Beiträge zur neuesten Geschichte des Herzogtums Mecklenburg-Schwerin, insbesondere während seiner jetzigen Regierungsepoche


171 32 14MB

German Pages 304 Year 1805

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Front Cover
Einleitung. ...
Wie es überall dem forschenden Beobachtungssinn ...
jungen und feurigen Kopfes sich oft früh den drohendften ...
Doch scheint dieß von einer höhern Anordnung der ...
( ...
heit des Landes von den schädlichsten und verderblichsten ...
zu kämpfen, und es bedurfte ganz seines nachgebenden, ...
Wichtigkeit seyn. Noch aber war es nicht dieser große...
Ľ ...
und versprach den Ständen, sie bey ihren Privilegien zu ...
Zweytes Kapitel. ...
Drittes Kapitel. ...
Viertes Kapitel ...
chen von dem vorigen Herzog nach Büzzow verlegt worden ...
シ ...
Fünftes Kapitel ...
Sechstes Kapitel ...
Indeffen ward er von den Stånden nur fürs erste auf ...
Siebentes Kapitel ...
Die Zusammenberufung eines zweyten außerordentli ...
Achtes Kapitel. ...
Beurtheilung und Berichtigung ...
Einleitung. ...
nicht Thaten, wie hier gesagt wird, kann der ...
Erster Abschnitt. ...
len, um das schwankende, daß widersprechende der Dari ...
Verstoß ist aber dieser: das vom Schwerinschen Hause an ...
3 ...
am Nothwendigsten gefehlt!` Man würde ihm nun, ...
1 ...
77 ...
! ...
richteten Verfassung im 13ten Jahrhundert, bis 1440, ...
1 ...
107 ...
• ...
Innhalts-Anzeige, welche diesem Vergleiche vorgedruckt ...
nissen in der Landes - Geschichte hergenommen, sondern ein ...
1 ...
1 ...
• nusschen Schreibfehler darnach schon verbessert; *) warum ...
**) Mecklenburg in Hinsicht ze. Th. 1. ...
fichwörtlich in der Rudloffschen Sammlung lesen ...
len mußte, dies alles war dem Verf. keiner ...
- ...
"si ...
Recommend Papers

Beiträge zur neuesten Geschichte des Herzogtums Mecklenburg-Schwerin, insbesondere während seiner jetzigen Regierungsepoche

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

}

Beyträge

jur

neuesten Geschichte

des Herzogthums

Mecklenburg - Schwerin,

insbesondere während

seiner jezigen Regierungsepoche.

Bon

Ludwig

Moriz

Holm.

Rostock, 1805. bey Karl Chriftoph Stiller.

By

X

the

HARVARD COLLEGE LIBRARY

OCT 28 1905 HOHENZOLLERN COLLECTION ONT OF A. C. COMUDGE

7

Dem

Durchlauchtigsten Herzog und Herrn,

Herrn

Friedrich Franz,

regierendem Herzog zu Mecklenburg , Fürsten zu Wenden, Schwerin und Razeburg ,

auch

Grafen zu Schwerin,

der Lande Rostock und Stargard Herrn 2c. 20.

meinem

gnädigsten Fürsten und Herrn.

Durchlauchtigster Herzog !

Gnädigster Herzog und Herr!

(

Ew.

Herzogt.

gnädigst ,

daß ich es wage ,

selben dieses

eignen.

Durchlaucht verzeihen

Buch

in

es

Höchst Denens

tiefster

Ehrfurcht

zuzus

Nur das Vertrauen auf Höchst Dero

nachsichtsvolle Milde hat mich zu diesem Schritt

bewegen können.

Wenn es aber kühn ist ,

die

ruhmvollen Thaten Höchst Dero erhabenen Perz

fon

mit dem schwachen Pinsel eines Laien aufs

getragen

das

zu haben :

Bewußtseyn ,

so sichert

daß

ich

mir

nicht

wenigstens

der

Einzige

gewesen ,

lichen

Versuchung

der

Gegenstandes

Kühnheit

Ziels

der

Gnade

rechtfertigt

aussprechlich

ist

erlegen ,

zu.

das

aber

für

Nur die

Unternehmen

die

fo

rühma

diese

meine

eines

Treue

Größe

des

selbst.

Un

meiner

Ge

sinnungen ,

mit

der

ich

ehrfurchtsvollest

ers

fterbe

Ew. Herzogl. Durchlaucht

Schwerin, im Januar 1805.

unterthänigfter Ludwig Moris Holm.

૨૨

n

h

a

l

Einleit

Erstes Kapitel.

Regierungsantritt des jeßigen Herzogs.

Günftige Erwartungen

von ihm. wa

Erste Beschäftigungen deſſelben. -- Landtag zu Sternberg. - Ungewöhnliche Frequenz daselbst. - Der Herzog bestätigt die Privilegien der Stände , und nimmt ein Geschenk von ihnen.

Das Seminarium

Konſtitutionen.

zu Ludwigsluft und das Werkhaus zu Schwerin. -

Aus

wärtige Angetegenheiten des Regenten. - Uebrige Funktionen B

desselben.

?

• Geite 18

Zweytes Kapitel. Deutscher Fürstenbund. -

Des Herzogs Beytritt zu demselben.

Wiederfreymachung der von Preußen okkupirt gewesenen Aemter Eidena , Plau , Marniz und Wredenhagen.

Be

freyung der Städte Lübz , Plau- und Parchim von -preußischer

X Einquartierung.

Grenzberichtigungen.

gungstraktat. ---

Exp

Erbvereini

Innere Augelegenheiten. ·

E. 23.

Drittes Kapitel. Rostock.

Früherer Glanz deffelben.

Uebermuth gegen feine

Landesserren. -

Neuere Streitigkeiten der Stadt mit dem vorigen Herzog. Es wird eine Kommission zur Untersu chung dafelbft niedergefeht.

Erbvertrag von 1788. -

Feyerlicher Einzug des Herzogs in Rostock.

Er fanktionirt

29

den Erbvertrag durch seine Unterschrift.

Biertes Kapitel. Günftige, Aussichten der Roñocker nach dem Erbvertrag der Stände auf Nosioc..

der Stadt. -

ten .

Eifersucht

Vergteich zwischen ihnen und

Landesherrliche Beschäftigungen des Regen:

1 Auswärtige Angelegenheiten.

Schauspiele in Schwerin.

Konftitutionen. -

Reßterionen über die Vers

schiedenheit der gegenwärtigen und vorigen Regierung in An fehung ihrer Grundsäge über Volksbildung.



41

Fünftes Kapitel. Bergleich der beyden Vorderstädte Parchim und Güstrow mit den übrigen Städten des Mecklenburgischen und Wendischen Kreis fes, wegen Bestimmung ihter wechselseitigen Verhältnisse gegen

einander

der Ritterschaft unter sich , wegen

Stimmfähigkeit der Aulici auf den Landtägen. -

Mecklen

Y

XI

burgisches Indigenat -Streitigkeiten darüber. -- Herzog liches Reskript vom 18. Novbr. 1793. --

Projekt der Schiff barmachung der Elde. Frühere Projekte deßhalb. Wird auf dem Landtag verhandelt. w darüber. Schriften Erſte Schritte zur Realiſirung des Projekts.

S. SI

=

Sechstes Kapitel.

/ Ableben 1 des deutschen Kaisers. fisches Reichsvikariat.

Landestrauer.

Churfäch

Gesandter nach Dresden und

Frankfurth am Main. Tag Besuch des Königs von Schwe

den beym Herzog. -

Vermuthete Absicht seiner Reise in

die Bäder von Aachen. Luft. → felbst.

Hoffeyerlichkeiten zu Ludwigs

Anwesenheit mehrerer berühmter Personen da. Aufnahme der inländischen Wollmanufakturen.'

Dobberaner Seebadeanſtalt. —

Vergleich zwischen dem ehe →

maligen und dem jeßigen Dobberan. -

"

62

Siebentes Kapitel. Mecklenburgs Verhältniß während des testen deutsch-franzöſiſchen Kriegs.

Außerordentlicher Landtag zu Sternberg.

handlungen darauf.

Differenzen der Ritterschaft und der

– Stadt Rostock mit dem Herzog, heim.

Ver

Kreiskonvent zu Hildes

Zweyter außerordentlicher

Landtag zu Stern

berg. -- Herzogliche Gesandtschaft an den Rastädter Frie ፡

F

.

denskongres. - Zweck derselben.

73

XII Achtes Kapitel. Neuere Konstitutionen und Herzogliche Anordnungen zum Beſten des Landes.

Nachbarliche Uebereinkünfte mit Churhanmover

und Churbrandenburg. -

Entschädigung des Herzoglichen

Hauses nach Maaßgabe des Regensburger Reichsfriedensde putations : Receſſes. -

Akquisition der Stadt und Herrschaft

Wismar. -

Frohe Aussichten der Städter beym feyerlichen 1 a Einzug des Herzogs daselbst. + G. 85

Neuntes Kapitel. Rebersicht des Ganzen. — Retuitionen und Acquiſitionen des Herzoga

lichen Hauses während der drey leßten Regierungsepochen. Vermehrter Glanz desselben dadurch. - Günßige Aussichten

für die Zukunft.

Schluß.

93

Ein

Einleitung.

8 ist mit der Geschichte eines Staats im Großen oft eben so ,

wie mit der Geschichte eines einzelnen Indivi

duums im Kleinen.

Was unzählige Versuche und die forg.

fältigste Methode nicht zu bewirken vermögen , das entwis Welt nicht selten ein einziger fruchtbarer Augenblick , eine glücklich aufgefaßte Ideen schnell zur Reife.

Verbindung ,

und

bringt´es

Die jungen Kräfte erwachen plöglich.

Sie fangen an, sich zu bilden : sie schaffen sich allmählich einen größern Spielrau.n , ſteht da ,

und der ausgebildete Mensch

sich selbst das größte Räthsel , indem er das

Ganze aus einem veränderten Standpunkt mit deutlichern " und richtigern Blicken zu überschauen vermag. So auch mit dem allmählichen Wachsthum , mit dem Werden und Fortschreiten ganzer Länder und Staaten von der möglichst niedrigsten Stufe der zügellofesten Rohheit und Wildheit, bis zum höchsten Gipfel der in sich selbst vollendeten Macht und Stärke , des blühendsten Wohlstandes und der geſuns Desten Aufklärung. ดู

Wie es überall 1 dem forschenden Beobachtungssinn ein angenehmes und belehrendes Schauspiel zugleich ge währt , dieſem einfachen und höchst natürlichen Gang des menschlichen Geistes zuzusehn ,

und seine unbedeutendsten

Eigenthümlichkeiten , wie seine kühnsten Versuche , und ge ntalischsten Ausflüge dabey nicht außer Acht zu lassen ; so muß es dem gefühlvollen Bürger seines Vaterlandes eine nicht minder erfreuliche und beruhigende Ansicht geben, wenn er in der Geschichte desselben die Ursachen seines jeķis gen Wohlstandes gegründet findet , deſſen Augenzeuge er ist, und woran er selbst mit freudigem Bewußtseyn und dank barem Herzen gegen die wohlthätigen Fügungen des Schick: fals Theil nimmt.

Mecklenburg ist das Land , das, dem größern Schau plak der Welt bisher glücklich

entzogen ,

entriffen deu

mancherley Drangfalen des Krieges , wie den Verheerun gen einzelner Erobrer und Länderstürmer ,

die sich in den

Jahrbüchern der Geschichte einen unsterblichen Namen zu erwerben suchten , in der Stille feine mannichfaltigen An Lagen vielfach entwickelte.

Unter den günstigsten Konftel

lationen stieg es unvermerkt zu dieſem unerschöpflichen Reich thum der innern Quellen , zu diesem Flor des Handels und der verschiedensten bürgerlichen Erwerbzweige empor , wo durch es sich gegenwärtig unterscheidet. lichsten Stürme ,

Selbst die gefähr

die es von Zeit zu Zeit beunruhigten,

schienen dazu beyzutragen , die Sonne nur desto glänzender hinter den Wolken wieder hervortreten zu laſſen , und die heiterste Regierung vorzubereiten :

wie das Talent eines

jungen und feurigen Kopfes sich oft früh den drohendften Gefahren Preis gegeben sieht , um in dem glücklich durch. geführten Kampf mit sich selbst jene feste Energie des Wil lens zu erlangen ,

welche allein das' ausschließliche Vor

recht großer und starker Seelen ist. In einem der volkreichsten und gesegnetesten Lånder Distrikte des niedersächsischen Kreises gelegen ; in der Nähe einer der ersten Handelsstädte der Welt , welche auf die Sitten und Lebensart der Einwohner , wie auf dem ganzen übrigen Verkehr des Landes von jeher den entschiedendsten Einfluß geäußert hat ,

darf Mecklenburg neben andern

Eigenschaften, die es mit mehrern Ländern theilt , sich einer Menge lokaler Vorzüge , und natürlicher Vortheile rühmen, ? welche es vor andern auf das glücklichste auszeichnen. Selbst der Charakter des Volks im allgemeinen :

diese

ſchlichte Einfalt und Gradheit des Sinnes bey dieser åcht patriarchalischen Liebhaberey für das Alte und Herkömme liche; dieser ausdauernde Fleiß in allen , ſogar in den 'un bedeutendsten

Unternehmungen ,

welcher

überhaupt

ein

Grundsaß des deutschen Nationaigeistes zu seyn scheint ; eben dieſe vielleicht etwas zu weit getriebne Verachtung alles dessen , was nicht unmittelbar reellen Nugen zu ge währen im Stande ist ; dieser nordische Ernst neben einem gewissen liberalen Hang zum geselligen Wohlleben und den freyeren Genüssen des gemeinschaftlichen Daseyns , ist nicht ohne eigenthümliches Interesse , guten ,

und charakteriſirt einen

unverdorbnen Schlag von Menschen ,

der unter

einer klugen und weisen Regierung der glücklichsten Ausbil, dung fähig ist.

U 2

Doch scheint dieß von einer höhern Anordnung der Dinge ganz vorzüglich nur der gegenwärtigen Zeit vorbe halten zu seyn.

Stürme der verschiedensten Art zogen sich–

zu Anfang des vorigen Jahrhunderts zusammen , welche bis in die Mitté deſſelben und ſpåter den Horizont mit fin stern Wolken trübten.

Es betraf zum Theil die Rechte der

Regenten selbst , welche sich nicht selten in den unangenehins ften Verwickelungen befanden , weniger im Stande ,

und sie waren vft um so

das jedesmálige Beste ihrer Beſitz,

thümer auf dem kürzesten und sichersten Wege zu erreichen, je häufiger sie sich fast allenthalben durch åltere , schon vor, Handre Statuten ,

oder blinde Widerfeßlichkeit von Seiten

einer øder der andern Parthey die Hånde gebunden fühlten, die , wie es in dergleichen Fällen gewöhnlich zu seyn pflegt, von jeder Neuerung die schädlichsten Folgen für ihr eignes Interesse befürchteten,

Es ist die spätere mecklenburgische Geſchichte als ein beständiger, hartnäckiger Kampf der landesherrlichen Ge☛ walt mit den Gerechtsamen und Privilegien der Stånde anzusehn , die in der Person des Regenten ihren gefährlich ften Widersacher erblickten ; und insbesondre kann man die 1713. Regierung - Herzogs Carl Leopold als den äußersten Moment betrachten , wo er . sich in seinen gewagtesten und verwegensten Unternehmungen zeigte.

Die unaufhörlichen

Streitigkeiten dieses Fürsten mit der Stadt Rostock , welche bor andern Städten Mecklenburgs von jeher sich der vor 7 züglichsten Freyheiten rühmte , und mit dem vereinigten Korps der Ritter- und Landschaft, zeugen genugsam davon,

5 Doch darf man sich nicht wundern , daß es bis zu dieser perniciofen Heftigkeit des Streits gedich ,

da der Keim4

dazu unstreitig in der einmal konstituirten Landesverfassung lag ,

und es nur früher eines solchen Regenten auf dem

herzoglichen Stuhl bedurft hätte , um auch schon früher die unter der Asche glimmenden Funken der Zwietracht in hellen Flammen ausbrechen zu laſſen.

Eine Menge von Drangfalen, gleichsam eine Sünd fluth des unsäglichsten Elends , wurde dadurch über das ganze land verhångt.

Wer erinnert sich nicht der traurigen

und verderblichen Auftritte in den Jahren 1713 bis 1719 ? Wer wünschte nicht damals die Ursachen jenes unglückſe ligen Zwistes weit von seinem Vaterlande entfernt zu jehn ? Es iſt faſt unglaublich , wie ein Land von nicht größerm Umfang als Mecklenburg , von so getheiltem und vielfachem Intereſſe beherrscht werden konnte , als eben damals wirk, lich der Fall war.

Man erstaunt, alle die zufälligen Ur

fachen von Unglück und Verfall darin wahrzunehmen , die eine fast gänzliche Zerrüttung der Dinge, und die zügello feste Anarchie besorgen ließen.

Und doch war es so.

Das

zu kamen die Beschwerden des leßten nordischen Krieges, der 18 mit verheerender Wuth an dem innersten. Mark des Herzogthums gesogen hatte. mårschen

und

Das Land hatte den Durchs

Expreſſungen der

größtentheils offen gestanden.

kriegführenden Truppen

Große Summen waren er

hoben : die Häfen und Städte besegt worden.

Eine ganze

ruſſiſche Armee überschwemmte die Beſihthümer des Her zogs, und beging die gewaltthätigſten Exceffe aller Art.

4. 1

Es würde zu weit führen , alle Einzelnheiten und be fondern Specics facti hier im Auszug anzugeben , eine ganze Menge ist.

deren

Noch weniger kann es die Absicht

feyn , hier bestimmt unterscheiden zu wollen , was zufällig, oder was beabsichtigter Plan von Seiten des Regenten ge wefen fen, um sich und seinen Nachfolgern für die Zukunft freyere Hånde zu verschaffen.

Bey der einmal aufgeregten,

gegenseitigen Erbitterung war man nur zu geneigt , sich einander alle Schritte auf das gebäffigste auszulegen , und insbesondre glaubte der Adel in der Person des Herzogs feinen geschwornen Erbfeind zu erkennen , der die kostbarsten Privilegien feiner Kaſte anzutasten sich unterfange.

Man

beurtheilte ihn als einen herrschsüchtigen Tyrannen und eis gensinnigen Despoten , der damit umgehe, „der Ritterschaft das Wiederaufkommen zu verhindern ,“ *) und ſich ſelbſt mit 1 der Zeit alle Rechte eines völlig ſouverånen Fürsten beyzu.

(

legen.

Dagegen nannte der Herzog seine Vasallen wahre

Rebellen und Unruhstifter , die sich ihm überall auf das widerspenstigste bezeigten, und ſchilderte sie als solche.

Doch kann man sich aus dem bisher Erwähnten sehr leicht begreiflich machen ,

wie diese feindlichen Kombination

nen der verschiedensten Ereignisse für die innere Beschaffen.

*) Dieß find die eigenßten Worte des fo rubricirten Libell. gra vam. appellat, der Beckl. Ritter- und Landſch, wider des Hers zogs Carl Leopold Durcht in pero 1 der ohne Zuziehung der Stånde publ. Konftit. d. d. 28. Jul. 1717 , daß keine Lebne in Meck', ohne lehnsherrl. Konsens gültig verpfändet oder vers segt werden sollen.

S. 5.

heit des Landes

von den schädlichsten und verderblichsten

Folgen feyn mußten.

Zwar hatte der Tod des Herzogs

Gustav Adolph im J. 1695 eine nicht unbeträchtliche Erweiterung der Mecklenburg - Schwerinischen Befihunsen zur Folge gehabt ,

indem mit ihm die Güstrowſche Linie

erloschen war , und der Hamburger Vergleich vom 8. März 1701 die Prätensionen des Strelizer Hauses ein für allemal aufhob, das seine Ansprüche an das erledigte Fürstenthum aus den Principien der Gradual , Succeſſion herleitete. Allein abgefehn davon , daß von Schwerinischer Seite meh rere andre nicht unbedeutende Rechte an Streliz dagegen abgetreten wurden , *) welche die neue Acquisition minder er heblich machten, ſo läßt es sich denken , daß man bey dein damals noch ziemlich allgemeinen Rückstand in den Fort schritten der Kultur und den ersten Grundsägen einer hd, hern, angewandten Politik, von

einer solchen Arrondi

rung der Herzoglichen Besigthümer wenigstens nicht sogleich ben sichersten und bequemsten Nußen zu ziehn verſtand. Erst mit der Regierung Herzogs Chriſtian Lud. 1747.wig II. begann eine ruhigere Epoche für das Land , und der im J. 1755 zu Rostock zwischen ihm und den Stånden abgeschlossene Vergleich stellte den innern Frieden so ziemlich wieder her.

Doch erfuhr dieser Regent das Mißliche feines

Unternehmens in seinem ganzen Umfang , und wie schwer es halte , bey dem verschiedensten Interesse der Partheyen die stürmischen Wogen eines wildempörten Meeres zu bes fanftigen.

Er hatte mit den unsäglichsten Hinderniſſen

*) Hamb. Vergleich in §§. 2. und 3.

zu kämpfen ,

und es bedurfte ganz seines nachgebenden,

gefälligen und ausdauernden Charakters , der mit dem un biegsamen Starrfinn des heftigwollenden , mißtrauifchen, gleich zu den äußersten Maasregeln schreitenden Karl Leos polds auf das auffallendste kontrastirte, um ihn nicht ſo gleich in den ersten Augenblicken schon an den unendlichen Mühseligkeiten einer solchen Arbeit verzweifeln zu laſſen.

Man war einmal mißtrauisch geworden.

Ueberall

fah man nur Besorgnisse von der bedenklichsten Art , um sich auf keinerley Weise etwas zu vergeben, und der Sturm , wenn er gleich von seiner ersten Heftigkeit um vieles bereits nachgelassen hatte , dauerte in dem Innersten der Gemüther dennoch fort , sie mit unruhvollen Zweifeln und bösen Ahn dungen noch eine Weile zu erfüllen. Selbst in der physischen Natur schien ein Kampf unter den Elementen zu herrschen ,

um die unsichre und gefahr

volle Regierung des Herzogs gleichsam symbolisch dadurch anzudeuten.

Heftige Orkane verwüsteten die Wälder , und

riffen die Gebäude nieder.

Mißwachs und Viehseuchen

beförderten das allgemeine Elend , nungen des Landmanns. *)

und zerstörten die Hoff,

Dazu beunruhigten die fort.

dauernden Werbungen der Preußen das Land , und raub ten dem Herzogthum die Blüthe ſeiner jungen Mannschaft, indem sie die stärksten und rüſtigsten Bursche oft gewalt fam aushoben , die sich dann wider ihren Willen enrolliren laffen mußten.

*) Aepinus Geschichte von Mecklenburg. £b. 3. S. 234.

9 Unter folchen Umständen , bey einer so allseitigen Ver wirrung von innen , wie von außen her : da der Kaiser als Reichsoberhaupt sich selbst genöthigt ſah , über die Grenzen der landesherrlichen , executiven Gewalt hinaus , mannhaf, te Wehr in das Herzogthum zu schicken , um einer völligen Untergrabung des Staats in Zeiten vorzubeugen ; da die kreisausschreibenden Fürsten des niedersächsischen Kreises durch militätische Besatzungen zwölf fürstliche Aemter und ansehnliche Städte zur Sicherheit für die zum Landesschutz aufgewandten Kosten eingenommen hatten :

bey einer

folchen Verwirrung und totalen Zerrüttung aller Angeles genheiten des Staats gelang es dem Herzog dennoch , die allgemeine Ruhe und Zufriedenheit , so viel es nach den damaligen Umſtånden sich thun ließ, wieder. herzustellen, und ſich ſelbſt das edle Bewußtſeyn zu verfchaffen , für das Wohl und die Sicherheit seiner Erblande aus allen Kräften gearbeitet zu haben. Mit ihm auch scheint eine neue Sonne über die geisti ge Aufklärung und Bildung Mecklenburgs hervorgegangen zu feyn.

Er begünstigte die Kunst ,

und eine ihm eigens

thümliche , heitre Ansicht des Lebens ließ ihm die sichersten und zweckmäßigsten Maaßregeln treffen , um die bis dahin vernachlässigte Kultur seines Volks mit schnellern Schritten zu befördern. zu bekämpfen !

Aber wie viele Hindernisse fand er auch hier Wie vieles mußte nicht erst aus dem Wes

ge geräumt werden ,

welche Menge von Ereignissen und

glücklichen Kombinationen ſtand nicht erst von der Zukunft zu erwarten , werden konnte.

ehe das große Ziel mit Sicherheit erreicht

10

Roch befand sich die zahlreichere Masse des Volks in jenem trägen , dumpfen Geistesschlaf, der die unmittel bar voraufgehende

Periode so charakteristisch bezeichnet.

Vorurtheile der dicksten Art beherrschten den gemeinen Haus fen , und wenn gleich in den füdlichern Gegenden Deutschs lands die Fackel der Aufklärung bereits schon einen hellern Glanz um sich zu werfen angefangen hatte , ſo tappte man hier noch in der größten Unwiſſenheit und in einer wahren egyptischen Finsterniß ein milderes Klima ,

umber.

Manche Zufälligkeiten :

regeres Blut , der größere Verkehr

mit dem benachbarten Auslande machen die Bewohner jener Länder empfänglicher für jeden Reiz der Neuheit , und die faufteren Eindrücke alles Guten und Schönen , wodurch sie zu einer frühern und schnellern Ausbildung ihrer verschiedens ften Anlagen gelangen ,

als es bey der geographischen und

politischen Lage Mecklenburgs möglich ist.

Die große Ab

gelegenheit dieses Landes von den genannten , größern und kleinern Länder · Distrikten des deutschen Reichs , gleich sam an dem äußersten Ende deffelben ,

an die entlegenſte

Spiße des Nordens hin verwiesen , mußte bey dem damals eine ganz verschiedne Richtung bezeichnenden Handelsver kehr die lebhaftere Frequenz mit andern schon weiter fortge= rückten , in sich selbst mehr ausgebildeten , Staaten sehr ers schweren.

Hamburg hatte sich noch nicht zu diesem bedeu

tenden Rang unter den ersten europäischen Handelsstädten empor gehoben ,

wodurch es seinen gegenwärtigen Einfluß

auf die merkantilischen Verhältnisse des deutschen Nordens behauptet.

Seine Nähe konnte höchstens für den beque

mern Absaß der überflüssigen Produkte des Landes von

Wichtigkeit seyn.

Noch aber war es nicht dieser große,'

weit umber besuchte Marktplaß der eleganten und feinen Welt, die ihre mannichfaltigsten und kostbarsten Bedürfnisse dort in der reichsten und geschmackvollsten Auswahl befries digt sehn kann ; von

wo aus die üppigste Schwelgerey,

und die auserlesensten Künfte des raffinirtesten Luxus über das benachbarte Herzogthum ſich verbreiteten , indem ſte zugleich einen höhern Grad der Industrie und die verschie densten Arten des bürgerlichen Erwerbfleißes darin hervor riefen.

Man kannte die verfeinerte , so äußerst vervielfach.

te Betriebsamkeit des gegenwärtigen Zeitalters noch nicht, welche alle , selbst die heterogensten, Kräfte des menschlichen Erfindungsvermögens mit einander in die mannichfaltigſten Berührungspunkte zu sehen weiß. hörigen Ueberblick des Ganzen ,

Es fehlte an dem ges der in einer weisen und

wohleingerichteten Staatsverwaltung , doch ein so unum gängliches Erforderniß ist.

Kurz , es mangelte an allem,

und sogar an dem Nothwendigsten , an einem klar durch. dachten , konsequent hinausgeführten Plan , der überall die beabsichtigte Wohlfarth des Staats durch die kräftigſten und wirksamsten Mittel zu erreichen verstanden hätte.

Die immerwährenden

Mißhelligkeiten zwischen den

Herzogen und den Stånden , deren schon oben ausführlicher ་ Erwähnung geschehn ist : diese beständigen Gährungen im Innern des Landes , als eine nothwendige Folge der fehlers haften Einrichtung zwischen Haupt und Gliedern ,

ließen

die Unterthanen überdieß jene süße Rube nicht schmecken, P welche allein das Licht der Aufklärung über ein Land am

12 schnellsten zu verbreiten , demselben

und ihre bleibenden Spuren in

auf

das sicherste zu erhalten im Stande ist. 1 J Unter der Regierung Christian Ludwigs II. war einmal alles zur Sprache gekommen , was vorher nur irgend dem Mißvergnügen und der Unzufriedenheit der Stände , als

des repräsentirenden Korps des gesammten Landes , ausges feht gewesen war. cker Vergleich vom

Es ließ sich erwarten , daß der Rosto 18. Aprill 1755 alles beseitigt haben

würde , was bisher den Grund zu den vorzüglichsten Diffe renzen abgegeben hatte, und man glaubte ſich berechtigt, die günstigsten Erwartungen davon für die allgemeine Si cherheit des Herzogthums zu hegen.

Wenn aber gleich auf solche Weise wenigstens der Hauptstein des Anstoßes und die erste Ursache zu allen künf tigen Mishelligkeiten zwischen dem Regenten und seinen Unterthanen für eine Zeit lang gehoben schien , so ließen die während der folgenden , unterm 30. May 1756 ange 1756 tretnen Regierung Herzogs Friedrich ausgebrochnen Un ruhen des ſiebenjährigen Kriegs aufs neue den unangenehm. ſten Auftritten entgegensehn. te mancherley Ursachen ,

Der König von Preußen hat

auf Mecklenburg Schiverin ›ins- ´

beſondre zu züruen , oder glaubte sie wenigftens zu haben. Auch unterließ er es nicht , die ganze Macht seines Unwil lens während des Kriegs durch Kontributionen , Rekruti rungen , Fouragirungen und andre Erpressungen der vers schiedensten Art an das Herzogthum auszulaffen , das zu schwach war, um den gehörigen Widerstand leiſten zu kön men.

Zwar stellte der Hubertsburger Frieden im I. 1763

13.

die allgemeine Ruhe ` in Deutſchland wieder her , und schon früher hatte der in dem voraufgegangnen Jahr zwiſchen den Preußen und Separatfrieden ,

Schweden zu Hamburg abgeschloffene

worin auch Mecklenburg mit begriffen

worden war , den kriegerischen ' Gräueln in demselben größ. tentheils ein Ende gemacht.

Aber dadurch war noch vieles

um nichts besser geworden , denn zuvor.

Der Kredit des

Landes war durch die ungeheuren Gelderpreffungen während des Kriegs, und den dadurch nothwendig gemachten schlech, teren

Münzfuß ,

Mißwachs , ckenden

auf eine beträchtliche Weise gesunken.

Hungersnoth ,

ein ganzes Heer von anste,

Seuchen und verderblichen Krankheiten

schienen

ein trauriges Ueberbleibfel der verheerenden Kriegswuth zu feyn ,

die das Herzogthum bedrängt hatte ,

einen großen Theil der Volksmenge hinweg.

und rafften Selbst zwi.

schen dem Herzog , der Stadt Rostock und der Ritterschaft entstanden neue Irrungen , welche die allgemeine Unzufrie, denheit auf längere Zeit wieder rege machten.

Judessen

ist es den in mehrerer Hinsicht ausgezeichneten Eigenschaften dieses Regenten

und seinem unermüdeten Eifer für das

wahre Beste seiner Lande zuzuschreiben , wenn die genannten Hindernisse , die sich ihm zur Erreichung ſeines Zwecks auf mehr als eine Weise entgegenstellten ,

weniger bedeutend

wurden , als sie unter irgend einer der vorhergehenden Re gierungen vielleicht gewesen wären.

Da er selbst im Auss

lande einen großen Theil seiner frühern Bildung erhalten hatte, besaß er einen reichen Schaß von Kenntniffer , und feine vielfach gesammelten Erfahrungen feßten ihn in den Stand, den wahren Zustand feines Herzogthums aus den

14 richtigſten Gesichtspunkten beurtheilen zu können.

Er wirk,

te auf mehrere Weise das Gute , und wenn er gleich´durch die religiöse Tendenz seines Charakters zu manchen Einsei tigkeiten und Fehltritten verleitet ward ,

so hinderte ihn

dieß nicht , für die Wiederaufhelfung und Verbesserung seis

1 ner Besigthümer nach besten Kräften und Einsichten zu for gen.

Er löste die an Hannover verpfändeten Aemter wie

der ein , und seßte1 eine eigne Reluitions - Kommiſſion dazu nieder. # Mit Frankreich schloß er einen Handelstraktat, wodurch er vorzüglich den Handel der Stadt Rostock nach diesem Reich befördern wollte.

Durch den Teschner Frieden

von 1779 erhielt Mecklenburg für seine Ansprüche an die Landgrafschaft Leuchtenberg das uneingeschränkte jus de non appellando , und der Herzog berief einen Konvoka tionstag zur Einrichtung eines künftigen Oberappellations, gerichtes. Er

Doch mußte dieß zur Zeit noch unterbleiben.

errichtete Fabriken

und

Manufakturen

in

seinem

Lande,

und verbesserte das Schulwesen. Er selbst war 1 ein Kenner und Befördrer der Künste. Zu Ludwigsluft er.

baute er ein prächtiges Schloß , volle Kirche.

und eine sehr geschmack.

Er hinterließ seinem Nachfolger das Land

in einer Ruhe , deren es lange so anhaltend 5 nicht genoffen hatte, und doch war dieß das Werk einer kurzen Zeit ge wesen, da noch selbst unter seiner Regierung das Herzog thum ein Schauplaß der beunruhigendsten Kriegsscenen ges worden war, dié es faſt unter dem Druck eines solchen Elends håtten erliegen lassen , wenn eine gütige Macht nicht schnell ·der allgemeinen Noth zu Hülfe gekommen wäre.

Ľ Erstes

Kapitel

Günftige Erwartungen von Regierungsantritt des jeßigen Herzogs. Landtag zu Stern ihm. - Erste Beschäftigungèn deſſelben, Der Herzog bestås berg. Ungewöhnliche Frequenz daſelbſt. tigt die Privilegien der Stände, und nimmt ein Geschenk von ihr " nen. Konftitutionen. - Das Seminarium zu Ludwigstufi und 4 das Werkhaus zu Schwerin. - Auswärtige Angelegenheiten des Regenten.

Uebrige Funktionen deſſelben.

Vie prekåre Ruhe , deren das Herzogthum bisher in kur, zen vorübeţeilenden Zwischenräumen , wie einzelner flüchti▪ ger Sonnenblicke nach drohenden Gewitterstürmen genossen hatte , schien jeßt allmålig in einen dauernden und bleiben den Frieden übergehn zu wollen. Herzog Friedrich Franz war der einzige

und

nächste Thronerbe , der nach dem Ableben seines Oheims am 24. Aprill 1785 den Herzoglichen Stuhl bestieg.

Das 1785.

Land begte von den persönlichen , vortrefflichen Eigenschaften des jungen Regenten die günstigsten Erwartungen.

Er

hatte sich schon früher durch seine edle Jugend , durch die Tiebreiche und herablaffende Wilde seines Charakters gegen jedermann , durch die schonende Mäßigung und überwiegen.

16

de Toleranz in feinen Gesinnungen und Aeußerungen über andre,

die Herzeu aller im Volk gewonnen.

Unter der

Anleitung feines Oheims , als eines vielerfahruen und ge übten Meisters in der Kunst zu herrschen , hatte er sich mit dem eigenthümlichen Gang der Regierungsgeschäfte auf das angelegentlichste vertraut gemacht.

Schon vorher hatte er

zu Lausanne in der Schweiz , während seines frühern Auf enthaltes daselbst, sich jene vielfachere und allseitigere Bil dung des Geistes zu verschaffen gesucht , die feinem`lebhaf ten Genie ein höheres Bedürfniß war ; und man hielt sich allgemein versichert, daß unter dem Scepter eines so man nichfaltig und vortrefflich ausgebildeten Fürsten die langer fehnte Ruhe für Mecklenburg endlich hereinbrechen werde, die bisher wie ein täuschendes Phantom oft eben so schnell verschwunden als gekommen war.

Auch war die Freude

lange so allgemein und herzlich nicht gewesen , als eben da, mals bey seinem Regierungsantritt ;

und wenn gleich der

Verlust eines so sehr geschäßten Landesfürsten , `verstorbné Herzog war ,

als der

die Gemüther auf eine Zeitlang

noch mit der innigſten Trauer erfüllte ; sø sah man dagegen auf der andern Seite alle jene fröhlichen Aussichten in rei zender Perspektive vor sich eröffnet, welche die Erscheinung eines neuen Regenten auf dem Thron nur immer gewähren kann , und die hier insbesondre durch die Person des jungen Kronerben felbst, durch seine früher geäußerten Grundsäge und ernstlich gefaßten Entschlüsse eine ganz eigne vorzüglt chere Bedeutung erhielten .

Mit der Geschichte und Verfassung seines Landes auf das genaueste vertraut , ließ es sich von seinen þellera Ein sichten

17 fichten erwarten , daß er gerade den rechten Punkt treffen würde , um allen jenen Mängeln abzuhelfen , die bisher dem größern Wohlstand deffelben noch immer im Wege ge= ftanden hatten.

Auch äußerte er bey seinem Regierungsan

tritt dem engern Ausschuß der Ritter », und Landschaft seine Meynung darüber in einem eigenhändigen Schreiben , und daß es ſein sehnlichster Wunſch ſey : die völlige Eintracht zwischen Haupt und Gliedern wieder herzustellen , um das ` Ganze zu erhalten.

Er notificirte demselben zugleich darin

das erfolgte Ableben seines Oheims und feine eigne Besige nehmung von der Würde und den Insignien eines › regie» renden Herzogs zu Mecklenburg Schwerin.

Außerdem ent»

hielt das Schreiben des neuen Regenten eine Bestätigung des

gedachten Kollegiums in seiner bisherigen Qualität, als eines die Ritter ; und Landschaft repräsentirenden Korps,

und versprach demselben die fernere Aufrechterhaltung aller seiner Gerechtsame und Privilegien.

Wie der engere Ausschuß auf diese Art die Zusiche rung des Landesherrlichen Schußes erhalten hatte, so was ren alle übrigen Hofbediente , Minister und Räthe des ver Storbnen Herzogs bereits schon früher in ihren fåmmtlichen Chargen bestätigt , und der Gnade ihres jeßigen Herrn in den huldreichsten Ausdrücken versichert worden.

Daben

versäumte der Herzog nicht , gleich. Anfangs sich die Er neuerung einiger früherer Verordnungen angelegen seyn zu laffen.

Er konfirmirte die für die Mecklenburgischen Ståd. te errichtete Brand · Assekurations ? Gesellschaft mit allen ihren genauern Bestimmungen und Ärtikeln. B

Den an die

"

18 Brandkasse zu entrichtenden rückständigen Beykrags- und Entschädigungsgeldern ward ein Prälationsrecht in Kon kursen zugestanden ,

und selbige von allem Arrest befreyk.

Außerdem wurden noch mehrere andre für das Ganze sehr heilsame Verordnungen

in diesem

Jahr entworfen und

publicirt. Unterdessen war der diesjährige Landtag bereits am 30. November mit den gewöhnlichen Soennien zu Stern berg eröffnet worden.

"

Der" Enthusiasmus für den neuen Sein Lob erscholl einstimmig Regenten war allgemein. von den begeisterten Lippen , und man war von allen Seiten auf das zahlreichste herbeygeströmt , um die dießmaligen Verhandlungen ,

auf welche man begieriger als je war,

hier gleichsam aus der nächsten und sichersten Quelle zu ers fahren.

Man hatte sich sogar mit der Hoffnung einer per

sönlichen Anwesenheit des Herzogs geschmeichelt , und die große Konkurrenz von Fremden , welche dadurch veranlaßt, worden war , der lebhaftere Verkehr in der Stadt selbst, die allgemeine Stimmung , welche sich nicht selten in den lautesten und ungezwungensten Freudensbezeugungen zu er■ kennen gab: das alles lich dem Ganzen einen neuen , bis her ungewohnten Reiz von Glanz und Herrlichkeit , der die Würde und Hoheit des Regenten sehr gut zu repråſentiren vermochte , wenn er zwar selbst in Perſon für dießmal nicht erschienen war. Nichts desto weniger aber nahm er an den Verhand lungen der Landtagsversammlung mittelbar den lebhaftesten Antheil.

Er bestätigte zugleich die Landes - Reverſalen,

19 und versprach den Ständen , sie bey ihren Privilegien zu schüßen: weßhalb er die von ihnen erbetne Konfirmations, akte ausstellte.

Auch nahm er das Geschenk , welches sie

ihm ihrerseits als einen Beweis ihrer Bereitwilligkeit und großen Dienſteifers , wåren , an.

womit ſle Sr. Durchlaucht ergeben

in einer ansehnlichen

Summe Geldes darboten,

Nur die Stadt Rostock und der Stargardische Kreis

hatten sich von diesem Anerbieten ausgeschlossen , und wei gerten sich , ihren Antheil dazu beyzutragen : dieser , weil er keine Verbindlichkeit dazu habe; jene so lange, bis der Herzog sie selbst persönlich mit seiner hohen Gegenwart in ihren Mauern begnadigt haben werde.

Den Landtags ? Deliberationer folgten mehrere heilsa- 1786, me Verordnungen, die von dem Scharfblick des Regenten zeugten, womit er den Mångeln abzuhelfen bereit war, die fich dem Wohl seiner Erblande entgegenstellten. gehört

seine

Konstitution

wegen

Dahin

Examinirung

und

Immatrikulirung der Notarien von einem der drey höhern Justizhöfe des Landes,- zu Güstrow, Schwerin oder Rostock ; um alle untauglichen Subjekte wo möglich von den Nota riatsgeschäften

dadurch auszuschließen ,

welche denselben

häufig vorstanden , ohne die erforderlichen Einsichten dazu zu besißen, oder die gehörige Gewissenhaftigkeit zu haben, um den beschwornen Pflichten eines Notars Genüge zu leis ften.

Dabin gehört feruer seine Erneuerung der bereits

schon früher in den Jahren 1750 und 1765 erlaßnen Pa teutverordnungen Städten.

wegen Bebauung wüster Plätze in den

Dahin gehört endlich das Duell - Mandat vom

B 2

20

25. Sept. d. J. , und mehrere andre Konftitutionen , die hier einzeln aufzuführen zu weitläuftig feyn würde. Indeß beschränkte er feine Thätigkeit hieben nicht bloß auf die Abfassung einzelner , an sich todter Legislatios nen, die bey dem besten Willen dennoch oft ohne den rech ten Erfolg blieben.

Auch unmittelbar , durch Anlegung

Heilsamer und gemeinnütziger Institute , fuchte er auf die Gesammtbildung des größern Haufens zu wirken.

So

entstand das Seminarium für Landſchullehrer zu Ludwigs, Just ; in aller Hinsicht eine sehr philantropische Anstalt , de ren Absicht es war , dem öffentlichen Kinderunterricht eine zweckmäßigere und beffere Einrichtung als bisher zu geben ; indem man zuförderst denen selbst eine gründlichere Anlei tung und Ausbildung zu verschaffen ſuchte , die in der Fol. ge für die Erziehung des jungen Anwuchses bestimmt waren. Freylich war das so eben genannte Institut schon unter der vorigen Regierung gestiftet worden .

Doch erhielt es erft.

jezt durch die Sorgfalt des neuen Thronbesitzers eine voll

1 tommnere Organisation , der dem Hofdiakonus Paffor die Aufsicht desselben 1 mit der Vollmacht zu nöthigen Refor men anvertraute. *)

Es war überhaupt ein schöner Zug in dem Charakter des Regenten , der ihn das Andenken seines Oheims auf die edelste Art , durch Vollendung deffen, was er noch una

*) Man vergleiche darüber die Bemerkungen des Hrn. Hofpredis gers Ackermann über Reinholds Beschreibung des Seminars zu Ludwigsluk ; abgedruckt im Patriss tischen Archiv der Herzogthümer Mecklenburg. Jabrg. 1803 , sten Bandes ates St. S. 97 ff.

1

21 vollkommen gelaffen hatte , Seminarium zu

chren ließ.

Ludwigslust ,

Nicht allein das

auch das Werkhaus zu

Schwerin , erhielt auf diese Weise seine vorzüglichere Ein richtung , da der Herzog die zu einem Monument für den verstorbnen Regenten bestimmten Beyträge als Fond be 曼 nußte , um dem gedachten Institut feine jezige Gestalt zu geben.

Mehrere nachfolgende Vermächtnisse haben das

Kapital diefer wohlthätigen Stiftung ansehnlich vermehrt, die zum Erwerb armer , nahrungsloser Kinder in der Stadt bestimmt ist , welche hier im Garn- und Wollspinnen ynents geldlichen Unterricht erhalten ,

und für ihre Arbeit eine

angemeßne Bezahlung entgegen nehmen.

Während der Herzog auf solche Art für die innere Einrichtung und Verbesserung seiner Staaten Sorge trug, versäumte er ebenfalls nicht , feine auswärtigen Angelegen heiten mit gleicher Pråciſion zu beseitigen.

Er hatte schon

unterm" 21, Mårz d. J. um die Belehnung mit feinen Erb. Ländern beym kaiserlichen Hof zu Wien schriftlich nachges sucht.

Daben bezog er sich zugleich auf eine von den

deutschen altfürstlichen Häusern bey dem gedachten Hof 1 gemeinschaftlich geführte Beschwerde,

bereits seit 1767

welche theils auf die bey der Reichshofraths , Kanzley übli. che,

willkührliche Tare der Belehnungsgebühren ,

und vorzüglich auf den daselbst eingeführten ,

theils

gravirenden

Unterschied zwischen der Juvestitur eines Churfürsten und eines Fürsten aus einem alten Hause, unter denen bekanut, lich die Herzoge von Mecklenburg einen sehr hohen Rang behaupten ,

gegründet war.

Der Kaiser hatte indeß so

22 wenig auf jene åltere Vorstellung geantwortet , darin geführten Beschwerden zu erledigen gesucht.

als die Dieß

war auch der Grund , warum weder beym Antritt der vo rigen , noch bey der gegenwärtigen Regierung die wirkliche feyerliche Investitur vor dem kaiserlichen Thron durch Ab. gesandte statt gehabt hatte.

Außerdem berichtigte der Herzog in diesem Jahr noch mehrere Grenzstreitigkeiten ; unter andern mit Sachſen Lau enburg wegen Neuhof und Stintenburg , und mit Strelig wegen Mallin und Bulkenzien. ton ertheilte

Dem Grafen von Schmets

er die Erlaubniß ,

von den Mecklenburg

Schwerinischen Staaten eine ähnliche große Charte , wie vom Herzogthum Streliz zu gemeinnüßigen Zwecken ent werfen und auf Subscription herausgeben zu dürfen.

Auch

unterstüßte er dieß Vorhaben überdieß noch auf mancherlen Weise.

Er selbst präsidirte in den Regierungs- und Kam

mer - Seſſionen zu Schwerin bey der ersten Sihung eines jeden Monats ,

und suchte auf diese Weise sich von dem

Zustande , wie von den jedesmaligen Beschäftigungen dieſer beyden höchsten Landes - Kollegien unmittelbar die nächſte und ſicherste Kenntniß zu verſchaffen.

Zweytes Kapitel.

Deutscher Fürſtenbund.

Des Herzogs Beytritt zu demſelben. -

Bies

derfreymachung der von Preußen okkupirt geweſenen Aemter Elde: Befreyung der Städte na , Plau , Marniz und Wredenhagen. Lübz, Vlau und Parchim von preußischer Einquartierung. Grenz berichtigungen. Erbvereinigungstraktat. www Innere Angeles genheiten.

D er Beytritt des Herzogs zum deutschen Fürstenbunde verherrlichte insbesondre das folgende Jahr.

Es war ein 1787.

Meisterstück der Politik des großen Friedrichs von Preußen gewesen , daß er diesen Bund nicht lange vor seinem Tode noch zu Stande brachte, über deſſen Entwurf und mögliché Realisirung

er schon früher bey sich nachgedacht hatte.

Er hielt ihn für das kråftigste Mittel , um dem eigennüßi gen Vergrößerungs - System der Desterreichischen Monars chte entgegen zu wirken , die ihre verderblichen Plane aufs neue insbesondre bey dem so berüchtigten Tauschprojekt der Bayerischen Erblande gegen die Niederländischen Beſihun. `gen des Kaisers unter dem Titel eines Burgundiſchen Kös nigreichs an den Tag gelegt hatte.

Die genaueren Artikel

dieses Bundes waren bereits im Sommer 1785 zu Berlin

24

von Chursachsen , Churhannover und Churbrandenburg un terzeichnet worden.

Man wollte sich dadurch wechselseitig

zur Aufrechterhaltung und Befestigung der durch den West phälischen Frieden, die Wahlkapitulationen und andre Reichs, grundgefeße gültig konstituirten Reichsverfassung auf das genaufte verbinden , und der Beytritt mehrerer der angefez als der Herzige von Zwey

hensten deutschen Fürstenhöfe ,

brücken , von Sachsen - Weimar und Gotha , von Braun schweig , des Landgrafen von Heffen - Kaffel, ja selbst des Churfürsten von Mainz und feines Coadjutors machten die fen Bund später zu einer bedeutenden Allianz , welche die kaiserliche Macht in ihren Schranken erhalten sollte. *) Einer solchen Koalisation der gedachten Häupter war der Herzog ebenfalls beygetreten , und es ist nicht zu leng nen ,

daß der Plan , mit dem König von Preußen , als

dem Urheber und Stifter des mehrmals gedachten Bundes, in ein näheres,

freundschaftlicheres Verhältniß zu treten,

hieben den bedeutendsten Einfluß hatte. Grenzverbindung

Mecklenburgs

mit

Die natürliche

den benachbarten

mächtigern Staaten der Preußischen Monarchie machen ein engeres ,

politisches Band zwischen beyden Territorien sehr

evident , ja fast nothwendig :

wenn auch nur wegen der

Menge von Limitarverhältnissen , die möglich in den vers fchiedensten

Modifikationen

vorkommen

können.

Auch

scheint sich dieses bedingte Syſtem der vaterländischen Pos 17 litik , daß ſeit der leßtern Epoche nur eine einzige bedeutende

*) Heinrichs Deutsche Reichsgeschichte. theil. VI. S. 703 und ff.

Ch. 8. Reunte Abz

1 25. Ausnahme unter. Herzog Friedrich leidet , der sich dadurch allen jenen Bedrängnissen ausscßte , die der siebenjährige Krieg über das Herzogthum brachte , in der gegenwärtigen Zeitfolge ganz vorzüglich bewährt zu haben.

Dem Lande

entsproffen die reichsten , gesegnetesten Früchte daraus , und insbesondre hoffte der Herzog damals von der größern Will fährigkeit und Nachgiebigkeit des Berliner Hofes die sicher. ften Vortheile für sich zu årndten.

Es betraf nämlich nichts Geringeres ,

als die Wie

derfreymachung der seit 1734 von Preußen okkupirt gewes fenen vier Aemter Eldena , hagen.

Plau , Marniz und Wredens

Eine Erweiterung des kaiserlichen Konservato

riums von 1717 ,

daß die Mecklenburgische Ritterschaft

in ihrer damaligen höchst prekåren Existenz beym Reichs hofrath zu Wien für sich ausgewirkt hatfe , und das An fangs nur auf Churhannover und den Herzog August Wils helm

von Braunschweig : Wolfenbüttel ,

als exequirende

Mächte deffelben lautete , hatte ſpåterhin auch dem Könige von Preußen ,

als Herzog von Magdeburg und kreisaus,

schreibenden Fürsten

des Niedersächsischen Kreises einen

Vorwand gegeben , feine Exekutionstruppen in das Herzog thum schicken zu dürfen.

Sie nahmen die so eben genann

ten vier Aemter zur Bestreitung der Kosten einstweilen in Besitz, und zu Parchim wurde eine eigne Kasse deshalb er. richtet, an welche die Amtspächter ihre Pachtgelder aus Seitdem war die Wiederer 7 zuzahlen angewiesen wurden. langung jener Aemter unter den beyden folgenden Regie» rungen mauchen Hinderniſſen unterworfen gewefen.

26 Christian Ludwig II. hatte genug zu thun , am die innere Ordnung der Dinge in feinen Besißthümern wieder berzustellen und zu erhalten , die so lange durch die unans genehmsten

Ereignisse daraus verscheucht , geblieben war.

Herzog Friedrich , sein Nachfolger sah sein Land sehr bald aufs neue mehrern drohenden Gefahren ausgesetzt , die ihn wenigstens fürs erste die völlige Redintegration feiner Für stenthümer sobald nicht hoffen ließ ;

und wenn er gleich so

glücklich war , in der Folge feinen Negotiationen mit der Großbritannischen Majestät über die Reluition der an Han nover verpfändeten Befihungen einen vortheilhaften Aus 1 gang zu verschaffen , so ließ sich ein Gleiches für die Wie derfreymachung der von Preußen W okkupirten Aemter von den

damaligen

Gesinnungen , des

Berliner Hofes nicht

erwarten.

Erst nach dem Tode Königs Friedrichs II. wurden von Schwerinischer Seite die nöthigen Unterhandlungen mit Preußen darüber eröffnet.

Sie wurden bald und

glücklich beendigt , und dem gegenwärtigen Herzog gebührt der Ruhm ,

diefen Theil seines Landes zu ſeinen übrigen

Erbftaaten wieder zurückgebracht zu haben.

Er zahlte das

für an den König von Preußen die Summe von 172,000 Rthlr. Gold.

鲨 Alle Pächter in den wieder freygemachten

Aemtern follten bey ihren vorigen Pachtkontrakten gelaſſen werden ,

und außerdem versprach der Herzog noch, das

Personale der bisher von Preußischer Seite in Parchim niedergefeßt geweſenen Adminiſtration künftig zu versorgen. Der König mußte dagegen seine Beſaßungen aus dem Lan

27 de ziehn.

Der Herzog erhielt den vorigen , unumschränk

ten Besiß seiner Aemter wieder zurück , und insbesondre wurden die dren Städte Lübz , Plau und Parchim von der für sie so lästigen preußischen Einquartierung befreyt , wels che sie bis dahin hatten einnehmen müſſen.

Es wurden

bey dieser Gelegenheit zugleich noch einige Grenzstreitigkei ten , die an der Prignißer Grenze obgewaltet hatten , bes richtigt.

Mehrere Territorialbeſtimmangen würden deßhalb

getroffen , und der im J. 1752 zwiſchen Herzog Chriftian Ludwig II. und dem König Friedrich II. von Preußen uns terzeichnete Erbvereinigungs- und Succeſſionstraktat wurde aufs neue zwiſchen beyden Fürstenhäusern in allen seinen Theilen bestätigt.

So war das nachbarliche Verhältniß zwischen Mecks lenburg und den Churbrandenburgischen Staaten von den beyderseitigen Regenten stimmt worden.

nåber und freundschaftlicher be

Es hatte unterdeffen nicht an heilsamen

und nüglichen Verordnungen für die innern Departements gefehlt,

mit denen der Herzog für das allgemeine Beste

feiner Erblande bemüht gewesen war.

Die Herzoglichen

Kommissarien hatten bereits bey Eröffnung des vorigjähri. 1786, gen Landtags zu Malchin in ihren Propofitionen auf die ſtårkere Beförderung des inländischen Verkehrs Rücksicht genommen.

Auch bewilligte man von Seiten der Stände

mehrere Imposte , wovon die Aufkünfte zur Belebung des größern Betriebs unter der erwerbenden Klasse angewandt werden sollten.

Der Herzog selbst erbot sich , die Aufnah☛

me der allgemeinen Industrie in feinen Landen mit einer

28 jährlichen

Summe

zu unterſtüßen.

Er erließ mehrere

Verordnungen, die eben denselben Zweck beabsichtigten .

Um

auch unter den niedern Ständen einen gewissen Geist der Thätigkeit und des bürgerlichen Nahrungsfleißes zu erwes den, fuchte er die Einwohner in den kleinern Landſtådten zu

allerhand industridsen

Beschäftigungen aufzumuntern,

und feßte Prämien für ſie aus. *) Er schränkte den unndthi, gen Lurus ein, mit dem man seit einiger Zeit das gewöhn liche Trauerceremoniell und den Aufwand bey den feyer lichen Exequien der Verstorbnen zu erweitern angefangen 1787. hatte, und ließ auch deswegen auf dem Landtage zu Stern berg die erforderlichen Vorträge machen.

Dem neuerrich

teten Armeninstitut zu Güstrow , so wie der daselbst fun dirten und von ihm bestätigten Rathswittwen Kaffe er theilte er das privilegium pii corporis.

Insbesondre

auch ließ er sich die Verschönerung seiner Hauptstådte an gelegen seyn , und bestimmte gewiſſe Procente , welche zur Aufführung neuer Håufer den Bauherrn als Hülfsgelder Hergegeben werden sollten.

Es fehlte nicht an andern wohls

thätigen Anordnungen und Beliebungen für die männichfal tigsten Verhältnisse , und außerdem gewährte es dem Re genten noch eine besonders angenehme Hoffnung , daß es den Anschein hatte , als würden die bisherigen Mißhellig keiten zwischen ihm und feiner Stadt Rostock , die noch seit der vorigen Regierung fortgedauert hatten, mit dem ehsten völlig bengelegt feyn. *) Namentlich beförderte er auf diese Weise die sorgfältigere Kuls tur der für das Land so einträglichen Bienenzucht.

29

Drittes Kapitel.

Rostock. ― Früherer Glanz desselben. ‫ ܐ‬Uebermuth gegen seine Landes Herren. Neuere Streitigkeiten der Stadt mit dem vorigen Hers jog. - Es wird eine Kommission zur Untersuchung daselbst nies

dergesetzt.

Erbvertrag von 1788. ―

Herzogs in Roſto .

Feyerlicher Einzug des

Er fanktionirt den Erbvertrag durch seine

Unterschrift.

Y

Die Stadt Rostock hatte ſeit den ålteſten Zeiten als der reichste Juweel in der Krone des Herzoglichen Hauses ge glänzt.

Seit der für die deutschen Städte überhaupt so

fruchtbaren Periode des Mittelalters

war auch sie all

mählich zu dem blühendsten Wohlstand ihres Handels und des thätigsten Gewerbfleißes emporgestiegen.

Sie hatte

ihre Schiffahrt insbesondre seit der Mitte des dreyzehnten . Jahrhunderts

nach den

gegenüberliegenden

Schonischen

Küsten , nach Dänemark , dem entfernteren Norwegen und nach England zu einem beträchtlichen Ansehn erweitert. Durch ihre natürliche Lage nahe am Ausfluß der Warnow in die Ostsee auf das vortheilhaftefte zum Seehandel geeig net, war sie nach und nach in den verschiedensten Epochen ihres städtischen Emporkommens von den Landesherrn felbf

30 mit den wichtigsten Privilegien und Handelsfreyheiten be schenkt worden.

Sie hatte sich als eine Bundesgenoſſin

der großen deutschen Hanfe , jener furchtbaren Konfödera tion der reichsten und blühendsten Seeftädte des nördlichen Deutschlands , die sich wie eine mächtige Schußmehr zur Aufrechterhaltung ihres Alleinhandels auf den avgrenzenden Nordischen Gewäſſern erhoben hatte , rühmlichst ausgezeich, net.

In den verschiednen Kriegen gegen Dänemark hatte

fie mit den übrigen verbündeten Städten ihre eignen Flotten gemeinschaftlich ausgerüstet, und die Beyträge an Schiffen, Mannschaft und Munition dazu verhältnißmäßig in größern Quantitäten und mit einem bedeutendern Kostenaufwand geliefert, als selbst mehrere ihrer Bundesverwandten , die zum Theil auf einen höhern Rang Anspruch machten.

Es

waren außerdem noch mit den nachbarlichen Wendischen Seestädten Lübeck, Wismar ,

Stralsund und Greifswald

mehrere besondre Bündnisse von ihr zu verschiednen Zwecken unterhalten worden , die nach dem Bedürfniß der Zeitums stånde unter ihnen erneuert wurden , und wobey es haupt sächlich auf eine engere Verbindung zur wechselseitigen Theil. nahme an ihren gemeinsamen städtischen Angelegenheiten, oder zur nachdrücklichern Aufrechterhaltung ihrer ſtatutari. schen Gerechtsame und Freyheiten gegen die Eingriffe ein zelner Hoheitsrechte ,

oder gegen die oft gewaltsamen Std

rungen ihres Handels durch die Befehdungen des eifersüch. tigen Adels abgeſehn war.”

Es konnte nicht fehlen , daß so bedeutende , zum Theil so mächtige und weit ausgedehnte Handelsbündniſſe,

31 als die deutsche Hanse war , der Stadt mit der Zeit einen wichtigen Einfluß auf eine große Mehrheit der damaligen Konjunkturen verschaffen mußten.

Durch eine Menge von

Vorzügen und die vortheilhaftesten Kommerztraktate begün»

. ftigt, wehten ihre Wimpel in allen Håfen des Baltischen Meeres , und der kühne Unternehmungsgeist ,

mit dem sie

ihre Schiffahrt zum Theil felbst in die entlegneren Gewässer der Nordsee und des atlantischen Oceans erweiterte , gab ihr schon früh einen Anstrich von reichsstädtiſcher Opulenz und Wohlhabenheit , der nicht selten die Eifersucht der übri gen Städte auf ſie rege machte.

Rostock war überdieß

seit dem funfzehnten Jahrhundert der Siß einer nicht uns berühmten hohen Schule , die im J. 1418 von den Hers zögen Johann und Albrecht dort gestiftet , und vom Pabst Martin V. mit Ausnahme der einzigen theologischen Fakul tåt beſtåtigt worden war ; weil er es in jener , für die geiſt» liche Oberherrschaft der römiſchen Hierarchie so bedenklichen Krisis eben nicht gerathen finden mochte , dem herrschenden Geschmack des Zeitalters eine zu überwiegende Richtung da durch zu geben , das mächtig strebte , sich aus seiner bis herigen Lethargie zu erheben , und die entehrenden Fesseln der Dummheit und des stupendesten Aberglaubens von sich abzuwerfen, um die eigenthümlichen Rechte der Menschheit gegen die übertriebnen Usurpationen des papistischen Katho licismus zu vindiciren. *)

Sein Nachfolger auf dem apo.

ftolischen Stuhl, Pabst Eugen.IV. schien indeß diese kleins liche Besorglichkeit,

als der dreyfachen Krone unwürdig,

\") Rudloffs Handb . der Meckl. Gesch . Th . 2. Bd . 2. E. 580.

32 mit größerem Muth zu verachten ; oder vielmehr : er glaubs 1 te dem gefürchteten Uebel grade durch das entgegengesetzte Mittel, das man vorhin hatte vermeiden wollen , am kråf tigsten entgegen wirfeu zu können. Auch die theologische f Fakultät ward förmlich von ihm inſtallirt , und die völlige Einrichtung der jungen Akademie , die durch den Zusam, menfluß mehrerer berühmter und vortrefflicher Männer des damaligen Zeit bald zu ihrer berrlichsten Blüthe empoc wuchs , ertheilte der Stadt eine neue Celebritåt , wodurch sie sich zugleich den Ruhm einer der åltesten deutſchen Uni versitåten erwarb ,

welche die Künste und Wiſſenſchaften

durch ihren belebenden Einfluß schon vorlängst zu einem ge heiligten Tempel der Musen umgeschaffen hatten.

Indessen reiste der Gipfel ihres Glücks die übermüs thigen Städter zu manchem frevelhaften Muthwillen und frivoler Ausgelassenheit,

die nicht selten den Stempel wil

der Empörung an der Stiru trug.

Nicht allein , daß håu

fige Faktionen und blinde Partheysucht einen beständigen Gährungsstof im Innern unterhielten , der sich dann oft in den heftigsten und verderblichsten Exploſionen bürgerlicher Zwietracht Luft zu machen suchte , und zu den ernstlichsten Auftritten Veranlassung gab.

Der unruhige Spekulations.

geist einer durchaus kaufmännischen Verfassung , die eine überwiegende Proximität zur republikanischen Form der deutschen Reichsstädte enthielt, ließ sie selbst das verwegne Mittel einer förmlichen Inſurrektion gegen ihre Landesherren nicht verabscheun , sobald es darauf ankain , ihre erworb. Hen Rechte gegen die mächtigern Eingriffe derselben zu ver theidi

#

33 theidigen , fichern ,

oder sich gegen künftige Beeinträchtigungen zu

welche oft nur in der bloßen Furcht vor einem

imaginären Uebel ihren Grund hatten. Die Geschichte des Mittelalters ist reich an ähnlichen Beyspielen von dem übermüthigen Troß der Städte, die auf ihren Reichthum stolz , den hartnäckigsten Kampf mit der überlegneren Macht des begonnen.

herrschenden Feudalsystems

Der Bund der lombardischen Freystaaten war

in dieser Art ein einziges Phänomen , gegen deffen furchts bare Gewalt Friedrich Barbarossa und sein Enkel, Kaiser Friedrich II. , der größte Held des modernen Zeitalters, **> mit dem ganzen Ansehn ihres Herrscheramtes zu kämpfen hatten. sprung

Auch die deutsche Hanse hatte ihren ersten Ur einer

ähnlichen Veranlassung zuzuschreiben ;

und

wenn gleich die schon gedachten kleinern Konföderationen der wendischen Seeftådte dieser so wenig , wie jenem bes rühmten Bunde der italiänischen Republiken an Macht und ausgedehnten Handelskonnexionen gleich kamen ; . so waren fie doch mit ihnen unter sehr bomogenen , politischen Ans läſſen entstanden , und beabsichtigten , einige wenige Aus nahmen , die größtentheils in Lokalverhältnissen ihren Grund hatten , abgerechnet , mit ihnen denselben Zweck.

Wie aber nach und nach fast alle jene Stådte in dem langwierigen und

ermüdenden Kampf mit den einzelnen

Souveränitätsrechten der Fürsten mehr oder weniger von

* Rubloff a. a. D. S. 843. folg. **) Europa, berausgegeben von Fr. Schlegel Bd. 1. St

1, S. 13, C

34 ihrer alten , ursprünglichen Form einbüßten , weil sie sich zu schwach fühlten ,

um ihre politische Selbstständigkeit

auf die Länge mit Erfolg gegen diesen mächtigen Feind be haupten zu können , der besonders seit Errichtung der fte, henden Milizen eine entschiedne Superioritåt über sie be kommen hatte ; wie sie überdieß durch die Wuth der Faktio nen nicht selten einen weit verderblichern Streit in ihrem Innern entzündet fahn , als den , führen mußten ,

welchen sie nach außen

der ihre bürgerliche Freyheit allmålig von

selbst , und ungleich planmåßiger in seinen Wirkungen uns tergrub , als alle vielfach wiederhohlten Verfuche der Re genten , sie zu erbunterthänigen Verkörperungen ihrer Staa ten zu machen ; so war es mit Rostock unter wenig verån derten Umständen derselbe Fall , und die Geschichte dieser Stadt enthält die mannichfaltigsten Belege hierzu.

