Aisthetics of the Spirits: Spirits in Early Modern Science, Religion, Literature and Music 9783737004237, 9783847104230, 9783847004233


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German Pages [510] Year 2015

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Aisthetics of the Spirits: Spirits in Early Modern Science, Religion, Literature and Music
 9783737004237, 9783847104230, 9783847004233

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epiFaNIen Frühe Neuzeit interdisziplinär

Band 1

Herausgegeben von Steffen Schneider, Melanie Wald-Fuhrmann und Carlos Watzka

Editorial Board: Matthias Bauer (Eberhard Karls-Universität, Tübingen) Vittoria Borsý (Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf) Klaus Krüger (Freie Universität, Berlin) Thomas Leinkauf (Westfälische Wilhelms-Universität, Münster) Ludolf Pelizäus (Johannes Gutenberg Universität, Mainz) Philipp Theisohn (Universität Zürich) Christina Vanja (Universität Kassel)

Steffen Schneider (ed.)

Aisthetics of the Spirits Spirits in Early Modern Science, Religion, Literature and Music

Mit 28 Abbildungen

V& R unipress

®

MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen

www.fsc.org

FSC® C083411

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8471-0423-0 ISBN 978-3-8470-0423-3 (E-Book) Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Ó 2015, V& R unipress in Göttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Titelbild: Albrecht Dürer (1471 – 1528): Der Traum des Doktors, 1497 – 1498, Kupferstich auf Papier, 18,9 x 12,2 cm, Kunsthalle zu Kiel, Inv. 1947/SHKV 16, Ó Kunsthalle zu Kiel, Foto: Sönke Ehlert Druck und Bindung: CPI buchbuecher.de GmbH, Birkach Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Inhalt

Steffen Schneider Die aisthetische Dimension der Geistwesen in der frühen Neuzeit

. . . .

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Steffen Schneider The Aisthetics of Spirits in the Early Modern Period . . . . . . . . . . . .

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I. Conceptio Patrizia Carmassi Der Heilige Geist in handschriftlichen liturgischen Quellen des Mittelalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Tobias Georges Der Heilige Geist als Liebe bei Petrus Lombardus und Luther : Gottes Liebe zum Menschen und des Menschen Liebe zu Gott in der augustinischen Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

Christoph Steppich Den Atem des Weltalls schöpfen: Marsilio Ficino zur Rezeption des Spiritus Mundi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

Grantley McDonald Melanchthon’s theory of spirit as a bridge between Galen, Ficino and Luther . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Delfina Giovannozzi Spirit in Giordano Bruno’s magical works

. . . . . . . . . . . . . . . . . 129

Jan Söffner Dantes spiritus und die Wahrheit der Dichtung . . . . . . . . . . . . . . . 149

6

Inhalt

Angela Oster Aristotelische ,Geisteraisthetik‘? Konzeptionelle Poetologie und purgierende Praxis des Spiritismus in italienischen Komödien der Renaissance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Sibylle Baumbach Shakespeares Theater der Geister : Spiritus-Konzepte in The Tempest . . . 191 Melanie Wald-Fuhrmann Modell Orpheus: Die Erfindung des virtuosen Instrumentalisten aus den Bedingungen der Spiritus-Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

II. Purgatio Tobias Georges “Muste doch Sanct Bernhard an aller seiner Muencherey verzweiveln” – Martin Luther using Bernard of Clairvaux in the dispute on monastic life’s purity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Stephen Clucas Exorcism, conjuration and the historiography of early modern ritual magic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Peter J. Forshaw “Morbo spirituali medicina spiritualis convenit”: Paracelsus, Madness, and Spirits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Carlos Watzka Interaktionen von Dämonen und Menschen im Wege der Besessenheit. Auffassungen über das Handeln von spiritus maligni gegenüber Menschen und erforderliche Gegenmaßnahmen im südeuropäischen Katholizismus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, dargestellt anhand des Sacerdotale Romanum und der Handbücher für die exorzistische Praxis des Franziskaner-Minoriten Girolamo Menghi . . . 307 Bettina Full Fascinatio: Bildreflexion und Wirkungsästhetik in der Dichtung Pierre de Ronsards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

Inhalt

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Philipp Theisohn Priscianus im Fegefeuer. Fischarts Schreibpraxis zwischen Dämonologie und grammatischer Purgatio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 Bruce R. Smith What Makes Shakespeare So Inspiring? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Brenno Boccadoro Contrapunctus enim intentiones affectionesque animi imitatur et verba: some reflections on the philosophical background of word painting during the Renaissance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Christopher I. Lehrich Spiritus Mundi, Spiritus Musicae? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 Grantley McDonald Music, Spirit and Ecclesiastical Politics in Elizabethan England: John Case and his Apologia Musices . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 Biographies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 Index of proper names . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505

Steffen Schneider

Die aisthetische Dimension der Geistwesen in der frühen Neuzeit

1. ,Aisthetik der Geister‘ – der Titel des vorliegenden Werkes mag für moderne Leser zunächst nicht ohne weiteres verständlich sein, denn ,Geist‘ kommt, wenn das Wort ohne weitere Spezifikationen (wie z. B. ,große Geister‘) gebraucht wird, im Plural eigentlich nur noch in der Bedeutung ,Gespenst‘ vor. Von Gespenstern, also den Erscheinungen toter bzw. abwesender Personen, handelt dieser Band allerdings nicht; vielmehr wird die Rede von anderen Geistern sein: von den Dämonen, die im Auftrag des Teufels die Menschen manipulieren, von den Lebensgeistern im Körper lebendiger Organismen, vom spiritus fantasticus und vom spiritus mundi, nicht zuletzt auch vom Heiligen Geist, der allerdings gegenüber allen anderen Geistern eine Sonderstellung einnimmt. Um zu verstehen, was diese Geister trotz ihrer offensichtlichen Differenzen miteinander gemein haben, seien im Folgenden zunächst einige Grundbedeutungen des Begriffs skizziert. Ausgangspunkt dieser Überlegungen ist nicht das deutsche Wort Geist1, sondern das hebräische ru¯ah und vor allem das griechische pmeOla. Das latei˙ nische spiritus entwickelt sich parallel zu pmeOla und ist die Wurzel für die romanischen Sprachen (italienisch: spirito, französisch: esprit, spanisch: esp†ritu) und für das englische spirit.2 ru¯ah, pmeOla und spiritus haben als gemein˙ same Grundbedeutung ,Wind‘ und ,Atem‘; im Alten Testament bezeichnet ru¯ah ˙ 1 ,Geist‘ kommt von althochdeutsch geist mit der ursprünglichen Bedeutung ,Erregung‘, ,Ergriffenheit‘; vgl. Duden, vol. 3, S. 1263. Inhaltlich deckt sich der Sinn von ,Geist‘ in den hier interessierenden Kontexten mit dem seiner Vorgänger und Äquivalente in den anderen genannten Sprachen. 2 Zu spiritus siehe: L. Delatte, S. Govaerts und J. Denooz: „Note sur spiritus“: „Le sens premier est celui de ,vent, air‘. Ce sens concret sera conserv¦ — travers toute la latinit¦. La meilleure d¦finition en est donn¦e par S¦nÀque dans les Questions Naturelles (5, 13): ,spiritum a vento modus separat: vehementior enim spiritus ventus est: invicem spiritus leviter fluens aer‘. Cette d¦finition met en valeur le sens que d¦couleront la plupart des autres acceptions du mot, tant concrÀtes que figur¦es.“ (Ebd., S. 55).

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häufig den Wind, den Atemstoß, den Lebensatem, die Vitalität,3 die geistigen Fähigkeiten, Gemütsregungen; ru¯ah kann das „Willens- und Aktionszentrum ˙ des Menschen“, schließlich den „Geist Jahwes oder Geist Gottes“ und dessen inspirierende Kraft bezeichnen.4 Diese Wortbedeutung von ru¯ah ist der Aus˙ gangspunkt für die theologische Lehre vom Heiligen Geist, die im Neuen Testament entwickelt wird, um die Erfahrung göttlichen Wirkens in der Welt zu bezeichnen.5 Der Heilige Geist unterscheidet sich von allen anderen Geistern dadurch, dass er nicht geschaffen, sondern selbst Schöpfer ist. Durch sein göttliches Wesen entzieht er sich naturphilosophischer Reflexion und bedarf der theologischen Deutung. Wegen dieser ,Andersartigkeit‘ stellt der Heilige Geist ein Randphänomen der hier versammelten Überlegungen dar : Manche seiner Wirkungen, z. B. seine inspirierende Kraft, werden von den schöpfungsimmanenten Geistern nachgeahmt, so vom spiritus mundi, der kosmische Kräfte vermittelt. In zeitgenössischer Auffassung konkurrieren auch die dämonischen Einflüsterungen mit der Macht des Heiligen Geistes; es handelt sich hierbei um eine bösartige Kontrafaktur der göttlichen Inspiration, die nur mit Unterstützung des Heiligen Geistes bezwungen werden kann. Trotz seiner nicht-materiellen Natur steht der Heilige Geist also in vielfältigen Beziehungen zu den stofflichen Geistwesen, die den thematischen Schwerpunkt des Bandes bilden. Das griechische Wort pmeOla bedeutet ebenfalls „Atem, Wind, bewegte Luft“. Für die Stoiker bildet das aus Luft und Feuer bestehende pmeOla den kosmischen Grundstoff, der die gesamte Welt ordnet und formt und in allem enthalten ist. Stoischer Theorie zufolge lässt sich das pmeOla in drei Grade einteilen, die durch die jeweiligen Anteile von Feuer und Luft definiert sind: Steine und nicht organische Dinge halten durch Festigkeit und Spannung zusammen (6nir), organische durch Zeugung und Wachstum (v¼sir), seelische durch Bewegung und Wahrnehmung (xuw¶). Das pmeOla gibt allem Halt und Konsistenz, es belebt und steuert den Kosmos von innen, ist schließlich teilweise mit der Seele identisch und dient der Vernunft als Medium und Vehikel.6 Der griechische Arzt Galen, dessen Werk von späteren Gelehrten systematisiert wurde, nimmt ebenfalls an, dass pmeOla neben den vier Körpersäften den Grundstoff der körperlichen Operationen bildet. Er lehnt aber die stoische Lehre ab und unterscheidet stattdessen zwischen der Seele, von der er wie Platon glaubt, dass sie dreigeteilt sei, und dem pmeOla. Dieses muss laut Galen ständig 3 So kündigt Ezechiel (Ez 37) den toten Gebeinen an, dass ihnen wieder Lebensatem eingeflößt werde, sie also zu neuem Leben erwachen sollen. Vgl. zu ru¯ah R. Albertz und C. Westermann: ˙ Art. „;9L ru¯ah Geist“, Sp. 737. ˙ 4 Ebd., Sp. 741 und 742. 5 Vgl. J. Kremer : Art. „Heiliger Geist. I. Biblisch-theologisch“, Sp. 1306. 6 Vgl. G. Lloyd: „Pneuma“, S138 und S142. Es gibt daher für die Stoiker keinen Geist-KörperDualismus. S. auch D. Sedley : „Hellenistic Physics and Metaphysics“, S. 388 – 390.

Die aisthetische Dimension der Geistwesen in der frühen Neuzeit

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erneuert werden, und zwar durch die Aufnahme von bzw. den Austausch mit der äußeren Luft, mit der es verwandt ist. PmeOla ist verfeinerte Luft, es verbraucht sich, kann durch schlechte Verhältnisse der Körpersäfte und durch eine ungesunde Lebensweise verderben – es bedarf also der Pflege. Galen differenziert weiterhin zwischen dem vitalen pmeOla (in lateinischer Terminologie spiritus vitalis) in den Arterien und dem psychischen pmeOla (spiritus animalis), das im Gehirn aus vitalem pmeOla erzeugt wird und für Wahrnehmungen und weitere Aktivitäten zur Verfügung steht. Das in der Leber erzeugte natürliche pmeOla (spiritus naturalis) wird dagegen von ihm nicht näher betrachtet, es spielt erst in den späteren Systematisierungen seiner Schriften eine eigene Rolle.7 In Galens Medizin, die in der Form ihrer arabischen Systematisierung stark auf die Frühe Neuzeit eingewirkt hat, erhält dann jeder der drei spiritu¯s seine eigene Funktion und seine eigenen Entstehungsort zugewiesen: Ausgehend von der Leber wird die Geistsubstanz über Herz und Hirn verfeinert, und jeder dieser Stufen entspricht ein besonderer Zustand und damit eine spezifische Funktion des pmeOla bzw. spiritus. Der in der Leber produzierte spiritus naturalis bildet venöses Blut, er ist für die Verdauung zuständig. Der im Herzen gebildete spiritus vitalis stärkt das Leben und ist wesentlich an der Entstehung von Affekten beteiligt. Der spiritus animalis entsteht im Gehirn. Er führt die Akte der Kognition, Imagination und Erinnerung aus.8 Die antiken Auffassungen vom Geist sind ausgesprochen vielfältig und nicht systematisierbar. Schon bei einzelnen Autoren wird der Begriff oft uneinheitlich verwendet.9 Doch immerhin soviel ist deutlich: das pmeOla ist eine Substanz. Sie kann entweder monistisch als identisch mit der Seele gedacht werden (so bei den Stoikern) oder aber als verbindender Stoff, der die seelischen Operationen mit dem Körper vermittelt (so bei Galen). Das pmeOla unterscheidet sich von anderen Substanzen durch seine Feinheit und Leichtigkeit, es ist assoziiert mit Lebendigkeit und Bewegung. Da das pmeOla sowohl innerhalb als auch außerhalb des Menschen zu finden ist, nivelliert sich zudem die Grenze zwischen innen und außen: ,Fremder‘ Geist kann von außen in den Körper gelangen, ,eigener‘ Geist an die Umwelt abgegeben werden. Diese Eigenschaften besitzt auch ein weiteres antikes pmeOla, das in der frühen Neuzeit eine gewisse Karriere machen wird, nämlich das vamtastijºm pmeOla, der spiritus fantasticus des Bischofs Synesios. In seiner Schrift De somniis entwickelt Synesios die Vorstellung, dass die Fantasie ein Kleid der Seele bilde – ein Kleid, das aus spiritus besteht, den die von Gott erzeugte nackte Seele bei ihrem Abstieg durch den Kosmos 7 O. Temkin: „On Galen’s Pneumatology“; G. Lloyd: „Pneuma“, S. 143. 8 Vgl. hierzu die Darstellungen von M. Putscher : Pneuma, Spiritus, Geist; G. Klier : Die drei Geister des Menschen. 9 Diese Eigenart und die sich daraus ergebenden hermeneutischen Probleme thematisiert bes. G. Lloyd: „Pneuma“.

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empfängt. Die Fantasie wird als ein Seelengefährt verstanden, das zwischen der Physis und dem göttlichen Geist vermittelt. Synesios denkt dieses Gefährt und Gewand der Fantasie als ein Medium, das in der Lage ist, die im Kosmos umher irrenden Abbilder (eUdyka) zukünftiger und vergangener Dinge zu empfangen und sie dem Denken zur Verfügung zu stellen. Diese Abbilder versteht Synesios als Stoffpartikel, die sich von Körpern gelöst haben, deren Spuren sie bewahren und durch Raum und Zeit transportieren. Die Fähigkeit der Fantasie, aus diesen materiellen Spuren mehr oder weniger zutreffende Vorstellungen zu erzeugen, hängt von der Beschaffenheit des vamtastijºm pmeOla und diese wiederum von der Lebensführung der Person ab.10 Wie schon bei den anderen Formen des pneumatischen Kontakts, so gelangen auch im Falle des vamtastijºm pmeOla Elemente der Umwelt nicht etwa bloß zeichenhaft, sondern physisch-real, als Partikel, in die Psyche einer vorstellenden Person.

2. Trotz ihrer Bekanntheit auch im Mittelalter, erreicht die Rezeption der spiritusLehren eine Blüte im 15. und 16. Jahrhundert. Vermutlich ist das erwachende naturphilosophische und anthropologische Interesse im 15. und 16. Jahrhundert dafür verantwortlich, dass die spiritu¯s in diesem Zeitraum zu einer aktuellen Kategorie des Wissens werden. Für die hauptsächliche Anstrengung frühneuzeitlicher Wissenschaft, die darin besteht, das innerweltliche Wissen zu legitimieren, ohne dabei aber die Bindung an Gott und den geordneten Kosmos ganz aufzugeben, stellen die spiritu¯s als Mittler zwischen materieller und nichtmaterieller Wirklichkeit ein besonders geeignetes Erklärungsinstrument zur Verfügung. Dabei werden sie auch zur Grundlage frühneuzeitlicher Aisthesis und ästhetischer Praktiken, kurzum: frühneuzeitlicher ,Aisthetik‘. Besonders auffällig ist das bei Marsilio Ficino, einem für die frühe Neuzeit zentralen Denker. In seinen drei Büchern De Vita erhalten die spiritu¯s der galenischen Medizin eine große Prominenz. Gegenstand des Werkes ist die Gesundheit der Gelehrten (1. Buch), die Erlangung eines hohen Lebensalters (2. Buch) und schließlich die Nutzung kosmischer Kräfte durch den Gebrauch natürlicher Magie (3. Buch). In allen Fällen ist Ficino der Meinung, dass es auf die Gesundheit und Pflege der spiritu¯s durch richtige Ernährung und Lebensführung ankomme – ein Thema, das besonders für Gelehrte bedeutsam ist, da 10 Zu Synesios siehe die sehr erhellende und informative einleitende „Notice“ von Nicolas Aujoulat in: Syn¦sios de CyrÀne: Opuscules I; zur Bedeutung des spiritus fantasticus für die Traumtheorie der frühen Neuzeit siehe C. Gantet: Der Traum in der Frühen Neuzeit, S. 16; außerdem auch E.R. Dodds: „The Astral Body in Neoplatonism“.

Die aisthetische Dimension der Geistwesen in der frühen Neuzeit

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diese ihre Zeit mit Sitzen und Lesen verbringen und somit dazu neigen, ihre spiritu¯s stumpf und träge werden zu lassen und in Melancholie zu verfallen.11 Für eine gute Auffassungsgabe, Konzentration, Lebensfreude und einen scharfen Verstand bedarf der Mensch einer angemessenen Verfassung seiner spiritu¯s. Im dritten Buch, das den Titel De vita coelitus comparanda trägt, führt Ficino eine neue Kategorie ein, die er teilweise von den Stoikern übernimmt, ohne allerdings deren Materialismus zu teilen – vielmehr fußt Ficino auf der neuplatonischen Kosmologie Plotins.12 Es ist der spiritus mundi, eine mit den körpereigenen spiritu¯s verwandte, den Kosmos erfüllende Geistsubstanz, die als kosmisches Informationsmedium die Gaben der Weltseele und die Einflüsse der Gestirne mit den spiritu¯s der Einzelseele vermittelt.13 Ficino schreibt hierüber : „Zweifelsohne ist der Weltkörper überall lebendig, wie man aus der Bewegung und der Erzeugung ersehen kann, was die indischen Philosophen damit begründen, dass er überall Lebewesen aus sich selbst erzeugt. Er lebt also durch eine Seele, die überall in ihm gegenwärtig und ihm vollkommen gemäß ist. Deshalb wohnt zwischen diesem Weltkörper, den wir sinnlich wahrnehmen und der zum Teil vergänglich ist, und seiner Seele selbst, die ihrem Wesen nach so sehr vom Körper verschieden ist, überall ein Geist, genau so, wie es bei uns zwischen Seele und Körper der Fall ist, wenn anders das Leben dem gröberen Körper immer und überall von einer Seele mitgeteilt wird. Denn ein solcher Geist wird notwendigerweise als Medium benötigt, durch welches die göttliche Seele dem gröberen Körper gegenwärtig sein und ihm ungehindert Leben schenken kann.“14

Die Kontaktaufnahme mit dem spiritus mundi geschieht über die körpereigenen spiritu¯s, und der so aufgenommene ,Weltgeist‘ wirkt auf die Seele ein, befruchtet sie, regt sie an, inspiriert sie. Diese Inspiration hat bei Ficino letztlich den anagogischen Zweck, den Menschen zur inneren Betrachtung des Göttlichen zu bewegen; sie ist ein wirkender Einfluss Gottes auf die Vernunftseele in einem auf Partizipation basierenden lebendigen Kosmos.15 Ficino versteht die Seele, das Bewusstsein nicht als ein gegenüber der Umwelt abgeschlossenes, sich selbst reflektierendes Cogito, wie es später bei Descartes der Fall sein wird, sondern als ein offenes, durchlässiges Medium, das durch Relationalität und Partizipation bestimmt ist. Die Verbindung der Seele mit ihrem kosmischen Habitat hat bei Ficino eine 11 Neben den spiritu¯s sind es die humores, die sich im richtigen Gleichgewicht befinden müssen – und beides hängt zusammen, da die spiritu¯s sich ja aus den Säften bilden. 12 M. Boenke: „Einleitung“, in: Marsilio Ficino: De vita libri tres/Drei Bücher über das Leben, S. 18 f. 13 Vgl. zum spiritus mundi C. Steppich: ,Numine afflatur‘, S. 166 – 196; vgl. auch den Aufsatz Steppichs im vorliegenden Band. 14 M. Ficino: De vita, liber III, caput 1, S. 229. 15 Zur grundlegenden Bedeutung der Partizipation für die Renaissance s. S. Schneider: Marsilio Ficino, Pierre de Ronsard, Giordano Bruno.

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vertikale und eine horizontale Dimension. In vertikaler Bewegung, auf- und absteigend, wendet sich die Seele dem Einen zu, absteigend verwaltet sie die Welt, um sie gemäß den Gesetzen der göttlichen Schöpfung einzurichten. Horizontal bewegt sie sich, wenn sie sich durch den Umgang mit anderen Menschen oder aber mit Artefakten stärkt oder reinigt. In beiden Dimensionen spielen für Ficino aisthetische Erwägungen eine bedeutende Rolle: So hat einerseits der Zustand der spiritu¯s unmittelbare Auswirkungen auf die Wahrnehmung, darüber hinaus auch für die Emotion und Kognition. Die Möglichkeit aufzusteigen, das Richtige zu erkennen oder zu tun, hängt von der Qualität der seelischen Operationen und der spiritu¯s ab. Zur Reinigung, Stärkung und Konversion trägt aber auch der horizontale Umgang bei: durch Tanz, Gesang, Verse und Rede können die spiritu¯s beeinflusst werden. Ficinos intensives Nachdenken über Dichtung und Musik basiert auf der Voraussetzung, dass diese Ausdrucksformen die spiritu¯s beeinflussen können und dadurch sowohl den Produzenten solcher Artefakte wie ihre Rezipienten zu einem Aufstiegsprozess inspirieren. Ficinos Vorstellungen über die geistige Kraft der Musik und Dichtung sind in die Theoriebildung der Frühen Neuzeit eingeflossen. Die Übertragung von Klängen durch die Luft führt zu einem Kontakt der bewegten Luft mit dem luftähnlichen spiritus animalis. Daher vermögen Rhythmen, Melodien, Tonhöhen etc. aufgrund des Austausches von Luft mit den spiritu¯s im Inneren des Körpers unmittelbar auf die Vorstellungswelt der Hörenden einzuwirken und sie zu beeinflussen. Die anthropologisch-medizinische Lehre der spiritu¯s verbindet sich mit Musik- und Sprachtheorie – und das ist nicht nur bei Ficino der Fall, sondern auch bei vielen anderen Autoren, die sich im 16. Jahrhundert über Musik äußern. Relevant sind die spiritu¯s auch für das Theater, das ebenfalls mit dem akustischen Medium arbeitet, Musik und Sprache einbezieht.16 Die Beeinflussung der Wahrnehmung durch spiritu¯s ist jedoch nicht immer in einem positiven Sinn zu sehen. Ein bekanntes negatives Beispiel für die Überschreitung der Grenzen zwischen der Person und ihrer Umwelt und zwischen dem Körperlichen und dem Seelischen im Medium der spiritu¯s ist die Faszination durch den fremden Blick. Die Lehre von der fascinatio geht zunächst mit der gesamten älteren optischen Theorie davon aus, dass das Auge einen feinen Sehstrahl aussendet, mit dessen Hilfe es die Außenwelt abtastet und registriert. Nun enthält dieser Sehstrahl Blutpartikel und somit auch Geistpartikel, Elemente des spiritus vitalis, der blickenden Person. Vermittelt über den Sehstrahl 16 Klassische Studien zur Bedeutung der spiritu¯s und besonders Ficinos für die Musiktheorie der frühen Neuzeit stammen u. a. von P. Gouk: Music, Science, and Natural Magic; dies.: „Music, Melancholy, and Medical Spirits in Early Modern Thought“; G. Tomlinson: Music in Renaissance Magic, Chicago, Ill., et al. 1993; D.P. Walker : „Ficino’s spiritus and Music“; ders.: Music, Spirit and Language in the Renaissance. Im vorliegenden Band wird der Musiktheorie, aber auch dem Theater breiter Raum gewidmet.

Die aisthetische Dimension der Geistwesen in der frühen Neuzeit

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können die spiritu¯s des Blickenden in die Augen und somit in die Blutbahn des Angeblickten gelangen und dort gravierende Wirkungen entfalten: sie können dessen Imagination verwirren, deren Trugbilder in der Folge davon die Seele besetzen und den Geist (im Sinne von mens) besessen machen. Auf diese Weise ist der Andere, vermittelt durch seine Geister, im Selbst physiologisch ,repräsentiert‘ und beeinflusst dessen Fühlen, Vorstellen und Denken.17 Eine eigenständige Existenzform besitzen die dämonischen Geister, die mit den bisher erörterten spiritus in vielfältigen Beziehungen stehen. Zunächst einmal sind Dämonen von Gott geschaffene Mittlerwesen, die aus einer mit dem pmeOla vergleichbaren, wenn nicht identischen, feinstofflichen Substanz bestehen. Im biblischen Sinn sind die Dämonen gefallene Engel, die unter Führung des Teufels in der Welt Unheil anrichten. Die Dämonen sind ein wichtiges Element in der frühneuzeitlichen Geister-Aisthetik, sie belegen die These vom ,offenen‘ Bewusstsein: wie die anderen spiritu¯s, die das Habitat der Seele bilden, vermögen sie es, unmittelbar in die Seele einzugreifen, ihr Bilder, Sprache, Gefühle und Gedanken einzugeben. Ohne den Umweg zeichenhafter Repräsentation manipulieren sie die Fantasie und die Wahrnehmung und erzeugen so eine virtuelle Realität, die der von Dämonen Getäuschte nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden kann.

3. In den Beiträgen des vorliegenden Bandes geht es um die Interaktion der Geister mit der Seele unter besonderer Berücksichtigung der ,aisthetischen‘ Dimension. Das Wort ,Aisthetik‘ ist ein bewusst gewähltes Kunstwort. Es soll der Tatsache Rechnung tragen, dass es in der Frühen Neuzeit keine Ästhetik im modernen Sinn gab, weil es noch keine im modernen Sinn autonome Kunst, kein ausdifferenziertes Kunstsystem gab. Das Fehlen einer Ästhetik ist aber nicht die Folge eines Theoriedefizits; sie geht vielmehr aus fundamentalen Annahmen über den Menschen hervor : Im psychophysiologischen ,Paradigma der Geister‘ erscheint das reflektierende Selbstbewusstsein, das im Zuge der Aufklärung immer mehr ins Zentrum ästhetischer Theoriebildung rückt, nur am Rande. Die höheren Seelenvermögen – imaginatio und memoria, ratio und intellectus – stehen 17 Bei Ficino ist der Vorgang ausführlich dargestellt in De Amore, oratio VII, caput 4. Ficino referiert aber bereits mittelalterliche Vorstellungen, die auch in der volkssprachlichen Liebesdichtung vorgetragen werden. Vgl. hierzu den Beitrag von B. Full im vorliegenden Band sowie dies.: „Die Poetologie der Liebe“. Darüber hinaus sind zu konsultieren S. Ebbersmeyer: „Zur Rezeption des platonischen Symposions“; dies.: „Zur Theorie, Magie und Metaphorik des Sehens in ,De amore‘ von Marsilio Ficino“; W. de Boer : „Castiglione and Neo Platonic Discourses of Vision“; S. Kodera: „The Concept of Matter in Ficino“.

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vielmehr physischen und metaphysischen Einflüssen offen, sie partizipieren am ,Geisterreich‘, zu dem Gestirnseelen, Dämonen, Engel und der das Weltall durchströmende Weltgeist und nicht zuletzt der Heilige Geist gehören. Nicht Selbstreferenz, sondern Relationalität steht im Mittelpunkt des Wissens vom Menschen. Diese ,Offenheit‘ der Seele, hat für die Konzeption von Wahrnehmung und künstlerischer Praxis eine entscheidende Bedeutung. Wahrnehmen im Kontext der Spirituslehre meint keineswegs eine bloße Rezeption einströmender Daten, sondern vielmehr deren Adaption an das jeweilige Seelenvermögen. So vermittelt der spiritus animalis der Imagination Sinneseindrücke, die von dieser in Bilder verwandelt werden, um erneut dem spiritus anvertraut und der ratio bzw. der memoria überbracht zu werden.18 Es finden komplizierte Verarbeitungsprozesse zwischen den Seelenabteilungen und ihren Umwelten statt. Auch in umgekehrter Richtung gilt: Astrale oder dämonische Einflüsse wirken vermittels der spiritu¯s, auf die Physis und die Psyche ein. Die einzelne Person ist diesen Einflüssen gleichfalls in der Regel nicht einfach unterworfen (außer im extremen Fall dämonischer Besessenheit), sondern kann durch das Training der spiritu¯s selbst aktiv in den Prozess eingreifen, ihn in seinem Sinn lenken und steuern. Künstlerische Praktiken sind Teil dieser Interaktion der Geister, sie können verführen, betrügen und täuschen, aber auch optimieren und begeistern. Die spiritu¯s begründen überdies eine spezifische Form von ,Semiotik‘: Kommunikation funktioniert in den beschriebenen Fällen nicht als Kodierung, Übermittlung und Dekodierung von Zeichen, sondern als Übermittlung von ,Partikeln‘, als Druck, Hitze, ja als unmittelbar steuernder Eingriff in das Innere von Seele und Gehirn. Dadurch sind die Organe und Botenstoffe im Inneren der Person unmittelbar verknüpft mit anderen Personen. Die Aisthetik der spiritu¯s hat aus diesen Gründen mehr mit jüngsten Ansätzen einer ,empirischen Ästhetik‘ zu tun als mit der traditionellen Ästhetik der vergangenen zweieinhalb Jahrhunderte.

4. Es war das Ziel des von der DFG geförderten Netzwerks Aisthetik der Geister – die Rezeption der Spirituslehren in den Künsten und der Populärkultur in der frühen Neuzeit, die aisthetische Dimension der Geister theoretisch zu durchdringen und anhand der Quellen zu erforschen. Die hier versammelten Beiträge dokumentieren die im Netzwerk geleistete Forschung und bewahren in ihrer 18 Eine Beschreibung dieses Prozesses findet sich z. B. bei M. Ficino: In Convivium Platonis, oratio VI, caput 6.

Die aisthetische Dimension der Geistwesen in der frühen Neuzeit

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Anordnung die Abfolge der Themen der vom Netzwerk veranstalteten Symposien. Die erste Hälfte des Bandes, die unter dem Titel ,Conceptio‘ steht, geht der Frage nach, wie sich im Paradigma der Geister Rezeptivität und Spontaneität der Seelenvermögen verhalten. Im Substantiv conceptio verbinden sich zwei Bedeutungen – das passive Empfangen und das aktive Auffassen – miteinander, es erscheint daher als besonders geeignet, um die aktiv-passive Funktionsweise der spiritu¯s zu bezeichnen. Welche Auffassungen von Aufnahme und Transformation der übermittelten Sinneseindrücke, welche Konzeptionen der Übertragung im Medium der spiritu¯s gibt es in der Theologie, Psychologie, Naturphilosophie der frühen Neuzeit? Wie werden diese Vorgänge in Kunstwerken reflektiert bzw. inwiefern tragen Kunstwerke zu diesem Vorgang selbst bei? Der erste Teil des Bandes beginnt mit zwei Beiträgen zur mittelalterlichen Liturgie und Theologie von Patrizia Carmassi und Tobias Georges; gemeinsam mit dem Aufsatz von Jan Söffner über Dante verdeutlichen sie, dass das Mittelalter für die Diskussionen und Themen der Frühen Neuzeit wichtige Anregungen enthält. Die christliche Auseinandersetzung mit den antiken spiritus-Vorstellungen, die hier beginnt, bricht im 15. Jahrhundert nicht einfach ab, sondern prägt die späteren Diskussionen mit. Die Beiträge von Christoph Steppich, Grantley McDonald und Delfina Giovannozzi widmen sich der Naturphilosophie und Psychologie als Grundlagen der ,Aisthetik‘. Hieran schließen Interpretationen zum italienischen Renaissancetheater (Angela Oster), zu Shakespeare (Sibylle Baumbach) und zur Musik (Melanie Wald-Fuhrmann) an, die das poetologische Potential der spiritu¯s aufzeigen. Die Überschrift ,Purgatio‘ des zweiten Teils lässt sich ebenfalls zweifach auslegen: purgatio kann als Reinigung der Geister verstanden werden und bezeichnet in diesem Sinn das Training der spiritu¯s zum Zwecke der Optimierung eigener und fremder Kompetenzen; purgatio kann aber auch die Austreibung der Geister, die Reinigung einer Seele von den Dämonen bezeichnen. Der zweite Teil beginnt mit einem Beitrag von Tobias Georges, der Luthers Einstellung zur mönchischen Selbstreinigung beschreibt. Die Aufsätze von Stephen Clucas und Peter Forshaw wenden sich der magia naturalis und dem Paracelsismus zu. Carlos Watzka analysiert die Schriften des italienischen Exorzisten Girolamo Menghi, in dem die Listen der Dämonen und die Methoden ihrer Austreibung geschildert werden. Mit den Dämonen und ihrer poetischen Bannung befassen sich sodann auch die Texte von Bettina Full und Philipp Theisohn, während Bruce Smith auf die reinigende und inspirierende Kraft der Dramen Shakespeares eingeht. Mit den Aufsätzen von Brenno Boccadoro, Christopher Lehrich und Grantley McDonald wird die enorme Bedeutung der spiritu¯s für Musiktheorie und Praxis deutlich. Der DFG danke ich für die großzügige Unterstützung des Netzwerks und für die Finanzierung des Buches. Natascha Novotny für ihre Hilfe bei der Durch-

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führung der Tagungen und aller organisatorischen Belange. Dr. Annette van Dyck-Hemming und Dr. Mirjam Schneider für das Lektorat und die redaktionelle Unterstützung; den Mitarbeiterinnen des Verlags für die praktischen Ratschläge und ihre Geduld.

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The Aisthetics of Spirits in the Early Modern Period

1. ‘The aisthetics of spirits’. The title of the present volume may not seem immediately intelligible to the modern reader, as ‘spirit’ if used without further specification (as in “spirit of the age”,“team spirit”) in its plural almost exclusively refers to “evil spirits”, i. e. to ghosts. This volume, however, does not deal with the apparitions of dead or absent people, rather it will focus on a different kind of spirits: on demons who are sent by the devil to manipulate humans, on vital spirits in the bodies of living organisms, on the spiritus fantasticus and the spiritus mundi and last not least on the Holy Spirit, which assumes a special position, though, with regard to all other spirits.1 In order to understand what these spirits despite their obvious differences have in common, some basic meanings of the term will be sketched out in the following. The starting point for these reflections is the Hebrew ru¯ah and especially the ˙ Greek pmeOla. The Latin word spiritus evolved in analogy to pmeOla and provides the root for the Romance Languages (Italian: spirito, French: esprit, Spanish: esp†ritu) just as for the English spirit.2 As their common core meaning, ru¯ah, pmeOla and spiritus all signify ‘wind’ and ‘breath’. In the Old Testament, ˙ ru¯ah often refers to wind, to breath, to the breath of life, to vitality3, to mental ˙ faculties and states of mind; ru¯ah may refer to the “center of will and action of ˙ 1 This range of meanings is still traceable in the etymology of expressions such as ‘to be in low spirits’, ‘to keep one’s spirits up’ etc. 2 For spiritus see L. Delatte, S. Govaerts and J. Denooz: “Note sur spiritus”: “Le sens premier est celui de ‘vent, air’. Ce sens concret sera conserv¦ — travers toute la latinit¦. La meilleure d¦finition en est donn¦e par S¦nÀque dans les Questions Naturelles (5, 13): ‘spiritum a vento modus separat: vehementior enim spiritus ventus est: invicem spiritus leviter fluens aer’. Cette d¦finition met en valeur le sens que d¦couleront la plupart des autres acceptions du mot, tant concrÀtes que figur¦es.” (Ibid., S. 55). 3 Thus Ezekiel (Ez 37) announces to the dead bones that they shall be filled with the breath of life, i. e. awaken to new life. Regarding ru¯ah cf. R. Albertz and C. Westermann: s.v. “;9L ru¯ah ˙ ˙ Geist”, col. 737.

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man” and finally to the “Spirit of Jahwe or the Spirit of God” and its inspiring power.4 This meaning of ru¯ah constitutes the nucleus for the theological doc˙ trine of the Holy Spirit, which is adopted in the New Testament to capture the experience of divine agency in the created world.5 The Holy Spirit is set apart from all other spirits by the fact that it is not so much created as a creator. Due to its divine character, it transcends the realm of natural philosophy and requires theological interpretation instead. On account of this difference, the Holy Spirit only resides at the margins of the studies collected here: some of its effects, e. g. its power of inspiration, are assumed by spirits immanent in the creation, as with the spiritus mundi, which transmits cosmic powers. In early modern thought, there are also the insinuations of demons that compete with the power of the Holy Spirit. In this case, we are faced with an evil mimicry of divine inspiration that can only be conquered with the help of the Holy Spirit. In spite of its immaterial nature, the Holy Spirit consequently betrays numerous relations to the material spirits which form the thematic focus of this volume. The Greek word pmeOla also means “breath, wind, air in motion”. According to the Stoics, pmeOla consists of fire and air and provides the basic cosmic element, which orders and forms the entire world and is contained in everything. Following Stoic theory, pmeOla can be divided up into three degrees that are defined by their respective quantities of fire and air : stones and non-organic objects are held together by firmness and tension (6nir), organic entities by procreation and growth (v¼sir), the soul by movement and perception (xuw¶). @meOla grants stability and cohesion to all things, it vivifies and controls the cosmos from within and finally is partly identical with the soul and serves as medium and vehicle for reason.6 The Greek physician Galen, whose work was systematized by later scholars, likewise assumes that pmeOla together with the four humours provides the element of bodily operations. He rejects the doctrine of the Stoics and instead distinguishes between the soul, which he believes, just as Plato, to be tripartite, and pmeOla. According to Galen, this pmeOla requires constant renewal, namely through the absorption of and exchange with the surrounding air, to which it is related. @meOla is refined air, it consumes itself and may be corrupted due to illproportioned humours and an unhealthy lifestyle, thus it demands care. Galen further distinguishes between the vital pmeOla (spiritus vitalis, in Latin terminology) in the arteries and the mental pmeOla (spiritus animalis), which is produced in the brain from vital pmeOla and enables perceptions and further 4 Ibid., cols. 741 and 742. 5 Cf. J. Kremer : s.v. “Heiliger Geist. I. Biblisch-theologisch”, col. 1306. 6 Vgl. G. Lloyd: “Pneuma”, S138 and S142. Consequently, there exists no body-mind dualism for the Stoics. S. D. Sedley : “Hellenistic Physics and Metaphysics”, pp. 388 – 390.

