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German Pages 67 Year 2011
Annäherungen an Friedrich Wilhelm I. Eine Lesestunde im Schloss Königs Wusterhausen Bearbeitet von Jürgen Kloosterhuis
Duncker & Humblot
Annäherungen an Friedrich Wilhelm I.
Abb. 1. Selbstbildnis Friedrich Wilhelms I., „original“ 1737; von J. Klepper als „Selbstbildnis des Königs als ‚Mijnheer van Hoenslardyck‘“ bezeichnet.
Annäherungen an Friedrich Wilhelm I. Eine Lesestunde im Schloss Königs Wusterhausen
Bearbeitet von Jürgen Kloosterhuis
Duncker & Humblot · Berlin
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Textverarbeitung: Elke Tietze, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Abb. auf Umschlag: Zeichnung von Theodor Fontane, Schloss Königs Wusterhausen (1862) (# Theodor Fontane-Archiv im Brandenburgischen LHA) Weitere Abbildungen: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten # 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISBN 978-3-428-13730-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ¥ entsprechend ISO 9706 *
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Vorwort Am 4. September 2010 wurde in Stadt und Schloss Königs Wusterhausen ein festlicher Zehn-Jahres-Tag begangen. Er erinnerte an die nach einer sorgfältigen Renovierung durch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg im Jahr 2000 gefeierte Wieder-Eröffnung des historischen Hauses im Kranz der brandenburg-preußischen Erinnerungsorte. Er umschließt die Zentren Berlin und Potsdam gleichsam wie eine kostbare Bernsteinkette, deren Glieder je für sich betrachtet solitär mit besonderem Einschluss sind. In diesem schönen Schlösser-Ensemble spielt Königs Wusterhausen eine herausragende Rolle: Nicht auf Grund einer besonders beeindruckenden Architektur oder mit Blick auf eine Fülle exzellenter Kunstwerke, sondern als nahezu unverfälschtes, höchst individuelles Zeugnis der Lebenswelt eines Königs, der sich dort am wohlsten fühlte – im Haus, in der nahegelegenen Kirche und in der reizvollen und für fürstliche Jagdfreuden wie geschaffenen Umgebung. Kein Zweifel, Königs Wusterhausen ist als das Schloss Friedrich Wilhelms I. noch heute erlebbar; in dieser personalen Beziehung durchaus mit Sanssouci zu vergleichen, dem weitaus bekannteren Sommersitz des weitaus berühmteren Sohnes, Friedrichs des Großen. Zur Feierstunde am 4. September 2010 war auf Bitten der Schloss-Kastellanin vom Bearbeiter dieses Bändchens eine Lesestunde arrangiert worden, die ihren Gästen Annäherungen an Friedrich Wilhelm I. ermöglichen wollte. Mit den von Klaus Kowatsch eindrucksvoll gelesenen Texten von Leopold von Ranke und Carl Hinrichs sollten dabei zwei bedeutende Historiker des 19. und 20. Jahrhunderts ebenso zu Worte kommen, wie mit Reinhold Schneider und Jochen Klepper zwei wirkungsmächtige Literaten der Zwischenkriegszeit. Alle vier setzten sich mit Friedrich Wilhelm I. aus verschiedenen Positionen auseinander und versuchten damit ihren Leserinnen und Lesern Zugang zu einer nicht eben leicht (be-)greifbaren Person der preußischen Geschichte zu verschaffen. Vor allem sollte der König aber selbst durch seine „Marginal-Dekrete“ vernommen werden, also durch jene eigenhändig verfassten Randverfügungen, mit denen er tagtäglich ein siebenundzwanzigjähriges Monarchenleben lang sein komplexes Regierungsgeschäft betrieb. Daraus ergab sich zunächst ein reizvoller Kontrast zwischen dem Aktenstil und der Literatensprache. Vor allem aber
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Vorwort
vermochten die Marginalien Friedrich Wilhelms Wesenszüge noch heute in einer Weise erhellen, wie sie unmittelbarer nicht sein kann. Solche Randverfügungen finden sich in den Aktenschätzen des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz zu Hauf. Besonders schnell greifbar wurde eine Menge von ihnen in einer Akte des Kabinettsrats Samuel von Marschall, die das Archiv 2009 aus schweizerischem Privatbesitz erwerben und so seine Überlieferungen zur Regierung Friedrich Wilhelms I. durch bislang unbekanntes Material ergänzen konnte. Aus „Marschalls Akte“ stammen die meisten der hier vorgestellten Marginalien, die zum besseren Verständnis vom Bearbeiter mit einer verwaltungsgeschichtlichen und aktenkundlichen Einleitung versehen wurden. Sie erschien, durch einen wissenschaftlichen Anmerkungsapparat vertieft, zuerst in den „Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte“ (vgl. Jürgen Kloosterhuis: Marginal-Dekrete. Schlaglichter auf die Kabinettsregierung Friedrich Wilhelms I., in: FBPG NF 21 (2010), S. 247 – 300). Die „Annäherungen an Friedrich Wilhelm I.“ dokumentieren zu guter Letzt nicht nur die Feier zum zehnten Jahrestag der Wiedereröffnung von Königs Wusterhausen als Museums-Schloss der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, sondern auch eine mittlerweile zehn Jahre lange gute Zusammenarbeit zwischen diesem königlichen Erinnerungsort und dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. Sie fand einen Höhepunkt 2005 in der gemeinsam organisierten und außerordentlich gut besuchten Ausstellung „Lange Kerls. Muster, Mythos oder Maskerade“, aber ebenso durch zahlreiche Vortragsveranstaltungen, die immer wieder zu Jahresbeginn von der insoweit unermüdlichen Kastellanin, Frau Erika Preiße, für „ihr Schloss“ angeregt, vorbereitet und öffentlichkeitswirksam organisiert wurden. Sie verlässt 2011 den Dienst und soll zu jenem „merkwürdig fluiden Moment“ (wie ihn Peter Klaus Schuster einmal reflektierte) als Dankeszeichen diesen Band erhalten, an dem sich die SPSG, das GStA PK und der Verlag Duncker & Humblot in verschiedener Weise fördernd beteiligt haben. Berlin, am 14. August 2011
Jürgen Kloosterhuis
Inhalt
I. Vorgaben für das preußische Königtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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(Aus Leopold von Ranke: Zwölf Bücher preußischer Geschichte) II. Malplaquet, 11. September 1709. Kronprinz Friedrich Wilhelm und die Disziplin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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(Aus Carl Hinrichs: Friedrich Wilhelm I., König in Preußen. Eine Biographie. Jugend und Aufstieg) III. Dienst am Wachstum. Preußen unter König Friedrich Wilhelm I. . . . . . . .
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(Aus Reinhold Schneider: Die Hohenzollern. Tragik und Königtum) IV. Friedrich Wilhelm I. – Wesenszüge in Marginalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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(Aus Akten des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz)
V. „In tormentis et in jubilo pinxit“. Friedrich Wilhelms Malerei zwischen Kopie und „bizarrster Komposition“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Aus Jochen Klepper [Hrsg.]: In tormentis pinxit. Bilder und Briefe des Soldatenkönigs) Nachweise der Abbildungen und Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Vorgaben für das preußische Königtum Aus Leopold von Ranke: Zwölf Bücher preußischer Geschichte. 5. Buch, Leipzig (2. Aufl.) 1879, S. 3 – 5. Leopold (seit 1865:) von Ranke (1795 – 1886) strebte nach seinem Studium der Theologie und Philologie in Leipzig (1814 – 1818) zunächst ein Pfarramt an, entschloss sich dann aber, Historiker zu werden. Er wurde Gymnasiallehrer in Frankfurt a. d. Oder und wechselte von dort 1825 als Geschichtsprofessor an die Universität zu Berlin. Aufgrund seiner Arbeiten, die umfassendes Aktenstudium mit methodischer Quellenkritik verbanden, ernannte ihn Friedrich Wilhelm IV. 1841 zum Historiographen des Königreichs, als welcher er erst „Neun Bücher preußischer Geschichte“ (1847 / 48), dann „Zwölf Bücher“ (1878 / 79) schrieb. Darin schilderte Ranke den Aufstieg Preußens als besondere Leistung, ohne ihm – wie etwa Johann Gustav Droysen – einen a priori wirksamen „deutschen Beruf“ zuzuweisen. In weiteren Arbeiten griff er, immer auf der Basis seiner nach Objektivität strebenden Methode, zeitlich und räumlich bis hin zu einer Weltgeschichte aus, sodass Ranke noch heute nicht nur als Begründer des deutschen Historismus, sondern als einer der bedeutendsten neueren Historiker überhaupt erscheint.
[3] Nicht an uralte Gründungen unvordenklicher Zeiten knüpft das Königreich Preußen an, wie die übrigen großen Potenzen, in deren Reihe einzutreten es bestimmt war. Das englische Königthum schreibt sich noch von den wessexischen Königen her, welche die Oberhand in der Heptarchie davontrugen. Seitdem ist es oft zwischen verschiedenen Stämmen streitig gewesen und von einheimischen Feindseligkeiten heimgesucht worden; eben auf den Grund derselben ist das Reich zu seinem inneren Bestande gediehen. Die französische Krone ist die Fortbildung des Reiches Karls des Großen in dem westfränkischen Gebiete; die Einschränkung auf dies Gebiet hat den Stämmen zum Motiv ihrer Vereinigung gedient und die Entstehung einer compacten Nationalität herbeigeführt. Die beiden Ideen der höchsten Gewalt und der Nationalität haben einander in den verschiedensten Formen unterstützt oder auch bekämpft. Die Krone des deutschen Kaiserthums, ursprünglich die ostfränkische, lange Zeit die vorwaltende Macht im Abendlande, war unter den Wechselfällen eines Jahrtausends auf Oestreich übergegangen, welches dieselbe mit beschränkten Rechten und keineswegs erblich, jedoch seit langer Zeit in ununterbrochener Succession besaß. Als Staat ist Oesterreich noch mehr auf die Gerechtsamen der einheimischen Könige in Ungarn und Böhmen, der Arpaden und Przemysliden, die dem deutschen Fürstenhause durch Erbrecht zugefallen sind, gegründet. Rußland beruht noch heute auf dem Großfürstenthum, welches einst die Rurikingen in dem Widerstreit der Nationalitäten des Ostens aufrichteten und welches dann
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Leopold von Ranke
eine durchaus slawisch-nationale Form annahm; der Wechsel der Dynastien hat darin keine Aenderung hervorgebracht. Alle dem hat die Geschichte des preußischen Staates nichts Gleichartiges zur Seite zu setzen. Er ist aus verhältnismäßig kleinen Territorien, unter einer Dynastie, die denselben durch Herkunft nicht angehörte, erwachsen. Neben den Berechtigungen der uralten Reiche [4] haben die Befugnisse des territorialen Fürstenthums an sich nur eine secundäre Bedeutung. Ebenso wenig läßt sich Preußen in Beziehung auf die geographische Lage mit den anderen großen Mächten vergleichen. Hier ist nicht von einer insularen Geschlossenheit die Rede, wie bei Großbritannien von einer Position auf dem Erdglobus, welche dies Land gleichsam von Natur zur Herrschaft über die Meere berief und es zugleich in ununterbrochenem Zusammen hange mit dem europäischen Continent erhielt; auch nicht von einer Lage, wie die, welcher Frankreich seine Macht verdankt, zwischen dem Ocean und dem Mittelmeer, in der Mitte der großen Culturländer romanischer und germanischer Bevölkerungen, Spanien, Italien, England und Deutschland. Rußland bildet eine natürliche Verbindung zwischen Europa und Asien, aus welcher ihm wieder eigene Kraft zufließt. Oesterreich hat geographisch eine internationale Position über die Alpen hin und durch den adriatischen Meerbusen nach Italien und dem Orient gewendet; es wurde groß, indem es den Widerstand des Abendlandes gegen das Vordringen der Osmanen in dem illyrischen Dreieck zum Ziele führte und Ungarn von diesen losriß. Wie sehr tritt dagegen Preußen zurück, welches nur auf eine Verbindung der beiden deutschen Colonisationen im Osten, an Oder und Elbe und jenseit der Weichsel, angewiesen war, die es gegen die Ueberfluthungen der östlichen Welt zu retten hatte, und auf deren Unabhängigkeit seine territoriale Stellung beruhte! Das Charakteristische derselben liegt darin, daß sie eine centrale war und immer mehr wurde, zwischen Rußland und Frankreich, an die es angrenzt, selbst zwischen England und Oestreich, von deren Einwirkungen auf das deutsche Reich die höchste Gewalt in Preußen unaufhörlich berührt wurde. Zu einer politischen Bedeutung würde das aber nicht geführt haben ohne eine ungewöhnliche Entwickelung der inneren Hülfsquellen und eine zugleich kräftige und vorsichtige Leitung der auswärtigen Geschäfte. In den Zeiten, in denen wir stehen, war es nun so weit gekommen, daß die brandenburgisch-preußischen Landschaften ein zusammenhängendes und lebensfähiges Ganzes bildeten und als ein Staat betrachtet werden konnten. Wie viel aber fehlte noch daran, daß ihnen auch die Geltung einer europäischen Macht zugekommen wäre! Zwischen Staat und Macht ist vielleicht an sich kein Unterschied; denn die Idee des Staates entspringt aus dem Gedanken einer Selbständigkeit, welche ohne entsprechende Macht nicht behauptet werden könnte. Durch die Erwerbung von Pommern war der brandenburgisch-preußische [5] Staat
Königtum-Vorgaben
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zu einem Umfange gediehen, wie ihn seine ursprünglichen Tendenzen erforderten. Er hatte die Würde eines Königreiches und erhob alle die Ansprüche, die eine Gleichstellung mit den anderen Potenzen der Welt in sich tragen. Aber es mangelte ihm noch an einer befestigten inneren Consolidation; und selbst die äußere Stellung war in dem Augenblicke, daß sie ihren Umkreis zunächst vollendete, doch weit entfernt davon, anerkannt zu sein. Friedrich Wilhelm I. hatte die Aufgabe und war sich ihrer bewußt, das eine und das andere durchzuführen, die äußere Stellung zu sichern, die inneren eingeborenen Kräfte zusammenzunehmen und zu einem sich selbst fühlenden Ganzen zu gestalten. Das eine hängt mit dem anderen beinahe ununterscheidbar zusammen. Wir deuteten schon an und werden es ausführlich zu erörtern haben, wie Friedrich Wilhelm I. von Anfang seiner Regierung die Bedingungen der inneren Macht energisch zu realisiren bemüht war, immer unter dem Gesichtspunkte, daß alle äußere Geltung darauf beruhe. Was Preußen unter den europäischen Mächten sein sollte, hing davon ab, was es in sich selber war und wurde. Aber die allgemeinen politischen Verhältnisse sind doch allezeit in ihrer eigenen Bewegung begriffen, welche auf die besondere Entwickelung jedes einzelnen Staates maßgebend einwirkt. Was Preußen bisher erreicht hatte, war in steten Conflicten mit den weltbeherrschenden Mächten und ihrer Politik gelungen. Anders konnte es auch fortan nicht sein.
II. Malplaquet, 11. September 1709. Kronprinz Friedrich Wilhelm und die Disziplin Aus Carl Hinrichs: Friedrich Wilhelm I., König in Preußen. Eine Biographie. Jugend und Aufstieg, Hamburg 1941, S. 400 – 401, 411 – 412. Carl Hinrichs (1900 – 1962) trat nach einem philologisch-theologischen Studium 1928 in den Archivdienst am Preußischen Geheimen Staatsarchiv ein. Von dort wurde er 1938 zu seinem Leidwesen nach Königsberg versetzt. Bis dahin hatte er sich v. a. durch Editionen (Die Wollindustrie in Preußen unter Friedrich Wilhelm I., 1933; Der Kronprinzenprozess, 1936) einen Namen als Kenner der Geschichte des zweiten preußischen Königs gemacht, dessen Biographie auf den geistigen und religiösen Grundlagen seiner Zeit sich der 1937 für Geschichte habilitierte Hinrichs zum Ziel gesetzt hatte. Der erste Band des breit angelegten Werks, das insbesondere die Prägung des jungen Friedrich Wilhelm durch den Franckeschen Pietismus ausleuchtete, erschien 1941. Seine Erzählung endete mit dem Tod Friedrichs I. 1713. Die Rezensenten rühmten daran nicht nur die immense Forschungsleistung des Autors, sondern auch seine dichterische Gestaltungskraft. Hinrichs wechselte 1942 zur Universität, schaffte es danach aber weder in Halle a. S. oder (seit 1951) in Westberlin, die Königsbiographie zu Ende zu schreiben. Dies lag wohl in seiner persönlichen Entwicklung und seiner Hinwendung zu anderen, unpreußischen Themen nach 1945 begründet.
