Das Recht der Objektivität: Hegels Konzept abstrakter Rechtsverfolgung zur Schuldigkeit von Welt und Individuum [1 ed.] 9783428499229, 9783428099221

Im Ausgange von G. W. Fr. Hegel wird nach der Verbindlichkeit individueller Distanzierung von Gesellschaft und Staat gef

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German Pages 1436 Year 2003

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Das Recht der Objektivität: Hegels Konzept abstrakter Rechtsverfolgung zur Schuldigkeit von Welt und Individuum [1 ed.]
 9783428499229, 9783428099221

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Wolf-Rüdiger Molkentin . Das Recht der Objektivität

Hamburger Rechtsstudien herausgegeben von den Mitgliedern des Fachbereichs Rechtswissenschaft der Universität Hamburg Heft 93

Das Recht der Objektivität Hegels Konzept abstrakter Rechtsverfolgung zur Schuldigkeit von Welt und Individuum

Von Wolf-Rüdiger Molkentin

Duncker & Humblot . Berlin

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Der Fachbereich Rechtswissenschaft I der Universität Hamburg hat diese Arbeit im Jahre 1996 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0072-9590 ISBN 3-428-09922-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9

Ernst Amadeus Wolff in Verbundenheit

Die Philosophie ist eigentlich Heimweh, ein Trieb überall zu Hause zu sein. Novalis, Sehr. II 88

Vorwort Dies ist, noch immer und immer wieder, eine Hegel-Arbeit. Sie nimmt Fragestellung und Konzeption eines bedeutenden Philosophen auf, nicht um sie einer äußeren Kritik zu unterziehen, sondern im Sinne des Fortführens in einem (wenn auch nicht beliebig) veränderten gesellschaftlichen Umfelde, also - natürlich! - in der zumindest individuell wohl bewährten Gewißheit: daß es sich hierbei um ein Unternehmen handele, dessen Anspruch noch durchaus nicht (weder durch Zustände noch durch neue Konzepte und Entwickelungen auf dem Gebiete der Philosophie selbst) erledigt ist, vielmehr gegen diese selbst in die Streitigkeit rechtlicher Ansprüche fallende Annahme ihr eigenes, zumindest in solcher Verortung entschieden auch kritisches, sich allemal in den weiteren Bezügen und Inbezugnahmen ausweisendes Potential an den Tag legt. Dabei mutet sie (das sei, falls überhaupt nötig, ebenfalls vorausgeschickt) auch dem geneigten Leser einiges zu. Dies ist einesteils der Schwierigkeit des Gegenstandes geschuldet, erklärt sich zum anderen aber auch aus der Arbeitsweise des Verfassers, dem seine nicht auf Hegel beschränkte Befassung mit der philosophischen Tradition (wie auch den rechtlichen, überhaupt gesellschaftlichen Sachverhalten und Deutungen) doch immer wieder aufs Neue gerade auch den Zugang zu ,seinem' Hegel eröffnet und dringlich gemacht hat. Allerdings scheint dies einem Gegenstande auch nicht unangemessen, dessen Stärke - quod erat (sir!) demonstrandum - offenkundig gerade in der reellen Fassungskraft seiner begrifflich pointierten, zudem dialektisch immer auch auf die Teilmomente hin zuzuspitzenden Gedankenführung besteht. Es wäre nicht angängig, an dieser Stelle - sozusagen als Einleitung zur Einleitung - das hier entfaltete Verständnis solcher Philosophie über den Titel der Arbeit hinaus näher darzulegen: statt bloß ihr Beginnen und Vorhaben zu markieren. Sie begreift sich allererst als Orientierung einer umfassender angelegten Bemühung zur Philosophie und Rechtsphilosophie Hegels auf die , Grundlinien' von 1820121 und näher den Abschnitt des abstrakten Rechts, wo aber die Grundentscheidungen fallen müssen; übrigens auch im Sinne jener so immer wieder auf den tragenden Boden des Rechts zurückzuholenden, weil doch seiner Sache nach unabweisbar einzubeziehenden (wo nicht Ästhetik resp., immer auch diesseits und jenseits von Recht, selbst Philosophie) politischen Theologie, welche in ihrer Urnkehrbarkeit den Streit um die Nachfolge bestimmt hat.

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Vorwort

Diese Konzentrierung auf die personell-vonnoralische Etablierung eines Rechtes der Objektivität entspricht dabei ohnehin dem Erfordernisse eines Herausarbeitens der grundlegenden privatrechtlichen Institutionen aus einem in kritischer Abhebung gegen den je schon "objektiven Geist" gewonnenen und letztlich personell durchgehaltenen Begriffe von Recht. Es wird mithin alles Gewicht auf die Kreisförmigkeit dieser systemischen Gedankenführung gelegt: um im Anspruche eines je eigenen Rechtes zu einem Verhältnisse von Welt und Individuum zu kommen, das - insofern auch nur verkürzend als das von Subjekt und Gesellschaft zu fassen - die auf Privation, immer auch Selbstverständnis der Freiheit und die von ihm ausgehende Hermeneutik der geschichtlichen Welt gestellte Einheit bedeuten muß. Das gewissermaßen altmodische Ziel integrativer Sittlichkeit - bei aller Modernität der Hegeischen, offenbar von Adam Smith und anderen zeitgenössischen Denkern erlernten und maßgeblich aufgenommenen, vielleicht so aber auch erst eigentlich zur konstruktiven Aufgabe freigesetzten Durchdringung gesellschaftlicher Funktionszusammenhänge - wird dabei als bürgerliches, rechtsgebundenes und also immer auch wieder streitiges Korrelat einer privaten wie politischen Autonomie des Einzelnen (und nicht zur überhöhenden Legitimierung gegebener Verhältnisse durch die theoretische Leistung überziehendes Gerede) festgehalten, die doch offenbar in der Dimension von Kommunikation und (als ihrer entschieden ,von Mensch zu Mensch' angesetzten Spielart) freiem ,Diskurs' nur verlieren kann. Der entschieden rechtliche Anfang erst erlaubt eine hier überlegene Perspektive von Integration, so daß schließlich auch wieder andersherum der geläufigen Alternative von Möglichkeit oder Unmöglichkeit eines "Überganges" aus moralischen Prinzipien zur Objektivität der geschichtlichen Welt die Bestimmungen von Eigentum, Vertrag und Unrecht in ihrem zur Rechtswirklichkeit ausgebreiteten Problemgehalte entgegengehalten werden können. Mit Rousseau und Hegel bliebe so auf ,höherer', dabei bestimmter Identität zu bestehen: um doch aber zugleich die Weltimmanenz der Freiheit als einheitlichen Grund von Verfehlung und, trotz alledem, Erfüllung eines sittlichen Lebens zu erfassen, das in den ,modemen Zeiten' maßgeblich, auch gegen alle sonst überhaupt gegenstandslose Gesellschaftskritik, der Pflege des Rechts bedarf. Die hiermit erscheinende Arbeit hat bereits im Sommer des Jahres 1996 dem Fachbereich Rechtswissenschaft (damals die Nr. I von zweien) der Universität Hamburg als Dissertation vorgelegen. Für das Erscheinen in dieser allgemein zugänglichen Form wurde sie, nur um nach Möglichkeit das sagen und ausweisen zu können, was zu besagen und in Bezug genommen war, ein weiteres Mal überarbeitet, schließlich auch in der noch offenen Andeutung von Konsequenzen und Perspektiven vervollständigt; ohne

Vorwort

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damit natürlich in vollem Umfange den inzwischen (auch an anderen Projekten) weiter gewonnenen Einsichten des Verfassers, immer auch noch wieder zu diesem einen Thema, Rechnung tragen (und alles auf dem neuesten, am Ende aber doch geradezu in einem umfassenden, übergreifenden Sinne die Leitmotive der ganzen Bemühung erst einstellenden Stande formulieren) zu können. Daß die Rechtsphilosophie Hegels in gewisser Weise - damit aber auch seinem eigenen, nach dem Vorurteile bloß an preußische Verhältnisse sich ,akkommodierenden' Rückwege von einem eben wirklich junghegeIschen Aufbruche aus nachgehend - ,gegen den Strich' zu lesen sei, wo dieser am Anfange gar alles auf die Fülle der Zeit, ihre gerade noch ausstehende Bewahrheitung hatte setzen wollen, war allerdings schon früh eine Grundannahme des Verfassers, die das Augenmerk auf Objektivität, Abstraktion, Verhältnis richtete und so auch die Formulierung des Themas nahelegte (das sich mithin zwischen dem selbstgenügsamen Anspruche von Freiheit und seinem in der Annahme von Integration unausweichlich substantiellen Gegenstücke verortet). Während in diesem Sinne die Resultate des HegeIschen Denkweges sich immerhin stets als in einer inneren, und als solche auch durchaus nicht überwindlichen Kontroverse begriffen darzustellen vermochten, welche die Sache des Rechts im Horizonte der schließlich anspruchsvoll etablierten Rechtsphilosophie des objektiven Geistes erst auszumachen hat, bliebe doch einem nächsten, weiter differenzierenden Schritte die geschichtlich orientierte Rückwendung der so wiedergewonnenen Spannung auf seinen Einsatzpunkt selbst und also auch auf das, was er - in eigenem Zugriffe, aber doch entsprechend einer je verfügbaren, und auch immer noch wirksamen, in ihrer gründlich verkehrten Problemstellung zu bewältigenden Semantik in seinen Anspruch, dem immerhin zu folgen sein soll, aufhebt, vorbehalten. Dies hätte nicht allein um der Gerechtigkeit willen zu geschehen, sondern der Sache nach in der gesetzlichen, im Recht der Strafe aufbrechenden Perspektive selbst: wie sie in ihrer kantischen Verdoppelung zu Legalität und Moralität, Sitten- und Rechtsgesetz gleichsam auf jenen Alten Bund zurückverweist, ohne dessen Einschluß auch - allemal dort, wo der Glaube an's Neue Testament ohnehin nicht hinreicht: Erfüllung gleich fiir alle Welt und in der Aktualität ihrer Konflikte sicherzustellen - ein ,christliches Abendland', zumal in seiner hochmütigen, alle moralische Anforderung erübrigenden Konfundierung mit der Unbefangenheit eines heidnischen Altertums, auf Dauer nur schwer erträglich sein dürfte. Einer solcher Freiheit also entgegenwirkenden Vertiefung der Dialektik von Zeitlichem und Ewigem, von Allgemeinem und Besonderem anhand

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Vorwort

eines entsprechend umfassenden Gesetzesbegriffes, an dem schließlich die Grunddifferenz einer Herrschaft, die das Verfügbare vom Verfügten trennt, sich festmacht, möchte durchaus das vertiefte Interesse an der aktuellen Perspektive einer system-funktionalen Gesellschaftstheorie korrespondieren, wie sie hier (gerade auch in ihrer distanzierten, nur die eigene Position einrechnenden Teilnahmslosigkeit) als Gegenstück zur moralisch-gewissenhaften Reflexion auf Daseinsberechtigung zu dienen hätte, um im Zeichen des Rechtes der Objektivität es nicht erst mit Resultaten von Ignoranz zu tun zu bekommen. Was so (schon in seiner wissenssoziologischen, die semantische Bildung herausarbeitenden Präsentation) allemal auch als Heilmittel zumindest gegen Projektionen personeller Verantwortlichkeit und fundamentalistisch evozierten Sinnverlust sich anbietet, dürfte umso mehr in seiner in der Perspektive von Dekonstruktion zugrunde zu legenden konstruktivistischen, einen dogmatischen Funktionalismus hintertreibenden Fragestellung auch der Sache nach zur Beschäftigung mit der hegeischen Gesellschaftstheorie gehören: indem nämlich ihrer philosophischen, hier noch erst am Rande in diese Richtung erweiterten Fundierung ein Tatsachenbezug zur Seite zu stellen wäre, der ihr auch sozusagen gewachsen wäre. In der Konfrontation spekulativer Durchdringung normativer Ansprüche mit sich selbst nicht wirklich tragender, aber doch einzig in fortlaufender Beobachtung herstellender Gesellschaftlichkeit könnte so schließlich noch die eigentlich spannende Aufgabe liegen: um angesichts der dies in seinen objektiv beobachtbaren Vollzügen ausarbeitenden Soziologie, und auf ihrer ganzen Breite sozusagen, die sich demgegenüber auch nicht auf die bloß psychische Systemreferenz beschränkende Semantik der freien Persönlichkeit von Rechts wegen durchzubringen und in ihrer doppelten Fragwürdigkeit: als Recht des Individuums sozusagen, das Objektivität und Geltung der Gesellschaft notwendig streitig macht, zu behaupten. Die weiteren Desiderate liegen damit natürlich auch für die philosophische Behandelung des Themas selbst längst auf der Hand: daß hierzwischen etwa auch die nietzscheanische, innerhalb dieses Problemhorizontes angezeigte Umkehrung und Umwertung stärker, auf breiterer Basis noch vorzukommen hätte, wie andererseits die phänomenologische Reduktion von ,Realität' weitere Seitenstücke (wie sich am Ende etwa für E. Levinas namentlich in der Konzeption jener anerkennenden Aberkennung/aberkennenden Anerkennung, die mit Hegel den Begriff des Verbrechens ausmacht, angedeutet hat) zu bieten haben möchte. Es ist so schließlich auch ein Wunsch des Verfassers geblieben, die Cassirersche Philosophie der symbolischen Fonnen zumindest vergleichsweise heranzuziehen: wie doch überhaupt in jedem Beschlusse der gedanklichen Bewegung sich neue Horizonte in jeder Richtung wieder aufzutun haben.

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Diese Arbeit hat allerdings auch ohnehin - erkennbar, in gewisser Weise (mit insofern auch angemessenem Einhalten der gedanklichen Bewegung) handgreiflich, nachblätterbar in der Reihenfolge der Abschnitte und Paragraphen - am Ende einen langen Weg hinter sich: vom ,alten' Rom und Griechenland (in der schon hiermit zwischen ,schöner' Sittlichkeit und Privatrecht ausgemachten Spannung) über die eigene Welt des Rechts im Stande schließlich ihrer "bösen" Verkehrung und Ausarbeitung in eine kontroverse Gegenwart führend, die mit den Argumenten seiner Gegner und , Überwinder' noch immer diejenige Hegels sein muß, um nicht zu Schlechterem und Schlimmerem (falls denn seine Rechtsphilosophie als zumindest ,problematisch' gelten sollte) ihre Zuflucht zu nehmen. Daß Sittlichkeit keine Projektion werde, die so auch bloß an ihren Feinden sich auszuhalten vermöchte, kann sich immer erst einer Objektivität verdanken, die für den Anspruch in der Sache auch noch im allfälligen Mangel einstehen möchte. In dem dergestalt durchaus mit der allgemeinen Verbindlichkeit verbindlich abgesteckten Horizonte einer durch Entgegensetzung lokalisierten, so in Grenzen bewährten Positivität, die dann allerdings für sich - wo das Subjekt (ob singulär oder als universal) nicht bestimmt - auch der , differenztheoretischen , Beobachtung in systemischer Perspektive offenstehen dürfte, bleibt so der nicht gleichgültige Unterschied festzuhalten und weiter auszuarbeiten. Womöglich ließe sich nunmehr - um das Fazit auf die Referenzen philosophischer resp. gesellschaftstheoretischer Besinnung zurückzuwerfen also auch wieder, und auf ein Neues, auf Bloch, Adomo und die weiteren Exponenten ideologiekritischer und zukunftsträchtiger Weltauffassung in der Nachfolge des (mit A. Massiczek gesagt) jüdischen Hegelianers Karl Marx zurückkommen, die zunächst als Hegel-Interpreten und -Glossatoren nicht genügen konnten und deshalb aus dem Blickfelde weitgehend verschwanden. Wie anders als von dieser Reduktion von Vermittelung auf die noch offene Anforderung her sollte sich auch der (sozusagen) normative status einer durchaus nicht ,ideal' gemeinten Einheitsprojektion ausmessen lassen, die schließlich immer schon Negativität in ihren Dienst gestellt hat. Hier es mit der inneren Anspannung ,unserer' abendländischen Tradition weiter aufzunehmen, wird schließlich ohnehin umso dringlicher, je mehr der sachliche Zusammenhang auseinanderfallender Konzeptionen das Fassungsvermögen eines objektiven Geistes erhöht. Mit jener objektiv berechtigten ,Eigendynamik' gesellschaftlicher Bezüge und Abläufe, wie sie zuletzt die soziologische Systemtheorie so unbestechlich wie doch offenbar im Einklange auch mit der hegeischen Konzeption von privativ-abstraktem Recht und Gesellschaft beobachtet hat, ist so zumindest das letzte Wort nicht notwendig gesprochen: wo noch Alternativen bestehen, die sich (und sei es: kraft distanzierender, das überhaupt Menschen-Mögliche weiter aus-

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Vorwort

arbeitender und transzendent vorhaltender ,sub'-Kultur) halten und ausarbeiten lassen.

In

der Immanenz

So wären miteinander auch für die rechtliche, durch Philosophie in ihrem Anspruche sich erkenntlich zeigende Umgangsweise erfordert Beobachtung, Kritik, Hoffnung, mit in dieser Reihung dann allerdings zwischen den Parteien - die schließlich überhaupt erst die gleiche Gültigkeit des schon Bestehenden in die Kontroverse sich überführen - zunehmender, der individuell gefaßten Perspektive begegnenden Fragwürdigkeit. Eben deshalb aber wird das Gesetz gebraucht: für alle Objektivität, die nicht (jedenfalls nicht zum Guten, soweit sich eben absehen läßt) beseitigt werden kann, und also vornehmlich für Menschen in ihrer Gegenwart; und eine Inbezugnahme, die allemal den Bruch zwischen den je individuellen Projekten nicht überspielen, sondern in seinen Grenzen zu halten vermöchte. Der rechtlich fundamentalen Differenz von Täter und Opfer, bei Vermeidung ihrer Moralisierung wie Funktionalisierung, entspricht gerade so allerdings allein der Vorrang einer das Gesetz in seiner unausweichlich verbrecherischen Verdoppelung noch wieder überbietenden, dabei aber doch eben keineswegs erübrigenden Zusammenfassung. So wie der immer noch privative Übergriff im Tatbestande von Verletzung letztlich gewaltsam die Ordnung der Welt verfügt, muß eben auch auf der anderen Seite die weltliche Gewalt in einem Standpunkte geradezu diesseits der Gesetzesspaltung sich verorten, um eben so aber auch - wo sonst Strafe nurmehr noch als eine Frage der Ehre in Betracht kommen möchte - die Konfrontation der ,Entwürfe' entschieden von Rechts wegen fassen und auch wieder jenseits ihrer Einheit bestehen zu können. Wenn in diesem Sinne schließlich doch zugleich als Einheit der Vollzüge und Verhältnisse auch wieder mit Hegel Recht als solches in der Perspektive seines objektiven Geistes eben jenen surplus aufweist, mit dem es, das doch stets entschieden auf sie zurückzukommen hat, über sich selbst und seine Gegenwart überhaupt hinausgreift, bleibt eben der in allgemein gewährleistetes Bürgerrecht und je besonders sich fassende Eigentümlichkeit gebrochenen Privatperspektive eine Gemeinschaft von Rechts wegen entgegen- und vorzuhalten, die immer schon aktuell die Sachdienlichkeit abstraktrechtlich als Freiheit gewährleisteter Verhältnisse mit dem noch (in dieser Perspektive von Philosophie!) zu wahrenden Primate des Politischen verbindet. Das ganze Vorhaben einer auf diesen Punkt hinauslaufenden Ausmessung des als Rechtsgrund auf- und eintretenden und bleibend, andauernd sich durchhaltenden Individualismus' wendet sich ebenso an unmittelbar philosophisch interessierte wie an zunächst mit dem Recht selbst befaßte Menschen; das verfolgte Anliegen sollte von beiden Seiten her aufzunehmen

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sein, wie es sich auch in der Spannung zwischen ihnen in persona entfaltet hat. Mein vornehmlicher Dank muß, dem so bezeichneten Interesse entsprechend, zwei Lehrern gelten: in erster Linie und mit aller Verbindlichkeit Prof. Dr. Michael Köhler, der den kontinuierlichen Diskussionszusammenhang zu ,Kant und Heget', aber auch etwa Locke, Rousseau und Marx zu bieten vermochte und mittels ungezählter Seminare und Gespräche die Zumutung eines Ansetzens der philosophischen Selbstvergewisserung auf die quaestionem iuris unabweisbar geltend gemacht hat. Hinzu kommt noch sein nachhaltiger Einsatz für ein abschließendes Gelingen der Arbeit; sie bleibt aber in ihren Anfängen entscheidend auch Prof. Dr. Wolfgang Bartuschat verpflichtet, der den zuzeiten unternommenen, erst in der Folge die Rückkehr von der Philosophie zur Jurisprudenz wieder erlaubenden Seitenwechsel (im lokalen Bilde: über die trennende S.chlüterstraße hinweg) mit wohlwollendem Entgegenkommen begleitet hat, dabei namentlich anhand der früh-neuzeitlichen Philosophie Interesse und Verständnis für die gründliche Lektüre klassischer Texte in ihren wiederkehrenden Problemstellungen durch seine unnachahmliche Gründlichkeit maßgeblich zu fördern wußte, was sich (wie zu hoffen ist) ebenso auf die Vergegenwärtigung der hege Ischen Rechtsphilosophie selbst wie im Erschließen wesentlicher weiterer Bezüge hat auswirken können. Auf einer mehr persönlichen Ebene hat das fortgesetzte Gespräch mit Prof. Dr. Diethelm Klesczewski diese Arbeit im Ganzen mitbestimmt; die Pointierung seines Standpunktes von den gemeinsamen Studientagen an ergab einen deutlichen Anhalt für die Durchführung des eigenen Vorhabens, das einer anderen ,Logik' folgt, so aber auch wiederholt seine möglichste Mitteilbarkeit (zumal schließlich in der strafrechtsdogmatischen Nutzanwendung) unter Beweis zu stellen hatte. Zu den diversen im Zuge der Ausführungen angesprochenen Aspekten fanden im Laufe der Zeit natürlich noch eine Reihe weiterer, entsprechend unterschiedlichen Gesprächspartnern zuzurechnender Beiträge, die ich nicht vergessen habe, ihren Eingang. Das von David Hössl artikulierte Interesse bedeutete schließlich, sich noch einmal auch im weitläufigeren Zusammenhange der verfolgten Perspektiven zu erklären und so ein vorerst letztes Mal die innere Einheit des naturgemäß die Aufmerksamkeit zu jeweils besonderen Aspekten beanspruchenden Konzeptes auch selbst vor Augen zu bekommen, damit zugleich seine aktuelle Positionierung zuzuschärfen. Besonderer Respekt gebührt überdies auch den weiteren Studierenden des Hamburger Fachbereichs, die mit mir in einer Übungsveranstaltung das Anliegen dieser Arbeit im Durchgange durch die Bestimmungen des abstrakten Rechts so aufmerksam und verständig diskutiert haben, daß sich am Ende Gelegenheit zu mancher Pointierung und Vereinfachung - namentlich in den Eckstücken llI.-l. und -5. - bot.

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Meine Frau Katja, die sich mit mir gemeinsam auf das ausgreifende Hegel- Vorhaben eingelassen und eine lange Zeit einseitiger ,Prioritäten' durchgestanden hat, wird hoffentlich meine Antworten auch auf ihre Fragen und Gedanken in der schließlich realisierten Behandlung des Themas finden: auch wenn der ursprüngliche Leitgedanke einer umfassenden Ausarbeitung des im Sinne der Romantik noch mit Hege I, der sie (wie überhaupt etwas von Belang) nur durch Hereinnahme überwindet, sich dem Einzelnen kraft seiner notwendig mehrdeutigen Einbildung von Welt verbindenden Anspruches auf ein (wie auch immer jenseits von Recht und Wohlergehen) ,gutes Leben' erst am Ende, und auch nicht immer so wie zunächst gedacht zur Sprache kommt. Der abschließende Rückgriff auf die von Rechts wegen noch erst wieder einzunehmende Position eines Bürgers rechtlich geordneter Verhältnisse, den in der Mäßigung auch seiner Kritik jedwede Menschlichkeit überhaupt auf die Tatbestände der Freiheit im durch sie konstituierten Raume anweist, jedenfalls läßt alle sozusagen bloß fachlich-gedankenspielerischen Erwägungen, gerade weil das freie Spiel der Möglichkeiten das Recht ebenso fordert wie in Frage stellt, hinter sich zurück. Meinem Vater, dem eben dies Ende (schon von Berufs wegen) selbstverständlich erscheinen möchte, danke ich wie meiner Mutter, der sich eher der Abstand erst eröffneter Fragestellung verdankt, für Unterstützung und zutrauenden Rückhalt, ein aus den vergangenen Jahren nicht wegzudenkendes Moment von Sicherheit, und also (wie ersichtlich umgesetzte) Freiheit. An die zahlreichen Hochschullehrer verschiedener Fakultäten, deren Veranstaltungen mich in der Sache weitergebracht haben, angefangen mit Prof. em. Dr. Eugen Graue (Kiel), der mit dem polemischen Bestehen auf bürgerlichem Recht zugleich den ursprünglichen Anstoß in Richtung auf G. W. Fr. Hegel gab, richtet sich mein weiterer Dank. Für die Förderung meiner Arbeit zu danken habe ich Prof. em. Dr. Hermann Seiler, Prof. Dr. Kurt Seelmann (jetzt Basel) und der Hansischen Universitätsstiftung, sowie Prof. Dr. Karsten Schmidt für die freundliche Ermutigung, die zur fälligen Fertigstellung der Dissertation und damit auch der Eröffnung des weiteren Weges führte. Zu besonderem Danke verpflichtet bin ich schließlich noch Prof. em. Dr. Ernst Joachim Mestmäcker wegen seiner liebenswürdigen Bereitschaft zur alsbaldigen Erstattung des zweiten Gutachtens und Prof. Dr. Gerhard Fezer, der nicht allein die Arbeit zur Aufnahme in die Schriftenreihe des Fachbereichs empfahl, sondern überdies auch seinem Assistenten den Freiraum dafür gewährte, sich noch einmal dem Text der Dissertation zuzuwenden. Der Deutschen Forschungsgemeinschajt habe ich für die in jeder Hinsicht großzügige Übernahme der Kosten für die Drucklegung zu danken, dem Verlag namentlich für wiederholtes Entgegenkommen und Nachsicht.

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Die Zueignung der Arbeit an Prof. em. Dr. Ernst Amadeus Wolf! (FrankfurtlDarmstadt) gilt einer großen Persönlichkeit, der ich mich in dem Anliegen einer Rechtsphilosophie, die im Aufnehmen von Begriindungsanspriiehen zugleich umfassend zu verstehen sucht, besonders verbunden weiß. Daß ich gelegentlich auch in persönlicher Begegnung von seiner in vorbildlicher Aufrichtigkeit und Unnachgiebigkeit des Fragens gewonnenen Denkerfahrung guthaben konnte, stellt sich mir als Glücksfall dar. Nicht zuletzt seine nachhaltige, über die akademischen Generationen und Positionen hinweg auf die je eigene Aufgabe anweisende Gesprächsoffenheit hat mich übrigens in dem Zutrauen bestärkt, daß auch ein Beitrag wie der vorliegende, der sein individuelles Anliegen nicht verleugnen kann und mag, seinen Leser finden werde. Versteht sich, daß wir (Autor und Leserin) das Wissen um die naturgemäß nur begrenzte Autorisierung der in die Gebiete von Soziologie, Psychologie, Theologie und auch bereits Rechtsgeschichte ausgreifenden Perspektiven teilen, die (zumindest hier und zunächst) noch vornehmlich dem kritisch-erweiternden Abgleiche einer auf objektive, so eben überhaupt ,Kultur'-geschichtlich bedeutsame Verhältnisse gemünzten idealistischen Konzeption zu dienen hatten: welche überdies (vielleicht: mit Derrida) entschieden in jenem offenen Bezuge von Texten gestellt sei, die einander interpretieren. Es wird künftig gewiß nicht wieder möglich sein, ein - das! Thema in diesem umfassenden, nach Kräften auch multi-dimensionalen Zugriffe anzugehen. Hier wird es auch ohnehin nun der Antwort und des Gespräches bedürfen: um dem philosophischen Ansatze seine allein zeitgemäße Spannung zu erhalten. Wirklich gelingende Kommunikation, zumal in jener sprichwörtlichen ,Gelehrtenrepublik', an die hier zu denken wäre (aber auch sonst in wirklich freundschaftlichem Geiste), führt uns weit zuriick hinter jene Konfrontation, welche noch allemal das Recht bedeutet. "What's so funny about love, peace & understanding?" Überhaupt nichts im Grunde: nur daß eben das freie Mitteilen in aller Freiheit des Vernehmens seine Grenze schon an jedem, unvermeidlich eintretenden Mij3verstehen findet, dem noch stets und ohnehin das Gewinnen von Vormacht, und also auch Vorrecht, korrespondiert. Daß damit dann auch die Rede über das Recht selbst kontrovers werden muß: weil schließlich die Darlegungs- und Begriindungsweise in jedem Falle Stellung bezieht, Verletzung und Leid befördert, oder vermeiden hilft, macht die anteilnehmende, Distanz fordernde Verwickelung gerade ,des Rechtsphilosophen ' in seinen spröden Gegenstand allerdings unumgänglich. Ob mit der wie folgt fixierten Auseinandersetzung des ganz zwanglos immer wieder auf die Unmittelbarkeit der Lebensvollzüge zuriickführenden eigentümlichen Geltungsanspruches von Recht - noch in der (bei aller hierdurch möglicherweise sich ergebender Erschwernis der Lektüre) durchaus

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Vorwort

nicht aufgesetzten, nach Möglichkeit bloß sich auf die doch unerledigte, einmal mehr in ihrer Reichweite auszumessende Semantik eines weltlichen, jeweils objektiv bedeutsamen Geistes angesichts nachfolgender, die alle Bestimmung im eigenen Rechte verkehrende Dialektik von gut und böse auseinandersetzender Entwickelungen einlassenden, dabei die Spur der langer Jahre ziehenden Sprachführung - eine relevante Aussage über ,unsere modeme Gesellschaft' und die Stelle, die Aufgabe des Einzelnen im Begriffe seiner Entzweiung und anspruchsvollen Entgegensetzung zu gewinnen war, steht nun zur Beurteilung; die ,Probe auf's Exempel' aber soll noch alsbald, in neu gewonnener Freiheit, geliefert werden. Laboe, im Dezember 2001 FanrjJ, im Juli 2002

Wolf-Rüdiger Molkentin

Inhaltsverzeichnis I.

Einleitung.......................................................... 21 § 1 Das Anliegen von Rechtskritik und ihre Überheblichkeit. . . . .. 24 § 2 Schuldverhältnis und Gewaltverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 46 § 3 Der Anspruch auf die Wirklichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 59 § 4 Die Unübergehbarkeit des Unrechts als Fluchtpunkt. . . . . . . . .. 80

11. Geistloser Selbstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. l. Moralische Daseinsberechtigung .................................... § 5 Positivität aus Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 6 Wahrheitsfindung von Rechts wegen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. § 7 Moralisches Aneignungsrecht .............................. § 8 Das Recht der Objektivität ................................

2. Freiheit als Verhängnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 9 Stellvertretende Übernahme von Verantwortung .............. § 10 Das moralische Grundanliegen der Tat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 11 Konsequenz eines Schicksals nach Rechtsgesetzen ........... 3. Abfälligkeit in Eigenrnacht ........................................ § 12 Unmittelbarkeit zwischen Anspruch und Wirklichkeit. ........ § 13 Verbindlichkeit durch Abstraktion .......................... § 14 Positive Grenzen der Verfehlung ...........................

98 102 103 119 145 159 178 180 197 218 250 252 276 295

111. Die Welt des privaten Rechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 l. Eigentum - Mitteilung der Person ........................... . ...... 318

a) Aktualisierung und Auseinandersetzung von Recht . . . . . . . . . . . . . . . . § 15 Der sachliche Boden des Rechts und seine Gewinnung ........ § 16 Der Standpunkt des freien Geistes .......................... b) Vom unmittelbaren Zusammenstimmen zur Mitteilung von Freiheit. . § 17 Exeundum e statu naturae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 18 Der Mechanismus der Freiheit ............................. c) Die Ambivalenz rechtlicher Allgemeinbildung in erster Person ...... § 19 Gebrauchswert als Formalisierung der Substanz. . . . . . . . . . . . . . § 20 Der Horizont von Gleichgültigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertrag - Zumutung des Eigentums. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufgabenteilung im Aufrechterhalten des bereits bestimmten Eigenturnes ........................................................ § 21 Unsachliches Anerkennen von Vorrang ...................... § 22 Allgemeinverbindlichkeit der Grundform .................... § 23 Gewinnendes Vorbeugen von Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . 2 Molkentin

320 322 337 355 357 372 384 386 406 425 428 430 448 461

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Inhaltsverzeichnis b) Selbstgerechtigkeit des vertraglich fortbestimmten Rechtsverhältnisses in Verfügung der Parteien ................................... § 24 Exklusivität und Relativität des Übereinkommens ............ § 25 Zeitlose Leistungskraft der Kontraktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 26 Normierung personeller Teilhabe ........................... c) Vervollständigung des reellen Vertragsrechtes in abstrakter Vorenthaltung der Sache selbst ........................................ § 27 Effektive Einbindung des Schuldmomentes . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 28 Der Realismus des vormoralischen Vertragskonzeptes . . . . . . . . . § 29 Vorbedingungen des subjektiven Rechtes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unrecht - Behauptung des Vertrages ................................ a) Übernahme des vertraglich vorgegebenen Mangels zur in Anspruch genommenen Verbindlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 30 Initiativwechsel ........................ , . . . . . . . . . . . . . . . . . § 31 Verbindlichkeit in Kontroverse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Notwendig angemaßte Stellvertretung als immanentes Kriterium des Unrechts ...................................................... § 32 Vorläufige Objektivierung zum Schuldverhältnis in der Differenz .................................................... § 33 Anmaßendes Urteilen ..................................... c) Einhalten auf dem Streitstande als der wirklichen Verfehlung notwendig korrespondierende Möglichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 34 Affirmation des Rechtsanspruches vom Sonderinteresse her .. . § 35 Erschöpfung des geschlossenen Personenkreises .............. 4. Betrug - Anerkennung des Unrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausspielen der Daseinsunmittelbarkeit zur Verwandelung von Recht in Unrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 36 Subjektivierung von Korrespondenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 37 Etablierung persönlicher Verantwortung ..................... § 38 Bedeutung der Urteilsform .................. " ............ b) Persönliche Eigenverantwortung kraft ihrer Veräußerung in Mitleidenschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 39 Die offensive Verbindlichkeit des Betruges. . . . . . . . . . . . . . . . . . § 40 Gegenseitigkeit als normative Geschlossenheit. . . . . . . . . . . . . . . § 41 Individualisierung von Verschulden ......................... c) Vorläufige Entdeckung des Gewaltbegriffs in gegenseitiger Anfechtung ......................................................... § 42 Objektivierung von Interpersonalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 43 Das Recht, zur Entscheidung gestellt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwang - Vergeltung des Betruges .................................. a) Enttäuschung sachgemäßen Übereinkommens zum entsprechenden Gewaltverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 44 Die Nötigung zum Rechte .................................

477 479 497 513 537 538 555 570 593 598 600 614 631 633 652 677 679 699 726 731 733 749 771 784 786 805 823 849 850 877 905 909 910

Inhaltsverzeichnis § 45 Übernahme von Objektivität zur Verletzungshandlung ....... § 46 Zwangsrechtliche Geltungslogik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

19 928 941

b) Geschlossenheit des Verletzungstatbestandes durch persönlich zu nehmende Beleidigung .................. : . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. § 47 Rechtsgebot vs. Rechtsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. § 48 Verbrechen in Alternative zur Selbstversklavung . . . . . . . . . . . . § 49 Die Realinjurie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Strafe als Schicksal unter eigenen Gesetzen der Greitbarkeit von Rechtssubjektivität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. § 50 Unrechtliche Stabilisierung des Zwangsrechtes . . . . . . . . . . . . .. § 51 Sinnlose Wiedervergeltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. § 52 Gesetz und Schicksal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. § 53 Einigkeit des verletzten Lebens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

1004 1006 10 19 1038 1049

IV. Substantieller Anspruch ............................................ 1. Eigensinnige Entgegensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. § 54 Wahrheit zwischen Betrug und Selbstbetrug ................ § 55 Immer noch: Zeitalter des Weltbildes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Integration als Übergang ......................................... § 56 Eröffnete Übergangssituation ............................. § 57 Recht geben. Recht bekommen ........................... 3. Zurückweisung von Anmaßung .................................... § 58 Moralische Aufgabenstellung des Rechtes .................. § 59 Rechtsstaat als Notstaat ..................................

1063 1067 1069 1107 1152 1158 1175 1220 1224 1245

957 959 972 984

V. Ausblick .......................................................... 1280 § 60 Zusammenfassung des Denkweges ......................... 1282 § 61 Perspektive: Festhalten an objektivem Geist. . . . . . . . . . . . . . .. 1323 Schrifttumsverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1390

2*

" ... so wie es umgekehrt, das Recht der Objektivität der Handlung, wie es genannt werden kann, ist, sich vom Subjekt als Denkendem als gewußt und gewollt zu behaupten." G. W. Fr. Hegel (Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 120)

I. Einleitung* Das Interesse an einem der ,klassischen' Texte unserer Philosophiegeschichte sollte als solches und ohne weiteres legitim sein, bedarf also vorab keines besonderen Ausweises in der Sache. Wer so vor der Rechtsphilosophie G. W. Fr. Hegels steht, um ihr verstehend näherzutreten, der scheint sich in einer glücklichen Situation zu befinden: er findet ein ausgearbeitetes, vom Autor und seinem Schüler Gans selbst noch mit weiterem Material angereichertes Werk in überschaubarer Buchform (erschienen im Jahre 1820) vor, zu dem es überdies eine Fülle von Literatur gibt. Für den Juristen ergeben sich hier zudem noch Bezüge zu den ihm vertrauten Tatbeständen: wenn ihn die Behandelung, welche sie durch Hegel erfahren, auch gelegentlich befremden wird. Dies Befremden wäre nun durchaus nicht etwa fehl am Platze: es handelt sich hier immerhin um das Werk eines Philosophen; und um ihm gerecht zu werden, bedarf es also des Einnehmens einer bestimmten Fragerichtung. Dafür reicht die etwa mitgebrachte quaestio iuris allein nicht aus: wofern sie sich hier nicht als Variierung und Pointierung der gerade diesen Autor in seinem Werke vorantreibenden Grundfrage zu verstehen lernte, die es also zunächst erst einmal zu gewinnen gälte. Der Leser findet dazu schon bei Hegel selbst [§ 2] den Verweis auf sein enzyklopädisch verfaßtes System der Philosophie (und mit ihr "der philosophischen Wissenschaften", wie es in dem dafür gewählten Titel heißt) insgesamt, und dies ist für eine Vielzahl von Exegeten und Interpreten offenbar Grund genug, sich in diesem Zusammenhange zunächst einmal auf andere Zweige von Wissenschaft zu begeben. Ein solches Manöver könnte sich allerdings wiederum geradezu als Flucht vor dem Gegenstand Recht darstellen, die doch insofern immer ihr Ende finden muß, als auch - gewissermaßen durch Naturphilosophie und Logik ,zurück' - der "absolute Anfang" des Systems! [zuf. W.d.L. I 65 ff.] die

* §§ sind im Zweifel solche der Grundlinien, fett gesetzte §§ verweisen auf Abschnitte dieser Arbeit, sonst (bei Werken oder Gesetzen) mit Angabe der jew. Referenz (die Strafrechtsreform ist berücksichtigt, die des BGB nicht). 1 S. Kierkegaard hat sich in seiner Abschließenden unwissenschaftlichen Nachschrift (I 104 ff.) bekanntlich eingehend mit seiner Unmöglichkeit (die Reflexion entsprechend "zum Stehen" zu bringen) befaßt, nachdem zunächst das Ansinnen,

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I. Einleitung

abstrakte Absolution seines Standpunktes der Durchführbarkeit des ganzen Konzeptes von Wissenschaft, auch durch die Lehre vom Menschen, seinen Ordnungen und Ideen hindurch verdanken muß. Die Phänomenologie des Geistes (von 1807) eröffnet deshalb gerade erst einen außersystemischen Zugang zu diesem philosophischen Denken2 ; womit allemal noch wieder (bereits!) das Recht eine prominente, nicht wegzudenkende und auch, wie sich [ab § 3] noch näher zeigen wird, die weitere Ausarbeitung tragende Stelle einnimmt. Seine Mission stützt sich hier auf den notwendig entfremdeten und entfremdenden Charakter formeller Freiheit im Weltzusammenhange; ein Verständnis von Rechtsphilosophie "als Phänomenologie des Bewußtseins der Freiheit,,3 hätte also in jedem Falle diese Zweideutigkeit schon im Grundansatze zu beachten. Auch diese - mit eigener Unmittelbarkeit auftretende und ihren Anspruch erhebende - Freiheit hat natürlich ihr "Aufheben" (in dem fast schon notorischen4 Doppelsinne von negare und conservare, zu deren Einheit eben immer auch ein tolere gehört; s. W.dL I 113 ff.; vgl. zur Sache des Rechts § 129) zu gewärtigen; aber doch gerade so, daß der Einzelne, das moralische Subjekt im Begriffe jeweils seiner (durchaus bestimmten, auch im Besonderen nicht gleich zur Verfügung stehenden) Gemeinschaft [so U. § 56] allemal diese allerdings in ihrer Realität, ihrem Dasein höchst voraussetzungsvolle persönliche als gesellschaftliche Freiheit sich gewinne, und also in geschichtlicher Perspektive - wenn auch nicht im ,preußischen Staate', so doch in einer bürgerlichen GegenwartS - das Ende6 zugleich ihr gesichertes, und anzuerkennendes Bestehen bedeutet. "Bewegung in die Logik zu bringen", (l. C. 101 ff.) entsprechend zurückgewiesen wird; vgl. auch W. Wielands Bemerkungen. 2 Vgl. insofern unter dem Aspekte des für unser Anliegen zentralen rechtlichen Zustandes abschließend § 58; weiterer Einbezug des weitläufigen Zusammenhanges der Phänomenologie des Geistes erfolgt fortlaufend, wenn auch nicht im eigentlich wünschenswerten, hier gar nicht zu bewältigenden Umfange; wer sich für eine nähere Befassung mit der Hegelschen Phänomenologie selbst begeistern lassen möchte, sei auf den hervorragenden kürzlich erschienenen Überblick von L. Siep verwiesen; eine eindrucksvolle Vorstellung bietet insofern auch bereits E. Bloch S/O 59 ff. 3 Wie es K.-H. Ilting (namentlich in seinem entsprechend betitelten Beitrage in: Logik... 225 ff.) propagiert; dazu noch differenzierend U. 111., insbes. §§ 25 U. 29. 4 Etwa auch bei J. Ritter (Metaphysik 284) zu findenden; vgl. noch M. Theunissen Begriff 324 f. (s. U. § 12 Fn. 33). 5 Die allerdings im "Kunstwerk" preußischer Staatlichkeit doch offenbar in einer vor der französischen Revolution maßgeblichen Weise angegangen wurde, wie namentlich S. Haffner sich zu zeigen bemüht hat; vgl. Preußen 22 f. U. ö.; zur nachrevolutionären "Wende zur Zukunft" S. R. Koselleck Preußen 153 ff. 6 Von welchem bereits A. Kojeve (Hegel 131 ff.) in Konsequenz der phänomenologischen Konzeption eines absoluten Wissens gesprochen hat; S. U. §§ 3 u. 56.

I. Einleitung

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Der Philosophie des Rechts ist somit durch Hegel die Aufgabe gestellt, von einem Ziel punkte der historischen Bewegung Aufbruch und Rückbindung der Freiheit als einen systemischen, in sich selbst - wie in einem "Kreis" innerhalb eines "Kreises von Kreisen", als welchen Hegel selbst [in W.d.L. 11 571 f. u. Enz. § 15; vgl. § 2 Z] seine "Wissenschaft" bezeichnet - geschlossenen Zusammenhang darzulegen. Dazu gehört immer auch: in gewisser Weise sie von ihrem Ende her zu lesen; ohne damit aber die Begründungsaufgabe, und mit ihr den primär zu begreifenden Gegenstand der Philosophie des Rechtes (die freie Person in ihrer Welt) aus den Augen zu verlieren, sich damit die Mühe eines schrittweisen Durchgehens des Textes von seinem ,abstrakten' Anfange an zu ersparen. Nur ein diese Verbindlichkeit realisierender Zugriff auf das Ganze der Rechtsphilosophie vermag ihr also gerecht zu werden: daß sie wesentlich Philosophie der sittlichen Substanz ebenso wie der persönlichen Freiheit ist. Eine sittliche Weltordnung und ihr Staat im Besonderen sind dabei aber doch nur in einem ganz objektiven Sinne das zu Begründende: nicht als ob der Rechtsphilosophie die Aufgabe unmittelbar zugewiesen wäre, sich in Auseinandersetzung der hier auftretenden Probleme des Rechtes zu versichern. Vielmehr liegt vor aller analytischen Theorie die rechtspraktische Auflösung jeder überhaupt noch gegenwärtig annehmbaren Gemeinschaft in die Vielzahl der einzelnen Personen, die sich selbst im Begriffe der schließlich -auch den Staat begründenden Macht wissen. Diesem gegenüber aber können sie sich so - um diese ihre Eigenrnacht überhaupt geltend zu machen - im Grunde nur kritisch, problematisch verhalten; es sind andere Verhältnisse, in denen sie dann tatsächlich rechtsbegründend tätig sind. Wo sie aber Rechtsgründe in die Welt setzen, die ihr weiteres Schicksal jedenfalls mitbestimmen, legen sie auch zugleich den Grund für die ,positive' Beachtlichkeit ihrer (ihnen je eigentümlichen) Vorstellungen. Nur wird sich eben auf diesem Felde in der Tat ein "Recht der Objektivität" [§§ 120, 132, 140 A a)] entfalten, das immer weit mehr zu bedeuten hätte, als ein Subjekt ihr unmittelbar wird zugestehen wollen. Hieraus ergibt sich aufs Ganze die Aufgabe einer Vermittelung zwischen privatem und öffentlichem Recht. Sie weist dann immer statt bloß geradezu auf die "Souveränität" eines "Volkes" [so u. §§ 57, 61] auf die Rechtspersönlichkeit als solche zurück; gerade deshalb aber erscheint es sinnvoll, ihr im Folgenden zunächst mit ihrer allgemeinen Erwägung (und Lokalisierung auf dem Feld aktueller Diskussion) unmittelbar näherzutreten, bevor die problematische Fassung einer moralischen AufgabensteIlung rechtlichen Selbstbestimmens (oder privater Autonomie) [in 11.] einen Durchgang durch die Gestalten rechtlicher Objektivierung des Verhältnisses zwischen den Personen [im Hauptteil 111.] erlauben wird.

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I. Einleitung § 1 Das Anliegen von Rechtskritik und ihre Überheblichkeit

Auf den ersten Blick scheint mit einem "Recht der Objektivität" immer gerade ein bloß subjektiver Standpunkt diskreditiert - oder aber wenigstens schlechthin durch einen ganz anderen ersetzt - zu sein. Der Überblick über das Ganze der hegeischen Rechtsphilosophie ergäbe also wesentlich das Bild einer fortschreitenden Erledigung unzureichender Ansätze und Fassungen eines Begriffes von Recht (angefangen vom Eigentum, das in seiner Äußerlichkeit dem freien Willen nicht die angemessene Existenzweise bieten könnte7 , u.s.f.). Wenn anders aber die Abfolge der rechtlichen Gestalten einen Begründungszusammenhang darstellen soll, dann muß die gegenläufige Perspektive erst noch gewonnen werden. Das Vorurteil meint seinerseits immer schon zu wissen (oder beansprucht doch sogleich eindeutig zu erfahren), welche Bedeutung einem gegebenen Momente in einer solchen Abfolge einzelner Schritte zukommt, ohne sich auf das Wechselspiel von Anspruch und Wirklichkeit überhaupt einzulassen, in welchem sie sich womöglich doch erst noch konstituieren wollte. Dem läßt sich von keiner der beiden (hiermit bezeichneten) Seiten her sinnvoll begegnen: wenn nicht eben sie in ihrem Zusammenhange selbst sogleich aufgenommen werden. Damit ergibt sich uns als vorrangiger Gegenstand der Bemühungen unübergehbar "das abstrakte Recht": weil es in dem Widerspruche seines formell umfassenden Anspruchs zu derjenigen Wirklichkeit, die zu etablieren in seiner Eigenrnacht auch wirklich steht, nicht nur Kritik auf sich zieht, sondern sie notwendig selbst einsetzt. Ein solches Recht hat so aller Reflexion nicht nur die (bereits angesprochene) Unmittelbarkeit des Standpunktes voraus; es berührt sich eben damit auch immer schon mit jedweder Unmittelbarkeit einer umfassend angesetzten Rechtswirklichkeit, mag diese auch noch so anspruchsvoll begründet sein. Hier macht es von sich her seinen natürlichen Einsatzpunkt aus: als die Stelle, an der es seine reelle normative Bedeutung in einem gegebenen weltlichen ,Kontexte' zu gewinnen vermöchte. Durch die Form der Rechtspersönlichkeit (in der Bestimmung der §§ 34 ff.) muß der ganze Begründungsanspruch hindurchzuführen sein, der etwa auch ihr entgegenzuhalten wäre. Wenn mithin in ihrer Hand der Anfang der ganzen Reihe von Gestalten des Rechts gelegen sein sollte, fällt einem privaten Eigentume auch sogleich die Führungsposition zu. Von ihm muß dann auf s Ganze gesehen gezeigt werden, mit welcher inneren Notwendigkeit es über die bloße, und sei es eben auch: rechtlich abgesicherte Sachherrschaft hinaus zu einem Grundprinzipe einer in Freiheit konstituierten Mitwelt sich auswächst, das den Stand des Einzelnen in ihr umfassend wie unübergehbar begründet. Dann bleibt es zwar vorerst und bis auf weiteres fragwürdig, 7 Vgl. W. Bartuschat in ZphF 41 (1987), 33 ff.; zu seinem Ansatze s. noch u. sub § 15.