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activities. The natural pmeOla (spiritus naturalis) produced by the liver does not concern him, however. It only acquires significance in the later systematizations of his writings.7 In the Arabic systematization of Galen’s medical theories, which proved highly influential to the early modern period, each of the three spiritu¯s is equipped with a function of its own and its own particular place of origin: starting in the liver, the substance of spiritus is refined by the heart and the brain and each degree corresponds to a particular state and consequently to a specific function of the pmeOla or spiritus. The spiritus naturalis, originating in the liver, produces venous blood, which is required for digestion. The spiritus vitalis, produced in the heart, strengthens vitality and is decisive for the emergence of affects. The spiritus animalis is produced in the brain. It carries out acts of cognition, imagination and memory.8 The conceptions of spirits that can be found in antiquity are rather complex and do not permit rigorous systematization. Even with single authors, the term is often used inconsistently.9 That much is clear, however : pmeOla is a substance. This substance may either, in a monistic fashion, be conceived as identical with the soul (as for the Stoics) or as connecting substance, which mediates between mental and bodily operations (as for Galen). @meOla differs from other substances due to its subtlety and lightness and it is associated with vitality and motion. Since pmeOla can be found within and outside of man, it blurs the demarcation between inside and outside: ‘foreign’ spirits may enter the body from the outside, one’s ‘own’ spirit may be given away to the environment. These features are equally characteristic of another pmeOla from antiquity, which was to make a career in the early modern period, namely the vamtastijºm pmeOla, the spiritus fantasticus of the bishop Synesios. In his treatise De somniis, Synesios expounds the idea that imagination forms a garment of the soul – a garment formed by the spiritus the naked soul created by God receives on its descent through the cosmos. Imagination is thus interpreted as a vehicle of the soul, which mediates between the physis and the divine Spirit. Synesios thinks of this vehicle and garment of the imagination as a medium capable of receiving the images (eUdyka) of things to come and things past that wander about in the cosmos and providing them as material to thought. Synesios understands these images as material particles that were removed from bodies whose traces they keep and transport through time and space. The ability of the imagination to create more or less accurate ideas from these material traces depends on the 7 O. Temkin: “On Galen’s Pneumatology”; G. Lloyd: “Pneuma”, p. 143. 8 Cf. the account given in M. Putscher : Pneuma, Spiritus, Geist; G. Klier : Die drei Geister des Menschen. 9 This particularity and the resulting hermeneutic problems are treated especially in G. Lloyd: “Pneuma”.

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good or bad quality of the vamtastijºm pmeOla, which in turn is defined by the respective person’s lifestyle.10 As with other forms of pneumatic contact, in the case of the vamtastijºm pmeOla, elements of the environment enter the psyche of a person imagining not merely as signs (i. e. through semiotic interpretation) but as real physical entities.

2. Although they have never ceased to be known throughout the Middle Ages, the reception of the spiritus doctrines reaches its peak only in the 15th and 16th century. It may be the stirring interest in natural philosophy and anthropology in the 15th and 16th century, which is responsible for the transformation of spiritu¯s into a current category of knowledge in this period. For the principal effort of early modern science, i. e. the legitimation of inner-worldly knowledge without discarding all ties to God and the regulated cosmos entirely, the spiritu¯s come in handy as mediators between material and immaterial reality and as a particularly potent mode of explanation. As such, they also lay the foundation for early modern aisthesis and aisthetic practices, in short: for early modern “aisthetics”. This becomes particularly prominent with Marsilio Ficino, one of the defining thinkers of the early modern period. In the three books of his De Vita, the spiritu¯s from Galen’s teachings play a major role. Topics of Ficino’s work are the health of the scholar (book one), the attainment of old age (book two) and finally the use of cosmic powers through natural magic (book three). In each case, Ficino advocates the health and care of the spiritu¯s through a fit diet and an appropriate lifestyle – a subject which is important especially for scholars, as they consume most of their time sitting and reading and thus tend to let their spiritu¯s become dull and lethargic, which makes them easy prey for melancholy.11 For a quick perception, concentration, happiness and a sharp intellect, one’s spiritu¯s need to be kept in good shape. In the third book, entitled De vita coelitus comparanda, Ficino introduces a new category of spirits, which he borrows in part from the Stoics without, however, subscribing to their materialism and rather relying on the neo-platonic cosmology of Plotinus.12 It is the 10 On Synesios, see the very illuminating and informative introductory “Notice” by Nicolas Aujoulat in: Syn¦sios de CyrÀne: Opuscules I; on the significance of the spiritus fantasticus for early modern theories of dreams see C. Gantet: Der Traum in der Frühen Neuzeit, p. 16; furthermore E.R. Dodds: “The Astral Body in Neoplatonism”. 11 Besides the spiritu¯s, it is the humores that have to be in proper balance and both are interconnected, since the spiritu¯s derive from the humours. 12 M. Boenke: “Einleitung”, in: Marsilio Ficino: De vita libri tres/Drei Bücher über das Leben, pp. 18 f.

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spiritus mundi, a spirit substance related to the human body’s own spirits that pervades the cosmos and serves as cosmic medium, mediating the gifts of the world soul and the influences of stars with the spiritu¯s of the individual soul.13 Ficino writes: “Assuredly, the world’s body is living in every part, as is evident from motion and generation. The philosophers of India deduce its life from the fact that it everywhere generates living things out of itself. It lives, therefore, through a soul which everywhere attends it and which is entirely accommodated to it. Therefore, between the tangible and partly transient body of the world and its very soul, whose nature is very far from its body, there exists everywhere a spirit, just as there is between the soul and body in us, assuming that life everywhere is always communicated by a soul to a grosser body. For such a spirit is necessarily required as a medium by which the divine soul may both be present to the grosser body and bestow life throughout it.”14

Contact with the spiritus mundi is made via the body’s own spiritu¯s and the ‘world spirit’ thus received works upon the soul, which is fertilized, stimulated and inspired by it. This inspiration in Ficino’s thought ultimately fulfils the anagogic function of encouraging man to the inner contemplation of the divine. It represents an active influence of God on the rational soul within a living cosmos grounded in the concept of participation.15 Ficino conceives of the soul, the mind, not as a self-reflecting cogito secluded from its surroundings, as it will later be the case with Descartes, much more he conceives of it as an open, permeable medium defined by relationality and participation. The linkage between the soul and its cosmic habitat comprises a vertical and a horizontal dimension for Ficino. Ascending on a vertical axis, the soul turns towards the One, descending it governs the world to arrange it in accordance with the laws of the divine creation. The soul moves horizontally whenever it is strengthened or cleansed through the company of other people or even artefacts. In both dimensions, Ficino’s aisthetic reflections play a central role: thus, the state of the spiritu¯s has immediate effects on perception, emotions and cognition. The possibility to ascend, to know or do the right thing depends on the quality of the soul’s operations and those of the spiritu¯s. Nonetheless, it is also the company on the horizontal axis that contributes to purification, strengthening and conversion: dancing, singing, poetry and conversation can all influence the spiritu¯s. Ficino’s pervasive concern with poetry and music is based on the premise that these forms of expression may work on the spiritu¯s and thus 13 On the spiritus mundi cf. C. Steppich: ‘Numine afflatur’, pp. 166 – 196, and the study by Steppich in this volume. 14 M. Ficino: Three Books on Life, ed. C.V. Kaske and J.R. Clark, pp. 255sq. (liber III, caput 1). 15 On the fundamental significance of participation for the Renaissance, s. S. Schneider: Marsilio Ficino, Pierre de Ronsard, Giordano Bruno.

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inspire the ascent not only of the producer of such artefacts but also of his audience. Ficino’s ideas about the spiritual power of music and poetry have profoundly influenced the theorizing of the early modern period. The transmission of sounds through air results in the contact between the air that is set in motion and the air-like spiritus animalis. It is because of this exchange between air and the spiritu¯s inside the body that rhythms, melodies, pitches etc. can have an immediate impact on the ideas of the listener. The anthropological and medical doctrine of spiritu¯s combines music theory with a theory of language and this not only holds for Ficino but for many other authors, who discuss music in the 16th century. Even for early modern theatre, spiritu¯s are relevant since it also relies on sound, comprising both music and language.16 Yet, the manipulation of perception by spiritu¯s is not always to be viewed in a positive light. A well-known negative example for the transgression of boundaries between people and their environment and between body and mind in the medium of spiritu¯s is the fascination by somebody else’s gaze. The theory of fascinatio is built on the idea, in accordance with all preceding optical theory, that the eye emits a fine ray of vision with which it scans and registers the exterior world. Now, this ray of vision contains particles of blood and consequently particles of spirit, elements of the spiritus vitalis of the observing person. Through this ray of vision the spiritu¯s of the observer can enter the eyes and ultimately the blood stream of the person observed and cause all sorts of detrimental effects there: they can confound his imagination, whose hallucinations can then seize the soul and cause the mind to be possessed. In this way, the other is ‘represented’ physiologically within the self, due to the mediation of the spirits and may influence his emotions, his imagination and his thinking.17 An existence of their own accrues to demonic spirits, which stand in multiple relations to the spiritus discussed thus far. To begin with, demons are mediators created by god, which consist of a fine substance similar to if not identical with 16 Classic studies on the importance of spiritu¯s and especially of Ficino for early modern music theory are, among others: P. Gouk: Music, Science, and Natural Magic; id.: “Music, Melancholy, and Medical Spirits in Early Modern Thought”; G. Tomlinson: Music in Renaissance Magic, Chicago, Ill., et al. 1993; D.P. Walker : “Ficino’s spiritus and Music”; id.: Music, Spirit and Language in the Renaissance. In the present volume, music theory but also theatre will be discussed at length. 17 In Ficino, this process is described in detail in his De Amore, oratio VII, caput 4. Yet, Ficino discusses ideas that existed already in the Middle Ages and were expressed in vernacular love poetry. On this topic, see B. Full’s study in the present book as well as her article “Die Poetologie der Liebe”. Important are furthermore S. Ebbersmeyer : “Zur Rezeption des platonischen Symposions”; id.: “Zur Theorie, Magie und Metaphorik des Sehens in ‘De amore’ von Marsilio Ficino”; W. de Boer : “Castiglione and Neo Platonic Discourses of Vision”; S. Kodera: “The Concept of Matter in Ficino”.

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pmeOla. In the biblical sense, demons are fallen angels, which led by the devil wreak havoc in the world. Demons are an important factor in the early modern aisthetics of spirits, as they corroborate the thesis of an ‘open’ consciousness: just like the other spiritu¯s, which form the habitat of the soul, they are able to interfere directly with one’s soul, to fill it with images, language, feelings and thoughts. Exempt from the detour of semiotic representation, they manipulate imagination and perception and thus create a virtual reality that can no longer be told apart from the ‘real’ reality by whoever is deceived by them.

3. The articles collected here all deal with the interaction of spirits and the soul under particular consideration of their ‘aisthetic’ aspect. With “aisthetics” we deliberately opted for an artificial term. It is meant to account for the fact that in the early modern period there was no aesthetics in the modern sense because there existed neither the idea of artistic autonomy nor a differentiated system of art. Still, the absence of aesthetics is not the result of a theoretical blind spot. Rather, it is due to some fundamental assumptions about the nature of man: in the psycho-physiological ‘paradigm of spirits’, the reflecting consciousness which will occupy the center of aesthetic theories in the enlightenment plays a minor role at best. Instead, the higher faculties of the soul – imaginatio and memoria, ratio and intellectus – are open to all sorts of physical and metaphysical influences. They participate in the realm of spirits to which the souls of stars, demons, angels, the world spirit that flows through the universe and not least of all the Holy Spirit all belong. Instead of self-reference, relationality forms the center of all knowledge about man. This ‘openness’ of the soul is of utmost importance for any concept of perception and artistic practice. In the context of the spiritus doctrine, perception does not refer to the mere reception of incoming data but rather their adaptation to the respective faculty of the soul. Thus, the spiritus animalis conveys sensory impressions to the imagination, which are transformed into images by it, which in turn are entrusted to the spiritus to be passed on to ratio or rather memoria.18 Between the different parts of the soul and their environments, complex processing takes place. The same holds for the opposite direction: astral or demonic influences work on the physis and the psyche through the spiritu¯s. Likewise, the individual is not simply subject to these influences (except for the extreme case of demonic possession), instead he or she can actively intervene in the process, direct and control it in 18 A depiction of this process can be found e. g. in Ficino: In Convivium Platonis, oratio VI, caput 6.

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accordance with her will through the training of his or her spiritu¯s. Artistic practices form a part of this interaction with spirits. They can seduce and deceive but equally improve and fill with enthusiasm. Moreover, the spiritu¯s constitute a distinct kind of ‘semiotics’: in the cases hitherto discussed, communication does not work as encoding, transmission and decoding of signs but rather as a transmission of ‘particles’, as pressure, heat and even as direct and controlling interference in the soul and brain. Thus, the organs and quasi-chemical messengers within a person are directly connected to other people. For these reasons, the aisthetics of the spiritu¯s has more in common with the recent empirical paradigm in aesthetics than with the traditional aesthetics of the past two and a half centuries.

4. It was the purpose of the network Aisthetics of Spirits – The Reception of Spiritus Doctrines in Early Modern Arts and Popular Culture, funded by the DFG, to establish a theoretical framework for the aesthetic dimension of spirits under close consideration of their historical sources. The studies collected here document the research carried out by the network and in their order and succession reflect the thematic order of the symposia organized by it. The first section of the book, titled ‘Conceptio’, is guided by the question how the receptivity and spontaneity of the soul’s faculties relate to one another in the paradigm of spirits: What concepts of reception and transformation of sensory impressions, what concepts of transmission in the medium of the spiritu¯s can be found in early modern theology, psychology and natural philosophy? How are these processes reflected in works of art, or rather how do works of art actively engage in these processes? The first part of this volume starts out with two studies on medieval liturgy and theology by Patrizia Carmassi and Tobias Georges: together with Jan Söffner’s study on Dante, they show that the Middle Ages provide essential inspiration for the debates and themes of the early modern period. Christian discussions of the ideas about spiritu¯s dating from antiquity do not simply cease in the 15th century, much rather they continue to shape later debates on the matter. The contributions by Christoph Steppich, Grantley McDonald and Delfina Giovannozzi focus on natural philosophy and psychology, as they constitute the foundations of any ‘aisthetics’. These are followed by interpretations of the Renaissance theatre in Italy (Angela Oster), of Shakespeare (Sibylle Baumbach) and of music (Melanie Wald-Fuhrmann) that all demonstrate the poetological potency of spiritu¯s. The heading of the second section – ‘Purgatio’ – allows also for a double reading: purgatio may be understood as the cleansing of spirits and in this sense refers to the training of the

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spiritu¯s, undertaken to improve one’s own faculties and those of others. Purgatio, however, may likewise refer to the exorcism of spirits, the deliverance of the soul form demons. The second section is initiated by a study by Tobias Georges, which details Luther’s stance on monastic self-cleansing. The studies by Stephen Clucas and Peter Forshaw concentrate on magia naturalis and paracelcism. Carlos Watzka analyzes the writings of the Italian exorcist Girolamo Menghi, in which the cunning of demons and the methods of their expulsion are described. Demons and their poetic exorcism are furthermore the subject of the studies by Bettina Full and Philipp Theisohn, while Bruce Smith deals with the purifying and inspiring power of Shakespeare’s plays. Finally, the studies by Brenno Boccadoro, Christopher Lehrich and Grantley McDonald bring to the fore the enormous significance of the spiritu¯s for music, both in theory and practice. My gratitude accrues to the DFG for its generous support of our network and the funding of this book, to Natascha Novotny for her assistance with the organization of the conferences and all other organizational matters, to Dr. Annette van Dyck-Hemming and Dr. Mirjam Schneider for their help in editing and proof-reading, to the publisher’s staff for their practical advice and patience.

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tonischen Symposions in der Philosophie der Renaissance”, in: Stefan Matuschek (ed.): Wo das philosophische Gespräch ganz in Dichtung übergeht, Heidelberg 2002, pp. 17 – 32. Ficino, Marsilio: De vita libri tres/Drei Bücher über das Leben, ed. and transl. M. Boenke, München 2012. Ficino, Marsilio: Three Books on Life, ed. and transl. Carol V. Kaske and John R. Clark, Tempe, Ariz., 2002. Full, Bettina: “Erkenntniskritik und Dichtungstheorie. Die Poetologie der Liebe in der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Lyrik”, in: Kirsten Dickhaut (ed.): Liebessemantik. Frühneuzeitliche Repräsentationen der Liebe in Italien und Frankreich, Wiesbaden 2014, pp. 517 – 582. Gantet, Claire: Der Traum in der Frühen Neuzeit. Ansätze zu einer kulturellen Wissenschaftsgeschichte, Berlin 2010. Gouk, Penelope: “Music, Melancholy, and Medical Spirits in Early Modern Thought”, in: Peregrine Horden (ed.): Music as medicine. The history of music therapy since Antiquity, Aldershot 2000, pp. 173 – 194. Gouk, Penelope: Music, Science, and Natural Magic in Seventeenth Century England, New Haven, Conn., 1999. Klier, Gerhard: Die drei Geister des Menschen, Stuttgart 2002. Kodera, Sergius: “Narcissus, Divine Gazes and Bloody Mirrors: The Concept of Matter in Ficino”, in: Michael J.B. Allen and Valery Reese (eds.): Marsilio Ficino: His Theology, His Philosophy, His Legacy, Leiden 2002, pp. 285 – 306. Kremer, Jacob: Art. “Heiliger Geist. I. Biblisch-theologisch”, in: Walter Kasper (ed.): Lexikon für Theologie und Kirche, Freiburg et al. 3. Auflage 1995, cols. 1304 – 1308. Lloyd, Geoffrey : “‘Pneuma’ between body and soul” in: Journal of the Royal Anthropological Institute 13/S1 (2007), pp. S135 – S146. Putscher, Marielene: Pneuma, Spiritus, Geist. Vorstellungen vom Lebensantrieb in ihren geschichtlichen Wandlungen, Stuttgart 1973. Schneider, Steffen: Kosmos – Seele – Text. Formen der Partizipation und ihre literarische Vermittlung: Marsilio Ficino, Pierre de Ronsard, Giordano Bruno, Heidelberg 2012. Sedley, David: “Hellenistic Physics and Metaphysics”, in: Keimpe Algra et al. (eds.): The Cambridge History of Hellenistic Philosophy, Cambridge 1999 et al., pp. 353 – 411. Steppich, Christoph: ‘Numine afflatur’. Die Inspiration des Dichters im Denken der Renaissance, Wiesbaden 2002. Temkin, Owsei: “On Galen’s Pneumatology”, in: Gesnerus 8 (1951), pp. 180 – 189. Tomlinson, Gary : Music in Renaissance Magic, Chicago, Ill., et al. 1993. Walker, Daniel P.: “Ficino’s spiritus and Music”, in: Annales musicologiques 1 (1953) pp. 131 – 150. Walker, Daniel P.: Music, Spirit and Language in the Renaissance, London 1985.

I. Conceptio

Patrizia Carmassi

Der Heilige Geist in handschriftlichen liturgischen Quellen des Mittelalters

Die Frage nach einer angemessenen Beschreibung und korrekten Definition des Heiligen Geistes als Dritter Person der Dreifaltigkeit hat die frühe Christenheit besonders beschäftigt, nachdem die ersten fundamentalen christologischen Auseinandersetzungen geklärt worden waren.1 In den folgenden Ausführungen geht es darum, die Auffassungen vom Heiligen Geist und seinem Wirken in den liturgischen Handschriften des Mittelalters, insbesondere des 9. Jahrhunderts, zu untersuchen. Im Zentrum steht dabei das Verhältnis des immateriellen Geistes zur materiellen Wirklichkeit, das unter vier Aspekten betrachtet wird: Wie wird das Wirken des Heiligen Geistes in den liturgischen Riten konzipiert und vorgestellt (I)? Wie werden die liturgischen Texte in den theologischen Debatten um den Heiligen Geist eingesetzt (II)? Inwiefern spiegeln die liturgischen Texte das unterschiedliche Verständnis des Heilsmysteriums wider (III)? Und schließlich: Wie stellen die Illustrationen der Handschriften das Wirken und die Präsenz des Heiligen Geistes dar (IV)? Die hier untersuchten Texte geben also in einem doppelten Sinn Aufschluss über die mittelalterliche conceptio spiritus, indem sie einerseits das Einwirken des Geistes in die irdische Wirklichkeit thematisieren, andererseits aber die unterschiedlichen Auffassungen vom Heiligen Geist, die Vielfalt der Ausdrucksformen und Riten demonstrieren.

1 Vgl. A. Hamman: „L’Esprit Saint dans la vie de l’Eglise“. Zur trinitarischen Theologie in den ersten Jahrhunderten: C. Markschies: Alta Trinit—. Eine Erweiterung meines Textes und die Einbeziehung von mittelalterlichen Handschriften aus der ehemaligen Bibliothek des Klosters Rheinau hat sich durch Recherchen im Hinblick auf einen Vortrag am 13. 10. 2011 in der Zentralbibliothek zu Zürich ergeben. Ich danke Marlis Stähli für die freundliche Auskunft und Unterstützung bei der Einsicht in die dortigen Quellen. Cesare Alzati (Milano) und Sven Limbeck (Wolfenbüttel) sei für die Lektüre des Manuskriptes herzlich gedankt.

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I.

Patrizia Carmassi

Heiliger Geist und liturgisches Geschehen: Die Formulierung der unsichtbaren sakramentalen Wirkung Gottes

In der Karolingerzeit diskutierten die Theologen viele grundsätzliche theologische Fragen zum Teil sehr kontrovers. Es ging z. B. um die Übertragung der christlichen Glaubensinhalte an die Katechumenen durch den richtigen Text des Glaubenbekenntnisses, aber auch um die korrekte Interpretation der frühchristlichen Schriften angesichts der damaligen intellektuellen und historischen Herausforderungen.2 Unter den Theologen des 9. Jahrhunderts präsentierte Theodulf von Orl¦ans († 821) in seinem Libellus de spiritu sancto eine Liste der von ihm herangezogenen Quellen: „Indiculus auctorum qui citantur“.3 Darunter wird u. a. Dydimus Alexandrinus’ De spiritu sancto (4. Jahrhundert) in der Übersetzung von Hieronymus genannt.4 Ein im 9. Jahrhundert sehr sorgfältig geschriebener Codex mit dem Text Dydimus bestätigt die Verbreitung des Werkes im Frühmittelalter.5 Aus der Abhandlung lassen sich einige aufschlussreiche Formulierungen zitieren, die auf die grundsätzlichen Verknüpfungen zwischen theologischer Reflexion und liturgischer Praxis hindeuten. Ausgangspunkt der Ausführungen sind, wie nicht anders zu erwarten, häufig Zitate aus der Heiligen Schrift. So kommentiert Dydimus die Paulusstelle „Nolite contristare spiritum sanctum in quo signati estis“ (Eph 4, 30) wie folgt: „[Paulus] signatos esse contestans eos qui susceperant communionem Spiritus Sancti. Quomodo enim disciplinae et virtutis assumptor signaculum et figuram, ut ita dicam, in sensum suum recipit eius scientiae quam assumpsit, sic et is qui Spiritus Sancti particeps efficitur, per communionem eius fit spiritualis pariter et sanctus.“6

Zwar erwähnt Dydimus die konkrete liturgische Praxis nur selten explizit,7, 8 aber die rituelle Umsetzung des Mysteriums und ihre sakramentale Dimension 2 Vgl. G.L. Podest—: „Cultura di corte e cultura ecclesiastica“. 3 Theodulfus: De Spiritu sancto, in: PL 105. 4 Vgl. Sieben, Hermann Josef: „Einleitung“, in: Didymus: De spiritu sancto. Zur Stellung von Theodulf von Orl¦ans innerhalb der Gruppe der karolingischen Theologen und zu seinen Beiträgen vgl. P. Meyvaert: The art of words; A. Freeman: „Einleitung“, in: Theodolfus: Opus Caroli regis. 5 Heute in der Zentralbibliothek Zürich fragmentarisch unter der Signatur Ms. Car. C 131 erhalten. Vgl. L.C. Mohlberg: Katalog, Handschrift Nr. 123, S. 374. 6 Vgl. Didymus: De spiritu sancto, 20, S. 94 – 96 (hier Ms. Car. C 131, folio 5 recto). An anderer Stelle wird gesagt: „similiter et spiritus sanctus cum sit signaculum dei hii qui formam et imaginem dei capiunt signati per eum et in eum dicuntur ad signaculum […] sapientiae et scientiae“ (ebd., folio 18 recto – verso). 7 Ein Beispiel für eine solche Nennung ist die Taufformel „im Namen des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes“, die nicht verändert werden darf, weil sie auf Jesus zurückgeht. 8 Ebd., folio 19 recto: „Et sicut Paulus scribit rectissime unus est dominus una fides unum baptisma quis non ex ipsa cogetur veritate suscipere indifferentiam trinitatis dum una fides in

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werden grundsätzlich thematisiert, wenn es um die Anteilnahme der Menschen am Heil in Christus geht. In der sakramentalen Handlung ist die operatio Gottes zentral. Diese Auffassung vertreten auch andere theologische Abhandlungen der Spätantike, wie z. B. die Etymologiae des Isidor von Sevilla.9 Dieser Text ist in einer weiteren Handschrift aus dem 10. Jahrhundert aus dem Benediktinerkloster Rheinau überliefert.10 Das Kapitel über den Heiligen Geist beginnt mit den Worten „Spiritus sanctus ideo predicatur deus […]“, und weist auch Notabene-Zeichen am Rand auf.11 In diesem Kapitel befindet sich eine Stelle, in der das Sakrament der Taufe explizit mit der „operatoria virtus“, der wirkenden Kraft des Heiligen Geistes in Verbindung gebracht wird.12 Es geht auch um das Verhältnis zwischen symbolischen Zeichen und immaterieller Wirkung durch den Heiligen Geist in der sakramentalen Ausführung. Bei der Taufe geschieht z. B. die wahre Reinigung (der Seele) durch den Heiligen Geist, hier wiederum nach der Rheinauer Handschrift: „aqua quae significat spiritum dei. Aqua enim sacramenti visibilis est, aqua spiritus invisibilis est. Ista abluit corpus et significat quod fit in anima. Per illum autem Spiritum sanctum ipsa anima mundatur et saginatur.“13

Wie zu erwarten, wurden diese Formulierungen Isidors vom Bischof Ildefons von Toledo in seiner Abhandlung über die Taufe (De cognitione baptismi) wörtlich übernommen.14 Ähnlich wird das Sakrament der Taufe in der Karolingerzeit beschrieben, z. B.

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patre et filio et spiritu sancto et lavacrum detur atque firmetur in nomine patris et filii et spiritus sancti. Non arbitror quemquam tam vecordem et insanum futurum ut perfectum baptisma putet quod detur in nomine patris et filii sine adsumptione spiritus sancti aut rursus in nomine patris et spiritus sancti filii vocabulo praetermisso aut certe in nomine filii et spiritus sancti non praeposito vocabulo patris.“ In lateinischer Sprache finden sich diese Gedanken z. B. schon bei Tertullianus: De baptismo, Kapitel 7, 2 – 8,1, S. 178 – 180, formuliert: „Sic et in nobis carnaliter currit unctio sed spiritaliter proficit, quomodo et ipsius baptismi carnalis actus quod in aqua mergimur, spiritalis effectus quod delictis liberamur. Dehinc manus inponitur per benedictionem advocans et invitans spiritum sanctum.“ Für das Frühmittelalter vgl. am Beispiel Bedas: G. Caputa: „La grazia dello Spirito Santo“; für die hochmittelalterliche Reflexion über die Sakramente am Beispiel Hugos von St. Viktor : F. Mandreoli: La teologia della fede. Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 102. Vgl. L.C. Mohlberg: Katalog, Handschriften Nr. 209 – 211, S. 391. Isidorus: Etymologiae, S. 3 und 7. „Ideo autem digitus dicitur ut eius operatoria virtus cum patre et filio significatur […]. Sicut autem per baptismum in Christo morimur et rinascimur, ita in spiritu signamur quod est digitus dei et spiritale signaculum.“ Ebd., S. 7 und 22. Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 102, folio 93 verso. Vgl. Ildefonsus: In cognitione baptismi, S. 389. Aus Isidorus: Etymologiae, S. 7, 3 und 27. Ildefonsus schreibt auch wenig später : „Illi sane, qui ex utero matris ecclesiae, id est ex lavacri fonte per Spiritum Sanctum genitos in adoptionem filiorum religioso amore excipiunt“, Ildefonsus: In cognitione baptismi, S. 415.

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von dem bereits erwähnten Theodulf von Orl¦ans.15 Dies gilt auch in Bezug auf die Handauflegung des Bischofs im Rahmen der Sakramente der Initiation, durch die der Heilige Geist (der Paraklet in den Worten des Evangeliums) mit seinen sieben Gaben weitergegeben wird. Theodulf sagt hier : „quia sicut cetera baptismatis sacramenta per sacerdotes visibiliter fiunt, per deum invisibiliter consecrantur, ita nimirum et Spiritus sancti gratia per impositionem manuum et ministerium episcoporum fidelibus traditur.“16

Diese Grundlagen des sakramentalen Verständnisses über die Wirkung des Heiligen Geistes waren sicher auch aus der Interpretation und Umsetzung der ausschlaggebenden Stellen der Heiligen Schrift hervorgegangen.17 Daher gab es bei den Kirchenvätern so klare Formulierungen über die sakramentale Praxis, die sich inzwischen herausgebildet hatte, wie z. B. bei Ambrosius: „Eine ist die Taufe, die die Kirche durch das Wasser und den Heiligen Geist spendet.“18 Dementsprechend erschienen diese Inhalte schon früh auch in den liturgischen Quellen, z. B. in den Taufriten, wie sie in römischen und anderen Sakramentarien überliefert sind. Wenn der Täufling aus dem Taufbecken kommt, wird er mit Chrisma gesalbt und hört das Gebet: „Deus omnipotens pater domini nostri Iesu Christi, qui te regeneravit ex aqua et spiritu sancto, quique dedit tibi remissionem omnium peccatorum, ipse te linit chrismate salutis in Christo Iesu domino nostro in vitam eternam.“19

15 Theodolfus: Liber de ordine baptismi, in: PL 105, Sp. 231 – 232 (De sacramento baptismi), hier Sp. 232: „Per hoc etenim visibile elementum res illa invisibilis signatur, ut sicut aqua purgatur exterius corpus, ita latenter eius mysterio per Spiritum sanctum purificetur et animus“. 16 Vgl. ebd., Sp. 236: „quod solis debetur episcopis cum tradunt spiritum Paracletum […]“. 17 Darunter, um nur ein Beispiel zu nennen, Joh 3, 5 – 8. 18 Vgl. Ambrosius: Expositio psalmi CXVIII, sermo III.13: „unum [baptisma] est quod hic tradit ecclesia per aquam et spiritum sanctum, quo necesse est baptizari cathecumenos“; ders.: De spiritu sancto, liber I.6: „Et ideo hi tres testes unum sunt, sicut Iohannes dixit, aqua, sanguis et spiritus, unum in mysterio, non in natura. Aqua igitur testis est sepulturae, sanguis testis est mortis, spiritus testis est vitae“; ebd., liber III.10: „Hic est utique, qui per aquam regeneratur et spiritum sanctum, quoniam per lavacrum regenerationis et renovationis spiritus sancti spem vitae capimus aeternae“. Vgl. auch ders.: De mysteriis, Kapitel 3. 19 Le sacramentaire gr¦gorien, hg. J. Deshusses, Nr. 1086, S. 379. Die Rubrik lautet: „Ut autem surrexerit a fonte faciat presbiter signum crucis de chrismate cum pollice in vertice eius, dicens hanc orationem“. Vgl. auch die Formel in der Osternachtmesse Post sanctus im ambrosianischen Sakramentar : Das ambrosianische Sakramentar von Biasca, S. 75: „Unde et hoc paschale sacrificium tibi offerimus pro his quos ex aqua et spiritu sancto regenerare dignatus est dans eis remissionem omnium peccatorum […]“, und in den Gelasianischen Sakramentarien des 8. Jahrhunderts z. B. im Liber sacramentorum Gellonensis, hg. A. Dumas, Nr. 2323, S. 336. Vgl. das Echo auch in den Kommentaren, wie z. B. R. v. Deutz: Liber de divinis officiis, Buch VII, S. 238.

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Auch die weiteren Texte des Ritus, beispielsweise für die Segnung des Taufbeckens (Benedictio fontis), die im Sacramentarium Gelasianum und Gregorianum zu finden sind, verdeutlichen diese theologischen Zusammenhänge: das heilende Wirken der virtus Gottes, die durch ein materielles, sichtbares Zeichen angedeutet wird, obwohl der Geist unsichtbar bleibt: „Deus qui invisibili potentia sacramentorum tuorum mirabiliter operaris effectum […]. Deus cuius spiritus super aquas inter ipsa mundi primordia ferebatur, ut virtutem sanctificationis aquarum natura conciperet. […] Respice domine in faciem ecclesiae tuae et multiplica in ea generationes tuas qui gratiae tuae affluentis impetu laetificas civitatem tuam fontemque baptismatis aperis toto orbe terrarum gentibus innovandis, ut tuae maiestatis imperio sumat unigeniti tui gratiam de spiritu sancto.“20 „[…] ut omnes hoc lavacro salutifero diluendi operante in eis spiritu sancto perfectae purgationis indulgentiam consequantur.“21 „Descendat in hac plenitudine fontis virtus spiritus tui, totamque huius substantiam regenerandi fecundet effectu. Hic omnium peccatorum maculae deleantur […].“22

Nach dem Taufritus wird der Ritus der consignatio nach biblischem Vorbild in eine Verbindung mit der Spende der Gaben des Heiligen Geistes gebracht.23 Der Verweis auf die sieben Gaben des Heiligen Geistes basierte auf der Exegese der entsprechenden Stellen im Buch Jesaja, Kapitel 11. Daraus entstand auch die Formulierung septiformis spiritus in den Schriften der Kirchenväter.24 Dazu gibt 20 Le sacramentaire gr¦gorien, hg. J. Deshusses, Nr. 374a, S. 186. S. auch Liber sacramentorum Gellonensis, hg. A. Dumas, Nr. 704a, S. 98 – 99; The Bobbio Missal, Nr. 234, S. 72: „[Exorcismus aquae] […] ut cum baptizatus in ea quisquis fuerit fiat templum dei vivi in remissione peccatorum in nomine dei patris omnipotentis et Christi Iesu filii eius et spiritus sancti qui iudicaturus es[t] saeculum per ignem per hoc signaculum quod permanit in saecula saeculorum“. Vgl. über das signaculum schon Ambrosius: De mysteriis, Kapitel 7.42 – 8.43: „Unde repete, quia accepisti signaculum spiritale spiritum sapientiae et intellectus, spiritus consilii atque virtutis, spiritum cognitionis atque pietatis, spiritum sancti timoris, et serva, quod accepisti. Signavit te deus pater, confirmavit te Christus dominus, et dedit pignus, spiritum, in cordibus tuis sicut apostolica lectione didicisti. […] his abluta plebs dives insignibus ad Christi contendit altaria dicens: et introibo ad altare dei, ad deum, qui laetificat iuventutem meam“. 21 Le sacramentaire gr¦gorien, hg. J. Deshusses, Nr. 374b, S. 187; The Bobbio Missal, Nr. 236, S. 72. „Collectio […] ut homnes [= omnes] hoc lavacro salutem in eis spiritu sancto purificati perfecti purificacionis indulgencia consequantur […]“. 22 Le sacramentaire gr¦gorien, hg. J. Deshusses, Nr. 374e, S. 188. Vgl. auch The Bobbio Missal, Nr. 237, S. 73. 23 Le sacramentaire gr¦gorien, hg. J. Deshusses, Nr. 86, S. 189: „Omnipotens sempiterne deus qui regenerare dignatus es hos famulos et famulas tuas ex aqua et spiritu sancto, quique dedisti eis remissionem omnium peccatorum, emitte in eos septiformem spiritum tuum sanctum paraclitum de caelis, spiritum consilii et fortitudinis, spiritum scientiae et pietatis, adimple eos spiritu timoris domini et consogna eos signo crucis in vita propitiatus aeterna“. Vgl. Jes 11, 2 – 3. 24 K. Schlütz: Isaias 11,2.

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es eine interessante Darstellung mit der thronenden Mutter Gottes im Dom von Gurk aus dem 13. Jahrhunderts. Dort wird das Motiv des Heiligen Geistes als Taube einfach siebenmal um das Haupt Mariens wiederholt.25 Im 12. Jahrhundert ist schon die Miniatur für Pfingsten im sogenannten Evangeliar Heinrichs des Löwen zu berücksichtigen, in der der Heilige Geist in Form einer Taube siebenmal – wie die sieben Gaben des Heiligen Geistes – über der Reihe der Apostel dargestellt wird.26 Die genannten Texte aus dem Ordo baptismi – wie sie in den zitierten Sakramentarien tradiert sind –, sind auch in einem frühen Rituale aus Rheinau überliefert, das in der Edition von Gebhard Hürlimann vorliegt.27 Darin befindet sich z. B. das zitierte Gebet „Deus qui invisibili potentia sacramentorum tuorum […].“ Oder die vorangehende Oration aus dem Segen des Taufbeckens, in der vom Geist der Adoption (spiritus adoptionis) die Rede ist.28 Inspiriert vom Text ist daher die bildliche Darstellung in der Initiale dieser Oration im sogenannten Sacramentarium Gellonense aus dem 9. Jahrhundert: Dort sind die Figur Christi und die des Heiligen Geistes in Form einer Taube repräsentiert.29 Beachtenswert ist in unserem Zusammenhang auch die rituelle Segnung des Taufwassers mit der Osterkerze. Der Text und die folgende Rubrik lauten: „Descendat in hanc plenitudinem fontis virtus spiritus tui Post hec insuffla super fontem tribus vicibus et dic Totamque huius aque substantiam regenerandi fecundet effectu […].“30

In diesem Fall geschieht durch den Ritus eine mimetische, mit den Sinnen wahrnehmbare ,Reproduktion‘ des wirksamen Geistes Gottes. Der Heilige Geist wird durch das Hauchen dargestellt, in einer leicht nachvollziehbaren Materialität versinnbildlicht, nicht ohne eine Bezugnahme auf die entsprechende biblische Stelle aus dem ersten Buch Genesis. Der rituelle Kontext bewirkt den sakramentalen Charakter der Aktion, in der sich die Handlung Gottes, hier die Weihe des Wassers, realisiert, damit das Wasser später das symbolische Instrument der Reinigung durch den Heiligen Geist wird. Ein vergleichbarer symbolischer Akt geschieht zu Beginn des Taufritus, beim 25 Fresko in der Westempore: Vgl. E. Grabner: In gremio matris, S. 512, Abb. 9. 26 Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 105 Noviss. 28 (= München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 30055), folio 112 verso. Zu den Entwicklungen der Lehre über die Sieben Gaben in der Scholastik vgl. U. Horst: Die Gaben des Heiligen Geistes. 27 Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 102. Vgl. L.C. Mohlberg: Katalog, Handschrift Nr. 215, S. 392; Rheinauer Rituale, hg. G. Hürlimann. 28 Ebd. 29 Paris, BibliothÀque Nationale de France, MSS latin 12048, folio 60 verso. Beschreibung und Digitalisat: http://www.europeanaregia.eu/de/handschriften/paris-bibliotheque-nationalefrance-mss-latin-12048/de. 30 Ebd., folio 34 verso.

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Exorzismus des Priesters, welcher die bösen Geister beim Taufbewerber abschwören und Raum für den Heiligen Geist lassen soll. Das starke Hauchen des Priesters („vehementi spiritu assuflans“) symbolisiert das Wirken des Geistes durch eine rituelle Handlung: „Incipit ordo sancti baptismatis Primum vero ante ianuam ecclesie presbiter accedens vehementi spiritu assuflans dicat Exi immunde spiritus et da locum adventi spiritui sancto.“31

Es gibt also grundsätzlich eine Übereinstimmung zwischen dem depositum fidei und den liturgischen Formulierungen, ein Zusammenwachsen von theologischer Reflexion/Definition und rituellen Ausdrucksformen. Allerdings sind auch – wie schon deutlich geworden sein dürfte – die historische Dimension und die Möglichkeit der Differenzierung in den verschiedenen liturgischen Traditionen zu berücksichtigen. Daher die Überlegungen in den folgenden Punkten II und III.

II.

