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German Pages 285 [376] Year 1971
Bernhard Kerber • Andrea Pozzo
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Beiträge zur Kunstgeschichte Herausgegeben von Günter Bandmann, Erich Hubala, Wolfgang Schöne
Band 6
Walter de Gruyter • Berlin • New York 1971
Andrea Pozzo von Bernhard Kerber
Walter de Gruyter • Berlin • New York 1971
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
ISBN 3 1 1 0 0 1 8632 © 1 9 7 1 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J . Trübner • Veit Sc Comp., Berlin 30, Genthiner Straße 1 3 Printed in Germany Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie, Xerokopie) zu vervielfältigen. Satz und Druck: Otto v. Holten, Berlin 30 Herstellung der Klischees: Industrie- und Presseklischee, Berlin Umschlaggestaltung : Barbara Proksch, Frankfurt am Main
Vorwort Das Fundament dieser Arbeit entstand während der Stipendiatenzeit des Verfassers an der Bibliotheca Hertziana in Rom. Dem Verband Deutscher Kunsthistoriker und seinem damaligen Präsidenten, Herrn Professor Dr. Herbert von Einem, wie Herrn Professor Dr. Wolfgang Lötz, Direktor der Bibliotheca Hertziana, möchte ich für diese Unterstützung auf das herzlichste danken, ebenso auch meinem hochverehrten Lehrer und Förderer Herrn Professor Dr. Werner Hager, der midi für dieses Stipendium vorschlug. Herr Professor Dr. Max Imdahl hat die Entstehung der Monographie während der Assistentenjahre des Verfassers durch seinen Rat maßgebend gefördert und großzügig die notwendige Muße zu eigener Arbeit gewährt, wofür idi ihm dauernd verpflichtet bin. Ebenso danke idi allen, die durch persönliche Hinweise, Öffnung von Museen und Archiven, durch Beschaffung seltener Bücher und schwer erreichbaren Abbildungsmaterials, wie vor allem durch Gespräche an dieser Arbeit helfend und klärend Anteil genommen haben. Stellvertretend für die Gesamtheit können hier nur einige Namen stehen: Professor Dr. Egon Verheyen (Ann Arbor), Professor Dr. Wilhelm Messerer (Bamberg), Dr. Ursula Schlegel, Dr. Erich Schleier und Dr. Matthias Winner (Berlin), Professor Dr. Nicolò Rasmo (Bozen), Professor Dr. Vaclav Richter (Brno), Dr. Irene Markowitz und Dr. Eckhard Schaar (Düsseldorf), Professor Dr. Ulrich Middeldorf, Dr. Gerhard Ewald und Dr. George Loehr (Florenz), Geheimrat Dr. Josef Ringler (Innsbruck), Professor Dr. Hans Tintelnot und Dr. Peter Wilberg-Vignau (Kiel), Dr. Mica Cernigoj (Ljubljana), die Firmen Sotheby und David Peel (London), Professor Dr. Anthony M. Clark (Minneapolis), Don Idro Marcocci (Montepulciano), Professor Dr. Hermann Voss (München), M. Y. Le Bihay (Nantes), Mr. Donald Oenslager, Miss Linda Boyer und Edward L. Kallop (New York), Dr. Pavel Preiss und Professor Dr. Jaromir Neumann (Prag), Dr. Fernanda de Maffei und Conte Antonio Alberti Poja (Rom), Dr. Jörg Gamer (Saarbrücken), Professor Dr. Kruno Prijatelj (Split), William Hutton (Toledo/Ohio), Direktor Dr. Wilhelm (Vaduz), Professor Dr. Giuseppe Fiocco (Venedig), Curator David E. Rust (Washington), Dr. Josef Zykan (Wien), Frau Dr. Sykorova. Vor allem aber soll hier den Mitarbeitern der Bibliotheca Hertziana gedankt werden, besonders Dr. Ernst Guldan. Die Archive des Jesuitenordens erschlossen mir die Patres Lamalle und Teschitel wie Professor Dr. E. Kirschbaum. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danke ich für einen namhaften Drude-
kostenzuschuß, der es möglich machte, zahlreiche Werke abzubilden. Bei der Auswahl der Fotos wurde ein Kompromiß zwischen der Wiedergabe der Hauptwerke und unveröffentlichtem Material gesucht. Herrn Professor Wenzel und dem Verlag de Gruyter danke ich für die Mühe und Sorgfalt, die sie der Arbeit zuteil werden ließen. Den Herren Professoren Bandmann, Schöne und insbesondere E. Hubala, dem ich für zahlreiche Hinweise und Gespräche verpflichtet bin, danke ich vielmals für die Aufnahme in die von ihnen herausgegebene Reihe. B. K . 7. 6. 1970
Inhaltsverzeichnis Vorwort
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Forschungsstand, Aufgabe, These
i
I. Biographie
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II. Die Ölgemälde und ihre stilistische Entwicklung
9
A. B. C. D. E. F. G. H. I.
Die „Ruhe auf der Flucht" Die „Predigt Franz Xavers" und „Der Lehrende Christus im Tempel" „Ignatius verleiht den Ordenshabit an S. Francesco Borgia" . . . „Der Bethlehemitisdie Kindermord" „Die Flucht nach Ägypten" „Die Taufe der indisdien Königin Neadiile durdi Franz Xaver" . Andere Gemälde Selbstbildnisse Porträts
III. Freskodekorationen A. B. C. D. E. F. G. H. I. K. L. M. N.
Mondovi Torino Frascati, Chiesa del Gesù Zerstörte Fresken in Frascati Der Korridor vor den Zimmern des hl. Ignatius und die Kapelle in der Vigna des Collegio Romano Die Ausmalung von S. Ignazio zu Rom Weitere Fresken in Rom Montepulciano, Palazzo Contucci Trento, Bibliothek der Seminarkirche Wien, Fresken für den Kaiser Wien, Palais Liechtenstein Fresken für kirdiliche Auftraggeber Wien, Universitätskirche
9 14 16 17 18 20 22 37 39 42 43 46 47 49 jo 54 75 76 77 77 78 82 84
0 . Deckenentwürfe P. Die Scheinkuppeln Q. Riditungsdeterminierte oder richtungsindifferente Sichtweise. Zum Langhausfresko von S. Ignazio R . Ausgangspunkt und Integration verschiedener Fresken und verschiedener Perspektiven S. Perspektive und Illusion T. Allegorie und Dekoration
89 91 94 98 102 107
IV. Zwei Kenotaphien und eine Allegorie auf Habsburg
111
V. Architekturstücke, Theatra sacra und profana
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V I . Die Altäre
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V I I . Der Ignatiusaltar im römischen Gesù
140
A. B. C. D. E. F. G. H. 1. K. L. M. N.
Entstehungsgeschichte Architektonische Details des Altaraufbaus Die Giebelgruppe Die Ignatiusstatue Das Gemälde Die Altarreliefs Die Kerzenstufe Die seitlichen Statuen Die seitlichen Reliefs Die Engel über den seitlichen Türen Die Balustrade Die Ampeln Die Choretti
140 159 160 162 164 166 171 172 173 174 175 178 180
V I I I . Der Gonzagaaltar I X . Die Ausstattung der Chorkapellen von S. Ignazio in Rom . X . Die Architektur A. B. C. D. E.
Pistoia, Kirche und Collegio S. Ignazio Fassadenprojekte für S. Giovanni in Laterano Rundkirche und Collegio Dubrovnik-Ragusa, S. Ignazio Laibach, St. Nikolaus
181 .
.
.
187 188 188 188 192 194 195
F. G. H. I. K.
Montepulciano, Chiesa del Gesù Weitere Werke in Montepulciano Belluno, Collegio und Chiesa dei Gesuiti Trento, Seminarkirche Spätwerke
196 200 202 202 205
X I . Der Traktat
207
X I I . Die Nachfolge
209
A. B. C. D. E. F. G. H.
Schüler in Italien Der Einfluß auf die italienische Malerei Einfluß auf die Architektur Nachahmungen der „Hochzeit von Kana" Schüler in Wien. Verbreitung in Böhmen und Schlesien Der Tirol - Münchener Kreis Augsburg Die Asam und ihre Schule
209 209 2x0 210 211 212 214 215
X I I I . Pozzos historischer Ort
217
X I V . Irrige Zusdireibungen
223
Bibliographie
232
Verzeichnis der Editionen von Pozzos Werken
267
Dokumente und Manuskripte
271
Autorenregister zur Bibliographie
274
Abbildungsnachweise
280
Künstlerregister
281
Forschungsstand, Aufgabe, These Die wichtigsten Quellen für Leben und Werk des Jesuitenkünstlers Andrea Pozzo sind die Sammlungen Pascolis und Baldinuccis. Ihre fast ausschließlich biographischen Notizen werden in den Künstlerlexika des 18. und 19. Jahrhunderts ohne wesentliche Nachträge wiederholt. Klassizismus, Romantik und Realismus kritisieren Pozzos Werk von festgeformten Kunstanschauungen her, historisches Interesse setzt erst mit dem Neobarock bei Ilg undGurlitt ein. Die früheste das Gesamtwerk erschließende, wenn audi unkritische Studie veröffentlichte Zippel 1893. Seit dieser Zeit fehlt eine monographische Würdigung. Da die Erfassung der zerstörten und verschollenen Werke und zahlreichen irrigen Zuschreibungen sehr mühsam ist, hat sich die Forschung mit der Betrachtung von Teilgebieten zufrieden geben müssen. An erster Stelle soll die Behandlung der Architektur durch Carboneri genannt werden. Er hat mit großer Umsicht und durch ausführliche Archivstudien die Liste der Arbeiten bedeutend erweitern und Pozzos Anteil an zahlreichen Bauten klären können. Carboneri entwickelt das Bild eines Architekten, der Gedanken Carlo Rainaldis und vor allem Borrominis aufnimmt und umbildet. Pozzos Theaterarchitektur und ihre transalpine Nachfolge wurde besonders durch Schöne, Stadler, Kindermann und vor allem Tintelnot behandelt. Fast ungeklärt ist Pozzos Tätigkeit als Entwerfer für Bildhauer. Die bei Pecchiai vorhandenen Ansätze wurden neuerdings von Lankheit bestritten. Stärkste Beachtung dagegen hat immer Pozzos Malerei gefunden. Die Deckenfresken behandeln Hammer, Dvorak und Mrazek. Geiger und Guldan klären die konstruktiven Probleme und die Nachfolge im deutschsprachigen Raum, die auch Tintelnot ausführlich bespricht. Für die Interpretation sind die Abhandlungen von Schöne und Bauer von besonderer Bedeutung. Deila Pergola behandelt die Porträts. Marini widmet einen Aufsatz den Altären und faßte in einer Studie das malerische Werk zusammen. An Monographien zu Einzelwerken sind die Arbeiten von Waschgier und Grimschitz zur Wiener Universitätskirche heranzuziehen. Pecchiai publizierte Quellen zum Ignatiusaltar im römischen Gesü. Lina Montalto gehört das Verdienst, die Restaurierung der Scheinkuppel von S. Ignazio in fast dreißigjährigen Bemühungen durchgesetzt zu haben. Von besonderer Bedeutung ist Peter WilbergVignaus gründliche Kieler Dissertation zu S. Ignazio.
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Forsdiungsstand, Aufgabe, These
Nur ganz wenige Zeichnungen können bisher für Pozzo mit Sicherheit in Anspruch genommen werden. Auch die vorliegende Arbeit vermochte den Bestand nur geringfügig zu erweitern. Obwohl Pozzos Traktat in alle süd- und westeuropäischen Sprachen und sogar ins Chinesische übersetzt wurde, hat man dieses Werk für die Interpretation seiner Kunst bisher zu wenig beachtet. Bradley und Kitao ordnen die Konstruktionsverfahren in die Entwicklung ein. Fagone versucht eine geistesgeschichtliche Würdigung. Einer Monographie blieben zahlreiche Aufgaben. Es galt zunächst, den Oeuvrebestand durch Auffindung verschollener und vergessener Gemälde, durch Quellenstudium und durch eine kritische Betrachtung der Architektur zu klären und zu erweitern, denn erst danach kann eine analytische Betrachtung ansetzen. Diese hat zum Ziel, Pozzos stilgeschichtliche Stellung im Rahmen des italienischen Barock und seine Bedeutung für die süddeutsch-österreichische Malerei zu untersuchen. Sie übernimmt die Aufgabe, Specifica seiner individuellen Formensprache zu charakterisieren. Pozzos Kunst ist Ausdrucksmittel für die geistlichen Ziele seines Ordens. Der Realitätsgrad religiöser Erfahrung ist ihr wichtigstes Darstellungsproblem. So ist die Untersuchung der Vermittlungsformen methodischer Leitfaden dieser Arbeit. Die Streuungsbreite der Aufgaben bedingt dabei die Vielfalt der Aspekte, aus ihr ergibt sich die Gliederung der Monographie. Andrea Pozzos Ziel ist nicht die Entwicklung allgemein ästhetischer Aussagen durch Überhöhung eines auf der Formkraft des autonomen Künstlers beruhenden Stils. Vielmehr zeigt seine Tendenz zur Anonymität der Mittel sein Streben, in den überpersönlichen didaktischen Absichten des Jesuitenordens aufzugehen. Diese drängen, wie sie von Ignatius von Loyala festgelegt wurden, auf möglichst konkrete Aktualisierung der Heilsgeschichte. Das Werk zielt also nicht auf die Erstellung einer autonomen künstlerischen Wirklichkeit. Die Kritik des 18. und 19. Jahrhunderts, die sich an seinem Formcharakter entzündet, applizierte ihm fremde Maßstäbe und vermochte nicht, ihm gerecht zu werden. Vielmehr ist das Oeuvre auf die Tragfähigkeit der Mittel zur Erreichung der Propaganda fidei zu untersuchen. Pozzo vertritt also weder den Typus des Genies, welches sich in der Subjektivität voll ausdrückt und in ihrer Verabsolutierung zur Allgemeingültigkeit erhebt, noch sucht er Zuflucht in der Objektivität erprobter Regeln. Jede Art von Kanonbildung würde seinem der Ars humilis verschwisterten Devotionsstil widersprechen. In Pozzos Architektur - exemplarisch in seinen Altären - äußert sich die entschiedene Abkehr von allen klassizisierenden Idealen in seiner Verwendung dem Manierismus entlehnter Details und insbesondere in seiner Bewunderung Borrominis. Diese Emanzipition von den Regeln bereitet die Architektur des Rokoko vor. Naturgemäß verdeutlicht die abbildende Malerei die Abwendung von der
Forschungsstand, Aufgabe, These
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Sdiönheit einer nadi strengen Formprinzipien aufgebauten Komposition und ihrem Verweischarakter auf eine Idee transzendenter Vollkommenheit zur konkreten Bildwelt einer naturbezogenen Wirklichkeit und damit zur unmittelbaren Gegenwart der Heilsgeschichte, die sie darstellt. Das Alltägliche und Charakteristische sind Kern dieser auf das sachlich Informative gerichteten Kunst. Der veristische Zug tendiert zur Aufhebung der ästhetischen Distanz und zur Annäherung zwischen Betrachter und Bildwelt und damit auf die private Andacht. In höchstem Maße leisten die Fresken mittels eines konsequenten Illusionismus den endgültigen Wandel von der Vorstellungs- zur Anschauungswelt. Dabei ist zu beaditen, daß der Betrachter nicht etwa aus seiner Sphäre in die Realität der Bildwelt hinübergehoben wird (oder umgekehrt), sondern daß in seiner Person diesseitige und transzendente Realität kommunizieren, womit das Wunder recht eigentlich anschaulich und das von Aristoteles' Rhetorik bestimmte Anliegen des Ordens - der Überredung nämlich - erfüllt wird. Es ist charakteristisch, daß Pozzo diese Verfahren in vollem Umfang nur auf Fresken religiösen Inhaltes anwendet. Bei mythologischen Szenen emanzipiert er den Deckenspiegel teilweise aus dem Illusionszusammenhang mit der Scheinarchitektur, indem er sich dem Quadro riportato annähert. Da er aber die Bildwelt nicht als vollends hermetisch behandelt, stellt er sie in eine Ambivalenz zwischen abgeschlossene Historie und illusionierte Gegenwart und deutet sie aus dem Doppelbezug als Allegorie. Im Rokoko dagegen werden durch die Zerstörung der Einheit zwischen gebautem Raum und Scheinraum Wunder und Allegorie gleichermaßen zu bloßen Bewußtseinsinhalten.
I. Biographie „Andreas fil.(ius) Jacobi Pozzi Mediolan.(i) habit.(ans) Tridenti et Dominae Luciae eius uxoris baptizatus f u i t " lautet eine Eintragung am i . Dezember 1 6 4 2 im Taufregister des Domes von Trient 2 . A m voraufgehenden 30. November, am Festtage des Apostels Andreas, nach dem er benannt wurde, wurde Pozzo geboren 3 . Der Vater stammte vom Comersee 4 , das K i n d w a r der älteste Sohn aus seiner ersten Ehe. Schon früh zeigte sich, daß Andrea seine Geschwister 5 an künstlerischer Begabung übertraf. Die Eltern schickten ihn bis zum siebzehnten Lebensjahr in die Schule der Jesuiten 4 , „con profitto si nel santo timor di D i o ma con poco o punto nelle scienze, essendosi sempre divertito col far disegni e scarabocchi con penna e matitaio, su qui medesimi fogli die erano destinati tempo agli scritti e agli studenti della sua scuola". Daher gab ihn der Vater einem gerade in Trient weilenden Schüler Palma Giovanes in die Lehre. Dieser unbekannte Meister ließ Andrea sich im Kopieren üben. Im Zeitraum von drei Jahren schuf der Lehrling so viele Werke, daß der Vater, der in ärmlichen Verhältnissen lebte, damit sein Haus „da terra a tetto" für eine Fronleichnamsprozession schmücken konnte 7 . Die öffentliche Wertschätzung, die der junge Künstler zu gewinnen begann,
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Zur Zitierweise vgl. die Bemerkung zur Bibliographie. Abkürzungen in den Dokumenten werden aufgelöst, ausgenommen allgemein gebräuchliche wie P. (Padre), Fr. (Fratello), sc. (scudo), b. (baiocchi), mro. (maestro) etc. Bd. 3, S. 36; vgl. das Verzeichnis der Dokumente im Anhang. Baldinucci, S. 212. - Pascoli, S. 246. - Vgl. Anm. 19. Trento, Biblioteca civica, ohne Inventar-Nr.: Testament des Vaters vom 1 1 . Oktober 1677. - Pilo Casagranda (1963) S. 12 „riguardo il cognome del Pozzi che si definisce Jacobus a Puteo de lacu Comensi'. Esso è evidentemente un denominale da toponimo. Esiste infatti adiacente al lago di Como la frazione di Pozzo, in Valsolda". Bekannt ist der Bruder Jacopo Antonio (1645-1721), der bei den Carmelitani scalzi eingetreten war. Als Fra Giuseppe di S. Antonio entfaltete er selbst eine beachtliche künstlerische Tätigkeit (vgl. Pilo Casagranda [1958] und dies. [1963]). Nidit selten werden seine Werke mit denen Andreas verwechselt (vgl. „Irrtümliche Zuschreibungen"). Von den Schwestern Caterina, Margherita und Elisabetta waren die beiden letzteren mit Brüdern aus der ebenfalls künstlerisch begabten Familie Mignocdii verheiratet. Aus der zweiten Ehe des Vaters stammten die Stiefbrüder Giovanni Battista, Francesco und Bartolommeo. Quellen für diese Angaben sind das genannte Testament (vgl. Anm. 4) und die Aussteuerurkunde der Gemahlin des Giovanni Battista vom 14. Juli 1678, ebenfalls in der Biblioteca civica in Trient. Baldinucci, S. 213. a. a. O. und Pascoli, S. 247.
Biographie
S
erweckte die Eifersucht des Meisters. Andrea wechselte deshalb zu einem Maler über, der in der Schule Sacchis, Poussins und Molas gelernt hatte. Dieser nahm Pozzo nadi Mailand und Como mit, wo sie zwei Jahre zusammen arbeiteten. Aber auch hier hatte Pozzo kein Glück, denn als er dem Lehrer erklärte, er wolle sich in Rom und Venedig weiterbilden, wies ihn dieser aus dem Hause. Ein unbekannter Mäzen nahm sich seiner an, gewährte ihm Quartier und Tisch und ließ ihn für sich und seinen Kreis arbeiten. Bald darauf veranlaßten eine Predigt und der Einfluß seines Freundes Merico8 Pozzo, das weltliche Leben aufzugeben und bei den Carmelitani scalzi einzutreten9, von denen er aber seiner zarten Konstitution wegen zu den Jesuiten überwechselte. Er wurde am 23. Dezember 1665 in Mailand in die Gesellschaft Jesu aufgenommen und als Laienbruder in das piemontesische Noviziat (d. i. Genua) gesandt10. Nach Ablauf der Vorbereitungszeit kehrte Pozzo nach Mailand in das Collegio von S. Fedele zurück 11 . Um sich mehr den geistlichen Aufgaben widmen zu können, wollte er die Kunst aufgeben, doch seine Vorgesetzten zeigten zwei seiner Bilder dem Maler Luigi Scaramuccia 12 , der sich für Pozzos künstlerische Tätigkeit sehr einsetzte. So wurde die weitere Ausbildung gesichert. Durch zwei Festdekorationen in der Kollegiatskirche gewann er ersten Ruhm. 1669 hat er die Gelübde noch nicht abgelegt, denn im Mailänder Verzeichnis erscheint er als „Pictor — nondum formatus", und 1672 wird hinter seinem Namen eingetragen „novit legere et scrivere. Est pictor et continuo picturam exercuit in societate" 13 . In diese Mailänder Zeit fielen Reisen nach Venedig und Genua 14 , von denen ihn der Pater General Oliva zurückrief, damit er den Aufträgen des Principe Trivulzio und des Don Livio Odescalchi, des Neffen Innozenz X I , genüge15. Pozzo entwarf ein Projekt für die Certosa von Pesio, das aber nicht ausgeführt wurde 16 . Die Patres von S. Fedele bemühten sich vergebens, den Künstler, der am 2. Februar 1675 die Gelübde ablegte, ihrem Konvent zu erhalten, der General sandte ihn
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Baldinucci, S. 2 1 5 - 2 1 6 . Trento, Archivio di Stato, Congregazioni religiose, voi. 81, F, I, Liber continens acta capitoli conventualis ab anno 1646 usque 1698 (ohne Paginierung) enthält eine Eintragung, wonach Pozzo 1661 bei den Carmelitern eintrat. Dies steht in Widerspruch zu den Zeitangaben bei Baldinucci und Pascoli (vgl. oben), nadi denen der Eintritt erst 1665, also kurz vor dem Wechsel zu den Jesuiten erfolgt sein kann. 10 A R S J Med. 54. f. 1 5 6 v „ 2 3 . dee. Societatem ingr." - Baldinucci, S. 216. - Marini (1959), Anm. 7 vermutet einen Aufenthalt in Genua 1 6 6 5 - 1 6 6 7 . 11 Der Aufenthalt Pozzos in S. Fedele in Mailand ist in den Codices triennales der Domus Professa Mediolanensis belegt: A R S J Med. 54, f. 1 5 6 vgn. 2 3 ; Med. 55 f. 43, n. 2 3 ; Jb., f. 1 2 5 , n. 2 1 . 12 Baldinucci, S. 2 1 7 . - Pascoli, S. 248. is A R S J Med. 54, S. 8-9. - Rovella (barocca), S. 154. 14 Baldinucci, S. 2 1 8 . - Pascoli, S. 248 berichtet von Kopien nadi Tizian, Veronese und Cambiaso, die Pozzo in Venedig malte. 18 Baldinucci, S. 2 1 8 . 1« Torino, Bd. 2, S. 68. 9
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Biographie
1676 nachMondovi in Savoyen 17 , wo er die architektonischen Mängel der Jesuitenkirche korrigierte und den Bau ausmalte. Von dort berief ihn der Duca di Savoia in seine Residenz 18 . Es schlössen sich nun Reisen nach Mailand und Como an 19 , wo er wieder für die Odescalchi arbeitete. Ein Auftrag, den ihm der Mailänder Senator Erba für die Ausmalung seiner Kapelle gab, wurde nicht ausgeführt20. Ende 1681 berief der Jesuitengeneral Oliva Pozzo nach Rom. Carlo Maratta hatte sich in einem Gutachten auf Grund zweier Bilder positiv über Pozzo geäußert21. Doch die erste römische Zeit war für Pozzo nicht glücklich, denn am 26. November 1681, einen Monat nach seiner Ankunft, starb der General 22 . Pozzo geriet in Vergessenheit, er mußte Küchendienste leisten, Almosen sammeln und den Klerikern dienen23. Erst nach fünf Monaten gewann er wieder Ansehen durch einen Aufbau zu dem Quarant'ore-Gebet 24 . Der neue General P. Carlo di Noielles ließ den Bruder zunächst den Gang vor den Camere di S. Ignazio freskieren26. Nun wünschte die Stadt Mailand von Pozzo die Ausmalung der Kuppel von S. Bastiano, der Duca di Savoia Vittorio Amadeo I I die Ausgestaltung einer Galleria. Beide Aufträge lehnte Pozzo ab, da er sich eindringlicher den geistlichen Aufgaben widmen wollte. Als der Duca insistierte und Andrea durch den General bitten ließ, wandte sich Pozzo ohne Wissen des Fürsten an den Papst. Der Herzog richtete an Pozzo ein eigenhändiges Schreiben, dieser antwortete, er werde sich nach dem päpstlichen Entscheid richten. Zweimalige Besuche des Botschafters aus Turin im Vatikan hatten keinen Erfolg. Darauf rächte sich der erzürnte Fürst mit Repressalien gegen die Jesuiten in seinem Lande 26 . Es folgten die großen römischen Aufträge, die Ausgestaltung von S. Ignazio, die Ignatiuskapelle imGesii, viele kleinere Werke innerhalb und außerhalb Roms. 17 18
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Baldinucci, S. 219. - Pascoli, S. 249., Vergi. Anm. 18. a. a. O. - Torino, Bd. 2, S. 67 gibt dafür das Datum 1675 an. - Bei der Arbeit in der Turiner Jesuitenkirche fiel Pozzo vom Gerüst und brach ein Bein. Vielleicht stammte daher das Gichtleiden, über das er im Alter häufig klagte (Patrignani, S. 253). Marini (1959) Anm. 26 stellt folgende Chronologie auf: 1676/7 Mondovi - 1677/8 Torino 1679/80 Modena - 1680/1 Milano-Como. Der Aufenthalt in Modena läßt sich nicht halten (vgl. „Irrtümliche Zusdireibungen"). A R S J Med. 57 Katalog des Mailänder Professhauses von 1681, S. 125 „Andreas Puteus - Tridentinus - Aetas 39 Nat. (us) An. (no) 1642.30 - 9bris (novembris) - Vires: Mediocres-Ingr. (essit) in soc(ietate) 23xbris (decembris) 1665 - legit et scribit - Soc. (ius) Coquius et Pictor - formatus Anno 167J 2 Febr(uarii)". Cerrato, S. 31. Baldinucci, S. 220. - Pascoli, S. 250. - Patrignani, S. 253. - A R S J Med. 3, f. 106 v zu 1681 „Abierunt ex Provincia: Andreas Puteus, coad. Formatus in eandem". Sommervogel, Sp. 1883. Baldinucci, S. 2 2 1 . - Pascoli, S. 2 5 1 . Ebda. - Dagegen Montalto (1962), S. 404, Anm. 4: „Nei cataloghi triennali della Compagnia di Gesù die accompagnano e ripetono di triennio in triennio i dati riguardanti i Padri e Fratelli, Andrea Pozzo è ricordato come socius Coqui nel 1678 e successivamente è precisato die tale fu per soli quattro anni". Die genannten Cataloghi konnte idi nidit auffinden. 1678 hielt sich Pozzo in Turin auf, vgl. Anm. 18. Baldinucci, S. 222. - Pascoli, S. 2 5 1 - 2 5 3 . Baldinucci, S. 2 2 2 - 2 2 3 . - Pascoli, S. 255.
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Biographie A l s T h e o r e t i k e r t r a t P o z z o durch die z w e i b ä n d i g e
„Perspectiva Pictorum
et
A r c h i t e c t o r u m " h e r v o r , die rasch zahlreiche A u f l a g e n erlebte. Sein R u h m breitete sich schnell aus. I m H e i l i g e n J a h r 1 7 0 0 versuchte der L a n d g r a f K a r l v o n H e s s e n K a s s e l ihn f ü r sich z u g e w i n n e n 2 7 , doch P o z z o hatte bereits K a i s e r L e o p o l d I , d e m er den T r a k t a t g e w i d m e t hatte, seine T ä t i g k e i t in W i e n zugesagt 2 8 . E r g a b d e m L a n d g r a f e n einen seiner Schüler mit, den er m i t seinen Zeichnungen v e r s a h . Spätestens E n d e 1 7 0 2 reiste P o z z o aus R o m ab 2 8 . E r f u h r über F l o r e n z u n d arbeitete an verschiedenen O r t e n der T o s k a n a , besonders in M o n t e p u l c i a n o . I n der H e i m a t s t a d t T r i e n t m a l t e er B i l d e r f ü r F r e u n d e 3 0 . E s f o l g t e n die S p ä t w e r k e f ü r den K a i s e r , den F ü r s t e n Liechtenstein u n d die Jesuiten. Besonders der kaiserliche H o f ü b e r h ä u f t e ihn m i t G u n s t b e w e i s e n . P o z z o starb nach sechsjähriger W i e n e r T ä t i g k e i t a m 3 1 . 8. 1 7 0 9 . E r w u r d e in d e r K i r d i e d e s P r o f e ß h a u s e s öffentlich a u f g e b a h r t u n d d a n n auch d o r t beigesetzt 8 1 . Z u seinem A n d e n k e n p r ä g t e m a n eine D e n k m ü n z e 3 2 . C l e m e n s hatte ihn nach R o m z u r ü c k b e r u f e n w o l l e n , u m den g e w a l t i g e n R a u m v o n S . M a r i a degli A n g e l i auszumalen 8 3 . I n V e n e d i g w a r eine Jesuitenkirche v o n ihm g e p l a n t 3 4 . V e r h a n d l u n g e n m i t den Schönborn f ü r die A u s m a l u n g des großen Saales der B a m b e r g e r R e s i d e n z u n d f ü r tschechische U n t e r n e h m e n w a r e n gescheitert 3 5 .
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Baldinucci, S. 2 3 0 - 2 3 1 . Dokumente über die Förderung dieser Widmung in Wien, Liechtenstein-Archiv, Roma 1 2 P v. o 27. Baldinucci, S. 2 3 1 . Baldinucci, S. 232. - Emert (1939), S. 12$ „in quella collezione del barone e canonico Gentilotti varj bei pezzi del P. Pozzi". Uber den Verbleib dieser Bilder ist mir nidits bekannt. Pascoli, S. 269. - A R S J Hist. Soc. 50, f. 79 v und Hist. Soc. 5 1 , f. 16 »1709 1 3 . aug. obiit Viennae Austriae". - Totenbeschau - Protokoll der Stadt Wien, Bd. 22 »Den 3. Sept. 1709: Der wohlerwürdige Pater Andreas Pozzo, Soc. Jesu, ist im unteren Collegio an der rothen rühr gestorben, alt 70 Jahre". Brunner, S. 4 1 1 . - Es ist mir nidit gelungen, diese Denkmünze aufzufinden. Baldinucci, S. 234. Tietze ( 1 9 1 4 / i j ) S. 444 veröffentlichte einen Brief Pozzos vom 1 2 . 7 . 1709 an den Fürsten Liechtenstein, darin heißt es: „Insisto però di esser pagato poiché doverei partire per Venetia, essendo pregato con calde istanze da Giesuiti o da Nobili primari) che darebbero il necessario per fabbricarci una nuova chiesa purché io fossi l'Architetto ed il Pittore. I o però mi sono scusato per esser vecchio e podagrico non havendo sanità di f a r viaggio". Pozzo argumentiert hier nach zwei Richtungen, obwohl er nicht nach Venedig gehen will, stützt er seine Geldforderung mit dem Reiseplan. Im April 1704 ließ Lothar Franz von Schönborn durch seinen Wiener Residenten und nach dessen Tod durch seinen Neffen Rudolf Franz Erwein mit Pozzo Fühlung nehmen wegen der Ausmalung des großen Saales der Bamberger Residenz, doch kam das Unternehmen nicht zur Ausführung; vgl. Boll, S. 1 7 4 - 1 7 7 , 218, 2 1 9 ; Hantsch (s. Register); Mayer ( 1 9 5 1 ) mit Quellen. - Tietze (1914/1$), S. 44$: „Im Oktober 1707 hatte sich der (Zisterzienser-) Abt Heinridi (Snopek) von Sedletz (Sedlec) bei Kuttenberg (Kutnä Hora) mit dem Ersuchen an ihn gewandt, die Innenausstattung der Kirche zu übernehmen. Pozzo erwiderte am 28. N o vember, er wolle ohnedies nach Prag reisen, um den dortigen Jesuiten ein Bild für ihr Refektorium zu malen. Der Briefwechsel zieht sich bis zum Ende des Jahres hin, ohne daß er
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Biographie
Wenig wissen wir über Pozzos Charakter. Baldinucci beschreibt ihn 36 : „Circa poi al suo personale era egli uomo di piccola statua e di pochissime parole e in apparenza malinconico e di poco spirito; ma in fatti era spiritoso, veloce e bizzarro nell'operare e pronto e curioso ne'podii discorsi." Pascoli und die übrigen Quellen heben seine geistlichen Tugenden, Gehorsam, Demut, Bescheidenheit, Maß und Religiosität hervor.
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zu einem positiven Ergebnis führte; an der Neugestaltung der Sedletzer Kirche hat Pozzo keinen Anteil genommen und auch das Bild für Prag sdieint nidit gemalt worden zu sein." Das Fresko im Sommerrefektorium des Prager Clementinums führte Christoph Tausch aus (Baldinucci, S. 233). An der Stirnwand des Saales stellte er die „Hochzeit zu K a n a a " dar. Pozzo soll bereits ein „modello" angefertigt gehabt haben. Tausdi war wie Pozzo Laienbruder des Jesuitenordens und in Wien Pozzos Sdiüler (vgl. unten). Die Akten, die Hejnic ( S p - 4 2 9 - 4 3 2 ) publizierte, befinden sich heute im Staatsarchiv Trebon ( C S S R ) . Weitere D o kumente bei Patzak ( 1 9 1 8 ) , S. 349 Anm. 22 nach Wien, Bibl. Palat, Vind. cod. 12004, 8 v und bei Podhala. - 1708 war die Jesuitenkirche in Trentschin (Trencs&i, Ungarn) abgebrannt, und das dortige Kollegium hatte sich mit der Bitte um Wiederherstellungsvorschläge an Pozzo gewandt. 1 7 1 2 - 1 7 1 J führte Christoph Tausch diese nach dem Vorbild der Wiener Jesuitenkirdie durch. Vgl. Patzak ( 1 9 1 8 ) , S. 1 9 8 - 1 9 9 , und S. 350 Anm. 32 nadi Budapest, Königlich Ungarische Universitätsbibliothek, A. b. 1 1 5 „Annuae Collegij et Domus probationis trenchiniensis". Baldinucci, S. 233. - Pascoli, S. 273.
II. Die Ölgemälde und ihre stilistische Entwicklung Pozzos Frühwerk entzieht sich bisher gänzlich unserem Einblick. Wäre der Name seines ersten Lehrers, eines Schülers des Palma Giovane, überliefert, so ließen sich vielleidit durch Stilvergleich Andrea manche Bilder in Trientiner Kirchen zuschreiben. In der Nachfolge Palmas würden sie vermutlich venezianische Stilmerkmale des Spätmanierismus aufweisen. Auffällig ist dagegen, daß die gesicherten Werke Pozzos keinerlei venezianisch-manieristisdie Merkmale zeigen. Auch wenn man vom Stil bekannter Arbeiten Pozzos ausgeht, läßt sich in Trient nichts als sein Frühwerk erschließen. Das früheste gesicherte Werk 1 , die Erstfassung der „Flucht nach Ägypten", datiert von 1665. Die Verquickung der Anregungen von Reni und Duquesnoy, die wir aufzeigen werden, deutet auf die Vermittlung bedeutender Modelle des 17. Jahrhunderts, die Pozzo sicher seinem zweiten, ebenfalls anonymen Meister verdankt, der von Sacchis, Poussins und Molas Klassizismus beeinflußt war. Die Genueser Bilder von 1671/72 spiegeln die Auseinandersetzung mit der lombardisdien Variante des Caravaggismus. Ein eigener Stil aber bildet sich erst im Zusammenhang mit der Kirchendekoration in Mondovi. Wichtig wäre die Kenntnis von Pozzos frühen Theatra sacra zur Herleitung dieser Formensprache. Die lückenhafte Uberlieferung römischer Zeit zwingt zum Verzicht auf kontinuierliche Darstellung. In Andreas Werk angelegt ist aber eine andere Möglichkeit, die der Interpret nutzen kann, sie erlaubt sogar, die Arbeiten der Reife- und Spätzeit einzubeziehen. Pozzo nämlidi wiederholt nicht selten einmal entworfene Bildtypen. Dabei erfordern die besonderen Bedingungen der einzelnen Aufträge - so z. B. die wechselnde Technik oder das neue Format - Abänderungen. Freilich sind nur wenige Neufassungen mit solchen Auftragsbedingungen zu erklären. Vielmehr bewirkt die künstlerische Entwicklung selbst Wandlungen in Pozzos Stil, denn von einer das Detail prägenden und damit unwiederholbaren Bildindividualität ist bei ihm nur wenig zu spüren. Um diese Wandlungen zu erkennen, ist der Vergleich identischer Bildmotive der methodisch sicherste Weg. A. Die „Ruhe auf der Flucht" Zu den weniger bekannten Kompositionen zählt eine Darstellung der „Heiligen Familie". Die knieende Madonna reidit ihren Sohn dem hl. Josef. Dieser 1 Vgl. Anm. 5.
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Ölgemälde und ihre stilistische Entwicklung
stützt das Jesuskind mit der Rechten im Rücken und lockt es mit einer Birne, die er in der Linken emporhält. Die Frucht hat er aus einem Obstkorb entnommen, den ein knieender Engel anbietet. Zwei Putti umflattern das Ende des Tuches, auf dem das Kind liegt. Pozzos Bild muß außerordentlich beliebt gewesen sein, denn noch heute sind sechzehn Fassungen davon bekannt oder belegbar, dazu kommt eine Kopie. Das erste dieser Gemälde wurde zwischen 1742 und 1750 von Sperges in der Kirche der Carmelitani alle Laste in Trient gesehen2; auch Bartoli beschreibt es3, bevor es „all'epoca delle soppressioni giuseppine" aus Trient verschwand4. Wahrscheinlich hatte Pozzo es für das Kloster gemalt während der kurzen Zeit, in der er dem Karmeliterorden angehörte, bevor er im Dezember 166$ bei den Jesuiten eintrat®. Nicolo Rasmo6 hat dieses verschollene Werk in einem Gemälde wiedererkennen wollen, das sich ehemals in der Pfarrkirche, jetzt aber in der Canonica in Levico (Valsugana) befindet. Ebenso wird für die Wiederholung in der Pfarrkirche von Sarche diese Provenienz behauptet7. - Das Gemälde in Cavareno - Sarnonico, das aus dem Besitz des Don Urbano Depeder zu Dr. Gerardo Bertoldi gelangte8, ist eine andere Fassung, die den Bildausschnitt enger faßt, so daß ein breiter Streifen am unteren Rand wegfällt. - Eine stark beschädigte Kopie fand ich in der SS. Annunziata, dem Kloster der Canisius-Schwestern in Trient. - Auch S. Maria dell'Aiuto in Lodrone und die Pfarrkirche in Lasino besitzen Wiederholungen*. - Bartoli, Zippel und Rossaro erwähnen eine Fassung in der Chiesa di S. Carlo in Rovereto. Sie ist nach dem ersten Weltkrieg verschwunden10. Doch erwarb die Galleria communale der Stadt 1966 aus der Sammlung Giovannini (Rovereto) ein Gemälde, das den Typus von Levico genau wiedergibt, in Pinselduktus und Lichtbehandlung aber freier ist (Abb. 1). Nicht nur im Trentino, sondern auch während seines Aufenthaltes im Piemon2
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Emert (1939), S. 46, nadi Innsbruck, Ferdinandeum, Biblioteca Dipauliana, ms. 74$ (220) Giuseppe de Sperges, Notabilia urbium aliorumque locorum Tirolensium. - Rasmo (M äff ei), S. I J 6, Anm. 20. Trento, Biblioteca civica ms. 1207, zit. nach Emert (1939), S. 88. Rasmo (Maffei), S. 156, Anm. 20. Giuseppe, S. 3 7 1 . Giuseppe, S. 3 7 1 . - Marini (1959), Anm. 67 „forse di un ottimo allievo". - Die Notiz bei De Maffei (1966) Anm. 70, das Bild befinde sich heute im Museum von Trient, beruht auf einer Verwechselung mit einem gemeldeten, aber gescheiterten Ankauf (vgl. Anm. 8). Marini (1959), Anm. 67. Giuseppe, S. 3 7 1 . Der gemeldete Ankauf für das Museo nazionale in Trient kam nicht zustande. Marini (1959), Anm. 67. Zippel, Giuseppe, im Sonderdruck S. 23, Anm. 8. - Rossaro, Antonio, N r . 166. - Emert (1939), S. 102 „Altre due tele del P. erano nella soppressa diiesa della Madonna alle Laste, nell'ex- convento dei Carmelitani Scalzi. Una copia (?) di una di queste tele è nella chiesa di S. Carlo in Rovereto". Entfällt.