Zwar

krug sie von jeher den Charakter der Erbunterthänigkeit ge☛ gen das regierende Haus , und gab denselben in einzelnen, vorkommenden Fållen auf das unzwer,deutigſte zu erkennen. Nichts desto weniger aber hatte sie sich durch ihre Privilegien und

ansehnlichen

Vorrechte einen Schein von größerer

Unabhängigkeit erworben ,

wodurch in ihren Bürgern zus

gleich eine Idee von höherer Freyheit erregt und allmålig ausgebildet ward ,

die nicht selten in die übertriebensten

Pråtensionen ausartete , und welche ſie beständig mit eifer süchtigen Blicken ,

wie ein hundertåugiger Argus , über

das heilige Palladium ihrer ſtädtiſchen Gerechtſame gegen ( obersten Staatsgewalt was

die höhern Funktionen der chen ließ.

35 Die Verfassung von Rostock war ganz dazu geeignet, um fortdauernde Mißhelligkeiten zwischen den Regenten und der Stadt zu unterhalten. 1 Die mannichfältigsten und viels 1 ſeitigsten Komplikationen

landesherrlicher Befugniſſe und

städtischer Freyheiten , die oft, wie ein vielfach verschlung, 4nes Knotengewinde , in den verschiedensten Gestalten vor kamen , ließen es an Stoff zu häufigen Irrungen nicht fehs len ,

und erregten unter beyden Theilen ein gegenseitiges

Mißtrauen , das oft um so tiefer Wurzel faßte , je mehr ein jeder bey einer solchen Berwicklung in vorkommenden Kollisionsfällen für seine eignen Rechte fürchten zu müſſen glaubte. *)

Noch unter der vorigen Regierung waren

bedeutende Differenzen entstanden ,

die ihrer Natur nach

eine so baldige Ausgleichung nicht hoffen ließen. anlaffungen waren mancherley gewefen. Theil die dortige Akademie.

Die Ver

Sie betrafen zum

Der Herzog hatte bey Erle

digung einer theologischen Profeffür den Professor Daeders lein aus Halle nach Rostock berufen.

Da er dort die Dok

torwürde schon erlangt hatte, so wollte er sich hier aufs neue keinem zweyten Examen unterwerfen. stand der akademische Senat darauf.

Dennoch bes

Der neue Profeffor

wandt sich deßhalb an den Regenten ; der Magistrat nahm sich der Sache der Akademie an.

Indessen gab der Hers

zog diefem Streit eine sehr frappante Wendung , dadurch, daß er sich entschloß , die Universität selbst , als die un mittelbare Ursache seiner Zwiftigkeiten mit der Stadt, nach € 2 *) Wundemanns Mecklenburg in Hinsicht auf Kultur, Kunf und Geschmack. Th. 1. S. 273 ff.

36 Bûzzow zu verlegen, nachdem er zuvor die Bestätigung sei nes Rechts dazu vom Kaiser erhalten hatte.

Doch war

es dieß nicht allein , was die Unzufriedenheit der Rostocker auf ihn rege machte , da er mit der Akademie zugleich der Stadt wenigstens einen nicht ganz unbedeutenden Theil ihrer bürgerlichen Nahrung entzogen hatte.

Noch blutete das

Herzogthum , und insbesondre auch Rostock an den Wun´ den, schlug.

die der siebenjährige Krieg demselben fortdauernd Die Stadt weigerte sich deshalb , den auf fie

fallenden Antheil der allgemeinen Kriegssteuer zu entrichten. Sie mußte endlich ein Regiment herzoglicher Truppen als Exekution einnehmen , machte aber darüber einen Proces beym Reichskammergericht zu Wezlar anhängig , der eine Menge Weitläuftigkeiten nach sich zog.

Es kam dazu,

daß in dem Innern der Stadt felbst aufs neue mehrere Spaltungen und Faktionen entstanden waren ,

die das

Uebel vergrößerten , und die Dazwischenkunft des Herzogs nothwendig machten.

Eine Uneinigkeit zwischen den beyden

Quartieren des Kollegiums der Hundertmånner , deren er ftes aus den Deputirten der Kaufmannschaft und Brauer, das andre aus einer gleichen Anzahl Deputirter von den übrigen Handwerkszünften besteht , hatte die Veranlaſſung dazu gegeben.

Die lehtern hätten sich beym Rath über A

einen Beschluß der erstern förmlich beschwert , vermöge des ſen ſte zu jener gemeinsamen Anlage wegen Entrichtung der preußischen Kriegssteuer

mit verpflichtet worden waren.

Sie hatten sich dabey der Unterschrift : die vier Gewerke und übrigen Deputirte der Tausenden bedient , welche dem Rath sehr anstößig war , und den Verdacht einer förmlichen

37 Absonderung bey ihm erregte ,

da sie seit Einführung des

Kollegiums der Hundertmånner wenigstens nicht mehr üblich gewesen war.

Er verwarf die Beschwerde mit hinzugefüg

ten harten Aeußerungen über das Benehmen der Deputir ten , und daß er solches auf das schårffte zu ahnden wissen werde ,

da es gleichsam eine Zerrüttung der Grundpfeiler

ibrer städtischen Verfaſſung involvire.

Die Mißvergnügten

-nahmen ihre Zuflucht zum Herzog , der ihnen die Versi cherung seines landesherrlichen Schußes gegen alle gewalt fame Låsionen nicht versagte.

Sie erhielten den eignen.

Namen der Rekurrenten , wegen ihres Rekurses an den Hof, und bevollmächtigten einen beſondern Sachwalt ,

der ihre

Angelegenheiten vor dem Regenten besorgen mußte.

Der

Streit ward indessen immer verwickelter : der gegenseitigen Anklagen und Beschuldigungen waren immer mehr gewor den.

Eine Lokaluntersuchung schien fast nothwendig , und

das kürzeste Mittel , machen.

um allen Beschwerden ein Ende zu

Noch im I. 1763 , gleich nach dem wiederher

gestellten Frieden des deutschen Reichs , ward daher eine Kommission vom Herzog unmittelbar am Orte ſelbſt nieder gesezt, deren Leitung und Direktion dem Geheimen Justiz rath . Aepinus und Justizrath von Gundlach anvertraut ward.

Der Rath nannte dieß einen Eingriff in die Ge

rechtsame der Stadt.

Er schickte feine Abgeordneten nach

Wezlar ; allein das Reichskammergericht erkannte ihn für fchuldig,

die Finalresolution der niedergefeßten Kommis

fton abzuwarten.

Indessen verstrich eine Reihe von Jah

ren , che der Zweck derfelben , die Beylegung aller mit der Stadt bisher obgewalteten Irrungen, erreicht werden konnte.

38 Er hatte nach 4 dem Absterben der oben erwähnten Kommiffarien , den

Der Herzog selbst erlebte das Ende nicht.

Hof- und Land . Gerichts - Präsidenten von Thomſtorf und dem nachherigen Vicckanzler Loccenius ein neues Kommiſɑ forium mit der Erweiterung ertheilt ,

die vorwaltenden

Streitigkeiten nicht rechtlich zu untersuchen , sondern eine gütliche Auskunft mit der Stadt zu intentiren .

Doch

mußte er feinem Nachfolger , dem jetzt regierenden Herzog, den Ruhm hinterlassen , die Nuhe selbst wieder hergestellt, und die engeren Subjektionsverhältniſſe der Stadt zu ihrem 1788. Landesherrn durch den Erbvertrag vom J. 1788 nåher und bestimmter ,} als bisher , befestigt zu baben, " von deſſen Ausführlichkeit und Pråciſion ,

mit der für alle künftige

Kolliſionsfälle gesorgt war , sich das Beste für die Zukunft erwarten ließ.

Die Hauptpunkte dieses Vertrags ,

kraft

deffen alle seither statt gehabten Jrrungen hinwegfallen und völlig aufgehoben seyn sollten , flossen größtentheils aus Erbunterthänigkeit der

der behaupteten und anerkannten

Als eine solche soll

Stadt gegen das Herzogliche Haus.

ten dem Herzog alle Rechte der Landeshoheit über sie zue stehn .

Darunter war das Befaßungsrecht , das Recht

der landesherrlichen Gefeßgebung , Kirchenfachen,

das

in Kriminalfällen , oder Lebensstrafen

auch in geistlichen. und

Abolitions- und Aggratiationsrecht

wo es besonders auf schwerere Leibes und

kommt , mit begriffen.

infamirende Züchtigungen

ans

Daben sollte aber die Stadt bey

allen ihren frühern Erbverträgen , namentlich von 1573 und 1584,

der Konvention von 1748 ,

Gerechtigkeiten ,

Befugnissen ,

bey ihren sonstigen

Privilegien ,

Statuten,

f

59 freyem Stadtregiment , bisherigen rechtlichen Observanzen und Verwaltung des Stadtvermögens , unter landesherrli cher Oberaufsicht und Obhut geſchüßt und erhälten werden. Die Akademie follte von Büzzow wieder nach Rostock trans. locirt werden.

Mehrere Freyheiten und besondre Gnaden.

erweisungen wurden der Stadt außerdem noch von dem neu versöhnten Regenten zugestanden , um sie von der Auf richtigkeit seiner Gesinnungen gegen ſie auf das vollkommenſte zu überzeugen. höchsten

Er selbst wollte sie mit seiner persönlichen,

Gegenwart

innerhalb ihren Mauern beglücken,

und durch seinen feyerlichen

Einzug daselbst,

der am 8.

May unter dem Geläute der Glocken von allen Thürmen und dem Donner der Kanonen wirklich erfolgte , gleichsam das wiederhergestellte Band der Eintracht zwischen ihm und feinen Unterthanen auf das kräftigste bestätigen , das ſ● lange schon durch die unangenehmsten Mißverhältnisse zer riffen gewesen war.

Auch überließen sich die Rostocker ganz dem füßen Rausch der Freude, der sie bey einer so außerordentlichen und langerſehnten Begebenheit ergriffen hatte.

Sie feyer

ten die Anwesenheit des Regenten und seiner Gemahlin, die ebenfalls mit einem zahlreichen und glänzenden Hofstaat zugegen war, Volksfeste.

in einer Reihe prächtiger und kostbarer

Die Stadt bezeugte dem Herzog ihre lebhaf

testen Huldigungen ,

und man schmeichelte sich von allen

Seiten mit den angenehmsten Hoffnungen für die Zukunft, da er bereits am 13. May den neuerrichteten Erbvertrag durch seine Unterschrift ſanktionirt þatte, der von nun an

als entſcheidendes Normalgesek

alle

künftigen Kollifio

nen zwischen der Stadt und der Landeshoheit ausgleichen follte ,

die

möglich

nach

diesen lehten

ften Bestimmungen noch vorkommen könnten.

1

und genau.

41

Viertes Kapitel

Günstige Aussichten der Rostocker nach dem Erbvertrag ◄ Elfersucht der Stände auf Rostock. - Vergleich zwischen ihnen und derStadt. Landesherrliche Beschäftigungen des Regenten. → Auswärtige

Angelegenheiten."

Konstitutionen. -

Schauspiele in Schwe Reflexionen über die Verschiedenheit der gegenwärtigen

rin.

und vorigen Regierung in Ansehung ihrer Grundfäße über Volksı bildung.

Die der Schiffer ,

der nach einer langen und unsichern

Fahrt auf den Wellen plößlich die bekannte Inselnküste vor sich erblickt,

die ihm schon von fern mit dem lieblichen

Glanz ihrer Ufer entgegenleuchtet ,

und das frohe Herz

aufs neue mit den füßesten Hoffnungen belebt : so fahn die } Rostocker

der beitersten Zukunft entgegen ,

nachdem sie

durch den Erbvertrag von 1788 das gute Vernehmen mit ihrem Landesherrn wieder hergestellt wußten , und aus den einzelnen Bestimmungen desselben sich selbst für die Wieder aufhelfung ihres bürgerlichen Wohlstandes die günstigste Nativität ftellen konnten.

Eines der wichtigsten Emolu- `

mente für sie daraus war die Restauration der dortigen Akademie, die feit 1760 aus den bereits erwähnten Uefa

chen von dem vorigen Herzog nach Büzzow verlegt worden war.

Jhre völlige Wiedereinrichtung an dem. Ort ihrer

Stiftung , wo sie seit mehrern Jahrhunderten ſchon geblüht hatte, ſchien das Natürlichste, Zweckmäßigste zu seyn.

und zugleich auch das

Auch waren die Bemühungen des

jezt regierenden Herzogs die aufrichtigsten und unermüdet. ften , ihr zu ihrem alten Flor wieder zu verhelfen.

Denn

er ließ sich nicht allein die Verbeßerung ihrer innern Orga nisation und Verfassung durch Anordnung verschiedner heil famer und nüßlicher Reformen auf das forgfältigste ange Legen seyn.

Auch der auswärtige Ruf derselben lag ihm

ſehr am Herzen , und mehrere berühmte und gelehrte Mån ner erhielten die vortheilhaftesten Vokationen nach der red . Integrirten Univerſitåt , unter deren Aufpicien sie ihre neue Laufbahn wie unter dem ſchirmenden Obdach eines günstig waltenden Gestirns beginnen ſollte.

Indessen war es die Wiederherstellung der Akademie nicht allein , welche den Rostockern eine sø günstige Aus, ficht für die Zukunft darbot.

Es waren der Stadt durch

den neuen Erbvertrag außerdem noch mehrere andre bedeu tende Privilegien stipulirt und für immer beſtätigt worden, die für das Ganze sehr erheblich waren , und insbesondre die Emporbringung ihres Handels , der in den legtern Zei ten beträchtlich heruntergekommen war , zur Absicht hatten. Je wichtiger indeß diese neuerrungnen Freyheiten und Vorrechte waren , je mehr zogen sie die Aufmerksamkeit der übrigen Stånde auf sich , und erregten ihre Eifersucht. Man hatte es von Seiten der Ritterschaft nicht ungern

43 geſehn , daß die Kräfte der Stadt insbesondre ſeit den leg tern Streitigkeiten theils mit dem Herzog , theils unter ihs ren Bürgern felbst , allmählig faſt ganz erschöpft worden waren ; indem sie sich dadurch , so wie durch die vielen und Langwierigen Processe vor den Reichsgerichten , welche beŋ dieser Gelegenheit herbeygezogen waren , in die drückendsten Schuldenlasten verwickelt hatte.

Man stellte ihren Hans

delskonnexionen die ungünstigsten Vorbedeutungen daraus; und freute sich eben ohne viele Zurückhaltung über eine ſols che Demüthigung der übermüthigen Stådter, deren Jnº tereffe mit dem des begüterten und vornehmen Landadels oft von Natur in einem diametralen Widerspruch ſtand.

Der neue Erbvertrag von 1788 brachte indeß eine durchaus veränderte Lage der Dinge hervor.

Mit ihm

schien sich ein neuer wohlthätiger Sonnenglanz über die künftige städtische Existenz der Rostocker verbreiten zu wol len.

Das Recht der ausschließlichen Schiffahrt im Hafen,

so wie • der uneingeschränkten Jurisdiktion innerhalb des Gen bietes der Stadt, waren nebst andern bedeutenden Zuſtånd niffen sehr wichtige Freyheiten , von denen die Rostocker sich einen nicht bloß eingebildeten Vortheil versprechen durften. Doch war es dieß eben , was den Stånden nicht gefiel. Ihre Politik besorgte von der Verleihung jener Privilegien ein zu großes Uebergewicht auf Seiten der Stadt , und als 1 unmittelbare Folge derselben : Beeinträchtigung ihrer selbst.

Man wandte sich sogar in dieser Angelegenheit an

den Reichshofrath zu Wien , und suchte die gehörigen Ein leitungen deßhalb daselbst zu treffen.

Indeffen mochte man

44 in dem weitern Verlauf der Sache sich eben nicht den gehd, rigen Erfolg von dem Gebrauch dieses Mittels versprechen. Es kam später ein Vergleich zwischen der Stadt und der Ritterschaft zu Stande , der alle Differenzen unter beyden Theilen beylegte, und den bisherigen Irrungen ein Ende machte. *) So war durch diese neuste Konvention von Seiten des Herzogs mit seiner erbunterthänigen Stadt eine der wichtigsten und ersten Angelegenheiten des Staats beseitigt worden.

Inzwischen , so sehr dem Regenten auch die thả

tige Betreibung derselben aus reinem Wohlwollen für die Ruhe seiner Erblande am Herzen lag; so war sie es doch nicht allein gewesen , welche sein Augenmerk bisher auf sich gezogen hatte.

Mit der Republik Holland hatte er einen

Subsidien - Traktat unterzeichnet , vermöge dessen er 1000 Mann Mecklenburgischer Truppen gegen 30000 Rthlr. holl. Kour. in ihre Dienste schickte.

Eine andre Uebereinkunft

schloß er mit dem Bischof von Osnabrück , welche die wech felseitige Aufhebung des bisher unter beyden Territorien üblich geweſenen Abschoß- Nechtes , jedoch mit Ausnahme der Städte Rostock und Osnabrück , beabsichtigte.

Auch

für die innern Angelegenheiten erschienen in diesem Jahr eine Menge der nüglichsten und heilſamſten Konſtitutionen : insbesondré wurden die geistlichen Departements damit ver fehn , woselbst zeither verschiedne Mångel eingeriffen waren, die die Aufmerksamkeit des Fürsten erregt hatten. **) *) Dieß geschah zu Anfang des Sommers 1793. **) Man sebe und vergleiche darüber : Mecl. Gesesfammlung.

Schröders neufe

Erft. Thl. erkt. Lief. S. 170

45 Wider die überhand nehmenden Pferdediebstähle gab er eine geschärftere Verordnung heraus ,

und suchte auf

diese Weise das Eigenthum der Landleute gegen die nächt lichen Einbrüche fremder Vagabonden und allerley losen, herumstreifenden Gesindels zu sichern ,

das sich als eine

verheerende Landplage furchtbar gemacht,

und sogar die

Aufmerksamkeit des dießjährigen Landtagskonvents auf sich gezogen hatte , der zur Abstellung dieses Uebels verschiedne Mittel in Vorschlag brachte. eigne Kammer

Er publicirte ferner eine

2

Verordnung ,

welche

die Konsolidirung

mehrerer sonst im Stift Schwerin gelegnen Domanialgüter mit dem Herzogthum

Schwerin zum Zweck hatte.

Es

waren schon früher unter der vorigen Regierung bey den ritterschaftlichen Gütern ähnliche Inkorporationen vorge nommen worden.

Hier war es besonders die Absicht , um

allen denjenigen Unbequemlichkeiten abzuhelfen, welche ben der eigenthümlichen Verfassung des Fürstenthums Schwerin aus der vermischten Lage so vieler in mehrern Aemtern der Herzogthümer zerstreuten , einzelnen Domånen bisher ents standen waren.

Deßhalb sollten die in den Aemtern Buckow , Crivię, Dobberan ,

Grabow ,

Grevismühlen ,

Hagenow, - Neu

stadt, Redentin und Sternberg , zum Theil mit deren Do månen in Kommunion liegenden Güter Jörnstorf, Ravens berg , Hoben- Priz , Konow , Neuhoff, Kremmin, Vogrs» » hagen , Warsom , Besendorf,

Dambeck , Klueß , Prenz,

ff. bis 187, wo die einzelnen Verordnungen felbft abgedruckt ftehn , auf welche hier Bezug genommen wird.

}

46 Stromkendorf und Sagestorf mit ihren Pertinenzien nicht weiter zum Fürstenthum , sondern in geistlichen sowohl als weltlichen Sachen zu den Domånen der genannten Aemter des Herzogthums Schwerin gerechnet werden.

Dahinges

gen sollten die eben so hoch katastrirten Aemter Marniz und Tempzin mit den in leßtern begriffnen Stiftsgütern Breuel, Wieperstorf und Hütthof in die Stelle der inkorporirten ritterschaftlichen Güter des Fürstenthums übergehn.

Für seine Unterthanen im Amte Boizenburg bestätigte er eine dort errichtete Pråmienkaffe , die aus einem jåhrli. chen verhältnißmåßigen Beytrag von den allda eingehobnen Civilstrafen unterhalten ward,

und die geringern Volks

Klaſſen durch angemessene Belohnungen zum Fleiß und zur größern Arbeitsamkeit anspornen sollte.

In seiner Reſidenz,

Stadt Schwerin ließ er die ersten Schauspiele aufführen, welche hier seit den Zeiten des vorlegten Herzogs Christian Ludwigs II. , feines Grosvaters , gegeben waren. *)

Ec

t zeigte sich dadurch als einen Freund und Beschüßer der Kunst , die ihre mannichfaltigen Schäße frey vor den Aus gen des Volks entwickeln durfte , und trug zugleich wenig. ftens mittelbar zu einer universellern Bildung seiner Unters thanen bey, indem er auch dieses Mittel nicht verschmähte, um sie durch die fanftern Unlockungen des Schönen weicher

* Schon im Herbst des vorigen Jahrs 1787 wurden in Schwes rin unter der Direktion des Herrn Lorenz Schauspiele auf dem Rathhause daselbft öffentlich gegeben. Die erste Redoute ´in Schwerin war den 14. Jan. 1790.

47 and empfänglicher

für

jede

Art

von

Ausbildung zu

machen. Es zeichnete sich die gegenwärtige Regierung dadurch sehr bestimmt und eigenthümlich von der vorigen aus , daß fie der Kunst ihre ursprüngliche Bestimmung vindiciren, und ſich ſelbſt mittelft ihrer jene gelindere und geistige Herr schaft über die Gemüther aneignen wollte , wodurch das 2 Schöne von jeher seinen Einfluß auf den sittlichen Menschen fo entschieden behauptet hat.

Es war eine verfehlte An

ficht des Zeitalters überhaupt ,

daß man unter der vorigen'

Staatsverwaltung gerade in dieses Mittel, um auf die freyere Selbstständigkeit und Spontaneität eines Volks zu wirken, ein so auffallendes Mißtrauen seßts : ob man gleich aus unzähligen Beyspielen der åltern und neuern Geschichte darauf båtte kommen müſſen , A daß nur da eine höhere Ausbildung des Ganzen wirklich statt gefunden , wo es der Kunst gelungen , sich ungehindert in die öffentlichen Verhältniffe mischen zu dürfen , und unter dem sichernden Schuß des Staats ihre Stelle in dem allgemeinen Wir kungskreis einzunehmen.

Nur in einem freyern Elemente

kann sich der menschliche Geist auch freyer und gemeinnůķi. ger ausbilden.

Die Kunst ist aber der prometheische Funs

ten, der gleichsam die höchste Freyheit im Menschen erregt und entzündet ; und so wie der Glanz des Tages einer Ge gend erst ihre völlige Bedeutung verleiht : so darf sich die mimische Kunst insbesondre ihrer Natur nach den Ruhm fast ausschließlich zueignen ,

daß sie vorzugsweise dazu be

rufen sey , den ſittlichen Gehalt einer Nation , ihren Cha rafter auszuprågen ,

da sie als solche sich nur besonders

48 öffentlich darstellt, und ihre Reichthümer dem Volke unmits telbar selbst in frischer , lebendiger Nachahmung von der Bühne herab mittheilt.

Das System der vorigen Regierung war ernst und ! strenge: fast mehr auf einen ausschließlichen Theil der Bil dung des Volks hinarbeitend , als daß es jene allgemeinere der Kunst beabsichtigt hätte , wodurch der menschliche Geist sich allein in seiner ganzen Totalität angeregt und ausges 7 sprochen findet. Die eigenthümlichen Ansichten des Regen ten zum Theil selbst, seine scharfbegrenzte Individualität, die in den Mitteln , deren er sich zur Beherrschung seines Volks bediente,

sehr bestimmt hervorskach , ließen einen

andern , als bloß relativen Grad der ſittlichen Aufklärung nicht zu. zu wirken.

Man suchte nur einseitig auf den großen Haufen Auch beschränkte man sich größtentheils bloß

neben der industridsen auf die religiöse Ausbildung desselben, ´und zwar nach den Grundsäßen der vorherrschenden Orthos doxie des Zeitalters : ſtatt deſſen das Princip der weifesten . Mäßigung ganz eigentlich der Charakter der gegenwärtigen Staatsverwaltung geworden zu seyn scheint. -

Wenn man daher unter jener Regierung alle andern Ansichten aus den mannichfaltigen Formen des bürgerlichen Lebens zu entfernen bemüht war , die nicht zu diesem Geift 4

eines noch ungeläuterten Begriffs vom Wesen des ächten Protestantismus stimmten , und den großen Haufen gleich fam absichtlich in seiner ursprünglichen Beschränktheit zu erhalten ſtrebte , um ihn aus übertriebner Besorgniß von DEC

49 Gefahr einer möglichen Versuchung zurückzuhalten :

der

so läßt es die jeßige, Staatsverwaltung sich dagegen recht eigentlich angelegen feyn ,

durch die verschiedensten Anre.

gungen auch unter den niedern Stånden eine gewisse Masse von Ideen in Umlauf zu bringen , die nicht anders , als シ von einem böchst wohlthätigen Effekt seyn kann. Nicht al lein die industridse , auch die ſittliche Aufklärung ſeines Volks ist die eifrige Angelegenheit eines Regenten.

Daben

kommt aber die Freyheit der Meynungen und Handlungen mehr,

als jene Marimen es vorauszusetzen schienen, in

Anschlag , und die gewöhnlichen Klagen der unverständigen Menge über täglich zunehmende Verschlimmerung der Sit ten dürfen den Einsichtsvolles nicht irre machen , der bey der sichtbaren Veredlung des Ganzen auf die zufällige De pravation des Einzelnen keine Rückſicht nimmt.

Auch ist es erstaunend , die Fortschritte zu sehn , wel the Mecklenburg seit einem Jahrzehend , und etwas darüber, in dieser Hinsicht gemacht hat.

Die vortrefflichsten Måns

ner, welche die kluge Auswahl des Fürsten an das Ruder des Staats gesetzt hat , lassen sich die Wohlfahrt des Gan zen angelegen seyn .

Es zerstreut sich das Dunkel der Vor

urtheile, die noch nicht lange in chaotischer Verworren heit ,

wie ein verfinsternder Nebel ,

über den mannich,

faltigsten Verhältniſſen des bürgerlichen Lebens ruhten. Reis nere, die

edlere Formen treten allmålig hervor ,

vorhergehende

Strahlen chen

der

werden

Regierung

kaum darf:

mit

beginnenden

und wenn

den heraufsteigenden Morgenröthe

vergli

so ist der gegenwärtige Zeitpunkt

2

50 schon Fackel

der des

junge

Phōbus

glühenden Farben heraufführt.

Tag selbst zu nennen , der die lichte bereits angezündet hat , und mit

den

heitern

Wechsel der

Stunden

51

Fünftes Kapitel

Wergleich der beyden Vorderstädte Parchim und Güstrow mit den übrigen Städten des Mecklenburgischen und Wendischen Kreises , wegen Bestimmung ihrer wechselseitigen Verhältnisse gegen einander -

1

der Ritterschaft unter sich , wegen Stimmfähigkeit der Amici auf den Landtägen . - Mecklenburgisches Indigenat --- Streitigkeiten darüber. - Herzogliches Neskript vom 18. Novbr. 1793. --- Pro: jekt der Schiffbärmachung der Eide. -- Frühere Projekte deßhalb. — Eri Schriften darüber. Wird auf dem Landtag verhandelt. fte Schritte zur Realiſirung des Projekts.

o wie das vorige Jahr für die innern ſtaatsrechtlichen 1789. Verhältnisse Mecklenburgs von besondrer Wichtigkeit gewor den war,

und durch den mehrmals erwähnten Rostocker

Erbvertrag manche nicht unbedeutende Veränderung in den selben hervorgebracht hatte ; so zeichnete sich das gegenwår tige ebenfalls in publicistischer Hinsicht durch mehrere Par tikulår - Verträge der Stände unter sich aus , die in der Folge nicht ohne Einfluß für das Ganze blieben , wenn sie gleich ihrer Natur nach und des geringern Ansehns der transigirenden Partheyen selbst wegen , diesen Grad der all D.2

52 gemeinen Theilnahme nicht erregten, die fener schon gleich Anfangs in seiner ersten glänzenden Erscheinung fast nur allein auf sich zog.

Es ist hier zunächst die Rede von dem Vergleich , der > u Rostock den " 31. März d. J. zwischen den beyden Vor derstädten des Mecklenburgischen und Wendischen Kreises Parchim und Güstrow einerseits , und den übrigen Ståd ten der genannten Kreise auf der andern Seite , wegen ge nauerer Bestimmung ihrer wechselseitigen Verhältniſſe ge gen einander zu Stande kam.

Zwischen beyden Theilen

warch mehrere Differenzen über gewiſſe Vorrechte entstanden, 虞 die von den Borderstädten , als solche , gegen die übrigen Städte behauptet worden waren.

Man hatte von beyden

Seiten den Streit mit vieler Lebhaftigkeit fortgefeßt, wie es gewöhnlich in dergleichen Fällen zu geschehn pflegt , wo es auf die Behauptung oder Verneinung irgend eines Rech tes ankommt.

Es war fogar endlich zu gerichtlichen Dis

ceptationen vor dem Herzoglichen Hof- und Land -Gericht zu Güstrow unter ihnen gekommen , und ihre gegenseitigen Kontestationen hatten zum Theil selbst die Aufmerksamkeit der öffentlichen Landtagsversammlungen erregt.

So hatte

das Landes - Direktorium zuleßt auf Veranlassung der Rit terschaft diesem Streit eine gütliche Auskunft zu geben ver sucht , der schon zu hartnäckig zu werden drohte, und es waren bereits die Landråthe Baron von Meerheimb auf Großen Gischor und von Flotow auf Reez mit den nöthi gen Aufträgen in dieser Sache versehn worden.

Da in

dessen die streitenden Partheyen zuvor unter sich selbst den

53 Versuch einer gütlichen Vereinbarung machen wollten , um keinem mächtigern Mittelsmann ein noch größeres Uebers gewicht über sich einzuräumen , fo wurden zu diesem Zweck von Seiten der Städte eigne Kommissarien erwählt , denen die weitern Unterhandlungen mit den beyden Vorderstädten übertragen wurden.

Sie brachten den oben erwähnten

Vergleich zu Stande , der im Wesentlichen den Vorderſtåd ten eine Art von Direktorium in den gemeinsamen ſtådtiſchen Angelegenheiten zutheilte, und der nachher von dem gesammi ten Korps der Stådte in ſeinen einzelnen Punkten ratihabirt ward. *)

Uebrigens follte dieses Direktorium der soge

nannten beyden Vorderstådte aber keine Subordination der übrigen Städte in sich fäffen ; sondern vielmehr sollten die Negotiationen jener an die Auftråge und genaueren Inſtruks tionen dieſer ausdrücklich gebunden feyn und bleiben. **) Ein andrer Streit , der mit nicht geringerer Heftig keit unter den einzelnen Mitgliedern der Ritterschaft bisher geführt worden war , betraf die Stimmfähigkeit derer auf den Landtågen, die, als Vafallen außerdem noch in wirk licher Besoldung des Landesherrn stånden , und ihre Diens fte bey demselben verwalteten.

Man wollte sie von den

öffentlichen Berathschlagungen gånzlich ausgeschloſſen wiſſen, weil man bey dem so verschiednen Intereffe ihrer Funktionen auf jeden Fall , entweder bald das eine , oder bald das an, glaubte. dre gefährdet ‫ها‬

Inzwischen suchte man ein Tempes

Den Vergleich selbst findet man abgedruckt in Mantels Mecklenb. Staatskanzley . Th. 1. 6. 265 folg. **) Der gedachte Vergleich in §. 7.

54 rament zu treffen , und es kam auch hier zu einem Vergleich, der dem natürlichen Verhältniß der Dinge freylich bey weis tem am angemessensten war. Es sollten die Aulici - To nannte man jene Vafallen -- in allen Stücken gleiche Rech. te mit den übrigen

Gliedern der Ritterschaft genießen.

Sie sollten aus ihrer Mitte zu den erledigten Kloſterſtellen Einzelne präsentiren dürfen , und an den öffentlichen Laudes Deputationen Theil nehmen. Nur in allen Fållen , . wo das unmittelbare Intereffe des Landesherrn eintråte , follten fie sich ihrer Stimme enthalten , und von den gemeinſchaft. lichen Deliberationen ausgeschloffen seyn.

Diese Fälle ben

ſtimmte man namentlich auf zwey : wo bereits zwiſchen dem Landesberrn und der Ritterschaft eine Sache , nach abgez brochnen Unterhandlungen , zu einem wirklichen Rechtsstreit erwachsen sey; oder auch : wo den Anfoderungen des Hers zogs von den Ständen aus dem Landesgrundgeschlichen Erbverh von 1755 ein Widerspruch entgegen gefeßt werde. *)

Mehr als alle diese vorbemerkten Streitigkeiten erreg ké indeß eine andre Frage die allgemeine Aufmerksamkeit, welche das sogenannte Indigenatrecht der Mecklenburgiſchen Landftånde betraf, und war insbesondre auf dem dießjähri gen Landtage zu Sternberg als eine öffentliche Angelegenheit zur Sprache gekommen.

Man hatte schon früher von

Seiten der Ritterschaft

mehrere Schritte unternommen,

die es vorauszusehen schienen ,

* Manzela, A. Q. S. 287 ff.

als habe im Mecklenburgie

55 schen noch ein andres Indigenat außer demjenigen ſtatt, welches der Landesherr selbst den fremden Güterbesitzern durch Zulassung zum Lehns- oder Homagialeid ertheilen kann.

Es hatte dieß die Einmischung des Hofes sehr na

türlich zur Folge gehabt , dem jene Anmaßungen der Rit terschaft nicht gleichgültig geblieben waren.

Ein Herzogliches Reskript vom 7. Mårz d. J. an den engern Ausschuß zu Rostock ertheilte demselben den Befehl, fich über die Natur eines solchen Indigenatrechtes bestimm ter zu erklären ;

worin es bestehe , und worauf man die

Behauptung desselben rechtmäßig gründen wolle.

Auf dem

I Landtage selbst gab diese Materie zu allerhand feindistinguis renden und scharfsinnigen Diskussionen Veranlassung.

Ein

Herr von Flotow fuchte die Sache der Ritterschaft in einem fehr ausführlichen und künstlich ausgearbeiteten Vortrag zu rechtfertigen. *)

Es ward noch vieles außerdem über

diese Sache verhandelt , die eine Angelegenheit des Tages geworden war.

Im Ganzen aber brachte man dadurch

eben feine neuen Resultate zum Vorschein , welche die Ans sicht der Dinge bedeutend verändert håtten , und es erbellte fo ziemlich aus allem , wie die Anhänger und Vertheidiger

*) Er erschien nachher öffentlich im Druck , unter dem Titel: Ueber die Rechte des eingebohrnen und recipirten Adels in Mecklenburg , und deren Verhältniß zur Landeshoheit. Ein Vortrag auf dem Landtag zu Sternberg 1789 von A. A. W. Flotow auf Wildkuhl.

Mit Anmerkungen von

gebohrnen im Lande der Wahrheit." Bårensprung.

einem Eins

Schwerin 1790 bey W.

56 . des sogenannten Mecklenburgischen Indigenats zuleßt ſelbſt zugaben : daß mit dem Ausdruck : 1 Eingebohrne und Indigenat nicht jener ſtaatsrechtliche Sinn zu verbinden fen ,

den er gewöhnlich bedeute , fondern daß man den Na

men vielmehr der Kürze wegen für eine andre Sache ge wählt habe , um die Mitglieder einer gewissen Gesellschaft, und gewisse einzelne Rechte dadurch zu bezeichnen , in deren Besih, jene sich befinde.

Diese bestånden vorzüglich darins

daß die Landråthe , die Deputirten zum engern Ausschuß, 1 die Kloster 3 Provisoren und Hauptleute von der Ritterſchaft nur allein aus der Zahl der Mitglieder der vorerwähnten Gefellſchaft erwählt wurden ;

daß nur diese Geſellſchaft

allein ein Recht auf den Genuß der Klosterstellen für die Shrigen habe ; daß sie endlich befugt sen , sich durch Re ception neuer Mitglieder zu vermehren. *)

Indeffen antwortete der Hof auf diese Pråtensionen, wie es der Sache gemäß war.

Ein andres Herzogliches

Refkript vom 18. Nov. 1793 ertheilte dem engern Ausschuß den Befcheid :

daß jene Gefellſchaft einzelner Mitglieder -

der Ritterschaft, und das gesammte Korps der Landstand, schaft zweŋ durchaus von einander verschiedne Verbindun gen wären , die in getrennter Qualität , als völlig indepen dent von einander angefehn werden müßten : daß die er wähnte Gesellschaft darum zu gewissen , besondern Vorrechs ten nicht befugt sey ; daß nur den gesammten Landbegûter ten,

und nur der ganzen Ritterschaft in Gemäßheit des

*) Flotow a. a. D. S. 20, 21. 32; 23. 37 und f.

57 Landesvergleichs der Komplex aller landständischen Rechte zustehe ,

und nicht bloß einzelnen Mitgliedern derselben ;

daß überhaupt eine solche Societat ,

als die mehrmals er

wähnte , ohne voraufgegangne landesherrliche Konfirmation in feinem Staat sich formiren , und noch weniger gemeins schaftlich Handlungen ausüben dürfe , die auf die konstitu tionsmåßige Verfassung des Landes von Bedeutung waren ; daß endlich die Benennungen : Indigenat und Eingebohrne, als folche ,

die einen völlig ſprachwidrigen und anomalen

Sinn mit sich verbånden, und zu allerhand verderblichen Mißbrauchen theils Gelegenheit gegeben hätten , theils noch geben könnten , durchaus nicht weiter in dieser Hinsichtges stattet seyn sollten.

So viel ist das Wesentlichste und gleichsam der Haupt inhalt dieser Angelegenheit , die noch eine geraume Zeit nach her die öffentliche Meynung theilte , und zu manchen Des batten Gelegenheit gab , weiche unter den Einzelnen zum Theil mit vieler Animositåt und wechselseitiger Erbitterung fortgeführt wurden.

Indeſſen würde es zu weit in das

Specielle des Streités eingehn , wenn es die Absicht wåre, die gegenseitigen Kontestationen des Adels und Nicht - Adels hier der Reihe nach aufzuführen , welche als zwey verſchied. ne Partheyen gegen einander aufstanden , und ihr beyder feitiges Intereffe mit reciproken Einschränkungen des andern zu behaupten fuchten.

Die Zeit , welche so vieles auszu

gleichen im Stande ist , wußte auch hier zulcht die erhißten Gemüther zu besänftigen, gonnen

und der Streit , so heftig er be

hatte , schlief nachher von selber ein ,

da er

1

58

wie ein Sterbender allmählig an feinen eignen Wunden verblutete. 1790.

Eine andre Angelegenheit beschäftigte die Patrioten jekt.

Es war nichts Geringeres , als das Projekt der

Schiffbarmachung der Elde.

Dieser Fluß, der unweit

Dömiß in die Elbe fließt, schien sehr bequem , um1 den Handelsverkehr in diesen Gegenden des Herzogthums zu Waffer beträchtlich zu Kornhandel

zu

erleichtern ,

begünstigen ,

und insbesondre den

falls es ohne erweißlichen

Schaden für das Land ausführbar wäre , durch die projek. tirte Aufräumung deſſelben,

der Schiffahrt diesen neuen

Weg in das Innere Mecklenburgs zu eröffnen.

Man hat

te schon in åltern Zeiten" an einem sehr kostbaren Schleusen und Kanalbau von Dömiß bis Schwerin in gleicher Abs ficht gearbeitet, und ihn so weit zu Stande gebracht , daß wirklich späterhin ein Kauffahrtenschiff von Dömitz nach Schwerin und Hohen- Wicheln kam.

Indessen war die

Unternehmung nachher in Stocken gerathen.

Man hatte

1 fie während der folgenden unruhigen Zeiten wieder aufgeben K müffen. Was bereits so herrlich angefangen war , verfiel allmålig :

die Strome

wurden unbrauchbar.

verschlemmten ,

die Schleusen

So suchte man jeßt aufs neue diese

Idee hervor , und der Grad der öffentlichen Theilnahme, die sie überall gleich stark im Publikum , bey den Sachver ständigen , wie bey den Richterfahrnen erregte, zeugt von der Wichtigkeit , mit der man dieses Projekt allgemein an fah , und welch einen bedeutenden Erfolg man sich davon für das Ganze versprach , falls die Ausführung desselben mit dem gehörigen Nachdruck betrieben werden würde.

59 Die Herzoglichen Kommissarien hatten der dießjåhris gen Ladtagsversammlung zu Malchin bereits die erſten Vors schläge deßhalb im Namen ihrer beyderseitigen Höfe eröff« net.

Man hörte sie mit Aufmerksamkeit an ; indeffen fans

den sie keinen ganz ungetheilten Beyfall , da sowohl der Rostockische Deputirte,

als die Städte Schwerin und

Malchin wegen des auf sie fallenden Köftenautheils zur Nivellirung und Zeichnung der Stromcharte Erinnerungen machten.

Desto eifriger ſuchten einzelne Freunde und Bes

fördrer des vaterländischen Bestens die Realiſirung dieses Plans zu empfehlen ,

und die Vortheile, welche für die

Zukunft demselben daraus erwachsen würden , mit großer Evidenz zu erweisen.

Die Schrift des Herrn Geheimen.

raths von Brandenſtein ist in dieser Hinsicht nach dem Ur theil der Sachverständigen mit sehr vieler Klarheit und Kenntniß des Gegenstandes selbst geschrieben. *)

Er vers

glich die Kosten , die zur Ausführung des gedachten Pro jekts erfoderlich feyn dürften , mit dem Nußen , den das Land offenbar dabey gewinnen würde , sobald die fchiffbar gemachte Elde für den inländischen Handelsverkehr und bequemeren Transport der Waaren günstigere Konjunktus ren herbeygeführt.

Die Bilance war sehr vortheilhaft,

und es kam ein reines Facit heraus : daß der nöthige Ky ſtenaufwand , wenn er Anfangs gleich ſich auf einige Sum

*) V. Brandensein :

Noch etwas über die Schiffbarmas

chung der Elde, Mecklenburgs wahren Patrioten gewidmet, und zur unpartheyischen Prüfung vorgelegt. Schwerin 1792 bey Barensprung .

60 men belaufen möchte , dennoch für das Ganze am Ende fehr lucrativ werden würde ,

und mit dem Ertrag aller

Vortheile daraus ben weitem in keinem Verhältniß stehe, die für die Zukunft ſich davon erwarten ließen.

Indessen fand die Sache nicht überall so eifrige Lob redner und warme Vertheidiger ,

als bisher.

Man sprach

und schrieb zum Theil sehr nachdrücklich dagegen.

Gegen

gründe wurden auf Gegengründe gehäuft , welche das Pro jekt der Aufräumung als höchft verwerflich darstellten , und die Unzulänglichkeit deſſelben mit einem großen Aufwand von Beredsamkeit einleuchtend zu machen suchten. · Doch : hinderte dieß den Fortgang der Sache Anfangs wenig oder gar nicht.

Vielmehr trug es " nur dazu bey, dem Plan

desto wärmere Anhänger und thåtigere Freunde zu verschaf fen. Selbst.

Man schritt nach reifer Ueberlegung an das Werk Es ward einem Kunstverständigen die nöthige Lo

taluntersuchung - deßhalb aufgetragen.

Der in dänischen

Diensten stehende Oberst von Peymann , Geschäft kommittirt worden war ,

der zu dieſem

machte die günstigsten

Hoffnungen für die Ausführbarkeit des Projekts .

Man

hatte die sämmtlichen Unkosten auf 700,000 Rthlr. berech net.

Diese wurden in Akzien getheilt , von denen die bey

den Mecklenburgischen Höfe Schwerin und Streliz sehr ans fehnliche Summen auf sich nahmen.

Sie garantirten

überdieß allen denen , welche sich zu den übrigen bereitwillig finden würden, Kapital und Zinsen. ` Indeſſen ſo angele, gentlich die Sache auch betrieben ward , so blieb sie dennoch vor der Hand ein bloßes Projekt.

Es fanden sich mit der

61

Zeit mancherley Hinderniſſe , die der Ausführung deffelben in den Weg traten.

So viel Anfangs auch darüber gesagt

und geschrieben worden war, so schwieg man nachher von felber still , und vielleicht ist es von einer höhern Einsicht der Dinge erst den spåtern Generationen vorbehalten, das einst so berühmte Projekt der Aufräumung in das Werk ſelbſt zu richten.

62

Sechstes

Kapitel

Chursächsisches Landestrauer. Ableben des deutschen Kaisers. 1 Reichsvikariat. Gesandter nach Dresden und Frankfurth am Main. -XX Besuch des Königs von Schweden beym Herzog. Vermuthete Absicht seiner Reise in die Bäder von Aachen. Hoffeyerlichkeiten zu Ludwigsluft. Anwesenheit mehrerer ber rühmter Personen daselbst. - Aufnahme der inländischen Wolls manufakturen. - Dobberaner Seebadeanstalt. - Vergleich zwi schen dem ehemaligen und dem jezigen Dobberan.

Der er Tod des deutschen Kaisers , Joseph II. , hatte un terdeffen bey allen denen , welche die Verdienste dieses gro Ben Monarchen zu schäßen wußten, die lebhafteste Sen fation erregt.

Zu früh für seine zum Theil ächt weltbür,

gerlichen Plane verstorben ,

war er eine glänzende Erschei

nung auf dem Throne gewesen.

Aber im beständigen

Kampf mit den Vorurtheilen und Hindernissen feines Zeit: alters hatte er sein thatenvolles Leben meist in fruchtlosen Bestrebungen und unvollendeten

Entwürfen hingebracht,

da er noch zulegt in dem Verluft seiner Belgischen Provinzen den Wankelmuth des Glücks auf das schmerzlichste erfuhr,

63

der ihn von allen Schlägen deſſelben am empfindlichsten getroffen haben mochte.· Auch in den sämmtlichen Herzoglichen Landen ward das Ableben des Kaisers , als deutschen Reichsoberhauptes, auf die herkömmliche Weise bekannt gemacht , und die übli che Landestrauer deßhalb angestellt. Die Eröffnung des Chursächsischen Reichsvikariats hatte indeß eine eigne Gesandtschaft an den Dresdner Hof. zur Folge, deren Funktionen in der Person des Geheimen raths , Baron von Lůzow , repräsentirt wurden.

Derfelbe

mußte bey der bevorstehenden Kaiſerwahl in Frankfurt am Mayn , dem neuerwählten und gekrönten Kaiſer Leopold II. die feyerlichen

Glückwünsche

des Herzogs überbringen,

und nahm von diesem wiederum die freundschaftlichsten Ver ficherungen und huldreichsten Aufträge an feiner Hof ents gegen. Eine ungleich merkwürdigere Begebenheit war indeß der Besuch des Königs von Schweden , Gustav III. , den dieser dem Herzog im folgenden Jahre auf seiner Reiſe in 1791. die warmen Båder von Aachen

zu Ludwigslust abſtattete.

Es war gerade um die Zeit , da die neuern Auftritte in Frankreich eine der wichtigsten Epochen für dieses Reich herbeygezogen , und insbesondre die Gefangennehmung des Königs zu Paris_mehr oder minder die Theilnahme und das Augenmerk aller europäischen Fürstenhöfe auf sich gezor gen hatte.

Auch wollte man damals wiſſen , daß die Reise

des Königs von Schweden mit dieser furchtbaren und durch, aus neuen Begebenheit , die für das Haus der Bourbons

64 + bereits zu einer fo dußerst gefährlichen Katastrophe gedichn war , nåher oder entfernter in Beziehung stehe , und daß es mit der Gesundheit dieses Monarchen ,

die er nach den

Strapazen des schwediſch » ruſſiſchen Krieges in den Bådern zu Aachen wieder herstellen wolle, nur ein bloßer Vorwand fen.

Man sagte ,

er wolle an den Grenzen Frankreichs

dem Ziel seiner politischen Entwürfe nur desto nåher seyn, um gleichsam`felbft unmittelbar an jenen Begebenheiten Theil zu nehmen ,

und den bedrängten Ludwig aus seiner

verzweifelten Lage zu retten ,

mit dem er während eines

Frühern Aufenthaltes zu Paris , als Kronprinz , persönliche Freundschaft gepflogen , und auch nachher beſtändig in den und vertrautesten Bündnissen gestanden hatte. 4 Man traute es ganz der ´eigenthümlichen Denkart` des engsten

Königs ,

deren ausschließender Charakter in einer kühnen

Mischung des Romantischen mit dem Heroischen bestand, zu , einen ähnlichen Plan entworfen und sogleich auch1 an die Ausführung deſſelben gedacht zu haben , besonders da der Frieden zu Wereld die Ruhe in seinem Reiche nach der entscheidenden Schlacht bey Suenſkesund wieder hergestellt hatte,

und er sich in dieser Hinſicht mit den günſtigſten

Hoffnungen für die Möglichkeit eines solchen Projekts ſchmeis cheln durfte.

Doch dem sey , wie ihm wolle.

Die Folge

hat über des Königs wahre Absicht nicht entschieden , da er selbst zu früh für ſeine politiſchen Entwürfe der ſtårkern Ueberlegenheit feines Schicksals weichen mußte.

Indessen

veranlaßte feine Anwesenheit zu Ludwigsluft eine Menge glänzender Hoffeste und öffentlicher Feyerlichkeiten daselbst, Die mit der ausgesuchtesten Pracht und in dem elegantesten Kostüm

65 Kostüm des Hofes , dem königlichen Gast zu Ehren , hinter einander celebrirt wurden.

Auch der Prinz Friedrich Jo

fias , Herzog von Sachsen- Koburg ,

war zugegen, und

es traf sich sehr unvergleichlich, daß der Zufall hier die beyden berühmtesten Helden ihres Zeitalters

auf einen

Fleck zusammenführte , die erst kürzlich , aber in ganz vers schiednen Himmelsgegenden sich die unverwelklichsten Lor beeren um ihre glorreichen Häupter errungen hatten.

Au

Berdem war die Gegenwart des påpstlichen Nuntius Capra. ra eine ganz neue und ungewöhnliche Erscheinung bey Hofe, der, wie man fagte, mit dem König von Schweden ab fichtlich dort zuſammengetroffen war , um sich mit ihm über die Leitung der französischen Angelegenheiten zu besprechen, und feine überraschende Dazwischenkunft hatte gleichſam nur noch gefehlt,

um diese illustre Versammlung so hoher

und berühmter Häupter noch ausgezeichneter und merkwür diger für die Geſchichte des Landes zu machen.

Während deffen hatte der Herzog die Sorge für die innere Wohlfahrt seiner Lande auch in diesen Jahren nicht vergessen.

Mit thätigem Eifer suchte er insbesondre durch

Vorschüsse und ertheilte Freyheiten dem größern Flor der inländischen Wollmanufakturen wieder aufzuhelfen. Städte Rostock, Parchim ,

Lübz ,

Die

Plau und Malchow

hatten bisher nur vorzüglich die Aufkünfte aus den vom Lande bewilligten Wollimpöſtgeldern zur Unterſtügung ihrer Wollarbeiter und Tuchfabrikanten genossen.

Jegt ward

auch den übrigen Städten eine gleiche Unterstützung , bis zu ihrer allgemeinen , wechselseitigen Egalisirung angewiesen, &

66 und ihnen , so wie jenen , gleiche Steuer- und Zollfreyheit für ihre erweislichen Fabrikate bewilligt.

Daffelbe galt

auch für die Garne , Strumpfwirkereyen und sonstigen Ar beiten der Schwerinischen Manufakturiſten,

Der Erfolg zeigte sehr bald, wie wichtig diefe Bele bung der einheimischen Industrie für das Ganze sey. berechnete ,

Man

daß in diesem Jahr 1752 Menschen 27,522

Stein Wolle verarbeitet hatten ,

wodurch eine Geldmaffe

von 72,859 Rthlr. 1 fl. in Umlauf gebracht worden war. Gleiche Berechnungen wiesen aus , daß im folgenden Jahre diefelbe Anzahl von Arbeitern 31,334 Stein Wolle zu ihrem Bedarf verbrauchten ,

und daß die Totalsumme alles da

durch in Cirkulation gekommnen Geldes sich auf 79,767 Rthlr. 27 Fl. 6 Pf. belief.

Das Verhältniß des Ganzen

war also progreffiv , und es ließ sich mit Recht vermuthen, daß bey so schnellen Fortschritten die Zukunft noch günſti gere Aussichten für die Vervollkommung des inländischen Kunstfleißes darbieten würde ,

da binnen kurzer Zeit schon

fo bedeutende Vortheile in dieser Hinsicht gewonnen worden waren.

Nur kam es darauf an , eine gewiffe Lebhaftigkeit

des Betriebs unter den Arbeitern selbst zu erhalten , und es an hinreichenden Untersuchungen nicht fehlen zu laffen, die den Aemulationstrieb der Einzelnen , wo es die Vereds lung ihrer Kunstprodukte betraf, gegen einander rege mach ten.

Auch war es dieß unstreitig , worauf die Regierung

1792, am meisten Rückſicht nahm , als man auf dem Landtage des folgenden Jahres zu Malchin eine abermalige Verlängerung des Wollimpostes auf zwölf Jahre in Vorschlag brachte,

T

67

Indeffen ward er von den Stånden nur fürs erste auf ſechs Jahre bewilligt,

und auch hiergegen erfolgten noch die

Proteftationen zwölf Erbgefeffener ,

ob sie gleich ihre Eins

reden nachher von selbst wieder zurücknahmen.

Das Ver

bot der Einfuhr aller fremden Boye , Rasche , Pferdedecken, groben Tücher und Flanelle zur Beförderung des größern Absages der einheimischen Fabrikate ging jedoch für dieſes Mal nicht durch, wiewohl es einen Hauptartikel der dieß jährigen Landtagspropositionen ausmachte : eben so wenig, " wie man die Vorschläge wegen künftiger Verfeinerung der Wolle allgemein approbiren wollte.

Inzwischen darf es

hier nicht unbemerkt gelaffen werden , daß schon früher zur Erleichterung des größern Debits der inländischen Tüch fabriken eine eigne Kammer Verordnung vom Jahr 1788 existirte , welche es den fämmtlichen Beamten zur Pflicht machte , die Kleidungen der Amtsunterbedienten aus einheis mischen Zeugen für Rechnung der Kaſſe verfertigen zu laſſen, und selbige von den Fabrikanten im Lande so viel als móga lich unmittelbar selbst zu erhandeln. die jährlichen Montirungen

Ueberdieß veranlaßten

des Herzoglichen

Militärs

nicht unbeträchtliche Tuchlieferungen , die ebenfalls nur von inländischen Tuchwebern genommen werden durften , und den Abſaß ihrer Kunstprodukte ansehnlich beförderten.

Mehr als alles dieß verdient indeß das neuerrichtete Seebad bey Dobberan an der Ostsee einer ausführlichern Erwähnung : eine Anstalt , die bereits in mehrerer Hinsicht von der größten Wichtigkeit für das Land geworden ist , & und überdieß sich noch den Ruhm ausschließlich zueignen darf,

€ 2

68 die erfte und einzige dieser Art in ganz Deutschland geweſen zu seyn, wenn sie gleich in der Folge nicht ohne Nachah mung geblieben ist. *)

Man hatte schon früher in Eng-

laud den großen Nußen der Seebåder in mehrern Krankhei ten aus medicinischen Gründen angepriesen , und durch die Erfahrung zugleich hinreichend beſtåtigt gefunden.

Auch

in Deutschland hatte diese neue Erfindung zum gemeinen Besten der Menschheit die Autoritåt größer und berühmter Männer für sich.

Mehrere an der Seeküste gelegne Derter

waren deßhalb in Vorschlag8 gebracht worden ,

um eine

Badeanstalt nach dem Muster der englischen daselbst anlegen zu lassen.

In Mecklenburg aber dankte man es zuerst den

4 menschenfreundlichen Gesinnungen des Regenten und ſeinem edlen Eifer, womit er ftets für die Beförderung des größern Wohlstandes feiner Lande beſorgt war , daß man hier un, mittelbar felbst und mit

der rastlosesten Thätigkeit ins

Werk gerichtet sah , was bisher im übrigen Deutſchland mur noch bloß ein Gegenstand schriftstellerischer Erörterun gen geblieben war.

1793.

Noch im Sommer dieses Jahres machte der Herzog feinem Hofrath und Leibarzt Vogel in Rostock den Auftrag,

*) Das Seebad zu Travemünde ben Lübeck , welches die Stadt auf ihre Kosten erst seit wenigen Jahren dafelbf bat anlegen laffen , ift ganz nach dem Muster der Dobberaner Badeanstal ten eingerichtet. Indessen steht es sehr zu bezweifeln , ob es je die Celebritat feines Vorbildes erreichen werde, zu welcher dies fes so schnell schon gelangt ist , da eine Konkurrenz von meh rern Gründen und Wahrscheinlichkeiten dies eben nicht vers muthen läst.

69 wegen Anlegung eines öffentlichen Seebades am heiligen Damm unweit Dobberan , die nöthigen Anstalten zu tref fen.

Das Lokale follte zuvor gehörig untersucht , und

zugleich ein Plan entworfen werden , wie die künftige Ein richtung desselben am schicklichsten und bequemſten zu machen fey.

Der Ort schien von der Natur selbst mit allen Er

Ofordernissen dazu auf das reichlichste ausgesteuert zu seyn. In einer der anmuthigsten Gegenden des Herzogthums ge. legen, war er ehemals der Sig eines berühmten und mit ansehnlichen Pfründen

reich dotirten Ciftercienserklosters

gewesen , das der leßte König der Obotriten , Pribislav II. im J. 1173 , nach seiner Zurückkunft von Jerufalem , wo hin er in Gesellschaft mit dem Herzog Heinrich dem Löwen und andern Rittern eine Wallfahrt unternommen , gestiftet hatte.

Es fehlte nicht an Wundern , an frommen Legen

den und Heiligen . Sagen , mit denen der fantaſtiſche Aber glaube des katholischen Mönchthums die Geschichte dieser " Fundation reichlich auszuschmücken bemüht gewesen war. So hatte der Ort schon früh eine gewiffe Celebritåt erhal ten , die er der superstitidsen Tendenz des Zeitalters dankte, und der große Zulauf von Pilgern , genden herbeygeftrömt kamen , Uebungen anzustellen ,

welche aus allen Ge

um hier ihre bußfertigen

verschafften dem Kloster bald den

ausgebreitetsten Ruf andächtiger Heiligkeit. * ) ` Noch ſieht man die Ruinen jener frommen Stiftung in alten verfallnen Klostermauern , Kreuzgången und Gewölben. selbst stammt aus

jener dunkeln ,

Die Kirche

myſtiſchen Zeit ,

und

Roepers Geschichte und Anekdoten von Dobberan. S. 27. 1.

70 prangt mit einer Menge ehrwürdiger Reliquien , die der einfältige Klosterglaube eines bethörten Volks geheiligt hat te, so wie mit den Särgen und kunstreich aufgeführten Monumenten einer Reihe Mecklenburgischer Herzöge, die hier nach einander beygefeßt worden sind.

Aber statt der

eingeſunknen Herrschaft eines hierarchiſchen ' Despotismus blüht hier jetzt der heitre Tempel Hygieas , und wohin ein blinder Wahn die eitle Menge sonst zu hellen Haufen riß, um mit reuigem Herzen dem nichtigen Dienst eines verkehr ten Aberglaubens zu fröhnen , dahin wallfahrten jezt Taus sende ,

aus den verschiedensten Gegenden und Ländern hers

beygeführt ,

um den " verlohrnen Schatz ihrer Gesundheit

dort wieder zu suchen.

Sonderbar ist oft die Vergleichung der Zeiten mit einander ,

aber belehrend für die Geschichte.

Doch nur

dann erst wird sie auch zugleich erfreulich für das Gemüth des Beobachters , wenn aus ihr ein reiner Gewinn für die Gegenwart hervorgeht ,

und das Jeht kühn eine Parallele

mit dem Ehmals nicht scheuen darf.

Das Dobberaner

Seebad ist eine Anstalt , die auf die Wohlfahrt der Mensch-, heit, so wie auf den Vortheil des Landes zugleich berech net ist.

Welch eine neue Art des Verkehrs ,

des Umlaufs

der verschiednen Ideen und der bürgerlichen Erwerbzweige ist dadurch bey uns rege geworden ! *) welch ein Zusam

*) Nach sehr mäßigen Berechnungen soll der Geldverkehr in Dobs beran die Summe von 100,000 Rthlr. in den lezten Jahren schon weit überfliegen haben. S. Wundemanns Mecklens burg inHinf. auf Kunk, Kultur und Geschmack. Th. 1. S. 218.

71 menfluß von Fremden ,

und mit ihnen , welch eine Mi

schung neuer Sitten , neuer Ansichten und Gewohnheiten ! Mit der rühmlichsten Vorliebe für sein Unternehmen wandte der Regent die größten Kosten , so wie die unermüdetste Sorgfalt auf die Vollendung deffelben.

Schon im folgen.

den Jahr 1794 waren zwey Badeschiffe erbaut , die zum völligen Gebrauch der Badenden fertig standen.

Nach und

nach wurden auch die übrigen Anstalten fertig ; das Ba dehaus am heiligen Damm war im Sommer 1795 schon aufgeführt, und in Dobberan felbst wurden die mannich faltigsten Anlagen und Partien zur Belustigung der anwe senden Fremden mit möglichster Eleganz und Vollständigkeit eingerichtet. vollendet.

Im Jahr 1796 war das Ganze faſt ſchon Doch hinderte dieß den erhabnen Stifter deffel

ben nicht, noch in den folgenden Jahren immer mehr zur Vervollkommnung seines Werks beyzutragen , und erst feit einem Paar Jahre steht das neue herrschaftliche Ges bäude, mit architektonischer Kunst und Regelmäßigkeit auf geführt , inwendig aber mit den heiterſten und lieblichsten Dekorationen des modernen Kunſtgeſchmacks ausgeziert.

72

Siebentes Kapitel

Mecklenburgs Verhältniß während des lehten deutsch-französischen Kriegs. Außerordentlicher Landtag zu Sternberg . Verhandlungen darz auf. - Differenzen der Ritterschaft und der Stadt Rostock mir dem Herzog. -

Kreiskonvent zu Hildesheim - Zweyter außeror dentlicher Landtag zu Sternberg. -- Herzogliche Gesandtschaft an den Rastädter Friedenskongreß. - Zweck dersetben. -

Während der Krieg mit verheerender Fackel an den blü

henden Ufern des Rheinstroms wüthete ,

und in kurzer

Zeit mehr oder weniger das ganze füdliche Deutschland in Flammen gesetzt hatte ,

erfreute sich das Herzogthum,

durch seine entferntere Lage begünstigt,

eines dauernden

Friedens , und genoß in wohlthätiger Ruhe die beglückenden Folgen deffelben.

Der Landmann durfte nicht für seine

Saaten fürchten.

Eine reichliche Erndte hielt ihn für den

ausgestandnen schadlos.

Schweiß

einer

mühseligen

Bearbeitung

Rubig gingen die Gewerke in den Städten fort.

Handel und Wandel blühte in ihren sichern Mauern , und ein thätiger Gewerbfleiß erhöhte und belebte den Wohlstand des åmfigen Bürgers.

J

Alles verkündigte das Bild eines

73 langen und glücklichen Friedens , der mit fegnender Hand von seinen reichsten Gaben ausgespendet hatte.

Man ver

nahm nur gleichsam aus der Ferne das lårmende Geräusch des Krieges , der wie ein wilder Strom aus seinen Ufern getreten war , um weit und breit die Felder zu verheeren. Die öffentlichen Berichte in den officiellen Blåttern waren die einzigen Quellen ,

aus denen man Nachrichten von den

gegenseitigen Unternehmungen der feindlichen Heere einzog; so entlegen war der eigentliche Schauplah ihrer Thaten. Wenn man die Noth und das Elend aller jener vom Krieg bedrängten Lånder Deutſchlands mit dem blühenden Zustande # des Herzogthums und dem ruhigen Flor desselben unmittel bar durch den Augenschein selbst verglichen hätte , so würde man sich kaum davon haben überzeugen können , daß es Staaten eines und desselben Reichs wären , deffen einzelne Theile demungeachtet alle ohne Ausnahme auf irgend eine Weise zu dem allgemeinen Krieg gegen die neuerrichtete Res publik der Franzosen beytragen mußten ; nur daß* jene durch ihre natürliche Lage selbst und durch eine höhere Anordnung der Dinge von der mächtigern Hand des`Schicksals zú einem eigentlichen Sühnopfer der hereingebrochnen Kriegs wuth bestimmt zu feyn ſchienen.

So entfernt indessen auch das Theater der neuen Kriegsscenen war , so blieben diese wichtigen politischen Ereignisse dennoch nicht ohne Einfluß auf die innern Ver hältnisse Mecklenburgs.

Der Reichskrieg gegen die Neu

franken war auf dem Reichstag zu Regensburg von den fämmtlichen Fürsten und Stånden des deutschen Reichs

74 einmüthig beschloffen , und durch ein kaiserliches Ratifila. 1792. tions , Dekret vom

22. Dec. 1792 genehmigt worden.

Man betrieb zugleich die eifrigſten Zurüftungen , um die genommnen Maaßregeln gegen das neue französische Gou vernement nicht ohne Nachdruck zu lassen. Die kaiserlichen Avokator- und Inhibitor " Mandate ergingen durch das ganze deutsche Reich , und ermahnten alle treugesinnten Un terthanen desselben auf das ernstlichste , sich jeder Gemeins schaft mit dem Feinde zu enthalten.

Dabey erfolgten zus

gleich die dringendsten Schreiben an die kreisausschreiben, den Fürsten der einzelnen Kreise , welche die unverzügliché Stellung des dreyfachen Reichskontingents, nach dem Plan des im Jahr 1691 für jeden Kreis bespnders entworfnen Repartitionsfußes , zum Gegenstand hatten.

Auch das Herzogthum Mecklenburg

mußte feinen

1793. Antheil zu den gemeinschaftlichen Kriegszurüstungen beytra. gen, und ein außerordentlicher Landtag , der deßhalb im Frühjahr 1793 nach Sternberg ausgeschrieben ward , hatte den Endzweck, die einzelnen Stimmen der Landstände dar über zu vernehmen.

Die Propositionen der Herzoglichen

Kommissarien faßten insbesondre_drey Artikel in sich.

Sie

betrafen vornåmlich die Stellung , Ausrüstung und Unter haltung des ´Mecklenburgischen Reichskontingents zu 1dem vom Reich gegen Frankreich bewilligten Triplum ; dann die eventuelle Bereithaltung des Mecklenburgischen Kreis kontingents zu der bey wegen

annåhernder Gefahr von Kreises

verlangten Partikulårdefension und Sicherstellung

des niedersächsischen Kreises; endlich die Regulirung und

75 Berichtigung der Lehn- und Nitterpferde ,

und der foge

nannten Landesfolge , um in möglichen vorkommenden Fål. len sich des zustehenden Rechts des Aufgebots derfelben als eines schicklichen Vorkehrungsmittels zu bedienen , für die nöthige Sicherheit des Landes die erforderlichen Anstalten zu treffen. * )

Alle drey Punkte wurden noch besonders

gehörig eingeleitet ,

und die Nothwendigkeit derfelben aus

dem Bedürfniß der Zeitumstände , so wie aus den bereits geschehnen ,

gemeinsamen Verfügungen des Kaisers und

der Stände für die öffentliche Wohlfahrt des deutschen Reichs

hinreichend

Man eröffnete den

gerechtfertigt.

versammelten Stånden zugleich, daß seines Orts ſchon die gehörigen Einleitungen gemacht worden wåren , um statt des in Natur zu stellenden Reichskontingents ein billiges Surrogat an Gelde zu

geben.