[400] Das ganze Wesen des preußischen Kronprinzen dehnte sich der großen Stunde entgegen. Diese Tage der Erwartung der großen Franzosenschlacht sind wohl die glücklichsten Tage seines Lebens überhaupt gewesen. Wir haben ihn uns vorzustellen, wie er beim Kriegsrat still und glühend den Darlegungen des Herzogs von Marlborough und des Prinzen Eugen von Savoyen folgt, oder wie er von einer Höhe aus, etwa bei der Mühle von Sart, in ihrem Gefolge inmitten einer glänzenden Generalität den Blick erhebt über die schon herbstlichen, sanft gewellten Ebenen des Hennegaus, deren Waldstücke und Bäche feucht im Strahl der kühlen Sonne glänzen, tausendfältig überstrahlt von den blitzenden Linien der Waffen der bald sich auseinanderziehenden, bald sich wieder vereinigenden manövrierenden Zehntausende, deren dumpfes Dröhnen unter den im Winde entrollten Feldzeichen, deren abgerissene Marschmusik aus der Ferne herandringen und jenen rätselhaften hohen Schauder erwecken, der von der ehernen Ordnung todesbereiter Kolonnen ausgeht und Tränen aufsteigen lassen kann. Die Blüte und der Nachwuchs einer adligen Kriegerschaft des noch im Saft stehenden aristokratischen Europa war in diesen Ebenen versammelt, um sich einander im Kampf ihren Wert zu beweisen, indem man ohne Hass und eine andere Leidenschaft als die der Bravour an sich in untadeliger eleganter Haltung
Malplaquet 1709 – Die Disziplin
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vor den schweren seidenen Fahnen ins Feuer schritt. Auf französischer Seite fochten unter den jüngeren Offizieren zwölf zukünftige Marschälle; hier kämpfte auch der stuartische Kronprätendent in einem romantischen Inkognito als Ritter des Heiligen Georg, durch Blutsbande mit dem auf der andern Seite stehenden Friedrich Wilhelm verbunden, gleich ausgezeichnet durch Schönheit und Manieren wie durch die traditionelle furchtlose Haltung der Stuarts. Auf der Seite der Verbündeten neben dem jungen preußischen Kronprinzen unter Lottum der Fähnrich Kurt Christoph von Schwerin, der Feldmarschall Friedrichs des Großen, der Sieger von Mollwitz und Prag; unter dem sächsischen General Matthias von der Schulenburg, dem Besiegten von Fraustadt und dem künftigen venezianischen Feldmarschall und Helden von Morea, der erst dreizehnjährige Moritz von Sachsen, der Sohn Augusts des Starken und der Aurora von Königsmarck, der zukünftige „Marschall von Sachsen“, der einst die glänzendsten Siege an die Fahnen Frankreichs heften sollte, gegen die er, noch ein [401] Knabe, nun zum erstenmal zur Schlacht antrat. Das adlige Offizierkorps auf beiden Seiten empfand sich fast als zusammengehörig, als einen internationalen Stand, der berufsmäßig focht und starb und der wetteiferte, es in der vollendetsten Form und ohne Tadel zu tun. Am Abend vor der Schlacht kamen plötzlich wie von ungefähr auf dem linken Flügel der Franzosen und dem rechten der Verbündeten die Offiziere von beiden Seiten heraus und erwiesen sich gegenseitig „tausend Artigkeiten“. Grumbkow sprach mit den französischen Generalleutnants Guébrian und Albergotti. Man hatte zum Schluß „alle Mühe der Welt, um sich voneinander zu trennen“. [411] Das Wesen der Disziplin eines dem Willen eines Einzigen unterworfenen Heeres besteht wesentlich darin, daß jede Willkür auch in der geringsten Kleinigkeit ausgeschaltet wird und daß dieser Wille überall auch äußerlich zum Ausdruck kommt. Diesen Sinn hatte die unscheinbare Arbeit des Kronprinzen, der sich dabei nach dem Urteil verschiedener Offiziere sehr strapazierte. Als ein Symbol der von [412] ihm damals erreichten Stufe der Vereinheitlichung der Armee erscheint der Anfang Oktober [1709] ausgegebene Befehl, daß die Fahnenbänder in Zukunft schwarz-silbern wie die Feldbinden der Offiziere sein sollten: während die Fahnentücher ihre überkommenen Farben behielten, wurden die preußischen Farben in den Fahnenbändern Wahrzeichen der Einheitlichkeit des Heeres. Der nächste Schritt mußte das einheitliche Emblem in sämtlichen Regimentsfahnen sein. Hiermit mußte Friedrich Wilhelm bis zum Regierungsantritt warten, aber ein Übergang dazu wurde schon jetzt geschaffen. Das Emblem der Fahne des Regiments „Kronprinz“ war ein zur Sonne auffliegender Adler mit der Devise: „Non soli cedit“. Dieses Emblem ist seit 1696 nachweisbar, ist aber wahrscheinlich schon vorher vorhanden gewesen. Schon der jetzige König hatte als Prinz im Jahre 1673, als er eine
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Carl Hinrichs
Zeitlang die Statthalterschaft in der Mark Brandenburg führte, auf dieses Ereignis eine Medaille schlagen lassen, die einen auffliegenden Adler mit Lorbeerkranz und Schwert unter einem Gottesauge mit der Devise „Suum cuique“ zeigte. 1679 zeigte eine zweite Münze des Kurprinzen Friedrich bereits den zur Sonne fliegenden Adler, und dieses Bild wird auch von Anfang an das Emblem des kurprinzlichen Regiments gewesen sein. Auch der junge Friedrich Wilhelm führte als kronprinzliches Handsiegel einen auffliegenden Adler. Der Adler konnte nach der Überlieferung der Alten ungeblendet in die Sonne blicken: daher die Devise „Er weicht der Sonne nicht.“ Nach der Schlacht bei Malplaquet erhielt nun das Regiment Alt-Dohna als Erinnerungszeichen ein ovales Messingschild mit dem zur Sonne fliegenden Adler und der Umschrift: „Non soli cedit.“ Da aber dieses Regiment unter Lottum nur im zweiten Treffen focht und keine besondere Gelegenheit hatte, sich auszuzeichnen, auch nur ganz geringe Verluste erlitt, darf man ohne weiteres annehmen, daß es nicht allein dieses Schild, das der Regimentstambour am Bandelier vor der Brust trug, verliehen bekam, sondern daß der Kronprinz es sämtlichen Regimentern des preußischen Korps verlieh. Es war das Emblem seines Regiments, das aber jetzt zugleich einen neuen Sinn erhielt: der preußische Adler, der nicht dem Sonnenkönig wich. Das auf dem Schlachtfelde mit neuem Sinn erfüllte Bild wurde nun zum ersten gemeinsamen Hoheitsabzeichen der Armee, wie es von ihr gemeinsam erstritten war. 1713 setzte Friedrich Wilhelm, nachdem das Regiment „Kronprinz“ zum Regiment des Königs geworden war, es in die Fahnen der ganzen Armee. So gab der Kronprinz der Schlacht, dem größten persönlichen Erlebnis seines Lebens, dessen Gedenktag er alljährlich mit den dabei gewesenen Offizieren festlich beging, zugleich eine allgemeine Bedeutung für das ganze Heer und seine Entwicklung. Die Kronprinzessin aber schrieb ihm: „Ich gestehe Ihnen, daß ich gezittert habe, als ich hörte, daß es eine Schlacht gegeben habe, aber Gottseidank sind Sie glücklich davon gekommen. Sie haben nun diese Genugtuung gehabt, die Sie so sehr gewünscht haben.“
Malplaquet 1709 – Die Disziplin
Abb. 2: Der von Hinrichs erwähnte Malplaquetschild war allerdings nur dem Regimentstambour des Regiments zu Fuß Alt-Dohna (Inf. Nr. 12) als Auszeichnung verliehen worden. Er bestand aus Messing, und wurde bis zum Jahre 1816 auf dem breiten Trommelbandelier getragen. Als der Regimentstambour danach keine Trommel mehr trug, sondern einen Tambourstock führte, kam mit dem Bandelier auch der Schild außer Gebrauch, geriet in Vergessenheit und verschwand. Sein Aussehen wurde 1822 durch Zeugenbefragungen festgestellt. Zum 200. Stiftungsfest des Grenadier-Regiments Nr. 5, das die Tradition des Inf. Nr. 12 führte, erneuerte Wilhelm II. 1889 die Auszeichnung, die seitdem vom Regimentstambour an einer Kette um den Hals getragen wurde.
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III. Dienst am Wachstum. Preußen unter König Friedrich Wilhelm I. Aus: Reinhold Schneider: Die Hohenzollern. Tragik und Königtum, Leipzig 1933, S. 132 – 133, 134 – 136, 137 – 138. Reinhold Schneider (1903 – 1958) versuchte sich erst in der Landwirtschaft, dann im kaufmännischen Erwerbsleben, bevor er sich autodidaktisch der Literatur zuwandte und nach ausgedehnten Reisen als freier Schriftsteller in Berlin bzw. Potsdam sowie (seit 1938) in Freiburg / Brsg. lebte und arbeitete. Der religiös zunächst indifferente Schriftsteller wandte sich in den 1930er Jahren wieder der katholischen Kirche zu und wurde vor diesem Hintergrund zu einem bedeutenden Vertreter des geistigen Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Als historischer Erzähler verband er ein humanistisches Traditionsbewusstsein mit feinem Gespür für historische Konflikte und Machtkämpfe, die er als Ausdruck eines andauernden Ringens um die Verwirklichung christlicher Daseinsform sah – und so gleichsam eine katholische, nachgerade mystische Sicht auf Preußen unter Friedrich Wilhelm I. gewann.
[132] Nach zehnjähriger Erfahrung, im Winter 1722, zeichnet Friedrich Wilhelm im Jagdschloß zu Schönebeck die Entwürfe zu der großen Instruktion auf, die, über eine durchdringende Reform der Verwaltung hinaus, dem Staat den nicht sterbenden: den preußischen Antrieb gibt. Zwei Behörden lagen bisher einander streitend gegenüber: das Kriegskommissariat und das General-Domänen-Direktorium: das erste verwaltete die Kriegsgefälle: Die Kontribution, die vom platten Lande, den Bauern, Käthnern und Kossäthen, den auf den Dörfern sitzenden Handwerkern erhoben wurde; ferner die Ritterpferdegelder: die Steuer der Rittergüter; die Akzise der Städte; und andere, geringere, gleichfalls für den Unterhalt des Heeres bestimmte Einnahmen; das General-Domänen-Direktorium zog die Einkünfte aus den Kammergütern, Ämtern, Forsten, Salzwerken, Hütten und Posten ein: Gelder, die zum Unterhalt des Hofes und der Beamtenschaft dienten. Die Herren liebten es, einander die Vorteile abzujagen, um damit in gutem Licht vor ihrem König zu erscheinen; das konnte nicht ohne wechselseitigen Widerstand geschehen: so waren bald die Angegriffenen gezwungen, sich Verteidiger zu nehmen, die Gegenpartei bestellte sich Anwälte: über dem Streit der Beamten tobte der Streit der Juristen, die allein unter den Beteiligten auf einen sichern Vorteil rechnen konnten. Denn was war gewonnen, wenn das Domänendirektorium endlich dem Kriegskommissariat drei- oder viertausend Taler abgerungen hatte: mußte dieses Geld nicht ohnehin in den Schatz des Königs fließen; mußte nicht der König endlich die Advokaten bezahlen: Menschen, die er noch weit weniger liebte [133] als die Gelehrten? Welch ein
Dienst am Wachstum
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törichtes Spiel trieb dieses Rudel der Tintenkleckser und „Blackschisser“: die mit Scheinvorteilen ihn zu täuschen glaubten: ihn, der selbst der lebendige Staat war, Vorteil und Nachteil wieder gegeneinander hielt und allein nach dem Einen fragte, das unwidersprechlich erreicht werden mußte: dem absoluten Vorteil; dem Zeichen des Wachstums? Gewinn und Verlust, die Tendenz des Staates, müssen in klaren Zahlen erscheinen; eines Tages erfahren die zusammengerufenen Räte, die schon das Schlimmste befürchten, daß die beiden Behörden aufgehoben wurden; an ihrer Stelle wurde eine neue geschaffen: das General-Ober-FinanzKriegs- und Domänen-Direktorium. Aber umständlich ist nur der Name; die Einrichtung ist von jener Einfachheit, die Ausflüchte, Umwege und Verschleierungen, jene „Sudeleien“, die der König inbrünstig haßt, schwerlich aufkommen lassen wird. Alle Kräfte des Staates, die bisher geteilt waren, werden nun zusammengefaßt unter einer einzigen Behörde; Wehr und Wirtschaft werden eins; fünf leitende Minister stehen an der Spitze der erbarmungslos zentralisierten Verwaltung; über ihnen der König. [134] Eine der wesentlichen Aufgaben der Minister ist es, den pünktlichen Eingang der Gelder zu kontrollieren; so pünktlich, wie die Einkünfte kommen, sollen auch die Löhne bezahlt werden; beim Tode des Königs wird es einmal der Fürst von Dessau rühmen, „daß die völlige Armee alle Monat ohne den geringsten Abzug ist richtig bezahlet worden“. Nicht Ausbeutung, sondern Erhaltung der Untertanen ist die erste Pflicht: sie fordert unbestechliche Gerechtigkeit und Einsicht vom Beamten. [135] Dies sind die ersten, menschenbildenden, richtungsgebenden Gesetze; ein neuer Staat entsteht, in dem alle, ohne Unterschied, dem stetigen Wachstum des Ganzen sich unterwerfen. Nach außen fallen die Schranken: wer Salz einführt, verfällt dem Galgen, wer Wolle ausführt zum Spinnen, desgleichen; statt dessen sollen Menschen vom Ausland hereingeholt werden: Meister und Lehrer ihres Handwerks, so viele immer kommen mögen und aufzutreiben sind. Es gibt keine Ausnahme von der Akzise: diese Steuer muß es unter allen Umständen fremder Ware unmöglich machen, die einheimische zu verdrängen; ein jeder Wagen wird visitiert: kein Vorgeben irgendwelcher Art kann davon befreien. Um auch hier das entscheidende Beispiel zu geben, „wollen Wir selbst nebst Unserm königlichen Hause die Akzise bezahlen“. Wie das Land an den Grenzen, so verschließen sich auch die Städte; aber im Innern regt sich die Kraft. Ziegeln ersetzen Schindel und Stroh; man bringt das Pflaster in Stand; man baut die Brandstätten zu und die Lücken, die vergangene Kriege in das Häusergefüge brachen; auf Pumpen und Brunnen wird der König ein Auge haben, wenn er durchreist; er wird sich die Feuerspritzen zeigen lassen, deren Anschaffung er befohlen. Auch hier ist ein
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Reinhold Schneider
Beispiel mehr als Worte: Berlin muß vorangehen. Das Direktorium ist angewiesen, Vergrößerungsvorschläge auszuarbeiten, Pläne des zu bebauenden Geländes vorzulegen, auf denen die Einteilung in Häusergrundstücke, Plätze und Gartenland vorgenommen ist. Wie Potsdam dröhnt auch die Hauptstadt Jahr um Jahr vom Lärm der Bauleute; Gesetze erscheinen, die den Untertanen für den Bau eines Hauses in sumpfigem Gelände härteste, ja vernichtende Opfer auferlegen; so schließen sich langsam, unter den immer wachen Blicken des Herrn, die soldatischen Häuserzüge der Friedrichstadt. [136] Denn es genügt nicht, zu verwalten und sauber Buch zu führen über das Vorhandene: auf das Schaffen kommt alles an. Wieviel Brüche sind noch urbar zu machen, wieviel Äcker liegen verwildert; wieviele Güter können gekauft und aufgewirtschaftet werden? Die Räte, die durch das Land reisen, sollen die Augen offenhalten; sie sollen finden und entdecken; lohnt ein Brauhaus, eine Manufaktur? Der Antrieb ist gegeben und kann nicht widerrufen werden; die Kraft ist erweckt: nun muß sie treiben. [137] Denn nun sind alle drängenden Kräfte zusammengerafft in der Hand des Einen, der sich freilich nicht nur dem Staate verantwortlich fühlt, sondern in viel tieferem Sinne Gott; das Werden der Erde und des erdverbundenen Volkes ist geweckt und einer nicht mehr irdischen Gewalt unterstellt. Im Gefühl dieser Einheit mit dem Unendlichen gelang die Tat. Noch hat die Formel „von Gottes Gnaden“ am Eingang der Instruktion ihre Bedeutung: so spricht ein bestellter Verwalter, der sein letztes Recht aus dem Glauben nimmt. Preußentum ist, in seinem Ursprung, untrennbar von Religion: von dem Gefühl vor der Ewigkeit zu verantwortenden Dienstes. Dies Land, das vor wenigen Jahren noch im Schlaf der Erschöpfung gelegen, ist von einem unheimlichen Leben erfüllt. Je strenger die Gesetze, je enger die Schranken, je stärker der Druck: um so mächtiger ist die Bewegung des Innern. Für den Beamten, vor deren Blicken mitten in der Arbeit das harte, forschende Antlitz des Königs erscheinen muß, die den Zwang seines Willens bei allem Tagewerk spüren: für die [138] Handwerker, in deren Dasein der Herr mit Edikten über Einfuhr und Ausfuhr, mit Taxen und Bauverordnungen dringt; für Bauern, Schäfer und Hirten geht das Bewußtsein des allumfassenden Dienstes, eines größeren, gemeinsamen Lebens auf. Sie sehen die Städte wachsen, die Felder gedeihen; die Posten, die Meldereiter in atemloser Geschäftigkeit jagen; sie sehen die Regimenter sich ausdehnen in fast vergessene Bezirke: ein jedes Dorf, ein jeder Hof ist vermerkt nach seinem Ertrag und Anteil; sie alle sind einbezogen in die Wucht unbegreiflichen, unaufhaltsamen Geschehens. Ein einziges steigendes Leben umfaßt sie alle; das ausging vom obersten Herrn und den letzten Knecht noch ergreift: es ist ein Drängen, nicht ein Erhalten; ein Wollen, dem die Gegenwart nicht genügt, für das nur das Künftige Wert hat: der lebendige wachsende Staat.
IV. Friedrich Wilhelm I. – Wesenszüge in Marginalien Aus Akten des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz.