Die „Ruhe auf der Flucht"
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tesischen führte Pozzo die Komposition verschiedentlich aus. Während der Umgestaltung der Chiesa di S. Francesco Saverio in Mondovi 1676-1678 malte er an die Fassade des Monastero S. Chiara delle Cappuccine in der Via Giov. Giolitti die „Heilige Familie" 12 . Statt des Engels stellte er die Kirchenpatronin dar, auch führte er nur einen der schwebenden Putti aus. Die Freskotechnik verlangte, daß Pozzo den dunklen Hintergrund aufhellte. Er führte einen Birnbaum ein und setzte an den linken Rand zwei antikische kannelierte Säulen auf hohen Stühlen. - Giovanni Vacchetta13 beschreibt an der Porta della Città verso Vico ein Fresko „alquanto guasto . . . pittura che si dice eseguita nel 1679 (io lo suppongo invece fatta negli anni 1676-1677). Quivi al disopra di un grande stemma della Città, che formava chiave all'arco la Vergine incoronata col Bambino in braccio die tende le manine ad un canestro di frutta die un angelo sorregge". - Für den Altar der ehemaligen Jesuitenkirche S. Maria in Cuneo griff Pozzo wieder auf den Engel mit dem Früchtekorb zurück. Er setzte den Baum jetzt an den rechten Bildrand, den er etwas hinausschob, behielt die kannelierten Säulen bei und ließ vor ihnen einen Putto herabschweben. Vacchetta vermutet, daß das Bild während der Arbeiten in Mondovi oder in Cuneo in den Wintermonaten 1676 oder auch vor der Ausmalung von SS. Martiri in Turin geschaffen wurde (1679). Wahrscheinlich wiederholte Pozzo auch während seiner römischen Zeit (1682 bis 1702) die Komposition, denn ein „S. Giuseppe col Bambino" oder eine Madonna mit dem hl. Josef werden unter der heute verschollenen Ausstattung von S. Orsola (S. Giuseppe) in Via Vittoria genannt14. - Schließlich befand sich noch 1 9 1 3 in der Galleria Barberini eine „Sacra Famiglia" 15 . Die früheste Zuschreibung des Hochaltars 16 der Ursulinerinnenkirche in Innsbruck an Pozzo stammt von Dipauli 17 . Das Bild bietet gewisse Datierungsprobleme. Da nach Tinkhauser 18 der Bau der Ursulinerinnenkirche im Frühjahr 1700 begann und am 19. Juni 1705 mit drei Altären geweiht wurde, glaubte Ilg 19 , daß Pozzo auf seiner Reise nach Wien bis 1704 in Trient blieb und dann erst nach Innsbruck kam, doch bestritt schon Hammer 20 die Verbindlichkeit dieser Auffassung. Daher datiert Marini 21 auf 1703 und sah fremde Beteiligung, doch 12
Vacchetta, S. 34. 13 Vacchetta, S. 34. - Während der Drucklegung erhielt idi durch Nino Carboneri ein Foto und folgende Notiz: „L'affresco si trova sulla parete esterna di una delle case che costeggiano la vecchia piazza d'armi di Mundovì: della porta non rimane più nulla, perdiè è state inglobata nella casa." 14 Roisecco (1750), Bd. 2, S. 1 5 2 und (176$), Bd. 2, S. 144. - Pistoiesi (1841), S. 7 1 . »5 Bianchi, S. 278, Nr. i i j 8 . 16 Jetzt im Betdior. 17 A . A . von Dipauli, Zusätze zu P. Denifles Nachrichten von den berühmteren Künstlern, Innsbruck, Ferdinandeum, Biblioteca Dipauliana, ms. nr. 1104, S. 1 8 1 . 18 Tinkhauser, Bd. 2, S. 189. 1» Ilg (1886), S. 230. 20 Hammer (1912), S. 218, Anm. 1. 21 Marini (1959/60), Anm. 33.
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Ölgemälde und ihre stilistische Entwicklung
ist das Gemälde außerordentlich sorgfältig ausgeführt. Pozzo gibt diesmal einen halbrunden oberen Abschluß und malt in die entstehende Lünette einen Putto. Eine Zeichnung, welche Fernanda de MafFei22 aus anonymem Londoner Privatbesitz veröffentlichte und welche „Pozzo" beschriftet ist, gibt die Innsbrucker, durch einen Putto über dem Haupt des Joseph gekennzeichnete Fassung wieder, schließt den oberen Rahmen aber horizontal, nicht im Halbrund, ab und faßt besonders am linken Bildrand - den Ausschnitt weiter. Das Blatt trägt unschön ins Bild gesetzte Farbangaben in deutscher Sprache: sie deuten nicht notwendig auf einen österreichischen Zeichner, sondern werden nachträglich eingefügt worden sein. Duktus und Lavierung finden sich auf anderen Blättern Pozzos so ähnlich, daß wir glauben, ihm selbst die Zeichnung zuschreiben zu dürfen. Eine Kopie im Besitz des Conte Antonio Alberto Poja di Trento in Rom zeigt ebenfalls den Putto. Zwischen 1702 und 1705 variierte Pozzo das Thema noch einmal in einem Wandbild der 4. rechten Seitenkapelle in der Wiener Jesuitenkirche23 (Abb. 2). Die Szene wird in die Zimmermannswerkstatt verlegt. Pozzo bildet den hl. Josef jetzt spiegelverkehrt ab. Der Heilige trägt allein das Jesuskind. Maria sitzt mit einer Stickerei vor der Hobelbank. Der Engel hebt seinen Obstkorb viel weniger hoch, ein zweiter Engel bedient die Madonna, eine Puttensdiar schwebt über der Szene. Noch ein halbes Jahrhundert später faszinierte Pozzos Werk den aus der gleichen Landschaft stammenden Giovanni Antonio Guardi. Dessen Bild, das der Sammler Barozzi in Strigno (Valsugana) erworben hatte, ist 1925 in das Museum von Toledo (USA) gelangt24. Rasmo verglich es mit der Fassung in Levico, doch geht Guardis temperamentvolle und lockere Wiederholung, in der die Konturwerte zurücktreten, vielleicht auf ein verlorenes Gemälde zurück, das dem Innsbrucker Bild sehr nahestand, denn nur dort erscheint der fliegende Putto über dem Haupt des Joseph. Für ein verlorenes Vorbild spricht auch, daß die Kopie den Bildausschnitt weiter faßt als das Innsbrucker Gemälde. Der blühende Stab Josephs, der am Boden liegt, mag Guardis eigene Zutat sein. Hermann Voss konnte zeigen, daß sich Darstellungen dieses Typus der „Heiligen Familie" aus den Wiedergaben der Palmbaumlegende in der „Flucht nadi
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De Maffei, S. 304, Anm. 70. Grimschitz, Universitätskirche (1956), S. 2 - 3 bestritt die Beteiligung Pozzos an den Nebenaltären, doch Marini (1959/60), Anm. 33 hält an der eigenhändigen Beteiligung des Meisters fest. - Dr. Josef Zykan teilte mir mit, es handele sich um ein Bild des 19. Jahrhunderts. E s ist möglich, daß Pozzos Original bei der Restaurierung der Kirche durch A . Krafft (vgl. unten) erneuert wurde, bei den ungünstigen Beleuditungsverhältnissen am Ort läßt sich dies nicht sicher beurteilen. Doch ergibt der Stilvergleich, daß es sich - wie bei den übrigen Restaurierungsarbeiten - wenigstens um eine sehr genaue Kopie des Originals handeln muß. - Vgl. auch Anm. 47. Rasmo (MafFei), passim. - Pietro Zampetti, Mostra dei Guardi, Catalogo, Venezia 196$, N r . 69.
Die „Ruhe auf der Fludit"
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Ägypten" verselbständigt haben, weshalb wir die „Flucht nach Ägypten" als Bildtitel beibehalten25. Die in seinem Beitrag abgebildeten Werke von Calvaert, Cantarini, Manetti, Albani, Vouet, Fiasalla, Ferri, Poussin und Millet erhellen die Herkunft von Pozzos Komposition, sie verdeutlichen, wie sich das Motiv des Engels mit dem Früchtekorb entwickelt. Doch Pozzos Bild unterscheidet sich in einem Punkte wesentlich von den genannten Werken: während sonst die Madonna mit dem Kind Ziel der Darstellung ist, wird hier der Hauptakzent auf den hl. Josef gelegt. Die Bildidee Pozzos war für die Karmeliter geschaffen worden. Bei diesen genoß der hl. Josef besondere Verehrung28. Theresia von Avila nannte ihn den „Vater ihrer Seele", sie weihte ihm ihr Kloster. Die Josephsverehrung breitete sich so rasch in dem Orden aus, daß zu Ende des 18. Jahrhunderts zweihundert Konvente diesem Heiligen gewidmet waren. Die Jesuiten verehrten die Hl. Familie unter der Formel „Oh veneranda trinitas, Jesus, Joseph et Maria". Auch die Ursulinen verehrten Joseph. Der beliebte Josefkultus erklärt die weite Verbreitung von Pozzos Gemälde. Die Komposition ist wichtig zur Kenntnis seines Jugendwerks, denn die frühesten datierten Bilder sind die Genueser Altäre des Dreißigjährigen. Obwohl Pozzo 1665 kaum über die Grenzen der Lombardei nach Süden gekommen sein kann, muß er bereits Nachricht von den Arbeiten Guido Renis gehabt haben, welche der Typus der Madonna voraussetzt. Man vergleiche etwa dessen „Caritas" im Palazzo Pitti 27 . Die Putti sind fast wörtlich nach François Duquesnoys „Grabmal van de Eynde" in S. Maria dell' Anima in Rom kopiert28. Wie Pozzo davon Kenntnis hatte, läßt sich nach dem augenblicklichen Forschungsergebnis nicht ermitteln, vielleicht ist ihm mit Duquesnoy auch eine bisher unbekannte Quelle gemeinsam. Der Engel mit dem Früchtekorb geht letzten Endes auf Tizians sog. „Lavinia" (Berlin) zurück29. Von da übernimmt Pozzo das manieristische Kontrastmotiv des Erhebens der Fruchtschale über das Haupt bei gleichzeitiger Blickwendung aus dem Bilde. Die „Ruhe auf der Flucht" charakterisiert eine sehr dichte Figurenverknüpfung, die besonders in den frühen Fassungen die Bildfläche fast vollständig füllt. Schwingende Bögen binden die Gestalten eng aneinander. Um den Ornamentzusammenhang zu wahren, werden die Größenverhältnisse gepreßt. Aus den frühen Fassungen ist der Raum fast völlig eliminiert, er hat keine Ordnungsfunktion. Vielmehr reduziert Pozzo die plastische Existenz der Figuren auf Hell25
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Hermann Voss, Die Fludit nach Ägypten, in: Saggi e memorie della storia dell'arte, i, 1 9 5 7 , S. 2 5 - 6 1 . Louis Réau, Iconographie de l'art dirétien, Bd. 3, Teil 2, Paris 1958, S. 75 j . - B. Knipping, De Iconografie van de Contra-reformatie in de Nederlanden, Bd. 1, Hilversum 1939, S. 1 5 6 mit Lit. . Cesare Gnudi und Gian Carlo Cavalli, Guido Reni, Firenze 1955, Abb. 17. Vgl. Jacob Hess, Kunstgesdiiditliche Studien zu Renaissance und Barock, Roma 1967, Bd. I, S. 129, 130, Anm. 4, 1 3 2 , 136, 1 3 7 , 1 4 1 . Hans Tietze, Tizian, London 1950, Abb. 219.
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Ölgemälde und ihre stilistische Entwicklung
Dunkel-Muster, indem er Teile ihrer Körperlichkeit in den dunklen Grund absinken läßt. Die durch Schatten neu entstandenen ungegenständlichen Silhouetten konfigurieren zu einem ornamentalen System, mit Hetzer zu reden, zu einem „Bildmotiv" 3 0 . Diese ornamentalen, das ganze Bild beherrschenden Formprinzipien aber dienen einem Ziel: auf das Jesuskind als das inhaltliche Zentrum hinzuführen. Es ist charakteristisch, daß das Fresko in Mondovi diese Formqualitäten nicht besitzt. In dem vom Sonnenlicht durchströmten Freiraum erscheinen die Figuren in unangegriffen intakter Körperlichkeit. Die flächendurchgreifende Geste des Engels fällt aus. Der dekorative Zusammenhang ist gestört, die Hauptgruppe rutscht nach links ab. Doch Pozzo stellt sich der Notwendigkeit einer plastischen Behandlung der Bildpersonen. Er befreit die Gruppe von den Rahmenüberschneidungen, die sie in die Fläche drückten. Formalen Halt gibt er ihr, indem er Joseph konsequenter die Mittelachse einnehmen läßt, diese durch den Baum betont und seitlichen Rückhalt durch die Säulenstümpfe schafft. In der Wiener Fassung gewinnen die Figuren noch an Eigenwert, sie werden gegenständlicher. In den frühen Bildern war die Szene in stärkerer Aufsicht gegeben, durch die mehr bildparallele Ansicht der Wiener Fassung verschieben sich die Proportionen weniger. Die Raumverhältnisse sind klarer. Die Farben werden auf den Intimcharakter der Szene abgestimmt. Für eine wirkliche Idylle ist der Vorgang zu bewegt, wirkt der Landschaftsraum zu wenig mit, doch hat die Darstellung wegen ihres fast genrehaften Charakters und ihrer unpathetischen Menschlichkeit mit Redit solche Popularität besessen.
B. Die „Predigt Franz Xavers" und „Der Lehrende Christus im Tempel" 1672 vollendete Pozzo für SS. Ambrogio e Andrea in Genua im Rahmen einer Kapellenausstattung 31 ein Altarbild mit der „Predigt Franz X a v e r s " (Abb. 3). Die auffallende Physiognomie des adlernasigen Glatzkopfes am rechten Bildrand wiederholt er in der Lünette über dem ersten rechten Seitenaltar in S. Defendente zu Romano di Lombardia 82 (Abb. 4). Der „Lehrende Christus im Tempel", der nach demselben Modell wie der S. Venanzio in Ascoli Piceno geschaffen wurde, übernimmt nämlich die Haltung Franz Xavers, f ü r den wiederum Raffaels Plato und Aristoteles in der „Schule von Athen" Modell gestanden
80 Theodor Hetzer, Das deutsdie Element in der italienischen Malerei des 16. Jahrhunderts, Kunstwissenschaftliche Studien Bd. 3, Berlin 1929, passim, bes. S. 3 5 - 3 7 . - Peter Hartmann, Syntax und Bedeutung, I. Teil, Assen 1964, S. 86-98. 3i Vgl. Anm. 62. 82
Bergamo, S. 378, ö l auf Lwd., halbrund, 6 x 3 m , originale Aufstellung. - Zuschreibg. durch Maironi D a Ponte (1819/20) Bd. III, S. 49 und Muoni, S. 26.
Die „Predigt Franz Xavers" und „Der Lehrende Christus im Tempel"
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haben. Eine Supraporte im Gesù von Frascati 33 nimmt das Thema der Lünette nodi einmal auf (Abb. j). Auch hier wieder der Glatzkopf als Gegenspieler Christi, neben ihm sitzt der Turbanträger mit dem Folianten, der in Romano linke Randfigur ist. Einmal erfundene Bildfiguren werden also von Pozzo wie Versatzstücke behandelt und benutzt, um innerbildliche Regiefragen zu lösen. Sie sind nicht für ihren Bildort geschaffen, sondern aus ihrem Ensemble wird das Bild erstellt. Den verschiedenen Bildfassungen liegt ein gemeinsames Figurenrepertoire zugrunde84. Diese Erkenntnis führt auf das wichtigste Vorbild für Pozzos Frühwerk. Dazu beitragen kann Rattis 35 Bericht von der Ablehnung des Genueser Bildes: „per lo risoluto sforzo de chiaroscuri usatovi, è difficile a intendersi, da poco periti fu quest'opera giudicata men bella dell' altra, quantunsque le superasse. Laonde per non esporla alle ocche censure del volgo, si fece da queii PP. trasferire in luogo men ovvio, ed ultimamente è stata mandata a Novi per un Altare della Chiesa de P P J . della medesima Compagnia". Der Historiograph führt uns durch die Erwähnung der Chiaroscuri auf Caravaggio hin, dessen „Rosenkranzmadonna", damals schon in der Dominikanerkirche in Antwerpen 36 , Pozzo aber doch wohl durch einen Stich bekannt war. Neben dem Vorhang übernimmt Pozzo das Motiv der knieenden, barfüßigen Rückenfiguren im Vordergrund und das Zusammenspiel weitweisender Gesten. Doch die Verwandlung der Entlehnungen wird Indiz zur Unterscheidung. Caravaggio rückt bittende, weisende Gesten als handlungsintensivste Teile der Figuren in vollstes Schlaglicht und betont damit ihre Pathosfunktion 37 . Der Kontext der Lichtstellen wird semantisch relevant. Dagegen erscheint Pozzos wichtigste Bildfigur, der Prediger, am stärksten verunklärt, weil in den Schatten gerückt. Pozzo vermag es nicht, Fragen der Bildregie mit übernommenen Formqualitäten in Einklang zu bringen. Seine Figuren opfern ihre lichtbedingte Eigenexistenz auf, um den Flächenzusammenhang des Bildfeldes zu wahren. Die Helligkeiten werden nicht auf den Bildinhalt hin organisiert. Figuren und Lichtregie treten in Diskrepanz. Insofern inhaltliches Zentrum und Helligkeitszentrum auseinander
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Vgl. unten, Kapitel I I I c. Vgl. M a x Imdahl, Regie und Struktur in den letzten Gruppenbildnissen von Rembrandt und Frans Hals, in: Festschrift, M a x Wegner zum 60. Geburtstag, Münster 1962, S. 1 1 9 - 1 2 6 . ss Ratti, S. 329. 36 Katalog der Gemäldegalerie I. Teil Wien, Kunsthistorisches Museum i960, S. 2 9 - 3 0 . 87 Wilhelm Messerer, Die Zeit bei Caravaggio, in: Hefte des Kunsthistorisdien Seminars der Universität München, hrsg. von Hans Sedlmayr, H e f t 9 - 1 0 , (1964) S. 5 5 - 7 1 , S. 70 Anm. 52 „was es (das Licht) heraushebt, nämlich immer die am intensivsten der Handlung zugeordneten Teile der Figuren, das läßt sich überhaupt nicht aus dem Sehen, sondern nur aus dem Darstellen Caravaggios erklären. Offenbar ist die Einheit von Caravaggios Stil nicht in einem Zuge seines Naturalismus zu finden, sondern dieser Naturalismus und andere Phänomene haben ihren gemeinsamen Grund in einem dem Sein, nicht erst den Sehphänomenen zugeordneten Ansatz Caravaggios '. 34
Ölgemälde und ihre stilistische Entwicklung
treten kann man von einer Profanisierung sprechen. Bedeutung und Ausdrucksfunktion der Figuren sind vorgewußt, das Licht übernimmt nicht mehr diese Aufgabe, es hat geradezu verfremdende Wirkung. Dies ist in der Lünette von Romano korrigiert, dort nämlich ist die beleuchtete Hand des lehrenden Christus tatsächlich wichtigster Bildakzent. Zugunsten der Regie aber wird der Flächenzusammenhang gelockert, er ist semantisch irrelevant. Dies dient der vom Tableau unterschiedenen Seinsweise der Lünette als auf Untersicht angelegte, mit dem Realraum kommunizierende Illusionsmalerei. Gerade deshalb stört die Uberschneidung des Bogenfeldes durdi den Altaraufbau nicht.
C. „Ignatius verleiht den Ordenshabit an S. Francesco Borgia" Ebenfalls zu den Frühwerken gehört ein Altarbild der Jesuitenkirche S. Stefano in San Remo. Es entstand vermutlich im Zusammenhang mit den Bildern in Genua um 167288. Dargestellt wird Ignatius, wie er Franz Borgia den Ordenshabit verleiht. - Ein Jahrzehnt später39 wiederholt Pozzo die Komposition als Altarfresko im Querhaus des Gesü von Frascati (Abb. 31). - Nach Nicolo Pio40 und Baldinucci41 befand sich ein ähnliches Bild in der Sakristei von S. Andrea al Quirinale in Rom: „fece una tavolina graziosissima in cui espresse il B. Stanislao Coscha nell'atto di domandare al S. Generale Francesco Borgia l'abito della Compagnia, con molte altre figure cosi divote, che al solo sguardo di esse muovono chi che sia a devozione". Für die Wiederholung in Frascati hat Pozzo einige Änderungen vorgenommen, am linken Bildrand steht nur ein Engel, im Vordergrund fehlen die Attribute des spanischen Granden und der Kardinalshut, den Borgia ablehnte. Das Bild erscheint als ein anderes. Dieser neue Eindruck gründet sich auf kleine Nuancen. Es fällt auf, daß der Putto mit dem Kreuz nicht mehr neben, sondern vor dem Marienbilde schwebt. Audi rückt die Säule am rechten Bildrand in der Fläche näher an die Gruppe heran; die Überschneidungen, welche sich dadurch ergeben, lassen aber ihren räumlichen Abstand stärker empfinden. Ignatius zieht seinen rechten Arm enger an den Körper, der Altarkruzifixus und die Kerzen überdecken das Gemälde. Somit wird raumhaltige Schicht zwischen Priester und Madonnenbild über der Mensa anschaubar. Der Engel stellt das Rituale steiler. Dessen Rand setzt den Kontur des Messegewandes fast senkrecht nach unten fort. In San Remo schließen sich Buch und Kreuzbordüre des Messgewandes zu einer Dreiecksfiguration zusammen, die in Frascati zur raumhaltigen Gruppierung
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Marini (1959), S. 12 datiert vor Mondovi. - Lanzi, Storia (1822), S. 541. - Ilg (1886), S. 224. ® 1 6 8 1 - 1 6 8 4 , vgl- unten. 40 Bibliotheca Apostolica Vaticana, Ms. Capponi 257, S. 7 „il quadro del B. Stanislao". 41 Baldinucci, S. 229. 3
Der „Bethlehemitische Kindermord"
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aufgebrochen wird. Dieses Aufheben übergreifender Flächenmuster, die Verräumlichung des Bildes und die zunehmende Vergegenständlichung der Dingwelt sind Stilprinzipien, die sich schon aus der vorausgehenden Betrachtung ergaben. In Frascati kommen sie der Einbettung des Altarbildes in einen übergeordneten Illusionszusammenhang zugute. Die innerbildliche Welt wiederholt die außerbildliche Gesamtsituation: die Rahmung durch Säulen (in Illusionsmalerei), die Mensa, ja sogar das Altarbild mit Rahmenkartusche. Durch diese Wiederkehr außerbildlicher in innerbildlicher Illusionsarchitektur wird die Raumkomponente gesteigert.
D. Der „Bethlehemitische Kindermord" Den „Bethlehemitischen Kindermord" hat Pozzo zweimal dargestellt. Zwischen 1681 und 1684 42 schuf er den Entwurf für eine Supraporte im rechten Querhaus des Gesù in Frascati. - Die Fassung f ü r die Capella Pia der Congregazione dei Banchieri e mercanti mit dem Patrozinium „Madonna santissima delle Fede" in Turin wird verschieden datiert. Josef Braun und Marini setzen sie 1703, der K a talog der Turiner Barockausstellung, der sich auf die Dokumente 4 ® stützt, 1 7 0 1 an. Marini 44 hatte das Bild ursprünglich 1 6 7 7 - 7 9 entstanden wissen wollen, wozu ihn stilistische Erwägungen veranlaßten. Neuerdings konnte 1704 nachgewiesen werden. Pozzos Bilderfindung für Frascati ist aus Motiven entwickelt, welche eine bemerkenswerte Unabhängigkeit von der Tradition und eine außerordentliche Begabung für einen unprätentiösen Realismus erkennen lassen. Zwei halbnackte Henkersknechte sind überraschend in ein Gemach eingedrungen, haben die Säuglinge aus den Armen der Mütter gerissen und wollen sie erstechen oder zerschmettern. Der eine zieht zwei Frauen, die ihn am Umhang gepackt halten, von den Stühlen, der zweite raubt einer zu Boden Gestürzten den Säugling, während eine andere Frau ihm das Gesicht zerkratzt. Obwohl die Dreiecksfiguration genau auf die Bildmitte ausgerichtet ist, wird sie wenig sinnfällig, da sie im Kontur nicht geschlossen ist. In der Turiner Fassung ist das anders. Ein kleiner Vordergrundstreifen bleibt leer, dadurch sind die Raumbeziehungen geklärt. Die Figuren verknoten und verschrauben sich zu einem noch dramatischeren Geschehen. Dazu trägt das von links einfallende Licht bei, das auf dem stark geschichteten Relief mit den differenzierten Höhenunterschieden fleckig und flackrig hin und her springt. Die von vielen Handelnden
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De Angelis, S. 164. - Marini (1959), S. 33. Thieme-Bedker. - Marini (1959/60) Anm. 25. - Torino, Bd. 2, S. 67-68. - Tamburini, S. 275, 279
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Marini (1959/60) Anm. 2 j .
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dichtgefügte Komposition überhöhen noch zwei weitere Figuren. Der Zug der Wendeltreppe unterstreicht die Spiralbewegung innerhalb des Reliefs, aber auch den Kontur des Dreiecks. Das bürgerliche Motiv hat einen aktualisierenden Zug, wird aber auch als Figura serpentinata ausgewertet. All dies wird in lebhaftem Rot, Blau und Gelbtönen vor dunklem Hintergrund geschildert. Dieser strengere und konsequentere Bildaufbau weist darauf hin, welche stilistisdie Entwicklung Pozzo während seiner römischen Zeit durchlaufen hat. Der Weg führt von dekorativen Ornamentformen zu bewußter Flächengeometrie, welche aber die Erscheinungsfreiheit der Figuren wahrt, doch sublimiert der strenge Bildbau den Detailrealismus.
E. „Die Flucht nach Ägypten' Die früheste der drei Fassungen der „Flucht nach Ägypten" ist ebenfalls eine Supraporte des Gesù von Frascati45 (Abb. 8). Auch sie wurde 1701 für Turin wiederholt46 (Abb. 6). Das nicht vor 1703 entstandene Wandbild in der Josefskapelle der Wiener Jesuitenkirche ist verbrannt und wurde durch eine moderne freie Komposition ersetzt, doch existiert eine alte Aufnahme 47 (Abb. 7). Der Motivbestand der Fassungen in Frascati und Turin ist fast identisch. In Turin erlaubt das Hochformat, noch ein Puttenpaar am oberen Rand einzuführen. Dagegen will die Supraporte nicht als selbständiges Bild gewertet werden, vielmehr zeigt sie als Teil einer Raumausstattung eine summierende flüchtigere Malweise. In dem großformatigen Bild in Turin dagegen mußten die ursprünglich auf Fernwirkung berechneten Flächen durch fein abgestufte Lichtwerte zerlegt werden, wodurch das Gemälde an detaillierter Vielfalt gewann. So ist das Licht weniger selbständig als in der frühen Fassung, sondern es realisiert sich viel mehr an den Bildgegenständen. Charakteristisch dafür sind die verschiedenen Nimben des Jesuskindes in Frascati und Turin. Ist die Fassung in Turin malerisch qualitätvoller, so wird doch deutlich, daß das Motiv für das Breitformat in Frascati erfunden wurde, denn nur dort wird „Flucht" wirklich als Vorwärtseilen in einen noch freien Raum geschildert. Das Hochformat engte die Szene auf eine Episode ein: die Madonna schreitet den
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De Angelis, S. 164 glaubt an Ausführung durch Pozzos Gehilfen Antonio Colli. Torino, Bd. 2, S. 67-68. Grimsdiitz, Universitätskirdie (1956), S. 2 - 3 bestritt für die Kapellenbilder die Beteiligung Pozzos. Waschgier, S. 19 glaubte nicht an die Eigenhändigkeit der Seitenbilder. Dagegen sah Marini (1959/60), S. 62 eine persönliche Beteiligung Pozzos bei der „Flucht nach Ägypten". Der ikonographische Typus leitet sich ab von Matthäus 2, 14 „profugit in tenebris". Solche Nachtstücke gibt es z. B. von Elsheimer (Louvre), Rembrandt (Tours) und Ansaldo (Rom, Gall. Corsini). Zum Typus des Joseph Christopherus vgl. Louis Réau, Iconographie de l'art chrétien, Bd. 2, Teil 2, Paris 1958, S. 282. - Vgl. auch Anm. 23.
„Die Flucht nach Ägypten"
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steinigen Abhang hinab, Josef hat ihr das Kind abgenommen und stützt sie, ein Engel beleuchtet den Weg. Wirklich nach vorn weist in Turin allein der fliegende Engel, auf den Pozzo auch wesentlich mehr Licht verwendet als in Frascati. Dort wurde das Vorwärtsschreiten aus der Form, aus dem Abstand der Figuren zum Bildrand augenfälliger. Die Wiener Fassung vereinfacht den Motivschatz. Der Engel mit dem Esel verschwindet, ebenso die beiden Putti neben dem Jesuskind. Dafür erscheint ein neuer, der den Arm der Madonna stützt. Vor allem fällt der Fackelträger am unteren Bildrand weg. Das Bildlicht geht vom Jesuskind aus. Dies erlaubt, die starken Kontraste zu verwischen. Die Figuren werden nicht mehr caravaggesk in Licht- und Schattenbahnen zerlegt. Sie gewinnen ihren Konturwert zurück und werden als körperliches Ganzes behandelt. Audi die übrigen Abänderungen intisivieren die Gegenständlichkeit. Josef hat seinen Umhang zurückgeschlagen und stützt seine Hand auf einen Stock. Die Madonna benutzt ihren Mantel nicht mehr als Schleier, sie hat ihn auf die Schulter zurückgleiten lassen. Das Bündel, das sie unter dem Arm hält, wird jetzt zum Sack. Man mag diese Wandlung von der idealisierenden Gegenstandsauffassung zum „deutschen" Genrerealismus (man vergleiche die Falten am Kleid der Madonna!) wie auch immer bewerten, sie lag in Pozzos Absidit. Im Ansdiluß an Forschungen Erich Auerbachs und Gerhard Rodenwaldts hat Hans Sedlmayr nachgewiesen, daß die Anwendung des Sermo humilis im System der Rhetorik, welcher „das sachlich Informative, das Unbedeutende, Unauffällige, das Private und das Alltägliche" umfaßt 48 , auf christliche Gegenstände durch Augustinus (De doctrina christiana, Kap. 18) unter Hinweis auf die universale Bedeutung der Heilswahrheiten legitimiert wird. Humilis wird zum wichtigsten Eigenschaftswort für die Bezeichnung der Inkarnation 49 . „Das Ungeschickte, Halbgebildete, holprig Pendantische gehören ebenso zum bildkünstlerischen Stil des sermo humilis wie das Volkstümliche, Würzige und Frische, wie das Charakteristische und Häßliche, wie das Realistische, zum Beispiel auch noch in der Verwendung von Kleidungsstücken der niederen Volkstracht. Dazu gehört aber a u c h . . . das menschlich Nahe und Unmittelbare". 50 Der Sermo humilis wird in Beziehung zur sozialen und geistigen humilitas derjenigen gesetzt, an welche sich die christliche Lehre wendet und denen sie zugänglich ist61. Ubertragen wir diese Gedanken auf Pozzos Malerei, so ist festzuhalten, daß die Abkehr vom Ästhetischen und die Wendung zur niederen Gegenstandswelt
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Hans Sedlmayr, Ars humilis, in: Hefte des Kunsthistorisdien Seminars der Universität München, H e f t 6, München 1962, S. 7-21, S. 9. Vgl. auch: Jan Bialostocki, Das Modusproblem in den bildenden Künsten, in: Stil und Ikonographie, Studien zur Kunstwissenschaft, Dresden 1966, S. 9. Sedlmayr, a. a. O., S. 11. Sedlmayr, a. a. O., S. 13. Sedlmayr, a. a. O., S. 11.
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den religiös-erzählenden Gehalt des Bildes intensivieren und das Thema dem Betrachter näher rücken soll. Der veristische Zug, Genauigkeit und Klarheit im Deskriptiven führen Pozzo in seiner Spätzeit zu einem Devotionsstil, die Kommunikation zwischen Betrachter und Bildwelt erleichtert die private Andacht. Es geht hier nicht mehr um die Schönheit einer nach strengen Formprinzipien aufgebauten Komposition und ihren Verweischarakter auf eine Idee transzendenter Vollkommenheit. Vielmehr vermittelt die konkrete Bildwelt mit ihrer naturbezogenen Wirklichkeit die unmittelbare Gegenwart der Heilsgeschichte, die sie darstellt. Der direkte Kontakt ist eine spezifisch jesuitische Intention.
F. „Die Taufe der indischen Königin Neachile durch Franz Xaver" Neben einer Anzahl von Zeichnungen besitzt das Düsseldorfer Kunstmuseum aus den Sammlungen des Akademiedirektors Krähe unter der Inventarnummer 2266 auch ein kleines Gemälde (63 x 47 cm) Pozzos 52 (Abb. 9). Dargestellt ist die „Taufe der Königin Neachile durch Franz Xaver". Bartoli 63 berichtet in seiner Vita des Heiligen die Bekehrungsgeschichte: „Unter den Eingeborenen, die durch ihn auf den Molukken bekehrt wurden, war Neachile, Tochter des Almansor, Königs von Tidor, Frau des Boleife, Königs von Ternate, Prinzessin von männlichem Mut, sehr sdiarfem Verstände und großer Meisterschaft in den Riten ihrer Sekte. Sie war von tödlichem H a ß gegen die Christen erfüllt. Um so wunderbarer erscheint ihre B e k e h r u n g . . . (Xaverius) wußte ihr soviel von der unermeßlichen Größe des Gottesreiches zu s a g e n . . . daß sie begann, ihr Verlangen auf den Himmel zu r i c h t e n . . . So gab sie sidi besiegt von der Gnade Gottes und den Gründen des Heiligen, welcher sie . . . unter dem Jubel der Christen taufte und ihr den Namen Isabella verlieh." Die leichte Pinselführung des Düsseldorfer Bildes läßt erkennen, daß es nicht als ausgeführtes Gemälde, sondern als Skizze verstanden werden will. Es diente als Vorlage für den Altar der Franz-Xaverius-Kirche zu Sansepolcro (Abb. 10). Ardiitektur und Figuren sind bis in Einzelheiten genau übernommen. N u r den taufenden Missionar hat Pozzo aus dem Profil en face gerückt. So faßt er formal als Dreiecksfigur die knieenden Gruppen strenger zusammen. Diese Bindung zur Flächenfigur eliminiert ebenso wie die Abänderung auf der Motivebene das Momentane des Taufakts und überhöht diesen zu zeitloser Repräsentation. Doch der einspringende Rahmen hebt diesen strengen Tableaudiarakter wieder auf, 52
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Düsseldorf, Staatsarchiv, Inv. Nr. VIII, 10, Bergische Landstände, Catalogue d'une collection consistant . . . en esquisses colorées . . . en Desseins originaux . . . Ms. von Lambert Krahe, 10. Februar 1779, S. 137 (dort als „Parri"). - Wilhelm, S. 91. - Levin, S. 214 „ohne Beziehung zum Künstler". - Schaarschmidt, S. 20, Nr. 103. - Klapheck, S. 121. Daniello Bartoli, Vita di S. Francesco Saverio della Compagnia di Gesù, apostolo delle Indie, Bd. 1, Neudruck Torino 1869, S. 208-209.
,Die Taufe der indischen Königin Neachile durch Franz X a v e r "
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durchbricht die ästhetische Distanz und verweist darauf, daß in Pozzos damaligem Schaffen Illusionismus zentrales Anliegen ist. Als einziges seiner Werke ist der Altar in Sansepolcro vom Künstler selbst signiert und 1690 datiert64. Das Thema hatte Pozzo schon 1676-9 im Apsisfresko der Kirche S. Francesco Saverio in Mondovi angeschlagen (Abb. 29, 30). - Für die Budapester St. Anna-Kirche schuf er eine Fassung55, in der die ursprüngliche Kerngruppe aus dem Heiligen, der Königin und dem Buchträger noch beibehalten ist, das zahlreiche Gefolge aber auf zwei Gestalten beschränkt wird. - Bekannter ist der Hochaltar der Seminarkirche S. Francesco Saverio in Trient. Nach Sperges56 geht der Entwurf auf Pozzo selbst zurück. Nach Bartoli 57 war Pozzo kurz vor seinem Tode sogar noch an der Ausführung beteiligt. Sein Schüler Mignocchi soll nur die Madonna in der Glorie und die Figuren der Epistelseite gemalt haben. Aus der ersten Fassung bleibt die Rückenfigur am linken Bildrand erhalten. Die knieende Königin und der sie taufende Franz Xaver werden im Gegensinn dargestellt. Durch diese Umkehrung der Hauptgruppe zerreißt die Handlungseinheit mit dem Träger des Rituale. Verwandt mit den frühen Fassungen ist die Anordnung der Szene auf der Treppe und das Halbrund der abschließenden Hintergrundarchitektur. Bei seinen Ergänzungen hat Mignocchi auf die Motive des Apsisfreskos von S. Ignazio in Rom zurückgegriffen (Abb. 50). Schon dort erscheinen auf dem mittleren Podest die Szene der Besessenen und der liegende Ignudo. Die nach oben zeigende Frau des Altarbildes entspricht dem Mann vor der Podestmitte in S. Ignazio. Auch der Stehende mit den ausgestreckten Armen und die linke Randfigur kommen dort vor. Die Gesamtlage schließlich ähnelt Pozzos „Assunta" in der Wiener Jesuitenkirche58 (Abb. 63). Der motivische und formale Aufbau des Düsseldorfer Bozzetto, die räumliche Staffelung der Figuren, ihr diagonaler Aufbau in der Ebene, welcher die Richtungswerte der Architektur ergänzt, die girlandenförmige Verknüpfung der einzelnen Handelnden und der festliche Grundton sind ohne Einfluß Veroneses undenkbar. Ihn hatte Pozzo in seiner Jugend auf einer venezianischen Reise stu-
54 Mancini ( 1 8 3 2 ) , S. 2 7 J . - Giglioli ( 1 9 2 1 ) , S. 7. - Pergola (1935/36), S. 205. - Marini ( 1 9 5 9 / 60), S. i i 2 nimmt Ausführung durdi einen Schüler an, von Pozzo stamme nur die „invenzione ed esecuzione iniziale". 55 Schoen ( 1 9 3 0 ) , S. 1 4 , 1 9 , 22, 28, 2 4 1 . - Budinis, S. 1 1 5 . - Wien, Nationalbibliothek, Pal. Vind. Cod. 1 2 1 0 J , fol. 24r für Dezember 1 7 0 9 „ A r a attolitum Divi Icone ab celeberrimo nostro fratte Andrea Pozzo". 58 Emert ( 1 9 3 9 ) , S. 43 nach Innsbruck, Ferdinandeum, Biblioteca Dipauliana, ms. 745 (220): Sperges, Giuseppe, Notabilia urbium aliorumque locorum Tirolensium. - Die Zuschreibung schon bei Patrignani, Bd. 3, S. 256. 87 Trento, Bibl. comunale, ms. 1 2 0 7 , S. 33. - Bartoli ( 1 7 9 3 ) , S. 1 5 1 . - Hammer ( 1 9 1 2 ) , S. 2 1 7 Anm. 2 „Die Madonna und die Täuflinge entsprechen ganz dem Stile des Bildes Mignocchis ,Tod des hl. Josef' auf dem rechtsseitigen Nebenaltar". - Marini (1959), S. 1 1 8 , Anm. 67 nimmt nur einen Bozzetto Pozzos an. - Chiusole, S. 1 9 „ D a Padre Pozzo, ma fu la tavola terminata da altri". 58 Vgl. Anm. 207 zu Kap. III.
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diert. Enger noch - besonders für die Gruppierung Priester, Täufling, Pate und Page ist die Abhängigkeit von Jacopo da Pontes „Battesimo di Lucilla" im Museo Civico in Bassano59. Pozzo übernimmt nicht die atmosphärische Helligkeit, sondern schafft mit anders gestimmter Palette einen dämmernden Raum, aus dem Figuren auftauchen, an denen sich das Licht fängt. Dies sind Erinnerungen an die Mailänder Frühzeit. In Ceranos Bildern hatten sich dort die flackrigen Lichtmuster des Cavaliere d'Arpino erhalten. Die „Taufe des hl. Augustinus" in S. Marco bot aber auch Anregung für die Hauptgruppe und ihre Kontrastierung durch große Vordergrundsfiguren60. Während die malerischen Werte des Budapester Bildes auf dem gleichen Prinzip beruhen, wird die Architektur im Altar von Sansepolcro aus einer zweiten Lichtquelle von oben beleuchtet. Dies ermöglicht es Pozzo, die Gruppe schärfer zu silhouettieren und also die Silhouette selbst als übergreifenden Zusammenschluß der Einzelfiguren zu verwenden. Das lichtbedingte caravaggesk-zerrissene Sein im Bozzetto wird umgeformt zu plastisch-selbständiger Körperlichkeit, aber auch zu einer klassizisierenden Erscheinung — auf Kosten jener persönlichen Handschrift, welche den Düsseldorfer Entwurf zu einem besonders reizvollen Werk des Meisters werden läßt. G. Andere
Gemälde
Wir setzen erneut an, um die übrigen Gemälde Pozzos zu sichten. Bereits gewonnene Ergebnisse können Leitfaden sein, sollen aber auch überprüft werden. Gleichzeitig mit der „Ruhe auf der Flucht" muß eine „Madonna" der S. Maria alle Laste in Trient entstanden sein, die heute verschollen ist 91 . Doch die frühesten sicher datierten Werke sind die Altarbilder für SS. Ambrogio e Andrea (S. Nome del Gesù) in Genua. „Gottvater, die Immaculata und Stanislaus Kostka, der das Christkind hält" wurde 1671 geschaffen62. Hier ist nichts mehr vom Körperpositivismus und der idyllischen Stimmungslage des Frühwerks, auch wird die Bilderscheinung nicht mehr im Sinne eines Flächenornaments durchgliedert. Die aschenhaft blasse Farbskala und die Unruhe der Modellierung im Wetterleuchten verweisen direkt auf Morazzone. Auch Rubens' „Beschneidung" in derselben Kirche wird angeregt haben63. Die Zerrissenheit der Form, in der die eigentlich 69 60 61 62
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Edoardo Arslan, I Bassano, II, Illustrazioni, Milano i960, T a f . 185. Vgl. Ellis Waterhouse, Italian Baroque Painting, London 1962, S. 1 3 5 , Abb. 1 1 5 . Emert (1939), S. 102 zit. das Manoscritto Battoli, Trento, Bibl. comunale ms. 1207. A R S J Med. 81, S. 185 »Alia permulta (pecunia) debentur ipsius industriae similia opera, in realtis praesertim anno superiori eiusdem S. Francis« Borgij solemnijs, nec denique praeter eunda Ico(na) Immaculatae Conceptionis ad proprium sacellum opus eiusdem f. (ece) ris". Chiusole, S. 1 2 1 . - Marini (1959), Anm. 1 2 glaubt, daß dieses Bild mit einem anderen identisch ist, das Ratti, S. 329 im Oratorio des Noviziats von Carignano beschreibt, obwohl er ebenfalls von der Genueser Fassung spricht. - Marini (1959/60) Anm. 33 datiert 1665/70. Adolf Rosenberg, P. P. Rubens, Stuttgart und Leipzig 1905, Abb. 34.