§ 1 Das Anliegen von Rechtskritik und ihre Überheblichkeit

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von einem privaten Recht zu sprechen, ohne zugleich seine Berechtigung im gesellschaftlichen Horizonte auszuweisen. Solange aber die Grenzen zwischen privatem Zugriffe und öffentlicher Verfassung des Rechts nicht in beide Seiten verbindender Verhältnis-Bestimmung ausgemacht sind, läßt sich die Offenheit der Rechtfertigung nicht umgehen, mithin auch ihre Tauglichkeit zu mißbräuchlicher Verklärung und überhaupt vorschnellem Abbruche kaum vermeiden. Verbindliche Grenzen lassen sich hier schließlich nur im Zusammenhange des überschwenglichen, an sich selbst maßlosen Ansatzes ausmessen, mit dem sich die freie Persönlichkeit in der Welt zur Geltung bringt; denn sie beansprucht naturgemäß dem Grunde nach auch den Staat gerade bloß für sich. Dementsprechend kommt auch der philosophische Zugang keineswegs an der persönlich beschränkten, auch gesellschaftlich zunächst noch ganz unzureichend vermittelten Realität des Rechts vorbei, muß vielmehr ihrem Fortgange folgen: bis zu dem Punkte, wo sie sich selbst vor die ihrem Geltungsanspruch gezogene Grenze gebracht haben wird. Somit ist - in dieser immanent einzunehmenden, Transzendenz produzierenden Perspektive - Privatrecht als der erste Gegenstand von Rechtsphilosophie auszuweisen, und hierin besteht die für ein fruchtbares Verständnis der hegeischen Rechtsphilosophie zunächst zu bewältigende Aufgabe. Der Vorrang dessen, was Hegel insoweit "Das abstrakte Recht" nennt, nicht zuletzt auch gegenüber aller "Moralität" (die noch in einem Zweiten Teil seiner Rechtsphilosophie zu entfalten bleibt) muß sich dann eben derjenigen Abstraktion, die das Vorurteil erst dem luristenstande mit seiner ,lebensfremden' Arbeits- und Regelungstechnik zuschreibt, verdanken können. Dabei kann es dann allerdings durchaus nicht schon um die Gleichbehandlung unterschiedlicher Lebenssachverhalte unter sachlich übereinstimmenden Tatbestandsmerkmalen zu tun sein; wären so doch die Personen selbst - soweit sie hier überhaupt mit begründender Kraft vorkommen sollten - schon im Vorwege auf ein dem entsprechendes Verhalten von gleich zu gleich festgelegt. Dann aber müßten sie dem Überlegenen auch ohne weiteres unterliegen: wo sie nicht von Rechts wegen in ihrem status restituiert würden. Ihre Eigenmacht entfaltete sich dann gerade auf der anderen, so als rechtlos bestimmten Seite, wäre im Begründungszusammenhange - wo sie womöglich noch als unvernünftig auszuweisen wäre nicht weiter von Belang. Unsere Alternative aber heißt: Macht in die Gleichung des Rechts unmittelbar einzubeziehen, ohne damit nun allerdings ein Naturrecht zu etablieren, das darauf bloß beruhte. Daß also eine solche Machtentfaltung nicht nur Unrecht am unmittelbar Betroffenen darstellt, sondern prinzipiell als ein Raub an der Welt zu gelten hat: dies ergäbe erst den Grundtatbestand eines privaten Rechts, dem auch im Guten eine radikale Einseitigkeit eigentümlich ist, in der sich erst die personelle Zuordnung von Herrschaft findet und realisiert. Es war bereits Kant, der inso-

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I. Einleitung

weit mit der 8 Unterscheidung von provisorischem und peremptorischem Erwerben den Weg gewiesen hat. Wenn seine Rechtslehre jedoch das Erfordernis privativer Vorläufigkeit von Gesetzgebung erst unter der Herrschaft von allgemeinem Rechtsgesetz und "Erlaubnisgesetz" freisetzt9 , so ist in ihnen doch der Grundtatbestand der Beraubung des Rechtes um seine weiteren Bezüge lO bereits (dem auf Vernunftkritik gestellten und von dorther die "metaphysische[n] Anfangsgründe der Rechtslehre"!! zwar auch nicht gut deduzierenden, umso mehr aber doch erst in aller Vorsicht der grundlegend moralischen Selbstvergewisserung zur Seite stellenden Vorgehen entsprechend) vorausgesetzt. Damit bleibt aber doch noch ungeklärt, wie der unaufhebbare Spannungszustand zwischen öffentlicher Gerechtigkeit und privater Selbstberechtigung in das Verhältnis von Staat und Gesellschaft überhaupt übergeht, wo er sich sodann zu einem innergesellschaftlichen, innersittlichen bestimmen muß. Hierin liegt aber die (mit Hegel: das Ganze ausmachende) Entsprechung zu dem produktiven Grundwiderspruche der in ihrer Vereinzelung freien Persönlichkeit, in deren sich moralisch fassendem Wesen gerade erst mit der sittlichen Weltordnung in einem auch zur Legitimität ihres Eigentumes, durchaus als eines äußerlichen und ,unhinterfragten' Bestandes, zurückzufinden ist. Es sollte sich hierbei dann aber eben, und zwar für den Einzelnen im Horizonte seiner Eigenverantwortung wenigstens nachvollziehbar, um ein Recht der Objektivität handeln: das Recht seiner Objektivität, wie sie in ihrer gesellschaftlichen Eingebundenheit nicht mehr allein Sache eines solipsistischen Anspruches auf alles Beliebige sein kann. Eine iustitia distributiva, wie sie bei Kant!2 die Stelle des Übergehens auf einen nicht mehr nur unmittelbar zwangsrechtlich vermittelten, sondern in Gemeinschaft rechtlichen Zustand bedeutet, wäre damit wiederum noch abhängig von der Position, die einer Idee von Gerechtigkeit überhaupt in moralischer Subjektivität eingeräumt wäre. Nicht, daß sie als Gebot der rechtlichen Aktion schlechthin vorausgesetzt wäre; gerade weil aber Recht bei Hegel ursprünglich Zustand bedeutet 13 , muß es andererseits für einen reellen Selbstbesitz der freien Persönlichkeit In §§ 9 u. 15 der Rechtsl. getroffenen. Vg!. I. c. Ein!. § C u. Privatrecht § 2; s. u. § 61. 10 Vg!. für ein solches Verständnis in kantischer Hinsicht H.-Fr. Fulda Übergang 64. 11 Wie bekanntlich (mit gewiß der Sache geschuldeter Selbstbescheidung) der Metaphysik der Sitten "Erster Theil" überschrieben ist. 12 S. Rechtsl. § 41; vg!. perspektivisch den Beitrag von M. Köhler in dieser Sache. 13 Dies gilt zunächst im geistesgeschichtlichen Sinne der Phänomenologie (hier 355 ff.), aber - wie sich noch insbes. sub § 11 zeigen wird - mit durchaus aktueller Bedeutung; zur darin ganz wie auch im kritischen Sinne Fr. Schillers (XI. Brief über die ästhetische Erziehung des Menschen) gelegenen Beliebigkeit s. u. §§ 7 (bei Fn. 118), 58 (bei Fn. 33). 8

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§ 1 Das Anliegen von Rechtskritik und ihre Überheblichkeit

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von entscheidender Bedeutung sein, wie sie sich selbst mit ihrem Geltungsanspruche, der den bloßen Zustand entschieden übernimmt, in einen Zusammenhang einfügt, der ihr diese Freiheit beläßt und ermöglicht. Ihr Beitrag zum Erhalte auch eines solchen gemeinen Wesens beschränkt sich damit allerdings nicht auf die Realisierung je ihres eigentümlichen Rechtes und das Festhalten an ihm. Wenn aber andererseits der auf sittliche Autonomie gestellte, gegenüber jenem Gegenstandswissen in eigener Sache bloß tugendhafte Selbstbesitz l4 in seiner sittlich politisierten Fassung unterzugehen bestimmt wäre, so bleibt doch die Erfüllung des (umfassend angesetzten) Rechtes der Objektivität in einem auf Staatsebene verwirklichten sittlichen Zusammenhange fragwürdig: wenn nicht eben die normative Anund Ausspannung eines Rechtes der Objektivität gewahrt bliebe. In dieser Perspektive kommt es also entscheidend darauf an, den grundrechtlichen, vormoralischen Ansatz einer Entfaltung des Rechtsbegriffes auch als Garanten dafür zu gewinnen, daß die bestehende politische Einheit überhaupt nicht in ihrem Recht sein könnte ohne das Korrelat einer individuell gefaßten Grundeinheit: der Person, die sich in ihrer Welt als sittlich berechtigt (und insoweit allerdings auch verpflichtet) begreift. Die Begründung und Freistellung seines ihm eigentümlichen Rechtes kann der Einzelne letztlich immer nur für sich selbst vollbringen; dies aber im Horizonte der allgemeinen Ordnung von Welt, wie sie ohne weiteres ihren Bestand gegen ihn hat, aber eben doch ihn mit Recht nur einschließt, insofern er sich auch mit seiner Moralität, als moralisches Selbstwesen in diesen Zusammenhang ,einbringt'. Außerhalb dieses subjektiven Vollzuges (im "Übergange" von der Moralität zur sittlichen Weltordnung zuf. § 141) aber findet das Recht des Einzelnen ohnehin seine Grenze in der Macht des und der Anderen; seine Realisation hingegen verbindet - im systematischen Zugriffe Hegels - das private mit dem öffentlichen Recht, macht ein bürgerliches Recht in dem doppelten Sinne eines Standes von Staats- und Besitzbürgern überhaupt erst möglich: wie sie auch weiter unabdingbar in je eigener Person für eine Einheit dieser beiden Seiten einstehen, die als äußerlicher Bestand an ihnen allein noch als Verhältnis der Entfremdung ihres gesellschaftlichen Seins in Betracht kämen. Dem entsprechenden (zur Wirkungsgeschichte gerade dieser Philosophie gehörenden) Verdacht, es seien im Grunde soziale Tatbestände und ihre Legitimation selbst in Aussicht genommen und also nur in verkehrter Darstellung ihrer Faktizität als herrschende Verhältnisse bestätigt, läßt sich nur in beständiger Präsenz und Präsentierung des immanent (nicht notwendig dem bewußten Sein expliziert) erhobenen Begründungsanspruches ernsthaft begegnen. Wofern seine Verfolgung die grundlegenden Institute des Privatrechts - Eigentum, Ver14 Wie ihn Kant uns in seiner Tugendlehre (Einl. XIV.) so eindringlich als ein moralisches Königtum vorgestellt hat; s. u. §§ 8, 60 (ab Fn. 23).

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I. Einleitung

trag, Unrecht (als Einheit von Delikt und Aktion) - selbst etablierte, forderte er auch in persona eine moralische Reflexion der hierfür maßgeblichen Tatbestände heraus; als in welcher gegebene Verantwortung sichtbar zu machen wäre, wie sie nicht allein die privatrechtlichen Beziehungen konstituiert, sondern zugleich das Weltverhältnis der Beteiligten (und mittelbar Aller) jeweils auf ein Neues bestimmt. Der Blick auf die Institutionen des privaten Rechts ist also mit Notwendigkeit ein gedoppelter: einerseits natürlich auf ihre Leistungskraft und Reichweite in unmittelbar eigener Sache (eines Personen/Sachenrechts, wie Hegel es mit § 40 A in seiner Einheit vorstellig macht). Damit verbindet sich aber untrennbar sogleich das Verändern der Weltlage, mit welchem das privat begründete Recht seine - allerdings noch klärungsbedürftige - Gemeinschaftsrelevanz, soziale Bedeutsamkeit unmittelbar schon herausgestellt und erwiesen hat. Nicht erst ,im Guten' wäre es in diese Lage zu bringen, oder kritisch mit seiner Positivierungskraft und -Leistung (in Konfrontation zu den Ansprüchen öffentlicher Ordnung) in Frage zu stellen; es ist der Form seines Agierens und rechtlichen Bestehens nach immer schon involviert. Auch die Kritik muß schließlich dergestalt seine eigene Sache werden: daß er vom eigenen Rechte her, und auf seiner Grundlage, aller Welt gegenüberzutreten vermöchte; um allein in diesem Verhältnisse auch eine Neubestimmung gerade seiner Berechtigung, als seines in Grenzen verfügbaren Weltzuganges erhalten zu können. Hieraus ergibt sich unsere Frage nach der Schuldigkeit von Welt und Individuum als eine, als die grundlegende Rechtsfrage: die deshalb den Hinblick auf einen überhaupt anspruchsvollen Charakter des persönlichen Weltverhältnisses aus dem Dasein der Freiheit, das die Person selbst ist, herzuleiten erforderlich macht und also auch Rechtskritik zu einem inneren Anliegen bestimmt. Diese Ausgangsfrage, indem sie so auch zunächst das (JXUVßUAOV eines bloß umstandslos ,dem moralischen Subjekt' zugemuteten "Überganges" [i. S. v. § 141] vermeidet (indem sie es um- und hintergeht), hat dann sogleich unvermeidlich eine doppelte Fragerichtung: was ist die Gemeinschaft dem Einzelnen schuldig, der ihr angehört, und was schuldet er dieser Welt, in der er lebt? Es mag scheinen, diese Frage wäre, wenn auch von hervorragender Bedeutung, doch in freiheitlicher Hinsicht nachrangig: aber sie muß die erste (in sich selbst zwiefaltige) Frage an eine Philosophie sein, die zwar Recht überhaupt mit Freiheit konfundiert, der zufolge sich Recht jedoch überhaupt in Angemessenheit der rechtlich geordneten Verhältnisse als eines im Grunde sittlichen Seins [vgl. Enz. § 514] zu unserem Sollen und Wollen erfüllt [vgl. § 151]. Die Erfüllung eines rechtlichen Anspruches verweist so mit Notwendigkeit über diejenige Schuldigkeit hinaus, auf welche er in seiner unmittelbaren Bezugnahme anzusetzen wäre. Wo nämlich jene andere, in ihrem Anspruche auf Sittlichkeit vorgegebene Wirklichkeit dem Menschen nicht die rechte Stelle zuweist

§ 1 Das Anliegen von Rechtskritik und ihre Überheblichkeit

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oder einer nicht seine Anforderung aus eigener Berechtigung zu empfinden und erfüllen vermag, ist sie immer auch selbst auf s Ganze in Anspruch genommen. Als ein phänomenaler Bestand mit eigenen Gesetzen [vgl. § 189 A] ohnehin nicht allerseits in der freiheitsgesetzlichen Qualifizierung zugänglich, sieht sie sich gerade so von der privativen Freiheit des in eigener Sache zuständigen Einzelnen her in Frage gestellt. Ob und wo dies je und je Gründe hat, die mit eigener Notwendigkeit in der Sache des Rechts liegen, gehört der ihre Beantwortung in Angriff nehmenden Ausarbeitung der Frage in ihren einzelnen Schritten. Sie überhaupt zu stellen, heißt allerdings - wofern sie denn das Ganze dieser Rechtsphilosophie sinnvoll betrifft und auffaßt - schon: sie ein Stück weit auch zu beantworten. Die maßgebliche Voraussetzung: daß überhaupt den heiden Gegenständen der Frage eine jedenfalls relative, sie zu Subjekten je ihres Rechtes bestimmende Eigenständigkeit zukommt, die doch für das Bestehen überhaupt eines Schuldverhältnisses zwischen ihnen vonnöten wäre, versteht sich ja durchaus nicht etwa von selbst. Die um sich greifende Rede von der allerorten (und namentlich gegen Andere) wahrzunehmenden Verantwortung deutet eher auf das Gegenteil; es sollte aber gerade das recht in, aus und zu persönlicher Freiheit aufgefaßte Konzept von "Sittlichkeit" - allerdings und in der Tat konkrete, lebendige Einheit von Recht und Moral - sein, welches der gängigen, und zunehmend auch das staatliche Agieren selbst überformenden und bestimmenden [vgl. u. § 61] Konfundierung von Recht und Moral (in Wahrheit doch 15 Kolonisierung des Rechts von eben der allerdings durchaus wesentlichen [so u. §§ 54 f.] moralischen Ausgipfelung her, welche Hegel "das Böse" mit gutem Grunde nennt) sozusagen paroli bietet. Weltverantwortung, als sich nicht mehr ihre "guten Gründe" [vgl. § 140 Ac)] selbst suchend und am Ende gar schaffend, wäre so wirklich eine und zwar nach den heiden Seiten - anspruchsvolle Angelegenheit, die nicht bloß Geltung in extrovertierter (wenn nicht aggressiver) Handlung bedeutete und realisierte. Privates Interesse an persönlicher Eigentums- und Handlungsfreiheit ist in der Unmittelbarkeit seines Zugriffes jedenfalls ohnehin nicht, und am wenigsten mit einer bloß ambitionierten Theorie aus der Welt zu schaffen; als das den rechtlichen Raum von innen her konstituierende und ausfüllende Prinzip der Besonderheit verweist es aber doch immerhin schon aus sich heraus auf die Gegenseite: insofern es seinerseits Besonderung des Allgemeinen sein müßte, welche nicht von ihm selbst her einfach in's Werk zu setzen wäre. Wo sie dies als problematisch aufnimmt, fallt die Philosophie des objektiven Geistes [i. S. v. Enz. § 483] deshalb 15 In gegenüber der Habermasschen These (Theorie 11 522 ff.; die Rede ist dort bekanntlich von einer "Kolonialisierung der Lebenswelt") umgekehrter Weise; s. u. § 61 Fn. 305.

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I. Einleitung

auch durchaus nicht auf das - von ihr allerdings mit gutem Recht als unzureichend kritisierte [so die Einl. u. §§ 135 ff.] - bloß als ein zeitloses Gesetz sittliche Ideal zurück, dessen Realität eben doch allein auf jener unvermittelten, i. e. mit Recht nur als eigene Unmittelbarkeit anzusprechenden Sonderstellung [vgl. §§ 154 N, 180] der Individuen zur Welt wie zueinander aufbauen kann. Hegel ,hat' eine Idee vom Recht, die es (ob nun in erster, zweiter oder dritter Person) ganz als Wirklichkeit in Bezug nimmt: "Dies, daß ein Dasein überhaupt Dasein des freien Willens ist, ist das Recht. - Es ist somit überhaupt die Freiheit, als Idee" [§ 29],

welche immer als in sich anspruchsvolle Einheit von Begriff und objektivem Dasein anzusprechen ist [so § 1 m. A u. W.dL 11 462 ff.]. Hinter dieser Einheit, als dem ausgeführten Zwecke [W.dL 11 451 ff.; s. u. § 16], steht immer die entsprechende Übersetzungstätigkeit [vgl. § 28], welche der Wirklichkeit ihre Vernunft, die nicht erst in sie hineinzutragen bliebe, sondern sie als eine solche immer schon konstituierte, doch beständig mitzuteilen hätte. Wo also Hegel gerade von solcher Idee des Rechts her [vgl. § 262], in einem substantiell zur eigentlichen "Wirklichkeit der sittlichen Idee" [§ 257] bestimmten Staate allerdings verankert, auch dessen gesellschaftlichen Freiraum als die "Erscheinungswelt des Sittlichen" [§ 181] auf seiner Außenseite erschließt, muß auch hier ihr Totalitätsanspruch [vgl. § 142] von der ,an und für sich' vernünftigen Einheit als "als absoluter unbewegter Selbstzweck" [i. S. v. § 129] keineswegs preisgegeben werden. Allerdings ist es insoweit dann auch durchaus an ihm, sich rechtspraktisch herabzulassen und also die sittliche Identität des Besonderen mit dem Allgemeinen, in welcher "Pflicht und Recht in Eins" fallen [§ 155], sich zueiner Gegenseitigkeit von gesellschaftlicher Berechtigung und Verpflichtung ausweiten zu lassen, wenn anders sie ihre Subjekte an eben dieser Stelle soll ergreifen können. Daß aber eben sich hier die Aufgabe rechtlicher Ordnung stellt, nach welcher gegebenenfalls - wo nötig und möglich - auch zu intervenieren wäre, erfordert eine Spannweite ihrer Konzeption, welche die Sittlichkeit (im Sinne von höchster Wirklichkeit des Rechtes im Brennpunkte allen Daseins der Freiheit) ihre entschieden rechtliche Bestimmung doch nur im Rückgriffe auf eine private Existenz finden läßt, die sich nicht als solche schon sittlich zu verstehen hätte. Die Privatpersonen selbst hingegen, wie sie eine (womöglich ganz bescheidene, oder dürftige) Rechtswirklichkeit unmittelbar unter sich ausmachen, verhalten sich im besten Falle von gleich zu gleich zueinander; nicht jedoch auf Grundlage eines Verhältnisses von Gegenseitigkeit, wie es schon zum Modelle für die Konstituierung von Gemeinschaft dienen könnte: wird es doch gerade erst Aufgabe anspruchsvoller Gegenseitigkeit, Recht und Pflicht verbindlich aufeinander zu beziehen. Ein (durchaus auch unentbehrliches) Teilstück solchen Verhältnisses haben allerdings die Personen in

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ihrem einfachen rechtlichen Verkehr untereinander mit Notwendigkeit zu bewerkstelligen: dies aber gerade aus ihrer jeweils radikal einseitigen Perspektive heraus. Sich in der rechtlichen Form von Übereinkommen mit Anderen zu verbinden, ist so allemal eine wirklich grundlegende - oder doch: den Grund übernehmende - Leistung, wenn sie damit auch zunächst überhaupt sachlich sich bereits integriert finden muß; dies allemal durch die Gesetze eines Marktes, dessen Idealismus die Philosophie noch in einem erweiterten Horizonte begreiflich zu machen hat (insofern sie eben nicht nur seine liberale Ideologie darstellen wollte). Eine solche übergreifende Gesamtperspektive ist hingegen der EinzeIperson weder ohne weiteres zugänglich, noch vermag sie unbedingt ihre Ansprüche an' s Leben zufrieden zu stellen. Die unmittelbare Erfahrung ist vielmehr häufig geradezu: daß sie immer nur gerade Anderen dienstbar sei, und bringt so überhaupt die Bürger in ihrer Gesellschaftsfähigkeit [vgl. § 190 A] ebenso erst gegen das hier allemal falsche Ganze (dessen Unwahrheit mit ihrer eigenen Unwahrheit bestätigend und betätigend) wie gegeneinander auf. Wenn sich dies mit der grundlegenden Einsicht der kritischen Theorie l6 berührt, welche doch bürgerliche Individualität nur als sich selbst undurchdringliches Korrelat einer Vergesellschaftung, die ihrer Tendenz nach auf s Ganze geht, gelten läßt, so wird damit allemal deutlich, inwiefern es hier nicht - es sei den im Sinne von Ideologie, die dann gerade gemeint wäre - um Zu schreibungen an die Adresse des Einzelnen zu tun ist. Das hegeische Konzept des bösen Willens aber setzt allerdings entschieden auf den Willen dieses Einzelnen: seine Macht zu Verweigerung oder beglaubigender Anteilnahme, macht also die Entgegensetzung zum Probleme, das die nicht bloß gleichgültige Antwort und Lösung erfordert. Die Rechtsphilosophie des objektiven Geistes hält es so mit dem Individuum, aber in seiner subjektiv produktiven Unruhe: als weltzugewandt, im Zweifel aber doch eigensinnig. Es wäre so aber "Entzweiung [... ] der Quell des Bedürfnisses der Philosophie" [Diff. 20 17] ganz ebenso wie objektive Voraussetzung für die überhaupt anspruchsvolle Aneignung von Welt, als solche Differenz also im Zuge der personellen Entfaltung des Rechtsbegriffes auch wieder gesellschaftlich einzustellen [vgl. § 157, s. u. § 52], statt bloß die ,Flucht nach vorne' anzutreten in eine Steigerung beliebig sich in zunächst bloß eigenere Sache erge16

Insofern entschieden von Th. W. Adorno (Minima Moralia Abt. I Nr. 29, N.D.

21 ff.) gegen den Anspruch der Phänomenologie des Geistes abgesetzt, s. u. § 3 bei

Fn. 153. 17 Die Form dieses Bedürfens (in einem Bedeutungsfelde mit Trieb, Streben, Begierde) macht für K. Kozu (s. Bedürfnis 257 ff.) das gesamte philosophische System Hegels zu einem "System der Bedürfnisse" in einem weiteren Sinne; es bliebe aber zumindest hinzuzusetzen, daß die Ausarbeitung des praktischen Bezuges auf die unübergehbare (und auch unüberbietbare) Brechung dieses Systemes zum Weltbilde verweist; s. u. § 55.

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bender , Willkürmaßnahmen' zur womöglich auch im Vereine mit Anderen auszuübenden ,Volkssouveränität', deren gesetzlicher Anspruch an alle Bürger l8 unausweichlich auf umfassende Beanspruchung und Inanspruchnahme hinauslaufen muß. Es beginnt so die an dieser Stelle noch gerade erst das Auseinandersetzen übernehmende Bewegung des Rechts mit Notwendigkeit ebenso ,realistisch' wie ,individualistisch d9 in der privaten Person, die nur ihr Recht kennt, und keine Pflicht: womit sie doch nicht schon entschieden als in's Unendliche ausgreifendes "Fortschreiten des Verlangens" im hobbesschen Sinne20 bestimmt wäre: ohne daß wiederum sie sich selbst eben dazu bestimmt hätte. Auch der Gesichtspunkt einer Aneignung der Welt kann dann nicht wirklich maßgeblich sein: als ob die Person aller Welt erst einmal in abstracto gegenüber gestellt wäre (wir werden auf diese für ein Verständnis der hegeischen Rechtsphilosophie so unverzichtbare wie doch offenbar schwierige, in der Folge namentlich von Wilhelm Dilthe/ 1 ausgearbeitete Grundeinsicht noch sub §§ 16 u. 18 zurückzukommen haben). Sie ist aber immerhin in der Lage, den Grund jener Entzweiung streng für sich - damit immer auch: sich selbst als diesen Grund - festzuhalten. Der Herausforderung ihres normativen ,solum ipse' muß sich diese Philosophie überhaupt stellen: von den Rechtsverhältnissen, die so eine Person einzugehen bereit - willig, fähig oder auch gezwungen [vgl. § 41] - ist, her das Recht auch der sittlich verfaßten Gemeinschaft im Verhältnisse zum hierzu schließlich widerwilligen Rechtssubjekte zur Geltung zu bringen, um allerdings damit ebenso die private als eine bürgerliche, moralisch offene Rechtswirklichkeit in den Blick zu nehmen. Die Gegenüberstellung von Staat und Gesellschaft, wie sie die hegeische Konzeption sittlicher Gemeinschaft im ersten Zugriffe kennzeichnet, gewinnt erst in diesem doppelten Hinblicke auf die eigenständige Eigentümer-Persönlichkeit und den allgemeinen Zusammenhang, dem sie diese ihre Eigenständigkeit verdankt, ihre rechtsphilosophisch tragende Bedeutung. Öffentliche Gesetzgebung [so u. § 57] hat im Dasein ihres Gesetzes eben nicht nur öffentliche Aufgaben zu realisieren oder die Grundlage für eine (im weitesten, herkömmlichen Sinne) polizeyliche Tätigkeit zu schaffen, sondern mit ihrer abstrakten ,Regelungstechnik' überhaupt auch das Anerkanntsein der Person im Allgemeinen [schon i. S. v. § 192] in seiner (für sie immer auch) objektiven Bedeutung zu übernehmen und sicherzustellen. Ein bürgerliches Recht, dem insoweit die Aufgabe zu18 Vgl. J.-J. Rousseau Contrat 11.2 ff.; s.u. Fn. 60 u.ö.; perspektivisch noch eingehend u. § 61. 19 Dies letztere betont etwa P. Landau, Vertragsrecht 178; s. W. Bartuschat in ZphF 41 (1987), 19 f. zum Ungenügen eines solchen Verständnisses. 20 Vgl. Leviathan Chap. XI. 21 In seiner berühmten ,Realitätsabhandlung , (G.S. V) 90 ff.

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fallt, der konkret individuellen ,Persönlichkeit' die abstraktrechtliche Fonn erst noch zu erschließen, sie (so auch nicht allein i. S. d. §§ 215 ff.) allgemein zugänglich zu machen und (in einer bürgerlichen Rechtsordnung) zu befestigen, läßt sich hiennit gegen ,Privatrecht' überhaupt in doppelter Weise abheben: nicht nur durch seine allgemeine (alle Bürger betreffende) Geltung 22, sondern ebenso dadurch, daß die allgemeinste Fonn eines privativen Zugriffes hier - innerhalb des sittlich ausgeweiteten Horizontes durch "Anwendung in die Beziehung auf den Stoff' tritt [vgl. § 213], damit nicht zuletzt auch seine rechtliche Durchdringung realisiert. Die Abstraktionsfähigkeit rechtlicher Gestaltungsmacht hat sich mithin überhaupt gerade als Gewährleistung für "das Konkretum der Vorstellung, das man Mensch nennt" [§ 190 A], mit den erforderlichen Rechtsmitteln recht zu verstehen: ohne damit doch eine persönliche Eigenart selbst zu ihrem Gegenstande zu machen, wie es eine romantischen Grundströmung der Zeit hätte nahelegen können. Insofern wird mit der weiter ,fortschrittlichen' zugleich auch eine konservative Revolution verbindlich ausgeschlossen: um im gesellschaftlichen Zusammenhange auch noch das privatissimum eines Jeden als solches doch rechtlich bestehen - und sich eben durch die Fonnen rechtlichen Verkehrens in diesem Freirechtsraume bewegen - zu lassen. Wo dieser Zusammenhang sich realiter nicht mehr von selbst versteht, mag es auch erforderlich werden, durch Relativierung der zu bestimmten Institutionen (Rechtsinstituten) sich ausprägenden Rechtsfönnigkeit ihr zu einer konkreten Bedeutsamkeit, auf die sie sonst nur mittelbar ihren Bezug nimmt und verweist, noch erst eigens zu verhelfen. Statt aber hierbei das Prinzip eines abstrakt fundierten und zu fassenden Rechts preiszugeben, bleiben die hier - selbst aber zum mindesten in der gesetzlichen Fonn [i.S. v. § 211] - angezeigten Brechungen und Durchbrechungen entscheidend aus der unrechtlichen XQLOU; des Begriffs und der sie (in Grenzen: als diese Rechtsfrage) bewältigenden Wohltätigkeit heraus zu entwickeln23 . Inhaltlich aufgeladen bestimmte Zweckverfolgung und Lebensnähe 24 hingegen als das überlegene Prinzip gegen das Recht in seiner (bloß noch verächtlichen) Abstraktion zu stellen, ist allerdings schon längst eine Forderung des common sense wie des ideologisch entschieden totalitären Zugrif22 Im Verhältnisse etwa zum Handelsrecht, als eines ,Sonderprivatrechts' für Kaufleute etc.; vg!. zu dieser Differenzierung nur MüKo-Säcker Ein!. zum Allgern. Teil Rn. 1. 23 Insofern hielte § 826 BGB mit dem Begriffe einer "vorsätzliche[n] sittenwidrige[n] Schädigung" (s. u. § 26 Fn. 200) die Perspektive zu einer privatrechtlichen Rekonstruktion via negationem auch positivrechtlich bereit, wo es aber doch auf Unübergehbarkeit des Unrechts allemal ankommt; s. u. § 4. 24 Nicht als jene "ländliche" Einfachheit eines offen zugänglichen Charakters, wie J.-J. Rousseau sie (in seinem f" Discours, 24 f.) bereits der klassisch-antiken Zivilisation (s. u. § 57) entgegenhält.

3 Molkentin

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fes. Wie beide in letzter Konsequenz unter dem Titel eines gesunden Menschenverstandei5 im Bestreben einer Ausmerzung aller entsprechend ,krankhaften' Erscheinung übereinkommen, hat in letzter Konsequenz die "nationalsozialistische Bewegung" [vgl. u. § 55] gezeigt; gegen die hier freigesetzte Eigendynamik des Organisierens und Vernichtens läßt sich mit Hegel eine Bewegung des Begriffes setzen, die eben durchaus nicht nur (insofern beliebig) gedanklich, sondern - und dies zunächst in eigener Sache - höchst rechtspraktisch ,gemeint' ist und so der allgemeinen Unverantwortlichkeit im Zeitalter der, Verantwortung' entschieden in eigener Sache widerspricht. Immerhin war aber jenes Bestreben der ,Überwindung' von ,bloß' formellen Bestimmungen insoweit - auch mit jener sie in der Rechtslehre begleitenden "Substantialisierung des Formalrechts,,26, die dann ebenso auf eine Formalisierung substantieller, in der Offenheit von Privatrechtsordnung noch stets je eigens in's Werk setzenden Bestimmungen hinauslaufen mußte 27 - doch Antwort auf das, was bereits zuvor die Diskussion bestimmte; und so ist in zeitgemäßer Aufnahme der Diskreditierung eines ebenso lebens- wie gemeinschaftsfremden Privatrechtes auch im Hinblicke auf die hegeische Systematik von Rechtsphilosophie (in ihren drei Teilstücken) das Bestreben zu finden gewesen, die Alternative zur Entscheidung zu stellen und also abstraktes Recht, resp. seine28 "atomistische" Fassung in der bürgerlichen Gesellschaft (ohne welche es allerdings zu be25 Der n.b. bei Hegel als "Fonn [... ] in Gestalt von Vorurteilen" gegen "das Substantielle" sittlicher Ordnung selbst eben durchaus abgesetzt wird; hierzu s. § 317 m. A (und überhaupt zur Ambivalenz einer "öffentliche[n] Meinung" §§ 315 ff.); dennoch bleibt der begriffliche Zusammenhang fragwürdig, s. u. § 57 (bei Fn. 78) u. vor § 58 sowie die Nachweise bei Fr. Schmidt Neue Rechte 241. 26 Um hier eine Fonnulierung von H. R. Rottleuthner (Substantialisierung 215) aufzugreifen. 27 Diese Zweideutigkeit wird besonders deutlich bei K. wrenz. der letztmalig in der 2. Auflage seiner Methodenlehre (1969) den von B. Rüthers (Auslegung 302 ff.) anhand seiner ,früheren' (nicht mehr selbst nachgewiesenen) Beiträge vorgestellten Zusammenhang der bei Hegel ausborgenden Lehre vom "konkret-allgemeinen Begriff' mit dem (sie schließlich überhaupt ablösenden, vgl. das Vorwort zur 3. Aufl. [VII f.] sowie I. c. 439 ff.; s. u. § 24 Fn. 133) Denken in "Typen" und "Typenreihen" auf der Ziellinie von "Sinnentfaltung" präsentiert; es ergibt sich so Modernität (vgl. auch u. § 32 zur ,objektiven Zurechnung') durch das offene, offengehaltene Verhältnis von Abstraktion und ,lebensnahem' Gestaltungswillen: aber durch eine gewissennaßen technische Okkupation des Begriffes, der im Zweifel noch allem individuellen Übergehen sein .. ik bün all da" entgegenzuhalten vennöchte; der "robuste" Charakter, der dem Rechtssysteme von N. Luhmann (Recht 76 ff.) gerade auch im Hinblicke auf politische Pressionen etc. attestiert wird, dürfte sich so allerdings als höchst zweideutig erweisen: nicht allein in der Fähigkeit zu relativ beliebiger Anpassungs- und Öffnungsleistung, sondern diese Möglichkeit sogar noch als nunmehr sozusagen zeitlose Lehre weiter zur Geltung bringend. 28 Bereits von K. Marx (MEW 1, 376) so bezeichnete; s. K. Larenz in Kongreß... 11 143 f.

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stimmten Dasein nicht gut wird finden können) einerseits und eine ,substantiell' gefaßte Sittlichkeit gegeneinander auszuspielen29 , statt sie als notwendige Teilstücke eines einheitlichen Begründungszusammenhanges zu begreifen, der durch Vermittelung der "Moralität" seine innere Verbindlichkeit entfaltet. Das hier an den Tag tretende, teils geradezu mutwillig selbst verschuldete Unvermögen des Begriffs hat nun allerdings seine Geschichte. Damit ist gar nicht vornehmlich die von ,links' her sich erhebende prinzipielle Rechtskritik angesprochen, nach welcher noch bei Karl Marx dem formellen Rechte, wie es seiner ,bürgerlichen' Natur gemäß allerdings im Dienste der tatsächlich gegebenen Ungleichheit stehen, und stehenbleiben muß, jedenfalls der Realismus eines Austausches entfremdeter Teilstücke des gesellschaftlichen Vermögens zugestanden ist, so weit eben die Entfremdung noch reicht3o . Mag auch die Welt überhaupt nicht "in Ordnung" sein oder scheinen3!, so bleibt doch die - sich heute namentlich auch (in der gegen Kritik und normativen Anspruch sich absetzenden Durchführung) mit der soziologischen Systemtheorie [so u. §§ 57, 61] bietende - Perspektive einer Erhellung und Ausarbeitung jener Sachzwänge, an die auch noch das Projekt einer systemüberwindenden, sozialistischen Gerechtigkeit32 sich anzuschließen hätte, statt allgemein auf "Ursprungsmythen,,33 zurückzukommen, die sich zum Guten nicht wieder beleben lassen, gerade indem mit ihnen die deutliche Alternative zur rechtsgesetzlichen Freiheit anzugeben ist. Als bezeichnend dürfte insofern die (von je ganz unterschiedlicher Seite) bis heute vielzitierte Kritik am (seinerzeit) neuen Bürgerlichen Gesetzbuch zu gelten haben, die sich bei Otto von Gierke - im Namen sozialer Gerechtigkeit zugleich gegenüber "einer vom germanischen Rechtsgeiste in der Tiefe unberührten romanistischen Tradition" geübt - findet. Hier findet 29 Diese Verbindung von Gesetzeskritik und Hinwendung zur Unmittelbarkeit ,konkreter' Verhältnisse ist in den Anfangen gut nachzuverfolgen in den Akten des Il. und Ill. Hegel-Kongresses mit den Beiträgen von Larenz und Binder, von Autoren also, die ihrerseits gerade in der Lage waren, das gleichsam in der Luft liegende Motiv in den nationalsozialistischen Kontext einzubringen; deutlicher in diesem Geiste dann bei Larenz in Sittlichkeit und Recht 318 ff.; vgl. zum Ganzen Rottleuthner l. c. m. umf. Nachw.; für die sich damit verbindenden antisemitischen Bestimmungen vgl. u. §§ 3, 11 (Fn. 49), 60 (Fn. 97). 30 Nämlich durchaus bis in jene "erste[.] Phase der kommunistischen Gesellschaft", die unter Sozialisten streitig zu diskutieren wäre; vgl. die Kritik des Gothaer Programms (MEW 19, 20 ff.; vgl. u. § 23 Fn. 81); zustimmend referiert bei Wl. I. Lenin Staat und Revolution 553 ff. 31 Vgl. die Adomosche Antwort in G.S. Bd. 10, 402: "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung... " - "Mir nicht." 32 Wie es von P. Tillich Entscheidung 20, 107 ff. im Auslaufen der Weimarer Republik noch einmal stark gemacht wurde. 33 S. l. c. 24 ff.

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sich34 die Forderung nach einer Überwindung des rechtlichen Formalismus' entschieden in den juristischen, das Gesetz ausformulierenden Diskussionszusammenhang selbst eingebracht: die Ablehnung, mit welcher namentlich von Savigny das Allgemeine Preußische Landrecht von der anderen (romanistischen) Seite her konfrontierte (er hat es, wie berichtet wird, zunächst in seiner Lehrtätigkeit schlicht übergangen), war an dieser Stelle also in ihr Gegenteil verkehrt. Die Grundstellung dieser Kritik beherrscht die Diskussion, namentlich auch in studentisch-,unbefangener' Perspektive, bis heute. Dabei bietet übrigens gerade etwa die so häufig 35 bemängelte Trennung von abstrakter Verfügung und (auch für sie) ,kausaler' Verpflichtung, wie sie auch dem hierzulande noch immer geltendem Rechte zugrunde liegt, Gelegenheit zu einer Reformulierung aus einem nach dem Schuldmomente 36 vertieften abstrakten Vertragsrecht [so u. §§ 27 ff.], insofern auch als (durch subjektiv-reflexive Vermittlung) wegweisend für den anspruchsvoll-offenen Charakter einer ,schuldigen' Sittlichkeit [so u. §§ 57 ff.], die mit der Moralität auch das Sollen in sich aufnimmt. Daß in ihrem Zusammenhange nun allerdings der rechtsgesetzlich-formelle Aspekt nicht nur interner Differenzierung und Ausgestaltung, sondern überdies immer noch der Ergänzung durch eine bestimmende Rechtspolitik bedarf wie auf eigenem Gebiet durch ein soziales Schutz- und Gewährleistungsrecht zu flankieren bleibt [vgl. u. § 26, 28], kann ernsthaft kaum bestritten werden. Die bei Hegel selbst hierzu 37 gebotenen Ansätze lassen sich nicht aufnehmen und weiterverfolgen, wenn überhaupt das von ihm als "abstraktes Recht" Vorgestellte wesentlich bloß noch im Sinne einer kritischen Darstellung eines zu überwindenden Standpunktes sich verstehen sollte. Es wären damit eben auch Freiheit und Eigentum überhaupt als tragende Prinzipien einer rechtlichen Ordnung38 zu suspendieren, und überdies noch die soziale Wohltat mitsamt ihrer moralischen Fundierung dem ausgreifenden Rationalisierungsdrucke schlechthin überantwortet. Insofern kann es jedenfalls bei der Diskussion einer Philosophie des Rechts offenkundig auch nicht mit der Feststellung einer "Einheit von Darstellung und Kritik,,39 sein Bewenden haben. S. Entwurf 2 ff. Vgl. nur U. Wesel Fast alles 115. 36 Auf Rudolf [hering (und seine unter diesen Titel gestellte Untersuchung) kommen wir noch zurück; s. u. § 6 (bei Fn. 105). 37 Namentlich in Gestalt der Korporation (§§ 250 ff.; s. u. §§ 57, 59 ff.). 38 Dann etwa auch in Einlösung der zur Zeit der Weimarer Republik ebenso weit verbreiteten wie auch heute wieder ganz ,modem' anmutenden Forderung eines ,ganzheitlichen' Strafrechts; vgl. dazu die - insofern bemerkenswert (womöglich aber auch mehr den Schwierigkeiten bloß teilweiser Publizierung einer offenbar weit umfassender angelegten Habilitationsschrift geschuldet) unkritische - Darstellung bei W. Schild Merkmale. 39 Wie sie bei M. Theunissen, Sein und Schein 13 ff. für die objektive Logik Hegels beansprucht wird, die damit gewissermaßen als zumindest methodische Vorläu34 35

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Zwar kann nur die den Rechtssubjekten in ihrem eigenen Horizonte überlassene rechtspraktische Kritik die Darstellung ihres je eigenen normativen Anspruches von vorneherein durchdringen; und doch vermag sie nicht zu einem Punkte vorzudringen, von dem aus - in Erfüllung dieses Anspruches - die Seite seines Ansatzes im Ungenügen schon erübrigt wäre. Die ihrem Wesen nach kritische wie selbstkritische moralische Reflexion der durch abstrakte Rechtsverfolgung zu realisierenden Tatbestände muß vielmehr, wie sich noch näher [sub §§ 6 f.] zeigen wird, bei der unhintergehbar gegebenen Mehrzahl eines für sich berechtigten Zuganges zum Recht, im Sinne ,subjektiver' Trägerschaft, immer auch auf die Wahrheit von Rechtsverhältnissen auf schmaler, immer nur einzelne Personen umfassenden Basis zurückkommen, um sich selbst vor den Ansprüchen einer sittlichen Gemeinschaft (mit dem Grund-Anliegen der eigenen Freiheit) halten zu können. Da nun eine solche Sittlichkeit wiederum nur in dieser Bewegung auf das Niveau eines wirklich und als Wirklichkeit gerechtfertigten Dritten im Verhältnisse zu den parteiischen Subjekten,. aber auch dem inneren Widerspruche ihres in Recht und Moral verdoppelten Standpunktes zur Welt festzulegen ist, kann sie nicht schlechthin gesetzgebend sein, ohne in ihren eigenen Voraussetzungen sich selbst zu beschädigen oder zu zerstören. Sie muß ihren Bürgern den sozialen Freiraum ihres Anerkanntseins im Allgemeinen bieten und bereithalten [vgl. §§ 192, 209 m. A]; und die diesen realiter konstituierenden Abstraktionen von positivem Gesetz, Rechtspflege, aber auch überhaupt eines "System[s] der Bedürfnisse" [i.S.d. §§ 189 ff.] haben so gerade noch das abstrakt-persönlich zu verfolgende Recht in seiner Sicherstellung entsprechend zu rechtfertigen, so daß also mit dem "abstrakten Recht" die bürgerliche Gesellschaft selbst und damit die gesamte Konzeption Hegels zur Disposition stünde. Alles kommt insofern auf das Offenhalten der Verhältnisbestimmung von abstraktrechtlichem Grundansatz und sittlich bestimmter Weltverfassung noch in der auf' s Ganze unvermeidlichen Entgegensetzung [so u. § 54] an; deshalb braucht hier aber auch durchaus nicht unterschlagen zu werden, wie jene private Seite bei Hegel selbst nicht auch von ,oben' her nach Rechtsprinzipien hinreichend sichergestellt ist: insofern nämlich überhaupt eine nähere Bezeichnung des möglichen Gegenstandes öffentlicher Gesetzgebung fehlt. Die "objektive Wirklichkeit des Rechts" im sozialen Raume [i. S. d. §§ 208 ff.] kann freilich nur gerade im ,,Dasein des Gesetzes" [§ 215] selbst bestehen; von ihr nicht zuviel zu erwarten heißt dann aber doch eben: auf ihrer Rechtsförmigkeit zu bestehen, in welcher sich nicht eine Regelungstechnik als legitim erschließen kann, ohne daß damit zugleich auch der freiheitliche Begründungsanspruch subjektiver Berechtigung und Eigenrnacht aufgenommen wäre. Entspricht die ferin der marxschen Kritik der politischen Ökonomie (vgl. Brief an F. Lassalle MEW 29, 550) fungierte.

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von hier her - und in diesem Spannungsfelde - zu konstituierende Rechtswirklichkeit insofern durchaus einer naturrechtlich-vertragstheoretischen Realisierung der Notwendigkeit eines staatlichen Zusammenschlusses [so u. §§ 56, 59], dann kann sich die Gestalt des unter den Bürgern gegebenen und immer wieder in Freiheit zu stiftenden sittlichen Zusammenhanges gewiß nicht gewaltsam in eben dem Bezirke aufrichten, wo sich das private Gewaltverhältnis zum allgemeinen Rechtsverhältnisse befriedet findet. Hier ist eine Grenzziehung gefordert, ohne die eine Bestimmung des Gesetzgebens zur im eigentlichen, substantiellen Sinne staatlichen Gewalt [so § 299 m. A] letztlich haltlos bleiben muß. Allerdings: nicht nur gegen private Eigenberechtigung (die in moralischer Vergewisserung sich schließlich selbst zur Fragwürdigkeit eigener "Totalität" heraufsteigern muß; vgl. § 141, s. u. § 56), sondern maßgeblich im Zusammenhange der anderen Gewalten muß eine jede Staatsgewalt ebenso für das Ganze des Zusammenhängens (als zur Totalität je für sich ausgebildet; s. § 272, vgl. u. § 57) einstehen wie auch ihre Aufgabe eindeutig bestimmt finden: um so die bürgerliche Gesellschaft als den zur beständigen Reproduktion sittlicher Gemeinschaft erforderlichen Freiraum aufrecht zu erhalten. Der partielle Mangel an rechtlicher Ausarbeitung in den einschlägigen, sozusagen staatsrechtlichen Bestimmungen40 der hegeischen Rechtsphilosophie [so u. §§ 52 f.] verweist deshalb auch nicht auf das größere ,Problem' umfassenden Versagens vor dem freiheitlichen Grundanspruche, der doch eingangs der freien Persönlichkeit von Rechts wegen zugeordnet ist. Was so allerdings aus gleichsam umstandsloser Freiheit in eine Verbindlichkeit, die mit den Rechten der Anderen zugleich das Recht der Gesellschaft und der sie in ihrem Zusammenhalte beherrschenden Gesetze bekräftigt, sich zu finden hat, erlaubt deshalb noch keineswegs den einfachen Umkehrschluß auf den bloß ideologischen Charakter einer ganz auf das Private verlegten Begründungsweise, die - indem sie so ein für das gesellschafts tragende Handeln notwendig falsches Bewußtsein41 befestigte - zugleich einer partei40 Wenn auch nicht so sehr eines .. Grundrechte-Kataloges", dessen .. Fehlen" (von G. Lübbe-Wolff untersucht; s.u. § 57 Fn. 126) in sachlichem Zusammenhange mit der Anweisung auf korporative selbst-Einbeziehung (s. u. §§ 27 [mo Fn. 230], 57) stehen dürfte. 41 Wie der ,Historische Materialismus' (und mit ihm G. Lukacs G.u.KI. 120 ff.; vgl. Tb. W. Adomo in N.D. 198, 307: "gesellschaftlich notwendiger Schein") ihren Begriff (als in der Einheit von Notwendigkeit und notwendiger Verkehrung; vgl. hierzu O. Negt/ A. Kluge G.u.E. 790 ff.) bestimmt; bei Karl Mannheim (Ideologie 227 ff.; Kritik bei Tb. Geiger im HDSW Bd. 5, Stichwort: Ideologie, 180 ff.) finden sich demgegenüber diese beiden Momente gerade erst in einer gewissen Differenzierung, welche die Notwendigkeit der aufs Ganze gehenden standort-spezifischen Verzerrung einer auf Konvergenz angelegten Wissenssoziologie zuordnet (s. gl. Fn. 44), während der Ideologien-Lehre im engeren Sinne jener "mehr oder weniger bewußte Wille zur Lüge und Verhüllung" thematisch wird, dessen in sich selbst wi-

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lichen Rechtspolitik den Weg bereite, die überhaupt nunnehr noch die Wahl der Parteinahme ließe. Richtig und falsch sind allemal42 relative Größen, gerade um der Wahrheit des Übergehens willen. Zwar dürfte eine Philosophie der Weltanschauungen, wie sie namentlich W. Dilthey43 vorgestellt hat, dem Weltbegriffe der Philosophie selbst nicht genügen. In der Perspektive einer Soziologie der geschichtlichen und gesellschaftlichen Wissensfonnen aber44 sollte doch gerade der Zusammenhang je unterschiedlicher, sich für sich haltender Ausgestaltungen einsichtig zu machen sein, ohne ihn auf die eine Wahrheit festzulegen, die zwischen Menschen erst von Rechts wegen - entschieden vom Opfer der rechtsverletzenden Tat ausgehend - zur Geltung zu kommen hat. Solche Wahrheitsfindung [so u. § 6] darf nicht dem allgemeinen "Schuldzusammenhange,,45 gleichsam zum Opfer gebracht werden. Durch Ideologiekritik läßt sich deshalb46 aber auch nicht jene Eindeutigkeit bloß geradezu der Kritik zuordnen: als ob nicht dersprüchliches Produkt einer direkten Kritik "partikulärer" Täuschung zu unterwerfen ist. 42 In ihrer Einheit; vgl. L. Kofler in seiner 1944 pseudonym veröffentlichten Dissertation über Die Wissenschaft von der Gesellschaft (101 ff.); weiter R. Boudon Ideologie 287 mit dem Hinweise auf Fr. Mehring (vgl. Geschichte der Sozialdemokratie I, 386; Nachw. bei Mannheim Ideologie 68 Fn. 16) als den näheren Urheber der Lehre vom "falschen Bewußtsein" (unter Bezug auf einen Brief von Fr. Engels an diesen; s. MEW 39, 97). 43 S. G.S. VIII, mit dem Titel Weltanschauungslehre ("Abhandlungen zur Philosophie der Philosophie"); als "Psychologie der Weltanschauungen" findet sich bei K. Jaspers (Vorwort, XI) der Zusammenhang in die Perspektive einer "Vergewisserung der Möglichkeiten als eigener und die Erhellung des weiten Raums, in dem die existentiellen Entscheidungen fallen", überführt. 44 Als Semantik, die (mit N. Luhmann G.u.S. Bd. 1, 19) "einen höherstufig generalisierten, relativ situationsunabhängig verfügbaren Sinn" als "Vorrat an bereitgehaltenen Sinnverarbeitungsrege1n" bedeutet; möchten so allerdings überhaupt Weltbild und Weltanschauung - in ihrer laufenden Verdichtung und Bekräftigung - "als ,besonders ernste, bewahrenswerte Kommunikation'" gelten (wie Kl. Holz Antisemitismus 33 f. mit Luhmann I. c. formuliert), so wird deutlich und entscheidend, daß die Konvergenz (welche Mannheim noch "durch Totalisierung des Ideologiebegriffs", wie es bei Luhmann I. c. 12 f. treffend heißt, schließlich der politischen Wissenschaft zur Verrnittelung der Einheit anvertraut, diese so deutlich auf die Nachfolge der philosophischen Tradition anweisend; vgl. Mannheim Ideologie 150 ff., während M. Horkheimer in Studien 59 ff. hiergegen die ,,Erkenntnis, zu der wir mit unseren besten Kräften jeweils kommen" [67], zu retten sucht) bloß auf den geschichtlich-politisch sich aktualisierenden gesellschaftlichen Zusammenhang selbst hinausläuft: unter Einschluß also gerade jenes Bösen, das allemal einer jeden Philosophie des Rechts ihr (so auch nicht in einer Dialektik von Ideologie und Utopie [vgl. l. c. 83 ff.; hierzu auch R. Faber Intellektuelle 114 f., u. § 55] aus Ungleichzeitigkeit aufgehendes) Verkehrungspotential für sich zu realisieren hat. 45 In der Formulierung von W. Benjamin G.S. 11 175, ihm folgend Th. W. Adorno (Metaphysik 175 ff., vgl. Geschichte 156 f.), vgl. auch M. Heidegger S.u.z. § 58 (hierzu noch u. sub § 32 ab Fn. 64); s.u. §§ 11,54 (bei Fn. 19),61 (Fn. 146).