1. Marginalien im Geschäftsgang des preußischen Kabinetts Margo, marginis (masculinum). Das lateinische Substantiv ist deutsch mit „Rand“, „Einfassung“, gelegentlich auch „Grenze“ zu übersetzen. In der aktenkundlichen Terminologie wird damit der Rand des Textblockes auf einer Papierseite bezeichnet, die insbesondere im Fall der von nachgeordneter an vorgesetzte Stelle abzugebenden Berichterstattung nur halbbrüchig zu beschriften war. So hatte die vorgesetzte Stelle auf der freien Seitenhälfte genügend Platz, um dort „in margine“ ihre Angabe (oder lateinisch: ihr Dekret) zu machen, was in der berichteten Sache von ihr entschieden worden und also von der nachgeordneten Stelle im Geschäftsgang weiter zu veranlassen war. Ein solches Dekret konnte auch auf die Rückseite eines eingehenden Schreibens gesetzt werden (sodass es zum DorsualDekret wurde), wenn anders es nicht als Zettel-Dekret auf eigenem Blatt oder Bogen erschien. Dieses im Geschäftsgang frühneuzeitlicher Kanzleien ausgebildete und vielerorts übliche Verfahren erfuhr in Preußen durch Friedrich Wilhelm I. insoweit eine persönliche Qualifizierung, als der König seit 1713 zum Erstaunen seines Hofstaats wie der Throne Europas dazu überging, alle wichtigen Staatsgeschäfte möglichst selbst in die Hand zu bekommen, sich diese von seinen Ministern schriftlich vortragen zu lassen und in seinem Arbeitszimmer, dem „Kabinett“, durch jene meist eigenhändig oder nach Diktat auf die Eingänge notierten Dekrete persönlich zu entscheiden. Dabei gingen ihm einige wenige Kabinettssekretäre zur Hand. Da dem König in der Regel halbbrüchige Immediatberichte vorgelegt wurden, dekretierte er meist „in margine“. Durch seine „Marginalien“ redete Rex direkt, tagtäglich und ein Monarchenleben lang mit den preußischen Regierungsspitzen, die seine „Willensmeinung“ gegebenenfalls an die Verwaltungsinstanzen oder Untertanen weiterreichten. Sie alle hatten seine marginal gegebenen Befehle zu befolgen und taten dies hoffentlich auch. Aber vielleicht kam in den „Marginal-Resolutionen“ jenseits ihrer materiellen Entscheidungen noch mehr:
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nämlich das Wesen dieses bemerkenswerten Mannes – zumindest manchmal – zum Vorschein. Sie sind es daher wahrlich wert, betrachtet, gelesen, beachtet zu werden. Wie der Vater, dekretierte seit 1740 auch Sohn Friedrich II. meist „in margine“ – direkt, tagtäglich und ein Monarchenleben lang. Friderici Magni Randverfügungen fanden schon immer große Aufmerksamkeit. Sie wurden notiert, gesammelt und ediert: Sei es, dass man von ihnen beeindruckt war oder sie für „drollig“ hielt, besonders wenn sie „Wintbeutel“ und „Erzschäkers“ anpfiffen. Allerdings waren sehr viele Randverfügungen Friedrichs II. über die sogenannten Kabinetts-Extraktenbände auch leicht greifbar. Friedrich Wilhelms I. Marginalien mussten dagegen aus den einschlägigen Aktenbeständen einzeln zusammengesucht werden. Dies unternahm zuerst Friedrich Förster, der dem 1. Band seiner 1834 veröffentlichten Friedrich Wilhelm-Biografie insgesamt 191 „Eigenhändige Marginal-Resolutionen“ anfügte, davon die ersten acht mit faksimilierten Schriftproben. Förster ging es dabei vor allem um den Nachweis der „ungemeinen Thätigkeit“ des Königs und seiner erstaunlichen „Einsicht in alle Zweige der Staatsverwaltung“. Einer anderen Intention dienten offenbar die Abschriften elf „besonders derber Randverfügungen“ aus dem GStA-Bestand Geheimer Rat, Auswärtige Beziehungen, Abteilung Dänemark, mit einer Blütenlese von Wörtern wie „Surke“, „Narre“, „Canaille“, „soll mir im Arhs lequen“. Die Kladde wurde zu den Kleinen Erwerbungen des Archivs gelegt. Dort finden sich noch drei weitere Verzeichnungseinheiten mit Friedrich Wilhelm I.Marginalien, die im frühen 19. Jahrhundert aus Akten abgeschrieben oder herausgeschnitten worden waren, bevor man diese zur Kassation freigab. Ergiebig sind davon nur die „Acta enthaltend Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelms autographische Marginal-Resolutionen, sowie allerlei Curiosa, 1715 bis 1739“, mit etwa 250 Randverfügungen. Dazu gesellt sich noch eine Nummer aus der Personalrepositur 46 im BPH mit Randverfügungen auf zwei Immediatberichten des Justizpräsidenten Samuel von Cocceji. Alle diese Sammlungen sind ebenso absichtsvoll wie zusammenhanglos entstanden. Ganz anders verhält es sich mit einer Akte, die das GStA PK 2009 aus dem schweizerischen Autographenhandel erwarb. Sie trägt die Bezeichnung: „Correspondenz zwischen Etatsminister von Marschall und Seiner Majestät dem Könige Friedrich Wilhelm I. de 1722 – 1739“. Mit dieser Laufzeit ergänzt das fadengeheftete Convolut eine bereits im Bestand Geheimes Zivilkabinett unter „Regierungsperiode Königs Friedrich Wilhelms I., Politica“ beruhende Akte „Des preußischen Staatsministers Samuel von Marschall Immediatberichte, 1737 – 1740“, die ganze sieben beschriftete Blatt enthält, die v. a. einen recht belanglosen Vorgang betreffen, nämlich den Durchmarsch eines kaiserlichen Rekrutentransports durch Preußen 1738 / 39. Der Neuerwerb bietet dagegen stolze 150 Blatt, die aber ihrerseits
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nur als Spitze jenes Papierbergs zu vermessen sein dürften, der aus Marschalls Mitarbeit im Kabinett einst erwuchs. Die davon immerhin erhaltene Akte umfasst v. a. Immediatberichte, die von Marschall dem König vorgelegt und von diesem mit einer Randverfügung versehen worden waren. Knapp die Hälfte der Vorgänge datieren 1724 / 25. Sie dokumentieren die damals fällige Beilegung des Krautt-Skandals sowie die neue Organisation des Lagerhauses zu Berlin und beleuchten damit genau jene Verhandlungen, die Carl Hinrichs in seiner 1933 publizierten Darstellung der „Wollindustrie in Preußen unter Friedrich Wilhelm I.“ nicht genau erhellen konnte, da „deren Gang uns nicht näher überliefert ist“. Umso mehr verdient es „Marschalls Akte“, weiter erschlossen und insbesondere mit Blick auf ihre Marginalien ausgewertet zu werden.
2. Kabinettsrat Samuel von Marschall Samuel (von) Marschall erblickte als Spross einer schottisch-niederländischen Familie 1683 in Danzig das Licht der Welt. Nach einem Jura-Studium in Königsberg und Halle amtierte er als Postmeister zu Wusterhausen an der Dosse, wo ihn Kronprinz Friedrich Wilhelm kennengelernt haben soll. Kurz nach seinem Regierungsantritt am 25. Februar berief ihn der König im September 1713 zum Kabinettssekretär, wo er ab Januar 1714 dessen bisherigen Privatsekretär Ehrenreich Bogislav Creutz, der nun Generalkontrolleur aller königlichen Kassen, „referendair générale“ und damit gleichsam erster Kabinettssekretär im Ministerrang geworden war, in der Alltags-Arbeit entlasten sollte. In dem Maße, in dem Creutz in der Folge mit weiteren ministeriellen Aufgaben betraut wurde, übernahm Marschall dessen Kabinettssekretär-Position, bis auch er selbst eine ad hoc-Kommission nach der anderen oder bereits bestehende Ressorts aufgebürdet bekam. Die beiden Beamten, der bürgerliche Creutz und Marschall (dessen alter Adel 1717 anerkannt wurde), avancierten auf diese Weise zu Geheimen Kabinettsräten, zu denen der König einerseits sein besonderes Vertrauensverhältnis behielt, während er sich andererseits neue Kabinettssekretäre wie z. B. (um 1730) August Friedrich Boden, Elias Schumacher und August Friedrich Eichel heranzog. So wurde Marschall 1716 Finanz- und Postrat, 1719 Vizedirektor des Joachimsthalschen Gymnasiums, 1722 Leiter der Rekrutenkasse, 1723 Geheimer Finanzrat im III. Departement des Generaldirektoriums mit Kompetenz für das Postwesen, 1724 Chef der Lagerhaus-Kommission sowie Vizedirektor (später Direktor) der Kurmärkischen Landschaft, Direktor des Potsdamer Militärwaisenhauses, 1733 Minister im Generaldirektorium, 1734 (neben Görne) General-Postmeister, 1739 Vorsitzender der Justizreform-
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Kommission. Es verwunderte nicht, dass der mit so vielen verschiedenen Aufgaben belastete, entsprechend einflussreiche Mann nicht bei jedermann beliebt war und sich gegen Intrigen wehren musste. Er blieb dabei in der Gunst seines Königs, der ihm (der bis dahin in Berlin in seinem Haus am Fischmarkt wohnte) 1737 das Grundstück Wilhelmstraße Nr. 8 (nachmals Nr. 78) schenkte. Dort sollte er ein Palais bauen. Das Grundstück war pikanterweise noch um das Hinterland von Nr. 79 erweitert worden, wo das Gebäude der Gold- und Silber- [Tressen-] Manufaktur des Johann Severin Schindler stand, den Marschall auf Befehl des Königs 1724 aus dem Lagerhaus-Betrieb ausgebootet hatte. Gerade als Lagerhaus-Kommissionschef war er auch für Friedrich II. unersetzbar, der ihn 1740 an die Spitze des neu gegründeten Fabriken- und Kommerziendepartements im Generaldirektorium stellte. Weitere Ämter und Aufgaben, wie z. B. die Urbarmachung des Oderbruchs ab 1745, kamen hinzu. Der mit etwa 60 Jahren in seiner Leistungskraft erschöpfte Mann starb 1749 und wurde in der Kirche zu Dahlwitz begraben.
3. Kabinetts-Aktenkunde Zur Laufzeit von „Marschalls Akte“, 1722 – 1739, konnte ihr Produzent bereits als wichtigster Mann Friedrich Wilhelms I. im Kabinett gelten. Er war dort aufgrund seiner vielfältigen anderen Aufgaben tagtäglich aber nicht mehr in persona, sondern vor allem durch seine Immediatberichte präsent. Sie lagen dem König zusammen mit den „Extrakten-Protokollen“ vor, nachdem dieser – im Sommer um fünf, im Winter um sieben Uhr – aufgestanden war, sich gewaschen und eine kurze Morgenandacht gehalten hatte. Während des Ankleidens und bei einer Tasse Kaffee präsentierten ihm seine Kabinettssekretäre die eingegangenen Sachen, auf die er meist eigenhändig „in margine“ dekretierte. Dies erforderte von den ohnehin arg strapazierten Männern anschließend die besondere Qualifikation, die Handschrift ihres anspruchsvollen Herrn entziffern zu können und seine abbreviatorisch gefassten, obendrein stenographisch contrahierten „Willensmeinungen“ in schriftliche Anweisungen umzuformen, die nicht nur inhaltlich völlig korrekt, sondern auch in der kanzleistilistischen Form perfekt waren. Aufgrund seiner langjährigen Übung galt Marschall als Meister dieser Kunst, obwohl er oft erzählt haben soll, „daß er nicht wenig verwundert gewesen sei, als der König ihn zum Cabinetssecretair ernannt habe, da er es nicht einmal verstanden, ein Briefcouvert zu machen, welches er zuerst von dem Könige gelernt habe.“ Daher dürfte es kaum zutreffen, dass es Marschall gewesen sei, der Friedrich Wilhelm I. die effiziente Regierungstechnik durch Marginal-Dekret lehrte – denn davor standen Creutz und Königs Wusterhausen. Doch scheint er es lange gewesen zu sein, der „his masters voice“ am besten
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verstand. Im Übrigen sprach und schrieb der König in seiner Muttersprache unter dem Einfluß der niederdeutschen Mundart, mit französischen oder lateinischen Fremdwörtern und besonders gerne mit Ausdrücken des Volks idioms gespickt. Der Ton seiner Stimme soll „etwas schnarrend und leise“ gewesen sein. Vielleicht hat Friedrich Wilhelm I. auch aus diesem Grund die Ratsversammlungen seiner kollegial organisierten Spitzenbehörden lieber gemieden – doch umso deutlicher sprach er aus dem Kabinett: unverblümt, unmittel- und unberechenbar. Die Interaktion zwischen König und Kabinettsrat basierte im Geschäftsgang des Kabinetts auf den Immediatberichten, die dieser entweder in Direktschrift oder nach sorgfältigerer Konzipierung auf Foliobogen schrieb. Wie bei Korrespondenzen im Umkreis der Regierungsspitzen üblich, bestanden die Schriftsätze meist nur aus Narratio und Relatio bzw. Petitio, also aus der Erzählung einer vorgefallenen Sache und der dazugehörenden Berichterstattung bzw. der gegebenenfalls mit einem Votum verbundenen Bitte um die allfällige Entscheidung des Königs. Sie verzichteten eingangs stets auf eine aufwändige Inscriptio, d. h. die kuriale Anrede an den Monarchen, doch am Ende interessanterweise nicht immer auf die sanctio-artige Betonung der ordentlich erfüllten Berichtspflicht – womit sich der Kabinettsrat nötigenfalls gegen Widersacher in der politischen Auseinandersetzung absichern wollte. Auf jeden Fall platzierte Marschall Unterschrift und Datum (das nur aus der Zeit-, nicht auch einer Ortsangabe bestand) auf die unterste heraldisch linke Stelle des Bogens, um damit seine Devotion (allerdings ohne Devotionsstrich) auszudrücken. So blieb auf dem Immediatbericht reichlich Platz, den der König für sein Dekret „in margine“ nutzen konnte. Er setzte es je nach Umfang parallel zum vorgelegten Text oder senkrecht zu diesem und schloss mit seiner (stets undatierten) Paraphe „FW“. Bei Gichtanfällen oder anderen Beeinträchtigungen wurden Marginalien und Unterschriften mühsam mit der linken Hand hingekritzelt – gleichsam nach der selbstgewählten Devise „in tormentis scripsit“, so insbesondere nach dem schweren Krankheitsausbruch während des Rheinfeldzugs 1734 (vgl. Abb. 5 und 7). Ging dann der so fortgeschriebene Immediatbericht aus dem Kabinett heraus an seinen Absender zurück, wurde von diesem darauf nur gelegentlich ein Re-Präsentatum vermerkt (vgl. Abb. 9). Die Auszählung von insgesamt 60 Marginalien in „Marschalls Akte“ ergab, dass mehr als die Hälfte von ihnen aus den knappen Feststellungen „gut“ oder „sehr gut“ bestand, davon wieder ca. 50 % verbunden mit einer weiterführenden Anweisung (vgl. Abb. 3, 4 und 5). Die Bedeutung des einfachen oder zum Superlativ gesteigerten Adverbs lag im Bereich zwischen einer bloßen Kenntnisnahme und der dezidierten Zustimmung, die gegebenenfalls die weitere Vorgangsbearbeitung vorantrieb. Sollte dies schriftlich geschehen, wurde z. B. der Name des dafür vorgesehenen Sachbearbei
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ters – z. B.: „Mar[schall]“ – mit der Weisung verbunden, oder diese durch ein schlichtes „Ordre“ ersetzt, wobei sich ihr Inhalt aus dem Votum der Berichterstattung ergab. Wendungen wie „Sollen das weisen“ oder „Dieses in meinem Nahmen befehlen“ konnten darauf hindeuten, dass weitere Instanzen in die Anweisungs-Ausführung einzubinden waren. Eine Sonderform stellten die Angaben „obli[giert]“ oder „compli[ment]“ dar, mit denen der König ein Kompliment geben oder für Präsente danken ließ, vorzüglich wenn es sich dabei um Delikatessen handelte, mit welchen ihn seine Freunde und Vertrauten (zu denen in den 1730er Jahren auch Marschall zählte) sicher nicht ganz absichtslos erfreuen wollten. Dagegen lief die andere Hälfte der auszuzählenden Marginalien auf ausführlichere und eindringliche Anweisungen hinaus, die der König meist in apodiktischer Kürze aufs Papier warf: sachkundig, impulsiv, energisch, mit Augenzwinkern, leise drohend, wütend polternd. Natürlich haben nur Marginalien dieser Art nach dem Motto „je drastischer, desto besser“ Eingang in die oben erwähnten „Rosinen“-Sammlungen gefunden und darüber den ruhigen Ton vergessen lassen, mit dem der König sein „gut“ oder „sehr gut“ verfügte und so mehr als die Hälfte seiner Regierungsarbeit erledigte. Ebenso wenig darf dabei jene schlichte geschäftstechnische Anweisung übersehen werden, mit welcher der König an Schlüsselpunkten von Entscheidungsprozessen seinen Kabinettsrat zur persönlichen Rücksprache heranzog. Hielt dieser deren Ergebnis gegebenenfalls in einem ausführlichen Gesprächsvermerk fest, überlieferte er der Nachwelt in schlichtester Form Höhepunkte der Kabinetts-Interaktion. Im weiteren Verlauf des Geschäftsgangs konnten die königlichen Marginalien von den Kabinettsmitarbeitern in zwei verschiedene SchriftgutFormen umgesetzt werden: in eine Kabinetts-Ordre oder ein Kabinetts-Dekretschreiben (vgl. Abb. 6 und 7). Obwohl schon zeitgenössisch und noch lange danach unisono als „Ordre“ bezeichnet, war dieses im objektiven Stil, jene im Ich-Stil differenziert abgefasst – und damit (nach dem Stand der aktenkundlichen Forschung) jeweils eine bestimmte inhaltliche Intention verbunden. Da sich aus „Marschalls Akte“ ergibt, dass der Kabinettsrat seinem Chef auch Ordres zur Vollziehung vorlegte, die von ihm zwar ohne konkretes Dekret, aber im Zuge der weiteren Sachbearbeitung konzipiert und mundiert worden waren, wird die Aktenkunde in Zukunft auch bei Kabinetts-Anweisungen nicht nur inhaltliche Aspekte, sondern auch einen solchen genetischen Zusammenhang stärker berücksichtigen müssen. Vielleicht sind die Kabinetts-Ordres im Ich-Stil v. a. in umittelbarer Umsetzung eines königlichen Dekrets durch Kabinettssekretäre entstanden, während die Kabinetts-Dekretschreiben im objektiven Stil bei der Vorgangsbearbeitung v. a. von Kabinettsräten formuliert worden waren, deren Direktiven der König durch Unterschrift gültig machen sollte. So oder so
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lag natürlich bei ihm das letzte Wort: Sei es, dass er dieses direkt sprach, oder dass es ihm jene in den Mund gelegt hatten.