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verhaltene Szene begegnet, ist als spätmanieristisches Erbe zu verstehen. Auch dies entspricht dem Stil Morazzones, und überdies muß Pozzo in Mailand die Welt Ceranos kennengelernt haben. In der lombardischen Sdiule hatten sich das Kolorit Baroccis, die Figurenwelt Corregios und die Lichtwirkungen Tintorettos zu einem Stil verbunden, der - im Gegensatz zum übrigen Italien - die Formenelemente des 16. Jahrhunderts in den Frühbarock hinüberretten konnte. Vielleicht aber kannte Pozzo audi das Werk Orazio Borgiannis, der in Rom nach seiner Rüdekehr aus Spanien (ca. 1606) in Anlehnung an Grecos künstlerische Prinzipien die plastische Konzentration Caravaggios aufzulösen versuchte. An Borgiannis „Madonna mit dem hl. Franziskus" (Sezze 1608) erinnert Pozzos „Immaculata" durdi die gedrängte Figurenwelt und die von ihr unabhängige Lichtführung64. - Für 1672 berichtet die Quelle von der Ausschmückung der FranzXaver-Kapelle, die später der hl. Anna und dann dem Borgia geweiht wurde 65 . Das dortige Altarbild zeigt „Franz Borgia und die Anna selbdritt". Nur wenig treten aus dem Dunkel des Malgrundes einige nicht lokalisierbare Architekturteile hervor. So zerreißt das Licht das Bildfeld zu eigenartigen Streifen, die jede feste Komposition aufheben und dadurch das Erscheinungshafte der Bildwelt betonen. Anregungen für den Vorhang und die Schrägkulisse kann Rubens' „Ignatiuswunder" geboten haben66. - Zu der Genueser Kirchenausstattung gehört noch die „Predigt Franz Xavers", die oben besprochen wurde (heute in Novi Ligure). Eine wichtige Stelle im Gesamtwerk nimmt die Darstellung der „Krankenheilungen durch S. Siro" im Dom von Pavia ein67 (Abb. 1 1 ) . Der 340 verstorbene heilige Bischof ist Stadtpatron von Genua68. Das deutet darauf hin, daß das Bild während Pozzos Aufenthalt in Genua entstand und von dort nach Pavia gelangte. In der Tat ist es - wie die übrigen Frühwerke - noch stark von Elementen des 16. Jahrhunderts bestimmt. Die Einbettung des Mittelmotivs in eine kreis-
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Z u r lombardisdien Schule zuletzt der Katalog „Manierismo piemontese e lombardo del seicento, Torino 1 9 5 $ " . - Z u Borgianni Mostra del C a r a v a g g i o e dei Caravaggeschi, Catalogo, Milano 1 9 5 1 , N r . 7 1 , A b b . 64. 85 A R S J Med. 8 1 , S. 1 6 5 - 1 6 6 „ U t nostrum templum post tot annorum decursum et habitas impensas totum marmorum comparerei, unicum deerat sacellum ad laevam ingressus dicatum olim S. Francisci X a v e r i j honoribus, inde vero S. Annae semper tamen impolitum: placuit finem anni praeteriti P . N o . Petro Spinulae secreto nomine in S. Georgij orario mille circiter argenteos collocare in hunc finem, ut imponderetur in dicto sacello marmoribus ornando, picturis auroque et cetera; haec tamen lege ut P. Francesco Borgi nuper in SS. album relati dicaretur. Summa longe martore pecuniae ad opus conficiendum opus erat. Huius tamen anni initio deliberatum fuit nobis ex advenientibus elemosinis rem tandem perficere quae statim coepta duorum annorum intervallo eo perducta est, ut in praesens aspicitur. Bene meritus est de tali opere Fr. Andrea Pozzo qui pingendi arti eximius, icones omnes, ut supra calcem, sive in testitudine ipsa, sive in eiusdem angulis, ed ad altaris tabulam praecipuam suo penicillo magna cum laude sine sumptu compara v i t " . 69 A d o l f Rosenberg, P. P . Rubens, Stuttgart und Leipzig 1905 A b b . 1 8 7 . «7 Battoli ( 1 7 7 6 ) , S. 1 3 . - Pesenti (1968) mit Fig 6. 68 Louis Réau, Iconographie de l'art chrétien, I I I , 3, Paris 1 9 J 9 , S. 1 2 2 8 .
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förmige Höhlung erinnert an Federico Baroccis „Martyrium des hl. Vitalis", von Baroccis „Madonna del Popolo" stammt der Liegende im Vordergrund69. Audi zu Pozzos eigenen Werken lassen sich Verbindungen ziehen: der Buchträger variiert den Engel mit dem Früchtekorb aus der „Ruhe auf der Flucht", er erschien im Apsisfresko von Mondovi, in „Ignatius verleiht Franz Borgia den Ordenshabit" und ist letztlich Ceranos „Taufe des hl. Augustinus" in Mailand entlehnt70. Marini datiert die „Kreuzigung" für S. Lorenzo in Turin um 1677-79 7 1 . In scharfem Licht hebt sich der Christus gelblich und grau-weiß vom schwarzen Hintergrund ab. Pozzo verwendet als Farbakkord: Dunkelgrün und leuchtendes Tiefrot für den Johannes, Renigelb und Lapislazuliblau für die Magdalena. Dazu kommt noch ein ausgelaugtes Rotviolett für die Madonna. Für Farbgebung und Lichtbehandlung lehnt er sich an Reni an. Der Bolognese stellt getreu seinem klassischen Ideal die Kruzifixe 72 immer bildparallel und teilt den Malgrund symmetrisch auf. Pozzo dagegen dreht das Kreuz schräg in den Raum und bringt dadurch das Bildgefüge ins Wanken. Dies kommt seiner Absicht zugute, das Geschehen zu dramatisieren. Details wie das weit flatternde Lendentuch und die zur Seite gewehte INRI-Tafel gehören als Ausdrucksfigur ebenso dazu wie die im Widerschein eines Blitzes gleichsam zerfetzten Figuren. Dargestellt ist nicht die von Reni geschilderte zeitlose Einsamkeit des Gekreuzigten, sondern die plötzlich erhellte Szene in einem Augenblick. Verschollen ist die wahrscheinlich zwischen 1676 und 1679 während der Arbeiten an S. Francesco Xaverio entstandene „Verkündigung" in der 2. Sakristei der Kathedrale von Mondovi 73 . Die Wiederholung des „Ignatius" von Giacinto Brandi, die Pozzo für S. Ignazio in Carpi geschaffen hatte, verschwand bei der Schließung der Kirche 1799 74 . Ebenso unauffindbar sind heute Pozzos Mailänder Arbeiten. Pascoli76 notiert „tra i parecdij quadri, che vi fece uno fu quello die rappresenta la Madonna con Angeli che suonano diversi strumenti nell'altare della sagrestia della diiesa di S. Fedele". Das Bild wird noch 1776 von Bartoli erwähnt78. Carboneri 77 hat dazu in Harald Olsen, Federico Barocci, Copenhagen 1962, Kat. N r . 32 u. 34. Ellis K . Waterhouse, Italian Baroque Painting, London 1962, Abb. I I J . 71 Bartoli (Trento), S. 30. - Marini (1959/60), S. 109. 72 Cesare Gnudi und Gian Carlo Cavalli, Guido Reni, Firenze 195 j , Abb. 74. 73 Casalis, S. 637. - Giuria, S. 287. - Kutsdiera-Woborsky, S. 38$, Anm. 1. 74 Campori, S. 381 nach Barbieri, N o t a delle Pitture di Carpi, Mss. (ohne Angabe des Standortes). Den Ignatius in Modena schreibt Barbieri fälschlich einem Carracci zu. „ E il Cabassi (Anm. 5: Memorie degli artisti Carpigiani mss.) aggiunge che dello stesso (Pozzo) era la gran tela in forma di marmorea ancona dipinta ad architettura la quale servirà d'ornamento all'altare della Madonna del Carmine nella diiesa stessa". 75 Pascoli, S. 250. 78 Bartoli (1776), Bd. 1, S. 1 6 1 . - Serie, S. 32. 77 Carboneri (1961), S. 18 und S. 20, Anm. I J mit einem Verweis auf den Codex Triv. 1 7 1 6 , Fol. 1 7 9 v, der nicht mehr aufzufinden ist. 70
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den „Miscellanea Baroni" der Biblioteca d'arte des Castello Sforzesco in Mailand die folgende Notiz entdeckt: „Cappella sacrestia con le stuccature e pitture di A. Pozzo con il quadro della cappella 1679". - In der Kirche S. Lisabetta malte Pozzo die „Apostel" als Halbfiguren 78 . - Für die Sakristei von S. Maria in Brera schuf er einen „Ignatius" 79 . Verschollen sind auch die beiden Arbeiten, auf die sich Marattas günstiges Urteil über Pozzo gründete80. Andrea hatte dem Ordensgeneral Oliva zwei Bilder mit „Johannes Chrisostomus" und „Maria Magdalena" gesdienkt, da er wußte, daß der P. Oliva diese Heiligen besonders verehrte. Die Gemälde wurden im Saal des Noviziats von S. Andrea al Quirinale aufgehängt. Zu Pozzos frühesten römischen Werken dürften die vielleicht als Teppichentwürfe 81 gedachten zwölf Aquarelle in einem Nebenraum von S. Andrea al Quirinale gehören, die das Leben des Stanislaus Kostka behandeln82. Die Bilder haben drei verschiedene Formate (95 x 75; 49 x 120; j i x 106 cm). Sie stellen dar: x. Margherita Kostka, die Mutter des Heiligen, als Schwangere betend. 2. Der vierzehnjährige Stanislaus wird in Wien von seinem Bruder Paul, dessen Lebensweise er getadelt hatte, mißhandelt (1564). 3. Im Dezember 15 66 erkrankte Stanislaus schwer zu Wien im Hause des evangelischen Senators Kimbercker, wohin ihn sein Bruder gebradit hatte. Nachdem der Senator alle Priester aus dem Hause gewiesen hatte, erscheint die hl. Barbara mit einem Engelsgefolge, das Stanislaus Kostka die Kommunion bringt. 4. Auf Rat des portugiesischen Predigers der Kaiserin, des P. Francesco Antonio, vertauscht Stanislaus seine reichen Kleider mit denen eines Bauern (August 1567). j . Sein Bruder, der Senator Kimbercker, Bilinski und ein Diener versuchen vergebens, ihn auf der Straße nach Augsburg zu erreichen, denn ihre Pferde scheuen und weigern sich, weiter zu laufen (August 1567). 6. Stanislaus, der von Wien nach Rom gewandert ist, und seine Gefährten Levanzio und Reyner werden von Francesco Borgia vor S. Andrea al Quiri78 Pascoli, S. 247, vielleidit die frühesten Mailänder Werke. 7» Pascoli, S. 250. - Serie, S. 32. - Bartoli (1776), Bd. 1, S. 186. - Zippel, Giuseppe, Sonderdruck S. 7. 80
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Patrignani, S. 2 5 3 . - Pascoli, S. 2$o., Das Noviziat wurde um 1890 zerstört für den Neubau des Ministero della Casa Reale. Ratti, S. 87. - Abb. audi der Ableitungen in Swiety Stanislaw Kostka, Warszawa 1928, Taf. X V - X V I I . - Marini (1959), S. 52 und Escobar, S. 209 behaupten irrtümlich, es seien nur 1 1 statt 1 2 Bilder. - Zur Ikonographie vgl. Escobar, S. 2 0 3 - 2 0 6 ; Escobar, S. 203 datiert um 1687. - Giachi-Mathiae, S. 93 Anm. 50 vermuten „forse questi usavano nelle canoni", dodi fand diese erst 1 7 2 6 statt. Escobar, S. 20J gibt als Quelle die „Divi Stanislai Kostuli Poloni vita", Krakau I J 7 0 an, die von dem Präzeptor Kostkas, dem Theologen Gregorio Vigilanzia Samberitano stammt. Das Buch war mir nidit zugänglich.
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nale empfangen (25. Oktober 1567). (Anachronistisch hat Pozzo die Architektur Berninis dargestellt.) Für den Mitbruder Mario Franchi erbittet Stanislaus Befreiung von Versuchungen. Stanislaus leidet unter solcher religiöser Glut, daß Engel ihm die Brust mit Tüchern kühlen, die sie in einem Brunnen angefeuchtet haben83. Stanislaus Kostka stirbt mit 18 Jahren am Abend des von ihm vorausgesagten Tages, am IJ. August 1568, dem Fest der Himmelfahrt Maria, während die Madonna ihm im Kreise von Jungfrauen erscheint. Stanislaus rettet die junge Anna Theodora aus adliger Familie in Ligneville in Lothringen vom nahen Tode (24. November 1602). Stanislaus befreit die Stadt Lublin von der Pest, die ein Jahr gewährt hatte (1629). Stanislaus erweckt auf Bitten der Mutter und der Schwester den Jungen Stanislaus Wolf wieder, der in Lublin in einem Brunnen ertrunken war (6. Juli 1630).
Diese Aquarelle wurden 1726 von J . Zoboli nachgestochen, der sie irreführend als seine Invention bezeichnete84. Da die Stichserie eine Komposition enthält („Jesum eiusq. [uem] Societatem a Deipara iubetur amplecti"), die unter den Aquarellen nicht vorhanden ist, stilistisch aber mit ihnen übereinstimmt, kann man schließen, daß Pozzos Reihe heute nicht mehr vollständig ist. - Zoboli „korrigiert" seine Nachstiche im dekorativen Sinn des 18. Jahrhunderts. So zieht er z. B. in der „Verfolgung" das Repoussoir über den leeren Himmel und unterstreicht damit den Flügelschwung des Engels. Dessen Schwebemotiv breitet er in der Horizontalen über die Fläche und bringt damit das „Vorwärts" der Flucht zum Ausdruck; zum anderen aber rückt er durdi den graphischen Zusammenhang die Elemente des Hintergrundes näher an die ästhetische Grenze. - Die neue Aquarelltechnik führt Pozzo zu einer bemerkenswerten Aufhellung der Palette, die die Freskofarben von S. Ignazio schon vorbereitet. Das wirkt sich zunächst nachteilig aus für die Darstellung des Spirituellen. Das Lidit überweltlicher Phänomene kontrastiert nicht mehr mit dem dunklen Bolusgrund der Ölmalerei, sondern verdichtet nur noch die Alltagshelle. - Im Vergleich aber mit Zobolis Nachstichen läßt sich eine neue Formqualität für Pozzo erschließen. Zoboli setzt einige Querformate in Hochformate um. Man vergleiche z. B. die „Engelkommunion". Der Stich verleiht der himmlischen Erscheinung zweifellos
83 Escobar, S. 206 „ritratto dal vero la fontana die allietò il giardino della casa fino al 1872, quando in camerato anch' esso da Demanio, venne trasportata entro una nicchia die i Gesuiti avevano proveduto ad ornare con un affresco raffigurante Stanislao inginocchiato davanti alla Madonna col Bambino". - Vgl. auch Giadii-Matthiae, S. 93, Anm. 5 1 . 84
Roma, Corsiniana, Gabinetto delle Stampe, I J J x 125 mm. - Abb. in: Swiety Stanislaw Kostka, Warszawa 1928, T a f . X L I V . - Z u Zoboli vgl. Thieme-Becker, X X X V I , S. 537.
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einen sinnfälligen Stellenwert, aber er engt das Format so ein, daß die Figur des Senators wegfallen muß. Der Engel mit dem Ziborium rückt aus der Bildmitte und verliert seine Gestaltmacht. Die Kulmination im dargestellten Augenblick geht bei Zoboli verloren. Gerade sie hat Pozzo entwickelt und damit seinen Zugang zum repräsentativen Historienbild gefunden. Dieses selbst wiederum muß die Eigenschaften des bereits gekennzeichneten Devotionsstiles insofern ausschließen, als es eben als Repräsentation den Beschauer in Distanz zu sich selbst setzt. Es ist grundsätzlich zu überlegen, ob die aus dem Repräsentationscharakter der Darstellung folgende Distanzierung nicht wiederum als das gerade nicht Intime es ermöglicht, die Komposition unter rein dekorativen Aspekten wahrzunehmen, die ihrerseits die Umsetzung in den Gobelin begünstigen. Eine anonyme Nachahmung von 5 besitzt die Kirche SS. Pietra e Pawla in Krakau 85 . Kopien nach Bild 1 und 8 der Serie gehören zur Ausstattung von S. Stefano rotondo86. Verwandt mit den Aquarellen sind zwei kleine Gemälde (33 x jo cm), die das Musee des Beaux-Arts in Nantes 1 8 1 0 aus der Sammlung Cacault erwarb 87 (Abb. 13, 14). Die Bilder werden in der Galerie benannt „Kommunion des hl. Aloysius von Gonzaga" und „Aloysius von Gonzaga küßt die Füße des Jesuskindes, während mehrere Engel ihm Ehre erweisen", dodi trifft diese Benennung nicht zu. Im Hintergrund der „Engelkommunion" erscheint eine weibliche Gestalt. Sie hält eine Palme und einen Turm, die Attribute der hl. Barbara. Diese Heilige wurde besonders von Stanislaus Kostka verehrt. In der Bildtradition wird sie häufig bei der Engelkommunion des Heiligen abgebildet. Pozzo selbst läßt sie auch auf einem der Aquarelle in S. Andrea al Quirinale erscheinen. Da die Gemälde in Nantes offensichtlich als Pendants gedacht sind, wird es sich vielleicht auch auf dem zweiten Bild um Stanislaus Kostka handeln. Der Raum der „Engelkommunion" öffnet sich auf eine angedeutete Landschaft. Mit seiner Säulenstellung und der Vorhangdrapierung erinnert er von ferne an die venezianische Cinquecentomalerei, welche Pozzo kopiert hat. Der Maler läßt die Hauptgestalten Silhouetten bilden gegen das von links aus einfallende Licht. Die dunklen Rückenkonturen wiederholen dann hell die Flügelpaare der Engel. Im dunklen Hintergrund versinken die übrigen Assistenzfiguren. Diese wie ein Schaufelrad gebildete Figuration ist Pozzos eigene Erfindung. Die Komposition der „sacra conversazione" ist fester zusammen geschlossen. Der Engel mit dem Buch der Ordensregeln, die Madonna und der knieende Heilige umgrenzen einen leeren Rhombus, der auf der Spitze steht. Der Putto links,
86 Abb. in Swiety Stanislaw Kostka, Warszawa 1928, T a f . X X V I I . 86 Pergola (1935/36) S. 4. - Waterhouse, (1937), S. 87 „they seem to bad to be Originals". Giachi-Matthiae, S. 93, Anm. 93 „tela in cornice, nelle misure dim. 2 x 3 , 2 " . 87 Inventaire (Nr. $01) S. 90, nadi dortiger Angabe in den früheren Katalogen als „Philippe de Champaigne".
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der Engel mit dem Früchtekorb rechts biegen die Geraden der Komposition girlandenförmig zum R a n d hin um. Bezeichnend f ü r den Bildbau ist die Zerlegung des Vordergrundes in Dreiecksformen. Die strenge Fügung beider Gemälde läßt die Entstehungszeit vermuten. Sicher gehören sie der römischen Periode an, ebenso wahrscheinlich sind sie vor den Langhausfresken von S. Ignazio entstanden, denn später lockert sich der strenge Bildbau wieder. Audi in die achtziger Jahre gehört eine Reihe weiterer Bilder. Für den Altar Sozzifanti der 1685 geweihten Kirche S. Ignazio in Pistoia schufen Pozzos Schüler einen „Franz X a v e r , der den Indern predigt", doch soll der Meister wenigstens das Gesicht des Heiligen selbst gemalt haben 88 . D a die Kirche erst 1685 geweiht wurde 89 , wird das heute verschollene Bild kaum früher entstanden sein. — Der erste Seitenaltar rechts in der Jesuitenkirche S. Ignazio in Arezzo, die heute dem Convitto nazionale Aretino untersteht, enthält ein Altarblatt mit „Franz Xaver" 9 0 . Der Bozzetto dazu hängt in der Sakristei des römischen S. Ignazio 91 . Vom hellen Himmel hebt sich der en face gesehene Heilige als schwarze Silhouette ab. U m ihn hocken vier Zuhörer, zu seiner Rechten zwei Frauen, links zwei Männer. Das Gemälde überzeugt durch seine anspruchslose Einfachheit. — Auch in der Seminarkirche am Ende der Contrada larga in Turin soll sich ein „Franz X a v e r " und ein Hochaltar mit „Maria Empfängnis" befunden haben 92 . Ebenso besaß die heute zerstörte Kirche S. Ignazio zu Alessandria della Paglia in einer Seitenkapelle einen „Franz X a v e r " und eine „Presentazione della M a donna" 9 3 . - In einem Bozetto, der in die Camere del Ven. Abramo Giorgi bei S. Ignazio in R o m gelangte (heute verschollen), stellte Pozzo dar, wie Franz X a v e r eine Schar Bewaffneter in die Flucht schlägt, die eine christliche Siedlung angreifen. A m gleichen Ort befand sich ein Bozetto, der den „ E m p f a n g des hl. Ignatius durch den Dogen Marco Antonio Trevisani" abbildete 94 . - Noch im 19. Jahrhundert besaß die Galleria Barberini von Pozzos Hand eine „Verlobung der hl. Katharina" und eine „Verzückung der hl. Theresia" 95 . Bereits 1686 erwähnt Titi 96 in seinem Führer das Altarbild der Capeila dei
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Tolomei, S. 53. - Beani, S. 22. - Chiti, S. 164. Vallery-Radot, S. 20. - Chiti, S. 165 „ L a chiesa si chiamo della Spirito Santo, quando, sopressi i Gesuiti ( 1 7 7 3 ) , nel loro convento furono trasferiti i preti della Congregazione". 40 Memorie, S. 128. - Marini (1959/60) Anm. 33 hält das Bild nur für ein Sdiulwerk. 91 Cerrato, S. 32. »2 Ilg (1886), S. 229. »» Bartoli ( 1 1 7 6 ) , Bd. 2, S. 92. 94 Fabrini, S. 54 und Escobar, S. 224. - Verschollen. 95 Barberini, N r . 5 u. 7. 9 » Titi (Ammaestramento), S. 144. - Baldinucci, S. 229. Das Werk hat einen Vorläufer, vgl. Giovanni Baglione, Le Vite de'Pittori, scultori, architetti ed intagliatori, Napoli 1 7 3 3 , S. 182 unter Antiveduto Grammatica „Alla piazza degli Altieri, nella diiesa del Gesù, presso l'Altare di S. Ignazio Lojala, v'è'di suo il quadro del B. Borgia orante avanti il Santissimo Sacramento, da diversi Angioli portati". 89
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SS. Apostoli im römischen Gesù. Für diese Kapelle schuf Pozzo den „Franz Borgia, der die Hostie verehrt". Pietro Gagliardi (1809-1890) malte die Figuren der drei japanischen Märtyrer, die 1862 kanonisiert wurden, hinzu. Marini87 leitet den starken Correggismus vom Einfluß Valerio Castellos ab. In demselben Führer nennt Titi auch den Altar der Capella di S. Cristoforo (1. Seitenkapelle r.) in S. Ignazio als Werk Pozzos98. Er stellt die „Immacolata, Stanislaus Kostka und Francesco de Regis" dar. Da die öffentliche Verehrung des letzteren erst 1 7 1 6 erlaubt wurde, bestritt Fabrini", der die Titi-Notiz nicht kannte, Pozzos Autorschaft, Marini 100 , dem diese Quelle ebenfalls unbekannt blieb, schrieb das Bild dann einem anonymen Meister zu und datierte es um 1720/30. Das Gemälde lebt aus den Bezügen der Gesten und Blicke. Die in der Bildmitte sitzende Madonna weist mit weit geöffneten Armen auf den knieenden Stanislaus zu ihrer Rechten, blickt aber in die entgegengesetzte Richtung auf den zu ihr aufschauenden Francesco de Regis. Ein Engel im Hintergrund wiederholt die Muttergottes, richtet sich aber auf das Bildzentrum aus. In stärkstem Gegensatz zur Genueser Fassung stehen die Klarheit der Bildplanimetrie, wie die Fixierung der Tiefendimensionen. So wird jeder Figur ein fester Bildort zugewiesen. Der spätmanieristische horror vacui ist nicht mehr notwendig. Wahrscheinlich in die gleiche Zeit 101 gehört das Hochaltarblatt der Chiesa di S. Venanzio in Ascoli Piceno (Marche). Das „Martyrium des Heiligen vor dem Statthalter Antiochus" stiftete die Ascolanerin Caterina Migliani 102 . Marini 103 hat den Heiligen mit der jungen Blumenträgerin in Cortonas Fresko des „Goldenen Zeitalters" im Palazzo Pitti verglichen, auch mit der Figur ganz links im „Raub der Sabinerinnen" (Kapitol) mit der Parze mit dem Spinnrocken in der „Barberini-Glorie", den jungen Frauen des „Silbernen Zeitalters" und der Frau ganz links im „Bronzenen Zeitalter" (Pitti). Enger scheinen mir die Verbindungen der Gesamtkomposition zu Veroneses „Martyrium des hl. Menas" und zu Lodovicos Carraccis „Martyrium der Hl. Margherita", wie auch zu einer Zeichnung Procac97
Marini (1959/60), S. 110. Titi (Ammaestramento), S. 144. „e'andie suo a mano destra il Quadro della prima Capella con Maria Vergine die porge il Bambino al Stanislao postovi ultimamente". - Rossi (1697) S. 314 f. nennt ebenfalls Pozzo. - Meldiiorri, S. 378. - Swiety Stanislaw Kostka Warzsawa 1928, Taf. X V I I I . - Dagegen Roisecco (1750) Bd. II, S. 5 1 1 „il Quadro del primo altare a mano destra e'di mano di Alessandro Salini". 99 Fabrini, S. 22. 100 Marini (1959/60), Anm. 33 und Martinetti, S. 61. - Direkt abhängig von Pozzos Gemälde ist Antonio Balestras Altarbild der Chiesa dei Gesuiti in Venedig „Madonna mit den Heiligen Stanislaus Kostka, Ludwig und Francesco Borgia" (um 1729); Balestra war um 1690 in Rom; Rodolfo Pallucdiini, Die venezianische Malerei des 18. Jahrhunderts, München i960, Abb. 98
101 Marini (1959/60) Anm. 33: 1683-1686. - Carducci, S. 194 schreibt Pozzo auch den Entwurf der Altarardiitektur zu. Die richtige Zuschreibung an Giosafatti erfolgte durch Fabiani, S. 14, 87. 9°; 102 Lazari, S. 93 f. - Masse 3,63 x 1,85 m. los Marini (1959/60), Anm. 22.
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cinis104. Das Szenarium mit Schafott, Henkergruppe, Richter mit Leibwache stimmt überein. Indem Pozzo aber Aufsicht verwendet, sondert er als Einziger die Gruppen und betont die Raumwerte. Das Hochaltarbild der Kathedrale von Cuneo (Piemonte) wurde am 22. März 1683 105 bei Pozzo in Rom bestellt, der Auftrag am 1. April noch einmal durch den Gemeinderat bestätigt. In Turin hatte man keinen geeigneteren Maler gefunden, und mit den Entwürfen eines „Cav. (aliere) Peretti residente a Bresca" und eines „Cav. Piccone", der in Cuneo selbst wohnte, war man unzufrieden. Pozzo hatte die Madonna mit dem Kind, den Johannes Baptista und den Erzengel Michael, den Patron des Presbyteriums der Kathedrale darzustellen. P. Amadeo Torino, Rektor des Jesuitenkollegs, führte die brieflichen Verhandlungen mit dem Maler. Am 19. Mai 1685 meldete Torino, das Bild sei fertig, man möge es mit 60 doppie bezahlen, die acht bereits erhaltenen eingeredinet. Erst 1691 wurde es aufgestellt. Die Ausführung weicht von dem Bozzetto in der Sakristei von S. Ignazio zu Rom (Abb. 12) durch Einführung zweier lesender Engel im Vordergrund ab. Der Michael leitet sich vielleicht von einer Zeichnung Marattas in Windsor her106. Diesen Typus der Sacra Conversazione, in dessen Entwicklung Giorgiones „Madonna von Castelfranco" eine wichtige Rolle spielt, hatte erstmals Annibole Carracci zu einem bewegten Figurenensemble gestaltet. Insbesondere für die Haltung der Assistenzfiguren übernimmt Pozzo von Carracci Motive. Das stehende Christuskind in Pozzos Bild, das sich in den Schoß der Madonna schmiegt und ihr die Hand reicht, stammt von Michelangelos Brügger Madonna. Die Collegiata dell'Assunta in Valmontone südlich Roms besitzt ein Hauptwerk des Meisters. Für die zweite Kapelle rechts hat er ein großes Altargemälde geschaffen „Franziskus und Bruder Leo verehren den Kruzifixus" 107 (Abb. 16). Die Skizze dazu hängt in der Sakristei von S. Ignazio zu Rom und wird dort als ein Werk des Pierre de Lattres bezeichnet108 (Abb. 15). - Im Motivbestand unterscheiden sich Bozzetto (100 x 75 cm) und Ausführung (überlebensgroß) kaum. Der 104 Zu Veronese: Museo del Prado. Catalogo de los cuadros. Madrid 1952, S. 725. Diese Fassung war schon 1646 in Spanien. Ein anderes Exemplar ist nidit bekannt. Der Einfluß auf Pozzo muß also fragwürdig bleiben. - Zu Lodovico Carracci: Heinrich Bodmer, Lodovico Carracci, Burg 1939, S. 91. - Felice Stampile und Jacob Bean, Drawings from New York Collections II, The Seventeenth Century in Italy, The Metropolitan Museum of Art, The Pierpont Morgan Library, 1967, Nr. 2. 105 Vacchetta, Anm. 1, S. 21. - Dokumente bei Cerrato, S. 27-28. io» Anthony Blunt, Hereward Lester Cooke, The Roman Drawings of the XVII & XVIII Centuries in the Collection of Her Majesty the Queen at Windsor Castle, London i960, Nr. 323. - Für die Ikonographie vgl. audi Girolamo Muzianos „Madonna mit den Heiligen Johannes Bapt., Johannes Ev. und Michael" (sog. „Madonna di Belluno") in der Akademie von Venedig, Abb. bei Ugo da Como, Girolamo Muziano, Bergamo 1930, S. 29. 107 Marocco, Bd. 9 (1836), S. 104. - Moroni, Bd. 80, S. 12$. 108 Fabrini, S. 3 6. - Titi (Ammaestramento), S. 144 „Diversi quadri posti negl'altari di questa diiesa sono dipinte dal Padre Pietro Latri Gesuita; & un quadro, ch'e sopra la porta, che va in Sagrestia, dove e dipinto S. Francesco, die riceve le Stimmate, dicono che sia de Mutiano", vielleicht handelt es sich um ein anderes Gemälde.
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Putto im Vordergrund wendet dem Betrachter in der Endfassung das Gesicht zu und hält eine Lilie statt des Kreuzes, der Engel mit dem Buch ist ein wenig anders gewandet. - Als Pozzo die Skizze schuf, kannte er entweder die genauen Maße des Altares noch nicht, oder aber er nahm darauf keine Rücksicht. Jedenfalls verzichtete er in der Ausführung auf breite Randstreifen rechts und links 109 . Das neue, steilere Format bedingt Änderungen der Komposition, die zunächst wenig ins Auge fallen, aber von ausschlaggebender Bedeutung sind. Der Corpus des Kruzifixus sinkt tiefer. Der Engel mit den Ordensregeln legt den Kopf zurück und begradigt damit die Kompositionslinie. Durch die diagonale Stellung des Putto wird der Engel ferner in neuer Weise mit der knieenden Figur des Bruders Leo verbunden. Im Bozzetto lief eine Kompositionslinie über den Arm des Putto mit dem Kreuz zum Knie des Engels und bradi dort um, bzw. verlor sich zum unteren Bildrand hin. In der Ausführung ist das angewinkelte Bein neuer Hinweis auf die Bildecken. Auf Grund dieser kompositionellen Verfestigung zu je zwei parallelen Bilddiagonalen wird der Altar in die Zeit der Bilder von Nantes gehören. Die Collegiata delPAssunta wurde 1685-1689 von dem mit Pozzo gut bekannten Mattia de Rossi errichtet. Das Gemälde kann erst nach diesem Datum entstanden sein. In den Jahren der Ausgestaltung des römischen S. Ignazio ist Pozzo so beschäftigt, daß ihm für andere Aufträge nur sehr wenig Zeit bleibt. Der bedeutendste sind die Gemälde für die Cappella della Pia Congregazione dei bandiieri e mercanti (Madonna Santissima della Fede) in Turin 110 . Die Kapelle enthält fünf Gemälde Pozzos. „Anbetung der Hirten" (1701), „Anbetung der Könige" (1694) und „Flucht nach Ägypten" (1701) nehmen die Altarwand ein, zwischen anderen Bildern hängen an der rechten Seitenwand der „Bethlehemitische Kindermord" (1704) und der „Stern der Magier" (1704) 1 1 1 . Die Bilder wurden bei Pozzo in Rom bestellt 112 . „Kindermord" und „Flucht nach Ägypten" (Abb. 6) wurden bereits besprochen. Allen Bildern gemeinsam ist die starke Aufsicht, die es Pozzo ermöglicht, die Figuren hoch in das Bildfeld hinaufzurücken. Darin unterscheidet
10® Das Altarbild ist keinesfalls beschnitten, denn es stimmt in den Maßen mit den anderen Altären genau überein und besitzt seinen alten Rahmen. Die in der Ausführung entfallenen Randstreifen sind im Bozzetto schlecht erhalten. Waren sie vielleicht ursprünglich von einem Rahmen verdeckt und erklärt das ihr Fehlen in der Ausführung? Ich glaube es nicht, denn Skizze und Altar unterscheiden sich so konsequent in der Komposition, die eben vom Verhältnis zum realen Raum bedingt wird, daß hier eine Absicht vorliegen muß. Aus diesem Grunde ist auch die Ausführung durch einen Schüler unwahrscheinlich. 110 Vermutlich bezieht sich auf diese Bilder die undeutliche Notiz bei Bartoli (1776), S. 3$ „Intorno alle pareti stanno appesi otto quadri, quattro per parte, dipinti da diversi . . . Il terzo esprimente quando spiega l'ignoto Dio, e del Padre Andrea Pozzo Gesuita". - Derossi, Onorato, S. 83 wiederholt diese Angabe, bezieht sich aber auf das Oratorio der Compagnia della Fede Cattolica bei S. Maria di Piazza, isola di S. Felice. - Tamburini, S. 275, 279. Bernardi, S. 108. 112 Torino, Bd. 2, S. 68. - Marini (1959), S. 53 schließt die „Stella dei M a g i " aus dem Kreis der Werke Pozzos aus. - Masse je 3,2$ x 2,20, die „Anbetung der Könige" ist etwas größer.
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er sich von Marattas „Anbetung der Hirten" im Quirinalpalast, die ihn stark beeinflußt hat 113 . Die Farbskala ist sehr leuditend. Vor dem tiefbraunen Hintergrund hebt sich im Lidit immer ein kräftiger Blau-Rot-Akkord ab. Vielleicht hängt mit diesen Werken eine Zeichnung in Düsseldorf zusammen114. Ebenfalls ein „Opfer der drei Könige" wurde 1851 aus der Schleißheimer Sammlung versteigert und ließ sich anscheinend noch 1934 nachweisen115. Während des toskanischen Aufenthaltes entstand eine „Kreuzigung" für die Chiesa del Gesu von Montepulciano, die verschollen ist 116 . Für das Refektorium der Jesuiten von Perugia malte er eine heute unauffindbare Lünette mit dem „Gastmahl beim Pharisäer und Maria Magdalena", die heute verschwunden ist 117 . Die Kirche S. Maria dei Servi in Montepulciano besaß eine „Immacolata" von Pozzo, die Bardi 118 folgendermaßen beschreibt: „Cum Deiparae Virginis a Quercu nuncupate in Agro Politiano Exemplum in Tela ederet egregius Pictor Andreas Puteus Soc. Jesu, in Infantis Divini Effigie artem vinci fassus est, nec assequi Oris posse Maiestatem. Haesit ad Infantem quae Matris pinxerat Ora. Non satis a noto tuta colore manus Nec victam puduit se Majestate fateri Et placuit major qualibet arte Puer Artifici terror si blanda in Imagine; Iudex Humano quid cum proferet Ore Deum?" Ebenfalls eine „Immacolata" hängt heute in der Aula desSeminario Maggiore in Trient. Sie stammt aus der Sakristei der Kirche S. Francesco Saverio. Bartoli nennt sie ein Werk Pozzos 119 . Audi Sperges erwähnt 120 „In Congrae minore Imago altaris B.(eatae) M.(ariae) V.(irginis) sine labe concepta prodiit e manu Andr. Putei opus hoc specialissimum est". Ebenso spricht der Pater Jean Baptiste Hofer 1 7 2 7 1 2 1 in seinem „Saeculum Marianum" als Mitglied der Congregation 113
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il« UT 118 11» 120
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Amalia Mezzetti, Contributi a Carlo Maratti, in: Rivista dell'Istituto Nazionale d'Archeologia e Storia dell'Arte, N . S. IV. 1955, 2 5 3 - 3 5 4 , Fig. 19. - Zum öffnen der Windeln vgl. Mâle, S. 246. Budde, N r . 332, F P 1997, Anbetung der Könige, braun laviert, Kreide und Pinsel, 4 1 0 x 272, nach Krähe Pozzo. Hinweis von Dr. Egon Verheyen: „Exemplar der Alten Pinakothek München. Verkaufsinventar N r . 506. Unbekannt, etwa Pozzo 2' 1 1 "-2". Verkauft an Herrn Reiser, Ms. H i n weis: ,2. 10. 34 vorgezeigt durch Hauptmann Droeber'." Marini (1959/60), S. 1 1 6 . Zuletzt verzeichnet in Montepulciano, Curia vescovile, Storia della compagnia di Gesù e della erezione della loro chiesa, S. 167. Orsini (1784), S. 92 „tela a olio". - Siepi, S. 420. Bardi, S. 30. - D a nach Guasparri, S. 6 erst 1702 die Madonna della santoreggia auf den Hochaltar übertragen wurde, wird das Bild nicht vor diesem Datum entstanden gewesen sein. Nach Emert (1939), S. 85. Emert (1939), S. 29, Anm. 4 nach Innsbruck, Ferdinandeum, Biblioteca Dipauliana, ms. 745 (220) Sperges, Giuseppe, Notabilia urbium aliorumque locorum Tirol. Hofer, Bd. 4, col. 420, n. 2, zitiert nach Sommervogel, col. 1 1 4 6 .
