Das Markuskreuz vom Göttinger Leinebusch: Ein Zeugnis und ein Exkurs zur deutschen Heldensage [Reprint 2019 ed.] 9783111456737, 9783111089317


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German Pages 49 [68] Year 1906

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Vorwort
Einleitung
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
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MYTHOLOGIE DER GERMANEN
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Das Markuskreuz vom Göttinger Leinebusch: Ein Zeugnis und ein Exkurs zur deutschen Heldensage [Reprint 2019 ed.]
 9783111456737, 9783111089317

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Das Markuskreuz vom Göttinger Leinebusch. Ein Zeugnis und ein Exkurs zur deutschen Heldensage von

Bruno Crome.

Mit einer Tafel.

Straßburg. Verlag von Karl J. T r ü b n e r

1906.

Das Markuskreuz vom Göttinger Leinebusch.

Das Markuskreuz vom Göttinger Leinebusch. Ein Zeugnis und ein Exkurs zur deutschen Heldensage von

Bruno Crome.

Mit einer Tafel.

Straßburg. Verlag von Karl J. Trübner 1906.

CAROLO MUELLENHOFF Sacrum.

Vorwort. Dieses Heftchen birgt in mehr als einer Hinsicht eine Frühlingsgabe, das mag entschuldigen, wenn es dem Andenken des Mannes geweiht ist, dessen Manen mir Führer und stille Genossen meiner Arbeit sind. Wollte es auch des treuen Mannes schweres Schicksal, daß seine so reiche Saat der rechte Sonnenblick nicht traf, der sie hätte aufgehen lassen zur Herrlichkeit Gottes und zum Heile unseres Volkes, so möchte ich doch nicht anders als im steten Hinblick auf ihn arbeiten. Das nun kommende jüngere Geschlecht hat guten Grund, mit steter Hingebung von ihm zu lernen, damit das uns vertraute Pfand nicht verloren gehe, und wir sollen doch frohen Herzens leben und forschen. Bescheidentlich aber grüße ich alle die älteren, welche in seinem Sinne an dem großen Werke der germanischen Altertumskunde bis zu diesem Tage gearbeitet haben. Zu Dransfeld in den Bergen, am Pfingstmorgen 1906.

B. C.

Das Kreuz fand in der städtischen Altertumssammlung zu Göttingen Unterkunft und Schutz gegen die Unbill des Wetters und der Menschen. 21. 7. 06. Da ich selbst acht Wochen lang auf heißem Felde den Rock des Kriegers trage, hat mein Freund Dr. Heinrich Meyer die Güte, im Schatten der Georgia Augusta die Korrektur des Heftchens zu besorgen, wofür ich ihm auch hier herzlich danke. Hameln a. W., 15. 8. 06.

Das Denkmal, welches hiermit der Erforschung unserer deutschen Heldensage zugänglich gemacht werden soll, ist nicht erst seit diesen Tagen überhaupt bekannt: schon Mithoff hat darüber in den Kunstdenkmalen und Altertümern im Hannoverschen 2 (1873), 197 berichtet und sogar auf Tafel 4 eine Abbildung davon gegeben; doch der zweite Name1) auf der Vorderseite des Kreuzes blieb bei seiner Lesung dunkel und das Kreuz als solches ihm ein Rätsel. In Wahrheit hat man sich nie recht um dieses Denkmal gekümmert, das durch einen Zufall oder, will man glauben, dank einem gütigen Geschick bis auf unsere Tage erhalten ist. Ich habe im folgenden versucht, das Dunkel, welches bis zu diesem Tage über der Geschichte und Bedeutung des Kreuzes lagerte, aufzuhellen und damit ein in vieler Hinsicht bedeutsames Zeugnis unserer Heldensage in den Gesichtskreis der Forschung zu rücken; meine Bemerkungen und Hinweise sind vielfach im Anblick der das Denkmal umgebenden Landschaft gefunden, mögen sie auch, in die Blätter dieses Heftchens gebannt, nicht ') Die Buchstaben wurden von ihm wahllos ergKnzt, sodaß er den Namen W y n k n e c h t (einen noch heute in der Gegend als Winneknecht vorkommenden Familiennamen) zuletzt vermuten konnte. Wie laderlich aber überhaupt seine Untersuchung des Kreuzes verfuhr, bezeugt das vollständige Fehlen der Zange auf der Abbildung. C r o m e , Markuskreuz.

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ganz die ursprüngliche Frische verlieren und so an ihrem Teile mithelfen, daß ernsthafte Arbeit, gefördert von fröhlichem Schauen, auf diesem Felde nationaler Wissenschaft wieder seine Stätte finde, unserm Volke zum Heile und uns selbst zur Befriedigung unseres Herzens. I. Wenige hundert Schritte südlich von der alten Heerstraße, welche einst Settmarshausen und KleinWiershausen berührend über die Berge nach Münden führte, liegt der als Eigentum der Stadt Göttingen zubehörende Leinebusch.1) An der nordwestlichen Ecke dieses Gehölzes hat noch vor zwei Menschenaltern das Kreuz seinen wohl ursprünglichen Standort gehabt; heute steht es näher nach Dransfeld gerückt im sog. Papenbusche, einst der Martinikirche zu Dransfeld zugehörig (wie ein in der Pfarrei dieser Kirche bewahrtes Güterverzeichnis des 18. Jahrh. vermuten läßt), doch heute Privatbesitz und in das Dorf Varmissen eingemeindet. Der Großvater des jetzigen Besitzers hat das Kreuz von seinem am Leinebusch gelegenen Koppel hierher versetzt, angeblich, um es nicht bei der Verkoppelung in die Hände der Klein-Wiershäuser fallen zu lassen; nach anderm Bericht war es der Ackerbestellung hinderlich und wurde aus diesem ökonomischen Grunde von seinem ursprünglichen Platze fortgeschafft. ' ) Auf der Karte der kleine oder Göttinger Leinebusch benannt, im Gegensatz zu dem „großen Leinebusch" als Bezeichnung des Jtthnder Holzes. Doch das Volk scheint nur ersteren als Leinebusch zu kennen.

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II. Wenn wir nun das Volk befragen, wenn wir bei den Bewohnern der Landschaft Einkehr halten und unter ihrem Schatz an Sagen und Geschichten suchen, ob sich nirgend eine Erinnerung birgt, welche unsern Weg durch das sich um den Gegenstand dieser Untersuchung lagernde Dunkel auch nur ein wenig erhellen möchte, was erfahren wir dann über Herkunft und Bedeutung des Kreuzes? Doch nur unsäglich wenig, das sich nicht verlohnte hierherzurücken, hätte es nicht für die Methode, diese so zahlreich durch Feld und Wald verbreiteten Steinkreuze und Kreuzsteine einfach an der Hand der heutigen Volkssage zu erklären, einigen Wert: ein Schneider (mit Bezug auf die als Schere mißgedeutete und doch ganz deutliche Zange) und ein Schlächter (die Gewährsleute deuten das Gerät auf dem rechten Kreuzesarme als Beil) haben sich hier gegenseitig den Tod gegeben. Auf einer genaueren Beobachtung beruhend und deshalb ernsthafter zu nehmen ist die bisweilen sich findende Erklärung, ein Schmied sei dort erschlagen (so der jetzige Besitzer des Papenbusches, Hofbesitzer Ilse in Varmissen), oder gar alles Sensationelle abstreifend, ein Schmied liege darunter begraben (so der Gastwirt Hillebrecht in Varmissen). Diese Berichte beruhen doch wenigstens auf einer genaueren Betrachtung des Kreuzes, doch wie gering ist in Wirklichkeit das, was wir hier erfahren: es ist ein Mordkreuz gewesen, wie sie zahlreich im Lande stehen (wenigstens wird jedes harmlose Grenzkreuz i *



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vom Volke mit einer solchen mehr oder weniger schaurigen Geschichte ausgestattet). Unser Kreuz mit der es umspinnenden Sage ist ein lehrreicher Fall für die Erkenntnis, wie wenig doch in Wahrheit sich wirklich altes Sagengut in der heutigen Volksüberlieferung erhalten hat. Hier, wo die Phantasie des Volkes einen reich verzweigten und bedeutenden Stoff für ihre Tätigkeit gefunden hätte, wo sie ihre Fäden dank diesem sichtbaren Zeugnis der Sage hätte von einem Geschlecht zum andern fortspinnen können, erfahren wir zuletzt nur eine so unbedeutende und auch irrtümliche Nachricht. Vielleicht aber haben wir gar kein Recht, in dieser Gegend nach solcher Antwort zu fragen, wo die Bewohner in Jahrhunderte währender Hörigkeit gelebt haben und nur mit Kümmernis ihr Leben fristeten, wie sie denn auch heute noch zumeist unter den Sorgen des nächsten Tages leben: scheinen sie doch nicht einmal den wilden Jäger zu kennen, den Liebling der Volkssage in den kaum ein Paar Wegstunden nordwärts gelegenen Dörfern des Sollings. Im Sommer des Jahres 1904 habe ich das Kreuz zum ersten Male gesehen und dann seit August 1905 ihm ein ernsthafteres Studium gewidmet. Die Inschrift auf der Vorderseite blieb mir lange unverständlich, und die auf der Rückseite befindliche Datierung half noch nicht zur Lösung des Rätsels. So begann ich denn zunächst die dargestellten Symbole zu befragen, doch die Möglichkeit einer Erklärung



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war damit beschrankt genug: die naheliegendste und einfachste schien die eines Grenzkreuzes.1) War unter den dargestellten Symbolen der Grenze auch nicht Pflugschar, Messer und Spaten vertreten (wie auf den Steinen bei Stöckheim in Südhannover) oder Pflugschar und Karst (so auf den Kreuzsteinen bei Meensen unterhalb der Brackenburg), so schienen doch der Hammer, dienlich zur Feststellung der Grenze durch Hammerwurf (s. die reichen Belege in Jak. Grimms Rechtsaltertümern4 1,78 und 2,50), und das allenfalls als Beil *) zu deutende Gerät auf dem rechten Kreuzarme für diese Ansicht zu sprechen, nur die Zange blieb als Grenzsymbol unerhört und verbot die Lösung des Rätsels in der angedeuteten Richtung zu suchen. Noch dichter fast lagerte sich das Dunkel auf der Geschichte des Kreuzes; ein halbes Jahr mühte ich mich vergebens, es zu durchdringen, bis in der Weihnachtswoche des vergangenen Jahres eineStunde glücklichen Schauens einen Lichtstrahl darauf fallen ließ, der in einem Augenblick deutlich machte, was ') Es wäre endlich an der Zeit, dafi auch bei ans diese Zeugnisse unserer Vergangenheit in Wald und Feld statistisch verzeichnet und durch gute Abbildung allgemein zugftnglich gemacht würden. Es birgt sich hinter ihnen ein reicheres Leben, als auf den ersten Blick scheinen will. Die Österreicher haben den Ruhm, hier vorangegangen zu sein (in den Mitteilungen der Zentralkommission zur Erforschung der Kunstund historischen Denkmale vom 19. Band der Neuen Folge (1893) an). *) Benutzt zum Einhauen der Kreuze in einen Grenzbaum; so haben die Dransfelder im Jahre 1548 einen mit zehn Kreuzen versehenen Malbaum auf der Oberschedener Grenzmark widerrechtlich umgehauen, um so die Grenze unkenntlich zu machen. (Prozeßakten im kOnigl. Staatsarchiv zu Hannover. Ich verdanke den Hinweis Herrn Pastor Gieseke zu Dransfeld, dem Geschichtsforscher des Ortes.)

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bis dahin für die Augen der Beschauer im Verborgenen geruht hatte. Was ich im folgenden mitteile, entstand seinem Kerne nach in jener Stunde des dämmernden Tages. III. Es ist ein etwa ein Meter breites und anderthalb Meter hohes Kreuz') von einem quarzitähnlichen Gestein, dessen Härte wir die verhältnismäßig gute Erhaltung des Denkmales zu danken haben. Die Schrift auf der Vorderseite läuft senkrecht auf dem nach unten sich allmählich erweiternden Kreuzstamme hin, wobei die dem Sinne nach zweite Zeile über die erste gerückt ist; auf der Rückseite füllt sie in wagerechter Linie das Herz und die beiden Arme des Kreuzes. Hier findet sich die Datierung: ano. dni M°.. LX F. crastino. bti. Marci. (ewn). Die Stelle, welche die Hunderte zeigte, ist scheinbar schon sehr früh durch irgend einen Unfall abgesprengt. Doch läßt die Weite der Lücke nur zwei Buchstaben zu, entweder CC° oder auch CD0: gegen letzteres (das 15. Jahrhundert) spricht aber die Altertümlichkeit der Schrift. Es kann sich also nur um das Jahr 1260 handeln, wofür ein weiterer Grund im vorletzten *) Dieses Maßverhältnis bezieht sich auf das aus der Erde herausgehobene Denkmal. *) Das letzte Wort dieser Inschrift ist jetzt unleserlich, denn erst in jilngster Zeit wurde das Kreuz von ruchloser Hand zerschlagen und ist dann nur notdürftig wieder zusammengekittet. Mithoff hat dieses Wort noch gelesen, nach ihm mußte ich es ergänzen.



