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Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Herausgeber / Editor Jörg Frey (München) Mitherausgeber / Associate Editors Friedrich Avemarie (Marburg) Judith Gundry-Volf (New Haven, CT) Hans-Josef Klauck (Chicago, IL)
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Aufgabe und Durchführung einer Theologie des Neuen Testaments Herausgegeben von
Cilliers Breytenbach und Jörg Frey
Mohr Siebeck
Cilliers Breytenbach: Geboren 1954; ist Professor für Neues Testament mit dem Schwerpunkt Religions-, Literatur- und Zeitgeschichte des Urchristentums an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin und außerordentlicher Professor für Neues Testament an der University of Stellenbosch (Südafrika). Jörg Frey: Geboren 1962; ist Professor für Neues Testament mit dem Schwerpunkt Neues Testament und antikes Judentum an der Evangelisch-theologischen Fakultät der LudwigMaximilians-Universität München.
e-ISBN PDF 978-3-16-151494-4 ISBN 978-3-16-149252-5 ISSN 0512-1604 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2007 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen aus der Times-Antiqua gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.
Vorwort Der vorliegende Band über die Aufgabe und die Probleme der Durchführung einer Theologie des Neuen Testaments geht im Kern auf eine Fachtagung zurück, die, von den beiden Herausgebern initiiert, im Rahmen einer Projektgruppe der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie vom 2.– 3. Juni 2004 in Berlin stattfand. Diese Projektgruppe zu neueren Gesamtdarstellungen der neutestamentlichen Wissenschaft hatte das Erscheinen der „Theologie des Neuen Testaments“ von Ferdinand Hahn zum Anlaß genommen, im Kreise von überwiegend deutschen Fachkollegen über die Aufgabe und die Probleme der Darstellung einer neutestamentlichen Theologie zu diskutieren und relevante Aspekte dieses Werkes interdisziplinär und im ökumenischen Horizont, d. h. von Neutestamentlern und Systematikern beider großen Konfessionen, beleuchten zu lassen. Die in diesem Band dokumentierten Beiträge der ntl. Exegeten J ÜRGEN BECKER, RUDOLF HOPPE und FRIEDRICH WILHELM HORN und der Systematiker WOLF KRÖTKE, PETER NEUNER und NOTGER SLENCZKA liegen hier in ausgearbeiteter und z. T. erweiterter Form vor. FERDINAND HAHN hat ein Nachwort verfaßt, in dem er seinen eigenen Ansatz im Kontext bisheriger, verwandter Entwürfe und auf dem Hintergrund der formulierten Anfragen begründet. Um den Problemhorizont zu erweitern, haben die Herausgeber einschlägig ausgewiesene Autoren aus dem außerdeutschen Sprachraum (C. K. BARRETT, J AMES D. G. DUNN, ROBERT MORGAN, J OHN REUMANN, J OHAN S. VOS und HEIKKI RÄISÄNEN) um Beiträge zu den Fragen nach Berechtigung und Aufgabe einer neutestamentlichen Theologie sowie ihrem Verhältnis zu einer ‚Religionsgeschichte des Urchristentums‘ gebeten. Hinzu kamen außerdem die programmatischen Entwürfe von JENS SCHRÖTER und FRANÇOIS VOUGA sowie der Beitrag von KARL KARDINAL LEHMANN, der auf den Festvortrag bei der akademischen Feier zum 80. Geburtstag Ferdinand Hahns in der Ludwig-Maximilians-Universität München zurückgeht. Eine erste Gruppe von Beiträgen widmet sich der Problemlage und dem Stand der Diskussion um die ‚Theologie des Neuen Testaments‘. Zu nennen sind hier – neben dem Einführungsartikel von JÖRG FREY – der Beitrag von RUDOLF HOPPE, der die Bemühungen der römisch-katholischen Exegese um die neutestamentliche Theologie aufnimmt und die Relevanz der Arbeit Hahns insbesondere für die ekklesiologische Diskussion im ökumenischen Horizont würdigt. Hinzu kommen die Beiträge zweier Repräsentanten der angelsächsischen Diskussion: JOHN REUMANN, der einzige nord-
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amerikanische Autor in diesem Band, weist auf die Schwierigkeiten der Disziplin im amerikanischen akademischen Umfeld hin und beleuchtet knapp unterschiedliche Praxisfelder, in denen eine ‚Summe‘ der neutestamentlichen oder auch biblischen Theologie Nutzen bringen kann. Dabei weist er zugleich auf die Probleme hin, in die eine solche Arbeit angesichts aktueller Herausforderungen in Kirche und Gesellschaft gelangen kann. ROBERT MORGAN beleuchtet besonders die britische Forschung und reflektiert die ‚anglikanische Aneignung‘ der ursprünglich in der deutschen lutherischen Tradition entstandenen Gattung der ‚Theologie des Neuen Testaments‘. Eine Reihe weiterer Beiträge bietet eigene programmatische Entwürfe für eine Theologie des Neuen Testaments oder widmet sich einzelnen Aspekten der Anlage oder Durchführung eines solchen Werks. An erster Stelle sind hier die beiden programmatischen Skizzen von JÜRGEN BECKER und J ENS SCHRÖTER zu erwähnen, in denen sich eigene Entwürfe einer zu erwartenden Theologie des Neuen Testaments erkennen lassen. FRANÇOIS VOUGA reflektiert die interpretatorische Aufgabe einer Theologie des Neuen Testaments auf dem Hintergrund seines eigenen, in französischer Sprache vorgelegten Entwurfs1. HEIKKI RÄISÄNEN exemplifiziert am Beispiel der Soteriologie seinen eigenen Ansatz einer religionswissenschaftlichen Alternative zur neutestamentlichen Theologie. Einer der Altmeister der britischen Exegese, C. K. BARRETT, reflektiert das Verhältnis von Historie und Theologie, und JAMES D. G. DUNN erörtert in enzyklopädischem Durchgang einige der thematischen Felder neutestamentlicher Theologie und die damit verbundenen Herausforderungen. Der niederländische Neutestamentler J OHAN S. VOS, der andernorts eine sehr kritische Rezension der Theologie Hahns veröffentlicht hat2, widmet sich dem Verhältnis von Theologie und Rhetorik in den Paulusdarstellungen einiger Interpreten und plädiert für ein rein geschichtliches Verständnis der Theologie des Neuen Testaments unter Heranziehung einer Pluralität von Perspektiven. Eine letzte Gruppe von Beiträgen nimmt noch einmal das detaillierte Gespräch mit dem opus magnum Hahns auf. Der Systematiker NOTGER SLENCZKA reflektiert am Beispiel dieses Entwurfs die Frage, inwiefern eine Theologie des Neuen Testaments von der Offenbarung als der Voraussetzung des Glaubens ausgehen kann oder umgekehrt von der Erfahrung des Glaubens auszugehen hat. FRIEDRICH WILHELM HORN erörtert im Blick auf die Darstellung Hahns das Verhältnis von Theologie und Ethik innerhalb der neutestamentlichen Wissenschaft und den Ort der Ethik innerhalb einer neutestamentlichen Theologie. Der römisch-katholische Dog—————— 1 2
F. VOUGA, Une théologie du Nouveau Testament, MoBi 43, Genève 2001. J.S. VOS, Rez. Ferdinand Hahn, Theologie des Neuen Testaments, NT 46 (2004), 198ff.
Vorwort
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Dogmatiker PETER NEUNER beschäftigt sich im Rekurs auf Hahns Ansatz mit fundamentaltheologischen Implikationen einer Theologie des Neuen Testaments. Der evangelische Systematiker WOLF KRÖTKE problematisiert am Beispiel der neutestamentlichen Gerichtsvorstellungen die Art und Weise, in der – auch bei Hahn – die ‚Sperrigkeit‘ widersprüchlicher Aussagen behandelt wird und fragt, wie sich angesichts dieser Divergenzen die Eindeutigkeit der christlichen Hoffnung formulieren läßt. Schließlich würdigt KARL KARDINAL LEHMANN, der selbst durch seine Dissertation auch in der neutestamentlichen Wissenschaft ausgewiesen ist3, als Vertreter des römisch-katholischen Lehramtes die Bedeutung der kritischen Bibelwissenschaft für Kirche und Gesellschaft. Die Beiträge dokumentieren, daß auch angesichts der neuesten ‚Summe‘ der neutestamentlichen Wissenschaft und trotz ihrer unbestreitbaren Verdienste wesentliche Grundfragen der Anlage und Durchführung einer neutestamentlichen Theologie strittig bleiben. Die Aufgabe, die theologischen Aussagen und Konzeptionen des Neuen Testaments in historischer wie auch in sachlicher Hinsicht zu bedenken und für andere theologische Disziplinen und für den kirchlichen und öffentlichen Diskurs zusammenfassend darzubieten, ist damit keinesfalls erledigt. Der vorliegende Band soll dazu dienen, das Bewußtsein für diese Aufgabe wachzuhalten und die dabei zu bewältigenden Probleme zu sichten. Daß es zu diesem Band kommen konnte, verdanken wir der Freundlichkeit vieler Menschen: Wir danken zunächst der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie und den Verantwortlichen der Fachgruppe Neues Testament, den Kollegen Friedrich Wilhelm Horn und Jens Schröter, für die Ermöglichung der Berliner Tagung. Allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Tagung danken wir für die anregende Diskussion, den Referenten und den zusätzlich angefragten Autoren danken wir sehr herzlich für ihre engagierten Beiträge. Ohne die organisatorische Unterstützung der Sekretariate in Berlin (Ines Löchert und Dr. Anja Sakowski), München (Christina Rink, Stephanie Gripentrog und Brigitte Becker) und Mainz (Jutta Nennstiel) wären weder die Tagung noch der vorliegende Band zustande gekommen. Das Berliner Team mit Dr. Anja Sakowski und den studentischen Hilfskräften Sebastian Bear-Henney, Anne-Kathrin Gahl und Matthias Müller hat die Beiträge editorisch bearbeitet, die Druckvorlage erstellt und die Korrekturen mitgelesen. In München hat Tanja Schultheiß die Register erstellt. Der Verlag Mohr Siebeck, bei dem auch Ferdinand Hahns opus magnum erschienen ist, hat den Band bereitwillig in sein Programm aufgenommen, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ver—————— 3 K. LEHMANN, Auferweckt am dritten Tag nach der Schrift. Früheste Christologie, Bekenntnisbildung und Schriftauslegung im Lichte von 1 Kor 15,3–5, QD 38, Freiburg etc. 1968.
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lag, insbesondere Frau Jana Trispel, haben den Band in gewohnt vorbildlicher Weise betreut. Allen Beteiligten gilt unser herzlicher Dank.
Berlin/München, im Oktober 2006
Cilliers Breytenbach und Jörg Frey
Inhaltsverzeichnis I ‚Theologie des Neuen Testaments‘ in der Diskussion JÖRG FREY Zum Problem der Aufgabe und Durchführung einer Theologie des Neuen Testaments …...……………………………….3 RUDOLF HOPPE Überlegungen zur Theologie des Neuen Testaments aus katholischer Sicht ….………………………………………………….55 JOHN REUMANN New Testament Theology, within Biblical Theology and Beyond, for Ecclesial and Ecumenical Uses ..…….………………………………..73 ROBERT MORGAN Made in Germany: Towards an Anglican Appropriation of an Originally Lutheran Genre .…………………………………………85
II Das Für und Wider einer ‚Theologie des Neuen Testaments‘ JÜRGEN BECKER Theologiegeschichte des Urchristentums – Theologie des Neuen Testaments – Frühchristliche Religionsgeschichte ………..……………………...……115 J ENS SCHRÖTER Die Bedeutung des Kanons für eine Theologie des Neuen Testaments. Konzeptionelle Überlegungen angesichts der gegenwärtigen Diskussion ...........……………………….135 FRANÇOIS VOUGA Die Aufgaben der Theologie des Neuen Testaments. Verstehen als interdisziplinäre Kunst der Interpretation ………..………159 HEIKKI RÄISÄNEN Towards an Alternative to New Testament Theology: Different ‘Paths to Salvation’ ……………………………………………175
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Inhaltsverzeichnis
C.K. BARRETT Historia Theologiae Genetrix ..………..…………………………………205 JAMES D.G. DUNN Not so much ‘New Testament Theology’ as ‘New Testament Theologizing’……………………………………….225 JOHAN S. VOS Theologie als Rhetorik ……………………………………………….….247
III Die eine ‚Theologie des Neuen Testaments‘ – ein Gespräch mit der systematischen Theologie NOTGER SLENCZKA Systematische Bemerkungen über die Aufgabe und den Ansatz einer Theologie des Neuen Testaments am Beispiel des Entwurfes von Ferdinand Hahn ..……………..……….275 FRIEDRICH WILHELM HORN Die Nachfolgeethik Jesu und die urchristliche Gemeindeethik. Ihre Darstellung innerhalb Ferdinand Hahns Theologie des Neuen Testaments …………………………………………………...287 PETER NEUNER Fundamentaltheologische Implikationen einer Theologie des Neuen Testaments …..….………………………….309 WOLF KRÖTKE Erlaubt die ‚Einheit‘ der Theologie des Neuen Testaments eine eindeutige Hoffnung? Eine Frage an Ferdinand Hahn ………………...………………………...319 KARL KARDINAL LEHMANN Die Bedeutung von Bibel und Bibelwissenschaft für Kirche und Gesellschaft …....………………………………………..335
FERDINAND HAHN Nachwort …………………………………………………………………347
Register ..…………………………………………………………………357 sd
Autorenverzeichnis Charles Kingsley Barrett, PhD, ist emeritierter Professor of Divinity am Department of Religion and Theology der University of Durham (Großbritannien). Jürgen Becker, Dr. theol. habil., ist emeritierter Professor für Neues Testament und Judaistik an der Theologischen Fakultät der ChristianAlbrechts-Universität Kiel. Cilliers Breytenbach, Dr. theol. habil., ist Professor für Neues Testament an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin sowie außerordentlicher Professor für Neues Testament an der University of Stellenbosch (Südafrika). James D. G. Dunn, PhD, ist emeritierter Lightfoot Professor of Divinity am Department of Theology and Religion, University of Durham (Großbritannien). Jörg Frey, Dr. theol. habil., ist Professor für Neues Testament an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ferdinand Hahn, Dr. theol. habil., Dr. theol. h. c., ist emeritierter Professor für Neues Testament an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Rudolf Hoppe, Dr. theol. habil., ist Professor für Exegese des Neuen Testaments an der Katholisch-theologischen Fakultät der Rheinischen Wilhelms-Universität Bonn. Friedrich Wilhelm Horn, Dr. theol. habil., ist Professor für Neues Testament an der Evangelisch-theologischen Fakultät der JohannesGutenberg-Universität Mainz. Wolf Krötke, Dr. theol., Dr. h. c., ist emeritierter Professor für Systematische Theologie an der Theologischen Fakultät der HumboldtUniversität zu Berlin.
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Autorenverzeichnis
Karl Kardinal Lehmann, Dr. phil., Dr. theol., Dr. h. c. mult., war Professor für Dogmatik und Ökumenische Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg und ist seit 1983 Bischof von Mainz und seit 1987 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, seit 2001 Kardinal. Robert Morgan, PhD, ist Lecturer in New Testament Theology and Fellow of Linacre College, Oxford University (Großbritannien). Peter Neuner, Dr. theol. habil., ist pensionierter Professor für Dogmatik und Ökumenische Theologie an der Katholisch-theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Heikki Räisänen, PhD, ist Professor Emeritus of New Testament Exegesis an der University of Helsinki (Finnland). John Reumann, PhD, ist Professor Emeritus of New Testament and Greek am Lutheran Theological Seminary in Philadelphia, Pennsylvania (USA). Jens Schröter, Dr. theol. habil., ist Professor für Neues Testament an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig. Notger Slenczka, Dr. theol. habil., ist Professor für Systematische Theologie an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Johan S. Vos, Dr. phil., ist Universitätsdozent für Neues Testament an der Freien Universität Amsterdam (Niederlande) François Vouga, Dr. theol., Dr. theol. h. c., ist Professor für Neues Testament an der Kirchlichen Hochschule Bethel.
I ‚Theologie des Neuen Testaments‘ in der Diskussion
Zum Problem der Aufgabe und Durchführung einer Theologie des Neuen Testaments* von
JÖRG FREY Eine „Theologie des Neuen Testaments“ gilt nach wie vor als die ‚Summe‘ der neutestamentlichen Wissenschaft, die Summe der exegetischen, literatur- und religionsgeschichtlichen Bemühungen um die Auslegung der neutestamentlichen Texte, in der das Ganze dieser Wissenschaft und nicht zuletzt eine Zusammenfassung der Sachaussagen, der ‚Botschaft‘ des Neuen Testaments zur Darstellung gebracht wird. Diesen in der deutschsprachigen Forschungstradition entwickelten Konsens hat Georg Strecker 1975 in seinem Vorwort zu dem Band über die ‚Wege der Forschung‘ zur neutestamentlichen Theologie formuliert: Es sei „den verschiedenen Entwürfen … bei aller Mannigfaltigkeit ihrer Methoden und Ergebnisse nicht nur der neutestamentliche Schriftenkanon als Gegenstand, sondern auch die grundlegende Aufgabe gemeinsam …, nämlich die unterschiedlichen theologischen Konzeptionen des Neuen Testaments nach ihrer historischen und eschatologischen Ausrichtung, in ihrem Vergangenheits- und Gegenwartsbezug zu bedenken und dabei nicht nur die Verschiedenheit, sondern auch die Einheit der Theologie im Neuen Testament zu erfragen“1.
Die Orientierung am neutestamentlichen Kanon, die Frage nach der Einheit in der Vielheit und die Berücksichtigung des Gegenwartsbezugs der theologischen Konzeptionen des Neuen Testaments werden damit als Konsens einer fast 200 Jahre währenden Diskussion festgehalten. Aber obwohl die seither erschienenen ‚Summen‘ neutestamentlicher Wissenschaft, sofern sie den Titel ‚Theologie des Neuen Testaments‘ aufnehmen2, sich hinsicht—————— * Für kritische Hinweise danke ich meinem Kollegen Cilliers Breytenbach (Berlin) sowie meinem Assistenten Dr. Stefan Krauter (München) und meinem ehemaligen Assistenten PD Dr. Enno Edzard Popkes (Jena) sehr herzlich. Bei den Korrekturen half mir dankenswerterweise cand. theol. Tanja Schultheiß (München). 1 G. STRECKER, Vorwort, in: ders. (Hg.), Das Problem der Theologie des Neuen Testaments, WdF 367, Darmstadt 1975, VII–VIII (VII). 2 Vgl. im deutschsprachigen Raum seit der epochemachenden Arbeit von R. B ULTMANN, Theologie des Neuen Testaments, Tübingen 1953 (9., erw. Aufl., hg. v. O. Merk, Tübingen 1984) folgende Werke: H. CONZELMANN, Grundriß der Theologie des Neuen
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lich der Aufgabenstellung in vergleichbaren Bahnen bewegen, wird man doch nicht übersehen können, daß das Konzept einer neutestamentlichen Theologie an sich sehr viel strittiger ist3 – nicht nur im nordamerikanischen Kontext, in dem diese Disziplin kaum wirklich Fuß gefaßt hat4, son—————— Testaments, München 1967 (4. Aufl. bearb. von A. Lindemann, Tübingen 1987); W.G. KÜMMEL, Die Theologie des Neuen Testaments nach seinen Hauptzeugen: Jesus, Paulus, Johannes, NTD-Ergänzungsband 3, Göttingen 1969 ( 41980); K.H. SCHELKLE, Theologie des Neuen Testaments I–IV/2, Düsseldorf 1970–1976; J. JEREMIAS, Neutestamentliche Theologie I, Gütersloh 1971 ( 31979); E. LOHSE, Grundriß der neutestamentlichen Theologie, ThW 5, Stuttgart 1974 ( 51998); L. GOPPELT, Theologie des Neuen Testaments I–II, Göttingen 1976/77 ( 31980); A. W EISER, Theologie des Neuen Testaments II: Die Theologie der Evangelisten, Stuttgart 1993; J. GNILKA, Theologie des Neuen Testaments, Freiburg i. B. 1994; F. P ORSCH, Kleine Theologie des Neuen Testaments, Stuttgart 1995; G. STRECKER, Theologie des Neuen Testaments, hg. v. F.W. Horn, Berlin/New York 1996; F. HAHN, Theologie des Neuen Testaments I: Die Vielfalt des Neuen Testaments. Theologiegeschichte des Urchristentums, Tübingen 2002; DERS., Theologie des Neuen Testaments II: Die Einheit des Neuen Testaments. Thematische Darstellung, Tübingen 2002 (2., erw. Aufl. 2005); U. W ILCKENS, Theologie des Neuen Testaments I: Geschichte der urchristlichen Theologie, Teilbände 1–4, Neukirchen-Vluyn 2002–2005. 3 Vgl. dazu den Beitrag von J.D.G. DUNN, Not so much ‚New Testament Theology‘ as ‚New Testament Theologizing‘, in diesem Band. S. auch den Einstieg des Beitrags von J. REUMANN, New Testament Theology, within Biblical Theology and Beyond, for Ecclesial and Ecumenical Uses: „In America, it has long been common opinion that ‚Biblical theology is a subject in decline‘“, der damit eine Formulierung von John J. Collins aufnimmt. 4 Englischsprachige Entwürfe stammen mehrheitlich aus Großbritannien, nicht aus Nordamerika. S. dazu den Beitrag von R. M ORGAN, Made in Germany: Towards an Anglican Appropriation of an Originally Lutheran Genre, in diesem Band; zur nordamerikanischen Forschungslage s. den Beitrag von J. REUMANN, New Testament Theology (in diesem Band). – Vgl. zur Diskussionslage den Überblick von D.O. V IA, What is New Testament Theology?, Minneapolis 2002, sowie die in Edinburgh verfaßte Dissertation von P. B ALLA, Challenges to New Testament Theology, WUNT II/95, Tübingen 1997; weiter die älteren Darstellungen der Probleme bei B.S. CHILDS, Biblical Theology in Crisis, Philadelphia 1970; R. MORGAN, The Nature of New Testament Theology, London 1973; G. HASEL, New Testament Theology: Basic Issues in the Current Debate, Grand Rapids 1978; H. BOERS, What Is New Testament Theology? The Rise of Criticism and the Problem of a Theology of the New Testament, Philadelphia 1979; J.D.G. DUNN, What is New Testament Theology, in: ders. / J.P. Mackey (Hgg.), New Testament Theology in Dialogue: Christology and Ministry, Philadelphia 1987, 1–26, R. FULLER, New Testament Theology, in: E.J. Epp / G.W. MacRae (Hgg.), The New Testament and Its Modern Interpreters, Philadelphia 1989, 565–584, und J.R. DONAHUE, The Changing Shape of New Testament Theology, Horizons in Biblical Theology 11/2 (1989), 1–30. – S. aus neuerer Zeit die ‚Theologien‘ von G.E. LADD, A Theology of the New Testament, Guildford/London 1975; D. GUTHRIE, New Testament Theology, Leicester etc. 1981; L. MORRIS, New Testament Theology, Grand Rapids, 1986; G.B. C AIRD / L.D. HURST, New Testament Theology, Oxford 1994; I.H. M ARSHALL, New Testament Theology. Many Witnesses, One Gospel, Downers Grove 2004; F. T HIELMAN, Theology of the New Testament. A Canonical and Synthetic Approach, Grand Rapids 2005, sowie die Werke von
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dern auch in der neueren deutschsprachigen Theologie5, in der die klassischen Buchtitel „Neutestamentliche Theologie“ oder „Theologie des Neuen Testaments“ nach wie vor gebräuchlich sind6 und Vorlesungen unter diesem Titel zum Standardprogramm theologischer Fakultäten gehören. Alternative Entwürfe mit dem Titel „Theologiegeschichte“7 oder mit einem dezidiert religionsgeschichtlichen oder ‚religionswissenschaftlichen‘ (d. h. primär: nicht theologischen) Programm8 fordern die Diskussion um die —————— J.D.G. DUNN, Unity and Diversity in the New Testament. An Inquiry into the Character of Earliest Christianity, London 1977 (21991), und J. REUMANN, Variety and Unity in New Testament Thought, Oxford 1991, die den Titel ,Theology‘ vermeiden. 5 S. zur Diskussion neben den programmatischen Kapiteln der o. Anm. 2 genannten Theologien die Beiträge von H. B RAUN, Die Problematik einer Theologie des Neuen Testaments, in: G. Strecker (Hg.), Problem (s. Anm. 1), 249–277; L. G OPPELT, Die Pluralität der Theologien im Neuen Testament und die Einheit des Evangeliums als ökumenisches Problem, in: V. Vajta (Hg.), Evangelium und Einheit. Bilanz und Perspektiven der ökumenischen Bemühungen, Göttingen 1971, 103–125; F. HAHN, Exegese und Fundamentaltheologie, in: DERS., Studien zum Neuen Testament I (hg. J. Frey / J. Schlegel), WUNT 191, Tübingen 2006, 47–67; DERS., Vorfragen zu einer biblischen Theologie, ebd., 69–82; DERS., Urchristliche Lehre und neutestamentliche Theologie, ebd., 83–135; DERS., Zum Problem einer neutestamentlichen Theologie, ebd., 137–149; DERS., Eine religionswissenschaftliche Alternative zur neutestamentlichen Theologie? Ein Gespräch mit Heikki Räisänen, ebd., 151–162; DERS., Das Zeugnis des Neuen Testaments in seiner Vielfalt und Einheit. Zu den Grundproblemen einer neutestamentlichen Theologie, ebd., 163–181; O. MERK, Art. Biblische Theologie II: Neues Testament, TRE 6 (1980), 455– 477; DERS., Theologie des Neuen Testaments und Biblische Theologie, in: F.W. Horn (Hg.), Bilanz und Perspektiven gegenwärtiger Auslegung des Neuen Testaments, BZNW 75, Berlin/New York 1995, 112–143; J.M. ROBINSON, Die Zukunft der neutestamentlichen Theologie, in: H.D. Betz / L. Schottroff (Hgg.), Neues Testament und christliche Existenz, Festschrift für Herbert Braun, Tübingen 1973, 387–400; H. S CHLIER, Über Sinn und Aufgabe einer Theologie des Neuen Testaments, in: G. Strecker (Hg.), Problem (s. Anm. 1), 323–344; DERS., Biblische und dogmatische Theologie, ebd., 425–437; J. SCHRÖTER, Religionsgeschichte des Urchristentums statt Theologie des Neuen Testaments? Begründungsprobleme in der neutestamentlichen Wissenschaft, BThZ 16 (1999), 1–20; M. WOLTER, Die Vielfalt der Schrift und die Einheit des Kanons, in: J. Barton / M. Wolter (Hgg.), Die Einheit der Schrift und die Vielfalt des Kanons, BZNW 118, Berlin 2003, 45–68. 6 S. die o. Anm. 2 genannten Titel. 7 So W. SCHMITHALS, Theologiegeschichte des Urchristentums. Eine problemgeschichtliche Darstellung, Stuttgart 1994; K. BERGER, Theologiegeschichte des Urchristentums. Theologie des Neuen Testaments, Tübingen/Basel 1994 (2., erw. Ausg. 1995). 8 So H. RÄISÄNEN, Beyond New Testament Theology. A Story and a Programme, London/Philadelphia 1990; DERS., Neutestamentliche Theologie? Eine religionswissenschaftliche Alternative, SBS 186, Stuttgart 2000; G. T HEISSEN, Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums, Gütersloh 2000. Vgl. bereits H. K ÖSTER / J.M. ROBINSON, Entwicklungslinien durch die Welt des frühen Christentums, Tübingen 1991. – Das diesen und anderen Arbeiten zugrunde liegende Verständnis von „Religionswissenschaft“ oder „religionswissenschaftlich“ sowie die Unterscheidung von „Reli-
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Berechtigung, die Aufgabestellung und die Probleme der Durchführung einer ‚Theologie des Neuen Testaments‘ heraus. Auf der anderen Seite ist in einzelnen Arbeiten das nicht weniger definitionsbedürftige Attribut ‚biblisch‘ zurückgekehrt, so daß Werke mit dem Titel ‚Biblische Theologie (des Neuen Testaments)‘9 neben die lediglich ‚neutestamentlich‘ genannten Theologien treten.
I. Grundlegende Fragen In der Frage nach Aufgabe und Darstellungsweise einer Theologie des Neuen Testaments kulminieren zahlreiche Einzelprobleme der neutestamentlichen Wissenschaft. Zu benennen sind hier nur einige grundsätzliche Fragen, die sich mit dem Projekt einer neutestamentlichen ‚Theologie‘ verbinden10. 1. „Theologie“ Fragen provoziert zunächst der Begriff der ‚Theologie‘. Dieser ist in der Genese der Disziplin neutestamentlicher (bzw. zunächst ‚biblischer‘) Theologie natürlich vom ‚Gegenbegriff‘ der theologia dogmatica entlehnt worden11. Doch ist der Begriff der „Theologie“ in Anbetracht seiner Geschichte überhaupt zur zusammenfassenden Beschreibung der Auffassungen der urchristlichen Zeugen und der Verkündigungsinhalte der neutestamentlichen Texte verwendbar? Zumal der Begriff selbst ambivalent ist und —————— gion“ und „Theologie“ würden eine eigene kritische Untersuchung erfordern. Die Diskurse der gegenwärtigen Religionswissenschaft werden jedenfalls weder bei Räisänen noch bei Theißen in adäquater Weise aufgenommen. 9 S. die folgenden Entwürfe von Neutestamentlern: H. HÜBNER , Biblische Theologie des Neuen Testaments I–III, Göttingen 1990–1995; P. STUHLMACHER, Biblische Theologie des Neuen Testaments I–II, Göttingen 1992/1999 (s. jetzt die wesentlich überarbeitete 3. Aufl. des ersten Bandes, Göttingen 2006); DERS., Wie treibt man Biblische Theologie? BThSt 24, Neukirchen-Vluyn 1995; H. KLEIN, Leben neu entdecken. Entwurf einer Biblischen Theologie, Stuttgart 1991. Vgl. auch den bemerkenswerten Versuch einer ‚gesamtbiblischen‘ Theologie von dem Alttestamentler B.S. CHILDS, Biblical Theology of the Old and New Testaments: Theological Reflection on the Christian Bible, London 1992, dt.: Die Theologie der einen Bibel, 2 Bde., Freiburg etc. 1994/1996, sowie die knapper angelegte Arbeit von G. KITTEL, Der Name über alle Namen I-II, Göttingen 1989–90. Zu Entwürfen und Problemen einer gesamtbiblischen Theologie s. auch den Band von C. Dohmen / Th. Söding (Hgg.), Eine Bibel – zwei Testamente. Positionen biblischer Theologie, UTB 1893, Paderborn etc. 1995. 10 Andere Einzelfragen des Aufbaus und der Darbietung des Stoffs können hier nicht erörtert werden. S. jedoch u. Abschnitte II.4 und III. 11 S. dazu u. Teil II.2.1.
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sowohl die spezielle Theologie12, also die Gottes- und Trinitätslehre (z. B. in Unterscheidung von der Christologie) als auch das gesamte Gefüge der christlichen Glaubensaussagen bzw. der ‚Lehre‘ von Gott in seiner Offenbarung und seinem Weltbezug bezeichnen kann. Läßt sich der Begriff von „Theologie“, wie er im Verlauf der christlichen Theologiegeschichte ausgebildet wurde, auf die Zeugnisse des frühesten Christentums anwenden, bzw. unter welchen Bedingungen und Modifikationen ist dies möglich? Hinter der Infragestellung einer „Theologie“ des Neuen Testaments steht seit William Wrede und der Religionsgeschichtlichen Schule die Unterscheidung von Theologie und Religion bzw. die Diastase zwischen der ursprünglichen ‚Erfahrung‘ und einer vermeintlich erst sekundär diese überlagernden ‚Lehre‘13. Versteht man ‚Theologie‘ in diesem engen und abstrahierenden Sinn, dann ist die Verwendung dieses Terminus für die urchristliche Vorstellungswelt und Verkündigung allerdings problematisch, denn so sehr es schon im Urchristentum Lehre gab, so wenig lassen sich alle Zeugnisse in ihren unterschiedlichen Sprachformen als Lehre erfassen. Insofern kommt für das Projekt einer Theologie des Neuen Testaments vieles auf eine hinreichend ‚weite‘ Definition von ‚Theologie‘ an. Kann man von ‚Theologie‘ nur bei bestimmten Autoren sprechen, wie dies etwa bei Rudolf Bultmann erst für Paulus und den vierten Evangelisten geschieht14, oder ist auch für die Synoptiker, für kleinere neutesta—————— 12
R. B ULTMANN, Theologie (s. Anm. 2), 490, spricht von der „Theologie im engeren Sinne“, die er (bei den Zeugen auf dem Weg zur Alten Kirche) der Darstellung der Kosmologie bzw. der Christologie und Soteriologie vorausschickt. 13 Vgl. grundlegend A. DEISSMANN, Zur Methode der biblischen Theologie des Neuen Testaments, ZThK 3 (1893), 126–139 (abgedruckt in: G. Strecker [Hg.], Problem [s. Anm. 1], 67–80 [74f.]). Plakativ wird aus dieser Differenzierung dann bei WILLIAM WREDE der Sinn einer neutestamentlichen Theologie in Frage gestellt: „Was soll uns eine neutestamentliche Theologie ..., die kein Wort findet für die Bedeutung und Macht der religiösen Stimmung neben den Vorstellungen und Begriffen, die in dem eintönigen Grau ihrer ‚Lehre‘ jeden wirklichen Unterschied verwischt zwischen der lebendigen Anschauung und der bloß überkommenen und halb bedeutungslos gewordenen, zwischen der überall gültigen Formel und dem individuell gewachsenen und geprägten Gedanken, zwischen der bloßen Vorstellung und dem mit Bewußtsein vertretenen Glaubenssatz, zwischen dem einfachen Glauben und der religiösen Spekulation?“ (Über Aufgabe und Methode der sogenannten Neutestamentlichen Theologie, Göttingen 1897, 21; abgedruckt in: G. Strecker [Hg.], Problem, 81–154 [95]). 14 Für die bei R. B ULTMANN, Theologie (s. Anm. 2), 440ff. (teilweise anachronistisch) vor und nach der Darstellung der Theologie des Paulus und des JohannesEvangeliums und der Johannes-Briefe in den Kapiteln „Voraussetzungen und Motive der neutestamentlichen Theologie“ und „Die Entwicklung zur Alten Kirche“ behandelten Traditionen und Autoren (u. a. die synoptischen Evangelisten, die deuteropaulinischen und katholischen Briefe) verwendet Bultmann den Begriff der Theologie nur in sehr eingeschränktem Maß. Die Verkündigung der Urgemeinde, die Motive der Deutung des Todes Jesu und die Glaubensvorstellungen der Zeugnisse auf dem Weg zur Alten Kirche,
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mentliche Briefe wie den Epheser-, Jakobus- oder Judasbrief oder gar für einen nur hypothetisch rekonstruierbaren Text wie die ‚Logienquelle‘ von einer ‚Theologie‘ zu sprechen15? Was macht das Denken eines Autors zur ‚Theologie‘? Ist es das christliche ‚Kerygma‘ von Kreuz und Auferstehung, das zu allererst ‚Theologie‘ ermöglicht? Aber dann wäre eine alttestamentliche oder eine jüdische Theologie per definitionem ausgeschlossen. Muß eine hinreichende, klar definierte Textmenge vorhanden sein, um eine ‚Theologie‘ rekonstruieren zu können (so daß sich hier im Blick auf die Worte Jesu, das Kerygma der Urgemeinde oder kleinere Briefe Einschränkungen ergäben)? Oder muß ein bestimmtes Maß an gedanklicher Kohärenz oder gar systematischer Reflexion vorliegen, um einem Entwurf ‚Theologizität‘ zu verleihen? Aber wieviel Systematik läßt sich – selbst bei einem hochreflektierten Autor wie Paulus – überhaupt voraussetzen? In seiner Vorstellungswelt, z. B. hinsichtlich der eschatologischen Erwartungen, liegt alles andere als ein systematisches oder gar nach logischen Maßstäben ‚widerspruchsloses‘ Denken vor. Solche aus der Wissenschaftstheorie eingetragenen Forderungen wären völlig anachronistisch und den meisten frühchristlichen Autoren – und nicht nur diesen – unangemessen. Es ist in diesem Zusammenhang interessant festzustellen, daß die Rede von einer „Theologie“ Jesu von fast allen Autoren vermieden wird. Im Blick auf Jesus von Nazareth wird i. d. R. nur von ‚Verkündigung‘, seltener noch von einer Lehrtätigkeit oder Lehre gesprochen, nicht aber von Theologie. In einer traditionellen Theologie dürfte eine solche Begriffsverwendung auf den Einwand stoßen, daß der ewige Gottessohn doch keine ‚Theologie‘ haben könne. Aber seit sich die Exegese dezidiert dem ‚Historischen Jesus‘ zugewandt hat, dürfte dieser Einwand nicht mehr entscheidend sein. Liegt der Grund für die merkwürdige Distanzierung Jesu von ‚Theologie‘ in dem Sachverhalt, daß der irdische Jesus nichts Schriftliches hinterlassen hat? Oder steht dahinter die liberale Vorstellung, daß der volkstümliche Wanderprediger einfache, ‚ursprüngliche‘ Religion und Gottesgewißheit und nicht sekundär reflektierende oder gar schriftgelehrte ‚Theologie‘ vermittelt habe? Die Fragen, die sich von hier aus im Blick auf das Bild des Historischen Jesus, seine Rekonstruktion und seine Bewertung ergeben, können hier nicht weiter verfolgt werden. Interessanterweise ist der einzige größere Entwurf, der keine Scheu zeigt, von einer „Theologie Jesu“ zu sprechen, die Theologiegeschichte von Klaus Berger16: Er verwendet diesen Ausdruck, weil er unter Verweis auf die „Eigenart jüdischer Theologie
—————— die unter den Rubriken Ordnung, Lehre und Lebensführung abgehandelt werden, lassen sich eben nicht in der Weise, wie Bultmann dies für die Theologie des Paulus und des Johannes praktiziert, in existentialer Interpretation darstellen. D. h. aber, ‚die Theologie des Neuen Testaments‘ findet sich streng genommen nur bei Paulus und Johannes. 15 So in unterschiedlicher Form die Entwürfe von H. CONZELMANN und E. LOHSE (für die synoptischen Evangelien), F. H AHN (auch für die aramäische Urgemeinde, die Schriften der Paulusschule, die Synoptiker und die Apostelgeschichte und die von Paulus unabhängigen hellenistisch-judenchristlichen Schriften Jak, 1 Petr, Hebr, Apk, sowie vorsichtiger für Jud, 2 Petr und die Apostolischen Väter) und A. W EISER, der selbst von einer „Theologie der Redenquelle“ spricht. 16 K. BERGER , Theologiegeschichte (s. Anm. 7), 104.
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in der ganzen Antike“17 das Postulat eines kohärenten gedanklichen Systems von vorneherein beiseite läßt und für die Rede von Theologie weder eine systematische Einheitlichkeit noch gar eine Widerspruchslosigkeit voraussetzt.
Das Problem der Systematisierbarkeit stellt sich auch dann, wenn man im Blick auf einzelne Autoren nicht von „Theologie“, sondern von „Lehrbegriffen“, „Verkündigung“18, „Vorstellungs-“, „Gedanken-“ oder „Sinnwelten“19 spricht. Auch dann ist zu fragen, inwiefern es berechtigt ist, aus den einzelnen, situativ bedingten und für das Denken der jeweiligen Autoren gewiß nur fragmentarischen Zeugnissen einen ‚Lehrbegriff‘ oder ein Vorstellungsgefüge zu rekonstruieren. Wird dabei nicht zu viel an Systematik eingetragen und aus dem Schweigen über einzelne Themen – worin auch immer dies begründet sein mag – zu viel erschlossen? Oder gibt es einen anderen Grund, den Sachanspruch der neutestamentlichen Texte trotz aller Bruchstückhaftigkeit, in der sich uns ihre Gedankenwelt erschließt, „theologisch“ zu nennen und diese als „Theologie“ zu rekonstruieren, ohne daß damit jene systematischen und abstrahierenden Implikate mitgesetzt wären, die sich in der abendländischen Wissenschaftsgeschichte mit „Theologie“ verbunden haben? Die Rede von der „Theologie“ des Neuen Testaments läßt sich wohl nur damit begründen, daß wesentliche Texte und Textkomplexe im Neuen Testament den Anspruch erheben, von Gott zu künden und damit ihre Adressaten mit der letztgültigen Wahrheit und Wirklichkeit zu konfrontieren. Mit der Wahrnehmung dieses Anspruchs ist – auch in einer historisch deskriptiven Nachzeichnung der ‚theologischen‘ Gedanken des Neuen Testaments – die Frage nach der Gültigkeit dieses Anspruchs und damit nach der Wahrheit unausweichlich mit berührt. 2. „Neues Testament“ und Kanon Auch der zweite Teil des ‚klassischen‘ Buchtitels provoziert Fragen: Kann das Neue Testament in seiner kanonisch gewordenen Form die Grundlage für eine historisch orientierte Darstellung sein? Ist es nicht eine der wesentlichen Einsichten der neuzeitlichen Bibelwissenschaft, daß der biblische Kanon selbst eine geschichtliche Größe ist, die sich vielfältigen Umständen und manchen historischen ‚Zufälligkeiten‘ verdankt, so daß die —————— 17 18
Ebd., 103. Interessanterweise verwendet STUHLMACHER in seiner ‚Biblischen Theologie‘ in den Einzelüberschriften stets den Terminus „Verkündigung“ (ohne daß dabei allerdings die Rede von „Theologie“ gemieden würde). 19 Vgl. etwa H. RÄISÄNEN, Die frühchristliche Gedankenwelt. Eine religionswissenschaftliche Alternative zur „neutestamentlichen Theologie“, in: C. Dohmen / Th. Söding (Hgg.), Eine Bibel (s. Anm. 9), 253–265, der in diesem Artikel den wissenssoziologischen Terminus der ‚symbolischen (Sinn-)Welt‘ aufnimmt.
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Beschränkung der Darstellung der theologischen Gedanken auf die kanonisch gewordenen Schriften eine historisch nicht hinreichend begründbare und insofern willkürliche Beeinträchtigung der Resultate bedeutet? Auch die Infragestellung der kanonischen Orientierung verbindet sich mit dem massiven Angriff William Wredes auf die Disziplin der Theologie des Neuen Testaments, wenngleich sie bereits zuvor geäußert worden war 20. Sie findet heute dort Gefolgschaft, wo man auf den Titel „Theologie“ verzichtet und stattdessen von „Theologiegeschichte“ oder „Religionsgeschichte“ sprechen will21.
Das historische Recht der Einwände läßt sich schwerlich bestreiten. Der biblische und damit auch der neutestamentliche Kanon ist, historisch gesehen, ein Rezeptionsphänomen. Ungeachtet der Urteile hinsichtlich einzelner historischer Details ist unstrittig, daß der kanonische Prozeß der Sammlung und Anerkennung der Schriften in einzelnen Gemeinden und darüber hinaus erst nach der Abfassung und ersten Verbreitung der Schriften einsetzte und erst sehr viel später zu einem gewissen Abschluß kam. Hinzu kommt, daß sich die Gründe, die zur kanonischen Anerkennung einzelner Schriften führten (wie z. B. apostolische Verfasserangaben) vielfach als historisch unzutreffend erwiesen haben und daß einige nicht mehr kanonisch gewordene Texte wie etwa der 1. Clemensbrief nach heutiger Erkenntnis älter sind als andere, noch in den Kanon aufgenommene Schriften. Inhaltliche Gründe lassen sich hinzufügen. Man kann zumindest fragen, ob der Judasbrief denn ‚theologischer‘ sei als etwa die Ignatianen, die nicht mehr in den Kanon aufgenommen wurden, und auch ein Text wie z. B. der 3. Johannesbrief hat – für sich genommen – wenig theologisches Gewicht. Insofern ist für die Ränder des neutestamentlichen Kanons mit historischen Unschärfen zu rechnen. In entsprechender Weise stellt sich die Frage nach dem Stellenwert apokrypher bzw. apokryph gewordener22 Texte wie z. B. des Thomasevangeli—————— 20 Vgl. die knappen Bemerkungen bei A. DEISSMANN, Zur Methode (abgedruckt in: G. Strecker [Hg.], Problem [s. Anm. 1], 67–80 [67f.]), der für „fließende“ Grenzen zwischen dem Kanonischen und Nichtkanonischen plädiert, weiter G. KRÜGER, Das Dogma vom Neuen Testament, Gießen 1896. 21 Vgl. etwa die Arbeiten von BERGER und THEISSEN (s. o. Anm. 7 und 8) sowie die programmatischen Studien von RÄISÄNEN (s. Anm. 8), demzufolge Gerd Theißen der erste sei, der Wredes Programm wirklich realisiert habe (H. RÄISÄNEN, Neutestamentliche Theologie? [s. Anm. 8], 15). S. auch den Beitrag von RÄISÄNEN in diesem Band. Vgl. auch die literaturgeschichtliche Darstellung von PH. VIELHAUER, Geschichte der urchristlichen Literatur, Berlin/New York 1975, und die verschiedene Disziplinen integrierende Darstellung von H. KOESTER, Einführung in das Neue Testament im Rahmen der Religionsgeschichte und Kulturgeschichte der hellenistischen und römischen Zeit, Berlin/New York 1980 (jetzt DERS., Introduction to the New Testament I–II, Berlin/New York 22000). 22 So die den Anachronismus der Kategorien berücksichtigende Sprachregelung bei D. LÜHRMANN, Fragmente apokryph gewordener Evangelien in griechischer und lateinischer Sprache, Marburg 2000.
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ums, das von manchen neueren Interpreten – durchaus mit einer gewissen inhaltlichen Programmatik – in die vorsynoptische Periode der Traditionsentwicklung datiert wird und in diesem Falle ebenso wie die Logienquelle in einer geschichtlichen Darstellung von „Entwicklungslinien“ im Denken des frühen Christentums zu berücksichtigen wäre23. Analog zur Logienquelle stellt sich das Problem weiterer möglicher Quellen und hypothetischer Ingredienzien neutestamentlicher Texte24, die – abhängig von der jeweiligen literarkritischen Rekonstruktion – in einer historischen Darstellung der urchristlichen Theologiegeschichte ihren Platz bekommen müßten. Mit der Frage nach dem Stellenwert apokryph gewordener Texte verbindet sich im Kontext der neueren hermeneutischen Diskurse nicht selten der Verdacht, daß die altkirchlichen Kanonentscheidungen im Interesse der Verdrängung anderer Bilder des Wirkens und der Verkündigung Jesu, anderer Modelle des Heilsverständnisses oder auch im Interesse der Marginalisierung von Frauen erfolgt seien, so daß die ‚Rehabilitierung‘ dieser Texte als Wiedereröffnung verlorener Alternativen zum altkirchlich konstituierten Christentum oder einer später eingeschränkten ursprünglicheren Pluralität des Christentums erscheinen kann. Dies erscheint im Kontext eines modernen bzw. postmodernen Diskurses und zumal im Gegenüber zu bibelfundamentalistischen Verengungen, insbesondere im nordamerikanischen Kontext, als attraktiv oder gar ethisch erstrebenswert. Die Frage nach dem Kanon und seiner Bedeutung tritt damit in der postmodernen Diskussion verstärkt in den Rahmen ideologischer Auseinandersetzungen (die ihrerseits wieder auf die Modelle der historischen Rekonstruktion in der exegetischen Wissenschaft zurückwirken).
In Anbetracht dieser vielschichtigen Probleme bedarf es in der Tat einer gründlichen Reflexion darüber, ob und inwiefern eine „Theologie des Neuen Testaments“ an der kanonischen Grundlage festhalten kann. Hat diese Beschränkung in einschlägigen Lehrbüchern primär praktische Gründe, die etwa im Curriculum bestimmter Ausbildungsgänge liegen? Oder erfolgt sie aus dem inhaltlichen Interesse, zu religiös verbindlichen Aussagen gelangen zu können, die dann in der Dogmatik oder in der kirchlichen und ökumenischen Praxis rezipiert werden können? Aber steht eine solche Orientierung an den nachträglichen kirchlichen Kanonentscheidungen nicht im Widerspruch zum historischen Charakter der Disziplin? Für die historische Erkenntnis wäre eine Einschränkung der Quellenbasis jedenfalls nicht akzeptabel – im Blick auf die Formulierung theologisch verbindlicher Aussagen mag man hingegen anders urteilen. In jedem Fall ist die Orientierung am Kanon zu begründen und auf ihre Implikationen hin zu befragen. —————— 23 24
S. dazu H. KOESTER / J. M. ROBINSON, Entwicklungslinien (s. Anm. 8). Zu erwähnen sind hier – ungeachtet der Problematik der jeweiligen Hypothesen – vorliterarische Formeln und Hymnen sowie neben der Logienquelle weitere, von manchen Interpreten vermutete vormarkinische oder vorjohanneische Quellen.
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Die Reflexion über die Bedeutung und Tragweite des biblischen Kanons für eine neutestamentliche Theologie berührt die Darstellung derselben in vielfältiger Weise: a) Offenkundig ist zunächst die Relevanz der Kanonfrage für die Abgrenzung der Darstellung: Werden ausschließlich die neutestamentlichen Schriften einbezogen oder werden – wie z. B. im ersten, theologiegeschichtlichen Band der Theologie von Ferdinand Hahn, auch die Apostolischen Väter (wenigstens sehr knapp) mit berücksichtigt25? Oder kann eine Darstellung bis zum Ende des 2. Jahrhunderts reichen26? Wenn der Kanon als formale Größe nicht mehr als gültig anerkannt wird, müssen andere Aspekte wie z. B. die Gliederung des frühen Christentums in verschiedene Epochen und geographische Räume27 oder die formale Unterscheidung christlicher ‚Urliteratur‘ von der späteren christlichen Literatur28 eine Abgrenzung begründen. Außerdem spielt natürlich die Datierung der einzelnen Schriften und die Rekonstruktion der geschichtlichen Entwicklung des frühesten Christentums eine große Rolle. Eine zwingende Grenzziehung wird sich so nur schwer erreichen lassen29. Im übrigen ist zu bedenken, daß —————— 25 F. HAHN, Theologie I (s. Anm. 2), 750ff. Im Unterschied zur historischen Darstellung in seinem ersten Band überschreitet Hahn in seinem zweiten, thematischen Band, der zu theologisch validen Aussagen gelangen will, den Rahmen des neutestamentlichen Kanons nicht. 26 So programmatisch die religionsgeschichtliche Darstellung von W. B OUSSET, Kyrios Christos. Geschichte des Christusglaubens von den Anfängen des Christentums bis Irenäus, FRLANT NF 4, Göttingen 21921. Auch W. SCHMITHALS berücksichtigt in seiner Theologiegeschichte den Zeitraum bis zum Ende des 2. Jahrhunderts (vgl. Theologiegeschichte [s. Anm. 7], 299), allerdings primär aufgrund seiner wenig konsensfähigen Spätdatierungen, etwa des Johannesevangeliums, dessen Abschluß dann mit seiner kanonischen Anerkennung gegen Ende des 2. Jahrhunderts zusammengesehen wird (s. dazu kritisch J. FREY, Die johanneische Eschatologie I: Ihre Probleme im Spiegel der Forschung seit Reimarus, WUNT 96, Tübingen 1997, 381–387). 27 Vgl. dazu J. B ECKER , das Urchristentum als gegliederte Epoche, SBS 155, Stuttgart 1993, sowie den Beitrag von J. B ECKER in diesem Band. Die geographische Gliederung spielt eine wesentliche Rolle in der Theologiegeschichte von K. B ERGER, die gerade hinsichtlich dieser Einordnungen allerdings wenig Zustimmung gefunden hat. 28 Vgl. die These von F. OVERBECK, Über die Anfänge der patristischen Literatur, Historische Zeitschrift 48 (1882), 417–472, die etwa maßgeblich ist für P H. VIELHAUER, Geschichte (s. Anm. 21), 2ff. 29 Alle Grenzziehungen sind fragwürdig: Soll man bereits mit dem Tod der großen apostolischen Zeugen Petrus, Paulus und Jakobus und mit den Ereignissen des Jahres 70 abbrechen? Aber dann wäre – wenn man keine unbegründbaren Frühdatierungen vertritt – die johanneische Theologie ausgegrenzt. Auch eine Grenzziehung am Ende des 1. Jh.s dürfte noch nicht alle neutestamentlichen Schriften erfassen. Soll man die Grenze zwischen den Apostolischen Vätern und den Apologeten ziehen, weil hier eine neue Art christlicher Literatur beginnt? Aber auch hier gibt es noch chronologische Überschneidungen. Können Marcion oder die Reaktion auf ihn herangezogen werden – oder liegt
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in den Konstruktionen des ‚Urchristlichen‘ neue Werturteile mitschwingen, die kaum weniger ‚dogmatisch‘ aufgeladen sind als die traditionelle Größe ‚Kanon‘. b) Die Entscheidungen hinsichtlich der Kanonfrage beeinflussen zweitens die Art und Weise, in der die Vorgeschichte der einzelnen Schriften oder theologischen Entwürfe im Rahmen der neutestamentlichen Theologie zur Darstellung kommt, und die Frage, welches Gewicht dieser Vorgeschichte beigemessen wird30. Dies betrifft sowohl die hypothetische Rekonstruktion der Verkündigung des irdischen Jesus aus den späteren kanonischen Texten31 und in ähnlicher Weise die Rekonstruktion der Verkündigung und Theologie der Urgemeinde32 als auch die evtl. selbständige Berücksichtigung einer ‚Theologie‘ der Logienquelle33 und die Gewichtung der möglichen Vorstufen und Quellen des Markus- oder des Johannesevangeliums im Rahmen der Darstellung der Theologie dieser Schriften34. c) Im Rahmen der neutestamentlichen Wissenschaft bislang wenig erörtert ist die Frage nach der interpretatorischen Bedeutung des Kanons und nach der Tragweite einer ‚kanonischen‘ Interpretation35. Was bedeutet es, —————— hier nicht schon ein Rückblick auf die vorliegende Schriftensammlung vor? Und was begründet eine Grenzziehung bei Irenäus (Bousset)? 30 In den neutestamentlichen Theologien sind hier häufig Inkonsequenzen und Kompromisse zu beobachten. 31 Wenn man nicht wie J. J EREMIAS (Theologie I [s. Anm. 2], 295) der Verkündigung des irdischen Jesus die eigentliche Maßstäblichkeit und damit letztlich den Platz eines „Kanon im Kanon“ zuerkennen will, dann ist schon für die historische Rekonstruktion der Verkündigung und des Wirkens Jesu zu berücksichtigen, daß die neutestamentlichen Zeugnisse durchgehend aus der nachösterlichen Perspektive verfaßt sind. Eine historische Rekonstruktion, die die nachösterliche Perspektive methodisch ausklammern muß, kann daher nur dann theologisch angemessen zur Geltung gebracht werden, wenn zugleich die nachösterliche Rezeption der vorösterlichen Traditionen Berücksichtigung erfährt; vgl. in diesem Sinne F. HAHN, Theologie I (s. Anm. 2), 40ff. 32 Auch diese läßt sich nur aus unterschiedlichen Bekenntnisformeln und anderem Traditionsgut sowie fragmentarischen Nachrichten rekonstruieren, s. dazu F. HAHN, Theologie I (s. Anm. 2), 141ff. 33 Zu berücksichtigen sind hier nicht nur die Unsicherheiten der Rekonstruktion, die größer sind, als dies von manchen Vertretern der heutigen Q-Forschung zugegeben wird. Entscheidender ist im vorliegenden Zusammenhang, daß die rekonstruierte Quelle keine kanonisch gewordene Schrift ist, sondern mit ihren Stoffen nur als Bestandteil der beiden Großevangelien rezipiert wurde. 34 So findet sich etwa bei J. GNILKA, Theologie (s. Anm. 2), 133–151, eine eigenständige Darstellung des theologischen Konzepts der Logienquelle und der „Urpassion“, d. h. der vom Autor vermuteten vormarkinischen Passionsgeschichte. Auch in der Darstellung der johanneischen Theologie wird u. a. dem Logoshymnus eigenständige Beachtung geschenkt (ebd., 234ff.). In dem theologiegeschichtlichen Entwurf von F. HAHN spielen diese literarischen Fragen hingegen nur eine sehr untergeordnete Rolle. 35 Der Fragenkreis verbindet sich v. a. mit dem Entwurf des Alttestamentlers B RE VARD S. CHILDS, Biblical Theology (s. Anm. 9). Childs bietet nach einem historisch
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den Kanon als Raum wahrzunehmen, in dem unterschiedliche Zeugen – durchaus spannungsreich – gesammelt sind und sich gegenseitig ‚relativieren‘, in dem Evangelien und Briefe, Paulus und Petrus, Paulus und Jakobus nebeneinanderstehen. Wäre eine solche Lektüre die Preisgabe jeden Wahrheitskriteriums? Oder bedeutet der Kanon eine unverzichtbare Maßgabe für die Suche nach der theologischen Wahrheit und für die Interpretation der einzelnen Schriften und Zeugnisse? Selbst wenn man dies bejaht, ist die kritische Frage zu beachten, ob durch eine kanonische Lektüre des Neuen Testaments nicht die differenzierte Wahrnehmung der Einzeltexte je an ihrem historischen Ort getrübt wird. Würde im Zuge einer kanonischen Lektüre des Neuen Testaments nicht letztlich nur ein Textcorpus des 2. oder gar 4. Jahrhunderts interpretiert werden? So sehr auch eine derartige Perspektive interessante Wahrnehmungen eröffnen mag, erscheint doch die historische Wahrnehmung der neutestamentlichen Schriften in ihrem ursprünglichen Kontext unaufgebbar. d) Ein letzter Aspekt führt in eine ganz andere Richtung: Kann man vom Neuen Testament sprechen ohne die grundlegende Bezogenheit dieser Schriftensammlung auf die für die Urchristenheit schon sehr viel früher maßgeblichen Schriften Israels, auf das in seinem Abschluß noch offene Alte Testament bzw. dessen griechische Übersetzung, die LXX, zu berücksichtigen? Immerhin war dies der einzige Kanon, der für das Urchristentum – in vermutlich noch etwas ‚flüssiger‘ Form – existierte, lange bevor die Sammlung der Paulusbriefe und der Evangelien hinzutraten36. Diese Argumentation führt nicht zuletzt zur Frage nach der Notwendigkeit einer die alttestamentlich-frühjüdischen Traditionen37 oder zumindest das im Neuen Testament rezipierte Alte Testament38 intensiv berücksichtigenden ‚Biblischen Theologie (des Neuen Testaments)‘, nach dem Verhältnis von Kontinuität und Diskontinuität zwischen den neutestamentlichen Texten und ihrem frühjüdischen Kontext. —————— strukturierten Durchgang durch das Zeugnis des Alten und des Neuen Testaments, je für sich genommen, einen systematischen Aufriß mit der kanonischen Reflexion zentraler biblischer Themen. S. zu diesem Ansatz S. KRAUTER, Brevard S. Childs’ Programm einer Biblischen Theologie. Eine Untersuchung seiner systematisch-theologischen und methodologischen Fundamente, ZThK 96 (1999), 22–48. Im deutschsprachigen Raum ist die kanonische oder ‚kanonisch-intertextuelle‘ Lektüre insbesondere ein Thema der alttestamentlichen Diskussion, s. etwa G. STEINS, Die „Bindung Isaaks“ im Kanon (Gen 22). Grundlagen und Programm einer kanonisch-intertextuellen Lektüre, HBS 20, Freiburg 1999. 36 Vgl. dazu den Beitrag von J. B ECKER, in diesem Band. 37 So P. STUHLMACHER, Biblische Theologie I (s. Anm. 9), 4–9. 38 So der Entwurf von H. HÜBNER , Biblische Theologie I (s. Anm. 9), 69, der vom „Vetus Testamentum in Novo receptum“ spricht.
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Die zeitweise mit großem Eifer erörterten Fragen, ob durch die intensive Berücksichtigung der sachlichen Bezüge zwischen den alttestamentlichen und frühjüdischen Traditionen und den urchristlichen Zeugnissen das christliche Proprium eingeebnet und gefährdet wird39 oder ob dadurch der historisch angemessene Verstehenskontext der neutestamentlichen Traditionen erst zur Darstellung gebracht wird, sind hier nicht zu diskutieren 40. Hier erweisen sich historische und religionsgeschichtliche Urteile als wesentlich für die Frage der Anlage und Konzeption einer neutestamentlichen Theologie.
Festzuhalten ist im Rahmen der Kanonfrage nur, daß es den neutestamentlichen Kanon immer nur als den zu den Schriften Israels hin offenen und von Anfang an auf diese Schriften bezogenen gibt – sofern man nicht der Linie Marcions folgen will. 3. Vielfalt und Einheit Nicht erst in der neueren Diskussion ist die Frage aufgebrochen, wie sich die verschiedenen ‚Theologien‘ im Neuen Testament zu der ‚Theologie des Neuen Testaments‘ verhalten, die historisch aufgewiesene Vielfalt der Denkweisen zu einer möglichen oder zu erfragenden Einheit? Diese Frage bestimmt die Bemühungen um eine biblische oder neutestamentliche Theologie seit ihren Anfängen, auch wenn sie in vielen Entwürfen des 20. Jahrhunderts nur noch sehr zurückhaltend und am Rande gestellt wurde41. —————— 39 Vgl. etwa die Einwände von E. GRÄßER , Offene Fragen im Umkreis einer Biblischen Theologie, ZThK 77 (1980), 200–221; G. STRECKER, „Biblische Theologie“? Kritische Bemerkungen zu den Entwürfen von Hartmut Gese und Peter Stuhlmacher, in: D. Lührmann / G. Strecker (Hgg.), Kirche, Festschrift G. Bornkamm, Tübingen 1980, 425– 445, und anderen gegen den Entwurf von Stuhlmacher. S. dessen Auseinandersetzung mit den Einwänden: P. STUHLMACHER, „… in verrosteten Angeln“, ZThK 77 (1980), 222– 238; vgl. auch DERS., Die Bedeutung der Apokryphen und Pseudepigraphen des AT für das Verständnis Jesu und der Christologie, in: S. Meurer (Hg.), Die Apokryphenfrage im ökumenischen Horizont, Stuttgart 1989, 13–25. Vgl. die Wiederholung der Einwände bei O. MERK, Gesamtbiblische Theologie. Eine offene Diskussion, in: C. Dohmen / Th. Söding (Hgg.), Eine Bibel (s. Anm. 9), 225–236 (233); G. STRECKER, „Biblische Theologie“ oder „Theologie des Neuen Testaments“?, ebd., 267–273 (272). 40 S. dazu die knappen Hinweise u. Abschnitt III.4. 41 In den neutestamentlichen Theologien seit Bultmann wurde die Frage selten ausführlich erörtert. Bei LOHSE, KÜMMEL und GNILKA findet sich je ein knappes Schlußkapitel, bei STRECKER wird die Frage in einer knappen Vorbemerkung (Theologie [s. Anm. 2], 2–4) ‚verabschiedet‘. Ausführlichere Reflexionen finden sich bei S TUHLMACHER (Theologie II [s. Anm. 9], 304ff.) unter dem Begriff der ‚Mitte der Schrift‘. Nachdrücklich eingefordert wurde die Frage nach der Einheit durch den zum Katholizismus konvertierten Bultmann-Schüler H. SCHLIER, Über Sinn und Aufgabe (s. Anm. 5), programmatisch aufgenommen wurde sie von dort durch F. HAHN, Vielfalt und Einheit (s. Anm. 5), sowie in der Architektur seiner Theologie. S. insbesondere auch die Schlußreflexion in DERS., Theologie II, 799ff. Vgl. auch W. T HÜSING, Die neutestamentlichen Theologien und Jesus Christus I, Düsseldorf 1981 (Münster 21996); II, Münster 1998; III, hg. v. Th. Söding, Münster 2001.
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Seit dem Zerbrechen der hegelianischen Geschichtskonstruktion Ferdinand Christian Baurs, der in der neutestamentlichen Lehrentwicklung noch eine konsequente Linie anhand einer einzigen wesentlichen Streitfrage zu erkennen vermochte, schien eine Einheit der verschiedenen Lehrbegriffe innerhalb des Neuen Testaments nicht mehr darstellbar zu sein. Daher wurde dann unter dem Titel ‚Theologie des Neuen Testaments‘ zumeist eine relativ unverbundene Aneinanderreihung unterschiedlicher Lehrbegriffe oder ‚Theologien‘ geboten42. Auch die Vertreter der religionsgeschichtlichen Schule waren im Anschluß an William Wrede in erster Linie an der Vielfalt der urchristlichen Zeugnisse interessiert. Im Anschluß daran hat auch Rudolf Bultmann dezidiert die These vertreten, daß eine Einheit des Neuen Testaments nicht aufgezeigt werden könne43. Die auch von Bultmann grundsätzlich mitgetragene These seines Schülers Ernst Käsemann, daß der neutestamentliche Kanon gerade nicht die Einheit der Kirche, sondern die Vielfalt der Konfessionen begründe44, ließ in der Folgezeit die Diskrepanzen zwischen den einzelnen neutestamentlichen Zeugen wirkungsvoll hervortreten, so daß allein die Frage nach einem (letztlich in der paulinischen Theologie gefundenen) ‚Kanon im Kanon‘ oder – weniger ausgrenzend formuliert – einer „Mitte der Schrift“ übrig bleiben konnte. Neben diesen beherrschenden Stimmen schienen andere Autoren, die die Frage nach einer weitergehenden Einheit des Neuen Testaments weiterhin zu stellen wagten 45, eher am Rand zu stehen.
Kritische Fragen sind zu bedenken: Entstammt die Frage nach der Einheit in der Vielfalt nur einem dogmatischen, dem historischen Charakter der neutestamentlichen Wissenschaft fremden Interesse? Ist die Frage einfach durch die Setzung des Kanons vorgegeben und letztlich von dem dogmatischen Postulat abhängig, daß innerhalb des Kanons keine unvereinbaren Widersprüche auftreten dürften? Wird durch die Frage nach der Einheit also der historische Ansatz verwässert? Wird durch die Suche nach Übereinstimmungen und Konvergenzen zwischen den einzelnen ‚Lehrbegriffen‘ oder Theologien nicht das jeweilige Profil der einzelnen neutestamentlichen Entwürfe harmonisierend aufgeweicht? Oder drängt sich diese Frage auch in historischer Perspektive auf, wenn man das frühe Christentum trotz aller internen Auseinandersetzungen als eine zusammenhängende Bewegung begreifen und dem Anspruch einer grundlegenden Übereinstimmung in der Evangeliumsverkündigung (z. B. 1 Kor 15,11) gerecht werden will? Wenn aber die Frage nach der Einheit in der Vielfalt gestellt werden muß, wo läßt sich eine solche Einheit finden und wie läßt sie sich demonstrieren? Liegt die Einheit am Anfang, in der Wirkung Jesu oder im grundlegenden Christusbekenntnis? Liegt sie in der Übereinstimmung bestimmter (aber nicht aller) Verkündigungsinhalte, in wesentlichen traditionsgeschichtlichen Linien oder einfach im Prozeß der offenbarungsgeschicht—————— 42 43
Das Musterbeispiel des späten 19. Jahrhunderts ist die Theologie von H OLTZMANN. R. B ULTMANN, Theologie (s. Anm. 2), 585; s. dazu F. HAHN, Theologie II (s. Anm. 2), 6f. 44 E. K ÄSEMANN, Begründet der neutestamentliche Kanon die Einheit der Kirche?, in: ders. (Hg.), Das Neue Testament als Kanon, Göttingen 1970, 124–133. 45 Vgl. dazu F. HAHN, Theologie II (s. Anm. 2), 12–22.
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lichen oder theologiegeschichtlichen Entwicklung? Oder ist die Einheit erst ein nachträgliches Konstrukt, so daß am Anfang nur die Vielfalt, ja cum grano salis die ‚Häresie‘ stünde46? Und wenn sich die Verbindungen und Entgegensetzungen zwischen den einzelnen neutestamentlichen Zeugen und Traditionen im Blick auf unterschiedliche Themen, Sachverhalte und Begriffe als sehr verschiedenartig erweisen, stellt sich um so dringlicher die Frage nach einer Darstellungsform, die die Frage nach Konvergenzen und Verbindungen zu stellen erlaubt, ohne die Differenziertheit der historischen Erkenntnis aufzuweichen. 4. Historie und Dogmatik Hinter all diesen Fragen steht die Grundfrage, wie sich in einer „Theologie des Neuen Testamens“ historische und ‚theologische‘ bzw. dogmatische Fragestellungen und Interessen verbinden. Ist das Theologische der Feind des Historischen? Oder ist die historische Rückfrage ihrerseits – mehr oder weniger offenkundig – von theologischen, d. h. normativen und applikativen Interessen ausgelöst und geprägt? Immerhin hat sich die Disziplin der „Theologie des Neuen Testaments“ aus der Unterscheidung der neuen, ‚biblischen‘ Theologie von der ‚dogmatischen‘ herausgelöst. Doch scheint es, daß die historische Fragestellung kaum jemals ‚rein‘ von irgendwelchen sachlichen, ‚dogmatischen‘ Interessen aufgenommen werden kann. Es ist nicht zuletzt angesichts des immer wieder beklagten kirchlichen und gesellschaftlichen Relevanzverlustes eine wesentliche Frage, inwieweit sich die historisch-kritische Bibelwissenschaft in der Diskussion exegetischer Einzelfragen ‚versteckt‘ und inwieweit sie in der Lage ist, Grundlinien der (historisch erhobenen) biblischen Botschaft so verständlich zusammenzufassen, daß andere theologische Disziplinen oder die kirchliche und ökumenische Öffentlichkeit darauf Bezug nehmen können. Eine solche interdisziplinäre Kommunikationsfähigkeit muß nicht zur Aufweichung des historisch-deskriptiven Charakters der neutestamentlichen Exegese oder gar zur Überfremdung durch fachfremde, dogmatische Interessen führen.
Vielleicht ist in der gegenwärtigen, ‚postmodernen‘ Situation deutlicher als in früheren Diskussionskontexten zu vermitteln, daß wissenschaftliche Arbeit – auch die historisch-kritische Exegese – nicht im ‚luftleeren‘ Raum einer von jedem Zeitbezug gelösten ‚Objektivität‘ erfolgt, sondern immer im Horizont zeitgenössischer Diskurse und applikativer Interessen steht. Darin könnte durchaus eine Chance für die Disziplin der „Theologie des Neuen Testaments“ liegen, die seit ihren Anfängen von einer gewissen „Doppelgesichtigkeit“ zwischen historischer Rekonstruktion und sachlich—————— 46
So die provokative und bis heute nicht ‚erledigte‘ These von W. BAUER, Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum, Tübingen 1934; s. auch H. KOESTER / J. M. ROBINSON, Entwicklungslinien (s. Anm. 8). S. dagegen dezidiert auch den Beitrag von J. BECKER in diesem Band.
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theologischer Interpretation geprägt ist. Dann aber stellt sich das Problem, wie es methodisch gelingen kann, die historische Rekonstruktion und die sachlich-theologische Interpretation in einer ‚Summe‘ der neutestamentlichen Wissenschaft in möglichst transparenter Form sowohl voneinander zu unterscheiden als auch aufeinander zu beziehen.
II. Rekonstruktion und Interpretation: Wissenschaftsgeschichtliche Schlaglichter Das Verhältnis von Rekonstruktion und Interpretation erscheint als das Kernproblem der Durchführung einer „Theologie des Neuen Testaments“. Die Spannung zwischen beiden bzw. die je unterschiedliche Akzentuierung entweder auf der historischen Rekonstruktion oder auf der am gegenwärtigen Wahrheitszeugnis interessierten Interpretation läßt sich sowohl in den Anfängen der kritischen Exegese als auch bei den ‚Klassikern‘ der Disziplin beobachten. Rekonstruktion und Interpretation sind, wie Rudolf Bultmann in den Epilegomena seiner Theologie des Neuen Testaments programmatisch formuliert hat, die beiden Interessen, die in der Arbeit an der neutestamentlichen Theologie zusammentreten. Dabei kann diese Arbeit bestimmt sein „entweder von dem [Interesse] der Rekonstruktion oder von dem der Interpretation – nämlich der Rekonstruktion vergangener Geschichte oder der Interpretation der Schriften des N[euen] T[estaments].“47 Doch – wie Bultmann zutreffend hinzufügt: „Es gibt nicht das eine ohne das andere, und beides steht stets in Wechselwirkung“48. Historische und interpretatorisch-sachbezogene Aspekte lassen sich in der neutestamentlichen Wissenschaft nicht völlig voneinander trennen und noch viel weniger gegeneinander ausspielen. Man kann sie unterschiedlich gewichten, und in einzelnen Entwürfen dominiert der eine oder der andere Aspekt, doch scheinen alle Versuche, die historische Rekonstruktion ‚rein‘ von interpretatorischen Interessen durchzuführen, an dem unhintergehbaren hermeneutischen Zirkel zu scheitern49. Diese ‚Doppelgesichtigkeit‘ der „Theologie des Neuen Testaments“ zeigt sich bereits in den Anfängen der Disziplin, und sie läßt sich in nuce —————— 47 48 49
R. BULTMANN, Theologie (s. Anm. 2), 600. Ebd. Dies gilt gerade dann, wenn vermeintlich ‚rein‘ historisch nach dem ‚wirklichen‘ Jesus oder nach seinen ‚wahren‘ Absichten gefragt wird. Jesusdarstellungen sind besonders häufig ein Zeugnis dieser prinzipiellen Zirkularität von historischer Rekonstruktion und interpretativen, an Applikation oder Nicht-Applikation interessierten Zügen.
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bereits auf die grundlegenden Ambiguitäten der antiken Rede von ‚Theologie‘ zurückführen: 1. Theologie zwischen mythologischer Gottesrede und kritischer Reflexion „Theologie“ ist bekanntlich kein biblisches Wort. Die Schriften des Alten und des Neuen Testaments bezeugen zwar in vielfältiger Weise das Reden Gottes, und die biblischen Autoren reden vielfältig von Gott und seinem Handeln, so daß man bei der Mehrzahl der Autoren mit einem gewissen Recht von einem ‚theologischen Anspruch‘ reden kann. Doch der Terminus, der später zum terminus technicus für die wissenschaftlich reflektierte „Rede von Gott“ wurde, entstammt einem anderen Traditionsbereich, nämlich dem antiken Griechentum. Belegt ist THRORJLYD erstmals bei Platon50; dieser gebraucht sie aber gerade nicht für seine eigene philosophische Gotteslehre, sondern für die alten und von ihm selbst philosophisch kritisierten Göttermythen. Aristoteles nennt primär Dichter wie Hesiod oder Homer „Theologen“51, und nur an zwei schwer zu deutenden, aber wirkungsgeschichtlich besonders bedeutsamen Stellen bezeichnet er die höchste der drei Disziplinen der theoretischen Philosophie, die später so genannte Metaphysik, als THRORJLNKY; ILORVRILYD bzw. THRORJLNKY; HMSLVWKYPK52. Gemeint ist jede Reflexion, in der, „Mathematik und Physik transzendierend, zugleich das in ihnen schon als gültig vorausgesetzte ausschließlich Wirkliche und unwandelbar Unbewegte betrachtet wird“53. Bei den Stoikern erfährt der Terminus schließlich eine dreifache Ausdifferenzierung54, wenn zwischen der mythischen Götterrede der Dichter, der politischen Bezugnahme auf Götter im Staatskult und der Zivilreligion und der „natürlichen“, d. h. der Natur gemäßen Rede vom Göttlichen bei den Philosophen unterschieden wird. Die Rede von ‚Theologie‘ steht insofern schon in ihren griechischen Anfängen zwischen der mythologischen oder dichterischen ‚Göttergeschichte‘ und der philosophischen Reflexion auf die letzte Wirklichkeit und über die Gültigkeit beanspruchende Wahrheit. Die christliche Verwendung des Terminus für die systematische Reflexion der christlichen ‚Rede von Gott‘ setzte bekanntlich erst „mit einiger Verspätung“ ein55. Dabei durchlief der griechische Terminus THRORJLYD, —————— 50 51
Platon, Rep. II 379a. Aristoteles, Met. $ 983b29; % 1000a9; / 1071b27; 1075b26; 1 1091a34; vgl. G. EBELING, Art. Theologie I: Begriffsgeschichtlich, RGG3 6 (1962), 754–769 (755). 52 Aristoteles, Met. ( 1026a19; . 1064b3. Vgl. dazu CH. SCHWÖBEL, Art. Theologie I: Begriffsgeschichte, RGG4 8 (2005), 255–266 (256); W. P ANNENBERG, Systematische Theologie I, Göttingen 1988, 11. 53 CH. SCHWÖBEL, Theologie, 256. 54 Vgl. Augustin, Civ. VI 5,1, der hier die durch Varro überlieferte Lehre referiert; weiter Tertullian, Ad nat. II 1–2; Euseb, Praep. ev. IV 1,1–4 etc. 55 So W.A. LÖHR, Art. Theologie II: Christlich, DNP 12/1 (2002), 368–371 (368).
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der erst in der Zeit nach dem Neuen Testament und nach den Apostolischen Vätern aufgenommen wurde, eine vielfältige begriffsgeschichtliche Entwicklung56, in der sich der Sinn von der zunächst vorherrschenden mythologischen Konnotation („von den Göttern reden“ / „religiös reden“)57 allmählich auf die christliche Gottesverkündigung58, die christliche Lehre von Gott bzw. von den drei göttlichen Personen59 und die Rede von der Gottheit Christi60 übertragen werden konnte, so daß der Evangelist Johannes, der im Neuen Testament am deutlichsten die Gottheit Christi ausspricht (Joh 1,1; 20,28), später den Ehrennamen „der Theologe“ erhalten konnte61. Die weitere Entwicklung ist hier nicht zu verfolgen. Doch der Sachverhalt, daß der heute bestimmende Sinn von „Theologie“ als „Wissenschaft vom christlichen Glauben“ erst im Mittelalter herausgebildet wurde, macht deutlich, daß die „rückwärtige Anwendbarkeit“ dieses Terminus auf Phänomene der außerchristlichen Antike wie auch des frühen Christentums keineswegs selbstverständlich ist62. Vielmehr zeigt sich bereits in den antiken Vorgaben und den frühchristlichen Rezeptionsstufen der Rede von THRORJLYD die Doppelgesichtigkeit, die später auch der Rede von der „Theologie des Neuen Testaments“ anhaften sollte: Auch sie steht grundsätzlich zwischen dem Nachsprechen der jeweiligen Gottesverkündigung der biblischen Autoren einerseits und ihrer philosophischen Reflexion und Interpretation andererseits oder – historisch gewendet – zwischen der historischen Rekonstruktion des Ganges der frühchristlichen Verkündigungs- oder Theologiegeschichte und der systematischen Darstellung ihrer Sachgehalte und Themen. Diese Doppelgesichtigkeit zeigt sich seit den frühesten Arbeiten zur „biblischen“ oder „neutestamentlichen Theologie“ in der Anfangszeit der historisch-kritischen Exegese.
—————— 56
Vgl. dazu G. EBELING, Theologie (s. Anm. 51), 754ff.; W. PANNENBERG, Theologie I (Anm. 52), 11ff. 57 Vgl. Athenagoras, Suppl. 18,2; 19,1; 20,1; 22,7; Justin, Dial. 113,2. 58 Vgl. die Rede von der „Theologie des ewig seienden Logos“ bei Clem. Alex., Strom. I 57,6, welche im Gegensatz zur Mythologie des Dionysos gesehen wird. 59 So z. B. Eusebius, h. e. I 1,7. 60 So in Aufnahme der Bedeutungskomponente „als Gott bekennen“ bei Origenes, in Joh II,1; c. Cels. II, 71. S. dazu G. EBELING, Theologie (s. Anm. 51), 756. 61 S. die Belege bei G.W.H. LAMPE, A Patristic Greek Lexicon, Oxford 1961, 628; s. Orig. in Io fr. 1 (GCS Origenes 4, 483,14; 484,7 [aus späteren Katenen]), ActJoh 5 (Lipsius / Bonnet, 155,33 [einzelne Handschriften]) sowie spätere Zusätze zur Inscriptio der Johannesapokalypse. Denselben Ehrennamen tragen in der griechischen Christenheit noch Gregor von Nazianz aufgrund seiner Reden über die Trinität aus dem Jahr 380 sowie später der Mystiker Symeon (949–1022) als der „Neue Theologe“. 62 S. dazu G. EBELING, Theologie (s. Anm. 51), 758f.
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2. Die „Doppelgesichtigkeit“ neutestamentlicher Theologie in den Anfängen der Disziplin „Theologie des Neuen Testaments“ ist ein neuzeitliches Unterfangen, genauer eine Ausdifferenzierung dessen, was sich zunächst im 17. und 18. Jahrhundert als „biblische Theologie“ im Gegenüber zur „dogmatischen Theologie“ herausgebildet hatte63. 2.1 ‚Biblische‘ und ‚dogmatische‘ Theologie Die Bezeichnung „biblische Theologie“ bezog sich in diesen Anfängen64 im Kontext der lutherischen und reformierten Orthodoxie auf den Versuch, die biblische Fundierung der protestantischen Dogmatik gemäß dem reformatorischen Prinzip sola scriptura aufzuweisen. Dies geschah durch eine nach den loci der Dogmatik geordnete Zusammenstellung und Erläuterung von beweiskräftigen Schriftstellen (dicta probantia) aus dem Alten und dem Neuen Testament65. Vorausgesetzt war in diesen Arbeiten also die grundsätzliche Übereinstimmung der reformatorischen Kirchenlehre mit den Aussagen der Heiligen Schrift und natürlich auch die lehrmäßige Übereinstimmung zwischen dem Alten und dem Neuen Testament. Der Aufbau eines solchen ‚Collegium Biblicum‘ genannten Werks war durch —————— 63 Zur Geschichte dieser Ausdifferenzierung s. G. STRECKER, Das Problem der Theologie des Neuen Testaments, in: ders. (Hg.) Problem (s. Anm. 1), 1–31 (1ff.); ausführlicher F.CH. BAUR, Vorlesungen über neutestamentliche Theologie, Leipzig 1864, 1–44; M. KÄHLER, Art. Biblische Theologie, RE3 3 (1897), Sp. 192–200, H.J. HOLTZMANN, Lehrbuch der Neutestamentlichen Theologie I, Tübingen 21911, 1–26; W.G. KÜMMEL, Das Neue Testament. Geschichte der Erforschung seiner Probleme, OA 3/1, Freiburg/München 21970, 115–127; O. MERK, Biblische Theologie des Neuen Testaments in ihrer Anfangszeit, MThS 9, Marburg 1972; DERS., Art. Biblische Theologie II (s. Anm. 5), 455–477; H. RÄISÄNEN, Neutestamentliche Theologie? (s. Anm. 8). 64 Der erste nachgewiesene Buchtitel mit diesem Terminus ist Jacob Christmann, Teutsche Biblische Theologie, Kempten 1629. Vgl. G. STRECKER, Problem (s. Anm. 1), 1 Anm. 2; O. MERK, Biblische Theologie (s. Anm. 63), 15f. Vgl. auch Henricus a Diest, Theologia biblica, Praeter succinctam Locorum communium delineationem exhibens Testimonia Scripturae, Ad singulos locos, locorumque singular capita, capitumque singular membra, pertinantia, Daventri 1643. S. dazu O. MERK, Biblische Theologie, 16. 65 So der Titel der Abhandlung von Sebastian Schmidt, Collegium Biblicum, in quo dicta scripturae Veteris et Novi testamenti iuxta seriem locorum communium theologicorum disposita dilucide explicantur, Argentorati (= Straßburg) 1671 (21676; 31689); vgl. auch Johann Hülsemann, Vindiciae Sanctae Scripturae per loca classica systematis theologiae, in: ders., Opera posthuma (ed. J.A. Scherzer), Leipzig 1679; Johann Willhelm Baier, Analysis et vindicatio illustrium scripturae dictorum sinceram fidei doctrinam asserentium, Altorfii 1716; A.F. Büsching, Dissertatio theologica inauguralis exhibens epitomen theologiae e solis literis sacris concinnatae, Göttingen 1756; vgl. auch noch den Titel des (gleichwohl schon gegenüber der kirchlichen Lehre kritischeren) Werkes von G.T. Zachariä, Biblische Theologie oder Untersuchung des biblischen Grundes der vornehmsten theologischen Lehren I–IV, Göttingen/Kiel 1771–1775.
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den Aufbau der orthodoxen Dogmatik vorgegeben: Die Loci-Methode bestimmte die Darstellung der biblischen Lehre. Der Unterschied zwischen diesen Werken und den eigentlich dogmatischen war nur, „daß man das Exegetische oder Biblische voranstellte“66. Anzeichen einer Verselbständigung der Biblischen Theologie zeigen sich, wenn im 18. Jahrhundert die Rede vom „Vorzug“ der biblischen Theologie vor der „scholastischen“ möglich wird67. Auch diese Tendenz läßt sich noch im Rahmen des protestantischen Prinzips sola scriptura verstehen, doch zeigt sich hier zugleich ein Einfluß der pietistischen Kritik an der ‚scholastischen‘ Theologie68 und des Anliegens einer Erneuerung des schlichten Rekurses auf die Bibel. Freilich wurde von den hier einzuordnenden Autoren einer ‚biblischen Theologie‘ die Loci-Methode noch nicht aufgegeben, und eine historische Fragestellung lag ihnen noch sehr fern69. Eine andere Tendenz zeigt sich, wenn in Zedlers ‚Universallexikon‘ von 1745 eine Näherbestimmung der theologia biblica gegeben wird als „eine Art Theologie, da man gewisse Biblische Bücher oder Texte zum Grunde legt, und die darinnen enthaltenen Lehren, wie es die Ordnung und die Umstände solcher Texte mit sich bringen, erkläret …“70. Damit war ein Ansatz zur Überwindung der Loci-Methode und zur eigenständigen Durchführung einer biblischen Theologie gegenüber der dogmatischen gewonnen. Ansatzweise konnte nun auch eine historische Differenzierung der altund neutestamentlichen Schriften sowie eine vorsichtige und im Laufe der Zeit immer dezidiertere Emanzipation der biblischen von der dogmatischen Theologie erfolgen71. In aufklärerischem Geist kam es in der Folgezeit unter dem Bezug auf ‚Biblische Theologie‘ immer mehr zur Infragestellung des kirchlichen Lehrsystems und gleichzeitig zu Versuchen einer
—————— 66 67
So treffend F.CH. BAUR, Vorlesungen (s. Anm. 63), 3. So im Titel der Arbeit von A.F. Büsching, Gedanken von der Beschaffenheit und dem Vorzuge der biblisch-dogmatischen Theologie vor der alten und neuen scholastischen, Lemgo 1758. 68 Vgl. O. MERK, Biblische Theologie (s. Anm. 63), 18f. (unter Verweis auf Philipp Jakob Speners ‚Pia desideria‘). 69 S. etwa Chr. Haymann, Biblische Theologie, Leipzig 1708 ( 4 1768); Johann Christian Weidner, Deutsche theologia biblica oder einfältige Grundlegung zur erbaulichen theologia thetica, Leipzig 1722. Vgl. O. MERK, Biblische Theologie, 19f. 70 Zitat nach O. MERK, Biblische Theologie, 20. 71 Dies geschah in den Arbeiten von Anton Friedrich Büsching (s. o. Anm. 65 und 67); dazu O. MERK, Biblische Theologie, 21f.), sowie dann – hermeneutisch wirkungsvoller in Verbindung mit der Kritik an der Inspirationslehre – in den Werken von Johann Salomo Semler, insbesondere seiner Abhandlung von freier Untersuchung des Canon I–IV, Halle 1771–1775.
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Neuordnung des Stoffs in größerer Entsprechung zur biblischen Darstellung72. Der Text, der gemeinhin als die Geburtsurkunde der „Biblischen Theologie“ angesehen wird, die Altdorfer Antrittsrede Johann Philipp Gablers von 1787 De iusto discrimine theologiae biblicae et dogmaticae regundisque recte utriusque finibus („Von der richtigen Unterscheidung der biblischen und der dogmatischen Theologie und der richtigen Bestimmung ihrer beiden Ziele“)73, geht über die erwähnten Vorläufer deutlich hinaus.74 Gabler betont den historischen Charakter der biblischen Aussagen, die aus dem Stil, dem Sprachgebrauch oder den Sitten ihrer Zeit zu erklären seien, und er bricht zugleich mit der Voraussetzung der Einheitlichkeit der biblischen Lehre des Alten und des Neuen Testaments. Ziel der Rede ist es, der neuen, historisch ansetzenden „biblischen“ Theologie ihre Eigenständigkeit zu sichern: „Die biblische Theologie besitzt historischen Charakter, überliefernd, was die heiligen Schriftsteller über die göttlichen Dinge gesagt haben.“75 Sie ist „sich immer gleich“76, d. h. sie nimmt an den Wandlungen der jeweils zeitgemäßen dogmatischen Theologie nicht teil (ungeachtet dessen, daß sie von jedem anders dargestellt wird). Freilich verbindet sich mit diesem historischen Ansatz bei Gabler eine weitere Unterscheidung: Über der Frage, „welche Meinungen sich auf die bleibende Form der christlichen Lehre beziehen und so uns selbst angehen; und welche nur für die Menschen eines bestimmten Zeitalters oder einer bestimmten Lehrform gesagt sind“ gewinnt die historische Untersuchung Relevanz für die Frage nach der theologischen Verbindlichkeit der neutestamentlichen Aussagen77. Die Summe der klaren, auf die christliche Reli—————— 72 So z. B. bei Gotthelf Traugott Zachariä, Biblische Theologie (s. Anm. 65); s. dazu O. MERK, Biblische Theologie, 24-26. Bei Zachariä liegt das Interesse allerdings nicht auf der historischen Beurteilung der biblischen Schriften, sondern auf den allgemein nützlichen Wahrheiten, die dann ‚biblizistisch‘ aus dem Alten und Neuen Testament begründet werden. Zu erwähnen ist daneben auch das Werk des Rationalisten Carl Friedrich Bahrdt, Versuch eines biblischen Systems der Dogmatik, Gotha/Leipzig 1769/70, in dem auch bereits der Begriff der ‚Biblischen Dogmatik‘ anklingt, den später auch de Wette gebrauchen sollte. 73 J.PH. GABLER, Opuscula academica 2, Ulm 1831, 179–198; dt. Übers. bei O. MERK, Biblische Theologie, 273–284; ebenfalls abgedruckt bei G. Strecker (Hg.), Problem (s. Anm. 1), 32–44. 74 Zu diesem Werk und seiner Stellung im Denken Gablers s. O. MERK, Biblische Theologie, 29–140; R. SMEND, Johann Philipp Gablers Begründung der biblischen Theologie, EvTh 22 (1962), 345–357. 75 J.PH. GABLER, Opuscula, 183, dt. nach O. MERK, Biblische Theologie, 275. 76 J.P H. GABLER, Opuscula, 184, dt. nach O. MERK, Biblische Theologie, 276. 77 In diesen Ausführungen Gablers findet sich bereits der Gedanke, daß manche Meinungen der Apostel wahrhaft göttlich und andere rein menschlich und aus ihrem eigenen
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gion aller Zeiten zu beziehenden Aussagen, die als Fundament einer dogmatischen Theologie gelten können, bezeichnet Gabler als „Biblische Theologie im engeren Sinn des Wortgebrauchs“78. Erforderlich ist also eine „doppelte Biblische Theologie“. Die historisch gefaßte biblische Theologie – in bewußter Unterscheidung von der dogmatischen – ist somit in ihren Anfängen verknüpft mit dem Interesse an einer ‚reineren‘ biblischen Theologie „im engeren Sinn“80, die Grundlage einer vernünftigen christlichen Lehre sein kann. Damit ist im bekanntesten Grundlagentext „biblischer Theologie“ deren Doppelgesichtigkeit evident81: So sehr diese historisch vorgeht und Eigenständigkeit gegenüber der dogmatischen Theologie beansprucht, so sehr erfolgt sie zugleich im Interesse der Unterscheidung zwischen dem eigentlich Gültigen und dem nur Zeitbedingten, d. h. im Horizont einer gegenwartsbezogenen Interpretation der biblischen Botschaft. 2.2 Die Vielfalt der „Lehrbegriffe“ und die Frage nach ihrer Einheit Mit dem bei Gabler begründeten, wenngleich nicht völlig konsequent durchgeführten historischen Ansatz war in nuce die Differenzierung alttestamentlicher und neutestamentlicher „Theologien“ sowie unterschiedlicher „Lehrbegriffe“ im Neuen Testament vorbereitet, und es dauerte nicht lange, bis dann aus der Feder von Gablers Altdorfer Kollegen Georg Lorenz Bauer zuerst eine „Theologie des Alten Testaments oder Abriß der religiösen Begriffe der alten Hebräer“82 – die erste rein alttestamentliche Theologie überhaupt – und dann 1800–1802 die vierbändige „Biblische Theologie des Neuen Testaments“ erschien83, in der Bauer den „Lehrbegriff“ Jesu (von fremden Zusätzen gereinigt) nach den drei ersten Evangelisten, die „christliche Religionstheorie“ nach dem Evangelium und den —————— Geist hinterlassen sind (J.P H. GABLER, Opuscula, 191f., vgl. O. MERK, Biblische Theologie, 280). 78 J.PH. GABLER, Opuscula, 192, dt. nach O. MERK, Biblische Theologie, 281. 79 So O. MERK, Biblische Theologie, 43. 80 Ein Beispiel dieser Tendenz liefert die für Gabler selbst inakzeptable Schrift von C.F. Ammon, Entwurf einer reinen biblischen Theologie, Erlangen 1792. Zu diesem Werk und der Auseinandersetzung zwischen Gabler und Ammon s. O. MERK, Biblische Theologie, 82–90. Auch bei G.L. B AUER, Biblische Theologie des Neuen Testaments 1, Leipzig 1800, wird der Begriff der „reinen biblischen Theologie“ verwendet. 81 O. MERK, Biblische Theologie, 43, formuliert, es „bedarf … einer doppelten Biblischen Theologie“. 82 G.L. Bauer, Theologie des Alten Testaments oder Abriß der religiösen Begriffe der alten Hebräer. Von den ältesten Zeiten bis auf den Anfang der christlichen Epoche. Zum Gebrauch akademischer Vorlesungen, Leipzig 1796, s. dazu O. MERK, Biblische Theologie, 157–163. 83 G.L. BAUER, Biblische Theologie des Neuen Testaments, 1–4, Leipzig 1800–1802; s. dazu O. MERK, Biblische Theologie, 178–189.
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Briefen des Johannes, dann den christlichen „Religionsbegriff“ nach der Apokalypse, nach Petrus, nach dem zweiten Petrus- und dem Judasbrief und schließlich den „Lehrbegriff Pauli“ darstellt84. In weiteren, Bauer folgenden Darstellungen wurden die einzelnen neutestamentlichen Autoren separat behandelt85, und Wilhelm Martin Leberecht de Wette unterschied dann in seiner „Biblischen Dogmatik“ ebenfalls zwischen unterschiedlichen „Lehrbegriffen“ im Neuen Testament, wobei er die Schriften in judenchristliche, alexandrinische oder hellenistische und paulinische einteilt86. Ferdinand Christian Baur schließlich verbindet in seinen posthum veröffentlichten „Vorlesungen über Neutestamentliche Theologie“87 die programmatischen Gesichtspunkte Gablers und Bauers und führt sie „auf den damaligen Höhepunkt kritischer Forschung“88. Doch zeigt sich dabei erneut das „methodisch bedingte Ineinander von Rekonstruktion … und Interpretation“89. Baur hatte zwar in einer frühen Veröffentlichung90 „die rein historisch-kritische Behandlung der Biblischen Theologie gefordert“91, und auch in der Einleitung seiner Vorlesungen kritisiert er die „Subjectivität des Rationalismus“, weil man von ihm keinen „reingeschichtlichen —————— 84 85
Vgl. dazu detaillierter ebd., 184f. Vgl. (nach O. MERK, Biblische Theologie, 209) G.W. MEYER, Entwicklung des paulinischen Lehrbegriffs. Ein Beitrag zur Kritik des christlichen Religionssystem, Altona 1801; JOHANN GEORG FRIEDRICH LEUN, Reine Auffassung des Urchristentums in den Paulinischen Briefen. Ein Seitenstück zur biblischen Theologie des Neuen Testaments, Leipzig 1803; DERS., Grundriß der neutestamentlichen Christologie: oder das Urchristentum nach den Aussprüchen seiner ersten Lehrer im neuen Testament, Leipzig 1804; K.H.L. PÖLITZ, Das Urchristenthum nach dem Geiste der sämtlichen neutestamentlichen Schriften entwickelt, ein Versuch in der Spezialhermeneutik des Neuen Testaments, 1. Theil: Die Evangelien des Matthäus, Marcus, Lucas und die Apostelgeschichte, Danzig 1804; HERMANN HEIMART CLUDIUS, Uransichten des Christenthums nebst Untersuchungen über einige Bücher des neuen Testaments, Altona 1808. 86 W.M.L. DE WETTE, Biblische Dogmatik Alten und Neuen Testaments. Oder kritische Darstellung der Religionslehre des Hebraismus, des Judenthums und Urchristenthums. Zum Gebrauch akademischer Vorlesungen, Berlin 1813; vgl. dazu O. MERK, Biblische Theologie, 210–214. 87 F.CH. BAUR, Vorlesungen über Neutestamentliche Theologie (hg. F.F. Baur), Leipzig 1864. 88 So O. MERK, Art. Biblische Theologie II (s. Anm. 5), 460. 89 Ebd. 90 F.CH. BAUR, Rez. von G.Ph.Chr. Kaiser, Die biblische Theologie oder Judaismus und Christianismus nach der grammatisch-historischen Interpretation und nach einer freymüthigen Stellung in die kritisch-vergleichende Universalgeschichte der Religion und die universale Religion Th. I, Erlangen 1913, in: Bengels Archiv für Theologie und ihre neueste Literatur, Bd. 2, 1818, 656–717 (683.708f. u. ö.). 91 So O. MERK, Gesamtbiblische Theologie (s. Anm. 39), 226f.
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Standpunkt“ erwarten könne92. Seine eigene Rekonstruktion der urchristlichen Theologiegeschichte ist insofern primär ein theologie-geschichtlicher Entwurf, weil er konsequent mit einem innergeschichtlichen Zusammenhang der Ereignisse und Entwicklungen rechnet. Andererseits basiert diese Rekonstruktion nicht unwesentlich auf einer hegelianisch verstandenen Dialektik zwischen Judenchristentum und Paulinismus, deren Synthese in der Vermittlung aller Gegensätze im johanneischen Lehrbegriff gesehen wird93. Trotz des Anspruchs einer ‚reingeschichtlichen‘ Konzeption beherrscht das zur Interpretation herangetragene Modell den Stoff in relativ hohem Maße. Die in den ‚Vorlesungen‘ praktizierte Unterscheidung von „Lehrbegriffen“94, also die historische Darstellung der Verschiedenheit und Vielfalt der im Neuen Testament versammelten ‚Theologien‘, geht auch bei Baur einher mit der Frage nach einer Einheit, die er in seiner ‚rein‘ geschichtlichen Sichtweise nicht mehr als gegeben voraussetzen kann, aber dann – gut hegelianisch – im Fortschritt der Entwicklung erkennt. Mit dem Zerbrechen der Baur’schen Geschichtskonstruktion und der fortschreitenden Einsicht in die noch größere Komplexität der geschichtlichen Prozesse mußte allerdings auch die hier noch festgehaltene Einheit im Prozeß verloren gehen95. 3. Rekonstruktion und Interpretation bei zwei „Klassikern“ der Diskussion Die jeweilige Dominanz des Interesses an historischer Rekonstruktion einerseits und theologischer Interpretation andererseits läßt sich an zwei ‚Klassikern‘ der Diskussion um die neutestamentliche Theologie profiliert erkennen: 3.1 Der Primat der historischen Rekonstruktion bei William Wrede William Wrede hatte 1897 in seiner Programmschrift „Über Aufgabe und Methode der sogenannten Neutestamentlichen Theologie“96 darauf hingewiesen, daß das auf Gabler zurückgehende Programm der Biblischen Theologie als einer historischen Disziplin noch keineswegs hinreichend —————— 92 93
F.CH. BAUR, Vorlesungen (s. Anm. 87), 10f. S. dazu ebd., 406f.; zu Baurs Sicht des johanneischen Lehrbegriffs s. J. FREY, Eschatologie I (s. Anm. 26), 32–35. 94 Baur unterscheidet die „Lehrbegriffe“ Jesu, der Apostel (Paulus und Apk), der Autoren einer ersten nachapostolischen Periode (Hebr, Eph, Kol, Jak, 1 Petr, 2 Petr, Synoptiker, Apg) sowie der Schriften einer noch späteren dritten Periode (Pastoralbriefe, Johanneische Schriften). 95 Vgl. dazu die lucide Kritik William Wredes (s.u. Abschnitt II 3.1). 96 W. WREDE, Aufgabe (s. Anm 13); abgedruckt in: G. Strecker (Hg.), Problem (s. Anm. 1), 81–154. Seitenangaben in Klammern beziehen sich im folgenden immer auf diesen Nachdruck.
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verwirklicht sei. Die nach wie vor bestehende Abzweckung auf die Dogmatik oder das Insistieren auf einem besonderen theologischen Charakter der neutestamentlichen Schriften stünden einer wirklich historischen Darstellung entgegen. Die ‚sogenannte‘ neutestamentliche oder biblische Theologie sei daher „im strengen Sinne noch keine historische Disziplin“97; wirklich historisch könne sie erst werden, wenn man nach der Inspirationslehre auch die Orientierung am Kanon sowie die seit Baur weithin praktizierte Lehrbegriff-Methode einschließlich der Vergleichung der Lehrbegriffe im Interesse der Herausarbeitung ihrer wesentlichen Einheit preisgebe. Die gesonderte Herausarbeitung der Lehrmeinungen der einzelnen religiösen Persönlichkeiten und Autoren ist nach Wrede unbrauchbar, weil auf diese Weise die geschichtliche Entwicklung nicht adäquat zur Darstellung gebracht werden könne 98. Dies konnte bei Baur nur gelingen, weil „in der Geschichte, die Baur zeichnete, der eine bekannte Gegensatz das schlechthin Entscheidende war“ und alle Schriften nur nach diesem Gegensatz zwischen Judenchristentum und Paulinismus eingeordnet wurden99. So fiel für Baur „die wirkliche geschichtliche Entwicklung … zusammen mit der von ihm konstruierten Abfolge“, aber wenn dies, wie Wrede sieht, „eine unhaltbare Konstruktion“ war 100 und die geschichtliche Entwicklung sehr viel komplexer und differenzierter verlief, dann läßt sich diese mit der Lehrbegriff-Methode eben nicht hinreichend kohärent darstellen.
Diese Aussagen lassen sich verstehen im Gegenüber zu den Theologien von Bernhard Weiß oder Willibald Beyschlag101, bei denen viele methodische Fragen recht unklar gehandhabt worden waren102, aber auch zur Summe der Bemühungen des 19. Jahrhunderts im zweibändigen Lehrbuch von Heinrich Julius Holtzmann103, der in seiner umfangreichen Darstellung die verschiedenen Lehrbegriffe allzusehr nebeneinander gestellt hatte, ohne eine wirkliche geschichtliche Verbindung zu erreichen104. Seinem Ziel, —————— 97 Ebd., 80 (154). 98 Ebd., 45f. (119f.). 99 Ebd., 45 (119). 100 Ebd. 101 B. WEIß, Lehrbuch
der Biblischen Theologie des Neuen Testaments, Berlin 1868; W. BEYSCHLAG, Neutestamentliche Theologie oder Geschichtliche Darstellung der Lehren Jesu und des Urchristentums nach den neutestamentlichen Quellen, 2 Bde., Halle 1891. 102 Zu Weiß formuliert WREDE (Aufgabe, s. Anm. 13, 104f.): „Das Weiß’sche Lehrbuch verwischt das Charakteristische und Eigenartige fast allenthalben, so daß niemand die entscheidenden Punkte erkennen kann, es reiht einzelne Kapitel ganz äußerlich und beziehungslos aneinander …“; zu Beyschlag (ebd., 105): „Der Verfasser trägt viel zuviel von seinem Eigenen in das Neue Testament hinein, er modernisiert und glättet sehr stark und geht über die wichtigsten geschichtlichen Probleme zu oft mit gefälliger Leichtigkeit hinweg.“ 103 H.J. HOLTZMANN, Lehrbuch der Neutestamentlichen Theologie, 2 Bde., Freiburg 1897 ( 21911). 104 So auch die Kritik bei O. MERK, Art. Biblische Theologie II (s. Anm. 5), 462.
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„den religiösen und sittlichen Gehalt der kanonischen Schriften des Neuen Testaments wissenschaftlich darzustellen oder die daraus erkennbare religiös-sittliche Gedankenwelt wissenschaftlich zu rekonstruieren“, hält Wrede entgegen, es gehe viel eher darum, „die Geschichte der urchristlichen Religion und Theologie“105 zur Darstellung zu bringen. Die religionsgeschichtliche Rekonstruktion erhält somit den Primat vor der Darstellung der Sachaussagen und der Nachzeichnung der Gedankenwelt der einzelnen neutestamentlichen Autoren und Schriften. Nach Wredes Urteil waren die historischen Darstellungen der liberalen wie der konservativen Theologen seiner Zeit allzu sehr von deren eigenen theologischen Fragen sowie vom applikativen und normativen Interesse an der neutestamentlichen Lehrbildung bestimmt, wodurch Wrede ein wirklich geschichtliches Verständnis behindert sah. Demgegenüber forderte Wrede von jedem, der sich mit neutestamentlicher Theologie wissenschaftlich befassen will, „ein reines, uninteressiertes Erkenntnisinteresse, das jedes sich wirklich aufdrängende Ergebnis annimmt“106 und die eigene Anschauung vom Objekt der Forschung gänzlich fernhält – „denn er will ja nur erkennen, was wirklich gewesen ist“107. Eine solche ‚uninteressierte‘ wissenschaftliche Objektivität macht aber nach Wredes Urteil das Programm einer ‚neutestamentlichen Theologie‘ letztlich undurchführbar und fordert eine rein historische Darstellung der „Geschichte der urchristlichen Religion und Theologie“108. Aus heutiger Sicht muß das Ideal eines reinen, uninteressierten Erkenntnisinteresses hermeneutisch naiv erscheinen. Kein Interpret, der sich mit wirkmächtigen geschichtlichen Überlieferungen beschäftigt, kann dies ohne ein irgendwie geartetes applikatives Interesse tun. Auch das historisch-kritische Methodeninstrumentarium läßt seine Benutzer nur graduell in Distanz zu ihrem eigenen geschichtlichen Ort und Fragehorizont treten. Von diesem völlig abzusehen, ist nicht nur unmöglich, sondern auch wenig sinnvoll angesichts der Einsichten der neueren Historik, die sich viel stärker als frühere Generationen bewußt gemacht hat, daß jede Rekonstruktion ein konstruktives, ja fiktionales Element enthält, indem sie eine Auswahl des Stoffes und der ordnenden Gesichtspunkte durch den Historiographen voraussetzt. Daher besteht Grund zur Annahme, daß dort, wo ein solches Erkenntnisinteresse im Zeichen wissenschaftlicher ‚Objektivität‘ explizit bestritten wird, dieses unterschwellig und unerkannt um so mehr wirksam ist. Gewiß ist das methodische Bemühen um eine möglichste Zurückstellung eigener Interessen im Rahmen der historischen Arbeit berechtigt und notwendig, um nicht bewußt oder unbewußt nur die eigenen ideologischen Positionen zu ‚bedienen‘. Eine solche selbstkritische
—————— 105 106 107 108
W. WREDE, Aufgabe, 34 (108). Ebd., 10 (84). Ebd. Ebd., 80 (153f.).
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Haltung dürfte aber am ehesten dort gelingen, wo man die eigenen Interessen und ‚Vorverständnisse‘ nicht negiert, sondern möglichst klar offenlegt und transparent macht.109
Wrede konnte die Ausführung seines Programms nicht mehr in Angriff nehmen, und z. B. das Lehrbuch von Heinrich Weinel110, das ganz im Sinne Wredes „an die Stelle der biblischen Theologie des Neuen Testaments … eine Geschichte der Religion des ältesten Christentums“111 setzen will, hat sein Programm an entscheidenden Stellen relativiert112 und dadurch eher Zweifel an seiner Durchführbarkeit erweckt. Die Forderungen Wredes dürften daher eher in der thematisch auf die Christologie eingegrenzten Darstellung Wilhelm Boussets113 erfüllt sein, in der die Arbeit der Religionsgeschichtlichen Schule zu ihrer eindrücklichsten Synthese gekommen ist. 3.2 Der Primat der theologischen Sachinterpretation bei Rudolf Bultmann Obwohl die epochale Theologie des Neuen Testaments von Rudolf Bultmann sachlich in vielen Details eng an die Arbeiten der Religionsgeschichtlichen Schule anschließt114, tritt sie in der Grundfrage von Rekonstruktion und Interpretation in den denkbar größten Gegensatz zu Wredes Programm: Bultmann will dezidiert die historische Arbeit dem Interesse der Interpretation dienstbar machen, „unter der Voraussetzung, daß [die Schriften des Neuen Testaments] der Gegenwart etwas zu sagen haben“115. Im Interesse dieser Anrede praktiziert Bultmann die Darstellung der „theologischen Gedanken der neutest.[amentlichen] Schriften“116 – die nach seiner Überzeugung die Aufgabe einer neutestamentlichen Theologie ist – in existentialer Interpretation „als Explikation des glaubenden Selbstverständnisses“117. Denn natürlich sind die theologischen Aussagen des Neuen Testaments menschliche Gedanken und als solche situationsbedingt und unvollständig und mehr oder weniger sachgemäß. Sie können daher nicht —————— 109
H. RÄISÄNEN, der sich sehr eng an Wredes Programm anschließt, kritisiert auch dessen Ideal der ‚Objektivität‘ und redet statt dessen eher von „fair play“ (Neutestamentliche Theologie? [s. Anm. 8], 82). 110 H. WEINEL, Biblische Theologie des Neuen Testaments. Die Religion Jesu und des Urchristentums, Tübingen 1911 ( 41928). 111 Ebd., 3. 112 S. dazu O. MERK, Art. Biblische Theologie II (s. Anm. 5), 463. 113 W. B OUSSET, Kyrios Christos (s. Anm. 26). 114 S. dazu den Hinweis bei O. M ERK, Art. Biblische Theologie II, 463, daß im Nachlaß Wilhelm Boussets ein Vorlesungsmanuskript „Neutestamentliche Theologie“ vorliege, „die in Anlehnung an Kyrios Christos ausgestaltet ist und wesentlich jenen Aufriß bietet, der Rudolf Bultmanns entsprechendem Werk zugrunde liegt“. 115 R. BULTMANN, Theologie (s. Anm. 2), 600. 116 Ebd., 585 117 Ebd.
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selbst Gegenstand des Glaubens sein118. Die Theologie des Neuen Testaments kann nach Bultmanns Überzeugung daher auch nicht den Gegenstand des Glaubens darstellen, sondern nur „den Glauben selbst in seiner Selbstauslegung“119. Sie redet – mit einer anderen programmatischen These Bultmanns – von Gott, indem sie vom Menschen und seiner Bezogenheit auf Gott120, seinem gläubigen Selbstverständnis redet. Die Theologie des Neuen Testaments teilt also nicht einfach die neutestamentlichen ‚Lehren‘ mit, sondern sie expliziert in der Interpretation der theologischen Aussagen des Neuen Testaments das im Glauben angelegte und ermöglichte Selbstverständnis. So und nur so können die Ausführungen einer Theologie des Neuen Testaments auch dem heutigen Leser und Hörer eine Möglichkeit des neuen Selbstverständnisses eröffnen, d. h. nicht nur ‚objektivierend‘ in der Vergangenheit bleiben, sondern zur gegenwärtigen Anrede werden121. Im Gegensatz zu Wrede oder auch Baur will Bultmann also gerade nicht „das Urchristentum als Phänomen historischer Vergangenheit … erhellen“122, vielmehr zielt die Erhebung der Geschichte des Urchristentums, soweit Bultmann auf diese eingeht, ausschließlich darauf, „das glaubende Selbstverständnis in seinem Bezuge auf das Kerygma deutlich zu machen“123. Die Dominanz des interpretatorischen Interesses und das Zurücktreten der historischen Rekonstruktion zeigen sich schon im Aufbau des Werks: Obwohl Bultmann sich grundsätzlich für eine historische und gegen eine systematische Darstellung entscheidet124, durchbricht die Darstellung die historische und chronologische Abfolge ganz entscheidend. In der Dreiteilung „Voraussetzungen und Motive der neutestamentlichen Theologie“ – „Die Theologie des Paulus und Johannes“ – „Die Entwicklung zur Alten Kirche“ stehen im Zentrum ganz dominant die beiden Zeugen ‚eigentlicher‘ Theologie, Paulus und das Johannesevangelium mit den Johannesbriefen. Diese beiden ‚Theologien‘ interpretiert Bultmann nach einem je eigenen anthropologisch-soteriologischen Schema, wobei eine grundlegende Alternative vorgeführt wird zwischen der Grundsituation des Menschen vor der Offenbarung der SLYVWL und unter der SLYVWL (Paulus) bzw. zwischen der Wirkung der Offenbarung als NULYVL der Welt einerseits und der Bewegung des Glaubens, dem sich die Offenbarung erschließt, andererseits —————— 118 119 120
Ebd., 586. Ebd., 587. Vgl. R. BULTMANN, Welchen Sinn hat es, von Gott zu reden?, in: DERS., Glauben und Verstehen I, 26–37. 121 Vgl. R. BULTMANN, Theologie, 586. 122 O. MERK, Art. Biblische Theologie II (s. Anm. 5), 465. 123 R. B ULTMANN, Theologie, 598f.; vgl. O. M ERK, Art. Biblische Theologie II, 465. 124 R. B ULTMANN, Theologie, 586.
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(Johannes)125. Es geht bei diesen beiden Theologien nach der Interpretation Bultmanns also je um die Alternative zweier Selbst- und Weltverständnisse, des Unglaubens und des Glaubens, und in dieser Darstellung, in der sich die dem Menschen aufgegebene Entscheidung spiegelt, versucht Bultmann der Aufgabe einer Theologie des Neuen Testaments, wie er sie sieht, gerecht zu werden. Die geschichtliche Situation der Zeugen interessiert dabei nur am Rande, ihr Verhältnis ist nicht das einer gestuften Abfolge oder Entwicklung126, sondern – wie Bultmann meint – einer Gemeinsamkeit hinsichtlich der religionsgeschichtlichen Stellung127 und einer tiefen sachlichen Verwandtschaft128. Deshalb kann Bultmann diese beiden Zeugen in ihrer Konsonanz ins Zentrum der neutestamentlichen Theologie stellen. Eine historische Darstellung ist dies allerdings nur in sehr eingeschränktem Maß. Denn natürlich stehen Paulus und Johannes geschichtlich nicht auf einer Ebene, und auch die Vor- und Nachgeschichte dieser beiden Theologien kommt bei Bultmann nicht in historischer Analyse zur Darstellung. Unter den „Voraussetzungen“ behandelt er nicht nur die Verkündigung Jesu, sondern auch das Kerygma der Urgemeinde und der hellenistischen Gemeinden vor und neben Paulus, wobei er für einzelne Themen bis zum Hebräer- und zum Barnabasbrief ausgreift129, und in der Darstellung der „Entwicklung zur Alten Kirche“ wird keineswegs eine Nachgeschichte der johanneischen Theologie geboten, vielmehr werden die Themen Kirchenordnung, Lehre und Lebensführung in breiter, sachlich strukturierter Darstellung vorgeführt. Der Anspruch Bultmanns, eine historische, keine systematische Darstellung zu bieten, ist daher nur sehr bedingt eingelöst, und eine „Theologie“ wird letztlich nur den beiden Hauptzeugen Paulus und Johannes zugestanden. Diese stehen gewissermaßen neben dem Fluß der geschichtlichen Entwicklung, oder sie ragen wie Berge aus ihr heraus, so daß sich die Theologie des Neuen Testaments als Interpretation des glaubenden Selbstverständnisses auf sie konzentrieren kann, während alle anderen Aussagen und Traditionen und Themen nur „Voraussetzungen“ oder Bestandteile der (von Bultmann weniger zustimmend interpretierten) „Entwicklung“ zur Alten Kirche hin sind. Das interpretatorische Interesse hat in Bultmanns Darstellung die völlige Dominanz über die historische Rekonstruktion erlangt. Dies dürfte auch —————— 125 126 127
Vgl. ebd., 422. Ebd., 358. Nach Bultmanns – heute längst nicht mehr haltbarer – Überzeugung beziehen sich beide Theologien auf den gnostischen Erlösermythos, der die ‚Folie‘ für das christliche Kerygma bildet. Zur Bedeutung der Gnosis-These für die Interpretation Bultmanns s. J. FREY, Eschatologie I (s. Anm. 26), 129ff. 128 R. B ULTMANN, Theologie, 361. 129 Vgl. ebd., 112f., zur Stellung zum Alten Testament.
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der Grund dafür sein, daß es Rudolf Bultmann gelungen ist, einen Entwurf von beispielloser und seither nie mehr erreichter Geschlossenheit vorzulegen. 4. Das Problem von Aufbau und Darstellung in den neutestamentlichen Theologien seit Bultmann Kaum zufällig ist der Strom neutestamentlicher Theologien nach Bultmanns epochalem Werk zumindest im deutschsprachigen Bereich für eine gewisse Zeit abgeebbt. Erst gut 15 Jahre später folgte der sachlich eng an Bultmann anschließende Grundriß von Hans Conzelmann, dann die deutlich anders konzipierten Darstellungen von Werner Georg Kümmel und Joachim Jeremias sowie die eher einer traditionellen Loci-Methode verpflichtete Darstellung des katholischen Neutestamentlers Karl-Hermann Schelkle130. 4.1 Theologiegeschichtliche oder thematische Darstellung? Schelkles Werk war im deutschsprachigen Raum der einzige größere Versuch eines thematischen Arrangements seit Bultmanns Theologie. Das Werk ist im Rahmen der Bewegung der römisch-katholischen Exegese nach dem Zweiten Vaticanum hoch zu würdigen, und das Arrangement ist zunächst zu verstehen aus dem Bestreben, die bibelwissenschaftlichen Perspektiven in möglichst differenzierter Weise in das Gespräch der (katholischen) Dogmatik einzuführen. Dennoch haben die insgesamt fünf Bände zu Schöpfungslehre, Christologie, Ethik, Ekklesiologie und Eschatologie weithin den Charakter einer Materialsammlung und bleiben trotz des Versuchs einer zu den Einzelthemen historisch differenzierten Darstellung hinsichtlich der geschichtlichen Linienführung unbefriedigend. Die Verkündigung Jesu oder die Theologie des Paulus und des Johannes werden nirgendwo „als Ganzes vor Augen gestellt“132. Dieses Werk dürfte – in Verbindung mit dem dezidierten Urteil Bultmanns133 – die neutestamentlichen Exegeten zunächst eher von weiteren Versuchen einer systematischen Darstellung der neutestamentlichen Theologie abgehalten haben. —————— 130 S. dazu o. Anm. 2. Die Darstellung von R. SCHNACKENBURG, Neutestamentliche Theologie. Der Stand der Forschung, München 1963, ist keine ausgeführte Darstellung, sondern lediglich ein Forschungsbericht. 131 So die Kritik bei F. HAHN, Theologie II (s. Anm. 2), 17. 132 So P. STUHLMACHER, Theologie I (s. Anm. 9), 15. 133 R. B ULTMANN, Theologie, 585. Für ihn ist eine systematische Darstellung deshalb unangebracht, weil sie den Anschein einer ‚christlichen Normaldogmatik‘ erwecken könnte, die es nach seinem Urteil nicht geben kann. Dies greift zurück auf Gablers Bestimmung der Biblischen Theologie, die im Unterschied zur je ihrer Zeit angepaßten Dogmatik ‚sich selbst gleich‘ bleibe (s. o.).
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Jedenfalls wählen praktisch alle anderen Autoren nach Bultmann – selbst jene, die sich theologisch in enger Verbindung mit seinem Ansatz sehen – einen deutlicher historischen oder theologiegeschichtlichen Aufbau, wobei nun in wesentlich stärkerer Ausdifferenzierung bei Conzelmann „das synoptische Kerygma“ einschließlich der „Theologie der drei Synoptiker“ (vor der Paulusdarstellung) sowie die (nach Autoren nicht näher ausdifferenzierte) „Entwicklung nach Paulus“ an ihrem geschichtlichen Ort vor der Darstellung der johanneischen Theologie zu stehen kommt. Bei Lohse wird – gegen Bultmann und Conzelmann – nun auch die Verkündigung Jesu wieder einbezogen, und die Theologie der Synoptiker rückt an ihren historischen Ort zwischen Paulus und Johannes, während die „apostolische Lehre der Kirche“, d. h. der Stoff der Deuteropaulinen, Pastoralbriefe und katholischen Briefe, noch ohne breitere Differenzierung am Ende steht. Der letzte, sachlich stark an Bultmann orientierte Entwurf, das posthum herausgegebene Werk von Strecker, ist streng redaktionsgeschichtlich orientiert und setzt daher mit Paulus ein, fügt dann aber eine Rekonstruktion der urchristlichen Überlieferung der Verkündigung Jesu und der frühen Gemeinde im Vorfeld der Darstellung der Synoptiker ein, bevor die Darstellungen der johanneischen Schule und – nun nach Einzelschriften differenziert, der deuteropaulinischen Literatur und der katholischen Briefliteratur folgen. Wenn Strecker den Jakobusbrief – nach dem Judas- und dem zweiten Petrusbrief – ganz ans Ende setzt, dürfte sich auch darin ein Abweichen von der historischen Darstellung im Zeichen der systematischen Entgegensetzung zwischen Paulus (am Anfang) und Jakobus (am Ende) dokumentieren. Deutlich andere Akzentsetzungen bietet das ebenfalls posthum herausgegebene Werk von Goppelt, das – abgesehen von dem Programmentwurf von Jeremias, der nur eine Darstellung der Verkündigung Jesu vorgelegt hat – zunächst am deutlichsten andere Wege als Bultmann eingeschlagen hat. Hier nimmt die Darstellung von „Jesu Wirken in seiner theologischen Bedeutung“ fast den ganzen ersten Teilband ein, im zweiten folgen dann die Urgemeinde mit den Anfängen der Christologie, Paulus, die nachpaulinischen Schriften (1 Petrus, Apokalypse, Jakobus und Matthäus) sowie die Theologie des Hebräerbriefs, des lukanischen Werks und – auf der Basis eines knappen nachgelassenen Fragments – die johanneische Theologie. Auch der biblisch-theologische Entwurf von Stuhlmacher, der sich deutlich positiv auf Goppelt bezieht134, bietet einen ähnlichen Aufbau, wobei die traditionsgeschichtliche Kontinuität zur alttestamentlich-frühjüdischen Überlieferung und die traditionsgeschichtliche Kohärenz innerhalb des Neuen Testaments sehr viel stärker betont werden. Auch hier werden in geschichtlicher Abfolge die Verkündigung Jesu, der Urgemeinde, des Pau—————— 134
P. STUHLMACHER, Theologie I (s. Anm. 9), 27–29.
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lus, der Paulusschule und der katholischen Briefe, der synoptischen Evangelien sowie des „Johannes und seiner Schule“ (einschließlich der Apokalypse) aneinandergereiht. Bei aller Gemeinsamkeit werden in diesen Entwürfen viele Details der geschichtlichen Einordnung unterschiedlich gelöst. Die Darstellung Jesu und der Urgemeinde kann vor dem Paulusteil oder wie bei Strecker aus redaktionsgeschichtlichen Gründen danach, im Vorfeld der Synoptikerdarstellung erfolgen, und insbesondere in der Einordnung der Deuteropaulinen und der katholischen Briefe wird im Interesse der Darstellung von Überlieferungszusammenhängen öfter die historisch-chronologische Darstellung durchbrochen. Im Extremfall tendiert die Darstellungsweise wieder zur ‚alten‘ Lehrbegriff-Methode, wobei nun so viele ‚Theologien‘ wie Autoren nebeneinander stehen, ohne daß die Darstellung ihrer historischen und sachlichen Zusammenhänge immer hinreichend gelungen wäre135. 4.2 Einheit und Vielfalt Damit rückt das alte Problem der Frage nach der Einheit ‚der‘ neutestamentlichen Theologie inmitten der Vielfalt der ‚Theologien‘ erneut ins Blickfeld. Diesbezüglich ist allerdings bei der Mehrzahl der Autoren seit Bultmann eine große Zurückhaltung zu erkennen, wohl nicht nur deshalb, weil diese Frage forschungsgeschichtlich eher mit konservativen Entwürfen136, dem Verdacht der unangemessenen Harmonisierung oder explizit dogmatischen Interessen verbunden ist, sondern auch angesichts der enormen Schwierigkeiten, denen sich jeder Versuch, diese Einheit in der Vielfalt zu bestimmen oder gar zu demonstrieren, gegenübergestellt sieht. So wird etwa bei Strecker die Frage nach der Einheit ebenso wie die Zielvorstellung einer historischen Linie explizit abgelehnt und das Augenmerk auf die jeweiligen Spezifika der verschiedenen Entwürfe, Autoren und Redaktoren gelegt137, auch Gnilka und Berger verzichten ausdrücklich auf die Bestimmung einer Einheit und verweisen lediglich auf das historische Phänomen gemeinsamen Traditionsguts138 bzw. der „gegenseitigen Abhän—————— 135 Dies ist besonders auffällig in dem Lehrbuch von A. W EISER , Theologie (s. Anm. 2), das – als zweiter Teil einer geplanten Lehrbuchdarstellung, deren ersten Teil der verstorbene Helmut Merklein nicht mehr fertigstellen konnte – „die Theologie der Evangelien“ behandelt und dabei nacheinander die Theologie der Logienquelle, dann Markus, Matthäus, Lukas (einschließlich der Apostelgeschichte), Johannes und die Apokalypse behandelt, aber die Bezüge auf Paulus und die Briefliteratur nicht zur Darstellung bringen kann. 136 Vgl. den Bericht bei F. H AHN, Theologie II (s. Anm. 2), 12ff., der auf Bernhard Weiß, Adolf Schlatter, Paul Feine, Martin Albertz und Karl-Hermann Schelkle verweist. 137 G. STRECKER, Theologie (s. Anm. 2), 3. 138 So K. BERGER, Theologiegeschichte (s. Anm. 7), 5, der Divergenzen und Konvergenzen im Modell eines Baumes verständlich machen will. Von einem alten gemeinsa-
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gigkeiten und Einflußnahmen“, d. h. der „Vernetzung“ der neutestamentlichen Theologien139, ohne dabei zu einem theologischen Urteil zu gelangen. Anders muß verfahren, wer die Aufgabe der neutestamentlichen Theologie dezidiert nicht nur historisch-deskriptiv, sondern im Horizont der Frage nach der Wahrheit des Evangeliums und der gegenwärtigen Verantwortung der neutestamentlichen Botschaft versteht. Angesichts der leicht zu demonstrierenden Diskrepanzen und Widersprüche zwischen einzelnen Aussagen führt dies entweder zu einem kanonkritischen oder zu einem integrativen Ansatz. Dabei neigt die protestantische Exegese – nicht zuletzt unter Verweis auf Martin Luther – traditionell stärker einer kanonkritischen Tendenz zu, während römisch-katholische Autoren eher das Bemühen um ein integratives Verständnis erkennen ließen. Katalysator der neueren Diskussion war insbesondere Ernst Käsemann, der angesichts der historischen Dekonstruktion des Kanons als Formalprinzip den eigentlichen ‚Kanon im Kanon‘ allein in der paulinischen Kreuzestheologie und Rechtfertigungslehre sehen wollte und von hier aus die „Prüfung der Geister“140 innerhalb des Neuen Testaments, d. h. Ausgrenzung anderer theologischer Entwürfe, der heilsgeschichtlichen Theologie des Lukas, der vermeintlich ‚enthusiastischen‘ johanneischen Theologie wie auch der ‚frühkatholischen‘ Entwürfe der Pastoralbriefe oder des Judasbriefs und des zweiten Petrusbriefs betrieb. Die mit scharfer Sachkritik verbundene Frage nach dem ‚Kanon im Kanon‘ konnte in abgemilderter Weise formuliert werden als Frage nach der Mitte der neutestamentlichen Botschaft bzw. der ‚Mitte der Schrift‘141, wobei auch im Zeichen der Rede von der ‚Mitte der Schrift‘ die kanonkritische Ausgrenzung des ‚Randständigen‘ betrieben werden —————— men Grundbestand ausgehend sei dessen Entfaltung und Inkulturation in unterschiedliche, auch z. T. widersprüchliche Richtungen festzustellen, während umgekehrt durch Sammlung und Vernetzung der Traditionen, durch reisende Christen, Gemeindebriefe und Schriftensammlung Konvergenzen und Vereinheitlichungen zustande kommen (ebd., 5–7). Die Rekonstruktion der gemeinsamen Basis an Traditionen wird im Vergleich der einzelnen entwickelt. Dabei ist im Rahmen dieser Gemeinsamkeiten (ebd., 16–100) eine Vielzahl von Topoi, die nach anderer historischer Einschätzung nicht zum ältesten Gut gerechnet werden können. Die Theologiegeschichte Bergers hinterläßt auch an diesem Punkt viele offene Fragen. 139 J. G NILKA, Theologie (s. Anm. 2), 463. 140 E. K ÄSEMANN, Zusammenfassung, in: ders. (Hg.), Das Neue Testament als Kanon (s. Anm. 44), 399–410 (405). 141 E. LOHSE, Die Mitte der Schrift, in: DERS., Die Vielfalt des Neuen Testaments, Göttingen 1982, 221–230; zuvor bereits W.G. KÜMMEL, Das Problem der ‚Mitte des Neuen Testaments‘, in: DERS., Heilsgeschehen und Geschichte II, Marburg 1978, 62–74. Vgl. auch W. SCHRAGE, Die Frage nach der Mitte und dem Kanon im Kanon des Neuen Testaments in der neueren Diskussion, in: J. Friedrich etc. (Hgg.), Rechtfertigung. Festschrift für Ernst Käsemann, Tübingen 1976, 415–442.