Auch hatte der Herzog

wirklich bereits im Monat April d . J. durch seinen Bes vollmächtigten ,

den Geheimenrath und Oberkammerherrn

von Dorne eine Konvention mit dem kaiserlichen General feldmarschall , Prinzen von Koburg , abgeschlossen , worin der von Mecklenburgischer Seite zu stellende Antheil am Reichskontingent **) vom 1. März 1793 bis zum 1. März

*) Man vergleiche darüber die Herzogl. Landtag é pro pos fitionen auf dem Landtag zu Sternberg vom 1. May 1793, abgedruckt in dem Mecklenburgischen Reichskontine gent gegen Frankreich u. f. w.

Erfte Lief. S. 7. u. ff.

insbesondre auch S. 16. Er bestand nach Maaßgabe des mehrmals gedachten Repars titionsfußes von 1681 in 425 Mann Kavallerie.

Mann Infanterie und 5103

76

1794 auf 195,500 Gulden, nach dem 24 Guldenfuß ge rechnet, bestimmt worden war.

Indessen erwiederten die Stånde hierauf in ihrer über Die Herzoglichen Landtagspropofitionen abgegebnen´ Erklå rung : * ) daß, wenn von der Stellung eines zu liefernden Mannschaftskontingents die Rede fey , vor allen Dingen eine den gegenwärtigen Umständen und den veränderten Ver hältniffen des niedersächsischen Kreises angemeßnere Kreis repartition ,

als die von 1681 voraufgehn müsse; insbe

fondre da der durch den so eben gedachten Repartitionsfuß auf die Herzogthümer Mecklenburg fallende Antheil ·ſchon damals so prågravirend geachtet worden sey , daß Herzog Friedrich Wilhelm versprochen , sich eine Moderation der Matrikel angelegen seyn zu laſſen.

Auch feyen sie, die

Stånde, nach den normirenden Bestimmungen des landes grundgefäßlichen Erbvergleichs von 1755 nur dann zuHülfen und Beyträgen

Behuf eines Reichskrieges

verpflichtet,

wenn der die Durchl. Landesherren zur Führung desselben treffende Aufwand ,

er möge nun durch Natural , oder

Geldleistungen entstehn , während eines laufenden Jahres die Summe von zwey und dreyhundert Römer 2 Monaten übersteige.

In der Vorausseßung aber , daß dieß wirklich

der Fall sey, wåren sie nicht allein bereit , eine außeror I dentliche Beyhülfe von 60,000 Rthlr. N. 145für alle drey Kreise, mit Ausschluß des Zwölftheils der Stadt Rostock, auf ein Jahr, nämlich bis künftigen Johannis 1794, ber JJ Das Mecklenb. Reichskontingent a. a. D. S. 49 ff.

77 zugeben; sondern es wolle die Ritterschaft außerdem noch, wegen deren vorzüglichern Verpflichtung einen besondern Beytrag von 20,000 Rthlr. N. Z nach Abzug der Rostock. ſchen Quote und mit Inbegriff eines Drittheils der Kloster und Distrikts - Beyträge ,

übernehmen.

Die Stadt Ro

stock hingegen hatte sich zu nichts verbunden , in Gemåßs heit der Konvention von 1748, den Reichssteuern überhöbe.

die sie aller Beyträge zu

Was den zweyten Punkt der.

Herzoglichen Landtagspropositionen , nämlich die eventuelle Deckung und Sicherstellung des niedersächsischen Kreises angehe, so halte man zur Zeit die nåhere Erklärung darüber noch für entbehrlich ,

da noch keine besondre Gefahr für

denselben vorhanden sey.

Endlich wegen Regulirung und

Berichtigung der Lehn- und Ritterpferde , so beziche man sich daben auf die bey Gelegenheit der großen Landesthei lung im J. 1621 errichtete Divisionsmatrikel und auf den bereits 1709 ausgemittelten Totalbelauf aller Lehn- und Ritterpferde des Schwerinischen Landesantheils. *)

Uebri

gens , was die erwarteten Vorschläge wegen eines gemeins nüßlichern Gebrauchs derselben aus dem Grunde anlange, weil man nicht vermuthen könne ,

daß die Ritterschaft

einen ganz unentgeldlichen Besitz und Genuß der vollen Hälfte ihrer Güter verlange , so fehle es an einer hinläng lichen Berechtigung dazu , und müſſe man alle ähnlichen Anträge in geziemender. Ehrfurcht deßhalb ablehnen : ins,

und für das *) Er betrug für das Herzogthum Schwerin 1927 Herzogthum Güstrow mit Ausschluß des Stargardischen Kreis ſes 15713 Pferde.

78 besondre auch darum , weil der Landesvergleich als decidi, rende Norm in vorkommenden Kontroversfällen , und zu gleich als ein schüßendes Banner gegen die diffentirende Meynung nicht bloß gegen alle Geldschätzung der schuldigen Roßdienste kräftigst sichre, sondern auch wörtlich alle da hin führenden,

aus der frühern Zeit bekannten Prätexte

entferne. *)

So bereitwillig sich der Hof auch zeigte, mit dem ersten Theil der abgegebnen ståndiſchen Erklärung zufrieden zu feyn ,

so wenig konnte demselben die lehte Aeußerung

der Ritterschaft in Betreff der Lehn- und Ritterpferde ge någen ,

und er eilte sogleich ,

deßhalb zu treffen.

die nöthigen Maasregeln

In dieser Absicht erklärten die Herzog,

lichen Kommissarien : daß jene von Ritterschaftlicher Seite angezognen

Specifikationen

der Mecklenburgischen Lehn

pferde von 1621 und dann von 1709 gleich bey ihrem ersten Entstehen für unzulänglich und als zu eilfertig abgefaßt erklärt worden wåren ,

und daß sie mindestens dem Be

dürfniß der gegenwärtigen Zeitumstände nicht entsprächen. Der alte ,

ursprüngliche Gebrauch der Roßdienſte könne

auf die jeßigen Verhältniſſe nicht anwendbar gehalten wer den.

Es sey aber eine in alten Lehnbriefen vorausgeseßte,

långstbegründete Verbindlichkeit der Vasallen , ihrem Lehus. herrn nüßliche und getreue Dienste zu leisten. folge und in der Vermuthung ,

Dem zu

daß ein kurzer Rückblick

auf die vorigen Zeiten , so wie auf die mit so vielen persön *) Die relevirende Stelle iß hier insbesondre der §. 470. des ans gezognen Landesvergleichs.

1

79 lichen Gefahren,

Beschwerlichkeiten “und Kosten für den

Lehusmenn verknüpften Roßdienste,

die jedoch notoriſch

an keine beschränkenden Verträge gebunden wären , das in der Proposition angegebne ungleiche Verhältniß zwischen der steuerbaren und ſteuerfreyen Hålfte der ritterſchaftlichen

1 Güter vollkommen rechtfertigen würde ; folle es der Ritter. schaft noch ferner aufgegeben seyn , innerhalb sechs Mona ten ein genaues und vollständiges Verzeichniß aller Ritter pferde einzuliefern ,

so wie auch binnen gleicher Frist ihre

unmaaßgeblichen Vorschläge zu dem landesvergleichsmäßig proponirten beständigen Regulativ ihres künftigen Aufge bots und Gebrauchs abzugeben : widrigenfalls man erste res nach den im Herzoglichen Archiv befindlichen Nachrich ten und Urkunden selbst verfertigen und publiciren laſſen wolle.

Diese kräftige und nachdrückliche Erklärung von Sei, ten des Hofes håtte die Ritterschaft darauf führen müſſen, wie sehr es ihr obliege , bey ihren großen Vorrechten und Freyheiten auch verhältnißmåßig zu den allgemeinen Erfor dernissen beyzutragen , die die Wohlfahrt des Landes noth wendig machte, und welche in den frühern Verträgen der Landesherrn mit den Ständen, so wie in den veränderten Bedürfnissen des Zeitalters gegründet waren.

Judessen

blieb es nicht dabey , und jene Reſolution der Herzoglichen Kommissarien auf dem Landtage war gleichsam nur die Ein leitung zu fernern Mißhelligkeiten mit dem Regenten , die nicht sobald entschieden waren.

80 Auch mit der Stadt Rostock hatten sich bey dieser Ges legenheit neue Differenzen ´entſponnen , die in ihren Erb vertrågen stets einen sichern Rückhalt frey hatte , um sich mit künstlichen Interpretationen gegen die Autorität der landesherrlichen Beschlüsse zu decken , sobald es ihr Vor theil heischte , sich dieses alten Kunstgriffs zu bedienen. Diesmal war es die Konvention von 1748 , die ihren hart näckigen Weigerungen einen bequemen Vorwand lieh.

Sie

hatte sich auf sle berufen , um ihre behauptete Immunitåt von allen Reichssteuern mit desto sichrern Gründen zu un terstützen.

Auch lehnte sie deßhalb den auf sie fallenden

Antheil zum gegenwärtigen Reichskontingent von sich ab, und erklärte , daß die Herzöge von Mecklenburg es in jener Konvention über sich genommen , die Stadt künftig gegen Erhebung der dortigen Accife ,

wegen aller Beyträge zu

Kriegssteuern und sonstigen ordentlichen ſowohl als außeror dentlichen Abgaben zu vertreten.

Es war darüber zu ge

genseitigen Erörterungen gekommen , und die Stadt nahm ihre gewöhnliche Zuflucht an das Reichskammergericht zu Wezlar, wo sie die Sache im Appellationswege anhängig machte. Tribunals

Indeß lehnte der Hof die Jurisdiktion dieſes ab ,

und auch von Seiten der Ritter- und

Landschaft ward ihr die nachgesuchte Hülfe abgeschlagen. woraufsie sicher gerechnet hatte.

Die Waffen der französischen Nation hatten unters dessen den mannichfaltigsten Wechsel des Glücks erfahren. Siegreich für die deutschen Heere war insbesondre der lehte Feldzug gewesen.

Die Eroberung von Mainz und Valen

ciennes,

81 ciennes ,

früher die Einnahme von Aachen und Lüttich,

Brüssel und Antwerpen , und mit diesen beyden Hauptſlåd, ten die Reokkupation der gesammten österreichischen Nieder lande war entscheidend für das Glück der verbündeten Waf fen ,

und der Feind sah seinen Hånden bereits alles wieder

entriffen , was durch eine unglückliche Wendung des vori. gen Feldzugs verlohren gegangen war.

Indeß eröffnete das folgende Jahr bald ungünstigere 1794. Aussichten. Die Franzosen wurden wieder Meister yon den Niederlanden , die sie kaum erst den Oestreichern hatten überlassen müssen. erobert ,

Auch ganz Holland ward von ihnen

da der ungewöhnlich strenge Winter , der schon

im December alle Scen und Flüsse mit dickem Eis belegt hatte ,

ihnen selbst zu Hülfe kam .

dam gerieth in ihre Hände.

Das reiche Amster

Selbst in Weftphalen dran

gen die Sieger mit unaufhaltbarem Glück vor , und nie, schreibt ein berühmter vaterländischer Schriftsteller , *) was ren die frånkiſchen Waffen , die einst den Anfang unsrer Geschichte bezeichneten , dem dieſſeitigen Ufer der Elbe ſeit Karls des Großen Zeiten in feindseliger Absicht so nahe gekommen , als jeßt , da von ihren mächtigen Fortschritten alles für die Sicherheit des nördlichen Deutschlands zu besörgen stand.

# Das Mecklenburgische Reichskontingent (vom Herrn Regierungsrath Rudloff). Swepte Liefer. im Vors bericht, S. V. und VI.

82 1795.

Dieß war es auch , was den Frieden zu Baſel zwis schen Frankreich und Preußen beförderte.

Es ward dem .

felben noch eine besondre Konvention hinzugefügt , welche die Entfernung des Kriegstheaters von jenen Låndern zum Zweck hatte, und man verglich ſich darin über eine Demers kationslinie , die ungefähr die nördliche Hälfte des deutschen Reichs begriff,

und. allen innerhalb

derselben gelegnen

Reichsständen die Neutralität zusicherte , sobald sie ihre Kontingente von der Reichsarmee

abrufen ,

und keine

Kriegsunternehmung gegen Frankreich begünstigen würden. Auch das Herzogthum Mecklenburg genoß der wohlthätigen Früchte dieses Separatfriedens .

Man hatte die Hoffnung,

daß der allgemeine Reichsfrieden durch ihn ebenfalls sehr bald eingeleitet werden würde.

Nach so vielen und mans

cherley Drangfalen des Kriegs Aglaubte man allerfeits zu #i dieſen Erwartungen berechtigt zu seyn. Judeffen schickte der Hof zu Schwerin seinen Bevoll mächtigten in der Person des Geheimenraths , Grafen von Bassewiß an den Niedersächsischen Kreiskonvent ab , " der in 1796. der Mitte des folgenden Jahrs zu Hildesheim eröffnet wurde.

Die Verwendungen des Preußischen Hofes für

die Sicherheit des nördlichen Deutschlands und die Er 1 richtung der schon erwähnten Demarkationslinie hatten ihn veranlaßt.

Auch von den übrigen Kreisstånden war er *.* durch zahlreiche Gefandtschaften beschickt worden , und die • Verpflegung der Preußischen , Chur- und Herzoglich, Braunschweigischen Demarkationstruppen von Kreises we gen war der Gegenstand ihrer gemeinschaftlichen Berath, schlagungen.

Die Zusammenberufung eines zweyten außerordentli then Landtags , der im Sommer des künftigen Jahres zu 1797. Sternberg eröffnet ward , Kreistages anzuschn .

war als nächste Folge jenes

Es erstreckten sich die Propoſitionen

der Herzoglichen Minister auch bloß nur auf die Berechnung und Vertheilung der

dießjährigen Kreisdefenſionskosten,

welche während des leßtverfloßnen halben Jahres ,

vom

1. Januar bis zum 30. Junius für beyde Herzogthümer Mecklenburg ,

mit Inbegriff des Stargardischen Kreiſes

erwachsen waren.

Die Stände bewilligten ihre Beyträge

dazu nach ihren verhältnißmåßigen Quoten, so wie es auf dem legtgehaltnen ordentlichen Landtag zy Matchin, in An sehung ihres Antheils zu den vorigjährigen Defenſionsko sten" ebenfalls der Fall gewesen war , und sie offerirten zus fammen eine Summe von 68000 Rthlr. Nỗ, unter Vors aussetzung einer beruhigenden Versicherung de non praeju dicando , und daß man gleichmäßig zur Aufbringung der Domanial 2 Terz , welche 36460 Rthlr. Gold betrage , die nöthigen Verfügungen treffen wårde.

Noch in demselben Jahre schickte der Herzog seinen bevollmächtigten Minister , den Grafen von Baffewiß , zum Reichsfriedenskongreß nach Rastadt ab.

Es betraf vor

züglich die

Schwerinischen

Ansprüche des Mecklenburg

Hauses auf die vormaligen zwey erblichen Kanonikate in Straßburg,

welche demselben durch den Westphälischen

Frieden von 1648 Entſchädigungsweise zugestanden waren, deren Einkünfte es aber seit 1687 nicht mehr erhoben hatte, da die französischen Reunionskammern unter Ludwig XIV. $ 2

T

84 ihr bekanntes eigenmächtiges Syſtem geltend zu machen anfingen.

Schon Herzog Karl Leopold hatte wider diese

gewaltsamen Maaßregeln der französischen Regierung beŋ der Reichsversammlung zu Regensburg protestirt.

Ge

genwärtig ſchien es der bequemste Zeitpunkt , jene Anſprüche aufs neue geltend zu machen. ⠀⠀ Auch hatte der Herzog in • dieser Absicht schon früher ſeine Rechte auf die erwähnten Kanonikaté› reklamiren laſſen.

Bey Gelegenheit des nun

mehr eröffneten Friedenskongreſſes hoffte er durch unmittel» bare Verhandlungen mit den Bevollmächtigten der franzö■ sischen Republik eine angemeßne Entschädigung für sich zu erhalten.

Doch bereitelte die unerwartete Wendung , die

der Kongres selbst nahm , und wodurch plößlich alle Aus fichten eines allgemeinen Friedens aufs neue entfernt wur den, auch diese Hoffnung , so wie die Wünsche der übrigen Reichsstände, die sich endlich nach Rube sehnten.

85

Achtes

Kapitel.

Neueré Konſtitutionen und Herzogliche Anordnungen zum Besten des Lan des. - Nachbarliche Uebereinkünfte mit Churhannover und Chür, brandenburg. b Entschädigung des Herzoglichen Hauſes nách Maaßgabe des Regensburger Reichsfriedensdeputations - Neceſ fes. - Akquisition der Stadt und Herrschaft Wismar. Frohe Aussichten der Städter beym feyerlichen Einzug des Herzogs da felbst.

Es ist Zeit , zu berjenigen Anordnungen und Beſchäftio gungen des Regenten zurückzukehren , womit er auch für die innere Wohlfahrt feiner Erblande bisher auf das mannich. faltigste thätig gewesen war.

Reich besonders ist die

Sammlung von Gefeßen und Konstitutionen , mit denen er in den legten Jahren den Koder seiner Herzogthümer ans fehnlich erweitert hatte , und nicht minder die Anzahl der wohlthätigsten Polizeyverfügungen ,

welche während des

jüngstverflossenen Zeitraums für die verschiedensten Verhålt nisse erschienen waren.

Wider die Mißbräuche und Inkonvenienzen der Sach, 1792. walde hatte er eine sehr merkwürdige Generalverordnung er

86 laffen , wodurch er vornämlich dem gegenseitigen Schrift wechsel der Partheyen vor Gericht , während des proceffuas lischen Verfahrens , eine bestimmtere und einfachere Form als bisher geben wollte.

Den Municipalitäten der Städte

schrieb er eine neue und zweckmäßigere Eydesformel vor, worauf sie statt der alten künftig die jungen Bürger schwỏ, ren laſſen follten.

Er ertheilte den Lohgårbereyen in Gü

strom beträchtliche Privilegien ,

um ihnen dadurch zu ihrem

Fortkommen behilflich zu seyn , und in einer ähnlichen Ab. ficht bewilligte er der Papierfabrik zu Büzow die fechsjäh. rige Zollfreyheit.

Er erneuerte die früher vorhandenen

Verordnungen wider die Pferdediebſtåhle. 4

Gegen eine in

der Nachbarschaft entdeckte geheime Kolonisten 2 Werbung für einen unbewohnten Distrikt in Nordamerika 'warnte er die gesammten Landesobrigkeiten , und bezog sich dabeŋ auf˜ die Autorität eines kaiserlichen Edikts von 1768 , wider die Emigrationen der Reichsunterthanen.

Er ermunterte feine

Beamte zur Einführung nüglicher Arbeitsschulen in feinen Domänen , und bestätigte zwey Institute , die zu Parchim und Güstrow zum Besten armer unverheyratheter Töchter bürgerlichen Standes errichtet werden waren.

Den Reichs

schluß von 1793 wider die akademischen Ordensverbindun 1795. gen der jungen Studierenden brachte er auch in seinen Lan den zur öffentlichen Kenntniß , und publicirte einen neuen 1796. militärischen Koder für die fåmmtlichen Truppen feiner Her zogthümer.

Er unterſtüßte das ſeit 1788 zu Schwerin fun

dirte Armeninftitut mit reichlichen Beyträgen.

Zu Gunsten

feiner Akademie zu Rostock hatte er einen bereits schon früs

87 her geschlossenen Vergleich genehmigt , worin verschiedene 1793. Foderungen derselben zu einem unablöslich mit 5 Pc. zu verzinſenden Kapital von 13,000 Rthlen. N. Z mit der Hers Er entwarf

zoglichen Kammer bedungen worden waren.

den Plan zu einer Wittwengesellschaft in feinen Staaten, 1797. zum Besten aller Frauen , deren Männer in Herrschaftlichen Diensten gestanden hatten, und bestimmte zur Unterhaltung dieſes wohlthätigen Inſtituts neben den laufenden Beytrå gen der Intereffenten einen jährlichen Fond von 4500 Rthlr., die aus der Herzoglichen Renterey erhoben werden føllten. Um das platte Land von fremden Bettlern und losem Gesins del zu reinigen , das daselbst sehr überhand genommen hat. te, errichtete er ein eigenes Husarenkorps , und vertheilte 1801.

* +

es in die zur bequemern Dislokation desselben angewiesenen

L funfzehn Landdistrikte.

Er publicirte endlich noch die Feu

dal Konstitution von 1802 , welche durch die Kontroverfen, 1802. die sie zum Theil bey den vaterländischen Rechtsgelehrten erregte, in unfern Tagen so berühmt geworden ist, und de ren weise Absicht es war , den Mißbräuchen zu steuern , die zeither bey den Veräußerungen der Lehne wider die Natur des Mecklenburgifchen Reichsidioms hatten

üblich wer

den wollen.

Aber auch mit den auswärtigen benachbarten Staa ten unterhielt und schloß er freundschaftliche Bündnisse. Mit Sachsen- Lauenburg errichtete er eine Konvention wes 1790. gen gemeinschaftlicher Erweiterung und Aufräumung der drey Flüsse: Sude , Regniß und Krainke, zur Verhütung

88 beyderseitiger ,

Wegen

fchädlicher Ueberschwemmungen.

des freyen Durchgangs seiner Mecklenburgischen Posten 1793. durch das Lauenburgiſche nach *Hamburg erneuerte er eine ältere Konvention mit .Hannover , und verglich sich zugleich darin über die Berechnung des Porto von Bois zenburg nach Rageburg , Lübeck und Hamburg.

Noch

1797. eine andere Konvention mit dem genannten Churfürsten thum betraf die wechselseitige Auslieferung der Verbre cher,

welche fünftig in einem der beyden paċiſcireuden

Territorien vor den strafenden Händen der Gerechtigkeit Zuflucht fuchen würden , aller sonst üblichen zwiſchen ihnen.

und die

gänzliche Aufhebung

Gerichtsgebühren

in Kriminalfällen

Mit dem König von Preußen schloß er

1793. eine Uebereinkunft wegen unentgeldlicher Zurückgabe der von beydersettigen

Deferteurs

in

Desertionsfällen

herübergebrachten Pferde und Gewehre ,

mit

auf geschehene

Requisition und nach vollzogener Bescheinigung des Eis genthums derfelben.

Auch mehrere Grenzberichtigungen,

1793. Unter andern zwischen der Mark Brandenburg und dem Amt Döiniß bey Polz und Kleinen Schmölen , und zwis schen dem Amt Zarreutin und dem Lauenburgischen Ge richt Zecher dey dem Vorwerk Boiſſe kamen zu Stan de.

Es fehlte nicht an neuern Verträgen und nachbar,

Lichen Uebereinkünften mit den bemerkten Staaten. darf der Griffel des Historiographen ihrer führlicher erwähnen ,

Doch

nicht aud

um noch kurz zu einigen andern

Begebenheiten überzugehen, die das gegenwärtige Intereffe näher erregten.

89 Es betraf zunächst die Entschädigung des Herzog, lichen Hauses nach dem Indemniſationsplan der Regens, burger Reichsfriedens : Deputation , für die schon früher erwähnten zwey erblichen Kanonikate in Straßburg , und Seitdem

für seine Ansprüche an die Halbinsel Priwall.

der Rastädter Friedenskongreß sich zerschlagen hatte, war der Krieg aufs neue mit abwechselndem Glück zwiſchen Die deut den feindlichen Partheyen fortgesezt worden. schen Fluren waren noch immer der Schauplah der all Auch im Norden hatte A4 sich ein gemeinen Verheerung. neuer Krieg zur See entzündet , seitdem Kaiser Paul I. von Rußland unter den drey nordischen Reichen eine be waffnete Neutralität gegen England zu Stande gebracht hatte.

Kopenhagen inußte einzig dafür büßen ,

und der

fiegende Nelson lagerte sich mit der Brittischen Flotte auf der Rostocker Rhede bey Warnemünde,

um seine

Schiffe mit frischem Proviant zu verforgen.

Indessen sehnte man auf allen Seiten lebhaft den • Frieden zurück.

Er war endlich zu Stande gekommen,

und das Entschädigungsprojekt der deutschen Reichsstån. de ward ein angelegentliches Geſchäft der Regensburger Friedens 2 Deputation , so wie der übrigen vermittelnden Mächte. Mecklenburg- Schwerin erhielt für feine k bes 18022 reits erwähnten Ansprüche die ehemaligen Lübecker Hospi taldörfer in den Aemtern Buckow , Grevismühlen und auf der Jusel Poel, nebst der Zusicherung einer

immerwäh

renden Rente von 10,000 Fl. aus der Rheinſchiffahrts»

90 Ottroi.

Außerdem

Güter der fundirten ,

wurden auch dem Herzog noch alle mittelbaren Klöster Augsburgischer

Konfession in seinen alten Besitzungen zu seiner vollen und freyen Disposition mit allen ihren Rechten , Kapitalien und Einfünften überlassen.

Was aber mehr als alles dieß das Augenmerk der Patrioten aufsich zog, waren die mit dem Hof zu Stock holm eingeleiteten Unterhandlungen wegen des projektirten Ankaufs der Stadt und Herrschaft Wismar von der Krone Schweden.

Seit dem Westphälischen Frieden hatte dieser

schönste und fruchtbarste Distrikt des Herzogthums nicht mehr zu demselben gehört.

Mitten in den Besigthümern

des Herzogs gelegen , war er gleichsam unnatürlich davon getrennt worden , und eine fremde , ausländische Regierung hatte sich der Herrschaft jener ehemals reichen und blühen den Seestadt bemächtigt.

Jest ward sie der Sig eines ho

hen Tribunals und Oberappeilationsgerichtes für alle deut fchen Länder der Schwedischen Monarchie , welche sich diese feit dem Frieden zu Osnabrück jenseits des Meeres erwor ben hatte.

Über der Handel der Stadt war seitdem be

trächtlich herunter gekommen , und die Verbindung , mit ei nem so weit: entlegenen Reiche zog den Berfall ihres mer kantilischen Verkehrs fast unausbleiblich nach sich.

Ihre

große Entfernung von dem eigentlichen Siß der Regierung, so wie ihre isolirte Lage, rings von einem fremden Territo, rium umgeben ,

mit dem sie jedoch durch die natürliche

Grenze des Meeres und durch individuelle Volksgewohnhei 1

919 ten für ewige Zeiten verbunden ſchien , begreiflich.

machten dieß ſehr

Auch fühlten die Einwohner der Stadt und

des zu ihr gehörenden Gebiets die Nachtheile des ausländi schen Regiments in mancher Hinsicht sehr nachdrücklich, und wünschten deshalb die Wiedervereinigung mit den Herzog lichen Staaten des Mecklenburg . Schwerinifchen Hauses lebbaft : so wie auf der andern Seite die weite Eutlegenheit dieser Besizungen jenseits des Meeres und ihre Iſolation von den

übrigen

Låndern der Schwedischen

Krone in

Deutschland , sie dem Hof zu Stockholm weniger important machte, als sie an ſich wirklich waren , und unter jeder an» dern etwas vortheilhafteren Konjunktur hätten seyn können. Dieß war es daher auch, was die schon oben erwähn ten Unterhandlungen mit dem König von Schweden, von beyden Seiten erleichterte. Stande ,

Sie kamen zu Malmoe zù 18038

wohin der Oberhofmeister von Lůzom und der

Kammerdirektor Brüning disfeits als Herzogliche Bevoll mächtigte

abgeordnet

waren.

1,250,000 Rthlr. Hamb. Bko. ,

Der

Kaufpreis

war

wofür die Stadt und

Herrschaft Wismar , nebst der Insel Psel und dem Amt Neukloster an das Herzogliche Haus abgetreten wurden. Die Auswechselung beyderseitiger Ratifikationen - erfolgte zu 1 Hamburg den 15. Aug. durch den Mecklenburgischen und Schwedischen Gesandten ,

und auch noch in diesem Jahre

ward ein ansehnlicher Theil der oben genannten Kauffumme abgetragen. Die öffentlichen Freudenbezeugungen der Stadt bey dem feyerlichen Einzuge des Herzogs , der mit allem Glanz

92 einer frohen: Begebenheit celebrirt` ward ,

gaben demselben

die theilnehmenden Gesinnungen seiner neuen Unterthanen, und ihren lauten Jubel über eine so erwünschte Veränderung der Dinge zu erkennen.

Der Rückblick auf ihre frühere Ge

schichte, da ihre Voreltern ebenfalls , von den ersten Grün dern der Stadt herab , unter Mecklenburgischer Bothmäßig, keit zu dem höchsten Gipfel ihres städtischen Reichthums empor gestiegen waren , belebte sie mit ähnlichen Hoffnuns gen für die Zukunft.

Man vertauſchte den ausländiſchen

Scepter gern gegen die neue Regierung , und die Vortheile von der Wiedervereinigung der Stadt mit dem übrigen Her zogthum leuchteten allen um so natürlicher ein , da sie nur `durch eine unreife Politik der åltern Jahrhunderte von dem, felben getrennt worden zu seyn schien. 1

91

1

Neuntes

Mebersicht des Ganzen . -

Kapitel

Reluitionen und Akquifitionen des Herzogth

chen Hauſes während der drey legten Regierungsepochen. mehrter Glanz desselben dadurch. Bufunft.

Ber

Günftige Aussichten für die

Schluß.

Peit jener funeſten Zeit ,

da das Herzogthum unter Karl

Leopold beynahe ein Opfer feiner innern Zerrüttung gewors den wåre : da es von dem vielseitigsten Intereffe der ver schiedenen Faktionen beherrscht und zerrissen wurde, und den Juvasionen fremder Exekutionstruppen offen stand , die vergebens , um die alte Ordnung der Dinge darin zurückzu» rufen ,

erschienen waren ; feit jener denkwürdigen Epoche

der vaterländischen Geschichte war es das einmüthige Be streben der nachfolgenden Regenten gewesen , den Gianz des Herzoglichen Hauses wieder herzustellen , und was bereits in dem allgemeinen Strudel der Verwirrung verlohren ges gangen war , demſelben gleichsam aufs neue mit unermüdes ter Thätigkeit zu vindiciren.

94 Auch ist die Sonne

wirklich nie glänzender und

reiner hinter einem düstern Wolkenschleyer hervorgetreten, als nach jener unruhvollen Zeit , da der wilde Parthey geist

nur

alles

schob, der von

Unglück

auf Rechnung eines Fürsten

dem Geist seines Jahrhunderts gelettet,

vielleicht nur einzig darin fehlte ,

daß er zu rasch ver.

fuhr, um ein System geltend zu machen ,

für dessen

Anwendbarkeit und Legalitât die damaligen Verhältniffe

$ ben weitem noch nicht hinreichend genug vorbereitet wa, ren.

Sein Zweck war sicher gut.

Nur in der Wahl

der Mittel ließ ihn seine Heftigkeit fehlgreifen , und dieß war es eben , was alles Elend über Mecklenburg brach, te, das seine Regierung so

ausgezeichnet merkwürdig

macht..

Schon Herzog

Christian Ludwig II. begann

die während der leßten Unruhen der vorhergehenden Re gierung fast ganz erschöpften Kräfte durch

Wiedereinlösung

eigenthümlicher

Mecklenburgischen Hauſes ,

des Herzogthums Besißungen

des

die nur durch Verpfändun

gen oder anderweitige Alienationen von demselben abges kommen waren , allmählich wieder herzustellen. 1752. luirte

Er tes

die beyden Aemter Lübz und Crivitz nebst den

Dörfern Dehmen und Dabel ,

welche vormals

an die

von Barnewitschen Erben für 154,000 Rthlr. Spec. ver pfändet gewesen waren..

Er bezeichnete seinen Nachfol

gern

den ſichersten Weg ,

dadurch

zugleich

um

die

Macht und das Ansehen des Herzoglichen Hauses ge

95 gen den Einfluß der Stände zu vergrößern , und die Folge hat gelehrt , wie sehr sie . ‫ ل‬von dem Nußen dies ses Systems eingenommen worden sind.

Die Reluition der

Churhanndverschen Pfandåmter 1766.

in den Jahren 1766 und 1768 , deren acht an der Zahl 1768. wären zolls

,

und die mit Einschluß des Boizenburger Elb

einen

beträchtlichen Theil der Herzoglichen Reve

nйen ausmachten ,

verherrlichte die nachfolgende Regies

rung Herzogs Friedrich. Amt Starenhagen ,

Er hatte schon früber das

welches ebenfalls durch eine ältere

Oppignoration vom Herzoglichen Hauſe abgekommen war, 1764: wieder eingelöst.

Im Jahr 1781 brachte er das Amt 1781.

Teutenwinkel durch einen Vergleich mit den von Man delslohſchen Erben , die damals im Beſtß jener Güter waren ,

an sich.

Noch in demselben Jahre kaufte er

die Güter Kleinen - Sprenz und Goldeniz , im Amte Gü strow ,

und

fe

Schaalmühle

die

acquirirte bald darauf auf ähnliche Wei- 1783. mit

dem

Schaalhof

bey

Zar

rentin.

*) Sie hießen Boizenburg mit Inbegriff des dortigen Elbzolls, Grevismühlen , Gadebusch Rehna , Mecklenburg , Bakens dorf, Wittenburg und Zarrentin , und waren vom Herzog Christian Ludwig II. im J. 1734 tur einfiweiligen Entschädis gung für die, durch die unter Karl Leopold entstandenen Uns ruben veranlaßten Exekutionskosten an Hannover verpfändet worden.

; 96€ Ungleich mehr, als alles

dieß , ist aber auch in

dieser Hinsicht unter der; gegenwärtigen Regierung Herzogs Friedrich Franz für

des

die Erweiterung des

Herzoglichen Ansehens gethan worden.

Schon vor seis

nem Regierungsantritt hatte er die sämmtlichen Vieregg ſchen Güter Roßewiß mit Zubehör an sich gekauft , die 1 späterhin förmlich inkamerirt, und dem Reluitionsfond der vormals verpfändet gewesenen Herzoglichen und

Regalien

zu

Schwerin

Ein Gleiches geschah mit den nem

Konkurs

erhandelten

einverleibt

Demå wurden.

im Jahr 1779 aus´ ci

Gütern Friedrichsruh ,

sonst

Gantor , Goldebow , Frauenmark und Schönberg ,

diz

ebenfalls nach dem Regierungsantritt zu den Herzogli. chen Kammergütern geschlagen worden sind.

Aber ungleich wichtiger 1787. die Wiederfreymachung

in diesem

Betracht war

der vier von Preußen okkupict

gewefenen Aemter Eldena , Plau , Marniz und Wreden hagen ,

deren schon oben zu seiner Zeit

Erwähnung

geschehen

ist.

Es

war

ausführlicher

eine der

Handlungen des neuen Regenten , wodurch ihm

er

ersten in die

vorgezeichneten Fußtapfen seiner würdigen Ahnher

ren trat , und welche zugleich feinen thätigen Eifer für die

völlige Wiederherstellung seiner ihm

angeſtammten ·

Fürstenthümer zu erkennen gab.

Doch

waren

eine

Menge

anderer ,

ganz

neuer

Acquisitionen aus derselben Ursache nicht minder erheb lich,

97 lich ,

wohin 1 insbesondere

der Ankauf der ehemaligen

von der Lähe▾ Mulsowschen Güter , Besitzungen

aus der errichteten Holländischen Subsidien

taffe , der Güter Kleinen Methlingen ,

1f

der Noffentinschen

der Vogtey Rů

ehemals Gräflich von Bernstorffcher. Güter ,

Güter Worsten, rechnen ist ,

Fienstorf,

welche alle

Woferin

allmählich

der

und anderer zu auf die erwähnte

·Weise 1 in den Befiß des Herzoglichen Regierhaufes übers gingen.

Noch darf man eine beträchtliche Anzahl minder wichtiger Vermehrungen der Befihthümer des Regenten Dahin ge während der letzten Epoche hieher rechnen. hört unter andern

der Ankauf des vormaligen Baron

von Rosenschen Antheils im Dorf Kleinen Bengerstorf Amts Boizenburg, im Jahr 1786 ;

dahin die Erwerbung

des von Bernstorffchen Antheils im Dorf Bobzin zum Amt Wittenburg gehörig ,

im Jahr 1790 ;

dahin das

│1791 zum Amt Wredenhagen acquirirte Gut Cambs mit den Hufen in Zepkow.

Ferner gehört dahin das in

eben demselben Jahr zum Amt Marniz erstandene Gut Malow nebst der Mühle´daselbst , ' so wie das 1796 zu dem eben genannten Amt angekaufte Lehngut Siggel. kow mit dem dazu gehörigen Antheil in Marntz.

Da

hin gehört zuleßt der Hüfenantheil des Gutes Saaliz, der 1791 zum Dorf Crembs rict wurde ;

dahin

Amts Gadebusch acqui

das durch einen Permutationshans

del im Jahr. 1796 zum

Amt &

Wittenburg

gekommene

98 Bauerndorf Docbberfen , so wie endlich noch verschie dene andere , Låndereyen ,

die theils im Jahr 1795 im

Amt Crivig zur Rdukendorfer Mühle, theils

im fol

genden Jahre vom Gut Mentin zum Ant Maruiz käuf lich erworben wurden.

...

Die neueste und von allen bisher

genannten zu

gleich auch die glänzendste Acquiſition ist die von Schwe discher Seite erst kürzlich gesschene Ubtretung der Stadt und Herrschaft Wismar ,

nebst den Aemtern Peel und

Neukloster für eine Kauffumime von 1,250,000 Rthlr. 擲 Hamb. Blo., welche gleichsam den Schlußstein zu je ner Reihe von

Erweiterungen

und

Bermehrungen

der

Herzoglichen Befihthümer bildet , und sie als selche auch freylich in aller Hinsicht am würdigsten vollendet. Wie sehr übrigens der Ruhm

und das Anseher

des Fürstlichen Hauses durch diese glücklichen Unterneh mungen seiner erhabenen

Stammhalter vergrößert wor

den ist , bedarf keiner weitern Erwähnung , da man in 16 der frühern Geschichte desselben vergebens 蔼 eine ähnliche lichtvolle Epoche aufzusuchen sich bemühen würde. Doch

3die wie das ver schleyerte Bild der Iſis nur allmählich ihre dunkeln Ge

steht es zu hoffen ,

daß die Zeit ,

Heimnisse errathen läßt , auch noch für die folgenden Ge nerationen

åhnliche

erfreuliche Begebenheiten aufgespart

haben werde.

Y!

Der Ankauf der reichen und schöngelegenen Plů

schowschen Güter durch den künftigen Durchlauchtig,

99 ften Thronbesiker berechtigt zu dieser Erwartung , und so läßt es sich mit ziemlicher Gewißheit vorausschen , der ursprüngliche Glanz lange in feiner

daß

des Herzoglichen Hauses noch

angestammten

Hoheit unter den übri

gen deutschen Fürstenhäusern hervorleuchten werde ,

des

fen würdige Ahnen vorlängst aus dem uralten Geschlecht der Obotritischen Könige entſproſſen find.

"}

Beurtheilung und Berichtigung der

Holmschen

Beiträge

sur neuesten

Geschichte

des Herzogthums Mecklenburg

Schwerin.

Von einem

Mecklenburger.

Fleiß , Wahrheitsliebe und Unparteilichkeit nebst einer gezüchtigten Einbildungskraft, werden dem guten Geschichtschreiber 1 dienen, die richtigsten Nachrichten aufzusuchen und sorg. fältig zu prüfen , hernach aber auch die Vorfälle genau so darzustellen , wie sie wirklich , durch diese Nachrichten bestimmt werden , und weder etwas dazu noch davon zu thun , es sey nun aus Leidenschaft, oder Enthusiasmus, oder aus Parteilichkeit, oder weil es hübscher aussieht und ein beffer Gemälde macht. Freimüthige Anmerkungen über V. Zimmermanns Fragmente. S. 9.

Hamburg, gedruckt bei Just Christoph Brüggemann.

1805.

!

‫ܘܐ‬

‫܀‬

‫‪t‬‬

Einleitung.

Mit it großen Erwartungen nahm der Liebhaber der Geschichte , der Kenner neuerer Staaten , der Freund Mecklenburgisc

Verfassung die Holmschen Beiz her tråge *) zur Hand . So bekannt die Schwierigkei ten getreuer Darstellung noch lebender Regenten und ihrer

Landes : Regierungen sind , zumal dann , wenn nicht der Nimbus des Helden die übrige Gestalt des Herr schers verhüllt ; so muthvoll ergriff der Mecklenbur ger die hier versprochene Schilderung der Statsverwa ls tung seiner lehten Beherrscher . Es fehlte nicht an Materialien, wichtigen , zu einem solchen Werke ;

und zwar an

nicht an Beispie

len historischer Kunst, wornach diese Stoffe zu Einem glänzenden Gewebe hätten verarbeitet werden müſſen. Mecklenburgs Geschichtschreiber fand zu diesem Bau

*) Beiträge zur neuesten Geſchichte des Herzogthums Mecklens burg, Schwerin , beſonders während seiner jezigen Regierungs Epoche, von 2. M. Holm. Rostock. 1805.

"

die meisten Werkstücke in den Annalen des Schwe rinschen Staats : Calenders ;

sie waren und wurden

da , so viel die gegenwärtige Regierung betrift , jåhr lich noch mit vieler Sorgfalt zusammen getragen. Für den früheren Zeitraum gaben Sammlungen von Ver: ordnungen ,

von Grund : Gesetzen ;

historische und

diplomatische Bearbeitungen einzelner Gegenstände ; gaben die ,

in ihren Folgen noch wolthätigen ,

dem

Herzen der Unterthanen eingeprägten Thathandlungen selbst, hinlänglichen Stoff.

Nur die kunstmäßige

Aufstellung dieser Vorråthe,

nur ihre geschmackvolle

Verbindung zu Einem

harmonischen imponirenden

Ganzen ,

was der Liebhaber der Ge

das war es ,

schichte noch wünschen mußte. Nun sind ja der Schriftsteller , auch der deutschen,

+ nicht wenige, die durch zweckmäßige und kunstreiche Behandlung der neueren Begebenheiten , aus den Borgången früherer Tage entwickelt ,

Muſter

geschickten Nachahmung aufgestellt haben.

zur

Schon

allein der große Johannes Müller , welch ein köstliches philosophisches Gemälde gleichzeitiger Ereignisse giebt er uns in seiner Schilderung des Fürsten- Bundes ! Ein Gemälde, vielleicht jest schon vergessen , wie der Bund selbst mit seinen Hofnungen ! Dabei befand sich der eingebohrne Mecklenburger, als Geschichtschreiber , in der erwünschten Lage, wo er schreiben durfte ;

wo nicht,

nach Tacitus Ans:

-

5

druck, mehrere Ursachen eintraten , welche der Wahr heit Zunge lähmten ; in der glücklichen Zeit , wo man denken kann , was man will , und sagen darf, was man denkt. *)

Und die Gegenstände selbst,

deren Schilderung

die Holmschen Beiträge verheißen !

wie gehaltreich,

wie einladend sind sie für den aufmerksamen Beobach ter ,

für den denkenden und seiner Feder mächtigen

Schriftsteller !

Wie berechtigen sie

aber auch den

Mecklenburger zur Erwartung einer kräftigen , leben: digen Darstellung !

Ihr Zeichner braucht nicht mit

der sceptischen Philosophie eines Hume zu arbeiten, nicht mit den glühenden Farben eines Schiller, eines Voltaire zu malen ; noch weniger erheischt , zum Preise seines Zeitalters und seines Vaterlandes ,

das Bild

desselben den åßenden Grabstichel eines Tacitus.

Daß

er aber mit Wahrheit , mit Treue schildere , ist alle: mal ,

in jeder Lage des

Geschichtschreibers ,

uner:

läßliche Pflicht ; nauigkeit

der

daß er dabei Richtigkeit und Ge 4 Ausdrücke , der Folgerungen , der

gewählten Bilder ,

daß er ein gehöriges Verhältniß

der Theile und des Tons in seiner Schrift beobachte, das fordert von ihm die Achtung für das Publikum, vor dem er doch gedruckt erscheinen will ;

und daß er

- rara temporum felici *) Veritas pluribus modis infracta ; tate , ubi fentire , quae velis, et quae fentias, dicere licet. TACIT. Historiar. Lib. I. init.

-

seinen Stoff durchgehends mit Geschmack , mit Gefühl historischer Kunst bearbeite ,

nicht blos zuweilen mit

aesthetischen Floskeln dazwischen fahre, dies gebeut ihm besonders der Vorsak , sein Werk dem jetzigen Regen? ten unsers Vaterlandes zuzueignen.

Dann muß er

ſich ja entsinnen , daß diesen Fürsten schon in Horazi: ſchen Oden Mitscherlich besang ! *)

daß Ihm die dedi:

cirte Mecklenburgische Geschichte durch Rud loff,

die überreichte Nachricht

vom Schlief:

fenschen Geschlechte durch den General E. M. von Schlieffen , **)

schon Muster sorgfältiger treuer Gez

schichts :Bearbeitung , Muster kritischer Darstellung, mit Würde und Anmuth in gleichem Grade gepaart, geliefert hatten, So gestimmt,

mit diesen billigen Voraussetzun

gen die Holmsche Schilderung durchgelesen , und auf: merksam durchgelesen , läßt sie wirklich noch fast alles zu wünschen übrig,

Unmöglich kann der Vorbehalt

in der Zueignungs : Schrift :

,, daß der Pinsel des.

99 Malers nur schwach gewesen sey , " die großen Feh ler der Arbeit entschuldigen. selbst ist im Bilde verzeichnet ;

Schon dies Gleichniß denn nur Farben,

*) Siehe die Oden ad Friedericum Franciscum , Academiae Rost. restauratorem , in den Eclogis recentiorum Carmi num Latinorum von Mitſcherlich. 1793. **) Nachricht von einigen Häusern Schlieffen. Caffel 1789.

des Geschlechts der von

nicht Thaten , wie hier gesagt wird , kann der Pinſel auftragen ; und die Malerkunst hat nur Lehrlinge und Anfänger, nicht Laien zur Führung eines schwachen Pinsels.

Allein ,

auch abgesehen hievon ,

ist die

Ungeübtheit der Hand in dem ganzen Gemälde so groß, daß , einen solchen Entwurf dem Kenner , dem Regen: ten gar nicht vorzulegen , gewiß beſſer war.

Hat nun

vielleicht dieser Fürst denselben gnådig aufgenommen, so ist das ein Belag mehr zu der Milde , welche von Ihm auch die Beiträge preisen.

Durch den Druck

sind sie aber zugleich für das Publicum geeignet wor: den : und diesem werden daher die nachstehenden Be richtigungen derselben gewidmet ;

sie schienen

zur

genaueren Beurtheilung der beschriebenen Zeiträume, und ihrer vorliegenden Schilderung sehr nothwendig.

Es muß billig angenommen werden , daß der Ver: fasser seinem Buche aufmerkſame und prüfende Leſer gewünscht habe. Diesen aber müſſen Fehler , sowohl in der Behandlung des Ganzen , als in einzelnen ge schichtlichen und staatsrechtlichen Angaben , Mångel in der Schreibart wie in der Sprache , dabei auffallen. Und hiernach zerfällt die Beurtheilung dieser Beiträge von selbst in vier Abschnitte.

Erster Abschnitt.

Allgemeine Mängel der geschichtlichen Bearbeitung in den Beiz trägen. - Fehler bei Behandlung des Ganzen ― - der eins

zelnen Theile und Zeiträume. Fehler bei der systematischen Darstellung, → bei der chronologischen Erzählung.

Man Tan könnte dem Verfasser bei der Behandlung seines Stoffes im Allgemeinen vieles hingehen lassen , wenn er blys , wie der Titel verspricht , Beiträge zur Geschichte Mecklenburgs geliefert , also nur die vorgegangenen That sachen erzählt, ſie ungezwungen in eine faßliche, nicht streng chronologiſche, mehr wiſſenſchaftliche Verbindung gebracht, und so die Handlungen der Regenten selbst håtte reden lass fen.

Allein , da er durch die rednerischen Eingänge zu ſeiz

nen Capiteln , durch die allgemeinen Betrachtungen , durch die vorgetragenen Grundsätze im Laufe seiner Erzählung, den Geiſt, die Beurtheilung seiner Leser vorbereiten und stimmen will; so verlangen diese , daß seine allgemeinen Säße , seine eingewebten Vorschriften des Verſtandes , an fich wahr und klar sind , daß sie auf den verhandelten Ge genstand paſſen , und nicht schwankend vorgetragen werden . Eine billige Bedingung ! Denn sollte nicht , wer belehren, wer die Beobachtungen des Lesers leiten will , dieſes auch verstehen ?

9 So hat unser Schriftsteller in der Einleitung eine gedrängte Uebersicht des Zustandes und A der Regierung Mecklenburgs in den Zeiten geben wollen , ehe der jetzige Landesherr den Thron bestieg. Dergleichen allgemeine Gez målde find vortrefflich , wenn sie gerathen. Robertson hat eins der schönsten vor seiner Geschichte Carls V. geliefert ; Büsch ein ähnliches vor seinen Welthåndeln. Allein dazu ist ganz nothwendig , "" daß derjenige , der eine große " Wahrheit mächtig vortragen will , dieselbe vorher wohl „, überdenke, ſeinen Vortrag ordne , und seinen Gegenstand », mit aller Wärme bearbeite ; " wie der gelehrte undscharf sinnige Geschichts - Kenner, Möser , verlangt. * ) Hier aber, in dieser Einleitung fehlt es

an dem gehörigen Ueberblick

„ des Ganzen , es mangelt an allem und sogar an dem` " Nothwendigsten , an einem klar durchdachten , consequent " hinausgeführten Plan. «

)

Es wird hier der Zustand von Mecklenburg in dem ab gewichenen Jahrhundert vor 1785. gezeichnet. Soll nun der allgemeine philosophische Eingang hiezu p. 1. nicht můßig da stehen , ohne Beziehung seyn , so ist , ihm zufolge , dies Land nicht allmålig , ſondern plötzlich gebildet worden , die Einwohner sind zugellos , roh und wild im Anfange des Jahrhunderts gewesen , jezt aber auf dem höchsten Gipfel der Macht und Aufklärung ; denn ihre jungen Kräfte ſind plöhlich erwacht. Diese schnelle Aenderung heißt aber schon auf der zweis. ten Seite ein höchsteinfacher, natürlicher Gang des mensch

*) Ueber den guten Vortrag der Empfindungen. Patriot. Phans tas. Th. 4. Nr. 1. **) Holms Beiträge zur neuesten Geschichte.Mecklenburgs, 1805. pag. 11.

10

-

lichen Geistes : und von Mecklenburg wird geſagt, es habe in der Stille , unvermerkt ſeine Anlagen entwickelt ! Ent wickelt durch einen guten unverdorbenen Schlag von Ein wohnern , der ausdaurenden Fleiß mit einem liberalen Hange zum geselligen Wohlleben verbindet ; - der aber 1 funfzig Jahre später , nach dieser unvermerkten Entwicke lung , in einem trågen , dumpfen Geistesschlaf sich befindet, in der größten Unwiſſenheit , in wahrer egyptischer Finsters niß umher toppt. *) Unser Vaterland war bisher dem größern Schauplate der Welt , den Drangfalen des Krieges entzogen , wuchs unter den günstigsten Constellationen empor. **)

Auf der

nämlichen Seite aber haben die gefährlichsten Stürme es beunruhigt ; und ein paar Seiten weiter trüben Stürme der verschiedensten Art ſeinen Horizont. Eine Sündfluth von Drangfalen und I Elend überschwemmt es ; der Nordi sche Krieg saugt an seinem innersten Mark ; der siebenjåh= rige mit seinen Gråueln , Hungersnoth , Miswachs , ein Heer von ansteckenden Seuchen und Krankheiten bedrången das Herzogthum. ***)

Es hat nur in kurzen vorübereilen

den Zwiſchenräumen eine precaire Nuhe. **** ) Mecklenburg zeichnet sich erst durch eine Menge localer Vorzüge und natürlicher Vortheile aufs glücklichste aus ; 'zumal durch Hamburgs Nähe , welche Stadt auf Sitten, Lebensart und den ganzen Verkehr der Mecklenburger von je her den entschiedensten Einfluß gehabt hat. †) Hingegen hat schon bald darauf††) die große Abgele= genheit dieses Landes von dem übrigen deutſchen Reiche, weil es an die entlegenſte Spiße des Nordens hin verwie=

*) pag. 10. der Beiträge. **) pag. 2, ***) Beiträge, p. 15. ****) p . 15. t) p. 3. tt) p. 10.

‫ܚ‬

11

sen ist, seinen Verkehr mit andern gebildeten Staaten ſehr - erschwert, und Hamburgs Nåhe war ihm höchſtens nur für den Absatz Mecklenburgiſcher Landes - Producte von Wich tigkeit, *) Unser Vaterland entwickelte in der Stille seine mannig faltigen Anlagen vielfach. **)

Jedoch ließen (in den funf

ziger Jahren) die beſtändigen Gåhrungen im Innern des Landes die Unterthanen jene füße Ruhe nicht schmecken, welche allein das Licht der Aufklärung über ein Land vers breiten kann. Hingegen im Jahr 1785. war das Land wiederum in einer Ruhe, die es lange nicht so anhaltend ge= noffen hatte , und die dabei das Werk einer kurzen Zeit ges wesen war ! **) Daß alle diese Såße mit den eigenen Worten des Ver fassers vorgetragen sind , wird jeder finden , der sein Buch nachlieset.

Welche auffallende Widersprüche enthalten ſie ,

aber ! Welche Verwirrung erzeugen sie beim Lefer ! Nir gends kann er feste Begriffe faffen und behalten,

Er weiß

am Ende nicht , was er gelesen , ob er recht gesehen hat, ob er seinem Gedächtniß trauen soll ! Und ganz natürlich ! Denn der Verfaſſer nimmt , bei der Andeutung der Situaz tionen , der Charactere in diesem allgemeinen Gemälde, immer mit der andern Hand wieder , was er mit der einen gegeben hatte.

Er läßt die Zeiträume, worin die Cultur

des Landes , die Bildung seiner Einwohner erfolgt seyn ſoll , unbeſtimmt , die Zeichnung der Regenten und ihrer Wirksamkeit unausgeführt.

Nichts aber kränkt den auf

merksamen Prüfer , den Kenner der Geschichte mehr , als wenn er , F wie hier , zwei Seiten ſpåter , ja oft auf dersels ben Seite das verneint findet , was er erst bejahet las ; *) P. 11. der Beiträge. **) p. 2. ***) p . 14.

1

--

12

wenn er oft durch kleine Nebenzüge hinten nach die Skizze

1 ganz verzeichnet ſieht ,

die erst dem Auge gefiel ;

durch

nachher angebrachte allgemeine Sätze die besonderen Reſul tate umgeworfen findet, an denen er vorher in der Be schreibung sich ergößte. < td>

: Die Art, wie der Zeitraum der Regierung unsers jezi gen Landesherrn in diesen Beitrågen behandelt worden ist, leistet eben so wenig Genüge.

Freilich war hier zuvdrderst

eine feste Bestimmung nothwendig , ob der Verfaſſer dieſen Hauptgegenstand rein chronologisch, blos nach dem Lauf der Jahre , oder nach einem wissenschaftlichen Plan vortragen ; ob er den Mecklenburgschen Jahrbüchern , wie sie unser Staats- Calender liefert, in seiner

Geschichtserzählung

geradezu folgen , oder die verschiedenen Bemühungen des Fürsten zum Besten seines Landes und Volcks , in den 1 zwanzig Jahren seiner Regierung , jedesmal ſo , wie ſie un ter Einen Begriff, zu Einem Hauptzweige der Staatsver waltung gehören , zuſammenſtellen wollte.

Diese lehte Art

ist unstreitig die geschickteste , die vorzüglichste. Denn , sagt ein Meister in der Kunst , *) „ einzelne Facta oder Begeben heiten sind in der Geschichtswissenschaft , was die kleinen farbigten Steinchen in der mosaischen Malerei.

Der

Künstler, durch geschickte Austheilung, vermischt und ords , net fie, schließt sie genau an einander, und bringt dadurch ,, bem Auge ein fertiges Gemålde auf einer schnurgleichen " und ununterbrochenen Fläche entgegen.

Diese Behands

lung erheischt aber unumgånglich eine klare, deutliche Dars stellung der Regierung eines Landes , nach den Thatsachen, die man davon gesammelt ; und das ist des Verfaſſers Stärke gar nicht.

Solch eine Darstellung wird nicht durch

*) Schlözer Ideal der Weltgeschichte. Göttingen 1773.

1

15 Bilder, große , fremde Worte, schillernde Tiraden erreicht ; sie geht nur von Karen , deutlichen Begriffen , von einer genauen Kenntniß aller gleichzeitigen Ereignisse aus , und entwickelt dann , in der fortlaufenden Erzählung des Gez schehenen die Gründe, warum dies jedesmal, in jeder Lage, so und nicht anders geschah.

Sie erheischt einen Plan , der

geschickt angelegt, unverändert festgehalten , und glücklich durchgeführt werden muß.

Dann , und nur dann entsteht

ein Werk , das dem Landesherrn , der durch seine Thaten den Stoff dazu hergab, mit Anstand gewidmet , mit Ues berzeugung vorgelegt werden kann : das ihm den vollen Ues berblik der Segnungen gewährt, die einzeln, wie Thautrops fen , fein Scepter verlich ! Wollte hingegen der Verfasser hier nicht , als Ges schichtforscher den überlegenen Verstand nach seiner ganzen Schärfe wirken lassen ; wollte er seine Beiträge blos nach der Zeitrechnung bearbeiten, etwa wie Klüver oder Aepis nus , zwar auch in Capiteln und Paragraphen , in Briefen, aber doch nach dem Lauf der Jahre:

so war und blieb

dennoch allemal die Jahresfolge selbst der Faden , der ihn leiten, den er nie verlassen mußte. Nun aber finden sich beide Arten des Geschichts - Vor trages in seinem Werke ; wiewol keine von beiden rein , bes stimmt , ausschließlich.

Er hat Capitel mit Ueberschriften,

alfo Abschnitte, Fächer, gemacht : diese Capitel sind aber nicht wissenschaftlich abgetheilt, die Gegenstände jedes Abschnitts nicht genau zusammenhängend.

Der Leser

fühlt sich bald durch den Schluß eines Capitels aufgehalten, wenn dessen Gegenstand , noch nicht erschöpft ist ; bald in ein folgendes fortgeriffen, wenn die Darstellung füglich im vorigen håtte zusammengedrångt , geendet werden können. So die Erzählung von Rostocks Verhältnissen ! Offenbar

14 ist sie zu gedehnt für den übrigen Inhalt des Werks :

es

wird zu weit ausgeholt von seiner Verfassung im Mittel Alter, vom Wesen und Nußen der Freiſtädie , der Hanse, wobei noch so viel unrichtiges mit unterlåuft : daher ſtrömt die so vermehrte, verdünnte Materie über den Damm des dritten Capitels weg , in das vierte hinein, und füllt funfzehn Seiten , also beinahe den sechsten Theil des ganzen Werks ! - Nirgends aber stößt man in den Beiz trågen auf ein Capitel, einen Abſchnitt, wo alles, was auf Ein Fach der Herzoglichen Staatsverwaltung Bezug hat, gesammelt wåre ; nirgends, ſelbſt im Schluß - Capitel nicht, wird ein Standpunkt gegeben zur Ueberschauung der mang nigfaltigen Wirkungen der Landes - Beherſchung ; nirgends ein Ueberblick aller Zweige , die zusammen den nåhrenden, ſchüßenden , erquickenden Baum der jetzigen Regierung bil den ! Denn das letzte Capitel, genaunt Uebersicht des Ganzen, zeigt dem Leser nicht in allgemeinen Zügen die Summe der, durch die vorigen Abschnitte vertheilten Bemühungen des Herzogs Friederich und des jetzigen Regesten zum Be sten ihres Volcks und ihres Landes ; sondern beschränkt das die Ganze ihrer Herrscher - Tugenden darauf, daß sie verpfåndeten · Beſikungen des Regierhauses wieder eingeld set haben !

Hier also bedurfte es keines Worts , keines Pinfel strichs mehr für das Bestreben unsers Landesherrn , die innere Wohlfahrt Seiner Erblande thåtig zu begründen ; " auf die gesammte Bildung des großen Haufens Seiner » Unterthanen zu wirken ; durch die verschiedensten Anregun ,, gen eine gewisse Masse von Ideen unter den niedern Ståne » den in Umlauf zu bringen ; durch Beförderung der Freiheit in Meinungen und Handlungen das Ganze sichtbar zu

15 „ veredeln?« *)

-

Hier keines Rückblicks auf die Folgen

», der weiſeſten Måßigung , die der Charakter des gegens » , wärtigen Staats- Regiments ist? **)

Wo bleibt hier

die Pflicht des Geschichtschreibers , der im Erzählen der Geschichte die größte Wahrheit, im Faffen und Beurtheilen den vollständigsten Zusammenhang suchen muß? ***) . Doch, auch chronologisch hat der Verfaſſer ſeinen Ge schichtsstoff verarbeitet ; leider aber nicht weniger absprinz gend , nicht weniger unglücklich.

Die Folge der Jahre ist

nicht genau , nicht durchgehends beobachtet ; bald laufen sie hintereinander fort , bald springen ſie in der Erzählung vor ; daß erſte Capitel begreift zwei Jahre , das nächſte nur Eins , und holt vom vorigen Jahre nach ; das dritte trägt, außer der Erzählung von Rostocks ålterer Verfassung, setne Jahresbegebenheiten noch in das vierte Capitel über : und fpåterhin fållt gar alle Zeitfolge über den Haufen ; im ach ten Capitel, welches doch nicht das sogenannte Ueber: sichts- oder Abschieds : Capitel ist , geht es von 1790. bis 1

1803. über alle Jahre her , jedes muß zur Anfüllung etwas beitragen ; alle werden durch einander gerüttelt. : So viel ergiebt also schon die allgemeinere Untersuchung dieses Werks , daß sein Verfaſſer den Stoff dazu weder wiſſenſchaftlich und, ſyſtematiſch , noch chronologisch, nach der Zeitfolge gehörig verarbeitet hat.

Allein eine genauere

Prüfung belehrt uns auch , daß die Beiträge weder historisch richtig , noch staatsrechtlich bestimmt abgefaßt ſind. Mit der Anführung der Quellen , hat sich dieser Ges

*) Beiträge p. 20. 49. 85. **) Beiträge p. 48. ***) Herders Ideen zur Philosophie der Geschichte B. 13. Abschn.7.

16 schichtſchreiber überhaupt nicht beschwert : diejenigen aber, aus denen er fast alles schöpfte , gar nicht angezeigt ; und dies sind die Rudloffschen Annalen und Aepinus Geschichte von Mecklenburg für Jedermann. Diesen lehten Schriftsteller führt er ein einziges Mal , und zwar in einem Nebenpunct, bei den Windstürmen und dem Miswachs unter H. Chr. Ludwigs Regierung, an; hat ihn aber an vielen , sehr vielen Stellen ganz abgeschriez ben, ‫ م‬mit seinen zufälligen Unrichtigkeiten und Druckfeh= lern, ohne ihn je weiter zu nennen , oder diese zu berichti gen.

Hingegen ist unser Verfasser bei dem Einleitungss

Gemälde , bei der Darstellung der Herzöge Earl Leopold, Christian Ludewig , Friederich, und ihrer Regierung deu Urtheilen des billigen Aepinus nicht gefolgt, sondern seiz nen eigenen Gedanken , woraus denn entstanden ist, daß er alle drei Fürsten nicht überall richtig und behutsamt genug , den letteren insbesondere oft mit ungerechtenWenz dungen geschildert hat. In der Erzählung der Staats * verwaltung unsers jetzt regierenden Herrn ist er , neben fortgesezter Ausschreibung des Aepinus , fast überall den Mecklenburgschen Annalen , welche ſeit 1785. ununterbro chen hinter jedem einländischen Staats Calender verzeich net stehen , gefolgt ; wiewol gleichfalls , ohne dieser mühz famen Sammlung " in , ſeinem ganzen Werke mit Einem Worte zu erwähnen.

Dies hat ihm der berühmte Heraus

geber derselben geradezu gesagt ; ) und gemachte Verglei chungen ergeben es nur zu deutlich.

Er ist ihnen gefolgt,

zwar mit der Feder in der Hand , aber nicht , wie Schld zer verlangt, in Stündchen , wo der Geist wachsam genug ist, sich kein zweckmäßiges Factum entwischen ,

und von

*) Meckt. Schwerinscher Staats ; Calender 1805. Th. 2. p. 186.

17 keinem dden sich beschleichen zu lassen. *) Er ist ihnen zum Theil blindlings gefolgt ; denn daher hat er zum Beispiel . die Absendung des jeßigen Geheimen Raths von Bran denstein als Herzoglichen Gesandten zum Reichs - Vicariat nach Dresden, welche zufällig in den Annalen vom Jahr 1792. ausgelaſſen war , auch nicht bemerkt , und nicht an geführt.

Aber er ist diesen Annalen zuweilen auch nicht

blindlings gefolgt ; und die versuchten Abweichungen haben fich freilich arg genug an ihm geråcht ; sie haben ihn zu wirklichen historischen Unwahrheiten verleitet ; ihn verführt, aus der Abtretung der Herrschaft Wismar einen Kauf, aus dem , vom Corps der Mecklenburgschen Städte errichs ten Erziehungs - Institut , zwei solcher Anstalten für die Städte Parchim und Güstrow zu machen . **)

Anfangs

insbesondere werden einzelne sehr individuelle Verfügungen aufgezählt , er läßt sich von dden Factis beschleichen , ders gleichen die Bestätigung der Rathswittwen - Casse in Gus strow ist. ***)

Oft aber muß man sich dagegen mit dem

Ausspruche abspeisen lassen : es wåren noch viele andere schöne Constitutionen , Verordnungen ic. erschienen , deren Anführung nur zu weitläuftig seyn würde. ****)

Endlich, an beſtimmten ſtaatsrechtlichen Ausdrücken fehlt es den Beiträgen häufig. Der Hof wird genannt , wo der Landesherr geredet hat ; Beliebungen werden ere wähnt, die Befehle des Regenten waren ; ein Regierungse System wird am Ende des Buchs für legal ausgegeben, *) Schlözers Vorrede zu seiner Vorstellung der Unis. Historie 1775: **) Beiträge. p. 91. 86. ***) Beitr. p. 28. ****) Beitr. p. 18. 20. 28. 88.

18

was am Anfang deffelben den Staat untergraben sollte ; und der Kaiser muß , über die Gränzen der Lans desherrlichen executiven Gewalt hinaus manns. hafte Wehr in's Herzogthum schicken , statt daß er eigentlich seine Reichshofraths Conclusa durch Reichs Executions Truppen gegen den Landesherrn vollziehen ließ. -- So viel über diese Arbeit im Allgemeinen ! Die einzelnen Verstoße gegen Geschichte und Staatss Recht werden am füglichsten in dem jeztfolgenden Ab schnitt , nach der Capitelreihe der Beiträge , angeführt und entwickelt werden können.

3weiter

Afchnitt.