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Abschnitt dieser kleinen Untersuchung nachzusehen ist. Das Kreuz ist am Tage nach dem Fest des Evangelisten Markus, also am 26. April, des Jahres 1260 gesetzt worden. Viel ungünstiger steht es mit der Vorderseite des Kreuzes. Die untere Hälfte seines Stammes ist von den für Steindenkmaler besonders gefährlichen Herbstfrösten stark zerstört, so daß der zweite hier befindliche Name der Lesung bedeutende Schwierigkeit entgegensetzt, woran denn auch bisher die Deutung des Kreuzes überhaupt gescheitert ist. Deutlich zu lesen ist hier nur WILLEHELM • E • WYL • E • DIS. Von dem zweiten Buchstaben im zweiten Worte ist nur die obere Hälfte erhalten, die sowohl einem X wie einem Y entsprechen kann. Mithoff hat über diesem Buchstaben Spuren einer Breviatur erblicken wollen, an die auch ich zuerst geglaubt habe, man hätte dann EUif zu lesen gehabt, doch mit welcher Ergänzung, etwa lapidemi Das wäre äußerst saltsam, auch müßte dann das Fehlen eines Wortes wie z. B. posuit o. ä. befremdlich erscheinen. Wir werden aber sehen, der Mann, welcher bei der Setzung dieses Steines mitwirkte, war eine ganz eigentümliche Persönlichkeit, die sich selbst gegenüber dieser Knappheit des Raumes mit ihrem Latein zu helfen gewußt hätte. Doch diese ganze Erwägimg wird unnötig, da die von Mithoff hier angenommenen Kürzungsstriche Reste einer von dem Steinhauer gezogenen Arbeitslinie sind, die, nicht so stark eingehauen, wie die auf der Rückseite, noch heute als deutlich sichtbarer Schatten die beiden



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Wortreihen trennt. 1 ) Es handelt sich also nur um die Ergänzung des Buchstabens ohne Rücksicht auf eine Abbreviatur, diese kann aber mit Hinsicht auf den folgenden ganz deutlichen Ablativ nur für ein X sich entscheiden. Ich habe gerade an dieser Stelle das Mißgeschick, welches uns die Verwitterung des Steines verursacht, besonders empfunden, da hier wirklich zum Zweifel Anlaß ist. Doch ich entscheide mich hier durchaus für eine Lesimg, welche, paläographisch möglich, uns im Verständnis der ganzen Inschrift weiter hilft; auch wird sie sich im folgenden weiter stützen lassen. Die eigentliche Schwierigkeit des Lesens beginnt jedoch mit dem letzten Worte, wo nicht nur die sonst auf diesem Stein sich findende so reine Form der Majuskel in dem S verlassen scheint, sondern auch sonst dem Steinmetzen ein Versehen in der Verkehrung des N zur Last zu legen ist. Das erstere mag allein die Vermutung erklären, daß dem Fertiger des Kreuzes der Platz für das noch zu meißelnde Wort nicht ausreichend schien, und so nicht nur die weniger Raum beanspruchende S-form verwandt wurde, auch die gedrängtere Form des D, im Gegensatz zu dem mehr gerundeten O auf der Rückseite in Dni, mußte aus diesem Grunde hier wohl Platz *) Auch Uber dem letzten Buchstaben der ersten Zeile erscheint ein solcher Schatten, und zwar auf der Abbildung deutlicher als in Wirklichkeit. Gehört diese letztere Spur mit zum Charakter des Y. wie in der Schreibschrift dieser Zeit der Fall ist (V oder Y) ? Wer schenkt uns endlich eine Pal&ographie der Steinschrift?



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finden.1) Doch die Steinschrift ist in solchen Dingen überhaupt wenig einheitlich, so findet sich der Wechsel gerade dieser letzteren Buchstabenformen auch auf einem der gleichen Zeit angehörigen Denkmale, der Stiftungsinschrift der Klosterkirche zu Stadtilm von 1287, bei H. Bergner, Handbuch der kirchl. Kunstaltertümer in Deutschland 399. Die Verkehrung des N, denn daran kann bei dem viertletzten Zeichen nur gedacht werden, hat wohl ihre Ursache in der besonderen Natur dieses Buchstabens, der dafür ohne Zweifel günstig ist, besonders in der Form N. Zweifelhaft ist auch der stark zerstörte zweite Buchstabe der zweiten doch oberen Zeile, wo die Wahl zwischen H und A bleibt, doch ließ mich der auch auf der Abbildung erkennbare Mittelquerbalken für das letztere entscheiden. So füllt sich denn dieser arg zerstörte Name zu W y l a e n d i s . IV.

WILLEHELM EX WYLAENDIS d. i. „Willehelm aus dem Geschlecht der Wylende" oder besser „aus Wylends Geschlecht."g) Auch hier wollen sich die Zweifel nicht bergen. Hat ein Willehelm das Kreuz gesetzt, der vielleicht einer in seiner ') Jetzt, nachdem das Kreaz aus der Erde herausgehoben ist, will dieser Grund allein zur Erklärung nicht recht genügen. 20.8.06. *) Auffällig ist die Schreibung ae für offenes e. Nach dieser Seite hin würde die Lesung des A als H weniger Schwierigkeiten machen. Doch immer wiederholte Prüfung läßt es nicht zu. Wir werden uns also damit abfinden müssen.



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Familie lebenden Überlieferungfolgendsich als Sprößling dieses sagenhaften Geschlechtes bezeichnet? Gewiß eine Möglichkeit, die hier und da bei skeptischen Leuten Zustimmung finden wird, noch dazu in einer Zeit, wo das kritische Vermögen sich so gerne zu eitler Spiegelfechterei verkehrt Doch seien wir Erwägungen hier zugänglich: wie merkwürdig wäre eine derartige Herkunftsbezeichnung, daß nämlich im Jahre 1260 eine «historische» Persönlichkeit Willehelm sich anmaßend in dieses mythische Geschlecht hinaufrechnet. Ganz anders liegt der Fall, wenn ein kunstfertiger Handwerker, insbesondere ein Schmied, von seinen bewundernden Nachbaren W i e l a n d genannt wird, wie ihn z. B. die Urkunde von 1262 (W. Grimm, Heldensage* 72 b ) mit ihrer Bemerkung „juxta domum W e l a n d i fabri" uns darbietet. Auch daß diese Benennung dann Familienname wird, hat nichts Absonderliches und beruht durchaus nicht auf irgend welcher mythischen Verwandtschaftsbeziehung. Doch unser Fall wäre ganz absonderlich, und ihn annehmen, hieße sich Scheuklappen vorbinden, damit man die hier sich bergenden Rätsel in ihrer Wirklichkeit nicht sehe. Die Untersuchung wäre dann hier am Ende, und wir hätten eben ein immerhin wegen seines Alters und seiner eigenartigen Form merkwürdiges Zeugnis für die Beliebtheit der Wielandsage in Niederdeutschland. In Wahrheit aber kann nur falsche Vorsicht, die sich nie in das Dunkel wagt, mit dieser Lösung des Rätsels zufrieden sein und so den Beweis liefern, wie gering ihre Einsicht in Fragen unseres heimischen Altertumes. Wir aber

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erwägen, ob wir nicht auf anderem Wege einen befriedigenderen Ausblick auf dieses sich hier bietende Problem finden, vorausgesetzt, daß wir immer warm im Herzen tragen, wie all unser Wissen von heimischer Heldensage noch weniger denn Stückwerk ist, — eine heute nicht unnötige Erinnerung.

Es bleibt bei unserer Lesung nur 6ine Möglichkeit übrig: die Worte auf der Vorderseite enthalten eine einheitliche sagengeschichtliche Nachricht ohne Beziehung auf eine historische Person; mit andern Worten: das Kreuz wurde zur Erinnerung an einen sagenhaften Wilhelm, der zum Geschlechte Wielands gerechnet wurde, gesetzt. Befragen wir zunächst des letzteren Geschlechtsregister. Am ausführlichsten erfahren wir über Wielands Geschlecht in der auf niederdeutscher Überlieferung sich aufbauenden altnord. £>idrekssaga. In allitterierender Fügung erscheint dort Wate als Wielands Vater und Wittichs Großvater; des letzteren Urahne (Wates Mutter, auch der Saga bekannt) heißt nach dem mittelhochdeutschen Gedichte von der Rabenschlacht Wachilt. Die Allitteration erweist diese Verwandtschaftsverhältnisse als schon einer sehr alten Schicht der Sage angehörig.') ') Deshalb verbietet sieb auch, für Wieland-Wittich eine jüngere, womöglich erst oberdeutsche (I) Sagenlcompilation anzunehmen. Die niederdeutschen Berichterstatter des Verfassers der {ridrekssaga kannten noch Wittichs edlere Natur, die sich in der oberdeutschen Sage voll-

Doch Wielands jüngerer Bruder Egil, in der Saga ausführlich erwähnt, stellt sich mit seinem Namen außerhalb dieser Reihe. Während aber der neben ihm allein von der Vglundarkvi^a als dritter Bruder erwähnte Slagfif)r („der gefiederte oder beflügelte") sich als ganz junge Sagenzutat erweist, sollte er doch nur eine einzelne Geschicklichkeit Wielands, nämlich sich mit Fluggewand auszustatten, durch seinen Namen aus dem Sagenverlaufe hervorheben, liegt hier das Verhältnis wesentlich anders. Nicht nur kennen ihn die beiden nordischen Quellen, das eddische Lied und die E>idrekssaga, auch für das westgermanische Gebiet läßt sich sein Bekanntsein erweisen: das einst in Clermont befindliche angelsächsische Runenkästchen, welches nach den darauf sich findenden Lautformen wenigstens in den Anfang des achten, wenn nicht an das Ende des siebenten Jahrhunderts zu setzen ist (vgl. Binz in Paul und Braunes Beiträgen 20, 188), zeigt unter dem Namen iEgili eine Szene dargestellt, wie ein Bogenschütze sich durch das Fenster eines Hauses gegen eine größere Zahl Bewaffneter mit Erfolg verteidigt. Hinter dem Schützen befindet sich eine zweite (wohl weibliche) Figur auf einer Art Hochsitz,1) welche ständig verloren hat. Die Sage von Wittich ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein ganzer Schößling der Heldensage nicht nur mit seiner Wurzel im vollständigen Dunkel verschwindet, sondern sich sogar in ein seinem ursprünglichen Wesen geradezu Entgegengesetztes wandelt. ') Hugo Gering (Zeitschrift f. deutsche Philologie 33, 1 4 1 ) denkt an ein Fenster. Kaum möglich! es ist ein Hochsitz, entsprechend dem der Maria auf der Vorderseite des Kästchens.