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eben die quaestio luns 10 dem gesellschaftlichen Zusammenhange, dem auch der ,Denker' angehört, doch jeweils beantwortet werden müßte (nicht notwendig von ihm natürlich). Hier den Boden zu bereiten, obliegt aber eben nicht einzig der kritischen Distanzierung; die mit N. Luhmann 47 aufzunehmende Ausweitung der Perspektive auf die Relativität des in der Geschichte erscheinenden, gerade in seiner Wandelbarkeit bedeutsamen Wissens (und überdies dann, im Sinne einer zwiespältigen, Verbindlichkeit auch objektiv und gar belastend mitenthaltenden Erbmasse gewissermaßen, auch Unwissens) möchte so die Stelle der nicht immer noch mit zu leistenden, nur freizuhaltenden Selbstkritik vertreten. Der schon vom Konzepte sittlicher Autonomie her - mit Kant48 - sich andeutete Blick auf die Verkehrung des Guten in's Böse spricht so für bleibende, nicht wirklich perspektivisch aufzubrechende historische Bedingtheit, deren Erkenntnis es doch gerade erst erlaubt, jeweils bei der Sache zu bleiben, mit deren Fragwürdigkeit der eigenen Faktizität (gleich Beobachtbarkeit) sich stricte eingedenk zu halten. Statt also - wo Perspektive sich nicht geradezu selbst anbietet, nicht mehr geliefert wird - an der eigenen Geschichtsphilosophie zu , zimmern ,49, bewegt das Verhandeln der Gegenwart sich auch wirklich in der Präsenz des Geistes in seiner Objektivität: so schließlich auch hier, im Sinne der gewahrten philosophischen , Option', sich an' s Ausarbeiten bestimmter Semantik haltend, um ihre Tragfähigkeit in normativer Spannung auszumessen. Die Fehler einer ganzen Epoche gehören ihr ohnehin gewiß mit Notwendigkeit an; und auch "wenn die Philosophie ihr Grau in Grau malt" [Vorr. 28], ist sie insofern rückwärts gewandt, als sie keinen überlegenen Standpunkt einnehmen (und also den Mangel aufdecken), vielmehr nur den Geist der Zeit in ihrem auch die gängigen, je spezifisch relevanten semantischen Entwürfe ihrerseits in einen Verweisungszusammenhang fassenden Horizonte zur Durchsichtigkeit bringen kann. Daß damit - und nur damit auch schon der nächste Schritt voran getan ist, soweit er denn tatsächlich ansteht und also rechtspraktisch anzugehen wäre, könnte dann auch noch von der ideologischen Befangenheit selbst gesagt werden, insoweit sie sich nur auf der Höhe ihrer Zeit befindet50 . Im übrigen bleibt die Verteidigung aktueller ,Errungenschaften' und überhaupt Freiheiten51 gegen eine Umwäl46 Sozusagen ein Rechtsgrund gegen die Sache der Negativen Dialektik (Adomos; 197 f.). 47 Namentlich mit Gesellschaftsstruktur und Semantik, vier Bände. 48 Tugend/. Einl. VIII. 1 u. Re/. Drittes Stück; vgl. u. § 58. 49 Wie es etwa R. Rorty nahelegt; s. u. § 55. 50 Vgl. dazu L. Kofler in seiner Habilitationsschrift Zur Geschichte der Bürgerlichen Gesellschaft einführend auf S. 17 f. 51 Mit den dazugehörigen "institutionellen Dämmen", von denen auch Adomo (G.S. 10, 567 f.) spricht; s. u. § 59 m. Fn. 115.

§ 1 Das Anliegen von Rechtskritik und ihre Überheblichkeit

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zung der Grundlagen, die sich selbst gegenüber nicht zur Klarheit vordringt, oder nur auf anfechtbarer, verengter Grundlage ansetzt. Wenn anders eben doch Freiheit nicht gleich und schlechthin mit Willkür zusammenfällt, die noch aus "Einsicht in die Notwendigkeit,,52 es nur wieder mit Faktizität zu tun bekommen möchte, ihr vielmehr eine sachliche Dimension zukommt und eignet, die sich aus ideologischer Befangenheit und weiterer Sachdienlichkeit zu einem politischen Gemeinwesen freisetzt, so ist schließlich auch eine Parteilichkeit, die aus dem Mangel an reellen Freiheitschancen hervortritt, auf die Wirklichkeit der Freiheit zurückzuverweisen, die als Freiheit des Geistes der Pflege bedarf, weil sie sich in der rechtlich gefaßten Neutralisierung zur unverbindlichen Meinungsfreiheit nicht halten kann. Gegenüber der Bestrebung, die staatliche Autorität prinzipiell im Sinne bloßer Privatnützigkeit zu entlarven und (unter Beseitigung der von ihr damit zu Gunsten der Vermögenden getragenen Ausbeutungsverhältnisse) umzukehren, gewinnt der von Hegel eingeschlagene Weg allemal seine Dringlichkeit gerade mit dem Ansetzen in der freien Rechtspersönlichkeit, von deren privatem Rechtsanspruche her allein einem Fundamentalismus sittlich-politischer Prärogative53 wirkungsvoll zu begegnen ist. Die Ideologiekritik durch eigene Ideologie überbietend und so mit ihr erst entschieden Ernst machend, erstrebt er ja gerade erst die Entschränkung und Entschuldung aller öffentlichen Gewalt, der Hegel in Konstituierung eines offenen Verhältnisses von Staat und Gesellschaft entschieden den Boden entzieht: was sich mittlerweile auch in der Kompatibilität zu funktionalistischen Konzeptionen verdeutlicht, deren funktionelle ,Imperativen' der beste sittliche Anspruch nicht übergehen kann. Die hierfür allerdings schließlich noch jeweils zu klärende Kompetenzfrage gehört mithin in den umfassenderen Zusammenhang einer Feststellung staatlicher Macht in ihren inneren Grenzen, wie sie durchaus nicht nur durch abstrakte Herrschaft überschritten werden. Entgegen der heute vordringenden Tendenz, auch im Namen der Philosophie die öffentlich-rechtliche Zugänglichkeit prinzipiell aller die Menschen, nur noch ansonsten und im übrigen Individuen, betreffenden Fragen, einzufordern 54 , bleibt insofern entschieden auf der einzelnen Person als Grundeinheit berechtigter Eigenrnacht zu bestehen. 52 Wie die bekannte - die hegeische Philosophie und Dialektik entschieden verkürzende - Fonnel von Fr. Engels (aus seinem ,Anti-Dührung'; s. MEW 20, 106) lautet; vgl. u. §§ 8 (m. Fn. 164), 11 (m. Fn. 102), 14 (m. Fn. 71). 53 Und auch offenbar (nicht nur im Sinne von Schuldabwehr und ,Nonnalisierung'; wie sich etwa auch in der Geschichte des russischen Konservatismus zeigt; hierzu H.-D. Löwe Antisemitismus) unausrottbar antisemitischer Konnotation; vgl. zuletzt die Schilderung bei Fr. Schrnidt Neue Rechte 198 ff., 229 f.; zu weiterer Verstrickung s. noch u. § 55. 54 Bezeichnend insofern die etwas verschämten Ausführungen bei J. Habennas Faktizität 379 ff.; s. u. § 60 bei Fn. 100.

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Wird demgegenüber das Recht der Öffentlichkeit unmittelbar in die Konfrontation überhaupt des privaten Ansprechens der Welt gebracht, fallen alle Gewährleistungen aus, die ein privates Recht noch für sich und seine noch stets der Privation entgegenstehende Welt haben könnte. So bliebe es immer der Herrschaft von außen ausgesetzt, und sei es auch: in ihrer und seiner beständigen Umwälzung. Zwar ließe sich dann allerdings eine genuin staatliche, im Begriffe rechtlicher Ordnung zum Staate sich verfestigende Macht in Grenzen halten; dies aber eben nur unter geradezu programmatischer Geltung des ,kulturrevolutionären' (und also auch immer durchaus offenen, die je wieder zu etablierende Herrschaft in ihrer Beliebigkeit und Disponibilität selbst bedeutenden) Satzes, nach welchem ,das Private' politisch ist. Spätestens an dieser Stelle wird das angenommene Mittel55 zum Selbstzwecke [vgl. § 140 A d)]: der Bezug auf die Totalität der gesellschaftlichen Verhältnisse von einer Frage des (unübergehbar persönlichen) Wissens [vgl. § 35 m. A] zur praktischen Aufgabe einer Objektivierung auch am Unwissenden. Die Konsequenz: mit der Sphäre unkontrollierter, aber mit eigener Notwendigkeit [§§ 183 ff.] staatstragender wirtschaftlicher Machtausübung auch allen persönlichen Freiraum in sich zusammenfallen zu lassen, kann allerdings nicht bestritten werden. In der freiheitlichen Umkehrung dieses - insofern immer noch 56 zutreffend gesehenen, und schließlich auch durchaus zurecht im Sinne einer unausweichlichen, aber doch allzu leicht verkannten (oder verleugneten) politische Bedeutsamkeit aller privaten Bestrebung und Einstellung57 zu reklamierenden - Zusammenhanges wird immerhin Macht überhaupt auf eine Äußerlichkeit zurückgeworfen, welche allen weitergehenden Anspruch in eine Zumutung an die ihr Unterworfenen ummünzt, um allerdings auch wiederum von dorther wirklich zur Verantwortung gerufen werden zu können. Es müßte dann also zunächst gerade auch noch die politisch wirksame Gewalt stets von einem all55 Letztlich auch geradezu als Befreiung "vom Terror der Intimität", wie in SOST Sehnsucht 85 referiert. 56 Wie etwa auch in kritischer Zuspitzung 1. Joffe (in der SZ v. 18. Sept. 1998, zu einem seinerzeit aktuellen, die Person "an der Spitze" [vgl. § 166 Z] des Staates betreffenden Thema [US-President ClintonJ, wobei doch allerdings die hier möglicherweise drohende Gefahr einer Privatisierung und Moralisierung politischer Verantwortung nicht einfach zusammenfallt mit der etwa aufgezwungenen Politisierung der Privatsphäre der Vielen) deutlich macht: "Das Fundament aller Freiheit ist die Mauer zwischen dem Privaten und dem Publiken, und deren Abriß der Programmpunkt Nr. 1 aller Totalitären"; zur Fragwürdigkeit auch des gegenteiligen, sozusagen antitotalitären Standpunktes s. beispielhaft R. Rorty Kontingenz 142 ff. u. ö., weiter u. § 61. 57 Die aber schließlich, sozusagen systemkonform und so im Horizonte eines selbst zur ,Politik' bestimmten Rechtes (s. u. § 61), nurmehr kritisch beleuchtet werden kann: als ein womöglich selbst allgemeiner Machtfaktor, und also auch ohnehin wieder Gegenstand im Spiele politischer Macht; vgl. u. §§ 58 f.

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gemeinen Gewaltbegriffe her in ihrem begrenzten, sachlich zurückzubindenden Rechte zu bestimmen sein. Im Zuge abstrakter Rechtsverfolgung findet sich dieser Begriff in seiner weitest möglichen Fassung etabliert: Gewalt ist alles, was den freien Willen "unter die Notwendigkeit [.. ]setzt" [§ 90]; um mit Kant zu sprechen: ein Hindernis meiner Freiheit58 , aber diese damit zugleich von außen unmittelbar - und sei es eben: in die bestimmte Alternative zwingend - bestimmend. So kommt es zunächst zu eben der Wechselseitigkeit und Austauschbarkeit von Gewalt und Gegengewalt, wie sie die letzte Abstraktion eines privativen Zwangsrechtes kennzeichnet, das so in seinem "Begriff sich unmittelbar selbst [zerstört]" [vgl. § 92]. Auf der Grundlage wirklich wohlerworbener, als solche in der iustitia distributiva einer öffentlichen Rechtspflege 59 verbindlich zugeteilter Rechtspositionen wird nun andererseits nicht nur überhaupt eine entschieden rechtlich bestimmte Gewalt möglich, von welcher her die Gegenseite allein als Unrecht, nunmehr im Sinne von Rechtsverletzung, auszuzeichnen bleibt. Bei Mittelbarkeit aller rechtlichen Zwangseinwirkung [i.S. v. §§ 91, 94 N; vgl. Naturr. 513, u. § 48] ist sie so überhaupt auf den modum der Möglichkeit zurückgezogen.

Dergestalt auch im Guten dem persönlichen Willen definitiv den Vorrang gebend, ist die veröffentlichte Gewalt zu einem überhaupt rechtlich geordneten Allgemeinzustande bestimmt [so u. § 51] und in ihr so die Sittlichkeit von innen her, in nomine libertatis, als der beständiger Neuordnung und -anordnung ebenso fahige wie bedürftige Rechtsraum erschlossen. Von eben dorther stellt sich mithin also auch die Aufgabe einer Bestimmung staatlicher Gesetzgebungskompetenz: aber doch gerade im Hinblicke auf die privative Gesetzgebung der freien Persönlichkeit, die im Dasein ihrer Freiheit - und primär selbst als ein solches Dasein - hierzu (nach dem rechtspraktisch unabdingbaren Begründungszusammenhange) in prinzipieller, mithin in einem rechtlichen Verhältnisse der Klärung bedürftiger wie zugänglicher Konkurrenz steht. Damit ergeben sich nun allerdings durchaus beachtenswerte Gemeinsamkeiten zwischen privater und öffentlicher Eigenmacht, insofern sie eben nicht im Sinne einer Schuldigkeit gegeneinander aufeinander bezogen wären; es handelt sich insofern immer um einen gebrochenen Ableitungszusammenhang, in welchem das eigene Recht in einer Selbstbehauptung überspitzt ist. Gerade wegen der hiermit auch als rechtspraktisch realisierbare Möglichkeit sich ergebenden Parallelisierung also muß beider Verhältnis bis zu einer Konfrontation vorangetrieben werden, welche zumal dem politisch ausformulierten Anspruche sein partikuläres Auftreten letztlich durchaus nicht durchgehen läßt. In diesem weiten, auf die öffentliche Situation erweiterten Zusammenhange gewinnt auch die hegeische Kritik 58

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Nach Rechts!. Ein!. § D. Wiederum (s. o. Fn. 12) im kantischen Sinne; vg!. Rechtsi. § 41.

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I. Einleitung

des Zwangsrechtes (im kantischen Sinne), das er doch unter erweiterten Voraussetzungen wiederherstellt, erst ihren Sinn. Recht, im vollen Ausmaße seiner Wirklichkeit als sittlich fundiert zu begreifen, ist je und je Besonderung eines Allgemeinen, über das es aber nicht in toto auch verfügt; und auch im Begriffe des allgemeinen, Alle einschließenden Gesetzes60 nicht verfügen kann. Zwang ist deshalb ebenso Ausdruck von Ohnmacht, oder Unvermögen, wie er sich legitimerweise mit dem unerfüllten Anspruche verbinden muß. Daß Zwang [zuf. § 94 A] nur Konsequenz des Rechts sein kann, ist dann aber auch "in dem Umwege des Unrechts" bedeutungsvoller, als es zunächst den Anschein haben mag: ist er doch so nicht nur Überwindung eines Hindernisses, "das meiner Freiheit Abbruch tut"6I, sondern exponierte (und darin fragwürdige) Folge der je eigenen Rechtsausübung, wo sie sich eben überhaupt in ein Streitverhältnis hineinzustellen hat. Letztlich muß so alle faktische (in dieser Faktizität noch nicht wieder auf Freiheit hin aufgelöste) Gewalt im Umkreise des Rechts in den Bann der Gesetzesherrschaft geraten: indem sich wenigstens ein Subjekt finden wird, das zu ihr in Sonderheit sich bekennte. Die Ausschließlichkeit hierauf gestellter Verhältnisse müßte aber jedes, Vernunftrecht' zunichte machen; es sei denn, sie lasse sich eben als (mit Notwendigkeit auch verkehrte) Bestimmung eines ursprünglich verbindenden Zusammenhanges formulieren und damit auch in eine bestimmte, ihn auf' s Ganze rechtlich orientierende Richtung hin auflösen. Dieser Gedanke nimmt eine entscheidende, kaum zu überschätzende Stellung bei der Entfaltung des Grundgedankens der späteren Rechtsphilosophie Hegels ein, vermag sich allerdings im Fortschreiten der von ihm über die ganze Zeit seines Wirkens verfaßten Texte zu voller Leistungskraft (nämlich: gerade auch in der Bestätigung des Gesetzes; s. u. §§ 52, 54, 59 ff.) erst nach und nach zu entfalten. Zunächst handelt es sich um eine Art (durchaus fragwürdiger; s.u. § 55) ,Lebensphilosophie' [vgl. G.d.Chr. 342 u. ö.; s. u. § 53], deren innere Notwendigkeit Hegel (und uns mit ihm) aber im Durchgange durch die rechtlichen und auch ökonomischen Differenzierungen zur Endgestalt einer Philosophie des objektiven Geistes führt. Da diese noch immer von dem kritischen Potentiale einer Konzeption sittlichpolitischer Identität lebt, die sich eben nicht in einem - abstrakten, oder auch totalitär zusammengefaßten - Herrschaftsanspruch erschöpfen kann und dementsprechend in ihren begrifflichen Voraussetzungen fundiert und 60 Im Sinne J.-J. Rousseaus; s. Contrat 11.4 u. 6; §§ 51 (bei Fn. 210 f.), 61 (insbes. bei Fn. 244, 318). 61 L.c. Ein!. § D; ob nicht allerdings auch Kant wiederum hiergegen ,stärker' gemacht werden könne, ist eine andere - hier nicht also solche zu verfolgende Frage; es müßte dann "das Vermögen, andere zu verpflichten" (M.d.S. Eint. I. Anm.), als Wendepunkt von der moralischen Grundlegung zur Rechtslehre begriffen werden; vg!. weiter M.d.S. Ein!. IV., Rechtsi. Ein!. § Cu. (aus dem Privatrecht) § 2.

§ 1 Das Anliegen von Rechtskritik und ihre Überheblichkeit

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entfaltet werden muß, bleibt eben doch alle Revision auf dem hegeischen Denkwege der Ausarbeitung des einen Grundgedankens unter- und in der Sache zugeordnet. Zur Verdeutlichung dieser Kontinuität - um nämlich so die dialektische Spannweite der Rechtsphilosophie auszumessen - macht es Sinn, je und je auch die Vorarbeiten heranzuziehen62 , aus denen so unwiderruflich sich der sekundäre, aus einem anderen Ursprunge abgeleitete Charakter un- und übermäßiger Ansprüche ergibt. Es kann sich dann nämlich die staatliche Herrschaft selbst als äußerlich unvermittelt in eine privative Bewegung einbezogen, und in ihr in diesem Ungenügen mit aufgenommen finden; so daß die Partikularisierung des Rechts als ein allgemeines Phänomen der Freiheit zur Überwindung oder doch Einordnung anstünde. Die Idealität einer Entscheidung ZMm Guten soll dann allgemein noch in der Gewalt gegenwärtig sein, die als Recht [i. S. v. § 99] gilt, bis sie ihrerseits und als solche rechtlich aufgehoben ist. Diese Engführung des freiheitlichen Begründungsanspruches vollendet sich gewiß in der hegeischen Auffassung des Verbrechens: als umfassende Privatisierung und damit Herausforderung der Rechtsordnung in der Einheit von Gesetzesbruch und Gesetzesaufstellung [so u. §§ 49 ff.]. Von dieser bis aufs Weitere noch positiven Aktualisierung geht mit Notwendigkeit ein Allgemeinheitsanspruch aus, dessen die Privatautonomie gewissermaßen auf den Kopf stellende Geltungsweise einer Verbindlichkeit einer Autonomiemoral kantischer Prägung in seiner umgekehrten Weise entspricht: er kann es - gleichsam als Gegenstück ihrer im Normativen gelegenen Mächtigkeit fungierend - wie sie gerade nur zur Herausarbeitung der strengen Alternative der Pflicht und ihrer Verfehlung bringen. Das bei aller äußeren Gewaltanwendung vorrangig zu klärende Verhältnis von Recht und Unrecht (in das auch ein moralisches ,Mediatisierungsverbot' in Gestalt des erlaubtermaßen einzuschränkenden "angeborenen Menschenrechts" eingehen müßte63 ) bedeutet dann aber nicht nur eine Erweiterung der Fragestellung auf ein "äußeres" "Mein,,64, son62 Denen noch ohnehin (s. o. Fn. 2) die Phänomenologie des Geistes zur Seite steht; wogegen die unterschiedlichen Vorlesungs nachschriften zur Rechtsphilosophie selbst in ihrer Bedeutung durchaus zurücktreten, insofern sie zwar die jeweils gegebene politische Offenheit des Vortragenden - wie allerdings doch wohl auch: seiner Hörer - in unterschiedlicher Pointierung zu beleuchten vermöchten (vgl. die Einleitungen der Herausgeber Ilting, aus 1973 u. 1983, resp. Henrich, insbes. 13 ff.), aber in der Sache doch schon der als einer Philosophie des Rechts erreichten Endgestalt angehören. 63 Wenn W. Kersting (Freiheit 248 f.) diese Einschränkung auf das "Allgemeine Rechtsgesetz" (aus Rechtsi. Einl. § C) bezieht, so erscheint dies insofern als unvollständig, als der privatrechtliche Erwerb ja gerade die Durchführung der Rechtsgesetzlichkeit (wie sie die Ordnung eines bloß inneren Meinen in bestimmter - eben prinzipiell erlaubter und abgeleiteter - Weise durchkreuzen muß) zu erbringen hat, welche aber eines bestimmten Ausgangspunktes bedarf, der ohne die angeborene Freiheit eines jeden gleichsam im leeren Raume sich verlieren müßte; s. u. § 61.

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dem in der so schon vollzogenen Öffnung auch die Notwendigkeit der Entscheidung aufgrund (als mit der je besonderen Macht des Faktischen ausgestattet) immer "provisorischer" Rechtsverhältnisse. Soweit sie auf Gewalt beruhen, bedeuten sie immer eine65 Verengung, die der Weltoffenheit des Rechtes nicht gerecht wird. Wo es nicht mehr nur um das definitiv Untersagte, sondern schließlich das Unerlaubte in Überschreitung des Erlaubten gehen muß, hat sich der Kreis eigenverantwortlich auszufüllender Freiräume bereits geschlossen, ohne daß ein weiterer Zwangseinsatz diesen Defekt noch beheben könnte. § 2 Schuldverhältnis und Gewaltverhältnis

Allerdings ist dann auch in moralischer Zurückhaltung des Einzelnen nicht die Integration der auseinanderfallenden Seiten zu leisten: handelt es sich doch eben nicht entscheidend um ein Verhältnis zu sich selbst, sondern eine äußere Verbindlichkeit zu anderen Subjekten. Wenn demgegenüber moralischer "Selbstzwang,,66 sich noch wesentlich gerade unter die ausschließliche Alternative stellt, wie sie im Zwangsrecht - insofern es den privaten Horizont noch nicht überwunden hat - sich in der Wechselseitigkeit des Einsatzes von und Festhaltens an Gewalt äußerlich manifestiert, ist in solcher Gewaltausübung doch immerhin die Forderung des grundlegenden Bekenntnisses zum (in seinen Tatbeständen) geltenden Recht gelegen und etabliert, wie es sich weder in einem Gewaltverhältnisse schon von selbst verstehen möchte, noch aber durch eine bloße Gegengewalt, von sozialer Reaktion her auf einen öffentlichen Zugriff auf die Privatsphäre dringend, erübrigt werden kann. Zwang in eigener Sache hat dagegen naturgemäß seine eigene Stelle; Fremdbestimmung, Gewalt auch, insofern sie von ihm ausgingen, vermag er aber immer nur in einem ebenfalls vorübergehenden, durch- und aufhaltenden Akte von sich abhalten: bis er durch eine allgemeine sittliche Aktualität aufgefangen werde, die den moralischen Solipsismus des Einzelsubjektes zu einem Teilmomente von Rechtswirklichkeit herabstuft, das ausgewiesener Ausübung von Staatsgewalt gleichsam von der anderen Seite her entgegenkommt. Zunächst und zwischendurch aber bleibt auch das öffentliche Verhältnis ein Gewaltverhältnis, welches als Schuldverhältnis nur erst durch die schrittweise Zuspitzung des unmittelbar vorgetragenen Rechtsanspruches der freien Persönlichkeit durch die Gestalten abstrakter Rechtsverfolgung hindurch in den Blick kommt. Die Unbestimmtheit des rechtlichen Agierens der Privatperson soll sich in eine SittIm S. v. Rechts/. §§ 1 ff. Wenn auch eben vorläufig-vorsichtig auf die neue Einheit bereits wieder verweisende; s. u. § 3. 66 Vgl. Kant Tugendl. Einl. I. 64 65

§ 2 Schuldverhältnis und Gewaltverhältnis

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lichkeit aufheben, die auch ihrerseits dem Anspruche des Einzelnen nicht mit willkürlicher Setzung begegnet; so aber auch in der Immanenz der Freiheit einer jeden Person dieselbe auf ihr Unrechtsbewußtsein gegebenenfalls entschieden zurückverweist. Dieser prinzipielle Zusammenhang wird auf der vollen Strecke des Weges durch die Gestalten abstrakter Rechtsverfolgung ausgemessen, der (wie im Hauptteile unserer Untersuchung: 111.) nur Schritt für Schritt genommen werden kann. Es handelt sich hier eben nicht um sachlich gebundenes Sonderinteresse, sondern die reelle Problematisierung der Idealität aller ~ßeren Bestimmung, welche auch moralischer Reflexion ihre Zweideutigkeit verleiht, zum zu ergreifenden "Recht der Besonderheit" Ci. S. v. § 124 A; vgl. § 184]. Daß hierin zugleich eine Legitimation des Rechtszwanges überhaupt gelegen ist, muß sich dann mit Notwendigkeit aus der inneren Konsequenz der bis zu diesem Punkte hin zu verfolgenden Bewegung ergeben, auf deren Herausarbeitung also alles ankommt. Dies Ergebnis bedarf dann insofern auch keiner weiteren Relativierung, eben weil es ohnehin nur gerade soweit zum Tragen kommen kann, wie es der Herleitung des Zwangsrechtes in einem privativ auf sich gestellten Zusammenhange entspricht. Ein solcher Zwang ist immer ein Zwang gerade zum Recht hin; mag dasselbe dabei auch durchaus mißverstanden, gar in sein Gegenteil verkehrt sein. Wie also bei Kant die Zwangsbefugnis eine doppelte Richtung - Verteidigung, Widerstehen in eigener Sache und Nötigung aus dem Streite heraus in die bürgerliche Gemeinschaft67 - aufweist, so läuft auch der in der Sache des Rechts nicht gedeckte, oder sich in der personellen Zuständigkeit versehende Zwang doch immer auf denselben Punkt einer sich gegen Störungen unmittelbar durchsetzenden Ordnungsmacht hinaus, welche in der Grundform ihres Zugriffes nurmehr die Beglaubigung der Übermacht zu einem Tatbestande rechtlicher Geltung erfordert. Diese Einschränkung bleibt aber auch im Gesamtzusammenhange gültig; es ist insoweit durchaus von einer prinzipiellen, nämlich: aus dem Anfange sich herleitenden Limitierung des zwangsweisen Zugr:eifens auf freie Subjekte auszugehen: als nämlich eingeschränkt in Richtung auf legales, sich fügendes Verhalten allein. Hierbei handelt es sich ja nicht allein um die Sinnlosigkeit eines sich auf das Innere eines Menschen selbst richtenden Zwanges Ci. S. v. § 106 Z68]; in der Freiheit des volenti non fit iniuria 67 Vgl. Rechtsl. Einl. § D und Privatrecht § 9 einerseits, l. c. § 8 (Folgesatz) andererseits: wenn auch wohl kaum über sie hinaus; so daß die bereits mit der Friedensschrift (2. Definitivartikel) vorgestellte Weiterung zum pactum pacis überhaupt in der Alternative stehen dürfte, den Anderen "als einen Feind [zu] behandeln" (BI A 18); zu dieser nicht zuletzt auch der lockeschen Konzeption eines unmittelbar kriegslastigen Naturzustandes (2 nd Treat. §§ 7 ff.) einen neuen Sinn unter der "unausführbaren Idee" des ewigen Friedens gebenden Perspektive s. u. §§ 59, 61. 68 Vgl. M.d.S. Eint. I; s. u. § 49.

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macht es immer noch einen Unterschied, ob Zwangsmittel zur Niederwerfung eines allerdings rechtlichen, vom Willen getragenen Widerstandes, oder zur (notwendig mittelbaren) Veranlassung einer bestimmten Gesinnung gleichsam ,positiv' eingesetzt werden. Die ,Irrationalität' eines Verbrechens, das sich von aller ,rationalen' Zweckverfolgung zunächst ganz losreißt [vgl. u. §§ 39, 44, 47], ist so zwar abstrakte Gestalt eines radikal Bösen und dennoch eben das in der Tat über sie nicht bloß im handfesten Eigeninteresse, sondern entschieden von Rechts wegen hinausweisende, insofern zu seiner rechtlichen Bewältigung ganz unverzichtbare Moment. Sie erlaubt nicht allein erst: den Verbrecher in seiner Tat, unter Absehung des je weiter verfolgten Zweckes, geradezu auch in der Strafe zweck/rei [so u. § 44] "als Vernünftiges" zu ehren (wie es in der berühmten Stelle des § 100 A heißt); vielmehr findet sich in einem dem entsprechenden Morde dem noch durchaus nicht psychologisch Mordlust 69 zu unterstellen wäre die sittliche Zweideutigkeit des Rechtes auf die Spitze getrieben, insofern er (schließlich auch in Notwehr zu rechtfertigen) die moralische Integrität der anderen Seite noch unberührt läßt. Der Staat aber hat nicht nur hier das Strafrecht am Täter in Wahrung seiner selbstverantwortlichen Stellung (und also Reduktion auch seiner Motive auf die Verwirklichung eines Tatbestandes, in welchem sie immer nur eine untergeordnete Rolle ausfüllen können) zu realisieren, sondern überhaupt seine Zwangsmittel der Aufrechterhaltung einer auf äußere Beständigkeit ausgelegten Ordnung vorzubehalten, der so die Einzelnen bestimmt etwas schuldig bleiben können. Diese Entsprechung zum Ertrage der kantischen Rechtslehre geht (wie am Ende - sub §§ 58 u. 60 - noch näher festzustellen) deshalb durchaus nicht etwa schon dadurch wieder verloren, daß ,die' Sittlichkeit Recht und Moral wiederum zusammenbrächte und damit zugleich die Aufspaltung der praktischen Philosophie in Legalität und Moralität beseitigte. Wenn es doch immerhin der positiven Fassung eines persönlichen status civilis bedarf, der - insofern gilt die Zwangsrechtskritik - immer gerade von innen her zu entwickeln und offenzuhalten bleibt, so kommt die moralische Bedeutung rechtlicher Tatbestände immer schon von der anderen, der eigenen Seite her, die alles Bestehende als bloß gegeben von sich abzuhalten (und dann auch erst wieder: zu bestätigen) vermag. Private Selbstberechtigung und Rechtsverfolgung positiviert die Welt gerade als eigene; die Durchsetzungsfähigkeit des Rechtes auf die jeweils vorliegende und in Aussicht genommene äußere Sache dient so über sie hinweg wesentlich dem Dasein der Freiheit, das die Person (wenn auch eben umfassend im weiteren Kreise des ihr sachlich Zustehenden) selbst ist. Anders als in der Zuordnung von Gütern sollte hier also nicht etwa der Staat bruchlos die Einzelnen überhaupt ablösen können, in69 Etwa in ihrer Bedeutung als Mordmerkmal eines "niedrigen Beweggrundes" gern. § 211 11, J. Gruppe, StGB.

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dem er die Aufgabe ihrer Gewährleistung übernimmt und realisiert. Es gilt vielmehr: Freiheit und Eigentum des Bürger auf eine in der gesetzlichen Besonderung doch allgemein gültige Grundlage zu stellen, welche zugleich dem privatrechtlichen Ordnungsanspruche Genüge tut, der sich in der öffentlichen Ordnung wiederfindet und -erkennt; erlaubt eben doch eine solche sittliche 'avullvEOL'!; auch erst den persönlichen Anschluß an die volle, die sittlichen Wirklichkeit, wie sie das Recht in der Gemeinschaft findet, und ist damit zugleich entscheidend70 diese Möglichkeit selbst. Gerade insofern der privative Anspruch auch ,von Hause aus' nicht auf das eigene , Haus' beschränkt ist, vielmehr weiterreicht und ausgreift, muß er seine Stelle haben, ohne damit schon von Rechts und Staats wegen auf bloßes Unrecht zurückzuwerfen zu sein. Eben damit dies Unrecht nun aber nicht in der Rechtswirklichkeit ohne weiteres - nämlich: unter formell Gleichen - für alle gilt, bedarf es aber allerdings des staatlichen, die Gewalt in sich zusammenfassenden (auf sich konzentrierenden und so ,monopolisierenden') Zugriffes; allein die ein Öffentliches Recht im juristischen Verstande konstituierende ,Unterordnung' (und also, auf der anderen Seite, Überordnung) der einander so durchaus nicht gleichenden Beteiligten7l , welche auch erst eine wirksame staatliche Gesetzgebung für ein Bürgerliches Recht (und Gesetzbuch) möglich macht, ist dann doch selbst wieder als Ausdruck des jeder Beziehung eignenden Momentes von Ungleichheit zu begreifen, die aller Rechtssubjektivität wesentlich angehört und als eigene Tat folgen muß. Es ist dann an jedem Einzelnen, dies - im Ganzen einer umfassenden rechtlichen Ordnung oder auch wenigstens ansatzweise in individueller Vereinzelung - aufzufangen durch "moralisches" Entgegenkommen, welches Recht erst zur Pflicht machen kann, wo das Eigeninteresse sich anders bestimmt hat. Nur wenn aber zunächst die persönliche Rechtsverfolgung das Unterscheiden von Recht und Moral, von Faktizität und Geltung einseitig auf sich nimmt und so zugleich (gegen die der Person eigene normative Indifferenz i. S. v. § 35 m. A, die sie als "in einem das Hohe und das ganz Niedrige" zunächst Anderen durchaus auch geradezu verächtlich erscheinen läßt; vgl. l. c. Z, s. u. § 7) nach außen wendet, kann sie auch auf einer Ebene prinzipieller Gleichberechtigung an der Äußerlichkeit alles fremden Interesses und Ansinnens festhalten. Hier stellt sich also die Frage nach der rechtlichen Ausgangsperspektive: noch ganz ungebrochen den Kreis des eigenen Daseins zu aktualisieren, statt sogleich 70 In Rückholung der platonischen, noch durch die gnostische Kosmologie überbotenen Dramatik (vgl. B. Merker Selbsttäuschung 177, zust. M. Brumlik Gnostiker 256) in die Offenheit der Situation des Übergehens; s. u. § 56. 71 Vgl. zu dieser "Subjektionstheorie" E. Forsthoff Verwaltungsrecht § 6, 2; der "Subordination" bleibt insofern (weitere Spezifizierung also vorbehalten) die "Koordination" privatrechtlicher, "auf der Willensautonomie beruhende[r)" Beziehungen gegenüberzustellen (I. c. 107). 4 Molkentin

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immer auf die je entgegenstehende Befugnis mit abzustellen, um sich nicht recht eigentlich erst von außen in das eigene Recht, durch "tätliche" Einschränkung72 , gesetzt zu sehen. Dann hieße die schließlich (bereits vorgängig) öffentlich etablierte Ordnung nicht nur Sicherstellung des rechtlichen Bestandes eines Jeden (im Zusammenhange mit dem der anderen Bürger), sondern läßt ebenso der Differenz von rechtlicher Freisetzung und moralischer Selbstbestimmung rechtspraktisch gewissermaßen Gerechtigkeit widerfahren. Dem Rechte der Objektivität entspräche so auch wirklich ein "Recht der Besonderheit" [i. S. d. § 124 A], in welchem die abstraktrechtlich [gem. § 37] belanglose (erst durch Verbindlichkeit trennende) Inhaltsseite selbst Rechtscharakter trägt. Wo sie als soziale Realität gerade nur dadurch sich bekräftigt finden kann, daß sie als Ungleichheit von Natur her freiheits-faktisch aufzunehmen bleibt, womit sie zugleich, vermittelt durch jene moralische Aneignungsform, als aus dem Geiste hervorgebracht [vgl. § 200 A] zu gelten hätte, kann der Vorrang des einer Person zuzuordnenden rechtlichen Bestandes gegenüber seiner moralischen Infragestellung auch durch staatliche Gewalt nicht etwa rechtswirksam aufgehoben werden. Soziale Gerechtigkeit ist so unausweichlich als Problem gegeben, dessen Lösung im besten Falle teilweise erfolgen kann, insofern der Zugang zum rechtlichen Verkehr im bürgerlichen Vermarktungszusammenhange einer sozial-politisch partizipierenden Initiative offengehalten wird, wo er "in ungehinderter Wirksamkeit" [i. S. v. § 243] verantwortungsloser (der Verantwortung für Andere lediger) Vermittelung nicht mehr gefunden werden kann. Hier erst kann also ein Zugeständnis des Bedürfens entschieden in's Spiel kommen [so u. § 57], wie es eben nicht schon dem Vorgange einer abstrakt persönlichen Rechtsverfolgung selbst unterlegt werden darf: wenn anders es insofern erst durch die abstrakt-gleichgültigen Formen von Interpersonalität überhaupt die Intersubjektivität eines entschieden rechtlichen Verhältnisses zu begründen gilt. Daß ein solches überhaupt nur - um mit Hegel [trotz § 40 A] hier die kantische Grundbestimmung73 aufzunehmen - von Willkür zu Willkür bestehen kann, versteht sich für den alltäglichen Blick auf die Gegenstände des Rechts durchaus nicht von selbst; besteht doch der ,absolute' Charakter eines dinglichen Rechtes nicht zuletzt auch im Horizonte des Juristen gerade in der Möglichkeit, seinen Umfang und Inhalt als alle andere sachliche Berechtigung (und damit erst auch: Personen) ausschließende Beziehung auf die Sache darzustellen 74 . Die entschiedene Inbezugnahme anderer tauglicher Subjekte je ihres Eigenrechtes mit faktischem Einflusse der je zu etablierenden Tatbestände aufeinander muß sich immer noch erst aus der Maßlosigkeit eines notwendig unmittelbar sachbezogenen 72

73 74

Vgl. Kant Rechtst. Einl. § C. In Rechtsl. Einl. § B; zur Fortbestimmung durch Heget s. u. § 15. Vgl. MüKo-Quack Sachenrecht, Einleitung Rn. 25 f.

§ 2 Schuldverhältnis und Gewaltverhältnis

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Zugriffes - dem ein "absolutes Zueignungsrecht" [i. S. v. § 44] überhaupt keine Grenzen setzt - zur Rechtsbedeutsamkeit objektivierender Gegenüberstellung von möglichem, schließlich explizit erhobenem Anspruch herausarbeiten, um die zunächst immer von bloßer Faktizität (möglicher Freiheit ,dahinter') ausgehende Zumutung in gesetzlich bestimmter Weise einzuordnen. Die selbständige Aufnahme eines absoluten Zuganges zur Welt im Sinne eigener Berechtigung erweist sich hiennit aber auch von sich aus als unabdingbar für eine Legitimation der bestehenden Verhältnisse auf der ganzen Breite gesellschaftlicher Existenz. Erst unter dieser Voraussetzung eines privativen Zugreifens auf die Welt eben kann andererseits deren Realität auch am Rechtssubjekte, als ihm gehörende Objektivität nämlich, selbst hervortreten und die Verhaltung zu äußerlichem Bestehen in seiner Rechtlichkeit jeweils bestimmen. Mit dessen Realisierung als ein Dasein der Freiheit [vgl. § 29] auch gegen mich ist jede theoretische Verhaltung überfordert; vennöchte sie doch immer nur einen Rechtsanspruch auf sein Subjekt hin aufzulösen und so auf seine Wohlbegründetheit für es zu prüfen, aber nicht ihn auf der anderen Seite einzulösen. In dem so zu bewältigenden Weltverhältnisse sind naturgemäß Ungleichheit und Herrschaft nicht von einer persönlichen Identität her zu begreifen, die sich von ihrer eigenen, als der ihr eigentümlichen Objektivität immer erst zurückziehen muß: um auf diese selbst in ihrem faktisch mächtigen Auftreten als ein Recht auch gegen sich erkennen - und sie darin, immer als Gegenstück der eigenen Subjektivität, auch anerkennen - zu können. Ohne diesen Weg aber, und also auch sein beständiges Offenhalten von ,oben' her, jedenfalls ist schlechthin kein Stand des Einzelnen in seiner Welt zu erreichen, wenn anders er überhaupt erst sich in Frage gestellt sehen müßte. Denkbar [vgl. § 128 N] ist und bleibt allerdings alles Mögliche: von hingenommener Unrechtsherrschaft über eine privatrechtliche Konzeption des Gemeinwesens in einer Theorie des Vertrages [vgl. dazu noch § 59] bis hin zur gegebenen (sich als solche ergebenden) Einheit der Welt in der Idee eines schlechthin verbindlichen Guten; aber gerade ihre Auffassung im Gewissen des Einzelnen wird schließlich alles "Recht der Welt" [§ 33] gegen sich verkehrt und also aufgebracht haben [vgl. §§ 140 A u. 141]. Darin zeigt sich noch eben derselbe Zwiespalt, auf den auch moralische Reflexion, für sich ganz unmittelbar, stößt, wo sie sich gegen einen gegebenen Tatbestand abzusetzen sucht und dabei nicht umhin kann, ihn noch erst von sich her zu beglaubigen. Das insoweit noch durchaus transzendentale Argument eines Rechtes der Objektivität [in §§ 118 m. A, 120, 132 m. A; vgl. dann aber § 140 A a), u. § 8], welches sie so für sich realisiert, bleibt hier an die Absicht der Aneignung gebunden, die weder vorausgesetzt noch gleich als eingelöst unterstellt werden darf; sie ist vielmehr mit gutem (nämlich: nicht verletzenden und also verletzten) Rechte überhaupt nicht erreichbar in bloß fonneller Selbstbeschränkung. Erst der "Übergang von

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der Moralität in Sittlichkeit" [§ 141] entscheidet, ob der Realismus des unbefangen angesetzten Privatrechts in seinem moralisch herausgestellten Rechtsanspruche den Anschluß an die Rechtswirklichkeit findet, die vom Einzelnen her doch wenigstens ebensowenig zustande zu bringen wäre wie wiederum sein in der Gleichgültigkeit eines Ansichseins anerkannter Objektivität im Allgemeinen nur aufgenommener besonderer Charakter und Blickwinkel sozusagen von ,oben' her Gegenstand einer Zuteilung sein könnte. Das individuell-persönliche Offenhalten des Weltverhältnisses ist selbst eine rechtliche Leistung. Übergehen [i. S. d. § 141] heißt dann aber immerhin: den Boden der Integration vorzuschieben vom Gedanken zu seiner etablierten Realität, welche in dem eigenständigen Rechte ihrer Objektivität doch zugleich als diejenige des moralischen Subjektes als eines konkret weltlichen Individuums zu identifizieren ist; und das verschiebt allerdings die Gewichte unserer zunächst beide Seiten gleich gültig ansetzenden Eingangsfrage: weg von individueller Freiheit - deren Unentbehrlichkeit wir aber mit dieser Frage doch eben voraussetzen - hin in Richtung auf ihr in politischer Praxis zu identifizierendes Verständnis kraft einer alienation im roussauschen Sinne75. Wenn diese nun doch schon deshalb nicht als totale erscheinen und gefordert sein dürfte, weil sie zugleich die Rücknahme von Entäußerung bedeutet, welche das private Recht der Personen für sie selbst immer schon realisiert, und es so als eine praktisch in die eigene Sache fordernde Entfremdungskritik doch nicht erst allein in der Negativität eines Verlustzustandes ansetzen kann76 , so ist doch gerade - eben mit Hegel! - unter der Voraussetzung einer Unmittelbarkeit von Freiheit selbst am Ende ihrer Reflexion nach innen und außen das Übergehen auf ein Gebiet gefordert, auf welchem nicht eigentlich77 im Begriffe einer Freiheit gehandelt wird, die sich ihres Gegenstandes unmittelbar gewiß sein darf, und muß: um von dorther auch weiter ausgreifen, differenzieren, ihren Unterschied machen zu können. Wofern dies Übergehen also der Freiheit mit Recht zugemutet wäre, dürfte es nun in der Tat nicht wieder schon ihr UnGern. Contrat I.6; s. u. § 16 zu den privatrechtlichen Wurzeln dieses Begriffes. Womit doch allerdings auch schon J.-J. Rousseau sich selbst mißverstanden: oder aber sich und seinem Leser eben über die Voraussetzungen seines politischen Programms nicht wirklich redlich Rechenschaft abgelegt hätte; s. u. §§ 57 ff. 77 An welcher Stelle dann auch K. Marx einsetzt, durchaus nicht um eine in diesem privativen Sinne bessere Freiheit einzufordern (um welche es also, wie mitunter zu hören ist, bei dem sich hieran anschließenden politischen Projekte doch ,eigentlich' immer auch gegangen sei), sondern überhaupt Emanzipation aus unangemessener Bindung (s. dazu Verf. zur Arbeiterselbstverwaltung 117), die immer nur aufs Ganze (im Sinne eines Wiederlangens jener Handlungsfähigkeit, die einstweilen nur Gesellschaft als solche bedeuten kann; s. gl. Pn. 78) erreicht werden könnte, um dabei auch die Gleichheit eines abstrakten Rechts im Begriffe des Menschen nach Bedürfen; zunächst aber wohl noch stricte gehalten in gewissermaßen erzieherischer Restriktion - zu überwinden und wirklich freizugeben. 7S

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tergehen und Preisgeben bedeuten: auf das Recht der bestehenden Verhältnisse im Rechte dieses ihres Bestehens schlechthin, nicht bloß (was natürlich annehmbar bliebe) zu ihrer fallweise sachlichen Rechtfertigung auf dem foro der Vernunft. Dort mögen sittliche Institutionen oder der sie tragende - aber doch auch erst wieder je auf' s Neue zu stiftende78 - Geist teils angemessen erscheinen und teils nicht, wie ein bestimmter und in seinem Eigencharakter jeweils gleich gültiger Privatbesitz.

Vom Standpunkte der sittlich fortbestehenden, darin ansprechenden und anzusprechenden Substanz einer Gemeinschaft her kann jedes Erwägen und Entwerfen nur einen nach subjektiver Fonn und persönlichem Gehalt untergeordneten Aspekt geltend machen, und dennoch artikuliert sich in ihrer Gegenüberstellung zur "eigentümliche[n] Weltansicht des Individuums" [§ 140 A e)] eine geistig maßgebliche Dimension von "Recht der Besonderheit" [vgl. §§ 124 A, 182 ff.]. Dessen Aufgabe in einer bloßen Auswechselung des Standpunktes79 müßte so aber dem Rechte der Welt auch wieder die Objektivität seiner Geltung entziehen, wie andererseits das Beharren der Privatperson auf ihrer Besonderheit, sie bloß für sich zu reservieren und so den Übergang schuldig zu bleiben, durchaus zweideutig ist; denn so wird ihr Weltverhältnis - ist sie doch nie da als bloßes ,Gedankending' [vgl. § 15] - durch Entgegensetzung bestimmt, deren Eigensinn nur die überlegene Eigenheit der anderen, ausgeschlossenen Seite bekräftigt. Der Gegenstand ihrer Kritik und das womöglich dahinter sich verbergende Böse fällt dann allemal auf das Subjekt zurück: in der Verleugnung beglaubigt es das Recht der Welt als eine äußere, transzendente Macht, die ungehindert durch seinen eigenen Geltungsanspruch und also maßlos ihm gegenüber sich entfalten kann; zugleich erfahrt es aber in dieser Entgegensetzung gerade die sachliche Gemeinschaft mit den herrschenden Verhältnissen, vor welcher sich die Subjektivität in die ganz fonnelle Distanz der Ironie, mit der Bedeutung eines bloßen immer-wieder-auch-noch-anders-Könnens für sich 78 Dies macht in seiner Fragwürdigkeit zwischen Individuum und Gemeinschaft (s. u. § 57) die Ambivalenz des rousseauschen Totalitarismus selbst aus, als in der Aufhebung, Überwindung der kulturkritischen Theorie im Hintergrunde begriffen zwischen revolutionärem impetus und durchaus konservativer Autorität schwankend; wenn dies in objektiv-geistiger Einheit nun allerdings auch bei Hegel selbst wieder vorkommt, so - auch mit ihrer außenpolitischen Ausgipfelung in § 328 - doch in einer Ordnung, die mit ihrem systemischen Eigengewichte (für das die als seine Beobachtung angesetzte Soziologie N. Luhmanns gerade auch in seiner entschieden unpolitischen Erscheinungsweise eine gewisse, per analogiam gültige Handlungsfähigkeit ausweist; vgl. Sinn 81 f., s. u. § 59 Fn. 79) sich allem mobilisierenden Zugriffe letztlich (solange nicht eben dieser Stand selbst sozusagen in's Visier genommen würde) wirksam versperren möchte; s. u. §§ 56 ff., absch!. mit Blick auf J. Habennas § 61. 79 Statt gerade Auswechselung, Austauschung des Subjektes von Sittlichkeit selbst, wie noch u. im Übergange von § 56 auf § 57 zu erörtern sein wird.

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selbst [vgl. § 140 Af); s.u. §§ 54 f.], flüchten möchte. An dieser Stelle macht sie aber sich selbst in ihrer persönlichen Identität allemal (geradezu ausweglos, weil der sich absetzenden Bewegung zugehörig) deutlich als Vorbegriff sittlicher Gemeinschaft und auch rechtspraktischer Vorgriff auf sie, wenn anders doch nurmehr noch Freiheit als eine bloße (vermeintlich oder vorgeblich reine) Möglichkeit sie in ihrem Fassungsvermögen von einer wirklichen, verwirklichten Ordnung trennt, an der sie Anteil hat, und also auch nehmen könnte und (wenn anders die Wahrheit letztlich nicht in die Transzendenz fallen, sondern gerade der gewahrten Immanenz angehören sollte) auch müßte. Hier möchte wohl auch, um es zunächst vereinfacht schon einmal im Vorwege zu bedeuten, die entscheidende Differenz der hier unternommenen Aktualisierung zu einer kritischen Theorie gelegen sein, die den Wahn offenbar auf letztlich ausweglose Immanenz festlegt 80 , statt die individuelle Produktion von Transzendenz gewissermaßen als Schnittstelle oder Angelpunkt für eine Freisetzung des einzelnen Subjektes (in je beschränkter und nur zu gern sich ausliefernder, immer aber eigener Reichweite natürlich) zu ihrer Geltung kommen zu lassen und also zum Rechte der Objektivität aufzuschließen. Erst wo und insoweit dementsprechend das sittliche Weltverhältnis der Privatperson als Wahrheit ihres Selbstverhältnisses einsichtig zu machen ist, kann auch die moralisch artikulierte Anspannung der Person zur Welt in eine gegenseitig anspruchsvolle Verweisung und Inbezugnahme überführt werden, die allem Dasein der Freiheit eben dasjenige einander-Gegenüberstehen [§ 23], worin also praktisch eine Seite über die andere gerade in voller Relevanz überhaupt nichts mehr vermag, als die Dimension persönlicher Gerechtigkeit und berechtigter Staatstätigkeit erschließt. Erst in ihrem jeweils durchaus substantiellen Ansprechen untereinander finden Welt und Individuum zu einer Gegenseitigkeit, die - im Gegensatz zum vertraglichen Austausche, der jede Seite doch bloß auf sich selbst, in ihrem Vermögensbestande, Produktions- aber eben auch Urteilsvermögen, zurückzuwerfen vermöchte - eine aktuell unabdingbare, nurmehr noch zu verleugnende Bedeutung hat. Sie geht dann zunächst auf die Differenz von auf den Punkt der Persönlichkeit zugespitzter kritischer Freiheit und weltlicher Ausbreitung, welche als solche Bestand und Kontinuität gewährleistet und einen Sachgehalt bietet, der wiederum seiner persönlichen An- und Einforderung nach Maßgabe der auf s Ganze bestehenden Verhältnisse gerecht werden muß, um wirklich (in der Immanenz von Recht und Freiheit) gültig zu sein. Moralität hat also eine fundamentale Bedeutung für das Recht: denn sie erst bestimmt den Stand des Einzelnen zur Welt als ein Schuldverhältnis, 80 Als in diesem Sinne paradigmatisch hierfür dürfte gewiß Th. W. Adomo mit seiner Negativen Dialektik zu gelten haben, auf deren ideologiekritischen Anspruch noch verschiedentlich zurückzukommen sein wird.