4. Zwölf Kabinetts-Vorgänge aus Marschalls Akte und Marginalien-Sammlungen Im Folgenden werden aus „Marschalls Akte“ und den anderen Marginaliensammlung zwölf Kabinetts-Vorgänge in Auswahl ediert. Jeder Vorgang wird durch ein Kopfregest, die Formalbeschreibung und durch ein Voll regest bzw. eine Transkription erschlossen. Randverfügungen Friedrich Wilhelms I. sind immer möglichst buchstabengetreu transkribiert. Dabei folgen Groß- und Kleinschreibung sowie die Interpunktion dem heutigen Sprachgebrauch. Dies läuft gegebenenfalls auf eine Interpretation der Vorlage hi naus, und hängt im Übrigen stets davon ab, dass die Marginalien richtig entziffert worden sind. Das ist leichter gesagt als getan. Vorsichtshalber sollte ein derartiges Vorhaben die Blamage vor Augen haben, die der Graphologe Paul Glück 1932 / 34 mit seinem Versuch erlitt, den Namenszug Friedrich Wilhelms I. auszudeuten: „Kurz und klar [...], knapp und schmucklos wie das Wesen des Königs war, zeigt auch die Unterschrift nur das Nötigste: ‚Fr Wh R‘. Aber mit geradezu genialem Griff, nur durch die Einsetzung des einzigen i-Punktes, den er auf den Mittelhöcker des Buchstaben W setzt, ändert und vermehrt er mit einem Schlage die Bedeutung der Buchstaben. Aus dem W entspringt durch diesen geistvollen Zug plötzlich auch ein i und neben diesem ein l und ganz unerwartet ist nun mit einem Male ‚Wilh‘ zu lesen. Freilich sind i und l geradezu aus dem W herausgezwungen. Aber das entspricht ja durchaus dem gewaltsamen Wesen Friedrich Wilhelms I.“ Mit dieser Interpretation scheiterte der Graphologe am Geheimen Staatsarchivar Heinrich Otto Meisner, der ihm kühl nachwies, dass er Friedrich Wilhelms I. Unterschrift lediglich falsch gelesen hatte – denn „der König unterschrieb sich nicht Fr Wh, sondern F Wilh, gelegentlich mit dem üblichen Zusatz R(ex)“. Dabei übersah Meisner aber, dass der König seinem Namenszug diesen Kurztitel nicht zufällig, sondern absichtsvoll immer dann anfügte, wenn er einen Sachverhalt oder eine Anweisung mit besonderem Nachdruck versehen wollte.
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Q 1
1722, 1723
Personalaspekte des Retablissements in Ostpreußen GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1. Aktenvorgang, hier regestiert bzw. transkribiert: [a., b., c.] Immediatbericht, beh. Ausfertigung; dazu GStA PK, I. HA Rep. 94 Kleine Erwerbungen, IV. Ka, Nr. 5. Aktensammlung, hier regestiert bzw. transkribiert: [d.] Landesherrliches Reskript, nicht vollzogene Reinschrift.
[Vorbemerkung:] „Marschalls Akte“ setzte 1722 mit einem Vorgang ein, der auf die Verwendung des Gutsverwalters Kamman in Ostpreußen hi nauslief und dabei sein persönliches mit einem staatlichen Interesse verband. Der Kabinettsrat hatte 1722 das Gut Rahnsdorf (am Müggelsee zwischen Köpenick und Erkner) erworben, das er alsbald durch das Vorwerk Hop pegarten zum Hopfenanbau ausbauen ließ. Dabei schien er für den bislang auf Rahnsdorf tätigen Gutsverwalter Kammann keine Verwendung gehabt zu haben, da er ihn dem König für das seit 1721 erneut energisch geförderte Retablissement in (Ost-)Preußisch-Litauen empfahl. Tatsächlich war der Landwirt dort ca. 1724 / 27 als Ober-Amtmann (Domänenpächter) zu Königsfelde (bei Darkehmen) nachzuweisen. [a. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1722-Oktober-10 (Samstag):] Marschall bekommt demnächst einen anderen Verwalter, sodass Kammann alsbald nach Ostpreußen gehen kann. Der König möge entscheiden, wieviel Reisegelder er bekommen, und ob er mit der Post reisen soll; auch was für ein Gehalt ihm monatlich oder jährlich zu zahlen ist. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Soll ihn Montag nach Wusterhaußen senden“. [b. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; ohne Datum [1722-Oktober-11 (Sonntag)]:] Kammann wird sich morgen befehlsgemäß beim König einfinden. Er hat unterdessen gefragt, ob der König auch will, dass er seine zwei Söhne mit-
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nimmt, die auch schon etwa fünf bis sechs Jahre in der Wirtschaft tätig gewesen sind. Dann würde er mit seiner ganzen Familie reisen wollen. Dazu erwartet er also die Entscheidung des Königs. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Sehr gut; ist seine Truwallie“. [c. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1722-Oktober-14:] Da der König den Kammann nun gesprochen und genehmigt hat, dass er mit seiner ganzen Familie nach Ostpreußen reisen kann, will Marschall darauf hinweisen, dass der König von dem Mann zwar in der Wirtschaft sehr gute und nützliche Dienste haben wird, aber dass ihm kein Geld anvertraut werden kann. Er muss vielmehr von einem Kammerbeamten genau beaufsichtigt werden. Wenn das geschieht, wird dem König wohl gedient sein; sonst nicht. Der König möge auch erlauben, dass Marschall zu Ende der Woche [nach Rahnsdorf] geht, und sein Gut von Kammann übergeben bekommt. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Ich bin mit ihm richtig; dieser ist guht“. [Kommentar:] Die Randverfügungen dieses Vorgangs erhellten, wie sehr Friedrich Wilhelm I. davon überzeugt war, ein guter Menschenkenner zu sein. Personalentscheidungen traf er am liebsten aufgrund selbst gewonnener Eindrücke. Auch die nach Ostpreußen gehenden Kolonisten – wie hier z. B. den Domänenpächter Kammann – ließ er sich, wenn es ging, persönlich vorstellen. Als Marschall besorgte, dass die von ihm empfohlene „Trouvaille“ beim „Retablissement“ finanzielle Fehler machen könnte, glaubte ihn der König daher beruhigen zu können. [d. König Friedrich Wilhelm I., an Kriegs- und Domänenkammer zu Königsberg; Berlin, 1723-Oktober-26:] Die Kammer hat [dem Generaldirektorium] am 15. Oktober 1723 berichtet, dass der im Dorf Schillgallen angesetzte Johann Jakob Durre aus Nassau, und ebenso die im [Amt] Kiauten angesetzten Hans Heinrich Müller und Johann Peter Schmidt aus Nassau-Dillenburg um Erlaubnis gebeten bzw. einen Pass erbeten haben, um in ihre Heimat zurückzukehren. Sie wollen dort ihre verwandschaftlichen Angelegenheiten regeln und inzwischen angefallene Erbschaften verkaufen, um das Geld nach Preußen zu transportieren. Es bleibt dem Urteil der Kammer überlassen, ob diese Leute sicher genug sind, um tatsächlich wieder zurückzukehren, doch sollte sie zuvor klären, ob die angegebenen Geschäfte der Kolonisten in ihrer Heimat nicht durch dortige Freunde oder Bekannte und gegebenenfalls mit amtlicher Hilfe geregelt
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werden können. Entsprechend hat sie die Kolonisten, und überhaupt alle, die künftig mit einer vergleichbaren Bitte kommen, zu bescheiden. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I. (nach dickem Tintenstrich durch die Dispositio):] „Ist gekrittelte Handt. Solt Ihr Cancelisten cassiren [für ursprünglich: ‚absetzen‘]. Ich kan nit meine Augen in so krittl[iche] Hand verderben“. Dazu auf dem folgenden Blatt: „Die Handt ist guht“. [Kommentar:] Friedrich Wilhelm I. wollte die Beurlaubung der 1721 angeworbenen Nassauer Kolonisten nicht zulassen, da ihm ihre Rückkehr ins mühsame Siedlungswerk im Kammerdistrikt Insterburg zu unsicher schien. Allerdings fiel ihm dafür im konkreten Fall keine stichhaltige Begründung ein. Der König zog sich daher hinter den komischen Vorwand zurück, das von einem Kanzleisekretär des Generaldirektoriums natürlich sauber mundierte und ihm zur Unterschrift vorgelegte Reskript nicht lesen zu können, weshalb der Schreiber zu entlassen sei. Anschließend bedachte er, damit seinen Scherz zu weit getrieben zu haben. Der Vorwurf schlechter Schreibarbeit wurde also augenzwinkernd wieder aufgehoben – nicht aber die misstrauische Ablehnung der Kolonisten-Beurlaubung. Q 2
1724-März / Dezember
Beilegung des Krautt-Skandals; Revision und Neu-Organisation des Lagerhauses GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1. Aktenvorgang, hier regestiert bzw. transkribiert: [a., b., c., f., g.] Immediatbericht, beh. Ausfertigung; [d.] Supplik, beh. Ausfertigung; [e.] Bericht, Abschrift.
[Vorbemerkung:] Im Mittelpunkt von „Marschalls Akte“ standen der sogenannte Krauttskandal und das Lagerhaus. Die darauf bezogenen Vorgänge belegten, wie Friedrich Wilhelm I. etwa zehn Jahre nach seinem Regierungsantritt und der seitdem in die Wege geleiteten Neuformung des preußischen Königreichs auf merkantilistisch bestimmter, finanziell austarierter und vom allgemeinen Wohlfahrts- und Sicherheitsgedanken getragener Grundlage den Tod des bislang von ihm protegierten Johann Andreas von Krautt 1723 zu einer innen- und wirtschaftspolitischen Weichenstellung auszunutzen verstand. Sie vollzog sich 1724 / 25 in der neuen Organisation des nach 1713 eingerichteten Lagerhauses als zentralem Impulsgeber des textilverarbeitenden Handwerks in der Hauptstadt und den Kernprovinzen, wo es damals an die Stelle des höfischen Luxusgütergewerbes getreten war. Krautt wurden ex post, nicht ganz zu Recht, Unterschleif und Veruntreuung vorgeworfen, sodass sich seine Erben Verhandlungen über finanzielle Regressforderungen zugunsten der Kurmärkischen Landschaft und des Großen Potsdamer Militärwaisenhauses gefallen lassen mussten. Gleichzei-
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tig kam es zu einer Untersuchung der zunächst von Krautts Schwager Johann Severin Schindler geführten Lagerhaus-Geschäfte. Im Gegensatz zum Generaldirektorium, das weiter am privat finanzierten Betriebsmodell à la Krautt festhielt, sollte das Lagerhaus nach dem – keineswegs widerspruchslos akzeptierten – Willen des Königs weder von Schindler noch dem Unternehmer Heinrich Friedehoff aus Duisburg weiter betrieben werden, sondern von Staats wegen, unter der Leitung einer aus der Untersuchungs-Kommission gebildeten Lagerhaus-Kommission, an deren Spitze Kabinettsrat Samuel von Marschall gestellt wurde. Die Betriebsleitung oblag nachgeordneten Offizianten, nämlich in technischer Hinsicht einem Fabrikeninspektor und in kaufmännischer Hinsicht dem Landschafts-Rendanten. Die Transparenz der Betriebsführung wurde durch ein neu strukturiertes Rechnungswesen gesteigert, wobei monatlich zu erstellende Bilanzen eine wichtige Rolle spielten. Die Verbesserung der gewerblichen Effizienz lief auf die Frage hinaus, wie die großen Mengen an grober Wolle (die seit 1718 / 19 nicht mehr aus Preußen herausgebracht werden durfte, während gleichzeitig die Einfuhr feingewebter Tuche verboten war) schneller verarbeitet werden konnten. Der König wünschte dafür die Einrichtung weiterer Webstühle und Exportprojekte, etwa nach Leipziger Vorbild die Ausfuhr grober Wolltücher (Loden, z. B. für die Kutten von Ordensleuten) nach Tirol oder in die Schweiz, da er einkalkulierte, dass dafür in Österreich, Bayern oder Kurköln infolge hoher Schutzzölle kein Absatz zu erwarten war. Er konnte diese Idee aber nicht durchsetzen, da sich die Lagerhaus-Kommissare ihrer Realisierung aus finanziellen Gründen entzogen. [a. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; ohne Ort, 1724-März-9 (vgl. Abb. 4):] Marschall hat heute im Generaldirektorium nach seinem Vortrag auch die Lagerhaus-[Untersuchungs-]Kommission in Gegenwart von [Kriminalrat von] Pulian, [Kommerzienrat Johann Severin] Schindler, [Tribunalrat Christian] Winterfeldt und [Kriegs- und Domänenkammer-Rat Gottfried] Kühtze eröffnet. Es kam dabei darauf an, auf welche Art Schindler der Kommission ein Inventar übergeben müsse. Man wurde sich endlich darüber einig, dass das Inventar unter Zuziehung eines von der Landschaft noch zu benennenden Vertreters Stück für Stück aufgeschrieben und nachgeprüft werden soll. Das wird wohl 14 Tage in Anspruch nehmen, ehe ein nächster Hauptschritt unternommen werden kann. Marschall hofft, dass die Untersuchung von großem Nutzen sein wird, und wird es dabei nicht an Fleiß mangeln lassen. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Sehr gut. Machet nur den – den starcken“.
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[b. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; ohne Ort, 1724-März-13 (vgl. Abb. 3):] Marschall erwartet täglich die Ankunft des „Freydehoff“ [sic; muss heißen: Friedehoff]. Sobald der da ist, wird er sich mit ihm zusammensetzen, dessen Vorschläge anhören und davon berichten. Der [Oberst Heinrich Karl] von der Marwitz wird wohl dem König unter anderem vortragen, dass man sich soweit wie möglich anstrengen wird, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Es kommt nun viel darauf an, die Abnahme des Inventars zu bewerkstelligen, bei dem nach erster Schätzung jetzt schon an die 40.000 RTl fehlen. Das liegt daran, dass alles viel zu hoch veranschlagt worden ist, worüber Marschall noch weiteren Bericht erstatten wird. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Gut“. [c. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1724-März-19 (vgl. Abb. 8):] Marschall und die Kommissare haben letzte Woche im Lagerhaus fleißig an der Bestandsaufnahme gearbeitet. Die Inventur wird diese Woche hoffentlich abgeschlossen sein. Es findet sich von allerhand Waren ein ziemlich großer Vorrat, vor allem an [grober] Wolle, die in dieser Menge nicht im Lagerhaus verarbeitet werden kann. Man muss in Zukunft also darauf achten, wie die Verarbeitung besser zu bewerkstelligen ist. Mehr vermag Marschall derzeit noch nicht zu berichten. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Vermögen, Gelt, [1] Million ist die Wehbe-Wolle. Ergo müssen Wehberstülle angesetzet werden, Wehbewahren zu machen, das nach Tirohll und Schweitz gehe, so wie die Leipzicher mit meheren Wehbe-Wolle verarbeiten laßen und sie dahin geleiten“. [d. Johann Severin Schindler, an König Friedrich Wilhelm I.; Berlin, 1724-April-20 (Donnerstag nach Ostern); präsentiert bei Kabinettsrat Samuel von Marschall am 22. April 1724 (Samstag):] Die vom König befohlene Lagerhaus-Inventur ist abgeschlossen. Zweifellos wird die Kommission nun berichten, dass nicht nur das Kapital, sondern auch ein Überschuss von 22.000 RTl vorhanden ist, sodass die Bewirtschaftung also treu und sorgsam geführt wurde. Dem König mag ja leider das Gegenteil zugetragen worden sein, wodurch das Lagerhaus und Schindler in der Stadt und anderswo in üblen Ruf gerieten, worunter der Kredit litt. Der König möge daher veranlassen, dass das Generaldirektorium dem Schindler die seit einem Jahr ausstehende Geschäfts-Entlastung erteilt, und im Übrigen dem Schindler weiter gnädig gesonnen sein. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Mar[schall:] Nit nur schreib, auf ein Dach herkomen. Dinstach frühe habe Zeit“.