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eine schwertähnliche Waffe in der Hand hält. Wadstein (The Clermont runic casket. Upsala 1900 S. 6 ff.) hat das Verdienst diese Szene in der englischen Ballade von William of Cloudesly wieder gefunden zu haben. Mag man dabei seiner Neigung, zu viel ausdeuten zu wollen, gewiß nicht Folge leisten — denn freilich stimmen eine Darstellung des frühen achten Jahrhunderts auf Walfischbein und eine englische Ballade des ausgehenden Mittelalters in der Verwendung historischen Kolorits nicht zusammen —, dieses eine muß vorurteilsfrei zugegeben werden: der auf dem Deckcl des Kästchens dargestellte Sagenzug gehört zur Wielandsage, er war uns bisher in dieser seiner Zugehörigkeit unbekannt und er spiegelt sich wieder in der dem 15. Jahrhundert angehörigen engl. Ballade von William of Cloudesly und seinen Brüdern (Th. Percy, Reliques of Ancient English Poetry 1,153 Wheatley) Wenn die Njälssaga im 77. Kap. eine ähnliche Geschichte von Gunnarr Hämundarson erzählt, worauf Gudbrandr Vigfusson im Corpus poeticum boreale 2, 504 f und nach ihm selbständig Hugo Gering in der Zeitschrift für deutsche Philologie 33,140 hinweist, so beweist das nur die Bekanntschaft dieser isländischen Erzählung des 12. Jahrh. mit altem Sagengut. Doch mir will diese angebliche Ähnlichkeit gar nicht so sehr scheinen. In der Njälssaga wird erzählt: Gizurr hviti Teitsson und Geirr godi Asgeirsson wollen zur Nachtzeit den Gunnarr Hämundarson in seinem Gehöft zu Hlidarendi mit großer Mannschaft überfallen. Der nur mit seiner Frau und seiner



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Mutter allein dort weilende Gunnarr wird von dem Todesgeheul seines von der Axt getroffenen Hundes aus dem Schlafe geweckt. Ein von den Feinden vorausgesandter Späher ist auf das Dach des Hauses gestiegen, wird aber von ihm entdeckt und durch einen die verräterische Dachfuge nutzenden Sperstoß schwer verwundet, so daß er den Schild fahren läßt und zu Boden stürzt. Schwer verwundet kehrt er zu seinen Gefährten zurück, denen er auf die Frage nach Gunnars Daheimsein nur antwortet: „Erkundet es selbst, — ich erfuhr nur, daß sein Speer zu Hause war!", und stürzt dann tot zur Erde. Die nun insgesamt andringenden Feinde sind gegen Gunnars wohlgezielte Pfeilschüsse zunächst wehrlos; erst als es gelingt, das den Schützen schirmende Dach herabzureißen, vermögen sie durch wohlberechneten Hieb seine Waffe unschädlich zu machen und ihn selbst zu töten. Soweit der Bericht der Saga. Auf der Darstellung des Kästchens scheint aber nur für die erste Betrachtung ein mit dem Schild Bewehrter aus der Luft herabzufallen. In Wirklichkeit sind zwei verschiedene Darstellungsweisen hier in Anwendung gebracht: das Haus ist gleichsam im Grundriß aus der Vogelschau dargestellt, die aufrecht stehenden Personen sinddagegen nach unserer Weise gezeichnet, die verwundet am Boden liegenden mußten sich hinwiederum der zuerst erwähnten Technik unterwerfen, und da sie nun noch dazu von dem Künstler um den Knauf des Deckels herumgeordnet wurden, konnte der eine von ihnen dem Beschauer von heute den Anschein erwecken, wie wenn er aus der Luft



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herabfalle.') So fordert denn der Künstler für sein Kunstwerk einen stets wechselnden Standpunkt des Betrachtenden, wenn dieser überhaupt zu einer wirklichen Anschauung der dargestellten Szene kommen will. Das moderne künstlerische Auge hat hier natürlich kein Recht, den Kunstrichter zu spielen. Unter den übrigen Tafeln des Kästchens zeigt die gleiche Technik die Darstellung von Romulus und Remus, wo der hier ausgesprochene Satz sich vorurteilsfrei prüfen läßt. Geht so die Darstellung des Deckels auf die Sage von Egil, dem Bruder Wielands, so kann auch die Deutung der auf der vorderen Seitentafel sich bietenden Szene nicht mehr zweifelhaft sein. In ihrer Zugehörigkeit zur Wielandsage längst erkannt, stellt sie im einzelnen dar 1. Wieland, wie er den Schädel eines der ermordeten Königssöhne kunstvoll als Becher faßt; 2. der Baduhild harmvollen Gang zur Schmiede (als Begleitung eine Dienerin, ganz entsprechend dem Berichte der E>idrekssaga); 3. Egil fängt Schwäne (Gänse), damit der Bruder aus ihrem Gefieder sich das Fluggewand fertige.2) ') Ganz abenteuerlich ist die auch geäußerte Ansicht, die den Schild vor sich haltende fast unbekleidete Gestalt sei der fliegende Wieland, wohl gedacht wie der mit seinem Regenschirm in die L u f t fliegende Robert aus dem Schlußkapitel des Struwwelpeters! ? ) O. L . Jiriczek (Deutsche Heldensagen 1,19 f; 52 f.) und B. Symons (in Pauls Grundriß 2 3,724) wollen dartun, unter 3 sei einer der beiden sich mit J a g d vergnügenden Königssöhne dargestellt, wie ich glaube, mit wenig Glück: während unter 1 und 2 bedeutsame Teile der Fabel dargestellt werden, zeigte sich hier ein ganz belangloses Glied in der Stoffverkettung der Sage, was doch der im übrigen künstlerischen Ökonomie des Kästchens durchaus widerspricht. Die

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Die Sage von Egil ist also alt und stellt, wie die Darstellung auf dem Deckel des Kästchens beweist, einen mehr selbständigen Zweig der Heldensage dar neben der von seinem Bruder Wieland. Nachdem man nun diesem alten angelsächsischen Zeugnisse freiwillig entsagt hatte, schienen die noch übrigen Spuren der Sage gering genug, um sie ganz zu leugnen, gehören wir doch zu einem Geschlechte, dessen Auge das lichte Hell der Sonne nicht mehr sehen mag, und verweilen am liebsten angstvoll im Dämmer, in steter Furcht vor den Wundern des Tages. Der nun folgende Überblick der Wielandsage soll zunächst an ihrer viel reicheren Gestaltung unsere ärmere Kenntnis von der Sage des Bruders zum Bewußtsein bringen, dann auch für die letztere zu einer Gewinnung von weiteren Sagenzügen verhelfen. Ich gebe zu diesem Zwecke eine kritische Wiedererzählung, die auf die mythisierende Neigung des eddischen Gedichtes wie auf die rationalistische Richtung der i>idrekssaga gleicherweis Rücksicht nimmt; dazu habe ich nur als Ausnahmefall eine weitere Begründung meiner Auffassung gegeben, da sie den bloßen Liebhaber nichts angeht, der Kenner sie aber leicht an Hand der Quellen nachprüfen kann; auch hoffe ich in Bälde hier einiges nachzuholen. Was die Quellen angeht, aus denen die beiden erwähnten Berichte geschöpft haben, so erwähnt die Pidrekssaga gerade für die Sage von WieKleinheit der Figur, durch das weit herabreichende Schloß bedingt, beweist nichts; man vergleiche nur den mittleren der heiligen drei Könige auf der Darstellung daneben.



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land die Benutzung von Erzählungen niederdeutscher Männer, womit wohl hanseatische Nordlandsfahrer gemeint sind. Für die V^lundarkvifja glaube ich durchaus mit Niedner (Zeitschrift für deutsches Altertum 33,36 f.) und Kögel (Litteraturgeschichte 1,1,103) an ein zugrunde liegendes sächsisches oder anglo friesisches Lied, eben mit Rücksicht auf die in Döors Klage sich findenden Anklänge an das eddische Lied. Auf Seeland wohnt der Meerriese Wate, geboren von der Meerfrau Wachilt, mit seinem Sohne Wieland. Als der Knabe zwölf Jahre alt ist, macht der Vater sich mit ihm auf den Weg nach Westfalen, wo zwei in der Schmiedekunst berühmte Zwerge wohnen, um ihn zu jenen in die Lehre zu geben. Er trägt den Sohn durch den Grönasund, und beide erreichen in der Gegend des heutigen Städtchens Balve den Berg, in welchem die Zwerge hausen. Eine einjährige Lehrzeit beredet der Vater mit den beiden Meistern und kehrt, von dem Sohne scheidend, in die Heimat zurück. Doch als Wate nach Verlauf dieser Frist wiederkommt, Wieland aus dem Berge abzuholen, fordern die Zwerge ihren Lehrling auf ein weiteres Jahr, damit er auch die letzten Geheimnisse ihrer Kunst erfahre, setzen aber hinterlistig die Bedingung, komme der Vater nicht genau nach Jahresfrist zur gesetzten Stunde, den Sohn in Empfang zu nehmen, so verwirke er des Sohnes Leben. Wate willigt ein, läßt aber beim Abschiede in einem Sumpfbusch verborgen sein gutes Schwert zurück, damit es seinem Kinde in einer Stunde der C r o m e , Markuskreuz.

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Not zum Leben helfe. Schon ehe das Jahr vollständig verstrichen ist, kehrt er zurück, voll Sorge, die gesetzte Frist nicht zu versäumen, und legt sich, da das Tor des Berges noch geschlossen ist, von den Anstrengungen des Weges ermüdet zum Schlafe nieder, da erschlägt ein gewaltiger Bergsturz, von einem Unwetter oder auch durch den Zauber der Zwerge erregt, den Ruhenden und begräbt ihn. Das zweite Lehrjahr ist nun zu Ende, und Wieland ist ein Meister in aller kunstvollen Arbeit und bekannt mit vielfältigem Geheimnis, wie sonst niemand unter dem Menschengeschlechte. Mit dem vom Vater zurückgelassenen Schwerte kommt er der Arglist der Zwerge zuvor und gewinnt mit ihrer Tötung den reichen Schatz, der den beiden im Berge verborgen gehörte. Kunstvoll fertigt er aus dem Stamme eines Baumes ein verschließbares Schiff und füllt es mit seinem Werkzeug und kostbarem Geschmeide. Dann vertraut er ihm sich selbst und überläßt es dem Weserstrom; so treibt er hinab in das weite Meer; zuletzt gelangt er zu Nidungs Reich, dem Lande der Niaren, dort landet er sein Fahrzeug und baut in einem einsamen Tale sich eine Werkstatt für kunstvolle Arbeit. Gar fleißig ist er am Werke, und siebenhundert Ringe schon hat er gefertigt, glänzend von Gold und wie Schlangen gewunden; auf einen Bast gezogen hängen sie an der Wand der Schmiede. Einst weilt Wieland fern von der Hütte, um im Walde zu jagen, da entdeckt eine streifende Mannschaft des Königs den versteckten Ort und den Schatz bei der Esse. Doch einen Ring nur lösen sie heim-

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lieh von dem reihenden Baste, als Wahrzeichen für die Nachricht ihrem Herrn ihn zu bringen. Wild steigt die Goldgier auf in Nidungs Herzen, er befiehlt zu fangen den kunstreichen Schmied. Von der Jagd ruht müde Wieland in seiner Hütte, vom Schlafe umfangen, da kommen im Dunkel die Königsmannen und schlagen in Bande den Ahnungslosen.1) Voll Tücke forscht Nidung nach der Herkunft des Goldes, nicht möchte er missen den kunstreichen Mann. Zerschnitten werden Wieland der Füße Sehnen, gelähmt soll er sitzen auf einsamem Eiland, damit er ') So nur löst sich das von der Vijlundarkvifja hier gebotene Knäuel von Widersprüchen, wenn, wie oben geschehen, die dort als einheitlich geschilderte Szene in zwei von einander verschiedene geteilt wird. Was sollte, wenn man hier dem Gedichte folgen wollte, die vorläufige Fortnahme des einen Ringes unter den siebenhundert vorhandenen, wenn der König gleich darauf zugleich mit Wielands Person auch die übrigen in seine Gewalt bringt; etwa den arglos Heimkehrenden auf die nahe Gefahr aufmerksam machen? In Wahrheit hat der eddische Dichter diese ganze Verwirrung auf seinem Gewissen, weil er den erst später von Wieland gelegentlich seiner Flucht geschmiedeten Schwanring durchaus schon an dieser Stelle in der Sage wiederfinden sollte. Der entflohenen Alvitr ihr Flugring kann aber nicht gemeint sein, denn den hat sie ja eben zu ihrer Flucht benötigt; so wird denn die von dem Dichter dem Schmiede, als er das Fehlen des Ringes bemerkt, in den Mund gelegte Bemerkung, Alvitr sei wohl zurückgekehrt, ganz sinnlos. Die Gelegenheit zur Flucht war aber für Wieland gewiß nicht an den Besitz dieses Ringes geknüpft, vielmehr besitzt seine Kunst das Geheimnis der Herstellung des Schwanringes, und so fertigt er ihn erst späterhin, da er ihn nötig hat. Der hier dem Gedichte untergelaufene Irrtum belehrt uns aber, daß nach der von ihm genützten Quelle Wieland mittelst Schwanring und nicht (wie in der i>idrekssaga) mittelst Flughemd von Nidungs Hof entflieht (das Gedicht verschweigt an der betreffenden Stelle diesen Umstand). Sonst wäre dieses Mißverständnis des Dichters überhaupt unverständlich.