Einzelne historische Mängel der Beiträge Ihre Verstoße ges gen das Staatsrecht - Berichtigung derselben in der Ein leitung , -- in jedem Capitel.

Bei der Berichtigung der einzelnen geschichtlichen und staatsrechtlichen Fehler in diesen Beiträgen werden wir denselben

größtentheils nach ihren Abtheilungen folgen

müſſen , um Wiederholungen möglichst zu vermeiden.

Bei

der Beurtheilung der geschilderten Zeiträume und Personen hingegen ist es nothwendig , alle ihre einzelnen Züge aus dem ganzen Buche zu sammeln und neben einander zu stels

19

H

len , um das schwankende , daß widersprechende der Dari stellung geschwinder übersehen zu können. Wir wenden uns daher gleich zur Berichtigung der Einleitung. Diese Einleitung iſt im Ganzen nicht gerathen.

Denn,

auch zugegeben , daß des Verfaffers Vorsaß hier blos war, ohne ångstliche Beobachtung der Zeitfolge , ohne genauë Bescheinigung jeder Thatsache, eine allgemeine Uebersicht von Mecklenburgs Zustande vor unsers jeßigen Landesherrn Regierung zu liefern ; so hilft dies dem Uebel doch nicht ab. Eine Uebersicht, sey sie auch noch so allgemein , muß den Betrachter doch sehen laſſen , und übersehen lassen; hier aber sieht das Aug' und sieht auch nicht; denn alle Augenblicke werden die Gegerſtånde verschoben ; wird Ruhe zu Stürmen , stiller Genuß zu Drangfalen gemacht : das ist nicht uebersicht , sondern Ueberraschung, und zwar von der schlimmsten Art , wo man in jeder Minute seine besten Ansichten fahren lassen muß.

Auch die flüchtis

gern Leser der Einleitung werden dieſen großen Misgriff in der Behandlung schon dunkel gefühlt haben ; eine besondere Beleuchtung der einzelnen Sätze dürfte denselben noch deuts licher machen. Ob das gleich anfangs gegebene Gleichniß zwiſchen einer plötzlichen kräftigen Entwickelung der Fähigkeiten eines, bisher träge, schwach scheinenden Kopfes , und einem sich ausbildenden Staate und Volke , an und für sich richtig ist, bedarf keiner nåheren Beurtheilung. Der Verfasser selbst hält es nicht für richtig , denn er nimmt unmittelbar darauf die Parallele zurück , spricht von einem almális gen Wachsthum der Länder und Völker , nennt denselben einen

einfachen,

höchst natürlichen Gang des 2*

P

20

Geistes ; und das bestreitet ihm wol kein Geschichtskenner ; wiewol freilich gleich nachher die genialischsten Aus flüge, die kühnsten Versuche , zum einfachen höchst natürlichen Gange des Geistes wieder nicht allerdings paffen. -- Doch, wie gesagt , das mag der Maler anderswo verantworten ! Wir wollen nur sehen , wie es auf Mecklenburg , wohin es hier doch wol allein gezogen wers den darf, anwendbar und angewandt ist. ,,Mecklenburg war bisher, " sagt die Einleitung, (also doch wol wenigstens ſeit 200 Jahren bis 1785) „ dem

A

» größeren Schauplaß der Welt , den Kriegs- Drangfalen, 66 — Wie? In „ einzelnen Eroberern 2c. glücklich entzogen " welchen Geschichtschreibern steht das ? von Behr, Klüver, Frank, und nach ihnen Buchholz , Michaelis , Gebhardi, Aepinus und Hane melden leider alle und sehr bestimmt das Gegentheil : ja unsere Våter zum Theil wiſſen und füh len es noch ! Wie drückend hat nicht der 30jährige Krieg auf Mecklenburg gelegen , wie schwer Wallenstein der Ero berer , und nach ihm die schwedischen Generale , als Wie: der Eroberer! sie die das Herzogthum zur Eindde machten, und deshalb endlich selbst verlassen mußten ; das Land , wo im

Winter 1637. kein Mensch einzeln über Feld gehen

durfte , um nicht von Hunden aus den verddeten Dörfern, von Wölfen aus den Hölzungen zerriffen zu werden ! *) Wie hat darauf der Nordische Krieg im Anfang des 18ten Jahrhunderts hier gehauset ! In zwei Jahren waren über fünf Mill. Thaler jeßiger Währung dafür an Kriegs - Schå den zu berechnen gewesen. *)

Und nun der zjährige Krieg

*) HederichSchwerin. Chronik. S. Monatsschr. v. u. f. M. 1796. Suppl. p. 117. Hane Gesch. v. Mecklenburg S. 298. **) Hane Uebersicht der Geschichte von Mecklenburg p. 585.

21 mit seinen Gråueln , und darauf die Hunger - Jahre 1771. und 1772. , waren das günstige Constellationen ? Freilich, p. 4. 5. 8. 12. 13. 15. erzählt der Verfasser selbst, daß doch Stürme , Kriege, Pest, Hungersnoth , Miss wachs u. s. w. das arme Land , und zwar noch in dem lek ten Jahrhundert , zerrüttet 1 haben ; daß die Gährungen im Innern eben so arg , wenn nicht noch schrecklicher wů theten ; daß das Land bis 1785. nur einer precairen Ruhe, nur einzelner Sonnenblicke genoß.

Aber wozu denn das

einladende, erquickende Bild auf der ersten Seite, wenn er selbst es nicht für wahr hålt ? Heißt das nicht in der That seine Leser zum Besten haben ? Fallen nun nicht , mit dem 4 Umsturz dieses Vordersatzes der glücklichen Ruhe, der günstigen Zeitverhältnisse , alle daraus gezogenen Folgerungen des natürlichen ,

allmåligen ,

unser

merkten Anwuchses , der vielfachen , stillen Ents wickelung der Anlagen in Mecklenburg weg ? Wird nicht der Geschichtsfreund , nach solcher gleich anfangs erfahrnen Täuschung , den Schilderungen in diesen Beiträgen gar nicht mehr trauen ? Doch , nur Geduld ! Mit der kömmt man auch in der Prüfung der Beiträge zum Zweck. Mecklenburg soll sich ferner p. 2. jezt durch einen un erschöpflichen Reichthum der innern Quellen uns terscheiden. Daß wir die ersten , sichersten Nahrungs Quellen in unserm Vaterlande haben und gehabt haben, das weiß und schäßt jeder verſtändige Einwohner : allein ſie unerschöpflich zu nennen , giebt zwar einen schönen, vollklingenden Perioden - Fall ; nur widerspricht ihm die That.

Unsre Waldungen , besonders

des kostbarsten

harten Holzes , vermindern ſich jährlich, zumal außerhalb ― der Landesherrlichen Forsten. Das Holzland in Meck lenburg ist urbar gemacht ; die Waldungen sind von Glas

1

£2 hütten weggebrannt , oder durch schlechte Holzwirthschaft ruiniret worden : in manchen Gegenden ist schon Holz mangel eingerissen ; es werden selbst viel Schwedische " Balken und Bretter über Wismar und Rostock einges

" führt, "

So klagte man schon im Jahr 1795. , also vor

zehn Jahren . *) " Das ganze Mecklenburgische , von Lübeck an bis über 2 Rostock hinaus långst der Ostsee ist , auf einige Meilen ,, Landeinwårts , ganz bolzarm.

Freilich sind alle Sce:

», stådte große Holzfreffer , theils durch eigenen Verbrauch, theils durch den Schiffbau , 1 theils durch die Leichtigkeit " der Verführung zum ausländischen Handel. " So schrieb sechs Jahre später einer unsrer Nachbarn. **) Unser Ackerbau hat sich zwar mächtig verbessert, zum Theil eben durch die Verwüstung der Hölzungen ; dennoch hatten wir die Hunger- Jahre von 1771. und 1772.; wo den gerins. gern Einwohner-nur Kartoffeln retteten, Wir haben noch in unsern Tagen die völlige Ausfuhr des Korns , selbst der Kartoffeln müssen verbieten , den Korn Bedarf für die Städte nur durch die oberste Macht im Lande erhalten ſehen, es sind auf Landtagen , zum Ver bot alles Kornbranntwein - Brennens in Mecklenburgschen Städten, noch unlängst Anträge gemacht. - Unsere Viehz zucht hat Gottlob ! seit 1780. nicht gelitten ; aber was ließ die Seuche vom Jahr 1745. biß 1755. , waß die vom Jahr 1764. bis 1780. wol an eigener Zucht von Rind vieh in Mecklenburg übrig ? Und erhebt nicht jeder Haus wirth vor dem Gedanken ihrer Wiederkehr? - Wo bleibt aber dann die gepriesene Unerschöpflichkeit der innern Quels

*) Monatsschr. v. u. f. Meckl. 1795. Aug. p . 242. **) Büsch vermischte Schriften 1801, Th, 1 , S. 224.

23 len des Vaterlandes ? - Oder, ist etwa seine Menschens menge so vermehrt worden , daß deren Ueberfluß , zum. Ackerbau , zur Viehzucht entbehrlich , sich dem Fabrikfleiß, der Handarbeit ergeben könnte , ja müßte , und dadurch, unterstützt vom Reichthum innländischer erster Lanbeser zeugnisse, von der Wolfeilheit aller Nahrungsmittel , dem Vaterlande auswärtiges Geld in Strömen zuführte? Wer, der Mecklenburg kennt , darf sagen : Ja ? Daß die späteren Landesherrn zum Theil , daß unser jeßige Beherr schervorzüglich mit Nachdruck hieraufgewirkt , die menschens fressenden Baurenlegungen gestört , die Anſiedelung fremder Handwerker erleichtert , die Verarbeitung eigener und aus wärtiger Landeserzeugnisse angefeuert, belohnt haben, wird gewiß erkannt, und dankbar gepriesen ; es beweiset aber gerade auch, wie nöthig die Aufmunterung war , wie sehr. also die eigene Kraft und Thätigkeit der Menschen , ja, wie sehr die Menschen selbst noch in Mecklenburg fehlten ! — Diese Bemühungen haben auch sehr günstig gewirkt. Meck lenburgs Menschenzahl vermehrt sich jährlich ; und eine Zusammenhaltung der so fleißig gearbeiteten Bevölkerungs Labellen in den hiesigen Staats- Calendern , wo sie jåhr lich erscheinen , beweiset die Zunahme des jährlichen Uebers ſchuſſes an Eingebohrnen während der jezigen Regierung unwiderleglich . Dieser Ueberschuß betrug im J. 1786. nur 2483 Personen ; und 18 Jahre später , im J. 1804. das doppelte, 5492 Personen. *) Demungeachter haben die Herzoglichen Lande auf 226 [ ] Meilen noch nicht völlig 300,000 Einwohner , folglich noch nicht 1300 Menschen aufjeder [] Meile ; wogegen andere, nahgelegene Provinzen

*) Meckt. Schwer . Staats : Calender 1787. N. VII. 1805. Th. 2. P. 174.

24 Deutschlands , die noch nicht einmal von Manufakturen und Fabriken , den Symptomen einer großen Menschenmenge, ſtroßen, z. B. das Fürstenthum Calenberg über 2500 Men schen , das Fürstenthum Grubenhagen 2300, das Herzog thum Holstein über halten. *)

2200

Menschen auf die [] Meile

1

Also : Mecklenburgs Vorrråthe an Brenn - Material, an Bau- und Nuß- Holz sind nicht übermäßig ; sein Korne und Gemüsebau , seine Viehzucht sind beträchtlich , auch zuz nehmend ; die Zahl seiner Einwohner ist nicht unbeträchtlich, ist im Steigen ; allein unerschdpflich kann der Landess kenner alle diese Quellen des vaterländischen Wohlstandes gewiß nicht nennen ! [Mecklenburg unterscheidet sich gegenwärtig durch den Flor des Handels und der verschiedensten bürgerlichen Erwerbzweige. S. 2.} Die Beläge zu dieser Behauptung ist der Verfasser schul dig geblieben ; sie würden vielleicht sein Gemälde überlas den haben : allein da diese so verschiedenen Erwerb zweige, dieser Flor derselben manchem Inländer unbes kannt sind , so hätten sie wol eine etwas genauere Bezeich nung verdient,

Denn , aus dem vermeinten oder würkli

chen Seegen an Landes Producten gleich für Mecklenburg auf den Flor seiner bürgerlichen Erwerbzweige schließen zu wollen , wåre gar zu voreilig.

Die Erfahrung lehrt

uns , daß hier im Lande diese beiden Phänomene nicht als Ursache und Wirkung auf einander folgen , sondern oft, wegen der Freiheit der Ausfuhr aller Erzeugnisse, gerade in umgekehrtem Verhältnisse stehen.

In Absicht des Getrais

des hat uns ein großer Staatswirthschafts - Kenner- dies schon vor einiger Zeit gesagt.

„ Im Mecklenburgischen

*) Genealog, Handbuch für 1803. Tb. 2. S. 231. 304.

25 ,,sahen die Einwohner aller Landstädte und sogar der "" Flecken mit gegründetem Neide den Landmann um ſich » her durch den Kornhandel (seit der Französischen Revolus „ tion) reich werden, und fühlten sich selbst durch die Theurung ,, niedergedrückt , waren auch hie und da der Empörung, » », und dem Verſuche nah , die Ausfuhr mit Gewalt zu „ stören. erkannt ,

Die Billigkeit ihrer Klage ward auch so gut daß

der

Landesherr und

die Ritterschaft

» beschlossen , den Landstädten das , zu ihrer Subsistenz » nöthige Brodkorn zu einem beträchtlich geringeren Preise » zu geben. « * ) Noch vor zwölf Jahren schrieb und erwies ein praktischer Geschäftsmann , und eingebohrner Mecklens burger, in dem damals geleſenſten öffentlichen Blatte : „ Die Revenden , welche durch verarbeitete Producte vom Auslande kommen , ſind bis jezt sehr geringe. Durch Manufakturen und Fabriken wird der Mecklenburgs sche National Reichthum zur Zeit noch sehr wenig beförs dert. Scie Denn es fehlt an Quellen zur Unterstützung , an Unternehmern , an Menschen in diesem Lande , der Mecks lenburger ist nicht geneigt sich einzuschränken , zur völligen Handelsfreiheit gestimmt , und hat eine Menge Fabriz ken zc. um sich , die die innländischen nicht wollen empor kommen lassen.

**)

So zählte ein Ungenannter (ebend. p. 332.) die in Mecklenburg im J. 1793. vorhandenen Fabriken und Mas nufakturen ; aber Kornmühlen , Ziegeleien und Theeröfen füllen fast ganz allein dieses Verzeichniß.

Und der

neueste Schriftsteller über Mecklenburg vor diesen Beis

*) Büsch Verfuch e. Gesch. der Hamb. Handlung p . 204. **) Forst - Inspector Becker über Vermehrung des Wohlfandes Mecklenburgs. Monatsschr. v. u. f. Meckl. 1793. p. 250.

1

26 trågen, ein unpartheiischer , kundiger , und aufgeklärter Geſchichtschreiber , kennt den gerühmten Flor der vers schiedensten

Erwerbzweige

allhier

auch

noch

nicht , entſchuldigt vielmehr den Mangel derselben ſehr tref fend.

Von auswärtigen Schriftstellern, sagt er , ist un

„ serm Lande der Mangel an Manufakturen und Fabriken, » die für ſeinen Flächen - Inhalt geringe Volcksmenge , oft bitter genug vorgeworfen worden ; doch trift dieser Vors „ wurf keinesweges die Regierung seibst. - Bei den langwierigen innern Zerrüttungen mußten die einheimis „ ſchen Anlagen verkümmern , und die Verfaſſungsmåßige Handelsfreiheit steht allen , zur Wiederaufbringung ein heimischer Anlagen unumgånglich nöthigen Verboten im " Wege, " ") Gegen solche besondere und allgemeine Behaup tungen also , ja gegen die Erfahrung und Kunde der Landes Einwohner , wird der Verfaſſer dieser Beiträge ſeinen Sah S. 2. noch wol beſſer beweiſen müſſen , wenn er für wahr . gelten foll, [Wie das Talent

starker Seelen ist, S. 3.]

Ob dies

hier mit Fleiß gewählte und gezeichnete Bild auch mit Fleiß überdacht , den vorhin erzählten Thatsachen entspres chend sey , ob es überall aus richtigen , klaren Begriffen entspringe , möchte noch wol die Frage seyn .

Allein die

eigentlichen geschichtlichen Berichtigungen dieses Werkes liefern ohnehin Beschäftigung genug ; eine nähere Unter ſuchung des Gehalts dieser Vergleichung kann daher füglich unterbleiben. In einem der volkreichften — - glücklichste auszeichnen . S.3.] Der erste von den vier Hauptfehlern in dieser Stelle ist ein

* Hane Uebersicht der Mecklenburgschen Geschichte 1804. p. 579. Siehe auch Normann, die Freiheit des Getraidehandels : 3ter Abschnitt, 1802.

- 27 geographischer. Mecklenburg soll nåmlich in einem Lån der: Distrikte des Niedersächsischen Kreises belegen seyn ; also eigentlich wol in einem Distrikt eines Distrikts. Sons glaubte man , nur Stådte , Dörfer , ú. s. w. wåren in einem Lånder Distrikt belegen ; hingegen das Herzogthum Mecklenburg , an Flächen - Inhalt beinahe der vierte Theil des ganzen Niedersächsischen Kreises, (274

1138 Quadrat - Meilen) , über dreimal größer als

das Herzogthum Braunschweig , fast zweimal größer als das Herzogthum Holstein , und beinahe halb so groß als das ganze Churfürstenthum Hannover im Niedersächsischen Kreise ,

ein Herzogthum ,

auf dem Reichstage hat ,

welches 3 oder gar 4 Stimmen wåre selbst ein Land ,

sogar Distrikte in sich befaßte !

das

Und dabei wird es

denn auch wol bleiben. Der zweite Fehler in dem ausgehobenen Saße ist ein statistischer. Mecklenburg , heißt es , liegt in einem , øder, wie eben erwähnt worden , richtiger ausgedrükt, ist einer der volkreichsten Distrikte Kreises.

des Niedersächsischen

Eine sehr wünschenswerthe Sache !

um die bösen auswärtigen Schriftsteller ,

besonders,

welche nach

S. 39. uns den Menschen mangel vorrücken , recht abzu fertigen ! Aber zur Probe7 dieser Angabe , wird man sie doch in Zahlen herſeßen ' müſſen ; denn Zåhlungen und Summen sind , wie schon jener Engländer anmerkte , eigens finnige Dinger , die häufig manche Behauptung , manche tiefgedachte Folgerung umgestoßen haben. Nun enthält das Herzogthum Mecklenbung = Schwerin auf 226 [ ]Meis len nur 293,162 Einwohner ; *) also nicht mehr als 1300 Menschen auf die [ ]Meile.

Hingegen zählen die übrigen

*) Meckl. Schwer. St. Cal. 1805 T. 2, zu S. 174.

28 Länder unsers Kreises , das Herzogthum Lauenburg schon 1800 , Bremen 1900 , Blankenburg 2000 , Holstein über 2200 ,

das Bisthum Hildesheim 2200 ,

Wolffenbüttel

2800 , und Magdeburg nebst Halberstadt sogar 4000 Mens d schen auf jeder Quadrat - Meile im Durchschnitt. *)

Also

hätten hiernach die garstigen auswärtigen Schriftsteller mit ihrer Beschuldigung doch wol Recht , und der Beis trags 3 Verfasser doch wol Unrecht , wenn er nicht etwa noch genauere und vortheilhaftere Zählungen der Landes Einwohner vorlegen könnte , als die Rudloffschen in den Bevölkerungs- Listen sind ? und sein Ausdruck : volkreichs ster Distrikt, wåre wohl nur so gebraucht worden , weil es ein besser Gemälde macht? Der dritte Fehler in dieser Stelle trift zwar nicht eigents ist aber auch ein Fehler gegen die

lich Mecklenburg ,

Kunde. · Hamburg heißt hier eine der ersten Handelsstådte der Welt ! Ein volltönender , pomphafter Ausdruck ! aber nur so lange , bis wir uns besonnen Staats

haben, welche Handelsstädte es noch wohl mehr in der Welt giebt.

Auch ist es dem Verfasser selbst kein rechter

Ernst damit , und der Wahrheit freilich noch weniger. Er setzt diese Stadt schon S. 10, etwas herunter , giebt ihr da nur noch 99 einen bedeutenden Rang unter den ersten europäischen Handelsstädten : "

Und Büsch , der,

nach seiner eigenen Erklärung , 60 Jahre lang den Gang ihrer Handlung und die Veränderungen in ihrem Wohl *) Geneal. N. u, St. Handbuch 1803. Th. 2. S. 132. 239. 231. 284. 304. Dies Buch wird deswegen hier als Gewährs; mann angeführt , weil es nicht nur , nach der Vorrede, die besten neueren Statiſtiker forgfältig benußt hat , sondern auch bekanntlich alle Jahre von den Höfen fernere Berichtigungen der einzelnen Anjäße erbittet und erhält.

i'

29 flande als unbefangener Zeuge beobachtet hatte , sagt von ihr im Jahr 1797. : ,, Sie ist nun einmal die erste Hans delsstadt in Deutschland ;

aber bei weitem nicht die

erste unter den Handelsſtådten Europens , bei weitem nicht eine der größten und bevölkertsten , viel weniger eine der reichsten unter denselben. « *) Er erkennt ferner : " Ham burg ist die Stadt , welche unter allen deutschen Städten den Zwischenhandel aufs höchste treibt.

**) Allein

ſie eine der ersten Handelsstådte der Welt zu nennen, dazu hatte er zu viel Kenntniß ,

zu wenig Vorliebe für

prächtige Worte. Der vierte Fehler greift wieder in Mecklenburgs Ge schichte ein ,

und ist ein historischer.

Es soll nåmlich

Hamburg auf die Sitten und Lebensart der Einwohner unsers Vaterlandes ,

und auf seinen ganzen übrigen

Verkehr, von jeher den entschiedendsten Einfluß geäußert haben. Den entschiebendsten , das soll in der gewöhns lichen Sprache , mit einem weniger ſchielenden Ausdrucke, doch wol heißen , den größten ? Nun ja , wenn man jezt von vielen nach Hamburg gereiseten Mecklenburgern höret, selbst oft zum Vergnügen dahin reiset, Haus- und Puß Geräthe daher kommen läßt, auch von Kornladungen hört, die auf der Elbe dahin gehen , so glaubt man schon , in der Geschwindigkeit , ohne weiter viel nachzuforschen , dies sey ein großes , das größte Verkehr ; ja es sey wol gar immer so geweſen : Sintemal glauben weit bequemer ift, denn untersuchen.

Allein der Historiograph

müßte doch wissen ,

daß die Mecklenburgsche Geschichte hierüber etwas anders redet. Nach ihr ist es von jeher,

*) Versuch einer Geschichte der Hamb. Handlung. S. 1. **) Ebendas. Beil. 1. Einleitung.

30 also im Mittelalter, zur Zeit der Hanse , nicht Hamburg, sondern Lübeck vorzüglich , sind es ganz andere B : ndes Städte, z. B. Lüneburg , gewesen , die auf das Verkehr unsers Vaterlandés dén größten Einfluß gehabt haben: besonders mit deswegen , weil Hamburg damals noch gar nicht ausgezeichnet war. », Lübeck war in der blů henden Periode der Hanse die thåtigste unter allen Bune des : Städten : Hamburg war in der ganzen Zeit , da die Bierbrauerei sein Haupt Geschäfte ausmachte, bis ins 16te Jahrhundert , noch gar keine Handelsstadt von einiger Bedeutung : sie ist erst spåt eine eigentliche Handelsstadt geworden , und hat erst seit zwei Jahrhun derten aus dem Zwischenhandel ihr Hauptwerk gemacht, durch welchen sie jetzt fast allein besteht. "

)

Und wenn

gleich Hamburg zu dem engeren Bunde der sechs Wendis schen Städte gehörte , so waren die Handels- und Freunds schafts- Verbindungen der Mecklenburger damals doch weit größer mit denen an der Ostsee oder Landeinwärts in Deutschland belegenen Städten , als mit ihr. - Indessen, das gesteht ja der Verf. eigentlich selbst ; obwohl erst zehn Seiten nachher , wie gewöhnlich. Hamburg, sagt er S. 10. hatte sich noch nicht (dies foll wpl ums Jahr 1755 seyn ; angeführt ist keine Jahrszahl) zu diesem bez deutenden Rang - emporgehoben. Seine Nähe konnte höchstens für den bequemen Abfaß der überflüßigen Producte des Landes von Wichtigkeit seyn."

Dies Elingt

freilich schon gelinder ; und Schade nur , daß es dem Verf. Allein der gleich folgende nicht schon S. 3. beifiel! Sak , daß „ von Hamburg aus nun ein höherer Grað der Industrie , und die verschiedensten Arten des bårs

*) Busch Geschichte der Hamb. Handl. S. 7. 16. 223.

X 31 gerlichen Erwerbsleißes in unserm Herzogthum hervorge rufen wåren , " ist wieder bloßes pium desiderium , iſt zwar wünschenswerth , aber nicht gegründet , nicht erz weislich. Denn 1) auch seit den letzten 25 Jahren geht der Mecklen= burgiche Handel nicht zum größten Theil , ausschließlich nach Hamburg.

nicht

Das thut selbst nicht ein

mal der Kornhandel. Schon in der kleinen Schrift, die " im J. 1792 wegen der Bündigkeit ihrer Schlüsse , wegen der genauen Berechnung in Zahlen aus den Accife - Listen, bei der Elden = Schiffbarmachung so viel Aufsehen erregte,*) ergeben die gelieferten Durchschnitte der jährlichen Korn Ausfuhr, daß Rostock gerade dreimal so viel Getraide und , ſchon im Jahr 1791 ausführte , als Boizenburg und Dömitz zu Wasser und zu Lande zusammen fortbringen. Wie sehr in Rostock auch späterhin der Kornhandel nach außen zugenommen , weiß jeder genaue Beobachter ; im J. 1796 führte diese Stadt 12,300 Last , im folgenden Jahr beinahe 20,000 Last Getraide aus , und die alljährige, im jedesmaligen Durchschnitt von fünf Jahren berechnete Ausfuhr dieser Stadt stieg , in den lehten eilf Jahren bis 1800 , von 6700 bis zu 9200 Last. ** ) Rostocksche

und

Daß aber der

der Wismarsche Handel gar nicht

größtentheils nach Hamburg geht , zeigen die Rostocker Schiffahrts Listen , welche vormals , ſeit 1785. der Meck lenburgsche Staats- Calender , nachher das Patriotische Archiv, und die Wehnertschen Provincial - Blåtter geliefert haben. Aus ihnen konnte der Verf. der Beiträge mit

*) Gedanken über die Korn- Ausfuhr von Mecklenburg. 5ten Nov. 1792. Schwerin. Bårensprung. p . 16. **) Normann Freiheit des Getraide - Handels p . 323.

Dent

1

32 leichter Mühe ersehen , dort ein

MAND

daß nicht der zwölfte Theil der

und abgehenden Schiffe für oder von Hamburg

Dies bestätigt 1 auch der berühmte Statistiker Normann , der selbst in ist.

( Ihr Verhältniß ist wie 39 : 726. )

Rostock wohnt.

Rostock und Wismar , sagt er, bie dem

Holsteinschen Canal so nahe sind, und daher , bei der weit ficherern , oft auch im Winter nicht gehemmten Fahrt durch benselben , den Getraidehandel leichter treiben , wurden durch Englische und Holländische Commissionen seit der Französischen Revolution sehr gehoben und genußt. Dadurch erhielten die Gegenden Mecklenburgs , deren Abs fah nur über Rostock und Wismar ,

oder durch einige

Pommersche Håfen gehen muß , eben so lebhaften Antheil am Handel mit Getraide, als der südliche und westliche Theil des Landes durch den unmittelbaren Abſatz nach Hamburg.

Seit einigen Jahren schaffen die vielen

Englischen Commißionen zum Einkauf großer Vorråthe von Getraide den Rostockschen Schiffen sehr vortheil Allein hafte Frachten nach Englischen Håfen. “ *) auch andre Zweige

des Mecklenburgschen Handels ers

fstrecken sich mehr in andere Gegenden als nach Hamburg. Rostock führte nach den Listen z. B. schon im Jahr 1785. 14,000 Tonnen Obst mehr aus , als im folgenden ; und zwar nach der Oſtſee , Rußland u . s. w.; nicht nach Ham: Fürstenberg ist der Hauptort für den Handel burg. "" Der ) mit Butter in's Brandenburgische. Fischländer vornehmster Nahrungszweig ist die Schif fahrt. Mehrere unter ihnen haben ein Vermögen von. 30,000 Rthlr. Ihre meiſten Ladungen gehen mit Holz, Korn , Obst u. dgl. nach Copenhagen , Stockholm , Pez

*) Freiheit des G. H. p. p, 258. 294.

**) Normann p.1253.

33 r e tersburg , Amsterdam h und London . nach der Schiffahrt ist

Ihr nächster Erwerb

Fischfang : ihre geräucherten

Fische werden jährlich von vielen Kärnern *. nach Berlin, Dresden und Oberdeutschland geführt. *) Also auch hier steht kein Wort von einem Handel nach Hamburg. Und das Hauptverkehr unsers Vaterlandes in Weinen ist ja , außer mit Rostock , bekanntlich nur mit Lübeck! So kommen auch nach Rostock alljährlich wenigstens drei Schiffe mit Weinen geradezu aus Frankreich. - Lauter Thatsachen , deren Erkundigung nicht schwierig , und wol der Mühe werth war, ehe man dem Publicum angebliche Reſultate über diesen Gegenstand vorlegte !

Mit dem

Absatz Mecklenburgscher Manufacturwaaren sieht es eben so aus.

Der größte , ja fast einzige beträchtliche Zweig

derselben ist bekanntlich die Verarbeitung der Wolle : und gerade dieſe Wollarbeiten hat , nach einer mehr als zwölf jährigen genauen Berechnung , Hamburg am wenigsten durch Abnahme ihrer künstlichern Fabricate unterſtüßt. O ja,

die Wolle , welche im Lande nicht verarbeitet

wird , geht größtentheils , zunächst nach dieser Stadt. « **) Auch das in Mecklenburg

gesponnene

wollene

Garn

zieht Hamburg größtentheils an ſich ; es erhält davon wes nigstens fünf Sechstheil des ganzen Gespinnstes , und also eben so viel, als alle übrige auswärtige Handels - Cons currenten zusammen.

Hingegen von dem sonstigen Verz

triebe der vaterländischen Wollarbeiten bekömmt und nimmt diese große Handelsstadt bei weitem nicht das meiste , oft nur den 4ten , 5ten , 6ten , ja zuweilen gar nur den zten

*) Monatsschr. v. u. f. M. 1795. Dec. p. 364. 365. **) Normann Freiheit. p. 253. ༣

34

Theil.

Nach Lübeck hingegen , und überhaupt nach an

dern auswärtigen , nicht Seestädten , verkaufen unsre Tuch und Raschmacher das allermeiste. - So gewiß diese factis schen Umstände sind , so leicht sie auch der Verf. der Beis tråge an seinem Wohnorte durch mündliche Erkundigun gen håtte erfahren können ; so auffallend beweisen sie , daß

?

Hamburgs Nähe auf unsre Manufacturen nicht den gepries fenen wohlthätigen Einfluß hat, weil dieser Ort uns sogar nur das rohe Erzeugniß , so wenig als möglich durch des Arbeiters Hand veredelt , in beträchtlicher Menge ab kauft; natürlich , um es dem Mecklenburger , verarbeitet, desto theurer wieder zu verkaufen ! Also 2) von Hamburg aus ist noch nicht ein höherer Grad der Industrie,

sind nicht die verschiedensten Arten des

bürgerlichen Erwerbsleißes in Mecklenburg hervorgerufen Nicht einmal durch die vermehrte Geldmaſſe im Gewinn beim Kornhandel mit diesem Handelsort ist das

worden.

geschehen.

Der vorsichtige Normann , der bedachtsame

Büsch behaupten dies geradezu ,

" Der Landbau , sagt

ersterer, kam seit 30 Jahren allerdings in Mecklenburg sehr empor ; der Wohlstand der Landbeſißer ward mit dem selben sehr vergrößert : allein es entstand in diesem Her zogthume doch keine verhältnißmäßige Vermehrung des Bürgerstandes , oder der gewerbtreibenden Städte= Bewohner, wenn gleich diese auch manchen Antheil an dem großen Gewinn des Ganzen haben. Nirgend ist ein bedeutender Zweig von Betriebsamkeit rege geworden, mit welchem in andern Ländern , bei der Erweiterung des Landbaues , auch die übrigen Volksklaſſen verhältnißmäßig zahlreicher werden. - Mecklenburg kann auch , bei ſeiner innern Verfassung und der Lage seines Städtischen Ge= werbes , einen großen Gewinn von dem bisherigen günſti

35

gen Handel nicht erwarten.

Bei der herrschenden Knechte

schaft kann der Landmann seinen Zustand

mit feinem

größern Geldgewinn nicht so verbessern , wie der freie Bauer in andern Låndern ; er versteckt oder vergråbt mehr Geld, als er auf Verbesserung seines Zustandes , und Befriedigung mehrerer Bedürfniſſe verwendet ; er giebt also dem Städter weit weniger zu verdienen, als sonst geschehen würde. Der Güterbeſizer oder Land Eigenthümer will mit Recht seines Wohlstandes froh wer

" den ; allein seine neuen Genüße oder sein Aufwand erfors dern meist ausländische Natur- und Kunstproducte, tragen also ebenfalls nach Verhältniß Beförderung

wenig zur

des ſtådtischen Gewerbes und

Wohlstandes bei : Ein großer Theil des erwor 1 benen Geldreichthums , oder der Nuhungen desselben, geht daher, ohne sonderlichen Vortheil für das Land, wieder zum Ausländer. "

)

Eben so äußert

fich der Hamburger Büsch über diesen faktischen Erfolg des Mecklenburgschen Kornhandels dorthin.

„ Ein wich

tiger Umstand ist , behauptet er , daß unter den Landleuten in Hamburgs Nachbarschaft ,

denen der große Gewinn

von diesem Koruhandel zugefloſſen ist , wenige sind , die denselben in einem får den Landmann schicklichen Wohl leben zu verwenden wußten , dessen Nothwendigkeit zur Belebung des Geldumlaufs in jedem Staate mein Buch wi über den Geldesumlauf darthut. Aber Hamburg kann von dem Mecklenburgschen , Hanndverschen und Holsteins schen Landmann nicht gar viel wieder zurückziehen.

Er

weiß zu wenig von dem Wohlleben , und es ist eine sehr *) Normann Freiheit zc. p. 267. 276. 3 *

2 .

36

ausgemachte Sache , daß die Bauern wirklich mit dém unerwartet großen Gewinn in den letzten beiden Jahren " (1797) verlegen . find , und ihr Geld in ihren Kasten vers Bei einzelnen , die in dieser Zeit verstorben schließen. find , hat man Summen gefunden , die allen Glauben übersteigen . Die Schlaueren unter ihnen haben das Ge wonnene zum Aufkauf angewandt . *) Nach dieser genaueren Auseinandersetzung , bey diesen Belågen zeigt sich die entschiedene Unrichtigkeit der Bes hauptung des Verf.: daß Hamburgs Nähe auf den ganz zen übrigen Verkehr

Mecklenburgs

von jeher den

größten Einfluß gehabt, daß diese Stadt einen höhern Grad von Industrie und die verschiedensten Arten des bürgerlichen Erwerbfleißes darinn hervorges rufen håtte. Ausbildung fähig ist . S. 3.1 [Selbst der Character d Jeder, sein Vaterlan liebende Mecklenburger wird sich

an der Schilderung des Characters seines Volks , wie sie Sie enthält alle Ers

hier entworfen ist , herzlich freuen.

fordernisse , welche ein Landesherr zum Wesen eines thatis gen , heiteren , ihm treu ergebenen Volkes wünſchen kann. Daher sagt der Verf. hier aber auch viel zu wenig , wenn er diese Bestandtheile wåren nicht ohne damit schließt : ,, eigenthümliches Intereſſe , und characteriſirten blos einen „ guten unverdorbnen Schlag von Menschen . “ Nein ! sie bilden schon so einen sehr wünschenswerthen Volksgeist , sie haben schon so das größte Interesse für den Regenten , dem es nach seiner Weisheit nicht gerade darum zu thun ist, ein höchst verfeinertes , ein der jet bey mo dischen Schriftstellern beliebten Griechheit sich nåherndes

*) Büsch Gesch. der Hamb. Handlung p. 196.

37

xx

Volk zu beherrschen ; der wohl einsieht , daß eine solche Annäherung unserm Clima , unsrer Lebensart und unsrer Religion gar übel entsprechen würde ;

dem die S. II.

gerühmte Verbreitung der üppigsten Schwelge rei, der auserlesènsten Künste des raffinirte ften Luxus über sein Herzogthum gewiß , als Vater seines Vaterlandes , nicht gleichgültig bleibt , wenn . Es dürfte dem gründlichen wahr ist.

fie historisch

Beobachter schwer werden zu bestimmen , was er für unser Volk, zur vortheilhaftesten Substanz seines Characters, noch mehr fordern wollte , als die Vereinigung der obigen einzeln gezeichneten Eigenschaften ! Freilich , für unser Va terland mehr solcher Menschen , für unsre Städte mehr Erwerbzweige zur Beschäftigung solcher Einwohner, das mögte noch Wunsch, heißer Wunsch des Patrioten bleiben ! -Allein , welcher bestimmte Denker wird nicht diese Be dürfnisse unsrer Mitbürger , von ihrem Character , von ihrem Volks - Geist ganz unterscheiden ? Dem Verf. hingegen genügen deffen bloße Bestandtheile nicht.

Er versenkt unsre arbeitende , unternehmende Nas

tion, mit ihrem liberalen Hange zu geselligem Wohlleben und Genüffen, bald nachher in einen trågen, dumpfen Gei

1 stesschlaf, in die größte Unwiſſenheit und in eine wahre egyp- , tische Finsterniß, S. 10.; er läßt sie erst seit einem Jahr zehend Fortschritte machen , um dem Dunkel , dem verfin Sternden Nebel der Vorurtheile sich zu entreißen , S. 49. Die Wahrheit dieser , eigentlich widersprechenden Säße werden wir weiter unten , bei den angeführten Stellen der Beiträge selbst zu erforschen suchen. ASA [ S. 4. 5. Doch scheint

ausbrechen zu laſſen.]

In welchem Widerspruch die hier gemachte Schilderung der stürmischen Lage Mecklenburgs mit den günſt i ga

38 ften Constellationen steht , deren dies Land sich nach S. 1. zu erfreuen gehabt haben soll, ist schon oben angeführt worden. Die Unbestimmtheit aber , ja die Unschicklich feit, womit hier , in allgemeinen Ausdrücken , über das Staatsrechtliche Verhältniß unsrer Landesherren zu ihren Unterthanen im Anfange des vorigen Jahrhunderts geredet wird , ist merkwürdig.

Es heißt ausdrücklich : Unſre Re

genten håtten mit den Gerechtsamen und Privile gien der Stände gekämpft, hartnäckig gekämpft ; und der Herzog Carl Leopold hätte die verwegensten Unternehmungen in dieser Art gewagt ; davon zeugten genugsam seine Streitigkeiten mit der Stadt Rostock und deren vorzüglichsten Freiheiten u. s. w. Es scheint, als könnte man nicht leicht etwas , für die Regenten eines Landes nachtheiligeres behaupten , als ge rade dies.

Denn , wenn es buchstäblich so wahr måre, iſt

das wohl ein gerechter Kampf, der Kampf gegen bes ftimmte, gegen anerkannte Gerechtsame ? Sind denn die verwegensten Unternehmungen gegen vorzügliche , mits hin doch wohl bestå tigte Freiheiten der Stånde, find die nicht eines Landesherrn ganz unwürdig ?. Und ſindsolche Acußerungen , wie die Beiträge hier geradehin machen, dann nicht so unbehutsam als möglich gegen die nächſten Vorfahren eines geliebten Regenten , gegen dessen leibliche Gros - Onkel? Hätte

der gedungenste Ritterschaftliche

Schriftsteller im Jahr 1717. ( S. 6. Note) ſich hårter aus drücken können ? Sind diese Vorwürfe aber nicht geschichtlich, nicht buchstäblich wahr ; was soll man dann sagen , was denken von dieser ganzen Stelle ? Und so iſt es doch , glücklicher Weiſe , wirklich ! Die Geschichte be flåtigt diese gewaltsamen Voraussetzungen nicht.

Nicht

Herzog Friedrich Wilhelm , der denn doch bis 1713. lebte,

39 also noch wohl in diese „ spåtere Geschichte " gehört, war es , welcher mit Gewalt gegen Ständische Ge rechtsame kämpfte. Håtte der Verf. hier , wie er ** nachher S. 117. 18. 19. 21. 22. 26. 27. u . f. w. that , seiz # nen Führer Aepinus abgeschrieben , hier deffen milde histos rische Aeußerungen über diesen Regenten abdrucken lassen, ſo låsen wir , statt des obigen : „ Es iſt Aufbürdung und ,, Parteilichkeit , daß man dem Herzog Friedrich Wilhelm „ den Grund zu den Unruhen im Lande nach seinem Tode » Schuld giebt. - Er stellte dem Lande vor, daß man doch „ um Nebendinge Willen keine Proceſſe anfangen , und „ das Mistrauen zwischen Haupt und Gliedern nicht vermeh " ren mögte.

Das Loos des Herzogs hing zwar , wie das

" Loos aller Regenten , von der Auswahl seiner Diener " ab. Allein auch die Forderungen seines Ministers, „ des¡ Grafen von Horn , überschritten nicht die Gränzen " der Gesetze. *) Eben das äußert der neueste unbe fangene Geschichtschreiber Mecklenburgs ,

Hane.

„ Die

99 Streitigkeiten mit den Landſtånden , ſchreibt er , waren 99 der Neigung des Herzogs Friedrich Wilhelm ganz zuwi „ der.

Er wünschte sehnlichst Frieden und Vereinbarung.

» Man wird den Grafen von Horn mit Fug kaum einer „ Willkührlichkeit bezüchtigen können. « **)

Auch Herzog

Carl Leopold war beim Antritt seiner Regierung nicht so gesinnt, wie die Kenntniß der Fehden der Stände gegen sei nen Herren Onkel und Bruder ihn wol hätte veranlaßen können zu seyn ; » Sein wärmster Wunsch war, sein Land „ glücklich zu machen, “ ***) „, Er erklärte den Rostockern,

*) Aep. Gesch. v. Meckl. Th. 3. P. 54. 21. p. 1. **) Hane Uebers. der M. Geſch. p. 414. 415. ***)" Aepinus T. 3. p. 58.

40

» er wolle ihre Privilegien geziemènd schüßen und handha ,,ben. Diese Erklärung war sicherlich sein Ernst. » list und Verstellung waren seine Fehler nicht. « *) –

Arg ,, Er

hatte wenigstens in den ersten Jahren gute Absichten ; seine Bedienten verließen aber, bei der Ausführung seiner » Befehle , die Mäßigung gänzlich. « **) Und vom Herzog Christian Ludewig braucht wohl nicht einmal etwas besons deres aus der Geschichte angeführt zu werden , um deſſen[/ grenzenlose Nachgiebigkeit gegen die Stände , seine Unter thanen , um deſſen himmliſche Geduld mit ihnen zu beurs kunden? So wie aber der Verf. in der genauen Bezeichnung des persönlichen Antheils der Regenten an der politischen Zerrüttung Mecklenburgs gefehlt hat, eben so schwankend und unrichtig ist seine Anführung der Parteien , die wider Rostock wird von

ihre Landesherren damals kämpften .

ihm ( S. 4. unten) voran gestellt gegen den Herzog Carl Leopold , allein viel zu entscheidend ; denn , wenn gleich seine ersten Zwiftigkeiten mit dieser Stadt begannen , so blieben sie doch nicht die wichtigsten , die daurendsten während dieses Herrn Regierung : Rostock versteckte sich klüglich hinter die Ritterschaft , †) mit der ſie ſich durch eine eigne Akte verbündet hatte , ††) die alles beim Reichs hofrath durchsetzen konnte , und in dem Kampf ſeit 1713 . Und von den vorzüglich immer vorne an stand. ften Freiheiten , deren sich Rostock rühmte , war das etwa eine begründete, womit bekanntlich der Hauptzwist unter die Einnahme der Accife,

Herzog Carl Leopold anfing ,

welche diese Stadt gerade weg gegen ihren Landesherrn

**) Aepinus p. 104. *) Hane p. 429. +) Hane p. 428. +) Aepinus T. 3. p. 190.

41 behauptete, nur leider die Bestätigungs - Urkunde darüber nicht finden und vorweisen konnte ? Oder war es vielleicht die eigen må chtige Erhöhung der Acciſe in ihren Mau ern ? Ihre eignen Bürger beschwerten sich doch darüber ! *) Daß der Rostocksche Magistrat deshalb appellirte und beim Reichshofrath Recht bekam , kann dem unparteiischen Kenner der Geschichte damaliger Zeiten wol keine Uebers

a zeugung von deffen würklichem Rechte geben ! Eben so fehlsam stellen aber auch die Beiträge hier das vereinte Corps der Ritter- und Landschaft gegen den Landesherrn in Streit.

Denn eigentlich war der Haupt

Kampf, ſchon unter Herzog Friedrich Willhelm , hernach noch mehr unter Herzog Carl Leopold mit der Ritter schaft, mit ihr vorzüglich , ja fast allein.

Diese ließ auch

die Städte gänzlich zurück, errang sich alles, ihnen nichts, ja suchte sie sogar durch unbedingté Ausübung der Ståd tischen Nahrung auf ihren Gütern , durch die nach theiligste

Contributions - Einrichtung ,

die des Erbens

Modi , durch Bestimmung ihrer Beiträge zu Landes - Aus gaben zum dritten Theil , aufs empfindlichste zu drücken. Dies muß selbst Hane gestehen , der sonst mehr , als Aepi nus , der Ritterschaft in diesen unglückseligen Zeitläuften das Wort redet. **) Die Landesherren dagegen , schon Hers Jog Friedrich Willhelm , hatten gesucht , selbst die Stadt Rostock, wie die Landstådte , nåher an sich zu knüp fen ; der Regierung war es recht darum zu thun , der Städtischen Nahrung aufzuhelfen.† ) Mit den Land7 Städten war Herzog Carl Leopold zufriedener als mit Ro stock. ++) Sie unterſtüßten ihn auch noch in etwas, wie

*) Aer, T. 3. p . 60. 61. Hane p. 431. 479.480.

** ) Hane p. 364. 470. 471.

†) Hane p. 399. 428.

tt) Aep. T. 3. p. 81.

42 er sein ausgesetztes Gehalt nicht mehr bekommen konnte ; hatten freilich aber selbst nicht viel. So wenig genau, so wenig der Geschichte treu sind in dieser , schon an sich sehr delicaten Materie ,

die Ausdrücke der Beiträge.

Daß übrigens die Absicht ihrer vorstehenden Beurtheilung gar nicht geweſen iſt , irgend eine Verfechtung der Herzog lichen oder der Ständischen Gerechtsame, irgend eine Ge I schichtmäßige Vertheidigung des Verfahrens der Streiten den in dem erwähnten Zeitraum zu liefern, persteht sich von. selbst.

Die Beurtheilung sollte nur zeigen , wie leicht es

dem Verf. , bei etwas minder flüchtiger Feder , gewesen wåre, aus den gedruckten Geſchichtbüchern viel genauere, und

dann theilweise

viel

mehr gemilderte Aufschlüsse

zu geben , als sein allgemeiner Entwurf hier darbietet. [S. 6. Eine Menge von Drangfalen Exceße aller Art.] So viel malende Worte , wie z . B. Sündfluth , verheeren, überschwemmen , am innersten Mark saugen , zugelloseste Anarchie u. f. w. diese Stelle auch enthålt ; so sehr fehlt ihr dennoch eine klare und richtige Darstellung der Vor gånge.

Der Nordische Krieg , welcher hier ganz am Ende

erscheint, mußte , der Zeitordnung gemäß , vorne an kome men: denn durch ihn und den Spanischen Erbfolge Krieg entstanden die neuesten Forderungen

an Reichssteuren,

Contributionen und Tausend Dingen , weshalb die Herzöge mit den Stånden , zumal mit der Ritterschaft , am meisten zerfielen.

Bekanntlich aber war der erste dieser Kriege und der zweite, der Nordische,

im Jahr 1714 zu Ende ,

ergriff schon im Jahr 1711 unser Vaterland , und erpreßte Beiträge aller Art ; mithin ward schon dadurch, ehe die Funken des perniciösen Streits in helle Flammen ausbrachen , großes Elend über Mecklen= burg verhångt ; und der nachher immer zunehmende Zwie

GA

43

spalt zwischen Haupt und Gliedern machte dies Elend nur erst vollends unerträglich.

Dabei ist noch sehr die Frage, ob ohne diese beiden Kriege , und ohne das bey ihnen

eintretende mannigfaltige politische Intereffe, die Kaisers liche Macht durch Hannover je zu ſo bedeutenden Vorſchrits ten gegen Herzog Carl Leopold und fein Land bewogen wåre !

Komisch genug ist übrigens hier die Anrede : Wer erinnert sich nicht der traurigen und verderblichen Auftritte in den • Jahren 1713 bis 1719 ? - Die Antwort muß feyn : Niemand. Denn , wer sich dieser Auftritte eigents lich noch erinnern wollte , der müßte damals nicht nur gelebt haben , sondern im Jahr 1713 wenigstens sechs Jahre alt gewesen , mithin nun , Gottlob ! nahe an hundert Jahren seyn ;

und da mögte es an der vollen lebhaften

Gedächtnißkraft jetzt wol fehlen !

Wollte aber vielleicht

unser Verfasser sagen : Wer weiß, wer kennt nicht aus der Geschichte die Auftritte u. s. w. so that er besser, 1 dies zu schreiben , statt jenes Ausrufs.

Allein , auch

der Termin der traurigen Auftritte in Mecklenburg ist hier bis 1719 offenbar zu kurz gesetzt.

Waren denn die

spåteren Jahre etwa heiterer ? ` Und für wen dann ? Waren die Zeiten der Aufgebote Herzogs C. Leopold , die Jahre 1730. 1733

1735. ruhige Zeiten ?

Der leßte Zeitraum,

da Herzog Chriſtian Ludwig Commiſſarius war ,

kann

freilich ruhiger heißen , aber nur ungefähr in dem Sinne, wie es der große Geschichtschreiber Müller versteht : „ daß » nirgends größere Stille ist , als bei den Leblosen , oder wo alle dienen. « *) Denn durch die Executions - Truppen

*) Müller Schweizerische Geschichte T. V. B. II. C. 4.

44 und Reichshofraths - Concluſa ward damals die Ritterschaft befriedigt, und alles andere mußte schweigen ! Die Unrichtigkeit des hier in der Stelle : Es ist fast. unglaublich , wie ein Land von nicht größerm Umfange bis beherrscht werden konnte , wieder angegebenen Begriffs von der Größe Mecklenburgs ist schon oben , wo es gar nur in einem Lånder - Distrikt liegen sollte ,

berührt worden.

Ein Land,

das an

Flächen - Inhalt den vierten Theil des ganzen Niedersäch fischen Kreiſes ausmacht, kleinem Umfange :

ist verhältnißmäßig nicht von und folglich ist die damalige Vers

schiedenheit des Interesse , der Zwiespalt in diesem Lande ´nicht unglaublicher , als.eben dasselbe Ereigniß in unsern Lagen im Herzogthum Wirtemberg ; ein Ereigniß , das jeder willig glaubt , wiewol dies Gebiet in der Ausdeh nung nach Quadratmeilen , als Mecklenburg ist.

beinahe nur halb so groß ( 158 [ ] Meilen. *)

Das ferner hier behauptete vielfache Interesse, welches damals Mecklenburg beherrschte , ist , genauer betrachtet, auch nur so ein Füll - Ausdruck. Hauptsächlich und eigentlich war damals nur zweierlei Intereſſe die Triebfeder aller gegenseitigen Aufstellungen : das der Rits terschaft und der Stadt Rostock,

den Landesherren alle

wesentlichen , und einträglichen Hoheits- und Herrschaftss Rechte zu entreißen oder zu verkleinern ; daß der Regenten hingegen , J sich dieser keines zu entäußern. Die Städte hingen sich , der unbilligen Behandlung ihres Mitſtandes halber , lieber an den Landesherrn , hatten daher in vielen Stücken einerlei Interesse mit demselben. der Commiſſionen ,

Das Interesse

d. h. des Hanndverschen Miniſterii

*) Geneal. St. Handbuch 1803. T. 2. p. 268,

f

45. und des Reichshofraths , war fast immer einerlei mit dem der Ritterschaft ,

und bezweckte die Einschränkung und

Demüthigung eines Regenten aus einem Altfürstlichen Hause nicht undeutlich. -- Wenn man diese Standpunkte zur Uebersicht damaliger Ereigniſſe in Mecklenburg gewählt hat, so erstaunt man nicht mehr so , man findet nicht fo viel zufällige Ursachen von Unglück und Verfall des Vaterlandes , als dem Verfasser erscheinen. (Es würde zu weit führen , alle Einzelnheiten

schilderte

fie als solche. S. 6. ] Unstreitig würde die Anführung aller einzelnen Thatsachen aus der damaligen Geschichte diese Beiträge ganz unnůßerweise vergrößert haben.

Allein die

genauere Kenntniß derselben , und einiger Ereignisse aus den früheren Jahren , Wirkungen , migte.

giebt doch viel Licht über manche

die man sonst dem Zufall zuschreiben

Daß z. B. der Fürst von Lamberg in Wien durch

Herzog Friedrich Willhelms Deduction von der Unrecht måßigkeit seiner Erwerbung Leuchtenbergs gekränkt war, und nun die Rechtssprüche des Reichshofraths zuweilen gegen diesen Herzog , und für seine Stånde ausfielen, während der Bruder des Fürſten in dieſem Collegio pråſi dirte ; daß der wirkendste Ritterschaftliche Eingesessene, Geheimerath von Bernstorff auf Wedendorff,

zugleich

erster und allvermögender Minister in Hannover war ; und nun seit 1681. Kaiserliche

Commiſſionen unter seinem

Einfluß die Mecklenburgschen Unterthanen und den Reichs hofrath an die Nachsuchung und Verfügung solcher Ges walts - Mittel gegen unfre Regenten gewöhnten ; und dann ſpåterhin eine Executive Commission gegen Herzog Carl Leopold, gerade auf " Chur - Braunschweig gerichtet, erschien : daß die eingesessenen , unterthänigen Landrathe ſchon unter Herzog Friedrich Willhelm behaupteten , ihnen

www

46

gebühre der Rang vor des Herzogs erstem Ministèr, und daher über dessen neue Rang - Ordnung sich beschwer ten : daß die Ritterschaft von des Herzogs Carl Leopold allgemeinem Zweykampfs - Verbote an den Kaiser appel lirte, weil es - ihrer Ehre nachtheilig seyn würde, sich fortan nicht mehr kaltblütig umbringen zu därfen ; daß endlich der Dativus beim höchsten Gerichte in Speier schon im Jahr 1686. viel gelten sollte , und die 1 Discretions : Gelder an einem andern Orte häufig zu den geheimen Ausgaben der Mecklenburgschen Ritterschaft ge: rechnet wurden ; * ) das sind doch einzelne Züge und Ums stånde , die den Zufall von allen Haupt - Vorgången im Mecklenburschen Staatsunwesen seit 1670. ziemlich entz fernen , und zur Entwickelung , zur Verdeutlichung etwas niger Plane oder Absichten nicht undienlich seyn mögten. Allemal aber können zu Herzogs Carl Leopold Zeiten

Worte und Schimpfreden schon nicht mehr des Gez schichtschreibers Urtheil leiten und bestimmen. Wie beide Parteien einander in Schriften genannt haben , ist ihm weit minder wichtig , als warum sie das thaten. Er muß mithin die Ursachen ihres Zwistes hdher aufsuchen, sie mit den Ereignissen in andern Deutschen und Európai schen Staaten über denselben Gegenstand vergleichen , und nicht blos von den Wirkungen der Uneinigkeiten gerade ünter diesem Regenten ausgehen. minder gehåßig erscheinen ,

Dann wird manches

als die Beiträge es hier in

allgemeinen Zügen , und wie oft zum Vortheil des Landes herrn ? wirklich schildern .

Dann wird man finden , daß

der Hauptstreit , feit der Mitte des 17ten bis in die des 18ten Jahrhunderts ,

zwischen Mecklenburgs

Regenten

*) Aep. T. 3. p. 4. 5. 23. 74. 109. Hane. p. 347. 362, 438. 454.

f 47 und ihren Stånden , so wie ihrer Stånde unter sich , nur über das Contributions - Wesen war. Die Staatse bedürfnisse der Deutschen Fürsten hatten seit dem West phälischen Frieden , féit der Bekanntschaft mit französischer Pracht und Ueppigkeit , als dem Unterscheidungs - Merkmal eines Herrschers, feit der Einführung stehender Heere, beständiger zahlreicher Hofhaltungen , Landes- Collegien, u. s. w. immer zugenommen . Mecklenburg her hatten ,

Fast alle andre Länder um

wegen größerer Beiträge der

Unterthanen zu dieſen vermehrten Ausgaben ,

mit ihren

Stånden sich gütlich, oder thåtlich vereinbaret , gesezt : zus mal das Accise : Wesen , diese zu allgemeinen Staats Bedürfnissen jeden Consumenten ergreifende,

mit dem

steigenden Werthe der Dinge leicht und billig zu steigernde Abgabe, hatten sie, früher oder spåter in festen , wohls Wir sollten ein Licent : Jubiläum tätigen Gang gebracht.

7 feiern, ruft der gründliche Staatenkenner , Spittler , den Hannoveranern zu : denn schwerlich ist dem ganzen Lande seit 100 Jahren eine so unaussprechliche Wohlthat gesche hen , als die Einführung des Licents war im J. 1686. ! " *) Nur unsre Landesherren konnten damals von ihren Stån den billige, nach den Zeiten und ihren Kräften erhö hete , allgemeine Abgaben nicht erlangen ; und freilich, können sie es jetzt? - Hievon allein, ' mågte man sagen, gieng aller Zwist in Mecklenburg hauptsächlich aus ;

die

hierinn bei jeder Veranlassung , bei Reichs- wie bei Lans des Steuern, bei Erhöhung wie bei Erhebung der Contrie , bei Hufensteuer und bei Licent gezeigte Wider butionen . wärtigkeit und behauptete Eremtion, mußte Entfernung der Landesherrn von den Stånden , besonders von der

*) Spittler Geschichte des Fürst. Hannover. T. 2. S. 331.

*

48 Ritterschaft, erzeugen.

Wie diese in Zwietracht , in

flammende Parteilichkeit auflodernde Trennung sich nachher mit Worten ausdrückte , ist eigentlich nur Nebens fache : sonst könnte auch hier angemerkt werden , daß die eigensten Worte der Ritterschaft : „ der Herzog suche ihr Wiederaufkommen zu verhindern , " noch nicht die ärgsten Ausbrücke in ihrem angeführten Appellationss Libell sind ; daß aber die ganze Schrift noch gelinde zu nennen ist gegen andere Ausfälle und Schreibereien des Adels , in den dermaligen ſiegreichen Augenblicken gegen den Herzog. * ) [S. 6. 7. Doch kann man sich --- Nußen zu ziehen verstand.). Hier ist wieder einmal die Unbestimmtheit im Ausdrucke, die Unrichtigkeit in den Folgerungen auffallend. Die Zerrüttung der Staatsverhältnisse zwischen Regens, ten und Unterthanen, sagt der Verf., war von den schäde lichsten Folgen für die innere Beschaffenheit des Landes... Richtig ! Aber warum? Denn schließt er, man bers fand die Arrondirung der Herzoglichen Beſihthümer durch den Anfall des Herzogthums Güstrow nicht sogleich am besten zu benutzen , und zwar aus Mangel an Cultur und den ersten Grundsätzen einer höhern, angewandten Pos ** % litik. !! Wir erstaunen ! Aber leider stehts ſo da ; man lese selbst ! Wie gehört das hier zusammen , wird jeder fragen ?

Und ist's denn anch gegründet, daß man, damals nicht verstand , von der neuen Erwerbung so

gleich sicheren Nutzen zu ziehen ? daß man mit den Begrif fen so in Rückstand war?

Welcher man ist denn hier

gemeinet ? Bis in der Mitte des Jahres 1713. lebte doch, noch der erste Erwerber des Herzogthums , Herzog Fries

*) Siehe Buchholz Gesch. des Herz. Mecklenburg Abth. X. p. 617.

49 drich Willhelm, also noch zwdlf Jahre nach der erfolgten Arrondirung ? Und dieser Fürst håtte keine Cultur , keine Kenntniß der angewandten Politik gehabt ? Minister, der Graf von Horn , nicht ?

Sein

Ihn nennt doch

die Geschichte einen Mann von vieler Einſicht und Thåtig= keit, voll warmen Eifers für ſeinen Herrn , eben so sehr besorgt für die Aufnahme des Nahrungsstandes ! - Die Geschichte fagt: Anlegung und Begünstigung der Manus fakturen war Lieblings - Project dieser Regierung , zu dess fen Ausführung fie that , was in ihren Kräften stand. Der Herzog erließ eine Bauren - Ordnung für ſeine Domaiz nen , eine Holz- Ordnung für das ganze Land ; suchte die einländischen Salzwerke zu heben , zog Colonisten in seine Staaten , u. f. w. *) O ! wåre doch in den Beiträgen an dieser Stelle nur Aepinus wieder abgeschrieben worden ; dann hieße es : Innere Betriebsamkeit , und selbst Manu-¨ faturen standen schon långst unter der Aufmerksamkeit des Herzogs Friedrich Willhelm. -Bei allen Mishelligkeiten vergaß er nicht , für seine Lande zu sorgen ; u. s. w. **) Wenn aber diese sorgfältige Cultivirung , diese Benutzung seiner Besihthümer unter diesem Regenten nicht immer schon vollkommne Forschritte machte , so lag die Schuld an den Drangſalen des Krieges , an Seuchen unter Rinds vieh und Pferden , an Erschöpfungen durch Reichssteuren, und vorzüglich an der gänzlichen Abstimmigkeit seiner Stånde ; nicht aber an dem Unverstande des Regenten und seiner Minister.

Wenn ferner Herzog Carl Leopold fast

*) Hane Gesch. v. Meckl. p. 415. 417. 1 **) Aepinus T. 3. p. 9. 22. 39. wo ſeine Handlungen noch ein zelner angeführt werden.

50 gar nichts zur weiteren innern Vervollkommnung seiner Staaten beitrug, so kam das sicherlich nicht daher , weil er es nicht verstand.

Sagt doch Aepinus selbst : " Ihm

fehlte keine einzige gute Naturgabe zur Bildung eines guten Regenten , als die Kunst , sie mit Måßigung zu gebrauchen. - Vielleicht hätten andere Zeiten und andere Verbindungen dieſem Herrn einen höhern Rang verschaft, als ihm jezt angewiesen wird. « *) - Jetzt aber ließen weder seine äußereh noch seine inneren Feinde ihm Zeit, Lust und Vermögen zu Verbesserungen und Benüßungen. Das sagt die Geschichte, und sind keine etwanigen Ge danken ; auch ist es hier nicht hinreichend ,, ſich , wie der Verf. spricht,

einen damaligen Mangel an Kenntnissen

zur Benutzung der neuen Besitzthümer zu denken ; der Historiograph muß forschen nach dem , was wirklich ges schehen ist , und warum, etwa der Zeitumstånde wegen, nicht mehr geschah ; das muß er uns liefern, nicht aber , was sich denken låßt ! " Noch sind in diese Stelle , gleichsam so nebenher, zwei große historische Unrichtigkeiten eingeflossen , von denen die größte sogar mit einem Citate belegt , aber leider ! das durch der Fehler noch årger gemacht ist. Es heißt nåms lich : Von Schwerinscher Seite wåren , bei der Erwer bung des Fürstenthums Güstrow durch den Hamburger. Vergleich mehrere andere , nicht unbedeutende Rechte an Strelih dagegen abgetreten worden. Nun steht schon gleich das Wort : andere Rechte hier ganz müßig , und hat keine Beziehung auf sonstige , etwa an Streliß gemachte Abtretungen ; denn der Verfasser hat vor Der eigentliche factische

hin keine dergleichen angeführt.

*) Aepinus T. 3. p. 55. 56.

51 Verstoß ist aber dieser :

das vom Schwerinschen Hause an

Strelik würklich abgetretene nur Rechte zu nennen, nicht unbedeutende Rechte ; und dafür ganz unbe forgt die S. S. 2. und 3. des Hamb. Vergleichs anzufüh ren ! Wer diese Paragraphen etwa selbst lieset, der wird erfahren , daß gerade in ihnen von abgetretenen Rechten gar nichts

vorkömmt ,

Clausel : cum omni jure Principum. natürlich ;

als höchstens die Und das ist sehr

denn der Haupt- Gegenstand dieser Paras

graphen , ja des ganzen Vergleichs , ist die Abtretung bes trächtlicher Lånder, die Zusicherung jährlicher Eins künfte an baarem Gelde , und nicht die Abtretung bloßer Rechte, im gewöhnlichen Verstande dieses Worts. Diese Rechte kommen in den Paragraphen 5. 8. 9. 10. 2c. vor: fie find aber, wenn man die Streitigkeiten nicht rech nen will , die aus ihrer Behauptung hernach entsprangen, der geringste Theil dessen ,

was das Schwerinſche Haus

damals verlohr ; ja manche enthalten nicht einmal eigents liche Entäußerungen , Privationen dieses Hauses. Hinges gen das cedirte , übergebene und abgetretene Fürstenthum Raheburg ohne Schulden , *) die verglichene jährliche

Summe von

9000

Rthlr.

Species aus dem Boizenburger Zoll , die gleich baar zu zahlenden 8000 Rrhlr. zum Bau eines Fürstl. Streliß schen Schlosses , das sind denn doch wol nicht bloße Rechte , die der Herzog Friederich Willhelm an Strelig abtreten mußte ? und die er gerade in den H. §. 2. und 3.

*) Dies sind die eigenen Worte des Hamb. Vergleichs §. 2. S. Bårensprungs Samml. der Meckl. Grund- Gefeße N. XI. P. 410.

