der Lage seien, selbst einen Interessenausgleich herbeizuführen und damit soziale Gerechtigkeit zu schaffen 20. Damit aber ist nach Gerhard Müller mit der Ausgestaltung des kollektiven Arbeitsrechts aufs engste eine staatliche Grundentscheidung verbunden, wobei bei einem Ausgreifen des kollektiven Geschehens über die Grenze hinaus die Anwendung nationalen Arbeitsrechts einen Eingriffin das innere Gefüge eines anderen Staates bedeuten würde. Infolgedessen muß nach Müller 21 das Territorialitätsprinzip für die Kollisionsnormen des kollektiven Arbeitsrechts gelten. Deutsches kollektives IS Birk, FS Beitzke, S.855; Führich, Diss., S.60ff.; Kronke, DB 1984, 405; ders., Methodenentfaltung, S.90; Mann, Studies, S.27f., 34; Meessen, FS Mann, S.232; Schlüpers-Oehmen, Betriebsverfassung, S.63f.; Vogel, Verwaltungsrechtsnorm, S.28f., 125f., 142f. 16 Meessen, FS Mann, S.232f.; vgl. auch BVerfGE 31, 58 (75f.); besonders zum Arbeitsverweisungsrecht Simitis, FS Kegel, S.156f. 17 RdA 1973, 139; ders., Internationale Aspekte, S.66f.; ders., Riv. dir. int. priv. proc. 1972,697. 18 Die h.M. nimmt dies insbesondere für die Koalitionsfreiheit an, vgl. BVerfGE 18, 26ff.; 28, 306; Hinz, Tarifhoheit, S.109ff.; Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd.II/l, S.44f., 391; Scholz, Koalitionsfreiheit, S.180ff.; Seiter, Streikrecht, S.100ff.; Stern, Staatsrecht, Bd.1, S.722, jeweils m.w.N. 19 Müller, RdA 1973, 140; der9., Internationale Aspekte, S.67; ders., Riv. dir. int. priv. proc. 1972, 697f. 20 Konsequenz dieser Auffassung ist die Notwendigkeit einer auch tatsächlich feststellbaren Fähigkeit einer arbeitsrechtlichen Koalition, auf den Gegner Druck ausüben zu können, vgl. nur BAGE 21, 98 (101) = AP Nr. 25 zu §2 TVG; AP Nr.30 zu §2 TVG (unter III 1); BAGE 29, 72 (80) = AP Nr.24 zu Art.9 GG. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wurde gebilligt durch BVerfGE 58, 233 (242f.). Kritisch dazu etwa Zöllner, Arbeitsrecht,§34I 3, S.306 m.w.N.; Seiter, AÖR 109 (1984), 106ff. 21 RdA 1973, 139; ders., Internationale Aspekte, S.67; ders., Riv. dir. int. priv. proc. 1972, 697; eine Ausnahme soll nur für den Geltungsbereich VOll Tarifverträgen möglich sein. Ebenso Rehbinder, Anwendbares Recht, S.140; vgl. auch Kronke, Methodenentfaltung, S.11; Birk, AuR 1974, 297.

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§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf

Arbeitsrecht erfaßt demzufolge einen Sachverhalt nur dann, wenn die Arbeit in der Bundesrepublik erbracht wird. Entsprechend diesem Ausgangspunkt sind nach Müller Arbeitskämpfe immer dem am Kampfort geltenden Recht zu unterstellen, wobei auf den Betriebssitz abzustellen sei 22 • Eine Ausnahme soll nur für "Ausstrahlungen" gelten. Bei der Argumentation von Müller fällt zunächst auf, daß er eine Kollisionsnorm für das kollektive Arbeitsrecht in seiner Gesamtheit entwickelt und die so gefundene Lösung dann auf Arbeitskämpfe mit Auslandsberührung anwendet. Den möglicherweise besonderen Gegebenheiten des Arbeitskampfrechts wird dadurch nicht Rechnung getragen. Dies muß um so mehr gelten, als von der h.M. für das Tarifvertragsrecht 23 , teilweise aber auch für das Betriebsverfassungsrecht 24 andere Lösungen vertreten werden. Und versteht . man den (zulässigen) Arbeitskampf als Hilfsmittel der Tarifautonomie, so wird dieses Vorgehen Müllers fragwürdig. Wenn nämlich. ein deutscher Tarifvertrag Arbeit im Ausland regeln kann, also deutsche Rechtsnormen auf die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses unmittelbar einwirken, so stellt sich die Frage, warum dann die Auseinandersetzung um das Zustandekommen eben dieser deutschen Rechtsnormen sich nach einer ausländischen Rechtsordnung beurteilen soll. Sicherlich ist Müller zuzustimmen, wenn er in der Regelung und Zulassung von Arbeitskämpfen durch die inländische Rechtsordnung eine staatliche Grundentscheidung sieht 25 - nämlich zur Arbeitskampf- und Tarifautonomie, wie sie in Ausgestaltung von Art. 9 Abs. 3 GG vom Bundesarbeitsgericht entwickelt worden ist. Daß aber bei einem Ausgreifen des Arbeitskampfes auf das Territorium eines anderen Staates die Anwendung deutschen Rechts einen Eingriff in dessen inneres Gefüge bedeutet, vermag nicht zu überzeugen, solange es nur um das Verhältnis der inländischen Arbeitskampfparteien zueinander geht. Däubler 26 hat in seiner Kritik des Territorialitätsprinzips ausgeführt, daß

22 Müller, RdA 1973,141,143; ders., Internationale Aspekte, S.74f., 77, 79; ders., Riv. dir. int. priv. proc. 1972, 705, 709, 712. Unternehmenssitz und Personalstatut spielen demgemäß keine Rolle, a.A. etwa Wintrich, Diss., S.128ff., 167, der insoweit auf das gemeinsame Heimatrecht abstellt; vgl. aber auch Cour de Cassation, Rev. crit. 1970,684 mit Anm. Simon-Depitre. 23 Die extraterritoriale Geltung inländischer Tarifverträge dürfte unstrittig sein, vgl. nur Beitzke, AR-Blattei D, Rechtsquellen III Räumliche Kollision C; Birk, VSSR 5 (1977),22; dens., FS Beitzke, S.853ff.; StaudingerjFirsching, EGBGB Teil2b, Vor Art. 12 Rn. 524; Friedrich, RdA 1980, 11ff.; Gamillscheg, IAR, S.361f., Nr. 338f.; Wiedemannj Stumpf, TVG, §1 Rn. 32; Walz, Internationaler Tarifvertrag, S.148. 24 Däubler, RIWjAWD 1972, 8; ders., RabelsZ 39 (1975), 444f.; Gamillscheg, IAR, S.368ff., Nr. 344ff.; ders., AcP 155 (1956), 70; Grasmann, ZGR 2 (1973), 324; Jäger, Auslandsbezug, S.105, 112ff.; Schnorr von Carolsfeld, Arbeitsrecht, S.421; Staudacher, Diss., S.90ff. (jeweils mit Modifikationen im einzelnen). 2S Vgl. Müller, RdA 1973,139; dens., Internationale Aspekte, S. 67; dens., Riv. dir. int. priv. proc. 1972, 697. 26 RIWjAWD 1972, 6; vgl. auch Meessen, FS Mann, S.231f.

1. Der Ort des Arbeitskampfes

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von einer Verletzung fremder Souveränitätsrechte durch ein Gericht dann nicht gesprochen werden könne, wenn das Urteil dem ausländischen Staat kein bestimmtes Verhalten anbefehle, sondern sich darauf beschränke, einen Konflikt zwischen zwei Arbeitsvertragsparteien zu lösen. Im Ergebnis vermag also Müllers normzweckbezogene Lösung ebenfalls nicht zu überzeugen. c) Der Arbeitskampfort als "Schwerpunkt" (Gitter, Martiny, Birk)

Mehrere Autoren 27 versuchen nun, die Anknüpfung an den Ort der kollektiven Auseinandersetzung im Arbeitskampf damit zu erklären, daß der "Schwerpunkt" des Arbeitskampfes immer am Arbeitsort liege. Sämtliche Fragen weisen etwa nach Martiny 2B einen engen Bezug zum Arbeitskampfort auf, da dort die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen ansässig seien. Gitter 29 wiederum hebt hervor, daß der Schwerpunkt der gemeinsamen Kampfmaßnahmen am Arbeitsort zu suchen sei, wenn auch einzelne Teilhandlungen außerhalb des Arbeitsortes stattfinden könnten. Am Arbeitsort habe damit das Rechtsverhältnis "Arbeitskampf' gewissermaßen seinen Sitz, da hier der Arbeitgeber durch die gemeinsame Arbeitsniederlegung unter Druck gesetzt werden solle. Birk 30 führt darüber hinaus noch an, daß der Arbeitskampf auch eine besondere Form gesellschaftlicher Auseinandersetzung und Konfliktlösung verkörpere. Deshalb müsse über ihn am besten jene Rechtsordnung urteilen, in die er eingebettet sei und die eine Stellungnahme der betreffenden Gesellschaftsordnung zur Störung des Arbeitsfriedens und zur möglichen Inkaufnahme volkswirtschaftlicher Schäden enthalte.

Gerade dieser letzte Satz von Birk macht deutlich, daß der "Schwerpunkt" eines Arbeitskampfes nicht in allen Fällen am Arbeitskampfort zu suchen ist. Man denke nur an Kampfmaßnahmen, die im Zuge einer Auslandsbeschäftigung am ausländischen Arbeitsort ergriffen werden. In Betracht kommen hier neben Seeleuten 31 insbesondere Montage- und Leiharbeitnehmer, fahrendes Personal auf Straße, Schiene und in der Luft, sowie zu ausländischen Betriebsstätten und Tochtergesellschaften abgeordnete Kräfte. Offensichtlich wird die 27 Gitter, ZfA 1971, 146; Martiny, in: Reithmann, Internationales Vertragsrecht, S.456, Rn. 542; ähnlich auch Krotoschin, Rev. Jur. Arg. 1974 (154), 789. 28 A.a.O., S.456, Rn. 542. 29 ZfA 1971, 146; vgl. auch Krotoschin, Rev. Jur. Arg. 1974 (154),789. 30 Unterstützungskampfmaßnahmen, S. 130; ders., Rechtliche Aspekte, S. 48f; vgl. auch Hörster, in: Koalitionsfreiheit, Teil 2, S.1490f. (Diskussionsbeitrag). 31 Sofern man von einem "Arbeits ort" im herkömmlichen Sinne bei Seeschiffen in ausländischen Häfen überhaupt sprechen kann, vgl. Seiter, Arbeitskampfparität, S. 39; Siehr, FS Vischer, S. 315. Die gleiche Erwägung findet sich bei Rüthers, ZfA 1972,411 für das Bordpersonal von Fluggesellschaften; vgl. auch Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn. 193.

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§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf

Unrichtigkeit der These von Gitter und Martiny bei einem umkämpften Verbandstarifvertrag mit extraterritorialer Wirkung. Hier ist ohne weiteres denkbar, daß gerade die von dieser Auslandswirkung Betroffenen sich an ihren ausländischen Arbeitsstätten am Streik beteiligen. Dennoch bleibt der Tarifarbeitskampf in die deutsche Arbeits- und Wirtschaftsordnung eingebettet: Es geht um einen deutschen Tarifvertrag, der auf die Arbeitsverhältnisse der im Ausland Tätigen unmittelbar Anwendung findet 32 . Nicht umsonst läßt deshalb gerade Gitter 33 bei solchen Arbeitskampfmaßnahmen im Ausland Ausnahmen vom Recht des (dortigen) Arbeitsortes zu und möchte deutsches Arbeitskampfrecht anwenden. Der Schwerpunkt des Arbeitskampfes liegt nämlich nach wie vor im Inland; deshalb ist die extraterritoriale Anwendung deutschen Arbeitskampfrechts geboten und nicht, weil. die Anknüpfung an den Arbeitsort "nicht sinnvoll erscheint"34. d) Arbeitskampfort und Grundgesetz (Birk)

Insbesondere Birk 3S hat in mehreren Beiträgen auf die verfassungsrechtliche Relevanz von Arbeitskämpfen und die daraus zu ziehenden Konsequenzen hinsichtlich des Arbeitskampfortes hingewiesen. Seiner Auffassung nach muß letztendlich Verfassungskollisionsrecht 36 und nicht Arbeitsverweisungsrecht 37 über die auf Arbeitskämpfe anwendbare Rechtsordnung entscheiden. Da das Bundesverfassungsgericht die Anwendung der Grundrechte im Kollisionsrecht von einer "ausreichenden Inlandsbeziehung"38 abhängig gemacht hat, unterscheidet Birk zwischen Inlands- und Auslandssachverhalten 39 . Liegt der 32 Vom Problem der Tarifbindung einmal abgesehen, dazu nur Wiedemann/Stumpf, TVG, §3 Rn.39ff.; Zöllner, Arbeitsrecht, §37 I, S. 329ff.; vgl. auch BAGE 17, 59ff = AP Nr. 12 zu §5 TVG. 33 ZfA 1971, 146f.; ebenso Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn.193. 34 So aber Gitter, ZfA 1971, 146. 3S AuR 1974, 302 mit Fn. 16; ders., FS Beitzke, S.835ff.; ders., Unterstützungskampfmaßnahmen, S.130; ders., Streik, S.22, 46ff.; ders., BerDGesVR 18 (1978), 338; ders., Rechtliche Aspekte, S.48. Vgl. auch dens., VSSR 5 (1977), 21; dens., RabelsZ 45 (1981), 823; ferner Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn. 193; Martiny, in: Reithmann, Internationales Vertragsrecht, S. 456, Rn. 542. 36 Birk, Streik, S.46ff.; vgl. auch dens., FS Beitzke, S. 835; dens., VSSR 5 (1977), 21; dens., BerDGesVR 18 (1978), 338; dens., Unterstützungskampfmaßnahmen, S.130; dens., AuR 1974,302 mit Fn.116; vgl. im Sinne Birks auch Lüderitz, RabelsZ 36 (1972), 35ff., 37. 37 So aber Gitter, ZfA 1971, 145; Lyon-Caen, Rev. crit. 1977,271; Rüthers, ZfA 1972, 409; Sandrock, FS Mann, S.267, 276. 38 BVerfGE 31, 58 (75). 39 Kreuzer, in: Münchener Kommentar, EGBGB, Art.12 Rn.193 und Martiny, in: Reithmann, Internationales Vertragsrecht, S.456, Rn.542 verweisen demgegenüber nur pauschal auf die verfassungsrechtliche Relevanz von Arbeitskämpfen. Dabei wird übersehen, daß die Bedeutung einer solchen verfassungsrechtlichen Verankerung in den einzelnen Rechtsordnungen verschieden ist, vgl. Tomandl, in: Koalitionsfreiheit, Teil 2,

I. Der Ort des Arbeitskampfes

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Arbeitskampfort im Inland, lehnt Birk jegliche räumliche Eingrenzung der Geltung von Art. 9 Abs. 3 GG ("jedermann"!) für Arbeitskämpfe ab, die Anwesenheit der ausländischen Arbeitskampfparteien im Inland reicht aus, um sich auf den Schutz des Grundrechts der Koalitionsfreiheit mit all seinen Verbürgungen berufen zu können. Birk schließt dies auch aus der in Art. 6 Nr. 4 ESC niedergelegten Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, das Streikrecht zu garantieren 40 . Bei Auslandssachverhalten hingegen, also etwa beim Streik deutscher Seeleute in einem ausländischen Hafen, fordert Birk ein "genuine link" bzw. eine "materiale Inlandsbeziehung" zur Arbeitsverfassung der Bundesrepublik. Nur dann sei eine Anwendung von Art. 9A~s. 3 GG über die Grenzen Deutschlands hinaus möglich. Ein solches Moment liegt nach Birk41 etwa dann vor, wenn ein ausländischer Tarifvertrag in der Bundesrepublik seinen Schwerpunkt haben soll. In diesem Fall umfasse die über die Grenzen wirkende Koalitionsfreiheit auch die damit garantierten Einzelverbürgungen und somit auch das Streikrecht. Birk kommt das Verdienst zu, den Blick für zwei Punkte geschärft zu haben, deren Bedeutung bislang nicht ausreichend herausgestellt bzw. denen allenfalls in Allgemeinplätzen Rechnung getragen wurde: Einmal die Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Bedeutung für Arbeitskämpfe mit Auslandsberührung, zum andern aber - damit verbunden - die notwendige Trennung in Inlandsund Auslandssachverhalte, die aus der kollisionsrechtlichen Fragestellung selbst resultiert. Freilich begegnen auch die Ausführungen Birks einigen Bedenken.