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konnte142. Das Problem von Einheit und Vielfalt ist auch durch die Rede von einer ‚Mitte‘ und davon unterschiedenen ‚Rändern‘ noch nicht hinreichend gelöst. In den deutschsprachigen „Theologien“ im Ausgang des 20. Jahrhunderts lassen sich drei Modelle der positiven Reflexion auf die Frage nach der Einheit erkennen: a) Eduard Lohse reflektiert nur in einem sehr knappen Schlußabschnitt seiner Theologie auf die Einheit des Neuen Testaments: Gegen die von Bultmann und Käsemann vertretene Tradition hält er fest, daß die Frage nach der Einheit gestellt werden muß, „damit in der Vielfalt der Worte das eine Wort des Evangeliums hörbar wird“. Diese Einheit wird im Kerygma, der urchristlichen Predigt, lokalisiert143. Dabei spricht Lohse wie Käsemann von einem „Kanon im Kanon“: Die neutestamentlichen Texte sollen daran gemessen werden, wie sie die Botschaft vom gekreuzigten Christus entfalten. An dieser Angemessenheit entscheidet sich auch ihre theologische Verbindlichkeit. Dabei fungiert auch hier – freilich weniger ausgrenzend als bei Käsemann – das Wort vom Kreuz, und damit die paulinische Rechtfertigungsbotschaft als letztes Kriterium der Sachgemäßheit der neutestamentlichen Aussagen. b) Einen Schritt weiter geht Werner Georg Kümmel, der in seiner an den drei „Hauptzeugen“ Jesus, Paulus und Johannes orientierten Theologie ebenfalls am Ende nach der Mitte des Neuen Testaments fragt und deren Konvergenz zum einen in der eschatologischen Überzeugung vom Schonjetzt und Noch-nicht, vom Anbruch der Heilszeit in Jesus Christus und der zugleich verheißenen Heilsvollendung sowie – vielleicht noch zentraler – in der Botschaft von der in Kreuz und Auferstehung Christi offenbarten rettenden Liebe Gottes findet144. Mit der Betonung der Konvergenz der Hauptzeugen nähert sich Kümmel wieder dem alten Verfahren des Vergleichens der Lehrbegriffe. Gegenüber den Ansätzen im Schatten Bultmanns entscheidender ist jedoch, daß nun wieder die Frage nach der sachlichen Konvergenz zwischen der Verkündigung Jesu von der heilvoll anbrechenden Gottesherrschaft und dem von Paulus übernommenen (1 Kor 15,3-5) und theologisch explizierten Evangelium von Kreuz und Auferstehung ins Blickfeld tritt. Diesen Weg der traditionsgeschichtlichen Kontinuität hat insbesondere Peter Stuhlmacher in seiner Biblischen Theologie weiter beschritten und die Frage der Mitte der Schrift auf das „von Jesus gelebte, von Paulus exemplarisch verkündigte und von der johanneischen —————— 142 Am schroffsten geschieht dies im Horizont der Frühkatholizismus-These bei S. SCHULZ, Die Mitte der Schrift, Stuttgart etc. 1976. 143 E. LOHSE , Theologie (s. Anm. 2), 161. 144 W.G. K ÜMMEL, Theologie (s. Anm. 2), 294f. Vgl. DERS., Problem der Mitte (s. Anm. 141), 73.
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Schule durchgeistigte eine Evangelium von der Versöhnung … Gottes mit den Menschen durch ... den Christus Jesus“ bezogen145. Dabei werden die sachlichen Unterschiede zwischen Paulus und z. B. dem Matthäusevangelium oder dem Jakobusbrief nicht ignoriert, aber doch einander funktional so zugeordnet, daß sie ihren Platz im Ganzen des neutestamentlichen Kanons zugewiesen bekommen. c) Eine andere, gleichfalls integrative Argumentationsstruktur geht nicht von der paulinischen Botschaft, sondern vom Auftreten Jesu von Nazareth bzw. von der Person Jesus Christus aus, auf die sich alle neutestamentlichen Autoren beziehen. Alfons Weiser reflektiert in einem Schlußkapitel seiner Theologie der Evangelien auf den tragenden „Einheitsgrund“ der Evangelien in Leben und Wirken Jesu und der österlichen Grunderfahrung146. Damit greift er zurück auf die klassische Verortung der ‚Mitte der Schrift‘ in Jesus Christus, wobei er – methodisch behutsam – nicht den ‚Historischen Jesus‘, sondern die doppelte Wahrnehmung der Wirksamkeit des Irdischen und der im Bekenntnis ausgesprochenen Erfahrung des Erhöhten verbindet. Dieses methodische Prinzip ist viel ausführlicher und gründlicher in dem unvollendeten Werk von Wilhelm Thüsing reflektiert und auf die Frage nach den Kriterien für die nachösterlich-christlichen Entwürfe von Theologie hin bedacht147: „Maßstab der Legitimation von christlichen Theologien ist weder allein der irdische Jesus und seine ‚Sache‘ noch allein der Erhöhte, sondern der Jesus des neutestamentlichen Glaubens, der der Irdische (also letztlich der Gekreuzigte) und der Auferweckte in Identität ist.“148 Auf dieser Basis geht es Thüsing explizit darum, „das Neue Testament als hintergründige Einheit in aller Vielfalt“ aufzuzeigen149, wobei das Verhältnis zwischen den Teilen und dem Ganzen auf der Basis von Strukturvergleichen erfolgen sollte150. Was diese Strukturvergleiche zwischen den unterschiedlichen Zeugen etwa hinsichtlich der soteriologischen Fragestellungen oder auch hinsichtlich anderer Themen sachlich ergeben, hat Thüsing leider nicht mehr ausführen können. Außerdem ist die von ihm zum Kriterium erhobene „Ursprungsstruktur des Christlichen“151 relativ abstrakt, so berechtigt sein Anliegen ist, die in der Forschung seit Bultmann bestimmende Alternative zwischen einer Orientierung am ‚Histori—————— 145 146 147 148 149 150
P. STUHLMACHER, Theologie II (s. Anm. 9), 320. A. WEISER, Theologie II (s. Anm. 2), 218. W. THÜSING, Theologien I (s. Anm. 41), 21ff. Ebd., 28. W. THÜSING, Theologien III (s. Anm. 41), XI. W. THÜSING, Theologien II (s. Anm. 41), 93ff. Leider hat Thüsing den 4. Band seines Werks, der diese Strukturvergleiche bieten sollte, nicht mehr vollenden können. 151 Ebd., 63ff.
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schen Jesus‘ und einer Orientierung am nachösterlichen Kerygma methodisch zu überwinden. Weithin stimmen die genannten Autoren darin überein, daß sich die Frage nach der Einheit des Neuen Testaments aus theologischen Gründen notwendig stellt, so sehr sich die Wege zur Erhebung und Darstellung dieser Einheit unterscheiden. Die Frage ist dann nicht zu umgehen, wenn man an der theologischen Aufgabe einer Summe der neutestamentlichen Wissenschaft und damit an der Bemühung um die Wahrheitsfrage festhält und zur Beantwortung dieser Frage nicht mehr oder weniger willkürlich einen ‚Kanon im Kanon‘, etwa in einem rekonstruierten Bild des ‚Historischen Jesus‘ oder auch in einer Auswahl paulinischer Texte postulieren will. Auch historisch lassen sich Gründe benennen, die es nahelegen, „in der Pluralität urchristlicher Theologien nach der ihnen zugrundeliegenden gemeinsamen Theologie … zu suchen“152. Dabei zeigt sich allerdings zugleich die Schwierigkeit, diese Einheit bei gleichzeitiger Wahrung der Differenziertheit im Rahmen einer historisch-traditionsgeschichtlichen Darstellung aufzuzeigen und dabei nicht nur eine einzige Linie wie etwa die eschatologische Spannung von Schon-jetzt und Noch-nicht153 oder den zweifellos zentralen soteriologischen Strang der herablassenden Liebe Gottes154 oder des Evangeliums von der Versöhnung in Jesus Christus155 ins Blickfeld zu bekommen. Die Aufgabe, die Einheit des Neuen Testaments trotz der geschichtlich gegebenen Vielfalt an den verschiedenen Einzelthemen zu untersuchen und „sichtbar zu machen“156 ist in diesen Arbeiten nach wie vor ungelöst. 4.3 Historische und systematische Darstellung in gegenseitigem Bezug Auf diesem Hintergrund markiert der Ansatz, der von Ferdinand Hahn157 in jahrzehntelangen Vorarbeiten entwickelt und 2003 in seiner zweibändigen —————— 152 153
So U. WILCKENS, Theologie I/1 (s. Anm. 2), 54. So etwa die große Darstellung von O. CULLMANN, Heil als Geschichte, Tübingen
1965. 154
So der wichtigste, bei W.G. KÜMMEL, Theologie (s. Anm. 2), 294f., festgehaltene Konvergenzpunkt. 155 So die von P. Stuhlmacher in zahlreichen Arbeiten begründete, für seine ‚Biblische Theologie‘ leitende Konvergenzlinie. Vgl. P. STUHLMACHER, Das Evangelium von der Versöhnung in Christus. Grundlinien und Grundprobleme einer biblischen Theologie des Neuen Testaments, in: DERS. / H. CLASS, Das Evangelium von der Versöhnung in Christus, Stuttgart 1979, 13–54. 156 So die Formulierung bei H. SCHLIER , Über Sinn und Aufgabe (s. Anm. 5), 339; aufgenommen bei F. HAHN, Theologie II (s. Anm. 2), 18. 157 Vgl. H AHN, Theologie II (s. Anm. 2), passim; weiter DERS., Zum Problem einer neutestamentlichen Theologie (s. Anm. 5); DERS., Das Zeugnis des Neuen Testaments in seiner Vielfalt und Einheit (s. Anm. 5), sowie zum Ansatz C. B REYTENBACH, Zwischen Exegese und systematischer Theologie. Ferdinand Hahns Auffassung von der Einheit der
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„Theologie des Neuen Testaments“ vorgelegt wurde158, einen wesentlichen Fortschritt. Besonders klar wird in diesem Werk die bereits 1957 von Heinrich Schlier (in Reaktion auf die Theologie Bultmanns) formulierte Aufgabenstellung gesehen, daß es in der Disziplin nicht nur um eine Summe verschiedener Theologien, sondern um „eine und die Theologie des N. T.“ gehe159 und daß „die Aufgabe dieser Theologie … erst geleistet [ist], wenn es nun auch gelingt, die Einheit der verschiedenen ‚Theologien‘ sichtbar zu machen“160. Dieser ‚fundamentaltheologischen‘ Aufgabe der neutestamentlichen Exegese stellt sich Hahn durch einen innovativen Aufbau seines Werks, der das Nebeneinander von Vielfalt und Einheit, die gegenseitige Bezogenheit von historischer Rekonstruktion und systematischer Interpretation in einer besonders transparenten Weise zur Geltung zu bringen erlaubt. Diese ‚Doppelaufgabe‘ oder ‚Doppelperspektive‘, die die Arbeit an der neutestamentlichen Theologie von Anfang an bestimmt, wird dabei in zwei korrespondierenden Teilen bearbeitet, einem historischen, traditions- bzw. theologiegeschichtlichen ersten Band, der das Werden der neutestamentlichen Traditionen von der Verkündigung Jesu (im Horizont seiner jüdischen Umwelt) bis hin zum Abschluß des neutestamentlichen Kanons in den Spätschriften und den etwa zeitgleichen Apostolischen Vätern nachzeichnet, und einem thematischen zweiten Teil, in dem, ausgehend von der urchristlichen Rezeption der Schriften Israels, die zentralen theologischen, christologischen, pneumatologischen, soteriologischen, anthropologischen, ekklesiologischen, ethischen und eschatologischen Aussagen des Neuen Testaments schriftenübergreifend zusammengefaßt und – in voller Wahrnehmung ihrer Differenziertheit – in einer Zusammenschau dargeboten und interpretiert werden. Beide Bände können parallel gelesen werden oder auch in umgekehrter Reihenfolge. Durch diese Anlage kommt der Doppelcharakter, welcher der Disziplin „Theologie des Neuen Testaments“ von ihren Anfängen an eignet, zu besonders deutlichem Ausdruck: Diese kann im Rahmen der neuzeitlichen Exegese nur als eine historische Disziplin verstanden werden, die eine historisch-deskriptive Darstellung der frühchristlichen Traditionsentwicklung und der in den einzelnen Schriften bzw. bei den einzelnen Autoren vorliegenden theologischen Aussagen und Denkstrukturen zu bieten hat. —————— „Theologie des Neuen Testaments“, in: P. Müller / Ch. Gerber / Th. Knöppler (Hgg.), „... was ihr auf dem Weg verhandelt habt“ (FS F. Hahn), Neukirchen-Vluyn 2001, 204– 214. 158 Im Impressum beider Bände steht allerdings die Jahresangabe 2002. Die Vorarbeiten zu vielen Einzelthemen liegen gesammelt vor in F. HAHN, Studien (s. Anm. 5). 159 H. SCHLIER , Über Sinn und Aufgabe (s. Anm. 5), 328. 160 Ebd., 338f. (beide Zitate rezipiert bei F. H AHN, Theologie II [s. Anm. 2], 18).
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Und sie hat andererseits als theologische Disziplin nach dem Sachgehalt und der Bedeutung der von ihr erhobenen Aussagen zu fragen und ist insofern auch auf die anderen theologischen Disziplinen, namentlich die systematische und die praktische Theologie, bezogen. Auch wenn die Theologie des Neuen Testaments diesen anderen Disziplinen nicht einfach ‚zudienen‘ kann, so geht es doch darum, Beiträge zur Verfügung zu stellen, die so gestaltet sind, daß sie auch von den Vertretern anderer Disziplinen und von Theologinnen und Theologen in unterschiedlichen Praxisfeldern wahrgenommen und rezipiert werden können. Weil Hahn in Aufnahme der Anregungen Schliers die Aufgabe sieht, die Einheit des Neuen Testaments auch hinsichtlich der unterschiedlichen Themen sichtbar zu machen, ohne dabei die historisch gewonnene Differenziertheit der einzelnen neutestamentlichen Entwürfe und Aussagen zu relativieren, ist für ihn – auch um den Preis gewisser Redundanzen – ein doppelter Durchgang durch das Material erforderlich, in dem dieses zunächst in historisch-traditionsgeschichtlicher Rekonstruktion zur Darstellung gelangt und dann unter anderen, thematisch-sachlichen Aspekten, d. h. systematisierend durchgearbeitet wird, so daß beide Bände wie die zwei Seiten eines Buches einander gegenüber stehen. So ist das Nach- und Nebeneinander von historischen und systematischen Fragestellungen offengelegt und eher der kritischen Diskussion zugänglich, als dies in einer rein traditions- oder theologiegeschichtlichen oder einer rein systematischen Darstellung der Fall sein könnte. Nur in dieser Form scheint es zu vermeiden, daß die Interpretation über die Rekonstruktion in offener oder ‚versteckter‘ Weise dominiert oder daß umgekehrt der sachliche Anspruch der einzelnen Schriften in die Deskription einer historischen Entwicklung ‚aufgelöst‘ wird. Die offene Frage, die auch bei Hahn nicht zu einer definitiven Lösung geführt, sondern der weiteren theologischen Diskussion anheimgestellt wird, ist dann, wie die im Neuen Testament different bleibenden Vorstellungen und Ansätze zu gewichten und zu bewerten sind. Hier bleibt – trotz aller Suche nach der Einheit und nach gemeinsamen Kerntraditionen – bei Hahn eine Offenheit, die dem Diskurscharakter der frühchristlichen Texte und der Geschichtlichkeit des frühen Christentums angemessen ist. Eine ‚reine biblische Theologie‘, wie sie seinerzeit Johann Philipp Gabler vorschwebte, kann auch eine thematisch angelegte Darstellung der Theologie des Neuen Testaments nicht sein. Vor einer solchen ‚Normaldogmatik‘ hat Rudolf Bultmann durchaus zu Recht gewarnt. Die konzeptionellen Überlegungen Hahns erfahren eine bemerkenswerte Bestätigung durch den Sachverhalt, daß – unabhängig von ihm – auch Ulrich Wilckens in seiner noch unvollendeten Theologie des Neuen Testaments eine ähnliche Konzeption anstrebt. Einem ersten, inzwischen auf
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vier Teilbände ausgewachsenen theologiegeschichtlichen Teil, der – betont narrativ – eine theologische Nacherzählung des Wirkens Jesu von Nazareth und der frühchristlichen Geschichte bietet, soll ein zweiter, systematischer Teil folgen, in dem der Autor „in der Vielfalt verschiedenen Traditionsguts und teilweise einander widerstreitender theologischer Konzeptionen die übereinstimmenden Grundmotive zu finden“161 versucht. Diese Nachfrage versteht Wilckens als ein nicht nur theologisch motiviertes, sondern zunächst auch durchaus historisch plausibilisierbares Anliegen: Die eruptive Kraft des frühen Christentums in seiner Anfangszeit nötige dazu, „in der Pluralität urchristlicher Theologien nach der ihnen zugrundeliegenden gemeinsamen Theologie ernsthaft zu suchen.“162 Die Darstellung dieser Grundmotive des neutestamentlichen Evangeliums als endzeitliche Verwirklichung der alttestamentlichen Gottesoffenbarung soll bei Wilckens in einem doxologischen Sprachmodus erfolgen163. Da diese systematische Darstellung bislang noch nicht vorliegt, lassen sich die Einzelheiten der Durchführung noch nicht erkennen. Noch weniger läßt sich sagen, inwiefern sich der von Wilckens angekündigte dritte Teil, eine methodenkritische Reflexion und Begründung des hier eingeschlagenen Weges164, in das Konzept dieses Werks einfügen wird. Eine kritische Aufarbeitung der impliziten „theologischen Vorurteile“, die die kritische Bibelwissenschaft und damit auch die „Theologie des Neuen Testaments“ seit der Aufklärung leiteten, ist als Bestandteil einer „neutestamentlichen Theologie“ ein Novum165. Die weiteren Konturen des opus magnum von Wilckens werden aufmerksam zu verfolgen sein, im vorliegenden Zusammenhang kann es nur darum gehen, die Übereinstimmung mit Hahn herauszustellen, die – bei aller Verschiedenheit der Anlage und Durchführung der beiden Darstellungen – in der Komplementarität zwischen einem theologiegeschichtlichen ersten und einem systematischen zweiten Teil besteht166. Dieser gegenwär—————— 161 162 163 164
U. W ILCKENS, Theologie I (s. Anm. 2), 53. Ebd., 54. Ebd., 64f. Ebd., 61, charakterisiert Wilckens diesen als eine „historisch-kritische Geschichte der historisch-kritischen Bibelexegese“. 165 S. dazu vorläufig ebd., 59–61. Wilckens baut hier zu einem eigenen Teil aus, was andere Autoren knapper (und mit eigenen Akzenten) in ihren Prolegomena oder in einer separaten Grundlegung bieten; vgl. etwa P. STUHLMACHER, Theologie I (s. Anm. 9), 1– 39; DERS., Historische Kritik und theologische Schriftauslegung, in: DERS., Schriftauslegung auf dem Wege zur Biblischen Theologie, Göttingen 1975, 59–127. 166 Hinzuweisen ist immerhin darauf, daß auch die große ‚gesamtbiblische‘ Theologie des amerikanischen Alttestamentlers Brevard S. Childs eine solche Zweiteilung praktiziert. Nach einem sehr knappen historischen bzw. an der kanonischen Abfolge orientierten Durchgang durch das Zeugnis der alttestamentlichen und der neutestamentlichen Schriften werden wesentliche Themen Biblischer Theologie – deren Auswahl und Fokus-
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tig aktuellste Vorschlag zum Aufbau und zur Durchführung einer neutestamentlichen Theologie wird sich in der Rezeption der beiden Werke und in der weiteren Diskussion zu bewähren haben.
III. Einige Folgerungen und weiterführende Perspektiven Was ergibt sich aus den vorgetragenen Überlegungen für die Aufgabe und Durchführung einer Theologie des Neuen Testaments? Ich kann im Rahmen des Einführungsartikels zum vorliegenden Diskussionsband kein eigenes Programm einer neutestamentlichen Theologie entwerfen. Doch lassen sich, speziell auf die eingangs thematisierten Grundfragen hin, aus meiner Sicht in der gegenwärtigen Diskussionslage einige wesentliche Einsichten und Perspektiven festhalten. Dabei formuliere ich eher thetisch und verzichte weithin auf ausführlichere Begründungen im Detail: 1. Neutestamentliche Theologie – sinnvoll, legitim, notwendig? „Theologie des Neuen Testaments“ ist eine historisch gewachsene Disziplin. Neutestamentliche Theologien werden geschrieben, kritisiert und diskutiert, und dies seit gut 200 Jahren, seit sich die historisch-kritische Exegese in der wissenschaftlichen Bibelauslegung etabliert und – trotz aller Probleme – bewährt hat. Insofern erscheint die Frage, ob die Abfassung einer neutestamentlichen „Theologie“ legitim oder sinnvoll sei, wenig glücklich gestellt. Die seit Wrede bestehende Alternative zwischen einer „neutestamentlichen Theologie“ und einer rein (oder ‚reiner‘) historisch bzw. religionsgeschichtlich konstruierten „Geschichte der urchristlichen Religion“ ist nicht insofern eine Alternative, daß nur eines der beiden Konzepte möglich oder ‚wissenschaftlich‘ vertretbar sei. Konzepte mit unterschiedlichen Akzentsetzungen stehen in der heutigen Diskussion faktisch nebeneinander167. Dabei ist klar, daß auch eine religionswissenschaftliche Rekonstruktion der urchristlichen „Gedankenwelt“ oder „Sinnwelt“ nicht auf ein systematisches Arrangement der Gedanken und Vorstellungen verzichten kann und insofern immer ein stärker subjektives interpretatorisches Element enthält, umgekehrt kann keine neutestamentliche Theologie ohne die Einsichten aus der literar- und religionsgeschichtlichen Analyse und Rekonstruktion geschrieben werden. —————— sierung gleichfalls stark alttestamentlich bestimmt ist – jeweils in der Zusammenschau alt- und neutestamentlicher Aussagen präsentiert. 167 Zur Inbeziehungsetzung s. insbesondere G. T HEISSEN, Religion (s. Anm. 8), 13f., der beide Darstellungsweisen als komplementär versteht. Im Entwurf von R ÄISÄNEN (s. Anm. 8 und den Beitrag in diesem Band) erscheint das Bedürfnis der kritischen Abgrenzung von der ‚Theologie‘ insgesamt stärker.
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In Anbetracht dieser Interdependenz ist – trotz Wrede – die neutestamentliche ‚Theologie‘ keineswegs erledigt. Auch die seit seiner Fundamentalkritik immer wieder vorgetragene negative Bewertung der ‚Theologie‘ als einer weniger ‚objektiven‘ und damit weniger ‚wissenschaftlich‘ durchführbaren Disziplin ist mit Nachdruck zu bestreiten. In solchen Urteilen und der einseitigen Priorisierung einer ‚religionswissenschaftlichen‘, dezidiert nicht ‚theologischen‘ Vorgehensweise scheint sich vielmehr ein besonders nachdrückliches Abgrenzungsbedürfnis der jeweiligen Forscher gegenüber einer vermuteten traditionellen oder kirchlichen Bevormundung, wenn nicht gar eine spezifische Form ideologischer Befangenheit niederzuschlagen. Dabei wird der in historischer Rekonstruktion prinzipiell unhintergehbare hermeneutische Zirkel nicht hinreichend in Rechnung gestellt.
Wenn neutestamentliche Wissenschaft eine spezifische Verbindung von Text- und Geschichtswissenschaft darstellt168, dann besteht ihre Aufgabe nicht allein darin, literar- und religionsgeschichtliche Sachverhalte zu rekonstruieren, sondern auch, den Sinngehalt der von ihr bearbeiteten Texte zu erschließen und den sachlichen Anspruch dieser Texte – im angemessenen historischen Kontext – zu beschreiben. Eine ‚Summe‘ der neutestamentlichen Wissenschaft kann sich daher nicht auf literar- und religionsgeschichtliche Rekonstruktionen beschränken, so sehr diese als Voraussetzung der Erschließung der Sinnwelten der neutestamentlichen Texte zu gelten haben oder auch Bestandteil einer zusammenfassenden Darstellung ihres Sachgehalts sein können. 2. Implikationen von „Theologie“ Wer sich jedoch für die Abfassung einer „Theologie“ entscheidet, muß beschreiben, was in diesem Zusammenhang unter „Theologie“ verstanden wird und welche Implikationen die Wahl dieses Titels im Blick auf die Aufgabenstellung, Durchführung und Darstellungsweise eines solchen Projektes mit sich bringt. Unstrittig ist dabei, daß die Rede von „Theologie“ im Blick auf frühchristliche Autoren und Texte nicht durch bestimmte wissenschaftstheoretische Forderungen nach Systemhaftigkeit oder Widerspruchslosigkeit etc. charakterisiert sein kann. Man wird auch nicht nur dort von „Theologie“ reden können, wo ein bestimmter Grad an Reflexion in den Texten selbst nachweisbar ist, sondern den Terminus auch im weiteren Sinne für die Nachzeichnung religiöser Gedankenwelten verwenden können, in denen eine solche Reflexion (noch) nicht explizit wird. Dies gilt auch für außerchristliche, z. B. jüdische Entwürfe (z. B. eine Theologie Philos v. Alexan—————— 168 Vgl. dazu J. SCHRÖTER, Zum gegenwärtigen Stand der neutestamentlichen Wissenschaft: Methodologische Aspekte und theologische Perspektiven, NTS 46 (2000), 262–283; aufgenommen bei J. FREY, „Texte, Texte und nochmals Texte“ – Vom Lesen des Neuen Testaments zur neutestamentlichen Wissenschaft, in: E.-M. Becker (Hg.), Neutestamentliche Wissenschaft, Tübingen/Basel 2002, 225–235 (233).
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drien oder auch der Rabbinen169) oder z. B. für mystische Denkformen, deren explizite oder implizite ‚Theologie‘ dennoch wissenschaftlich beschreibbar ist. Insofern dürfte auch kein Hindernis bestehen, die ‚Theologie‘ Jesu von Nazareth oder auch Johannes des Täufers als solche zu bezeichnen170. Andererseits kann man auch nicht jede religiöse Sinnwelt als ‚Theologie‘ bezeichnen. Die Grenze ist aber nicht in einer – wieder definitionsabhängigen – Unterscheidung von ‚Theologie‘ und ‚Religion‘ zu suchen. Vielmehr erscheint es sinnvoll, dort von Theologie zu reden – und dies ist im Bereich der jüdisch-christlichen Tradition weithin der Fall –, wo in Sinnwelten und Texten die Menschen und die Welt vor Gott und im Gegenüber zu seiner Anrede und seinem Handeln verstanden werden. Dies ist in neutestamentlichen Texten wie auch im zeitgenössischen Judentum durchgehend der Fall. Die Rede von einer ‚Theologie‘ des Neuen Testaments gründet insofern darin, daß praktisch alle Texte und Traditionen des Neuen Testaments von Gott reden bzw. ihre Adressaten im Licht der Wirklichkeit Gottes und seiner Offenbarung verstehen und anreden. Eine „Theologie“ des Neuen Testaments rekurriert insofern einerseits auf den frühchristlichen Sinn von THRORJLYD als Gottesverkündigung und faßt diese Verkündigung in einem weiten, Gott und Welt umfassenden Sinn. Andererseits ist sie zugleich eine interpretierende und reflektierende Darstellung der Verkündigung bzw. des Sachgehalts der neutestamentlichen Texte. Diese Doppelheit von Nachsprechen der frühchristlichen Aussagen und ggf. auch kritischer Reflexion derselben kennzeichnet die Aufgabe der Theologie des Neuen Testaments von Anfang an. Eine Theologie des Neuen Testaments ist daher nicht selbst Verkündigung. Ihr Sprachmodus ist nicht der der christlichen Predigt. Vielmehr ist sie Teil der neutestamentlichen Wissenschaft, die – als Anwältin der ihr aufgegebenen Texte – deren Sachgehalt verstehbar machen und insofern zur Sprache bringen will und dabei auf einen möglichst allgemein nachvollziehbaren deskriptiven Sprachmodus angewiesen ist, dagegen auf die Form des Bekenntnisses oder der aktuellen Anrede verzichtet171. Eine neutestamentliche Theologie hat daher auch nicht die Aufgabe der gegenwartsbezogenen Verantwortung der neutestamentlichen Verkündigung. Sie ist zwar in ihren Ergebnissen auf andere theologische Diszipli—————— 169 Eine solche nachzuzeichnen ist dann möglich, wenn man nicht eine bestimmte Form von Systematik zur Bedingung der Theologizität macht. Die ältere Diskussion, ob es eine jüdische ‚Theologie‘ geben könne, litt an diesem Postulat. Dann aber wäre von ‚Theologie‘ vielleicht nicht vor Maimonides zu reden. Vgl. dazu nur P. NAVÉ LEVINSON, Einführung in die rabbinische Theologie, Darmstadt 1982, 9f., sowie zu größeren Gesamtdarstellungen der rabbinischen Theologie ebd., 18–22. 170 Hier ist K. B ERGER , Theologiegeschichte (s. Anm. 7), 103f., ausdrücklich Recht zu geben. 171 Vgl. J. FREY, Texte (s. Anm. 168), 233.
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nen bezogen und kann damit rechnen, daß die in den neutestamentlichen Texten angesprochene Wirklichkeit auch für die Gegenwart relevant und gegenwärtigen Rezipienten prinzipiell zugänglich ist172, aber sie bleibt auch in der Darstellung neutestamentlicher Sachthemen wesentlich auf den historischen Kontext der neutestamentlichen Texte bezogen und erhebt nicht den Anspruch, unter Abstreifung zeitbedingter Elemente eine ‚reine‘ Theologie herauszudestillieren173 oder eine Art christlicher ‚Normaldogmatik‘ vorlegen174 zu können. Die Arbeit an einer neutestamentlichen Theologie setzt daher auch keine spezifische dogmatische oder kirchliche Bindung voraus: Mehr als die jedem Historiker nützliche ‚kritische Sympathie‘ dem zu behandelnden Stoff gegenüber kann im Rahmen wissenschaftlicher Verstehensbemühung nicht gefordert werden175, und auch bei ihren Rezipienten und Lesern kann eine neutestamentliche Theologie im besten Falle ein sachgemäßes Verständnis für die in den neutestamentlichen Texten dargebotenen Inhalte und deren Wahrheitsanspruch erreichen – die Erzielung von ‚Einverständnis‘ ist nicht ihre Aufgabe, und die Vermittlung christlichen Glaubens liegt außerhalb ihrer Macht. Wie die neutestamentliche Exegese überhaupt hat es eine ‚Theologie des Neuen Testaments‘ in der historischen oder systematischen Rekonstruktion der theologischen Aussagen des Neuen Testaments auch mit dem Geltungsanspruch und den Plausibilitätsgründen dieser Aussagen zu tun. Sie rührt damit unausweichlich an die Wahrheitsfrage, ob diese nun von dem einzelnen Exegeten bewußt reflektiert oder aber durch den Rückzug in historische und philologische Details eher umgangen wird. Doch anders als in einer Literaturgeschichte oder auch einer Geschichte des Urchristentums läßt sich die Auseinandersetzung mit dem sachlichen Anspruch der neutestamentlichen Texte und damit letztlich die Frage nach ihrer Wahrheit im Konzept einer neutestamentlichen Theologie am wenigsten umgehen. In der – durchaus kritischen – Reflexion dieser Wahrheitsansprüche rührt die Arbeit an einer neutestamentlichen Theologie auch an systematischtheologische und philosophische Fragen und überschreitet die Dimension rein philologischer und historischer Arbeit. —————— 172 173 174
S. dazu die Überlegungen bei U. W ILCKENS, Theologie I/1 (s. Anm. 2), 55.62f. Vgl. in diesem Sinne das Programm bei J. Ph. Gabler (s. o. Abschnitt II.2.1). So der Einwand gegen die systematische Darstellungsweise bei R. BULTMANN, Theologie (s. Anm. 2), 585. 175 Die von P. Stuhlmacher in seiner Hermeneutik aufgenommene Rede vom ‚Einverständnis‘ mit den biblischen Texten (P. STUHLMACHER, Vom Verstehen des Neuen Testaments. GNT 6, 2. neubearbeitete und erweiterte Auflage, Göttingen 1986, 222ff.) ist hier mißverständlich, insofern auch von Stuhlmacher keine rückhaltlose Zustimmung zu allen Inhalten dieser Texte intendiert ist, sondern das Recht der Sachkritik durchaus bejaht und eine solche an einzelnen Punkten auch praktiziert wird.
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3. Die Orientierung am neutestamentlichen Kanon und ihre Implikationen Das Programm einer neutestamentlichen Theologie ist traditionell mit der Orientierung am neutestamentlichen Kanon verbunden. Wo die Berechtigung einer solchen Orientierung generell in Frage gestellt wird, sollte im Titel eher z. B. vom ‚frühen Christentum‘ die Rede sein. Zu klären ist allerdings, in welcher Hinsicht der neutestamentliche Kanon zur Geltung kommt. Im Blick auf die historische Erkenntnis ist eine Einschränkung der Quellenbasis sicher nicht zu rechtfertigen. Zur Rekonstruktion der Geschichte und Religionsgeschichte des frühen Christentums sind alle relevanten Quellen, kanonische und außerkanonische, christliche, jüdische und pagane Texte und natürlich auch außertextliche (ikonographische, archäologische etc.) Zeugnisse zu berücksichtigen, und der Zeitraum der Betrachtung darf keinesfalls zu eng gewählt werden176. Die sachgemäße Erhellung der neutestamentlichen Texte muß ihrerseits in diesem weiteren historischen Rahmen erfolgen. Im Rahmen der wissenschaftlichen Diskussion kann die Beschränkung auf den neutestamentlichen Kanon auch nicht einfach als eine kirchliche Vorgabe übernommen werden. Freilich werden derartige ‚Zumutungen‘ im gegenwärtigen Kontext weder von Seiten der systematischen Theologie noch gar von kirchlicher Seite an die neutestamentliche Exegese herangetragen. Das ‚Schriftprinzip‘ ist auch in den protestantischen Kirchen in eine tiefe und im postmodernen Kontext noch weiter verstärkte Krise geraten, und die Vorstellung, daß theologische Wahrheit exklusiv in kanonischen Schriften zu finden sei, wird heute nur noch in fundamentalistischen Kreisen vertreten, die für die wissenschaftliche Diskussion kaum relevant sind. Umgekehrt ist die Einsicht, daß auch innerhalb des neutestamentlichen Kanons Spannungen und Widersprüche auftreten und einzelne Aussagen anhand eines näher zu bestimmenden Maßstabes auch sachlich kritisierbar sind, mittlerweile ein Gemeinplatz nicht nur in der wissenschaftlichen Exegese, sondern auch in den großen Kirchen des westlichen Kulturraums geworden. Die bleibende Bedeutsamkeit des biblischen Kanons fußt daher am ehesten auf seiner ökumenisch verbindenden Kraft: Die gemeinsame Besinnung auf die gemeinsame Bibel ist eine der wichtigsten Grundlagen der ökumenischen Verständigung, und insofern ist eine Konzentration auf den – als historische Gegebenheit akzeptierten und nicht formalistisch verstandenen – biblischen Kanon durchaus von Relevanz für die Rezeption —————— 176 Vgl. das eindrückliche Plädoyer für die Weite einer solchen primär historisch verstandenen neutestamentlichen Wissenschaft bei M. HENGEL, Aufgaben der neutestamentlichen Wissenschaft, NTS 40 (1994), 321–357.
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der Erkenntnisse der Bibelwissenschaft in der kirchlichen und gesellschaftlichen Diskussion. Die Konzentration einer neutestamentlichen Theologie auf die kanonischen Texte ist daher im wesentlichen pragmatisch begründet und durch die Gepflogenheiten der Gattung bestimmt. Die Tatsache, daß alle anderen möglichen Abgrenzungen mindestens ebenso hinterfragbar oder gar willkürlich wären, läßt eine Darstellung, die die Sachgehalte der neutestamentlichen Schriften zur Darstellung bringt (und dabei im Rahmen der historischen Kontextualisierung ohnehin einen größeren Horizont von Quellen einbeziehen muß) als legitim und (im Rahmen der gebräuchlichen Gattung) nach wie vor sinnvoll erscheinen. Die Orientierung am neutestamentlichen Kanon kann nicht das Arrangement einer neutestamentlichen Theologie bestimmen. Die schlichte Abhandlung der einzelnen Schriften in mehr oder weniger kanonischer Reihenfolge177 kann weder historisch noch sachlich zu einer befriedigenden Darstellung führen. Es wäre auch wenig sachgemäß, aufgrund der Orientierung am neutestamentlichen Kanon den Schluß zu ziehen, die Schriftensammlung als Ganze als einen ‚einheitlichen‘ Text zu interpretieren. Eine solche intertextuelle Interpretation wäre gewiß ein anregendes Experiment; sie hätte auch in der Theologiegeschichte mancherlei Vorgänger, doch würde damit die in der Exegese der letzten 200 Jahre gewonnene historische Tiefenschärfe zugunsten eines ‚flächigen‘ Schriftverständnisses weithin verlorengehen. Trotz der durch die Beachtung der Sammlungsprozesse gewonnenen Einsichten kann es daher zunächst nur darum gehen, die einzelnen Schriften bzw. – soweit dies historisch begründbar ist – Schriftengruppen in ihrem ursprünglichen historischen Kontext zu interpretieren und dann ggf. in einem zweiten Schritt die unterschiedlichen Sachaussagen innerhalb des biblischen Kanon zueinander in Beziehung zu setzen. Der im Grunde seit Hugo Grotius immer wieder bestätigte Grundsatz, daß die Interpretation der neutestamentlichen Texte in ihrem ursprünglichen historischen Kontext das Kriterium für ein sachgemäßes Verstehen bildet, darf auch zugunsten kanonisch-intertextueller ‚Spielräume‘ nicht preisgegeben werden. Die Orientierung an den kanonischen Texten des Neuen Testaments muß in einer neutestamentlichen Theologie schließlich dazu führen, daß den textlichen Zusammenhängen eindeutig Priorität zukommt gegenüber —————— 177 So etwa der Entwurf von I.H. M ARSHALL, Theology (s. Anm. 4), oder auch das Werk von B.S. CHILDS, Theology (s. Anm. 9), das freilich durch die Integration von alttestamentlicher und neutestamentlicher Theologie zahlreiche Sonderprobleme zu bewältigen hat. Vgl. auch E. SCHWEIZER, Theologische Einleitung in das Neue Testament, GNT 2, Göttingen 1989, ein Werk, das doch trotz seines theologischen Interesses näher an der Gattung der Einleitung oder Einführung in das Neue Testament steht.
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vielfältigen Hypothesen über textliche Vorstufen, Quellen oder Ingredienzien. Die Hypothesenfreudigkeit der neutestamentlichen Wissenschaft (und noch mehr der alttestamentlichen) führt hier bisweilen zu einem Spiel mit Konstrukten, deren Existenz irgendwann in Raum und Zeit mehr als fraglich ist. Dabei sind Grade der Wahrscheinlichkeit zu unterscheiden. Während es m. E. durchaus plausibel ist, mit einer schriftlichen Form der Logienquelle zu rechnen, ist deren präzise textliche Rekonstruktion hinsichtlich des Wortlauts wie auch hinsichtlich des Textbestandes viel weniger sicher, als dies von den beteiligten Forschern gelegentlich zugestanden wird. Wo man dann in einem solchen Text, dessen Anfang und Ende nicht einmal sicherzustellen ist, zwischen Redaktionsstufen oder -schichten zu differenzieren versucht, potenzieren sich die Unsicherheiten, und das zuletzt resultierende Bild einer ursprünglichsten Schicht erweckt in besonders hohem Maße den Verdacht, letztlich der konstruktiven oder der projektiven Kraft seiner modernen Schöpfer entsprungen zu sein178.
Insofern scheint es mir recht problematisch, wenn in neutestamentlichen Theologien eine ‚Theologie der Logienquelle‘ rekonstruiert wird. Auch die theologischen Aussagen vorpaulinischer Traditionen können nur mit großer Vorsicht rekonstruiert werden, und dem textlichen ‚Gewebe‘ des Johannesevangeliums, das in dieser Form (und vermutlich nur in dieser) zur Wirkung gekommen ist, gebührt eindeutig die Priorität vor allen vermeintlichen Vorstufen. Deren mögliche Tendenzen können im Rahmen historischer Kontextualisierungen eingeführt werden, die Darstellung der Sinnwelt der Texte und ihres sachlichen Anspruchs sollte sich aber gerade im Rahmen einer neutestamentlichen Theologie letztlich am kanonischen Textbestand orientieren. 4. Der biblisch-theologische Horizont In anderer Hinsicht scheint mir die Einbeziehung kanonischer Gesichtspunkte ebenfalls beachtenswert zu sein: Die Tatsache, daß der einzige Kanon der frühesten Christenheit das – in seinem genauen Textbestand noch nicht abgeschlossene – Corpus der Schriften Israels war und daß die urchristlichen Zeugnisse von Anfang an im expliziten und impliziten Rückbezug auf das Gotteszeugnis und die Verheißungen der Schrift formuliert sind, stellt jede urchristliche Theologie von vorneherein in einen biblischtheologischen Horizont. Dies wird neuerdings nicht nur von dezidierten Vertretern einer ‚Biblischen Theologie‘ wie Peter Stuhlmacher und Hans Hübner, sondern in der Sache auch z. B. in den neutestamentlichen Theologien von Ferdinand Hahn und Ulrich Wilckens zur Geltung gebracht. Die historisch zu berücksichtigende Bezugsgröße ist allerdings nicht nur die Summe der im Neuen Testament zitierten oder alludierten LXX—————— 178 Ähnliches gilt m. E. auch für die vielfältigen, hinter dem vierten Evangelium angenommenen Quellen, deren unterschiedliche Rekonstruktionen (Grundschrift, Semeiaquelle oder Zeichenevangelium) sich gegenseitig relativieren.
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Stellen179, sondern das ganze zeitgenössische, in unterschiedlicher Weise auf die Schriften und ihre Fortschreibung rekurrierende Judentum unter Einschluß der weisheitlichen und apokalyptischen Traditionen, der durch den Schriftenfund von Qumran zutage getretenen exegetischen und literarischen Produktion und natürlich auch der vielfältigen Traditionen und Zeugnisse der Diaspora. Dieser Kontext muß historisch in angemessener Weise zur Geltung gebracht werden (ohne daß dabei weitere Horizonte der griechisch-römischen Welt ausgeschlossen werden könnten), und er ist zugleich theologisch für das Verständnis der neutestamentlichen Texte von tiefgreifender Relevanz180. Daß dabei aufgrund des eschatologisch neuen Gotteshandelns im Christusgeschehen nicht nur Kontinuität, sondern auch signifikante Diskontinuitäten gegenüber alttestamentlichen Texten und den Entwürfen des in sich vielfältigen zeitgenössischen Judentums begegnen, versteht sich von selbst. Das jeweils vorliegende sachliche Verhältnis ist deshalb im Einzelfall zu prüfen. Die von der Religionsgeschichtlichen Schule begründete und noch von Rudolf Bultmann vorausgesetzte Auffassung, daß schon die ‚Hellenisten‘ und mit ihnen auch Paulus in einer weitreichenden Diskontinuität zum palästinischen Judentum standen und religiös stärker vom ‚Synkretismus‘ der paganen Welt geprägt waren181, ist durch neuere Forschungen deutlich widerlegt worden182. Die Tatsache, daß nicht nur der irdische Jesus, sondern auch Paulus und zahlreiche weitere Autoren Juden waren und daß z. B. der Apostel Paulus sich zeitlebens als Jude (Gal 2,15) und als Glied des Gottesvolkes (Röm 9,3; 11,1)
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Vgl. in diesem Sinne das ‚Vetus Testamentum in Novo receptum‘, das HANS HÜBseiner stark an der neutestamentlichen Schriftauslegung orientierten ‚Biblischen Theologie‘ zugrundelegt. 180 Dieser Horizont des Frühjudentums ist besonders nachdrücklich und grundsätzlich sachgemäß in der Biblischen Theologie von P ETER STUHLMACHER zur Geltung gebracht, auch wenn man in manchen Einzelfällen traditionsgeschichtlich anders entscheiden und noch stärker differenzieren könnte, als dies bei Stuhlmacher geschieht. 181 Diese Urteile klingen z. B. im Werk von GEORG STRECKER noch stark an. 182 Vgl. dazu die grundlegenden Arbeiten von M. H ENGEL zur Begegnung von Judentum und Hellenismus in der vorchristlichen Zeit (Judentum und Hellenismus, WUNT 10, Tübingen 31988; DERS. / CH. MARKSCHIES, Das Problem der ‚Hellenisierung‘ Judäas im 1. Jahrhundert nach Christus, in: M. HENGEL, Judaica et Hellenistica. Kleine Schriften I, WUNT 90, Tübingen 1996, 1–90; DERS., Jerusalem als jüdische und hellenistische Stadt, in: DERS., Judaica, Hellenistica et Christiana. Kleine Schriften II, WUNT 109, Tübingen 1999, 115–156), zur frühchristlichen Christologie ( DERS., Der Sohn Gottes, Tübingen 2 1977) und zur Prägung des Paulus ( DERS. / R. DEINES, Der vorchristliche Paulus, in: DERS., Paulus und Jakobus. Kleine Schriften III, WUNT 141, Tübingen, 2002, 68–181; DERS. / A.M. SCHWEMER , Paulus zwischen Damaskus und Antiochien, WUNT 108, Tübingen 1998).
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verstand183, ist historisch und theologisch zu berücksichtigen. Die von manchen Autoren, v. a. aus dem Kreis der Bultmann-Schüler, geäußerte Befürchtung, durch eine derartige biblisch-theologische Perspektive werde das Proprium des Neuen Testaments relativiert oder verwischt, ist daher nicht nur historisch unbegründet, sie leistet auch dem theologisch verhängnisvollen Fehlschluß Vorschub, als könne sich ‚christliche‘ Identität erst in der Abgrenzung vom Judentum konstituieren. In der Tat ist die Herausbildung des eschatologisch neuen Christus- und Gottesverständnisses im Kontext der zeitgenössischen jüdischen Theologie und Schriftauslegung und im Rückbezug auf die prophetisch gelesenen Schriften des Alten Testaments das große Thema der neutestamentlichen Theologie, die daher – ob explizit ‚gesamtbiblisch‘ angelegt oder nicht – in biblisch-theologischer Offenheit zu gestalten ist. 5. Vielfalt und Einheit – Kohärenz und Offenheit Einer der deutlichsten Mängel vieler neutestamentlicher Theologien ist der weitgehende Verzicht auf die Darstellung von Konvergenzen und Kohärenzen zugunsten eines bequemen oder auch resignativen Verfahrens der bloß additiven Anreihung von ‚Lehrbegriffen‘ oder ‚Theologien‘. Mit Recht wird daher in der neueren Diskussion wieder verstärkt darauf hingewiesen, daß die Frage nach der Einheit der neutestamentlichen Theologie nicht nur aus theologischen Gründen – etwa aus einem bestimmten Kanonverständnis heraus – notwendig zu stellen ist, sondern auch aufgrund historischer Beobachtungen naheliegt. Der bei allen Differenzen in der Interpretation allen neutestamentlichen Zeugen gemeinsame Rückbezug auf das Wirken, Leiden, Sterben und die Auferstehung Jesu von Nazareth ist vielleicht der bedeutendste Grund dafür, daß es angebracht ist, nach der Einheit der neutestamentlichen Theologie zu fragen. Die gemeinsame Voraussetzung des alttestamentlichen Gottesglaubens und – noch präziser – das Zeugnis von der herablassenden Liebe Gottes in Christus, die bereits in der Verkündigung Jesu vorliegende und dann auch durch das urchristliche Bewußtsein der eingetretenen Erfüllung konstituierte eschatologische Grundspannung zwischen dem ‚Schon-jetzt‘ und dem ‚Noch-nicht‘184 oder auch die sachlichen Entsprechungen zwischen der jesuanischen Basileia—————— 183 S. dazu J. FREY, Das Judentum des Paulus, in: O. Wischmeyer (Hg.), Paulus. Leben – Umwelt – Werk – Briefe, UTB 2767, Tübingen/Basel 2006, 5–43. Die entgegengesetzte These von G. STRECKER, Theologie (s. Anm. 2), 24, daß Paulus „nach eigenem Verständnis sich fundamental vom Judentum geschieden wußte“, ist einseitig am Kontrastschema von Gal 1,13ff. und Phil 3,7 orientiert und kann angesichts des ganzen paulinischen Zeugnisses nur als historisch und theologisch fatale Fehleinschätzung gelten. 184 Dazu vgl. die Arbeiten von W ERNER G EORG K ÜMMEL (s. o. Teil II.4.2).
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Verkündigung und der späteren paulinischen Rechtfertigungslehre185 sind weitere bedeutsame Konvergenzpunkte und -linien. Doch lassen sich hinsichtlich zahlreicher weiterer Einzelthemen Übereinstimmungen und zugleich signifikante Differenzen zwischen den einzelnen neutestamentlichen Zeugen aufzeigen, deren Grund und Tragweite jeweils sorgfältig zu bestimmen sind. Die Probleme zeigen sich dabei allerdings im Detail: Die Suche nach einer möglichen Einheit der neutestamentlichen Theologie darf die historische Einsicht in die Vielfalt und Differenziertheit der Entwürfe nicht zurückdrängen, und es ist natürlich bei jedem Entwurf einer neutestamentlichen Theologie besonders interessant zu sehen, wie mit den Differenzen, Diskrepanzen und handfesten Widersprüchen umgegangen wird. Eine Harmonisierung verbietet sich, eine Marginalisierung der Diskrepanzen würde den Verdacht einer unangemessenen Apologetik auf sich ziehen. Ein Verzicht auf eine sachliche Inbeziehungsetzung würde die Frage nach der Einheit preisgeben und dieselbe als ein bloßes Postulat erscheinen lassen. Die Möglichkeit einer differenzierten Darstellung der Verhältnisse hinsichtlich der Sachthemen besteht natürlich nur in einer thematischen oder systematischen Darstellung. Die bei Hahn oder auch bei Wilckens anvisierte Form eines doppelten Durchgangs durch das Material eröffnet dabei den Vorteil besonderer Transparenz: Eine rein systematische Durchführung hätte den Nachteil, daß die Verkündigung Jesu oder die Theologie des Paulus nicht in ihrem inneren Zusammenhang vor Augen gestellt werden könnten, eine religions- oder theologiegeschichtliche Darstellung könnte die sachlichen Bezüge zwischen einzelnen, historisch oder traditionsgeschichtlich auseinanderliegenden Schriften weniger gut zur Darstellung bringen.
An dieser Stelle bieten die Schlußreflexionen im zweiten Band der Arbeit von Hahn m. E. die am ehesten weiterführenden Perspektiven. Angesichts der Tatsache, daß – trotz der grundlegenden Konvergenzen – etwa hinsichtlich der eschatologischen Vorstellungen oder auch hinsichtlich zahlreicher ekklesiologischer Aspekte die Vielfalt neutestamentlicher Aussagen am Ende nicht in eine übergreifende Einheit auflösbar ist oder daß auch die Aussagen über die Tragweite und Bedeutung der jüdischen Tora oder über das Verhältnis von Glauben und Werken unterschiedliche Beurteilungen nebeneinander stehen, greift Hahn m. E. zu Recht nicht zum Fallbeil einer Verwerfung einzelner theologischer Entwürfe oder Denkmodelle. Sein Werkzeug ist eher die aus der römisch-katholischen Theologie stammende Vorstellung einer ‚Hierarchie der Wahrheiten‘: Nicht alle Fragen und auch nicht alle Aussagen des Neuen Testaments sind gleich gewichtig. Die Vielfalt der Zeugnisse, die sich nicht zuletzt unterschiedlichen —————— 185 So bereits – lange vor den Diskussionen um ‚Biblische Theologie‘ – die zu ihrer Zeit wegweisende systematische Arbeit von E. JÜNGEL, Paulus und Jesus, HUTh 2, Tübingen 1962 (61986).
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geschichtlichen Kontexten und unterschiedlichen Gesprächssituationen verdankt, ist auf dem Hintergrund des einen Grundgeschehens und des gemeinsamen Grundzeugnisses sowie gemeinsamer Grundüberlieferungen zu verstehen186. Wenn am Ende einzelne Fragen innerhalb des Neuen Testaments ungelöst und ungeklärt erscheinen, dann weist dies zum einen auf die bleibende Unabgeschlossenheit des Offenbarungsgeschehens hin, das auf eine für uns unverfügbare Zukunft bezogen ist187, zum anderen ist es ein Zeichen der Geschichtlichkeit der neutestamentlichen Zeugnisse, die ihrerseits nicht eine ‚geronnene‘ Wahrheit vermitteln wollen, sondern selbst im Diskurs stehen, mit ihren jeweiligen Gesprächspartnern ebenso wie innerhalb des neutestamentlichen Kanons miteinander. Wenn in der wohl jüngsten Schrift des Neuen Testaments, dem Zweiten Petrusbrief, am Ende von der Sammlung der Paulusbriefe die Rede ist, die nach Auffassung des Autors schwer verständlich und leicht mißdeutbar sei (2 Petr 3,15f.), dann verweist diese ‚kanonische‘ Inbeziehungsetzung von ‚Petrus‘ und Paulus die späteren Diskussionen um die strittigen theologischen Fragen an die Lektüre der vorliegenden Schriftensammlung zurück. Damit liegt hier in nuce bereits ein erster Entwurf einer biblischen Hermeneutik vor188. Umgekehrt sind die neutestamentlichen Zeugnisse, gerade da, wo deren evidente Spannungen „auf noch nicht hinreichend gelöste Sachfragen hinweisen“189, auf Interpretation angewiesen: Sie ermöglichen und fordern gerade in ihrer kanonischen Gestalt und der damit verbundenen Differenziertheit „eine weitergehende theologische Reflexion“190. Die Lektüre und Exegese neutestamentlicher Texte ist darin zugleich auf die weitere Reflexion der Frage nach ihrem Sinn und ihrer Bedeutung und auf das Gespräch mit den anderen theologischen Disziplinen, denen es um die je gegenwärtige Verantwortung der Wahrheit des Evangeliums gehen muß, angelegt. Zugleich spiegelt sich gerade in der Vielfalt und Unabgeschlossenheit in einzelnen Sachfragen die wesentliche Geschichtlichkeit des neutestamentlichen Zeugnisses. Indem eine ‚Theologie des Neuen Testaments‘ diese Geschichtlichkeit nicht unkenntlich macht und nicht in einer falschen Abstraktion zur ‚reinen‘ biblischen Theologie eine vermeintlich biblische ‚Normaldogmatik‘ erstrebt, macht sie deutlich, daß sie trotz der unabweisbaren Frage nach der Einheit diese Einheit selbst nicht ‚in der Hand‘ hat, sondern auch als Summe neutestamentlicher Wissenschaft wie jede Auslegung als theologia —————— 186 187 188 189 190
Vgl. grundlegend F. HAHN, Exegese und Fundamentaltheologie (s. Anm. 5). F. HAHN, Theologie II (s. Anm. 2), 806. Vgl. in diesem Sinne auch P. STUHLMACHER, Theologie II (s. Anm. 9), 329. F. HAHN, Theologie II, 805. Ebd., 806.
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viatorum ‚auf dem Weg‘ ist und ‚im Gespräch‘ und im gemeinsamen Hören auf das biblische Wort bleibt.
Überlegungen zur Theologie des Neuen Testaments aus katholischer Sicht von
RUDOLF HOPPE Einleitung Mit seiner „Theologie des Neuen Testaments“ hat Ferdinand Hahn die Reihe bedeutsamer neutestamentlicher Theologien aus dem 20. Jahrhundert mit einem eindrucksvollen opus bereichert, sicher auch der Stimme der biblischen Theologie im Konzert der theologischen Disziplinen erhöhtes Gewicht verliehen. Insbesondere in ökumenischer Hinsicht ist das Werk von besonderer Bedeutung und kann daher als Frucht eines der Hauptanliegen des verehrten Autors betrachtet werden. Es sei mir erlaubt, mich auf drei Problemkreise in F. Hahns Theologie des NT (= ThNT) zu beschränken, deren erster primär referentiellen Charakter hat, deren zweiter und dritter die ökumenische Perspektive besonders in den Blick nimmt: (1) Der erste Problemkreis betrifft einige programmatische Ansätze einer Theologie des Neuen Testaments (= ThNT) durch katholische Exegeten und – damit ggf. verbunden – den konzeptionellen Stellenwert einer Einbeziehung der Verkündigung des vorösterlichen Jesus in eine neutestamentliche Theologie, (2) soll auf die Behandlung einiger ekklesiologischer Grundfragen in F. Hahns Werk und schließlich im Zusammenhang damit (3) auf einige ökumenische Aspekte in der Frage der Mahlgemeinschaft eingegangen werden. Substantielle Kontroversen finde ich auf der Ebene der wissenschaftlichen Exegese in konfessioneller Hinsicht – das sei vorweg gesagt – nicht.1 —————— 1 Die vorliegenden Ausführungen sind Überlegungen eines katholischen Neutestamentlers. Sie wollen und können nicht die „katholische“ Exegese repräsentieren. Zwar ist vom Einfluss der katholischen Glaubenstradition und seiner kirchlichen Sozialisation auf die Auslegung des Neuen Testaments durch einen Katholiken nicht abzusehen – ebenso wenig wie der Einfluss der evangelischen Glaubenstradition auf einen Protestanten als irrelevant für das Textverständnis erklärt werden darf –, doch geht es intentional nicht um „katholische“ oder „evangelische“ neutestamentliche Theologie. Es geht um Exegese mit ihrem je eigenen und notwendi-
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Auf den in meinen Augen höchst bedeutsamen konzeptionellen Entwurf F. Hahns einer Darstellung der ThNT in ihren Schriften und anschließend in einem systematischen Zusammenblick kommen verschiedene Beiträge in diesem Band zurück; deshalb wird diese Frage hier übergangen.
1. Neutestamentliche Theologien katholischer Autoren Es ist bemerkenswert, dass die großen Vertreter der neutestamentlichen Wissenschaft des 20. Jh. auf katholischer Seite so gut wie keine ThNT vorgelegt haben. Genannt seien hier exemplarisch nur F.W. Maier, J. Schmid, R. Schnackenburg, H. Schürmann und A. Vögtle. Dafür sind sicher auch je individuelle Gründe maßgebend. H. Schlier, aus protestantischer Tradition kommend und später im Katholizismus beheimatet, hat dieses Problem in seinem bedeutenden Beitrag „Über Sinn und Aufgabe einer Theologie des NT“2 auf seine Weise gesehen: Er schreibt: „Ein entscheidender Grund scheint mir auch der zu sein, dass sich die ntl Theologie bzw. biblische Theologie ihrer Herkunft nach und lange Zeit in einem ausgesprochenen Gegensatz zur Orthodoxie und zur orthodoxen dogmatischen Theologie des Protestantismus wusste. Diesen Gegensatz verstand sie jeweils in der Aufklärung, im Pietismus, im Idealismus und in der Blütezeit des Historismus verschieden. Aber immer sollte er sie abheben von der orthodoxen dogmatischen Lehre. Solche polemische Haltung – natürlich letztlich ausgelöst durch das reformatorische sola scriptura – ging u. U. so weit, dass sich die biblische Theologie als Ersatz der dogmatischen Theologie begriff. Erst als es sich bei der biblisch-theologischen Arbeit am NT herausstellte, dass eine ntl Theologie ihre Berechtigung nicht aus diesem Gegensatz, sondern aus den Notwendigkeiten der Exegese und der dogmatischen Theologie herleitet, konnte das Misstrauen der Katholischen Theologie überwunden werden. Es kam zuerst zu Einzelmonographien biblischtheologischer Art, dann zu Teildarstellungen biblischer Theologie und endlich auch zu Gesamtwerken. Die biblische bzw. ntl Theologie hatte ihren sachlichen Grund entdeckt.“3
Ich bin skeptisch, ob das der maßgebliche Grund ist; man darf nämlich nicht vergessen, welch dominante Rolle bis in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein für die katholische Exegese dogmatische Vorentscheidungen einnahmen und was es für die Exegese bedeutete, dass erst die Dogmatik selbst ihr neue Freiräume eröffnete.4 Die Schwierigkeit der Ka—————— gen Vorverständnis, aber immer auch um die kritische Sicht eigener Tradition im Interesse eines Verständnisses des Neuen Testaments selbst als der maßgebenden Urkunde des Glaubens. 2 H. SCHLIER, Über Sinn und Aufgabe einer Theologie des NT, in: DERS., Besinnung auf das Neue Testament. Exegetische Aufsätze und Vorträge II, Freiburg u. a. 1964, 7–24. 3 Ebd., 21 Anm. 26. 4 Richtungweisend dafür ist der von K. RAHNER im Jahre 1961 in Trier gehaltene Vortrag: „Dogmatische Erwägungen über das Wissen und Selbstbewusstsein Christi“ (in: DERS.,
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tholischen Exegese bis in die Zeit des II. Vaticanums hinein, ihre eigenen Erkenntnisse in die wissenschaftliche Diskussion einzubringen, geschweige denn in die breitere kirchliche Öffentlichkeit hinein zu vermitteln, lässt sich an manchen ihrer führenden Vertreter belegen. Aber das kann hier auf sich beruhen. Dennoch gab es schon vor der Emanzipation der Katholischen Exegese erste Versuche theologisch-neutestamentlicher Entwürfe. O. Kuß hatte bereits im Jahr 1937 eine ThNT vorgelegt, die aber vom eigenen Anspruch her kein Lehrbuch des NT, auch nicht eine systematische Darstellung neutestamentlicher Theologie sein sollte, sondern lediglich das Ziel verfolgte, einen Überblick über das gesamte Schrifttum des NT für bibelinteressierte Kreise zu geben.5 Kuß beschränkt sich in seiner Darstellung nach einleitenden Bemerkungen zum Verhältnis der Kirche zur Heiligen Schrift, die beim heutigen Leser nur Kopfschütteln verursachen können,6 auf eine Kurzbeschreibung der religiösen Welt z. Zt. Jesu, eine Zusammenfassung der Verkündigung Jesu nach den Evangelien, die Skizzierung der urchristlichen Mission nach der Apg und schließlich auf das paulinische Schrifttum und die außerpaulinische Briefliteratur. Die erste ThNT mit wissenschaftlichem Anspruch auf katholischer Seite hat dann M. Meinertz im Jahre 1950 vorgelegt.7 Sein Werk ist der Versuch, das NT in seiner differenzierten Ausprägung und Entwicklung darzustellen, aber doch als Wesenseinheit zu begreifen, welche einerseits eine neutestamentliche Theologie vom Verständnis des NT lediglich als Beginn der urchristlichen Literaturgeschichte oder als Teilphänomen der antiken Religionsgeschichte abgrenzt, sie andererseits aber auch methodisch von dogmatischen Vorgaben freihält. Letzteres gelingt dem Verfasser freilich nicht, merkt man dem Autor doch auf Schritt und Tritt an, wie sehr er von dogmatisch-fundamentaltheologischen Vorentscheidungen bestimmt ist.8 Das durchaus beeindruckende Werk, sieht man es als Zeugnis katholischer Exegese in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, bietet eher eine teilweise von der Apologetik geprägte Darstellung der Person Jesu sowie der paulinischen und johanneischen Theologie, um am Schluss nach dem leitenden einheitlichen Gedanken des NT zu fragen, den der Autor vornehmlich im —————— Schriften zur Theologie V, Einsiedeln 1962, 222–245), der A. VÖGTLE zu seinem Beitrag „Exegetische Erwägungen über das Wissen und Selbstbewußtsein Jesu“ veranlasste (in: J.B. Metz u.a. (Hgg.), Gott in Welt I [FS K. Rahner], Freiburg u. a. 1964, 608–667). 5 O. KUß, Die Theologie des Neuen Testamentes, Regensburg 1937. 6 Vor allem die dort vorgenommene Verhältnisbestimmung der Kirche zu Israel (vgl. 15f.) ist aus heutiger Sicht unhaltbar. 7 M. MEINERTZ, Theologie des Neuen Testaments (2 Bände), Bonn 1950. 8 Vgl. ebd., nur § 3 (4.) zu den Themen „Kirche“ und der Petrusgestalt (I, 69–79), § 4 (3.) zum Selbstbewusstsein Jesu (I, 176–198) oder § 4 (5.) zu Jungfrauengeburt, Auferstehung und Himmelfahrt (I, 198–211).
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Zusammenhang von Christologie und Theologie sowie im entsprechenden Bekenntnis sieht.9 Zur Aufgabenstellung einer Theologie des NT hat trotz des vorausgehenden Meinertz’schen Werkes H. Schlier den ersten und fraglos außerordentlich bedeutsamen Vorstoß gemacht, den er dann allerdings nicht zu einer umfassenden Darstellung einer ThNT ausgeformt hat. Schlier geht vom Postulat der historisch-philologischen Methode aus, „die die unbefangene Erhebung und Beschreibung des theologischen Gehaltes der jeweiligen Einzelschrift zum Ziel hat.“10 Im Ergebnis stellt sich das NT als eine „Versammlung verschiedener Theologien mit stark fragmentarischem Charakter“ dar. „Oft werden die Linien nicht ausgezogen. Irgendwo hebt eine theologische Aussage an, klingt da und dort auf, und plötzlich herrscht wieder tiefes Schweigen. Eine Darstellung der ntl Theologie wird gerade das zu bedenken haben, auch wenn ihr Aussehen dadurch noch unproportionierter wird, als es ohnehin schon ist.“11 Gleichwohl bleibt für Schlier das Postulat einer Erarbeitung der inneren Einheit des NT bestehen, und zwar aus theologischer Notwendigkeit heraus: „Je mehr sie (die Darstellung einer ThNT [Ergänzung Hoppe]) ohne Übereilung und ohne die nächste Verschiedenheit der theologischen Konzeptionen zu übersehen und zu überspringen in die Einheit der Theologie des NT eindringt, desto mehr wird sie Theologie werden.“12 Eine ThNT setzt nach Schlier ein bei bekenntnishaften Aussagen, die den neutestamentlichen Schriften vorausliegen und in ihnen bereits zur Entfaltung kommen.13 Bei aller Fraglichkeit der Eruierung der Glaubenstradition „wird man gewisse theologische Grundsätze feststellen können, die die wirksame Basis der durch sie gebundenen und sie entfaltenden Theologie der ntl Schriften bilden.“14 Die Explikation der Glaubenstradition muss dann in ihrer Einheit aufgewiesen werden und lässt sich über alle Einzeldarstellung in den Schriftengruppen hinaus in den großen Themen „Gott, Gottes Herrschaft, Jesus Christus, sein Tod und seine Auferwekkung, der Geist, die Kirche, der Glaube, das neue Leben u. ä.“15 zur Darstellung bringen. Als eine solche Theologie, die auf Einheit angelegt ist, ist die ThNT eine Notwendigkeit auch für die Exegese, da sie den sachgemäßen Ansatz bei der Auslegung auch der neutestamentlichen Einzelschriften bietet, und umgekehrt kann die Exegese einer Einzelschrift die —————— 9 Vgl. ebd., II, 338ff. 10 H. SCHLIER, Sinn (s. Anm. 2), 8. 11 Ebd., 9f. 12 Ebd., 11. 13 Ebd., 15. 14 Ebd., 16. 15 Ebd., 19.
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ThNT kritisch hinterfragen.16 Schließlich hat die ThNT hier auch ihre eigenständige Rolle gegenüber der Dogmatik, ohne sich selbst an deren Stelle zu setzen. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass Schlier eine ThNT, die sich methodisch und theologisch von diesen skizzierten Grundlinien her versteht, nie monographisch ausgearbeitet hat. So tiefgründig von hohem wissenschaftlichem und existentiellem Ethos das Programm Schliers auch ist, es bleibt zu fragen, wie die so umrissene Aufgabe zu leisten ist. Und soll sie geleistet werden? Dass F. Hahn an die Postulate Schliers anknüpft,17 ist unübersehbar und zeigt eben jenes Ethos als Herausforderung an den Exegeten und Theologen. Zwischen 1968 und 1976 legte K.H. Schelkle eine vierbändige ThNT vor,18 die als Dokument einer durch das II. Vaticanum behutsam geöffneten Exegese gelten darf. Schelkles Intention war es dabei nicht, einen grundsätzlichen Beitrag zum Wesen oder Entwurf einer neutestamentlichen Theologie zu leisten, sondern er gibt eine konzentrierte, eher systematische Übersicht über die wichtigsten Themen des NT: Schöpfung, Mensch und Geschichte (Band 1), Gottesoffenbarung und Erlösung in Christus (Band 2), Ethos (Band 3) sowie Eschatologie und Kirche (Band 4 in 2 Teilbänden). Bemerkenswert ist im Schlussband eine Reflexion über das Verhältnis der Kirche zu Israel.19 Zwar würde man sich aus heutiger Sicht manches differenzierter wünschen, doch sind die klare Einbettung Jesu ins Judentum20 und die Unterscheidung zwischen Jesuspredigt und synagogenkritischer Jesusrezeption in den Evangelien (Mt!) auf jeden Fall verdienstvoll. Insgesamt handelt es sich um ein Werk, das den Versuch, kritische Exegese auch kirchlich zu vermitteln, widerspiegelt. Einen anders durchdachten Weg geht die ThNT eines weiteren renommierten katholischen Autors, nämlich die von J. Gnilka. Er hat gleich zwei Publikationen zum Thema vorgelegt21 und formuliert sein Vorhaben so22: „Neutestamentliche Theologie lässt sich ... umreißen als Beschreibung des —————— 16 Ebd., 21. 17 Vgl. F. HAHN, Theologie des Neuen Testaments (2 Bände), Tübingen 2002, hier I, 26– 28. 18 K.H. SCHELKLE, Theologie des Neuen Testaments (4 Bände), Düsseldorf 1968ff. 19 K.H. SCHELKLE, ThNT IV/2 § 10, 157–186. 20 Vgl. ebd., 157f. 21 J. GNILKA, Neutestamentliche Theologie. Ein Überblick, NEB Erg. 1, Würzburg 1989; DERS., Theologie des Neuen Testaments, HThK.S 5, Freiburg u. a. 1994. Ich beziehe mich auf letztgenannten Titel. 22 Auch er nimmt (wie Meinertz auf seine Weise) eine Zuordnung der ThNT zur Dogmatik vor: „Was das Verhältnis der neutestamentlichen zur dogmatischen Theologie betrifft, so ist es vielleicht als das einer selbständigen Partnerschaft zu beschreiben. Die Selbständigkeit der ersteren erweist sich etwa darin, dass sie der Dogmatik nicht mehr als Steinbruch dient“ (J. GNILKA, Theologie des NT, 13).
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rettenden Handelns Gottes in Jesus Christus, wie es im Neuen Testament oder: in seinen einzelnen Schriften bezeugt wird.“23 Die Richtung weist Gnilkas Präzisierung „oder: in seinen einzelnen Schriften“, die die Sache im Grunde offenlässt, aber doch eher von der theologischen Disparatheit der neutestamentlichen Entwürfe ausgeht. Gleichwohl: Wenn man von „Einheit“ sprechen will, dann liegt sie auch bei Gnilka im Kerygma von 1 Kor 15,3ff.: „Hier kommen bereits wie in einem Konzentrat die wichtigsten Aspekte einer zu entfaltenden Theologie zum Tragen: Christus als Bekenntnis, der Mensch in seiner Verlorenheit und Sünde, die Erlösung des Menschen durch Christus, der Zusammenschluss mit den Schriften des Alten Testaments, die Vollendung. Nimmt man die Einführung des Kerygmas 1 Kor 15,1f. noch hinzu, so erscheint auch noch die Gemeinde, die Kirche, die vom Apostel auf dieses Bekenntnis gegründet wurde.“24. Freilich hält Gnilka die von 1 Kor 15 her postulierte Einheit in der Durchführung seiner Darstellung nicht konsequent durch. Denn anschließend stellt er die Theologien der neutestamentlichen Autoren, angefangen von Paulus bis zu PsPetr in 2 Petr dar, wobei auffällt, dass er in seiner ThNT, also doch der kanonisch gewordenen Schriftensammlung, gleichgeordnet mit den Synoptikern die Quelle Q und die sog. „Urpassion“ als ältesten narrativen Jesustext behandelt, auf eine Rückfrage nach Jesus und eine Entfaltung seiner Botschaft aber verzichtet. Den Verzicht auf die Frage nach dem irdischen Jesus und seiner Verkündigung teilt er formal mit dem Ansatz Schliers, nicht aber in sachlichem Konsens. Denn während Schlier der historisch objektivierenden Rückfrage nach Jesus grundsätzlich skeptisch begegnet und Jesus mit seiner Botschaft – wohl noch in der Tradition Bultmanns stehend – als Voraussetzung, nicht aber als Teil einer ThNT versteht,25 geht Gnilka eher pragmatisch vor. Er sieht Botschaft und Geschichte Jesu besser getrennt von einer ThNT behandelt26 – was er i. Ü. mit seinem Jesusbuch auch getan hat.27 Aber das Ziel Gnilkas ist nicht der Aufweis der Einheit des NT, auch nicht eine Harmonisierung der innerneutestamentlichen Spannungen: „Es wäre auch gar nicht möglich, etwa Jakobus mit Paulus auszugleichen. Die Aufgabe bestünde vielmehr darin, in den Auslegungsprozess, der ja faktisch auch immer fortgeführt wurde, einzusteigen und die aus den neutestamentlichen Schriften geschöpften Glaubenserfahrungen aufzugreifen —————— 23 Ebd., 9. 24 Ebd., 10. 25 Vgl. H. SCHLIER, Sinn (s. Anm. 2), 13f. 26 Allerdings lässt Gnilka seine Neutestamentliche Theologie (s. Anm. 21) mit einer Darstellung der Botschaft Jesu beginnen (11–22). 27 J. GNILKA, Jesus von Nazaret. Botschaft und Geschichte, HThK.S 3, Freiburg u. a. 1990.
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und mit unseren Glaubenserfahrungen, Notwendigkeiten und Nöten zu konfrontieren, sie wirksam werden zu lassen und zu übersetzen. Was die Vielfalt der neutestamentlichen Theologie uns lehrt, ist die Fortführung des Auslegungsprozesses im Bewusstsein seiner definitiven Unabgeschlossenheit.“28 Gnilka will konsequent ernst machen mit dem NT als einer Sammlung von Theologien, die je neu rezipiert werden müssen. Das Ergebnis ist eine theologische Durchdringung der neutestamentlichen Schriftengruppen, aber eben keine einheitliche Theologie des NT, die „feststeht“, sondern die mit ihren verbindenden Linien dynamisch auf dem Weg der Einheit ist. Es sei ein kurzer Hinweis auf die ThNT von A. Weiser angeschlossen.29 Schon die Tatsache, dass mit dieser ThNT zwei Autoren beauftragt wurden, die sich also die Aufgabe teilten – die ThNT I sollte ursprünglich H. Merklein übernehmen –, lässt vermuten, dass sich die Autoren die „Einheit“ der neutestamentlichen Theologie nicht zum Grundpostulat machten. Gleichwohl schneidet Weiser das Problem an, wenn er nach der Behandlung von Q, Mk, Mt, dem luk Doppelwerk, den joh Schriften und der Offb unter dem Gesichtspunkt der theologischen Hauptinhalte30 den „Blick auf den tragenden Einheitsgrund, von dem her und auf dem das vielgestaltige Zeugnis aller neutestamentlichen Schriften entstanden ist und sich entfaltet hat, (richtet).“31 Das geschieht bei Weiser nicht allein aus historischem Interesse, sondern aus der Einsicht heraus, dass „biblische Offenbarung zu verstehen ist als Selbstmitteilung Gottes in der Geschichte.“32 Den bereits von Schlier geforderten existentiellen Bezug stellt Weiser durch die Verschränkung von historischer Rückfrage und Glauben her, der den irdischen Jesus nicht mehr allein das sein lasse, was er historisch war. Schließlich sei noch das bedeutende Werk von W. Thüsing genannt, zuerst 1981 in einem „Kriterien-Band“ erschienen,33 dann in zwei weite—————— 28 J. GNILKA, Theologie des NT (s. Anm. 21), 464. Erstaunlich ist, dass Gnilka Jud/2 Petr und den Jak jeweils nur in einem Exkurs behandelt (437–443 bzw. 444–453). Besonders der Jak ist m. E. ein Zeugnis einer praxisorientierten Theologie und Christologie, also eine durchaus gewichtige Stimme im „Orchesterklang“ des NT. Auf andere Weise wäre das für Jud/ 2 Petr herauszuarbeiten. 29 A. W EISER , Theologie des Neuen Testaments II. Die Theologie der Evangelien, KStTh 8, Stuttgart 1993. 30 Ebd., 14. 31 Ebd., 218. 32 Ebd. 33 W. THÜSING, Die neutestamentlichen Theologien und Jesus Christus – Bd. I: Kriterien aufgrund der Rückfrage nach Jesus und des Glaubens an seine Auferweckung, Düsseldorf 1981. Thüsing hat diesen Band 1996 wiederveröffentlicht: Die neutestamentlichen Theologien und Jesus Christus. Grundlegung einer Theologie des Neuen Testaments. Bd. I: Kriterien aufgrund der Rückfrage nach Jesus und des Glaubens an seine Auferweckung, Münster, 2.,
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ren Bänden fortgeführt.34 Zwar hat Thüsing in der langen Zeit zwischen dem Erscheinen der Erstauflage des ersten Bandes und der Publikation des zweiten Bandes sein Konzept noch einmal überarbeitet und erweitert,35 aber die Grundthese beibehalten, die das Gewicht auf den Aspekt der strukturellen Kontinuität mit Jesus Christus als letztgültigem Einheitsgrund legte: „Maßstab der Legitimation von christlichen Theologien ist weder allein der irdische Jesus und seine ‚Sache‘ noch allein der erhöhte, sondern der Jesus des neutestamentlichen Glaubens, der der Irdische (also letztlich der Gekreuzigte) und der Auferweckte in Identität ist. Die Kriterien der Legitimation sind also sowohl aus dem Sendungsanspruch, der Intention und dem Weg Jesu von Nazaret zu gewinnen als auch durch die christologische Transformation zu bestimmen, die durch Auferweckung und Erhöhung als die Aufnahme des gekreuzigten Jesus in das wirkmächtige Geheimnis Gottes zustande kommt.“36 Thüsing liegt also programmatisch an der Kontinuität und Identität. Summa summarum lässt sich sagen: Aus je verschiedenen Gründen verzichten Schlier und Gnilka auf die Darstellung der Botschaft des irdischen Jesus als integralem Faktor einer ThNT; Thüsing stellt die Frage unter dem Aspekt der Kontinuität, Weiser sieht den Grund der theologischen Aussage des NT im irdischen Leben und Wirken Jesu und den urkirchlichen Grunderfahrungen mit dem auferweckten Christus.37 Alle Autoren sehen das Problem einer Zuordnung des historischen Jesus zur neutestamentlichen Theologie, alle Autoren stehen auch vor dem gleichen Spannungsverhältnis der Theologien zu der einen Theologie des NT. Es ist keine Frage, dass mit den hier nur fragmentarisch dargestellten Entwürfen katholischerseits substantielle Beiträge zum breiten Spektrum protestantischer ThNT beigesteuert wurden. An theologischer Eindringlichkeit ist nach wie vor der programmatische Beitrag Schliers kaum übertroffen, wobei allerdings eine dem Programm folgende Ausführung des Vorhabens die Probe aufs Exempel gewesen wäre. Von großer innerer —————— um ein neues Vorwort, um ein Schriftsteller- und Autorenregister sowie um ein umfangreiches Sachregister erweiterte Auflage 1996. 34 W. THÜSING, Bd. II: Programm einer Theologie des Neuen Testaments mit Perspektiven für eine Biblische Theologie, Münster 1998; Bd. III: Einzigkeit Gottes und JesusChristus-Ereignis (mit Studien zum Verhältnis von Juden und Christen), hrsg. von T. Söding, Münster 1999. 35 Diese Erweiterung liegt vor allem im nun ausdrücklich formulierten Blick auf eine Biblische Theologie beider Testamente. Es liegt in der Logik des Ansatzes, dass Thüsing im dritten, von ihm selbst noch vollendeten Band die Frage nach dem Verhältnis von Juden und Christen konzeptionell in seine Theologie einbezogen hat (vgl. III, 105–170). 36 W. THÜSING, Theologien I2 (s. Anm. 33), 28. 37 Vgl. A. WEISER, Theologie (s. Anm. 29), 218.
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Geschlossenheit ist trotz der Weiterentwicklung zwischen dem ersten und dem zweiten Band der Ansatz Thüsings, der deshalb besondere Aufmerksamkeit verdient. Es bietet sich denn auch an, dass F. Hahn bei seiner Bestimmung der Einheit der neutestamentlichen Theologie die Beiträge Schliers und Thüsings gründlich bedenkt und konzeptionell berücksichtigt.38 Aber er zieht nun eine weiterführende Konsequenz im Blick auf die Verknüpfung der Verkündigung Jesu mit der neutestamentlichen Theologie: Wenn ich recht sehe, ist für ihn von zentraler Bedeutung, dass in der Mitte der Botschaft des vorösterlichen Jesus die anbrechende basileia mit dem Ruf zur Nachfolge steht, ein gewiss unabgeschlossener Prozess, der aber nach Ostern Person und Auftrag Jesu in neuem Licht sehen und interpretieren, ihn eschatologisch heilsbedeutsam werden lässt.39 Damit ist nicht nur die grundsätzliche Kontinuität zwischen vorösterlichem und nachösterlichem Jesus (Christus) angesprochen, sondern der Blick vor allem auf die bekennende Rezeption in der nachösterlichen Situation gelenkt. Die Botschaft Jesu ist nun Teil der ThNT, ohne diese auf Jesus zu begrenzen: „Ist die Rückfrage nach Jesus von erheblichem sachlichem Gewicht, so besitzt die Frage nach der Integration der Jesusüberlieferung in das nachösterliche Kerygma gleichen Rang. Es ist zu klären, in welcher Weise die Rezeption vollzogen wurde und welche Tragweite dieser Vorgang besitzt.“40 Somit ist ein weiterführender Weg gewiesen. Ein entscheidender Gewinn in F. Hahns Theologie besteht deshalb darin, dass aus der Sache heraus die Verbindung von historischer Rückfrage und nachösterlicher Rezeption notwendig aufeinander bezogen ist. Diesbezüglich ist – freilich gerade unter Einbeziehung des vorösterlichen Jesus in die ThNT – auch der grundsätzlichen Feststellung Schliers Rechnung getragen, dass nicht die historisch-philologische Analyse selbst den geschichtlichen Text zu erschließen vermag, sondern letztlich der aus dem Glauben erwachsende existentielle Lebensvorgang.41 An diesen Ausgangspunkt des Grundkonzepts F. Hahns gilt es anzuknüpfen und die Bedeutung der Einbeziehung der Botschaft des irdischen Jesus in eine ThNT mit einer Rückfrage an den Autor noch einmal aufzugreifen: Der positiven Zuordnung der ureigenen jesuanischen Verkündigung zu einer neutestamentlichen Theologie steht im Entwurf Hahns eine nachdenkliche Zurückhaltung zur historischen Kritik gegenüber.42 Es ist zugegebenermaßen nicht zu bezweifeln, dass die biblischen Texte, auch —————— 38 Vgl. F. HAHN, Theologie I (s. Anm. 17), 26. 39 Ebd., 20. 40 Ebd., 20. 41 Vgl. H. SCHLIER, Sinn (s. Anm. 2), 11. 42 Vgl. F. HAHN, Theologie I, 35– 46.
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und gerade die erzählende Jesusüberlieferung, auf den je neuen Gegenwartsbezug ausgerichtet und der historischen Rückfrage Grenzen gesetzt sind.43 Aber dem steht doch der ausdrückliche Geschichtsbezug der Jesustradition gegenüber, der als „gefährliche memoria“, um in Anlehnung an J.B. Metz zu sprechen, seine Funktion als „Stachel im Fleisch“ hat.44 Natürlich ist F. Hahn zuzustimmen, wenn er sagt: „Die historische Kritik zielt als solche auf Distanzierung und lässt den Unterschied zwischen Einst und Jetzt nicht nur sichtbar werden, sondern hebt ihn bewusst hervor. Es gehört ja zum Wesen historischer Forschung, den untersuchten Gegenstand aus seiner eigenen, für uns vergangenen Zeit zu beleuchten und verständlich zu machen.“45 Wenn man das „verständlich zu machen“ betont verstehen darf, ist der Satz unbedingt zu unterstreichen. Dreierlei ist daran aber m. E. zu berücksichtigen: (1) Dass die „Distanz“, die die historische Methode leitet, der historischen Distanz des aus einer vergangenen Epoche stammenden Textes genau entspricht, (2) dass die historische Methode nicht in der Distanz verharrt, sich nicht selbst zum Gegenstand macht, sondern um ihre Funktion als Ausrichtung auf das Verstehen weiß. (3) ist die historische Methode ja auch dann gefragt, wenn die neutestamentliche Theologie sich auf das Kerygma, das in seiner Entstehung eben auch ein historisches Phänomen ist, stützt.46 Das bedeutet: Auf der Basis des von F. Hahn vorgelegten Entwurfes, der die Verkündung Jesu zum substantiellen Bestandteil einer ThNT macht, ist der Blick zugespitzt auf die Frage zu richten, inwieweit die Verkündigung des vorösterlichen Jesus nicht nur in eine ThNT integriert werden muss, sondern welche sachkritische Bedeutung ihr für den Schritt der Rezeption zukommt, in welchem Maße sie die ThNT selbst mitbestimmt und ihren Fortgang jeweils auf den Prüfstand stellt. Das sollte dann auch zu der Frage führen, ob nicht die Spannungen, die zwischen den „Theologien“ im NT unabweisbar bestehen und die Schlier treffend beschrieben hat („Versammlung verschiedener Theologien“47), der Grundspannung zwischen der Botschaft Jesu selbst und den nachösterlichen Je—————— 43 Vgl. zur Diskussion um Rekonstruktion und Historizität J. SCHRÖTER, Von der Historizität der Evangelien, in: ders. / J. Brucker (Hgg.), Der historische Jesus. Tendenzen und Perspektiven der gegenwärtigen Forschung, BZNW 114, Berlin/New York 2002, 163–212. 44 Vgl. dazu P. HOFFMANN, Das gefährliche und gefährdete Erbe des Jesus von Nazaret, in: DERS., Das Erbe Jesu und die Macht in der Kirche, Mainz 1991, 14–39. 45 F. HAHN, Theologie I (s. Anm. 17), 34. 46 Daran kommt man auch dann nicht vorbei, wenn man dem Ansatz Schliers folgt und bei eruierten theologischen Grundzügen ansetzt, die im NT zur weiteren Entfaltung kommen (vgl. oben Anm. 14). 47 H. SCHLIER, Sinn (s. Anm. 2), 9.
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susrezeptionen inhärent sind.48 Auf der anderen Seite ist dem Tatbestand Rechnung zu tragen, dass der Osterglaube sich nicht einfach auf die Funktion einer Revitalisierung der Botschaft des vorösterlichen Jesus reduzieren lässt und diese lediglich ins Recht setzt, sondern dass er Aussagen begründet, die vor Ostern so noch nicht zu treffen waren. Ein reiner Historismus trägt der Komplexität des Sachverhaltes sicher nicht hinreichend Rechnung.
2. Gemeinde und Amt Das Verständnis des kirchlichen Amtes und seiner Funktionen ebenso wie die Frage nach den ekklesialen Grundkonzeptionen der neutestamentlichen Schriften sind im exegetischen Diskurs seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts nicht mehr konfessionell bestimmt. Man kann auf diesem Hintergrund im Blick auf die Forschung inzwischen weder von einer einheitlichen „katholischen“ noch von einer fest umrissenen „protestantischen“ Interpretation ekklesiologischer Grundfragen im NT sprechen. So verdient bemerkt zu werden, dass etwa J. Roloff in Bezug auf die Episkopen in Phil 1,1 ausführt: „Die verschiedenen Hausgemeinden bedurften permanenter Versammlungsorte und einer Regelung des Vorsitzes beim eucharistischen Gottesdienst. Außerdem war die Koordination der verschiedenen Hausgemeinden nötig. So hat die Vermutung am meisten für sich, dass die Episkopen in Philippi die Vorsitzenden der dortigen Hausgemeinden waren. Es handelte sich also um ein örtliches Leitungsamt mit geistlicher Qualität.“49 Das lässt sich durchaus mit einer traditionellen „katholischen“ Position vereinbaren. Viel zurückhaltender urteilt dagegen P. Trummer, der darauf hinweist, die in Phil 1,1 genannten Funktion seien „noch lange nicht im Sinn einer späteren kirchlichen Hierarchie zu deuten“; es gebe auch „keine ausdrücklichen Hinweise darauf, dass damit schon ein besonderer priesterlicher Vorsitz bei der Eucharistie verbunden gewesen wäre“.50 Aber auch innerhalb des Spektrums katholischer Exege-
—————— 48 Vgl. zu diesem Problem P. HOFFMANN, Zur Problematik der christologischen Karriere des Jesus von Nazareth, in: DERS., Studien zur Frühgeschichte der Jesusbewegung, SBAB/NT 17, Stuttgart 1994, 257–272. 49 J. ROLOFF, Die Kirche im Neuen Testament, NTD-Erg. 10, Göttingen 1993, 142. 50 P. TRUMMER, „Das ist mein Leib“. Neue Perspektiven zu Eucharistie und Abendmahl, Düsseldorf 2005, 169. Vgl. auch A. VÖGTLE, Die Dynamik des Anfangs, Freiburg u. a. 1988, 118, der für die Episkopen und Diakone von Phil 1,1 „am ehesten an Verwaltungs- und Fürsorgefunktionen“ denkt.
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ten zeigt sich ein durchaus differenziertes Bild zur Theologie des kirchlichen Amtes im NT.51 Es ist weithin bekannt, welch förderliche Rolle im interkonfessionellen Gespräch F. Hahn eingenommen hat. Der Ertrag seiner Forschungen, die immer auch vom Blick auf die (ökumenische) Praxis motiviert und inspiriert waren, findet sich nun in sehr abgeklärter Darbietung hauptsächlich im zweiten Band der ThNT. Der Linie, die dort im Hinblick auf das neutestamentliche Gemeinde- und Kirchenbild gezeichnet wird, ist weithin zuzustimmen. Der Entwurf kommt teilweise sogar sog. „katholischen“ Vorstellungen, die nicht unbedingt deckungsgleich mit denen katholischer Exegeten sein müssen, beträchtlich entgegen.52 In grundsätzlicher Übereinstimmung mit dem dort Erarbeiteten53 seien deshalb insbesondere zwei Gesichtspunkte noch einmal aufgenommen bzw. ergänzend angeführt: (1) F. Hahn betont zweifellos zu Recht, die Kirche bedürfe einerseits einer konkreten Gestalt, die auch ein Ordnungsgefüge weltlicher Erscheinungsformen nach sich ziehe, andererseits aber müsse an ihr die Transzendierung aller Wirklichkeit erkennbar sein.54 Die Kirche verfehlt demnach ihr Ziel, wenn sie institutionell als eine in sich stehende Größe in Erscheinung tritt, gewinnt dagegen ihre eigene Identität, wenn sie über sich hinausweist. Genau das gibt uns programmatisch der Eph in 3,14-21 vor:55 Demnach hat die Kirche als der gottgewollte Heilsraum die Bestimmung, zur Wahrnehmung und Anerkenntnis des je Größeren hinzuführen, aber in ihrer Eigenkompetenz wird sie entscheidend relativiert. Sie ist, wenn man so will, keine „Institution“.56 Sie führt einzig zur Erkenntnis der Unergründlichkeit Gottes und der Anerkenntnis der je größeren Liebe Christi, die sich paradoxerweise im Kreuz Christi konkretisiert und gerade darin Gottes Doxa erweist. Kriterium für die Identität der Ekklesia ist demnach der stetige Verweis auf Gottes Doxa und Dynamis, Kirche realisiert sich im Grunde nur in der Selbsttranszendierung. Darin finden auch —————— 51 Vgl. nur die Replik A. VÖGTLES auf H. SCHÜRMANNS Beitrag: Auf der Suche nach dem ‚Evangelisch-Katholischen‘. Zum Thema „Frühkatholizismus“, in: P.G. Müller / W. Stenger (Hgg.), Kontinuität und Einheit (FS F. Mußner), Freiburg u. a. 1981, 340–375, in seinem Sammelband: Offenbarungsgeschehen und Wirkungsgeschichte, Freiburg u. a. 1985, 266– 279, wo er die These seines Erfurter Kollegen von der episkopalen Kompetenz zu gesamtkirchlichen Entscheidungen, festgemacht an der Kanonfrage, vehement in Frage stellt. 52 Vgl. die konstruktiv-positive Würdigung der Pastoralbriefe: F. HAHN, Theologie I (s. Anm. 17), 375–384; II, 615f. 53 Vgl. ebd., besonders die §§ 16 und 20. 54 Vgl. ebd., II, 506. 55 Vgl. dazu näher R. HOPPE, Theologie und Ekklesiologie im Epheserbrief, MThZ 46 (1995), 231–245 (244f.). 56 Das lässt sich im statischen Verständnis nicht einmal von den Pastoralbriefen sagen. Vgl. J. ROLOFF, Der erste Brief an Timotheus, EKK XV, Zürich/Neukirchen-Vluyn 1988, bes. 169–181.
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die Dienste der ekklesialen Funktionen (Eph 4,11–16) und die Paränese (4,17–5,20) als Einforderung der Orthopraxie der Ekklesia zusammen. In diesem Verständnis kann dann diese nachpaulinische Schrift, die einstmals kontrovers-theologisch besonders umstritten war, den ökumenischen Konsens stärken. (2) Dazu kommt ein zweiter Aspekt: Über die Kirche in ihrer historischen Ausprägung und ihrer theologisch begründeten Gestalt sowie die Entfaltung der Dienste und Ämter ist von F. Hahn das Wesentliche gesagt. Freilich ist der metaphorischen Begrifflichkeit, in der „Kirche“ im NT zur Sprache gebracht wird, und ihren sozialgeschichtlichen Konnotationen verstärkte Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn das NT Kirche und Gemeinde in einer doch erstaunlich variantenreichen Metaphorik57 – als Leib, als Bau, als Volk, als Bürgerversammlung, als Haus, als Weg und als Brief – ins Gespräch bringt, weiß es gerade um ihre Verwiesenheit auf das je Größere, aber auch um ihre eigene kommunikative Dynamik, ja um ihren „demokratischen“ Charakter. Diesen Grundzug neutestamentlicher Ekklesia-Interpretation in Erinnerung zu rufen, ist katholischerseits mehr als überfällig. Hier liegen Potentiale, die exegetisch gerade auch im ökumenischen Interesse für die Ekklesiologie noch weiter ausgeschöpft werden können und müssen.
3. Mahl und Mahlgemeinschaft Mahl und Mahlgemeinschaft als zentrale Vollzüge der Kirche haben F. Hahn jahrzehntelang beschäftigt. Die Frucht seiner Forschungen liegt nun in seiner ThNT vor.58 Auch hier gilt (wie bei der Ekklesiologie): In der Frage des Herrenmahls und der Beurteilung der Herrenmahlüberlieferung lassen sich in der neutestamentlichen Exegese keine konfessionellen Trennlinien mehr ziehen, vielmehr differieren auch hier innerhalb der Konfessionen die Forschungsergebnisse; es gibt in der Analyse der Abendmahlsüberlieferung mittlerweile keine „katholischen“ oder „protestantischen“ Positionen mehr. Einigkeit herrscht in der Exegese weithin in der Rückführung der urchristlichen Mahlfeier auf die Mähler des irdischen Jesus mit ganz unterschiedlichen Gruppen, dann letztlich auf sein Ab—————— 57 Vgl. dazu H.J. KLAUCK, Volk Gottes und Leib Christi, oder: Von der kommunikativen Kraft der Bilder. Neutestamentliche Vorgaben für die Kirche von heute, in: DERS., Alte Welt und neuer Glaube. Beiträge zur Religionsgeschichte, Forschungsgeschichte und Theologie des Neuen Testaments, NTOA 29, Göttingen 1994, 277–301. 58 F. HAHN, Theologie II (s. Anm. 17), § 18. Besonders hervorzuheben ist auch sein Art. „Abendmahl“ (NT) in der Neubearbeitung des RGG4 (1998), 9–15.
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schiedsmahl im Vorfeld des gewaltsamen Todes und die schon nachösterlichen Erscheinungsmähler. Auch in den zu ziehenden Konsequenzen für die Möglichkeit einer interkonfessionellen Mahlgemeinschaft stehen sich nicht zwei „konfessionelle“ Positionen gegenüber, sofern sich die Exegese überhaupt dazu äußert.59 In dieser Frage besteht in der gegenwärtigen exegetischen Forschung ein doch beträchtlicher interkonfessioneller Konsens, sofern die exegetische Beurteilung nicht durch systematisch-ekklesiologische Implikationen überlagert wird. Umso dringlicher scheint es zu sein, dass die neutestamentliche Bibelwissenschaft die Diskussion um die Mahlpraxis zielgerichteter zu beeinflussen sucht als das u. U. anderen theologischen Disziplinen möglich ist. Es sei hier nur als der entscheidende der neuralgischen Punkte das Verhältnis von Amt und Herrenmahlfeier genannt: Es verdient mit F. Hahn festgehalten und nachdrücklich unterstrichen zu werden, dass „die Herrenmahlsfeier im neutestamentlichen Sinn nicht notwendig an einen Amtsträger gebunden ist. Nirgendwo ist das in urchristlichen Texten vorausgesetzt. Dass die verantwortlichen Gemeindeleiter in der Regel dem Gottesdienst und dem Herrenmahl vorstehen, ist angemessen, aber nicht unabdingbar.“60 Man wird freilich auch bedenken müssen, dass sich schon in neutestamentlicher Zeit Strukturen bildeten, die das Amt und den Gottesdienst stärker miteinander verbanden, wenn auch beachtet sein will, dass selbst die Pastoralbriefe die gottesdienstlichen Funktionen nicht ausdrücklich an das Leitungsamt binden.61 Beide Aspekte müssen im Interesse der Klärung des neutestamentlichen Befundes noch intensiver bedacht werden, vor allem im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen den Erfordernissen der Einzelgemeinde mit ihrer Mahlpraxis und der gesamtkirchlichen Verantwortung. Spannungen um die Praxis der Tischgemeinschaft beginnen immerhin schon in frühester urchristlicher Zeit, ohne dort einer Lösung zugeführt —————— 59 Vgl. z.B. M. GIELEN, Mut zur Herrenmahlgemeinschaft, BZ 48 (2004), 104– 113 (104 Anm. 1). 60 F. HAHN, Theologie II (s. Anm. 17), 564. Vgl. auch M. GIELEN, Mut (s. Anm. 59), 112, die darauf hinweist, dass Paulus in den Herrenmahlkonflikten in Korinth mit der Gemeinde insgesamt auf Konfrontationskurs geht, nicht aber mit einem „Amtsträger“, und konsequent folgert, das NT biete keinen „Anhaltspunkt für eine unverzichtbare Verbindung von Amt, apostolischer Sukzession und Vorsitz bei der Herrenmahlfeier“ (113). 61 Das hat F. HAHN schon in seiner instruktiven Schrift: Der urchristliche Gottesdienst, SBS 41, Stuttgart 1970, 74f., betont. Sehr weit geht J. Roloff in der Verbindung von Amtsträger und Eucharistieleitung (vgl. auch oben Punkt 2.), wenn er für die Past annimmt, dass der verantwortliche Gemeindeleiter den Vorsitz im eucharistischen Gottesdienst habe: J. ROLOFF, Der Gottesdienst im Urchristentum, in: H.C. Schmidt-Lauber u. a. (Hgg.), Handbuch der Liturgik. Liturgiewissenschaft in Theologie und Praxis der Kirche, Göttingen 32003, 45–71 (57); vgl. auch J. ROLOFF, 1 Tim (s. Anm. 56), 179.
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worden zu sein. Kein Geringerer als Paulus selbst macht uns das deutlich:62 Die Beschlüsse des Apostelkonzils ziehen in den Augen der Jakobusleute eine Trennung von Juden- und Heidenchristen bei der Tischgemeinschaft und wohl auch Herrenmahlfeier nach sich. Anders verhält sich das in den Augen des Paulus, der fest davon überzeugt ist, dass die Beschlüsse des Apostelkonzils gerade die Gemeinschaft in Pluralität vorsehen, aber nicht mit Uniformität gleichzusetzen seien, dass vielmehr eine Abkehr vom bislang eingeschlagenen Weg eines gegenseitigen Respekts von Juden- und Heidenkirche ein Widerspruch gegen das Evangelium sei (Gal 2,11–14). Dass Paulus sich mit seiner Position in der antiochenischen Gemeinde nicht durchgesetzt hat, ist bekannt; dass er von seiner Position nicht abgewichen ist, seinerseits aber keineswegs die Gemeinschaft mit dem palästinischen Urchristentum aufgekündigt hat, ist ebenso unabweisbar. 2 Kor 9,11–15 ist ein eindrucksvolles Zeugnis für sein Bekenntnis zur Einheit in Verschiedenheit mit der Jerusalemer palästinisch-judenchristlichen Gemeinde. Hier liegen bibeltheologisch gesehen dann eben doch Möglichkeiten, die es auch im Blick auf eine verantwortliche Herrenmahlpraxis weiter zu verfolgen gilt. Inwieweit sich die gegenwärtige katholische (kirchenamtliche) Position in der Herrenmahlproblematik weiterführenden Schritten zu öffnen bereit ist, ist schwer einzuschätzen. M. Theobald ist sicher zuzustimmen, wenn er dafür plädiert, die schon in der Lima-Erklärung von 1982 gewonnenen Perspektiven kirchenamtlich weiterzuführen,63 wobei allerdings noch nicht recht erkennbar ist, wo diese Perspektiven liegen könnten. Zu erinnern ist aber immerhin auch an die Beschlüsse der Würzburger Synode von 1975, die die Möglichkeiten des Zutritts zur Eucharistie für konfessionsverschiedene Ehepaare ernsthaft in Erwägung gezogen hat.64 Der instruktive Dokumentationsband einer Tagung der Katholischen Akademie in Bayern aus dem Jahre 200165 zur Eucharistie aus katholischer Sicht lässt die Pluralität der katholischen Positionen insgesamt gut erkennen: Während F.J. Nocke den zusammenführenden Charakter der Eucharistie hervorhebt und sich dabei auf manche Stimmen berufen kann, die inzwischen frühere Positionen abgeschwächt oder zurückgenommen
—————— 62 Vgl. H.J. KLAUCK, Eucharistie und Kirchengemeinschaft bei Paulus, in: DERS., Gemeinde – Amt – Sakrament. Neutestamentliche Perspektiven, Würzburg 1989, 331–347. 63 Vgl. M. Theobald, Das Herrenmahl im Neuen Testament, ThQ 183 (2003), 257– 280 (279f.). 64 Vgl. P. NEUNER, Chancen und Perspektiven der Abendmahlsgemeinschaft zwischen den Konfessionen, in: T. Söding (Hg.), Eucharistie. Positionen Katholischer Theologie, Regensburg 2002, 204–228 (219.227). 65 T. Söding (Hg.), Eucharistie (s. Anm. 64).
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haben,66 befindet er sich in der Nähe von P. Neuner, der im selben Band ausführt: „Wenn die Würzburger Synode formulierte: ‘Volle Eucharistiegemeinschaft ist nur möglich bei voller Kirchengemeinschaft’, müsste eine partielle, eine wahre aber noch nicht vollkommene Kirchengemeinschaft eine partielle, d.h. auf bestimmte Fälle begrenzte Eucharistiegemeinschaft möglich machen.“67 Zurückhaltender äußert sich T. Söding, der postuliert, das katholische Abendmahlsverständnis müsse „seinem Wesen nach ökumenisch ausgerichtet sein, das heißt: die Einheit der Kirche im Sinn haben, die durch die Eucharistie dargestellt und aufgebaut werden soll“ (Hervorhebung von mir).68 Unklar bleibt hier, was „dargestellt“ und „aufgebaut“ in der Konsequenz bedeutet.69 Eindeutig restriktiv äußert sich K. Lehmann in seinem eindringlichen Beitrag, wenn er die vom Katholischen Kirchenrecht grundsätzlich eingeräumte „Notlage“70 mehr als zurückhaltend beurteilt, sie als „Einzelfall-Regelung“ versteht, deshalb auch für die ökumenische Situation in einer konfessionell paritätischen Situation wie in Deutschland für nur schwer generalisierbar hält und letztlich in aller Klarheit äußert: „Das gemeinsame Mahl gehört insgesamt an das Ende und nicht an den Anfang ökumenischer Bestrebungen“.71 Dagegen steht allerdings katholischerseits die dezidierte These seitens der Exegese: „Die Feier des Herrenmahls konstituiert Kirchengemeinschaft, und zwar unter allen, die Anteil haben an dem einen Brot und dem einen Kelch, d.h. an der einen, unteilbaren Lebenshingabe Jesu Christi. Konsequent weitergedacht bedeutet dies: Ungeachtet aller äußeren Kirchenspaltungen und gegenseitigen Lehrverurteilungen hat auf Grund der in allen christlichen Konfessionen stattfindenden Herrenmahlfeier eine innere Kirchengemeinschaft durch die Jahrhunderte nie aufgehört zu bestehen.“72 Bei dieser innerkatholisch kontroversen Sachlage scheint es geboten, dass sich die neutestamentliche Exegese, die sich m. E. weitgehend auf die —————— 66 F.J. NOCKE, Eucharistie als Sakrament kirchlicher Einheit. Letztes Ziel des ökumenischen Weges oder Stärkung auf dem Weg?, in: T. Söding (Hg.), Eucharistie (s. Anm. 64), 120–140. 67 P. NEUNER, Chancen (s. Anm. 64), 222. 68 T. SÖDING, „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ Das Abendmahl Jesu und die Eucharistie der Kirche nach dem Neuen Testament, in: ders., Eucharistie (s. Anm. 64), 49f. 69 Wenn das Gewicht auf der „Darstellung“ der Einheit der Kirche liegt, ist die Einheit Voraussetzung für die Mahlgemeinschaft; liegt der Ton auf dem „Aufbau“, kann die Mahlgemeinschaft als Weg zur Einheit betrachtet werden. 70 CIC can 844 §§ 1 u. 4. 71 K. LEHMANN, Einheit der Kirche um die Eucharistiegemeinschaft in der katholischen Theologie, in: T. Söding, Eucharistie (s. Anm. 64), 171f. (Hervorhebung von mir). Stehen wir wirklich noch am „Anfang ökumenischer Bestrebungen“? 72 M. GIELEN, Mut (s. Anm. 59), 112. Gielen weist vorher zu Recht auf die inzwischen erzielte Einigung in der Frage der Realpräsenz hin und hält die Differenzen in den Fragen von Amt und Sukzession für überwindbar (vgl. 108).
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angeführte Position Gielens verständigen kann, in dieser Richtung besonders im katholischen Raum verstärkt zu Wort meldet und nicht nachlässt, an die urchristlichen Anfänge und deren neutestamentliche Rezeption zu erinnern. Dass F. Hahn das aus evangelischer Sicht mit ökumenischer Perspektive jahrzehntelang getan hat, wird ihm gerade der Katholik danken.
Fazit Ich ziehe ein Fazit: Ein Werk kann dann beanspruchen, einen Markstein gesetzt zu haben, wenn es wesentliche Fragen beantwortet, aber daraus hervorgehend auch neue aufgeworfen hat. F. Hahn hat in seiner ThNT mehr als nur die Summe seiner eigenen Theologie gezogen. Konzeptionell liegen in seinem Entwurf vor allem ökumenische Anstöße, auf die hinzuweisen es mir ankam. Er hat m. E. die Frage nach einer „theologischen Exegese“ neu inspiriert und weiterführende Wege gewiesen. Insofern ist von einem „Markstein“ in der Gattung „Theologie des Neuen Testaments“ zu reden.
New Testament Theology within Biblical Theology and Beyond, for Ecclesial and Ecumenical Uses by
JOHN REUMANN In America it has long been common opinion that “Biblical theology is a subject in decline.”1 My own view has been more optimistic, that the old disciple, even in the face of, and sometimes employing, so-called “new methods,” showed promise both as an academic discipline and in the church.2 But this promise, particularly in interdisciplinary undertakings and publication and faculty cooperation in universities and theological schools, has not become reality in the last decade and a half in the United States and Canada. The sections that follow will provide (1) an overview of the American scene, and then look at two areas where New Testament or biblical theology is important, (2) ecumenical work and (3) lectionary use for preaching. Among the problems – some would say opportunities – for theological use of the Bible is in political applications. (4) will take up “political correctness,” on ethical issues. In light of this all-too-brief survey, the three questions posed for essayists in this volume will be answered. There will be no attempt to reflect the papers at the 2–3 June 2004 Conference in Berlin,3 but there is full sympathy with their concern for the task and follow-through of New Testament theology as a contribution to fundamental theology. Of course one proceeds with awareness of how biblical theology arose in the time of Pietism, as a reaction to Protestant Orthodoxy, even as Enlightenment approaches to Scripture were beginning to
—————— 1 J.J. COLLINS, Is a Critical Biblical Theology Possible?, in: W.H. Propp / B. Halpern / D.N. Freedman (eds.), The Hebrew Bible and Its Interpreters, Biblical and Judaic Studies 1, Winona Lake, Ind. 1990, 1, reprinted in Collins’ Encounters with Biblical Theology, Minneapolis 2005. 2 J. REUMANN, The Promise and Practice of Biblical Theology, Minneapolis 1991, especially 19–22, 199–204. 3 The essays from the New Testament group and systematicians, Wissenschaftliche Gesellschaft für Theologie, were not available to me.
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multiply. 4 This triple heritage has continued, as one part or another waxes or wanes, is embraced or repudiated.5 It is worth recalling how churches appeal, in varying degrees, to Scripture, tradition, reason, and/or experience. It can be argued that historical-critical methods with regard to the Bible are where Protestant theology has especially given reason a place. It is also apparent that the “experience” of various groups – women, the marginalized, gays and lesbians, Pentecostals, charismatics, among others – has become the preeminent factor in many circles.
I. An Overview from America Two survey articles provided a sketch of the situation in 1998.6 They saw increasing pluralism in methods and a great variety of approaches to New Testament, Old Testament, and biblical theology. Rich results, often ahistorical, not much agreement on a “center,” even for a limited area like the theology of Paul. The judgment that New Testament scholars were less likely to attempt theologies of the entire New Testament or the whole Bible than their Old Testament colleagues7 has proven, happily, not to be correct, at least on the world level, if still true in North America. The “Pauline Theology” Project in the Society of Biblical Literature (1985–95) led to less agreement than had been hoped for.8 Even use of the term “theology” was disputed by some who favored “Pauline thought.” A —————— 4 J. REUMANN, Promise and Practice (see n. 2), 2, with R. B ULTMANN, Theology of the New Testament 2, New York 1955, 237–251, especially 242. 5 Some see the Enlightenment and historical criticism as totally and rightly dominant. For others, historical criticism is the enemy (so Post-Modernism, see below). Cautions on historical-critical methods have at times been voiced from Rome, notably in a 1988 session in New York; see R.J. Neuhaus (ed.), Biblical Interpretation in Crisis. The Ratzinger Conference on Bible and Church, Grand Rapids 1989. N.T. WRIGHT has argued that some strands in postmodernism are similar to pietist approaches (The New Testament and the People of God, Minneapolis 1992, 60; D.O. VIA, What Is New Testament Theology? Guides to Biblical Scholarship New Testament Series, Minneapolis 2002, 111). J.W. VOELTZ, What Does This Mean? Principles of Biblical Interpretation in the Post-Modern World, St. Louis 1995, combines textual criticism, a sophistical linguistics approach, and Lutheran Confessional theology. 6 Profiles, Problems, and Possibilities in Biblical Theology Today, KuD 44 (1998), 61–85, 145–169. 7 KuD 44 (1998), 84–85, 169. See below on subsequent publications. 8 J.M. Bassler (ed.), Pauline Theology, Vol. I: Thessalonians, Philippians, Galatians, Philemon, Minneapolis 1991; D.M. Hay (ed.), Vol. II: 1 & 2 Corinthians, Minneapolis 1993; D.M. Hay / E.E. Johnson (eds.), Vol. III: Romans, Minneapolis 1995; E.E. Johnson / D.M. Hay (eds.), Vol. IV: Looking Back, Pressing On, SBL Symposium Series 4, Atlanta 1997. Cf. KuD 44 (1998), 158–162.
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“pause” was called for at the end of the process. A lull ensured. Nonetheless, J.D.G. Dunn’s magisterial volume9 provided one summation helpful for its breadth and depth, even if overwhelming for many. A benchmark volume on the status questionis is D.O. Via’s What Is New Testament Theology?10 It replaces one in the Guides to Biblical Theology series by H. Boers,11 who followed J.P. Gabler’s 1787 distinction between a “true” New Testament theology (Schlatter) and a “pure” New Testament theology (Bultmann). Via’s treatment might be called “What Was New Testament Theology?” for he summarizes works by Bultmann, Jeremias, J.D.G. Dunn,12 N.T. Wright, Caird, Schmithals, Strecker, and others. Among the basic questions Via takes up are whether (a) New Testament theology has the New Testament text itself as its proper subject matter or goes beyond or behind it (e.g., Jeremias’ historical Jesus); (b) is it to be historical or historical and hermeneutical (e.g., Bultmann); and (c) postmodernism, a category of which Via is critical. “In sum, New Testament theological interpretation should engage” context, content, structure or form of the text, and “the creative and constitutive role of the reader”; no one scholar can actualize all the variations, only “the New Testament guild as a whole.”13 The postmodern banner has been raised programatically for New Testament theology by, among others, A.K.M. Adam.14 “Modern” means for him all the attempts since the Enlightenment to produce warrants for New Testament theology “derived from historical-critical reasoning.” His aim is to get rid of the hegemony of historical criticism, dominant from Gabler to —————— 9 J.D.G. DUNN, The Theology of Paul the Apostle, Grand Rapids, Mich./Cambridge, UK 1998. D. HARINK, Paul among the Postliberals: Pauline Theology beyond Christendom and Modernity, Grand Rapids 2003, 15, confesses that he mastered Dunn’s huge tome “only a very little bit.” Among alternatives in English are the translation of J. B ECKER, Paul Apostle to the Gentiles, Louisville, Ky. 1993, and B. WITHERINGTON III, Paul’s Narrative Thought World: The Tapestry of Tragedy and Triumph, Louisville, Ky. 1994, where “Story” seems Heilsgeschichte reworked. 10 See above, note 5. 11 H. B OERS, What Is New Testament Theology? The Rise of Criticism and the Problem of a Theology of the New Testament, Philadelphia 1979, foreword by V IA as series editor. 12 J.D.G. D UNN, Unity and Diversity in the New Testament, Philadelphia/London 1997, rev. ed. 1989; arranged around topics like kerygmata and ministry and around types of Christianity, including Jewish, Hellenistic, Apocalyptic, and Early Catholicism. 13 D.O. V IA, New Testament Theology (see n. 5), 127, 131–132. 14 A.K.M. ADAM , Making Sense of New Testament Theology: “Modern” Problems and Prospects, SABH 11, Macon, Ga. 1995. Quotations from pp. 1, 3–4, 182–185; cf. D.O. VIA, New Testament Theology (see n. 5), 103. Adam has edited a Handbook of Postmodern Interpretation, St. Louis 2000, and Postmodern Interpretations of the Bible – A Reader, St. Louis 2001.
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Krister Stendahl. What is the alternate postmodern road? One makes sense of New Testament theology not as “the history of early Christian religion” or “what it meant” (Stendahl), but as “theological sense.” But this implies it is “anti-foundational” (no privileged starting point for establishing faith). He allows, seemingly, systematic theology, ethical concerns, aesthetic judgment, and political, liberationalist interests. It remains unclear whether historical criticism is simply to be curbed or removed entirely. How such an approach works out for Paul, beyond traditional (Catholic, Evangelical) Christianity and “modernity,” can be seen in a treatment by Douglas Harink.15 He not only connects with systematic theology but spends much of the book summarizing systematicians who attracted him in graduate studies, far more so than exegetically engaging texts from Paul. The term “Postliberal” and appeal to “nonfoundationalism” come especially from Hans Frei and George Lindbeck. Karl Barth is of particular influence. While supposedly avoiding post-Enlightenment views, the pages often appeal to exegetes who can scarcely be said to avoid historical criticism.16 “Justification” becomes God’s deliverance of Gentiles only. Mission is to be social-political but non-violent (with John Howard Yoder), based on Jesus as model; the church, like a diaspora synagogue, not “Constantinian,” but as in the Radical Reformation. Postliberal means following an eclectic set of theologians. Or is it just another type of modernism? This treatment may not be a good or convincing example, but “postmodern” and “postliberal” are in vogue. A related flashpoint in Pauline studies is the debate over the “Lutheran Paul.” E.P. Sanders raised the point, widely accepted, that 19th century studies often maligned Judaism in the interests of establishing Christianity as a religion of grace, not “works.”17 Luther, with his antisemitic outbursts later in his life, became a symbol or source for such a stance, even though Reformed, Anglican, and Catholic writers said much the same things about Judaism. “Lutheran” became a jargon word for dismissing in New Testament circles a host of Reformation views on Paul’s gospel. Without tracing —————— 15 16
D. HARINK, Paul (see n. 9). See my review in TS 66 (2005), 666–667. E.g. J.L. MARTYN on apocalyptic in: Galatians, AncB 33A, New York 1997; R.B. HAYS, The Forth of Jesus Christ: An Investigation of the Narrative Substructure of Galatians, Chico, Calif., 1983; M. NANOS, The Mystery of Romans: The Jewish Context of Paul’s Letter, Minneapolis 1996; S. STOWERS, A Rereading of Romans. Justice, Jews, and Gentiles, New Haven 1994. The Barthian claim of a christological basis for the state, once championed by O. Cullmann, emerges along with a further claim of such a basis for the Haustafeln (“Revolutionary Subordination” comes from Jesus, not Stoic or other sources). 17 E.P. SANDERS, Paul and Palestinian Judaism, Philadelphia 1977; German translation: Paulus und das palästinensische Judentum: ein Vergleich zweier Religionsstrukturen, StUNT 17, Göttingen 1985.
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this discussion in full, one may observe that U.S. Lutherans have done little to defend their heritage. Conservative Evangelicals have far more argued the case that the Reformation understanding of Paul was not totally wrong.18 New Testament theologies that have appeared in English since 1992 or so are seldom by U.S. or Canadian authors.19 American Old Testament scholars have been more productive writing on the Hebrew Scriptures.20 Frequently the New Testament theologies are translations, usually from German21 or are by scholars in the British Isles.22 I have found little or no —————— 18 See especially S. W ESTERHOLM , Perspectives Old and New on Paul: The “Lutheran” Paul and His Critics, Grand Rapids 2004, and literature cited there. Westerholm remarks that “Paul’s denominational affiliation was Baptist” (358 n. 21). See my review in CBQ 67 (2005), 553–554. 19 But cf. D.A. D E SILVA, New Testament Themes, St. Louis 2001; the series “Understanding Biblical Themes”, St. Louis, with titles like Peace, Covenant, and Salvation. The old series from SCM Press, Studies in Biblical Theology, has been revived under conservative auspices as New Studies in Biblical Theology, Downers Grove, Ill./Leicester, UK: e.g. A.J. KÖSTENBERGER / P.T. O’BRIEN, Salvation to the ends of the earth. A Biblical Theology of Mission, 2001. “Mission” in the New Testament is a popular topic. R. MORGAN continues to take the position that New Testament theology goes against the grain of historical research, it will be “orthodox”, though he hopes for a generous orthodoxy (Historical and Canonical Aspects of a New Testament Theology, Biblical Interpretation 11 [2003], 629–639). 20 W. BRUEGGEMANN, Theology of the Old Testament: Testimony, Dispute, Advocacy, Minneapolis 1997; ID., Reverberations of Faith. A Theological Handbook of Old Testament Themes, Louisville, Ky. 2002; ID., The ABCs of Old Testament Theology in the US, ZAW 114 (2002), 412–432; J. B ARR, The Concept of Biblical Theology: An Old Testament Perspective, Minneapolis 1999; B.S. CHILDS, Biblical Theology. A Proposal, Facets, Minneapolis 2002, adapted from his Biblical Theology of the Old and New Testaments; E.S. GERSTENBERGER, Theologies in the Old Testament, Minneapolis 2002, makes a virtue of the lack of unitary theology in the Hebrew Scriptures; P.D. M ILLER, The Way of the Lord: essays on Old Testament Theology, FAT 39, Tübingen 2004. 21 G. STRECKER, Theology of the New Testament, New York/Berlin 2000. Not translated: W. T HÜSING, Die neutestamentlichen Theologien und Jesus Christus. Grundlegung einer Theologie des Neuen Testaments, Vol. 1: Kriterien aufgrund der Rückfrage nach Jesus und des Glaubens an seine Auferweckung, Düsseldorf 1981; Vol. 2: Programm einer Theologie des Neuen Testaments mit Perspektiven für eine Biblische Theologie, Münster 1998; Vol. 3: Einzigkeit Gottes und Jesus-Christus-Ereignis, Münster 1999; H. HÜBNER, Biblische Theologie des Neuen Testaments, Vol. 1: Prolegomena, Göttingen 1990; Vol. 2: Die Theologie des Paulus, Göttingen 1993; Vol. 3: Hebräerbrief, Evangelien und Offenbarung, Epilegomena, Göttingen 1995; P. STUHLMACHER, Biblische Theologie des Neuen Testaments, Vol. 1: Grundlegung. Von Jesus zu Paulus, Göttingen 1992; Vol. 2: Von der Paulusschule bis zur Johannesoffenbarung. Der Kanon und seine Auslegung Göttingen 1999; J. GNILKA, Theologie des Neuen Testaments, Freiburg 1994; F. HAHN, Theologie des Neuen Testaments, Vol. 1: Die Vielfalt des Neuen Testaments, Theologiegeschichte des Urchristentums; Vol 2: Die Einheit des Neuen Testaments.