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[e. Generaldirektorium, an König Friedrich Wilhelm I.; Berlin, 1724-Juni11:] Auf Befehl des Königs soll die Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer bei Berlin noch weitere Mühlen errichten. Daraufhin hat die KDK vorgeschlagen, die seinerzeit von [Peter von] Itter [aus Orsoy] errichtete Walkmühle anzukaufen und zu einer Mahlmühle umzubauen, was der König zunächst genehmigte. Danach wurde der KDK mit Kabinettsordre vom 17. Mai eröffnet, dass das Lagerhaus die Ittersche Walkmühle kaufen wolle, weswegen die Kammer ihre Kenntnisse über die Mühle an das Lagerhaus weitergeben sollte. Die KDK trägt in dieser Sache nun vor, dass 1. die Ittersche Mühle sich weit besser als Mahl-, denn als Walkmühle eignet, zumal das Lagerhaus für eine solche bereits auf einen andern Ort reflektiert hat, und eine Mahlmühle den hiesigen Einwohnern weit notwendiger ist; 2. auch im Fall, dass noch einige Windmühlen gebaut würden, dies keine Verbesserung wäre, weil diese bei den hiesigen Windverhältnissen weit weniger in Betrieb sein könnten; 3. im Fall, dass die Ittersche Walkmühle weiter betrieben werden soll, dies sämtliche Mühlendamm’schen Mühlen ruinieren wird, weil sie soviel Wasser haben muss, womit sonst sechs Mahlgänge zu betreiben sind; 4. im Fall der Überlassung der Itterschen Mühle an das Lagerhaus der Domänenetat der KDK einen Posten von 600 RTl verlieren würde, denn für diese Mühle wurde bereits ein Pachtangebot in dieser Höhe gemacht. Eine Überlassung der Itterschen Mühle an das Lagerhaus liegt daher nach Meinung des Generaldirektoriums nicht im Interesse des Königs. Es schließt sich vielmehr der Empfehlung der KDK an, aus der Weißgerber-Mühle auf dem Mühlendamm eine Walkmühle zu machen und diese dem Lagerhaus anzuweisen – worüber der König entscheiden möge. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Die Walckmühle soll ohne Resoniren zum Lagerhause seyn. Sie sollen mir nicht ergeren oder der Teuffel soll sie holen“. [f. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1724-September-26:] [1. Berichtsteil] Marschall hat weisungsgemäß den Schriftsatz des [Geheimen Etatsministers] von Plotho über den Streit zwischen dem Militärwaisenhaus zu Potsdam und den Erben Krautt geprüft. Nach seiner Meinung gibt es zwei Wege, um die Sache zu schlichten, nämlich 1. eine rechtliche Austragung und 2. ein Abtun in Bausch und Bogen. In beiden Fällen müssten Marschall und die Kommission noch manches überlegen. Ihr Gutachten wird dann über das Generaldirektorium dem König vorgelegt werden.
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Vorläufig kann gesagt werden, dass beim Beschreiten des Rechtswegs einige Punkte kontrovers diskutiert werden dürften. Durch Abtun in Bausch und Bogen aber, worauf sich die Erben Krautt bereits mit ihrem Angebot von 10.000 RTl eingelassen haben, kann die Sache am schnellsten erledigt werden. Dann bräuchte sich der König, wenn ihm das Generaldirektorium seinen Bericht in der Sache vorlegt, nur für das Schlichten in Bausch und Bogen entscheiden und die Summe festlegen, die von den Erben Krautt bezahlt werden soll. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Sol[len] 20.000 RTl gehben, alsdan mit dem Weißenhauße alles soll richtig sein, und soll keiner der Schwache sein“. [2. Berichtsteil] Danach werden allerdings noch weitere bedeutende Unstimmigkeiten zwischen der Landschaft und den Erben Krautt übrig bleiben. Als nämlich [Landrat] von Otterstedt im Auftrag der Landschaft die Direktion über die von ihr in den Lagerhaus-Betrieb eingelegten 100.000 RTl übernommen hatte, traf er keinerlei pflichtmäßige Vorsorge für eine solide Fundamentierung dieses Geldgeschäfts. Er kümmerte sich bis heute nicht darum, ob die 100.000 RTl von Krautt und die von der Landschaft bar eingezahlten 100.000 RTl im Lagerhaus tatsächlich vorhanden waren. Tatsächlich verhielt es sich so, dass Krautts Einlage nach dessen eigenen Worten und der Bestätigung durch Westorp nur im Wert der vorhandenen Waren, Gebäude und Gerätschaften bestand, und auch diese nicht ordentlich taxiert, sondern nur nach gutem Glauben geschätzt worden waren. An Krautt wurden sogar von den 100.000 RTl der baren Landschaftseinlage ganze 80.000 RTl als ein sogenannter Überschuss auf das überwiesen, was er an Waren, Gebäuden und Gerätschaften im Lagerhaus stehen hatte. Darüber hinaus sind dem Krautt noch andere unerhörte Machenschaften durchgegangen. Er hat nämlich vorgegeben, dass ihm in der Zeit, bevor er mit der Landschaft assoziierte, beim Lagerhaus ein Schaden von 56.000 RTl entstanden wäre und deswegen gefordert, dass ihm zunächst aller weiterer vom Lagerhaus erwirtschafteter Gewinn so lange allein zufließen müsse, bis jene 56.000 RTl vergütet seien. Er hat auch wirklich 34.000 RTl Profit eingestrichen und damit sowohl dem Land wie der Landschaft geschadet. Krautt hätte den Gewinn vielmehr mit der Landschaft teilen müssen. Zumindest hätte er der Landschaft die für die bar eingelegten 100.000 RTl jährlich fälligen 5.000 RTl Zinsen (welche Summe die Landschaft wiederum ihren Creditoren alle Jahre bar zahlen muss) vom Profit vergüten müssen. Der Krautt hat also nicht nur die 34.000 RTl für sich eingestrichen, sondern auch die Landschaft um ihren Gewinnanteil geprellt und dieser obendrein den Zinsschaden aufgebürdet.
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Marschall hält sich verpflichtet, nachdem ihn der König mit der Überprüfung dieser Geldgeschäfte beauftragt hat, das alles so detailliert zu berichten, damit der König genau Bescheid weiß. Dann, wenn die Ansprüche des Militärwaisenhauses beglichen sind, müssen auch die Einbußen der Landschaft genau untersucht und wiedergutgemacht werden. Da sich von Otterstädt als dem Geschäft nicht gewachsen erwiesen und bislang weder Einsicht in seine Fehler noch Eifer zu deren Behebung gezeigt hat, wäre es für den König ratsam, weitere Landschafts-Mitglieder wie z. B. den von Happe oder den Landschaftssyndikus Ziegler oder von den Städte-Verordneten Senning mit der Wahrung der landschaftlichen Interessen zu beauftragen. Sie müssten gemeinsam darauf Acht geben, dass der dem Land und der Landschaft entstandene Schaden durch die Erben Kraut vergütet wird. Für seinen Teil will Marschall, den der König nun ja auch zur Landschaft gesetzt hat, sich um deren Angelegenheiten nicht weniger als bislang um die des Militärwaisenhauses kümmern. Er will mit größtem Eifer und untertänigstem Gehorsam den Absichten des Königs dienen, und dabei weder vor etwas zurückscheuen noch sich durch menschliche Absichten davon abhalten lassen. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Was die Landtschaft betrifft, sollen Kahtt, Happe und Sennig sich der Landtschaft annehmen, und E[uer] G[naden] danach sehen, das die Landtschaft nit prejudicirt werde. Ist mein Ordre.“ [g. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1724-Dezember-16 (Samstag):] Die Lagerhaus-Kommission ist nun soweit gekommen, dass – nachdem auch Marschall die letzte Zeit bis heute tagtäglich im Lagerhaus tätig war – mit kommendem Wochenanfang eine erste General-Bilanz gezogen und dem König bei seiner Rückkehr vorgelegt werden kann. Solche Bilanzen sollen dann monatlich aufgestellt werden, um den Überblick über die Arbeiten und den Profit zu behalten, womit der König hoffentlich zufrieden sein wird. Da man nun aus dem Gröbsten heraus ist, wird in Zukunft wohl alles besser gehen. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Sehr gut“. [Kommentar:] Bei alledem wurden der gewerbetechnisch, wirtschaftsund finanzpolitisch komplizierte Lagerhaus-Vorgang und die Beilegung des heiklen Krautt-Skandals zwar durch die Immediatberichte des Kabinettsrats am Laufen gehalten, aber durch die Randverfügungen des Königs insgesamt mit großer Sachkenntnis gegen alle Widerstände zum gewünschten Ziel gesteuert. Hatte er dabei ein Detail schlecht geregelt, war er zur Korrektur bereit. Darüber hinaus holte sich Friedrich Wilhelm I. Marschall am 25. April und 28. August 1724 zur persönlichen Rücksprache ins Kabinett,
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um diesen über die künftige Lagerhaus-Organisation unter den Vorzeichen eines Arbeitsbeschaffungs-Programms persönlich zu instruieren. Q 3
1724-November / Dezember
Einsatz englischer Webstuhlmaschinen im Lagerhaus GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1. Aktenvorgang, hier regestiert bzw. transkribiert: [a., b., c., d.] Immediatbericht, beh. Ausfertigung.
[Vorbemerkung:] Im Bemühen um zusätzliche Arbeitsplätze setzten Marschall und die Lagerhaus-Kommissare Ende 1724 ihre Hoffnung kurzzeitig auf den Einsatz neuartiger englischer Webstühle, denen wiederum Friedrich Wilhelm I. misstraute. [a. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1724-November-20 (Montag):] Für den Engländer wurden einige Zimmer im Lagerhaus eingerichtet. Seine Frau und Familie werden zu Ende dieser Woche hier sein. Morgen will er selber in der Walkmühle eine Probe anfertigen. Man verspricht sich von ihm viel Gutes, denn was der Mann sagt, steht auf festem Fundament. Er hat bereits selber Hand angelegt, um zu zeigen, dass er sein Metier versteht. Seine Maschinen, die er braucht und deren Ankunft er erwartet, sollen in keinem Vergleich zu den Geräten der hiesigen Spinner stehen, die er auch anlernen will. Er redet noch nicht von Geld, sondern will erst zeigen, was er kann. Marschall und alle anderen Kommissions-Mitglieder glauben, dass der Mann dem Lagerhaus viel Nutzen bringen wird. Er verspricht sogar, mit der groben Wolle etwas ins Werk zu setzen, damit sie als feine Wolle verarbeitet werden kann – was die Zeit lehren wird. Der König möge erlauben, dass Marschall noch das Kaffeetrinken des Engländers erwähnt. Das tut er jeden Morgen, wobei er in eine Tasse Butter, Branntwein und ein Stück Zucker gibt – weshalb keiner mittrinken will („es will ihm aber keiner Bescheide tun“). [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Sehr gut“. [b. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1724-November-26:] [Der preußische Resident in Hamburg Johann] Destinon hat mitgeteilt, dass die Frau des Engländers Barad mit ihren Sachen am Freitag von Hamburg abgegangen ist. Nach dem, wie Destinon den Mann beschrieben hat, wird man auf ihn Acht geben müssen. Am sichersten wäre es, ihn mit seiner
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Familie im Lagerhaus logieren zu lassen und alles zu tun, um ihn bei Laune zu halten. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Gut. Habe ich nit Recht gehat, das man auf ihn Acht haben muss“. [c. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1724-Dezember-8 (Freitag):] Mit dem Engländer geht es weiter gut. Er hat sich heute abermals 800 Pfund grobe Wolle zum Spinnen geben lassen, die er am Montag selbst einfärben und anschließend daraus Vordertücher und Drog[u]et machen will. Seine Art zu spinnen, ist eigenartig („curieux“), doch leicht zu lernen. Marschall und die Kommission haben also gleich 30 Maschinen bestellt, damit mit dem derartigen Spinnen ein Anfang gemacht werden kann. Die ersten Proben davon werden hoffentlich in vier Wochen vorzulegen sein. Damit wäre die Lagerhaus-Sache wohl im Großen und Ganzen bereinigt. Marschall und die Kommission werden weiter alle Kräfte anstrengen, damit das Lagerhaus in einen Zustand kommt, der den Interessen des Königs vollkommen genügt. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Gut. Sollen mir schreiben, wie viell ein Mens bißher geschponnen und wie viell itzo mit den Machinen ein Mens schpinnen kan, teglich“. [d. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1724-Dezember-9:] Ein Mensch kann täglich an spanischer Wolle 15 bis 16 Loth, an grober Wolle aber bis zu 2 Pfund spinnen. Der Engländer vermag mit seiner Maschine nur 12 bis 13 Loth feiner Wolle täglich zu spinnen. Der große Vorteil besteht bei ihm darin, dass z. B. 15 Loth auf bisherige Art gesponnene Wolle 100 Ellen lang sind, während die vom Engländer gesponnenen 12 Loth Wolle 200 Ellen lang sind. Noch niemals konnte aus einer solchen Wollmenge so viel Tuch und Zeug gemacht werden. Marschall erwartet mit schmerzhafter Ungeduld („mit Schmertzen“) die Tuch-Proben des Engländers, die davon gemacht werden, und treibt ihn soviel wie möglich dazu an. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Es kan nit allein so v[iel] mehr gemachet werden, aber es muss beßer sein“. [Kommentar:] Der König ließ sich anders als seine Beamten nicht von vornherein von den Aussichten auf neuartiges Know-how beeindrucken. Seine Randverfügungen brachten das Problem auf den Punkt: den nötigen Quantitäts- und Qualitätsvergleich der alten und neuen Webmethoden – der offenbar gegen den Einsatz der Barad’schen Maschinen entschied.
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Q 4
Aus Akten des GStA PK
1724 – 1725
Spanische und Cottbusser Wolle als Grundlage der Tuch-Produktion für die preußischen Offizier-Uniformen GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1. Aktenvorgang, hier regestiert bzw. transkribiert: [a., b., c.] Immediatbericht, beh. Ausfertigung; [d.] Kabinetts-Dekretschreiben mit echtem Postkript, Abschrift.
[Vorbemerkung:] Friedrich Wilhelms I. Woll-Exportplan scheiterte, weil die Verantwortlichen für den staatlichen Lagerhaus-Betrieb weder über die Mittel zur Geschäftsfinanzierung verfügten, noch für riskante Auslandsgeschäfte haften wollten. Dagegen glückte es einem privaten UnternehmerConsortium auf Betreiben von Fa. Splitgerber & Daum, 1724 bis 1738 bedeutende Wollwaren-Lieferungen nach Russland zur Bekleidung der dortigen Truppen zu organisieren – was wiederum den Exportvorstellungen des Königs entsprach. Innerhalb Preußens hatte die eigene Armee schon 1716 die (seit 1726 zentral nach „Ökonomie-Reglements“ gesteuerte) AbnahmeGarantie für die Wollwaren übernommen, und zwar vom Lagerhaus die aus spanischer Merino-Wolle gewebten feineren Tuche für Offizieruniformen, von den ländlichen Gewerken die gröberen Sorten für Mannschaftsmonturen. Diese Absatzpraxis konnte 1724 / 25 dadurch weiter ausgebaut werden, dass die preußischen Regimenter jährlich neue Röcke erhielten, doch deren Produktion dank neuer Verarbeitungstechniken nahezu kostenneutral gehalten werden konnte. [a. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1724-Oktober-17:] Der König erhält anbei eine Tuchprobe, die je zur Hälfte aus spanischer und aus Cottbusser Wolle gemacht wurde. Marschall wird davon eine Hälfte blau und die andere rot färben lassen, und auch davon dem König eine Probe heraus [nach Königs Wusterhausen] senden. Dieses Tuch, welches dem völlig aus spanischer Wolle hergestellten wenig nachsteht, wird 8 bis 9 Groschen pro Elle weniger kosten. Davon könnte, wenn es der König zur Herstellung von Offizieruniformen zulassen würde, nicht nur die Armee sehr profitieren, sondern auch weit mehr einheimische anstelle spanischer Wolle verarbeitet werden. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Soll Blaue, Roht, auch Palge ferben lassen. Soll auch Weiß machen laßen“. [b. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1724-Oktober-20:] Der König erhält anbei Tuch-Proben aus spanischer und inländischer Wolle, die blau bzw. rot eingefärbt wurden. Weiße und hellgelb („paille“) gefärbte Proben werden demnächst folgen.
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Der König möge gnädig glauben, dass sich Marschall verpflichtet fühlt, ihm nichts anderes als die Wahrheit zu berichten, wie sie auch in der folgenden Zeit zutage treten wird. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Die Reg[imenter] sollen solche haben, also muss auch was wolfeiles sein“. [c. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1725-April-23:] Da der König dem Lagerhaus [ein für allemal die Belieferung] der Invalidenbataillone zur Verarbeitung seiner groben Wolle zugeteilt hat, ist zu fragen, ob nun die dazu nötigen Ordres an die Bataillone ergehen sollen. Weiterhin hat der König dem Lagerhaus auch die Lieferung von blauem Tuch für zehn Regimenter auf zwei Jahre zugesagt, damit der große Vorrat an grober Wolle verarbeitet werden kann. Deshalb möge er festsetzen, um welche Regimenter es sich dabei handeln soll. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Gut. Ordre an die InvalideBat[taillone]. Infanthrie soll Gersdorff, Lehben, Schwerin, Forckade, Printz Henrich [sein]“. [d. Friedrich Wilhelm I., an das Generaldirektorium; Berlin, 1725-April-26:] Der König hat beschlossen, dass zur Verarbeitung des groben Wollvorrats beim Lagerhaus die Regimenter von Gersdorff, von Löben, von Forcade, von Schwerin und Markgraf („Printz“) Heinrich ihre Monturtücher und Futterzeuge zwei Jahre hintereinander, und die Garnisons- bzw. Invalidenbataillone bzw. -Kompanien ihre gesamte Montierung ein für allemal vom Lagerhaus beziehen sollen. An die Truppenteile sind die entsprechenden Ordres bereits ergangen; das Generaldirektorium hat das Weitere zu veranlassen. [Echtes Postskript Friedrich Wilhelms I.] „Die Tuchmachers im Lande [haben dagegen] nichts einzuwenden, weil sie die russische Armée [be]liefern“. [Kommentar:] Wie seine Randverfügungen erhellten, unterstützte Friedrich Wilhelm I. damit die möglichst gleichmäßige Bekleidung seiner Armee durch einheimische Tuche, sofern deren Preisansätze und die Einfärbung in „Preußisch Blau“ stimmten. Weiterhin sorgte er dafür, dass die Wollverarbeitung des Lagerhauses, die zunächst auf die feineren Tuche für Offizierröcke begrenzt war, durch erweiterte Abnahmegarantien noch differenzierter gesteuert werden konnte. Es ging dabei um die grundsätzliche Lieferung von groben „Musketier“-Tuchen für Mannschaftsmonturen an die Garnison-Bataillone (die auf dem Invaliden-Etat standen und deshalb auch Invaliden-Bataillone genannt wurden), sowie die zeitweise Lieferung von
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Aus Akten des GStA PK
Mannschafts-Monturen an bestimmte Einheiten der Feldinfanterie. Auf so differenzierte Weise wirkte die Armee wie ein vom König präzis gelenktes Schwungrad der preußischen Wirtschaftspolitik.