Ohne an dieser Stelle schon auf den Normgehalt und den Schutzbereich von Art. 9 Abs. 3 GG näher eingehen zu wollen, steht doch fest, daß eine verfassungsrechtliche Garantie nur für den Tarifarbeitskampf besteht. Es kommt aber darauf an, alle Arbeitskämpfe verweisungsrechtlich einzuordnen. Würde man Birk folgen und die Entwicklung eines eigenen Verfassungskollisionsrechts befürworten, so wäre die Notwendigkeit einer gesonderten Betrachtung nicht von Art. 9 Abs. 3 GG erfaßter Arbeitskämpfe unumgänglich. Ob dies auf der Ebene des Verweisungsrechts, also noch vor der materiell-rechtlichen Entscheidung über einen Sachverhalt angebracht ist, muß bezweifelt werden 42 • S.1418 (Diskussionsbeitrag). Rechtsvergleichend zur rechtlichen Ebene, auf der das Streikrecht in den einzelnen Staaten gewährleistet wird, Birk, RdA 1986, 205ff.; Do/zer, in: Koalitionsfreiheit, Teil 2, S.1258ff. 40 Streik, S.51; ders., BerDGesVR 18 (1978), 338; ders., AuR 1974, 302; ähnlich Geffken, Seeleutestreik, S.408, 413; ders., NJW 1979, 1743f.; Morgenstern, International Conflicts, S.96. 41 FS Beitzke, S.836; vgl. auch Lüderitz, RabelsZ 36 (1972), 37. 42 Deutlich wird dies bei Birk, Streik, S. 47, wo er vor der verfassungskollisionsrechtlichen Entscheidung prüft, ob der Streik ausländischer Seeleute auf Billigflaggenschiffen auch dann von Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt ist, wenn es um keinen Verbandstarifvertrag geht (also nach deutschem Recht erst einmal den Schutzbereich von Art. 9 Abs. 3 GG auslotet, bevor er kollisionsrechtliche Erwägungen anstellt).

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§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf

Darüber hinaus gibt auch Birk 43 zu, daß den Postulaten und Rechtsgedanken von Art. 9 Abs. 3 GG auch dann Rechnung getragen werden kann, wenn eine ausländische Rechtsordnung zur Anwendung kommt. Sie muß nur in den betreffenden Fragen mit der deutschen Verfassung vereinbar sein, darf also nicht gegen Art. 9 Abs. 3 GG verstoßen. Die Beziehung des Sachverhalts zur inländischen Rechts- und Sozialordnung und die damit verbundene Einflußnahme von Art. 9 Abs. 3 GG verhindert insoweit nur das Auftreten von Schutzlücken, ohne endgültig die Anwendung der lex fori zu fordern 44 . e) Zwischenergebnis

Abschließend kann festgestellt werden, daß die Kriterien, die die h.M. zur Anknüpfung an den Arbeits(kampf)ort bewegen, bereits auf der Ebene der kollektiven Auseinandersetzung nicht überzeugen. Die von den einzelnen Autoren vorgebrachten Gesichtspunkte erscheinen zwar als solche für die zutreffende Kollisionsnorm von Bedeutung. Gerade das starre Festhalten am Arbeitskampfort als ausschlaggebendem Anknüpfungskriterium vermag aber eben diesen Argumenten nicht gerecht zu werden. Folgerichtig sehen sich einige Autoren gezwungen, bestimmte Ausnahmen zulassen zu müssen. Eine ausreichende dogmatische Begründung für die Sonderbehandlung einzelner Fälle vermögen sie aber nicht zu geben. Birks Überlegungen machen deutlich, daß verfassungsrechtliche Fragen bei der Bestimmung des Arbeitskampfstatuts in die Überlegungen miteinzubeziehen sind. Angesprochen ist damit auch das grundsätzliche Verhältnis von Grundgesetz und Arbeitskollisionsrecht. 2. Die Anknüpfung individualund schadensrechtlicher Folgen von Arbeitskämpfen

a) Unterschiedliches Statut fir Kampfmittel und Kampffolgen? Der "Tropwind - Fall"

Steht für die h.M.4s fest, daß sich die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Streiks, Aussperrungen und Boykotten nach der lex fori beurteilen, so ist damit für sich gesehen noch keine Aussage über die Anknüpfung der individual- und schadensrechtlichen Folgen eines Arbeitskampfes verbunden. Dementsprechend meint Gitter 46 , daß insoweit eine Reihe von Anknüpfungen in Betracht gezogen werden könnte: so für Schadensersatzansprüche gegen Streikbeteiligte Streik, S. 52. Vgl. auch Birk, Streik, S. 52; Gamillscheg, ZfA 1983, 344; Kronke, Methodenentfaltung, S. 242. 45 Vgl. oben §5 I mit Fn. 1. 46 ZfA 1971, 146. 43

44

I. Der Ort des Arbeitskampfes

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das Deliktsstatut, für Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis das Arbeitsvertragsstatut. Die Konsequenz dieser Auffassung wäre allerdings, daß eine Verweisung auf verschiedene Privatrechtsordnungen nicht mehr ausgeschlossen werden könnte; etwa wenn das Deliktsstatut auf das Recht des Tatorts verweisen würde, für das Arbeitsverhältnisstatut aber der reale oder hypothetische Parteiwille ausschlaggebend wäre. Und Birk 47 weist darauf hin, daß Vertragsstatut und Arbeitskampfstatut hinsichtlich des Pflichtenkreises des betroffenen Arbeitnehmers unterschiedliche Regelungen enthalten können. Die praktischen Konsequenzen unterschiedlicher Anknüpfungen hat Weng-

ler48 mit Blickwinkel auf den "Tropwind-Fall"49 verdeutlicht:

Die Tropwind war ein unter der Flagge von Singapur fahrendes Seeschiff, dessen Eignerin die schweizerische Tropwood AG war. Im Hafen von Amsterdam streikte die philippinische Besatzung, um den Abschluß eines ITF - Kollektivvertrages zu erzwingen. Der Reeder reagierte mit einer Kündigung der Heuerverhältnisse und verlangte von der Besatzung, das Schiff zu verlassen. Die Rechtsbank Amsterdam hielt in kollektivrechtlicher Hinsicht niederländisches Arbeitskampfrecht als Recht der lex fori für maßgeblich. Da der Streik danach zulässig war, kam es nun weiter darauf an, welche Folgen der Arbeitskampffür die Heuerverhältnisse nach sich zog. Nachdem die Arbeitsverträge der betroffenen Seeleute selbst keine entsprechenden Regelungen enthielten, sah sich die Rechtsbank Amsterdam im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht in der Lage zu ermitteln, was das Flaggenstatut insoweit bestimmte. Im Hinblick auf den niederländischen ordre public glaubte das Gericht jedoch, diese Frage letztendlich unbeantwortet lassen zu können, da ein rechtmäßiger Arbeitskampf seiner Ansicht nach keinen Bruch des Arbeitsvertrages darstellen konnte 50.

Festzuhalten bleibt, daß sich die Rechtsbank Amsterdam unter Berufung auf den ordre public dem Problem entzogen hat, die auf kollektiver Ebene getroffene Entscheidung möglicherweise individual rechtlich in ihr Gegenteil verkehren zu müssen. Denn an der grundsätzlichen Anwendung des Flaggenstatuts hinsichtlich der Auswirkungen des Arbeitskampfes auf die Heuerverhältnisse zweifelte das Gericht nichtS!. Wengler S2 hat darauf hingewiesen, daß bei Zugrundelegung dieser Auffassung einander widersprechende Ergebnisse unvermeidlich sind: Ist nämlich nach dem Arbeitsverhältnisstatut Streik VertragsStreik, S.66; vgl. in diesem Sinne auch Lyon-Caen, Rev. crit. 1977,275. In: RGRK- IPR, Bd. 2, § 22 Rn. 13, S.1021. 49 Rb Amsterdamm vom 30.11.1978, NJ 1981, 162 (Nr. 65) mit Anm. Schultsz = Schip en Schade 1979,233 (Nr. 75). Die Entscheidung ist auszugsweise auch wiedergegeben bei Verheul, NILR 26 (1979), 124ff. 50 Zum niederländischen Arbeitskampfrecht näher Hoefnagels, in: Kittner, Protokoll, S.251ff.; Molenaar, in: Boldt u.a., Streik und Aussperrung, S.343ff. 51 Tendenziell ebenso wohl auch das ArbG Bremen, SeeAE Nr. 6 zu Art. 9 GG; GefJken, Seeleutestreik, S.399; ders., NJW 1979, 1740. 52 In: RGRK- IPR, Bd. 2, §22 Rn. 13, S.1021; vgl. ferner Lyon-Caen, Rev. crit. 1977, 274ff.; dens., in: Colloque, S.183; Verheul, NILR 26 (1979), 124ff. 47 48

4 Hergenröder

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§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf

bruch 53, der Arbeitskampf aber nach dem Recht des Beschäftigungsortes im Gaststaat rechtmäßig, so könnte das Gericht am Beschäftigungsort - etwa bei einem im Hafen liegenden Seeschiff - es ablehnen, die Streikenden durch einstweilige Verfügung zur Arbeit anzuhalten, wird aber gleichzeitig die vom Arbeitgeber aufgrund des Streiks ausgesprochene Kündigung nicht für unwirksam erklären 54 Eine Lösung dieses Konflikts zweier Rechtsordnungen bietet dann einmal mehr nur der nationale ordre public. b) Das Postulat eines "inneren Entscheidungseinklangs" - einheitliches Statut für Kampfmittel und Kampffolgen

Die Vertreter einer Anknüpfung des Arbeitskampfstatuts an den Ort der kollektiven Auseinandersetzung sind sich im Ergebnis darüber einig, daß auch die Rechtsfolgen von Arbeitskämpfen dem Arbeitskampfstatut unterliegen SS. Hinter fast allen Äußerungen verbirgt sich dabei als Begründung das Postulat des "inneren Entscheidungseinklangs"s6. Unter diesem Prinzip des internationalen Privatrechts versteht man das Bestreben der Rechtsanwender eines Forums, nicht durch die Anwendung mehrerer Rechtsordnungen auf den gleichen heterogen verknüpften Sachverhalt Pflichtenkonflikte oder Disharmonien entstehen zu lassen 57. Solche wären, wie im "Tropwind - Fall" ersichtlich, bei einer unterschiedlichen Anknüpfung von Kampfmitteln und Kampffolgen nicht zu vermeiden. Darüber hinaus hebt Birk 58 den Einfluß des Grundgesetzes auf die mit dem Einzelarbeitsverhältnis zusammenhängenden Rechtsfragen hervor. Die grundsätzliche Möglichkeit eines Auseinanderfallens von Arbeits53 Im europäischen Rechtskreis legen die Arbeitskampfrechtsordnungen von Dänemark, Irland, Norwegen und Österreich diese Folgerung nahe, vgl. insoweit Jacobsen, S.123, Kelly, S.371, Jakhelln, S.608, Tomandl/Marhold, S.678, jeweils in: Koalitionsfreiheit, Teil 1; zusammenfassend dazu auch Dolzer ebenda, Teil 2, S.1256. Zum philippinischen Recht vgl. den Hinweis bei Birk, Streik, S.66. 54 Dabei ist die prozessuale Situation, die Wengier im Auge hat, nicht ganz klar. Die kumulative Stellung beider Anträge gibt so recht keinen Sinn - nämlich einmal auf Feststellung der (Un)Wirksamkeit der Kündigung, zum anderen auf die Verpflichtung zur Weiterarbeit -, allenfalls könnte man sich den zweiten Antrag als Hilfsantrag denken; insoweit dürfte daher eine alternative Stellung der Anträge gemeint sein. 55 So Birk, NJW 1978, 1831; ders., UnterstützungskampfmaBnahmen, S.131; ders., RabelsZ 46 (1982), 401; ders., Streik, S.32; ders., RdA 1984, 136f.; Gamillscheg, IAR, S.365f., Nr. 342; ders., AcP 155 (1956), 71; Gitter, ZfA 1971, 145f.; Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn. 193f.; Martiny, in: Reithmann, Internationales Vertragsrecht, S.456, Rn.542; Müller, RdA 1973, 143; ders., Internationale Aspekte, S.74f.; ders., Riv. dir. int. priv. proc. 1972, 705f. 56 Ausdriicklich in diesem Sinne Birk, RabelsZ 46 (1982),398; Gitter, ZfA 1971, 145f.; Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn. 193f. 57 Dazu Gamillscheg, IAR, S.197f., Nr. 168B; Kegel, IPR, §2 II 3 b, S.78f.; RGRKIPR/Wengler, Bd.1, §7 b, S.70ff. 58 Streik, S.65f; ähnlich Gamillscheg, AcP 155 (1956), 71; Martiny, in: Reithmann, Internationales Vertragsrecht, S.456, Rn. 542.