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dem Könige mit kunstvoller Arbeit auch künftig diene. Dort sitzt er voll Schmerzen im tiefen Elend und schmiedet Pläne grimmiger Rache. Einst nahen zwei Knaben, Nidungs Söhne, in kindischem Spiele mit Jagd sich vergnügend, dem Ufersaume. Sie finden die Hütte und in ihr den Fremden, der, ihre Lust zu erregen, die mit Gold gefüllte Truhe öffnet; doch ihren Bitten versagt er auch das kleinste Geschenk, aber wenn morgen sie kämen, ihre Absicht den Leuten des Hofes verbergend und ohne Begleitung, dazu im frischen Schnee rückwärts schreitend, dann sollte ihnen auch reichliche Gabe nicht mangeln. So kehren sie wieder, der Bedingung gehorchend, am nächsten Tage; sie beugen sich über die offene Truhe, die Schätze zu prüfen, da wirft mit Wucht Wieland den Deckel nieder und tötet die Arglosen. Aus ihren Schädeln fertigt er kunstvolle Schalen, damit beim prunkenden Male der Vater sie brauche, die Herkunft nicht ahnend. Aus den Zähnen aber schmiedet er für Baduhild, ihre Schwester, kostbaren Brustschmuck. Es war kunstreiche Arbeit. Alles übrige birgt er im Aschenloch der Esse. So war ihm halb seine Rache gelungen, doch weiter schmiedet er tückische Pläne. Zur Schmiede schickt Baduhild, die Königstochter, ihre vertraute Dienerin, damit der Künstler einen Ring, der zerbrochen, geschickt wieder füge. Die Sendung geschieht heimlich, denn nicht soll Nidung den Schaden merken und die Tochter darum schmälen. Doch Wieland weigert ihrer Bitte Erfüllung, sie komme denn selber zur Wohnung des



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Schmiedes. Sie gehorcht der Weisung und betritt mit der Dienerin selbander die Schmiede. Da mischt ihr der Vielkundige den Liebestrank und senkt sie in Schlummer. Vom Schlafe umfangen gewährt sie dem fremden Manne Umarmung, und selbst die erwachende verläßt der Liebe Leidenschaft nimmer wieder; so wirkte der Zauber. Sie kehrt nun zu Hofe, in Sorge um sich und den lieben Buhlen. So rächte sich Wieland an Nidung, dem argen, doch sehnende Liebe schlich ihm in das Herz, seitdem er die Tochter im Schlafe betörte.1) Jetzt rüstet sich Wieland zur Flucht aus Nidungs Reich, denn nicht lange, so weiß er gewiß, kann der Todfeind grimmige Rache sparen. Einen Ring fertigt er sich mit Hilfe zauberkräftiger Runen, der augenblicklich den Bedrohten in einen Schwan verwandelt. Aus schwerem Traum erwacht Nidung, von Sorge gequält eilt er zum Ufer, noch einmal den tückischen Schmied nach der Söhne Schicksal zu fragen, da sitzt Wieland hoch oben auf seiner Esse und kündet grimmiges Leid dem verhaßten Manne, nur um Schonung bittet er für seinen lieben Sohn, des Königs Enkel. Voll Entsetzen horcht Nidung auf die gram' ) Daß der Liebestrank nicht Notzucht oder Schändung der Königstochter einleiten sollte, sondern daß hier ein auch für Wielands Geschick bedeutsames tragisches Moment der alten Sage hervorblickt, welches die uns bekannte Überlieferung aber nicht entwickelte, hätte sowohl die gewiß hier ausgesponnene, aber in ihrem Kerne echte Darstellung der t>idrekssaga, wie der Ausdruck V9lundarkviJ>a 27 Tregf>e f $ r frifiels ok f9j>Or reif>e. lehren sollen.

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volle Botschaft, doch auf in die blauen Lüfte steigt der kunstreiche Schmied und entschwindet dem Auge. Zu dieser Sage besitzen wir nun eine Erweiterung und die Variante eines ihrer Züge; beide waren schon der alten Heimat der Sage bekannt; die erstere ist wohl auch als selbständiges Gedicht vorhanden gewesen. Beide führen uns zum eigentlichen Gegenstande dieser Abhandlung zurück. Die V9lundarkvit>a erzählt: Im Wolfstale bei dem Wolfssee wohnen drei Brüder: Wieland, Egill und S l a g f i f i r . 1 ) Einst finden sie am Ufer des Sees drei Walküren, welche Lein spinnen; die neben ihnen liegenden Schwanenhemden nehmen die Brüder fort, bringen die Jungfrauen so in ihre Gewalt und vermählen sich mit ihnen. Sieben lange Jahre hausen sie in Frieden zusammen, im achten aber beschleicht die Frauen Sehnsucht in die Ferne, sie kommen durch Zufall wieder in den Besitz der von ihren Männern bewahrten Schwanengewänder und entfliehen nach Süden, sich emporschwingend über das große Waldgebirge. Egil und S 1 a g f i [) r begeben sich sogleich auf die Suche nach den Entschwundenen, Wieland aber bleibt zurück im Wolfstale und fertigt kunstvolle Schmiedearbeit, denn er ') Von letzterem kennen wir die deutsche Form des Namens nicht; er würde ahd. S l a g f i d e r e gelautet haben, entsprechend dem S. Gallischen Starzfidere (MMlenhoff-Scherer, Denkm. XXVIIIb), und mehr als das von Rudolf Kögel Litteraturgesch. I, i, 100 herangezogene ahd. s l a g i f e d h e r a („Schlagfeder") ausdrucken, da es „der mit Schlagfedem ausgestattete" bedeutet „Schlagfedern" werden nach Nemnichs naturwissenschaftl. Wörterb. die großen Schwungfedern der Vögel genannt. V g l Grimms Deutsches Wörterb. 9, 416.

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war der berühmteste Meister in dieser Kunst. Hier fügt dann das eddische Lied Wielands Gefangennahme sowie seine weiteren Schicksale an Nidungs Hofe an. Für das Alter dieser Sagenerweiterung zeugt ihr Niederschlag in dem mittelhochdeutschen Gedichte „Friedrich von Schwaben" und auch vielleicht der von Jakob Grimm (Über eine Urkunde des 12. Jahrh. S. 21 = Kl. Sehr. 2,355) aus einer Grenzbeschreibung von 823 bezw. 817 (Monum. boica XXXI, 1, 41) beigebrachte Flurname «ad Wilandesbrunen» (entsprechend der in dem mittelhochdeutschen Gedichte sich spiegelnden Überlieferung, wo Wieland die Geliebte an einem Brunnen findet, vgl. auch das VI. Stück von Karl Möllenhoffs Zeugnissen und Exkursen zur deutschen Heldensage). Die Variante bietet die f>idrekssaga: Der gelähmt in Nidungs Gewalt befindliche Wieland gewinnt das Fluggewand nicht durch den Zauber des Schwanenringes, sondern mehr äußerlich durch kunstvolle Zusammenfügung der Fittiche wilder Vögel, welche sein zu Besuch weilender jüngerer Bruder Egil im Walde fängt; gewiß auch in diesem Falle bedarf er der Verwendung helfender Runen, denn ohne diese wäre das Flughemd untüchtig für die lange Fahrt durch die Luft gewesen, kennen wir doch heute noch das Problem der Flugmaschine so gut als ungelöst; so ist denn kein Grund, hier von dem «Kunststück eines schlauen Vogelimitators, das mit komischen Zügen ausgestattet wird»1) zu ') O. L . Jiriczek, deutsche Heldensagen I, 51 denkt bei den letzteren auch an Egils mißglückte Flugprobe; der Vollständigkeit

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sprechen. Das Alter und die südgermanische Heimat dieser Variante beweist die entsprechend dargestellte Szene auf der Vorderseite des angels. Runenkästchens (vgl. oben S. 15). Möchten diese beiden Berichte den Anschein erwecken, Egil habe in der alten Sage überhaupt keine selbständige Rolle gespielt, so belehrt die Szene auf dem Deckel des Kästchens (vgl. oben S. 12) jetzt eines besseren: hier erscheint Egil als bedeutende Sagengestalt und hört auf, nur seines Bruders Wieland wegen erfunden zu sein, damit er durch eine nicht zu viel geltende Hilfeleistung gelegentlich in dessen Geschicke eingreife. Auch sind wir nicht darauf beschränkt, die Scene des Deckels einfach ausdeuten zu müssen, sondern wir dürfen eine lebendigere Farbengebung für die Darstellung dieses Sagenzuges versuchen, nachdem oben S. 13 gezeigt ist, daß er sich nur in verändertem Kleide ausführlicher, als die alte bildliche Darstellung hier sein konnte, in der englischen Ballade des William of Cloudesly und seiner Brüder erhalten hat: William lebt geächtet mit seinen beiden Brüdern im Walde, zu Hause ließ er sein liebes Weib und seine Kinder. Schon lange weilt er fern, und grimmige Sehnsucht plagt ihn, bis wegen erwähne ich, daß sie auch von einem Bauern aus Barterode am Fuße des Ossenberges erzählt wird (so vom Gastwirt Hinterthür zu Dransfeld): Ein Bauer namens Heise versucht mit Hülfe von Gänsefittichen den Vogelflug nachzuahmen. Er wagt den Sprung aus der Scheunenluke in die Luft, fällt aber elend mit der Nase auf den Erdboden. So in nächster Nachbarschaft des Kreuzes gefunden, ist die Geschichte immerhin erwähnenswert und birgt vielleicht eine Erinnerung an den alten Sagenzug.

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er einst zur Nachtzeit den gefahrvollen Gang zu seiner Hütte wagt, die Verlassenen zu besuchen. Keinen Verrat besorgt er, und sie leben in Freuden, da schleicht ein altes Weib, von William viele Jahre aus Mitleid beherbergt, voll Bosheit zu den Richtern und verrät den Arglosen, der Gutes ihr tat. Das Haus wird umringt von bewaffneter Mannschaft, den Geächteten zu fangen. Vom Waffenlärm emporgeschreckt, greift William zum Bogen, in dessen Handhabung er der berühmteste Meister war, sein Weib aber braucht als Wehr eine Streitaxt (a pollaxe). Vergeblich suchen die Feinde das Haus zu stürmen; denn durch ein geöffnetes Fenster schickt Williams Bogen die Todespfeile und vermindert die Zahl seiner Angreifer. Zuletzt dient diesen feige Tücke als Zuflucht: Feuerbrände fliegen auf das Dach der Hütte, schon züngeln die Flammen zum Firste empor, und noch immer spannt der Tapfere den Bogen. Da schreit sein Weib aus Angst um sich und die Ihren laut auf, es sinkt ihm die Waffe, und er ergibt sich den Feinden, nur Schonung erfleht er für sein Weib und die Kinder.') (Th. Percy, Reliques of AncientEnglishPoetry 1,155 ff. Wheatley.) So spärliche Nachricht uns diese drei Zeugnisse über die Sage von dem Meisterschützen Egil auch schenken, sie geben uns doch zweierlei Gewißheit: schon vor dem achten Jahrhundert war eine selbständige Sage von Egil vorhanden; doch zu eben dieser Zeit galt er auch schon als Wielands Bruder, Von dem Ausfall Williams und seiner folgenden Gefangennahme ist auf dem Deckel des Kästchens nichts zu sehen; was W a d stein a. a. O. S . 1 3 darüber vorbringt, ist unhaltbar.