Die Verwendung von liturgischen Quellen in theologischen Debatten

Im 9. Jahrhundert fand eine Kontroverse über die Dreifaltigkeit statt, die durch die Schriften von Hinkmar, Bischof von Reims (845 – 882) und indirekt von Gottschalk von Orbais († 869) dokumentiert ist.32 Wenngleich der Heilige Geist nicht direkt im Zentrum der Streitigkeiten steht, ist in diesem Fall beachtenswert, dass der Ausgangspunkt des Streits in der Formulierung eines liturgischen Hymnus lag. Das belegt die große Bedeutung, die die liturgischen Texte in der damaligen religiösen Wahrnehmung besaßen. Es handelte sich um den Hymnus für das Fest mehrerer Märtyrer, konkret um den Satz: „Te trina deitas unaque poscimus / ut culpas abluas, noxia substrahas […].“33 Hinkmar berichtet, dass einige, darunter Ratramnus von Corbie, durch diesen anonymen liturgischen Text veranlasst wurden, so wie Gott unus et trinus genannt wird, ebenfalls von una et trina deitas zu sprechen.34 Daraufhin hätte Hinkmar diesen Text in der Kirche verboten35, worauf wiederum Gottschalk mit mehreren Schriften ant31 Ebd., folio 20 recto. 32 Hincmarus: De una, in: PL 125; J.D. Davis: „Hincmar“; G.H. Tavard: Trina Deitas. 33 Vgl. Sanctorum meritis inclita gaudia, in: AH 50, Nr. 153. Die liturgische Verwendung (im Offizium) war für das Fest mehrerer Märtyrer („In Festis plurimorum Martyrum“) vorgesehen. 34 Hincmarus: De una, in: PL 125, Sp. 475. Ratramnus sammelte nach dem Zeugnis Hinkmars ein Dossier von Zitaten diesbezüglich, besonders von Hilarius und Augustinus. 35 Ebd.: „Audiens Gothescalcus, Orbacensis monasterii Rhemensis Ecclesiae pseudomonachus, tam invidia mei, quem in ecclesia cantari trinam deitatem vetuisse audierat […].“

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wortete. Gottschalk verteidigt z. B. die wörtliche Gültigkeit der liturgischen Formulierungen, die auf derselben Ebene wie die Autorität der Kirchenväter anzusiedeln sei: „At per hoc, sicut non potest in hymnis, et in sanctorum patrum libris, ubi dicitur trinus et unus Deus, immutari, et dici sanctus et unus Deus, ita nimirum sine mortis exitio immutari non potest ubi dicitur trina et una deitas, ut ibi dicatur sancta et una Deitas […].“36

Von seiner Seite kann Hinkmar, ohne den praktizierten Gottesdienst in Frage zu stellen, nur mit einer Differenzierung zwischen guten und schlechten liturgischen Texten argumentieren: Wie auch der hl. Benedikt empfohlen hat, schreibt er, sind nur die Hymnen des Ambrosius oder anderer orthodoxer Autoren in der Liturgie („in diurnis ac nocturnis laudibus“) zu verwenden. In diesen „dufte“ der katholische Glaube, die Bittgebete seien fromm, die Dichtung wunderbar. Es gebe ausreichende Beispiele hierfür, man müsse nicht auf Texte wie den Hymnus Sanctorum meritis zurückgreifen, deren Verfasser unbekannt seien und die sogar blasphemische Formulierungen enthalten könnten, wie es eben bei „te trina deitas“ der Fall sei.37 Die liturgischen Texte konnten also im Rahmen theologischer Debatten als Belege für die eigene Argumentation ebenso wie die Zitate aus den Schriften der Kirchenväter benutzt werden. Doch auch die liturgischen auctoritates konnten nach den eigenen theologischen oder ekklesiologischen Prämissen instrumentalisiert oder diesen angepasst werden. Bezeichnend ist in dieser Hinsicht die Polemik um die Häresie des Adoptianismus. Wenn es darum geht, ein Sakramentar als Quelle zu zitieren, dann verweist Alkuin auf das Messbuch von „unserem Gregor, Bischof von Rom“, der zweifellos Christus immer den eingeborenen Sohn genannt hat. Dagegen wird das spanische Missale „des Bischofs Ildefonsus“ innerhalb der liturgischen Bräuche der universalis ecclesia völlig marginalisiert und seinen Texten jeglicher Wert abgesprochen.38 Umgekehrt konnten aber auch neue liturgische Texte mit polemischen oder programmatischen Absichten geschrieben werden. Dies ist anscheinend der Fall beim Hymnus Veni creator spiritus, aus dem 9. Jahrhundert. Der Text verrät eine Abhängigkeit von den Quellen, die im Umfeld des Konzils von Aachen verfasst wurden.39 Strukturell und thematisch liegt der Schwerpunkt des Textes in Strophe sechs: „Per te sciamus da Patrem, noscamus atque Filium, te Utriusque 36 Ebd., Sp. 476. Zur Verbindung zwischen Orthodoxie und Liturgie vgl. im 9. Jahrhundert Ratio de symbolo fidei, S. 288: „licet et docendo et cantare et cantando docere sed inlicite in prohibitis nec scribendo nec cantando licet inserere.“ 37 Hincmarus: De una, in: PL 125, Sp. 498. 38 Vgl. dazu P. Carmassi: „Quomodo universalis ecclesia“. 39 H. Lausberg: Der Hymnus ,Veni creator spiritus‘.

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Spiritum credamus omni tempore.“40 Deshalb hat Heinrich Lausberg die Hypothese formuliert, dass der Hymnus wahrscheinlich von Hrabanus Maurus und sogar für die feierliche Eröffnung des Aachener Konzils von 809 verfasst wurde.41

Abb. 1: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 78 Weiss., folio 34 verso.

Abb. 2: Halberstadt, Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt, Domschatz zu Halberstadt, Inv.-Nr. 494, folio 109 recto.

Dass eine liturgische De- und Neukontextualisierung liturgischer Texte immer möglich war, zeigt die Verwendung des Hymnus für das Offizium am Pfingsttag in der handschriftlichen Überlieferung. Dies verwundert angesichts des Inhalts und der Eröffnungsworte des Gesangsstückes (Veni creator spiritus) nicht. Als Beispiele seien hier ein frühes Breviar in der Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 78 Weiss., 11. Jahrhundert, aus dem Kloster Weissenburg,42 oder die Tradition der Halberstädter Kirche bis zum Spätmittelalter genannt.43

40 Vgl. Veni creator, spiritus, in: AH 50, Nr. 144. 41 H. Lausberg: Der Hymnus ,Veni creator spiritus‘. 42 Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 78 Weiss., folio 34 verso b – 35 recto a, Rubrik: In Pentecosten (Abb. 1). Vgl. H. Butzmann: Die Weissenburger, S. 233 – 240. 43 Ich beziehe mich exemplarisch auf Zeugnisse aus der Halberstädter Kirche: Vgl. die liturgischen Codices: Halberstadt, Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt, Domschatz zu Halberstadt, Inv.-Nr. 491, 494, 495, 496, 498, 499, 500, 501, 503. S. Abb. 2.

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Auch der Hymnus mit der umstrittenen Strophe über die trina deitas wurde ohne Probleme im Laufe des Mittelalters weiter gesungen.44 In einem Halberstädter Missale aus dem 13. Jahrhundert wird hingegen der Hymnus Veni creator spiritus im Rahmen der Eröffnungsriten der Messe, als Privat- und Vorbereitungsgebet des Priesters verwendet (Ordo ad praeparandum).45 Historisch betrachtet, kann die Frage gestellt werden: Wie ist eine solche Umdeutung zu verstehen, wie ist sie entstanden? Eine Spur für das Verständnis der neuen Akzentsetzung bei der Anrufung des Heiligen Geistes und bei der Interpretation seiner Wirkung kann vielleicht in einer der Messen gefunden werden, die in der Karolingerzeit von Alkuin zu verschiedenen Anlässen verfasst wurden.46 Für die Messe De cordis emundatione per spiritum sanctum postulanda sind vier Orationes und eine Praefatio überliefert. Den einzelnen Formulierungen ist zu entnehmen, dass der Heilige Geist immer im Zusammenhang mit der Reinigung der Gedanken, der Befreiung von den Versuchungen, der Tilgung von den Makeln (der Sünde) erwähnt wird.47 Diese Reihe von Votivmessen für jeden Tag der Woche war weit verbreitet, wie 44 Vgl. Halberstadt, Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt, Domschatz zu Halberstadt, Inv.-Nr. 491, 494, 496, 498, 500, 501, 503. Der Anlass ist hier das Fest Iohannis et Pauli ad vesperas ymnus. G.H. Tavard: Trina Deitas, verweist auf ein frühneuzeitliches Verbot des Gesangsstückes. Petrus Chrysologus: Sermo 71, S. 424, spricht von einer „trinitatis trina confessio“; Augustinus: Confessiones, liber XII, caput 7, S. 598, von „deus, una trinitas et trina unitas“. 45 Vgl. das Missale Halberstadt, Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt, Domschatz zu Halberstadt, Inv.-Nr. 474, S. 1. Zum Codex vgl. P. Carmassi: „Stiftung, Kunst und Feier“. 46 Zur Frage der Autorschaft vgl. Compendium Auctorum [C.A.L.M.A.], Bd. 1, S. 151; M.-H. Jullien: Clavis, Bd. 2,1: Alcuinus, S. 474 – 476. 47 „Deus […] purifica per infusionem sancti Spiritus cogitationes cordis nostri ut perfecte te diligere, te digne laudare mereamur“. „SUPER OBLATA: Haec oblatio, Domine deus cordis nostri maculas emundet, ut sancti spiritus digna efficiatur habitatio“. „PRAEFATIO: VD aeterne deus. Qui inspicis cogitationum secreta et omnis nostrae mentis intentio providentiae tuae patescit intuitu, respice propitius archana cordis nostri cubilia, et sancti spiritus rore nostra purifica cogitationes, ut tuae maiestati digna cogitemus et agamus“. „AD COMPLENDUM: Sacrificium salutis nostrae tibi offerentes, concede nobis domine deus purificatis mentibus saepius tuae pietatis caelebrare mysterium“. „SUPER POPULUM: Concede quaesumus omnipotens deus spiritum nos sanctum votis promereri sedulis, quatenus eius gratia ab omnibus liberemur temptationibus, et peccatorum nostrorum indulgentiam mereamur accipere“. Vgl. J. Deshusses: „Les messes“, S. 25. Vergleichbare Inhalte auch in ebd., S. 24: „Missa ad postulandam gratiam spiritus sancti“. Eine vollständige Messe De sanctu spiritu mit den Lesungen und den Gesangsstücken ist z. B. im Halberstädter Missale, Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt, Domschatz zu Halberstadt, Inv.Nr. 485, folio 140 recto – 141 recto, mit der Sequenz „Sancti spiritus assit nobis gratia […]“ (Analecta Hymnica Medii Aevi, Bd. 53, Nr. 70) überliefert. Dieser Teil ist im 14. Jahrhundert zu datieren. Die Lesungen sind: 1 Kor 12, 7 – 11: „Unicuique autem datur manifestatio Spiritus ad utilitatem […]“ und Lk 24, 49 – 53: „Et ego mitto promissum Patris mei in vos […]“.

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auch das Rheinauer Sakramentar/Missale Ms. Rh. 14 aus dem Ende des 12. Jahrhunderts belegt: In einem Teil des Codex befinden sich die Lesungen, hier für die Messe am Dienstag De Spiritu sancto. In einer anderen Sektion des Buches sind die Orationes für dieselbe Messe verzeichnet.48 Der Heilige Geist wird also durch diese Votivmesse hauptsächlich darum angefleht, damit er die Menschen reinigen und schützen möge und damit diese würdig werden, Gott – gemäß seiner Heiligkeit – makellos zu loben und zu dienen. In dieser Perspektive ist es nicht mehr verwunderlich, dass der Hymnus Veni creator Spiritus im Halberstädter Missale zusammen mit anderen Gebeten empfohlen wurde, die ebenfalls auf die Reinigung des Priesters und seiner Gedanken vor der Feier der Messe hinzielen.49 Was die Rheinauer liturgische Tradition betrifft, so war hier die Sequenz „Sancti spiritus assit nobis gratia […]“ für die Messe am Pfingstfest vorgesehen. Dies bezeugt schon eine ältere Handschrift mit den gesungenen Teilen der Messe aus dem 10. – 11. Jahrhundert (Graduale – Sequentiar).50 Im Sakramentar/Missale Ms. Rh. 29 können aber Spuren der Veränderung und liturgischen Akkumulation festgestellt werden, denn eine zweite Hand hat am unteren Rand der Seite neben der traditionellen Sequenz „Sancti spiritus assit“ den Text „Veni sancte spiritus et emitte celitus lucia tue radium […].“ hinzugefügt.51

III.

Die liturgischen Traditionen als Spiegel unterschiedlicher Wahrnehmung des gefeierten Mysteriums

Das Bewusstsein für die liturgische Vielfalt und Differenzierung ist durchaus auch im Mittelalter dokumentiert: Ein schönes Beispiel, das vielleicht nicht einmal für den Gebrauch, sondern aus rein wissenschaftlichen Interessen entstand, bietet das sogenannte Sacramentarium Triplex. Der Codex wurde im Kloster St. Gallen zu Beginn des 10. Jahrhundert (ca. 920 – 930) geschrieben.52 Er 48 Zum Codex vgl. L. C. Mohlberg: Katalog, Handschriften 166 – 167, S. 381, und die Beschreibung in der Fortsetzung dieses Beitrags. 49 Halberstadt, Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt, Domschatz zu Halberstadt, Inv.-Nr. 474, S. 1. Damit wird aber auch eine bestimmte Auffassung vom Gottesdienst und vom Priesteramt sichtbar, auf die jetzt nicht weiter eingegangen werden kann. Vgl. J. Laudage: Priesterbild; A. Odenthal: „Ante conspectum tuum“. 50 Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 132, folio 51 recto; vgl. L.C. Mohlberg: Katalog, Handschriften 224 – 225, S. 393. 51 Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 29, pagina 144: Abb. 3. 52 Zürich, Zentralbibliothek, Ms. C 43 (als Dauerleihgabe in der Stiftsbibliothek St. Gallen). L.C. Mohlberg: Katalog, Handschriften 27 – 28, S. 353; A. v. Euw: Die St. Galler Buchkunst, S. 479 – 480.

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Abb. 3: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 29, pagina 144.

sammelt die Messformulare für das Kirchenjahr, jeweils aus drei Quellentypen schöpfend: dem römischen Sacramentarium Gelasianum und Gregorianum sowie dem mailändischen Sakramentar (Ambrosianum). Dementsprechend lauten die Überschriften: „missa gelasiana“, „missa gregoriana“, „missa ambrosiana“.53 Wir wissen aber nicht, was die Mönche von St. Gallen bei der Lektüre bzw. der Untersuchung dieser verschiedenen Formulare, die nacheinander aufgeschrieben worden waren, dachten oder genau beobachteten. Ich habe schon auf die grundsätzliche Übereinstimmung zwischen den Glaubensinhalten und den liturgischen Ausdrucksformen hingewiesen. Es geht aber nicht nur darum, die Korrespondenz zwischen den liturgischen Texten oder Strukturen und den theologischen Inhalten festzustellen, sondern auch darum, das Bewusstsein (der Akteure) zu reflektieren, denen das liturgische Geschehen als Ort der Verwirklichung und Offenbarung des Heilsmysteriums gilt. Dementsprechend ist zu erwarten, dass eine solche Wahrnehmung in den jeweiligen 53 Vgl. Digitalisat unter http://www.e-codices.unifr.ch/de/preview/zbz/C0043.

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Kirchen unterschiedlich ausfallen und entsprechend mit anderen Akzentuierungen in Text und (ritueller) Gestalt ausgedrückt werden konnte. Das heißt, es geht auch bei den textuellen Unterschieden nicht (nur) um stilistische oder ästhetische Besonderheiten und sprachliche Differenzen, sondern um die Haltung der ecclesia gegenüber dem Herrn und dem mysterium salutis.54 Als Beispiele können Texte aus dem schon erwähnten Ordo über die Taufe und Formulare für das Pfingstfest in verschiedenen liturgischen Traditionen vergleichend analysiert werden, in denen auch der Bezug zum Heiligen Geist vorhanden ist.55 Für die alte gallikanische Liturgie (d. h. die in den Kirchen im merowingischen Gallien gefeierte Liturgie) zeigen einige Quellen, z. B. das sogenannte Missale von Bobbio, Übereinstimmungen mit römischen Texten. Zumindest wird dort ein Formular ausdrücklich als „Missa Romensis cotidiana“ bezeichnet.56 Weitere frühmittelalterliche Handschriften sind aber erhalten, wie das Missale gallicanum Vetus57 und das Missale Gothicum,58 welche, neben römischem, ursprüngliches vorkarolingisches, gallikanisches Material überliefern. Vergleicht man die Formulare Opus ad baptizandum und Colleccio ad fontes benedicendos,59 so weisen die Texte in dieser Tradition eine ausgeprägte und explizite Aufmerksamkeit für die Bedeutung der gefeierten Riten auf, die sich auf einer Metaebene auch durch die häufige Erwähnung der Begriffe mysterium und sacramentum in den liturgischen Texten äußert. Dies gilt auch für die ambrosianischen und spanischen Quellen.60 Darüber hinaus sind – nur in diesen liturgischen Textüberlieferungen, und anders als in den oben erwähnten römischen Quellen – folgende Merkmale festzustellen: 1. Die kirchliche Dimension des gefeierten Mysteriums, d. h., die dankbare Betrachtung des Heilsgeschehens als feiernde Gemeinschaft der Gläubigen, ist besonders betont und deutlich zum Ausdruck gebracht. Dies manifestiert sich neben den Formulierungen in den liturgischen Texten auch in der Auswahl der Perikopen, wie z. B. im Missale von Bobbio die Wahl der Lesung aus der Apokalypse für den Pfingstfesttag mit dem Bild des himmlischen Jerusalem.61 54 Für die stilistischen Differenzen vgl. M. Klöckener : „Zeitgemässes Beten“; E. Rose: „Introduction“; Y. Hen: „The liturgy“. 55 S. oben als Vergleich die in den Anm. 18 – 22 zitierten Texte. 56 The Bobbio Missal, S. 9. 57 Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. Pal. lat. 493. 58 Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. Reg. lat. 317. 59 Vgl. Missale Gallicanum Vetus, S. 38, und Missale Gothicum, S. 447 – 449. 60 Vgl. in Mailand auch die Messformulare in der Woche nach Ostern. 61 The Bobbio Missal, Nr. 305, S. 92: „Veni ostendam tibi oxurem [!] agni et sustulit me in spiritu […]“. S. für die Leseordnung auch die Übersicht bei H. Buchinger : „Die JohannesApokalypse“, S. 233 – 234.

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2. Damit verbunden sind a) eine ausgeprägt kontemplative Haltung in der Wahrnehmung der mirabilia Gottes, sei es in der sakramentalen Gegenwart der Kirche, sei es im Hinblick auf ihre glorreiche Zukunft, und b) eine ausgedehnte Bezugnahme auf die mit dem liturgischen Ereignis zusammenhängenden biblischen Episoden nach einer typologischen Interpretation der heiligen Schrift.62 Aus diesem – wenngleich nur partiellen – Vergleich ist der unterschiedliche Charakter in der liturgischen Komposition zwischen den gallikanischen und den römischen Zeugnissen und damit auch die differierende Wahrnehmung des liturgischen Geschehens selbst in verschiedenen liturgischen Traditionen zu erkennen, obwohl beide Überlieferungen aus demselben gemeinsamen Glaubensgut und aus dem Fundament der biblischen Offenbarung hervorgegangen sind.

IV.

Heiliger Geist und bildliche Darstellungen

Differenzierungen in den Ausdrucksformen ein und desselben biblischen Ereignisses, in diesem Fall der Sendung des Heiligen Geistes zu Pfingsten, gab es jedenfalls auch auf der Ebene der bildlichen Darstellung, gerade in liturgischen Handschriften. Durch die Bildkomposition konnten wiederum verschiedene Inhalte und Sinndeutungen vermittelt werden: Die Taube (aus dem Evangelienbericht über die Taufe Christi) und die Flammenzungen (aus der Erzählung über Pfingsten in der Apostelgeschichte) bilden die traditionellen biblischen Motive, die mit dem Heiligen Geist in Verbindung gebracht werden, sei es isoliert, z. B. beim Offizium des Hlg. Geistes oder als Zeichen der göttlichen Inspiration, sei es bei der historisierenden Darstellung des Pfingstereignisses, wo beide Elemente meistens kombiniert werden. Diese Grundmotive können aber auch ersetzt oder ergänzt werden, beispielsweise – mit der Hand Gottes, wie im sogenannten Sacramentarium Gellonense,63 – mit der Hand Gottes, Christusfigur und Schriftrolle (mit dem Credo?), wie im sogenannten Drogo-Sakramentar,64 62 Dies wird deutlich, wenn man beispielsweise die Formulare für die Pfingstmesse in der römischen und ambrosianischen Tradition betrachtet (Le sacramentaire gr¦gorien, hg. J. Deshusses, S. 227 – 228; Das ambrosianische Sakramentar von Biasca, S. 101 – 103). Dazu ausführlich P. Carmassi: „L’eredit— ambrosiana“. 63 Paris, BibliothÀque Nationale de France, MSS Latin 12048, folio 82 recto. 64 Paris, BibliothÀque Nationale de France, MSS Latin 9428, folio 78 recto. Vgl. http://www. europeanaregia.eu/de/handschriften/paris-bibliotheque-nationale-france-mss-latin-9428/de.

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– mit der Figur Christi in seiner Maiestas.65 Es ist auf jeden Fall möglich, durch das Medium Bild einige Zusammenhänge besonders zu akzentuieren, wie – die Verbindung zwischen Himmel und Erde, – die direkte Inspiration der Apostel,66 – die Natur des Hlg. Geistes durch die Verwendung der Farben Weiß (üblich) oder Rot (Ausnahme) für die Taube.67 Darüber hinaus können die Himmelfahrt Christi und Pfingsten als zusammengehörende Ereignisse des Paschamysteriums gegebenenfalls in einer Bildeinheit vereinigt werden.68 In einem Fall wird die Gruppe der mit Geist erfüllten Apostel neben dem – von diesen zu evangelisierenden – Volk auf einem Doppelblatt dargestellt.69 Im Codex Porrentruy ist die Initiale D von Psalm 109 („Dixit dominus domino meo […].“) mit einer Darstellung der himmlischen Dreifaltigkeit illuminiert. Im Buchstabenkorpus, umgeben von Wolken und Sternen, halten die nimbierten Figuren des Vaters und des Sohnes in ihrer Mitte mit erhobener Hand eine weiße Taube, als Symbol für die dritte Person der Trinität.70 Es ist klar, dass jedes der erwähnten Beispiele historisch und in dem jeweiligen Kontext genauer analysiert werden müsste. Um das Gesagte zu demonstrieren, möchte ich ein konkretes Beispiel ansatzweise analysieren: Es geht um die bildliche Ausstattung für das Pfingstfest im Kontext des schon genannten Sakramentars aus Rheinau. Das Fest erscheint im Kalendar mit der bezeichnenden, geradezu erzählenden Rubrik Descensio sancti 65 Vgl. Paris, BibliothÀque Nationale de France, MSS Latin 9438, folio 87 recto; Paris, BibliothÀque Nationale de France, MSS NAL 2246, folio 79 verso. 66 Vgl. die Lichtstrahlen, die von der Taube oder vom oben direkt zu den Aposteln strömen, wie, neben einigen der schon erwähnten Beispiele, in Aix en Provence, BibliothÀque Municipale, Ms. 15, folio 119 verso; Limoges, BibliothÀque Municipale, Ms. 2, folio 143 verso; Paris, BibliothÀque Nationale de France, MSS Latin 17325, folio 43 recto, und MSS Latin 10514, folio 69 verso. 67 Vgl. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 521 Helmst., folio 108 verso. 68 Paris, BibliothÀque Nationale de France, MSS FR 938, folio 65 recto, und MSS NAL 1392, folio 13 recto; Paris, BibliothÀque de l’Arsenal, Ms. 1186, folio 27 verso. 69 Paris, BibliothÀque Nationale de France, MSS Latin 817, folio 76 verso – 77 recto. In der Wiedergabe der mystischen Erfahrung von Hildegard von Bingen im Liber Scivias, Teil II, Vision 4 gibt es die Darstellung der elaborierten Vision der Kirche, die mit dem hl. Geist gesalbt ist („Quod omnis baptizatus per unctionem episcopi ornari et stabiliri debet […]. Quod ecclesia unctione spiritus sancti munita numquam in errore perversitatis deici potest […]“). Vgl. L.E. Saurma-Jeltsch: Die Miniaturen, S. 104 – 107. 70 Porrentruy, BibliothÀque cantonale jurassienne, Ms. 22, folio 106 recto. Ich danke für diesen Hinweis Mikkel Mangold (Basel). Vgl. für eine ähnliche Komposition schon im 13. Jahrhundert: Limoges, BibliothÀque Municipale, Ms. 2, folio 149 verso. Für unkonventionelle Darstellungen der Dreifaltigkeit hingegen: J.-C. Schmitt: „,Unorthodox‘ images?“.

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spiritus.71 Die enge Verbindung mit und die Zugehörigkeit der Handschrift zu der feiernden Mönchsgemeinschaft wird an verschiedenen Stellen bildlich markiert: Zu Beginn durch ein anspruchvolles Dedikationsbild mit der Kirchenpatronin Maria, dem Abt Henricus und dem Gründer des Klosters Fintan.72 Außerdem werden Mönche auch im Bild zum Fest der Dedicatio ecclesiae dargestellt, um die Kontinuität zwischen der Weihe der Kirche und der aktuellen Gedächtnisfeier zu unterstreichen, die gerade durch die lebendige Gemeinschaft der Gläubigen gegeben ist.73 Die einzelnen Feste im Kirchenjahr sind meistens mit Miniaturen versehen. Diese veranschaulichen die theologischen Inhalte des liturgischen Festes, sei es durch die ausgewählten Bilder, sei es durch passende Inschriften.

Abb. 4: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 9 verso – 10 recto.

Die Modalitäten dieser vielfältigen Interaktion zwischen Bild und Text sind in der Handschrift grundsätzlich zwei, wenn man von Federzeichnungen in einzelnen Initialen absieht.74 Es wird eine bildliche Wiedergabe des historischen Ereignisses geschaffen, wie wir bei dem Fest der Dedicatio mit der Kirchweihe des Bischofs gesehen haben. Ebenfalls geschieht dies bei den Festen der Verkündigung Mariens, ihrer dormitio, Christi Himmelfahrt oder der Auferstehung Christi. Dabei ist auch zu berück71 72 73 74

Rheinau, Ms. Rh. 14, folio 5 recto. Ebd., folio 9 verso: Abb. 4. Ebd., folio 103 verso. Vgl. z. B. die Initiale mit der Mariendarstellung (ebd., folio 42 verso).

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sichtigen, dass das hiesige liturgische Buch noch die Vorstufe eines Missale darstellt, d. h. aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt ist: Die Gesänge, die Gebetstexte und die Lesungen für die Messe wurden nacheinander nach den jeweiligen Gattungen abgeschrieben. Dies bedeutet, dass die Hauptfeste sich wiederholen und mehrfach illuminiert werden konnten. Für die Auferstehung ergibt sich: eine historisierte Initiale R (Resurrexi) auf folio 34 recto (Ostertropus), eine historisierte Initiale D auf folio 78 verso (Orationes und Praefatio), eine Miniatur auf folio 181 verso mit den drei Frauen am Grab bei der Evangelienlesung.75

Abb. 5: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 12 verso – 13 recto.

Als zweite Möglichkeit gilt eine komplexere Kombination zwischen Text und Bild, die auf einer typologischen, gelehrten Bibelinterpretation basiert. Aufschlussreich ist diesbezüglich das Beispiel des Weihnachtsfestes. Auf folio 13 recto beginnt das Graduale Puer natus est nobis mit einer historisierten Initiale, in der der Prophet Jesaja ein Schriftband mit den Worten hält: „Multiplicabitur eius imperium et pacis non erit finis“ (Jes 9, 7).76 Dadurch wird auf die Erfüllung der alttestamentlichen Verheißung durch die Geburt Christi angespielt, die schon im Gesangstext anklingt: „Puer natus est nobis et filius datus est nobis

75 Ich überspringe bei diesen Initialen die Analyse der Inschriften. Zu den Gesangsstücken vgl. U. Fischer : „Liturgischer Gesang“. Zu den Illustrationen C. Eggenberger: „Das Bildprogramm“, der auf die hier gestellte Frage nicht näher eingeht. 76 Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 12 verso – 13 recto: Abb. 5.

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cuius imperium super humerum eius et vocabitur nomen eius magni consilii angelus“. Beachtenswert ist, dass dieses Gesangsstück auf Jes 9, 6 basiert, so dass sich eine subtile intertextuelle Beziehung zwischen den verschiedenen Schriftstücken auf dieser Seite ergibt, die auch indirekt das Verhältnis zwischen Neuem und Altem Testament einschließt. Alle diese Ebenen waren nur durch hohe Gelehrsamkeit und intellektuelle, theologische Ausbildung wahrzunehmen. Graduale „Puer natus est nobis et filius datus est nobis cuius imperium super humerum eius et vocabitur nomen eius magni consilii angelus“

Jes 9, 6 „Parvulus enim natus est nobis filius datus est nobis et factus est principatus super umerum eius et vocabitur nomen eius Admirabilis consiliarius Deus fortis Pater futuri saeculi Princeps pacis“

Inschrift „Multiplicabitur eius imperium et pacis non erit finis“

Jes 9, 7 „Multiplicabitur eius imperium et pacis non erit finis super solium David et super regnum eius ut confirmet illud et corroboret in iudicio et iustitia amodo et usque in sempiternum zelus Domini exercituum faciet hoc“

Abb. 6: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 119 verso – 120 recto.

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Eine ähnliche Vorgehensweise gilt für die historisierte Initiale zu Beginn des Lektionars (Lesung für die Weihnachtsvigil Jes 62, 1 – 5), wo Jesaja wiederum als Autor und Prophet dargestellt wird.77 Er hält ein Schriftband mit den Worten aus der gegenüberliegenden Perikope: „Non vocaberis ultra derelicta“, wobei hier die kirchliche Dimension der Menschwerdung Christi evoziert wird. Die Kirche als Braut wird durch das Kommen des Herrn nicht mehr allein und verlassen sein. Für den darauffolgenden Tag („In die sancto“78) wurde die Perikope aus Joh 1, 1 mit einem ungewöhnlichen Bild illuminiert.79 Der Apostel Johannes wird vom thronenden Christus umarmt und gleichzeitig verweist er auf die zu lesende Perikope mit einem Exzerpt daraus, geschrieben im Schriftband: „omnia per ipsum facta sunt et sine ipso factum est nichil“. Wenn der Autor der direkt neben dem Bild stehenden Lesung auch hier dargestellt wird, werden durch die Zusammenstellung der Elemente tiefere Zusammenhänge angedeutet: Johannes, der „discipulus, quem amabat Iesus“ ist in der liebenden Haltung der Kontemplation der Wahrheit repräsentiert: Er kann in der Menschwerdung Christi, und über seine menschliche Gestalt hinaus, seine schöpferische und richterliche Herrschaft erkennen, in der alles gründet („omnia per ipsum“).

Abb. 7: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 121 verso – 122 recto.

77 Ebd., folio 120 recto: Abb. 6. 78 Ebd., folio 121 verso. 79 Ebd., folio 122 recto: Abb. 7.

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Dieses visuelle Programm geht also über die einfache Korrespondenz zwischen Text und Bild hinaus und führt zu einem regelrechten hermeneutischen Parcours, der den Beistand Gottes, die Hilfe der sapientia verlangt. In diesem Sinne könnte man den Aufruf Davids im Introitus-Gesang des ersten Adventssonntags interpretieren: „Vias tuas demonstra [michi]“, der im Schriftband und im Vers wiederholt wird. Es geht dabei nicht nur um korrektes Verhalten, sondern um die Durchdringung der Heiligen Schrift in ihren exegetischen Enigmata und in den Wegen, die in ihr zu Christus führen. Christus ist auch im Corpus des Buchstabens dargestellt als Ziel der kontemplativen Betrachtung: „Ad te levavi animam meam“.80 Angesichts dieser Beobachtungen am ikonographischen Programm des Missale stellt sich daher die Frage: Wie sind in derselben Handschrift zum Pfingstfest der Ankunft des Heiligen Geistes oder seine heilende Kraft dargestellt?

Abb. 8: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 38 verso – 39 recto.

Im ersten Teil des liturgischen Codex (Graduale) auf folio 39 recto befindet sich der Introitus: „Spiritus domini replevit orbem terrarum alleluia et hoc quod continet omnia scientiam habet vocis […]“.81 Die Initiale S wird durch ein Fabelwesen gebildet, das in einem Kampf mit einem Juden dargestellt wird. Nur 80 Ebd., folio 10 recto, vgl. Abb. 4. 81 S. Abb. 8.

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am Rande gibt es das Bild eines Vogels. Kann dieser eventuell mit einer Taube identifiziert werden? Und so in diesem Zusammenhang als Symbol des Heiligen Geistes gelten, auch wenn sie keinen Nimbus hat? Auf die biblische Episode der Taufe Christi ist schon hingewiesen worden.82 Es wird auf jeden Fall auf eine historisierende Repräsentation des Pfingstereignisses verzichtet, sowohl hier als auch in den anderen Teilen des Missales, wo das Fest vorkommt. Auf folio 81 verso, im eigentlichen Sakramentar, ist die Initiale D nur durch vegetabile Elemente hervorgehoben. Auf folio 194 verso, im Lektionarteil, ist die Initiale S von weiteren Drúlerien bewohnt, dem Bild eines Mannes (Mönchs?) und einem Hundekopf. Es gibt jedenfalls eine bewusste Vermeidung figürlicher Motive oder biblischer Beischriften, die den Heiligen Geist evozieren könnten.83

Abb. 9: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 194 verso – 195 recto.

In der Schwesterhandschrift Ms. Rh. 29, die viele Parallelen im Aufbau und ikonographischen Programm aufweist, ist an der Parallelstelle die Initiale S sogar noch schlichter dekoriert. Und dies obwohl das Pfingstfest im Kalendar 82 Das Gefieder des Vogels ist jedenfalls ähnlich wie jenes der Taube auf folio 64 recto in ihrer Darstellung als Symbol des Hlg. Geistes (s. unten). 83 Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 194 verso – 195 recto: Abb. 9. Für eine traditionellere Ikonographie für die Pfingstszene vgl. im 13. Jahrhundert den illuminierten Psalter aus derselben Rheinauer Abtei, vielleicht in Konstanz entstanden, heute Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 167, folio 128 verso. Dazu: C. Eggenberger und M. Stähli: Der Rheinauer Psalter, S. 80 – 82.

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der Handschrift Ms. Rh. 14 als Descensio sancti spiritus bezeichnet wird.84 In einer weiteren Rheinauer liturgischen Handschrift (Ms. Rh. 80) ist die ursprüngliche narrative Komponente des Festes noch deutlicher betont: „Spiritus sanctus super apostolos“.85 Ist diese radikale Bildverweigerung oder die vorsichtige Reduzierung auf das Bild der Taube das Zeichen eines Versagens menschlicher Mittel gegenüber der Darstellbarkeit des immateriellen Geistes Gottes? Oder handelt es sich um eine gewollte Ausrichtung und Konzentration auf die genannte evangelische Episode in ihrem Offenbarungscharakter, wo der Vater Christus als seinen Sohn erklärt und der Geist über ihm erscheint? Als Präfation zum Canon missae gibt es bezeichnenderweise diese Komposition in einem Bild, das für ein Missale ungewöhnlich ist. An dieser zentralen Stelle des liturgischen Buches kommt das Bild des Heiligen Geistes als Taube sogar zweimal vor. Auf folio 64 recto beginnt die bebilderte Präfation mit den Worten „P(er omnia secula seculorum)“.86 Der Zelebrierende wird bei der Konsekration der Hostie dargestellt, und zwar in dem Moment, als er sie über den Altar hält. Wichtig sind hier die dargestellten Interventionen aus der übernatürlichen Sphäre: 1. die segnende Hand Gottes (des Vaters), die an die Worte des Canons anknüpft (hier auf folio 66 verso: „corpus et sanguinem sumpserimus omni benedictione celesti et grati repleamur“). 2. die Taube des Heiligen Geistes, die auf der Bildebene gerade die operatio divina im sakramentalen Prozess der Eucharistie visualisiert.87 Die Präsenz Christi im konsekrierten Brot und Wein realisiert außerdem einen trinitarischen Bezug in der Miniatur.

84 Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, folio 5 recto. 85 Rheinauer Liber ordinarius, hg. A. Hänggi, S. 6. 86 Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 63 verso – 64 recto: Abb. 10. Das Spektrum der theologischen Inhalte wird durch die weiteren Bilder im Canon missae erweitert, wie die Darstellung des Gekreuzigten (folio 65 recto), die an dieser Stelle typisch und in den Sakramentarien verbreitet ist. Auf folio 64 verso ist der Buchstabe V hervorgehoben; auf folio 65 recto sind unter dem Kreuz Adam und Eva dargestellt. 87 Vgl. als theoretische Grundlage die Literatur, die im Kloster vorhanden war : s. oben Anm. 7.

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Abb. 10: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 63 verso – 64 recto.

Abb. 11: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 65 verso – 66 recto.

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Durch das Medium Bild wird also die aktuelle liturgische Feier nicht nur evoziert, sondern auch in ihren tiefen theologischen Inhalten „dargelegt“. Die Erweiterung und Bestätigung dieser interpretatorischen Perspektive ergibt sich auch durch ein weiteres Bild, in dem der Vater mit dem Sohn und dem Heiligen Geist beim Einsetzen der Worte „Te igitur clementisse pater […]“ repräsentiert wird.88 Wie der Text auf der gegenüberliegenden Seite auch ausdrückt („et elevatis oculis in celum ad te deum patrem suum omnipotentem tibi gratias agens“),89 wird die trinitarische Dimension des Opfers Christi hier explizit gezeigt. Die Präsenz der Taube in beiden Bildern assoziiert das Opfer auf dem Altar mit dem Opfer Christi auf dem Kreuz als Heilsgeschehen, das in jeder Eucharistiefeier gedacht und erlebt wird. Insgesamt ist also der Heilige Geist durchaus in der Handschrift präsent, zum einem in den Texten und Gesängen des Ritus, besonders am Pfingsttag, zum anderen aber auch im Bild an prominenter Stelle und bei dem in jeder Messe wiederkehrenden Hochgebet. Was zunächst aussah wie eine Form des rätselhaften Ausweichens vor der „mimetischen“ Darstellung der Descensio des Heiligen Geistes über die Apostel, erhält nun eine tiefere Begründung: Als Folge jener Descensio ist der Heilige Geist bei geweihten kirchlichen Ämtern immer anwesend, und damit in der Kirche bei der Ausführung der Sakramente. Es sind mehr hermeneutische als ästhetische Kriterien, die diese ,Verschiebung der Aufmerksamkeit‘ hervorgerufen haben. Vergleichbares ist letztendlich auch beim Weihnachtszyklus festzustellen, wo keine Szene der Geburt Christi, keine Hirten oder Magier das Bildprogramm prägen, sondern die höheren und prozesshaften Stufen der meditativen Erschließung der Schrift in den Bildern und Texten der Propheten anhand der typologischen Methode. Dies wiederholt sich auch bei den Messgebeten für die Weihnachtsvigil: Dort findet sich das Bild Christi – als Erwachsener – der die Worte des Psalmes verkündet: „Propter miseriam inopum et gemitum pauperum nunc exur[gam]“ (Ps 12, 6).90 Dies stellt eine deutliche aktuelle Antwort Christi auf die jährliche Erwartung der Gläubigen dar („redemptionis annua expectatio“), wie der Text der Oratio lautet. Auch hier ist also das Heilsmysterium in dem gegenwärtigen Gottesdienst verankert und aus diesem mit allen Mitteln des Intellektes deklinierbar. Das Thema „Heiliger Geist“ in liturgischen Quellen des Mittelalters ermöglichte es, viele unterschiedliche Aspekte der historischen Wahrnehmung, rituellen Umsetzung oder kirchlichen Verkündigung wichtiger theologischer Inhalte zu beobachten. Dabei zeigte sich auch das Spezifische der liturgischen Quellen, das nicht nur in ihrer Vielfalt und ihren historischen Entwicklungs88 Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, folio 65 verso: Abb. 11. 89 Ebd., folio 66 recto. 90 Ebd., folio 67 recto.

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formen besteht, sondern auch in der Natur der liturgischen Feier selbst, die zum einen auf einem festen System gegebener Referenzen basiert, zum anderen lebendige und ausdrucksreiche Interaktion mit dem Auferstandenen in der Gegenwart der Kirche ist. Wie Isidor von Sevilla formulierte: „Propter mysterium sacramenti quod Christianis celebrare praecepit, ut non secundum Aaron pecudum victimas, sed oblationem panis et vini, id est, corporis et sanguinis eius sacramentum, in sacrificium offeramus.“91

Bibliographie Abbildungen Abb. 1: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 78 Weiss., folio 34 verso. Abb. 2: Halberstadt, Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt, Domschatz zu Halberstadt, Inv.-Nr. 494, folio 109 recto. Abb. 3: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 29, pagina 144. Abb. 4: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 9 verso – 10 recto. Abb. 5: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 12 verso – 13 recto. Abb. 6: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 119 verso – 120 recto. Abb. 7: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 121 verso – 122 recto. Abb. 8: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 38 verso – 39 recto. Abb. 9: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 194 verso – 195 recto. Abb. 10: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 63 verso – 64 recto. Abb. 11: Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 14, foliis 65 verso – 66 recto.