1. Der Ort des Arbeitskampfes

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kampf- und Arbeitsverhältnisstatut soll seiner Auffassung nach insoweit unbeachtlich bleiben, als Art. 9 Abs. 3 GG direkte Wirkungen auf den Arbeitsvertrag ausübt; dies wäre etwa bei der nur suspendierenden Wirkung 59 eines Streiks im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis der Fall. Bezüglich deliktischer Ansprüche weist Kreuzer{IJ auf die enge Abhängigkeit zwischen Rechtmäßigkeit und Rechtswidrigkeit von Arbeitskämpfen auf der einen Seite und schadensersatzpflichtigen arbeitskampfbedingten Eingriffen in Unternehmen auf der anderen Seite hin. Nach Martiny 61 schließlich empfiehlt sich die einheitliche Anknüpfung wegen des "engen Bezuges dieser Frage zum Ort der Auseinandersetzung" . 3. Zusammenfassende Kritik Die Regelanknüpfung an den Arbeitsort überzeugt weder in kollektivrechtlicher noch in individualrechtlicher Hinsicht. a) Die h.M.62 übersieht bei ihrer Auffassung weitgehend den Hintergrund entsprechender grenzüberschreitender Arbeitskämpfe. Der Schwerpunkt eines solchen Arbeitskampfes wird in aller Regel nämlich am Sitz des Betriebes im Inland liegen, nur einzelne Kampfrnaßnahmen von gerade im Ausland tätigen Arbeitnehmern finden außerhalb der Bundesrepublik Deutschland statt. Gleiches gilt für den umgekehrten Fall eines "ausländischen" Arbeitskampfes, an dem die augenblicklich im Inland befindlichen Arbeitnehmer teilnehmen und hier die Arbeit niederlegen. Diese Ausführungen gelten für alle Branchen, die mit grenzüberschreitender Reisetätigkeit verbunden sind, also fliegendes Personal 63 , fahrende Arbeitnehmer auf Schiene und Straße sowie die Seeleute. Gleichermaßen sind aber auch alle anderen vorübergehend oder ständig im Ausland arbeitenden Arbeitnehmer (Leih-, Montagearbeitnehmer) inländischer Arbeitgeber betroffen - von den Sonderproblemen ausländischer Betriebe und Tochtergesellschaften inländischer Unternehmen einmal abgesehen. Daß bei solchen Auslandssachverhalten Ausnahmen vom Recht der lex fori angebracht sind, hat die Literatur 64 erkannt und durch Anwendung des gemeinsamen 59 Dazu näher BroxjRüthers, Arbeitskampfrecht, S.127ff., Rn. 205f; Seiter, Streikrecht, S.230fT., 357f. 60 In: Münchener Kommentar, EGBGB, Art. 12 Rn.193. 61 In: Reithmann, Internationales Vertragsrecht, S.456, Rn.542. Martiny möchte dabei sogar sozialrechtliche (!) Fragen dem Arbeitskampfstatut unterwerfen, dazu auch Birk, NJW 1978, 1831. Allgemein zum Verhältnis Sozialversicherungsrecht - Arbeitsverweisungsrecht BAGE 27, 99 (106) = AP Nr. 12 zu IPR- ArbR (unter 5 b). 62 Vgl. oben § 5 I mit Fn. 1. 63 Zu dessen Streikrecht Schaper, Diss., S.104fT. 64 Vgl. nur Birk, Streik, S.34; Unterstützungskampfmaßnahmen, S.136f.; Gitter, ZfA 1971,146; MünchenerKommentarjKreuzer, EGBGB,Art.12 Rn. 193; Müller, RdA 1973, 146; Simitis, FS Kegel, S.169. Zöllner erwägt im Hinblick auf Betriebsstätten sogar die Rechtswahl, vgl. dens., Arbeitsrecht, §9 III 5, S.116; dens., in: Colloque, S.218f.

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§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf

Vertragsstatuts auch teilweise berücksichtigt. Die Begründungen lassen freilich zu wünschen übrig. Ein Zusammenhang mit einem inländischen Arbeitskampf besteht nur dann nicht, wenn im Ausland von inländischen Arbeitskampfparteien zugunsten ausländischer Arbeitnehmer oder Arbeitgeber Kampfrnaßnahmen ergriffen werden - also bei Sympathiestreiks und -aussperrungen. b) Unumgängliche Konsequenz der Regelanknüpfung an den Arbeitsort wird in vielen Fällen sein, daß auf den - wirtschaftlich betrachtet - selben Arbeitskampf zumindest zwei Rechtsordnungen angewendet werden müssen: nämlich auf den inländischen Teil deutsches Arbeitskampfrecht, auf die im Ausland stattfindenden Kampfrnaßnahmen die betreffende(n) ausländische(n) Arbeitskampfrechtsordnung(en): Beispiel: Die ÖTV kämpft um einen Verbands tarifvertrag mit dem deutschen Reederverband. Ihrem Streikaufruf folgen deutsche Seeleute auf Schiffen unter deutscher Flagge in den Häfen der ganzen Welt. Ausländische Gewerkschaften leisten dort materielle und moralische Hilfe.

Die Auseinandersetzung bleibt in diesem Fall in die deutsche Arbeitsordnung eingebettet, es geht um einen inländischen Tarifvertrag mit extraterritorialer Wirkung, die kämpfenden Parteien auf kollektivrechtlicher und individualrechtlicher Ebene haben ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Dennoch müßte der Arbeitskampf in verschiedene Einzelakte getrennt werden, die man auch nach verschiedenen Rechtsordnungen zu beurteilen hätte 65 • Die Konsequenzen im obigen Beispielsfall wären evident: So müßte der Streik im Hafen von Monrovia (Liberia) nach s.358 Merchant Seamen's Act dreißig Tage vorher angekündigt werden, im Hafen von Colon (Panama) müßte nach Art. 476.1 des dortigen Labor Code ein staatlicher Schlichter zuvor erfolglos tätig geworden sein. Dafür hätte die ÖTV in franzäsischen 66 , italienischen 67 und portugiesischen 68 Häfen keine Friedenspflicht einzuhalten, es dürfte schon vor Ablauf der vereinbarten Zeit gestreikt werden.

c) Sind einzelne Teilakte aber nach ausländischen Rechtsordnungen rechtswidrig, stellt sich das bekannte Problem, welche Konsequenzen dies im Hinblick auf die gesamte Auseinandersetzung nach sich zieht 69 • Darüber hinaus müßte 65 Durch die Beteiligung ausländischer Gewerkschaften würden die "internal affairs" des Schiffes überschritten, die Belange des Hafenstaates tangiert, dazu Birk, Streik, S.24ff., 39ff. 66 Dazu Blanc-Jouvan, in: FS Lipstein, S.1ff.; Fromont, in: Koalitionsfreiheit, Teil 1, S.266; Giugni, in: Aaron/Wedderburn, Industrial Conflict, S.138ff.; Wistädt, Diss., S.28ff. 67 Giugni, in: Aaron/Wedderburn, Industrial Conflict, S.141ff.; Wistädt, Diss., S.114ff.; Zanghi, in: Koalitionsfreiheit, Teil 1, S. 410f. 68 Dazu Hörster, in: Koalitionsfreiheit, Teil 1, S.734. 69 Vgl. zu dieser Frage näher Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, S.96f., Nr. 159; Kalb, Arbeitskampfrecht, S.65f., Rn. 105ff.; Reuß, AuR 1966, 33ff.; Seiter, Streikrecht, S.525f.; Söllner, Arbeitsrecht, §13 VII, S.109 mit Fn. 40.

I. Der Ort des Arbeitskampfes

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auf individualrechtlicher Ebene von den Arbeitsgerichten trotz identischen Sachverhalts im Hinblick auf die Kampffolgen differenziert werden; denn es ist nicht auszuschließen, daß der Streik in bestimmten Ländern rechtswidrig ist und auch Kündigungen ohne weiteres zulässig sind 70. Während des nach deutschem Recht zulässigen Arbeitskampfes kündigt ein Reeder die Heuerverhältnisse einiger Seeleute wegen Vertragsbruchs fristlos. Während ein Teil dieser Seeleute im Hamburger Hafen streikt, haben die anderen Matrosen auf den Philippinen die Arbeit niedergelegt. Nach philippinischem Recht ist der Arbeitskampf rechtswidrig, die Kündigungen sind dort zulässig. Nach deutschem Recht sind die Entlassungen dagegen unwirksam.

Folgerichtig müßte ein inländisches Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklagen der auf den Philippinen befindlichen Seeleute abweisen, während denen der anderen Matrosen stattzugeben wäre. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorhersagen zu können, daß die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit entsprechende Ergebnisse unter Berufung auf den ordre public vermeiden wird. Art. 6 EGBGB 1986 ist aber eine Ausnahmevorschrift. Wird die Ausnahme zur Methode, ist die zugrundeliegende Anknüpfungsregel untauglich. d) Die Koalitionsfreiheit ist in Art. 9 Abs. 3 GG verankert. Ohne an dieser Stelle schon auf die verfassungsrechtliche Problematik des Arbeitskampfes mit Auslandsberührung näher eingehen zu wollen 71 , ist doch festzuhalten, daß eine faktische Begrenzung des Rechts auf Streik bzw. Aussperrung durch ausländische Rechtsordnungen im Lichte des Grundgesetzes bedenklich erscheint. Ganzen Berufsgruppen wird von der h.M. durch die Bezugnahme auf den Arbeitskampfort die Ausübung des Streikrechts dann verwehrt, wenn sie in Staaten mit arbeitskampffeindlichen Rechtsordnungen ihre Arbeitsleistung erbringen müssen. Daß Kampfrnaßnahmen tatsächlich ausgeschlossen sind, weil der Aufenthaltsstaat mit "Zwang und Strafe" gegen sie vorgeht, die grundgesetzliehe Streikrechtsgarantie also faktisch nicht realisierbar ist 72, ist eine andere Frage. e) Eine abschließende Feststellung scheint dabei unvermeidlich: Kampfrnaßnahmen, die in eine - vom Standpunkt des nationalen Rechtsanwenders aus betrachtet - ausländische Arbeits- und Wirtschaftsordnung eingebettet sind, sollen der h.M. gemäß in ihren Auswirkungen und Rechtsfolgen generell, also insbesondere auch hinsichtlich der Kampfparteien selbst, der nationalen Arbeitskampfrechtsordnung unterworfen werden. Das in den verschiedenen Staaten geltende Arbeitskampfrecht, das sich aus der geschichtlichen Entwicklung der einzelnen Gesellschafts- und Sozialordnungen heraus erklärt, soll 70 Rechtsvergleichend zu den Kampffolgen für das einzelne Arbeitsverhältnis BlancJouvan, in: AaronjWedderburn, Industrial Conflict, S.176ff. 71 Dazu unten §§ 12, 13. 72 Vgl. Birk, Streik, S.66; dens., Unterstützungskampfmaßnahmen, S.136f. In diesem Sinne aber auch schon Gamillscheg, IAR, S.365f., Nr.342.

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§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf

damit Lösungen für die kollektive Auseinandersetzung in einer anderen Gesellschaft bereithalten. Es darf bezweifelt werden, ob in der auf die betreffenden nationalen Verhältnisse zugeschnittenen Arbeitskampfrechtsordnung überhaupt das Instrumentarium vorhanden ist, spezifischen ausländischen Gegebenheiten Rechnung tragen zu können 73. Das Arbeitsgericht Wuppertal 74 hat es deshalb ja überhaupt abgelehnt, einen ausländischen Arbeitskampf nach der deutschen Arbeitskampfrechtsordnung zu beurteilen.

11. Die Anknüpfung an den Arbeitsvertrag Einen gänzlich anderen Ausgangspunkt verfolgt indes diejenige Meinung, die das Arbeitskampfstatut dem Arbeitsverhältnisstatut folgen lassen möchte 7S. Vorweg ist dabei darauf hinzuweisen, daß die Mehrzahl der in diese Gruppe einzuordnenden Autoren die Fragestellung unter dem Gesichtspunkt der SeeschifTahrt betrachtet. Einer Branche also, bei der auch manche Vertreter der zuvor geschilderten Auffassung Ausnahmen von der Anknüpfung an den Arbeitsort zulassen wollen und die hinsichtlich grenzüberschreitender Arbeitskämpfe eine lange Tradition hat16 . Insoweit 1st im folgenden eine Differenzierung geboten, da die mit dem Arbeitsverhältnisstatut der Seeleute untrennbar verbundene flaggenrechtliche Problematik einer eigenen Erörterung bedarf. Dies gilt um so mehr, als die Existenz der sogenannten "Billigflaggen" arbeitskampfrechtlich große Bedeutung erlangt hat.

1. Arbeitskampfstatut als Annex zum Arbeitsvertragsstatut (Rüthers) Rüthers 77 untersuchte die verweisungsrechtliche Problematik des Arbeitskampfes an folgendem Fall: Arbeitnehmer einer inländischen Fluggesellschaft verweigern die Leistung von Streikarbeit zugunsten ihrer im Ausstand befindlichen ausländischen Kollegen. Dabei sind zwei Fragen zu beantworten: Zunächst einmal geht es darum, die anwendbare Rechtsordnung überhaupt zu 73 Die Parallele stellt sich übrigens bei der internationalen Mitbestimmung. Das jeweilige nationale gesellschaftsrechtliche Instrumentarium, angefangen bei der Struktur der einzelnen Gesellschaftsformen, ist vielfach zu verschieden, um Mitbestimmung auf internationaler Ebene zu verwirklichen, so für den anglo- amerikanischen Rechtskreis mit seiner gesellschaftsrechtlichen Institution des "board of directors" Biedenkopf, RdA 1970, 133f.; Ebenroth, Vermögenszuwendungen, S.340ff. Vgl. aber ferner LG Düsseldorf, DB 1979, 1451; Küehenhoff/Wollensehläger, FS SchieckeI, S.201. 74 ArbG Wuppertal AP Nr. 20 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = BB 1960,443 mit Anm. Hersehel. Dazu schon oben §4 I 1. 75 Wobei allerdings in einigen Fällen nun umgekehrt auf den Arbeitsort als sekundäres Anknüpfungskriterium zurückgegriffen wird, vgl. dazu sogleich unter II 2. 76 Vgl. schon Bernstein, Der Streik, S.22f; Keim, Internationales Arbeitsrecht, S.32f., 36. 77 ZfA 1972, 409ff.

H. Die Anknüpfung an den Arbeitsvertrag

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bestimmen, also das bislang erörterte Problem. Im Hinblick auf die Akzessorietät von Sympathiekampfmaßnahmen interessiert aber auch die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des unterstützten ausländischen Arbeitskampfes. Welche Rechtsordnung ist nun berufen, über diesen zu entscheiden? Im folgenden soll nur die erste Frage näher beleuchtet werden, der zweiten ist ein eigener Abschnitt zu widmen 78. Rüthers 79 trennt dabei zunächst zwischen individual- und kollektivrechtlicher Ebene bei der Verweigerung von Streikarbeit. Da die individualrechtliche Rechtfertigung einer derartigen Arbeitsniederlegqng nur eine Frage des Individualarbeitsrechts 80 sein kann, wird sie von Rüthers konsequenterweise dem Arbeitsvertragsstatut unterstellt. Die auf den Arbeitsvertrag anwendbare Rechtsordnung entscheidet damit über die Berechtigung zur Ablehnung von Streikarbeit durch die Betroffenen. Zum gleichen Ergebnis kommt Rüthers aber auch bei einer kollektiven, also arbeitskampfrechtlichen Sicht des Problems. Auch die Beurteilung des Streiks unterstellt Rüthers 81 im Grundsatz dem Arbeitsvertragsstatut, da es letztendlich seiner Ansicht nach um das Recht des einzelnen Arbeitnehmers geht, die Arbeitsleistung zu verweigern. Im Hintergrund steht dabei die Erwägung, daß die Anknüpfung an den Arbeitsvertrag vom Ergebnis her sich mit der Anknüpfung an den Arbeitsort im wesentlichen deckt. Als maßgeblich betrachtet Rüthers 81 nämlich nicht den Ort, an dem sich ein Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner Vertragspflichten vorübergehend aufhält, sondern als "Arbeitsort" im verweisungsrechtlich relevanten Sinn anerkennt er nur den räumlichen Bereich, aus dem heraus die Tätigkeit des Arbeitnehmers bei ständig wechselnder Einsatzstätte gesteuert wird 82.