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wie die Verknüpfung beider Geschicke mit ausführlichem Hinweis auf ihr gegenseitiges Verhältnis beweist. War aber ihre Verwandtschaft schon einer Zeit bekannt, die auch im Leben des Alltags noch durchaus gewohnt ist, die Zusammengehörigkeit von Familiengliedern auch in der Namengebung durch allitterierende Bindung zum Ausdruck zu bringen, für die entsprechenden Verhältnisse der Sage dergleichen aber geradezu verlangt, so muß der Name Egil höchst anstößig sein, und um so mehr als sonst die zu Wielands Geschlecht gehörenden alten Sagengestalten sich diesem Zwange der Allitteration fügen (s. oben S. 11). Welches war aber des Helden ursprünglicher oder doch eigentlicher Name? Wir bedürfen hier eines Ausblickes auf die südlichste Überlieferung der Sage vom Meisterschützen bei germanischen Stämmen: Die Sage von Wilhelm Teil lebt in unserm Volke dank unserm Schiller, jeder Deutsche kennt sie, und ich brauche auf ihren Inhalt nicht weiter einzugehen. Daß die Darstellung der Sage im Schauspiel auf Tschudis Sagenkonzeption beruht, verschlägt hier wenig, ihr größerer Reichtum ist doch schon den ältesten für unser Auge sichtbaren Überlieferungschichten eigen (so dem Berichte im Weißen Buch von Obwalden, der wohl schon 1471 niedergeschrieben wurde) und unterscheidet sie wesentlich von den ärmeren Formen, welche der germanische Norden uns für diese Sage bietet. Gleichwohl konnte, ohne daß dieser tiefgreifende Unterschied

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gefühlt wurde, bis zu diesem Tage immer wieder das Dogma verkündet werden, die Teilsage der Schweizer sei eine auf gelehrtem Wege entstandene Umbildung der skandinavischen Sage, und gilt ungeprüft als wissenschaftliche Wahrheit. Doch die Sagenforschung steht hier überhaupt noch in ihren Anfängen, obwohl durch mehr denn ein Jahrhundert eine fast unübersehbare Literatur sich dieses Problems angenommen hat, denn nirgend sonst in unserer Altertumsforschung haben sich so viele täppische und und sogar unreine Geister breit gemacht wie hier, störten durch arge Fälschungen die ernsthafte Forschung ') und genossen sogar dafür den Ruhm wahrer Freunde ihres Vaterlandes. So mußten einsichtige Männer immer wieder gegen die euhemeristische Auffassung der Tellsage kämpfen, den Beweis für die Ungeschichtlichkeit der Person des Meisterschützen immer von neuem erbringen und wurden von der eigentlichen Erforschung der Sage ferngehalten, ja sie vergaßen zuletzt überhaupt, daß sie es mit einem auf dem alten Grunde noch wachsenden, lebensvollen Gebilde ältester Volksphantasie zu tun hatten, und erledigten alle hier aufsteigenden Fragen eben durch die Behauptung der nordischen Herkunft der Sage von Teil, ohne hierfür auch nur den Schein eines Beweises ersichtlich zu machen. In Wahrheit wurde ') Ich nenne hier nur das gute Buch von W. Vischer, Die Sage •on der Befreiung der Waldstädte. Lpz. 1867. Rochholz : Teil und Geßler in Sage und Geschichte. Heilbronn 1877, immer wieder empfohlen, trügt, abgesehen von einer unklareren Darstellung, im einzelnen so viel Irrtümer und Ungenauigkeiten mit sich, daß bei seiner Benutzung äußerste Vorsicht geboten ist.



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das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, und, nachdem sich Wilhelm Teil als historische Persönlichkeit nicht nachweisen ließ, mußte auch zugleich sein sagenhafter Charakter auf das schlimmste verdächtigt werden, in der Erforschung unserer heimischen Sage ein ganz unerhörter Fall von Mißbrauch der Denkkraft. Doch für die Geschichte des Kreuzes liegt hier nur an der Beantwortung einer Frage, die jedoch auch an das Grundproblem der Teilsage rührt: woher kommt der Vorname des Helden, Wilhelm? Es mußte auffallen, daß schon in den Quellen, welche die Sage in einer ursprünglicheren Gestalt geben, in dem ältesten Bestandteile des Liedes vom Ursprung der Eidgenossenschaft (Liliencron, Histor. Volkslieder 2, 109 ff., Str. 1—9) und in der zwischen 1482 und 1488 verfaßten Chronik des Melchior Ruß, Teil den Vornamen Wilhelm führt, ganz in Übereinstimmung mit dem Helden der oben berichteten englischen Ballade, und eine Erklärung heischen. W. Vischer S. 55 vermutet naheliegend die Entlehnung des Namens aus der englischen Überlieferung. So mußten denn die armen Schweizer die Sage des Teil dem skandinavischen Norden verdanken, doch nicht genug damit, auch der seinem Namen hinzutretende Vorname war ein Geschenk der Fremde, nun aber Englands. Diese Behauptung ist abenteuerlich genug und bedarf keiner Widerlegung; auch W. Vischer hat nicht recht an sie geglaubt. Doch es ist kein Unsinn so groß, daß er nicht durch noch größeren überboten werden könnte, und so behauptete denn Rochholz S. 306 die Herkunft des Vornamens aus dem niederländischen



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Volksliede Wilhelmus van Nassouwe. Freilich ist nun das Tellenlied von Hieron. Muheim (gedruckt 1633) in diesem Ton gesungen, doch was hilft das zur Entscheidung unserer Frage, denn das den Ton schenkende niederländische Lied ist fast ein Jahrhundert jünger (gedichtet 1568 oder 1569) als die Erwähnung des Namens Wilhelm in der Tellsage. Und dabei übersah Rochholz nicht (S. 105 Anm.), daß auch ein im Dienste des Grafen Nikolaus von Zollern, des Natterers, stehender (Zauber-) Schütze nach der Zimmerischen Chronik 2 1, 450,14 ff. den Namen Wilhalm führt. Ist es aber mit der behaupteten Entlehnung nichts, so läßt dieses so verstreute und von einander unabhängige Vorkommen des Namens Wilhelm den Gedanken aufkommen, daß sich in ihm altes Sagengut erhalten habe. Ein Mittel der Forschung über Ursprung und Geschichte der Tellsage ist weniger genutzt worden, als gut war, obwohl sich doch hier die Möglichkeit bot, gleichsam an die Wurzel des Problems vorzudringen: Die Tellsage hinterließ einen bedeutenden Niederschlag im kirchlichen Kultus der Schweiz, insbesondere zu Bürgeln im Kanton Uri. Für diese beharrlichste Form der Sagenüberlieferung hätten die Zeugnisse fleißiger gesammelt werden sollen, als bisher geschehen, und die Erforschung dieses Problems wäre über ihre jetzt noch so unbedeutenden Anfänge längst hinweg. Am 10. Mai 1584 wurde die neuerbaute Kapelle zu Bürgeln geweiht ad laiuiem et gloriam omnipotentis dei et in honore sanctorum Sebastiani mar-



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tyris, Wilhelmi et Rochi confessorum. Die bischöfliche Weihurkunde (abgedruckt im Geschichtsfreund 20, 92) denkt bei diesem Wilhelmus gewiß an einen Heiligen der Kirche, etwa an den Sarazenenkämpfer Wilhelmus magnus (Acta sanctorum febr. 2, 433 ff.), doch in dem Heiligenkalender des Volkes scheint er nicht gestanden zu haben: das Jahrzeitbuch der Kirche zu Bürgeln (abgedruckt im Geschichtsfreund 20,61 ff.), in welchem nach der Ordnung des Kalenders die zu leistenden kirchlichen Kulthandlungen des Jahres verzeichnet werden, nennt nämlich in einer Bestimmung von 1640 die bedeutendsten Festtage der Gemeinde: „Zu dem anderen söllen dissere nachbenempte vier fästag alß namblichen Sebastiani, Rochi, zehen thussent Riteren, sambstag zuo nechst uff st. Maitis tag {lies Martins Tag: Feiertag sur Erinnerung an die Schlacht von Morgarten) krafft angezogner landsgemeindt lut vorgehender Ordnung wie die appostell tag gehallten undt gefeyert werden." Dieser Anordnung entsprechend, findet sich unter den Tagen der beiden genannten Heiligen die Bemerkung : (20. Jänner.) „Chundt unndt zuo wissen wie das wegen der grusammen pestilentz, (mit) der der allmechtige gott unnser geliebte vatterlandt Uri heimbgesuocht, gemeine räht unnd landtlütt uffgenommen das fäst des heiligen martyrers und gethrilwen fürbitters S e b a s t i a n i zuo füren und ze haltten wie ein aposteltag, wie auch den abendt zuovor die vigil zuo haltten unnd zu fasten unnd ein c r ü z g a n g nach eines iedes kirchgangs (= kirchspiels) gelegenhait anstel-



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len. Solches styff unnd vest zuo haltten, damit der allmechtig got unnser lieb vatterlandt durch die thrüwe filrbitt des h. martyrs S e b a s t i a n i vor der straff dieser vergifften krankheit behüetten unnd bewahren wölle. Im 1629." (In diesem Jahre wurde der Kultus des Heiligen im Jahrzeitbuch schriftlich festgelegt, seine wirkliche Übung ist natürlich älter.) S. 64; und den heiligen Rochus betreffend: „Uff disen tag (16. August) fallt auch das fast des h. bychtigers Rochi, wellcher tag unndt abendt soll gehaltten werden mit dem c r ü z g a n g , wieobenan S. Sebastians tag im 1629. jähr angenommen." (S. 73.) Von einem S. Wilhelmus ist aber hier nirgends die Rede. Dieser Wilhelm war also wohl gar kein Heiliger der Kirche, sondern ein Liebling des Volkes, der sich in jener Weihurkunde von 1584 nur wie zum Scheine die Vertauschung mit einem gleichnamigen Kirchenheiligen gefallen lassen mußte: von dem die Weihung vollziehenden und urkundlich bekundenden Bischof eine kluge Rücksichtnahme auf die mehr heidnisch religiösen Wünsche des Volkes und doch zugleich eine Beschwichtigung des eigenen kirchlichen Gewissens. Deutlicher spricht über das Wesen dieses Wilhelm eine Nachricht, welche sich ebenfalls im Jahrzeitbuch der Kirche von Bürgeln findet (Geschichtsfreund 20, 81): „Und als dan im 1581. jar gmein kilchgnossen zu Bürglen sich einheligcklich uß cristenlichem yffer vereinbart und berattschlaget, ein nüwe glogen uff vierzig zentner schwer zu güssen und zu richten lassen . . . in der ehr deß heiligen ritters



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s. W i l h e l m , auch allen userweiten heyligen und englen, und allen himlischen herr zu lob unnd ehr angesechen, und also gligiklich inß werkh gebracht und vollende« worden." Die viel volkstümlichere Kultushandlung der Glockenweihe bedurfte nicht der Mitwirkung des Bischofs und konnte deshalb auf die im Volksgemüt wurzelnden, nicht eigentlich christlichen Anschauungen größere Rücksicht nehmen, so erscheint denn hier der S. Wilhelmus allein als der eigentliche Schutzpatron der Kirche, und damit über seine Bedeutung auch nicht der geringste Zweifel übrig bleibe, wird der Schuß Teils nach dem Apfel bildlich auf der Glocke dargestellt.1) Der Zusammenhang zwischen jenem «heiligen» Wilhelm und dem nun schon seit länger denn einem Jahrhundert zu einem Helden der politischen Geschichte gewordenen Schützen Wilhelm (Teil) wurde also noch deutlich gefühlt; die noch aus dem schweren Erdreich ihre Kraft schöpfende Wurzel der Sage und ihren fast verdorrenden späten Schößling erblicken wir neben einander, und es dämmert in uns die Erkenntnis: Jene Erzählung von Wilhelm Teil, welche die schweizerischen Geschichtsschreiber in die Darstellung der großen geschichtlichen Ereignisse ihres Landes seit dem Ende des 15. Jahrhunderts einzufügen pflegten, ist in Wahrheit doch nicht mehr •) Um die von Hauptmann Müller aus Altorf nur abschriftlich überlieferten Urkunden, von Rochholz S. 155 genutzt, habe ich mich mit Absicht nicht gekümmert, da sie starken Verdacht der Unechtheit erregen; ich hätte sonst in meiner Darlegung nur leise angedeutete Linien vielfach fester ziehen können.

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aber löst sich der immer wieder gefühlte und ausgesprochene Widerspruch, daß die Tat des «historischen» Teil, zuletzt gar nicht so bedeutungsvoll für die Behauptung der schweizerischen Freiheit, wie immer vorgegeben wird, und damit auch des verklärenden Scheines entbehrend, gleichwohl kirchliche Verehrung erfährt, und er selbst zum Schutzpatron des Landes erhoben wird: eine leise im Schweizervolk fortklingende alte Sage von einem göttlichen Helden und einem Helfer der Menschheit, dem selbst die christliche Kirche den Zutritt in den Bereich ihres Kultus nicht verwehren konnte, wird von dem ausgehenden Mittelalter-politisch tendenziös ausgedeutet, des ursprünglich auf ihr liegenden himmlischen Glanzes beraubt und in den Kreis menschlicher Wirklichkeiten herabgezogen; ja, selbst der kirchliche Kultus mußte, wenn auch erst spät und nur widerstrebend, einige Zugeständnisse machen, die bei den Frommen argen Anstoß erregten und schließlich wieder aufgehoben werden mußten. So lange die Sage in der reinen Luft der Höhe lebte und die Menschen in ehrfürchtiger Ferne hielt, hatte sie für den Helden allein den Namen Wilhelm; erst als sie zu jenen hinabstieg und in eine «historische» Begebenheit sich wandeln mußte, wurde ihre kalte Größe nicht mehr ertragen: so wurde denn auch dem hehren Wilhelm zum Spott der Beiname nisse gründlich gesammelt werden; was bisher davon ans Licht gezogen ist, hat sich zum Teil recht arge Verfälschung gefallen lassen müssen, immer im Dienste der «vaterländisch» genannten «Teilenforschung» der Schweiz.