Primärliteratur Das ambrosianische Sakramentar von Biasca. Die Handschrift Mailand Ambrosiana A 24 bis inf., Bd. 1: Text, hg. Odilo Heiming [Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen 51; Corpus Ambrosiano-liturgicum 2], Münster 1969. Ambrosius Mediolanensis: De Spiritu Sancto libri tres. De incarnationis dominicae sacramento, ed. Otto FALLER, Wien 1964 [Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum 79]. Ambrosius Mediolanensis: Expositio psalmi CXVIII, hg. Michael Petschenig und Michaela Zelzer [Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum 62], Wien 2. Auflage 1999. Ambrosius Mediolanensis: Explanatio symboli. De sacramentis. De mysteriis. De paenitentia. De excessu fratris. De obitu Valentiniani. De obitu Theodosii, hg. Otto Faller [Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum 73], Wien 1955.

91 Isidorus: Mysticorum expositiones sacramentorum, in: PL 83, Sp. 243.

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Tobias Georges

Der Heilige Geist als Liebe bei Petrus Lombardus und Luther: Gottes Liebe zum Menschen und des Menschen Liebe zu Gott in der augustinischen Tradition

Die „Liebe“ ist ein Zentralbegriff christlicher Theologie: Wird mit ihr doch in 1 Joh 4, 16 Gottes Wesen benannt, wenn da steht „Gott ist die Liebe“, und lautet Jesu Antwort auf die Frage nach dem höchsten Gebot: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, und von ganzem Gemüt […]. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (Mt 22, 37 – 39 par.).“ Dieser Liebesbegriff nun weist grundlegende Bezüge zum Terminus „conceptio“ auf: Das „concipere“ beinhaltet, auf den Menschen angewandt, eine passive und eine aktive Dimension, einerseits das menschliche Empfangen, andererseits sein Erfassen und Ersinnen. Die Liebe steht ihrerseits für die Liebe Gottes, die der Mensch empfängt, und zugleich für die Liebe, die der Mensch seinen Mitmenschen und Gott entgegenbringt. Im Lateinischen werden beide Dimensionen mit der „dilectio dei“ benannt, und bei jeder Verwendung dieser Wortverbindung stellt sich die spannende Frage, ob da ein Genitivus subiectivus oder obiectivus vorliegt. Aus der Perspektive christlicher Theologie beinhaltet die Liebe aber nicht nur diese beiden Dimensionen, sie steht zudem in sehr engem Bezug zum Geist. Denn neben der benannten Wesensbezeichnung Gottes als „Liebe“ begegnet in Joh 4, 24 auch die Identifizierung „Gott ist Geist“. Vor diesem Hintergrund wird die bedeutende Rolle verständlich, welche die Verhältnisbestimmung zwischen dem göttlichen Geist bzw. dem Heiligen Geist und der Liebe in der Theologiegeschichte spielt.1 Ich werde meinen Blick auf die augustinische Tradition richten, welche die lateinische Kirche im Mittelalter enorm geprägt hat,2 und an zwei prominenten Punkten fragen, wie dort das Verhältnis zwischen dem Heiligen Geist, der Liebe Gottes zum Menschen und der Liebe des Menschen zu Gott bestimmt wird.

1 S. hierzu P.W. Rosemann: Peter Lombard, S. 88 – 90. 2 S. hierzu G. Leff: „Augustin/Augustinismus“.

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An erster Stelle werde ich mich Petrus Lombardus (ca. 1095 – 1160) widmen:3 Seine Sentenzen, in denen er Zitate der „Kirchenväter“ – und eben vor allem des Augustinus – zusammenstellt, erklärt und damit seiner Nachwelt vermittelt, waren das Standardwerk, welches angehende Kleriker im Mittelalter studieren mussten4 – bis ins 16. Jahrhundert: Auch Martin Luther (1483 – 1546), seines Zeichens Augustinermönch, beschäftigte sich in seinen jungen Jahren intensiv mit diesem Werk, wie seine Randbemerkungen zu den Sentenzen belegen.5 Daher werde ich an zweiter Stelle Luthers Anmerkungen fokussieren, in denen er sich mit den Ausführungen des Lombarden zum Heiligen Geistes und zur Liebe befasst; daran will ich zeigen, wie präsent die augustinische Tradition zu Luthers Zeit war und in welcher spezifischen Weise sie es bei ihm war. Petrus Lombardus widmet sich dem Heiligen Geist speziell in Sententiae, liber I, distinctiones 10 – 186 – innerhalb der Darlegung des christlichen Verständnisses des dreieinigen Gottes, die das ganze erste Buch des Werkes umfasst, das sich insgesamt aus vier Büchern zusammensetzt. In Sententiae, liber I, distinctio 10 leitet Petrus das Thema „Heiliger Geist“ gleich mit dem Grundsatz ein „Quod Spiritus Sanctus sit amor Patris et Filii“, dass also der Heilige Geist die Liebe des Vaters und des Sohnes ist. Der Heilige Geist ist laut Petrus, der sich dafür natürlich auf Väterautoritäten und speziell Augustinus beruft, selbst die göttliche Liebe. In welchem Bezug zur menschlichen Liebe der Lombarde diese göttliche Liebe sieht, führt er in Sententiae, liber I, distinctio 17 aus.7 Diesen Abschnitt gilt es nun, etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Petrus Lombardus lenkt die Aufmerksamkeit hier auf die „unsichtbare Sendung des Heiligen Geistes in die Herzen der Gläubigen“.8 Er will wissen, „worin diese Sendung oder Schenkung besteht oder wie sie geschieht“.9 Zum besseren Verständnis seiner Darlegungen schickt er folgende Erklärung voraus, in der

3 S. zu Petrus Lombardus und seinen Sentenzen P.W. Rosemann: Peter Lombard; ders.: Peter Lombard’s Sentences; M.L. Colish: Peter Lombard. 4 S. hierzu V. Leppin: Martin Luther, S. 53 f.; L. Hödl: „Petrus Lombardus“. 5 S. zu Luther und seinen Randbemerkungen zu den Sentenzen V. Leppin: Martin Luther, S. 53 – 56; T. Kaufmann: Martin Luther, S. 35; J. Wieneke: Luther und Petrus Lombardus. 6 S. zu diesen Ausführungen und ihrem systematischen Ort innerhalb der Sentenzen M.A. Schmidt: „Dogma und Lehre im Abendland“. 7 S. zu diesem Abschnitt aus den Sentenzen P.W. Roseman: „Peter Lombard’s Thesis on Charity“; A.M. Landgraf: Dogmengeschichte. 8 „Iam nunc accedamus ad assignandam missionem Spiritus Sancti qua invisibiliter mittitur in corda fidelium.“ Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 1.1. Die Sentenzen werden hier zitiert nach P. Lombardus: Sententiae. Die Übersetzungen – auch zu Luthers Randbemerkungen – sind meine eigenen. 9 „Sed quae sit ista missio sive donatio, vel quomodo fiat, considerandum est.“ Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 1.1.

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wesentliche Aspekte der Antwort freilich schon enthalten sind:10 „Oben ist ja schon gesagt und mit heiligen Autoritäten gezeigt worden, dass der Heilige Geist die Liebe [amor] des Vaters und des Sohnes ist, mit der sie sich gegenseitig sowie uns lieben.“11 Auf diese Rekapitualtion von Sententiae, liber I, distinctio 10 lässt Petrus nun als Erläuterung die Kernaussage folgen: „Dem ist hinzuzufügen, dass derselbe Heilige Geist selber amor oder caritas ist, mit der wir Gott und den Nächsten lieben; wenn diese Liebe [caritas] so in uns ist, dass sie uns Gott und den Nächsten lieben lässt, dann sagt man, der Heilige Geist werde uns gesandt oder geschenkt; und wer die Liebe selbst liebt, mit der er den Nächsten liebt, liebt darin selbst Gott, weil Gott die Liebe selbst, d. h. der Heilige Geist, ist.“12

Die Ausgangsfrage, „worin die Sendung des Heiligen Geistes besteht“, ist in dieser Vorbemerkung eigentlich schon beantwortet: Man sagt, der Heilige Geist werde gesandt, wenn die caritas Gottes so im Menschen ist, dass sie ihn Gott und den Nächsten lieben macht. Das Bemerkenswerte dieser Überzeugung des Lombarden ist, dass er nicht nur die von Gott ausgehende Liebe mit dem Heiligen Geist identifiziert, sondern auch die im Menschen wirksame Liebe, mit welcher der Mensch seinen Nächsten und Gott liebt.13 Denn die menschliche Liebe und der Heilige Geist werden hier in einer Weise in eins gesehen, die es schwierig macht, zwischen dem Wirken Gottes und dem des Menschen im Blick auf die Liebe zu differenzieren – diese Sichtweise war, wie weiter unten noch näher zu beleuchten ist, schon für einige Zeitgenossen des Petrus Lombardus anstößig. Dass eine solche Interpretation des Lombarden nicht übers Ziel hinausschießt, beweisen auch seine folgenden Ausführungen, in denen er seine Vorbemerkung bekräftigt. Petrus ist zunächst wieder bestrebt, seine Sichtweise in die Vätertradition zu stellen und verweist dafür – wie so oft – auf Augustinus. Er zitiert aus dessen Werk De Trinitate – Petrus’ Ausführungen zum Heiligen Geist lesen sich insgesamt auf weiten Strecken wie ein Kommentar zu dieser Schrift. In De Trinitate 8,7 findet Petrus die suggestive Frage des Augustinus: „ […] wer voll der Liebe 10 „Hoc autem ut intelligibilius doceri ac plenius perspici valeat, praemittendum est quiddam ad hoc valde necessarium.“ Ebd., capitulum 1.2. 11 „Dictum quidem est supra et sacris auctoritatibus ostensum quod Spiritus Sanctus amor est Patris et Filii, quo se invicem amant et nos.“ Ebd. 12 „His autem addendum est quod ipse idem Spiritus Sanctus est amor sive caritas, qua nos diligimus Deum et proximum; quae caritas cum ita est in nobis ut nos faciat diligere Deum et proximum, tunc Spiritus Sanctus dicitur mitti vel dari nobis; et qui diligit ipsam dilectionem qua diligit proximum, in eo ipso Deum diligit, quia ipsa dilectio Deus est, id est Spiritus Sanctus.“ Ebd. 13 S. zur Einbettung dieses stark von Augustin geprägten Liebesverständnisses in der Zeit eines Bernhard von Clairvaux und eines Peter Abaelard: B. Hamm: „Von der Gottesliebe des Mittelalters“, S. 3 – 9; A. Rydstrøm-Poulsen: The gracious God, S. 380 – 391.

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[dilectione] ist, wessen ist der voll, wenn nicht Gottes?“14, und in De Trinitate 8,12 die Erklärung, dass „die brüderliche Liebe selbst (denn die brüderliche Liebe [dilectio] ist es, mit der wir einander lieben) nicht nur aus Gott ist, sondern überdies Gott ist.“15 In der Tat identifiziert auch Augustin hier die „dilectio, qua diligimus“, also die im Menschen wirksame Liebe, mit Gott. Noch nicht genannt wird hier jedoch die Gleichsetzung der brüderlichen Liebe des Menschen mit dem Heiligen Geist. Um diese mit der Autorität des Augustinus zu untermauern, verweist Petrus im Folgenden darauf, dass sich die Identifikation Gottes mit der brüderlichen Liebe innerhalb der göttlichen Trinität nicht auf den Vater oder Sohn, sondern auf den Heiligen Geist bezöge:16 Augustinus frage in De Trinitate 15 (15,19) doch: „Wenn unter Gottes Gaben keine größer ist als die Liebe [caritate], und keine Gabe Gottes größer ist als der Heilige Geist, was ist dann folgerichtiger, als dass er selbst die Liebe ist, von der gesagt wird, sie sei Gott und aus Gott?“17 Angesichts der Ausführungen Augustins steht für Petrus Lombardus fest: Der Heilige Geist ist die Liebe, mit welcher der Mensch Gott und den Nächsten liebt.18 Um an dieser Gleichsetzung keine Zweifel aufkommen zu lassen, grenzt Petrus schließlich die biblische Aussage „Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4, 16) ab von der biblischen Rede von Gott als „unsere[r] Hoffnung oder Geduld“:19 Während letztere nur zum Ausdruck bringe, dass die menschliche Hoffnung und Geduld in Gott ihren Grund haben, von ihm ausgehen, aber nicht, dass Gott selber mit dieser patientia und spes verschmelze, gehe die menschliche caritas nicht nur von Gott aus, sondern er sei sie selber. Für diese Klarstellung beruft sich Petrus wieder ausführlich auf Augustins De Trinitate (15,17).20

14 „[…] et quo nisi Deo plenus est, qui plenus est dilectione?“ Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 1.3. 15 „Ista contextio satis aperte declarat eandem ipsam fraternam dilectionem (nam fraterna dilectio est qua diligimus invicem) non solum ex Deo, sed etiam Deum esse, tanta auctoritate […] praedicari.“ Ebd., capitulum 1.4. Augustinus beruft sich hier seinerseits auf 1 Joh 4, 7 f. 16 Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 2. 17 „Si in donis Dei nihil maius est caritate, et nullum est maius donum Dei quam Spiritus Sancti, quid consequentius est quam ut ipse sit caritas quae dicitur et Deus et ex Deo?“ Ebd., capitulum 2. 18 S. Ebd.: „Ex his apparet quod Spiritus Sanctus caritas est.“ Vgl. auch (oder Ähnliches) ebd., capitulum 3: „Ex praedictis clarescit quod Spiritus Sanctus caritas est qua diligimus Deum et proximum.“ 19 Ebd.: „Sed ne forte aliquis dicat illud dictum esse per expressionem causae, Deus caritas est, eo scilicet quod caritas sit ex Deo, et non sit ipse Deus, sicut dicitur Deus nostra patientia et spes […].“ („Aber damit nicht vielleicht jemand sagt, dass jenes – Gott ist die Liebe – gesagt wird, um die Ursache auszudrücken, aus dem Grund, weil die Liebe aus Gott ist, und nicht, weil sie selbst Gott ist, so, wie Gott auch unsere Geduld und unsere Hoffnung genannt wird […].“) 20 Ebd.

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Nach dieser ausführlichen Entfaltung der Vorbemerkung21 kann die Ausgangsfrage, wie die „Sendung oder Schenkung“ des Heiligen Geistes „geschieht“ (Sententiae, liber I, distinctio 17, capitula 1.2; 3; 4.1), noch einmal klar beantwortet werden – durch Wiederholung des in der Vorbemerkung Gesagten: „Dann sagt man, er [der Heilige Geist] werde gesandt oder geschenkt, wenn er so in uns ist, dass er uns Gott und den Nächsten lieben lässt, wodurch wir in Gott bleiben und Gott in uns.“22 Diese göttliche Gabe preist Petrus im Folgenden wiederum mit ausführlichen Zitaten aus De Trinitate (15,17 f.).23 Dabei wird zum einen die Prägekraft deutlich, welche die Worte aus Röm 5, 5 für Augustins Verständnis der Liebe als Geschenk Gottes haben – und wohl auch für das des Petrus Lombardus24 : „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unseren Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“25 Zum anderen wird ersichtlich, dass Augustin diese Ausgießung der Liebe trinitarisch eingebettet sieht: In seinen Augen nimmt mit der Liebe, die er speziell dem Heiligen Geist zuschreibt, die ganze göttliche Dreieinigkeit Wohnung im Menschen.26 Angesichts Petrus’ Identifikation der im Menschen tätigen Liebe mit dem Heiligen Geist stellt sich freilich die Frage, wie Zu- und Abnahme der Liebe im Menschen zu bewerten sind: „[…] wenn sie [die Liebe] im Menschen zu- oder abnimmt“ – wie die Menschen in sich ja beobachten können – muss man dann

21 S. zum Sachverhalt, dass die Ausführungen bis zum Ende von capitulum 3 als Vorbemerkung gedacht sind, auch den Abschluss dieser Vorbemerkung ebd.: „Ex praedictis clarescit quod Spiritus Sanctus caritas est qua diligimus Deum et proximum; unde facilius est nobis ostendere quomodo Spiritus Sanctus mittatur sive detur nobis.“ („Aus dem vorher Gesagten geht hervor, dass der Heilige Geist die Liebe ist, mit der wir Gott und den Nächsten lieben; von daher fällt es uns leichter zu zeigen, wie der Heilige Geist uns gesandt oder geschenkt wird.“) Dieser Abschluss bildet mit dem Anfang in ebd., capitulum 1.2 eine Klammer. 22 „Tunc enim mitti vel dari dicitur [Spiritus Sanctus], cum ita in nobis est ut faciat nos diligere Deum et proximum, perquod manemus in Deo et Deus in nobis.“ Ebd., capitulum 4.1. 23 Ebd., capitulum 4.2. 24 Die Prägekraft für Petrus Lombardus ist nicht nur daran ersichtlich, dass er Augustins Zitat von Röm 5, 5 anführt. Am Beginn von Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 6.1 formuliert er sein Verständnis des Heiligen Geistes als der im Menschen tätigen Liebe mit dem Vokabular aus Röm 5, 5 (die Hervorhebungen im Zitat stammen von mir): „Supra dictum est quod Spiritus Sanctus […] ipse idem est caritas quae diffunditur in cordibus nostris ad diligendum Deum et proximum.“ („Oben ist gesagt worden, dass der Heilige Geist … selbst eben die Liebe ist, die in unseren Herzen ausgegossen wird zur Liebe Gottes und des Nächsten.“) Vgl. auch Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 6.2 und 4. 25 In Ebd., capitulum 4.2, zitiert aus De Trinitate 15,17: „Dilectio Dei diffusa est in cordibus nostris per Spiritum Sanctum qui datus est nobis.“ 26 Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 4.2: „Dilectio igitur quae ex Deo est et Deus, proprie Spiritus Sanctus est, per quem diffunditur in cordibus nostris Deus caritas, per quam nos tota inhabitet Trinitas.“ („Die Liebe also, die von Gott kommt und Gott ist, ist im eigentlichen Sinn der Heilige Geist, durch den die Liebe in unseren Herzen ausgegossen wird, durch die uns die ganze Trinität inne wohnt.“)

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„zugestehen, dass der Heilige Geist im Menschen zu- oder abnimmt?“27 Der Lombarde ist sich dieser Problematik bewusst, wie die ausdrückliche Behandlung dieser Frage zeigt.28 Der Heilige Geist ist für ihn freilich unwandelbar, einer Zu- oder Abnahme muss Petrus wehren. Das erreicht er, indem er die Zu- oder Abnahme nicht auf den Heiligen Geist bezieht, sondern auf die Intensität, in welcher der Mensch den Geist empfängt: Der Geist ist immer in vollem Maße die Liebe, der Mensch kann diese Liebe aber in höherem oder niedrigerem Maße empfangen und haben, und folglich gibt es ein Mehr oder Weniger, eine Zu- oder Abnahme der Liebe, aber nur im Blick auf den Menschen.29 Für diese Position beruft Petrus sich wieder auf die Autorität der Kirchenväter und zitiert erneut mehrere Augustinpassagen.30 Mit dieser Tradition unterstreicht er die kategorische Trennung zwischen Mensch und Gott, dennoch oder gerade auf ihrer Grundlage hält er fest: Die im Menschen tätige Liebe ist als solche unteilbar und identisch mit dem Heiligen Geist. So sehr Petrus Lombardus in der augustinischen Tradition steht, die seine ganze Zeit prägt,31 so wenig selbstverständlich ist doch zu seiner Zeit die Auffassung, der Heilige Geist sei selber die Liebe, mit welcher der Mensch Gott und den Nächsten liebt32 – diese Auffassung, der gemäß in der „dilectio dei“ der Genitivus subiectivus und der Genitivus obiectivus, also die Liebe Gottes zum Menschen und die Liebe des Menschen zu Gott verschmelzen, so dass die eben erwähnte Unterscheidung zwischen göttlicher und menschlicher Liebe, die für die Tradition der Kirchenväter so bestimmend war, kaum mehr greifbar ist. Petrus offenbart selber, dass er mit dieser Ansicht Widerspruch geerntet hat, und setzt sich im letzten Drittel von distinctio 17 mit seinen Opponenten auseinander.33 Er stellt zunächst klar, dass die erste Hälfte seines Verständnisses des Heiligen Geistes als Liebe von seinen Mitchristen geteilt wird, die andere hin27 „Hic quaeritur, si caritas Spiritus Sanctus est, cum ipsa augeatur et minuatur in homine, et magis et minus per diversa tempora habeatur, utrum concedendum sit quod Spiritus Sanctus augeatur vel minuatur in homine, et magis vel minus habeatur.“ („Hier wird gefragt, wenn die Liebe der Heilige Geist ist, ob, da sie ja im Menschen vermehrt und vermindert wird und zu verschiedenen Zeiten für mehr und weniger gilt, ob zuzugestehen sei, dass der Heilige Geist im Menschen vermehrt oder vermindert werde und für mehr oder weniger gelte.“) Ebd., capitulum 5.1. 28 S. ebd., capitulum 5. 29 S. ebd., capitulum 5.3 f., speziell folgende Worte: „[…] Spiritus Sanctus sive caritas penitus immutabilis est, nec in se augetur vel minuitur, vel nec in se recipit magis vel minus, sed in homine vel potius homini augetur et minuitur, et magis vel minus datur vel habetur.“ 30 S. ebd., capitulum 5.5 – 8. 31 S. hierzu G. Leff: „Augustin/Augustinismus“, S. 699 f. 32 S. zu den zeitgenössischen Opponenten des Lombarden – insbesondere Denker, die der „Porretanerschule“ zugerechnet werden, wandten sich gegen ihn – A.M. Landgraf: Dogmengeschichte, S. 228 – 237; A. Rydstrøm-Poulsen: The gracious God, S. 435 – 466. 33 S. Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 6.

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gegen nicht: Alle „catholici“, also alle rechtgläubigen Christen, „erkennen an, […] dass der Heilige Geist die Liebe [caritas] des Vaters und des Sohnes ist; dass aber er selbst eben die Liebe [caritas] ist, mit der wir Gott und den Nächsten lieben, wird von den meisten abgestritten.“34 Petrus nennt sogleich die Begründung für diese Ablehnung: „Sie sagen nämlich: Wenn der Heilige Geist die Liebe [caritas] des Vaters und des Sohnes sowie unsere Liebe ist, ist es folglich dieselbe Liebe, mit der Gott uns liebt und mit der wir ihn lieben. Das scheinen die heiligen Väterautoritäten aber abzustreiten.“35 Die kategorische Trennung zwischen Gott und Mensch, die Petrus selber kurz zuvor bezeugt hat, spricht also in den Augen der Mehrzahl seiner Zeitgenossen dagegen, mit dem Heiligen Geist sowohl die von Gott zum Menschen ausgehende Liebesmacht als auch die vom Menschen zu Gott gerichtete Liebesdynamik zu benennen: Da der Heilige Geist schon die Liebe Gottes zum Menschen ist, kann er nicht zugleich die Liebe des Menschen zu Gott sein. Für diesen grundsätzlichen Einwand sieht Petrus bei seinen Widersachern drei Argumente, mit denen er sich eins nach dem anderen auseinandersetzt36 – dabei präzisiert er freilich sein eigenes Verständnis des Heiligen Geistes als Liebe. Das erste Gegenargument lautet: Die Väterautoritäten bzw. der hier wieder ausschließlich zitierte Augustinus ließen selber eine Trennung zwischen der Liebe Gottes zum Menschen und der Liebe des Menschen zu Gott erkennen.37 Petrus hält dem entgegen: „Mit diesen Worten [den von der Gegenseite angeführten Augustinzitaten, in denen dieser Schriftzitate auslegt] wird die Liebe [caritas], mit der Gott liebt, von der, mit der wir lieben, nicht getrennt, noch als getrennt erwiesen, sondern, da es ein und dieselbe Liebe ist und sie selbst Liebe Gottes [Dei caritas] genannt wird, wird mit diesen Worten vielmehr gezeigt, dass sie aus unterschiedlichen Ursachen und Gründen in der Schrift als ,Liebe Gottes‘ bezeichnet wird. Sie wird nämlich ,Liebe Gottes‘ genannt, entweder, weil Gott mit ihr uns liebt, oder, weil er mit ihr macht, dass wir ihn lieben.“38

Der Lombarde unterscheidet also die Verortung oder die Relationsrichtung, in der die Liebe wirkt: von Gott zum Menschen oder umgekehrt. Er besteht aber 34 „Horum alterum omnes catholici concedunt, scilicet quod Spiritus Sanctus sit caritas Patris et Filii; quod autem ipse idem sit caritas qua diligimus Deum et proximum, a plerisque negatur.“ Ebd. 35 „Dicunt enim: Si Spiritus Sanctus caritas Patris et Filii et nostra est, eadem ergo caritas est qua diligit nos et qua nos diligimus eum. Hoc autem Sanctorum auctoritates negare videntur.“ Ebd. 36 Ebd., capitulum 6.2 – 9. 37 Ebd., capitulum 6.2 f. 38 „His verbis non dividitur, nec divisa ostenditur caritas qua Deus diligit ab ea qua nos diligimus, sed potius, cum sit una et eadem caritas, et dicatur ipsa Dei caritas, diversis de causis et rationibus ,Dei caritas‘ in Scriptura ostenditur. Dicitur enim ,Dei caritas‘ vel quia ea Deus diligit nos, vel quia nos ea sui dilectores facit.“ Ebd., capitulum 6.4.

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darauf, dass es ein und dieselbe göttliche Liebe bzw. der Heilige Geist ist, die von Gott ausgeht und auch im Menschen tätig ist – und natürlich sieht sich auch Petrus darin von Augustinus bestätigt. Das zweite Gegenargument ist zügig abgetan:39 Die Gegner behaupteten – wiederum unter Berufung auf Augustinus –, die Liebe gehe zwar vom Heiligen Geist aus, sei aber nicht zugleich dieser selbst, ganz wie der Glaube. Petrus erwidert: Die Liebe ist nicht nur vom Heiligen Geist ausgehendes Geschenk, sondern sie ist zugleich dieser selbst, im Gegensatz zum Glauben – wie auch zur Geduld und zur Hoffnung, von denen Petrus schon früher in distinctio 17 gesprochen hat (vgl. capitulum 3): Wie diese ist der Glaube Geschenk Gottes, nicht jedoch der Schenkende selbst. Das dritte Gegenargument operiert mit einer in distinctio 17 bisher ungenannten begrifflichen Fassung der Liebe, welche die caritas als innermenschliches Phänomen zu beschreiben sucht und dabei erneut auf deren Veränderlichkeit abhebt (vgl. capitulum 5): Die Widersacher erachteten die Liebe (caritas) als „eine geistige Gestimmtheit [affectio mentis] und eine seelische Bewegung [motus animi]“ – und beriefen sich damit erneut auf Augustinus. Vor diesem Hintergrund argumentierten sie: „Der Heilige Geist ist aber keine seelische Gestimmtheit [affectio animi] oder geistige Bewegung [motus mentis], weil der Heilige Geist unveränderlich und ungeschaffen ist; also ist er nicht die Liebe [caritas].“40 Diesem Einwand hält Petrus entgegen: „So wird die caritas als seelische Bewegung bezeichnet: nicht weil sie selbst eine seelische Bewegung oder Gestimmtheit oder Tugend wäre; sondern weil der Geist [des Menschen: die mens] durch sie, als wäre sie eine Tugend, gestimmt und bewegt wird.“41 Wie er die Zu- und Abnahme menschlicher Liebe durch die Intensität erklärt hat, in der Menschen an der unveränderlichen göttlichen Liebe teilhaben (vgl. capitulum 5), so beschreibt er hier die Veränderungen, die in mens und animus eines liebenden Menschen zu verzeichnen sind, als Wirkungen der einen Liebe und unterscheidet Geist und Seele des Menschen dabei von der Liebe selbst. Auf diese Weise kann er an der Einheit und Unveränderlichkeit der Liebe und an der Gleichsetzung der im Menschen tätigen Liebe zu Gott mit der Liebe Gottes und mit dem Heiligen Geist festhalten. Für Petrus Lombardus ist die Antwort auf die Ausgangsfrage in distinctio 17, worin die unsichtbare Sendung des Heiligen Geistes bestehe, damit abschließend und im Sinne der ausführlichen Vorbe39 Ebd., capitulum 6.5. 40 „Alias quoque inducunt rationes ad idem ostendendum, scilicet quod caritas non sit Spiritus Sanctus, quia caritas affectio mentis est et motus animi. Spiritus Sanctus vero non est affectio animi vel motus mentis, quia Spiritus Sanctus immutabilis est et increatus; non est ergo caritas.“ Ebd., capitulum 6.6. 41 „Sic ergo caritas dicitur motus animi: non quod ipsa sit motus vel affectio vel virtus animi; sed quia per eam, quasi esset virtus, afficitur mens et movetur.“ Ebd., capitulum 6.7.

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merkung bestätigt:42 eben darin, dass der Heilige Geist im Menschen die Liebe zu Gott und seinen Nächsten wirkt. Wie schon gesagt, Petrus’ Sentenzen avancierten im Mittelalter zu dem Standardwerk für Kleriker. Sein Verständnis des Heiligen Geistes als im Menschen tätiger Liebe hat jedoch deutlichen Widerspruch gefunden, wie seine eigene Auseinandersetzung ja schon erkennen lässt, und hat sich langfristig nicht als mehrheitsfähig erwiesen – das lässt sich in vielen Lehrbüchern der Theologie- und Kirchengeschichte nachlesen.43 Daran wird natürlich wiederum die nicht unbedeutende Rolle dieses Streitpunktes ablesbar. Angesichts der Prägekraft seines Werkes und dessen Augustinus-Interpretation fragt sich aber dennoch, welchen Widerhall seine Ansichten noch zur Zeit Luthers hatten. Erfreulicherweise ist die Aufnahme, welche die Ausführungen des Petrus Lombardus bei Luther fanden, in den Quellen gut greifbar : Luther hat selber in seinen jungen Jahren, in der Zeit zwischen 1509 und 1511 – also noch vor der sogenannten „reformatorischen Wende“44 – an der theologischen Fakultät Erfurt Vorlesungen zu den Sentenzen gehalten und in diesem Zusammenhang Randbemerkungen zu den Sentenzen angefertigt, die uns erhalten sind45 – sie reichen von kurzen Notizen, so z. B. Stellenangaben aus der Heiligen Schrift oder aus Werken der Kirchenväter, bis zu ausführlicheren Kommentierungen einzelner von Petrus aufgeworfener Fragestellungen. Wie Petrus Lombardus stand auch Luther in der augustinischen Tradition. Es ist bezeichnend, dass Luther zur gleichen Zeit in Erfurt auch Randbemerkungen zu Schriften Augustins anfertigte.46 Im Blick auf die Wirkung, welche die Ansichten des Lombarden auf Luther hatten, ist wohl damit zu rechnen, dass diese umfangreicher war, als es allein anhand Luthers Randbemerkungen zu den Sentenzen ersichtlich wird. Luthers direkte Stellungnahme zu den einzelnen Lehren des Petrus, und für unsere Interessen speziell zum Heiligen Geist, wird aus den Randbemerkungen aber in 42 Auf Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 6.7 folgt nur noch der Abschnitt Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 6.8, dessen Ursprünglichkeit fraglich ist, sowie die abschließenden Bemerkungen in ebd., capitulum 6.9. Dort hält Petrus fest, dass die caritas in der Tat der Heilige Geist ist, beruft sich ein weiteres Mal auf Augustin und betont noch einmal die Besonderheit, dass die caritas bzw. der Heilige Geist sowohl Gottes Geschenk als auch Gott selber ist. 43 S. z. B. R. Seeberg: Lehrbuch der Dogmengeschichte, S. 202¢340; W.-D. Hauschild: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, S. 589. 44 S. zur sogenannten „reformatorischen Wende“ und zur Problematik ihrer Datierung V. Leppin: Martin Luther, S. 107 – 117; W.-D. Hauschild: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 2, S. 273 – 284. Sie wird in jedem Falle erst nach Luthers Zeit in Erfurt angesetzt. 45 S. hierzu M. Luther : Erfurter Annotationen, S. XV – CXLIV; V. Leppin: Martin Luther, S. 53 f.; M. Luther : Werke, Weimarer Ausgabe, Bd. 9, S. 28 f. 46 M. Luther : Erfurter Annotationen, S. 153 – 249 und 564 – 646.

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vortrefflicher Weise erschließbar, und so legt es sich nahe, sie etwas genauer zu untersuchen. Wie geht Luther auf Petrus’ Verständnis des Heiligen Geistes als Liebe ein, was merkt er zu Sententiae, liber I, distinctio 17 an?47 Betrachtet man zunächst allein den Umfang der Anmerkungen zu distinctio 1748 und vergleicht ihn mit dem anderer Anmerkungen, so fällt deutlich auf, dass die Notizen zu distinctio 17 den umfangreicheren ihrer Art zuzurechnen sind: Während Luther sich bei manchen Distinktionen mit wenigen oder nur einer einzigen Randnotiz begnügt,49 hat er zu distinctio 17 mehr zu sagen. Er scheint dem Inhalt dieses Abschnitts also gesteigertes Interesse entgegengebracht zu haben. Ein näherer Blick auf die einzelnen Anmerkungen zeigt, dass Luther distinctio 17 grob in drei Teile untergliedert:50 Den ersten Teil bilden Petrus’ ausführliche Vorbemerkungen, den zweiten seine Darlegungen, worin die unsichtbare Sendung des Heiligen Geistes bestehe, und den dritten Teil Petrus’ Auseinandersetzung mit den Gegenstimmen. Luther befasst sich in der ersten Hälfte seiner Kommentierungen zu distinctio 17 mit Petrus’ erstem Teil, den Vorbemerkungen. Die hier vorfindlichen Bemerkungen bestehen hauptsächlich aus kurzen Einzelnotizen, die dem besseren Verständnis der Ausführungen des Petrus dienen. So präzisiert Luther die Stellen aus Augustins De Trinitate, auf welche der Lombarde verweist,51 oder erläutert den genaueren Sinn einzelner Begriffe oder Aussagen. Besondere Betonung erfährt in diesem Zusammenhang die Unterscheidung formaliter – efficienter,52 die Luther aus der scholastischen Tradition nach Petrus Lombardus übernimmt und auf dessen Liebesverständnis anwendet:53 Wird von der Liebe „efficienter“ gesprochen, so ist ihre Wirkursache im Blick, nämlich Gott, betrachtet man sie „formaliter“, so ist ihr Handlungssubjekt, nämlich der Mensch im Blick. Wenn also der von Petrus zitierte Augustinus sagt, „Umarme 47 Kommentare zu Luthers Randbemerkungen zu Sententiae, liber I, distinctio 17 finden sich auch bei J. Wieneke: Luther und Petrus Lombardus, S. 155 – 157; R. Saarinen: „Zur Wirkungsgeschichte von 1. Sent. dist 17“; R. Schwarz: Fides, Spes und Caritas, S. 12 – 40; Paul Vignaux: Luther, S. 28 – 32 und 39 – 44. Dabei werden jeweils vornehmlich einzelne Aspekte der Randbemerkungen fokussiert, ihre Gesamtheit kommt kaum in der Zusammenschau zum Zug. 48 M. Luther : Erfurter Annotationen, S. 316 – 325. 49 S. z. B. zu distinctio 14 ebd., S. 309. 50 S. ebd., S. 321: „2a pars … Tercia pars“, sowie ebd., S. 325: „In primo pre˛mittit: Quid sit Charitas. In Secundo ponit intentum scil. quomodo mittatur s[piritus]sanctus invisibiliter. In tertio opponit contra primam partem et solvit.“ 51 So zu „Augustinus in VIII libro De Trinitate“: „c. 8 et penultimo“, und zu „Augustinus in libro XV De Trinitate“: „XIX“. M. Luther : Erfurter Annotationen, S. 316 und 318. 52 S. ebd., S. 316 f. 53 S. hierzu R. Saarinen: „Zur Wirkungsgeschichte von 1. Sent. dist. 17“, S. 189 – 191, und R. Schwarz: Fides, Spes und Caritas, S. 14 f.

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Gott, die Liebe, und umarme mit der Liebe Gott“54, so ist die Liebe, die vom Menschen umarmt wird, „efficienter“ zu verstehen, also als die von Gott ausgehende Liebeswirkung, die Liebe, mit welcher der Mensch Gott umarmt, aber „formaliter“, als Liebeshandlung, als deren Subjekt der Mensch zu benennen ist.55 Mit dieser Begrifflichkeit führt Luther für die im Menschen wirksame Liebe eine Differenzierung ein zwischen der ursächlichen göttlichen Liebe und der menschlicher Wahrnehmung zugänglichen Liebeshandlung. Diese Klarstellung transportiert freilich einerseits eine Kritik am Lombarden, sofern sie unterschiedliche Aspekte der Liebe in dessen vereinheitlichender Rede von der dilectio aufteilt. Andererseits bleibt Luther grundsätzlich aber Petrus gegenüber positiv gestimmt, sofern er Gott als Wirkursache der Liebe nicht von der Liebeshandlung trennt und der Grundthese, dass die im Menschen wirksame Liebe der Heilige Geist selbst sei, gerade nicht ausdrücklich widerspricht. Luther zeigt deutliche Sympathien für die Ineinsschau der göttlichen Liebe, welche im Menschen wirkt und dessen Liebeshandeln umfasst.56 Er merkt z. B. zu den von Petrus zitierten Worten Augustins, „die brüderliche Liebe selbst“ sei „nicht nur aus Gott …, sondern überdies Gott“ (ipsam fraternam dilectionem … non solum ex Deo, sed etiam Deum esse), an: „quia semper est cum s[piritu]s[ancto]“57 – „weil sie“, also die brüderliche Liebe, „immer mit dem Heiligen Geist zusammen ist“. Luther erklärt die Identifizierung der brüderlichen Liebe mit Gott, welche Augustinus erkennen lässt – auf den Petrus sich wiederum beruft –, also dahingehend, dass die brüderliche Liebe in der Tat Gott ist, weil sie nicht vom Heiligen Geist zu trennen ist – dieser in der knappen Anmerkung zutage tretende Gedanke lässt die grundsätzliche Nähe Luthers zu Petrus Lombardus durchscheinen. Dass Luther dem Verständnis des Heiligen Geistes als Liebe, wie Petrus es verficht, insgesamt zustimmt, lässt sich nicht nur am wohlwollendpräzisierenden Ton der Einzelanmerkungen erkennen, sondern speziell an dem kurzen Kommentar, der sich wohl auf Petrus’ gesamte Vorbemerkung und damit auf seine Ansicht vom Heiligen Geist bezieht und der gegen Ende der Notizen zu Petrus’ „Vorbemerkung“ steht:58 „Und was der Magister sagt, scheint nicht ganz 54 „Amplectere dilectionem Deum, et dilectione amplectere Deum.“ Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 1.3. 55 S. M. Luther : Erfurter Annotationen, 317: „quia certiorem amplectere dilectionem efficientem deum: et dilectione formali amplectere deum.“ S. zu dieser Auslegungstradition R. Schwarz: Fides, Spes und Caritas, S. 23 f. 56 S. zu diesem schon beim „frühen Luther“ sehr präsenten Liebesverständnis, das wie schon der Fokus auf die Gottesliebe bei Petrus Lombardus und seinen Zeitgenossen im Kontext einer Augustinrenaissance steht, ausführlich B. Hamm: Der frühe Luther und darin speziell Kapitel 1: ders.: „Von der Gottesliebe des Mittelalters“. 57 M. Luther : Erfurter Annotationen, S. 318. 58 Dieser Bezug geht aus dem im Folgenden dargelegten Kontext des Kommentars hervor. Zudem spricht die Verortung dieses Kommentars innerhalb der Randbemerkungen dafür :

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unsinnig zu sein.“59 Die Fortsetzung dieser Anmerkung legt es nahe, dass Luther hier nicht darauf hindeuten will, dass die Vorstellungen des Lombarden immerhin nicht völlig abwegig sind, sondern dass er in ironischer Brechung vielmehr herausstreichen will, dass die Gedanken des Petrus alles andere als absurd, ja vielmehr sehr überzeugend sind: Luther erläutert, dass Magister Petrus darin keinen Unsinn von sich gibt, dass er „sagt, der ,Habitus‘ sei der Heilige Geist.“60 Hier spielt Luther offenbar auf die zwischen Petrus Lombardus und ihm liegende Denktradition an: In der Zwischenzeit hatte sich die Petrus gegenüber kritische Auffassung durchgesetzt, die im Menschen tätige Liebe sei ein Habitus, eine vom Menschen zu erwerbende Haltung, und als solche eine theologische Tugend. Diese Sichtweise mit ihrem Ansatz beim Menschen stand freilich in Kontrast zu der des Lombarden und wurde namentlich durch Thomas von Aquin sowie die Mehrheit der späteren scholastischen Tradition vertreten.61 Vor diesem Hintergrund wird klar, dass Luther sagen will: Petrus Lombardus liege mit dem Gedanken keineswegs verkehrt, dass der „Habitus“ bzw. die im Menschen tätige Liebe, die von den Denkern nach Petrus zum Habitus erklärt worden ist, der Heilige Geist sei.62 Dass Luther hier wiederum voll Ironie dem Lombarden beipflichten und sich vom zeitgenössischen Verständnis der Liebe als Habitus abgrenzen möchte,63 wird vollends deutlich an der offenen Polemik, die Luther folgen lässt: „Denn jene Erfindung von den Habitus hat ihre Meinung aus den Worten des Aristoteles, dieses ekelhaften Philosophen.“64

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Der Kommentar setzt zwar etwas unvermittelt an, steht aber im Zusammenhang der Ausführungen, mit denen Luther zur Erhellung der von Petrus angeführten Augustinusverweise beitragen möchte („Pro manuductione solvendarum authoritatum Augustini“), am Ende der Anmerkungen zur Vorbemerkung des Petrus. „Et videtur Magister non penitus absurdissime loqui.“ M. Luther : Erfurter Annotationen, S. 320. „[…] in eo quod habitum dicit esse s[piritum] sanctum.“ Ebd. S. hierzu P.W. Rosemann: Peter Lombard, S. 88. Petrus selbst spricht in diesem Kontext nirgends von einem „habitus“. Das weist – in Verbindung mit der folgenden Polemik gegen die Habitus-Theorie – deutlich darauf hin, dass Luther mit der Einführung dieses Begriffes nicht einen Gedanken des Petrus wiedergeben, sondern eine Polemik gegen seine Gegner anbringen will, die mit diesem Begriff operierten. Die ironische Brechung, mit welcher Luther hier und am Ende der Anmerkungen zu distinctio 17 vom „Habitus“ spricht, ist bisher in der Forschung nicht hinreichend gesehen worden: Die vorliegende Passage wird in der Regel so interpretiert, als berufe sich Luther auf ein Verständnis der Liebe bzw. des Heiligen Geistes, das er bei Petrus Lombardus vorfinde. Im Zusammenhang von Sententiae, liber I, distinctio 17 ist aber keine Rede von einem „habitus“. Dass Luther hier vom „habitus“ nur im „uneigentlichen Sinne“ spricht, ist am deutlichsten von R. Schwarz gesehen worden (s. R. Schwarz: Fides, Spes und Caritas, S. 24 – 40; Zitat auf S. 28). Aber auch er nimmt die Ironie in Luthers Worten nicht wahr und beruft sich dementsprechend auf ein angebliches Verständnis des Heiligen Geistes als habitus bei Petrus Lombardus (s. speziell ebd., S. 31 und 39). „Quia commentum illud de habitibus opinionem habet ex verbis Aristotelis rancidi philosophi.“ M. Luther : Erfurter Annotationen, S. 320.