Q 5
1725-September-9
Prioritätensetzung in Rechtsangelegenheiten GStA PK, I. HA Rep. 94 Kleine Erwerbungen, IV. Ka, Nr. 5. Aktensammlung, hier regestiert bzw. transkribiert: [a.] Immediatbericht, beh. Ausfertigung, Re-Präsentatum 10. September 1725.
[Vorbemerkung:] Zwischen Kapitän Christoph Heinrich von Jürgas vom Königsregiment (Inf. Nr. 6) und Rittmeister Hans Christian Fabian vom Regiment zu Pferd Kronprinz (Kür. Nr. 2), der zu den Werbespezialisten der preußischen Armee gehörte, war 1725 ein Rechtsstreit zu schlichten. Dies sollten zwei Justizbeamte besorgen, nämlich der Geheime Justiz-Oberappellationsrat, auch Hof- und Kammergerichts-, Jagd-, Grenz- und Kriminalrat Balthasar Konrad zum Broich, sowie der Geheime Justiz-Oberappellationsrat, auch Hof- und Kammergerichtsrat, Bürgermeister, ArmendirektoriumKommissar und Landschafts-Syndikus Johann Heinrich Schlüter. [a. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1725-September-9 (Sonntag; vgl. Abb. 9):] [Die Justizbeamten] zum Broich und Schlüter haben den Befehl erhalten, am [Dienstag,] 11. September die Streitsache der Kapitäne von Jürgas und von Fabian zu schlichten. Doch zum Broich weist im hier angelegten Schreiben darauf hin, dass er auf weiteren königlichen Befehl am [Mittwoch,] 12. September mit dem von Laurenz einen Grenzstreit zwischen der Kurmark und Pommern regulieren soll. Beide bitten daher, diesen Termin bis zum 21. September auszusetzen. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Sollen nach Gorgas hingehen“. [Darunter unter einen Strich gesetzt:] „Die Kurmarck gehöhret dem Könich von Preussen. Pommernn gehöhret dem Könich von Preussen. Ergo die haben keinen Disput zusammen. Ergo ist zum Beraten [genug Zeit], sie ingesamdt weißen. Dieses in meinem Nahmen an die befehlen“. [Kommentar:] Natürlich gab Friedrich Wilhelm I. dem Rechtsstreit eines Offiziers seines Regiments die Priorität. Er begründete dabei seine persönliche Neigung mit der schlichten, aber nachvollziehbaren Auffassung, dass es zwischen zwei Landesteilen seines Königreichs keinen Grenzstreit geben könne (was die Fachjuristen sicher anders gesehen haben).
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Q 6
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1727-August-16
Ein herzerquickender Geburtstagsgruß GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797); Fach 4 Lit. H Nr. 1. Aktenvorgang, hier regestiert bzw. transkribiert: [a.] Immediatbericht mit unechtem Postskript, beh. Ausfertigung.
[a. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1727-August-16 (Sonntag; vgl. Abb. 12):] Wenn nicht des Königs Willen Marschalls oberstes Gesetz wäre, an dessen Überschreitung er nie denken kann, so hätte er heute doppelten Anlass gehabt, nach [Königs] Wusterhausen zu gehen: einmal, um sich nach des Königs Wohlergehen zu erkundigen, von dem die Wohlfahrt so vieler Menschen abhängt; und zum zweiten, um ihm zu seinem Geburtstag [am 14. August] zu gratulieren. Der König möge daher erlauben, dass Marschall dies von Herzen mehr tut, als er es mit der Feder ausdrücken kann. Gott wolle alle Wünsche und Gebete Marschalls für den König erhören. Dann werden alle Vorhaben des Königs gesegnet und seine treuen Diener glücklich sein. [Randverfügung FriedrichWilhelms I.:] „Ich danke. Dieses Mahl bin auser Gefahr. Ich bin viell schlimmer gewesen, als wie ich die Pocken gehat habe.“ [Unechtes Postkript:] Mit der Werbung geht es Gottlob gut voran, wie Marschall demnächst berichten wird. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Ist eine Hertzsterckung“. [Kommentar:] Samuel von Marschalls herzlicher Geburtstagsgruß legte nahe, dass sein Verhältnis zum König über die Dienstbelange hinaus von aufrichtiger Ergebenheit bestimmt war. Auf seiner Seite wusste Friedrich Wilhelm I. seit jener lebensbedrohenden Krankheit, die er 1707 durchlitten hatte, wie hinfällig seine Gesundheit und damit sein Regierungswerk jederzeit waren. Freilich, wenn Marschall als Leiter der Rekrutenkasse Gutes von der Werbung zu berichten hatte, war das für seinen König die rechte Medizin!
Q 7
1727 – 1728
Ober- und Untervormundschaft über die Jung-Grafen Friedrich Wilhelm und Friedrich Albert von Wylich zu Lottum GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1. Aktenvorgang, hier regestiert bzw. transkribiert: [a., b., e.] Immediatbericht, beh. Ausfertigung; [c., d.] Kabinetts-Ordre, beh. Ausfertigung.
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Aus Akten des GStA PK
[Vorbemerkung:] Im Vorgang ging es 1727 / 28 um die Ober- und Untervormundschaft über die Jung-Grafen von Wylich zu Lottum. Vielleicht hat Friedrich Wilhelm I. zu deren Vater, Generalmajor Johann Christoph Graf von Wylich zu Lottum (1681 geb. in Kleve), seit 1718 Chef des Inf. Nr. 25, einen über den Dienst hinausgehenden privaten Kontakt gepflegt. Jedenfalls war er anwesend, als der Offizier 1714 auf seinem Haus Hueth Friederike Wilhelmine Freiin von Wittenhorst-Sonsfeld (1685 geb. in Emmerich) heiratete. Der niederrheinische Graf geriet in der Folge allerdings in finanzielle Schwierigkeiten, sodass „seine Haushaltung miserabell“ und ihm der Griff zur Flasche allzu geläufig geworden war, als er am 16. Oktober 1727 auf Haus Hueth verstarb. Der König kümmerte sich nun – wohl auf Wylichs Bitten, jedenfalls auf Marschalls Drängen – persönlich um dessen zwei Söhne, nämlich Friedrich Wilhelm (1716 geb. zu Wesel) und Friedrich Albrecht (1721 geb. zu Anklam). [a. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1727-September-6:] Marschall darf dem König für die ihm übersandten Rebhühner danken, die auf ein langes Leben und beständige Gesundheit Seiner Majestät verzehrt worden sind. Der König möge nicht für ungut nehmen, wenn Marschall bei dieser Gelegenheit an die Sache wegen des jungen Grafen von Lottum erinnert. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Gut. – Sach mir, was fangen wir mit ihm an“. [b. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1727-Oktober-8:] Der König will Vorschläge haben, was mit dem Grafen von Lottum angefangen werden soll. Der junge Mann hat große Lust, zur Kavallerie zu gehen. Er reitet schon seit längerer Zeit, wovon ihm der Stallmeister ein gutes Zeugnis gibt. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Wo ich nach Berlin komme“. [c. Friedrich Wilhelm I., an Kabinettsrat Samuel von Marschall; Potsdam, 1727-November-29:] Marschall soll im Joachimsthalschen Gymnasium eine kleine Stube mit Kammer aussuchen, und berichten, was für den Unterhalt zweier junger Leute und ihres Präzeptors dort am besten, am mittleren und am geringsten Tisch zu bezahlen ist; ebenso, was die Unterrichtung („Information“) kostet wird. [d. König Friedrich Wilhelm I., an Kabinettsrat Samuel von Marschall; Potsdam, 1727-November-30:]
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Der König hat beschlossen, die Obervormundschaft über die beiden Söhne des verstorbenen Generalmajors von der Infanterie [Johann Christoph] Graf [von Wylich zu] Lottum zu übernehmen, und macht deshalb Marschall zum Untervormund. Den beiden jungen Leuten [Friedrich Wilhelm und Friedrich Albrecht] sollen jährlich aus der Hofstaatskasse 500 RTl zugewendet werden. Davon sind ihnen zunächst, wenn es nötig ist, zwei Informatoren und Lakaien zu besolden. Besser wird es sein, wenn Marschall auch ohne solche Leute zurecht kommt, denn der König will, dass bei der Erziehung der Mündel sparsam gewirtschaftet wird. Daher soll Marschall von den 500 RTl jährlich mindestens 150 RTl auf Zinsen anlegen. Die Mündel müssen jährlich mindestens zwei Kleider bekommen. Marschall soll sie rein und propre halten. Sie genießen im Joachimsthalschen Gymnasium zunächst einen Freitisch, und wenn ihnen bei sich bietender Gelegeneit auch ein Freiquartier zugewiesen werden kann, geschieht damit eine gute Tat („charité“). Die 500 RTl kann Marschall jederzeit einziehen und ausgeben. [e. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1728-Januar-20 (vgl. Abb. 10):] Der Informator der jungen Grafen von Lottum hat noch eine rückständige Besoldung von 314 RTl zu fordern, um deren Bezahlung er nun inständig bittet. Der König möge entscheiden, ob die Summe aus seiner eigenen Tasche („den Revenues“) bezahlt werden soll. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Das kan er nit bekommen. Soll Ghott und mir dancken, das er itzo Brot hat und das, wen die Bursche außer Zoge sein werden, das ich ihm ein Dienst gehbe“. [Kommentar:] Interessanterweise redete Friedrich Wilhelm I. in dieser Sache seinen Kabinettsrat „in margine“ einmal mit „Du“ an. Nicht minder bemerkenswert war, dass er die Jung-Grafen nicht sofort bei einem Regiment unterstecken, sondern zunächst das Joachimsthalsche Gymnasium besuchen ließ, als dessen Vizedirektor damals Samuel von Marschall fungierte. Die Fürsorge des Königs bewegte sich freilich in finanziell genau kalkulierten Grenzen, die (seiner Meinung nach) unbegründeten Forderungen keinen Raum gaben. Q 8
1730-März
Königliche Lektürewünsche GStA PK, I. HA Rep. 94 Kleine Erwerbungen, IV. Ka, Nr. 5. Aktensammlung, hier regestiert bzw. transkribiert: [a., b.] Immediatbericht, beh. Ausfertigung.
[Vorbemerkung:] Nicht aus „Marschalls Akte“, sondern den „Acta enthaltend Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelms autographische Marginal-Resolutionen“ stammten zwei Immediatberichte des Kabinetts-
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rats, die sich im März 1730 auf königliche Lektürewünsche bezogen. Sie richteten sich auf eine Biografie der Brüder Johann und Cornelis de Witt bzw. die Montecucculi-Memoiren. Um Friedrich Wilhelms I. Interesse an jener Biografie zu verstehen, ist kurz de Witts Rolle in der niederländischen Geschichte des 17. Jahrhunderts zu skizzieren. Im 1648 international garantierten Bund der niederländischen Provinzen wurde die exekutive Gewalt im Auftrag der Generalstaaten einerseits von bürgerlichen Ratsbeamten ausgeübt und andererseits von Statthaltern aus dem Haus Oranien repräsentiert. Seit dem misslungenen Staatsstreich Wilhelms II. von Oranien 1650, der zur Abschaffung des Statthalteramtes geführt hatte, wurde der Staatenbund de facto durch den Ratspensionär der wichtigsten Provinz Holland geführt. Ab 1653 übte Johann de Witt dieses Spitzenamt aus. Er steuerte die Republik zwanzig Jahre erfolgreich durch ihre inneren (religiösen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen) Gegensätze, verstand es auch, zwischen den französischen und englischen Interessen durchzulavieren, sowie die Machtstellung der Republik durch eine starke Flotte zu stützen. Dennoch wurde er 1672 vom Angriff einer Koalition Frankreichs, Englands, Kurkölns und Münsters überrascht und trotz Rücktritts vom Amt von seinen Landsleuten zusammen mit seinem Bruder Cornelis grausam gelyncht. Danach übertrugen die Generalstaaten 1673 die Macht wieder einem Statthalter, nämlich Wilhelm III. von Oranien, der in der Folge und seit 1688 auch als gewählter König von England die Politik der Republik bis 1702 bestimmte. [a. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1730-März-28:] Marschall hat auftragsgemäß mit dem [Kabinettsministerium-Minister Rüdiger] von Ilgen über einen Nachdruck der Lebensgeschichte der Gebrüder de Witt gesprochen. Laut Ilgen ist dieses Buch seit jeher als Schmähschrift gegen das Haus Hohenzollern und die oranische Familie angesehen worden. Es würde daher nicht zum Wohl des Königshauses und noch weniger dem Andenken an den Großvater des Königs dienen, wenn man dieses Buch, das voll von erfundenen Histörchen ist, hier nachdrucken wollte. Man könnte dabei anzügliche Passagen nicht bemänteln oder weglassen, weil sich sofort einige von den vielen Übelgesinnten („deren Anzahl ohnedem allenthalben groß“) finden werden, die solche Manipulationen aufdecken würden. Da Ilgen aber nicht weiß, warum der König das Buch nachdrucken lassen möchte, stellt er es dessen Ermessen anheim, würde gegebenenfalls aber um eine entsprechende Ordre bitten. Ganz sicher haben die Gebrüder de Witt dem Haus Hohenzollern viel Schaden getan, und sind immer dessen erklärte Feinde gewesen. Deshalb
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soll Kurfürst Friedrich Wilhelm der Große dem einen de Witt einmal bei einer Konferenz im Haag eine Maulschelle gegeben haben. Marschall bietet sich daher an, die darüber vorhandenen Akten einzusehen und davon einen kurzen Auszug zu des Königs Unterrichtung anzufertigen. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Ich mus das Buch lehsen. Sollen übersetzen“. [b. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1730-März-29:] Der [Buchhändler Johann Andreas] Rüdiger wird nach Marschalls Weisung eine Übersetzung der Lebensbeschreibung der Gebrüder de Witt besorgen („passiren“). Dann wird Marschall veranlassen, dass diese von einer geübten Hand abgeschrieben wird, um damit dem Willen des Königs Genüge zu leisten. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Gut. Wo ist das abgeschriebene Buch von Montecuculy, das General Nacemer hat. Ihr sollet es mir laßen abschreiben“. [Kommentar:] Bei der de Witt-Biografie, deren Lektüre für Friedrich Wilhelm I. so wichtig war, handelte es sich wahrscheinlich um eine Arbeit des oranienkritischen, radikalen Republikaners Pieter de la Court (1618 – 1685), die (sein Verwandter?) Emanuel van der Hoeven 1705 he rausgegeben hatte; bei dem Buch über den Generalfeldmarschall Raimondo Montecucculi (1609 – 1680), auf das er durch Generalfeldmarschall Dubslav Gneomar von Natzmer aufmerksam wurde, um die 1694 publizierten Memoiren dieses berühmten Soldaten. So wenig das Interesse des durchaus bildungsbeflissenen Königs am militärischen Sujet überraschte, so sehr frappierte seine in einer Randverfügung mit höchstem Nachdruck formulierte Forderung nach Vorlage der de Witt-Biografie. Der Lektürewunsch könnte zunächst im Zusammenhang der oranischen Familienbeziehungen des Hohenzollernmonarchen gesehen werden; sodann unter Berücksichtigung eines Informationsbedürfnisses an den politischen Verhältnissen in den Generalstaaten, wohin sich Friedrich Wilhelm I. bekanntlich als Privatmann nach Haus Honslaerdyck zurückzuziehen wünschte. Vielleicht wollte der König aber auch mehr über den tiefen Sturz eines einst mächtigen Staatsmannes wissen – zu einer Zeit, als ihm im Frühjahr 1730 die Grundfesten der eigenen Herrschaft zu wanken schienen, die Opposition ihr Haupt im Lande erhob und er mit den innen- wie außenpolitischen Spannungen fertig werden musste, die sich ein knappes Halbjahr später im Fluchtversuch seines Thronfolgers entluden und die Hinrichtung des Gens d’armes-Leutnants Hans Hermann von Katte erzwangen.
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Q 9
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Potsdam, 1734-Dezember-10
Auszahlung der Ehegelder an den Markgrafen Friedrich von BrandenburgSchwedt nach seiner Eheschließung mit Prinzessin Sophie Dorothea von Preußen am 10. November 1734 GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1. Aktenvorgang, hier regestiert bzw. transkribiert: [a.] Kabinetts-Dekretschreiben, beh. Ausfertigung, mit Präsentatum 11. Dezember 1734.