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interest in treatments of the New Testament’s Theologiegeschichte.23 In the Society of Biblical Literature, it cannot be said that there has been a lot of interest in New Testament theology in recent years. In the Seminar on “Inhalte und Probleme einer neutestamentlichen Theologie” of the Studiorum Novi Testamenti Societas my experience has been that most participants and essayists have been European, chiefly German, with few from America.
II. New Testament Theology in Ecumenics Bilateral and multilateral dialogues among churches regularly involve, on almost any topic, some attention to biblical materials. Sometimes the work is of high level, though not necessarily then cited in biblical studies, perhaps because regarded as tainted by ecumenical origins, theological connections, or simply because it appears “off the beaten path” of bibliography. Yet Faith and Order discussions involve of necessity biblical scholars with systematicians, not to mention church historians and ecumenists of all sorts. A bilateral team will include persons trained in various disciplines. This mix may carry with it the put-down that a scripture scholar sometimes hears, “You’re merely a philologist,” not a dogmatician, but the biblical theologian must ply his craft aware of views among systematicians that await his presentation. As example, consider koinonia.24 In presenting the New Testament data on this word field and what it refers to, the exegete will have to make ap—————— Thematische Darstellung, Tübingen 2002; F. V OUGA, Une théologie du Nouveau Testament, MoBi 43, Geneva 2001. 22 F. W ATSON, Text and Truth. Redefining Biblical Theology, Grand Rapids 1997; N.T. WRIGHT’s (five-vol.) treatment on Christian Origins and the Question of God, includes as well as The Climax of the Covenant: Christ and Law in Pauline Theology Minneapolis 1991, 1: The New Testament and the People of God, Minneapolis 1992, 2: Jesus and the Victory of God, Minneapolis 1996, and 3: The Resurrection of the Son of God, Minneapolis 2003. I.H. M ARSHALL, New Testament Theology: Many Witnesses, One Gospel, Downers Grove, Ill. 2005. 23 W. SCHMITHALS, The Theology of the First Christians, Louisville, Ky. 1997; F. HAHN, Theologie Vol. 1 (see n. 21). 24 Koinonia is central in: T.F. Best / G. Gassmann (eds.), On the Way to Fuller Koinonia: Official Report of the Fifth World Conference on Faith and Order, Faith and Order Paper no. 166, Geneva 1994, and subsequent work of the World Council of Churches; Communio Sanctorum: The Church as the Communion of Saints, Bilateral Working Group of the German National Bishops’ Conference and the Church Leadership of the United Evangelical Lutheran Church of Germany, trans. M. Jeske et al, Unitas Books, Collegeville, Mn. 2004; German 22000; The Church as Koinonia of Salvation: Its Structures and Ministries, Lutherans and Catholics in Dialogue X, Minneapolis 2005.
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parent that there is really no Old Testament background or use by Jesus; it came to the fore from the Greco-Roman world in Paul and then in other segments of the New Testament.25 But one question is where to begin a New Testament presentation. If, with form- and tradition-criticism, one takes 1 Cor 10:16 as the earliest passage using koinonia, a Hellenistic formulation about the Lord’s Supper, is one siding with later views that claim koinonia is a eucharistic concept, that the church is the church chiefly or even only when it gathers for the body and blood of Christ?26 If one stresses references in 2 Corinthians 8 and 9, is koinonia primarily a business, financial concept, about the collection and its implications for “interchurch aid” and fellowship between Gentile and Jerusalem communities?27 If one begins with Acts 2:42; cf. 44–47; 4:33, was koinonia a sociological term from the Greco-Roman world, especially in “friendship” traditions, about the ideal community?28 Or was koinonia grounded in Roman law, so that it emerges in Philippians and elsewhere as a legal understanding of the church?29 The New Testament materials must be presented with an awareness of where certain views of the New Testament world lead and what subsequent ecclesiology has done with them. —————— 25 For details and bibliography till 1993, see J. REUMANN, Koinonia in Scripture: Survey of Biblical Texts in: Best / Gassmann (eds.), On the Way (see n. 24), 37–69. 26 Ibid. §§ 14–17. The view that the church is the church when assembled for the Eucharist was argued by the Greek Orthodox theologian, J. ZIZIOULAS (Metropolitan John of Pergamum), in Being as Communion: Studies in Personality and the Church, Crestwood, NY 1985, and elsewhere, and then by the Roman Catholic J.-M.R. T ILLARD, Eglise d’églises: L’ecclésiologie de communion, Paris 1987. Both were present at the Fifth World Conference on Faith and Order; Cf. V.-M. KÄRKKÄINEN, An Introduction to Ecclesiology: Ecumenical, Historical & Global Perspectives, Downers Grove, Ill. 2002, 17–25. 27 Gal 2:9–10; 2 Cor 8:4, 19; 9:13. J.G. D AVIES, Members One of Another: Aspects of Koinonia, London 1958. M.J. SUGGS, Koinonia in the New Testament, Midstream 23 (1984), 351–362, argues for a basic meaning of “participating in something with someone,” on the social level (cf. literature on “the collection”), though in 1 Cor 10:14–20, Phil. 3:10–11, and 1 Cor 1:9 the thing shared has a “transcendent” sense. 28 A. M ITCHELL, The Social Function of Friendship in Acts 2:44–47 and 4:32–37, JBL 111 (1992), 255–275. The passages attract some because the reference to the Jerusalem community would provide the earliest use of the term koinonia, but the passage must be assessed differently if it is a Hellenistic concept applied by Luke; C.A. ANDERSON SCOTT argued for “The Fellowship” in Acts 2 as a designation for the earliest Christian community, not yet “church” or separated from “the Jewish church” (ET 35 [1923–24], 567; Christianity According to St Paul, Cambridge 1927). 29 J.P. SAMPLEY, Pauline Partnership in Christ: Christian Community and Commitment in Light of Roman Law, Philadelphia 1980; koinonia = a consensual societas in Roman law; B.J. CAPPER, Paul’s Dispute with Philippi: Understanding Paul’s Argument in Phil 1–2 from his Thanks in 4:10–20, ThZ 49 (1993), 196, sees here “nascent canon law.” Sampley’s view was subsequently replaced by emphasis on koinonia as a “friendship” term.
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III. New Testament Theology in Lectionary Preaching Biblical theology, especially that of the New Testament, has an important role on all proclamation. It is particularly of value in helping preachers and teachers deal with texts in context of the thought of the book, author, or corpus in the Bible, about God, the human condition, salvation, etc. To varying degrees, New Testament theology has contributed to exegesis and proclamation of traditional altkirchliche Perikopenreihe and the many subsequent lectionaries of the different churches. In the United States many churches aligned themselves in the 1970s with the three-year lectionary of the post-Vatican II Roman Ordo Lectionum Missae. There were high hopes for ecumenical cooperation in study of common lessons that most preachers would be dealing with on a given Sunday or festival. One could claim that attention to Matthew one year, Mark the next, Luke in Year III, and John at certain seasons like Easter paralleled the emerging emphases of Redaktionsgeschichte and the theology of each evangelist.30 These hopes were partly realized in that in many places clergy and others gathered weekly to discuss the appointed lessons for the next Sunday. Seminary courses engaged Old Testament and New Testament teachers, someone in liturgy, a systematician, and of course those teaching homiletics in cooperative approaches to the Sunday lessons. Helps for preachers appeared in abundance, somewhat akin to Göttingen Predigt-Meditationen and other aids in German.31 Sometimes an exegete and a parish pastor worked together writing such materials, sometimes one person covered all the passages and practical applications.32 But there have been problems. Lectionary was controlled by calendar, and church usages varied here. Each church often produced its own variations on the Ordo (e.g., avoiding readings from the Apocrypha or the Ordo’s tendency to omit verses in a passage), so that in the Proclamation series five or six different readings for each Sunday had to be listed. There was opposition to the way the Old Testament reading was usually placed in a supportive, subordinate role to the Gospel for the Day (and so the He—————— 30 J. REUMANN, Redaktionsgeschichte and Roman Ordo: Some Principles and Problems in Pericope Reform, in: E.R.W. Schultz (ed.), Vita Laudanda: Essays in Memory of Ulrich S. Leupold, Waterloo, Canada 1976, 25–58. 31 E.g. Proclamation, Philadelphia, Minneapolis, and New Proclamation have provided treatments every three years or so since the 1970s. 32 E.g. R.H. FULLER , Preaching the New Lectionary: The Word of God for the Church Today, Collegeville, Mn. 1974; G.S. SLOYAN, Preaching from the Lectionary: An Exegetical Commentary with CD-Rom, Minneapolis 2003; The NIV Application Commentary Series, Grand Rapids, Old Testament and New, book by book, presents original meaning, bridging contexts, and contemporary significance, though it is not lectionaryoriented.
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brew Scriptures were seldom heard in their own right) and the way liturgy abetted preaching on the Gospel lesson, so that the Epistles were usually neglected in preaching. Another danger was the attempt to align all three lessons in a unity, often artificial, although the gospel readings had their own week-to-week sequence, with links to the Old Testament, while the epistles were read in two to twelve week sequences, book by book. Revision in the 1980s by many groups reflected disagreement with the principle of subordinating the Old Testament reading to the Gospel passage for the Day; the Revised Common Lectionary went to continuous reading of the Old Testament, just as with the gospels and the epistles.33 Often a story or saga from the Hebrew Scriptures (on Joseph or David) would be read for several weeks. Thus three sequential readings were going on, now not necessarily related to one another except through the happy agreement in the Bible itself. The net result is that many of the hopes of the 1970s for common use of pericopes have not materialized.34 There are great variations in appointed lectionaries, and all too little evidence that the insights of biblical, Old Testament, or New Testament theology are being harvested by preachers or the exegetes in the “sermon aids” that abound.
IV. New Testament Theology in Political, Ethical Issues The Bible has often been used in political matters. Some see such usage as a or even the prime outcome of biblical studies, exegesis as advocacy.35 Ethical issues are often involved.36 Among recent and current concerns gay-lesbian issues may loom largest, as can be seen in the Episcopal Church in the U.S. and the world Anglican communion. The role of Bible, hermeneutics, and theology has emerged with particular clarity in the Evangelical Lutheran Church in America in 2005. A Task Force recommended that the ELCA retain existing guidelines and expectations (no blessing of homosexual relationships, but pastoral care for the persons; no ordination of those in same-sex relationships) but allow local exceptions by refraining from disciplining partnered gay or lesbian per—————— 33
The Revised Common Lectionary, Consultation on Common Texts, Nashville
1992. 34 An attempt to link parish clergy, Bible, and theology is reflected in W.H. Lazareth (ed.), Reading the Bible in Faith: Theological Voices from the Pastorate, Grand Rapids/Cambridge, UK 2001. 35 D. SÖLLE , Political Theology, Philadelphia 1974. Interpretation for advocacy is common in liberation and feminist theology, but by no means confined to such groups. 36 A particular issue for many U.S. Lutherans is “law and gospel.” Is ethics part of “the gospel” or does it belong under “law”?
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sons. Without tracing the entire discussion and process, we note a statement from the Presiding Bishop of the ELCA, Mark S. Hanson, in public comments on the Task Force report: “Two ‘hermeneutics’ or paradigms are at work … that make agreement difficult on scriptural and theological matters.” There is “a ‘traditional approach’ and a ‘contextual’ approach in interpreting Scripture, both of which are valid and irreconcilable.”37 In response to my inquiry about what ‘traditional’ and ‘contextual’ mean, Bishop Hanson replied he was quoting from a book by a faculty member at an ELCA seminary. 38 This book is what one should concentrate on.39 Its author argues that “congregations have the right to their own decision about performing services of blessing for committed same-gender partnerships and about calling an otherwise qualified pastor who is living in such a committed same-gender partnership.”40 How are the biblical data handled to arrive at “two irreconcilable hermeneutics” as “the root of the present impasse”? The method is to contrast two books that are said to show a hermeneutic of the traditional approach41 with two scholars who represent the contextual approach.42 Much could be said about how New Testament texts are treated, the wisdom of making two approaches irreconcilable (when all sorts of intermediate and more extreme positions and shades of opinion exist), and the easy assumption, “Both of the prominent hermeneutical approaches have validity as being biblically based.”43 The argument becomes a plea for a “catholic approach” in the sense of “a range of views on non-essentials,” here “lifelong —————— 37 ELCA News Service, March 11, 2005, address to the ELCA Conference of Bishops. The press release went on to cite Marcus J. Borg on “two irreconcilable ‘paradigms’ in which Christians differ in their understandings of the Christian tradition and their interpretation of Scripture, creeds, and the confessions.” It seems assumed that “traditional” has no context, and “contextual” is devoid of tradition. Not just sexual issues but the entire Christian heritage (creeds, confessions) is dichotomized. 38 E-mail 5/2/2005. 39 Many members yet one body: Committed Same-Gender Relationships and the Mission of the Church, Minneapolis 2004, by C.L. N ESSAN, Associate Professor of Contextual Theology and Academic Dean, Wartburg Theological Seminary, Dubuque, Iowa. 40 Ibid., 90. Some therefore criticize the ecclesiology of the position as congregationalist. 41 R.A.J. G AGNON, The Bible and Homosexual Practice: Texts and Hermeneutics, Nashville 2001; R.B. H AYS, The Moral Vision of the New Testament: A Contemporary Introduction to New Testament Ethics, San Francisco 1996. 42 R. SCROGGS, The New Testament and Homosexuality, Philadelphia 1983; M. NISSINEN, Homoerotocism in the Biblical World: A Historical Perspective, Minneapolis 1998. 43 C.L. N ESSAN, Many members, (see n. 39), 36, his italics. It will be noted how “hermeneutic” has become the dominant term and history-of-religion issues are involved.
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committed same-gender relationships” (but not to be termed “marriage”), with autonomy for local congregations.44 There is, of course, much more involved in this particular book and in the broader debate. Readers will respond in various ways, some regarding Hays or the even more firm position of Gagnon as correct in their reading of the New Testament, others preferring Scroggs (homosexuality today is different from what the New Testament period talked about) or the material in Nissinen on Roman homoerotic relationships. What is clear is that in an atmosphere where “political correctness” on the left and on the right is so prominent, trying to do New Testament or biblical theology has become increasingly more complicated, perhaps doomed to failure when polarizing hermeneutical tags are too easily applied.
V. Given All This, the Basic Questions The three specific questions about New Testament theology posed for this essay can now be answered succinctly. The answers are personal, reflecting long commitment to the enterprise and wrestlings with biblical theology over the years. They inevitably reflect the current context of our discipline, especially in America, as spelled out above as of 2005. 1. Some New Testament scholars should construct a theology of the New Testament though not all wish to, or will. They will continue to do so in various ways: a theology of one or more New Testament authors; an aspect of their thought like Christology, eschatology, or ecclesiology. Or as a survey of however many theologies they think can be sketched from the New Testament. I would prefer a tradition-historical approach, showing development, but not all will take that route. A further step, once more common, but still called for and pertinent for today, is a composite New Testament theology that, without ignoring differences in content or setting, brings together what the several New Testament bodies of witness say – the Pauline corpus, the Johannine school, and others. Such a unified summation is a step toward later use in post-New Testament theology. 2. Such construals will have to reckon with the religions of the world of the New Testament and the history of religion in early Christianity. A working distinction between “religion” and “theology” – and there are many understandings – will be needed. A danger is that comparative religion relegates the New Testament to a place at best of equality with other movements so that the New Testament loses claim to authority. The oppo—————— 44 Ibid., 46.55. Ultimate and penultimate are distinguished; justification by faith is the ultimate. Ethical issues involving same-sex relationships should not be identified with the gospel of justification (20).
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site danger is that New Testament theology becomes too easily unique, consisting of dogmas unrelated to its world. There will be accounts of Urchristentum as a religion, its cult, piety, or however one characterizes religion. Such accounts may be more difficult to write than a theology and have more lacunae. It is possible that occasionally one scholar will write both a Religionsgeschichte and a theology of early Christianity. Others will prefer to bounce their New Testament theology off the Religionsgeschichte of someone else, sympathetically or adversarily. Depending on how each term is defined, a New Testament theology may include elements of Religionsgeschichte. 3. The task of a New Testament theology, in addition to setting forth what the canonical writings offer, may involve linkage not just with the world around it (see 2, above) but also backwards chronologically to roots (often in the Old Testament) and forward to later developments in the postNew Testament church. Traditionally, New Testament theology has involved the heritage in the Hebrew Scriptures (really, often, the Septuagint), even the possibility of a “biblical theology.” Often it has included connection to sequels in the later church, its beliefs and life. Connections with the religion and theology of Israel face all the hazards already noted for New Testament theology and then some. If simply a theology of the biblical documents, one question is how to treat the gap between the late Old Testament writings and the earliest New Testament ones. Connections with patristic materials run the danger of how one chooses and analyzes the Epigoni to the New Testament, and the danger that later creeds, philosophies, and ecclesial developments dominate (when in doubt, follow tradition!)45. One could, of course, shape one’s New Testament theology with an eye to later theologians (Aquinas, Luther, Calvin) or eras that hold a privileged position for the scholar, or rest everything on “today” and relevance, modernity or postmodernity. The most important move is developing a New Testament theology with an eye to dogmatic theology, of some individual, confession, or church. Here the models are extensive, as survey of New Testament and systematic theology shows.46
—————— 45 Cf. A. R ICHARDSON, An Introduction to the Theology of the New Testament, London 1958. 46 Sometimes a biblical theologian and a systematic theologian can work together. Or a systematician may decide to do the exegesis (E. Schillebeeckx). Or a New Testament scholar may elect to be a systematician of sorts. H. FRANKEMÖLLE, “Biblische” Theologie. Semantisch-historische Anmerkungen und Thesen, ThGl 92 (2002), 157–176, argues either be a historian with the texts or a systematician from a postpatristic perspective.
Made in Germany: Towards an Anglican Appropriation of an Originally Lutheran Genre by
ROBERT MORGAN 1. Modern New Testament theology (NTT), combining radical historical criticism with theological interpretation of these texts, was a product of the nineteenth-century German university. It has continued to exhibit that “philosophical thought, critical acumen, historical insight, and religious feeling, without which no deep theology is possible.”1 The textbooks called New Testament theologies (NTTs) or Theology of the New Testament,2 remain a German speciality.3 It makes sense to concentrate on this —————— 1 Albert SCHWEITZER was celebrating this unique contribution of “the German temperament” to modern theology and spiritual life in the opening paragraph of “Von Reimarus zu Wrede” (1906; Eng. tr. The Quest of the Historical Jesus, London 1910). 2 The phrase neutestamentliche Theologie is found in the titles of F.C. B AUR (1864, posthum.), W. BEYSCHLAG (1891/2), H.J. HOLTZMANN (1897), J. JEREMIAS (1971), E. LOHSE (1974), G.B. CAIRD (1994, posthum), I.H. M ARSHALL (2004). The phrase Theologie des neuen Testaments is found in the titles of R. B ULTMANN (1948-53), H. CONZELMANN (1967), K.H. SCHELKLE (1968–76), L. G OPPELT (1975–76), W. T HÜSING (1981), A. W EISER (1993), K. NIEDERWIMMER (1993), J. GNILKA (1994), G. STRECKER (1996, posthum), F. HAHN (2002), U. W ILCKENS (2002). The addition of a definite article by A. SCHLATTER (1909–10), E. STAUFFER (1941), A. RICHARDSON (1958), W.G. KÜMMEL (1969) may be judged problematical. G.E. LADD (1974) and F. VOUGA (2001) have an indefinite article, which is preferable. The significant addition of biblische to TNT is found in G.L. B AUER (1800–2), C.F. SCHMID (1853), B. WEISS (1868), R.F W EIDNER (1891), H. WEINEL (1911), H. HÜBNER (1990–95), B.S. CHILDS (1992), P. STUHLMACHER (1992–99), and in O. MERK’s account of the origins of the discipline (1972). 3 Like the German-speaking Swiss faculties, the Viennese protestant faculty is close enough to the German system for N IEDERWIMMER’s Grundriss to be included in this comment. The Church of England can offer only A. RICHARDSON, Introduction to TNT, London 1958, but the free churches have produced D. GUTHRIE’s conservative textbook (1981) and J.D.G. DUNN, Unity and Diversity in the NT, London 1977, which does not claim to be a NTT but comes close, and most recently I.H. MARSHALL’s substantial NTT,
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textbook genre because it is here that the central issues of the discipline are most visible. Discussions of the unity of the New Testament and of its relationship to the Old assume that, as the name of the discipline suggests, and as William Wrede’s repudiation of the phrase over a century ago 4 can be seen as confirming, NTT is really theology. What this might mean, however, is disputed. The denominational labels in my title are intended to suggest four points: first (against some current English usage), that the phrase NTT should refer to the activity of doing (thinking, writing, speaking) theology, or to the results of that activity, not simply to the linguistic, historical, or philosophical analysis of theological concepts or texts. Second, that theology today (including NTT) has or implies an adjective (e.g. Christian, Islamic) indicating whose talk of God is being specified. Thirdly, that NTT or Christian theological interpretation of these texts involves the aims of the interpreters. It is not defined simply by the character of the texts themselves. And fourthly, that the confessional character of theology may include a denominational element, so that despite the huge ecumenical gains made by NTT its textbooks may legitimately have a recognisably denominational flavour, reflecting something of the biblical theologian’s own point of view, even though this conflicts with accounts of historians’ objectivity that ignore the historian’s own standpoint or perspective. The modern discipline (and so its textbook NTTs) aims to clarify in order to communicate the New Testament message of God in Christ. It is the way the biblical subject-matter is understood (as speaking of God) which makes NTT a theological discipline, typically done by professors, priests, or pastors. That this makes it (still) also an ecclesial activity does not disturb most practitioners working in denominational faculties training clergy, teachers, or other church workers. But aiming to clarify in order to com—————— Leicester 2004. The best-known American example is G.E. LADD’s conservative work (1974). Distinguished Scandinavian contributions to the discipline from e.g. A. FRIEDRICHSON, K. STENDHAL, N. D AHL and H. RÄISÄNEN have not yet led to textbooks comparable to the German ones, and A.T. NIKOLAINEN (1971) and R. KIEFFER languish untranslated. F. VOUGA is French Swiss. 4 W. WREDE , Über Aufgabe und Methode der sogenannten neutestamentlichen Theologie (1897; rp. G. Strecker (ed.), Das Problem der Theologie des Neuen Testaments, Darmstadt 1975). Wrede himself was an ordained theologian discussing a theological specialism within protestant theological faculties. His call for a “history of early Christian religion and theology” can be read as a programme for a non-theological discipline outside that context, but that was not his intention, despite contemporary proposals to dissolve those church-related faculties. He was no Overbeck, and it is anachronistic to ignore how members of the Göttingen ‘history of religions school’ saw their historical descriptions of early Christian religion contributing to a modern liberal theology. However, he rejected the phrase NTT because his New Testament Wissenschaft was history, not (confessional) theology, and the biblical material was ‘religion’.
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municate the message of the New Testament of God in Christ hints at advocacy, and Wrede was not the last historical critic to reject any such offence against impartiality. Christian theologians might as believers want to change their modern world; biblical scholars as historians seek to understand the ancient one. These interests are not necessarily mutually exclusive, but confusing them has been bad for both. The attempt to combine them, however, has been characteristic of NTT as a theological discipline, a section of historical theology. Clearly the New Testament authors themselves expect the gospel to change the world, but when their first-order talk of God is described by modern critical historians these scholars need not themselves be engaging in religious discourse. They are doing history of religion, not (it would seem) theology in a confessional sense, i.e. speaking of God. They are talking not about God, but about the ancient writers’ talk of God, which they may or may not endorse (and they do not have to say whether or not they do endorse it). Such avoidance of confessional theology is common in English university faculties where the word ‘theology’ is used in that secondary sense of ‘talk about talk about God’. Even theologians who themselves aim to speak of God often accept this broader use of the word because it make sense of ‘theological’ faculties in secular universities which have no institutional link with churches and where a more confessional theology might seem inappropriate. Such faculties could be called departments of Christian studies, reserving the word ‘theology’ for a more committed stance, but having been largely staffed by Christian theologians they usually retain the older label, sometimes augmenting it with ‘and Religious Studies’. This secondary use of the word ‘theology’, specifying the character of some of the texts being studied, but in principle separated from any religious aims or interests on the part of practitioners, is thus a newish semantic development resulting from the further secularisation of Western culture in the twentieth century. An element of critical detachment from religious practice is beneficial, but this separation of the discipline from the religious contexts in which talk of God is meaningful surely undermines its integrity as talk of God. Linguistic, text-critical, and historical study of the Christian theological tradition is perhaps better called ‘theological scholarship’, reserving the noun ‘theology’ for the more confessional meaning, implicit in medieval and Reformation writing but needing to be made explicit in the modern world where the subject matter of theology is both contested and tradition-specific. The adjective ‘Christian’ is implicit in the phrase NTT (and Old Testament theology), and to claim that a particular presentation might to some degree reflect its author’s Lutheran, Roman Catholic, or Anglican theological standpoint is a concomitant of that claim
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about the nature of theology. It disputes that NTT is a disinterested, purely historical discipline, but without denying the centrality of historical exegesis, or even the place of historical reconstruction in a genuinely theological NTT. As reflective talk of God, Christian theology, including NTT, is (unlike prayer or preaching) a second-order task of its religious community. There is no need to say that only members of that community can engage in it, though these are most likely to want to ‘do’ theology. Our restriction of the words theology and theologian to the (second-order) religious discourse of a religious community does not necessarily mean ‘confessing’ in the full sense that implies believing, but rather ‘related to the confession’, associated with a religious institution and practice, however loosely in some cases. To say that ‘only believers’ can do theology is in any case unhelpful because ‘faith’ covers a wide spectrum, from passionate commitment to reverent agnosticism: “There lies more faith in honest doubt …”5 Speaking of God in an authentically Christian way does usually involve adopting the language of the Christian community and tradition, and implies belief because it includes worship (which is self-involving), but the language of the tradition can be used by unbelieving historians, philosophers and others, and in so speaking and thinking they may certainly contribute to the Christian theological enterprise and so might be said to be doing theology, and so NTT, in an ‘as if’ mode. We should leave it to the speaker or writer to say whether they are intending to speak of God and so do theology proper, or whether they are being hypothetical. However, they may choose not to say, regarding this as a personal and private matter. Whether an interpreter of the New Testament aims to speak of God, or only to describe the text’s speaking of God, is not always obvious. It does not need to be, because once a book or article is published the main player is the reader. If strictly speaking we reserve the word ‘theology’, and so the phrase NTT, for where talk of God is intended, and so distinguish it from history of religion, we must add intended ‘by the author or the reader.’ Much modern writing on the New Testament is ambiguous on this issue, and can be classified either as NTT or history of Christian thought, or (very often) both, according to the intention of the modern authors (where known) or the predilection of particular readers. It seems essential to bring the intentions of authors and/or readers into the definition of NTT, rather than simply to refer to the subject-matter, because anyone who says that these texts really are about God, accepting the authors’ understanding of the subject-matter, is already adopting a different standpoint from historians who may simply describe the distant ancient —————— 5 T ENNYSON’s ‘In Memoriam’ contrasts faith with “creeds”, implying that faith is a broader category than confession, and is sometimes inarticulate.
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religion without interest in the question of its truth or relevance for contemporary Christianity, what Ferdinand Hahn calls its Gegenwartsbezug. Theologians’ accounts of the subject-matter implicate them personally at another level. Tua res agitur. A similar distinction can be made between philosophical theologians (who intend to speak of God, with all that involves for them personally) and philosophers of religion, whose relationship to the tradition(s) they are analysing may be much looser. Some theologians, and many New Testament theologians who believe with the ancient authors that these texts speak of God, are nevertheless reluctant to use that word on account of the danger of making God an object. The biblical message of God may well be better clarified and communicated by speaking of human existence, and transformation of selfunderstanding, and hope for the future transformation of the world. Again, it is the theologian’s intention which makes an interpretation theology. The closer NTTs stand to the worshipping life of the church the less reticent they are likely to be about using the word ‘God’, but in the present context it is important to acknowledge that much NTT avoids the word God without evading the subject-matter or Sache. Mythological speech may be unavoidable, but it is frequently misleading and theologians have to interpret it. As these preliminary remarks imply, the reasons why NTTs have been mostly ‘made in Germany’ stem from the social location of New Testament studies there. The higher standards of theological educational expected of clergy and teachers in Germany are related to this. The former puts pressure on most biblical professors to be theologians as well as exegetes and historians; the latter both demands and creates a market for specialist level NTTs. The confessional character of the German and Swiss theological faculties, the still fairly close co-operation (and sometimes tension) with a Landeskirche or diocese, their task of educating clergy and teachers appointed by the church authorities, the venia legendi in the case of Roman Catholic professors, and above all the faculty association of biblical studies with systematic theology, and correspondingly less close relationship with other academic disciplines except philosophy – all contribute to the broadly theological character of German New Testament studies. At times this discipline has so occupied the ground of confessional theology as to make systematic theology seem almost superfluous. Elsewhere New Testament scholars are more free than in Germany to choose whether or not to be in any sense theologians (the word itself being variously understood), and those who choose not to be New Testament theologians are unlikely to write NTTs. Even those who see themselves as theologians, and who are not put off by the difficulty of the task, may be
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deterred by the market from writing such magna opera. The levels of theological education outside Germany and Switzerland make ‘theological introductions’ to the New Testament more useful,6 but several German NTTs have been translated into English and they have found some buyers. Evidently some readers sense that both the discipline and the textbooks have their place, at least in seminaries. Others, however, think that secular university professors should advance (or retreat) ‘beyond New Testament theology’, 7 back to where they think William Wrede was in 1897. That is of course one option, though the subsequent history of New Testament theology in the twentieth century shows it is not the only one. What Barth called ‘speaking with scripture’ and others a ‘hermeneutics of consent’ remains the characteristic feature of NTT, and does not preclude Sachkritik. It is the appropriate standpoint for a biblical theologian who thinks these texts speak of God, however humanly and so imperfectly. Having tried once again to say what NTT is, the aim of this essay will be to suggest why composing NTTs should be a priority for Christian theology. The rationale for the discipline itself is given by the existence and character of a Christian church whose faith needs forming by the witness of scripture. A more specific rationale is needed for the textbooks generated by the discipline. This will in turn suggest not ‘corrections’ to a rightly admired German theology but a different perspective stemming from a different ecclesial location.
2. The reasons for writing these textbooks (and giving the lecture-courses which usually lie behind them) have been more taken for granted than discussed. Their aims have been discussed far less than their methods, i.e. the application of critical historical methods to scripture. Few discussions of hermeneutics consider this textbook genre in particular, however much they have to say about the discipline of New Testament theology in general. Yet the absence of these textbooks from many theological cultures shows that their necessity is far from self-evident. —————— 6 The excellent works of L.T. J OHNSON, The Writings of the NT, London ²2002, R.E. BROWN, Introduction to the NT, New York 1997, and C.A. HOLLADAY, Theological Introduction to the NT, Nashville 2005, cover much of the ground of NTTs. 7 H. RÄISÄNEN, Beyond NTT, London 1990, ²2000 (German: Neutestamentliche Theologie? Eine religionswissenschaftliche Alternative, SBS 186, Stuttgart 2000) appeals to Wrede’s pamphlet (cf. n. 4). The friendly reviews that an English translation of Wrede received in 1973 showed some English and American biblical scholars happy to abandon traditional theological categories.
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Heikki Räisänen’s excellent account of their history assumes without argument that their purpose is to give an overview of the field and so to provide orientation for students.8 This is surely necessary, and the reason for ‘introductions’, but who defines the field? The professors, no doubt, but which ones? Professors of theology or historians of Western culture? The older German NTTs stood alongside the discipline called Einleitung (usually kritische) and both textbooks provided students with orientation by reporting widely agreed results. But that was (and still is) done in the context of properly theological faculties where much can be taken for granted, including the special place of scripture in the Christian church. Outside this institutional context such considerations can be discarded as irrelevant. Wrede’s claim that they are irrelevant to any practice of history is widely shared, if not quite so self-evident. His further claim that they are therefore irrelevant to the practice of NTT is made plausible only by his distancing sogenannten which signals that he is speaking of history, not NTT properly so-called. But that anyone should have taken seriously his additional implied claim that there is or should be no such thing as NTT (rightly so-called) alongside, overlapping in content with, but distinct in aim from the history of early Christianity, shows the confusions into which the discipline had fallen, and out of which it has never fully emerged. These confusions follow from disagreements about the character of theology itself, as already noted. Those are rooted in the changing relationship of the Christian church to a European culture in which its claims are no longer self-evident. Schleiermacher’s reorganizing theology as a confessional discipline bound in an ‘eternal covenant’ with the intellectual culture of its time and place makes NTT (‘exegetical theology’) part of historical theology and a hermeneutical discipline using the historical, linguistic and other methods of its day. But even when this interpretation of texts is “motivated by a genuine interest in Christianity”, 9 as it must be if “the theological aim of the discipline” is not to be “entirely lost”,10 the historical methods used put pressure on the idea of the canon. After decades of historical research Wrede accordingly called for modifications to the textbook genre. His demands were largely met by Bultmann, as a historical critic the star pupil of the history of religions school, precisely in the classic NTT which decisively resisted Wrede’s implicit dissolution of the discipline. Reservations about this great achievement will emerge below, but it remains the orientation-point for any discussion of the discipline even a century after Bultmann began to contribute to it. —————— 8 9
H. RÄISÄNEN, Beyond NTT (see n. 7), 1. F.D.E. SCHLEIERMACHER, Kurze Darstellung des theologischen Studiums, Berlin ²1830, §147. 10 Ibid., §182.
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The largely German protestant origin (pre-history apart) of modern New Testament studies and modern New Testament theology brought with it ecclesial assumptions which were scarcely questioned.11 At the climax of the whole development H.J. Holtzmann could justify the restriction of his Lehrbuch der Neutestamentlichen Theologie (1897) to the canon by referring pragmatically to its intended usefulness to the church,12 even though his general historical view of the discipline was similar to Wrede’s. Both scholars saw New Testament scholarship as largely directed to New Testament theology, and the latter a historical task which contributed to the Christian theological enterprise. This view was also quite normal in Britain a generation ago. Leading scholars saw NTT as the crown of their discipline, or the goal to which other more preparatory work was pointed. It was the form which the labours of historically trained exegetes gave to the biblical material to assist doctrinal theologians and the church at large. 13 That did not require textbooks covering the whole New Testament, only interpretations of its various parts. But it assumed that these interpretations would be directly or indirectly helpful to the church, and in particular to the ministry of the word. This meant that a strongly theological hermeneutic was at work, whether or not it was made explicit, or even recognized. Conservative theologians tried to hear what the text was saying, and aligned their own understandings of the gospel with that. More critical theologians reserved the right (or duty) to disagree with the witness of a particular text, but even their Sachkritik clarified their own understanding of the gospel through their critical theological engagement with scripture. That is one way in which scripture works as a ‘source’ in the life of the church, its witness informing and nourishing Christian faith. The role of the historically schooled exegete is to explain the text, and that includes saying which interpretations probably fail to represent the author’s or text’s intentions. Creative interpretations which go beyond or even contradict authorial intention have a place in the devotional use of scripture, and even in theology a case can be made for the subsequent reception of classic texts enriching its meaning or multiplying valid meanings. Some controls —————— 11 W REDE objected to making revelation and “the normative character of the New Testament texts” a presupposition of the discipline. Neither is relevant to historical research, both are therefore (he insists) irrelevant to NTT and belong to dogmatics. I D., Aufgabe (see n. 4; G. Strecker [ed.] 83, Eng. tr. 183). 12 See his response to Wrede in the 2 nd edition (1910–11) of his Lehrbuch, Vol. 1, 23. 13 E.g. C.K. B ARRETT, Jesus and the Word, Edinburgh 1995, 253–255. May I acknowledge with gratitude how much I have learned from Professor Barrett over 40 years since coming to his Durham lectures on NTT from the corresponding Cambridge course of Professor C.F.D. Moule. Both referred us back to the 1930s lectures of E.C. Hoskyns, still today a lively presence through his pupil C.F. Evans.
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are necessary even in the liturgical use of scripture, and theologically responsible church authorities prefer their denomination’s preachers and teachers to be educated in modern critical biblical study,14 but those who are also educated in hermeneutics will know when it is appropriate to go beyond the biblical author’s intention. If some ordinands fail to integrate critical historical study with their theological understanding of the gospel that signals hermeneutical work still to be done, not that modern exegetical study is unnecessary for clergy, or undesirable for other literate believers. However, this use of scripture as a source of Christian faith and theology does not require the textbook genre of NTTs; it requires only the historical-exegetical and hermeneutical discipline. The theological relevance of the textbooks becomes visible only when we ask about the witness of scripture as a whole. That need not be invoked when writing a sermon, but becomes essential when we ask more broadly about the identity of Christianity. This question has usually been considered under the rubric of scripture as a norm (as well as a source) of authentic Christianity. Whether scripture can still function as a norm once its historical character and theological diversity are acknowledge has been denied – and in practice is very widely denied. Clearly it cannot so function in ways that some people once thought it could. It is difficult to see, for example, how the Old Testament could ever function as a norm or even as a source of Christian faith except in conjunction with the New Testament, and the manner of this conjunction has had to be rethought in the light of modern historical perspectives. The Old Testament does still function as a source of Christianity even when read in its own terms, i.e. with Christian belief not affecting the interpretation of particular texts. But it does so only when set in a Christian hermeneutical context. That is why ‘theology of the Old Testament’ – a Christian theological enterprise, as the name implies, even though it avoids imposing Christian meanings – remains an important element in theological education. However, the Old Testament does not function in that way as a norm of Christianity. It contributes to the scriptural definition of Christianity only insofar as it is present in or presupposed by the New. It is arguable that the New Testament (properly interpreted) can serve as a norm, even in a historically conscious age, because the authors all intended to express what we call Christianity. This is not the case with the Old Testament, which is why only a NTT can attempt to make a normative claim about the identity of Christianity. Gesamtbiblische theologies may have value in suggesting how the Old and New Testaments can be co-ordinated, but they are not an appropriate way of articulating the norming role of scripture. Their inca—————— 14 How much evidence to the contrary can be adduced in England today depends on how loosely ‘theologically responsible’ is construed.
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pacity for this role follows from the differences in how the two testaments function within Christianity. However, and this is the first conclusion which follows from relating NTTs to the normative role of scripture, such NTTs will have to include (ideally) a good deal of Old Testament theology. They will have to make clear that the New Testament is not rightly understood as Christian scripture apart from the faith of Israel reflected in the Old Testament. That canon identifies who the God of the New Testament is, and includes most of what has to be said about God in NTT. It also contains material which must, from a Christian perspective, be subjected to theological criticism, and much which is scarcely relevant to Christian faith. As part of the canon of scripture this is still continuously read, but it is not as canon definitive of Christianity, as the New Testament (which includes much from the Old) still is for most believers. How the essential Old Testament material and assumptions are best expressed in NTTs is a further question, but on any account they are foundational. Not only do they say who God is, they also provide much of the theological vocabulary of the New Testament, and even one criterion among others for evaluating each New Testament witness. If any of these (like Marcion later) had denied their salvation-historical continuity with the Old Testament their position in the New Testament would be problematical. Lutheran NTTs which centre on a Reformation-inspired interpretation of Paul have sometimes given more weight to the discontinuities than to the continuities between the testaments,15 but they would not deny that the God, scriptures, and faith of Israel are presupposed, even (or especially) by Paul, and remain fundamental to orthodox Christianity. It is authorial intention which today makes it possible for the New Testament, and impossible for the Old, to function as a norm of Christianity. But there are problems about reading even the New Testament with this aim. Its theological diversity and historical distance preclude finding a modern theology in ‘the’ theology of the New Testament. This means that NTTs, or theological interpretations of all the New Testament witnesses, must (if they expect scripture to be a norm) provide an account of the theological unity of the New Testament, as well as describing its literary, historical, and theological diversity. They must show what kind of unity is to be found here – perhaps a unity of faith rather than a unified theology, but one which may imply certain fixed historical and doctrinal elements. The New Testament does not provide a single doctrinal scheme, but it would be hard to deny that all the authors (already a selection from the diversity of —————— 15 R. B ULTMANN, Weissagung und Erfüllung, in: ID., Glaube und Verstehen II, Tübingen 1952, 162–186 (Eng. tr. in Essays on OT Interpretation, London 1960, 50–75) is a famous example.
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Christian origins) shared sufficient assumptions to justify saying that they adhered to the same religion, and that despite all the differences this can also be said of the many versions of Christianity which are normed by these witnesses today, as some are not. The limited scope of all, and particular occasion of some of the New Testament writings precludes a demonstration of what every author presupposed, but it would be hard to deny that they all twenty (at most – probably fewer) authors did agree about who God is (the God of Israel who is Creator and Judge of all) and what this means for them; who Jesus is (the crucified messiah from Nazareth whom God has vindicated, and will finally show himself to have vindicated); that salvation is through him and will be consummated; the gift and power of the Spirit who gives life; the community, together with its rites of initiation (baptism) and eucharist, and its (diverse) leadership. The Jewish structures of this belief are visible and the Jewish scriptures provided the main materials for interpreting what was experienced in the life and death of Jesus and soon after. Later Christians have assumed that all the New Testament writers shared in a common faith and community which they themselves recognize as their own. Their conviction has not been shown by critical historical study to be unreasonable. So far as the 27 New Testament writings and their authors are concerned, there is no good reason to deny this basic doctrinal agreement behind the different theologies, even though it cannot be demonstrated. Other opinions were held in the early church, but only these writings are definitive of orthodox Christianity, not their (hypothetical) sources or Vorstufen. Not even the (so-called) ‘historical Jesus’ can be definitive, because that is inaccessible or multiple, depending on which meaning of the phrase is intended. Of course what Christians judge Jesus to have intended will carry great weight for them, sometimes greater weight than a particular scriptural witness, though such comparisons are difficult on account of the historical uncertainties about Jesus. Conclusions drawn in historical Jesus research may affect our assessments of each biblical witness, but the scriptures to be interpreted in order to clarify the identity of Christianity are the New Testament texts. Whether a scriptural norm is desirable, even if possible, is a question which divides Christians today. Conservatives appeal to scripture and tradition, believing that the lack of a norm would signal the dissolution of their religious tradition. Any community needs boundaries, and procedures for defining these, but applying the scriptural norm is not easy. Our proposal is that the protestant scriptural principle is being, and can still be applied in and through the ongoing conversation between competing NTTs. Whether this is too inconclusive to clarify the identity of Christianity has to be tested in practice. The more conclusive alternative of an infallible
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magisterium has been found wanting wherever it has become detached from the witness of scripture. It is sometimes helpful for an authority figure to give a ruling, but such rulings can only ever be provisional, subject to the on-going task of hearing the witness of scripture, which it is the business of theology, including NTT, to facilitate. This still leaves a question about what basic textual unit NTTs work with, and another about what to ask each text, and another about the relationship of different writings within the canon. All that has been said so far suggests that in aiming to help clarify the identity of Christianity by interpreting these 27 texts (all of them, and only these) it should be each author or each text which is so interpreted by asking what it is saying, and how (so far as this can be judged on the limited evidence available) the author understands the faith being communicated. Proposals about the way the 27 writings are best related to each other will be found in the structure of all NTTs. Our emphasis on both authors and texts is not a contradiction, because in focusing on each writing while committed to authorial intention we naturally ask whether anything else is known of the author. However, it does imply a literary and canonical, not a purely historical frame of reference, even though the contents of, and therefore the methods used in writing NTTs are mainly historical and exegetical. The Christian theological aims of NTTs call for historical work and need not subvert historical truth or integrity, but this historical work is done in the service of interpreting these texts theologically (i.e. as speaking of God), not for the sake of reconstructing the historical development of early Christian thought.16 Among the reasons for being committed to authorial intention (so far as this can be judged), and to textual intention as the best guide to it, are firstly the assumption that these authors understood, and in these texts communicated, something that we want to learn,17 and secondly that textual and authorial intentions provide the possibility of consensus within the Christian community about what these texts mean. Total agreement is impossible and authorial intention is never certain, but some degree of consensus about what these texts mean is necessary if the New Testament is to function as a norm. The scriptural norm is not a fixed formula but is discerned (on occasion) in the on-going conversation between interpreters. Some degree of agreement about these texts and especially about how agreement might be attained (or approximated to) is necessary for scripture to guide the church in this way. —————— 16 17
Cf. R. BULTMANN, Theology of the NT, Vol. 2, London 1955, 251; German 599. Cf. B ARTH’s preface to Der Römerbrief, München 21922, xiv; Eng tr. 11: “Paul knows of God what most of us do not know; and his epistles enable us to know what he knew …”
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A critical theological interpretation of these 27 texts will involve evaluations which may question the witness of a particular text on particular points. Historical Jesus research may here be appealed to, however tentatively, as may wider moral and rational considerations. Thus the apparently anti-Jewish elements in the gospels can be challenged on appeal to what one considers historically true about Jesus as well as on moral grounds. Such historical judgments are always provisional and uncertain, but they will carry weight for the particular interpreter and allow us to question the text by reference to its own subject-matter, not our own preferences. Such Sachkritik is self-defeating at the point where it subverts the witness of scripture, substituting modern preferences which cannot be justified as in accord with the gospel and the scopus of scripture, but it must be admitted in principle because the authors of the New Testament writings were human and fallible. The Sachexegese out of which NTTs are constructed includes the possibility of Sachkritik because the religious truth being sought is not contained in an infallible text but emerges (ubi et quando Deus vult) through the interaction of interpreters (or the interpretative community) with these texts.18 The modern interpreter of scripture is only one interpreter among many and one whose insights have not been tested by centuries of meditation, as those of the biblical authors have. We make proposals about the identity of Christianity in the course of interpreting the whole New Testament, but there will be many other proposals, and the conversation between the interpreters continues. In the course of such conversations which relate the texts to different perspectives and circumstances a sense of what is and what is not Christian may on occasion emerge. There may also emerge some sense of what are legitimate differences of opinion within the Christian community.
3. NTT has thus far been described as a hermeneutical discipline, interpreting the biblical texts from a standpoint which affirms and may well share the authors’ own religious intentions, saying what they mean and so expressing something of the Christian message. That standpoint implies a theological pre-understanding of the texts’ subject-matter which itself implies something about the interpreter who chooses to stand there and interpret the texts from this perspective. It does not imply that these theological —————— 18 The 1920s running debate between Barth and Bultmann about this remains instructive. It was not resolved because both were right about what they were defending, and both practised better than they here theorized on this issue.
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interpreters are necessarily members of a Christian church, though to say that the texts are about God, and to mean by that what the authors meant (rather than to say it as a shorthand referring only to the authors’ beliefs) may be thought self-involving in a way that historical research as such need not be. A good historian of religion may have such empathy for a source as to interpret it as the author would wish, and that regardless of the historian’s own commitments. It is possible to describe the biblical authors’ religious intentions accurately and sympathetically without sharing them, adopting the authors’ standpoint in order better to understand their religion, as though from within, even while personally rejecting it. This stance of observer-participation is common in social anthropology and articulated in theoretical terms by some phenomenologists of religion. It is not uncommon in the historical study of religion, including early Christianity, and suggests that whether a New Testament interpreter intends to write theology in the full confessional sense of speaking of God is often not clear from what is written. It is in any case not important because readers will themselves decide how to read the interpretation – whether as theology or as history of religion. Perhaps the interpreter intended only to describe the text accurately and sympathetically without personally identifying with its witness. Or perhaps the interpreter identified with it to a greater or lesser degree. Believers can write history of religion, bracketing off their faith-commitment for the purpose of sharing a discourse with nonbelievers, or they may make their personal appropriation of this history plain. Because the interpreter’s own existential commitment, arguably implicit in all authentic speech to, from, or about God, is in any case invisible, it would be presumptuous to deny the phrase to any writing where the interpreter succeeds in describing accurately (which requires empathy) the biblical authors’ own religious intentions. Even if the New Testament interpreter does not share the faith of the biblical author this conscientious description of the text will result in an articulation of the Christian message which a reader might recognize and share, whatever the interpreter’s own beliefs. Most historians of religion rightly prefer not to be called theologians, but there is no need for theologians to be too restrictive about what counts as NTT, provided that such history as is antipathetic to theology is excluded. Within the discipline called NTT the textbooks which review the whole canon are bound to express something of the Christian message. Their particular theological role (beyond their pedagogical purpose), we have suggested, is to be a step towards actualizing the protestant scriptural principle. This identifies authentic and inauthentic expressions of Christianity by reference to scripture as a whole, i.e. the whole New Testament, including all it requires of the Old to make Christian theological sense. NTTs make
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their particular contributions to this process by interpreting all these 27 texts, highlighting what the New Testament writers consider constitutive of their messianic Jewish faith or ‘Christianity’, doing so from a contemporary Christian standpoint (whether or not the interpreter is actually a believer), and so helping clarify what today is and what is not in tune with that biblical witness. Because even historically conscious interpreters disagree, no NTTs can on their own articulate the scriptural norm. They engage in conversation and argument in the course of which glimpses of what is and what is not authentic Christianity may be expected. For example, there is some dispute about what exactly Rom 1:27 means and how central it is to Paul’s understanding of the gospel. It may be as peripheral as 1 Cor 14:35, or given what else Paul says about sexual continence it may be central to his understanding of the gospel, whether or not it is equally central to ours. The conversation continues, and Christians have to decide which disagreements are kirchentrennend, and which are not. This process requires interpretations oriented to modern questions and problems,19 as well as attention to all the biblical authors’ own concerns. However, NTT has until recently been primarily a historical discipline, based on historical exegesis, seeking to understand the authors’ intentions, and using all historical background information relevant to clarifying their central message, regardless of present-day interests. Such disinterested research is a valuable and necessary control against modernizing distortions of the texts’ witness, but even historical research may be guided by modern interests, provided these are not allowed to do violence to the evidence. The danger of moving NTT into a literary paradigm is that most modern literary theory disregards authorial intention. The multivalency of scripture is indisputable and in the new (and not so new) pluralism of interpretations the Christian community has drawn fresh water from these wells. However, when the identity of Christianity is disputed and appeals made to scripture, multivalency is a hindrance; authorial or textual intention must then be made a criterion of valid interpretations.20 This function of NTTs in helping to identify ‘authentic’ Christianity (understood as true to the witness of scripture), accordingly ties them more strictly to history than the wider discipline of NTT itself needs to be. The communication of Christian faith today calls for creative new interpretations of scripture, and here multivalency helps, but that makes all the more necessary some check against arbitrary proposals which destroy continuity with the tradition. These are found in ‘normal’ NTT which uses historical methods to achieve historically plausible results even when focussed on —————— 19 20
A fine example is R.B. HAYS, The Moral Vision of the NT, San Francisco 1996. Rather as Aquinas insisted on the literal meaning in doctrinal use of scripture (summa theologiae I 1,9).
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only a part of the early Christian data. The NTTs which summarize one theologian’s theological understanding of all these scriptural witnesses are similarly constrained by authorial intention. NTTs offer competing historical descriptions of the essential content of Christian scripture. They argue among themselves but also agree enough to challenge modern theologies which bend ‘the waxen nose’ of scripture to correspond to their own interests. New Testament theologians are thus ‘defenders of the faith’ of the biblical authors even as they seek to communicate the church’s faith today. That it is possible to combine those two tasks when interpreting a particular text is affirmed by every preacher and New Testament theologian; whether it is possible to combine them in a single book which reviews the whole New Testament is the question of the possibility of a NTT today. If answered in the affirmative it should elicit many NTTs (whether published or not) because it identifies a prime responsibility of New Testament theologians. Preaching through the exposition of biblical texts is not quite the same as ‘doing’ New Testament theology, but presupposes it as advocacy presupposes prior reflection. ‘Application’ of a text need not and should not distort an author’s intention. Textbook NTTs are more likely to press the biblical material into a predetermined mould, failing to respect its character and variety. The reading practice of centuries created a presumption in favour of these authors’ unity of faith, but it is the diversities which have been emphasized by modern New Testament scholarship. These historical perceptions were developed in theological faculties and more or less integrated into modern theologies. Outside that context, and no longer supported by the prevailing institutional arrangements, New Testament theologians outside Germany have to be more explicit about what makes their work theological, and how this can best be integrated with their professional literary and historical concerns. Our argument has emphasized the hermeneutical aspect of NTT, and so of NTTs, against an over-emphasis on the element of historical reconstruction in most modern NTTs. That is not to undervalue any of the historical tasks embedded in the discipline. These will be prominent in any studies of ancient texts which are interested in the authors’ intentions as NTTs need to be, on account of their theological purpose. But the task of reconstructing a historical development can be subordinated to the aim of understanding texts, which is primarily a literary task. Theological interpretations of the New Testament usually combine historical and literary approaches in grasping the religious and theological character of a text, but as ‘interpretation of texts’ rather than reconstruction of religious history NTT is primarily a literary discipline with theological aims and using historical and exegetical methods.
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All NTT s have doctrinal, historical, and literary dimensions. The old ‘doctrinal loci’ type of NTTs emphasized the former and were powerfully criticized by Wrede in 1897 for failing to appreciate and so distorting the character of the biblical texts. But their strengths should not be underestimated. Apart from the analytic usefulness of systematic theological distinctions these works clarified the relationship of the New Testament to the subsequent doctrinal tradition and so fulfilled (however woodenly) the essential aim of all NTT which is to make plain what Christians insist is the religious subject-matter of scripture. It is this subject-matter or Sache which ‘histories of early Christian religion and theology’ are in danger of losing, especially when written outside the more or less religious contexts of properly theological faculties. Since the decay of idealist metaphysics of history that genre is no longer an automatic bearer of theological meanings. A century ago pious members of the history of religion(s) school such as Gunkel, Bousset, Wrede, and J. Weiss were in no danger of losing the theological dimensions of their work. They expected their historical work to clarify an ancient religion which they largely shared, even if it did provide modern protestants with a few shocks along the way (e.g. early Christian eschatology, enthusiasm, and the way the sacraments were understood). But their more secularized Anglo-Saxon admirers do not all dance to that religious music or occupy theological chairs. Modern historical research can therefore easily part company with theological interests, leaving NTT a special interest confined to religious ghettos. That option has been canvassed lately, and there is no need to deny that a more secular biblical scholarship has both cultural value and theological interest. However, the market for New Testament studies is still mostly a religious one, and that means that many will want to write and read NTT, perhaps even NTTs. For them, the most promising route back to New Testament theology today, following the take-over bid by the history of religion which rightly remains dominant in university research, was partially developed by Bultmann nearly a century ago: a stronger emphasis on the textual, literary, and hermeneutical aspects of NTT, stimulated by Barth’s Römerbrief and described in his own phrase theologische Exegese.21 In his classic synthesis he insisted on “the labour of historical investigation”, since “the New Testament is a document of history, specifically the history of religion”, but added that this “may be guided by either one of two interests, that of reconstruction or that of interpretation – that is, reconstruction of past his—————— 21 E.g. in the title of his famous 1925 essay, reprinted in: J. Moltmann (ed.), Anfänge der dialektischen Theologie. Teil 2: Rudolf Bultmann, Friedrich Gogarten, Eduard Thurneysen, TB 17, München 21967.
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tory or interpretation of the New Testament writings”22– though both always exist in a reciprocal relation. Despite Bultmann’s own preference for the latter, in which “the historical reconstruction stands in the service of the interpretation of the New Testament writings under the presupposition that they have something to say to the present”,23 the shape of his own textbook is more determined by “the history of early Christian religion and theology” than his theory requires or would have led one to expect. The history of traditions research which he had learned from Wrede, Wellhausen, Gunkel and J. Weiss permeates the work, and Wrede’s instructions to overspill the boundaries of the canon are duly followed. One can agree that the New Testament interpreter must study adjacent writings and even risk judgments about the prehistory of the New Testament texts, but (against Bultmann) neither of these preliminary studies will have an independent place in consistently literary and canonical NTTs. One reason for Bultmann’s compromise position, apart from the strength of the historical critical paradigm in New Testament studies at that time, was his own too narrow concept of theology. This was so tightly coordinated with an understanding of human existence, that only Paul and John could be acknowledged as presenting genuine theologies. Bultmann interprets these two authors theologically and sets his interpretations in a framework provided by his history of early Christian religion. The brilliance of this synthesis is not in doubt, but now its weaknesses are evident, especially its failure to do justice to the narrative elements in the New Testament and in Christian theology. Scepticism about the possibility of reconstructing the history of early Christian theology24 except fragmentarily, strengthens the case for a more consistently literary and canonical NTT.25 That this is really to carry further Bultmann’s own proposal is clearest from his insistence on the necessity of Sachkritik and his practice of this in ‘demythologizing’ the New Testament. His own accounts of Sachkritik are slightly ambiguous. He sometimes appeals to Luther’s canon criticism, where the theological interpreter’s own understanding of the gospel may challenge scripture, but elsewhere intends an appeal by immanent criticism to what the biblical author really meant, i.e. did not say adequately. The
—————— 22 R. B ULTMANN, Theology (see. n. 16). 23 Ibid. 24 E.g. E. K ÄSEMANN, The Problem of a NTT, NTS 25 F. H AHN, Theologie des Neuen Testaments,
19 (1973), 259–281. Tübingen 2002, is more closely aligned to the canon than most, despite offering a largely historical presentation.
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former is clearly beyond the bounds of historical interpretation,26 but permissible in a more literary frame of reference. This is not to side unequivocally with Bultmann against Barth in their argument about Sachkritik, neither is it to prefer Barth’s less historically critical exegesis. Bultmann’s procedure gives more power to the interpreter over the New Testament texts than is strictly compatible with a desire to be normed by them, and the same objection could be made against some recent literary styles of exegesis. Rather than follow Barth’s repudiation of Sachkritik, a literary and canonical New Testament theology serving the protestant scriptural principle can answer Barth’s legitimate concerns by insisting (as we have done and as Barth did) on authorial intention. That would have the effect of accepting Bultmann’s immanent criticism of what Paul said in the light of what he meant (which Bultmann rightly claims Barth also does), while questioning Luther’s (and Käsemann’s) canon criticism which appeals to his own sense of the gospel against the witness of whole texts. That is standard practice in liberal theology and can be defended in NTT but cannot shape the kind of NTTs advocated here. It is one thing to say that Paul sometimes fell short of his own best insights, but quite another to place four of the 27 writings ‘below the line’. Even Luther later changed his mind about that. Sachkritik is pressed to almost marcionite extremes by S. Schulz, Die Mitte der Schrift (1976) where the valid scriptural witness is reduced to the Pauline doctrine of justification. Against that the whole of scripture has to be heard echoed in NTTs, even though some witnesses such as Jude are quite peripheral. Interpreters need to report where they disagree with an author, not pretend the text means what they would prefer, but they can sometimes argue for the marginality of offending passages and still claim to be normed by the witness of scripture as a whole. These critical judgments about a text show the interpreter’s standpoint playing a material part in theological interpretation of the New Testament. This consists firstly in the agreement (real or assumed) between text (or author) and interpreter about the subject-matter of the text. Theologians interpreting the New Testament want to say more than historians of religion. They can and must agree that these texts belong to the history of religion, but they also see them mediating a transcendent truth or meaning, whether they locate that in the history behind the text (F.C. Baur) or in the hearer’s or reader’s response to the witness of the text, as in kerygmatic theologies. A willingness to speak of what Christians mean by God, and an understanding of this language, are required in NTT. —————— 26 N.A. D AHL protested about this in his classic review of Bultmann in ThR 22 (1954), 21–49, esp. 25. Eng. tr. The Crucified Messiah, Augsburg 1974, 90–128, esp. 94.
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Baur and Bultmann offered modern metaphysical or hermeneutical theories to clarify how they understood talk of God; others have been content to repeat the theological language of their tradition. This is not (necessarily) intellectual laziness. It may reflect a conviction that God is rightly spoken of in the context and course of religious life, not by theories abstracted from that. Religious people speak of God in liturgical and private prayer, usually echoing the language of their scripture and tradition. In a largely secularized culture there is an apologetic need to interpret or decode this strange speech, but no overriding need to do this in the context of one’s scriptural interpretation, or to make this the main aim of NTTs. Bultmann did that magnificently, but at the cost of narrowing the New Testament witness to his own profound but one-sided account of Godtalk. A NTT which does not take on this philosophical task of fundamental theology may be less likely to distort the witnesses it is describing. On the other hand, merely to reproduce the biblical language without interpreting it would fail to communicate (in a world quite distant from the biblical writers) what these witnesses intended. The solution found in most NTT is for interpreters to read their own understandings of Godtalk into the texts by adopting their standpoint and sharing their salient beliefs. Whether or how far the drastic changes in our world-views have made that impossible, as Bultmann contended, is disputed. Bultmann’s existential theological interpretation itself assumes a large measure of agreement between (some) biblical texts and his own modern understanding of God and the world, or human existence. Attention to dimensions of the text that he undervalued, especially their cosmological and narrative aspects, suggests further common ground. We do not share the biblical writers’ view of the world, but we may agree with them that talk of God involves talk of reality as a whole (inevitably seen from a human perspective), not merely of human existence. Nature is as important as history, and real historical events matter, not merely historicality or historicity. Some biblical authors understood the importance of narrative for interpreting human existence (and so for interpreting humanity coram Deo) better than some modern philosophers and theologians.
4. How, then, might Anglican NTTs differ in structure, if not intent, from the majority made in Germany and (mostly) written by Lutherans? The decision in favour of a literary and canonical frame of reference over the usual historical one is not particularly Anglican, even though some of the most characteristic Anglican theology may be found in its poets, and much of
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the best German theology in its historical research. This shift into a more literary cast is justified by the phrase NTT itself if both parts of it are taken seriously. NTT is almost by definition the interpretation of these 27 texts from a theological standpoint, rather than the reconstruction of early Christian history from a theological standpoint, though it requires the help of that too. The nineteenth-century German development gave prominence to the historical aspects of NTT. This was a natural accommodation to the prevailing intellectual climate and the unprecedented advances in biblical scholarship made by incorporating the new historical methods. By the time Wrede wrote these had made their decisive impact and achieved their most important results. Twentieth-century research was both interesting and important thanks largely to the discovery of new material illuminating early Judaism, but otherwise its significance for theology has been modest. Recognition of this has been a factor drawing recent biblical scholarship away from a one-sided concern with history. Our attempt to delineate a contemporary Anglican appropriation of the German discipline will go beyond this paradigm-shift, however, and insist on a denominational dimension in order to underline the confessional character of NTTs and the role of the interpreter’s standpoint. What strikes a British student as the most obviously German and Lutheran feature of most NTTs derives less from their confessional standpoint than from their historical character. The closer NTTs come to a history of early Christian thought the more prominent Paul is bound to be, because he is the earliest, best-known, most distinctive, and most profound of all the New Testament writers. It is perhaps merely a happy conjuncture that he also occupies a more central place in the Lutheran tradition than in Roman Catholic, Anglican, or Eastern Orthodox theology and worship. That coincidence of historical and theological interests might be a further reason why it is Lutherans who pioneered and developed the genre, but since they have not shown much missionary zeal in forcing it on other traditions one need not regard it with suspicion as a bid for theological hegemony. In fact the emphasis has always (since Gabler) been on the historical character of the discipline in contrast to the dogmatic and therefore confessional aspect.27 To value Paul highly among the New Testament witnesses is not particularly Lutheran, as the examples of Clement and Origen make plain, not to mention Augustine. More depends on how Paul is understood, and recent historical study of Judaism has perhaps damaged typical Lutheran accounts of Paul, and so too Lutheran NTTs. Orienting NTTs to the literary —————— 27 This will make my title puzzling to some readers. Alan Richardson was much mocked for suggesting that NTTs could be orthodox or heretical, the reigning view then being that they are purely historical constructions, not theological interpretations.
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texts rather than to the history behind them will involve interpreting each of Paul’s epistles separately, even though in the interpretation of each one of Paul’s letters historical information about Paul himself and his theological convictions drawn mainly from the other letters will play a more prominent role than anywhere else in NTTs. That is because Paul’s theology, reflected and expressed in his letters, is intimately bound up with his work as a missionary, and because we know far more about Paul than any other figure in the early history of Christianity. But when the seven certainly authentic epistles are treated separately, rather than (say) Romans being made a ‘template’ for Pauline theology28 (and then a template for dogmatics, as in Melanchthon’s Loci Communes of 1521), ‘justification’ looks like scriptural language marshalled in a particular argument, rather than the heart and centre of Pauline (and therefore all Christian) theology. It may still be thought to express most clearly what was personally most important for a Paul whose religious biography (conversion from pharisaic to a messianic Judaism which did not require Gentile converts to be circumcised) corresponded to the issue between Paul and the Judaizers, but its attraction for Luther (and Augustine) lay elsewhere. Apart from interpreting Luther’s own experience (very different as that was from Paul’s, and therefore unsurprisingly involving some questionable exegesis), Paul’s polemical contextual theology provided Luther (and Augustine) with a powerful weapon against new and different opponents. That remains part of the abiding significance of Paul’s writings which no critical Christian theology can afford to lose, but in NTTs which insist on authorial intention its position is relativized by being contextualized. Or again, in the twentieth century it was Paul’s anthropology which proved most helpful to modern theology, and that aspect of his Wirkungsgeschichte also remains invaluable. But anyone describing Paul’s theology historically, on the basis of historical exegesis, is likely today to place the accents rather differently. Faith in Christ is still the identity-marker of the Christian, but what Paul as a Jew believed about God, and how this was qualified by his experience of Christ and the Spirit, the life and worship of the community, and its eschatological hope, will all receive more emphasis than in presentations oriented one-sidedly to his anthropology, especially where this is interpreted in terms of the solitary individual. How Paul understood the gospel in its saving significance is on any account central; how he understood the dialectic between law and gospel may not be. On the other hand a literary and theological interpretation of the epistle to the Romans leaves more room for Bultmann’s interpretation than historical description of Paul’s theology does. That literary kind of NTT enables —————— 28 J.D.G. D UNN, The Theology of Paul the Apostle, London 1998, but the point holds for Bultmann, Bornkamm, Käsemann etc.
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scripture to function as a source of subsequent faith and theology. But it probably goes beyond authorial intention to an extent which casts doubt on its validity in NTTs aiming to serve the normative role of scripture. The interpretation of Paul’s epistles will surely remain the engine-room of western NTTs, but the structure of the whole work when no longer constrained by chronology to the extent that historical presentations are, may more appropriately follow the shape of the canon, and begin with the witness of the four gospels. The reason why Anglican NTTs might prefer the canonical shape to the historical in this major structural decision is to affirm (what none will deny) the priority of ‘the Lord’ over ‘the Apostle’, as Paul himself would wish. Some older NTTs preserved this priority by a volume or section on the proclamation of Jesus (Holtzmann, Kümmel, Goppelt, Lohse, Stuhlmacher, Hahn, Jeremias), or “the history of the Christ” (Schlatter), but there are strong reasons for keeping those historical reconstructions outside literary NTTs on account of their being quests for the historical Jesus behind the texts, not interpretations of the witnesses themselves. The priority of the Lord is better expressed in NTTs by making the four gospels (with some discussion of Acts following Luke) Part I of NTTs, and the authentic Pauline epistles Part II, and the rest of the New Testament writings (including more discussion of Acts) Part III. The order in which the four gospels are taken is a secondary issue, though the case for beginning with the earliest is strong if one believes Mark was used as their main source by Matthew and Luke. A roughly chronological order within each of our three sections in a NTT will provide some illumination, though we do not know the dates and relative order of Matthew, Luke, and John in Part I, or even of all the Pauline epistles, much less the rest of the New Testament. Breaking with chronology, to place the gospels before Paul is the major structural decision and the cost in historical perspective will have to be remedied by the discussion of Mark containing a preliminary discussion of some pre-Pauline and Pauline passages and ideas (the cross, gospel, 1 Cor 15:3–5, 1 Cor 11:23–6). How far the narrative of Jesus’ life and death underlies Paul’s theology,29 as it does every orthodox Christian theology, is debated, but the probabilities here confirm the decision to give the four gospel narratives the priority they have in the New Testament itself. The importance of John in NTTs has sometimes been expressed by placing it last as the climax (F.C. Baur), sometimes by making it central alongside Paul (Bultmann). Liberal theologies which are more interested in reconstructing a ‘historical Jesus’ (so-called) than in interpreting scripture —————— 29 As convincingly argued by R.B. H AYS, The Faith of Jesus Christ, Chico 1983. See the discussion in B.W. Longenecker (ed.), Narrative Dynamics in Paul, Louisville/London, 2002.
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theologically have by contrast usually marginalized John’s gospel. An Anglican theology (and so NTTs) will want to counter this marginalization (extending from Strauss in 1864 to Wilckens and Dunn in 2003), and also resist too sharp a contrast between ‘John and the Synoptics’. That contrast is appropriate in historical Jesus research, but problematic in NTTs because it goes against the grain of the New Testament itself. Placing the four gospels together as Part I of NTTs not only makes a strong statement about the priority of ‘the Lord’, it also insists that ‘the Lord’ of Christian faith is not to be equated with modern historians’ ‘historical Jesus’. Theologically and apologetically important as historical Jesus research is in another context, its highly speculative and wildly varying results form no part of (literary and canonical) NTTs. The historical study of Jesus is, at its best, a valuable contribution of New Testament scholarship to Christian reflection. It cannot be ignored in the interpretation of each gospel and is likely to affect the theologian’s reflection on these four narrative presentations of Jesus. Historical Jesus research is thus embedded in critical NTTs, but without providing a separate section prior to or in addition to the interpretation of each gospel in turn. This structural decision is not based on any theological prejudice against historical Jesus research, though some of its disputed ‘results’ are anti-theological. It is based on the definition of NTT as a literary and canonical discipline. The canon is a ‘given’ for traditional Christianity, and inscribed in the name of the discipline, it accounts for the existence of NTT. Historical research shows the canon to be contingent and has persuaded a few modern theologians who accept only historical norms to reject it (e.g. E.S. Fiorenza) and construct alternative, unauthorized versions of ‘Christianity’. Some of these have little in common with the faith of the New Testament writers or their successors beyond the name of Jesus and some of his teaching. These theologies have no interest in NTT and pose a choice between them and versions of Christianity which claim to be in tune with the New Testament writers and so need NTT and perhaps even NTTs. This alternative is not a choice between viewing the canon as a human construction or as a divine gift. It is now possible to accept it as the human construction it is (however inspired) and yet also agree to accept it as definitive of Christianity. That makes NTT, i.e. theological interpretation of these texts, a fundamental requirement of Christianity today. It is also possible to reject the canon and also, as critical historians, to interpret these sources against the grain of their authors’ intentions. That can lead to some good history and even to some heterodox NTT, but not to the kind of orthodox NTTs advocated here, which are based on accepting the canon and its intentionality as givens.
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Insisting on the importance of John’s witness is no more a denominational preference than the decision not to include a section on the historical Jesus. The centrality of Johannine theology in NTTs is demanded by the power and profundity of the witness itself. This could be highlighted by placing it next to Mark, and before Matthew and Luke. That would also highlight the theological similarities between Mark and John.30 One technique which is prominent in some NTTs (Schlatter’s especially) and helpful in clarifying the witnesses’ common subject-matter is what C.K. Barrett has called “theological comparisons”.31 These are facilitated by the arrangement of NTTs. A further theological merit in considering John immediately after Mark is that it helps reduce the contrast between ‘John and the Synoptics’ which can too easily reinforce the christologically destructive dichotomy between ‘the Jesus of history’ and ‘the Christ of faith’. That distinction is necessary in historical Jesus research and so has a place in christological reflection, but theological interpretation of each gospel will aim to make it less visible, as in the texts themselves. Placing Luke last of the four gospels is a natural choice for those who think he was the last of the four evangelists to write,32 but can be defended without reference to that critical judgment. It has the structural advantage of placing Luke and Acts together, whether or not like many today we speak with H.J. Cadbury of “Luke-Acts”.33 The best sequence to follow in Part II is arguable, but following one possible chronological order has the advantage of ending with Romans as a climax rather than making everything else an anti-climax, or reading the other epistles through Romans-tinted spectacles. The canonical order has already been abandoned here on account of critical judgments about the inauthenticity of six ‘Pauline’ letters, relegated to Part III. In Part III decisions about the sequence can again be made according to the individual theologian’s literary and historical-critical judgments. Various arrangements are possible and the theological and canonical flavour of the whole can be strengthened by ending with the Apocalypse and its eschatological emphasis, regardless of its date. Interpreters’ theological interests become more visible in the evaluations of each New Testament text, and here one may propose a special Anglican interest in Luke, not least as a corrective to some recent Lutheran —————— 30 Noted already by W. WREDE, Das Messiasgeheimnis in den Evangelien (1901), Göttingen 31963, 179–206, Eng. tr. Cambridge 1971, 180–207. 31 C.K. B ARRET, Jesus (see. n. 13), 252.262. 32 E.g. B.S. SHELLARD, New Light on Luke, Sheffield 2000. 33 There is plainly a unified theological conception in Luke and Acts, and it is likely that they were conceived together, even if Acts is seen (on generic grounds) as a sequel rather than as a part of a single work. Acts is apologetic historiography, Luke’s gospel more like ancient biography.
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denigration of this most extensive New Testament witness,34 but mainly to reflect the characteristically Anglican apologetic appeal to history. This can illustrate the bearing that the interpreter’s standpoint may have on any attempt to speak of God by considering the correspondences between Anglicanism and Lucan theology. It is not intended to imply that Part III of our NTTs is equally important (much less more congenial) than Parts I and II, which (as our lectionaries confirm) have always been thought more central. The early catholicism of Irenaeus which emerged from the struggle with heresy has much in common with the Anglicanism which in the struggle with puritanism appealed to the Fathers as well as to scripture. The importance of history and tradition for our Christian identity, the high value placed on what was thought to be (more or less) ‘apostolic’ (scriptures, tradition, the church and its ministry, creed, canon, constitutions), or ‘dominical’ (the moral teaching of Jesus, and the gospel sacraments), the absence or repudiation of later (Roman) catholic excrescences (dogmas about Mary, priesthood understood largely in Old Testament terms, Petrine claims etc.) are all characteristic of Irenaeus and Anglicanism. They have their clearest New Testament grounding in Luke (especially Acts) and in the authors most like him. Whether he was himself responsible for any of the other texts in Part III is again a matter of individual critical judgment. If Paul is (in a good sense) “the second founder of Christianity”,35 Luke is the third, the defining presence behind the New Testament canon36 whether or not (as some37 have speculated) he first collected some of Paul’s epistles. Some traditional Anglican concerns are neither strongly documented in the New Testament nor centrally important for contemporary Anglicans. The residual institutional relationship to the state is now a Church of England idiosyncrasy of little interest to most Anglicans. Rom 13:1–7 has —————— 34 Notably E. Käsemann whose stimulus, inspiration, and provocation loom largest in this entire project. 35 W. WREDE, Paulus, Darmstadt 1964 (=1904), 96, Eng. tr. London 1907, 179. Wrede is ambivalent about this. In the contemporary struggle between traditional Christianity and liberal protestantism “gehört Paulus durchaus der kirchlichen Orthodoxie [an]” (97). Even though orthodoxy now asserts the necessity of historical Jesus research, it is defined by a NTT which centres on the gospel accounts of Jesus, rather than by the ‘historical Jesus’ (so-called) which some want as an alternative narrative basis for Christianity. 36 On the pivotal importance of Acts for Irenaeus and the New Testament canon, see H. VON CAMPENHAUSEN, Die Entstehung der christlichen Bibel, Tübingen 1968, Eng. tr. The Formation of the Christian Bible, London 1972. C.K. Barrett has seen Luke and Acts as a first ‘New Testament’. 37 E.g. C.F.D. M OULE , Essays in NT Interpretation, Cambridge 1982, 132.
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probably caused more problems for German Lutherans than for Anglicans, though 1 Pet 2:13–17 and even Luke make one glad to have the Apocalypse’s more critical attitude to the state included in the New Testament. Passages which cause embarrassment require special attention in NTTs. Episcopacy has been a shibboleth for Anglicans, but none would see that a reason for giving prominence to the Pastoral Epistles in their NTTs, and Augustine’s view of apostolic succession seems less credible today than a couple of generations ago. Irenaeus’ view of it was preferred by the 1938 report on Doctrine in the Church of England and is closer to the New Testament. The traditional Anglican concern for orthodoxy has a few points of contact with the latest New Testament writers but the passion with which error is criticized in the New Testament is quite unlike Anglican latitudinarianism. A more passionate Pauline concern for the truth of the gospel is something which Anglican NTTs could foster. As it is today hard to identify any distinctive Anglican emphases (as opposed to matters shared with Roman Catholicism against classical Protestantism, and other emphases shared with liberal protestantism against older orthodoxies) Anglican NTTs might instead identify aspects of Christianity which have (for whatever reason) been insufficiently prominent in other NTTs. Whereas charismatic activity is more likely to be highlighted in pentecostalist NTTs than in Anglican ones, one might expect the doxological element in all Christian talk of God to be given due prominence in Anglican presentations. Liturgical fragments have long been identified in the New Testament, but what they might yield for the theology of prayer and the character of Godtalk has been insufficiently explored. Similarly the moral teaching of Jesus, as presented in the synoptic gospels and (to some extent) interpreted by the evangelists, has often been more profoundly reflected on in historical Jesus research than in NTTs. It plainly belongs here too, and that will be of special interest for Anglican Christians whose identity owes more to the sermon on the mount than to any epistle. Denominational emphases in a literary NTT will also perhaps be visible in the relative weight accorded to the different writings in Part III, and to particular purple passages throughout the whole New Testament. Thus the emphasis on the doxological will heighten the interest in Ephesians, Colossians, aspects of Hebrews, and parts of the Apocalypse (to mention two writings that Luther marginalized). James will be more attractive to moralistic Anglicans than to Lutherans who have a problem with ‘works’. Theological criticism is as urgent a necessity for Anglicans as for other humane western Christians when considering Matt 27:25; John 8:44; 1 Tim 2:11– 15, or 1 Cor 11:2–16. However, Sachkritik will remain a fringe activity for NTTs which expect the New Testament witness as a whole to clarify Christian identity. Our proposals depend on a higher degree of harmony
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among the New Testament witnesses than conflict-theories of history have been inclined to admit. Theological evaluations will make some writings central, others peripheral, and a few passages so problematical that challenging them will itself clarify the gospel. The primary importance of the four gospels and the incomparable theological weight of Paul’s authentic letters inevitably make Part III of a NTT something of an anti-climax. But Anglicans will resist the old protestant decadence theory which some have now read back into the New Testament itself. ‘Early catholic’ is for us not a term of abuse. The advance to secondcentury catholicism was more of a blessing than a curse. It is a pity that some of the best theological minds of the early second century proved heretical, but the pointers in the later New Testament writings to a subsequently defined orthodoxy allow us to evaluate these fairly positively without pretending that they compare with Paul or John. So how to end? Not by drawing the threads together and declaring a thin unity behind all the diversity that will have emerged in the interpretation of all 27 writings. That can be identified at the outset and given no more than heuristic status, or presented as a hypothesis which the subsequent interpretation will confirm or falsify. The unity of faith which Anglican NTTs are likely to find points to a generous orthodoxy embracing real theological diversity. It therefore seems better to stop abruptly with the last New Testament writing and leave any loose ends flowing into the second-century church and beyond. The Apocalypse ends in hope for the healing of the nations and with a warning worth extending to the whole New Testament: neither to add to nor to subtract from the writings read as source and norm of Christian faith. The 27 writings now included in the New Testament can maintain their individual integrity. The canon is a collection, not a system, and NTTs offer a set of interpretations, not a biblical dogmatics. Like the New Testament itself they can be read straight through but may also be read selectively and in any order, corresponding to which part of the New Testament itself a reader is currently studying. That is because their primary purpose, before even contributing to the use of scripture as a norm, is to guide Christian reading of the New Testament itself by insisting on its theological subject-matter. If an Epilogue will reinforce that point, let there be an epilogue.38
—————— 38
This paper grew out of a presentation in Bonn, July 2004. My thanks are due to Professors Wolter and Hoppe for both the invitation and the constructive responses of their group, and to Professors C.F.D. Moule and M.F. Wiles for discussing the paper with me.
II Das Für und Wider einer ‚Theologie des Neuen Testaments‘
Theologiegeschichte des Urchristentums – Theologie des Neuen Testaments – Frühchristliche Religionsgeschichte1 von
JÜRGEN BECKER In seiner Theologie des Neuen Testaments2 formuliert F. Hahn sein Vorhaben, indem er sich in das Spannungsfeld von urchristlicher Theologiegeschichte, neutestamentlicher Theologie und frühchristlicher Religionsgeschichte einordnet (I 16–18.26–28). Die letzte Möglichkeit duldet er als Ergänzung, lehnt sie jedoch als Alternative ab (I 18). Die religionsgeschichtlichen Fragen spielen in F. Hahns Durchführung seines Programms dann überhaupt eine randständige und untergeordnete Rolle. Die beiden ersten Möglichkeiten, also die Erstellung einer urchristlichen Theologiegeschichte und das Konzept einer Theologie des Neuen Testaments, kombiniert er, indem er zunächst in Band I seiner Theologie die theologiegeschichtliche Vielfalt beschreibt. Dabei entscheidet er sich vornehmlich (Ausnahmen sind die Verkündigung Jesu und die Skizze der ältesten Gemeinden, vgl. I 30–178) für eine inhaltlich-theologische Einzeldarstellung der urchristlichen Literatur, diese geordnet nach Autoren und sachlicher Nähe zueinander (so ist die Paulusschule Paulus zugeordnet, vgl. I 332– 384) und in mutmaßlicher Reihenfolge ihrer zeitlichen Entstehung. Man kann m. E. die dabei herauskommenden Abschnitte zu den einzelnen Schriften gut als Ergebnissicherung am Schluss einer exegetischen Vorlesung über die jeweilige Schrift lesen. Dann wird in Band II themen- und begriffsorientiert die theologische Einheit in dieser Vielfalt herausgearbeitet. Das Darstellungskonzept verlässt nun die Blickrichtung auf die einzel—————— 1 Die folgenden Ausführungen suchen das Gespräch mit F. H AHN, Theologie des Neuen Testaments I und II, Tübingen 2002, und zwar zu ausgewählten Grundentscheiden im Programm und in der Anlage seines Werkes, wie sie jeweils im § 1 in den Bänden I und II erörtert werden. Meine Ausführungen sind eine erweiterte Fassung meines Kurzreferates auf der Tagung der Projektgruppe „Gesamtdarstellungen des Neuen Testaments und des Urchristentums“, die am 3./4. Juni 2004 in Berlin stattfand. 2 Ich werde auf das Werk verweisen, indem ich Band (I oder II) und Seitenzahl oben im fortlaufenden Text in Klammern angebe.
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nen literarischen Zeugnisse und nimmt sich in der Grobstruktur den Aufbau der ökumenischen Glaubensbekenntnisse und den traditionellen Aufriss einer Dogmatik zum Vorbild. Dabei stellt sich mir die alte „Lehrbegriffsmethode“ wohl nicht von ungefähr als naher Verwandter ein. Angesichts der zunächst dargestellten theologiegeschichtlichen Vielfalt ist F. Hahn in Band II die ausführliche Behandlung der Einheitsfrage ein spezielles Anliegen, weil er hier besondere Defizite in der bisherigen Forschungsgeschichte wahrnimmt (I 22–28; II 5–22; 799–806).3 Beim Stichwort Religionsgeschichte denkt F. Hahn vornehmlich, sich abgrenzend, an das Programm von H. Räisänen als seinem Gegenüber.4 Dieser plädiert für eine Religionsgeschichte des frühen Christentums anstelle einer Theologie des Neuen Testaments. Sie soll distanziert, wertneutral und empirisch ausgerichtet sein, also Phänomene von außen beschreiben, jedoch die Frage nach der Transzendenz und Offenbarung aussparen, weil sie nur aus einer Innenperspektive sinnvoller Weise erörtert werden könne. Der anderen aktuellen Arbeit zu dieser Frage von G. Theißen,5 der seinerseits die Außenperspektive als ein Pendant zur theologischen Innenansicht entfaltet, kann er eher etwas abgewinnen, obwohl sie für ihn allenfalls indirekt etwas für sein eigenes Vorhaben austrägt, da er Christentum als Religion nicht eigens thematisiert. Ich selbst orientiere mich bei diesem Problemfeld an drei mir wichtigen Einsichten: Alle Religionen sind, wollen sie lebendig bleiben und ihre Zeit mitgestalten, erstens darauf angewiesen, durch Überzeugung und innere Zustimmung geleitete Darstellungen ihres geschichtlichen und gegenwärtigen Zustandes zu produzieren. Nur so bleiben Fragen und Antworten zum Pro—————— 3 F. Hahn hat sich selbst in die Forschungsgeschichte eingeordnet (I 1–18; II 5–22; vgl. auch die Literaturauswahl in I 772–775; II 808–811). Nach der Veröffentlichung erschien: R. VON BENDEMANN, „Theologie des Neuen Testaments“ oder „Religionsgeschichte des Frühchristentums“?, VF 48 (2003), 3–28. Überblicke zur Diskussion findet man z. B. auch bei: O. MERK, Biblische Theologie II, TRE 6 (1980), 455–477; K. BERGER , Neutestamentliche Theologien, ThR 53 (1988), 354–370; Chr. Dohmen / Th. Söding (Hgg.), Eine Bibel – zwei Testamente, UTB 1893, Paderborn 1995; P. B ALLA, Challenges to New Testament Theology, WUNT 2/95, Tübingen 1997. D.O. VIA, What Is New Testament Theology?, Minneapolis 2002. 4 H. RÄISÄNEN, Neutestamentliche Theologie? Eine religionsgeschichtliche Alternative, SBS 186, Stuttgart 2000. Dazu auch F. H AHN, Eine religionswissenschaftliche Alternative zur neutestamentlichen Theologie? in: G. Gebauer / M. Meiser (Hgg.), Die bleibende Gegenwart des Evangeliums (FS O. Merk), MThSt 76, Marburg 2003, 243–254. Diesen Aufsatz konnte F. Hahn offensichtlich in I 772 nicht mehr vermerken. 5 G. T HEIßEN, A Theory of Primitive Christian Religion, London 1999; deutsch: Die Religion der ersten Christen, Gütersloh 2000. Zu H. R ÄISÄNEN, Theologie (s. Anm. 4), und G. THEIßEN vgl. auch A. LINDEMANN, Zur „Religion des Urchristentums“ (G. Theißen / H. Räisänen), ThR 67 (2002), 238–261.
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fil und zur Aktualität der einzelnen Glaubensüberzeugungen einer Religion auf der Tagesordnung. Dies gilt im besonderen Maße für das Christentum, das in einer zugespitzten Weise auf die innere Überzeugungskraft seines Glaubens setzt. Die (freilich positionell besetzte) Frage, was soll z. B. heute als Wahrheit des Christentums vertreten werden, kann nur suspendiert werden, wenn man es aufgegeben hat, für die letzten Fragen des menschlichen Lebens eine Antwort zu suchen. Und selbst solche positivistische oder skeptische Abstinenz ist eine Haltung, die ihre Überzeugungskraft durch die ihr inhärenten Begründungszusammenhänge offen legen muss. Von selbst versteht auch sie sich nicht, selbst wenn das heute in unserer Kultur oft so angenommen wird. Das Christentum ist zweitens (wie alle Religionen) auch zutiefst ein Phänomen der religiösen Welt im Kontext der Vielfalt der Religionen. Diese Verflochtenheit speziell mit der Antike aufzudecken, verstehen zu lernen und zu bewerten, ist eine wichtige, ja unabdingbare Aufgabe für alle, die sich mit dem Urchristentum befassen. Man mag sie arbeitsteilig einmal an den Rand stellen. Doch gibt es kein Verstehen des Urchristentums, ohne nachzuvollziehen, wie es als geschichtlich gewordenes, religiöses Phänomen existierte und sich sein eigenes Profil im Kontext der antiken Religionswelt erarbeitete, dessen Wirkung und Rezeption bis heute aktuell ist, allerdings auch Aspekte der Fremdheit und Distanz zum heutigen Christentumsverständnis aufweist. Wer diese Frage auch in einer Gesamtdarstellung des Urchristentums traktiert, sie zumindest an wichtigen Stellen exemplarisch behandelt, öffnet seine Darstellung für Gegenwartsfragen, speziell beispielsweise für die Pluralismusdebatte und das interreligiöse Gespräch. In solchen Horizonten auch das Konzept einer neutestamentlichen Theologie oder Theologiegeschichte des Urchristentums zu entwerfen, halte ich in der Gegenwart für dringend erforderlich. F. Hahn geht in diesem Fall einen vergleichsweise traditionellen Weg. Sein Doppelwerk ist für christliche Insider mit fachlicher Vorbildung geschrieben und trägt dabei zusätzlich und versteckt eine biographische Note, nämlich seine langjährige aktive Teilnahme am Dialog mit Rom. Zum Christentum gehört drittens die Erfahrung, dass, wo der Vater Jesu Christi sich zu erkennen gibt, sich fundamentale Entscheide für ein Wirklichkeitsverständnis einstellen, also sich Basisüberzeugungen ergeben, die nur in dieser Gotteserfahrung fundiert sind. Dieses formal gleiche Phänomen kann anderen Religionen nicht vorab abgesprochen werden, es sei denn man hebe das Christentum in eine Sonderstellung über alle übrigen Religionen. Das führt zu einer weiteren Feststellung: Es gibt keinen neutralen Zugang zu den Religionen und keinen Extrakt des Religiösen (als „Vernunftreligion“ oder als „Überreligion“ in Gestalt einer Zusammenfassung aller positiven Religionen in ihrem wesentlichen Kern). Nur in Ge-
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stalt geschichtlicher Religionen gibt es Religion mit je spezifischen Profilen in ihren entscheidenden Ansätzen.6 Darum lässt sich Christentum auch nicht aus „höherer“ Warte von Außen durchschauen und das Ergebnis alternativ zu einer Innensicht des Christentums stellen. Allerdings kann man sich selbst in zumindest eingeschränkter Weise in Abstand zu seinem Christentumsverständnis stellen und etwa geschichtlich fragen: Wie haben Juden und Griechen damals im 1./2. Jahrhundert die Entstehung des Christentums wahrgenommen? Von welchem Religionsverständnis her urteilten sie? Wie beschrieben sie ihre Erfahrung von Religion? Wie hat das Christentum sich selbst den Religionen zugeordnet? Was hat es im Kontext der Antike als seine religiöse Besonderheit angesehen? Man kann sich auch auf ein interreligiöses Gegenwartsgespräch so vorbereiten, indem man fragt: Wie nehmen z. B. Muslime von ihrem Religionsverständnis her das Christentum, wie es sich auf das Urchristentum bezieht, wahr? Man kann endlich auch im Sinne ergänzender Sichtweise, wie es G. Theißen vorschlägt, eine Außensicht allgemeiner Art zum Urchristentum einnehmen und, wie er es tut, Grundstrukturen von Religion wie Mythos, Ethos und Ritus als „Brille“ der Wahrnehmung benutzen. Doch taucht hier sofort die Nachfrage auf, welchem Religionsverständnis verdanken sich diese Stichworte? Sind sie so zurückhaltend als dienendes Raster benutzt, dass das Urchristentum die Chance behält, bei der Definition dieser Stichworte mitreden zu können und nicht nur Beispiel und Objekt wird, wie seine Lebensäußerungen unter die Stichworte aufgeteilt werden? Diese drei Einsichten führen mich zu dem Entscheid, bei Grundfragen des urchristlichen Wirklichkeitsverständnisses auch in einer neutestamentlichen Gesamtdarstellung möglichst oft die religionsgeschichtliche und religionsphänomenologische Dimension explizit zu machen. Dafür einige Beispiele: Bei der Beschreibung des spezifischen christlichen Glaubensverständnisses hat m. E. E. Brandenburger7 den Frageansatz und die Horizonte des Vergleichs mit anderen antiken Auffassungen illustrativ vorgeführt. Seine Ausführungen helfen, das Besondere des christlichen Glaubens im Konzert anderer Auffassungen zu formulieren. Auch das Gottesverständnis des frühen Christentums lässt sich angesichts der frühjüdischen und hellenistischen Linien zu diesem Thema in seinem besonderen Profil zeigen. Oder: Bekanntlich haben fast alle christologischen Konzepte einen frühjüdischen Hintergrund. Doch dasjenige, dem, durch Ignatius eingeleitet, als Leitkonzept die Zukunft gehörte, die Inkarnationschristologie, entstammt hellenistischer Denkweise. Ich würde das gerne als gelungenes Beispiel einer neuen Inkulturation vorführen und der Frage nachgehen: —————— 6 Ich verweise jetzt nur zu dieser Diskussion in der neueren Theologie auf R. P REUL, So wahr mir Gott helfe. Religion in der modernen Gesellschaft, Darmstadt 2003. 7 E. B RANDENBURGER, Pistis und Soteria, ZThK 85 (1988), 165–198.
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Was bedeutet es für das Christentumsverständnis, wenn solche Transformationen zu seiner Geschichte gehören? So viel zum Stichwort Religionsgeschichte! Das Programm einer Theologiegeschichte des Urchristentums (oder wie andere es lieber wollen: des frühen Christentums) ist so anerkannt, dass man heute weniger das Ob als das Wie erörtert. Dabei spielen Fragen eine Rolle wie diese: Welches Geschichtsverständnis und welches Gesamtverständnis dieser Epoche liegt den Ausführungen zugrunde? Welche Werturteile prägen den Gesamtentwurf (Beispiele in Gestalt von Stichworten: Reapokalyptisierung, Frühkatholizismus)? Gibt es für die Autoren Zäsuren, die den Zeitabschnitt strukturieren, oder dominiert ein organologisches Denken? Ist von einem distinkten Anfang auszugehen oder setzt das Urchristentum mit einer Pluralität ein und vereinheitlicht sich dann langsam? Wie wird Ostern in die Dialektik von Kontinuität und Neuanfang eingezeichnet? Wieweit sind geographische Zentren der Entwicklung beschreibbar? Wieweit gelingt es, Traditionen und Überzeugungsmuster aus der literarischen Hinterlassenschaft des Urchristentums zu destillieren und mit ihrer Hilfe allgemeine Glaubensüberzeugungen zu skizzieren? Oder soll man sich besser nur auf eine inhaltliche Beschreibung der urchristlichen Literatur konzentrieren (so F. Hahn)? Soll man im Respekt vor der Geschichte nur „beschreiben“ oder auch hinter die geschichtlichen Optionen zurückgehen, indem man fragt: Welche Probleme sollten gelöst werden, ist dies gut gelungen? Wo liegen Begrenztheiten der damaligen Glaubensüberzeugungen? Solche Fragen können hier natürlich nicht ausdiskutiert werden. Die beispielhafte Aufzählung soll außerdem auch ausdrücklich offen für Ergänzungen sein. Doch will ich andeuten, welchen Weg ich selbst hier gehe.8 1. Für mich besitzt das Urchristentum zwei Zäsuren, die Ostererfahrung und dann den Tod der Protagonisten der ersten Generation. Die damit erkennbaren Phasen (Jesuszeit, Apostelzeit, 2./3. Generation) sind je durch spezifische Konturen, Problemstellungen, Lösungsansätze und Bezugnahmen auf die Zeit davor gekennzeichnet. Neben der Geschichte einzelner Christen (z. B. Petrus, Paulus) und der individuellen Geschichte jeder Gemeinde (beste Beispiele: Antiochia und Korinth) gibt es also für mich überindividuelle Lebenszusammenhänge, durch die jede Phase des Urchristentums geprägt ist (Beispiele: Literarisierung der Jesustradition, Parusieverzögerungsproblem). Angesichts dieser dreifachen Strukturierung legt sich mir eine geschichtliche Darstellung in drei Phasen nahe. So kann für —————— 8 Vgl. J. BECKER, Das Urchristentum als gegliederte Epoche, SBS 155, Stuttgart 1993; DERS., Vielfalt und Einheit des Urchristentums, in: W. Härle / M. Heesch / R. Preul (Hgg.), Befreiende Wahrheit (FS E. Herms), MThSt 60, Marburg 57–76.
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jede Phase das Spezifische herausgestellt werden. Theologie wird als theologia viatorum begriffen. 2. Das Urchristentum differenziert sich durch dynamische Ausbreitung. Dieser Prozess bedingt, dass eine gewollte konturierte Vielfalt entsteht. In Folge solcher Entwicklung bilden sich die regionalen Zentren wie Jerusalem, Antiochia, Korinth, Ephesus, Rom. Man wird sich hüten, für alle bekannten christlichen Gemeinden und Regionen bis 120 n. Chr. je eine eigene Geschichte aufzuzeigen, und auch davon Abstand nehmen, jedes literarische oder traditionsgeschichtliche Zeugnis geographisch zu verorten, endlich ebenso wenig das Ziel verfolgen, noch nicht einmal für Orte wie Antiochia und Korinth eine kontinuierliche Geschichte zu schreiben. Doch angesichts der Quellenlage im Bereich der christlichen Literatur und der Ergebnisse der Regionalforschung verschenkte man ein gutes Stück Lebenswirklichkeit des Urchristentums, wenn man nicht mit kalkulierter Hypothetik dort Regionales thematisiert, wo es möglich ist. Der Gewinn ist, Lebenswirklichkeit (nicht des Urchristentums, aber) im Urchristentum aufzudecken und nicht nur von der Geschichte abgehobene Glaubensüberzeugungen zu besprechen. 3. Das Urchristentum besaß eine Verfasstheit, die die Eigenverantwortung der Gemeinden am Ort und damit von selbst Entstehung von Vielfalt förderte. Regionale und überregionale Beziehungen wurden ohne Synoden oder überörtliche Ämter gepflegt. Aufgrund solcher nicht gelenkten Kommunikationsweisen verbreiteten sich gemeinsame Glaubensüberzeugungen, vor allem ein Fundus von christologischem Traditionsgut, das später in die Bemühungen um die Regula fidei einging. Man glaubte an den einen Schöpfer des Himmels und der Erde, dem sich alle Wirklichkeit verdankte, bezog sich auf das christologische Ursprungsgeschehen der Endzeit, durch den Schöpfer inszeniert, mit seinem Heilsangebot für alle Menschen. Man lebte aus der inneren Kraft des Evangeliums und den Geisterfahrungen. Septuaginta und Herrenworte besaßen eine selbstverständliche Autorität. Taufe und Herrenmahl, der wöchentliche Gottesdienst und, last but not least, das Liebesgebot und die Hoffnung auf baldige Vollendung aller Wirklichkeit waren allen gemeinsam. Noch kam zwar niemand auf die Idee, das Gemeinsame in einem Katechismus festzuhalten, aber dieses spezifische Phänomen der Einheit in Vielfalt will präzise beschrieben werden, und zwar nicht nur in Gestalt theologischer Sätze, sondern auch als Erfahrung von Gemeinschaft und Lebensgestaltung. Dabei ist auch, was man nicht für notwendig hielt, einheitlich zu ordnen, von Bedeutung. Was folgt daraus für den Aufbau einer Theologiegeschichte des Urchristentums?
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Der diachrone Durchgang in der Abfolge der drei Phasen wird erstens konturiert durch eine initiale Beschreibung des jeweiligen Profils einer Phase. Dabei kommen die spezifischen Probleme der jeweiligen Phase, das sich verändernde Selbstverständnis der jeweiligen Zeit, also ihre eigene Standortwahrnehmung, die vorwärts drängenden Kräfte, die genutzten Gestaltungsmöglichkeiten, die wesentlichen Aufgaben, die man löste, zur Sprache. Dazu gehört auch ein Blick auf die Formen der verbalen Kommunikation (Bekenntnis, Hymnus usw.; die Briefform und die narrativen Gestaltungsmöglichkeiten, die apokalyptische Literatur) und auf die Autoren (Anonymität, persönliche Autorschaft, Pseudonymität, Schulbildungen). Natürlich gehört hierher auch die Rezeption der Septuaginta und die christlichen Bemühungen um eine eigene Hermeneutik bei der Interpretation derselben (ausführlich F. Hahn II 38–142). Auf diese Weise soll das sich verändernde überindividuelle Gesicht des Urchristentums ins Blickfeld treten. Dabei übernehmen die Aspekte von Transformation, Kohärenz und Vielfalt Leitfunktionen. Nach diesem Einstiegsteil zu jeder Phase sollen zweitens die jedem Zeitabschnitt zuzuordnenden Traditionen und Schriften im einzelnen besprochen werden, freilich in der Darstellungsweise von wichtigen theologischen Gesamtkonzepten aus der Zeit und im übrigen geordnet nach Themen und Problemfeldern bei Beachtung der Regel, dass Randständiges zurückzustellen ist. Allerdings darf dabei wegen der intendierten Nähe zur Lebenswirklichkeit der Gemeinden dort, wo es angebracht ist, die regionale Komponente nicht ausgeblendet bleiben. Manche Themen lassen sich drittens besser als Längsschnitte durch das Urchristentum beschreiben. So müssen hier und da vereinzelte Notizen aus den Texten nicht isoliert stehen bleiben und gewinnen durch neue Zuordnungen Kontur. Als Beispiele für solche Längsschnitte mögen genannt sein: Der Schöpfungsglaube, die Arbeit an der Ausgestaltung der urchristlichen Hoffnung, die Auffassung vom urchristlichen Gottesdienst (mit Taufe und Herrenmahl), das Liebesgebot, doch auch Themen wie das Verhältnis des Christentums zum Judentum und zur hellenistischen Welt. Diese Längsschnitte werden dem Durchgang durch die Phasen des Urchristentums nachgeordnet. Nun zu einer Theologie des Neuen Testaments! Nach meiner Vorstellung ist es ihre Aufgabe, das dem Urchristentum zugrunde liegende Wirklichkeitsverständnis (also die Auffassung von Gott, Welt und Mensch) zu entfalten, insoweit über es im Urchristentum explizit oder implizit kommuniziert wurde und insoweit es in Umrissen rekonstruiert werden kann. Mit diesem Ansatz nehme ich Abschied von Stichworten wie „Kanon im Kanon“ oder „Mitte der Schrift“ (vgl. dazu F. Hahn II 9–12). Denn von einem christlich relevanten Kanon im Kanon oder einer Schriftmitte kann
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man überhaupt erst sprechen, seitdem es einen neutestamentlichen Kanon gibt. Seine Existenz ist aber für das Urchristentum noch gar nicht gegeben (s. u.). Mit diesem Ansatz will ich mich auch von denen unterscheiden, die die Vielfalt und teilweise Gegensätzlichkeit urchristlicher Glaubens- und Lebensäußerungen so hoch veranschlagen, dass sie die Frage nach dem Gemeinsamen als nicht beantwortbar einstufen (vgl. dazu F. Hahn II 5–9). Diese Auffassung lässt sich jedoch hinterfragen: Römer, Griechen und Juden haben als Zeitgenossen des entstehenden Christentums jedenfalls, von außen sehend, nicht lauter verschiedene religiöse Gemeinschaften wahrgenommen, sondern identifizierten Personen und Gemeinden, wie sie bald überall im römischen Reich verbreitet waren, als christlich. Auch war der innerchristliche Normalfall, dass man in einer Lokalgemeinde Getaufte weiblichen und männlichen Geschlechts in anderen Gemeinden als Christen anerkannte und z. B. zum Herrenmahl zuließ. Auch dieses war ‚normal‘: Gemeinden mit unterschiedlichen Zuordnungen zu Gründungsmissionaren kommunizierten miteinander als Christen, weil man in der geschichtlichen Vielfalt eine hinreichend große Basis an gemeinsamen Glaubens- und Lebensüberzeugungen wahrnahm. Selbst das schwierige Verhältnis zwischen den paulinischen Gemeinden und den Christen in Jerusalem führte trotz tiefgreifender Vorbehalte einer Jerusalemer Gruppe (Apg 15,5) nicht zu verschiedenen Kirchen, die sich gegenseitig die christliche Gemeinschaft versagten. Doch dieses kam auch vor (2 Kor, Gal, 1 Joh), war jedoch nicht das typische Bild der damaligen Christenheit. Zu ihm gehörte allerdings, daß alle noch erkennbaren ekklesiologischen Konzepte ausnahmslos vom Einheitsgedanken geprägt sind. Diese (und weitere) Beobachtungen lassen darum eher fragen, ob die genannte Position nicht einseitig aus neuzeitlicher Differenzierungskunst entstandene Ergebnisse übergewichtet, jedoch nicht dem Bewusstsein, in dem das Urchristentum lebte, entspricht. Differenzierungen in Ehren, aber die entscheidende Frage muss lauten, wie die im Urchristentum gewollte Vielfalt von ihm selbst bewertet und wie angesichts ihrer Einheit gelebt wurde. Indirekt habe ich damit auch dem Erklärungsmodell anfänglich vieler Christentümer, die erst nachträglich vereinheitlicht wurden, meine Zustimmung verweigert.9 Die Einheit liegt für mich nicht am Ende, sondern gerade pointiert am Anfang. Denn im deutlichen Unterschied zu den Anfängen Israels und etwa der Gnosis besitzt das Christentum einen distinkten Anfang, wie er in dem Wirken und im Geschick Jesu Christi gegeben war. Dieser Anfang ist nicht nur Anfang in einem historischen Sinn, sondern wurde vom Urchristentum als nicht überholbares Ursprungsgesche—————— 9
Vgl. J. BECKER, Vielfalt (s. Anm. 8), 64–68.
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hen der Endzeit begriffen, durch das alle Wirklichkeit neu qualifiziert wird. Darum ist urchristliche Kohärenz ganz entscheidend dadurch gegeben, dass alle Christen ihr Christentumsverständnis begriffen, indem sie das christologische Ursprungsgeschehen, also Wirken und Leiden Jesu und die Ostererfahrung, als Gottes endzeitliche Heilserschließung ansahen. Der Grundsinn dieses Erschließungsgeschehens besteht in dem Glauben, dass Jesus Christus die Wahrheit ist, die Menschen in die Wahrheit führt und so maßgeblich und endgültig das christliche Wirklichkeitsverständnis konstituiert. Dieses ist nicht Ergebnis von dogmatischen Satzwahrheiten, die offenbart wurden, sondern die Rechenschaft des Glaubens über die dem christologischen Ursprungsgeschehen innewohnende Gotteserfahrung, die mit innerer Stringenz zum neuen Leben in Glaube, Liebe und Hoffnung führte. Nun kann man selbstredend eine Theologie des Neuen Testaments gesondert von einer Theologiegeschichte des Urchristentums erstellen. So haben es vor F. Hahn schon viele unternommen, was er mit seiner zweibändigen Variante modifiziert. Allerdings führt dies schon rein äußerlich bei F. Hahn zwangsläufig zu nicht vermeidbaren Redundanzen. Natürlich fördert diese Anlage seines Werkes den heilsamen Zwang, energisch und ausführlich die Frage der Einheit zu thematisieren und nicht nur hier und da ein paar Bonmots dazu zu äußern. Die bisherigen Theologiegeschichten des Urchristentums sind jedenfalls auch für mich keine leuchtenden Beispiele ausführlicher Behandlung dieses Themas. Doch das wäre ein Problem von Zielsetzung und Gestaltung und liegt nicht wesenhaft an der Textsorte der Theologiegeschichte selbst. Warum ich die integrative Lösung bevorzuge, liegt aber noch an einem anderen Grund. Bei einer separaten Darstellung ist zumindest der Druck sehr stark, doch so etwas wie eine ‚Dogmatik‘ zu schreiben, die den geschichtlichen Bedingungen enthoben ist, eben in die Nachbarschaft der alten ‚Lehrbegriffsmethode‘ zu geraten. Darum neige ich zum integrativen Weg. Denn ich möchte die jeweilige Glaubensexplikation nicht von ihrem geschichtlichen Ort in meinem DreiPhasen-Modell gelöst sehen, den Lebenszusammenhang, der zu ihr gehört, nicht wegblenden. Auch möchte ich, ausgehend von der Annahme, alle Äußerungen des Urchristentums seien Antworten auf die geistliche Erkenntnis, dass in Jesus Christus Gottes Wahrheit für alle Wirklichkeit erschlossen ist, diese Explikationen im Horizont von Respekt und Kritik bedenken dürfen. Das geschieht am besten angesichts des geschichtlichen Ortes, an dem sie als Einsichten des Glaubens geäußert wurden. Denn das Urchristentum bildet nicht einen der Geschichte enthobenen Dialog zur Erkundung der christlichen Wahrheit, sondern einen über mehrere Generationen gestreckten. Damit steckt auch im Urchristentum selbst der Ansatz, dass der Diskurs über die Glaubensüberzeugungen unabgeschlossen ist und
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im Einzelfall mehr oder weniger gut gelingen kann. Dies gilt unbeschadet der Basisüberzeugung, dass in Jesus Christus endgültig Gottes Wahrheit erschienen ist. Bei Gesamtdarstellungen des Neuen Testaments und des Urchristentums haben zwei kontrovers geführte und notwendigerweise zu fällende Entscheide erhebliches Gewicht: Gehört Jesus von Nazaret in ein solches Arbeitsprogramm? Soll sich eine solche Darstellung am Kanon orientieren? F. Hahn bejaht beide Fragen (I 24–26.30–127). Ich folge ihm bei seiner ersten Antwort, gehe jedoch bei der zweiten eigene Wege. Warum ist, um mit der ersten Frage zu beginnen, Jesus von Nazaret ein Thema, das in eine Gesamtdarstellung der genannten Art hineingehört? Jedenfalls beginnt zunächst gleich die erste historisch orientierte Darstellung des Lebens Jesu von H. S. Reimarus bekanntlich mit dem dazu querliegenden Grundentscheid, dass eine Jesusdarstellung gänzlich von der Geschichte der Urgemeinde abgetrennt werden müsse. Innerhalb der Bemühungen um eine Theologie des Neuen Testaments war es dann, wie man wiederum allgemein weiß, R. Bultmann, der für sein Konzept einer Theologie des Neuen Testaments forderte, dass Jesus nicht in diese hineingehören könne, sondern bei den Voraussetzungen einer solchen einzustellen sei. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass solche programmatische Trennung weder der Deutung der Jesusgestalt, noch der Darstellung der theologischen Linien des Urchristentums gut bekommt. Das ergibt sich für mich daraus, dass Jesu Botschaft und sein Wirken für die Gottesherrschaft zwar aufs engste mit seiner Person verknüpft waren, aber zugleich einen umfassenderen Horizont besaßen,10 nämlich den der göttlichen Vollendung der Schöpfung und der Menschen, wobei Jesu Wirken nach seiner eigenen Auffassung als das endzeitliche Ursprungsgeschehen dieser mit ihm beginnenden Vollendung anzusehen war (Lk 11,20 par; Mt 10,5f. par; 13,16f. par). So hatte die endzeitliche Ankunft der Gottesherrschaft für Jesus auch angesichts seines Todes Bestand, ja er selbst erwartete, am Vollendungsmahl in der Gottesherrschaft teilzunehmen (Mk 14,25). Für Jesus erlahmt also mit seinem Tod die Kraft der sich durchsetzenden Gottesherrschaft nicht. Vielmehr ist sein Wirken als eschatologisches Ursprungsgeschehen eine alle weitere Zukunft fundierende Initialhandlung. Die Eigendynamik der Gottesherrschaft geht also weiter, auch wenn er selbst stirbt. Darum reinterpretieren seine Nachfolger auch nach der Ostererfahrung die Basileiabotschaft Jesu mit soviel Kontinuität zu Jesus, dass man aus der synoptischen Tradition Jesu Botschaft in Grundzügen noch immer erkennen kann. Auch im Sinne der ersten nachösterlichen —————— 10 Einzelheiten zurückgestellt, ist der Ansatz, nach dem „Überschuss“ der hereinbrechenden Gottesherrschaft zu fragen, wie es U.B. MÜLLER, Die Entstehung des Glaubens an die Auferstehung Jesu, SBS 172, Stuttgart 1998, vorschlägt, ganz berechtigt.
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Christen waren also die Aussage- und Gestaltungskraft der Gottesherrschaft mit Jesu Tod nicht an ihr Ende gekommen. Mein Urteil in dieser Frage kommt weiter daher, dass ich die älteste Deutung der Ostererfahrung11 in Gestalt der bekenntnisartigen Formulierung (einschließlich ihrer Varianten): „(Gott,) der Jesus von den Toten auferweckt hat ...“ (Röm 4,24; 8,11; Gal 1,1 usw.) als bewusste Analogiebildung zum alten Bekenntnis Israels, wonach Gott Israel aus Ägypten geführt hat (Dtn 8,14; Jer 16,14 usw.), begreife und dann so verstehe: 1. So reden nicht irgendwelche Menschen, sondern diese Ostererfahrung erschließt sich denen mit diesem Sinn, die im Kernbestand mit Jesus in Galiläa umhergezogen und ihm nachgefolgt waren. Es besteht also hier personelle Kontinuität. 2. Kontinuität besteht auch bei dem Gottesbild, das im Osterbekenntnis zum Ausdruck kommt: Jesu Gott trat durch Jesu Wirken seine Herrschaft an, um Verlorene zu retten. Nun ist dieser Basileiagott derjenige, der den verlorenen Jesus aus dem Tod errettet. Jesu Verwobenheit mit der endzeitlichen Ankunft der Herrschaft Gottes hört demnach mit seiner Kreuzigung nicht auf, weil Gott selbst die Beziehung zu Jesus in einer ganz neuen Qualität bekräftigt. Also bilden fortan Jesu Gottesverkündigung und Gottes österliches Handeln an Jesus einstimmig, gemeinsam und endgültig das durch Gott selbst bestätigte „Wesen“ Gottes, an das sich die Menschen halten sollen. Desgleichen wird Jesus so zum „Angesicht“ Gottes. 3. Die Osterzeugen formulierten in Kenntnis des alten Bekenntnisses Israels. Damit deuteten sie an: Wie dieses als Bekenntnis formuliert wurde, weil es als Fundierungsgeschehen eingestuft wurde, also die maßgebliche Bestimmtheit für Israels weitere Geschichte abzugeben hatte, so bildet nun die Ostererfahrung die grundlegende Fundierung der Endzeit. Damit ist zugleich gesagt: Die Meinung Jesu, sein Handeln sei endzeitliches Ursprungsgeschehen für die Vollendungszeit, hat neue Valenz erhalten. Wiederum zeigt sich damit eine Kontinuitätsbrücke. Man mag also das Kontingente und Innovative der Ostererfahrung stark betonen. Dieses überraschende Neue ist jedoch nur verstehbar, wenn man die Kontinuitätsaspekte nicht aus den Augen verliert. Damit gehört der Transformationsprozess von Jesu Botschaft und der Nachfolge vor Ostern in eine durch die Ostererfahrung geleitete neue Form für mich zu einer entscheidenden Aufgabe jeder urchristlichen Gesamtdarstellung (knapp F. Hahn I 128–140). Ich würde außerdem gerne die übliche Behandlung dieses Themas, die sofort auf die Entfaltung der Christologie zugeht, in einen größeren Horizont stellen. Natürlich bleibt auch für mich die nachösterliche stürmische Entwicklung der Christologie (unbeschadet der Frage, wieweit Jesus von Nazaret dazu den Grund gelegt hat) unbestritten. Der —————— 11
Vgl. dazu J. B ECKER, Jesus von Nazaret, Berlin/New York 1995, 440–445.
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hohe Stellenwert dieses Themas bei der Rechenschaft des urchristlichen Glaubens über seinen Grund und Gegenstand ist evident. Aber die urchristlichen Deutungen der Ostererfahrung reißen doch noch einen umfassenderen Horizont auf. Sie leisten nämlich (zumindest ansatzweise) eine Reformulierung von Jesu Wirklichkeitsverständnis. Dazu gehören beispielsweise Jesu Gottesbild (als Stichwort: Gott ist der Retter der Verlorenen) und seine Geschichtsauffassung (die Geschichte Israels ist Verheißungszeit für die endzeitliche Ursprungsgeschichte, die mit Jesu Wirken beginnt und nun als christologisches Fundierungsgeschehen die Zukunft endzeitlich qualifiziert). Auch Neues wird sichtbar: Wer Ostern und Pfingsten als ein Geschehen ansieht12, kann feststellen, dass mit Ostern erstmals Gott, Christus und Geist zusammen ins Spiel kommen, also ein erstes Signal gegeben ist, warum Christen später ihren Gott trinitarisch ausgelegt haben (vgl. F. Hahn II 289–308). Zur Frage, ob man sich bei der Erstellung einer Theologie des Neuen Testaments oder bei einer anderen Form einer Gesamtdarstellung zum Urchristentum an den Kanon zu halten habe, ist zu sagen: Beim Entscheid zwischen den später allein kanonisch gewordenen und allen (noch bekannten) urchristlichen Schriften geht es materiell um die Frage, ob zum einen die sog. „Apostolischen Väter“, insofern sie vor und in der unscharfen Übergangszeit zwischen Urchristentum und werdender katholischer Kirche entstanden sind, mitbehandelt werden sollen oder nicht. Da bei diesen Schriften Datierungsfragen kontrovers sind, gebe ich jetzt nur thetisch an, daß ich Did und 1 Clem in die letzte urchristliche Generation einordnen möchte, die Ignatianen bei Beibehaltung der Frühdatierung13 zwischen 110–117 n. Chr. in die Übergangszone einstelle, jedoch gleichwohl als erstes literarisches Signal des Beginns einer neuen Epoche ansehe. Neben den ‚Apostolischen Vätern‘ ist zum anderen abzuklären, ob später apokryph gewordene Evangelien14 noch in urchristlicher Zeit entstanden sind. Das dürfte z. B. bei dem vom 2 Clem benutzten Evangelium (2 Clem 8,5) mit hoher Wahrscheinlichkeit der Fall sein. Auch andere Beispiele sind diskutabel. Nur haben bis auf das EvThom15 alle in Betracht kommenden Texte einen bisher nicht reparablen Mangel: Sie sind bekanntlich allzu fragmentarisch, oder nur aufgrund weniger Zitate, manchmal sogar nur —————— 12 13
Vgl. J. BECKER, Urchristentum (s. Anm. 8), 29–38. Vgl. dazu R. STAATS, Ignatius und der Frühkatholizismus – Neues zu einem alten Thema, VF 48 (2003), 80–92. 14 Vgl. D. LÜHRMANN in Zusammenarbeit mit E. SCHLARB, Fragmente apokryph gewordener Evangelien in griechischer und lateinischer Sprache, MThSt 59, Marburg 2000. 15 Vgl. dazu die gründliche Arbeit von J. SCHRÖTER, Erinnerung an Jesu Worte. Studien zur Rezeption der Logienüberlieferung in Markus, Q und Thomas, WMANT 76, Neukirchen 1997.
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dem Namen nach bekannt. Was nun das EvThom angeht, gehört der Endtext nicht mehr ins Urchristentum. Doch wird man im Einzelfall diskutieren, ob und in welcher Weise ins Urchristentum reichende Traditionen zu erkennen sind. Lohnt sich angesichts dieses Ergebnisses dann eine Diskussion um die Kanongrenze? Ja, denn sie führt zu einigen Perspektiven, die bei der Anlage einer Gesamtdarstellung der theologischen Strömungen in urchristlicher Zeit Gewicht haben sollten. Erstens wird so auf historische Weise vorgeführt, daß das Ergebnis der späteren Kanonisierung nach dem heutigen Stand der Quellenkenntnis im zentralen Bereich von exzellenter Qualität ist, trotz zum Teil falscher Annahmen und Begründungen bei den Entscheiden der Kirchenväter und trotz teilweise komplexer Diskussion, wie sie zu einigen katholischen Briefen zu führen wäre.16 Mit diesem Aufweis wird vermieden, einfach nur ein viel späteres wirkungs- und rezeptionsgeschichtliches Ergebnis zu übernehmen. Zweitens: Wer die Option für den Kanon ausschließlich wirkungsgeschichtlich begründet, lässt den „Sieger“ der Geschichte automatisch recht haben und raubt den davor liegenden Generationen die Chance, ein eigenes Profil besitzen zu dürfen. Anders gesagt: Er verfährt anachronistisch. Drittens: Wer kanon-orientiert arbeitet, wird nur zu gerne alle Indizien auf dem Weg dahin sammeln, um sie auf den Kanonentscheid des Athanasius (39. Osterbrief von 367) hin auszurichten. Doch entspricht das z. B. dem Bewusstsein und Verständnis des ausgehenden Urchristentums? Man sollte es doch zumindest versuchen, die Indizien jeder Zeit so auszuwerten, dass man nicht nur fragt: Worauf lief es später hinaus? Sondern auch fragt: Ergeben die Indizien innerhalb der Zeit, zu der sie gehören, ein eigenständiges Bild? Konkret: Es ist zweierlei, ob verschiedene Gemeinden je für sich Briefe der berühmten und verehrten Person des Paulus sammeln,17 oder ob ein gesamtkirchlicher Kanon seiner —————— 16
Ich halte es für absurd, heute die Kanongrenzen verändern zu wollen. Aber historisch darf man erörtern, wie sinnvoll es war, etwa Jud in den Kanon aufzunehmen, doch Did nicht. Die Kanonentscheide regeln, welche Literatur im kirchlichen Gebrauch sein soll, entbinden jedoch nicht von historischen Fragen zur Kontingenz der Kanonentscheide. 17 Paulus ist wohl im frühen Christentum nicht nur einer der berühmten Missionare der ersten urchristlichen Generation. Ihm wurden insbesondere (mit Recht) viele Gemeindegründungen und ein auffällig großes Missionsfeld zugeschrieben. Auch war er bis zur Entstehung der katholischen Briefe als alleiniger Briefautor seiner Zeit bekannt. Er ist weiter der einzige Protagonist der ersten Generation, der später als „gebildet“ herausgehoben wird: Die Apg und 1 Clem 5,5–7 lassen ihn mit Regenten Religionsgespräche führen, wie es sonst popularphilosophische Lehrer taten. 2 Petr 3,15f. rühmt die Weisheit des Paulus, dessen briefliche Ausführungen zum Teil schwer verständlich, also anspruchsvoll sind. Auch Polykarp stellt „die Weisheit des seligen und berühmten Paulus“ über alle Christen (Phil 3,2f.). Man weiß bald allgemein, dass Paulus ein fleißiger Brief-
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Briefe zusammengestellt wird. Viertens kennt das Urchristentum neben der Septuaginta noch keinen zweiten Kanonteil aus christlichen Schriften. Die Bibel des Urchristentums ist allein die Septuaginta. Der Entscheid für die Behandlung aller urchristlichen Schriften zwingt darum dazu, nicht nur mit historisch korrekter Methode zu arbeiten, indem man das Selbstverständliche tut, also alle verfügbaren Quellen einer Zeit in die Erörterung einbezieht, sondern öffnet auch den Blick für eine ganz wesentliche Frage: Wenn eventuell keine wie auch immer geartete Kanonvorform urchristlicher Schriften zum Einheitsbewusstsein des Urchristentums gehörte, wie wurde dann in ihm über die Einheitsproblematik kommuniziert? Was erkennt man noch von einer (weitgehend impliziten) Diskussion zum Verhältnis von christlicher Einheit und Vielheit? In welchen Lebensbeziehungen und Gestaltungsmöglichkeiten des christlichen Glaubens wurde Einheit erfahren? Welche Freiheit wurde den einzelnen Gemeinden zugestanden? Wo hatte sie ihre Grenzen? Um es auf die urchristliche Literatur zuzuspitzen: Offenbar gab es Gemeinden, die keinen Paulusbrief besaßen (etwa die matthäischen und johanneischen Gemeinden), auch kein synoptisches Evangelium, vielleicht jedoch ein später apokryph gewordenes Evangelium (2 Clem), die aber dennoch im Vollsinn als christliche Gemeinden anerkannt waren. Was waren hier die Maßstäbe für Christlichkeit? Die vom Kanonergebnis her bestimmte Beschäftigung mit dem Urchristentum verleitet dazu, solche (vermehrbaren) Fragen auszuklammern. Das gilt es zu vermeiden. Warum kann man nun mit guten Gründen davon ausgehen, dass im Urchristentum nur die Septuaginta den Kanon bildete,18 und eine gleichrangige Erweiterung durch einen christlichen Kanonteil noch nicht ins Bewusstsein der Gemeinden getreten war?19 —————— autor war und in etwa, welchen Gemeinden er schrieb (1 Clem 47,1; IgnEph 12,2; Röm 4,3; PolykPhil 3,2) und möchte darum an seinen Werken partizipieren. 18 Die Gemeinden werden wohl in der Regel zunächst nur Teile aus ihr als Abschriften besessen haben, so dass die Frage nach dem Umfang des dritten Kanonteils der Septuaginta kaum akut war. 19 Ein Überblick über die Kanongeschichte ist hier nicht intendiert. Für die folgenden Ausführungen zu der zur Zeit lebhaft geführten Kanondebatte, seien nur angeführt: H. VON CAMPENHAUSEN, Die Entstehung der christlichen Bibel, BHTh 39, Tübingen 1968; A. LINDEMANN, Paulus im ältesten Christentum. Das Bild des Apostels und die Rezeption der paulinischen Theologie in der frühchristlichen Literatur bis Marcion, BHTh 58, Tübingen 1979; K. ALAND, Die Entstehung des Corpus Paulinum, in: DERS., Neutestamentliche Entwürfe, TB 63, München 1979, 302–350; W. SCHNEEMELCHER, Bibel III, TRE 6 (1980), 22–48; W. SCHMITHALS, Zur Sammlung der Paulusbriefe und zu ihrer Integrität, ThViat 15 (1982), 111–122, Nachdruck in: C. Breytenbach (Hg.), Paulus, die Evangelien und das Christentum, AGJU 54, Leiden 2004, 145–160; DERS., Theologiegeschichte des Urchristentums. Eine problemgeschichtliche Darstellung, Stuttgart/Berlin/Köln 1994, 289–301; D. TROBISCH, Die Entstehung der Paulusbriefsammlung, NTOA 10, Göttingen
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1. Es gibt noch keine einzige Gesamtbezeichnung für eine wie auch immer geartete urchristliche Schriftensammlung. Im Kontrast dazu kennt man im Urchristentum für die Septuaginta eine pluralische und singularische Benennung als „die Schriften“ (z. B. Apg 17,11; 1 Kor 15,3f.) oder als „die Schrift“ (Mk 15,28; Joh 2,22; Gal 3,8). Im Gebrauch sind weiter z. B. Septuagintabezeichnungen wie „das Gesetz und die Propheten“ (Mt 5,17; Joh 1,45; Röm 3,21) oder kurz auch pars pro toto „das Gesetz“ (Joh 8,17; 15,25). Solchen Bezeichnungen für die Septuaginta stehen für urchristliche Schriften noch keine Analogien bereit. In Bezug auf eine christliche Einzelschrift stößt man erstmals 2 Clem 2,4; 14,1 auf eine Formulierung, die den Rekurs hier auf ein Evangelium als Schriftbezug ausweist. Dass das Begriffspaar ‚Altes und Neues Testament‘ wie auch die Bezeichnung einer neutestamentlichen Schriftensammlung als ‚Kanon‘ erst erheblich später auftauchen, ist allgemein bekannt. 2. Noch immer ist Marcion der erste eindeutige und darum unbestrittene Beleg dafür, dass zwei verschiedene Textsorten gemeinsam eine geschlossene Sammlung urchristlicher Schriften bildeten, im Falle des Marcion das Lukasevangelium und zehn Paulusbriefe. Man kann dafür plädieren, Marcion habe die Struktur Evangelium – Brief schon vorgefunden. Jedenfalls läuft die Polemik gegen ihn so, dass seine Auffassung von der Septuaginta kritisiert wird, seine inhaltlichen Eingriffe bei Lk und sein Paulusverständnis zurückgewiesen werden. Dass und in welchem Umfang er eine Sammlung urchristlicher Schriften erstellte, erregte offenbar kein Ärgernis. Doch seit wann gibt es dieses Urteil, Evangelien und Briefe seien nicht Einzelwerke einer Gemeindebibliothek, sondern eine qualifizierte Sammlung? Man kann dies im Falle des johanneischen Schrifttums diskutieren (ein Evangelium und drei Briefe).20 Damit hätte man für das ausgehende Urchristentum einen älteren Beleg als Marcion. Natürlich stößt man gegen —————— 1989; H. KÖSTER, Ancient Christian Gospels. Their History and Development, Philadelphia 1990; A.F.J. KLIJN, Die Entstehungsgeschichte des Neuen Testaments, ANRW II.26.1, Berlin 1992, 64–97; W. SCHMITHALS, Die Bedeutung der Evangelien bis zur Kanonbildung, in: F. van Stegbroeck u.a. (Hgg.), The Four Gospels Vol. I (FS F. Neirynck), Leuven 1992, 129–157; Nachdruck in: C. Breytenbach, Paulus (s. diese Anm.), 455–486; D. TROBISCH, Die Endredaktion des Neuen Testaments. Eine Untersuchung zur Entstehung der christlichen Bibel, NTOA 31, Freiburg/Göttingen 1996; T H.K. HECKEL, Vom Evangelium des Markus zum viergestaltigen Evangelium, WUNT 120, Tübingen 1999; A. LINDEMANN, Paulus, Apostel und Lehrer der Kirche, Tübingen 1999, 252– 279.294–322; D. LÜHRMANN, Evangelien (s. Anm. 14); L.M. McDonald / J.A. Sanders (Hgg.), The Canon Debate, Peabody 2002; H. VON LIPS, Der neutestamentliche Kanon. Seine Geschichte und Bedeutung, ZGB, Zürich 2004; St.E. Porter (Hg.), The Pauline Canon, Pauline Studies 1, Leiden 2004. 20 Vgl. dazu J. BECKER, Johanneisches Christentum. Seine Geschichte und Theologie im Überblick, Tübingen 2004, 37–45.