Allerdings kommt es immer dann zu verschiedenen Ergebnissen, wenn sich Arbeitsverhältnisstatut und Recht des Arbeitsortes auch unter Zugrundelegung der Definition des "Arbeitsortes" von Rüthers nicht decken, was bei Fällen der Rechtswahl ohne weiteres der Fall sein kann. Darüber hinaus sind Sachverhalte in Betracht zu ziehen, bei denen die Arbeitsleistung für längere Zeit im Ausland erbracht werden muß, etwa bei der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung oder bei reinen Auslandseinsätzen von Arbeitnehmern, so daß die Annahme eines inländischen Arbeitsortes nicht mehr vertretbar erscheint 83 • Der Dazu unten § 6 H. ZfA 1972, 409fT. 80 Str., vgl. nur Birk, U nterstützungskampfmaßnahmen, S.117fT.; ausführlich unten §1912a,aa. 81 ZfA 1972, 411. Für Auslandsrnontage ebenso Gitter, ZfA 1971, 146; entsprechend zur Rechtswahl Zöllner, Arbeitsrecht, §9 III 5, S.116. 82 ZfA 1972, 411; vgl. auch Seiter, Arbeitskampfparität, S.39; Siehr, FS Vischer, S.315; Schnorr von Carolsfeld, RdA 1958, 202 mit Fn.6. 83 Vgl. dazu auch Czapski, WM 1974, 170 (leitende Angestellte multinationaler Unternehmen) und die diesbezüglichen Überlegungen von Simitis, FS Kegel, S.168ff. und RGRK- IPRjWengler, Bd.1, §22b, S.621. 78 79

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mit diesen Erwägungen zusammenhängende Gesichtspunkt, daß nämlich in einund demselben Betrieb auf die Arbeitsverhältnisse unterschiedliche Rechtsordnungen Anwendung finden können, hat in der Literatur scharfen Widerspruch 84 hinsichtlich der Auffassung von Rüthers hervorgerufen. Insbesondere Birk 85 hat darauf hingewiesen, daß zwar die Auswirkungen des zulässigen Arbeitskampfes auf das Arbeitsverhältnis dem Individualarbeitsrecht zuzurechnen sind, aber andererseits nicht für alle Arbeitnehmer getrennt, sondern einheitlich beurteilt werden müssen. Damit könne aber nicht das Arbeitsverhältnisstatut, sondern allein das von diesem unabhängig zu bestimmende Arbeitskampfstatut für die individualrechtlichen Folgen ausschlaggebend sein. 2. Die Anknüpfung an das Recht der Flagge bei Seeschiffen

Die Seeschiffahrt weist in mancherlei Hinsicht Besonderheiten auf. Auf den ersten Blick könnten diese Zweifel daran aufkommen lassen, ob die für die Beurteilung von Kampfmaßnahmen in der Seeschiffahrt maßgeblichen Grundsätze überhaupt verallgemeinerungsfähig sind. Indes hat die im Hinblick auf Arbeitskämpfe große praktische Bedeutung dieses Handels- und Transportgewerbes eine Vielzahl von Stellungnahmen von Literatur und Rechtsprechung hervorgerufen und auf diese Weise den Blick für die Gesamtproblematik erst richtig geschärft. Ausgangspunkt der Anknüpfung des Arbeitskampfstatuts an das Recht der Flagge 86 ist dabei zunächst einmal die grundsätzliche Anwendbarkeit des Flaggenrechts auf die Heuerverhältnisse. Nach der h.M. in Rechtsprechung 87 und Literatur 88 unterliegt das Arbeitsverhältnis der Seeleute dem Recht der 84 Birk, Unterstützungskampfmaßnahmen, S.131; ders., Streik, S.31, 33; Münchener Kommentar/ Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn.193. 85 A.a.O. 86 So mit Modifikationen im einzelnen Birk, Unterstützungskampfmaßnahmen, S.132f.; ders., Streik, S.35ff.; Geffken, Seeleutestreik, S.397ff.; ders., NJW 1979, 1740ff.; Großmann, AuR 1968,227; Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn. 193; Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht, Bd. rn/1, S.122 mit Fn.22; Seiter, Arbeitskampfparität, S.39; Siehr, FS Vischer, S.315; Wosnik, Diss., S.148. Im Ergebnis wohl auch Bemm/Lindemann, SeemannsG, Vor §23 Rn.65. 81 BAGE 26, 242 (252ff.) = AP Nr. 1 zu §116 BetrVG 1972; AP Nr. 7 zu IPR- ArbR (unter I 1); LG Hamburg, IPRspr 1964/65, Nr.71b. Vgl. auch §1 SeemannsG. 88 Beitzke, AR- Blattei (D), Rechtsquellen III, Räumliche Kollision, BI 7 a; Großfeld, Internationales Wirtschaftsrecht, S.152f.; Bemm/ Lindemann, SeemannsG, Vor §23 Rn. 68; Großmann, AuR 1958, 226 mit Fn.4; Soergel/Kegel, EGBGB, Vor Art. 7 Rn.365; Leffler, Heuerverhältnis, S.107ff; Martiny, in: Reithmann, Internationales Vert·ragsrecht, S.446, Rn.528; ders., in: Münchener Kommentar, EGBGB, Vor Art. 12 Rn.189; Schwedes/Franz, SeemannsG, S.108f., Rn.71; Wosnik, Diss., S.202; Wüstendorfer, Seehandelsrecht, S.35, 47,202. Kritisch aber schon Beitzke, DB 1958,225; Gamillscheg, IAR, S.177, Nr. 155; ders., AcP 155 (1956), 61; Szaszy, International Labour Law, S.119.

11. Die Anknüpfung an den Arbeitsvertrag

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Flagge des Schiffes und damit der Rechtsordnung, die im Heimathafen bzw im Registrierstaat gilt. Daneben gilt der Grundsatz der Parteiautonomie auch im Seearbeitsrecht, die Rechtswahl bleibt also zulässig 89 • Art.30 EGBGB 1986 hat hieran nichts geändert. Ausnahmen von der generellen Anknüpfung an das Flaggenstatut werden vor allem f.i,ir Schiffe unter sogenannten "billigen Flaggen "90 vorgeschlagen 91, eine Konsequenz, die für das Arbeitskampfstatut nicht folgenlos bleibt 92 . Darüber hinaus entspricht es der Staatenpraxis, auf die Ausübung ihrer Hoheitsbefugnisse soweit zu verzichten, als es sich um die innere Ordnung des Schiffes, seine "internal affairs", handelt und "Ruhe und Ordnung" des Hafens nicht tangiert werden 93 . Dieser Grundsatz gilt auch für das Arbeitsrecht und etwaige Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis 94 • Über diese allgemeinen Feststellungen hinaus sind die Meinungen allerdings geteilt, was Begründung und Reichweite einer Anknüpfung des Arbeitskampfstatuts an das Recht der Flagge betrifft. Im einzelnen lassen sich vier Auffassungen unterscheiden: a) Der Arbeitskampf als Institut des Privatrechts (Großmann)

In einer ersten Stellungnahme zu diesem Problemkreis hat Großmann 9S die These vertreten, der Arbeitskampf sei als rein privatrechtliches Institut zu qualifizieren, da er sich nicht in Ausübung öffentlicher Gewalt und nicht im 89 Bemm/Lindemann, SeemannsG, Vor §23 Rn.70; Leffler, Heuerverhältnis, S.107; Schwedes/Franz, SeemannsG, S.109f., Rn. 72. Ausführlich zur Parteiautonomie im Arbeitskollisionsrecht unten §11 II. 90 Zu diesen näher Breuer, FS Schlochauer, S.217ff.; Leffler, Heuerverhältnis, S.3ff.; ders., RdA 1978, 97ff.; Siehr, FS Vischer, S.303ff.; von Petkewitsch, Grundstrukturen, S.7ff.; von Rantzau, Flaggenwechsel, S.21ff. Umfangreiche Literaturnachweise bei Birk, Streik, S.15f. mit Fn. 2; dems., AuR 1974, 289 mit Fn.3; Lindemann, Mindestnormen auf Handelsschiffen, S.6f. mit Fn.12; Nipperdey, FG Küchenhoff, S.133 mit Fn.t. 91 LAG Baden- Württemberg, SeeAE Nr. 5 zu IPR- ArbR = AP Nr. 19 zu IPR- ArbR. In der Literatur grundlegend schon Beitzke, DB 1958, 225; Gamillscheg, AcP 155 (1956),61; aus neuerer Zeit vor allem Kronke, Methodenentfaltung, S.178ff.; Leffler, Heuerverhältnis, S. 11 Off.; ders., RdA 1978, 98; Münchener Kommentar/Martiny, EGBGB, Vor Art.12 Rn.189; Siehr, FS Vi scher, S.314f.; Simitis, FS Kegel, S.171 mit Fn.68; Szaszy, International Labour Law, S.119; von Petkewitsch, Grundstrukturen, S.32; Wengier, RGRK- IPR, Bd.2, §22, S.1021 mit Fn.9. 92 Vgl. nur Birk, Streik, S.41ff. und passim. 93 Birk, Streik, S.24; Bolte, Diss., S.273ff.; Dahm, Völkerrecht, Bd.l, S.639; Geffken, NJW 1979, 1739; Großmann, AuR 1968, 227; Schwedes/Franz, SeemannsG, S.98, Rn.42; Seiter, Arbeitskampfparität, S.39. Eingehend hierzu auch Lindemann, Mindestnormen auf Handelsschiffen, S.l44ff., 151ff. 94 Birk, Streik, S.24; Bolte, Diss., S.273ff.; Großmann, AuR 1968, 227; Seiter, Arbeitskampfparität, S.39. 9S AuR 1968, 226f; vgl. auch Seiter, Streikrecht, S.270ff., der das Streikrecht als subjektiv privates Recht ansieht; zum ganzen auch Binkert, Boykottmaßnahmen, S.77ff.

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§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf

Rahmen eines öffentlichen Subordinationsverhältnisses vollziehe. Damit aber sei er nach der im Arbeitsverweisungsrecht üblichen Einteilung grundsätzlich nach dem Arbeitsvertragsstatut zu beurteilen. Da sich das Arbeitsverhältnisstatut an das Recht der Flagge eines Seeschiffs anlehnt, soll letzteres für Kampfmaßnahmen von Seeleuten maßgeblich sein. Dies gilt nach Großmann immer dann, wenn die Besatzung zur Erzwingung eigener Rechte in den Ausstand tritt, es sich nach der herkömmlichen Terminologie also um einen Hauptarbeitskampfhandelt 96 • Die lex loci und damit das Recht des Arbeitsortes bzw. des Hafenstaates hält Großmann demgegenüber für anwendbar, wenn es sich um einen Sympathiestreik zugunsten von Arbeitnehmern handelt, deren Gegner der ausländischen Rechtsordnung untersteht. In diesem Falle ist nämlich seiner Ansicht nach die Anwendung des Rechts des Kampfortes geboten, weil der Arbeitskampf dann in erster Linie im Rahmen der dort herrschenden Rechtsordnung stattfinde. Eine Einschränkung dieser Grundsätze bei Billigflaggenschiffen lehnt Großmann grundsätzlich ab 97 • Im Ergebnis differenziert er also nach dem Ziel des Arbeitskampfes und schließt von diesem aus auf die Beziehung zur in- oder ausländischen Rechtsordnung. b) Die Differenzierung nach der "Außenwirkung" (GejJken)

Im Ansatz ähnlich argumentiert auch Geffken 98 , der darauf hinweist, daß das "Recht des Arbeitskampfes" zumindest auch die Regeln über die individualrechtliehe Zulässigkeit kollektiver Arbeitsunterbrechungen beinhalte. Damit liege aber Privatrecht vor, da es sich um Recht zwischen Privatpersonen handle. Dem Einwand der Geltung des Territorialitätsprinzips möchte Geffken dadurch Rechnung tragen, daß er zwischen Arbeitskämpfen mit und ohne "Außenwirkung" unterscheidet 99 • Findet also im Rahmen eines Streiks der Besatzung eine Beeinträchtigung des Verkehrs im Hafen statt oder werden die Interessen des Uferstaates in sonstiger Weise tangiert, möchte GejJken ausländisches Arbeitskampfrecht anwenden. Ansonsten soll auf die kollektive Auseinandersetzung das Recht des Arbeitsvertrages und damit der Flagge anwendbar sein. Die individualrechtlichen Beziehungen der Arbeitskampfgegner sollen allerdings immer dem Arbeitsverhältnisstatut folgen, eine etwa vorliegende "Außenwirkung" hat also nur Einfluß auf den kollektiven Rechtskreis 1oo . Eine Ausnahme hiervon verlangt Geffken jedoch grundsätzlich bei Billigflaggenschiffen: Hier sei nämlich ausschließlich das Recht des Uferstaates anzuwenden, wenn sich aus AuR 1968, 227. A.a.O.; ähnlich auch Nöl!, NJW 1980, 1998f. 98 Seeleutestreik, S.397ff.; ders., NJW 1979, 1740ff. 99 Seeleutestreik, S.398; ders., NJW 1979, 1741. Insoweit ähnlich auch Schwedes/Franz, SeemannsG, S.98, Rn.42. 100 Seeleutestreik, S.399; ders., NJW 1979, 1740; im Ergebnis führt dies gerade zu der Trennung der Rechtskreise, vor der Gitter, ZfA 1971, 146, gewarnt hat. 96

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H. Die Anknüpfung an den Arbeitsvertrag

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dem Flaggenrecht ein Streikverbot ergeben würde 101 • Er begründet dies zum einen mit der "Staatenlosigkeit" der Billigflaggenschiffe 102 , zum anderen verlangt er eine Berücksichtigung der Wertentscheidungen des Grundgesetzes im Wege des ordre public 103 • Als Konsequenz der Auffassung Geffkens von der kollisionsrechtlichen Trennung von Individual- und Kollektivrecht kann sich ergeben, daß ein Streik zwar nach dem Recht der lex fori rechtswidrig, die anläßlich desselben ausgesprochene Kündigung aber unzulässig ist, weil das Vertragsstatut den Arbeitskampf im Gegensatz zum Recht des Hafenstaates als rechtmäßig erachtet 104. Freilich können im Einzelfall Schwierigkeiten bei der Klassifizierung einer Frage als "individualrechtlich" oder "kollektivrechtlich" auftreten. Das mit der Sache befaßte Gericht jedenfalls wird zu Differenzierungen gezwungen, die die Rechtsfindung erheblich erschweren,. selbst wenn man die Lösung des auftretenden Qualifikationsproblems mit der im Internationalen Privatrecht h.M.105 der lex fori unterwirft 106. c) Die generelle Anwendung des Flaggenrechts (Seiter)