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von der Immacolata als einem Werk Pozzos „penicillo tarn artificioso, ut intuentium oculos in stuporem rapiat". Schließlich schreibt Chiusole 122 diese Immacolata dem Frate zu. In neuerer Zeit schlössen sidi Hammer 123 , Zippel 124 und Postinger 125 dieser Benennung an. Nur Marini 126 glaubt trotz der zahlreichen Belege nidit, daß die Immacolata von Pozzo oder auch nur von einem seiner Schüler stammt. „ E il tipo dell'Immacolata Murilliana del tutto alieno dalla Poetica del nostro maestro127. Kopien des Bildes besitzen das Istituto del Sacro Cuore und die Sammlung Pranzelores in Trient. Letztere, ein Werk der Volkskunst, setzt die Madonna in einen fünfeckigen Rahmen und verbindet sie mit den „Armen Seelen" im Fegefeuer. - Eine weitere „Immacolata" erwähnt ein alter Ausstellungskatalog 128 . Aus einem „Gartenhaus am Schuttel" 129 gelangten mehrere Bilder in die Sammlung Liechtenstein in Wien, von wo sie 1888 nach Paris verkauft wurden, seither sind sie verschollen180. Es handelt sich um die Kirchenlehrer Hieronymus, Gregorius und Augustinus, welche auf den querformatigen Bildern liegend oder sitzend beim Studium dargestellt waren. Dazu kamen ein „Verspottung Noahs" und die des „Hiob", sowie ein „Liegender Sebastian, dem die hl. Irene einen Pfeil aus der Wunde zieht". In Wien arbeitete Pozzo für die Hauskapelle der Kaiserin eine „Anbetung der Könige" 1 3 1 . Dafür erhielt er eine Goldmedaille im Wert von hundert Scudi mit dem Porträt der Herrscherin. Die Prägung war der Kaiserin erst in der dritten Fassung gut genug erschienen. Pozzo schickte die Medaille nach Rom, wo sie im Collegio aufbewahrt wurde. Vielleicht gelangte sein Bild in die Sammlung des
122 Chiusole, S. 19. 123 Hammer (1912), S. 216, Anm. 5. 124 Zippel, S. 100. 128 Postinger, S. j. 12fl Marini (1959), Anm. 67 und Marini (1959/60) Anm. 33. „Settecentista trentino, probabilmente di scuola lampiana, se non G. B. Lampi senior stesso". 127 Marini (1959/60), S. 119, Anm. 3. 128 Trento, S. 11 erwähnt unter Nr. 16 „Andrea Pozzo. L'immacolata. Tela m 0,36 1. m. 0,24. 695. Prof. Dr. Giambattista Depeder". 129 Auskunft der Direktion. lso Parthey (1864), S. 298 zählt als in der Galerie Liechtenstein befindlich auf: „ 3 . 4 . Zwei Bilder, auf jedem Augustinus. 5. Gregorius der Kirchenlehrer. 6. Hieronymus. 7. 8. Zwei Bilder. Je ein Heiliger. 9. Ein Kirchenlehrer. - J. Falke nennt die Maße: 1 , 1 4 x 2 , 7 ; 1,14 x 1,97; I > I 4 X I > 9 9 » 1 . 1 3 x 2 , 2 0 ; 1 , 1 0 x 2 , 2 7 ; 1 , 1 4 x 2 , 2 4 ; 1 , 1 4 x 2 , 1 6 . 131 Pascoli, S. 266. - Die Kaiserin-Witwe hieß Eleonora Magdalena; Patrignani, S. 254 nennt sie fälschlich Aurelie. 132 Vey, S. 215, „Zitat aus ,Liste d'une Partie des Peintures provenantes de la Succession de Son Altesse Serenissime Elettorale de Cologne . . . Bonn, le lundi 14 maij 1764, Nr. 705' ,Un tableau réprésentant l'adoration des Mages, peint par P. Pozzi' " u. S. 221 Ankauf durch Auarius (Speener) nach „ ,Protocollum distractionis . . . deren Jouweler de anno 1764/ Item deren Mahlereyen, Staatsarchiv Düsseldorf, Kurköln II-276, fol. 15 recto ff*. Das Protokoll aller Einnahmen aus den Versteigerungen im Mai und Juni 1764, Kurköln II-288, enthält für die Gemälde dieselben Käufernamen und Kaufsummen". - Schätzliste, aufgestellt von
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Kurfürsten Clemens August von Schimborn132. - Der Kaiserin Eleonora schenkte Pozzo ein Bilddien mit einer „Sacra conversazione" 133 . In der Profeßhauskirche zu den Neun Chören der Engel malte er ein Altarbild mit der „Geburt Maria", das 1709 zerstört wurde 134 . — In der Kirche „Maria Regina Angelorum" am Hof hatte er dem Patrozinium das Hochaltarbild gewidmet 135 . 1798 wurde es durch eine Neufassung von Döninger ersetzt, doch fand der heutige Kirchenrektor Malzal auf einem Sakristeischrank eine Bahn des Bildes, auf der die Madonna zu sehen ist. Dieses Fragment befindet sich zur Zeit in der Werkstätte des Bundesdenkmalamtes und soll restauriert werden. - Auch in der St.-Anna-Kirche soll Pozzo ein Marienbild für den Hochaltar gemalt haben 138 . Der Hochaltar der Bamberger Jesuitenkirche St. Martin wurde 1 7 0 0 - 1 7 0 1 1 8 7 vom Mainzer Kurfürsten und Fürstbischof von Bamberg Lothar Franz Graf Schönborn gestiftet, dessen Wappen unter dem Christusmonogramm an der Giebelglorie angebracht ist. Doch Pozzo schuf erst 1708 138 das Gemälde dafür (Abb. 17, 18). Die Darstellung schließt an den Philipperbrief des Paulus (II 9 - 1 o) 139 an: Im Namen Jesu beuge sich jedes Knie, im Himmel, auf Erden und unter der Erde" und bezieht sich damit auf das ursprüngliche Patrozinium, das erst 1803 in „St. Martin" geändert wurde. Die drei Sphären sind auch durch Farben unterschieden. Das Braunrot der Hölle wird nur durch den Widerschein des Feuers auf dem Karnat aufgelockert. Die Erdteile gruppieren sich um die blaue Himmelsöffnung. Das Rot der Schärpen von Afrika und Asien akzentuiert beide Bildhälften. Dies und auch die anderen Farben (Blau, Weiß, Beige) werden in den Engelchören wieder aufgenommen. Darüber durchleuchtet das Monogramm golden den braunen Wolkenhimmel. In keinem der Werke Pozzos ist der Rückgriff auf GaulIis Gesu-Decke so deutlich wie hier. Doch mußte Pozzo für den Altar den Bildcharakter wahren, er konnte nicht mit dem Illusionismus arbeiten, den Gaulli die Deckenlage seines Freskos erlaubte. Die bei Gaulli wesentlichen Tiefenstöße mußte Pozzo in girlandenförmige Flächenwerte umsetzen. Dabei mag ihm die Erinnerung an Tizians „La Gloria", das er vielleicht im Stich des Cornelis Cort kannte, hilfreich gewesen sein140. Bei Gaulli sind alle Bewegungsströme in das Bildinnere,
"a 134 135 is« 137 138 13»
140
Lambert Krähe (Bei V e y nicht abgedruckt) in „Protocollum taxationis deren . . . nachgelassenen Mahlereyen, Staatsarchiv Düsseldorf, Kurköln I I - 2 5 8 " . Baldinucci, S. 2 3 6 . Pascoli, S. 2 6 7 . Ilg (1886), S. 2 3 2 . a.a.O. H . Weber ( 1 8 9 1 ) , S. 39 „Im Frühjahr 1 7 0 0 wurde der Hodialtar begonnen, am Vorabend vor Christi Himmelfahrt w a r er vollendet". jäck (Wünsdie), S. 9 1 : D i e vier Erdteile verehren den N a m e n Jesu. Brückner, S. 4 - 7 : Himmel, Erde und Hölle verehren den N a m e n Jesu. - Z u r Bildtradition vgl. Engass, S. 43 und Anthony Blunt, E l Greco's „Dream of Philipp I I " A n Allegory of the Warburg and Courtauld Institutes I I I , 1 9 3 9 - 4 0 , S. 5 8 - 6 9 . Hans Tietze, Tizian, London 19JO, S. 384, A b b . 2 3 0 .
Andere Gemälde
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d. h. nach oben zum Christusmonogramm orientiert. Pozzo verlagerte dieses am oberen Bildrand in den Vordergrund. Durch die Ausrundung des Rahmens schuf er dafür eine Würdeform. Die ästhetische Grenze sichert der Maler durch zwei Rückenfiguren und durch Rahmenüberschneidungen. B. Hattinger stach nach einer Vorzeichnung Salomon Kleiners den Altar in einer Ansicht, die auch den ursprünglichen Tabernakel zeigt, der 1792 durch eine Neufassung von Bossi ersetzt wurde 141 . Nachdem die Jesuitenkirche 1803 Pfarrkirche geworden war, kam an die Stelle der Schöpfung Pozzos eine 1872 von A. Hauser restaurierte Darstellung des hl. Martinus von dem bambergischen Hofmaler Sebastin Reinhard 142 . Pozzos Bild hängt heute an der Portalwand rechts vom Eingang. Auch die Altäre der Seitenkapellen des Langhauses, die mit den drei großen verwandt und wie dies aus Stuckmarmor ausgeführt sind, gehen vielleicht auf Entwürfe Pozzos zurück143. In die künstlerische Entwicklung Pozzos läßt sich eine Darstellung des schlafenden Jesuskindes nur schwer einordnen, die am 13. 2. 1945 in der Dresdener Galerie vernichtet wurde. Die Inventare beschreiben das kleine Bild (0,73 j x 0,96): „Das Christkind liegt auf einem weißen Kissen über karminroter Decke, zu Seiten ein dunkelblauer Vorhang, drei Cherubinköpfe mit einem Kreuz erscheinen im rotbraunen Dunkel." 144 Im Frankfurter Kunsthandel tauchte 1927 ein Brustbild des Apostels Johannes auf, das Pozzo zugeschrieben wurde 145 . Die Hazlitt-Gallery in London stellte 1961 eine „Madonna mit Engeln und Putti" aus146. David E.Rust, Museum Curator der National Gallery in Washington, erwarb 1966 aus der gleichen Handlung ein kleines Bild mit „Musizierenden Engeln" 147 . Nicht auffindbar war ein Kupferstich von J . Ch. Allet „Die Empfängnis der Maria, nach And. Pozzo, oval, in 8°" 1 4 7 a . Das Gesagte erlaubt folgende Periodisierung: In Pozzos Frühwerk („Ruhe auf der Flucht") dominieren - trotz Motiventlehnungen aus hochbarocken Vor141 142
Eckert, S. 95 weist die Errichtung des Hochaltars 1699-1701 durch G. B. Brenni nach. Leitschuh, S. 227.
im M a y e r ( 1 9 J 5 ) , S. 3 0 0 . - M a r i n i ( 1 9 5 9 / 6 0 ) , A n m . 3 1 u. 3 3 . - G u l d a n ( 1 9 6 4 ) , S . 2 0 8 / 9 . ~ B r a u n ,
Bd. 2, S. 294 „Der Marienaltar, rechts neben dem Choreingang, wurde 1707 errichtet, wie der Hochaltar laut Inschrift ein Werk des Italieners Joh. Bapt. Breno. Zwei Jahre später folgte das Gegenstück des Marienaltars, der Kreuzaltar, sowie der Sebastiansaltar; 1 7 1 2 wurden die Altäre der beiden vordersten Kapellen, der Ottilien- und der Annaaltar, erbaut, 1 7 1 3 der Laurentiusaltar und die Kanzel". 144 Vgl. Bibliographie 472a-476a. - Die Zusdireibung als „Pater Pozzo" taudit erstmals im Inventar 1754 (I, 480) auf. - Woermann, 164. - Posse (1929), Nr. 441. - Posse (1931), S. 12, 36. - Ebert, S. 441. - Vgl. B. Knipping, De Iconografie van de Contra-Reformatie in de Nederlanden I, 1939, S. 152 ff. 145
Baagel, Nr. 42. 14« Nicolson, S. 195. 147 Hazlitt (1966) „Oil on canvas, IJ x 21 indies". 147a Handbuch für Kunstliebhaber und Sammler über die vornehmsten Kupferstecher und ihre W e r k e . . . nadi der französischen Handschrift des Herrn M. Huber von C. G. Martini, Bd. VII, Züridi 1804, S. 378.
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bildern - manieristische Formelemente. D a s den Figuren mittels der Linie und einer die Körperlichkeit zerstörenden Lichtführung auferlegte abstrakte Muster verknüpft sie zu einem ornamentalen Bildmotiv, das ihren ideellen, ungegenständlichen Kontext in der Fläche sichert. A u s projektiven werden dekorative Formen. In den Genueser Gemälden, welche den Einfluß der lombardischen Sdiule spiegeln, wird das Formal-Schöne zugunsten einer Pathosfunktion der durch die Regie im Raum geordneten Bildgegenstände aufgegeben. Dem Licht, das zu dieser Zeit noch Flächenmuster schafft, die der Handlung widersprechen, verleiht Pozzo in der römischen Periode Darstellungsfunktion. Erst jetzt bringt er Inhalt und D a r stellungsmittel zu einem formalen Ausgleich. In den Wiener Bildern schließlich vollzieht sich endgültig der Wandel von der Vorstellungs- zur Anschauungswelt. D a s Ästhetische weicht dem sermo humilis des Devotionsstils. Informativer Realismus als unmittelbare Vergegenwärtigung der Heilsgeschehnisse soll jede ästhetische Distanz aufheben und zur religiösen Intensivierung hinführen 148 . 148 Walter Friedländer, Der antimanieristisdie Stil um IJ90 und sein Verhältnis zum Übersinnlichen, Vorträge der Bibliothek Warburg VIII, 1928-1929, S. 214-243 passim, bes. S. 238 „Wurde nun aber noch weiter in der Vermensdilidiung gegangen, wurde das religiöse Element in das Existenzhafte, Wirkliche zurückverlegt, so wurde die Distanz aufgehoben, die Religion wurde (nodi in anderem Sinne als in der Renaissance) weltnah, das Irdische wurde mit Religion, mit Uberirdischem erfüllt. Dies war gerade das Bestreben der großen Ordensführer jener Zeit am Ende des 16. Jahrhunderts - vor allem der Jesuiten". - Georg Schreiber, Der Barock und das Tridentinum. Geistesgeschichtliche und kultische Zusammenhänge, in: Das Weltkonzil von Trient, hrsg. von Georg Schreiber, Bd. 1, Freiburg i. Br. 19$ 1, S. 381 bis 42 j, bes. S. 404 „Dieses Bekenntnis zur Anschauung . . . da Ignatius von Loyola in seinem Exerzitienbüdilein sämtliche Seelenkräfte einschließlich der Phantasie aktivieren will, um die Glaubensgeheimnisse in bildlicher Anschauung zu erleben, um auf diese Weise stärkere religiöse Gefühle hervorzurufen. Dabei soll die Anschauung zur Verstärkung der übrigen Seelenkräfte fruchtbar gemacht werden. Deswegen bei Ignatius eine Steigerung und Stufenfolge, von der Erwägung (consideración) zur Besinnung (meditación), von dort zur Anschauung (contemplación) und zum Miterleben in den Sinnen (traer los sentidos), um von innen zu fühlen und zu kosten. Das Christentum soll demnach nicht nur gedanklich erfaßt, sondern sinnenhaft dem Menschen nähergebracht werden (res sentire et gustare interne)". Otto Georg von Simson, Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock, besonders der Medicigalerie P. P. Rubens, Slg. Heitz, Akademische Abhandlungen zur Kunstgeschichte, II Reihe, Band 9, Heitz 1936, S. 226 f. „Hier ist überall der Geist des Jesuitenordens spürbar. Das feste Mitten-Innestehen in der Welt, die Benutzung und Bejahung ihrer Möglichkeiten und Verhältnisse, die enge Verbindung, welche man von der Sinneswelt zur intelligiblen knüpft: das unterscheidet den Jesuitenorden und seinen Geist wesenhaft von allen mittelalterlichen Orden. Man weiß, wie wichtig für Ignatius sein Aufenthalt in Palästina geworden ist: seine religiösen Phantasien spielen sich fortan in der heiligen Landschaft ab, die er selbst gesehen hat. Immer dringt er in den geistlichen Übungen darauf, daß man die volle Anschauung der örtlichkeit der heiligen Geschichte erreiche, während man jene zu durchleben sich bemühe. Welche Bindung der freischwebenden visionären Phantasie an die Bedingungen des wirklichen Lebens liegt darin, wie ist damit zugleich auch die bildnerische Kraft auf die sinnlichen Gegensätze verwiesen. Franz von Borgia hat Vorschriften niedergeschrieben ,wie man bei jeder großen und kleinen Handlung Gedanken an Jesus haben und Parallelen mit ihm ziehen könne, etwa, beim Anziehen des Hemdes: Jesus hat nackt am Kreuz gehangen'... Mit lebendig-sinnlicher Eindringlichkeit hat dann die barocke Kunst auch das Übersinnliche, Visionäre dargestellt. Diese Anpassung religiöser Vorstellungen an die Erfahrungen des Lebens wird konsequenterweise auch auf die Begriffsbildungen des pro-
Selbstbildnisse
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H. Selbstbildnisse Durch seine Scheinkuppel für S. Ignazio in Rom hatte Pozzo schon 1685 solche Berühmtheit erlangt, daß Großherzog Cosimo I I I Medici ein Selbstbildnis des Künstlers für seine Sammlung in Auftrag gab, die er 1681 vom Kardinal Leopoldo geerbt hatte; in dem Selbstbildnis (Abb. 19) dieser Sammlung, die heute zu den Beständen der Uffizien 149 gehört, stellt sich Pozzo im Vordergrund des Ateliers sitzend dar, vor einer Leinwand, die das noch undekorierte Gewölbe von S. Ignazio zeigt. Mit ausgestrecktem Zeigefinger weist der Künstler auf die Vierung, in die er seine Scheinkuppel einfügen wird. Im Bilde postiert sich Pozzo so vor sein Gemälde, daß seine Gestalt die Raumwerte der Deckenwölbung unterstreicht. Kopf und en face gedrehten Oberkörper setzt er vor die ebenfalls fast frontal gegebenen Gurtbögen zum Querhaus, den Kontur des Gesichtes gleicht er sogar teilweise der einen Archivolte an, den Unterkörper dreht er in das Gewölbe hinein, mit dem ausgestreckten Arm folgt er der Begrenzung der Pendentifs. Durch starke Untersicht kippt er die Gestalt und läßt sie noch tiefer in das Gewölbe gleiten, denn trotz des Schattens, den der Körper auf die Atelierwand wirft, kommt ihm kein fester Raumort zu. So wird auch die Distanz des Betrachters vom Bilde nicht definiert. Die Überspielung der Realitätsebene ist das eigentliche Thema der Komposition. Die Casa Professa des römischen Gesu besitzt eine Variante, die im Vordergrund statt der Malutensilien die beiden Bände der „Prospettiva" zeigt. Diese Wiederholung muß also nach 1700, dem Erscheinungsdatum des zweiten Traktatbandes, entstanden sein. Marini hält diese römische Fassung für eine nicht eigenhändige Kopie 150 . Ein weiteres kleines Selbstbildnis besitzen die Uffizien (Abb. 21). Hier isoliert sich — nur von wenig Licht getroffen — das Gesicht aus dem dunklen Hintergrund 151 . Indem Pozzo von übergeordneten Formenbezügen absieht, verlagert er die Bildwirkung vom Repräsentativen ins Private, wodurch der individuelle Charakter und damit die Porträtwirkung bedeutend gesteigert wird. - Pergola erwähnt noch ein Selbstbildnis in S. Andrea Quirinale in Rom, das vor dem fanen Geistes angewendet, denen die Kirche in ihrem Anspruch auf Totalität begegnet. Wie gern hat Loyala sich des aristolisdien Weltbildes bedient, um die Organisation seines Ordens zu erklären" (Gothein, S. 391 u. 454). 149 Pascoli, Bd. 2, S. 273. - Baldinucci, S. 230. - Neumeyer, S. 7 2 hält die Kirche fälschlich für S. Andrea della Valle, er schreibt „Der Blick erweitert den Bildraum nach vorwärts, die deutende Hand eröffnet seine Höhe und Tiefe und damit den Bedeutungshintergrund". Das Bildnis erscheint erstmals im Inventar von 1704 (Auskunft der Uffizien). - Drei Stiche leiten sidi von diesem Selbstbildnis ab. G . Battista Cecdii isolierte und verjüngte das Gesicht für das Blatt in Pickington. Giuseppe Craffonara ( 1 7 9 2 - 1 8 3 7 ) schuf einen ähnlichen Stich für die Ritratti di dodici illustri trentini. M . Aubert fügte den Kopf für das „Supplement" in eine Kartusche ein. 150 Marini (1959), Anm. 83. 181 N r . 5 J22. Maße 0,43 x 0,35 m. Schon im Inventar von 1704.
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Gemälde der Uffizien entstanden sein soll und nur das Gesicht darstellt 162 . Das Bild ist heute nicht mehr auffindbar. - Auch die Galleria Nazionale d'arte antica besaß noch 1 9 1 3 ein Selbstbildnis Pozzos 153 . Als Leihgabe der Staatlichen Kunstakademie bewahrt das Düsseldorfer Museum eine Rötelzeichnung154 (Abb. 20). Zwei Jahre nach deren Veröffentlichung machte Paola della Pergola ein Selbstbildnis Pozzos im Museo Nazionale des Castello delBuonconsiglio inTrient bekannt 155 (Abb. 21).Doch DellaPergola blieb das Düsseldorfer Blatt und der Zusammenhang der beiden Werke verborgen. Die Rötelzeichnung ist der Entwurf zu dem Bilde, Abänderungen belegen, daß es sich nicht um eine Kopie handeln kann. Im Gemälde werden die Ränder des Ovals vom Rahmen viermal geschnitten, dagegen sind sie im Entwurf oben und unten voll ausgerundet. Die Ellipse selbst hat im Bild größere Radien als in der Zeichnung. Der Dargestellte rückt so vom oberen Rand ab, der Raum um ihn nimmt zu und wird weiter. Mit formalen Mitteln wird der Eindruck erweckt, als sitze der Künstler tiefer im Bilde. Auch werden, gemessen an der Zeichnung, die Raumverhältnisse klarer, indem die Staffelei deutlicher an der Wand lehnt und überdies eine tiefere Farbgebung am oberen Bildrand den Eindruck einer Balkendecke entstehen läßt. Durch diese Betonung des Ambiente wird die Unmittelbarkeit, mit welcher sich Pozzo in der Zeichnung dem Betrachter gegenüber stellte, gemildert. Im Gemälde legt der Meister nur Wert auf den Ausdruck des Gesichts und der Hände. In der Zeichnung hatte er mit breiten Strichlagen das Gewand modelliert und mit viel Interesse am Einzelnen Lichter und Schatten durchgeführt. Mag im Gemälde auch manches plastisch gemeinte Detail durch die schlechte Erhaltung verloren gegangen sein, so wird doch klar, daß der Künstler den wesentlichen Wert auf den Kontur legte. In der Endfassung wollte Pozzo den Kontrast zwischen der beruhigten schwarzen Fläche des Habits und den bewegten hellen Körperpartien sprechen lassen. Zu diesem Gegensatz bringt die Spannung zwischen Ovalfeld und Rechteckrahmen noch ein barockes Element in die ruhige Intimität des Kabinettstücks. - Della Pergola glaubte das Bild in Trient während der Reise nach Wien entstanden166. Pozzo erscheint zwar nicht mehr im Jahreskatalog der römischen Niederlassung der Jesuiten 157 , war aber noch im April 1703 in Siena168. Am 7. November 1704 erhielt er in Wien die erste Teilzahlung für das
152 Deila Pergola (1932), S. 262. 153 Bianchi, S. 278, Nr. 1380. 154 FP 1980, 385 x 27J mm. - Catalogue d'une collection consistant . . . en esquisses colorés . . . en Dessins Originaux . . . Manuskript von Lambert Krähe, Düsseldorf, 10. Februar 1779, Düsseldorf, Staatsarchiv, Inv.-Nr. VIII, 10, Bergisdie Landstände. - Levin, S. 214. - Budde, Nr. 327, Tafel 49. 155 DellaPergola (1932). - Vgl. auch Marini (1959), S. 60. 156 D e l l a P e r g o l a ( 1 9 3 2 ) , S. 2 6 2 / 3 . 157
Thieme-Becker, S. 33 j.
158 Carboneri (1961), S. $6, Anm. 7.
Porträts
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Fresko im Palais Liechtenstein 159 . Zwischen diesen Daten also müßte das Selbstbildnis entstanden sein. Doch Pergolas Datierung ist nicht schlüssig, denn das Gemälde kam erst 1 8 9 5 aus R o m nach Trient, und Krähe hat die Zeichnung ebenfalls in R o m erworben. D a s Selbstbildnis ist also wahrscheinlich noch während Pozzos römischem Aufenthalt entstanden. Diese Vermutung w i r d bestätigt durch die Tatsache, daß aus der Vitensammlung des Römers Niccolo Pio eine N a c h zeichnung des Bildes von Gaetano Sarti in das Nationalmuseum zu Stockholm gelangte 160 . - Der alternde Meister stellt sich dar, wie sein Biograph Pascoli ihn beschreibt 161 : „ D i faccia rugosa, lunga piuttosto che no, e di color pendente anzi al terreo, e cenerognolo, che al rosso, e al bianco: Capello folto, e forte, dove crespo, e steso, dove canuto, e nero: Bella fronte, e spaziosa: Occhj cerulei, e un pochetto incavati, ma brillanti, chiari, e vivaci: N a s o largo, ed affilato. Mento fesso, labbra grosse, e scolorite: E tutto insieme vago simpatico, ed avvenente".
I.
Porträts
Unter N r . 4 / 1 3 8 5 9 bewahrt das British Museum eine Skizze (Abb. 22), in deren Beischrift angegeben wird, sie sei „per lo scudo d'una conclusione da dedicarsi al Duca di S a v o i a " angefertigt und aus R o m von P. Francesco Maria
158 Tietze (1914/15), S. 439. 1«» Stockholm, National Museum 3073/1863, Rote und schwarze Kreide, 4 i j x 2 7 8 mm. Niccolò Pio, Vite de'Pittori, Scultori ed Architetti in compendio di un numero di 225 scritte e raccolte da N. P. dilettante Romano, dedicate alli Signori Virtuosi e Dilettanti della Pittura e del Disegno, Roma 1714, Bibliotheca Apostolica Vaticana, Ms. Capponi 257, fol. 174 r „II suo ritratto è stato delineato al Vivo da Gaetano Sarti". Vermutlich identisch mit der Erwähnung bei Manette, S. 206 „M. Crozat avait son portrait dessiné qu'il avait trouvé dans la collection de Pio". - Anthony M. Clark, The Portraits of Artists Drawn for Nicola Pio, in: Master Drawings V, 1967, S. 3-23, S. 19 mit irriger Bemerkung: „As .alvivo' (p. 8) but actually reproducing the smaller of the two Uffizi self-portraits." lei Pascoli, Bd. 2, S. 270. - Das späte Selbstbildnis muß als sehr typisch gegolten haben, denn Anton Birckart benutzte es als Vorlage für seinen Titelkupfer der Augsburger Ausgabe von 1709 von Pozzos Traktat. Der Maler hält die „Perspectiva Pictorum et Architectorum Andreae Putei e Soc. JESU Pars Prima et Secunda" in Händen. Auf der zweiten aufgeschlagenen Seite steht „Obijt Viennae Austriae Anno 1709 Aug. 31. Aetatis 70". Die Angabe ist nicht ganz korrekt, denn der Frate war erst 1642 geboren. Durch eine aufwendige Unterschrift wertete Birckart Pozzos private Selbstdarstellung zu einem repräsentativen Bildnis um. „Fallere Apellae vir hic omnes noverat arte, Innocuis ullum moribus haud poterat." Ad continuandam in posterorum memoria prestantissimi Architetti, pictoris q. gloriam ejusdem quondam cultor, et amicus F. F. Bd. 1 der Traktat-Ausgabe von 1717 enthält ein posthumes Profilbildnis Pozzos, das Joh. Carol. Allet stach.
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Guelfi S. J. 162 dem Sammler zugesandt worden, dargestellt seien verschiedene Tugenden, welche der Religion assistieren, während sie das Porträt des Duca malt, wobei die Tugenden ihr das Bild des B. Amadeo - dieser war Namenspatron des Fürsten - als Modell empfehlen163. Ikonologisdi gesehen handelt es sich hier offenbar um eine Verlagerung der „Disegno" - Vorstellungen ins Theologische. Das Blatt zeigt Pozzos typischen Zeichenstil. Uber einer sehr dünnen und flüchtigen Kreideskizze wird das Bild weitgehend unabhängig von der Vorzeichnung aus Pinsellavierungen erstellt, welche die Licht- und Schattenwerte verteilen. Der Pinsel fährt auch Kontur und Binnenzeichnung von Gesichtern, Armen und Händen nach. Es ist die Technik, die Pozzo im Fresko anwendet. Stilistisch gehört das Blatt in die Zeit des Corridoio vor den Ignatius-Zimmern. Die Komposition erinnert an „Heilung einer Nonne". Terminus post dürfte der Abschluß des Seligsprechungsprozesses des B. Amadeo 1681 sein. Das Istituto musicale Cherubini in Florenz erwarb 1924 von den Fratelli Ricordati ein Sitzporträt des Bernardo Pasquini (1637-1710), des berühmten Komponisten und Organisten an Maria Maggiore (Abb. 23). Das Bild trägt eine Inschrift auf der Rüdeseite, die den Namen des Dargestellten sichert. Die Farbskala ließ Pergola164 die Zuschreibung anzweifeln. 1694 schuf Pozzo für den Herzog Cosimo III das Porträt des P. Paolo Segneri165. Noch Zippel166 erklärte ein Bild im Palazzo Pitti für dieses Porträt. Doch vermerkt eine Inschrift der Rückseite den Namen Padre Pietro Pinamontis S J (gest. 1703), des Beichtvaters Cosimos III 167 . - Ein eigenwilliges Porträt schuf Pozzo für einen unbekannten Freund. Er hatte ihm wegen seiner vielen Arbeiten unter der Bedingung zugesagt, daß er nur Kopf und Hände malen könne, und stellte mittels Blumen, die er auf die Leinwand streute, den Bekannten in einer Veste di Camera dar168. 162
Sommervogel: geb. 17. 4. 1659 in Borgo S. Sepolcro, gest. 1 1 . 1. 1744 Rom, w o Guelfi 30 Jahre im Noviziat von S. Andrea al Qirinale gelebt hatte. 163 Vgl. A . Bocchi, Symbolicarum Quaestinocum De Universo Genere quas serio ludebat libri quinque, Bologna 15 $ 5, bringt unter dem Motto „ N o n vinci potis est neque fingi regia virtus" Merkur als Maler, der ein Herrscherportrait nicht nach der Natur, sondern nach der „Idea" malt, die in Büstenform mit Nimbus in den Wolken erscheint; Reprod. bei J . A . Emmens, Les Menines de Velasquez, miroir des princes pour Philippe I V , in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek, 12, 1 9 6 1 , S. j i - 7 9 , Fig. 7. - Erwin Panofsky, Idea, Berlin i960, S. 104, Anm. 194 erwähnt Guercinos Dresdener Bild (Nr. 369): Pittura malt einen Cupido nach einem Bilde, das ihr Disegno vorhält. - Vgl. auch das Frontispiz von Boulanger für Hubert Mugnier, L a véritable politique du prince chrestien, Paris 1647. 164
Cherubini. Dokumente bei Pergola (1932), S. 263 Anm. 5 nach Firenze, Archivio di Stato, Cart. Med. 3960. Besonders interessant ist die folgende Bemerkung Pozzos „Havendo disposto la Divina Providenza di chiamar a se il P. re Paolo Segneri, mi son messo da una pia inclinatione a caverne il Ritratto dal suo benche trasformato cadavere". 1«« Zippel, Giuseppe, S. 106. 167 Francini Ciaranfi, N r . 496. 188 Pascoli, S. 253. 165
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Das 1702 entstandene Bildnis des Franz Karl Kounic befindet sich im Obresni Museum im mährischen Schloß Stavkov u Brna (Austerlitz) 169 (Abb. 25). In keinem anderen Werke Pozzos spielen die Valeurs des Lichtes eine solche Rolle wie hier. Die Helligkeit des Gesichtes, auf das sich alles konzentriert, setzt sich von der Fülle dunklen Haares leuchtend ab. Demgegenüber sind die Kontraste im Gesicht gering, die versdiwimmenden Lichtwerte charakterisieren die Weichheit des Typus. N u r die dunklen Augen akzentuieren. Verschollen sind die Porträts des Ordensgenerals Tyrso Gonzalez, des Kardinals Imperiali, das Bildnis eines Freundes, das eines Cavaliere und jenes Porträt des Kardinals Ruffo, das Pozzo kurz vor seiner Abreise nach Wien in vier Stunden aus dem Gedächtnis malte. In Wien wurde Pozzo das Porträt des Erzherzogs in Auftrag gegeben170.
93iJ x 72 cm. - H a l o v i - Jahadovi, S. 102, Rechnung des Hofmeisters Gradier im Austerlizer Archiv VI/7J, deponiert im Brünner Staatsarchiv „Datta al Padre Pozzi per il ritratto die Möns. II. 18 scudi" (Freundliche Mitteilung von Dr. MiloS Stehlik). 170 Pascoli, S. 251, 265, 266, 271. 169
III. Freskodekorationen Raumerweiterung durch Freskenzyklen ist Pozzos bedeutendste künstlerische Potenz. Anders als das Tableau, dessen Rahmen Bildwelt und Umwelt streng voneinander scheidet, vereinen Pozzos auf Illusion angelegte, wandfüllende Freskendekorationen den Real- und den Scheinraum zur Vorstellung einer einzigen, Bild- und Realraum übergreifenden Wirklichkeit. Das Tableau erlaubt, daß der Betrachter es einem von der Realität abgelösten Bereiche des bloßen Scheins zuweist. Das Verhältnis ist ein ästhetisches. Der Interpret des Tableaus verfährt angemessen, wenn er an diesem die jeweilige wechselseitige Bedingtheit von Inhalt und Flächenordnung untersucht. Illusionierte Wirklichkeit im Sinne einer Erweiterung des realen Raumes erfährt der Betrachter dagegen nicht als ästhetische Distanz sondern als konkrete Präsenz, die vorgespiegelte Raumeinheit versetzt ihn in eine unmittelbare Erlebnisgemeinschaft mit der Bildwelt. Deshalb ist die herkömmliche analytische Interpretationsweise auf solche Raumdekorationen nur bedingt anwendbar. Vielmehr müssen die Vermittlungsformen dieser neuen Totalität untersucht werden. Die Perspektive in ihren vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten ist deren bedeutendstes Mittel. Gehört das von seinem Aufstellungsort unabhängige Tableau, soweit es Bildlichkeit mittels Flächenordnung erstrebt (wovon sidi der Barock oft weit entfernt hat), der Sphäre des „delectare" an, so zielt illusionistische Raumgestaltung (sofern sie nicht rein ornamental ist) auf das „prodesse". Pozzos Orden verstand es, diese rhetorische Struktur der großen Raumdekorationen seinen propagandistischen Absichten dienstbar zu machen. Bei der Untersudiung wird daher Wert auf die Programme zu legen sein. Trotz mehrerer Berührungen mit gegenreformatorischem Ideengut wird dieses in Pozzos Dekorationen nicht tragend. Leitender als die polemische Absicht ist für den Kirchenbesucher die Erfahrung der Transzendenz in der Vision. Der Klarheit halber sollen vor der Behandlung dieser Probleme alle positiven Aspekte dokumentarischer und ikonographisdier Art genannt werden.
Mondovi. Ehem. Jesuitenkirdie SS. Martiri e S. Francesco Saverio A.
Mondovi.
Ehemalige
Jesuitenkirche (Chiesa
della
SS. Martiri
e S. Francesco
43 Saverio
Missione)
D a s Jesuitenkolleg v o n M o n d o v i 1 w a r sciion 1 5 9 5 gegründet w o r d e n 2 , doch erst 1661
begannen G i o v e n a l e B o e t t o aus F o s s a n o u n d der Jesuitenbruder Falletti
m i t d e m B a u der Kirche®. N a c h B a l d i n u c c i schaltete sich P o z z o 1 6 7 6 in die A r beiten ein u n d benötigte z u r A u s g e s t a l t u n g des R a u m e s ein J a h r , dagegen spricht das A r c h i v der K i r c h e v o n a n d e r t h a l b J a h r e n , eine Z e i t a n g a b e , die Pascoli 4 w i e derholt. D e r V e r t a g m i t A n t o n i o F o n t a n o u n d B a t t i s t a R e t t i , welche das G e r ü s t a u f b a u e n u n d das G e w ö l b e f ü r den M a l e r vorbereiten sollten, datiert v o m
22.
M ä r z 1 6 7 6 ® . Bischof T r u c c h i w e i h t e a n O s t e r n (9. A p r i l ) 1 6 7 8 die Kirche, u n d P o z z o v o l l e n d e t e seine F r e s k e n i m f o l g e n d e n J a h r 6 . Z u v o r jedoch n a h m er m i t Boettos E i n w i l l i g u n g einige V e r ä n d e r u n g e n
an
d e m einschiffigen B a u v o r . N a c h P o z z o s E n t w u r f w u r d e die B a l u s t r a d e durchg e f ü h r t , die geschickt die beiden ungleich langen T r e p p e n v o r d e m E i n g a n g der quer z u m H a n g stehenden K i r c h e v e r b i r g t . I m Inneren verbesserte er die L i c h t f ü h r u n g , indem er die Fenster v e r g r ö ß e r n ließ. I n einem V e r t r a g v o m 4 . A u g u s t 1 6 j 6 w u r d e der S t u k k a t e u r M a r c o M u t i s verpflichtet, i m C h o r statt der k a n nelierten Säulen, welche B o e t t o v o r s a h , geglättete aus S t u c k m a r m o r a n z u b r i n g e n . A m x i . M a i 1 6 7 9 dehnte m a n diesen A u f t r a g a u f die g a n z e K i r c h e aus 7 .
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Tonello, S. 7 1 : der Name „chiesa della missione" geht auf die preti della missione zurück, denen Kirche und Kolleg nadi Aufhebung der Jesuiten 1776 übergeben wurden. Marini (1959), Anm. 20. - Tonello, S. 7 1 . Marini (1959), Anm. 20. - Brindtmann (1931), S. 42 gibt 1665-1678 als Bauzeit an. Der Grundstein wurde am 14. Mai 1665 gelegt (Tonello, S. 73). Der Ausführungsvertrag datiert vom 9. 5 . 1 6 6 $ (Malle 1962, nr. 8). Die Fassade erriditete man erst unter Clemens X I I (1730-1740) nadi Entwurf Gallos da Mondovi. N a d i Carboneri (1961), S. 16 hatte Boetto schon mit den Arbeiten an ihr begonnen. Baldinucci, S. 210. - Claretta (1893), S. 29 publizierte zwei Briefe Pozzos (beide Torino, Archivio di stato, ohne Nummer) an den Padre Gregorio Ghesio in Mondovi vom 6. 9. 1675 und vom 14. 4. 1676. In dem ersten heißt es „Mi sono fermato in Torino per otto giorni per vedere le cose belle di questa città supponendo di ritornarmene a Milano. H o poi avuto ordine di non partire per Milano ma mi fermi a Torino o ritormi a Mondovi . . . per ciò ho già scritto che mi mandino una cassa di miei modelli". Im zweiten Brief sdireibt Pozzo „Già si v a avvicinando la mia partenza di Milano . . . Havarei bisogno di f a r qualche abbozzo per la chiesa di costi e non mi lascian tempo. Scrissi al fratello Barberi die venisse . . . mi ha donato j doppie da comperare due mila fogli d'oro e soggiunge die questo serva per dar la spinta al colegio di comperar il restante die con due o tre mila fogli sarà sufficientissimo e se si haverà l'ordine li comprerò prima die parta intanto sto facendo una cassetta di vari bagagli per mandar avanti non posso in nissuna maniera partire prima di Santa Croce . . . " . - Zu Barberi vgl. Carboneri (1965), Anm. 16. - Ojetti (1924) Anm. 24. - Pascoli, S. 249. - Torino, S. 29-30 datiert Pozzos Tätigkeit auf 1 6 7 5 - 1 6 7 7 . Torino, Archivio di Stato, Gesuiti di Mondovi, mazzo 8-9, ohne Paginierung. Cibrario, Bd. X , S. 644. Die von Tonello, S. 72 und Vacchetta, S. 7 Pozzo zugeschriebenen Veränderungen der Apsis stammt sdion von Boetto, vgl. Carboneri (1961), S. 19, Anm. 6. - Zur Balustrade: Berrà, S. 8 j mit Veröffentlichung des Vertrags S. 95 (Archivio di Stato, Torino, Gesuiti di Mondovi,
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Pozzo entwarf auch den rechten Seitenaltar, welcher der Madonna addolorata geweiht ist. Ihn hatte der Erzdiakon Bartolomeo Cordero gestiftet. Leider w u r den die ursprünglichen Statuen im vergangenen Jahrhundert durch ein K r e u z und eine Inschrifttafel ersetzt, das Altarblatt entfernt 8 . Der Ignatiusaltar auf der linken Seite wurde erst nach Pozzos T o d von dem Abate Giovanni Francesco Cordero finanziert®. Drei Maler und ein Gehilfe führten die Kartons für die Fresken aus 10 . Für den Hochaltar entwarf Pozzo den Kirchenpatron stehend auf seiner Urne in einer Doppelkulisse aus Leinwand 1 1 (Abb. 26), die er später unter die Lehrstücke seines Traktates (I 64) aufnahm und in der Wiener Franziskanerkirche wiederholte. Sie nimmt Boettos Architekturformen, die schweren Gesimse und die stuckierten Säulen in Tomatenrot und Weiß auf. Bei der Behandlung der Altäre soll auf sie noch einmal eingegangen werden. In der Kalotte stellt er Franz X a v e r taufend dar (Abb. 29). A u f die Gruppe herab schweben Engel mit der weißen Stola, dem Zeichen der Reinigung der Seele von der Erbsünde durch das Sakrament. Der Bozzetto (Abb. 30) für dieses
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mazzo 8-9). Das Dokument trägt das Datum 23. 3. 1677. Der Steinmetz Carlo Pozzi verpflichtet sich zur Ausführung nach dem Entwurf Andrea Pozzos. Berrà, S. 97 veröffentlichte aus mazzo 10 die Kosten: L. 1499. Damit erledigt sich die Angabe Tonellos, S. 18, die Balustrade gehe auf einen Entwurf Boettos zurück. - Zu den Fenstern: Carboneri (1961), S. 19 Anm. 9 veröffentlichte aus den angegebenen Urkunden eine Ausgabenliste für die Capimastri Antonio Fontana und Battista Pezzi" . . . per haver allargato le due finestre delle Capelle et rotto li ornamenti che vi erano . . . più per haver allargatto et alciatto il finestrone della facciatta due volte d'ordine del padre pozzo et fatto li ornamenti al di fori et demolito quelli che vi erano . . . più per haver fatto due pezzi di volta alla voltina che era a botte fatta ha paviglione per potter dipingere . . . più per haver demolito le ornamenti the vi erano alle due finestre sopra li frontespici et fatto due pezzi di crosta per ugualiare la muraglia per potter dipingere . . . più per haver muratto sopra le due finestre delle Capelle et al fenestrone della Faciatta dove sono dipinti li ramanati". Vgl. auch Carboneri (1961), S. 17 und S. 19 Anm. 10 nach den angegebenen Urkunden. Carboneri (1961), S. 17 und S. 19-20, Anm. 12. Schon bei der Ausführung wurden nicht immer die von Pozzo gewünschten Marmorsorten verwandt. - Vertrag bei Berrà, S. 85 Anm. 4 nach der genannten Quelle. Carboneri (1961), S. 19-20, Anm. 12 „Le trattative tra i Gesuiti e il padrone . . . sono degli anni 1 7 1 1 e seguenti, l'atto notarile del 22 settembre 1714; ancora nel 1721 sono in arrivo da Genova i marmi lavorati". Der Altar wurde von Berrà, S. 85 Pozzo zugeschrieben. Verträge in der Bibl. del Seminario di Mondovi, Carte Gavattiane, Gesuiti. Berrà, S. 97. Nach den Urkunden in Turin „Spesa in vitto di tre pittori et un servento, bocche 4, mesi 16 a ragion di ducatoni 4 il mese inclusa il vestiario di due L. 1280. Colori 1238". Tonello, S. 22: Unter der französischen Besatzung von Oktober 1802-Juli 1804 wurde das Bild aus der Kirche entfernt, erst 1817 kam es wieder an seinen alten Platz. - WilbergVignau, S. 172 „Die unter dem Baldachin stehende Franz-Xaver-Figur ist auf Blech gemalt. Neben der meist in Verwendung stehenden Franz-Xaver-Figur mit erhobenen Händen ist eine zweite: Franz Xaver mit dem Kreuz in den Händen, vorhanden. Die beiden Figuren sind auswechselbar, die jeweils nicht in Gebrauch stehende ist hinter die Säule der vorderen Kulisse gestellt. Für das Auswechseln der Figuren ist die Baldachinarchitektur von hinten durch eine Holztreppe zugänglich".