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Ende des Urchristentums, also vor Marcion, auf Schriften, die ein oder mehrere Evangelien und Paulusbriefe benutzten oder kannten. Dasselbe gilt für Ignatius. Aber nirgends bekunden sie, dass sie etwas anderes taten, als je Einzelschriften heranzuziehen. Die Struktureinteilung einer Schriftensammlung in Evangelien und Briefe ist offenbar erst noch im Entstehen. Ganz anders liegen die Dinge bei der Septuaginta: Das Urchristentum kannte im allgemeinen z. B. die frühjüdische Aufteilung dieses Kanons in die strukturelle Gliederung von „Gesetz und Propheten“ (Mt 5,17 usw.). 3. Die Septuaginta wurde urchristlich ausdrücklich als Sammlung „heiliger Schriften“ aufgefasst (Röm 1,2; 2 Tim 3,15; 1 Clem 45,2), hinter denen, durch den heiligen Geist vermittelt, letztlich Gottes Autorität stand (Mk 12,36; Lk 1,70; 2 Tim 3,15f.; Hebr 1,5ff.; 3,7; 2 Petr 1,20f.). Dementsprechend gibt es Erwägungen zu einer einheitlichen Hermeneutik, mit der das Schriftcorpus als ganzes ausgelegt werden sollte (Apg 2,14ff.; 1 Kor 10,6.11; 2 Kor 3,4ff.). Zu diesem Befund fehlt im Urchristentum für neutestamentliche Schriften jede Analogie. 4. Vergleicht man die Art der Benutzung der Septuaginta mit dem Gebrauch urchristlicher Schriften, steht man vor einer weiteren Differenz: Auf die Septuaginta wurde zwar auch in Form von Anklängen und freien Benutzungen Bezug genommen. Jedoch gab es auch feste Zitationsformeln, mit denen der Rückgriff auf die Septuaginta als Prätext häufig kenntlich gemacht wurde. Urchristliche Schriften hingegen wurden zunächst durchweg frei benutzt und nicht eigens ausgewiesen. Erst am Ausgang des Urchristentums benutzten die Autoren langsam auch für sie Einführungsformeln, wie sie von der Septuagintazitation her bekannt waren (2.Clem 2,4; 8,5). 5. Über die Verbreitung der Paulusbriefe in urchristlicher Zeit macht man sich oft zu optimistische Vorstellungen,21 um die Anfänge der Kanonbildung früh ansetzen zu können. Zwei Briefe sind von vorneherein als Rundbriefe verfasst (2 Kor 1,1; Gal 1,2). Ihr Umlauf sagt noch nichts über ihre weitere Verbreitung. In Kol 4,16 werden von einem Paulusschüler zwei paulinische Nachbargemeinden gebeten, je den eigenen Paulusbrief auszutauschen. Er soll in der anderen Gemeinde verlesen (vgl. 1 Thess 5,27; Röm 16,16) und wohl kopiert werden. Dieses Verfahren war an—————— 21 Der Nachweis direkter Kenntnisse von Paulusbriefen ist von einem Befund, wieweit allgemeines Wissen über das paulinische Wirken aufgearbeitet wurde, zu unterscheiden. Solche allgemeine Pauluskenntnis bildet sich noch zu Lebzeiten des Apostels (Gal 1,23). Sie begegnet am ausführlichsten in der Apg 12ff. Auch 1 Clem 5,5–7 gehört dazu. Sie entsteht und verbreitet sich unabhängig von den Paulusbriefen. Auch hat es noch eine von den Briefen selbständige Verbreitung von Aspekten seiner Theologie gegeben. Sie ist nicht immer sicher von der direkten Benutzung seiner Briefe zu unterscheiden (vgl. die Diskussion zu Jak 2,14ff.).
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scheinend nicht ganz neu. Darum kennt der Verfasser des Kol doch wohl aus dem Besitz seiner Gemeinde 2 Kor, Phil und Phlm. Der Kol wiederum ist Prätext für den Eph, ebenso der 1 Thess für den 2 Thess. Die Past werden Röm und 1 Kor kennen, vielleicht auch 2 Kor, Phil und Kol. Doch gibt es auch den anderen Fall: Mindestens ein Paulusbrief ging verloren (1 Kor 5,11). Auch wenn man bedenkt, dass die Benutzung und der Besitz von Paulusbriefen nicht deckungsgleich sein müssen, und der eine oder andere die getätigte Auflistung verändern möchte, lässt sich in keinem Fall ein Beweis führen, auf dem paulinischen Missionsfeld hätten in etwa alle Gemeinden die meisten Paulusbriefe besessen. Weiter gibt es nirgends einen Hinweis, dass man überhaupt vor Marcion mit einer genauen Zahl von Paulusbriefen in Gestalt einer definierten Sammlung rechnete. Auch fehlt ein festes Indiz, Paulus oder seine Schüler aus der zweiten und dritten Generation hätten planmäßig und gezielt eine Sammlung der Paulusepisteln angestrebt. Der Austausch paulinischer Literatur geschah viel eher zunächst lokal und nicht organisiert und hoch wahrscheinlich erst in nachpaulinischer Zeit, zumal die Kritik an den Gemeinden im 2 Kor und Gal wohl doch etwas zurückliegen musste, ehe die Briefe Verbreitung finden konnten, und auch weil etwa der Röm erst kurz vor dem Lebensende des Apostels entstand. Außerhalb der Paulusschule zeigen auch andere Autoren Kenntnis von Paulusbriefen:22 Clemens Romanus benutzte natürlich den Röm und bezieht sich auf den 1 Kor, weil er nach Korinth schreibt. Auch der Hebr wird von ihm zitiert. Ignatius benutzt wohl den 1 Kor, vielleicht jedoch keinen weiteren Paulusbrief. Andere Autoren stehen abseits eines direkten Pauluseinflusses und bekunden keine Kenntnis von Briefen des Apostels. Dazu gehören z. B. Mt, das johanneische Schrifttum, 1 Petr23, Hebr24, Did, Barn, Herm und 2 Clem. Es gibt mehrere Modelle, sich dieses zunächst lokal begrenzte Sammeln verständlich zu machen.25 Mir will der Vorschlag26 am besten gefallen, der für den Anfang mehrere lokal begrenzte Sammlungen annimmt, die später erweitert und angeglichen wurden. Man sammelte zunächst aus Verehrung —————— 22 Besonders hilfreich sind hierzu die beiden Aufsätze von A. L INDEMANN, Paulus (s. Anm. 19), 252–279.294–322. 23 Vgl. dazu J. HERZER , Petrus oder Paulus? Studien über das Verhältnis des Ersten Petrusbriefes zur paulinischen Tradition, Tübingen 1998, und meine Rezension in: ThLZ 123 (1998), 1211f. 24 Vgl. H.-FR . WEIß , Der Brief an die Hebräer, KEK 13, Göttingen 1991, 86f. 25 Vgl. die Überblicke von H.Y. G AMBLE , The New Testament Canon: Recent Research and the Status Quaestionis, in: L.M. McDonald / J.A. Sanders (Hgg.), Canon (s. Anm. 19), 267–294. ST.E. PORTER, When and How was the Pauline Canon Compiled? An Assessment of Theories, in: ders. (Hg.), Canon (s. Anm. 19), 95–127. 26 So K. ALAND, Entstehung (s. Anm. 19), 335f.
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für die Person des Apostels und aus Achtung vor seiner Theologie, nicht jedoch mit dem Ziel, einen Kanon neben die Septuaginta zu stellen. Für diesen letzten Fall hätte wohl auch Lukas in der Apg mit der ausführlichsten Behandlung der Paulusgestalt im Urchristentum auf eine Erwähnung der paulinischen Briefe kaum verzichten können, und die doch wohl intendierte verhaltene Kritik an Paulus in 2 Petr 3,15f. wäre eher nicht geschrieben worden. Auch der Verlust zumindest eines Briefes kann so besser erklärt werden. 6. Die später kanonisch gewordenen Evangelien besitzen in der Anfangszeit eine gegenüber den Paulusbriefen eigene Verbreitungsgeschichte. Sie beginnt als mündliche Tradition. Für diese ist typisch, dass Herrenworte von Anfang an durchweg besondere Autorität besaßen (1 Kor 7,10.12.25; Apg 20,35; Joh 21,22f.; Did 9,5).27 Sie bleibt erhalten, als die Tradition zu literarisieren begann, also mündliche und schriftliche Überlieferung nebeneinander existierten. Dabei gilt: Die literarische Evangelienform erhält ihre Autorität, insofern in ihr das, was der Herr gesagt hat, festgehalten wird (2 Clem 5,2; 6,1; 8,5). Sie ist also dienender Überlieferungsträger, nicht Literatur mit eigenem Gewicht. Darum können Mt und Lk von Mk je selbständigen Gebrauch machen und dieses erste Evangelium neu erzählen. Darum können später apokryph gewordene Evangelien recht eigenwillig auf die später kanonisch gewordenen Evangelien zurückgreifen (Beispiel: EvPetr). Darum kann Tatian sein Diatessaron erstellen. Darum kann das Protev Mt 1–2 und Lk 1–2 zu einer neuen Narratio umschreiben. Dazu passt, dass Ignatius nicht etwa mit den „heiligen Urkunden“ Evangelien meint (er kennt in jedem Fall Mt), sondern Jesu „Kreuz, den Tod, seine Auferstehung und den durch ihn begründeten Glauben“ (IgnPhld 8,2). Papias stellt nach Euseb (KG III 39,4) fest, dass für ihn „aus Büchern geschöpfte Berichte“ über Jesus „nicht denselben Wert haben können wie das lebendige und beständige mündliche Zeugnis“. Wie immer diese komparativische Aussage des Papias verstanden sein will, klar ist, dass ein Evangelienbuch für ihn noch keine kanonische Dignität besaß. Im übrigen ist wie bei den Paulusbriefen vor einer allzu optimistischen Einschätzung der Verbreitung von später kanonisch oder apokryph gewordenen Evangelien bis gegen 140 n. Chr. zu warnen. Belastungskräftige Belege und Indizien sind nämlich schwer aufzutreiben. Sehr oft muß abgewogen werden, ob ein Autor nicht eher mündliche Jesustradition auswer—————— 27 Man kann sagen: Herrenworte und Geschick Jesu (1 Kor 15,3b–5; IgnPhld 8,2 usw.) stehen als maßgebliche Autoritäten von Anfang an fest. Da auch die Septuaginta als kanonische Autorität unbezweifelt ist, sind damit im christlichen Bereich zwei Autoritäten von Anfang an selbstverständlich. Sie stehen jedoch nicht additiv neben einander. Vielmehr wird die Septuaginta von Jesus Christus her gelesen als Prophetie auf ihn und seine Zeit, inklusive der Zeit der Kirche.
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tete (Beispiel: Justin, Apol I 61,4) oder tatsächlich ein Evangelium zitiert (Beispiel: Ignatius, der Sm 1,1 auf Mt 3,15 abhebt). Nirgends ist schon sichtbar, daß sich Gemeinden zur Aufgabe machten, die vier kanonischen Evangelien zu besitzen. Der erste Beleg für die Benutzung dieser Evangelien ist Tatians Diatessaron. Über die Kenntnis zumindest eines Evangeliums in den Gemeinden ist wohl oft relativ gut zu diskutieren (oft Mt). Auch der Besitz von zweien ist ab und an diskutabel. Ein Besitz muss übrigens nicht unbedingt aus einem später kanonisierten Evangelium bestanden haben (Beispiel: 2 Clem). Eine stromlinienförmige Entwicklung hin zum späteren Kanon ist noch nicht erkennbar. 7. Das Urchristentum kannte Warnungen vor Gegnern und ihre Bekämpfung. Jedoch gab es noch keine Literatur, die verurteilt wurde. Darum fehlte noch jede Bemühung, zwischen anerkannter und abzulehnender Literatur zu differenzieren. Die später anzutreffende Unterscheidung von drei Gruppen, nämlich einem unbestrittenen Kernbereich, sowie in Schriften, die bei einigen im gottesdienstlichen Gebrauch waren, bei anderen jedoch nur privat gelesen wurden, und in Literatur, die gänzlich abzulehnen war, taucht noch nicht auf. Meine Folgerung aus diesem Befund dürfte klar sein: Wir betrachten Mt 16,18f. aus matthäischer Sicht, nicht von den römisch-katholischen Entscheiden zum Papstamt her, einerlei, wie wir zum Papstamt stehen mögen. Darum sollten wir konsequent fortfahren: Da die Idee eines neutestamentlichen Kanons und alle Kanonentscheide im einzelnen nachurchristlich sind, sollten wir das Urchristentum aus allen seinen Quellen zu verstehen trachten. Damit folgen wir der Regel allgemeiner historischer Forschung. Wer sich dennoch von der Kanondefinition des Athanasius die Quellenbegrenzung für seine historische (!) Forschung vorgeben lässt, muss z. B. erklären, warum er nicht Euseb (KG III 16) folgen will, der schreibt, dass früher und noch zu seiner Zeit in den meisten (!) Kirchen z. B. der 1 Clem im öffentlichen Gebrauch stand, bzw. steht. Angesichts dieser Problemlage plädiere ich also für die Behandlung aller urchristlichen Schriften.
Die Bedeutung des Kanons für eine Theologie des Neuen Testaments Konzeptionelle Überlegungen angesichts der gegenwärtigen Diskussion von
JENS SCHRÖTER Thema des folgenden Beitrags ist die Frage, wie unter den Voraussetzungen der historisch-kritischen Bibelwissenschaft eine Theologie des Neuen Testaments zu konzipieren wäre.1 Dabei soll es weniger um Einzelaspekte – wie etwa das Verhältnis von Religionsgeschichte des Urchristentums und Theologie des Neuen Testaments,2 die Einordnung des Wirkens Jesu in eine Theologie des Neuen Testaments3 oder die Diskussion um eine gesamtbiblische Theologie4 – als vielmehr um das methodische Grundproblem einer Theologie des Neuen Testaments gehen. Dieses lässt sich dergestalt formulieren, dass zu klären ist, wie die im Neuen Testament versammelten Texte als Bestandteile eines Corpus kanonischer Schriften zu interpretieren sind. Wie sich zeigen wird, liegt an dieser Stelle ein grundlegendes Problem, das die Diskussion um eine „Theologie des Neuen Testaments“ seit ihren Anfängen begleitet. Der Grund liegt darin, dass sich die Disziplin in die genau entgegengesetzte Richtung, nämlich zur Negierung des Kanons als einer für die Theologie des Neuen Testaments grund—————— 1
Für einen neueren Überblick über die Diskussion vgl. R. VON B ENDEMANN, „Theologie des Neuen Testaments“ oder „Religionsgeschichte des Frühchristentums“?, VuF 48 (2003), 3–28. 2 Vgl. vor allem H. R ÄISÄNEN, Neutestamentliche Theologie? Eine religionswissenschaftliche Alternative, SBS 186, Stuttgart 2000. 3 Vgl. A. WEISER , Jesus und die neutestamentliche Theologie, ZNW 87 (1996), 146– 164; C. TUCKETT, Does the ‚Historical Jesus‘ belong within a ‚New Testament Theology‘, in: C. Rowland / C. Tuckett (Hgg.), The Nature of New Testament Theology. Essays in Honour of Robert Morgan, Malden (Ma.)/Oxford/Victoria 2006, 231–247. 4 Vgl. O. M ERK, Gesamtbiblische Theologie, in: C. Dohmen / T. Söding (Hgg.), Eine Bibel – zwei Testamente, Paderborn u. a. 1995, 225–236; B. JANOWSKI, Biblische Theologie, RGG4 1 (1998), 1544–1549; DERS., Kanonhermeneutik. Eine problemgeschichtliche Skizze, BThZ 22 (2005), 161–180.
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legenden Institution, entwickelt hat. Das daraus resultierende Defizit ist bis in neueste Ansätze hinein zu konstatieren. Dies sei zunächst etwas näher erläutert.
1. Historische Kritik und neutestamentliche Theologie Die Brisanz der gegenwärtigen Diskussion über eine Theologie des Neuen Testaments liegt darin, dass die historische Kritik die Vorstellung einer dem Neuen Testament eigenen Theologie erst hervorgebracht, diese Vorstellung dann selbst aber wieder nachhaltig in Frage gestellt hat: Bildete sich die Idee einer Theologie des Neuen Testaments zunächst in einem doppelten Differenzierungsprozess heraus – der Abgrenzung der biblischen von der dogmatischen5 sowie der Unterscheidung von alt- und neutestamentlicher Theologie6 –, so hat die historisch-kritische Forschung hieran anknüpfend die Vielfalt urchristlicher Theologien herausgearbeitet, die nicht auf die im Neuen Testament versammelten Schriften beschränkt ist. Das „Neue Testament“ erschien aus dieser Perspektive als Setzung aus späterer Zeit, in der sich dogmatische Interessen der frühen Kirche widerspiegeln, die für eine historische Analyse dieser Schriften keine Rolle spielen. Das führte zu dem Urteil, die historisch-kritische Interpretation der neutestamentlichen Texte und die Vorstellung einer diesen gemeinsamen Theologie seien letztlich miteinander unvereinbar. Diese Konsequenz wurde zuerst von William Wrede gezogen, der nur noch von der „sogenannten neutestamentlichen Theologie“ sprach, weil er darin die Inkonsequenz eines Standpunktes sah, der sich noch nicht völlig von der Inspirationslehre gelöst habe und immer noch „bei der biblisch-theologischen Arbeit auf die Dogmatik hinschielt“.7 Als Alternativen zu einer Theologie des Neuen —————— 5 So bekanntlich in der Altdorter Antrittsrede von J.P. Gabler von 1787 unter dem Titel Oratio de justo discrimine theologiae biblicae et dogmaticae regundisque recte utriusque finibus. Deutsche Übersetzung von O. Merk: Von der rechten Unterscheidung der biblischen und der dogmatischen Theologie und der rechten Bestimmung ihrer beider Ziele, in: G. Strecker (Hg.), Das Problem der Theologie des Neuen Testaments, WdF 367, Göttingen 1975, 32–44. Vgl. dazu auch O. MERK, Biblische Theologie II. Neues Testament, TRE 6 (1980), 455–477. 6 Diese Konsequenz wurde von Gabler selbst noch nicht deutlich gezogen, wohl dann aber von seinem Altdorfer Kollegen Georg Lorenz Bauer, der zunächst eine Theologie des Alten Testaments (1796), sodann eine „Biblische Theologie des Neuen Testaments“ verfasste. 7 Vgl. W. WREDE , Über Aufgabe und Methode der sogenannten neutestamentlichen Theologie (zuerst 1897), in: G. Strecker, Problem (s. Anm. 5), 81–154 (82). Wrede hat dabei insbesondere die von ihm heftig kritisierte „Methode der Lehrbegriffe“ im Blick,
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Testaments wurden deshalb entweder deren Ersetzung durch eine urchristliche Religionsgeschichte – und damit die Verabschiedung des neutestamentlichen Kanons als einer für die historisch-kritische Interpretation maßgeblichen Größe – oder aber die Rückkehr zur Inspirationslehre als derjenigen Instanz, die den besonderen Status der neutestamentlichen Schriften begründet, vorgeschlagen.8 Im Folgenden wird dagegen die Auffassung vertreten, dass historischkritische Interpretation der neutestamentlichen Texte und Theologie des Neuen Testaments einander nicht ausschließen – und auch nicht ineinander aufzulösen sind –, sondern in einer spannungsvollen Dynamik zueinander stehen, die für den Beitrag der neutestamentlichen Wissenschaft zum gesamttheologischen Diskurs substantiell und unverzichtbar ist. Dabei spielt die Frage nach dem Kanon des Neuen Testaments eine grundlegende, zumeist jedoch zu gering gewichtete Rolle. Was nämlich in der Diskussion über eine Theologie des Neuen Testaments zu wenig beachtet wird, ist der Umstand, dass die historische Analyse der einzelnen urchristlichen Texte ihren kanonischen Status alleine nicht erklären kann. Dieser ergibt sich vielmehr erst aus denjenigen Entwicklungen, die zur Zusammenstellung gerade dieser Schriften geführt haben. Für die Konzeption einer Theologie des Neuen Testaments ist also – der eigentlich selbstverständliche – Umstand zu beachten, dass die neutestamentlichen Texte ihren Status als für die christliche Kirche verbindliche Texte noch nicht zum Zeitpunkt ihres Entstehens besaßen, sondern diesen erst in einem längeren Prozess erlangten.9 Der Grund dafür, ihnen diesen besonderen Status zuzuerkennen, war, dass sie gemeinsam als adäquater Ausdruck des Glaubens der frühen Kirche betrachtet wurden. Daraus folgt, dass die „kanonische“ Bedeutung, die die betreffenden Texte in ihrer Zusammenstellung mit anderen Schriften erlangten, nicht mit der historischen Funktion identisch sein kann, die sie zum Zeitpunkt ihres Entstehens besaßen. Zwischen historischem und kanonischem Status der neutestamentli-
—————— die die neutestamentlichen Schriften in ein nicht aus diesen selbst gewonnenes Korsett zwinge. Vgl. ebd., 91–108. 8 Ersteres von WREDE und RÄISÄNEN, letzteres von S TUHLMACHER und W ILCKENS. Ich komme darauf zurück. 9 Dass dies kaum noch in den Blick tritt, könnte seinen Grund in der Ausdifferenzierung der einzelnen theologischen Disziplinen haben. Diese hat dazu geführt, dass die Entstehung des Kanons ins Gebiet der Patristik fällt, in der neutestamentlichen Wissenschaft dagegen allenfalls noch in Einleitungen ins Neue Testament begegnet. Sachlich wäre hier jedoch eine Zusammenarbeit von neutestamentlicher Wissenschaft und Patristik geboten, die sich im Blick auf eine Theologie des Neuen Testaments als überaus fruchtbar erweisen könnte.
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chen Texte ist also zu unterscheiden, wenngleich zwischen beidem durchaus ein Zusammenhang besteht.10 Dadurch tritt zugleich die weitergehende Problematik des Beitrags der neutestamentlichen Wissenschaft für die Theologie insgesamt in den Blick. Die neuerdings wieder verstärkt diskutierte Frage nach den Voraussetzungen der historisch-kritischen Interpretation biblischer Texte ist ein Indiz dafür, dass angesichts der hohen Spezialisierung im Historischen und Exegetischen die Relevanz dieser Erkenntnisse für den Geltungsanspruch der Theologie in den Hintergrund gerückt ist. Dies aber bedeutet nicht weniger, als dass der Verweis auf die historisch-kritische Analyse der im Neuen Testament versammelten Texte den Ort der neutestamentlichen Wissenschaft innerhalb der Theologie alleine nicht zu begründen vermag. Vielmehr zeigt die Entwicklung hin zum neutestamentlichen Kanon, dass die neutestamentliche Wissenschaft erst dann zu ihrem Ziel gelangt, wenn sie deutlich machen kann, warum gerade die von ihr untersuchten Texte zur Grundlage der christlichen Kirche geworden sind. Dabei ist nicht zweifelhaft: Die durch die historisch-kritische Forschung herausgearbeiteten Spezifika der einzelnen theologischen Entwürfe des Urchristentums sind für das Bild von der Entstehung des Christentums als einer antiken Religionsgemeinschaft unverzichtbar. An dieser Stelle ist Wredes Kritik an der Lehrbegriff-Methode vorbehaltlos Recht zu geben. Darüber hinaus haben die Erkenntnisse über das frühe Christentum im Spannungsfeld von Judentum und paganer hellenistisch-römischer Welt seinen Ort innerhalb der religiösen und sozialen Welt der griechischrömischen Antike präzisieren können. Neue Textfunde, wie etwa diejenigen von Qumran und Nag Hammadi, haben die Kenntnis über das antike Judentum bereichert und Originalzeugnisse der zuvor fast nur aus Kirchenväterreferaten bekannten sogenannten „Gnosis“ ans Licht gebracht.11 Die gründliche Aufarbeitung des Materials über die jüdische Diaspora12 —————— 10
So hatten etwa, um ein Beispiel zu nennen, die ins Neue Testament gelangten Evangelien durchaus die Absicht, die für den Glauben an Jesus maßgeblichen Ereignisse zu berichten, ebenso wie die Apg die entscheidenden Entwicklungen darstellen wollte, die zur Entstehung der christlichen Kirche geführt haben. Bei der Zusammenstellung mit weiteren Schriften veränderte sich diese Funktion: Die Evangelien sind nun nicht mehr als Einzelschriften, sondern als Vier-Evangelien-Sammlung das maßgebliche Zeugnis für die Geschichte Jesu, die Apg stellt die Verbindung des Jesuszeugnisses mit demjenigen von Paulus und den übrigen Aposteln her. 11 Überblicke bei J.C. V ANDER K AM / P. FLINT, The Meaning of the Dead Sea Scrolls, San Francisco 2002, sowie H.-G. BETHGE, Nag Hammadi, RGG4 6 (2003), 20–25. 12 Vgl. etwa E. SCHÜRER , The History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ, Volume III.1, Revised and Edited by G. Vermes, F. Millar and M. Goodman, Edinburgh 1986 (repr. 1995), 1–86; L.H. KANT, Jewish Inscriptions in Greek and Latin, ANRW II.20/1 (1987), 671–713; P. VAN DER HORST, Ancient Jewish Epitaphs. An introductory survey of a millenium of Jewish funerary epigraphy (330 BCE – 700 CE),
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hat die Sicht auf das Verhältnis von Judentum und frühem Christentum in diesen Gebieten deutlich befördert und das Verständnis etwa der paulinischen Theologie oder der in der Offenbarung des Johannes vorausgesetzten Situation auf eine neue Grundlage gestellt.13 Die Ausgrabungen in Galiläa haben für die Einordnung Jesu in sein jüdisches Umfeld und damit sowohl für die historische Jesusforschung als auch für die Beurteilung der neutestamentlichen Evangelien grundlegende Bedeutung.14 Dass die neutestamentliche Wissenschaft heute über hervorragende Kenntnisse zur frühen Jesusüberlieferung, zur Sprach- und Denkwelt des Paulus oder zu den historischen und literarischen Merkmalen der Apostelgeschichte verfügt, ist nicht zu bezweifeln. Ebenso deutlich ist jedoch, dass damit die Fragen, was die theologischen Entwürfe des Neuen Testaments untereinander verbindet und warum gerade diese Texte kanonischen Status erlangten, andere dagegen nicht, noch gar nicht in den Blick getreten sind. Will man sich diesbezüglich nicht mit dem Verweis auf die faktische Existenz des Neuen Testaments begnügen – und die Frage damit unbeantwortet lassen –, wird die Betrachtung von Entstehung und Bedeutung des neutestamentlichen Kanons als konstitutiver Voraussetzungen einer Theologie des Neuen Testaments unabweislich. Dieser soll im Folgenden anhand einiger Vorüberlegungen zu einer „Theologie des Neuen Testaments“ nachgegangen werden.
2. Kanon und Theologie des Neuen Testaments Dass für eine Theologie des Neuen Testaments die Entstehung des neutestamentlichen Kanons von grundlegender Bedeutung ist, liegt schon deshalb auf der Hand, weil bei der Rede vom „Neuen Testament“ das Corpus für die Kirche verbindlicher urchristlicher Schriften bereits vorausgesetzt —————— Kampen 1991; G. DELLING, Die Bewältigung der Diasporasituation durch das hellenistische Judentum, Göttingen 1987. 13 Wie stark sich die Erforschung des antiken Judentums etwa auf die Paulusforschung auswirkt, wird an der neueren Diskussion, der sogenannten „New Perspective on Paul“, deutlich. Vgl. dazu M. Bachmann (Hg.), Lutherische und Neue Paulusperspektive. Beiträge zu einem Schlüsselproblem der gegenwärtigen exegetischen Diskussion, WUNT 182, Tübingen 2005; J.D.G. D UNN, The New Perspective on Paul. Collected Essays, WUNT 185, Tübingen 2005. 14 Vgl. J.L. REED, Archaeology and the Galilean Jesus. A Re-Examination of the Evidence, Harrisburg 2000; M.A. CHANCEY, Greco-Roman Culture and the Galilee of Jesus, MSSNTS 134, Cambridge 2005; S. FREYNE, Jesus, a Jewish Galilean. A New Reading of the Jesus-Story, London/New York 2004; J. SCHRÖTER, Jesus von Nazaret. Jude aus Galiläa – Retter der Welt, Biblische Gestalten 15, Leipzig 2006, 77–103.
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ist.15 In der Disziplin „Theologie des Neuen Testaments“ wirkt indes immer noch eine Sichtweise nach, die William Wrede in seinem bereits erwähnten Beitrag aus dem Jahr 1897 formuliert hatte.16 Wrede ging es – in Fortsetzung des von Gabler beschrittenen Weges – um den „streng geschichtlichen Charakter der neutestamentlichen Theologie“.17 Darunter verstand er: Verabschiedung der Inspirationslehre und eine an deren Stelle tretende Sicht auf die neutestamentlichen Schriften als „geschichtlichen Dokumenten“; Sprödigkeit der neutestamentlichen Wissenschaft gegenüber jedem Dogma und jeder systematischen Theologie (83) sowie „reines, uninteressiertes Erkenntnisinteresse“ (sic!) des Neutestamentlers, der nur erkennen will „was wirklich gewesen ist“ (84). Aus der Preisgabe der Inspirationslehre folgt für Wrede, dass auch der „dogmatische Begriff des Kanons“ aufzugeben ist: „Wer also den Begriff des Kanons als feststehend betrachtet, unterwirft sich damit der Autorität der Bischöfe und Theologen jener Jahrhunderte [sc.: in denen der Kanon entstand, also des 2.–4. Jahrhunderts]. Wer diese Autorität in anderen Dingen nicht anerkennt – und kein evangelischer Theologe erkennt sie an –, handelt folgerichtig, wenn er sie auch hier in Frage stellt.“18 Wredes Diktum lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Der Kanon wird als willkürliche, durch das Inspirationsdogma legitimierte Festlegung altkirchlicher Autoritäten beurteilt, die für historisch-kritisch arbeitende Theologen inakzeptabel sei und einer unvoreingenommenen Beschäftigung mit den „geschichtlichen Urkunden“ des Urchristentums im Wege stehe.19 Die Wurzeln dieses Urteils liegen in Johann Salomo Semlers —————— 15 Der Kanonbegriff wird dabei in einer spezifischen, nämlich auf die für die Kirche verbindlichen Schriften bezogenen Bedeutung verwendet. Dass das Bedeutungsspektrum des Begriffes damit nicht in seiner Gänze erfasst ist und er auf die betreffenden Schriften erst im 4. Jahrhundert Anwendung fand, ist bekannt und braucht hier nicht näher dargelegt zu werden. 16 Vgl. oben Anm. 7. 17 W. WREDE, Aufgabe (s. Anm. 7), 82. 18 Ebd., 85. 19 Wredes Einschränkung des historisch-kritischen Zugangs auf „evangelische Theologen“ stellt sich dabei aus heutiger Sicht anders dar: Die Enzyklika „Divino afflante Spiritu“ von 1943, die Dogmatische Konstitution „Dei verbum“ des Zweiten Vatikanums von 1965 sowie das Dokument der Päpstlichen Bibelkommission „Die Interpretation der Bibel in der Kirche“ von 1993 haben die Öffnung der katholischen Exegese für die historisch-kritische Forschung kirchlicherseits anerkannt – auch wenn in Bezug auf das zuletzt genannte Dokument ein namhafter katholischer Exeget vom „Kompromißcharakter“ gesprochen hat. Vgl. H.-J. KLAUCK, Alle Jubeljahre. Zum neuen Dokument der Päpstlichen Bibelkommission, in: DERS., Religion und Gesellschaft im frühen Christentum. Neutestamentliche Studien, WUNT 152, Tübingen 2003, 394–420 (420). Das Verhältnis von historisch-kritischer Bibelwissenschaft und Bedeutung des Kanons wäre darum nicht zuletzt ein überaus lohnendes Thema für den ökumenischen Diskurs.
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berühmter Unterscheidung von „Heiliger Schrift“ und „Wort Gottes“ sowie der damit verbundenen Kritik an der Inspirationslehre.20 Wredes eigene Position lässt sich als historistische Zuspitzung dieser Kritik beschreiben: Die Interpretation der neutestamentlichen Texte wird als rein historisches Unterfangen aufgefasst, das seinen Zweck in sich selbst habe und darauf gerichtet sei, aus den urchristlichen Texten die Entstehung und Entwicklung der urchristlichen Religion zu erheben. Eine unausweichliche Folge dieses Zugangs ist, dass der neutestamentliche Kanon durch eine Auswahl solcher Schriften ersetzt wird, die in der Perspektive des Interpreten als für die Herausbildung der urchristlichen Theologie besonders gewichtige Dokumente erscheinen. Zugleich werden solche Schriften als unwesentlich beurteilt, deren nachweisbarer Einfluss auf die urchristliche Theologie gering war. Genau dies ist auch bei Wrede der Fall.21 Dabei wird allerdings – ungeachtet anderer Probleme, von denen gleich noch zu reden sein wird – nicht beachtet, dass auch solche Schriften, deren nachweisbare Rezeption in der Alten Kirche gering war, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Kanon Teil des „kulturellen Gedächtnisses“ des Christentums sind und in späteren Situationen wiederentdeckt werden und zu neuer Bedeutung gelangen können.22 Sie aus der frühchristlichen Theologiegeschichte ausschließen zu wollen, wäre deshalb äußerst fragwürdig und würde dem Prinzip des Kanons, solche Schriften zu versammeln, die in den Gemeinden als Ausdruck des christlichen Glaubens gelesen wurden, strikt zuwiderlaufen. An die Stelle des Kanons treten bei Wrede demnach Schriften, die er als für die Entstehung der urchristlichen Religion maßgeblich erachtet. Pro—————— 20 Vgl. J.S. SEMLER, Abhandlung von freier Untersuchung des Canon (hg. von H. Scheible), TKTG 5, Gütersloh 1967, 60f. Die Unterscheidung richtete sich vornehmlich gegen die Inspirationslehre der altprotestantischen Orthodoxie und führte demgegenüber das Recht auf vorbehaltlose Prüfung der historischen Entstehung der biblischen Bücher ins Feld. Vgl. hierzu auch O. KAISER, Johann Salomo Semler als Bahnbrecher der modernen Bibelwissenschaft, in: DERS., Von der Gegenwartsbedeutung des Alten Testaments. Gesammelte Studien zur Hermeneutik und zur Redaktionsgeschichte, Göttingen 1984, 79–94. 21 Wrede möchte z. B. 1 Petr, die lukanischen Schriften, Markus und Matthäus, 1 Klem, Jak, Did aus der Betrachtung ausschließen, weil sie keine „für die Gesamtentwicklung bedeutsame Anschauung“ vertreten würden (Aufgabe [s. Anm. 7], 110). Grundsätzlich anders sehe es dagegen bei Jesus, Paulus, Johannes und Ignatius aus. Dazwischen stehen Schriften wie Offb, Hebr und Barn, die jeweils eine einzelne, wenngleich sehr wichtige christliche Anschauung vertreten würden (ebd., 111f.). Es liegt auf der Hand, dass dieses Urteil Wredes an der Konzeption von den großen, geschichtsprägenden Persönlichkeiten orientiert ist und aus heutiger Sicht an vielen Stellen anfechtbar wäre. 22 Ein Beispiel wäre der Jakobusbrief. Er hat als „stroherne Epistel“ lange Zeit ein Schattendasein gefristet, wird aber in der neueren Diskussion als origineller Entwurf weisheitlicher Paränese des Urchristentums wiederentdeckt.
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blematisch daran ist, dass damit die historischen Entwicklungen, die zur Herausbildung der wesentlichen Kennzeichen der christlichen Kirche geführt haben – und zu denen natürlich auch der neutestamentliche Kanon gehört – aus der Betrachtung ausgeschlossen und in historistischer Manier durch eine Konstruktion ersetzt werden, die durch die „großen Persönlichkeiten“ der Anfangszeit – Jesus, Paulus, Johannes und Ignatius – geprägt ist. Damit erweist sich jedoch Wredes Urteil, mit dem Inspirationsdogma sei zugleich der Kanon als dogmatisches Konstrukt der frühen Kirche zu verabschieden, letztlich als unhistorische, weil die Entwicklungen, die zum Neuen Testament geführt haben, voreilig verwerfende Position. Dennoch lassen sich bis in neuere Entwürfe einer „Theologie des Neuen Testaments“ hinein die Nachwirkungen von Wredes Ansatz nachweisen. Im Detail so unterschiedliche Darstellungen wie etwa diejenigen von Joachim Gnilka, Georg Strecker und Klaus Berger23 stimmen darin überein, dass eine Beschränkung auf die kanonischen Schriften – insofern sie überhaupt vorgenommen wird24 – entweder aus praktischen Gründen erfolgt25 oder – wie bei Gnilka26 – damit begründet wird, dass hier die „maßgeblichen Zeugen der apostolischen Zeit und ihres Glaubens vereinigt worden “ seien.27 Eine eingehende Begründung der Unterscheidung von kanonischen und nichtkanonischen Schriften sucht man dagegen vergeblich. Konsequenter erscheint es dann, wenn Berger seinen Entwurf – wie bereits Rudolf Bultmann – als Umsetzung von Wredes Programm versteht, den Kanon als dogmatische Setzung aus späterer Zeit außer acht zu lassen und sich stattdessen auf eine Darstellung der theologischen Auffassungen in den frühchristlichen Schriften zu konzentrieren. Der Titel des Buches von —————— 23 J. G NILKA, Theologie des Neuen Testaments, HThK.S 5, Freiburg u. a. 1994; G. STRECKER, Theologie des Neuen Testaments, hg. von F.W. Horn, Berlin/New York 1996; K. B ERGER, Theologiegeschichte des Urchristentums. Theologie des Neuen Testaments, Tübingen/Basel 21995. 24 Berger orientiert sich bewusst nicht an der Festlegung des Kanons, sondern berücksichtigt auch die Apostolischen Väter und das EvThom. Sein Entwurf steht damit in der Tradition der Forderung Wredes, der sich – wenn auch auf andere Weise – bereits Bultmann verpflichtet wusste. Bei Strecker und Gnilka finden die nichtkanonischen Schriften dagegen keine Berücksichtigung. 25 G. STRECKER, Theologie, 3. Als weiterer Grund wird sodann die Wirkungsgeschichte des Neuen Testamentes als der Grundlage der christlichen Kirche genannt. 26 J. G NILKA, Theologie, 12. 27 Eine Ausnahme stellt hier allerdings der Entwurf von P. S TUHLMACHER , Biblische Theologie des Neuen Testaments, 2 Bd.e, Göttingen 1992/1999, dar. Er geht im letzten Teil seiner Theologie (Bd. 2, 287–349) ausführlich auf die Entstehung des Kanons und seine Bedeutung für eine Theologie des Neuen Testaments ein. Die hermeneutischen Prämissen von Stuhlmachers Entwurf, die auch einzelne Urteile zur Entstehung und Bedeutung des Kanons betreffen, wären jedoch eigens zu diskutieren, was hier nicht erfolgen soll.
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Berger – „Theologiegeschichte des Urchristentums“ – ist darum auch als dezidierte Aufnahme von Wredes Forderung einer Ablösung der Theologie des Neuen Testaments durch eine „Religionsgeschichte des Urchristentums“ zu verstehen. Wenn „Theologie des Neuen Testaments“ bei Berger als Untertitel doch wieder auftaucht, dann soll damit zum Ausdruck gebracht werden: Eine Theologie des Neuen Testaments lässt sich nur als Theologiegeschichte des Urchristentums angemessen konzipieren. Was somit – bei aller Verschiedenheit in der Durchführung – den hier nur exemplarisch genannten Entwürfen gemeinsam ist, ist das nur sehr marginale Eingehen auf die Frage, was eigentlich eine „Theologie des Neuen Testaments“ von einer Deskription der einzelnen theologischen Entwürfe des frühen Christentums – also von einer Theologiegeschichte – unterscheidet.28 Diese Situation illustriert den eingangs formulierten Befund, die Idee einer „Theologie des Neuen Testaments“ trage bereits im Ansatz die Tendenz zur Selbstauflösung in sich. Die historisch-kritische Forschung hat durch die Herausarbeitung der Vielfalt frühchristlicher Theologien die Vorstellung einer theologischen Einheit der im Neuen Testament versammelten Schriften destruiert. An deren Stelle ist die Darstellung von Theologien im frühen Christentum getreten, wogegen die Frage, wie von diesen Theologien zu einer Theologie des Neuen Testaments zu gelangen ist, nur eine untergeordnete Rolle spielt.29 Bevor wir hierauf zurückkommen, ist —————— 28 Die Frage nach der Einheit einer Theologie des Neuen Testaments wird von Gnilka nur am Ende des Buches (Theologie, 454–464) in einigen skizzenhaften Bemerkungen in den Blick genommen. Er vertritt dabei – im Anschluss an den Durchgang durch die theologischen Konzeptionen der neutestamentlichen Autoren – die Auffassung, dass es nicht um eine Systematisierung der Verschiedenartigkeit der Entwürfe gehen könne. Das „einende Band“ sei jedoch in der Vorgabe des Kerygmas von Tod und Auferstehung zu suchen (ebd., 462f.). Streckers Konzeption ist ähnlich gelagert. In den von F.W. HORN im Vorwort zitierten Sätzen aus einem Vortrag Streckers von 1992 heißt es u. a., dass „der Begriff ,Theologie des Neuen Testaments‘ präziser die Komplexität von Theologien im Neuen Testament bezeichnet“ (Theologie, VI). Berger geht es dagegen weniger um die Darstellung der einzelnen Konzeptionen in ihrem jeweiligen Zusammenhang, sondern stärker darum, den einzelnen Traditionselementen nachzuspüren, die sich im Prozess der Entstehung frühchristlicher Theologien herausgebildet haben und somit auf – von Berger zumeist als personal vermittelt vorgestellte – Querverbindungen zwischen den verschiedenen Entwürfen hindeuten könnten. Berger denkt Theologiegeschichte darum nach dem Modell eines Baumes, der sich in viele Verästelungen hinein aufgliedert (Theologiegeschichte, 5, vgl. bereits DERS., Einführung in die Formgeschichte, Tübingen 1987, 186– 202). Auf die Entstehung des christlichen Kanons geht er am Ende seiner Theologiegeschichte kurz ein (716–718). 29 U. LUZ bemerkt darum völlig zu Recht: „Neutestamentliche Theologien wurden mehr und mehr zu einer Geschichte der Theologien des Urchristentums.“ Vgl. DERS., Kann die Bibel heute noch der Grundlage für die Kirche sein? Über die Aufgabe der Exegese in einer religiös-pluralistischen Gesellschaft, NTS 44 (1998), 317–339 (326).
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kurz auf einen nicht gangbaren Weg, dieses Dilemma zu beheben, einzugehen. Wenn Peter Stuhlmacher und Ulrich Wilckens das angezeigte Problem durch eine grundsätzliche Infragestellung der historisch-kritischen Methode, verbunden mit der Forderung einer Rückkehr zur Inspirationslehre, lösen wollen,30 dann ist das zwar insofern konsequent, als damit – wie sich an Wredes Ausführungen zeigt – exakt derjenige Punkt benannt ist, an dem sich die Frage nach der Möglichkeit einer Theologie des Neuen Testaments im Zeitalter der historisch-kritischen Bibelwissenschaft stellt. Die Vorstellung, die Verfasser der biblischen Schriften seien vom Geist Gottes inspiriert gewesen, ist jedoch eine Glaubensaussage, die das trinitarische Bekenntnis bereits voraussetzt und es nachträglich auf diese Schriften bezieht. Die empfohlene Orientierung an der Inspirationslehre ist deshalb denkbar ungeeignet, das in Frage stehende Problem zu lösen. Stuhlmacher und Wilckens begehen also denselben methodischen Fehler wie Wrede, indem sie – nunmehr unter umgekehrtem Vorzeichen – Inspirationslehre und Kanon unmittelbar miteinander verknüpfen. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass die Inspirationslehre ihrerseits dazu dient, die in den biblischen Schriften niedergelegten Glaubenszeugnisse auf Gott selbst zurückzuführen und damit ihren Wahrheitsanspruch zu legitimieren.31 Die Vorstellung von der Inspiriertheit der kanonischen Schriften gehört deshalb in den größeren Zusammenhang, innerhalb dessen die frühe Kirche bestimmte Schriften zu verbindlichen Zeugnissen des christlichen Glaubens erklärte. Die Inspirationsvorstellung kann dabei deren kanonischen Status weder begründen noch kann ihre Verwerfung ihnen diesen nehmen.32 —————— Das Problem wird auch von HAHN, eindeutig benannt: „Von einer Theologie im strengen und eigentlichen Sinn kann doch nur dort gesprochen werden, wo es um einen Gesamtzusammenhang geht, in dem in einer durchreflektierten Weise zum Ausdruck gebracht wird, was christlicher Glaube ist und bedeutet.“ Vgl. DERS., Vielfalt und Einheit des Neuen Testaments. Zum Problem einer neutestamentlichen Theologie, BZ.NF 38 (1994), 161–173 (161). 30 P. STUHLMACHER , Theologie 2 (s. Anm. 27), 327–331; U. W ILCKENS, Theologie des Neuen Testaments, Band I/1, Neukirchen-Vluyn 2002, 16–18. 31 Man kann deshalb die Inspiriertheit der kanonischen Schriften auch nicht mit dem von ihnen selbst erhobenen Anspruch begründen (so P. STUHLMACHER, Theologie 2, 328) oder gar behaupten, die Inspiration sei „eine Eigenschaft des Kanons“. So P. STUHLMACHER, Der Kanon und seine Auslegung, in: C. Landmesser u. a. (Hgg.), Jesus Christus als Mitte der Schrift. Studien zur Hermeneutik des Evangeliums (FS O. Hofius) BZNW 86, Berlin/New York 1997, 263–290 (278) (in der parallelen Passage im zweiten Band der Theologie fehlt dieser Satz). Die Inspiriertheit ist vielmehr ein theologisches Urteil der Alten Kirche über die Bedeutung der biblischen Schriften und als solches in die frühkirchliche Theologiegeschichte einzuzeichnen. 32 Vgl. B.M. METZGER , Der Kanon des Neuen Testaments. Entstehung, Entwicklung, Bedeutung, Düsseldorf 1993, 243: „Kurz gesagt, die Bücher der Schrift waren nach Auf-
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Es ist ein ohne jeden Zweifel berechtigtes und für die Darstellung der frühchristlichen Theologiegeschichte unverzichtbares Anliegen, die Merkmale der einzelnen frühchristlichen Entwürfe in ihrer jeweiligen Besonderheit herauszustellen und als eigenständige Deutungen des Geschehens um Jesus von Nazaret zu würdigen. Dabei dürfen die Unterschiede oder Widersprüche zwischen diesen Entwürfen auch keinesfalls durch eine angebliche „Mitte der Schrift“ theologisch überhöht werden.33 Die entscheidende Frage lautet indes, ob bzw. inwiefern über ein derartiges historischdeskriptives Verfahren hinaus, das ja nur die Voraussetzung einer Theologie des Neuen Testaments sein könnte, zu einer solchen selbst zu gelangen wäre. Dazu muss die bereits genannte Frage beantwortet werden, was die Schriften des Neuen Testaments untereinander verbindet und von anderen, nicht im Neuen Testament befindlichen Schriften unterscheidet. Es handelt sich also um ein dezidiert historisches Problem: Die Entstehung des neutestamentlichen Kanons ist – anders als Wrede meinte – keine willkürliche Festlegung altkirchlicher Bischöfe und Theologen, die inzwischen durch die historische Kritik überholt und damit belanglos geworden wäre.34 Die Herausbildung des neutestamentlichen Kanons gehört vielmehr zu denjenigen Entwicklungen der frühen Kirche, in denen sich wesentliche Merkmale des christlichen Glaubens herausbildeten. Dies sei etwas näher illustriert. Mit der Berufung auf bestimmte Schriften bzw. Schriftengruppen hat sich das Christentum – um mit Jan Assmann zu sprechen – eine „fundierende Tradition“ geschaffen, indem es den Bezug zu seinen Anfängen sicherte. Deshalb spielt in der altkirchlichen Diskussion die Frage der apostolischen Herkunft der Schriften eine wichtige Rolle.35 Dieses Kriterium ist nicht mit den Maßstäben heutiger historischer Kritik zu beurteilen, sondern muss in genau diesem Kontext der Traditionssicherung betrachtet werden. Mit der Rückführung auf Apostel oder Apostelschüler sollte der Bezug zur Anfangszeit des Christentums festgehalten und gegen spätere Erweiterungen und Verfälschungen verteidigt werden. —————— fassung der Väter sehr wohl inspiriert, aber das war nicht der Grund, warum sie zum Kanon gerechnet wurden. Sie sind kanonisch, weil sie das noch vorhandene literarische Zeugnis der direkten und indirekten apostolischen Zeugen sind, auf dem das spätere Zeugnis der Kirche aufruht.“ 33 Dieses Modell findet sich bei P. S TUHLMACHER , Theologie 2 (s. Anm. 27), 304– 321. 34 Das ist in den Untersuchungen etwa von H. VON CAMPENHAUSEN, Die Entstehung der christlichen Bibel, BHTh 39, Tübingen 1968; H. VON LIPS, Der neutestamentliche Kanon. Seine Geschichte und Bedeutung, Zürich 2004; B.M. METZGER, Kanon (s. Anm. 32), zur Genüge herausgestellt worden. 35 Vgl. A. B AUM, Literarische Echtheit als Kanonkriterium in der Alten Kirche, ZNW 88 (1997), 97–110.
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Ein spezifisches Merkmal des neutestamentlichen Kanons besteht dabei darin, dass er neben der Geschichte Jesu, den Briefen des Paulus und der übrigen Apostel sowie der Apostelgeschichte als der „Gründungsgeschichte“ des Christentums auch die Schriften Israels zum Fundament der an Christus Glaubenden erklärt. Das wird schon daran erkennbar, dass die Schriften Israels eine grundlegende Rolle für die Interpretation des Christusereignisses spielen und damit das Nebeneinander von alttestamentlichem und neutestamentlichem Teil des christlichen Kanons vorbereiten.36 Damit aber ist die Geschichte Israels auch ein Teil der Geschichte des Christentums geworden. Das bedeutet zugleich, dass im Christentum Schriften und Geschichte Israels aus der Perspektive des Christusereignisses – also in einer interpretatio christiana – betrachtet werden.37 Die Differenzierung zwischen alt- und neutestamentlicher Theologie, die sich im Anschluss an Gablers oben genannten Vortrag durchsetzte, schuf dabei die Voraussetzungen für die Erkenntnis, dass die Autoren des Neuen Testaments bei ihrem Rückgriff auf die Schriften Israels innerhalb eines jüdischen Auslegungsprozesses stehen, der durch die Schriften des antiken Judentums eindrucksvoll belegt wird. Zwischen beiden Teilen der christlichen Bibel gibt es deshalb keine historisch nachweisbare „heilsgeschichtliche Kontinuität“. Vielmehr führten Wirken und Geschick Jesu von Nazaret zu einer neuen Interpretation der Schriften Israels, die sie zum „Alten Testament“ werden ließen.38 Das frühe Christentum lässt sich deshalb in seinen Anfängen als eine Bewegung innerhalb des Judentums des Zweiten Tempels verstehen, deren Überzeugungen von der Bedeutung Jesu in der Konsequenz zur Trennung vom Judentum geführt haben. Die Herausbildung des neutestamentlichen Kanons ist demnach von Beginn an in die Entstehung der christlichen Bibel insgesamt eingebunden. Für die Autoren des Neuen Testaments ist das Christusgeschehen nur innerhalb dieses Interpretationshorizontes angemessen zu verstehen – wie umgekehrt genauso gilt, dass sich der Sinn der Schriften Israels erst im Licht des Christusgeschehens erschließt. Das „Alte Testament“ war des—————— 36 Vgl. M. H ENGEL, Die Septuaginta als ,christliche Schriftensammlung‘, ihre Vorgeschichte und das Problem ihres Kanons, in: ders. / A.-M. Schwemer (Hgg.), Die Septuaginta zwischen Judentum und Christentum, WUNT 72, Tübingen 1994, 182–284; W. SCHNEEMELCHER, Bibel III. Die Entstehung des Kanons des Neuen Testaments und der christlichen Bibel, TRE 6 (1980), 22–48. 37 Vgl. F. H AHN, Theologie des Neuen Testaments, 2 Bd.e, Tübingen 2002, II, 111– 142. 38 Vgl. M. M ÜLLER , Neutestamentliche Theologie als Biblische Theologie. Einige grundsätzliche Überlegungen, NTS 43 (1997), 475–490. Zum grundsätzlich Methodischen sowie zum Umgang des Paulus mit der Schrift vgl. auch J. SCHRÖTER, Schriftauslegung und Hermeneutik in 2 Korinther 3. Ein Beitrag zur Frage der Schriftauslegung des Paulus, NT 40 (1998), 231–275.
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halb für die christliche Kirche von Beginn an Bestandteil der verbindlichen Schriftensammlung, was dann in der Auseinandersetzung mit Markion verteidigt wurde und zu einer grundlegenden Weichenstellung innerhalb der Christentumsgeschichte des 2. Jahrhunderts führte. In einer Theologie des Neuen Testaments muss dieser enge Bezug der neutestamentlichen Texte auf die Schriften Israels entsprechend gewichtet werden.39 Aus dieser traditionsstiftenden Funktion des Kanons folgt seine Bedeutung für das Selbstverständnis der christlichen Gemeinschaft.40 Mit dem Kanon ist ein Maßstab geschaffen, dem sich fortan alle theologischen Entwürfe des Christentums verpflichtet wissen. Der Kanon begründet damit eine bestimmte Sicht auf Wirklichkeit und Geschichte, die er zugleich gegenüber konkurrierenden Ansprüchen schützt – was sich bei den Auseinandersetzungen altkirchlicher Theologen wie Irenäus, Tertullian oder Origenes mit „häretischen“ Auffassungen zeigt. Die Festlegung des Kanons ist demnach Ausdruck eines umfassenderen Vorgangs, innerhalb dessen sich das entstehende Christentum auf bestimmte Überzeugungen festgelegt hat, die von da ab den Rahmen für seine Deutung von Wirklichkeit und Geschichte bilden. Beim neutestamentlichen Teil des Kanons wird das daran erkennbar, dass in ihn solche Schriften Eingang fanden, die das apostolische Zeugnis verbürgten, damit die Kontinuität zu den Anfängen der eigenen Tradition bei Jesus und den Aposteln sicherten und dem sich parallel herausbildenden Bekenntnis entsprachen. Damit ist die Entstehung der verbindlichen, „kanonischen“ Schriftensammlung eng verknüpft mit den Prozessen der Ausbildung des trinitarischen Bekenntnisses und der Abweisung häretischer Auffassungen durch die Alte Kirche. In einer Theologie des Neuen Testaments muss dieser „antihäretische Effekt“ des Kanons angemessen berücksichtigt werden. In der Entstehung des neutestamentlichen Kanons als Teil der christlichen Bibel spiegeln sich demnach zentrale Entwicklungen der frühen Kirche wider. Das lässt sich an den neutestamentlichen Bestandteilen des Kanons unschwer aufzeigen. Durch die Überlieferung von Jesus in der vierfachen Gestalt der Evangelien sowie durch die Briefe des Paulus und der übrigen Apostel wurde die maßgebliche Tradition gesichert. Die Auseinandersetzungen mit Markion,41 den gnostischen Bewegungen sowie dem —————— 39 Dass dies der hier vertretenen Sicht zufolge nicht in der Weise geschehen sollte wie in den Darstellungen von PETER STUHLMACHER und HANS HÜBNER, kann an dieser Stelle nur angedeutet werden. 40 Vgl. J. ASSMANN, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, München 1992, 125–129. 41 Zur Diskussion der bezüglich der Rolle Markions für die Herausbildung des Kanons zugespitzten Thesen von Harnacks und von Campenhausens vgl. A.M. RITTER, Die Entstehung des neutestamentlichen Kanons: Selbstdurchsetzung oder autoritative Ent-
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Montanismus42 zeigen darüber hinaus, dass diese Identität gegen eine Abwertung der Schriften Israels, gegen eine Aufgabe des Bezugs zur irdischen Person Jesu sowie gegen eine sich absolut setzende Prophetie erstritten werden musste. Der Kanon begründet demnach, um Ernst Käsemanns berühmtes Diktum zu zitieren, nicht die Einheit der Kirche (freilich auch nicht die Vielfalt der Konfessionen).43 Er verpflichtet den christlichen Glauben aber auf seine Anfänge und gibt ihm durch seine Entsprechung zum Bekenntnis sowie durch seine Profilierung in Konflikten mit „Häretikern“ Konturen. Betrachtet man die Funktion des neutestamentlichen wie des biblischen Kanons insgesamt auf diese Weise, scheiden bestimmte Wege des Umgangs mit ihm von vornherein aus: Zunächst scheidet ein Urteil wie dasjenige von Adolf von Harnack aus, der meinte, dass die protestantische Kirche sich vom Alten Testament als kanonischer Urkunde verabschieden sollte.44 Ebenso scheidet die gelegentlich anzutreffende Forderung aus, apokryphe Texte wie etwa das Thomasevangelium in den Rang kanonischer Schriften zu erheben. Beide Vorschläge werden der historischen Rolle des Kanons, das Profil des christlichen Glaubens durch ein bestimmtes Schriftencorpus zu illustrieren, zu legitimieren und durch kirchlichen Gebrauch zu festigen, in keiner Weise gerecht. Sie widersprechen zudem der Tatsache, dass der Kanon eine wirkungsgeschichtlich relevante Größe ist, deren Umfang gerade nicht der jeweiligen theologischen Überzeugung entsprechend verkürzt oder erweitert werden darf. Es scheiden aber auch zwei andere Wege aus: Den Kanon mit Wrede als altkirchliches Dogma zu beurteilen, an dessen Stelle eine historisch rekonstruierte urchristliche Religionsgeschichte zu treten habe, erweist sich als ebenso ungenügend wie mit Stuhlmacher und Wilckens die Einheit der in ihm versammelten Schriften durch einen dogmatischen Maßstab zu überhöhen, der den historischen Befund in ein theologisches Wahrheitsurteil transformiert. —————— scheidung?, in: A. u. J. Assmann (Hgg.), Kanon und Zensur. Beiträge zur Archäologie der literarischen Kommunikation 2, München 1987, 93–99. 42 Vgl. H. P AULSEN, Die Bedeutung des Montanismus für die Herausbildung des Kanons, in: DERS., Zur Literatur und Geschichte des frühen Christentums. Gesammelte Aufsätze (hg. von U.E. Eisen), WUNT 99, Tübingen 1997 310–343. 43 E. K ÄSEMANN, Begründet der neutestamentliche Kanon die Einheit der Kirche?, in: DERS., Exegetische Versuche und Besinnungen I, Göttingen 1964, 214–223. 44 A. VON H ARNACK, Marcion. Das Evangelium vom fremden Gott. Eine Monographie zur Geschichte der Grundlegung der katholischen Kirche. Neue Studien zu Marcion, Leipzig 21924 (unveränderter Nachdruck Darmstadt 1996), 217–223. Bekanntlich beurteilte Harnack es als „Folge einer religiösen und kirchlichen Lähmung“, dass der Protestantismus des 19. Jahrhunderts sich nicht dazu entschließen konnte, dem Alten Testament den Status einer „kanonischen Urkunde“ abzuerkennen.
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Schließlich besteht kein Anlass, Vielfalt, Differenzen oder Widersprüche – die sich bekanntlich unter den kanonischen Schriften zur Genüge finden – einzuebnen. Ebensowenig ist zwischen den einzelnen Schriften zwischen mehr oder weniger „bedeutsamen“ zu gewichten. Beide Wege – die Suche nach einer „Mitte der Schrift“ oder nach einem „Kanon im Kanon“ – sind vielmehr denkbar ungeeignet, dem „kanonischen Prinzip“ gerecht zu werden, dem zufolge die neutestamentlichen Schriften gemeinsam und in dieser Zusammenstellung – Ausdruck des christlichen Glaubens sind. Eine sachgemäße, weil der Entstehung des neutestamentlichen Kanons korrespondierende „kanonische Interpretation“ der neutestamentlichen Schriften hat sich dagegen an denjenigen Kriterien zu orientieren, die bei seiner Herausbildung leitend waren. Um dies weiter zu verfolgen, nehmen wir im folgenden Abschnitt zwei neuere Ansätze in den Blick.
3. Auf dem Weg zu einer Theologie des Neuen Testaments In einem interessanten Beitrag hat unlängst Gerhard Sellin dem „Dilemma einer heutigen Theologie des Neuen Testaments“ das Konzept einer „Theologie des Neuen Testaments als Darstellung der in den neutestamentlichen Schriften erkennbaren Symbolwelt“ gegenübergestellt.45 Nach Sellin „würde eine rein inhaltliche Systematisierung zu einer falschen Reduktion führen“, was bereits zu Recht gegen die alte Lehrbegriff-Methode ins Feld geführt worden sei. Zu berücksichtigen sei die konkrete Sprachform, in die die neutestamentlichen Autoren ihre Inhalte gefasst hätten. Diese sei wesentlich von Symbolen geprägt, worunter Sellin Zeichen versteht, „die inmitten einer Interpretanten-Gemeinschaft Bedeutungen transportieren, welche gegenüber der alltäglichen Gebrauchsbedeutung einen Mehrwert enthalten“, also auf einen anderen (bei religiöser Sprache: sakralen) Bereich verweisen, den sie zugleich repräsentieren. Die neutestamentlichen Texte seien von einer derartigen symbolischen Sprachverwendung durchdrungen, wie sich etwa an dem Ausdruck „Kreuz“ zeigen lassen, der für die Geschichte Jesu stehe und zugleich über diese hinausweise.46 In anderer Weise hat sich Ferdinand Hahn dem Problem der Konzeption einer Theologie des Neuen Testaments im Zeitalter der historischen Kritik zugewandt und seine Lösung in einem großen Werk eindrücklich vorgeführt. Der Entwurf – dessen beeindruckende Geschlossenheit und stupende Gelehrsamkeit seines Verfassers zu betonen sich erübrigt – ist dabei in die beiden Schritte „Vielfalt des Neuen Testaments“ und „Einheit des Neuen —————— 45 G. SELLIN, Zwischen Deskription und Reduktion. Aporien und Möglichkeiten einer Theologie des Neuen Testaments, EvTh 64 (2004), 172–186. 46 Ebd., 177f.
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Testaments“ aufgeteilt. Auf diese Weise soll das Vexierproblem von historischer Differenziertheit bei gleichzeitiger theologischer Zusammengehörigkeit der neutestamentlichen Schriften gelöst werden. Dieser Aufteilung entsprechend kommt die Kanonfrage aus zwei Perspektiven in den Blick. Zunächst geht Hahn innerhalb des ersten Teils in dem kurzen Paragraphen 42 „Kanonische und nichtkanonische Schriften“ auf das Verhältnis der neutestamentlichen zu den apokryphen Schriften sowie zu den Apostolischen Vätern ein.47 Im Blick auf den Kanon urteilt Hahn, dass er „zweifellos eine Entscheidung der Kirche“ sei, die jedoch auf der vorausliegenden „Wahrung und Weitergabe der Jesustradition“, der Abfassung der Briefe und Evangelien sowie der beginnenden Sammlungen urchristlicher Schriften aufbaue und „im Zusammenhang mit dem Leben der Kirche“ stehe. Er stelle insofern eine Konsequenz dar, „die der Intention der dabei zusammengefaßten Schriften durchaus entspricht“ (736). Die Apostolischen Väter seien, gemeinsam mit den Spätschriften des Neuen Testaments, als „Schriften der Übergangszeit“ zu berücksichtigen. Dagegen sei die apokryphe Literatur „im Zusammenhang einer neutestamentlichen Theologie beiseite zu lassen, da sie aufgrund ihrer Gesamttendenz nicht zur Glaubensgrundlage gehören kann“ (741). Im zweiten Teil mit dem Untertitel „Thematische Darstellung“ äußert sich Hahn innerhalb des Paragraphen 1 „Die Aufgabenstellung“ an zwei Stellen zur Kanonfrage. Zunächst geht er auf das Verhältnis einer Theologie des Neuen Testaments zu einer Religionsgeschichte des Urchristentums ein. Beides sei kategorial voneinander unterschieden, da in einer Theologie des Neuen Testaments wie auch einer Theologiegeschichte des Urchristentums „die Frage nach der Wahrheit nicht ausgeklammert werden kann“. Von daher ergebe sich „grundsätzlich eine Orientierung am Kanon des Neuen Testaments“ (2). Etwas später wird dann das Verhältnis von Theologiegeschichte und Theologie präzisiert: Eine Theologie des Neuen Testaments setze die Theologiegeschichte voraus und stelle deren notwendige Weiterführung dar, indem sie nach gemeinsamen Strukturen der Glaubenszeugnisse des Neuen Testaments frage (23). Entscheidend für die Orientierung am Kanon sei dabei, neben den bereits genannten Aspekten, dass die ins Neue Testament aufgenommenen Schriften „durchweg die Intention haben, ,apostolische Tradition‘ festzuhalten“ und andere Dokumente „gemessen an dem als normativ anerkannten urchristlichen Glaubenszeugnis“ den kanonischen nicht als gleichrangig anzusehen seien (25). —————— 47 F. H AHN, Theologie I (s. Anm. 37), § 42, 734–742. Da es sich im ersten Teil ausweislich des Untertitels um eine „Theologiegeschichte des Urchristentums“ handelt, wäre es treffender, mit Dieter Lührmann von neutestamentlich und apokryph gewordenen Schriften zu sprechen. Die Zusammenstellung der „Apostolischen Väter“ stammt bekanntlich, worauf Hahn auch ausdrücklich hinweist, sogar erst aus dem 17. Jahrhundert.
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Mit den programmatischen Ausführungen zur Symbolwelt der urchristlichen Texte bei Sellin und der Bestimmung des Kanons als Sammlung des normativen Glaubenszeugnisses der Kirche bei Hahn sind wichtige Impulse im Blick auf die Konzeption einer Theologie des Neuen Testaments benannt. Sie machen deutlich, dass neben den Differenzierungsprozessen innerhalb des frühen Christentums konvergierende Aspekte und einheitsstiftende Tendenzen wahrzunehmen sind. Dazu gehören zum einen – worauf Sellin hinweist – Symbole, die ein gemeinsames Wirklichkeitsverständnis der an Jesus Christus Glaubenden anzeigen. Dazu gehören des Weiteren – worauf Hahn aufmerksam macht – diejenigen Entwicklungen, durch die sich die frühe Kirche in der Auswahl verbindlicher Schriften auf das urchristliche Glaubenszeugnis, wie es in der apostolischen Tradition festgehalten wurde, verpflichtete. Allerdings fehlt sowohl bei Sellin als auch bei Hahn eine Darstellung ebendieser Entwicklungen, die zur Entstehung des Neuen Testaments geführt haben. Die Hinweise bei Hahn auf den „Zusammenhang mit dem Leben der Kirche“ und das Festhalten der apostolischen Tradition sind zweifellos zutreffend. Sie arbeiten aber nicht die Merkmale heraus, die für die Unterscheidung verschiedener Schriftengruppen sowie für die Herausbildung einer „kanonischen“ Schriftensammlung als Ausdruck von Tradition und Bekenntnis maßgeblich sind. Damit wird in Hahns Entwurf beim Übergang von der Theologiegeschichte des Urchristentums zur systematischen Darstellung der Inhalte der neutestamentlichen Schriften jedoch ein substantieller Schritt übersprungen: die Betrachtung derjenigen Prozesse nämlich, durch die aus den betreffenden theologischen Entwürfen des Urchristentums kanonische Schriften geworden sind, auf der christliche Theologie und Kirche seither gründen. Die Kriterien, anhand derer die „Einheit des Neuen Testaments“ im zweiten Band entwickelt wird, sind darum auch nicht an der Entstehung des Neuen Testaments – also an der historischen Herausbildung dieser Einheit – gewonnen. Vielmehr geht Hahn von der Theologiegeschichte des Urchristentums zur systematischen Darstellung über, ohne die Entwicklungen eigens zu betrachten, durch die aus historischen Dokumenten des Urchristentums kanonische Schriften der christlichen Kirche geworden sind. Hierfür wären die oben genannten inneren und äußeren Impulse in den Blick zu nehmen, die bei der Ausbildung des neutestamentlichen Kanons zusammengewirkt haben: Sicherung der Kontinuität zu den Anfängen und damit Begründung einer eigenen Tradition, Rückgriff auf die Geschichte und die Schriften Israels, Zusammenhang von „Kanon“ und Bekenntnis sowie Abgrenzung von „häretischen“ Deutungen. Illustrieren lässt sich dies anhand des lukanischen Doppelwerkes: Lukas hat sein Werk als zwei Teile einer Darstellung verfasst, in denen die Entwicklung von Jesus über
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die frühen Zeugen bis hin zu Paulus beschrieben wird. Im Prozess der Kanonisierung wurde das LkEv sodann zum Bestandteil der Vier-EvangelienSammlung, die Apg wurde unabhängig davon und gemeinsam mit den „katholischen Briefen“ in den Kanon aufgenommen und erhielt dabei eine über die Fortsetzung des LkEv hinausreichende Funktion als Geschichte der ersten Jahrzehnte der Kirche. Sie stellt nunmehr – über ihre ursprüngliche Intention hinaus – die für das frühe Christentum grundlegende Erzählung über den Zusammenhang von Jesus, den Aposteln und Paulus dar und bezieht auf diese Weise die verschiedenen Schriften – Evangelien, Apostelbriefe und Paulusbriefe – aufeinander. Verbürgt wurden beide Werke schließlich durch die Autorität des Paulus, als dessen Begleiter Lukas in der Alten Kirche angesehen wurde. Dies macht exemplarisch deutlich, dass der Kanon das Resultat eines komplexen Prozesses ist, innerhalb dessen sich diejenigen Schriften als verbindlich herausstellten, die mit dem Bekenntnis übereinstimmen, durch apostolische Autorität verbürgt sind und in den frühen Gemeinden gelesen wurden.48 Damit wird die grundlegende Bedeutung des Kanons für eine Theologie des Neuen Testaments deutlich: Eine Theologie des Neuen Testaments muss diejenigen Inhalte herausarbeiten, die für die im Neuen Testament versammelten Schriften – und zwar in dieser Zusammenstellung! – kennzeichnend sind. Dabei sind sowohl die in diesen Schriften selbst angelegten als auch die bei ihrer Zusammenstellung zu „kanonischen Schriften“ leitenden Aspekte zu berücksichtigen. Weiter ist darauf zu achten, inwiefern die Kriterien der Übereinstimmung mit dem Bekenntnis und der Apostolizität bei den jeweiligen Schriften aus der Sicht der Alten Kirche als erfüllt betrachtet wurden. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass der neutestamentliche Kanon deshalb eine Vielfalt urchristlicher Glaubenszeugnisse in sich vereinigt, weil er nicht durch eine formale Festsetzung, sondern durch Ausschluss derjenigen Schriften zustande kam, die den genannten Kriterien nicht genügten. Eine neutestamentliche Theologie hat aufgrund dieses Zustandekommens des Kanons die gemeinsamen Konturen sichtbar zu machen, in denen sich diese Schriften bewegen, ohne dabei deren jeweilige Besonderheiten stärker systematisieren zu wollen, als diese selbst es zulassen. Differenzen und Widersprüche zwischen den neutestamentlichen Schriften erklären sich vor dem Hintergrund der Kanongeschichte so, dass sie den im Bekenntnis zum Ausdruck kommenden Kern des christlichen Glaubens nicht in Frage stellen. Deshalb können sie auch in einer Theologie des Neuen Testaments nebeneinander stehen bleiben. Es geht also letztlich um die Erfassung der Geschichtlichkeit des Christentums als einer Religion mit einem weiten, aber nicht konturenlosen Spielraum für Interpretationen. Um diesen abzuschreiten ist – nicht zuletzt —————— 48
Vgl. B.M. METZGER, Kanon (s. Anm. 32), 238–241.
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aus wirkungsgeschichtlicher Perspektive – eine Orientierung an denjenigen Kriterien, die sich aus der Abgrenzung eines verbindlichen Schriftencorpus ergeben und zur Herausbildung des biblischen Kanons geführt haben, historisch und theologisch geboten.49 Die Nachzeichnung derjenigen theologiegeschichtlichen Entwicklungen, durch die sich im 2. und 3. Jahrhundert verschiedene Richtungen innerhalb des frühen Christentums – und darüber hinaus – herausbildeten, dient dabei dazu, diejenigen Aspekte herauszuarbeiten, die sich für das Neue Testament als Grundlage der christlichen Kirche als prägend und unverzichtbar erwiesen und deshalb in einer Theologie des Neuen Testaments eine Leitfunktion besitzen. Dies führt zu dem letzten hier zu nennenden Aspekt. Wie bereits deutlich wurde, verdankt sich die Infragestellung des Kanons einer Entwicklung, in der die historisch-kritische Bibelwissenschaft in den Sog des Historismus geraten war. Der Kanon wurde dabei unzutreffenderweise als willkürliche dogmatische Setzung beurteilt, mit dessen Verabschiedung zugleich die Idee einer Theologie des Neuen Testaments hinfällig werde. Sind die Voraussetzungen dieser Position als unzureichend erkannt, wird zugleich deutlich, dass die in der neueren geschichtstheoretischen Diskussion herausgestellten erkenntnistheoretischen und hermeneutischen Aspekte der Aneignung der Vergangenheit auch und gerade im Blick auf die Konzeption einer Theologie des Neuen Testaments von Bedeutung sind. Die neutestamentliche Wissenschaft als theologische Disziplin hat die frühchristlichen Texte als Bestandteile desjenigen Prozesses verständlich zu machen, der etwa in den ersten drei Jahrhunderten zur Herausbildung der christlichen Kirche geführt hat. Einer Theologie des Neuen Testaments kommt dabei die Aufgabe zu, die im Neuen Testament versammelten Zeugnisse im Blick auf das in ihnen gemeinsam zum Ausdruck kommende Verständnis des Handelns Gottes in Jesus Christus miteinander in Beziehung zu setzen und als Dokumente zu interpretieren, die zur Formierung christlicher Identität beigetragen haben. Der neutestamentliche Kanon tritt auf diese Weise als ein Dokument in den Blick, durch den sich die entstehende Kirche ein Schriftencorpus geschaffen hat, mit dessen Hilfe sie die Kontinuität zu ihren Anfängen wahrte und ihre grundlegende, auch im Bekenntnis festgehaltene Tradition schützte und verteidigte. Seine Funktion für eine Theologie des Neuen Testaments geht demzufolge nicht darin auf, „Sammelbecken“ derjenigen —————— 49 Vor dem Hintergrund des oben dargestellten Kanonverständnisses lässt sich somit mit J. ASSMANN, Gedächtnis (s. Anm. 40), 129, auch im Blick auf die neutestamentliche Wissenschaft formulieren: „Die Aufgabe der historischen Wissenschaften kann nicht mehr darin gesehen werden, die Kanon-Grenzen einzureißen, zu ,zersetzen‘ (Gadamer), sondern zu reflektieren und in ihrer jeweiligen normativen und formativen Struktur bewusst zu machen.“
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Entwürfe zu sein, die dann jeweils separat darzustellen wären und über die ggf. auch hinauszugehen ist. Die historische und theologische Bedeutung des Kanons ist vielmehr erst dann zur Geltung gebracht, wenn der Kanon als theologiegeschichtliches Dokument gewürdigt und die in ihm befindlichen Schriften auf dieser Grundlage in ihrem kanonischen Zusammenhang ausgelegt werden.
4. Historischer Jesus und neutestamentliche Theologie Das bisher Ausgeführte soll im Folgenden exemplarisch an der Frage nach dem historischen Jesus verdeutlicht werden. Diese eignet sich deshalb zur Konkretion, weil sie am Beginn der historisch-kritischen Bibelwissenschaft steht, sie seither begleitet und in den letzten Jahren – ausgehend vom angelsächsischen Bereich – bekanntlich einen neuen Aufschwung erlebt hat.50 Im Blick auf eine Theologie des Neuen Testaments stellt sich dabei die Frage, ob bzw. inwiefern der „historische Jesus“ in eine solche gehört. Dieses Problem wird bekanntlich seit den berühmten Sätzen, mit denen Rudolf Bultmann seine Theologie eröffnete, intensiv diskutiert.51 Im Hintergrund steht dabei die Frage, ob der christliche Glaube unmittelbar auf das Wirken Jesu oder aber auf das Zeugnis, das ihn als Repräsentanten Gottes und von Gott vom Tode Auferweckten und Erhöhten verkündigt, zu gründen ist.52 Festzuhalten ist dabei zunächst, dass zwischen dem historisch rekonstruierten Jesus und dem irdischen Jesus, auf den sich die neutestamentlichen Autoren beziehen, zu unterscheiden ist. Hinter den Texten des Neuen Testaments steht natürlich nicht ein solches Bild von Jesus, das mit den Mitteln heutiger historischer Kritik erstellt wird. Die neutestamentlichen Autoren verarbeiten vielmehr auf je eigene Weise ihnen zugängliche Informationen über das Wirken und Geschick Jesu zu Bildern, die vom Glauben daran geprägt sind, dass in seinem Kommen das Heil Gottes of—————— 50 Vgl. etwa W.T. T ELFORD, Major Trends and Interpretative Issues in the Study of Jesus, in: B. Chilton / C.A. Evans (Hgg.), Studying the Historical Jesus. Evaluations of the State of Current Research, NTTS 19, Leiden u. a. 1994, 33–74; J.P. MEIER, The Present State of the ‚Third Quest‘ for the Historical Jesus: Loss and Gain, Bib 80 (1999), 459–487. 51 R. B ULTMANN, Theologie des Neuen Testaments (hg. von. O. M ERK), Tübingen 9 1984, 1f.: „Die Verkündigung Jesu gehört zu den Voraussetzungen der Theologie des NT und ist nicht ein Teil dieser selbst. Denn die Theologie des NT besteht in der Entfaltung der Gedanken, in denen der christliche Glaube sich seines Gegenstandes, seines Grundes und seiner Konsequenzen versichert. Christlichen Glauben aber gibt es erst, seit es ein christliches Kerygma gibt …“. 52 Vgl. F. HAHN, Vielfalt und Einheit (s. Anm. 29), 165.
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fenbar geworden ist. Das bedeutet weder, dass es deshalb unmöglich wäre, ein historisch-kritisches Bild von Jesus zu zeichnen,53 noch dass der irdische Jesus damit für eine Theologie des Neuen Testaments belanglos wäre. An dieser Stelle hat Bultmann zweifellos eine zu scharfe Diastase zwischen der Verkündigung Jesu und dem urchristlichen „Kerygma“ formuliert, die in späteren Entwürfen häufiger modifiziert und relativiert wurde.54 Dabei wurde deutlich, dass Bultmann die Bedeutung des irdischen Wirkens Jesu für die Ausbildung der urchristlichen Theologie deutlich zu gering gewichtet hatte. Richtig bleibt gleichwohl seine Einsicht, dass Jesus innerhalb einer Theologie des Neuen Testaments nur aus der Perspektive der Glaubenszeugnisse von Bedeutung ist, jedoch nicht unabhängig davon. Dies wiederum bedeutet, dass nicht ein historisch-kritischer Entwurf des Wirkens und Geschicks Jesu die Grundlage einer neutestamentlichen Theologie bilden kann, sondern nur die Bezugnahme auf den irdischen Jesus in den Glaubenszeugnissen des Urchristentums. Die neutestamentlichen Texte basieren auf der Überzeugung, dass das Kommen Jesu eine Offenbarung Gottes war. Seine Person und sein Wirken werden deshalb mit Hilfe solcher Kategorien interpretiert, die ihn in unmittelbare Nähe zu Gott rücken und seine Sendung in die Welt als ein Ereignis beschreiben, durch das Gott den Menschen sein Heil anbietet. Das konnte auf unterschiedliche Weise entfaltet werden. In den synoptischen Evangelien ist Jesus der Menschensohn, der auf der Erde vollmächtig gewirkt hat und auf dessen Wiederkommen zum Gericht man vorausblickt. Paulus entwirft seine Christologie von dem erhöhten Gottessohn her, der als Kyrios herrscht und der durch die Anteilhabe an seinem Tod bereits in der Gegenwart die Möglichkeit eröffnet, durch das Endgericht hindurchzugehen. Das irdische Wirken ist dabei nur von untergeordnetem Interesse. Im Hebräerbrief erscheint der irdische Jesus als derjenige, der den Menschen in allem gleich geworden ist, im 1. Petrusbrief als derjenige, der auf vorbildliche Weise gelitten hat. In beiden Texten geht es dabei nicht um Bezüge auf tatsächliche Ereignisse aus dem Leben Jesu, sondern um ein Merkmal seiner irdischen Existenz, nämlich seine Niedrigkeit und sein Leiden. Johannes beschreibt Jesus als den von Gott gesandten Logos, der den Weg zum Vater öffnet und an den man glauben muss, um aus dem —————— 53 Vgl. dazu die neueren Jesusdarstellungen etwa von J.D.G. D UNN, Jesus Remembered, (Christianity in the Making, Volume 1), Grand Rapids 2003; M. EBNER, Jesus von Nazaret in seiner Zeit. Sozialgeschichtliche Zugänge, SBS 196, Stuttgart 2003, oder S. FREYNE, Jesus (s. Anm. 14). Meinen eigenen Entwurf habe ich vorgelegt in: J. SCHRÖTER, Jesus von Nazaret (s. Anm. 14). 54 Vgl. H. CONZELMANN, Grundriß der Theologie des Neuen Testaments, Tübingen 4 1987, 58–87, sowie die Entwürfe von L. GOPPELT, Theologie des Neuen Testaments, 2 Bd.e, Göttingen 1975/76, E. LOHSE, Grundriß der neutestamentlichen Theologie, ThW 5,1, Stuttgart 51998 und F. HAHN, Theologie (s. Anm. 37).
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Bereich der Sünde in denjenigen des Lichtes und der Wahrheit hinüberzutreten. Dieses hier nur anzudeutende Spektrum von Bezugnahmen auf den irdischen Jesus im Neuen Testament zeigt, dass der irdische – nicht der „historische“! – Jesus auf verschiedene Weise in die urchristlichen Theologien eingegangen ist. Als gemeinsames Merkmal lässt sich dabei erkennen, dass die Bezugnahme auf das irdische Wirken und Geschick zwar nicht durchgängig im Vordergrund steht, das Menschsein Jesu aber durchgängig vorausgesetzt ist. Nicht der historische, sondern nur der in verschiedener Weise rezipierte irdische Jesus ist deshalb Gegenstand einer Theologie des Neuen Testaments. Im Blick auf die Herausbildung des Kanons ist von Bedeutung, dass das Bekenntnis zum wahren Menschsein Jesu ein Kriterium dafür war, ob Schriften als verbindlich anerkannt oder aber verworfen wurden. Dabei stehen Kontroversen mit Spielarten doketischer Christologie im Hintergrund, die sich bereits im 1. und 2. Johannesbrief andeuten und sich später zuspitzen sollten. Bekanntlich lag an dieser Stelle eines der gravierenden Probleme der altkirchlichen Christologie, die sich nach langen Auseinandersetzungen schließlich auf die Formel einigte, Jesus gleichermaßen volle Gottheit und volle Menschheit zuzusprechen. War also das Festhalten am vollständigen Menschsein Jesu ein wichtiges Merkmal der altkirchlichen Bekenntnisbildung, so ist unmittelbar einsichtig, dass auch nur solche Schriften als verbindlich anerkannt wurden, in denen dieses Bekenntnis Ausdruck fand. Der bereits genannte Zusammenhang von Kanon und Bekenntnis liefert also zugleich ein Kriterium für eine Theologie des Neuen Testaments: Das Heilshandeln Gottes in Jesus Christus ist gebunden an die wahrhaftige und vollständige Menschwerdung Jesu. Deshalb konnte eine Schrift wie das Johannesevangelium, in der Göttlichkeit und Menschlichkeit Jesu in spannungsvoller Weise aufeinander bezogen sind, einen Platz im Neuen Testament erhalten, wogegen das Petrusevangelium oder die Apokalypse des Petrus aus Nag Hammadi diesem Bekenntnis nicht entsprechen und sich deshalb auch nicht unter den anerkannten Schriften behaupten konnten.
5. Fazit Zum Abschluss dieser Ausführungen sollen in sechs Thesen Konsequenzen der hier vorgestellten Überlegungen formuliert werden. 1) Im Blick auf die Grundlegung einer Theologie des Neuen Testaments lässt sich gegenwärtig eine Unklarheit in der Verhältnisbestimmung von Theologie des Neuen Testaments und Theologie- oder Religionsgeschichte
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des Urchristentums feststellen. Diese lässt sich darauf zurückführen, dass die einer Theologie des Neuen Testaments innewohnende Spannung von Vielfalt urchristlicher Theologien und Einheit einer Theologie des Neuen Testaments in der Regel durch Auflösung eines der beiden Pole zugunsten des jeweils anderen bewältigt werden sollte. Weiterführend erscheint dagegen, diese Spannung als eine notwendige, dynamische und produktive Spannung zu begreifen, deren Ursache in dem Verhältnis von historischer Entstehung und späterer Kanonisierung der neutestamentlichen Schriften liegt. 2) Dabei gewinnt der neutestamentliche Kanon neue Relevanz als Zeugnis für den Prozess der Entstehung des christlichen Glaubens. In diesem Prozess sind grundlegende Entscheidungen über die Gestalt des Christentums gefallen, die sich sowohl im christlichen Bekenntnis als auch in der Gestalt des neutestamentlichen Kanons niedergeschlagen haben. Der Kanon dient dabei der Bewahrung und Verteidigung der grundlegenden christlichen Tradition. Eine Theologie des Neuen Testaments kann deshalb nicht durch eine Religionsgeschichte des Urchristentums ersetzt werden, denn es ist eine grundlegende Aufgabe der neutestamentlichen Wissenschaft, die kanonisch gewordenen Schriften als Zeugnisse auszulegen, die für das Christentum bleibend gültiger Maßstab sind. 3) Der kanonische Status der neutestamentlichen Schriften kann dabei nicht durch die Berufung auf deren Inspiriertheit gesichert werden. Hierbei handelt es sich vielmehr um einen Zirkelschluss, bei dem die besondere Stellung dieser Schriften bereits vorausgesetzt ist, den sie erst im Zusammenhang der Entstehung des Kanons erhielten. Dagegen ist es für eine Theologie des Neuen Testaments substantiell, diejenigen Entwicklungen in den Blick zu nehmen, durch die aus historischen Dokumenten des Urchristentums kanonische Schriften der christlichen Kirche wurden. 4) Eine Theologie des Neuen Testaments bewegt sich demnach zwischen den beiden Polen der Entstehung der neutestamentlichen Schriften und ihrem späteren Status als verbindliche, kanonische Zeugnisse. Sie hat deshalb die Kriterien zu berücksichtigen, die zur Unterscheidung zwischen anerkannten, umstrittenen und verworfenen Schriften führten. Dabei sind die Texte der frühchristlichen Autoren so darzustellen, dass sie als Stellungnahmen innerhalb eines gemeinsamen Glaubenshorizontes erkennbar werden. Das Handeln des Gottes Israels in Jesus Christus ist demnach so darzustellen, dass eine Kohärenz unter den jeweils aktuellen Verstehensbedingungen hergestellt wird. Eine solche Kohärenz, die nicht schon durch historische Analyse der Einzelschriften, sondern erst durch ihre gemeinsame Interpretation als Schriften eines den christlichen Glauben bezeugenden Corpus entsteht, unterscheidet eine Theologie des Neuen Testamentes zugleich von einer Religionsgeschichte des Urchristentums. Eine kanoni-
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sche Interpretation der neutestamentlichen Texte geht deshalb notwendigerweise über deren historische Analyse hinaus und wird so zu einer „Kunstleistung“ des Verstehens im Sinne Schleiermachers.55 5) Angewandt auf die Frage nach dem historischen Jesus innerhalb einer Theologie des Neuen Testaments bedeutet dies, dass nicht eine historische Rekonstruktion von Wirken und Geschick Jesu die Grundlage einer Theologie des Neuen Testaments sein kann, sondern nur die Bezugnahmen auf den irdischen Jesus in den neutestamentlichen Schriften. Diese Bezugnahmen erfolgten in unterschiedlicher Weise, stimmen aber darin überein, dass das Menschsein Jesu außer Frage steht und in kontroversen Situationen auch verteidigt wird. Dies hat seine Analogie in den christologischen Kontroversen der Alten Kirche, in denen das wahre Menschsein Jesu gegen seine Bestreitung festgehalten wurde. Damit ist zugleich ein Maßstab der Abgrenzung anerkannter von abgelehnten Schriften gewonnen, der für eine Theologie des Neuen Testaments fruchtbar zu machen ist. 6) Eine Theologie des Neuen Testaments arbeitet auf diese Weise den Beitrag der neutestamentlichen Wissenschaft zur christlichen Theologie heraus. Schon Schleiermacher hatte erkannt, dass die „rein philologische und historische Ausbeute, die der Kanon verspricht … nicht reich genug [ist], um zu eine[r] solchen zu reizen.“56 Nur wenn die neutestamentliche Wissenschaft der Frage verpflichtet bleibt, wie ein auf die neutestamentlichen Schriften verpflichtetes Christentum Gestalt gewinnen kann, ist ihr Ort im Spektrum der theologischen Fächer sachlich begründet. Damit liefert sie zugleich ihren Beitrag zur christlichen Theologie als dem kritischen Nachvollzug des Glaubens und Lebens der Christen.
—————— 55 Vgl. F.D.E. SCHLEIERMACHER, Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen, § 132: „Das vollkommne Verstehen einer Rede oder Schrift ist eine Kunstleistung, und erheischt eine Kunstlehre oder Technik, welche wir durch den Ausdruck Hermeneutik bezeichnen.“ Zitiert nach: H. SCHOLZ, Schleiermachers Kurze Darstellung des theologischen Studiums, Leipzig 1935, 53. 56 Ebd., § 147.
Die Aufgaben der Theologie des Neuen Testaments Verstehen als interdisziplinäre Kunst der Interpretation von
FRANÇOIS VOUGA Die Theologie des Neuen Testaments als kritische und gleichzeitig systematische Darstellung der wesentlichen Aussagen des Neuen Testaments steht vor einer Reihe von Aufgaben, die sie sowohl von der protestantischen Tradition erbt, die die Theologiegeschichte als Geschichte der Bibelauslegung definiert, als auch von einer intellektuellen und religiösen Situation, in der die Autorität des Christentums ihre Evidenz verloren hat. Diese Aufgaben konkretisieren eine doppelte Verantwortung der Interpretation gegenüber den Diskursen der Gesellschaft und gegenüber der Selbstvergewisserung des christlichen Glaubens: – Die Weiterführung der konfessionsübergreifenden Auseinandersetzung über die Wahrheit des Christentums. – Die Fortsetzung des interdisziplinären Dialogs mit der klassischen Philologie, mit der Philosophie, mit den Literaturwissenschaften, mit der Kunstgeschichte, mit der Psychologie und mit der Medizin über das Verständnis der menschlichen Existenz. – Der Versuch, die ethischen, sozialen und politischen Aussagen des Neuen Testaments als einen der Gründungstexte der abendländischen Kultur zu verstehen und sie in den gesellschaftlichen Diskurs einzubringen.
I. Thesen zur Selbstdefinition und zu den aktuellen Aufgaben der Theologie des Neuen Testaments. Ein Manifest These 1: Die Theologie des Neuen Testaments definiert sich selbst durch die doppelte Aufgabe der Interpretation der kanonischen Schriften und des geistigen Lebens ihrer Leser.
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Die Aufgabe, die eine akademische und kritische Disziplin der Auslegung, der Interpretation und der Theologie des Neuen Testaments zu erfüllen hat, ist eine doppelte. – Auf der einen Seite trägt sie die institutionelle Verantwortung, den Sinn und die Relevanz des Neuen Testaments als eines der grundlegenden Texte, die den Kanon der abendländlichen Kultur bilden, für das geistige Leben und für die Gestaltung des politischen und sozialen Denkens aktiv zu vergegenwärtigen. – Auf der anderen Seite versteht sie es als ihre Aufgabe, zu einem persönlichen und begründeten Verständnis der Bedeutung und der Tragweite der wesentlichen Aussagen des neutestamentlichen Zeugnisses für die Predigt der Kirche, für das Selbst- und Weltverständnis der Einzelnen und für das alltägliche Leben beizutragen. Die theologische Reflexion des Neuen Testaments stellt sich als ein vielfältiger Versuch vor, die Osterbotschaft und die Verkündigung der Gottesoffenbarung in der Geschichte Jesu zu verstehen und zu denken1. Sie setzt Gottesvorstellungen voraus, die keine spekulative Theologie bilden, sondern die Erkenntnis Gottes und die Erkenntnis des Menschen als eine gemeinsame Sache miteinander verbinden (Jehan Calvin)2. Daraus folgt, daß sich die Aufgabe einer akademischen und kritischen Theologie des Neuen Testaments auf die Ausformulierung und auf die Vermittlung eines Wissens nicht beschränken kann. Sie besteht vielmehr darin, einen Zugang zum existentiellen Verständnis der kanonischen Texte und zu einer wechselseitigen Interpretation ihres Zeugnisses und der Situation der Leser durch einen Lernprozeß des Lesens zu öffnen. Der Rückbezug auf einen Kanon von Texten, die als maßgebliche Gründungsdokumente anerkannt werden, setzt voraus sowohl ein Verständnis der alten Texte von den Fragen der Gegenwart her als auch eine Deutung der Gegenwart von der Autorität einer Wahrheit her, auf welche diese Texte verweisen. Die Aufgabe des Lesens ist in einer Verheißung begründet, die ihre befreiende Kraft in dem Aufbau einer persönlichen Überzeugung der Leser, in der kritischen Wahrnehmung der angeblichen Evidenzen des Augenblicks und in der bedingungslosen Identität, die sie den Menschen schenkt, erweist. Die wesentlichen Aussagen des Neuen Testaments verweisen auf die Kraft eines befreienden Wortes, das jeden Menschen als Person unabhängig von seinen Eigenschaften anerkennt und in die neue Schöpfung einer selbstreflexiven, geistige und ethisch verantwortliche Subjektivität ver—————— 1 R. B ULTMANN, Die Theologie des Neuen Testaments, Tübingen 1948–1951. 2 Jehan Calvin, Institution de la religion chrétienne Livres I–IV et Glossaire, tables et références, édition critique avec introduction, notes et variantes par Jean-Daniel Benoît, Paris 1957–1963, Bibliothèque des textes philosophiques.
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wandelt.3 Zur Disziplin der Theologie des Neuen Testaments gehört die Aufgabe, sowohl die existentielle Veränderung, die das Hören des Evangeliums bedeutet, als auch ihre ethischen und politischen Konsequenzen zu erklären. Die aufklärerische, theologische und anthropologische Kritik der Götzenkulte, der Besessenheit, aber auch der Gefangenschaften, die sie verursachen, gehört unmittelbar zu ihrer intellektuellen Verantwortung4 . Die Illusion eines Endes der Ideologien und die Mutlosigkeit, die in einer neu globalisierten Welt einsetzt, verschärfen ihre Notwendigkeit. These 2: Die Theologie des Neuen Testaments definiert sich als eine historische Disziplin, die die Vergangenheit von der Gegenwart her auslegt und die Gegenwart von der Vergangenheit her deutet. Historisch gesehen hat die Theologie des Neuen Testaments als Disziplin ihre Wurzeln in einer Unterscheidung, die im 18. Jahrhundert zwischen dogmatischer Theologie und biblischer Theologie vorgenommen worden ist.5 Die Unterscheidung ergibt sich aus dem kritischen Willen, eine gewisse Unabhängigkeit der Lesung, der Interpretation und des Verständnisses der Heiligen Schrift gegenüber den systematischen und dogmatischen Darstellungen der christlichen Lehre zu entwickeln. Das Programm dieser Unterscheidung zwischen dem Verständnis der Texte und der Erklärung der Artikel der Glaubensbekenntnisse ist zum ersten Mal von Johann Philipp Gabler (1753–1826) formuliert worden. Das Anliegen Gablers war, die Texte für sich und als historische Gegebenheiten ernst zu nehmen und sie nicht als Autoritäten oder als Beweismittel für die Begründung christlicher Überzeugungen zu verwenden. Georg Lorenz Bauer (1755–1806) verdankt man dann eine zweite Unterscheidung zwischen biblischer Theologie des Alten und des Neuen Testaments. Als Konsequenz definiert sich die Theologie des Neuen Testaments als eine historische Disziplin. Auffällig ist auf jeden Fall, daß die Beschreibung und die Interpretation der Entstehungsgeschichte und der darauffolgenden Entwicklungen der frühchristlichen Lehrsysteme das beherrschende Paradigma bilden, nach welchem die klassischen Theologien des Neuen Testaments konzipiert worden sind. Diese historische Leitfrage prägt nicht —————— 3 B. Pascal, Pensées. 4 E. K ÄSEMANN, Kirchliche Konflikte I, Göttingen 1982. 5 H.J. H OLTZMANN, Lehrbuch der neutestamentlichen Theologie I und II, Freiburg und Leipzig 1897, hier Bd. I, 1–27; O. MERK, Biblische Theologie des Neuen Testaments in ihrer Anfangszeit. Ihre methodische Probleme bei Johann Philipp Gabler und Georg Lorenz Bauer und deren Nachwirkungen, MThSt 9, Marburg 1972.
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nur die historischen Hypothesen des Lehrbuchs von Ferdinand Christian Baur6, sondern auch, als genetische und als existentielle Kategorie, die synthetische Darstellung von Rudolf Bultmann. Mit sehr verschiedener philosophischer Voraussetzung verweisen sowohl Baur als auch Bultmann auf den hermeneutischen Zirkel der historischen Interpretation. Die Theologie des Neuen Testaments ist insofern historisch, als sie die frühchristliche Entfaltung des Kerygmas als einen historischen Prozeß analysiert und als sie die historische oder existentielle Situation ihrer Leser von einem Kanon her interpretiert, der aus historischen Texten besteht. Die Aufgabe der Theologie des Neuen Testaments besteht also in der gegenseitigen Auslegung eines Textes, der dadurch existiert, daß er gelesen wird oder gelesen werden kann, und seiner Interpreten, die den Text auslegen und ihn zur Sprache bringen. Diese gegenseitige Auslegung kann weder von der religiösen, philosophischen, sozialen und politischen Verwurzelung der neutestamentlichen Schriften noch von der kontingenten Verortung der Leser absehen. Daraus folgt, daß die historische Dimension der Aufgaben der Theologie des Neuen Testaments sich in der Rekonstruktion einer vergangenen Geschichte nicht erschöpfen darf: Ihr Sinn besteht nämlich in einem historischen und existentiellen Dialog, der Text und Leser miteinander verbindet. These 3: Die Theologie des Neuen Testaments definiert sich weder als eine Wissenschaft noch als eine Vermittlung von Wissen, sondern als eine Kunst und als ein Handwerk des Verstehens und des Denkens. Eine grundsätzliche Diskussion über den wissenschaftlichen Charakter der Theologie ist von Hans Albert7 angestoßen worden, der sich explizit aber nur indirekt an Karl Popper, der eher die Psychoanalyse im Blick hatte, anschließt. Dies soll uns veranlassen, über die Wissenschaftlichkeit der Theologie des Neuen Testaments neu nachzudenken. Eine differenzierte Antwort zu Hans Albert hat Pierre Paroz8 auf der systematischen Ebene der Erkenntnistheorie entworfen. In einer unmittelbaren Kontinuität zu dem existentialen Denken von Søren Kierkegaard und Rudolf Bultmann unterscheidet Paroz subjektive und objektive Wahrheiten und versucht dadurch, die Legitimität eines Falsifizierungsverfahrens auf der Ebene der individuellen Subjektivität zu begründen. Eine theologische —————— 6 F.C. B AUR , Vorlesungen über neutestamentliche Theologie, herausgegeben von F.F. Baur, Leipzig 1864. 7 H. ALBERT, Traktat über kritische Vernunft, Tübingen 1968. 8 P. P AROZ, Foi et raison. La foi chrétienne aux prises avec le rationalisme critique: H. Albert et G. Ebeling, LiTh 8, Genève 1985.
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Aussage wäre dann wissenschaftlich, wenn sie in sich logisch, i. e. widerspruchsfrei ist und so lange sie sich als fähig erweist, eine existentielle Verarbeitung der persönlichen Geschichte zu ermöglichen. Die Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Falsifizierbarkeit nimmt die Unterscheidung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften unter einer neuen Perspektive wieder auf. Der Preis dafür ist zwar eine Flexibilisierung des Begriffes der Wissenschaft. Aber die sogenannten Naturwissenschaften selbst tendieren in der gleichen Zeit teilweise auch dazu, sich mehr als Kunst, wie die Medizin, oder als fragmentarische Interpretationen der Wirklichkeit zu verstehen. Eine andere, defensive Lösung zur Verteidigung der Wissenschaftlichkeit der Exegese und der Theologie des Neuen Testaments besteht in der Neubelebung des Gegensatzes zwischen einer historischen und einer systematischen Theologie. Die zweite arbeitet hypothetisch-deduktiv auf der Basis des Kerygmas und der Tradition der Glaubensformeln, während sich die erste als eine Geschichte der Auslegung versteht. Damit kann die Exegese, die mit den säkularisierten Methoden der Literatur- und der Geschichtswissenschaften arbeitet, und die theologische Darstellung ihrer Ergebnisse von dem Verdacht befreit werden, ein spekulatives Unternehmen zu bilden. Die Aufgabe der Interpretation ist aber auch keine empirische Wissenschaft. Keine Methode kann in diesem Bereich der geistigen Tätigkeit zu allgemeingültigen Ergebnissen führen, die für richtig oder falsch zu halten wären und die objektiv falsifizierbar wären.9 Die Interpretation der neutestamentlichen Texte, ihre Exegese, das Verständnis der wesentlichen Erkenntnisse, die sie über Gott und über den Menschen vermitteln und alle Versuche, ihre wesentlichen Aussagen miteinander logisch zu verbinden, bilden keine Wissenschaft im eigentlichen Sinne: Das größtmögliche literarische und historische Wissen, die besten linguistischen, grammatikalischen, logischen oder rhetorischen Beschreibungen, die sicherste Rekonstruktion von Traditions- und Entstehungsgeschichten und die breiteste Bestimmung der intertextuellen Verhältnisse, die als explizite Verweise oder als implizite Voraussetzungen identifiziert werden können, sichern bekannterweise noch kein Verstehen. Allenfalls können sie vor möglichen Mißverständnissen warnen, indem sie den Leser zu einer selbstkritischen Haltung herausfordern. Es gibt keine wissenschaftliche Methode, die man einfach korrekt anwenden könnte, um einen Text und sich selbst zu verstehen, und die Arbeit der Interpretation, die zu einem persönlichen Verständnis führen kann, ist vielmehr eine handwerkliche Kunst, die nicht nur technische Analysen, literarische und historische Kenntnisse verlangt, sondern auch ein persönliches Bemühen des Denkens und des Verstehens. —————— 9 K. P OPPER , Die Logik der Forschung (1934), Tübingen 41971.
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These 4: Die Theologie des Neuen Testament definiert sich als interdisziplinärer Dialog mit der Geschichte, mit der Philosophie, mit der Psychologie oder mit der Medizin über die Sinndeutung der menschlichen Existenz. Die Selbstdefinition der Theologie des Neuen Testaments als der kritische Versuch, die geistige, anthropologische und ethische Bedeutung der Gründungstexte des Kanons in ihrem historischen Zusammenhang zu verstehen und ihre Relevanz für die Predigt der Kirche, aber auch für die ethischen und politischen Diskussionen in der zeitgenössischen Gesellschaft setzt eine besondere Aufmerksamkeit für die Eröffnung des Dialogs mit der Kirche, mit der Universität und mit den anderen Diskursen der Gesellschaft voraus. Der interdisziplinäre Dialog mit der klassischen Philologie und mit der antiken Literaturgeschichte spielt eine wichtige Rolle in der neutestamentlichen Exegese. Er hat eine lange Tradition, die die postmodernen Tendenzen zum Positivismus und zum Historismus verstärkt haben. Versteht man einen Text besser, weil man ihn unendlich komparatistisch mit anderen Quellen der Antike vergleichen kann? Ja, sobald es darum geht, Vorstellungen und Selbstverständlichkeiten zu begreifen, auf deren Horizont sich das frühchristliche Denken entwickelt hat, und die neuen Perspektiven, die es für die Selbstdefinition der abendländischen Welt und für die Bewußtwerdung des selbstreflexiven Gewissens des Einzelnen innerhalb des Judentums, der hellenistischen Kultur und der römischen Zivilisation gebracht hat, deutlich wahrzunehmen. Die Geschichte der Theologie des Neuen Testaments ist aber nicht nur Auslegung der Vergangenheit, sondern auch Interpretation der Gegenwart der Leser und ihrer historischen Situation. Die Auseinandersetzung mit der Philosophie hat bereits innerhalb des Neuen Testamentes begonnen und die intellektuelle Geschichte des Abendlandes ist von der Wechselwirkung des philosophischen Denkens und der Rezeptionsgeschichte der Bibelauslegung nicht zu trennen. Die Philosophie ist deswegen für eine Theologie des Neuen Testaments von besonderer Bedeutung, weil sie die exegetischen Techniken, die mentale Struktur und die Fragestellungen der Interpretation mitbestimmt. Sie hat die beiden klassischen Darstellungen von Ferdinand Christian Baur im 19. Jahrhundert und von Rudolf Bultmann im 20. Jahrhundert stark geprägt, aber sie findet auch im Neuen Testament Stoffe und Anregungen, die sie in ihrer eigenen Reflexion rezipiert, so daß sie sich innerhalb des Konfliktes der Interpretationen als ein Partner der fachlichen Diskussion vorstellt. Von Blaise Pascal, Søren Kierkegaard oder Paul Ricoeur kann eine Theologie des Neuen Testaments kaum absehen, und eine säkularisierte, post-marxistische Philosophie kehrt heute
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wieder in die Mitte des Feldes der Exegese der neutestamentlichen Texte zurück mit dem unerwarteten Interesse ihres politisch-kritischen Denkens für das Paradigma, das sie in der paulinischen Anthropologie entdeckt. Alain Badiou10 und Giorgio Agamben11 lesen das paulinische Evangelium in einer geistigen Perspektive, die es mit Fernando Pessoa, mit Walter Benjamin oder mit Jacques Lacan in Verbindung setzt. Der Anschluß an die philosophische Diskussion ist aber nur eine Dimension der notwendigen Interdisziplinarität, die aus der Selbstdefinition einer Theologie des Neuen Testaments folgt. Die Nachbarschaft der Theologie mit der Psychologie als Versuch, die menschliche Seele und das Verhältnis des Menschen zu sich selbst zu verstehen, ergibt sich nicht nur aus den sich überschneidenden Arbeitsfeldern der beiden Disziplinen, sondern auch aus dem zu einem Teil gemeinsamen Ziel, das die beiden miteinander verbindet: Die Veränderung der Person als Befreiung von Mächten, die ihn in sich selbst beherrschen oder von außen her bestimmen, und als Heilung. Kalifornische und italienische Ansätze der systemischen Therapie haben auf Paradoxien der Kommunikation hingewiesen, die pathogen wirken oder therapeutisch angewandt werden können.12 Sie bieten weiterführende Modelle für das Verständnis des anthropologischen Phänomens der Besessenheit (Mk 5,1–20) und der befreienden Offenbarung des Kreuzes (1 Kor 1,17–25), aber auch, wie Jay Haley13 es gezeigt hat, die therapeutische Relevanz der Verkündigung Jesu. Wenn es die Aufgabe der Theologie des Neuen Testaments ist, die wesentlichen Aussagen des neutestamentlichen Kanons als eine Grundlage des Glaubens und der westlichen Kultur thematisch darzustellen und für die Gegenwart verständlich zu machen, müssen und können die Kreise der Interdisziplinarität auf weitere Gesprächspartner erweitert werden: Sprachwissenschaften, Soziologie, Politikwissenschaft, Medizin etc. Die Kunst —————— 10 A. B ADIOU, Saint Paul. La fondation de l’universalisme, Les essais du Collège international de philosophie, Paris 1997. 11 G. AGAMBEN, Le temps qui reste. Un commentaire de l’Epître aux Romains, Paris 2000. 12 P. W ATZLAWICK / J.H. W EAKLAND / R. FISCH, Change. Principles of Problem Formation and Problem Resolution, New York 1974. Deutsche Übersetzung: Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels, Bern 1974; M. SELVINI-P ALAZZOLI / L. B OSCOLO / G. CECCHIN / G. PRATA, Paradosso e controparadosso, Milano 1975. Französische Übersetzung: Paradoxe et contre-paradoxe. Un nouveau mode thérapeutique face aux familles à transaction schizophrénique, Collection sciences humaines appliquées, Paris 1983. 13 J. H ALEY, The Power Tactics of Jesus Christ (1969), in: ders., The Power Tactics of Jesus Christ and other Essays, New York 1986; frz. Übersetzung: Tacticiens du pouvoir. Jésus-Christ, le psychanalyste, le schizophrène et quelques autres, Collection sciences humaines appliquées, Paris 1991; verkürzte dt. Übersetzung: Die Jesus-Strategie. Die Macht der Ohnmächtigen, Psychologie heute Taschenbuch, Weinheim 1990.
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der Interpretation lebt von der Eröffnung des Dialogs und nicht von fachlichen Abgrenzungen, die aus der fortschreitenden Spezialisierung des Wissens folgen können.
II. Hypothesen zum hermeneutischen Aufbau und zur logischen Gestaltung einer Theologie des Neuen Testaments. Ein Vorschlag Die Theologie des Neuen Testaments, die die Dialogfähigkeit und die Relevanz der wesentlichen Aussagen der neutestamentlichen Schriften zu zeigen hat, stellt sich auch vor die Aufgabe, der Polyphonie der kanonischen Stimmen eine kohärente Form zu geben. Zwei Fragen sind damit verbunden, die eine logische und nachvollziehbare Antwort verlangen: – Die erste Frage besteht in der Notwendigkeit, die Spannung zwischen Einheit und Vielfalt innerhalb des Kanons des Neuen Testaments zu verstehen und die Widersprüche in ihrer Notwendigkeit zusammen zu denken und zu erklären. – Die zweite Frage besteht in der Herausforderung, die die Disziplin der Theologie des Neuen Testaments eigentlich konstituiert, die Pluralität der Interpretationen, die der Kanon zusammenhält, in der systematischen Gestalt einer kontinuierlichen Darstellung zusammenzufassen. Hypothese 1: Die hermeneutische Struktur des Konfliktes der Interpretationen, die die Komposition des Kanons bestimmt, gilt als dialogisches Gliederungsprinzip einer Theologie des Neuen Testaments. Klassischerweise bieten sich drei Modelle an, um die Spannung zwischen Einheit und Vielfalt zu lösen: – Die Annahme oder die Bestimmung eines Kanons im Kanon. – Die Vorstellung einer geschichtlichen Entwicklungsgeschichte der Lehrbegriffe. – Die Nebeneinanderstellung der verschiedenen Entwürfe. 1. Die historische Bedeutung der paulinischen Briefsammlung für die Entwicklung des Christentums und die Sonderstellung der johanneischen Schule unter den vier Evangelien sind eine literarische und theologische Evidenz. Sie bedingen jede systematische Darstellung. Von dieser Feststellung einer reinen Tatsache, die den Aufbau der Lehrbücher quantitativ bestimmt, ist die hermeneutische Entscheidung zu unterscheiden, die sie zum Schlüssel für die Interpretation des ganzen Kanons und für die begründete
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Bewertung seiner einzelnen Teile nimmt (Rudolf Bultmann). Das Paradigma für die Konstitution eines Kanons im Kanon ist das lutherische Verständnis der sola scriptura, das das kritische Prinzip seiner Schriftauslegung christologisch (solo christo) begründet. Das Evangelium der iustificatio impii ist die Wahrheit, woher sich die Einheit des neutestamentlichen Kanons konstituiert. 2. Ein anderes Wertsystem setzt die Vorstellung der neutestamentlichen Lehren als einer Kette von gedanklichen Neuentwicklungen voraus, die sich durch ihre Kontinuitäten und Diskontinuitäten gegenseitig und nacheinander bedingen (Ferdinand Christian Baur, 1864, Heinrich Julius Holtzmann, 1897)14. Die Lehrbegriffe der paulinischen, der nach-paulinischen und der johanneischen Theologie sind als synthetische Systeme zu verstehen, die sich als reflektierte Folgen oder Individualisierungen der frühchristlichen Verkündigung und in ihrer Auseinandersetzungen mit dem Judentum und mit dem Hellenismus darstellen. 3. Der asketische oder programmatische Verzicht auf die philosophische oder geschichtsphilosophische Architektur der großen Synthesen führt zu einem dritten Modell, das die Darstellung der neutestamentliche Theologie als Mosaik der Entwürfe, die im Kanon gesammelt sind, komponiert15. Der Gewinn liegt in der Sparsamkeit an Hypothesen: Die Texte werden unabhängig von Fremdsystemen gelesen. Die Theologie des Neuen Testaments reduziert sich dann aber auf die Reihe ihrer einzelnen Stimmen, die positivistisch, historisierend oder postmodern nebeneinandergestellt werden, obwohl sie innerhalb des Kanons miteinander verbunden worden sind. Als Vorschlag habe ich versucht16, das innere Prinzip des neutestamentlichen Kanons, der einen Konflikt der Interpretationen (Paul Ricoeur) inszeniert, als Gestaltungsprinzip einer Theologie des Neuen Testaments wahrzunehmen. Die neutestamentlichen Texte verstehen sich als verschiedene Interpretationen desselben Gründungsereignisses, so daß sich ihre Einheit und ihre Vielfalt gegenseitig bedingen: – Die Interpretation ist der Prozeß einer intersubjektiven Begegnung, die eine Distanz zwischen den beiden Instanzen des Gründungsereignisses der Geschichte Jesu Christi und dem subjektiven Moment seines individuellen und historischen Verständnisses impliziert. Weil sich die neutestamentlichen Texte explizit auf eine Wahrheit beziehen, die sich au—————— 14 K. BERGER, Theologiegeschichte des Urchristentums. Theologie des Neuen Testaments, Tübingen 1994. 15 J. G NILKA, Theologie des Neuen Testaments, Freiburg 1994. 16 F. VOUGA, Une théologie du Nouveau Testament, MoBi 43, Genève 2001.
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ßerhalb von ihnen selbst befindet, und weil sie sie als ihre Zeugen auslegen, nimmt ihre Einheit notwendigerweise die Form einer Vielfalt an. – Diese Vielfalt ergibt sich aber daraus, daß sich die neutestamentlichen Texte als Auslegungen desselben Gründungsereignis verstehen, und die hermeneutische Vielfalt der Interpretation ergibt sich aus der Einheit, die ihnen als Interpreten in der christologischen Singularität, die sie gemeinsam auslegen, vorgegeben ist. – Daraus folgt, daß die Vielfalt der Interpretationen die sachgemäße Form der Einheit des Christentums und des Neuen Testaments bildet. In der hermeneutischen Aufgabe, die die neutestamentlichen Theologen und ihre Interpreten miteinander verbindet, dasselbe Gründungsereignis historisch und subjektiv auszulegen, gründet die Selbstdefinition des neutestamentlichen Kanons und der christlichen Einheit als offener Konflikt der Interpretationen.17 Der Dialog innerhalb des Neuen Testaments beginnt mit der Interpretation des Werkes, der Person Jesu und mit dem Verständnis der Heilsbedeutung seines Kommens, seines Lebens und seines Todes. Ein grundsätzlicher Konsens herrscht im Bekenntnis der absoluten Singularität der Osterereignisse, aber seine Deutung ist nicht eindeutig. Die Auferstehung qualifiziert das Kommen Jesu als das Heil, sein Wort als die wahre Prophetie, seine Leiden als den Weg zur Herrlichkeit oder seinen Tod als Offenbarung Gottes. Ist er für uns gekommen, hat er die Gegenwart der Basileia durch die Bedingungslosigkeit der Tischgemeinschaften verkündigt, hat er uns durch seine therapeutische Tätigkeit von den Mächten, in denen wir Asyl suchen, befreit, hat er sein Leben für uns dahingegeben, ist er für uns gestorben? Und wenn er für uns gestorben ist, worin besteht das Erlösende seines Todes? Die Vielfalt der Antworten, die hier gegeben werden, gehen mit der Vielfalt der Interpretationen der Erlösung einher. Paulus und Markus sprechen von einem Evangelium, das die gute Nachricht überhaupt ist. Sie ist mit der Verkündigung der Basileia (Matthäus, Markus, Lukas) oder mit einer Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes verbunden. Was ist aber die Gerechtigkeit Gottes? Darüber unterhalten sich Paulus und Matthäus. Dem Thema der Gerechtigkeit ziehen 1 Petr und Eph die Vorstellung der Erwählung, Lukas oder Johannes den Begriff des Heils vor. Paulus und Johannes greifen das Symbol des Lebens auf, Matthäus und Lukas die Vergebung, Paulus und Eph die Versöhnung. —————— 17 F. V OUGA, Das Osterkerygma und das Problem der Anfänge des Christentums, in: J. Ernst / St. Leimgruber (Hgg.), Surrexit Dominus vere. Die Gegenwart des Auferstandenen in seiner Kirche (FS J.J. Degenhardt), Paderborn 1995, 107–116.
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Die Begriffe sind keine bloßen Äquivalente; sie setzen jeweils eine Geschichte von Vorstellungen und Konnotationen voraus, die die Christologie und die Soteriologie in einen neuen Gedankenzusammenhang stellen. Die Hypothese, die ich vertrete, besteht im Versuch, die Theologie des Neuen Testaments als die Einheit des vielfältigen Dialogs, die die neutestamentlichen Schriften führen, zu verstehen.18 Hypothese 2: Das Selbstverständnis des christlichen Glaubens als gemeinsame Erkenntnis Gottes und des Menschen, die in der absoluten Singularität der Person Jesus von Nazareth vermittelt wurde, prägt die literarische Form der Theologie des Neuen Testaments. Drei Paradigmen bestimmen die literarische Struktur der Theologie des Neuen Testaments: – Die frühe Theologiegeschichte als die diskontinuierliche Kontinuität der neutestamentlichen Überzeugungssysteme. – Die literarischen Corpus und das Mosaik, das sie zusammen bilden. – Die Loci der dogmatischen Theologie. 1. Das erste Paradigma ist historisch orientiert. Nach diesem Paradigma stellt sich die Theologie des Neuen Testaments als die Geschichte des frühchristlichen Denkens, das in den im Kanon gesammelten Schriften dokumentiert ist. Sowohl die Rekonstruktion der Chronologie der neutestamentlichen Theologien als auch die historische Logik ihrer Zusammenhänge und die Bewertung der verschiedenen Denksysteme variieren. Paulus und Johannes fungieren als die beiden Säulen, die den ganzen Corpus als seine Mitte oder, was die johanneische Lehre betrifft, als seine Synthese beherrschen (Ferdinand Christian Baur, 1864, Heinrich Julius Holtzmann, 1897, Rudolf Bultmann, 1948–1951).19 2. Das zweite Paradigma ist literarisch orientiert. Das Organisationsprinzip ist nicht die Theologiegeschichte20, sondern es sind die Gattungen. Die Theologie des Neuen Testaments versteht sich dann als eine theologische Einleitung in das Neue Testament, die sich auf die verschiedenen Schriften konzentriert.21 —————— 18 F. VOUGA, Théologie (s. Anm. 16), 439–446. 19 H. CONZELMANN, Grundriß der Theologie des Neuen Testaments, Einführung in die evangelische Theologie 2, München 1967. 20 W. SCHMITHALS, Theologiegeschichte des Urchristentums. Eine Problemgeschichtliche Darstellung, Stuttgart 1994. 21 A. W EISER , Theologie des Neuen Testaments II: Die Theologie der Evangelien, Studienbücher Theologie 8, Stuttgart 1993.