[a. König Friedrich Wilhelm I., an Kabinettsrat Samuel von Marschall; Potsdam, 1734-Dezember-10 (vgl. Abb. 7:] „Seine Königliche Majestät in Preußen, unser allergnädigster Herr, haben aus Dero Würcklich Geheimen Etatsminister von Marschall allerunterthänigsten Bericht vom 7. dieses ersehen, daß die 100.000 Taler Ehegelder vor des Markgraf Friederich zu Schwedt Liebden bey der Churmärkischen Landschafft zur Auszahlung parat liegen, und befehlen darauf allergnädigst, daß solche nunmehro an gedachten Markgrafen Liebden ausgezahlet werden sollen; haben auch desfals unter dem heutigen Dato bereits an Dero Geheimen Etatsministres, den General von der Infanterie von Borck und denen von Podewils und von Thulemeyer, die benöthigte Ordre ergehen laßen, daß dieselbe sowohl wegen Auszahlung dieser Gelder, als der dabey zu treffenden gehörigen Richtigkeit, das Erforderliche besorgen sollen. Potsdam, dem 10. December 1734. F[riedrich] Wilhelm“. [Angabe von Marschalls, 1734-Dezember-11:] „Des Herrn Geheimen Raht Thiling Liebden werden also die 100.000 parat zu halten belieben“. Q 10
1734 – 1735
Vergebliche Bewerbung des Joachim von Holtzendorff um einen Gesandtenposten GStA PK, I. HA Rep. 94 Kleine Erwerbungen, IV. Ka, Nr. 5. Aktensammlung, hier regestiert bzw. transkribiert: [a.] Supplik, beh. Ausfertigung; [b.] Bericht, beh. Ausfertigung; dazu GStA PK, I. HA Rep. 94 Kleine Erwerbungen, IV. Ka, Nr. 4. Abschriftensammlung, hier regestiert bzw. transkribiert: [c.] Randverfügung, Abschrift; dazu GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1. Aktenvorgang, hier regestiert bzw. transkribiert: [d.] Immediatbericht, beh. Ausfertigung.
[Vorbemerkung:] Im Umkreis des noblen Gardekürassierregiments bewegte sich wiederum ein Vorgang in „Marschalls Akte“, der durch weitere Betreffe aus den einschlägigen Marginalien-Sammlungen zu ergänzen ist. Es ging dabei 1734 / 35 um die vergeblichen Bewerbungen des Joachim von Holtzendorff um einen Gesandtenposten. Der 1700 geborene Adelige war 1722 bei den Gens d’armes (Kür. Nr. 10) als Standartenjunker eingetreten, wo er 1723 zum Kornett avancierte. Der Offizier gehörte seit 1726 zum Ka-
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meradenkreis um Hans Hermann von Katte, blieb aber von dessen Katastrophe unberührt. Er kam jedoch 1733 zu Fall, als er „wegen zur Unzeit getriebener Scherze mit gewissen Damen“ mit 300 RTl Strafe belegt und verabschiedet wurde. Seitdem befand er sich in der Ungnade des Königs. [a. Friedrich von Holtzendorff, an König Friedrich Wilhelm I.; ohne Ort, 1734-September-22:] Nach seiner Gesundung ist es Holtzendorffs sehnlichster Wunsch, wieder in die Dienste des Königs zu treten. Da unlängst der in Schweden residierende preußische Gesandte verstorben ist, bittet er den König flehentlich um diesen Posten, auf dem er seine ganze Kraft und unwandelbare Treue für die Interessen des Königs einsetzen würde. [b. Kabinettsministerium, an König Friedrich Wilhelm I.; Berlin, 1734-September-23 (vgl. Abb. 11):] Im anliegenden Schreiben bittet der ehemalige Leutnant im Regiment Gens d’armes Friedrich von Holtzendorff um den Gesandtenposten in Schweden, der bisher mit 1.000 RTl jährlich besoldet wird. Der König wird selber wissen, dass dieser Posten gerade jetzt nicht vakant bleiben kann, weswegen ihm anheim gestellt wird, über die Bitte des von Holtzendorff, dem es dafür an Eignung nicht fehlt, zu entscheiden. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] [Zeichnung eines Gehenkten am Galgen, darüber:] „Holtzendorff“ [darunter:] „So stehet er angeschrieben, sollen ihm das weisen“. [c. Kabinettsministerium, an König Friedrich Wilhelm I.; Berlin, 1735März-25:] Antrag, den von Holtzendorff nach Dänemark zu schicken (Vorlage: GStA PK, I. HA Geh. Rat, Rep. 11 Ausw. Beziehungen, Dänemark, conv. 40 C). [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Holtzedorff an Galgen, sollen mir den Schelm mein Dage nit in Vorschlack bringen, wohl aber an Galgen, denn ist er Hundespfot, sollen ihm sagen“. [d. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1735-Mai-23:] Der etcetera von Holtzendorff bittet, ihn im auswärtigen Dienst („in auswärtigen Affairen“) zu beschäftigen und bietet dafür eine Zahlung von 500 RTl an die Rekrutenkasse an. [„500“ von Marschall zweimal unterstrichen.] [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Er, der vor Zeitten unter die [aus ursprünglich: „Er, der bei die“] Gen d’arme gewessen ist. Sollet ihm sagen, das ich will ihn zu Sincker machen“. [Kommentar:] In Sachen Holtzendorff hielten sich die drastischen Randverfügungen Friedrich Wilhelms I., der vom gewesenen GardekürassierLeutnant nichts mehr wissen wollte, mit der Hartnäckigkeit die Waage, mit
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der ihm seine Kabinettsministeriums-Minister und endlich auch Kabinettsrat Samuel von Marschall eben diesen Mann immer wieder für eine Verwendung auf einem Gesandtenposten empfahlen. Noch 1735 drohte der König, ihn aber allenfalls zum „Sincker“ zu machen – d.h. vielleicht, in einer Sinkoder Senkgrube zu beschäftigen? Doch wenig später wurde Holtzendorff von seinen Standesgenossen zum Kurmärkischen Ritterschaftsvertreter bei der Landschaft gewählt, kam auch bei seinem Monarchen wieder zu Gnaden, wurde Direktor der Landschaft und verstarb 1783.
Q 11
1736-November
Nachhilfe-Unterricht für den Frankfurter Professor Karl Martin Arnold von Dobroslav am Joachimsthalschen Gymnasium GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1. Aktenvorgang, hier regestiert bzw. transkribiert: [a., c.] Immediatbericht, beh. Ausfertigung; [b.] Kabinetts-Dekretschreiben, beh. Ausfertigung.
[Vorbemerkung:] Der Professorenskandal drehte sich 1736 um den Frankfurter Professor Karl Martin Arnold von Dobroslav, den der König erst protegierte, dann aber zwecks Nachhilfe-Unterricht an das Joachimsthalsche Gymnasium schickte. Bei Arnold handelte es sich um einen Augustinerpater aus böhmischer Adelsfamilie, der 1735 an die Universität Jena gegangen und dort zur evangelischen Religion konvertiert war. Wie auch immer wurde Friedrich Wilhelm I. so auf ihn aufmerksam, dass er ihn im März 1736 „wegen seiner Gelehrsamlichkeit und guten Qualitaeten“ zum Professor extraordinarius iuris canonici und der Philosophie an der Universität Frankfurt a. Oder „aller vermutlichen Wiederrede ohngeachtet“ berufen ließ. Trotz weiterer Unterstützung aus Berlin scheint sich Arnold als Hochschullehrer an der Viadrina nicht bewährt zu haben, weshalb ihm Ende 1736 Nachhilfestunden am Joachimthalschen Gymnasium verordnet wurden, wo damals Dr. Johann Philipp Heinius als Rektor amtierte. [a. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1736-November-12:] Professor Arnold („Arenholdt“) verlangt, dass ihm das Essen vom Gymnasium auf seine Stube gebracht wird. Der König möge entscheiden, ob ihm das genehmigt werden kann, oder ob er mit den anderen essen soll. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Soll Essen haben, aber mit Heinius scheißen, wo die Freytische gescheißet werden“. [b. König Friedrich Wilhelm I., an das Generaldirektorium; Berlin, 1736-November-12:] Der König hat beschlossen, dass der bisherige Professor zu Frankfurt Arnold von Dobroslav („Arenholdt von Dobislav“), um sich solidere Kennt-
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nisse in Theologie, Geschichte, Geografie, Politik und in der französischen Sprache zu erwerben, den entsprechenden Unterricht des Joachimsthalschen Gymnasiums ordentlich besuchen und sich dort unter der Anleitung des Dr. Heinius und der übrigen Professoren in den genannten Fächern ertüchtigen („habilitiren“) soll. Arnold soll auch einen Freitisch im Konvikt in der Weise genießen, dass ihm das Essen auf die Stube gebracht wird. Das Direktorat des Gymnasiums hat die dafür erforderlichen Maßnahmen zu treffen. [c. Kabinettsrat Samuel von Marschall, an König Friedrich Wilhelm I.; 1736-November-20:] Der König hat befohlen, dass der Frankfurter Professor Arnold im [Joa chimsthaler] Gymnasium eingeführt werden soll. Er will sich aber nicht dazu verstehen, sondern hat Leute angestellt, damit diese ihn direkt unterrichten. Der König möge entscheiden, was nun mit Arnold weiter zu geschehen hat. [Randverfügung Friedrich Wilhelms I.:] „Sollen ihm sagen, wen er das nit tuhn will, sollen sie ihm ein Consilium abeundi gehben und sein Tracte[ment] nie gezat werde“. [Kommentar:] Wenn Arnolds Blitz-Berufung an die Viadrina eine ernst gemeinte Förderung ihres Lehrangebots gewesen sein sollte, war sie jedenfalls ein arger Fehlgriff gewesen – und umso drastischer fielen die Randverfügungen Friedrich Wilhelms I. aus, mit denen die Verhältnisse dieses „Blackscheissers“ am Joachimsthalschen Gymnasium geregelt werden sollten. Es war kein Wunder, wenn Arnold bald den preußischen Staub von seinen Füßen schüttelte und eine Anstellung in österreichischen Diensten suchte. Er amtierte 1772 als Leiter des Fiskal-Amtes, Kaiserlich-Königlicher Appellationsrat, Vize-Hof-Lehen-Richter, Procurator im Königreich Böhmen sowie Assessor der Weinberg- und Fundationskommission. Q 12
Potsdam, 1739-August-28
Anmeldung zum Mittagessen GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1. Aktenvorgang, hier regestiert bzw. transkribiert: [a.] Kabinetts-Ordre, beh. Ausfertigung.
[a. König Friedrich Wilhelm I., an Kabinettsrat Samuel von Marschall; Potsdam, 1739-August-28 (vgl. Abb. 6):] „Mein lieber Geheimer Etatsminister von Marschall! Ich gebe Euch auf Euer Schreiben vom 27. dieses hierdurch in Antwort, daß ich kommenden Sontag Mittag sehr gerne die von Euch Mir offerierte Suppe in Eurem Hause annehmen werde, und bin ich übrigens Euer wohlaffectionirter König F[riedrich] Wilhelm“.
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5. „Willensmeinung“ und Wesenszüge In einem Schreiben an seinen Freund Fürst Leopold von Anhalt-Dessau vom 28. März 1728 seufzte Friedrich Wilhelm I. einmal: „Parohll auf dieser Weldt ist nits als Mühe und Arbeit, und wo man nit selber, mit Permission zu sagen, die Nahse in allen Dreck selber stecket, so gehen die Sachen nit, wie es gehen soll – den auf die meiste Bedinte sich nit zu verlaßen, wo man nit selber danach sehet“. Hier klang hinter der Klage über die täglichen Mühen eines Königs auch die Sorge über die Zuverlässigkeit seines Personals an. Dort, wo ein „absoluter“ Monarch wie Friedrich Wilhelm I. in Preußen mit einem Kabinettsrat so eng zusammenwirkte, war damit auch die Frage verknüpft, ob er überhaupt noch nach eigenem Willen „in margine“ dekretierte, oder dabei sanft vom Wollen des insoweit allerdings unverantwortlichen Mitarbeiters dirigiert wurde – hoffentlich nicht in dessen eigenem Interesse, sondern zum Wohl des Staates. Allerdings muss jeder Vorgesetzte, sei es in niedrigen Dienstgefilden oder an der Spitze eines Staatswesens, damit rechnen, dass ihn seine Untergebenen zu Entscheidungen bringen wollen, die sie selbst für die richtigen halten. Umso mehr ist der Vorgesetzte seinerseits gehalten, bei Entscheidungen problemübergreifende Gesichtspunkte im Auge zu behalten, die den Untergebenen unter Umständen nicht bekannt oder wichtig sind. Dass der Vorgesetzte in diesem Spannungsfeld nicht lediglich zu schieben glaubt, wo er doch geschoben wird, hängt in erster Linie von seiner eigenen Kompetenz für die allgemeine Lösung von Problemen, seinem Informationsstand über eine konkret zu entscheidende Sache – und der Loyalität seiner Mitarbeiter ab. Dem Geheimen Kabinettsrat Samuel von Marschall kann mit Blick auf seine Akte sicher bescheinigt werden, dass er bis zum Tod ein treuer Diener seiner Könige war, die ihn immer wieder mit neuer Arbeit überhäuften, und ihm gelegentlich eine Gunst erwiesen. Marschall versah seinen Dienst zwischen 1713 und 1749 zurückhaltend, zuverlässig und zielstrebig. Unterdessen wuchs sein Wohlstand, ablesbar an Güterkäufen oder dem Palaisbau in der Berliner Wilhelmstraße. Bei alledem blieb er für andere Repräsentanten der preußischen Führungselite ein Emporkömmling, den sie neidvoll zur Zielscheibe ihrer Intrigen machten. Schon nach dem Stand der Forschung sind Sachkenntnis und Lösungskompetenz bei König Friedrich Wilhelm I. in hohem Maße vorhanden gewesen, seitdem er mit entschlossener Radikalität und persönlich hoher Belastbarkeit auf der Basis einer religiös fundierten Arbeitsaskese die Staatsgeschäfte selbst in die Hand genommen und vornehmlich durch Marginaldekrete zu regieren begonnen hatte. Dabei lagen seine Stärken vor allem in
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der Innen-, Wirtschafts- und Wohlfahrtspolitik, die immer eng mit seiner Militärpolitik verzahnt waren, weitaus weniger in der Außenpolitik. Vor diesem Hintergrund führte Samuel von Marschall nach Ausweis seiner Akte stets nur Friedrich Wilhelms I. „Willensmeinung“ aus. Wollte der Kabinettsrat den König beeinflussen, wurde dies durch dessen Kompetenz begrenzt. An Kreuzungspunkten grundsätzlicher Entscheidungen wie z. B. bei der Lagerhaus-Organisation stand maßgebend die mündlich erteilte Instruktion Friedrich Wilhelms I. Bei alledem korrespondierte die Loyalität des Untergebenen mit dem Vertrauen des Vorgesetzten, was beiden ein höchstpersönliches, im gemeinsamen Mahl manifestiertes und gelegentlich sogar vom (natürlich einseitigen) Duz-Comment getöntes Arbeitsverhältnis erlaubte. Wenn die so lakonischen Marginalien über die Dokumentation materieller „Willensmeinungen“ hinaus wirklich Anhaltspunkte für Wesenszüge Friedrich Wilhelms I. gaben, dann belegten sie seine detaillierte Sachkenntnis und ein gutes Gedächtnis. Sie zeigten, wie bei ihm vorsichtiges Misstrauen und kritisches Reflexionsvermögen zu (meist) vernünftigen Entscheidungen führten, die zum eigenen Vorteil den Geboten der Sparsamkeit und guten (Staats-)Haushaltung folgten. Manche Marginalien erwiesen, wie sich Friedrich Wilhelm I. selbst Menschenkenntnis attestierte – obwohl er wahrscheinlich selbst am Besten wusste, dass seine tief sitzende Gutmütigkeit leicht zu täuschen war. Auch dieser Chef vermochte es nicht, immer alles und alle sofort zu durchschauen – am wenigsten, zu seiner wütenden Verzweiflung, den eigenen Sohn, seinen Thronfolger. In der Regel sprach er in seinen Randverfügungen in ruhigem Ton, der impulsiv und bilderreich intensiviert, energisch werden und schließlich zur Drohung gesteigert werden konnte. Rex ordnete die Dinge und trieb sie voran, forderte und belohnte Leistung, setzte sein und des Staates wohlverstandenes Interesse beharrlich und nötigenfalls par force durch. Immer wieder waren seine Marginalien mit deftigem Humor gewürzt. Gelegentlich explodierte er und wurde dann leicht ordinär, vor allem in Anbetracht durchtriebener Diplomatie und vorgetäuschter Gelehrsamkeit. Bei alledem stand hinter „Marschalls Akte“ eben nicht jenes düstere Porträt eines unkultivierten, jähzornigen, unbeherrschten, prügelsüchtigen und am Ende pathologischen Tyrannen, das v. a. die sächsischen Gesandtenberichte, der Berliner Fischmarkt und zu guter Letzt die Memoiren der Tochter Wilhelmine vom König kolportierten. Freilich wird eine amtliche Akte nie das ganze Wesen eines Menschen spiegeln – doch ebenso wenig werden dies jene mittelbaren Schriftquellen tun, bei denen die Federkiele der Verfasser a priori von ihren politischen Berichtsabsichten und höchstpersönlichen Erkenntnisinteressen gelenkt wurden. Eine künftige wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Friedrich Wilhelm I.-Biografie wird sich daher sehr darum kümmern müssen, die so heterogenen Informationen über seine We-
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senszüge aus den primären und sekundären Quellen kritisch auszubalancieren. Die Marginalien des Königs bieten sich dafür als Schriftzeugnisse aus wortwörtlich erster Hand an. Vielleicht ließ die eine oder andere von Friedrich Wilhelms I. Marginalien über das durch Krankheit leicht ausgelöste Bewusstsein der eigenen Hinfälligkeit hinaus und zumindest phasenweise – in anno horribile 1730! – ein Gefühl der Unsicherheit auf dem Thron erahnen, ein Selbst-Zweifel am Erfolg des eigenen Tuns, Angst vor persönlicher Bedrohung, vor göttlicher Gnadenferne. Das wäre gegebenenfalls ein Wesenszug, der diesen Monarchen uns heute sympathischer machte – und einer, der ihn im Wesentlichen von seinem Sohn unterschieden hätte. Friedrich II. kannte alles Mögliche auf der Welt – nur keine Selbstzweifel. Diese Eigenschaft kam seiner Entschlussfreude zugute. Hat ihm Klio am Ende auch deshalb das Cognomen „der Große“ gegönnt, das sie für den Vater trotz seines gewaltigen und weit wirkenden Regierungswerks keinesfalls übrig hatte?