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Luther lässt den Abschnitt aus distinctio 17, den er als zweiten Teil betrachtet, fast gänzlich unkommentiert – hier kann man wohl mit der Möglichkeit rechnen, dass er an ihm grundsätzlich nichts auszusetzen hatte. Umfangreichere Notizen finden sich wieder zum „dritten Teil“, also zu Petrus’ Auseinandersetzung mit seinen Kritikern. Diese nehmen die zweite Hälfte der Ausführungen Luthers zu distinctio 17 ein. Der größte Anteil dieser Bemerkungen zeigt ein recht anderes Erscheinungbild als die vorangegangenen Notizen: Luther liefert hier mit Ausnahme einiger kürzerer Glossen am Schluss, auf die gleich noch einzugehen ist, keine Einzelanmerkungen, sondern eine zusammenhängende Diskussion einer Einzelfrage, die sich für ihn aus distinctio 17 ergibt. Die Frage bezieht sich auf die Identifikation des Heiligen Geistes mit der Liebe Gottes zum Menschen, mit der dilectio, „qua deus tantum diligit nos“, und lautet: „Aber warum ist nicht auch die Trinität selbst die Liebe, mit der er uns liebt? Oder warum der Heilige Geist allein?“65 Und die Antwort, die er dann eingehend begründet, schließt er sogleich an: „Wahrlich, nicht er allein.“66 Für Luther ist die von Gott ausgehende Liebe nicht allein dem Heiligen Geist zuzuschreiben, sondern der ganzen göttlichen Dreieinigkeit, wie er im Folgenden ausführlich darlegt. Darüber hinaus hält er es auch für problematisch, die innertrinitarische Liebe speziell dem Heiligen Geist und nicht auch dem Vater und dem Sohn zuzuschreiben.67 Luthers kritische Überlegungen mögen von trinitätstheologischem Interesse sein, aber es fällt doch auf: Sie beziehen sich wenig auf die Kontroverse, in der Petrus Lombardus steht und von der sie ausgehen! Umstritten war die Gleichsetzung des Heiligen Geistes mit der im Menschen wirksamen Liebe zu Gott und dem Nächsten, allgemein anerkannt – und für distinctio 17 nur von nachrangigem Interesse – war hingegen die These, dass „der Heilige Geist die Liebe des Vaters und des Sohnes ist, mit der sie sich gegenseitig sowie uns lieben (Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 1.2).“ Und gerade mit dieser These setzt Luther sich kritisch auseinander. Daran wird ersichtlich, dass es Luther nicht um eine Kritik an der Position des Petrus in der benannten Kontroverse geht und auch nicht um eine Kritik, die sich speziell gegen Sententiae, liber I, distinctio 17 richtet. Luther hinterfragt hier vielmehr grundsätzlich die augustinische Tradition und ihre Engführung auf den Heiligen Geist im Verständnis der göttlichen Liebe – die Tradition, in die sich Petrus und seine Widersacher gemeinsam stellen. An der Rede vom Heiligen Geist als göttlicher Liebe hat Luther an sich nichts auszusetzen – er will sie nur auch auf Gott Vater und Sohn ausgeweitet 65 „Sed cur non et trinitas ipsa est charitas qua nos diligit? Aut cur s[piritus]sanctus solus?“ Ebd., S. 322. 66 „Profecto non solus.“ Ebd., S. 322. 67 S. ebd., 322 f.

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wissen. Und Petrus’ charakteristisches Verständnis des Heiligen Geistes als brüderlicher Liebe tangiert Luther hier erst gar nicht. Das ist bemerkenswert angesichts des kritischen Widerhalls auf dieses Verständnis, von dem Luther nicht nur aus den Darlegungen des Lombarden selbst wissen musste – Luther richtet ja selber polemische Spitzen gegen die Habitus-Theorie, die sich gerade gegen Sententiae, liber I, distinctio 17 wendete und in der Zeit nach Petrus Konjunktur hatte. Aus der vorhandenen Kritik an Augustinus und seiner Tradition, Petrus Lombardus eingeschlossen,68 wird ersichtlich, dass Luther dem Lombarden Kritik nicht ersparte, wenn er Anlass dafür sah. Im Blick auf den kontroversen Standpunkt des Petrus sah er dafür aber, jenseits seiner terminologischen Präzisierungen, offensichtlich gerade keinen Anlass. Diese Interpretation wird untermauert durch den kurzen Kommentar Luthers gegen Ende seiner Anmerkungen zu distinctio 17, welcher der eben besprochenen kritischen Diskussion folgt. Luther bezieht sich da auf das Pauluszitat aus Röm 8,38 f.: „Weder Tod noch Leben kann uns von der Liebe Gottes trennen [Nec mors nec vita poterit nos separare a caritate Dei].“ Petrus Lombardus zufolge führen seine Gegner dieses Zitat in Verbindung mit der Auslegung durch Augustinus ins Feld, um die caritas als menschliche Tugend zu erklären, welche die Menschen mit Gott verbindet, und um sie folglich vom Heiligen Geist zu trennen.69 Luther hält dieser Deutung entgegen: „Zu dieser Autorität:“ – zur Schriftstelle Röm 8,38 f. – „sie ist überaus deutlich: Denn mit Gott durch die Liebe [per charitatem] vereint zu werden, ist wie durch das Mittel zum Ziel, würde der Magister sagen; denn Augustinus spricht hier von der Liebeshandlung, die uns mit Gott eint, der ,Habitus‘ ist aber noch immer der Heilige Geist.“70 Für Luther bestätigt das Pauluszitat aus Röm 8,38 f. die These des Lombarden: Die Liebe des Menschen ist nicht von der Liebe Gottes zu trennen, die im Menschen wirkt, und die menschliche Liebe ist, so man sie als Tugend für sich betrachtet, nur das Mittel, nur der actus charitatis, dessen sich die von Gott ausgehende Liebe bedient, um den Menschen in der Einheit mit sich zu halten. Denn der „Habitus“, also die stetig wirkende Liebesmacht, bleibt der Heilige Geist selbst. Auch hier verwendet Luther den Habitus-Begriff offensichtlich wieder in gebrochener Weise: Vom Verständnis der Liebe als menschlichem „Habitus“ hat er sich vorher ganz offen abgegrenzt, und durch die Identifikation mit dem Heiligen Geist verliert der Habitus gerade die Bedeutung, die ihm in der 68 S. ebd., S. 323: „Quia hec oratio tantum monet difficultatem, quod vel omnia determinata a Magistro et Aug[usti]no dissipet vel maximam partem […].“ 69 S. Sententiae, liber I, distinctio 17, capitulum 6.6. 70 „Ad hanc authoritatem que˛ expressa nimis est, quia deo coniungi per charitatem est quasi per medium ad obiectum, diceret magister quod Aug.[ustinus] hic loquitur de actu Charitatis qui nos deo iungit, habitus autem adhuc est spiritussanctus.“ M. Luther : Erfurter Annotationen, S. 324.

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späteren Scholastik zugesprochen wurde. Es ist auch kaum damit zu rechnen, dass Luther den Heiligen Geist wirklich zum Habitus machen will – nur, so wohl seine ironische Spitze, wenn man schon von Habitus sprechen muss, dann übernimmt der Heilige Geist selber die Funktion der Liebeshaltung im Menschen, die diesen zu den einzelnen Liebeshandlungen anleitet. Luther beschließt den Kurzkommentar mit den Worten: „Und so“ – also im Sinne des Pauluszitates – „könnten alle Autoritäten erklärt werden.“71 Für Luther ist die Kontroverse im Sinne einer Ineinssicht der göttlichen und der menschlichen Liebe entschieden, eben weil Paulus zufolge nichts den Menschen von Gottes Liebe trennen kann. Die positive Würdigung, die Luther der Auffassung des Petrus vom Heiligen Geist als im Menschen wirksamer Liebe widmet, ist in mindestens zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen wirft sie Licht auf Luthers Verständnis des Heiligen Geistes und darauf, wie ein wesentlicher Aspekt der Theologie des Reformators in diesem Verständnis vorabgebildet ist: Die Weigerung, zwischen der von Gott ausgehenden und der im Menschen wirksamen Liebe zu trennen, lässt den Menschen vom göttlichen Handeln und Gottes Liebe umfasst erscheinen. Die Linien zum späteren Eintreten des Reformators für das sola gratia, die Alleinwirksamkeit der göttlichen Gnade, und gegen die Freiheit des menschlichen Willens, gegen menschliche Verdienste, in deren Zusammenhang die Tugenden ja eine wesentliche Rolle spielen, liegen auf der Hand. Daneben erscheint die positive Würdigung des Petrus Lombardus durch Luther bemerkenswert, gerade weil sie aus Luthers früher, vor-reformatorischer Zeit stammt: Das Verständnis des Heiligen Geistes als im Menschen wirksamer Liebe ist das des jungen Augustinermönches, der in der spätscholastischen Tradition der via moderna groß geworden ist und den sein Lebensweg noch nicht mit der Papstkirche brechen und zum Reformator werden hat lassen.72 Luther lässt nicht erkennen, dass er sich mit seiner Petrus- und Augustininterpretation, mit seinen Anmerkungen zu Sententiae, liber I, distinctio 17 als Einzelkämpfer sieht. Es ist damit zu rechnen, dass er unter seinen Zuhörern, gerade unter den Theologiestudenten in Erfurt, Zustimmung gefunden hat. Auch wenn die durch Petrus vorgenommene Identifizierung der im Menschen wirksamen Liebe mit dem Heiligen Geist schweren Gegenwind bekam, so war sie offensichtlich auch zu Luthers Zeit noch salonfähig,73 und zwar jenseits späterer Konfessionsgrenzen. Und das belegt schließlich die Bedeutung der Anmerkungen Luthers für das spiritus-Verständnis in der Frühen Neuzeit: Sie zeigen, welchen Stellenwert die Auffassung des Lombarden vom Heiligen Geist als Liebe 71 „Et ita possent omnes authoritates solvi.“ Ebd. 72 S. hierzu V. Leppin: Martin Luther, S. 52 – 56; R. Schwarz: Fides, Spes und Caritas, S. 17 f. 73 S. hierzu auch P.W. Rosemann: Peter Lombard, S. 90.

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Gottes im Menschen noch am Beginn des 16. Jahrhunderts in der – noch ungeteilten – Kirche hatten – zu einer Zeit, in der Gebildete schwerlich ganz unberührt von solchen kirchlichen Auffassungen bleiben konnten, auch die Gebildeten, die ganz andere Ansichten zu spiritus und conceptio vertraten.

Bibliographie Primärliteratur Lombardus, Petrus: Magistri Petris Lombardi Parisiensi Episcopi Sententiae in IV libris distinctae, Bd. 1,2: Liber I et II, Grottaferrata 1971. Luther, Martin: Erfurter Annotationen 1509 – 1510/11, hg. Jun Matsuura [Archiv zur Weimarer Ausgabe der Werke Martin Luthers 9], Köln 2009. Luther, Martin: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesammtausgabe (Weimarer Ausgabe), [Abt. 1:] Werke, Bd. 9, Weimar 1893.

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Den Atem des Weltalls schöpfen: Marsilio Ficino zur Rezeption des Spiritus Mundi

Marsilio Ficino (1433 – 1499), der einflussreichste Vertreter des florentinischen Neuplatonismus, war der Sohn des Leibarztes Cosimos de’ Medici und wahrscheinlich wie sein Vater Diotifeci im Hospital Santa Maria Nuova in Florenz ärztlich tätig.1 In Cosimos Auftrag übersetzte er alle Dialoge Platons ins Lateinische und versah sie mit Einleitungen (argumenta) oder auch längeren Kommentaren, in welchen er zur Interpretation Platons seinerseits neuplatonischen Autoren wie Plotin und Proklus folgte.2 Übersetzungen der ihm zugänglichen Traktate des Corpus Hermeticum veröffentlichte er 1471 unter dem Titel De potestate et sapientia Dei. Der bekannteste unter seinen eigenen philosophischen Kommentaren dürfte jener zu Platons Symposium sein, dem er den Titel De Amore gab. In seinem theologisch-philosophischen Hauptwerk, Theologia Platonica (mit dem Untertitel de immortalitate animorum), an dem er von 1469 bis 1474 arbeitete, ging es ihm zunächst um die Verteidigung der Unsterblichkeit der individuellen menschlichen Seele, die zu seiner Zeit verschiedentlich mit averroistisch-aristotelischen Argumenten bezweifelt worden war, darüber hinaus jedoch insgesamt um eine Synthese von platonischer Philosophie und christlicher Lehre, mit dem Ziel, die christliche Spiritualität aus dem Geist des Platonismus zu erneuern. Denn in den Lehren Platons sah Ficino nicht nur eine Vorstufe des Christentums, sondern eine seinem eigenen Zeitalter dringend nötige und von der göttlichen Vorsehung selbst verordnete Medizin zur Wiederbelebung des christlichen Glaubens und religiösen Lebens.3 Im Alter von 1 Vgl. das Standardwerk zu Ficinos Biographie, R. Marcel: Marsile Ficin, S. 4, sowie die biographischen Hinweise von Carol V. Kaske and John R. Clark in M. Ficino: Three Books on Life, „Introduction“, S. 19. Im Folgenden verweist der Kurztitel De Vita, mit Angabe des jeweiligen Buches (I, II, oder III), auf den Text-Teil dieser kritischen Ausgabe, während Verweise auf Einleitung und Kommentarteil ihrer Herausgeber mit Hilfe der Abkürzung „Kaske/Clark“ erfolgen. 2 Dazu M.J.B. Allen: Plato’s Third Eye; ders.: Synoptic Art. 3 Vgl. J. Hankins: Plato, Bd. 1, Kapitel 4,1: „Marsilio Ficino, Doctor of Souls“, S. 267 – 300, bes. S. 287 und S. 294 – 296.

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vierzig Jahren, ein Jahr vor der Vollendung seiner Theologia Platonica, wurde Ficino zum Priester geweiht und später zu einem der Domherren von Santa Maria di Fiore ernannt. Zu Ficinos weitem Kreis von befreundeten Gelehrten und Schülern, dem unter anderen Leon Battista Alberti, Angelo Poliziano und Giovanni Pico della Mirandola angehörten, zählte auch Martin Prenninger, den Johannes Reuchlin ihm von Tübingen aus zugeschickt hatte. Er wurde zu Ficinos Lieblingsschüler und erhielt von ihm den Beinamen Uranius: der „Himmlische“ bzw. der dem Himmel Zugewandte.4 Von seiner langwährenden Freundschaft mit dem ihm geistesverwandten Uranius zeugt die Tatsache, dass Ficino ihm, dem späteren Ratgeber Graf Eberhards von Württemberg und Professor für Kirchenrecht an der Universität Tübingen, seine lichtmetaphysischen Traktate De Sole und De Lumine widmete und ihm Abschriften einzelner seiner noch unveröffentlichten Platon-Kommentare und seiner Übersetzungen neuplatonischer Werke zukommen ließ, darunter den Jamblichus-Traktat De Mysteriis Aegyptiorum, die Schrift De Insomniis des Synesius, sowie Proclus’ De Sacrificiis et Magia; zudem sandte er ihm Freiexemplare seiner eben im Druck erschienenen Plotin-Ausgabe und seiner 1489 erstmals veröffentlichten De Vita Libri Tres.5 In diesem dreibändigen medizinischen Werk6 bekennt sich Ficino unbeirrt zu den von ihm propagierten und als Arzt empfohlenen Formen astrologischer Medizin und sogenannter „natürlicher“ Magie.7 Während seine um einige Jahre ältere medizinische Schrift Consiglio contro la pestilenza („Anweisungen gegen die Pest“, 1481) einem allgemeineren Leserpublikum zugedacht und deswegen in der Landessprache erschienen war,8 fasst De Vita Libri Tres eine enger bemessene Zielgruppe ins Auge: Es geht ihm hier um die leibliche wie geistige Gesundheit jener, die er als studiosi und litterati oder auch, mit Horaz, als musarum sacerdotes („Musenpriester“)9 anspricht – poetische Paraphrase für alle Literaturbeflissenen und forschend-wissenschaftlich Tätigen.10 Aufgrund

4 S. Ficinos Brief an Graf Eberhard von Württemberg, in: M. Ficino: Opera Omnia, S. 944: „Martinus noster Uranius, id est coelestis, revera coelestium contemplator.“ Vgl. auch die Anrede „Uranius“ und den Schlussabschnitt des Briefes Ficinos an Martin Prenninger vom 12. Juni 1489 (M. Ficino: Opera Omnia, S. 901). 5 R. Marcel: Marsile Ficin, S. 521 – 526 und öfter ; P.O. Kristeller : Studies, S. 126 – 130 und öfter ; Kaske/Clark: „Introduction“, S. 28. 6 M. Ficino: De Vita Libri Tres, in: id.: Opera Omnia, S. 493 – 574; im Folgenden zitiert nach M. Ficino: Three Books of Life (s. Anm. 1). 7 S. dazu D.P. Walker : Spiritual and Demonic Magic, bes. S. 3 – 53; G. Zanier : La medicina astrologica. 8 M. Ficino: Consiglio contro la pestilenza; s. T. Katinis: Medicina e filosofia. 9 So in M. Ficino: De Vita, liber I, caput 2.8, S. 110, und caput 5.1, S. 116. 10 Und dabei nicht zuletzt um die Schicht der humanistisch gebildeten Gelehrten und Akademiker, welcher Ficino, obwohl auch der aristotelisch-scholastischen Tradition des Mit-

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dieser ungewöhnlichen speziellen Besorgnis um das physisch-psychische Wohlergehen der Intellektuellen hat schon Wilhelm Kahl das Werk zutreffend als „die älteste Hygiene der geistigen Arbeit“ eingestuft.11 Von seiner durch das noch relativ neue Medium des Buchdrucks begünstigten erstaunlichen Verbreitung und begierigen Aufnahme durch seine Zeitgenossen zeugt der Umstand, dass den ersten Editionen von De Vita Libri Tres (Florenz 1489; Basel 1497; Venedig 1498) während der nächsten 150 Jahre Dutzende von Neuauflagen folgten. Seine Beliebtheit auch nördlich der Alpen ist nicht zuletzt dadurch dokumentiert, dass davon allein in der Bayrischen Staatsbibliothek in München sechsunddreißig frühe Drucke erhalten sind.12 Die von Ficino in den ersten zwei Büchern, mit den Titeln „Über das gesunde Leben“ und „Über das lange Leben“, empfohlenen diversen Heilmittel, Kuren, Diäten und Anweisungen für eine gesundheitsfördernde und die Lebensdauer verlängernde ausgeglichene Lebensweise setzen, im Sinne der traditionellen Humoralmedizin und der entsprechenden Lehre von den vier Temperamenten – Sanguiniker, Choleriker, Phlegmatiker und Melancholiker – voraus, dass Gesundheit und Wohlbefinden wesentlich durch die Qualität und ausgewogene Verteilung von vier maßgeblichen Körpersäften (humores) bedingt sind, die ihrerseits in enger Analogie zu den vier Elementen stehen und jeweils zwei der für diese bezeichnenden Eigenschaften (warm, kalt, feucht, trocken) aufweisen. Auch Ficinos therapeutische Ratschläge zielen darauf ab, die für den Einzelnen optimale Proportion zwischen den humores reines Blut (mit den elementaren Qualitäten „warm und feucht“, die auch der Luft zugeschrieben wurden), gelbe Galle (wie das Feuer, „warm und trocken“), schwarze Galle (bilis atra, griech. l´kaima wok¶ ; wie die Erde, „kalt und trocken“) und Schleim (pituita; griech. vk´cla ; wie das Wasser, „kalt und nass“) entweder erst zu erreichen oder wiederherzustellen.13 Sein besonderes Augenmerk gilt dabei den Melancholikern. Denn Ficino zählt sich nicht nur selbst zu dieser Gruppe, sondern ist auch davon überzeugt, dass alle litterati und studiosi, an die sich sein Buch wendet, entweder von Natur aus Melancholiker sind oder erst durch die ständige intellektuelle Anstrengung ihrer forschend-grübelnden berufsmäßigen Tätigkeit, einschließlich ihrer vorwiegend sedentären Arbeitsweise und der naturwidrigen Gewohnheit, ihre Studien oft bis spät in die Nacht hinein auszudehnen, zu

telalters verpflichtet, selbst angehört. S. dazu P.O. Kristeller : The Philosophy, S. 13 f.; C. Vasoli: „Ficino, Marsilio“. 11 W. Kahl: „Die älteste Hygiene“. 12 S. Librorum impressorum Catalogus, Film 16.332; vgl. Kaske/Clark: „Introduction“, S. 71. 13 Vgl. ebd., S. 31. Zu Entstehung und Details der Humoralmedizin s. E. Schöner : Das Viererschema.

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Melancholikern werden.14 Ihre physiologische Konstitution ist somit von vorneherein die am wenigsten ersehnenswerte, vorwiegend bestimmt nicht nur von der als kalt und trocken aufgefassten schwarzen Galle, sondern zudem beherrscht vom ominösen Einfluss des schon von Ptolemäus als extrem kalt und trocken charakterisierten Saturn,15 dem nach dem auch zur Zeit Ficinos noch unbestritten akzeptierten ptolemäischen Weltbild fernsten und damit höchsten und mächtigsten, der Sphäre der Fixsterne und dem Primum mobile nahen Planeten.16 Eng verbunden mit dem Haushalt der Körpersäfte ist auch für Ficino die darauf basierende Physiologie des menschlichen spiritus (griech. pmeOla), welcher für das Zusammenwirken aller Lebensprozesse und in seiner Funktion als Mittlerinstanz zwischen Leib und Seele in der Naturphilosophie und Medizintheorie der Antike, des Mittelalters und noch der beginnenden Neuzeit eine große Rolle spielt.17 Schon zu Beginn des 1. Buches von De Vita macht Ficino den studiosi den ernsthaften Vorwurf, dass sie die Pflege dieses für sie wichtigsten und unverzichtbaren Arbeitsgeräts auf bedenkliche Weise vernachlässigen, im Gegensatz zu allen übrigen Berufsgruppen – vom Maler, Musiker und Schmied bis zum Soldaten und Jäger – welche sorgfältig darauf bedacht seien, die für ihre Arbeit benötigten Werkzeuge und Instrumente stets in gutem und einsatzfähigem Zustand zu erhalten: „Allein sie, die Musenpriester, die auf das höchste aller Güter, nämlich auf die Wahrheit, Jagd machen, sind so gleichgültig, ja unglückselig, dass sie jenes Instrument, mit dessen Hilfe sie das ganze Weltall gleichsam ermessen und erfassen können, völlig zu vernachlässigen scheinen. Denn ein solches Instrument ist ihr spiritus, der von den Ärzten als ein reiner, feiner, warmer und klarer Dunst [vapor] definiert wird. Hervorgebracht durch die Hitze des Herzens aus dem subtileren Blut,18 fliegt dieser zum Gehirn; dort bedient sich die denkende Seele [animus] seiner ständig zur Ausübung der „inneren“ Sinne19 wie auch der „äußeren“ Sinne. Das Blut dient also dem spiritus, der spiritus den Sinnen, die Sinne schließlich dem Verstand.“20 14 M. Ficino: De Vita, liber I, caput 4, S. 112 – 115 mit der Kapitelüberschrift Quot sint causae quibus litterati melancholici sint vel fiant. 15 Ptolemäus: Tetrabiblos, Buch 1, Kapitel 5, s. M. Ficino: De Vita, liber III, caput 12.13 – 15, S. 298. 16 Ibid., liber III, caput 22.63¢65, S. 366 und S. 455, Anm. 5. S. dazu R. Klibanski et al.: Saturn and Melancholy, bes. S. 254 – 274; M. Ciavolella und A. Iannucci (Hg.): Saturn. 17 S. dazu G. Verbeke: L’Êvolution, bes. S. 202 – 212 und öfter; M. Putscher: Pneuma, Spiritus, Geist, S. 5 – 69 und öfter; O. Temkin: „On Galen’s Pneumatology“; J.J. Bono: „Medical Spirits“ (zum physiologischen spiritus in der hellenistischen, arabischen und mittelalterlichen Medizin); D.P. Walker : „Medical Spirits and God and the Soul“ (zu unterschiedlichen Ausfaltungen der spiritus-Konzeption bei Autoren der Frühen Neuzeit), sowie ders.: „Astral Body“. 18 D.h. dem mit Atemluft angereicherten Blut. Vgl. ebd., S. 120. 19 Vgl. Kaske/Clark: „Commentary Notes“, S. 423, Anm. 1 zu M. Ficino: De Vita, liber II, caput 15, sowie S. Kemp und G.J.O. Fletcher : „The Medieval Theory of the Inner Senses“. Für

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Für Ficino besteht dabei ein enger Nexus zwischen physiologischen Prozessen, die sich etwa im Magen und in der Leber abspielen, und dem mit Hilfe des medizinischen spiritus vermittelten und in seiner Qualität von ihm bedingten Funktionieren der „inneren Sinne“ bzw. der dort stattfindenden „niedrigeren“ psychologischen Vorgänge, die für ihn ihrerseits wiederum direkte Voraussetzung allen menschlichen Erkennens und Denkens insgesamt sind, einschließlich des wissenschaftlichen Forschens, Sinnierens über philosophische Probleme oder betrachtenden Sich-Versenkens in theologische Wahrheiten: „Nun wird aber das Blut von jener naturhaften Kraft [virtus naturalis] produziert, die in der Leber und im Magen wirksam ist. Der leichteste und feinste Teil des Blutes fließt zur Quelle des Herzens, wo die Lebenskraft [virtus vitalis] sich am frischesten regt. Die dort hervorgebrachten spiritu¯s steigen von da aus zum Gehirn empor, der HöhenFestung der Pallas [arces Palladis], wie es so heißt,21 wo die vis animalis, die Kraft der Wahrnehmung und der Bewegung, herrscht. Deshalb ist auch die Qualität der (mit der Vernunft vollzogenen) Kontemplation selten besser als jene der Dienstleistung [obsequium] durch die (inneren) Sinne, die Qualität der Sinne ist nur so gut wie jene des spiritus, und der spiritus wiederum kann nur so gut beschaffen sein wie das Blut und wie jene drei Kräfte, von denen wir gesprochen haben: nämlich die vis naturalis, vitalis und animalis, von welchen, durch welche und in welchen die spiritu¯s selbst empfangen, geboren und genährt werden.“22

Aus dem Umstand, dass Ficino hier in der Pluralform von den spiritu¯s spricht und drei diese bedingende, ihnen zugeordnete „Kräfte“ voneinander unterscheidet (nämlich die virtus naturalis, vitalis und animalis), geht hervor, dass er sich damit auf das für gewöhnlich vorgenommene dreigeteilte System des medizinischen spiritus bezieht.23 Darin steht auf der untersten Stufe der spiritus naturalis, mit Sitz in der Leber, zu dessen Funktionen, neben dem Hervorbringen des Blutes selbst, die Ernährungsprozesse und der Stoffwechsel insgesamt gehören, sowie Wachstum und Fortpflanzung. Ihm übergeordnet ist der spiritus vitalis, der im Herzen seinen Sitz und Ursprung hat, für die Atmung zuständig ist und über den Pulsschlag die lebenswichtige Körperwärme an alle

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gewöhnlich wurden Appetit, instinktives und affektives Verhalten zu diesen „inneren Sinnen“ gezählt sowie die „niedrigen“ psychologischen Aktivitäten Einbildungs- und Vorstellungskraft (phantasia; vis imaginativa bzw. cogitativa), Einschätzungsvermögen (virtus aestimativa) und Gedächtnis (memoria), denen es zufällt, die von den fünf äußeren Sinnen gelieferten Wahrnehmungsdata als „informative“ Inhalte zu deuten, situationsgemäß auszuwerten und zu speichern. M. Ficino: De Vita, liber I, caput 2.8 – 16, S. 110. Zu dieser Metonymie vgl. Homer : Ilias, 6. Gesang, Z. 88 und 297, wo das Gehirn als „Tempel der [Pallas] Athene auf dem höchsten Gipfel“ umschrieben wird. M. Ficino: De Vita, liber I, caput 2.16 – 24, S. 110. Zu den antiken Ursprüngen dieser Dreiteilung s. G. Verbeke: L’Êvolution, bes. S. 77, 192 und 206. Vgl. auch M. Ficino: De Vita, liber III, caput 6, S. 265 – 274 (mit dem Titel De virtute in nobis naturali, vitali, animali […]), und caput 21, S. 358, Z. 92 – 99.

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Teile des menschlichen Organismus verteilt. Der höchste und wichtigste in der Hierarchie der spiritu¯s ist jedoch der spiritus animalis (griech. pmeOla xuwij|m) – so genannt, weil er der Seele (anima) unmittelbar zur Verfügung steht – mit Sitz in den Ventrikeln des Gehirns, der über das Nervensystem die Bewegung der Muskeln und die Sinneswahrnehmung steuert und Voraussetzung für die „niedrigeren“ psychologischen Funktionen, wie Vorstellungs- und Einschätzungsvermögen, Emotionen und Gedächtnis, ist.24 In De Vita gebraucht Ficino den – wegen der Vielheit seiner Bedeutungen in den unterschiedlichsten Bezugssystemen ambivalenten25 und leicht missverständlichen – Terminus spiritus fast ausschließlich in diesem spezifisch naturphilosophisch-medizinischen Sinn, wobei er wiederum meist nur den spiritus animalis bzw. diesen zusammen mit dem spiritus vitalis ins Auge fasst.26 Die spiritu¯s sind nun durch die tägliche Anstrengung einem natürlichen Verbrauch und Verschleiß ausgesetzt, sodass sie, wie der menschliche Körper insgesamt, durch Schlaf und Nachtruhe regeneriert werden müssen. Nachts ist nur wenig von ihnen übrig, und dieses Wenige hat zudem viel von der erwünschten Subtilität verloren, sodass der verbliebene „krasse“ Rest zum Studium höchst ungeeignet ist und der menschliche Verstand (ingenium27) somit, „nun ausschließlich auf diese verstümmelten Schwingen angewiesen, nur mehr so wie die Fledermäuse und Eulen fliegen kann.“28 Durch ihren Mangel an physischer Betätigung und die ständige einseitige geistige Konzentration ist bei den studiosi der Verschleiß an spiritu¯s ohnehin besonders hoch und der geregelte Haushalt der humores am meisten gefährdet. Nun werden zwar im Idealfall aus der bei ihnen vorwiegenden schwarzen Galle – wenn sie gerade richtig dosiert und durch die rechte Beimischung der übrigen Körpersäfte wohl temperiert und stabilisiert ist – spiritu¯s der höchsten Qualität „geboren“:29 Ficino vergleicht diesen Prozess mit dem Brennen von Weinbrand (aqua ardens, wörtlich: „Feuerwasser“), der aus dem „dickeren“ Wein [merum crassior] durch

24 Vgl. J.J. Bono: „Medical Spirits“, S. 92 f., 122 und öfter ; D.P. Walker : „Medical Spirits and God and the Soul“, S. 223 f.; E.R. Harvey : The Inward Wits, S. 16 – 24; R. Klibanski et al.: Saturn and Melancholy, S. 264 f. und 372 f. 25 S. dazu E. Garin: „Il termine ,spiritus‘“, bes. S. 295 – 297; D.P. Walker : „Astral Body“, bes. S. 120 f., und ders.: „Medical Spirits and God and the Soul“, S. 225 f. und öfter. 26 Vgl. Kaske/Clark: „Commentary Notes“, S. 412, Anm. 1 zu M. Ficino: De Vita, liber I, caput 2. 27 Zum Facettenreichtum, den der Begriff ingenium – hier im Sinne von „Intellekt“ gebraucht – bei Renaissanceautoren aufweist („Intelligenz“, „Talent“ im Sinne von angeborener Begabung im Gegensatz zu erlernter Kunstfertigkeit, „Erfindungsgeist“, „geistreiches Individuum“ etc.), vgl. C.J. Steppich: Numine afflatur, S. 118 – 120, 263 – 267 und öfter. 28 M. Ficino: De Vita, liber I, caput 7.96 – 98, S. 128. 29 Ebd., liber I, caput 6, S. 120 f. mit der Überschrift: Quo pacto atra bilis conducat ingenio („Unter welchen Bedingungen die schwarze Galle der Geisteskraft zuträglich ist“).

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Erhitzung und Destillation gewonnen wird.30 Die so auf der Basis der schwarzen Galle entstandenen „rarefizierten“ spiritu¯s weisen, neben erhöhter Temperatur und stärkerem Druck, die erwünschte Subtilität und Luzidität auf, aber auch jene energische Frische und Beweglichkeit, die Ficino zufolge erst eine anhaltende und ersprießliche intellektuelle Tätigkeit gewährleisten, sodass er feststellen kann: „Durch solche eilfertige Hilfeleistung unterstützt, forscht unser Geist [animus] mit großer Intensität und Ausdauer. Er findet leichter, wonach auch immer er forscht, erkennt es klar, beurteilt es objektiv, und behält das so Beurteilte lange im Gedächtnis.“31 Doch leider ist dieser Idealzustand, auf den sich nach Ficino auch jenes Diktum in den Problemata des Aristoteles zurückführen lässt, dass alle jene, die in irgendeiner Disziplin Hervorragendes geleistet haben, Melancholiker gewesen seien,32 von sehr labiler Natur, da schon leichte Störungen der Balance der humores bei den ingeniosi und studiosi – wie schon erwähnt, von Ficino kurzerhand insgesamt als Melancholiker eingestuft – fatale Folgen haben können. Einerseits droht ihrem spiritus aufgrund ihres scharfen und heißen ingenium und ihrer unablässig aktiven Vorstellungs- und Einbildungskraft (imaginatio) die Auflösung (resolutio), andererseits aufgrund ihrer körperlichen Inaktivität (und den daraus resultierenden Verdauungsstörungen) die Erstickung (suffocatio).33 Auch müssen sie einen gefährlichen Kurs zwischen der Scylla des kalten Schleims und der Charybdis der schwarzen Galle hindurchsteuern.34 Bleibt letztere ungemischt und somit unkontrolliert, so entzündet sie sich zu einer schädlichen Form von Verbrennung (adustio), die von ihr nur dichte, rußige Rückstände übrig lässt und „den spiritus verdüstert, die Geistseele in Angst versetzt und das ingenium abstumpft.“35 Wird sie ausschließlich mit kaltem Schleim gemischt, so bedingt dies, als seelische Folgen, Schwermut, Hoffnungslosigkeit und lähmenden Lebensüberdruss.36 Zur Eindämmung und Vermeidung solcher und ähnlicher den Melancholikern drohenden Gefahren37 und zur Förderung der Gesundheit ihres spiritus gibt Ficino seinen Rezipienten deshalb detaillierte Ratschläge für Diät und Lebensführung.38 Dabei hebt er zur 30 Ebd. liber I, caput 6.7 – 11, S. 128. 31 Ebd., Z. 15¢18. 32 (Pseudo-)Aristoteles: Problemata Physica (Buch 30, Kapitel 1.953a), die wahrscheinlich von Aristoteles’ Schüler Theophrastos stammen. Zu Ficinos Aufwertung der Melancholie und der von ihm geförderten Vorstellung vom „genialen“ Melancholiker s. C.J. Steppich: Numine afflatur, S. 206 – 214 (mit weiterführenden Literaturangaben). 33 M. Ficino, De Vita liber II, caput 2.6 – 8 und 15 – 19, S. 168; vgl. ebd., liber I, caput 4.27 – 37, S. 114. 34 Ebd. liber I, caput 7.4 – 6, S. 122; vgl. ebd. liber I, caput 3.1 – 11, S. 112. 35 Ebd., liber I caput 5.29 f., S. 116. 36 Ebd., liber I, caput 5.30 – 35, S. 116 – 118. 37 Vgl. ebd., Z. 35 – 42, S. 118. 38 S. vor allem ebd. liber I, capites 7, 10 und 18 – 23 (Auflistung zu meidender und empfohlener

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Stärkung des spiritus animalis, mit dem also „die ingeniosi am meisten arbeiten“, insbesondere die folgenden „Pflegemittel“ (fomenta) hervor: Wein und aromatische Speisen, Wohlgerüche der Natur, frische Luft und Sonnenlicht sowie die Musik.39 Im dritten Buch, De vita coelitus comparanda („Wie man sich Leben vom Himmel erwirbt“, oder auch: „Wie man sein Leben dem Himmel entsprechend einrichtet“)40, geht es Ficino dann vor allem darum, seinen sich dem Studium und der Forschung widmenden Lesern, die angesichts dieser ihrer eher prekären Konstitution als Melancholiker besonders um ihr physisch-psychisches Wohlergehen besorgt sein sollten, einen zusätzlichen ungeahnten, ja unerschöpflichen Fundus von Möglichkeiten zur Erhaltung und Steigerung nicht nur ihrer Gesundheit und Lebenskraft im Allgemeinen, sondern speziell auch ihrer geistigen Vitalität und Schaffensenergie zu eröffnen. Hier legt er seine auf neuplatonisch-kosmologischen Spekulationen beruhenden, aber auch aus dem hermetischen Schrifttum und wohl auch arabischen Quellen wie Picatrix und alKindı¯s De radiis41 bezogenen Prinzipien seiner magisch-astrologischen Medizin dar. Von Platons Timaeus und Plotins Enneaden42 übernimmt er die grundsätzliche Auffassung vom Weltall als einem lebendigen Wesen, das wie der Mensch aus einer immateriellen Seele – der Weltseele (anima mundi) – und einem Leib, dem corpus mundi (gelegentlich auch als machina mundi bezeichnet) besteht. Die Weltseele, an der Scheidungslinie zwischen Zeit und Ewigkeit stehend,43 gilt ihm als die Substanz gewordene Idee von lebendiger, vernünftiger Ordnung und maßvoller Leitung (temperantia […] substantialis, vitalis, rationalis), durch welche Gott die Himmel in Bewegung hält44 und alles Irdische ins Dasein

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Nahrungsmittel; Anweisungen zu ausgeglichener Lebensführung; Heilmittel und Kuren zur Eindämmung der humoralen Risiken des Melancholikers). Ebd., liber I, caput 10.17 – 23 und Z. 35 – 54, S. 132 – 134; ebd., liber II, caput 15.94 – 120, S. 212 – 214; ebd., liber III, caput 24.29 – 32, S. 378. Vgl. D.P. Walker : „Finico’s Spiritus and Music“, hier S. 134. Wegen Ficinos vielfach bezeugter Vorliebe für Wortspiele ist anzunehmen, dass er wohl auf beide der angesichts der Bedeutungsvielheit von lat. comparare gegebenen Möglichkeiten abzielt. Vgl. D.P. Walker: Spiritual and Demonic Magic, S. 4. Wie Ficino im Vorwort zu De Vita, liber III, und an anderen Stellen feststellt, will er sich in diesem dritten Buch eng an einen Teil seines Kommentars zu Plotins Enneaden (vermutlich zu Enneaden IV, Buch 3, Kapitel 11) anschließen, der sich mit dem Thema De favore coelitus hauriendo (wörtl. „Wie man vom Himmel günstigen Einfluss schöpfen soll“), befasst. Vgl. dazu Kaske/Clark: „Introduction“, S. 25, sowie dies.: „Commentary Notes“, S. 531, Anm. 1 zu M. Ficino: De Vita, liber III, caput 1. Kaske/Clark: „Introduction“, S. 50 f.; vgl. E. Garin: Astrology in the Renaissance, Kap. 2: „Astrology and Magic: Picatrix“, S. 29 – 55; zum Einfluss der Hermetik auf Ficino s. B.P. Copenhaver: „Hermes Trismegistos“, sowie ders.: „Iamblichus“. Vgl. Platon: Timaeus, Abschnitte 30C – 31 A, und Plotin: Enneaden IV, Buch 4, Kapitel 32. P.O. Kristeller : The Philosophy, S. 106. Vgl. M. Ficino: Th¦ologie Platonicienne, Bd. 1, S. 157 f.