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Teil angehängt, wie seine schon im weißen Buche von Obwalden, der ältesten uns erhaltenen Quelle, sich findende Selbstkritik beweist: „denn were ich witzig, und ich hiessi anders und nit der Tall." (Geschichtsfreund 13, 72.) Friedrich Schiller empfand diese damit versuchte Herabwürdigung des Schützen wohl und er milderte fein (3, 3): Aus Unbedacht, nicht aus Verachtung eurer ist's geschehn. war' ich besonnen, hieß ich nicht der Teil.

Doch man vergleiche nur den entsprechenden Ausspruch im ältesten (Urner) Tellenschauspiel (abgedruckt bei Vischer, S. 167ff.): wer ich vernünfftig, witzig und schnell, so wer ich nit genannt der Thell. (S. 180),

um zu begreifen, wie wenig diese Milderung der älteren Auffassung entspricht. Welcher laterna magica aber bedarf es, tun die Sage wieder in jenem bedeutenden Lichte zu schauen, welches ursprünglich von ihr ausstrahlte! Zum Schluß: Wilhelm gehört zu Wielands Geschlecht; der als uralter Bestand der Wielandsage erkannte Schütz Egil, Wielands Bruder, führte ursprünglich Wilhelm als seinen eigentlichen Namen. Jetzt verbindet sich auch sein Name jener oben (S. 11) aufgeführten alliterierenden Reihe der Namen seiner Verwandtschaft, womit denn hinwiederum ein neues Merkmal für das Alter dieser Sagenfigur geboten wird (vgl. darüber oben S. 26). Egil, nichts 3*

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anderes als «Pfeilschütz» bedeutend, ist mittels des Suffixes -ila-') aus einer germ. Wurzel ag- (vorgem. ak-, vgl. lat. acies, acumen, acus «Nadel», griech. dici^ «Spitze», skr. aidrekssaga in Kap. 75 Egill mit Rücksicht auf die Vflundarkvi^a Qlriinar Egill nennt, so zeugt das nur für Bekanntschaft dieses Schreibers mit dem eddischen Liede und für nichts weiter. Wie daraus auf Einführung Egils aus dem eddischen Gedichte hat geschlossen werden können, ist völlig unerfindlich.

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Zange (und zwar von roter Farbe auf weißem Grunde, E>idr. s. c. 81. 175). Mag nun auch diese Wappenerfindung verhältnismäßig jung sein, sie nützte sicherlich alte Sagenüberlieferung, nach der die beiden Geräte ganz allgemeiner, symbolischer Ausdruck für eine vorhandeneBeziehung oder bestehende Zugehörigkeit zu Wieland und seinem Geschlechte waren. Dieser ihrer noch weiteren Geltung entspricht es, wenn die Bewohner von Velandsherrad in Schonen in ihrem Siegel Hammer und Zange führen, weil sie den Namen ihrer Landschaft von Wielands Aufenthalt daselbst herleiten (W. Grimm, Deutsche Heldensage 322). Auch für das Kreuz ist die ältere umfassendere Bedeutung dieser beiden Symbole anzunehmen, wie das dritte hier neu hinzukommende Zeichen beweist: an sich nicht sofort deutbar, kann gleichwohl seine Bestimmung an dieser Stelle unserer Untersuchung nicht mehr zweifelhaft sein: ein für das künstlerische Vermögen jener Zeit nicht schlecht geratener, nur wenig stilisierter Flügel. Wir haben hier eine deutliche Beziehung auf die oben S. 23 angeführte Variante zur Wielandsage und damit ein Zeugnis für ihre niederdeutsche Heimat und ihr Alter, da die Kultusbedeutung des Kreuzes (vgl. darüber das nächste Kapitel) die Berücksichtigung junger novellistischer Sagenschößlinge ausschließt.

Markustag. Wir haben im Vorhergehenden gesehen, wie der helle Glanz germanischer Heldensage dieses



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Kreuz umstrahlt, wir wundern uns über die unvermittelte Verbindung von heidnischem Gedanken und dem christlichen Symbol des Kreuzes in dieser Gegend noch in so später Zeit und wir blicken mit Teilnahme auf den Mann, der, ein Priester der Christen, in kindlicher Einfalt eine alte heimische Überlieferung seines Volkes mit dem Zeichen des Kreuzes in aller Form weihte,1) ohne dabei einen jener schlauen Kniffe der Bekehrungsdiplomatie anzuwenden, wie sie sonst von seiner Kirche doch so gerne genutzt wurden. Um ein Gefühl für die Besonderheit unseres Falles zu gewinnen, vergleiche man nur (oben S. 29) das in der Schweiz gegenüber den gleichen Vorstellungen geübte Verfahren der christlichen Priester, wo der heidnische Gedanke durch christliche Heiligenlegende zu fast völliger Zersetzung gebracht wurde. Und doch hat auch unser Kreuz bedeutsamen Kultushintergrund. Am 25. April, dem Tage des Evangelisten Markus, feiert die römische Kirche die Letania major (s. das Rituale Romanum mit des Catalanus Commentar 2 (1757), 189ff.): um die Feldflur ziehen hinter hoch vorangetragenen Kreuzen in großer Prozession die Priester mit der gesamten Laienschaft, ') Das dem Willehelm vorgesetzte Kreuzchen entspricht in seiner Form ganz jenem Kreuz, das z. B. in fünffacher Wiederholung auf die Platte der älteren Steintischaltäre eingemeißelt wurde. In der Ausbrennung dieses Kreuzchens mit Weihrauch bestand die eigentliche Weihzeremonie, die wohl ganz ähnlich auch an unserem Denkmal geübt wurde.

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in Buße und fastend, um Menschen und Vieh zu segnen gegen schnellen Tod und schlimme Krankheit, insbesondere die Pest, und um für die Früchte des Feldes den Schutz des Himmels zu erflehen gegen Hagelschlag und sonstiges Unwetter. Es war ein bedeutsames Fest, auch im germanischen Norden mit Eifer gefeiert, dessen heidnische Grundlage schon längst erkannt ist (vgl. Pfannenschmid, Germ. Erntefeste 373). In seiner Art, doch nicht an Bedeutung, entspricht ihm die jüngere letania minor (rogatio minor), welche Kreuzfreitag (am Tage nach des Herrn Himmelfahrt) abgehalten wurde.1) Daß das Herumtragen der Kreuze den Kern des Kultus darstellte, beweisen die Datierungen deutscher Urkunden: s. Markustag des evangelisten nach ostern als man die creuze treget. Haltaus; und mit einem Hinweis auf den Grund dieses Kultus: „uff sant Marcus obent umb complete zyt und was uff den XXIIII tag des mandes an dem meye als man die crutze dreit gein Rode (Oberrad bei Frankfurt a. M.) für den jeher dot." Urk. v. 1357 bei Senckenberg, Selecta juris et historiarum 1, ') Hier werden sich künftig bedeutsame Berührungspunkte mit den schweizerischen Tellenfahrten (vgl. oben S. 33) ergeben, die der letania minor entsprechen. Aus dem Umstände, daß im Jahrzeitbuch von Bürgeln überhaupt kein Fest des heil. Wilhelm verzeichnet wird, während unter dem 25. April: Marci ewangel. Letania major. — dedicalio in Jagmatt ausdrücklich erwähnt ist (Geschichtsfreund 20, 69), mag man wenigstens für Bürgeln auf einen näheren Zusammenhang des merkwürdigen Heiligen mit dem bedeutsamen Feste schließen. Die zu Bürgeln bewahrten Reliquien des Evangel. Markus (Geschichtsfreund 20, 93) können dieses Verhältnis weiter stützen. Wir hätten dann hier die äußerste Entsprechung zu unserm Fall. Was steckt hinter der dedicatio in Jagmattf

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253. Bisweilen aber, um der Segnung größere Kraft und Dauer zu verschaffen oder auch nach überstandenem Notjahr stellte das Volk gelegentlich dieser Rogation in der Landschaft dauernd Kreuze auf; sie sind bekannt als Hagelkreuze (vgl. Zeitschr. für die Gesch. des Oberrheins, hrsg. v. Mone, 7,492). Bei der Ausübung dieses Kultus wurde auch unser Kreuz gesetzt, so liegt jetzt nahe, zu vermuten; doch nur eines ist auffällig: das Göttinger Kreuz ist erst in crastino beati Marci evangelistae, am Tage nach dem Fest des Markus gesetzt worden. Wie erklärt sich dieser Umstand? Nun ist eine Verschiebung der letania major möglich, ja erforderlich, wenn sie auf einen Sonntag fällt (Rituale Romanum2, 193 b): si sunt lux domini simul et solemnia Marci, fit jejunando processio luce sequenti. Die Bußprozession fand also in diesem Falle nicht am 25., sondern am 26. April statt. Ich habe oben bemerkt, daß in der Datierung des Kreuzes die Stelle, wo die Hunderte standen, zerstört ist. Aus palaeographischen Gründen setzte ich das Kreuz noch in das dreizehnte Jahrhundert. Wie entscheidet sich diese Frage jetzt ? Im Jahre 1460 (die Stelle dem Räume entsprechend durch C D ergänzt) fiel der Markustag auf den Freitag vor Misericord. dorn., ein Tag für Fasten und Bußgang wie irgend einer geeignet, der also keine Verschiebung nötig machte; im Jahre 1360 war der 25. April ein Sonnabend, in crastino ginge dann auf den Sonntag, den die Letania doch gerade meiden will; doch im Jahre 1260 war eine Verschiebung nötig, denn in diesem Jahre war der Markustag der Sonntag

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Jubflate, die Prozession fand also anno domini MCCLX in crastino beati Marci evangelistae statt, eine auf inneren Gründen beruhende Bestätigung der palaeographischen Altersschätzung des Denkmals. Diese nun offenbare Kultusbedeutung des Kreuzes wird auch die sagengeschichtliche Notiz Willehelm ex Wylaendis erst in das rechte Licht rücken; denn es genügt jetzt ohne Zweifel nicht mehr, etwa anzunehmen, die euhemeristische Sage vom berühmten Schuß auf einen «böswilligen» Herrn (der «historischen» Tellsage der Schweiz entsprechend) sei in der Gegend von des Kreuzes ursprünglichem Standort lokalisiert gedacht. Die Verherrlichung dieser von einem Menschen vollführten Tat auf dem Kultuskreuz wäre doch ganz unverständlich, und sie annehmen, hieße in den schon oben (S. 34) gelegentlich der Bemerkungen über den historischen Teil aufgedeckten Zwiespalt stürzen. Das Kreuz erhält erst den rechten, seiner Bedeutung entsprechenden Hintergrund, wenn die von ihm verherrlichte Sage noch das glänzende Kleid des Mythus trägt, von einer bedeutsamen mythischen Handlung erzählt, die noch nicht zu bloßem Menschenwerk verblaßt ist, und einen Helden rühmt, dessen Geschlecht den Göttern näher steht als den Menschen. Wenn irgendwo der mythische Urgrund der Wieland-Wilhelmsage noch zutage tritt, so ist es an dieser Stelle angesichts dieses Zeugnisses.1) *) Für die Wilhelmsage versuchte schon Rochholz, Teil 307, die mythologische Erkl&rang: «Nach langandauerndem Zweikampfe zwischen



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Eine ältere Zeit, ihr Nichtwissen über unbekannte und deshalb schreckende Erscheinungen der Natur in mythisches Denken einhüllend, sah im schadenbringenden Unwetter, in den Leute und Vieh dahinraffenden epidemischen Krankheiten, ja in der Unerbittlichkeit des schnellen Todes die Wirkung gewaltiger, den Menschen feindlicher Dämonen; ihre Bekämpfung beschäftigte die Phantasie wie das praktische Vermögen der vergangenen Geschlechter im gleichen Maße. Diesen Mächten aber gegenüber sonst wehrlos, vertraute man zuletzt, gezwungen im ungleichen Kampfe zu armseliger Notwehr, der Tüchtigkeit menschlicher Waffen, von denen wieder die in die Ferne wirkenden zunächst in Frage kamen: «Es wird fast im ganzen Sachsenlande von dem gemeinen Volk geglaubet, und dafür gehalten, daß in der Walburgisnacht die Hexen auf ihren Tanz und Versammlung zögen. Dahero an manchen Orten solcher Lande die Gewohnheit eingerissen ist, daß diejenigen, welche Landgüter oder Felder besitzen, am Walburgis-Abend mit Röhren und Büchsen über die Felder schießen, aus der einfältigen und albern Meynung, hiermit die Hexen zu scheuchen, daß sie auf ihrer Reiterey und Reise, die sie durch die Luft über dem winterlichen Tyrannen und dem Schützen Lenz erliegt der böse Winterriese dem ersten scharfen Sonnenpfeile». Doch diese Deutung war ein unmethodisches Ergebnis seiner Tellenforschung und entsprang lediglich der mythologisierenden Neigung der Zeit. Bei dem damaligen Standpunkt des Problems der Teilsage war ihre mythische Ausdeutung, durch nichts notwendig gemacht, ein arges Wagnis. Erst das Zeugnis unseres Kreuzes stellt nach dieser Seite eine ernsthafte Forderung.