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das für sich selbst immer nur in einer gewissen Anspannung und also Offenheit bestehen kann. Daß Sittlichkeit nicht durch ein Sollen bestimmt sein darf, das als solches schlechthin die Aufhebung und also Erfüllung nicht verträgt [vgl. Phän. 442 ff.81], erweist sich hier ganz rechtspraktisch: indem nämlich dies Verhältnis, als zwischen Welt und Individuum, nicht bloß in dieser abstrakten Gestalt auf längere Sicht fungieren (und funktionieren) kann, ohne auch den aktuellen Ausweis seiner Berechtigung auf beiden Seiten zu erbringen. Daß Individuen gerade auf ihre (ihnen zu ermöglichende) Entsprechung hin anzusprechen sind, bedarf dann eben nicht allein einer normativen Öffnung der sittlichen Fragestellung von Gemeinschaft zur individuellen - nur individuell vollziehbaren und also auch aktuell des rechtfertigen Ausweises bedürfenden - Zumutung des Überganges hin. Ebensosehr muß von der Seite der sich durch die Bestimmungen von Recht und Moral entfaltenden Persönlichkeit selbst her die erforderliche Begründungsarbeit geleistet werden, damit diese überhaupt auch ihrerseits den objektiv sich stellenden Anforderungen gerecht werden kann. Das heißt: auf dieser Linie wäre nicht zuletzt auch ein rechtlicher Begriff von Individualität82 anzugeben; es könnte sich dann nämlich erweisen, daß er ihr je schon bestimmtes Ansichsein als den Daseinsbezug, der zwischen subjektiver Freiheit und konkreter Menschlichkeit - wie sie nicht zuletzt sich auch im Mitsein 83 , als in sich gestufte und so teils durchaus gleichgültige Mitmenschlichkeit realisiert und erfüllt - vermittelt, aufnimmt und so aller Rede von einem ,Individualismus' die Äquivokation mit abstrakter, willkürlich sich betätigender Freiheit (auch als Kehrseite von ,Persönlichkeit') mit dem eigenen Rechte des zur Sittlichkeit bestimmten Individuums streitig macht. Mag auch heute das Wort Individuum eine Färbung erhalten haben, in welcher vornehmlich das Konfliktpotential miteinander zunächst unverträglicher Grundeinheiten, nicht aber mehr die starke Perspektive des in ihrer Unteilbarkeit gelegenen Absolutheitsanspruches je für sich (mit innerer Bindung 84 und - insofern 81 In Vorführung der "moralische[n] Weltanschauung"; vgl. hierzu A. Tb. B. Peperzak Hegel u. L. Siep Phänomenologie 206 ff., s. u. § 58. 82 Wozu die verdienstvolle Arbeit von H. Schmitz (Hegel als Denker der Individualität) ihrem Ansatze entsprechend nur ein Teilstück zu liefern vennag (dazu s. u. § 11); während wiederum W. Bartuschat in ZphF 41 (1987), 31 Individualität als partikuläre Konkretion der Person einführt, von welche sie im Hinblicke auf rechtliche Allgemeinheit gerade abzusehen habe, käme es dann aHerdings doch gerade darauf in, im Allgemeinheitsanspruch der Privatperson den Ursprung ihrer individuellen, oder auch individualistischen Form zu finden. 83 Um hier einen heideggerschen Begriff (vgl. S.u.z. § 26; s. u. § 57 Fn. 71) zu gebrauchen, dessen Tauglichkeit für unsere Untersuchung sich der Perspektive auf Sittlichkeit gerade auch als selbstverständliche Unmittelbarkeit verdankt; also auch nicht durch das - etwa von G. Anders (Heidegger 223) zurecht betonte - Entfallen jeder Einstellung des doch so "politisch" Denkenden zu "politischer Partizipation" im Begriffe "der Rechte und Pflichten" dementiert wird.

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immerhin ideell aufgehobener - Schranke) einzigartiger "Monaden" [so u. § 17], die gerade darin doch erst zur gemeinsamen Welt übereinkommen,

vernommen wird, so macht sich doch eben an diesem Begriffe überhaupt die rechtspraktische Problematik sittlicher Gemeinschaft fest. Es ist in der Tat zwischen den sittlichen x.6o!!o~ der Griechen und die fortbestehende Aufgabe rechtlicher Ordnung die in der Modeme mit ihrem unwiderstehlichen Recht bestimmend gewordenen Freiheit getreten, die so zwar alle Rückkehr zur alten ("schönen") Einheit verbietet85 , aber doch gerade erst Individualität in der Freisetzung von sittlichen Mächten, die sie - damit das Individuum für sich "eine Welt" sein kann [vgl. Phän. 326; s. u. §§ 55, 57] - unbedingt in Anspruch nehmen 86 , ihrer eigenen Bestimmung zuführen kann. Dann aber heißt es eben: das Gewaltverhältnis zwischen Menschen ist immer schon zum Schuldverhältnisse bestimmt, welches den Einzelnen mit der Welt der Anderen und (unter Einschluß auch seiner Person87 ) Aller verbindet, und hierin besteht auch wesentlich das Verhältnis von Legalität und Moralität, insofern es auf eine Einheit angelegt ist, die wirklich beide Seiten in ihren Eigenart zu umgreifen vermöchte. Wenn also in dieser Dimensionierung die Sittlichkeit das (moralisch zu artikulierende und fundierende) Recht der Objektivität einlöst, ohne dabei vom Standpunkte eines moralischen Subjektes - welches sich allerdings die innere Freiheit und Unabhängigkeit verantwortlichen Handeins zu erschließen hat - selbst her erreichbar zu sein, dann muß gezeigt werden können, wie der Realismus, die reelle Seite dieser reflexiven Figur aus abstrakter Rechtsverfolgung sich ergibt, und hierauf das Schwergewicht der gedanklichen Arbeit gelegt werden. Daß dies eine eigenständige Problemstufe darstellt (die auch ihr eigenes Lösungspotential aufweist), erschließt sich einem rechtsphilosophischen Denken, das die Begründungs- als Rechtfertigungs- und Legitimationsfrage unmittelbar ansetzt und daher mit ihr sogleich auch einsetzt, noch kaum mehr; und so liegt es offenbar sogar für unseren Gegenstand nahe 88 , das abstrakte Recht als eine Umsetzung von 84 Anstelle jener (wenn auch gerade nach ,innen' aktuell höchst anspruchsvollen) Unverbindlichkeit, welche das ,ethnologische' Konzept der ,Postmoderne' bereithält; s. u. § 57, insbes. bei Fn. 108 ff. 85 Insoweit mußte die (die Zeit beherrschende) Sehnsucht nach dem Griechentum bewältigt werden; s. auch Fr. Schillers VI. Brief über die ästhetische Erziehung des Menschen; vgl. A. Gethmann-Siefert 65 ff. sowie (zur hege Ischen Lösung: ,,Ethik [... ] in den Bereich der ,Politik' zurück[zuholen]") J. Ritter Metaphysik 307. 86 Zur Rechtsbedeutsamkeit dieses Ausgangspunktes s. u. § 11. 87 Wenngleich natürlich - wie namentlich in dem "Mythos" des Cowboys als des "größten individuellen Helden" in zugespitzter Weise anschaulich wird; vgl. hierzu R. Bellah et al., Gewohnheiten 176 ff. - zu einer je besonderen Bestimmung des Einzelnen, die etwa auch von der Gesellschaft zu schätzen sein sollte, natürlich seine (allzuleicht mij3zuverstehende) Distanz gehört; vgl. u. §§ 54 f., 58 (Fn. 70), 59.

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moralischen Prinzipien in äußerer Beschränkung der Perspektive aufzufassen. Unter Preisgabe der entschieden und maßgeblich vOlTI1oralischen Stellung abstrakter Rechtsverfolgung in der hegeischen Systematik - wie sie sich doch dem ersten Blicke in das Inhaltsverzeichnis des Buches zu erkennen gibt - muß so auch am Ende das sittliche Gemeinwesen als Recht am Einzelnen (das übrigens von sittlicher Autonomie her ganz im kantischen Sinne auch nicht gerechtfertigt werden kann 89 ) mit Notwendigkeit verfehlt werden. Wer sich auf die hegeische Rechtsphilosophie, gerade auch in dieser systematischen Perspektive, überhaupt einläßt, sieht sich so allerdings im Zuge einer schrittweisen Entfaltung der Konzeption selbst auf die Probe gestellt. Zu einem den weiteren Text im Rückgriffe auf eine vermeintlich benötigte Voraussetzung in seiner Leistungskraft unterfordernden Verständnis gibt nämlich immerhin die ausdrückliche Vorstellung eines "Rechtsgebotes " [in § 36] Anlaß, wie es verlange: "sei eine Person und respektiere die anderen als Personen". Hiermit wäre durchaus treffend den Bezirk von Legalität im kantischen Verstande bezeichnet, zugleich auch der Gesamtkomplex eines abstrakten Rechtes bei Hegel selbst angesprochen. Noch keineswegs geklärt ist damit jedoch, in welcher Weise; es fragt sich schließlich, als wie eigenständig die Bedeutung eines Respektsgebotes in einem Begründungszusammenhange sich darstellt, dessen Schrittfolge auf die Herleitung des höchst zweideutigen Zwangsrechtes hinführt. Hier wird - deutlich in der [zuf. § 100 A; vgl. u. §§ 44 ff.] dem Verbrecher die "Ehre" gebenden Reaktion auf seine entschiedene MUJachtung der Rechtspersönlichkeit des Opfers - immerhin ein Stand erreicht, dem das Gebot doch womöglich lediglich vorgreift. An sich selbst, in ihrem Wesen ist die freie Person eben (wenn nicht in objektiver Logik selbst, s. u. §§ 5, 15 ff.) kein Objekt, kein Gegenstand von Geboten, die sich an Andere richten, so daß erst ihre Selbstbehauptung (angefangen damit: sich, in ihrer freiheitlichen Zentriertheit in sich selbst90 i. S. d. § 21 A, zu "denken") das zweipolige Verhältnis einer problematischen, eben un-rechtlichen Anerkennung konstituiert. Gegen das verbreitete, auf solchem Gebote geradezu aufbauende Verständnis steht hier also zunächst der einfache Vorschlag: es mit der Zusammengehörigkeit von Eigentum, vertraglichem Übereinkommen und schließlich Unrecht vom Anfange seiner Eigenbewegung an aufzunehmen, um so Privation auf das ihr selbst gehörende Gesetz anzuweisen. 88 Dieser Tendenz wird noch weiter nachzugehen sein; Teil 11. ist (unter dem Titel eines Geistlosen Selbstandes) nicht zuletzt ihr (um ihr gewissermaßen vorbeugend zu begegnen. aber auch in ihrem Rechte entgegenzukommen) gewidmet. 89 Und deshalb in den Aufgabenbereich der Kirche fällt; s. das Dritte Stück der Religionsschrift; vgl. u. § 57 m. Fn. 93. 90 Dies ergibt sich bereits aus dem Vergleiche von Freiheit und Schwerkraft, wie er in §§ 4 Z u. 7 angestellt wird.

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Die hierin schließlich [so u. §§ 56 f.] zu erhellende Situation des Übergehens und übergegangen-Seins, in welcher die Entgegensetzung von Welt und Individuum durchaus auch wieder zur Sache politisch handelnder Staatsgewalt selbst werden möchte, bedeutet einen durchaus entschieden, aber immer gerade nur in eigener Sache [vgl. u. insbes. §§ 14, 58] zu wahrenden Abstand. An erster Stelle ist jedenfalls - für Annahme und Etablierung privaten Eigentums - gewiß kein besonderes Gebot gefordert (es handelt sich nur zuf. § 41 um ein "muß" aus eigener Notwendigkeit, dem noch im Zusammenhang näher nachzugehen sein wird; s. u. § 16). Der andere Eckpfeiler eines in diesem Sinne textimmanenten - das "spekulative" [vgl. § 7 A; f. W.d.L. 11 77 ff., 661 ff.] yerfolgen des Rechtes bei der mit Notwendigkeit in sich widersprüchlichen Entfaltung seiner "Dialektik" [i. S. v. § 31 m. A] und damit die Teilhabe an seinem praktischen Einsatze auch in der Beschäftigung mit dem Text wahrenden - Verständnisses versteht sich keineswegs von selbst, springt aber umso deutlicher in seiner ihm von Hegel zugemuteten Tragkraft unmittelbar in's Auge: Unrecht ist (erste) Bestimmung des Rechts selbst, nicht bloß gegen dasselbe gerichtet, vielmehr geradezu konkurrenzlos in der Behauptung seiner Geltung [vgl. u. §§ 4, 30 ff.]. Diese Ausweitung der Zwangsrechtskritik in ihrer zugleich legitimatorischen Wendung hat so - getreu ihrer das "abstrakte Recht" und damit den Ersten Teil der Rechtsphilosophie abschließenden Positionierung - den Geltungsanspruch der freien Persönlichkeit mit seiner normativen Grundkompetenz einzubringen in die Sphäre moralischer Bestimmung des Willens und seiner Verhältnisse von innen her. Auch die plakative Überschrift, mit welcher die Enzyklopädie91 in dem entsprechenden Abschnitte gerade umgekehrt auf "das Recht gegen das Unrecht" anspricht, entläßt übrigens92 das Unrecht nicht aus seiner rechtlichen Immanenz: eben nicht als ob Recht noch dagegen, zwar in seinem Begriffe immer unverletzt [vgl. § 99], unbeschadet da sein könnte93 ! In seiner Integrität - und darum handelt es sich weiterhin ist es erst im moralisch motivierten Respekt wiederherzustellen (resp. zunächst als Unrecht auf das entsprechende Unrechtsbewußtsein zurückzuführen); wie überhaupt das Recht geradezu seines - wenn auch nur im Gesamtbilde wirklich unvermeidlichen - Unrechts bedarf: um als dies Recht "durch seine Notwendigkeit wirklich", also in Freiheit verwirklicht werden 91 In ihrer letzten Fassung (1830), und also immerhin noch nach Ausarbeitung der Grundlinien. 92 Wenn auch der in der uns mit den Grundlinien vorliegenden Rechtsphilosophie von 1820121 gewählte einfache Titel "Unrecht" insofern angemessener erscheint, als er nicht gleich eine Überwindung des abstrakten Rechtsverhältnisses in Bezug nimmt, wie sie mit dessen Eigenmiueln noch überhaupt nicht zu bewerkstelligen sein dürfte; s. u. §§ 44 ff. 93 So hieß es schließlich auch noch in der Vorauflage aus dem Jahre 1827: "Das Recht an sich gegen das Unrecht".

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zu können [vgl. § 104]. Das aber heißt doch: daß eben die Reflexion des Unrechts sich das Recht in seiner Möglichkeit wieder aufs Neue zu erschließen verstünde. Das (doppelte) Gebot (des § 36) wäre dann bereits eingestellt und somit als ein Sollen erledigt. Was aber bleibt, ist Konfrontation mit einer Welt, die das moralisch mögliche Recht mit der Faktizität allgemeiner Gewaltverhältnisse beantwortete. Privates Recht hielte so allerdings doch jedenfalls solange und soweit die Stelle von Herrschaft offen, wie sie nicht auch vor einer moralisch vertieften und reflexiv sichergestellten Idealität als Wirklichkeit der Freiheit ausgewiesen ist. Hier helfen Kompromisse nicht weiter; die abweichende Meinung kann von Rechts wegen zu beachten sein, nicht weil dies jedem Menschen geschuldet wäre, sondern weil sie einer Rechtsposition angehörte, mit welcher überhaupt das Recht steht und fallt. § 3 Der Anspruch auf die Wirklichkeit

Es scheint insofern allerdings der rechtlichen Einlassung auf die Wirklichkeit dienlich zu sein, daß sie möglichst konkret und ,lebensnah' vor sich gehe. In moralischer Innerlichkeit wie rechtlicher Abstraktion wird aber zunächst gerade immer erst überhaupt Distanz, die normativen Anspruch aus freiem Handeln und auf freies Handeln erst möglich macht, eingestellt. Hieraus ergibt sich eben aber nicht allein eine beständig sich fortschreibende Aktualität der Grundkonstellation einer ,,römische[n] Welt" [i. S. v. Gesch. 339 ff.; s. u. §§ 56, 58], die den bürgerlichen Freirechtsraum von ,unten' und ,oben' her konstituiert und offenhält. Die von Hegel allerdings geübte Kritik am römischen Privatrecht selbst, wie sie für ihn sich zuspitzt auf die "abscheuliche" Bestimmung der 12-Tafel-Gesetzgebung, die noch einem Shylock zu Gebote gestanden hätte94 , deutet demgemäß doch gerade auf einen maßgeblichen Punkt, der ganz unabhängig von seiner womöglich begrenzten historischen Berechtigung festgehalten zu werden verdient (so wie das auch bei anderen Gegenständen - namentlich auch der kantischen Grundlegung - in ihrer Behandlung durch Hegel der Fall ist). Gegen die insofern verständliche Nachgiebigkeit der auf das ihnen zu Gebote stehende Instrumentarium beschränkten (römischen) Juristen, die nicht bloß auf strikte Umsetzung von Prinzipien aus - auch weitere Gründe verfolgten und damit die der Regelung eigene Konsequenz jedenfalls in der Anwendung herabmilderten, mithin korrigierten [vgl. § 3 A], gilt es mithin, 94 In welchem Bilde also (zumal auch in seiner hegelschen Aktualisierung; zum Shakespeareschen Drama [The Merchant 0/ Venicel vgl. insofern R. Sennett Fleisch 312 ff.) einmal mehr die römisch-rechtliche Abstraktion und die jüdische Beraubung der Welt im Zeichen ihres Gesetzes zusammengefunden hätte; zur Kritik mit der entfalteten Rechtsphilosophie Hegels s. u. §§ 54 f.

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zunächst auf die (wenn wir so wollen: unmenschliche, dann aber doch offenbar gerade zum Korrelate eines - noch zu findenden; s. § 3 - Begriffes vom Menschen dienende) Seite des strikten Rechtes sich zu stellen95 , und es wäre ganz unangemessen, Hegels Auffassung des römischen Rechtes bloß auf seinen Abweis desselben als ein deficit vernünftiger Regelung dieser Gegenstände hin zu betrachten96 . Allerdings muß die - im Zuge der Durchführung des Ansatzes in den einzelnen Schritten (im Hauptteile 111.) immerhin ansatzweise verfolgte - Aufgabe auch bewältigt werden: inmitten einer Rechtsphilosophie der modemen Welt (ohne natürlich jenem überkommenen Rechte damit eine unangefochtene Aktualität und Autorität einzuräumen) auf die Stelle zu zeigen, wo auch sein normativer Anspruch wahr wurde, oder doch wahr werden kann. Nur von der von ihm formulierten, entschieden auf Abstraktion gestellten Grundkonstellation her bleiben überhaupt Leistungskraft privatrechtlicher Regelung und Anordnung in ihrer Reichweite auszumessen, die ihnen ohne moralische Fundierung und also Rücksichtnahme von sich aus zukommt. Insofern ist97 auch für Hegel das römische Recht mit seinem "abstrakt juristischen Verstande" eine einmalige historische Leistung der Freisetzung des Rechts "von Sitte und Gesinnung": "Die Römer haben nun diese große Trennung vollbracht und ein Rechtsprinzip erfunden, das äußerlich, d.h. gesinnungslos und gemütslos ist. Wenn sie uns damit ein großes Geschenk, der Form nach, gemacht haben, so können wir uns dessen bedienen und es genießen, ohne zum Opfer dieses dürren Verstandes zu werden," 95 Ohne daß damit schon die Leistungskraft des römischen Rechts zu seiner Zeit ausgeschöpft sein sollte; der hegeIschen Verkürzung dürfte insofern - im Sinne historischer Gerechtigkeit - allerdings zu widersprechen sein, wie sie sich etwa auch in der Kritik an dem Gesetz der Zwölf Tafeln zeigt: gehört es doch einer Frühzeit an, deren Recht von römischen Juristen womöglich nur um der Tradition willen mit sozusagen jesuitischen Wendungen (auch dies allerdings eine weitläufige Semantik mit entsprechendem· Gefahrenmomente; s. gl. Fn. 100) aufrechterhalten wurde; zum Verhältnisse von Förmlichkeit und Billigkeit N. Luhmann Recht 78; s. auch u. § 54 bei Fn. 82. 96 Wie etwa M. Villey (in seinem Beitrage über Das Römische Recht in Hegels Rechtsphilosophie) es insgesamt, offenbar vom Standpunkte des ,Romanisten' (aber doch mit in der Sache philosophischer Diskussion durchaus begrenztem Rechte; vgl. u. vor § 5) aus, tut; insofern wiederum im Gegenzuge zu v. Gierke (s. o. § 1 bei Fn. 34), der nicht für die historische Korrektheit der Rechtsgeschichte einer vergangenen Epoche kämpft, sondern gerade gegen ihr Fortwirken in eine ihr auch im Nationalen fremd gewordene Gegenwart hinein, der sie - wie er meint - mit ihrer Überlieferung überhaupt nicht gerecht werden könne: was doch als ebenso ungeschichtlich gedacht sich darstellt wie jene Kritik als unphilosophisch. 97 Ganz entsprechend etwa auch der luhmannschen Betonung der "Ausbildung des römischen Rechts als einer von der Religion zunehmend abgetrennten Sphäre normativer Ordnungsbegriffe und Entscheidungsregeln"; vgl. Grundrechte 40 m. Fn.4.

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in welchem aber eben die Römer nur uns Anderen "die Freiheit des Geistes gewonnen,,98, sich selbst allerdings erst zum Opfer des geschichtlichen Prozesses bestimmt hätten [Gesch. 351]. Dieses Opfer nicht zurückzuweisen, heißt also: das abstrakte Recht in dem ihm unabdingbar eigenen Freiheitspotentiale stark zu machen und gegen alle freiheitswidrige Teleologie von ,oben' (wie auch entsprechend dynamisch von ,unten') in's Feld zu führen. Wofür Geistesfreiheit allerdings - wo doch der Horizont ihrer Etablierung weit hinter uns zurückliegt - in der Sache des Rechts einsteht und gut ist, bleibt in gegenwärtiger Hinsicht dann immer noch erst eigens auszumachen. Auf sich selbst zurückgeworfen, dürfte sie allemal (wenngleich objektiv anspruchsvoll und auch - womöglich im Vereine mit Anderen zu gesellschaftlicher Machtentfaltung - mächtig) in's Unrecht verfallen [so u. § 55]. Die Konstituierung eines Horizontes persönlicher Gerechtigkeit [so u. § 57], der auch das Ungenügen jenes Ansatzes im Konkreten einer rechtlichen Ausarbeitung zugänglich machte, jedenfalls ist einzig von einem solch strengen Ausgangspunkte her möglich, der - auf einen solchen Punkt überhaupt erst ideell zusammengedrängt - in seiner ganz ungemilderten Härte noch ohne den Blick auf das Erfordernis einer billigen Korrektur festgehalten ist, wie sie auf das moralische Moment rechtlicher Freiheit verwiese, das dann im Christentum [vgl. § 124 A] zur Weltwirksamkeit gelangt ist. Demgegenüber einen "jüdische[n] [... ] praktische[n] Jesuitismus,,99 hinter, unterhalb der christlichen "Erhebung in die blaue Luft" zu denunzieren 1OO, verkennt wiederum eben jenes noch in der Entfaltung moralischer Reflexion 98 Daß die Rechtsphilosophie "als philosophische Lehre von der Verwirklichung der Freiheit" gerade ihren "Ausgang vom Römischen Recht als Basis des bürgerlichen Rechts" nimmt, betont auch 1. Ritter Metaphysik 264; die hierzu erforderte maßgebliche Wende der historischen Konzeption wird in der Vorstellung jenes Rechtszustandes deutlich, der in der Phän. (erschienen 1807) sich an prominenter Stelle (355 ff.) zu denken gibt (während das bekannte dictum [aus Gesch. 32], nach welchem die römische Welt nur gewußt habe, daß einige frei seien, den Hörer und Leser dagegen eher ratlos zurückläßt). 99 Zu dieser fragwürdigen Konstruktion s. A. Massiczek Mensch 540 ("Cameraobscura-Umkehrung"; vgl. MEW 3, 26!), u. §§ 54, 60 f.; N. Luhmann (Recht 8, 119 ff. u. 396) verweist im übrigen auf "die Eigenart der jüdischen Rechtsexegese [... ]: daß es wichtig ist, Dissense auf ein angemessenes Niveau zu bringen und als Tradition zu bewahren", so daß hier einmal mehr die Denunziation in ihrer verdrehten Perspektive doch womöglich (wo schließlich der fragwürdigen Grundannahme von Korrespondenz [vgl. Kl. Holz Antise'!Jitismus 62 ff.] nicht schon im Gegenzuge ex cathedra schlechthin widersprochen Werden kann) auch noch wieder einen berechtigten, durchaus verteidigungswerten Punkt treffen möchte. 100 Wie es bekanntlich K. Marx in seiner Schrift Zur ludenfrage getan hat; s. MEW 1, 375 f.; M. Brumlik (Deutscher Geist 293 f.) läßt unter Verweis auf MEW I, 231 nach der anderen Seite den christlichen "Kern der Hegelschen Staatstheorie" auch für Marx gelten.

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zum Austrage kommende Verhältnis von Gesetz und Freiheit, dessen Beseitigung allerdings eine radikale Rechtskritik (nicht zuletzt auch: gegen seine entschieden weltliche Mission) erforderlich machte lOl • Daß aber bei jenem Anfange nicht stehengeblieben werde 102, verdankt sich dann je aktuell den Personen, die den Anfang auch für sich selbst wieder überwinden, wenn sie sich zum Begriffe einer Welthabe zurückkehren, der dem Absolutheitsanspruche eines privativen Rechtes auch in seiner sittlich gemäßigten Form noch prinzipiell entsprechen und gerecht werden kann. Es geht einer solchen Philosophie des Rechts damit natürlich um die Gegenwart; und zwar zu ihren eigenen Bedingungen, nicht unter denen eines in der Vergangenheit etablierten alten Rechts. So zeigt auch Hegel schon in der angeführten zugespitzten, und doch entschieden zweideutigen Stellungnahme, daß er mit seiner geschichts- wie rechtsphilosophischen Grundkonzeption keineswegs einer (in selbst zweideutigem Sinne) historischen Rechtsschule zuzuschlagen bliebe, welcher 103 die abgeschlossene Epoche der römischen Jurisprudenz selbst in Praxis und wissenschaftlicher Durchdringung vorbildlich wurde (mit unmittelbarer Aktualität offenbar deshalb, weil die von ihr an's Licht gebrachten Prinzipien auch zur Bewältigung von Problemstellungen und Erfahrungen der Gegenwart hinreichende Anleitung bieten 104). Er kennt weder einen Historismus der Gegenwart noch des Vergangenen; es sei denn in dem allgemeinen Sinne einer "realen Verbundenheit mit [... ] unserer Vergangenheit", in deren Bewußtsein sich alle Geschichtsphilosophie105 bewe101 Eigenartig inkonsequent erscheint insofern allerdings der notorische Antisemit H. St. Chamberlain (s. u. § 12 Fn. 37); für den allgemein gegebenen weiteren Zusammenhang vgl. auch M. Brumlik Gnostiker 9 ff. 102 Aber doch mit Hegel ,gegen alle Kritik' das jüdische Gesetz (vgl. für unseren Zusammenhang grundlegend H. Cohen Vernunft 393 ff., differenzierend K.-H. Miskotte Götter 231 ff.) wie das römische Recht (und damit zugleich auch die kantische Autonomie-Moral wie das kategorisch wiedervergeltende Strafrecht; vgl. u. §§ 11 [bei Fn. 49], 49 [Fn. 146]) bei aller Relativierung doch entschieden festzuhalten bliebe: als schlechthin konstitutiv für jene staatsvertraglich konstituierte Außenseite (vgl. u. §§ 57 [mo Fn. 74 ff.], 59 ff.) des Gemeinwesens, die nur so nicht von sittlichem Anspruche geradezu abgeschnitten wäre; für den Haß des Gesetzes (Vorr. 20, § 258 A Fn. *) vgl. u. § 59 Fn. 87. 103 Namentlich in der Person von Fr. C. v. Savigny; vgl. hierzu E.-W. Böckenförde Recht 9 ff.; Hegel hat sich, obschon natürlich in der Sache engagiert (s. W. Jaeschke Vernünftigkeit 246 ff., der insofern ihn zum "besserelnJ Anwalt des historischen Ansatzes" erklärt [253]; vgl. J. Ritter l. c. 262 Fn. 6), allerdings ausdrücklich (in der - nicht allein - bei ihm üblichen unfreundlichen Weise; vgl. § 3 A) nur auf G. Hugo bezogen (vgl. auch Villey l. c. 145). 104 Vgl. Villey l. c. 136 f.: womöglich gerade weil sie "empirisch[en]" und damit historischen Charakter tragen; zu den Gründen für die Hinwendung v. Savignys (im Zeichen einer lebendigen Bildungsgemeinschaft) zum römischen Recht vgl. noch Fr. Wieacker Privatrechtsgeschichte 393 f. 105 Mit H. A. Korff Goethezeit Bd. IV, 6 f. u. 13; Hervorh. im Original.

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gen muß. Dies aber gilt doch wiederum gerade nicht für eine Universalgeschichte etwa im rankeschen Sinne, die im Sinne der Gottesunmittelbarkeit und also in sich selbst ruhenden Idealität einer jeden Epoche lO6 gerade keine Aktualität für die Gegenwart beanspruchen dürfte: wenn nicht eben doch im Sinne der immer wiederkehrenden allgemeinen Fragen und Konstellationen 107, deren Kenntnis bei der Bewältigung aktueller Probleme ihren Beitrag leisten mag. Wenn Hegel hingegen, auch anstelle einer solchen, durch die Geschichte belehrten Menschenkunde, gerade die geschichtlich in Anspruch genommene Idealität menschlichen Daseins thematisiert, erweist er sich als schlechthin unromantisch; ohne dabei das Recht der Romantik auf den durch gesetzliche Freiheit nicht gebundenen, vielmehr gerade offen und zur - konstruktiv oder destruktiv - bildnerischen [so u. § 55] Verfügung gehaltenen Raum zu verkennen, wie sie aber nach seiner Überzeugung dann eben nicht nur sozusagen in Sehnsucht und Erinnerung, sondern gerade im offenen, auch reell "perennierenden" Nebeneinander von Altem und Neuem [vgl. WG 40 f., Enz § 559; s. u. § 57], das aber schließlich nicht mehr durch das Idealbild eines christlichen Abendlandes zusammengehalten wurde, ihre Mission entfaltet: somit aber auch geradezu als Gestalt "absolute[r] Innerlichkeit [... ] alle Götter enttrohnt", durch "die Flamme der Subjektivität [... ] zerstört" hatte [vgl. Ästh. 11 129 f., 231 ff.]. Mußte die romantische Weltansicht so nicht allein - als immer bereits im Rückzuge begriffen, statt erst das offene Versprechen auf Erfüllung abgeben zu können, wie es in der Terminologie Hegels in der "Religion der Erhabenheit" eben nicht bloß geradezu als "unendliches Objekt" [so noch bei G.d.Chr. 283], wenn nicht doch darin in seiner Bestimmung zu unendlicher Subjektivität sich vorstellig machte [vgl. Rel. (2) 568; s. u. §§ 54 f.] - die Kunst seiner Zeit präsentieren, sondern durchaus auch in moralischer Hinsicht [so u. §§ 55, 57] ihre in aller Zweideutigkeit unübergehbare Stelle durch Herabsetzung allen Gehaltes "zu bloßer Zufälligkeit" [vgl. Ästh. 11 106 Die geradezu omnipräsente Sentenz findet sich im Politischen Gespräch von 1887; vgl. hierzu Fr. Meinecke Historismus II/Anh. 644, zur theologischen Fragwürdigkeit auch Fr. Rosenzweig Stern 251 ff. 107 Die Weltgeschichte bietet hier zahllose Beispiele, etwa die mit den Ausführungen zu Alexander (182 f.; gelegentlich des "Zusammenstoßes der griechischen und persischen Ideen") berührte "Frage der Jahrhunderte [... ], wie die Verehrung, die ein jeder für den angestammten Fürsten haben muß, mit der individuellen Freiheit zu vereinigen ist"; mit Blick auf die Alternative einer "gleichsam parallel zu der Geschichte, die sie erzählt, linearisier[t]en" Darstellung (wie sie mit Luhmann [in G.u.S. Bd. 4, 7] "evolutionäre Zusammenhänge" eben nicht "aufzuzeigen" vermöchte) bietet natürlich auch Hegel ein mit Faktizität je gegebener, sich also nicht sogleich im Vorübergehen erledigender Semantik allemal reich bestelltes Feld: aber doch eben im Sinne zunehmend erfüllter und ausgearbeiteter Ansprüche, die dem einmal Vergangenen seine entschieden aktuelle Bedeutung erst zu verleihen vermöchten.

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138] einnehmen, wäre in der Erkenntnis dieses Zusammenhanges doch allerdings zurückgelassen jenes Leiden an einer Gegenwart, in deren Zerrissenheit der modeme Mensch sich selbst geradezu in die Rolle eines Opfers ihrer Verhältnisse gedrängt sehen kann 108. Daß auch Hegel von diesem Punkte, in dieser Zeitstimmung aufgebrochen ist lO9 , begründet gerade nicht seine "Akkommodation,,11O an bestehende Verhältnisse, sondern den diese schließlich erst in ihrem Geiste aufschließenden, nur insofern auch radikalen Zugriff. In der verbindlichen Einbeziehung der ,Opferrolle' [so u. § 11] möchte so allerdings die umfassende Rechtfertigung in der Dimensionierung des objektiven Geistes - wo also auch "Manifestation der Nichtigkeit" [Rel. (2) 567] entschieden der Bestrafung des Verbrechens [So §§ 97 ff.] vorbehalten bliebe - gelingen: so daß allemal noch der eigene, relativ unwahre Ausgangspunkt selbst auf den (immer noch zweideutigen, jedoch entschieden Verbindlichkeit bedeutenden) Rechtsbegriff des an und für sich freien Willens [§§ 1, 22, 34] zurückgeführt wäre. Ein sich diesen Aufschwung leistendes geschichtliches Denken muß dabei dann aber immer den ganzen Prozeß der Freiheitsentfaltung als Vermittelung einbegreifen; ein "absolutes Wissen" [i. S. v. Phän. 582 ff.] kann er gerade erst an einem erklärten Ende der Geschichte 111, im Erreichen ihres Endzweckes [vgl. § 129, Gesch. 29] und also in seiner Wahrheit als unendlich gedacht, kennen. Dem daraus sich ergebenden Objektivismus seiner Konzeption entgegenzutreten, bleibt insofern praktische Aufgabe des eine subjektive Unendlichkeit artikulierenden Subjektes auch dann, wenn ihm der voluntaristische Ausweg l12 mit Recht versperrt bleiben sollte. Der Totalitätsanspruch des Philosophen (auch dort, wo er sich also selbst auf dieses Feld begeben muß) ist nicht 108 J.-J. Rousseau hat dafür, ausgehend von den beiden kulturkritischen Discours, sicherlich auch in persona ein Beispiel gegeben; vgl. auch einmal mehr den VI. der Schillersehen Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen (a. E.); zur dort entfalteten Konzeption noch eingehender § 58. 109 Wie H. Popitz (Mensch 12 ff., 36 ff.) mit Recht betont. 110 In der heutigen Diskussion steht namentlich K.-H. Ilting für diese (allerdings nur jenseits der Biographie eines Philosophen fruchtbar zu machende) These, die er mit der Herausgabe einer Vielzahl von Vorlesungsmitschriften erhärten zu können geglaubt hat (vgl. auch H. Scheit Geist 217, Fn. 380, der schlicht "die Ablehnung des Sollens" als Einleitung zu "Hegels ,Akkommodation' in der Frage des preußischen Staates" sehen möchte); bei K. Marx (MEW I, 232, 260) hingegen hat sich der Vorwurf noch auf die Sache des Staatsrechts selbst gerichtet: "der moderne Staat ist eine Akkommodation zwischen dem politischen und dem unpolitischen Staat" (vgl. auch Manuskripte 581: "die Lüge seines Prinzips"); hierzu auch Popitz l. c. 75, f. H.-D. Kittsteiner Naturabsicht 47 f. 111 A. Kojeve (Hegel 131 ff.) hat dies gerade im Zusammenhange des Endes der Phän. betont; zu den weiteren Konsequenzen vgl. M. Riedel Fortschritt 402 ff. sowie R. Kl. Maurer Hegel; weiter s. u. Fn. 147 sowie § 56 m. Fn. 37. 112 In einem Überbieten des "Systems" mit seiner "subjektive[n] Pointe", wie Popitz (I. c. 60) treffend formuliert.

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von der Art, daß er durch den wissenschaftlichen Streit der Historiker über die Charakterisierung der verschiedenen Epochen anders als nur mittelbar, in seiner Konstruktion von Universalgeschichte betroffen sein könnte. Wo es - vorgestellt mit dem berühmten Bilde von Minervas Eule 1l3 - gilt, die eigene Zeit in Gedanken zu fassen [vgl. Vorr. 27 f.], ist mit dem Begreifen der zur Historie objektivierten Teleologie aller auf die Gegenwart vorlaufenden Zeit auch der Anspruch auf das Vergangene l14 von Rechts wegen begründet [vgl. WG 51 ff.]. Ob also mit der Rechtsphilosophie des objektiven Geistes alle Zeit der Welt getroffen wäre, ist ohnehin nicht gewiß zu machen; es wäre dies aber auch zumindest solange eine müßige Frage, als noch in der Auflösung der ,idealistischen' Ordnung sich dieselbe Zugehörigkeit der Momente behauptet: deren "vernünftige[.] Form"ll5, als ein "Sollen zu entwickeln", deren fortschreitende "Erlösung,,116 sich in der Tat nur im Verlaufe einer "wirkliche[nJ Bewegung" überhaupt einzustellen, ohnehin keineswegs selbst zu überholen hätte. Einstweilen aber gilt die Vernunft, als Weltmacht, auch ohne Konkurrenz. Daß hier nun in der Tat zunächst die historische Schule den dennoch hypothetischen Charakter alles sich-Berufens auf die Tradition vorwegnimmt, der mit dem Ausschlagen des aus dem XIX. Jahrhundert überkommenen Erbes sich allenthalben (in Wissenschaft und Alltag) durchsetzt, verleiht ihr insofern für uns eine größere Aktualität und Gegenwartsnähe; mit Hege! aber ist noch der Aufweis der Momente einer durch die Geschichte sich etablierenden prinzipiellen Geltung dagegengesetzt, die allemal vor dem heutigen, überaus kritisch und skeptisch eingestellten publico nur in einer voraussetzungslosen, nicht weltanschaulich fundierten oder verfestigten Anstrengung des Begriffes von sich her zum Tragen kommen können. Von hierher eröffnet sich dann auch erst wieder der Blick auf die Leistungen des - von Hegel wenig geschätzten (vgl. Gesch. 553: "wie in einem Walter Scott'schen Roman") - Leopold von Ranke, namentlich auch sein ,Alterswerk' einer Weltgeschichte, die ihn als Universalhistoriker durchaus in Konkurrenz zu Hegel setzt 1l7 : der Sinn der Geschichte (auch für die Ge113 S. hierzu den betr. Artikel von W. Fr. Haug im HKWM (3. Band); vgl. u. Fn. 161. 114 Wie ihn schließlich auch K. Marx (Grundrisse 26; vgl. MEW 13, 636 f.) in kritischer Absicht geltend gemacht hat; vgl. hierzu auch A. Heller Hypothese 66 ff.: "Wertentscheidung" heißt "Möglichkeit unserer Zielsetzung". ll5 Vgl. den Marxschen Brief an Amold Ruge, MEW 1,345. ll6 So heißt es bei W. Benjamin G.S. I 699; das Folgende ist gegen die Deutsche Ideologie (MEW 3, 55) geltend gemacht (und im Manifest, MEW 4, 492 f., am Ende strategisch angezielt); vgl. auch B. Baczko Weltanschauung 126 f. 117 Dessen Vorgehen naturgemäß in seinem eher - auch im alltagsverständlichen Sinne - ,spekulativen', die unvenneidliche Selektivität im "Verhältnis zur Geschichte" (vgl. N. Luhmann/P. Fuchs Schweigen 15, s. u. § 55 Fn. 151) entschieden 5 Molkentin

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genwart) ist nämlich allemal schon vorausgesetzt, wenn anders ihre historische Erzählung überhaupt einen Sinn haben soll. Es bedeutet deshalb auch durchaus nicht Vermessenheit, vielmehr den Ausdruck geschichtsphilosophischen Realitätssinnes in seiner letzten Konsequenz, wenn an das Ende der rechtsphilosophischen Bestimmungen mit dem "äußeren Staatsrecht" der "allgemeine [... ] Geist der Welt" gesetzt ist, wie er an den souveränen Staaten sein "allerhöchste[s]" Recht "in der Weltgeschichte, als dem Weltgerichte, ausübt" [vgl. § 340; s. u. § 59]. Daß insoweit ein Volk "nur einmal Epoche machen" kann [§ 347; vgl. WG 55], bezeichnet gerade auch seine Individualität, ohne die es ganz in dem unzulänglichen Vollbringen der unendlichen Aufgabe (einer Besserung des Menschengeschlechtes) verschwände l18 . Es bliebe mit solchem Vergangenheitscharakter natürlich ebensowenig an souveräner Behauptung seiner staatlichen Integrität nach außen hin gehindert, wie ihm - in der Zukunftsträchtigkeit seiner historisch einmaligen Leistung 1l9 - das Fortwirken der geschichtlichen, Geschichte gewordenen Tat im erreichten Ergebnisse und also auch aktueller Teilhabe am weiteren Fortgange mit der eigenen, es so aber eben auch selbst nicht weiter bindenden Tradition 120 streitig gemacht wird. Handelt es sich auch keineswegs um bloß gleichgültige Abwechselung, so befinden zunächst immer je wieder Andere sich sozusagen im spot, im Brennpunkte des Geschehens. In unserer Gegenwart, insofern allerdings ,nach' dem Ende der Geschichte [so o. vor § 1] als fortschrittlich zu begreifender Teleologie, verhält es sich nun aber offenbar ohnehin anders: der eigens in's Werk gesetzte Massenmord an den europäischen Juden wäre insofern mit keiner darauffolgenden Sinngebung noch einzubinden; nicht aber weil es sich insoweit um überhaupt "untauglich Negatives" handelte 121 , sondern gerade die mit einem solchen doch immer noch gegebene Positivierbarkeit 122 gründlich beauf den Begriff eines an und für sich freien Willens (i. S. v. §§ 7 m. A, 21 f.) zurückführenden Zugriffe von den Historikern eher geringgeschätzt wird. 118 Insofern verdient auch Rankes Auffassung von der Unmittelbarkeit einer jeden geschichtlichen Epoche zu Gott (s.e. Fn. 106) Beachtung; vgl. dazu auch B. Croce Historiographie 266 f., die entsprechende Hegel-Kritik bei Th. W. Adorno (N.D. 333 ff.) und hier u. § 55 (insbes. bei Fn. 149). 119 Vgl. Croce l. c. 267; hingegen betont B. M. Telders (in Kongreß... III, 233 f.) gerade die "Selbstverurteilung der Idee", und "ein Gottgläubiges Vertrauen, [... ] das der Philosoph sich auf seine Weise wieder zu erobern hat". 120 Eben nur im ideell-allgemeinen Sinne; ein Mißverständnis wäre es also, etwa zu "fordern, daß noch jetzt ein griechisches Volk in seinem schönen Heidentum [... ] bestände, und ebenso solle ein römisches Volk noch jetzt existieren. Diese Völker, diese Gestaltungen aber sind vergangen [... ]. Die alten Germanen sind verschwunden" etc., heißt es in WG 41. 121 Wie E. Bloch in S/O 147 f. formuliert; vgl. u. § 36 (Fn. 31), Fn. 12 vor § 54. 122 Mit Bloch l. c.: Mephisto mit Faust, was eben nur gerade hier nicht gelten soll.

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seltIgt ist. Die geschichtliche Steigerung in die absolute Negativität will auch gar nicht mehr zu etwas taugen [so u. § 55]; es läßt sich aber durchaus auch nicht mit Hegel noch einmal "Geschichte machen,,123, ohne dem Begreifen des wirklichen Resultates gleichsam den Boden zu entziehen. Soweit sich aber Geschichte, die noch ihren Sinn gemacht hätte, umfassend als Theodizee zu verstehen geben sollte [vgl. WG 22 ff.], wäre nun allerdings - allemal für einen "Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit" [Gesch. 32] - ohnehin wesentlich in (wenigen) großen Epochen zu denken, deren innerer Zusammenhang und Stufenbau dann auch noch dem Untergehen einer ganzen Welt 124 den Sinn verleihen möchte. Bei Hegel erscheinen deshalb die Römer als unsere unmittelbaren Vorgänger, welche durch den Siegeszug des Christentums mit uns verbunden sind, das mit dem 125 dort "unbekannten Gott" in die im Auflösen begriffene Welt vorzudringen vermochte, gerade indem es die römische Innerlichkeit realisiert [v gl. Gesch. 342]. Daß dies gerade eine bürgerliche Gesellschaft zum Resultate hat, ist schließlich noch allen Versuchen einer Überwindung des bürgerlichen Denkens zugrunde gelegt 126 . Der letzte Übergang in die geistesgeschichtliche Gegenwart - mit deren Ende (so oder so; wozu auch immer) ein Ende der freiheits-teleologischen Bewegung überhaupt ansteht - realisiert insofern gerade noch erst den in der Gleichheit, Gleichgültigkeit alles individuell Einzelnen "mit formellem Rechte" [vgl. § 357] vom Römischen Reiche her angezeigten "Verlust[.] seiner selbst und seiner Welt": denn so nun "erfaßt der in sich zurückgedrängte Geist in dem Extreme seiner absoluten Negativität, dem an und für sich seienden Wendepunkt, die unendliche Positivität dieses seines Innem"

und damit das "nordische[.] Prinzip der germanischen Völker". Gerade ihm - das sich in dieser universalhistorischen Sicht natürlich nicht auf ein ,völkisches' Deutschland beziehen kann 127 - war es also in dieser Sichtweise 123 Vgl. noch einmal Deutsche Ideologie, MEW 3, 28; hierzu bedürfte es insgesamt einer radikalen, einen anderen Boden findenden UInkehrung; s. u. §§ 11, 57 (Fn. 194), 61. 124 Gerade nicht aber dem Ergebnisse einer vereinzelten, singulären Auseinandersetzung (s. Shl. Avineri Theorie 28, vgl. u. § 59 bei Fn. 106). 125 Zuf. Apg. 17,23. 126 Vgl. die zuzeiten etwa (durch H. Adolph, der so den heutigen Leser noch allemal eines Besseren belehren, auf seine zunächst bürgerliche Existenz anweisen dürfte) ausgerufene "Entbürgerlichung des Protestantismus", deren ,,zug zur Ganzheit" (77 ff.) gegen eine "Autonomie" in Stellung gebracht wird, die der "freie[n] Hingabe einer selbstbewußten, doch gläubigen Persönlichkeit zum Dienst" weichen soll; zum Glauben an die eigene Macht im Begriffe von Volkssouveränität vgl. demggü. u. § 61. 127 Mag auch H. Kiesewetter (vgl. u. § 58 Fn. 18) seinen Weg Von Hegel zu Hitler zeichnen: daß mit Hegel die auf Herder zurückgehende Perspektive des

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aufbehalten, aus dem Herabsinken des Geistes für Alle die wahre selbstbewußte Einheit zu erringen und weiter möglich zu machen [§ 358]. Während also die historische Rechtsschule im Hinblicke auf die schon von den Römern erreichte wissenschaftliche Durchdringung die Germanistik offenbar erst mit einer gewissen Verspätung, namentlich in der Anwendung erst noch auf den Weg zu bringender rechtsgeschichtlicher Forschungen auf neu zu fassende Rechtsgebiete zu (insoweit allerdings offenbar durchaus maßgeblichem 128) Einflusse auf Pflege und Lehre des Rechts hat entfalten können 129 , gehören die beiden Sektionen für Hegel untrennbar in einen Zusammenhang. So führt also in seiner Geschichtskonzeption sogleich gerade die Ablösung der Römer durch die Germanen und ihre Reiche zu der Erfüllung eines Versprechens, wie es für uns in der Welt jener gelegen ist. Im Rechte muß sich dann aber auch diese ganze Bewegung bewahrheiten, indem sie aktuell wiederholt wird. Allem sich-Besinnen auf deutschen Geist und deutsche Geschichte wäre deshalb mit dieser Geschichtskonzeption sogleich eine Grenze als unübersteigbar von Rechts wegen gesetzt: überhaupt geradezu in der Vollstreckung einer über die Zeitalter hinaus greifenden Bewegung aus den in ihr zur Geltung kommenden Momenten (in ihrer Widersprüchlichkeit zueinander) zu stehen. So sehr also gerade auch heute - zwischen ,Traditionspflege' und insofern ziellos gewordener Aufklärung etwa wiederzugewinnendes Geschichtsbewußtsein ein desideratum politischer Einstellung wie praktisch bedeutsamer Kritik darstellte, kann doch mit aller Eigenart, in ihrer Reichweite, immer nur die eine, gewissermaßen ortsgebundene, immer zur Selbstkritik aufgerufenen und auch aufzurufenden Seite seines Gegenstandes betroffen sein. Auf der anderen Seite aber stünde dann nämlich in persona die unabwertbare Möglichkeit, mit der eigenen Rechtsverfolgung, auf eine bestimmte Position sich festlegend, auch jenes bereits geschichtliche Opfer (der ,alten Römer') nicht nur an-, sondern womöglich auch auf sich zu nehmen. Ganz so, wie es die ferneren Nutznießer eines von einzelnen Betroffenen geführten Rechtsstreites empfinden mögen, ist es hierdurch mit der Freiheit des Einzelnen bestellt: bis er selbst sich in einen Streit gezogen sehen möchte, der geradezu die Fundamente seiner geschichtlichen Exi"Volksgeistes" [i. S. v. §§ 240 ff.; vgl. u. § 60] nicht in solch ,authentischem' (und, wie heute überdies fonnuliert werden könnte: ,ethnischem'), vielmehr einem entschieden rechtlichen Sinne verstanden werden möchte, was seine Philosophie des Rechts in ihrer Überwindung jener abstrakten Gegenüberstellung von ,Universalismus' und ,Partikularismus' zu einem Unterpfande staatlicher Souveränität in Freiheit nach außen wie in den inneren Verhältnissen bestimmt, wird noch u. sub §§ 59, 61 auseinanderzusetzen sein. 128 Dazu Fr. Wieacker Privatrechtsgeschichte 422 f. 129 W. Rosenbaum stellt diese Erscheinung in Naturrecht 50 ff. als den "von den Anhängern der bürgerlich-liberalen Bewegung übernommen[en]" Historismus vor.