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ruft. Selbst „mit Leben begabt, vernünftiger Überlegung mächtig und bewegt vom Verlangen nach dem Göttlich-Guten“,45 ist sie jenes formgebende, Einheit und Kontinuität verleihende Prinzip, das den gesamten Kosmos durchwaltet, in allen seinen Teilen gleichzeitig anwesend und solchermaßen dazu befähigt ist, „das Universum auf vollkommenste Weise zu verbinden, zu beleben und zu bewegen“.46 Sie blickt „nach oben“ und wirkt „nach unten“: In unablässiger Kontemplation ist sie dem Nous, dem Intellekt des Göttlich-Einen und Sitz der ewigen Ideen, zugewandt, in welchem sie das Universum auf archetypische Weise vorgeformt erkennt und die generellen Vorbilder und rationalen Prinzipien aller geschaffenen Wirklichkeit erblickt, die sie als „samenhafte Vernunftgründe“ (rationes seminales; griech. k|coi speqlatijo†) aller Dinge in sich selbst rezipiert, um sie im Bereich der materiellen Welt zu selbständig existierenden Einzelwesen auszuformen.47 Ficinos eigenständigster Beitrag, mit dem er das neuplatonische Weltbild bereichert, besteht jedoch in der Einführung einer zusätzlichen Mittlerinstanz, die er als spiritus mundi konzipiert, einer ätherisch-sublimen Substanz, die „gewissermaßen fast Seele und nicht mehr Körper, und doch wieder Körper und noch nicht Seele“ ist und – in Analogie zum medizinischen spiritus des Menschen – als „Zwischending“ (medium) und Bindeglied zwischen Weltseele und dem corpus mundi fungiert, durch das sie diesem „anwesend ist und ihm durch und durch Leben verleiht“.48 Diese auf Ficinos Überzeugung von der engen Harmonie, Analogie und Korrespondenz zwischen dem Universum als Makrokosmos und dem Menschen als Mikrokosmos basierende Konzeption eines kosmischen spiritus, welcher der Weltseele als ihr „erstes Instrument“ zur Verfügung steht, in Entsprechung zu der traditionellen Bestimmung des spiritus (animalis) des Menschen als dem „ersten Instrument“ der menschlichen Seele,49 ist in der Tat etwas Neues. Doch bereits in der Stoa findet sich die Vorstellung von einem das ganze Weltall durchdringenden kosmischen pmeOla,50 die auch den bekannten Zeilen in Vergils Aeneis zugrundeliegt, wo vom spiritus die Rede ist, der von allem Anfang an Himmel, Erde und Meer, Mond und Sonne erhält bzw.

45 Ebd., S. 157. 46 Ebd., S. 161; vgl. dazu W. Beierwaltes: Ficinos Theorie des Schönen, S. 36 f. 47 M. Ficino: Commentaria in Plotinum, liber 2, caput 3, in: ders.: Opera Omnia, S. 1638 – 1641, sowie ders.: Commentaria in Timaeum, Kapitel 1 und 10, in: ders.: Opera Omnia, S. 1438 und 1442. Vgl. G. Hamilton: „Ficino’s Concept of Nature“, bes. S. 69; H. Hirai: „Concepts of Seeds“, S. 264 f. und öfter. 48 M. Ficino: De Vita, liber III, caput 3.4 – 11, S. 254 – 256. 49 Nach G. Verbeke: L’Êvolution, S. 212 und öfter, findet sich die Auffassung vom (medizinischen) spiritus als „Instrument der Seele“ bereits bei Galen. Vgl. auch M. Putscher : Pneuma, Spiritus, Geist, bes. S. 187 – 199. 50 G. Verbeke: L’Êvolution, S. 11 f.

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alles „von innen nährt und wachsen lässt“ (spiritus intus alit).51 Zudem dürfte Plotin Ficino für die Geburt seines eigenen spiritus mundi-Konzepts Pate gestanden haben, näherhin mit seiner Lichtmetaphysik, in welcher er den „Himmel“ mit Licht und Feuer identifiziert. Denn wie Plotins „himmlisches Feuer“, so durchströmt auch Ficinos spiritus mundi als himmlischer „Hauch“ (hiatus oder flamen) der Weltseele den Kosmos und durchdringt alle Dinge mit ihrer Leben und Werden spendenden Kraft.52 Hinzu kommt auch die bei Platon verschiedentlich angetroffene Vorstellung vom „Seelenwagen“, einem „Vehikel“ (griech. ewgla) der Seele,53 das dann im mittleren Platonismus und in der neuplatonischen Tradition als ein aus feinster „himmlischer“ Materie bestehendes Fahrzeug aufgefasst wurde, dessen sich die selbst immaterielle menschliche Seele bei ihrem pränatalen Hinabgleiten in die irdische Welt bedient, bzw. als ein bei ihrem Abstieg durch die himmlischen Sphären erworbener und von diesen sukzessiv geprägter „himmlischer Leib“ – später auch als „Astral-Leib“ bezeichnet – der sie wie eine Hülle oder Kleid (griech. wit~m) aus feinstofflicher Materie umgibt.54 Diese Materie wurde als „hell-leuchtend“, „ätherisch“ bzw. „sternartig“ aufgefasst, nicht zuletzt auch unter dem Einfluss der Naturphilosophie des Aristoteles und dessen Lehre vom unvergänglichen himmlischen Äther, als der von den übrigen vier Elementen verschiedenen „fünften Essenz“ (Quintessenz), die ihm auch als der Stoff galt, aus dem die Sterne bestehen.55 Autoren wie Jamblichus und Proklus brachten die Idee des Fahrzeugs bzw. Kleides der Seele zudem mit jenem pmeOla/spiritus in Verbindung, das, ebenfalls nach Aristoteles, bei der Fortpflanzung als materielle Trägersubstanz der immateriellen Seele fungiere und eine dem Stoff der Sterne analoge Konsistenz aufweise.56 51 Vgl. Vergil: Aeneis, Buch VI.724 – 726. Ficino zitiert diese Stelle bei seiner Bestimmung der Funktion des spiritus mundi in De Vita, liber III, caput 3.37, S. 256. Wie M. Lapidge: „Stoic Cosmology“ aufgezeigt hat, sprechen die späteren griechischen Stoiker bereits von einer Kontinuität zwischen kosmischem und medizinischem pneuma, die ihnen als Grundlage der Astrologie gilt (ebd., S. 175). Vgl. Kaske/Clark: „Introduction“, S. 51. 52 Plotin: Enneaden II, Buch 1 (De Caelo), vgl. M. Ficino: Commentaria in Plotinum, liber 2, caput 1, in: ders. Opera Omnia, S. 1596. 53 Platon: Timaeus, Abschnitte 41D – 42D; Phaedrus, Abschnitte 246a – 247b. 54 Vgl. G. Verbeke: L’Êvolution, S, 267, 306 – 311, 368 – 370 und öfter; J. Halfwassen: „Seelenwagen“. 55 Aristoteles: De caelo, Buch III, Abschnitt 270b. 56 Aristoteles: De generatione animalium, Abschnitte 736b.35 – 737a.1. Vgl. D.P. Walker : „Astral Body“, S. 122; R.C. Kissling: „The ewgla – pmeOla of the Neo-Platonists“, hier : S. 319 – 322; J.F. Finamore: Iamblichus; E.R. Dodds: Proclus. The Elements of Theology, Appendix II: „The Astral Body in Neoplatonism“, S. 313 – 321. Auch Ficinos Seelenlehre blieb von derartigen Vorstellungen nicht ganz unbeeinflusst. So scheint er im 18. Buch seiner Theologia Platonica unter Berufung auf gewisse Magi und Platonici (d. h. auf die hermetische und neuplatonische Tradition) bzw. auf „antike Theologen“ an einer solchen dem Himmel entstammenden ätherischen Hülle der Seele auch während ihres Erdendaseins

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Was Ficinos Weltsicht jedoch von früheren Ausformungen der Idee eines himmlischen pmeOla/spiritus unterscheidet, ist die enge Analogie, die er zwischen dem kosmischen und dem medizinischen spiritus und beider Mittlerrolle zwischen Leib und Seele herstellt. Dabei erscheint die anima mundi für ihr Einwirken auf die sichtbare Welt als geradezu auf den „Beistand“ (adminiculum, wörtl. „Stütze“, „Hilfsmittel“, „Werkzeug“) des spiritus mundi angewiesen.57 Wie die menschliche Seele als eigentliches Lebensprinzip den Körper belebt und näherhin über den medizinischen spiritus alle Lebensprozesse und physiologischen Vorgänge des menschlichen Organismus steuert, so ist die immaterielle Weltseele selbst zwar die eigentliche, aber „entfernte“ Ursache (causa remota) alles Werdens und Geschehens im Weltall und belebt das materielle corpus mundi durch die Vermittlung des selbst „kaum mehr“ materiellen spiritus mundi, der in allen seinen Gliedern präsent und überall als der unmittelbarste Urheber alles Hervorbringens und aller Bewegung wirksam ist (ipse vero ubique viget in omnibus generationis omnis proximus auctor atque motus).58 Gleichzeitig aber will Ficino auch den wesentlichen Unterschied klarstellen, der zwischen menschlichem und kosmischem spiritus hinsichtlich ihres jeweiligen Ursprungs besteht: „Die Weltseele extrahiert diesen [d. h. den spiritus mundi, C.S.] jedoch nicht aus den vier Elementen und den entsprechenden humores, wie unsere Seele dies tut. Sie erzeugt ihn vielmehr unmittelbar (aus sich selbst), schwanger von ihrer eigenen generativen Kraft […], und gleichzeitig mit ihm auch die Sterne; zugleich gebiert sie durch ihn die vier Elemente, so als wäre gewissermaßen alles in der Kraft dieses spiritus enthalten. […] Dabei ist in dieser seiner Kraft nur wenig von der Natur der Erde, etwas mehr schon von jener des Wassers, noch mehr von jener der Luft, am meisten hingegen von jener des Feuers und der Sterne.“59

Wohl aufgrund dieses Überwiegens der feuer- und sternenartigen Natur kann man, wie Ficino im selben Zusammenhang feststellt, „den spiritus mundi sowohl als ,Himmel‘ als auch als quinta essentia bezeichnen“ – offenbar in Entsprechung sowohl zum neuplatonischen Konzept des „reinen Feuers“, das die Substanz des Himmels und der Himmelskörper ausmacht, als auch zu Aristoteles’ Bestimmung des himmlischen Äthers als der unvergänglichen „fünften Essenz“, aus festzuhalten. Es geht dabei offenbar um eine weitere und „höhere“ Vermittlungsinstanz zwischen menschlicher Seele und ihrem irdischen Körper, zusätzlich also zum medizinischen spiritus (animalis) – der, wie schon erwähnt, von körperlichen Organen und durch physiologische Prozesse hervorgebracht wird – wobei jedoch die Zuständigkeitsbereiche beider als „Instrument der Seele“, insbesondere was Wahrnehmung und Phantasie anbelangt, nicht klar und konfliktlos von einander abgegrenzt erscheinen. Vgl. P.O. Kristeller : The Philosophy, S. 371 f. 57 M. Ficino: De Vita, liber III, caput 3.11 f., S. 256. 58 Ebd., liber III, caput 3.36 f. 59 Ebd., liber III, caput 3.27 – 35.

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der auch die Sterne bestehen.60 Doch ähnlich wie die Lebenskraft des menschlichen Organismus sich über den physiologischen spiritus allen Körperteilen mitteilt und in ihnen präsent ist, so findet sich der spiritus mundi als quinta essentia auch in allen natürlichen Dingen, wenn auch in manchen mehr als in anderen.61 Die zentrale Aussage von De Vita, Buch III, liegt nun darin, dass der Mensch an diesem spiritus mundi, der als Atem der Weltseele im Weltall als dessen Lebenskraft pulsiert, durch eigenes Tun (noch mehr) Anteil gewinnen kann: „Das Weltall ist durchaus ein lebendiges und atmendes Wesen [omnino vivit mundus atque spirat], und es steht uns frei, seinen spiritus in uns aufzunehmen [wörtlich: „seinen Atem zu schöpfen“: spiritumque eius nobis haurire licet]. Geschöpft wird dieser Atem vom Menschen näherhin durch seinen eigenen spiritus, der jenem des Alls ja bereits von Natur aus ähnlich ist, ihm jedoch auf künstliche Weise noch viel „verwandter“ gemacht werden kann, nämlich wenn er selbst so „himmlisch“ wie nur möglich wird [si maxime coelestis evadat].“62

Es besteht bereits eine naturhafte Entsprechung zwischen menschlichem spiritus, zumindest in seinem idealen Zustand, und dem himmlischen spiritus mundi: Auch dieser ist „völlig klar und warm und feucht und lebenspendend“, mit dem Unterschied, dass bei ihm jene Qualitäten nicht aus einem physiologischen Prozess der „Ausdünstung“ bzw. der „Destillation“ aus der rechten Mischung der körperlichen humores resultieren, sondern dass er „eine solche Ausstattung als Mitgift von den höheren Gaben der (Welt-)Seele erlangt“ hat (ex dotibus animae superioribus dotes eiusmodi nactus).63 Ficino setzt nun nicht nur voraus, dass auch die Gestirne beseelt sind,64 sondern zudem, in Fortführung und Ausweitung neuplatonischer Kosmologie, dass bei diesen Himmelskörpern eine ähnliche Dreiteilung von Seele, spiritus und Körper vorliegt wie beim beseelten Weltall insgesamt.65 Da der spiritus mundi sowohl in den Sternen wie in allen irdischen Dingen anwesend und wirksam ist, dient er zugleich als „Kanal“, über welchen der Einfluss der Sterne auf die sublunare Welt erfolgt.66 Durch 60 61 62 63 64

Ebd. Z. 25 f. Vgl. G. Hamilton: „Ficino’s Concept of Nature“, S. 70. M. Ficino: De Vita, liber III, caput 1.75 – 79, S. 246. Ebd., liber III, caput 4.7 – 11, S. 258. Ebd., liber III, caput 3.37 – 39, S. 256. Die Verträglichkeit dieser Ansicht mit der christlichen Weltauffassung sieht Ficino insbesondere dadurch bestätigt, dass sowohl Augustinus wie auch Thomas von Aquin, sein eigener erklärter „Führer in der Theologie“, den Standpunkt vertreten haben, „die christliche Lehre sei indifferent bezüglich der Frage, ob die Himmelskörper Seelen haben oder nicht.“ S. Augustinus: Enchiridion Kapitel 58; M. Ficino: De Vita, liber III, caput 18.141, S. 340: Thomas autem Aquinas dux in Theologia noster; M. Ficino: Th¦ologie Platonicienne, Bd. 1, S. 163. 65 S. M. Ficino: Commentaria in Plotinum, Kommentar zu Enneaden IV, Bücher 25¢28, in: ders.: Opera Omnia, S. 1744 f. 66 Vgl. F.A. Yates: Giordano Bruno, S. 68 f.: „Ficino bases the theory of how we are to draw down

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dieses Medium des spiritus mundi wird es dem Menschen somit möglich, mit Hilfe seines eigenen spiritus als Kontaktstelle und Rezeptionsorgan, gezielt die „natürlichen Wohltaten“ sowohl des corpus mundi wie auch der anima mundi wie auch der Gestirne zu erlangen,67 da letztere „in ihm und durch ihn“, den Mittler zwischen dem „groben Körper der Welt und der Weltseele“, existieren68 bzw. von der Weltseele mit ihm, und doch zugleich auch durch seine Vermittlung, hervorgebracht wurden.69 Im Unterschied zu der nach traditionellem astrologischem Verständnis vorliegenden naturgegebenen Abhängigkeit von der Planeten-Zodiak-Konstellation, unter welcher der einzelne Mensch geboren wird – einem lediglich passiven, ohne sein Wollen und Zutun erfolgenden Beeinflusst-Werden – handelt es bei dieser Rezeption des spiritus mundi und dem dadurch ermöglichten AnteilGewinnen an den „Wohltaten“ insbesondere der Sterne und Planeten um ein bewusstes Sich-Eröffnen für selbst ausgewählte „himmlische“ Einflüsse, einen methodischen Prozess des Sich-Angleichens an den „Himmel“ und eine systematisch angestrebte Assimilation der lebendigen und Leben und Gedeihen fördernden kosmischen Kräfte. Wichtigste Bedingung dafür, dass der eigene spiritus selbst „himmlischer“ und damit für die Aufnahme kosmisch-astraler Einflüsse geeigneter wird, ist zunächst seine Reinigung von allem hindernden „Schmutz“ (sordes), sei es in der Seele, sei es im Innern des Körpers, auf der Haut, in der Kleidung, in der Wohnung und auch in der Luft, die man atmet.70 Aus diesem Grund legt Ficino seinen Lesern auch nahe, sich tagsüber oft im Freien zu bewegen, in von frischem Wind bewegter Luft, womöglich an sonnigen Tagen in höher gelegenen Gegenden gemäßigten Klimas: „So nämlich treffen dich die Strahlen der Sonne und der Sterne von überall her schneller und reiner,

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the life of heaven upon the spiritus as the channel through which the influence of the stars is diffused.“ M. Ficino: De Vita, liber III, caput 4.1 – 5, S. 258. Ebd., Z. 3 – 5. Ebd., liber III, caput 3.29 f., S. 256 und 434, Anm. 4. Ebd., liber III, caput 4.11– 14, S. 258. Während die physiologische „Entschlackung“ der menschlichen spiritu¯s durch die Einhaltung jener Vorschriften für Diät und gesunde Lebensführung erfolgt, die Ficino seinen Lesern in De Vita, liber I und II nahelegt, zählt zur unabdingbaren Reinigung und Konditionierung der Geistseele nach De Vita, liber III, caput 4.40 – 43, S. 260 auch das Meiden düsterer Traurigkeit und das Austreiben von Müßiggang und lähmender Apathie (otium et torpor), die nach mittelalterlicher Seelenlehre Anzeichen und Folgen des für den Melancholiker typischen Lasters der acedia sind. Vgl. dazu C.J. Steppich: Numine afflatur, S. 210 f. Nach D.P. Walker: „Ficino’s ,Spiritus‘ and Music“, S. 145, dürfte Ficino bei seinem Insistieren auf die Reinigung des spiritus, bevor er „himmlischer“ werden kann, durch neuplatonische Vorstellungen vom „ätherischen Vehikel“ (ewgla) der Seele (s. oben) beeinflusst sein, das sie auch während ihres Daseins auf der Erde beibehält, wo es jedoch schwer, feucht und dunkel wird. Dadurch aber verhindert es den Rückflug der Seele zu ihrer himmlischen Heimat, „and, unless purified and rendered more aetheric, will, at death, drag down the soul to hell“.

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und erfüllen deinen spiritus mit dem spiritus mundi, der durch die Strahlen (der Himmelskörper) in noch üppigerem Maße hervorströmt.“71 In häufigen Spaziergängen solle man Landschaften mit grünender Vegetation72 aufsuchen, Gärten und Wälder, Flussufer und Wiesen73, um das würzige Aroma der Kräuter und Blumen, Pinienhaine und wohlriechenden Früchte der Obstbäume einzuatmen.74 Sie alle „verschwören“ sich gleichsam zu dem Zweck, den menschlichen spiritus zu fördern – rhetorisches Wortspiel in Form einer auf dem Verb spirare („hauchen“, „atmen“) beruhenden Figura etymologica: „hae namque viventes spirantesque conspirant ad spiritum hominis augendum“75 – und „durch diesen Duft erquicken und beleben sie dich von allen Seiten her wie durch den heranwehenden Hauch [flatus] und spiritus des Lebens des Kosmos.“76 Wie Ficino schon im 15. Kapitel von De Vita, Buch II, den mythologischen Merkur in einer fiktiven Rede darlegen lässt, besteht eine enge Verwandtschaft zwischen dem selbst ganz und gar „dunstförmigen“ bzw. „luftartigen“ menschlichen spiritus (spiritus prorsus aerius)77 und den über die Luft verströmten pflanzlichen Düften, d. h. den (als natürliche Wohltat für den menschlichen spiritus vitalis) „vom vegetalischen Leben ausgehauchten Dünsten“ (vapores exhalantes ex vita vegetali)78. Noch höher, wird dort den Lesern eingeschärft, sollten sie freilich die ebenfalls „luftartigen“ Gesänge und über die Luft herangetragenen und an ihr Ohr dringenden Melodien einschätzen, das Resultat der durch die menschliche Vernunft selbst entstandenen Kunst der Musik, die harmonisch auf ihren spiritus animalis bezogen ist und ihn wohltuend „temperiert“.79 Der vom Menschen hervorgebrachte Gesang, der aus der Vorstellungskraft und dem Herzen hervorströmt, ist, wie Ficino in De Vita, Buch III, Kapitel 21, nahelegt, „nicht nur der mächtigste Nachahmer aller Gemütsbewegungen und Intentionen der Seele“,80 sondern wird – seiner physischen Konstitution nach bestehend aus (ausgehauchter) warmer, in Schwingung gebrachter und rhythmisch bewegter Luft, vergleichbar fast einem atmenden Lebewesen und zugleich Träger eines immateriellen emotionalen und gedankli71 M. Ficino: De Vita, liber III, caput 11.30 – 41 (Zitat Z. 30 – 32), S. 290. 72 Vgl. ebd., liber II, caput 14.19 – 21, S. 204, und Z. 44 – 51, S. 206: Auf der Skala der Farben nimmt grün den mittleren und ausgewogensten (temperatissimus) Grad ein, und beeinflusst vorteilhaft spiritus naturalis, vitalis und animalis. 73 Ebd., liber I, caput 10.55 – 57, S. 134. 74 Ebd., liber III, caput 11.22 – 25 und Z. 30 – 41, S. 290, sowie liber II, caput 12.9 f. und 18 f., S. 200. 75 Ebd., liber II, caput 12.10 f., S. 200. Unterstreichungen von C.S. 76 Ebd., liber III, caput 11.25 f., S. 290. 77 Ebd., liber II, caput 15.99, S. 212. 78 Ebd., liber II, caput 15.97 f. 79 Ebd., Z. 97 – 107, S. 212– 214. 80 Ebd., Z. 74 f., S. 358.

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chen Inhalts81 – zu einer Art Fortsetzung des menschlichen spiritus: „Der Gesang ist letztlich nichts anderes als ein zweiter spiritus“ (cantus […] ferme nihil aliud est quam spiritus alter).82 Wie dieser zwischen Leib und Seele vermittelt, so vermag jener spiritus musicus wohltuend selbst auf die Zuhörer einzuwirken und deren Körper und Seele unmittelbar und intensiv zu bewegen und mitzureißen. Ja, Ficino zögert nicht, ihm eine therapeutische Wirkung zuzuschreiben, die er auf beide gleichermaßen ausübe,83 und begründet diese ansteckende und belebende Macht von Musik und Gesang mit dem Verweis auf die Beschaffenheit des Kosmos selbst: „Du wirst zugeben, dass diesem ins Schwingen versetzten und singenden spiritus eine wunderbare Kraft zu eigen ist, wenn du den Pythagoräern und Platonikern zugestehst, dass der Himmel selbst spiritus ist, der durch seine Bewegungen und Töne alle Dinge ordnet.“84 Ficino geht nun davon aus, dass in einem solchen nach dem Prinzip der Harmonie strukturierten und organisierten Weltall85 gewisse harmonische Überein-„Stimmungen“ und naturhafte Korrelationen zwischen der himmlischen und der sublunaren Welt bestehen, sodass die zwischen „Himmlischem“ und „Irdischem“ waltende kosmische Harmonie auch zur ermöglichenden Bedingung für die Aufnahme des ersteren durch das letztere werde.86 Deshalb sei der Mensch in der Lage, durch den Einsatz von irdischen Realitäten, die eine solche Affinität zu den entsprechenden Himmelskörpern87 aufweisen, den eigenen spiritus auf ähnliche Weise zu disponieren und durch die dadurch verstärkte gezielte Ausrichtung von Imagination, affektiver Kraft und geistiger 81 82 83 84 85

Ebd., Z. 80 – 85. Ebd., Z. 105 f., S. 360. Ebd., Z. 111 – 114. Ebd., Z. 114 – 117. Vgl. D.P. Walker: „Finico’s ,Spiritus‘ and Music“, bes. S. 134 f. und S. 138. Vgl. Jamblichus: De vita Pythagorica, Kapitel 15.65; Platon: Politeia, Abschnitt 530D und öfter, und Timaeus, Abschnitte 35B – 36D; M. Ficino: Commentaria in Timaeum, bes. Kapitel 30 – 35, in: Opera Omnia, S. 1453 – 1462, und (zur Sphärenharmonie) ders.: In Phaedrum, Summae, Kapitel 35, in: Opera Omnia, S. 1383, und öfter. Zur Wirkgeschichte dieser Weltsicht, die das gesamte Universum, Erde und Mensch inbegriffen, nach denselben harmonischen Proportionen konstruiert sieht (sodass auch das ethische Handeln des Menschen sich daran zu orientieren habe) bzw. zur Korrelation zwischen Sphärenmusik (musica mundana) und irdischer Musik (musica humana bzw. instrumentalis) vgl. L. Spitzer : Classical and Christian Ideas sowie S.K. Heninger: Touches of Sweet Harmony. 86 M. Ficino: De Vita, liber III, caput 22.1 – 4, S. 362. Zu der zugrundeliegenden Idee vom „kosmischen Eros“, der die einzelnen Teile des Universums untereinander verbindet, s. Platon: Timaeus, Abschnitt 32C. Vgl. auch M. Ficino: In Convivium Platonis, oratio III, caput 3, in: Opera Omnia, S. 1330, wo von jener „Freundschaft“ die Rede ist, welche „in den Gestirnen und den vier Elementen waltet.“ 87 In erster Linie, wenn auch nicht ausschließlich, ist Ficino dabei wiederum an der Einwirkung der Planeten interessiert (zu denen nach dem damaligem Weltbild auch Sonne und Mond zählten). Zu den übrigen Gestirnen vgl. etwa M. Ficino: De Vita, liber III.8: „Von den Kräften und vom Nutzen der Fixsterne.“ (Ebd., S. 276).

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Konzentration auf eine bestimmte astrale Einflussquelle hin für deren spezifische „Wohltaten“ besonders rezeptiv zu werden.88 Im 22. Kapitel von De Vita, Buch III, stellt Ficino eine Skala von sieben Gruppen irdischer Realitäten zusammen, denen von Natur aus eine spezielle Korrelation zu bestimmten Planeten zu eigen ist und denen somit „sieben Methoden“ entsprechen, „mit welchen wir uns den Himmlischen anpassen können“.89 Dieser Skala zufolge steht der erwähnte Wohlgeruch der Pflanzen, zusammen mit den aus diesen bereiteten aromatischen Pulvern, Ölen und Salben, zu Venus in sympathetischer Beziehung, während die vom Menschen selbst hervorgebrachten „Worte, Gesänge und Töne“ in besonderer Affinität zu Apollo/Sol, dem vierten und mittleren der Planeten gesehen werden. Hingegen sind heftige Erregungen der Imagination und ungestüme Gemütsbewegungen dem Mars kongenial, während „die diskursiven Überlegungen“ der menschlichen Vernunft der Eigenart Jupiters, und die gleichsam alle irdische Unrast bereits weitgehend hinter sich zurücklassenden und sich auf das Bleibend-Wesentliche konzentrierenden tiefgründigen Betrachtungen dem kontemplativen Wesen Saturns entsprechen.90 Am anderen Ende dieser Skala befindet sich der Mond, dem die seinsmäßig niedrigsten und härtesten sublunaren Dinge, die Metalle und Steine, aufgrund naturhafter Affinität verbunden sind, während Merkur, dem nächsthöheren der Planeten, bereits eher weichere Gebilde, wie Pflanzen, Früchte und tierische Produkte zugeordnet sind.91 Doch bringt Ficino auch von diesem allgemeinen Korrelationsschema abweichende Listen, etwa solche, in denen ein und demselben Gestirn Realitäten aus den verschiedensten irdischen Seinsbereichen zugeordnet werden, deren gezielte Verwendung unserem spiritus dazu verhelfen kann, sich der siderischen Eigenart dieses Himmelskörpers anzugleichen. So etwa in De Vita, Buch III, Kapitel 14, mit dem Titel „Von den Ordnungen der Dinge, die von einzelnen Gestirnen abhängig sind, wie etwa die solaren (Dinge) von der Sonne, und wie unser spiritus selbst solar wird“.92 An anderen Stellen sind umgekehrt lange Reihen von Edelsteinen, Pflanzen, Aromata, etc. aufgeführt, wobei jedoch die einzelnen Steine, Kräuter und Düfte jeweilig als in „okkulter“ Abhängigkeit zu ganz verschiedenen Himmelskörpern stehend ausgegeben werden.93 88 Vgl. dazu auch M. Ficino: Commentaria in Plotinum, Kapitel 38, in: Opera Omnia, S. 1747. 89 S. die Kapitelüberschrift von M. Ficino: De Vita, liber III, caput 22: „Quomodo septem modis nos coelestibus accomodare possumus […]“, S. 362. 90 Ebd., liber III, caput 21.30 – 38, S. 356. 91 Ebd., liber III, caput 21.26 – 29, S. 354 – 356; vgl. ebd., liber III, caput 22.4 – 11, S. 362. 92 Ebd., liber III, caput 14, S. 308. 93 So in ebd., liber III, caput 12, mit dem Titel: „Natürliche und auch künstliche Dinge haben okkulte Kräfte von den Sternen, durch welche sie unseren spiritus dem Einfluss ebendieser Sterne aussetzen“ (S. 298). Diese „okkulten Eigensschaften“ (proprietates occultae), etwa die von alters her einzelnen Edelsteinen zugeschriebenen geheimnisvolle Wirk¢ und Heilkraft,

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Nach der für die italienische Renaissance weithin typischen synkretistischen Weltsicht sind die beseelten Gestirne und Planeten „himmlische numina“, welche einerseits als Agenten des christlichen Schöpfergottes aufgefasst werden, an welche dieser bestimmte Aufgaben zur Welterhaltung delegiert hat und die er mit der Verwirklichung der Pläne der göttlichen Vorsehung beauftragt, während sie gleichzeitig, etwa im Anschluss an das in Platons Timaeus beschriebene „Götterkonzil“,94 mit bestimmten mythologischen Gestalten bzw. den „Planetengöttern“ der antiken Welt identifiziert werden.95 Unter der in der Astrologie seit jeher nicht weiter hinterfragten Voraussetzung, dass diese „himmlischen numina“ jeweils Wesensart und Charakter (griech. G¢or) jener „astralisierten“, d. h. an den Sternenhimmel versetzten mythologischen Figuren aufweisen, deren Namen sie tragen,96 konnte Ficino bei der Erstellung der erwähnten Kataloge von Affinitäten zunächst einmal auf die neuplatonische „Götter-Taxonomie“, d. h. auf die Aufteilung der einzelnen Wesensaspekte des Göttlichen auf die verschiedenen individuellen Gottheiten der griechisch-römischen Mythologie zurückgreifen,97 sich zum andern an der reichen mythographischen Tradition der Beschreibung der Götter, ihrer Eigenschaften, Attribute, Zuständigkeitsbereiche und der ihnen jeweils „heiligen“ Dinge98 orientieren und zudem

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lassen sich, Ficino zufolge, nicht wie bei „normalen“ irdischen Substanzen aus ihrer je eigenen Zusammensetzung aus den vier Elementen rational erklären und sind infolgedessen als astral bedingt bzw. als „aus dem Leben und spiritus des Kosmos über die Strahlen der Sterne hervorgehend“ anzusehen, weshalb „durch sie unser spiritus sehr oft und sehr schnell affiziert und den himmlischen Einflüssen intensiv ausgesetzt wird“ (Ebd., Z. 28 – 35, S. 298 – 300). Vgl. dazu B.P. Copenhaver: „Scholastic Philosophy“, bes. S. 524 – 527, und D. Beecher : „Ficino, Theriaca and the Stars“, bes. S. 247 – 249. Platon: Timaeus, Abschnitte 41 A – 42E. Vgl. dazu C.J. Steppich: Numine afflatur, S. 205 – 207 und öfter. Zur „Astralisierung“ der mythologischen Götterwelt vgl. J. Seznec: Survival, S. 36 – 42, der von einem fortschreitenden „process of ,absorption‘ of the gods by the stars“ (S. 42) während der Periode des Hellenismus spricht und diese „identification of the gods with astral bodies, which had been fully accomplished by the end of the pagan era“ (S. 37), nicht zuletzt auf den Einfluss orientalischer Religionen und chaldäischer Astrologie zurückführt (S. 41). Zu den von Ficino selbst aufgestellten Listen mythologischer Gottheiten als Manifestationsformen des Göttlich-Einen vgl. M.J.B. Allen: The Platonism, S. 115 – 138 und 246 – 257. Platon selbst verweist auf Merkur und die seinem „Patronat“ unterstehenden irdischen Realitäten in Phaedrus, Abschnitte 274C¢D; vgl. dazu Ficino: In Phaedrum, Summae, Kapitel 49, in: Opera Omnia, S. 1385 f. Wenn Ficino in den Reihen der „solaren“ Pflanzen, deren Öle „durch innere oder äußere Anwendung Herz, Magen und Gehirn stärken, damit von daher der spiritus selbst solar wird“, auch den Lorbeer aufführt (De Vita, liber III, caput 14.50 f. und 68, S. 312), so dürfte dahinter ursprünglich der Mythos von Daphne stehen, die sich, in einen Lorbeerbusch verwandelt, den Annäherungsversuchen des Phöbus Apollo zu entziehen vermochte. Wenn jedoch andererseits unter den solaren Tieren neben Widder, Falke und Hahn auch das Krokodil und der Käfer Scarabaeus erwähnt werden (ebd., liber III, caput 1.103 f., S. 248), handelt es sich offenbar um „heilige“ Tiere, die im ägyptischen Kult des Sonnengottes Ra eine Rolle spielten. Vergleichsweise eher einsichtig ist demgegenüber

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bereits bestehende astrologische Listen von sympathetischen Korrelationen in der hermetischen Literatur und ähnlichen Quellen konsultieren, etwa in Iamblichus’ De sacrificiis und der auf der arabischen Tradition basierenden astrologisch-magischen Schrift Picatrix.99 Wie einzelne Dinge und ganze Gruppen von irdischen Realitäten dem spezifischen okkulten astralen Einfluss bestimmter „himmlischer Patrone“ unterstellt sind, so trifft Ähnliches der von Ficino aufgegriffenen astrologischen Tradition zufolge erst recht auf die einzelnen menschlichen Individuen wie auch auf bestimmte Gruppen zu, denen sie angehören, etwa ihre jeweiligen beruflichen Affiliationen.100 Deshalb erinnert er seine gelehrten Leser daran, ihr eigenes ingenium zu erkennen,101 um jene kosmischen Kräfte zu identifizieren, denen die ihnen angeborene natürliche Veranlagung entspricht und zugeordnet ist und deren sie deshalb besonders bedürftig sind. Vor allem komme es darauf an, dass alle den im Moment ihrer Entstehung gerade im „Aszendenten“ befindlichen und somit am Himmel vorherrschenden Planeten oder „Beherrscher der Nativität“ (planeta dominus geniturae102) – in seiner spezifischen Konstellation zu anderen Planeten und Sternbildern des Zodiak – ausfindig machen, der ihr ingenium mit seinen Anlagen, Neigungen, individuellen und professionellen Aspirationen und Ambitionen geprägt hat und auf dessen fortwährenden Beistand sie deshalb auch weiterhin zur Entfaltung der in ihnen angelegten Talente, zum Gedeihen ihrer Studien und für den Erfolg ihrer beruflichen Arbeit besonders angewiesen sind.103 Von diesem Planeten, mehr als von jedem anderen

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die „solare“ Natur der Sonnenblume, die mit ihrem „Gesicht“ stets dem Lauf der Sonne folgt (ebd., liber III, caput 14.36 – 38, S. 310. Vgl. ebd., liber III, caput 2.99 f., S. 248). Der Picatrix verdankt Ficino wohl auch die Liste jener zu häufigem Gebrauch empfohlenen Dinge, die angeblich bereits in ihrer naturhaften Konstitution mehr Quintessenz, also mehr spiritus mundi aufweisen als „normale“ irdische Substanzen (M. Ficino: De Vita, liber III caput 1.78 – 90, S. 246) und über die entsprechend auch der menschliche Körper, durch Vermittlung unseres spiritus, in außergewöhnlichem Maße dazu befähigt wird, „aus dem Leben des Kosmos zu schöpfen.“ Dazu gehören Gold und Edelsteine, aber auch erlesene Weine, Balsam und Zucker sowie der Duft von Zimt und Rosen. Vgl. dazu Kaske/Clark: „Commentary Notes“, S. 431, Anm. 13 zu De Vita, liber III, caput 1. Vgl. J. Seznec: Survival, S. 69– 71, zu dem schon im Mittelalter verbreiteten astrologischen Theorem von den „Planetenkindern“, nach welchem die „natürliche Eigenart“ und damit die angeborenen Begabungen und beruflichen Neigungen und Ambitionen der einzelnen Menschen durch den ihr jeweiliges Geburtshoroskop dominierenden Planeten bedingt sind – eine Vorstellung, deren Popularität während der Renaissance durch die vielen bildhaften Darstellungen der sogenannten trionfi („Triumphzüge“) der einzelnen Planetengötter (mit ihrem jeweiligen „professionellen“ Gefolge) bezeugt ist. Vgl. den Beginn des Titels von M. Ficino: De Vita, liber III, caput 24, S. 376: „Qua ratione litterati cognoscant ingenium suum […]“. ebd., liber III, caput 23.52, S. 372. Ficino folgt seinen diesbezüglichen neuplatonischen Quellen, vor allem Porphyrius, Iamblichus und Julius Firmicus (vgl. Kaske/Clark: „Commentary Notes“, S. 456, Anm. 6 zu De

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Gestirn, solle jeder einzelne jene Güter und Gaben erhoffen und erwarten, die ihm schon bei seiner Geburt (in genitura) versprochen worden sind.104 Natürlich könne man zwar schon von der Sonne – „gleichsam dem gemeinsamen Anführer aller Himmlischen“ –, in der nach Ansicht von Jamblichus, Julianus und Proklus „die Kräfte aller übrigen Himmlischen versammelt sind“,105 vieles, was den anderen Planeten gemeinsam sei, erlangen;106 ebenso treffe zu, dass alle litterarum studiosi schon von Natur aus dem Merkur ebenso wie der Sonne unterstehen.107 Doch habe, wer zu Rechtsprechung und Philosophie neige, Jupiter zum speziellen Patron. Wer Forschungsdrang und das Streben zur geistigen Durchdringung von unerschlossenen Geheimnissen in sich verspüre, sei Merkur, aber auch Saturn verpflichtet. Und wer „über eine anmutige Redegabe, über Leichtigkeit, Würde und Grazie des Ausdrucks“ verfüge, der solle „neben seiner merkurischen Natur auch Apollo und Venus in sich erkennen.“108 Die ideale Kombination sei aber dann gegeben, wenn sich zu Apollo und Venus auch noch Jupiter geselle, eine Gruppierung, die er wiederholt als „die drei Grazien des Himmels“109 preist. Allgemein gilt nun nach Ficino, dass durch die bewusste und systematische Verwendung der mit bestimmten Planeten besonders affiliierten Dinge, etwa von „solaren“ oder „jovialen“ Pflanzen- oder Tier-Produkten in Form von Arzneien, Salben, Nahrungsmitteln, aromatischen Getränken usw., deren Auswahl und Zubereitung jeweils zum astrologisch gebotenen Zeitpunkt erfolgen soll,110 oder durch den Vollzug von beispielsweise der Wesensart der Sonne oder Jupiters entsprechenden „sympathetischen“ Handlungen und nicht zuletzt auch dadurch, dass man gezielt den Umgang mit Menschen solarer bzw. jovialer (etc.)