Mondovi. Ehem. Jesuitenkirche SS. Martiri e S. Francesco Saverio
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Fresko wurde von der Akademie in Venedig erworben und zunächst als Gianantonio Fumiani ( 1 6 4 3 - 1 7 1 0 ) publiziert 12 , bevor ihn Kutschera-Woborsky 13 richtig benannte. Heute ist er als Leihgabe im Trienter Castello del Buonconsiglio ausgestellt. Die Motivwelt des Kalottenfreskos zeigt Anklänge an Ceranos 1618 entstandene „Taufe des hl. Augustinus durch Ambrosius" in S. Marco zu Mailand 14 . Es ist angeregt von Veroneses Gastmählern, etwa der „Cena di S. Gregorio Magno" auf dem Monte Berico bei Vicenza. Von dort übernimmt Pozzo die palladianische Architektur 15 . Die vorgegebene Deckeneinteilung erlaubte keine einheitliche, den ganzen Raum umfassende Darstellung. So verwendet Pozzo im Langhaus für die schmalen, rechteckigen, flachgewölbten Deckenabschnitte, die durch Gurte von der Hängekuppel in der Mitte getrennt sind, und für das ebenso gestaltete Feld vor der abschließenden Halbkugel des Chors das manieristische Prinzip der Siebdecke. Diese Felder werden durch Rahmen in drei Kassetten aufgeteilt, die sich wie kleine Schächte in den Freiraum öffnen. An der Flachdecke des Chorvorjochs ist in der Mitte eine achteckige, an den Seiten eine querovale Öffnung wiedergegeben. In der mittleren Öffnung sind Putten mit einem Kronreif, in den seitlichen Putten dargestellt. Auf illusionierten hängenden Tafeln zwischen den Öffnungen steht „Ut portiet nomen meum" bzw. „Coram gentibus et regibus" (2. Moses 9, 16). An den beiden zur Hängekuppel hin angrenzenden Flachdecken sind die mittleren Öffnungen aus einem Rechteck mit anschließenden Halbkreisen, die seitlichen Öffnungen aus vier Halbkreisen gebildet. In den Zwickelflächen der Gurtbögen sitzen in Grisaillen wiedergegebene Tugenden und Engel mit dem Christusmonogramm16. Die Putti im Zwischenjoch zum Schiff halten Kreuze. Auf den trennenden Gurtbögen finden sich Grisaillen zweier allegorischer Frauenfiguren sowie auf den illusionistischen Hängetafeln die Porträts eines Bärtigen
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0,97 x 1,27 m. - Fogolari ( 1 9 1 3 ) , S. 368. Kutschera-Woborsky, S. 385. - Trotzdem noch bei der Ausstellung Florenz 1 9 2 2 als „Fumiani". 14 Waterhouse (1962), Abb. 1 1 5 . 15 Marini (1959), S. 20 „Palladiana è la serliana, palladiana e il dentellato delle cornici; palladiana perfino è il diiave figurata a sommo dell'arco; tutta veronesiana poi è la concezione del fondo architettonico". - Vgl. Erik Forssman, Über die Architekturen in der venezianischen Malerei des Cinquecento, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 29, 1967, S. 1 0 5 - 1 3 9 , bes. 130-131. 1« Wegen des schlechten Erhaltungszustandes sind sie nur z. T . zu identifizieren. WilbergVignau Anm. 4 5 1 „ A n den Zwickeln vor der Apsishalbkuppel links die Religione, redits die Spes. A u f den Zwickeln des die Fladidecke vom Chor und die Flachdecke von der Hängekuppel scheidenden Gurtbogens auf der vom Betrachter abliegenden Seite ist die Carità wiedergegeben (links), die rechte Tugend ist nicht zu erkennen. A n der vorderen Seite des Gurts befindet sich die Iustitia links und die Prudentia rechts. A n dem vom Betrachter abliegenden Gurt der Hängekuppel ist hinten auf der linken Seite die Temperantia dargestellt. A n den Zwickeln des Gurts der ersten Fladidecke ist links die Reinheit, rechts die Fama gegeben". 13
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Freskodekorationen
und eines Bischofs. Die Mitte des Langhauses beherrscht in einem hypätralen Kuppeltambour die Glorie Franz Xavers (Abb. 28). Die vier Erdteile lagern sich in die Zwickel. In den Lünetten gruppieren sich Putten um Vasen und Masken. Diese besondere Verherrlichung Franz Xavers gründet sich nicht nur auf seinen hohen Rang unter den Jesuitenheiligen, sondern die Gemeinde von Mondovi ist ihm eng verbunden, denn nach der Kanonisation von 1658 hatte der Stadtrat auf Drängen des Paters Ghesio den Heiligen zum Schutzpatron des Ortes erklärt 17 . - Das Eingangsjoch schließlich nehmen blumenstreuende und musizierende Putten ein, andere halten Krüge mit Taufwasser. Die Inschrift lautet hier „Sal est Dominus".
B. Torino. Ehemalige Jesuitenkirche SS. Martiri Solutore, Avventore ed Ottavio Zwei Jahre nadi dem Tode des Duca Carlo Emmanuele von Savoien wurde Pozzo durch die Duchessa Giovanna Battista nach Turin berufen18. Claretta 19 hat einen Brief des Jesuiten Carlo Doria veröffentlicht, in dem es heißt „Ii padre rettore di codesto collegio mi manda una lettera del nostro padre generale consegnatagli dal signor conte di Buttigliera, in cui mi dice il favore segnatalissimo che V.(ostra) A.(ltezza) R.(eale) disegna di far alla nostra chiesa col farle dipingere la volta, servendosi in ciò del nostro religioso Andrea Pozzo. Io l'avrei subito, come mi comanda il generale, mandato a chiamare da Mondovi, ordinando che lasciasse il dipingere che attualmente fa quella nostra chiesa, ma perche il padre Malines mi scrive che il signor Buttugliera le soggiunse che era intenzione di V.(ostra) A.(ltezza) R.(eale) che perfezionasse l'opera ivi cominciata. Sono con questa prima mia renderle umilissime grazie del Beneficio che si degna aggiungere a tanti altri che ci ha fatti, e poi a supplicarla che si compiaccia di supplicare il padre Malines quando e come comanda che detto nostro religioso venga, che subito sara eseguita". Der Brief datiert vom 24. März 1677. Nach Pascoli und Baldinucci20 benötigte der Maler drei Jahre. Die Fresken sind leider bis auf wenige Reste zerstört. Am Triumphbogen blieb das Wappen mit zwei Figuren erhalten, über der Orgel tragen Engel ein Spruchband mit dem Lob der Märtyrer „Per fidem vicerunt regna" 21 . Im Schiff war eine Engelglorie des hl. Ignatius dargestellt22.
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Tonello, S. 7 3 . 18 Baldinucci, S. 2 1 9 gibt als Arbeitsbeginn 1678 an. 19 Claretta (1875), S. 7 8 - 7 9 nadi Archivio di Stato, Turin, ohne Nummer. 20 Pascoli, S. 249. - Baldinucci, S. 220. - A R S J Med. 3, ff. 18, 40, 59 erwähnt Pozzos Arbeit 1 6 7 7 „Andreas Puteus pictor"; 1678 „pingit ecclesiam"; 1679 „pictor in ecclesia". 21 Cenni, S. 55. 22 Cibrario, Bd. 2, 147.
Frascati. Chiesa del Gesù
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C. Frascati. Chiesa del Gesù In den Sommermonaten 1681 und 1684 führte Pozzo die Dekoration des Gesù in Frascati durch23. Der Zyklus umfaßt entsprechend dem Weihetitel christologisdie Themen, Darstellungen der Kirchenpatrone und bedeutender Jesuitenheiliger. - Die Jugendgeschichte Christi beginnt mit den beiden Supraporten des Chores, mit der „Verkündigung" (1., vom Eingang her gesehen) und „Heimsuchung" (r.). Die „Beschneidung" wird auf der leicht gebogenen Wand hinter dem Altar groß unter einem Baldachin dargestellt. Es folgt im rechten Querhaus (Supraporte der Chorseite) die „Anbetung der Könige". Nun muß der Betrachter ins gegenüberliegende (1.) Transept wandern und findet dort die „Flucht nach Ägypten" (Abb. 8). (Die zweite Supraporte entfällt, da sich die Wand an ihrer Stelle zu einer Kapelle öffnet). Nadi der Rückkehr in das rechte Querhaus sieht man den „Bethlehemitischen Kindermord" (Eingangsseite). Die Supraporten des Langhauses nehmen den Zyklus links mit dem „Lehrenden Christus im Tempel" (Abb. j) (nahe der Vierung) und mit der „Hl. Familie in der Zimmermannswerkstatt"24 (nahe dem Eingang) auf. Auf der rechten Langhauswand bilden die „Taufe Christi" (am Eingang) und die „Hochzeit zu Kana" (an der Vierung) den Abschluß. (Einzelne dieser Bilder wurden im Kapitel über die Gemälde beschrieben.) Die rechte Altarnische des Langhauses ist mehreren weiblichen Heiligen gewidmet. Die linke Wand zeigt „Christus bei Maria und Martha" (Luk. 10, 38-42). Rechts ist das „Gastmahl bei Simon" (Luk. 7, 36-50) freskiert, bei welchem Maria Magdalena die Füße des Heilandes salbt. Am Kreuzgewölbe ist die „Verzückung" dieser Heiligen dargestellt. Das verlorene Altarfresko zeigte ein „Noli me tangere"25. Maria Magdalena war die ursprüngliche Patronin der Kirdie, welche vor ihrer Übernahme durch die Jesuiten von Franziskanern verwaltet wurde. Mit dieser Ikonographie verbinden sich Anspielungen auf die Passion. In einem Me-
23 Baldinucci, S. 230. - Pascoli, S. 256. - De Angelis, S. 164. - Marini (1959), S. 3 } . - Dazu Wilberg-Vignau Anm. 35 „Pascoli setzt Frascati in die Zeit der Scheinkuppel von S. Ignazio, also um 1 6 8 5 ; Baldinucci in die Zeit von Pozzos Aufenthalt in Montepulciano, 1 7 0 0 - 1 7 0 2 . . . de Angelis datiert die Malereien Pozzos in Frascati auf i 6 8 j , ohne die Quelle anzugeben. Aus Gründen der kompliziert gemalten Scheinarchitektur am Hochaltar wird dieser jedodi in Pozzos später römischer Zeit, nadi dem Langhausfresko von S. Ignazio und während seiner großen Altarbauten, also ab 1686, entstanden sein. Die Scheinkuppel wird infolge der zur Scheinkuppel von S. Ignazio einfacheren Gestaltung vor der Scheinkuppel von S. Ignazio entstanden sein, also vor 1685 gemalt worden sein. Die Verschiedenheit der Datierung des Gesù von Frascati nach den überlieferten Quellen ergibt sich vielleicht aus der verschiedenen Entstehungszeit der beiden Werke in Frascati". 24
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Kreuz, drei Nägel, Dornenkrone und die beiden kleinen Kreuze (für die Schädier) als V o r ausdeutung der Passion. Vgl. Emile Mâle, L'art religieux après le concile de Trente, Paris 1932, S. 3 1 1 Anm. 4. Seghetti, S. 203.
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daillon des illusionistisch gemalten Altarrahmens hält Gottvater die Weltkugel. Zwischen Wänden und Decke der Kapelle sind in zwei kleinen Feldern noch Attribute der Passion gegeben, rechts Lampe, Spieße und Lanzen aus der Gefangennahme und der Hahn aus der Verleugnung durch Petrus, links die Säule und die Geißeln, Würfel, Leiter, Hammer und Nägel. Die Leidenswerkzeuge leiten über zum „Triumph des Kreuzes" an der Decke der linken Kapelle. (Das Fresko wurde 1943 beim Bombardement zerstört). An ihrer linken Wand ist eine „Totenerweckung durch Franz Xaver" freskiert, rechts kniet der Heilige am indischen Strand, halbnackte Eingeborene bestaunen eine Krabbe, die ihm in ihren Scheren ein Kreuz zurückbringt. Bei einem Sturm im Archipel der Molukken hatte Franz Xaver sich mit diesem Kruzifix ins Meer gestürzt, um das Wetter zu beruhigen, doch die Wogen hatten es ihm entrissen28. Diese Verbindung von Kreuz und Passion Christi mit der Verehrung Franz Xavers gehörte zu den Lieblingsgedanken des Barock27. Das Altarfresko des rechten Querhauses zeigt das „Martyrium Sebastians und der hl. Agnes" (Abb. 32). Im linken Querhaus ist die „Profess Franz Borgias vor Ignatius" dargestellt28 (Abb. 31). Der Altar steht an der Stelle, welche vor der Errichtung der Kirche das von Franz Borgia bewohnte Haus einnahm. Daran erinnert eine Inschrift an der Mauer: „Hinc olim S. Francisci Borgia cubiculum" 29 . Beide Altäre werden durch Scheinardiitekturen gerahmt. In ihnen thronen zu Seiten der Fenster in Grisaille gemalte Allegorien der vier Kardinaltugenden. (Im rechten Querarm sind sie zerstört, auf alten Fotos aber abgebildet.)30 Die Vierung überhöht eine Kuppel in Illusionsmalerei91. Das umfangreiche Werk konnte Pozzo nicht alleine bewältigen. Antonio Colli war sein Mitarbeiter. Dessen Anteil ist kaum zu sondern, allgemein schreibt man ihm die in der Ausführung schwächeren Teile zu. Raggi 32 gab ihm die Kuppel, Seghetti33 erweiterte die Mitwirkung um die beiden Bilder des Franx Xaver und
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Louis Réau, Iconographie de l'art chrétien, Bd. 3, Teil 1, S. $38 „Cette fable deriverait d'un conte japonais rapporté par Mitford (Tales of old Japan, Londres 1 8 7 1 ) " . - Georg Schreiber, Deutschland und Spanien, Düsseldorf 1936, S. 3 1 5 - 3 1 6 gibt als Quelle an: „Das christliche Heldenbuch, München 1629, mitget. z. 2. Dezember". Schreiber, a. a. O., S. 2 1 3 - 2 1 $ . De Angelis, S. 164 deutet als Franz Xaver. Attribute Franz Borgias sind der Kardinalshut, auf den er verzichtete, und die Madonna von Maria Maggiore, deren Kult er durch Verteilung von Reproduktionen festigte. Seghetti, S. 204 Anm. 1. Dort waren es Prudentia mit der Schlange (vgl. Matth. X , 16), die gerüstete Fortidudo (Cesare Ripa, Iconologia, 1603, S. 166, 168, 169), gegenüber sind es Iustitia und Fortidudo. Bianchi, S. 277, N r . 1 3 8 7 gibt in der Galleria nazionale d'arte antica einen Bozzetto f ü r die Kuppel von Frascati an, ebenso Kutschera-Woborsky, S. 386, Anm. 1. Vermutlich liegt eine Verwechslung mit dem Bozetto für S. Ignazio vor. Raggi, S. 368. Seghetti, S. 203.
Zerstörte Fresken in Frascati
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die Gastmähler bei M a r i a und Martha und bei Simon. Waterhouse 34 schrieb dem Gehilfen die K u p p e l und zwei Altäre zu. Toffanello 3 5 gab ihm die K u p p e l und die beiden Langhausnischen. Dagegen sieht de Angelis 3 ® einen wesentlich größeren Anteil, bei der „Flucht nach Ä g y p t e n " und der „ T a u f e Christi" soll er beteiligt sein, die Gastmähler bei M a r i a und Martha und beim Pharisäer und die beiden Bilder mit Franz X a v e r , der „Triumph des Kreuzes" und die K u p p e l sollen ganz von ihm stammen. Die Scheinarchitektur des Hochaltares (Abb. 29) schließt an den Tabernakel in St. Peter an, doch läßt die Umformung in einen Pavillon über kreisförmigem Grundriß die Kenntnis der Abwandlung in Val-de-Grace zu Paris vermuten. Darauf deuten auch die plastische Gruppe auf dem A l t a r in Paris, die Engel, die mit Spruchbändern herabschweben. Pozzos E n t w u r f findet sich auf T a f e l 69 des zweiten Bandes der „Prospettiva". Die Ausführung monumentalisiert das Ziborium durch einen höheren Sockel und durdi eine Dehnung der Proportionen in die Breite. D u r d i die Verschiebung nach oben löst sich der Baldadiinarchitrav v o m Gesims der umgebenden Architektur. Diese Isolierung führt zu stärkerer Verräumlichung, welcher auch die Untersicht in die Ziboriumsbekrönung dient. Die gewölbeartige Zusammenfügung der federnden Voluten nimmt optisch den Kuppelabschluß vorweg, der von dem vorhergehenden Gurtbogen überschnitten wird. D a s Sebastianfresko zeigt Einflüsse von Tizian, in der Farbe von Veronese, in der Landschaft flämische Elemente 87 . Motivisch geht die Figur zurück auf Pugets Statue in S. M a r i a di Carignano in Genua, die Pozzo während seines dortigen Aufenthaltes gesehen haben wird. Den schmalen A k t hat er jedoch zu michelangelesker Massigkeit verwandelt.
D. Zerstörte Fresken in Frascati A n die Chiesa del Gesù schließt sich das Oratorio dei Nobili. D a f ü r malte Pozzo die Assunta an der A l t a r w a n d und zwei seitliche Bilder 8 8 , die heute verschollen sind. - In S. Maria delle Scuole Pie zerstörten die Bomben des 2. Weltkrieges einen „Engelsturz", der seit 1885 durch ein Bild von Giovanni und Pietro Gagliardi verdeckt wurde. In der Gewölbemitte hatte Pozzo die Assunta dargestellt 84 . - Ebenfalls zerstört wurden die Fresken im Santuario di SS. M a r i a di
s* «5 so 87 88 8»
Waterhouse (1937), S. 87. Toffanello, S. 23. De Angelis, S. 164 f. Marini (19J9), S. 33. Seghetti, S. 199 „tale dipinti si ebbero un felice ritocco dal valente prof. Raffaele Gagliardi". Seghetti, S. 236. - Bombardement am 8. 9. 1943.
So
Freskodekorationen
Capocroce. Die Kapellen, zwei Cantorien und die Kuppel waren von Pozzo mit Perspektiven ausgemalt40. - Die vier Evangelisten, Gottvater und die übrigen Gemälde der Sakramentskapelle der Kathedrale S. Pietro (2. r.) sollen nur Schulwerke, vielleicht von Collis Hand gewesen sein. Ebenso besaßen die Capella della Madonna del Rosario (3.r.) und die mittlere Kapelle links Fresken von Pozzo. Alle diese Werke wurden im 19. Jahrhundert restauriert und sind heute verloren41, Fotografien haben sich nicht erhalten.
E. Der Korridor vor den Zimmern des hl. Ignatius und die Kapelle in der Vigna des Collegio
Romano
Bereits lange vor der Ausmalung des Korridors vor den Zimmern des Ordensgründers Ignatius von Loyola in der Casa Professa des römischen Gesù (Abb. 34) durch Pozzo hatte Jacques Courtois, gen. Borgognone ( 1 6 2 7 - 1 6 7 6 ) , mit der Dekoration begonnen. Geschehen war dies vermutlich schon 1 6 6 1 . Aber der Zyklus blieb unvollendet liegen, fertig wurden nur die parapetti von fünf Fenstern. Das fünfte Fresko muß sich außerhalb des heutigen Raumes befunden haben, denn dieser verfügt nur über vier Fenster. Reste dieses Freskos sind nicht mehr zu entdecken42. Die erhaltenen Bilder lassen die Erzählung im Hintergrund des Raumes beginnen und führen sie zum Eingang hin fort. Sie stellen dar: Die Schlacht von Pamplona mit der Verwundung des Heiligen (19. j . i 5 2 i ) 4 3 , Ignatius verfolgt auf dem Weg nach Montserrat zu Pferd einen Mauren, der die Madonna gelästert hat (24. 3. 1J22) 4 4 , 40 41
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Toffanello, S. 67: 2 9 . 2 . 1944. - Seghetti, S. 255. - De Angelis, S. 190. Wells, S. 49 nennt 1859, S. 59. - De Angelis, S. 163 u. 190. - Frascati, S. 273. - Seghetti, S. 1 9 1 . F. A . Salvignini, I pittori Borgognoni, Roma 1937, S. 1 3 0 - 1 3 1 . Nach Pechiai, S. 324 wurden die Fresken 1923 restauriert. Daniello Battoli, Della vita e dell'istituto di S. Ignazio fondatore della Compagnia del Gesù, 2. Aufl. 1650, Neudruck Torino 1825, danadi zitiert Bd. I, S. 26-27. ~~ Acta sanctorum 31.JuliVH.413. Battoli, a. a. O. S. 44-45 „prese il camino di Monserrato . . . Un viandante di stirpe Moresco, e di Religione Maomettano . . . accompagnossi per via con S. Ignazio; . . . d'ali andare die Ignazio faceva alla Vergine di Monserrato, di lei appunto si attacco fra loro discorso, e poscia anco disputa; perche l'empio Maomettano negava perfidiosamente alla Madre di Dio quella interissima Verginità . . . il Moro prendeva tutta a scherno e mottegiava empiamente della Nostra Fede, come di troppo credula a cose impossibili ad essere: Finche a guisa d'infastidito, per liberarsi della pena di più sentire l'altro che non cessava di premerlo, cacciata dispettosamente la mula, senza, dirgli addio, si spinse innanzi, egli si tolse dagli occhi . . . Ignazio . . . accesagli a un tempo medesimo l'ira col zelo, entro f r a se in dubbio, se potesse, anzi pur se dovesse vendicare l'ingiuria della Vergine con la morte del Saracino . . . Egli parea debito il farlo; e che per esser già Cavaliere di Cristo, dovesse adoperare la spada a difesa dell'onore della sua Madre: pur se ne sentiva ritirare da uno spirito interno . . . Concio dubbioso e perplesso, non sapendo a che risolversi, rimise il giudizio al caso, o com'egli
Der Korridor vor den Zimmern des hl. Ignatius
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Der Heilige wird bei der Abfassung des Exerzitienbuches durch die Madonna inspiriert 45 , Ignatius stürtzt sich in die Seine, um einen Irregehenden zu bekehren 46 . Z u Seiten der Bilder schmücken kleine Figuren die W a n d . In der gleichen Reihenfolge sind dies: Z w e i Engel mit Palme und Posaune, Z w e i weibliche Gestalten, deren eine ein Kreuz trägt, Z w e i Engel ohne Attribute, Caritas und Pönitenzia. Pozzo vollendete die Ausmalung dann wahrscheinlich in den Jahren zwischen 1 6 8 2 und 1686 4 7 . E r setzte das Programm fort und behielt die Reihenfolge der Fresken bei. Die Erzählung führt in den Fensterlaibungen weiter: Gebet vor dem Marienbild 48 , Abschied vom Elternhaus, Ignatius verschenkt nadi der Generalbeichte in Montserrat seine weltlichen Kleider (24. 3. 1 J 2 2 ) 4 9 , Die Erscheinung des Kreuzes 50 ,
pensava, al cielo. Perdioche giunto dove la via si divideva in due sentieri, l'uno sassoso e deserto die portava al monte, l'altro spianata e largo die andava subito a finire alle porte d'una terra, die la stava in fascie da quaranta passi lontana, quivi lascio libera al cavallo la briglia, risoluto, s'egli avesse preso la via per dove andava il Moro, come Dio ciò glielo avesse dato nelle mani, o di fargli ritrattare l'empio parole, o di fargliene in pena la vita . . . fuor d'ogni ragione, il cavallo, lasciatala via agevole e piana, e a cui allettava la vista dell'albergo vicino dove il Moro era ito, per l'erta della montagna s'aviasse; donde Ignazio interpreto, esser voler di Dio o die volui vivesse, e almeno ch'egli non l'uccidesse". 45 Bartoli, a. a. O., S. 37 „e la Vergine Madre di Dio, in fede d'aver gradita l'offerta che di se l'avea fatta una altra notte, mentre egli vegghiava in orazione, gli comparve, con in braccio il bambino Gesù". 48 Bartoli, a.a.O., S. 1 8 j „Un 'uomo impudico amava abbandonatamente una femina, che, per esser d'altrui il teneva in continuo pericolo di perder la vita, come già aveva per lei perduta l'anima. Ne fu futta consapevole Ignazio . . . Con veniva a costui per andare alla casa dell'amica, passar per un ponte sopra cert'acqua, die quivi correva. Era il verno e qual suol'essere in Parigi fredissimo! Ignazio, spoglialo ignudo, si tuffo dentro a quell'acqua sino alla gola, e vi stette, findie, al sopra venir della notte, quel lascivo uomo, secondo l'uso suo pasasse per c o l a . . . quel meschino . . . melto in avvenire strada e vita". 47 Zu diesem Zwecke wurde der Eingang zu den Zimmern verlegt. Ein Plan des nodi unveränderten Zustandes in Paris, Bibl. nat., Cab. est. Hd-4a, 148, vgl. Vallery-Radot Nr. 70 bis. Nadi Tacchi-Venturi (1929) Anm. 16 ein Gutachten dazu in ARSI Hist. Dom. Prof. I, doc. L X I I b, das sidi nadi dem paläographisdien Befund in das Generalat des P. Carlo de Noyelle (1682-1686) datieren läßt. - Dagegen datiert Montalto (1962), S. 395 auf 1681. - Vgl. Baldinucci, S. 222 der ebenfalls in das Generalat des Noyelle datiert, „quest'opera chiede agli intendenti somma soddisfazione e particolarmente ai pittori dell'accademia di S. Luca die sentirone l'applauso comune dopo averla veduta e ben considerata la giudicarono molto vaga e del tutto lodevole". « Bartoli, a. a. O., S. 37. 4 » Bartoli, a. a. O., S. 47. 80 Bartoli, a. a. O. (1659), S. 8j „imperciodie, mentre la vigilia di S. Ignatio, si catava la compieta in una capella quivi vicina, e la grotta era piena dalla ferita del fianco di detto
Freskodekorationen
J2 Scheintod in der Verzückung 6 1 , Selbstgeißelung 52 ,
Attentatsversuch gegen Ignatius 53 , Ignatius bekehrt beim Billardspiel ein Mitglied des königlichen Hauses von Frankreich 54 . Zwischen diese Szenen schieben sich die Erzählungen der Glasfenster: Petrus erscheint dem kranken Ignatius in Loyola ( 2 8 . 6 . 1 5 2 1 ) 5 5 , Die Waffenweihe in Montserrat (24. 3. 1 J 2 2 ) 5 6 , Ignatius schreibt in Manresa sein Exerzitienbuch, Die Ordensgründung in S. Denis de Montmartre (1 j . 8. 1 5 3 4 ) " . Oben in den Fensterlaibungen erscheinen: Ignatius vor der Madonna, Landschaft mit Reitern, Göttlidie Inspiration 58 , Ignatius verhütet einen Justizirrtum 59 . crocifisso, poi dalle mani, e dal capo coronato di spine, a scorrer sangue si fresco, e verniglio, die pareva stillasse da un corpo vivo". Vita von 1609, Nr. 19 „In menti raptu septem ipsos dies persistentem humatori iam erant, nimise tenuissima cordis palpinone vitae indicium deprehendissent, a quo tandem raptu veluti a dulci sommo, nomen JESU Suaviter ingeminans solvitur". 52 Battoli, a. a. O., S. 49 „Si carius stricto illum ferro potens, audita repente voce QUOD TENDIS INFELIX? territus a facinone disistit". 68 Bartoli, a. a. O. (1650) S. 161 „Non riuscito questa a demonij, ne tentarono un'altra peggiore, istigando con la disperatione, e col furore, un certo Michele Navarro . . . visolvetti . . . togliendo del Ignatio la vita . . . Per tanto, per giungere d'improviso sopra Ignatio ritirato nella sua Stanza, senti una voce di terribile suono, die l'arresto, con dirgli: Dove vai infelice? e die pretendi? di die egli scuanito, e già dubitante di se, andò tremando, abuttarsi e pe d'Ignatio, gli confesso il mal'animo, e la cagione dell pentimento, e glie ne chiese e perdono". 54 Bartoli, a. a. O., S. 188 „Entro dunque il Santo per non so quall'affare nella Casa d'un Signor francese, teologo e dottore, e'1 trovo, die stava passando il tempo col giuoco del trucco. Fu ricevuto con accoglienze di cortesia, indi, fosse per onorarlo, o per prendersi giuoco di lui, quel Signore l'invito a far seco una partita. Ignazio, che non avea mai maneggiato palle ne magli in tal giuoco, si ritiro, con iscusa di non sapere: ma non sodisfatto il Dottore, e facendogli nuove istanze, il Santo, mosso internamenta da Dio, Monsignor (disse) acetto la sfida: ma io non vo'giuocor da giuoco; perche i poveri, come me, non giuococano per passatempo, ma per guadagno. Ma perche son povero, e non ho altro die me medesimo, me medesimo giuochero. S'io perdo, io vi servirò un mese . . . Se vinco, vio per altre tanto farete una cosa di vostra gran prodidie io vi richiederò . . . Giuocerone: e Ignazio meno la partita con tal felicita . . . die il buon Signore comincio ad intendere, die quel giuoco era un miracolo fatto per l u i . . . onde Ignazio, datalogli per un mese intero gli Esercizj spirituali". 55 Bartoli, a. a. O., S. 29. 58 Bartoli, a. a. O., S. 47-48. - Acta Sanctorum 31. Juli VII, 415. 57 Bartoli, a. a. O. II, S. 33. 58 Vita 1609 Nr. 20 „Magnam divinam humanorumque rerum cognitionem divinitus infusam accipit". 59 Vita 1609 Nr. 38 „Dum Lutetiae tamquam sdiolasticorum seductor virginis publica animadversione caedendus inducitur, cognita hominis innocentia Rector ad eius pedes accidit, sanctum palam appellar, infamiaeque apparatum in gloriae scena vertit". 51
Der Korridor vor den Zimmern des hl. Ignatius
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Die Decke teilt sich in zwei große Bildfelder und drei kleinere mit jeweils drei Grisaillen: Engel verehren das Grab des Heiligen, Totenerweckung (?), 1.: Kopf r.: Knieender Die Apotheose des hl. Ignatius, Tod des hl. Ignatius, 1.: Treffen mit Francesco Borgia r.: Karl Borromäus verehrt das Grab des Heiligen80 Erscheinung bei einem Sterbenden, 1.: Stehender und zwei Köpfe r.: Sitzender. Die großen Bildfelder der Wände stellen an der Fensterseite dar: Ignatius löscht durch sein wunderbares Eingreifen einen Brand 61 , Heilung einer Nonne (Abb. 85), Befreiung von Gefangenen. Auf der Seite, an die sich die Zimmer anschließen: Ein Engel malt das Porträt des Heiligen, Die Heilung eines Besessenen82, Wunder, die sich seit dem 12. März 1622 ereigneten, wenn man den Heiligen anrief und Kranke mit dem ö l der Lampe salbte, die vor seinem Bilde brannte. Darüber befinden sich in Medaillons die Porträts von Gefährten des Heiligen bei der Ordensgründung: Franz Xaver, Pietro Fabro, Giacomo Lainez, Alfonso Salmerone, Pascasio Broet, Claudio Jaio, Giovanni Caodurio, Nicolo Bobadilla, Simone Rodriguez, Franz Borgia. Für einen Teil der Fresken sind die Vorbilder den Stichen einer anonymen Ignatiusvita von 1609 entnommen63. — Auf die Genese der Wandbilder soll bei der Behandlung des Ignatiusaltares eingegangen werden, dessen Reliefs sie als Vorbild dienten. 60 81
42
83
Tacdii-Venturi (1929, Aufl. 1 9 5 1 ) , S. 3 1 . Bartoli, a. a. O., V , Kap. 1 1 , 24 „L'anno 1601, n. 26 di Febbrajo, su la mezza notte, s'accese improvisamento fucco in una casa di Firenze: e perchè faceva gagliardissimo vento, l'incendio crebbe in poco tempo, e si sparse d'una in un'altra, fino alla casa di Donato Francesco Galligai . . . perduta ogni speranza d'ajuto umano bastevole a comparlo dalla distruzione, si gitto ginocchioni in terra, e piangendo divottamente . . . invoco i Santi Ignazio, e Francesco Saverio . . . e si vide innanzi sospeso in aria, due braccia lontani, amendue i Santi da lui invocati, e udi sensibilmente dirsi da S. Ignazio queste parole: V a via, che sarai consolato. E nel medesimo punto, le fiamme, ch'erano si furiose, miracolosamente si abbassarono". Ein Bozzetto dazu im Treppenhaus zu den Zimmern das Stanislaus Kostka in S. Andrea al Quirinale. Zur „Verfolgung des Mauren" vgl. nr. 8. - Z u „Ignatius stürzt sidi in die Seine" vgl. nr. 42. Zum „Abschied vom Elternhaus" vgl. nr. 7. - Z u „Ignatius versdienkt seine weltlichen
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Freskodekorationen
Das „ölwunder" und den „Exorzismus" wiederholte Pozzo al fresco auf den Seitenwänden einer Kapelle in der Vigna dei Padri Conventuali des Collegio Romano64, welche der erste römische Aufenthaltsort des Ignatius gewesen war. Audi hier setzte er die Bilder in eine perspektivisch gemalte Architektur. Darunter sind in Grisaille eine nicht mehr erkennbare Szene und das Treffen zwischen Ignatius und Franz Xaver gemalt. Die Okuli in der Fensterwand werden gegenüber al fresco wiederholt. Über dem Hochaltar halten zwei Engel einen Ovalrahmen. Das verschollene Altarbild, das in ö l ausgeführt gewesen sein muß, stellte die Madonna mit dem Kind und den knieenden Heiligen dar. Daneben malte Pozzo als Statuen gemeinte lebensgroße Figuren von Franz Xaver und Franz Borgia. An der Eingangswand erscheinen Stanislaus Kostka und Aloysius von Gonzaga (Abb. 35, 36). Über der Tür befindet sich das Jesuitenmonogramm und die Devise „Ad maiorem Dei gloriam". Die fast quadratische, holzgedeckte Kapelle ist nicht groß genug, daß Pozzo dem Beschauer einen illusionistisch geweiteten Raum hätte suggerieren können. So beschränkt er sich auf ein scheinbar gestuftes Wandrelief, durchbrach aber die Mauern an keiner Stelle. F. Die Ausmalung von S. Ignazio zu Rom
Erst 1684 begann man mit der Dekoration des lange zuvor errichteten S. Ignazio in Rom. Der Architekt Orazio Grassi hatte für die Kirche eine Kuppel vorgesehen, aber der Einspruch der benachbarten Mönche von S. Maria sopra Minerva verhinderte ihren Bau. Die Dominikaner befürchteten nämlich, ihrer Bibliothek würde das Licht genommen65. So sahen sich die Jesuiten gezwungen, einen Wettbewerb für eine Kuppel in Illusionsmalerei auszuschreiben (Abb. 37). Leider sind die Namen der zahlreichen Teilnehmer an der Konkurrenz, die der Ardùtekt Mattia de Rossi zugunsten Pozzos entschied, nicht überliefert66. Pozzos Bozzetto wird in der Galleria Nazionale d'Arte Antica (Corsini) aufbewahrt. Er soll in einem eigenen Abschnitt über Kuppelentwürfe behandelt werden. Die Ausführung begann wahrscheinlich schon im Oktober 168467. Am 3i.März 1685 wurde die Leinwand beglichen68. Pozzo führte die Arbeit in der
Kleider" vgl. nr. 10. - Z u m „Scheintod" vgl. nr. 19. - Z u r „Selbstgeißelung" vgl. nr. 14. Z u m „Mordversuch" vgl. nr. 40. - Z u r „Göttlichen Inspiration" vgl. nr. 20. - Z u „Ignatius verhütet einen Justizirrtum" vgl. nr. 1 8 . 84 Heute Collegio Internazionale dei Frati Minori, V i a Barcelli 56/70. - Pascoli, S. 2 5 1 „e celebre, e granosissima si è la pittura del fratel Giorgio religioso della compagnia, e custode della villa che sgrida un fanciullo, che piange, che è per verità assai vivamente espresso". 66 Montalto ( 1 9 3 4 ) , S. 2 2 4 - 2 2 5 . 6« Baldinucci, S. 2 2 $ . 67 Baldinucci, S. 2 2 J . - Pascoli, S. 2 5 4 . - Auch eine Eintragung in A R S J F G 1 2 3 9 , fol. 4 3 v erlaubt diesen Schluß: „Spese che si fanno per la fabrica d. a. (della) chiesa alla qua si e posta mano a lavoraro li 24 oc. (tobre) 1684 per aprirla alla festa del S. P . dell' 1 6 8 5 " . 88 A R S J F G I 3 4 J , S. 1 4 0 „ A l l a detta se. centoventi m. ta pagati al n(ost)ro Fr. Adriano, disse
Die Ausmalung von S. Ignazio zu Rom
55
S a l a maggiore des C o l l e g i o R o m a n o durch. D i e nächsten U r k u n d e n datieren v o m 21.
und 2 8 . A p r i l 6 9 . A m 2 1 . M a i w u r d e n die G e h i l f e n bezahlt 7 0 . E i n e z w e i t e Z u -
w e n d u n g erhielten sie a m 7 . J u n i 7 1 . Schon a m 2 0 . J u n i lohnte m a n die A r b e i t e r ab, die die Malerei in die V i e r u n g hinaufgezogen hatten 7 2 . A m 2 . J u l i erhielten die Malergehilfen ihren L o h n 7 3 . D i e Schreinerarbeiten an dem tragenden G e r ü s t mußten
noch
vollendet
werden74,
bevor
die
Scheinkuppel
zum
Ignatiusfest
( 3 1 . 7 . 1 6 8 j ) feierlich enthüllt w e r d e n konnte 7 6 . Z w e i J a h r h u n d e r t e überdauerte die Malerei, bis sie a m 2 3 . A p r i l 1 8 9 1 durch die D r u c k w e l l e zerrissen w u r d e , die die E x p l o s i o n eines P u l v e r m a g a z i n s an der V i g n a P i a bei S. P a o l o f u o r i le m u r a ausgelöst hatte 7 8 . N a c h d e m die Soprintendenza sie 1 9 6 1 - 6 3 restauriert hat, bietet sich nach siebzig J a h r e n endlich wieder der urspüngliche Raumeindruck.
per prezzo, e fattura del telaio fatto fare per coprire il vano della Cuppola". - Desgl. A R S J F G 1346, fol. 49 v. - A R S J F G 1239, fol. 48 v. - Ohne Quellenangabe bei Montalto (1957), S . 4 1 u n d M o n t a l t o , ( 1 9 5 8 ) S . 669.