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solche Felder thäten, nicht die Saat beschädigen möchten». Chemnitzer gestriegelte Rockenphilosophie (1759) 2, 46. (S. 213). Doch noch besseren Erfolg verspricht die Waffe, wenn sie mit kirchlich geweihtem Geschoß geladen ist: Ein schweres Gewitter währte einmal so lange, daß ein Jäger sein Gewehr mit einer geweihten Kugel lud und mitten in die schwärzeste Wolke schoß; da fiel ein nacktes Weib tot zur Erde, das Gewitter verzog sich aber augenblicklich. Mones Anzeiger 4, 309. Das Geschoß dankt hier dem Zauber seine Wirkung: Ganz entsprechend schießen die Priester der Pimaindianer bemalte Pfeile von bemalten Bogen in die Luft, um eine Krankheit zu töten. Ratzel, Völkerkunde 4 1, 584. Ähnliche Kultusabsicht liegt wohl zugrunde, wenn die Malayen auf die Sühnealtäre ihrer bösen lichtscheuen Götter mit Wachslichtern versehene Pfeile schießen, wohl um sie nicht nur von dort, sondern aus dem Lande überhaupt zu vertreiben. 434, denn wirkt hier der Schein des Lichtes, so ist es dort das gemurmelte Wort oder die geheimnisvolle Zeichnung, welchen der Zauber entströmt. Doch dem in diesem Kampfe sich mühenden und quälenden armen Menschenvolke schreitet voran der herrliche Held, der aus dem Lande des Wunders zu ihm kam, im Besitz überirdischer Geheimnisse und ein Meister in der Handhabimg des Bogens. Im ruhmvollen Kampfe erlegt er, den Zauber nutzend, mit seinen Pfeilen die dämonischen Bedränger seiner Lieblinge, der Menschen, und schwächt ihre Kraft für immer. Die Erinnerung an seine Tat bleibt der



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Erdenbewohner steter Trost und ihrer Feinde Schrecken, denn schon der bloße Name des mythischen Schützen') vermag sie fernzuhalten von jener Wohnsitz. Und noch ein letzter Ausblick: Das christliche Kreuz steht auf heidnischem Kultusboden. Der Name Göttingen, in älterer Form Gutingi, Gutingen, Gotingen, läßt sich kaum anders als durch eine Zusammenstellung mit dem heidnischen Wort für Priester got. gudja, altnord. godi erklären, eine zuerst von Moriz Heyne (in den Protokollen des Göttinger Geschichtsvereins 4 (1896), 8) ausgesprochene Vermutung : Göttingen, «bei den Söhnen des Priesters» oder besser, da ich von Edward Schröders Auffassung des -ingen als eines ursprünglich lokalkollektivischen Suffixes überzeugt bin, «bei den Priestern» oder «am Wohnort der Priester». Doch die gleiche Beziehung zu unserm Heidentume erscheint noch einmal in einem Waldnamen: die im Gronder Holz sich hinziehende und auf den Göttinger Leinebusch, von dem sie nur durch eine niedrige Erhebung*) getrennt wird, sich verlaufende Waldschlucht heißt die Gotengrund, «Priestergrund». An der dieser Gotengrund zugewandten Seite des Leinebusches stand aber ursprünglich unser Kreuz; kein Zweifel, daß hier alte heid') Die Dämonen abwehrende Kraft des Kreuzes ist bekannt und bedarf hier keiner Belege. In unserm Falle tritt jenes Kraft mehrend das heidnische Symbol hinzu, ein merkwürdiges Beispiel dieser sonst nur in den Zeiten des Glaubenswechsels üblichen Verbindung. *) Ober diese Erhebung führt von Osten nach Westen Heiweg, d. h. die alte Heerstraße.

der

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nische Überlieferung von der christlichen Kirche ersetzt werden mußte. Auch ist darnach wahrscheinlich, daß dieser Abwehrkultus von den Bewohnern des Göttinger Tales geübt wurde: glaubte man, die in den Bergen wohnenden feindlichen Dämonen nähmen auf der ganz nahe am Leinebusch vorüberführenden alten Heerstraße ihren Weg in das Tal, dort Leben zu zerstören und zu vernichten? Wie zu Anfang stehen wir hier am Schluß dieses Kapitels wieder vor dem Rätsel der Persönlichkeit Wir strecken unsere Hände aus nach diesem seltsamen Manne, der, ein christlicher Priester, mit unerhörtem Grade von Bewußtheit Heidnisches und Christliches in Verbindung bringt, wie wenn sie einander wahlverwandt wären, um ihren alten, auch heute noch nicht in unserm Volke ausgestorbenen Widerstreit heiter zu versöhnen. Wüßten wir mehr von ihm, er wäre vielleicht als eine der merkwürdigsten Gestalten des deutschen Mittelalters zu erkennen. Aber er schreitet dahin im Nebel; wohl sehen wir seinen Schatten. Doch verhüllt ist sein Antlitz, und das strahlende Licht seiner Augen verzehrt der Dämmer. Ein letztes Mal noch glauben wir ganz aus der Ferne einen Blick von ihm zu erhaschen. VI. Etwa eine Meile nördlich von dem alten Standorte unseres Kreuzes liegen auf der anderen Seite des Leinetales auf weithin sichtbarem Bergesvorsprung die Ruinen der Plesse, einst Stammsitz der



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Herren von Plesse. Die Geschichte dieses Geschlechts verliert sich in völligem Dunkel, doch Johannes Letzner, jener Mann, der durch Gottes Zorn Geschichtsschreiber wurde, weiß von seinem Ursprung zu erzählen; freilich gibt er auch hier keine Geschichte, sondern er benutzt, und dafür wollen wir ihm immer dankbar sein, alte Volkssage und gestaltet sie nach seinem Sinne: er nennt als Stammväter des Geschlechtes die Schwanringe,1) für die auch ein entsprechendes Wappen 2 ) erfunden wird. Wir hätten allen Grund, mit Vorsicht auf den Bericht dieses unsicheren Mannes zu hören, doch daß er hier wirklich gute Volkssage benutzte, beweist: Letzner kannte noch die eigentliche Natur der Schwanenringe, welche dem Geschlechte den Namen gaben; er oder seine Quelle wußte noch von der Ringe zauberischer Kraft, ihrem Träger Flug>) Im plessischen Stammbuch, das Joach. Meier in seinen plessischen Denkwürdigkeiten (Leipz. 1713) herausgegeben hat, S. 115 ff. findet sich die Sage von den Schwanringen; für einen Teil nennt Letzner als Quelle den ungedruckten historischen Kalender des Johannes Gasco. Vgl. die Wiedererzählung in der Brüder Grimm deutschen Sagen (N. 546). 2 ) Ob das spätere historische Wappen derer von Plesse wirklich als doppeltes Feuereisen zu deuten ist, wie es allgemein geschieht, lasse ich mit Herrn Dr. Georg Meyermann in Göttingen, einem unserer kundigsten Heraldiker, dahingestellt. Wäre es der Fall, so möchte man auch darin eine Beziehung zur alten Sage vom kunstreichen Feuerdämon sehen, sowie in dem sagenhaften Feueramte der Herren von Plesse am kaiserlichen Hofe. Nach einer handschriftl. Nachricht des Pfarrers Wolfgang Domeier zu Gladebeck (er war ein Freund Letzners) im cod. ms. hist. 317 i auf der Göttinger Universitätsbibliothek Bl. 59 a sandten die Herren von Plesse zu der Hochzeit von Herzog Erichs Schwester zwei ganz in Rot gekleidete Reiter; eine Farbensymbolik, die immerhin in der Sage fußen mag.



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gewandung zu verschaffen, denn ein Bastardbruder der Schwanringe führt an Stelle dieses Namens den Namen Schwanenflügel, gleichsam ein heraldischer Ausdruck für des Mannes geringere Abkunft, indem nur ein Teil des hinter den Ringen sich bergenden vollständigen Schwanenhemdes für ihn namengebend verwertet wird.1) Doch alles andere, was er von diesem Geschlechte außer seinem Namen weiß, beruht auf reiner Erfindung, gleichwohl nennt er für einen Teil seiner Darstellung einen Zeugen, und dieser Teil geht uns hier an: Die Herren von Hardenberg leben mit ihren Nachbarn, den Schwanringen, in stetem Streit über Hut und Weide. Einst trifft Bodo von Hardenberg den Sieghard von Schwanringen da, wo zwischen den Dörfern Angerstein und Parensen die Harste in die Leine fällt; lang gehegter Groll bringt es zu offener Feindschaft, und der Hardenberger erschießt den Schwanringer mit einem Pfeile. Letzner bei Joachim Meier S. 115—117. Hierzu die Bemerkung: «und soll noch an diesem Orte bey Menschen Gedenken (wie die Schäfer und Hirten berichten) ein steinern Creuz, das S c h w a n r i n g e r Creuz genandt, gestanden haben». Der Ausdeutung dieses Kreuzes verdankt Letzner nun die ganze Erzählung, ohne daß dadurch ') Eine Familie Schwanenflügel ist historisch, sie war besonders in der Stadt Göttingen begütert und von großem Ansehen. Es ist möglich und sogar wahrscheinlich, daß der hier von Letzner geschilderte Zusammenhang der Schwanringe mit den Schwanenfliigeln junge Erfindung ist, doch die für den letzteren angenommene Bastardschaft birgt auch so noch die richtige Erkenntnis der sagengeschichtlichen Bedeutung der Ringe.



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die eigentliche Bedeutung des Denkmals mehr als nur gestreift wurde, ganz entsprechend jenen volkstümlichen Berichten, welche sich oben S. 3 um die Aufhellung der Geschichte des Kreuzes vom Leinebusch bemühten; auch hier wird an ein Mordkreuz gedacht: seine Beziehung zu den Schwanringen war im Volke noch lebendig (vielleicht dank den auf dem Kreuze dargestellten Ringen) und der den Mord vollbringende Todfeind fand sich leicht in dem Geschlechte der Herren von Hardenberg, die ja in historischer Zeit mit den Herren von Plesse oft genug in Fehde lebten. Doch zu einer wenn auch mangelhaften Vorstellung von diesem verlorenen Kreuze verhilft uns seine Erzählung immerhin: Noch im Anfang des 16. Jahrhunderts stand an dem Zusammenfluß der Harste und der Leine ein steinernes Kreuz, auf welchem ein oder mehrere Pfeile und vielleicht Ringe (welche ja dem ausdeutenden Volksmunde die Beziehung auf die Schwanringe ermöglichen mußten) dargestellt waren. Es ist nur eine schlechte Kunde und sie weckt in uns den Schmerz über sichtlichen Verlust, denn mir ist nicht zweifelhaft, wir erfahren hier von einem dem unsern entsprechenden Kultuskreuze, welches ebenfalls mit Beziehungen zur Wieland-Wilhelmsage ausgestattet war, nur daß darauf auch Wilhelms charakteristisches Symbol, der Pfeil, seine Darstellung fand, ein letzter Hinweis auf eine mehr selbständige Sage vom dämonischen Meisterschützen.

M. DuMont Schauberg, Straßburg.

V E R L A G V O N K A R L J. T R Ü B N E R IN S T R A S S B U R G .