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stenz betrifft, ohne daß hier noch ein Rückgriff auf den darauf sich erhebenden Bau hilfreich wäre. Die Abstraktion von allem weiteren Inhalte, wie sie grundlegend in aller personellen Freiheit inbegriffen ist [vgl. § 35 m. Al. muß sich noch stets zwischen den Personen - oder auch anderen Rechtssubjekten - als objektiv unvermitteltes Verhältnis darstellen: und in seiner Geltung wird zugleich die Aktualität des in Rom fundierten Rechtes (als einer Grundstellung des Menschen in und zu seiner Welt 130) unter Beweis gestellt. Der Begriff des Rechts ist in dieser Möglichkeit zu bestimmen: als das, was sich eine Wirklichkeit (Dasein der Freiheit) so zu geben venilag [vgl. § 1 Al. daß sich der Idealismus eines objektiven Geistes ergibt, der so allerdings auch auf s Ganze verfügbar - und damit auch schlechthin gefährdet - wurde I3I . "Um als Idee zu sein" [§ 41], muß nach alledem nicht nur ,der Philosoph', sondern jeder Einzelne in ein Verhältnis zu einer Äußerlichkeit treten, die ihn allemal nur gerade als ihr Objekt ganz zu umgreifen hätte. Wie auch immer es um diese Äußerlichkeit nun bestellt sein möchte: da ansonsten die objektiven, eigentlich interpersonellen und auch unmittelbar sittlichen Verhältnisse gar nicht von der Freiheit erfaßt und in ihr gefaßt sein können, bedarf es also rechtspraktisch jedenfalls eben derselben Distanz, die auch der von sich her in die Frage gestellte philosophische ,Denker' einnimmt. Wie sie zustande kommt, gehört der Auseinandersetzung des abstrakten Rechtes in seinen aufeinanderfolgenden Gestalten an; der in ihrer Reihe sich ergebende Weg von einer Person, wie sie sich in ihrem Eigentume befindet, bis hin zur letzten Konfrontation zweier Personen, die je sich in den Begriff des ganzen Rechtes setzen, zur Vergeltung im Namen des Rechts erreicht seine Entfremdung im zu verantwortenden Tatbestande. Damit ist allerdings die Gleichgültigkeit einer distanzierten Betrachtung abgetan; es handelt sich immer um Täter oder Opfer. Anders aber kann es auch nicht sein, wo eine moralische Haltung eben doch gehalten - und individuell in die Lage versetzt - ist, ihre Stellung zu beziehen. Notfalls auch gegen die Welt zu stehen, wäre dann eben nicht nur extremes Ergebnis eines abweichenden Weges, sondern ebenso (zum mindesten im Bestehen des Ausweges, Fortbestehen der Alternative auf beiden Seiten) Anfang, Aufgang persönlicher Freiheit, die sich auch ihrer Identität mit dem Weltzusammenhange immer erst - durch Entzweiung hindurch und über sie hinweg - zu versichern hat. 130

Das immer ebenso römisch wie bürgerlich sein wird; vgl. zum letzteren Wl.

I. Lenin Staat 556 f.

131 So daß also auch insofern gerade die deutsche Geschichte die Sache auf die Spitze getrieben hätte, waren insoweit doch mit dem 1933 an die Macht gekommenen Vernichtungs willen die Opfer noch im etwa widerstehen-Wollen in die Ausweglosigkeit zu treiben (s. G. Jakob in konkret 1999 sowie D. Rabinovici, der die Judenräte am Wiener Beispiel als "Instanzen der Ohnmacht" eindringlich vorführt; vgl. auch J. Amery Widersprüche 213 ff.); s. u. § 55.

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Damit wird allerdings zugleich mit der ,Chance' eines durch moralische Autonomie zur Wahrheit befreiten Weltverhältnisses das Recht bloßer Meinung und Beliebigkeit des Weltbildes [so u. § 55] eröffnet und begründet, welches auf einem ,pluralistischen' ,Markte der Möglichkeiten,132, nötigenfalls unter Rettung oder Wiederherstellung von Realität zwischen Subjekten, erst zur wahrhaften Verbindlichkeit eines individuell gültigen Weltzuganges integriert werden muß. Wo es sich also um ein Handeln auf eigenes Risiko handelt, kann den Sinn - um der eigenen ,Freiheit des Geistes' willen - erst [i.S. v. § 126] "moralische" Selbstbestimmung verleihen; nicht etwa die Philosophie, die allerdings Reflexion überhaupt hinter sich zurücklassen muß, um das darüber Hinausgehende, im Grunde dahinter Zurückliegende in den Blick zu nehmen. Damit geht die Philosophie aber andererseits nur auf einem Wege voran, auf welchem das moralische Subjekt ihr dann Folge leisten muß; wie sie den substantiellen Anspruch in sachlich gebundener, veröffentlichter Freiheit aufdeckt, so erhebt es auf eben denselben Zusammenhang Anspruch, wenn es seinen Anspruch dagegensetzt. Es handelt sich immer um das Ziel der Rechtswirklichkeit, die herzustellen schlechterdings nicht in der eigenen Macht steht; und die doch in ihrer geistigen Realität so gänzlich von der Beglaubigung durch die Subjekte - in jedem einzelnen - abhängt. Ganz so, wie ein Erwerber, der der Beglaubigung durch einen Veräußerer bedarf, dies nicht ,umsonst' (sondern prinzipiell nur gegen Ableistung einer weitaus fundamentaleren Anerkennung; s. u. § 21) bekommt, kann auch ich mein Recht nur von einem wirklich sittlichen Gemeinwesen erhalten. Die Äußerlichkeit des Verhältnisses ist entschieden auf Wirklichkeit und Wiedervereinigung angelegt; und alle Distanzierung des Einzelnen dient nur eben der Erkenntnis, welche ihm auch die Philosophie des Rechts ,allen Ernstes' zu vermitteln sucht. Freiheit ist nach alledem kein Prinzip, mit dem sich in der Wirklichkeit etwas (oder auch nur kaum etwas) anfangen ließe; nachdem sie auch in ihrem geschichtlichen Auftreten am einzelnen Willen vor den Konsequenzen ihrer Realisierung mit einer gewissen Unbedarftheit zu stehen gekommen ist. Sie hat vielmehr, wo immer sie sich zur Geltung bringen möchte, ihre eigene Wirklichkeit immer schon gefunden; und deren Veränderung steht nur an, wo sich Freiheit ihr in eben dieser Grund-Zugehörigkeit stellt 133. Nach dem bisher in Aussicht Genommenen sollte also immerhin eines klar sein: ein das Gewicht von Begründung auf das Privatrecht legendes Aufgreifen der hegeischen Rechtsphilosophie kann nicht ohne weiteres ihrem ,liberalen' Verständnisse 134 dienen. Insoweit steht die Objektivität institutionalisierter Den R. Rorty wie kein zweiter Autor auf seinen Begriff bringt; s. u. §§ 54, 61. Die (in ihrer Besonderheit so doch ganz allgemein bedeutsame) Problemstellung der Sklaverei wird uns insoweit noch näher zu beschäftigen haben (s. u. §§ 12, 15 ff.; vgl. zunächst auch H. Marcuse Vernunft 171). 132 133

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(geschichtlich objektivierter) Sittlichkeit mit hinreichender Deutlichkeit dagegen. Es ist aber auch eben gerade das private Recht, welches für diesen objektiven Charakter gleichsam verantwortlich zeichnet, auch praktisch die Verantwortung selbst übernimmt. Das hierin mögliche Widerstehen 135 ist dann weder geboten noch gleichgültig, vielmehr bloß immer auf das aktuelle, damit im Grunde aktualisierte Bestehen der Ordnung bezogen; damit aber nur Teilstück einer umfassenden Stellvertretung des Rechtssubjektes für die Allgemeinheit und Allgemeingültigkeit freiheitlicher Ordnung. In dieser Verhältnisbestimmung kommt dann auch übrigens Hegel mit Kant - und seinem privatrechtlichen Einsatze des Rechtes - weitgehend überein; es ist nur der Grundgedanke rechtlicher Vorläuferschaft des Einzelnen ausgeweitet auf eine auch sittlich bedeutsame Provision, wie sie mit einer moralisch fundierten Revision des eigenen Weltverhältnisses einhergehen muß. Gerade indem das Recht sich mit seinen Tatbeständen zunächst an die Stelle moralischer Prinzipien (wie sie auch in einer Rechtsordnung zur Geltung gebracht sind) setzt, erlangt es auch sogleich seine sittliche Bedeutsamkeit; womit wiederum die vernünftige Selbstgesetzgebung des moralischen Subjektes in den weiteren Zusammenhang von "Selbstverwirklichung" 136, in der moralischen und sittlichen Zweideutigkeit ihres unmittelbar ansetzenden Selbstverständnisses, eingebracht und auch eingebunden wäre. Dieser Sachverhalt ist allerdings nicht offensichtlich; scheinen nicht gerade die (im engagiert-entrüsteten Tonfalle des § 140 Ader Rechtsphilosophie vorgetragenen) Anmerkungen über das Böse und seine weitere Ausgestaltung die Ausweglosigkeit der privativ-individuellen Perspektive zu verdeutlichen? Was hier sich verläuft und also nurmehr abgebrochen werden kann, ist jedoch - wie sich gegen Ende der hier anzustellenden Überlegungen noch näher zeigen möchte; s. u. §§ 54 ff. - nicht der substantielle Anspruch des Einzelnen, auch nicht etwa in seiner Übersteigerung; vielmehr immer noch gerade eine Haltung der Verweigerung konsequenter Anwendung des eigenen Gesetzes, insofern es sich in Konfrontation zu den Ansprüchen der sittlichen Welt und Gemeinschaft setzt und so zugleich Gefahr läuft, ihre rechtliche Ordnung in moralisch beliebige Anliegen zu zer134 Etwa: im Sinne J. Ritters und Gedenfalls eines Teiles) seiner ,Schule'; vgl. H. Ottmann Individuum 299 ff. (und zum hier bereits Diskutierten inbes. 346 ff.). 135 Statt also als solch "authentischer Widerstand", wie er von H. Ebeling Widerstand 26 f. unter Berufung auf Heidegger in's Spiel gebracht wird, immer im Ringen mit dem Tode, dem "allgemeine[n] Verbrechen der Vorbereitung des Untergangs in der gesamten Polis der Menschheit" (251) auf "das Tun der Wahrhaftigkeit im Unterschied zum Tun der Unwahrhaftigkeit" (I. c. 254 ff.) hinauszulaufen und so sich gleich gegen jeden "Einze1staat" zu wenden, der "vorschnell, nämlich ohne sachkundige Diskursverständigung, weitere Fakten der Weltvernichtung schafft" (250). 136 S. J. Habermas Faktizität 129, vgl. u. § 55.

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1. Einleitung

setzen. Dies läßt sich in staatlicher Verantwortung immer auch aktiv betreiben, ja als im Grunde die notwendige Folge, wenn schließlich das Böse den Geist der Welt darstellt [so u. § 55]. Aber auch auf Moralität eingeschränkt - also diesseits entschiedener Verletzung privat oder auch öffentlich begründeten Rechtes - bliebe ein solches borniertes (zunächst kapriziöses) Verhalten also in seiner Weise unrechtlich, wenn es in Vorenthaltung der eigenen Persönlichkeit des Subjektes dem Gemeinwesen die Legitimationsgrundlage entzieht, soviel es eben an ihm gelegen wäre: um nach Möglichkeit gar noch geradezu [vgl. u. §§ 42, 55] das so nach eigener Auffassung in der ,bösen Welt' verortete und in dieser Position also beglaubigte Böse in es nach Kräften auch wirklich einzubringen. Aktive Legitimierung ist nicht erzwingbar, aber ihre Verweigerung richtet sich ebenso selbst, fallt auf das Subjekt in dann wirklich eigener, wenn auch das Eigene verfehlender und so noch womöglich den fremden Zwang bedeutende Zuständigkeit zurück, wie eine Verletzung des einer anderen Instanz zustehenden Rechtes das Zwangsrecht in einem so zur Verbindlichkeit realisierten Anerkennungsverhältnisse begründet: das jedenfalls ist die Auffassung Hegels, zu der dieser sich auch selbst gerade von der praktischen Vernunft und der Aufnahme ihres kritischen Potentiales her zur entschieden rechtlichen Grundlegung erst (wenn wir die Reihung seiner Schriften und Manuskripte verfolgen) schrittweise vor- und wieder zurückarbeitete. Die Leistungskraft einer freigesetzten Form des Rechts macht - dem lebens- und denkgeschichtlichen Vorgange ganz entsprechend - auch die Stellung des umfassend als Dasein des freien Geistes angesetzten Rechtes im Zusammenhange des hegeischen Systems zweideutig: in dem moralisch zu fundierenden Recht der Objektivität ist selbstbewußt von innen her zu ihrer Geltung kommende Positivität als wirksames Moment aller Rechtswirklichkeit ausgewiesen, während aber das eigentlich praktische Verhalten, wie es sich auf der ganzen Breite von Welt verlieren muß, in den Grundtatbeständen des Rechtes überhaupt aufgeht und so als konstitutives Moment personaler Freiheit doch nicht mehr eigens in Betracht kommt. Liberal verstandene Freiheit erwiese sich somit also als im Grunde noch vOlTechtlich, insofern sie nämlich sich selbst außerhalb des Begründungszusammenhanges für das Ganze des gemeinen Wesens, der so zugleich mit zu dem zu Begründenden gehört, verstehen wollte. Immerhin kann die Aufrechterhaltung des Rechtsraumes 137 durch Schuldigkeit nach innen - in der Möglichkeit von Bewegung - nicht anders als im Anschlusse an den normativen Anspruch der Einzelsubjekte Erfolg haben, wie sie im Begriffe ihres Rechts zugleich ,den' Begriff ,des' Rechtes in praktischer, allein 138 "aus Freiheit 137 Vgl. das entsprechend überschriebene Teilstück (Dritter Band, Dritter Teil) des Systems der Philosophie von Herrmann Schmitz. 138 Dies durchaus i. S. v. K.r. V. B 828/A 800.

§ 3 Der Anspruch auf die Wirklichkeit

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möglich[er]" Bewegung aufnehmen und zur Entfaltung bringen. Ihnen, in ihrer nicht rückführbaren Mehrzahl, wird er demgegenüber aber wesentlich als ihre Kontinuität begreiflich werden müssen, die so allerdings wiederum auch ihrerseits (ganz objektiv) nach Ausdruck und politischer Betätigung verlangt, um ihnen hierin hinreichend entgegenkommen zu können. Dazu aber muß das Verhältnis von personaler Selbstherrlichkeit und öffentlicher Souveränität aufgeklärt werden, wie beide einander in notwendig ,ungleicher' (auch: ,asymmetrischer') Weise in Bezug nehmen. Inwiefern die Begegnung privater und politischer Handlungsrnacht aber - nicht mehr im Zuge geschichtlicher Etablierung, sondern auf Grundlage rechtlicher Stabilität des gemeinen Wesens - einen Akt reiner Repräsentation im Inbegriffe umfassender Wirklichkeit des Rechts erlaubt, welcher ihre Stellvertretung im Handeln der Bürger in sich aufzunehmen hätte, wird sich an der reellen Überparteilichkeit der höchsten Instanz und damit jeweils an der Leistungskraft eines wechselseitigen Übergehens von Anspruch und Wirklichkeit 139 ineinander zu bemessen haben. Ziel ist insofern also (recht von ,oben' her besehen) nicht die generell sittliche Haltung und Einstellung von Bürgern (das ist unmittelbar ihre Sache), aber die immer gerade bereits fallweise zu akzeptierende Einlösung eines wechselseitigen Schuldverhältnisses von Recht, Politik und Sittlichkeit. Ohne solches Entgegenkommen, das nicht schon Gerechtigkeit selbst verwirklichte, aber in der Betätigung des Allgemeinen sie gerade dem Einzelnen näherbrächte und nahelegte, wäre er selbst von Rechts wegen auf den Standpunkt beziehungsloser ,Freiheit' zurückgeworfen. Sollte dann überhaupt noch von einem öffentlich-rechtlichen Verhältnisse die Rede sein, so müßte es unablässig als ein Sollen fortbestehen, die bestehende rechtliche Ordnung entweder hinter sich als gleichgültig zurück- oder über sich als allgemeines Verhängnis bestehen lassen. Dies Unrecht jedenfalls wäre insoweit schon entschiedene Sache; allemal in der , volkssouveränen ' Radikalisierung der politischen Handlungsfähigkeit: als ob sie wirklich auf der Straße zu finden (und nicht erst: zu schaffen, zu ,schmieden') sei: wenn man sich ihr nicht gleich - "veluti una mente ducuntur,,140 - in ihrer ,Eigendynamik' überlassen, resp. auf sie allein zählen wollte, weil man sie zu seinen Zwecken einzusetzen wüßte (darauf bleibt, im Hinblicke auf gesellschaftspolitische Aktualität, noch am 139

61.

Deren Reduktion aufeinander durchaus verhängnisvoll wäre: s. u. §§ 12, 55,

140 Wie es B. Spinoza in seinem (späten) Tractatus Politicus (= T.P., § 16) formuliert, darin bereits unnachahmlich die Zweideutig dieses Geistes (im Sinne einer "Massenpsychologie") auf den Punkt gebracht hat; vgl. im übrigen für's nun vergangene Jahrhundert H. Brochs Massenwahntheorie, insbes. auch 101 ff. zur Konstitution eines "Dämmerzustandes" zwischen Vernunft und "Närrischheit" als Gegenstand der Historie in Erkenntnis gesetzmäßiger Zusammenhänge und Entwicklungen; s. u. § 61 zu ihrer Subjektivierung zur Quelle von Recht.

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I. Einleitung

Ende sub § 61 zurückzukommen). Im bürgerlichen Normalfalle hingegen bliebe die Gemeinschaft zwar von innen her gefordert, aber eben doch mit dem weiteren Vorhalte und Vorbehalte unerfüllter Berechtigung. Dies aber führt gerade erst - und mit gewisser Berechtigung - auf die Wege einer politischen Romantik, die stellvertretend für alle Subjektivität die Rettung der unvollkommenen Welt vor ihr selbst vollbringen möchte. Die so dem Rechte sich verbindende Sehnsucht in Richtung auf eine vollständige Erlösung, wie sie ja nicht ohne Grund noch heute in dem lateinischen Englisch der Bibel 141 redemption, also Frei- oder Loskauf als offenbar ein Zurückversetzen in einen ursprünglich gegebenen Stand heißt, enthebt sich so allem, was noch als rechtlich bestimmte Anforderung, verfügbarer substantieller Anspruch zu fassen sein möchte. Auf sie, auf ihn muß daher in der sittlichen Reziprozität von Recht und Pflicht aufmerksam gemacht werden, um den Anschluß an das erworbene und etablierte Recht auch weiter zu gewährleisten, statt (auch wo etwa 142 von einem Wiederaufbau gerade nur von "Rechtsbewußtsein" die Rede sein sollte) durch das einseitige Geltendmachen des Mangels diesen gerade darin auch an sich selbst bestätigt zu finden, daß so die Sittlichkeit doch immer nur um die ihr eigene Wirksamkeit in den Subjekten und durch ihre Bewegung gebracht wird 143 . In diesem Sinne muß und darf es allerdings (wie in der Vorrede, S. 24) heißen: "Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig."

Das Recht dieser Grundaussage kann sich nicht bereits im Sinne einer kritischen Überprüjbarkeit allen Ergebnisses durch die Form einer sittlichen Selbstgesetzgebung im kantischen Sinne [v gl. Phän. 316] erschöpfen 144; vielmehr ist die Einheit von Vernunft und Wirklichkeit dann immer auch Verpflichtung: insofern nämlich mit ihr die Einheitlichkeit der hegeischen Rechtsphilosophie selbst - im Hinblicke auf das Problem des Überganges und seine Fundierung in Verfolgung des abstrakten Rechts - bis zum Ende 141 Luk. 21,28; Röm. 8,23; Ps. Ill, 9 (für Vers 10 vgl. u. §§ 23 [bei Fn. 95], 54); und von dorther auch eingehend in eine Semantik von Befreiung: "Won 't you help me sing these songs offreedom... " (Bob Marley, Redemption Song). 142 Mit H. Ebeling Gut und Böse 25, in welchem Traktate "das Gesetz des Bösen" bloß gerade in einer umfassenden Verschwörung der "Gleichmacher" verortet wird; vgl, hierzu noch u. § 61 Fn. 142 u.ö. 143 Schon Shl. Avineri weist (in Theorie 154) mit Recht und Verdienst auf das aller Wirklichkeit vorausgehende Bewirken hin; dies in's ,Aktivistische' vertiefte Verständnis von Wirklichkeit bleibt aber unvollständig, wenn nicht eben auch umgekehrt die Aktualisierung seiner in den verwirklichten Zweck eingegangenen Vernünftigkeit einbegriffen wird. 144 Und auch mit seiner Aufteilung in eine "reaktionäre" und eine "revolutionäre" Komponente, wie E. Bloch (Naturrecht 150; vgl. S/O 247 f.) sie vornimmt, ist nichts gewonnen, wenn anders es doch gerade auf den Zusammenhang beider und damit auch, wenn wir so wollen, von Revolution und Reaktion - ankäme.

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praktische Aufgabe bleibt. Von der "unendlichen" Aufgabe neukantianischer Provenienz 145 unterscheidet sie sich dann allerdings eben darin, daß sie (in einem Systeme des Daseins) doch bereits ihre eigene objektiv-teleologische Einlösung als schon vollbrachten Zweck [vgl. W.d.L. 11 451 ff.] in Bezug zu nehmen hat: der in seinem [i. S. d. §§ 142, 258] ideellen Weiterwirken mit den selbst von den Subjekten zu setzenden Zwecken kompatibel ist, mithin auch praktisch konform gehen kann: soweit er eben tatsächlich in seinem Dasein [Enz. § 6, vgl. § 258 Z] ihrem substantiellen Gehalte entspricht oder aber sie zu eigener Wirksamkeit auffordert. Der Übergang auf das Recht der sittlichen Verhältnisse hat sich mithin als die Stelle der Beglaubigung und Bestätigung beider Seiten, wie sie einander in unentbehrlicher Besonderung ihres Anspruches zur Realität treffen, zu erweisen; statt daß das jeweilige Gegenüber mit dem eigenen Realitätsverluste zusehends auch zu einer verschwindenden Größe wird und so das Übergehen bloß noch, anstelle von Integration [i. S. v. u. § 57], Verkehrung und Verheerung der weltlichen Verhältnisse selbst bedeuten möchte. Dieser hohe Anspruch stützt sich mit Notwendigkeit auf die bereis angesprochenen geschichtlichen Voraussetzungen, ja er wird entschieden ermöglicht erst unter dem besagten philosophischen Standpunkte eines Endes der Geschichte. Erst wo kein weiteres Ziel mehr - sondern nurmehr noch Bestand und Bewegung - konstruierbar erscheint, sind auch mit der Philosophie die einzelnen Menschen auf den Gegenstand ihrer Privation zu verweisen. Dies bedeutet - allemal für eine annehmbare Philosophie des Rechts - sicherlich keinen Zeitpunkt, von welchem aus nichts weiter mehr sollte geschehen können 146; aber eben auch nicht ohne weiteres schon das Zeichen eines Aufbrechens zu neuen Ufern, an welchen frühere Ereignisse und die alten Werte einer alten Welt nicht mehr sollten zählen können 147 • Das "absolute[.] Zueignungsrecht des Menschen auf alle Sachen" [§ 41] begegnet auf s Ganze einer Welt, die immer schon den Zugriff in jenen freien Tausch verwandelt hat, der (abgeschnitten, und immer wieder sich anVgl. K. Vorländer Kant und Marx 328. Wenn auch der Zusammenbruch der von leninscher Lehre und Politik ausgehenden Staatenwelt ein neues Schlaglicht auf ein jedenfalls mit im Grunde doch voluntaristischer Praxis offenbar nicht mehr zu überbietendes Endstadium wirft, das dann aber auch seine Krise nicht mehr in der Systemkonfrontation aushalten kann. 147 Das von Karl Marx entschieden in Aussicht genommene Ausbrechen aus einem bloß "naturgeschichtlichen Prozeß" (Vorwort zu Kapital Bd. 1, 16), dessen Realisierung mit ihrer philosophischen Nachgeschichte (i. S. v. MEW 1, 383) konstatiert wäre, mußte doch wieder schlechthin auf jene ewige Vorgeschichte des Menschengeschlechtes zurückfallen, von welcher Aufklärung (insofern entgegen der Annahme in den Manuskripten 579: "mit Bewußtsein sich aufhebender Entstehungsakt") sich nicht zu befreien vermag (vgl. M. Horkheimer ITh. W. Adorno Dialektik 46 ff., Adorno N.D. 347 ff. sowie B. Lakebrink Studien 228 ff.). 145

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I. Einleitung

schneidend von den ,Ursprüngen', und also ohne wahre Alternative) für sich selbst einsteht. Allerdings scheint so eine gewisse Ausweglosigkeit der sozial ökonomischen Probleme (namentlich im Hinblicke auf die Marginalisierung menschlicher Arbeitskraft in der industriellen Produktionsweise 148) zu bestehen, und der Eindruck, in einer Endzeit zu leben 149, ergibt sich wie von selbst mit den Auflösungserscheinungen einer ,postmodernen' Beliebigkeit, welche den Willen zur Konstruktion nur noch als Spiel mit den Elementen betreiben mag: die aber gerade so noch allemal entfesselt und zu eigener Wirksamkeit freigesetzt werden [vgl. Phän. 356 ff.; vgl. u. § 42]. Gegenüber dieser gedoppelten Passion muß aber die philosophische ,Anstrengung des Begriffs' kein aussichtsloses Unterfangen und selbst ohnmächtiges Aufbegehren sein; hier zumindest soll es insofern gelten, auch in dieser ,praktischen' Hinsicht noch einmal an Hegel sich anzuschließen, der bereits die systemsprengende Eigendynamik der modemen bürgerlichen Gesellschaft deutlich vor Augen hatte [v gl. §§ 243 f.], mag er auch zur Lösung noch auf einen offenen Weltmarkt gesetzt haben, der in weiten Bereichen erst in und zu seinen Möglichkeiten zu erschließen war [so §§ 247 ff.]. Der von ihm selbst erhobene Anspruch bezieht sich ohnehin nicht bloß auf eine je aktuelle Gegenwart, wie sie nur ganz punktuell im Lichte allgemeiner Aufmerksamkeit stehen kann. Dabei wäre entscheidend gar nicht so sehr der Zugriff auf die Epoche, insoweit Konsequenzen noch zu ziehen bleiben, sondern die Erkenntnis einer noch überhaupt nicht abgearbeiteten, insofern weiter anwesenden und gegenwärtigen, sozusagen zeitgeschichtlichen Vergangenheit. Auch insoweit also dies: daß die bürgerliche Gesellschaft [zuf. § 246] "über sich hinausgetrieben" wird, nunmehr eine entschieden innere Auflösung verlangt, zu der auch alles Verweisen auf die Zwänge der ,Globalisierung' letztlich (ob in der politischen Ausflucht, oder eben auch im Überschwange ,transnationaler' Verfassung; vgl. u. §§ 55, 59, 61) nichts beizutragen vermöchte, nimmt die insoweit mithin geschlossene Perspektive dem Konzepte lediglich eine Zweideutigkeit, die noch ein Ausweichen gerade vor seinem eigentlichen Sinn zu erlauben schiene 150. Sich aber der sittlichen Einheit des Rechtes in ihrem strengen Sinne zu stellen, heißt: den vordringlichen Primat der ökonomischen Verhältnisse - und des im Sinne ihrer 148 Obschon auch dies in der Perspektive eines Umgehens mit paradoxer Grundbestimmung (hier: der Knappheit) diskutiert werden könnte; vgl. N. Luhmann Wirtschaft 210 ff., s. u. § 57. 149 So wie auch im Untergange der antiken Welt mit ihren zahllosen "hellenistisehen" Moden, wo unter anderem offenbar jeder beliebig neue, aus dem (östlichen) ,Ausland' eingeführte religiöse Kult seine Anhänger zu finden vermochte; vgl. Fr. Cumont Religionen u. (im religionspolitischen Zusammenhange) T. Christensen Christus oder Jupiter 73 ff., f. auch Re/. II 82. 150 Vgl. u. § 61 Fn. 228 zum Terror der Gesellschaft.

§ 3 Der Anspruch auf die Wirklichkeit

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Logik ,Machbaren' - zurückzuweisen und die Rechtsfrage, und zwar nicht zuletzt gerade auch [mit § 41 !]: dagegen, zu stellen; als in eben der Schuldigkeit aber, welche die ,Sachenwelt' als Sache der Freiheit erst aufrecht erhält 151 . Diese Fragestellung kommt somit allerdings auf den Begriff des Menschen zurück [so u. vor § 56], muß dann aber allen Ernstes die Wirklichkeit des Rechts in Bezug und Anspruch nehmen; nicht im Sinne einer Übereinstimmung mit Prinzipien, die ihre Wahrheit eben nicht notwendig in einem solchen Parallelismus haben können (ganz so, wie auch die überlieferte Formel von der adaequationis intellectus ad rem in ,theoretischer' Hinsicht zu kurz greift 152), sondern als ganze Wahrheit [Phän. 24], oder eben auch Unwahrheit 153. So reicht aber die Gegenwart, die aus der Vergangenheit stammt, womöglich eben doch weiter, als es zunächst den Anschein hat haben können. Wenn anders die letzte Wende von der ausgehenden Antike (durch ein langes Mittelalter hindurch l54) zur neuen Zeit mit eben den Prinzipien ernst machen mußte, die sich als solche gerade schon in den früheren Zeiten etabliert haben, so ist diese Realisation doch offenbar nicht von der Art, daß nurmehr alle Widerstände aus dem Weg zu räumen waren, um den Grundsatz klar und deutlich zur Anwendung zu bringen. Es ist die modeme (in sich selbst gegliederte und vielschichtige) Welt, welche die Wahrheit auch eines abstfakten Rechtes (in der Gebrochenheit seiner isolierten bürgerlichen Existenz und der sie noch immer ermöglichenden sittlich-politischen Ordnung) erbringen und hergeben muß. Bevor ihre Ordnung nicht - auch gegen den äußeren Anschein - als Freiheitsordnung begriffen ist, kann es auch einen weiteren Fortgang mit Recht nicht geben. Die Frage lautete also nach alledem auch durchaus nicht: inwieweit denn eine ,bürgerliche' Revolution das Gesetz, nachdem sie selbst etwa angetreten wäre: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, zu verwirklichen ver151 Und also auch jenen ,alten' Primat des Politischen nicht sogleich wieder in sein ihm nach traditionellem Verständnisse zukommendes Recht einzusetzen vermag; in einer funktionell differenzierten bürgerlichen Gesellschaft begrenzt jede Semantik (vgl. Luhmann Wirtschaft 239 ff.: immer auch in Medien-Spezifikation) sich selbst: bis sie etwa aufs Ganze gefordert wäre, und also mit ihr die Gesellschaft in ihrer je aktuell gegebenen Gestalt selbst; vgl. o. § 1 bei Fn. 56, u. §§ 59 ff. 152 Vgl. M. Heidegger GA Bd. 26 § 9, u. § 6; von Rechts wegen muß demgegenüber systemische Geschlossenheit normativ als monadische Konkordanz (s. u. § 25 Fn. 165) und also Negation der Negation stets neu gewonnen werden. 153 Im Sinne Th. W. Adomos (Minima Moralia Abt. I Nr. 29, s. u. § 56 Fn. 52). 154 Hegel wird allerdings immer wieder vorgeworfen, er habe es nicht hinreichend berücksichtigt und erfaßt; die Sicht auf ein ,finsteres' Mittelalter aber teilt er gewiß nicht, wenn auch mehr Unmittelbarkeit in der Betrachtung dieser Epoche im rankeschen Sinne geboten sein mag, als seine Geschichtsphilosophie sie uns bietet; die reaktionäre, entschieden rückwärts gewandte Alternative eine aktuellen Orientierung an einer christlichen Ordnung von Herrschaft und Reich ist allerdings ausgeschlossen; s. u. §§ 57 f.

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I. Einleitung

mochte. Den immer erst [vgl. u. §§ 45, 52 f.] im Verbrechen aufhebbaren Gegensatz von Freiheit und Gleichheit auf einen immer, ohne Ausweg immanenten Widerspruch weltwirksamer Freiheit selbst erwiesen habend, kann zwar ein ,Projekt' von Emanzipation aus sachlichen Zwängen festgehalten, aber eben gerade nicht schon der Wirklichkeit konfundiert werden. Moralische Kritik und xQi.aL~ von Recht vermag nichts über seine Wirklichkeit: soweit sie eben nicht ein schon reelles, in Freiheit , wohlbegründetes ' Recht trifft, von dem her ein substantieller Anspruch in der Situation des Übergehens entwickelt werden könnte. Damit aber wäre nun in der Tat der philosophische Anspruch Hegels durchaus auch noch (in wie auch immer gebrochener Gestalt) der unsere; die Semantik des "objektiven Geistes" läßt sich weder durch vermeintlich nicht mehr zeitgemäße Bezüge 155 erledigen noch durch eine Verlängerung eines solchen Bezuges zum ,Zeitgeist' verlängern. Alle Erweiterung der , sachhaltigen , Perspektive zur Relativierung des von der Rechtsphilosophie zutage zu fördernden Anspruches vermöchte doch im Grunde immer nur ein wirklich absolutes, als letztgültig und fertig beanspruchtes Wissen zu diskreditieren, nicht jedoch eben jene Rückführung von Gegebenheit auf eine Freiheit, die immer schon über sie, als in Reichweite von Personen sich stellend, verfügt hat. Der systematische Zugriff der hegeischen Rechtsphilosophie allein, der ihr den Realismus sichert, wie er doch in allem ,echten' Idealismus 156 eingeschlossen sein möchte, erschließt die geschichtliche Bewegung zu rechtlicher Präsenz. Soweit der dahinter zurückliegende Verlauf als überhaupt offen begriffen würde, bauen immerhin die an den Tag tretenden Konstellationen - als, wenn wir so wollen: Grundformen zwischenmenschlicher Erfahrung 157 - aufeinander auf, offenbaren sich wiederholend l58 doch nur in dem Sinne einer Verschränkung, die dann zugleich ihre Herabsetzung zu Momenten eines neuen Ganzen bedeuten muß. Diese Momente finden sich aber doch sodann - als an einem erreichten Ende in ihrer fortlaufenden Wirksamkeit begriffen - aus ihrem unmittelba155 Die allerdings im Gegenzuge auch durchaus für sieh wieder ihren Sinn machen möchten und also die Aktualität der hegelsehen Rechtsphilosophie gerade von ihrem Gegenstande der Kritik her aufrecht erhalten; s. u. § 61. 156 Um diese Bezeichnung dem "echten" Realismus entgegenzuhalten, wie ihn Fr.-J. v. Rintelen (im Vorwort zur deutschen Ausgabe von Ottavianos Kritik des Idealismus, S. 5 ff.) fordert; ob nicht beides letzthin konvergiert, wäre zu erwägen; zur Perspektive eines Materialismus vgl. demggü. noch u. § 61 mit Fn. 134. 157 Vgl. zur Phänomenologie des Geistes insofern L. Siep, der sich in seiner Kommentierung (98 f.) um die rechte Mitte zwischen Historizität und Typologie bemüht. 158 Wie J. B. Baillie (in: Kongreß ... 45 ff.) es für Hegel viel zu unbestimmt und ziellos formuliert; dann müßte dieser mit L. v. Ranke sich in den Mangel teilen, die Vergangenheit um ihre Zukunftsträchtigkeit zu beschneiden (vgl. B. Croce Historiographie 266 f.).

§ 3 Der Anspruch auf die Wirklichkeit

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ren zeitgeschichtlichen Zusammenhange herausgerissen und zur Geltung

verselbständigt: nicht ohne darin zugleich doch wirksam den im Ursprunge

bedeuteten Sinn zu realisieren. Wirklichkeit und Vernunft, die geschichtlich noch allemal auseinanderlaufen können, müssen sich so doch an diesem Ende in einem objektiv (zum Rechtsraume) ausgebreiteten Geiste treffen und zu einem mächtigen Bestehen und Fungieren bestärken, dessen geschichtliches Beharrungsvermögen ebenso ein factum wie sein normativer Anspruch eine jederzeit in Rechtspraxis und -politik offene Frage darstellt. In dieser DoppelsteIlung wäre denn auch tatsächlich das eine Prinzip des Rechts als sein Begriff ebenso umfassend (irr 'rechtlicher Ordnung eines Ganzen, das auch ,dem Recht' nicht zu Gebote steht) realisiert wie in seiner grundlegenden Eigenbedeutung (in der Rechtsfahigkeit des Menschen als Person) festgehalten: womit sich so überhaupt auch im Sinne einer in ihrem Selbstbewußtsein fortschreitenden Phänomenologie der Freiheit [vgl. Gesch. 32] Geschichte eben gerade (weil so das weitere Verhältnis bestimmend) grundlegend als Rechtsgeschichte 159 vollführte. Damit aber kann . diese reelle Phänomenologie auch nicht in der Herleitung des philosophischen Standpunktes selbst, der die ganze Entwickelung von ihrem Ende her überblickt, sich erschöpfen: als ob nunmehr einzig die Alternative leidenschaftsloser Betrachtung oder radikal unbelehrter Weltveränderung (im teils geläufig gewordenen Sinne der 11. Feuerbach-These von K. Marx 160) gegeben wäre. Als das realiter gültige Ergebnis eines substantiellen Bestandes bedeutet Recht überhaupt ebenso Möglichkeit alles Weiteren wie 161 - und nicht als sachlich auszuzeichnende Güte, sondern Tragfahigkeit, immer auch in der gesetzlich darstellbaren Form - unübersteigbare Gegenwart. Das "Recht der Besonderheit" [§ 124 A] aber, wie es erst hierin seine Stelle wirklich auch eingeräumt findet, ist dann insofern eben doch nicht bloß Korrelat eines im Grunde allerdings freiheitlichen Anspruches solchen Konzeptes 162, sondern darin zugleich der Ort seiner aktuellen geschicht159 Mit welchem Rechte deshalb die Konzeption der Rechtsphilosophie selbst als eine solche "Phänomenologie" bezeichnet und aufgefaßt werden kann, wird noch (in Auseinandersetzung mit der entsprechenden, bereits als Titel seines Beitrages in: Logik... 225 ff. formulierten These von K.-H. Ilting) zu diskutieren sein; s. u. 111. in fortlaufender Entfaltung der von Hegel gegebenen Bestimmungen. 160 MEW 3, 7; dort ist naturgemäß noch ein kritischer Zusammenhang gewahrt, der sich - zumal angesichts weiter voranschreitender gesellschaftlicher Auseinandersetzung (vgl. R. Kössler/H. Wienold Gesellschaft 37 ff.) - aber eben durchaus geradezu in Affirmation (von Stand oder Bewegung der Verhältnisse) verkehren möchte. 161 Was schon die Vorrede der Rechtsphilosophie in das bekannte, bereits bei Fn. 113 angesprochene Bild jener "Eule der Minerva .. faßt, die, wie es (28) heißt, "erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug [beginnt],,; daß sie mit M. Beyerle (s. Staatstheorie 5, 247 ff.) gleich wieder "das Licht der Morgenröte" erblicken wird, darf kaum angenommen werden.

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1. Einleitung

lichen Wirksamkeit und Bewahrheitung: denn als dies Recht konnte es doch eben erst in der Realität eines objektiven Geistes begreiflich werden, der es nicht nur freisetzt, sondern, wenn überhaupt, ebenso - durch moralische Freiheit - auch wieder sittlich einzubinden vermag. § 4 Die Unübergehbarkeit des Unrechts als Fluchtpunkt

Der Anspruch auf geschichtliche Aktualität, der sich mit dieser Rechtsphilosophie erhebt, verweist nach alledem auch die werkimmanente Bemühung nicht so dringend auf den weiteren Zusammenhang von Geistes-Philosophie, sondern näher noch auf die Denkgeschichte, in der sich ihr Begreifen der Gegenwart schrittweise realisierte. Diese beständig in persona fortgeschriebene Bedürftigkeit in der noch unaufgelösten Sache des Denkens erstreckt sich - ohne je abzureißen - von den frühen, eher rechts-, aber auch religionskritischen Vorarbeiten bis hin zur ausgearbeiteten Rechtsphilosophie. Die Arbeit Hegels an den geschichtlichen Gestalten läßt sich davon nicht ablösen, diente sie doch so geradezu der Sicherstellung philosophischer Gegenwart von einer auf das Eigenrecht der vergangenen Epochen - und damit eben auch: ihren etwa noch fortwirkenden Rechtsanspruch - zurückgeführten, zunächst aber durchaus überschwenglichen und auch ungerechten Frühromantik her. Die Grundkonstellation von Freiheit und Positivität, wie sie sich in mehrfach gebrochener Gestaltung (aus der Kant-Kritik neu bedacht) ebenso im Scheitern der ,frühchristlichen' Gemeinde wie sodann [so e. § 3] bereits im Übergange von Griechenland nach Rom dargestellt und ausgearbeitet findet [so u. §§ 49, 54 f.], verbürgt so nicht zuletzt gerade der Objektivität des Geistes das Eigengewicht noch diesseits aller "Stellung des Gedankens" [i. S. v. Enz. 26 ff.]. Die im Laufe der Geschichte sich ergebenden Sachzwänge (wie wir sie jedenfalls heute zu nennen hätten) zeigen sich so zusehends in ihrem Konkurrenzverhältnisse zu einem alten Recht, das sie als Weltmacht diskreditieren. Zunächst findet sich so der Geist in seinem Begriffe: mit dem Fassungsvermögen in Richtung auf Entfremdung, die in der Phänomenologie des Geistes aber eben noch wesentlich in einem - an seinem Ende [mit Phän. 575 ff.] absoluten - Wissen aufgehoben sein soll, das so aber nicht den vorlaufenden "Begriff der Wissenschaft" [W.d.L.(A) 15 f.]163, als einer philosophisch nur auf sich gestellten Bemühung, geben könnte, ohne damit zugleich gerade auch das Wiedererkennen der Momente seiner Bildung in der aktuellen gei162 Wie es bei J. Ritter (Metaphysik 282) bei allem Verdienste eben doch zu einseitig betont wird. 163 Die hieraus sich ergebenden Konsistenz-Probleme werden in der von Fr. Hogemann u. W. Jaeschke gegebenen Einleitung zur Studienausgabe (XLIII f.) angesprochen.

§ 4 Die Unübergehbarkeit des Unrechts als Fluchtpunkt

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stigen Realität zu ennöglichen. Diese Wissensfonn spricht so aber eben jedem radikalen ,Wiederaufbau' [s.e. § 3] das Recht ab; wenn anders Recht schon in ihrer Reichweite keineswegs allein als Freiheit anzusprechen bleibt, die ohne Dasein in der Objektivität eines noch einzunehmenden Verhältnisses stünde, sondern gerade in der Unausweichlichkeit dieses Verhältnisses seine Objektivität sich darstellen muß, die vor dem Gedanken bestehen bleibt, so ist als Prinzip des Rechts nicht mehr ein jenseitiges Sollen gefragt. Vielmehr kann allein das Wissen innerhalb dieser Objektivität aufgesucht werden: in und zu seiner Freiheit, die nicht wirklich Sittlichkeit bedeuten kann, wenn sie nicht zugleich und zunächst innerhalb eines abstraktrechtlich dominierten Zustandes VOn Recht [Phän. 355 ff.] zu verorten wäre, in welchen die Sittlichkeit zunächst, als maßgebliche und alle Verhältnisse, in allen Verhältnissen durchdringende Kraft, sich ganz verloren hat [vgl. Phän. 354]. Daß ein solcher Verlust in die zusammenhanglose Weite der Einzelnen doch den Keim der Wiedergewinnung des Ganzen in sich trüge, bestimmt erst die rechtsphilosophische Aufgabe: in der unmittelbaren Realität der Person den sittlich-substantiellen Anspruch in seiner Objektivität aufzufassen. Im Übergehen auf das enzyklopädische System des Wissens, dessen eines Teilstück die Rechtsphilosophie ausbildet, gilt es also, die Äußerlichkeit des rechtlichen Zugreifens gerade so recht vor dem Hintergrunde einer damit ebenso erst sozusagen in's Hintertreffen geratenden sittlichen Weltordnung, gegen den es sich ab- und seine Selbstberechtigung und Eigenrnacht heraushebt, in den Blick zu bekommen. Wenn der Abschnitt über "die Weltgeschichte" das Staatsrecht der Rechtsphilosophie beschließt, ist dies insofern nicht bloß eine Referenz an einen "Prätor" [vgl. § 339 Z], der alle rechtliche Erscheinung und Darstellung noch einmal, gleichsam vor dem Absoluten, als im Übergange auf ein absolutes Verhältnis begriffen, relativierte, damit also auch die Geistigkeit einer "zweiten Natur" [i. S. v. § 4] sicherstellte 164. Zu den geschichtlichen Voraussetzungen der gültigen Rechtsphilosophie gehören alle genannten Gestalten, damit auch die "Zerreißung des sittlichen Lebens in die Extreme" [§ 357], als in welchem die Privation des Rechts im Effekte des Verlustes nur dann als ein Gegenstand bloßer Kritik erscheinen kann, wenn die Abfolge der Bestimmungen (wie sie im vorangehenden Abschnitte aufgenommen ist) außer Betracht bleibt. Daß am Ende "die wahrhafte Versöhnung objektiv geworden [ist], welche den Staat zum Bilde und zur Wirklichkeit der Vernunft entfaltet" [§ 360],

betrifft wesentlich die Weltimmanenz eines Geistes, der erst in der Abstraktion persönlicher Freiheit ein "Weltliche[s]" hat möglich werden lassen, das sich "zur Vernünftigkeit des Rechts und Gesetzes hinaufbildet", indem es 164

Wie H. Schnädelbach in Praktische Philosophie 324 ff. mit Recht betont.

6 Molkentin

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seine Zwecke in einer gewissen Beiläufigkeit eigener Selbstzweckhaftigkeit verfolgt. Mit dem so fixierten Eigengewichte eines privativ auf sich gestellten Rechts, das mit der sittlichen Einrichtung der Welt nicht korrespondieren kann, ohne schließlich auch zu einer sachlich-substantiellen Konkurrenz mit ihr zu finden, bliebe wiederum umgekehrt noch auszumachen, inwiefern eine ebenso aufs Ganze nunmehr immer auch positive, in die Welt und als sie gesetzte Rechtswirklichkeit von einem Vernunftanspruche lebt, der sie mit aller Berechtigung in Zusammenhang brächte. Immerhin kann dies - den zu einer öffentlichen Gesetzgebung heranzuziehenden Personen und überhaupt aller im Besonderen liegenden Urteilskraft der Beteiligten als Rechtswirklichkeit, Dasein der Freiheit [§ 29] durchaus vorausliegend nicht erst moralischer Vergewisserung in eigener Sache gehören, ohne dann wiederum auch im abstrakt-rechtlichen Ansatze geradezu auf Verletzung nicht nur ,historisch-genetisch' (und womöglich auch aufs Ganze funktionell 165 , noch stets in potentia personae), sondern tatsächlich in jedem einzelnen Falle und Verhältnisse - geradezu angewiesen zu sein. Dafür, daß der sittliche Anspruch auf die Wirklichkeit (dessen Verständnis und Herausarbeitung die Rechtsphilosophie zu dienen hat) dennoch selbst erst im Hervorbringen eines dem einzelnen Subjekte von ihm selbst her, in seinem Bezuge auf andere Subjektivität, gegenübergestellten Rechtes gerade seiner Objektivität erwachsen und zugleich seine entschieden rechtliche Ausrichtung erfahren kann, bürgt allein die Eigendynamik der sich frei entfaltenden interpersonellen Aktionen und Passionen. Insofern sie nämlich nicht schon einer höheren Idee von Ausgleich zu folgen hätten, sondern erst die Personen - und zwar zunächst durchaus ohne sie schon über prinzipielle Grenzen des privativen Zugriffes zu belehren - von einer eigentümlichen Anordnung der Dinge um sie je herum her in's Freie einer Neubegründung rechtlicher Verhältnisse führten, wären die rechtlichen Verkehrsformen unmittelbar sittlich konfliktträchtig und -beladen: um so ebenso noch die sittlichen Verhältnisse der Gleichgültigkeit einer bloß noch positiven Anordnung zu entheben, wie sie andererseits der Moral als einem für sich rechtsfreien Innenraume vom sich-Äußern personaler Subjektivität her Grenzen voraussetzen. Es handelt sich also um ein selbst erst moralisch sich begrenzendes, gerade damit aber auf Entsprechung in der Wirklichkeit verweisendes Recht, das so im personellen Ansatze ebenso positiv ist (genauer: zu seiner Positivität selbst kommt; vgl. u. § 5) wie der staatliche Umgang mit seiner Gel165 Dann aber im Sinne einer theoretischen Weichenstellung, die nicht einem ,Normativieren' (wie also auch von G. Küpper Strafrechtsdogmatik insoweit mit Recht moniert) umstandslos das Wort reden kann, in dessen Perspektive die "Frage nach der Geltungsquelle" (s. N. Luhmann Recht 165) immer schon einseitig (im Sinne unmittelbarer Artikulierung des Allgemeinen) beantwortet wäre.

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tung, welche im "System eines gesetzlichen Rechts" [vgl. § 3] seine die gesellschaftlichen Verhältnisse umfassende Wirklichkeit realisiert. Diesen ganzen Zusammenhang präsentieren (insofern hier von Hegel die Rede sein soll) schließlich erst die "Grundlinien der Philosophie des Rechts" von 1820 in der Geschlossenheit, die auch erfordert ist, wenn anders die grundlegende Entzweiung des menschlichen Wesens so zum Tragen kommen sollte, daß sie die Situation ihrer nur im Einzelnen möglichen, je in concreto zu wiederholenden "Aufhebung" [vgl. §§ 97 ff., 129] erhellt und bestimmt. Die hierin ihrer selbst gewisse Fassung einer philosophischen Rechtswissenschaft (dann auch: zum für sich abgeschlossenen Teilstücke des philosophischen Gesamtsystems) erweist nicht allein ihre Geltungs- und Leistungskraft in vertiefter sachlicher Einlassung mit den auf dem Juristen vertrauten und aufgegebenen Gebiete vorkommenden Gegenständen 166. Sie erlaubt es überdies, überhaupt - auch noch über das je dort Behandelte hinaus - gegebene Erscheinungen und Konstellationen von Recht, Moral und Sittlichkeit unter diesem umfassenden Ordnungsanspruche einer den Tatsachen folgenden und immer auch in eigener Sache immanenten Wissensfonn an gegebener Stelle in ihrer sachlichen Bedeutung für den Gesamtzusammenhang einsichtig und zugänglich werden zu lassen. In diesem, nach innen sich richtenden Sinne läßt sich dieser Rechtsphilosophie, ihrem absoluten Anspruche auf weltliche Verhältnisse in der dynamischer Ausweitung entsprechend, eine schließlich enzyklopädische Leistungskraft 167 abgewinnen, mit der sie sich auch jeweils in der Sache ausweisen kann, wo diese zugleich in ihrer Besonderung des auf s Ganze vorgestellten Begründungsanspruches (und also auch zunächst noch Fonn-Offenheit) begriffen wird. Der (hier zum Titel gewählten) Fonnulierung eines "Rechtes der Objektivität" möchte insofern programmatische Bedeutung für ein auch in Richtung auf die Wissenschaft des geltenden Rechts, deren dogmatische Ausarbeitung doch (gerade in der Objektivität der Bestimmungen und Kategorien) nur auf eben dieselben, in sich anspruchsvollen Verhältnissen zurückgehen kann, fruchtbares Hegel- Verständnis zukommen. Im folgenden dient deshalb das herangezogene Material aus Geschichte und Gegenwart namentlich des privaten Rechts nicht bloß als erläuterndes Beispiel (dazu übrigens sogleich noch näher), vielmehr vornehmlich zur Verdeutlichung des immanenten Begründungsganges und also, insofern es sozusagen auf der Wegstrecke selbst begegnet. All dies aber geht, als die "Natur der Sache,,168, in die ,sachhaltige' Philosophie des objektiven Geistes mit ein: deren sachlicher Gehalt 166 Womit es offenbar auch Rechtswissenschaftlern möglich und für sie ertragreich war, der wesentlich gerade auch für sie konzipierten Vorlesung Hegels zu folgen, wie schon aus den redaktionellen Nachbemerkungen der hier herangezogenen Ausgabe (526) erhellt. 167 Diesseits des weiteren systemischen Zusammenhanges, als in einem Kreis von Kreisen (i. S. v. Enz. § 15); s. o. vor § 1. 6*

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auch insgesamt als ein Recht begegnet, wie es zunächst [in § 120] für das unübergehbar objektive Gegengewicht zu einem der Aktualität eigener Verantwortung sich verweigernden Willen ausgesagt ist. Die darüber hinaus einen allgemeinen Sachverhalt moralischer gebrochener Berechtigung ausdrückende und treffende Formulierung eines "Rechtes der Objektivität" findet sich so auch nicht zufällig (und zwar wiederholt; vgl. weiter §§ 132 A, 140 A a)) gerade in der gültigen Endfassung der hegeischen Rechtsphilosophie, wo sie das Konzept eines rechtlichen Zustandes nicht zuletzt auch an diesem Punkte "auf den Kopf, d.i. auf den Gedanken" zu stellen [vgl. Gesch. 529] vermag, um Faktizität von der Freiheit her immer als rechtlich bedeutsame aufzufassen, gegebenenfalls als Sachzwang - Zwang, der in ihrer Sache gelegen ist - auszuweisen und auch praktisch in die allgemeine Wirklichkeit des Rechts zu überführen. Die rechtsphilosophische Anstrengung des Begriffs hat sich hiermit allerdings eben der Rechtswirklichkeit grundlegend als in Reichweite des Einzelnen zu versichern: sein Begriff (im Grunde sogar: er als dieser Begriff; vgl. § 43) gehört in die primäre Position des Rechtssetzens und Gesetzgebens. Der Vorwurf, es wäre so das Private zum Prinzip gemacht, läßt sich gut aushalten; wird doch schließlich gerade in diesem Sinne erst Objektivität als das dem Raube an der Welt - als Rechts/orm - Widerstehende herausgefordert und in ihr Recht eingesetzt. So hat unter dem Titel eines Rechtes jedweder Objektivität - wofern in ihr vernünftige Wirklichkeit eben zur Kenntnis zu nehmen wäre - die Rechtsphilosophie Hegels ihre bis heute ,ungebrochene', weil dringliche Aktualität zu erweisen. Über die den ,Fachjuristen' betreffenden Kreise hinaus ist deshalb angezielt das Gemeinschaftsverhältnis: die Relation von Welt und Individuum als (sei es durch Recht, Politik, Gesellschaftstheorie oder auch Psychologie; s. u. § 59) unüberspringbar wie unhintergehbar. Unter Ausschöpfung des Potentiales freiheitlicher Berechtigung substantiell akzeptabler, damit immer auch erforderter Objektivität gilt es, den Übergang von moralischen Prinzipien zur eben nicht aktuell selbst hervorzubringenden, sittlich und bürgerlich schon geordneten Welt [i. S. v. § 141] gewissermaßen so schwer wie möglich zu gestalten, ihn aber gerade so doch als einzig mögliches, nur persönlich anzubringendes Bindeglied von Freiheit und Ordnung fest im Blicke zu behalten, und eben auch angesichts des Unrechts keineswegs preiszugeben. Es sollte dann durchaus kein Mangel eines solchen reell-philosophischen Konzeptes sein, wenn schließlich gerade auch nach dem erschöpfenden Durchgehen der Bestimmungen des persönlichen Eigenrechtes, wie es der sittlichen Autonomie des moralischen Subjektes sein sachliches Gewicht und damit die unmittelbare Brisanz in der Konfrontation mit alledem, was sie nicht dulden möchte, ge168 Vgl. zu diesem Begriffe die in Teil I des XXII. Bandes der W.d.F. zur Ontologischen Begründung des Rechts aufgenommenen Beiträge.