4

dubes

52

des Vergleichs , wo, nach Aussage der Beiträge , nur nicht unbedeutende Rechte vorkommen sollen , und in dem S. 11. desselben , wirklich abtrat ! Wie nothwens dig , und für einen Rechtsgelehrten Geſchichtſchreiber dops pelt nothwendig war Genauigkeit , Bestimmtheit im Ause. druck hier , wo es wahrlich keine taube Nüsse galt ! Die zweite, oben gerugte Unrichtigkeit dieser Stelle liegt in der Behauptung des Verfaſſers : „ der Hamburger ,, Vergleich hob die Pråtensionen des Strelitzschen » Hauſes ein für allemal auf“ ――― Und welche Prås tensionen hob er denn so gånzlich auf? Daß Streliß nach her doch noch Pråtensionen gemacht habe, unter andern sogar auf Herrschafts - Rechte im diesseitigen Landes - An theile, und sie erst aus diesem Hamburger Vergleich gemacht habe , follte man fast daher schließen , weil nach 54 Jahren , also über ein halbes Jahrhundert spåter , zwis schen beiden Herzoglichen Häusern ein Haus - Vertrag we gen dieser, seit dem Hamburger Vergleich vorges fundenen unangenehmen , manche Misverstånds nisse

erregende

Streitigkeiten *)

abgeschlossen

ward ; weil hierinn gleich im §. 2. der Herzog von Strelit ausdrücklich allen bisherigen Pråtenfionen auf eine Communion, oder ein Condominium in Ansehung der Meckl. Schwerinschen und Güstrowſchen Lande ent= fagt ; weil ferner auch der 8te , der 12te , und 23ſte S. deutlich noch andere bisherige Pråtensionen der Herzogl. Strelitzschen Linie enthalten , denen in diesem Vertrage nunmehr entsagt wird. -

Also , mit der Auf

hebung aller Strelißschen Pråtenſionen ein für alles

*) Dies sind die eigenen Worte des Haus- Vertrages vom 14ten July 1755. S. Bårenſpr. Samml. N. XXIII. p. 1127.

" 53 mal, und schon im Jahre 1701. ist es wol nicht allers dings richtig ! Die Mecklenburgsche Geschichte lehrt ja auch, daß gleich nach dem Hamburger Vergleich , we= gen der Pråtenſionen aus demselben , die Uneinigkeit zwischen beiden Herzoglichen Linien sehr hoch stieg. Uns lehrt aber diese Stelle noch außerdem, daß selbst die klein ften Erzählungen , die Neben - Angaben in den Beitrås gen erst geprüft werden müſſen , und nicht sogleich auf guten Glauben angenommen werden können. (Erst mit der Regierung Herzogs Chr. Ludwigs zweifeln zu laffen. S. 7. 8.]

vers

Diese Stelle beschreibt wieder,

und zwar um's Jahr 1748. , das verschiedenste In tereffe der Parteien , wie die Wogen des wildempdr ten Meeres , welches Herzog Chr. Ludwig nicht besänftis gen konnte. Schon früher ist angemerkt worden , daß die Verschiedenheit des Interesse in Mecklenburg damals eben nicht so groß war , wenn es gegen den Fürsten , den Landesherrn ging ; und diese Stimmung blieb auch unter der Regierung des gedachten Herzogs, wenigstens im Anfange , ziemlich dieselbe, wie nachher gezeigt werden foll ; nur die guten Zeiten beim Reichshofrath , die will kommnen Unterſtüßungen durch die Commissionen , waren jekt vorbei ; daher mußten die Stürme, die wilden Empd rungen nun schon etwas nachlassen. Eine genauere Betrachtung erfordert in dieser Stelle aber die Schilderung des Charakters des Herzogs Carl Leopold, die S. 8. so im Vorbeigehen mit sehr starken • Bisher hatte der Verf. diesen Herru

Zügen entworfen ist.

in den Beiträgen noch ziemlich glimpflich behandelt ; er hatte ihn entschuldigt mit der blinden Widersetzlichkeit der Gegenparten, mit der Landes- Verfassung , die den Keim zu großem Zwiespalt enthielt ; S. 4. 5.

Er wollte nicht

1 54. unterscheiden ,

in wie weit dieser Regent planmäßig auf

freiere Macht im Lande hingearbeitet habe : S. 6.

Hier

aber stellt er mit einem Male das ganze grelle Bild +des Fürsten und dessen Geistesstimmung , versteht sich , nach - Wer

feinem Ideale und seiner Zeichnung , hin.

jedoch mit der Europäischen und Deutſchen Geſchichte zu der Zeit, wie Herzog Carl Leopold heränwuchs , mit seiner Erziehung und Gemüthsbildung und ſeiner ganzen nachhez rigen politischen Lage , hinlänglich bekannt ist, wird es nicht so leicht finden , wie unser Verfasser , über den Chas rakter dieses Regenten , dessen Bestandtheile und Aeuße " rungen, im Allgemeinen kurz abzusprechen. Ein auch nicht ungelehrter Kenner der Mecklenburgschen Gez schichte hat wenigstens ſchon anders über gedachten Herzog und seine Lage geurtheilt. „ Unruhige Köpfe im Vater lande, sagt er, beinahe gleich den polnischen und holläns dischen Patrioten,

Aufwiegeleien von außen , der große Einfluß des abgeneigten Churhanndverschen Miniſterii am Wiener Hofe, Geldbedürftige Reichshofråthe , schlechte Rathgeber, Betrüger und Goldmacher , alles dies bewirkte das traurige Schicksal , welches so viele Jahre herdurch zu ertragen, nur Er , gleich seinem gewählten Vorbilde, mit unerschüttertem Muthe, und steter Hofnung sich wies der empor zu heben, fähig war. *)

Und gewiß !

Man

muß nur parteilos und kundig genug seyn , um nicht blos dem Ritterschaftlichen Syndicus , Präpofitus Franke , in deffen Mecklenburgſchen Geſchichte , über diesen Fürſten nachzubeten, wie unlångſt Gebhardi eigentlich doch blos A K

*) Evers (Geh. Archiv ; Rath) in der Monatsschr. v. u. f Meckl. , 1788. Octob. N. 4. P. 349.

55 gethan hat ; * ) man muß bedenken , daß ein junger Prinz von seinen Gefühlen damals nur auf die Nachahmung Carl's XII. fallen konnte ,

weil wahrlich , den Herzog

Ernst August von Lüneburg etwa 1 ausgenommen , **) zu der Zeit doch weder Kaiser Leopold noch Carl VI ., weder der schwache und krånkelnde König Chriſtian V. noch der geschlagene Friedrich IV. von Dännemark , noch der erste König von Preußen , ihm Vorbilder zur Nachahmung wers den konnten ;

weil auch Ezar Peter der Erste gleich im

Aufkeimen sich doch noch viel despotischer zeigte , als der Schwedische held mit seiner Raschheit ;

und weil der

Herzog Carl Leopold von diesem Könige persönlich so her: vorgezogen ward, daß selbst Schwedische Große ihn dess halb beneideten.

Man muß erwägen , daß gleich Anfangs

seine Stånde, zumal die Ritterschaft, und Rostock, ſich feinen Anordnungen überall widersetzten ; daher sie auch, als der Czar Peter gleichfalls gegen sie aufgebracht war , als der Nordische Krieg ganz Mecklenburg überzog , vom Hers zoge zur Antwort bekommen mußten : " Die große Liefe= rung an des Czaren Truppen abzuwenden , Seiner Macht nicht.

stünde in

Die Gewalt gienge sowol über Ihn,

als sie ; Er hätte es nicht gemacht. wollte man nicht dazu thun ,

In geruhigen Zeiten

daß das Land in gehörige

Defension gesetzt wůrdé , nunmehro wåre es außer Stande, C solches verhindern zu können. Nun , da die Noth da wåre , fuchte man Ihn ,' sonsten aber wåre man übel mit Ihm zufrieden , und suchte Conservatoria über Conserva= toria am Kaiserl. Hofe.

{

Stünde das Land in seiner De

*) Prof. Gebhardi Geschichte der Wendisch Slavischen Staaten 1790. B. 2. §. 92. **) Spittler Gesch. des Fürst. Hannover. T. 2. S. 315. 331.

→ 56 fenfion , wie es wol seyn könnte, müßte sich solches schon geben. «*)

Man

gewünscht ward ,

muß wissen ,

daß damals in Wien

die größere Annåherung Herzog Carl

Leopolds an Carl XII. , und deſſen Vermehrung der Nor= dischen Unruhen zu verhüten , ersterem daher die Flügel zu beschneiden ;

daß der Reichshofrath damals noch etwas

strengere Begriffe von völliger Unterordnung der deutschen Fürsten unter den Kaiserlichen Scepter geltend machte, als jezo , hundert Jahre später , und daher die Ritterschaft fehr weislich Wien zum Appellations - Tribunal wählte, und nicht Wetzlar , wie nachher ; daß deshalb auch Kaiser Carls VI. Tod „ auf dem Landtage die fürchterlichste Cons » sternation verursachte, und ein gewisser vornehmer Herr, », ohngeachtet vieler adhibirter Herzſtårkungen , in langer „ Zeit sich davon nicht recolligiren können ; « **) wissen, daß Herzog Carl Leopold , bei seinem Aufenthalt in Wien, persönlich dem Kaiser selbst sehr gefiel , und vielleicht nur durch Ablehnung

katholischer Bekehrungs- Vorschläge,

durch geäußerte Verwunderung über die großen Perüken und die Gesichter mancher wichtiger Herren in dieser Rest= denz , feinen Credit ſehr ſchwächte ; man muß dies alles mit der Erziehungsart der Deutschen Fürsten seiner Jua gendzeit verbinden ;

Jeht geben , sagt der scharfsinnige

Spittler, aufgeklärtere Religion und Philosophie, selbst auch die Publicitåt , dem allgemeinen Hang zur deſpotis scheren Gewalt das mächtigste Gegengewicht; aber, was war damals Gegengewicht , da sich nicht mehr durch frühen. Unterricht in Pandekten und Institutionen der Geist des jungen Fürsten an Heiligkeit der Formen , selbst auch an

*) Klüver Beschreibung von Mecklenburg * T, 4. S. 174. **) Klüver Beschreibung von Mecklenburg T, 6. S. 863,

57 Begriffe von Recht und Unrecht gewöhnte , da der Beichts vater nicht mehr sprechen durfte ? Wie konnten die jungen Fürsten, so vortreflich und menschlich gütig ihre natürliche Anlage auch war , von einem Hange zur despotischen Ges * `walt frei bleiben , der ohnedies mit dem Bewußtſeyn größerer Kräfte so innig verbunden ist ? *) So zusammen gehalten , so erwogen führen die Züge im Charakter Herzogs Carl Leopold , bei der Betrachtung feines Lebenslaufes , den billigen Geſchichtforscher zu mils deren Resultaten ; sie erwecken sehr leicht in ihm den Ges danken : Si nous connaissons par experience , ce qu'il en coute pour vaincre ses passions , attraits des circonstances ,

et résister aux

soyons indulgens ! **)

Und das ist denn der Verf. endlich auch ; zwar etwas ſpåt, ganz kurz vor Endigung seiner Beiträge ;

aber doch, wie

er da , mit dem Hute in der Hand , der ganzen Gesells schaft , die er vorhin einzeln vorgenommen hatte , im Alls gemeinen seine Verbeugung macht , bekömmt der Herzog Carl Leopold auch noch die ſeinige ; und wir erfahren jezt : ,, Sein Zweck war sicher gut ; nur in der Wahl der Mittel ließ ihn seine Heftigkeit fehlgreifen.

Er fehlte

einzig darinn , daß er zu rasch verfuhr. « *** ) Also ends lich doch eine Ehrenerklärung ! Ein bedenklicher Zweifler mögte freilich an ihr noch dies auszusetzen finden , daß die früheren Behauptungen des Verfaſſers gegen Herzog Carl Leopold dabei etwassin's Gedränge kommen ; daß z . B. wenn dieser Herzog

nach Seite 4 , wůrklich die verwes gensten Unternehmungen gegen der e Stånde vorzüglichste

3 " Spittler Gesch. des Fürstenth. Hannover. T. 2. S. 181. 182. **) Diderot Essai sur le regne de Claude et de Néron, T. i. **) Beiträge S. 94.9

58 Freiheiten

und Gerechtsame

wagte ,

die Gåte feines

Zwecks vielleicht keinen zureichenden Grund dafür ab geben konnte; daß, wenn würklich ältere Statuten dem Regenten die Hånde banden ; ſein zu rasches Verfah ren dagegen wol nicht sein einziger Fehler gewesen seyn Allein, wir wollen lieber nicht zwei

mögte ; u. s. w.

feln, sondern an die Gutmüthigkeit der Gesinnung des

• Autors bei dieſer leßten Erklärung schlechtweg glaus ben. Desto weniger können wir aber bei der nächſtfolgenden Stelle blos glauben.

(Man war einmal mistrauiſch geworden.

noch eine Weile zu erfüllen. S. 8.]

Schon vorhin ist

geäußert worden , daß der Ausdruck man bei Beschrei bung der Verhandlungen dieses Zeitraums fast immer une passend sey.

Er bezeichnet nicht genau , er läßt im Duns keln , was doch L recht beleuchtet werden müßte , nämlich, von wem die Rede ist.

Hier wird er ſogar ganz zwecką

widrig gebraucht.

Denn sollen , wie es doch scheint , die widerstrebenden Stände darunter zu 25verstehen seyn , sp mußten diese geradezu angedeutet werden , um dem Herz zoge Christian 2 Ludwig , und feinen, Bemühungen zur Vereinbarung , Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen.

Fers

ner war man nicht , wie esV hier heißt, erst mistrauisch geworden; man war es lange geweſen : nämlich der Landesherr darinn , daß seine Stände sich Ihm je mit gus tem Willen nachgiebig bezeigen würden ; und die Stände gegen Ihn darinn, daß Er , ohne den äußersten Zwang, die zugeeigneten Vortheile ihnen geruhig lassen würde, wenn er irgend Landesherr bleiben wollte ; so wie die 1 Stände unter einander darinn, daß je ein Vertrag zu bes wirken stehen würde ; fo lange jeder Theil allen 6 Gewinn nur für sich ziehen , die Lasten hingegen auf seinen Mits

59 stand wälzen wollte.

Wer war aber mit Recht mise

trauisch ? Gewiß niemand mit größerem , als der Herzog felbst.

Ihn hatten die Commißions

Zeiten wol genau

genüg bekannt gemacht mit den Local -Umſtåuden , mit den Leuten , die gegen das Landesherrliche Anschen arbeiteten, mit ihren Endzwecken , ihrem Gemeingeist ! 虞 Und zeigte nicht Er dennoch das wenigste Mistrauen ,

die größte

Nachgiebigkeit? Die vorgeblichen Besorgnisse der bedenklich ften Art werden hier auch unrichtig dem man so allge mein aufgebürdet : Hauptsächlich und mit Grunde håtte sie wol blos die Ritterschaft , und zwar diese : daß , nach des Ministers von Bernstorff, und ihres Geschäftsführers in Wien , des von Behr Tode , nach der Befriedigung und dem Abzuge der Commißions - Truppen , nach dem Ables ben Kaisers · Earl VI. ,

das wie ein erschrecklicher

Donnerknall wirkte , *) ihr Reich von seiner Herrlich keit sehr herabſinken würde.

Das waren für diesen

Landstand in der That bedenkliche Besorgnisse ; eber deswegen aber waren sie, genau und geschichtlich betrachtet, nicht überall , nicht bey allen Theilen des Staatss Cdrpers , auch nicht mehr nach dem Regierungs- Antritt Herzogs Christian Ludwig : Vielmehr verglich ja bekannts lich die Stadt Rostock mit diesem Landesherrn ſich gleich im ersten Jahre seiner Regierung ;

und die Landſtådte, JY welche immer die Einführung der Licent , und die Bez

6 schränkung der bürgerlichen Nahrung blos auf ihre Rings wauern wünschten, hatten hierinn den Landesherrn auch, x auf ihrer Seite : nur wegen Zustimmung der Ritterschaft,

*) Klåver Beschr. v. Meckt. T. 6, p. 862. 1.

3

G

бо

deren Privatvortbeilen dieser Wuusch widersprach, konnten fie besorgt seyn.. Das waren die damaligen Verhältnisse ; Wer sie aber so aus der vorliegenden Stelle der Beiträge erråth, erit mihi magnus Apollo ! Der Sturm in den Gemüthern der Parteien, dessen die Beiträge so oft erwähnen , welcher hier alles mit Zweifeln und bdsen Ahndungen erfüllen foll, iſt auch mehr dichteriſchen, als geſchichtlichen Urſprun ges.

Es ist überhaupt schon ganz unrichtig , den Begriff

von står mischem , also unregelmäßigem Verfahren bei den Vorschritten der Mecklenburgischen Stände, t beson= ders der Ritterschaft gegen den Landesherrn , ſeit: 1720. bis 1755. so allgemein anzunehmen und vorzuschieben. Sehr planmäßig suchten sie Freiheiten zu erringen , zu vers größern ; alle Zeitumſtånde benußten ſie weislich gegen die Hoheitsrechte des Regenten . Sie giengen , zumal der Rits terstand , ganz festen Fußes in ihren Forderungen , ihren Weigerungen vorwärts , gaben so wenig als möglich nach, firebten selbst noch unter dem Herzoge Chriſtian Ludwig alles durch Appellationen oder Kaiserliche Resolutionen ju hemmen, zu erzielen. Das erkannten die Staatsmänner. damaliger Zeit auch recht gut : und es ist unter andern in der Engeren Abbildung der vier ersten Regies rungs - Jahre dieses Fürsten deutlich zu lesen. *) Darum mußte . Er auch noch am 18ten October 1751. laut erklåren : „, die Ritterschaft gönnt Uns den Ruhm der Bils ligkeit allein. « **) . Eine solche Art zu handeln, eine so

*) Engere Abbildung der 4 ersten Regierungs- Jahre H. Chriftian Ludwig zu Meckl. Schwerin. 1751. Fol. **) Aepinus T. 3. p. 225.….

61 gute Lactik kann man aber doch nicht mit geſchichtlicher Sturm , wildempdrtes Meer nennen,

Wahrheit

ohne zu irrigen Vorstellungen zu verleiten. Doch,

über irrige,

verwirrende Darstellungen hat

'man noch weit öfter bei Lesung dieser Beiträge zu klas gen.

Gleich der folgende Abfäß :

LUnter solchen Umständen , bei einer so allseitigen Verwirrung gearbeitet zu haben.

S. 9.1

giebt große Ursache dazu.

Denn von allen hier zusammen vorgetragenen , als gleiche zeitig geschilderten Umstånden gehört eigentlich , der wahs ren Geschichte gemäß , nichts zusammen.

Nach dem was,

und wie es hier steht , müßte man annehmen , der Her zog Christian Ludwig hätte als Herzog schon im Jahr 1719. über Mecklenburg regiert, wie die Executions Truppen einrückten, oder doch im J. 1734. wie die Hypos thek- Aemter von ihnen weggenommen wurden : Gleichwol kam er, wie wir wissen , erst dreizehn Jahre spåter zur Regierung ! und damals waren ja alle Executions Truppen schon aus dem Lande : auch war damals die Verwirrung verhältnißmäßig nicht mehr so ungeheuer, wenigstens nicht so allgemein , als in dieser einzigen Pes riode des neuesten Geschichtbuchs über diesen Gegen stand ! Der nun folgende Abschnitt (Noch befand sich die zahlrei chere Masse des Volkes in jenem trågen , dumpfen Geißtesschlaf zu erreichen verstanden hätte. S. 10. 11. macht unsern vaterländischen Mitbürgern , deren Volks - Charakter doch S. 3. so vortheilhaft geschildert ward , eben kein Compli ment ; noch weniger aber den vorigen Staatsverwaltun gen. Zum Glück wird , wer sonst nicht schon so viel Bd ses über diesen Gegenstand wußte , oder glaubte , durch

4 62 die Kraft der Beiträge an dieser Stelle nicht davon überzeugt werden. Nach dem Sinne des erwähnten Abschnitts war Meck lenburg noch höchst unwiſſend und verfinstert im J. 1756, (denn von diesem Zeitraum hatte er eben geredet) damals, wie in Süddeutſchland schon die Aufklärung glånzte.

Und

die Ursachen hievon ? Weil 1 ) Mecklenburg oben im Nors den von Deutschland liegt, und deshalb kein règeres Blut feinen Bewohnern mittheilt , deshalb damals durch kein Handelsverkehr mit gebildetern Staaten in Verbindung kam , indem Hamburg noch nicht das war , noch nicht den Einfluß hatte, wodurch es jetzt alle Arten von Industrie und Gewerben in Mecklenburg hervorruft : 2) weil unſrē Staatsverwaltung nichts taugte , keinen Plan hatte , keine Mittel zur Vervollkommnung seiner Einwohner geschickt auszuwählen verstand. Jedem, auch nur halb unterrichteten Leser wird das unbestimmte, das schielende , das oft ganz unrichtige in diesem Absatze ,

den

man

eigentlich eine geschichtliche

Tirade nennen könnte , auffallen .

So ist es z. B. doch

wahrlich keine Zufälligkeit , wie hier gesagt wird , daß die südlichern Völker Deutschlandes ein milderes Clima haben : auch das regere Blut derselben ist ja nichts zuz

" fålliges , sondern eine Wirkung ihres Clima !

So ist

es ferner , genauer betrachtet , blos eine dichteriſche Fiction, daß Mecklenburg an die

entlegenste

Spitze

des

Nordens hin verwiefen seyn soll ; da die mathematiſche Erdkunde uns lehrt, daß die Hälfte des Herzogthums Holstein und ein Theil von Schwediſch Pommern , ja die Insel Rügen , insgesammt noch nördlicher und also ents fernter, verwiesener nach des Verf. Ausdrucke , belez gen sind , als das arme Mecklenburg.

Ungeheuer ist aber

63 die, von dem Verf. aus der Lage Mecklenburgs herge leitete Behauptung , daß dessen Bewohner , 1 also auch wol ganz Norddeutschland , spåter aufgeklärt worden sey , als die südlichern Provinzen dieses Reichs. Was versteht er denn unter dieſen ſüdlichern Provinzen ? reich ,

Baiern,

Schwaben ,

Doch wol Oesters Nun! diese

die Pfalz ?

wären früher aufgeklärt gewesen , als die nördlichern Pro vinzen ,

als Brandenburg ,

die Hannoverschen Lande ?

Ihrer Bewohner verschiedenste Anlagen wären früher und schneller ausgebildet worden , weil sie südlicher liegen als Mecklenburg ?

Diese füdlichere Hälfte Deutschlands , wo

man noch im J. 1777. den leßten Churfürsten von Bayern mit " Gnadenbildern von den Blattern heilen wollte , wo noch im J. 1781. meilenlangė Brüche durch Pfälzische Mennoniten nicht urbar gemacht werden dürften , weil alles åcht catholisch im Baiernlande bleiben sollte ; wo noch im J. 1782. zu Augsburg ein protestantis fcher Rektor und Bibliothekar den durchreisenden Pabst, kniend , als einen Menn anredete , der beinahe ein göttliches Wesen vorstelle ; * ) diese Gegenden håtte 1 die Fackel der Aufklärung viel früher beglänzt , als unser Vaterland ? - Und uns håtte nur IHamburgs Nåhe ge=" bildet? nur deſſen Handelsverkehr ſpåterer Zeiten - mit Mecklenburg ? Ja , wenn die Aufklärung eines Landes im vermehrteren Gebrauch ausländischer · Speisen und Ge trånke , in håufiger modischer Abwechselung fremder Klei dungen, Tisch = und Hausgeråthe, Kutschen , und Pferde Geschirre, besteht; dann freilich , dann mögte ein bloßes Handels Verkehr , und das Hamburger vor allen andern, am besten zur Cultivirung dieses Herzogthums gewirkt *) Nicolai Reise durch Deutschland. B. 7. S. 27. 108.

1

64 haben ! Aber die Geistesbildung , die Aufklärung unsers Verstandes , die hätten wir nicht aus andern Gegenden Norddeutschlands ,

aus Halle , Göttingen ,

sogar aus Nord Preußen ,

Berlin , ja

aus Königsberg ,

geholt ?

hätten sie nicht schon seit dem Jahre 1740. dorther geholt? So meint doch ein Norddeutscher Gelehrter, Nicolai mit Namen : Philosophischer Geist und edle Freiheit zu denken, fagt er, hätten sich von Berlin aus unter Friedrich II. viel früher verbreitet, als in dem ganzen übrigen Deutschlande ;

die Verbesserung in theologischen Kennt

nissen wäre von Berlin und Halle ausgegangen , und ganz Deutschland wiſſe und erkenne dies mit Dank ; eben so sey es mit den Schulverbesserungen u. f. w. *) Sollte er denn wol nicht Recht haben ,

die Beiträge

aber Unrecht ?

Allein , des Fragens , worauf dieser Absatz nichts bes friedigendes antworten kann ,

würde kein Ende werden, wenn der Innhalt desselben genauer erörtert werden sollte.

Das Fehlsame in der Erzählung von Hamburgs g r d ßtem Einfluß auf Mecklenburgs Handels- Verkehr und sonstige Betriebsamkeit ist schon , bei Berichtigung der zten Seite, entwickelt worden. Von der eigentlichen , wahren, für ein Land und dessen Einwohner ersprießlichen Aufklås rung, deren vermeintlicher Mangel in unserm Vaterlande ™ hier behauptet 1 ist , wird unten noch etwas ausführlicher zu reden seyn. Es mag mithin der übrige Innhalt dieser Stelle immer auf sich beruhen.

Nur eins ist noch ganz

drolligt darinn : daß nåmlich der Verf. versichert , es habe damals in der Staatsverwaltung an Allem , und sogar

*) Freimüthige Anmerkungen über von Zimmermanns Frage mente, ate Abth. S. 272 u. folg.

65 am Nothwendigsten gefehlt !` Man würde ihm nun, auch ohne dieſe beſondere Versicherung , wol ſchon glaus ben , daß da , wo alles gefehlt hat , auch das Nothwen= digste gefehlt haben wird :

allein , daß es auch , wie er

weiter sagt, an einem Plane gemangelt habe, der alles durch die wirksamsten Mittel zu erreichen verstanden håtte , das glauben wir ihm nicht ; denn die Plåne selbst verstehen nichts ; ihre Entwerfer , ihre Vollzies her sind es, welche die kräftigsten Mittel zur Ausführung der durchdachten Plåne anzuwenden verstehen müſſen ! Doch , nur noch Eine Frage : Wer hat denn über Mecklenburg , in der Zeit bis 1756 , geherrscht , als es, laut dieser Beiträge ,

in der Staatsverwaltung am

Ueberblick des Ganzen , an einem gehörigen Plane , am * verständigen Gebrauch der kråftigſten und wirkſamſten´ Mittel zur Wohlfahrt des Landes gefehlt haben foll ? Der ganze Zusammenhang der Stelle

deutet nur auf

H. Christian Ludwig als damaligen Regenten. dann aber die ,

Wo bleibt

zwei Seiten früher gegebene Nachricht,

daß dieser Fürst die sich ersten und zweckmäßigsten Maaßregeln zur schnellen Beförderung der Volks - Cul tur zu treffen gewußt habe ? - En! En! Historiogra phum oportet esse memorem ; wenigstens doch noch auf der dritten Seite! [Unter der Regierung -Herzogthums zu hegen. S. 12 oben.] Welch eine wunderbare Beschreibung der Mecklenburgschen Staatsverhältnisse , und aus der Feder eines Rechtsges. lehrten , giebt diese Stelle !

Die Stände , heißt es , res

pråsentiren hier das gesammte Land! Also doch auch wol das Fürstenthum Schwerin ? Und die Herzoglichen Domainen doch auch ? - Oder sind dies so unbedeus 5

--

66

tende Landestheile , daß es nicht der Mühe verlohnte, ihrer besonders zu erwähnen , sie auszunehmen ?

Mit

nichten! Zufolge genauer Tabellen des Staats : Calenders enthalten ja die Domainen 3469 Hufen , alle Ritterschaft lichen Güter aber nur 3744 catastrirte Hufen ; *) mithin machen erstere schon , ohne noch einmal der Städte des so

Fürstenthums großen ,

von

zu

erwähnen ,

den

Ständen

beinahe einen nicht

eben

repräsentirten

Theil des Landes aus , als der repråsentirte ist ; und der Landesherr dürfte es sich wol ausbedingen , daß dieser, von den Stånden bekanntlich nicht repråsentirte , Theil dennoch zu Seinen gesammten Mecklenburgschen Lans den mit gehöre! Ferner , wie unzulänglich , ja wie einseitig ist es hier ausgedrückt : Alles wåre nun zur Sprache gekommen, waż vorher irgend dem Misvergnügen der Stånde ausgeseßt gewesen war. und ausgesetzt !!

Also ihrem Misvergnügen !!

Doch wol durch den Landesherrn ?

Der war es also , welcher ihnen so viel Misvergnügen, fie so unzufrieden gemacht hatte ?

War aber dagegen ihr,

der Stånde, Betragen nicht auch so gewesen ,

daß der

Regent, unzufrieden und misvergnügt zu seyn , Ursache hatte, mit Recht hatte?

War also nicht , einmal das

åußerste angenommen , von beiden Seiten zum Mis vergnügen Gelegenheit gegeben worden ? Gleichwol ist es hier in der That nicht anders zu verstehen , als håtten die Stånde immer und überall das größte Recht , der Landes herr hingegen allgemein Unrecht gehabt!

Vielleicht war

nun wol, dies letztere vorzubilden , nicht des Verfassers Absicht, und nur seine Ungewandheit im Ausdrucke staats

*) St. Cal. 1805. Th. 2. S. 67. 117.

67 rechtlicher und geschichtlicher Begriffe hauptsächlich Schuld daran. Allein kann und muß dies ein jeder rathen ? da der Geschichtschreiber insbesondere Doppelsinn und Dunkelheiten zu vermeiden hat ! 1 Eben deswegen wäre es denn auch , zur Verhütung der Verwechselungen richtiger , und dem Mecklenburgschen ge setzlichen

Sprachgebrauche

angemessener gewesen ,

den

Landesvergleich , welchen jedermann kennt , hier nicht den Rostocker Vergleich von 1755 zu nennen, blos , weil er in Rostock unterzeichnet ist ; da man hingegen unter dieser Benennung eigentlich nur einen Vere trag ,

welcher besonders

mit der

Stadt Rostock

geschlossen worden , und deren es bekanntlich mehrere giebt, verstehen und sich denken darf. Noch ist es unpaſſend und unrichtig hier ausgedrückt : " Man habe vom Landes Vergleich alles für die allge meine Sicherheit des Herzogthums gehoft." Für die Ruhe im Lande, und zwar nur in den staatsrecht lichen Verhältnissen , ließ dieser Vergleich allerdings viel hoffen ; aber die allgemeine Sicherheit Mecklenburgs hångt von friedfertigen Nachbarn , und von guter innerer Policey ab, wozu die Schließung des Landesvergleichs unmittelbar sehr wenig beitrug. Jedoch, alle die angezeigten Unrichtigkeiten , einsei tigen Vorstellungen und sonstigen Mångel ,

welche des

Verf. Arbeit bei Schilderung der früheren Mecklenburg fchen Regenten drücken , sind geringe gegen die Fehler, deren er sich bei der jest folgenden Darstellung der Regies • rung des lektverstorbenen Herzogs schuldig gemacht hat. Um aber die Wahrheit dieser Behauptung ganz zu empfins den , muß man , außer der hier auf drei Seiten gegebenen Uebersicht derselben,

68 (Wenn aber gleich auf solche Weise

zu Hülfe gekommen

wäre. S. 12. 13. 14.3 auch die kleinen ,

spåter zerstreut

hingeworfenen Anmerkungen über den Charakter dieses + Fürsten , die Seitenblicke auf Seine Staatsverwaltung, Seine persönliche Denkungsart , ja nicht übersehen.

Wo

Ihm der Verf. nicht geradezu Unrecht thut , da giebt bie Art der Einmischung seiner Betrachtungen über Ihn , der Ausdruck , der Zusammenhang , genugsam zu erkennen, daß ein Schatten über diesen Regenten geworfen werden follte, um Seines erhabenen Nachfolgers glänzende Eigen schaften dadurch noch glänzender zu machen. Ist dies Verfahren aber eines wahrhaften Geſchichtschreibers , ist es selbst nur eines getreuen Malers würdig ? Und sollte wohl der erleuchtete Erbe von Friedrichs Herzoglichem Thron, der mit Mund und That laut bekannte , » den "Fußtapfen dieses seines unsterblichen Onkels " wolle er folgen ," *)

es irgend jemandem Dank

wissen, daß er diese rühmlichen Fußtapfen zu verwischen, zu überschütten unternimmt ? Gewiß nicht! Der Verf. ist für dies Vergehen um desto verantworte licher, je weniger ihn Unkunde entschuldigen kann.

Er

durfte ja nur die vorhandenen gedruckten Geschichts bücher nachschlagen, um im Stande zu feyn , dem Herzog Friedrich , selbst in der kürzesten Schilderung , Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen.

besser

Schon Gebhardi,

der seine Quellen angiebt , leistet hierinn , auf wenig Sei ten, mehr wie er. **)

Und Aepinus im dritten Theile

*) S. die Jnnschrift der Medaille auf den Regierungs- Antritt H. Friedrich Franz in Evers Mecklenburgs neuer Münzs Geschichte Th. 2. S. 210. **) Geschichte der Wendisch - Slavischen Staaten B. 1. S. 430 bis 438.

69 feines Werks , dem diese Beiträge sonst so oft und fleißig abgeborgt haben , warum ward er nicht auch hier unber dingter Lieferant ?

Warum ward nicht außerdem seine

Uebersicht

Mecklenburgschen

der

Geschichte

im Patriotischen Archiv , deren dritter Abschnitt ganz der wohlthätigen Regierung Friederichs gewidmet ist , *) auch hier benutt ? Warum ward nicht der Haneschen kråfs tigen Schilderung dieses Herzogs gefolgt , da dessen Meck lenburgsche Geschichte doch schon im August 1804. erschien ? **)

Daß ein Historiograph diese Vorarbeiten

etwa gar nicht gekannt haben sollte , wagt wol keiner zu äußern.

Kannte er sie aber , und schrieb dennoch über

Herzog Friederich wie er gethan hat , wer begehrt wol diesen Ruhm mit ihm zu theilen ? In dem ganzen vorliegenden Abschnitte von S. 12 bis 15. herrscht eben die Verworrenheit der Erzählung , eben die schwankende Schreibart ,

welche größtentheils dem

ganzen Buche zum Vorwurf gereicht.

Die Streitigkeiten

im Innern , über Gegenstände der Landes- Verfassung, werden mit den , von außen auf Mecklenburg einstürmen den Unglücksfällen zusammen geworfen und vermischt ; da fie doch, um der fortschreitenden Erzählung Klarheit und Verständlichkeit zu geben , abgesondert håtten vorgetragen, allemal wenigstens in der Darstellung getrennt , und scharf begrenzt angedeutet werden sollen . um Weitläuftigkeit zu vermeiden , können hier nur die auffallendsten Süße dieses Vortrages einzeln beleuchtet werden ; und darunter ist einer der gewagtesten folgender : „ Der König von Preußen hatte mancherlei Ursachen, auf

*) III. B. 1 St. 1802. **) Nebersicht der Meckl. Gesch. S. 548-589,

76 » Mecklenburg

Schwerin insbesondere zu zürnen ;

oder

i, glaubte sie doch zu haben, " Dieser Nachsak , dieſe Salvator = Clausel hätte ganz gespart werden können , wenn der Vordersatz mit geschichtlicher Wahrheit vorgetragen ward ; jetzt aber , und im Zusammenhange mit einer spåte= ren Aeußerung S. 25. bildet diese Stelle einen harten Vorwurf für den , sein Vaterland so innig liebenden ders zeitigen Regenten. dezu :

dadurch ,

Denn der Verf, sagt S. 25. géra daß dieser Herzog im siebenjährigen

Kriege die einzige bedeutende Ausnahme von dem sonsti " gen System der Verbindung mit Preußen machte , sette » Er ſich allen jenen Bedrångniſſen aus , die der ſiebenjäh rige Krieg über das Herzogthum brachte. " Freilich, funfzig Jahre hinterher hat der Verf. gut philofophiren, wie damals hatte gehandelt , welches Bündniß geschloffen werden müssen : allein , gehörte er zu denen , die selbst oder deren Verwandte in jener tråben Zeit von 1753. bis 1756. , lange vor Ausbruch des Krieges , im friedlichen Lande durch das Recht des stärkeren Nachbarn geängstigt, ja

unschuldig

überfallen ,

und

Spandau geschleppt wurden ,

aus ihren Betten nach

vielleicht würde er nachs

fichtsvoller von der damaligen Denkungsart seiner Mits bürger und ihres Regenten reden ! Doch , ohne persönliche Verhältnisse anführen zu dürfen , ergiebt die genauere Kenntniß der Zeitumstände ,

daß eine aufrichtige Annähe

rung Preußens zum Bündniß mit Mecklenburg daṁąls ganz ungedenkbar war.

Der König Friederich II. fa hè

den Krieg mit Oesterreich schon einige Jahre als unvers meidlich voraus : Seine Lande, noch nicht so vergrößert wie jezt, konnten seine Heeresmacht , die seit dem legten Kriege erst acht Jahre wieder ruhete , recrutiren

nicht hinlänglich

nichts war ihm daher gelegener als Mecklen=

71 burg, um sich mit blühender , braver Mannschaft zu ver forgen.

Daher der beinahe feindliche Ueberzug des Gez

biets feines Vetters , Nachbarn und Reichs - Mitſtandes, mitten im Frieden ; daher z. B. die Einschließung der Stadt Wahren mit 100 Mann , zur Aufhebung vorgebli cher Deserteurs ,

die Abschickung ganzer Schwadronen

Cavallerie zur Wegschleppung der råstigsten jungen Meck lenburger ,

der Bürger aus den Städten ,

der Knechte

vom Pfluge, der Herzoglichen Musketiere mit Montirung und Påſſen von der Landstraße : *) daher endlich die plöß liche gefängliche Wegführung von mehr als zwanzig Her: zoglichen Beamten und Påchtern , mitten im Frieden , aus ihren Wohnungen auf die . Vestung , um sich zu dem fort: währenden Menschen - Rauben ,

" welches seit zwanzig

"Jahren viele Tausende Mecklenburgscher Untertha „ nen zùm Preußischen Kriegsdienste gezwungen hatte, « **) Respect , zu verschaffen !

Wie der König den entworfenen

Plan zu seiner politischen Vernichtung erfahren hatte, wie er die verschiedenen Feinde wußte, welche seine Staaten von allen Seiten überfallen ſollten , da ward Mecklenburg eine wichtige Hülfs : Quelle im Rücken , zum Nothfall, um Lebensmittel ,

Geld ,

und Mannschaft daraus zu

ſchöpfen :/ darum konnte der Herzog Friedrich die Unter schrift des Königs zu der , unter beiderseits Gesandten in Regensburg am 1sten August 1756. errichteten Convention

*) S. das Schreiben des Herzogs an den König vom 28 Dec. 1753. Beil. IV. zum Kaiſerl. Commiſſionsdecret vom 10 Apr. 1756. wegen gewaltsamer Werbung in Mecklenburg. (Eine besondere Druckschrift.) **) S. das Schreiben des Herzogs an den König vom 12 Jan. 1754. Ebend. Beil. VI.

gegen die vorherigen Ueberfälle nnnmehr gar nicht erhal - ten ;

denn der, Vortheil des Königs erheischte in jener

augenblicklichen Lage gar nicht eine freundschaftliche Verbindung mit Mecklenburg , sobald er dadurch für ſeine Heere alle die erwähnten Hülfsmittel aus diesem gesegne ten Lande entbehren sollte. Wie natürlich hingegen, wie allen damaligen Zeitumstånden und : Verhältniſſen

sehr

´angemessen die endliche Erklärung des Herzogs als Reichs fürsten, wider den König war , das hat Aepinus ſehr bún

Tou dig auseinandergesetzt , und Hane gleichfalls mit behutſa= men Aeußerungen und billiger Erklärung entwickelt. * ) Unter Mecklenburgern hat es nur dem Verfasser der Bei tråge gefallen , dies Benehmen des Herzogs und seiner Minister in einer Lage, deren Bedenklichkeit , deren mög liche Wiederkehr jeden unparteiischen Freund des Vater ‹landes zittern macht , funfzig Jahre hinterher so öffentlich zu misbilligen! » Miswachs , heißt es ferner,

Hungersnoth ,

ein

99Heer von Seuchen schien ein Ueberbleibsel der Kriegeswuth in Mecklenburg zu seyn. "

Ach nein!

das scheint vielleicht nur dem Verf. so , nicht dem besser unterrichteten. Leser ; dieser weiß , daß der Miswachs erst im J. 1770. und 1771. , des Krieges, durch

also acht Jahre nach Endigung

in Mecklenburg eintrat , und vorzüglich

großen Schnee

im Mårzmonat , und die naſſe

Erndte, nicht aber durch die Kriegeswuth entstand. Eben so litte unser Vaterland in den benannten 2 bis 3 Jahren auch nicht eigentliche Hungersnoth ; davon rettete uns der gesegnete Kartoffelnbau , und, in den Herzogli

1

chen Domainen ,

die wohlthätigen Unterſtüßungen des

*) Aepinus T. 3. S. 262 —· 266. Hane S. 550.

73 An dieser Stelle. hat also die dichterische

Landesherrn. *)

Ader des Verf. sichtlich wieder sich ergossen! Eben so trägt die nun folgende Erzählung ; daß die neuen Frrungen zwischen dem Herzoge , der Stadt Rostock allgemeine Unzufriedenheit

und der Ritterschaft die

und auf långere Zeit rege gemacht

rege gemacht, håtten ,

ganz den Stempel einer erhißten Einbildungs

kraft. Die Geschichte kennt eine so allgemeine , so lange währende unzufriedenheit , welche doch wol auch gegen den Landesherrn , gegen seine Verfügungen gehegt ward , wie diese Stelle zu verstehen giebt , die Geschichte kennt sie gar nicht. Ein Sachwald des Rostockschen Mas gistrats konnte etwa so in einem der , damals zu Dußens den gefertigten Appellations - Libellen an den Kaiser sich ausdrücken ; gegründet ist es aber nicht. Landesherrn

verfügte

Untersuchung

Ueber die vom

der

Rostockschen

Stadtmångel war nur der dortige Magistrat und seine Hundertmånner, welche mit ihm die bisherige Verwaltung nicht aufgedeckt und verbessert wissen wollten , unzufries ben ; der übrige Theil der Stadt hingegen und das ganze Land gar nicht.

Ueber die von der Herzoglichen Cammer

gemachte Berechnung bei der Steuer nach der Norm, deren vergleichsmåßigen Ansätzen die Ritterschaft sich uns billigerweise , wie die obfieglichen Urtheln ergeben , entzies hen wollte , war nur Proceß mit ihr, mithin nicht alle gemeine Fehde.

Die Uneinigkeit der Städte mit der

Ritterschaft über die Repartition der Preußischen Kriegs schulden , Sublevations - Gelder 2c. verursachten zwar auch Processe, aber der Regent nahm keinen Theil daran ; und überhaupt , wenn die Proceffe Eines Landstandes in

*) Aepinus T. 3. p. 325.

r

Hane p. 558. in der Note.

-

74

Mecklenburg gegen seinen Landesherrn , oder gegen seinen Mitstand , für Irrungen ausgegeben werden sollen, die im * Lande die allgemeine Unzufriedenheit auf långere Zeit rege machen , so muß diese Schilderung , um unparteiiſch zu verfahren , auch auf die zwanzig Regierungs- Jahre unſers jeßigen geliebten Lans desherrn ausgedehnt , und demselben eben so zum versteck ten Vorwurf gemacht werden , als seinem hohen Vorgänger auf dem Thron.

Denn , kann ein Mecklenburgscher Lan

desherr , bei jeßiger Verfaſſung , dergleichen Freun gen wol ausweichen ?

Es sind ja auch deren ,

unter

diesem Herzoge , noch eine Menge gewesen , es bestehen dergleichen noch eben jezt ; selbst die Beiträge führen fie im Laufe der Erzählung mitunter an ; nur freilich, mit keiner solchen Bezeichnung im Ausdrucke , wie hier S. 13!! Die jest folgende Aeußerung der Beiträge über Herzog Friederichs Charakter übergehen wir , um sie unten mit anderen , späteren , zusammenzustellen und ihren Werth zu Er lösete die an Sehr » Hannover verpfåndeten Aemter wieder ein. « merkwürdig und auffallend ist und bleibt es doch allemal, erwågen.

Weiter heißt es nun hier :

daß die Beiträge nirgend , weder hier , noch zuleßt bei der Aufzählung aller , von Mecklenburgs Herzogen bes schafften Einlösungen ihrer Besiththümer , die Summe benennen, wofür diese Hannoverschen Pfand - Aemter "" vom Herzoge Friedrich eingelöſet wurden. Sie steht doch klar und deutlich , diese Summe, in dem so oft -benutzten Aepinus S. 309. mit 1,535,000 re Nz aufgeführt ! Steht eben so in Hane's Geſchichtsbuch ! *) Und der Vf. 2x *) S. 557.

75 hat doch S. 94. die Summe ,

wofür Herzog Christian

Ludwig die Barnewißschen Pfandstücke einlösete , ganz genau angeführt ! auch von allen Reluitionen unsers jestregierenden Landesherrn die Hauptſummen angegeben ! Und dennoch war kein Plätzchen in dem ganzen hundert Seiten langen Buche für diese , eben so bekannte , wich tige , und gewiß nicht geringe Summe ? War keine Zeit zu einer gedrängten Darstellung der Größe der Unterneh= mung , gleich nach dem aussaugenden ſiebenjährigen Kriege , beim allgemeinen Geldmangel , bei herrschender Viehseuche und Armuth , gleichwol eine so ansehnliche, vor 40 Jahren unstreitig noch viel bedeutendere Geld fumme aufzuleihen ; sich das Vertrauen des Auslandes auf die Zusage des Regenten zu versichern ? Warum konnte nicht die mühsame , schwierige, und doch so schnelle Betreibung dieses Geschäfts , nach dem Vorgange des Aepinus S. 308, hier auch kurz berührt werden ? ― Wohin soll, wohin kann der aufmerksame Leser diese sichts lichen Verschweigungen deuten ? Die folgende Stelle vom Handels - Vertrage mit Frank reich ist , bis auf das weggelassene Datum , fast wörtlich aus Aepinus S. 355. entlehnt.

Ift sie vielleicht daher so

kurz ? War hier sonst etwa nicht Gelegenheit genug , die wohlthätige Vaterhand des Fürſten zu erkennen und zu preisen ,

die

der

hartnäckigen

Widerspenstigkeit

des

Rostockschen Magistrats und ersten Quartiers mit gleichem unermüdeten Bestreben ,

diese Seestadt zu

heben und

blühend zu machen , entgegen wirkte ? Eben so ist der nächste Absatz : (durch den Leschner Fries

den

Gerichts.] buchstäblich dem Aepinus nachgeschries

ben ; bis auf zwei Wort - Veränderungen , die der Ver faffer gemacht , und dadurch zwei Fehler in diese Stelle

76 getragen hat.

Er macht nämlich aus dem bekannten Her

zoglichen Privilegio de non appellando ein jus de non app.

Man würde diesen Verstoß einem Geistlichen gerne

übersehen haben , wenn derselbé ihn gemacht håtte : allein, daß nicht der , sondern ein Rechtsgelehrter etwas ein jus nennt , was wirklich und bekanntlich in Deutschland für die Reichsfürsten gar nicht eigentliches jus , sondern nur privilegium , quo jus commune restringitur , nach des feel. Höpfners Definition , ) ist , und als ein solches ` ihnen daher vom Kaiser besonders verliehen wird,

das

verdient in der That angemerkt zu werden: denn , was dieser Verwechselung senn ?

sollte wol die Ursache

Zweitens sagt der Verf. in seiner verbesserten Schreibart : der Herzog berief deshalb einen Convocations - Tag ; also zu Deutsch :

Er berief einen Berufungs - Tag !

Wåre doch Aepinus hier nicht emendiret, sondern nur Denn der sagt , ja viel D sprachrichtiger : Er veranstaltete einen Convoc, Lag ! getreu

abgeschrieben worden !

Endlich fertigen die Beiträge den Leser , in Absicht des Erfolges dieser Berufung der Stände wegen des Ober dies mußte appellations - Gerichts , ganz kurz damit ab : zur Zeit noch unterbleiben , «. Warum aber? Warum

erfahren wir hier nicht mit kurzen, Worten , was Aepinus an eben der Stelle , was Hane und Gebhardi davon anzei gen , worüber Manzel in eben dem Buche , welches der Verfasser spåterhin anführt , die Urkunden geliefert hat : **) nämlich , daß die Ritterschaft und die Stadt Rostock allein durch ihre Widerseßlichkeiten ,

durch ihr

Editio Secunda Institutt. Heineccii §. 50. **) Neue Meckl, Staats - Canzlei Th. 1. S. 235. S. auch den Meckl. Staats- Calender 1786. T. 2, p. 76.

FT

almente

77

hartnäckiges Rechten gegen diese Begünstigung des Hers zoglichen Hauses ,

die Wirkung derselben bis nach dem

Ableben des Herzogs Friederich hemmten ? Dann wäre doch auch der leiseste Gedanke daran, daß hier etwa dem Landesherra eine Zögerung beizumessen sey , wegges fallen : ein Gedanke, den die wenigen råthselhaften Worte des Verf. jetzt sehr leicht zulassen. Nun folgen noch einige Züge zum Bilde der thatenreiz` · chen Regierung des Herzogs Friederich , aber so flach hins geworfen , das Ganze so kurz und eilfertig weggestoßen, daß es auffallen muß.

Die wichtigen Bauten dieses Rez

genten zum Beispiel , Friederich ähnlich ,

wodurch Er , dem großen Könige Seinen durch den Krieg 1 verarmten

Unterthanen gleich Unterhalt und einen nüßlichen Wirs kungskreis verschaffte,

weshalb er ja auch , bei allen

irgend paſſenden Arbeiten in Ludwigsluſt, nur Innlånder ane stellte, in wie viel wolthätigerm Lichte erscheinen sie nicht. nach Hane's Darstellung !

„ Ihm , diesem Herzoge, fagt

er, verdankt jener Ort sein Entstehen , sein neues Schloß, seine Kirche, seine schönen geschmackvollen Anlagen .

Er

fieng damit gleich nach dem ſiebenjåhrigen Kriege an, wobei viele Menschen aus den niedern Klaſſen , die von den ents ferntesten Gegenden Mecklenburgs dahin kamen , Erwerb fanden, zu einer Zeit , wo selbst die wohlhabendsten Leute in Mecklenburg , um die Wunden des Krieges erst zu vers schmerzen , an's Bauen und Melioriren nicht denken , und die Gutsherren nicht allen ihren Hintersaffen Arbeit geben konnten. «*)

Diese so warme als wahre Schilderung,

wie sehr sticht sie ab gegen die anderthalb Zeilen der Beis tråge über denselben Gegenstand !

" Hane Uebersicht der Meckl. Gesch. S. 587.

78

SO

Zuletzt meldet uns noch der Verf.: " Daß der Herzog Friedrich das Land in einer anhaltenden Ruhe 1 hinterließ , die gleichwol das Werk einer kurzen Zeit gewesen war." 6 -

Man glaube nicht , daß dies Scherz -sey ; es steht wirklich so da ! ) — Gleich nachher erzählt er auch die Scenen des siebenjährigen Krieges wåren sehr beunruhigend gewesen ! - Man sieht nun wol , hier wie anderswo , daß der Verf. seines Ausdrucks gar nicht Meister ist ; allein er scheint es auch nicht allerdings in der Rechenkunst zu seyn : denn, diese kurze Ruhe in Mecke lenburg , wie er sie nennt , diese precaire , in kurzen Zwis schenräumen ,

gleich

einzelnen flüchtigen Sonnenblicken

genoffene Ruhe , wie sie auf der nächsten Seite heißt, wie lange dauerte sie wol ? Antwort : Ueber 21 Jahre, von 1763 bis 1785 ; -

mithin noch etwas länger

als die ganze bisherige Regierungs- Zeit unſers jeßigen Landesherrn , welche sich doch , wie wir auch ohne des Verf. Zusicherung dankbar empfinden , durch die bez glückenden Folgen eines langen und daurenden Friedens , einer wohlthätigen Ruhe ** ) aus zeichnet ! - Und aus welchem Grunde nennen die Beis trå ge jene ein und zwanzigjährige Ruhe nur eine precaire Ruhe? mit einem so schielenden , undeutschen Beiworte, dessen Sinn hier nur so wenig an die Wahrheit streift? Denn nicht blos bittweise , was doch der Verfasser andeus ten wollte,

genoß Mecklenburg in dem Zeitraume von 1763 bis 1785. seine Ruhe : keine kriegerischen Verhält

niſſe , weder von innen , noch von außen , weniger noch die Nähe eines fremden und großen Heeres , das etwa die

*) Beiträge S. 14. **) Beiträge S. 15.

79 angränzenden Lande Jahre hindurch feindlich besetzt gehal ten håtte, ſtörten die allmålige Vervollkommnung des Herz zogthums , unter der våterlichen Aufsicht des Regenten, während dieser Reihe von Jahren ! Hier endigt nun der Verf. feine , so zu sagen poſitive, in fortschreitender Erzählung entworfene , Darstellung der Staatsverwaltung Herzogs Friedrich.

Allein es kommen noch weiterhin , wiewol einzeln , die Neben : Ausfälle auf Sein Regiment, die Schilderungen desselben in negativer Beziehung vor ; welche, hier ausgehoben und gesammelt, ihre Wirkung auf den Leser vielleicht merklicher thun wer den.

So heißt es gleich S. 16 .: Die langersehnte

Ruhe, bisher wie ein täuschendes Phantom , oft eben so schnell verschwunden als gekommen , sollte end lich unter dem Scepter Friedrich Franzens erscheinen. Die Freude war lange nicht so herzlich gewesen , als nun. Weiter S. 25.: Herzog Friedrich sette sich, durch die einzige Ausnahme,

die er vom System der

Verbindung mit Preußen machte , allen Bedrångniſſen des siebenjährigen Krieges aus. - S. 26. Erst nach König Friedrichs II. Tode ward mit Preußen über die vers pfändeten Aemter von Schwerinscher Seite unters handelt. ― S. 36. Es machte die Unzufriedenheit der Rostocker mit Ihm rege, daß Er ihnen durch die Wegnahme der Academie ihre bürgerliche Nahrung zum Theil entzogen hatte. - S. 47.: Es war eine ver fehlte Ansicht des Zeitalters , daß die vorige Staatsvere waltung in die Kunst , zumal die mimische , als Mittel auf das Volk zu wirken ,

ein so auffallendes Mistrauen

fette ; ob man gleich aus - unzähligen Beispielen darauf håtte kommen müssen u. s. w. - S. 48. Das System der vorigen Regierung war ernst und strenge.

Die scharfs

80 begrenzte Individualität des Regenten ließ nur einen relas tiven Grad der fittlichen Aufklärung zu. Man suchte nur einseitig auf den großen Haufen zu wirken.

Die Regies

rung strebte , den großen Haufen gleichsam absichtlich in feiner ursprünglichen Beschränktheit zu erhalten. - S. 49.: Die Vorurtheile ruheten ,

wie ein verfinsternder Nebel,

über den mannigfaltigsten Verhältnissen des bürgerlichen Lebens.

Die vorige Regierung war der kaum beginnenden Morgenrdthe zu vergleichen. -

Und womit ist denn wol eine solche Schilderung der Regie rung Herzogs Friedrich, wie die vorstehende , zu vergleichen ? Welche Gefühle erregen bei dem besser unterrichteten Leser diese Winke, diese Seitenblicke im Laufder Erzählung , diese bittere Beurtheilung der religieusen Privat - Gesinnungen des erwähnten Regenten ? --- War es denn eine solche Kleinigkeit, ein Land , welches , nach des Verf. eigenem Gemälde S. 13., { in jeder Bedeutung des Worts verheert da lag , ein Volk, welches nach S. 10. in der größten Unwiſſenheit, in einer wahren Egyptischen Finsterniß

umher tappte,

wieder empor zu bringen ? " Es ist ein größeres Werk, als unhistorische Weltweise glauben , bis endlich , ſelbſt nur in kleineren Staaten , wenn kein despotischer Fürst den Naturgang beschleunigt , alles zum völlig harmonischen Körper zusammen wächst. " So urtheilt der scharfsinnige und tiefe Geschichtforscher Spittler mit Recht. Daher konnte aber auch der Verf. die Bes mühungen des Herzogs Friedrich für seine Staaten viel wahrer mit jenen Worten des Tacitus , wenn dieser gründ liche Schäßer menschlicher Regierungen seinem Gedächtniß gegenwärtig war, schildern :

Unter Ihm und durch Ihn

*) Geschichte des Fürst. Calenberg . T. 1. S. 166.

!

81

ist im Lande die öffentliche Sicherheit nicht mehr Hofnung und Wunsch, sondern ruhiger und voller Genuß. Den noch wirken nach der Natur menschlicher Schwachheit , die Heilmittel immer langſamer als die Krankheiten ; und wie der Körper schnell dahin welkt , spåt sich erholt, so wird der Geist des Volks viel leichter niedergedrückt , als wieder *) Oder noch besser that er, ‫ اهر‬hane's lebendige

belebt.

Darstellung des Charakters dieſes Fürsten nur abzuschreis ben, die so schließt :

Zu Unterstützung gemeinnütziger

Anlagen war niemand freigebiger als Er.

Er war herab

laſſend ,

ohne je Seiner Fürstenwürde das Geringste zuI vergeben.´ Seine Achtung für die Religion floß aus den 1 reinſten Quellen ;

dafür sprechen alle seine Handlungen.

Er war mildthätig ,

höchstgerecht ,

schonend ,

edelmůs

thig, ein Herr von den feinſten Gefühlen , und von ſeltner Herzens Güte. « **) So kannte , so erkannte diesen vore treflichen Regenten auch sein erlauchter Neffe , wie Er ihn unsterblich vor dem ganzen Lande pries ! Im Gefühle dies fer großen Eigenschaften schwur Er, den Fußtapfen eines folchen Vorgängers zu folgen ! Und dieses erhabene Muster, dieses der Nachahmung so würdig erachtete Vorbild dürfte ein Schriftsteller wagen , auf irgend eine Weise zu verkleis nern , in Schatten zu stellen ? Mimmermehr!

*) Tacit. Agricola. Cap. 3. **) Ueberſ. der Meckl. Geschichte. S. 588.

6

82 Berichtigungen des ersten Capitels.

Bisher hatten die Beiträge nur die Einleitung zu ihrem` Hauptwerke, zur Schilderung der Regierung H. Friederich Franzens , geliefert,

Jezt kömmt diese eigentliche Haupts

Arbeit selbst ; und zwar hat der Verfaſſer bei derselben die Zerlegung in Capitel gewählt. Von der Manier nun , in welcher die Ereignisse , woż durch unsers jetzigen verehrten Landesherrn Staatsverwal tung ausgezeichnet wird , hier im Ganzen vorgetragen und bearbeitet sind, ist schon Anfangs die Rede gewesen.

Dem

Verf. ist offenbar sein Gegenstand zu mächtig geworden : er hat die Größe desselben nicht gehörig zu faſſen , die Menge der Thatsachen nicht zweckmäßig zu ordnen und kunstreich zu verweben , dem Leser weder Klarheit im Ans schaun des Einzelnen , noch angemessene Stand - Punkte zur Uebersicht des Ganzen zu verschaffen gewußt. Capitel und Abtheilungen ,

Daher

die im Gange der Geschichte

wirklich nichts abtheilen , daher so häufig schleppende An nalen - Arbeit , daher Verwirrung in allem , was den Be griff der Regenten - Tugenden Friedrich Franzens recht deutlich und hervorstehend machen sollte. Ungerne, aber nothgedrungen wird man in der Beurtheilung dem Verf. Capitelweise folgen , und ſo einem Gerippe nachar beiten müssen , das , unter geschickteren Händen , zum kraftvollen Körper von schöngerundeten Formen ,

in der

Fülle der Gesundheit , hätte gedeihen können ! Die einzelnen Vorfälle des hier beschriebenen Zeits raums . find großentheils richtig vorgetragen ; in so ferne fie nämlich auf Auszügen bekannter gedruckter Schriftstele

83 ler beruhen,

denen sie ´oft fast wörtlich abgeborgt ſind ; und dies wird jedesmal an den zutreffenden Stellen ange

zeigt werden müssen : nicht blos , um jedem das seinige wieder zu geben , wo des Gebers nicht erwähnt war , son: bern, um zu bemerken , wo , und in welchem Maaße die Beiträge dabey Abänderungen beliebet haben , die eben keine Verbesserungen geworden sind.

In wie weit Unbez

kanntschaft mit dem Gegenstande diese Aenderungen veranz laßte, wird nicht immer genau auszumachen stehen : daß aber insbesondere , und noch außerdem , der Hang , in Bildern zu schreiben , und der Strom der Rede , wodurch der Verf. sich, über die Gebühr eines Geschichtschreibers, fortreißen ließ , der historischen Wahrheit , der Genauig keit im Ausdruck , und der Bestimmtheit in den Staats rechtlichen Begriffen sehr nachtheilig geworden , davon giebt gleich der Anfang dieses ersten Capitels ein trauriges Beiſpiel.

Denn , sowol die einzelnen Sonnéne

blicke, und die täuschenden Phantome, als die drohenden Gewitterſtürme unter der vorigen Regierung , womit es anhebt, fallen bey kälterer Untersuchung , ziemlich in einen bloßen Theater Lårm zusammen : und nur die gleich 1 darauf folgende , gut gelungene Schilderung der glücklichen Eigenschaften unsers jezigen Regenten und seiner Throns besteigung ( S. 15. 16. ) laſſen uns das Geklapper am Eine gange bald vergessen. Uebrigens muß die dabei vorkome mende treuherzige Anzeige des Verfaſſers : daß H. Friedės newe rich Franz der einzige und nå chste Thronerbe fen sey, doch noch ein Lächeln erregen : denn , wenn unser Herzog der einzige war , so versteht sich ja wol von selbst, daß Er auch eben dadurch der nächste wart Und so ereignet sich's dann zuweilen , daß man , aus Ber gierde recht viel zu sagen , eigentlich

nichts sagt!

小 84

Fast die ganze Seite 17. , zumal von den Worten : versichert worden,]

[Auch äußerte er

iſt aus Aepinus

Th. 3. S. 380. wörtlich abgeschrieben , nur mit einigen , beliebten , wiewol nicht geglückten Zusäßen. Aeußerung des Herzogs ,

So ist die

vorgeblich gegen den Engern

Ausschuß': Er wünſche die Eintracht hergestellt , um das Ganze zu erhalten , ein bloßer Zusaß des Verf. , und ein ganz unnöthiger : denn die dadurch ausgedrückte Furcht, sonst etwa das Ganze nicht zu erhalten und zu be hals ten, hatte der Fürst,

welcher mit solchen Geistes- und

Gemüths - Gaben , mit solchen Entschließungen zur Regies rung kam ,

wie unser Landesherr , gewiß nicht , und wahrlich auch nicht nöthig! Ferner ist die Nache richt : der Herzog Fr. Franz habe dem E. A. Seine Bes fitnahme von den Insignien eines neuen Herzogs von Mecklenburg - Schwerin notificirt , auch eine eigene Erfindung der Beiträge, die man bei ihrem rechten Namen nicht nennen mag , die daher , wie wol zu denken, ganz ungegründet , und doch so zutraulich hingeschrieben ist! -Einen auffallenden doppelten Geschichts- und Zeite rechnungs- Fehler begeht der Verf. hier auch noch dadurch, daß er das erste Schreiben des Landesherrn an die richtet, denen es nicht gewidmet war , und daß er aus zwei , an verschiedene Personen , zu verschiedenen Zeiten erlassenen Rescripten Ein einziges bildet.

Das erste Schreiben des

Herzogs nåmlich, wovon die Beiträge hier reden , war nicht an den Engern Ausschuß, sondern an die Ritters und Landschaft selbst , deren Deputation Ihm zum Regie rungs - Antritt Glück wünſchte, unterm 2ten Jun. 1785 gerichtet ; das sagen die Annalen des Staats- Calenders deutlich genug. *)

Das zweite hingegen war gar nicht

*) St. Cal. 1786. Th. 2. p. 72.

85 dasselbe mit jenem ersten , ungeachtet der dreisten Vers ficherung des Verfassers ; es war auch kein Schreiben, kein eigenhändiges Schreiben des Landesherrn , sondern ein Bestättigungs - Brief des Engern Ausschusses in feinen Landesgeseßlichen Befugnissen und Pflichten , eine Akte, die der Herzog nur als Landesherr unterschrieb. Diese Akte ist auch früher ausgestellt ,

als das Herzog=

liche, hier zum ersten gestempelte Schreiben ; sie ist vom 17ten May 1785 , und die bloße Zuſammenhaltung dieser beiden Data in den Annalen des Staats- Calenders und den Briefen des Aepinus (S. 380 oben) håtte den Verf. vor solcher Verwechselung bewahren können. *) - Es ist dies an sich eine Kleinigkeit : wenn aber ein Schriftsteller bei jeder Gelegenheit die genaueste Bekanntschaft mit dem Einzelnen der Begebenheiten zu Lage legen will , so muß man doch auch erfahren ,

daß und in welchen Fällen er

eine solche genaue Kenntniß etwa gar nicht gehabt hat. Ueberhaupt ist auch diese Herzogliche Bestättigung des E. A. in seiner bisherigen Eigenschaft nicht etwas so neues, so außerordentliches , als der Verf. hier daraus machen will.

Er wird ja hoffentlich wiſſen ,

daß , nach

dem Innhalte des Landes Vergleichs , diese Beståttigung vom Regenten geschehen muß , und der E. A. sich widris genfalls , wenn er um seine Bestättigung gebeten hat, Daher ist ípso facto für beståttigt halten darf ! **) aber auch die Herzogliche Confirmation dieses Collegii

*) Beide Bestättigungen , sowol $ des E. A. als der Ständischen Privilegien , stehen auch ganz abgedruckt in der , von deu Beiträgen ein paarmal angezogenen Manzelschen Staats Canzlei T. 1, S. 320 ff. **) Landes: Vergleich Art. VII. §. 179, 180.

86 vielleicht früher erfolgt ,

als das Schreiben an die ge

fammte Ritter- und Landschaft, Noch ist eine erhebliche Unrichtigkeit in dieser Stelle ; nämlich da ,

wo der Verf. den Engern Ausschuß ein

repråsentirendes Corps nennt , anstatt er in der Urschrift, in Aepinus Briefen S. 380, mit Recht ein vorstellendes Cols 4 legium heißt.

Diese gewagte Veränderung ist auch nach

Mecklenburgschen Staatsrechtlichen Begriffen ganz unzus låßig. Denn da in unserm Vaterlande , und im ernſten geschichtlichen Sprachgebrauch nur die Corps der Ritters schaft und der Städte bekannt . sind , der Begriff eines Corps hier auch Privilegien , führt ,

Gerechtsame mit sich

welche ein Collegium nicht zu haben braucht,

der Engere Ausschuß auch , als solcher , bekanntlich nicht bat,

da endlich das Haupt- Grund- Gesetz in Mecklen

burg , der Landes - Vergleich , sehr genau zwiſchen · Corpus der Ritter- und Landschaft , und Collegium des E. A. unterscheidet ; *) so ist die Verwechselung dieser Benennungen gar nicht unbedeutend ,

oder unerheblich.

Zwar hat wahrscheinlich die Furcht vor einem Mislaut in der Diction hier zunächst diesen Misgriff veranlaßt : allein , darf dergleichen einen Rechtsgelehrten Mecklen burgschen Geschichtschreiber so sehr verlegen machen , daß er darüber Grundgesetzliche Verhältnisse aus den Augen. verldre? Woher endlich der Verf. die Nachricht von der Bes. ftättigung aller Herzogl. Råthe u. s. w. in den huld reichsten Ausdrücken genommen hat , ist nicht recht . au rathen.