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3. Ein drittes Paradigma greift auf die systematisch-theologische Reihenfolge der Loci der christlichen Dogmatik, wie sie Jehan Calvin in der letzten Fassung seiner Institution der christlichen Religion entworfen hat (1560), zurück: Die Gotteslehre und das Verhältnis zum Alten Testament und zum Gesetz, die Christologie und die Soteriologie, die Ekklesiologie und die Eschatologie.22 Die Modelle können kombiniert23 oder addiert werden24. Der Vorschlag, den ich gemacht habe, ist ein Versuch, die Theologie von der Selbstdefinition des christlichen Glaubens und von der Zeitlichkeit der glaubenden Existenz her zu verstehen: 1. Das Ereignis des Wortes: Das Evangelium25 . Der Ausgangspunkt der wesentlichen Mitteilung der neutestamentlichen Schriften ist die gemeinsame Erfahrung einer Begegnung mit der absoluten Singularität eines Ereignisses, das sie als die Gegenwart der Basileia, als das Kommen des Emmanuel oder des Heilands, des Retters Israel und des Herrn der Völker, als die Menschwerdung des Wortes Gottes und als die Auferstehung des gekreuzigten Messias deuten. Diese Begegnung bekennen sie nicht nur als Gründungsereignis der persönlichen Identität, der Überzeugung und der Gewißheit der Glaubenden, sondern auch als den Augenblick, der die Menschheitsgeschichte in zwei Teile gebrochen hat (Alain Badiou), in dem sich die Verheißungen erfüllt haben und in dem die neue Schöpfung und die neue Welt der Endzeit geboren sind. Die gemeinsame Leistung der neutestamentlichen Theologen bestand darin, diese absolute Singularität zu verstehen und ihren Wahrheitsgehalt zu denken: – Da die Wahrheit, die sie bezeugen, einen ereignisreichen Charakter hat, weil sie durch die Gleichzeitigkeit mit der historischen Person von Je—————— 22 E. STAUFFER , Die Theologie des Neuen Testaments, Genf 1945; G.B. CAIRD, New Testament Theology, completed and edited by L.D. Hurst, Oxford 1994. 23 G. STRECKER , Theologie des Neuen Testaments. Bearbeitet, ergänzt und herausgegeben von Friedrich Wilhelm Horn, Berlin 1996. 24 F. H AHN, Theologie des Neuen Testaments. Band I: Die Vielfalt des Neuen Testaments. Theologiegeschichte des Urchristentums. Band II: Die Einheit des Neuen Testaments. Thematische Darstellung, Tübingen 2002. 25 F. V OUGA, Théologie (s. Anm. 16), 31–112: I. Die Offenbarung der neuen Zeit: Das Evangelium (Paulus und Markus); Die Basileia (Markus, Matthäus und Lukas); Die Gerechtigkeit (Paulus und Matthäus); Die Erwählung (Paulus und 1 Petr); II. Die Wahrheit des Evangeliums: Die Gabe des heiligen Geistes (Johannes, Paulus und Lukas); Die neue Schöpfung (Paulus und die Apokalypse); Der Tod und das Leben (Johannes und Paulus); III. Die Wirklichkeit der neuen Existenz: Das Heil (Lukas und Johannes); Befreiung und Reinigung (Johannes und Hebr); Die Vergebung (Paulus, Matthäus und Lukas); Die Versöhnung (Paulus und Eph).
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sus von Nazareth, dem Mensch gewordenen Gott, ermöglicht wird, ist die Ewigkeit mit der Kontingenz der Geschichte paradox verbunden. – Da sie im Ereignis einer Begegnung vermittelt wird, ist die Wahrheit, die sie bezeugen und denken, eine subjektive Wahrheit der Hoffnung, des Vertrauens und der Gewißheit. – Weil sie sich als eine Wahrheit gibt, die ereignisreich und subjektiv ist, erscheint sie unter der Form der Vielfalt der Interpretation der begründenden Singularität. 2. Die Entstehung des Subjektes: Die christliche Existenz. Die absolute Singularität der ereignisreichen Wahrheit der Offenbarung Gottes in Jesus Christus gestaltet die Zeitlichkeit der neuen Existenz, der neuen Schöpfung, als Glaube, Hoffnung und Liebe: – Der Glaube ist Offenheit zum Wahren. Er deutet die Selbstdefinition der neuen Existenz als Vertrauen in das Vertrauen, das in Jesus Christus war, und als die Entscheidung, von diesem Vertrauen zu leben. – Die Hoffnung ist das Prinzip der Standhaftigkeit. Sie deutet die Selbstdefinition des Glaubens als Gehorsam in der gegenwärtigen Zeit und als Gewißheit angesichts der Zukunft, die im Vertrauen entsteht. – Die Liebe ist die universale Auswirkung des Glaubens. Sie bringt zum Ausdruck die Kraft, die dem Vertrauen zugrunde liegt, und die Universalität, die sie ihm verleiht.26 3. Die christologische Begründung: Die Verkündigung der Auferstehung und des Todes Jesu. Die Geschichte des frühen Christentums zeigt, daß die Osterbotschaft nicht die gleiche gründende Funktion für alle Überzeugungssysteme der JesusBewegung gehabt hat. Das Thomasevangelium, die Logienquelle und andere Traditionen, die in den Evangelien rezipiert worden sind, verweisen auf die Begegnung mit Jesus, mit seiner Verkündigung, mit seiner Lehre oder mit seiner Person als auf das entscheidende Ereignis. Anders geht es in den Schriften, die innerhalb des neutestamentlichen Kanons gesammelt und überliefert worden sind und die alle Überzeu—————— 26 Ebd., 113–220: I. Der Glaube: Krankheit und Heilung (Markus, Matthäus und Johannes); Glauben und Verstehen (Markus und Johannes); Glauben und den Gotteswillen tun (Matthäus und Jak); Der Wille Gottes und das Gesetz (Paulus und Matthäus); Die evangelische Freiheit (Johannes und Paulus); Einheit des Glaubens und Frömmigkeit im alltäglichen Leben (Eph und die Pastoralbriefe); II. Die Hoffnung: Die Hoffnung als Ausdauer des glaubenden Subjektes (Paulus und 1 Petr); Die Hoffnung auf die Erfüllung der Verheißungen (Lukas und Hebr); Christentum und Gesellschaft (1 Petr und die Apokalypse); III. Die Liebe: Die Liebe Gottes und das doppelte Liebesgebot (Paulus und Matthäus); Die Liebe als Selbstdefinition des Christentums (Johannes); Ethik des Hauses und Ethik in der Öffentlichkeit (Paulus und Eph).
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gungssysteme entfalten, die in unterschiedlicher Art und Weise auf der Osterbotschaft und auf dem Osterbekenntnis begründet sind. Die Offenbarung der Auferstehung Jesu wird als die absolute Singularität wahrgenommen, die nicht nur die Geschichte des irdischen Jesus und die herkömmlichen Gottesbilder umdeutet, sondern auch das Selbstbewußtsein und das Selbstverständnis der menschlichen Existenz neu gestaltet. – Variabel sind die Sprachformen und die Interpretamente, die das Osterereignis und die neue Existenz interpretieren. – Gemeinsam ist die Hermeneutik, die die Auferstehung und von daher den Tod Jesu als die existentielle Bestimmung des Verhältnisses des Subjektes zu Gott, zu sich selbst, zu dem anderen und zu der Gesellschaft versteht.27 4. Die Treue zu der absoluten Singularität: Die Reflexion über die Kirche. Der Glaube, die Hoffnung und die Liebe schaffen die Räume der neuen Schöpfung. Primär sind nicht ihre Form und ihre soziale Struktur, sondern was sie begründet: Die Universalität der Offenbarung, die das neue Subjekt als selbstreflexives und deshalb verantwortliches Ich konstituiert und die Gemeinden als Orte, in denen die bedingungslose Anerkennung der Personen unabhängig von ihren Eigenschaften in einem Netz von Ich-Du Verhältnissen erfahrbar wird, aufbaut.28 5. Die Erfüllung der Zeit: Die letzten Dinge. Die Ankündigung der Parusie des Herrn, des Kommens des Menschensohnes und des Endgerichtes als die Verheißung der Auferstehung der Toten und des ewigen Lebens beantwortet die doppelte Frage des letzten Abschlusses der persönlichen Geschichte des Einzelnen und der Weltge—————— 27 Ebd., 220–310: I. Die Auferstehung Jesu und die Osterbotschaft: Die Sprache und die literarischen Formen der Osterbotschaft; II. Der Grund des Glaubens: Die Auferstehung Jesu (Paulus und Lukas); Die Verkündigung des Osterevangeliums (Markus und Johannes); Die Erhöhung des Sohnes (Johannes und Hebr); Der kosmische Christus und der Sieg über den Tod (Matthäus und Eph); Die Gegenwart des Auferstandenen (Lukas und die Apokalypse); Die Menschwerdung (Johannes und Paulus); III. Der Tod Jesu: Interpretationen. Die Leiden und die Passion Christi (Lukas und 1 Petr); Die Passion des Wortes (Matthäus); Der Tod des Gottessohnes (Markus); Das Kreuz (Paulus und Markus). 28 Ebd., 315–376: I. Die Gegenwart des Gekreuzigten: Die neue Gemeinschaft (Paulus und Johannes); Leben und glauben in der Nachfolge Jesu (Markus und Matthäus); Gemeinde und Sakramente (Paulus und Johannes); II. Selbstdefinitionen und Abgrenzungen: Der Leib und seine Glieder (Paulus und Eph); Wurzeln und Kontinuität (Matthäus, Lukas und Johannes); Wahrheit und Autorität (Paulus, Johannes und die Pastoralbriefe).
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schichte: Wer wird das letzte Wort haben und was wird das letzte Wort sein? Die Erwartung einer Erfüllung der Zeit setzt zweierlei voraus: – Sie bekennt die Endlichkeit der Schöpfung. – Sie ist Gewißheit, daß es der Schöpfung nicht zusteht, das letzte Wort über sich selbst auszusprechen. Die Zeitlichkeit der persönlichen Existenz ist durch den Tod begrenzt und die ganze Schöpfung scheint, für eine gewisse Zeit geschaffen worden zu sein: Der Himmel und die Erde werden vergehen und die gegenwärtige Welt ist vergänglich. Das klare Bewußtsein der Endlichkeit fordert die Reflexion des Einzelnen über den Sinn des Lebens und der Wirklichkeit. Es liefert ihr auch ihren Rahmen. Sie strukturiert das persönliche Leben als Zeitlichkeit und als die Abfolge der Entscheidungen, die sein Selbstverständnis und seine Art, mit der von Gott gegeben Zeit gegenwärtig zu sein, bestimmt29 . Die Verheißung eines endgültigen Abschlusses durch eine zweite absolute ereignisreiche Singularität verkündigt die Herrschaft Gottes und des Gekreuzigten über die persönliche Geschichte eines jeden Einzelnen und über den Kosmos. Sie ist auch Offenheit für die letzte Verwandlung der Realität dieser Welt in eine Erfüllung jenseits des Todes.
—————— 29 Ebd., 377–438: I. Die zweite absolute Singularität: Die Parusie und das Kommen des Menschensohnes (Matthäus, Markus, Johannes und Paulus); Das Millennium und der Tag des Herren (die Apokalypse und 2 Petr); II. Die Erfüllung der Verheißung: Das Endgericht (Paulus, Matthäus und Johannes); Die Auferstehung von den Toten (Paulus, Lukas und Johannes); Das ewige Leben (Johannes, Paulus, die synoptischen Evangelien und die Pastoralbriefe).
Towards an Alternative to New Testament Theology Different ‘paths to salvation’ by
HEIKKI RÄISÄNEN In 1897, William Wrede sketched the programme of a ‘History of Early Christian Religion (and Theology)’ as an alternative to ‘New Testament Theology’. He complained that too close a relationship to churchly dogmatics had prevented New Testament Theology from becoming truly historical. The canon, a result of church decisions, must have no significance in a history-of-religion synthesis.1 Whatever chances of success Wrede’s vision may have had at the time were shattered by World War I. The dialectical-theological wave that followed belatedly reached its peak in the work of Rudolf Bultmann.2 After some quiet decades in the shadow of his work, the discipline of New Testament Theology seems to flourish again, so far culminating in the magnum opus of Ferdinand Hahn. In contrast to Wrede, Hahn emphasises that theology (including New Testament Theology) is reflection on the truth claim of the Christian message, acknowledged as valid by the theologian.3 Like Bultmann, he fully accepts the use of historical criticism. But Johan S. Vos correctly notes that Hahn’s work is “a combination of secular historical-critical exposition and churchly interpretation” and that “a purely secular or religio-historical interpretation would reach different results at many points”.4 Vos therefore hopes that Hahn’s work will be supplemented by a comparable project from a religio-historical perspective.5 —————— 1 W. W REDE , The Tasks and Methods of ‘New Testament Theology’, in: R. Morgan, The Nature of New Testament Theology. The Contribution of William Wrede and Adolf Schlatter, London 1973, 68–116. 2 For a brief assessment of the history of the discipline see H. RÄISÄNEN, Beyond New Testament Theology, London 22000, 11–147. 3 F. HAHN, Theologie des Neuen Testaments 1, Tübingen 2002, 1. 4 J.S. V OS, NT 46 (2004), 198–203 (199). I have presented a threefold criticism of Hahn’s attempt to demonstrate the basic unity of New Testament Theology: (1) Hahn puts all emphasis on the presence of salvation in the proclamation of Jesus; the exclusion of futurist eschatology makes it easier to claim clear continuity between Jesus and subsequent developments. (2) Hahn renders differences irrelevant by emphasizing the picto-
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Some efforts have already been undertaken to carry out such an enterprise.6 For some time now I too have been working on a ‘Wredean’ overall account.7 Such a work – is not limited to the canon, but deals on equal terms with all material down to the middle of the second century, casting a glance at even later developments; – makes no distinction between ‘orthodoxy’ and ‘heresy’ (except as historical notions); – considers the roots of early Christian ideas in their cultural and religious environment; – focuses on the formation of ideas in interaction with the (largely social) experience of individuals and communities rather than ‘doctrines’; – concentrates on great lines and main problems, opting for a topical organisation;8 – tries to do justice to the diversity of early Christianity;9 – acknowledges intellectual and moral problems in the sources, —————— rial character of all religious language so that different forms of eschatological fulfilment just fuse together. (3) He finds unity simply by insisting on compatibility where others might find contradiction, for example, as regards John’s incarnational Christology as compared with Christologies based on the new status which Jesus gained in the resurrection. See H. RÄISÄNEN, What’s Happening in New Testament Theology?, in: A. Mustakallio (ed.), Lux Humana, Lux Aeterna (FS L. Aejmelaeus), SESJ 89, Helsinki/Göttingen 2005, 439–58 (448f.453). 5 J.S. V OS (see n. 4), 203. 6 K. B ERGER , Theologiegeschichte des Urchristentums, Tübingen/Basel 2 1995, and G. T HEISSEN, A Theory of Primitive Christian Religion, London 1999, refer explicitly to Wrede’s programme. See also H. T EEPLE, How Did Christianity Really Begin, Evanston 1992 (who does not mention Wrede), and now above all D. ZELLER’s succinct account of earliest Christianity: Die Entstehung des Christentums and Konsolidierung in der 2./3. Generation, in: id. (ed.), Christentum 1. Von den Anfängen bis zur Konstantinischen Wende, Die Religionen der Menschheit 28, Stuttgart etc. 2002, 1–222. 7 On the programme see H. RÄISÄNEN, Beyond (see n. 2); for a comprehensive discussion see T. Penner / C. Vander Stichele (eds.), Moving Beyond New Testament Theology? Essays in Conversation with Heikki Räisänen, SESJ 88, Helsinki/Göttingen 2005. 8 Opting for a topical organisation is a personal decision which departs from Wrede’s vision, but conforms to the strategy of Hahn who found it necessary to let a themeoriented second volume (the New Testament Theology proper) follow the first volume (a history of early Christian theologies). 9 In general, the existing New Testament Theologies do not give an adequate picture of the diversity of the ‘paths to salvation’, partly because their author-by-author arrangement does not allow for convenient comparison and partly because the differences tend to be glossed over. See, however, H. B RAUN’s comments on the actual contradictions: Die Problematik einer Theologie des Neuen Testaments, in: G. Strecker (ed.), Das Problem der Theologie des Neuen Testaments, WdF 367, Darmstadt 1975, 405–24 (406f.); also H. T EEPLE, Christianity (see n. 6), 221f.
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– hints at the reception and influence of the ideas, thus helping to build a bridge to the present. What follows is an abridged sketch of the chapter on ‘paths to salvation’, offered as a sample of what a Wredean synthesis might look like.10
The Jewish matrix In the old Israelite religion, ‘salvation’ was something to be experienced in this earthly life. When Israel was exposed to external threat, Yahweh was trusted to be able to rescue his people. Salvation meant national survival, first in individual situations, eventually in an end-drama of history.11 In order to participate in this salvation, one had to be on the right side, when God intervened. With time, a differentiated vision emerged. God would not deliver the whole people. Individual Israelites would be put on trial. The faithful would be acquitted and saved into a life beyond death, but on the wicked God would pour his wrath. Since God had given Israel the Torah which expressed his will, one’s obedience to it would be scrutinised; the judgment would be according to deeds. In the more rigorous perceptions, as in Qumran, only a remnant of the people would be found to be on the right side. For a long time, Jewish attitudes to the Torah were distorted in Christian scholarship. Law-obedience was described as a burden which led either to misery or to bigotry. By now this caricature has been laid to rest.12 Broadly speaking, Jewish piety can be characterised as ‘covenantal —————— 10 References to literature had to be kept to a minimum. Provisional summaries of preceding chapters in the planned work include: H. RÄISÄNEN, Last Things First: ‘Eschatology’ as the First Chapter in an Overall Account of Early Christian Ideas, Tem. 39–40 (2003–2004), 9–49, reprinted in: T. Penner / C. Vander Stichele (eds.), Moving (see n. 7), 444–87; ID., Towards an Alternative to New Testament Theology: ‘Individual Eschatology’ as an Example, in: C. Rowland / C.M. Tuckett (eds.), The Nature of New Testament Theology (FS R. Morgan), Oxford 2005, 167–85; ID., True Man or True God? Christological Conceptions in Early Christianity, in: J. Neusner et al. (eds.), Ancient Israel, Judaism, and Christianity in Contemporary Perspective (in memory of K.-J. Illman), Lanham 2005, 331–51; ID., Sold Under Sin? Early Christian Notions of the Human Condition, in: C. Strecker (ed.), Kontexte der Schrift 2 (FS W. Stegemann), Stuttgart 2005, 289–300. 11 Details would have been set forth in a previous chapter; see H. RÄISÄNEN, Last Things (see n. 10). 12 Yet cf. F. H AHN, Theologie 1 (see n. 3), 232: “ein durchaus ambivalentes Verhalten zum Gesetz, das ... Ungewissheit und eigenes Streben nach Gerechtigkeit einschloss”; Theologie 2, 338: “Auch wenn nicht pauschal von ‘Werkgerechtigkeit’ gesprochen werden kann, ist eine Tendenz in diese Richtung unverkennbar.”
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nomism’.13 The Torah came to be integrated in the story of Yahweh’s saving action on behalf of his people, as the law-giving at Sinai followed its liberation from the Egyptian slavery. By redeeming the people, God elected Israel, showing himself to be its benefactor. The Torah was conceived of as the terms of the benevolent covenant, which the King made with his elect; to these terms the people voluntarily consented.14 The covenant was based on God’s grace, but accepting it and staying in it involved human effort. There was no need to claim absolute divine gratuity.15 Along with moral life, identity markers which distinguished Jews from other peoples gained special importance as expressions of obedience: circumcision, Sabbath, food laws. Given human frailty, perfection was not expected. What was crucial was the will to obey. In his mercy, God had provided means for coping with transgressions: there were sacrifices, the annual Day of Atonement and the chance to repent. While the sacrificial system was expected to restore a broken relationship with God, the prophets had made it clear that a ritual without a right attitude was null and void. The will to repent was allimportant. The centrality of repentance and sacrifices goes together with a relatively optimistic view of the human condition.16 —————— 13
An expression coined by E.P. SANDERS, Paul and Palestinian Judaism, London
1977. 14
Consequently I do not deal with early Christian attitudes to the Torah when discussing the ‘paths to salvation’ (in contrast, say, to Hahn, whose treatment of the “soteriological dimension of God’s revelatory activity” contains a long section on “the problem of the law”). In my account the “problem of the law” belongs to the chapter on ‘identity’. Cf. H. RÄISÄNEN, The Law as a Theme of ‘New Testament Theology’, in: id., Jesus, Paul and Torah. Collected Essays, JSNT.S 43, Sheffield 1992, 225–51. 15 S. W ESTERHOLM , Perspectives Old and New on Paul, Grand Rapids 2004, 341– 351, provides a judicious discussion of the debate that has followed Sanders’ work. Sanders is often taken to have argued that ‘covenantal nomism’ equals “good Protestant doctrine” (grace is always prior, human effort is always the response to divine initiative; cf. ibid., 342 n. 2). Westerholm grants Sanders that “Judaism did not generally believe that salvation was earned from scratch by human deeds of righteousness”, but notes that this “by no means differentiates Judaism from the classical opponents of ‘Lutheran’ thought”. In fact “the position of Judaism on the relation between grace and works as Sanders himself portrays it seems to differ little from that of Pelagius, against whom Augustine railed, or that of the sixteenth-century church, upon which Luther called down heaven’s thunder”. “What the opponents of ‘Lutheranism’ emphatically did not do ... was to suggest that humans can contribute nothing to their salvation. That insistence is the very essence of ‘Lutheranism’. It seems fair to say that it is not to be found in Judaism as depicted by Sanders.” (ibid., 351, Westerholm’s italics). Westerholm’s point is well taken. It is only to be added that (as we shall see) such insistence hardly conforms to any early Christian view either. 16 For my chapter on the human condition see H. RÄISÄNEN, Sold Under Sin? (see n. 10).
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The relation between God’s grace and human effort can be studied in the texts of Qumran. The Qumranites thought that there were very few persons left who (still) belonged to God’s elect. The Qumranites were to attain salvation, but not because of any merits of their own. The priority of God’s grace was emphasised: As for me, if I stumble, the mercies of God shall be my salvation always ... If my grief commences, he will free my soul from the pit and make my steps steady on the path; he will draw me near in his mercies, and by kindnesses set in motion my judgment; he will judge me in the justice of his truth, and in his plentiful goodness always atone for my sins; in his justice he will cleanse me from the uncleanness of the human being and from the sin of the sons of man ... (1 QS 11:11 –15).17
The emphasis on grace is overwhelming, but this grace only benefits those who have joined the Qumran community and follow its strict interpretation of the Torah which one could only do with some effort. But we will see that this ‘synergism’ – the combination of divine grace and human effort – is something that unites Qumranites and other early Jews with the early Christians.
Obedience and repentance John and Jesus John the Baptist preached repentance. Being the offspring of Abraham was of no help, if “fruits worthy of repentance” were missing. A new start was necessary for those who had broken the covenant. Repentance was sealed by a baptism for the remission of sins, a visible sign of serious repentance. Jesus underwent the rite of repentance and joined the Baptist’s circle. He later went his own way, but the demand of repentance remained in focus. In the Synoptic gospels sin is conceived of as concrete transgression,18 and the path to salvation is marked by repentance, the remission of sins and the production of “good fruit”. A radical renewal of life in view of the approaching reign of God is needed. The gospels give a somewhat inconsistent picture of Jesus’ attitude to standard Jewish piety, but apparently he did not renounce the usual means of staying in the covenant.19 Staying in continued to be based on obedience to the Torah (Q is quite firm on this), even though some particulars of Jesus’ interpretation (e.g., —————— 17 The translation is taken from F. G ARCÍA M ARTÍNEZ, The Dead Sea Scrolls Translated (trans. W.G.E. Watson), Leiden etc. 21996. 18 Cf. H. RÄISÄNEN, Sold under Sin? (see n. 10), 293; contra F. H AHN, Theologie 2 (see n. 3), 322f. 19 Contra e.g., F. H AHN, Theologie 2, 338–40.
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of the Sabbath) were controversial.20 For those who transgress, repentance is the remedy (Mk 1:15). The rich man who has obeyed the commandments (Mk 10:17ff.) is on the right path. But in addition to that, he should leave everything and follow Jesus, whatever the cost. On one hand Jesus seems very open-minded, willing to accept ‘sinners’ who do not meet standard requirements of piety: he eats and drinks with them in merry parties. He sets forth the salvific significance of the kingdom of God in life-affirming images: a treasure, a festive meal, a wedding. But he also presents strict requirements: one should leave one’s possessions, give up familial relationships, ‘amputate’ tempting members of the body. The portrait of Jesus as the gentle friend of sinners is actually largely due to Luke. Jesus (mostly) interprets the commandments of the law in a rigorous way. The prohibition of murder forbids anger and insulting words; a lustful glance amounts to adultery. Divorce and remarriage are absolutely against God’s will, even as regards the wronged party. Like the Baptist, Jesus tries to rescue individual men and women from disaster. Both John and Jesus stand in the apocalyptic tradition: the righteous will be saved, others will perish. The envisaged restoration of Israel amounts to the salvation of the repentant remnant. The meaning of ‘repentance’ shifts, however: the choice for or against repentance merges with a choice for or against Jesus (Luke 10:12ff. par, 11:31f. par). At the judgment one has to account for his or her relationship to Jesus’ person and proclamation.21 Early Christianity This combination of a pious way of life and a commitment to the charismatic leader characterises the different paths to salvation in the minds of the early Christians who mostly cannot imagine genuine repentance apart from faith in Jesus. The combination is not an easy one, and in fact good deeds persist in the traditional way as the crucial criterion of the judgment, in tension with the criterion of having acknowledged Jesus. Even Paul can insist that God “will repay according to everyone’s deeds” (Rom 2:6–11; cf. 2 Cor 5:10). —————— 20 On food laws see H. RÄISÄNEN, Jesus and the Food Laws: Reflections on Mark 7:15, in: ID., Jesus (see n. 14), 127–48. 21 References to the saving significance of Jesus’ death (Mark 10:45; the story of the Eucharist in Mark 14:22–25 par) remain isolated. The ransom saying is probably postEaster. The question of Jesus’ last meal is complicated; what exactly he may have said there is very difficult to trace. It is controversial whether Jesus anticipated his imminent death. His disciples experienced it in any case as a shock for which they had hardly been prepared. In Q Jesus’ death is interpreted as the typical fate of a prophet; this would be hard to understand if Jesus had spoken to his followers of its saving significance.
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In the gospels a strong emphasis on proper conduct dominates. It is stressed in Q that a tree is known by its fruit, and the point is reiterated by Matthew and Luke. To call Jesus ‘Lord’ is of no avail, if one does not do what Jesus tells one to do (Luke 6:43–46 par = Q). But the acknowledgement of Jesus is also demanded (Luke 12:8f. par = Q). Mark and Matthew occasionally allow the idea of a salvific significance of Jesus’ death, but their emphasis lies elsewhere. Mark underlines right action in accordance with the Torah (10:17–31; 12:28–34), but this is connected with a commitment to Jesus (10:21). Above all, following Jesus’ path of suffering is the true way to salvation (8:34; 13:13). A disciple is asked to be faithful all the way to a martyr’s death (10:38). Suffering is a crucial part of Jesus’ ministry, but apart from the isolated clause in 10:45 (which in the Markan context simply underlines the importance of serving others) and the liturgical reference to a covenant sacrifice in 14:24, Mark does not suggest that Jesus died for the sins of others. Matthew develops Q’s ethics into a genuinely Jewish-sounding program of observing the law. One has to fulfil the Torah as interpreted by Jesus to meet the demands of righteousness (5:17–20). Not one stroke of a letter will pass from the law (v. 18–19), and more is required of the disciples of Jesus than of others: unless their righteousness exceeds that of the scribes, they will not enter the kingdom (v. 20). The Sermon on the Mount describes this greater righteousness as perfection (5:48); the high points include the commandment to love one’s enemies (5:44) and the ‘Golden Rule’ (7:12). Matthew does present Jesus as one who saves his people from their sins (without telling how, 1:21), and in the Eucharist liturgy forgiveness is connected with his blood (26:29). Yet the idea that forgiveness is connected with Jesus’ death is not integrated with Matthew’s action-oriented perspective. Isaiah 53:4 is quoted in 8:17 not as a prophecy of Jesus’ death, but of his healing mission. When the disciples are sent out into the world, their task is to teach those baptised to keep the commandments laid down by Jesus (28:19-20). The crucial importance of right action is clear in the great judgment scene (Mt 25:31–46). Here performing deeds of mercy22 is the sole criterion; nothing is said about the death of Christ or of faith in him. The main function of Jesus seems to be “to make possible a life in —————— 22 Towards whom? On the face of it, the ‘least brothers’ of the Son of Man (25:40, 45) would seem to include all the needy in the world. A comparison with 10:40–42, however, suggests that Christian missionaries may be in view. Perhaps one can distinguish between the perspective of the traditional parable (missionaries) and that of Matthew himself (all needy persons); cf. P. LUOMANEN, Entering the Kingdom of God, WUNT II/101, Tübingen 1998, 184–93.
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obedience to God”.23 A heavenly reward is often mentioned in this gospel to encourage the faithful in their efforts (5:12; 19:21 etc.). Matthew, then, envisages “salvation through action”24 (cf. 16:27). In theory, covenantal nomism with its emphasis on obedience seems to be in force. But in that case a Jew who kept all the commandments should be on the side of the saved. In practice Matthew does not think in such terms.25 The story of the rich man who has followed even the love command (19:16ff.), and yet does not quite qualify for eternal life, shows that what is at stake is the commitment to Jesus’ person. ‘Good fruit’ is necessary, but Matthew is not prepared to acknowledge the existence of such fruit, if the decision to follow Jesus is lacking. Later Jewish Christians who used some version of Matthew’s gospel held fast to the Torah, honouring Jesus as teacher and prophet. According to Hippolytus (Ref. 10.22), the Ebionites “live in everything according to the law of Moses, claiming that they become righteous in that manner”. Luke elaborates the requirement of right conduct in memorable stories. Jesus answers the question “What must I do to inherit eternal life?” by asking: “What is written in the law?” (Luke 10:26). The discussion partner cites the dual commandment of love. Jesus accepts the answer and adds: “Do this and you will live” (v. 28). The story of the Samaritan who helped his neighbour follows, ending with the exhortation “go and do likewise” (v. 37). The rich man of the Lazarus story would not have landed in Hades, had he heeded what “Moses and the prophets” had written (Lk 16:29, 31): the Torah is the way to life. One may wonder what Jesus is then needed for.26 Luke evades this question by in effect assimilating devout life with acceptance of Jesus (and, after Easter, with joining his community); the pious figures of the infancy stories immediately recognise Jesus as the Messiah (e.g., Luke 2:27–32). The standard Jewish combination of devout life and rejection of Christian claims is unthinkable for Luke. A pious Gentile, too, such as Cornelius (Acts 10:2), can be acceptable to God even before he knows of Jesus. When he listens to Peter preaching, the Spirit falls upon him and his company (10:44–48). Like the pious Jew, a devout Gentile will in Luke’s view almost automatically accept the message about Jesus when he or she hears it. Often, however, those confronted with Jesus or with the Christian message need to repent. John the Baptist gives advice about the “fruits worthy of repentance” (Lk 3:10–14). The prodigal son in the famous parable —————— 23 24 25 26
Ibid., 285. D. SEELEY, Deconstructing the New Testament, BIN.S 5, Leiden etc. 1994, 48. See P. LUOMANEN, Entering, 281–84. Cf. D. SEELEY, Deconstructing (see n. 24), 81–102.
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(largely created by Luke himself)27 is joyously received when he decides to return home (15:11–32). Salvation comes to Zacchaeus when he promises to give half of his possessions to the poor and to compensate any fraud he may have committed (19:8f.). The penitent robber on the cross is promised that he will go to Paradise with Jesus (23:42f.). Jesus’ whole ministry stands in the service of the good news that God is ready to show mercy to the repentant sinner.28 When those listening to Peter’s sermon ask what they should do to be saved, the answer is this: “Repent, and be baptised in the name of Jesus Christ so that your sins may be forgiven …” (Acts 2:38). Repentance is the medicine, but after Easter joining the group of Jesus’ followers is also required. Here, too, assimilation takes place, as contrition and conversion to the new movement are moulded.29 Repentance now includes the recognition that Jesus is the Messiah whom God has raised. The importance of repentance as the way to salvation also emerges in the Areopagus speech (Acts 17). The letter of James argues (against Paul) that ‘justification’ is by works, not by (mere) faith (2:14). “Was not Abraham our father justified by works, when he offered his son Isaac upon the altar? You see that faith was active along with his works …” (2:21–22) James does emphasise the importance of faith, understood as trust (1:6), and the ‘indicative’ (the priority of God's gifts) is clearly stated in 1:17f., but he is appalled by the thought that faith may be used as an excuse to avoid social responsibility. Paul’s formula of “faith active in love” (Gal 5:6) could be used as an epitome of James’ ethics.30 But inevitably the question presents itself: why is Jesus (who is barely mentioned in the letter) really needed? The epistle to the Hebrews emphasises in a great treatise of ancient religious heroes that faith in God naturally leads to daring deeds and that God always rewards obedient faith (Heb 11:1–12:2). As the “cloud of witnesses” consists wholly of men and women who lived before Christ, a reader is again confronted with the question of how Jesus can then really be said to be the “author of our faith”. The author adduces his great gallery of witnesses in order to admonish the readers to perseverance in view even of persecution. The necessity of strong effort is taken very seriously. Con—————— 27 See H. RÄISÄNEN, The Prodigal Gentile and His Jewish-Christian Brother, in: id., Challenges to Biblical Interpretation, BIN.S 59, Leiden etc. 2001, 37–60. 28 Any salvific significance of Jesus’ death fades. What corresponds in Luke’s story to Mark’s ransom saying (Mark 10:45) is the saying “I am among you as one who serves” (Lk 22:27). 29 K. SYREENI, Matthew, Luke, and the Law, in: T. Veijola (ed.), The Law in the Bible and its Environment, SESJ 51, Helsinki 1990, 126–155 (148). 30 G.E. N ICKELSBURG, Ancient Judaism and Christian Origins, Minneapolis 2003, 52f.
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fronted with the possibility of apostasy, the author claims that there will be no forgiveness and no chance to repent again for those who turn away (10:26–31).31 A strong emphasis on repentance is found in 1 Clement: God “gave those who wanted to turn to him, from generation to generation, opportunity for repentance” (7:5; the reference is to Noah’s generation and to the Ninevites). God has also “justified everyone from eternity” by faith (32:3– 4). While Clement uses Pauline language, for him there seems to be no difference between repentance and justification by faith. ‘Faith’ means the trust in God which some have shown in all ages. Evidently Christ could be removed from this theocentric ‘soteriology’ without changing its structure, even though Clement also (inconsistently) states that it was the shedding of Christ’s blood that brought the grace of repentance to the world (7:4).32 But repentance is not regarded as a meritorious ‘work’.33 It is a thoroughgoing conviction of early Christians that repentance and grateful obedience, shown in good deeds towards God who has shown us his mercy, is a precondition of salvation. The judgment will be according to deeds. Statements on salvation or judgment are often made without any reference to Jesus. The question of the real significance of Jesus is thereby raised, if salvation is (or has been) available even without him. And yet something other than good deeds is also required: a special commitment to Jesus.
Jesus’ resurrection and death as saving events Jesus’ death was a shock to his followers, but the Easter experiences cast it into a different light. Jesus brought hope to his devotees despite his death (e.g., Acts 3:15; 5:30f).34 The resurrection began the process of a final victory over hostile powers, to be completed at the parousia (1 Cor 15:25; Rom 8:34–38). Yet many still felt the need to account for the scandal of the cross (1 Cor 1:23). Some of the explanations do not imply that Jesus’ death had —————— 31 According to Hermas, by contrast, God still grants the apostates one chance to return (but no more). 32 Cf. H. RÄISÄNEN, ‘Righteousness by Works’: An Early Catholic Doctrine? Thoughts on 1 Clement, in: ID., Jesus (see n. 14), 203–24 (215). 33 A number of passages make clear that, for Clement, everything rests on the goodness and mercy of the Creator, e.g., 20:11–21:1; 35–36. See H. RÄISÄNEN, Righteousness, 205–11. 34 On the soteriological significance ascribed to Jesus’ resurrection (independently of the idea that his death had such significance) see F. HAHN, Theologie 2 (see n. 3), 376– 81.403.
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salvific significance. Sometimes it is seen simply as a necessity planned by divine providence.35 Like all righteous people, Jesus had to suffer.36 Jesus’ death was also regarded as an extreme instance of the (allegedly) customary fate of a prophet.37 A different line of thought emerged in some branches of early Christianity. Despite the resurrection, given the ignominious nature of his death (cf. Gal 3:13) it was unthinkable that Jesus had “died for nothing” (Gal 2:21). A positive meaning was discovered for his death, when it came to be seen as in some sense vicarious: it had happened “for us” (1 Thess 5:10) or “for our sins” (1 Cor 15:3). Those who first interpreted Jesus’ death as a saving event probably thought ‘backwards’, from the event to its cause. This accounts for the striking fact that the usual Jewish paths to salvation fade. Questions like “Why does sincere repentance no longer suffice to restore our relation to God?” were not pondered, because the problem to be solved was not the human condition, but the fate of Jesus. The interpretation of Jesus’ death as vicarious must be old, for it is widespread. It is found in pre-Pauline formulas (1 Cor 15:3; 2 Cor 5:14– 15; Rom 3:25–26, 4:25), in Johannine tradition (John 1:29; 11:50, cf. 1 John 2:2 in conjunction with 1:7) and in a number of passages formulated by Paul himself (Rom 5:8; 8:32; 2 Cor 5:21; Gal 3:13 etc.). It is conspicuous in Hebrews. It is part of Eucharist liturgies (1 Cor 11:24; Mark 14:24 par).38 Yet this interpretation probably did not emerge immediately after the Easter experiences. If it were part of an archaic tradition common to all branches of the movement, it would be strange that it is nevertheless missing in several overall conceptions of early Christian faith. When the death of Jesus is interpreted as a saving event, a variety of pictures and terms from different areas of life are used. One possibility is to understand this death with the aid of concepts connected with the temple cult as a sacrifice for the sake of humans; the function of Jesus then corresponds to that of animals sacrificed in the temple. Sacrificial language is prominent in some writings from the end of the first century. Christians have been ransomed from futile ways “with the precious blood of Christ, like that of a lamb without defect or blemish” (1 Pet 1:18f; cf. —————— 35 The Son of Man must suffer and be killed and rise again (Mark 8:31). Every-thing had happened according to the scriptures (Mark 14:49 par; Luke 24:27, 46). 36 Language from Psalms concerned with the suffering of the righteous (Ps 22; 69) was used to describe Jesus’ last hours. On the Jewish tradition about the (inevitable) sufferings of the righteous see G. B ARTH, Der Tod Jesu Christi im Verständnis des Neuen Testaments, Neukirchen-Vluyn 1992, 28–32. 37 1 Thess 2:15, Luke 11:49–51 par Q, Mark 12:1–9, Acts 7:52. This perception is actually less an explanation of the fate of Jesus than an accusation against the enemies of Jesus or of his followers. 38 Yet not everywhere, cf. Did 9–10.
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1:2); Jesus is seen as “the Lamb of God who takes away the sin of the world” (John 1:29); his blood cleanses from all sin (1 John 1:7), as he is “the expiation for our sins” (1 John 2:2, cf. 4:10). Sacrificial language dominates in Hebrews. The author interprets Jesus’ death in terms of the Day of Atonement (esp. Heb 9–10). The rite is definitely fulfilled in Jesus death, but the application becomes strained: Jesus offers himself as sacrifice, fulfilling both the role of the priest (9:11, 24) and that of the victim. But then the author exploits cultic language primarily in order to show that the Jewish cult has now been superseded and warns his readers not to lapse into Judaism. Some interpreters assume that the sacrifices in the temple of Jerusalem would have led early Christians self-evidently to conceive of the death of Jesus as a sin-offering. The meaning of the sin-offering in the Israelite cult is, however, controversial, and the precise way in which an expiatory sacrifice was thought to be effective is not clarified in the Hebrew Bible.39 It is unlikely that a first-century Jew who performed the offering would have contemplated that in fact he should have died, not the animal.40 It is therefore improbable that the sin-offerings would have incited early Christians to think that Jesus had suffered the punishment which others had deserved. It seems rather that the notion of this death as vicarious came first and was afterwards connected with the idea of a sacrifice. 41 This point is strengthened by the observation that a sacrificial understanding in itself ill suits the resurrection: “the whole notion of sacrifice becomes a farce, if the victim rises again”.42 Alternatively, it is thought that the Servant Song Isaiah 53 is the source of vicarious interpretations of Jesus’ death,43 but this, too, is far from obvious. The idea that an individual person suffers and dies for the sins of God’s people (if that is what the Song has in view) is unique in the Hebrew Bible and remained without influence on the development of Jewish thought.44 As the song had not been regarded as messianic in Jewish tradi—————— 39
“Judaism provided no explicit rationale for sacrifice: it was simply the God-given way of dealing with sin, and as such was to be accepted gratefully and humbly.” C.M. T UCKETT, Atonement in the NT, ABD 1 (1992), 518–522 (519). 40 See G. B ARTH, Tod (see n. 36), 50-56; G. RÖHSER , Stellvertretung im Neuen Testament, SBS 195, Stuttgart 2002, 58-63. 41 G. B ARTH, Tod, 56; cf. C.M. T UCKETT, Atonement, 519. 42 G. FITZER , Der Ort der Versöhnung nach Paulus, ThZ 22 (1966), 161–83 (179). 43 Thus recently A. AEJMELAEUS in a tightly argued article: The Suffering Servant: Isaiah 53 as an Intertext in the New Testament, in: A. Mustakallio (ed.), Lux Humana (see n. 4), 475–94. 44 In the Targum of Isaiah the Song is given a messianic interpretation, but only as regards the high claims made for the servant; statements on his humility, suffering or death are not applied to the Messiah.
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tion, it was not a self-evident source to turn to for early Christians; it took some scribal skill (and some time, one would think) to discover this ‘proof-text’. Isaiah 53 is quoted less often than one might expect and even then – apart from the relatively late 1 Peter (2:24) – without paying attention to vicarious suffering (e.g. Matt 8:17, Luke 22:37, Acts 8:32–35).45 A more likely source for the notion of the offering of a human life for others are the vicarious effects ascribed to deaths of Maccabean martyrs.46 A martyr dies for the paternal laws and hopes that God therefore becomes merciful (hileos) to the people and that his wrath ceases (2 Macc 7:37–38). Even closer to Christian ideas is 4 Macc 6:27–29: old Eleazar dies not just because of the law; he also bears the punishment for (hyper) his people, praying: Be merciful to your people ... satisfied by our punishment for them. Let my blood serve for their purification and accept my life as a ransom (antipsykhon) for them.
The death of the martyr has a vicarious significance for the people, and cultic terminology (‘purification’) is also used. 4 Macc 17:21–22 states that through the martyrs the fatherland was purified; they became as it were a ransom (antipsykhon) for the sin of the people. Through the blood of these righteous ones and their expiatory (hilasterios) death the divine providence saved Israel ...
The author uses metaphorical language associated with the Day of Atonement (blood, expiation), but the temple background does not account for the notion of a human sacrifice. In the martyr ideology of 2 and 4 Maccabees, Jewish and Greco-Roman traditions merge. The notion of a judgment on the people because of its sins is Jewish; the appreciation of the ‘noble death’ for others is of Greek origin. Early Christians took up this notion, but applied it in a broader way: Jesus died not just for his people, but for other humans too.47 It is sometimes emphasised, in accordance with the martyr traditions, that Jesus, the victim, took the initiative (Gal 1:4; 2:20; Tit 2:14); more often, however, God is said to be the subject (Rom 4:25; 8:32). —————— 45 Cf. G. B ARTH, Tod, 56–59. Rom 4:25 may be influenced by Isaiah 53, but the formula “he was handed over because of our trangressions” seems to be due to more advanced reflection and not to represent oldest tradition; cf. G. BARTH, Tod, 45.58. 46 S.K. W ILLIAMS, Jesus’ Death as Saving Event: The Background and Origin of a Concept, HDR 2, Missoula, Mont. 1975; D. SEELEY, The Noble Death: Graeco-Roman Martyrology and Paul’s Concept of Salvation, JSNT.S 28, Sheffield 1990; G. BARTH, Tod, 59–64. 47 However, 4 Macc is probably too late to have functioned as a direct source (contra Williams); one has rather to think of a common tradition behind both this work and, say, Romans (Rom 3:25f.).
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An early instance of an interpretation of Jesus’ death as expiation is found in the traditional substratum of Rom 3:25–26 (apparently a piece of liturgy): God put [Christ Jesus] forward as means of expiation (hilasterion) by his blood.48 He did this to show his righteousness, because in his divine forbearance he had passed over the sins previously committed; it was to prove at the present time that he himself is righteous ...
In this view, Jesus’ death resulted in forgiveness for earlier sins, perhaps for the sins confessed by a person now ready to be baptised. In making use of this tradition, Paul does not belabour the idea of expiation, but goes on to interpret the formula in terms of his peculiar notion of justification by faith in Jesus (v. 26b). This is the closest Paul comes to sacrificial categories in interpreting Jesus’ death. He does hold that this death was vicarious: it had good effects for others. It is important, however, to Paul to stress God’s initiative. In Rom 8:3 Paul states that what the law was unable to do, God did by sending his Son “in the likeness of sinful flesh”. This happened “because of sin” (peri hamartias). If a vicarious sacrifice analogous to those offered in the temple were in view, one would now expect a statement on the condemnation of sinful humans whose punishment Jesus bore. What Paul has in mind, however, is abolishment of sin: (God) “condemned sin in the flesh” (no doubt in the crucified body of Jesus). Jesus’ death (and resurrection) have somehow made possible the liberation of humans from the power-sphere of sin and their transfer to the realm of the Spirit in Christ.49 Paul also describes Jesus’ death as redemption. “Whereas the interpretation in terms of expiation is about liberation from a danger which threatens from God himself, the notion of ransom suggests, rather, liberation from an alien power.”50 In stating “you were bought with a price” (1 Cor 6:20; 7:23) Paul is using the language of the slave market in order to stress the fact that Christians are no longer under their old master, Sin.51 In Gal 3:13 and 4:5 he claims that Christians are bought free from the curse of the law, or from an existence ‘under the law’. Strange as it sounds, the —————— 48 49
Paul adds: “effective through faith”. Space does not allow a treatment of Paul’s view of sin here. I have discussed it in Sold under Sin? (see n. 10), 294–98, concluding that “Paul was forced to create a bleak picture of the world in bondage to Sin, for the reason that otherwise God’s radical act in the death of Christ seems futile ... Paul thought ‘backwards’. His statements on Sin [in Rom 5–8; contrast the very different notion in Rom 2!] are a reflection of his conviction that God has prepared salvation for humans in Jesus, and in him alone.” (ibid., 297). 50 G. T HEISSEN, Theory (see n. 6), 146. This is clearly the case in 1 Cor 6:19f. 51 That early Christians ever thought of Jesus’ death concretely as a price paid for the liberation of humanity is unlikely, even though the idea became popular in later patristic thought, with discussions about whether the price was paid to God – or to the Devil.
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Torah is here conceived of as an inimical alien power, comparable to the ‘elements of the world’ which rule tyrannically over the heathen world. Neither in the case of expiation nor in that of ransom is resurrection logically needed, but the notion has been adapted to the ‘fact’, and Paul can even state that death alone does not bring forgiveness (1 Cor 15:17). Then the resurrection becomes a victory over the hostile powers (cf. 1 Cor 15:24f.; Phil 2:10, Rom 8:35–38). But even Jesus’ death is seen as a victory in Col 2:14–15, where the striking image of a military parade over disarmed inimical spirit powers is used. Elsewhere the powers opposed to God are conceived of as concentrated in a single Devil figure, and Jesus’ death is seen as his final overthrow (cf. John 12:31, 1 John 3:8). It is at first not explained just how the Devil or the powers are defeated, but later a wide-spread tradition recounts Jesus’ descent on Good Friday into Hades where he opens the gates for those who put their trust in him (e.g., Od Sol 42; ActThom 10; 156). In patristic thought the notion of Christus victor became very important; it has left strong traces in the Greek Orthodox tradition, but has largely dropped out of theological reflection in the West. The understanding of Jesus’ death as reconciliation (katallage) is an interpretation in more personal terms. It is confined to the Pauline tradition and uses language from the area of diplomacy and peace-making.52 It is probably rooted in Paul’s own experience: he was once an enemy of the Jesus movement, but God reconciled him with himself ‘in Jesus’ (though it is not clear why precisely the death of Jesus was needed for this). In 2 Cor 5 the notion is connected with Paul’s specific task of reconciling opposed groups of people with each other. Here too God is the subject of the action which is seen in a ‘cosmic’ dimension: in Christ, God was reconciling ‘the world’ to himself (v. 19). This dimension is developed in Colossians. Col 1:15–20 speaks, following certain lines of thought in Hellenistic philosophy, of the achievement of cosmic harmony on the basis of the death and resurrection of Christ; the author connects this with the notion of reconciling alienated people to God (1:21–23).53 Justification, or the passing of a liberating verdict in court, is yet another model used to interpret the significance of Jesus’ death. The judgment which God was about to pronounce on humanity has been passed on the crucified Jesus. Words from the root dikaio- are used by Paul mainly —————— 52 C. B REYTENBACH, Versöhnung: Eine Studie zur paulinischen Soteriologie, WMANT 60, Neukirchen 1989. 53 The author of Ephesians develops the notion of reconciliation in an ‘ecclesiological’ direction: the blood of Jesus has effected reconciliation between Jews and Gentiles in somehow removing the barrier of the “law of the commandments and stipulations” that had stood between them.
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in the context of his battle concerning the inclusion of Gentiles in the people of God. This usage serves to give a biblical slant to Paul’s argument.54 In view of the significance which the interpretation of Jesus’ death as salvific has later received in Christianity, it is worth underlining that it is either missing or is only of minor significance in many first- and even second-century writings. It is missing in Q, Luke and James, and barely mentioned in Mark and Matthew. The Apostolic fathers, too, assign only a minor place to the atoning value of Jesus’ death. Union with Christ Paul takes up and employs most of the images used in his traditions to explain Jesus’ death. The fact that he can mix imageries indicates that the individual images are not of central importance (e.g., Rom 5:6–10: dying for friends, justification, expiation and reconciliation; in 2 Cor 5:18–21 the notions of reconciliation between enemies and justification in the court-room alternate). This is true of early Christians in general: the very variety of images and models suggests that theories about the atonement were of secondary importance. What was primary was the experience of new life which these people claimed to enjoy.55 Paul is an enthusiastic proclaimer of this new life. It means participation ‘in Christ’, a sharing in Christ’s destiny (Rom 6:3–5). The closest analogy is found in mystery religions where the initiates participated in the destiny of the deity. A difference is that Jesus died once and for all (and baptism too was a once-and-for-all event), whereas in mystery cults participation in the death of the God(dess) could be experienced repeatedly.56 Participation in the death and resurrection of Jesus joins believers into the ‘body of Christ’.57 One enters this new union when one receives God’s Spirit. Repentance is hardly mentioned at all. Paul suggests that right ac—————— 54 Paul’s proof is Abraham who believed (in what God had promised him); God reckoned his faith to him as righteousness (dikaiosyne). Paul reads this as proving that Gentiles need not be circumcised, when they join the new people of God. For Abraham just believed (Paul’s argument implies: in Jesus Christ!), and did not do the works required by the law (in this context: such works as circumcision and food regulations). 55 C.M. T UCKETT, Atonement (see n. 39), 522. 56 Cf. D. ZELLER , Entstehung (see n. 6), 103f. 57 The ‘in Christ’-theme continues in a modified form in the Pauline tradition. In Colossians, the claim that the fullness of the deity dwells in Christ ‘bodily’ may be a reference to the Church as the body of Christ. ‘In Christ’ occurs frequently in Ephesians, yet it mostly lacks the strong idea of incorporation; the emphasis is on Christ being head over the church. In the Pastoral letters, too, the phrase occurs frequently, but the writer mostly speaks of abstract entities, rather than people, being in Christ (faith and love 1 Ti 1:14, 2 Ti 1:14), grace (2 Ti 2:1), salvation (2 Ti 2:10).
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tion will evolve almost automatically from the union with Christ – if one lives in the Spirit, one will ‘walk’ in the Spirit.58 In a version of Syrian Christianity the union with Christ is provided with an erotic touch: “I have been united to him because the lover has found the beloved, and because I love him that is the son, I have become a son.” (Odes of Solomon 3:7) The notion of participation in Christ’s destiny or of a union with him presupposes a high level of emotional experience to be compelling. If the excitement is reduced, it is natural to emphasise less emotion-laden soteriological aspects, such as Christ's vicarious death or his role as law-giver or revealer. Grace, faith and ‘works’: a Pauline contrast For God’s gracious act to become effective for humans, a proper response is required. Paul can summarise his mission with an appeal to the addressees: “Let yourselves be reconciled to God” (2 Cor 5:20). The appropriate response is characterised as faith. One has to believe that God had resurrected Jesus and made him the Lord of all (Rom 10:9). ‘Faith’ comes to function as an umbrella term for the whole process of conversion and for new life.59 Unlike most other early Christians, Paul is keen to emphasise ‘faith’ at the cost of ‘works’; the believers “are justified by grace as a gift” (Rom 3:24). The Qumranites emphasised God’s grace in rather similar phrases, but unlike them Paul insists that ‘works of the law’ are not required of the believers. Surprisingly enough the Torah, God’s great gift according to the Jewish vision, here sides with sin, on the front opposite to grace, Spirit, faith and God's promises. The interpretation of Paul’s view continues to be a scholarly battlefield, and it is impossible to explicate here the contest between what is often called the ‘Lutheran’ view and the ‘New Perspective’.60 Suffice it to say that it is striking how often the polemics against law are found in a context where the question of the inclusion of the Gentiles in the people of God is the most important issue (Gal 2–3, Rom 3–4, Rom 9–10), a point forcefully made by proponents of the ‘New Perspective’. The contrast ‘by faith’ – ‘by works (of the law)’ originally probably belongs to this context, the ‘works’ meaning above all ‘identity markers’ which a Jew took for —————— 58 That life was not so simple became later painfully clear to Paul, and he had earnestly to exhort his converts to live up to their calling. 59 ‘Faith’ was an important term already in Jewish tradition, where it signified trust in God. Christians adopted the term, but gave it a lot more prominence. The object of faith changed in the process. 60 Cf. W ESTERHOLM , Perspectives (see n. 15).
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granted, but which would have made the life of Gentile converts inconvenient: purity and food regulations and in particular the demand for circumcision. While more conservative Christian Jews emphasise that humans have no right to abandon God’s decrees and that the requirements of the Torah therefore also apply to Gentile Christians, Paul insists that ‘works of the law’ must not be required. “A person is not justified by works of the law but through faith in Jesus Christ” (Gal 2:16). “Were righteousness available through the law, then Christ would in fact have died in vain and God’s grace would be null and void” (Gal 2:21; both statements are made in the context of the ‘Antiochian incident’ when food and table fellowship were the issue); “whoever tries to be justified in the law, is destroyed away from Christ or fallen away from grace” (Gal 5:4, a reply to the demand that Gentile converts be circumcised). In Galatians Paul defends the right of his new converts to lead a life in Christ free from circumcision and food laws, but in chapters three and four he turns to a fierce polemic against the Torah and nomistic piety as a whole. In Gal 3:6 he states that Abraham gained righteousness because he had faith in God. In the next verses he speaks of ‘those of faith’ as blessed and as the true progeny of Abraham (v. 7–9); by contrast, those who are ‘of works of the law’ are cursed (v. 10). ‘Law’ and ‘faith’ are contrasted sharply in v. 11: according to Scripture, the righteous person will have life by faith (Hab 2:4).61 Paul assumes that faith and law exclude each other: “the law is not of faith” (Gal 3:12).62 Even in Romans 3 and 4 Paul puts forward a harsh polemic against the works of the law – and in these chapters too the right of uncircumcised Gentile Christians to belong to the congregation is important. As in Gal 3, Abraham functions as the great precedent: God reckoned his faith to him as righteousness even before he was circumcised. Even for the Gentiles, who cannot produce the works required by the law, the way to salvation has been opened by God: faith in Christ is enough. Nevertheless, Paul does make it clear that Christ is the way to salvation even for those born Jews. At some points it is difficult to avoid the impression that he regards Judaism as a legalistic religion which teaches that a person is saved because of his or her own merits (‘works’; cf. Rom 4:4; 9:11f., 11:5f.), a point underlined by proponents of the ‘Lutheran’ interpretation of Paul. —————— 61 The sentence is read differently from the Hebrew Bible and given a specifically Pauline interpretation. Contrast Heb 10:38f. where the application is closer to the original. 62 The law is also the opposite of God’s promises (Gal 3:18, 21–22). Similar contrasts reappear in Romans (Rom 3:27–28; 4:2–5; 4:14; 10:5–6); cf. also the contrast between the righteousness of faith and one’s own righteousness in Phil 3:6 (cf. Rom 10:3).
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Indeed Paul may have expanded his criticism of the religion of his compatriots to include the charge of zealous legalism, a charge understandable in light of the actions of some of his conservative opponents, but perhaps even more so as a projection of his own past as an (atypical) ‘overachiever’ in nomistic piety (Gal 1:14) onto Judaism as a whole.63 For Paul, to opt for grace means to opt for Christ and against the law. From a standard Jewish point of view the contrast between grace and law is strange. The Torah was to be observed out of gratitude to its Giver; obedient observance served the sanctification of everyday life. Paul drives a wedge between law and grace, limiting grace to the Christ event (except in Romans 11). Outside of life in Christ there is no salvation. In fact, grace is understood in Pauline Christianity more narrowly than in such forms of Judaism that allow for the salvation of righteous Gentiles.64 In the context of his polemics, Paul presents ‘faith’ as something simple as compared to ‘works’. This is why James could not but attack Paul’s ‘doctrine’ as he understood it65: the case of Abraham showed that “a person is justified by works and not by faith alone" (Jas 2:21, 24). Devoted interpreters of Paul to this day emphasise the gratuity implied in his ‘by faith alone’. But Paul did not actually devalue human effort, the way of life that was according to God’s revealed will, though he regarded good deeds as the proper ‘fruit’, not as a precondition. To accept the faith preached by Paul required a lot more effort on the part of the addressee than did most religions in antiquity. A Gentile believer had to give up his or her traditional cult and often cut family ties. Entering the community that promised salvation to its members presupposed a profound change of life (as it did in Qumran). Faith denotes a strong commitment; grace and human effort go together. In his polemics against conservative Christian Jews, Paul insists that law-free Christians walk by the Spirit as it were automatically, simply due to the fact that they live in the Spirit. But in other connections he, too, speaks of right behaviour as necessary for salvation. The judgment will still be according to deeds (2 Cor 5:10, cf. Rom 2:1–16). Salvation has to be ‘worked out’ (katergazesthai!) by Christians with fear and trembling —————— 63 Cf. the proposal of A.J.M. W EDDERBURN, Eine neuere Paulusperspektive?, in: E.M. Becker / P. Pilhofer (eds.), Biographie und Persönlichkeit des Paulus, WUNT 187, Tübingen 2005, 46–64 (64). I am not suggesting that Paul ‘misunderstood’ Judaism, but rather that in a polemical situation he gave a one-sided or distorted picture of it. 64 Some interpreters hold that Paul believed in two equally valid covenants, one for those born Jews, another for Gentiles, the law-free gospel of Christ being meant only for the latter. For a recent critique of this view which flies in the face of crucial evidence see A.J.M. W EDDERBURN, Paulusperspektive. 65 Clearly James does not limit ‘works’ to those which separate Jew from Gentile; he does not even speak of ‘works of the law’, but simply of ‘works’.
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(Phil 2:12). God is severe toward those who fall away from his kindness (Rom 11:20–22). Even Paul’s understanding of salvation can be called ‘synergistic’ in the sense that a human contribution (of whatever size) to the process is assumed. A combination of grace and effort is, in fact, all-pervasive in early Christianity (though in different ways).66 No dramatic difference to average Judaism is to be seen. Indeed, one hundred percent gratuity would only be possible within the framework of double predestination (God decrees with sovereign freedom some to be saved and others to be destroyed) or else in the framework of a doctrine of apokatastasis (universal salvation in the end). In Romans 9–11 Paul actually seems to go in both these (mutually exclusive!) directions, but both times he stops short of drawing the conclusion that seemed to follow from his argument. Predestination – or universal salvation? In Romans 9 Paul struggles with the problem of Israel. He sets forth the idea of a divine election which takes place even before a person is born, paying no attention to his or her deeds (9:11; obviously Christians who are justified without doing works of the law are in this happy situation). But in order to make sense of the unwillingness of the majority of Israel to accept his preaching, Paul correlates this emphasis on prevenient grace with the notion of a predestined hardening which leads to damnation. God “hardens the heart of whomever he wills” (9:18); as the great Potter he has also made ‘vessels of wrath’ that are destined for destruction “in order to make known the riches of his glory for the vessels of mercy, which he has prepared beforehand for glory” (9:22–23). This sounds very much like a doctrine of double predestination, but Paul does not leave it there. Having apparently arrived in a cul-de-sac (perhaps realising that if one’s salvation is predestined by an eternal decree, no function will be left for faith nor for Christ) he moves in 9:30ff. to emphasise his standard notion of faith commitment, ascribes Israel’s hardening to its own stubbornness (Rom 10) and eventually assures that God will see to it that the elected Israel, though as yet hardened, will finally find faith after all (11:25–30). All this will be treated in more detail in the chapter on Identity. Paul is wrestling with the problem of (dis)continuity between Israel and the church which for him is nothing less than the problem of the reliability of God’s promises. The idea of double predestination emerges as a side effect. For Paul it is an interpretative device which he tries and drops. But this experiment was to have tremendous effects on Christendom, as it was taken up by Augustine, Luther, and Calvin. —————— 66
For grace and effort in ‘gnostic’ Christianity see below, p. 197f.
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Paul is confronted with a social problem to which he applies different tentative solutions, among them the idea of predestination. A related social situation is reflected in the gospel of John. There are statements with a predestinarian ring: “no one can come to me unless the Father draws him” (John 6:44). Alongside them others are found which stress the necessity and possibility of decision as well as human responsibility: Whoever believes in the Son of God is not condemned; one who does not believe is condemned already. The light came into the world, but men loved darkness, because their deeds were evil (3:16–21); Anyone prepared to do God’s will shall know whether or not Jesus’ teaching is from God (7:17). The context of some of the dualistic statements hints at their polemicalapologetical background, especially 12:37–40: despite Jesus’ signs, his audience did not believe in him, because Isaiah had prophesied that God would harden their hearts “lest they should see or hear or understand” (Isa 6:9–10). In the background looms a confrontation with the Jewish community. If Romans 9 suggests that some are predestined to damnation, two chapters later Paul goes to the other extreme. Having put forward the argument that God, being true to his promises to the patriarchs, will see to it that all Israel eventually finds salvation, Paul states that “God has consigned all men to disobedience, that he may have mercy upon all” (11:32). Such a phrase hints at the possibility of universal salvation.67 In Romans 5, too, the logic of the argument seems to lead to a universalist conclusion, although Paul stops short of drawing it: the Adam/Christ typology leads him to state that “as one man’s trespass led to condemnation for all men, so one man’s act of righteousness leads to acquittal and life for all men” (Rom 5:18). In this scheme Christ does have a decisive function (his act has undone the harm caused by Adam’s disobedience) whereas his role in the vision of Rom 11 is unclear, the basis of Israel’s assumed salvation being God’s promise made long before Christ. Yet it is likely that in both cases the train of the argument used by Paul (almost) carries him away rather than that he really had the salvation of all humans in mind. Anyway, on the basis of Pauline hints, Origen was to construct his doctrine of apokatastasis: the final restoration of everything, the salvation of all and sundry. To a degree, he was anticipated by ‘gnostic’ Christians. Independently of Paul, the Sethian Apocryphon of John argues for the salvation of most of humanity, excluding apostates (25:16–27:30). Even one who has remained ignorant has hope: after death, his or her soul will be “handed over to the authorities” for a kind of purgatorial treatment; if she —————— 67 See S. H ILLERT, Limited and Universal Salvation: A Text-Oriented and Hermeneutical Study of Two Perspectives in Paul, CB.NT 31, Stockholm 1999.
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thereby becomes perfect, she is saved (26:33–27:11).68 The Valentinian Gospel of Truth, for its part, states that all who have come forth from the Father will return to him (38). In consonance with its “tendency toward radical monism” this gospel appears to presume that all of humanity will be saved.69 Probably also independently of Paul some passages in the Testaments of the Twelve Patriarchs (in their Christianised versions) testify to a “rare breadth of vision”.70 “All Israel will be gathered to the Lord” (Test. Benj. 10:11). “The Lord will raise up from Levi someone as a high priest and someone as a king, God and man. He will save all (!) the Gentiles71 and the tribe of Israel” (Test. Sim. 7:2) Whether the basis for Israel’s hope is a conversion to Christ or simply God’s original promise, remains unclear. Stephen Wilson suggests: “Perhaps the author believed that Christians, Jewish or Gentile, would be saved by Christ and the bulk of the Jews through God’s original promise”.72 Christ does have here the role of a Saviour, but its precise nature remains unclear.
Saving knowledge The significance of salvific revelation of divine secrets is emphasised in apocalypticism, most explicitly in 1 Enoch. Humanity lives in ignorance of certain facts which cuts them off from the possibility of divine blessing. The revealer who has traveled to the heavens provides revealed law, e.g., about the calendar. He also encourages the faithful by assuring them of the certainty of the eschatological judgments. Enoch’s revelation rivals the Mosaic Torah; its life-giving power is limited to the few in Israel who follow its law.73 At many points in the Qumran scrolls, too, salvation is construed as knowledge and revelation. A similar point is made in many branches of early Christianity. While there is very little teaching by Jesus in Paul, Q embodies the notion of Jesus as teacher and revealer. The ‘Johannine bolt’, taken over by Matthew and Luke (Matt 11:25ff. par), indicates that it is not a question of ordinary wisdom, but of a heavenly revelation from the Father. The Fourth Gospel —————— 68 Translations of texts from Nag Hammadi are taken from J.M. R OBINSON (ed.), The Nag Hammadi Library in English, San Francisco 1990. 69 K. KING, What is Gnosticism?, Cambridge, Mass. 2003, 160.193. 70 S.G. W ILSON, Related Strangers: Jews and Christians 70–170 C.E., Minneapolis 1995, 107. 71 Has the author believing Gentiles only in view? 72 S.G. W ILSON, Related Strangers (see n. 70), 107. 73 G.E. N ICKELSBURG, Ancient Judaism (see n. 30), 74f.
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essentially “construes salvation in terms of an eschatological revelation that is the property of the elect community”. 74 The coming of Jesus reveals the glory of God (1:14); the only begotten Son is uniquely in a position to make God known (1:18). He is sent to be the Light of the world (3:16–21). He can speak of “knowing” as all-important for the disciples (17:3, 6–8). The cross is less a sacrificial or redemptive event than the moment when the full glory of God is revealed. 1 Clement states that through Christ we taste immortal knowledge (36:2); through him God has called us from ignorance to knowledge of the glory of his name (59:2). The Epistle of Barnabas concurs: Christ has rescued us from the darkness of error (14:5). Second Clement 1 affirms that because of the enlightenment received from him those who are now Christians abandoned idolatry. The Didache, too, emphasises that knowledge, faith and immortality is disclosed by God through his servant Jesus (9:3; 10:2). The ‘gnostic’ trajectory in particular regards Jesus as the bringer of salvific knowledge. Those will be saved who receive this knowledge and become enlightened; they will be redeemed from the hold of evil powers. It is not only baptism that liberates, but also the knowledge (gnosis) of who we were; what we have become; where we were, or where we have fallen into; where we hasten to; from what we have been redeemed, what is birth; what is rebirth. (Theodotus, Exc. 78.2).
The precondition of salvation is coming to know one’s true origin – recovering one’s spiritual substance that has fallen into matter – and orientating one’s life on that insight. In the Gospel of Thomas, Jesus is the teacher who invites people to seek saving knowledge (3; 18; 19 etc.). It is crucial that the disciples discover the light within them (3; 24; 70; 111). Jesus’ role is exhausted in making this insight available, so much so that he can say “I am not your master” (13).75 Jesus’ death and resurrection play no role in the Gospel of Thomas. Salvation depends rather on something which a human being has in himself or herself. Nevertheless, salvation for a Christian gnostic is not man’s own ‘achievement’; the help of a Revealer from outside is necessary for humans to find the saving knowledge (even if it is to be found within them). The Gospel of Truth (35–36) tells how the saving knowledge springs from the compassionate heart of the Father. Because of his mercy he sent Christ “so that those who were disturbed might receive a bringing —————— 74 75
Ibid., 84; cf. C.M. T UCKETT, Atonement (see n. 39), 521. The same point is made in the Gospel of Philip: one who has seen Christ has become Christ himself or herself (61:30–31, cf. 67:23–27). In Syrian Christianity the idea was widespread that there was no radical break between God and humankind: “the human being is encouraged to seek and to find his or her true divine self” (R. U RO, Thomas: Seeking the Historical Context of the Gospel of Thomas, Edinburgh 2003, 36).
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back”; “the physician runs to the place where sickness is”. Through his teaching and resurrection, the Son reveals the Father and restores the souls to restful unity with him, as they are refreshed by the Spirit and attracted to him like a sweet fragrance (34), participating in his nature “by means of kisses” (41:34).76 Here the notion of salvation as revelation merges with the notion of salvation as union with the Redeemer which comes close to Paul’s conviction of participation in Christ. Even for gnostic Christians, salvation is based on what the Father does; one who has found enlightenment is then to live according to this insight. “The ‘pneuma-nature’ of the gnostic can ... be understood ... as the grace of God, while ... salvation is not automatically assured, but must be accompanied by a corresponding way of life”.77 This position approximates the scheme of indicative and imperative in Pauline soteriology.
How can previous generations be saved? The fate of those who died before Christ had come is at first seldom reflected on, though it is a serious question from the point of view of the alleged indispensability of Jesus for salvation.78 What in particular about those who lived a pious, God-fearing life? For most early Christians this would mean pious characters of Scripture. Many authors handle the issue (more or less unconsciously?) by assimilating trust in God with faith in Christ (cf. 1 Clement, above); implicitly even Paul favours this view when he sets up Abraham as the great example of faith which brings righteousness. Others, however, felt that something new must take place to make salvation available to those who could not yet benefit from Christ’s work (however understood). Thus the idea emerged that Christ spent the time between his death and resurrection preaching the good news to the dead. In an obscure section in 1 Peter (3:19ff.) it is stated that Christ spoke after his death to “the spirits in prison” who had been disobedient “in the days of Noah”. This may refer to an occasion after the resurrection on which Christ preached (with whatever outcome) to the generation of the Flood, regarded as the worst sinners
—————— 76 77
K. KING, What Is Gnosticism? (see n. 69), 155. K. RUDOLPH, Gnosis, Edinburgh 1983, 117. The view, based on Irenaeus (Haer. 1.6.2), that gnostics (Valentinians) will be saved in any case due to their inherently pneumatic nature, is proved wrong by the Nag Hammadi texts. 78 Church fathers had to wrestle with the question of why Christ came so late to accomplish his saving work.
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ever, showing that the preaching of the gospel knows no limits.79 Ignatius says that Jesus went to Hades and raised from the dead the Old Testament prophets who expected him “as their teacher” (Magn 9:2). In the Gospel of Peter (41–42) a heavenly voice asks Jesus who is coming forth from the tomb, “Have you preached to those who sleep?” whereby “from the cross there was heard the answer, ‘Yes’”.80 Hermas holds that deceased apostles and elders preached to the righteous dead and even baptised them so that they could now be saved (Sim 9:16).
Salvific rites Rituals make adherents of a religion tick more often than its doctrines. For early Christians, too, salvation was concretised in salvific rites. Baptism in particular came to be closely connected with the attainment of salvation, albeit in different ways. In our sources baptism occurs self-evidently as the rite of entrance which needs no legitimation. Presumably the practice was rooted in the end-time baptism ministered by John, yet why it was taken over remains something of a mystery. Jesus once belonged to the circle of John and probably conducted baptisms for a while. His followers took up this activity again after Easter, when the great turn seemed to be just around the corner. John’s baptism was closely linked to the demand of repentance and confession of sins. Connected with the baptisands’ serious will to repentance, the baptism would cleanse and liberate them from God’s impending judgment. No doubt the bath was connected with the rich Jewish tradition of purificatory rites.81 The link with repentance was preserved in the early Jesus movement, but now the rite was conducted “in the name of Jesus” (Acts 2:38), indicating that those baptised had given their allegiance to the risen Jesus as their Lord. Peter states that repentance and baptism are the condition for the remission of sins, for the reception of the Spirit and for being saved “from this crooked generation”. Later a close connection is established between baptism and faith (Acts 16:30–34); the order of the two may vary. —————— 79 The related verse 1 Pet 4:6 seems to envisage proclamation of the gospel (without specifying who carried out the task, or when) to those who had died before Christ. 80 See also e.g., Justin, Dial. 72.4; Irenaeus, Haer. 4.27.2. 81 Cf. the proselyte baptism which was in use in first-century Judaism, though possibly not as early as the first decades. It was not, however, connected with remission of sins: L. HARTMAN, Baptism, ABD 1 (1992), 583–94 (585).
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Baptism played a great role in the Gentile mission. The acceptance of the Christian message meant for a Gentile a turn away from the ancestral Gods and from many inherited values. As a public act, baptism amounted to a dramatic change, a death to one’s past and a rebirth to a new life – and a transfer to a new community. Gal 3:28 is probably a baptismal formula which gives expression to a vivid experience of the removal of ethnic and other barriers. Paul’s ‘in Christ’-language is to be seen in this context as well. To be sure, for Paul the all-important turning-point in the life of the believers was their reception of the Spirit; baptism is linked to it, but it is the less emphasised of the two events.82 Paul did not conduct many baptisms himself and warned about the false security which could result from trusting in the mere performance of the rite (1 Cor 10:1–13). But he also gave a powerful theological interpretation of baptism in Rom 6:3–4: it is seen, like a burial, as participation in the death of Christ, as a death to the power of sin, and a rebirth to new life in the Spirit. It is the concrete startingpoint of the life ‘in Christ’. Later on baptism is explicitly connected with ‘rebirth’ (Tit 3:5; John 3:5; Justin, 1 Apol 61:3; 66:1). The formulation ‘bath of rebirth’ recalls the language of mystery religions, but the mention of the ‘renewal through the Holy Spirit’ introduces a new feature.83 In the beginning, baptism followed the decision to convert and to join the new community. Thus an active human effort was involved.84 In 1 Pet 3:21, “the nearest thing we have to a definition of baptism in the NT”,85 baptism is said to save “as an appeal to God for a good conscience”. But inevitably the rite came to gain independent salvific value. It became an indispensable means of rebirth (John 3:5), so much so that, according to Hermas, the righteous dead who have died before Christ must be baptised in Hades to be able to partake in salvation (Herm. Sim 9:16). Faith alone no longer suffices. With time, all the attributes and images used of the salvation process are gathered together in baptism. Baptism is said to effect regeneration, illumination and remission of sins (Justin, 1 Apol 61; Barn. 11:1, 16:7f.). It cleanses the soul and bestows the spirit (Irenaeus); it imparts regeneration, enlightenment, divine sonship and immortality (Clement of Alexandria). For Augustine, every child born into the world is —————— 82 When Paul “recalled his readers to their beginnings as Christians, the recall was most often to the gift of the Spirit itself, and not to baptism” (J.D.G. DUNN, Baptism and the Unity of the Church in the New Testament, in: M. Root / R. Saarinen [eds.], Baptism and the Unity of the Church, Grand Rapids 1998, 78–103 [85]). Gal 3:2–5 is a case in point. On 1 Cor 12:13 see ibid., 95f. 83 D. ZELLER , Entstehung (see n. 6), 111. 84 J.D.G. D UNN, Baptism (see n. 82), 81, rightly speaks of “a rite triggered by human request and implemented by human action". 85 Ibid., 101.
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polluted with sin, and baptism is the indispensable means to its abolition.86 Almost from the beginning baptism was such a self-evident link in the process of salvation that even those Christians who held a pointedly ‘spiritual’ view could hardly conceive of salvation without it (or without some other comparable rite).87 Among ‘gnostic’ Christians, salvific rites instituted by the Son are as important as the enlightenment brought by him. Theodotus (Exc. 78.2) implies that it is not only knowledge which makes us free, but also the ‘bath’. Irenaeus reports that Valentinians regard baptism as an act which imparts to the gnostic the spirit of immortality, redemption and resurrection and thereby makes him a pneumatic; in baptism the gnostic obtains his ‘immortal garment’ or the ‘perfect man’. This notion is confirmed by the Gospel of Philip (75:21–25; 61:12–20).88 The Sethians, according to Hippolytus (Ref. 5.19.21), also practised baptism as the means whereby one partook of immortality. This conception has evidently become characteristic of the gnostic interpretation of baptism,89 yet the same conception is conspicuous in the ‘mainstream’ ideology of baptism as well (though it is there coupled with the idea of the remission of sins). In some branches of gnostic Christianity, anointing with oil (‘chrism’) is regarded as even more significant: The chrism is superior to baptism, for it is from the word ‘chrism’ that we have been called ‘Christians’ ... it is because of the chrism that Christ has his name. For the father anointed the son, and the son anointed the apostles, and the apostles anointed us. He who has been anointed possesses everything. He possesses the resurrection, the light, the cross, the holy spirit … (G Phil 74:12–21).
By the anointing the gift of immortality is transmitted. Redemption by unction is closely bound up with the paradisiac tree of life, conceived of as an olive tree (G Phil 73:15–19). A Valentinian group characterised by distinct practices, the Marcosians, had a deathbed ritual called redemption (apolytrosis) for those who had “received perfect knowledge” (Irenaeus, Haer. 1.21.1–5). It involved an unction and supplied answers which one should give the hostile powers one was expected to meet in the hereafter during one’s ascent. So clearly —————— 86 J.N.D. K ELLY, Early Christian Doctrines, London 1960, 194f.207.430. Whether infants were baptised before the end of the second century is controversial. 87 Symptomatically, the idea of the necessity of baptism for salvation surfaced in Corinth. Some of those spiritual-minded Christians, whom Paul criticises in 1 Cor 15, practised vicarious baptisms for dead relatives or ancestors (1 Cor 15:29). Clearly they held that the rite had powerful salvific efficacy; Paul did not refute them. 88 Cf. K. RUDOLPH, Gnosis (see n. 77), 227f. 89 Ibid., 227.
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the Valentinian tale of Wisdom was not only a speculative myth: there were groups in which the knowledge of this myth was considered necessary for salvation, and a special ritual practice was developed to achieve it.90 The Gospel of Philip apparently presupposes the practice of a bridal chamber ritual, which ranks above other rituals and has probably become “even a kind of sacrament for the dying accompanied by unction and recitations” (see G Phil 70–71; 73). “The object in view was evidently to anticipate the final union with the pleroma (represented as a bridal chamber) at the end of time and realizing it in the sacrament, although not by a sexual act or a kissing ceremony, as was frequently assumed.”91 It stands to reason that rites of passage, such as baptism or the bridal chamber, which were bound up with a person’s transfer from one state of existence to another, were attributed salvific power. However, similar interpretations were sometimes connected also with repeated rites, such as the sacred meal. In the Gospel of John (probably in a late layer) eating “the flesh of the Son of Man” and drinking his blood is said to grant eternal life for which it is a precondition (John 6:53–58). Ignatius agrees: the Eucharist is “a medicine which procures immortality (pharmakon athanasias), an antidote against death which enables one to live forever in Jesus Christ” (Ign Eph 20:2). The Gospel of Philip states concerning the Valentinian Eucharist: “When we drink this (cup), we shall receive for ourselves the perfect man” (75:14–21). The prominence of ritual even among gnostic Christians suggests that the mental act alone seemed too intangible, perhaps not certain enough. Salvation had to be guaranteed by a ritual action that could be experienced.92 This applies to the mainstream church as well.
Summary Different paths to salvation can be discerned in the mental world of early Christians. One main route can be called the path of obedience and repentance: the deeds of a person are scrutinised at the judgment on which his or her salvation depends. Another route focuses on an act of Jesus which is thought to have beneficial effects. The decisive event can consist in his resurrection or in his death, but also in the revelation brought by him. The —————— 90 Cf. I. D UNDERBERG, The School of Valentinus, in: A. Marjanen / P. Luomanen (eds.), A Companion to Second-Century Christian “Heretics”, SVigChr 76, Leiden/ Boston 2005, 64–99 (83). 91 K. RUDOLPH, Gnosis (see n. 77), 245. 92 Cf. ibid., 241.
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routes seem distinct, but they do intersect: the authors who stress obedience and good deeds generally do not acknowledge that a person could bear the required good fruit without a special commitment to Jesus. Conversely, those who underline the significance of an act of Jesus do not cease to expect a pious life of the believers. Two problems stand out: What is the relation between human effort and divine grace? and what is the real significance of Jesus? First, apart from Paul’s more polemical statements, made in conflict settings, the all-butunanimous answer to the first question is that God’s mercy and grace are the indispensable basis of salvation, but without the consent and ‘cooperation’ of humans this grace remains ineffective. What Rosemary Ruether wrote about ‘ordinary Christianity’ in general applies fully to early Christianity: it “assumes the view that we are already loved by God, and yet must also do something to become what we are supposed to be ... In practice, Christianity constantly tends to boil down to a religion of grace and good deeds structurally identical to Judaism ...”93 But then the question arises: “For such an ethic, does one need a Messiah? It would seem that Creation, covenant and commandments would be sufficient.”94 Secondly, the Messiah does seem indispensable, when something Jesus did is construed as part of the ‘indicative’. A corollary then is that relying on God’s previous salvific acts – the covenant and the gift of the Torah – does not save one who does not accept Jesus. And yet an author’s confession to the indispensability of Jesus often appears to stand in contradiction to other convictions of the very same author (for example, Luke or Clement of Rome). This adds force to critical questions which a non-Christian, especially a Jew, might have asked anyway: Was God’s grace not available all along to those who put their trust in him? Why would God have ceased to be merciful? For what exactly was Jesus needed? The putative indispensability of (faith in) Jesus remains a problem for Christian theology, not least in the context of interreligious dialogue.
—————— 93 R. RUETHER , Faith and Fratricide: The Theological Roots of Anti-Semitism, New York 1974, 244f. 94 Ibid., 244.
Historia Theologiae Genetrix by
C. K. BARRETT It is not the intention of this paper to argue that New Testament Theology has no more than one legitimate parent, or that history has but one legitimate offspring. Theology comes into being when men in literature and in the world about them perceive problems that demand solution, and recognize that the problems are insoluble without the hypothesis of an absolute Being. The study of history gives rise to the study of its sources, notably literature and the artifacts uncovered by archaeology, and these in turn lead back to philosophical inquiry. History moreover deals not only with the actions of human beings and the associations they form but also with the thinking and other kinds of motivation which lead to their actions. Some of these motivations are plainly theological; in others a theological element can be discerned; again theology appears. This is a high-flown paragraph, behind which lies a personal discovery. A number of decades of studying and teaching the New Testament have made it clear to the author that he is primarily a historian; not perhaps a good historian, but some sort of historian, working on and finding raw material in the exegesis of the New Testament text and other texts related more or less closely to the New Testament. If he is to approach New Testament theology (a theme on which he has lectured frequently) it must be by way of history, a historical structure built of exegetical bricks. If history is viewed as a bare chronological record it will be (from the present point of view) childless; but if it is viewed as it should be viewed, as a living thing, it will be one way (not the only way) of access to the theological convictions that set the history in motion. Our metaphor is in some danger of collapse, for we are now saying not only that history is the mother of theology (to which it leads) but also that theology is the mother of history (which it sets in motion). The mixing of the metaphors matters little; indeed the mixture itself asserts and emphasizes the intimate connection between history and theology – at least when the theme is biblical theology, for all the books of the Bible are in some sense historical. Some historical element is not only admissible but is in fact essential, without it New Testament theology will hardly escape degeneration into a
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collection of texta probantia. And the historian must not scorn the contribution of philosophical questioning to supplement his historical criticism. He who is a master of both history and theology will write the greatest New Testament theology. 1 This paper, which will illustrate the relation between history and theology, falls into three divisions. The first deals with Paul, the earliest Christian of whom we have evidence that comes from his own hand. The Pauline letters are far from being autobiographical, but they give, from his point of view, information concerning events in which he was involved. Critical historical discussion is possible because alongside Paul’s own writings we have the parallel but divergent accounts of the same (or similar) events contained in the Acts of the Apostles. The second division deals with the Fourth Evangelist, who is known to us, as any author is, in the work he wrote. The Fourth Evangelist is known to us as an author viewing and making his own contribution to the theological and religious movements of his age and location. Again, there are parallel documents: three epistles and one apocalypse. Some would identify the author of one or more of these works with the author of the gospel; some would identify him with John the son of Zebedee, or the Beloved Disciple, or with both of these. None of these identifications, though some are not impossible, is accepted here, but the works in question come from something like the same environment. The third division deals with Jesus, of whom we do not have, as we have for Paul and John (as I shall call him), first-hand information. We have only traditions, of greater or less validity, handed down to us by other authorities, and are therefore confronted with the task of estimating their historical value and with it their theological significance. A brief conclusion will follow.
Paul A study of Paul is a good place at which to begin because here it is possible to trace a certain amount of plain and relatively untheological history. Autobiographies are not necessarily worthless historically but the historian will always use them with a measure of suspicion. It is difficult to write about oneself with complete objectivity; false pride and false humility are always at hand to corrupt truth, and though one may be morally more attractive than the other both must be treated with suspicion. Even if a measure of objectivity can be achieved memory is never infallible. With Paul —————— 1 Of this the best example is the Theologie des Neuen Testaments of Rudolf B ULTMANN, an author magnificently equipped in historical criticism and in philosophical theology; the greatest New Testament theology of the 20 th century.
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we have what is both better and worse than formal autobiography; we have autobiographical allusions occurring in writings whose main interest lies elsewhere. They are worse because they are incomplete, selective, and may be to some extent careless because the main interest lies elsewhere. They may be better, because, not being the main interest in the work in which they are embedded they are less exposed to corrupting bias. Paul’s letters are constituted a historical source, and a valuable one, by his autobiographical allusions. Some outlines, and more than outlines, of his work can be reconstructed from them. The Pauline corpus, then, is one historical source. A second major source is the Acts of the Apostles. We do not certainly know its author; he may or may not have been one of Paul’s travelling companions. We may reasonably guess that he wrote in the 80s of the first century2, a generation after Paul’s death. Between the two sources for Paul’s life, both imperfect, there are important contacts, but also significant differences. Here is a historian’s task: to evaluate and compare the two sources for the one life, with a view to ascertaining not only the true course of that one life but also of discovering the context of thought and motivation within which it moved. This historical task, no new discovery, has occupied me through a number of years, and I hope to add more to the discussion. This is not the place in which to deal with it afresh; I hope simply to indicate its theological significance, but this cannot be done without some reference to the theological issues themselves. Let us ask a few historical questions. (1) Was Paul present at the conference described in Acts 15? If he was, how did he come to contradict its decision at Corinth? (2) Who were the \HXGDSRYVWRORLof 2 Corinthians? How were they related to the “pillar” apostles of Jerusalem? (3) Why did Paul, who insisted that there was one Gospel only (Gal 1), come to accept the “two Gospel” agreement of Gal 2? What was his relation with Peter? (4) Did Paul change his view of the Parousia, and his belief about the destiny of the Jewish people? Taking up the first question, we see that according to Acts 15 Paul and Barnabas were sent from Antioch to join with the Jerusalem church in discussion of tile question whether it was or was not necessary for Gentile believers in Christ to be circumcised and to observe all the other requirements of the Mosaic law. Their contribution to the discussion as narrated consisted simply of an account of the miracles God had performed by their agency among the Gentiles (15:12) – a sign, no doubt, that God had approved of their Gentile mission. The Council’s decision was a compro—————— 2 I may refer to my commentary, C.K. B ARRETT, A critical and exegetical commentary on the Acts of the Apostles, Vols 1/2, Edinburgh 1994/1998.
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mise: circumcision was not to be demanded, but Gentile Christians must observe Jewish food laws. This conclusion looks like an answer to the question, how may Christian fellowship between Christian Jews and Christian Gentiles be facilitated? In Acts, however, it is treated as an answer to the question, what conditions are necessary for salvation? In Acts 15; 16 Paul is represented as conveying and commending the decision to the Gentile churches. In 1 Corinthians however he asserts that Christians are not bound by such rules, except so far as a loving concern for the weaker consciences of fellow Christians may direct. The historical question plainly is: What in fact was Paul’s attitude? Did he agree with the Jerusalem opinion, maintained at the Council (according to Acts) by James? That he did not in fact do so is proved by the dispute with Peter described in Galatians 2. The question was a practical one, and on the whole the verdict of early Christian history seems to have run against Paul. That it also was, and was seen to be, a theological question is indicated by the intervention of gnostic3 theologians in 1 Corinthians 8. They agree with Paul’s conclusion but he is unwilling to adopt their method of proof. We cannot expect to find theological expertise (JQZCVL) in every member of the church. Possibly in the background there is the thought that “gnosis – theology” is an unsafe theology – at least, for members of the church who lack the requisite qualifications. Perhaps with the welfare of such people in mind Paul does not develop the theological grounds of his own position; this is the point at which a theological observation is needed in order to make sense of the history. Would not a simple dietary compromise, such as is proposed and accepted in Acts 15, be the right way to secure the unity of Jews and Gentiles in the one church? It is important to note the way in which Paul develops his argument in Galatians 2. Peter, he says, you are a Jew, yet you make yourself at home in the Gentile world. Why compel Gentiles to live as Jews? This was fair enough, though equity might have suggested, if I give up some Jewish ways could not the Gentiles accept some? But Paul knew that this kind of argument was not sufficient. The essential argument is the solus Christus, which lies behind the whole of Paul’s theology. We are not justified by what we eat, or refuse to eat, but in Christ and by faith only. We may turn to the second historical question. At 2 Cor 11:13 Paul refers to certain “false apostles” (\HXGDSRYVWRORL). Who were they? They are sometimes equated with the primary apostles of Jerusalem. This is impossible. The Jerusalem apostles (though Paul could disagree with them) were “servants of Christ” (2 Cor 11:23); the \HXGDSRYVWRORL were “servants of Satan” (11:14f.). Paul did not come short of the Jerusalem apostles (11:5; 12:11); he would hardly make that claim in relation to servants —————— 3 Evidently (1 Cor 8:7) they claimed to have JQZCVL.
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of Satan. They stood however in some relation to the great apostles. They are mentioned in the same context. When they invaded the church in Corinth they brought with them commendatory letters (3:1); from whom? They brought with them a different Gospel (11:5); they had, it seems, a leader who launched a vigorous personal attack on Paul (10:7–11). We are reminded of the double group of opponents who appear in the account given in Galatians 2 of the meeting in Jerusalem. There were two groups who were a threat to Paul: the really bad, the servants of Satan, the propagandists of a false Gospel; and the nominal friends, the allies of Galatians 2, valued by Paul both because they were the necessary witnesses of the resurrection of Jesus, and because they preached Christ (cf. Phil 1:18), and preach him as the dying and risen Saviour (1 Cor 15:3, 4, 11). But did the second group support the former? Paul did not know; he could only suspect – and perhaps ask who, if not James, Peter, and their associates, wrote the commendatory letters. It is at this point that theology rises unmistakably to the surface. Paul clearly has no room for a theology of commendatory letters. Not that all commendatory letters were bad. Paul had written one for three friends at the end of 2 Corinthians 8 as part of the organization of his collection. But it is one thing to write “I know that A and B and C are honest men; you may trust them with your money.” It is another thing to say, “I know that X and Y and Z are true apostles.” This can be proved only by what they preach. Do they preach Christ? Or law, or gnosis, or themselves? Paul’s Christocentric theology reappears in his treatment of false apostles.4 Even spite and envy do not disqualify (Phil 1:18); circumcision presented as a sine qua non for salvation does. Our third historical question is now already given its appropriate theological comment. If Peter preaches the Gospel of the Circumcision, Paul the Gospel of the Uncircumcision, was not one of these the “other Gospel which was no Gospel” (Gal 1:7f.)? It is clear at least that Peter and Paul had the Gospel laid out in different ways, with different hearers in mind. It is unlikely that Paul was satisfied with the notion of two separate missions, one for Jews and one for Gentiles, even if they were mutually recognized. But Peter had the necessary qualifications. He believed and taught that Christ died for our sins according to the Scriptures, and was raised from death (1 Cor 15:3f.). This was sufficient. Peter was committed to this belief, and when he failed to draw from it the appropriate practical conclusions he could be and was reproved (Gal 2:11–14). This leads to the further question I have added under this head. It is a question that should be asked, —————— 4 See my article Christocentricity at Antioch, in: C. Landmesser / H.I. Eckstein / H. Lichtenberger (eds.), Jesus Christus als die Mitte der Schrift (FS O. Hofius), Berlin/New York 1997; 323–339.
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but it is too difficult, and has too many ramifications, to be handled seriously here. I hope to deal with it elsewhere. It is sufficient here to note its importance. Under the fourth heading I shall note only one example5 of passages where Paul appears to change his mind under the influence of further theological reflections. In 1 Thess 2:15f. he says of the Jews that they killed the Lord Jesus and the prophets, have persecuted us, are unpleasing to God and contrary to all men, and prevent us from speaking to the gentiles that they may be saved. They are for ever filling up to the tale of their sins. He adds, the wrath of God has come upon them finally (HLMWHYOR). Over against this is to be set Rom 11:26 SDC¨ΙVUDKOVZTKYVHWDL.6 It is true that “all Israel” may need to be qualified in the light of such expressions as Sanhedrin 10:1;7 there remains a clear contrast between a negative and a positive destiny for Israel as a whole. Does Paul contradict himself? Is he in Romans 11 overcome by a nationalist sentiment which refuses to allow him to draw permanent negative conclusions even from compulsive facts and reasoning? The answer to this question8 is to be found in a proper evaluation of each of the two passages. In 1 Thessalonians Paul is thinking in historical terms of the fate of Israel as a political institution. If this epistle was written (as is probable) in AD 50/51 Paul had only about 15 years to look forward to the outbreak of the Jewish War, less than 20 to the capture of Jerusalem, the destruction of the Temple, and the end of Israel as a political institution in Palestine. In Romans 11 however he is thinking not in military and political terms but of the ultimate purpose of God for those whom he had called to be his people. The apparent contradiction between the two passages opens the door to theological questions which will be resumed below. It is easy to see that the controversial events which make up a considerable part of what we know of Paul’s life were controversies on theological issues. Non-controversial events show the same basis, though less clearly. Historical events thus provide a means of studying Paul’s theology. It is a related truth that they constitute the matrix within which the theology was formed. Paul at his conversion was confronted with the necessity of abandoning old beliefs and establishing new ones.9 Not all the old beliefs; what had happened in Christ had happened NDWDWDJUDIDY. The Old Testa—————— 5 Another is mentioned on p. 209; see further note 4. 6 The whole context, that is, virtually the whole of Romans 11, including the OT quotations, is relevant. 7 “All Israelites have a share in the world to come.” Many exceptions are added. 8 Not always observed; not mentioned in my commentary on Romans: C.K. B ARRETT, A commentary on The Epistle to the Romans, London 21991. 9 Phil 3:7–10 and 2 Cor 5:17 must be borne in mind.
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ment was not abandoned, but parts of it had to be reinterpreted, some of them in strange ways. The Law had to be understood in a new way. God’s righteousness had to be understood in a new way. And the figure of the Messiah had acquired not only a clearer outline in a historic person, it had been given a paradoxical twist in that the Messiah had been rejected by Israel and killed. Why had he suffered, and how did his death and resurrection fit into the apocalyptic picture of Israel’s future? It was related to this that, along with the miraculous fact that the once dead Jesus was manifestly now alive, Paul’s conversion contained his commission to take the of good news of God’s new act into the Gentile world, a commission speedily realized in the formation of Gentile churches. The people of God had now to be understood in a new way, no longer on a racial but on an elective basis. On all these and on many other matters the student who would understand Paul’s theology needs the reflection on them which is contained in the letters Paul wrote. But the reflection and the events reflected on belong together and the events themselves are the stuff of theology and constitute the means by which Paul himself learned, and subsequently transmitted, the theology that he needed. It is particularly important (we shall return to this) to observe the changed eschatological situation in which Paul conceived himself to be standing. The structure of the eschatology had been developed out of Old Testament material and was sufficiently familiar, but the configuration was new. In the apocalyptic myth of Daniel 710 the people of the saints of the Most High had suffered grievously under frightful beasts until there came in human form (çQDUEN) a heavenly being, their representative, who overcame the beasts so that the saints possessed the Kingdom. The heavenly being, in his identification with the saints, suffered, and was now vindicated. This is the good end of salvation for the people of God. In the story of the heavenly Man the people are incorporated. For Paul, who does not use the Danielic term Son of man,11 the heavenly being has come (Phil 2:5–11) and has suffered on behalf of sinners (Rom 5:8), who may now by faith suffer and die with him. He has been vindicated in resurrection, and they with him may rise to new life, but must wait till he comes in glory with the clouds of heaven to share in his glory. For the present they live by faith in the interval between his resurrection and his parousia. Paul’s theology, his understanding of Christian existence, falls within this interim. Salvation depends upon the descent and ascent of the Son of man, therefore not upon the Law. This does not mean that Paul abandoned the Old Testament, rather that he gave more than temporal priority to the —————— 10 See further below, pp. 220, 222. 11 Though he may have done so when speaking Aramaic. Cf. 1 Cor 15:21.
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Abrahamic over against the Mosaic covenant. The Mosaic covenant was valid only on the terms of obedience (Exod 19:4; and many other passages). True, God was ready to forgive if the circumstances justified it and the conditions were fulfilled. But if the pledge of obedience was annulled so also was the covenant. But God had not dealt with his people in this way (Rom 11:26, 29, 31, 32). Paul, confronted by one historical situation after another, related them to theology, and so dealt with them. The history opens the door to the theology.
John From Paul we turn to the Fourth Gospel, where the historian’s problems and resources are different, since Acts now fails us as a source.12 Not only does it come to an end long before any date that can be credibly assigned to the Fourth Gospel, in the period that it covers it takes no apostle except Paul outside Palestine.13 The gospel of course purports to tell the story of Jesus of Nazareth, which is told also in Matthew, Mark, and Luke; there is comparative material here, but this will be discussed in our third section. There are however ways in which the historical background of the evangelist and the ways in which this may have influenced his presentation of the story of Jesus may be studied, in the first instance as a historical question. This in turn may lead to the study of the theological content and influence of historical environment. The most important background documents bear, like the gospel itself, the traditional name of John: three epistles and one apocalypse. It is probable14 that none of these was written by the evangelist, but probable also that all originated at approximately the same time and in the same broad geographical area (Asia) and would therefore show the same or similar cultural and historical influences. Letters may be expected to tell us something about both writer and recipients. The Apocalypse arises out of circumstances in seven churches, of which one is located in Ephesus itself; the others are all in cities of Asia. In the paragraphs that follow only a few —————— 12 To this there is one possible exception. At the beginning of his long ministry in Ephesus Paul encounters a group of about twelve disciples of John the Baptist (Acts 19:1–7). They have not heard of Christian baptism or of the gift of the Holy Spirit associated with it. The presence here of disciples of John the Baptist could account for the greater interest shown in him in the Fourth Gospel. See J.H. HUGHES, NT 14 (1972), 191–218. 13 In Acts 12:17 Peter goes to a H^WHURWRYSR but no one knows where the WRYSR was or what Peter did there. 14 There is no need to pursue the question further here.
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of the circumstances shown by these documents to have prevailed in the Churches of Asia can be pointed out, with a view to their relation to the theology of the Fourth Evangelist. It may be said that both the epistles and the apocalyptic material deal with the conflict between the church and the world. It is fought conceptually in the realm of thought, probably in the field of economics, and finally in terms of sword and fire. Those who were capable of doing so had to respond in thought; that meant theology, and the study of the conflict enables us to see the theology evolving, especially in the gospel, the greatest theological product of the Johannine school. But it was not only a matter of abstract speculation. What was to be made of the story of Jesus? One might argue that if he was God he was not man; he appeared to be a man, but this was appearance only. In the first Epistle the “world” that threatens Christians is conceptual; it is the world of incipient gnosis, able, up to a point, to make good sense of the story of Jesus. He brought into the world truth, the hitherto secret knowledge which gives life to those who accept it. It made good sense of the traditional story of the baptism of Jesus. As he entered into the water, the symbol of life, the Holy Spirit descended upon him and was henceforth the true person, who communicated to those who were capable of receiving the mystery of life. The Spirit was the spiritual Christ, the spiritual being known as Christ, the agent of salvation through the knowledge, the gnosis that he imparted. What had to be eliminated from the traditional story was blood (1 John 5:6–8). Blood signified the real death of a real man, and this was inconsistent with spiritual gnostic interpretation. The writer (or writers) of the epistles knew that this gnostic, docetic, interpretation was wrong, but his conviction found little expression beyond warnings against the world and its axioms, which made flesh and spirit irreconcilable opposites, with the assertion of the Christian formula, Jesus Christ came in the flesh (1 John 4:2; 2 John 7). This may be regarded as a sixword summary of the gospel narrative, which begins with the formula R-ORYJRVDU[HMJHYQHWR, and ends with Thomas’ fingering of the wounds of the risen Jesus. More of this below. The epistolographer is aware of another threat to the church’s true existence and combats it, though less satisfactorily than one might expect. Gnosis is apt to find expression in high-flown mysticism that cares little for ordinary human relationships. The epistles insist upon love as the essential characteristic of the Christian community; this requirement is frequently repeated (e.g. 1 John 3:11, 14; 2 John 5). But love is here regarded as an internal characteristic; it is the fellow-Christian whom one must love. There is no reference to love for enemies; indeed, one forbears even to pray for a gravely sinful member of the church (1 John 5:16).
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This limitation of love grows into a rigid authoritarianism. The Elder (who wrote 2 and 3 John) and Diotrephes (3 John 9) seem to have excommunicated each other, and fraternal relations between the two Christian groups have ceased. Christians of the one may not even give a brotherly greeting to a member of the other (2 John 10). Love is in the epistles rightly seen as the Christian’s weapon against the world, but it has been turned against brothers. The result is to turn the church into a number of societies not merely independent but antagonistic. So much for the epistles; we turn to the Apocalypse. The seven letters of chapters 2 and 3 are full of allusions to events, persons, and circumstances in the seven churches to which they are addressed. They are historical sources of great importance, but their interpretation is often difficult. Praise and blame are distributed, no doubt as circumstances demanded; on the whole there is more to complain of than to praise. Christians at Ephesus are praised because of their labour, toil, and endurance, and because they do not tolerate evil men. They have tested and exposed false apostles and hate the works of the Nicolaitans. The Smyrnaeans are rich in their apparent poverty, and they have tested and exposed those who claim to be Jews but are not. They will have to bear affliction; the devil will have some of them shut up in prison, and they must learn to be faithful unto death – that is, severe persecution is expected. At Pergamum the persecution is already in progress. A martyr can be named: Antipas. A good report then on Pergamum; but there is doctrinal error that leads them into sin. The teaching of Balaam leads them to eat HLMGZORYTXWD15 and to commit fornication. Is this an allusion to a negative reaction (Paul’s reaction) to the Apostolic Decree of Acts 15:29? See further on the letter to Thyatira. Thyatira too is warmly commended but suffers from the work of a misleading prophetess, for whom (as for Balaam) a suitable Old Testament name is found – Jezebel. It is implied that she or her children (those who follow her teaching) claim to know the deep things of Satan. They probably said, “The deep things of God,” and were Gnostics. They will meet with condign punishment. The church at Sardis is unsatisfactory but we are given no details of its faults, and the writer does not forget that there are worthy exceptions in its membership. Against this, Philadelphia is a faithful church. It has not denied the name of Christ; this may mean an early form of persecution “for the Name”. Their endurance will be manifest and rewarded when the expected trial comes upon the whole world, presumably with citizenship in the new Jerusalem which will come down from heaven. The Jews, who are not Jews but a synagogue of Satan, will presumably have no share in this —————— 15 This is not the OT story of Balaam and must therefore be imported from current events.
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holy city. Laodicea, last of the seven, gets no praise but does receive the promise of continued knocking on the church door; they may open it, and Christ will come in and eat with them. If we consider all the letters it is clear that church life in the province of Asia shows a good deal of variety. There is good and bad. The church is attacked by both Jews and Greeks; there has been violence in the attacks, and there will be more. The apocalyptist holds a strict line both in morals and in doctrine. The moral line is linked with fornication and idolatry (thought to be involved in the eating of HLMGZORYTXWD) and this suggests some relation with the Apostolic Decree. This may in turn be linked with the problem of Jewish opposition, opposition arising from those who say that they are Jews though they are not Jews but a synagogue of Satan. Jews for whom the Decree was too liberal? Jews for whom it was not liberal enough? We are moving here from morals into the realm of doctrine. If indeed there were those who opposed the prohibition of HLMGZORYTXWD it seems probable that they did so on gnostic16 rather than on Pauline grounds. Legalism and gnosticism would provide an agenda sufficient to account for much of the doctrinal work of the Fourth Evangelist. A certain amount of historical material may thus be dug out of the books, the epistles and the apocalypse, traditionally ascribed to John. If they were living concerns in the church of Asia towards the end of the first century17 the evangelist must have had practical, moral, and dogmatic themes in his mind, raw material of Christology, as he set about the writing of the history of Jesus. Can we go further? We know little about the history of Jews and Christians in the province of Asia in this period but it seems worth while to venture one suggestion18 which adds a further theological theme. The great Jewish revolt of A.D. 115–117 is not usually considered relevant to Johannine studies; it is too late, and, arising in Cyrenaica and Egypt, it did not spread to Asia. This is true; but the fierce passions which shed so much blood and destroyed so many of the marks of civilization will have burst out only after years of fermentation, and the Jews, though widely dispersed, knew themselves to be one people wherever they lived. The problems of authority, touched with Messianism, which sparked the conflict, were held check in Asia. Greeks, Romans, and Jews, with Christians an interested party, had reached a modus vivendi. —————— 16 See 1 Cor 8, especially 8:7, and cf. “Deeps of Satan”. 17 I follow here without argument the traditional dating of these books towards the end of the first century. 18 I have developed this suggestion in a paper contributed to the Festschrift for Professor Galitis: Diakonia – Leitourgia – Charisma. Patristic and Contemporary Exegesis of the New Testament (forthcoming).
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It may be profitable also to use the imagination and reverse the process, working back from the gospel to events that may have prompted it. This process was pioneered by J. L. Martyn in a notable and now very well known book, History and Theology in the Fourth Gospel.19 Martyn’s most convincing argument is based on the traditional story in John 9 of the cure by Jesus of a blind man, leading to his confession of faith (I believe, Lord; 9:38) and his rejection by the Jewish authorities. It was understood by John and would be understood by his readers as a basic parallel to the conversion to Christianity of a Jew and his expulsion from the synagogue. It can be argued that there is a major parallel to this in John’s Passion Narrative. There is a (possibly unwritten) agreement on authority (HM[RXVLYD; see 18:10, 11; cf. 18:31) between Jews and the Roman Governor. It breaks down on both sides. Jewish authority rests upon God, and the Jews abandon him: We have no king but Caesar (19:15). Pilate’s authority depends upon Caesar, and he is in danger of losing it: If you release this man you lose your place as amicus Caesaris (19:12). Only the authority of Jesus remains: John 10:18. The relation between history and theology is clear; and there is no reason to think that it is confined to this chapter of the gospel. Theology and narrative are closely bound together; neither is fully explicable without the other. The structure of the Book of Revelation is a sign of the background of Johannine theology. As I have pointed out, it is an account of conflict between the people of God, represented now by the Church, and the world, represented by the Roman Empire. It is in every sense a mortal conflict: Antipas, the martyr, has already died, before long there will be a “great tribulation” out of which a whole church of martyrs will emerge, their earlier sorrows indicated by the fact that now in their triumph God will wipe away every tear from their eyes (7:13–17). The fate of their persecutors, the great beast, the harlot, the dragon, will be severe punishment. They will be cast into the lake of fire. The epistles equally depict a conflict between the people of God and the world, but it is conceived on different lines. There are those who showed that they never truly belonged to “us” by the fact that they have gone out from us into the world. They have learned the language of the world, and for this reason when they speak the world listens to what they say (4:1–5). And what they say, or deny, is clear. They deny that Jesus Christ has come in the flesh. They are gnostics, and they have adopted a docetic Christology. In these two conflicts we have the key to the theology of the Fourth Gospel. It was easy to say (though to do so may have invited terrible retribution), “The persecutors are idolaters and wrong, and they will perish and burn in hell”. It was easy to say,”If anyone comes to you and does not —————— 19 J.L. M ARTYN, History and theology in the fourth Gospel, New York 1968.
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teach the HMUFRYPHQRaHMQWKCVDUNLY, cast him out of your company, do not give him so much as a friendly greeting”. The Evangelist had a different way, more subtle and more profound. He did not abandon apocalypticism, he accepted it and transformed it. He did not reject gnosticism; he accepted it and transformed it. It is impossible here to attempt a full exposition of these two propositions, but they must be briefly considered. John retains the language of traditional apocalyptic. Jesus is the Son of man, he speaks of the Kingdom of God. He is the Messiah and fulfils and transcends the hopes and promises that nourished Judaism (e.g. 1:41–51). He contrasts present and future: What I do thou knowest not now but thou shalt know hereafter (13:7). He looks beyond suffering to a time of vindication, and there is much that could be added here. John uses the language and conceptuality of gnosticism. “This is eternal life, to know thee, the only true God, and Jesus Christ whom thou didst send” (17:3) is pure gnostic formulation and might be met, only with a change of name, Hermes, perhaps, or Poimandres, in for example any of the Hermetic tractates. Knowledge is a key term in the gospel; the function of the heavenly messenger20 is to make known the invisible God (1:18). It is impossible here to attempt to set forth the theology of the gospel as a whole. The point rather is to observe the method by which John reaches the theology and the way in which he sets it out; consequentially, the way, or one of the ways, by which the theology may be discovered and understood. There was real danger that Christianity might become an apocalyptic pressure group, akin to that which presumably produced and cherished the Enoch books. John does not abandon the hope of a blessed future in which his people will dwell with Christ, who goes to prepare a place for them, but he looks into a future that will be reached by faith rather than by sight; the gospel ends21 with the promise, “Because you have seen me you have believed; blessed are they who have not seen, yet have believed” (20:29). Their faith gives them hope in the present life (20:31). An even greater danger than apocalypticism was gnosis. The story of the church’s conflict with gnosis in the early centuries has often been told. John begins by securing the point on which the epistolographer insists. Already in the Prologue he affirms, R-ORYJRaVDU[HMJHYQHWR (1:14). This emphasis is maintained throughout the gospel, sometimes perhaps stressed with an over-emphasis which has the effect of weakening the point.22 Jesus is tired and, apparently, thirsty, (4:6f.); he weeps (11:35); he dies, and blood and water flow from his corpse (19:30, 34); his wounds are still visible and tangible in his resurrection body (20:27). At the same time he —————— 20 SHYPSHLQ and DMS RVWHY OOHLQ are also key terms. 21 As originally ended, before the addition of chapter 21. 22 So notably E. KÄSEMANN, Jesu letzter Wille nach Johannes 17, Tübingen 3 1971.
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is himself the divine gift by which men live. Who has seen him has seen the Father (1:18; 14:9); he not only teaches the truth, he himself is the way, the truth, and the life; he himself is the living bread that came down from heaven (6:51); he is Lord and God (20:28). It is John’s theological method to take the two great threats to Christian doctrine, which could have led Christianity into a wilderness of political excitement or into fantastic speculation, and use them as the means of expressing Christian truth. This is an observation that could be carried through the whole of the gospel; here it suffices to observe that it is disclosed by study of the historical background of John’s work. It is the theological goal to which history leads; and, of course, there are other routes by which that goal may be approached.
Jesus The problem of the historical Jesus is the central, and also the most difficult, historical problem in the New Testament. What follows is not an attempt either to defend or to attack classical orthodox Christology but to see the role of historical inquiry in leading to philosophical and theological thought. It is a task which I attempted many years ago in a book, Jesus and the Gospel Tradition23. This will make brevity possible, for the methods and arguments of the book I should still on the whole be prepared to maintain, though with occasional modifications. I shall not however repeat the arguments of the book since my purpose here is not to construct a “historical Jesus” but to show how the historical inquiries lead us to think theologically. The fundamental difficulty in the historical study of Jesus is that we have no documentary sources. In the study of Paul we have his letters and Acts; in the study of John we have for comparative purposes three letters and an apocalypse. It may be said that in the study of the historical Jesus we have four biographies. These however rest on uncontrolled tradition, transcripts of what people remembered and told one another, here and there perhaps edited copies of such transcripts that had already been made at an earlier stage. None of the four gospels was written by one who could make even the modest claim of Thucydides, that he had witnessed some of the events he records. This goes without question for Mark and Luke. Few would question it for John,24 and it is clear that Matthew edited sources of which one was the non-eye-witness Mark, and the others were probably no —————— 23 London 1967. 24 I shall not deal with John at this point; the Fourth Gospel has already had as much space as can be spared.
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closer to their theme. To say this is not to say that the gospels are worthless as historical documents, but it means that the historian is dealing with oral traditions for whose authenticity no named person is available to take responsibility. It is not an easy task; for some attempt to deal with it I may refer to my earlier book and for the present endeavour to grasp some of the nettles that grow in the path of our present inquiry. We may begin with the question of Messiahship, or, to put the matter more broadly and beg no questions, the identity of Jesus. It is of course true that each of the synoptic evangelists believed that Jesus was the Messiah of Jewish expectation. It is enough to cite Mark 1:1; Matt 1:1; Luke 2:11. This had already at an early stage – at least as early as Paul – become the form in which Jesus was proclaimed to the world. &ULVWRYa became almost a second name attached to the name Jesus. He was Jesus (the) Christ. It does not however appear frequently in Mark, and when it does appear there is often a questioning element in the context. Superficially a clear acceptance of the title occurs in the trial of Jesus. The high priest asks (14:61), Are you the Messiah, the Son of the Blessed One? And Jesus replies, HMJZYHLMPL The high priest of course ought not to have asked a question that invited a man on trial for his life to inculpate himself, but this is not the only feature of the passage that throws doubt on the history-ical narrative.25 It is moreover important to note that Jesus, having answered in terms of the Christian orthodoxy of Mark’s day, immediately continues with the title which is evidently preferred in the gospels: I am; and you shall see the Son of man... This recalls at once the other Marcan passage that appears to claim (and probably in Mark’s mind did claim) Messiahship for Jesus. At 8:29 Jesus does not contradict Peter’s VX HL? R- ΧULVWRYa, but forbids his disciples to make this known and at 8:31 uses instead the title (if such it is) the Son of man, whose destiny is to be rejected, suffer, and then rise. To this Peter objects and rebukes (HMSLWLPD Q) Jesus; he must not say such things. The rebuke is returned; Peter has shown himself to be on the side of Satan, not of God. Two further passages may be considered here: In Mark 11:27–33 the question of the authority of Jesus is raised. The only answer he will give is a reference to John the Baptist, whose work remained unauthorized by any of the normal channels of authority. An answer in terms of Messiahship might have been unacceptable but certainly would have been intelligible. The concept of Messiahship itself is thrown into question at Mark 12:35– 37. Does the reference to David mean that Jesus, though not of royal descent, may nevertheless be the Messiah? Or that the whole concept of a Davidic Messiah is mistaken? Or is Jesus hinting at but not asserting his Messiahship? —————— 25 See especially P. W INTER , On the trial of Jesus, London 1961.
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There is (see above) no doubt that by the middle of the first century Christians identified Jesus with the Davidic Messiah. It is therefore natural to suggest that the mixed material found in the earliest gospel was due to the infiltration of Messianic terminology into a tradition that did not originally contain it. Perhaps it was, as Wrede26 long ago argued, introduced in the form of a secret. “Yes, Jesus was the Messiah but was not recognized in this role because he deliberately kept it secret.” The alternative view must be that the secret was there from the beginning. This leads to the frequently used term, the Son of man, which also is not to be discussed in detail here. What sense does the expression bear in the gospels? It is well known that çQD UE is an Aramaic idiom which means man. Sometimes it means man with the special sense of the man who takes it on his lips; that is, it means I. If this meaning is taken to apply to the gospels we have a sequence of sayings in which Jesus speaks about himself. “I came to seek and to save that which was lost.” “I must suffer many things.” In a notable passage in Daniel 7 the word means man but with a special connotation. In Daniel’s vision (7:3–7) four great beasts appear. These can be identified by details given with kingdoms that have inflicted suffering and servitude on Israel. But their dominion is taken away and there appears one like a son of man (çQDUEN), who comes with the clouds of heaven; his dominion is an everlasting dominion, which shall not pass away. The figure who is described as çQDUEN is clearly to be interpreted as Israel. The apocalypse is an encouragement to the Jewish people. The heathen nations are represented by ferocious animals that can and do inflict dreadful suffering, but in the end, Israel, the human figure, will appear in glory. Symbolism is dropped in the final picture: “The kingdom and the dominion and the greatness of the kingdoms under the whole heaven shall be given to the people of the saints of the Most High” (Dan 7:27). This leads to the exegetical question whether propositions in the gospels about the Son of man refer to a single person or to a plurality of persons. Some must refer to a single person, Jesus, because they refer to his destiny in detailed terms which correspond to events recorded in the gospels themselves: he was mocked, scourged, crucified. But the conformity to history might well have taken place in the course of the transmission of the tradition, so that we are brought back to the problem of secrecy, which involves actions as well as teaching, for Jesus, according to the tradition, works astonishing miracles, and yet insists that his healing powers must not be made known, Wrede was right in seeing here an anomaly that demanded explanation, but his explanation was unsatisfactory. He was a historian, and a good one, and his explanation was, as we have seen, in historical terms, which left him free to explore New Testament Theology on differ—————— 26 In W. WREDE, Das Messiasgeheimnis in den Evangelien, Göttingen 1901, 21913.
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ent lines. But history itself demanded an explanation that included another factor, and the New Testament historian does not do justice to his own vocation if he fails to recognize this other, theological, element and do justice to it. We have looked at the theme of Messiahship and at the – possibly – related theme of the Son of man. Each of these is connected with the further double theme of suffering and vindication. These raise further questions. Who is to suffer? A single person, perhaps representatively, vicariously? Or a plurality of persons? How will the sufferer(s) be compensated for suffering? What glory will match his, or their, humiliation and distress? The gospels contain evidence on each side of each alternative. The fact that Jesus did in the end suffer crucifixion alone must have influenced the tradition of his teaching about the suffering that was to come. The most characteristic predictions make use of the term Son of man, used in such a way that, whatever its interpretative background, it must have referred to Jesus himself. “The Son of man must suffer much” occurs in many forms, sometimes with specific reference to specific events such as crucifixion. That Jesus foretold his suffering may well have seemed to some Christians a defence against the charge that he suffered as no leader of men should have done; these predictions should therefore all be regarded as fictitious.27 Not only, according to some of these passages, did Jesus forecast that he would suffer alone, he disclosed also that he would suffer in order that others might go free. The clearest of such sayings is Mark 10:45: The Son of man did not come to be served but to serve, and to give his life a ransom for (in place of – DMQWLY) many.28 Over against these passages however are others in which it is made clear that to be a disciple of Jesus means to accept a destiny of suffering. “If anyone wishes to follow me, let him deny himself and take up his cross and follow me” (Mark 8:34; Matt 16:24; Luke 9:23). More significant perhaps than such sayings are certain events whose meaning is otherwise difficult to grasp. At the Last Supper Jesus binds his disciples to himself in a covenant sealed with (symbolic) blood. They are blood-brothers, pledged to live and die together. He leads them out to Gethsemane and urges them to keep watch while he prays (that death may not be necessary). Even Peter sleeps; but he has a sword and is prepared to use it. He creeps into the High Priest’s establishment, but in the end fails miserably. Suffering was the destiny of the whole faithful people of God; but they were reduced to one Man. —————— 27 So already Wellhausen. 28 For the interpretation of the passage see my article “The background of Mark 10:45” in: A.J.B. Higgins (ed.), New Testament Essays: Studies in Memory of T.W. Manson, Manchester 1959, 1–18.
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What next? Those passages (or some of them) that foretell the suffering of Jesus claim that death will not be the last word. Some (e.g. Mark 8:31) assert that “he must... after three days rise up.” The prediction goes no further. Other passages are different. At Mark 14:62 Jesus replies to the High Priest’s question: “Are you the Christ, the Son of the Blessed One? In the words, I am, and you shall see the Son of man sitting at the right hand of the Power, and coming with the clouds of heaven.” Here there is no resurrection appearance but the parousia of a glorified Son of man. These are alternative ways of expressing the conviction that the sufferer, the rejected and crucified man, will be vindicated. The alternative expressions appear already in Daniel: “Many of those who sleep in the dust of the earth shall awake... and those who are wise (ú\O\NçPK; perhaps, the teachers) shall shine like the brightness of the firmament... you [Daniel] shall rest, and shall stand in your allotted place at the end of the days” (Dan 12:2, 3, 13). The resurrection of the wise is a sign of the victorious conclusion of the story. Alternatively, there is the apocalyptic picture (including the heavenly Man) of Daniel 7. “I saw in the night visions, and, behold, with the clouds of heaven there came one like a son of man (çQDUEN), and he came to the Ancient of Days, and to him was given dominion and glory and a kingdom... that shall not be destroyed” (Dan 7:13, 14). Both statements mean the same thing: suffering Israel will be vindicated and triumphant. The predictions in Mark must be understood in the same way. In Matthew and Luke they are in varying ways and degrees conformed to events as they were traditionally understood to have fallen out after the death and burial of Jesus. “After three days” (Mark 8:31; 9:31; 10:33) is an expression difficult to square with the interval between Friday and Sunday, and it is probable that it meant nothing more precise than “after a short time”; cf. Hosea 6:2. Jesus may have hoped, as the Gethsemane narrative suggests, that the extreme Suffering of the cross might not be necessary. The two forms of the vindication for which he hoped, of which he was confident, stand independently of each other. We do not read: “After three days the Son of man will be raised from death, and then, after a period of undefined length, he will come in glory with the clouds of heaven.” He asserted the divine action that would prove the truth of his ministry in diverse ways, whose diversity he did not set out with precise chronology. When he has reached this point, at which the two forms of the vindication of the suffering Son of man are differentiated, the historian may feel that he has completed his task. There are, it is true, several points, not unimportant, which call for some tidying up, and he will not fail to observe parallels between this analysis of the tradition about Jesus and what was written earlier about Paul29 and John30. Each of these led us to think of an —————— 29 See pp. 211f.
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interim period in which we live as actors in an unfinished story. This is the theology of the New Testament. So, as Paul has it, we walk by faith, not by sight (2 Cor 5:7). We see in a glass darkly (1 Cor 12:12). History does not fail us, but it is history not only “crude and rough” (Hoskyns) but history obscure, that denies us a plain objective view of the object of faith. There is the resurrection, which we did not see, and there is the apocalyptic glory, which as yet no man has seen. If we know anything about it we know that there will be visible “the dear tokens of his passion” (C. Wesley). For this is where theology, theologia crucis, takes over from history, and the historian is compelled by his own discipline to become a theologian. The study of New Testament history may thus lead to New Testament theology. But it does not of necessity do so. To illustrate this fact may be this historian’s last confession in this essay. In the early days of the application of critical history to primitive Christianity the two outstanding exponents of the science were F.C. Baur, of Tübingen, and J.B. Lightfood, of Cambridge and Durham. Baur’s sharpness of mind in detecting the questions that demanded the historian’s attention, and the breadth and depth of Lightfoot’s knowledge and memory of classical, biblical, and patristic literature, remain unparalleled. Unquestionably they were (in different styles) great historians. Were they also great theologians? Were they theologians? Baur certainly was a theologian, but, one may say, hardly a satisfactory one. It is true that the “Thesis – antithesis – synthesis” pattern of his reconstruction of early Christian history was not taken from Hegel, but his philosophical thought was to a great extent controlled by Hegelian idealism. This is hardly New Testament theology; and it is arguable further that it was his Hegelian convictions that led Baur into his undoubtedly erroneous dating of the Post-pauline literature. Was Lightfoot a theologian? The question was debated in the Durham celebration of the centenary of Lightfoot’s death. I did my best to give him the benefit of the doubt. It may be that, with Baur, Mother History allowed too much freedom to her wayward child; perhaps, with Lightfoot, she might have given her son a little more freedom. It is not easy to excel in two fields.
—————— 30 See pp. 217f.
Not so much ‘New Testament Theology’ as ‘New Testament Theologizing’ by
JAMES D.G. DUNN It is an unsatisfactory feature of ‘New Testament theology’ that its practitioners so often find themselves driven into a purely descriptive role. That is in large part a consequence of allowing NT theology to be defined or determined by the historical critical method of studying the NT writings. That method was born of a reaction to use of the NT primarily as a resource for Christian doctrine and ecclesiology. So, with the precedent of J. P. Gabler’s famous essay, NT theology was defined as historical theology in contrast to dogmatic theology.1 That would have been fine, except that the historical critical method was shaped to the pattern of scientific inquiry, exalting accurate observation and dispassionate objectivity into an ideal. Personal involvement in the subject matter, summarised as ‘faith’, was to be bracketed out, as liable to distort perception. Description rather than prescription was the order of the day. In extreme cases NT theology has became a subset of a historical sociology of religion.2 An important first response to this trend is to observe that faith is itself part of the historical phenomena to be observed – the faith which Jesus’ mission, death and resurrection excited is itself part of the data to be described.3 So NT theology can be justifiably defined as a descriptive account of the theological thinking of the first Christians, as ‘Theologiegeschichte des Urchristentums’. And so it is defined and practised in a sequence of recent publications which stretch from the purely descriptive
—————— 1 J.P. Gabler, Von der richtigen Unterscheidung der bibischen und der dogmatischen Theologie und der rechten Bestimmung ihrer beider Ziele (1787), in: G. Strecker (ed.), Das Problem der Theologie des Neuen Testaments, Darmstadt 1975, 32–44. 2 W. WREDE , Über Aufgabe und Methode der sogenannten Neutestamentlichen Theologie (1897), in: G. Strecker, Problem (see n. 1), 81–154; H. RÄISÄNEN, Beyond New Testament Theology, London 1990. 3 P. B ALLA, Challenges to New Testament Theology: An Attempt to Justify the Enterprise, WUNT II/95, Tübingen 1997.