Seiter 107 will demgegenüber ausschließlich das Recht der Flagge bei Arbeitskämpfen auf Seeschiffen anwenden. Davon ausgehend, daß bei der Durchführung von Kampfmaßnahmen in erster Linie die arbeitsvertraglichen Beziehungen der Arbeitsvertragspartner berührt werden und hinsichtlich des Heuerverhältnisses der Sitz des Schiffahrtsunternehmens maßgeblich ist, gilt seiner Ansicht nach zunächst grundsätzlich Flaggenrecht 108 . Seiter 109 weist weiter darauf hin, daß die für die Anknüpfung an den Arbeitsort bei Landbetrieben maßgeblichen Gesichtspunkte bei Seeschiffen in fremden Häfen nicht aus101 Seeleutestreik, S.408, 413; ders., NJW 1979, 1743, 1744; ähnlich Birk, Streik, S.41ff.; Bieback, in: Däubler, Arbeitskampfrecht, S.195, Nr. 396 mit Fn.68. 102 Seeleutestreik, S.399ff.; ders., NJW 1979, 1741ff.; dagegen Nöl!, NJW 1980, 1998f.; Siehr, FS Vischer, S.304f. 103 Seeleutestreik, S.408ff.; ders., NJW 1979, 1743f. 104 Also die im "Tropwind- Fall" aufgetretene Problematik, vgl. oben §5 I 2 a. lOS Dazu näher Firsching, IPR, § 7 1, S.46ff.; Gamillscheg, IAR, S.53ff., Nr. 40; Makarov, FS Dölle, S.172ff.; SoergeljKegel, EGBGB, Vor Art.7 Rn. 59ff.; RGRKIPRjWengler, Bd.1, §8 Anhang, S.182; jeweils mit umfangreichen Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen. 106 Das praktische Ergebnis läßt sich unschwer voraussehen: Das Gericht steht unter Zeitdruck (einstweilige Verfügung!), die Rechtslage ist kompliziert, das ausländische Recht schwierig zu ermitteln, im Hafen tobt ein Arbeitskampfund der Reeder klagt über hohe Verluste (Liegegebühren), was bleibt: Entscheidung nach der lex fori! 107 Arbeitskampfparität, S.38ff.; im Ergebnis ebenso RichterjZwanziger, AuR 1985, 181; Siehr, FS Vischer, S.315; Wosnik, Diss., S.148f. 108 Seiter, Arbeitskampfparität, S. 39. 109 Arbeitskampfparität, S.39; ebenso Siehr, FS Vischer, S.315.

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§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf

schlaggebend sein können, da schon fraglich sei, ob durch kurzzeitiges Anlegen überhaupt ein "Arbeitsort" begründet werden kann. Ferner spricht er die unvermeidliche Konsequenz der gegenteiligen Auffassung an, daß nämlich die Parteien an Bord des Schiffes sichjeweils bei der Durchführung von Kampfrnaßnahmen nach ihnen meist unbekannten Rechtsordnungen richten müßten. Darüber hinaus habe der Uferstaat zumeist auch kein Interesse an der Anwendung seiner Rechtsordnung, wenn es um eine Auseinandersetzung zwischen den Arbeitskampfparteien gehe. Nur wenn die Rechtsbeziehung der Schiffsbesatzung oder des Reeders zum Staat in Frage stehe - etwa in einer ordnungspolizeilichen Frage - , werde der ausländische Staat die Rechtmäßigkeit des Arbeitskampfes nach seiner eigenen Rechtsordnung beurteilen 110. Demgegenüber seien die Beziehungen der Arbeitskampfparteien untereinander ausschließlich dem Arbeitsverhältnisstatut zu unterwerfen. Anders als die vorherigen Meinungen möchte Seiter also eine Berücksichtigung der Interessen des Hafenstaates dadurch erreichen, daß er nach den beteiligten Rechtsverhältnissen differenziert. Im Verhältnis zum Hafenstaat gilt schon aus grundsätzlichen Erwägungen das Territorialitätsprinzip, ansonsten bleiben die staatlichen Interessen im H-inblick auf das in einer ausländischen Arbeitsordnung verankerte Arbeitsverhältnis außer Betracht. Problematisch ist allerdings Seifers Auffassung lll , was seine Zweifel am Vorliegen eines "Arbeitsortes" betrifft. Hier kommt es wohl darauf an, ob man einen tatsächlichen oder einen rechtlichen Begriff des "Arbeitsortes" vorzieht. Daß nämlich die Seeleute in einem fremden Hafen - wenn auch auf ihrem Schiff - "arbeiten", steht außer Frage; die Arbeitsleistung wird im Ausland erbracht. Als "Arbeitsort" kann danach aber nicht etwa der Sitz der Reederei gelten, zumal derartige Arbeitsverhältnisse ja gerade durch den" wechselnden Arbeitsort" , die "Internationalität" des Arbeitsverhältnisses gekennzeichnet sind. d) Flaggenrecht als Ausnahme von der lex lori (Birk)

Abschließend ist auf die Auffassung Birks einzugehen, der den besonderen Problemen des Arbeitskampfes auf Schiffen unter "billiger Flagge" eine eigene Untersuchung l12 gewidmet hat. Obschon grundsätzlich Anhänger einer Anknüpfung an den Arbeitsort 113 , will Birk für Seeschiffe teilweise Ausnahmen zulassen. Ausgangspunkt ist dabei die eingangs erwähnte Staatenpraxis, auf die J10 Seiter, Arbeitskampfparität, S.39f.; ebenso Schwedes/Franz, SeemannsG, S.98, Rn.42. Vgl. dazu auch den Sachverhalt in VG Bremen vom 15.8.1977, Az: II V 160/77 (oben §3 I 2). 111 Arbeitskampfparität, S.39; ähnlich Rüthers, ZfA 1972,411; RGRK- IPR/Wengler, Bd.l, §22b, S.621. 112 Die Rechtmäßigkeit des Streiks auf ausländischen Schiffen in deutschen Häfen, 1983. 113 Vgl. oben § 5 I 1 d.

H. Die Anknüpfung an den Arbeitsvertrag

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Ausübung von Hoheitsrechten auf Seeschiffen zu verzichten, sofern nicht die Belange und Interessen des Hafenstaates berührt werden 114. Dabei differenziert Birk l15 allerdings zwischen Seeschiffen unter anerkannten und solchen unter billigen Flaggen. Bei ersteren zieht er die Anwendung des Flaggenrechts dann in Betracht, wenn die Sozialordnung des betreffenden Küstenstaates durch den Arbeitskampf nicht berührt wird, es also nicht zu einem Überschreiten der "internal affairs" des Schiffes kommt 116. Dies nimmt Birk 1l7 in allen Fällen von Arbeitskämpfen auf hoher See und bei friedlicher Durchfahrt durch die Küstengewässer an. Finden Streiks und Aussperrungen hingegen in den Häfen statt, will er je nach Auswirkung des Arbeitskampfes und Beteiligung von Dritten im Einzelfall differenzieren 118. Von dieser Anknüpfung an das Flaggenstatut ist seiner Auffassung nach allerdings grundsätzlich dann abzuweichen, wenn die kollektiven Arbeitsbeziehungen zu einem anderen Staat enger sind als zum Registrierstaat des Seeschiffs; also wenn etwa die Heuerverhältnisse einheitlich einer anderen Rechtsordnung unterliegen 119 • Demgegenüber sind Arbeitskämpfe von Seeleuten, die auf Billigflaggenschiffen arbeiten, Birk zufolge immer nach deutschem Recht zu beurteilen, wenn sie in deutschen Häfen stattfinden. Hier müssen nämlich seiner Meinung nach die Wertungen des Grundgesetzes Berücksichtigung finden 120. Im Ergebnis weist diese Auffassung also Ähnlichkeiten zu der geschilderten Meinung von Geffken 121 auf, der ebenfalls in der "Außenwirkung" und im Registrierstaat des Seeschiffes die entscheidenden Gesichtspunkte für die verweisungsrechtliche Beurteilung sieht.

3. Zusammenfassende Kritik a) Festzuhalten ist zunächst, daß die Anknüpfung an das Arbeitsvertragsstatut im wesentlichen für Flugpersonal und Seeleute, teilweise auch für Montagearbeitnehmer 122 vertreten wird. Berufsgruppen also, die schon von ihrem Erscheinungsbild her mit grenzüberschreitender Reisetätigkeit verbunden sind. Insoweit stimmen die Vertreter einer Anknüpfung an den Arbeitsvertrag sowie an den Arbeitsort im praktischen Ergebnis auch teilweise überein. Nur daß bei letzteren die Ausnahme ist, was bei den Befürwortern des Arbeitsverhältnisstatuts die Regel bildet. 114 llS

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118 119 120

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Vgl. oben § 5 II 2. Streik, S.42ff. Birk, Streik, S.34ff.; ders., Unterstützungskampfmaßnahmen, S.136f. Streik, S.38; ders., Unterstützungskampfmaßnahmen, S.136f. So Birk, Streik, S.39ff. Vgl. Birk, Streik, S.37 (unter 1 b). Birk, Streik, S. 43ff., 46 ff., 53; ähnlich Richter/Zwanziger, AuR 1985, 181. Seeleutestreik, S.399; ders., NJW 1979, 1741. Gitter, ZfA 1971, 146; Wintrich, Diss., S.131.

62

§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf

b) Immerhin läßt sich unschwer ausmachen, daß die Vertreter der Anknüpfung des Arbeitskampfes an den Arbeitsvertrag das Problem im Hinblick auf die individuelle Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung lösen möchten. Also von der Frage ausgehen, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer berechtigt ist, seinem Arbeitgeber die Arbeitsleistung zu verweigern. Diese auf konkrete Einzelfalle zugeschnittene Sichtweise 123 verstellt freilich etwas den Blick auf die kollektive Ebene des Arbeitskampfes, berücksichtigt also nicht die Rolle der Verbände in der Auseinandersetzung. Das stimmt um so bedenklicher, als nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts l24 der nichtgewerkschaftlich organisierte Streik rechtswidrig und damit unzulässig ist. c) Andererseits wird deutlich, daß Kampfmittel, die bereits auf individualrechtlicher Ebene gerechtfertigt werden können (Verweigerung von Streikarbeit, kollektive Ausübung von Zurückbehaltungsrechten), einer besonderen Betrachtung zu unterziehen sind. Die von der h.M. in den Vordergrund gerückten Kampfformen Streik, Aussperrung und Boykott bedürfen auch auf kollisionsrechtlicher Ebene einer Harmonisierung mit individuellen Kampfmitteln. Übereinstimmung darf also nicht nur im Hiriblick auf Kampfmittel und Kampffolgen bestehen. Ein Auseinanderfallen von kollektiver und individualrechtlicher Ebene wird von beiden Auffassungen freilich vermieden. d) Stellt der Arbeitsort ein statisches, vom Parteiwillen nicht beeinflußbares Anknüpfungskriterium dar, so bietet eine Anknüpfung an das Statut des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich die Möglichkeit, die daran zu knüpfenden Rechtsfolgen durch Vereinbarung der Arbeitsvertragspartner im Wege der Rechtswahl 125 in ihrem Sinne zu gestalten. Die praktische Folge wird etwa im Internationalen Tarifvertragsrecht deutlich: Nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts 126 vermag selbst eine Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages nicht zu bewirken, daß ausländischem Recht unterliegende Arbeitsverhältnisse von einem inländischen Tarifvertrag erfaßt werden. Künftig wird hier allerdings Art. 30 Abs. 1 EGBGB 1986 zu beachten sein. Es stellt sich damit konsequenterweise die Frage, ob das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland als solches abbedungen werden kann. Denkt man an die verfassungsrechtliche Verankerung von Koalitionsfreiheit und Arbeitskampf in Art. 9 Abs. 3 GG, so erscheint dies nicht unbedenklich.

123 Zur dogmatischen Folge einer solchen Einzelfallbetrachtung vgl. auch Steindorff, Sachnormen, S.279. 124 Grundlegend BAGE 15, 174 = AP Nr. 32 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; vgl. ferner BAGE 22, 162 (164) = AP Nr. 41 (unter 1) zu Art. 9 GG Arbeitskampf; BAGE 23,292 (314) = AP Nr. 43 (unter III B 2) zu Art. 9 GG Arbeitskampf; BAGE 30,50 (60f) = AP Nr. 58 (unter 6) zu Art. 9 GG Arbeitskampf. 125 Dazu unten § 11 H. 126 BAGE 29, 138 (146f.) = AP Nr. 30 zu §1 TVG Bau.