Aepinus redet hierüber allgemeiner ; und das

erste, so gnådige Schreiben des Landesherrn an Seine

*) Art. VII. §. 176. 178.

-

87

Regierung ist zwar auch befonders abgedruckt , *) ente hålt aber nicht die Bestättigung aller Seiner Råthe und Bedienten. Der jetzt folgende Sak (S. 17. Er confirmirte —Artikeln.] steht auch fast wörtlich in den Annalen des Staats- Cas lenders 1786. S. 73 , so wie der nächste darauf, vom Vorzugsrecht S. 381.

der Brand - Caffen Gelder ,

im Aepinus

Nur werden hier einige Abånderungen bemerks

lich. Erstlich läßt der Zusammenhang in den Beiträgen nicht anders vermuthen ,

als daß diese Verleihung des

Vorzugsrechts vor dem Landtage geschehen sey, welches doch unrichtig ist , da sie unterm 9ten December 1785 er: ſchien , ** ) und eben so von Aepinus angedeutet wird. Zweitens hat der Verf. , durch einen kleinen Zuſaß , die Herzogliche Wohlthat etwas beschränkt ; er giebt nåmlich dies Vorzugsrecht nur den råckständigen Brand - Caſſen Beitrags- Geldern ;

das Privilegium selbst hingegen bez

freiet alle Entschädigungs - Aufkünfte , wie schon der gedrångte Auszug deſſelben in den Annalen des St. C. 1787 lehret. Die weiterhin gelieferte Erzählung von der Landes herrlichen Bestättigung

der Ständischen Privilegien ist

wieder sehr schwankend und ungenügend.

Der Herzog bes

flåttigte ja nicht blos die Landes - Reversalen , sons dern auch die Resolutiones ad Gravamina , den Landes '

1 Vergleich , kurz , alle Privilegien und Gerechtsame feiner Landstände ; Er that dies in einem und eben demselben Confirmations- Briefe ; und stellte diese Akte nicht aus; sondern ertheilte sie , denn es war ja kein Revers !

*) Politisches Journal 1785. Jun. p . 601. **) St. Cal. 1787. Th, 2. S. 53.

88

1 Mit der , dem Regenten von den Stånden dargebo tenen ansehnlichen Summe Gelbes scheint der

2f. auch nicht so recht Bescheid zu wissen.

Es war das,

bei jeder Regierungs - Verånderung gewöhnliche Don gratuit der Landſtånde an den neuen Herzog , es war also ganz herkömmliches Geschenk, war schon dem Herzoge Friederich gerade eben so angeboten worden , und auch in Die treuen Stånde Absicht der Summe ganz daffelbe. gaben dem jezt regierenden Fürſten nicht Einen Schilling mehr, als seinem Vorweser auf dem Thron ; was man doch, nach diesem großen Aufheben in den Beiträgen, würklich vermuthen sollte.

Die jetzt unmittelbar folgende Stelle : [Nur die Stadt Rostock begnadigt haben werde. ] ist wieder fast von Wort zu Wort dem Aepinus S. 381. nachgeschrieben : so wie die Stelle unten auf eben dieser Seite , wegen Bebauung wüster Plätze in den Städten , den Annalen des St. Cal . 1787. S. 58.

In so weit liegen also beide Angaben

außer dieser Beurtheilung .

In der gleich nächsten Anfüh rung aber, von dem ergangenen Duell - Mandate, ist wies Durch die Bezeichnung des Datums dieser der gefehlt. Verordnung muß sie , dem Zusammenhange nach , neu ſcheinen, • im Gegensatz der kurz vorher angegebenen , nur erneuerten früheren Patente. Allein keinesweges ! Sie ist ebenfalls alt , war schon im J. 1750. ergangen , und war unterm 25ſten Sept. 1785 blos erneuert. *) Wahrscheinlich aber sind die Beiträge durch Aepinus flüchtige Andeutung derselben S. 384. zu diesem Fehler verleitet worden. Was S. 20, von dem Bestreben unsers Herzogs , auf

*) Annalen des St. Cal. 1787. S. 59.

89 die Gesammtbildung des größern Haufens seiner Unterthanen zu wirken , gesagt wird , ist an sich sehr richtig; nur hat der Verf. die Beweise darüber , so viel hier besonders die Schul- Anstalten betrift , weder sorgs fältig gesammelt, noch gedrångt vorgestellt , und so diese Thatsache nirgends recht begründet.

Da zeigt sich aber

gleich das Nachtheilige der Annalen - Arbeit in diesen Beiträgen. Blos des Schulmeister ; Seminariums in Ludwigslust 1geschieht hier Erwähnung , weil es in diesen Jahren neu organisirt ward ; dann kömmt, sechs und funfzig Seiten nachher,

nachdem das erste beinahe vers

gessen war , die Ermunterung der Beamten zur Einfüh rung nůßlicher Arbeits- Schulen in den Domainen vor, weil dieselbe in das Jahr 1792. fällt , oder vielleicht bei der Excerpirung des Aepinus nach der Seitenfolge gerade >> damals unter die Feder kam. Wie einzeln diese Data! wie zerstückelt! Sollte denn würklich unser thatige Lanz desherr, nebst Seiner Regierung , sonst nichts zum Un terricht, zur Bildung seiner jungen und alten Mecklenbur ger gethan haben ?

Oder wußten die Beiträge nur

nichts weiter davon aufzutreiben ? Zum Glück ist blos Selbst schon über das Lud das letztere zu vermuthen. wigslufter Seminarium giebt es eine viel umständlichere Beschreibung und Entwickelung , auch von eben dem Verz faffer , als die , welche in der Note S. 20. der Beiträge aufgeführt steht. *)

Daß aber außerdem noch der jetzige

Thronbesizer, in eifriger Nachfolge feines Herrn Onkels, der schon zwölf Jahre früher ein allgemeines Lands schulmeister Seminarium seinen Stånden wiederholt aber vergebens

angetragen ,

der in seinen Domainen

*) Siehe Monatsschrift v. u. f. Meckl. 1794. S. 272.

90 Sommerschulen angelegt , die Schulmeister daselbst hins reichend versorgt , in Schwerin , Parchim , Güstrow, Mal chin und mehreren Städten die Schulen verbessert , ein Pådagogium zu Bühow angelegt, geistliche und weltliche Aufsicht über die Erziehung der Jugend eingeschärft hatte, daß hiernach der jetzige Thronbesitzer in so vielen Städten neue verbesserte Schul - Ordnungen eingeführt hat , und namentlich zuerst in Wahren und Wittenburg , dann in Güstrow, Schwerin , Ribnik , Lübz , Cröpelin , endlich in Neubuckow , Sternberg und Laage ; daß Er das Bor gen an Schüler , und ihre bereitwillige Aufnahme in den Wirthshäusern untersagt , die Confirmation der Kinder vor dem 14ten Jahre, zum Zweck der Endigung ihres Schul- Unterrichts , verboten , in den Domainen die Be suchung der Schulen dringend befohlen , den Fröbingſchen . Volks- Calender unter die tüchtigsten Schullehrer in Seis nen Aemtern austheilen , die Bienenzucht , zur gedeihlich sten Fortsetzung durch Seine Landſchulmeiſter , aufmunə tern laſſen , den Predigern die gewiſſenhafteſte Prüfung der Ritterschaftlichen Dorfschulmeister aufgegeben , durch beståndige genaue Lesung der Synodal - Anzeigen die vielen Nachläßigkeiten bei den Ritterschaftlichen Schulen erfahren und einzeln abgestellt hat ; von allen diesen , die rastloseste Regenten - Aufsicht beurkundenden Verfügungen fagt der Verf. nichts , gar nichts ; und doch führen die Annalen im Staats- Calender sie fast alle genau an ; *)

doch würde

ihre Aufzählung nicht so viel Raum weggenommen , gewiß

*) Staats- Cal. 1788. Th. 2. S. 149. 1789, Th. 2. S. 152. 154. 1790. Th. 2. S. 143. 1798, Th. 2. S. 175. Siehe auch Patriot, Archiv B. 3. St. 2. S. 73. wo die guten Schulz Anstalten in den Herzogl . Domainen gerühmt werden.

91 aber Mecklenburgs jetzige Staatsverwaltung - anziehender bezeichnet haben , als die , acht Seiten lange Erörterung der Landständischen Beitrags- Pflichtigkeit zu Reichssteus ren und Lehndiensten S. 73 bis 80, !! Nun folgt S. 21 und 22. von der Herzoglichen Mu •

thung der Reichs - Lehne , und von den vormaligen , auch jest wieder erneuerten Weiterungen deshalb , eine um ständliche Erzählung , welcher an Vollständigkeit nichts fehlt, als der Zusatz : daß sie aus Aepinus Briefen T. 3 . S. 315, und 382. wörtlich zuſammengeschrieben 1ist ; welc``` ches der Verf. wol nur mit anzuzeigen vergessen hat. Eben so steht die nächste Stelle , von den berichtigten Grenzstreitigkeiten , in demselben Buche S. 384 ; und es ist nur dies dabei zu erinnern , daß , wenn einmal dieſe, minderwichtigen ,

Berichtigungen

der Landes - Gränzen

mit in das Gemälde der Regierung unsers Landesherrn aufgenommen werden sollten , es dann wenigstens richtig und vollſtändig håtte geschehen müſſen.

Hier weiß der

Leser z. B. gleich nicht , welches Gut Lauenburgischer oder Strelißischer Hoheit unterworfen

ist ;

es

werden die

Grånz - Berichtigungen zerstreut, als Füllstücke , nur da angeführt , wo gerade die Arbeit nach den Jahren darauf stößt ; so kommen dergleichen erſt S. 88. noch einmal vor, und sonst nicht weiter. Dennoch sind ihrer weit mehrere in dem bearbeiteten Zeitraume vorgefallen ; das lehren die · genauen Annalen der Staats- Calender und Häne's Uebers sicht, wo S. 616, die meiſten verzeichnet stehen. — Doch wir müssen eilen , dem Griffel des Historiographen , der, sich hiebei nicht aufhalten zu können , erklärt hat, *) zu

*) Beiträge S. 88.

92 folgen ,

und bemerken nur noch ganz kurz ,

daß der

Schluß dieses Capitels , vom Vorsitz des Landesherrn in feinen Collegien zu Schwerin , fast eben so wörtlich im Aepinus S. 584. fteht.

Berichtigungen des zweiten Capitels.

Ueber die Erzählung des Verfaſſers vom Ursprunge des Deutschen Fürstenbundes wollen wir , da sie Mecklenburg nicht zunächst betrift ,

mit demselben nicht rechten , ob

gleich sonst , wenn sie nicht etwa auch ganz aus Heinrichs Reichsgeschichte entlehnt ist , gegen ihn z . B. das zu erin nern wåre , daß eigentlich der Neffe Friedrichs des Einzis gen ,

der nachherige König Friedrich Willhelm II. von

Preußen, die erste Idee von diesem Bunde der Deut schen Fürsten gehabt hat. *) - Eben so kann man es ge schehen lassen , daß der Verfaſſer in seinen Aeußerungen über die , immer noch sehr große und mächtige Oesterreichs ſche Monarchie hier eben nicht sehr behutsam iſt. es vielleicht nicht erfahren.

Sie wird

Allein die unbillige Behandlung des Herzogs Friedrich, bei Gelegenheit der Erzählung von der engeren Verbindung zwischen unserm Landesherrn und Preußen S. 25. kann nicht stillschweigend übersehen werden , und ist schon , bei

*) Freimüthige Anmerkungen über Zimmermanns Fragmente. Abth. 1. S. 316.

V

93

" Erwähnung der Parteinahme im siebenjährigen Kriege, mit Grund gerüget worden.

Eben so bedarf die Behaupe

, daß erst nach Herzog tung S. 26. der Beiträge 1 Friederichs Lode die Unterhandlungen von Mecklens burgscher

Seite zur

Wiedereinlösung

der Preußischen ´·

Pfand - Aemter geöfnet worden wåren, ſo unbefangen ſie‹ dahin geſchrieben ist, einer ausdrücklichen Berichtigung ; denn sie ist ganz ungegründet.

Unstreitig gebührt

dem gegenwärtigen Regenten der Ruhm , diesen Theil des Landes wieder mit Seinen Erbftaaten vereinigt zu haben. Allein, da Er die Geschichte Seiner und Seines Vorgåne gers Regierung kennt, ja wohl besser kennt, als marcher, der darüber geschrieben hat ; so ist Ihm eben so gut erine nerlich , daß schon Herzog Friederich und dessen Minister rium oft genug Versuche zur Wiedereinlösung dieser von Preußen besetzten Domainen gemacht haben , daß also nicht erst im Jahr 1786. die nöthigen Unterhandlungen deshalb : eröfnet sind. Nöthig waren diese Versuche für einen Re genten , der sein Vaterland liebte , immer , und ihre Un terlassung , welche diese Stelle der Beiträge zu verstehen geben will , würde daher , wäre sie wahr, schicklicher von ihnen verschwiegèn ſeyn.

Allein ,

der Herzog Friedrich

hatte sie ja långst erdfnet ; nur nicht so erwünscht , nicht so

#

begünstigt durch die damalige Regierung vor König Frie Daß unfer jetzige Landesherr diesen 4 Zeitpunkt gleich ergriff, schleunig benußte , wird Ihm, bei Seiner Urtheilskraft , Seinem Scharfsinne schon Lob drich Willhelm II.!

Deswegen mußte aber genug in der Geschichte dünken. Schriftsteller vertrauter Gegenstande seinem , mit auch ein nie sagen : Erst jetzt wurden die nöthigen Verhande lungen ,

sondern ; Glücklichere , Seegensreichere Unters

handlungen als vorhin ,

wurden jeht darüber gepflogen.

94 Denn er konnte ja in Hane's gedruckter Geschichte eben dieses vorgeschrieben finden : * ) selbst nur eine getreue Abschrift der Aepinus'schen Briefe , von dessen Arbeit übri= gens diese ganze Stelle, bis zu den Worten : in allen feinen Theilen beståttigt , S. 27. ist , håtte diesen Fehler vermeiden helfen.

Aepinus fagt nåmlich nicht :

Erst nach, sondern : Gleich nach Friedrichs II. Tode, welches in dem Sinne und dem Nachdruck dieser Stelle einen großen Unterschied macht. **) Von der Sorgfalt des Regenten für das Innere Seis ner Staaten im I. 1787. giebt der Verf. uns S. 27. und 28. die Nachrichten wieder blos , und fast wörtlich) , aus Aepinus Briefen. ***)

Selbst die Note unter dem Texte,

wegen Beförderung der Bienen - Zucht , hat Aepinus lies fern müſſen ,

obwol fie , in ihrer jetzigen Fassung , dem

Urheber der

Beiträge zu gehören scheinen könnte.

Dieses eigene haben aber fast alle seine Noten in dem Werke; und das wird weiter unten noch öfter angezeigt werden müssen. -- Hier erwähnt er auch noch des Lane desherrlichen Privilegii pii Corporis für zwey neubewide mete Institute , die Armen Anstalt in Güstrow , und die Rathswittwen ፡ Caffe ebendaselbst : Hingegen die gleichs

1 måßige Bevorzugung zweyer anderer , ganz ähnlicher Stiftungen, des Armen - Instituts in Grabow , und der Rathswittwen - Caffe in Parchim , hat er nirgends im Buche angemerkt.

Die erste vielleicht deshalb nicht, weil

fie nicht im Aepinus vorkömmt ; gleichwol ſieht sie in den

*) S. 591 . **) T. 3. S. 386.. ***) T. 3. S. 384. U. 388.

4

-

95

Annalen des Staats Calenders ! *) Warum aber erwähnt er denn nicht der letztern, die eben da in Aepinus Briefen angeführt ist , wo die Güstrowſche Wittwen - Caffe ſteht ? Sollte sie etwa erst bei Aufzählung der Regenten - Verfü= gungen des Jahres 1790. vorkommen , wo ihr Privilegium freilich erst verliehen ward ; und ist nur nachher im Laufe der Arbeit vergessen worden ? Das wäre ein Beweis mehr gegen die Güte eines geschichtlichen Vortrages blos nach der Folge der Jahre ! Allein hier wird auch ein Beweis gegeben , wie nach theilich das Verschönern eines vorliegenden Originals Schriftstellers , beym Copiren desselben , und im Vers Aepinus trauen auf seine Richtigkeit , werden kann. Briefe sagen an eben dieser Stelle S. 388 .: » der Landes ", herr bestimmte die Bauhülfs E Gelder zu neuen Häusern ,, in den Städten. “ Die Beiträge melden aber ; ,, Er » , bestimmte gewiße Procente , welche zur Aufführung „neuer Häuser den Bauherrn als Hülfsgelder " gegeben werden sollten. “ S. 28. Die Art nun , wie diese vermeintliche Wohlthat des Regenten dargestellt wird, läßt stark vermuthen , daß dem Verf. nicht ganz bekannt gewesen sey, wasmaßen schon lange vor der jeßigen Regierung , gewiffe Procente für die Bauherrn in Mecklenburgs Stådten , bei Aufführung neuer Häuser, bestimmt waren , mithin eine , blos deshald R erst im I. 1787. erschienene Verordnung eben nichts neues und besonderes , mögte.

já fast gar etwas unnöthiges scheinen

Denn bekanntlich ist obige Beſtimmung der Bau

hülfen schon vorfunfzig Jahren geschehen , und zwar im Lan des N Vergleich ; wo ſie Art. I. § 62. und 63. genau und deut

0 *) St. Cal. 1790. T. 2 S. 142. 1791. T. 2. S. 156.

C

96

lich beschrieben stehet ; daher sie auch noch jest in voller Ausübung ist, und dem Landesherrn aus seiner Steuers Einnahme schon ungeheure Summen entzogen hat. Also noch etwas anderes , als ein solches Versprechen, öder eine solche Bestimmung müßte die vom Verf. anges führte neuere Verordnung doch wol enthalten haben. Das hat sie aber nicht, so ausführlich der Verf. auch von denn sie ist leider gar nicht

ihrem Inhalt redet;

erschienen , und das Ganze beruhet auf einem Irrthum ſeines Vormannes , Aepinus , dem dieſes unrichtige Fac tum unter seinen zehntausend richtigen entschlüpft iſt. Håtte aber der Verf. nur in den so pünktlichen Annalen des Staats- Calenders , in der Schröderschen , von ihm selbst hie und da allegirten Gesetz - Sammlung , in den Intelligenz - Blåttern nachgesehen , und die gedachte Verordnung dort nirgend, gefunden, weil sie darinn nicht vorkömmt , so müßte dies schon ihn ſtußig gemacht haben ; nun hingegen hat er blos mitgeschrieben , und ist, mit gefangen ! Håtte er doch nur statt dessen die, aber NB. långer als ein Jahr vorher geschehene Erneuerung der åltern Verordnung , wegen der Bauart in Mecklenburgs Städten , angeführt , wornach die Häuſer alle in gerader Linie, und mit einer Stenderhöhe von eilf Fuß im Lichten für das untere Stockwerk , aufgebauet werden ſollen ! Sie steht doch im Staats- Calender, und in der Schröderschen Gesetz Sammlung. *).

*) St. C. 1787. Annal. S. 58. Gefeß - Sammlung 2. Th. 2. B. S. 135.

97

Berichtigungen des dritten Capitels . maggie

gen

11das n Ma n kann nicht wol einsehen , warum von dieſem Capiz Ca tel, welches den Verhältnissen der Stadt Rostock gegen unsern Regenten gewidmet ist, fünf Sechstheile , also beis

nahe das Ganze sich mit einer , eigentlich hier überflüßts gen Erzählung beschäftigen : nämlich mit einer Darstellung der politischen und Handlungs- Begebenheiten dieser Stadt in ålteren Zeiten , und lange vor Herzogs Friederich Franz Regierung.

So schön der Innhalt aller sechs Seiten von S. 29. bis 34. vielleicht einer Geschichte Mecklenz burgs einverleibt werden könnte , so * wenig erwartete man ihn hier , wo dieses geliebten Landesherrn Verdienste um die Stadt entwickelt werden sollen ! Mit wenig Wors ten hätte ihr Emporkominen und ihr Glanz , } aber auch ihre inneren Fehler gezeichnet werden können , um dem, oft unverdankten Bestreben ihrer Landesherrn , besonders der Herzige Friederich und T Friederich Franz , ihr aufzus helfen , und die Mängel ihrer Städtischen Einrichtung auszurotten , gegen über zu ſtehen. Wozu die Erörterung über den Ursprung , das Ansehen und den Verfall der Hanse, wozu ihre Vergleichung mit den Lombardischen Freistaaten ? Sie steht hier allemal am unrechten Otte : und ist daneben noch so häufig mit Unrichtigkeiten vere webt ! Schon die Anfangs Zeilen dieses Capitels enthalten einen Widerspruch. War die Stadt Rostock , wie hier behauptet wird, seit den ältesten Zeiten der reichste Herzogliche Juweel, so kann sie nicht erst seit dem

7 1

10 C

98 Mittelalter allmålig zum blühendsten Wohlstande emporgestiegen seyn.

Denn das Mittelalter wird in der

Geschichte, wie man weiß , mit den Jahren 1440. oder 1450. geendigt : * ) kam mithin die Stadt Rostock erst feitbém als Handelsort empor , so konnte sie nicht schon in den åltesten Zeiten vor allen andern Mecklenburgs ſchen Städten glånzen. Was ist nun eigentlich hier die Wahrheit ? 3 Daß beide Behauptungen übertrieben und uns gegründet find.

Es ist übertrieben , zu sagen , Rostock

habe schon seit den åltesten Zeiten vorzüglich geglångt. Denn erst im J. 1218. ward diese Stadt durch Fürstliche Bewidmung zur Deutschen Stadt ; bis dahin hatte sie nichts , was ihre Einwohner von angeſeſſenen Bauren un . als etwa die Mauer. Dies hat ein

zerschieden " hätte, diplomatiſcher ,

beſonders den ersten Zustand der Stadt

Rostock aufklärender , dem Verf. wahrscheinlich bekannter Geschichtschreiber gezeigt. **) Aber auch damals war fie nicht die Stadt.

einzige so bevorzugte Mecklenburgsche

Denn 2 zugleich mit ihr wurden die drei Städte

Parchim , Gadebüſch und Güstrow aufeben die Weiſe bewid met, und zu Deutschen Städten erhoben : ***) nur kamen diese, wegen ihrer Lage, wegen der öfteren, größeren Begüns ftigung Rostocks durch die Landesherrn , nicht so empor, als fie. - Ferner ist es ungegründet , daß Rostock erst seit dem Mittelalter emporgestiegen wåre;

fie hob sich

vielmehr im Mittelalter selbst , bald nach ihrer neueinges

*) Büsch Gesch. der Welthändel neuerer Zeit. Einl. S. 6. **) Histor. diplomatische Untersuchung vom Zustande der Stadt M Rostock 1767. Fol. S. 67. 236. ***) ibid. S. 3. 67.

99 richteten Verfassung im 13ten Jahrhundert , bis 1440, bis zum Landfrieden !

Gleich hiernach , S. 30. wird die Hanse eine Conföde ration der reichsten Seestädte des nördlichen Deutsch lands genannt ; aber unrichtig : denn es ist bekannt, daß nicht blos Seestädte diesen Bund ausmachten; daß unter den 85 Städten , die dazu gehörten , über 50 , also über * die Hälfte , åchte Landstädte , zum Theil mitten in Deutschland gelegen , waren , die aber, durch ihre blühens den Gewerbe und Manufakturen , nicht allein den mitvers bündeten Seestädten Waaren zum Vertrieb nach außen lies ferten, sondern auch zum Theil selbst mit ihren Gütern in die entferntesten Gegenden reiſeten , und direkten Hans del trieben. *)

In den verschiedenen Kriegen

abgesehen wär. S. 30.1

Diese Stelle findet sich , ihrem Hauptinhalte nach , in Rudloffs 2 Mecklenburgscher Geschichte: * nur sind die Thatsachen dort bestimmter vorgetragen.

Denn , daß

3. B. Rostock , wie hier ſteht , ihre eigene Flotte mit den übrigen Bundes Städten gemeinschaftlich gegen Dannemark ausgerüstet håtte , findet man dort nicht, und natürlich ,

weil diese Nachricht sich selbst widersprichtzi

denn , war eine eigene Rostocksche Flotte gegen Dännemark da , so war sie eben deswegen nicht gemeins fchaftlich ; rüsteten aber die Bundes- Städte sich zur See

*) Büsch Gesch. der Hanses in seinen vermischten Schriften. 1801. T. i . S. 324. §. 4. 6..

**) Th. 2. S. 205. 411. 416. Th. 3. S. 146. 460. 676. 677 7

1

100

w

mit Rostock gemeinschaftlich , so hatte diese Stadt wol eigne Schiffe dabei, nur nicht eine eigene Flotte. Eben so nennen die Beiträge ausdrücklich nur vier } Hanse 8 Städte, mit denen Rostock sich noch besonders verbündet habe, und thun Unrecht : denn wenn sie doch einmal solche Städte genau anführen wollten , ſo mußten fie dieselben1 alle nennen. Nun hat Rostock ja aber , außer den vier genannten , und außer der großen Allianz vieler, Städte des Bundes gegen Dännemark im J. 1361. sich auch noch mit Riga , Wisby , Stettin , Lüneburg zu ver schiedenen Zeiten verbündet gehabt : *) und außerdem ges hörte sie auch noch zu dem besonderen Bunde der sechs Wendischen

Städte ,

welcher ihr in dem großen

Streite mit den Herzögen Mecklenburgs , kräftig beistand.

im J. 1484.

Warum nùn blos 4 Stådte , und so bes

stimmt, so einzig als Bundesverwandte genannt und aus gezeichnet ?..

Des Zusammenhanges wegen muß die Beurtheilung ber, hier jeht beigebrachten Erzählung vom Ursprunge der Rostockschen Academie noch ausgefeßt bleiben. Weiter ist nun bei S. 32., und bei dem Berichte von der öfteren Auflehnung dieser Stadt gegen ihre Landesherrn sehr bes merklich, daß zwar Rudloffs Meckt. Geschichte dafür alles girt wird , jedoch in derselben nichts von den hier , und schon früher (S. 30. am Ende) gemachten Aeußerungen steht,

als hätte Rostock ihre statutarischen Gerecht

same und Freiheiten gegen die Eingriffe einzel ner Hoheitsrechte , ihre erworbenen Rechte gegen die

*) Rudloffs Geschichte T. 2. S. 146. 416. T. 3. S. 605..

1

101 mächtigern Eingriffe ihrer Landesherrn zu vertheis digen gehabt.

Von dieser , für die Mecklenburgschen Re

genten eben nicht rühmlichen Neuigkeit enthalten die Rud loffschen Geschichtbücher doch nichts , am allerwenigsten an den hier angezogenen Stellen.

Eben so wåre gegen die Richtigkeit der , S. 33. ges machten Vergleichung der Hanse mit den Italiåniſchen Städte Bündnissen noch sehr viel einzuwenden. Sie gez hört eigentlich zur Mecklenburgischen Geschichte unter dem Herzoge Friedrich Franz gar nicht ,

und man kann sie

daher hier füglich übergehen : sonst würde es nicht schwer werden , zu zeigen , daß z. B. die Deutsche Hanse gar nicht, wie der Verf. behauptet hat , aus ähnlichen Vers anlafſungen entſprang , wie jene Italiänische Freistaaten ; daß der deutsche Bund auf keine Weise die Beförderung der politischen Freiheit einzelner Bundesstädte , und ihrer Unabhängigkeit , sondern blos die Sicherheit und die Vortheile ihres Handels , in diesem Verein bezweckte : daß also die Freiheits- Erkämpfung einzelner Hanse - Städte, ihr Verfahren als freie Staaten in feindlichen Ueberzügen der Nachbarn u. f. w. blos eine Wirkung damaliger Zeiten und Sitten, keinesweges aber der Hanse selbst war. -wåre leicht ,

darzuthun ,

da

€3

es aus den gründlichen

Schriften bedachtsamer neuer Geschichtforscher bekannt ist, daß die Hanse Stådte nicht bloß durch hart nåckige Kämpfe mit ihren Fürsten , durch übermüthigen Troz gegen dieſelben , in der Geschichte Epoche gemacht haben , wie die mit ihnen , hier zur Unzeit , verglichenen Lombardischen Freistaaten :

daß sie vielmehr die ersten

Muster einer wohlgeordneten politischen bürgerlichen Vers fassung wieder aufstellten ,

und so vielen Gewinn und

She

Gelderwerḥ,

102

L

auch über die Lande der sie beneidenden

Fürsten , verbreiteten ; daß deshalb nicht bloß der niedere 1

Adel, sondern felbst Landesherren im 15ten Jahrhundert ſich um das Bürgerrecht in Deutschen Städten bewarben , sich vorzugsweise Bürger nannten ; und daß durch den Verfall der Hanse mancher reiche Handelsplaß in Deutſchland zu einem erbunterthänigen , aber armen Flecken geworden ist, weil er sein Gewerbe mit seiner Freiheit verloren hat. *) Mit Recht sagt daher wohl Sartorius :

" Die Hanse

bleibt ein denkwürdiges Monument der Emsigkeit , der Kühnheit, des stolzen Geistes , und der Energie dieser Deutschen Bürger ! - In jenen Zeiten war der Deutsche Name, durch die Kraft der Städtiſchen Corporationen geehrt;

den Nachkommen bleibt ,

in der Ideen - Welt

Reiche zu erobern." + Nach dieser, durch die Beitråg e selbst veranlaßten Abschweifung in ein fremdes Gebiet , fällt die Aufmerk famkeit wieder auf Rostocks ,

hier geschilderten Verhält

nisse ; und auf die Richtigkeit der Bemerkung S. 34 , daß diese Stadt von jeher den Charakter der Erb unterthänigkeit gegen die regierenden Herzöge trug. So richtig dies ist, um so mehr verdient es angezeigt zu werden , da ein berühmter Rechtslehrer noch unlångst gerade das Gegentheil, Druck, behauptet hat.

und in seinem Lehrbuche ,

im

Der Hofrath Runde nämlich

schreibt noch im J. 1801 ; Rostock verdiene als Beispiel

*) Büsch Geschichte der Welthändel. 1783. S. 15.

Deffelben

Geschichte der Hanfe §. 1. Von Schlieffen Nachrichten S. 81. 136. Sartorius Geſchichte des Hanseatiſchen Bundes 1802,

1 103 einer Landstadt angeführt zu werden , ihrem

Ursprunge freies

die gleich bei

Regiment erhielt;

und bezieht sich dabei blos auf Nettelbladts hiſtoriſch diplomatiſche Abhandlung

vom Ursprung

Rostocks : *)

ſcheint also nicht allein die beiden gründlichen Widerlegun= gen dieser Schrift, **)

sondern auch den Umstand gar

nicht zu kennen , daß die Stadt Rostock in dem neuesten Erb- Vertrage die Nettelbladtsche Abhandlung mit ihren Aeußerungen förmlich abgeschworen hat. ***) So foll das, schon vor 彰 40 Jahren als ungereimt dargestellte urfreie Regiment dieser Stadt doch noch, und gar in Lehrbüchern, fortleben !

An die nun ferner ,

S. 35. der Beiträge , gelieferte

Beschreibung der Differenzen des Herzogs mit Rostock wegen der Academie , schließt sich , bei der Beurtheilung, am bequemsten der Abschnitt S. 31. von Errichtung der Univerſität daselbst.

Schon der Anfang dieses Abschnitts

ist unrichtig im Ausdrucke : denn Rostock war nicht feit dem funfzehnten Jahrhundert , wie hier gesagt wird, sondern seit dem vierzehnten der Sit einer hohen

*) Runde Grundsäße des gemeinen deutschen Privat S Rechts. Gött. 1801. B. 2. E. 347. Note b. **) Der Landesfürft in Rostock. 1762. und Historisch diplomatische Untersuchung der Verfassung der • Stadt Rostock. 1767. welche leßtere Gebhardi , in seiner " Geschichte der Slavischen Staaten S. 437. unrichtig dem Professor Aepinus zuſchreibt , da sie den verstorbenen Herzogl. Regierungs Rath ZurNedden zum Verfasser hat. Rudloffs Meckl. Geschichte T. 2. S. 41. Note. ***) Neuester Nostocker Erb Vertrag S. 6. §. III.

104 Schule; fintemal im 15ten Saeculo , und schon am Eine gange desselben ( 1418. ) die Academie dort gestiftet ward. ― Dann ist die Muthmaßung , warum der Pabst ,

bei ihrer Stiftung ,

nicht bestätigte ,

die theologische Facultät

von des Verfaffers Arbeit und Stil,

nicht von dem Geschichtschreiber Rudloff; ungeachtet der= felbe hier einmal genau allegirt wird. Dieser hat viel klarer und deutlicher,

aber auch behutsamer ,

über den

erwähnten Vorfall nur so viel gesagt : " Wahrscheinlich wollte der Pabst die Gelegenheit zu noch mehreren Nach forschungen über manche Irrthümer in der katholischen Kirche verhüten , die ohnehin genug Neuerungen zu kämpfen hatte. « *)

mit gefährlichen Eben dieser Ge=

schichtforscher nennt auch das Streben der Deutschen , der Mecklenburger, sich dem Drucke des Pabsithums zu entz ziehen , nicht bloß „ einen herrschenden Geschmack des Zeitalters ;

und in der That , war es denn damals

bloße Sache des Geschmacks , wenn auch der Mecklen burger nicht mehr , seiner Gesinnungen halber , auf dem Scheiterhaufen brennen wollte ?

wie doch

sonst hier der Ton , die Verfahrungsart gewesen war ! **) Bei der gleich folgenden Erzählung ,

warum Pabst

Eugen IV. die theologische Facultat noch hinzuthat , Rudloffs Geschichtbuch nicht angeführt ;

iſt

gleichwohl hat

es auch da den Vorzug einer faßlichern und gedrängteren Darstellung , ***) und hätte daher immer auch für die Stelle angezogen werden mögen.

*) Rudloffs Geschichte Th. 2. S. 580. **) Derselbe B. 2. S. 704. ***) Derselbe B. 2. S. 623.

105 " Die Behauptung aber, daß , durch die Einrichtung der jungen Academie ,

die Stadt den Ruhm einer der

ältesten Deutschen Universitäten erworben hätte, weil Künste und Wissenschaften schon vorlängst dort ihren Sig gehabt ; (S. 32. ) ist dem Verf. ganz eigen , und fins det sich sonst nirgend bestättigt !

Daß Künste und Wiſſen

schaften schon vorlängst , also lange vor Errichs tung der Academie , Rostock zum Tempel der Musen gemacht hätten , will die Geschichte nicht wissen ; Rudloff sagt vielmehr : " Die Küfte der Ostsee und ganz Nieders deutschland lag 1409. noch überall mit tiefer Unwiffenheit und Wildheit der Sitten bedeckt. « *)

Daß ferner die

Academie in Rostock bald zur herrlichsten Blüthe emporgewachsen sey, ist auch nicht sehr bekannt : im Gegens theil weiß man , daß vom Anfange der Stiftung derselben an, im damaligen Zeitraume , sich keine berühmte Ge lehrte dort erwarten ließen ; daß schon 4 Jahre nach ihrer völligen Einrichtung diese junge Academie , des Bannes wegen , aus Rostock nach Greifswald flüchten mußte, wo sie sich äußerst elend erhielt ; daß die Widerſpenſtigkeit, der Troz des Stadt- Regiments allda die Ursache war, warum die Profefforen nicht schleunig , nicht alle zurücke kehrten, sondern dagegen ganz in der Nähe eine neue Acas demie, Greifswald , zu bilden bewogen wurden : daß die Stadt, gleich eilf Jahre nachdem ihre Academie im vollen Stande war,

ihr den zugesagten jährlichen Fonds von

800 Fl. entzog ,

freilich nur auf 200 Jahte :

daß die

Stadt sich im Tumult der edlen Absicht des Herzogs , den Professoren gegen solche wiederholte ,

*) Rudloff a. a. D. S. 578.

durch die Noth

106 erzeugte Abpreffungen ,

mittelst eines Collegiat : Stifts

beim Dom Sicherheit zu verschaffen , widerſeßte ; daß ſie badurch eine abermalige Verpflanzung der Academie nach Lübeck , im J. 1487 , veranlaßte : *) 1 daß die Rostockschen Bürgermeister des Concilii ſtiftungsmåßige Freiheit be ſchränkten ; daß daher im J. 1520 die Academie nur noch drei Professoren hatte ; daß endlich dagegen die Mecklen= burgschen Herzöge die ersten Schritte thaten , Professoren große Verlegenheit ,

um der

welche diese den Land

stånden bereits geklagt hatten, durch Anweiſung jährlicher Hebungen zu vermindern ;

wogegen der Magistrat die

denn doch ziemlich **) so drückte. Herzoglichenwiderspreche Professorenn ausschloß und Diese deme Thatsachen in den Beiträgen gerühmten

schnellen Buchs ,

der

frühen herrlichen Blüte dieser Academie.

In wie ferne das , so eben geschichtlich beurkundete Streben des Rostockschen Magistrats gegen die dortige Academie,

sobald sich nur ein Schein Landesherrlicher.

Auctorität und Oberaufsicht dabei zeigte, auch den neues ften Verfall der Univerſitåt unter Herzog Friederich hers

1. beigezogen hat ,

ist in den Beiträgen

nicht sehr

deutlich dargestellt worden. Die Stelle darüber S. 35. (Der Herzog hatte →→→→→→ Academie`an.] ist zwar wörtlich aus Aepinus Th . 3. S. 272. entlehnt ; die demnächſtigen Be

* Hane Geschichte S. 141. Von den beiden Auswanderungen der Academie hat Prof. Lasius im Jahr 1793. drey Fests Programme in lateinischer Sprache geschrieben. **) Rudloffs Geschichte III. S. 717. 761. 762. 841. 843. 863. IV. S. 86. 164. 166. Aepinus T. 2. S. 337. 363. Hane. S. 95. 141. 215.

S

107

C

1

merkungen über die frappante Wendung aber, über die unmittelbare Urfache zum Zwift mit der Stadt, genügen wol nicht für den forschenden Leser : da= gegen hat Hane die muthmaßlichen Gründe des Regenten zur Verlegung der Academie sehr viel treffender ange= führt. *)

Auch die S. 36. befindliche Erzählung eines Grundes der Unzufriedenheit Rostocks mit dem Herzog Friederich (Doch war es

nach sich zog.] ist nicht zutreffend ; ´und

dabei so gefaßt ,

daß man glauben sollte ,

Herzog sen Schuld daran , blutend

blos der

daß diese Stadt ,

noch

an den Wunden des siebenjährigen Krieges,

gleichwol sofort mit einem Regiment Herzoglicher Trup pen, wegen rückständiger Kriegssteuer , exequirt worden sey.

Der eigentliche , wahre Zuſammenhang dieses Vors

ganges ist aber folgender :

Es war vom Herzoge und

den Stånden , bei den fortdaurenden Schahungen der Preußischen Truppen ,

eine Receptur Caffe eingerichtet,

wohin jeder Einzelne seine Kriegssteuer ,

der Ordnung

halber, lieferte ; und eine Receptur Commißion , welche die Quoten der Contribuenten bekannt machte und eintrieb. Wie nun Rostock ſich überhaupt weigerte , ihren An theil zu bezahlen , und dem, darauf von ebengedach= ter Receptur

Commißion requirirten

mando. Herzoglicher Truppen

von

30 Mann ,

Com zur

executivischen Beitreibung dieses Antheils , die Thore vers schloß,

auch dies Commando gar nicht einlassen wollte,

ließ der Herzog einige hundert Mann , einige Com pagnien in die Stadt dringen , und das obige Execu

*) Uebers. der Meckl. Gesch. S.. 583. 584.

108 tions - Commando mit Gewalt zur Ausrichtung feines Auftrages einführen.

So verhält sich dieser Vorfall ; fo

ist er auch in den Intelligenz - Blättern vom Jahr 1758, im December Monat , Stück 51. abgedruckt ; so verändert er aber des Verfäffers Erzåhlung sehr wesentlich : denn, nicht der Herzog erequirte , sondern die von den Stånden allgemein beliebte Receptur - Commißion : der Herzog legte kein Regiment in Rostock , sondern nur einige Compagnien ,

und gar nicht zur Execution,

sondern nur , um die 30 Mann , welche von Ihm zur Execution requirirt wären , wirksam werden zu laſſen.

nicht beschimpfen , sondern Selbst das Cammer- Gericht

erkannte Rostock hernach schuldig zur Bezahlung dieses Antheils , deductis deducendis ; wie Aepinus und Manzel auch angeführt haben. *)

Alle diese wesentlichen Verände

rungen der erwähnten Begebenheiten aber vermehren den Credit der Beiträge nicht sonderlich.

Doch, auch die, unmittelbar folgende Darstellung der inneren Unruhen und Spaltungen in Rostock, welche das Landesherrliche Einsehen nothwendig machten , vermehrt ihn nicht. Ein Drittel dieser Beschreibung ist zwar von Wort zu Wort aus Aepinus Briefen entlehnt ; **) das übrige aber erfordert desto mehr Berichtigung . Gleich die Nachricht, daß die beiden Quartiere in Rostock aus einer gleichen Anzahl Deputirter bestehen ,

kann hier zu

Fehlschlüßen Anlaß geben : denn damals , wie die Irruns gen der Bürger mit dem Magistrat laut wurden , im Jahr 1763. war es nicht so damit beschaffen ; die Zahl

*) T. 3. S. 303. Neue Staats - Canzlei Th. 1. S. 85. **) Th. 3. S. 301. 303. 371 .

109 ber Deputirten war ungleich , im ersten Quartiere waren über 60 Kaufleute gegen 40 Brauer ;

und , besonders die 1

ersteren sollten angeblich immer mit dem Magistrat gegen die Bürgerschaft zusammenhalten.

Dies Misverhältniß und dagegen

gab Gelegenheit zu vielen Unordnungen ,

geführten Beschwerden. Deshalb , und nach langer Widers seßlichkeit des Magistrats , trat der Landesherr zu , und bestimmte , erst sieben Jahre nach dem Anfange der Come mißion, das noch jest bestehende Regulativ der Hune dertmånner , und die ganz gleiche Anzahl der Depus tirten zu demselben : welches alles dem Verf. ja bekannt feyn müßte , da es weitläuftig gedruckt ist !

Die nächste Veranlassung der Beschwerden des zweis ten Quartiers ,

weshalb es recurrirte, ist hier auch unvollständig und zweideutig + erzählt. Aepinus hat sie zwar etwas richtiger ,

als die Beiträge ,

angeführt,

aber doch noch Dunkelheiten gelassen : *) Hane hingegen zwar auch in einzelnen Datis ſich geirret , im Allgemeinen aber alles richtig angedeutet. **)

Nach dem Vortrage des

Verf. müßte man glauben , das 2te Quartier , die Hands werker in Rostock, hätten zu der gemeinsamen Anlage Behuf Abtrages der Preußischen Forderungen gar nichts beitragen wollen , mithin eine unbillige Ausnahme verlangt. Allein so war es gar nicht ,

vielmehr gerade umgekehrt.

Sie, die Handwerker , mußten zu dieſer gemeinsamen Anlage von ihren Immobilien resp. 100 und 50 dem aber noch jede Zunft , Quantum erlegen.

, außers

jedes Gewerk ein gewiſſes

Deffen weigerten sie sich auch keiness

*) Briefe T. 3. S. 301. **) Geschichte Meckl. S. 571.

110 weges. Allein das erste Quartier, die Kaufleute , hatten zur Bezahlung ihres eigenen Antheils dieser gemeinsa men Anlage Geld

aufgenommen ,

und zur Abtragung

desselben unter sich die Vereinbarung getroffen ,

von

allen einkommenden Waaren monatlich eine gewiffe Abgabe zu erlegen. Diesen sich auferlegten Impost verlangten sie, das erste Quartier , nun auch von den übrigen Bürgern, Handwerkern u. f. w . in Rostock, verlangten mithin , daß diese zu ihrer, der Kaufmannschft Quote der Kriegssteuer, auch , also eigentlich doppelt beitragen sollten.

Eine solche

offenbare Unbilligkeit veranlaßte zunächst den Recurs der vier Gewerke x . vom 27 April 1762. an den Rostockschen Magiſtrat ; und dieser konnte auch , in feiner , übrigens drohenden Antwort vom 4ten September, ein solches Benehmen des ersten Quartiers , eigentlich der Kaufmannss Compagnie, nicht billigen.

(Der Streit ward

ein Ende zu machen. S. 37.3

Diese Stelle, so wie der ganze Vortrag über die Irrungen mit und in Rostock zu Herzogs Friederich Zeiten ist so allgemein , daß der Beurtheiler nichts daraus zu machen Statt deffen hätte der Verf. , unter den gegen

weiß.

feitigen Anklagen und Beschuldigungen , lie ber etwa die besonders berühren mögen, wenn sie ihm noch im Gedächtniß lagen , welche wegen schlechter Führung der Stadt- Caffe - Rechnungen gleich zuerst vorkamen : wie der Magistrat, nachdem er sich sechs Jahre gestråubt hatte, erst im Juny 1769. die Rechnungen von 1762. und * 1763. vorlegte , wie ſich da sofort, nicht nur ungeheuré Unordnungen in der Führung , sondern åußerst beträchtliche · Defecte zeigten ; • wie dennoch der Magistrat , nach be= schaffter Ordnung und Revision dieser Rechnungen, die

111 Erstattung der , viele Laufende betragenden Defecte noch Ferner , bald durch Appellationen , bald durch Vergleichs Handlungen u. s. w. zu vereiteln wußte, so daß noch im Jahre 1780. nichts ‫اب‬erhebliches darinn geschehen war! Wenn man diese und andere bekannten Erläuterungen dem erwähnten Vortrage des Verf. S. 37. hinzuthut, dann gewinnt er doch ziemlich ein bestimmteres Ansehen; und die Beurtheilung ,

wer eigentlich an den Rostockschen

Verwickelungen Schuld war ,

der Herzog

oder die

Stadt, wird etwas erleichtert !

[Noch im Jahr 1763. mit der Stadt zu intentiren. 1 S. 37. 38. Mit Uebergehung derjenigen Säße in dieser Stelle, welche sich auch im Aepinus *) finden , schickte bis abzuwarten; bis zu

intentiren ;

und

als :

Er

Er hatte noch

müssen die einzelnen Data und

Ausdrücke des Verf. besonders berichtigt werden.

So hat

er sich über das Personale der langen Rostockschen Come miſſion hier sehr bestimmt herausgelaffen ,

aber

nicht

glücklich , und seine Kenntnisse des Details derfelben sind blos scheinbar.

Wahrscheinlich schloß er daher,

weil

Aepinus S. 371. feines dritten Theils sagt : die bishes rigen Commiſſarien , der Geheime Justiz - Rath Aepinus und der Justiz - Rath von Gundlach waren 1781. gestors ben :

ergo sind diese von Anfang an da gewesen ;

macht daher Aepinus zum ersten Commiffarius , und ist fertig. Allein das wirkliche Personale war doch noch etwas anders beschaffen.

Die Commission bestand nåme

lich , bei ihrer Eröfnung , aus dem Landrath von Hobe, Canzleirath Faull und Hofrath Aepinus.

Der erste gieng

*) Th. 3. S. 303. 371,

A

112 sehr bald ab , und schon im I. 1765. hatten blos Faull und Aepinus das Commissorium , insbesondere aber der erste von diesen beiden alle Haupt- Geschäfte , so lange er lebte, bis zum Jahre 1775. Dieser Canzlei ፡ Rath und nachherige Regierungs B Rath Faull ist auch allen Kennern der damaliz gen Geschichte und Zeit - Umstände als ein Mann merkwürz dig, deſſen unermüdeter Fleiß , deſſen , raſtlose Thätigkeit in Erforschung der Wahrheit und Vertheidigung der Gerech tigkeit, während der 12 Jahre seiner Commiſſions : Ges schäfte in Rostock, seinem Landesherrn zum großen und erklärten Wohlgefallen , den Feinden guter Ordnung und aufrichtiger - Handlungen

aber zum merklichen Verdruß

gereichten. *)

Und diesen Mann , dessen Namen in den fo starken gedruckten Commissions ፡ Protocollen fast auf jedem Blatte vorkommt, Betreibung

seine so lange und vorzügliche

der Rostockschen

Commiſſions - Geſchäfte,

kennt der Verfasser der neuesten Geschichte Mecklenburgs gar nicht ? Håtte er dann doch lieber die ersten Commiſſa rien gar nicht genannt ! So würde er auch nicht darinn, gefehlt haben , daß er den Aepinus ſchon im Jahre 1763. zum Geheimen Justiz : Rath ernennt , da der Landesherr

1 erst im Jahr 1775 ihn ,

weil er" damals erster Com

missarius nach Faull's Lode ward ,

mit einer Erhöhung

seines Charakters begnadigte, und ihn , " aber wol zu mers fen, nicht zum Geheimen Justiz

Rath, sondern zum

Geheimen Canzlei - Rath ernannte : - Daß er ferner den Justiz - Rath von Gundlach zwölf Jahre früher zum Commissarius macht, als es würklich geschah : denn erst

*) Besondere Nachrichten von diesem Regierungs- Rath Fault ftehen auch abgedruckt in Nugents Reisen durch Mecklenburg. Berlin 1781. S. 215. " *10.

113 im Jahr 1775. bestellte der Herzog Friederich denselben. dazu ; und daßer endlich des nachherigen erſten Commiffarii, Vicedirektors von• Schröder, gar nicht erwähnt , der doch im August 1776 , wie er als Mecklenburgscher Subdele gatus von der gesprengten Visitation des Reichs-Cammers Gerichts zu Wetzlar zurückgekommen war , als erster Com missarius zu Rostock , vor Aepinus und Gundlach , èin geführt ward , *) und zwar nicht lange dieſe Stelle behielt, aber doch sehr thåtig in dieſen Commiſſions'- Geſchäften gearbeitet hat.

Der Bemerkung des Verf. ,

daß dem Aepinus und

v. Gundlach die Leitung und Direction der Rost. Commission anvertrauet worden sey, Grund , und sogar an Sinn.

fehlt es auch an

Denn , nicht zu erwähnen,

daß die hier gerühmte Direction und Leitung nur in so ferne verschieden sind , als der erste Ausdruck eben daffelbe auf Lateiniſch ſagt , was der zweite auf Deutsch ; fo ist es ja bekannt , daß nicht die Commissarien , sondern die Herzogliche Regierung die Leitung und Ober - Aufsicht über die Commission hatte und behielt ; die Commissarien hingegen die Untersuchung der Mångel , der Streitige keiten zu beschaffen , ihre Abstellung und Schlichtung eine zuleiten und vorzuschlagen hatten.

(Doch mußte er

Zukunft erwarten ließ.

S. 38.1

Der Ruhm , welcher dem neuesten Rostocker Erb- Vertrage hier , und auf der 40ften Seite ertheilt wird , daß er die

*) S. die gedruckten Nostockschen Num. 233. vom 27. Aug. 1776. 8

Commiſſions - Protecolle,

7114 genauesten Bestimmungen enthielt ,

daß durch seine

Ausführlichkeit und Pråcision für alle künftige Col lifionsfälle gesorgt war ,

ist sehr groß ;

er vers

spricht mehr, als gewöhnlich von Verhandlungen über so biele und wichtige Gegenstände , bei so verschiedenem Ins tereffe der Parteien , erwartet wird , mehr als die Vers fasser desselben von ihm erwarteten , ja mehr , als der 8 Verf. selbst von ihm hofft. Denn die . Pacifcenten sagen im S. 288 :

Sollten gleichwol Dunkelheiten und

Zweifel sich darüber aufgeben,

so u. s. w.

und im

S. 290 : Sie wollen auf Mittel denken , allen etwas nigen künftigen Irrungen und Processen gütlich vorzubauen.

Sie dachten sich den Vertrag also doch

nicht so genau bestimmt , daß er für alle künftige Collisions Fälle gesorgt hatte ! behauptet ja selbst S. 40 :

Und der Verfasser

Es könnten

nach

diesen

genauesten Bestimmungen , dennoch dermaleinst Col lisionen zwischen der Stadt und der Landeshoheit vors kommen. Und S. 80 erwähnt er : Die Stadt Rostock habe in ihren Erb - Verträgen (wozu doch wohl der neueste auch gehören muß , da hier so allgemein geredet wird ,) stets einen sichern Rückhalt frei gehabt , um fich mit künstlichen Auslegungen gegen die Lan desherrlichen Beschlüsse zu decken , sobald es ihr Vortheil heischte. - Wo bleibt aber da die Präcision des neuesten Erb- Vertrages , die S : 38. für alle künftige Collisions - Fålle gesorgt hatte ?

Ist ſie S. 80. ſchon ganz

vergessen?

[Die Hauptpunkte

erhalten werden.

S. 38. 39.1

Was hier von dem Wesentlichen des neuesten Rost. Erbs Vertrages angeführt wird ,

ist theils

ein Auszug der

115 Innhalts - Anzeige , welche diesem Vergleiche vorgedruckt stehet, -Worten :

(T. I. S. 10. 11. ) theils , Dabei

sollte

bis

und zwar von den

erhalten werden ,

wörtlich aus dem H. 9. des Vertrages genommen , und daher in der Beurtheilung zu übergehen.

- Die Aeuße

rung des Verf. aber , daß, laut dieses Erb Vertrages, dem Herzoge alle Rechte der Landeshöheit über die Stadt zustehen sollten , genau ,

ist nicht staatsrechtlich

auch nicht dem Innhalte des Vertrages gémåß.

Denn die Landeshoheit über Rostock hatte der Lans desherr bekanntlich schon 140 Jahre lang , schon seit dem Westphälischen Frieden : ſie konnte ihm also wol nicht erst Allein sie ward im J. 1788. zugestanden werden.. von Rostock jetzt anerkannt, überall und rein ans erkannt ; so drückt sich der §. 2. des Art. Í . aus ; und mit einem , ihrer vorigen Renitenz ſehr angemeſſenen Worte : hingegen zugestehen , verleihen , konnte die Stadt ihrem Landesherrn hierinn wol nichts !

Desto richtiger ist dagegen die gleich folgende Bemers kung , daß der Regent dieser Stadt mehrere Freis heiten , besondere Gnaden Erweisungen zugestanden hat , und daß Er sie dadurch von Seinen aufrichtigen Gesinnungen vollkommen überzeugen konnte. Es ist dabei gegangen , wie bei so vielen Vergleichen unserer Landesherren mit ihren Ständen.

Nicht blos von beiden

Seiten hat man nachgelassen , der Natur jedes Vergleiches gemäß; sondern der Fürst hat das meiste , am willigsten, am aufrichtigsten abgegeben : und was dafür wieder ers M halten ? In Rücksicht dieses neuesten Rost. Erb - Verz trages sagt der Verf. hievon gar nichts besonderes ; und 8

116 es war doch mancherlei ; als z. B. daß die Stadt Rostock des Landesherrn Gesetzgebungsmacht anerkennt §. 42 ; daß sie ihm von ihren Verordnungen jährlich Notiz , aber bloße Notiz , giebt S. 54 ; daß sie die behauptete Dispenz fations - Befugniß wenn

in Ehefällen nachläßt §. 71 ;

des Raths verbrochen haben ,

daß,

der Landesherr

Richter seyn soll , sonst nicht , S. 93 ; daß ein Rostockscher Bürger , wenn der Landesherr oder sein Ministerium ihn selbst sprechen wollen , sich gestellen muß , jedoch gegen Erstattung aller deshalb habenden Kosten S. 110 ; daß die Sülzer Salzwagen täglich ihr Salz in Rostock feil bieten dürfen S. 140 ; daß die Herzoglichen würklichen Bédien ten in Rostock auch unter des Herzogs Gerichtsbarkeit stehen S. 149 ; daß der Regent die Landeshoheit über die Academie behålt §. 187 ; daß die Stadt von den Fordes rungen , welche die Academie an die Herzogliche Renterei hat , nichts für sich nehmen will H. 196 ;

und endlich,

daß der Landesherr die Freiheit haben soll , mehrere Accife Bedienten dort anzustellen §. 263. ― Mit Recht was ren die Rostocker daher vor Freuden über diesen , so außeror dentlichen Vertrag berauscht , und spendeten die lebhaf= testen Huldigungen , wie der Verf. S. 39. erzählt. gegründeten Ursachen

Die

dieses Frohlockens aber leuchten vielleicht aus der obigen Gegeneinanderſtellung des Gege= benen und Erhaltenen heller und deutlicher hervor , als aus den Angaben der Beiträge,

117 Berichtigungen des vierten Capitels.

Was hier gleich Anfangs von der Verfetzung der Acas demie nach Rostock verhandelt wird , ist im Ganzen rich tig , und dem großentheils einseitigen Bestreben des Lan desherrn für die neueingerichtete Universität wiederfährt hier blos Gerechtigkeit.

Nur die Stelle : und mehrere

berühmte bis Universität gehört Aepinus. (S. 380). Auch war es wol nicht, wie der Verf. versichert , blos der auswärtige Ruf dieser Academie , welcher den Landesherrn veranlaßte , berühmte Lehrer dahin zu ziehen ; fondern sein Haupt- und rühmlichster Zweck dabei war unstreitig der: Seinen innländischen Unterthanen , deren Bildung besonders beabsichtigt ward , die gründlichste und zweckmäßigste Unterweiſung zu verschaffen ,

Je wichtiger indeß

Widerspruch fand.

S. 42. 43.]

Diesen Ausfall, diese Diatribe gegen Rostocks Mitstånde, wegen ihres Neides über die verbesserten Verhältnisse dieser Stadt , wird der Verf. ganz allein zu verantworten haben , weil ihm die L Thatsachen , die bestimmenden Gründe hiezu am besten , ja vielleicht allein bekannt sind. Daß seine Aeußerungen übrigens die Gesinnungen der Mecklenburgschen Stånde gegen ihren Mitstand , ihren noch zum Theil besonders verbündeten Mitstand , eben nicht in das beste Licht stellen , muß jeder Leser gestehen. Sonst ist die Geschichte dieses Streits über den neuesten Erb

Vertrag mit Rostock ,

ihrem Haupt- Innhalte,

zum Theil auch den Worten nach, hier wieder aus Aepi

1

118

nus Briefen entlehnt ; A wie z. B. die Stellen :

Das

Recht der bis Gebiets der Stadt , und ; Es kam 1 ein Vergleich bis

ein Ende machte ,

nebst der

Note mit der Jahrszahl darunter S. 44. eben so in Aepi nus T. 3. S. 389. und 410. stehen.

Nur drückt dieser

Schriftsteller sich darüber mit wenig Worten und vorsich tiger aus.

Wie viel kürzer sagt er nicht : Die Ritter

schaft fuchte dagegen die Hülfe des Reichshofraths ! *) Im übrigen begehen die Beiträge hier einerlei Fehler mit Aepinus , nämlich diesen , daß sie bloß die Ritters schaft der Stadt Rostock in diesem Streite gegenüber ſtellen.

Gleichwol war es Ritter- und Landschaft

zusammen ,

die

wider Rostock

processirten ,

zusammen unterm 27ften Juny 1793.

und die

den Vergleich

über ihre Differenzen wegen des neuesten Erb- Vertrages mit Rostock schlossen. **) Durch die Nachsicht des Staats- Calenders wåre doch dieser Fehler auch leicht zu vermeiden geweſen. Und nun endlich, wozu dient hier der Uebergang :

So war durch diese Convention von

Seiten des Herzogs und der Stadt eine wichtige Sache ic. beendigt."

Gerade als wenn dazu erst die Beilegung.

des Streits zwischen den übrigen Stånden und Rostock nöthig gewesen wäre !

Oder , als ob die übrigen Lands

Stånde erft ihre Einwilligung dazu geben müßten , ob etwa der Landesherr über seine besonderen Rechte gegen diese seine Stadt pacisciren könne und indge, oder nicht ! Welche befonderen Begriffe läßt ein solcher Uebergang vermuthen !

Ein solcher Bezug von einer bloßen Privat=

*) Th. 3. S. 389: **) Staats- Cal. 1794, Th, 2, S. 210.

119 Verhandlung auf die feierlichen Compactaten des Landes herrn mit seiner Seestadt Rostock !

Bei dem nun folgenden Detail der inneren Staatsverwal tung des Herzogs Friederich Franz in dieſem Zeitraume, (S. 44.) finden sich wieder wörtliche Stellen aus Aepinus ; wie diese: Mit der Republik bis Dienste schickte ; *) und aus den Annalen des Staats : Calenders , wie die, wegen der Abschoß- Convention mit Osnabrück , ** ) eins geschaltet, welche alſo , zufammt ihren bestimmten Angaben in Zahlen und Münz - Sorten , eigentlich dem Verf. nicht angerechnet werden können.

Nur darinn hat er gefchlt,

daß man , seiner Erzählung nach ,

diese Abschoß- Conven=

tion für spåter geschlossen halten muß , als den Subfis A dien ፡ Traktat, da sie hingegen fast ein Jahr früher · existirte ;

wie der Staats

Calender bezeuget. ***) —

Ferner sagen über den Subſidien - Traktat die Annalen. dieses Calenders ,

in genaueren Staatsrechtlichen Auss

drücken ;

(nicht mit der Republik Holland,

Er sey ,

sondern) mit den General- Staaten der V. Niederlande geschlossen worden ; und fügen hinzu : auf drei Jahre ; er wähnen auch seiner nachherigen Verlängerung • auf folgende drei Jahre. ****)

So bemerkt ebenfalls der Geschichts

fchreiber Hane mit Recht bei dieser Stelle vom Subſidien Tractat : die Summe , deren Aepinus erwähnt , sey dafür jährlich

hieher

bezahlt worden,

und betrage fast

*) Th. 3. S. 308. " **) St. C. 1788. T. 2. S. 152. ***) St. Cal. 1788, a. a. D. ****) St. Cal. 1789. S. 151. 1795. S. 214

120 37,000 2

in Nztel. *)

Lauter zwar kleine , aber gewiß.

nicht ganz unerhebliche Erläuterungen diefer copirten Stelle ! und konnte der glückliche Einfluß dieses Traktats auf Mecklenburg nicht hier mit ein Paar Worten , nicht etwa 1 so geschildert werden :

Er hatte die Mittel angewiesen,

durch seine Ueberschüsse und Ersparnisse ,

außer andern

wolthätigen Verwendungen zum Besten des Landes , die Zahl der ursprünglichen Domainen mit einheimischen neuen So hat ihn doch Rudloff Erwerbungen zu vermehren. « in seiner Denkschrift im Jahr 1793 dargestellt ! S. Mos natsschrift v. u. f. Meckt. 1793. St. 9. S. 295.

Allein , daß der Verf.

der Beiträge die Darstellung

der allumfassenden Vorsorge unsers Regenten in dieser Zeit für die inneren Landes - Angelegenheiten hier kurz abbricht, und uns für den Rest auf die Schröderſche Gefeßzsammlung 1. verweiset, ist in der That unbillig. Denn der Leser soll ja aus seinem Werke ,

seiner Entwickelung der Regie

rungs - Talente des Herzogs ,

die Größe dieser Eigen

schaften desselben recht anschaulich kennen lernen , fie da im Zusammenhange, in Verbindung übersehen : nicht aber aus Båndereichen Constitutions - Werken herbeiholen, ordnen , vergleichen , und darnach sich selbst das Bild anz fertigen ,

was ihm die Beiträge so oft versprachen !

Doch , einige wenige Herzogliche Verfügungen erfahren wir noch auf der folgenden Seite (45. ) ; Nämlich die wes gen der Pferde- Diebe , der Einverleibung Schwerinscher Stifts

Güter ,

der Fleißbelohnungen

Boizenburgſcher

Domanial- Unterthanen , und der Aufführung der Schau

*)

. 592.

121

1 spiele in Schwerin .

(S. 45

47.)

Etwas bunt laufen

die Gegenstände freilich dabei durch einander ;

allein,

wenn sonst nur alles richtig und genau angeführt wåre ! 645 Gleich der Sah :

(Wider die überhand-

Vorschlag

brachte ; S. 45.] menget mehrere verschiedene Gegenſtånde zusammen , und erzählt nicht der eigentlichen Geschichte gemåß. Pferde

Nicht blos durch eine Verordnung wider die Diebe wollte der Landesherr das Eigenthum

der Landleute sichern :

denn dadurch wåre

ja denen,

welche gar keine Pferde halten , wie bei den meisten , ` so oft und arg bestohlnen Land - Predigern der Fall ist , nur fchlecht geholfen gewesen.

Nein ! Der Fürst machte schon damals eine eigene Landtags $ Proposition daraus , wie man auf doppelte Art Mecklenburgs Einwohner erleichtern, und 1) das fremde Diebe - Geſindel abwehren , 2) die denă noch einschleichenden Vagabonden , und die einheimischen Müßiggånger durch Arbeitshäuser 20. beffern könne. Woher nun der Verf. weiß , daß sogar der Landtagss Convent auf die vielen Einbrüche aufmerksam geworden sey, und dort Vorschläge zu ihrer Abstellung gemacht habe, ist nicht bekannt :

vorausgeseßt ,

daß er ,

als ein der

Landes - Verfassung kundiger Mecklenburger , unter den Conventén nur die, den Landtagen vorhergehenden besonderen Zusammenkünfte der Ritterschaft oder der Städte versteht. Auf dem Landtage selbst aber, welcher nie Convent heißen darf, brachten die Stånde so wenig Mittel zur Abstellung dieser Landplage in Vorschlag , wie doch die Beiträge zu verstehen geben, daß ſie vielmehr die ganze Herzogliche , dahin abzweckende Propofition , unter dem kahlen Bezug auf die , den Rv : stockern erst neulich ertheilte Vergünstigung in formali

122 1 Propositionum ,

von der Hand wiesen!

So steht es

deutlich in dem Auszuge der Landtags - Verhandlungen, " welchen die Annalen geben ; *) so findet sichs auch in Aepinus Briefen ; **) warum denn nicht auch hier , zum gerechten Preise des Regenten ?

[Er publicirte ferner eine eigne Cammer - Verordnung des Fürstenthums übergehen, S. 45, 46. ] Wer die hier vorges tragene Herzogliche Verfügung nicht sonst schon genau kennt, wird ihren Zusammenhang mit den früheren Ereig nissen hieraus doch wahrlich nicht deutlich einſehen lernen. Zwar ist die ganze Stelle der Beiträge : " Hier war es bis des Fürstenthums übergehen , “ mit allen den besondern Erläuterungen der bisherigen Unbequem lichkeiten

der vermischten Lage u. s. w. von

Wort zu Wort in der Monatsschrift v. u . f. Mecklenburg zu finden : ***) das übrige aber , das vorhergehende in dies fer Erzählung fordert sehr viele Berichtigungen.

Erstlich

war es keine Cammer - Verordnung , wodurch die Güter consolidiret wurden , konnte es auch , der Natur der Sache halber, nicht seyn.