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as a historical exercise, to a description which listens with the ear of faith.4 But even with the latter, it is hard to escape the sense that the task, though understood as not simply or primarily descriptive, nevertheless has been too much restricted by the Enlightenment ideals of historicist objectivity. Symptomatic of the malaise is the fixation with the written text. Of course, the text is the focus of, and, inevitably and in large measure, the controlling factor in New Testament theology, that is the theology of the NT writings, that is, as attested by and expressed in their written texts. But it is possible to treat the text as a kind of idol, where our gaze fixes solely on the text and does not look through it. We can become fixated by the Sprache of the text and lose sight of the Sache. As in so many commentaries from the classic period of modernism, exegesis can be more or less reduced to word and syntax studies. Or in a more literary-oriented era, narrative critics can become too content with describing the text within its own textually determined (and restricted) world. Again, the interplay between different theologies within the biblical writings can be limited by being defined in terms of intertextuality, as though such interplay operated only in terms of one author’s knowledge and use of other written texts. Or canonical criticism can seize on the moment of the canonical text and discount all other forms of the text. I put my protest against the restrictiveness of NT theology, as usually practised, in terms of NT theologizing, in hope of bringing some or a greater sense of movement back into our perception of the task. This includes from the start an understanding of ‘theology’ as not merely ‘talk of God’, and certainly not as simply consisting of theological statements or dogmatic pronouncements. The subject matter of theology must include also the immediate corollaries of an active belief in God, including the understanding of the world as ‘created’, of divine revelation and redemptive purpose, of human community and living as responsible before this God, —————— 4 K. B ERGER , Theologiegeschichte des Urchristentums: Theologie des Neuen Testaments, Tübingen 1994; W. SCHMITHALS, Theologiegeschichte des Urchristentums: Eine problemgeschichtliche Darstellung, Stuttgart 1994; F. HAHN, Theologie des Neuen Testaments. Band I: Die Vielfalt des Neuen Testaments. Theologiegeschichte des Urchristentums; Band II: Die Einheit des Neuen Testaments. Thematische Darstellung, Tübingen 2002; U. W ILCKENS, Theologie des Neuen Testaments. Band 1: Geschichte der urchristlichen Theologie (3 vols.), Neukirchen-Vluyn 2005. To the latter, add J. GNILKA, Theologie des Neuen Testaments, HThKNT.S 5, Freiburg 1994 and I.H. M ARSHALL, New Testament Theology: Many Witnesses. One Gospel, Downers Grove 2004. G. STRECKER, Theologie des Neuen Testaments, Berlin 1996, sees his primary task as the investigation of the theological conceptions of the NT authors on the basis of the (church) traditions they had received. The approach of G.B. CAIRD, New Testament Theology, Oxford 1994, which he likens to an ‘apostolic conference’ does not allow sufficiently for a diachronic study of the material attested by the NT writers.
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and so on. In other words, the disjunction of theology from religion is unnecessary and misleading. The religionsgeschichtliche protest against theology, as in Wrede, was a protest against theology too narrowly defined. However, my primary point here is that in order to enter into NT theology we need to see the text as a testimony to and expressive of the flow and movement of experience, thought and praxis in earliest Christianity. Of course all this is now frozen in the text, but what is frozen should not be seen as a final deposit of some interactions which happened long ago. The subject matter of NT theology should not be likened to an artefact retrieved from some archaeological tel. Rather the text is frozen theologizing, the process of engaging theologically with some subject or issue caught in a moment of an ongoing movement. In each case it was a climactic moment, presumably, the outcome of much reflection and use. But not an end point, for the context soon changed, and the reflection moved on. So the typical historical critical study of the text is only a beginning of the attempt to enter into the process of theologizing which the text both embodies and to which it bears witness. That includes some sense of the depth of the text – not only the allusions to and echoes of earlier theologizing, but also the ways of thinking and speaking as they have been shaped by the inherited traditions and culture. It includes some sense of the width of the text – of the usage and rhetoric of the time, of possibly intended ambiguities (should an exegete always assume that a single, sharply defined meaning was always intended?), of comparative, alternative or even competing formulations, of what might have been said but wasn’t, whether the author might have expressed himself otherwise had he foreseen the inferences which would subsequently be drawn from what he wrote. And it includes not least a sense of the text in historical context, of the historical particularities which gave rise to the text, but which also come to expression in the text, of the text as part of a developing insight or part of a dialogue, not something static and universal.5 To enter thus into NT theology is to begin to re-experience theology as theologizing, to begin to immerse oneself in the stream of living theology which flowed from Jesus and the reactions to him. Let me now attempt to elaborate what I have in mind.
1. NT theology and the OT Integral to NT theology is the interaction with the Old Testament. In C. H. Dodd’s words, the NT’s use of the OT provides the ‘substructure’ of NT —————— 5 I have developed the point in: What Makes a Good Exposition? (The Expository Times Lecture, June 2002), ET 114 (2002–03), 147–157.
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theology. 6 But it is not simply a matter of identifying where and considering how the NT authors work with the OT;7 the OT is not to be likened to a quarry from which texts, motifs and themes have been mined for subsequent use.8 Nor can it be limited to the much more subtle issue of the extent to which the NT writers allude to or echo OT passages.9 Still more important is the way in which the OT has influenced and shaped the writing of the NT, no doubt often subconsciously. 10 Of course, there is an intangibility about much such influences. But unless we begin to sense the way in which the scripture of the first Christians formed and shaped their own theologizing, we will again mistake the character of NT theology. To appreciate what is involved here one has indeed to be so immersed in the material, both OT and NT, that one’s hearing becomes attuned to motif and movement of thought as well as the more perceptible allusion and echo. It is equally important to recognize that what we call ‘the OT’ was itself not a fixed reference point. For example, we know that the Pentateuch was the product of a long process, no doubt going back to Moses as the fountainhead, but only given its determinative shape by Ezra, and still fluid enough to allow a controversial reference like Acts 7:16 or for a Jesus to pull out a single sentence (Lev 19:18) and give it a new primacy for conduct. We know that Isaiah was the product of three phases of prophecy, a tradition which stimulated fresh tradition to be included as part of a larger whole. We know that the Psalms were not yet a closed book, with fresh psalms attested among the Dead Sea Scrolls. We know that writings like Jubilees and the Qumran Temple scroll (11QT) were in effect rewritings of biblical material. We know that the translation of the Hebrew Bible into Greek (the LXX) did not rest with simply translating what had already been written, but also elaborated old writings and included new writings. Similarly the Targumim, like all translations, did not, could not provide a —————— 6 C.H. D ODD, According to the Scriptures: The Substructure of New Testament Theology, London 1952. 7 H. H ÜBNER regards this as the primary and foundational task of his Biblische Theologie des Neuen Testaments (3 vols.), Göttingen 1990/1993/1995. P. STUHLMACHER, Biblische Theologie des Neuen Testaments (2 vols.), Göttingen 1992/1999, pays more heed to the movement of thought involved. But B.S. CHILDS, Biblical Theology of the Old and New Testaments: Theological Reflections on the Christian Bible, London 1992, is too constrained by the canonical forms of both Testaments. 8 I.H. M ARSHALL, Theology (see n. 4), 39, still uses this imagery. 9 See particularly H. H ÜBNER, Vetus Testamentum in Novo (2 vols.), Göttingen 1996. 10 The challenges and potential of the task are well represented by R.B. HAYS, Echoes of Scripture in the Letters of Paul, New Haven 1989; also ID., The Conversion of the Imagination: Paul as Interpreter of Israel’s Scripture, Grand Rapids 2005; F. W ATSON, Paul and the Hermeneutics of Faith, London 2004.
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straightforward translation, but took the opportunity to elaborate and explain. So when we talk about the NT’s use of the OT, what do we mean? Certainly not simply a familiarity with and use of some texts fixed in writing several centuries earlier. Nor can such usage be reduced to a simple promise-fulfilment process, or typological analysis, as though the OT functions only as a foil to the NT. I say this without wishing to deny or diminish the undeniable importance of the gegraptai and ‘in order that it might be fulfilled’ motifs in so many NT writings. Still less can the OT be allowed to function in NT theology only as background to fill in otherwise obscure motifs in the NT. Rather, the NT’s use of the OT has to be seen more as an engagement with the moving, developing traditions of thought and praxis expressed in and through these texts, always, of course, in the light of the revelation the first Christians experienced through and in reference to Jesus the Christ. That includes an acknowledgment of the scriptural authority of the texts of the Hebrew Bible, certainly. But also an entry into the process which gave birth to these texts, a process which did not finish with their fixation in written (canonical) form, but continued (the same process) in the attempt to understand these texts, to fill out their meaning, to explain their relevance. Here I take seriously J. A. Sanders’ understanding of ‘canonical criticism’ as opposed to that of Brevard Childs11 – that is, recognizing that the traditions and material which made up the Hebrew Bible were canonical not because the final text was later decreed to be such, but were canonical because at each stage of the process the traditions which lasted, which were prized and preserved carried their authority ‘in their face’.12 What we see in NT theologizing, I suggest, is the recognition of that authority and the attempt to hear and understand its implications – a task and challenge, of course, which they shared with Qumran commentator and Pharisee, and subsequently sage and rabbi. The Jesus who disputes with the Pharisees on Sabbath observance13 and speaks against Qumran priorities,14 the Paul who —————— 11 The first round of the debate was B.S. CHILDS, Biblical Theology in Crisis, Philadelphia 1970, and J.A. SANDERS, Torah and Canon, Philadelphia 1972. See also my earlier reflections on the subject in: Levels of Canonical Authority, HBT 4, Pittsburg 1982, 13–60, reprinted as an appendix in my The Living Word, London/Philadelphia 1987. 12 I think, for example, of the Song of Moses (Exod 15), ‘the Book of the Covenant’ (Exod 21–23), and the credo of Deut 26:5–9, as well as individual prophetic oracles. 13 The controversy stories of Mark 2:23–3:5 show awareness not simply of the Sabbath laws of Exodus and Deuteronomy, but the developed tradition of Jub 2:17–33; 50:8– 12 and CD 10:14–11:18. 14 See my Jesus, Table-Fellowship, and Qumran, in: J.H. Charlesworth (ed.), Jesus and the Dead Sea Scrolls, New York 1992, 254–272.
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talks of “works of the law” in terms now recognizable from 4QMMT,15 or who shows knowledge of targumic elaborations of scripture,16 were themselves part of the living flow of tradition, engaging in the art of theologizing, which consists of wrestling with the proper understanding and proportions of scripture in the changing circumstances of their time. This is why we should not treat the OT as a closed book, as a fixed entity, and imply that by evaluating parts of it, by picking and choosing within it, the NT authors abused or rejected it. The Gospel/Law antithesis which has been so dominant in so much Reformation theology treats the latter too much in effect as a bounded entity, something complete in itself. In so saying I am not referring simply to the fact that there was as yet no fixed far less closed canon in the time of Jesus and Paul. My point is much more that the translations of LXX and Targumim, and the formulations which resulted in NT and Mishnah were themselves part of the same creative, inspired process of theologizing which had earlier come to expression in the writings that now make up the Hebrew Bible. So the theologizing which debates the relevance of the laws of clean and unclean, which claims the advent of the new covenant, which disputes the relevance of circumcision is not foreign to or essentially something different from and other than the traditioning processes which culminated in the Hebrew Bible. The process which crystallised in the writings of the OT continued and crystallised in further writings. And just as the earlier writings required evaluation and prioritising in order to continue to speak to changing circumstances (e.g. the shift from nomadic and agrarian society, the hellenisation of culture), so the first Christians and the NT writers in particular were evaluating and prioritising within their sacred scriptures and theologizing with the effect that their writings became (in due course) the NT.
2. Jesus and NT theology If the role of the OT within or in relation to NT theology is one major problem, the role of Jesus within NT theology has been even more contentious. Bultmann’s dismissal of Jesus’ own theology from the arena of NT
—————— 15 See e.g. my The Theology of Paul the Apostle, Grand Rapids/Edinburgh 1998, 357– 360. 16 E.g. Rom 10:6–8 (Deut 30:12–14) and Eph 4:8 (Ps 68:18); see M. M CN AMARA, The New Testament and the Palestinian Targum to the Pentateuch, AnBib 27, Rome 1978, 70–81.
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theology17 has had to be heavily qualified. For the Gospels are certainly central within NT theology, and Jesus is central to their subject matter. The issue cannot be handled with the old antithesis between the Jesus of history and the Christ of faith – as baleful an antithesis in the 20th century as the Gospel/Law antithesis has been for much longer. As OT/Torah cannot be regarded as a finished entity to be set over against the gospel, for both law and gospel are expressions of the same inspired/theologizing process, so the Jesus of history does not belong to some irrelevant back room whose door was closed with the event of Easter and ever after remains inaccessible to us, blinded as we are by the light of Easter faith. For the Gospels are gospel. And as gospel they contain rich accounts of Jesus’ teachings and deeds, of Jesus’ theology as lived out and taught. Their traditions were part of both the pre-Easter and the post-Easter theologizing of the first disciples. Some commentators seem to think that (or at least act as though) there was a hiatus between the incidents in which Jesus spoke and acted and the recollection and recording of them – a hiatus that lasted at least up to and beyond the first Good Friday and Easter day, but which, to all intents and purposes, lasted until the traditions were written down, by Q or Mark, or whoever. As though individuals simply heard and witnessed what Jesus said and did and stored the information away in their memories, for the Easter event or the inquiring tradition-collector to jog their memory and bring it back to the surface, to be (only then) attested and recorded. I cannot find any credibility in such a reconstruction. For almost certainly – the point can be stated in a priori terms – the first disciples talked together about what they had seen and heard, what it was that had drawn them into discipleship, into a shared discipleship. And almost as equally certain, such talking and sharing of their most immediate and vital memories of Jesus, of the impact he had made on them, was the beginning of what we now call the Jesus tradition. This talking and sharing, and then the repeating (performing) and communicating these traditions is part of the earliest ‘Christian’ theologizing. The point is that such performing and communicating inevitably involved an element of interpretation, an element of the ‘spin’ that is unavoidably involved in selecting, placing emphasis and grouping. And very quickly the first Aramaic remembrances were translated into Greek, with the inevitable transformation as well as communication which that involved. What appears now in our Gospel texts, then, is not a straight transfer of a word or deed of Jesus ‘untouched by human hand’ (as we say) into the —————— 17 R. B ULTMANN, Theology of the New Testament. Vol. 1, London 1952 – the opening words: “The message of Jesus is a presupposition for the theology of the New Testament rather than a part of that theology itself” (3).
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scroll of a Q or Mark. It is what Jesus was heard to say, and seen to do, filtered through the memories and performances and teachings of the earliest apostles and teachers. It is an expression of their appropriation of and reflection on the tradition. It is their theologizing on Jesus, on what he said and meant, on what he did and its ongoing significance. How can we begin to handle the disagreements in content and emphasis between the Gospels unless we recognize that they are examples of this living process? It is the variegatedness of the theologizing which lies behind the Gospels which comes to expression in these differences and divergences. So, for example, it is idle to enquire whether Mark or Matthew is ‘more accurate’ or ‘more authentic’ in their diverse presentations of Jesus vis-à-vis the law (as in Mark 7/Matt. 15). For what they exemplify is the different ways Jesus was heard, the different voices in which the teaching of Jesus was remembered. The business of theologizing the Jesus tradition cannot be adequately characterised as some later Christian/author redacting or editing some fixed tradition for his own ends. For the tradition was not fixed. That is the point! It was fluid, moving, living, coming to expression in one form of words at this point, and in another form of words at another point. And to appreciate it we have, so far as is possible, to get inside that process, to theologise rather than simply describe the theology. In my recent Jesus Remembered,18 on which I draw for the above reflections, two points became particularly important for me.19 One was to refute the assumptions already referred to, both that faith prevents a properly historical perspective on Jesus, and that the only faith we have to take account of in the Gospels’ portrayal of Jesus is Easter faith. Of course I have no wish to deny that the Gospels are gospels precisely because they present Jesus in the light of Easter faith, climaxing as each of them does in the passion and resurrection of Jesus the Christ. My point is rather to protest against the inference that the process of theologizing the Jesus tradition began only after Easter. On the contrary, it was the first disciples’ attraction to Jesus which caused them to become disciples. A discipleship in which they abandoned their other responsibilities (to earn a living and care for their families) was already an expression of faith, of trust in this Jesus as God’s spokesman, and a commitment of life to following him. Not yet Easter faith, to be sure; but certainly fully deserving of the description ‘faith’. My point here is that so much of the Jesus tradition reflects that —————— 18 19
Christianity in the Making: Vol. 1. Jesus Remembered, Grand Rapids 2003. I focus more closely on the two points in A New Perspective on Jesus: What the Quest for the Historical Jesus Missed, Grand Rapids/London 2005. See also my debate with Robert Morgan, On Faith and History, and Living Tradition (In Response to Robert Morgan and Andrew Gregory), ET 116 (2004–05), 13–19; also A Letter to Robert Morgan, ET 116 (2004–05), 286–287.
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faith, so many of the individual traditions reflect a pre-passion setting and a Galilean context,20 that we can/must fairly conclude that the Jesus tradition must have begun to take shape in the pre-Easter discipleship of the first disciples. Indeed, I am prepared to argue that much of the tradition was given its form in that very early, even pre-Easter period, a form that has endured into our Gospels. What is striking, then, is that for the Synoptic tradition at least, that preEaster faith was not discarded nor was it retained only in a reworked form, reworked by Easter faith. John’s Gospel, and the apocryphal so-called Gospels, show clearly what might have happened had Easter faith ridden rough-shod over the expressions of the impact made by Jesus in his preEaster mission. From which I conclude that the first Christians saw an immediate continuity between these early recollections of Jesus and their full Easter faith – a continuity of theologizing. Moreover, it would seem that they could fully integrate these early impressions made by Jesus and remembered by those who had been his disciples ‘from the baptism of John’ into their full gospel understanding of Jesus and of his significance. They did not make a dichotomy between his mission in life and his saving death and resurrection. They were all of a single piece. And – here, again, is the point – their theologizing on this Jesus was a continuum, stretching from the first impact made by Jesus to the Gospel of John, a moving, living stream. The other point which became important for me as a result of the work leading to my Jesus Remembered, is the difference it makes when we can see most of that living stream of tradition, of which the Gospels are frozen moments, as oral tradition.21 NT scholars have allowed themselves to become too fixated on the written tradition, or, to be more precise, on the Jesus tradition as written. It is this, more than anything else, which has clouded our perception of the tradition as living and moving, and prevented us from seeing NT theology as theologizing. For the written text is fixed,22 certainly in comparison with oral tradition. And that fixity encourages us to think of the Jesus tradition as a kind of solid and firm entity which is added to or subtracted from. We think of layers of tradition on the analogy of editions of a book, or strata in an archaeological dig. We as—————— 20 I was much influenced by H. S CHÜRMANN’s important article Die vorösterlichen Anfänge der Logientradition: Versuch eines formgeschichtlichen Zugangs zum Leben Jesu, in: H. Ristow / K. Matthiae (eds.), Der historische Jesus und der kerygmatische Christus, Berlin 1961, 342–370. 21 See also my Altering the Default Setting: Re-envisaging the Early Transmission of the Jesus Tradition, NTS 49 (2003), 139–175, reprinted (using English translation of the Greek texts) as an appendix to A New Perspective on Jesus (see n. 19). 22 But see below section 5.
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sume that there is a firm something there, like a solid, physical artefact to be attained by digging down through the layers. But oral tradition is different. An oral performance is not like another edition of a book. With a book we can pause for reflection, or check back a few pages, or anticipate by turning over a few pages. We can take the book away and refer to it later. Or we can edit it, even modestly, by eliminating infelicities, improving style, adding clarifications. None of this is possible with an oral tradition which lives only in oral performance. That is essentially evanescent. And the performer (apostle, teacher, elder, disciple) will by no means necessarily store up the tradition in memory as something fixed, to be parroted forth on each occasion. In oral tradition, typically, the story – the same story! – is variously retold, with different emphasis, and different details; and the teaching – the same teaching! – is re-taught, in different groupings, and with different nuances and interpretative clarifications or elaborations suited to occasion – much as we find when we look at the Jesus tradition synoptically! Perhaps most important of all is the insistence of oral traditionalists that we who study the Jesus tradition as oral tradition must abandon the critical assumption of an ‘original version’.23 This is precisely the blinkeredness that our literary mind-set imposes on us. For in a culture of the written word it is natural to inquire after the original edition, in order to check how subsequent editions have changed from the original. But in oral tradition there is no original; or, alternatively expressed, every performance is an original. In the case of Jesus, of course, we can take it for granted that there were teachings he gave and deeds he was witnessed as doing. But today we are all too well aware that witnesses of the same event invariably produce different, even divergent accounts of that event. In effect, there was not one event, but several events, that is, the event as seen (differently) by different witnesses. And the same is true of at least much of Jesus’ teaching material. For it would have impacted different disciples differently. And if Jesus gave the same or similar teaching on several occa—————— 23 Most influential has been the finding of A.B. LORD, The Singer of Tales, Cambridge/ Harvard University 1978: “In a sense each performance is ‘an’ original, if not ‘the’ original. The truth of the matter is that our concept of ‘the original’, of ‘the song’, simply makes no sense in oral tradition” (100–101). R. F INNEGAN, Oral Poetry: Its Nature, Significance and Social Context, Cambridge 1977, also glosses Lord – “There is no correct text, no idea that one version is more ‘authentic’ than another: each performance is a unique and original creation with its own validity” (65) – and credits Lord with bringing this point home most convincingly (79). W.H. KELBER, The Oral and the Written Gospel, Philadelphia 1983, already took up the point: “each oral performance is an irreducibly unique creation”; if Jesus said something more than once there is no ‘original’ (29; also 59.62).
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sions – as of course will have been the case – then what would be remembered and reflected on would be different from the outset. The corollary, of course, is that the assumption of a single and singular ‘original’ version of what Jesus said and did is a highly misleading perspective which perverts the whole enterprise of NT theology/theologizing. For it immediately implies that the only ‘authentic’ version of the Jesus tradition is the ‘original’ version, and that every other version is somehow less ‘authentic’ and less valid. In contrast, my point is precisely that only by abandoning the myth or ideal of the ‘original’ version can we begin properly to appreciate the process of hearing/seeing, reflecting, expressing in words, performing and communicating, which was (and is) the traditioning process, or in terms of the present essay, the process of theologizing which has resulted in the written texts which now form our Gospels. Not only so, but recognizing the oral character of so much of the traditioning process of the Jesus tradition frees us from assuming that the only reference points for other NT and early church writers was the written text of one or more of the canonical Gospels. We are freed immediately to recognize and give fuller weight to the many echoes of and allusions to Jesus tradition in the letters of Paul, James and 1 Peter, not to mention the Didache and others of the apostolic fathers.24 We are freed, that is, to recognize that they too were part of the stream of theologizing that sprang forth from the mission of Jesus. The Paul who simply absorbs Jesus’ teaching into his own paraenesis shows us one facet of the theologizing process.25 But so also does the Paul who finds it necessary to elaborate the tradition of Jesus’ teaching on divorce (1 Cor. 7:10–16) and to disregard Jesus’ teaching on the support which apostles like him could expect (1 Cor 9:14– 18). The flow of oral tradition was not transformed without remainder when the written Gospels were produced, nor did it dry up because the written Gospels made it dispensable. It was too much alive to be fixed so finally in particular writings. At the same time, we need to recognize that the particular written expressions which became the canonical Gospels did thus come to function as determinants of the type and extent of diversity which the Jesus tradition could express and tolerate without becoming something else – the Gospel of Thomas being deemed a divergence too far. But that should not prevent us from proper recognition of the rich and living character of the theologizing which remained within the accepted boundaries – John’s Gospel being the obvious case in point of one who ‘sailed close to the wind’.
—————— 24 25
J.D.G. DUNN, Jesus Remembered (see n. 18), 181–184. See my Theology of Paul (see n. 15), 189–195.
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3. Paul the NT theologian par excellence In the case of Paul it is most easy to see the character of NT theology as something alive and moving. For he authored a number of letters which we still have.26 And since J. B. Lightfoot’s great commentaries it has become standard practice to set each of these letters within their historical context of composition and reception, that is, to recognize the occasional character of the letters. So, inevitably, when one turns to these letters a sense is quickly given of a great theological mind addressing a sequence of different issues and situations. And because the issues and situations were different, the theology was/is different. It is only when we abstract texts from the particularities of their initial composition and reception that the variations of content and emphasis become problems as ‘inconsistencies’ and ‘contradictions’.27 Rather, as with the variations in the triply told Jesus tradition, we should see in such variations the expression of a living theology, not treat the letters as so many cadavers laid out in the pathology laboratory for dissection. It was in recognition of this living character of Paul’s theology that several contributors to the decade-long seminar on the Theology of the Pauline Letters at the annual meetings of the Society of Biblical Literature found themselves beginning to speak of Paul’s theologizing in preference to Paul’s theology. 28 Paul’s letters show us theology in motion, living theology, theologizing. A major disagreement surfaced in that Seminar and was never resolved, or rather, no resolution achieved widespread consensus. The disagreement was as to whether a Theology of Paul written today could realistically deal with Paul’s theology, or only with the theology of each of his letters. Is the subject matter the theology behind the letters, or the theology expressed in the letters? I was one of those who thought in terms of the former, that a description and analysis of Paul’s theology could and should be attempted; though, mindful precisely of the problem of a moving stream of Paul’s theologizing, I set myself to attempt to formulate Paul’s theology at the time when he wrote his letter to the Christians in Rome.29 My reasoning —————— 26 My argument here does not depend on whether and how many of the Pauline letters we can label as ‘authentic’. 27 H. RÄISÄNEN’s Paul and the Law, WUNT 29, Tübingen 1983, is a notable example of a critique which fails because he treats texts individually and atomistically, without seeking to hear them within the flow of particular arguments and context of particular situations. 28 The proceedings of the Seminar are recorded in a sequence of volumes entitled Pauline Theology – Vol. 1 (ed. J.M. Bassler), Vol. 2 (ed. D.M. Hay) and Vol. 3 (ed. D.M. Hay / E.E. Johnson) published by Fortress Press, Minneapolis (1991/1993/1995) and Vol. 4 (ed. E.E. Johnson / D.M. Hay) by Scholars Press, Atlanta 1997. 29 J.D.G. DUNN, Theology of Paul (see n. 15), 1–26.
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was and remains fairly straightforward and has already been alluded to. Paul’s letters were/are not abstract dissertations or treatises. They contain so many allusions to situations addressed, to formulations of other or earlier Christians, to the OT not least as it was being understood at his time, that it is impossible to enter into the theology of any single letter without taking these allusions into account and trying to engage with the warp and woof of the reactions and interactions they express. In terms of the present essay, any attempt to understand a letter of Paul ‘in its own terms’, in disregard of these allusions and of the particularity of its historical context, would be hard pressed to understand the theology of the letter as theology of the Paul who wrote it with all these allusions alive in his mind. And when such an inquiry is pursued through letter after letter, one inevitably is drawn to an appreciation of the man who dictated or penned these letters and to appreciate his theologizing, and so also his theology, in however episodic terms. Writing a theology of Paul, in other words, is like trying to listen to a sequence of varied dialogues, of which we can hear clearly only one side of the dialogue, but which we must understand as a dialogue, otherwise we will inevitably misunderstand what Paul says.30 One cannot hope to write a theology of Paul except by listening to his letters as dialogue, overhearing, as it were, a great theological mind and spirit as it grappled with diversely challenging situations and questions. Put another way, Paul’s letters are not just like erratic boulders left by some ancient glacier. Nor are they windows into a neatly rounded and complete ‘theology of Paul’; that would be ‘theologicism’, the theological equivalent to ‘historicism’, the assumption that ‘the theology of Paul’ is like a complete and intact ‘object’ accessed through and behind the letters, or like a solid artefact buried under the layers of his letters. Rather, in the letters we see and are privileged to overhear theology in the making, theology coming to expression, Paul theologizing. In an earlier attempt to penetrate into Paul’s theology (christology) I had attempted to remind readers that many/most/all of Paul’s formulations were examples of ‘conceptuality in transition’, and that we have to bear in mind the ‘limited horizons’ within which he formulated his christology.31 The point in both cases, of course, is that later readers of Paul’s letters, readers like us, find it difficult to free our minds from the way his formulations have been understood for so many centuries. The point was/is that formulations which naturally speak to us, for example, of a full blown con—————— 30
The greatness of J.L. MARTYN’s work on Galatians, AncB 33A, New York 1997, in particular is that he enters into the dialogic nature of Paul’s writing, even if (in my view) he attributes too much of the theology of the letter to the other side of the dialogue! 31 Christology in the Making, London 1980, 21989, Grand Rapids 1996, xii–xvi.
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cept of pre-existence, or of hypostatization, may not have been so understood when first formulated. ‘Hypostasis’ in its technical Christian sense, after all, was a fourth century creation to meet the problem of formulating a concept of God as Trinity; prior to that time, that sense had not been conceptualized. Likewise, it is certainly likely that an ‘ideal pre-existence’ had become thought of; but had the real pre-existence of a human person as such already entered the minds of those who spoke of someone ‘sent’ by God? I don’t want to defend here the particular views expressed in that book. The point is that recognition must be given to the at least strong likelihood that developing thought/theology meant also fresh conceptualisations and horizons being pushed back from what had earlier been perceived and articulated in many matters of theological concern and reflection. There were insights, ways of conceptualising, theological arguments which came to expression for the first time in Paul’s letters, perhaps in an exploratory way and unaware of their potential as future resources for further theologizing. However the point is put, the point is that descriptions of ‘the theology of Paul’ should not treat his letters as the cold and petrified remains of a volcanic eruption that took place centuries earlier, but as lava streams still hot and moving, still capable of scalding and burning. When we see Paul’s letters as his theologizing, as expressions of living theology, it also becomes easier to take proper account of the post-Pauline Pauline letters and of the representation of Paul’s theology (and of Paul) in Luke’s Acts. Here the parallels provided by the OT and the Jesus tradition become relevant. As already argued, it is important to recognize so many OT writings as the product not of a single act of composition but as the outcome of an often lengthy traditioning process, and not a closed outcome, as LXX and Targumim and ‘the oral law’ remind us. Similarly the Gospels are not best understood as created de novo by individuals but better as the congealing of a living Jesus tradition (editorially shaped, of course) into (various) written form(s). So Paul’s theology, the movement of Paul’s theologizing, did not end with his close imprisonment or his death. If the work of later tradents contributed to and shaped Torah that no doubt began with Moses, wisdom that began with Solomon, teaching that goes back to Jesus, then we should not be surprised to find that disciples of Paul continued to theologise in the spirit of Paul, as the stream of theologizing that began with Paul continued to roll forward.32 And too little appreciated is the fact Acts gives us the possibility of seeing Paul as others saw him, of hearing the (or an)other side to Paul’s relationships with Jeru-
—————— 32 I am indebted at this point to D.G. M EADE , Pseudonymity and Canon, WUNT 39, Tübingen 1986.
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salem, a different ‘take’ on his assertions of independent apostleship.33 None of this exempts the 21st century theologian from evaluating these different kinds of Pauline theologizing, or even from taking sides with one or other on disputed questions. On the contrary, so to recognize such factors – the fact that the lava continued to flow after Paul’s departure from the scene, the fact that Paul’s theologizing about his apostleship and his relations with Jerusalem provide only one side of a more complex historical reality – is to enter into the dialogue ourselves, to engage theologically with the various theologizings which the Pauline and post-Pauline and Lukan material represents. A historical description of the various theologies is only the beginning of the process.
4. Canonizing diversity In my still earlier Unity and Diversity in the New Testament34 one of the tasks I set myself was to look for what might be termed the kerygma/gospel which forms the core unity of the NT, the core kerygma. In summary, the points which came through there were (1) that the core kerygma is never to be found as such in the NT, but (2) only in the expanded forms made necessary as the particularity of different situations were addressed, that is, (3) in the different forms which the different situations made necessary, and (4) that the differences were integral to the proclamations in and to these different situations. From that I concluded that any attempt to find a single, once-for-all unifying kerygma (‘the NT kerygma’) is bound to fail. For concrete situations always call forth fuller expressions, and it is in the fuller expressions that the diversity, including differences and disagreements, lie. This in turn means that a theological approach to the issue will always need to recognize a certain ‘beyondness’, an uncontrollability by any particular group or tradition of the core gospel, of the canon within the canon, of the Word within the word, of the Sache within the Sprache; and also an acceptance of the inevitability of different preached, written, and ecclesial forms of the gospel. In other words, the final unifying factor in the NT, or in NT theology, can never be reduced to a particular, far less a final formulation. The creed so easily becomes a verbal idol, replacing the less tangible ‘rule of faith’ and the still earlier shared participation in the same Spirit and faith in the one Lord Jesus as the bond of unity. —————— 33 I refer to the too much neglected article by O. LINTON, The Third Aspect: A Neglected Point of View, ST 3 (1949), 79–95. 34 London 1977, 2 1980, 3 2006.
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Given the ever more constrictive drive for ‘orthodoxy’, then, it is something amazing and wonderful that the Great Church recognized as its canon, its rule for faith and life, the range of documents contained in the NT. For in so doing what was ‘canonized’ was not so much, or not just, the somewhat intangible unity of Christ-directed devotion, an embryonic ‘rule of faith’, but, more significantly, the diversity of faith and life that deserves to be named ‘Christian’. It was not one Gospel which was canonized, or a Tatian-like Diatessaron, as though there could be only one legitimate way of expressing the theological significance of Jesus. No less than four Gospels are counted Gospel, not just the often subtle variations between the Synoptics, but also the striking variation or alternative which is John’s Gospel. Not just Paul’s undisputed letters are included, but also the portrayal of Paul by Acts and the continuing flow of Pauline influence in the post-Pauline letters. Alternatively expressed, not just the canonically more comfortable Paul of Luke and the Pastorals, but also the earlier discomfiting, ‘stormy petrel’ Paul is included as canonical. Not a singular Paul is canonized, but the tensions and ‘inconsistencies’ between the different letters (the different Pauls!) are canonized. Perhaps most striking of all is the fact that the Apocalypse of John was (eventually) included, thereby recognizing an important aspect or dimension of the theologizing which is Christianity, or at least refusing to exclude such theologizing as non-canonical. Here is a document which can hardly be understood simply by reference to other NT writings, but can only be understood as a Christian version of a genre which blossomed at the end of the first century CE, a document, in other words, which drives the NT theologian beyond the NT and into a way of doing theology (visions and prophecy) which will ever stretch the bounds of theological expression. Nor should we forget that recognition of the canon of the NT was at the same time recognition of a Christian Bible containing OT as well as NT. The writings of the Hebrew Bible (or was it the LXX?) were to be counted (or remained) canonical for Christian theologizing. The full significance of what the NT canon canonizes is too little appreciated. No single stream of theology all this! No petrified blocks to be merely quarried. Rather a dynamic process, whose dynamic can still be appreciated, can still be entered into, precisely because of the diversity which the canon canonizes. In particular, we should recall that what has been canonized is not the settled (creedal and liturgical) forms of later centuries, but the still forming, tentatively tried and not always retained formulations of the first Christian theologians. What has been canonized is not formally ‘Christianity’ (the word itself had not yet been invented when the NT documents were written!) but an embryonic movement struggling to express itself, a movement in critical interaction with its own traditions (OT
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and Jesus tradition), in other words, a theologizing which expresses an identity in formation and still far from settled. It is this struggle which is canonized, not its outcome. Or alternatively expressed, its outcome is the canonization of these early formulations, of the stage of the process where the butterfly is only emerging from the chrysalis. The NT canonizes the historical moment(s) when old patterns and traditions experienced renewal and revitalization, the first flush of enthusiasm at new inspiration/insight calling for reprioritizing and fresh formulation, the experience of liberation in relation to older patterns and the beginning of the process of ordering the liberty to channel it between the Scylla of legalism and the Charybdis of license. That’s why NT theologizing is so vital and dynamic and why the suggestion that NT theology can be comprehended as simply descriptive is so inadequate. The theology which the NT canon authorizes is nothing static and can never achieve finished formulas across the board and valid for all time and all circumstances. The NT is a canon for ongoing theology, for, in a word, theologizing. The only point which should be added is that the canon also indicates that there is a limit within which the pattern of unity and diversity operates, that some variations on the Sache of Christian theology go beyond the boundary of what is properly to be understood as ‘Christian’. This is not to refute the insistence of such as Wrede and Räisänen that what they see as the task of describing the historical emergence of the Christian religion should not be limited by the boundaries of the canon. Of course the exploration of and interaction with the full range of responses to Jesus is a legitimate part of the theologizing agenda. And the boundaries of the canon have never been off-limits in such discussion. The importance of the canon at this point is not so much the precise lines drawn between a Didache or Diognetus and a 2 Peter or a Revelation, but the recognition and insistence that such a line does need to be drawn, that the process of theologizing includes the theological evaluation of the validity and appropriateness of particular formulations. An identity which does not distinguish from others is no identity; a definition which does define out as well as define in is no definition; a translation which does not recognize that some translations are simply wrong is hardly likely to be an effective translation. It is the dynamic within bounds, not entirely free from bounds, which characterises NT theology as it does all Christian theology worthy of the name. For the dynamic is itself the continuous interaction of the older tradition (OT, Jesus tradition, early Paul, NT) with the ever ongoing attempts to understand what it means to believe in ‘the God and Father of our Lord Jesus Christ’ and all that follows from that for today.
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5. The canonical text, fixed or fluid? The art and discipline of text criticism began as the attempt to recover the ‘original’ text of the NT/Bible. So far as this endeavour was concerned, the problems with the NT were never so great as with the OT, where from early on Masoretic text had to be set alongside LXX (and other ancient translations), and subsequently to be set alongside Targums, Samaritan Pentateuch and Dead Sea Scrolls. But even with the OT the ideal of recovering the text as originally (finally) authored remained an ideal. It is only recently that the inadequacy of this as an ideal has been sufficiently appreciated. Not because the gap between original author and earliest manuscripts is so great that no account can be given or taken of the processes of transmission of text in the interval. And not because the almost countless variations between manuscripts and other witnesses made final judgment on what the original text was impossible to achieve. One needs only to consult the United Bible Societies’ editions of the NT with their rankings of A, B, C and D readings to see the point.35 What has become clearer in recent years, however, is the folly of thinking in terms of an ‘original’, and of seeing whatever departs from that ‘original’ as somehow inferior and to be regretted. The point here is very similar to that made in reference to the Jesus tradition: that the idea of an original version of an account of some event in the mission of Jesus or record of some teaching given by Jesus is a snare and a delusion. As different witnesses may have seen and recounted the same event differently, as the same teaching in substance may have been delivered differently on different occasions, so a Gospel or letter may have been dictated to several scribes36 or immediately copied for the benefit of others, even before being delivered to the primary target audience. And where then is the single ‘original’ text? And as each Gospel or a letter like James is the product of teachings and tellings repeatedly and variably performed, so that each is a definitive version of that stream of theologizing, but by no means the only legitimate or ‘authentic’ version of it, so the earliest written text is not to be looked on as a final or only acceptable expression of that stream of theologizing. In the case of the Jesus tradition in particular, we know that the stream of oral tradition did not end when Mark or Matthew wrote it down. On the contrary, it is clear that the oral stream flowed on, and that Mark and Matthew would have been known more by hearing than by personal reading (second orality). So Jesus tradition would have been known in written textual form (the Gospels), but also in oral —————— K. ALAND et al., The Greek New Testament, Stuttgart 31983. To make several copies to be carried by different messengers was an obvious way to ensure safe delivery, given the dangers of robbers, shipwreck etc. in transit. 35 36
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form, and in forms which varied from the written texts of the Gospels. And which should be deemed the ‘original’? In other words, the process by which oral communication of the good news of Jesus became written text is not to be seen as a transition from inauthentic or unreliable to final and authoritative. The written textualising of the tradition was more a continuation of the process which began with the first oral performance of the gospel. Textual variations, therefore, are not to be looked upon as some degeneration or fall from the pristine purity of an original, but rather as the continuation of the diversity which always was a feature of the gospel as it was communicated and performed from the first. The variations between texts of the same NT documents are, of course, more limited than the variations, say, between the Synoptic Gospels. But they are not to be described simply in terms of scribal error and textual corruption. Rather they should be seen as the NT for different communities, often reflecting the different emphases and concerns of these communities, much as (though different in degree) Matthew or Luke evidently felt free to redact Mark to make the same point differently or to give a different nuance or emphasis to the tradition received. I move beyond my own expertise here,37 but the point which emerges should be clear enough. It is that the process of theologizing which formed the NT, which the NT embodies and expresses and exemplifies, did not cease when the text was ‘translated’ into written form. It continued in the multiplying of copies and of variant copies of these texts, with significant variations indicative of a transmission which was not merely a copying but also a continuation of the theologizing which had first given birth to the text. Textual criticism is or should be no mere mechanical recording of textual variations but done properly becomes part of NT theologizing, entering into and taking part in the debate as to the meaning of the text recorded as that debate carried on through the early centuries and continues today.
6. The hermeneutical task I would be failing in my obligation to the subject matter if I did not extend my reflections into the contemporary debate about the exegetical and interpretive challenge confronting the student of the NT. For the postmodern —————— 37 I have been drawing particularly on B.D. E HRMAN, The Orthodox Corruption of Scripture: The Effect of Early Christological Controversies on the Text of the New Testament, Oxford 1993; D.C. P ARKER, The Living Text of the Gospels, Cambridge 1997. Similarly E.J. EPP, The Multivalence of the Term ‘Original Text’ in New Testament Textual Criticism, HThR 92 (1999), 245–281.
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critique of modernity is at heart a critique of the very model I have been reacting against – that is, the idea or ideal of historical objectivity, as though a historical fact or historical theology is a ‘thing’ which can be excavated from the layers (or ruins) of history. The most common form of the critique as it has borne upon NT studies is expressed in the contrast between ‘behind’ the text and ‘in front of’ the text. The ‘old’ historical critical method can be characterized (or caricatured) as trying to get to the history behind the text, as though that was the only value of the text, as a window into ancient history. Easily parodied is the idea expressed in the phrase ‘authorial intention’, as though the exegetical task could be fully and finally categorized as the attempt to enter the mind of the author in his moment (days) of inspiration. In contrast we are invited to recognize that such objectivity is an unreal and unrealistic ideal, a will-o’-the-wisp, that there is no such person as the wholly dispassionate, uninvolved spectator, able to deliver a fully objective description, that the reader’s subjectivity is wholly bound up in what emerges for him/her from the ancient text. As ‘historical objectivity’ expresses the modernist ideal, so ‘reader response’ can be said to characterize the postmodern riposte, the text to be regarded not so much as a window through which one looks, and more as a mirror in which the interests and concerns of the reader are reflected. For myself, the ‘behind’/’in front’ antithesis is still too static and wooden. In reading the NT theologically, what is experienced is more like a stream of thinking, a stream which flows unbroken along the path(s) of the Traditionsgeschichte ‘behind’ the text, through the text and on into the Wirkungsgeschichte (‘in front’) of the text. And my point is that the practitioner of NT theology at his/her best is caught up in that stream and is part of that stream. Here I acknowledge my indebtedness to Gadamer and his understanding of Wirkungsgeschichte.38 Gadamer’s point is that the historical gulf between the present-day interpreter and the ancient text is not an empty void. It is filled with the Wirkung, the effects of the text. And the interpreter is among those thus ‘effected’. As I have noted elsewhere,39 Gadamer’s key term is not simply Wirkungsgeschichte but wirkungsgeschichtliches Bewusstsein, ‘historically effected consciousness’. That is to say, the interpreter’s consciousness, or pre-understanding (to use Bultmann’s term),40 is not simply influenced by the text; rather it has in some measure been brought into being by the text; it is in some degree a product of the text; it is a consciousness of the text to be interpreted, ef—————— H.-G. GADAMER, Truth and Method, New York 21989. J.D.G. DUNN, Jesus Remembered (see n. 18), 122–123. R. B ULTMANN, Is Exegesis Without Presuppositions Possible? (1961), in: ID., Existence and Faith, London 1964, 342–351. 38 39 40
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fected by the text and thus “effectual in finding the right questions to ask”.41 So to see the flow of NT theologizing as an unbroken stream running through and beyond the NT means, of course, that we have to question the classic Reformed contrast between scripture and tradition. For the ongoing tradition of the Church/churches is in effect the continuation of the same stream of theologizing which came to definitive expression in the NT, the frozen moment(s) of canonicity. Even though church tradition is to be seen, entirely properly, as in effect interpretation of scripture, the contrast is not between fixity and fluidity, the one finally authoritative and the other misleading and always tending to corruption (in Protestant perspective). Rather, if my argument hitherto carries any weight, the NT itself is best seen as theology in motion, as theologizing, as itself expression of and interaction with tradition, as itself living tradition. In consequence, the tradition of the Church/ churches is best seen more as a continuation of that process. As the Sache of the OT comes to us variously in the various renderings of it in the NT – as the Jesus tradition comes to us in the diversity of the various canonical Gospels – as the text of the NT comes to us in the different forms and versions which functioned as scripture for different groups and churches – so the NT that is effective in each denomination is the NT as appropriated in and understood by the tradition of that denomination, and not some ideal of the NT untouched by denominational diversity. The point can be put thus: the old clear-cut dichotomy between scripture and tradition was possible because of the equally clear-cut dichotomy between text and interpretation of the text. But it is precisely that latter dichotomy which contemporary hermeneutics breaks down. As the historical fact is not the historical data themselves, but the interpretation of the data, so the text actually in view is the interpreted text. An earlier phase of Qumran studies coined the phrase ‘pesher text’ to indicate texts which already had the interpretation incorporated within the textual form being commented on. And many of the OT passages cited in the NT are like that, with the textual form already embodying the interpretation being given.42 What are the different versions of items of Jesus tradition but the tradition itself as it was variously appropriated and functioned as normatively authoritative? The multitudinous text forms confronting the textual critic are the scriptures as received and understood and used in different churches —————— 41 42
H.-G. GADAMER, Truth (see n. 38), 301 (his emphasis). We might think, for example of Isa 7:14 as rendered in Matt 1:23 (LXX!), or of Mic 5:2 in Matt 2:6, or of Zech 11:13 in Matt 27:9–10, or Hab 2:4 in Rom 1:17, not to mention the puzzles of texts such as Matt 2:23, 1 Cor 2:9 and Jas 4:5 (see e.g. my Unity and Diversity [see n. 34], 99–101).
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and communities. The ancient versions are not simply more or less valuable witnesses to a primordial original text of the NT; they were the NT for those concerned. In short, the text is not fixed and is not static; the phenomena with which we are confronted in the interpretation of scripture is what my colleague David Brown characterizes as the ‘moving text’,43 or in my own terms, the text as ‘living tradition’. Perhaps nothing exemplifies this at every day level more than the amazing range of translations of the Bible (or parts thereof) which currently compete for attention and for church/individual usage. Simply to compare a handful of these translations is or should be sufficient to bring home the point, as we see how differently the same Hebrew or Greek text (including variants) can be rendered – at times so diversely that the reader must wonder whether it is the same text. Of course, the NT scholar deals primarily if not exclusively with the Greek text. But its degree of fluidity (textual variants) is vastly compounded by the diverse understandings of the text with which the NT commentators actually work. The translations often provided within commentaries simply add to the already overwhelming range of translations ‘on the market’. Here again a cautionary note is appropriate. For the relative stability of the text still functions as a norm for the way it is appropriated and understood and interpreted. As there can be bad and even plainly wrong translations of the Hebrew or Greek, so there can and should be unacceptable appropriations, interpretations and use made of the scriptures entexted. The canonical scripture can and should still function as the norma normans within the unbroken flow of living tradition. But not as something fixed and final, whose meaning is in principle self-evident and beyond reasonable dispute, only as a reference point to which recourse is made again and again in the course of our own engagement in the theological process. So, ‘NT theologizing’ rather than ‘NT theology’ seems to be the more appropriate term. And NT theology/theologizing is not to be seen as simply something we observe and describe, but rather as something we ‘do’. We (the guild of NT scholarship) theologize ‘newtestamently’ (probably better expressed in German!). We produce not simply ‘New Testament Theologies’, but New Testament theology. It is not Paul and John who write NT theology, but we do! We theologize in, with and through the writings of the NT – a much more engaging and exciting pursuit than simply describing the thought processes of some early Christians in antiquity.
—————— 43 D. BROWN, Tradition and Imagination: Revelation and Change, Oxford 1999; ID., Discipleship and Imagination: Christian Tradition and Truth, Oxford 2000.
Theologie als Rhetorik von
JOHAN S. VOS 1. Das Erbe William Wredes In seiner programmatischen Schrift „Über Aufgabe und Methode der sogenannten neutestamentlichen Theologie“1 erhob William Wrede die Forderung, daß die neutestamentliche Theologie als eine „rein geschichtliche Disziplin“ betrachtet und betrieben werden solle.2 „Rein geschichtlich“ bedeutet für ihn einmal, daß die neutestamentliche Theologie sich nicht von kirchlichen Interessen leiten läßt, und sodann, daß sie, soweit das möglich ist, nach dem geschichtlichen Hintergrund, dem konkreten Zweck und den Entwicklungen der theologischen Anschauungen fragt. Dabei sollte man sich nicht auf die literargeschichtlichen Aspekte beschränken, sondern auch prätheologische Faktoren miteinbeziehen wie religionsgeschichtliche Zusammenhänge, geschichtspsychologische Gesetze und kirchenpolitische Faktoren. In einer neutestamentlichen Theologie geht es in der Auffassung Wredes nämlich nicht nur um Deskription, sondern auch um Erklärung: „Überall kommen wir mit der Frage: Woher? Wie ist das geworden? Wodurch ist es bedingt? Denn jedes geschichtliche Datum wird nur in dem Maße verständlich, als wir es in den Zusammenhang zu stellen vermögen, in dem und aus dem es erwachsen ist.“3
Inzwischen sind wir mehr als hundert Jahre weiter. Was den ersten Aspekt betrifft, kann man feststellen, daß mit Abstand die meisten Darstellungen der Theologie des Neuen Testaments, die inzwischen erschienen sind, von kirchlichen Interessen geleitet sind. Nicht wenige Autoren bestreiten explizit für diese Disziplin die Legitimität einer säkularen oder rein religionsgeschichtlichen Perspektive und behaupten, daß nur eine Darstellung, die sich auf den Boden des biblischen Glaubens stellt und die Bibel als Buch —————— 1 Göttingen 1897; neu abgedruckt in: G. Strecker (Hg.), Das Problem der Theologie des Neuen Testaments, WdF 367, Darmstadt 1975, 81–154. Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf diese Edition. 2 Ebd., 82. 3 Ebd., 124.
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der Kirche anerkennt, den Namen „Theologie des Neuen Testaments“ verdient.4 In manchen Darstellungen steht das kirchlich-hermeneutische Interesse prominent im Vordergrund, in anderen spielt es eher eine marginale Rolle. Eine Darstellung wie die „Theologiegeschichte des Urchristentums“ von Klaus Berger5, die „Ausdruck einer sich als konsequent historisch verstehenden Hermeneutik“ sein will6 und nicht – mit den Worten Wredes – „bei der biblisch-theologischen Arbeit auf die Dogmatik hinschielt“7, bleibt innerhalb der Disziplin der Theologie des Neuen Testaments die große Ausnahme. Das gleiche gilt für die Programmschrift Heikki Räisänens „Beyond New Testament Theology“8. Hier bricht er mit der Tradition, neutestamentliche Theologie und christliche Verkündigung eng miteinander zu verbinden, und spricht sich dafür aus, sich bei der Darstellung der neutestamentlichen Theologie, statt von kirchlichen Bedürfnissen leiten zu lassen, nach dem Informationsbedürfnis der breiteren Gesellschaft zu richten, in der das Christentum nur eine Stimme unter vielen vertritt. Zum Teil hat diese Sachlage politische Gründe. In Deutschland ist der konfessionsgebundene Charakter der theologischen Fakultäten gesetzlich verankert.9 In den Niederlanden fallen die exegetischen Fächer an den theologischen —————— 4 Z. B. D. G UTHRIE , New Testament Theology, Downers Grove 1981, 29; H. H ÜBNER , Biblische Theologie des Neuen Testaments, Bd. I–III, Göttingen 1990–95, Bd. I, 27–28; Bd. III, 6.255; B.S. CHILDS, Biblical Theology of the Old and New Testament, London 1992, 8–9.97–99.211–212.481–483.524–526; P. STUHLMACHER, Biblische Theologie des Neuen Testaments, Bd. I–II, Göttingen 1992–1999, Bd. I, 3f.34; G. S TRECKER, Theologie des Neuen Testaments, Berlin/New York 1996, 8; F. H AHN, Theologie des Neuen Testaments, Bd. I–II, Tübingen 2002, Bd. I, 18.734–736, Bd. II, 26; s. auch T H. SÖDING, Inmitten der Theologie des Neuen Testaments: Zu den Voraussetzungen und Zielen neutestamentlicher Exegese, NTS 42 (1996), 161–184; J. SCHRÖTER, Religionsgeschichte des Urchristentums statt Theologie des Neuen Testaments?, BThZ 16 (1999), 3–20. 5 UTB.WG, Tübingen/Basel 2 1995; der Untertitel lautet: „Theologie des Neuen Testaments“. 6 Ebd., VII. 7 W. WREDE, Aufgabe (s. Anm. 1), 82. 8 London 22000; vgl. auch DERS., Neutestamentliche Theologie? Eine religionswissenschaftliche Alternative, SBS 186, Stuttgart 2000. 9 Vgl. das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes in Lüneburg vom 08.06.2004 (5LB 344/03) in dem Konflikt zwischen Gerd Lüdemann und der Theologischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen: „Der konfessionsgebundene Charakter der theologischen Fakultäten an deutschen Universitäten entspricht alter historischer Tradition. ... Diese Fakultät unterscheidet sich mithin deutlich von einer der deutschen Rechtstradition fremden Religionswissenschaftlichen Fakultät, in der lediglich rational und empirisch gewonnene historische und sprachwissenschaftliche Erkenntnisse über die Religionen und ihre Stifter im Wege der Forschung gewonnen und in der Lehre den Studenten vermittelt werden. Die evangelische Theologische Fakultät dient gerade auch der Vertiefung und Übermittlung von Glaubenssätzen der Bekenntnisgemeinschaft evangelische Kirche.“
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Fakultäten der staatlichen Universitäten, die eine sogenannte duplex ordo kennen, zwar unter die Verantwortung der nicht konfessionsgebundenen staatlichen Lehrstühle, das Fach ‚biblische Theologie‘ wird aber davon ausgenommen und einem kirchlichen Lehrstuhl überlassen. In den Vereinigten Staaten gibt es neben den kirchlichen Institutionen auch säkulare ‚Departments of Religion‘, die nicht ohne Einfluß auf die Bibelwissenschaften geblieben sind. Wie Räisänen jedoch mit Recht feststellt,10 ist davon auf dem Gebiet der Theologie des Neuen Testaments noch wenig zu spüren. Was den anderen Aspekt von Wredes Programm betrifft, die Darstellung der theologischen Anschauungen in ihrer geschichtlichen Entwicklung, ist inzwischen viel mehr geschehen. Viele Darstellungen der Theologie des Neuen Testaments sind teilweise oder völlig diachron angelegt. Traditions- und redaktionsgeschichtliche Aspekte werden vielfach berücksichtigt. Ganz in der Linie Wredes hat Klaus Berger versucht, die Theologie des Neuen Testaments konsequent als Theologiegeschichte des Urchristentums zu entwerfen.11 In den meisten neueren Darstellungen werden prätheologische Faktoren jedoch nur in sehr beschränktem Maße berücksichtigt. Rudolf Bultmann versuchte, die theologischen Anschauungen des Neuen Testaments nicht nur vor dem Hintergrund religionsgeschichtlicher Entwicklungen zu betrachten, sondern sie auch in ihrem Zusammenhang mit dem ‚Lebensakt‘ zu interpretieren. Er verstand die theologischen Gedanken als Explikation des glaubenden Selbstverständnisses und wollte mit Wrede ein intellektualistisches Verständnis der Aufgabe einer neutestamentlichen Theologie vermeiden. Soviel auch in der neueren Forschung im Einzelnen über das Verhältnis zwischen theologischen Anschauungen und religionsgeschichtlichen, soziopolitischen oder psychologischen Faktoren zu finden ist, in den großen Synthesen, die den Namen „Theologie des Neuen Testaments“ tragen, findet man davon nur wenig wieder. Mit Recht sagt Gerd Theissen jedoch, daß eine deskriptive Theologie des Neuen Testaments nicht in der Lage ist, den urchristlichen Glauben in seiner ganzen Dynamik zu erfassen: „Um zu erkennen, was die ersten Christen in ihrem Innersten bewegte, muss man ihr ganzes Leben untersuchen und ihre theologischen Aussagen in semiotische, soziale, psychische und historische Zusammenhänge hineinstellen, die nicht unmittelbar theologisch sind. Die Dynamik des urchristlichen Glaubens ist in der Dynamik des Lebens verwurzelt.“12
—————— 10 H. RÄISÄNEN, Theology (s. Anm. 8), 153. 11 S. Anm. 5. 12 G. T HEISSEN, Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums, Gütersloh 22001, 17.
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Eine ‚Theologie‘ im konfessorischen Sinne komme dieser Dynamik schon viel näher als eine deskriptive, weil sie von der Prämisse ausgehe, daß dieser Glaube auch heute noch normativ-gültige Kraft habe. Sie sei daher sensibel dafür, daß er auch in seiner Entstehungszeit diese Kraft besaß. Eine konfessorische Theologie laufe jedoch Gefahr, viele säkularisierte Zeitgenossen von einem solchen Zugang zum Neuen Testament auszuschließen. Theissen macht eine Unterscheidung zwischen einer „Theologie des Neuen Testaments“ und einer „Theorie der urchristlichen Religion“. Kennzeichnend für die Theologien des Neuen Testaments sei es, daß sie eine christliche Binnenperspektive vertreten und für zukünftige Pfarrer und Pfarrerinnen geschrieben sind. Für eine Darstellung der urchristlichen Religion hält er dagegen eine Außenperspektive oder eine religionswissenschaftliche Sicht für angemessen. Allein eine solche Darstellung hat seiner Meinung nach die Aufgabe, den urchristlichen Glauben in seiner ganzen Dynamik mit allgemein religionswissenschaftlichen Kategorien zu beschreiben.13 Er trennt also das, was Wrede gerade verbinden wollte, die Darstellung der urchristlichen Religion und Theologie.14 Im Folgenden möchte ich näher auf die hier besprochenen grundsätzlichen Fragen über die Aufgabe einer neutestamentlichen Theologie eingehen, indem ich das Verhältnis zwischen Theologie und Rhetorik in den Briefen des Apostels Paulus beleuchte. Wo immer dieses thematisiert wird, stehen die Grundsatzfragen zur Debatte. Die Weise, in der ein Ausleger die rhetorische Analyse zur Erhebung theologischer Sachverhalte verwendet, macht deutlich, von welchen Voraussetzungen aus und mit welchem Ziel er die Theologie des Apostels beschreibt. In meiner Übersicht der verschiedenen Modelle werde ich die zwei oben besprochenen Aspekte aus Wredes Programm in den Mittelpunkt rücken: einmal den dynamischen Charakter der Theologie und sodann den Unterschied zwischen einer Perspektive, die sich von kirchlichen Interessen leiten läßt, und einer säkularen Betrachtungsweise. Zunächst werde ich aufzeigen, in welcher Weise die Dynamik des frühchristlichen Glaubens in den konfessorischen Darstellungen zum Zuge kommt. Danach werde ich anhand eines Modells veranschaulichen, wie eine säkulare Perspektive den dynamischen Charakter der frühchristlichen Theologie zu erhellen vermag.
—————— 13 Ebd., 13–14.17–18. 14 W. WREDE, Aufgabe (s. Anm. 1), 108.
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2. Theologie und Rhetorik in den Briefen des Apostels Paulus 2.1. Christliche Perspektiven 2.1.1. J. Christiaan Beker Das zentrale Thema in den Veröffentlichungen von J. Christiaan Beker ist die Frage, wie das von ihm postulierte ‚kohärente Zentrum‘ der Paulinischen Theologie sich zu seinen variablen Ausdrucksweisen in kontingenten Situationen verhält. Er versucht, die theologische Tiefenstruktur unter der Oberflächenstruktur der konkreten Texte zu entdecken. Während er in seinem Buch „Paul the Apostle“15 dem rhetorischen Charakter der theologischen Argumentation des Apostels kaum Aufmerksamkeit schenkt, berührt Beker die Frage nach dem Verhältnis zwischen Theologie und Rhetorik kurz in seinem Aufsatz „Paul’s Theology: Consistent or Inconsistent?“16 Er verteidigt darin seine Sicht des Verhältnisses zwischen Kontingenz und Kohärenz als einer via media zwischen zwei Extremen: auf der einen Seite einer rein soziologischen und rhetorischen Analyse und auf der anderen einer von der Dogmatik bestimmten Sicht. Einerseits begrüßt er das in der neueren Forschung zugenommene Interesse an der Kontingenz des Paulinischen Denkens, an der Verschiedenartigkeit seiner Briefe und der Varietät der rhetorischen Mittel, die der Apostel in verschiedenen ‚rhetorischen Situationen‘ verwendet. Andererseits aber warnt er vor der Gefahr einer solchen Perspektive: „now the contingent situations of the letters threaten to eclipse the abiding message of Paul, i.e.‚ the truth of the gospel‘ ... This movement celebrates frequently not only the contingency of social and rhetorical situations, but as well the utter contingency of Paul’s thought.“17 „... if we propose that Paul’s gospel is a purely contingent structure, Paul degenerates into a purely opportunistic theologian, who with the help of various rhetorical skills adapts the gospel to whatever the sociological situation demands.“18
In diesem Zusammenhang erinnert Beker die Leser an den legitimen Versuch der Reformatoren, eine Mitte des Paulinischen Evangeliums zu suchen. Auch ihnen ging es dabei um „die Wahrheit des Evangeliums“. Wenn Beker mit Bezug auf das Evangelium des Paulus von ‚Rhetorik‘ spricht, hat er nie das ‚kohärente Zentrum‘, sondern nur die kontingenten Varianten im Auge. Für ihn ist rhetorische Analyse legitim, solange sie sich auf diesen Aspekt beschränkt. Sonst kämen „die bleibende Botschaft des Apostels“ und „die Wahrheit des Evangeliums“ in Gefahr. —————— 15 Edinburgh 1980. 16 NTS 34 (1988), 364–377. 17 Ebd., 365. 18 Ebd., 367f.
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2.1.2. Lauri Thurén Eine ähnliche Sicht des Verhältnisses zwischen Theologie und Rhetorik finden wir in Lauri Thuréns Buch „Derhetorizing Paul“.19 Auch er versucht einen Mittelweg zu gehen, und zwar zwischen einerseits einer dogmatischen Interpretation, die die Theologie in den Briefen des Paulus als zeitlos und universal betrachtet, und andererseits der ‚kontextuellen‘ Alternative, die Paulus nicht als einen systematischen Theologen betrachtet, sondern als einen pragmatischen Schriftsteller, der jeden seiner Briefe mit einer spezifischen Absicht und für eine spezifische Lesergruppe schrieb.20 Für Thurén ist es keine Frage, daß die theologischen Aussagen des Paulus in den verschiedenen Briefen oft in einem spannungsvollen Verhältnis zueinander stehen. Es ist jedoch seine feste Überzeugung, daß hinter diesen Aussagen ein klares, organisiertes und kohärentes Gedankensystem liegt. Wie Beker die Tiefenstruktur von der Oberflächenstruktur unterscheidet, so macht Thurén den Versuch, die Theologie ‚hinter‘ dem Text und ‚jenseits‘ des aktuellen Ausdrucks zu beleuchten und das Gedankensystem ‚unter der Oberfläche‘ zu entdecken.21 Um das zu erreichen, will er die Texte ‚entrhetorisieren‘. Entrethorisieren heißt für ihn: „that we must identify the persuasive devices in the text and to filter out their effect on the ideas expressed“.22 Diesem Unternehmen liegt Thurén zufolge eine „dynamische Betrachtungsweise“ der Paulinischen Texte zugrunde. In dieser Sicht verwendet ein Autor den Text nicht nur, um die Leser über seine Meinungen zu informieren, sondern auch, um sie emotionell zu beeinflussen. Bei den Briefen des Paulus müssen wir davon ausgehen, daß „the strategic goals and tactical moves confuse and exaggerate the thoughts presented, as compared with neutral description“.23 Obwohl die Gedanken des Paulus oft widersprüchlich zu sein scheinen, war der Apostel nach Thurén keineswegs ein Sophist oder ein opportunistischer Denker, der seine Standpunkte beliebig der Situation angepaßt und so die Wahrheit beeinträchtigt hätte.24 Im großen und ganzen erweckt Thurén den Eindruck, daß es ohne weiteres möglich ist, das theologische System hinter den mannigfachen rhetorischen Strategien zu eruieren. Wenn es zum Beispiel um die Funktion des Gesetzes in den Briefen an die Galater, die Korinther und die Römer geht, —————— 19 WUNT 124, Tübingen 2000. 20 L. T HURÉN, Paul (s. Anm. 19), 13.17. 21 Ebd., 17.26.28.93.181. 22 Ebd., 28. 23 Ebd., 25. 24 Ebd., 20.38.182.
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findet er „a simple de-rhetorized ideological structure“.25 Wenn man die interne Dynamik des Textes in Rechnung stellt, kann man seiner Meinung nach sogar sagen, daß die Paulinische Auffassung vom Gesetz per se „fairly clear and solid“ ist.26 Hält man sich an die Hauptlinie des Buches, muß man folgern, daß sich ‚Theologie‘ für Thurén auf das kohärente Gedankensystem hinter den faktischen Ausdruckweisen bezieht, und daß er unter ‚Rhetorik‘ die oft einseitige und übertriebene Weise versteht, in der Paulus diese Gedanken seinen Leser vermittelt in der Absicht, sie in ihrer spezifischen Situation zu beeinflussen. Gelegentlich schimmert in Thuréns Erörterungen auch das Bewußtsein durch, daß das Verhältnis zwischen Theologie und Rhetorik in Wirklichkeit komplizierter ist und daß die Rhetorik des Apostels seine Theologie auch inhaltlich beeinflussen kann. Er kann sogar sagen: „... Paul’s theology is not a solid, tension-free theory, which is only expressed in different ways. Obviously, the often overstated and exaggerated manner of speech has its equivalent in his thinking.“27
Der Leser darf hieraus jedoch keine weitgehenden Folgerungen ziehen. In den nächsten Sätzen verdeutlicht Thurén nochmals seine eigentliche Sicht: Rhetorik ist nicht mehr als die vereinfachende und verabsolutierende Weise, in der Paulus seine theologischen Gedanken ausdruckt, in der Absicht, sie besser verständlich zu machen.28 Man kann das Rhetorikverständnis, das dem Modell Bekers und Thuréns zugrundeliegt, als ‚platonisch‘ bezeichnen. Kennzeichnend für dieses Verständnis ist, daß die verba die res repräsentieren und daß es Kriterien gibt, das Eigentliche vom Uneigentlichen zu unterscheiden, die unabhängig von den konkreten Texten sind. In dieser Sicht hat Rhetorik nur die Funktion, den unabhängig von ihr bestehenden Inhalt so zu präsentieren, daß er für die Hörer und Leser akzeptabel wird. Sowohl Beker als Thurén betrachten Rhetorik als die kontingente Ausdruckweise von kohärenten Inhalten. Beide suchen die theologische Wahrheit hinter den Texten und den konkreten Ausdrucksweisen. Beide betonen, daß Paulus kein Sophist oder opportunistischer Denker ist. —————— 25 Ebd., 130. 26 Ebd., 185. 27 Ebd., 181. In dem Paragraphen über „Law and Paraenesis“ spricht Thurén sogar über „the profound connection between rhetoric and theology“ und erweckt den Eindruck, daß die Rhetorik des Apostels seine Theologie in entscheidender Weise beeinflußt hat: „It can be assumed that the rhetorically motivated total rejection of the law in Gal(atians), viz. failure to use it as a guideline, has resulted in a theological principle in Romans“ (137). 28 Ebd., 182.
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Nach J. David Hester, der Thurén „a near Platonic view of rhetoric“ zuschreibt, impliziert Thuréns Rhetorikauffassung „that rhetoric is something that is tenuous, contextual, an afterthought that strategizes upon an already present theological truth. ‚Rhetoric‘ is contingent, theology fundamental.“29
Aus der Perspektive des Konstruktivismus und der Wissenssoziologie hat Peter Lampe die Frage gestellt, ob man res und verba so unterscheiden kann, wie Thurén es tut: „Man kann sich fragen, wie weit ein Abziehen der rhetorischen Sprachform vom Denken möglich ist oder ob hier nicht eine Emanzipation vom antik-persuasiven Charakter ausgerechnet auf dem Boden des antiken nach heutigem Verständnis überholten Axioms der Unterscheidbarkeit von res und verba versucht wird.“30
Nicht nur die rhetorische Theorie, sondern auch die religiösen Motive stehen bei diesem Modell zur Debatte. Nach Paul W. Meyer handelt es sich bei dem Versuch, zwischen den ‚kontingenten‘ und den ‚kohärenten‘ Elementen in der Theologie des Paulus zu unterscheiden, um ein Bestreben, die bleibende, die geschichtliche Wirklichkeit transzendierende, biblische Wahrheit sicherzustellen: „... what is at stake is to identify not only what controls or shapes the apostle’s argument at any given moment but also what can so transcend the limitations of historical contingency as to supply warrant for its truth and reliability.“31
Bei konkreten Autoren wird man in dieser Hinsicht oft auf Vermutungen angewiesen bleiben. So ist zum Beispiel bei Beker die zugrundeliegende religiöse Motivation expliziter zum Ausdruck gebracht als bei Thurén. Die Frage, inwieweit die rhetorische Theorie, die man zur Erhebung der Theologie des Apostels anwendet, durch kirchliche Interessen mitbestimmt ist, ist jedoch unumgänglich. 2.1.3. Hans Hübner In seinem Aufsatz „Die Rhetorik und die Theologie“32 verwendet Hübner den Brief an die Römer als ein Beispiel, um deutlich zu machen, wie Rhetorik und Theologie in den Briefen des Paulus miteinander verquickt sind. Der zweite Band seiner „Biblische Theologie des Neuen Testaments“33, die —————— 29 Rezension L. Thurén, Derhetorizing Paul, JBL 123 (2004), 171–177 (175). 30 Unveröffentlichtes Paper „Rhetorische Paulusexegese. Methodologische Überlegungen zu Beginn des neuen SNTS-Seminars ‚Paul and Rhetoric‘“, 2002, 3–5.25. 31 Pauline Theology. A Proposal for a Pause in Its Pursuit, in: E.E. Johnson / D.M. Hay (Hgg.), Pauline Theology IV: Looking Back, Pressing On, SBL Symposium Series 4, Atlanta (GA) 1997, 140–160 (147). 32 In: C.J. Classen / H.-J. Müllenbrock (Hgg.), Die Macht des Wortes. Aspekte gegenwärtiger Rhetorikforschung, Ars Rhetorica 4 (1992), 165–179. 33 Göttingen 1993 (s. Anm. 4).
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ungefähr gleichzeitig veröffentlicht wurde, ist die einzige Gesamtdarstellung der Theologie des Neuen Testaments, die bei der Darstellung der Theologie des Apostels systematisch die rhetorische Analyse verwendet. Indem Hübner die Briefe des Apostels nicht nur in chronologischer Reihenfolge untersucht, sondern sie auch rhetorisch analysiert, versucht er die Dynamik des theologischen Denkens des Apostels herauszustellen. Hübner’s Position ist gekennzeichnet durch eine gewisse Ambivalenz. Einerseits gehören für ihn theologischer Inhalt und rhetorische Argumentation viel wesentlicher zusammen als es in dem Modell von Beker und Thurén der Fall ist, andererseits jedoch steht er ihrem Modell des KohärenzKontingenz Problems sehr nahe. Für Hübner gehört die Rhetorik wesentlich zur Theologie des Apostels. Theologisches Denken, so sagt er, bedeutet für Paulus, theologisch zu argumentieren. „Und Argumentation ist für ihn Entwicklung, Entfaltung theologischer Fragen.“ Im Prozeß des Theologisierens wird seine Theologie geboren und in seiner Argumentation zeigt der Apostel seine rhetorische Kompetenz. Namentlich den Römerbrief betrachtet Hübner als „ein rhetorisches Meisterstück theologischer Argumentation“: „Hier liegt nämlich kein dogmatisch-objektivierter theologischer Essay vor, hier geschieht vielmehr Theologisieren dadurch, daß die durch die geschichtliche Situation bedingten Argumente geschickt vorgetragen werden“. 34
Anders als für Beker und Thurén beschränkt sich für Hübner die Funktion der Rhetorik nicht auf die Präsentation eines vorgegebenen Inhalts. Insofern der theologische Inhalt selbst dynamisch ist, ist sie rhetorisch. In seiner Analyse der Argumentation der Briefe an die Galater und die Römer wird jedoch auch deutlich, daß Hübner keineswegs Theologie und Rhetorik ineinander aufgehen lassen will. In diesen Briefen findet er zum Teil widersprüchliche Theologien hinsichtlich der Bedeutung des Gesetzes. Im Römerbrief sieht er eine theologische Weiterentwicklung mit einem erheblichen Moment an Modifikation und Korrektur gegenüber dem Galaterbrief. In seinem Schreiben an die Römer muß Paulus sich gegen den Vorwurf verteidigen, er habe das theologische Tischtuch zwischen sich und den Christen in Jerusalem zerschnitten. Er tut das, indem er sein „theologisches Essential“, nämlich die Verkündigung von der Rechtfertigung allein durch den Glauben, darlegt, aber so, daß er den antigesetzlichen Zug zurücknimmt. Mit allen ihm zur Verfügung stehenden rhetorischen Mitteln vollzieht er in diesem Punkt eine radikale theologische Wende, ohne jedoch seine religiöse Grundüberzeugung zu verleugnen.35 Für Hübner gehört das „theologische Essential“, die Verkündigung von der —————— 34 Ebd., 26–29; H. H ÜBNER , Rhetorik (s. Anm. 32), 169. 35 Ebd., 168f.
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Rechtfertigung allein durch den Glauben, nicht zur Rhetorik des Apostels. Um das glaubhaft zu machen, unterscheidet er zwischen ‚Verkündigung‘ und ‚Theologie‘: Paulus verwende die Rhetorik nicht zur Verkündigung des Evangeliums, sondern nur um denen, die bereits glauben, theologische Fundamentalprobleme darzulegen36. Im Römerbrief modifiziere der Apostel seine Rechtfertigungstheologie unter Beibehaltung seiner Rechtfertigungsverkündigung.37 Einerseits geht Hübner also über das Modell von Beker und Turén hinaus, indem er die elementare Verquickung von Theologie, Argumentation und Rhetorik betont. Der Leser bekommt in den Ausführungen über den dynamischen Charakter der Paulinischen Theologie den Eindruck, daß man res und verba nicht ohne weiteres voneinander trennen kann. Andererseits aber steht Hübner Bekers und Thuréns Modell des Verhältnisses zwischen Kohärenz und Kontingenz sehr nahe, indem er das „theologische Essential“ des Apostels aus der elementaren Verquickung von Theologie und Rhetorik herauslöst. In einem anderen Zusammenhang kann er auch die einseitige und überzogene Darstellungsweise von dem „wahre(n) Kern der paulinischen Beweisführung“ unterscheiden.38 Res und verba, theologischer Inhalt und rhetorische Mittel, sind an solchen Stellen sehr wohl unterscheidbar. Wie Thurén und Beker unterstreicht auch Hübner, daß Paulus kein Sophist ist, der „das (objektiv) schwächere Argument zum stärkeren machen will.“39 Mit dieser Sichtweise stellt Hübner uns vor entscheidende Fragen hinsichtlich der Darstellung der Theologie des Neuen Testaments. Wenn es um die Frage des Gesetzes geht, betont er den dynamischen und rhetorischen Charakter der Paulinischen Theologie. Theologisieren ist, in einer bestimmten rhetorischen Situation die richtigen Argumente finden und sie in geschickter Weise vortragen. Bei der Rechtfertigung aus dem Glauben hätte Hübner – wie andere Ausleger das auch tatsächlich tun – in derselben Weise argumentieren können. An diesem Punkt betont er jedoch den stabilen, kontinuierlichen Charakter des Paulinischen Denkens. Man kann sich fragen, ob es nur exegetische Gründe sind, die ihn zu dieser Unterscheidung gebracht haben. Dazu kommt, daß Hübners Unterscheidung zwischen der ‚Verkündigung‘ und der ‚Theologie‘ der Rechtfertigung allein aus dem Glauben den Eindruck einer Verlegenheitskonstruktion macht. Er nennt ja selber diese ‚Verkündigung‘ ein „theologisches Essential“.40 Wie bei Beker und Thurén ist auch bei Hübner zu fragen, inwieweit kirchliche Inter—————— 36 Ebd., 178. 37 H. H ÜBNER , Theologie II (s. Anm. 4), 232. 38 Ebd., 274. 39 H. H ÜBNER , Rhetorik (s. Anm. 32), 178. 40 Ebd., 169.
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essen die rhetorische Theorie mitbestimmen. Über seinen theologischen Standort läßt Hübner die Leser nicht im Unklaren. Betont stellt er sich in die lutherische Tradition der Paulusforschung. Gegenüber andersartigen Tendenzen in der Forschung ist eines der wichtigsten Anliegen des zweiten Bandes seiner Biblischen Theologie, herauszustellen, daß die Rechtfertigung sola fide die Mitte der Paulinischen Theologie und als solche „das unverzichtbare paulinische Erbe an uns“ ist.41 Der Autor ist der Meinung, daß diese Theologie, wenn sie in ihren eigentlichen Intentionen verstanden ist, „uns unbedingt angeht“.42 Es ist also nicht unberechtigt, anzunehmen, daß Hübners Unterscheidung zwischen der dynamischen, rhetorisch bedingten Theologie und dem „theologischen Essential“ durch das Bestreben geleitet ist, die bleibende, die geschichtliche Wirklichkeit transzendierende, biblische Wahrheit sicherzustellen. Das spezifisch christliche Anliegen kommt auch darin zum Ausdruck, daß Hübner eine Unterscheidung zwischen der Argumentation und der theologischen Fundierung der Argumentation macht. In seiner Besprechung von Folkert Siegerts Buch „Argumentation bei Paulus“43 stellt er einige grundsätzliche Fragen in bezug auf das Verhältnis von Theologie und säkularer Wissenschaft: Kann der Theologe überhaupt mit dem Begriff der ‚Argumentation‘ zum Wesen Paulinischen Theologisierens gelangen? Was ist das Woher der Argumentation des Apostels? Wie sind Argumentation und geistgewirktes Glaubensverstehen theologisch zusammenzudenken? Nach Hübner beruht die Paulinische Argumentation auf der Autorität Gottes, der sich in der Geschichte Israels und endgültig in Jesus Christus geoffenbart hat. Im Anschluß an Wilhelm Wuellner44 charakterisiert er die Argumentation im Römerbrief denn auch als „Rhetorik der Glaubensargumentation“.45 Für Hübner bedeutet das, daß man mit einem rein säkularen Konzept von Argumentation das Wesen Paulinischen Argumentierens nicht erfassen kann. An diesem Punkt kann man gut den Unterschied zwischen einer christlichen und einer säkularen Betrachtungsweise verdeutlichen: Hübner versucht, die Argumentation des Paulus dadurch dem Zugriff der säkularen Betrachtungsweise zu entziehen, daß er sie durch das geistgewirkte Glaubensverständnis und die Autorität der Schrift bestimmt sieht. Aus einer säkularen Perspektive hingegen gehören die Berufung auf den göttlichen Geist und auf die Autorität der Schrift gerade zu dem Arsenal der persuasiven Mittel und sind keineswegs Elemente, die den Bereich der Argumentation transzendieren. —————— 41 H. H ÜBNER , Theologie I (s. Anm. 4), 227; II, 412. 42 Ebd., 39. 43 Methodologie und Theologie I, KuD 33 (1987), 150–175 (173–175). 44 Paul’s Rhetoric of Argumentation in Romans, CBQ 38 (1976), 330–351 (351). 45 H. H ÜBNER , Rhetorik (s. Anm. 32), 177.
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2.1.4. Paul W. Meyer Einen entscheidenden Schritt weiter in die von Hübner eingeschlagene Richtung geht Paul W. Meyer in einem Beitrag zur Arbeitsgruppe „Pauline Theology“ der Society of Biblical Literature.46 In einem Überblick über die Veröffentlichungen der Arbeitsgruppe geht er auf die verschiedenen Beiträge zum Kohärenz-Kontingenz-Problem ein. Er stellt fest, daß manche dieser Arbeiten von der Annahme ausgehen, „that Paul’s relatively coherent thought world ... is always the starting-point, the storehouse, the repertoire, the competence out of which Paul addresses each of the particular crises he confronts“.47
Als Alternative zu diesem Modell schlägt er vor, daß man nicht von der Annahme ausgeht, die ‚Theologie‘ oder die ‚Grundüberzeugung‘ des Apostels sei der Ausgangspunkt, von dem aus Paulus die Probleme, vor denen er steht, angehe, sondern daß man die ‚Theologie‘ als das Ergebnis betrachtet, als den Punkt, wo er im Prozeß seiner Argumentation angelangt ist. Von dieser Perspektive aus ist die ‚Kohärenz‘ in der Theologie des Paulus selbst das Produkt eines geschichtlichen Prozesses und als solche ‚kontingent‘. Daß es sich so verhält, wird nach Meyer sichtbar in der Tatsache, daß das Endergebnis einer Linie seines Theologisierens nicht immer mit dem einer anderen Linie logisch kompatibel ist.48 Die wichtigste Implikation dieses Gesichtspunktes für unser Thema ist die Einsicht, „that no clear line can be drawn in Paul’s letters between argument, rhetoric ... and theology“.49 Nach Meyer macht es dieser Gesichtspunkt auch fraglich, inwieweit man zwischen ‚Verkündigung‘ und ‚Theologie‘ in den Briefen des Paulus unterscheiden kann. Anders als bei den bisher besprochenen Auslegern erstreckt sich in seiner Sicht die Rhetorizität und die Kontingenz nicht nur auf bestimmte Teile, sondern auf das Ganze der Theologie des Apostels. Wie Beker, Thurén und Hübner sucht auch Meyer jedoch nach etwas „that not only gives coherence to this multi-faceted body of Pauline literature, but also transcends the contextual situation of that literature, such that it still calls for a hearing today.“50
Er ist sich dessen bewußt, daß es kein „non-contingent bedrock of Pauline theological convictions“ gibt und daß jeder Hinweis auf das Kreuz und die Auferstehung in den Briefen des Paulus, ja daß jede Beteuerung, jede Überzeugung und jeder Glaube bestimmt ist durch historische, kulturelle —————— 46 P.W. MEYER, Pauline Theology (s. Anm. 31). 47 Ebd., 148. 48 Ebd., 150. 49 Ebd., 153. 50 Ebd., 155.
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oder persönliche Umstände und Zusammenhänge.51 Trotzdem ist er der Meinung, daß eine grundsätzliche Unterscheidung gemacht werden muß zwischen menschlichem Glauben und menschlicher Überzeugung auf der einen Seite und dem Geschehen, das diese menschlichen Antworten hervorruft, auf der anderen. Die Grundüberzeugung des Christentums ist, daß Gott Jesus nach seiner Kreuzigung von den Toten auferweckt hat. Meyer zufolge ist die Sicherheit, daß dieser Glaube nicht autogenetisch ist, sondern durch das Handeln Gottes legitimiert wird, ein wesentliches Element dieser Überzeugung. Dieses Handeln Gottes ist selbst keine Überzeugung, sondern das Fundament, das ‚Überzeugungen‘ erzeugt und Gestalt gibt. Im Prozeß, in dem Überzeugung und Bekenntnis entstehen, sind Gott und der Geist Christi am Werk.52 In seiner Anerkennung der Rhetorizität der Theologie des Paulus geht Meyer einen wesentlichen Schritt weiter als Hübner. In seiner Sicht ist die ganze Theologie des Apostels rhetorisch und als solche ‚kontingent‘. Letztendlich sucht er jedoch genau wie Hübner eine transzendente Garantie für die rhetorische Theologie des Paulus, indem er sich auf das Handeln Gottes und die Inspiration des Heiligen Geistes beruft. Auch Meyers Auffassung setzt die platonische Unterscheidung von res und verba voraus: er findet einen Zugang zur göttlichen Wirklichkeit jenseits des geschichtlichen menschlichen Zeugnisses darüber.53 Die Frage ist berechtigt, ob diese Überzeugung nicht auf gespanntem Fuße mit Meyers sonstiger Theorie über das Verhältnis von Theologie und Rhetorik steht. Die Wahl für dieses Modell ist nicht weniger als bei den anderen besprochenen Autoren von kirchlichen Interessen geleitet. Auch Meyer geht es um die heute noch gültige Bedeutung des Paulinischen Evangeliums. 2.1.5. Andrew T. Lincoln. In der Einleitung zu seiner Skizze der Theologie des Epheserbriefes in der Reihe “New Testament Theology,“54 stellt Andrew T. Lincoln die Frage, was man eigentlich sucht, wenn man nach der Theologie des Epheserbriefes fragt. Er ist der Meinung, daß es nicht die primäre Absicht dieses Dokumentes ist, kohärente theologische Ideen darzulegen. Eher hat der Brief pastorale Zwecke. „It achieves these purposes by rhetorical means, by adopting a strategy of persuasion. In his attempt to persuade, the writer constructs a symbolic universe, which the readers are —————— 51 Ebd., 156. 52 Ebd., 157.160. 53 Ebd., 156f. 54 A.T. L INCOLN / A.J.M. WEDDERBURN, The Theology of the Later Pauline Letters, Cambridge 1993.
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expected to share to a large extent but which is also meant to continue to shape their values, their perception of themselves and their role in the world.“55
Lincoln erklärt, daß er Fragen über die in dem Brief zur Sprache kommenden Ansichten über Gott, Christus, das Heil, die Kirche und die Ethik besprechen wird, daß diese Fragen jedoch nicht notwendigerweise die Struktur der Erörterung bestimmen werden. „Rather the attempt will be made to see these issues as part of the letter’s overall symbolic universe, as that serves the writer’s pastoral and rhetorical purposes.“56
In dieser Perspektive wird Rhetorik nicht assoziiert mit dem ‚kontingenten‘ Aspekt der Paulinischen Theologie gegenüber dem der ‚Kohärenz‘. In diesem Modell ist der theologische Inhalt als Ganzes Teil der rhetorischen Strategie. Lincoln betrachtet die Konstruktion eines symbolischen Universums mit seinen theologischen Themen als Teil der rhetorischen Mittel, die der Verfasser des Briefes einsetzt, um sein praktisches Ziel zu erreichen. In dem Brief an die Epheser ist dieses Ziel: „strengthening the selfunderstanding and promoting the distinctive behaviour of its readers as members of the Church in the world“.57
Lincolns kurze Andeutungen lassen darauf schließen, daß er das Verhältnis zwischen Theologie und Rhetorik aus einer konstruktivistischen Weltsicht betrachtet. Er geht in seiner Skizze jedoch nicht weiter auf die grundsätzlichen epistemologischen Fragen dieses Modells ein. Eine ausführlichere Besinnung über ein solches Modell ist in den Arbeiten von Elisabeth Schüssler Fiorenza zu finden. 2.1.6. Elisabeth Schüssler Fiorenza In ihrem Buch „Rhetoric and Ethic“58 widmet Elisabeth Schüssler Fiorenza ein Kapitel der Paulinischen Theologie und insbesondere dem Verhältnis zwischen Theologie und Rhetorik.59 Dabei versteht sie ‚Rhetorik‘ in einem umfassenden Sinne: „Language and knowledge of the world are rhetorical, that is, they are articulated in specific situations, by particular people, for a certain audience, and with certain articulated or suppressed goals and interests in mind.“60
Sprache ist nicht deskriptiv, sondern performativ: „It creates and shapes the symbolic worlds it professes to evoke and describe“.61 —————— 55 Ebd., 76. 56 Ebd., 76. 57 Ebd., 91. 58 Minneapolis 1999. 59 Kap. 8: „Pauline Theology and the Politics of Meaning“ (175–194). 60 Ebd., 93.
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Aus dieser Perspektive ist theologische Sprache immer rhetorisch: „theological language is best understood in the classical sense of rhetoric as speech that constructs and shapes reality, rather than reflecting it.“62
Was das konkret bedeutet, veranschauliche ich anhand eines Beispiels aus einer anderen Veröffentlichung von Schüssler Fiorenza. Ihrer Meinung nach handelt es sich bei den frühchristlichen Interpretationen des Todes Jesu weniger um historische Darstellungen oder lehrmäßige Betrachtungen über Erlösung und Versöhnung, als vielmehr um interpretative Strategien, um Versuche dem Leiden und dem Tode Jesu einen Sinn zu verleihen: „The early Christian interpretations of Jesus’ death are best understood as rhetorical accounts. They were articulated in a sociohistorical situation where the followers of Jesus had to ‚make sense‘ out of his brutal death as a condemned criminal.“63
Weil Schüssler Fiorenza Theologie nicht als ein System versteht, sondern als eine rhetorische Praxis, schlägt sie vor, die Subdisziplin Biblische Theologie neu zu fassen in rhetorischen Kategorien. Wenn theologische Sprache in rhetorischem Sinne verstanden wird als Sprache, die die Wirklichkeit nicht repräsentiert, sondern sie konstruiert und gestaltet, dann ist eine ethische Interpretation erforderlich. Die zentrale theologische Frage heute ist für sie, welchen Gott die religiösen Gemeinschaften und ihre Schriften verkünden. Dementsprechend ist es die Aufgabe der Biblischen Theologie, zu untersuchen, wie die Schrift über Gott und das Göttliche spricht, und kritisch darüber zu reflektieren. Schüssler Fiorenza versteht deswegen Biblische Theologie als „critical theo-ethical rhetoric“.64 Die Rhetorik hat auch einen politischen Aspekt. Sprache ist nicht nur performativ, sie ist auch politisch.65 Zu fragen ist, welche Machtfaktoren in den Texten mitspielen, wessen Belangen gedient ist und welche soziopolitischen Praktiken legitimiert werden.66 Die innertextliche rhetorische Analyse muß deswegen um eine kritischen Analyse der soziopolitischen Strukturen von Herrschaft und Ausschließung ergänzt werden.67 Eine solche Analyse betrifft nicht nur die Texte der biblischen Autoren, sondern auch die der Ausleger. Untersucht werden muß, wie die Ausleger die Theologie der biblischen Schriften konstruieren. Dazu braucht man eine ‚rhetoric of
—————— 61 Ebd. 62 Ebd., 177. 63 Jesus: Miriams Child, Sophia’s Prophet, New York 1994, 107–119 (108). 64 E. SCHÜSSLER FIORENZA, Rhetoric (s. Anm. 58), 176–179. 65 Ebd., 93. 66 Ebd., 27. 67 Ebd., 93.
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inquiry‘, eine Methode, die die Voraussetzungen, die Belange und die argumentativen Strategien der Forscher untersucht.68 Auf die Theologie des Paulus angewandt bedeutet das, daß Schüssler Fiorenza allen Versuchen gegenüber, darin eine Kohärenz, einen zentralen Kern oder eine bleibende Wahrheit zu finden, sehr skeptisch ist. Sie vermutet darin das Bestreben, die theologische ‚master-voice‘ des Apostels zu sichern und damit nicht nur dem Apostel, sondern auch seinen Auslegern Autorität zu verleihen. Sie selbst möchte die Briefe des Apostels nicht als autoritative Anweisungen lesen, sondern als argumentative Interventionen in einer Gemeindediskussion. Für sie ist die Stimme des Apostels nicht mehr als eine unter vielen anderen. Ihr Idealbild einer Gemeinde ist denn auch eine ekklesia, in der Raum ist für mehrere Stimmen, in der die Kraft der Argumente zählt, und an der alle auf demokratische Weise partizipieren können.69 Rhetorisch vertritt Schüssler Fiorenza eine konstruktivistische Sichtweise, nach der die menschliche Sprache die Wirklichkeit nicht reflektiert, sondern konstruiert. Diese Sicht steht bei ihr im Dienst ihrer christlichen und emanzipatorischen Ziele. Ihr Hauptziel ist die Befreiung von Frauen und Männern aus unterdrückenden, namentlich patriarchalen Systemen. Dazu untersucht sie, auf welche Weise und mit welchen Belangen Menschen ihre theologischen Systeme konstruieren. Die Aufgabe einer rhetorisch verstandenen Biblischen Theologie ist für sie nicht nur deskriptivanalytisch, sondern auch hermeneutisch, ideologiekritisch und ethischtheologisch bewertend.70 2.2. Ein säkulares Modell 2.2.1. Eine neosophistische Perspektive In den christlichen Betrachtungsweisen kam der fundamentale Unterschied zwischen einer ‚platonischen’ und einer ‚konstruktivistischen‘ Position in der rhetorischen Theorie schon zur Sprache. Ich möchte diesen Unterschied nochmals aufgreifen und vertiefen. Die ‚platonische‘ Position geht davon aus, daß die verba die res repräsentieren, und daß es Kriterien gibt, das Wirkliche und das Scheinbare oder das Wahre und das Falsche zu unterscheiden, die unabhängig sind von den konkreten sprachlichen Äußerungen. Aus dieser Sicht ist Rhetorik immer dem Inhalt untergeordnet und —————— 68 S. dazu H.W. Simons (Hg.), The Rhetorical Turn. Invention and Persuasion in the Conduct of Inquiry, Chicago/London 1990; ders. (Hg.), Rhetoric in the Human Sciences, London u. a. 1989; J.S. Nelson / A. Megill / D.N. McCloskey (Hgg.), The Rhetoric of the Human Sciences. Language and Argument in Scholarship and Public Affairs, Madison (WI)/London 1987. 69 E. SCHÜSSLER FIORENZA, Rhetoric (s. Anm. 58), 180–188. 70 Ebd., 191.
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beschränkt sich in ihrer Funktion auf die Art und Weise, in der dieser Inhalt präsentiert wird. Demgegenüber steht die ‚konstruktivistische‘ Sichtweise. Insoweit man dabei an die Einsichten der antiken Sophisten anknüpft, kann man sie auch ‚neosophistisch‘ nennen.71 Nach dieser Sichtweise wird die Wirklichkeit erst durch die Sprache konstruiert. Res und verba sind demzufolge in Philosophie und Theologie wesentlich miteinander verquickt. ‚Wahrheit‘ wird nicht gefunden, sondern mit persuasiven Mitteln konstruiert. Folglich gibt es keinen Zugang zum Wahren und Wirklichen jenseits ihrer sprachlichen Äußerungen. Aus dieser Sicht muß man akzeptieren, daß es nicht nur eine Wahrheit gibt. ‚Wahrheit‘ ist ja dasjenige, wovon Personen oder Gemeinschaften zu irgendeiner Zeit überzeugt worden sind. Ebensowenig kann es eine stabile Wahrheit geben. Rhetorische Aktivität ist ja ein Prozeß, bei dem alles fortwährend in Bewegung ist: „... all the facts that we perceive are, insofar as we perceive them, transformed and transformable. They never, so to speak, stand still, allowing us to perceive them as something more solid than semiotic structures.“72
Aus dieser Perspektive kann es keinen prinzipiellen Unterschied zwischen universell gültigen und kontingenten Wahrheiten geben, sondern höchstens einen zwischen verschiedenen Gradationen der Überzeugungskraft. Auf Paulus angewandt bedeutet diese Sichtweise, daß sich seine Rhetorik keineswegs auf die kontingente Repräsentation eines kohärenten theologischen Inhalts beschränkt. Die theologischen Argumente werden ja weitgehend als rhetorische Mittel zu einem bestimmten Ziel betrachtet. Abhängig von dem Ziel, das er erreichen möchte, konstruiert Paulus theologische Wahrheiten, erdenkt er sich sprachliche Neubildungen, kreiert er neue Zusammenhänge zwischen Elementen aus den ihm überlieferten symbolischen Welten und ruft so neue heilshistorische Wirklichkeiten ins —————— 71 S. dazu R. RORTY, Philosophy and the Mirror of Nature, Princeton (NY) 1979, 156f.; P. VALESIO, Novantiqua. Rhetoric as a Contemporary Theory, Bloomington (IN) o.J. (1980), passim; V. V ITANZA, „Some More“ Notes. Toward a „Third Sophistic“, Argumentation 5 (1991), 117–139; S. MAILLOUX, Sophistry and Rhetorical Pragmatism, in: ders. (Hg.), Rhetoric. Sophistry. Pragmatism, Cambridge 1995, 1–31; W.A. COVINO / D.A. J OLIFFE, Rhetoric. Concepts – Definitions – Boundaries, Neidham Heights 1995, 49–50.83–85; J.D. HESTER AMADOR, The Word Made Flesh: Epistemology, Ontology and Postmodern Rhetorics, in: S.E. Porter / Th.H. Olbricht (Hgg.), The Rhetorical Analysis of Scripture. Essays from the 1995 London Conference, JSNT.S 146, Sheffield 1997, 53–65; E. SCHIAPPA, Neo-Sophistic Rhetorical Criticism or the Historical Reconstruction of Sophistic Doctrines?, Philosophy and Rhetoric 23 (1990), 192–217, warnt davor, die Konstruktion moderner neosophististischer Theorien und die historische Rekonstruktion spezifischer sophistischer Ansichten vorschnell zu vermischen. 72 P. V ALESIO, Novantiqua (s. Anm. 71), 91.
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Leben. Was das für die Darstellung der Theologie des Apostels bedeutet, veranschauliche ich zunächst anhand seiner Gesetzesinterpretation. Wenn es um die Frage des Gesetzes geht, insbesondere um dessen Verhältnis zur Sünde und zum Tode, sind sich viele Ausleger darüber einig, daß der Apostel in den verschiedenen Konstruktionen zu widersprüchlichen Ergebnissen gelangt. Er kann den Tod als Strafe für die Übertretung des Gesetzes betrachten (Röm 1,18–3,20), ihn als Folge der Übertretung Adams, an der das Gesetz noch nicht beteiligt sein konnte, sehen (Röm 5,12–21), oder davon ausgehen, daß der Tod eine mit der Schöpfung Adams gegebene Tatsache ist (1 Kor 15,44–49). Er kann das Gesetz als faktisch erfüllbar oder unerfüllbar betrachten (Phil 3,4–11; Röm 7,7–25). Immer jedoch kommt er auf das Gleiche hinaus: Das Gesetz außerhalb des Christusbereiches hat eine aktive Funktion in bezug auf Sünde und Tod und kann deswegen kein Heilsfaktor sein. Das rhetorische Arsenal, aus dem der Apostel schöpft, um das zu zeigen, ist fast unerschöpflich: In allen diesen Fällen erdenkt er sich neue Argumente, erfindet semantische Dissoziationen und konstruiert heilsgeschichtliche Realitäten.73 Das Ziel aller dieser Konstruktionen ist es, den Leser davon zu überzeugen, daß es Heil nur durch Christus gibt. Die theologischen Argumente sind persuasive Mittel zu einem bestimmten Ziel und als solche grundsätzlich rhetorisch. Wenn es um die Gesetzesfrage geht, weist schon die Varietät der Konstruktionen in diese Richtung und sind nicht wenige Forscher bereit, die Rhetorizität der Paulinischen Konstruktionen zu akzeptieren. Aus neosophistischer Sicht ist es jedoch nicht wesentlich anders, wenn es sich um mehr fixierte theologische Konstruktionen handelt. Aus dieser Perspektive kann der Unterschied zwischen mehr oder weniger essentiellen Themen oder zwischen ‚kohärenten‘ und ‚kontingenten‘ Theologoumena nur ein relativer sein. Im Prinzip hat jedes Theologoumenon rhetorischen Charakter, insoweit es im Dienste eines höheren Zieles steht. Auch mit Bezug auf die sogenannten kohärenten Themen kann man glaubhaft machen, daß sie als persuasive Mittel einem höheren Ziele dienen. Ich möchte das an drei Beispielen verdeutlichen. Nach Hans Hübner ist die Verkündigung der iustificatio impii ein „theologisches Essential“ des Apostels und gehört als solche nicht in den Bereich seiner Rhetorik. Wie schon angedeutet, teilen nicht alle Ausleger diese Meinung. William Wrede betrachtete die Rechtfertigungslehre des Apostels als eine „Kampfeslehre“, als ein in mehrerer Hinsicht anfechtbares Mittel, um zwei Tendenzen durchzufechten: Die Mission soll frei bleiben von der Last der jüdischen Nationalbräuche und die Überlegenheit des —————— 73 S. dazu J.S. VOS, Die Schattenseite der Auferstehung im Evangelium des Paulus in: R. Bieringer u. a. (Hgg.), Resurrection in the New Testament (FS J. Lambrecht), BEThL 165, Leuven 2002, 301–313 (306–309).
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christlichen Erlösungsglaubens über das gesamte Judentum soll gesichert werden.74 In ähnlichem Sinne hat Krister Stendahl versucht zu zeigen, „daß Paulus eine solche Lehre von der Rechtfertigung aus dem Glauben zu einem ganz spezifischen, begrenzten Zweck erarbeitet hat, nämlich um die Rechte der heidnischen Konvertiten sicherzustellen, ganz und wahrhaft Erben der Verheißungen Gottes an Israel zu sein.“75
Nach Francis Watson ist die Antithese Glaube-Werke bei Paulus eher soziologisch als theologisch zu verstehen, als ein Versuch, die soziale Realität der heidenchristlichen Gemeinden, die das Gesetz nicht beachteten, zu legitimieren. Ihm zufolge glaubt Paulus abgesehen von dieser Funktion keineswegs, daß das Heil nur aus Gnaden geschenkt wird.76 Von diesen und anderen Auslegern wird die Rechtfertigungslehre des Paulus mit ihrer exklusiven Antithese von Gnade und Werken als ein kontingentes argumentatives Mittel betrachtet im Dienste eines praktischen Zieles. Ein zweites Beispiel ist die sogenannte theologia crucis. Für Hübner ist sie das zentrale Thema von 1 Kor 1–4. Er faßt den Inhalt dieser Kapitel in der theologischen Formel „Theologia crucis est theologia verbi crucis“ zusammen.77 Auffallend ist, daß Hübner diese Kapitel nur mit Hilfe von theologischen und hermeneutischen Kategorien analysiert und daß eine rhetorische Analyse völlig fehlt. Die rhetorische Situation und die rhetorische Strategie des Apostels spielen in seiner Analyse keine Rolle. Der Grund dafür wird wohl sein, daß Hübner die theologia crucis genauso wie die iustificatio impii als ein „theologisches Essential“ des Apostels betrachtet, das außerhalb des Gebietes der Rhetorik fällt. Wenn man diese Kapitel jedoch aus der Perspektive einer sophistischen Rhetorik betrachtet, nach der Paulus ein Meister ist in der Kunst, „den schwächeren Logos zum stärkeren zu machen“, sieht das Bild ganz anders aus. Aus dieser Perspektive sind die Fragen nach der rhetorischen Situation, dem rhetorischen Ziel und der rhetorischen Strategie gerade essentiell für das Verständnis dieser Kapitel.78 Für die rhetorische Situation ist entscheidend, daß der Apostel sich gegen eine Gruppe in der Korinthischen Gemeinde verteidigen muß, die ihm nicht die gleiche Autorität zuerkennt wie den anderen Aposteln, weil ihm in ihren Augen die rhetorische Begabung fehlt und er als Redner einen schwachen Eindruck macht. Dementsprechend ist das rhetorische —————— 74 Paulus, Halle 1904, Neu abgedruckt in: K.H. Rengstorf / U. Luck (Hgg.), Das Paulusbild in der neueren Forschung, WdF 24, Darmstadt 1964, 1–97 (67–69). 75 Paul among Jews and Gentiles and other Essays, London 1977, 2; ich zitiere nach der deutschen Übersetzung von U. Berger: Der Jude Paulus und wir Heiden, München 1978, 11. 76 Paul, Judaism and the Gentiles, MSSNTS 56, Cambridge 1986, 178f. 77 H. H ÜBNER , Theologie II (s. Anm. 4), 141. 78 Für seine ausführliche Analyse dieser Kapitel s. J.S. VOS, Die Kunst der Argumentation bei Paulus, WUNT I/149, Tübingen 2002, 29–64.
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Ziel des Apostels, seine Autorität als Apostel wiederherzustellen. Dazu verwendet er zwei verschiedene Strategien. Zunächst gesteht er, daß er in Schwachheit zur Gemeinde kam und daß seine Predigt „nicht mit überredenden Worten menschlicher Weisheit“ geschah (2,4). Er verteidigt diesen Mangel jedoch, indem er das Kriterium des aptum anwendet, nach dem die Form mit dem Inhalt kongruent sein soll. Nach diesem Kriterium gehört der Erweis von Kraft, Redekunst und Weisheit grundsätzlich nicht zur Botschaft des Kreuzes und manifestieren sich Gottes Kraft und Weisheit gerade in Schwachheit und Torheit (1,17–2,5). Sodann aber wechselt der Apostel seine Strategie: Er ist derjenige, der den Korinthern das Evangelium mit überlegener Weisheit gepredigt hat. Die Korinther sind jedoch bis jetzt nicht fähig, die höhere geistliche Weisheit zu verstehen, weil sie noch fleischlich und unmündig sind (2,6–3,4). Im ersten Teil seiner Verteidigung gibt der Apostel sich als eirôn, als einer, der sich geringer macht, als er ist, im zweiten Teil gibt er sich als alazôn, als einer, der sich über das normale Maß erhebt. Während er sich zunächst einer theologia crucis bedient, verwendet er sodann die Strategie der theologia gloriae. Diese Fähigkeit, die Masken zu wechseln, ist typisch für die sophistische Rhetorik. Aus dieser Perspektive ist die sogenannte theologia crucis in 1 Kor 1–4 eine rhetorische Strategie im Dienste eines praktischen Zieles: die Verteidigung seiner Autorität als Apostel. Zudem ist sie nur eine Strategie unter mehreren. Paulus kann auch die entgegengesetzte Strategie verwenden. In beiden Fällen ist die Theologie des Apostels ein rhetorisches Mittel im Dienste eines höheren Zieles. Auch die Christologie des Apostels kann man aus dieser Perspektive betrachten. Nach Wilfred Knox hatte Paulus in seinen früheren Briefen das kosmogonische Interesse durch die Apokalyptik ersetzt, weil das ein effektiveres Mittel zur Bekehrung der Heiden war: „The change meant nothing for him, for he was not concerned with philosophy, and any system of thought and language that expressed the position of Jesus as Lord was equally acceptable.“79
In dem Kolosserbrief, den Knox für authentisch hält, brachte ihn dagegen die Lage in der Gemeinde dazu, die Homiletik als Basis der christlichen Predigt durch die Philosophie zu ersetzen. Die göttliche Weisheit, von der der Kosmos erfüllt war, wurde mit Jesus identifiziert, nicht als eine midraschartige Darstellung, sondern als eine ewige Wahrheit im metaphysischen Bereich. „For only so could the supremacy of Jesus be asserted as against such potent beings as the rulers of the stars in their courses.“80 —————— 79 St. Paul and the Church of the Gentiles, Cambridge 1939, 178. 80 Ebd., 178.
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Knox betrachtet also die verschiedenen christologischen Konzeptionen in den Briefen des Apostels als Mittel zu einem höheren Ziel, die Anerkennung der Vormachstellung Jesu als des Herrn. Es geht mir an dieser Stelle nicht um die Richtigkeit der konkreten Auslegung, sondern um das Modell, das von der Rhetorizität der fundamentalen theologischen Gedanken des Apostels ausgeht. Bis soweit gibt es noch keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen einer säkularen und einer christlichen Betrachtungsweise. Der nächste Schritt ist aus christlicher Perspektive jedoch schwieriger nachvollziehbar. 2.2.2. Eine ideologiekritische Perspektive Wenn theologische Argumente und theologische Konzeptionen persuasive Mittel zu einem bestimmten Ziel sind, dann stellt sich die Frage nach den höheren Zielen und dem höchsten Ziel. Anstatt vom höheren Ziel kann man auch vom tieferen Grunde reden, aus dem die theologischen Aussagen hervorkommen und gegenüber dem sie eine dienende Funktion haben. Aus säkularer Perspektive kann man die Theologie als ein rhetorisches System betrachten, das symbolische Welten konstruiert im Dienste allgemein menschlicher Motive. Nach George Kennedy kann man Rhetorik in ihrem allgemeinsten Sinne als „die der Kommunikation innewohnende Energie“ bestimmen: „Driven by human desires and fears, by a search for meaning in life and above all by the fear of death, religious and philosophical codes generate great energy, like that of a magnetic field or that induced in a closed circuit. This energy, expressed in language, is what has traditionally been described as rhetoric.“81
Abhängig von der jeweiligen Theorie wird man das Movens der Theologie auf verschiedene Weise bestimmen. Als Beispiel wähle ich ein ideologiekritisches Modell, in dem die Frage nach den Machtfaktoren, die für ideologische Gedankensystemen bestimmend sind, zentral steht.82 Man kann die Machtfrage als das entscheidende Movens der Theologie des Apostels Paulus betrachten. Wenn man das Bekenntnis „Jesus ist Herr“ als Ausgangspunkt nimmt, kann man sagen, daß Machtausbreitung, der imperialistische Trieb, der den größten Teil der Weltgeschichte beherrscht, die treibende Kraft dieser Theologie ist. Der Gott, dem Paulus diente, war —————— 81 ‚Truth‘ and ‚Rhetoric‘ in the Pauline Epistles in: M. Warner (Hg.), The Bible as Rhetoric, London/New York 1990, 195–202 (196); vgl. auch DERS., A Hoot in the Dark: The Evolution of Generic Rhetoric, Philosophy and Rhetoric 25 (1992), 1–21 (2); DERS., Comparative Rhetoric, New York/Oxford 1998, 3–5. 82 J.D. HESTER AMADOR, Academic Constraints in Rhetorical Criticism of the New Testament. An Introduction to a Rhetoric of Power, JSNT.S 174, Sheffield 1999, verwendet den Begriff ‚rhetoric of power‘ um den persuasiven Charakter von Gedankensystemen zu unterstreichen, die zutiefst Machtinteressen dienen.
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der nationale Gott der Juden, der den Anspruch erhob, Herrscher der Welt zu sein. Das Volk Israel betrachtete seinen Gott nicht nur als seinen nationalen Gott, sondern auch als Herr der Völker (Ps 96–97). Bei den Propheten Israels entstand die Vision, daß der Gott Israels alle feindliche Mächte unterwerfen und seine Herrschaft über die ganze Welt endgültig aufrichten würde (Dan 2,24–45; 7,1–27). Paulus betrachtete die Auferstehung Jesu als den Anfang dieser kosmischen Herrschaft. Für ihn war Jesus durch die Auferstehung von den Toten eingesetzt als Sohn Gottes, der als Gottes Mandatar beauftragt war, solange zu herrschen bis alle feindlichen Mächte vernichtet sein würden. Sobald alles ihm untertan sein würde, würde auch der Sohn sich dem Vater unterwerfen, damit Gott „alles in allem“ sei (Röm 1,3f.; 1 Kor 15,24–28). Paulus verstand es als seinen Auftrag als Apostel Jesu Christi, „in seinem Namen den Gehorsam des Glaubens aufzurichten unter allen Heiden“ (Röm 1,5) und „die Heiden zum Gehorsam zu bringen durch Wort und Werk“ (Röm 15,18). Er betrachtete seine Mission als einen Krieg, in dem seine Worte und Gedanken als Waffen dienten: „Denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, Festungen zu zerstören. Wir zerstören damit Gedanken und alles Hohe, das sich erhebt gegen die Erkenntnis Gottes, und nehmen gefangen alles Denken in den Gehorsam gegen Christus.“ (2 Kor 10,4–5)
Wenn man seine Briefe liest, erscheint das rhetorische Waffenarsenal des Apostels als fast unerschöpflich. Der Apostel verwendet jedes Argument, das seinem Ziele dienen kann. Mit seinem Ziel, die universale Herrschaft des Gottes Israels vor Augen, entwirft er unter Verwendung traditioneller Vorstellungen ein neues symbolisches Universum mit charakteristischen Machtstrukturen. Aus der Perspektive des Apostels ist die Welt in zwei Teile gespalten. Der eine Teil wird gekennzeichnet durch Licht, Wahrheit, Gerechtigkeit, Leben und Geist, der andere durch Finsternis, Lüge, Sünde, Tod und Fleisch. Was immer dem Ziele des Apostels entspricht, ordnet er der ersten Welt zu, was dem entgegensteht, gehört für ihn zur anderen Welt. Diese Kategorien an sich waren Gemeingut in der Zeit des Apostels, er macht sie jedoch in charakteristischer Weise seinem Ziele dienstbar. Er verwendet sie als persuasive Mittel, um die Leser von seinem Standpunkt zu überzeugen. Innerhalb dieses dualistischen Weltbildes schildert Paulus die Wirklichkeit von Juden und Heiden: Außerhalb des Lichtes des Evangeliums leben sie in der Welt der Sünde und des Todes und stehen unter dem Zorn Gottes. Diese Konstruktion der Sündigkeit von Juden und Heiden ist ein Teil der Machtstruktur seines symbolischen Universums. Den Hörern ein Schuldbewußtsein einzureden und ihnen mit dem Zorn Gottes zu drohen, ist eine bewährte Strategie von Priestern, Propheten und anderen Predi-
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gern, um sie innerhalb ihres Einflußbereiches zu bringen. Paulus verwendet dieselbe Strategie, um die Unterwerfung von Juden und Heiden zu erreichen. Da nach dem Evangelium des Paulus Heil, Gerechtigkeit und Leben nur durch den Tod und die Auferstehung Christi möglich ist, muß er eine Heilsbedeutung aller rivalisierenden Instanzen verneinen. Der wichtigste Rivale ist für ihn das jüdische Gesetz. Wie oben erwähnt, konstruiert Paulus in mehreren Variationen das Verhältnis zwischen Gesetz, Sünde und Tod derart, daß das Gesetz außerhalb des Christusbereiches immer ein Unheilsfaktor wird. Aus dem Gebiet der Kraft versetzt Paulus es in das der Schwäche (Röm 8,3). Das Gesetz bekommt so eine neue Stellung innerhalb der Machtstrukturen des symbolischen Universums des Apostels. Charakteristisch für die Paulinische Soteriologie sind die Kategorien von Macht und Herrschaft. Für den Apostel besteht die Welt aus zwei Herrschaftsbereichen. Die Menschen sind entweder ‚unter dem Gesetz‘ oder ‚unter der Gnade‘ (Röm 6,15), sie sind entweder ‚Knechte der Sünde‘ oder ‚Knechte der Gerechtigkeit‘ (Röm 6,17–18), sie dienen entweder dem ‚Gesetz der Sünde‘ oder dem ‚Gesetz Gottes‘, sie sind entweder ‚Knechte derer, die in Wahrheit nicht Götter sind‘ oder sie sind ‚Knechte Gottes‘ (Gal 4,8; Röm 6,22). Während Paulus die erste Knechtschaft als Inhaftierung beschreibt, schildert er die zweite als Freiheit (Röm 6,20; Gal 3,22; 4,21–31). Diese Etikettierung in Machtkategorien kennzeichnet die Rhetorik seiner Soteriologie. In ähnlicher Weise malt Paulus auch das Werk Christi in Kategorien von Herrschaft und Macht. Christus wurde durch die Auferstehung von den Toten „eingesetzt als Sohn Gottes in Kraft“ (Röm 1,4). Wie gesagt, bedeutet das für Paulus, daß er von Gott die Vollmacht und die Kraft empfangen hat, alle feindlichen Mächte zu vernichten und zu herrschen, bis alle Feinde sich ihm unterworfen haben (1 Kor 15,24–28). Gott hat ihn erhöht, damit im Namen Jesu sich beugen sollen „aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind“ (Phil 2,11). Auf dem ersten Blick paßt Jesu Kreuzestod nicht in diese Machtstruktur hinein. Mit den Mitteln aus seinem rhetorischen Arsenal transformiert Paulus jedoch die Wirklichkeit der irdischen Welt in die einer höheren. Mit seiner paradoxen Logik transformiert er Schwäche in Kraft: Denen die verloren sind, ist das Wort vom Kreuz zwar eine Torheit und ein Ausdruck von Schwäche, für diejenigen, die berufen sind, ist es jedoch eine Gotteskraft und eine Manifestation göttlicher Weisheit (1 Kor 1,18–31). Auch die Sühnetheologie des Apostels hat ihren Platz innerhalb der übergreifenden Machtstrukturen: Wenn Juden und Heiden davon überzeugt worden sind, daß sie Sünder und Verlorene sind, wird ihnen die exklusive Möglichkeit der Errettung durch den Sühnetod Christi vorgestellt. Damit werden sie in den
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Machtbereich Christi hineingezogen. Das extreme Zeichen der Schwäche wird so zu einem Symbol der Macht. In dieser Linie konnte die Kreuzigung Christi als ein Sieg über die Mächte verstanden werden (Kol 2,14f.). Auf diese Weise ist es möglich, auch anderen Elementen der Paulinischen Theologie ihren Ort innerhalb der Machtstrukturen seines symbolischen Universums zuzuweisen. Diese Beispiele mögen jedoch genügen, um das Prinzip dieses Auslegungsmodells zu verdeutlichen. In diesem Modell werden die Theologoumena des Apostels als Elemente einer rhetorischen Strategie betrachtet, die als Ziel hat, die Herrschaft des nationalen Gottes der Juden über die ganze Welt aufzurichten. Weil es in der Theologie des Apostels um das imperium Dei geht, kann man von einer imperialistischen Rhetorik sprechen.
3. Die Vielfalt der Perspektiven Keines der hier besprochenen Modelle will die Theologie des Neuen Testaments rein deskriptiv darstellen. Wer die Theologie des Neuen Testaments teilweise oder ganz als Rhetorik betreibt, will gerade deren Dynamik erhellen. Man sucht in dieser Weise nach einem Schlüssel, mit dem man den Zugang zum Kern oder zum Movens der Paulinischen Theologie finden kann. In allen diesen Modellen geschieht das aus modernen Perspektiven: Die Ausleger wollen für heutige Leser deutlich machen, um was es sich in der Theologie des Apostels eigentlich dreht. Die konfessorischen Darstellungen suchen alle nach der auch heute noch gültigen Bedeutung des Evangeliums des Paulus. Sie tun es, indem sie entweder nach einem kohärenten Kern innerhalb der kontingenten Vielfalt suchen, oder indem sie gerade das versuchsweise und vorläufige Theologisieren als ein Modell für die heutige Praxis betrachten. Das säkulare Modell ist nicht interessiert an der bleibenden Bedeutung der Paulinischen Botschaft, wohl aber an deren Verständlichkeit. Sie versucht das labyrinthische Gebäude der Paulinischen Theologie mit einem universalen Schlüssel zu öffnen, so daß heutige Leser darin den Weg finden können, auch wenn sie es aus antiquarischem Interesse tun. In keinem der hier besprochenen Modelle wird die neutestamentliche Theologie als eine „rein geschichtliche Disziplin“ im Sinne Wredes betrieben. Jedes Modell ist das Ergebnis von Leserkonstruktionen, die alle ihre spezifischen Voraussetzungen haben und von ihren eigenen Interessen geleitet sind. Abhängig davon, ob man Rhetorik aus platonischer oder aus sophistischer Perspektive betreibt, ob man die Welt aus einer säkularen oder aus einer christlichen Perspektive betrachtet, ob man als Christ lutherisch oder reformiert ist, ob man die Texte aus einer ideologiekritischen
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Perspektive interpretiert oder ob man sie in ihrer Fremdheit stehen läßt, wird die Theologie des Neuen Testaments anders aussehen. Ein geschichtliches Verständnis der Theologie des Neuen Testaments, das nicht nur beschreiben, sondern auch erklären will, ist wohl nur möglich, wenn die Ausleger ihre subjektiven Voraussetzungen mit ins Spiel bringen und sie zur Diskussion stellen. Ein geschichtliches Verständnis der Theologie des Neuen Testaments ist deshalb nur mittels einer Vielfalt von Perspektiven zu erreichen. Säkulare und christliche Perspektiven sollen sich dabei ergänzen, die Darstellung der Theologie als Rhetorik soll das Gesamtspektrum bereichern.
III Die eine ‚Theologie des Neuen Testaments‘ – ein Gespräch mit der systematischen Theologie
Systematische Bemerkungen über die Aufgabe und den Ansatz einer Theologie des Neuen Testaments am Beispiel des Entwurfes von Ferdinand Hahn von
NOTGER SLENCZKA 1. Der ursprüngliche Sinn der Frage nach der ‚Theologie des Neuen Testaments‘ Die berühmte Altdorfer Antrittsrede Johann Philipp Gablers „De iusto discrimine biblicae et dogmaticae regundisque recte utriusque finibus“1 von 1787 manifestiert das ursprüngliche Ziel einer biblischen Theologie und in diesem Rahmen einer Theologie des Neuen Testaments: Gabler geht es um eine Verhältnisbestimmung von exegetischer und dogmatischer Theologie mit der näheren Absicht, die Auslegung der Schrift als kritische Instanz zu etablieren gegenüber der Vielfalt positioneller Theologien, in die er die Dogmatik zerfallen sieht. Diese Vielfalt positioneller Theologien ist nach Gabler darin begründet, daß die Schrift im Blick auf Text und Inhalt dunkel ist, und daß die Interpreten daraufhin im Umgang mit der Schrift willkürlich verfahren: Jeder Dogmatiker klaube aus der Fülle der Aussagen der Schrift die Zitate heraus, die ihm gerade für seine theologische Sondermeinung passen2. Die von Gabler entworfene Unterscheidung einer biblischen von einer dogmatischen Theologie soll diese willkürliche Vielfalt und Beliebigkeit eingrenzen und einem Kriterium unterstellen. Zu diesem Zweck stellt er der Vielfalt der dogmatischen Theologie die historische Theologie gegenüber, die an einen vorliegenden Gegenstand – die Theologie der biblischen Autoren – gebunden und somit unbeliebig ist: „Jene [die biblische Theolo—————— 1 In: J.Ph. Gabler, Opuscula academica 2, hg. von Th.A. Gabler / J.G. Gabler, 2 Bde., Ulm 1831, hier II, 179–194; dt. Übersetzung in: O. MERK, Biblische Theologie des Neuen Testaments in ihrer Anfangszeit. Ihre methodischen Probleme bei Johann Philipp Gabler und Georg Lorenz Bauer und deren Nachwirkungen, Marburg 1972, hier 273– 284; zitiert wird im folgenden nach dieser dt. Übersetzung; der lat. Text wurde verglichen. 2 O. MERK, Theologie (s. Anm. 1), 273f.
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gie], da sie historisch argumentiert, ist, für sich betrachtet, sich immer gleich …“3. Der historische Rückgriff von der Vielzahl der Interpreten der Schrift auf die Theologie der „heiligen Schriftsteller“ selbst ist also zunächst der Rückgriff auf ein der Willkür entzogenes Fundament gegenwärtiger Theologie. Gablers Ausführungen zielen darauf, dem biblischen Theologen eine Methodik historisch-kritischer Auslegung an die Hand zu geben, durch die es möglich wird, kontrolliert das eigentliche und über die historische Situation der Texte hinaus gültige Zentrum der theologischen Vorstellungen der biblischen Autoren zu erheben. Das führt zunächst zur Identifizierung derjenigen Aussagen der biblischen Schriften, die sich aus der Vielzahl der Texte und der Vielzahl zeitbedingter Aussagen als Sätze mit überzeitlicher Geltung herausheben.4 Auf diese Weise sollen ‚dicta classica‘ gewonnen werden, die, so Gabler, dann gleichsam das Material darstellen, aus dem sich in einem weiteren Schritt die allgemeinen – d. h., nicht an einen vorübergehenden Anlaß oder einen spezifischen Kontext gebundenen – Vorstellungen der biblischen Autoren erheben lassen, die dann zur Grundlage einer biblischen Theologie in systematischer Ordnung werden: „Wenn diese allgemeinen Vorstellungen durch sachgerechte Interpretation aus jenen ‚dicta classica‘ herausgearbeitet werden, herausgearbeitet sorgfältig miteinander verglichen werden, verglichen jeweils an ihrem Ort treffend so eingeordnet werden, daß eine brauchbare und taugliche Verknüpfung und Ordnung der wahrhaft göttlichen Lehren zustande kommt, dann ist wahrhaft das Resultat die ‚Biblische Theologie im engeren Sinn des Wortgebrauchs‘ …“5
Diese methodisch kontrolliert gewonnene biblische Theologie stellt somit das in der Differenz der Kontexte und Redesituationen gemeinsame theologische Fundament der biblischen Autoren dar. Diese biblische Theologie bietet dann dem Dogmatiker den sicheren Ausgangspunkt für seine spezifische Aufgabe: die in der Schrift niedergelegte Lehre auszuarbeiten, zu entfalten und als ‚philosophia christiana‘ vor allem mit dem gegenwärtigen Wahrheitsbewusstsein – der Vernunft – zu vermitteln.6 Das läßt sich in eine These zusammenfassen: In der Entstehungssituation hat die Theologie des NT – bei Gabler weiter gefasst als biblische Theologie – die Aufgabe einer Vereindeutigung der Lehrgrundlage des Protestantismus. Sie stellt die Grundlage bei, die der dogmatischen Theologie eine Ausarbeitung einer gegenwärtig plausiblen ‚philosophia christiana‘ erlaubt. In diesem Sinne ist bei Gabler die Theologie des NT selbst Fundamentaltheologie. —————— 3 4 5 6
Ebd., 276. Ebd., 280f. Ebd., 281. Ebd.