«» A R S J F G 1239, Fol. 48 r „A di 21 Aprile per Giorn. (ate) di stuccat. (o) re 6 a b. 50 di mro. Dom(eni) co altre 6 di mro. Lor.zo a b. 35 di muratore 6 a b. 35 di mro. Paolo a b. 27 t. di Garzoni 64 a b. 2J di altri mri. assistenti alla machina per coprire la cuppola Giorni io a b. 40". Zum 28.4. A R S J F G 1345, S. 141 „sc. IJ al Fr. Adriano disse per pagare alcuni lavori fatti per il telaro che si f a da coprire la cupola". - Desgl. A R S J F G 1239 fol. 49 v. 70 A R S J F G 1346, fol. 64 v se. 20 „A Giovani . . . e per colori". - Montalto (1962), S. 398 nennt den 21. April. 71 A R S J F G 134J, S. 143 „alla Cassa se. venti mta. pagati al nostro Fr. Pozzo per pagare i giovani die tiene per dipingere, e per spese di colori". — Desgl. A R S J F G 1239, fol. 50 v. 72 A R S J F G 1345, S. 144 „alla detta se. uno, e b. 70 mta. pagati a diversi facchini, che hanno aiutato a tirare su nel sito della cupola il telaro dipinto, e rappresentante la med.(esim) a cupola, opera del nostro Fr. Pozzo Pittore". - Desgl. A R S J F G 1346, fol. 64 v. - A R S J F G 1239, fol. 50 r. - Montalto (1957), S. 41 ohne Quelle. 73 A R S J F G 1345, S. 145 „Spese diverse | alla detta se. dieci m. ta pagati al nro. Fr. Pozzo Pittore, disse per pagare i Giovani, che aiutano a dipinger l'Aitar maggiore e cupola finta". Desgl. A R S J F G 1239, fol. JI v. 74 Zahlungen A R S J F G 1345, S. 146, 14 u. 2 1 . 7 . , S. 147, 28.7. - A R S J F G 1346, fol. 49 v. A R S J F G 1239, fol. 50 r vom 30. 7., a. a. O. fol. 52 v „ A l fr. Adriano se. 19 per legname e giornate di falegnami per la cop(er)t(ur)a. d(ell)a. cuppola. - Al de(tto) Pr. Adriano se. 26 : 80 mta. dati al med(esi)mo per solda delle giornate de suoi garzoni nel coprire la cuppola con un tetto di tavole". 76 Über die Einweihung existiert ein zeitgenössischer Bericht in lateinischer Sprache, abgedruckt bei Bricarelli S. 13-25. - Vgl. auch den Bericht in A R S J Rom. 132 (Bd. 2) fol. 279. - A R S J F G 1345, S. 148 vom 4. August „Alla detta sc. ventitre e b. 80 mta. pagati al Fr. Adriano, disse per pagare i lavoranti delle loro giornate, e per prezzo di legnami coprire la cuppola finta e per altri lavori fatti per l'altare maggiore . . . Spese diverse || alla detta se. ventinove e b. 40 mta. pagati al nostro Frei. Pozzi Pittore, disse cioè se. 16 : 88 per dare al Giovane Secolare per il lavoro fattogli fare, e se. 12 :6o per compra di colori, et altre cose spettanti alla pittura, il tutto per servizio della chiesa". - A R S J F G 1239, fol. 52 v „ A l fr. Pozzo Pittore se. 29.40 dati gli contanti, cioè se. 16.80 disse per dare al Giovane secolare che tiene seco a lavorare, e se. 12. 60 per compra di robbe diverse per pingere" . . . „A. Sig. Gio. Paperino se. 89 per tanta tela data per pingere la copola". - A R S J F G 1345, S. 150 vom 4. September „alla detta se. dieciotto e b. 40 mta. pagati a Mro Gio. Batta dell'Olmo Capo Mastro muratore, cioè se. 1 1 : 80 per opere diverse fatte da suoi mri in tirare sopra la cupola finta, e porla a basso". - Desgl. A R S J F G 1239, S. 52. 76 De Angelis, S. 166. Vgl. Martinetti, S. $7 „nel secolo X V I I I si anneri orribilmente per l'in-
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Das Programm der Kuppelzwickel umfaßt vier Themen des Alten Testamentes (Abb. 4 2 - 4 5 ) : Judith mit dem H a u p t des Holofernes (Beischrift: Interfecit Judith hostem populi mei; [ = Judith Apokryphen X I I I , 1 7 ] lud. X I I I ) , D a v i d mit dem K o p f des Goliath (Percussit Saul mille, D a v i d decem milia; [=
1 Samuel X V I I I , 7 ] Reg. I, cap. X X I I ) , Simson im K a m p f gegen die Phi-
lister (Samson in maxilla percussit mille viros; [ =
Buch der Richter X V , 1 5 ]
lud. x j ) . und Jael, die Sisera tötet ( C l a v o percussit Sisiram; [Buch der Richter X V ] lud. C V ) . Viermal triumphieren Glieder des auserwählten Volkes über die Feinde des Glaubens. Jede einzelne dieser Szenen w a r als Präfiguration der Erlösungstat Christi schon lange wertvolles Bildgut. So hieß es etwa im Prüfeninger Codex „ D e laudibus sanctae crucis" (München C l m 1 4 1 5 9 ) : „Mystice D a v i d id est Christus qui Goliam id est diabolum superavit", und analog dazu wurde in Judith die O f f e n barung des Sieges am Kreuz gesehen. D a v i d als Antetypus Christi am Kreuz oder im K a m p f mit dem Teufel erscheint schon im „Speculum humanae salvationis" und in der „Biblia Pauperum", Judith praefiguriert Maria, die den Teufel niederwirft 7 7 . Viele Beispiele ließen sich der Reihe anfügen.
cendio di uno spropositato catafalco . . . Rifatto nel 1823 dal cav. Francesco Manno sul disegno del Pozzo, la nuova copia si squarciò il j aprile 1891". n Anders Wilberg-Vignau, S. 80-83 „Judith als Präfiguration zu Maria, die den Teufel überwindet . . . Jael . . . als Präfiguration zu Maria, die das Böse besiegt . . . Die vier Darstellungen in den Zwickeln zeigen eine sinnvolle Anordnung zueinander und sind in zweifacher Weise auf die figuralen Darstellungen der angrenzenden Raumteile der Kirche bezogen. Erstens sind die beiden Darstellungen Judith mit dem Haupt des Holofernes' und ,Jael erschlägt Sisera' an den beiden linken Kuppelzwickeln gegeben und bilden, indem sie Szenen mit weiblichen Figuren abbilden, eine Verbindung zum linken Querarm, in dem Szenen der Maria wiedergegeben sind. ,David mit dem Haupt des Goliath' und ,Samson, die Philister tötend' sind in dem rechten Kuppelzwickel angeordnet und bilden, indem sie Szenen mit männlichen Figuren darstellen, eine Verbindung zu den Luigi-Gonzaga-Szenen im rechten Querarm. Zweitens ist bei den beiden Kuppelzwickeln, die zum Chor hin liegen, der Kampf bereits siegreich beendet, da wir sowohl Judith, als auch David mit den Köpfen der getöteten Feinde sehen, während bei den anderen beiden Zwickeln, die gegen das Langhaus hin liegen, der Kampf gegen die Feinde noch im Gang ist, wobei diese allerdings schon unterworfen sind, wie dies bei dem den Eselskinnbacken schwingenden Samson und bei der den Hammer schwingenden Jael ausgedrückt ist. In dieser bewußt durchgeführten Differenzierung ist für den in der Kirche zur Vierung fortschreitenden Betrachter auf die Bedeutung der Szenen an der Kuppel hingewiesen. Während bei Jael und Samson an den, an das Langhaus grenzenden Zwickeln der Sieg über das Böse noch nicht völlig erreicht ist, ist gegen das Sanctuarium hin, nach dem Triumph Christi in der Kuppel, der Sieg über das Böse endgültig erfochten. Somit ist jede Zwickeldarstellung mit einer ihr zunächst liegenden je nach dem Bedeutungszusammenhang, entweder in der Längs- oder in der Querrichtung, verbunden. - Die Darstellungen des Kuppelraumes sind, obwohl die Zwickeldarstellungen als ,Bilder', die Scheinkuppel hingegen als den Raum erhöhende und den Raum fortsetzende Architektur - die vom Betrachterstandpunkt aus den gleichen Realitätsgrad wie die Architektur des Kirchenraumes hat - erscheint, aufeinander bezogen. Diese Beziehung der als wirkliche Architektur erscheinenden Scheinkuppel und der Zwickeldarstellungen, die als Bilder Gattung Malerei sind und nicht wie die gemalte Architektur der Scheinkuppel in die Gattung Architektur überführt sind, äußert sich im Programm des Kuppelraums: Sind die vier alttestamentarischen Darstellungen
Die Ausmalung von S. Ignazio zu Rom
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In diesen Historien des Alten Testamentes sah man auch Verkörperungen der Tugenden. So wurden im „Speculum virginum" die über Superbia triumphierende Humilitas, Judith mit Holofernes und Jael mit Sisera zusammen dargestellt. Mit gleicher Bedeutung werden die Figuren bei Dante erwähnt 78 . Als Antetypen Christi und als Verkörperungen der Tugenden treten die Szenen des Alten Testamentes in Verbindung mit Heiligen, und zwar erscheinen in Italien D a v i d und Judith mit Johannes und Franziskus. Pozzos Biograph Leone Pascoli deutet sie im Sinne der Gegenreformation als „Fatti insigni della sagrascrittura alludenti al zelo del Santo nel domare i Mostri dell'eresia" 79 . Indem die Historien metaphorisch als Darstellungen des Kirchenpatrons Ignatius verstanden werden, gliedern sie sich zwanglos in den Programmzusammenhang des Kirchenraums ein, die scheinbare K l u f t zwischen ihnen und den übrigen Fresken schließt sich zum einheitlichen Concetto, denn das Langhausfresko fügt die „Geistliche Sendung des Jesuitenordens" hinzu, die Apsisgemälde geben das Leben des Ordensgründers und sein überzeitliches Wirken als gnadenspendender Wundertäter wieder. Die Düsseldorfer Pinselstudie zur Judith80 (Abb. 38) enthält bereits die wesentlichen Elemente des Freskos. Die Dienerin allerdings taucht erst im Bozzetto auf 81 . Dort kommen die Farben hinzu, ein stark mit Weiß gehöhtes Himmelblau
in den Kuppelzwickeln Präfigurationen zum Christlichen, so ist dieses Christliche im Triumphieren Christi und seiner göttlichen Macht in neutestamentarischer Form an der Scheinkuppel durch die mit dem Emblem Christi IHS herabsdiwebenden triumphierenden Engel ausgedrückt. - Die neutestamentarische Glorie ist somit der alttestamentarischen übergeordnet und fußt auf ihr, so wie die Kuppel tektonisdi auf den Kuppelpendentifs ruht. Die Kuppel als der vornehmste Raum in der Kirche ist Christus vorbehalten. - Der Kuppelraum, der sowohl seiner Lage, als auch seiner Bedeutung nach gegenüber den anderen Räumen der Kirdie herausragt, stellt in der Mitte zwischen den anderen Räumen der Kirdie . . . einerseits durdi die Wiedergabe der allegorisch-symbolischen Darstellungen einen Unterschied gegenüber den in den anderen Räumen gegebenen ,konkreten* figuralen Szenen dar, - einen Unterschied, der das Charakteristikum des Kuppelraumes ausmacht und vom Betraditer ein „höheres Wissen" fordert, - andererseits ist der Kuppelraum durdi seine in ihm abgebildeten figuralen Szenen ,Mittler' zu den in den einzelnen Räumen der Kirche wiedergegebenen verschiedenen figuralen Szenen und Themen. Nur durdi das Verständnis der figuralen Szenen des Kuppelraumes ist der Zusammenhang der figuralen Darstellungen im Gesamtraum zu verstehen." 7 8 Vgl. Hans Kaufmann, Donatello, Berlin 1935, S. 167 f. 7 9 Pascoli, S. 257. - In: La città di Roma 1779, S. 252 heißt es über die Zwickel „emblemi del coraggio e delle Forza presi della Scrittura". so p p 1994, A N r . 987 + 7, gelbliches Papier, Aquarell über Bleistiftvorzeidinung. 81 Gloton (196$), S. 157-158 notiert zu den Pendentifs „la faiblesse du dessin et de la composition, si depurvues de l'aisance et de la grâce qui caractérisent les peintures sûrement attribués à Pozzo, n'invite-t-elle pas, là encore à envisager avec prudence la part de l'artiste dans leur exécution?" - Dazu S. 157 Anm. 2 „La composition des pendentifs des églises de Modène et de Bamberg (v. 1704) par exemple s'accordent davantage avec l'illusionisme de la fausse coupole. En particulier à Bamberg, où le contour des pendentifs se perd dans des nuages qui réunissent deux à deux les pendentifs" und S. 158 Anm. 1 zu den Bozzetti „Ces esquisses ne sont pas signées et leur idendité avec l'exécution ne prouve pas que les fresques des pendentifs soient de Pozzo. L'illustre quadraturiste n'a pas travaillé seul au décor de
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und ein leuchtendes Blutrot, die auch in der Endfassung erhalten bleiben. Im Bozzetto ruht im Gegensatz zur Zeichnung der Blick der Judith auf dem Holoferneskopf, sie wird Hauptfigur, da in ihr und nicht mehr in dem abgeschlagenen Haupt die Komposition gipfelt. Ebenso wie die Judith ist die Darstellung des David auf Flächensymmetrie und unter Betonung der waagrechten Gliederung angelegt, seine Gestalt analog als kontrapostische Sitzfigur aufgebaut. Damit ergibt sich in den beiden wichtigeren, weil zur Apsis hin gelegenen und vom Langhaus her allein sichtbaren Pendentifs ein ausgewogenes, repräsentatives Bild. Die Bereicherung um drei Personen bedingt die Verkleinerung der Hauptfigur in der Freskofassung. Die Farben sind auf Himmelblau, Goldgelb und Weinrot gestimmt. Neben der Judith-Studie in Düsseldorf befindet sich eine Kreidezeichnung82, die in dem alten Verzeichnis der Sammlung Andrea Pozzo zugeschrieben wird (Abb. 39). Die auffallende Präzisierung einiger Details durch Federstriche läßt sich auch an anderen Werken Pozzos feststellen. Das Blatt, das vielleicht am oberen Rand nachträglich beschnitten und mit einer Rahmung versehen wurde, die allerdings z. T. schon in Kreide angelegt war, steht in Zusammenhang mit einem Gemälde, das Gerhard Ewald kürzlich aus holländischem Privatbesitz veröffentlicht und dem Cecco Bravo zugeschrieben hat83. Dem Bild des Bravo entspricht die Haltung der Jael mit frontal gesehenem Oberkörper, weit ausholender Rechten und einer Bewegungsrichtung, die den Körper kreuzt, ebenso auch die lockere Gewanddrapierung. Der in der Zeichnung erscheinende Putto ist im Zusammenhang des Themas so überraschend, daß man daran denken könnte, es handle sich um eine „Allegorie der Skulptur". Jedenfalls muß das Blatt nicht als Entwurf für die Zwickelfresken gefertigt worden sein, es kann einen Bildgedanken wiedergeben, den Pozzo skizzierte, bevor er den bedeutenden Auftrag erhielt. Im Vergleich zum Bozzetto (Abb. 40) beugt sich Jael (Abb. 42) im Fresko weiter nach vorn, wobei der begrenzende Rahmen die Bewegung akzentuiert. Die Alte und der Krieger heben sich vom hellen Himmel deutlicher ab, das Ambiente spricht stärker mit. Das blaue Gewand der Jael wird durch rote Changeants dem
82 83
Sant'Ignazio. Les destructions de l'explosion ont par ailleurs entrain^ des retouches récentes à toutes cette partie de la voüte". - Dagegen hofft der Verfasser die stilistischen Unterschiede aus Überlegungen Pozzos genügend begründet zu haben. - Die Bamberger Fresken stammen nicht von Pozzo, sondern von Giovanni Marchini (s. Anhang). Audi die Dekoration in M o dena wurde aus Pozzos Werk ausgegliedert, vgl. Carboneri (1965) passim. - D a Pozzo Ordensmitglied war, sind seine Werke nie signiert, die einzige Ausnahme bildet der Altar in Borgo S. Sepolcro. - Z w a r kommen die Pendentifs in den Quellen nicht vor, sie werden aber bei Pascoli, Bd. 2, S. 2 5 7 - 2 5 8 als Pozzos Werk behandelt. F P 1996, A N r . 1 1 0 , Blaugrünes Papier, Blei und Feder. Gerhard Ewald, Unbekannte Werke von Cecco Bravo, Sebastiano Mazzoni und Pietro Ricchi, in: Pantheon 1964, S. 3 8 7 - 3 8 8 , fig. 8.
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Kupfer des Sisera angeglichen. Die Handlung im Simson-Bild (Abb. 44) steigert sich dramatisch. Raum- und Flächendiagonalen stellen die Historie in Gegensatz zu den an der Scheinkuppel gegenüberliegenden, handlungslosen, statischen Repräsentationsbildern. Während im Entwurf die heftigen Lichtakzente die Bewegung aktivieren, übernimmt im Fresko der deutlicher hervortretende Mantelkontur diese Funktion. Die Arbeiten an den Kuppelzwickeln werden in den vorhandenen Dokumenten zu S. Ignazio nicht erwähnt. Wahrscheinlich sind die Fresken 1685 kurz nach der Einfügung der Sdieinkuppel und vor der übrigen Kirchendekoration entstanden. Während die Judith (Abb. 41) noch einen venezianischen Typus in der Prägung Veroneses darstellt, wird in den Musikantinnen, die David feiern (Abb. 45), das Vorbild Renis deutlich. Caravaggios bekanntes Bild in Wien war Modell für den David. Der „Simson" ist von Michelangelos „Weltenrichter" der Sistina abgeleitet. Das Knien auf dem Opfer mag aus einer der florentinischen Siegergruppen entlehnt sein, die wie die Zwickelbilder die Überwindung der Laster durch Tugenden allegorisieren. In allen Bozzetti (Abb. 40, 41) fällt das Licht schräg von links oben ein und bestrahlt die menschlichen Figuren, läßt aber ihre Umwelt unbetont. Dieses „gebündelte Zeigelicht"85 hebt die Gestalten aus caravaggesk-dunklen Gründen heraus und schildert unter den Bedingungen dieses Lichts ihr natürlich-stoffliches Erscheinen. In den Fresken wandelt Pozzo dann den Dunkelraum durch eine diffuse Lichtführung in einen hellen Freiraum um, in welchem die Handlungsträger in ihrer plastischen Substanz scharf konturiert und selbständig agierend sich darstellen. Die erregenden Hell-Dunkel-Unterschiede, die in den Bozetti sowohl die Figuren mit ihrem Umraum verschmelzen als auch eine durchaus malerische und den Betrachter einbeziehende Dramatisierung des Geschehens bewirken, weichen also in den Fresken selbst einem gleichmäßigen Licht und einer klassizierenden Kühle der Darstellung, welche den Beschauer in Distanz zum Vorgang setzt. Diese Anwendung eines nicht bildspezifischen, sondern bildindifferenten Lichtes und einer daher nicht malerischen, sondern sozusagen plastischen Vergegenwärtigung der Figuren fördert die Zugehörigkeit der Pendentifs zum gesamten Dekorationssystem der Kirche. Insofern nämlich dieses Baumalerei ist, sucht es naturgemäß weniger bildimmanente Raumwirklichkeiten als vielmehr illusionistische Erweiterungen der architektonisch vorgegebenen Raum- und Körperwerte. Einem solchen besonderen Illusionismus können gerade die Fresken vermöge ihres bildäußerlichen Lichtes sowie vermöge der Figuren als quasi skulpturale Erscheinungen entgegenkommen.
84 Entfällt. 88 Wolfgang Schöne, Uber das Licht in der Malerei, Berlin 1954, S. 1 3 7 .
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„Durch die Mauersäulen, die Pilaster und die Kapitelle, im Weiterführen des Gebälks und des Ornamentfrieses vom Vorchor her, und durch die beiden unter den seitlichen Altarbildern befindlichen Türen, ist die Apsiswand als eine den Chorraum im Sinne der Ordnung des Innenraumes abschließende Architektur gestaltet. Im Weiterführen der architektonischen Glieder ist an der Apsiswand die Ordnung des Innenraums aufgenommen: die Säulen und die Pilaster haben die gleiche Höhe wie die gekuppelten Pilaster im Innenraum, das Gebälk setzt sich in gleicher Höhe wie im Vorchor und im übrigen Innenraum laufend an der Apsiswand fort . . . In diese den Innenraum fortführende Architektur der Apsiswand sind die drei al fresco gemalten Bilder eingelassen, wodurch eine Raumgliederaedikula entsteht. Gleichzeitig mit der Gestaltung der Apsiswand als Architektur ist sie als Hochaltar aufgefaßt. Dies zeigt sich . . . in der Rahmung des mittleren Altarbildes durch die beiden Mauersäulen, die von der im übrigen Innenraum vorhandenen Wandgliederung abweichen."86 Das Kalottenfresko verherrlicht „Ignatius als Helfer aller Leidenden" (Abb. 50). „Mirificavit Dominus Sanctum Suum" steht auf dem Spruchband, welches die Engel halten. Segnend schwebt der Ordensgründer über den Scharen der Gebrechlichen und Kranken, der Krüppel und der vom Dämon besessenen. Dieser überzeitlichen Gegenwart stellen die drei Gemälde der Apsis das zeitliche Dasein des Heiligen gegenüber (Abb. 49): In der Mitte die „Vision von La Storta" 87 , bei welcher Christus dem Ignatius versprach „Ego vobis Romae propitius ero", links die „Aussendung des Franz Xaver nach Indien" (16. 3. 1540) 88 , rechts die „Erste Zusammenkunft zwischen Franz Borgia und Ignatius" (29. 10. 15 so)89. Über dem linken Bild ist eine Kartusche mit der Inschrift „ I H S " und drei Nägeln, rechts eine Kartusche mit der Inschrift „ M R A " gegeben. Die linke Grisaille der Attika bezieht Engel mit Taufgefäßen auf die Missionstätigkeit Franz Xavers, die rechte mit Trophäen weist auf Franz Borgias Abdankung als weltlicher Fürst hin. Diese Chorausstattung ist in zwei großen Abschnitten entstanden. In die erste Arbeitsperiode vom März 1685 bis August 1688 fielen die Errichtung eines provi-
8« Wilberg-Vignau, S. 83. 87 Bartoli a. a. O., Bd. 2, S. 1 4 7 ; Tacchi-Venturi, Storia della Compagnia di Gesù in Italia, Roma 1922, Bd. 1, S. 386. 88 Tacdii-Venturi (Ignace) S. 34. Im Hintergrund stehend Dom Pedro Mascaremhas, der portugiesisdie Botschafter. „Plus bas à gaudie, d'horribles personnages terrassées, comme dans le groupe célébré de Theudon, symbolisent des défaits subies par l'idolatrie de la part de l'héroique disciple d'Ignace". Oben ein Engel mit dem Evangelienbudi. 8» Tacchi-Venturi (Ignace), S. 3 j . Neben Franz Borgia sein Sohn Jean. „Une couronne de gentilshommes formant la suite de l'ambassadeur d'Espagne, dom. Diego Hurtado de Mendoza et de Fabricio Colonna, venus prendre le Duc hors de la Porte Flaminienne pour l'accompagner à la nouvelle maison des Prêtres reformés de Santa Maria della Strada tel est le cadre harmonieux et varié qui remplit le fond de cette scène devote". - Der Bozzetto dazu befindet sidi in der Capelletta des Ven. Abramo Giorgio.
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sorisdien Altars, die Ausmalung der Kalotte und Zahlungen für die Leinwand der Altargemälde. Man begann mit den Arbeiten, indem man eine Mauer abtrug, die Querhaus und Chor vom übrigen Kirchenschiff trennte: „Dovendosi aprire tutta la chiesa, si è risoluto di trasferire all'Altare maggiore il Quadro di S. Ignazio che stava nel mezzo della Chiesa su quel muro, die divideva il resto della Chiesa dalli due Cappelloni, e dalla Tribuna. E il Fr. Pozzo gli ha dato compimento col dipingere in tela un grand' Altare" 9 0 . Bereits am 3. März, am 7. April und am 2. Juli 1685 sind Zahlungen an Gehilfen bei der Ausführung des „Altare maggiore" verbucht 91 . A m 28. Juli wird ein „Filippo Rotinij Indoratore" erwähnt 92 . A m 4. August bezahlt man die „telari de choretti" 93 . Ein Gio. Passerini erhält am 4. September den Preis für die Leinwand zum Altare maggiore 94 . Diese Unternehmungen dienten der provisorischen Herrichtung der Kirche zur Kuppelenthüllung am 3 1 . 7 . 1685. Danach muß eine Arbeitspause eingetreten sein, denn erst am 26. November 1 6 8 6 zahlt man sc. 32:40 an Giuseppe Vicinelli: „per prezzo di pesi 36 di calce dataci per incrostar la Tribuna della Chiesa da dipingersi" 95 . Pozzos Spesen für das Zeichenpapier wurden am 29. 3 . 1 6 8 7 beglichen9®. A m 1 2 . April machte man Ausgaben für die Leiter am Gerüst 97 . Maestro Paolino
90 A R S J Rom. 1 5 0 a, S. 69. Martinetti, S. 29 „ N e l i 6 $ o la chiesa f u finalmente aperta al pubblico chiudendo con un leggero muro la navata costruita fino alla prima linea della crociera". Die Mauer ist auf einem Plan des Orazio Grassi in Chig. P V I I 9, (Wilberg fol. 90) fol. 1 3 0 eingezeichnet, vgl. Heinrich Thelen, Francesco Borromini, Die Handzeichnungen, I Abt., Textbd., G r a z 1 9 6 7 , S. 4 1 , T a f . 1 1 , A b b . 1 9 . - Frey ( 1 9 2 4 ) S. 23 A n m . 69 aus Libro mastro B, p. 64, 1 6 8 $ , 3 1 . I I I „sc. 54 a diversi huomini dell'Abruzzo, che hanno spinato il muro fra mezzo". 81
A R S J F G 1 2 3 9 fol. 4 7 r „ A di 3 marzo per carret. e di terra portata via e cavata dalle fondamenta fatte per fare il altare mag.(gio)re quandosi fabrichera di marmo da benefattori . . . garzoni j 2 a b. 2 j per i fondamenti fatti per l'altare mag.(gio)re". A R S J F G 1 2 5 3 , fol. 4 7 zum 3 . 3 . 1 6 8 5 „Fondamente fatta per d'altare maggiore". - A . a . O . fol 48, 7 . 4 . 1 6 8 5 „Per cart. e 4 4 pagate di calunaccio a C a r l o Car. le ci sc. p per una cariola di legno per portar ab arra 90 se. 1 : 2 0 dati a M r o Gaspare Canticini per 2 giornate poste nel levare l'altare mag.(gio)re quadrata". - F G 1 3 4 5 , S. 1 4 5 . - F G 1 3 4 6 , fol 64 r. - F G 1 2 7 3 , fol j o v zum 2. Juli 1 6 8 5 „ A l l 2 de. sc. dieci m.ta al Fr. P o z z o pittore per i lavori, die ha per la chiesa dell' altare maggiore". »2 A R S J F G 1 3 4 5 , S. 1 4 7 . 03 A R S J F G 1 3 4 $ fol. $ 2 r , 4 . 8 . 1 6 8 5 „ A falegnami se. 5 mta pagati dal Fr. Pozzo ad un faleg(.nam)e fuori di coll.(egi)o per li telari de choretti fare fuori e dipinti da lui". - A R S J F G 1 3 4 J , S. 1 4 8 . „Sudetti alla detta/sc. ventitre e b 80 m.ta pagati a Fratel Adriano, disse per pagare i lavoranti della loro giornate, e per prezzo di legnami compri per coprire la cuppola finta, e per altri lavori fatti per l'altare maggiore". 94
A R S J F G 1 3 4 6 , fol. 64 r. A R S J F G 1 3 4 J , S. I J O zum 4. 9. 1 6 8 5 „Spese diverse alle cassa se. ottantanove m.ta pagati mediante il Banco di S. Spirito al Sig. Gio. Passavani, e sono per prezzo di tela data per la cuppola finta, et aitar Maggiore della nostra Chiesa". »8 A R S J F G 1 3 4 $ , S. 1 5 6 . M A R S J F G 1 3 4 5 , S. 1 5 8 „Pitture || a Cassa se. otto e b . 7 $ mta. restituiti al nro. Fr. Andrea Pozzo per tanti da esso speso in compra di risme 2 1/2 di carta imperiale per disegnare la pittura della Tribuna, e per altri disegni in servizio della chiesa". - A R S J F G 1 3 4 6 , fol 92 v . 97 A R S J F G 1 3 4 $ , S. 1 5 8 „Pittura || a Cassa se. due e b . 80 mta. speso per mezzo del nro.
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wurde am 30. und 3 1 . 5., 30. 6., 3 1 . 7., 3 1 . 8. und 30. 9. für Maurerarbeiten abgelohnt 98 . A m 10. Juli vergütete man Pozzo die Kosten des Malmaterials 99 . A m j.September bezahlte man Gerüstteile 100 , am 9. und 1 8 . Oktober ihren Transport 1 0 1 . A m 16., 26. und 29. November wurden Arbeiten an der Tribunawölbung beglichen 102 . Die Altargemälde waren offenbar nodi nicht begonnen, denn man kaufte am 28. November fünf große Leinwandstücke f ü r sie 103 . Miciiel Probini nahm am 7. Dezember sc 3 : 4 5 für Eisenteile zum Malgerüst im Empfang 1 0 4 . A m 16. Januar 1 6 8 8 ersetzte man Pozzo die Ausgaben für Blattgold für den Hochaltar 1 0 5 . A m 30. August 1 6 8 8 wurde über A u f - und A b b a u der „Ponti della T r i buna", den Einbau eines Fensters zur besseren Beleuchtung und den Verdienst der Malergesellen abgerechnet 106 . Im zweiten Arbeitsabschnitt vom Mai 1 6 9 7 bis zum August 1 7 0 1
wurde
erneut an A l t a r und Apsisfresko gearbeitet. Im Mai 1 6 9 7 „si è principiato l'Aitar maggiore di stucco, e si è levato l'Altare dipinto. E il Quadro si è collocato in sala sopra il Pulpito" 1 0 7 . A m 2 i . Dezember 1 6 9 7 stiftete Pozzo sc. 1 4 6 : 1 4 für den A l t a r maggiore 108 .
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Fr. Enrico Lalojo in far fare la scala per il Palco della Tribuna per commode de ,pittori' ". A R S J FG 1346, fol 92 v. A R S J FG 1345, S. 158 u. 159. - A R S J FG 1346, fol. 92 v. A R S J FG 134$, S. 158 „Sudette se. dieci, e 50 mta | a cassa, restituiti al nro Fr. Pozzo per tanti die esso spese, cioè se. 2 in compra di penelli, e se. 8,50 in compra di carniccio, azzurro, ed'altri colori per la pittura sud. a della Tribuna. - A R S J FG 1346, fol. 92 v. A R S J FG 134J, S. 158 „Detta || a Cassa se. cinquantuno e b. 80 mta. prezzo di no. 383 tavole di Castagna comprate per i palchi delle Pitture alla Tribuna". A R S J FG 1239, fol. J3 v; FG 134$, S. 1J7: FG 1346, fol. 73 v. A R S J FG 1239, fol. $4 „a b. 20 l'una per incrostare la volta della tribuna strascinata". „A di 36 nov.(em)bre se. trentadue b. 40 mta. pagati al Sig(no)r Gius(epp)e Vicinelli per pesi calce 36 a b. 90 il pesotta di fosso, e grosso per incrostare la Tribuna" . . . „Per bagnar alla volta d(ell)a Tribuna". - FG 1345, S. 156 u. 1346, fol. 64 r. A R S J FG 1345, S. 159 „Pitture || a Cassa se. trentotto, e b. 20 mta. spesi in compra di cinque pezze di tela per la Pittura del quadro di S. Ignazio, e li due laterali dell'Aitar maggiore dipinte dal nostro Fratt.o Andrea Pozzo". - A R S J FG 1346, fol. 92 v desgl. „Che si devono pingere". A R S J FG 1239, fol. 54 r. - A R S J FG 1345, S. 157. - A R S J FG 1346, fol. 73 v. A R S J FG 134J, S. 159. A R S J FG 134$, S. 159 „Pitture || a Cassa se. quaranta tre, e b. 80 mta., spesi cioè se. 28 :20 in opere di muratori; e manuali alevar li Ponti della Tribuna, far una finestra sopra il Cornicione, ed altro per causa di dette Pitture, e se. 15 alli Giovani scolari, che hanno prestato ajuto al F. Andrea Pozzo nella Pittura della Tribuna". - Vgl. Montalto (1958) S. 670, ohne Quellenangabe. A R S J Rom i j o a , S. 76 fol. 104 v. - A R S J FG 1345, S. 167 zum 2.9. 1697 „Fr'el Carlo Mauro Bonacina di nostra Comp. | a cassa se. centocinquantatre m.ta datali contenti in conto delle spese della fabrica dell'Aitar maggiore in questa nostra Chiesa di S. Ignazio". a. a. O., S. 167 zum 4. 1 1 . 1697 „Fr. Carlo Mauro Bonacina ] a cassa se. dugento mta. contili per le sud.o. fabrica dell'Altare". A R S J FG 1345, S. 167. - A R S J FG 1346, fol. 2 r - Bibl. naz. V. E. 789 fol. 134 r. vom 3. 1 1 . 1696 „ne sono capitoli assai da Germania quali hanno portate molti regali di gioe danari p. (er) finire la chiesa al loro Sant'Ignatio".
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Am 1 1 . Januar 1698 wurden sc. j o für den Hochaltar angewiesen109, am 24. 1. weitere sc. 10, am 26. 3. sc. 250, am 30.4. sc. 28:o6 1 1 0 . Die Gesamtkosten der Arbeiten am Hodialtar vom 3 1 . 5. 1697 bis 29. 4. 1698 betrugen sc. 1375:65 V2111. A m folgenden Tag (30. 4. 1698) trug man sc. 1 7 : 7 für Bauholz ein 112 . Am 2. Mai 1698 wurde der einjährige Unterhalt von Martino Bonacini (Bruder des Bauführers), der am Hochaltar mitarbeitete, mit sc. 106:66 angegeben 113 . Am 5. Juli erhielt Michele Provini sc. 50 für seine Arbeit am Hochaltar 114 . Am 6. Oktober wurden am Altar tätige Falegnami bezahlt 115 . Am 3 1 . 12. 1698 gab man sc. 66:78 für die Altarvergoldung aus 116 . Fra Enrico Laloja erhielt am 22. 1 1 . 1699 sc. 1:85 für Arbeiten am Gerüst „dietro detto Altare" 1 1 7 . Am 30. 12. wurden „cinque tavole d'abete" bezahlt 118 . Am 1. Februar 1 7 0 1 beglich man 30 sc für „due Bassorilievi di creta per modello della cascata per detto Altare" 1 1 9 . Schließlich erscheint am 10. August 1 7 0 1 die Eintragung von 4 sc. an Donato Sabelli (Zambelli) „per legname, e fattura di due telari per i quadri laterali dell'Aitar Maggiore, dipinti del nro Fratel Pozzo" 1 2 0 . Leider erlauben die Dokumente nicht, die Vorgänge genauer zu beschreiben. Doch ermöglicht ein bisher unbekannter Stich, die Abänderungen in der zweiten Arbeitszeit zu überprüfen und ihre Kenntnis nicht unwesentlich zu erweitern 121 (Abb. 46). Das Blatt ist von Nikolaus Dorigny nach Pozzos Erfindung gearbeitet und 1689 datiert. In einer lateinischen Inschrift widmet es Antonio Colli, ein Schüler Pozzos, dem Kardinal Rinaldo d'Este, der als Gesandter seines Schwagers Jakob II von England von 1688 bis zum Mai 1689 in Rom weilte 122 . Der Stich reproduziert den Chor seitenverkehrt. Er geht vielleicht zurück auf einen ver-
10» A R S J F G 1345, S. 168. « 0 a. a. O. und A R S J F G 1346, fol. 94. 111 a . a . O . . - Carboneri ( 1 9 6 1 ) S. 30 Anm. 1 und Montalto (1958) S. 670 datieren danach irrtümlich die Ausführungen der Chorgemälde. - Marini (1959) S. 37 u. Anm. 38 setzt zwischen 1700 und 1 7 0 1 an. - A R S J Rom 1 5 0 a S. 77, fol. IOJ r „1698 Marzo, si h finito 1'Altar Maggiore di stucco d o m o " . " 2 A R S J F G 1 3 4 J , S. 169. »8 a . a . O . a.a.O. " 5 a.a.O. " « a.a.O. » 7 A R S J F G 1 3 4 5 , S. 170. Iis a. a. O. " 9 A R S J F G 1346, fol. 94 r. - A R S J F G 1 3 4 5 , S. 1 7 1 . 120 A R S J F G 1 3 4 5 , S. 1 7 1 . - A R S J F G 1346, fol. 92 V. - A R S J Rom. 140. fol. 108, fa sc. 9, Endabrechnung für die Tribuna 2 1 5 . 4 0 sc. 121 Roma, Palazzo Venezia, Bibl. Istituto di Arch. e Storia dell'Arte, Roma X I 38, X I 16 (Bd. 2, S . 61) N r . 3 8 0 8 2 3 , 4 2 J : 7 2 3 m m . 122
Herzog Rinaldo d'Este wurde von Innozenz X I am 2. 9. 1686 gegen dessen Willen auf Drängen seines Schwagers Jakobs II von England zum Kardinal ernannt. - Vgl. Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste, Freiburg i. Br. 1930, Bd. 14, 2, S. 922, 950, 957, 967, 1028, 1131.
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schollenen Bozzetto, der zwischen 1784 und 1822 in Perugia im Palazzo Graziani erwähnt wird 123 . Das Projekt setzt erst mit dem doppelten Gurtbogen an, der das Chorvorjoch zur Apsis hin abschließt, also etwa auf der Höhe der heutigen Kommunionbank. Die gesamte Gliederung weicht erheblich von der heutigen Ansicht ab. Die Felder neben dem mittleren Altarbild sind geöffnet. In diesen Durchgängen stützen zwei Vollsäulen ein in halber Höhe eingezogenes Gebälk. Durch dahinter liegende Fenster fällt Licht ein. Über den Architrav springen Sängertribünen balkonartig vor. Die Gliederung des Chorvorjochs wird also zu Seiten des Mittelbildes noch einmal wiederholt. Auch das Mittelfeld hatte Pozzo geöffnet. Nach innen vorgelegte Halbsäulen sollten dort den Architrav stützen. In der Ausführung erscheinen die Halbpilaster, die die seitlichen Öffnungen rahmten, nicht mehr, die inneren dagegen sind erhalten. Doch das Gesims verkröpft sich nicht über ihnen, wie es der Stich vorsieht. Der Altar entspricht in etwa dem heutigen, die Kerzenstufe war reicher gebildet und wurde von stärkeren Voluten getragen. Der als Zentralbau geplante Tabernakel war größer und hatte eine andere Form. Den Hauptarchitrav hatte Pozzo ursprünglich ohne Dekoration gedacht. Die Engel mit der Kartusche sollten mehr ineinander verschränkt werden, ihr Schild sollte quer- statt hochoval werden. Die beiden allegorischen Frauengestalten hielten ursprünglich Tiara, Fackel und Weihrauchfaß. Ausgeführt wurden stattdessen rechts die Allegorie des Papsttums mit den Schlüsseln Petri, links eine „Amore verso Iddio" 124 . Dem Projekt fehlen die Grisaillen auf dem Gesims unter der Kalotte. Das Kalottenfresko stimmt nur in seinem oberen Teil mit dem Stich genau überein. Die gesamte Gruppe vor dem Mittelpodest änderte Pozzo später ab. Statt der Toten, die dort aus einem Zelt herausgeschafft werden, sieht man jetzt locker geordnete Einzelgruppen. Unter den seitlichen Figuren hat er den Gefesselten in einen Orientalen verwandelt. Für den Mann, der sich über den Rand des Podestes beugt, ist der Grund der Abänderung belegt: Pascoli berichtet, der Papst habe daran Anstoß genommen, daß die Figur sich wegen des Leichengeruchs die Nase zuhielt, weshalb der Maler sie geändert habe 125 . Das Altarbild hängt vor einer tief im Mitteljoch stehenden Mauer. Pozzo vergrößerte es in der Endfassung und ließ die Einbuchtung am unteren Rand weg,
" » Orsini (1784) S. 248, 345. - Siepi, S. 662. 1 2 4 Cesare Ripa, Iconologia, Siena 1613, S. 28. - Wilberg-Vignau, S. 33 deutet als „Devozione" und „Autorità". Wilberg-Vignau, a . a . O . , S. 8j „Die beiden Statuen sind als Altarplastiken auf das Mittelbild, die ,Vision Ignatius' in La Storta' bezogen: die Divotione als Ergebenheit Ignatius' an Christus und den von ihm erhaltenen Auftrag, Mittler zwisdien ihm und den Mensdien zu sein, die Autorità als Legitimierung Ignatius' und des Jesuitenordens durdi das Papsttum und die Kirche". 1 2 5 Pascoli, Bd. 2, S. 257 „E tanto dissero d'una figura che da un pogetto vedeva trar dal sepolcro un cadavere, e che'l naso per lo fetor si turava, die giunse all'orecchie del pontefice, il quale allorché andò a vederla ne disapprovò egli pure l'atteggiamento come sconvenevole, e sconcio. Sicché essendo stato ad Andrea da Superiori ordinato, che lo mutasse l'esegui prontamente, e seguitò suo lavoro".
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übernahm diese Form aber für die Seitenbilder. Der Meister vereinfachte den bekrönenden Giebel mit der Muschel in der Ausführung und verzichtete auf die seitlichen Putti. In dem Gemälde des Projektes haben Gottvater, Christus und Ignatius gleiche Bildwichtigkeit, dagegen nimmt in der Ausführung Gottvater etwa die Hälfte der Bildfläche ein. Nun registrieren die Akten der Fabrica von S. Ignazio zum 14. September 1685 die Schenkung einer „fruttiera d'argento" an Giovanni Battista Gaulli „per haver fatto il disegno del quadro ordinato gli e lavorato intorno alla medesima tela, che poi non si è voluto più proseguire per mutatione di disegno" 128 . Mit dieser Nachricht hat Beatrice Canestro Chiovenda 127 einen Bozzetto Gaullis in der Sammlung Förberg (Stockholm) in Verbindung gebracht, der die „Vision in La Storta" darstellt. Trifft diese Verknüpfung zu, dann heißt das wahrscheinlich, daß ursprünglich Gaulli als Maler des Hochaltares von S. Ignazio vorgesehen war. Die „mutatione di disegno" wäre dann Pozzos erster Chorentwurf. Pozzos Altargemälde auf dem Colli-Stich zeigt eine starke motivische Verwandtschaft mit Gaullis Bozzetto, eine Verwandtschaft, die in Pozzos ausgeführtem Bild viel geringer ist. Besonders die Vordergründe sind einander ähnlidi. Pozzo hat sich also von Gaullis Ideen beeinflussen lassen. Die Arbeiten an der Apsis von S. Ignazio waren noch nicht abgeschlossen, als Pozzo im Jahre 1700 auf Tafel 81 des zweiten Bandes seiner „Prospettiva" einen weiteren Stich (Abb. 47) nach der Apsisdekoration erscheinen ließ. Er schrieb dazu 128 : „Et ancorché fusse uscito un disegno più grande di questo, alcuni anni sono sopra una mia inventione di prospettiva, dipinta solamente sopra tele; con tutto ciò ve lo fo di nuovo vedere al presente, come cosa più durevole, e più stabile, per essere fabricata di nuovo vera e realmente, però dissimile della prima." Das Blatt steht der Ausführung (Abb. 48) zwar ungleich näher als der Stich von Dorigny, doch zeigt es einige Abänderungen, die den Werdegang des Werks erhellen. Die untere Hälfte des Vorjoches ist nodi nicht von den Sängertribünen gefüllt. Der Altar hat bis zur Kerzenstufe etwa die heutige Form, dodi unterscheidet sich das Tabernakel von der ersten Fassung und von der Ausführung. Die Altarbilder weichen in Einzelheiten noch von der Endfassung ab. Im Hauptgemälde ist die Zahl der Putten vermindert worden. Nach dem im Stich dargestellten Projekt sollte Ignatius von Christus das Kreuz in Empfang nehmen, während er in der Ausführung lediglich einen Gestus der Devotion vollzieht. In der „Aussendung des Franz Xaver" trägt der schwebende Engel noch kein Evangelienbuch, der Mann über dem Stürzenden ist eine Rückenfigur, in der Ausführung
126 Bertolotti (1884) S. 195 : Registrato della Fabrica di S. Ignazio 1643-1685, fol. 52. 1 2 7 Della Gloria di S. Ignazio e di altri lavori del Gaulli per i Gesuiti, in: Commentari 13, 1962, IV, S. 289-298, bes. S. 295-296, Taf. CIV, fig. 15. 1 2 8 Zitiert nadi der deutsdi-italienischen Ausgabe.