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Vita, liber III, caput 23) auch darin, dass er den einzelnen planetae geniturae domini untergeordnete Gruppen von – positiv gewerteten – solaren, jovialen, venerischen etc. daemones oder genii zugesellt, von denen aber nur einer auf ausschließliche Weise als daemon geniturae bzw. (wie der christliche ,Schutzengel‘) als custos vitae für die Betreuung eines einzelnen menschlichen Individuums und für die bestmögliche Entfaltung seiner naturhaften Potentialität zuständig ist. S. hierzu ausführlich M. Ficino: De Vita, liber III, capites 23 (Titel: „Um gedeihlich zu leben und handeln, erkenne zuerst dein ingenium, dein Gestirn, deinen genius […]“, S. 370) und 24. Vgl. dazu Steppich: Numine afflatur, S. 197 – 206, 281 f., 285 – 293 und öfter. M. Ficino: De Vita, liber III, caput 2.82 – 85, S. 254. Ebd., liber III, caput 6.47 – 49, S. 266. Ebd., liber III, caput 2.85 f., S. 254. Ebd., liber III, caput 24.1 – 4, S. 376. Ebd., Z. 4 – 9. Ebd., liber III, caput 5, S. 262, mit der Überschrift: „Dass Jupiter, Sol und Venus die drei Grazien sind“. Vgl. ebd., liber III, caput 12.15, S. 298 und öfter. Ebd., liber III, caput 2.94 – 99, S. 246 – 248 und öfter.

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Eigenart111 sucht, auch der eigene menschliche spiritus zunehmend solar oder jovial (etc.) wird.112 „Und wenn wir schließlich unseren spiritus so für die ,Himmlischen‘ [superi] vorbereitet haben, so setzen wir ihnen auch Leib und Seele aus – ja, die Seele, sage ich, sofern sie durch ihre Gemütsverfassung dem spiritus und Körper zuneigt [quatenus affectu ad spiritum inclinatur et corpus].“113

Durch die Vermittlung unseres für die Rezeption des spiritus mundi auf hinreichende Weise konditionierten spiritus animalis lässt sich unsere Einbildungskraft relativ leicht in eine Verfassung versetzen, die Mars oder Sol/Apollo derart konform ist, dass sie auf der Stelle zu einem „eigentlichen Aufnahmegefäß“ (proprium […] susceptaculum) martialischen oder phöbeischen Einflusses werde.114 Ähnlich vermag sich auch der von sich aus bereits auf das „rationale“ Wesen Jupiters bezogene menschliche Verstand (ratio) – entweder durch die gemeinsame Unterstützung von spiritus und Einbildungskraft oder durch vernünftige Überlegung, oder durch beides zusammen – in bewusster „Nachahmung“ noch weit mehr der Eigenart dieses Planeten anzugleichen.115 Wie nichts „besser geordnet“ (ordinatius) sei als der Himmel selbst, so sei nichts „gemäßigter“ bzw. „besser temperiert“ (temperatius) als Jupiter : „Deshalb kannst du hoffen, dass du erst recht die Wohltaten des Himmels und Jupiters erlangen wirst, wenn du dich in deinen Gedanken, Emotionen, Aktionen und deiner Lebensweise insgesamt als überaus geordnet und gemäßigt erweist.“116 Selbst dem „fernen“ Saturn kann man sich durch eigenes Tun noch mehr annähern, nämlich wenn der kontemplative Intellekt (mens contemplatrix) in seinen Regungen und Intentionen von den gewöhnlichen Vorstellungen und Argumentationsweisen der alltäglichen menschlichen Lebenswelt Abstand nimmt und sich in innerer Sammlung in die metaphysische Betrachtung des vom Irdisch-Physischen getrennten Überirdisch-Göttlichen versenkt.117 Wem es gelingt, Saturn auf solche Weise „wesensverwandter“ zu werden, „der ist glücklich zu preisen, denn ihn wird der höchste der Planeten glücklich beein-

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Ebd., Z. 115 f., S. 248. Vgl. ebd., liber III, caput 14.55, S. 312. Ebd., liber III, caput 14.43 – 56, S. 312. Ebd., liber III, caput 22.15– 17, S. 364. Vgl. liber III, caput 4.21 – 26, S. 258. Ebd., liber III, caput 22.18 – 22, S. 364. Ebd., Z. 22 – 27. Ebd., liber III, caput 19.54 – 58, S. 346. Ebd., liber III, capites 22.27 – 35, S. 364, und 11.83 – 89, S. 294. Zu Ficinos Verständnis des Saturn als Prinzip des „kontemplativen“ Lebens, Jupiters hingegen als „Patron“ des „aktiven“ und durch allgemeine vernünftige Normen und Gesetze geregelten öffentlich-zivilen Lebens, vgl. M.J.B. Allen: The Platonism, S. 115 – 128 und 144 – 155.

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flussen“ (wörtlich „anhauchen“: cui […] altissimus planetarum […] feliciter aspiraverit).118 Was die „künstlichen“ Mittel der Anpassung an die siderische Eigenart dieses oder jenes Planeten anbelangt, verhält sich Ficino dem Einsatz von astrologischen Bildern und symbolischen Figuren gegenüber, welche die Wesensart der jeweiligen Gestirne „einzufangen“ und auszudrücken trachten, einschließlich ihres Tragens nach Art von Talismanen, die im Sinne der astrologisch-magischen Tradition der Abwehr negativer und der Attraktion positiver astraler Kräfte dienen sollten, zum Teil eher zögernd-zurückhaltend119 und betont schon im „Vorwort an den Leser“ von De Vita, Buch III, dass er dies nicht eigentlich empfehlen, sondern lediglich darüber referieren wolle.120 Ohne Vorbehalt bejaht er hingegen das Singen und Spielen von Liedern und Melodien, welche die Wesensart der jeweiligen Planeten „nachzuahmen“ vermögen,121 und nicht zuletzt auch den simultanen Einsatz von Gesang, Licht- bzw. Farbeffekten und aromatischem Räucherwerk nach dem Vorbild jener bewährten Praxis, deren sich Orpheus beim Singen seiner Hymnen auf die verschiedenen kosmischen numina beflissen habe.122 Er erinnert an Hermes Trismegistos, Pythagoras und Platon, die „uns dazu […] ermahnen, eine Seele, in der Dissonanz herrscht oder die von Trauer niedergedrückt ist [animum dissonantem vel maerentem], durch sanft-beständiges harmonisches Zitherspiel und Singen in eine ruhig-gemäßigte Verfassung zu bringen und wiederaufzurichten [componere atque erigere]“,123

118 M. Ficino: De Vita, liber III, caput 22.35 – 37, S. 364, und ebd., Z. 65 f., S. 366. 119 Dies zum einen, weil er selbst entweder von der Effizienz oder von der ethischen Akzeptabilität mancher diesbezüglicher Methoden nicht überzeugt ist (vgl. u. a. ebd., liber III, caput 18.118¢140, S. 340), zum andern offenbar aufgrund ihrer Vorbelastung durch antike heidnisch-religiöse und theurgische Praktiken (vgl. ebd. und liber III, caput 13.12 – 17, S. 306). Zu Ficinos Haltung zur Verwendung von astrologischen Bildern, Amuletten und Talismanen s. auch C.V. Kaske: „Ficino’s Shifting Attitude“. Den beiden Passagen (Lateinischer) Asklepius, Abschnitte 24a und 37– 38, über die von ägyptischen Magiern bewirkten „belebten Statuen“ (vgl. Plotin: Enneaden IV, Buch 3.11 und, darauf Bezug nehmend, M. Ficino: De Vita, liber III, caput 26.77 – 98, S. 388) scheint für die neuplatonisch-magische Theorie und Praxis der Verwendung astrologischer Bilder und Figuren gewissermaßen die Rolle eines Katalysators zuzukommen. S. dazu Kaske/Clark: „Introduction“, S. 47 f., und B.P. Copenhaver: „Renaissance Magic“, sowie ders.: „Scholastic Philosophy“, bes. S. 530 und 551 f. 120 M. Ficino: De Vita, liber III, Ad lectorem, Z. 20 – 23, S. 238. Vgl. neben ebd., liber III, capites 13 (Titel: „De virtute […] coelitus acquisita […] imaginum secundum antiquos“, S. 304), 15 – 18 sowie in der De Vita, liber III, angehängten Apologia, Z. 55¢58, S. 396. 121 M. Ficino: De Vita, liber III, caput 21.118 – 129, S. 360, zur musikalischen Qualität der Lieder und unterschiedlichen lyrischen Stimmung, welche die Eigenart der einzelnen Planeten charakterisieren bzw. ihr angemessen sind. 122 M. Ficino: Commentaria in Plotinum, Kapitel 38, in: ders.: Opera Omnia, S. 1747. Vgl. ders.: De Vita, liber III, caput 21.16 – 18, S. 354. 123 Ebd., liber I, caput 10.49 – 51, S. 134.

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und fügt, nach dem biblischen Verweis auf Davids Psalterspiel, das König Saul von seiner Schwermut zu befreien vermochte (1 Sam 16,14¢23), hinzu: „Auch ich – falls es sich ziemt, das Unbedeutende im gleichen Atemzug mit dem Sublimen zu nennen – erfahre es oft selbst bei mir zuhause [domi], wie viel Lautenspiel und Gesang gegen die Bitternis der Melancholie [wörtlich: adversus atrae bilis amaritudinem] zu erreichen vermögen.“124

Ficino, der nach dem Zeugnis seines Biographen Giovanni Corsi auch im Kreis seiner Freunde und Schüler die „Hymnen des Orpheus“ vorzutragen pflegte, die er „mit seltener Anmut nach antiker Gewohnheit zum Spiel der Leier sang“,125 empfiehlt insbesondere das Singen freudig-gemäßigter Lieder und das Intonieren angenehmer Melodien, die sich bewusst an die Sonne, Jupiter und Venus, also die drei „himmlischen Grazien“, sowie an Merkur richten,126 da diese selbst, wie er mit al-Kindı¯ festhält, ihre je eigene „Musik“ aufweisen, während die drei übrigen Planeten „zwar Stimmen, aber keine Melodien“ besitzen.127 Wenn man nun zur angemessenen astrologischen Stunde, wenn diese Gestirne am Himmel vorherrschen, in Übereinstimmung mit der jeweiligen „Musik“ singt und musiziert, die ihnen selbst zu eigen ist, dann scheinen sie einem sofort zu antworten, wie das Echo, das von einer gegenüberliegenden Felswand zurückgeworfen wird, oder wie eine Saite auf der Laute mitzuschwingen beginnt, sobald (auf einer anderen Laute) eine ebenso gestimmte Saite angeschlagen wird.128 Wenn dies oft geschieht, wird der eigene spiritus aufgrund einer solchen Konsonanz mit Merkur, Venus oder Jupiter selbst merkurisch, venerisch oder jovial, und in jedem Falle auch solar/phöbeisch, egal ob man sich mit seinem Sang direkt an Phöbus/Sol gewandt hat oder nicht, „denn die Kraft des Phöbus, des Anführers aller Musik [musicae dux] ist in jeder Konsonanz lebendig [in omni consonantia viget].“129 124 Ebd., Z. 51 – 54. Vgl. Ficinos Brief an seinen Freund Giovanni Cavalcanti, über sein eigenes düsteres Horoskop, das dadurch bestimmt sei, dass „Saturn mir offenbar von Anfang an das Siegel der Melancholie aufgedrückt hat.“ M. Ficino: The Letters, Bd. 2, S. 33 f. 125 A. della Torre: Storia, S. 789. S. dazu A. Voss: „The Musical Magic“. 126 M. Ficino: De Vita, liber III, capites 11.140 f., S. 296, und 21.124 – 128, S. 360. 127 Ebd., liber III, caput 21.118¢124, und Kaske/Clark: „Commentary Notes“, S. 455, Anm. 18 zu De Vita, liber III, caput 21. 128 Ficino verweist dazu auf Plotin: Enneaden IV, Buch 3.12 (sowie Buch 4.41), und Iamblichus: De mysteriis, Buch III, Kapitel 9 (s. dazu Ficinos diesbezügliche Epitome in ders.: Opera Omnia, S. 1885). Vgl. auch M. Ficino: Th¦ologie Platonicienne, Bd. 2, S. 209. 129 M. Ficino: De Vita, liber III, caput 21.129 – 140, S. 360. Auch den therapeutischen, auf Seele und Körper des Sängers wie der Zuhörer wohltuend einwirkenden Effekt solcher Musik führt Ficino direkt auf Phöbus Apollo selbst zurück, „der den ursprünglichen Theologen zugleich als Erfinder der Medizin und Herr des Saitenspiels galt“ und der nach dem orphischen Apollo-Hymnus „durch sein melodisches Spiel bzw. durch die Kraft seiner Bewegung (d. h. der Kreisbewegung der Sonne) alles temperiert“, gleichzeitig aber auch „[…] durch seine leben-

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Dieses bewusste „Sich-Einstimmen“ auf einzelne Gestirne, die absichtlich erzielte „Konsonanz“ bzw. Resonanz zum Zwecke des Erlangens der „himmlischen Wohltaten“ jener Planeten, an die sich das eigene Singen und Musizieren richtet, stellt somit eine konkrete Engführung der allgemeineren pythagoräischneuplatonischen Theorie der kosmischen Harmonie bzw. der engen Koordination von himmlischer Sphärenmusik (musica mundana) und vom Menschen erzeugter Musik (musica humana bzw. instrumentalis) dar.130 Daneben gibt Ficino nicht zuletzt auch der neuplatonischen Lichtmetaphysik, als generellem Modus der Erklärung der Vermittlung der im Kosmos von „oben“ nach „unten“ wirkenden Kausalität,131 eine spezielle Ausformung und Anwendung, wenn er erklärt, dass es insbesondere „die Strahlen der Sonne und der Sterne“ sind, die den menschlichen „spiritus mit dem spiritus mundi füllen.“132 Was das nach Ficino nicht nur mögliche sondern notwendige „Schöpfen“ des spiritus mundi durch den eigenen spiritus anbelangt, so könnte man es als eine Form von in-spiratio im wörtlichsten Sinne bezeichnen, sofern man sich gleichzeitig über die grundsätzlichen Unterschiede zum Phänomen der Inspiration einerseits im bibeltheologischen, andererseits im (ursprünglichen) dichtungstheoretischen Verständnis im Klaren ist. Denn bei der Rezeption des spiritus mundi im Sinne Ficinos geht es nicht um die Mitteilung vorgegegebener konzeptioneller Inhalte wie bei der Offenbarung göttlicher Heilswahrheiten, zu deren Verkündigung oder Niederschrift sich nach traditioneller christlicher Auffassung der Hlg. Geist der alttestamentlichen Propheten als einer Art „Mundstück/Trompete“ oder jedes einzelnen biblischen Hagiographen und Evangelisten als „Schreibgriffel/Sekretär“ bedient.133 Ebensowenig handelt es sich dabei um das passive Mitgerissen-Werden in gottbewirkter, das menschliche Bewusstsein und Eigentun ausschaltender lam¸a, also um den enthusiastischen Trance-Zustand, den Sokrates in Platons Ion analysiert.134 Denn wenn Ficino seine gebildeten Lesern ermahnt, sie sollten vor allem darauf bedacht sein, den kosmischen spiritus zu absorbieren (sibi insinuare), um durch seine

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spendenden Strahlen allen Gesundheit und Leben verleiht, die Krankheiten hingegen vertreibt.“ S. Ficinos Brief De Musica an Antonio Canigniani, in ders.: Opera Omnia, S. 651. Vgl. oben, Anm. 85. Vgl. C.J. Steppich: Numine afflatur, S. 100 (und ebd., Anm. 66), S. 168 f. und öfter. M. Ficino: De Vita, liber III, caput 11.30 – 32, S. 290. Vgl. C.J. Steppich: Numine afflatur, S. 45, 60 – 62, 74 – 76 und öfter. Platon: Ion, Abschnitte 530C – D, 533E – 534D und 535E – 536C. Vgl. Ficinos Brief De divino furore an den jungen Dichter Pellegrino degli Agli (in: ders.: Opera Omnia, S. 612 – 615; engl. Übersetzung in M. Ficino: The Letters, Bd. 1, S. 42 – 48) und seinen Kommentar zum 4. Kapitel von Platons Phaedrus (in: ders.: Opera Omnia, S. 1363 – 1386), in denen er jedoch das bei Platon eher kritisch-distanziert gezeichnete Phänomen der dichterischen lam¸a – Ficinos „furor der Musen“ – mit Hilfe der platonischen Anamnesis- und Eroslehre als notwendige erste Stufe für den kontemplativen Aufstieg bzw. „Rückflug“ der Seele zum Göttlich-Guten uminterpretiert. S. dazu C.J. Steppich: Numine afflatur, S. 154 – 165.

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Vermittlung die natürlichen Wohltaten (beneficia naturalia) sowohl des corpus mundi wie auch der Weltseele und der Gestirne Anteil zu erlangen,135 dann ist dies ein Appell an ihre eigene Initiative: Bewusst und aus eigenem freien Wollen erfolgt nicht nur die Rezeption des spiritus mundi, gleichsam als „Anzapfen“ einer Art unerschöpflicher kosmischen Energiequelle, sondern auch der über ihn ermöglichte systematische und selektive Prozess des Sich-Bereitmachens (seipsum aptare) und Angleichens (seipsum accommodare)136 an die natürliche siderische Eigenart jenes Gestirns, dessen wohltuender Einfluss der eigenen Person in besonderer Weise zuträglich ist. Es ist wenig damit gewonnen, wenn man Ficinos Weltbild aus unserer heutigen Sicht für „pass¦“ erklärt oder wenn man sich angesichts der Errungenschaften und Erfolge moderner medizinischer Forschung und Praxis dazu bewogen sehen mag, über seinen Wissenschaftsbegriff und seine therapeutischen Ratschläge die Nase zu rümpfen. Fair und wissenschaftshistorisch einzig angemessen ist es vielmehr, sein Werk als Produkt der Logik seiner Zeit in den Blick zu nehmen und innerhalb des für diese Epoche typischen Erkenntnishorizontes und geistesgeschichtlich-kulturellen Koordinatensystems zu werten und zu würdigen. An Ficinos Aufrichtigkeit und seiner Ambition, seinen Zeitgenossen als „Helfer der Menschheit“ einen genuinen Dienst zu leisten, kann kein Zweifel bestehen. Doch geben seine De Vita Libri Tres beredtes Zeugnis von einem Zeitalter, in welchem das bewundernde Interesse für die antiken Autoren und der Eifer für die Wiederentdeckung der „Weisheit der Alten“ zusammenfielen mit einem seit dem vorchristlichen Altertum in diesem Ausmaße nicht mehr dagewesenen Glauben an die lebens- und schicksalbestimmende Kraft der Sterne und einer entsprechenden Hochschätzung der Astrologie als wissenschaftlicher Disziplin.137 Auf fast jeder Seite des Werkes begegnen Verweise auf neuplatonische und hermetische Quellen, von denen Ficino sein „enzyklopädisches pharmakologisches Wissen“ bezieht, das „auf gewagte Weise philosophische, astrologische, magische und psychiatrische Spekulationen in sich vereint.“138 Ebenso offenkundig ist jedoch auch seine unbeirrt christlich-optimistische Grundhaltung: Er ist davon überzeugt, dass „alles Gute“ in wörtlichem

135 M. Ficino: De Vita, liber III, caput 4.1 – 3, S. 258. 136 Ebd., liber III, caput 21.57 – 61, S. 356. 137 Vgl. J. Seznec: Survival, S. 57 f., der hervorhebt, dass gerade das intensive Studium antiker Quellen zur Festigung des Status der Astrologie als einer Wissenschaft von nunmehr unbestrittener Geltung führte, wie aus der damaligen Eröffnung offizieller Lehrstühle für Astrologie an berühmten Universitäten wie Padua, Paris und schliesslich auch – auf Anregung Papst Leos X. hin – in Bologna hervorgeht. 138 M.J.B. Allen, „Introduction“ zu ders. et al.: Ficino, S. xiv. Zu einer kritisch-distanzierten Betrachtung der Übernahme antiker Pharmakologie durch Ficino vgl. den bereits zitierten Artikel von D. Beecher : „Ficino, Theriaca and the Stars“, S. 243 – 256.

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Sinne „von oben“ kommt,139 dass Gott selber es ist, der letztlich Leben und Gedeihen gibt140 und vermittelst des Wirkens kosmischer Kräfte das Wohlbefinden aller irdischen Geschöpfe unablässig fördern will und alle Formen ersprießlicher Entwicklung und Produktivität, vom Wachsen und Fruchtbringen der Pflanzen bis zum kreativen geistigen Schaffen der menschlichen ingenia, anregen und intensivieren lässt. Gleichzeitig legt Ficino jedoch Wert darauf klarzustellen, dass es sich bei der Vermittlung dieser von der göttlichen Vorsehung intendierten „himmlischen Wohltaten“ durch kosmische Agenten um naturhaft gegebene astrale Einwirkung handelt, die nicht erst durch Sternen- oder Dämonenkult „herabgefleht“ werden müsste. So bedarf es nicht etwa eines „Beschwörens“ der beseelten Gestirne durch Inkantationen, die darauf abzielten, sie „tätig“ werden zu lassen,141 noch sind theurgische Manipulationen nötig, durch die sie von Mal zu Mal zum Hervorbringen von besonderen und außergewöhnlichen Effekten provoziert und dirigiert werden müssten. Was somit durch die von Ficino empfohlenen Praktiken affiziert oder intensiviert werden soll, ist nicht der „ohnehin“ bereits vorhandene fortwährende astrale Einfluss selbst, sondern die Aufnahmebereitschaft des menschlichen Empfängers.142 Wie Daniel P. Walker aufgezeigt hat, unterscheidet sich die magia naturalis Ficinos von massiveren Formen astrologischer Magie gerade dadurch, dass der durch sie bewirkte Effekt nicht transitiver, sondern rein subjektiver Natur ist und vornehmlich auf die „Konditionierung“ des eigenen Körpers, des spiritus 139 Vgl. M. Ficino: De Sole, Kapitel 11, in: ders.: Opera Omnia, S. 972 f., in engem Anschluss an die neutestamentliche Aussage von Jak 1, 17: „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, und steigt herab vom Vater des Lichtes, bei dem es keine Veränderung und keinen Schatten von Wandel gibt.“ S. auch sein De Lumine, Kapitel 14, in: ders.: Opera Omnia, S. 983. Die für Ficino typische Auffassung von der göttlichen Vorsehung als einem ununterbrochenen Zustrom wohltätigen göttlichen Einflusses bzw. als von einem nie endenden Verteilen göttlicher Geschenke an alles Geschaffene scheint in der von (Pseudo-)Dionysius Areopagita vorgenommenen und von Thomas von Aquin aufgegriffenen Definition des Göttlich-Guten als „Verströmen seiner selbst“ (Bonum est diffusivum sui) begründet zu liegen. Vgl. W. Beierwaltes: Ficinos Theorie des Schönen, S. 37, Anm. 93. 140 M. Ficino: De Vita, liber III, Apologia, Z. 105¢108, S. 400. 141 Ebd., liber III, Apologia, Z. 58 – 61, S. 396, sowie ebd., liber III, caput 13.22 f., S. 306. 142 Ebd. liber III, caput 21.55 – 58, S. 356. Ficino wird nicht müde, zu betonen, dass es bei den von ihm beschriebenen „himmlischen Einflüssen“ um die Einwirkung natürlicher Ursachen (causae naturales, vgl. etwa ebd., liber III, Apologia, Z. 78 – 80, S. 398) geht, die ja „ohnehin“ schon vorhanden und unabhängig von menschlichem Zutun aktiv sind, mag es sich nun um die drei planetarischen „Grazien“ handeln, „die durch ihre Ausstrahlung überall wirkkräftig sind“ („per illarum radios […] ubique vigentes“, ebd., liber III, caput 11.155, S. 296), oder selbst um die für die Betreuung der einzelnen menschlichen Individuen zuständigen daemones vitae duces (s. oben, Anm. 103): Auch letztere agieren, wie die Sterne, aufgrund ihrer Natur selbst semper et excellenter atque latissime (De Vita, liber III, caput 23.89 f., S. 374), d. h. sie üben unaufhörlich ihren Einfluss aus und dies stets auf optimale und umfassendste Weise, egal ob sich der Mensch dafür öffnet oder nicht.

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und der Imaginationskraft des handelnden Subjektes zur bestmöglichen Rezeption des erwünschten kosmischen Einflusses abzielt.143 So dient auch die Verwendung der von Ficino empfohlenen sympathetischen astrologischen Hilfsmittel letzten Endes lediglich einem an autosuggestive Methoden erinnernden psychologischen Konzentrationsprozess, einer Art „psychosomatischem Training“144 mit dem Ziel, sich dem Wirken der von sich aus bereits auf das Wohl des Menschen hingeordneten „himmlischen“ Kräfte bewusst zu öffnen und sich gezielt in eine der jeweiligen astralen Einflussquelle, deren „natürliche Gaben“ man in verstärktem Maße empfangen möchte, konformere Verfassung zu versetzen bzw. den eigenen spiritus noch „himmlischer“ und noch geeigneter für das „Schöpfen“ des spiritus mundi zu machen. Die für die italienische Renaissance des 14. und 15. Jahrhundets typischen humanistischen Traktate zum Themenkreis De Fato et Fortuna und De Dignitate et Excellentia Hominis heben jeweils hervor, dass die besondere Würde und Auszeichnung des Menschen darin liegen, dass er sich durch sein eigenes Können, durch die entschlossene Kraft (virtus; italienisch virt¾) seines Willens und die Leistung des eigenen ingenium über die scheinbar blinden Schicksalsmächte ebenso erheben kann wie über die engen Zwänge der Natur, durch welche die übrigen irdischen Geschöpfe beschränkt sind. Dabei wird gerade die Verwirklichung jener durch die planende Arbeit, den Forscherdrang und Erfindergeist des „homo faber“145 geprägten, sich von der ursprünglichen naturhaften Schöpfung mehr und mehr unterscheidenden „Welt des Menschen“, also gerade des Bereichs von Zivilisation und Kultur, von Technik, Wissenschaft und 143 D.P. Walker: Spiritual and Demonic Magic, S. 82. Demgegenüber neuerdings J. Hankins: „Ficino, Avicenna and the Occult Powers“. Sich von D.P. Walker absetzend, behauptet Hankins, Ficino habe über die in De Vita propagierte „natürliche Magie“ (auf der Basis des „Schöpfens“ des kosmischen durch den menschlichen spiritus) hinaus in seiner Theologia Platonica, wie auch in seinen Epitomae zu Platons Nomoi, eine von Avicenna beeinflusste weitere Theorie der Magie vorgelegt, die vor allem auf dem in Theologia Platonica, liber XIII, caput 2, beschriebenen Phänomen der vacatio der Seele (d. h. ihres Sich-Loslösens vom Körper) bzw. dem so erlangten ungehinderten Einbezogenseins des höchsten Seelenteils, der intuitiven Vernunft, in die ontologische Hypostase Mens (divina bzw. angelica) beruhe. In diesem Zustand könne, Ficino zufolge, die Seele zu einem Instrument Gottes bzw. der „überhimmlischen Intelligenzen“ werden und zu den von vielen antiken Autoritäten bezeugten Wundertaten, Weissagungen u. ä. (vgl. Theologia Platonica, liber XIII, caput 4) befähigt werden. Falls damit etwas anderes gemeint ist als etwa die (oben erwähnte) Inspiration biblischer Propheten und Hagiographen, deren sich Gott als passive Werkzeuge bedient, wäre allerdings zu fragen, ob und inwieweit Ficino eine solche zusätzliche Form der Magie tatsächlich als etwas dem Menschen nach freiem Belieben Verfügbares verstanden hat, etwas, das er selbst praktizieren oder propagieren wollte, oder ob er darüber nicht lediglich als über eine von seinen antiken bzw. arabischen Quellen für möglich gehaltene okkulte magische Kraft der menschlichen Seele referieren wollte. 144 M.J.B. Allen, „Introduction“, S. xiv. 145 Vgl. C. Trinkaus: In Our Image, Bd. 1, S. 231 und 240.

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Politik, als eigentlichste Ausführung des Schöpfungsauftrages („Machet euch die Erde untertan…“, Gen 1,28) und als Kooperation mit dem kontinuierlichen welterhaltenden Wirken Gottes selbst begriffen. Ficino steht in dieser christlichhumanistischen Tradition, wenn er in seiner Theologia Platonica aufzeigt, dass der Mensch seine Ebenbildlichkeit (vgl. Gen 1,26) mit Gott dem Schöpfer und Welterhalter nicht nur dadurch bezeugt, dass er die Elemente bewältigt und die vorgefundenen Materialien der Welt in seinen Dienst nimmt und auf vielfache Art verändert und formt, sondern vor allem auch durch seine Fürsorge und Vorsorge für sein eigenes Leben und das der Seinen, aber auch für die ihm anvertraute Kreatur, die er kultiviert, betreut, pflegt und zähmt.146 Gerade dadurch, dass der Mensch für alles Sorge trägt und durch die umsichtige Betreuung und verantwortungsvolle Leitung aller innerweltlichen Belange in dieser vergänglichen irdischen Welt als Stellvertreter des unsterblichen Gottes handelt (immortalis Dei gerit vicem),147 übersteigt er jedoch bereits den Bereich des bloß Irdisch-Materiellen und ist über die Ordnung der naturhaften Abläufe (natura) und der schicksalhaft determinierenden Gesetzmäßigkeiten (fatum) hinausund in die Dimension der Vorsehung (providentia) selbst hineingehoben.148 „Durch den Geist steht die menschliche Seele über dem Schicksal in jenem Bereich, in dem allein die Vorsehung waltet; sie ahmt dabei gewissermaßen die höheren Wesen nach und steuert, zusammen mit diesen, die niedrigeren. Sie partizipiert gleichsam an der Vorsehung und regiert sich selbst, das eigene Hauswesen, den Staat, die Künste und die Lebewesen nach dem Vorbild der göttlichen Herrschaft.“149

Auch wer sich im Sinne der von ihm in De Vita Libri Tres propagierten magia naturalis vermittelst des spiritus mundi der kosmischen Kräfte zur Förderung der leiblich-seelischen Gesundheit und zum Wohl seiner Mitmenschen bedient, folgt, wie Ficino in seiner Apologia am Ende des genannten Werkes darlegt, diesem göttlichem Vorbild selbst: „Wie der Bauer zum Erwerb der von den Menschen benötigten Lebensmittel beim Pflügen seinen Acker an die frische Luft wendet, so setzt [wer die magia naturalis im Sinne Ficinos betreibt, C.S.] zum Heil der Menschen das im unteren Teil des Weltalls Befindliche der Einwirkung der höheren kosmischen Regionen aus. Und wie jener der Henne Eier zum Ausbrüten unterlegt, so unterbreitet dieser ebenso vorteilhaft das Irdische der fördernden Hege durch den Himmel. Nichts anderes bewirkt ja auch Gott selbst allezeit, und durch sein Handeln belehrt er uns und legt er uns nahe, dasselbe zu tun, damit vom Obrigen das Untrige hervorgebracht, bewegt und beherrscht werde.150 146 147 148 149 150

M. Ficino: Th¦ologie Platonicienne, Bd. 2, S. 223 – 225. Ebd., S. 225. Vgl. ebd., S. 206 – 211 und 209. Ebd., S. 209; vgl. auch S. 226. M. Ficino: De Vita, liber III, Apologia, Z. 71– 74, S. 398.

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Wenn nun der Bauer (agricola, d. h. „der das Ackerland Bewohnende und Pflegende“) dem „Machet euch die Erde untertan“ von Gen 1,28 im engsten und wörtlichsten Sinne nachkommt, indem er das Erdreich kultiviert und von der Erde lebt, deren Früchte er erntet und verteilt, so darf jener „Weise“ (sapiens)151, der es – dem Titel von De Vita, Buch III, gemäß – versteht, „Leben vom Himmel (selbst) zu erwerben“ und „das Himmlische mit dem Irdischen zu verbinden“ (terrenis coelestia copulans152), Ficino zufolge mit derselben Berechtigung als mundicola (etwa: „der im Weltall zuhause ist und die kosmisch-irdischen Korrelationen zu hegen und nutzen weiß“) bezeichnet werden,153 das heißt also, als jemand, der den Schöpfungsauftrag über die Erde hinaus auf den Kosmos selbst ausweitet, um seine lebensfördernden „Gaben“ nach Gottes Intention zum Wohl der Menschheit in Dienst zu nehmen.

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151 Ebd., Z. 66 und 70, in Analogie zu den drei „Weisen aus dem Morgenland“, die dem Stern des neugeborenen Weltenherrschers nach Bethlehem folgten, um ihm zu huldigen, und die in der christlichen Tradition von Anfang an als Magier und Astrologen verstanden wurden. Vgl. ebd. Z. 29 – 31 und 64 – 67, S. 396. 152 Ebd., liber III, Apologia, Z. 63. 153 Zum Wortspiel zwischen agricola und der von Ficino in Analogie dazu geprägten Bezeichnung mundicola s. ebd., Z. 65 – 71, S. 396 – 398.

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Melanchthon’s theory of spirit as a bridge between Galen, Ficino and Luther

For any sixteenth-century writer commenting on the soul and its parts, the natural points of departure were provided by Aristotle’s On the soul and the works of Galen, notably On the doctrines of Hippocrates and Plato. But the great majority of Christian commentators on the soul from this period also felt compelled to relate their exposition to Christian notions of the soul. One important issue was that of the soul’s immortality. Another pressing issue was the relationship of the soul with the body on one hand; and on the other, its relationship with ontically superior entities: the world soul, demons, angels and the Holy Spirit. In each case, the vital intermediary tertium quid is invariably the spiritus, which was understood in a number of different ways. The present paper will examine Philipp Melanchthon’s understanding of the spiritus, focussing in particular on way he uses the works of the pagan Galen and the Christian Neoplatonist Marsilio Ficino, adapting each to a specifically Lutheran anthropology. We shall see that Melanchthon’s exposition of the spiritus also relates to such topics as melancholia and the action of the Holy Spirit and demonic forces on the individual human soul. To conclude, we will also look briefly at a number of late sixteenth-century writers who make explicit use of Melanchthon’s work, such as Johannes Placotomus, Johann Stigelius and Wilhelm Adolf Scribonius. Melanchthon’s most detailed exploration of the medical spiritus occurs in his Commentarius de anima (1540), his first treatise on natural philosophy. Besides a coverage of the parts of the soul and the interior senses, this work also includes a systematic description of human anatomy. Consistent with the stress on natural philosophy in Melanchthon’s curriculum, the Commentarius de anima was required reading in the arts faculty at Wittenberg, and Melanchthon’s psychology thus became widespread amongst the first generations of Lutheran clergy and scholars.1 The Commentarius de anima and its revision Liber de 1 J. Rump: Melanchthon’s Psychologie, especially pp. 19 – 25 (on humours) and pp. 26 – 29 (on the spiritus); S. Kusukawa: The Transformation of Natural Philosophy, especially pp. 75 – 123; G. Frank: “Philipp Melanchthons ‘Liber de Anima’”; W.U. Eckard: “Philipp Melanchthon und

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anima (1552) are ostensibly commentaries on Aristotle’s On the soul. However, as early as 1533 Melanchthon had expressed his dissatisfaction with Aristotle’s On the soul, which he considered insubstantial and inadequate for teaching purposes.2 Melanchthon also had a fundamentally different approach from his ostensible model. While Aristotle investigated the ‘first principle of animated being’3, Melanchthon’s intention was to investigate human nature in particular.4 To this end, Melanchthon’s work contains a comprehensive account of human anatomy. His most important source of anatomical information was Galen, whom he considered to augment and correct Aristotle on certain points. Melanchthon’s revised Liber de anima integrated anatomical discoveries from Vesalius’ On the structure of the human body (1543). In this later work Melanchthon accordingly distinguished more carefully between the glottis and epiglottis, gave a better account of the liver, and denied the existence of the rete mirabile in humans.5 While the study of anatomy had of course been an important part of mediaeval medical training since the time of Mundinus, Melanchthon’s decision to rely on Galen was not accidental. Melanchthon requested in April 1525 that the university library at Wittenberg purchase the Aldine Greek Galen, which had just been published.6 Melanchthon’s friend Joachim Camerarius the Elder was involved in the editing of a new edition of Galen’s works (Basel: Herwagen and Froben, 1538), and Melanchthon’s interest in this project is evident from their correspondence. But more importantly, Melanchthon considered that Galen was the best ancient exponent of natural philosophy (physice), a subject that he considered to be of great importance to the theologian. For Melanchthon, complex but harmonious structures in nature, particularly those evident in the heavens and the human body, provide conclusive evidence that the universe did not arise by chance, but was created and ordered by divine providence. (By contrast, Aristotle denied that the universe had a designer, since he believed it to

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die Medizin”; J. Helm: “Die ‘spiritus’”; J. Helm: “Wittenberger Medizin im 16. Jahrhundert”; S. Salatowsky : De Anima, pp. 35 – 131. P. Melanchthon: Briefwechsel (cited as MBW), no. 1508; formerly published as: P. Melanchthon: Opera Quae Supersunt Omnia, 28 vols., Karl Gottlieb Bretschneider (vols. 1 – 15) and Heinrich Ernst Bindseil (vols. 16 – 28) (eds.) [Corpus Reformatorum, series I, vols. 1 – 28] (cited as CR), vol. 4, p. 1021; s. also S. Kusukawa: The Transformation of Natural Philosophy, p. 83. Aristotle, On the soul/De anima, book I, chapter 1, section 402a. S. Kusukawa: The Transformation of Natural Philosophy, p. 87. Melanchthon on Vesalius, in: CR, vol. 7, pp. 1125 – 1128, transl. in: P. Melanchthon: Orations on Philosophy and Education, pp. 152 – 157; s. also S. Kusukawa: The Transformation of Natural Philosophy, pp. 114 – 123; H.-T. Koch: “Melanchthon”. MBW, no. 388 (cf. CR, vol. 1, pp. 732 – 734); C.G. Brandis: “Luther und Melanchthon”, p. 209; H.-T. Koch: “Anatomie als universitäres Lehrfach”, at p. 177, note 77, reports that the two folio editions of Galen from the University Library at Wittenberg are now in the UB Jena.

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be eternal, though he did maintain that it had purpose.) By showing that each part of the human body was designed for a particular end, the teleological anatomy and psychology of Aristotle and Galen was useful for provoking a recognition of providence. Melanchthon believed that just such a recognition and acceptance of God’s benign providence (agnitio Dei) is a necessary step in coming to faith. Even though the pagans had some idea of the summum bonum, it was their inability fully to recognise divine providence that precluded them from true faith. However, Melanchthon placed great emphasis on the fact that Galen, though he had rejected Judaism and Christianity, had come as close as a pagan could to recognising God. In De usu partium, Galen argued that the minute examination of human anatomy reveals the purposefulness of Plato’s demiurge and Aristotle’s nature. As Melanchthon put it: “most wisely did Galen say that learning anatomy is the beginning of theology, and the portal to the recognition of God.”7 Melanchthon’s De anima is thus a distinctively Christian reading of Aristotle’s text, or rather a systematic Christian anthropology taking Aristotle’s On the soul and Galen as its point of departure. For example, he insisted that the spirits excel the light of the sun and stars in their brightness. The human spirits are also the locus at which the Holy Spirit mingles with the spirits of the pious, making them glow yet more brightly, bringing understanding, faith and love for God. There are also aspects of Melanchthon’s De anima that mark it out as distinctively Lutheran. This may seem surprising, since Luther famously attempted to expunge pagan philosophy, including Aristotle, from the curriculum of the University of Wittenberg. Melanchthon’s promotion of such pagan authors as Aristotle and Galen from the 1530s was largely the result of his desire to bolster logical and systematic learning in reaction to the Anabaptists, whom he considered to have been led into theological error by throwing the baby of method out with the bathwater of secular learning. While Luther had previously rejected Aristotle’s Nichomachean Ethics as encouraging the view that one could be saved through human virtue, Melanchthon found the fifth book especially useful as a foundation for obedience to civil authority, something that he considered to have been seriously undermined by the Anabaptists and Enthusiasts (Schwärmer).8 The articles on civil authority in the Augsburg Confession certainly show that Melanchthon was concerned that Catholic critics should not confound the Lutherans with the seditious Anabaptists. Moreover, Melanch7 MBW, no. 1996 (cf. CR, vol. 3, p. 765); CR, vol. 11, p. 501: “Itaque sapientissime Galenus inquit, doctrinam anatomicam initium esse Theologiæ, et aditum ad agnitionem Dei […].” Further, s. S. Kusukawa: The Transformation of Natural Philosophy, pp. 83 – 85, pp. 101 – 104, who notes that the authenticity of this passage in De usu partium has been disputed. 8 S. Kusukawa: The Transformation of Natural Philosophy, pp. 69 – 70.