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winnt, sich noch eine letzte unrechtliche Konfrontation ergibt, die moralisch nicht nur nicht aufzulösen, sondern nur festzustellen - genauer: von innen her zu konstituieren - sein wird. Was so nämlich unabweisbar bleibt, ist im Grunde die im Ausgange gestellte Frage selbst: wie der substantielle Anspruch sittlicher Verhältnisse im Übergange der eigene des Subjekts oder auch nur von ihm her als sein Recht an die Welt, die ihn zu tragen hätte - formuliert und vorgetragen werden könne, so daß Autonomie und Rechtsordnung einander wirklich etwas angingen und bedeuteten. In der Realmöglichkeit des Unrechts sind sie ebenso in der Sache auseinanderwie durch einen moralischen Formalismus, der auch zum Bewußtsein gerade des Unrechts taugt, dem verbindlichen Übereinkommen offengehalten. Hier den weiteren, entscheidenden Schritt zu tun, versteht sich allerdings nicht von selbst. Die Alternativen aber lassen sich jedenfalls von dem dann weiter ausgeschlossenen Dritten her leicht angeben: es bleibt dann nämlich im Grunde (und zwar auch auf dem Felde der Politik) nur die Wahl zwischen dem moralischen Appell und der rechtlichen Anordnung. Wenn aber eben beides in einer vor der Geschichte unausgewiesenen (als gleichsam selbstgemacht in's Werk gesetzten l69 ) Weise miteinander verbunden wird, kann die Einheit nur eine im Grunde erschlichene sein, in welcher also das Legitimationsdefizit auf der anderen durch den Überschuß auf der einen Seite wettzumachen zu sein scheint. Vergessen bleibt dabei, was bereits mit der moralischen Fassung menschlicher Freiheit immerhin nicht mehr möglich und also verbindlich erledigt sein sollte: eine objektivierende Umsetzung von Ideen des guten Lebens, sozusagen über die Köpfe der Betroffenen und an sich Beteiligten hinweg. Keine ,Formalismus-Kritik' kann die Instanz des Gewissens aus der Welt schaffen; wo es sich ,regt', verschafft es sich unübergehbar Geltung und ist nicht durch ein anderes zu ersetzen. Der ebenso konsequente wie konsistente, von einem praktisch, also interpersonell etablierten Unrecht bis zur Situation und Forderung des Übergehens führende Weg moralischer Reflexion etabliert bereits unwiderruflich die Person durch die in eigener Sache eingestellte Respektsmöglichkeit im Besonderen zu einem Subjekte von Aneignung, welche das eigenen, normativ extrovertierte Zueignungsrecht für sich selbst gleichsam auszubalancieren hat. Am Ziele stünde dann die Rekonstruktion der monadischen Persönlichkeit, in ihrer Fensterlosigkeit 170 und also Innerlichkeit von Bindung und Verbindlichkeit, in moralischer Freiheit auch entschieden von innen her; nur ohne korrespondierende Ordnung und also in der Fragwürdigkeit von 169 Vgl. A. Schwan (Politische Philosophie, zunächst 9 ff.) zu M. Heidegger mit Auszeichnung der fragwürdigen Perspektive einer "Werkunfähigkeit der Gegenwart" (126 ff.); dazu s. u. § 17. 170 V gl. G. W. Leibniz Monadologie § 7; s. u. §§ 19 (namentl. bei Fn. 173), 57.

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Individualität l7l . Alle bloß objektive Beziehung nach außen (als in einem Verhältnisse auf ein unvermittelt Anderes) tritt hier allerdings - wenn auch in der relativen Selbständigkeit von Pflicht und Verpflichtung und also Erkenntnis-offen - zurück, eben weil sie auch immanent praktisch abgetan und in ein Recht des einzelnen Subjektes verwandelt ist. Der letzte Punkt, auf den dies alles in Freiheit zurücklaufen muß, aber ist damit dennoch das private Recht, nicht als ein deficit sozusagen reicherer Vermiuelungen bloß, sondern - entschieden subjektiv - als ein Raub an der Welt, der diesen Mangel (und zwar im Grunde noch ,vor' seiner Auseinandersetzung in's Unrecht) noch immer gerade für sich selbst übernimmt. Nur so kann schließlich auch das Gewissen wirklich mit Rechtsanspruch auftreten: um so von der nur erst das Verhältnis von Verletzer und Verletztem [i. S. v. §§ 103 f.] ,aufarbeitenden' und also einrichtenden Verantwortlichkeit eines Täters für seine Tat zur umfassenden Klärung der Rechtsfrage vordringen zu können. Das Recht schränkt die Moral nicht ein, aber es verleiht nicht zuletzt auch ihr den In- und Anhalt, nicht bloß in tugendhafter Aufnahme des rechtlich Vorgegebenen 172, sondern als eine Einheit (in der Idee des Guten, § 129), welche mit Notwendigkeit über sich hinausweist. So wird auch die Einheit des Guten und der Glückseligkeit geradezu eine Rechtsfrage: als in welcher die Schuldigkeit von Welt und Individuum eben schlechthin nicht autoritativ zu entscheiden, vielmehr immer nur durchaus vom Einzelnen her (anspruchsvoll) zu übernehmen ist. Im subjektiven Abstande zu diesem unbedingt reellen Erfordernisse des Übergehens wären ,Imperativen' überhaupt auf Gegenstände des Handeins bezogen, die ihrerseits nicht in der Sache des Rechts ausgewiesen sind. Die Möglichkeit des Unrechts steht der Gültigkeit technischer und pragmatischer Regeln mithin nicht nur nicht entgegen l73 ; vielmehr kann erst in dieser Dimension überhaupt Subjektivität auf die Vergegenwärtigung des sittlichen Weltverhältnisses bezogen sein. Das Unrecht ist dem Recht inhärent und bleibt ihm auch 174 immanent; ein "Imperativ der Persönlichkeit", wie Shl. Avineri 175 das "Rechtsgebot" des § 36 nennt, verwirklicht sich (und zwar: nach seinen beiden Seiten hin) auch in der Gültigkeit hypothetischer Anforderungen in der 176 willkürlichen Interaktion zwischen Rechtssubjekten. Mag also auch 171 Th. W. Adorno N.D. 306 ff., aber eben in der "Funktion [... ] des Funktionslosen"; wie es l. c. 337 heißt; vgl. auch u. § 57 (bei Fn. 114) für die Alternative des sich noch wieder auf einer ,höheren' Ebene - statt hier nämlich korporative Funktionalität anzunehmen - von selbst verstehenden (oder vergehenden und auch verlierenden) ,ethnischen' Geltungsanspruches. 172 S. insoweit Kant M.d.S. Einl. III S. 219 f. 173 Vgl. die kantische Grundlegung 394; s. u. § 58. 174 Wenn diese pleonastische Formulierung zur Verdeutlichung gestattet ist. 175 Über "Hegels Theorie des modernen Staates", 166. 176 Im S. v. Kant Rechtsl. Einl. § B.

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das "Vermögen, andere zu verpflichten"l77, als Konsequenz der von einem kategorischen Imperative her zu entwickelnden, die rechtliche Freisetzung allerdings tragenden Grundannahme, daß Freiheit überhaupt (von sich selbst her) sein solle, gelten können 178 , so bliebe damit allerdings die Frage zunächst noch offen, was dann in einem normativen Spannungsfelde den Gegenpol zu einer in die Tat umgesetzten praktischen Freiheit bilden sollte, die alles Recht zunächst als Anspruch in sich aufnimmt 179 . Der unrechtlich zu externalisierende Charakter der Pflichtnotwendigkeit zeigt somit überhaupt Objektivität 180 auf dem Rückzuge, ohne daß deshalb die Sache des Rechtes selbst bloß als hypothetischer Imperativ zu gelten hätte 181 , dessen Gültigkeit mithin überhaupt im Belieben je von Subjekten stünde, die dann überhaupt nicht als Personen im Begriffe der ihnen in ihrem schon vorfindlichen ,so-Sein' [zuf. §§ 34 f.] schlechthin zukommenden Freiheit handelten. Soll nun also die hegeische Konzeption hier nicht diejenige Kants gerade hinsichtlich des Sollens doch gewissermaßen noch überbieten, indem nämlich das privat begründete Recht sich unversehens in den als solchen bestehenden Gegensatz zu einem noch gar nicht gegen es vorgebrachten und so sich ihm verbindenden Rechte Anderer gestellt sähe, kann das sich in der Folge personell freiheitlichen Zugriffes ergebende Unrecht in seiner Unübergehbarkeit als der selbst produzierten, somit relativen Transzendenz in der Angelegenheit des Rechts nur sozusagen zu der Flucht nach vorne ermutigen, welche alles Gegebene in seiner Gegebenheit zur Disposition von Parteien stellt. Damit bleibt aber andererseits auch Anerkennung als gerade in der Sache des "Wohls auch anderer oder aller" [zuf. § 125] die noch in eigener Freiheit zu leistende Aufgabe. Als in einem Unterschiede zwischen 177 Vgl. M.d.S. Eint. 1.; vgl. auch die Vorarbeiten in der A.A. Bd. 23, 344 (und hierzu W. Kersting Freiheit 199): "durch Willkühr". 178 So daß also auch mit Kant sinnvoll von einer privaten Autonomie gesprochen werden könnte, wie sie der Zivilrechtslehre als Angelpunkt der Geltung mit Willen etablierter Tatbestände gilt: "die den einzelnen durch die Rechtsordnung gewährte und gesicherte Möglichkeit, ihre Beziehungen untereinander innerhalb bestimmter Grenzen durch Rechtsgeschäfte, insbesondere durch Verträge, zu regeln", wie es K. Larenz (A.T. § 2 11 e) ausdrückt; vgl. W. Aume A.T. Bd. 2 § I (1. u. 2.); zur doppelten Rede von der Autonomie vgl. auch J. Habermas Faktizität und Geltung 112 ff. 179 Auch bei Kant selbst kann dementsprechend die Aufstellung von Rechtspflichten (in Rechtsi. Eint. A [AlB 43 f.]) im Grunde nur die Bedeutung eines Schemas, jedenfalls gerade keinen eigenen status im Begründungsgang haben; schließlich wird sie an keiner Stelle aufgenommen, und dies wird auch gar nicht erfordert. 180 Der Pflicht; vgl. M.d.S. Einl. IV., AlB 21 f. 181 Dies wäre die - mit Rücksicht auf die Rechtslehre gerade noch vorkantische Lösung der fichteanisehen Naturrechtslehre, wie W. Kersting l. c. 167 ff. sie vorstellt; zur Konzeption Fichtes s. noch u. § 18.

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Sein und Wesen im Sinne hegelscher Logik begriffen, bliebe gerade die noch in der "Generosität" [vgl. § 125 N] des mildtätigen Opfers sich geltend machende - Gleichgültigkeit im Begründungsverhältnisse, wie sie in der Konzeption eines Recht und Wohl vereinenden Guten ihren Ausdruck findet, erst noch selbst zu überwinden. Recht und Wohl für sich alleine können deshalb in ihrer bündigen Gegenüberstellung [in § 128] nicht schon hinreichend die Situation normativer Anforderung ausmachen, in welcher Recht und Moral sich ein- und zusammenfinden, namentlich auch das strikte Recht seine Relativierung zu gewärtigen hätte. Daß ein solches Recht in Pflicht sich umkehrte, also auch vom je eigenen Dasein ablöste, oder aber auch nur dieses auf bloßen Egoismus reduzierte, wo es darum ginge, dem Interesse auch der Anderen Genüge zu tun, ist auch in bloß moralisch-freiwilliger Hinsicht noch überhaupt nicht möglich, wo nicht eine Anerkennung des Rechts in eigener Sache erforderlich gemacht ist. Allerdings kann die beste Absicht als solche "nicht eine unrechtliche Handlung rechtfertigen"182, denn "meine sowie der anderen Besonderheit ist [... ] nur überhaupt ein Recht, insofern ich ein Freies bin. Sie kann sich daher nicht im Widerspruch mit dieser ihrer substantiellen Grundlage behaupten" [§ 126],

erreicht hingegen doch in der Geltung dieses formellen Imperativs eine auf das Dasein der Freiheit überhaupt bezogene Verbindlichkeit, in der zugleich ,intersubjektive' Anerkennung [so u. § 26] Realität gewinnt und wird. Das moralische Subjekt bleibt in seinem Zwecksetzen so aber eben auf der anderen Seite überhaupt moralisch gleichgültig, wo es nicht seinerseits einem Begriffe von Recht nachgeht. Der wirklich guten Absicht wäre es nämlich durchaus verpflichtet; dann aber nicht mehr aus eigener Teleologie, sondern auf der Grundlage eines berechtigten Daseins der Freiheit und der Offenheit seiner Korrespondenz. Diesem Dasein bleibt die für sich berechtigte Besonderheit aber dann, kraft jenes Imperatives, gerade auch in diesem Widerspruche noch verbunden; beide Seiten - Täter und Opfer, insofern die unrechtliche Absicht an einem solchen tatsächlich (wenigstens ansatzweise l83 ) ausgeführt wurde - vertreten so gemeinsam jene substantielle Grundlage, welche Stellvertretung das sich notfalls in der Strafverfolgung (womöglich: durch die Hinterbliebenen) behauptende Opfer gegen den Täter zur Geltung zu bringen hat. In dieser Stellvertretung des Rechts durch die in ihm Verletzten muß sich ebenso die Allgemeinbedeutung der sich aus dem Unrecht erhebenden Gewalt erweisen wie der Vorrang der strengen, die Dimension von Wohltätigkeit und Wohlfahrt in nicht nur fraglos (und somit auch rechtlich bedeutungslos) eigener Sache noch überhaupt ausklammernden Sinne rechtlichen Thematik: ihr kommt keineswegs nur eine - bei 182 183

Auch Hege! sprach hier offenbar vom hl. Crispinus; vgl. § 126 N u. Z. Vgl. § 22 StGB; zur Problematik des Versuchs s. zunächst u. §§ 39 ff.

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aller eingehenden Differenzierung, Einlassung in der Sache - zu der alles entscheidenden moralischen Fragestellung überleitende Funktion zu, sondern vielmehr die mit ihrer Sachbezogenheit wirkliche ideelle Leitposition in der Begründung der freiheitlichen Aufgabe von Moral. Der Nachzeichnung privativer Rechtsverfolgung (im Hauptteil - III. der Arbeit) wird es also demgemäß jeweils um nicht weniger gehen können als den Aufweis, wie mit der Fortbestimmung der interpersonellen Verhältnisse zugleich die Welteinheit in jedem Schritte gewahrt und aufrecht erhalten bleibt: um so Objekt und Subjekt des Rechts bis in die letzte Konfrontation - auf Leben und Tod, nicht um einer erst noch zu etablierenden Anerkennung willen, sondern als Kapitalverbrechen in Bestreitung der ganzen Ordnung an diesem einzelnen, in seinem Ansprechen an sich erkannten, ja anerkannten Objekte - in der Verdichtung ihrer Relation zusammen zu halten. Das Opfer, welches in der Tat gerade als Träger dieser Weltordnung ausgewiesen ist, steht am Ende (zunächst allein) dafür, daß sich schließlich mit jenem ,ultimativen' Griffe zur je eigenen Macht die Objektivität eben des Verhältnisses doch nicht auf die Seite schaffen läßt 184 . Auch in der Ordnung des moralischen Reflexionszusammenhanges kann der anzueignende Gegenstand keineswegs erledigt oder abgetan werden, sondern nur erst seine verbindliche Gestalt erhalten. Ein "theoretischer Übergang" [i. S. v. § 128 N; vgl. u. §§ 8 f.] kann es deshalb immer nur zu selbst wieder weiter zu integrierenden Momenten bringen; hinter die Verletzung das ,Bewußtsein' des in die Tat umgesetzten Unrechts und damit das Erfordernis seiner Aufhebung stellen, oder aber eben überhaupt die Pflicht als ein Sollen etablieren, das nicht erst in seiner Ausführung, sondern bereits der individuell-gewissenhaften Konkretisierung seine Grenze findet: die ihrerseits ein Recht ausmachen muß. Schlägt dann aber nicht die sogenannte Formalismus-Kritik, wie sie Hegel an der kantischen Grundlegung der Moral übt 185 , auf seine eigene Philosophie zurück? Hegel stellt sich doch offenbar gar nicht der Aufgabe, bereits vor der Abstrahierung einer reinen Form von Verbindlichkeit zu begründen, "daß Eigentum ist" [so Naturr. 463; vgl. Phän. 317]; und mehr noch: dies scheint auch überhaupt nicht mehr gelingen zu können, wo doch Recht sich mit Notwendigkeit in's Unrecht verliert und sich nur zu jener bloß formellen Fassung wieder fangt. Wenn anders Rechtsphilosophie nicht in politischer Philosophie - die eben ihrerseits der (immanenten!) Kritik bedarf; s. u. §§ 54 ff. - aufgehen sollte, bleibt mit 184 Diese Objektivität ein für alle Male zu erledigen, vermöchte allein die Todesstrafe, in welcher das Verbrechen seinen definitiven Erfolg realisiert fände (hier wäre zu zeigen, inwiefern sie damit in der Etablierung eines unwiderruflichen Unrechts nur seine Endgültigkeit erreichen könnte und also schlechthin nicht legitimierbar ist); s. u. § 51 a. E. 185 Zum aktuellen Diskussionsstande vgl. Fr. v. Freier in KS 83 (1993),304 ff.

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dieser mysteriösen Verwandlung von Kritik in Affirmation jedoch eben erst der rechtliche Grundwiderspruch selbst aufzuweisen und aufzunehmen: daß kein Recht über die Voraussetzungen seiner Geltung verfügt, die es jedoch nicht auch ihrerseits bestimmen können. Daß es in seiner durchaus isolierten Artikulierung so dennoch nur im Zusammenhange des Ganzen (einer auch moralisch nicht versagenden Wirtschafts- und Sozialordnung) seine Rechtfertigung finden kann, läßt sich ohne den nur persönlich zu bewerkstelligenden "Übergang" nicht denken. Wo hingegen das Gewissen sich dem Guten, als seine subjektive Einlösung und Umsetzung, noch wieder gegenüberstellt, ist allerdings alle Sittlichkeit in Frage gestellt: ebenso in ihrer unmittelbaren Darstellung wie in Gestalt der einem subjektiven Idealismus sich vorsetzenden Verpflichtung entwertet. Damit finden sich nun aber die bei den Seiten (Autonomiemoral und Institutionalisierung der Sittlichkeit) mit einer gewissen Berechtigung verbunden: es wäre durchaus nicht mehr auf ein anderes Prinzip verwiesen, das einen insoweit vorrangigen Begründungsanspruch vertritt, vielmehr gerade die rechtliche Grundstellung wiedergewonnen, der zufolge alle Verpflichtung als Anspruch in eigener Sache vorzutragen ist. Diesem Anspruche aber kann allein in der unmittelbaren Einheit von Recht und Wohl entsprochen werden, die in ihrer Sachlichkeit nicht einem unbedingt Guten entschieden untergeordnet wäre, vielmehr auf s Ganze in sittlicher Ordnung ebenso wie in jedem persönlich greifbaren Teilstücke von Rechtswirklichkeit begegnet. Der verbindlich zu machende Zusammenhang von Recht und Sittlichkeit kann und ,darf' allerdings gestört werden: aber unausweichlich und unhintergehbar nur geradezu im Unrecht, das ihn nicht zu zerreißen vermag, sich vielmehr durchaus an seiner Ordnung (in ihrer durch es veranlaßten, insoweit womöglich auch verbesserten Wiederherstellung) festhalten lassen muß. Privativer Rechtsbegründung kommt es insofern zu, aus der Position eines Beispiels für moralisches Argumentieren l86 , dessen darüber - und also über den Moment des Vertragsschlusses selbst - hinausreichende Gültigkeit nurmehr postuliert (damit allerdings auch zu eigener Leistungskraft in der Begründung fortgeltender Tatbestände entfaltet!) werden kann l87 , sogleich ganz an den Anfang der rechtsphilosophischen Systematik und rechtsbegrifflichen Entfaltung zu rücken: um so im Zuge einer Hervorbringung des Interesses aus dem ungeteilten Rechte der freien Persönlichkeit auch das moralische Fortschreiten von der Hypothese zur kategorischen Geltung erst möglich, als einen subjektiven Vorgang begreiflich werden zu lassen, der in seinem Subjekte auch wieder auf die ungeteilte Welteinheit in Teilhabe an ihr verweist. Für das dem Text des "Ersten Teils" der Rechtsphilosophie (Das abstrakte Recht) folgende, ihn gegen alle äußere Erwartung [vgl. W.d.L. (A) 186 187

Vgl. Kant, Grundlegung B/A 54 u. 67 f. Rechtsl. § 2.

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40 ff.] auf das immanente Hervorbringen einer intersubjektiven Form von Geltung reduzierende Vorführen des rechtsverfolgenden Prozesses in seinem fortschreitenden Verfallen auf unrechtliches Übergehen der anderen Seite gilt es so aber allemal, eine Dialektik des Beispiels zu vermeiden, welche einer doch bloß erst "sinnliche[n] Gewißheit" die eigene Meinung noch verkehren müßte [vgl. Phän. 82 ff.], bevor sie bei der Sache des Rechts und ihrer inneren, unter seinen Subjekten auszumachenden Widersprüchlichkeit angelangt wäre. So läßt sich allerdings Rechtsphilosophie keineswegs auf "Logik" reduzieren; dennoch ergeben sich von dort her - wie (namentlich unter dem bereits sub § 1 bezeichneten Aspekte eines rechtlichen Zustandes) auch mit der Einbeziehung der Phänomenologie des Geistes sowie der aus der Frankfurter und Jenaer Zeit stammenden Manuskripte und Veröffentlichungen - entscheidende Anhaltspunkte gerade für ein Ausharren bei der Führung des Gedankens selbst. Dann wird es auch durchaus möglich, den Horizont von Rechtsphilosophie nicht zu überschreiten; wenn im folgenden dennoch Fragestellungen ganz anderer Zweige philosophischer Besinnung und Grundlegung einbezogen werden, so geschieht dies zunächst (bis hin zur geistigen Wende des Zwangsrechtes) nur im Sinne einer bei Hegel durch alle systemischen Ebenen hindurch sich auswirkenden, ja realisierenden Bewegungsform, die eine gleichsam analogische, aber doch im Zweifel immer nur im objektiven Verhältnisse gegen das Subjekt im persönlich gefaßten Begriffe seines Rechtes zur Geltung kommende Wiederkehr ihrer Grundmotive mit sich bringen muß. Die Bezugnahme auf eine philosophische Tradition, die Hegel 188 in Reduzierung auf ideelle, jeweils mit eigener Berechtigung vorgetragene Aspekte insgesamt aufnimmt und so auch noch in der Kritik unter seiner eigenen Perspektive fruchtbar werden läßt, dient somit (in dem hier zu entwickelnden Zusammenhange 189) nur der Klärung rechtsphilosophischer Begriffe und Verhältnisse selbst. Neben der kantischen Rechtslehre, deren provisorischem Teil offenbar eine der Konzeption abstrakter Rechtsverfolgung vergleichbare Aufgabe gestellt ist, kommt insofern, trotz unüberhörbar fichteanischer Anklänge [so nur § 41; s. u. §§ 16 ff.], namentlich die leibnizische Metaphysik in Betracht. Von ihr her wird nämlich ein Grundverständnis von Eigentum nach dem Weltbe188 In Parallelisierung entsprechender geist-phänomenologischer wie systematischer Inbezugnahmen, namentlich mit seinen Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie (programmatisch insofern etwa Phil. I 54). 189 Im übrigen gilt nicht nur für die Philosophie des Rechts, daß Hegel mit diesem Vorgehen einen ausgezeichneten Zugang zur ganzen philosophischen Tradition bietet, deren Entwicklungslinien er wie in einem Brennpunkte versammelt (über den hinaus sie dann auch wieder bis auf weiteres ihre Divergenz, schon in den hege 1schen ,Schulen' fortgesetzt haben; vgl. insbes. die von H. Ottmann u. d. Titel Individuum und Gemeinschaft geschilderte Szenerie); Ästhetik und Theologie in ihrer politischen Bedeutung kommen allerdings noch sub §§ 54 ff. wieder mit zum Tragen.

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griffe ennöglicht, ohne daß dies allerdings - wenn auch von Hegel selbst im Zusammenhange seiner Logik [vgl. insbes. W.dL II 402 ff.] angedeutet - schon ohne weiteres auf der Hand läge. Dieser Aspekt führt uns also bereits auf das Gebiet der eigenen, nur im Zuge der Vorstellung des Eigentums selbst zu entwickelnden Auffassung der hege Ischen Rechtsphilosophie als einer Metaphysik des Rechts, die sich aber durchaus im Zusammenhange seiner alltäglichen Erscheinungen hält (und insofern sich auch als ein gewichtiges Teilstück einer Metaphysik des Alltages begreifen läßt, um die sich Martin Heidegger - freilich unter einem ganz anderen Blickwinkel 190 - bemüht hat). Auch Leibniz beschränkt sich in seinem monadischen Grundansatze gewiß nicht auf die Parallelisierung physikalischer Sachverhalte und Prozesse 191 ; im Gegenteil drängt bei ihm alles hin auf eine bewußte, schließlich selbstbewußte Organisation der menschlichen Welt l92 . Die entschiedene Hinwendung zu einer Mechanik des Rechts - die von seiner metaphysischen Grundlegung her als eine Vorbedingung praktischer Herstellung prästabilierter Hannonie zu gelten hätte - jedoch steht eben aus 193 ; Recht war hier durchaus noch als eine Kunst begriffen 194 : also noch nicht in der erst durch die Leistung der vereinzelten Person entschieden in Anspruch nehmende Mobilisierung sich realisierenden Leistungskraft privativen Vollzuges von Weltherrschaft. Hier kann es natürlich nicht darum gehen, einen Vorschlag zu Verständnis oder innerer Fortentwicklung etwa der leibnizschen Philosophie selbst zu liefern; es handelt sich allein darum, die prinzipielle Reichweite der Rechtsphilosophie Hegels, wenn auch eben perspektivisch: im Sinne einer so erst auf ihren Begriff zu bringenden historischen Situation und ihres Potentials an Lösungen und - namentlich - Problemen, auszumessen. Bei diesem Vorhaben soll uns dann immerhin überhaupt jede Unterstützung willkommen sein, die es erlaubt, gerade vom abstrakten Rechte her einen mächtigen Kontrapunkt zum aktuell unbekümmerten Aufrufen der rousseauschen Programmatik von Volkssouveränität in der Fonn sich selbst erweiternder Bewegung [so u. § 61] zu setzen. Daß eine Politisierung der im Namen des Sittlichen zur Geltung zu bringenden Freiheit nun zwar mit gutem Grunde auch bei Hegel Platz greift, wird sich allerdings ebenfalls noch Vgl. s.u.z. §§ 67 ff. Zum Vorrange der Metaphysik in dieser in sich selbst immer doppelten Weltsicht deutlich der Discours mit § 18; vgl. dazu weiterführend J. C. Horn Monade 25 ff.; s. u. §§ 19 u. 59 (bei Fn. 151 ff.). 192 Vgl. R. W. Meyer zur Europäischen Ordnungskrise, 96 ff., 252 ff. 193 Zu den möglichen Gründen und Konsequenzen s. u. §§ 17 f. 194 Als arte bon i et aequi freilich einerseits zurückgeführt auf die ,logische' artem combinatoriam (vgl. dazu die erhellende Schilderung bei K. Huber Leibniz 24 ff.), andererseits aber eben parallelisiert und überformt in einer politischen Lebenskunst. 190 191

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am Ende der Arbeit [sub §§ 56 f.] zeigen; wenn diese Tradition ihn aber zu einer Konzeption des "Übergehens " führt, das gegen jedes den schließlich politischen Zugriff (von welcher Position aus auch immer) totalisierende Ansinnen sich im Namen von Legitimität gerade sperren und freihalten muß, so werden hiermit auch alle geistesgeschichtlich vorliegenden Bezüge entschieden modifiziert. Von der Übergangssituation selbst her (die dann auch konzeptionell den Blick auf das Weitere 195 eröffnet) gelesen, legen so die Bestimmungen des abstrakten Rechts eine Aktualität an den Tag, die sich nicht in ihre Psychologisierung oder Politisierung verliert, sondern gerade die entsprechenden, das unübergehbare Unrecht konstituierenden Abwege deutlich macht. Die Weichen werden dann allemal im privativen Zugreifen auf das Recht (und seinem rechten Verständnisse) gestellt. Wenn sich schließlich am Ende des rechts verfolgenden Prozesses das formelle Verhältnis von privatem und öffentlichem Gesetz (in Gestalt des Strafrechts) einstellt, so wäre zwar in diesem letzten, im Unrecht konsequenten Ergebnisse eines interpersonellen Zusammenwirkens in pragmatischer Absicht auch von dort her bestätigt, daß es zur Wiedergewinnung der Rechtseinheit einer gewissen Identifikation persönlicher und politischer Freiheit bedarf. Immerhin ist aber doch der zu fordernde Übergang des moralisches Subjektes, das diese Aufgabe als Integration auf sich zu nehmen hätte, auf eine außerhalb seines normativen Zugriffs gelegene objektive Welt bereits in eine freiheitliche Dimension immer auch eigener Totalität überführt und so gegenüber der Vorgabe im Namen einer im Abstand immer noch überhaupt fremden Zentrale ausgezeichnet, wie sie mit Rousseau als Inbegriff eines wirklich vorteilhaften Tausches 196 zu gelten hätte. Eine bürgerliche Gesetzgebung, die sich in dieser Weise vom Unrecht her einführt und in seinem Horizonte ihre Notwendigkeit begründet 197 , wird das privat begründete Recht nicht zurückdrängen, vielmehr in seiner normativen Prärogative 195 Von der Hegel selbst, in seinen Anfangen wie seiner letztlich eben doch gegenläufigen Positionierung, betreffenden Romantik her namentlich auch auf Sf/Jren Kierkegaard, auf dessen Beendigung des philosophischen Ansetzens der Welt noch verschiedentlich (namentlich sub §§ 8, 55 ff.) zurückzukommen sein wird: gerade weil hier in noch zugespitzter Weise die volle Problematik einer nicht mehr rechts- und also auch unrechtsbewußten Individualisierung des so zwischen Moral und Unmoral schwankenden Mitteilens erkennbar, und unabweisbar wird (während andererseits, mit allerdings vielfältig sich ergebenden Punkten der Berührung, Friedrich Nietzsche in seiner so kontroversen Dialektik weniger festgelegt, ja in der Verkehrung weit mehr auf der Höhe des im idealistischen Anspruche ein letztes Mal bei Hegel erfaßten objektiv-geistigen Konzeptes selbst erscheint: was ihm auch für sein Verständnis, das sich nun doch allerdings keineswegs mehr wie von selbst ergeben möchte, die allerhöchste Bedeutung verleiht, der allemal noch wieder eigens, und nicht nur [so u. §§ 6, 11] gleichsam am Rande, nachzugehen bliebe). 196 Vgl. Contrat 1.6 f., HA. 197 Dies zu v. Savigny Geist I und der dort geäußerten Kritik am Gesetzgebungswerke; s. o. § 3 Pn. 103.

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durchaus nur bestätigen können. Im Spannungsfelde zwischen Welt und Individuum bleibt es so maßgeblich gerade jener durch das Recht praktisch möglich werdenden Pragmatik der Personen überlassen, auch das - allerdings von der Moralität in die Sittlichkeit zu überführende - Gesetz als Platzhalter für ihre Freiheit zu bewähren. Das Recht wird nicht als Möglichkeit der Moral und um ihrer Verwirklichung willen etabliert 198 , wenn es auch im gesellschaftlichen Zusammenhange diese Funktion allerdings zu erfüllen hat 199 . Sittliche Autonomie aber verweist auf Privatautonomie nicht nur als ihre legitime und im Sinne von weltrnächtiger Freiheit erforderte Weiterung, wenn nicht zugleich in Bestätigung ihrer Formkraft, die sich ohnehin maßgeblich auf das Verhältnis zwischen Personen in ihrer jeweils nur selbst zu verfolgenden Selbstzweckhaftigkeit bezieht. Die Unaufhebbarkeit des hiermit gegebene Zusammenhanges läßt sich zur Entlastung der Diskussion seiner gerade strikt-rechtlichen Etablierung so immerhin doch auch von der Zweideutigkeit des moralisch nur einzunehmenden Reflexionsverhältnisses her aufweisen und eingrenzen: wenn nämlich allein in jenem Sinne persönliche Freiheit nach außen hin den in Gemeinschaft sich ergebenden Sachzwang der Freiheit - nämlich: via transitionem personarum - recht zu legitimieren versteht, verweist dies Begründungsverhältnis auch unübergehbar auf persönliche Realisierung und Ausfüllung von Freiheit, als in Freiheit der Bewegung begriffen: um dieser Grundfreiheit das eigene Gewicht zu verleihen, kraft dessen sie sich vom ,Gesamt', von Anderen und damit auch von sich selbst in einem doch rechtlichen Verhältnisse unterscheidet. Daß dies unmittelbar geistlos ist, Freiheit mit aller - auch der ,negativen' - Konnotation bedeuten muß, versteht sich von selbst. Es ist und bleibt damit aber eben die Frage erst noch gestellt: inwiefern eben diese Geistlosigkeit, der allerdings das eigene Recht in Unrecht und Verbrechen zu entgleiten droht, weil sie keine eigenen Grenzen kennt, die Person in die Lage versetzt, ihre Identität in eigener, ihr selbs(angehörender und sie nicht erst - als von anderswoher entspringend - durchkreuzender Bewegung in's Ziel zu bringen. Anders gefaßt: es geht dieser Rechtsphilosophie immer auch darum, wie im Abirren selbst jedenfalls derart seine Voraussetzungen zu explizieren sind, daß es auch mit formellem Rechte (notfalls eben: des bösen, seines Unrechts bewußten Willens) sich gegen alle Welt zu stellen und dort auch aufzuhalten vermöchte. Diese Frage steht jenseits aller Einordnungen der hegeischen Rechtsphilosophie in ,Phasen' oder Traditionen: in der Negativität, die sich zur Möglichkeit, sich auf die Spitze zu treiben, herausstellen muß, ist alle ,Deduktion' oder2 °O "Analyse" als solche erledigt; aber aufgehoben. Der Standpunkt der Rechtsphilosophie ist der Standpunkt des freien Willens [§§ 4, 29]. In sei198 199

Vgl. dazu schon für Kant W. Kersting Freiheit 142 ff. J. Ritter Metaphysik 308 f.

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ner Dynamik läßt ein solcher Gegenstand sich nicht einfach fassen: wie er nämlich immer auch sich seiner selbst, dem eigenen Zugriffe in der Gleichgültigkeit seiner Äußerungen entzieht und damit alle Theorie auf seinem Gebiete zu einem bodenlosen Unterfangen macht. Dieser Abwesenheit eines den Begriff selbst (ohne Zutat) vorstellenden Daseins sich aber gar nicht erst zu stellen, heißt unausweichlich auch: mit der rechtsphilosophischen Grundlegung nicht wirklich ernst zu machen, sich mit Konstruktionen und Fiktionen zu begnügen, die einen Raum überbrücken, der auch hier dem Menschen als "Abgrund[.] seiner Freiheit,,201 erscheinen muß. Für sich reell ist der Wille aber jedenfalls - in der Erkenntnis eines inneren Widerstandes202 - als Unrechtsbewußtsein; es aufzunehmen und auf die Grunderfahrung persönlicher Schuld zurückzuführen, läßt schon in einem Vorblicke [so gl. sub 11.] die Geistlosigkeit als ein Verhängnis von Freiheit begreifen, welche das Recht ad personam und in persona begründet. Dazu läßt sich entlang dem textlichen Bestande des rechtsphilosophischen Hauptwerkes selbst zunächst von der Problematik eines auch zu verweigernden und in seiner zur Moral allerdings transzendenten Zumutung problematischen Übergehens vom Recht des subjektiven Willens zum Recht der Welt eines objektiven Geistes ausgehend sozusagen rückwärts Klarheit über die moralische Bedeutung eines Rechtes, das sich nicht von sich her vom Unrecht freizuhalten verstehen kann, gewinnen, um so die Situation persönlicher Privation an die der je schon gegebenen sittliche Ordnung anschließen zu können 203 , die als Forderung von den Personen selbst, durch subjektive Betätigung, hervorgebracht wird. Die Philosophie des Rechts selbst ist, in ihrer als einer wesentlich begründenden Macht sich gewissen Autonomie, so doch, mit ihrem Gegenstande, beständig auf eine Faktizität, verwiesen, die aber durch persönliche Freiheit von bloßer Tatsächlichkeit in den Rang eines aus Freiheit bewirkten, noch stets (eben als grundsätzlich von ihr her berechtigte Objektivität) gerade aus ihr zu bewirkenden Geschehens erhoben wird. Wenn so schließlich der sittliche Sinn rechtlicher Verhältnisse aus seiner Vergangenheit, formell repräsentativ, in die Gegenwart zurückzuholen und immer praktisch zu 200 Hiervon spricht etwa P. Landau Vertragsrecht 180 u.ö.; das Mißachten einer beständig im Fortschreiten begriffenen Dialektik führt noch stets zur Konstruktion ,innerer Widersprüche' aufgrund des Festhaltens (vermeintlich) erster Bestimmungen; vgl. auch die Unterscheidung analytisch vs. konkret bei N. Luhmann Recht 15. 201 Wie es in dem Titel eines Buches von O. J. Hartmann heißt. 202 Vgl. Kant, Tugendl. Einl. XIV.; insofern ist das (aus der K.p. V., § 7 A bekannte) "Faktum der Vernunft" der entscheidende Haltepunkt gegen die "Benommenheit", welche nach Auffassung von Hartmann l. C. 11 f. "das einzige Argument gegen die Freiheit" abzugeben vermöchte. 203 Ein hermeneutisch-historischer Zirkel, der die Rechtsphilosophie Hegels mit ihrem Gegenstande von allem Absolutheitsanspruche nur freihalten kann; S. U. § 56.

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aktualisieren bleibt, kann die Gedankenführung auch schon im (ersten) Ansatze, wie alle von und mit Hegel gedachte Philosophie, der ,Selbstbewegung' des Begriffs ruhig nur Folge leisten [vgl. §§ 2, 31 m. A]: bis in jene Entgegensetzung, die aber problematisch bleibt. Die geschichtliche Bewegung, und Gegenbewegung, ist damit allemal nicht noch einmal zu erfassen. Aus welcher Position heraus (nach allen Weiterungen, die noch sub §§ 54 ff. anzusprechen sein werden) aber auch der Schritt hin auf die hegeIsche Philosophie des Rechts gemacht wird, die sich (mit objektivem Geiste der Welt) zu denken gibt: was sie zu sagen hat, findet doch Genüge im eigenen Anspruche. Im moralisch ergriffenen Verhältnisse von Anerkennung und Respekt kann wieder begreiflich werden, inwiefern diese Verpflichtung einer zutiefst menschlichen Bemühung auf etwas, was auf einer ganz anderen Seite sich unter dem Geist-Titel ,mystisch' in ein nicht weniger ,mystisches' Ziel zu bringen scheint, mit der freien Rechtspersönlichkeit selbst den Einsatz und das Gewicht einer unmittelbaren Realität immer schon erhalten haben 204 , und sich weiter erhalten muß (was es allerdings nicht ausschließt, diesen dem Dasein des Menschen verbundenen Geist auch gegenständlich - oder auch, als in einem gewollt absoluten Verhältnisse [i. S. v. Re!. (I) 330 ff.], überwältigend - als ein Gegenüber zu erfahren: aber eben nicht mit ihm wiederum sich gegen Andere zu identifizieren). Wenn im Zeichen der Idee des Guten, die im individuell gegebenen Gewissen einzulösen bleibt, doch beide Seiten ebenso gut als Objekt und Subjekt des Verhältnisses sich darstellen, können sie in der Tat endlich eben nurmehr noch gegeneinander etwas bedeuten. Damit werden sie im Grunde austauschbar, aber fordern doch gerade darin zu einer Entscheidung auf, die nur in der Sache auf eine die subjektive Perspektive übersteigende Realität (einen "höhere[n] Boden" der Freiheit; vgl. § 106 m. A) verweist: die immerhin - zu ihrer Gültigkeit - das Einzelsubjekt in Anspruch nehmen muß. Wenn aber doch schon von jener offenen, offen zu haltenden Situation moralischer Anforderung her sich zeigen sollte, inwiefern solches Bedürfen nicht der Fehlbarkeit des Menschen geschuldet ist, sondern in seiner Legitimität selbst eine in ihrem Grunde rechtliche Frage darstellt, wäre auch die Rechtlichkeit des Einzelnen als Angelpunkt des ganzen Prozesses ausgewiesen. So kann eben der privative Anfang der begrifflichen Bewegung einen Realismus verbürgen, der205 ebenso das Ende objektiver Vermit204 Vgl. auch Luhmann Systeme 353: aber doch eben als relevantes, maßgebliches Verhältnis im von Rechts - und Unrechts! - wegen gesuchten Abstande; s. u. §§ 57 f. 205 Auch nicht maßgeblich, als doch wohl gerade mit solcher Selbstbescheidung in so reaktionärer wie im Grunde vergeblicher Perspektive nurmehr noch, in Konkurrenz (und sei es auch bloß einmal mehr: um die Rangfolge; wer also wem als ancilla zu dienen, resp. sich auf , persönliche', , subjektive' Meinung und Bildung zu beschränken habe) zu den weiteren, namentlich auch sozialwissenschaftlichen

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telung in die Abmessung subjektiver Freiheit an dem Erfordernisse einer persönlichen Gerechtigkeit teilhaben läßt; womit aber auch überhaupt das System hegelscher Philosophie gleichsam in ein milderes Licht getaucht wäre und sich uns nicht mehr im Übermaße eines ,absoluten' Anspruches darstellen müßte, von dem auch gar nicht mehr einzusehen wäre, wofür er denn in der Sache einstehen und gut sein wollte: wenn es nicht überhaupt um Absolution von dem objektiven Verhängnisse durch eigene, zunächst immer gerade schon erreichte Objektivierung ginge.

Deutungsangeboten; der Ausgang der philosophischen ,Anstrengung des Begriffs' mit seiner persönlichen Fassung, der erst im Mitteilen von Freiheit auch ihre Individualität (vgl. o. §§ 1, 3) zum - rechtlichen! - Probleme werden möchte (s. u. §§ 12 ff.), sollte uns einen letztlich (in der Offenheit unserer Bemühung) unanfechtbaren Titel auf unsere Welt gewinnen, der dem Beobachten von Gesellschaft den seinen nicht streitig zu machen hat (für eine gewissermaßen auch fachlich formulierbare Auseinandersetzung des Verhältnisses von Welt und Individuum in dieser, die Welt nicht als solche, in ihrem [mit Hegel: "sittlichen"] An- und Zuspruche, sondern gegen jede Umwelt sich durchhaltendes systemisches Bestehen nehmenden Brechung vgl. u. § 57, insbes. ab Fn. 144): bis zu den Grenzen jenes Rechtes der Objektivität eben, hinter dem sich noch stets - soweit es denn wirklich zu gelten haben sollte - das (sich wie anderen, in jeweiliger Schuldigkeit, wenn nicht geradezu verborgene, so doch gewiß nicht gleich zugängliche) Subjekt, in seiner Freiheit und also auch immer wieder: seinem Unrecht, findet. 7 Molkentin

11. Geistloser Selbstand Jedes menschliche Leben vollzieht sich in der Zuständigkeit seines eigenen Rechtes; es wäre denn eben das eines Sklaven [vgl. §§ 21 A, 57 A, 66 Al. der erst noch das ihn als Subjekt ausschließende Verhältnis von sich her in's Unrecht zu setzen hätte. Selbst dies ist schließlich nur möglich auf Grundlage eines Begriffes vom Menschen, wie er in der freien Persönlichkeit durchaus auf sich selbst gestellt ist; mag auch in der geschichtlichen Entfaltung dieses Prinzipes selbst die Rechtlosigkeit einer besonderen Gruppe von Mitmenschen erst gleichsam von den Rändern her (als Vermögensflihigkeit 1) überwunden worden sein [vgl. § 2 A]. Damit teilte aber eben andererseits offenbar noch ein "angeborenes Menschenrecht,,2 die Brechung in sein unumgängliches Bestehen an sich und die mögliche Aktualisierung für sich gegen die etwa eintretende Gewalt; und zwar nicht erst in einer Brechung zwischen ,Anspruch und Wirklichkeit ,3, sondern als noch offene Frage seiner fundamentalen Realität. Ohne sie kann es nicht als Recht bedeutsam sein: anspruchsvoll festgehaltene Differenz in einem bleibenden Verhältnisse, als das es unmittelbar bestimmt ist, eben "Dasein des freien Willens" [§ 29] zu sein. Der maßgebliche Unterschied ist hier naturgemäß von beiden Seiten her vorzunehmen und auszuformen; aber unabhängig davon, welche etwa hier vorangehen möchte: den eigentlichen Anfang machen kann immer nur die Person als Subjekt ihres jeweils eigenen Rechtes, in dessen Gewißheit sie sich - im Guten oder im Bösen, in Frieden oder Streit - in der Welt durchhält und behauptet; nicht aber dies allgemeine Zusammenhängen, oder auch nur der Staat im Inbegriffe der es als Welt für sich kontinuierenden Rechtsgemeinschaft. Die Frage nach dem tatI Vgl. für das römische Recht, ansetzend beim den Sklaven überlassenen Sondergute ,(peculium) M. Kaser Privatrecht §§ 67 (insbes. 111.5.), 205 I1I.; ferner auch zur Unbestimmtheit resp. Offenheit der Begriffsbildung die Institutionen des Gai mit 1.48: Sequitur de iure persona rum alia divisio. nam quaedam personae sui iuris sunt, quaedam alieno iuri subiectae, wozu eben offenbar (zuf. 1.52 ff.) auch die servi gehören (hierauf weist M. Villey 142 - mit dem insofern zutreffenden Vorwurfe einer verallgemeinernden Korrektur etwa in § 43 A an Heget - hin; vgl. auch Kaser I. c. § 13 11); s. u. §§ 3, 58. 2 Rechts!. Eint. (237 f.). 3 Wie sie nun allerdings andererseits für die äußeren, in weiter bestimmten Tatbeständen des freien Willens das Zugeständnis Anderer beanspruchenden Verhältnisse mit schlechthin entscheidender Bedeutung festzuhalten sein wird; vgL §§ 6 u. 61.