Urgrfriiirijfr £nrojm$ GRUNDZÜGE EINER PRÄHISTORISCHEN ARCHÄOLOGIE VON

SOPHUS MÜLLER D I R E K T O R AM NATIONALMUSEUM IN KOPENHAGEN.

DEUTSCHE AUSGABE UNTER MITW1RKUNP DES VERFASSERS B E S O R G T V O N O T T O L U I T P O L D JIRICZEK PROFESSOR 8°.

AN D E R

UNIVERSITÄT

MÜNSTER I. W .

VIII, 2 0 4 S .

I905. MIT 3 T A F E L N IN FARBENDRUCK UND l 6 o ABBILDUNGEN IM T E X T . P R E I S G E H E F T E T M. 6 . — , GEBUNDEN M. 7 . —

„ E i n ausgezeichnetes Buch, das sich j e d e m aus engeren Studienkreisen ins W e i t e schauenden Altertumsforscher als unentbehrlicher Führer erweisen wird, bei aller Kürze klar und übersichtlich g e ordnet, aus gründlichstem W i s s e n geschöpft, besonnen in der Besprechung der o f t so schwierigen P r o b l e m e und trotz seines reichen bildlichen S c h m u c k e s noch billig. Z u j e d e m A b s c h n i t t wird die wichtigste Literatur verzeichnet. D i e Darstellung beginnt mit den Kulturanfängen während der Eiszeit und führt durch alle Hauptperioden und Gruppen der Prähistorie bis an die G r e n z e der geschichtlichen Zeit, schließt also in Griechenland mit d e m 8. Jahrh. v. C h r . Besonders nützlich findet Ref. die Übersichtstafel der prähistorischen Kulturgruppen in Europa bis zur R ö m e r z e i t . " Literarisches Zentralblatt 1903, Nr. 36. „ . . . • D e r D i r e k t o r des Nationalmuseums in K o p e n h a g e n ist den Freunden der Altertumskunde längst kein Unbekannter mehr. Insbesondere ist seine zweibändige „ N o r d i s c h e A l t e r t u m s k u n d e " durch die deutsche Übertragung von Jiriczek (1897 f.) auch der deutschen Gelehrtenwelt ein wohlbekanntes Buch g e w o r d e n . In seinem neuesten Buch, das derselbe Übersetzer deutsch bearbeitet hat, zieht Müller den Rahmen weiter, indem er die ganze europäische W e l t einbezieht; aber er gibt die Darstellung nur in w e n i g e n Grundzügen und hat so den gesamten G e g e n s t a n d auf dreizehn D r u c k b o g e n behandeln können ; 160 A b b i l d u n g e n im T e x t und drei T a f e l n im F a r b e n d r u c k geben w i l l k o m m e n e V e r a n schaulichung." Schwäbischer Merkur 1905, Nr. 313.

VERLAG VON

K A R L J. T R Ü B N E R

IN

STRASSBURG.

WALDBÄUME UND KULTURPFLANZEN IM

GERMANISCHEN ALTERTUM VON

JOHANNES HOOPS o . PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT HEIDELBERG.

8°. X V I , 689 S.

1905. Mit 8 Abbildungen im T e x t und einer Tafel. Geheftet M. 16.—, in Leinwand gebunden M. 17.50.

Die Verlagsbuchhandlung, der die germanische Forschung schon so viel bleibende Bereicherung verdankt, hat uns hier mit einem Werke beschenkt, welches allseitig lebhafte Beachtung finden wird. Das schön ausgestattete stattliche Werk eines so ausgezeichneten Kenners, wie es Herr J. Hoops ist, kommt einem in der letzten Zeit vielfach empfundenen Bedürfnis entgegen: zum ersten Male wieder wird uns seit V. H e h n s unvergänglichem Werke hier eine zusammenfassende Darstellung der neueren Ergebnisse der sprachwissenschaftlichen, altertumskundlichen und naturwissenschaftlichen Forschung auf einem besonders anziehenden und allgemein interessierenden Gebiete dargeboten. Die Darstellung ist überall eine ansprechende und obwohl auf der Höhe der wissenschaftlichen Diskussion stehend, doch im edlen Sinne des Wortes gemeinverständlich. So verdient es das Buch, sich viele Freunde in den Kreisen der Fachgelehrten und aber auch aller Liebhaber des Faches zu gewinnen. E s bringt vieles und daher auch vielen etwas. Der Verfasser hat seine grossartig angelegte Spezialstudie von vornherein auf eine möglichst breite Basis gestellt und den Forschungen nach allen Seiten hin weite Perspektiven gegeben ; er hat nicht bloß gelegentliche Blicke in die Nachbardisziplinen geworfen, sondern sich eindringend und gründlich darin umgetan . . . ." Prof. Dr. J. R a n k e - M ü n c h e n im Correspondenzblatt der Deutschen anthropologischen Gesellschaft 1905, Nr. 10.

1 VERLAG VON K A R L J. TRÜBNER IN STRASSBURG.

MYTHOLOGIE der

GERMANEN Gemeinfaßlich dargestellt von

Elard Hugo Meyer, P r o f e s s o r an der U n i v e r s i t ä t F r e i b u r g i. B r .

Mit einer Deckenzeichnung von Professor W i l h e l m T r ü b n e r . 8°, XII, 526 Seiten, 1903. Preis g e h e f t e t M. 8.50, in L e i n w a n d g e b u n d e n M. 10.—.

I n h a l t : V o r w o r t . — 1. K a p i t e l : D i e Q u e l l e n d e r g e r m a n i s c h e n M y t h o l o g i e . — 2. K a p i t e l : D e r S e e l e n g l a u b e . — 3. K a p i t e l : D e r A l p g l a u b e . — 4. K a p i t e l : D i e E l f e n . — 5. K a p i t e l : D i e R i e s e n . — 6. K a p i t e l : D i e h ö h e r e n D ä m o n e n . — 7. K a p i t e l : D a s G ö t t e r l e b e n und d e r G ö t t e r dienst. — 8. K a p i t e l : D i e e i n z e l n e n G ö t t e r . — 9. K a p i t e l : D i e einz e l n e n G ö t t i n n e n . — 10. K a p i t e l : D a s C h r i s t e n t u m in d e r n o r d i s c h e n Mythologie. — A n m e r k u n g e n . — R e g i s t e r . „ . . . J e t z t n u n l e g t M . ein n e u e s g r o ß e s m y t h o l o g i s c h e s W e r k vor, das a n d e r s w i e s e i n e r s t e s « d u r c h die S c h i l d e r u n g zu w i r k e n v e r s u c h t u n d den G e b i l d e t e n zu freiem G e n u ß w i s s e n s c h a f t l i c h e r E r k e n n t n i s einlädt». D a m i t ist s e i n e A n l a g e u n d s e i n Z w e c k t r e f f e n d g e n u g g e k e n n z e i c h n e t , und d i e A u s f ü h r u n g e n t s p r i c h t g a n z v o r z ü g l i c h d e n A b s i c h t e n d e s V e r f ' s . In k l a r e r , ü b e r s i c h t l i c h e r , a l l g e m e i n v e r s t ä n d l i c h e r , s t e t s p s y c h o l o g i s c h b e g r ü n d e t e r Form b e h a n d e l t e r m e i s t e r h a f t , o h n e a u f w e n i g e r w i c h t i g e S o n d e r f r a g e n o d e r auf S t r e i t i g k e i t e n in der G e l e h r t e n w e l t e i n z u g e h e n , s e i n e n S t o f f in IO K a p i t e l n . . . . • • • Von den n i c h t a u s s c h l i e ß l i c h f ü r d i e W i s s e n s c h a f t b e s t i m m t e n Darstellungen der germanischen Mythologie halten wir dieses W e r k M's für die b e s t e , u n d w i r w ü n s c h e n mit d e m V e r f . , d a ß es ihm g e l i n g e n m ö g e , e t w a s g e n a u e r e K e n n t n i s von d e m r e l i g i ö s e n L e b e n u n s e r e r h e i d n i s c h e n V o r z e i t in recht weite K r e i s e der G e b i l d e t e n unseres V o l k e s zu tragen. S e l b s t v e r s t ä n d l i c h m u ß s i c h a u c h j e d e r F a c h m a n n mit d i e s e m n e u e n B u c h e v e r t r a u t m a c h e n und a b f i n d e n , u n d d i e s t u d i e r e n d e J u g e n d d ü r f t e e b e n s o m i t m e h r G e n u ß und V o r t e i l zu i h m a l s z u M ' s ä l t e r e m B u c h e g r e i f e n , z u m a l d u r c h e i n e n r e i c h e n A n h a n g v o n A n m e r k u n g e n m i t L i t e r a t u r - und Q u e l l e n a n g a b e n f ü r a l l e g e s o r g t ist, d i e e i n z e l n e n F r a g e n n ä h e r n a c h z u g e h e n w ü n s c h e n . Ein sorgfältiges, r e i c h h a l t i g e s R e g i s t e r e r m ö g l i c h t a u c h die B e n u t z u n g d e s g e d i e g e n ausg e s t a t t e t e n W e r k e s zu N a c h s c h l a g e z w e c k e n . Literarisches

Centralblati.

1903.

Nr.

42.

2 V E R L A G V O N K A R L J. T R Ü B N E R IN S T R A S S B U R G .

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VolMunbt* SB on

i £ l « r b -&t)0o W e y e r , $rofef[or ber getmanifiicit SUtertumStimbe on ber Kitfuerfität gretburg t. S t . fflüt 17 SI&Eiilbungen unb einet Satte. 8». VIII, 362 1898. «ßceis broicfitrtTO.6.—, in Seinroanb gebunbm 3K. 6.50. S n t j a l t : I. Sotf unb glitt; II. Sa« $au8; III. SBrperbefdiaffeneeit uni Stadit; IV Sitte unb Siaucf); V. Sie ssollgfprac^e unb bte SDlunbarten; VI. Sie SBolKbidjtung; VII. Sage uitb ffliätdjen. c . . . W a s Volkskunde ist, darüber fehlte bisher jede umfassendere Aufklärung. Der Inhalt und Umfang des Begriffes ist keineswegs blös Laien fremd. Auch diejenigen, die den aufblühenden Studien der Volkskunde näher stehen, wissen nicht immer, was den Inhalt derselben ausmacht . . . So erscheint nun zu guter Stunde ein wirklicher Führer auf dem neuen Boden, ein Leitfaden für jeden, der den Zauber der Volkskunde erfahren hat oder erfahren will, für den Lernbegierigen sowohl wie für jeden Freund des Volkes. Bisher fehlte jede Orientierung, wie sie uns jetzt Prof Elard Hugo Weyer in einem stattlichen Bändchen bietet- Der Verfasser, von mythologischen Forschungen her seit lange mit Volksüberlieferungen und Volkssitten vertraut — der angesehenste unter unseren Mythologen — hat seit Jahren das Werk vorbereitet, das er uns jetzt als reiche Frucht langjähriger Sammelarbeit vorlegt . . . Es ist ein unermesslich grosses Gebiet, durch das uns das Buch führt. Es ist frische grüne Weide, die seltsamerweise dem grossen Schwärm der Germanisten unbemerkt geblieben ist. Ein fast ganz intaktes Arbeitsgebiet . Das Buch ist nicht bloss eine wissenschaftliche, es ist auch eine nationale That». Beilage zur Allgemeinen Zeitung i8g7 Nr. 286. »Wer sich durch diese Zeilen Lust machen Iiesse, Meyers Buch selbst m die Hand zu nehmen, würde es nicht bereuen. Es ist natürlich wissenschaftlich zuverlässig gearbeitet, -ausserdem aber ungewöhnlich fliessend geschrieben und, was uns am meisten wiegt, von einer ganz prächtigen Auffassung der Dinge belebt. W i e oft muss man sonst bei Arbeiten aus diesem Gebiete den schönen Stoff bedauern, der m die unrechten Hände gekommen ist. Hier ist er in den richtigen Als ein deutliches Beispiel für die bewusst geschmackvolle, im besten Sinne feine Behandlung des Stoffes ist uns die Verwendung und die Art der Wiedergabe der Mundart erschienen Das Buch enthält auch eine Menge Fragen und benutzt sie, den L e s e r zum Mitleben zu zwingen, der Verfasser nennt es selbst im Vorwort einen in die erzählende Form gegossenen Fragebogen. . . .» Die Grenzboten i8g8 Nr 13.

VERLAG VON KARL J TRÜBNER IN STRASSBURG.

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