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blickt er aus dem Bild. Der Reiter im „Empfang des Franz Borgia" fehlt, die Gruppen am rechten Bildrand haben noch nicht die endgültige Anordnung, der Ignudo links wendet sich zum Rahmen hin, in der Endfassung wird er gedreht. Die Grisaillen des Gesimses fehlen. Das Fresko der Kalotte unterscheidet sich erheblich von der Ausführung. Das vom Papst gerügte Motiv ist bereits abgeändert. In den seitlichen „Balkons" fehlt der Bärtige ganz links. Pozzo hat sidi bereits zur Aufgabe der Toten im Vordergrund entschlossen, doch offenbar ist ihm eine überzeugende andere Lösung für diesen Teil des Bildes noch nicht gelungen. Die Alte ganz links stützt sich noch auf ihren Stock. Die nackten Arme der Bittflehenden werden in der Ausführung bekleidet. Im Fresko füllt anschließend eine Gruppe von zwei Frauen und ihren Kindern die Leerstelle. Im Stich hatte Pozzo die ursprüngliche Mittelfigur aufgerichtet. Dodi hielt er sich in der Ausführung wieder stärker an seine erste Fassung und änderte nur wenig an der bereits freskierten Gestalt. Ebenso wenig veränderte er den Alten, der den ursprünglichen Zeltvorhang anhob. Doch setzte er vor die Gruppe der Ignudi zur Mitte hin eine Frau. Schließlich ist im Stich noch der stehende Gefesselte ganz redits erhalten, den Pozzo in der Ausführung in einen Orientalen verwandelte. Auf den Stichen nidit zu sehen ist das Fresko des Chorvorjochs, welches die „Verwundung des Ignatius vor Pamplona" 1 2 9 (Abb. 5 1 ) darstellt und das den Bildtypus der „Bekehrung Pauli" 1 3 0 auf Ignatius überträgt 181 . N u r das zweite Projekt gibt eine Vorstufe für die Engel mit der Kartusche am Rand des Freskos. 12» Wilberg-Vignau Anm. 197 „Die Darstellung ist nicht historisch. Die erste Erkenntnis in den Dingen Gottes gewann Ignatius erst durdi das Lesen des ,Leben Jesu' von Ludolf von Sachsen am Krankenlager auf Schloß Loyala nach der Verwundung von 1 5 2 1 . Die Darstellung der Sdiladit von Pamplona ist hier verbunden mit dem Erscheinen des hl. Petrus, der aber Ignatius erst am Krankenlager erschienen ist". lso Wilberg-Vignau S. 98 leitet das Fresko - m. E. wenig überzeugend - von einem Stich in der 1609 anonym erschienenen „Vita Beati P. Ignatii Loyala Societatis Jesu Fondatoris" ab. Widitiger ist a. a. O. S. 100 der Hinweis auf Raffaels Teppich-Karton mit der Bekehrung Pauli: „in der Körperhaltung und in der Haltung der Beine, sowie auch in der Stellung des Pferdes rechts zu Seiten von Ignatius, entsprechen sich der Karton Raffaels und die Darstellung Pozzos, sind allerdings seitenverkehrt" . . . „in einer Predigt des Jesuitengenerals P. Paolo Oliva ist die gleiche Gegenüberstellung der Bekehrung Sauls und dem in der Schlacht von Pamplona erfolgten Entschluß von Ignatius . . . zum Ausdruck gebracht (Gian Paola Oliva, Sermoni Domestici detti privatamente nelle Case Romane della Compagnia di Giesù, Venezia 1 7 1 2 , Parte I V , Sermone X L V I , § n o ) . . . Schon im ,Imago Primi Saeculi' (p. 280) von 1640 ist dieser Vergleich ausgeführt". 131 Gloton (1956) S. 1 5 7 vermerkt zum Stich I I 81 „mais surtout, l'entablement en trompel'oeil qui repondait au'décor de l'abside et de la croisée des transepts est remplacé par un quadro riportato qui épouse la courbe de la voûte et dédaigne tout effet de quadrature. L'altération du projet connu par le graveur se double d'une transformation dans le métier proprement pictural: les motifs d'angle sont peints avec beaucoup moins de vigueur et de relief que ceux de la nef, leur style s'apparente plutôt à celui des fresques du transept, dont on sait qu'elles ne furent pas exécutées par Pozzo lui-même, et le rôle de l'artiste dans la mise en oeuvre de cette partie du décor pourrait bien être à réconsidérer". - Doch muß einschränkend bemerkt werden, daß nur die Fresken im linken Querhaus von Mazzanti stammen.
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Vielleicht haben die Jesuiten das ursprüngliche P r o j e k t G a u l l i s a u f g e g e b e n , w e i l der K ü n s t l e r - w i e das bei ihm öfters geschah - ein z u hohes H o n o r a r f o r derte. A n d r e a P o z z o dagegen w a r als O r d e n s m i t g l i e d eine kostenlose A r b e i t s kraft. Realarchitektonisch w ä r e das erste P r o j e k t ohnehin nicht a u s z u f ü h r e n gewesen. D i e V e r w a n d l u n g der A p s i s in eine A r t U m g a n g s c h o r w a r unmöglich. E r hätte die Z e r s t ö r u n g der Sakristei u n d bestimmter T e i l e des C o l l e g i o R o m a n o e r f o r d e r t , w o r a n - w e g e n der d o r t gelegenen M e m o r i e n an Jesuitenheilige - nicht zu denken w a r . Infolgedessen w a r der E n t w u r f nur in M a l e r e i a u s z u f ü h r e n , die A l t a r m e n s a natürlich a u s g e n o m m e n ; die K a l o t t e w u r d e s o f o r t freskiert. S o n s t w i r d es sich u m Ö l m a l e r e i gehandelt haben, d a r a u f deuten auch die e r w ä h n t e n „ t e l a r i de choretti", die zitierte „ i n v e n t i o n e solamente s o p r a t e l e " u n d die A u f h e b u n g des „ A l t a r e d i p i n t o " . M a n m u ß also annehmen, d a ß die i m Stich wiedergegebene A p s i s g l i e d e r u n g zwischen 1 6 8 5 u n d 1 6 8 8 a u s g e f ü h r t w u r d e , u n d z w a r die K a l o t t e in F r e s k o , die übrige Illusionsmalerei auf dem A p s i s r u n d applizierter L e i n w a n d in ö l . Sie bestand bis 1 6 9 7 1 3 2 . C h o r g l i e d e r u n g e n dieser A r t hatten in R o m bereits eine T r a d i t i o n , m a n erinnere sich nur an S . A n d r e a della V a l l e . A u d i d o r t steht der niedrige T i s c h a l t a r isoliert im A p s i s r u n d , das mit drei großen B i l d e r n versehen ist, die bis z u m W ö l -
132 Jch unterscheide mich hier von der Ansicht Wilbergs, Anm. 198 „Arbeiten an den Coretti sind jedoch in den Jahren I68J und 1686 so häufig verzeichnet, daß angenommen werden muß, daß auch diejenigen des Vorchors nicht nur geplant, sondern in dieser Zeit bereits ausgeführt wurden (vgl. F G 1345, 1685: 16 I V ; 2. V I , 9. V I , 16. V I , 30. V I , 6. V I I , 9. V I I , 14. V I I , 2 1 . V I I , 4. V I I I u. a. m.)". Der Ansicht Wilberg-Vignaus steht hier entgegen, daß die Eintragung vom 4. 8. (vgl. meine Anm. 93) von „telari de choretti fare fuori e dipinti da lui" spricht, was meiner Ansicht dafür spricht, daß die Choretti in Illusionsmalerei ausgeführt waren. Wilberg-Vignau fährt fort: „Berücksichtigt man dieses, ist kaum anzunehmen, daß, wie Kerber meint, in den seitlichen Intervallen der Apsiswand gemalte Choretti mit darunter befindlichen Durchgängen als Illusionsmalerei geplant gewesen seien, da das Motiv der Choretti mit Durchgängen im Chorraum neben denjenigen des Vorchors verdoppelt und so unzweckmäßig gewesen wäre, zudem die architektonische Wirkung des Chors beeinträchtigt hätte." Diese Argumentation ist an sich richtig, doch sind meines Erachtens die unschönen „doppelten" Choretti gerade ein Argument für die schließliche Aufgabe der Illusionsmalerei. Wilberg-Vignau: „Neben den .verdoppelten' Choretti wäre eine Illusionsmalerei im Sinne Kerbers mit zusammengezogenem Vorchor und Seitenintervallen der Apsiswand nicht ausführbar gewesen, da die den Vorchor und die Apsiswand trennenden gekuppelten Pilaster nicht beseitigt werden konnten ohne den Bau der Halbkuppelarchitektur in Frage zu stellen." Im Gegensatz zu Wilberg erscheint mir die tragende Funktion der Pilaster sehr zweifelhaft. Wilberg-Vignau ist der Meinung: „Viel eher ist anzunehmen, daß es sich bei dem Stich . . . um eine Macchina handelt. Diese Macchina, auf planer Ebene gemalt, wurde vor den Chor, zwischen die Vierungspfeiler und an diese anschließend gestellt, und zwar so, daß sie die abgeschrägten Ecken der Vierungspfeiler noch verdeckte. Die Macchina wurde vielleicht an besonderen Festen des Hl. Ignatius, an denen die beiden Heiligen Franz X a v e r und Franz Borgia weggelassen wurden, verwendet. Zur besseren Obersicht fiel auch das Fresko an der Tonne des Vorchors mit der .Schlacht von Pamplona' weg."
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Freskodekorationen
b u n g s a n s a t z reichen 1 3 3 . D o c h enger noch schließt P o z z o an die C h o r g l i e d e r u n g v o n S . M a r i a in C a m p o M a r z i o an, d a s sein F r e u n d G . A . de R o s s i erbaut h a t t e 1 3 4 . D a s K a l o t t e n f r e s k o geht zurück auf R u b e n s A l t a r der H o f k i r c h e v o n A o l s t , den P a u l P o n t i u s 1 6 2 5 gestochen hatte. E r i n n e r u n g e n a n die Genueser u n d A n t w e r p e n e r A l t ä r e m ö g e n m i t s c h w i n g e n 1 3 4 3 . Vielleicht w a r P o z z o auch die heute in München befindliche S k i z z e m i t d e m „ H l . F r a n z v o n P a u l a , der v o n K r a n k e n a n g e r u f e n w i r d " durch einen Nachstich b e k a n n t 1 3 5 . D e r segnende H e i l i g e ist v i e l leicht aus T i n t o r e t t o s „ K r ü p p e l h e i l u n g durch A g u s t i n u s " ü b e r n o m m e n . A u c h T i n torettos „ M a r k u s w u n d e r " m u ß als b e k a n n t vorausgesetzt w e r d e n . D i e Fresken i m linken Q u e r h a u s s t a m m e n v o n L o d o v i c o M a z z a n t i , a u f sie soll hier nicht eingegangen w e r d e n 1 3 6 . - D i e M a l e r e i im rechten Q u e r h a u s ( A b b . 5 2 )
1S3 Sergio Ortolani, S. Andrea della Valle, Roma o. J.. Le diiese di Roma illustrate Nr. 4. Wilberg-Vignau, S. 136 „Die Halbkuppel der Apsis nimmt dagegen in S. Andrea im Hochführen der Rippengurte über die Pilaster der Apsiswand die Gliederung der Wand auf, führt diese weiter und betont dadurch die Architektur des Innenraums. . . . Infolge der Rippengurte, ihrem Zusammenlaufen, der verschiedenen Untersicht der Darstellungen in den einzelnen Feldern, sowie dem verschiedenen Hintergrund, wirken die Szenen zwar als Ausblicke aus dem Kirchenraum, es kommt aber nicht zu einer völligen Negierung der Halbkuppel. Die zwischen der Kalotte und der Apsiswand wiedergegebene hohe Attikazone mit dem über dem Mittelintervall befindlichen Fenster behindert zudem einen etwaigen Illusionismus"; a . a . O . , S. 138 „in formaler Hinsicht ist sowohl die Apsiswand von S.Andrea, als auch die von S. Carlo Vorstufe für diejenige von S. Ignazio: diese mit den drei in die Wand eingelassenen Fresken, jene in der Ausbildung des in die Gliederung der Apsiswand aufgenommenen Altars mit seinen Plastiken über der Gebälkzone". . . . „In den Chören der großen Kuppelkirchen war, wie in S. Andrea della Valle, nur die Apsiswand als Retabel gegeben, hingegen die Apsiskalotte noch von Rippengurten durchzogen, oder wie im Gesii die Halbkugeldarstellung illusionistisch wiedergegeben, dagegen an der Apsiswand ein vor ihr stehender Altar vorhanden. Der Chor von S. Ignazio geht über die erwähnten Chorgestaltungen hinaus, da bei Pozzo erstmals die Apsiswand und die Darstellung an der Halbkuppel aufeinander bezogen sind." 134 Gianfresco Spagnesi, Giovanni Antonio de Rossi ardiitetto romano, Roma 1964, S. 1 6 7 - 1 7 4 . 134a John Rupert Martin, The Ceiling Paintings for the Jesuit Church in Äntwerp, Brüssel 1968, Corpus Rubenianam Ludwig Burchard I, Abb. 4, 5. 135 Max Rooses, Rubens Leven en Werken, Amsterdam, Antwerpen, Gent 1903, S. 373. Ulrich Middeldorf, Reinterpretation of a Tintoretto, in: Art Bulletin 1944, S. 195-196. - Hans Tietze, Tintoretto, London 1948, Abb. 21. 13« Wilberg-Vignau S. 73, „Die Lünetten seitlich des Querarmfensters und die Tonne des Querarms bemalte Ludovico Mazzanti (Roma antica e moderna, Roma 1750, S. 512). In der linken Lünette ist die .Geburt Christi* und die .Anbetung der Hirten', in der rechten Lünette .Simeon im Tempel' mit dem Christkind und der vor ihm knienden Maria dargestellt. An der Tonne des Querarms ist . . . die .Himmelfahrt Mariae' von Ludovico Mazzanti gegeben . . . Im rechten der an den Schmalseiten der Tonne befindlichen Blindfenster sehen wir Moses mit den Gesetzestafeln... Am Giebel des Blindfensters sind zwei Engel gemalt, die ein Medaillon mit einer Palme und einem Schriftband ,Quasi palma' halten (Eccl. 24, 18). Im linken Blindfenster ist David mit der Harfe abgebildet; im Medaillon über dem Giebel des Blindfensters ist ein Olivenstrauch mit dem Schriftband ,Quasi Oliva' wiedergegeben (Eccl. 24, 19). Die Worte auf den Spruchbändern sind Versen aus dem Buch Ecclesiastici entnommen und weisen auf die Tugenden der Maria hin. Moses und David stehen mit Maria insofern in Zusamenhang, als sie als Praefigurationen zu Christus, dem Sohn Marias, aufgefaßt sind".
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nimmt Bezug auf die Ikonographie des Gonzaga-Altars. Sie ist der späteste Teil von Pozzos Ausmalung und erst ab Mai 1 6 9 7 entstanden 137 . Pozzo stellte am Gewölbe dar, wie der Heilige am 4. 4. 1600 der S. Maria Maddalena dei Pazzi erschien. Diese Vision hatte wesentlich zur Seligsprechung des Gonzaga beigetragen 138 . Die Lünetten schmücken Historien aus seinem Leben. Die Madonna und Ignatius erscheinen am 1 5 . 8. 1 5 8 3 in Madrid dem jungen Gonzaga und ermahnen ihn, bei den Jesuiten einzutreten 138 , er erhält aus der H a n d K a r l Borromäus' am 2 2 . 7 . 1 5 8 0 (in Castiglione) die Kommunion 1 4 0 . In den Blindfenstern sieht man musizierende Engel, darüber halten Putti Medaillons, in denen auf der linken Seite eine Frau mit erhobenen Händen, die die ,Preghiera' 1 4 1 darstellt, abgebildet ist. A u f der rediten Seite ist das Medaillon durch die beiden vorgebeugten Putti nicht zu identifizieren. Ernst Guldan 1 4 2 hat darauf aufmerksam gemacht, daß die Wölbung des Schiffes von S. Ignatius ursprünglich durch ein Doppelgurtsystem gegliedert war, das deutlichen Zentralisierungstendenzen folgte. Die beiden dem Mitteljoch zugekehrten Gurtbögen waren durch einfache Kassettierung gegenüber den glatten Laibungen ihrer Nachbarn hervorgehoben, im Fries betonte ein Bukranionmotiv die Mitte. Nach Pascoli 143 benötigte Pozzo für die Ausmalung der Decke drei Jahre (Abb. 55). D a 1 6 9 4 als Absdilußdatum bekannt ist 144 , setzten alle Interpreten den
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A R S J Rom. 150a S. 76 „1697 Maggio. Essendosi determination di far la capella di S. Luigi se n'è levato l'altare dipinto, e si è dato principio al Palco per dipingere il voltone della detta Cappella". Virgilio Cepari, Vita, e ratti di Santa Maria Maddalena di Pazzo nobile Fiorentina, Monaca del Monastero di S. Maria degli Angeli di Firenze, di nuovo ristampato e di questa ultima Impressione di un nuovo Indice universale delle Materie copiosamente arricchiata, Lucca 1716, Bd. 1, 137, 440. Fabrini, S. 16. a.a.O. Wilberg-Vignau S. 71 unter Hinweis auf Ripa, Iconologia, 1765-1767, IV, S. 405. Guldan, S. 116 nadi „Perspectiva", Bd. 1, fig. 94. Wilberg-Vignau, S. $0 „Infolge der verschiedenen Breiten der beiden Gewölbegurte an d?' ""hmalseite der Tonne und die dadurch bedingte unterschiedliche Größe der über den Gurten befindlichen Eckkonsolen ist die Scheinarchitektur in den Ecken verschieden gestaltet. Uber den Eckkonsolen am Eingang befinden sich Doppelsäulen, während über den Eckkonsolen an der Vierung nur je eine Säule vorhanden ist. Die Tatsache, daß vor dem Pfeiler an der Seite der Scheinarchitektur nur je eine Säule verkröpft ist, zeigt, daß die Scheinarchitektur auf die Architektur der Schiffswand genau bezogen ist. An der Südseite der Tonne war nämlich durch den Vierungsbogen kein Doppelgurt, sondern nur ein einfacher Gurt mit der halben Breite eines Gurts der Doppelgurte vorhanden. Sollten auch an der Südseite der Tonne Säulen in der Verlängerung über dem Gurt stehen und den an der Sdiiffswand vor den Vierungspfeilern gegebenen Halbpilaster fortsetzen, so war es infolge der geringen Breite des halben Gurtes nur möglich, einzelne Säulen wiederzugeben". Pascoli, S. 258. Marini (1959), S. 35. - A R S J Rom. ijoa, S. 72, fol. 99V „1694 Luglio. Si scuopri la volta della chiesa, dipinta dal F. Pozzo, ci venne Innocenzo X I I a vederla, e n'ebbe somma compiacenza".
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Arbeitsbeginn 1691 an. Dem widerspricht, daß der gewöhnlich sehr gut informierte Biograph Baldinucci 146 erzählt, Pozzo habe mit Unterbrechungen sechs Jahre an dem Werk gearbeitet. Die sonst sehr knappen Dokumente berichten 1693 von Zahlungen für das Gerüst 146 . In einem 1694 gedruckten Brief an den kaiserlichen Botschafter, den Fürsten Anton Florian von Liechtenstein, entwickelt Pozzo das Programm der großen Wölbung 147 . „L'onore, con cui l'eccellenza Vostra si è degnata di abbellire, ed ornare le mie rozze fatiche, non solo in bramar di mirarle, ma altresì in prendersi il disagio di salire a mirarle quando non per anche ben compite, e le premurose richieste di voler sapere in iscritto li significati di tutta l'opera, hanno costretto la mia ossequiosissima servitù verso l'Eccellenza Vostra a stenderle una succinta notizia di quanto mi sia prefisso di esprimere con il penello nella Volta del Tempio di S. Ignazio Fondatore della Compagnia di Gesù. Il primo lume che ebbi a formar questa idea mi venne da quelle sacre parole: Ignem veni mittere in terram, et quid volo nisi ut accendatur (Luk. X I I , 49), congruentemente adattate da santa chiesa a S. I G N A Z I O , come a grande istromento di si grand'opera; essendo egli stato zelantissimo di propagar la Religione Cattolica, e la Luce dell'Evangelio per tutto il Mondo; servendosi perciò dell'opera de'suoi Compagni e figliuoli frequentemente da lui incitativi con quelle celebri voci: Ite omnia incendite et infiammate. Ma perchè ogni fuoco ed ogni lume celeste convien che provenga dal Padre de'lumi; perciò nel mezzo della Volta dipinsi un immagine di Gesù, il qual comunica un raggio di luce al cuor d ' I G N A Z I O , che poi vien da esso trasmesso ai seni più riposti delle quattro Parti del Mondo da me figurate co'suoi geroglifici nelle quattro imposte della Volta. Queste investite di un tanto lume stanno in atto di rigettar da se i deformissimi Mostri o d'idolatria, o di eresia, o di altri
" 5 Baldinucci, S. 2 2 8 . 146
A R S J F G 1 3 4 $ , S. 1 6 3 , 16. 12. 1 6 9 3 „ A Cassa ac (a conto) dugentotrenta mta., spesi per diverse legnami, e ferri a servizio di ponti, comprati dalla nostra Casa Professa di R o m a , da servire per il Palco per la Pittura della volta della nostra chiesa e per altre occorenze". A . a. O., S. 1 6 4 vom 2 4 . 1 2 . 1 6 9 4 „Pitture | a cassa se. cinque mta. restituiti al nostro Fratel P o z z o pertanti da esso spesi in una ricreazione fatte a suoi G i o v a n i Secolari per l'ajuto datoli nel dipingere la v o l t a " . - A R S J R o m 1 4 9 , Fase. I X , fol. 1 0 8 „per la nave grande dandola a cottima a giulii cinque la canna essendo canne N o 1 2 8 importa in tutto . . . 1 0 0 per legnami 300 per fattura 100 per colori jo
147
Desgl. A R S J F G 1 3 4 6 , fol. 9 2 v. - Bibl. naz., V . E. ms. 7 8 9 fol. 9 r, Eintragg. v o m 2 9 . 1 . 1 6 9 5 „Sensei essersi Picenciato dalla Compagnia il Padre P o z z i famoso Pittore di prospettive, m i non restata più imperfetta l'opera di Sant-Ignazio, mentre il med.(esimo) la compirà col prezzo che sarà stabilità". - Martinettis (S. 3 0 ) Behauptung, die Wölbung sei zwisdien D e zember 1 6 9 3 und O k t o b e r 1 6 9 4 freskiert worden, trifft nicht zu. A R S J F G 1 3 4 J , S. 1 6 4 , 2 4 . O k t o b e r 1 6 9 4 verzeichnet die Druckkosten.
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vizj, che prima le dominavano, godendo di que'ceppi, e di quelle catene, di cui li mirano avvinti. Esterminati i vizj, e fecondate da questo lume divino, come da seme di ogni virtù le quattro Parti del Mondo, si trasmette da esse al Cielo una messe beata di Anime santificate, die mediante la cultura di molti indefessi operaj, o dalla infedeltà passarono alla fede, o da una fede morta per la perversità de'costumi fecero ritorno alla grazia. Il primo di questi indefessi operaj è l'Apostolo dell'Indie, S. Francesco Saverio, die mirasi dall'Asia guidare al Cielo un grande stuolo di Convertiti. L'istesso si esprime fatto da altri della Compagnia di Gesù nell'Europa, nell'Affrica e nell'America. Qual poi fosse il fine dell'Altissimo in partecipare ad I G N A Z I O luce si copiosa, ben si vedrà espresso do chiunque rifletterà, die dall'istesso seno del Redentore si spicca un'altro raggio, che portandosi ed uno scudo, in cui mirasi impresso il nome di Gesù, lo corona di luce; significandosi con ciò, che avendo il Redentore per mira la gloria di suo nome, volle honorare I G N A Z I O ; mentre ogni pensiero, ogni affetto, ed ogni opera d ' I G N A Z l O ad altro non tendevano, che ad majorem Dei gloriam148. Miransi poi nelle due estremità della Volta i due mezzi più efficaci, di cui servissi per la Conversione del Mondo I G N A Z I O co'suoi figliuoli; il primo fu quello dell'Amor divino. Espresso in quelle fiamme vitali, in cui gli Angeli Tutelari delle Provincie, e de'regni ammolliscano i cuori duri e pertinaci per la infedeltà, e rassodano i molli e gli effeminati per la impurità de'costumi. Il secondo mezzo fu quello del Timor de'divini castighi da me figurati nell'ultima estremità della Volta, in cui si mira un'altra fiamma, ma dissimile in tutto alla prima; fabbricandosi in essa fulmini, e saette, con cui si minacciano dagli Angeli Esterminatori rovine e morti a que'perversi, che sono pertinacemente ribelli o al lume della fede, o al Calor della grazia. Ma perchè gli stessi divini castighi sono spesse volte di rimedio alla Colpa, ed estinguono in noi l'ardore degli affetti terreni per accendervene de' celesti; perciò piacquemi di esprimere un tal pensiero in quell'Angelo, die con una mano sostiene in alto una face, e con l'altra gitta dell'acqua in un fuoco tenebroso ed oscuro acceso sul terreno. Il Corpo poi che racchiude in se tanto varie figure si è un'artificiosa Architettura in Prospettiva, che serve di Campo a tutta l'Opera. Essendo questa stata da me dipinta secondo le regole di tal'Arte, nel mezzo del Tempio più che in altro lato si mira più vagamente. (An-
148 Vgl. Filippo Picinelli, Mondo simbolico, Milano 1653, S. 407 „Dello specchio concavo, die percosso dai Raggi del Sole tramandava i raggi in materia combustibile ed cartello „Exardescet ignis" si valse Monsignor Aresio ad honore di S. Ignazio Loiola, inferenda, come questo gran Santo fù strumento d'un Mondo. E ben col mezzo d'Ignazio doverano scaldarci i cuori dei peccatori, mentre egli, ricevuti, ed uniti nel suo petto i raggi, e le illuminationi del cielo, era veramente tutto Ignatio, cioè tutto di fuoco insegnandoci Tullio 2. de oratore, die esser debba tutto ardente colui, die gli altri di riscaldar pretende: . . . S. Ignatio Loiola tutti gli affetti suoi, i fini, e le operazioni ad un segno di salvar anime per accrescer le glorie del nostro Iddio, soliti continuamente di repplicare: A d maiorem Dei gloriam". 149
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150 e n t f a l l e n .
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merkung dazu: N e l mezzo della fascia del pavimento è situato un marmo rotondo per indicare esattamente il punto di veduta). L'idea di una tal Prospettiva vien espressa in gran parte nel mio libro di Architettura e Prospettiva . . . " . Die in den Kartuschen an den Tonnenflanken wiedergegebenen Gegenstände haben alle das Feuer gemein und beziehen sich dadurch auf das im Fresko dargestellte Thema; sie symbolisieren sowohl die Spende des göttlichen Lichtes als auch die Missionstätigkeit des Jesuitenordens. Die Symbole entsprechen dem „Mondo simbolico" Filippo Picinellis oder sind der „Imago primi saeculi" (Antwerpen 1640) entnommen, der Festschrift des Jesuitenordens anläßlich seines hundertjährigen Bestehens vom Jahre 1640. Die Kartuschen an der linken Tonnenflanke symbolisieren die göttliche Liebe: die brennende Säule steht für den apostolischen Eifer 1 5 1 , der brennende Berg symbolisiert die Carità Divina 1 5 2 , der brennende Topf das Zunehmen der Glaubenskraft 153 , die platzende Bombe ist Symbol für die Carità, die gekreuzten Flammenschwerter sind für die durch Gottes Liebe entzündete Streitbarkeit der Jesuiten verwendet 154 . - Die Kartuschen an der rechten Tonnenflanke symbolisieren die Missionstätigkeit des Jesuitenordens: die brennenden gekreuzten Fackeln sind Symbole für die Verbreitung des Glaubens 155 , der aus der dunklen Wolke kommende Blitz steht für die Missionstätigkeit der Jesuiten 156 , der Salamander im Feuer symbolisiert das erlösende Martyrium 157 , der Phönix bedeutet die Märtyrer 1 5 8 , das brennende Stroh die Vernidi-
151 Bei Oliva ist die brennende Säule als Symbol f ü r den apostolischen Eifer verwendet. Gian P a o l o Oliva, Sermoni Domestici detti privatamente nelle Case R o m a n e della C o m p a g n i a di Giesù, Venezia 1712, Bd. II, Libro V I I , § 8. Die brennende Säule ist auch die Verbildlichung der Sta. Fede „(he f r a l'ombre degli errori sparge preziosa chiarezza" (Filippo Picinello, M o n d o simbolico, Milano 1653, S. 417). 152 D e r brennende Berg mit einer Regenwolke ist Symbol f ü r die C a r i t à D i v i n a „che maggiormente f à comparir le sue vampe, q u a n d o de i m o n d a n i eccessi e più mal t r a t t a t a . . . che sempre vomita fiamme, sopra il quale versandosi copiose p i o g g e . . . " . Dies bei Picinelli, a. a. O., II, X X V I I I , S. 3 j 1. - D e r brennende Berg in Gestalt des Ä t n a ist auch Symbol f ü r Ignatius. Picinelli, a. a. O., II, X X V I X , S. 355. 153 D e r brennende Topf ist Symbol f ü r das Zunehmen der G l a u b e n s k r a f t durch die Exercitia spiritualia: „Exertiorum spiritualium solitudo fervorem äuget, clausus magis aestuat" (Imago Primi Saeculi, Antwerpiae 1640, S. 458). 154 Die platzende Bombe w i r d bei Picinelli, a. a. O., S. 515 als Symbol f ü r die C a r i t à von S. Carlo verwendet. 155 Die brennenden Fackeln sind o f t im Zusammenhang mit der Verbreitung des Glaubens gen a n n t „sint lumbi vestri praecincti et lucernae ardentes in manibus vestris" (Lukas X I I , 46). 15« D e r a u s einer dunklen Wolke kommende Blitz ist Symbol f ü r die Missionstätigkeit der Jesuiten. D a s Bild stammt aus J o b 38 „Mittet fulgum et ibunt, et reverentia dicent: adsumus". Vgl. „Imago Primi Saeculi Societatis Jesu, Antverpiae 1640, S. 234: „Societas ad missiones expedi t a " . 157 Nach „Imago Primi Saeculi, S. 727: ist der Salamander im Feuer Symbol f ü r das erlösende M a r t y r i u m und speziell f ü r den M ä r t y r e r P. Carolus Spinola verwendet. 158 D e r Phönix ist ein Symbol f ü r die M ä r t y r e r , die durch das Leiden neugeboren werden und erlöst in das Königreich Gottes k o m m e n ; dies in Imago P r i m i Saeculi, S. 580 mit der I n schrift „ M a r t y r u m pretiosa mors".
Die Ausmalung von S. Ignazio zu Rom
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tung der Ungläubigen durch das streitbare Feuer des Jesuitenordens159, das brennende Herz ist für den durch Liebe für Gott entflammten Glauben verwendet 140 . Die Medaillons repräsentieren die Kardinaltugenden der Justitia, Fortitudo, Prudentia, die Theologische Tugend der Caritas, sowie Eloquentia und Puritas als Tugenden der Jesuiten 161 . Die Lünetten der Stichkappen stellen dar: (auf der rechten Seite): Schwebender Putto mit einem Drachen an einer Kette - Schwebender Putto mit einem Luchs an der Kette, daneben ein Löwe - Putten vor einer Schale, in der Feuer brennt; einer von ihnen hält einen Blasebalg — Zwei sitzende Putti, ein weiterer schwebender mit einer Fackel - Zwei schwebende Putti, darunter Aspis und Basilisk - Putti, die eine Schale halten - (auf der linken Seite): Zwei Putti mit Fackeln — Putto kämpft gegen eine Schlange, zwei schwebende Putti, einer mit einer Fackel, der andere mit einer Keule - Zwei Putti mit einem Weihwassergefäß - Drei Putti - Putto mit einem Hund - Drei schwebende Putti. Die allegorische Darstellung der Jesuitenmission in dieser Form war nicht neu. Matthäus Greuter schuf 1 6 1 6 einen Stich, der die Mitglieder der Gesellschaft Jesu bei der Arbeit im Weinberg Christi zeigt. Die Erdteile und die Ordensprovinzen umstehen die Szene. Gespeist wird der Garten vom Brunnen der sieben Sakramente, den der Auferstandene bekrönt 181 *. Schon auf dem Titelblatt der 1653 erschienenen Ordensgeschichte von Daniello Bartoli hatten Jan Miel und Cornelis Bloemaert Ignatius mit dem Christusmonogramm, dem Globus und Personifikationen der vier Erdteile dargestellt16111. Antoine Barzonnet Stella, der von 1659-1664 in Rom war, malte für die Jesuiten von Chalons ein Bild, auf dem Christus von Jesuitenheiligen umgeben über den Erdteilen thront162. Pozzo selbst hatte in Mondovi die Apotheose Franz Xavers mit den Erdteilen freskiert. — Das Lukaswort wird 1653 in dem Compendium des Jesuiten Picinello ausführlich behandelt. Picinello vermerkt auch, daß die Textstelle in den Gebeten des Pfingst-
159 D a s brennende Stroh ist Symbol für die Sünder: Timmers, S. 82. — Es ist auch oft mit der Unterschrift „non diu" gegeben, vgl. S. Vezzien, Recueuil d'Emblèmes, devises, médailles, et figures hiéroglyphiques, Paris 1724, Taf. V i l i , nr. 1 3 ; in diesem Fall ist es Symbol für die Vernichtung der Ungläubigen durch das streitbare Feuer des Jesuitenordens. Ist in der K a r tusche kein brennendes Stroh, sondern brennendes Holz dargestellt, wäre es Symbol für die Missionstätigkeit der Jesuiten in Japan und ihr Martyrium; dazu siehe Imago Primi Saeculi, S. 579 „Japone in igne alacritas". 160
Das brennende Herz steht für das durdi Liebe für Gott entflammte Herz; vgl. Imago Primi Saeculi, S. 324 „Amor igneus applicai ignes vimque Fides". 161 Vgl. die Abb. bei Iconologia del Cavaliere Cesare Ripa, Perugia 1 7 6 5 - 1 7 6 7 , I 287 f.; II 320; I I I 109, 2 0 1 ; I V 428 f., 438. isla Maj-Brit Wadell, Fons pietatis, eine ikonographische Studie, Göteborg 1969, i$o. i6ib Marini (1959), S. 443. - Daniello Bartoli, Historia della Compagnia di Giesù, Roma 1 6 5 3 , das gleiche Frontispiz auch in Bartolis „Deila vita e dell'Istituto di S. Ignazio" von 1659. 162 Mâle (L'art) S. 443. Vgl. auch den Kupferstich von Thiboust (1681), Peter Dreyer, Pietro Lucateli!, in: Jahrbuch der Berliner Museen I X , 1967, S. 2 3 2 - 2 7 3 f., Abb. 1 3 . - Spätere Beispiele führe ich nicht auf.
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Freskodekorationen
samstag eine Rolle spielt 163 . Ripa zitiert sie bei der Beschreibung der Allegorie der Caritas, er begründet damit ihr Attribut, das brennende Herz 1 4 4 . - Auch in den Predigten des Jesuitengenerals O l i v a wird das Lukaswort behandelt 1 ® 5 . Johann Christopherus Storer hatte zwischen 1 6 5 7 und 1 6 7 1
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eine Zeichnung
(Wien, Slg. Liechtenstein) geschaffen, die unter dem Motto von Lukas 1 2 , 49 den Auferstandenen auf einem Flammenwagen zeigt. A m Zügel führt er „ A m o r D e i " und „ A m o r Proximi". Unter Leitung Gottvaters vertreibt er die Bösen aus der brennenden Welt 1 6 6 . - Für die Attribute der Erdteile stützte sich Pozzo auf die Angaben Ripas 1 6 7 . - Die Einführung des Pfingstgedankens mag einen wichtigen Unterschied zwischen Bozzetto 1 6 8 und Ausführung begründen: im Bildzentrum w a r ursprünglich nur Christus dargestellt, um den Pfingstgedanken darzustellen, wurde Gottvater und H l . Geist hinzugenommen. Zwischen die Fassung des Bozzettos und die Ausführung schiebt sich ein kleines Deckengemälde in der Sakristei des Gesù in Perugia 168 . Der Christus dort stimmt mit dem in S. Ignazio ausgeführten genauer überein als der Entwurf.
168 Filippo Picinello, Mondo simbolico o sia università d'imprese scelte, spiegate, ed illustrate con sentenze ed eruditioni sacre, e profane, Milano 165 3, S. 35 „il mio Riccardo Vittorino, il quale lib. (ro) de Sacrificio David p. c. considerando le parole di Cristo Lue. 12.49 ,Ignem veni mittere in terram'dice: .Quando hunc ignem Jesus de summis attulit, numquid in terris tunc temporis ignis defuit? Invenit absque dubio ignem terrestrem attulit autem ignem caelestem. Illum venit extinguere: istem vehementer accendere'". - S. 381 „Da queste fiamme sovrane bramava cristo, die l'anima d'ogni fedele si rimanesse accesa, quando disse: Ignem veni mittere in terram, & quid volo, nisi ut accendatur? Lue. 12.49. Da queste Santa Chiesa nella Messa del Sabato di Pentecoste supplica die i cuori tutti siano infiammati: Ilio nos igne quaesumus Domine Spiritus sanctus inflammet, quem Dominus noster Jesus Christus misit in terram, Si voluit vehementer accendi". - Vgl. „Speculum concavum" (Ausg. Köln 1715, Bd. II, S. 43). 164 Ripa, Iconologia, Siena 1613, S. 112 „Origine d'amore del Sig. Giovanni Zarattino Castellini. Donna che tenga uno specchio trasparente rotondo, grosso, & corpulento, incontro all'occhio del Sole, il quale con i suoi raggi trapassando per mezzo dello specchio accendeva una facella posta nella mano sinistra, dal manico dello specchio penda una cartella nella quale sia scritto questo motto: SIC I N CORDE FACIT AMOR INCENDIVM". ìes Wilberg-Vignau, S. 107 weist darauf hin und zit. nadi Gian Paolo Oliva, Sermoni Domestici detti privatamente nelle Case Romane della Compagnia di Gesù, Venezia 1712, Parte Terza, Sermone XXXIV, Nella Vigilia del Beato Luigi § 138" Die costoro tanto farà più atroce la pena, quanto sono essi più soli nell'errare, e quanto nella nostra Compagnia, per divina misericordia, son più numerosi e più ferventi gli Operai, che accedono, in chi seco conversa, quel fuoco Giesu Christo e attacò tra gli huomini e volle instiguibile nella Chiesa. Ignem veni mittere in terram; et quid volo, nisi ut accendatur?" 168 Friedrich Thöne, Der Maler Johann Christophorus Storer als Zeichner, in: Miindiener Jahrbuch der Bildenden Kunst, NF. XIII, 1938/9, S. 212-234, Kat. Nr. 29, Abb. 11. - Vgl. audi Hans Kauffmann, Giovanni Lorenzo Bernini. Die figürlichen Kompositionen, Berlin 1970, Abb. 76 H . Wierix, Amor divinus et profanus. 167 Male (1932), S. 401. - Rose, 227 übersah das und leitete sie von Le Bruns Fresko über der Grand Escalier in Versailles ab. - Cesare Ripa, Iconologia, 1603, S. 332-338. - Ausführlidier Vergleich bei Wilberg-Vignau, S. 105-106. 168 Seicento Nr. 231, 168 x 331. 189$ vom Collegio Romano erworben. 16» Orsini, S. 190-191. - Siepi, S. 415.
Weitere Fresken in Rom
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G. Weitere Fresken in Rom Der schwerste Verlust unter den römisdien Werken Pozzos ist die Ausstattung der Kirche S. Orsola (S. Giuseppe in Via Vittoria). Nur aus einigen Guiden weiß man weniges über die Bilder. Die Ausgaben der „Roma antica e moderna" von 1750 und 1765 nennen ein Fresko mit „S. Giuseppe col Bambino", auf dem Hochaltar eine „Madonna", ein Schulbild mit den „Hl. Ignatius und Franz Xaver" und als Deckenfresko das „Martyrium der hl. Ursula und ihrer Gefährtinnen" in einer Scheinarchitektur, die sich auf die Wände erstreckte. Moroni beschreibt „l'altare maggiore contiene degli affreschi, fra i quali un S. Giuseppe colla Beata Vergine e il Bambino, buoni lavori del p. Andrea Pozzi gesuita, che operò eziandio tutte le pitture capella di S. Agostino, e il martirio di S. Orsola colle vergini compagne, come si vede nella volta. Di sua scuola sono i SS. Ignazio e Francesco Saverio, in oltre egli colla sua solita perizia colora tutte le prospettive nella pareti laterali". Nach Pistoiesi waren auf dem Hochaltar die Madonna und die hl. Josef, Ursula, Ignatius u. a. dargestellt. Er und Didot erwähnen einen „Hl. Augustinus". Angeli nennt einen Ignatius in der rechten Seitenkapelle als Schulwerk Pozzos, nach ihm soll das Fresko „S. Giuseppe col Bambino" sich auf dem Hochaltar befunden haben170. Die Fresken Pozzos im ehemaligen Refektorium (jetzt Studio) des Convento del S. Cuore a Trinita dei Monti wurden nach einer Chronik des P. Martin dei Minimi (19. Jhdt.) unter R. O. Antoine Beaupoil ausgeführt171. Pozzo soll sie innerhalb dreier Tage geschaffen haben. Über dem Gesims der Scheinarchitektur Ovalbildnisse der Könige von Frankreich Ludwig, Karl d. Gr., Robert, Gontram, Louis X I V mit einem Chor von Musikanten, der Dauphin. Am Gewölbefuß finden sich vier monodirome Medaillons auf jeder Seite: 1. 2. 3. 4. j. 6.
Franz von Paula bestimmt auf seinem Wege nadi Rom die Lage des Konvents. Der Prediger Charles VIII bezahlt ihm Schulden seiner Majestät. Franz von Paula schickt auf Bitten des Königs französische Mönche nach Rom. Der hl. Vater schreibt oder diktiert das Privileg für König oder Nation, Paul III bestätigt das Privileg durch ein Breve. Paul V erweitert das Privileg und bestätigt es der französischen Nation.