Über die Aufgabe und den Ansatz einer Theologie des Neuen Testaments
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2. Das Ziel der ‚Theologie des Neuen Testaments‘ nach Ferdinand Hahn. 2.1. Die Theologie des Neuen Testaments als Grundlage jeder christlichen Theologie. Konzeptionell ordnet die Hahnsche Theologie7 die im ersten Band unter dem Titel der ‚Vielfalt des Neuen Testaments‘ dargestellte ‚Theologiegeschichte des Urchristentums‘ einem zweiten Band zu, der unter dem Titel der ‚Einheit des Neuen Testaments‘ eine ‚Thematische Darstellung‘ der Theologie des NT unternimmt. Die Zuordnung der beiden Teile arbeitet sich durchaus an demselben Problem ab, das Gablers Arbeit in Bewegung hält: es geht um die Frage nach dem einheitsbildenden Zentrum der kontextuell vielfältigen Schriften des Neuen Testaments8, die vor eben denselben inhaltlichen und methodischen Problemen steht wie Gabler. Es gibt im Rahmen des zweiten Bandes der Hahnschen Theologie nun eine Passage, in der der Vf. formal ähnlich wie Gabler verfährt; es handelt sich um die Bemerkungen, mit denen Hahn den mit ‚Der sich offenbarende Gott‘ überschriebenen § 6 des zweiten Teils seiner Theologie abschließt: „Für das biblische Zeugnis ist die Offenbarung Gottes konstitutiv. Alle Teilthemen stehen damit in Zusammenhang bzw. sind davon abhängig. Neutestamentliche Theologie ist Theologie der Offenbarung Gottes. ... damit [ist] auch eine richtungweisende Grundkonzeption für jede christliche Theologie gegeben. Die Frage nach Art und Gestalt der Offenbarung Gottes ist insofern nicht nur ein Thema der neutestamentlichen Theologie, sondern ist im besonderen im Rahmen der Fundamentaltheologie zu behandeln.“9 Mit diesem Zitat ist der Punkt markiert, an dem Hahn den Ball in das Gebiet der Fundamentaltheologie hinüberspielt; ähnlich wie Gabler erhebt er den Anspruch, ausweisen zu können, daß dieses Thema der Offenbarung nicht nur faktisch in der Fundamentaltheologie behandelt wird, sondern eine jeder Theologie unbeliebig gestellte Aufgabe und das zentrale, jede Theologie begründende Thema ist. Und diese Einsicht ergibt sich daraus, daß dieses Thema sich als das Zentrum einer Theologie des NT erweist. Wohlgemerkt: Ein ganz anderer Ansatz als der Gablers – aber wie dieser geleitet von dem Anspruch, durch die Bestimmung des Zentrums der Theologie des Neuen Testaments der Theologie insgesamt die Grundlinien ihrer Arbeit vorgeben zu können; ähnliche Passagen lassen sich im Rahmen der —————— 7 8 9
F. HAHN, Theologie des Neuen Testaments, 2 Bde., Tübingen 2002. Vgl. F. HAHN, Theologie II, 26f., dazu auch I, 22–27. F. HAHN, Theologie II, 167.
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Christologie identifizieren.10 Dem entspricht es, daß Hahn die Erhebung einer Theologie des Neuen Testaments als Teil der Fundamentaltheologie betrachtet11 – ich werde darauf noch eingehen. 2.2. Hermeneutische Rückfrage. Zunächst bleibe ich aber beim Thema der Offenbarung und bei der eben zitierten Passage. Sie nötigt zu der kritischen Rückfrage, ob nicht diese Bestimmung des Zentrums der Theologie des NT selbst ihrerseits bestimmt ist von einer vorausgesetzten und zeitgenössisch plausiblen fundamentaltheologischen Option – und ganz ohne Zweifel ist das der Fall. Der zweite Band des Werkes ist ungefähr am Aufriß einer Dogmatik orientiert, setzt also in Teil I ein mit einer Art Schriftlehre, behandelt dann – Teil II – im Rahmen einer Lehre von der Offenbarung die Gotteslehre, die Christologie und die Pneumatologie sowie die darin implizierte Trinitätslehre; Hahn schließt dann in den Teilen III–V die Soteriologie, die Ekklesiologie und die Eschatologie an. Sieht man sich nun beispielsweise die Lehre von der Offenbarung näher an, so wird dort zunächst von dem ‚sich offenbarenden Gott‘, dann von der Botschaft von der Herrschaft Gottes gehandelt, die engstens mit dem folgenden Paragraphen verbunden ist, der unter dem Titel ‚Jesus Christus als Offenbarer Gottes‘ steht. Es folgt dann der Paragraph zum ‚Wirken des Heiligen Geistes‘; die Trinitätslehre schließt sich als Implikat dieser vier Paragraphen an. Die Zentralstellung der Lehre von der Offenbarung und der Ablauf erinnern bis in die Paragraphenüberschriften hinein an die Verschränkung von Trinitätslehre und Offenbarungslehre, die in der deutschsprachigen Theologie im Gefolge der Prolegomena der Kirchlichen Dogmatik Karl Barths in ganz unterschiedlichen Varianten vertreten wurde.12 Damit stellt sich aber natürlich die Frage, ob sich denn nun tatsächlich jene Zentralstellung der Lehre von der Offenbarung aus der Analyse der Schriften des NT ergibt, oder ob diese Bestimmung des Grundthemas des NT sich nicht auch einer vorausgesetzten fundamentaltheologischen Option verdankt. Es erscheint plausibel, festzustellen, daß eben nicht nur die Theologie des NT die Fundamentaltheologie begründet und normiert, sondern daß dieses Begründungsverhältnis auch umgekehrt gilt. Auch dies läßt sich in einer These zusammenfassen: Das Begründungsverhältnis zwischen einer Theologie des NT und einer Fundamentaltheologie bzw. gegenwärtig geltender Lehre ist nicht einsinnig, sondern wie eine —————— 10 11 12
Ebd., 260f. u. ö. Ebd., 32–36. Vgl. K. B ARTH, KD I,1, § 4; für Hahn dürfte allerdings die modifizierte Aufnahme des Programms einer Selbstoffenbarung Gottes in ‚Offenbarung als Geschichte‘ der unmittelbare Hintergrund seiner Offenbarungslehre sein.
Über die Aufgabe und den Ansatz einer Theologie des Neuen Testaments
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Bestimmung des Zentrums der Theologie des NT eine fundamentaltheologische Option darstellt, so ist auch anzunehmen, daß in einem erschließenden Zugriff auf die Einheit des NT fundamentaltheologische Optionen verborgen oder vorausgesetzt sind.
3. Die Anlage der Hahnschen Theologie des Neuen Testaments. Das ist eine triviale und hermeneutisch simple Feststellung und daher noch nicht sonderlich spannend; allerdings ist mit diesem Einsatz der Hahnschen Theologie des Neuen Testaments bei Gott und seiner Offenbarung eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen gefällt: Die Darstellung der Theologie des Neuen Testaments vollzieht sich damit in der Polarität zwischen Gott als dem Gegenüber des Glaubens bzw. dem Subjekt der Offenbarung einerseits und dem Menschen als Subjekt des Glaubens bzw. Empfänger der Offenbarung andererseits, wobei es Hahn allerdings darauf ankommt, daß auch mit der Soteriologie und der Ekklesiologie der Zentralgegenstand der Offenbarung Gottes nicht verlassen ist: Beides kommt als ‚Dimension‘ des Offenbarungshandelns Gottes, als Moment an ihm, in den Blick13. Damit ist dieses Offenbarungshandeln geprägt durch eine Bewegung, die ausgeht vom Subjekt der Offenbarung über den Vollzug der Offenbarung in Christologie und Pneumatologie hin zum Empfänger der Offenbarung, von dem im dritten Teil eben unter dem Titel einer ‚soteriologischen Dimension‘ des Offenbarungshandelns Gottes die Rede ist. Dabei kommt die Offenbarung als Ursprung und Bedingung der Möglichkeit der Gotteserkenntnis14, die Christologie im Sinne der Rede von Person und Werk Jesu als Grundlage und Ursprung der Soteriologie zu stehen. Es geht insgesamt ganz offensichtlich darum, jedes menschliche Gottesverhältnis und jedes Bestimmtwerden des Menschen durch Gott in Gott als dem handelnden Subjekt zu begründen und die Gotteserkenntnis bzw. die Soteriologie als Wirkung einer Ursache zu verorten – und das führt dazu, daß zunächst die Ursache, dann die Wirkung thematisiert werden muß. Hahn hält beispielsweise in den ‚Methodischen Vorbemerkungen‘ zur Christologie ausdrücklich fest, daß die Soteriologie ihre Begründung in der Christologie findet und daher die Christologie unabhängig von der Soteriologie und als —————— 13 Vgl. die Überschriften von Teil III (Die soteriologische Dimension des Offenbarungshandelns Gottes) und IV (Die ekklesiologische Dimension des Offenbarungshandelns Gottes); Vgl. bes. auch F. HAHN, Theologie II, 310f. (bes.: „Die anthropologische Dimension ist … ein inhärenter Bestandteil der Offenbarungstheologie und speziell der Soteriologie.“). 14 Ebd., 151f.
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deren Voraussetzung zu behandeln ist15. Das gelte unbeschadet dessen, daß beide Lehrstücke eng miteinander verbunden sind; Hahn weist ausdrücklich darauf hin, daß „die Anerkennung der Person Jesu in ihrer Funktion und Würde natürlich auch sein soteriologisches Handeln“ voraus-setzt – aber schon diese Formulierung läßt erkennen, daß Hahn davon ausgeht, daß der Anerkennung durch den Empfänger des soteriologischen Handelns voraus die Person Jesu ihre Funktion und Würde hat und daß das soteriologische Handeln diese in bestimmter Weise verfaßte Person Jesu voraussetzt. Zudem sei die Frage nach der Anerkennung der Person Jesu – d. h. die nach seiner Relation zu den Menschen – einerseits und die Frage nach der Relation Jesu zu Gott andererseits unterscheidbar und werde in den biblischen Texten auch faktisch unterschieden; denn dort, so stellt Hahn fest, gibt es Aussagen über die Person Jesu und auch Aussagen über den Tod Jesu, die diese Ereignisse nicht auf ihre soteriologische Relevanz, sondern auf ihre Bedeutung für die Person Jesu reflektierten16. Damit begründet Hahn die Nachordnung der Soteriologie hinter die Christologie. Diese Anordnung hängt natürlich wieder mit dem Leitthema der Offenbarung Gottes zusammen: Die Christologie wird eben von diesem Thema her erschlossen, so daß die Bedeutung der Person Jesu im Verhältnis zu Gott und als Offenbarer Gottes die Leitperspektive der Christologie ist. Erst wird also die Person und das Werk Christi beschrieben (§ 8), dann wird beides auf seine soteriologische Relevanz hin erschlossen (Teil III und IV) – und nicht umgekehrt. Wenn man darauf einmal aufmerksam geworden ist, dann erkennt man diese Grundstruktur in der Hahnschen Theologie des Neuen Testaments überall wieder: Es wird immer erst die objektive Ursache einer subjektiven Wirkung, und daraufhin diese subjektive Wirkung thematisiert. Das gilt auch dann, wenn Hahn programmatisch die Pneumatologie unter das Vorzeichen des ‚Wirkens‘ des Heiligen Geistes stellt:17 Entscheidend ist hier zunächst die Bindung der Rede vom Geist an die Person Jesu; dann zeichnet Hahn die ‚Verselbständigung‘ der Rede vom Geist und die allmähliche Etablierung einer Personhaftigkeit des Geistes nach – und kommt dann erst auf das Wirken des so verfaßten Geistes in der Gemeinde zu sprechen.18 Zusammenfassend in eine These ergibt sich folgendes Bild: Die Theologie des NT scheint dann zutreffend erschlossen zu sein, wenn sie als Rede über den jeder Auswirkung am Glaubenden vorausgehenden Vollzug gött—————— 15 16 17 18
Ebd., 194f. Ebd., 242, vgl. 195. Ebd., 263–271. Der Geist als Geist Christi (ebd., 265–270); die Verselbständigung des Geistes (270–274); das Wirken des Geistes (274–282).
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licher Offenbarung einerseits und als darauf folgende Rede über die Wirkung dieser Offenbarung andererseits dargestellt ist.
4. Die Theologie der neutestamentlichen Texte: Lehre von den gegenständlichen Voraussetzungen des Glaubens oder Niederschlag der Erfahrung des Glaubens? Das ist auf den ersten Blick plausibel – aber unselbstverständlich. Gerade angesichts der zitierten Feststellung, daß die Anerkennung der Würde und Funktion Jesu sich der Erfahrung der Heilswirkung verdankt, die von ihm ausgeht, könnte man sich ebenso gut ein Vorgehen vorstellen, in dem diese Heilswirkung bzw. das darin gesetzte neue Selbstverständnis des Menschen als das ursprüngliche, den Texten zugrundeliegende Faktum begriffen wird; alle Aussagen des NT – gerade die christologischen – kämen dann als Reflexion dieser soteriologischen Erfahrung zu stehen so, daß Christus darin als der Grund dieser Erfahrung und eben daraufhin als Messias, als Gottessohn, als Schöpfungsmittler bezeichnet wird. Alle diese gegenständlichen Aussagen wären dann zu verstehen als reflexiver Ausdruck des ursprünglichen Faktums, daß Menschen oder eine Menschengruppe ihn als Grund eines neuen Selbstverständnisses erfahren haben. Damit wäre eben eine konstitutive Funktion der Soteriologie für die Christologie etabliert, die etwa von Paul Tillich vorgetragen wurde19, die in der Linie von Schleiermacher über Ritschl zu Bultmann zu verorten wäre20 und die nicht aufgerufen werden kann, ohne des ‚Leben Jesu‘ zu gedenken, in dem der große David Friedrich Strauß eben die ‚mythologische Christologie‘ auf die Erfahrung eines von dieser Person ausgehenden Wirkens begründet21. Von hier aus sind nun Anfragen an die Hahnsche Theologie zu stellen, die weniger bestreitenden Charakter haben als vielmehr eine in dieser Theologie selbst angelegte Tendenz identifizieren wollen, die der eben nachgezeichneten Grundstruktur – der Vorordnung der gegenständlichen Aussagen und die Deutung der Heilserfahrung als Wirkung dieser Ursachen – zuwiderläuft.
—————— 19 20
Vgl. P. T ILLICH, Systematische Theologie II, 108f.178f. u. ö. F.D.E. SCHLEIERMACHER, Glaubenslehre 21830/1, § 91 und 92, vgl. bes. 92.3.; A. R ITSCHL, Rechtfertigung und Versöhnung III, Bonn 31888, Kap. 28; R. BULTMANN, Die Christologie des Neuen Testaments, in: GuV I, 245–267 u. ö. 21 D.F. STRAUß, Das Leben Jesu kritisch bearbeitet, Tübingen 1835/36, 71–75.
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4.1. Grundgeschehen – Grundzeugnis – Grundüberlieferung. Diese Grundstruktur prägt zunächst auch den ‚Leitgedanken der Darstellung‘22, nämlich die an Karl Barths Lehre von den drei Gestalten des Wortes Gottes erinnernde, von Hahn schon 1975 vorgetragene Unterscheidung von ‚Grundgeschehen‘, ‚Grundzeugnis‘ und ‚Grundüberlieferung‘.23 Auch hier ist zunächst die oben bezeichnete Struktur eingehalten: Das Grundgeschehen der Offenbarung Gottes in Christus ist der außerhalb der Texte liegende und sie bedingende Ursprungsimpuls, dem das Grundzeugnis – die Verkündigung, das Kerygma bzw. das Bekenntnis24 – entspringt. Dieses Bekenntnis der Jünger wiederum führt implizit Ansätze zu einer Lehrbildung in sich, die sich in den Schriften des NT bereits abschattet und sich in der späteren Unterscheidung von Verkündigung bzw. Bekenntnis und Lehre verfestigt. Also auch hier wieder die Abfolge, nach der ein ‚objektiver‘ Ursprungsimpuls einen subjektiven Niederschlag zur Folge hat. Allerdings hält Hahn hier nun explizit fest, daß das Grundgeschehen nur im Grundzeugnis zugänglich ist, und daß es wiederum dies Grundzeugnis ist, das einen Ansatz zu lehrhafter Explikation aus sich heraussetzt25. Man muß also festhalten: Im Zentrum des NT steht nicht allein die Offenbarung Gottes, sondern das ‚Zeugnis‘ („Martyria“) von der Offenbarung Gottes; dieses Zeugnis selbst ist wiederum zwar Ursprung der Lehre, aber nicht selbst Lehre, sondern auch in seiner Gestalt als verbales Bekenntnis der Niederschlag eines ‚Geschehens‘ bzw. eines ‚Widerfahrnisses‘26, also Ausdruck des Menschen, der eine von der Person Jesu ausgehende Wirkung erfahren hat. Die Martyria ist getragen von einer Erfahrung, die der Mensch an der Person Jesu gemacht hat, sie „umfasst zugleich das Betroffensein der Zeugen durch das Heilsgeschehen.“27 Diesen Zusammenhang hält Hahn selbst fest, und zwar im Rahmen seiner Theologie in einer Passage, in der er die klassische Alternative des Entwurfes einer Theologie des NT im Ausgang von der Offenbarung einerseits und im Ausgang von der Anthropologie andererseits als unfruchtbar bezeichnet; im Zentrum stehe vielmehr der Begriff der Martyria, der das Offenbarungsgeschehen und das Betroffensein von der Offenbarung miteinander verbinde: —————— 22 23
Zum folgenden vgl. F. HAHN, Theologie II, 26f.34f. Ebd ., 26f. und bes. 34f.; vgl. DERS., Exegese und Fundamentaltheologie, ThQ 155 (1975), 262–280; DERS., Urchristliche Lehre und neutestamentliche Theologie, QD 91, Freiburg 1982; DERS., Vielfalt und Einheit des Neuen Testaments, BZ 38 (1994), 161– 173. 24 Vgl. F. H AHN, Theologie II, 35 – dort 6.2.3.2. der Verweis auf die Bekenntnisaussagen. 25 Ebd., 35 (6.2.3.2.). 26 Ebd., 27. 27 Ebd., 35.
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„Diese Alternative [des Ausgangs von der Offenbarung oder von der Anthropologie, N.Sl.] erweist sich aber letztlich als unfruchtbar. Sie läßt sich vermeiden, wenn man dabei den biblischen Begriff der ‚Martyria‘ berücksichtigt, der das Offenbarungsgeschehen und das Betroffensein miteinander verbindet.“28 Diese Martyria ist somit zugleich Selbstaussage – Ausdruck des Betroffenseins – und Aussage über ein Woher des Getroffenseins. Allerdings formuliert Hahn interessanterweise umgekehrt: Er geht davon aus, daß die Martyria Zeugnis einerseits von einem objektiven Geschehen und vom subjektiven Getroffensein andererseits ist – in dieser Reihenfolge: Erst Zeugnis von einem Geschehen, und dann vom subjektiven Getroffensein29. Offensichtlich ist diese Reihenfolge bestimmt durch die aufgewiesene Grundstruktur der Hahnschen Theologie des NT: Nur dann, wenn die Martyria erst Rede vom Ursprung der Offenbarung und dann Rede von der Rezeption der Offenbarung und einem neuen menschlichen Selbstverständnis ist, ist es sinnvoll, in der Theologie des NT zunächst vom Ursprung des Widerfahrnisses – von der Offenbarung, von Jesus Christus – zu handeln und dann von dessen Niederschlag am Menschen. In diesem Sinne geht dann eben die Christologie im Sinne der Rede von den sachlichen Voraussetzungen des Widerfahrnisses der Soteriologie voraus. 4.2. Kritische Rückfrage im Ausgang von der Zentralstellung der ‚Martyria‘. Nun legt aber die von Hahn vorgetragene Unterscheidung von Grundgeschehen, Grundzeugnis und Grundüberlieferung (Offenbarung, Bekenntnis als Ausdruck des Betroffenseins von der Offenbarung, Lehre) eine andere Verhältnisbestimmung nahe – dann nämlich, wenn man mit der Feststellung Hahns, daß es das Offenbarungsgeschehen nur in der Martyria gibt, wirklich ernst macht. Dann gilt zunächst, daß diese Martyria als bekennendes Zeugnis der Niederschlag und somit die Folge, nicht die Voraussetzung einer soteriologischen Erfahrung ist – des „Betroffenseins“. Diese Martyria weist dabei in der Tat über sich hinaus – aber doch nicht auf dasjenige, was eine Christologie oder eine Lehre von der Selbstoffenbarung Gottes zum gegenständlichen Korrelat haben könnte; vielmehr verweist die Martyria zunächst auf ein ‚Woher‘ dieser soteriologischen Erfahrung und in diesem Sinne auf die Kraft Gottes, die im Evangelium erfahren wird. Das ‚Woher‘ der Erfahrung ist als solches aussagbar nur aufgrund und unter der Voraussetzung dieser Erfahrung selbst. Der Glaube, der an einem —————— 28 29
Ebd., 27. „Die PDUWXULYD ist ‚Zeugnis‘ von einem Geschehen, von einem Widerfahrnis; sie ist gleichzeitig aber auch das Zeugnis eines davon betroffenen Menschen.“ Ebd.; vgl. auch 35.
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Geschehen oder mit einer Person eine soteriologische Erfahrung macht, bezeichnet daraufhin dies Ereignis bzw. diese Person als (Ort der) GXYQDPLTHRX, und so gewinnt korrelativ die Person Jesu von Nazareth für denjenigen, der diese Erfahrung gemacht hat, eine bestimmte Bedeutung als Ursprung dieser Erfahrung. Genau dies schlägt sich als ‚Martyria‘ nieder. Das bedeutet aber, daß diese Martyria niemals erst Rede über Christus und dann Rede über dessen Heilswirkung ist, sondern es legt sich doch die Annahme nahe, daß die Martyria in dem Sinne bekennende Rede über Christus bzw. Gott ist, daß sie ihn als Grund der Heilswirkung resp. als Grund des Glaubens thematisiert. In diesem Sinne ist dann aber die Christologie bzw. die bekennende Rede von Christus sachlich nicht Rede über die ‚gegenständliche‘ Voraussetzung der Heilserfahrung, sondern Niederschlag der gemachten Heilserfahrung und nur auf der Grundlage der Heilserfahrung möglich: Die biblische Rede von Christus ist Niederschlag und Ausdruck der Heilserfahrung, nicht Beschreibung ihrer gegenständlichen Voraussetzung: Der Mensch kann nicht anders von dem sprechen, was er erfahren hat, als daß er denjenigen, an dem ihm diese Erfahrung geworden ist, als Gottessohn oder Messias oder Menschensohn bezeichnet. Dafür spricht eben auch die Einsicht Hahns30, daß die ‚Grundüberlieferung‘, die Lehre als Folgebestimmung der Martyria und damit als Folgebestimmung der allem zugrundeliegenden Heilserfahrung bestimmt wird. Diese Lehre gibt es also nur auf der Basis der soteriologischen Erfahrung mit der Person Christi; diese Lehre spricht aus, was der Glaube erfahren hat. Somit wäre die Christologie (als Beschreibung der Person Jesu von Nazareth in ihrem Verhältnis zu Gott) der Soteriologie (als Beschreibung der Person Jesu in ihrer Wirkung auf den Menschen) nicht vorgeordnet, sondern im Begründungverhältnis strenggenommen und in einem zunächst ganz unanstößigen Sinne ihre Folge. Entsprechend wäre eine Theologie des Neuen Testaments insgesamt zu fassen als Nachvollzug des lehrhaften Niederschlags einer ursprünglichen Heilserfahrung. Auch dies läßt sich in einer These zusammenfassen: Die Texte des NT, verstanden als ‚Grundzeugnis‘ eines ‚Grundgeschehens‘ (der Offenbarung), das nur durch sie hindurch zugänglich ist, weisen über sich hinaus, aber nicht auf die der Heilserfahrung vorgeordnete Person und das Werk Jesu Christi und in diesem Sinne auf ein Geschehen der Offenbarung ‚vor‘ seinen soteriologischen Wirkungen, sondern sie verweisen auf ein soteriologisches Ereignis, in der diese Person und ihr Werk durch die Neubestimmung des menschlichen Selbstverständnisses und nur so sich in ihrer Bedeutung und Hoheit erschließt. Der lehrhafte Niederschlag dieser soteriologischen Erfahrung ist die Bezeichnung Jesu als Menschensohn, Gottessohn, Messias etc. Wenn auch die Person Christi der Ursprung und Aus—————— 30
Ebd., 35.
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löser dieses Selbstverständnisses ist, so gilt doch: Die Verkündigung Christi im Evangelium und erst recht die dem gegenüber sekundäre (lehrhafte und objektivierende) Rede über Christus sind nicht Voraussetzung, sondern Niederschlag und Ausdruck dieser Erfahrung. 4.3. Folgerung für die Aufgabe und Anlage einer Theologie des Neuen Testaments. Das bedeutet aber, daß auch dann, wenn man wie Hahn von der Martyria als Einheit von ‚Getroffensein‘ und ‚Gegenstandsbezug‘ ausgeht, um die Alternative eines Ausgangs von der Offenbarung einerseits und von der ‚Anthropologie‘ andererseits nicht herumkommt31. Die Entscheidung Hahns, die Theologie des Neuen Testaments darzustellen im Ausgang von der ‚gegenständlichen Voraussetzung‘, der sich die ‚subjektive Erfahrung‘ der Glaubenden verdankt, trägt der Tatsache Rechnung, daß der Glaube selbst nicht anders kann als sich und die Erfahrung, die er an der Person Jesu macht, als Wirkung der vorausgesetzten Hoheit Jesu zu verstehen. Damit spricht sich der Glaube gerade darin aus, daß er die Hoheit der Person Jesu von Nazareth als die Voraussetzung seiner selbst versteht; das ändert aber nichts daran, daß derjenige, der diese Theologie der neutestamentlichen Autoren darzustellen hat, nicht einfach die von diesen Autoren gesetzte Sachordnung vom Grund des Glaubens zum Glauben selbst nachzuvollziehen, sondern die Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit dieser Theologie zu stellen hat. Im Zuge der Beantwortung dieser Frage wird er des religiös affizierten Subjektes ansichtig, das über die Person des Offenbarers und die Offenbarung spricht: Es ist die in der von den neutestamentlichen Autoren vollzogenen Rede über den Ursprung der Erfahrung vergessene Subjekt dieser Erfahrung, das eben in der Rede über den Ursprung der Erfahrung sich selbst und seine Erfahrung ausspricht. Sobald dieses Subjekt gesehen und thematisiert ist, verlieren die neutestamentlichen Texte ihren Charakter als gegenständliche Beschreibung einer Voraussetzung der Glaubenserfahrung und werden faßbar als deren Niederschlag und Ausdruck. Diese Reflexion auf das vergessene Subjekt ist gegenüber der intentio recta der neutestamentlichen Texte sekundär, führt aber auf eine Prämisse dieser Texte, die die neutestamentlichen Autoren nur darum ‚vergessen‘ können, weil sie ihnen vorthematisch immer schon im Vollzug bewußt ist. Es ist dieses Subjekt, das in der Beschreibung der göttlichen Offenbarung und der Person Jesu von Nazareth als Vollzugsort dieser Erfahrung den eigenen Ursprung voraussetzt. Den Doppelsinn des ‚Voraussetzen‘32 erfaßt erst die Theologie. —————— 31 32
Gegen F. HAHN, Theologie II, 27. G.W.F. HEGEL, Wissenschaft der Logik, Erster Band, Zweites Buch (Die Lehre vom Wesen) I, 1, C 1., hg. von H.J. Gawoll, PhB 376, Hamburg 21999.
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Zusammengefaßt in eine These heißt das: Für die Gestaltung einer Theologie des NT legt es sich nahe, angesichts der nach meinem Eindruck bleibend gültigen Alternative eines offenbarungstheologischen und eines ‚anthropologischen‘ Ansatzes so zu verfahren, daß die Soteriologie nicht als Dimension des Offenbarungshandelns Gottes und als Folgebestimmung der Christologie zu stehen kommt, sondern genau umgekehrt die neutestamentliche Rede von der Offenbarung Gottes und die Christologie insgesamt als Folgebestimmung und Ausdruck einer vorausgesetzten Heilserfahrung gefaßt wird, die freilich ohne diese gegenständliche Dimension nicht zutreffend zum Ausdruck gebracht werden kann. Denn der Glaube spricht sich nur über Gegenstände aus.33 Aber erst die Theologie wird seiner ansichtig.
—————— 33
10f.
Vgl. N. SLENCZKA, Der Tod Gottes und das Leben des Menschen, Göttingen 2003,
Die Nachfolgeethik Jesu und die urchristliche Gemeindeethik Ihre Darstellung innerhalb Ferdinand Hahns Theologie des Neuen Testaments von
FRIEDRICH WILHELM HORN 1. Theologie und Ethik des Neuen Testaments. Das Verhältnis beider Disziplinen zueinander innerhalb der neutestamentlichen Wissenschaft Die Disziplin ‚Ethik des Neuen Testaments‘ ist innerhalb der neutestamentlichen Wissenschaft noch relativ jung. Wahrscheinlich hat Hermann Jacoby 1899 erstmals eine ‚Neutestamentliche Ethik‘ vorgelegt, jedenfalls im deutschsprachigen Raum.1 Dieses Werk steht im Kontext der liberalen Theologie. Die christliche Ethik sucht ihren Maßstab in der sittlichen Lehre Jesu. Einige weitere frühe Arbeiten zur neutestamentlichen Ethik orientieren sich an der sog. Lokalmethode und stellen das neutestamentliche Material zu den klassischen ethischen Topoi dar. Dieses Verfahren wird bis in die Gegenwart angewandt, wobei die literaturgeschichtlichen und historischen Voraussetzungen der jeweiligen neutestamentlichen Schriften in diesem Verfahren bisweilen sträflich vernachlässigt werden. Keiner eigentlichen Schule gehörten Ernst Lohmeyer (1890–1946) und Herbert Preisker (1888–1952) an, die beide auf Umwegen zu Professuren der Wissenschaft des Neuen Testaments gelangten und auch aufgrund einer starken religionsgeschichtlichen Orientierung eher am Ethos als an der Ethik Interesse zeigten.2 Erst durch die formgeschichtliche Schule, vor allem —————— 1 H. J ACOBY, Neutestamentliche Ethik, Königsberg 1899. Hermann Jacoby (1836– 1917) hat dieses Werk während seiner Tätigkeit als ordentlicher Professor der Praktischen Theologie in Königsberg verfaßt; vgl. H. SCHEUNEMANN, Jacoby, Hermann, RGG2 III (1929), 5. 2 E. LOHMEYER, Soziale Fragen im Urchristentum. Wissenschaft und Bildung, Einzeldarstellungen aus allen Gebieten des Wissens, Bd. 172, Leipzig 1921 (Nachdruck Darmstadt 1973); H. PREISKER hat etliche Arbeiten zu ethischen Fragen abgefaßt: Die
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durch die Arbeiten des Neutestamentlers Martin Dibelius (1883–1947)3 und seiner Schüler, wurde in Deutschland im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts das Problem der Entstehung einer urchristlichen Ethik überhaupt thematisiert und es wurden wesentliche Grundlagen für ihre Bearbeitung bereitet. Die Herauslösung der Darstellung der neutestamentlichen Ethik aus derjenigen der neutestamentlichen Theologie wurde jedoch erst im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts geradezu programmatisch, ausgehend von Verlegern und Herausgebern, vollzogen. Hierbei waren neben theologiegeschichtlich nachvollziehbaren Neuorientierungen4 gewiß auch arbeitstechnische Erwägungen, sowohl in der evangelischen als auch in der römisch-katholischen, jedoch ausschließlich in der deutschsprachigen Exegese leitend.5 Sie haben in der korrespondierenden Abfassung je einer Theologie des Neuen Testaments und einer Ethik des Neuen Testaments in Lehrbuchreihen wie in den Grundrissen zum NT (GNT)6, der —————— Ethik der Evangelien und die jüdische Apokalyptik, Diss. theol., Breslau 1915; DERS., Christentum und Ehe in den ersten drei Jahrhunderten, NSGTK 23, Berlin 1927; DERS., Das Ethos des Urchristentums, Gütersloh 1933 (Nachdruck von 21949 in Darmstadt 3 1968). 3 Nachdem M. D IBELIUS zwischen 1911 und 1923 in der Reihe HNT die Briefe an die Thessalonicher und Philipper (1911), Kolosser, Epheser und Philemon (1912), Pastoralbriefe (1913) und Hermas (1923) kommentiert hatte, verfaßte er in der Reihe KEK einen Kommentar zu dem Jakobusbrief und schrieb im Vorwort: „Das große Problem, das die Entstehung der urchristlichen Ethik der Forschung stellt, kann in einem Kommentar zum Jakobus-Brief natürlich nicht in seinem vollen Umfang abgehandelt werden. Wohl aber vermag die Lektüre des Jakobus-Briefes dem Studierenden den Blick zu schärfen für dies Problem, das mit wesentlichen Fragen nicht nur unserer Wissenschaft, sondern unseres Lebens in unmittelbarer Beziehung steht“ (M. DIBELIUS, Der Brief des Jakobus, KEK XV, Göttingen 1921, 6; 11. Aufl. hg. und erg. von H. Greeven, 1964; 12. Aufl. mit erg. Literaturverzeichnis hg. von F. Hahn, 1984). In der 1926 verfaßten Literaturgeschichte findet sich ein Kapitel unter der Überschrift ‚Mahnungen ethischer und kirchenrechtlicher Art‘ (M. DIBELIUS, Geschichte der urchristlichen Literatur. Neudruck der Erstausgabe von 1926 unter Berücksichtigung der Änderungen der englischen Übersetzung von 1936, hg. von F. Hahn, TB 58, München 1975, 140–152). 4 In den GNT war Heinz-Dietrich Wendland, seinerzeit Professor für christliche Sozialethik, mit der Abfassung der Ethik beauftragt worden. Der Klappentext zur 2. Aufl. von W ENDLAND, Ethik, aus dem Jahr 1975 lautet: „Eine Ethik des Neuen Testaments ist in dieser Form in der evangelischen Theologie der Gegenwart etwas Neues. Die Bearbeitung gerade dieses Themas trifft in eine sehr aufnahmebereite Situation, denn ethische Unsicherheit einerseits und drängendes Fragen nach Verwirklichung andererseits sind heute für viele kennzeichnend.“ 5 Im anglo-amerikanischen, aber auch im skandinavischen Bereich haben beide Disziplinen „Theologie und Ethik des Neuen Testaments“ so keine direkte Entsprechung. 6 W.G. K ÜMMEL, Die Theologie des Neuen Testaments nach seinen Hauptzeugen, GNT 3, Göttingen 41980; H.-D. W ENDLAND, Ethik des Neuen Testaments, GNT 4, Göttingen 21975; W. SCHRAGE, Ethik des Neuen Testaments, GNT 4, Göttingen 21989 (vgl. auch DERS., Ethik IV. Neues Testament, TRE 10 [1982], 435–462).
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Theologischen Wissenschaft (ThW)7 oder Herders Theologischem Kommentar, Supplement-Reihe (HThK.S)8 u. a. Ausdruck gefunden.9 Daneben waren es grundsätzliche theologische Erwägungen, die diese Trennung begünstigten. Hierbei denke ich einerseits an die Anlehnung an die überkommenen Schemata von Rechtfertigung und Heiligung, von Indikativ und Imperativ, von Gabe und Aufgabe, von Zuspruch und Anspruch, und andererseits an die Absicht, jegliche Werk- und Gesetzesfrömmigkeit aus der Darstellung des Heilsgeschehens auszuschließen und sie allenfalls im Bereich der Ethik zu diskutieren. Zwar haben fast alle Darstellungen der Theologie des Neuen Testaments in der Vergangenheit die Ethik kurz angesprochen, zumeist allerdings nur hinsichtlich ihres Stellenwerts und ihrer christologischen und pneumatologisch-sakramentalen Begründung, nicht aber wirklich oder eben nur sehr knapp im Blick auf den materialethischen Gehalt. Rudolf Bultmann widmete in seiner Theologie des Neuen Testaments der Ethik im Paulusteil in § 38 keine zehn Seiten, behandelte aber im dritten Teil, der die Entwicklung zur Alten Kirche darstellt, in den § 59–61 das Problem der christlichen Lebensführung.10 Hans Conzelmann stellte in seinem Grundriß der Theologie des Neuen Testaments die paulinische Ethik in § 35 unter der Überschrift ‚de libertate Christiana‘ dar und behandelte hier vornehmlich —————— 7
E. LOHSE, Grundriß der neutestamentlichen Theologie, ThW 5, Stuttgart 1974; Theologische Ethik des Neuen Testaments, ThW 5,2, Göttingen 1988. Die ursprüngliche Verlagsplanung scheint nicht die Publikation der Neutestamentlichen Ethik vorgesehen zu haben, da erst nach Erscheinen der Ethik (ThW 5,2) die bereits zuvor publizierte Theologie des Neuen Testaments die Bandnummer 5,1 (zuvor einfach 5) erhielt. 8 J. G NILKA, Theologie des Neuen Testaments, HThK.S V, Freiburg 1994; R. SCHNACKENBURG, Die sittliche Botschaft des Neuen Testaments, Band 1: Von Jesus zur Urkirche; Band 2: Die urchristlichen Verkündiger, HThK.S I/II, Freiburg 1986/1988. Dieses zweibändige Werk greift zurück auf das in dem Handbuch der Moraltheologie erschienene Werk: DERS., Die Sittliche Botschaft des Neuen Testaments, HMT VI, München 2 1962. 9 Die genannten Werke sind vorgestellt und besprochen worden in: F.W. H ORN, Ethik des Neuen Testaments 1982–1992, ThR 60 (1995), 32–86; W. ZAGER, Neutestamentliche Ethik im Spiegel der Forschung, ZNT 11 (2003), 3–13. Auch die ‚de Gruyter Lehrbücher (GLB)‘ hatten diese Aufteilung in Theologie und Ethik im Blick. Der frühe Tod Georg Streckers im Jahr 1994 verhinderte jedoch den Abschluß der bereits 1972 angekündigten Ethik (G. STRECKER, Handlungsorientierter Glaube. Vorstudien zu einer Ethik des Neuen Testaments, Stuttgart 1972, 8); vgl. allerdings G. STRECKER, Theologie des Neuen Testaments. Bearbeitet, ergänzt und herausgegeben von Friedrich Wilhelm Horn, Berlin/New York 1996. Georg Strecker hat seine Sicht in: Strukturen einer neutestamentlichen Ethik, ZThK 75 (1978), 117–146, und in: Ziele und Ergebnisse einer neutestamentlichen Ethik, NTS 25 (1978/79), 1–15, dargelegt. 10 R. B ULTMANN, Theologie des Neuen Testaments, Tübingen 6 1968. DERS.,
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die Freiheit vom Gesetz und vom Tod.11 Auch in Werner Georg Kümmels Entwurf sind die Gewichte nicht anders gesetzt.12 Selbst Klaus Berger, der in den Einzelparagraphen seiner Theologiegeschichte ethische Fragen durchgehend anspricht, benennt die Ethik im einleitenden generellen Teil nicht als Thema seiner Darstellung.13 Die Aufgabe einer Theologie des Neuen Testaments beschreibt Joachim Gnilka wie folgt: „Neutestamentliche Theologie läßt sich demnach umreißen als Beschreibung des rettenden Handelns Gottes in Jesus Christus …“14. Auch diese Definition bleibt der Abtrennung der Ethik von der Theologie verpflichtet, insofern die Gestalt des christlichen Lebens in keinem direkten Bezug zu dem rettenden Handeln Gottes in Jesus Christus zu stehen scheint. Es wäre jetzt der Ort, in eine Diskussion einzutreten und die Frage zu beantworten, ob eine solche Aufteilung überhaupt dem neutestamentlichen Befund gerecht wird. Man kann im Blick auf die klassische Gestalt der Theologie des Neuen Testaments erwägen, ob sie nicht einem spezifisch intellektualistischen Glaubensbegriff folgt und ihn an die Texte heranträgt, wenn sie meint, die Darstellung der Ethik aus der Darstellung der Theologie ausgliedern zu können. Auch wird man fragen können, ob die Exegese in der Aufteilung von Theologie und Ethik nicht zu bereitwillig einer möglicherweise zeitlich bedingten kirchlichen oder dogmatischen Vorgabe gefolgt ist.15 Schließlich ist im Blick auf die Ethik des Neuen Testaments zu fragen, ob die Ausgliederung der Ethik des Neuen Testaments aus derjenigen der Theologie des Neuen Testaments nicht zu unreflektiert den vorgängigen theologischen Rahmen beibehalten hat, insofern die Darstellung der Ethik zumeist einem kerygmatischen Konzept verpflichtet bleibt, das einerseits den ethischen Anspruch, andererseits die ethische Entscheidung thematisiert. Ethische Aussagen werden in dieser Perspektive nur dann wirklich wahrgenommen, wenn sie als Antwort, Folge oder Konsequenz einer vorgängigen theologischen Aussage betrachtet und als Entscheidung —————— 11 H. CONZELMANN, Grundriß der Theologie des Neuen Testaments, EETh 2, München 1967; vgl. auch die 5. verbesserte Aufl., seit der 4. Aufl. bearbeitet von A. Lindemann, Tübingen 1992. Deutlich ist der Standort gesetzt: „Die ethische Forderung ist darzustellen auf der Grundlage der Rechtfertigungslehre. Eine Darstellung der paulinischen Ethik kann also nicht von den einzelnen ethischen Forderungen ausgehen“ (325). 12 W.G. K ÜMMEL, Theologie (s. Anm. 6), 199–203, äußert sich sehr knapp zu ‚Indikativ und Imperativ‘. 13 K. B ERGER , Theologiegeschichte des Urchristentums. Theologie des Neuen Testaments, Tübingen und Basel 1994, spricht im generellen Teil über den Schriftbeweis, das Gottesbild, die Eschatologie, Erfahrungen, Christologie, Soteriologie und Sakramente. 14 J. G NILKA, Theologie (s. Anm. 8), 9. 15 Es ist bemerkenswert, daß die 3. Auflage der RGG in Band II im Jahr 1958 wohl ein Stichwort Ethik verzeichnet, aber den biblischen Befund ausklammert; vgl. allerdings W.G. KÜMMEL, Sittlichkeit im Urchristentum, RGG3 VI (1962), 70–80.
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innerhalb des Glaubens ausgewiesen werden können. Es sind weitere Fragen zu stellen. Hier soll nur auf den Sachverhalt hingewiesen werden, daß im Blick auf die noch recht junge Trennung der beiden Disziplinen erheblicher Klärungsbedarf darüber besteht, was eigentlich der Gegenstand jeder Disziplin ist16, worin jede Disziplin ihr jeweiliges Eigenrecht hat und worin beide wiederum verknüpft sind. Läßt man jedoch die überkommenen Muster beiseite und wählt einen offeneren deskriptiven religionsgeschichtlichen Ansatz, dann entbehrt die Aufteilung von Theologie und Ethik jeglicher Rechtfertigung. Gerd Theißen, der in seiner Darstellung der Religion der ersten Christen eine Theorie des Urchristentums entwirft, behält Mythos, Ethos und Ritus gleichermaßen im Blick und folgt mithin nicht der klassischen Aufteilung.17 Seine religionswissenschaftliche Darstellung ist, wie sich zeigen wird, mit Ferdinand Hahns bewußt am Kanon orientierter theologischer Zielsetzung (Bd. II, S. VII18; außerdem I, 18) nicht kommensurabel.19 Auch die sozialgeschichtliche Frage, die das faktische Ethos der frühchristlichen Gemeinden erhebt und darstellt, kann Gestalt und Kontext urchristlicher Lebensäußerungen beschreiben, auch wenn sie nicht in einem expliziten Verhältnis zum Evangelium stehen oder zu stehen scheinen.20 Doch stellt auch Hahns —————— 16 Die Diskussion über Aufgabe und Methode einer Theologie des Neuen Testaments hat seit der Religionsgeschichtlichen Schule diese Disziplin begleitet. Im Blick auf die Disziplin Ethik des Neuen Testaments besteht diesbezüglich erheblicher Nachholbedarf. Die neueren Arbeiten von F.J. MATERA, New Testament Ethics. The Legacies of Jesus and Paul, Louisville 1996, und von R.B. H AYS, The Moral Vision of the New Testament. A Contemporary Introduction to New Testament Ethics, San Francisco 1996, setzen unabhängig voneinander übereinstimmend mit einem Kapitel ‚The Task of New Testament Ethics‘ ein, in dem beide die historische Aufgabe zugunsten eines canonical approach zurückstellen und betont auf die gegenwärtige Applikation des Textes zielen. 17 G. T HEIßEN, Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums, Gütersloh 2000, 101: „Das Ethos des Urchristentums ist demnach nichts, was erst sekundär zur primären Bedeutung religiöser Mythen (ihrer Rollen und Symbole) hinzutritt, sondern gehört konstitutiv zu dieser Bedeutung. Das Ethos ist die Bedeutung des Mythos in der Sprache des Verhaltens.“ 18 Im folgenden immer einfach mit römischer Ziffer und Seitenzahl zitiert. 19 F. H AHN, Theologie des Neuen Testaments. Band I: Die Vielfalt des Neuen Testaments. Theologiegeschichte des Urchristentums; Band II: Die Einheit des Neuen Testaments. Thematische Darstellung, Tübingen 2002. F. H AHN, Theologie II, S. VII, möchte seine Theologie bewußt durch konsequente Orientierung am neutestamentlichen Kanon den jüngeren religionsgeschichtlichen Alternativen entgegenstellen. Kritisch zu einem religionsgeschichtlichen Ansatz erneut DERS., Rez. U. Wilckens, Theologie des Neuen Testaments I/II, ThLZ 129 (2004), 1305–1309 (1305). 20 Vgl. aber den Hinweis von W.A. MEEKS, Urchristentum und Stadtkultur. Die soziale Welt der paulinischen Gemeinden, Gütersloh 1993, 19: „Die Religion ist ein wesentlicher Bestandteil dieser kulturellen Strukturen, in denen zudem eine reale, aber komplexe Beziehung zwischen Sozialstruktur und Symbolstruktur festzustellen ist.“
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Werk einen betonten Neueinsatz innerhalb der eigenen Disziplin dar, insofern er, wenn auch von anderen Voraussetzungen her, einer rigiden Aufteilung von Theologie und Ethik widerspricht.21 Die Darstellung dieses grundsätzlichen Aspekts, seine inhaltlich materialethische Füllung und seine Verortung innerhalb der neutestamentlichen Wissenschaft sind Gegenstand dieses Beitrags.
2. Glaubensüberzeugung und Lebensgestaltung, Zuspruch und Anspruch „Eine neutestamentliche Theologie erfüllt ihre Aufgabe erst dann, wenn die Frage beantwortet wird, wie die vielfältigen urchristlichen Zeugnisse inhaltlich zusammengehören“ (Bd. II, S. VII). Damit will Ferdinand Hahn einen fundamentaltheologischen Anspruch formulieren und ihn auf Theologie und Ethik des Neuen Testaments gleichermaßen beziehen.22 Er räumt der Ethik innerhalb des zweiten Bandes seiner Theologie, der die Einheit des Neuen Testaments thematisiert, einen verhältnismäßig breiten Raum ein. § 22 behandelt die Grundlagen für das Leben in christlicher Verantwortung (659–689) und § 23 das Leben in christlicher Verantwortung (690–736). Das überkommene, zwischenzeitlich aber doch problematische und mit Recht umstrittene Schema23 von Grundlagen und Anwendung, von Indikativ und Imperativ schlägt also auf den S. 659–736 durchaus wieder durch, was auch die korrespondierenden Untertitel Ethik I und Ethik II —————— 21 Auch in zurückliegenden Aufsätzen hat sich Ferdinand Hahn häufig mit dem Verhältnis der neutestamentlichen Ethik zur Theologie beschäftigt. Ohne Vollständigkeit erreichen zu wollen, verweise ich auf: F. HAHN, Die christologische Begründung urchristlicher Paränese, ZNW 72 (1981), 88–99; DERS., Neutestamentliche Grundlagen einer christlichen Ethik, TThZ 86 (1977), 31–41; DERS., Neutestamentliche Ethik als Kriterium menschlicher Rechtsordnung, in: E.L. Behrendt (Hg.), Rechtsstaat und Christentum I, München 1982, 377–399. 22 Vgl. zum theologischen Anspruch der Theologie Ferdinand Hahns die Ausführungen von C. BREYTENBACH, Zwischen exegetischer und systematischer Theologie. Ferdinand Hahns Auffassung von der Einheit der ‚Theologie des Neuen Testaments‘, in: P. Müller / Chr. Gerber / Th. Knöppler (Hgg.)‚ ‚… was ihr auf dem Weg verhandelt habt‘. Beiträge zur Exegese und Theologie des Neuen Testaments (FS Ferdinand Hahn zum 75. Geburtstag), Neukirchen 2001, 204–214. 23 M. WOLTER , Die ethische Identität christlicher Gemeinden in neutestamentlicher Zeit, MThSt 67, Marburg 2001, 61–90, bezieht den Imperativ auf die Objektivation der neu gewonnenen Identität, versteht ihn aber nicht mehr als dankbare Antwort auf den Indikativ des Heils. Kritik an diesem Schema auch bei K. BACKHAUS, Evangelium als Lebensraum. Christologie und Ethik bei Paulus, in: U. Schnelle / Th. Söding / M. Labahn (Hgg.), Paulinische Christologie. Exegetische Beiträge (FS H. Hübner), Göttingen 2000, 9–31.
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oder die vielfache Aufnahme des Schemas von Zuspruch und Anspruch (vor allem II, 731) demonstrieren. Dennoch erscheint mir die grundsätzliche Entscheidung, die Ethik in die Darstellung einer neutestamentlichen Theologie – und zwar stärker als die Vorgängerwerke es getan haben – zu integrieren, aus unterschiedlichen Erwägungen heraus sachgemäß zu sein. Einerseits im Blick auf den Gehalt der neutestamentlichen Schriften: bestimmte Konzeptionen wie im Bereich der paulinischen Theologie diejenigen der Heiligung, des Lebens im Geist, der sakramentalen Eingliederung in den Christusleib24, wie in den synoptischen Evangelien der Stellenwert des Gebots des Herrn oder der Lebenswirklichkeit der Glaubenden in der Christusnachfolge, schließlich im johanneischen Schrifttum diejenige der Liebe von Gott zum Kosmos und der gegenseitigen Bruderliebe (vgl. auch die sog. Immanenzformeln25), sie alle verklammern das oder denken ineinander, was man klassischerweise mit Indikativ und Imperativ zu differenzieren, vielleicht sogar zu trennen versucht. Die gemeinsame Schnittmenge und die gegenseitige Bezogenheit von Theologie und Ethik sind weitaus größer, als in der älteren Literatur angedeutet worden ist. Andererseits erscheint mir die Beschreibung des rettenden Handelns Gottes ausschließlich in seiner Rezeption im Bereich des Glaubens und nicht auch in derjenigen des Lebens und Handelns ein problematisches reduktionistisches Verfahren darzustellen. Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Ethik hierbei in eine relative Beliebigkeit entlassen wird oder ganz der individuellen Verwirklichung überlassen wird. Ferdinand Hahns letzter Satz in dem Teil, der das Leben in christlicher Verantwortung darstellt, lautet, daß es „keine Trennung zwischen der Glaubensüberzeugung und der äußeren Lebensgestaltung und Verantwortung geben kann“ (II, 736). Ich referiere im folgenden zunächst die wesentlichen Grundentscheidungen Ferdinand Hahns. Neben der Rekonstruktion der Nachfolgeethik Jesu26 und der nachösterlichen Gemeindeethik27 gilt ein besonderes Au—————— 24 U. SCHNELLE , Paulus. Leben und Denken, Berlin/New York 2003, 631, verabschiedet sich gleichfalls von dem ‚Indikativ-Imperativ-Schema‘, überführt allerdings dessen Wahrheitselemente in das Grundmodell ‚Transformation und Partizipation‘; vgl. auch DERS., Transformation und Partizipation als Grundgedanken paulinischer Theologie, NTS 47 (2001), 58–75; außerdem DERS., Die Begründung und die Gestaltung der Ethik bei Paulus, in: R. Gebauer / M. Meiser (Hgg.), Die bleibende Gegenwart des Evangeliums (FS O. Merk), MThSt 76, Marburg 2003, 109–131. 25 K. SCHOLTISSEK, In ihm sein und bleiben. Die Sprache der Immanenz in den johanneischen Schriften, HBS 21, Freiburg 2000. 26 Unter ‚Nachfolgeethik Jesu‘ bzw. ‚Jüngerethik Jesu‘ versteht Hahn diejenige Ethik, die sich „trotz späterer Überlagerungen in den synoptischen Evangelien“ niedergeschla-
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genmerk der Verhältnisbestimmung beider Komplexe zueinander.28 Beide Einheiten können in ihren Grundzügen rekonstruiert werden und bilden „einerseits Grundprinzipien für eine Ethik und andererseits zahlreiche Texte und Beispiele für deren Anwendung“ (II, 659). Die Nachfolgeethik Jesu ist in der urchristlichen Gemeindeethik nicht aufgehoben (659). „Die Gemeindeethik setzt die Jüngerethik voraus und nimmt mehrfach expressis verbis darauf Bezug“ (II, 659f.). Beide treffen sich in der gemeinsamen Grundintention, die „Erneuerung des menschlichen Lebens in der Nachfolge Jesu bzw. im Glauben“ (II, 660) zu beschreiben. Deutlicher im Blick auf Jesu Nachfolgeethik: „Jesu Forderungen beziehen sich auf ein Leben in der verwirklichten Gottesherrschaft“ (II, 661); bzw. im Blick auf die Gemeindeethik: „… geht es um Anweisungen zu einem erneuerten Leben angesichts des Heilsanbruchs“ (II, 669). Es entspricht dem Charakter der Nachfolgeethik Jesu und der urchristlichen Gemeindeethik als Zielbestimmungen (II, 661), daß „sie nicht uneingeschränkt erfüllbar sind“ (II, 661). Dennoch ist „eine möglichst weitgehende Realisierung“ (II, 661, ähnlich auch II, 685) erwartet, andernfalls nähme man den Forderungen Jesu von vornherein jegliche Relevanz. An anderer Stelle spricht Ferdinand Hahn den Forderungen Jesu den „Charakter von Ermutigungen“ zu (II, 685), keinesfalls aber geht es bei den Realisierungen um eine „Vergesetzlichung“ (II, 685) oder „Verrechtlichung“ (II, 686). Im Gegenteil: „Jesu Nachfolgeethik entzieht sich jedoch jeder Form einer Verrechtlichung“ (II, 686). Auch die Gemeindeethik kenne „keinerlei gesetzliche Bestimmungen …, weder im apodiktischen noch im kasuistischen Sinn“ (II, 687).
3. Das Doppelgebot der Liebe Das „Doppelgebot der Liebe ist Herzstück der Botschaft Jesu und aller neutestamentlichen Ethik“ (II, 662; auch 670.685). Diese von Ferdinand Hahn bereits an anderer Stelle vorgetragene These29 macht stutzig, da dieses Doppelgebot außerhalb der synoptischen Evangelien so nicht mehr erscheint. Formal und inhaltlich sei das Doppelgebot „nichts Neues“ (II, —————— gen hat (II, 659). Sie sei dadurch charakterisiert, daß in ihr „höchste Anforderungen an die Jünger“ gestellt werden, „ohne daß über deren Realisierbarkeit reflektiert wird“. 27 Die Gemeindeethik der nachösterlichen Zeit habe sich in den ermahnenden Teilen der Briefe niedergeschlagen. Sie bemühe sich im Gegensatz zur Jüngerethik um Praktikabilität, „indem sie Rücksicht auf die jeweilige Situation und auf das Durchführbare nimmt“ (II, 659). 28 Hahns Darstellung der Ethik wählt, anders als Schrage und Schnackenburg, in Übereinstimmung jedoch mit Lohse, methodisch einen systematisch und nicht einen theologiegeschichtlich orientierten Aufriß (II, 730). 29 F. H AHN, Begründung (s. Anm. 21), 95.
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662), es habe bereits im Judentum vergleichbare Zusammenfassungen der Hauptaspekte der Tora gegeben. Die Zusammenstellung der beiden in der Tora getrennt überlieferten Gebote der Liebe zu Gott und der Liebe zum Nächsten sei „als solche für Jesus noch nicht eigentlich charakteristisch“ (II, 663). Nicht aus dem Textbestand an sich sei die Bedeutung des Doppelgebotes innerhalb der Verkündigung Jesu zu klären. Zwar stelle das Doppelgebot eine Brücke zur Tora dar, doch gehe es Jesus „nicht primär um die weiter bestehende Gültigkeit von Geboten der Tora, sondern um die Funktion dieser beiden Gebote im Zusammenhang mit der anbrechenden Gottesherrschaft“ (II, 664f.). Da das Doppelgebot der Liebe zum Kriterium aller Einzelbestimmungen gemacht wird, komme der ursprüngliche und endgültige Wille Gottes wieder in Blick. Vom Doppelgebot ausgehend, habe „Jesus sich daher nicht gescheut, auch den Wortlaut der Tora anzutasten“ (II, 668). Ferdinand Hahn belegt dies an den Antithesen der Bergpredigt, in denen „Gebote wegen der angebrochenen Gottesherrschaft in einer Weise radikal verstanden (werden), wie das die jüdische Gesetzesauslegung so nicht kennt“ (Verbot des Tötens, des Ehebruchs und Gebot der uneingeschränkten Feindesliebe). Gleichzeitig erweisen sich überdies „Gebote aufgrund der konsequent verstandenen Liebe als überflüssig“ (Ehescheidung, Schwur und Wiedervergeltung) (II, 665). Aber nicht nur innerhalb der Gebote, die das Verhalten zum Mitmenschen betreffen, findet dieses Kriterium Anwendung, sondern auch in Geboten, die das Verhältnis zu Gott betreffen. Da der Sabbat im Licht des Eschaton verstanden wird, kann Jesus sich über die geltende Sabbathalacha hinwegsetzen.30 Das Liebesgebot wird folglich dem Kontext der Treue zur Tora entnommen und der Unmittelbarkeit zu Gott zugeordnet. Das Gebot der Liebe zum Nächsten ist von Jesus konsequent im Sinn der Feindesliebe verstanden worden“ (II, 665). Insofern bieten der Abschnitt der lukanischen Feldrede zum Verzicht auf Wiedervergeltung (Lk 6,27–36) und die entsprechende sechste Antithese der matthäischen Bergpredigt die „genuin jesuanische Interpretation des Gebots der Nächstenliebe“ (II, 666). Das Doppelgebot der Liebe begegnet im Neuen Testament ausschließlich in Mk 12,28–34 und den sich hierauf beziehenden synoptischen Parallelen in Mt 22,34–40 und Lk 10,25–29. Als Einzelgebot ist das einfache Gebot der Nächstenliebe vielfach bezeugt, aber das von Ferdinand Hahn als so zentral betrachtete Doppelgebot der Liebe wird in der Briefliteratur explizit nicht aufgenommen. Gleichwohl sei „das Doppelgebot von entscheidender Bedeutung für die ethische Unterweisung der Gemeinde geblieben“ (II, 670). Die Rezeption beziehe sich teilweise auf einen Teil des —————— 30 Der Stellenwert der Infragestellung des Wortlauts der Tora und der Verletzung der Halacha kommt nach Hahn auch darin zum Ausdruck, daß beides „im Prozeß Jesu eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben“ dürfte (II, 668).
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Doppelgebots, etwa auf die Liebe zu Gott im 1. Johannesbrief, oder löse den Ruf zur Liebe Gottes durch den Glauben an Jesus Christus ab oder übertrage das Motiv der Liebe zu Gott auf die Liebe an den Offenbarer Jesus Christus (II, 671). Alles, was zur Nachfolgeethik Jesu zu sagen ist, wird vom Doppelgebot her entfaltet, aber zugleich so, daß der ursprüngliche Schöpferwille wieder Bedeutung gewinnt (II, 685). Richtungsweisend sei „die von Jesus gedeutete Tora mit dem doppelten Liebesgebot als ihrer Mitte“ (II, 685). Der Sache nach blicke auch Paulus auf das Doppelgebot, wenn er in Röm 8,4 die Erfüllung der Rechtsforderung des Gesetzes unter den Christen erwähnt. Hier gehe es nicht mehr um den Buchstaben des Gesetzes, sondern um das Zentrum der Tora, nämlich um das Liebesgebot (II, 681). Mehrfach wird betont: die Forderung der Tora ist in der Verkündigung Jesu nicht aufgehoben, sie wird aber vom Doppelgebot her neu verstanden (II, 683). Meine Rückfrage bezieht sich zunächst auf die beiden Grundthesen: a) Jesus habe das Doppelgebot zum Kriterium aller Einzelbestimmungen gemacht und die urchristliche Gemeindeethik sei darin gefolgt; b) der im Doppelgebot enthaltene ursprüngliche und endgültige Gotteswille führe über die Bestimmungen der Tora hinaus. Ad a) Würden wir das in der Jesusforschung erprobte Kriterium der Mehrfachbezeugung auf das Neue Testament insgesamt anwenden, müßten wir wohl eher von einer Randstellung des Doppelgebots sprechen. Das Doppelgebot ist ausschließlich durch Markus an die Seitenreferenten weitergegeben worden, gemeinsame Abweichungen derselben gegen Markus führen nicht auf eine zweite Fassung des Doppelgebots, etwa in der Logienquelle.31 Nicht unproblematisch scheint mir die Entscheidung, sich nicht an dem faktischen Vorkommen des Wortbestandes des Doppelgebots zu orientieren, sondern an der intendierten Sache. Es fällt daher schwer, von einer Rezeption innerhalb der gesamten urchristlichen Ethik zu sprechen (II, 670), solange wir uns im strengen Sinn auf das Doppelgebot und nicht auf das Nächstenliebe- oder das Gottesliebegebot beziehen. Die von Ferdinand Hahn angeführten neutestamentlichen Belege für ‚Gott lieben‘ stellen doch oftmals nicht mehr als eine stereotype Bezeichnung für die ‚Glaubenden‘ dar und haben keinen Bezug zum Doppelgebot. Die johanneische Rede von der Gottes- und Bruderliebe steht auch nicht in einer direkten Fluchtlinie zum Doppelgebot, da im johanneischen Schrifttum der Nächste eben nicht ausweitend auf den Feind, sondern eingrenzend auf den Bruder fixiert wird. Auch meine ich, daß die Liebe zum Offenbarer Jesus Christus nicht einfach mit der Gottesliebe zu verrechnen ist (II, 671). —————— 31 So auch, mit ausführlicher Darlegung des Befunds und vorsichtiger Auswertung: U. LUZ, Das Evangelium nach Matthäus (Mt 18–25), EKK I/3, Neukirchen 1997, 270f.
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Im Doppelgebot der Liebe ist eben – unbeschadet aller gedanklichen Voraussetzungen im zeitgenössischen Judentum – doch eine erhebliche Zuspitzung erreicht worden, insofern zwei Gebote der Tora als das eine und in seinen beiden Teilen gleichrangige Doppelgebot ausgegeben und dieses wiederum als erstes bzw. als höchstes Gebot der Tora benannt wird, dem eine Sonderstellung gegenüber Tora und Halacha zukommt, was in den einzelnen Fassungen der Synoptiker in unterschiedlicher Hinsicht festgehalten worden ist. Die Funktion des Doppelgebotes besteht folglich in einer Interpretation des Anspruchs der Tora, zunächst aber nicht darin, eine Plattform für eine positive Ethik zu formulieren. Ferdinand Hahn geht selbstverständlich von der Herkunft des Doppelgebots von Jesus aus, obwohl dies, wie Ulrich Luz durchaus stellvertretend für viele Exegeten sagt, „nach heutiger Erkenntnis mehr als unsicher“ ist.32 Es ist eher wahrscheinlich, daß die erstmalige Zusammenstellung des Doppelgebots in der Form eines Streitgesprächs sich der Apologetik der judenchristlichen Gemeinde verdankt, wobei sie durchaus eine grundlegende Intention der Verkündigung Jesu aufgenommen haben wird. Wir müssen also ernsthaft mit der Möglichkeit rechnen, daß der frühen Gemeindeethik, die etwa in der paulinischen Briefliteratur begegnet, die Vorstellung eines Doppelgebots der Liebe noch gar nicht bekannt war. Von Bruder- und Nächstenliebe, auch unter formaler Bezugnahme auf Lev 19,18 (in Gal 5,14; Röm 13,9), spricht Paulus jedenfalls häufig. Es ist nicht ersichtlich, weshalb er die Gottesliebe als altera pars nicht thematisiert haben soll, wenn „das Doppelgebot von entscheidender Bedeutung für die ethische Unterweisung der Gemeinde geblieben“ (II, 670) sein soll. Aber auch dann, wenn man sich nicht auf das Doppelgebot bezieht, sondern das Vorkommen des Nächstenliebegebotes in der frühchristlichen Ethik untersucht, wird man von dem Ansatz einer prägenden Vorgabe innerhalb der Verkündigung Jesu und einer Rezeption innerhalb der Gemeindeethik in dieser Form abrücken müssen. Bereits der früheste Gemeindebrief, der 1 Thess, enthält in 1,3; 3,11–13; 4,9–12; 5,8.13 klare Mahnungen zur DMJDYSK. Es ist allerdings an keiner Stelle erkennbar, daß er direkt von der Jesustradition beeinflußt ist. Im Gegenteil, 1 Thess 4,9 führt die Mahnung zur ILODGHOILYD auf eine Weisung des Geistes zurück und schließt sich sprachlich nicht an Lev 19,18 als Vorgabe des Liebesgebotes —————— 32 U. LUZ, Matthäus (s. Anm. 31), 277. Auch J. GNILKA, Das Evangelium nach Markus (Mk 8,27–16,20), EKK II/2, Neukirchen 1979, 167, erachtet es als „unwahrscheinlich, daß sie (die Perikope; fwh) eine Episode aus dem Leben des irdischen Jesus überliefert.“ T. SÖDING, Das Liebesgebot bei Paulus. Die Mahnung zur Agape im Rahmen der paulinischen Ethik, NTA 26, Münster 1995, 37, erkennt im Doppelgebot die ipsissima intentio Jesu, während die gegenwärtige Gestalt der Texte nur als Ergebnis eines längeren Redaktionsprozesses verständlich zu machen sei.
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Jesu an.33 Dies alles besagt für eine Darstellung einer urchristlichen Ethik auch, daß die entscheidende Grundlage der Paränese nicht in der Vorgabe des Doppelgebots und folglich auch nicht in einem Gebot Jesu gelegen hat. Ad b) In welchem Verhältnis steht das Doppelgebot bzw. das Liebesgebot zur Tora und welche Bedeutung hat diese Verhältnisbestimmung für die Gestalt einer Ethik des Neuen Testaments? Nach Ferdinand Hahn besteht im Blick auf Paulus „ein grundsätzlicher Unterschied, ob die Tora bei der Heilsverwirklichung Bedeutung besitzt oder im Blick auf die Verantwortung der Glaubenden in der Welt“ (II, 681). Hinsichtlich der Ethik ist die Tora „bleibender Ausgangspunkt, auch wenn sie erheblich modifiziert wird“ (II, 681). Grundsätzlich gilt, daß die Forderung des Gesetzes auch für die Christen „bleibende Gültigkeit“ hat (II, 681) und erfüllt werden kann, da die Sünde überwunden ist. Gleichzeitig aber bezieht sich die Erfüllung der Forderung der Tora nicht mehr auf den Buchstaben, sondern auf das Zentrum, auf das Liebesgebot. Paulus bietet also eine Zusammenfassung der Gebote der Tora34 im Liebesgebot, so daß im Bereich der mit dem Geist begabten christlichen Gemeinde die Forderung der Tora erfüllt wird.35 Diese Zusammenfassung der Tora auf das eine Gebot der Liebe ist —————— 33 34
So auch T. SÖDING, Liebesgebot (s. Anm. 32), 99. F. Hahn spricht von einer Zusammenfassung „alle(r) Einzelgebote des Dekalogs und damit der Tora“ (II, 355), von einer Zusammenfassung der „Gebote des Dekalogs und alle(r) anderen Satzungen“ (II, 682). Welcher Charakter kommt den Kategorien ‚Zusammenfassung‘ und ‚erfüllen/SHSOKYUZND‘ zu? Ich verstehe seine Ausführungen so, daß im Blick auf die Christen die Tora im Liebesgebot zusammengefaßt wird, so daß, wo immer das Liebesgebot erfüllt wird, ein Christ faktisch die Forderung der Tora erfüllt hat, er zugleich aber von weitergehenden Forderungen der Tora (neben dem Liebesgebot) befreit ist; so auch völlig entsprechend etwa U. WILCKENS, Der Brief an die Römer, EKK VI/3, Neukirchen 1982, 68. Die christliche Gemeinde erfüllt damit kraft ihrer Geistbegabung die Forderung der Tora, wenn auch in der Gestalt ihrer Zusammenfassung im Liebesgebot. K. HAACKER, Der Brief des Paulus an die Römer, ThHK 6, Leipzig 1999, 272, wendet sich wohl mit Recht gegen eine gelegentlich vertretene Sicht, der zufolge es zu einer Extrapolation des Liebesgebotes aus der Tora bzw. einer Entgegensetzung beider Größen kommt: „Verbreitet, aber durch den Text nicht gedeckt ist die Auffassung, daß das Liebesgebot nach Paulus die konkreten Einzelgebote ersetzt und überflüssig macht.“ Unverständlich bleibt für mich allerdings sowohl die Vermutung, daß für Paulus „die überlieferten mosaischen Gebote nichts anderes sind als Entfaltungen des Gebotes der Nächstenliebe“ (153), als auch die Röm 8,4b zuwiderlaufende Vermutung, daß „Paulus nicht damit rechne, daß jemand die von ihm aufgestellte Regel tatsächlich erfüllt“. 35 Die von Ferdinand Hahn unterbreitete These einer bleibenden Gültigkeit der Forderungen der Tora für die Christen, wenn auch in Gestalt einer Zusammenfassung dieser Forderungen im Liebesgebot, wird in der exegetischen Diskussion von vielen nicht geteilt. Gegenüber a) einer radikalen Ablehnung eines jeglichen Anspruchs der Tora auf das Verhalten der Christen werden unterschiedliche Modelle diskutiert, die b) von einer ungebrochenen Gültigkeit der Tora für Judenchristen, ja c) selbst für Heidenchristen bzw. d) von einer auf das Liebesgebot (und den Dekalog) reduzierten Zusammenfassung im
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grundsätzlich, wenn auch mit Differenzen im Detail, in Röm 8,4; 13,8–10; Gal 5,14 bezeugt. Diese Verknüpfung wird da vollzogen, wo Paulus insbesondere mit jüdischen oder judenchristlichen Gesprächspartnern argumentiert. Die sprachlichen Formen und sachlichen Vernetzungen des Liebesgebotes sind breiter und können nicht ausschließlich auf eine Rezeption der atl. Vorgabe reduziert werden. Es sollte daher beachtet bleiben, daß Paulus das Liebesgebot nicht ausschließlich (über Lev 19,18) mit der Tora verbindet. In 1 Thess 4,9 orientiert er sich mit ILODGHOILYD begrifflich an hellenistischer Bruderliebe und in 1 Kor 13 stellt die Wertepriamel keinen Bezug zum atl. Liebesgebot her. Selbst in Gal 5–6 wird der alttestamentliche Bezugspunkt (5,14) durch Einführung des neuen Begriffs R-QRYPRa WRXC FULVWRXC(6,2) substituiert, wiewohl es in beiden Textstellen Gal 5,14 und 6,2 um nichts anderes als das Liebesgebot geht.
4. Besonderheiten der urchristlichen Gemeindeethik Die Gemeindeethik habe sich „vermutlich erst im griechisch-sprachigen Bereich der Urchristenheit ausgebildet“ und sei – eine für mich etwas überraschende Feststellung – „zur Zeit der Abfassung der paulinischen Briefe bereits voll ausgeprägt“ gewesen (II, 669).36 Dies würde bedeuten, daß innerhalb weniger Jahre, etwa bis zur Zeit des Apostelkonvents, eine grundlegende Neuorientierung stattgefunden hat, auf die sich Paulus dann in seinen Briefen bereits beziehen kann. Hinsichtlich weniger Grundentscheidungen in den Gemeinden wird man dem zustimmen können. Hierbei denke ich etwa an den unstrittigen Rang des Liebesgebots oder an die wohl im Zusammenhang der Tauftheologie stehende Forderung der Heiligung. Beide Themen sind in großer Breite fast im gesamten neutestamentlichen Schrifttum bezeugt. Eine Durchsicht durch die paulinischen Briefe zeigt —————— Blick auf Heidenchristen ausgehen. Die unter Punkt c genannte Position wird etwa von K. F INSTERBUSCH, Die Thora als Lebensweisung für Heidenchristen. Studien zur Bedeutung der Thora für die paulinische Ethik, StUNT 20, Göttingen 1996, vertreten; vgl. auch auf S. 11–13 die knappen Hinweise aus der Forschungsgeschichte. Ich habe verschiedentlich eine Sicht dargelegt, die derjenigen Ferdinand Hahns weitgehend entspricht: F.W. HORN, Das Angeld des Geistes. Studien zur paulinischen Pneumatologie, FRLANT 154, Göttingen 1992, 369; DERS., Wandel im Geist. Zur pneumatologischen Begründung der Ethik bei Paulus, KuD 38 (1992), 149–170. 36 Es ist eine gewisse Tendenz nicht zu verkennen, den Aspekt des Normativen mit der gegebenen Tradition zu verbinden. Dies betrifft nicht nur die Gemeindeethik (s.o.), sondern auch die Jüngerethik Jesu, deren „bleibende Bedeutung“ (II, 669) in den synoptischen Evangelien zu erkennen sei. Daher betont Hahn den „vorösterlichen Grundstock“ (II, 660).
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aber doch, daß in materialethischer Hinsicht in den hellenistischen, aus Juden- und Heidenchristen bestehenden Gemeinden in wesentlichen Fragen Normen erst gefunden werden mußten, da das die Gemeinden nach wie vor bestimmende pagane und jüdische Ethos in bestimmten Sachfragen unterschiedliche Orientierungen ermöglichte. Die christlichen Gemeinden repräsentierten zudem keine gruppenkonforme Gestalt, sondern setzten sich aus jedem Geschlecht und Alter, aus sozial inhomogenen und religiös uneinheitlich geprägten Gruppen zusammen. Auch wenn die alle verbindende gemeinsame hellenistische Kultur bereits manches ehedem Trennende entschärft hatte, stand vor allem im Bereich der Familien- und Sexualethik eine Normenfindung erst noch an. Etliche Formen ethischer Unterweisung (Haustafeln: Kol 3,18–4,1; Eph 5,22–6,9; Ständeethik: 1 Petr 2,18–3,7; Lk 3,10–14; Zwei-Wege-Lehre: Mt 7,13f.; 2 Petr 2,15; Did 1,1) oder Themen (Witwenfrage: 1 Tim 5,3–16; Arbeitsethik: 2 Thess 3,6–12; Apg 20,34f.; Verhältnis zum totalitären römischen Staat: Offb 13 u. a.) begegnen schließlich erstmals in spätneutestamentlichen Schriften. Nach meiner Einschätzung ist das Neue Testament daher eher als ein Dokument zu lesen, in dem zunehmend ethische Konflikte angesprochen und unterschiedliche Lösungen unterbreitet werden, als daß sich die Mehrheit der neutestamentlichen Schriften auf eine Gemeindeethik zurückbeziehen könnte, die im wesentlichen bereits zeitlich vor der Abfassung dieser Schriften ausgeprägt gewesen sei. Ein zweiter „Grundtext für die neutestamentliche Ethik“ (II, 679) neben dem Doppelgebot der Liebe sei mit Röm 12,1f. gegeben.37 Trefflich spricht Ferdinand Hahn von einer kühnen Aussage (II, 680), wenn den Glaubenden die Fähigkeit zugesprochen wird, den Willen Gottes erkennen zu können. Hierbei beziehe sich der Apostel nicht auf eine allgemeine Vernunftbegabung, sondern spreche den in der Taufe erneuerten QRX aan. Die Verwandlung sei unabgeschlossen, sie vollziehe sich „in einem fortdauernden Prozeß“ (II, 679). Die Kardinalstellung dieses Verses begründet sich somit aus der folgenden sachlichen Verdichtung: „Das Widerfahrnis des Heils, die innere Verwandlung und die Freiheit zur Erfüllung des Willens Gottes sind für Paulus die entscheidenden Merkmale für die konkreten Ermahnungen“ (II, 680). Die Darstellung des Lebens in christlicher Verantwortung (Ethik II) thematisiert neben einem einleitenden Abschnitt zur Gestalt der neutestamentlichen Ethik und einem Schlußabschnitt zum Gesamtcharakter der —————— 37 Diese Einschätzung wird seit Ernst Käsemanns Beitrag, auf den sich Hahn (II, 679) erneut bezieht, immer wieder vorgetragen. Am intensivsten scheint mir dieser Text im Blick auf die Ethik bei H.D. B ETZ, Das Problem der Grundlagen der paulinischen Ethik, ZThK 85 (1988), 199–218; wiederabgedruckt in: DERS., Paulinische Studien. Gesammelte Aufsätze III, Tübingen 1994, 184–205, ausgewertet worden zu sein.
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neutestamentlichen Ethik vor allem drei Bereiche: a) das Leben des einzelnen Christen; b) das Leben in Gemeinschaft und c) das Leben in den Ordnungen der Welt. Während im letzten Abschnitt mit Mann und Frau (Ehe und Ehescheidung, Ehelosigkeit, Homosexualität, Unzucht), Stellung der Kinder, Verhältnis von Sklaven und Herren, Verantwortung gegenüber Außenstehenden bzw. dem Staat eher klassische Themen der Ordnungsethik zur Sprache kommen, werden im Bereich der Individualethik mit Gebet, Fasten, Verzicht, Schwören, Sorglosigkeit, Selbstbeherrschung und Geduld sowie im Bereich der Sozialethik mit Schutz des Lebens, Versöhnung und Vergebung, Einheit und Aufbau der Gemeinde, Hilfsbereitschaft und Fürsorge für die Armen Aspekte angesprochen, die in etlichen Darstellungen neutestamentlicher Ethik gar nicht oder nicht hinreichend gewürdigt werden, die aber insbesondere in der kirchlichen Rezeption stets Grundlage einer Lebensordnung waren. Befragt nach der Eigenart neutestamentlicher Ethik, benennt Ferdinand Hahn zunächst als „wesentliches Kennzeichen der ethischen Weisungen Jesu wie der urchristlichen Ermahnungen … das Fehlen jeder Gesetzlichkeit“ (II, 731).38 Es gehe in der Jüngerethik Jesu und in der urchristlichen Gemeindeethik „um eine Ethik der Freiheit“, zugleich um „eine Ethik der Liebe“ (II, 731; vgl. auch II, 688). Eine christliche Ethik ermutige „zu freien und von echter Liebe getragenen Entscheidungen“ (II, 731). Gerade weil die Christen aufgefordert werden, den Willen Gottes zu prüfen (Röm 12,2b), ist ihrer verantwortlichen Entscheidung ein Raum der Freiheit eröffnet (II, 688). Allerdings biete die neutestamentliche Ethik gegenüber einer reinen Situationsethik „eindeutige Grund- und Grenzbestimmungen sowie klare Richtungsangaben für das Handeln“ (II, 736). Grundsätzlich seien alle neutestamentlichen Weisungen, ganz gleich, ob sie sich eines jüdischen, paganen oder bereits spezifisch christlichen Untergrundes verdanken, „Orientierungshilfen“ (II, 736). Wohl auch Grenzen, vornehmlich aber Wegweiser seien im Neuen Testament aufgerichtet (II, 688). Die Frage der Praktikabilität der neutestamentlichen Weisungen, vor allem im Bereich der Jüngerethik, wird folglich bewußt von dem Aspekt der absoluten Realisierbarkeit39 getrennt. Da Jesu Forderungen sich auf das Leben in der verwirklichten Gottesherrschaft beziehen und gegenwärtig als Zielbestimmungen fungieren (II, 661), wollen sie also weder im Sinne des usus —————— 38 Man könnte die Gegenfrage stellen, ob etwa die sog. Sätze heiligen Rechts in der Jesusüberlieferung sowie Rechtssätze in der Gemeindeethik (Mt 18,15–20; Apg 5,1–11; 1 Kor 5,7; Jud 20–23 u. a.) nicht doch eine Grenze der Gemeinde ansprechen und somit eine Kasuistik eintragen. Im Blick auf die sog. Radikalismen Jesu urteilt Hahn (II, 731): „Jesu Forderungen sind in diesem Sinn überhaupt nicht rezipierbar; sie stehen gerade in ihrer Radikalität jenseits der Möglichkeit zu einer Verrechtlichung.“ 39 „Es geht um eine möglichst weitgehende Realisierung, soweit diese unter den irdischen Bedingungen möglich ist“ (II, 661).
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elenchthicus der Sündenerkenntnis noch im Sinne des tertius usus legis als gesetzliche Vorgabe für Christen aufgefaßt werden. Auffallend sei schließlich, daß kultische Verpflichtungen völlig fehlen, da das Urchristentum dem Opfer eine neue Bedeutung gegeben habe (II, 732). Ferdinand Hahn schließt den ethischen Teil mit der Bemerkung zum Stellenwert der Liebe, daß sie „in gleicher Weise Zeugnis für den christlichen Glauben wie das Bekenntnis“ ablege (II, 735). Eine Trennung zwischen der Glaubensüberzeugung und der äußeren Lebensgestaltung sei folglich neutestamentlichem Denken und einem sich hierauf gründenden christlichen Leben fremd.
5. Anfragen und Würdigung Die folgenden Überlegungen möchten in großem Respekt vor der exegetischen und theologischen Leistung sowohl Anfragen als auch eine Würdigung abschließend formulieren: a) Der Brückenschlag zwischen Jüngerethik Jesu und urchristlicher Gemeindeethik scheint mir konstruiert zu sein, wenn es heißt, die Gemeindeethik setze die Jüngerethik Jesu voraus und nehme „mehrfach expressis verbis darauf Bezug“ (II, 660). Ohne die an anderer Stelle bereits breit geführte Diskussion hier nochmals wiederholen zu wollen, möchte ich doch festhalten, daß etwa die paulinische Gemeindeethik fast ganz ohne Worte Jesu bzw. einen expliziten Bezug auf ein Wort Jesu auskommt. Ein Bezug auf die Jüngerethik, ausgewiesen durch gemeinsames Gut mit synoptischen Texten, begegnet höchst selten und kann im Einzelfall zumeist nicht eindeutig als Reflex auf synoptisches Gut verifiziert werden.40 Erst in spätneutestamentlicher Zeit nimmt die Orientierung an den Worten und der Autorität des Kyrios zu, auch durch die Einführung der Gattung ‚Evangelium‘, ohne sich hierbei allerdings ausschließlich an Worte des Irdischen zu binden (vgl. z. B. Apg 20,35; 2 Thess 3,6 u. a.). Selbst die Logienquelle, deren Verschriftlichung wohl nur wenige Jahre vor den Evangelien stattgefunden hat, bildet in ethischer Hinsicht keine Brücke zwischen Jüngerethik und früher, durch Paulus repräsentierte Gemeindeethik.41 Demzufolge will —————— 40 Einen ausgezeichneten Überblick bietet F. N EIRYNCK, Paul and the Sayings of Jesus, in: DERS., Evangelica II, BEThL 99, Leuven 1991, 511–568; N. W ALTER, Paulus und die urchristliche Jesustradition, NTS 31 (1985), 498–522, zeigt immerhin, daß Paulus, wenn überhaupt, dann ausschließlich in ethischen Argumentationen auf Jesustradition zurückgreift. 41 Ferdinand Hahn orientiert seine Darstellung in der Regel an den Endfassungen der Evangelien und übergeht deren Vorlagen, zu denen im Blick auf Matthäus und Lukas die Logienquelle gehört; zur historischen und theologiegeschichtlichen Einordnung: M. FRENSCHKOWSKI, Galiläa oder Jerusalem? Die topographischen und politischen Hinter-
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es eher so scheinen, als beziehe sich die Gemeindeethik in einem sekundären Schritt auf die Autorität des Herrn, jedoch selbst dann nicht wirklich auf die aus synoptischen Texten bekannte Jüngerethik Jesu. Überdies seien Jüngerethik und Gemeindeethik, so Ferdinand Hahn, durch die gemeinsame Grundintention verbunden, nämlich „die Erneuerung des menschlichen Lebens in der Nachfolge Jesu bzw. im Glauben“ zu bezeugen (II, 660). Man wird, um diese Aussage angemessen aufnehmen und würdigen zu können, grundsätzlich die Einschätzung Ferdinand Hahns auf den Schlußseiten der Theologie im Blick behalten müssen, um diese positive Zuordnung verstehen zu können: „Die Divergenzen stehen in einem Gesamtrahmen, bei dem die Konvergenzen eindeutig dominieren“ (II, 805).42 Mit dieser Option geht Ferdinand Hahn dem ungelösten Grundproblem der rein redaktionsgeschichtlich orientierten Theologien aus dem Weg, die bei der Darlegung der Einzelstimmen im Neuen Testament stehenbleiben, jedoch eine Mitte oder etwas Verbindendes schwerlich benennen können. Dürfen aber Jüngerethik und Gemeindeethik so bruchlos einander zugeordnet werden? Erkauft erscheint mir die Möglichkeit dieser Lösung, indem die ethische Verkündigung Jesu auf das „Herzstück der Botschaft Jesu und Grundlage aller neutestamentlichen Ethik“ (II, 662), also auf das Doppelgebot der Liebe reduziert wird. Besteht hier nicht doch die Gefahr, die Verkündigung Jesu konturenlos nachzuzeichnen und sie unter einen übergroßen gemeinsamen Nenner zu subsumieren, um sie anschlußfähig zu halten? Die Radikalismen Jesu etwa sind mehrheitlich nicht in der Gemeindeethik rezipiert worden, wohl aber bei Randgruppen des frühen Christentums. Wie kommt in einer Darstellung der Theologie des Neuen Testaments, die auf Konvergenzen achtet, das zur Sprache, was neben dem sog. mainstream existierte? b) Ein zweites zu diskutierendes, von Ferdinand Hahn durch eine eindeutige Option für die Disziplin ‚Theologie des Neuen Testaments‘ gelöstes Problem erkenne ich in methodischer Hinsicht. Kann eine neutestamentliche Ethik, die sich dezidiert ausschließlich am Kanon orientiert, in ihrem Gehalt verantwortlich rekonstruiert werden, ohne nicht zugleich sozial- und literaturgeschichtlich die historischen Bedingungen aufzuarbeiten? Wir stoßen damit möglicherweise auf ein Grundproblem dieser Theo—————— gründe der Logienquelle, in: A. Lindemann (Hg.), The Sayings Source Q and the Historical Jesus, BEThL 158, Leuven 2001, 535–559. 42 Hahn erkennt des weiteren in der neutestamentlichen Briefliteratur ein paränetisches Grundschema mit den Elementen: Rückbezug auf die Taufe, Liebesgebot und eschatologischer Ausblick (II, 692). Ich weise an dieser Stelle auf eine weitgehende Entsprechung zu W. SCHRAGE, Ethik (s. Anm. 6), 348, hin: „Auffallend ist freilich, daß sich trotz aller Akzentverlagerungen, Verschiebungen und Fehlentwicklungen die Ränder und Grenzen auf dem Felde neutestamentlicher Ethik weniger stark aufdrängen als sonst, der neutestamentliche Konsens also breiter als üblich zu sein scheint.“
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logie des Neuen Testaments, das sich in den direkt theologischen Abschnitten ähnlich stellt. Wie im Vorwort festgehalten worden ist, hat sich der Verfasser dazu entschieden, „auf die Erörterung religionsgeschichtlicher Fragestellungen“ (I, S. VIII) zu verzichten. Kann eine Theologie rekonstruiert werden, die nicht den allgemeinen Rahmen der antiken Religionsgeschichte im Blick hat und vice versa eine Ethik, die nicht vornehmlich die sozialgeschichtlichen, aber auch die politischen und kulturellen Rahmenbedingungen thematisiert, die das weitere frühchristliche Schrifttum (Apostolische Väter, Thomasevangelium etc.) und alle literaturgeschichtlichen Voraussetzungen bedenkt? Es wäre bei einer davon abweichenden Vorgehensweise zu befürchten, daß die historische Tiefenschärfe vernachlässigt wird, vielleicht sogar in der Absicht, den grundsätzlichen Anspruch der ethischen Forderung der historischen Kontingenz zu entziehen. Die Debatte ‚Religionsgeschichte des frühen Christentums versus Theologie des Neuen Testaments‘ (vgl. I, 18) findet somit eine Parallele in der Diskussion ‚Urchristliche Sozialgeschichte versus Ethik des Neuen Testaments‘. Gegenstände des dort ausgetragenen Streits, etwa die Fragen der prinzipiellen Vorordnung des Kanons und seines normativen Gewichts, die Suche nach einer Mitte des Kanons im Gegenüber zu heterodoxen Positionen u. a., all diese kehren hier wieder.43 Es sollte möglich sein, Einsichten und Argumente, die in der vorgängigen Debatte über das Verhältnis ‚Theologie des Neuen Testaments versus Religionsgeschichte des frühen Christentums‘ gewonnen wurden, auf die jetzt anstehende Diskussion ‚Urchristliche Sozialgeschichte versus Ethik des Neuen Testaments‘ einzubringen. Hierzu zähle ich etwa die Neuorientierung an einem Begriff der Religion als eines kulturellen Zeichensystems.44 In diesem Kontext geht sozialgeschichtliche Exegese über die historische Beschreibung antiker ökonomischer Vorgänge hinaus und verknüpft ethische und religiöse Aspekte. Gleichwohl erkenne ich keine Möglichkeit, urchristliche Sozialgeschichte und Ethik des Neuen Testaments zu verbinden oder gegenseitig zu integrieren, aber auch kein Recht, einer der beiden Fragestellungen die Legitimation zu versagen. Während die Darstellung der urchristlichen Sozialgeschichte, zugleich um wesentliche Aspekte der Kultur-, Wirtschafts-, Politikgeschichte, der Gender-Forschung, des archäologischen Befundes u. a. ergänzt, von ihrer Herkunft her einer rein historischen Fragestellung methodisch verpflichtet —————— 43 Vgl. den Überblick über die strittigen Punkte in den jeweiligen Programmen bei G. THEIßEN, Religion (s. Anm. 17), 17–19. 44 Abermals G. T HEIßEN, Religion (s. Anm. 17), 20–28; beispielhaft durchgeführt ist solch eine Verknüpfung bei G. GUTTENBERGER ORTWEIN, Status und Statusverzicht im Neuen Testament und seiner Umwelt, NTOA 39, Freiburg, CH/Göttingen 1999.
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ist45, wird eine Darstellung der Ethik des Neuen Testaments, die sich als theologische Darlegung, ja als integraler Bestandteil einer Theologie des Neuen Testaments begreift, nicht bei einer historischen Rekonstruktion stehenbleiben dürfen, sondern von der normativen Setzung des Kanons ausgehend (II, 24–26) den in den Texten enthaltenen theologischen Anspruch formulieren müssen. Beide Fragestellungen haben jeweils ihr eigenes Recht, sie sind jedoch methodisch klar zu unterscheiden, wie auch ihre hermeneutischen Voraussetzungen divergieren. Beide benennen auch bewußt voneinander abweichende Bezugspunkte. Ferdinand Hahn hat im Blick auf seine Aufgabe stets deutlich gemacht, daß seine Darstellung der Kirche und ihrer Verkündigung dienen will (II, 24). Dennoch gibt es eine gemeinsame Schnittmenge, was sich im Blick auf die Theologie vom Charakter des Bezugspunktes des Neuen Testaments her verdeutlichen läßt. Würde die Darstellung der Ethik des Neuen Testaments als theologische Aufgabe den historischen Ausgangspunkt, der eben literaturgeschichtlich mit Texten der Antike gegeben ist, verlieren, dann würde sie möglicherweise ungeschichtlich ein biblizistisches Modell der Ethik befürworten, das die vergangenen Lebensäußerungen über ein normatives Bibelverständnis oder eine je aktuelle Betroffenheitsrezeption als gegenwärtiges Gesetz aufnimmt, dabei aber in Wahrheit in völligem Anachronismus eine gegenwärtige Entsprechung zur vergangenen Lebenswelt des frühen Christentums sucht. Das von Ferdinand Hahn gewählte Vorgehen entspricht der im Vorwort formulierten theologischen Zielsetzung, sich konsequent am neutestamentlichen Kanon zu orientieren und nach dem „maßgebenden Zeugnis und dessen Einheit“ für die christliche Botschaft, den christlichen Glauben und die christliche Kirche zu fragen (II, S. VII; außerdem bereits I, 28). Dies bedeutet, daß die Darstellung der Ethik sehr deutlich einem fundamentaltheologischen Konzept zugeordnet wird, das nach der theologischen Relevanz des biblischen Gesamtzeugnisses fragt. Da es „keine Trennung zwischen der Glaubensüberzeugung und der äußeren Lebensgestaltung und Verantwortung“ (II, 736) geben kann, ist auch die Darstellung der Ethik dem Leitgedanken des maßgebenden Zeugnisses verpflichtet. Das methodische Instrument, eine Gewichtung zwischen den einzelnen Themen, zwischen Konvergenzen und Spannungen herbeizuführen, findet Ferdinand Hahn im Zugriff zum sensus plenior bzw. in dem durch Vaticanum II be—————— 45 Ich spreche hier zunächst nur von der Herkunft der sozialgeschichtlichen Fragestellung; vgl. dazu den Überblick bei R. H OCHSCHILD, Sozialgeschichtliche Exegese. Entwicklung, Geschichte und Methodik einer neutestamentlichen Forschungsrichtung, NTOA 42, Freiburg, CH/Göttingen 1999. Schon W.A. M EEKS, Urchristentum (s. Anm. 20), öffnete den Blick auf die Beziehung zwischen Sozialstruktur und Symbolstruktur und öffnete damit der sozialgeschichtlichen Exegese ein hermeneutisches Feld.
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kanntgewordenen Prinzip der Hierarchie der Wahrheiten (I, 27). Doch orientiert sich die Suche nach dem sensus plenior nicht an einem Kanon im Kanon, sondern führt als Vorklärung ihrer selbst die Unterscheidung von Grundgeschehen (das Offenbarungshandeln in Jesus Christus), Grundzeugnis (das nachösterliche Christuszeugnis, insbesondere in Form der ältesten Bekenntnisaussagen) und Grundüberlieferung (die im Neuen Testament gebotene Explikation des Grundzeugnisses) ein (II, 34f). Dieser historisch gestufte Blick ermöglicht, sowohl das Bleibende und sich Durchsetzende zu erkennen und festzuhalten, als auch die jeweiligen Verästelungen anzusprechen und zu würdigen.46 Die materialethischen Entscheidungen der einzelnen neutestamentlichen Schriften haben in dieser Perspektive nur noch einen relativ normativen Charakter.47 Vom Zentrum der Liebe ausgehend, „das von Jesus zum Kriterium für alle Verhaltensweisen erhoben worden ist“ (II, 735), ist Sachkritik auch da zu üben, wo biblische Weisungen nicht der Freiheit dienen. Die Suche nach dem sensus plenior im Neuen Testament findet im Blick auf die Darstellung der Ethik in theologischer Perspektive eine eindrückliche Antwort im Insistieren auf der Vorrangigkeit der Liebe. c) Die Aufnahme der ethischen Fragen innerhalb einer Theologie des Neuen Testaments wird also mit Recht deren theologischen Stellenwert, die wesentlichen Schwerpunkte und Linien, nicht aber die einzelnen materialethischen Ausformungen primär thematisieren können. Diese werden Gegenstand einer ausgeführten Ethik des Neuen Testaments oder sozialgeschichtlicher Untersuchungen bleiben müssen. Es fällt im Blick auf die vorgestellte Verknüpfung von Theologie und Ethik auf, daß Ferdinand Hahn sehr stark Einordnungen oder Einschätzungen bemüht, die von einer spezifischen, am Freiheitsbegriff orientierten evangelischen und zugleich reformatorischen Option gezeichnet sind. Ich möchte dies verdeutlichen an Aussagen über die Verbindlichkeit ethischer Weisungen.48 Ferdinand Hahn betont immer wieder „das Fehlen jeder Gesetzlichkeit“ (II, 731). Dies bezieht sich nicht einmal vorwiegend auf die Rezeption des Alten Testaments. Es gebe auch im Neuen Testament „an keiner Stelle gesetzliche Weisungen“ (II, 687). Jesu Forderungen sind „keine gesetzlichen Weisungen, sondern Zielbestimmungen“ (II, 688). In der Gemeindeethik gebe es „keinerlei gesetzliche Bestimmungen, weder im apodiktischen noch im —————— 46 Der von Hahn eröffnete gestufte Blick trägt zugleich dem Charakter des Neuen Testaments als einer Urkunde Rechnung, in der sich die Orientierungssuche des entstehenden christlichen Glaubens dokumentiert. 47 Im Blick auf die weitgehenden Entsprechungen und Übereinstimmungen mit paganen und jüdischen Konzeptionen aus hellenistischer Zeit ist die Rekonstruktion einer materialethisch als spezifisch christlich ausgewiesenen Ethik ausgeschlossen. 48 Man könnte ergänzend auch darauf verweisen, daß naturrechtliche Argumente oder ein Bezug auf das Gewissen in der Darstellung nahezu ausfallen.
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kasuistischen Sinn“ (II, 687). Freilich sei auch keine Situationsethik zu erkennen: „Es gibt bei aller Freiheit in der neutestamentlichen Ethik eindeutige Grund- und Grenzbestimmungen sowie klare Richtungsangaben für das Handeln“ (II, 736), um im nächsten Satz wieder einzuschränken, daß alle Weisungen „Orientierungshilfen“ seien. Alles in allem erkenne ich bei Ferdinand Hahn im Blick auf ethische Aussagen im Neuen Testament einerseits die Betonung einer eschatologischen Ausrichtung: Ferdinand Hahn spricht von einer „Ethik des Unterwegsseins“ (II, 686). Andererseits erkenne ich jedoch ebenso deutlich die Betonung einer parakletischen Dimension: die ethischen Weisungen haben den „Charakter von Ermutigungen“ (II, 685), christliche Ethik sei eine „Ethik der Freiheit“ (II, 688).
Fundamentaltheologische Implikationen einer Theologie des Neuen Testaments von
PETER NEUNER In der ökumenischen Theologie wird häufig darüber geklagt, daß übereinstimmende Erkenntnisse der biblischen Exegese nur wenig Wirkung für die Dogmatik auszeitigen und noch weniger für die offizielle Lehre der Kirchen. Dabei hatte es ganz anders begonnen: Am Anfang stand die Hoffnung, die Kirchen würden sich, so wie sie sich über die Heilige Schrift getrennt haben, über die Schrift auch wieder versöhnen können. Inzwischen schaut das ganz anders aus. Aus der Schrift scheint nicht die Einheit der Kirche zu folgen, sondern die Vielfalt der Konfessionen, und das deswegen, weil auch die Schrift selbst keine Einheit darstelle. Dabei verlaufen die Grenzlinien zwischen exegetischen Schulen kaum noch so wie jene zwischen den Konfessionen. Obwohl alle Kirchen betonen, die Schrift allein sei Quelle und Norm für die Kirche, oder „das Studium des heiligen Buches (sei) gleichsam die Seele der heiligen Theologie“1, haben die Übereinstimmungen in der Exegese kirchenoffiziell kaum Frucht getragen. Will man das nicht einfach als kirchliche Verstocktheit und konfessionelle Rechthaberei interpretieren (die natürlich auch eine Rolle spielen), stellt sich die Frage nach einer Theologie des Neuen Testaments ganz elementar. Ich konzentriere mich hier auf die fundamentaltheologische Fragestellung, wie Ferdinand Hahn sie vor allem im Anfang zum Band II seiner Theologie des Neuen Testaments beschreibt und anmahnt: Die Einheit der Schrift ist demnach Voraussetzung dafür, daß ihre thematische Bearbeitung überhaupt möglich ist. Es ist die Frage gestellt nach den Bedingungen der Möglichkeit, vom Neuen Testament im Singular sprechen zu können, was in diesem Begriff impliziert ist und was aus ihm folgt. Dazu sollen einige ökumenische Überlegungen formuliert werden.
—————— 1
II. Vatikanisches Konzil, Konstitution über die Offenbarung, Dei Verbum, Nr. 24.
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I. Zur Situationsbeschreibung: Ich beginne mit einigen historischen Bemerkungen, die die katholische Position verdeutlichen sollen. In der Alten Kirche war die Einheit der Schrift, und das war zunächst die hebräisch-jüdische Bibel bzw. die LXX, selbstverständlich vorausgesetzt. Ein Zitat unter vielen: Im Dialog mit Tryphon heißt es: „Ich bin schlechterdings überzeugt, daß keine Schriftstelle einer anderen widersprechen kann und werde eher zugeben, daß ich das Gesagte nicht begreife“ 2. Im Kampf gegen die Gnostiker und gegen Marcion erscheint „die unzerstörbare Einheit und Einheitlichkeit der Schrift des Alten und Neuen Testaments für Tertullian wie für alle Väter seit Irenäus als das grundlegende biblische Dogma“ 3 . Diese Grundüberzeugung blieb in der mittelalterlichen Theologie und auch für die Reformatoren ungebrochen, sie wurde erst in der Aufklärung und mit der Entwicklung der historisch-kritischen Methode mehr und mehr in Frage gestellt, als Widersprüche in Aussagen der Schrift gegen deren Glaubwürdigkeit angeführt wurden. Einer der ersten Vertreter war Richard Simon, der gegen Ende des 17. Jahrhunderts eine Quellenscheidung im Pentateuch anhand der Gottesnamen vornahm. Sein Interesse war apologetisch: Im Gegensatz zur reformatorischen Lehre von der sola scriptura bzw. der claritas scripturae wollte er die Unklarheit und Komplexheit der Schrift darlegen, um so Raum für ein klares und eindeutiges Lehramt zu schaffen. Mit dem Durchbruch des historischen Denkens entwickelte sich die historisch-kritische Methode, ihre Anwendung auch auf die „Heilige Schrift“ war unabwendbar. Vielleicht ist es zutreffender zu sagen, daß sich in der Erforschung der Schrift die historisch-kritische Methode erst entfaltete und normgebend für literarische Untersuchungen überhaupt wurde. In diesem Prozeß ging jedoch der Glaube an die Einheit des Neuen Testaments mehr und mehr verloren. Denn es zeigten sich sehr verschiedenartige Texte, die je für sich erforscht wurden und bearbeitet werden mußten, aber kaum noch „die Schrift“. Im evangelischen Bereich begegnete man dieser Entwicklung durch die Vorstellung eines „Kanon im Kanon“ oder auch der „Mitte der Schrift“, häufig verbunden mit der Kritik an manchen biblischen Schriften und ihren „frühkatholischen“ Tendenzen. Die katholische Theologie blieb dieser Forschungsrichtung zunächst weithin verschlossen, weniger aus wissenschaftlichen, als aus kirchenpolitischen Gründen. Letztlich hat sich die katholische Exegese der historisch-kritischen Methode erst nach dem II. Vatikanum geöffnet; in der Anwendung dieser Methode scheinen heute zwischen den Konfessionen kaum Differenzen zu bestehen. —————— 2 3
Zitiert nach G. MAIER, Biblische Hermeneutik, Wuppertal/Zürich, 21991, 161. H. V. CAMPENHAUSEN, Die Entstehung der christlichen Bibel, Tübingen 1968, 335.
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Dennoch werden gegen einen Exklusivitätsanspruch dieser Methode auch immer wieder kritische Stimmen laut, und das nicht nur aus fundamentalistischen Kreisen. Walter Kasper moniert, „die Schriftauslegung ist fast zu einem Dschungel von kaum mehr überschaubaren Hypothesen geworden“ 4 . Die Bestimmung einer “Mitte der Schrift“, eines “Kanon-imKanon“ sei in der Gefahr, zu einem Verfügen über die Offenbarung zu werden, ebenso wie eine Hermeneutik, die der Maxime folgt, daß nichts wahr sein könne, was dem normalen und erfahrbaren Geschehensablauf widerspricht oder ihn durchkreuzt. Fundamentaler lautet die Kritik, die historische Methode allein und als solche vermöge nicht, den Glauben in die Schriftauslegung einzubringen, also einen gläubigen Umgang mit der Schrift zu eröffnen. Die Texte seien für sie nichts als historische Quellen. Mit der Schrift habe man in der Konsequenz nicht mehr Zeugnisse lebendigen Glaubens, sondern nach dem bösen Wort von Franz Overbeck „den Totenschein“ der christlichen Botschaft in Händen, der Kanon belegt nach dieser Überzeugung, „daß die Quellen, aus denen diese Urliteratur ihr Leben gesogen hatte, versiegt seien und sie ihr Ende erreicht habe“5. Dagegen wird die Forderung aufgestellt, wie sie bei Joseph Ratzinger lautet: „Die erste Voraussetzung aller Exegese ist, daß sie die Bibel als ein Buch nimmt. Tut sie dies, so hat sie sich schon einen Ort erwählt, der aus dem bloß Literarischen nicht folgt. Sie hat diese Literatur als Produkt einer zusammenhängenden Geschichte und diese Geschichte als den eigentlichen Ort des Verstehens erkannt. Will sie Theologie sein, muß sie einen Schritt weitergehen: Sie muß anerkennen, daß der Glaube der Kirche jene Art von Sympathie ist, ohne die sich der Text nicht öffnet“6. Die Einheit der Schrift soll durch ihre Einbindung in den Glauben der Kirche gewährleistet werden. Der Glaube der Kirche als creatura verbi divini wird hier gleichsam zum hermeneutischen Schlüssel, der den Zeitenabstand überbrückt. In der katholischen Theologie spricht man mehr von der Ganzheit der Schrift, als von ihrer Einheit. Doch diese Ganzheit setzt die Einheit voraus und impliziert sie. Sie wird vor allem thematisiert in der Problematik des Verhältnisses von Altem und Neuem Testament: Gibt es eine Einheit der Schrift, die Altes (oder Erstes) und Neues Testament umfaßt? In dieser Fragestellung wird derzeit nicht allein mit dem Modell von Verheißung —————— 4 W. K ASPER, Das Verhältnis von Schrift und Tradition, in: W. Pannenberg / Th. Schneider (Hgg.), Verbindliches Zeugnis Bd. I, Freiburg/Göttingen 1992, 337. 5 F. OVERBECK, Über die Anfänge der patristischen Literatur (1882), Darmstadt 1954, 29. 6 J. RATZINGER , Schriftauslegung im Widerstreit. Zur Frage nach Grundlagen und Weg der Exegese heute, in: ders. (Hg.), Schriftauslegung im Widerstreit, QD 117, Freiburg/Basel/Wien 1989, 15–44 (43f.).
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und Erfüllung und einer umfassenden Geschichte des einen Volkes Gottes gearbeitet, sondern es wird verschiedentlich auch wieder der Gedanke eines sensus plenior, eines tieferen, gegebenenfalls auch mehrfachen Schriftsinns aufgegriffen. Vor allem die Studien von de Lubac verweisen in diese Richtung. In vielen repräsentativen Äußerungen zur Schriftauslegung wird in Kritik an einer Exegese, in der der Glaube methodisch keine Rolle spielt, die das Bekenntnis eher in Frage stellt als bestärkt, gefordert, Exegese müsse sich im Rahmen des Glaubens bewegen und methodisch von ihm ausgehen. Gewichtig wurde hier ein Dekret der päpstlichen Bibelkommission aus dem Jahr 1993 über „Die Interpretation der Bibel in der Kirche“. Es stellt neben der historisch-kritischen Methode auch andere Methoden und Zugänge zur Bibel vor, die als „synchron“ bezeichnet werden, die den Zeitenabstand überwinden wollen und von der Einheit der Schrift ausgehen. „Die Bibel ist aber nicht einfach eine Sammlung von Texten ohne Beziehungen untereinander. Sie ist vielmehr eine Einheit von Zeugnissen einer einzigen großen Tradition“7. Dabei kommt das Dokument vor allem auf den sogenannten kanonischen Zugang von S. Childs und J. A. Sanders zu sprechen, wo sich das Interesse auf die kanonische Endform des Textes konzentriert und die Textform untersucht wird, die von der Gemeinschaft der Kirche als verbindlich angenommen wurde. Doch in all diesen Äußerungen wird die historisch-kritische Methode nie und von niemandem grundsätzlich in Frage gestellt. Schon das II. Vatikanum hat die Anwendung der historischen Methode für verbindlich erklärt, sie wird immer gefordert und vorausgesetzt. Auch traditionelle Allegorese konnte, wie die mittelalterliche Theologie wußte, immer nur auf der Basis des Literalsinns verbindlich argumentieren. Um diesen zu erheben ist die historische Methode unerläßlich. Das geschichtliche Denken ist für wissenschaftliches Arbeiten heute unverzichtbar. Es preiszugeben wäre der Abschied von rationaler Verantwortung. Was in Texten wie in den zitierten, auch in den kritischen Aussagen, gefordert wird, ist eine Kritik der historischen Kritik, nicht um sie zu überwinden, sondern um ihren relativen Wert darzutun. Faktisch dominiert auch in der katholischen Exegese die historischkritische Methode und folglich die immer weitere Differenzierung in neutestamentlichen Schriften, deren umfassende Einheit in der wissenschaftlichen Exegese kaum in den Blick genommen wird. Ich nenne Joachim Gnilka, der eine Systematisierung des Neuen Testaments zurückweist, die „gar nicht möglich ist, ja sich verbietet“8. Eine Einheit des Neuen Testa—————— 7 8
Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 115, Bonn 1993, 44. J. GNILKA, Theologie des Neuen Testaments, HThKNT.S 5, Freiburg/Basel/Wien 1994, 454.
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ments kann Gnilka nur verstehen als „Vernetzung der neutestamentlichen Theologie(n)“9, sie ist nur im Zusammenklang unterschiedlicher Theologien denkbar. Im breiteren Umfang hat W. Thüsing eine Systematisierung vorgenommen, aber auch sein Werk „Die neutestamentlichen Theologien und Jesus Christus“10 spricht von Theologien im Plural. Faktisch hat die kirchenamtlich vorgetragene Forderung nach Einheit des Neuen Testaments auch im katholischen Bereich jedenfalls in der Exegese kaum Konsequenzen gezeitigt.
II. Offenbarung als Dialog Wenn man die Schrift als Norm und Autorität annimmt, stellt sich die Kanonfrage: Wie konnten unterschiedliche Texte sehr verschiedener Herkunft, in langem Zeitraum entstanden, zur Heiligen Schrift werden, während anderen Texten aus gleicher Zeit diese Anerkennung und Autorität nicht zuteil geworden ist? Auswahlkriterium kann offensichtlich nicht eine wie auch immer zu beschreibende Inhaltlichkeit sein, auch nicht die Autorschaft der Apostel. Doch wer die Schrift annimmt, – so die These – akzeptiert damit implizit die Kirche als Gemeinschaft derer, die in diesen Schriften ihren Glauben zu finden vermochten und ihrerseits durch den in ihnen bezeugten Glauben selbst wieder auferbaut wurden. Joseph Ratzinger faßt die Aussagen der Konzilskonstitution Dei verbum zusammen: „Die Grundvoraussetzung, auf der theologisches Verstehen der Bibel beruht, sei die Einheit der Schrift; dieser Voraussetzung entspreche als methodischer Weg die ,analogia fidei‘, d. h. das Verstehen der Einzeltexte aus dem Ganzen heraus ... Die Schrift ist eins von ihrem durchgehenden geschichtlichen Träger her, von dem einen Volk Gottes. Sie als Einheit lesen, heißt daher, sie von der Kirche als von ihrem Existenzort her lesen und den Glauben der Kirche als den eigentlichen hermeneutischen Schlüssel ansehen“11. In diesem Kontext erfolgt üblicherweise die Berufung auf Augustin: „Ich würde dem Evangelium nicht glauben, wenn mich nicht die Autorität der katholischen Kirche dazu bewegen würde“12. Hier ist anzumerken, daß diese Autorität natürlich nicht notwendigerweise ein Lehramt oder gar eine ex cathedra Entscheidung des Papstes impliziert, wie evangelischerseits manchmal kritisiert wird. —————— 9 J. G NILKA, Theologie (s. Anm. 8), 463. 10 W. T HÜSING, Die neutestamentlichen Theologien
ster 1996–1999. 11 J. RATZINGER , Schriftauslegung (s. Anm. 6), 20. 12 PL 42, 175.
und Jesus Christus, 3 Bde., Mün-
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Konkret wird das Wort von der Einheit der Schrift nach katholischem Verständnis in der Aussage, daß die biblischen Schriften inspiriert sind, daß sie, wie es heißt, Deum habent auctorem, daß sie Gott zum Urheber haben. Dies schließt nicht aus, daß sie auch menschliche Autoren haben; göttliche Autorschaft wird nicht verstanden im Sinne einer Verbalinspiration. Die menschlichen Autoren sind, das hat vor allem Karl Rahner herausgearbeitet, tatsächliche Autoren, Verfasser, nicht nur Sekretäre, die Diktiertes niederschreiben. Die göttliche Verfasserschaft tut ihrer menschlichen Verfasserschaft keinen Abbruch. Insofern ist die historische Methode unverzichtbar, um zum Aussagegehalt der menschlichen Autoren zu gelangen. Gleichzeitig gilt auch, daß die Schriften Gott zum Verfasser haben, daß sie inspiriert sind, daß sie Offenbarung bezeugen. Offenbarung ist dabei ein interpersonales Geschehen. Joseph Ratzinger stellt es so dar: „Offenbarung ist ein dynamischer Vorgang zwischen Gott und Mensch, der immer wieder nur in der Begegnung Wirklichkeit wird. Das biblische Wort bezeugt die Offenbarung, faßt sie aber nicht so, daß sie darin aufginge und nun wie ein Ding in die Tasche gesteckt werden könnte. Die Bibel bezeugt die Offenbarung, aber der Begriff Offenbarung als solcher reicht weiter“13. Offenbarung ist ein Dialoggeschehen zwischen Gott und Mensch. Das wird in der dogmatischen Konstitution über die Offenbarung im II. Vatikanum dargelegt. „In dieser Offenbarung redet der unsichtbare Gott aus überströmender Liebe die Menschen an wie Freunde und verkehrt mit ihnen, um sie in seine Gemeinschaft einzuladen und aufzunehmen“ 14 . Im gleichen Konzilstext heißt es: „In den Heiligen Büchern kommt ja der Vater, der im Himmel ist, seinen Kindern in Liebe entgegen und nimmt mit ihnen das Gespräch auf“15. Dieses dialogische Verständnis der Offenbarung prägte bereits das Trientiner Konzil. Das Evangelium ist, wie im Konzil von Trient vorgestellt wurde, der Kirche nicht „in charta“ übergeben, es ist vielmehr durch den heiligen Geist „in cordibus fidelium“ geschrieben. Evangelium ist darum nicht starre Übergabe einer Wahrheit, eines Satzes oder Dogmas, sondern lebendige fons, es ist Quelle, aus der Leben und Bekenntnis entspringen.16 Offenbarung und Glaube sind in diesem Verständnis dialogische, korrelative Vorgänge, sie ereignen sich zwischen Personen. Der unbedingte Sinnanspruch, der in Jesus in die Geschichte eingetreten ist, kommt dadurch an sein Ziel, daß er von Menschen aufgegriffen, verstanden und geglaubt wird. Es geht in der Botschaft Jesu nicht primär um die Vermittlung überzeitlich wahrer Sätze, die gelernt werden könnten, sondern um die —————— 13 J. RATZINGER , Schriftauslegung (s. Anm. 6), 41. 14 Dei verbum (s. Anm. 1), Nr. 2. 15 Ebd., Nr. 21. 16 Vgl. hierzu W. KASPER , Verhältnis (s. Anm. 4), 348.
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Begegnung mit einem Du, einer Person. Der Heilsanspruch Gottes ist nicht isoliert da in Sätzen, vielmehr ereignet er sich zwischen Jesus und seinen Jüngern. Offenbarung geschieht im Medium der Beziehung zwischen Jesus und dem, der an ihn glaubt. Erst in der Korrelation von Anrede und Glaube wird die Verkündigung zur Offenbarung. Daraus folgt, daß das Offenbarungswort jeweils durch die glaubenden Hörer mitkonstituiert wird, daß die Offenbarung selbst von vorneherein plural sein muß und nur plural formuliert sein kann. Darum kann die Schrift keineswegs ein homogener Text sein, sie bietet vielmehr eine Pluralität von Theologien, die zwar alle von dem Selben sprechen, aber dieses Selbe nicht anders fassen können, als in den einzelnen Theologien, die die Begegnung zwischen Gott und den Menschen ausdrücken. Insofern sind die verschiedenen Theologien des Neuen Testaments keineswegs nur Variationen des einen und selben Urevangeliums, das vorläge oder das wir mit Mitteln der historischen Kritik rekonstruieren könnten. Wir können das Wort Gottes gar nicht anders fassen, als in den verschiedenen Theologien, die jeweils Manifestationen des Sinnanspruchs sind, den die Botschaft und das Leben sowie Tod und Auferstehung Jesu verschiedenen Menschen gegenüber darstellte. Es ist von erheblicher fundamentaltheologischer Bedeutung, daß in den Kanon vier Evangelien und nicht eine Evangelienharmonie aufgenommen wurden. Sie sind jeweils Zeugnisse von der immer konkreten Begegnung zwischen Jesus und dem, der in ihm einen absoluten Sinnanspruch zu erkennen vermochte, d. h. der an ihn glaubte. Das Offenbarungshandeln Gottes in Jesus Christus und dessen soteriologische Relevanz, die Ferdinand Hahn als fundamentalen Inhalt aller Theologie bestimmt, ist demnach selbst bereits in vielfältiger Gestalt angelegt und kann nicht auf ein Urevangelium reduziert werden. Doch dann bleibt die Frage nach der Einheit des Neuen Testaments immer noch offen. Ich versuche eine Antwort im Anschluß an Karl Rahner und seine These von der Inspiration.
III. Kanonbildung als Dialoggeschehen Der Prozeß der Kanonbildung war kompliziert. Zunächst war die Normativität der Heiligen Schrift Israels, also des Alten Testaments vorausgesetzt. „Gesetz und Propheten“ (Lk 16,16, Mt 11,13) sind als Bibel bereits Jesus und seinen Hörern vorgegeben. Die neutestamentlichen Schriften qualifizieren sich nicht selbst als inspirierte oder geoffenbarte Texte, selbst wenn sich Ansätze in dieser Richtung zeigen lassen, etwa in den Eingangssätzen der synoptischen Evangelien (Mk 1,1; Mt 1,1; Lk 1,1–4) sowie zur Apostelgeschichte (1,1f.). Ähnliches gilt vom ursprünglichen Abschluß des
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Johannesevangeliums (20,30f.). Selbst wenn man davon ausgeht, daß die apokryphen Evangelien, Apostelakten und Apostelbriefe manches kostbare Material enthalten und vor allem in frömmigkeitsgeschichtlicher Hinsicht höchst aufschlußreich sind, zeigt sich in der historischen Forschung doch eine Sonderstellung der biblischen Texte 17 . Es läßt sich jedenfalls im Nachhinein sehr gut erhärten, daß gerade diese kanonischen Schriften grundlegendes Zeugnis des Christusglaubens sind. Dennoch können diese inneren Kriterien nicht hinreichen, um die Kanonbildung zu erklären. Vielmehr ist festzuhalten, daß es offensichtlich eine Konnaturalität der in Frage kommenden Schriften mit der Verkündigung, dem Glauben, dem Bekenntnis und vor allem dem Gottesdienst der Kirche gab18. Der Prozeß der Kanonisierung beginnt mit der Abfassung der Texte und ihrer jeweiligen Rezeption älterer Traditionen, er setzt sich fort im gottesdienstlichen Lesen, im Austausch der Texte zwischen verschiedenen Gemeinden, in der Bemühung um eine sachgerechte Auslegung, in ersten Sammlungen von Briefen und Evangelien, die bereits in sehr früher Zeit erfolgten. Offensichtlich war es ein gegenseitiges Bedingungsverhältnis, das den Glauben der Kirche in bestimmten Schriften fixieren ließ, und die gleichzeitige Erkenntnis, daß diese Schriften geeignet waren, den Glauben auszudrücken, ihn zu feiern, ihn aber auch gegenüber nicht akzeptablen Positionen abzugrenzen. Die Bedeutung der Zurückweisung häretischer Konzeptionen darf dabei nicht unterschätzt werden. Wo die Einheit der Schrift verloren geht, verliert man auch das Mittel, gegen die Häresie zu kämpfen. Das Neue Testament verweist mehrfach auf die gesunde, die gute Lehre, die häretische Positionen abweist. Offensichtlich konnte und mußte bereits die früheste Christenheit zwischen der heilbringenden Botschaft und häretischen Konzeptionen unterscheiden. Die konkrete Entscheidung darüber, welche Schrift zum Kanon gehört, erfolgte in einer Geschichte „voller (providentieller) Zufälle und (glücklicher) Mißverständnisse“19. Dabei müssen keine übernatürlichen Eingebungen postuliert werden. „Die Entstehung eines Lesekanons aus einer Lesegemeinschaft bzw. einer Lesegemeinschaft aus einem Lesekanon ist ein durchaus vergleichbarer, also einsehbarer Vorgang, zu dessen Erklärung man weder auf übernatürliche Ursachen rekurrieren muß noch auf ein explizit theologisches Vokabular angewiesen ist“20. Sicher war es nicht einfach das kirchli—————— 17
Siehe hierzu TH. SÖDING, Wege der Schriftauslegung, Freiburg/Basel/Wien, 1998,
34. 18 Siehe hierzu H. FRIES, Kirche und Kanon, in: W. Pannenberg / Th. Schneider (Hgg.), Verbindliches Zeugnis (s. Anm. 4), 303. 19 T H. SÖDING, Wege (s. Anm. 17), 34. 20 C. SCHRÖDER -F IELD, Der Kanonbegriff in Biblischer Theologie und evangelischer Dogmatik, in: J. Barton / M. Wolter (Hgg.), Die Einheit der Schrift und die Vielfalt des Kanons, Berlin/New York 2003, 204.
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che Lehramt, das in amtlicher Entscheidung das Problem gelöst hätte. Aber ohne Rekurs auf eine in der Kirche lebendige Tradition läßt sich diese Entscheidung und damit auch die Einheit des Neuen Testaments nicht festhalten. Kirche ist aus dem Wort Gottes und aus dem Glauben an dieses Wort entstanden, gleichzeitig war dieser Glaube, wie er in den Gemeinden gelebt wurde, konstitutiv für das Entstehen neutestamentlicher Schriften. Als Einheit konnten diese Zeugnisse dadurch gesehen werden, daß die Gemeinden, in denen sie ihren Ort hatten, sich gegenseitig als Kirche Jesu Christi verstanden und anerkannten. Es war ein Kommunikationsgeschehen, innerhalb dessen in vielen Gemeinden Kirche erkannt und damit ihre Schriften als maßgebliche Texte anerkannt wurden. Unterschiedliche Motive haben eine Rolle gespielt, die gottesdienstliche Verwendung und die Zurückweisung der Häresie stehen dabei ganz oben. Ich schlage vor, diese Ganzheit des Glaubens, wie er in den frühen Gemeinden gelebt wurde, wie er sich im Gottesdienst, im Taufbekenntnis, in der Abgrenzung von häretischen Strömungen, in der Zusammenführung von Gemeinden bewährte, wie er sich in Glaubenszeugnissen ausformulierte und eine Unterscheidung zwischen konstitutiven Glaubensaussagen, nicht-kanonischen Texten und häretischen Schriften möglich machte, im Anschluß an Irenäus von Lyon und Tertullian als „regula fidei“ zu bezeichnen. Sie einte die Gemeinden und machte deren Glaubenszeugnisse zur Schrift bzw. ließ sie als Schrift erkennen. Die Schrift ist in der Kirche entstanden. Ihre Einheit hat sie dadurch gefunden, daß die Gemeinden, die in ihren verbindlichen Texten jeweils ihren Glauben zum Ausdruck brachten und abgrenzten, sich gegenseitig anerkennen konnten. Einheit der Schrift verweist zurück auf die Einheit der Kirche, die als komplexes und vielgestaltiges Dialoggeschehen verstanden werden muß. Wenn es diese Einheit gibt, dann ist es höchst angemessen, sie auch inhaltlich zu thematisieren. Ich möchte Ferdinand Hahn dafür danken, daß er dies in einer Weise getan hat, die sicher auch ökumenisch ihre Frucht tragen wird.
Erlaubt die ‚Einheit‘ der Theologie des Neuen Testaments eine eindeutige Hoffnung? Eine Frage an Ferdinand Hahn von
WOLF KRÖTKE I. Die ‚Einheit‘ der Theologie des Neuen Testaments und die Wahrheitsfrage Ferdinand Hahn hat der Ausarbeitung der Frage nach der „Einheit“ der Theologie des Neuen Testaments den ganzen zweiten Teil seiner voluminösen „Theologie des Neuen Testaments“ gewidmet.1 Die Aufgabe, die er sich damit gestellt hat, ist ausdrücklich „an der Schnittstelle von exegetischer und systematisch-theologischer Arbeit“ angesiedelt (2; vgl. 24). Sie verdankt sich offenkundig der Einsicht, dass die Exegese als eine Disziplin im Konzert der theologischen Disziplinen ihre Aufgabe noch nicht beendet hat, wenn die Vielfalt der neutestamentlichen Theologien analysiert ist. Würde sie angesichts dieser Vielfalt verstummen, dann brächte sie sich in der Tat selbst um ihre Leistungsfähigkeit im Ganzen der christlichen Theologie. Es bliebe dann ganz offen, worauf sich die systematische, aber auch die praktische Theologie eigentlich mit Recht beziehen können, wenn sie das biblische Christuszeugnis im Horizont des Wahrheitsbewusstseins und des Wirklichkeitsverständnisses unserer Zeit zu verantworten und zu aktualisieren haben. Wo der Eindruck vorherrscht, bei den Texten des Neuen Testaments handele es sich um nichts weiter, als um „Beiträge zu Theologien der frühen Christenheit“, verlieren sie folgerichtig ihre „normative Bedeutung“ für die Theologie als solche.2 Die systematische Theologie sucht sich dann ihr Thema selbst; z. B. in der Selbstkonstitution neuzeitlicher religiöser Subjekte, für deren Verständnis jene Texte allenfalls als —————— 1 Vgl. F. HAHN, Theologie des Neuen Testaments, Band II, Die Einheit des Neuen Testaments. Thematische Darstellung, Tübingen 2002. – Aus diesem Band wird im folgenden zitiert, indem hinter den Zitaten die Seitenzahlen in Klammern angegeben werden. 2 So z. B. F. W AGNER , Zur gegenwärtigen Lage des Protestantismus, Gütersloh 1995, 76.82.