Denn die vorgenommene Veränderung

mit den Gütern betraf insbesondere auch ihren bisherigen Gerichtsstand, ihre bisherige Ergreifung durch den Landes - Vergleich und dessen Inhalt ; mithin mußte eine so wesentliche Aenderung den Landes- Gerichten , dem Consistorio bekannt gemacht werden , und dieses ja durch die Herzogliche Regierung , nicht aber durch das Cam mer Collegium geschehen ; welches denn auch erfolgt, und

St. Cal. 1789. • S. 151. **) Th, 3. S. 392 393. ***) Jahrgang 1788. S. 506.

-

123

deutlich in den Intelligenz

Blättern desselben Jahres,

auch den Annalen des Staats- Calenders zu lesen ist. *) — Zweitens haben die , dem Herzogthum Schwerin jetzt eins zuverleibenden Domaniál : Güter nicht , wie der Verf. geradehin sagt , sonst im Stift gelegen ; keineswe 1 ges ! Er hat ja auch selbst , unten auf eben dieser Seite nachgeschrieben ; Sie wären in den Aemtern der Herzogs thamer , zerstreuet , belegen gewesen , unter andern in den Aemtern Grabow und # Hagenow, die doch vom Fürstenthum , vom Stift Schwerin etwas entfernt ſind ! Wußte er denn nicht , daß diese Domanial - Güter nicht ihrer Laage wegen ,

sondern blos deshalb zum Stift

gehörten , weil es vormals eine eigne Stifts - Ritterschaft gab, deren Güter im Fürstenthum lagen, die ein eigenes Siegel hatte , als eigenes Corps aufgehoben , und mit der Ritterschaft beider Herzogthümer vor 31 Jahren zuſammen geschmolzen ward ; und weil dagegen der Landesherr von ſeinen , ſeit 1748.

acquirirten und inçamerirten , sonst adelichen Gütern diejenigen , " welche der Verf. S. 45. ſeiz ner Beiträge unten benennt,

zum Stift rechnete ;

Nicht verlegte Er sie dahin , das konnte Er nicht ; Nur incorporirt wurden ſie dem Stift Schwerin um diefelbe Hufenzahl ,

welche mit ihren bisherigen Exemtionen

aus dieſem Fürstenthum zu den Herzogthümern und deren Verpflichtungen übergieng , wieder zu Seinem Fürstenthum und deſſen Freiheiten zu bringen. Das war im Jahr 1774, geschehen ; und , was der Verf. so unbestimmt frå here,

1 åhnliche Incorporationen Ritterschaftlicher Gů ter nennt , war keine ähnliche , ſondern gerade diese , im

*) Jutell. Blåtter 1788. St. 80, St. Cal, 1789, S. 155.

· 124 Jahr 1774. vorgenommene ; wodurch jedoch, wol zu mere ken , die ganze vormalige Stifts - Ritterschaft auch aufgehoben ward.

Dies errathe aber einmal jemand

aus den Worten der Beiträge S. 45 und 46 ! Und doch konnte der Verf. diesen ganzen Hergang der Sache wiffen, mithin klarer und genauer vortragen , wenn er nur die, vorhin + angeführte Monatsschrift noch an einer andern Stelle aufmerksam gelesen håtte, wo dies alles vom Geheiz men Archiv Rath Evers kurz und deutlich entwickelt ist. *)

Was nunmehr S. 46. bis 49. von der Erlaubniß ges sagt ist,

die unser Landesherr ertheilte ,

Schauspiele in

Mecklenburg aufführen zu dürfen , ist in so ferne ganz rich 1 tig , als es die milden Gesinnungen dieses Regenten, feine Neigung , zum Vergnügen seines Volks beizutragen, treffend schildert.

Allein in so ferne der Verfaffer hier

feine Theorie vom ungemeinen Nutzen der Schauspiele für den Volks - Charakter aufstellt ,

und besonders auf

die Bewohner Mecklenburgs anwendet , ist sehr viel dage gen zu erinnern.

Der Trieb , feine eigenen Betrachtungen

der Geſchichtserzählung einzuweben , hat ihn auch hier ges spornt.

Aber, wehe dem Geschichtschreiber , sagt Möser,

dem sich dergleichen Einmischungen nicht in die Hånde drån gen ; und bei dem sie nicht das Resultat wohlgenährter Kräfte sind ! ) Ja wohl wehe! Denn hier steht die ganze eingeflochtene Betrachtung über Kunst , über mimiſche Kunst , und deren Einfluß auf den Volks - Geist, A ganz alleine da , ist nicht aus der Erfahrung , aus den Ereig

*) Monatsschr. v. u. f. Meckl. 1789. May. St. III. S. 430, **) Möser Osnabrükische Geschichte T. I.

1,25 nissen in der Landes - Geschichte hergenommen , sondern ein bloßer Erguß aeſthetiſcher- und theoretischer Gefühle , ihren Grund überall anderswo ,

die

als in der Erforschung

des Charakters der guten Mecklenburger haben mögen ! Man kann von einer lebhaften Vorstellung des Einflusses der Künste bei den Griechen , und bei andern Völkern milz der Himmelsstriche , begeistert werden ; man kann durch. wiederholtes Betrachten der Griechheit , zumal bei einer so weiten nördlichen Entfernung , in Verzückung gerathen; alles recht gut ! Allein von solchen erhöheten Begriffen, mit einer so erhitzten Einbildungs- Kraft auszugehen , um Grundsätze der Regierungskunst einer deutschen Nation darnach festzusetzen , ja ſogar eine lange , ſonſt gepriesene Regierung unsers Vaterlandes darnach zu mustern, zu tadeln , zu verwerfen , das ist etwas kühn !

Schon im Allgemeinen hat es keinen Grund , daß die Kunst, wie es hier heißt , oder , deutlicher geredet, die Künste, besonders auch 誓 die Schauspielkunst , ein Volk fittlich so gebeffert håtten , als der Verf. zu verſte= 1 hen geben will. Die Griechen , die Athener , (denn von diesen anzufangen , erfordert ja der Ton) hatten die feinste Bildung , das geübteste Ohr zur Beurtheilung des Wohl Flanges öffentlicher Reden , die größte Schauspiel - Kennt niß, als sie ihren Socrates zum Tode verurtheilen ließen, nachdem ihr Aristophanes ihn auf der Bühne lächerlich ge= macht hatte ; als ihr berühmtester Staatsmann , Pericles, fich nur durch Kunstgriffe, nicht durch das Andenken seiner großen Eigenschaften ,

bei ihnen

in Ansehen

erhalten

während Alcibiades durch seinen Hund auf sie wirkte , fie lenkte ! - Und die Römer ! Welch ein Volk

konnte ,

war es geworden ,

damals als nicht mehr Redner und

1.

126 Feldherrn, sondern Künstler , und Katser in Schauspieler Tracht, ihren Haupt- Einfluß auf dasselbe hatten ; als die despotische Politik ihm immer, Circenses gab , sonst aber freilich oft nichts als panen dabei ! Wo war bei diesen Völkern damals die Freiheit der Meinungen und Handlungen,

die vom Verf.

als Wirkung der

Kunstkenntniß so gepriesen wird ? Wo blieb ſiè , diese " Freiheit, bei unsern gebildeten Nachbarn jenseit des Rheins , damals , als des Abends alle Schauspielhäuſer der Hauptstadt voll waren , nachdem des Morgens der hungernde Bürger à la queue vor den Båckerladen auf seine gefeßliche Portion von zwei bis vier Unzen Brodt hatte warten müssen ?

Welch ein sittliches Gepråge

des Characters hatten alle diese kunstgebildeten Völker wohl zu der Zeit ? Darf man dies Gepråge wol je unfern guten Landsleuten wünschen? 1

Auch die Behauptung iſt unrichtig , daß bei den Alten die Kunst ungehindert sich in die dffenlichen Verhälts nisse habe mischen dürfen.

Die Künste waren bei ihnen

gar nicht ohne Zwang ; sie waren bürgerlichen Gefeßen un terworfen ;

und

mit Recht , sagt Lessing :

" Denn ihr

» Endzweck ist Vergnügen ; das Vergnügen aber ist ent · Also darf es allerdings von dem Gesetzgeber

, behrlich.

,, abhangen , welche Art von Vergnügen , und in welchem » Maaße er jede Art derselben gestatten will. « *)

Aber noch mehr!

Die Anwendung , welche von der

Kunst Ausbildung ålterer Nationen , der Völker Griechen landes u. s. w. auf Deutsche , Norddeutsche Individuen

*) Lessing Lavkoon. T. t.

127 'gemacht wird , ist ganz fehlsam und unpassend.

», Weder

,, die Gebehrden- nochSchauspielkunst , sagt Herder, we , der der Tanz , noch die Poeſie und Muſik , ſind bei uns ,, die Dinge , die sie bei den Griechen waren.

Bei ihnen

" •waren sie nur Ein Werk , Eine Blüthe des menschlichen ,, Geistes , ihrem gefälligen leichten Volks - Character , ih= » ,rem glücklichen Himmelsstrich eigen.

Thörigt wåre es

,, aber , sich in dies Zeitalter jugendlichen Leichtſinneś zus » rück ſetzen zu wollen , da es einmal vorüber ist ; und, ,, wie ein lahmer Greis , mit Jünglingen zu hüpfen. « *) Auch unsere gereinigte , erhabene Christliche Religion ſtehet großentheils in gar keiner Verbindung , ja in Widerspruch mit dem Kunstgefühle der Alten , in Bezug auf ihre Relie 99 Durchreiset Griechenland , sagt ders

gions - Gebräuche.

» selbe scharfsinnige Denker , und betrachtet seine Tempel, » Grotten und heiligen Haine ; so werdet ihr von dem Ge » danken ablassen , einem Volke die Hdhe der Griechischen » Kunst auch nur wünschen zu wollen , das von einer sole " chen Religion , d. i. von einem so lebhaften Aberglauben, " der jede Stadt, jeden Winkel und Flecken mit zugeerb " ter , heiliger Gegenwart erfüllt hatte ,

ganz und gar

„ nichts weiß. • **)

Und wäre denn überhaupt jene höchſte Cultur , jene akl gemeinere Bildung der Kunst ( S. 48. ) wohl ſo win schenswerth für eine Nation , als es der Verf. zu erkennen giebt? Nach den Resultaten genauer Beobachtung, von den=

*) Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. B. 13 . Abschn . 3.

**) Herders Ideen sc. ebendas.

128 kenden Geschichtforschern und praktischen Weltweisen gezo gen , keinesweges ! 99 Die Cultur eines Bolks ist die Blüthe ,, seines Daseyns , mit welcher es sich zwar angenehm , aber 7 "hinfällig offenbaret. Die Gesundheit und Dauer " ,, eines Staats beruhet 'nicht auf dem Punkt ſeiner höchſten » Cultur , ſondern auf einem weiſen und glücklichen Gleich " gewichte seiner lebendig wirkenden Kräfte. -- Das Mene " ſchen = Geschlecht ist zwar bestimmt , mancherlei Stufen . ,,der Cultur in mancherlei Veränderungen zu durchgehen : » auf Vernunft und Billigkeit aber ist der daurende Zuſtand ,,seiner Wohlfahrt wesentlich und allein gegründet.

*)

So erklärt sich auch Müller, der Schweizerische Geschichts schreiber.

» Das wahre Vergnügen , sagt er , ist weder

,, kostbar , noch ferne von uns ; und niemand ist geschickter "zur Freiheit , als wer , was er bedarf, in ſich und in der Freundschaft findet. ― Arbeit giebt Kraftges ,, fühl; und in diesem besteht unser größtes Vergnů ", gen. “ **) — Diese Kenner der Geschichte und der Nas tionen halten also nicht höchste Cultur für das höchste Gut; finden nicht , wie der Verf. , daß die Freiheit der Meinungen und Handlungen , daß freiere und gemeinnüßis gere Ausbildung bei den Völkern durch die ungehinderte Einmischung der Künste , besonders der mimischen ,

erz

reicht werde ; sie finden das höchste Vergnügen , und diese Freiheit in der Arbeit, in der Freundschaft !

Allemal aber ist es ungerecht , der Regierung des lette verstorbenen Herzogs ,

wie hier S. 48. ġeschieht,

*) Herder Ideen z . B. 13. Abscht . 7. B. 15. Abschn. 3. **) Geschichte Schweizer. Eidbenossenschaft. T. 4. T. 9

den

aus

129

Vorwurf absichtlicher Verhinderung der Aufklä rung

unsrer Mitbürger in gewisser Rücksicht zu machen."

1 Außerdem war es ja zu des Verfassers Zweck gar nicht ein mal nöthig !

Ungerecht ist der Vorwurf schon an sich.

Denn , bei

dem noch immer schwankenden Begriffe der Aufklärung eines Volks im Ganzen,

werden die Beiträge

doch wohl unmöglich die Waagschale zur Bestimmung diee ſes Begriffs aushängen wollen ? Das größe historische Gez nie , das einen so umfaffenden politischen Blick mit einem so tiefen psychologiſchen verbindet , der Schweizer Müller, erklärt ihn so : _,, Nicht Unglauben , Gebrauch des Glauz ,, bens ; nicht was aus der Fremde neu kömmt , sondern, , was den Menschen lehrt , wer er seyn soll , aus neuen » Bewegungs - Gründen , fester als zuvor ; das ist Auf » klårung. « *) Und nach des erleuchtetßten Religions - Leh rers

unsers Zeitalters ,

nach Tellers Forschungen ,

ist

» Aufklärung des Menschen eigentlich und genau : Bil dung des Verstandes , um Herzen , Willen , und das " ganze Verhalten darnach zu regeln ,

damit jeder dem

Zweck seines Daseyns gemäß sich verhalte.

Da nun die

,, Bestimmung des Menschen ist , in Verbindung und Ges sellschaft mit andern feines Gleichen zu leben , einer dem 2 andern nüßlich zu werden ; so muß jeder richtige Ber griffe von seiner besonderen Bestimmung auf ,, dem Plate , auf welchem er steht, haben, um ihr nicht ,, lästig , oder schädlicher als nützlich zu werden. ,, Wissen, was darüber hinausgeht ,

*) Gesch. Schweiz. Eidgenossensch. T. 1 9

Alles

gehört für

130

1

„keinen der untern Stånde. « *) -

Wer kann

nun hiernach mit Grunde sagen , Herzog Friederich habe die wahre Aufklärung und Bestimmung Seines Volks nicht ganz zum Augenmerk gehabt ? Wer kann , wenn er das kennt , worüber er schreibt , mit Recht behaupten, Herzog Friederich habe nicht zur Bildung Seiner Unter thanen im Stillen mehr beigetragen , als die aufgek lårs ten Regenten des südlichen Deutschlandes damals für die ihrigen gethan ? Dieser Fürst , der schon im J. 1769. die Tortur bis auf wenige außerordentliche Fälle abſchafte, wogegen 10 Jahre spåter Pfalz - Baierns Churfürst noch verordnete , daß, in allen Gerichten die erforderlichen und. etwa noch abgångigen Torturs - Instrumente herbeige schaft , und bei Miffethåtern , beim Wiederruf ihres bis herigen Bekenntniffes , die Tortur auch allenfalls bis zu Ende fortgesetzt werden follte ! ** ) Er , der 16 Jahre früher ( 1764. ) ein verbeſſertes Gesangbuch einführen ließ , als das åchtpietiſtiſche Porſtenſche noch in einer hoch aufgeklärten reformirten Hauptstadt verfochten ward , und unabgeschafft blieb ! Er , der schon im J. 1773. den Geist lichen befahl,

die Landſchulmeister zum leichteren gründli

chen Unterricht der Kinder anzuführen , als noch im J. 1780. der Bischof von Freysingen seinen Unterthanen erlaubte, ohne Gewissens = Aengstlichkeit , Mittags und Abends Fleischspeisen zu essen , wenn sie nur zu Gott um Ausrottung aller Keßereien beteten ! *** ) Er , der um eben die Zeit, als in Sachſen - Meinungen ein Schulmeiſter

*) Dr. Abrah. Teller Beitrag zur Hahnzogschen Abhandlung über die Aufklärung der Bauern 1804. **) Schlözers Briefwechsel Heft 34. . 213.

***) Ebend. H. 36. S. 323.

131

Seminarium durch Particuliers ,

durch die Freimaurer:

Loge angelegt ward , Selbst eines für seine Lande errichten wollte, und nur die Stände nicht zum Beitritt, dazu bez 1 wegen konnte ; *) Der schon lange die Einimpfung der Blats tern in seinen Domainen , jedoch ohne allen Zwang der ·1 Bauren dazu , verordnet hatte , als Churfürst Maximilian noch mit Mutter - Gottes - Bildlein davon geheilet werden follte ! **) Der schon im J. 1774. die überflüssigen Fests tage abschaffte , wie das Volk auf dem Eichsfelde noch in Menge vor heiligen Stöcken kniete ; ***) wie dagegen 12 Jahre später die Wallfahrten und Ablåße in Baiern zunahmen , und die Besizer don Gnadenbildern zum Be fuch derselben öffentlich einluden ; ****) Der , feiner Vors liebe für Bützow ungeachtet , alle seine Unterthanen ohne Hinderung Preußische Schulen besuchen , in Göttingen, Jena, und Halle studiren ließ , während der Bischofvon Speyer, und die Facultäten in Heidelberg und Strass " burg , die Lehrsåße des Göttingſchen Profeffors Feder als schändlich verdammten ; während in Prag den Buchhånde lern die schårfsten Verbote wegen Lesung und Einführung auswärtiger Bücher geschahen ; †) Der endlich schon im J. 1771. die Kirchhöfe außerhalb der Städte zu verlegen befahl , als noch 1780. bei Baierns schönstem Schloffe ein Bruch, zwei Meilen lang , "öde und unbebauet lag , weil

*) Schlözers Briefwechsel. H. 45. S. 137. **) Ebend. T. 3. H. 15. S. 190. ***) Ebend. H. 18. S. 363. ****) Nicolai Reiſebeſchr. Zufäße B. 7. S. 27. †) Schldzer Ebend. H. 46. S. 137. H. 34. S. 265,

"

132 man Pfälzer Coloniſten ſeine Urbarmachung nicht zugeste= hen konnte , da , nach der Landes Verfassung , alles åcht -catholisch dort bleiben müſſe ! *) Alle dieſe , und noch so viele andere Verfügungen wåren Merkmale einer bornirs ten Eigenheit (scharfbegrenzte Individualiz tåt nennt sie der Verf. S. 48. ) des Charakters Herzogs Friederich , wären Sucht gewesen , einseitig auf das Volk zu wirken , wåren Folge ungeläuterter Begriffe , wåren Trieb gewesen ,

den großen Haufen absichtlich in seiner

ursprünglichen Beschränktheit , im Dunkel der Vorurtheile zu erhalten ? (S. 48.)

Ungerecht ist also der Vorwurf des Verf. in jeder Rückſicht ; und um so mehr , da er deſſen zur Erreichung seines Zwecks , zur richtigen Würdigung des jetzigen Res gierungs- Syſtems ,

gar nicht bedurfte.

Denn , so wie

man dem gnådigen Bestreben unsers dermaligen Landes herrn durch den Umlauf mehrerer Ideen ,

auch in Bezug

auf die mimische Kunst , wolthåtig für ſein Volk zu wirken, alle Gerechtigkeit wiederfahren lassen muß , und kann ; eben so kann und muß die , hiervon abweichende Verfah rungs- Art Seines erhabenen Onkels , auch neben Seinen Handlungen immer noch gerecht und weiſe erſcheinen.

Der

Herzog Friederich fand es seinen Unterthanen und ihrer Laage, bei ihren größeren , nåheren , unbefriedigten Bes dürfnissen , noch gar nicht zuträglich , sie mit den feineren Ausflüßen des Lurus und der Vergnügungen ausdrücklich bekannt zu machen. Und vielleicht würde Er eher zu billigem Ladel Veranlassung gegeben haben,

*) Nicolai Reisen B. 7. S. 27.

wenn Er

135 sein , durch Krieg und mancherlei sonstiges Elend nieder gedrücktes , fast muthloses Volk , nicht erst zur Arbeitſam V keit, zu Einschränkungen , und zum Genuß des sichern Gewinnes aus diesen beiden Quellen , håtte gewöhnen,

`sondern es gleich den Künsten , dem Geistes- Lurus håtte zuführen wollen ! Allein , so dachte , so handelte Er nicht ! Er gründete zuvdrderſt die innere Wohlfahrt seines Landes und Volkes , um heides , so ausgerüstet , seinem Nachfol ger auf dem Thron zur weiteren höheren Veredlung zuzus führen.

Betrachtet man aus diesem natürlichen Gesichts

punkte die Regierungen dieſer beiden Fürsten ; dann geht für sie, aus kaltblütiger , unparteiischer und gründ licher Beobachtung ein gleich vortheilhaftes Gemälde her vor , wo die verschiedenen Partien ſich wechselseitig , durch ihre ungezwungene Stellung · heben, und wo der Mahler nicht des schwarzen Schattens der absichtlichen Strenge und Orthodoxie bedarf, um dadurch dem einen Theile den Farben Glanz zu rauben , leihen will.

welchen er dem andern ver

In der Schlußstelle dieses Capitels , (Auch ist es erstaus nend Wechsel der Stunden heraufführt. S. 49. 50.] ist nur das zu tadeln , und mit Recht zu tadeln , daß der Verf. den verdienstvollen Männern , welche jetzt in Mecklen burg am Rüder des Staats ſizen , und ihren Talenten nicht anders die gebührende Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen versteht, als durch eine indirekte Verkleinerung der Eigenschaften und Handlungen ihrer nächsten Vorgånger. Seit etwa 10 Jahren erst hat , seiner Behauptung nach, unſer Vaterland erstaunende Fortschritte in der ſittlichen Aufklärung , in der Ausbildung und Veredlung ,

in der -

Freiheit der Meinungen und Handlungen gemacht.

134 ។ -

Warum also nicht früher ?

Nicht lange ist's her,

fagt er, daß sich das , über alle Claffen verbreitete Dunkel der Vorurtheile , zerstreuet hat.

Und wodurch ?

Durch

die jezigen Staatsmänner ; die lassen sich die Wohl= fahrt des Ganzen angelegen seyn . Also die vorheri= gen Staatsmånner thaten dies wol gar nicht ? Oder doch gewiß nur einseitig , nur in geringer , in besonderer Rück ficht? ― Wenn dies nun wahr wäre , wie unvorsichtig dann ,

es so auszudrücken !

Denn die Staatsmånner,

welche vor nicht langer Zeit , welche damals am Ruder waren , als alles in Mecklenburg durch Vorurtheile vers finstert war und blieb , ( denn das Dunkel ruhete auf uns , sagt er ,) diese damaligen Staatsmånner waren ja, wie dem Verf. gleich einfallen mußte ,

zum Theil die , Måter der jetzigen , zum Theil ihre sonstigen Collegen,

ein Graf von Bassewitz , ein Geheimerath Schmidt , oder waren Männer, wie der Baron Ditmar , dessen genauen Umgang felbst der jetzt regierende Landesherr , bis zu deſſen Lode, sehr werth hielt ; was Er doch sicher nicht gethan haben würde ,

wenn dieser Staatsmann etwa wenig

aufgeklärt ,

oder unverdient um sein Vaterland

gewesen wåre ! - Doch ,

nicht unvorsichtig allein , auch

unerwiesen bleibt dieser versteckte Tadel der vorigen Minis fter und Regierungs

Råthe durchaus.

Diese Männer

waren ja nicht bloß die beständigen Rathgeber des verstor= benen Herzogs , deſſen ſo umsichtige , durchdachte , anpass fende und erleuchtete Führung Seines Volks , während Seiner ganzen Regierungs- Zeit , kurz vorhin etwas näher betrachtet worden ist ; sondern sie waren auch bekanntlich zum Theil wahre Gelehrte , aufgeklärte Gelehrte, deren ausgebreitete Kenntnisse

der allgemeinen Staats- und

Privat : Rechte, so wie der Landes - Verfaſſung und Ge

FR B

135

schichte , ein Mecklenburgscher Historiograph schon aus ihren vielen Druckschriften gehörig zu schäßen wissen müßte ; da ſogar Manzel , der sonst in Lobreden auf Her zogliche Bedienten nicht freigebig war , derselbe Schrifts steller , den der Verf. dreimal in diesem Werke allegirt , in demselben Buche , welches die Beiträge von ihm allegi ren , dem Baron Ditmar in ſeiner Vorrede das Zeugniß geben muß : „ Er war ein Geschäftsmann , der durch feine, in ganz Deutschland geschäßten Deductionen Mecks lenburg mit sich selbst bekannter gemacht ; und durch seine Bemühungen vieles beitrug, mittelst des Landes - Vergleichs T im Vaterlande die wohlthätige Ruhe wieder herzustel len. ) --- und mußte endlich der Verf. nicht vermuthen, daß die jetzigen Staatmånner Mecklenburgs ,

da sie die

großen Verdienste ihrer Vorgånger schäßen , ihm für diese heimliche Zurücksetzung ihrer Gesinnungen , würden ?

derselben ,

bei

der

Redlichkeit

vielleicht sehr wenig Dank wissen

*) Manzel Neue Meckl. Staats - Canzlei ; Vorrede zum ersten Theil p. X.

136 Berichtigungen des fünften Capitels .

In diesem 1 Capitel hat der Verf. gleich Anfangs ,

der

Zeitfolge zu Liebe , von einigen beſonderen Vergleichen der Mecklenburgschen Stånde unter sich geredet , und größten theils nach den darüber gedruckten Urkunden ; im Grunde aber zu weitläuftig für ein Buch , dessen Ziel, Vorrede ausdrücklich sagt,

wie die

die Schilderung der Herz

zoglichen , der Landesherrlichen Verfügungen , Bestrez bungen seyn soll ; worauf jedoch die hier, von Seite 51. bis 55. ausführlich erzählten Vertrags - Handlungen nur sehr mittelbar Bezug haben.

Sonst konnte der Vortrag

des Streites zwischen den Vorderſtådten und dem übrigen Corps der Städte,

so wie

das ganze Raisonnement

darüber, dem Verf. nicht schwer werden ; denn es iſt S. 52, und 53. von den Worten : Es ist hier bis gebuns den seyn und bleiben , alles fast buchstäblich ,

mit

jeder besonderen Benennung der Personen , aus des alles girten Manzels Staats- Canzlei abgeschrieben. *) _Nur wenige eigene Zusäße und Veränderungen hat der Verf. dabei nöthig erachtet , die daher hier kurz berührt werden . müssen. Er erzählt nämlich : der Streit wäre mit vieler Lebhaftigkeit fortgesetzt worden ,

er håtte hartnäckig zu werden gedroht , und die Städte håtten der Ritterschaft, als dem mächtigern Mittelsmann , kein noch größeres Uebergewicht über sich einräumen wollen. Die beiden ersten Neuigkeiten stehen nicht im Eingange des Vergleichs ;

*) Neue Staats- Canzlei. S. 265, 266, 275 ,

137 und die dritte eben so wenig , sie ist auch kaum glaublich ; da , nach der Natur jeder Vermittelung , und nach unsrer Landes H Verfassung , das Corps der Städte weder an die Aussprüche des , N so mächtig gewähnten Mittelsmanns gebunden war , noch dieser Mittelsmann , Gottlob! fo viel Macht hatte , die Städte zur etwa verweigerten Ans nahme seiner Vermittelung zwingen zu können. welches noch größere Uebergewicht

Mithin,

der Ritterschaft

hätten die Städte hier , bei dieser Vermittelung, zu fürchten gehabt ?

Wichtiger ist aber die Versiche

rung des Verf. , daß der neue Vergleich den Vorderstädten im Wesentlichen eine Art von Direktorium zugetheilt habe; und daß dafür der §. 7. dieses Vergleichs von ihm angeführt wird. Bedauerlich steht jedoch dieses gar nicht darinn, ſondern vielmehr ausdrücklich) : Es verbleibet den Vorderstådten , nach als vor das Direktorium der gemeinsamen Angelegenheiten der Stådte ; und man kann also doch wahrlich nicht mit Grunde sagen : ihnen

erst

durch

diesen

Vergleich

Es werde

zugetheilt!

Hingegen mögte, wenn man den erwähnten Vergleich ganz genau und bedachtsam durchliefet, viel eher der Gedanke laut werden : Daß den Vorderstådten ihr gehab tes , behauptetes Direktorium in vielen einzelnen Punkten durch denselben , beſonders dürch die Paragraphen 1. 2. 3. 6. 9.

II. genommen

und

beschränkt worden sey.

Aber freilich , gelesen und geprüft muß man ihn haben, diesen Vergleich.

In der nun folgenden Erzählung des Streites über ww die Stimmfähigkeit der Aulicorum auf Landtagen ( S. 53 . 54. ) finden sich , ob sie gleich aus Manzels citirtem Buche ebenfalls genommen worden , dennoch einige Unrichtigs

138 feiten.

So fagt der Verf.: Die Aulici follten , kraft

dieses Vergleichs ,

aus

ihrer

Mitte Einzelne

zu den erledigten Stellen präsentiren dürfen ; auch sollten sie an den Landes- Deputationen Theil nehmen.

Das

ist aber ganz falsch ; dèr §. 1. des Vergleichs , woraus . dies geschöpft worden , sagt im Gegentheil : Sie haben zwar das Wahlrecht hiezu , wie jeder andere Ritter ; 1 allein ſie begeben es ſich , daß die Wahl zu einer solchen Stelle sie selbst nicht treffen könne ,

so lange ſie in

Diensten , also Aulici ſind , und versichern , so lange gar keine Ansprüche auf solche Stellen zu machen. Also aus ihrer Mitte kann nicht einer Kloster Stellen 2c. erhalten , nicht einer an Landes - Deputationen Theil nehmen ! - Dann verändert der Verf. die Worte des Vergleichs ,

wo derselbe sagt :

Den Behauptungen

des Landesherrn würde von den Stånden ein Widerspruch entgegen gesezt,

in die : den Anforderungen des

Landesherrn ; welches doch

gar nicht gleichbedeutende Worte sind , und wovon das lettere dem Landesherrn eben keinen edleren Charakter unterlegt. Endlich hat 1

der Verf. unterlaſſen , anzuführen , was in den Annalen des Staats- Calenders steht , und in dem Manzelschen Werke ganz mit abgedruckt ist , daß nåmlich der Landes herr diesen Privata Vergleich unterm 2ten Novemb. 1789 beståttigt hat. * ) Rücksicht der ,

Dennoch håtte diese Thatsache , in

dadurch

dieser Vereinbarung ertheilten

Landesherrlichen Sanction , und weil der Herzog dabei erklårete , er wolle nur citra consequentiam , und mit

*) Staats- Calender 1790, T. Canzlei T. 1. S, 296.

2. S. 146.

Neue Staatss

139 Salvirung Seiner Rechte , jeden Vasallen zum Lande tage einberufen , u. f. w. zu können , diese Bestättigung ertheilen , eben so gut hier Erwähnung verdient , als vors hin

die Bestättigung

der

Raths - Wittwen - Caffe

in

Parchim!

Von Seite 54. bis 58. verbreiten die Beiträge fich über die Differenzen wegen des vorgeblichen Indigenat= Rechts der Mecklenburgschen Ritterschaft , genug , wenn nur auch immer so richtig !

ausführlich

Gleich zu Ana

fange, S. 54. nennen sie diesen angemaaßten Vorzug ein 1 Indigenat der Mecklenburgschen Landst ånde ; welches offenbar zu viel geſagt und falsch iſt ; denn nur Ein Corps der Mecklenburgschen Landstände , die Ritterschaft, bez hauptete es ,

und zwar nur für sich ,

insbesondere får

feine Altadlichen Mitglieder , also selbst nicht einmal für diesen Theil der Landſtände im Ganzen , sondern für einen auserwählten Trupp dieses Theils. Ferner ist es gar nicht genau und bestimmt ausgedrückt , daß , wie der Vf.. S. 55. vermeinet ,

der Landesherr in Mecklenburg ein

Indigenat ertheile. Die leßte Herzogliche Verordnung in dieser Sache , die vom 18ten November 1793. fagt I ganz ausdrücklich : " Es besteht in Unsern Landen überall ,, kein Indigenat ; - die Sache ist ein Unding. *) Und nach den bisherigen ,

als vollgültig angenommenen Be:

griffen vom Indigenat , wie ſie auch in der gehaltreichen Schrift : An die Nichtadlichen Mitglieder der Ritterschaft, **) angedeutet ſind , iſt dieſe Erklärung

*) Monatsschrift v. u. f. M. 1793. S. 307. ** ) 1795. S. 4.

1

140 für Mecklenburgs Verfassung ganz die richtige ; und die Zulassung zum Lehns - Eide u . f. w. giebt also kein Indi genat in unserm Vaterlande , weil keins da ist. Weiter schreibt der Verf. in dieser Verhandlung beständig sehr unschicklich und ſtaatsrechtswidrig: die Einmischung des Hofes sen hier erfolgt ; oder , der Hof habe auf die Pråtensionen geantwortet. Dagegen wåren die Aus drücke : das Landesherrliche Einsehen , der Landesfürst, der Regent, hier viel richtiger , unzweideutiger und ans ständiger gebraucht worden ; so wie überhaupt ein Mecklens burgscher Geschichtschreiber sich ,

in solchen Staatsrecht

lichen Beziehungen , der Benennung des Hofes , des Landesherrn,

statt

oder der Regierung durchaus

enthalten müßte , um den ganz ungerechten Nebenbegriff des hösischen, des parteiischen , zu vermeiden. -

Der

hierauf S. 55. gelieferte kurze Innhalt des Herzoglichen Rescripts vom 7ten Mårz 1789. in dieſer Indigenatsa Sache ist auch nicht der wahre Innhalt ;

und doch kam

es, da der Verf. selbst sagt , es wäre in dieser Materie fein und scharf distinguirt worden , auf die eigent lichen Ausdrücke der Rescripte wirklich wol etwas an ! Dies eben erwähnte nun befiehlt der Ritterschaft : Ihr habt die unter euch gemachten Regeln des Indigenat= Rechts , womit ihr umgehet, vollſtändig vorzulegen , und zugleich anzuzeigen , Indigenat - Rechts

worauf ihr eure Behauptung eines

in Unsern Landen ,

maaßung dieserhalb gründet. *)

und eure Uns P Das Rescript glaubt

also nicht, wie der Verf. ihm unterschiebt , daß die Präs " tendenten ihre Behauptung recht måßig begründen

*) Monatsschrift 1789. S. 328.

141 würden. -

Mit Unrecht behauptet der Verf. auch

die

Streitschriften håtten eben keine neuen Resultate zum Vorschein gebracht.

Flotow's Schrift war zwar,

den Bedürfnissen gemäß , künstlich und versteckt genug angelegt ; gab aber doch die Ausschließung aller Nichts recipirten von allen Landes- Stellen deutlich zu verstes hen; und der neuen Folgerungen , Ausdehnungen kamen nachher immer mehr zum Vorschein. Die in den Beis trägen S. 56. gelieferte Inhalts = Anzeige der letzten Landesherrlichen Verordnung vom 18ten November 1793. ist ganz misrathen.

Sie ist , die Fehler in der Schreibart

ungerechnet, nicht klar, nicht deutlich , nicht ausführlich genug , troz der vielen Worte; und es wåre für den Leser viel vortheilhafter gewesen , nur den * körnigten Auszug, welchen Rudloff davon in den Annalen gegeben hat , abzuz schreiben ; wie dies auch Hane am zweckmäßigsten fand . * ) Nebenher bedient sich der Verf. darinn des ganz eigenen Ausdrucks : das Corps der Landstandschaft ; eines Ausdrucks , womit sich kein Sinn verbinden läßt. 1 Was Corps der Landſtånde sey , wissen wir :

daß jedes

Mitglied dieser beiden Corps , daß jeder Mecklenburgsche Gutsbesitzer die Landstandschaft habe , das wiſſen wir auch

allein ein Corps der Landstandschaft,

also ein subjectiver Begriff , Grunde liegen soll , hinein !

das

will

wo ein Object zum nicht in den Verstand

Das ungenügendste und oberflächigste aber in dieser Erzählung vom Indigenat ist unstreitig der Schlußfak S. 57 und 58.

Die Thatsachen sind darinn gar nicht,

*) Staats : Cal. 1794. Ch. 2. S. 212. Hane Ueberf. S. 608.

Al

142 oder unrichtig, angeführt ; der Vortrag ist matt und schlep pend, das Ende fast poßierlich. Wer könnte aus dieser Erzählung wohl z. B. lernen , daß , ungeachtet des leßten Herzoglichen Verbots ,

die Ritterschaft ,

nächstfolgenden Landtage 1794. ,

gleich auf dem

dennoch die Ausübung

ihres behaupteten Indigenat - Rechts fortsette , daß sie da, öffentlich , zwei neue Mitglieder , den Baron von Langer mann , und den von Müller , recipirte, den von Kahlden als Eingebohren anerkennen wollte ;

und nun sogar be=

hauptete , ja es thåtlich durchsetzte , es sey nicht blos die åltere Eingesessenheit ,

sondern überhaupt der Adel zu

dieſen ihren Vorrechten nothwendig ,

und es wåren daher

alle Bürgerliche , so lange sie übrigens auch Eingesessene seyn mögten , davon ausgeſchloſſen ; so wie auch nicht blos. das Recht, zu Landes

Aemtern gewählt zu werden,

ſondern selbst das Stimm - Recht zur Besetzung solcher Landesstellen allein gehdre ?

den sogenannten

Eingebohrnen

Adlichen

Wer könnte wol aus den Beiträgen

lernen , daß , sehr merkwürdiger Weise, so wie das letzte Herzogl. Rescript öffentlich war abgedruckt worden , gleich im folgenden Jahre auch das ganze Landtags - Pro = tocoll gedruckt erschien , ein vorhin nie gesehenes Er eigniß ; und daß sich in diesem , durch den Druck verbrei teten , Landtags- Protocolle die ganze Geschichte von den gemachten Receptionen , von der Zurückweiſung des Eigen thümers Goldschmid u. s. w. nicht nur weitläuftig befand,. sondern auch noch hinten in einem genauen Sach- Register, unter der Rubrik : Indigenat , mit allen , vorher erzähl= ten Thatsachen wieder aufgeführt war ? Daß darauf alle Jahre, wenn die Landtags - Verhandlungen gedruckt, ob: gleich nur im Auszuge gedruckt , erschienen , jedesmal das Einzelne dieser Receptionen ,

}

Abweisungen ,

Auße

143

-

schließungen, des breiteren darinn enthalten war ; daß dieses noch in den Jahren 1795. 1798. 1799. 1801. und 1803. geschehen ist ?

Daß 1 laut dieser Druckschriften seither.

fehr viele Mecklenburgsche . Landbegüterte ,

als der Drost

von Fabrice,

der Cammers

die Gebrüdere von Laffert ,

junker von Berg , die von Treuenfels auf Benz und Neus hoff, der Rittmeister von Kolhàns, der Graf von Schwerin, die Gebrüdere Barone von Hammerstein , der Etatsrath von Klinggråff,

der Oberstallmeister von Plåskow , die

Gebrüdere Barone le Fort, der Cammer - Präsident von Schewe, und andere mehr ,

auf den Landtagen , theils

als Altansäßige , mihin Indigenae , anerkannt , theils un entgeldlich, theils für 1500 we recipirt , theils abgewiesen worden sind ? Daß, ebenfalls , Inhalts dieser gedruckten Landtags Protocolle , die Societåt der Eingebohrnen eine Ausgleichung des Indigenats , wie sie es nennt, versucht , *) und darauf förmlich und öffentlich eine Reso lution deshalb genommen ,

und mehrere Punkte ,

als

von der Receptionsfähigkeit , den Receptions - Geldern 2c. festgesetzt hat ? Daß endlich die Nichtadlichen von der Ritz terschaft in den Jahren 1798. und 1799. wiederholt von

*) Der von Flotow berichtet ( Der Landtag 1798. S. 19. und 26. ) wegen des , ihm und dem L. N. v . Meerheimb vom eingebohrnen Adel gemachten Auftrages zur Ausgleichung des Indigenats : Serenissimus habe sie sehr gnädig aufs genommen . Und hiernach ist eine Stelle in Hane's ſchäßs baren Meckl. Geschichte zu berichtigen , wo er S. 608. erzählt: die Indigenats - Sache sey 1798. mit dem Lan desherrn zur Zufriedenheit des Adels verglichen wor; den; welches doch aus dieser Anzeige im Landtags - Protocoll deffelben Jahres eigentlich noch gar nicht abzuleiten stehet.

144 derverlangten Stimm- Gebung zu Kloster- Syndicats- und anderen Wahlen zurückgewiesen , und ihre Protestationen zu Protocoll nicht beachtet worden sind ? ) - Dies alles lernt man , wie gesagt, aus den Beiträgen schwerlich.

Wenn man es aber alles weiß , findet man

dann die tröstliche Aeußerung derselben: „ Daß die Zeit die ,, erhigten Gemüther hierin

besänftigt habe ,

ja ,

daß

der Streit von selber eingeschlafen wåre, « wohl im mindesten schicklich , richtig , gegründet ?

Auf diesen Indigenats - Streit laſſen die Beiträge un mittelbar einen sehr verschiedenen Gegenstand , die Schiffs. barmachung der Elde , folgen. zu rathen.

Warum ? ist nicht gleich

Nach den Regeln der Vernunftlehre ,

pragmatischen Geschichtkunst sicher nicht.

der

Und selbst der

Uebergang zu diesem Gegenstande hat hier nur durch einen Anachronism geschehen können.

Nämlich , nicht jeßt , wie

der Verf. sagt, d. h. im Jahre 1790, als den Mecklens! burgschen Vaterlands - Freund die Schiffbarmachung bez: schäftigte , war der Indigenats Streit ganz gedämpft ; nein, erst viele Jahre späterhin , und noch auf dem Land 'tage 1798. wies der Adel

dreizehn bürgerliche Guts

besizer thatlich von ihrer Stimmgebung zurück ! **) Die Erzählung selbst von dem Entwurf zur Schiffbar barmachung und dessen Ausführung ist nicht die beste..

*) S. die Druckschriften : der Landtag 1798. S. 26. 27. 36. 37. 1801. S. 68. 69. 1803. S. 37. 52 1799. S. 48. 49. 66. 67. 73. 80. ***) Der Landtag 1798. S. 36. 37.

145 Einzelne Stellen derselben sind unrichtig , und die Behande besonders aber der Schluß , 1 zeugen

lung des Ganzen ,

nicht von der , hier so nöthigen Genauigkeit und Umsicht ; denn der Vortrag ist durchaus schwankend , oft sehr matt, und endigt gar auf die unangemessenste Weise. - Zuvdre derst benennt der Verf. den Entwurf zu diesem Vorhaben beståndig , außſchließend , ein Projekt ; ohne zu erz wågen, daß dieser Ausdruck immer einen widrigen Nebens Begriff erregt, der zumal hier, in dieser Sache , bei dem wahren , redlich gemeinten Eifer , welcher die Vorschläge, den Plan zur Schiffbarmachung beseelte , ganz verbannt werden muß.

Dann spricht er blos von der Aufrå u

mung der Elde , als dem einzigen Gegenstande der Arbeiten. Und doch war es ja die Schiffbarmachung dieses Stroms ,

und seine Verbindung mit den vielen,

zwischen ihm und der Müritz liegenden Seen und Canålen, also die Senkung dieser , zum Theil so`beträchtlichen Ges wässer,

die Abstechung

durch neue Canåle ,

der Krümmungen des Flusses

die Anlegung kostbarer Schleusen zur

Båndigung der Gefälle des Waſſers , die stetè Unterhalz tung dieser Schleusen : das war es ja , was zusammen den Gegenstand dieses Vorschlages ausmachte !

Die bloße

Aufräumung der Elde, eine Arbeit , die , unter dem Namen der Auskrautung , ja ſo häufig bei den Mecklene burgschen Flüssen vorgenommen wird , håtte unmöglich so viele Kosten verursachen können , als die Unternehmer der

1 Schiffbarmachung veranschlagten.

Es ist ja auch von allen

den, eben genannten Arbeiten in den verschiedenen Schrif ten , die damals erschienen , oft geredet worden : in der Monatsschrift v. u. f. M. kömmt manches darüber vor. Und,

wenn hiernach schon Eine Schleuse allein über 10

146 1 10,000

@ kosten sollte ,

deren aber wenigstens Eilf

nöthig waren , so ist die genauere Anzeige von dieſen , zum Vorhaben erforderlichen Arbeiten gewiß nothwendig ; um .

C

so mehr, da man bei dem bloßen Worte :

Aufrâu

mung , in Vergleichung mit 750,000 we ſich das gehdz rige Verhältniß nicht sogleich richtig vorstellen mögte. In einzelnen Stellen des Vortrages ist Aepinus wies der sehr zu Hülfe gekommen ; wie S. 59. von den Wor ten : Sowol der • Rostocksche Deputirte bis Erinnerungen machten ; und S. 60. von der in Dänischen Diensten

bis Capital und Zinsen.

Ganz genau ist er aber nicht immer copirt: denn da , wo ´er verſtändig sagt : Peymann fand den Plan ausführbar ; versichert der Verf.: P. machte die günstigsten Hofnuns gen für die Ausführbarkeit des Projects .

Und an

einer Stelle , wo Aepinus genau abgeschrieben ist , aber geirrt hat, konnte der Verf. wiſſen , daß jener irrte, und mußte also nicht mit ihm fehlen ; nåmlich bey der Summens Angabe von den Kosten.

700,000 2

sind dazu , es ist

wahr , in der von Brandenſteinſchen Schrift angeschlagen : allein in dem , zwei Jahre ſpåter erschienenen , unter Lan- . besherrlicher Auctoritåt wurden 750,000

herausgegebenen Aktien - Plane

angefeßt und gefordert. **)

Dieser

Plan nun , der demjenigen , welcher über die Schiffbar machung schreiben wollte, bekannt seyn mußte , steht in der Monatsschrift abgedruckt, ist auch einzeln häufig zu haben; und Hane hat in seinem Geschichtbuch den Aepi

* Monatsschrift Jan. 1792. S. 3. **) Monatsſchrift v. u. f. Meckl. Sept. 1794. S. 262.

147 • nusschen Schreibfehler darnach schon verbessert ; *) warum denn nicht auch die Beiträge ?.

Daß, und warum alle , gegen den Plan * der Eldene Schiffbarmachung herausgegebene Schriften hier verstecktere weise lächerlich gemacht werden , hat freilich der Verf. Sonst machten fie eben nicht allein zu verantworten. alle , wie er vermeinet , blos Aufwand in Beredsame keit; sondern manche auch in wichtigen Berechnungen, in Angaben , in factischen Bemerkungen , die viele Aufs merksamkeit erregten , großen Eindruck machten , und auch in anderer Rücksicht über Mecklenburgs Verkehr manches Licht verbreiteten. **)

Am allerwenigsten aber Schluße seiner Erzählung.

trift

es

der Verf. beim

Wenn man ihn da aufmerks

fam liefet, sollte man beinahe vermuthen , er selbst wolle die dargestellte Unternehmung , es nennt , lächerlich machen.

das Project , wie er ,, Nach reifer Ueberlegung,

» schreibt er , schritt man an's Werk.

Sehr warme Ans

„ hånger , sehr thåtige Freunde beförderten es ; fehr anges und dennoch ,,legentlich ward die Sache betrieben ; ,, blieb sie vor der Hand ein bloßes Project. ,, Anfangs darüber gesagt worden

So viel

war , so schwieg

,, man nachher von selber still ! Vielleicht soll die » Zukunft erſt dies , einſt ſo berühmte Project der Aufe raumung in das Werk selbst richten. " ! ! ! Welch'

*) S. 602. **) Siehe vorzüglich die , im J. 1794. erschienenen Gedanken über die Korn Ausfuhr von Mecklenburg. * 10

148

G

eine Beschreibung ! Warum schwieg die nicht lieber vou selber still ! Wußten denn die Beiträge hier nichts weiter, konnten sie sich denn gar nicht anders helfen , als daß sie eine höhere Einsicht der Dinge herbeirus fen mußten , um ihr erzähltes Projekt mit Ehren aus dem Gedränge zu bringen ? Hatten sie denn nichts davon gehört, daß man zuerst die Senkung des großen Müriß Sees vorzunehmen gehabt ;

daß diese ,

um nicht alles,

unterhalb liegende Land zu verwüsten , nur langſam , nur allmålig , in vier bis sechs Jahren geschehen konnte, und so auch immer noch geschieht ? Daß großentheils deswe gen die anderen , zur Schiffbarmachung nöthigen Arbei ten für jest unterbleiben müssen ; und daß, wenn auch gar nichts, als die Senkung der Mürik , je erfolgte , schon dadurch allein großer Gewinn für die Herzogthümer ent stehen wird ,

weil alle dortige Uferanwohner durch diese

Senkung schon jezt beträchtliches Vorland erhalten haben, weil diesseits für die Städte Wahren , Röbel und Plau, im Strelitzschen bei Vieß und Gark im Amte Mirow, und außerdem bei den Ritterschaftlichen Gütern dort umher, großes Terrain gewonnen ist ?

1

149

----

1 Berichtigungen des sechsten Capitels.

Die Gegenstände dieses Capitels sind sehr verschiedener Art; Josephs Tod ; Gustav der dritte , Prinz Coburg, und Cardinal Caprara in Ludwigsluft , die innländischen Wollmanufakturen , und die Bade- Anstalt in Doberan, F folgen hier in der That, und nach wissenschaftlichen • Grundfäßen beurtheilt , nicht anders , als die Bilder in einem Guckkasten , Bestimmung ,

auf einander.

alles das ,

Und nur die unselige

was bei uns binnen Einem

Jahre geschah, unter Einen Gesichtspunkt, in ein Capitel zusammen zu schieben , konnte diesen historischen Uebelstand hervorbringen. -Die ersten vier Seiten (S. 62. bis 65.) gehen außerdem ,

ihrem Innhalte nach

das Vaterland

selbst im Grunde wenig an ; und könnten daher auch bei der Beurtheilung fast übergangen werden. “

Was S. 63. von der Herzoglichen Gefändschaft nach Dresden und Frankfurt am Mayn vorkommt , ist haupt sächlich, und oft wörtlich , aus Aepinus Briefen S. 397.; nur mit Ausdrücken des Verf. versehen , wenig Licht geben.

die der Sache

Denn so war, was er die eigene

Gesandschaft nach Dresden nennt ,

blos eine vorüberge

hende , temporaire Absendung , die nicht , wie dies Bei { wort vermuthen läßt, dört auf lange Zeit eingerichtet ward ; sondern nur zum Glückwunsch an den Curfürsten gieng.

Dies bezeugen auch die Annalen des Staats - Ca=

150

lenders. *)

Ganz unangemessen und widersprechend aber

ist des Verf. hier gebrauchter Ausdruck : Die Functio= nen dieses Gesandten wåren

in der Person

des

Geh. R. v. Lühow repråſentirt worden. Functionen werden ja nicht repråsentirt , sondern verrichtet , und zwar durch eine Person ,

nicht in einer Person .

Eben

so wird, bei einer Gesandschaft nur der Herr durch seis nen Gesandten repräsentirt, und dieser letzte hat die Function, 最 das Geschäfte, * seinen Regenten an dem fremden Hofe vorzustellen , zu repråsentiren. - So kou nen Worte aus einer fremden Sprachè Anfangs oft einen gewissen Schien verleihen.

Hätten die Beiträge sie über

haupt weniger gebraucht,

und hier z. 凛 B. dafür gleich

Geschäfte und 9.vorstellen gesezt, so würde der fehlende Sinn gleich aufgefallen seyn. --- Hiebei kann aber auch noch mit Grund gefragt werden : Wenn die Herzogliche Gesandschaft an das Sächsische Reichsvicariat im. I. 1799. wichtig genug war, vom Verf. besonders angezeigt zu werden ,

warum überging er denn so ganz

die , nur zwei Jahre spåter ebendahin , zu eben ཛ མཱུ dem Zwecke, beim Ableben Kaiser Leopolds , erfolgte Absen dung des jezigen Geheimen - Raths von Brandenſtein ? Sie geschahe doch bekanntlich im April 1792. , von dem Wohnort des Verfassers aus , und ward von eben Mit dem der Etiquette begleitet, wie die Lühowsche ! Bestreben ,

durch Benennung einzelner Personen in der

Geschichts- Erzählung ,

und durch Anführung ihrer beſfon:

deren , Geschäfte, eine große Kenntniß des Details zu ver rathen, ist es dem Verf. schon öfter mislungen. Bei den Rostockschen Commiſſarien war dies bereits oben der Fall :

*) St. Cal. 1791 , T. 2. S. 155.

151 hier geht es ihm bey den Gesandschaften nicht beffer ; und wir werden weiter unten noch einmal auf einen solchen Verstoß konmmen. -

Von den Ursachen der Reise des Königs von Schweden im I. 1791. haben die ‫ قہ‬Beiträge viel politische Muth maßungen , die hieher, in eine Darstellung der Staats verwaltung unsers geliebten Regenten , nicht gehören.

wieder

Sonst mögten sich gegen die Richtigkeit

derselben , und der geschichtlichen Voraussetzungen, wors auf ſie ſich gründen , manche Zweifel aufgeben. So steht daß blos ‫ جی‬die gewonnene,

es wol nicht zu behaupten ,

Schlacht in Swenskesund die Ruhe in seinem Reiche wiederhergestellt habe ;

u . s. w. - Ueber das Vorhaben

Gustavs , dem Könige von Frankreich beizustehen , erklärt. der Verf. sich noch ganz bescheiden, wenn er versichert, Gustav habe sich blos mit der Hofnung für die Möglichs keit eines solchen Projects schmeicheln dürfen. Freilich blieb die * Ausführbarkeit des Projects auch immer noch sehr weit davon entfernt. — Endlich ziehtyou der Verf.. sich und seine Muthmaßungen mit der sehr verbrauch ten, hier aber mehrmal vorkommenden Wendung zurück : " Doch dem sey , wie ihm wolle. "

Und : so können auch

wir sagen. Nur fällt gewiß vielen Lesern hiebei die Wahr heit der Lichtenbergschen. Bemerkung L auf: Manche Leute behaupten eine philosophische Unparteilichkeit über gewiſſe. Dinge, weil sie - nichts davon wiſſen. *)

Der genauere Kennner von Mecklenburgs Geschichte

*) Lichtenbergs vermischte Schriften. Th. 2. S. 363.

152 wird sich jedoch wundern , warum der Schriftsteller über Herzog Friederich Franz und dessen Regierungs : Zeit, statt der herbeigezogenen Erzählung von Gustavs III. Reise im F. 1791. nicht unsers Landesherrn ſo zuvorkommende Auf nahme dieses Königs mit dem unfreundlichen Betragen in Contrast gestellt hat , welches dieser Monarch vier Jahre früher gegen unsern Herzog beobachtete ! Der Vorfall, daß König Gustav III . den ehemaligen Schwedischen Zoll ju Warnemünde durchaus wiederherstellen wollte , ist doch nicht so ganz unbedeutend in dem Zeitraume , deſſen Dar stellung die Beiträge liefern wollten : und die Thatsachen, daß der Schwedische Regierungs - Rath von Carifien im April 1787. deshalb beimHerzoglichenHofe accreditirt, und im August desselben Jahres von dem Königlichen Ministre

1 Résident von Horn abgelöset ward ;

daß durch diese

beiden , des Königs Vorsatz mit Wegsetzung über die Vors schriften der Pfand - Verschreibung , und wider die Abrede

1 des

Olivischen Friedens ,

allenfalls mit Gewalt einen

Schwedischen Zoll zu Warnemünde wieder "änlegen zu wollen , sehr deutlich erkläret ward ; daß nur die stands hafte Weigerung unsers Landesherrn , und seine Berufung auf die Heiligkeit vormals geschloffener Verträge , diese fo nachtheilige Unternehmung abwenderen ; daß darauf der Minister von Horn am 1oten Octbr. 1787. feine Abschieds Audienz bekam , und erst bey der unterpfändlichen Abtre tung von Wismar der König bewogen ward ,

allen Anz

sprüchen auf den Warnemünder Zoll für immer zu entfa gen: diese Thatsachen sind doch bekannt , sind im Ab druck zu lesen, *) und verdienen gewiß eben so, ja weit *) Staats - Cal. 1788. Annal. S. 153. Geſchichliche Uebersicht des bisherigen Herganges in Ansehung des Warnemünder Zolls. Fol. S. 16.

153

‫ܚ‬

mehr , als des Königs nachherige Durchreise , eine Aufs zeichnung in der Regierungs - Epoche Friederich Franzéns!

Ueber das Bestreben des Landesherrn , den Wollmas nufacturen in seinen Staaten fortzuhelfen , ist hier S. 65. bis 67. manches gesagt ; nur genügt es für diesen wichtis gen Gegenstand nicht ,

und erschöpft ihn noch weniger.

Zum Theil hat Aepinus wieder dabei die Feder geführt, wie in den Stellen S. 65. Mit thätigem Eifer bis eine gleiche Unterstützung ; und S. 66. Man 1 berechnete bis 6 & belief; so wie S. 67. von den Worten : Auch war es dies bis approbiren wollte. *)

Das statistische Detail mithin ,

welches die

Beiträge hier vom Zuwachs der Woll - Arbeiten in Mecks fenburg geben , ist , ohne die Quelle zu nennen , ganz aus den Briefen des Aepinus genommen ; mit der Genauiga keit, daß selbst der Druckfehler dieser lehteren , welche im J. 1791. 1752 Woll - Arbeiter aufführen , da es eigents fich 1785 waren , * ) auch in den Beiträgen beibehalten " ist. Der Verf. hat sich daher mit Unrecht verleiten laffen, aus diesen zwei Jahres

Summen auf ein zuneh

mendes Verhältniß des Ganzen zu schließen.

Denn

es war nun nicht dieselbe Zahl von Arbeitern , wie er behauptet (17

) fondern eine verschiedene , (1781 ) und

jwar waren es im folgenden Jahr weniger Arbeiter, als im früheren, welche dennoch im J. 1792. mehr Mas teriale verabeiteten , und mehr Geld in Umlauf brachten, als die größere Anzahl der Arbeiter im J. 1791. ['S

*) Aepinus Briefe T. 3. S. 397. 401. 404, 405. **) Staats- Cal. 1792. T. 2. S. 216.

Uebers

154 haupt aber war, um wahrscheinliche Schlüße über den Zuwachs der Woll- Arbeiten in Mecklenburg zu ziehen, die Vergleichung nur zweier Jahres- Producte wahr /

haftig nicht hinreichend ! Und doch ward es so leicht , nach Calenders , + wo die jährlichen

den Annalen des Staats

Resultate der Woll - Arbeiten seit 1792, in einem gedräng ten Auszuge erscheinen , die Producte dieser zwölf Jahre nebeneinander [ zu stellen , # zu summiren , zu vergleichen, und daraus Schlüße zu bilden. * Dann würde es sich z. B. gefunden haben , daß die Zahl der Arbeiter nachhin größer ward , als die von ihm angeführte ist ; daß mit ihr die Geldmasse aus der Verarbeitung des Woll - Mate rials wuchs , ſpäterhin aber die Anzahl der Arbeiter wie der abnahm , fa jezo ,

oder im J. 1803. , unter der vom

Verf. angegebenen stand ; ( 1651 ) daß dennoch diese gerins gere Zahl Arbeiter weit mehr Geld in Umlauf brachte, als seine angegebene größere ; (nåmlich 91,389 w☺) *) und daß endlich die Wollmanufakturen in den lehten eilf Jah ren über Eine Million Thaler in LJMecklenburg besonders zur Circulation beförderten.

So wären doch größere,

allgemeinere Data entstanden ! Nicht zu erwähnen , daß des Verfaſſers Behauptung , ſeine angeführten Summen wåren die Totalsummen alles , mdurch die Woll - Ar beiten in Circulation gekommenen Geldes , auch eigentlich unrichtig ist. Nach genauen staatswirthschafts lichen Begriffen waren diese Summen nur die nåhere, nur die Masse Geldes , welche ihr Betrieb zuerſt, zunächſt in Umlauf seßte ; des Geldes aber, was dadurch entfernters weise ,

durch Einnahmen und Ausgaben aller Art ,

Mecklenburg umgesetzt ward , war gewiß weit mehr! *) Staats ?Cal, 1805 , T. 2. S. 186.

in

255 Von den Thatsachen endlich , daß der Landesherr die " Wächter in seinen Domainen schon damals (1792. ) zur Veredlung der Schafe und Verfeinerung der Wolle allent halben aufmuntern ließ ; daß Er zur sorgfältigern Aufsicht über die Woll- Arbeiter in den Städten , deren Magistrate anhielt , jährlich genaue und sehr detaillirte Verzeichnisse von dem Zuwachs der Arbeit , und der zweckmäßigen Vers wendung des Woll : Impoſts an die Induſtrie - Commiſſa rien einzusenden ,

auch deshalb fast jährlich die Städte

durch einen eigenen Fabricanten bereiſen ließ ; *) daß Er endlich von Seinen, bekanntlich nicht übermäßigen Auf künften aus der Steuer , dem Zolle und den Poſten , gerne durch Freiheits- Bewilligungen für diese Manufacturen hergab, und auch noch dann fortwährend hergab , als die Ritterschaft schon den ferneren Woll - Jmpost , wegen ´vorgeblicher Unzulänglichkeit dieſes Mittels` zur Aufnahme der Woll Arbeiten , verweigert hatte ; von diesen Handlungen des Landesfürsten, zur Belebung nur Eines Zweiges der vaterländischen Induſtrie,

erwähnen

die Beiträge nichts !

Der Schluß dieses sechsten Capitels liefert die Bes " fchreibung der Doberaner Seebade - Anstalt , ihrer Entſte hung und ihres Fortganges.

Und dies iſt unstreitig eine

der gelungensten Stellen im ganzen Buche.

Die Sachen

ſind in den meiſten , den wichtigſten Punkten richtig vors getragen ,

und der Stil hat im Allgemeinen weit mehr

Haltung, als in so vielen besonderen Darstellungen dieſes

*) St. Cal, 1793, 椰 S. 218. 221. St. Cal. 1801, S. 178. Aepis nus Briefe Th. 3. S. 403.

156 Werks.

Unrichtigkeiten enthalten freilich die Blätter von

S. 67. bis 71. dennoch manche.

So ist es , um gleich

mit der Note unter S. 67 anzufangen , keinesweges die Stadt Lübeck , welche das Seebad bei Travemünde hat anlegén laſſen ; sondern , sicheren Nachrichten zufolge , ist die Bade- Anlage ,

oder vielmehr das ganze Wesen des

Secbades zu Travemünde ,

eine Privat - Unternehmung,

die vom Magistrat zwar sehr begünſtiget worden , übrigens aber in Actien vertheilet und durch Particuliers etablirt ist. ❤ Den Hauptstoff zu der , S. 69. eingewebten frůz heren Geschichte Doberans hat die , Einmal angezogene Schrift von Röper hergeben müſſen ; und mehrerë Stels len, wie die : Noch im Sommer bis bequemsten zu machen sey S. 68. 69. , ferner die Nachricht von der Stiftung des Klosters durch Pribislav , fahrt mit Heinrich dem Löwen S. 69. ,

seine Walls

und die Stelle

von Anlegung der Bade- Schiffe S. 71. find wörtlich aus derselben. *)

Wenn aber die Beiträge unterlassen haben,

ihn hiebei jedesmal anzuführen , so haben sie ihn auch 'da, wo er genau

allegirt ist, nicht

genau

abgeschrieben.

Schon darinn erzählen die Beitråge nicht richtig , daß die jezige anmuthige Gegend Doberans der Siz des Eister cienser: Klosters gewesen sey , welches Pribislay II.`ers * bauete. Denn 1 ) ward diese Stiftung sechs Jahre nachs her von den Wenden zerstört , die Mönche niedergehauen, und das Kloster abgebrannt ; 2) hat dies erste Kloster von Pribislavs Anordnung gerade nicht in dem jetzigen Dobes ran , sondern bei Altenhoff gestanden ; und das ſpåtere,

*) `Röpers Geschichte und Anecdoten von Doberan . 17.68. 71.

S. 3. 16 ,

J

157

mit seinen Gebäuden und der noch vorhandenen Kirche, hat H. Burvin erst 1186. zu bauen angefangen , und auf einer Stelle angefangen , die , so wie damals die ganze Doberanfche Gegend , gar nicht anmuthig , sondern viels mehr tief und fumpfig war , die daher auch von den häus figen Ueberschwemmungen der Ostsee nur durch das Beten der Mönche , und durch den heiligen Damm befreiet ward. *)

Ferner steht in dem angeführten Buche S. 27. nicht, wie die Beiträge vermuthen lassen , », der Zulauf von Pilz gern habe dem Kloster den

ausgebreitetsten Ruf Die Heiligs

andächtiger Heiligkeit verschafft. "

keit ist an und für ſich nicht andächtig ; sie erregt , erweckt nur die Andacht. So schreibt daher der , in Sprache und Begriffen gewandte Röper hier gar nicht : er nimmt auch , als Geschichtschreiber , den Mund gar nicht so voll, sondern meldet an dieser Stelle blos : Das Wunder mit " dem heiligen Blute that die gewünschte Wirkung, das Kloster in Ruf zu bringen.

Endlich läßt der Verf. die Doberaner Kirche ganz un richtig und unſchicklich mit einer Menge ehrwürdiger Reliquien prangen.

Unrichtig ist die Benennung ehr

würdig vor allen Dingen : denn , die jetzt noch in Do beran vorhandenen Reliquien sind ,

bis auf eine ,

nicht

einmal achte Reliquien , und können , nach ihrer Bezeich nung ,

gar keine andere als lächerliche Vorstellungen,

selbst bei Katholiken von einiger Aufgeklärtheit, hervors

"

Röpers Geschichte S. 20. 21. 23,

158 bringen.

Man sehe nur das Verzeichniß derselben in

Röper's mehr erwähnter Geschichte an , *) um sich hievon zu überzeugen ; und auch der vom Verf. angeführte Wuns demann sagt ausdrücklich von ihnen :

Einige derselben

grenzen nahe an Sottisen ; **) worinn er nicht Unrecht hat.

Daher aber war es auch desto unschicklicher, solche

Possen ehrwürdig zu stempeln , und sie unmittelbar darauf, wie S. 70. geschehen ist , mit den , in der That ehrwür digen Denkmålern der Mecklenburgschen Herzöge , Asche dort ruhet , zuſammen zu stellen.

*) S. 169. **) Mecklenburg in Hinsicht ze. Th. 1. S. 229.

A

deren

159 Berichtigungen des siebenten Capitels.

Wenn der Eingang dieses Capitels mit großem Rechte rühmt ,

daß Mecklenburgs Fluren so glücklich mit den

Kriegs- Auftritten

verschont

Europa erschütterten ;

geblieben sind ,

die halb

wenn blos die Geldforderungen

zum Reichs- Kriege unser Vaterland heimsuchten ,

und

diese doch noch in großer Ordnung aufgebracht werden konnten: so wird ein Kenner der guten geschichtlichen Schreibart es immer sehr unverhältnißmäßig finden , daß über diesen Vorgang allein in den Holmschen Beiträgen 13 Seiten, mithin mehr als der siebente Theil des ganzen Werks , gefüllt sind.

Und wenn man sich erinnert , daß

vorhin die Erzählung aller Schicksale Rostocks 16- Seiten, also auch den sechsten Theil des Werks wegnahm ,

so

erklärt sich das große Misverhältniß ſehr leicht , worinn die Darstellung der übrigen mancherlei Verfügungen des Regenten mit diesen beiden ,

doch immer partiellen Ge

genständen in den Beiträgen steht.