IH. Arbeitskampf und "Wirkungsstatut"

63

III. Arbeitskampf und "Wirkungsstatut" (Schnorr von Carolsfeld) Die Auffassung, daß über die verweisungsrechtliche Qualifikation des Arbeitskampfes das Arbeitsvertragsstatut zu bestimmen hat, wird in gewisser Hinsicht auch von Schnorr von Carolsfeld geteilt 127. Allerdings sind Ansatz und Reiqhweite seiner Meinung zu verschieden, um ihn mit den Befürwortern einer entsprechenden Anknüpfung gleichsetzen zu können. Schnorr von Carolsfeld unterstellt nämlich auch bei im Ausland stattfindenden Arbeitskämpfen Voraussetzungen und Rechtsfolgen derselben dem sogenannten "Wirkungsstatut", derjenigen Rechtsordnung also, die auf das Arbeitsverhältnis ganz allgemein Anwendung findet. Als grundsätzlicher Gegner der Parteiautonomie im Arbeitsverweisungsrecht bestimmt Schnorr von Carolsfeld 128 dieses Wirkungsstatut nach dem gemeinsamen Heimatrecht bzw. nach dem Betriebsort. Unter dem "Betriebsort" ist dabei nicht der Arbeitsort schlechthin zu verstehen, sondern losgelöst von einer bestimmten Rechtsordnung ist auf das Zentrum der arbeitsmäßigen Organisation abzustellen, von wo aus also die Leitung der Arbeitsstätte erfolgt, der Einsatz des Arbeitnehmers gesteuert wird 129. Dem gemeinsamen Heimatrecht mißt Schnorr von Carolsfeld dann Bedeutung bei, wenn das Arbeitsverhältnis gerade unter dem Aspekt der gemeinsamen Staatsangehörigkeit eingegangen wurde 130. In keinem Falle aber darf seiner Ansicht nach das Wirkungsstatut von vorneherein dem Parteiwillen entnommen werden, da dieser niemals das Fundament für die Auswahl der Rechtsordnungen sein könne. Dieses so gefundene Wirkungsstatut nun entscheidet über alle mit einem Arbeitskampf zusammenhängenden Rechtsfragen, sei es in kollektiver, deliktischer oder individualrechtlicher Hinsicht, gleichgültig, ob Streik und Aussperrung im In- oder im Ausland stattfinden 131. Den bei Zugrundelegung dieser Auffassung vorprogrammierten Konflikt mit der lex loci in Fragen der öffentlichen Ordnung löst Schnorr von Carolsfeld132 wie folgt: Er räumt ein, daß Arbeitskämpfe aufgrund ihrer speziellen gesellschaftsrechtlichen Problematik Einfluß auf die (ausländische) öffentliche Ordnung nehmen können 133. So könne das nach dem Wirkungsstatut an sich RdA 1958, 20Uf. RdA 1958, 202; ders., Arbeitsrecht, S.421; ablehnend zum Wirkungsstatut Boyer, ZAS 1977, 171. 129 RdA 1958,202 mit Fn. 6: Bei Verschickungen ins Ausland ist regelmäßig der Ort, von dem aus die Verschickung vorgenommen wird, Betriebsort; vgl. dens., Arbeitsrecht, S.52 mit Fn.1; ferner dazu BAGE 2, 18 (20f.) = AP Nr.4 zu §242 BGB; Däubler, RIW/AWD 1972,4. 130 RdA 1958, 202; vgl. auch Beitzke, RdA 1951, 134; Münchener Kommentar / Martiny, EGBGB, Vor Art.12 Rn. 185; zur Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit aber auch schon RAGE 12, 184; RAG JW 1931, 159; 1933, 1853. 131 RdA 1958, 208. 132 RdA 1958, 208. 127

128

64

§ 5 Das Arbeitskampfstatut beim Hauptarbeitskampf

zulässige Verhalten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Streik und Aussperrung in dem betreffenden Staat mit Zwang und Strafe belegt werden. Diese Aussage deckt sich mit dem Grundsatz, daß die Arbeitsvertragsparteien stets dem Hoheitsrecht eines Staates unterliegen, gleichgültig ob sie es für anwendbar halten oder nicht 134. Der Verstoß einer Arbeitskampfpartei gegen entsprechende ausländische Stnifvorschriften hat aber nach SChnorr von Carolsfeld keine Bedeutung oder Auswirkung auf die Rechtsbeziehungen des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer, die sich weiterhin ausschließlich nach dem Wirkungsstatut beurteilen. Die betreffende ausländische öffentliche Ordnung hat insoweit also keinen Einfluß auf das Wirkungsstatut und die daraus zu folgernden Schlüsse für das Rechtsverhältnis der Arbeitsvertragsparteien 135. Schnorr von Carolsfelds Lehre von der Maßgeblichkeit des" Wirkungs statuts" für alle mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängenden kollisionsrechtlichen Fragen hat sich im deutschen Internationalen Arbeitsrecht nicht durchsetzen können. Gleichwohl erscheint der Ansatz gerade im Hinblick auf den Arbeitskampf interessant: Denn Ausgangspunkt der Anknüpfung sind weder der individual- noch der kollektivrechtliche Aspekt für sich betrachtet, sondern die arbeitskampfrechtlichen Beziehungen der Parteien in ihrer Gesamtheit. Anders als die bisher dargestellten Meinungen vernachlässigt Schnorr von Carolsfeld also nicht eine der beiden Ebenen zugunsten der anderen. Darüber hinaus trennt er strikt zwischen den Beziehungen der Arbeitskampfparteien untereinander und denjenigen zum Gaststaat. Hinter all dem verbirgt sich nichts anderes als die "klassische" internationalprivatrechtliche Fragestellung schlechthin: die Suche nach dem Schwerpunkt des in Frage stehenden Rechtsverhältnisses.

IV. Die Maßgeblichkeit des Deliktsstatuts (Wintrich) Einen ganz anderen Weg als die bislang genannten Autoren ist Wintrich 136 gegangen. Er versteht Arbeitskämpfe als Delikte im Sinne des Zivilrechts, deren Rechtswidrigkeit bei "Sozialadaequanz" entfällt 137. Den Kollektivakt "Streik" 133 Vgl. nur BAGE 23, 292 (306) = AP Nr. 43 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; Ramm, Gesellschaftsordnung, S.1ff., 136ff.; Richardi, RdA 1966, 241ff. Bezüglich der verweisungsrechtlichen Problematik Birk, AuR 1974,296; Coester, RdA 1976,290; Seiter, Arbeitskampfparität, S.39. Vgl. aus französischer Sicht auch Loschak, Dr. ouvr. 1978, 85. 134 Staudinger/Firsching, EGBGB, Vor Art. 12 Rn.520; ArbG Hamburg, IPRspr. 1964/65, Nr. 71b. 135 Schnorr von Carolsfeld, RdA 1958, 208. Im Ergebnis ähnlich auch Schwedes/Franz, SeemannsG, S.98, Rn.42; Seiter, Arbeitskampfparität, S.39f.; vgl. ferner Birk, AuR 1975, 196 mit Fn. 28; dens., Restitutionsformen, S.237ff. 136 Bernd Wintrich, Die rechtliche Beurteilung von Streiks mit Auslandsberührung, Diss. Frankfurt, 1970. 137 Diss., S.19ff., 28ff. Vgl. zu dieser Auffassung auch E. Bötticher, BB 1957,621,623.

IV. Die Maßgeblichkeit des Deliktsstatuts

65

oder "Boykott" möchte er daher bezüglich deliktischer Ansprüche in seiner Gesamtheit auch den Regeln des Internationalen Privatrechts über die Behandlung deliktischer Geschehen unterstellen. Eine Anknüpfung an das Tatortrecht hält er dabei nIcht für zweckmäßig, vielmehr stellt er generell auf den Arbeitsort ab l38 . Allerdings soll bei Arbeitskämpfen kleinerer Gruppen oder vorübergehendem Auslandsaufenthalt von Arbeitnehmern teilweise das gemeinsame Heimatrecht der Arbeitskampfgegner angewendet werden. Diese Ergebnisse gewinnt Wintrich durch eine umfassende Beurteilung der Interessen der beteiligten Parteien sowie der betroffenen Staaten 139 • Im Rahmen der deliktischen Anknüpfung räumt Wintrich damit den tangierten Interessensphären sowie dem gemeinsamen Personalstatut der Beteiligten entscheidende Bedeutung ein 140 . Wintrichs Auffassung hat sich in der Literatur nicht durchsetzen können, sondern ist insbesondere von Birk 141 scharf kritisiert worden. Dieser weist darauf hin, daß die Hauptfrage, die das Arbeitskampfstatut zu beantworten habe, dahingehend laute, ob die in Rede stehende Arbeitskampfmaßnahme nach den einschlägigen kollektivrechtlichen Kriterien rechtmäßig und damit zulässig sei. Hierüber entscheide aber nach deutschem Arbeitskampfrecht die Verfassung und erst in zweiter Linie seien deliktsrechtliche Überlegungen maßgeblich.

In der Tat begegnet bereits der kollisionsrechtliche Ausgangspunkt von

Wintrich durchgreifenden Bedenken. Die Auffassung, Arbeitskämpfe seien "per

se" rechtswidrig und bedürften der Legitimation auf der Ebene der Rechtswidrigkeit, kann als überholt gelten l42 . Vielmehr ist von der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit des Arbeitskampfes auszugehen, die Rechtswidrigkeit kann sich dann aus verschiedenen Faktoren ergeben 143. Die aus der Bezeichnung "Sozialadaequanz" entwickelten Verhaltensregeln können deshalb nicht aus dem Deliktsrecht, sondern müssen vielmehr aus der Gesamtrechtsordnung

138 Diss., S.65ff., dIe Frage 1st unter Zugrundelegung der AusgangsposItton von Wintrich Immer dann von Bedeutung, wenn Handlungs- und Erfolgsort ausemanderfallen, also msbesondere bel grenzüberschreItenden Boykotten bzw. Aufforderungen zu Sympathiestreiks in einem anderen Staat. 139 DISS., S.70ff., 125ff. 140 Hier zeigt sich eine Parallele zur Auffassung von Schnorr von Carolsfeld, der der gemeinsamen Staatsangehörigkeit über das Wirkungsstatut Bedeutung beimißt, vgl. dens., RdA 1958, 202. 141 AuR 1974, 301 mit Fn. 111; ders., AuR 1975, 196; ders., Unterstützungskampfmaßnahmen, S.130r mit Fn. 542; vgl. auch Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn. 193. Wie Wintrich aber das ArbG Hamburg, SeeAE NT 11 zu Art. 9 GG (oben §3 IV). 142 Dazu nur Zöllner, Arbeitsrecht, § 40 IV, S.367ff.; Seiter, Streikrecht, S.448f. Vgl. aber 1mmerhm noch §2 Abs.1 Nr. 2 ArbGG 143 Zöllner, a.a.O., S.369f., Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, §193 I 1, S.1136.

5 Hergenröder

66 § 6 Kollisionsrechtliche Fragen grenzüberschreitender Sympathiearbeitskämpfe

abgeleitet werden l44 . Darüber hinaus hat Wintrich den kollektiven Aspekt des Arbeitskampfes, die rechtliche Bedeutung der Verbände sowie den Bezug zur Tarifautonomie überhaupt nicht berücksichtigt. Auch die Folgen von Streik und Aussperrung auf das Einzelarbeitsverhältnis werden nicht untersucht. Im Ergebnis vermag daher die isolierte Betrachtung deliktischer und damit rechtswidriger Arbeitskämpfe nicht zu überzeugen, zumal es zunächst einmal darum geht, diejenige Rechtsordnung zu finden, die überhaupt erst über Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit einer Kampfmaßnahme entscheidet 145.

V.Fazit Als Ergebnis der Übersicht über die Vielfalt der Meinungen in der Literatur kann festgehalten werden, daß eine überzeugende Lösung der Problematik noch aussteht. Dies liegt in erster Linie daran, daß die vorgeschlagenen Anknüpfungsgesichtspunkte (Arbeitskampfort, Arbeitsvertrag, Deliktsstatut) die kollisionsrechtliche Fragestellung jeweils nur au,s ein{!m bestimmten Blickwinkel heraus lösen, wobei der Gesamtzusammenhangaus den Augen verloren wird. Darüber hinaus erfolgt die Argumentation häufig im Hinblick auf bestimmte Fallgruppen (Montagearbeitnehmer, Seeleute), während etwa rechtlich unselbständige Betriebsstätten und Tochtergesellschaften inländischer Unternehmen im Ausland nicht näher untersucht werden. Damit geht einher, daß eine wissenschaftliche Definition des Arbeitskampfes mit "Auslandsberührung" bislang nicht existiert. Vielmehr erschöpfen sich die Darstellungen in der Aufzählung einzelner Fallgruppen, die einer gesonderten Begründung zumeist entbehren. Unklar bleiben auch die Beziehungen der Arbeitskampfparteien zum Gaststaat, auf dessen Territorium die Kampfmaßnahmen stattfinden.

§ 6 Kollisionsrechtliche Fragen grenzüberschreitender Sympathiearbeitskämpfe und transnationaler Boykottaktionen I. Arbeitskampfstatut und Beteiligung ausländischer Arbeitskampfparteien an inländischen Arbeitskämpfen 1. Inländische Sympathiearbeitskämpfe zugunsten ausländischer Arbeitskampfparteien

Zunächst geht es darum, für Sympathiearbeitskämpfe 1 zugunsten ausländischer Arbeitnehmer oder Arbeitgeber die anwendbare Rechtsordnung schlechthin zu finden: also die gleiche Fragestellung, die im vorigen Abschnitt für Konzen, AcP 177 (1977), 488; Seiter, Streikrecht, S.455. Dazu noch ausführlich unten §9 III 1. 145 Ebenso Birk, Unterstützungskampfmaßnahmen, S.130r. mit Fn.542. I Zum Begriff des "Sympathiearbeitskampfes" näher unten §19 I 1 a.

144

I. Beteiligung ausländischer Arbeitskampfparteien

67

Hauptarbeitskämpfe untersucht wurde 2 • Dabei scheint auf den ersten Blick verwunderlich, daß eine Differenzierung insoweit überhaupt nötig sein soll. Immerhin unterscheiden sich aber beide Kampfformen im Hinblick auf das erstrebte ZieP, das nun in einer ausländischen Arbeits- und Wirtschaftsordnung realisiert werden soll. Als 1978 die staatliche Fluggesellschaft M alaysian Airlines bestreikt wurde, rief die ITF ihre nationalen Mitgliedsgewerkschaften zu einem Abfertigungsboykott auf. In Folge dieses Aufrufs weigerte sich deutsches Bodenpersonal auf dem Frankfurter Flughafen mehrere Stunden lang, eine DC-lO der M alaysian Airlines aufzutanken und zu warten. Ziel des Sympathiestreiks war die Unterstützung der Ziele der streikenden malayischen Arbeitnehmer4 .

Grundsätzlich läßt sich feststellen, daß in der Literatur zwischen grenzüberschreitenden Haupt- und Sympathiearbeitskämpfen .nicht unterschieden wird 5. Nach insoweit einhelliger Auffassung 6 sind etwa in der Bundesrepublik stattfindende Sympathiestreiks zugunsten ausländischer Arbeitnehmer nach deutschem Recht zu beurteilen, soweit nur die Frage nach der generellen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit zu beantworten ist. Hinzuzufügen ist dem allerdings, daß durchweg von Sympathiekampfmaßnahmen "inländischer" Arbeitsmarktparteien ausgegangen wird, bezüglich im Inland tätiger ausländischer Arbeitnehmer und Arbeitgeber wird weiter nicht differenziert. Dies entspricht dem Standpunkt der h.M. bezüglich der Anknüpfung an die lex fori, die nach der Herkunft der am Arbeitskampf Beteiligten nicht fragt. 2. Inländische Aufrufe zum Sympathiearbeitskampf bzw. Boykott im Ausland Im Jahre 1973 forderte die ÖTV durch Vermittlung derlTFausländische Gewerkschaften und Arbeitnehmer auf, bestimmte Schiffe unter deutscher Flagge in den Häfen zu boykottieren. In Folge dieses Aufrufs weigerten sich ausländische Docker, deutsche Frachter abzufertigen 7 • 2 Wie in der Rechtsprechung, vgl. oben §4, überwiegt auch in der Literatur die Diskussion um die materiellrechtliche Zulässigkeit entsprechender Kampfrnaßnahmen. 3 Zum "Kampfziel" noch unten §15 11 2 c. 4 Vgl. Northrup/Rowan, Bargaining Attempts, S.519f. 5 Die einzige Ausnahme ist Großmann, AuR 1968, 227, der bei Sympathiestreiks deutscher Seeleute in ausländischen Häfen zugunsten der dortigen Hafenarbeiter anstelle des Vertragsstatuts die lex loci anwenden will, vgl. oben §5 11 2 a. 6 Birk, AuR 1975, 196; ders., BerDGesVR 18 (1978), 343; ders., Unterstützungskampfmaßnahmen, S.131ff., 140ff.; ders., NJW 1978, 1831; ders., Streik, S.41; ders., RabelsZ 46 (1982), 406; ders., RdA 1984, 137; Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, S. 88, Rn. 150; Bieback, in: Däubler, Arbeitskampfrecht, S.196, Nr. 398; Gitter, ZfA 1971, 149; Großmann, AuR 1968, 226f.; Haupt, Diss., S.138ff.; Münchener Kommentar /Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn. 194; Mayer/Raasch, Internationales Arbeitsrecht, S.221; Martiny, in: Reithmann, Internationales Vertragsrecht, S.457, Rn. 542; Nipperdey, FG Küchenhoff, S.136; Rüthers, ZfA 1972,431,433; Seiter, Arbeitskampfparität, S.41; Zaum, Diss., S.47. Vgl. in diesem Sinne aber auch Krotoschin, Rev. Jur. Arg. 1974 (154), 790f.; Morgenstern, International Conflicts, S.114.