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Spielmaterial in Anspruch genommen werden. Aber auch wenn es nicht so krass kommt, wie es da und dort in der gegenwärtigen evangelischen Theologie zu kommen scheint, wäre die Selbstberuhigung der exegetischen Forschung am Neuen Testament bei einem Meer von theologischen Widersprüchen und Aporien für die Identität evangelischer Theologie bedenklich. Sie würde zum willkürlichen Schriftgebrauch einladen, bei dem sich jeder aus den Texten das herauspickt, was er ohnehin für richtig hält. Wird die „Theologie des Neuen Testaments“ nicht selber systematisch-theologisch, hört sie auf, eine Disziplin der evangelischen Theologie zu sein und darf getrost in der Religionswissenschaft ihrer Wege ziehen. ‚Systematisch-theologisch-werden‘, heißt in meinem Verständnis, sich der Wahrheitsfrage zu stellen. Wahrheit ist im gesamtbiblischen Sinne das, worauf Menschen sich aufgrund geschichtlicher Begegnung mit Gott unzweifelhaft verlassen können, auch wenn sie nicht darüber verfügen. Die Wahrheit, welche den christlichen Glauben und damit die christliche Kirche begründet, ist – weil auf geschichtlicher Erfahrung beruhend – nur in den Texten des neutestamentlichen Kanons und damit des Alten Testaments zugänglich. Eigentlich ist es darum selbstverständlich und brauchte nicht lange begründet werden, dass die Arbeit der systematischen Theologie mit der Arbeit an diesen Texten beginnen und sich von hier aus den Fragen stellen muss, die sie heute hervorrufen. Sie kann nur „konsequente Exegese“ sein.3 D. h., sie hat die Wahrheit Gottes, die in der von den Texten bezeugten Christusgeschichte begegnet, unter den Bedingungen unserer Zeit im Hinblick auf die Verkündigung der christlichen Kirche und der Rechenschaft über den christlichen Glauben heute zu verantworten. Doch dieser Selbstverständlichkeit wird nicht erst seit heute, aber heute aufs Neue intensiv mit der Behauptung zugesetzt, eine Wahrheit sei im Neuen Testament überhaupt nicht bezeugt. Der Christusglaube präsentiere sich in diesem von der Kirche geschaffenen Kanon in einer Vielzahl sich widersprechender Wahrheiten, die bloß von einer unhistorisch verfahrenden kirchlichen ‚Dogmatik‘ in eine Einheit gepresst werden könnten. Dann bleiben im Grunde nur zwei Möglichkeiten, das biblische Zeugnis als ein Wahrheitszeugnis für die Menschheit von heute ernst zu nehmen. Entweder die Kirche autorisiert sich selbst, kraft einer besonderen Verbundenheit des Heiligen Geistes mit ihr die kongeniale und autoritative Auslegerin der Wahrheit der Schrift zu sein. Das ist der römisch-katholische Weg.4 Oder aber es werden die Texte durch die Filter mannigfacher Wahrheitsannah—————— 3 E. J ÜNGEL, Besinnung auf 50 Jahre theologische Existenz, ThLZ 128 (2003), 471– 484 (476). 4 Nach dem Tridentinum kann die Schrift nur so gelten, wie es „die heilige Mutter Kirche festgehalten hat und festhält, deren Aufgabe es ist, über den wahren Sinn und die Auslegung der heiligen Schriften zu urteilen“ (DH 1507).
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men und religiöser Bedürfnisse unserer Zeit gegossen und nur, was durch diese Filter hindurchgeht, kann Wahrheit zu heißen beanspruchen. Das ist der sich von der Kirche lösende römisch-katholische Weg, welcher sich im sog. ‚Neuprotestantismus‘ von heute einiger Beliebtheit erfreut.5 Es ist demgegenüber außerordentlich zu begrüßen, wenn die exegetische Erarbeitung der „Theologie des Neuen Testaments“ es als ihre Aufgabe ansieht, von den Texten selbst her so etwas wie einen Druck im Hinblick auf das Zusammenstimmen ihrer Zeugnisse wahrzunehmen und zu bedenken. Sie erkennt damit das Recht des reformatorischen Grundsatzes an, dass die Schrift „sich selbst interpretiert“.6 Das bedeutet: In ihr kommt ein Geist zum Ausdruck, der die verschiedenen Zeugnisse von Jesus Christus und vom Heil Gottes für die Menschheit einigt. An dieser Kraft der Einigung kann die Auslegung der verschiedenen Texte aber nur so teilnehmen, indem sie sich – über den ‚Rand‘ der einzelnen Text blickend – selbst von ihr bewegen lässt. Die ‚Selbstinterpretation‘ der Schrift wird nur in der von ihren Auslegern selbst verantworteten Interpretation dessen, was die Texte einigt, aktuell. Das erst lässt die Exegese theologisch, nämlich systematisch-theologisch werden. Sie fragt dann nach der Geltung und insofern nach der Wahrheit des Ereignisses, das die Texte auf unterschiedliche, häufig auch auf widersprüchliche Weise bezeugen. Ferdinand Hahn hat sich in seiner „Theologie des Neuen Testaments“ entschieden, das grundreformatorische Anliegen des Zusammenstimmens der neutestamentlichen Heilsbotschaft nicht unter dem Leitbegriff der ‚Wahrheit‘ aufzunehmen. Er bevorzugt im Anschluss an eine schon länger währende Debatte (vgl. 5–22) die Kategorie der „Einheit“. Es geht ihm dabei darum, die „gemeinsame Intention“, die „gemeinsamen Strukturen“, „Linien“ und „Tendenzen“ der divergierenden „Traditionsstränge“ zu erfassen (23). Mit Hilfe derartiger Gemeinsamkeiten soll gezeigt werden, dass die „Divergenzen“ der neutestamentlichen Theologien als unterschiedliche Deutungen eines „Grundgeschehens“ (34) verstanden werden können, welches den christlichen Glauben und damit die Einheit der Theologie des Neuen Testaments begründet. Dieses „Grundgeschehen“ ist nach Hahn das „Offenbarungshandeln Gottes“ (27.34). Es ist uns nur durch das nachösterliche „Grundzeugnis“ der Jünger zugänglich und erfährt in einer vielgestaltigen „Grundüberlieferung“ eine „weiterführende Explikation“ —————— 5 „Protestantisch“ ist demnach „eine Sinneinstellung und Lebensform“, die nicht „mit dem Zugehörigkeitsverhältnis zur evangelischen Kirche zusammenfällt“, sondern „in den Bezügen von Kultur und Gesellschaft aufgesucht“ werden muss (W. GRÄB, Vernünftig – Zeitgemäß – Existenziell, in: W. Huber (Hg.), Was ist gute Theologie?, Stuttgart 2004, 11–26 [20]). 6 Vgl. M. Luther in der assertio omnium articulorum von 1520: Die Schrift ist „certissima, facillima, apertissima, sui ipsius interpres, omnium omnia probans, iudicans et illuminans“ (WA 7, 79.23).
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(35). Gerade diese untereinander divergierenden Explikationen sind im Sinne einer ‚Suche‘ nach der Einheit der Theologie des Neuen Testaments (vgl. 36) auf jene Gemeinsamkeiten hin zu befragen. Für dieses Verständnis der Einheit der Theologie des Neuen Testaments spricht aus systematisch-theologischer Perspektive zunächst, dass es sich nicht um eine fixierte und in Begriffen erstarrte Einheit, sondern um eine bei der Analyse der Texte zu findende Einheit handelt. Sie liegt diesen Texten voraus. An ihr partizipieren sie durch nicht zu übersehende Gemeinsamkeiten. Letztlich ist es gar nicht die Einheit der Theologie als menschlicher Entwurf, sondern die Unzweideutigkeit des von den Texten des Neuen Testaments bezeugten ‚Grundgeschehens‘, das die neutestamentlichen Theologien zu einer Theologie macht. Dieses Herangehen an das Problem der Einheit der Theologie des Neuen Testaments erinnert stark an Karl Barths Lehre von der „dreifachen Gestalt des Wortes Gottes“.7 Das „offenbarte Wort“ ist das Ereignis, von dem her die Texte der ganzen Bibel und auch die Verkündigung der Kirche nur zu einem Wort werden können.8 Die Einheit der Theologie des Neuen Testaments ist demnach eine Einheit im Werden, zu der hin uns die neu- und alttestamentlichen Texte auf den Weg bringen. Der Übergang zur systematischen Theologie, den dieses Herangehen an das Problem der Einheit der Theologie des Neuen Testaments bahnt, wird so zur Einladung an die systematische Theologie, auf diesem Wege mit den Orientierungen, welche die neutestamentlichen Texte geben, in unsere Zeit hinein weiter zu gehen. Auf diesem Wege kann es natürlich nicht bei der Orientierung an der abstrakten Formulierung „Offenbarungshandeln“ Gottes in Jesus Christus als Mitte des Neuen Testaments bleiben. Hahn präzisiert darum diese Kategorie christologisch, pneumatologisch und ansatzweise sogar trinitarisch. Hier wie auch bei den soteriologischen, ekklesiologischen und eschatologischen Themen zeigt sich nach seinem abschließendem Urteil „ein hohes Maß an Gemeinsamkeit“ (803), das es erlaubt, das Neue Testament „als ein in sich geschlossenes Ganzes“ anzusehen (806). Das gilt, auch wenn es z. B. zwischen Paulus und Lukas in der Frage der Gotteserkenntnis sündiger Menschen Gegensätze gibt, über die „keine Brücke zu schlagen“ ist (804) oder manche eschatologischen Aussagen im Neuen Testaments —————— 7 Vgl. K. B ARTH, Die Kirchliche Dogmatik (KD) I/1, Die Lehre vom Wort Gottes. Prolegomena zur Kirchlichen Dogmatik, München 1932, 89–127. – Hahn muss gewärtig sein, dass er sich mit seinem Verständnis der Einheit der Theologie des Neuen Testaments die Kritik an der „Theologie des Wortes Gottes“ zuzieht, deren Identifizierung von „Gottes Wort“ und „Offenbarung“ die konstruierte Figur eines religiösen Typos entgegengestellt wird, der sich vor allem selbst eine Offenbarung sein möchte (vgl. hierzu U. KÖRTNER, Die Theologie des Wortes Gottes. Positionen – Probleme – Perspektiven, Göttingen 2001, bes. 296–346). 8 Vgl. K. B ARTH, KD I/1, 113.
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ebenso wenig „miteinander zu vereinen“ (ebd.) sind, wie die unterschiedlichen theologischen Einstellungen zum Gesetz und zum Verhältnis von Glauben und Werken. Solche Widersprüche behalten nach Hahn „ihre „Sperrigkeit“ „in einem Gesamtrahmen, bei dem die Konvergenzen eindeutig dominieren“ (805). Aber gerade hier nun liegt für die systematische Theologie der Hase im Pfeffer. Es ist zwar für die systematische Arbeit von großem Wert, dass der zweite Band von Hahns Theologie des Neuen Testaments den ganzen Reichtum der neutestamentlichen Zeugnisse vor der Zersplitterung zu bewahren lehrt. Aber die Frage, wie mit der ‚Sperrigkeit‘ unvereinbarer Widersprüche im Neuen Testament systematisch umzugehen ist, findet eigentlich keine Antwort. Wir hören nur, dass diese Widersprüche „auf Probleme“ verweisen, „die im Urchristentum noch keine eindeutige Lösung gefunden haben, aber das theologische Denken herausfordern“ (805). Das Problem ist jedoch, zu welcher Entscheidung diese Widersprüche herausfordern. Schweigt der Aufweis der „Einheit“ der Theologie des Neuen Testaments zur damit notwendig aufgeworfenen Wahrheitsfrage, läuft er Gefahr, seine Leistungsfähigkeit für die Systematische Theologie zu verlieren. Ohne ein Kriterium, das es ermöglicht, Gewichtungen in Bezug auf die Wahrheitsgemäßheit neutestamentlicher theologischer Anschauungen vorzunehmen, kann die systematische Theologie nicht weiterarbeiten. Denn sie hat darzulegen, worauf Menschen sich heute aufgrund des biblischen Zeugnisses im Leben und Sterben verlassen können. Sie kann das Problem der Widersprüche im Neuen Testament also nicht offen lassen. Sie muss sich dem Sachverhalt stellen, dass im Horizont der Wahrheitsfrage die Grenze des Kanons nicht nur mit dem Abschluss der Sammlung der neutestamentlichen Schriften gegeben ist, sondern dass die (durchaus nicht feststehende, sondern immer erst zu entdeckende) sachliche Grenze des Kanons mitten durch den Kanon selbst geht. Von da her kann – wie das reformatorische Schriftverständnis ja doch eingeprägt hat9 – nicht alles, was im Kanon steht, in gleicher Weise verbindliche Wahrheit sein. Es wäre darum mehr als wünschenswert, wenn eine „Theologie des Neuen Testaments“, die an der ‚Schnittstelle‘ zur systematischen Theologie arbeitet, in dieser Problematik zu Orientierungen Mut fassen könnte. Ist es z. B. möglich, angesichts jener Widersprüche im Geiste dessen zu entscheiden, was Hahn die „Einheit“ der neutestamentlichen Zeugnisse nennt? Allerdings: Reicht die doch letztlich im Sinne der Konvergenz zu verstehende Vorstellung von einer solchen Einheit zu, um als Wahrheits—————— 9 Die Debatte, die E. Käsemann im Anschluss daran über das Problem des „Kanons im Kanon“ initiiert hatte, ist deshalb sicherlich noch nicht ausgestanden (vgl. ders. [Hg.], Das Neue Testament als Kanon, Göttingen 1970).
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kriterium zu fungieren? Wenn das nicht der Fall ist, von woher und wie wäre ein solches Kriterium dann zu gewinnen? Ich kann diese unausweichlichen Fragen des systematischen Theologen hier unmöglich an der Breite des von Hahn ausgebreiteten Materials diskutieren. Deshalb beschränke ich mich zur Erläuterung des hier entstehenden Problems auf einen verhältnismäßig schmalen, aber nichts desto weniger heute sehr brisanten kleinen Teil der Theologie des Neuen Testaments. Das ist die Vorstellung vom eschatologischen Gericht nach den Werken, die mit der Hoffnung der Christenheit, von der das Neue Testament zeugt, untrennbar verbunden ist und die eine bis heute in den christlichen Kirchen fortdauernde lange Wirkungsgeschichte hat.
II. Die theologische Herausforderung des neutestamentlichen Zeugnisses vom Gericht Jesu Christi Hahn setzt bei der Darstellung des neutestamentlichen Verständnisses des „jüngsten Gerichts“ mit der Feststellung ein, dass die Gerichtsaussagen des Neuen Testaments „vielfältig“ sind und „sich nicht einfach ausgleichen lassen“ (782). Er verweist dabei vor allem auf den Unterschied zwischen einem „Strafgericht“ und einem „forensischen Gericht“ nach den Werken, wobei letzteres „im Vordergrund“ steht. Nach der Durchmusterung des Bestandes der Gerichtsaussagen beim Jesus der synoptischen Evangelien und in der übrigen neutestamentlichen Literatur kommt er aber zu dem Urteil, dass beide „Auffassungen, übernommen aus der irdischen Kriegsund Gerichtspraxis, ... für das eigentlich Gemeinte unzulänglich“, ja „nicht maßgebend“ seien (795). Sie hätten „primär die Funktion einer Warnung“ und eines Aufrufs „zu rechter Verantwortung“ (ebd.). Doch man kann nicht vor etwas warnen, mit dessen Eintreten gar nicht ernstlich gerechnet wird. Wird vor den Qualen der „Hölle“ gewarnt, dann stehen die auch zu erwarten. Insofern mildert die „Funktion“ dieser Vorstellung nicht die Härte des hier in Aussicht gestellten Geschicks der „Gottlosen“. Außerdem wird der pädagogische Wert eines Aufrufs zur „Eigenverantwortung“ (796) des Lebens vor Gott durch das Gleichnis vom armen Lazarus schon innerhalb des Kanons in Frage gestellt. Selbst wenn jemand von den Toten auferstünde (und die Schrecken der „Hölle“ aus eigenem Erleben schilderte!) würden die Menschen ihm nicht glauben (vgl. Lk 16,31). Darüber hinaus kann der Sinn der vielen Hinweise auf das Gericht in den paränetischen Passagen des Neuen Testaments doch wohl kaum darin gesucht werden, die Frohbotschaft des Evangeliums für alle Menschen in eine „Drohbotschaft“ (795) zu verwandeln. Das ist aber der Fall, wenn z. B. der Jakobusbrief denen ein „unbarmherziges Gericht“ ver-
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heißt, die in ihrem Leben nicht Barmherzigkeit geübt haben (Jak 2,13).10 Hier ist die Grenze des Glaubens an den Richter deutlich überschritten, der mit Zöllnern gespeist hat, die sich ja wahrlich nicht durch Barmherzigkeit ausgezeichnet haben, und der nach dem Lukasevangelium einem Verbrecher das Paradies verheißt (vgl. Lk 23,43). Es ist lehrreich, zu beobachten, wie sich Hahn mit seiner Vorgabe einer Konvergenz der neutestamentlichen Botschaft durch diese einigermaßen komplizierte Sachlage hindurch zu manövrieren trachtet. Auf der einen Seite kommt er nicht umhin, zu konstatieren, dass es eine gewissermaßen negative „Konvergenz“ im Neuen Testament gibt: Der Unglaube oder der „Abfall vom Glauben“ und ein dementsprechendes Verhalten werden eine Verurteilung durch Gott bzw. durch den Richter Jesus Christus im Sinne eines „Vernichtungsgerichts“ nach sich ziehen. Nicht nur für die Mächte des Bösen, sondern auch für die, welche Böses tun, kennt Christus im Endgericht kein Erbarmen. Auf der anderen Seite aber wird im Schlusssatz der Erwägungen über die neutestamentliche Gerichtsbotschaft resümiert, das „Ziel Gottes“ sei „nicht das Unheil, sondern das Heil“ (798).11 Ja, wann denn nun? Eine Schneise in diese Sackgasse schlägt nach Hahns Darstellung zweifellos die paulinische Profilierung des Gerichts nach den Werken vor dem „Richtstuhl Christi“ (vgl. 2 Kor 5,10). Hier geht es um ein Gericht für die Glaubenden, bei dem „Heil oder Unheil“ „nicht in Frage“ stehen (786). Die durch Christus gerechtfertigten Menschen werden von Christus nach ihren Werken gerichtet werden. Was da nicht bestehen kann, wird „verbrannt“ werden (vgl. 1 Kor 3,15). Sie selbst aber werden gerettet werden. Wir können auch sagen: Die Person des im Glauben gerechtfertigten Menschen wird nicht noch einmal in Frage gestellt. Das geschieht nur da, wo die Werke um des Gerichtes willen getan werden. Da sind Menschen in der Ganzheit ihres Seins unentschuldbar (vgl. Röm 2,1ff.). Dagegen brauchen die Glaubenden das Gericht, das um der Werke der Gerechtfertigten willen da ist, nicht mehr als vernichtendes Gericht zu fürchten.12 Es wird sich —————— 10 Mit C.F. Gellert singt das die christliche Gemeinde – wer weiß, was sie dabei empfindet? – auch heute: „Ein unbarmherziges Gericht / wird über den ergehen / der nicht barmherzig ist, der nicht / die rettet, die ihn flehen“ (EG 412, 8). 11 Dementsprechend empfiehlt Hahn, „im Sinn des Gerichtsgleichnisses Jesu in Mt 25,31–46 weiterzudenken“ und das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1– 6) zu beachten (795f.). Das bedeutet doch wohl, der Richter wird auch die annehmen, die sich nicht zu ihm bekannt haben und seine Gnade wird das letzte Wort haben. 12 Vgl. hierzu die für das Gespräch zwischen der exegetischen Forschung und der systematischen Theologie über die Frage der Bedeutung des Gerichts immer noch relevante exegetische Studie von E. JÜNGEL, Ein paulinischer Chiliasmus. Zum Verständnis der Vorstellung vom Gericht nach den Werken in Röm 2,2–11, in: DERS., Unterwegs zur Sache. Theologische Bemerkungen, München 1971, 173–178.
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ereignen, weil auch die Glaubenden noch Werke tun, die nach Beurteilung durch den eschatologischen Richter rufen. Im Gericht würdigt der Richter Jesus Christus, dass die Geschichte eines Menschen sich in Taten und Unterlassungen vollzieht, die der Beurteilung wert sind. In diesem Sinne gilt mit der Formulierung von Hahn, dass der „Mensch ... in seiner Eigenständigkeit und Eigenverantwortung nicht ernst genommen“ wäre, wenn er darüber nicht „Rechenschaft abzulegen“ hätte (796). Bei dieser Rechenschaft wird im paulinischen Sinne ans Licht kommen, wer wir als Gerechtfertigte in unseren immer auch von der Sünde geprägten, in menschlicher Kurzsicht vollbrachten Werken in Wahrheit gewesen sind. Alle werden sehr verschieden gewesen sein, so dass ein jeder verschiedenes Lob erfahren wird (vgl. 1 Kor 4,5). Sehr Vieles, was wir getan haben und womit wir unserem Leben ein besonderes individuelles Profil gegeben haben, wird in der Klarheit des Richters nur dahinschmelzen können.13 Das aber, was der Richter an unserem Tun und Lassen loben wird, kann als definitive göttliche Würdigung unseres gelebten Lebens verstanden werden. Wir verschwinden, wenn Jesus Christus Gericht hält, nicht als irgendein gestaltloser Nebel in der Ewigkeit. Wir werden – was uns in unserem Leben letztlich immer verborgen bleibt – als die offenbar sein, die wir im Vollzuge unseres Lebens in Werken konkret waren und bei Gott in Ewigkeit sein werden. Das Gericht nach den Werken in diesem Sinne widerstreitet also nicht der Hoffnung, dass Jesus Christus unser menschliches Leben gnädig vollenden wird. Widerstreitet es aber der paulinischen „Hoffnung für die Welt“, bei der es nach Hahns Darstellung nicht nur um die „endgültige Rettung all derer“ geht, „die durch die Botschaft des Evangeliums bereits Heil erfahren haben, sondern ebenso um eine Erneuerung der gesamten Schöpfung“ (I, 315)? Es scheint so. Denn die ein wenig kryptische Fortsetzung dieses Satzes „... was ein Gerichtshandeln Gottes nicht ausschließt“, hält die Stelle für ein noch ganz anderes Gericht offen, „in dem jeder, der die Heilsbotschaft verachtet, und jeder, der Unrecht tut, verloren ist“ (795). Es ist klar, dass an dieser Stelle eine Entscheidung darüber fällig wird, ob sich ein derartiges Gericht mit der Hoffnung auf den Richter Jesus Christus —————— 13 In diesem Sinne kann heute in der römisch-katholischen Theologie die fälschlich aus 1 Kor 3,15 entwickelte Lehre vom Fegefeuer (purgatorium) mit der Erwartung des Gerichtes Jesu Christi zusammen gesehen werden: „In der Begegnung mit dem richtenden und zugleich liebenden Christus schmelzen die Schlacken, lösen sich die Verkrampfungen des Egoismus. So wird die Läuterung als Vollendungsleiden begriffen: zugleich beglückend, weil befreiend und vollendend und doch auch schmerzend, weil von den zu einem Teil des eigenen Ich gewordenen Schlacken der Sünde lösend“ (F.-J. N OCKE, Eschatologie II, in: Th. Schneider [Hg.], Handbuch der Dogmatik II, Düsseldorf 1992, 465).
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reimt, den das Neue Testament in großer Breite als Heil der Welt bezeugt. Doch gerade dieser Entscheidung weicht Hahn aus. Zunächst bezeichnet er es als „zweifellos unangemessen“, „daß Gerichtsaussagen im Blick auf die recht verstandene Botschaft von der überschwenglichen Gnade Gottes überhaupt nicht haltbar seien“ (ebd.). Das ist eine ziemlich vage Feststellung. Einerseits geht es nicht um „Gerichtsvorstellungen überhaupt“, sondern um die Frage, ob im Glauben an Jesus Christus vom ihm als Richter gesagt werden kann, er werde die Menschheit teils retten und teils zur Hölle verdammen. Andererseits bleibt hier undeutlich, was eigentlich das Kriterium dafür ist, die Hoffnung auf die Gnade Jesu Christi im Endgericht als „unangemessen“ zu bezeichnen. Ich vermute, es ist der breite neutestamentliche Befund. Jedenfalls lässt darauf die Äußerung schließen, dass die „Auffassung einer Apokatastasis im Sinne einer Allversöhnung, wie sie erstmals von Origenes ... vertreten worden ist, ... von den biblischen Texten her“ nicht „zu stützen“ ist (ebd.). Das ist richtig. Fragwürdig ist dagegen, dass das Ernstnehmen der Hoffnung auf den Richter, welcher die Welt mit Gott versöhnte (2 Kor 5, 19), wieder und wieder mit der von der Kirche im 6. Jahrhundert verurteilten Lehre des Origenes in einen Topf geworfen wird, der per se der Geruch des „Ketzerischen“ anhaftet. Zu dieser Lehre ist zu sagen,14 dass es sich um eine theologisch unhaltbare Spekulation handelt, die zudem einem bestimmten antiken Wirklichkeitsverständnis verhaftet ist. Sie versteht Menschen in ihrem Ursprung als Geistwesen, die zur Strafe für ihren Abfall von Gott mit der Gefangenschaft in der Materie bestraft wurden und hier durch Gottes Gnade zur Rückkehr an ihren Ursprung erzogen werden sollen, so dass am Ende alle mit Geist Begabten (inklusive des „Teufels“) mit Notwendigkeit zu ihrem geistigen Ursprung zurückkehren. Alle müssen gerettet werden, weil das Haus des Seins gemäß menschlicher Spekulation so konstruiert ist. Auf diese Weise aber gerät die eschatologische Zukunft, die nur Jesus Christus selbst heraufführen wird, in die Regie von allzu menschlichen Zukunftsentwürfen. Vergleichbares gilt für Versuche in der neueren Zeit, das Gericht Jesu Christi unter Direktiven zu stellen, die Menschen dieses Gericht nach ihren ethischen Vorstellungen15 und religiösen Wünschen16 genehm macht. Das —————— 14 Vgl. Origenes, de Principiis libri IV, ed. H. Görgemanns / H. Karpp, TzF 24, Darmstadt 1976, 642–667 (c. III, 6: de consummatione mundi); dazu die Verwerfungen des 5. Konzils von Konstantinopel (553), 825–831. 15 In der Aufklärungszeit wurde die Kritik an der Vorstellung vom göttlichen Strafen damit begründet, dass solches Strafen „unmoralisch“ sei, weil keine Möglichkeit der Besserung für die Bestraften mehr bestünde (vgl. J.G. Töllner, Die göttlichen Strafen und die göttliche Strafgerechtigkeit in: ders., Theologische Untersuchungen, 2 Bde., Riga 1772/1774; J.A. Eberhard, Neue Apologie des Sokrates oder Untersuchung der Lehre von der Seligkeit der Heiden, Bd. I und II, Berlin/Stettin 21776 und 1778).
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entkleidet den „Richtstuhl Christi“ seines Charakters als Gericht. Wenn die Hoffnung auf Jesus Christi sich damit verbindet, dass er Richter sein wird, dann kann er nur als freier Richter verstanden werden. Das Gericht nach den Werken im paulinischen Sinne ist regelrecht als kritische Instanz gegenüber allen Versuchen zu verstehen, das letzte Urteilen Jesus Christi in irgendeine menschliche Regie zu nehmen. Insofern ist die Abgrenzung gegen die Lehre von der Apokatastasis panton, wie sie Origenes vertreten hat oder wie sie auch sonst konstruiert werden mag, noch kein Argument für die „Unangemessenheit“ der Hoffnung auf den gnädigen Richter Jesus Christus. Sie macht diese Gnade auch keinesfalls zur „billigen Gnade“, wie Hahn meint.17 Im Gegenteil, wenn Menschen ihr Leben im Horizont des Gerichtes Jesu Christi nach den Werken führen, dann werden sie es als Sinn ihres gerechtfertigten Lebens verstehen, dieses ihr besonderes und unverwechselbares Leben in Freiheit durch ihr Tun und Lassen profilieren zu dürfen. Aber in unserem Zusammenhang geht es ja nicht um die Glaubenden, sondern um die Unglaubenden innerhalb und außerhalb des corpus permixtum der Kirche. Ihnen fehlt gewissermaßen die Grundlage, nämlich der rechtfertigende Glaube, von dem her das Gericht Jesu Christi nach Paulus seine Funktion als Gericht über die Werke der Glaubenden gewinnt. Haben sie also ein „Strafgericht“ zu erwarten und soll ihnen die Verkündigung der Kirche das androhen, wenn sie sich dem Glauben verweigern? So wie Hahn das neutestamentliche Zeugnis von der Verlorenheit der „Gottlosen“ und Unrechttäter im Gericht dargestellt hat, wäre das eigentlich nahe liegend. Aber er zieht diese Konsequenz nicht. Vielmehr grenzt er sich ebenfalls unter Berufung auf die „biblischen Texte“ von der „in der Kirchengeschichte nachhaltig vertretene(n) Auffassung ewigen Unheils für alle, die sich nicht zum Glauben an Gott und Christus bekannt haben oder in ihrem Leben als Christen versagt haben“ (795), ab. Das heißt, er widerspricht nicht nur der in der kirchlichen Bekenntnistradition, sondern auch in der Frömmigkeit der Gemeinde18 verankerten kirchlichen Lehre vom „doppel—————— 16 Nach F. SCHLEIERMACHER ist anzunehmen, dass „dereinst eine allgemeine Wiederherstellung aller menschlichen Seelen erfolgen werde, weil in der Vorstellung unseres frommen Selbstbewusstseins das ‚Mitgefühl‘ mit den Verdammten die Seligkeit der Erlösten ‚trüben‘ würde“ (Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt [1830/31], hg. von M. Redeker, Berlin/New York 1999, § 163, 438f.) 17 Man beachte im übrigen, dass D. B ONHOEFFER sein Verständnis der „teuren Gnade“ im Unterschied zur „billigen Gnade“ keinesfalls mit dem Gerichtsgedanken begründet hat! „Teuer“ ist die Gnade nur in der „Nachfolge“ Jesu Christi (vgl. Nachfolge, DBW 4, München 1989, 29–43). 18 Die Kirchenlieder transportieren die Vorstellung vom „doppelten Ausgang“ des Gerichts beständig in das Bewusstsein der Gemeinde: „Da wird er sie scheiden / seines
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ten Ausgang“ des Gerichts. Sie besagt nach lutherischer Lehre, dass die Gottlosen, d. h. die Nichtglaubenden oder falsch Glaubenden, „je nach dem Grade ihrer Gottlosigkeit in leiblichen und geistigen Schmerzen für ihre Sünden in Ewigkeit büßen“ müssen, während die Frommen „je nach dem Grade ihrer Frömmigkeit“ eine „durch nichts gestörte Seligkeit“ genießen werden.19 Es leuchtet von selbst ein, dass eine solche Aussage über den Menschen zu ewiger Qual verurteilenden Jesus Christus im Grunde die Zurücknahme des Glaubens an den für sündige Menschen zu ihrem Heil eintretenden Jesus Christus ist. Sie verkehrt das Evangelium ins Gesetz. Hahn verweist darum zu Recht darauf, dass trotz der „nicht zu übersehenden Aussagen über das Verlorensein“, damit „von Gott her noch nicht das letzte Wort gesprochen ist“ (795). Er rechnet also damit, durchaus das Neue Testament auf seiner Seite haben, wenn Gott selbst die Falsifizierung solcher Aussagen zugetraut wird. Aber zu einer starken Orientierung an diesem „letzten Wort“, das ja doch wohl nur ein Wort der Gnade sein kann, führt das dennoch nicht. Vielmehr schränkt Hahn seine Ablehnung der Apokatastasis panton wie der Lehre von der Verdammung der Gottlosen durch Jesus Christus mit dem Hinweis auf „Grenze unserer Erkenntnismöglichkeiten“ in gewisser Weise auch wieder ein (795). „An dieser Stelle ist uns ein Urteil verwehrt“, lautet sein Fazit (796). Wenn es um irgendeine Nebensache ginge, dann könnte man sich bei diesem Fazit vielleicht beruhigen. Doch hier geht es um nicht weniger als um Leben und Tod, um das Fundamentalste also, was die Zukunft der Menschen betrifft. Da können sich weder die Kirche noch die Theologie der Stimme enthalten. Gerade das Neue Testament tut das auch nicht. Darum ist hier nicht auszuweichen, sondern es gilt, eine durch das Neue Testament selbst geschaffene Aporie anzunehmen, von der Hahn im Allgemeinen gesagt hat, sie fordere uns heraus, weiter zu denken. Ein solches Weiterdenken aber wird in unserem Falle von ihm selbst mit dem Hinweis auf unsere „Erkenntnisgrenzen“ blockiert. Das ist kein gutes Argument. Denn „Erkenntnisgrenzen“ sind allen unseren eschatologischen, ja letztlich allen unseren theologischen Aussagen gesetzt, die sich nicht aus dem „Schauen“, sondern aus dem Glauben bzw. aus der Hoffnung speisen. Sie können nur artikulieren, welche Gewissheit Menschen im extra se esse des Glaubens an Jesus Christus und in der von ihm geweckten Hoffnung gewinnen. Eschatologische Aussagen sind darum niemals Hochrechnungen —————— Reiches Freuden / erben dann die Frommen / doch die Bösen kommen / dahin, wo sie müssen / ihr Untugend büßen“ heißt es z. B. im Adventslied „Gottes Sohn ist kommen“ (EG 5, 9). 19 H. SCHMID, Die Dogmatik der evangelisch-lutherischen Kirche dargestellt und aus den Quellen belegt, Tübingen 71893, 478.
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der Zukunft. Sie drücken die Hoffnung auf Jesu Christi zukünftiges Handeln aus. Es wäre darum wünschenswert gewesen, wenn Hahn dem Unterschied zwischen „Hoffen“ und „Erwarten“ im neutestamentlichen Sprachgebrauch größere Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Er identifiziert faktisch beides, wenn er die Hoffnung als eine „auf Gott gerichtete Erwartung“ definiert, die im „Vertrauen und Ausharren auf Gottes Beistand besteht“ (740). In der Sache kann man dem zunächst nicht widersprechen. Zugleich macht Hahn aber an der Redewendung des Paulus vom „Glauben wider Hoffnung auf Hoffnung“ (Röm 4,19) auch deutlich, dass sich die im Glauben begründete Hoffnung, „gegen alle irdische Wahrscheinlichkeit“ auf Gottes bzw. Christi Heilszusage gründet (741). Im Horizont „irdischer Wahrscheinlichkeit“ (im Horizont der zu erwartenden Zukunft also) können wir nie zu der Gewissheit kommen, dass die eschatologische Zukunft nichts als Heil für uns sein wird. Sie tut sich dann als Feld von Heil und Unheil für uns auf. Vielleicht können wir sagen, es sei das Wesen der Apokalyptik, Jesus Christus in den Horizont der Erwartung zu integrieren, die wir angesichts seiner Ablehnung durch Menschen für wahrscheinlich halten müssen. Die lebendige Hoffnung dagegen hat „entapokalyptisierenden“ Charakter. Sie transzendiert „die Denkvoraussetzungen und Vorstellungsweise der urchristlichen Zeugnisse“ (800), sofern dazu die apokalyptische Erwartung gehört. Denn hoffen kann man weder auf ein Strafgericht, noch auf die „Verdammung“ noch auf die „Hölle“. Ohne irgendetwas zu postulieren, abzuleiten und auszurechnen, hält die Hoffnung sich an Jesus Christus als dem Einzigen, in dem alle Verheißungen Gottes nichts als „Ja“ für die Menschheit sind (vgl. 1 Kor 1,20). Sind eschatologische Aussagen Hoffnungsaussagen, dann haben sie dieses Ja zu explizieren.
III. Der Glaube an den Richter und die Eindeutigkeit der christlichen Hoffnung Die systematisch-theologische Entfaltung des Verständnisses des Gerichtes Jesu Christi am Ende der Zeit des individuellen Lebens von Menschen und der Zeit dieser Welt überhaupt kann hier nicht meine Aufgabe sein.20 Aber das Gespräch mit Ferdinand Hahn über das neutestamentliche Verständnis des eschatologischen Gerichtes Jesu Christi verlangt doch danach, einige Grundsätze festzuhalten, über die weiter geredet werden muss. —————— 20 Vgl. hierzu das achte Kapitel meines Buches: Gottes Klarheiten. Eine Neuinterpretation der Lehre von Gottes „Eigenschaften“, Tübingen 2001, 246–285.
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Allem voran ist das der Grundsatz, dass das Gericht Jesu Christi systematisch-theologisch in der Perspektive der eindeutigen Hoffnung auf Jesus Christus verstanden werden sollte. Denn diese Perspektive zu relativieren oder gar aufzugeben, bringt den Glauben an ihn als Heil der Welt und jedes einzelnen Menschen in Konflikt mit der Geltung dieses Heils für alle Zeiten und alle Menschen. Es zersplittert die Zusammengehörigkeit von Glaube und Hoffnung. In gewissem Grade ist es einsichtig, warum die frühe Christenheit, die im Neuen Testament zur Sprache kommt, und dann eine große kirchliche Tradition diese Zersplitterung nicht als gravierendes Problem empfunden haben. Abgesehen von dem apokalyptischen Vorstellungsrahmen, der immer wieder sein eigenes Gewicht bekam, ging es darum, das Heil Jesu Christi angesichts des nicht zu nivellierenden Unheils der Welt zu bezeugen, mit dem sich Jesus Christus niemals abfinden wird. Die Verkündigung des irdischen Jesus, welche durch die Evangelien lebendig blieb, zeigte zudem nur allzu deutlich, wie eng die Gerichtserwartung mit seinem eigenen Auftreten verbunden war. Das gilt bis heute als ein starker Anhaltspunkt für die Verankerung des „doppelten Ausgangs des Gerichts“ im Sein Jesu Christi selbst. Hahn bemerkt dazu mit Recht, dass man Jesus dennoch nicht zu einem „Gerichtsprediger“ machen dürfe. Er war ein „Bote des anbrechenden Heils“ (783). Für ihn galten auch „andere Kriterien“ im Gericht als die Werke, wie z. B. die Gnade Gottes und die Bedeutung der Liebe (vgl. 785). Dennoch dürfte unzweifelhaft sein, dass Jesus das Kommen der Gottesherrschaft mit dem Vollzuge des Gerichtes Gottes zusammen gesehen hat, in dem die „Böcke“ von den „Schafen“ getrennt werden (Mt 25,31–46) und in dem für die, die Gott nicht wahrhaft gedient haben, „Heulen und Zähneklappen“ sein wird (Mt 8,12). Der „Menschensohn“ aber wird dieses Gericht nach dem Kriterium vollziehen, wie sich die Menschen im Positiven und Negativen zu ihm verhalten haben (vgl. Mk 8,38). Solche Gerichtsreden Jesu aber sind der Gemeinde und so auch uns heute nach Ostern nur zugänglich, indem ihr und uns zugleich die ganze Geschichte seines Lebens und Sterbens vor Augen steht. Isoliert man die Gerichtsverkündigung davon, d. h. von dem, der hier spricht, dann kann in der Tat die Vorstellung entstehen, der „Menschensohn“ Jesus Christus werde selbst das Gericht ins Werk setzen, dass er zu seinen Lebzeiten angekündigt hat. In den Glauben an ihn nistet sich dann eine gespaltene Zukunftserwartung ein, in der gerade von dem, der für sündige Menschen gestorben ist, erwartet wird, dass er sie verdammt. Das ist widersinnig. Hier wird ausgeblendet, dass der, der in der beschriebenen Weise das Gericht verkündigt hat, am Ende selber an dem Ort steht, an dem „Heulen und Zähneklappen“ ist. Es wird nicht gesehen, dass er mit seinem Tode das Geschick der „Böcke zur Linken“ teilt, von Gott verlassen sein. Es wird
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nicht als fundamental für die Hoffnung auf ihn in Anschlag gebracht, dass Gott in der Auferstehung Jesu Christi sein Kreuz als gültig vollzogenes Gericht für alle Menschen anerkannte. Im Lichte dieses Gerichtes aber ist auch das Gericht der Zukunft zu verstehen! Es wird für alle Menschen auf der Grundlage dessen erhofft, dass Jesus Christus schon für sie eingetreten ist und der für sie Eintretende bleibt. Das ist der eigentliche Grund, warum die kirchliche Lehre vom doppelten Ausgang des Gerichts korrigiert werden muss. Auf einen Ausgang des Gerichts, wie er hier gelehrt wird, d. h. auf die Verdammung der meisten Menschen, kann man im Glauben an Jesus Christus nicht ernstlich hoffen. Diesen Ausgang kann man aber auch nicht verkündigen, wenn man von Jesus Christus nicht das Bild eines gesetzlichen Richters zeichnen will, der Glaube und Unglaube am Ende so beurteilt, als stünde sein Kreuz nicht mitten in der Menschheit. Es gibt wohl ein selbst verschuldetes, aber auch ein nicht selbst verschuldetes „Zu-spät“ für Menschen, sich für das Heil Gottes, das im Kreuz Jesu Christi für jeden Menschen bereitet ist, in diesem irdischen Leben zu öffnen. Wir sehen das in erschreckendem Umfang in der Vergangenheit und nicht weniger in der Gegenwart. Aber es ist nicht die Art der christlichen Hoffnung, vor diesem „Zu-spät“ zu resignieren und im Namen des „Realismus“ der Welt eine apokalyptisch eingefärbte religiöse Wahrscheinlichkeitsrechnung zu offerieren. Ginge es nach dieser Rechnung, dann wäre in den zweitausend Jahren des Christentums vor allem eine „massa perditionis“ über die Erde gegangen, welche sich auch heute beständig durch unsere Zeit wälzt. Eine christliche Verkündigung, die darauf starrt, statt sich von der Hoffnung auf Jesus Christus beleben zu lassen, verfehlt ihren Charakter als universale Heilsbotschaft. Diese Botschaft kann nur im Hoffen durchgehalten werden. Das bedeutet aber: Sie hört nicht auf, Jesus Christus, den Versöhner aller Menschen mit Gott, als die Zukunft jedes Menschen zu verkündigen. Es ist für sie selbstverständlich, der Hoffnung auf den Richter Jesus Christus auch für die Ausdruck zu geben, die ihn in ihrem Leben nicht kennen wollten und konnten, aber die von ihm erkannt sind. Auch sie werden vor dem Richter Jesus Christus stehen, der die Werke richtet und nicht die Person. Es besteht aller Grund, darauf zu hoffen, dass dieser Richter auch für sie eintritt und ihnen die Voraussetzung gerechtfertigten Personseins schafft, die ihnen von seinem Kreuzestode her zweifelsfrei gilt. Sie werden ihm kein Anlass sein, dem Bösen in Gestalt der „Hölle“ ein ewiges Daseinsrecht zu verleihen.21 Sie werden auch nicht irgendwie verschwindende und —————— 21
Die Vorstellung einer „Hölle“ schafft große Probleme für das Verständnis der Ewigkeit Gottes; vgl. Klarheiten (s. Anm. 20), 261–273. Das Böse bleibt dann in Gestalt der Hölle auch in Ewigkeit bestehen. Ist Gottes Ewigkeit aber als die Konzentration der Zeit, die alles erfüllt, zu verstehen, dann schließt sie eine Menschen unendlich quälende
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schattenhaft verlöschende Wesen sein, deren Taten und Untaten sich in lauter Gleichgültigkeit auflösen. Er wird sie als Gottes Geschöpfe richten, für deren Würde er schon als ihr Versöhner eingetreten ist und die seiner göttlichen Beurteilung auch über die Grenze des irdischen Lebens und aller Zeit hinaus würdig bleiben. Was aber die fragwürdige Lust derer betrifft, welche das ganze Leben im „Weinberg des Herrn“ gearbeitet haben, sich darüber zu beschweren, so darf man Hahns Hinweis auf Mt 20,1–6 durchaus in die Hoffnung auch für die Glaubenden integrieren. Sie wird ihnen spätestens dann, wenn sie vor ihrem Richter stehen, vergangen sein. Ja, sie haben sie, indem sie selbst Hoffende sind, schon hinter sich.
—————— und also dekonzentrierende Wirklichkeit aus. Als Alternative zum ewigem Leben könnte man dann eigentlich nur die endgültige Vernichtung der sündigen Menschen denken, ihre Auslieferung an das Nichts. Gerade dagegen steht aber der Glaube an Gottes Ewigkeit und die aus ihm entspringende Hoffnung, dass Gott Menschen nicht der Vernichtung anheim gibt, sondern dass das Gericht Jesu Christi allen Menschen die Teilnahme an seiner Ewigkeit ermöglicht.
Die Bedeutung von Bibel und Bibelwissenschaft für Kirche und Gesellschaft* von
KARL KARDINAL LEHMANN I. Das Buch der Bücher gehört zu den kostbarsten Schätzen, die der Menschheit anvertraut worden sind. Die Bibel hat vermutlich wie kein anderes Buch in der Geschichte der menschlichen Kultur unermessliche Wirkungen ausgeübt, nicht zuletzt – allein schon durch die Übersetzungen – auf die Entstehung und Bildung vieler Sprachen überhaupt. Kunst und Dichtung, wenigstens Europas, sind nicht denkbar ohne die vielen Anstöße aus der Bibel. Vieles haben wir vergessen. In einer Zeit, der nicht selten der Vorwurf der Geschichtslosigkeit und eines großen Traditionsverlustes gemacht wird, ist es sicher notwendig, sich an diese unerschöpfliche Quelle unserer Geschichte zu erinnern. Nicht nur Bibelwissenschaftler und Kirchenleute beklagen einen elementaren Verlust von Bibelkenntnissen, sondern auch Kulturwissenschaftler aller Formen werden nicht müde, die Folgen für unsere Bildung überhaupt darzustellen, wie es z. B. Manfred Fuhrmann1 mehrfach getan hat. Allein deshalb tut uns so etwas wie das schon zweimal ökumenisch begangene „Jahr der Bibel“ gut. Heilige Schriften gibt es freilich in vielen Religionen. Sie haben in der Regel eine unvergleichlich höhere Würde als das gesprochene Wort. Dies ist nicht ohne Gefahren. Denn heilige Schriften wollen meist ein lebendiges Wort und eine konkrete Anrede vermitteln. In diesem Sinne bleiben auch heilige Schriften an den Vorrang des Hörens gebunden. Gleichwohl haben sie aufgrund der Schriftlichkeit eine besondere Treue zur Überlieferung, sie zeugen von der Verbindlichkeit, eignen sich zum Gebrauch im Gottesdienst, aber auch z. B. als Symbol der Unabhängigkeit und Unver—————— * Festvortrag bei der Akademischen Feier anlässlich des 80. Geburtstages von Prof. Dr. Ferdinand Hahn in der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität München am 30. Januar 2006. 1 Vgl. Bildung – Europas kulturelle Identität, Frankfurt 2002; DERS., Der europäische Bildungskanon des bürgerlichen Zeitalters, Berlin 32000.
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brüchlichkeit bei der Rechtsprechung und zum Eid. Freilich, wenn ein solches Buch im Mittelpunkt steht, erscheinen auch bald Probleme des Verständnisses und der Auslegung. Auch der Koran bezeugt die zentrale Stellung der Bibel für die Juden und Christen, wenn er sie gemeinsam „Leute der Schrift“ bzw. „Schriftbesitzer“ nennt.2 Der Koran versteht sich selbst im Verhältnis der drei Offenbarungsbücher untereinander als goldene Mitte zwischen Thora und Evangelium. Die Bibel ist nicht verständlich ohne ihre Herkunft vom Hören des glaubenden Gottesvolkes und dem „Sitz im Leben“ der Gemeinde, die in der Verkündigung, im Gottesdienst und im Tun des Rechten besonders anschaulich wird. Seit frühester Zeit ist darum jede Auslegung der Bibel auch an die Kirche gebunden. Dies wurde auch von den Reformatoren nicht bestritten. Ihr „Allein die Schrift“ (sola scriptura) wandte sich gegen die „Bevormundung“ des Bibelverständnisses durch kirchliche Instanzen, nicht aber gegen jede Bindung an die Gemeinschaft der durch Gottes Geist geleiteten getauften Glieder. Wenn man von diesem lebendigen Bezug der Bibel zur Kirche absieht, entstehen rasch Schwierigkeiten. Lange wurden diese durch die Regel gemildert, dass die ganze Bibel Maßstab für das Urteil über einzelne ihrer Sätze sein muss. Wenn dieses Ganze in den Hintergrund tritt, wird die Frage nach der Wahrheit einzelner biblischer Aussagen dringlicher. Worin ist die Wahrheit der Bibel wirklich verbürgt und begründet? Eine Antwort vor allem der neueren Zeit lautet, dass die Irrtumslosigkeit und die Unfehlbarkeit der Bibel bis auf das einzelne Wort und sogar bis in den Buchstaben hinein auf Gott selbst zurückgeht. Weil diese unerschütterliche Überzeugung das letzte Fundament des christlichen Glaubens darstellt, spricht man vor allem seit dem Zweiten Weltkrieg im deutschen Sprachgebrauch – schon früher in England – vom so genannten „Fundamentalismus“3. Heute ist dies ein fast kaum mehr verantwortlich zu gebrauchendes Etikett geworden, mit dem man das Festhalten an unerschütterlichen Gewissheiten überhaupt mehr kritisch wertet als beschreibt. Der Fundamentalismus ist zwar, streng genommen, eine unhaltbare Position, aber dennoch muss man auch die Verlegenheit erkennen, aus der er kommt. Er ist nämlich bis zum heutigen Tag eine Protestbewegung gegen moderne theologische Entwicklungen, die die Unvergleichlichkeit und Einzigartigkeit des Wortes Gottes kaum oder gar nicht mehr zu wahren vermochten. Der Fundamentalismus möchte daran festhalten, dass Gottes Of—————— 2 Vgl. die Suren 2,105.145f.; 5,15.19; 3,3–4. 3 Vgl. dazu K. LEHMANN, Der Fundamentalismus als Herausforderung für Theologie und Kirche, in: DERS., Fundamentalismus als Herausforderung an Staat, Kirche und Gesellschaft, EGTSK 33, Münster 1999, 63–85 (Lit.).
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fenbarungswort in Jesus jedem menschlichen Gottesgedanken, aber auch der Leugnung Gottes als das Wort gegenübertritt, das der Mensch sich nicht selber sagt. Weil dies zum Wesen des Glaubens gehört, ist der Fundamentalismus an dieser Stelle unerbittlich. Hier gibt es für ihn keine Frage und keine Einschränkung. Wenn die Bibel nur in einem einzigen Punkt Unrichtiges behaupten würde, wäre alles, auch ihr Zeugnis vom Heil in Jesus Christus, in Zweifel gezogen. Immer wieder, besonders aber in der Neuzeit, kam es zu einem radikalen Zusammenstoß mit der historisch-kritischen Erforschung der Bibel. J. S. Semler hat in seiner „Abhandlung von freier Untersuchung des Canon“ (1771–1775 entstanden) den Grundsatz geprägt, dass die Bibel als ein Buch wie jedes andere zu behandeln sei.4 An dieser Voraussetzung entzündet sich auch bis zum heutigen Tag ein geradezu wilder, unversöhnlicher Streit: Die Bibelwissenschaft hält diese – wie sie meint – vorurteilsfreie Erforschung nicht nur vor der menschlichen Vernunft für erlaubt und geboten, sondern verweist auf die Entdeckung der unverkürzten geschichtlichen und menschlichen, ja religiösen Fülle der Bibel, wenn man sie einmal auch in ihrer geschichtlichen Bedingtheit sprechen lässt. Gewiss hat die Bibelwissenschaft nicht nur Interesse an einer Ansammlung historischer Erkenntnisse, auch für sie bezeugt sich in der Bibel zunächst die geschichtliche Offenbarung Gottes, die auch heute in der Bibellektüre und in der christlichen Predigt zur konkreten Anrede an die Menschen unserer Zeit werden muss. Aber zweifellos hat die Bibelwissenschaft durch den manchmal geradezu rücksichtslosen Abbau – wie man glaubte – „naiver“ Glaubensvorstellungen viele Rat- und Hilflosigkeiten erzeugt oder wenigstens gefördert. Es ist kein Zufall, dass die Auseinandersetzung immer wieder um die Möglichkeit und um die Wirklichkeit des Wunders kreist. Bis zum heutigen Tag entzweit der Streit um die Wahrheit der Bibel viele Christen, nicht selten quer durch alle Kirchen und Konfessionen. Es ist schmerzlich zu sehen, dass die Wahrheit der Bibel selbst dabei oft zwischen einem gut gemeinten, aber unerleuchteten Fundamentalismus und einer grundsätzlich berechtigten, aber nicht selten selbst unkritisch werdenden Bibelerforschung zerrieben wird. Die Flügelkämpfe zwischen Pietisten und Aufklärern, Evangelikalen und Liberalen bezeugen dies ebenso wie die Auseinandersetzung zwischen Modernisten und Konservativen. —————— 4 Dazu F. H AHN, Probleme historischer Kritik, ZNW 63 (1972), 1–17; DERS., Exegese und Fundamentaltheologie, ThQ 155 (1975), 262–280; DERS., Exegese, Theologie und Kirche, ZThK 74 (1977), 25–37; weitere Literatur in DERS., Theologie des Neuen Testaments I, Tübingen 2002, 772f. K. LEHMANN, Der hermeneutische Horizont der historisch-kritischen Exegese, in: DERS., Gegenwart des Glaubens, Mainz 1974, 54–93 (Lit.); DERS., Über das Verhältnis der Exegese als historischer Wissenschaft zum dogmatischen Verstehen, in: R. Pesch / R. Schnackenburg (Hgg.), Jesus und der Menschensohn (FS A. Vögtle), Freiburg i. Br. 1975, 421–434.
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Rudolf Bultmanns Entmythologisierungsprogramm, das vor bald sieben Jahrzehnten (1941) verkündet wurde, ist in vielem noch unerledigt. Aber es geht nicht nur um einige außerordentliche Situationen, die letztlich in den Bereich der Wissenschaft fallen, sondern zur Entscheidung steht auch das Bibelverständnis des Christen überhaupt an: Wie verhalten sich „die Bibel auf dem Nachttisch“ und „die Bibel auf dem Schreibtisch“ zueinander?
II. Um eine Antwort geben zu können, müssen wir einen neuen Ansatz versuchen. Die Bibel ist nicht einfach eine fest in sich geschlossene Größe, sodass sie in ihren Buchstaben absolut gesetzt werden dürfte. Wer dies tut, steht in der Gefahr eines Bibelbuchstabenglaubens. Wir nehmen zwar das konkret geschichtlich ergangene Wort der Offenbarung ernst, sodass wir auf die Stimme Gottes in diesem Wort achten. Die Bibel ist darum das Wort Gottes. Wir sagen auch, dass sie es „enthält“ oder noch besser, dass sie es in sich birgt. Gottes Wort selbst aber ist nicht auf Gedeih und Verderben an den Buchstaben ausgeliefert, so kostbar uns die Schrift selbst ist. Die Bibel selbst ist ein verlässliches, konkretes Zeugnis des Wortes Gottes, das von Gott her in unserer Geschichte und in unserer Welt gekommen ist. Es geht immer um diesen Bogen, darin Gott selbst im Zeugnis der Schrift zu uns gelangt. Dieser Vorgang ist immer schon ein „Übersetzen“, nämlich ein Übersetzen vom innersten Geheimnis und Leben Gottes in unsere Menschenwelt hinein. Dies kann nur durch das geschehen, was wir Offenbarung nennen. „In dieser Offenbarung redet der unsichtbare Gott (vgl. Kol 1,15; 1 Tim 1,17) aus überströmender Liebe die Menschen an wie Freunde (vgl. Ex 33,11; Joh 15,14) und verkehrt mit ihnen (vgl. Bar 3,38), um sie in seine Gemeinschaft einzuladen und aufzunehmen.“5 Das Wort Gottes ist also ein „Wortgeschehen“, in dem Gottes Wort an den Hörer bzw. den Leser ergeht. So drückt es auch die Bibel selbst an vielen Stellen aus, wenn etwa gesagt wird: „Und das Wort erging an ...“ (Gen 15,1) oder: „das Evangelium geschah bei euch“ (1 Thess 1,5). Die Bibel ist nicht schlechthin Gottes Wort allein im Blick auf den gegebenen Wortlaut für sich, sondern insofern sie uns als Zeugnis und Medium Gottes Botschaft übermittelt. Die Bibel beansprucht uns auch als lebendige Hörer des Wortes, „... der Geist aber macht lebendig.“ (2 Kor 3,6) Man darf diesen Brückenschlag nicht auseinander reißen, wie es auf der einen Seite der Fundamentalismus und auf der anderen Seite eine extreme Bibelkritik tut. Wenn es sich um Gottes Wort handelt, dann ist dies nicht —————— 5 Dogmatische Konstitution „Dei Verbum“ des II. Vatikanischen Konzils, Art. 2.
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nur ein alltägliches Wort unter den vielen Menschenwörtern, sondern es ist eine Botschaft Gottes selbst: Wort nicht nur über Gott, sondern von ihm her. Es redet nicht nur über Gott, sondern bringt Gottes ewiges Leben in unsere endliche Welt. Auch wenn das Wort Gottes in einer menschlichen Gestalt bei uns ankommt, so behält es seine unableitbare göttliche Kraft. Es geht nicht einfach in unsere Verfügungsgewalt über. Die Theologie formuliert deshalb auch gerne, dass das Wort Gottes in aller Schriftlichkeit einen Überschuss über den geronnenen Buchstaben hinaus enthält. Wir dürfen diesem Wort Gottes darum auch seine eigene Macht, seine Fremdheit und seine unbequeme, herausfordernde, ja richtende Qualität nicht nehmen und es unseren Gedanken anpassen. Wir sollen das Wort Gottes stehen lassen. „Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt ..., so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe.“ (Jes 55,10–11). Mit derselben Klarheit muss aber auch gesagt werden, dass die Bibel zwar Wort Gottes selbst ist, aber nicht einfach im Wortlaut ohne Zutun der Menschen vom Himmel fällt. Gottes Wort ist immer vermittelt durch Menschenmund. Es gibt kein Wort Gottes, das nicht zutiefst auch ein Wort von Menschen ist. Als solches trägt es alle Spuren menschlicher Worte an sich. Wir spüren nicht nur den Stil eines bestimmten Verfassers und die Einflüsse konkreter sozio-kultureller Milieus (Jerusalem und Palästina, Antiochien und Alexandrien, Syrien und Griechenland). Wir können erkennen, wie ein Wort, das uns schwer verständlich ist, genauer gemeint ist (vgl. z. B. Mt 7,13f.; Mk 16,6). Die paränetisch-appellative Aufgabe, in der die Christen gemahnt und getröstet werden, ist etwas ganz anderes als die rein informative Funktion eines Wortes. Die Bibel ist nicht immer an dem interessiert, was wir für wichtig halten, z. B. an einer exakten Chronologie. So gibt es unterschiedliche Zeitangaben für den Tod Jesu und seine Aufnahme in den Himmel (vgl. Lk 24,51 und Apg 1,9–11). Dabei ist das Auffinden solcher Grenzen zunächst nichts Negatives. Vielmehr bekundet sich darin, dass Gottes Wort wirklich Fleisch wird, d. h. in unsere konkretgeschichtliche Welt eingeht. Es zeigen sich darin der Ernst der biblischen Offenbarung und zugleich die Fülle menschlicher Situationen, Mentalitäten und Kulturen, die sich als offen erweisen für Gottes Anruf. Freilich liegt in der Erforschung dieser Situationen und Bedingtheiten auch eine Gefahr für die Bibelkritik. Manchmal überwiegt das Interesse an der differenzierenden, zergliedernden Analyse. Die Liebe zum historischen Detail kann so weit gehen, dass man den Sinn der Nachforschung nicht mehr einsieht. Der innere Zusammenhang und die Einheit der biblischen Botschaft gehen verloren. Aber auch hier muss man ein differenziertes
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Urteil suchen. Nicht jede Erklärung kann alle Fragen beantworten, da es auch durchaus unklare Texte gibt. Erst später zeigt sich oft, ob eine als Arbeitshypothese vorgeschlagene Lösung wirklich tragfähig ist. Der Exeget darf freilich auch nicht dabei stehen bleiben, dem Leser lieb gewordene Vorstellungen zu zerschlagen und ihn dann ratlos stehen zu lassen, sondern er muss ihn wirklich dahin führen, den Text besser zu verstehen, und wird ihm so auch den positiven Sinn der Bibelwissenschaften erschließen. Dies heißt freilich nicht, dass mit der Exegese alle Rätsel gelöst werden könnten. Jetzt wird auch deutlich, dass es noch einen anderen Übersetzungsvorgang gibt als den schon genannten Brückenschlag von der Sphäre Gottes zur menschlichen Geschichte. Immer wieder muss der Theologe auch die Brücke von der „Fremdheit“ eines Bibeltextes schlagen, der in einer ganz anderen Situation entstanden ist und lebt, bis in unsere Gegenwart. Es hat dabei meist wenig Sinn, biblische Texte unmittelbar in unsere Zeit hinein zu transponieren, also z. B. aus der Bergpredigt selbst unmittelbare Anweisungen für eine gegenwärtige Politik abzuleiten. Für eine solche Vermittlung bis zum Heute bedarf es noch anderer und weiterer Schritte, die hier nicht beschrieben werden müssen. Die „Fremdheit“ und Andersartigkeit der biblischen Welt ist dabei nichts Negatives. Sie bewahrt uns auch davor, dass wir die Bibel unseren eigenen Absichten anpassen. Sie muss ihr „Salz“ und ihre eigene Kraft bewahren, gerade weil sie etwas anders sagt als das, was wir schon kennen. Es wird so auch verständlich, dass der Exeget selbst zwar eine wichtige, aber niemals die alleinige Kompetenz der Schriftauslegung hat. Einmal steht er ständig im Gespräch und auch in der Auseinandersetzung mit der gelehrten Welt, die im wissenschaftlichen Diskurs manches klärt. Schließlich lebt die Theologie selbst in der Gemeinschaft der Kirche und trägt auf ihre unverwechselbare Weise zum besseren Verständnis der Schrift bei, „damit so ... das Urteil der Kirche reift“.6 Dies geschieht nicht in einer vorgegebenen Harmonie, sondern kann auch durchaus zu Spannungen und Konflikten, ja gelegentlich sogar zu tragischen Ereignissen führen, wenn eine Meinungsverschiedenheit zwischen einzelnen Theologen und der Kirche sich unauflösbar verhärtet.
III. Die dargelegte Skizze müsste nun in den Konsequenzen entfaltet werden. Ich kann nur einige Perspektiven dabei auswählen. Vieles, was für das menschliche Wort gilt, hat erst recht Bedeutung für Gottes Wort. So wissen wir, dass wir die Bedeutungsfülle des Wortes nicht —————— 6 Ebd., Art. 12.
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in einem einzelnen und einzigen Denkakt einholen können. Die menschliche Sprache kommt von weit her, birgt viele Verstehensmöglichkeiten in sich, lässt sich nicht nur nach einer Seite hin abfragen, enthält immer einen Überschuss an Bedeutungskraft in sich, die wir jetzt nicht vollständig abschöpfen können. Dies wird besonders wichtig beim Wort Gottes. Man darf Texte nicht nur einseitig geschichtlich befragen, wie wir es oft gewohnt sind. Sie haben selber eine andere Aussageabsicht. So kann man in der Tat die Bibel unter ganz verschiedenen Dimensionen betrachten. Es ist legitim, von der Tiefenpsychologie her Texte zu befragen. Die psychologische Weisheit ist groß, wie man schon auf den ersten Seiten des Alten Testaments leicht erkennen kann. Es ist auch durchaus zu begrüßen, wenn Frauen heute mit einem geschärften Auge die biblischen Texte lesen und Zusammenhänge entdecken, die bisher weniger wahrgenommen worden sind. Man ist noch kein Marxist, wenn man die biblischen Texte daraufhin befragt, was sie zur vielfachen gesellschaftlichen Ausbeutung und Entfremdung des Menschen sagen. Die Bibel ist viel revolutionärer und rebellischer, aber auch störrischer und widerständiger, als wir oft denken. Wenn uns diese anderen und neuen Sichtweisen ergänzen, so spüren wir, was mit einer mehrdimensionalen Schriftauslegung gemeint sein kann. Es gibt dann aber im strengen Sinn des Wortes keine marxistische, psychologische oder feministische Schriftauslegung für sich allein, sondern diese Einzelperspektiven haben zwar ihr begrenztes Recht, stellen aber nie das Ganze dar und sind nur fruchtbar, wenn sie sich ergänzen und korrigieren lassen.7 In anderen Epochen der Bibelauslegung gab es auch nie nur eine Auslegungstendenz, sondern man wusste um die verschiedenen Schriftsinne, die aufeinander aufbauen, sich ergänzen und auch korrigieren. Bei der Interpretation der Bibel als Wort Gottes geht es also auch nicht nur um die historisch-kritische Auslegung des gegebenen Wortlautes. Sonst reden und suchen wir manchmal an der Bibel vorbei. Gerade hier sind, wie schon angedeutet wurde, die Ergebnisse der modernen Sprachwissenschaften fruchtbar. Sie zeigen uns nämlich wie wichtig die Auslegungs- und Wirkungsgeschichte der Bibel ist, wie der Text geschichtlich bedingt und zugleich offen ist für weiterführende und künftige Bestimmungen. In diesem Sinne ist der Text der Bibel auch immer wieder auf das Hören der ganzen Kirche und der einzelnen Leser angewiesen. Es geht dabei nicht nur um das Erklären einzelner Fakten, bestimmter philologischer Probleme und historischer Umstände, sondern es gibt auch eine wirk—————— 7 Vgl. dazu H. DE LUBAC , Glauben aus der Liebe, Einsiedeln 21970, 145–188; DERS., Typologie, Allegorie, Geistiger Sinn. Studien zur Geschichte der christlichen Schriftauslegung, ThRom 23, Einsiedeln 1999; R. VODERHOLZER, Die Einheit der Schrift und ihr geistlicher Sinn. Der Beitrag H. de Lubacs zur Erforschung von Geschichte und Systematik christlicher Bibelhermeneutik, SlgHor NR 31, Einsiedeln 1998.
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lich geistliche Dimension des Schriftverständnisses. Inspiration erstreckt sich nicht nur auf die Schriftwerdung des Gotteswortes im Sinne eines Textes, sondern Gottes Geist muss auch das Lesen und Verstehen inspirieren, wie die Bibel immer wieder zum Ausdruck bringt (vgl. 2 Petr 1,20f.; 2 Tim 3,16). Wir sprechen nicht zufällig von der „lectio spiritualis“. Es muss eine gewisse Sympathie zwischen dem Leser und dem Wortes Gottes selbst geben, mindestens muss er von sich her Fragen aus seiner Lebensgeschichte und seiner Alltagserfahrung mitbringen und wenigstens zu einem Minimum für Gottes Winke in sein Leben hinein offen sein. Der Gottesgeist ist der ganzen Kirche und dem Einzelnen gegeben, wenn dieser sich wirklich auf das Verständnis der Schrift einlässt. Darum braucht es – wie die großen Theologen und geistlichen Meister sagen – ein inwendiges Lesen, ein geistliches Vernehmen und ein Schmecken der Dinge von innen. Sonst versteht man am Ende nichts. Man hat dies – recht verstanden – die „geistliche Schriftauslegung“ genannt. Sie schließt selbstverständlich nicht aus, dass man sich die Ergebnisse der historisch-kritischen Bibelauslegung zu Eigen macht. Es wäre töricht, neue Verstehensmöglichkeiten und SinnErschließungen nicht zu nützen. Man kann dem Fundamentalismus in seiner Grundabsicht vielleicht eine gewisse Sympathie abgewinnen, da er ja wirklich auch auf unbewältigte Probleme hinweist; wenn er aber so starr wird, dass er fruchtbare und weiterführende Ergebnisse der modernen Bibelwissenschaften im Verstehen der Schrift nicht annimmt, verrät er letztlich seine eigene und ursprüngliche Intention. Wer sich gültigen Einsichten verschließt, ist borniert. Dies hat nichts mit Heiligem Geist zu tun, auf den man sich hier gerne beruft. Nicht weniger borniert ist aber auch der, der nur die moderne Bibelauslegung als Zugang zulässt. Dies wäre geistlicher Hochmut. Wir sind zwar dankbar für die Erschließungsmöglichkeiten der modernen Bibelwissenschaften, aber wir wissen auch, wenn wir wirklich mit der Bibel vertraut sind, dass man auch durch „einfaches Lesen“ von der Bibel angesprochen werden kann. Es gibt zahlreiche Texte, in denen der Leser auch heute noch, gerade in den persönlich-existenziellen Fragen, sich selbst in Not und Freude wiederfindet. Dies gilt nicht nur für zahlreiche Bilder und Wendungen, sondern auch für viele Gleichnisse und Erzählungen. Die großen Glaubenszeugnisse aller Jahrhunderte und nicht zuletzt auch vieler junger Kirchen heute – ich denke nur an Lateinamerika, Afrika oder die ökumenische Gemeinschaft von Taizé in Frankreich – können uns lehren, wie man auch „einfach“ die Bibel lesen kann. Wäre dies nicht so, dann müsste jeder erst ein exegetischer Spezialist werden, bevor er ein Christ werden kann. Ja, wir müssen gerade auch den Menschen von heute ermutigen, sein eigenes Verständnis der Schrift auszusprechen und es mit anderen zu bedenken. „Allerdings hat dieses ‚einfache‘ Lesen wie das wissen-
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schaftliche seine Grenzen. Der Einzelne darf sein so gewonnenes Verständnis nicht als allgemein gültige Wahrheit und unmittelbares Wort Gottes ausgeben. Er muss es vielmehr am Glaubensbekenntnis der Kirche prüfen. Außerdem muss er bei der Vermittlung oder Verteidigung der biblischen Botschaft bereit sein, sich durch Sachkundige belehren zu lassen, etwa auch darüber, dass seine einfache ‚Naivität‘ eine durch Erziehung und modernes Denken geprägte, ja sogar verengte Naivität ist; denn sie verleitet sehr leicht zu Fehlinterpretationen, indem sie etwa eine midraschartige Verkündigung wie die Kindheitsevangelien als historische Berichte deutet oder aus einer Mahnung (appellativen Aussage) die Information herausliest, die meisten Menschen würden verdammt“.8 Wer die Bibel wirklich liest, muss am Ende immer sich selber zurücknehmen, sei es der einfache Leser mit seinem Vorverständnis oder der wissenschaftliche Ausleger mit seinen Hypothesen. Alle Erklärungen müssen vor dem biblischen Zeugnis selbst zurücktreten. Hier ist auch der Ort, wo man mit aller Deutlichkeit aussprechen muss, was „Wort Gottes“ am Ende konkret bedeutet. Die letzte Antwort auf die Frage, wo uns die unumstößliche Gewissheit des Heils geschenkt wird, gibt weder der Buchstabe der Schrift selbst, wie es manche Spielarten des Fundamentalismus vorgeben, noch die wissenschaftliche Erkenntnis, die in Wahrheit viel vorläufiger ist. Die Grundgestalt des Wortes, in dem Gott sich uns eröffnet und geoffenbart hat, ist Jesus Christus selbst in seiner Person und in seiner Geschichte. Gott hat sein entscheidendes, letztes Wort der Liebe zur Welt in Jesus Christus gesprochen und spricht es auch heute in der Kirche und durch sie. Hier ist die letzte Gewissheit. Bibelauslegung heißt immer, einen Weg des Verstehens mit Jesus in der Kirche zu gehen. Die Begegnung der Jünger mit dem Auferstandenen auf dem Weg nach Emmaus (vgl. Lk 24,13–35) ist ein gutes Beispiel dafür. Die Jünger wissen fast alles von der Geschichte Jesu, haben die Schriften gelesen, Mose und die Propheten, aber sie verstehen noch nicht. Manchmal liegt eine eigentümliche Hülle über der Bibel. Man kann ungeheuer viel über die Bibel wissen – und geht dem Buch des Lebens doch aus dem Weg. Man kann dem Herrn auch noch auf andere Weise begegnen. Zum Wort gehört das Symbol. Es ist eine besondere Brücke des Verstehens. Das Herrenmahl öffnet den beiden Jüngern die Augen, damit sie Jesus erkennen. Wort und Sakrament gehören eng zusammen. Den Sinn der Schrift erschließen, können wir jedenfalls nur, wenn uns – wie die Emmaus-Jünger sagen – das Herz brennt (vgl. Lk 24,32). Ohne ein Minimum an Ergrif—————— 8 J. KREMER, Kein Wort Gottes ohne Menschenwort, StZ 117 (1992), 75–90 (88), auch in DERS., Die Bibel beim Wort genommen. Beiträge zur Exegese und Theologie des Neuen Testaments, hrsg. von R. Kühschelm und M. Stowasser, Freiburg 1995, 417–432 (430f.; vgl. Lit.: 432).
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fensein und Sympathie gibt es kein Verstehen. Dies ist auch die Wahrheit des Pietismus. Dies alles kann jedoch nicht darüber täuschen, dass die kritische Betrachtung der Schrift und die Exegese uns bei allen Holzwegen und Abwegen immer wieder helfen, den ursprünglichen Sinn der Schrift gegen alle Gewohnheiten und Vorurteile aufzudecken. Die Einsicht in die geschichtliche Vermittlung des Offenbarungszeugnisses verhindert ein reines Beharren und Pochen auf den Buchstaben allein, das der vollen Intention des Textes nicht weiter folgen will. Historische Kritik entzieht darum die Schrift jedem positivistischen Zugriff und bringt in gleicher Radikalität die Zielrichtung des Offenbarungszeugnisses von Gott her und die ihm entsprechende, wenn auch durchaus zu verwandelnde menschliche Wirklichkeit zum Vorschein. Indem diese Entpositivierung der Schrift zu einem ihr gemäßen menschlichen Hörenkönnen auf die Wahrheit Gottes führen kann und die geschichtsmächtige Wirklichkeit der Schrift bezeugt, leistet die Exegese erste Schritte für eine sachgemäße Übersetzung der Schriftaussagen in eine andere geschichtliche Gegenwart; wo man diesen Strukturen der Schrift grundsätzlich entgegentritt und sie ablehnt, bleibt die historische Kritik in besonderer Weise ein ständiger Anstoß und ein unaufhörlicher Stachel zur Erneuerung von Glaube, Theologie und Kirche. Dieser reformerische Grundzug hat eine eigene spirituelle Dimension, die jedoch bisher wenig reflektiert wird. Darum sind die Ergebnisse und Lehren wirklich kritisch erforschter Schrift notwendige Norm für jede Kirchenreform, die deswegen auch nicht zu pragmatischer Anpassung, sterilem Fundamentalismus und zielloser Geschäftigkeit abgleiten darf. In dieser Zielrichtung kann die wissenschaftliche Exegese auch der Gesellschaft die Augen öffnen für die Beantwortung der Fragen, woher sie kommt, und wohin sie sich entwickelt. Die Bibel ist trotz aller Spannungen und Trennungen das entscheidende Band, das uns Christen einigt. Wenn wir immer mehr auf Jesus Christus selbst als gemeinsame Mitte hinfinden, dann können wir noch näher zusammenrücken, damit die Welt glaube (vgl. Joh 17,21). Ich wünsche mir, dass die Christen unseres Landes ernst machen mit den vielen Möglichkeiten theoretischer und praktischer Bibelarbeit. Es gibt dafür heute sehr viele Einladungen und Angebote unterschiedlicher Art. Aber man kann die Wahrheit der Schrift am Ende nur vernehmen9, wenn man sich ihr öffnet. Ohne Liebe geht auch im Verständnis der Schrift und in der praktischen Bibelarbeit nichts. Die Bibel ist mehr als ein Buch. Wo sie nicht geöffnet, gelesen, gehört, meditiert, diskutiert und angenommen wird, bleibt sie ein —————— 9 Zu diesem wichtigen Element des Verstehens vgl. K. LEHMANN, Über das Verhältnis der Exegese als historisch-kritischer Wissenschaft zum dogmatischen Verstehen, 430ff. (mit Lit.); DERS., Gegenwart des Glaubens (s. Anm. 4), 92f.
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verschlossenes, versiegeltes und unzugängliches Buch. Es muss nicht so bleiben. Immer noch ergeht es uns wie dem hl. Augustinus, der uns mit einem alten Wort immer wieder neuen Mut macht: Tolle lege, nimm und lies! Ferdinand Hahn hat nicht nur in seiner langen Lehrtätigkeit, sondern besonders auch nach seiner Emeritierung in Forschung und Lehre einen großen Teil seines Lebens der Erforschung und Erhellung der Hl. Schrift gewidmet. Dies reicht von der großen Erstlingsschrift, die Ferdinand Hahn schlagartig berühmt gemacht hat, nämlich „Christologische Hoheitstitel. Ihre Geschichte im frühen Christentum“ aus dem Jahr 196310 bis zu der eindrucksvollen Synthese „Theologie des Neuen Testaments“ in zwei Bänden11. Ferdinand Hahn hat dabei immer auch Brücken geschlagen, nicht nur zu den ihm vielfach freundschaftlich verbundenen katholischen Exegeten, deren Leistungen er schon früh anerkannt hat, sondern auch zu den anderen theologischen Disziplinen, nicht zuletzt der systematischen Theologie. So darf ich mich vor allem in Erinnerung an unsere gemeinsame Lehrtätigkeit in Mainz (1968–1971), an die Zusammenarbeit im Ökumenischen Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen, an viele freundschaftliche Begegnungen und besonders aber an das reiche Schrifttum ein von Herzen kommendes Vergelt’s Gott sagen und für die Zukunft Gottes reichen Segen für Leib und Seele wünschen.
—————— 10 Göttingen 1963, mit Anhang, 51994 (UTB 1873). 11 S. Anm. 4.
Nachwort von
FERDINAND HAHN Rudolf Bultmanns 1949–53 erstmals erschienene „Theologie des Neuen Testaments“ ist ein unübersehbarer Meilenstein in der Geschichte der Interpretation urchristlicher Texte. Dieses Werk steht bis heute explizit oder implizit hinter allen Bemühungen, die theologische Aussageintention des Neuen Testaments zu bestimmen. In dreifacher Hinsicht sind seitdem kritische Rückfragen gestellt worden: Sie betreffen Bultmanns Ausgliederung der Jesustradition, seine Beschränkung auf Paulus und Johannes im Blick auf theologische Entwürfe und seinen bewußten Verzicht auf die Frage nach der Einheit des neutestamentlichen Zeugnisses. Die Diskussion bezog sich zunächst und vor allem auf die Stellung der vorösterlichen Jesustradition, sie befaßte sich sodann mit der Eigenart theologischer Konzeptionen neben Paulus und Johannes, und schließlich stellte sich die Aufgabe einer zusammenfassenden Darstellung der urchristlichen Botschaft. In der von mir vorgelegten „Theologie des Neuen Testaments“ versuchte ich, die vorösterliche Verkündigung Jesu als integralen Bestandteil einer urchristlichen Theologie zu behandeln und deren Verbindung mit dem urchristlichen Kerygma aufzuzeigen. Sodann lag mir daran, die theologische Eigenart jeder neutestamentlichen Schrift bzw. jedes Textkomplexes zu berücksichtigen. Vor allem aber ging es mir darum, die Frage nach der spannungsreichen, aber dennoch erkennbaren Einheit des Neuen Testaments in Angriff zu nehmen. Ich war sehr dankbar, daß durch die Initiative von Cilliers Breytenbach und Jörg Frey im Jahr 2004 in Berlin im Rahmen der Fachgruppe Neues Testament der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie eine Arbeitstagung über Probleme und Aufgaben einer neutestamentlichen Theologie stattgefunden hat. Die damals gehalten Referate sind im vorliegenden Band zusammengefaßt und durch weitere Beiträge zum Thema ergänzt worden. So ist ein intensives Gespräch über Funktion und Ziel einer neutestamentlichen Theologie in Gang gekommen.1 —————— 1 Meine Sicht der Entwicklung der Disziplin wurde dargelegt in den Einführungen zu meiner Theologie, vgl. F. HAHN, Theologie des Neuen Testaments, Tübingen 2002, Bd. I, 1–28; Bd. II, 1–36. Siehe auch meine Besprechung der Werke von Joachim Gnilka und Klaus Berger: F. HAHN, Neue Beiträge zur Theologie des Neuen Testaments. Zu Joachim Gnilka und Klaus Berger, BThZ 12,2 (1995), 250–268.
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1. Grundsatzfragen 1.1 Mit guten Gründen wurde zu Beginn der Berliner Diskussion die Frage aufgeworfen, was „Theologie“ in „Theologie des Neuen Testaments“ exakt bezeichnet (Oda Wischmeyer). Theologie ist grundsätzlich ein Nachdenken über den Glauben und die Glaubensbegründung. Dieses Nachdenken beginnt im Urchristentum und ist eine bleibende Aufgabe, die nicht nur Fachvertretern aufgetragen ist; von diesen wird die Aufgabe lediglich intensiver und umfassender übernommen. Theologische Reflexion basiert auf der Glaubenserfahrung aufgrund der Begegnung mit der Person Jesu bzw. dem nachösterlichen Kerygma und auf dem daraus resultierenden Bekenntnis zu Gott und seinem Handeln in der Geschichte Jesu. Die Berichte über vorösterliche Nachfolge und über österliche und nachösterliche Glaubenserkenntnisse sind ihrerseits alle schon von einer fundamentalen theologischen Reflexion geprägt, wobei die neuen Aspekte in vorgegebene Denkmodelle eingegliedert werden mußten, was zu Adaptionen, Transformationen und Neuansätzen führte. Dabei ging es vor allem um die gegenwärtige Heilszusage und deren Wahrheitsanspruch. Wo christliche Theologie getrieben wird, kann davon nicht abgesehen werden, und das gilt speziell dort, wo eine „Theologie des Neuen Testaments“ entworfen wird. Sie kann nicht neutral und wertfrei sein, sondern muß sich dem Anspruch der Texte stellen. Nur so kann sie ihre Aufgabe erfüllen und der Intention der Texte gerecht werden. 1.2 Eine neutestamentliche Theologie unterscheidet sich aus diesem Grunde fundamental von einer religionsgeschichtlichen Betrachtung der urchristlichen Überlieferung. Religionsgeschichte geht vergleichend vor und will Werturteile und Glaubensaussagen grundsätzlich vermeiden. Eine „Religionsgeschichte des Urchristentums“ ist eine Betrachtung „von außen“, die eine eigene Funktion hat (Gerd Theißen), die aber nicht an die Stelle einer Theologie des Neuen Testaments treten kann (gegen Heikki Räisänen).2 Mit dieser Aussage wird nicht bestritten, daß religionsgeschichtliche Beobachtungen innerhalb einer neutestamentlichen Theologie Bedeutung besitzen können; es geht dann aber darum, wie die Auseinandersetzung mit fremden Elementen erfolgte bzw. wie diese aufgenommen und integriert worden sind. Die „Innenperspektive“ und die Frage nach der Bedeutung für das eigene Glaubenszeugnis müssen jedenfalls im Zusammenhang einer „Theologie des Neuen Testaments“ im Vordergrund stehen. —————— 2
Vgl. zur Diskussion: F. HAHN, Eine religionswissenschaftliche Alternative zu neutestamentlicher Theologie? Ein Gespräch mit Heikki Räisänen, in: R. Gebauer / M. Meiser (Hgg.), Die bleibende Gegenwart des Evangeliums (FS O. Merk), MThSt 76, Marburg 2003, 243–254.
Nachwort
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1.3 Wenn eine neutestamentliche Theologie nicht neutral und wertfrei betrieben werden kann, dann stellt sich die Frage nach der dafür gültigen Norm. Inhaltliche Norm und Grundlage für den christlichen Glauben kann nur das ursprüngliche christliche Bekenntnis und dessen Entfaltung sein, das seinen Niederschlag in dem uns überlieferten neutestamentlichen Kanon gefunden hat. Es ist unsachgemäß, urchristliche Tradition und Kanon einander gegenüberzustellen. Im Kanon sind diejenigen Schriften zusammengefaßt, die sich in ihrer normativen Funktion durchgesetzt hatten. Insofern steht die Kanonbildung im Gefolge des grundlegenden Bekenntnisses, der maßgebenden urchristlichen Schriften und Schriftengruppen sowie der längst in Gang gekommenen Sammlung der anerkannten Schriften (vgl. 2.4). Die Glaubensgemeinschaft, die in einem lebendigen „Kommunikationsgeschehen“ das christliche Bekenntnis weitergegeben und dabei an normativen Dokumenten festgehalten hat (Peter Neuner), hat auch eine abschließende Entscheidung über den Gesamtbestand maßgebender Schriften getroffen. Dabei ging es nicht um eine Vereinheitlichung, sondern um das Festhalten an einem breiten und vielfältigen Spektrum der grundlegenden christlichen Verkündigung und Theologie. Dabei haben die einzelnen Teile des Kanons als eigenständige Glaubenszeugnisse je nach ihrer Thematik unterschiedliches Gewicht und unterschiedliche Bedeutung. Sie orientieren sich aber alle an ein und derselben Grundlage und wollen je für sich und miteinander Glaubenszeugnis sein. 1.4 Angesichts eines für die christliche Botschaft gültigen, aber in sich vielschichtigen Kanons stellt sich die Aufgabe, nach dessen innerem Zusammenhang zu fragen und dessen prinzipielle Einheit näher zu bestimmen. Die Unterschiedlichkeit der einzelnen Teile des Neuen Testaments ist als Folge einer subtilen historisch-kritischen Analyse nie so stark herausgearbeitet und empfunden worden wie in unserer Zeit. Das erfordert umso mehr die Klärung der fundamentalen Gemeinsamkeit trotz aller Besonderheiten und Spannungen. Hier geht es um eine fundamentaltheologische Aufgabe, der sich der Exeget nicht entziehen darf. Mit dem Festhalten an der Norm des ursprünglichen Zeugnisses ist ja auch die Wahrheitsfrage verbunden, die sich dort verstärkt aufdrängt, wo sogar widersprüchliche Aussagen begegnen (Wolf Krötke). Die Wahrheit der urchristlichen Botschaft kann aber nur eine sein, so sehr sie prismenartig ausstrahlt und zu divergierenden Explikationen führt. Es kann dabei jedoch nicht um einen gemeinsamen Mindestbestand gehen, sondern es gilt, auf einer Metaebene nach der grundlegenden Intention und nach den jeweiligen Bedingungen unterschiedlicher Einzelaussagen zu fragen. Auf diesem Wege ist die Einheit des Neuen Testaments zu suchen und die dem Exegeten gestellte fundamentaltheologische Aufgabe in Angriff zu nehmen. Daß es sich dabei
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um ein durchaus mögliches und erreichbares Ziel handelt, sollte nicht bestritten werden. 1.5 Theologie reflektiert grundsätzlich das Verhältnis von Botschaft und Glaube, betrifft gleichzeitig aber das biblische Verständnis von Geschichte und Wirklichkeit. Dabei geht es um ein Wirklichkeitsverständnis, das auf dem Schöpferglauben beruht, und um ein Geschichtsverständnis, für das das Handeln Gottes in der Geschichte konstitutiv ist. Beides ist aber nicht „objektiv“ erfaßbar, es geht vielmehr um ein in seiner Heilsbedeutung erkanntes Geschehen. Gott hat sich als Schöpfer nicht unbezeugt gelassen, und er hat durch prophetische Weisung und durch die Person und das Wirken Jesu von Nazaret das geschichtliche Geschehen erhellt. Insofern ist geschichtliche Wirklichkeit entscheidend vom Handeln Gottes geprägt. Nun stellt sich aber die Frage, wie die Relation von Wirklichkeit und Geschichte zur Theologie genauer zu bestimmen ist. Im Blick darauf ist die These vertreten worden: „Historia theologiae genetrix“ (Charles Kingsley Barrett), was zweifellos in dem Sinn gilt, daß Theologie über Wesen und Bedeutung der Geschichte nachzudenken hat. Es fragt sich aber, wie Geschichte dabei zu verstehen ist: als bloßes Geschehen oder als ein in einem umfassenden Sinnzusammenhang stehendes Widerfahrnis. Letzteres ist dann gegeben, wenn eine göttliche Wirklichkeit vorausgesetzt wird, wodurch bei der Betrachtung der Geschichte das „Tor zur Theologie“ geöffnet wird (Barrett). Das bedeutet aber, daß geschichtliches Geschehen durch ein interpretierendes Wort oder einen entsprechenden Kontext erschlossen sein muß. Ein ähnliches Problem begegnet dort, wo dem geschichtlichen Geschehen ein Vorrang vor dem deutenden Wort eingeräumt wird, auch wenn dieses als „wesenhaft zugehörig“ angesehen wird (Ulrich Wilckens).3 Erst zusammen mit der Botschaft und durch diese wird aber die wahre Dimension geschichtlicher Ereignisse erkennbar. Für den Menschen ist deshalb der Zugang zu den sub specie Dei verstandenen geschichtlichen Vorgängen nur über das deutende Wort möglich. Daß gottgewirktes geschichtliches Geschehen begründenden Charakter für die Glaubenserkenntnis hat, ist damit nicht aufgehoben. Ebensowenig ist ausgeschlossen, daß ein Mensch von einem Widerfahrnis glaubensmäßig unmittelbar betroffen sein kann, aber theologisch ist das immer nur im Nachhinein über das Glaubenszeugnis zu erfassen; denn wie Botschaft und Glaube in einem Wechselverhältnis stehen, so gilt das entsprechend für das Verständnis von geschichtlicher Wirklichkeit und Glaubenserkenntnis. Daher geht es entscheidend um die Einheit von Geschehen und Wort, wobei dieses als Ein—————— 3 Vgl. meine Rezension zu seinem im Erscheinen befindlichen Werk in ThLZ 129 (2004), 1305–1309.
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heit erfahrene göttliche Heilshandeln den Glauben und die Glaubenserkenntnis begründet.
2. Probleme des Aufbaus und der Durchführung einer neutestamentlichen Theologie 2.1 Hinsichtlich des Aufbaus habe ich mich für eine Zweiteilung entschieden, bei der zuerst die Vielfalt, dann die erkennbare Einheit des Neuen Testaments dargestellt wird. Das hat weitgehend Zustimmung gefunden, einmal noch abgesehen von der Anlage der einzelnen Bände. Es sind allerdings auch Bedenken gegen diese Zweiteilung erhoben worden. Anstelle eines selbständigen zweiten Bandes wurde eine „integrative Methode“ vorgeschlagen, bei der jeweils im Rahmen der Theologiegeschichte die einheitsstiftenden Elemente hervorgehoben werden sollten (Jürgen Becker). Wie das in concreto für das Neue Testament aussehen könnte, müßte erst noch gezeigt werden. Ob dadurch gewisse Redundanzen und Wiederholungen, die sich in meinem Werk zweifellos finden, vermieden werden können oder nur in anderer Weise in Erscheinung treten, ist im voraus nicht zu sagen. Vor allem bleibt die Frage, ob dieses Modell wesentlich über die Bestimmung von zentralen Gemeinsamkeiten hinausführen kann. Grundsätzlich sind natürlich alternative Modelle für eine neutestamentliche Theologie nur zu begrüßen. 2.2 Relative Einmütigkeit besteht im Blick auf die von mir im ersten Band behandelte Theologiegeschichte des Urchristentums. 2.2.1 Die Zugehörigkeit der vorösterlichen Geschichte und Botschaft Jesu zu einer neutestamentlichen Theologie ist derzeit grundsätzlich kaum noch umstritten. Offen bleibt allerdings, ob die Jesustradition nur in ihrer von der Urgemeinde rezipierten Gestalt Berücksichtigung finden soll (so Jens Schröter) oder ob die noch erkennbare Gestalt der Botschaft und des Wirkens Jesu einen eigenen Platz in einer neutestamentlichen Theologie neben deren Rezeption erhalten kann, wie ich es versucht habe. Mir lag an diesem doppelten Aspekt von Rückfrage und Rezeption, weil sich die Grundthematik der Jesustradition erkennbar durchhält und weil damit gerade auch die theologische Relevanz der Rückfrage nach Jesus neben dem Rezeptionsprozeß sichtbar wird. 2.2.2 Offene Fragen gibt es im Blick auf meine Darstellung der vorliterarischen urchristlichen Tradition. Diese ist zwar wie die Verkündigung Jesu aus dem Textbestand der Evangelien durchaus zu erheben, umstritten ist
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aber, wieweit dabei noch klare Unterscheidungen möglich sind. Daß die Überlieferung der ältesten aramäisch sprechenden Gemeinde nur in Verbindung mit der Tradition der griechisch sprechenden Gemeinden greifbar wird, steht außer Frage. Trotz eines im wesentlichen gemeinsamen Traditionsbestandes lassen sich immerhin Besonderheiten erkennen, die eine getrennte Behandlung der Verkündigung der aramäisch sprechenden Gemeinde und der griechisch sprechenden Urchristenheit ermöglichen und rechtfertigen. 2.2.3 Die Behandlung der einzelnen neutestamentlichen Schriften und Schriftenkomplexe ist im Zusammenhang einer Theologiegeschichte des Urchristentums unumgänglich, wobei sich allerdings verschiedene Anordnungen nahelegen. Geht man von Paulus und den Deuteropaulinen auf der einen Seite und von den Synoptikern samt Apostelgeschichte sowie den johanneischen Schriften auf der anderen Seite aus, so war eine Entscheidung erforderlich im Blick auf die Schriften des hellenistischen Judenchristentum (Jakobus-, 1. Petrus-, Hebräerbrief und Johannesoffenbarung), die von mir zwischengestellt wurden, und hinsichtlich der Spätschriften (Judas- und 2. Petrusbrief), die ich mit einem Überblick über die Schriften der Apostolischen Väter als dem theologiegeschichtlichen Übergang zur Alten Kirche verbunden habe. Demgegenüber blieben die apokryphen Überlieferungen ausgeklammert, da sie außerhalb der Norm der anerkannten Schriften des Urchristentums stehen. 2.3 Im Blick auf den zweiten Band meiner neutestamentlichen Theologie sind zwei wichtige Fragen gestellt worden. Einmal geht es um den am Offenbarungsbegriff orientierten Aufriß, sodann um den Ansatzpunkt bei dem der Soteriologie vorangehenden Zeugnis über das Heilsgeschehen. 2.3.1 Beim Offenbarungsverständnis und dessen Auffächerung wurde mehrfach vermutet, daß ich mich trotz gegenteiliger Absicht an ein dogmatisches Muster angelehnt habe; der Offenbarungsbegriff sei ja im Neuen Testament nicht durchgängig verwendet. Dennoch kann festgestellt werden, daß die Offenbarung Gottes in Jesus Christus Grundthema ist, weswegen sich eine Orientierung an diesem Leitgedanken gerade vom Neuen Testament her nahe legt. Der Offenbarungsgedanke ermöglicht darüber hinaus, die alttestamentlichen Grundlagen der urchristlichen Verkündigung und Theologie als integralen Bestandteil mit einzubeziehen. 2.3.2 Die andere Anfrage bezieht sich auf meine Vorordnung der Christologie vor der Soteriologie. Demgegenüber wurde vorgeschlagen, die Heilswirkung und das dadurch begründete neue Selbstverständnis als „ursprüng-
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liches Faktum“ anzusehen. Dabei wurde das von mir hervorgehobene Verständnis der „martyria“, bei der Zeugnis von einem Geschehen und eigene Anerkennung miteinander verbunden sind, übernommen, aber anders weitergeführt, indem die Soteriologie nicht „als Folgebestimmung der Christologie zu stehen kommt“, sondern umgekehrt „die neutestamentliche Rede von der Offenbarung Gottes und die Christologie insgesamt als Folgebestimmung und Ausdruck der vorausgesetzten Heilserfahrung gefaßt wird“ (Notger Slenczka). Nun kann man zweifellos die Glaubenserfahrung unter verschiedener Perspektive darstellen. Im vorliegenden Fall ist aber zu überlegen, ob man von „objektiven Ursachen“ und „subjektiver Wirkung“ sprechen darf. Es geht doch bei der Christologie um das in seiner Heilsbedeutung bezeugte Geschehen der Geschichte Jesu, und es geht dabei zugleich um das „extra nos“ des Glaubens, das begründende Funktion hat, also um geschichtliche Ereignisse, die ihrerseits Glauben stiften und glaubend weiterbezeugt werden. Gerade das bringt der Begriff der „martyria“ zum Ausdruck (vgl. dazu auch Karl Lehmann). Insofern spricht sich der Glaube nicht über „Gegenstände“ aus, sondern über Widerfahrnisse und darin begründete Erkenntnisse, die Grundlage des sich selbst verstehenden Glaubens sind. Auch wenn im Glaubensvollzug beides zusammenfällt, ist nicht zu übersehen, daß es im Neuen Testament christologische Aussagen doxologischen Charakters gibt, die keine soteriologischen Motive enthalten. Mögen sie soteriologische Implikationen haben, so besitzen sie im Blick auf die Heilsbegründung gleichwohl eine eigene Funktion. 2.3.3 Besondere Erörterung hat meine Behandlung der urchristlichen Ethik gefunden. Ihre Integration in die neutestamentliche Theologie wurde begrüßt, aber es wurden auch Anfragen gestellt (Friedrich Wilhelm Horn). Zunächst wurden Bedenken erhoben gegen die vorausgesetzte Bedeutung des Liebesgebots für das gesamte Urchristentum, da ja nur eine Bezeugung in den Synoptikern und eine Parallelaussage im 1. Johannesbrief vorliegt. Geht man jedoch davon aus, daß das Gebot der Liebe zu Gott weitgehend in Aussagen über den Glauben an Gott eingegangen und dort mitenthalten ist, dann läßt sich ein implizites Nachwirken des Doppelgebots durchaus erkennen. Sodann wurde gefragt, ob sich Nachfolgeehtik und Gemeindeethik nicht stärker unterscheiden, was ich bei aller Betonung der Zusammengehörigkeit nicht bestreiten will. Am wichtigsten ist die Frage, ob das Modell von Zuspruch und Anspruch, in dessen Hintergrund Indikativ und Imperativ stehen, wirklich angemessen sei. Sicher ist dieses Modell in der Regel zu unreflektiert angewandt worden. Es bleibt aber zu überlegen, ob man darauf völlig verzichten kann, geht es doch um das Handeln des durch das Evangelium erneuerten Menschen. Natürlich ist es unzureichend, von einem bloßen Nacheinander auszugehen, was ja oft auch zu einem rein
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aktualistischen Verständnis der Heilsbotschaft und ihrer Annahme geführt hat. Entscheidend ist das Zusammenfallen beider Komponenten, was jedoch die sachliche Priorität des Heilszuspruchs nicht aufhebt. Gerade im Blick auf die Ethik geht es jedenfalls darum, daß der Mensch von der göttlichen Gnade getragen und gehalten ist und in Entsprechung dazu handeln kann. Dieser Aspekt darf nicht verloren gehen. 2.4 Ein eigenständiges Thema ist mit der Frage angeschnitten worden, ob in meiner Darstellung nicht ein wichtiger Zwischenabschnitt fehle, nämlich die Betrachtung, wie aus den theologischen Entwürfen des Urchristentums überhaupt kanonische Schriften geworden seien, da zwischen ihrer ursprünglichen Funktion und ihrer Stellung im Zusammenhang des Kanons doch unterschieden werden müsse (Jens Schröter). Damit wird auf eine Aufgabe verwiesen, die in die Entwicklungsgeschichte der frühen Kirche gehört, bei der sich die entscheidenden Kriterien des christlichen Glaubens herausgebildet haben. Die Entstehung des neutestamentlichen Kanons steht nicht nur in Verbindung mit der Herausbildung der zweiteiligen christlichen Bibel, sondern ebenso mit der Festlegung der entscheidenden Merkmale für die Wahrung und Verteidigung der genuinen christlichen Tradition. Als zentrale Kennzeichen werden genannt: das Festhalten an dem wahren Menschsein Jesu, die Übereinstimmung mit dem ältesten Bekenntnis, die apostolische Herkunft der maßgebenden Schriften und die Herausbildung des trinitarischen Glaubensverständnisses, und zwar auf Grund des in den verschiedenen urchristlichen Schriften enthaltenen gemeinsamen Verständnisses des Handelns Gottes in Jesus Christus. Es geht also darum zu zeigen, wie ein auf die neutestamentlichen Schriften verpflichtetes Christentum Gestalt gewonnen hat. Das bedeutet dann, daß die urchristliche Theologiegeschichte in der Alten Kirche bis zum Abschluß des zweiteiligen Kanons weiterverfolgt werden müßte, bevor nach der inneren Übereinstimmung des Kanons zu fragen ist. Das ist ein interessanter Vorschlag, der einen zweiten theologiegeschichtlichen Teil erfordern würde, was aber die Grenzen einer neutestamentlichen Theologie erheblich überschreitet und nur als eigene Aufgabe sinnvoll sein könnte.
3. Übergreifende Fragestellungen 3.1 Wo immer das Problem der Theologie des Neuen Testaments erörtert wird, stellt sich die Frage nach einer gesamtbiblischen Theologie. Bemühungen in dieser Richtung gibt es mehrere (vor allem Hans Klein, Brevard S. Childs). Im Blick auf eine gesonderte neutestamentliche Theologie ist in jedem Fall festzuhalten, daß der gesamtbiblische Horizont nicht verloren-
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gehen darf (Peter Stuhlmacher).4 Es muß die Rückbindung an das Alte Testament und das spezifisch Neue im Blick auf die Aussagen über Gott, das Verständnis des Gottesvolkes und des Heils sowie auf die Probleme einer Lebensordnung herausgearbeitet werden (James D. G. Dunn). Das bedeutet, daß nicht nur im Einzelfall der Zusammenhang mit der alttestamentlichen Tradition berücksichtigt werden muß, sondern daß darzustellen ist, welche theologischen Konturen sich insgesamt dabei abzeichnen. Was ich im ersten Teil meines zweiten Bandes dargestellt habe, ist ein Versuch in dieser Richtung. Zweifellos kann dies erweitert und vertieft werden. 3.2 Ein zweiter Fragekomplex betrifft die Hermeneutik. So sehr das neutestamentliche Zeugnis die Gegenwartskomponente der Heilsbotschaft hervorhebt, ist damit die Aufgabe des aktuellen Verstehens noch nicht gelöst. Daß die Auslegung biblischer Texte implizit ein hermeneutischer Vorgang ist, weil der Ausleger von den ihn bestimmenden Verstehensbedingungen ausgehen muß, ist unstrittig. Dennoch geht es in der Exegese primär darum, so weit als möglich die Verstehensvoraussetzungen der Texte zu erkennen und von daher das Schriftzeugnis zu interpretieren. Demgegenüber ist die Hermeneutik eine weiterführende Aufgabe, die sich darum bemüht, unter den heutigen Verstehensmöglichkeiten die Botschaft aufzugreifen und weiterzugeben. Insofern kann trotz einer engen Verbindung beider Aufgaben die je eigene Zielsetzung nicht übersehen werden. Nun gibt es aber den Versuch, Textauslegung und Hermeneutik sehr viel stärker zu verklammern und die Exegese unmittelbar in die Hermeneutik einmünden zu lassen (François Vouga). Dabei kann jedoch leicht die spezifische Aufgabe der Exegese in den Hintergrund treten. So sehr im Neuen Testament Vergangenheit von der Gegenwart und Gegenwart von der Vergangenheit her verstanden wird, ist die Verschiedenheit der Aspekte nicht zu übersehen. Auch spielt die Wirkungsgeschichte eine Rolle, weil Texte dadurch nicht nur erschlossen worden sind, sondern deren Verständnis auch verstellt sein kann. In jedem Fall gilt es, Sprache und Denken von einst mit unseren Sprach- und Denkgewohnheiten in Beziehung zu setzen, so daß auf diesem Wege eine „Horizontverschmelzung“ erfolgen kann (HansGeorg Gadamer). Ein ganz anderer Zugang zur Hermeneutik ergibt sich bei einer konsequent rhetorischen Analyse, bei der die Texte in ihrer Dynamik und ihrem ereignishaften Charakter erkannt werden und sich so im Sinn eines „universalen Schlüssels“ dem modernen Leser öffnen sollen (Johan S. Vos). Ob dies dem biblischen Zeugnis voll gerecht wird, bleibt allerdings zu fragen. —————— 4 Vgl. meine Stellungnahme zu Peter Stuhlmacher, Biblische Theologie des Neuen Testaments. Erwägungen zu einem beachtenswerten exegetischen Werk, EvTh 62,2 (2002), 153–162.
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3.3 Weiter ist auf die ökumenische Bedeutung der Schriftauslegung hinzuweisen (Karl Lehmann, Rudolf Hoppe). So sehr bereits die auf einzelne Themen und Komplexe angewandte exegetische Methode der Neuzeit das Zusammenwachsen zumindest der abendländischen Kirchen befruchtet hat, entscheidende Anstöße können jeweils dort erwartet werden, wo es ein gemeinsames Bemühen um das Gesamtzeugnis des Neuen Testaments in seinem biblischen Horizont geht. Dies betrifft ja die gemeinsame Grundlage aller Verkündigung, Glaubensgemeinschaft und Theologie, die unsere konfessionellen Grenzen überschreitet. Das schließt nicht aus, sondern durchaus mit ein, daß es spezielle Perspektiven gibt, die von der jeweiligen Tradition geprägt sind, die aber zu einem großen Teil die theologische und kirchliche Zusammenarbeit nur fördern können. Beachtenswert ist, daß auch in Amerika, wo die Beschäftigung mit einer neutestamentlichen Theologie weithin als ein „subject in decline“ angesehen wird, immerhin im Bereich der Ökumene diese Aufgabe deutlich erkannt worden ist (John Reumann). 3.4 Schließlich sei noch die Auffassung berücksichtigt, daß die Ausarbeitung einer Theologie des Neuen Testaments speziell durch die kirchliche und universitäre Situation in Mitteleuropa bestimmt sei (Robert Morgan). Das dürfte m. E. nur in einem untergeordneten Sinn der Fall sein. Die Aufgabe, eine konsequent theologische Interpretation der Schrift vorzulegen, ist von der Intention der Texte her gefordert. Das gilt gerade auch dort, wo es nicht nur um die Auslegung von Einzelschriften geht, sondern um das Gesamtzeugnis, das als solches Grundlage unserer gemeinsamen christlichen Tradition ist.
Register Stellenregister (in Auswahl) 1. Altes Testament 1.1 Hebräischer Kanon
6,27–36par.
295
Joh 1,1ff. 8,44 9 20,28
20 111 216 20
Dan 7,13f.
222
Jes 53 53,4
186f. 181
Apg 2,42.44–47 4,33 15 20,34f.
79 79 207f. 300
187 18
Röm 1,27 2,6–11 3,25f. 8,3 8,4 9–11 11,26 12,1f. 13,1–7 13,8–10 13,9
99 180 188 188 299 194–196 210 300 110f. 299 297
1 Kor 1–4 6,19f. 10,16 11,2–16 11,23–26 13 14,35 15,1ff. 15,3–5
265f. 188 79 111 107 299 99 60 107
2 Kor 5,19 8–9 9,11–15 11,13
189 79 69 208f.
1.2 Apokryphen 4 Macc 6,27–29 17,21f
2. Qumran 1 QS 11,11–15
179
3. Neues Testament Mt 7,13f. 8,17 20,1–6 25,31–46 27,25
300 181 325, 333 181f. 111
Mk 8,31 9,31 10,33 10,45 12,28–31parr. 14,12–25
222 222 222 180 294–299 180
Lk 3,10–14
300
Register
358 Gal 2,9 5,14 6,2
209f. 297, 299 299
Eph 5,22–6,9
300
Phil 1,1
65
Kol 3,18–4,1
300
1 Thess 4,9
297–299
2,18–3,7 3,19ff. 4,6
300 198f. 199
2 Petr 2,15 3,15f.
300 52
Offb 2f. 13
214f. 300
4. Apostolische Väter
2 Thess 3,6–12
300
1 Tim 2,11–15 5,3–16
111 300
1 Petr 2,13–17
111
1 Clem 7,4f. 32,3f.
10, 126 184 184
2 Clem 8,5
126
Didache
126
Ignatianen
126
Namensregister
359
Namensregister Adam, A.K.M. 75f. Albert, H. 162 Aristoteles 19 Augustinus 313, 345
Hegel, G.W.F. 285 Holtzmann, H.J. 27, 92, 107, 167 Horn, F.W. 353 Hübner, H. 254–257, 265
Barrett, C.K. 109, 350 Barth, K. 76, 90, 101–103, 278, 282, 322 Bauer, G.L. 24f., 161 Baur, F.Chr. 16, 25f., 103f., 107, 161f., 164, 167, 223 Beeker, J.Ch. 251, Berger, K. 8, 34, 142f., 248f., 290 Beyschlag, W. 27 Boerg, H. 75 Bousset, W. 29 Bultmann, R. 7, 16, 18, 29–33, 40, 49, 75, 91, 101–104, 106f., 142, 154f., 161f., 164, 175, 230f., 281, 289, 338, 347
Ignatius 118, 130–133, 141f. Irenäus 110, 310, 317
Cadbury, H.J. 109 Campenhausen, H. von 310 Childs, B.S. 229, 312, 354 Conzelmann, H. 32f., 289f. Dibelius, M. 288 Dodd, C.H. 227f. Dunn, J.D.G. 75, 108 Frei, H. 76 Fuhrmann, M. 335 Gabler, J.Ph. 23f., 40, 75, 161, 225, 275–277 Gadamer, H.G. 244, 356 Gielen, M. 70f. Gnilka, J. 34, 59–61, 290, 312, 313 Goppelt, L. 33, 107 Grotius, H. 47 Hahn, F. 12, 38–40, 51f., 55f., 63–67, 89, 107, 149–151, 175, 277–285, 291–307, 309, 315, 317, 319, 321– 333, 335, 337, 345 Harink, D. 76 Harnack, A. von 148
Jakoby, H. 288 Jeremias, J. 33, 107 Käsemann, E. 16, 35, 148 Kasper, W. 311 Kennedy, G. 267 Klein, H. 354 Knox, W. 266 Kremer, J. 343 Krötke, W. 349 Kühschelm, R. 343 Kümmel, W.G. 32, 36, 107, 290 Kuß, O. 57 Lehmann, K. 70, 335, 336, 337, 344, 356 Lightfoot, J.B. 223, 236 Lincoln, A.T. 259f. Lindbeck, G. 76 Lohmeyer, E. 287 Lohse, E. 33, 36, 107 Lubac, de H. 341 Luther, M. 76, 102f., 106 Markion 147, 310 Martyn, J.L. 216 Meinertz, M. 57 Melanchthon, Ph. 106 Metz, J.B. 64 Meyer, P.W. 258f. Morgan, R. 356 Neuner, P. 70, 349 Nocke, F.J. 69 Overbeck, F. 311 Paroz, P. 162 Pesch, R. 337
360 Platon 19 Preisker, H. 287 Räisänen, H. 91, 116, 248f., 348 Rahner, K. 314, 315–317 Ratzinger, J. 311, 313, 314 Reumann, J. 356 Ritschl, A. 281 Roloff, J. 65 Sanders, E.P. 76, 178, 229, 312 Schelkle, K.H. 32, 59 Schlatter, A. 75, 107, 109 Schleiermacher, F.D.E. 91, 158, 281 Schlier, H. 56, 58f., 64 Schnackenburg, R. 337 Schröter, J. 354 Schüssler Fiorenza, E. 108, 260–262 Sellin, G. 149 Semler, J.S. 140f., 337 Simon, R. 310 Slenczka, N. 353 Söding, Th. 316 Stendahl, K. 76, 265 Stowasser, M. 343 Strauss, D.F. 108, 281 Strecker, G. 3, 33,
Register Stuhlmacher, P. 33, 107, 144, 148, 354f. Tatian 132f. Theißen, G. 116, 249f., 291, 348 Theobald, M. 69 Thüsing, W. 37f., 61–63, 313 Thurén, L. 252–254 Trummer, P. 65 Tryphon 310 Via, D.O. 75 Vögtle, A. 337 Vorderholzer, R. 341 Vos, J.S. 355 Vouga, F. 355 Watson, F. 265 Weiser, A. 37, 61 Weiss, B. 27 Wilckens, U. 40–42, 108, 144, 148, 350 Wischmeyer, O. 348 Wrede, W. 10, 16, 26–29, 86f., 90, 101, 105, 136, 140–143, 175–177, 220f., 227, 247–250
Sachregister
361
Sachregister Abendmahl 202 – s. a. Herrenmahl Altes Testament 50, 146–148, 227–230, 237f. Amt 65–68 Antithesen 295 Apokalyptik 217 Apokryphen 10f., 80, 126f., 148, 352 apostolische Tradition 150 Apostolische Väter 12, 39, 126, 142, 150, 352 Apostolizität 152 Arme 301 Auferstehung Jesu/ Christi 259, 268 Aufklärung 73f., 75 Autobiographie 206f. Basileia(-Verkündigung) 50f., 63, 124, 168, 170 – s. a. Gottesherrschaft Bekenntnis 147f., 151–153, 156f. Bibelkommission 312 Bibel und Kirche 92 Biblische Theologie 6, 14, 33f., 36, 48– 50, 73–75, 84, 93f., 135, 276, 356f. Bruderliebe s. Gottes- und Bruderliebe Bundesnomismus 177f. Christologie 118, 124–126, 155–158, 171f., 219–222, 266–270 – (anti)doketische Christologie 156, 213, 216–218 – Christologie und Soteriologie 279– 286, 352f. – &ULVWRYa 219 Dialog s. Ökumene Dogmatik s. Exegese und Systematische Theologie Doketismus s. Christologie Doppelgebot der Liebe 294-299, 303 Ehe/Ehelosigkeit/Ehescheidung 301 Einheit und Vielfalt – des Neuen Testaments 3, 9, 15–17, 24–26, 34–42, 50–52, 58–65, 94–96, 112, 136, 143f., 149–152, 166–170,
176f., 239f., 277–279, 319–324, 349–351 – des Kanons 349 – des Urchristentums 119–123 Ekklesiologie 65–68, 79, 82, 172 – Aufbau und Einheit der Gemeinde 300f. – Kirche 311, 312, 313, 316, 317 – s. a. Koinonia Erfahrung 74, 227, 281–285 Erkenntnis 196–98 – JQZCVLa 197, 208 Erwählung 201 Eschatologie 172f., 324–333 – Apokatastasis panton 327–329 – Gericht(saussagen) 324–333 Ethik 81–83, 159f., 287–307, 353f. – Gemeindeethik 287–307 – Indikativ und Imperativ 289, 292f. – Jüngerethik 294, 301–303 – Nachfolgeethik Jesu 293f., 296, 299, 301–303 Ethos 118, 287f., 291, 300 Evangelien 132f. – Vier-Evangelien-Sammlung 152 Evangelium 170f., 231, 302 Exegese und Ökumene 66–71, 159, 356 Exegese und Systematische Theologie 17–19, 21–34, 37–46, 56–59, 76, 78, 84, 86–89, 92, 101, 123, 136, 148f., 152, 161, 163, 169f., 225, 276, 319– 324 Fasten 301 Formgeschichtliche Schule 287f. Freiheit 290, 300f., 306f. Frühkatholizismus 310 Fundamentaltheologie 281–285, 292, 305, 309, 315 Gebet 301 Gebot des Herrn 293 Geduld 301 Gegenwartsbezug 88f., 159–161 Gehorsam 179–184 Gemeinde s. Ekklesiologie Gemeindeethik s. Ethik
362 Geschichte 147 – Geschichte Israels 151f. – Geschichte und Wirklichkeit s. Wirklichkeit – „Gründungsgeschichte“ des Christentums 146 Geschichtlichkeit 40, 52, 152f. Gesetz 252f., 255, 264, 269, 290, 295f., 298 – Gesetz und Evangelium 230f. Gesetzlichkeit 301, 306f. Glaube 191–194, 225, 232f., 279–281, 283–286 – Glaube an Jesus 203 – Glaubensbegriff 290f., 311f. – Glaubenserfahrung 285f. – Glaube und Werke 265 – Osterglaube 232f. – s. a. nachösterliches Kerygma Gnade 178f., 191–194, 197f., 203 Gnosis 310 Gottesbild 125f. Gottesdienst 316, 317 Gottesherrschaft 124f., 301 – s. a. Basilea Gottes- und Bruderliebe 293, 296 Grundgeschehen 51f., 282–284, 306, 321f. Grundzeugnis 51f., 282–284, 306, 321f. Grundüberlieferung 51f., 282–284, 306, 321f. Häresie 316, 317 Haustafeln 76 Heiliger Geist 257, 259 – Leben im Geist 293 Heiligung 289, 293 Heilsgeschichte 75 Hermeneutik 75, 81f., 92f., 100, 162f., 166–168, 243–246, 270f., 278f., 355 – existentielles Verständnis 160–162 – hermeneutisches Vorverständnis 28f., 97–100, 103 – Intention des Autors 88f., 92–96, 99f., 103, 106–108 – Kanon im Kanon 16, 35f., 103, 121f., 166f. – konfessionsspezifische Hermeneutik 76f., 86-89, 92f., 105, 109–112, 270 – Mitte der Schrift 103, 145, 149
Register – theologische Interpretation 85–90, 96 Herrenmahl 67–71 – Mahlgemeinschaft 67–71 Hierarchie der Wahrheiten 51, 305 Historische Kritik 63–65, 73–76, 136– 139 Historische Rekonstruktion 17–19, 21– 34, 37–43, 45–47, 58, 60–64, 88, 92, 96, 98f., 100–108 Historisch-kritische Auslegung 137– 140, 143f., 153, 225, 227, 244, 276, 310, 312 Historischer Jesus 95, 97, 107f., 139, 154–156, 158, 218-223, 232 Historisch-philologische Methode 58 Historismus 141f., 153 Homosexualität 81–83, 301 Indikativ und Imperativ s. Ethik Inspiration 314, 315–317 Inspirationslehre 136f., 140–142, 144 Inspiriertheit 144, 157 Interdisziplinärer Dialog 159, 163–166 interpretatio christiana 146 Intertextualität 226 Irdischer Jesus 154–156 Jesus-Tradition s. vorösterliche Jesusüberlieferung Jesus von Nazaret 124–126 Johanneische Schriften 212-218 Johannesevangelium 107–110 Jüngerethik s. Ethik Kanon 3, 9–15, 46–48, 91, 96, 108f., 135–149, 175f., 226, 229f., 239–243, 245f., 303–305, 310, 311, 315–317, 320, 323, 349 – Kanonbildung 126–133, 145, 349, 354 – Kanon im Kanon s. Hermeneutik – kanonische Interpretation 135–139, 149f., 154, 158f. – kanonischer Status 137–139, 144, 148, 157 – traditionsstiftende Funktion des Kanons 146f. Kerygma s. nachösterliches Kerygma Kinder 301 Kirche s. Ekklesiologie 311, 312, 313, 316, 317
Sachregister Koinonia 78f. Kontextuelle Theologie 82 Konzil: II. Vatikanum 309, 310, 312, 313, 314 Kohärenz 157 – Kohärenz und Kontingenz 251, 255, 258–260, 263 Kontinuität 146f., 151, 153 Kreuz 36, 66, 149, 165, 269f., 332 Lehrbegriff-Methode 149 Lehramt 310, 313 Liberale Theologie 8, 107f., 287 Liebe 306 Liebesgebot s. Doppelgebot der Liebe Literaturwissenschaftlicher Ansatz 96, 99–109, 111, 226 Liturgischer Gebrauch (ntl. Texte) 80f. – Ordo lectionum Missae 80 Lukasevangelium 109f. Macht(frage) 261f., 267–270 Märtyrer(tum) 187 Martyria 282–285, 353 Mission 76f. Mitte der Schrift s. Hermeneutik Montanismus 147f. Mündliche Tradition 233–235, 238, 243, 245, 351f. Nachfolgeethik s. Ethik Nachösterliches Kerygma/Verkündigung 63–65, 124–126, 320–335, 347f. Nächstenliebe 295–298 Neues Testament – Neutestamentliche Wissenschaft 153, 158 Ökumene 46, 73, 78f., 309, 317 – Ökumenische Dialoge 78, 314, 315– 317 – s. a. Exegese und Ökumene Offenbarung 155, 196–198, 277–286, 313–315 – Offenbarungsbegriff 352 Opfer 178, 185f., 188, 302 Ordo lectionum Missae s. Liturgischer Gebrauch (ntl. Texte) Ostererfahrung 119, 123–126
363
Patristik 84 Paulus – in Lutherischer Perspektive 76f. – New Perspective 191f. – Paulusbriefe 128–131 – pln Theologie 74–77, 105–107, 208– 212, 236-239, 251–270 – Paulus und das Judentum 50, 76f., 193f. – Paulus und Petrus 52 Pastoralbriefe 131 Pietismus 73f. Pneumatologie 278–280 Politische Theologie 76, 81 Postmodernismus 74–76 Platonische Sichtweise 253, 259, 270 Prädestination s. Soteriologie Protestantische Orthodoxie 73 Radikalismen Jesu 303 Rechtfertigung s. Soteriologie Redaktionsgeschichte 80 Reformation 76, 77 Regula fidei 317 Religionsgeschichte 5, 28, 42, 115–119, 227, 304 – Religionsgeschichte des Urchristentums 135, 137, 148, 150, 156f., 175–77, 348 Religionsgeschichte 82–84, 87f., 98, 100f., 103 Religionsgeschichtliche Schule 49, 101f. Religionswissenschaft 291 Reue 178–184 Rhetorik/Rhetorizität 250–271 Sachkritik 35, 45, 64, 90, 92, 97, 102f., 111, 306 Schrift – Schriftbezug 74 – Schriftprinzip 46, 93–99, 246 – Schrift und Tradition 245f. – Selbstinterpretation der Schrift 321 – sola scriptura 310 Schutz des Lebens 301 Schwören 301 Selbstbeherrschung 301 sensus plenior 305f. Sklaven 301
364 Sophistisch 252, 262–270 Sorglosigkeit 301 Soteriologie 175–203, 269 – bei den Ebioniten 182 – bei Jakobus 183 – bei Jesus 179f. – bei Markus 181 – bei Paulus 188–196 – im gnostischen Christentum 197f., 201f. – im Hebräerbrief 183f. – im 1. Clemensbrief 184 – Prädestination 194–196 – Rechtfertigung 76, 83, 183f., 189f., 194, 208, 256f., 264f. – Rettung vorheriger Generationen 198f. – soteriologische Funktion des Todes Jesu 181, 184–191 – Sühne 186–188 – Sühnetod 269 – Sieg über den Teufel 189 – Soteriologie und Christologie s. Christologie – Synergismus 179, 194 – Vereinigung mit Christus 190f. – Versöhnung 189 Sozialgeschichte 304, 306 Staat 300f. Subjekt 279f., 282–285 Sühne/Sühnetod s. Soteriologie symbolische Sprachverwendung 149 Symbolwelt 151, 260 Synchronie 48, 312 Synergismus s. Soteriologie Taufe/Tauftheologie 199–201, 299 Theologia crucis 265f. Theologia gloriae 266 Theologie 350f. – THRORJLYD 19f. – Theologie-Begriff 6–9, 19f., 43–46, 74f., 87f., 226, 348 – Theologie des Neuen Testaments 76– 78, 83f., 121–133, 135–158, 225– 246, 249f., 275–286, 319–324, 348f., 351–356 – „Theologien“ des Neuen Testaments 4–6, 13, 15f., 24, 26f., 30f., 34f.,
Register 38f., 41, 64, 136, 143, 169, 246, 255, 313, 315, 319 – Theologien des frühen Christentum 143 Theologiegeschichte 78, 119–121, 123, 159, 169 – Theologiegeschichte des Urchristentums 5, 10f., 20, 25f., 119–121, 142f., 145, 151, 156f., 225f., 248f., 351f., 354 – Theologie und Geschichte 205–223 Theologische Interpretation s. Hermeneutik Tod Jesu/Christi 261 Tora 177f., 182, 188f.,298f. Tradition 74, 312, 316, 317 – fundierende Tradition 145 – Traditionssicherung 145–147 – traditionsstiftende Funktion des Kanons s. Kanon Trinitätslehre 144, 280 Unzucht 301 Urchristentum 117–126, 128-133 – urchristliche Theologie 136 Vergebung 301 Verkündigung Jesu 347, 351 Vernunft 74 Versöhnung 301 – s. a. Soteriologie Verzicht 301 Vier-Evangelien-Sammlung s. Evangelien Vorösterliche Jesusüberlieferung 63–65, 124–126, 347, 330–335, 351 Wahrheit(sanspruch) 9, 14, 35, 45f., 89, 103, 150, 167, 170f., 262, 319–321, 323f., 326, 348f. Werke 178f., 183, 191–194, 203 – Werke des Gesetzes 230 – s. a. Glaube und Werke Wirklichkeit (und Geschichte) 147 Wirklichkeitsverständnis 117f., 121, 123, 126, 151, 319, 325, 327, 350 Wirkungsgeschichte 244f. Wort Gottes 322