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sächlich die Anderen mit Recht in ihrer angeborenen Freiheit erst ihrerseits der Sache nach einschränkenden Erwerbe eines "äußeren Meinen,,4 griffe insofern zu kurz; beträfe sie doch in der Tat noch die Ausweitung der formellen Unabhängigkeit ("von eines anderen nötigender Willkür") auf einen sachlichen Boden, wo sie sich auch als bürgerliche Selbständigkeit5 mit eigenem Sinn erfüllen könnte. Andererseits befindet sich der Mensch in seiner leiblichen Existenz nicht nur ganz inmitten einer Welt, die er zunächst durchaus als die seine betrachten wird, sondern auch als Einzelner in einer wenn auch bedürftigen, so doch unmittelbar eigenständigen Einheit (mit sich selbst). Hierin wäre dann aber der rechtliche Standpunkt ebensowenig begründet wie andererseits im entschiedenen Übergange auf ein Haben äußerer Dinge, deren Zugewinn die Konfrontation weder erfordert noch es gar auf sie anzulegen hätte. In moralischer Selbstgewißheit allerdings ebensowenig: verdankt sie sich doch gerade einer entschiedenen Abkehr von all dem, was als begehrenswert in den Gestalten des Rechts festgehalten und verfolgt werden kann. Die Erhaltung der eigenen Daseinsgrundlagen als eine kritische Angelegenheit - noch ohne "moralische" Zielsetzungen, oder: ohne vergewissernde Beurteilung, s. u. § 6 - verweist auf eine fundamentale Infragestellung, nicht notwendig im Sinne ,materieller' Not und Entbehrung, entscheidend vielmehr mittels Durchkreuzung der eigenen Planungshoheit gerade auch dort, wo durchaus nicht die Rechtsfähigkeit als solche bestritten wird. Nun läßt sich nicht verkennen, daß Unzufriedenheit auf diesem Gebiete nicht eben selten auf mangelnde Einsicht in die gegebenen gesellschaftlichen Zusammenhänge zurückgeht; und doch braucht nicht das fundamentale Unrecht auf sozialem Gebiete [vgl. §§ 243 f.] bemüht zu werden (das auch immer rechtlich zweideutig bleiben muß), um der Sache des Rechts hier eine reelle Grundlage zu verschaffen. Diese hat sie nämlich immer schon je für sich gefunden: wenn und soweit sie sich nicht lediglich auf die eigenen Füße, sondern "auf den Kopf, d.i. auf den Gedanken" stellt [vgl. Gesch. 529], um damit Selbständigkeit entschieden als Selbstand zu begründen. Es handelt sich dann um die prinzipielle Fassung des Rechtes als in einem Zustande gegeben, der gerade nur insoweit auf sich beruhen kann, als er auf die Selbigkeit des fonnellen Rechtssubjektes zurückgebracht wird [vgl. Phän. 355 ff.]. Dem entspricht die (bereits mit § 2 angesprochene; vgl. weiter u. § 58) verächtliche Bezeichnung von außen; von innen her aber vennag so zu einer Frage der Ehre werden: was es also mit mir wirklich auf sich habe [so u. § 6]. Dies muß die innere Spannbreite auch eines jeden heute gültigen abstrakten Rechtes ausmachen; der Durchgang durch die Äußerlichkeit objektiver Ordnung und Anordnung verbietet so gut eine moralische, überhaupt eine wertende Relativierung des fremden 4 5 7'

L. c. Privatrecht §§ 1 ff. Vgl. im Staatsrecht § 46 m. A.

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II. Geistloser Selbstand

Rechts, wie es die entsprechende Beurteilung in seinen Tatbeständen möglich macht und auch erfordert. Wenn anders es überhaupt auf das Recht ankommen soll, so kann eben auch überhaupt dies: Rechte zu haben, nicht abhängen davon, wie sinnvoll - geistreich - sie auch tatsächlich ausgefüllt, oder ob sie überhaupt wahrgenommen werden. Es eröffnet sich erst in der Freisetzung davon der Persönlichkeit ihre Geltung im Rechtssinne; was sich hinter den - wenn überhaupt - zu beobachtenden Fakten verbergen mag, bleibt dabei durchaus offen. Dies Szenario zunächst gerade nur erst äußerlich vermittelter Rechtsgeltung ist damit einerseits Gegenstand moralischer Grundorientierung; wofern nämlich, ohne bereits Subjekt eigenen Rechts zu sein, ihr Boden und Gegenstand (des Aneignens) überhaupt abgeht. Eine Relevanz des Rechts für die Moralität der Menschen ergibt sich so aber andererseits gerade im Hinblicke auf den geistlosen Selbstand, den es gewährt: indem es eben den befreienden Rückzug auf die Gleichgültigkeit äußerer Objektivierung ideell möglich macht, der auch den Innenraum (zu einer Realisierung ,innerer Werte') eröffnet, noch bevor er - überhaupt erst, oder auch wieder - sinnvoll ausgefüllt wäre. Die rechtliche Bewegung einer "unendlichen Rückkehr" [i. S. d. §§ 7 A, 66 A] in sich selbst faßt Substanz grundlegend diesseits eines in der Sache ausgewiesenen Gehaltes. Insofern ist der Vorzug des Subjektes schließlich gerade nach einer Philosophie des objektiven Geistes überhaupt nicht aus dem Felde zu schlagen: indem nämlich doch alle Objektivität ihrer Form nach zur ideellen Aneignung geeignet ist. Wo sie nicht als Gegenstand persönlicher Zueignung zur Verfügung steht, muß sie so allerdings die moralische Subjektivität über das, was sich dieser Verfügung sperrt, hinaus- und also auf sich selbst zurückverweisen: daß sie ihre Besonderung in der Offenheit eines von sich selbst her zu berechtigenden Daseins der Freiheit wahrmache [dazu 1.]. Für das Subjekt selbst, das von einem allgemeinen Verhängnisse mit eigenem Recht sich seinerseits absetzen wollte, wird es so heißen: in einem ersten Schritte auf Objektivität immer schon als Faktizität seinen freiheitlichen Bezug nehmen zu können: unvermittelt in der Form des Fremden, dagegen abgesetzt sodann der des Eigenen. So wird es erkennbar, hält sich seiner bloßen rechtlichen Form nach gegen Anderes und Andere, um von hier aus seinen Stand zu nehmen: im Hinblicke auf die Fakten eines immerhin in seiner Vereinzelung entschieden freien Willens, als in welchen sich ein Dasein unberührt von allem äußeren Zu- und Eingriffe als eigenes zu erkennen gebe. Seine Ergreifung fügt sich dann allerdings noch durchaus unter die Form von Verhängnis, nach welcher ein jeder zu sich selbst in der Sache stehen muß, eben weil ihn von außen her nichts erreicht, was sie noch sinnhaft erweitern könnte. An die Stelle einer umfassenden mit-Verschuldung - und hierin also überhaupt dem Zufalle ausgesetzt zu sein - kann dann allemal eine Verantwortung treten, als in welcher mir gerade nur das zur Last fallt, was ich auch

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selbst als Verletzung angesetzt habe: so daß aus dem Erlebnis eines objektiven Verhängnisses eben durch Abwendung von seiner schon bestimmt auftretenden Objektivität es gerade zum Ergebnis einer Verhängnis von Freiheit bestimmt werden könne [dazu 2.]. Gemeinschaft kommt dann zunächst - jedenfalls im Verletzungszusammenhange - gerade insofern in Betracht, als sie mir Grund und Grenzen meiner Rechtspflicht vermittelt (ggf. als Unrechtsbewußtsein). Damit befindet das moralische Subjekt sich noch gerade diesseits von Gut und Böse; was sich aus einer moralischen Sicht, die sich schon auf der Seite des Guten wüßte, als Fehlbarkeit des Menschen6 darstellte, fällt in die Dynamik - mithin: Leistungskraft und Stärke - der in sich selbst widersprüchlichen menschlichen Freiheit7 • Ihre Abfälligkeit von sich selbst (als in ihrem Begriffe persönlich zusammengefaßt) her zum Anderen in ihrer Welt bringt sie erst selbst mit der Objektivität rechtlicher Geltung in Zusammenhang: in einer Konfrontation von Geltungsansprüchen, die in ihrer Gleichbedeutsarnkeit8 zunächst immer nur als geradezu völlig unvereinbar untereinander sich darstellen werden. Was aber der Freiheit gerade in der Weise nicht zu Gebote steht, daß es sich nur mit eigenem Willen unterordnen und ihr fügen kann, behauptet allerdings selbst, von ihrer Seite her aufgebracht, die Freiheit des Anderen gerade in ihrer Eigenmacht. Sie überhaupt auf s Ganze zu achten, und - wo erforderlich - wiederherzustellen, ist auch allein so zur praktischen Aufgabe zu bestimmen [dazu 3.].

Vgl. P. Ricu:ur mit seiner Aufsatzsammlung unter dem Titel L'homme faillible. Wobei wir namentlich diesem Autor auch (mit Hermeneutik 178 ff.; vgl. u. § 11 m. Fn. 116) die Sensibilisierung für die Gefahren einer .. spekulativen" Integration von Kontingenz im Namen von Notwendigkeit zu verdanken haben: wo "das Böse" als das "ganz Andere" - des "ganz Anderen", sozusagen - nach Ausmerzung und also, im besten Falle, nach Behandelung rufen möchte, tendiert der diese Entgegensetzung noch überbietende Monismus zu einer tragischen Aufladung gerade auch von Gewalt und Läsion mit Sinn; diese Perspektive legt es nahe, die hier thematische Abfolge von Bestimmungen auf jene Diskussion von "moralischer" und "spekulativer" Auffassung des Bösen zu beziehen, die - unter dem dafür hier gewählten Titel von Abfälligkeit; vgl. u. §§ 13 (m. Fn. 59), 14 (m. Fn. 87) - nicht sozusagen auf die (eingangs der Fn. angesprochene, bereits mit der moralischen Perspektive zur spekulativen Konzeption vereinigte) gnostische Versuchung (vgl. hierzu noch u. § 55) zurückgebracht, vielmehr gerade im Namen der in ihrem Dasein von Rechts wegen geforderten, weil sich fordernden Freiheit nicht mehr "aufgehoben", sondern entschieden hintergangen sein soll. 8 Vgl. zu diesem Begriffe R. Harzer Naturzustand 117. 6

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11. Geistloser Selbstand - 1. Moralische Daseinsberechtigung

1. Moralische Daseinsberechtigung Der hegeischen Rechtsphilosophie liegt die Überzeugung zugrunde, daß eine Pflichtenlehre nur in concreto, im Zusammenhange der bestehenden sittlichen Ordnung eines gemeinen Wesens gegeben werden kann [vgl. § 148 A]. Die Frage danach, was ,an sich' und überhaupt (im Allgemeinen) ,gut und richtig' wäre, kann demzufolge mit den Mitteln der Moral zwar aufgeworfen, jedoch nicht angemessen - oder auch nur sinnvoll - beantwortet werden, ohne dies mit einer weiteren, dieser Abstraktion korrespondierenden Fragestellung zu verbinden, ohne deren Einbeziehung eine Grundlegung auch des subjektiv-vereinzelten moralischen Standpunktes schließlich nicht erfolgen kann. Dem prinzipiellen Orientierungsbedarfe entspricht (wofern von einer ursprünglichen Einheit auszugehen wäre) nämlich die äußerliche Position, mit welcher ein handelndes Subjekt als ein Handelndes sich zu der Welt in ein besonderes Verhältnis gesetzt hat, das bis in das Kapitalverbrechen wenigstens vorerst und bis auf weiteres auch seine eigene Gültigkeit etabliert [vgl. § 100]. Moralität ergibt dazu allerdings den Begriff der Pflicht [§ 133], in Korrespondenz zu einer formell gefaßten Idee eines unbedingt in Anspruch nehmenden Guten [i. S. d. §§ 129 ff.], das seinem Wesen nach auf diese Übereinstimmung dringt. Der Formalismus dieses Verhältnisses bezeichnet ebenso Grenze wie Leistungskraft subjektiver, objektivierender Moralität, letztlich in Beantwortung der Frage, was der Mensch sei (in welcher Immanuel Kant9 das ganze Unternehmen philosophischer Besinnung zusammenlaufen läßt). Zur Rechtsfrage gehört aber eben auch das Recht der Frage selbst: wie ein Subjekt in die Lage kommt, diese Frage gerade sich vorzulegen, und ihr sich in der eigenen Lebenswirklichkeit also zu stellen. Ohne Gewißheit über sich selbst besteht keine Freiheit; aber diese Freiheit kann dann zunächst und grundlegend nicht anders als bloß problematisch gegeben sein: in Gestalt des zur Personalität gehörenden Gegenstandswissens [zuf. § 35 m. A], das durch andere Subjekte noch zu stören, mithin herauszufordern ist. So konstituiert sie sich, wie es auch Hegel keineswegs unterschlägt, ebenso von innen her; moralische Reflexion ruht nicht in sich (moralisch-tugendhafter Selbstbesitz des Menschen lO ist offensichtlich kein Thema dieser Rechtsphilosophie), verweist aber, vorwärts' auf institutionell gebundene Sittlichkeit nur, indem sie auch nach ,rückwärts' die kritische Freiheit des persönlichen Rechts in ihren Bezug nimmt. Moralische Daseinsberechtigung wurzelt mit solchen 9 Nachzulesen in der Logik-Vorlesung AlB 25 mit Bezug auf die bekannten "drei Fragen", in denen sich zuf. der K.r. V. (B 833 f./A 805 f.) "alles Interesse meiner Vernunft [... ] vereinigt"; vgl. zur Abgrenzung gegenüber einer Anthropologie im empirischen Verstande R. Schaeffler Was dürfen wir hoffen 13 f. 10 Im kantischen Sinne; vgl. Tugendl. Einl. XIV.

§ 5 Positivität aus Freiheit

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Rechtsgründen, die auf der Besonderung freier Personen gegeneinander (und also für je die anderen auf bloßer Differenzierung) beruhen, erst auch inhaltlich im Besonderen; auch der Begriff des Wohls vermag nämlich nicht zu klären, was zu tun seill, sondern lediglich die Einheit von Recht und Moral zu vermitteln, wie sie letztlich ein individuell bestimmtes Leben ausmacht. Wenn anders am Ende der reflexiven Bewegung der Übergang auf den Stand in der sittlichen Gemeinschaft stehen soll, dann kommt es zunächst also darauf an, den Zusammenhang von Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung überhaupt auf den Mangel an sittlicher (allgemein: rechtlicher) Vermittelung zurückzuführen, von dem her sich erst die moralische Frage in ihrer Offenheit orientiert. Diese reflexive Umkehr einer gedanklichen Vorwärtsbewegung - ohne die auch das Aufnehmen der kantisehen Autonomiemoral, die sich vom äußeren Ergebnisse der Tat entschieden abwendet, im Grunde sinnlos bleiben müßte - soll somit den ersten Schritt zur Gewinnung des Ausgangspunktes ergeben, von dem aus eine immanente Herausstellung eines Rechtes der Objektivität (und so allerdings Übergang zu seine Emanation) möglich wird. § 5 Positivität aus Freiheit

Es wird überhaupt nach Begründungen gesucht; aber wovon kann, wovon darf ausgegangen werden? Im rechtlichen Verhältnisse gibt es nur das, was den Begründungsbedarf verkörpert und hervorruft, und eben das in ihm beunruhigte, und sich beunruhigende Subjekt. Der philosophische Weg zu einer Begründung, als Grundlegung, kann - das ist jedenfalls die Überzeugung Hegels - nur auf das zurückgreifen, was da seinerseits selbst begründen will: also schließlich wissen will, was (von allen vorkommenden, oder etwa als denkbar anzunehmenden Gegenständen) gut für es sei. In aller Unbefangenheit gibt es die Antworten, womöglich zunächst ganz nach Lage der Dinge, in Eigentum und Vertrag; und doch gehen damit noch stets einher bestimmte moralische Grundsätze und ein (mehr oder weniger weitreichendes) Zutrauen in die vorsorgende Tätigkeit von Staat, Familie und weiteren Einrichtungen. Wenn es nun aber zunächst gilt, von diesen Weiterungen her gerade einen Vorbegriff vom privaten Rechte zu gewinnen, der so rein und abgezogen ist, daß er erlaubt, ohne Zutat die Person selbst als den Rechtsbegriff zu erfassen (und also auch den rechtlichen Standpunkt im Selbstande der Person ganz aufgehen zu lassen), bedarf es zum einen der Ausschaltung äußerlich angesetzter Hinsichten auf einen Gegenstand, der sich von sich her konstituiert. Dem korrespondiert auf der anderen Seite dann aber auch die moralische Gültigkeit und also Konstituierung eben dieses Gegenstandes, rechtlicher Gegenständlichkeit als solcher, im Sinne 11

So allerdings Bartuschat Glückseligkeit 83 ff.; vgl. u. § 6 bei Fn. 92 f.

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11. Geistloser Selbstand - 1. Moralische Daseinsberechtigung

einer Objektivität in eigener Sache. Hier muß zunächst klarwerden, inwiefern Moralität zwar überhaupt das Verbindende in einem jeden rechtlichen Verhältnisse realisiert, nicht jedoch deshalb auch schon das Bestehen - und Fortleben - der Verbindung selbst in ihren Gliedern bedeuten kann. Moralische Reflexion ergibt die "Sphäre" des Daseins und der Handlung [vgl. §§ 106, 113 m. Al. nicht aber der Wirklichkeit einer Personalität, die erst mit der umfassenden Aufhebung ihrer Unmittelbarkeit auch im Verhältnisse zu den anderen Personen (und also nicht schon mit § 41) endet. Wenn schließlich noch der letzten und grundlegenden moralischen Entscheidung ein Formalismus eignet, der offenbar nur die Gleichgültigkeit der besonderen Inhaltsbestimmung in die abschließende Form eines allgemeinen Gesetzes bringt" so kommt darin auch die Konstituierung eines moralisches gleichgültigen Rechtsraumes in seinen punktuell ansetzenden, prinzipiell gesetzgebenden Subjekten zu ihrem Ende. Wo Moralität sich in einem Verhältnisse bewegt, das sie als solches immerhin in dem Sinne konstituiert, daß sie alle Geltung nur in eigener Objektivierungskraft überhaupt gelten läßt, da wird sie selbst zum sich verantwortenden, zum moralisch verantwortlichen Recht. In das so sich auf der anderen Seite ergebende Schicksal einer Sache des Rechtes überhaupt muß sich dann aber auch wirklich schlechthin alle Objektivität teilen: daß sie in gegenständlicher, vergegenständlichter Gestalt zu überhaupt rechtlicher Bedeutsamkeit gelange. Selbstzwang 12 ist dann verinnerlichtes, zusammengefaßtes Gewaltrecht ganz ebenso, wie Rechtszwang eine entäußerte Gestalt des Gewissens 13 : dessen Subjektverdoppelung - in das Einzelsubjekt und das es innerlich in Anspruch nehmende Gute - auf den Vorgang der Berechtigung des Objektiven durch die Tat und in der Tat zurückgeht. Objektivität als Recht ist das Medium, in welchem der je eigene Rechtsanspruch (immer auch faktisch 14) mit fremder Berechtigung streitet: so wie sie sich zunächst, in rechtlicher Unmittelbarkeit, auch mit ihr verträgt. Es gilt mithin, sich den Übergangscharakter von Moralität zu verdeutlichen, wie er das zu-Grunde-Gehen aller bloß äußerlichen Geltung bedeutet, bevor er zu einem "Übergang" auffordern kann, der zugleich Rückkehr ist. Dazwischen aber gerät dann das Recht notwendig selbst in's Zwielicht; alle Anordnung, die ihre Vermittelung hinter sich zurückgelassen hat, verschwindet hinter den Gründen, wie sie ein jedes Subjekt für sich behaupten und geltend machen kann. In der Umkehrung dieser Erscheinung zu einer entschieden moralischen Perspektive ist deshalb das Recht ein Problemfall. Bei Kant erscheint es insofern unmittelbar als Einschränkung der Freiheit: eines Anderen Befugnis zur Nö12

149). 13 14

Im S. v. Kant, Tugend/. Ein!. I.; vg!. K.p. V., I. Hauptstück der Analytik (A Vg!. auch W. Kersting Freiheit 184. Nämlich: als ein facta eines freien Willens überhaupt.

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tigung; und bedarf so schon im Ansatz des Ausweises seiner inneren Rechtfertigung, die aber als Erlaubnis gleichsam in der Schwebe bleibt, bis sie jedenfalls von einer Seite ergriffen und in die Tat umgesetzt wird. Wenn es uns nun im hege/sehen Gedankengange allerdings so gerade nicht entgegentritt, so kommt damit nicht seine Problematik schon im Ansatze in Wegfall; sie wird vielmehr ganz im Gegenteil noch zur Gleichgültigkeit auch zwischen den Personen verschärft und so in die Offenheit des unrechtlichen Verhältnisses eingebracht. Ein rechtlich geltender Tatbestand bedeutet schlechthin das Bestehen eines Widerspruches (im Zusammenbestehen seiner Teilmomente), der allerdings im Guten noch aufgehoben sein kann, ohne je herauszutreten; und das normative Gefälle zwischen den Subjekten, ohne die ein Verhältnis des Rechts keinen Sinn macht, hat nur diesen Widerspruch darzustellen, indem nunmehr Recht und Sonderinteresse auf die zwei Seiten verteilt auftreten und so überhaupt Besonderung des (und der) Einzelnen realisieren. Recht ist seinem Wesen nach anspruchsvoll, auch wenn ihm offenbar in seiner ursprünglichen Ausprägung eine gewisse Beiläufigkeit zukommt, die es gegen die menschliche Zweckverfolgung und ihre ,intentionale' Anspannung abhebt, bevor noch sein Inpflichtnehmen der Gegenseite auf die Form ihres ,legalen' Übereinstimmens mit seinem Regelungsgehalt reduziert ist. Wo (auch etwa in dieser Perspektive von Befolgung) es um das Recht zu tun ist, ist von allem (weiteren) Inhalte abgesehen; wo dagegen auf den besonderen Inhalt Wert gelegt wird, scheint es auf das Recht selbst weiter nicht anzukommen. Hieraus ergibt sich die Kritik eines jeden "abstrakten" Rechtes [so o. § 1]; die Gleichgültigkeit seiner Bestimmung des Verhältnisses von Form und Gehalt kann aber auch allerdings nicht das letzte Wort sein, wenn anders überhaupt dem Rechte auch in der Regulierung von Freiheit bestimmende Macht zukommen sollte. So kann es als Form nicht beliebig verfüg- und einsetzbar sein; allein es ist doch ihre Gleichgültigkeit allein von der anderen Seite: der des sachlichen Gehaltes her rechtspraktisch aufzunehmen und vor ihre Grenze zu bringen. Mithin ist es geradezu unumgänglich, daß Recht sich zu Wohl fortbestimmt und damit selbst in den Widerspruch zu seiner Formkraft setzen muß, wie sie im allgemeinen Gesetze nurmehr noch abgelöst, dem Gewissen gegenübergestellt und mithin objektiv (als Pflicht) in Betracht kommt. Die Frage nach dem Nutzen des Rechts - cui bono? - bleibt auch von aller Befugnis ganz unablösbar: insofern eine sie realisierende Umsetzung die Freiheit ihres Subjektes ein weiteres Mal zu bestätigen hat. Gerade so ergibt sich die Objektivität nach außen, welche - in Gleichgültigkeit der besonderen Inhaltsbestimmung [vgl. §§ 35, 37] - dem Rechte seine Erdenschwere sichert, ohne die es dem Verdikt moralisch unzulässiger Mediatisierung in eigener Sache anheimfallen müßte. Das freiheitliche Zentrum läßt sich allein in dieser Weise in die personelle Vereinzelung von Rechtssubjektivität

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überführen, um Autonomie als private gerade hierin - als in einer Zurückführung des moralisch ausgreifenden Universalismus' auf eine bloß objektiv mitzuteilende Freiheit der Person in ihrem eigenen, von sich aus berechtigten Dasein - von einem Fungieren in einem Zusammenhange geistiger Vermittelung (als ihr Teilstück) freizuhalten. Der Zusammenhang dieses personellen Mitteilens entfaltet allerdings seine eigene Fliehkraft: so daß eben das Dasein der Freiheit, das der einzelne Bürger und Mensch ist, hierin schließlich eben doch außer Verfügung gerät, wo die Selbstverständlichkeit verfolgbarer, realisierbarer Zwecksetzungen sich am l5 moralischen Widerstande von Rechtssubjektivität bricht. "Daß ich als Dieser vollkommen nach allen Seiten [... ] bestimmte und endliche, doch schlechthin reine Beziehung auf mich bin und in der Endlichkeit mich so als das Unendliche, Allgemeine und Freie weiß" [§ 35],

kann - ohne sich in eigene Unwissenheit [i. S. v. §§ 21 A, 57 A, 66 A] zu verlieren - überhaupt nur von Rechts wegen ein Ende finden. Wenn so die Entfaltung des privaten Rechtes auch nicht mehr zur praktischen Selbstbestimmung der eigenen Endlichkeit führt, dann dergestalt, daß die Person mit ihrer Rechtsverfolgung die Grenze gerade in einem Dasein fremder Freiheit findet (wo sie sich nicht ihrerseits - und mit einem Machtspruche auch ihr Recht - durchzusetzen verstünde). In der praktischen Abgleichung von Macht und Recht jedenfalls muß auch die sachliche Seite für das Recht selbst bedeutsam werden: es reicht dem rechtlichen Standpunkte nicht mehr der einfache Begriff inhaltlicher Gleichgültigkeit, den er von seinem Ansetzen sich machen konnte, hin. Wo das Recht nicht mehr seiner Idee: Dasein des freien Willens zu sein [vgl. § 29], unmittelbar Genüge tut, bedarf es der Entscheidung unter seinen - in unübergehbarer Mehrzahl vorkommenden - Subjekten, die in ihrem Übergreifen [i. S. v. W.d.L. 11 277] mit dem Allgemeinheitsanspruche nicht mehr ungebunden frei, sondern gerade aufeinander verwiesen sind. Es fragt sich aber eben: ob damit noch an jene freiheitliche Grundbedeutung des Rechts angeknüpft sein kann, also die Gleichgültigkeit seiner je besonderen Eigenschaft gewahrt bleibt. Dazu muß also eine moralische Daseinsberechtigung möglich sein: wiederum von innen her dem Rechte (als dergestalt eigenem) seine formellen Abmessungen zu verleihen, indem das einzelne Subjekt es mit dem Inhalte selbst aufnimmt. Daß dies allerdings nur geschehen kann und soll, um ihn am Ende freilich noch wiederum der Kritik zu unterwerfen (damit die kantische Autonomiemoral einzustellen), muß eben der Allgemeinheit als Grundlage des Rechts, die sich durch und als das Besondere nur bestimmen läßt, geschuldet werden.

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Im S. v. Fr. W. 1. Schelling Deduktion § 13.

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Jene andere, inhaltsbestimmende Seite kann mithin zunächst auch nicht anders als gleichförmig, rechtlich nicht berührend jedenfalls in persönlich auszumachender Privatperspektive anzusetzen sein; das aber heißt: ohne Rücksicht auf ihre Substanz, sei es in der Entschiedenheit jedenfalls behaupteter Substanzlosigkeit, oder auch nur schlichte Gleichgültigkeit in diesem Sinne. Moralisches Desinteresse wegen des Wohlergehens Anderer und die in seinen Dienst sich stellende Wohltätigkeit beeinträchtigt keineswegs die Objektivität eines Eigentumes, das auch in Teilhabe an aufs Ganze objektiver Ordnung auf den gegebenen Bestand festgelegt ist. In dieser im Grunde erst in entschiedene Rechtsverletzung preiszugebenden Neutralität wäre auch durchaus bereits ein unentbehrliches Moment von Übereinstimmung begriffen, wie sie sich gerade schon ergibt, ohne daß überhaupt gehandelt würde. Der allgemeingültige Zustand eines gemeinen Wesens und seine Einstellung durch Übergehen in persona entsprechen schließlich eben diesem Verhältnisse entschieden, wie es bereits de facto in einem abstrahierenden Neubeginn, dem alle Welt sogleich erst seine Welt ist, aufgenommen ist. Damit scheint nun allerdings eine maßgebliche Rolle der Moral bei der Rechtsbegründung kaum noch vereinbar zu sein: könnte doch gegenüber ihrer fundamentalen Infragestellung aller unvermittelten Geltung rechtlicher Tatbestände ein ,positives', von berufener Instanz in die Welt gesetztes Recht überhaupt nicht mehr als solches in Betracht kommen. Es wäre so eben Aufgabe moralischer Reflexion, alle unmittelbare Geltung entschieden zu zersetzen: so daß Rechtssetzung in ihrem Ergebnisse doch wieder von innen her sich aufzureiben, also in einer wesentlichen kritischen Willensdialektik sich überhaupt schon zum Untergange zu bestimmen hätte. Moralische Grundsätze vermöchten eine solche Dialektik übrigens auch ihrerseits nicht mehr aufzufangen, denn außerhalb ihrer sie reflexiv aktualisierenden Vergewisserung kommen sie ebenso nurmehr in einer fragwürdigen Unmittelbarkeit in Betracht, welche zwar gewohnheitsmäßig gelten mag, aber nicht an Stelle des Rechts eine äußere Orientierung erlauben. Es muß nun aber nicht nur irgendwo ein Halten geben; vielmehr "ist" der Wille (als "Ich "), in Bestimmung seiner Negation, "ebenso [... ] das Übergehen aus unterschiedsloser Unbestimmtheit zur Unterscheidung, [seil.: ist] Bestimmen und Setzen einer Bestimmtheit als eines Inhalts und Gegenstands" [§ 6],

und es kommt mithin entscheidend gerade darauf an, ihn nicht selbst als schlechthin "Positives" zu nehmen [§ 6 A], sondern sich (in spekulativer Hinsicht) positiv auswirken zu lassen. So aber ist der Wille auch fahig, im Bezuge auf äußerlich gegebene Gegenstände Stellung zu beziehen, schließlich auch: sie als Tatbestände des freien Willens sich zu eigen zu machen. Dem Recht als Ergebnis solcher Positivierung ist Positivität zunächst einmal vom Willen her mitgeteilt: es muß sich in seiner Ordnungsfunktion

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zwischen unmittelbar disparaten Ansprüchen nach außen hin als ein Seinfür-Andere [vgl. W.d.L. (A) 69 f. 16 ; s. u. §§ 13, 15] darstellen, deren legales Verhalten insoweit unmittelbar fremder Setzung Folge leistet. Das Wiederaufleben seinslogischer Bestimmungen in der Konstituierung des rechtlichen Verhältnisses bedeutet allerdings durchaus keine Festlegung von Objektivität auf Äußerlichkeit und Unmittelbarkeit; sie sind immer nur von innen her wesentlich in Anspruch zu nehmen: eben wesentlich in der Objektivität, die gerade dem Begriffe des Rechtes immer schon zukommt. Die Person ist so mit ihrem Recht in den Zusammenhang allen Seins versetzt: damit nicht selbst zum Objekte bestimmt, aber zur Objektivierung ihrer Welt, damit sie nicht bloß objektiv sei, sondern in ihrer Objektivität ihre Idee [i. S. v. § 41] werde. Daß sie dieser Leistung dann selbst wieder nur äußerlich gegenüberstehen kann, stellt sich unmittelbar (vermittelt durch Entäußerung) nur in der Verteilung auf unterschiedliche Personen dar; Moralität aber hat gerade diese Auseinandersetzung von innen her aufzuheben, um das moralische Subjekt selbst in ein Verhältnis zu einer Objektivität zu setzen, auf die es zwar Anspruch machen, die es aber als solche nicht erledigen kann. Auch dies moralische Verhältnis (von Subjekt und Objekt von Verantwortung) muß sich nun unmittelbar als Recht ausdrücken und finden können: um überhaupt als Realität am Einzelsubjekt und für es in Betracht zu kommen. Es heißt also ebenso: sich von aller Inpflichtnahme ,auf sich selbst' zurückzuziehen, wie erst einmal von sich her eine sachliche Gleichgültigkeit auf die Probe zu stellen, als in welcher das eigene Interesse nach außen sich nur positiv darstellen kann. Sie muß im Ansatze das Recht als ein unmittelbar sachliches Verhältnis begreifen, eben weil es als Selbstverhältnis angesetzt ist und über sich hinausgreift: also auch dort, wo es gegebene Unmittelbarkeit überschreitet, indem es entschieden auf sie zugeht und zugreift. Gleichgültigkeit gegen Vermittelung gewinnt sich eben hier mithin die Bandbreite zwischen fraglosem Übergreifen in eigener Sache und entschiedener Abstraktion im Übergriffe, der sie der anderen Seite zuschiebt. Nur so kommt Recht grundlegend als eine Erweiterung von Freiheit in Betracht, statt daß es sie - wie es an diesem zwangsrechtlichen Ende nurmehr noch zu korrigieren, zu ordnen sein scheint - einschränkte. Der Angelpunkt für umfassende Freisetzung ist dann das sich-zwingen-Lassen: worin Recht auch noch in der Abwehr einer nicht bloß faktisch eintretenden, mithin normativen Zumutung seinen eigenen Sinn erhält. Freiheit dient dann zum bewilligenden Zugeständnisse im Ausweise des Abfalls. Nicht bloß Mangel als Differenz in ohnmächtiger Abstraktion, bleibt Verbrechen tatbestandlich Konstitution in einem Verhältnisse: so daß der realistische Grundzug, der zunächst durch die rechtlose Sache vertreten wird, 16

Vgl. W.d.L. I 127 mit abweichender Positionierung dieses Momentes.

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von der freien Persönlichkeit als Tat-Opfer vertreten und übernommen wird (bis schließlich auch Sittlichkeit als "zweite Natur" [§§ 4, 151, vgl. § 142] in ihrer Unmittelbarkeit rechtlich begriffen wäre). "Dies, daß ein Dasein überhaupt Dasein des freien Willens ist, ist das Recht. [... ] Die Person muß sich eine äußere Sphäre ihrer Freiheit geben [... ] - absolutes Zueignungsrecht des Menschen auf alle Sachen".

Im Brennpunkte dieser drei (hier aus den §§ 29, 41 und 44 zusammengestellten) Aussagen der Rechtsphilosophie erhellt demgegenüber eine fundamentale Selbstverständlichkeit von Rechtssetzung, die sich mit der Überlegenheit eines zum Denken fähigen Wesens zunächst einmal - anspruchsvoll im Grunde nur in eigener Sache - nach außen richtet. Wenn sie damit eben noch nicht schon das je vorgegebene Dasein entschieden als unwürdig und zueignungsbedürftig erst noch eigens herabstuft, ist sie auch darauf verwiesen, daß Sachverhalte, denen an sich selbst eine rechtliche Bedeutung zukommt (die also nicht Dasein eines anderen Willens nur sein sollen), dies auch von sich her zur Geltung bringen. Zunächst einmal scheint allerdings immerhin noch ohne weiteres festzustehen, von welcher Art dieses Dasein sei, mit welchem Rechtssubjekte es unmittelbar zu tun bekommen möchten: Dinge, die niemandem sonst schon gehören; in welche hinein es also als Person seinen "Willen zu legen" [§ 44] hätte l7 . Dies entspräche noch durchaus einer gängigen Auffassung: dergestalt, daß es an den Personen sei, mit dem moralisch schon fundierten Werte dieses ihres Willens ihren Weg in der Welt, hinaus ,in die weite Welt' zu machen. Auf diesem Wege wird dieser freie Wille zwar auch in den äußeren (nicht unmittelbar leiblich eingebundenen) Gegenständen durchaus - jedenfalls unter geordneten Verhältnissen - regelmäßig eine andere Person schon, als mit ihrem Willen präsent, antreffen. Dies wäre jedoch moralisch durchaus bedeutungslos, wenn anders insoweit die (,freiwillige') Beschränkung von innen her schon dem Inhalte der Rechtspflicht (nicht erst ihrer Form von Legalität) nach keineswegs als gefordert anzunehmen wäre 18 , mithin ohne privatrechtliche Vermittelung und Inkraftsetzung bloß dem Wünschen 19 und Gönnen [vgl. § 125 N] gehörte. Wie nun aber eben dies: das Recht so zur Geltung zu bringen, daß ich es auch aktuell (und nicht bloß im möglicherweise für mich ungünstigen Ergebnisse eines zunächst noch offenen Rechtsstreites; vgl. § 86) geradezu 17 Vgl. zu einem hierauf reduzierten Verständnisse nur P. Landau Vertragsrecht 179 mit der Rede von einer für die Rechtsfähigkeit erforderten "Realisierungsmöglichkeit"; zur Alternative s. u. §§ 16 f. 18 S. Kant Rechts!. Einl. § C; auch die ethische Auffassung dieser Pflicht (i. S. v. M.d.S. Einl. II1.) setzte also ihre aktuelle Fundierung in einer anderen Person voraus. 19 Vgl. die Grundbestimmung: I. c. § B.

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gegen mich gelten lasse, geschieht, bleibt insoweit noch offen. Handelt es sich um eine freie Leistung? einen noch vor allem Rechte geschuldeten Akt? oder eine Aktualisierung gegebener Rechtswirklichkeit? Jedenfalls weist die pragmatisch interessierte Inbezugnahme rechtlicher Geltung in eigener Sache schon in ihrem ersten Ansetzen unversehens die Zweideutigkeit auf, immer sogleich Bezug des persönlichen Willens auf ein ihm auch in seiner möglichen Vermitteltheit vorausliegendes Dasein zu sein. In seiner Freiheitsrelevanz ist es nicht notwendig überhaupt, oder aber aktuell hinreichend 20 (der gegebenen Situation angemessen) schon bedacht: und zwar auch dort, wo es sich in seinem Zuweisungsgehalte bereits deutlich von sich her zu erkennen gegeben hätte. Die Äußerlichkeit jenseits des eigenen Zugriffes und Rechtskreises macht gewiß nicht in der Weise ihren Sinn wie für den Eigentümer selbst; nach außen dringt, soweit es mich unmittelbar, in meiner rechtlichen Daseinsgrundlage betrifft, lediglich Allgemeines: objektiv betrachtet ein Anspruch (wenn ich ihn denn hören will) auf rechtliche Geltung ganz wie der meine. Der eigene Anspruch findet sich so in einen Zusammenhang von Legalität gestellt, der ihm nichts weiter bedeuten kann: soll doch die Gegenseite hier zwar immerhin - als so ,hinter' der Sache stehend - überhaupt gerade als solche Person [zuf. § 36] respektabel sein, ohne doch damit mehr als ein veto! entgegennehmen zu können, das nur die Sache dem neuen Zugriffe sperren wollte. Dieser fremde Wille versteht sich übrigens (in seiner Aktualität) schon im eindeutigen Hinblicke auf die fremde Person, als in ihrer schlichten, auf den menschlichen Leib reduzierten äußeren Existenz, keineswegs von selbst (woraus sich das historische Recht der Sklaverei - unter Ausschluß des Sklaven; s. u. §§ 10, 17, 20 - als ein Eigentumsrecht ergibt). Es bliebe aber in dieser (nunmehr von außen her begegnenden) Gleichgültigkeit - also gerade, insofern ich den Anderen als ,Meinesgleichen' erkennen wollte - auch weiter offen, ob nicht der noch geschuldete interpersonelle Respekt überhaupt in der präsenten, gerade je präsentierten Sache abgedeckt, hier eben etwas wert sei. In concreto gilt es, der Verächtlichkeit enthoben zu sein, die der Person als solcher begegnen kann, wenn sie auf den Widerspruch zwischen ihrem an sich selbst anspruchsvollen Begriffe und dem (so gesehen) nach Möglichkeit stets unangemessenen Dasein sich zurückgeworfen sieht [so u. § 58]. Der freie Wille, als der eines Fremden, ist nicht nur in seiner Unmittelbarkeit durchaus unzugänglich, sondern hinter der äußeren Sache immer noch (als nur der Möglichkeit nach noch aktuell interessiert) verborgen. Nur in der an den Tag gelegten Besonderheit kann der Respekt reell sein, oder: erst in dem dies selbst übernehmenden Vollzuge des Respektes kann sich dem freien Willen auch der ihm gemäße Gegenstand ergeben, im Hinblicke 20 Im Bezuge auf Dritte, oder auch ein etwa bestehendes Notrecht, das auch auf meine Befugnisse - etwa: in Notwehr - zurückwirken mag.

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auf den er überhaupt seinen Rechtsanspruch zu bestimmen hat (wofern er ihn nicht als sein deficit gegen alle Welt richten wollte). Dies aber hieße, wenn anders von Verbindlichkeit oder Gebot - noch ohne es verhängendes und sie realisierendes Subjekt - die Rede sein sollte: sich selbst aus allgemeiner Unbeachtlichkeit gleichsam herauszuziehen; ohne eben bereits über den moralischen Begriff von Daseinsverwirklichung (in ihrer reellen Möglichkeit) schon zu verfügen. Erst in moralischer Selbstbestimmung [vgl. §§ 106, 112] wäre in diesem Sinne wirklich vom Recht zu reden; dort also, wo es seine Gültigkeit als ein in seiner Äußerlichkeit relevanter Tatbestand gerade aufhebt. Umgekehrt kommt allerdings schon dem bloß möglichen Widerstehen (oder: dem von ihr bloß als solcher ,anzumeldenden' Widerspruche!) einer anderen Person, als eines sich selbst gehörenden Rechtssubjekts, eine prinzipiell moralische Bedeutung ZU 21 , indem es das Subjekt in persona bei der Sache des eigenen Idealismus' hält, der Recht als Beschränkung der Freiheit (zu ihrer Einschränkung) vollends in sich aufhebt: um es auch von sich her noch wieder zu begründen und möglich zu machen. Dann wäre jedoch Zwang wirklich nur gerade Zwangsbejugnis: wie sie in der moralischen Bedeutung des Rechts sich vollends auflösen müßte 22 . Es ist nun der kritische Aspekt dieses Zusammenhanges ganz unbestreitbar; relativiert sich doch in seiner Perspektive immer zugleich auch der öffentliche Anspruch. Ein Gewaltmonopol des Staates zählte dann nämlich ebenfalls nicht als Macht, sondern nur in seiner möglichen Auflösung hin auf den Vernunftanspruch des Einzelnen, der in dem Recht seines subjektiven Willens [§ 132] zur kritischen und allein beglaubigenden Instanz aller Rechtswirklichkeit wird. Wenn so auch die Staatsrnacht, schützend, geradezu die Stelle aller fremden Berechtigung vertritt, so bleibt dabei doch das ganze Verhältnis negativ bestimmt: als eines der Abwehr zwischen Inanspruchnahme und Verteidigung eines allgemeinen Freiraumes. Hierin ist jeder Zugriff immer gerade nur möglichenveise gerechtfertigt, von der anderen Seite nur als problematisch zu nehmen, so wie - wenn auch der Einzelne von seinem Recht nicht mit Notwendigkeit auch Gebrauch machen muß - dann auch eigentlich aller äußerer (intelligibler) Anspruch in sich zusammenfallen muß. Berechtigung kann allemal nur von innen her kommen, muß subjektiv übernommen und begründet werden: und kann es auch allerdings, auf jeder der Seiten, die sich jedoch erst in der Idee eines schlechthin unbedingten Guten ideell-anspruchsvoll so vereinigen, daß die Begründung ganz von einer Seite her kommt. Was allerdings bleibt, ist die Inhaltsbestimmung im Besonderen. Keine Güte kann das Ergreifen der Vgl. Schelling Deduktion § 13. W. Kersting (Freiheit 184 ff.) spricht in dieser Perspektive von "zwei verpaßte[n] Chancen". 21

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äußerlich vorkommenden Sache durch eine Partei erübrigen, mit welcher sie aber - wenn anders das Ergebnis am Ende nicht ganz zufällig bleiben soll - Rechtswirklichkeit für sich selbst ausmacht. Unmittelbar entsprechen privater und öffentlicher Positivismus einander so regelmäßig bloß in der Ermangelung verbindlicher Vermittelung, kennen bloß den Streit unter Privatleuten und die staatliche Intervention: wie sie einander wechselseitig das Zeugnis ihres Unvermögens, nicht-Hinreichens ausstellen. In seiner persönlichen Fassung tritt das privativ-positive, die Aktualität der Freiheit unbefangen (auf die Gegenseite hin) positivierende Recht zunächst dementsprechend ganz selbstgenügsam und achtlos auf, unterliegt damit auch allerdings - insoweit ein höherer Standpunkt aus ihrem inneren Widerspruche und nunmehr auch mit Bezug auf diesen bereits entwickelt wäre - in seiner Verfanglichkeit moralischer Kritik. An dieser Stelle kann in jedem Falle, vorerst abschließend, staatliche Rechtssetzung eintreten: in der Tendenz, das Problem der Legitimation gegen die Person als den Inbegriff einer Verselbständigung der Rechts/arm selbst prinzipiell vorzukehren, um das allgemeine Gesetz im besten Falle noch als (gegen die "Maßnahme" i. S. v. §§ 42 VwGO/35 VwVfG etc. abzugrenzende) Regelungsweise gelten zu lassen. Von dort ,oben' her dürfte eine Lösung aber nur im Zeichen einer trotz des an den Personen hiergegen auftretenden Mangels aktuellen Vorstellung ursprünglicher politischer Gemeinschaft oder sittlicher Idealität erwartet werden, die dem persönlichen Prinzipe in der Sache ohne weiteres überlegen wäre. Dann wäre gegen die eigenmächtige Rechtsverfolgung der Individuen Zwang und Gewalt im Dienste der ,guten Sache' schon im voraus als gerechtfertigt anzusetzen, ohne daß ihnen - als nicht minder bloß positiv - mit der Selbständigkeit einer eigenen normativen Instanz noch (in ihrer Geistlosigkeit) entgegengetreten und Einhalt zu gebieten sein sollte. Hier macht sich heute Rechtsphilosophie geltend, der es gewiß mit Recht darauf ankommt, alle Berechtigung (nicht zuletzt auch gerade mit Hegez2 3 ) als Realität aus dem Dasein des einzeln vorkommenden freien Willens aufzufassen und allein gelten zu lassen. Um dabei an einem sich am Gedanken der handlungsfähiger Einheit orientierenden politischen Projekt festzuhalten und ihm dennoch eine kritische Richtung zu reservieren, wird allerdings die leitende Idee so abstrakt gefaßt, daß sie wieder in Reichweite dieser Einzelsubjekte zu geraten scheint: zur Anerkennung von gleich zu gleich24 , die als solche schlechthin geschuldet wäre. Es bleibt aber bestenfalls ungewiß, welcher Zugewinn mit diesem Verluste an Realismus der Staatsrnacht, die ganz in den Vorgang ihrer Legitimierung überführt, mithin in ihrer Unmit23 In Fortschreibung des "objektiven Idealismus" in Richtung auf "Intersubjektivität"; zur Kritik dieses (namentlich auch bei M. Theunissen zu findenden) Ansatzes s. noch eingehend sub 111., insbes. § 18. 24 Den aktuellen Stand bietet 1. Habermas (s. noch u. § 61); zu Heget vgl. insbes. K. Seelmann JuS 1979, 687 ff. (hier § 61 bei Fn. 250).

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telbarkeit aufgelöst wäre, gerade dem einzelnen Subjekt im Verhältnisse zum Ganzen zu erreichen sein sollte. Weder moralische Schulden noch eine sie einlösende Übereinkunft der Subjekte vermögen die Einseitigkeit der persönlichen Perspektive auf die Welt aus der Welt schaffen, die sich mit ihrer ideellen Begründung im Selbstverhältnisse der freien Persönlichkeit an einem Punkt nötiger Übereinkunft nur brechen, oder aber selbst mit ihrem Idealismus sich einbringen kann. Eine ,Anerkennungstheorie' des Rechts muß insoweit also noch hinter die hier vermeintlich zurück-, nämlich einem autoritären Denken verhaftet bleibenden Vertragstheorien des Natur- oder Vernunftrechts zurückfallen, als die Leistungskraft des Vertragsgedankens und zwar von Hobbes bis Kant; vgl. u. §§ 56, 59 - durchaus nicht auf der abstrakten Vorstellung einer Übereinkunft auf Grundlage einer Gleichheit der Beteiligten beruhen könnte. Vielmehr liegt ihre fortwirkende Wahrheit doch ganz im Gegenteile gerade darin, zunächst das vereinzelte Subjekt ganz wie es sich selbst in eben erster Person - für das Ganze aufzunehmen und so, vor das Problem der Vereinbarkeit gestellt, den Blick auf den Übergang vom Naturzustande auf den der Vergesellschaftung zu richten: in einem so allerdings wie von ,oben' her, und womöglich also auch wirklich durchaus verhängnisvoll eintretenden Prinzipe, das sich nicht auf die Reichweite des Individuums "in seiner eigentümlichen Willkür" [vgl. § 29 A] beschränken oder ihm aber eine falsche Aktualität vernünftiger Gesetze unterstellen muß, sondern die Spannung zwischen Individuum und Gemeinschaft jedenfalls theoretisch aufrecht erhält. Nun war allerdings vor Kant dieser Übergang doch immerhin in seinem Vollzuge geradezu als eine Aufgabe des Prinzips von Persönlichkeit konzipiert: eben in der Unterwerfung zu Untertanen eines so sich konstituierenden Staates 25 , die auch zu seiner verbindlichen Gesetzgebung über mich und meine äußere, aber doch eben nur in Freiheit aufzugebende Freiheitssphäre erforderlich ist; und sei es auch am Ende mit dem ,großen' Anspruche einer Identifikation, aber eben als alienation totale (und so in durchaus beabsichtigter deductione ad absurdum des Vertragsgedankens) nur von der einen Seite einer volonte generale her entworfen 26 , in deren totalitärem Anspruche und Zugreifen auch auf die inneren Räume freier Selbstbestimmung sich allerdings eben nur die willkürliche Kehrseite eines auf Willkür gestellten Übereinkommens 27 für sich zur Geltung zu bringen hätte [vgl. § 29 A28]. Es hat nun allerdings den Anschein, daß Hegel wieder dorthin zurückfindet, wenn er den Übergang auf eine rechtlich verfaßte GemeinNamentlich mit Th. Hobbes' Leviathan, Chap. XVII. Vgl. J.-J. Rousseau Contrat I.6. 27 Welcher Zusammenhang gerade auch bei Habermas (mit Faktizität und Geltung) deutlich und gegen sein Konzept einzuwenden sein wird, wie noch sub § 61 zu zeigen sein wird. 25 26

8 Molkentin

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schaft (resp. ihren Rechtstitel) zu einer Forderung der Moral, die sich aufgrund ihrer konstitutionellen Schwäche gegen sie kehrt, sich auswachsen läßt. Ein derartiges Übergehen als solches läßt sich naturgemäß nicht (übrigens ganz ebensowenig wie im Geltungssinne von § 36 die Anerkennung einer anderen Person oder auch das eigene Personsein, das zuf. § 21 A auf dem Denken seiner selbst beruht) erzwingen. Immerhin wäre in der Stärke des Konzeptes - gerade auch ohne ein mittelbares Ansetzen von Zwang in diese Richtung - aber auch eben nicht mehr eine bloß ideelle Einschränkung der Freiheit aus dem privatrechtlichen Verhältnisse selbst (als zunächst gerade seinen öffentlichen Zustand betreffend) hergeleitet, die zwangsweise nurmehr geltend gemacht werden kann und darf29 , sondern vielmehr gerade (angesichts der vollen, aber vor dieser Freiheit eben noch unvollständigen Rechtswirklichkeit) die subjektive Realisierung in persona gefordert. Hieraus ergibt sich nun in der Tat die Alternative, entweder das Recht moralisierend so ,aufzuwerten', daß das Konzept des Übergehens im Grunde bedeutungslos wird; oder aber doch - damit der hegelschen Konzeption insgesamt die Treue haltend - den (von Rousseau her fortwirkenden) Anspruch auf Totalität in seinen freiheitlichen Voraussetzungen zu klären: mithin die Moralität in ihrer Leistungskraft aus dem Geltungsmangel des Rechtes - den sie zu ihrem eigenen Bestimmungsdefizit machen muß heraus zur Geltung kommen zu lassen. Der Versuch sollte jedenfalls unternommen werden dürfen; wenn Hegel nämlich das Konzept sittlicher Autonomie bloß - nachdem er es im Vorübergehen gestreift hätte - hinter sich lassen und das Verhältnis von Idealismus und Realismus der praktischen Vernunft zugunsten des äußerlich Bestehenden in sein Gegenteil verkehren wollte, wäre allerdings überhaupt nicht mehr einsichtig zu machen, wie der moralische Subjektivismus ins Zentrum einer Philosophie des Rechts eingestellt sein kann 3o • Damit richtet sich allerdings [so u. §§ 10 f., 58] der Blick von dem zweiten auf den ersten "Übergang": wie sich also der moralische Standpunkt in seiner Reflexivität [§ 105] bereits privater Erfahrung von Positivität als Gewalt und Verhängnis über mich sich verdankt, in welcher ja immerhin auch die Abstraktion einer privativen Konzeption von Recht mit der Moral bereits der Kritik unterliegt. Als Sittlichkeit - wie sie von moralischer Reflexion doch ihrerseits lebt - findet diese keinen Einsatzpunkt: gerade in die Abwesenheit verbindlich vermittelter Rechtswirklichkeit legt 28 In welchem Kant und Rousseau immerhin insofern in Parallele sich angesprochen finden können, als bürgerliche Allgemeinheit dort als ein immer noch (wie auch mit Hegel. aber doch eben erst auf dem ,Umwege' über die moralische Übernahme normativ zweideutiger Entfremdung) zu stiftendes, nicht auf sich selbst beruhendes Band angesprochen wäre; vgl. näher zu Kant u. §§ 34 (Fn. 111), 59 f., zu Rousseau § 61. 29 Vgl. Kant Rechts!. Einl. §§ C u. D sowie aus dem Privatrecht § 8. 30 Dies betont mit Recht 1. Ritter Metaphysik 282 ff.