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Abb. 3 (vgl. Q 2.b): Einfach zustimmende Randverfügung „gut“ und Paraphe FW auf Marschalls Immediatbericht vom 13. März 1724 (Fortgang der Lagerhaus-Inventur).
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Abb. 4 (vgl. Q 2.a): Gesteigert zustimmende Randverfügung „sehr gut“ mit zusätzlicher Anweisung „Machet nur den – den Starcken“ (im Sinn von: Greift kräftig durch) und Paraphe FW auf Marschalls Immediatbericht vom 9. März 1724 (Beginn der Lagerhaus-Inventur) .
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Abb. 5: Gesteigert zustimmende Randverfügung „sehr gut“ und Paraphe FW, jeweils mit der linken Hand geschrieben, auf Marschalls Immediatbericht vom 11. Januar 1735 (Beträchtlicher Überschuss im Post-Etat).
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Abb. 6 (vgl. Q 12): Kabinetts-Ordre Friedrich Wilhelm I., an Marschall; Potsdam, 28. August 1739 (Annahme einer Einladung zum Mittagessen).
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Abb. 7 (vgl. Q 9): Kabinetts-Dekretschreiben Friedrich Wilhelm I., an Marschall; Berlin, 10. Dezember 1734 (Anordnung einer Auszahlung an den Markgrafen von Brandenburg-Schwedt); Unterschrift mit der linken Hand geschrieben; dazu Angabe Marschalls zur weiteren Bearbeitung.
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Abb. 8 (vgl. Q 2.c): Exportprogramm in Form einer Randverfügung „Vermögen, Gelt, [1] Million ist die Wehbe-Wolle. Ergo müssen Wehberstülle angesetzet werden, Wehbewahren zu machen, das nach Tirohll und Schweitz gehe, so wie die Leipzicher mit meheren Wehbe-Wolle verarbeiten laßen und sie dahin geleiten“, auf Marschalls Immediatbericht vom 19. März 1724 (Verarbeitung der überschüssigen groben Wolle im Lagerhaus).
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Abb. 9 (vgl. Q 5.a): Randverfügung „Sollen nach Gorgas gehen“ mit begründender Erläuterung zur weiteren Anweisung „Die Kurmarck gehöhret dem Könich von Preussen. Pommernn gehöhret dem Könich von Preussen. Ergo die haben keinen Disput zusammen. Ergo ist zum Beraten [genug Zeit], sie ingesamdt weißen. Dieses in meinem Nahmen an die befehlen“, auf Marschalls Immediatbericht vom 9. September 1725 (Terminprobleme bei Rechtsberatungen).
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Abb. 10 (vgl. Q 7.e): Gott und der König, vereint in der Randverfügung „Das kan er nit bekommen. Soll Gott und mir dancken, das er itzo Brot hat und das, wen die Bursche außer Zoge sein werden, das ich ihm ein Dienst gehbe“, auf Marschalls Immediatbericht vom 20. Januar 1728 (Bezahlung der rückständigen Besoldung des Lottumschen Informators).
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Abb. 11 (vgl. Q 9.b): Sehr seltene, durch Zeichnung drastisch ergänzte Randverfügung „So stehet er angeschrieben, sollen ihm das weisen“, dazu ein als „Holtzendorff“ bezeichneter Galgenvogel, auf Bericht des Kabinettsministeriums vom 23. September 1734 (Verwendung des ehemaligen Gens d‘armes-Leutnants von Holtzendorff im diplomatischen Dienst).
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Abb. 12 (vgl. Q 6.a): Zwei sehr persönliche Randverfügungen auf Marschalls Immediatbericht vom 16. August 1727, zunächst zu seinen Geburtstags- und Gesundheitswünschen „Ich danke. Dieses Mahl bin auser Gefahr. Ich bin viell schlimmer gewesen, als wie ich die Pocken gehat habe“; dann zum unechten Postskript (gute Erfolge in der Rekrutenwerbung) „Ist eine Hertzsterckung“.
V. „In tormentis et in jubilo pinxit“. Friedrich Wilhelms Malerei zwischen Kopie und „bizarrster Komposition“ Aus: Jochen Klepper (Hrsg.): In tormentis pinxit. Bilder und Briefe des Soldatenkönigs, Stuttgart 1938 (2. Aufl. 1959), S. 17 – 19, 38 – 40. Jochen Klepper (1903 – 1942) kommt das Verdienst zu, bei seiner Arbeit als sozialpolitisch engagierter Journalist und protestantisch geprägter Schriftsteller die von Friedrich Wilhelm I. gemalten Bilder im Schloss Kossenblatt wieder entdeckt zu haben. Damit fand er seinen persönlichen Zugang zur Person des Königs, dessen Leben er in einem voluminösen Roman unter das Leitmotiv des „Vaters“ stellte und mit den vom Autor selbst empfundenen politisch-religiösen Problemen der 1920 / 30er Jahre in einer Art und Weise verdichtete, die vielen Lesern geistige Zuflucht vor den Schrecken des Nationalsozialismus in einem protestantisch verbürgten Preußentum zu gewähren schien. Klepper und seine jüdische Frau, die aus erster Ehe zwei Töchter hatte, wurden bald selbst Opfer der NS-Verbrechen, vor deren Ausweglosigkeit er 1942 mit seiner kleinen Familie (von der nur die ältere Tochter emigrieren konnte) in den Freitod ging.
[17] Der König litt daran, daß die Gedanken sich nicht ergreifen und begreifen, nicht fassen und erfassen ließen: daß er verdammt war, nur das Bild zu sehen und den Sinn nicht erkennen zu können. Wer je die umschatteten Augen des Königs voller letzten Ernstes betrachtet hätte, würde es wahrgenommen haben, daß sie gebannt waren von sich jagenden und übermächtigen Bildern: Wolken, die zu Gottes Füßen ziehen. Keiner um ihn wußte, daß so wie König Friedrich Wilhelm nur in die Welt blickte, wer durchschauert war von dem Worte der Schrift: „Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“ Gottes Wort und das Bild: die waren sein Schicksal geworden. Anders als im [18] Bibelspruche und im Bilde hätte er dessen, was sein Herz bestürmte und seiner Seele auferlegt war, nicht Herr zu werden vermocht. An der Einheit der Bilder und der Unumstößlichkeit des Gotteswortes maß er seine Entschlüsse. Immer wieder sah er nur das Bild, wie ihm ja die Gedanken der künftigen Tat immer nur im Bilde des Vollendeten, Vollbrachten kamen. Immer mußte dem König ein Plan erst zum Bilde verwandelt sein, ehe er eine Erwägung zum Entschluß zu erheben vermochte. War aber solche Verwandlung geschehen, dann ließ er nicht ab, bis nicht die Wirklichkeit dem Bilde nachgestaltet war. Jeder Plan, jede neue Vorstellung ergriff übermächtig von seinem ganzen Wesen Besitz.
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Jochen Klepper
Fast jeden Morgen stand nun ein neues Bild zum Trocknen in dem blankgefegten, sandbestreuten Gang vor den Königsstuben. Meist war es nichts Selbständiges, sondern nur eine Kopie, für die er sich auch noch die Grundzeichnung anlegen ließ. Freilich gebrauchte er zu solchem Dienst nicht mehr nur den armseligen Meister Hänsgen. Er berief jetzt immerhin den subtilen Akademiedirektor Weidemann, den „Uniformpinsler“. Denn auch im Malen wollte der König allmählich etwas Gründliches lernen. Mit einem Male schien es, daß er all des Kopierens nur als Übung bedurfte, um desto sicherer und kundiger Eigenes malen zu können. Die neuen Werke von des Königs Hand draußen im lichten, kühlen Gang wurden belächelt wie stets – bis einer las, was seit jüngstem in jedem der Gemälde als Signum eingetragen war: Friderich Wilhelm in tormentis pinxit [19] In Qualen gemalt! Keines Malers Bild wies jemals solches Meisterzeichen auf. [...] In tormentis pinxit. Dies Zeugnis seiner Schmerzen stand über allen seinen Bildern, die König Friedrich Wilhelm I. malte – und die er lebte. Bild war jegliches handgreifliche Exempel, das er gab; Bild die Order an das von ihm geschaffene Generaldirektorium, in der er wies, wie ein Land zu regieren ist; Bild das Testament für den zehnjährigen Thronfolger, da rin verzeichnet stand, wie ein König wird; Bild das Schicksal, das er erlitt; Bild das Geschick, das er anderen auferlegte; Bild die Fülle seiner Kirchen jeglichen Glaubens; Bild seine Art, Gericht zu üben; Bild das Eigentümliche seines Spottens; Bild das Mahl, das er im Türkischen Zelt unter den Linden des Wusterhausener Schloßhofes hielt; Bild selbst jede Heerschau und Landfahrt; und Bild die Heirat seiner Töchter; Bild vor allem aber ihrer aller Vater-Stadt, Potsdam, der Fischerflecken, den er neu begründete für die Kinder seines Hauses und seines Landes: Völkerstaat und Gottesstaat auf Sumpf und Sand! In tormentis et in jubilo pinxit. [38] Er hat den äußersten Spannungen und geheimnisvollsten Entsprechungen nachgespürt, bis in die Bezirke des Magischen, Skurrilen. Freilich mag der Zufall ihn, den Unverlogenen, Nüchternen, Herben, wenn auch noch so Unerforschlichen, zu der bizarrsten Komposition seines Malerdaseins geführt haben. Ein männliches [39] Bildnis mißlang ihm: einer jener „Herren“, die er unter den Männern nur so selten malte. Er kehrte das verzeichnete Porträt um und begann auf der gleichen Leinwand ein neues. Aber plötzlich begann ihn, der immer grüblerischer wurde, die Gegenüberstellung der beiden Köpfe anzuziehen wie alles Ungewöhnliche, sofern es nur voller T iefe
Friedrich Wilhelms Malerei
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des Gedankens und Schwere des Sinns war! – Die „Spiegelstudie“ […] der beiden gegeneinander gestellten Köpfe ist wie die äußerste Zusammenfassung einer ganzen Entwicklung, eben jener quälenden, immer wieder durchbrochenen, aber unabweisbaren Gedankenreihe vom Widerspiel und Spiegelbild. Wir müßten, Friedrich Wilhelm ganz zu folgen, von seiner Gewogenheit für den Abenteurer Clement lesen; wir müßten etwa ahnen von der Freundschaft mit diesem Kaspar Hauser des preußischen Barock, dem heimlichen König, den er als Rebellen wider seinen königlichen Willen richten mußte. Dies große Seelendrama ist in den Prozeßberichten erhalten, und aus ihnen wissen wir, was es für den König hieß, an Gedanken zu leiden. In der zufälligen Spiegelstudie war das Leiden am Gedanken endlich Bild geworden. In der Studie zweier Männerköpfe fing er an – den Denkenden zu malen. Die Gedanken sollten ihn nicht mehr überfallen aus ewiger Leere heraus, um ihm tückisch zu entweichen und unfaßbar zu bleiben. Er mußte sie bannen, die ungreifbaren, unbegreiflichen. Er mußte die schmerzenden Gedanken in sich selbst überwinden. Ungefüge und tastend zog er in dem groben Entwurf der gleichsam sich spiegelnden Köpfe die Striche; aber leise muß er den Pinsel in die Farbe getaucht [40] haben, mit einem letzten Rot des Lebens das Bildnis des Mannes zu durchströmen, der einem anderen Menschenantlitz gegenübergestellt ist, wie einer ein Bild anblickt oder im Spiegel, müde lächelnd, sich prüft in der bangen Frage, wer er sei. Vor diese Frage aber war Clement bis in die Stunde seiner Hinrichtung gestellt, und der König wählte Clements Totenspruch zum Texte der eigenen Leichenpredigt. Er malte einen Mann in Bild und Spiegel zugleich: Ein Bild im Bilde. Und die Augen des schattenhaften Anderen im Spiegelbild, das doch ursprünglich nur der Zufall schuf, blieben nach dem Willen des unerforschlichen Malers leer und ohne Leben, indes die Augen des Lebendigen, Wirklichen starr über das Gegenbild hinwegblickten. Die Unmöglichkeit der Selbsterkenntnis steht hinter den zufälligen, undeutbaren, skizzenhaften Strichen dieses Bildes als das verborgene Thema. Der König dachte nicht. Er bannte die schmerzenden Gedanken; er malte. Es war ein Bild von einer harten Hand, von einem schweren Sinn und aus einem todwunden Herzen. Das Bild ward abgebrochen, nie wieder aufgenommen – aber nicht vernichtet.
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Jochen Klepper
Abb. 13: Jochen Klepper hat dieses Werk Friedrich Wilhelms I. 1938 als „Spiegelstudie“ in „bizarrster Komposition“ bezeichnet. Vielleicht könnte man das Bild auch „Der alte König und der junge Kronprinz“ nennen?
Nachweise der Abbildungen und Texte Abbildungen Abb. auf Vordereinband: Zeichnung von Theodor Fontane: Schloss Königs Wusterhausen, im Notizbuch VII, 1862; SBB PK, Nachlass Theodor Fontane, A 4, Bl. 9 (mit freundlicher Vermittlung des Theodor Fontane-Archivs im Brandenburgischen Landeshauptarchiv). Für eine Abbildung der Zeichnung und die Transskription der dazu gehörenden Notizen vgl. Theodor Fontane. Königs Wusterhausen. Aus den Wanderungen durch die Mark Brandenburg, herausgegeben von Hanna Delf von Wolzogen und Hans-Joachim Giersberg, Potsdam 2000, S. 30 – 37. Abb. 1. Gemälde Friedrich Wilhelms I.: Selbstbildnis, 1737. Leinwand, 90 x 74 cm, bezeichnet „F. W. pinxit 1737 original“. Vermutlich 1866 im Posthaus zu Königs Wusterhausen. Von Jochen Klepper, In tormentis pinxit (wie S. 61), Abb. 18, als „Selbstbildnis des Königs als ‚Mijnheer van Hoenslardyck‘“ bezeichnet. SPSG Berlin-Brandenburg, Potsdam-Sanssouci, GK I 6077, Fotograf: Roland Handrick (mit freundlicher Genehmigung der SPSG). Vgl. [Katalog] Friedrich Wilhelm I. Der Soldatenkönig als Maler, Potsdam-Sanssouci 1990, S. 53. Abb. 2. Malplaquetschild: Colorierte Zeichnung, aus Rudolph Kopka von Lossow: Geschichte des Grenadier-Regiments König Friedrich I. (4. Ostpreußisches) Nr. 5. 2 Bde, Berlin 1889, 1901, Bd. 2, S. 520. Vgl. Bd. 1, S. 44* – 49*, Bd. 2, S. III – V. Abb. 3. GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1, fol. 6. Abb. 4. GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1, fol. 5. Abb. 5. GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1, fol. 44. Abb. 6. GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1, zwischen fol. 56 / 57 G. Abb. 7. GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1, zwischen fol. 42 / 43 D. Abb. 8. GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1, fol. 7.
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Nachweise der Abbildungen und Texte
Abb. 9. GStA PK, I. HA Rep. 94 Kleine Erwerbungen, IV. Friedrich Wilhelm I., Ka Nr. 5, fol. 120. Abb. 10. GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1, fol. 33. Abb. 11. GStA PK, I. HA Rep. 94 Kleine Erwerbungen, IV. Friedrich Wilhelm I., Ka Nr. 5, fol. 237. Abb. 12. GStA PK, I. HA Rep. 96 Geheimes Kabinett (bis 1797), Fach 4 Lit. H Nr. 1, fol. 32. Abb. 13. Gemälde Friedrich Wilhelms I.: Kopf eines jungen Mannes in zwei Ausführungen, gegenständig angeordnet und teilweise übereinanderliegend, 1736. Leinwand, 76 x 61 cm, bezeichnet: „F. W. p. 1736“. Von Jochen Klepper, In tormentis pinxit (wie S. 61), Abb. 20, als „Spiegelstudie“ bezeichnet. SPSG Berlin-Brandenburg, Potsdam-Sanssouci, GK I 2429, Fotograf: Roland Handrick (mit freundlicher Genehmigung der SPSG). Vgl. [Katalog] Friedrich Wilhelm I. Der Soldatenkönig als Maler, Potsdam-Sanssouci 1990, S. 42.
Texte Leopold von Ranke, Zwölf Bücher preußischer Geschichte, 5. Buch, Duncker & Humblot, 2. Aufl. Leipzig 1879. Carl Hinrichs, Friedrich Wilhelm I., König in Preußen. Eine Biographie. Jugend und Aufstieg. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1941. Nachdruck: Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 4. Aufl. 1964. © WBG Darmstadt Reinhold Schneider, Die Hohenzollern. Tragik und Königtum. Verlag Jakob Hegner, Leipzig 1933. Nachdruck (mit einem Nachwort von Wolfgang Frühwald): Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 1980. © Insel Verlag Berlin. Jochen Klepper (Hrsg.), In tormentis pinxit. Bilder und Briefe des Soldatenkönigs. Deutsche Verlags-Anstalt, München 1938, 2. Aufl. 1959. © Deutsche Verlags-Anstalt, in der Verlagsgruppe Random House GmbH.