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Heute Teatro der Accademia nazionale d'arte drammatica. - Roisecco (1750), Bd. 2, 152 u. (1765) Bd. 2, 144. - Orsini (1784), S. 24 erwähnt bei der Beschreibung von Ascoli Piceno (Marche) in einem Haus gegenüber dem Dom (S. 27) „un abbozzetto del celebre Andrea Pozzo col martirio di S. Orsola, molto bene ordinato, e sfogato, giusta il suo stile alquanto manierato". Vielleicht handelte es sich um einen Bozzetto für die Decke von S. Orsola. - Morini Bd. 49, S. 178. - Das Metropolitan Museum in New York besitzt aus der Stiftung Cornelius Vanderbilt (1880) unter Nr. 80.3.10. eine Zeichnung mit dem Hl. Augustinus und dem Jesuskind an der Meeresküste, die Andrea Pozzo zugeschrieben wird. - Pistoiesi, S. 7 1 . Firmin-Didot, S. 955, Angeli (192$), S. 437. Bonnard, S. 42-44. - Cerrato, S. 26 u. Abb. j - 9 . - Moroni, Bd. 13, S. 59. - Melchiorri (1836) S. 323. - Ms. Trin. lib. I, p. 187-189.
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7. Urban V I I I erneuert und bestätigt die Breve seiner Vorgänger. 8. Innozenz X fügt den Akten die Bestätigung des Dekrets „de Manu tenendo" hinzu. In die Scheinarchitektur malte eine andere Hand die Figuren der Hochzeit von Kanaa. Das Gewölbe schmückte Pozzo mit der Trinität, Franziskus, Paulus und Franz von Sales. Für das Collegio Romano schuf er Gemälde in der Congegazione della Scaletta, für den Altar der Aula massima stellte er die „Concezione" dar 172 .
H. Montepulciano, Palazzo Contucci Den Festraum des Palazzo Contucci in Montepulciano 173 (Abb. 56, $7) verwandelte Pozzo in einen Hypätralraum, dessen Perspektive auf die Saalmitte hin konstruiert ist und dessen Beleuchtung auf die realen Lichtverhältnisse Rücksicht nimmt. Über einem marmorierten Sockel springen die Wände scheinbar zurück:. Eingestellte Spiralsäulen auf hohen Stühlen gliedern sie in je drei Felder. Sie tragen ein mehrfach profiliertes Gebälk, das den Blick in den offenen Himmelsraum freigibt. Die eine der beiden Schmalseiten öffnet sich scheinbar in einen zweiten Raum. Von ihm aus blidst man durch eine nach den Seiten offene Galerie in einen runden Brunnenhof, der durch eine Arkade begrenzt wird. Die zweite Stirnwand vertieft sich in der Mitte zu einer Nische, ihre Seiten öffnen sich zu einer echten und zu einer Scheintür, die den Blick in einen weiteren Raum freigibt. Eine Tür gegenüber der Fensterseite führt scheinbar auf einen Balkon. Uber alle Ausgänge sind Büsten weiblicher Gestalten gemalt. Das Mittelfeld der Langseiten zeigt in einem Medaillon den sitzenden, lorbeergekrönten Apollo in einer Landschaft. Zu seinen Füßen kennzeichnen Musikinstrumente, Bücher, Schreibzeug, aber auch der Köcher ihn als Herrn der Künste. Eine Kartusche im Sockel versammelt weitere Musikinstrumente. Zu der Nischenfigur kommen noch einige Statuen, die auf Konsolen stehen. Die sitzende Matrone mit dem Szepter verkörpert die „Autorità" oder „Potestà", die sich auf Schrifttum und Waffen erstreckt, die zu ihren Füßen dargestellt sind. Zu ihr gesellt sich „Minerva". Links von Apoll schüttet „Liberalitas" ihr Füllhorn aus, dessen Inhalt sie mit dem Zirkel bemißt. Die „Temperantia" gießt Wasser in den Wein. „Aristocrazia" hält ein Rutenbündel. An den beiden Schmalseiten der Decke rahmen Glorien die Allianzwappen der Contucci. Am Spiegel ist der Triumph der Tugenden über die Laster dargestellt. Bewaffnete Frauengestalten vertreiben eine Gruppe, in der der „Betrug" mit der
Moroni, Bd. 14, S. 190. - Verschollen. 173 Deila Pergola (193 j), S. 209 - Marini (1959), S. 60 glaubt nidit an die Eigenhändigkeit.
Wien, Fresken für den Kaiser
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Maske deutlich zu erkennen ist. Die Frau mit dem Bogen ist die „Persecutione". Den Reigen der Tugenden führt die „Sapienza" an. Unter ihren Gefährtinnen lassen sich „Caritas" und „Compassione" sicher identifizieren 174-175 .
]. Trento, Bibliothek der Seminarkirche In der Bibliothek, die zu der Seminarkirche S. Francesco Saverio in Trient gehört, befinden sich zwei Deckengemälde. Das erste ist heute übertüncht. Dargestellt waren allegorische Frauengestalten, wohl die Wissenschaften und Künste. Erhalten sind nur die Fensterlaibungen mit Fruchtkränzen. Bartoli, Chiusole, Emert geben dieses Fresko Pozzo selbst, Roschmann und Hammer schreiben es dem Mignocchi zu 178 . Unter diesem Raum liegt ein zweiter Saal, der jetzt als Magazin dient. Er besitzt ein beschädigtes Deckengemälde. „Uber den Randlinien der wirklichen Wand erhebt sich ringsum nochmals eine gemalte Wand, in der Mitte jeder Seite durch Loggien durchbrochen, die den Ausblick ins Freie gestattet. In Nischen der Wand stehen allegorische Figuren, die Ecken sind mit Statuen der vier Erdteile geschmückt. Nach oben geht die Wand in eine Attika mit Giebelaufsätzen und Blumenvasen aus. Auf den Giebeln sitzen Putten, in den Ecken Engel mit Musikinstrumenten. In der Öffnung werden mehrere Jesuitenheilige von Engeln emporgetragen, darunter in der Mitte Ignatius." 177
K. Wien, Fresken für den Kaiser Nach Baldinucci war der erste Auftrag, den Pozzo nach seiner Ankunft in Wien erhielt, die Ausmalung des großen Saales der Alten Favorita in der Leopoldstadt, die er in wenig mehr als einem Jahre durchführte. Auch Pascoli gibt an, daß dieser Auftrag von Leopold I ausging. Dagegen hat Tietze eine 1705 gedruckte Beschreibung entdeckt, in der der verfallene Zustand der Favorita hervor174
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Cesare Ripa, Iconologie, 1 6 0 3 , S. 3 9 2 ; 1 6 1 3 , S. 5 9 - 6 0 , 9 9 - 1 0 0 , 1 1 2 , 1 J 4 , Bd. 2 , S. 6 - 7 , 2 0 6 ; 1 7 6 4 , S. 1 6 0 . - Vincenzo Cartari, Le imagini degli dei degli antichi, Padova 1 6 0 8 . Lazzeri, S. 2 6 1 verzeichnet noch zum Palazzo Gori' Pannilini (Via Banchi di sopra, heute Hotel Continentale) in Siena „Come vedesi oggi, f u disegnata da G . Fontana nel 1 6 7 7 , per opera di Alessandro Papa V I I , die volle gratificarne la nipote Olimpia moglie di Giulio de Gori. - In questo palazzo dipinsero il Colli, il Marchetti, il Bartalucci e il p. Pozzo, che v i condusse una belissima sala a chiaroscuro". Bartoli ( 1 7 7 6 ) S. 3 3 . - Chiusole, S. 1 9 . - Emert ( 1 9 3 9 ) , S. 8 5 . - Antonius Roschmann, Tirolis pictoria et statuaria oder von der berühmt Tyrolischen Mahler und Bildhauern gesammelte Nachrichten, so in einer den 1 3 . July 1 7 4 2 abgehaltenen academisdien gelehrten Zusammenkunft vorgebracht, Bd. 2 , S. 38, Innsbruck, Ferdinandeum, Biblioteca Dipauliana, ms. nr. 1 0 3 2 . - Hammer ( 1 9 1 2 ) , S. 2 2 1 . Hammer ( 1 9 1 2 ) , S. 2 2 2 .
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Freskodekorationen
gehoben „und in einem Sinne kommentiert wird, der es ausgeschlossen erscheinen läßt, daß 1704 bereits an der Wiederherstellung gearbeitet wurde". Ilg schloß aus einer Nadiricht in den Lustra decem von 1734, die besagt, Joseph I habe f ü r seine Mutter, die Kaiserin-Witwe Magdalena einen Bau errichtet und den Saal von Pozzo ausmalen lassen, daß die Bauunternehmung erst 1705 stattfand 178 . Joseph I gab Pozzo auch die Ausmalung seines Theaters in Auftrag. L. Wien. Palais Liechtenstein Den Fürsten Johann Adam Andrea Liechtenstein hatte Pozzo schon während der Arbeiten an S. Ignazio kennen gelernt. Ihm hatte er die Erklärung der dortigen Deckengemälde gewidmet. Vermutlich vermittelte der Fürst den Maler an den Wiener Kaiserhof. So war es selbstverständlich, daß Johann Adam Andrea den Meister zur Ausgestaltung seines Gartenpalais in der Rossau heranzog. Wichtigstes Teilstück dieses Auftrages war der große Saal im ersten Stockwerk, dessen weite Decke (Maße: H 16 m, L 25 m, B 21,5 m) Pozzo Platz zur Entfaltung seines Werkes bot (Abb. 58). Vier Pyramidengruppen von Göttern ordnen sich an dem gemalten Himmel. Ihre Spitzen zeigen auf Jupiter, der in der Mitte auf seinem Adler herabschwebt und dem Herakles eine Krone zeigt. Sieben Tugenden begleiten den Helden, drei weibliche Figuren überreichen ihm einen Lorbeerkranz, drei weitere musizieren dazu. Chronos und die Laster entfliehen. Diagonal gegenüber lagert Bacchus mit einem Satyrgefolge und die drei Jahreszeiten Frühling, Sommer und Winter. Die Parzen haben ihren Platz auf der Randarchitektur. Apollo, Pallas Athene, Diana, Mars, die Grazien, Äolus mit den Winden und Saturn bilden eine eigene Gruppe. Dazwischen sitzen Pluto und Vulkan. Gegenüber haben sich Phöbus mit den Hören, Poseidon und Charon zusammengeschlossen. Merkur übermittelt als Götterbote das Ereignis dem Betrachter. In der Architekturzone begründet Pozzo die Belohnung des Tugendhel178 Baldinucci, S. 232. - Pascoli, S. 266. - Tietze ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , S. 439 Anm. 3 erwähnt die „Relation von dem Kayserlidien Hofe zu Wien, Cöln 1 7 0 5 " . Dort heißt es, S. 2$ „Die neue favorite liegt in einer derselben | denn die alte ist in der Leopoldstadt in zerfallenen mauern zu sehen. Man bildet sich ein | wenn man von einem Kaiserlichen lust-hause reden höret | einen palast zu bewundern | weldier mit der auserlesensten kunst gebauet; allein | man ist gezwungen | diese gedanken zu ändern | wenn man nichts als ein ziemlich langes gebäude siehet | welches weder groß noch hoch | un w o zwar einige ziemlich wohl meublierte gemacher | das übrige aber durchaus nicht behaupten kan | daß es ein lust-hauß eines großen Kaisers sey | wenn man nicht dadurch noch überzeugt wäre | daß er es selbst davor hält. Also nun wohnet der Kaiser der meisten theil des sommer darauf". - Fuhrmann (1766) Bd. I, S. 283 „Nach türkischer Verheerung ist das Gebäu bis zur Regierung des Kaisers Joseph in seinen Ruinen liegen geblieben, da es alsdann für die Kaiserl. Frau Mutter Eleonora Magdalena angefangen wurde. Den Tafel-Saal mahlete der berühmte Fr. Andreas Pozzo aus der Gesellschaft JEsu, und soll noch zu sehen seyn, aber wir haben ihn nie zu sehen bekommen. Außer der Zeit der versamleten Ingenieur Accademie wird er allezeit versperret gehalten. Die gänzliche Ausführung aber des Gebäues gerieth ins stecken".
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den mit seinen irdischen Heldentaten. Von der Geburt und der Erwürgung der Sdilangen, die ihm Juno in die Wiege legt, dem Kampf mit dem nemäischen Löwen und den übrigen Monstren, der Uberwindung des Antäus und der Amazonen, über die Demütigung durch Omphale, die Bestrafung des Nessus zieht sich die Lebensgeschichte zum Selbstmord auf dem Scheiterhaufen, über dem Hebe schwebt, und dem allegorischen Triumph 179 . Dazwischen schalten sich als monochrome bronzefarbene Darstellungen die „Werbung des Herkules um Dejanira" (NO-Seite), die „Überweisung eines Schwertes an Herkules als Geschenk des Merkur" und der „Abschied des Herkules von Molorchus zu Cleonai vor Tötung des Löwen". Pozzo war sidi bewußt, daß der Betrachter in dem vergleichsweise kleinen Saalraum seinen Standpunkt nur wenig ändern kann, daß der Ort eine ruhige Komposition bedingt. So mußte er nach starken Bildzusammenhängen trachten. Ein enger formaler Zusammenschluß war nur in der Bildebene möglich. Räumliche Werte mußten eliminiert werden. Da die Figuren sich im Gegensatz zur Architektur nur wenig verkürzen und sie oft fast bildparallel gegeben sind, wird ihre Räumlichkeit zugunsten stärkerer Flächenwerte zurückgedrängt. Diese Flächenwerte ermöglichen Pozzo, das Bild formal stärker zusammenzusdiließen als in seinen übrigen Werken. Eben dies bedingt die Ruhe und Handlungsarmut der Gestalten, die sich nicht im Raum entfalten können. Daher verlegte Pozzo die handlungsreichen Historien in den Bereidi der gemalten Architektur. Sie sind so dem Blick des zentral stehenden Betrachters weitgehend entzogen und fallen für den Bildzusammenschluß kaum ins Gewicht. Man soll sie einzeln von den gegenüberliegenden Saalwänden aus betrachten. Die illusionistische Ardiitektur ist sehr einfach. Über einer Hohlkehle schwingt die Balkonbrüstung in den Saalecken und der Mitte der Seiten zurück. Die vier Triumphbogen, die sich über die Brüstung erheben, sind unbelebt. In den ausschwingenden Ecken werden sie durch Arkaden verbunden, mit denen sie die Attika gemeinsam haben. Die Zahlungen für die Ausgestaltung des großen Saales hatten am 7. 1 1 . 1704 begonnen. In insgesamt 5 Raten erhielt Pozzo bis zum 22. Oktober 1708 7500 fl . . Noch im Juni und Juli 1709 werden die Rahmen im großen Saal vergoldet, die Bilder sind noch nicht geputzt180.
179 Suida (1912). - Mrazek, 1 3 1 f. 180 Tietze ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , S. 439 zitiert die Akten, die Zahlungsquittung und aus der Korrespondenz Fellners mit dem Fürsten: »1709, Juni 22 . . . Der H . Pozzo habe wegen Verputzung der Mahlerey im Saal lassen hinausführen, welcher saget das er ehend solches nicht thun könntem alß biß d.(er) Vergolter mit den Rahmen ferttig, welcher daran auch fleißig arbeittet." „ 1 7 0 9 , Juli 27 . . . Der Vergolter im Saal wirdt in etlichen Tagen ferttig sein, sodan wird der P. Pozzo die Bilder putzen, audi in den Capelle die Soffiti aufmachen." - Der Originalbozetto befand sich nadi 1801 im Nachlaß des Kremser Schmidt, er war 85. h. u. 65. br. (vgl. Dworsdiak 1855, S. 166 u. 223).
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Neben dem Deckenfresko hat man die Ölgemälde fast vergessen. Je drei Bilder sind an den nicht durch Fenster geöffneten Wänden angebracht. Die Schmalseiten nehmen die vier Elemente und zwei Historien der Aeneassage ein, die Längsseiten besetzen drei Metamorphosen: Luna und Endymion, Diana und Aktäon, Venus und Adonis 181 . Leider sprechen die Dokumente nur wenig von diesen Darstellungen. Baldinucci 182 berichtet in seiner Vita Pozzos knapp „e fecevi andie alcuni gran quadri ad olio con la Pittura di tutta la gran volta, le quali cose unite insieme . . Die Metamorphosen an der Längsseite sind zur Einfassung in ihre Rahmen angestückt. Der Stuck unterscheidet sich von den Schmalseiten. Liechtenstein konnte feststellen, daß sie erst bei einer Renovierung zu Ende des 19. Jahrhunderts angebracht wurden 183 . Kronfeld 184 hat die Elemente und die Aeneas-Historien der Pozzo-Schule zugeschrieben. Sie vertreten einen ungewöhnlichen ikonologischen Typus. In einer baumbestandenen Wiesenlandschaft lagern Flora und Ceres mit blumengeschmücktem Füllhorn und Ährenbündel als Frühling und Sommer, Diana mit ihren Hunden hat sich als Herbst zu ihnen gesellt. Der Winter wurde verbannt, er hätte den festlichen Klang des Saales gestört. Mit der Fülle ihrer Gaben repräsentieren die drei Jahreszeiten die Erde. Als Verkörperung des Wassers bietet Neptun seiner Gattin Amphitrite Korallen, Perlen, Muscheln und Fische an. - Prometheus raubt das Feuer vom Sonnenwagen des Apoll und bringt es den Menschen, die es zu ihrem Unheil kriegerisch verwenden. - Schließlich befiehlt Juno dem Aeolus, die Winde aus ihrem Gewahrsam gegen Aeneas loszulassen, der das Meer auf der Flucht von Troja durchkreuzt (Aeneis I, 50-86). — Diese Flucht ist in dem ersten der Mittelbilder dargestellt (Aeneis II, 671 f.), während das zweite den Helden zeigt, wie er in der Schmiede des Vulkan die Waffen aus der Hand seiner Mutter Venus entgegennimmt ((Aeneis V I I I , 608 f.) 185 . Diese Verwendung antiker Götter und mythologischer Szenen zur Allegorisierung der Elemente war nicht neu. So hatte Algardi einen Zyklus entworfen, der den blitzeschleudernden Jupiter, Neptun auf seinem Gespann, Kybele und Juno 181
Eine Verknüpfung dieser Szenen mit dem Programm des Deckenfreskos ist bisher nicht möglich. 182 Baldinucci, S. 232. 188 Liechtenstein (Ms. Wien, Kunsthistorisches Institut) S. 38 verweist auf Niemann, auf die Wiederholung von dessen Zeidinung der Breitseite bei H . Tietze ( 1 9 1 9 ) Abb. 1 2 und eine (identische) Zeichnung in der Wiener Bauhütte I I ; S. 36 gibt er die Mythologien der Schmalseiten dem Franceschini; S. 39 bemerkt er: „Ein ungeklärtes Moment ist die Nachridit, daß Freskenreste im Saale gefunden worden seien, die wieder verdeckt wurden" (Hausarchiv) Skizze einer halbzerstörten Wappenkartusche mit Putto. Erläuternder Brief des Fürsten Franz Liechtenstein. 184 Kronfeld, S. I X , in der 3. Aufl. S. X gibt Kronfeld die Bilder dem Marc Antonio Francesdiini. 185 Mrazek, S. 1 3 1 f. deutet: Die Erde mit den Jahreszeiten, Poseidon und Amphitrite, Phöbus Apollon und Phosphorus, Juno mit Aeolus und den Winden.
Wien, Palais Liechtenstein
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mit den Winden umfaßte 186 . Jacopo Bassano187 und auch LeBrun 188 ersetzten die Stelle des Göttervaters durch die Schmiede des Vulkan und verknüpften so den Themenkreis der Elemente mit der Aeneassage. Albani 189 schuf eine Folge mit dem Triumph der Galathea, Juno, Aeolus und den Winden; er stellte für die Erde die drei Jahreszeiten dar und schloß den Winter wegen seiner „horridezza" aus. Audi die Flucht von Aeneas und Anchises als Glied eines Elementenzyklus läßt sich nachweisen, schon Ottavio Mosto190 repräsentierte durch sie 1689/90 im Salzburger Mirabellpark das Feuer. Wie immer waren auch hier die großen Vorbilder Pozzo beim Entwerfen gegenwärtig. Für die Flucht aus Troja stand Raffaels „Borgobrand" Pate. Die Umbildung der Sistina-Sklaven Michelangelos an Berninis Vierströmebrunnen hat ihn beeinflußt, der sitzende Akt auf dem „Prometheus-Bild" gleicht dem Rio della Plata. Sind in der „Schmiede des Vulkan" die Verbindungen zum Manierismus deutlich, so ist die „Terra" ohne Dughets Landschaften kaum denkbar. In Pozzos eigenem Werk finden sich Parallelen zu den Aeneashistorien in den seitlichen Apsisgemälden von S. Ignazio zu Rom. Ähnlich wie dort entfalten sich die Bewegungen in treppengegliederten Räumen, der Ignudo taucht ebenfalls als Rückeniigur am untern Bildrand auf. Der gefesselte Wind in der „Allegorie der L u f t " erscheint schon auf dem Relief „Ignatius befreit die Gefangenen" im Gesu. Die Putti entsprechen denen im Korridor vor den Ignatiuszimmern im Profeßhaus. Neben der inhaltlichen faßt auch eine kompositioneile Klammer die beiden Saalhälften zusammen, denn die beiden Aeneashistorien gleichen einander im Aufbau, beide werden durch eine Horizontale halbiert, in beiden durchkreuzen Diagonalen die entstehenden Quadrate. Schließlich bindet die Lichtführung, die für alle Bilder von einer außerhalb liegenden Lichtquelle zu kommen scheint, die Dreiergruppen zusammen. Zur Ausgestaltung des Palais Liechtenstein gehörte auch die Kapelle. Am 3 1 . Juli 1709 schrieb Fellner an seinen Fürsten „Der P. Pozzo ist in Putzung der mahlereyen im Saal würcklich begriffen, das Stuckh in der Capellen wird er auch aufmachen, sobalt nur die blind rahmen ferttig sein wirdt; die 4 Stuckh über die Portal ins hauss hat er geliefert, welches die 4 Doctores Ecclesis sein, welches meines behaltens jedes zu ioofl. ihme zu bezahlen, wie villa aber wegen der Capellen
18« Di e Künstlerbiographien von G. B. Passeri, herg. von J. Hess, 1934, S. 209 f. 1 8 7 Giambattista Verci, Notizie intorno alla vita e alle opere de' pittori, scultori e intagliatori della citta di Bassano, Venezia 1775, S. 130. WS H. Göbel, Wandteppiche, Die Niederlande, Bd. 1, 1923, S. 123-125. 189 Malvasia, Felsina pittrice, Bd. 2, 1678, S. 235-236. 1B0 österreichische Kunsttopographie, Bd. 13, S. 206 - Die Elemente sind vielleicht inhaltlich mit dem Deckenfresko verknüpft. Die Herkulesstatuen „Hydra, Cerberus, nemäischer Löwe, Antaeus" symbolisieren „Wasser, Erde, Luft" nach Servius zu Vergils Aeneis VI 287, 395, vgl. John Rupert Martin, The Farnese Gallery, Princeton 1965, S. 30-31.
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f ü r das Altar und die Soffiti mit ihme accordiertet worden ist mir unbekannt" 1 9 1 . Diese Kapellenausstattung ist nicht mehr vorhanden.
M. Fresken für kirchliche Auftraggeber In dem ehemaligen naturhistorischen Cabinett und späteren Theatersaal der alten Jesuitenuniversität in der Bäckerstraße schmückt eine Glorie der Assunta die Decke. In der alten Ausgabe des Dehio wird das Werk als Arbeit Pozzos bezeichnet, in der neuen Auflage dagegen heißt es „wohl nach Entwurf von Andrea Pozzo von anderer Hand ausgeführt" 192 . Der durch Kriegszerstörungen sehr schlechte Erhaltungszustand erschwert die Beurteilung des Gemäldes, doch sind wir überzeugt von der Eigenhändigkeit und glauben, hier ein besonders bedeutendes Werk des Meisters vor Augen zu haben. Im Zentrum thront die Assunta auf einer Wolkenbank, umgeben von einer Strahlenglorie und zahlreichen Cherubim und Engelputten. Daran schließt sich ein äußerer Reigen größerer Engel, die zu der Madonna beten und ihr Weihrauch spenden. Die meisten tragen Palmzweige, vor allem Pflanzen und Blumen, die das Cabinett selbst beherbergt. Große Blumensträuße stehen auch in der Scheinarchitektur, Festons hängen von ihr herab. Niemals sonst hat Pozzo eine derart bewegte Komposition geschaffen. Dem fast quadratischen Deckenrechteck schreibt er den Kreis der Marienglorie ein, um den sich die Engel wie in einem Wirbel drehen, der sich nach unten öffnet. Von oben bricht das Licht durch die Spalten der bewegten Wolkendecke und zerlegt die Figuren in beleuchtete und verschattete Formfragmente, die zu dem Eindruck einer Explosion aus dem Zentrum her beitragen. Uber einem Gebälk schwingt das Gesims in den Ecken zu kleinen Balkons aus und verkröpft sich über Konsolen, um Säulen zu tragen. Die Mitten öffnen sich an den Schmalseiten ganz, an den Langseiten werden Nischen überwölbt und von einem Segmentgiebel bekrönt. Darunter tragen Kartuschen, die von Voluten umspielt werden, die Blumenvasen. Die Säulen und einige Pfeiler gruppieren sich zu einer verbindenden Hallenarchitektur, die nach oben durch Baluster und Vasen abgeschlossen wird. Die Räume über den Eckbalkons schließen nach außen durch Fenster ab. Bewußt wird der Betrachter durch vielfältig verschränkte kleine Raumparzellen irritiert. Gehalten wird die Komposition durch die nach außen kontinuierlich zunehmende Massenverteilung und die Farbe, die sich von den grau- und goldbraunen Tönen der Architektur über die gleichfarbigen Wolken, das Weinrot, Gelb und 191
Tietze ( 1 9 1 4 / i j ) , S. 443. - Bereits am j . M a i 1709 vermerkt man den Empfang von Nägeln zum Aufspannen der Bilder von Pozzo und Rosa. i»2 Georg Dehio, Handbuch der deutsdien Kunstdenkmäler, Österreich, Wien, bearbeitet von Justus Schmidt und Hans Tietze, Wien und Berlin 1 9 3 5 , S. 54. - Dehio, Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Wien, neu bearb. von Anton Maiku und Erwin Neumann, 5. erg. Aufl. Wien 1954» S. 60.
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Blau der Engel zum Himmelblau und Gold der Glorie in der Mitte allmählich aufhellt. Zum einheitlichen Eindruck trägt auch die Zentralperspektive bei. Der in sich bestehenden Ruhe der antiken Götter im Liechtenstein-Fresko steht der Betrachter gegenüber als in sich geschlossenes Individuum, durch nichts veranlaßt, den Rahmen seines Individuums zu öffnen oder zu überschreiten. Er ist im Grunde unthematisch. Ganz anders das Fresko der Universität. Der Betrachter wird irritiert, in Unruhe versetzt, fassungslos gemacht, er wird geöffnet, er muß aus sich herausgehen. Plötzlich wird er religiöser Überredung zugänglich. Er kann nidit mehr nur er selbst sein, er wird gewahr, daß etwas außerhalb seiner ihn ergreift. Im Codex 12230 der Wiener Staatsbibliothek, den Litterrae annuae von 1 7 1 1 , findet sich auf S. 105-106 folgende Eintragung „Rector Collegij Viennensis metuens ruinum Triclinij cariosis iam Tectibus vetus dejicere . . . triclinij pulchritudini historique praecipue meninit imaginem D. Virginis et Castissimi Sponsi, Ss. Apostolorum Principum, ac praecipue colitum Societatis Jesu, postremo et Imperatorum: tamquam Ingenij Italici Miracula florent partim a celeberrimo Pozzo, partim a Discípulo ejusdem e Societate & adjutoribus formata". Davon ist nichts erhalten. Pozzo hatte vielleicht noch kurz vor seinem Tode Entwürfe für den inneren Umbau und den Turm der Kirche des Wiener Probationshauses St. Anna geschaffen, in denen er Motive der Universitätskirche wieder aufnahm. Den ursprünglichen Zustand zeigt ein Kupferstich des Corvinus im Kalksburger Kunstkabinett mit der Beschriftung „Templum S. Annae, Ao 1415 pro peregrinis exstructum, et ab Imp. Ferd. II A 1626 Domini Probationis Soc. Jesu concessum". Der Turm ist heute bedeutend niedriger und in der Form seiner Bedachung verändert (Nach Brand von 1747). Den Umbau führte in den Jahren 1709 und 1710 Pozzos Schüler Christoph Tausch durch. Die älteren Topographien Wiens geben an, Pozzo habe das Deckenfresko selbst gemalt. Dies ist durchaus möglich, denn die heutigen Deckenfresken wurden erst 1747 nach dem Brand des Dachstuhls von Daniel Gran geschaffen193. Für die neu errichtete Kirdie St. Peter malte Pozzo j Kapellen aus194. 1»» Ilg (1886), S. 232. - Patzak (1918), S. 194. 184 Tietze ( 1 9 1 4 / 1 5 ) , S. 444 veröffentlichte einen Brief Pozzos an den Fürsten Liechtenstein, vom 12. Juli 1709 in dem es heißt „Supponevo che i Sig. ri della Fabrica di S. Pietro volessero seguitar per la pittura della Cupola, ma a quello che provo sono cosi miserabili, the non mi pagano le cinque cappelle già fatte, pensi si mi pagaranno le future". - Tietze, a. a. O., hielt es für möglich, daß es diejenigen sind, deren Architekturmalerei man sonst dem Galli Bibiena zuschreibt. - Marini (1959) Anm. 73 stellte „minimi motivi decorativi di chiara maniera pozziana" fest. - Dehio ( j , 37) „weiter Fresken: unter der Orgelempore: Christus und Petrus auf dem See Genezareth 1 7 5 1 ; über der Orgel: musizierende Engel; Leibung der linken mittleren Seitenkapelle: Szene aus dem Martyrium des hl. Sebastian; Leibung der r. mittleren Seitenkapelle: Szenen aus dem Leben des hl. Franz v. Sales; Chor: Scheinarchitekturen von Antonio Galli-Bibiena; Kuppel über dem Altar: musizierende Engel. Eingangsraum und Empore von A . Galli-Bibiena entworfen, die Empore 1 7 j i errichtet".
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N. Wien,
Universitätskirche
Pozzos bedeutendstes außeritalienisches Werk ist die U m - und Ausgestaltung der Kirche der Jesuitenuniversität in Wien. Der Bau, welcher der Assunta und den Heiligen Ignatius und Franz X a v e r geweiht ist, war schon 1 6 2 7 errichtet und 1 6 3 3 geweiht worden 198 . Die „Annuae Litterae" der österreichischen Jesuitenprovinz berichten196, daß am 30. August 1 7 0 3 Kaiser Leopold I und der designierte König von Spanien zum Gewölbe der Kirche emporstiegen, das damals bereits vollendet war. Die feierliche Eröffnung fand am Feiertag des Franz Xaver, am 3. Dezember 1 7 0 3 in Gegenwart Leopolds I statt 197 . Doch wurde noch weiter in der Kirche gearbeitet 198 . Den Hochaltar konnte man erst am 2. Dezember 1705 enthüllen. E r war aber bei Pozzos Tode, 1709, noch nicht ganz vollendet. Doch zeigt die Ubereinstimmung mit dem Bozzetto im Museo Nazionale in Trient, daß spätere Ergänzungen nur geringfügig gewesen sein können 199 . A n der zweigeschossigen Fassade der Kirche änderte Pozzo nur wenig. Die beiden unteren Statuen (Ignatius mit dem Ketzer, Franz X a v e r taufend) und die Turmhelme stammen von ihm. Die Helme gliedern
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Fassadeninschrift. - Patzak (1916) datiert 1631. - Weihedatum in cod. ÖNB 12031. - Zu Pozzo vgl. Baldinucci, S. 232. - Vgl. Renate Wagner, in: Unsere Heimat, 19J3. 196 ARSJ Austr. 160, fol. 69. „Quo absoluto Caesarea Majestas cum designato Augusto Hispaniar.(um) Rege Carolo fornicem Ecclesiae n(ost)rae tunc prope perfectum inspectare voluerit, non fine proni favorit, ac concepta ab artis elegantiam ac peritiam complacentiae indico. Eoque abeunte Eccl(es)ia, qua antemeridiani s(em)pre clausa tenebatur, est reserata populo spectandi avido, cuius tantus fuit concursus, ut toto eo residuo die in ferum vesperum templum plenissimum fuerit admirabunda spectatore nec nisi ad tenebras claudi potuerit". Desgl. Bibl. Pal. Vind. Cod. 12098, fol. 50 r. 197 Wien, Bibl. Palat. Vind. Cod. 12098, S. 52 verso, dort Beschreibung der architektonischen Änderungen und Fresken. 198 ARSJ, Austr. 160, fol. 74 r, desgl. 12098 fol. 52 verso Stiftungen von 1703: Doctor Hoffmann 2000 fl. „pro Sacello Sancto Doctora" - Herula de Lebenthurm 2000 fi. „Sacelli SS. Virginis" - Kaiser Leopold Kupfer für die Turmdächer. 19» Wasdigler (1923) S. 20 nach Feriae Aestivae Rhetorum Viennensium, Wien 1725. - Patzak (1918), S. 349 Anm. 23 zitiert Wien, Nationalbibliothek, Bibl. Palat. Vind. Cod. 12104 Annuae litterae provinciae Austriae Societatis Jesu ad annum 1709, S. 123 „Domus Professorum templum magnifica hoc anno novi summi altaris structura est ornatum. Cuius bases solidus lapis, caetera caementitio opere usque ad templi tholum erecta, gypso et plastico labore incrustata et vestita varii coloris marmor imitantur. Interjectis vero lemniscis columnarum capitibus et coronidi coloris loco, inductum est aurum. Opus totum specie et symetria singulari compositum ardiitectum habuit celeberrimum Andream Puteum Societatis nostrae, qui in medio praegrandem imaginem singulari industria et arte pictam, nobilem et se dignam memoriam et merito supremum tanti artificis opus reliquit. Hoc enim perfecto imagini e vita decessit; altari nondum in omnibus partibus absoluto". Vgl. auch Marini (1959) Anm. 81. Dodi beschreibt Cod. 12098 fol. JI r bereits 1703 Bild und Altar. - Ebenso bemerkt die 1704 verfaßte, 1705 gedruckte „Relation von dem Kayserlidien Hofe zu Wien" S. 10 „Eben dieser Pozzo, welcher nicht allein die Optica und ardiitektur wohl verstehet | davor er schon verschiedene Bücher drucken lassen, sondern audi sonst ein guter mahler ist | hat noch in dieser Kirdien der haupt-altar | nebst einigen anderen gemahlet | und wird vermuthlich auch die übrigen vollführen". Dieser Text wörtlich wiederholt bei Fuhrmann (1766) III, S. 249.
Wien, Universitätskirdie
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sich in ein Geschoß mit Ecklisenen, korinthischen Kämpfern und Rundbogenfenstern. Unter dem achteckigen Helm liegt zunächst eine niedrige Platte mit Fassettenauflage, darüber der leicht abgeschnürte Zwiebelhelm mit Laterne und einem abschließenden Obelisken auf Kugelfüßen 200 . Im Inneren griff Pozzo um so entscheidender in den Baubestand ein (Abb. 59). Das ursprüngliche vierjochige Langhaus war mit einer Tonne gewölbt, in die die Stichkappen der Fenster tief einschnitten. Pozzo ließ die großen Rundbogenfenster an den Stirnseiten der Seitenkapellen vermauern, an ihrer Stelle bradite er zwei schmale, verkröpfte Luken an. So konnte er erstens den hellen Hauptraum dunkel foliieren und zweitens schuf er die Bedingungen dafür, die Altäre von der vorderen Seitenwand der Kapellen an deren Stirnmauern zu verlegen. Damit änderte er ihre Längsrichtung in eine Querorientierung um. Die Kapellenräume, die durch ihre hohen Öffnungen zum Schiff den einheitlichen Charakter des Raumes sehr störten, unterteilte er durch den Einbau von Emporen auf je zwei Voll- und zwei Halbsäulen aus Glanzstuck. Die beiden Halbsäulen dienen gleichzeitig als Altarrahmung. Er ordnete ihnen also doppelte Funktion zu. Die Böden der Emporen durchbrechen ovale Öffnungen, die nach oben von Balustraden umgeben werden. Balkonartige Erweiterungen verstärken die Verbindungen der neu entstandenen Räume zum Hauptschiff, auf das alle raumbildenden Kräfte konzentriert werden. Gestützt werden diese Balkons durch Pflanzenkonsolen, die beiden mittleren Paare durch Adler. Die neue Querorientierung der Wand erlaubte es Pozzo, diese als selbständiges Ganzes aufzufassen, das er symmetrisch unterteilen konnte, indem er für die beiden mittleren Kapellen Rundsäulen, für die äußeren Paare aber gedrehte Säulen wählte. Trotz dieser Zentralisierungstendenz betonte er die Gerichtetheit der Kirche, indem er die Säulenpaare in Altarnähe aus grünlichen Stuckmarmor ausführen ließ. Die Pilastervorlagen und das Hauptgebälk verstärkte er. Die Nachbarschaft der Kolossalordnungen und der kleinen Säulenordnungen erinnert an Michelangelos Konservatorenpalast. Den unteren Teil der Innenfassade „gestaltet er zu einer prachtvollen Eingangshalle. Zwei freistehenden, wohl von früher vorhandenen Pfeilern legte er Halbsäulen vor und überdachte das Ganze durch einen in der Mitte etwas vorspringenden Plafond auf niedrigeren Säulen; im Mittelteil erhielt der Musikchor seinen Platz, hinter diesem die Orgel, seitlich entstand Raum für verglaste Oratorien, welchen das von den Kapelleneinbauten herlaufende Gebälk als Abschluß 200
A R S J Austr. 160, fol. 7 1 r „Renovata fuit hac sacra moles primum deformis suo in frontespicio, quod praeter alia ornamenta senas accepit e candido lapide statuas fastigio imminet, auroque eleganter induit divissimo Salvatoris Nomen radiis radique diffus insigne geminae proterea ad frontis latera turres novo e cupreis laminis tecto sunt instructa, additis in summo praeceltis cessis pyramidiq., quibq. imminent corona Caesarea in crucem rursus fastigiata, pulcherimmo ex auro, quo purissimo abducitq. splendorem late fondens, faciis in ista ex expensis facile 5800 fl. - Sed novum ex optimis imbricibus templo tectum impositum, dejecto penitq. veteri iam ruina minitante, erogatis rursus 3400 fl.". - Wasdigler (1923), S. 6. Dehio (5) „die 2 Seitentore 1892 aus Fenstern gebildet".
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dient, das so zum Hauptgebälk des Einbaus wird und über den mittleren hohen Pfeilern schließt, die von mächtigen Flammenvasen bekrönt werden 201 ". Diese ganze Rückfront wurde in kühlem Goldgrün gegen das warme Braunrot des Raumes abgetönt. Von ihr aus strömt starkes Licht in den Raum. - Den ursprünglich kräftigen Chorabsatz hat Pozzo verschliffen. Die Bewegung der Seitenachsen wird so auf den Schlußprospekt des Hochaltars gelenkt. Dieser ist in die Architektur völlig eingebunden202. Das etwas zurückliegende Altarblatt wird aus einem Erker gegen die Schönlaterngasse seitlich beleuchtet. Den Stoffbaldachin bestimmten Dekrete der Ritenkongregation203. Fast nichts mehr von den Fresken der Kirche gehört zum originalen Bestand, doch haben die Restauratoren Pozzos Deckengemälde getreulich und sorgfältig kopiert, so daß ein verhältnismäßig zuverlässiges Bild entsteht. Die erste Erneuerung besorgte von 1 8 3 2 - 1 8 3 4 Peter Krafft. Bilder und Vergoldung waren in so schlechtem Zustand, daß sie „bis auf den Grund abgeschabt und ganz neu hergestellt werden mußten"204. Vor dem Beginn der Arbeiten ließ K r a f f t sehr exakte Pausen und Kopien der Fresken herstellen, von denen sich vier erhalten haben205 (Abb. 60-62). Auch die Altarblätter wurden unter seiner Aufsicht restauriert. Eine zweite Restaurierung wurde zwischen 1896 und 1904 vorgenommen206. Schließlich korrigierte man neuerdings die Schäden des 2. Weltkriegs. Das Gemälde des Hochaltars stellt die „Himmelfahrt der Madonna" dar207. Die auf Wolken thronende Trinität in einer Engelglorie erwartet sie im Deckenbild darüber. In einer passigen Kartusdie der Chortonne wurde die „Ruhe auf der Flucht" als quadro riportato freskiert. Das erste Schiffsjoch öffnet sich hypäthral. Engel streuen Blumen, sie blasen Posaunen oder halten ein Spruchband mit dem Vers des 1 1 2 . Psalms „Laudate pueri Dominum". Seitliche Kartuschen: Verkündigung - Idolatrie Salomos. Den ursprünglichen Gurtbogen zwischen dem 2. und 3. Joch nahm Pozzo fort, und malte in das neu gewonnene große Feld 201 Waschgier, S. 11. 202 A R S J Austr. 160, f. 71 v. „binas magna coronant, duo vasa caustica ingentia teret. labore, auro purissim. radiantia". 203 Waschgier (1923), S. 16. 204 Zusammenfassung von Quellen und Befund bei Troll (1956). - Die Frage der Restaurierung taudite 1828 auf. Am 29. Oktober 1829 standen bereits die Gerüste. Nach einigen Komplikationen begannen die Arbeiten erst 1832. Am j.November 1834 meldete Krafft den Abschluß. 205 Troll (19j6), S. 134 „Es sind dies die Scheinkuppel H 97 Br. 73,$; die Lobpreisung H 100 Br. 176,5; der Engelsturz H 72,5, Br. 129,5; und eine auf einem der nicht illusionistischen, konsolenartigen Seitenteile der verbauten Ovalrahmen (scheinbar) aufsitzende, rechts vorne an der Basis des Tambours angebrachte, en grisaille gemalte Scheinplastik: ein Papst mit Taube und drei Putten H 61 Br 70". 2