5*

68 § 6 Kollisionsrechtliche Fragen grenzüberschreitender Sympathiearbeitskämpfe

Weite Kreise in der Literatur subsumieren diesen Arbeitskampf unter den "Boykott"-Begriff, andere sehen darin einen bloßen Aufruf zum Sympathiestreiks. Einig sind sich beide Auffassungen aber darin, daß im Verhältnis der inländischen Kampfgegner - also der ÖTV zu den bekämpften Außenseiterreedereien - deutsches Arbeitskampfrecht maßgeblich ist 9 . Demgegenüber soll auf die ausländische Sympathiekampfmaßnahme 1m Verhältnis der ausländischen Arbeitskampfparteien zueinander auch die betreffende ausländische Arbeitskampfordnung Anwendung finden 10. 3. Zwischenergebnis

Die Teilnahme ausländischer Arbeitskampfparteien an inländischen Arbeitskämpfen sowie inländischer Arbeitskampfparteien an ausländischen Arbeitskämpfen hat den Auffassungen in der Literatur zufolge auf das Arbeitskampfstatut keinen Einfluß. Offen bleibt allerdings, welche Rechtsordnung über die Beziehungen der inländischen zu den ausländischen Arbeitskampfparteien entscheiden soll 11 .

11. Der ausländische Hauptarbeitskampf als präjudizielles Rechtsverhältnis im Rahmen einer inländischen Sympathiekampfmaßnahme 1. Die Akzessorietät der inländischen Sympathiekampfmaßnahme zum ausländischen Hauptarbeitskampf

Ungeachtet aller Differenzen um Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Sympathiekampfmaßnahmen ist es ganz h.M. 12, daß eine solche Unterstützung Dazu näher § 4 II und die dortigen Rechtsprechungsnachweise. Dazu noch ausführlich unten § 23 I 1 b. 9 So Binkert, Boykottmaßnahmen, S.179f.; Birk, RdA 1984, 136f.; ders., RabelsZ 46 (1982),406; ders., NJW 1978, 1831; ders., Unterstützungskampfmaßnahmen, S.145; ders., AuR 1977,240; ders., AuR 1975, 196; ders., AuR 1974, 302; Coester, RdA 1976, 290; Geffken, NJW 1979, 1744; ders., Seeleutestreik, S.414; Gitter, ZfA 1971, 149; Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn. 194; Seiter, Arbeitskampfparität, S.40f. 10 Vgl. Birk, Unterstützungskampfmaßnahmen, S.145; dens., AuR 1977, 240; dens., AuR 1975, 196; dens., AuR 1974, 302; Geffken, NJW 1979, 1744; dens., Seeleutestreik, S.414; Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn.194; Seiter, Arbeitskampfparität, S.41. 11 Ansätze zur Lösung dieser Frage finden Sich nur bel Birk, AuR 1975, 193ff., der allerdings die Problematik unter dem sehr speziellen Gesichtspunkt einer Haftung der ITF für Kampfmaßnahmen natIOnaler EInzelgewerkschaften erörtert. 12 Statt aller Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, §193 II 5 c, S.1140f., Seiter, Streikrecht, S.502; Zöllner, Arbeitsrecht, §40 XI, S.383f. Die - soweit ersichtlich - einzige Ausnahme vertntt Däubler, MultinatIOnale Konzerne, S.230f., für die Verweigerung von Streikarbeit mit der Begründung, der 7

8

H. Der ausländische Hauptarbeitskampf

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jedenfalls nur Hauptarbeitskämpfen erbracht werden darf, die ihrerseits rechtmäßig sind. Sympathiearbeitskämpfe sind insoweit also "akzessorisch"13 zum Hauptarbeitskampf: Rechtswidrigkeit des letzteren bedingt immer auch die Unzulässigkeit einer entsprechenden Sympathiekampfmaßnahme. Der Grundsatz der Akzessorietät soll auch dann gelten, wenn es sich um grenzüberschreitende Sympathiekampfmaßnahmen handelt, der unterstützte Hauptarbeitskampf also im Ausland stattfindet. Insoweit besteht in Rechtsprechung 14 und Literatur lS Einigkeit. Da somit die Rechtmäßigkeit der inländischen Sympathiekampfmaßnahme von der Rechtmäßigkeit des ausländischen Hauptarbeitskampfes abhängt, stellt sich das Problem, wel6he Rechtsordnung dazu berufen ist, über die Zulässigkeit des ausländischen Hauptarbeitskampfes zu entscheiden. Von praktischer Bedeutung ist diese Frage, wenn inländische und ausländische Rechtsordnung zu einer unterschiedlichen Beurteilung des Geschehens kommen, also nur nach einer der beteiligten Rechtsordnungen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des ausländischen Arbeitskampfes vorliegt. Stimmen beide Rechtsordnungen demgegenüber in der Beurteilung des Geschehens überein, kann die k6H1sionsrechtliche Problematik insoweit offen bleiben. Im einzelne Arbeitnehmer sei ansonsten überfordert, müßte er erst die Rechtmäßigkeit des Hauptstreiks überprüfen und das Risiko einer fristlosen Kündigung tragen; anders insoweit etwa Birk, Unterstützungskampfmaßnahmen, S.143f.; Bobrowski/Gaul, Arbeitsrecht im Betrieb, Bd.2, H H, S.140, Rn. 33; Rüthers, ZfA 1972, 428f., 431; Haupt, Diss., S.142f. Ferner LAG Freiburg, NJW 1953, 1278; LAG Düsseldorf, DB 1979, 167; LAG Hamm, EzA Nr. 39 zu Art. 9 GG Arbeitskampf. 13 Allgemein zur Verwendung des Begriffs "akzessorisch" im Zivilrecht Medieus, luS 1971, 502 (unter IV 2). 14 ArbG Wuppertal AP Nr. 20 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; ArbG Offenbach vom 27.3.1981, Az: 4 Ca 542/80; LAG Frankfurt vom 22.12.1983, Az: 4/10 Sa 816/81. Vgl. im einzelnen oben §4 I 1, 3. 15 Biebaek, in: Däubler, Arbeitskampfrecht, S.196, Nr.399; Birk, Unterstützungskampfrnaßnahmen, S.131f.; ders., RabelsZ 46 (1982), 406; ders., BerDGesVR 18 (1978), 341f.; ders., RdA 1984, 137; Coester, RdA 1976,292; Däubler, Multinationale Konzerne, S.234; ders., Arbeitskampfund Sozialcharta, S.132; Erdsiek, NJW 1959,2199; Geffken, Seeleutestreik, S.414f.; ders., NJW 1979, 1744; Gitter, ZfA 1971, 148f.; Haupt, Diss., S.138; Hersehe!, BB 1960, 443; Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 12 Rn. 194; Löwiseh, RdA 1977, 357; ders., AR- Blattei (D) Arbeitskampf IV: Entsch. 1 (unter 2c); Mayer/Raaseh, Internationales Arbeitsrecht, S.221; Nipperdey, FG Küchenhoff, S.145; Rehbinder, Anwendbares Recht, S.140; Rüthers, ZfA 1972,434; Seiter, Arbeitskampfparität, S.41; Siehr, FS Vi scher, S.318; Wintrieh, Diss., S.148f.; Zaum, Diss., S.46; Zöllner, in: Colloque, S.219. Vgl. für ausländische Rechtsordnungen ferner Davies, in: Hopt, Groups of Companies, S.220; Dumortier, Arbeidsverhoudingen, S.357f.; Knapp, in: Colloque, S.184; Morgenstern, International Conflicts, S.114. A.A. für die Verweigerung von Streikarbeit Däubler, Multinationale Konzerne, S.230f. (Zulässigkeit der Verweigerung von Streikarbeit auch bei rechtswidrigem Hauptstreik). Zur Frage, ob die Verweigerung von Streikarbeit als "Sympathiekampfmaßnahme" einzustufen ist, vgl. noch unten §19 I 2 a, aa.

70 § 6 Kollisionsrechtliche Fragen grenzüberschreitender Sympathiearbeitskämpfe

ersteren Falle jedoch hängt die materiellrechtliche Frage der Zulässigkeit von entsprechenden Sympathiekampfmaßnahmen unmittelbar auch von der kollisionsrechtlichen Beurteilung des ausländischen Hauptarbeitskampfes ab. 2. Der Meinungsstand zur kollisionsrechtlichen Beurteilung des Hauptarbeitskampfes im Rahmen der Akzessorietät a) Die Maßgeblichkeit der ausländischen Rechtsordnung aa) Grundsatz: Primat des ausländischen Rechts Nach der wohl h.M.16 ist der ausländische Hauptarbeitskampf auch dann nach ausländischem Recht zu beurteilen, wenn es um seine Rechtmäßigkeit im Rahmen der Beurteilung einer inländischen Sympathiekampfmaßnahme zu eben diesem Hauptarbeitskampf geht. Allerdings läßt die Begründung für diese Auffassung in den meisten Fällen zu wünschen übrig. Einige Stimmen 17 begnügen sich mit dem Hinweis, daß jede andere Lösung "lebensfremd" sei bzw. für sie keine "haltbaren Gründe" sprächen. Der Hauptarbeitskampf müsse stets nach dem auf ihn an sich anwendbaren Recht beurteilt werden 18. Im Ergebnis bedeutet dies nichts anderes, als daß der ausländische Arbeitskampf so angeknüpft wird, wie wenn über ihn als Hauptfrage zu entscheiden wäre. Das gleiche Ergebnis folgt für Geffken 19 aus dem "Akzessorietätsgrundsatz" . Um die Entwicklung einer speziellen Kollisionsnorm hat sich dagegen Wintrich 20 bemüht: Dabei geht allerdings auch er im Grundsatz von der auf den Hauptarbeitskampf an sich anwendbaren Rechtsordnung aus, versucht aber gleichwohl, aus der Gleichheit oder Ungleichheit der Interessenlagen 21 zu rein 16 Birk, BerDGesVR 18 (1978), 341f.; ders., Unterstützungskampfmaßnahmen, S.133, 141; ders., RabelsZ 46 (1982), 406; ders., RdA 1984, 137; Bobrowski/Gaul, Arbeitsrecht im Betrieb, H 11, S.138f., Rn.30; Coester, RdA 1976, 292; Däubler, Multinationale Konzerne, S.234; ders., Arbeitskampf und Sozialcharta, S.131f.; ders., Arbeitskampfrecht, S.196, Nr.399; Geffken, Seeleutestreik, S.414f.; ders., NJW 1979, 1744; Gitter, ZfA 1971, 149; Martiny, in: Reithmann, Internationales Vertragsrecht, S.457, Rn.542; Mayer/Raasch, Internationales Arbeitsrecht, S.221; Lyon-Caen, Droit Social 1978, 202; Rehbinder, Anwendbares Recht, S.140; Wedderburn, ILJ 1972, 19; Wintrich, Diss., S.159f.; Zöllner, in: Colloque, S.219; vgl. auch Krotoschin, Rev. Jur. Arg. 1974 (154),791. 17 Birk, Unterstützungskampfmaßnahmen, S.132; Däubler, Multinationale Konzerne, S.234. 18 So mit Modifikationen im einzelnen Bobrowski/Gaul, Arbeitsrecht im Betrieb, Bd.2, H 11, S.138f.; Gitter, ZfA 1971, 149; Rüthers, ZfA 1972,433. 19 Seeleutestreik, S.414f.; ders., NJW 1979, 1744. 20 Diss., S.148ff. 21 A.a.O., S.152ff.; zur grundsätzlichen Berücksichtigung von Interessen im Arbeitsverweisungsrecht vgl. Kronke, Methodenentfaltung, S.153ff.

H. Der ausländische Hauptarbeitskampf

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inländischen Sympathiestreiks Schlüsse auf die zutreffende Kollisionsnorm zu ziehen. Ausgehend vom Solidaritätsprinzip als Rechtsgrundlage für die Zulässigkeit grenzüberschreitender Sympathiestreiks verlangt Wintrich 22 die Möglichkeit der Druckausübung auf den ausländischen Gegner des Hauptarbeitskampfes, die er etwa bei der Übernahme von Streikarbeit, aber auch bei Arbeitnehmern im transnationalen Konzern als gegeben annimmt. Insoweit sieht aber Wintrich zwischen inländischen und ausländischen U nterstützungsstreiks keinen Unterschied, was die rechtlichen Voraussetzungen anbelangt 23 • Damit gilt folgerichtig nach Wintrich ausschließlich die Rechtsordnung im Hauptkampfgebiet für die Beurteilung des dort stattfindenden Arbeitskampfes - und dies auch im Rahmen der Akzessorietät" des grenzüberschreitenden Sympathiestreiks. bb) Korrektur durch den ordre public

Die geschilderte Auffassung von der Maßgeblichkeit ausländischen Rechts wird allerdings weitgehend dadurch relativiert, daß die Anwendung des ordre public zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse vorgeschlagen wird 24 • Daß Art.6 EGBGB 1986 dabei im Rahmen eines präjudiziellen Rechtsverhältnisses eingreifen soll, hat aber zu keinen Zweifeln an seiner Anwendbarkeit geführt, vielmehr betont im Gegenteil Rüthers 25 , daß der für die Anwendung der Vorbehaltsklausel notwendige Inlandsbezug 26 auf diese Weise in jedem Falle gegeben sei. Im Schrifttum 27 werden insoweit zwei Kategorien von Rechtsordnungen unterschieden:

Diss., S.154ff. Diss., S.157. 24 Bobrowski/Gaul, Arbeitsrecht im Betrieb, Bd.2, H H, S.139, Rn.30; Coester, RdA 1976, 292; Geffken, Seeleutestreik, S.410, 415; ders., NJW 1979, 1744; Martiny, in: Reithmann, Internationales Vertragsrecht, So456, Rn.542; Wintrich, Diss., S.164f.; zurückhaltend Däubler, Multinationale Konzerne, S.235; Bieback, in: Däubler, Arbeitskampfrecht, S.197, Nro4OO. Sämtliche Aussagen erfolgten im Hinblick auf Art.30 EGBGB a.F., lassen sich aber ohne weiteres auf die Neuformulierung der kollisionsrechtlichen Vorbehaltsklausel in Art.6 EGBGB 1986 übertragen. Im folgenden wird daher nur noch die neue Fassung zitiert. 25 ZfA 1972, 437. 26 Dazu vorerst nur Epe, Diss., S.100ff.; Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art. 30 Rn. 74ff.; Soergel/Kegel, EGBGB, Art. 30 Rn.17; RGRK- IPR/Wengler, Bd.1, §7 c 4, S.79. 27 Birk, Unterstützungskampfmaßnahmen, S.133, 135ff., 142; Däubler, Multinationale Konzerne, S.235; ders. (im Hinblick auf Art. 6 Abso4 ESC), Arbeitskampfund Sozialcharta, S.133; Gitter, ZfA 1971, 149; Rüthers, ZfA 1972, 437ff.; Wintrich, Diss., S.158ff.; vgl. auch Löwisch, AR-Blattei (D) Arbeitskampf IV: Entsch.1 (unter 2 c). 22

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72 § 6 Kollisionsrechtliche Fragen grenzüberschreitender Sympathiearbeitskämpfe

( 1) Streikfreundliche Rechtsordnungen

Die erste Gruppe bilden Rechtsordnungen, die die Arbeitskampffreiheit derart ausweiten, daß in einer solchen Wertentscheidung direkt "ein Angriff auf die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens" gesehen werden müßte 28 • Als Beispiele werden in erster Linie nichtgewerkschaftliche (wilde) Streiks 29 sowie politische Arbeitskämpfe 30 genannt. Während in ersteren keine Verletzung des nationalen ordre public erblickt wird, sollen letztere der wohl h.MY zufolge in den Anwendungsbereich des Art.6 EGBGB 1986 fallen. Rechtsfolge wäre demnach, daß trotz der positiven Beurteilung des ausländischen Rechts inländische Sympathiekampfmaßnahmen zu einem entsprechenden ausländischen Arbeitskampf nicht mehr zulässig wären. Denn an die Stelle der nicht anwendbaren ausländischen Rechtsordnung würde das deutsche Arbeitskampfrecht treten und das Rechtswidrigkeitsverdikt über die ausländische Kampfmaßnahme sprechen. Damit läge dann kein rechtmäßiger Hauptarbeitskampf mehr vor, aufgrund des Akzessorietätsgebots ergäbe sich die angeführte Konsequenz. (2) Streikfeindliche Rechtsordnungen

In eine zweite Gruppe werden schließlich diejenigen ausländischen Arbeitskampfrechtsordnungen eingereiht, die der Institution des Arbeitskampfes schlechthin feindlich gegenüberstehen bzw. ihn ganz verbieten. Allerdings muß einschränkend hinzugefügt werden, daß diesbezüglich lediglich auf die Möglichkeit eines Arbeitskampfes durch die Arbeitnehmerseite abgestellt wird, mithin also in erster Linie Streikverbote bzw. -beschränkungen vorliegen. Verstößt ein solcher ausländischer Hauptarbeitskampf gegen die ausländische Arbeitskampfrechtsordnung - so der Grundsatz -, darf er auch nicht durch inländische Unterstützungskampfmaßnahmen unterstützt werden. Nach der h.M.32 gilt dies allerdings in den Fällen nicht, in denen die ausländische So die grundlegende Formulierung in RGZ 60, 300. Birk, Unterstützungskampfmaßnahmen, S.142; Däubler, Multinationale Konzerne, S.235; Rüthers, ZfA 1972, 438f.; Wintrich, Diss., S.159ff. 30 Vgl. die in Fn.29 Genannten sowie Gitter, ZfA 1971, 149. 31 Birk, Unterstützungskampfmaßnahmen, S.142; Gitter, ZfA 1971, 149; im Erg. auch Wintrich, Diss., S.158f.; a.A. Däubler, Multinationale Konzerne, S.235. 32 Bieback, in: Däubler, Arbeitskampfrecht, S.197, Nr.400; Birk, Unterstützungskampfmaßnahmen, S.133, 135ff.; Däubler, Multinationale Konzerne, S.235; ders., Arbeitskampf und Sozialcharta, S.133; Rüthers, ZfA 1972, 437f. Die - soweit ersichtlich - einzige Gegenstimme findet sich bei Wintrich, Diss., S.141ff., der die Anwendbarkeit der Vorbehaltsklausel aus tatsächlichen Gründen leugnet: Zur Begründung führt er insbesondere an, daß die wenigen bei deutschen Arbeitsgerichten zur Entscheidung stehenden Fälle keine Wirkung auf das Wirtschaftsgefüge des anderen Staates haben könnten. Der Zufall, daß das Rechtsverhältnis in Deutschland dann anders beurteilt werde, habe zur Folge, daß der Tatbestand eine andere Behandlung erfahren 28

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II. Der ausländische Hauptarbeitskampf

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Rechtsordnung ihrerseits gegen den deutschen ordre public verstößt. In diesen Fällen soll es daher genügen, wenn der ausländische Arbeitskampf den deutschen Grundsätzen einer rechtmäßigen Kampfführung entspricht. Art. 6 EGBGB 1986 würde die an sich anwendbare ausländische Rechtsordnung in diesen Fällen ausschalten. cc) Art. 6 EGBGB 1986 als "Rechtsgrundlage" grenzüberschreitender Demonstrationsstreiks?

Eine noch weitergehende Funktion soll die Vorbehaltsklausel dann übernehmen, wenn in einem ausländischen Staat aufgrund einer restriktiven Arbeitskampfrechtsordnung Streiks oder andere Kampfmittel der Arbeitnehmerseite überhaupt nicht eingesetzt werden können, um deren Forderungen gegen die Arbeitgeber durchzusetzen. Einer Auffassung im Schrifttum 33 zufolge ist in solchen Fällen Art.6 EGBGB 1986 die Rechtsgrundlage (!) für grenzüberschreitende Sympathiestreiks zugunsten dieser ausländischen Arbeitnehmer. Däubler 34 erwägt daneben die Rechtfertigung entsprechender inländischer Arbeitskämpfe unter dem Gesichtspunkt des Demonstrationsstreiks, Wintrich 35 möchte auf eine Parallelwertung des inländischen Arbeitskampfrechts abstellen. Konsequenz dieser Auffassung ist das (fragwürdige) Ergebnis, daß Sympathiestreiks im "Drittinteresse" zugunsten ausländischer Arbeitnehmer eher zulässig wären als entsprechende Arbeitskämpfe ohne jeden Auslandsbezug. Art. 6 EGBGB 1986 als Rechtsgrundlage solcher Kampfrnaßnahmen würde damit das aus dem System des Arbeitskampfrechts folgende Akzessorietätsgebot ausschalten. Dies wiederum bedeutet nichts anderes, als daß über eine Norm des Kollisionsrechts - und nichts anderes ist Art. 6 EG BG B 1986 - materielles Arbeitskampfrecht und damit nationales Sachrecht geändert würde 36 • würde als alle anderen Rechtsverhältnisse gleicher Lage im Ausland. Dies aber bewirke, so Wintrich, Diss., S.142f., daß ein Sittenverstoß im Sinne von Art. 30 EGBGB a.F. in der Ablehnung des Streikrechts durch die ausländische Rechtsordnung nicht gefunden werden könne. 33 Bieback, in: Däubler, Arbeitskampfrecht, S.196f., Nr.400; Birk, Unterstützungskampfmaßnahmen, S.133, 135ff.; Däubler, Multinationale Konzerne, S.235; Martiny, in: Reithmann, Internationales Vertragsrecht, S.457, Rn. 542; vgl. auch Wintrich, Diss., S.165f. mit Fn.1 (Art. 30 EGBGB a.F. analog). 34 Multinationale Konzerne, S.235. 3S Diss., S.163ff. Diese Auffassung von Wintrich ist allerdings kaum mit seiner Einstellung zur Anwendbarkeit des Art.30 EGBG B a.F. zu vereinbaren, dessen Geltung er ja im vorliegenden Zusammenhang verneint (Diss., S.141 ff.). Seine These, Art. 30 EG BG B a.F. sei allenfalls entsprechend anwendbar, "da nicht das deutsche IPR, sondern die nach dem Grundgesetz zu berücksichtigende Solidarität der Arbeitnehmer zur Anwendung ausländischen Rechts führe" (Diss., S.165f. mit Fn.1), ist allerdings in dieser Form nicht haltbar. Vielmehr sind die materiellrechtlichen Wertungen Bestandteil der kollisionsrechtlichen Entscheidung, an deren rechtlicher Qualität ändert sich indessen nichts. 36 Was im Grundsatz freilich möglich ist, vgl. dazu einstweilen nur Kegel, IPR, §1 IX 3, S.69.

74 § 6 Kollisionsrechtliche Fragen grenzüberschreitender Sympathiearbeitskämpfe

dd) Fazit

Die grundsätzliche Anwendbarkeit ausländischen Arbeitskampfrechts auf den ausländischen Hauptarbeitskampf wird also durch die h.M. weitgehend modifiziert. Seiter 37 hat dazu bemerkt, daß diese Verfahrensweise dem ausländischen Streik einen doppelten Rechtmäßigkeitsfilter vorschiebt: Zunächst einmal muß der Streik nach ausländischem Recht zulässig sein. Ist er dies nicht, so ist der inländische Sympathiearbeitskampf ohne weiteres rechtswidrig, ohne daß es auf die Zulässigkeit des Hauptstreiks nach deutschem Recht noch weiter ankommt. Ausgenommen allerdings den Fall, daß das ausländische Verbot des Arbeitskampfes seinerseits gegen den deutschen ordre public verstößt. Ist die Rechtmäßigkeit des ausländischen Hauptarbeitskampfes dagegen insoweit zu bejahen, kann dieser immer noch nach den tragenden Grundsätzen des deutschen Arbeitskampfrechts unzulässig sein. Im Ergebnis besteht damit eine starke Annäherung an diejenige Auffassung, welche beide Rechte kumulativ anwenden möchte. b) Die Beurteilung des ausländischen Hauptarbeitskampfes nach deutschem und ausländischem Recht

Für die Anwendung beider beteiligter Rechtsordnungen hat sich insbesondere

Haupt 38 ausgesprochen. Er meint, daß in erster Linie über die Rechtmäßigkeit

des im Inland geführten Sympathiearbeitskampfes zu entscheiden sei, was die Konsequenz haben müsse, daß der ausländische Arbeitskampf den deutschen Vorstellungen von einem rechtmäßigen, insbesondere sozialadäquaten Arbeitskampf entspreche. Um nun aber zu verhindern, daß ein nach ausländischem Recht rechtswidriger Streik durch einen deutschen Sympathiestreik zulässigerweise unterstützt werden könne, muß nach Haupt 39 außerdem festgestellt werden, wie der unterstützte Hauptstreik nach den Gesetzen des betreffenden Staates zu beurteilen sei. Nur wenn im Ergebnis die ausländische Arbeitsniederlegung nach beiden Rechtsordnungen nicht zu beanstanden sei, bestünden deshalb keine Bedenken, den Unterstützungsarbeitskampf als sozialadäquat und damit zulässig anzusehen. Haupt vermeidet mit seiner "Rühreitheorie"40 jedenfalls eines: daß ein deutscher Sympathiearbeitskampf zugunsten eines entweder nach deutschem oder nach ausländischem Recht rechtswidrigen ausländischen Hauptstreiks geführt werden darf. Der Anwendungsbereich der Auffassung von Haupt 41 ist Arbeitskampfparität, S.42. Diss., S.142f.; wohl auch Nipperdey, FG Küchenhoff, S.145. 39 Diss., S.143. 40 So der von Seiter, Arbeitskampfparität, S.42, in Anlehnung an Reuß, AuR 1966, 33, geprägte Ausdruck für diese Auffassung. 41 Diss., S.l44. 37 38

H. Der ausländische Hauptarbeitskampf

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allerdings eher gering, da er ohnehin nur die Verweigerung von Streikarbeit als zulässige Unterstützungsaktion anerkennt. c) Die Beurteilung des ausländischen Hauptarbeitskampjes nach deutschem Recht

Schon das Arbeitsgericht Wuppertal 42 hatte in seiner mehrfach erwähnten Entscheidung die Anwendung deutschen Arbeitskampfrechts auf den englischen Druckerstreik vertreten. Die weitere Folgerung, dies sei jedoch nicht möglich, hatte es dann zu seiner grundsätzlichen Ablehnung solcher Aktionen bewogen, woraus wiederum Kegel43 den Schluß zog, es habe sich hier um eine durch das Kollisionsrecht bedingte Änderung des materiellen Arbeitsrechts gehandelt. Nach ganz h.M.44 freilich ist die Auffassung des Arbeitsgerichts Wuppertal insoweit abzulehnen; die Beurteilung des ausländischen Arbeitskampfes nach der deutschen Arbeitskampfrechtsordnung ist durchaus möglich. Stimmen im Schrifttum vertreten denn auch die Auffassung, der ausländische Hauptarbeitskampf sei im Rahmen der Akzessorietät nach deutschem Recht zu beurteilen45 • Nipperdey 46 hat darauf hingewiesen, daß nicht über die Rechtmäßigkeit des ausländischen Hauptarbeitskampfes als solchen zu urteilen sei, sondern darüber, ob dieser einen ausreichenden Anknüpfungspunkt für den inländischen Sympathiearbeitskampf darstelle. Wegen dieses begrenzten Zwecks der Prüfung müsse der ausländische Hauptarbeitskampf zumindest auch den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Arbeitskampfrechts entsprechen. Dabei läßt Nipperdey ausdrücklich offen, ob neben dem deutschen nicht auch in wesentlichen Fragen das ausländische Arbeitskampfrecht zu berücksichtigen sei, also eine kumulative Anknüpfung beider Rechtsordnungen zu erfolgen habe. Rüthers47 hat dem mit der Begründung widersprochen, daß die Auffassung von Nipperdey bereits die These impliziere, daß solidarische Kampfmaßnahmen nur zu einem nach deutschem Recht zulässigen rechtmäßigen ausländischen Hauptarbeitskampf durchgeführt werden können. Damit werde aber vorausgesetzt, was gerade bewiesen werden solle. Dem ließe sich entgegenhalten, daß Nipperdey seine Überlegungen systematisch sehr wohl als arbeitsverweisungsrechtliche AP Nr. 20 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = BB 1960, 443; dazu oben § 4 I 1. IPR, § 1 IX 3, S.69. 44 Vgl. die Nachweise oben § 4 I 1 mit Fn.2. 45 So Münchener Kommentar/Kreuzer, EGBGB, Art.12 Rn.194; Nipperdey, FG Küchenhoff, S.145f.; Wohlgemut, AuR 1980, 40. Aus dem ausländischen Schrifttum ebenso Knapp, in: Colloque, S.184, 238; Morgenstern/Knapp, ICLQ 27 (1978), 778 mit Fn.27; Morgenstern, International Conflicts, S.115; Pankert, ILR 1977 (116), 67ff. . Offengelassen wird die Frage von Seiter, Arbeitskampfparität, S.44 mit Fn.137. 4