Freilich ward die

Verbreitung über das Reichs - Contingent und die Craise Defension, auch über den Streit wegen der Lehn- Pferde, Gegenstände , welche fast allein dies Capitel beherrschen, dem Verf. um so leichter ,

je reichlicher man aus der

Rudloffschen Sammlung der Schriften von diesen Mate= rien hergeben konnte , und hergab.

Dafür aber mußten

nun auch alle übrigen Beläge zur Bestättigung des wohl thätigen Regiments unsers Landesfürsten ,

vom Jahre.

1792. bis 1802. , also innerhalb zwölf Jahren , ſich im nächſten achten Capitel auf etwa vier Seiten behelfen ;

160 mußten da uuter, über, und neben einander vorlieb neh men ; ohne Auswahl , ohne Vollständigkeit , ohne gehörige $

Verbindung , ohne die mindeste pragmatische Entwicke lung ihrer oft geringen Veranlassungen , und doch seegens reichen Folgen !

Von den drei Haupt- Quellen des Vortrages in diesem fiebenten Capitel hat der Verfaſſer Eine mehrmals ange führt ; nämlich die vom Reg. Rath , Rudloff edirte Samms lung : Das Meckt. Reichs : Contingent. Die 1 beiden andern aber gar nicht ; nämlich Aepinus Briefe, und die Annalen des Staats Calenders. Aus den Brie fen des Aepinus sind gleichwol die Stellen : Auch hatte der Herzog bis bestimmt worden war, S. 75. 76. und : Schon Herzog Carl Leopold bis reclamis ren lassen , S. 84. so wie auch die Note unter der S. 75. von der Stärke des Meckl. Antheils am Reichss Contingent entlehnt ;

welche Note beim Aepinus einen

Theil seines Textes ausmacht. *)

Aus den Annalen sind

die Stellen : Indessen schickte der Hof bis Be: rathschlagungen S. 82. und : die 1 Berechnung und Vertheilung bis nach Rastadt ab S. 83+ genommen ; **)

so wie auch die ganze Erklärung`der

Commiffarien :

Daß jene von Ritterschaftlicher

bis publiciren laffen wolle S. 78. 79 ; imgleichen die Stelle: Auch lehnte sie bis Abgaben zu ver treten S. 80, nebst den Noten unter S. 77. und 78.

" Aepinus Briefe Th. 3. S. 406. 409. **) Staats : Cal, 1798. S. 169. 171.¸

161 fichwörtlich

in

der

M

Rudloffschen

Sammlung

lesen

laſſen. *) !

Bei der Erzählung selbst stößt man alsbald S. 78. und 79. wieder auf den unrichtigen Ausdruck : der Hof, statt: der Landes- und Lehnsherr ; so wie es gleich hins terher eben so Verfaſſungswidrig heißt : die Herzoglichen Commissarien hätten erklärt.

Ganz und gar nicht !

Diese erklärten nichts , ſie håndigten nur aus ,

wie sie

immer thun, und zwar den Landesherrlichen Landtags Abschied vom 13ten May 1793 , worinn die Worte stehen, welche der Verf. hier zu einer Erklärung der Commiſſarien • macht. Dergleichen Vermischung der Ausdrücke ist zur genauen Kenntniß der Sachen gar nicht einerlei ; und jezt um so weniger, weil die Herzogl . Commiſſarien in neueren Zeiten zuweilen für sich ein Pro Memoria an die Land tags Versammlung erlaffen ; **) welche Schriften aber mit dem Landtags - Abschiede , der bekanntlich immer so lautet : 99 Der Durchl. Fürst Fr. Fr. giebt seinen Ståns ,, durchaus nicht verwechselt werden - den den Bescheid ; müssen. Eben so unrecht nennt der Verf. also auf der Seite 79. diesen Landtags : Abschied eine Resolution der Commissarien ; und gleich wenig anpaſſend iſt es, er die Landtags : Propositionen im J. 1793. als Vorschläge der Minister aufführt.

*) Meckl, Reichs : Contingent. St. 5. S. 55. 67. 68.

Iste Lief.

St. 7.

S. 90. 91.

**) Siehe ein solches P. M. in dem Landtage 1801. Beil. N. 2. S. 4. 11

162

1

+4 Sind nun die Fehler in Bezeichnung Staatsrechtlicher Gegenstände und Gebräuche hier mannigfaltig , so fällt der Mangel eines gehörigen Vortrages der ganzen , für Meck lenburg nicht unwichtigen Reichs - Contingents = Sache selbst, noch mehr in die Augen.

Die Verhandlungen über

Einen Theil der Geldbeiträge Kriege hat der Verf. zwar ,

zum legten Reichs=

aus der Rudloffschen Samm

lung , mit ungdthiger Weitläuftigkeit eingeschaltet : den noch

aber ist es seiner Erzählung ganz und gar nicht

anzumerken ,

daß außer diesem Contingent,

unser

gutes Vaterland noch soviel mehr zur Stellung des Reichsheers ausgab. Sieben Seiten füllt die Beschreis bung des ersten Contingents ,

und dessen Bewilligung

von den Ständen. Die der folgenden Contingente aber? Keine Zeile. Und doch mußte ja Mecklenburg bis zur Mitte des Jahres 1795. noch an dem Reichs - Kriege " Theil nehmen , mußte treulich dazu hergeben ! Dieses spätere Mecklenburgsche Contingent ward eben so ,

wie

das frühere, durch eine zweite , wiederum mit der Reichs Generalitat geschlossene Convention , in Gelde behandelt ; es betrug für Mecklenburg : Schwerin beinahe 300,000 ; es ward den Stånden auf dem gewöhnlichen Landtage des Jahres 1794. verkündigt , und von der Ritterschaft wur= ben dazu 70,000 m 50,000

Gold ,

so wie von den Städten

© N} angeboten. *) — Doß also auch noch dieſe

großen Summen mehr außerhalb Landes giengen,

daß

unser Herzog weit über die Hälfte derselben , (154,000 20 Nz) aus Seinen eigenthümlichen Caſſen alleine bezah=

*) Staats- Calender 1795. S. 217. 1796. S. 155. Hane Gesch. S. 596.

163 len mußte, dies alles war dem Verf. keiner Bemerkung, feiner Anzeige werth ?

Die Betrachtung, welche er S. 78. über die Billigkeit des Anfinnens macht , daß die Meckl. Ritterschaft sich zu gewiffen Leistungen statt der schuldigen Lehn- Pferde verz stehe , bleibt zu sehr auf der Oberfläche.

Ganz anders

wird das Betragen dieses Landstandes in der gedachten Angelegenheit beleuchtet , wenn man sagt "Y die Ritters schaft hat nun volle 50 Jahre die Steuerfreiheit und Ime munitåt der Hälfte ihrer Hufen genoffen , ohne auch nur irgend einige Dienste , außer bei den wenigen Ehren- und Trauerfällen am Hofe , noch weniger aber einen einzie gen Heller zum Besten des Landes dafür geleistet 7 zu haben. Unmöglich kann aber ihre Absicht seyn , die - Hälfte ihrer Gåter ganz umsonst zu besigen , ' ohne auch dafür dem Staate irgend etwas beizutragen. « So erklärte sich ein Rechtsgelehrter Kenner der Landes - Verz faffung schon damals , wie der Streit rege war , darz über. *) Und wenn man hiebei erwägt ,

daß selbst der so

gepriesene Vorschlag des Barons Langermann in jener Zeit, statt der Lehn- und Ritter - Pferde ein Reuter = Corps gegen die einschleichenden Vagabonden zu

unterhalten,

annehmlicher scheint , als er würklich war , weil er nåms lich zur Haupt- Bedingung machte , daß die Städte und die Domainen die Kosten des Corps zu gleichen Theis 4 len tragen , oder wie es hieß , ´an dieſer gemeinnützigen

*) Prehn von der Verbindlichkeit

Reiche - Contingenten, zu Reichs

besonders in Rücksicht auf Meckl. 1793. Abſchn. 2. §. 61 . 11

-_

164

abh

Anstalt Theil nehmen sollten , *) mithin unser Landess herr , statt von der Hålfte der Ritterschaftlichen Hufen, ihrer privativen Verpflichtung gemäß , endlich einmal Nußen zu ziehen , sogar auch noch zu der vorgeschlagenen neuen Einrichtung den dritten Theil beitragen sollte ; wenn man dies , und dabei erwägt , daß selbst dieser Vorschlag 1 klüglich auf sich beruhen blieb , und die obige Hälfte der Hufen noch immer sine causa frei genoſſen und benußt wird: so darf man wohl den Verf. fragen : Warum es denn nicht dabei blieb, wie er sich ausdrückt ? Und warum er die Erklärung hierüber schuldig bleibt ? Immers hin håtte er doch anführen können ,

daß die Ritterschaft,

ſtatt das gebührende zu geben , vom Herzoglichen Rescripte, wie gewohnt , appellirte ; und daß das Verfahren des Reichs - Cammer - Gerichts , durch Vorbeigehung der ersten Instanz und Abschneidung der üblichen Berichts- Erstattung mittelst voreilig erkannter Appellations - Procèſſe , den Landesherrn nöthigte , deshalb seinen Recurs an die Reichstags - Versammlung zu nehmen. **)

Dadurch wåre

denn doch die ungleiche Art, wie unser Regent in seinen Differenzen mit den Stånden , ſelbſt bei den klarsten und rechtmäßigſten Förderungen , ſich mitunter behandelt ſehen muß , deutlicher an den Tag gekommen !

Von der Erzählung S. 80. , wie sowol der Herzog, als die übrigen Landstände sich bei der Rostockschen Appel lation von dem Begehren , daß sie zum Reichs- Contingent

*) Prehn a. a. D. §. 62. **) Rudloffs Rechtfertigung des Recurses wegen Richtigstellung der Lehndienste 1796. Fol. Siehe Staats ፡ Calender 1797. Th. 2. S. 121.

G

165 mit beitrůge,

benahmen ,

sind die Worte :

lehrte bis abgeschlagen ,

Indes

auch in Rudloffs Vorbes

richt zur 2ten Lieferung seiner Sammlung S. V. zu lesen ; nur hat der Verf. dabei ,

wider seine Gewohnheit , aus

einem fremden Worte ein deutsches gemacht, aus Assistenz, Hülfe ;

aber ohne großes Glück.

Denn diese beiden

Ausdrücke sind hier , mit Erlaubniß , nicht einerlei .

Alle

Hülfe hatte die Ritter- und Landschaft der Stadt Rostock in diesem Streite nicht abgeschlagen , " vielmehr ihr die Erstattung der Kosten von dem ersten Kaiserlichen Concluso an ,

wodurch Appellations

Proceſſe würden

erkannt werden, aus dem Landkasten bewilligt ; wie in eben dem Buche und auf eben der Seite steht , woher der Verf. diese ganze Erzählung nahm

allein die Aſſiſtenz der

beiden Corps der Landstände , das heißt, die Vertre tung derselben bei der Landes

Regierung ,

ein Recht,

( jus assistendi ) welches die Ritterschaft aus der Union vom J. 1523. und aus dem S. 140. des Landes- Vergleichs

- zu haben behauptet ,

wenn ihr Mitstand , oder jeder Lans

des - Eingesessene gegen die Ständischen Rechte und Frei heiten beeinträchtigt wird ; diese Assistenz ward der Stadt Rostock hier verweigert ; Bedacht !

und gewiß mit gutem

In dem Vortrage des Antheils , welchen unser Vater land und dessen Regent an dem Crais - Defenſions -Wesen genommen haben, hat der Verf. gleich Anfangs bei den Personen gefehlt, die als Herzogliche Gesandten zum Con vent nach Hildesheim abgefertigt wurden. Er hat gar daß dieser Crais : Convent zweimal

nicht angezeigt ,

von unserm Landesherrn beschickt ward ; zum andern male nämlich im folgenden 1797sten Jahre,

und zwar vom

166 Monat Februar bis Juny.

Dann hat er nur den Ersten

Herzogl, Gesandten bei der ersten Absendung genau aufge führt, den Zweiten aber , Rath Rudloff,

gar nicht ;

den damaligen Legations=

obgleich es sehr bekannt ist,

daß derselbe in dieſer Eigenſchaft mitreisete und dort auf trat ; ja sogar im nächsten Jahre, bei der zweiten Absen dung

von hier aus ,

vier Monate lang

alleiniger

Herzoglicher Gesandter in Hildesheim war. *)

Was den

Verf, zu dieser Auslaſſung bewog , ist nicht wohl zu bez stimmen , da die Quelle , welche ihm den Grafen von Bassewitz als Gesandten anwies , auch gleich daneben auss ¿ drücklich den Legations - Rath Rudloff angiebt, ** )

Leider aber sind dies nicht die erheblichsten Mängel der Beiträge an dieser Stelle.

Der kundige Leser wird

sogleich bemerken , daß hier ,

wie vorhin beim Reichs

Contingents Wesen , die Darstellung der Hauptsache , in wie ferne , und wie lange das Vaterland , der Fürst, zur Niedersächsischen Crais : Vertheidigung thåtlich mit geholfen haben , weder genau , noch deutlich , noch erschöpfend iſt. Das große Detail , welches der Verf. S. 83. von den Summen dazu, von deren Bewilligung u. f. w. mit vielen Worten giebt, (und zwar aus dem Staats- Calender 1798. S. 171. ) begreift blos die Kosten eines einzigen halben 1 Jahres , und dazu nicht einmal des ersten halben Jahres, von July 1. bis Dec. 31. 1796.

von allen späteren Zeit

råumen , in denen das Land , wie wir wiſſen , zu dieser Particular - Vertheidigung auch ziemlich angeſtrengt ward,

*) St. Cal. 1798 , S. 170, **) St. Cal. 1797, S. 169.

167 ist vollends gar nichts gesagt.

In der That ein auffallen:

der Mangel an Genauigkeit ! Die nächste Folge des Hils desheimischen Crais - Tages war also nicht , wie der Verf. wähnt, der außerordentliche Landtag im Sommer 1797. Ganz gefehlt! Denn schon die Verkündigung der 99,000 Crais - Defenſionskosten , womit der ordentliche Land tag im Herbste vorher herausrückte ,

war die nächste

erhebliche Folge ; *) des Verfaſſers Erzählung liefert nur die zweite Folge ;

und die 3te, 4te , 5te , 6te und 7te

Folge, diese zum Theil sehr viel kostbarere Folgen erfuhr das Land,

erfuhren unsers Herzogs Privat - Einkünfte

noch vier Jahre nachher ! Bis 1802. mußte Mecklenburgs Einwohner zur Demarcation von Norddeutschland beitras gen ; und wie viel mehr noch als er , seines Landesherrn besondere Caffen !

Unser Vaterland mußte im Ganzen

Eine Million und 81,000 x aufbringen.

binnen sechs Jahren dazu

Aber wie geschah dieß ?

Hier,

in Mecklen

burg, durfte der Unterthan seinem Regenten erklären , er wolle , er könne zu dieſer gemeinſamen Laſt nur dies oder jenes beitragen , fast nie aber seinen geseßlich bestimmten Antheil, sein Drittel ; und doch hatte die ganze Summe, welche dem Herzogthum in Hildesheim zugetheilt war, der Fürst schon voraus bezahlen müssen.

Wer übertrug

nun das fehlende ? Niemand als Er ausschließlich.

Daher

kam es denn auch , daß , wenn gesammte Landstände für Reichs- Contingent und Crais - Defenſion 600,000 wⓇ her: gegeben hatten , unserm Herzoge dagegen , seinen Privat Cassen,

nicht

etwa der Vergleichsmåßige dritte Theil .

hievon , sondern noch mehr als gerade eben so viel , nåmlich

*) St. Cal. 1797. S. 171.

1

168 623,000 x

alleine zur Last geblieben waren ; * ) Ihm

von niemandem erstattet wurden.

Und diese wichtigen von

dem Regenten mit eigener Verleugnung gemachten Auf opferungen , dies Document Landesvåterlicher Denkungss Art gegen Seine geliebten Unterthanen , wie die Herzog lichen Landtags : Commissarien fie so treffend nannten , **) die konnten gar keine Stelle , keine Erwähnung finden in einem Werk,

das mit Vorbedacht und Auswahl dem

Herrscher Ruhme Friederich Franzens gewidmet ward ?

Berichtigungen des achten Capitels.

In dieses Capitel ist nun alles nachgeholt und zuſammen gedrångt worden , was vorhin von Landesherrlichen Ver fügungen , seit den lehten zwölf Jahren , in Aepinus Brie fen und den , oft erwähnten Annalen vorgefunden und bemerkt , aber noch nicht erzählt war.

Der Verf. hat nun zwar S. 85. mit großem Rechte den Leser auf die reiche Sammlung von Policei

und anderen Verordnungen auf

merksam gemacht , deren die ganze Regierungs - Zeit Fries derich Franzéns , so wie diese Abtheilung derselben , sich erfreuet: allein , daß er, sie gehörig und sorgfältig benutt habe, diese Sammlung , ist wol ein bloßer Glaubens - Ar

*) Der Landtag 1801. Beil. S. 4. 5. Hane Meckl. Gesch. S. 597. **) Siehe das P. M. der Commiſſarien vom 18 Nov. 1801. als Beil. des Landtages 1801..

Bezo tifel.

Denn,

so

zum Jahre 1794. ,

169

weit Aepinus Briefe reichen ,

bis

sind diese auch hier getreulich abge=

schrieben ; sonst aber , und zumal nachher , sind nur die Annalen des St. Cal. faſt eben so wörtlich) copiret worden : eine Behauptung , die , so wie alle vorigen gleichen Inn halts , ſich auf einer genauen Vergleichung gründet, welche jeder Leser selbst anstellen kann , wenn er mit den Seiten 85. bis 88. der Beiträge die unten bemerkten Stel len zusammen halten will. )

Daß von dem Verf. nicht

verlangt wird , die Geſchichte, welche er vortrågt , ſelbſt zu machen, bedarf keiner Versicherung ; und nur desto schlims mer , wenn er sie zuweilen gemacht hat : aber der fleißis gen Sammler , der gewissenhaften Vorgänger, denen er fo oft Wort für Wort nachgesprochen hat , nirgends einz mal zu gedenken , ihrer mit Erkenntlichteit zu gedenken, das kann nicht anders als auffallend seyn ! Und nachges sprochen ist es doch blos , wenn der Verf. S. 86. über die Einführung nüßlicher Arbeits - Schulen in den Domainen die paar Worte aus dem Aepinus gebraucht, ohne zu erkennen zu geben , daß von den Wirkungen dieser wohl thätigen Anordnung schon in den ersten zwei Jahren vorz theilhafte Berichte aus den Aemtern Neustadt ,

Boizen

burg und Domiß eingiengen ; wie die Monatsschrift auss führlich angezeigt hat. ** )

Es ist nur nachgesprochen,

wenn er mit Aepinus sagt : Es wåren zwei Institute , zu Parchim und Güstrow, zur Erziehung junger Frauenzim mer bürgerlichen Standes errichtet worden , ohne einmal, *) Aepinus T. 3. S. 403. 404. 405. 406. 411. St. Cal. 1790. S. 155. 1792. S. 216. 217. 219. 1793. S. 220. 1794. S. 211. 212. 1797. S. 169. 1798. S. 170. **) Mon. v. ù. f. Meckl. 1794. Jannar St. 3. Aepinus T. 3. S. 404.

--

170

bloß in den Annalen des Staats - Cal. nachzusehen , wo die Stiftung NB. Eines solchen Instituts genau bemerkt ist;

ohne im ersten Theile dieser Staats - Calender feit

1802. die alljährliche Anzeige wahrzunehmen , welche so wohl Direktorium als Percipientinnen dieſer Einen Anſtalt immer namentlich bezeichnet. * ) Wie wenig systematisch) ,

in wie geringer Ordnung

überhaupt die Gegenstände der Landespäterlichen Vorsorge in diesem Capitel hinter einander gestellt sind , fällt gleich in die Augen.

Wie wenig vollständig ſie aber hier geſamz

melt worden , wird weiter unten sich ergeben. Unter den einzelnen Mångeln iſt , besonders bei der Er zählung von dem errichteten Wittwen - Institute für die Herzogliche Dienerschaft ,

sehr bemerklich :

Daß unser

Regent nicht , wie der Verf. ihn thun läßt , den Plan zu diesem Institute entwarf, sondern , nach * Seiner großen Beurtheilungskraft, und weil Er die Dauer einer so viel umfassenden Einrichtung

durch vorhergehende,,

weitläuftige und mühsame , Berechnungen fest begründen wollte, diesen Plan von gelehrten Mathematikern in Seis nen Landen mehrere Jahre hindurch bearbeiten ließ , daß Er dann erst , nach wiederholten Prüfungen , denselben bes stättigte ;

daß Er überhaupt in dem Eingange Seiner

Bestättigungs- Urkunde sehr viel herablaffender , als der Verf. der Beiträge ,

über Seinen Entschluß , über die

Aufforderung Seiner Dienerschaft , ihm darinn zu Hülfe zu kommen , und mitzuwirken , über ihre billigen Wünsche, und Seine Gewährung derselben , redet ; und daß unser Landes - Vater endlich nicht blos 4500 ~@ jährlichen Zu

*) Aepinus S. 495.

St. Cal. 1794. S. 204.

S. 164. 4. alle folg. St. Cal.

1802. T. 1,

(

171 schuß, fondern die ganze Garantie dieses Instituts , mita hin nicht blos eine eventuelle Erhöhung Seines Zuschus ſes , ſondern die Deckung und Uebernahme alles , künftig etwa entſtehenden Defekts , feierlich , für Sich und Seine Nachfolger, zugesichert hat. *)

Wo findet man aber

dieser wohlwollenden , gnådigen Verheißungen in den Beis trägen erwähnt ?

Was sie über die getroffenen Anstalten zur Befreiung des Vaterlandes von der Bettelei ſagen , ist zwar wörtlich aus den Annalen des St. E. genommen ; allein , warum ist nicht schon eine frühere Stelle dieser Annalen , auf der nächsten Seite vorher , **) benutt ?

Da steht doch der,

nun übergangene , Hauptzweck der Patent - Verordnung, nämlich • die Versorgung einheimischer Armen, und Abstellung aller Bettelei im Lande , ausgezeichnet ; und eben so steht er in der Pat. Verordnung selbst als erster Artikel ,

voran !

Hievon erzählen gleichwol die

Beiträge gar nichts ; noch weniger davon , wie , zu seiner Beförderung , aus allen Städten nachher die Berichte eins gefordert worden , in wie ferne sie diese einheimisch e Armen Versorgung u. s. w. thắtig bewirkt håtten ; und wie darauf, und dadurch fast in allen Mecklenburgschen Städten und Aemtern heilsame Ordnungen , zur Versors gung der Armen ihres Bezircks , erschienen find ! Ueber die Entschädigung des Herzogs in dem letzten Reichsfriebensschlusse sind die Hauptstellen , als S. 89. Es

betraf

bis

Privall ;

und

Mecklenburg

Schwerin bis überlaſſen S. 90, ebenfalls aus dem

*) Fundations Brief des Instituts ze. S. 3. 4. 9. **) St. Cal. 1802. S. 186.

CUST

172

entlehnt ,

mithin ist gegen deren

Richtigkeit nichts zu erinnern ;

und daß der Verf. im

Staats

Calender *)

Vorbeigehen sagt,

der große Krieg wåre zwischen den

feindlichen Parteien fortgesetzt worden , da es doch wohl Mächte, Nationen waren, die gegen einander kämpften, kann man auch übergehen.

i

"

Allein die dann folgende Beschreibung von der Herrs schaft Wismar sowohl unter Schwedischer Bothmäßigkeit als bei ihrer Abtretung an unsern Landesherrn ( S. 90. bis 92.) Gleich den 1 erfordert wieder manche Berichtigung. * ersten Ausdrücken derselben fehlt es an Genauigkeit. Denn , daß diese Herrschaft Wismar gerade und durchaus der schönste und fruchtbarste Distrikt des Herzog= thums sen ,

mögte schwerlich zu beweisen stehen.

Noch

weniger aber lag fie , wie jeder weiß , die Beiträge ausge nommen , mitten in des Herzogs Beſihthümern ; vielz mehr gerade am Ende derselben , an der , sie begrånzenden Ostsee!

Eben so unbekannt ist es ,

daß Schweden , wie

doch der Verf. hier erklärt, seit dem Frieden zu Osna brück Lånder in Deutschland erworben habe. Diese Moz narchie bekam , wie man weiß, Vor- Pommern , Hinters Pominern , Rügen , Bremen , Verden , Wismar , Poel und Neukloster durch den Friedensschluß zu Osnabrück ; in1 dessen Xten Artikel §. 6. Was sie aber feit demselben erhalten , nicht hat man erfahren ; wie hat,

viel sie seit ist schon

dem

mehr

wieder

davon

in's Publicum

verlohren

gekommen.

Ob es auch gerade eine unreife Politik war , (S.`92.) wodurch Wismar im Westphälischen Frieden von Mecklen= burg getrennt ward , mögte der Verf. wol nicht ausmachen können . Daß die deutschen Fürsten , daß die Herzoge *) St. Cal., 1804. S. 188.

175

von Mecklenburg

der damaligen Uebermacht ,

und den

Forderungen Schwedens weichen mußten , also ihrer Seits von Politik dabei wenig die Frage war , ist notorisch : daß Schweden unpolitisch handelte , Wismar mit in die Kette • seiner erworbenen Håfen an der Ostsee zu schließen , ist nicht abzusehen ; und die

älteren Jahrhunderte,

wie der Verf. sich ausdrückt , oder richtiger , die 10 Jahre vor Schließung des Westphälischen Friedens im Allgemei nen einer unreifen Politik zu beschuldigen , das wird dem schwerlich einfallen , der die Verhandlungen , welche das mals gepflogen wurden , auch nur aus der berühmten Histoire du Pere Bougeant kennt. *) Den hauptsächlichsten Fehler aber begeht der Verfaſſer darinn , daß er die Abtretung der Herrschaft Wismar an unsern Landesherrn beständig einen Kauf, die dafür ere legten Gelder eine Kauffumme nennt. * Denn hätte er fich genauer an die Annalen des Staats- Cal, gehalten, woraus doch die Stellen : Sie kamen bis abgeordnet waren, und : Die Auswechselung bis Gesand ten entlehnt sind , ( S. 91) **) oder wåre er dem Innhalt des Traktats über die Abtretung selbst, welcher deutſch und franzöſiſch abgedruckt iſt , ***) treu geblieben, sø håtte ihm dies nicht begegnen müssen.

Nirgends wird da von

Kauf geredet. Es war nur Verpfändung , cession hypo thécaire ; der König überläßt, als ein Unterpfand, cède à titre d'hypothèque ,

und gegen eine Pfande

fumme, Somme hypothécaire , diese Herrschaft auf hundert oder zweihundert Jahre an Mecklenburg. Das *) Bougeant hist. du Traité de la paix de Westphalie . II. Tomes . 4.

**) Staats- Cal. 1804. S. 189. ***) Staats ; Cal. 1805. Th . 2. S. 179.

174 ist der Laut des Vergleichs ; und ihn darf kein Hiſtorid= graph , dem es an deutlichen Rechtsbegriffen nicht fehlt, willkührlich verändern ; darf nicht eine Verpfändung zum 1 Ankauf, eine Pfandsumme zum Kaufpreise willkührlich * .* umstempeln ! Hier endigt des Verf. Darstellung der thatenreichen Regierung unsers Landesherrn , in so ferne sie das Wohl feiner Unterthanen insbesondere ergreift : und das folgende lette Capitel redet nur von der Sorge des Regenten für das Herzogliche Haus , durch Erweiterung seiner Domais nen.

Dennoch waren so manche fernere Verfügungen ges

troffen , so manche andere Einrichtungen gemacht , deren Ersprießlichkeit für uns und unsere Mitbürger unverkenn bar ist. Warum hob sie der Erzähler in den Beiträgen nicht hervor? → → Mit einer etwa getroffenen strengen Auswahl der Verordnungen kann er sich * gar nicht ent schuldigen : denn , waren ihm die Lohgårber in Güstrow, und die Rathswittwen 8 Caffe daselbst , wichtig genug, um ihre Bevorzügung auszuzeichnen ; so verdiente gewiß eine Menge andrer Gegenstände , worauf das Herrscher Auge unsers Herzogs fiel , die genauere Angabe mit eben dem Rechte ; ja forderte sie ausdrücklich in dem Werke, welches zeigen will , wie Friederich Franz allen Mån + geln abhalf, " die bisher dem größeren Wohlstande des Landes hinderlich gewesen waren . Zu diesen vers schwiegenen Abhelfungen gehört aber : a. Im

persönlichen Verhältnisse der Unterthae

nen , die so wichtige völlige Abschaffung des Hofedienſtes der Domanial Bauren , und ihre Einrichtung als Pächter; 1. Im Justizwesen , beim Gesekfache, die Vers

*) Beiträge S. 17.

175

1

theilung v der Schröderschen Gesetz = Sammlung an alle Nieder Gerichte ; beim Richter Amte, die genaue Prüfung der Justiz : Beamten in den Domainen bei den Landes - Gerichten vor ihrer Anstellung ; die Bestimmung gleichförmigen Verfahrens in Forst - Bruchfällen ; -Verlei hung einer Gebühren - Taxe in allen Domanial - Gerichts Sachen;

die Sicherung der Depositen Gelder bei den 婆 Stadtgerichten ; Festsetzung militairischer Hülfe für die

Nieder-Gerichte durch ein Landes- Gericht ;

Anweisung

derfelben zur Einholung der Ürtels - Sprüche von Rostock, 1 und Erhaltung des Rechts ihrer ersten Instanz gegen die * Landes Gerichte ; beim Proceß- Wesen 1 ) in Cri minal - Sachen , die monatliche Berichts - Erstattung der Beamten vom Stande ihrer Inquifitionen an ein Lans des Gericht ; die wechselseitige Postfreiheit mit Preußen für armer Inquisiten

Sachen ; die unentgeldliche Aus

richtung der Requisitionen in Criminal- Fållen mit Stres Tit; die Beschränkung der Nieder- Gerichte in der Zahl der Strafhiebe, und Bezeichnung des Züchtigungs - In struments ,

auch die Festsetzung der Gebühren für die

Nachrichter bei Executionen ;

2)

in Civile Sachen,

die Bestimmung einer ſummariſchen Untersuchung aller Verlobungs- und Ehefachen in den Domainen ; die Ers läuterung der Beitrags - Pflichtigkeit der Gläubiger zu den Kosten in Concursen ; Bestimmung der Unverbindlich keit des Eides der Minorennen zu ihrer stärkeren Ver pflichtung ; Gestattung der Beibringung neuer Anlagen in der Restitutions - Instanz , und Fessehung des wirk lichen Anfanges einer laufenden Gegenbeweißfrift ; Am Religions- und Kirchenwesen , so viel die Lehrer betrift, die Bestimmung des 25sten Jahres zum nothwen digen Alter eines Predigers ; Einſchårfung des genauen

1

176 Examens der Candidaten in den Grundsprachen und kirch lichen Lehrbegriffen ; Untersagung des Ablesens der Pre digten für Candidaten , welche Beförderung hoffen; Be stimmung einer Kleidertracht für Lehrer und Candidaten ; Versagung aller Anwartschaften auf geistliche Aemter; so viel die Gemeinde betrift, die Einführung eines Kirchen Siegels für alle Prediger in Amtssachen ; Vor schrift eines ordentlichen genauen Schema's zur Haltung der Kirchenbücher ; Sicherung der Kirchenbücher durch deren doppelte Haltung und Einlieferung an die Super intendenten;

Verordnung

der

Abgabe

aller Original

Schriften über Kirchen Gelder an diese durch die Berech= ner und Oeconomi;

Beschleunigung der Revisionen und

Monituren über die Rechnungen der Kirchen und milder Stiftungen ; Beschränkung der Verwendungen der Admis nistratoren solcher Gelder auf 5 2

ohne höchste Bewilli

gung ; Verbot der Ehe - Diſpenſationen für geringe Leute, ohne Zeugniß ihrer Obrigkeit ; Untersagung der Vertrauung vor bescheinigter Berichtigung der Gebühren an den behd rigen Prediger; Bestimmung " der Trouungs - Befugniß bei Brautleuten aus verschiedenen Kirchspielen ; Verbot eigen mächtiger Vertrauung ganz unbekannter Personen ; Auf hebung der Forderung des Bußthalers oder erhöheterLauf gebühren für den anticipirten Beischlaf; Verordnung der gerichtlichen Anzeige einer , spåter als 8 Tage nach der Geburt begehrten Laufe ; Erlaubniß , fremde Religions Verwandte als Taufzeugen zuzulassen ; im Policei Wesen überhaupt , die beständige Anwendung der Herzogl. Policei - Commiſſion zur Verbesserung

aller Cåmmerei

und Policei - Anstalten in den Städten; die Einforderung genauer Listen alle 3 Jahre vom Nahrungs- Stande und Erwerb jeder Stadt ; Bestimmung einer gewiſſen Zeit zur

177

Bebauung aller Garten-Plåße in den Städten, und anſehn licher Stenderhöhe zur Bauhülfsfähigkeit ; besonders aber t , die Verz 1) in der Policei der Gesundhei"si besserung der Hebammen : Anstalten , durch Unterricht, Bücher - Vertheilung , Anstellung geschickter Frauen , und • ihre Bezahlung in den Domainen , Gütern und Städten ; Anlegung die Aufsicht auf Schußblattern Impfung ; eines Hospitals in Schwerin ; Verbesserung der Zuchthaus Gebäude in Dömitz , Anlegung eigener Toll Koyen das selbst; Aufsicht auf Feuerlöschungs - Anstalten , feuerges fährliche Luftballons , Scheibenschießen, Jagen mit Pfer den und Wagen , Verkauf verdächtigen Fleisches , Reinis gung der Gaffen , u. s. w. 2) in der Policei der Industrie und des Hans dels , die Verbesserung der Zünfte und Handwerker , fo viel die Lehrburschen , deren besseren Unterricht und Nicht

I gebrauch zu Hausarbeiten ; die Gefellen , deren gehörige Wanderung, genaue , unverfälschte Kundschaften , Wild heit bei Zusammenkünften , öffentliche Föhrende Aufzüge, und Aufnahme

zu Meistern

ohne Meisterstück betrift ;

außerdem aber die Verordnung gleichförmiger Gewichte und Maaße, zumal bei Flüßigkeiten ; Bestimmung eines gleichen Wagen - Geleifes im Lande ; Verbot der Einfuhr fremden Salzes ; Begünstigung der Salmiak Parchim, u. s. w.

Fabrik in

Man sieht aus diesen , nur flüchtigen Umriffen schon hinlänglich , wie sehr das Gemälde der Staatsverwaltung unsers jeßigen Regenten noch erweitert , gehoben , vers schönert werden konnte ; und um so leichter konnte , da die Fähigkeit hiezu durch eine bloße genaue und zweckmäßige Aufstellung der Gegenstände , wie sie in den vaterländis schen Annalen des Staats- Calenders verzeichnet sind , zu ・ erwerben ſtand, 12

178 Berichtigungen des neunten Capitels.

Mit diesem, dem Schluß- Capitel , und durch den Inns halt desselben wird der Leser eben so überrascht , wie ihm schon oft beim Durchgehen der Beiträge begegnet war, nämlich , daß er bei weitem dasjenige nicht darinn findet, was billigerweise darinn zu suchen stand. Es soll zum Schluffe eine Uebersicht des Ganzen. liefern ; also, nach gegründeter Vermuthung , eine Uebers sicht alles dessen, was unser erhabene Landes- Vater, wäh rend seiner bisherigen Regierungs- Zeit, für Sein Volk vers ordnet , geleistet hat , in Gegenhaltung dessen, was Seine Vorfahren thaten : oder wenigstens doch eine Uebersicht des sen, was der Verf. gut gefunden hat, uns von diesen Verfü gungen des Regenten in den Beiträgen zu erzählen.. Allein nicht einmal dies leßte, geschweige denn das erste, wird hier unter Einen Gesichtspunkt gebracht , hier aufs neue hell beleuchtet. Von dem Bestreben des Fürsten , die Gesammtbildung Seiner Unterthanen und ihre Aufklärung zu befördern , von Seinen Bemühungen , die einzelnen Sproffen ihres Wohlstandes zu nåhren , zu pflegen , zum Wachsthum zu bringen, war in dem Buché vorher hie und da geredet worden.

Jeht aber , hier bei'm Ueberblick des

ganzen Regenten - Geſchäftes , iſt dies alles vergessen , und blos die Wieder- Einlösung der abgerissenen Stücke des Herzogthums, die Erwerbung einzelner Cammer - Güter, wird dem Herzoge, wie Seinen Vorfahren , als größtes, ja als einziges Verdienst angerechnet ! Wird dem muth maßlichen Thron - Erben als das vornehmste , künftig von 20 Ihm zu hoffende Herrscher - Talent zugeschrieben ! Wohl

2war es nur ein schwacher Pinsel , auftrug!*)

1

*) Dedication der Beiträge S. 2.

der hier die Farben

179 1 Besondere Berichtigungen erfordert dieses Capitel sonst nur wenig denn verschiedenes von seinem Inhalt ist schon früher beleuchtet worden.

So z. B. die seyn sollende

Rechtfertigung des Herzogs Carl Leopold und seines Vers fahrens ; die Beschreibung von dem wilden Partei

Geiste

damaliger Zeit; so die , auch hier unterlassene Angabe der Summe, für welche die Handverschen Pfand - Aemter vom Herzog Friedrich eingelöset wurden. My Bei dem Absatz aber (S. 95. ) welcher von den Erwerbungen dieses Herzogs Friederich handelt , ist noch zweierlei zu erinnern . Erstlich, daß von dem Herzoge Christian Ludwig II. in der Note mit Unrecht so kurzweg gesagt wird , er habe die acht Aemter zur Entschädigung 2c. verpfändet. Die Stelle in Aepinus Briefen S. 171. , welche diefer Note vorgeschrie ben hat , fagt das nicht, sondern vielmehr ausdrücklich : der Herzog mußte die acht Aemter fahren lassen, Andere neuere Geschichtschreiber reden über diesen Punkt eben fo *) , und es ist auch dem wahren , würklichen Hers gange dieser Angelegenheit gemåß. Der Herzog batte diese 7 Verpfändung weder angegeben , noch veranlaſſet, wie man nach des Verf. Ausdrücken doch vermuthen muß : sondern der Chur - Hanndversche Gesandte hatte im Herbst des Jahres 1734. zu Wien auf die besondere Verhypothecirung gewiſſer ſpecificirter Domainen Herzogs Carl Leopold's angetragen. Darauf ward des Herzogs Christian Ludwig Gutachten , qua Commissarii , bom Reichshofrath erfordert

und da Er nunt , nach dem Ause

druck des Reichshofraths - Conclusi , », seines Conſenſes in diese Pfandschaft sich nicht entlegen können , so ward vom Reichshofrath an Chur- Hannover und den Herzog von Braunschweig diese Special = Hypothek *) Michaelis Geschichte der Deutschen Chur- und Fürfit. Häuser 1760. Th. 2. §. 172. Hane Gesch. S. 500,

180 in die benannten Aemter , und deren Cammer Gefälle, bis zur Abtragung aller Commissionskosten, unterm 1oten Nov. 1734. constituiret. *) Vom Herzoge Chriſtian Lud wig geschah diese Verpfändung also gar nicht. Viels mehr schlug Er damals , zur Abfindung der Hanndverschen Commission,

eine Anleihe auf den Landkasten vor :

allein die Ritterschaft widersetzte sich dem , wiewol der Kaiser diesen Antrag genehmigt hatte ; und so mußte nun der Herzog Commiffarius die acht Aemter an der Elbe fahren ** laffen. **) - Bei der Erzählung einer solchen Begeben heit aber , deren Folgen die Nachkommen des liebevollen Herzogs Christian Ludwig noch drücken , ward es doppelte Pflicht des Geschichtschreibers , seinen Ausdrücken , seinem Vortrage die höchste Genauigkeit und Klarheit zu geben. Zweitens läßt die Erzählung S. 95. mit Grunde vors aussetzen , daß der Herzog Friderich , außer den, hier benannten Erwerbungen , während seiner Regierung , gar ? keine andere gemacht habe. Und doch ist dies ganz falsch.

Es wurden unter ihm bekanntlich noch sehr viel

mehrere Pfandstücke, Höfe, Dörfer und sonstige Gründ stücke dem Herzoglichen Hause zugebracht, als hier angc " führt sind ; und es ist zu bewundern , daß , bei aller sons ftigen Weitläufigkeit in diesem Capitel , der Verfasser darüber so kurz , ſo unvollståndig , so verschwiegen iſt. Außer A den , von ihm benannten Reluitionen erwarb Herzog Friederich an einzelnen eingeldſeten Pfandstücken, Höfen, 2c. Gallin, Vier, und die Schwanheider Mühle im A. Boizenburg ; Brunshaupten und Zweedorff im Amte Buckow ; Lambrechtshagen , Nienhagen und Steinbeck im A. Doberan ; Großen Upahl und Nier im A. Güstrow ; Nieder Mdnckhagen und Roggentin im A. • Ribnik.

*) Klüver Beschr. v. Mecklenburg .Th. 6. S. 405." **) Aepinus Briefe Th. 3. S. 171.

1.

181 Daneben kaufte er für die Domainen noch folgende, sonst Ritterschaftliche Güter und 1 Höfe : Die ganze Voigtei Groß- Voigtshagen A. Grevism.; Hohen Priß und Dams bek A. Criv.; Kleinen Methling A. Darg.; Hütten und Jvendorff A. Dober.; Woosten A. Goldb.; Kankel A. Güst.; Besendorff und Warsow A. Hag.; Oberhoff A. Ribn.; Sagstorff A. Sternb.; Sülten A. Temz .; und Fienstorff,

zum A.

Toitenwinkel

gehörig.

Dann so

manche ,

vorhin Ritterschaftliche Antheile in Domanial

Gütern ,

als

in Brusow ,

Cremin ;

Diederichshagen,

Gorlosen, Jörnstorff, Langenhagen , Mamerow , Peters A berg , Strömkendorff , Tarnow und Zeplin ; die Stern bergschen Kirchen- und Pfarr- Låndereien , den Finkenber ger Krug , die Mühlen zu Markow , Marlow , und Wals mühlen ,

u . s. w.

Aus diesem , nicht vollständigen,

aber doch gewiß nicht kleinen Verzeichnisse derjenigen Er werbungen des Herzogs Friederich , deren die Beiträge gar nicht gedenken ,

ergiebt sich noch ein anderer Verstoß

des Verf. , nämlich , daß er dem jezt regierenden Landes herrn einige Güter , als deffen Acquisitionen zugeschrieben hat, welche doch eigentlich schon von Seines Herrn Oheims Durchlaucht herstammen. Dies sind die , S. 97. benann= ten Güter Kleinen Methling , Woosten , (welches hier, durch einen Druckfehler , Worsten heißt) und Fienstorff: und es müßen alſo die Angaben in den Beiträgen hier nach berichtiget werden.

Das Ende dieses Capitels ,

[Wie sehr übrigens

entsproffen ist. ] und so des ganzen Werks , ist , so viel den Vortrag betrift , blos deshalb annehmlich , weil es der Geschichte getreu bleibt : und nur die Ueberzeugung des Mecklenburgers , daß die , darin geäußerten Erwartungen höchstwahrscheinlich in Erfüllung gehen werden , nur die Freude, welche eine solche , lebhafte Ueberzeugung bei ihm }

182 erregt, nur diese verursachen , daß er die Regellosigkeit der Bilder, und das ungelenkige der Darstellung gerne übersieht , worinn dies einstimmige Gefühl der treuerges benen Unterthanen hier gekleidet ist.

Dritter und

Vierter Abſchnitt.

Von den Mängeln der

Sprache

und

der

Schreibart

in den Beiträgen. ,

Einleitung, Fehler wider die Sprach - Regeln. Misbrauch fremder Worte. Mangelhafter Pez riodenbau. Pleonasmen, unrichtige Zusammene fellung der Begriffe. Fehlerhafte Zeichnung der Bilder, Schluß,

Die große Anzahl von Berichtigungen , welche durch die häufigen Verstoße der Beiträge gegen Geschichte und Staats- Recht erforderlich wurden , hat den vorhergehens den zweiten Abschnitt unwillkührlich sehr verlängert. Schon deshalb håtte der dritte und vierte , um den Leser nicht ganz zu ermüden , zusammengedrängt werden müſſen ; und der Inhalt beider Abschnitte verstattet eine solche An näherung , wie hier geschehen ist , auch sehr schicklich, Bei dem Urtheile über die Fehler wider Sprache und Schreibart , welche in diesem Werke vorkommen , hat die Bemerkung zur Grundlage gedient , daß der Verf. schön

183 zu schreiben glaubt und sucht.

Je größere Vorzüge nun

aber ein schöner Stil , durch gebildeten , geschmackvollen Ausdruck , dem Vortrage der Geschichte verleihet , je schwes rer das rechte Maas deſſelben, gerade bei dieſer Wiſſenſchaft, zu treffen ist , damit er deutlich ohne Weitschweifigkeit, körnigt ohne Dunkelheit , belehrend ohne platten Ausdruck, ergreifend ohne dichterischen Flug , sey und bleibe ; je we niger wir auch über einen Reichthum unsrer Muttersprache an solchen schönen Vorträgen im Fach der Geschichte uns zu beschweren haben ; desto natürlicher und billiger wird das Verlangen und Begehren , in einer gefchichtlichen Ar beit , deren Ansprüche auf einen ausgezeichneten , glänzen= den Vortrag nicht zu verkennen sind , überall reine Sprache und richtige Zuſammenſeßung der Begriffe , stets eine paſ sende Anwendung gut gewählter Bilder zu finden. Allein der Mangel an allen diesen Erforderniſſen wird in den Beiträgen bald sichtbar. Es fehlt ihnen an einer reinen deutschen Sprache. Ohne die Nachläßigkeiten zu rechnen ,

wo zuweilen die

ersten Regeln der Sprachlehre nicht genau beobachtet sind, wie S. 3. sein Einfluß auf dem ganzen Verkehr , statt auf das ; S. 9. eine heitre Ansicht ließ ihm treffen statt ihn ; S. 26. Gefahren, die ihn nicht hoffen ließ st. ließen; S. 39. Er beståttigte das Band der Eintracht zwischen ihm und seinen Unterthanen st. zwischen sich und 2c.; S. 44. das unter beiden Territorien übliche Abschoßrecht ſt. zwischen beiden ;

der

große Zulauf

verschafften st. verschaffte S. 69. u. s. w. Fehler, die zum Theil auf die Rechnung des entfernteren Druckor , tes und Sehers kommen können ; ohne diese zu rechnen , ist des Verf. Hang , unnöthigerweise eine große Menge frem der Worte einzumiſchen , deren Sinn sehr gut im Deut schen auszudrücken stand ,

der Reinigkeit seiner Sprache

sehr nachtheilig geworden.

Es finden sich solcher Worte:

184 fast 300 in diesem kleinen Werke , und daher können nur die merkwürdigsten hier zum Beweise angeführt werden. Diese sind z . B. Constellation , reell , Moment , pernicids, Caste , enrolliren , total , precaire , Qualitåt , repråſentiren, Legislation , Coalifation , Limitar , Exequien , Lethargie, vindiciren , Proximitåt , Insurrection , imaginår , homos gen, Complicationen , frappant , translocirt, diametral, universell, Deliberationen , Spontaneitåt , Effekt , Depras vation , tranfigirend , ratihabirt , reciprok , lucrativ, ſuperſtitids , papiſtiſcher Catholicismus , decidirende Norm, Dislocation, Alienation , Oppignoration , Permutation, Isolation, funest , important , Revenůen u . s. w. Daß alle diese , zum Theil sesquipedalischen Worte den Vortrag nicht fließend , sondern holpricht , bundschåckig machen, daß die deutschen Benennungen für sie nicht entfernt liegen, wird jeder Leser fühlen. Zwar sind ähnliche Bezeichnungen, je nachdem der Gegenstand des Werkes ist , oft kaum, oft nicht zu vermeiden , ohne in eine gezierte Schreibart zu verfallen. Allein , selbst nach der Wegråumung aller 300 vorhin erwähnten Worte , bleiben in den Beiträgen doch noch immer beinahe 200 fremde übrig , denen fast das Bürgerrecht in unsrer Muttersprache ertheilt ist , wies wol sie nicht Deutsch sind. Ueberhaupt aber ward dem Verf. , sobald er ein solches Kunstwerk anlegen wolte, das seinem erleuchteten Landesherrn dargebracht werden konnte , eine viel reinere und viel gebildetere Sprache noths wendig , als etwa in einer Rechtsgelehrten Saßschrift, wo Blumen unnütz , ausländische Worte hingegen oft paffend, oft unerläßlich sind. 4 Oder, sollte der so häufige Gez brauch dieser Worte etwa pine Fülle fremder Sprachkennt niffe verrathen ? Doch , auch dann war es allemal_beffer, in einer deutschen Schrift , über ein deutsches Werk, einem Land, deutschen Fürsten gewidmet , den Beweis eines feinen richtigen Gefühls für den Werth der Muttersprache zu

20

185 geben, als irgend eines andern Sprachtalents. Sprache ist das vornehmste Unterscheidungszeichen der Völker , " ruft uns ein Kenner zu , „ iſt gleichsam ihre wahre Natios nal- Tracht. Sie können nie Fleiß genug anwenden , diez felbe von dem Albernen , dem Pöbelhaften , dem Unges mächlichen zu ſåubern ,

ſie anståndig ,

paſſend und

reißend zu machen , um darinn Beifall zu erlangen , oder Spott zu vermeiden. « *) Auch waren die fremden Worte in den Beiträgen. 请 weil sie , durch ihre

oft desto unnöthiger und müſſiger ,

unmittelbare Vereinigung mit deutschen gleich bedeutenden, So ist Pleonasmen und Tautologien hervorbrachten. offenbar schon . S. 1. der Ausdruck : ein einzelnes Ins disiduum , ein Pleonasmus , und einerlei Begriff erst ·Deutsch , ・ dann- gleich auch Lateiniſch gesagt ;

eben daß

gilt von den Ausdrücken : die physische Natur S. 8, eine höhere Art der Industrie und des Erwerbs fleißes S. II , er berief einen Convocations: Lag S. 14, ein täuschendes Phantom S. 16 , man sahe die Aussichten in der Perspective ebend. , reichs städtische Opulenz und Wohlhabenheit S. 31 , die Leitung und Direktion der Commission S. 37, fremde Vagabonden und loses Gesindel S. 45 , die freie Selbstständigkeit und Spontaneitåt S. 47 , die ganze Lotalitat S. 48 , chaotische Verworrenheit S. 49, fromme Legenden und Heiligen Sagen S. 69, wider die Natur des Meckt. Rechts Idioms , ( d. h. wider die Natur der besonderen Eigenschaft Meckt. Rechts . ) S. 87.

des

Außerdem aber hat der Verf. zuweilen lateinische Worte in einem Sinne gebraucht , den sie eigentlich nicht haben. Er sagt z. B. S. 20 : die Abfaffung einzelner Le= gislationen , also einzelner Gesekgebungen ; was *) . Von Schlieffen Geschichte des Geschlechts zc. S. 272.

186 er doch nicht andeuten wollte , sondern Gefeße ! Er sagt S. 60, Peymann war committirt zu einem Geschäfte, statt : er war dazu einberufen , welches doch commit tere nirgends heißt.

Man lieset S. 32 , Rostocks Verfass

sung

überwiegende Proximitat zur

enthielt

eine

republicanischen Form , und es foll hier offenbar Annå he rung verstanden werden , welches aber bekanntlich appro pinquatio auf Latein heißt ;

wogegen proximitas nur

Nåhe ausdrückt , nach der bekannten Stelle aus Ovid, die auch aufdiesen Verstoß paßt : et latet vitium proximi tate boni . In der Untersuchung ,

ob die deutsche Sprache an sich

in diesen Beiträgen richtig gebraucht sey , kann man die, gegen einzelne Theile der Sprachlehre begangenen Fehler, als z. B. es war die Absicht um das zu thun S. 45 , die Unzufriedenheit auf ihn S. 36,

Handlungen die auf

die Verfassung von Bedeutung sind , S., 57 , die erste.f Ursache zu allen Mishelligkeiten S. 12 , der Plan hatte hiebei den meisten Einfluß S. 24 , man stellte ihnen daraus Vorbedeutungen S. 43. u . s. w. übergehen ; weil dies zu weit führen würde .

Eben so fallen nicht selten

Redefäße auf, bei denen der Wohllaut ganz außer Acht. gelassen ist; wie z. B. die Wiederholung der Worte auf und auf, war und waren , wurden und wurden , Heer und verheerend ,

Reich und Reichs ,

oft sehr kurz hinter einander. * )

in Einer Periode,

Nicht weniger wird der

Mangel richtiger Verbindungs- Worte in einer Periode, so wie überhaupt eines gefälligen , gut abgemessenen Pe= rioden - Baues ,

oft bemerklich .

So der Anfang eines

Sahes mit : Es betṛaf, S. 4. 5. 25. 83. 89. ohne eigent lichen Zusammenhang mit dem vorhergehenden ; so die Stellen : Auf einem Fleck , die erst kürzlich , S. 65;

*) Beiträge S. 95 , 14. 52. 79. 53. 13. 73.

187 eine Erscheinung bei Hofe,

der absichtlich , ebend.;

die Hände, die befürchteten , S. 4. das Herzogliche Haus . Als eine solche sollten S. 38. So endlich die Perioden: Es betraf bis befürchtete S. 4. hinterließ bis gekommen wäre S. 14. mochte S. 62. u . s. w.

Er

Aber bis

Jedoch kann sich die Beurtheilung dabei weniger verá weilen ,

als bei einigen andern Mängeln ,

die in der

Echreibart dieses Werks ausnehmend hervorspringen.

Es

find das die häufigen Pleonasmen , die unrichtige Zusam menfügung oft ganz widersprechender Begriffe, und der so mannigfaltige Gebrauch unpassender , verzeichneter Bilder. Von denjenigen Pleonasmen , welche die unnöthige Einschaltung so vieler Worte aus fremden Sprachen verurz facht hat, ist schon vorhin geredet worden.

Die rein

deutſchen Pleonasmen aber find in den Beiträgen vers muthlich mit daher entstanden , weil sich der Verf. in feinem Periodenbau so sehr die Häufung bezeichnender Beis wörter hat angelegen seyn lassen. Allenthalben findet man in dem Werke doppelte Prädicate eines und desselben Sub jects. zeugen.

Sie sollen vielleicht von einer Fülle der Begriffe Allein , wenn die vielen Beiworte nicht verſchies

dene Begriffe , fondern nur verſchiedene Bezeichnungen und Ausdrücke ebendesselben Begriffes darbieten ; wenn die verschiedenen Ausdrücke nur Einerlei Sinn geben ; dann ist es nicht Fülle der Begriffe , die dem Leser mitgetheilt wird, sondern etwas anderes , nicht sehr erwünschtes , die Worts fülle , welche so leicht zu Tautologien und Pleonasmen ver Leitet ; wie hier augenscheinlich der Fall ist.

Denn so lieset

man S. 4: die gewagtesten und verwegenſten Unterneh mungen ; S. 7. von den schädlichsten und verderblichſien Folgen ; S. 8. die unsichere und gefahrvolle Regierung des Herzogs ; S. 12. das Misvergnügen und die Unzufrieden heit der Stände ; S. 13. ein Heer von ansteckenden Seu

188 chen; S. 15. ein daurender und bleibender Friede ; S. 23. Oesterreichs eigennüßiges Vergrößerungs- System ; S. 27. heilsame und nützliche Verordnungen ; S. 42. heilsame und nüßliche Reformen ; S. 44. die nüßlichsten und heilsamsten Constitutioren ; S. 47. unter dem sicherns den Schuß des Staats ; S. 69. die günstigsten Hofnungen ; S. 64. mit den günstigsten Hofnungen schmeicheln ; S. 70. ein verkehrter Aberglaube ; S. 79. eine kräftige und nachs drückliche Erklärung ; S. 90. eine fremde , ausländische Regierung , S. 98. die dunkeln Geheimnisse : - Alles Stellen, wo zwei Prädicate nur einerlei sagen , oder wo das Prädicat dem Subject keinen verånderten , erweiterten Sinn verleihet. Von unrichtiger Zusammenstellung der Begriffe , oft ganz widersprechender Begriffe , ist die Schreibart in den Beiträgen eben so wenig frei. Es sind dahin die Aus drücke zu rechnen : Man konnte davon nicht den ſicherſten und bequemsten Nußen ziehen , S. 7. Denn ein bequemer Nußen giebt keinen Sinn : der Nußen kann Bequemlichkeit verschaffen , er ist aber selbst nicht bequem. Ferner : Er verzweifelte an den Mühseeligkeiten dieser Arbeit S. 8. Auch fehlerhaft : Man kann wol am Erfolge einer Arbeit verzweifeln , an einer Arbeit selbst, wegen der dabei vorkommenden Mühseeligkeiten ; nicht¸ aber an diesen lehteren. → Eben so: Er hatte eine all feitigere Bildung bekommen , S. 16 , wo der Compas rativ ganz fehlerhaft angebracht ist , zumal als Folgewort von vielfachere : denn der Begriff: allseitig leidet 1 keine Vergrößerung , keine Erhöhung ; mehr als von allen Seiten kann man wohl nicht gebildet werden. Eben so : Es mangelte an allem , und sogar am Nothwendigsten, S. 11 ; eine widerfinnige Steige rung , welche schon früher angemerkt worden ist. - So fagt der Verf. auch fehlsam : der Herzog erbot sich , die Aufnahme der Industrie zu unterstüßen ; Er wollte dem größeren Flor wieder aufhelfen , S. 28. 65. Denn durch Unterstützungen kann man wol die Industrie in Aufnahme bringen ; durch Aufhelfung der Manufakturen, ihnen zu größerem Flor wieder verhelfen ; allein wer vers mag eine Aufnahme zu unterstützen ? und ein größerer Flor bedarf keiner Wiederaufhelfung, nur Erhaltung ! - Gleich unrichtig heißt es : Er zog

Mys

189

eine allgemeine Theilnahme auf sich , S. 52. Der Verf. hat vielleicht dabei an Aufmerksamkeit gedacht ; ein Ausdruck, der auch zum übrigen des Bildes , zur 66 " glänzenden Erscheinung besser paßt ; die kann man auf sich ziehen und dadurch Theilnahme bewirken. Der Haupt- Inhalt dieser Angelegenheit , S. 57. ist auch unrecht ausgedrückt ; denn nur ein Buch u. f. w. hat Inhalt, nicht eine Angelegenheit. Desgleichen : Man versuchte dem Streit eine gutliche Auskunft zu geben, S. 52. Eine gute Wendung kann man dem Streite geben , oder eine gütliche Auskunft darüber treffen ; das oben gesagte aber nicht. Weiter ist uns richtig die Wichtigkeit, mit der man dies Project ansah, S. 58 ; indem der Begriff der Wichtigkeit mit dem Sinne des Gesichts nicht gepaart werden kann ; son dern vielmehr dem Project selbst , nicht der Prüfung deſſel ben durch die Betrachtung , beigelegt werden muß.. Ferner : die übliche Landes - Trauer ward angestellt, S. 63. wo es nur heißen darf: Sie ward verordnet , an -gesagt , angelegt. Eben so ist folgender Sah unrichtig gegeben: die Sache fand nicht überall so eifrige Lob redner als bisher ; S. 6o. weil die Orts · Bestimmung: überall; nicht zum Gegensaße einer ähnlichen, als z.B. wie hier, wie in Mecklenburg ; sondern zum Gegensatz einer Zeitbestimmung : bisher; und also mit Unrecht - • gebraucht ist. Ganz widersinnige Begriffe enthalten noch die Ausdrücke : Einzelnheiten im Auszuge an= geben, S. 6. Denn wie ein einzelnes Ding noch könnte →→→ extrahirt werden , ist nicht wohl zu begreifen. Eben sor die Regenten suchten alle Handelsstädte zu erbunters thånigen Verkörperungen ihrer Staaten zu machen, S. 34. Hat hier vielleicht durch eine Ueber sehung der Gedanke des incorporirens ausgedrückt werden follen , desto schlimmer ! Denn eine Incorporation ist keine Verkörperung ; diese steht , ihrem Begriffe nach , im Ges gensaße von Geist, und nur ein Geist kann sich verkörpern, nicht aber eine Stadt , die, unsers Wissens schon ein ganz 1 zer Körper ist. Und nun gar der Begriff: Etwas zu einer Verkörperung machen! und vollends zu einer erbunterthänigen Verkörperung ! Der unrichtig gewählten , oder verkehrt angebrachten Das Bilder giebt es in dieser Schrift nicht wenige.

190 lette ist unter andern S. 7. geschehen, wo gesagt wird: " Es hielt schwer , bei dem verschiedenen Interresse der ,, Parteien , die stürmischen Wogen eines wildempörten ,, Meeres zu besänftigen , " und mit Unrecht : weil der Nachfaß einer, im Vordersate ohne Bild angelegten Er zahlung , auch nicht mit einem Bilde endigen darf. Von den unrichtig gewählten Bildern fallen folgende auf: die vorübereilenden Zwischenräume , S. 15 ; wo unstreitig die Vorstellungen von Raum und eilen nicht wohl zusammen paſſen . → Die Thaten einer Per fon mit dem Pinsel auftragen ; " (Vorrede). - Die Kunst durfte ihre Schäße entwickeln, S. 46,; die Schäße, welche so klein sind , daß sie eingewickelt * können transportirt werden , mögten wel nicht wichtig feyn. Ihre mächtigen Fortschritte , S. 84 ; wel cher Schritt hat Macht? Größe , Schnelligkeit findet man wol bei Schritten , nicht aber das hier gebrauchte Prådi caf. ( Eben so : Er sorgte für die Erweiterung des Ansehens , S. 96 ; Unrichtig : denn einen Gegenstand, der weit oder eng anzusehen wäre , giebt es nicht. Das bilder den Schlußstein zu jener Reihe von Erweites rungen, S. 98. Eine Reihe hat wol Enden, Punkte, aber keine Schlußsteine ; die gehören , nach den Regeln der Baukunst , für ein Gewölbe. Unter den , unrichtig zu fammengefeßten Bildern sind besonders merkwürdig : Er hoffte, die Ruhe werde endlich hereinbrechen , S. 16. Man kann nicht leicht etwas widersprechenderes und zugleich lustigeres sich denken, als eine Ruhe , die bricht, und hereinbricht, wobei es also gewiß nicht ruhig hergeht ! Der Herzog hatte die engeren Subjections Verhältnisse dadurch nå her, und bestimmter, als bisher , befestigt , • S. 38. Welche Menge von Bezeich nungen, die gar nicht zusammen gehören , in diesem Bilde! eng wird mit bestimmt , und mit Verhältnissen ,bestimmt mit befestigen gekuppelt ! Dazu ein enges Verhältniß, d. i. eine enge Proportion , statt einer genauen , richtigen, großen, oder kleinen! Die Stadt hatte sich in die drückendsten Schuldenlasten verwickelt, S. 43. Wie kann aber ein Druck Verwickelungen hervorbringen, und auf welche Weise verwickelt man sich in Lasten ? Ein auffallendes Bild ist noch dieses : die Universität ſollte, unter den Aufpicien gelehrter Månner, ihre neue -La u f

191 bahn, wie unter dem ichirmenden Obdach eines günstig waltenden Gestirns , beginnen, S. 42. Beis nahe so viel Fehler als Worte ! Daß dies Bild in unferm nördlichen Clima , wo es oft regnet und schneyet , entwor fen ist , merkt man an dem schirmenden Oboa ch, wels ches der Laufbahn vorsichtigerweise gegeben worden ; denn im Vaterlande der Wettläufe waren die Bahnen , so viel bekannt ist , unbedeckt , unter freiem Himmel. Daß ferner ein Gestirn zum Dache gemacht wird , ist auch etwas neues : sonst war man unterm Sternenhimmel ziem lich in freier Luft. Und endlich håtte der neue Lauf wohl besser unter der Leitung eines Gestirns begonnen werden können , um in dem Bilde , dem Gedanken an die Schife fahrt der Alten getreuer zu bleiben ! Eben so verzeiche net ist das Bild S. 49 : », Man darf dieſe Regierung mit den heraufsteigenden Stralen der kaum begins ,, nenden Morgen - Röthe vergleichen. " Die Mor gen -Röthe hat ja keine Stralen , denn sie ist ja kein Licht, sie ist nur Refler des Lichts , und hat mithin nur Schein , höchstens Schimmer. Auch können die Stralen nicht heraufsteigen, sie schießen her auf, weil man ihnen , als Lichtstrom , keine so langsame Bewegung beilegen darf, wie etwa der Sonne , als einem großen Körper : daher auch nur diese lehte heraufz Weiter lieset man mit Verwunderung S. 48 : Reigt. " Die Regierung entfernte aus den Formen des ,, bürgerlichen Lebens alle Ansichten , die nicht zu dem Geiste eines ungeläuterten Begriffs vom - Protez ,,stantismus stimmten. Ist der Sinn dieses Sahes zu fassen , ist er durch die Bilder anschaulicher geworden ? Schwerlich! Denn wie entfernt man etwas aus den Formen, wenn es nicht etwa Kachen Formen find? Und wie werden Ansichten aus Formen entfernt ? Auch können Ansichten wol nicht zusammen stimmen; es müßte denn melodische Ansichten geben ! Und nun endlich der Geist eines Begriffs ! Das ist ja recht le fin du fin ; und gar zu hoch für ein gewöhnliches Fassungs - Ver mögen! Zuleht noch , und im Schlußsatze der ganzen Schrift ist das unrichtig zusammengesetzte Bild angebracht : " Der Glanz des Herzoglichen Hauses werde in feiner angestammten Hoheit hervorleuchten. " S. 99. Erst also bemerken wir hier die Hoheit eines Glanzes , dann

192 die angestammte Hoheit des ursprünglichen Glanzes , und zuletzt wird der Glanz in seiner Hoheit hervorleuchten ! Eine Stufenfolge ist in dieser Periode freilich , und in so ferne wird der Schluß gahz rhetorisch : aber was ist sonst wol richtig im Bau dieser Periode?

Und nun wären wir am Ende dieser ganzen , den Beis trågen gewidmeten Beurtheilung. Ihr Grund und ihre Absicht lassen sich nicht kürzer noch bestimmter zusammens faffen , als mit den goldenen Worten des großen dichteris schen Critikers der Alten : Ihr, die ihr schreiben wollt , vor allen Dingen wählt einen Stoff , dem ihr gewachsen seyd, und wäget wohl vorher , was eure Schultern vermögen oder nicht , eh' ihr die Laft zu tragen übernehmt. Wer seinen Stoff # so wählte , dem wird's an´ Gedanken und Klarheit nie , auch nie an Ordnung fehlen. *) Horaz Brief an die Piſonen , nach Wielande Uebers. Vers 72 - 78.

* Sumite materiam vestris, qui scribitis, aequam' viribus, et versate diu, quid ferre recusent quid valeant humeri : cui lecta potenter erit res、 nec facundia deseret hunc, nec lucidus ordo.