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Hegel mit Recht den Ursprung von Aufklärung und moralischer Vergewisserung [vgl. Phän. 359 ff.], welche einer Realität, insofern sie die Stelle der

Sittlichkeit vertritt, gegenüber nicht weniger kritisch wird eingestellt sein müssen als im Sinne des eigenen, ihr nicht zuletzt doch im Hinblicke auf diese fragwürdig geworden Standes in der Welt. Was überhaupt in erster Person nur zählen kann als die "äußere Sphäre

ihrer Freiheit" [i. S. d. § 41], wäre aber doch gründlich mißverstanden in einem Solipsismus, dem noch das Bestehen des Eigenen im weltlichen Zu-

sammenhange und mithin auch unter anderen Personen fremd, und nicht vielmehr noch eher gar zu selbstverständlich wäre. Dieser Standpunkt hat seine eigene, in der Abstraktion dieses Selbstverständnisses gelegene Stärke, die (nicht zuletzt auch in ihrer moralischen Bedeutung und Verankerung) Beachtung verdient: kann ihm so doch gerade in der Position, die er in eigener Sache noch unmittelbar und zunächst in aller Unbefangenheit einnimmt (oder auch zwanglos fortschreibt), ,positive' Rechtssetzung schlechthin nicht zur Rechtsbegründung in einem zweifelhaften Falle dienen. Ebensowenig wie er seinerseits schon darauf aus wäre, "anderen eine Verbindlichkeit aufzulegen, die sie sonst nicht hätten,,31, steht ihm ein solcher Ansatz als von ,oben' - was sollte ihm dies auch hier bedeuten können - oder überhaupt anderer Seite her beachtlich etwa entgegen. Hier wird deshalb Entäußerung als Schlüsselbegriff sich zu erweisen haben: erst als Erweiterung seiner Rechtssphäre über das Eigentum hinaus kommt eigentlich Rechtssetzung auch für die beteiligten Subjekte in Betracht. Der Überschritt in das interpersonelle Verhältnis setzt dann allerdings immer bereits die Eigenleistung der subjektiv sich distanzierenden Rechtspersönlichkeit voraus [so u. §§ 15 f.]. Dieser Bewegung aber fehlt andererseits auch überhaupt alle Sonderung einer formellen Berechtigung des je positiv gegebenes Rechtes von seinem noch eigens auszuweisenden geistigen Gehalt, oder: die Legitimität des Legalen versteht sich entweder von selbst, oder aber sie ist überhaupt bestritten. Identität als bleibend sich durchhaltende ist so zwar nicht das einzig Reelle, aber eben doch letzte Realität: der Selbstand des Einzelnen, der ebenso aller Infragestellung erst von sich her die rechtliche Dimension gibt, wie er seinerseits erst auf einem Rückzuge sich kenntlich macht, der ihn in seiner Selbstverständlichkeit tatsächlich in Frage gestellt zeigt. Demgegenüber kann Hegel allerdings zunächst, als noch erst in Eröffnung des weiteren Denkweges begriffen, immer dort, wo der Stand der Dinge als solcher herrscht und geglaubt wird, von PositivUät: als der moralischen Annahme und also Zumutung, daß etwas Wahrheit für den Menschen haben soll, allein weil dies eine Autorität gebietet [Pos. 190], sprechen. Dies praktisch bedeutsam in Frage zu stellen, heißt mit Notwendigkeit: selbst Positivität auf sich zu nehmen und also auch daran, als an die 31 8*

Um es mit der Formulierung der kantischen Rechtsl. (§ 2) zu sagen.

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eigene Sache, zu glauben, damit am Ende eben die Sittlichkeit als "das wahrhaft Positive" [v gl. Naturr. 505; vgl. u. § 6] sich ergeben kann. So wie von hierher auch erst die Frage von Rechtssicherheit - kraft guten Glaubens, der den Respekt ordnungsrnächtiger Gewalt (und kraft ihrer auch Anderer) verdienen möchte 32 - sinnvoll aufzuwerfen wäre, bleibt doch die Bezugnahme gleichsam bodenlos, in der Sache unausgewiesen und daher auf s Ganze abhängig 33 . Der anspruchsvollen Unfreiheit dieses ganzen Verhältnisses entspricht demzufolge eben eine subjektive Verweigerungshaltung, die in ihrer sittlichen Relevanz ebensowenig auszuschließen, aus dem Systemzusammenhange (wie er am Ende des Denkweges auch noch philosophisch als gesichert dastehen möchte) wirksam herauszuhalten ist, wie sie sich selbst wirklich treu bleiben könnte, nicht auch ihrerseits auf jenen verleugneten Zusammenhang ihren Bezug nehmen müßte. Wenn sie schließlich sich ihre Gründe doch gerade auswärts sucht: um nach außen wie sogar innen - Hegel spricht [in § 140 A] von "Heuchelei" und "Probabilismus" die Verantwortung für das eigene Leben abzuschieben, so kann doch (wie aus dem dahinter sich verbergenden moralischen Anspruche unmittelbar erhellt; weiter s. u. §§ S4 f.) der Entlastungseffekt nur ganz äußerlich, die Befreiung nur eine scheinbare sein. Das Verhältnis zur sittlichen Wirklichkeit wäre gerade so ein unmittelbares: es findet entschieden ihre Beraubung statt, wo das Subjekt sich, im Grunde von ihr zehrend, sich selbst nach Realität verzehrt.

Mit der hier zur Geltung kommenden Bestimmung, daß überhaupt irgendwelche "guten Gründe" für womöglich ganz schlechte Realität und ihre Behandlung sollten einstehen können, findet sich das von sich her moralisch bestimmte Subjekt in der paradoxen Situation, mit dem eigenen Positivismus - halte er sich nun, in Erfüllung eines zustehenden Freiraumes, im Bereiche des rechtlich Erlaubten oder überschreite auch diesen, indem schließlich auch seine Bestimmung ihm gleichgültig geworden wäre - nicht nur den der Welt zu beglaubigen, sondern die beiden Seiten möglicher Setzung (nämlich: von ,oben' und von ,unten' her) in beständiger Verkehrung immer noch weiter auseinanderzureißen. In diesem moralisch verschärften Sinne gewinnt also der privativ-rechtliche Ansatz erst auch in eigen ster Sache seine in sich verhängnisvolle Eigendynamik, als eine Abwärtsbewegung, die zur Inversion wird. Was es heißt, noch zugleich beständig und unablässig in einer sich gegen das Positive absetzenden Bewegung begriffen zu sein, welche sie in eine eigensinnige Entgegensetzung [so u. §§ S4 f.] 32 Zur mit dem kantischen Erlaubnisgesetze ergebenden Reformperspektive s. noch u. §§ 8 u. 61. 33 Eben im Sinne jener absoluten Substanz, welcher erst in eben jenem Allgemeinheitsanspruche von Eigentum wirksam zu begegnen sein kann, in welchem die individuelle Substanz zu neuer Kompatibilität sich formalisiert; vgl. u. §§ 19, 57 ff.

§ 5 Positivität aus Freiheit

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hereinnötigen wird, die in ihrer Abhängigkeit von einer fremden, als transzendent ausgewiesenen Realität ihren substantiellen Begriff überhaupt verliert: als an ein schlechthin Bestehendes, sprengt den Rahmen der Philosophie des Rechts und überhaupt rechtlicher Verhältnisse und treibt doch einen objektiven Zusammenhang gleichsam bis zum Zusammenbruche auf die Spitze, der nur als Weltteilhaftigkeit im Verhältnisse der Menschen untereinander zu seiner Wahrheit, und wahrhaften Darstellung gelangen kann. Zuletzt noch von jenem Extremismus des bösen Willens her erweist sich mithin allerdings Positivität als ein bezeichnendes Merkmal rechtlicher Wirklichkeit [§§ 3, 212 m. A]: aber doch nur gerade auf der Kehrseite einer dem Subjekte zu gewinnenden reinen Form seiner unbedingten Verpflichtung [§ 135] und also doch in damit noch nicht überwundener Gleichgültigkeit von Recht und Moral. Um - wie Hegel im Zuge seines Denkweges - von der Kritik zur begründeten Affirmation vorzudringen, bedarf es entschieden einer Philosophie des Rechtes, die zwischen dem Gesetze rechtlichen Zusammenstimmens und seiner Wiedergewinnung zu moralischer Selbstbindung den ganzen Weg der Entäußerung aus Freiheit zu entwickeln versteht. Die subjektiv-philosophische Frage bleibt: wer denn das Ganze so in Bewegung brächte und hielte, um auch das Positive der Welt in sie erst hineinzubringen. Daß es ihr nicht selbst, als einem bloß objektiven Zusammenhange, zukommt, bestimmt Positivität zu einer nur durch die Freiheit der Negation beachtlichen Tatsache, überhaupt einem Tatbestande und Dasein des freien Willens [§ 29]. Damit ist ebenso das Unrecht und auch das von innen her Böse in die Welt zu tragen wie die Rechtlichkeit aller Setzung zu begründen. Dies Letztere entschieden einzufordern ist allerdings Sache der (immer gerade subjektiv vorzutragenden) Moral: aber doch nur indem es ebenso unmittelbar praktisch geltend gemacht ist. Sonst bleibt in der Tat nur die bloß aufklärende, reduzierende Auflösung des freiheitlichen Begründungszusammenhanges in's Böse: das Positivität und Verweigerung für sich bestehen läßt und, einander bestärkend, etabliert (wenn auch in individuell unbeständiger Weise). Moralischer Freiheit aber entspricht es, wenn die Verfolgung (und überhaupt Verfolgbarkeit) des Rechts - gerade als des eigenen - allem Rechte erst die Selbstverständlichkeit seiner Geltung nimmt, um es schließlich entschieden als Zwangsrecht, von der Privation her, möglich zu machen. Insofern damit Gesetzgebung der vereinzelten Person in der Tat erst in solchem Übergreifen auf die Sphäre eines anderen Subjektes stattfindet, findet auch die staatliche Ordnungsrnacht hier ihren guten Grund in der Sache des privaten Rechts; nur gehört dazu dann notwendig mit der Möglichkeit, daß ein Unrecht rechtlich unangefochten bliebe, zugleich auch die Begründung seiner Anfechtung und Aufhebung im privativen Horizonte der Beteiligten. Das allerdings durch ein staatliches Gewaltmonopol aus ihren Händen zu nehmende und so in seinen Schranken zu haltende rechtliche Zwingen

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bliebe so doch die tragende Gestalt: ein Tatbestand von Verletzung in einem rechtliches Verhältnisse, der noch in der unendlichen Negierung des fremden Daseins der Freiheit seine Positivität bewahrt, solange sie ihren Glauben findet. Als unmittelbar gegeben wiche Recht wie Unrecht allerdings ebenso unmittelbar der Gewalt, ginge gezwungenermaßen gleich überhaupt verloren. Insofern Recht aber im Freiheitsgehahe seiner Umsetzung immer gerade auf einer Bewilligung durch die andere Seite beruhen sollte, kann immerhin auch der von Staats wegen, im Namen des Rechts, auszuübende Zwang überhaupt [vgl. u. §§ 50 ff.] Ansprechbarkeit und Greifbarkeit der Rechtssubjekte, als ihm unterworfen, voraussetzen. Demgemäß gilt allerdings Recht - gleich Zwangsrecht - nur soweit, als der Zwang sich auch als Recht des ihm Unterworfenen darstellen kann. Selbstzwang eines Subjektes, das moralisch sich selbst in Tugend und Gewißheit besäße, bringt dies als Geltung auf den Punkt einer sittlichen Entscheidung; entschieden rechtlich jedoch, ebenso von innen her begründet wie objektiv verantwortlich, bleibt es nur erst eine Möglichkeit ohne Anhaltspunkt. So wie sich das abstrakt begründete Verhältnis eben auch unrechtlich fortsetzt zur Allgemeingeltung im sozialen Raume, findet sich noch das Staatsverhältnis so abstrahiert, daß es an Gründen für einen es rechtlich möglich machenden Akt der Unterwerfung weiterhin mangelt. Daß eine solche nämlich schon mit persönlicher Berechtigung in Verbindung zu bringen sein möchte, erforderte doch mehr als nur das, wenn auch entschieden rechtlich begründete Gewaltverhältnis. Mag auch eben sein Formalismus sich am Ziele der rechtsverfolgenden Bewegung [so u. § 49] als Grenze und Punkt der Einkehr erweisen, so wäre doch damit das Subjekt - nunmehr in der Position eines Tatopfers - gerade erst in der Tat in die Lage versetzt, ein positiv auftretendes Recht (und damit überhaupt den rechtlichen Zustand in einer fortlaufenden Bestimmung des Rechtes zum Zwange) in seiner Begründungsbedürftigkeit herauszustellen und einem unmittelbare Zustehen von Recht das Erfordernis seiner moralischen Daseinsberechtigung im Besonderen an die Seite zu stellen. Wenn hier, wo Zwang auch als Recht des ihm zu Unterwerfenden sich darstellen kann, das geistlose sich-Fügen als rechtlich möglich gemacht wird, so kann doch andererseits an eben dieser Stelle auch die durch den beiderseitigen Positivismus gestellte Aufgabe des Übergehens bereits deutlich hervortreten: das Verhältnis von Setzung und Voraussetzung nach beiden Seiten hin offenzuhalten, um so das Recht der Objektivität durchgehend als eigenes behaupten zu können. Dann stellt sich - derart ,hochstufig' bestimmt - Positivität als zwingend notwendiges Korrelat rechtlicher Freisetzung des Individuums zu seiner formellen Einzelheit und eigenen Verantwortung dar, die erst in insoweit unaufhebbarer Ausspannung auf die Fundierung von Individualität als sittlicher Ordnungsfaktor im gemeinschaftlichen Leben hin ausgerichtet ist. Die Verfehlung des Positiven muß an dieser Stelle entscheidend die Verfehlung von reeller Frei-

§ 6 Wahrheitsfindung von Rechts wegen

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heit und allgemeiner Wirklichkeit des Rechts bedeuten; der ,Fehler' läge dann aber ebenso entschieden auf der (womöglich auch in falsche Bescheidenheit eingeschlossenen) Anmaßung des einzelnen Willens; auch wo ihm dies selbst noch verborgen bliebe, und er sich selbst bloß im Respektieren externer Verbindlichkeit zurückzuhalten meinte. § 6 Wahrheitstindung von Rechts wegen

Um eine Berechtigung äußeren Daseins kommt das moralische Subjekt so keineswegs herum: die Entscheidung jedoch bleibt ihm hiermit noch gerade erst vorbehalten: ob er diese Daseinsberechtigung prinzipiell zur eigenen Sache und Angelegenheit werden lassen könne. Daß dies andererseits nicht allein von ihm abhängt, wird jedenfalls dann manifest, wenn die Sache des Rechts sich gerade dem entzieht, der auf seiner Eigenheit schlechthin bestehen wollte [so u. § 54]. In der Offenheit eines subjektiven Einsatzes moralischer Reflexion will die Orientierung - zunächst gewißlich in eigener Sache - noch erst gewonnen werden, ohne daß schon ausgemacht wäre, was einer denn in der Tat sei; so daß auch die Anderen mit ihm eben daran sein können. Bringt sich nun zwar diese Realität und Individualität des Einzelnen in der "Reihe seiner Handlungen" [§ 124; vgl. WG 44 ff., u. § 59] an den Tag, so bleibt er für sich selbst doch, als in jeweiliger Einheit des Vollzuges von subjektivem und objektivem Tatbestande, auf das Recht seines subjektiven Willens und die von dort ihren Ausgang nehmende Wertsetzung verwiesen. Die Alternative von Legalität und Moralität - auch mit der ihr eigenen Perfektibilität - schöpft diesen Zusammenhang nicht aus; es handelt sich um einen ebenso beanspruchten wie aufgegebenen Daseinsbezug, wie er zu aller Positivität, gerade auch als rechtlich beanspruchter Geltung, insgesamt ein kritisches Verhältnis erforderlich macht. In der Autonomiemoral kann es sich zwar immerhin verankert finden, ohne daß jedoch ihre Distanzierung auch schon die Eigenständigkeit jener anderen Seite zu begründen vermöchte. Eine kritische Rechtslehre [so o. § 1], sollte sie im Anschlusse hieran wirklich geradezu auf Kritik gestellt sein, müßte demgegenüber in reflexiv-rückgängiger Weise sich selbst, und damit ganz prinzipiell die Positivität eines jeden rechtlichen Tatbestandes begründet finden: aber in der Offenheit von Recht und Unrecht als je festzustellendem Verhältnisse der Vergegenwärtigung des Weltzusammenhanges in seiner allumfassenden Größe. Die hiervon ausgeschlossene sittliche Grundtatsache aber bleibt dann: das Gute ist in der Welt, und der Einzelne muß die erst gleichsam analogische, per analogiam zu verdeutlichende Repräsentanz an sich normativ wahr werden lassen, gerade indem er sich als Person "setzt", die "sich eine äußere Sphäre ihrer Freiheit" gibt, "um als Idee zu sein" [§ 41]. So konstituiert Moralität das Recht noch gerade in seiner Zweideutigkeit; indem es ihm einerseits die inneren Gründe und Werte gewinnt, ohne die es

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als Dasein menschlicher Freiheit überhaupt nicht gegen ihre aktuelle Bestimmung (auch Fehlbestimmung) in Betracht zu ziehen wäre: um damit aber zugleich den Wahrheitsgehalt der bestehenden Institutionen erst gründlich zu verderben. Wenn sich vom konzeptionellen Ende der Moral im schlechthin sich-verpflichtet-Wissen her die Wahrheitsfrage ebenso aufs Ganze des menschlichen Lebens aufgeworfen wie verstellt findet, so hat dies also durchaus seine Richtigkeit. Wo immer die geistige Welteinheit zur Freiheit aufbricht, ist dieser Doppelsinn einer durch eigene Besonderheit sich konstituierenden Einzelnheit unvermeidbar. Daß die Wahrheit - wie ad personam, so in persona - noch aussteht und also erfordert ist, gibt den Orientierungsbedarf, den Moral in ihrer prinzipiellen Fassung und über sie hinaus hervorbringt, an: hin auf etwas, woran ein Subjekt sich seinerseits halten könnte. Daß zugleich damit nun allerdings [so § 140 A e)/f)] eine solche und überhaupt alle Wahrheit gar nichts mehr wert zu sein scheint, hat seine eigene Moral: ist ihre Auflösung im einzelnen Subjekte doch gerade der umfassenden Leistungskraft moralischer Vergewisserung geschuldet. Der Positivismus eines jedenfalls in der Konsequenz partikulären Rechtes aus privatem Zugriffe teilt sich aller anderen Seite ganz ebenso mit, wie er durch ihre allgemeine Herrschaft veranlaßt sein kann. Reflexion bewegt sich von daher immer nur um die Verneinung des fremden Rechtes herum; bis dies Negative seine Bestimmtheit gleichsam ganz abgearbeitet, so allein die formelle Idee des unbedingt Guten hervorgebracht hat, das allem Bestehen schlechthin entgegengesetzt ist. Die Quelle aller Wertschätzung bleibt dann im vereinzelten Subjekte zu verorten, dessen Grund-Bestand so aber gründlich in Frage gestellt ist. Und dies mit Recht: denn es steht ja so - einer inneren Möglichkeit nach, die als solche jedenfalls nicht definitiv auszuschließen ise 4 - selbst in der Unwahrheit. Daß es in seiner reflexiven Bezugnahme auf die praktisch (interpersonell) mögliche Unwahrheit der Tat, welche als Rechtsverletzung der Sittlichkeit schließlich dergestalt entschieden widerstreitet, daß sie den Widerspruch im Grunde seiner Nichtigkeit sich selbst zuzieht [vgl. § 97], der AutonomieMoral in ihrem maßgeblichen Kriterium der inneren Widerspruchsfreiheit selbst widerspricht, zieht diese Moralität selbst in Mitleidenschaft. Dies wäre also die Pointe der ,Formalismus-Kritik': gerade weil als rechtlich, im praktischen Verhältnisse dieser Widerspruch nicht nur möglich, sondern die ihn etablierende Tat unter allen Umständen gültig ist, bis zu ihrer reellen Aufhebung in durchgeführter Vergeltung, verliert die Form eines kategori34 Kant Re!. Erstes Stück III. ("Der Mensch ist von Natur aus böse"), insbes. B 36 f.I A 33 f. und Tugendl. Ein!. VIII. 1; zur Entwicklungsgeschichte eines solchen - generellen - Motivverdachtes, der offenbar insbesondere in der Radikalität des calvinistischen und des jansenistischen Denkens sich hat ergeben können resp. müssen, vg!. N. Luhmann G.u.S. Bd. 3, 186 ff.

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sehen Imperativs auf rechtlichem Gebiete realiter ihre unumschränkte Geltung, wird von den Tatbeständen, die Bezug auf den Willen nehmen, wirklich, rechtspraktisch aufgehoben. Mit der Tat würde eben nicht nur ein bestimmtes Opfer betroffen, sondern überhaupt - auch in eigener Angelegenheit des Täters - Moralität zwangsweise auf ihren fundamentalen Defekt festlegt (aus welcher Fixierung sie auch durch alle ,intersubjektive' Kommunikation35 nicht auszubrechen vermöchte, wenn anders das Ergebnis doch gerade ein - besser legitimiertes - Zwangsrecht sein sollte36). Sie muß sich zwischen Subjekt und Objekt aufreiben, solange die Rechtswirklichkeit ihr als eine solche entgegensteht, die gerade nur von ihr her zu begründen wäre. Andererseits hätte dann Wahrheit durchaus auch in den unrechtlich bestimmten Tatbestand mit Notwendigkeit ihren Eingang gefunden. Allemal mit einer vorübergehenden Geltung der Verletzung [i. S. v. § 99] zugleich hat doch auch eine - weiter unbedingte, allein mit der verbrecherischen Tat hervorgerufene - Abwicklungs- und Aufhebungsbedürftigkeit sich selbst zum Erfordernisse von ,Wahrheitsfindung' etabliert. Dies Übergehen von der Neutralität des Handeins zur Immanenz des Un-Rechts ist erste Voraussetzung aller Strafrechtspflege, heißt in rechtlicher Aufarbeitung: die Form der Subjektivität, pointiert etwa im Wahrspruche des Geschworenengerichtes (für dessen. Etablierung Hegel bekanntlich entschieden eintrae7 ; vgl. § 238 A), auch gegen den Täter zur Wirklichkeit seiner Tat kommen zu lassen38 , um hieran nach Maßgabe des Rechts auch das Weitere, gegebenenfalls also Strafe anzuschließen. In dieser Anforderung muß so das ,Aufarbeiten' der geschehenen, und bis auf weiteres gültigen Verletzung allen Beteiligten zur Pflicht werden, von Staats wegen auch - etwa als Zeugen und Sachverständigen39 - zur Pflicht zu machen sein: gerade weil doch der Gegenstand dieser Inanspruchnahme weder bereits präsent vorliegt, noch aber auch bloß erst aufs Neue zu konstruieren, sondern eben 35 Die als Kommunikation eigentlich auch als geradezu transsubjektiv zu gelten hätte; so jedenfalls mit Luhmann Vorträge 94 ff. 36 Die Rechtsphilosophie muß sich schließlich - wenn anders sie überhaupt ihren Recht und Pflicht zusammenhaltenden Sinn machen sollte - auch mit J. Habermas noch dieser Aufgabe stellen. 37 Vgl. A. A. Piontkowski Strafrechtstheorie 331 ff.; Kl. Marxen StraJtatsystem 80 m. w. Nw.; vgl. auch W. Küper Bemerkungen 29 f. 38 Deshalb greift (i. S. v. § 100 A) auch der Schluß von der Ehre des Strafrechts am Verbrecher auf seine unbedingte Mitwirkungspflicht im Strafverfahren (so bei M. Nothhelfer Selbstbezichtigungszwang 64 f. zu finden) entschieden zu kurz. 39 Die deshalb mit den §§ 153 ff. StGB auch wiederum selbst unter einer bestimmten - und zwar scharfen - Strafandrohung stehen; dies nicht im Sinne eines "objektiven" Ergebnisses, aber doch auch nicht bloß "subjektiv" hinreichend , vermittelbarer' Bemühung, sondern eben der genügenden Erfüllung ihrer Wahrheitspflicht, wie insbes. E. Schmidhäuser Aussagepjlicht 219 ff. (vgl. Strafrecht BT 23/ 10) zutreffend herausgearbeitet hat.

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auf seine Wahrheit zwischen den Beteiligten selbst nach Möglichkeit zurückzuführen wäre. Was also für den Einzelnen so sich eher im Sinne einer sich in eben diesem Rahmen haltenden Dienstleistung als eines wirklich in eigener Verantwortung zu erbringenden Werkes halten möchte, kann für die Parteien des Verletzungstatbestandes noch stets nurmehr erst das Sollen selbst bedeuten: die Einseitigkeit in der Bestimmung des Verhältnisses zurückzunehmen, um mit der Rückführung· der Tat auf die gewaltsam ihren Zugriff nehmende Seite die Freiheit der anderen wiederherzustellen. Die rechtliche Immanenz, in jedem Schritte rechtlicher Bewältigung zwischen Subjekten etwa noch offener, unrechtlicher Verhältnisse, erweist sich so als eine schlechthin durchgängige, resp. eine mit aller Transzendenz und Entäußerung, auch als in der Verdoppelung des Gesetzes zu seiner privaten und seiner öffentlichen Gestalt [so u. § 52] schlechthin gestellte Aufgabe. Das Leistungsvermögen moralischer Selbstversicherung zur Immanenz greift dementsprechend noch über die Feststellung der einem Rechtssubjekte zugefügten Rechtsverletzung hinaus, radikalisiert sich zu einer ironischen Brechung von Wirklichkeit, welche die Geistlosigkeit subjektiver Selbsterhaltung in eigener Sache auf den Punkt ihres Versagens in jeder Beziehung bringt, wie es schließlich ebenso den tugendhaften Selbstbesitz angesichts nicht anzueignender Weltgeltung von innen her untergraben muß. Diese Einstellung bringt Verletzung und Vergeltung in einem rechtsfreien Raume dergestalt zusammen, daß - nur äußerlich an einem ,Gesprächspartner,40, dessen "kommunikativer" Zugang so untergraben wird41 - das Unvermögen der sittlich angemessenen Entscheidung in Entschließung zu wahrhaftiger Welt-Wirklichkeit als solches zur Geltung kommt. Hinter der Einnahme eines solchen, in der Sache ganz ohnmächtigen Standpunktes verbirgt sich aber - und zwar bis zu ihrer persönlichen Bewahrheitung im sittlichen Zusammenhange [so u. § 57] - immerhin eine quaestio iuris: worin sich jene Wirklichkeit eben in ihrem Rechtscharakter in Frage gestellt sieht. Daß die negatio duplex hier, statt als Negation ihrer Negation [§ 97 Z; vgl. u. § 50] zu neuer, im Sinne eines (wenn auch, wie sich noch sub §§ 57 ff. näher zeigen wird, nur momentan und also individuell) "wahrhaft Positive[n]" [i. S. v. Naturr. 504; vgl. o. § 5] erneuerter Wirklichkeit vorzudringen, schließlich die Objektivität des Verhältnisses selbst noch auf die Seite schaffen wird, bezeichnet die Haltlosigkeit des rein subjektiven, in der Konsequenz allein hierin noch sich vergewissernden Standpunktes, der unmittelbar in voluntaristischen Positivismus umschlagen muß. Der demgegenüber [vgl. Naturr. I. c.] immer bloß negative, als in "die Möglichkeit des allgemeinen Geistes" geradezu fordernde Charakter der Moral risse Zu dieser Dimension s. allerdings noch u. §§ 36 ff. Dies zu Hahermas: es handelt sich hier um einen Umgang mit Rechtswirklichkeit und zugleich ihre Konstituierung; s. u. § 61. 40

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insofern auch noch das Recht mit in den Abgrund einer Freiheit, welche dem wirklich natürlichen, weil der Natur des Menschen entsprechenden und Genüge tuenden Rechte nurmehr sich zum Opfer zu machen hätte [vgl. u. § 11]. Im Verhältnisse die Objektivität - und damit die Form eines Rechtes der Objektivität - aufrecht zu erhalten, wird deshalb andererseits in aller Eröffnung der Frage persönlicher Gerechtigkeit selbst zur Sache immerhin moralischer Wahrhaftigkeit: um die Positivität des Rechtes gegen die gewaltsame Verletzung wie auch eine sittliche Wahrheit zu verteidigen, die nicht weiter (es sei denn entschieden gerade: im Bösen) von dieser Welt sein kann. In dieser Verbindung von eigenem Rechtsanspruche und Wahrung des Verhältnisses allein wäre - immer entschieden subjektiv und also von ,unten' her - auch überhaupt wieder gerechte Ordnung als die unübergehbar persönliche Angelegenheit zugänglich zu halten, welche nicht Unrecht zu Recht werden läßt, ohne Verantwortung festzustellen und abzugelten. Geistlosigkeit erfordert diese Verantwortung: gerade auch für das, was nicht von der reinen Form des Sittengesetzes getragen ist. Moralische Daseinsberechtigung bewegt sich vor der autonomen Rückwendung auf das entschieden vereinzelte menschliche Dasein selbst gerade auf diesem Felde der Behandlung von ,Widersprüchen', die das Subjekt in einer noch unausgetragenen Weise der Welt, exponiert in einem bestimmten objektiven Bezugspunkte, verbinden. Der formelle Gesichtspunkt einer "Legitimation durch Verfahren,,42 allemal kann diesen Zugriff nicht ersetzen: eben weil er nur die Opposition zu einer als auf sich gestellt legitimen Privation angeben kann, welche - soweit nicht entschieden von Staats wegen zur allgemeinen oder speziellen Bürgerpflicht43 aufzugreifen - das Subjekt je als die seine (zur Verweigerung im übergegangen-Sein, oder aber in teilnehmendem Übergehen) zu bewältigen hat. Hiermit erst wäre mithin der Horizont umrissen für ein seinerseits vom Begriffe des Rechts getragenes (und also auch in seine Philosophie gehörendes) Verständnis von "Moralität", wie es Hegel - an sich schon von einem Rechtsbegriffe her, der es noch einschließt44 - anspricht. Es handelt 42 Wie sie durch die entsprechend betitelte Monographie N. Luhmanns geradezu sprichwörtlich geworden ist; und zumindest den in foro (schon angesichts der rechtlichen Grenzen von Wahrheitsfindung wie der Möglichkeit von Fehlurteilen auch in Rechtskraft; vgl. nur K. Peters Strafprozeß §§ 13 I u. 70) waltenden Formalismus treffend bezeichnet. 43 Namentlich: vor Gericht; womit also auf dem Gebiete der soeben sub Fn. 39 angesprochenen Aussagedelikte, wenn wir insoweit G. Arzt und U. Weber (Strafrecht B.T. § 47 Rn. 46 m. Fn. 50) folgen, durch eine "subjektive Theorie" zwar ein legitimierender, die Beteiligten in's Verhältnis hereinnehmender, ,einbeziehender' Effekt zum Ausdrucke zu bringen wäre: aber doch nur um den Preis allgemeiner, den Personen in eigener Freiheit wesentliche Verhältnisse abschneidenden Verantwortungslosigkeit; vgl. hierzu auch die Kritik von H. Schelsky in Soziologen 91 ff.

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II. Geistloser SeIbstand - 1. Moralische Daseinsberechtigung

sich nicht allein um das Gute schlechthin, auch nicht bloß den Vorgang seiner ideellen Gewinnung (im theoretischen Aufschlusse zur höchsten Idee i. S. v. §§ 128 N, 129; s. u. §§ 8 f.), womöglich auch transitorischen Erreichung. Der eigenen Inanspruchnahme zum Mindesten (in erfaßter Problematik) als einem äußeren, sich auf- und so in's Verhältnis hereindrängenden facto sich zu stellen, heißt in dieser Zurückverweisung auf die Bestimmung der eigenen Seite immer auch schon moralisch. Daß hierin auch das Weitere gelegen ist: jenes factum allerdings in dieser Qualität nicht auf sich beruhen zu lassen, vielmehr die Heteronomie eines subjektiv belanglos erscheinenden Tatbestandes mittels Selbstbestimmung - in eigener Sache verbindlich, aber anspruchsvoll für beide - zu beheben, begründet das Recht dieser Negation im Verhältnisse. So gilt es auszumachen, ob nicht wirklich gerade ein Anderer für einen gegebenen Tatbestand die Verantwortung trägt und also ein Subjekt zu seinem Gläubiger bestimmt hat. Insofern ist das Recht nicht nur der Bezirk unausweichlicher Verwirrung moralischer Grundsätze, sondern ebenso der Bewahrung und Bewahrheitung ihres Anspruches auf die Wirklichkeit: noch ,bevor' sie so entschieden ergriffen sind, daß sie - ohne diesen Realitätsbezug, den sie schon in sich aufzunehmen gehabt hätten - nurmehr noch zu diskreditieren wären. Auf diesem Felde bestimmen sich die Tat eines Täters und das Opfer eines Opfers; die konsequente Rechtsbehauptung und der erzwungene Rückzug auf sich selbst. Im Besitze ihrer selbst kann die Persönlichkeit sich über vieles hinwegsetzen und so auch zu neuen Taten aufschwingen; dem geht aber voraus die Erneuerung von Wahrheit: das Dasein der Freiheit in seiner Aktualität (oder eben auch wieder: Potentialisierung) zu erfassen, diese Frage über die Verwickelung mit Anderen und Verletzung im Verhältnis hinauszuführen. So gehört zu einer jeden Tat mit Notwendigkeit eine "innere Tatseite,,45, die aber erst in der Verfehlung ihren formell tragenden Charakter erhält. Von der äußeren Erscheinung her läßt sich dann aber nicht nur nicht ohne weiteres auf Verletzungswillen und Verbotskenntnis schließen; ebensowenig ist so die subjektiv-wertende Einstellung dahinter schon angemessen anzusprechen, wenn anders doch in der doppelten Fragestellung von realisierter und aufgegebener Verantwortung im Hinblicke auf gegebenes, vorausgesetztes oder umzusetzendes Dasein zunächst die Realisierung eines beliebig gegebenen Interesses, der ,moralischen', altruistischen oder ,egoistischen' Intention die Person als moralisches Subjekt im Besonderen zur Geltung bringt. In ihm berührt sie sich mit dem allgemeinen Laufe der 44 Nikolaus von Kues hat (s. De docta ignorantia I. pr. XXII., l. sec. VI. u. ö.; vgl. K. Flasch Nikolaus 117) dies Enthaltensein in einem nicht mehr nur logischen (vgl. dazu M. Heidegger GA Bd. 26 § 1), sondern metaphysischen Sinne in das Begriffspaar complicatio/explicatio gefaßt; dazu noch einmal u. § 29 Fn. 301. 4S SO lautet bekanntlich die einschlägige Fonnulierung der Rspr. in Unentschiedenheit zwischen Tatvorsatz und Unrechtsbewußtsein.

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Welt, aber diese Berührung bleibt im Grunde ihre Sache; bis zur entschiedenen Verletzung des Rechts an einem seiner anderen Subjekte. Erst das aktualisierte Bewußtsein eigens verwirklichten Unrechts vermag die Frage nach dem Werte der Taten für das Subjekt in den Hintergrund zu drängen: eben weil die Beurteilung sich dann primär nach ihrem am Opfer realisierten Werte bemessen muß (so daß hier "die Absicht dem Inhalte nach" [§ 122] sich aus dem Kreise des Relevanten gleichsam verabschiedet). Dieser Übergang aber hält sich als ihre Entfremdung doch ganz in Reichweite der Handlungsfreiheit; die Immanenz des Unrechts gibt und erhält dem besonderen Zwecke seine rechtliche Bedeutung gerade durch, daß er durch einen bösen Willen (vermittelt) zur Geltung gebracht ist, der formell seine eigene Besonderheit überhaupt "zum Prinzipe zu machen" versteht [vgl. § 139] und eben deshalb auch einer entsprechend formellen Einschätzung seiner Taten unterfällt. Moralische Daseinsberechtigung kann immer .nur im Besonderen erfolgen, und hier stellt sich also die Alternative: entweder als Besonderung eines dem Subjekte angehörenden Allgemeinen für sich zur Geltung zu kommen, oder aber von seiner Besonderheit her in der Geltendmachung der intersubjektiven Differenz als solcher zu enden. In diesem Falle findet sie sich (wo dies entschieden zur Auswirkung kommt) nur von Rechts wegen auf das wirksam etablierte Erfordernis der Wahrheitsfindung von Rechts wegen zurückgedrängt: im Stande ihres eigenen Unrechts, aus dem sie nur durch seine Erkenntnis wieder herauszufinden hätte. Das Recht wäre dann keinesfalls auf ein ,gemachtes' Prinzip gestellt, wenn auch in der Tat als ungeklärt zwischen den Menschen hervorgerufen. Daß es noch hier den Maßstab des Rechten prinzipiell in sich trage, charakterisiert es erst als Sollen: so daß - wo die Rechtswirklichkeit ihm nicht (mehr) Genüge tut - die sachliche Einheit aller Verfehlung, als in eigener Sache geschehend, zu fundieren ist. Von dort her eröffnete die Integration eines jeden Rechtes der Objektivität zum Begriffe einer (über Besonderheit sich durchsetzenden) Pflicht dann zwar die verbindliche Bestimmung von Recht und Unrecht; jedoch nicht ohne daß in einer solchen Rückkehr zur moralischen Pflicht "gegen sich selbst" zugleich deutlich zu werden hätte, daß offenbar jenes Recht seine besondere Freiheitsbedeutsarnkeit bereits von anderswoher bezogen haben muß. Dies gilt selbst dort noch, wo allein die von Kant46 unter dem (ulpianischen) Titel des honeste vivere angesprochene Wahrung der eigenen Personalität im Angesichte des anderen, mir willkür-tatbestandlich verbundenem Subjektes in Rede stehen sollte: die Problematik umfassend möglicher selbst-,Mediatisierung' muß zwischen uns beiden schon47 gegeben sein. Nur von der so äußerlich vermittelten Relevanz her vermag sich 46 In RechtsI. Eint. A.l (Ulpian, D. 1.1.10.1.; vgl. N. Luhmann Recht 85 zur Einordnung in Konfrontation mit dem quod ticet aus D. 50.17.144).

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überhaupt die rechtsverletzende Tat gegen eine ohne weiteres noch erst zugelassene Handlung abzuheben (die allerdings dann auch wieder als moralische oder sittliche Verpflichtung auszuweisen sein möchte). In der abgleichenden Rückversicherung moralischer Einsichtsfähigkeit, wo sie auch zum Unrechtsbewußtsein der entschieden rechtsverletzenden Tat sich verkehrt, versichert das Subjekt von Moralität sich seines einheitlichen Zugriffes auf den vollen Zusammenhang, wie er sich von persönlicher Rechtsverfolgung her zwar gerade auch am Ende behaupten, aber doch in der Sache verlieren muß. Das Reflexionsverhältnis auf willkürliche Bestimmung des rechtlichpraktischen Verhältnisses erhält so seine Notwendigkeit für' s erste und bis aus weiteres nur in dem unzerreißbaren Bande von Subjekt und Objekt, Inhaber und Adressat des Rechtes, schließlich Täter und Opfer, in einem Tatbestande. Darin ist die entschiedene Zurückweisung eines dergestalt intern überheblichen Unrechts im Grunde schon eingeschlossen: eben weil hier Legalität sich durchaus selbst eine moralische Größe erhält. Als Faktor wirksam von diesen beiden Seiten her: des Anspruches und einer Wirklichkeit, auf die er prinzipiell als die seine baut, macht sie noch im Mangel einen tugendhaften Selbstbesitz möglich, in dessen Erreichnis der Einzelne notfalls auch in der Geistlosigkeit (die er auf sich beruhen läßt) seinen Bestand für sich selbst sucht; während auf der anderen Seite allerdings ein geistloser Selbstand gerade schon damit gegeben ist, daß der eigenen positiven Existenz im Sein-für-Anderes de facto entsprochen ist. Der Realitätsbezug moralischer Selbstbestimmung darf damit wenigstens vorerst durchaus als gesichert gelten, und es dürfen auch nicht Unrecht und Verbrechen als Verlust dieses Bezuges sich begreifen. Allerdings ist dann die in ihnen geleistete Entäußerung eine wirklich Entfremdung von Freiheit: so daß die gegenständliche Seite des tatbestandlich etablierten Verhältnisses ebenso die Einheit eines Ganzen zu verkörpern hätte, das ein Täter auch von sich her in Aussicht nimmt, wo er die ihm sich als gegeben darstellende Rechtswirklichkeit entschlußkräftig überschreitet und sich damit - über den eigenen Sonderweg hinaus - zum Gesetzgeber (rechtlich noch stets als: über Andere; s. u. § 50) aufschwingt. Am Opfer der Tat, wie es (in dem an ihm etablierten interpersonellen Verhältnisse) auch allein die Partikularität ihrer einseitigen Umsetzung wiederum gegen den Täter anspruchsvoll zur Geltung zu bringen vermöchte, muß die Einheit des (sozusagen gleichzeitigen) Vollzuges von subjektivem und objektivem Tatbestand48 bereits vorausgesetzt sein; nur so kann der 47 Etwa in einem anzunehmenden Suizide, der nur als ,Sterbehilfe' rechtlich relevant würde, sonst nur ein Fall ethischer Verfehlung, ethischen ,Verbrechens' wäre; vgl. Tugendl. § 6; zur hege/sehen Position (mit § 70) s. noch sogleich nach Fn. 88. 48 Um es in der Sprache des heutigen, ,jinalistisch' (vgl. u. § 51 ab Fn. 201) geschulten Strafjuristen auszudrücken.

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Vorwurf an die Adresse des Täters vorgebracht werden: nicht daß er irgend etwas getan, sondern den freien Willen gebeugt oder gebrochen habe. Dies ist auch die einzig annehmbare Darstellung von "Unrechtsbewußtsein", insofern es - als die Synchronisation des Verhältnisses in seinem Vollzuge nicht in der Subjektivität eines Täters einfach vorkommen kann. Andererseits fällt naturgemäß gleichfalls die Aktualität des Guten erst in die persönliche Verantwortung, wo wirklich gehandelt wird. In diesem Falle findet aber eine ebensolche Entfremdung statt: eben weil das Dasein der Freiheit all seiner Selbstverständlichkeit unmittelbar materiellen Vorliegens beraubt ist, wo es als ein für sich unbestimmtes Material noch wieder erst zum Einsatze kommt; ohne daß aber hier noch eine Gegenseite vorhanden wäre, welcher die Einheit über den Akt des Handeins hinaus sich verbände. Es ist möglich, von hierher zu dem Phänomen einer schließlich unbedingten Macht vordringen, als in welcher sich alle Wahrheit schon gründlich in Unwahrheit verwandelt hätte, bevor noch an ihre Inaussichtnahme gedacht wäre49 • Es wäre dies dann die Wahrheit eines Seins, mit Hinsicht auf welches dem einzelnen Menschen sein Lebenskonzept grundsätzlich in Abrede gestellt wäre: ganz so, wie es in einem totalitären, Unrechts staate , am Ende auch tatsächlich der Fall sein müßte. Daß "der Werth des Lebens in gut geglaubten Irrthümern liegt", wie Friedrich Nietzsche 50 formuliert hat, läßt sich allerdings nicht durch "Wahrhaftigkeit" bestreiten, sondern nur in der Aufdeckung eines Betruges, der die Gefahr entschieden ergreift und sich zu eigen macht [so u. § 42]. Jene Erniedrigung, Verkehrung und Marginalisierung des Moralischen erfolgte damit allerdings immer auch geradezu in eigener Sache [so u. § 55]; was nicht als bloß fremder Übergriff ,der Macht' zu gelten hätte, jedoch zum Schicksale der Menschheit zu erklären, das in aller noch relativen Freiheit nurmehr noch seinerseits verfehlt, unterboten und aufgehalten würde, kann naturgemäß nicht Sache der Philosophie eines Rechtes sein, das mit dem entschiedenen Übergriff auch seine moralische Rückführung aufs unrechtliche Verhältnis erforderlich macht. Ohne vergangenheitsbezogen zu sein, ja das Vergangene51 zu verklären, hält sie doch im Begriffe der in interpersoneller Freiheit zu verantwortenden Tat fest an der Auflösbarkeit des Machtzusammenhanges52 , wie er so allerdings durchaus 49 Vgl. insoweit, noch neuerdings erst erschienen, M. Heidegger: Die Geschichte des Seyns (GA Bd. 69, aus den Jahren 1938/40), insbes. Nr. 57 (Das Wesen der Macht). 50 In Nach!. 1884-85, Fragm. 4/39; vgl. u. §§ 54 f. 51 Wie es etwa bei H. Abosch (Visionen 10) im Hinblicke auf eine jüngere Vergangenheit (kritisch) anklingt. 52 Worin also - bevor Dekonstruktion (mit J. Derrlda Gesetzeskraft 30) "die Gerechtigkeit" sein kann - das Recht auch an und für sich selbst eine Dekonstruktion bedeutete, welche mit dem Übergehen zur Gewalttat in Wahrhaftigkeit (als eine objektiv limitierte Wahrheit gewissennaßen) entschieden zu fordern vennöchte.

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in der freiheitsnotwendigen Verwandelung von Recht in Unrecht angelegt ist und auch in abstrakter Unmittelbarkeit eines privaten Rechts zumindest schon ansatzweise zur Geltung kommt. Die Würdigkeit, der rechtliche Wert von Handlungen erschöpft sich aber eben durchaus nicht in der Abstraktion von Eigentum, womit allerdings der Herrschaftsanspruch sich zur völligen Beherrschung von Menschen in's Universelle steigern müßte. Wie das Herstellen des rechtlichen Gegenstandes (in der Formierung i. S. v. § 56 m. A) auf den überhaupt anspruchsvollen Charakter eines subjektiven Rechts zurückfallen muß (dies erweist das Übergehen zur Bezeichnung, s. u. § 15), ist der Wert menschlicher Arbeit nur erst in einem ideellen Aufschlusse zur Idee eines guten Lebens zu ermessen, die doch schon im kantischen "Faktum der Vernunft,,53 sich in ihrer Unübergehbarkeit zeigt. Der ,gute Mensch' ist allerdings eine gefährliche Abstraktion54 ; in der Idee von Inanspruchnahme wird lediglich die schöpferische Kraft (übrigens auch zur technischen Innovation) freigesetzt, welche eben in ihrer Ungebundenheit auf das Allgemeine hin ansprechbar ist. Eine menschliche Wertlehre wäre deshalb noch immer auf die Freiheit zurückverwiesen55 ; erst wo sie gerade ihre Möglichkeiten akut verfehlt, hat sie es von sich her zu einer normativen Geschlossenheit gebracht, welche sie auch in ihrem Wahrheitsgehalte zu einem Gegenstande von außen - zurück-! - kommender Beurteilung werden läßt. Was aber sind die Grundlagen dieser Würdigung, "was ist Wahrheit"? Der mit insofern unvereinbaren Ansprüchen konfrontierte Pilatus hat die Frage nach dem Berichte des Evangelisten56 nurmehr in den Raum gestellt, und dies - in der womöglich hinter Gleichgültigkeit57 sich verbergenden Ratlosigkeit - mit gutem Grunde, insofern damit zwar unmittelbar die Relativität des Auffassens und Meinens in den Bezügen gegebener Interessen und Ansprüche, darüber hinaus aber auch der unüberschreitbare personelle58 Bezug praktischer Wahrheitsfindung ausgesprochen ist. Daß es hier notwendig auf die Wahrheit von Gewißheit ankomme, ist in Gemäßheit hierzu das unübergehbare Ergebnis christlich gefaßter Offenbarung im Raume menschlicher Gemeinschaft, so wie es auch Hegel [mit Phän. 324] K.p. v. § 7 A. "Goodly hearted make lampshades and soap ", heißt es nur allzu treffend im Texte eines Liedes von Lou Reed; weiter s. u. § 55. 55 Die sie also entweder bedeutet, oder aber unangemessen von ,oben' her in Anspruch nimmt; vgl. u. § 59. 56 loh. 18, 38 im N.T. 57 "Was ist schon Wahrheit?" - Vgl. auch die (sich mit der dort voranstehend entfalteten psycho-Typologie nicht ganz vertragende) gehässige Fassung bei Fr. Nietzsche Antichrist § 46; s. gl. bei Fn. 63. 58 Eben deshalb auch gerade im Begriffe des Interesses (in der Konzeption L. Nelsons u. a.; s. u. §§ 34 [Fn. 105],61 [mo Fn. 126]) bestrittene, streitig gemachte. 53

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aufnimmt. Was allerdings in der cartesischen Selbstbesinnung ganz auf das ego cogito zurückgezogen59 und also doch offenbar auch gegenständlich eingegrenzt ist [so u. § 61], findet sich so bereits in der geschichtlichen Aufschließung des griechischen Geistes durch das (für Hegel [so WG 418 ff.; näher s. u. § 54] dementsprechend zur Römischen Welt zählende) Christentum in seiner ganzen, in sich anspruchsvollen wie weltausgreifenden Spannung aufgefaßt und formuliert. Wenn anders eben die Gleichheit vor Gott sich angesichts einer in sich differenzierten Weltordnung, die dies - in seiner einfachen Unmittelbarkeit - nicht gelten lassen kann, übersetzt in die Perspektive auf "gleiche Rechte für alle,,6o, so wird damit die Abstraktion privativer Mobilisierung mit jener "Innerlichkeit" [WG 403 ff., 432 ff.] verbindlich zusammengeschlossen, die ohnehin den harten, sozusagen martialischen (und damit auch imperialen) Anspruch der rei publicae Romanorum begleiten mußte 61 . Sittliche Weltordnung muß sich so selbst tragen: und zwar - wo sie nunmehr sonst, mit Nietzsche, geradezu als betrügerische Erfindung gelten möchte 62 - auch noch über die Fragwürdigkeit eines ,freien Willens' und seiner ,vernünftigen' Regelungs- und Anordnungsmacht hinweg. Rechtsphilosophie rückt so schließlich in das Zentrum des ganzen Systems, seinen Anspruch auch weiterhin behauptend, seine Wahrheit: und also eben auch allein, indem ihr Zentrum die moralische Eröffnung jener Wahrheitsfrage ist, die in der neuzeitlichen Wissenschaft (science, bezogen auf ,Natur' im objektiven Verstande) überhaupt auf Herstellen und HersteIlbarkeit zurückgefallen ist. Kann sie dann aber eben auch mit Recht nur von innen her in einem kritischen, einen Unterschied machenden Sinne beantwortet werden: ganz so, wie es schon von dem Gegenstande jener letzten Urteilsfindung mit dem eigenen Leben63 verkörpert wurde, so kann weder 59 H.-G. Gadamer (G. W. X 90) spricht hier von dem modemen "Primat der Gewißheit gegenüber der Wahrheit", der "den Vorrang des Selbstbewußtseins vor dem Sachbewußtsein motiviert". 60 Vgl. Nietzsche Antichrist §§ 43 ff., 57 ff.; s. u. § 20 Fn. 264. 61 Bezeichnend sind insofern die bei Nietzsche durchaus abweichenden Akzentuierungen: Rom bleibt, in der Überlegenheit seiner "Organisationsform" (I. c. § 58), eine bewunderte und entbehrte, dem Judentum/Christentum insgesamt entgegengehaltene Fassung heidnischer Geistesart; während diese (allerdings auch hier: miteinander) bekanntlich mit Heget zunächst gerade zu jener "Römischen Welt" zu rechnen blieben, die in unwiderruflicher Ermangelung hellenischer Schönheit das Ganze ihrer Welt eben nicht mehr wirklich zusammenzuhalten vermochte, und deshalb den langen Weg in Neuzeit und Modeme seIbst bereiten mußte; vgl. u. § 55 Fn. 219. 62 Nietzsche (Nachlaß 1882-85 Fragm. 4/39, 1987-89 Fragm. 415/11), s. u. m. Fn. 86 sowie §§ 55 bei Fn. 167 (und zum soeben angesprochenen, sozusagen universalgeschichtlichen Aspekte Fn. 219), 61, Fn. 296. 63 Und sei es auch eben: in jener Schlichtheit (Nietzsche spricht [Antichrist §§ 29 ff.l keineswegs bloß ,abwertend', sondern offenbar im Sinne eines Gegentypus' zum Herrenmenschen, geradezu von Idiotie), die dann allerdings auch im Verhältnis zur "Weisheit der Welt" als "Torheit" zu gelten hätte (wie insoweit durchaus 9 Molkentin

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die logische noch aber auch die ontologische Bestimmung in der Antwort auf die Frage zum Zuge kommen: wo anders nicht eben beide sich zu einer Aussage in eigener Sache verbinden. Zur Idee der Wahrheit, als ein ursprüngliches, aber verlierbares Innesein (Heidegger) in der Feme des ersten, ,physischen' Aufganges 64 schlechthin nicht erreichbar, vielmehr nur be- und zerredbar, gehört allerdings 65 der Rückschritt auf ein Verhältnis möglicher Übereinstimmung (Leibniz); aber dies ist nicht ursprünglich die Frage des Rechts, das hinter dieser Gesetzlichkeit, und zwar in der Tat, die menschliche Perspektive festhält: in einer Welt als Menschen leben zu können, und also auch - soweit die Kräfte und Chancen eben reichen - Verfügungen zu treffen, die ihre Gültigkeit mit Konsequenz behaupten, die Differenzen etablieren, welche erst überhaupt Orientierung erlauben und eben auch Rechtsfrieden an die Stelle von jederzeit und allerorten zu gewärtigender Gewalt setzen. Als Wahrheit also hätte dann jener Geist zu gelten, der menschlichem Anspruche auf Autonomie in seiner Weise noch irgend zu entsprechen vermag. Alle 'Ef!