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thon’s insistence that God is imminent within the physical world, rather than transcendent over it, reflects Luther’s position of the Real Presence in the Eucharist, as Sachiko Kusukawa has pointed out. Where Zwingli had followed Erasmus in dividing body from soul quite sharply, and thus downplayed both the importance of Jesus’ manhood and the physicality of the Eucharist, Luther by contrast insisted that Jesus’ divinity is revealed precisely in his human suffering and death. And certain aspects of Melanchthon’s Commentarius de anima, such as his chapter on the will, show the clear imprint of Luther’s position on this issue, articulated most trenchantly in his dispute with Erasmus.9 One aspect of Melanchthon’s psychology that has not received much attention is his deployment of a number of concepts derived from Ficino. Most importantly, he shared Ficino’s conviction that the individual soul is immortal. This position could not be taken for granted, especially amongst those, like Pietro Pomponazzi, who wanted to keep theology separate from philosophy, and followed the path of Alexander of Aphrodisias.10 Yet Melanchthon’s way of demonstrating this principle differs from that of Ficino; while Ficino argues for the immortality of the individual soul by employing philosophical reason, Melanchthon drew most of his arguments from Scripture. A second similarity is Melanchthon’s adoption of the metaphor of the knowledge of civil law as a ‘light of the soul’ infused by God.11 A third similarity is in Melanchthon’s conception of the humours (black bile in particular) and of the human spiritus. The ostensible source of Melanchthon’s discussion of spiritus in the Commentarius de anima and the Liber de anima is Galen’s On the doctrines of Plato and Hippocrates. Besides his clear debts to Galen, Melanchthon’s account also has a number of marked similarities with Ficino’s account from De vita:

9 Ibid., pp. 75 – 83. 10 Ibid., pp. 86 – 87. 11 M. Ficino: Commentarium in Philebum XXVI, p. 241: “Anima rursus quia media est inter numina corporaque, ideo triplicem est sortita potentiam: unam qua supernis coniungitur, unam qua ad inferiora porrigitur, mediam qua mediam suique vim propriam retinet. In suprema animi parte radius divinæ mentis acceptus mentis humanæ lumen dicitur, et animam ad supernorum contemplationem erigit; in media fixus rationis iudicium est ad civilem instruens disciplinam; in postrema residens phantasiæ industria est ad artes victui suppeditantes humano et materiam artificiis exornandam.” Cf. P. Melanchthon: Philosophiæ moralis epitomes, in: CR, vol. 16, p. 25: “Ex his liquet hanc doctrinam de moribus et concessam esse Christianis, et utilem ac plenam dignitatis esse, cum lex naturæ sit lumen divinitus insitum animis et vestigium quoddam ac testimonium de Deo, in natura nostra et longe antecellat cæteras artes.”

Melanchthon’s theory of spirit as a bridge between Galen, Ficino and Luther

P. Melanchthon: Commentarius de anima “Spiritus est subtilis vapor ex sanguine expressus, virtute cordis incensus, ut sit velut flammula, suppeditans vim in exercendis actionibus. Etsi autem unus est fons spirituum, tamen locis discernuntur et mutantur. Spiritus vitalis est flammula in corde nata ex sanguine, calorem vitalem devehens ad cætera membra, et impertiens eis vim exercendi actiones, quas calore vitali efficiunt.”12

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M. Ficino: De vita, liber I, caput 2 “[…] spiritus […] est […] vapor quidam sanguinis purus, subtilis, calidus et lucidus […]. […] ab ipso cordis calore ex subtiliori sanguine procreatus volat ad cerebrum; ibique animus ipso ad sensus tam interiores qu—m exteriores exercendos assidue utitur […].”13

[Melanchthon:] Spirit is a subtle vapour expressed from the blood and ignited by the power of the heart like a little flame, providing energy for physical motion. Although there is only one source of the spirits, they are separated into different places and altered. The vital spirit is a little flame born in the heart from the blood, bearing the vital heat to the other members, and imparting to them the strength to carry out various movements, which they perform through this vital heat.

Melanchthon’s account of the creation of the spirits in the heart and their movement to the brain to become the source of motion and thought also resembles the account presented by Ficino: P. Melanchthon: Liber de Anima

M. Ficino: De vita, liber I, caput 2

“[…] spiritus geniti in corde, cum postea cerebri vi temperantur, fiunt instrumenta proxima actionum in cerebro et in nervis, et cient cogitationem, sensum et motum. […] magnam esse cordis utilitatem, cum fons sit spirituum […].”14

“Tenuissima sanguinis pars fluit in cordis fontem, ubi uitalis viget uirtus. Inde creati spiritus cerebri et (ut ita dixerim) Palladis arces ascendunt, in quibus animalis, id est sentiendi mouendique uis, dominatur.”15

[Melanchthon:] After the spirits are generated in the heart and tempered by the power of the brain, they become the immediate instruments of action in the brain and nerves, and stimulate thought, sensation and movement. […] The heart is of great utility, since it is the wellspring of the spiritus.

Melanchthon does differ from Ficino in some respects. These differences arose largely because he consulted the Greek text of Galen for his Commentarius de anima, and had the benefit of using Vesalius’ De fabrica for his revised Liber de anima. Where Ficino had followed the Arabic and mediaeval distinction of three kinds of spiritus (natural, vital and animal), Melanchthon followed Galen in 12 13 14 15

P. Melanchthon: Commentarius de Anima, folio 134 recto. M. Ficino: De vita, p. 110. P. Melanchthon: Liber de Anima, in: CR, vol. 13, p. 57 (“Cor”). M. Ficino: De vita, p. 110.

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maintaining that there were only two (vital and animal), which together are responsible for the maintenance of life, nourishment, reproduction, sensation, movement, thought, and the affects in the heart.16 In the revised Liber de anima, Melanchthon adapted Vesalius’ model of the transfer of blood between the ventricles of the heart, and this affected his understanding of the transport of spiritus within the body. In the Liber Melanchthon also reported that Vesalius had discovered that the rete mirabile, traditionally understood as the primary organ for the production of spiritus animalis, does not exist in humans. He therefore followed Vesalius in suggesting that the spiritus animalis is produced through a refinement of the spiritus vitalis in the ventricles of the brain.17 But despite any differences in taxonomy or anatomical understanding between Ficino and Melanchthon, there are nevertheless marked similarities in the metaphors that both men used to explicate the workings of the spiritus. Ficino used the image of the oil that feeds a lamp to explain how blood, an element possessing both subtlety and firmness, communicates vital heat to the rest of the body. Melanchthon uses precisely the same image to describe the vital spirits: P. Melanchthon: Liber de anima “Vt enim in lychno flammam intelligimus, quæ rapit alimentum ex cera & filo, sic in corporibus animantium intelligere spiritum vitalem possumus, qui est tenuissima flamma, genita ex sanguine virtute cordis, volitans per totam corporis machinam, et largiens corpori vivificum calorem, et vim ciendi motus et actiones.”18

M. Ficino: De vita, liber II, caput 5 “Sanguis enim humorque talis, sicut oleum flammæ, ita vitali calori pabulum est, et una cum subtilitate habet etiam firmitatem.”19

[Melanchthon:] And as we understand a flame in a lamp, which takes its nourishment from the wax and the wick, likewise we can understand the vital spirit in the bodies of living things. This is a very subtle flame born from the blood through the power of the heart, 16 Galen: On the doctrines of Hippocrates and Plato, VII.2.27, pp. 444 – 445; P. Melanchthon: Commentarius de Anima, folio 135 verso; J. Rump: Melanchthon’s Psychology, pp. 26 – 29. O. Temkin: “On Galen’s Pneumatology” points out that Galen only mentions a ‘natural spirit’ briefly in his Method of treatment (De methodo medendi, XII.5), and that it otherwise plays no discernible role in his pneumatology ; s. also J. Helm: “Die ‘spiritus’” pp. 224 and 227. 17 P. Melanchthon: Liber de Anima, in: CR, vol. 13, p. 54; J. Helm: “Die ‘spiritus’”, pp. 227 – 229; W.U. Eckard: “Philipp Melanchthon und die Medizin”, pp. 196 – 197. 18 P. Melanchthon: Liber de Anima, in: CR, vol. 13, p. 9 (“Quid est anima”); cf. P. Melanchthon: Commentarius de Anima, folio 81 verso: “Vt enim flamma in lychnis rapit oleum, ita hic sinister uentriculus ex dextro, & mediis cauernis rapit sanguinem, quem transmutat & gignit ex eo spiritus uitales ceu flammam, Vt in lychno flamma uera est ardens fumus, Ita spiritus sunt fumi sanguinis ardentes et ualde calentes, & [sc. ut] uere flammas dicere possis.” 19 M. Ficino: De vita, p. 176.

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flying through the entire mechanism of the body, and bestowing upon the body its lifegiving heat and the power to bring forth movements and actions.

As Ficino had warned that scholars in particular ought to pay attention to the proper care of the spirit, ‘that instrument by which they can in some way encompass and grasp the entire world’ (“instrumentum illud, quo mundum universum metiri quodammodo et capere possunt”)20, Melanchthon likewise warned that care must be taken for the nourishment of the spiritus.21 And where Ficino had devoted the third of his Three Books on Life to exploring the relationship between the human agent and the heavens, mediated by the human spiritus and the anima mundi, Melanchthon likewise stated that the vital spirit is ‘similar to the heavenly nature.’22 In humoural medicine, there is a natural relationship between the spiritus and the humours. In his Three books on life, Ficino devoted a great deal of attention to the regulation of the humours – principally black bile, but also phlegm and blood – through the care of the spiritus. In De anima, Melanchthon described the physical and psychological effects of melancholia in considerable detail. He discussed the various types of melancholy (naturalis and adusta) and the effect of altering the balance of black bile and the other humours. For example, if black bile is diluted with a lot of phlegm, the sufferer will become uncommonly inert and inattentive, and will lose all confidence. Melanchthon cited a case he had witnessed in which the only way to bring the patient around from such a melancholic-phlegmatic depression was through the sound of a lute.23 Melanchthon agreed with Ficino that melancholy can bring great gifts; like Ficino, Melanchthon drew this ‘most comforting teaching’ from the Aristotelian Problema XXX.1.24 In reliance on this text, Melanchthon wrote that the blood of the mel20 Ibid., p. 110. 21 P. Melanchthon: Commentarius de Anima, folio 134 verso: “Ideo [spiritus] magna cura fouendi & conseruandi sunt.” 22 P. Melanchthon: Liber de Anima, in: CR, vol. 13, p. 54 (“Cor”): “Est autem spiritus vitalis lucidissima & vivifica flamma, similis naturæ cælesti, quæ calorem & vitam in totum corpus perfert, & præcipuarum actionum organum est.” 23 P. Melanchthon: Commentarius de Anima, folio 121 recto – verso: “Si melancholia est ex sanguine, & diluitur modico sanguine, efficit amentias ridicu- [folio 121 verso] le letantium. Si ex rubra bile, aut diluitur multa rubra bile, fiunt atroces furores & maniæ, qualis fuit Herculis & Aiacis furor. Si diluitur phlegmate, fit inusitata segnicies, sicut ipsi uidimus mente errantem, qui fere perpetuo dormiebat, summisse loquebatur, nec excitabatur, nisi citharæ sono, quem cum audisset, attollens caput, arridere incipiebat, et interrogatus hilariuscule respondebat. Si ipsa per sese atra bilis redundans aduritur, fiunt tristiciæ maiores, fugæ hominum, qualis fuit Bellerophontis mœsticia.” Cf. P. Melanchthon: Liber de Anima, in: CR, vol. 13, p. 84. 24 P. Melanchthon: Commentarius de Anima, folio 123 recto: “Hic non inutile est recensere Aristotelicam disputationem de atra bile, ut natura humoris propius aspiciatur, quam quidem multis uenustis descriptionibus illustrauit. Disputat quare excellentes uiri in gu-

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ancholic is full of vapours which give rise to spiritus. Melancholic blood has to be more stable than regular blood to cope with the volatility of the humour, which Melanchthon likens to gunpowder. (Ficino had compared it to grappa, which is equally volatile.)25 ‘Do we not,’ Melanchthon adds, ‘see that poets are moved by some kind of afflatus when composing a poem? This happens to other artists too when they give great effort to cogitation.’26 Melanchthon’s ostensible reliance on the Aristotelian Problema conceals his debt to Ficino’s De vita. For instance, he imports an element of astrological determinism absent from the Aristotelian Problema but conspicuous in De vita. Like Ficino, Melanchthon maintained that Saturn, if held in check by the influence of Jupiter, can bestow great benefits: Therefore Aristotle does not talk about vicious melancholy, but natural melancholy ; indeed, he means that those who are exceptionally gifted have a balanced temperament which nevertheless tends to melancholia. Such a temperament is created by a conjunction of Saturn and Jupiter, and is peculiar to heroic temperaments.27 bernatione reipublicæ Vt Solon, Philosophi, PoÚtæ & alij excellentes artifices, plerique omnes sint Melancholici.” Cf. P. Melanchthon: Liber de Anima, in: CR, vol. 13, p. 85: “Hic breviter adiungam Aristotelis quæstionem de atra bile, non solum ut natura humoris propius aspiciatur, sed etiam, ut multi invitentur ad illas ipsas Aristotelis paginas legendas, quæ doctrinam dulcissimam continent.” 25 P. Melanchthon: Commentarius de Anima, folio 123 verso – 124 verso: “Ait triplicem esse Atram bilem, quandam Asininam, dilutam multo phlegmate, quæ adfert frigidos morbos, nec prodest ingenijs. Altera est adusta, quæ furores ciet. Tertia [folio 124 recto] est non uiciosa, quæ cum est copiosior, & sanguini temperato apte miscetur, efficit acriores, ardentiores et tenaciores impetus. Primum enim talis Melancholicus sanguis, est admodum halituosus & multos gignit spiritus, & fiunt in eo motus durabiliores, non solum quia stabilior sanguis est, sed etiam, quia illi spiritus acrius urunt densiorem sanguinem, Vt ignis in ferro urit multo uehementius, quam in stipula, & sunt impetus ardentiores, propter eandem causam, quia talis sanguis incensus, magis flagrat & ardet. Quantus impetus, quantus ardor est Cæsaris dimicantis, reuocantis fugientem exercitum? Non dissimilis est hic impetus fulminum, atque ut in puluere tormentorum, qui fit ex nitro & sulphure, impetus excitatur ue- [folio 124 verso] hementissimus, ita flagrantissimos motus in sanguine Melancholico, spiritus incensi excitant.” Cf. M. Ficino: De vita, p. 120. 26 P. Melanchthon: Commentarius de Anima, folio 124 verso: “Nonne poetas cum intenti aliquid componunt, uidemus uelut adflatu quodam moueri? Accidit idem alijs excellentibus artificibus, cum in aliquam cogitationem maiore animi impetu incumbunt.” Cf. W. Schleiner : Melancholy, p. 62. 27 P. Melanchthon: Commentarius de Anima, folio 124 verso – 125 recto: “Non igitur Aristoteles de uitiosa atra bile loquitur, sed de naturali, & reipsa hoc [folio 125 recto] uult, excellere ingenijs eos, quorum crasis est temperata, sed declinans ad Melancholicam, qualem efficit Saturni et Iouis coniunctio, quæ Heroicis ingenijs peculiaris est.” S. also Melanchthon, preface to J. Schöner : De iudiciis nativitatum libri tres, folio b2 verso: “Crases humanorum corporum & si multa sumunt — materia seu — semine, tamen certum est eas ualde temperari potestate siderum, ut nati paulý ante coniunctionem cum Luna iam radijs Solis tegitur, longe sunt imbecilliores alijs. Rursus hi quibus fulgent magnæ Saturni & Iouis coniunctiones Crasim longÀ habent fœliciorem.” Cf. P. Melanchthon: Liber IX, contin., in: CR, vol. 5, pp. 819 – 820; M. Ficino: De vita, p. 252; J. Rump: Melanchthon’s Psychologie, p. 24; W. Benjamin: Ursprung des deutschen Trauerspiels, p. 329.

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The development of Melanchthon’s theory of ‘heroic’ melancholia may have owed something to a brief note in the commentary on Aulus Gellius’ Attic Nights, XVII.7, by the Leipzig Hellenist Petrus Mosellanus (1493 – 1524): “Melancholia […] is an almost heroic emotional state [affectio] which befalls great minds. It is bile and blood, burned and congealed: Aristotle in the Problemata, and Plato in many books. Ludovicus Caelius Rhodiginus [1469–1525] discussed this topic exquisitely in his Readings in the Classics IX.20, likewise Ficino in De vita.”28

Like Ficino, Melanchthon suggests that the natural temperament of a child can be influenced by the planetary conjunctions under which it was born.29 Melanchthon agreed with Johannes Rosenbach that a favourable conjunction will produce men of ‘heroic’ temperament such as Scipio, Augustus, Pomponius Atticus and Albrecht Dürer, whose melancholia he characterises as ‘most generous’.30 (The idea of melancholia generosa became part of the vocabulary of the discourse of melancholy in the Lutheran tradition, as we see in the work of Rudolf Goclenius.)31 Melanchthon also mentions the doctrine of noble melancholy from 28 A. Gellius: Noctes Atticæ, L.1r : “Atra bilis […]. Sed esse fermÀ affectionem hanc heroicam, et maximis ingenijs accidere. Est autem bilis sanguis adustus & concretus. Aristo. in Proble. Plato in multis libris. Sed & Ludouicus Cæl. exquisitissime super hac re disseruit antiquarum lectionum lib. nono. cap. 20. Tum Marsilius Ficin. in lib. de triplici uita.” Mosellanus makes a mistake in the reference; L.C. Rhodiginus’ comments are in book XVII.5 of his Lectionum antiquarum libri XXX (I consulted the edition Basel: Froben, 1542), pp. 630 – 631; Rhodiginus uses the key phrase on p. 631: “Nam & heroica dicitur affectio, idest Bqyzj¹m p\hor.” 29 P. Melanchthon: Commentarius de Anima, folio 122 recto: “Eaque uarietas in temperamentis habet cœlestes causas. Multo generosior est melancholia, si coniunctione Saturni & Iouis in libra temperetur, qualis uidetur Augusti melancholia fuisse, quam si confusa sit Saturni, Martis et Lunæ congressu in Scorpio, qualis Catiline˛ melancholia fuisse uidetur.” Cf. id.: Liber de Anima, in: CR, vol. 13, p. 84. S. also J. Stigelius: De Anima, folio 120 recto: “Hic locus pertinet propriÀ ad Astrologos. Saturnus sua natura est frigidus & siccus, & cum qualitas atræ bilis sit frigida & sicca, ideý in quorum natiuitate dominatur Saturnus, aut est malÀ positus, ut in congressu Lunæ, quæ natura est humida, tunc mutatur.” 30 P. Melanchthon: Commentarius de Anima, folio 130 verso: “De Melancholicis ante dictum est, horum est mirifica uarietas. Primum illa heroica Scipionis, uel Augusti, uel Pomponij Attici, aut Dureri melancholia generosissima est, & uirtutibus excellit omnis generis, regitur enim crasi temperata, & oritur — fausto positu siderum.” J. Rosenbach [ab Indagine]: Die Kunst der Chiromantzey, folio 65 recto: “Begeb es sich dann (das doch gar selten geschicht) das dem Saturno in dißer complexion (sonder Marte) zu˚käme Iupiter / oder Venus / so überkumpt der selbig menschen ein überußträffliche synnryhlicheit / geschicht zu˚ erfinden ettlich viel frembder gu˚ter künst.” I.P. Couliano: Eros and Magic, pp. 19 – 21, explores the links between melancholy and amor hereos or heroicus. 31 R. Goclenius: Lexicon philosophicum, 1613, p. 679: “Melancholia in bonam & malam partem accipitur. In bonam, vt cum dicitur, In hoc est Melancholia generosa. In malam, cum dicitur Melancholia est balneum Diaboli; & accipitur pro vitiosa melancholia & morbo insaniæ, orto ex atra bile corrupta, sicut lekacwokøm, Græcis significat insanire.” Goclenius’ reception of Melanchthon’s theory of spiritus is indicated by the entry Xuwµ in his Lexicon philosophicum græcum, p. 277: “Xuwµ propriÀ est corporis organici 1mtek]weia (actus seu perfectio) 2. deinde accipitur pro spiritu animali vel vitali, quæ tenuissima flamma est, genita ex

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the Aristotelian Problema in a 1545 letter to Camerarius.32 Camerarius too would make use of the theory of melancholia outlined in the Problemata in his own Commentarius de generibus divinationum.33 Melanchthon accentuates the artistic aspects of the ‘heroic’ in his Philosophiæ moralis epitome. To achieve heroic virtue, he suggests that we require a ‘divine push’ which heightens our capacity for judgment and excites our will, as seen in Josquin des Prez, who excels all other musicians.34 Elsewhere, Melanchthon also ascribes a ‘generous and heroic nature’ to those who ‘through divine afflatus and enthusiasm […] are led to writing poems, and quickly perceive the measures of syllables and feet.’35 Elsewhere Melanchthon wrote that the inventive faculty of the agent intellect is unequally distributed amongst people. His theory of the ‘heroic’, built on the basis of Ficino’s theory of the gifts of melancholia, thus represents an important development in the concept of creativity and genius.36 Like Ficino, Melanchthon applied this theory of spiritus and melancholia to the dietetics of the scholar. In his announcement of the death (1557) of Jakob von Bayreuth, a young man studying at Wittenberg, Melanchthon’s fundamental agreement with Ficino’s scholarly dietetics is evident: It is not only those who stay up late into the night and stuff themselves full of food who harm the natural powers of the heart, liver and stomach; so too do those who protract their studies from the beginning of the evening for many hours after their dinner. For since digestion is impeded by intense thought and sleep is driven away, the heart and the brain are simultaneously afflicted. This is why we often exhort students not put off

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sanguine, virtute cordis volitans per totam corporis machinam, et corpori largiens vivificum calorem, et vim ciendi motus et actiones [P. Melanchthon: Liber de Anima, in: CR, vol. 13, p. 9]; vel pro cœlesti calido, Hippocr. Anima semper gignitur, id est spiritus in sanguine. Hic cum non servat justam dispositionem extinguuntur animantia [Ibid., p. 10], ait Melanchthon.” P. Melanchthon: Liber IX, contin., in: CR, vol. 5, p. 873. J. Camerarius: Commentarius de generibus divinationum, p. 17: “[…] Aristoteles acerrimo vir ingenio, omnem in hominibus excellentiam, & quicquid in vtramque partem boni ac mali — communi conditione hominum recedit, in humoris melancholici, quæ est atra bilis, varietate sola collocat. Et inde ait existere, non solum peqitto}r, id est, alijs præstantiores, tam in Philosophia, qu—m ratione ciuili, qu—m etiam in poÚtica, sed Sibyllas quoque ac Bacidas, & qui instinctu numinis agitentur. Græci 1mh]our vocant.” P. Melanchthon: Initia doctrinæ physicæ, in: CR, vol. 13, p. 306: “Naturalis motus in corpore longe potior est, quam artificialis, ut cum arte cietur aliquod aqt|latom. In Iosquino natura ad musicam idoneo, multo præstantior facultas est canendi, quam in homine amuso, qui tamen arte, quantum potest musicam sibi accersit.” P. Melanchthon: Oratio de studiis veteris philosophiæ, in: CR, vol. 12, p. 249: “Generosæ et heroicæ naturæ, quæ ad illas summas artes divino aliquo afflatu et 1mhousiasl` rapiuntur, ut avidius hæc appetant, sic arripiunt facilius, perinde ut hi, qui natura ad scribendum carmen ducuntur, citius syllabarum et pedum mensuras percipiunt.” Melanchthon mentions the abilities bestowed on humanity through divine afflatus as early as his 1519 Rhetoric, in: CR, vol. 11, pp. 417 – 418. E. Keßler : “The intellective soul”, p. 518.

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going to sleep too long after dinner, and we encourage them to seek recreation in music or pleasant conversation. Erasmus of Rotterdam has persuaded me, Philipp, to abstain as a general rule from reading and writing after dinner. Asinius Pollio would not work on any letters after dinner, not even if they were for the Emperor. And Plato says that we should imitate nature: just as the eye of the world shuts when the sun sets, we should likewise submit to sleep when the world’s eye is shut. I have experienced how many ailments, indigestion and nightmares arise from staying up too late.37

The reference to Erasmus apparently derives from his published De ratione studii […] epistola protreptica (1497, pub. 1518) rather than from any personal correspondence.38 Yet the final argument from the course of nature derives not from Erasmus, and certainly not from Plato, but from Ficino’s De vita, liber I, caput 7, where we also find Melanchthon’s other arguments against staying up too late. Having been introduced into Lutheran attitudes towards the scholarly profession by way of Melanchthon’s Commentarius and Liber de anima, Ficino’s scholarly dietetics are still evident in a compendium by Stephan Praetorius printed at Wittenberg as late as 1597.39 A further feature of Melanchthon’s mature pneumatology as expressed in the Liber de anima is an insistence on the close bond between the physical and religious spirits. This aspect of Melanchthon’s pneumatology is closely related to his theory of affects. Melanchthon distinguishes durable affects from transient passions, but explains each as the result of fallen human nature. For Melanchthon, the affects are resistent to all attempts at control through the will or reason. Since one affect can only be replaced by a stronger one, our natural sinful affects can thus only be conquered through the divine and gracious gift of better ones. Melanchthon saw a direct analogy between the Holy Spirit, the substantial love and joy that proceeds from the Father and the Son, and the human spirits, which are the instruments of the affects proceeding from the human heart.40 This 37 P. Melanchthon: Scriptorum publice, folio 49 verso –50 recto (18 January 1557): “Non solum hi, qui noctu uigilantes helluantur, lædunt uires naturales uentriculi, Epatis & cerebri: Sed etiam illi, qui extendunt studia ab initio noctis in multas horas — cœna. C¾m enim coctio intentione cogitationum impediatur, & somnus arceatur, simul & uentriculus & cerebrum adfligitur. Quare sæpÀ hortamur Scholasticos, ut post cœnam non diu differant somnum [cf. M. Ficino: De vita, liber I, caput 7], ac se paulisper oblectent, uel musicis, uel iucundis sermonibus [cf. M. Ficino: De vita, liber II, caput 18]. Erasmus Roterodamus suasit mihi Philippo, ut — cœna in uniuersum — lectione & scriptione abstinerem. Asinius Pollio nullas Epistulas, ne Augusti quidem, resignauit — cœna. Et Plato dicit, naturam imitandam esse: Vt in occasu Solis, mundi oculus clauditur, ita nos debere somnum admittere, oculo mundi uelut clauso [M. Ficino: De vita, liber I, caput 7]. Sumus experti in multis ortos esse morbos, crudelitates & insomniis ex lucubrationibus.” 38 Erasmus: Opus epistolarum, vol. 1, pp. 171 – 172. 39 S. Praetorius: Ordo Studiorum. 40 P. Melanchthon: Liber de Anima, in: CR, vol. 13, p. 170; J. Helm: “Die ‘spiritus’”, pp. 234 – 237.

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analogy led him to suggest that the Holy Spirit has a particular capacity to mingle with the physical spiritus of believers, making them focus more ardently on God and glow with his divine light. Divine grace thus has a physical effect on believers, filling them with a joyful affect that is spread around their body through the spiritus, pushing out the sinful affects of our fallen nature, which are continually fomented by the devil. These renewed spirits lead the mind to an increased capacity to recognise God.41 But if the physical spirits are instead possessed by the devil, they impair the judgment and bring about ‘manifest frenzies’ which compel the heart to perform vicious acts, such as Medea’s murder of her children and Judas’ suicide.42 Melanchthon’s argument here resembles that put forward by Ficino in his introduction to Socrates’ Apology : that the mind can become the domicile of lower daemons through black bile or vice, subjecting the sufferer to phantastical visions and physical torments.43 Melanchthon’s model of spirit was widely received, even amongst Roman Catholic authors.44 The similarities between the psychological theories of Melanchthon and Ficino were highlighted by a number of sixteenth-century writers. Johannes Placotomus, an alumnus of Wittenberg and later professor of medicine at Königsberg, wrote in his 1551 commentary on Eobanus Hessus’ poem on dietetics, Precepts for preserving good health (Bonæ valetudinis conservandæ præcepta): “There are as many activities and spirits as there are virtues, namely ‘natural, vital and animal’ [M. Ficino: De vita, liber I, caput 2]. For the virtues are the causes of actions, and the spirits their instruments. The spirits are very pure and subtle substances, born in the principal members to be the organs of the virtues. Spirit is commonly defined as ‘a pure vapour of the blood, subtle & c’ [Ebd.]. But enough has been said of this first part [of Hessus’ poem]. Whoever wants a complete account of the human constitution

41 P. Melanchthon: Liber de Anima, in: CR, vol. 13, pp. 88 – 89: “[…] his ipsis spiritibus in hominibus piis miscetur ipse divinus spiritus, et efficit magis fulgentes divine luce, ut agnitio Dei sit illustrior, et adsensio firmior, et motus sint ardentiores erga Deum.” J. Helm: “Die ‘spiritus’”, p. 237: “Die Erlösung des Menschen hat nicht nur eine theologische Dimension, sondern auch eine physiologische […].” 42 P. Melanchthon: Liber de Anima, in: CR, vol. 13, p. 89: “Econtra ubi diaboli occupant corda, suo adflatu turbant spiritus in corde et in cerebro, impediunt iudicia, et manifestos furores efficiunt, et impellunt corda et alia membra ad crudelissimos motus, ut, Medea interficit natos, Judas sibi ipsi consciscit mortem.” S. D.P. Walker : “Medical Spirits”, especially p. 228; S. Kusukawa: The Transformation of Natural Philosophy, p. 120. 43 M. Ficino: Opera omnia, p. 1388: “Quando uel per atram bilem uel aliquid simile aut vitium totus in imaginationem convertitur animus / facile fit inferiorum demonum domicilium: quorum presentia & insaniat & animo simul uexetur & corpore.” 44 For example, s. J. BrÀche (1514 – 1583): Ad titulum Pandectarum, p. 280: “At vitalis spiritus, est veluti flammula quædam ex sanguine enata, calorem vitalem reliquis membris ministrans: cuius vehiculum sunt Arteriæ.”

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should read Melanchthon’s Commentary on the Soul, in which the entire human being is described in great detail.”45

It seems clear that Placotomus considered Melanchthon’s psychology more or less consistent with that of Ficino, even if their taxonomy of the spiritus was a little different. One of Melanchthon’s most gifted students, the theologian and poet Johannes Stigelius (1515 – 1562), hinted more directly that Melanchthon’s model of spiritus contained traces of Ficino’s ideas. Stigelius, who lectured on Melanchthon’s Commentarius de anima at Jena, wrote a detailed commentary on the work, published posthumously in 1570. Stigelius expanded on several points at which Melanchthon only hints, presumably drawing, at least in part, on what he had learned from Melanchthon himself. His notes on Melanchthon’s model of melancholy and genius draw heavily from Ficino (De vita, liber I, capites 5 – 6) and the Aristotelian Problema, book XXX, chapter 1, which Stigelius implicitly identifies as Melanchthon’s major sources.46 45 J. Placotomus: De tuenda bona valetudine, folio 13 verso – 14 recto: “De Actionibus & Spiritibus. Tot sunt actiones & spiritus, quot uirtutes, scilicet, Naturales, Vitales, & Animales. Virtutes enim actionum causæ sunt, spiritus instrumenta. [14 recto] Sunt autem spiritus purißimæ & tenuißimæ substantiæ, in principalibus membris, ut sint organa uirtutum, genitæ. Vulgý spiritus definitur esse uapor sanguinis purus, subtilis & c [M. Ficino: De vita, liber I, caput 2]. Hæc de prima parte dixisse sufficiat. Qui integram de constitutione hominis noticiam habere cupit, legat commentarium D. Philippo de Anima, in quo totus homo egregiÀ describitur.” 46 J. Stigelius: De Anima, folio 120 verso – 121 verso: “Atra bilis non uitiosa prorsum uel naturali calore, uel animi corporisque motu accensa ferÀ sicut auri inflammati color[e] ignita & rubea, tum purpura colore calet & lucet, & uelut Iris ascendens uarios colores trahit [cf. Vergil: Aeneid, book IV.700 – 701], igitur ex ea mota & accensa spiritus subtiles, lucidi & ualde calidi, agiles, actione uehementes gignuntur, & ita durabiles, ut diu seruiant actionibus, & officium menti expeditius præstent, quæ delectata hoc obsequio facilius res inuestigat & inuenit, clarius perspicit, magis sincerÀ iudicat & iudicata diutius retinet, & in gyrum sese ueluti in centrum colligens, rerum quoque inuestigabilium centra & penetralia rectius attingit ac penetrat. Hac ratione [folio 121 recto] illi, quibus talis Melancholia familiarior est, & ingenio maximÀ excellunt & uim scrutandi ac inuestigandi durabiliorem retinent, & res maiores & sublimiores [in the edition of 1581: subtiliores] inueniendo eruere & cogitando applicare norunt. Hæc est Marsilij Ficini sententia. Sed annectamus Aristotelicam quoque, quæ est in problematis sectione 30. huiusmodi. Atra bilis tametsi natura sua sit frigida, tamen se uniuerso corpori intermiscens ac confundens, incitata motu & calida & calidißima reddi potest, sicut aqua quæ licet natura quidem frigida est, tamen concalefacta feruentior redditur, quam sunt ipsæ flammæ, quibus percoquitur. In quibus igitur atræ bilis calor intensus est maximÀ, hi attoniti, & mente alienati & insani redduntur. In quibus uerý cum multa pituita commiscetur in ijs ignauiam atque torporem excitat. Sed in quibus remißior est ad mediocritatem, nec nimium inflammatus, nec prorsus phlegmate corruptus, hi Melancholici quidem sunt omnino, sed ingeniosi inprimis & sagaces & prudentes, & cæteris præstantiores, alij in studijs literarum, alij in artibus, alij in Republica. Comparat uerý Aristoteles hanc affectionem atræ bilis temperatæ cum efficacia boni uini, quod hilariter ac mediocriter sumptum acuit ingenium, fusÀ ac copiosÀ acceptum ebrietatem inducit, cerebri

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One area in which Ficino’s psychology continued to be discussed throughout the sixteenth century was the discourse of witchcraft. Although Ficino has virtually nothing to say about witches, his work was taken up by many who were concerned with the relationship between religion and magic. One of these was the Lutheran witch-hunter Wilhelm Adolf Scribonius, in his 1588 tract On the nature and power of witches (De sagarum natura et potestate). In the second part of the book, On discovering witches through certain signs, how to identify them correctly and examine them, Scribonius draws a theory from Ficino that can help an inquisitor confirm the guilt of a witch. All he needs to do is to confront the accused with the product of her suspected crime, for the blood of a cadaver will spurt spontaneously out on its murderer.47 An important source here for Scribonius is the Observationes medicinales of FranÅois Valleriola (1573).48 Scribonius was evidently aware that Valleriola built his extromissive theory of vision on Ficino (De amore, oratio VII, caput 5), who had in turn drawn material from Lucretius and Homer.49 In De amore, oratio VII, caput 5, Ficino had argued that spiritus can be extromitted in many ways. Patroclus’ blood spurted out on Hector because his spiritus was enflamed with the desire to be avenged. This desire transmitted itself to the body of Hector, where it was kept alive for some seven hours by Hector’s own vital heat. Later the blood left in Patroclus’ corpse was attracted by his posthumous desire, still lodged in Hector’s heart, and gushed forth from the wound.50 Scribonius suggests that the same test might be

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actiones usque ad furorem perturbantem. Halitum autem petentem cerebri sedem ex spuma tum uini tum atræ bilis ascendere significat. Quasi diceret Sicut ex uino calefacto spuma sursum ebullit, ita quoque ex Me- [folio 121 verso] lancholia inflammata uapor spumeus euolat ad cerebrum, qui si est moderatus, actiones cerebri acuit, si intemperatus est & nimius perturbat & euertit.” S. also W. Schleiner : Melancholy, pp. 63 – 65. W.A. Scribonius: De sagarum natura et potestate, folio 123 recto. J. Bodin: De la d¦monomanie, folio 72 verso, makes a similar argument: “[…] Platon l’a escript au premier liure des Loix, que les ames des meurtris souuent poursuyuent les meurtriers, ce que Marsil Ficin au seiziesme liure de l’Immortalit¦ des ames, cha. 5. & Lucrece, & Virgile au IIII. des Æneides tiennent pour veritable, & les iuges ont approuu¦ par infinis iugemens, que le meurtrier passant sur le corps mort sans le toucher, soudain la playe saignoit [cf. M. Ficino: Platonic Theology, vol. 5, p. 270].” Ficino is also mentioned amongst those who upheld this belief in M. Donati: De historia medica, p. 105. S. also F. Förner : Psalmus, p. 53: “Vnde Plato, in ea opinione erat, quod animæ occisorum crudelissime persequerentur, & infestarent suos occisores, quod cum illo etiam probabile credidit Marsilius Ficinus. Quin immo & veteres PoÚtæ Lucretius & Virgilius adstipulabantur […].” F. Valleriola: Obseruationum, liber II.7, pp. 92 – 109. W.A. Scribonius: De sagarum natura et potestate, folio 123 recto – verso, citing F. Valleriola: Obseruationum, p. 101, apud quem M. Ficino: De amore, oratio VII, caput 5, p. 332; s. also H.C. Agrippa: De occulta philosophia, I.50, pp. 180 – 182. W.A. Scribonius: De sagarum natura et potestate, folio 124 recto – verso, citing M. Ficino: De amore, oratio VII, caput 5, p. 332: “In eadem planÀ sententia est Marsilius Ficinus in comment. super Plat. Et hanc illustrat exemplo Hectoris & Patrocli. Vulnerat, inquiens, Hector Patroclum, ac perimit. Patroclus Hectorem inspicit vulnerantem. Unde ejus cogitatio judicat

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used to identify a witch who has committed a murder, on to whom blood would spontaneously be ejected. A little later Scribonius briefly discusses Melanchthon’s theory of spiritus as expounded in the De anima. He notes that Melanchthon used Theocritus’ poem I sigh for Adonis (AQ\fy t¹m -dymim, now generally ascribed to Bion) as the starting point for his discussion. In this poem, Aphrodite exclaims that when the life-breath (pmeOla) of the dying Adonis leaves his inmost soul and perches upon his lips, she will kiss him and capture his breath in her mouth, from where it will lodge in her innermost being. Scribonius cites Melanchthon’s translation of the relevant passage, followed by his definition of spiritus from De anima. A few lines later, he claims that Melanchthon’s definition of spiritus is more or less consistent with that of Plato, Lucretius, Galen and Ficino.51 Placotomus, Stigelius and Scribonius thus provide important contemporary evidence that Melanchthon’s theory of spiritus and melancholy was considered to be partly dependent on that of Ficino, or at least consonant with it. However, ulciscendum: confestim ad vindictam bilis accenditur, ab ea sanguis inflammatur, & ad [folio 124 verso] vulnus À vestigio properat, eodem & spiritus confluunt, & quia leves sunt, ad Hectorem usque volantes in eum migrant, ejus calore seruantur ad tempus aliquod, eo ipso in tempore si Hector cadaveris vulnus cominus intentus inspiciat, vulnus cruorem versus illum ejicit & c. Hæc Marsilij sententia est.” This theory is also repeated by Besold: “Cadaverum injustÀ occisorum cruentationem, præsente eo, qui hujus criminis est suspectus, inter indicia ad torturam recenseri debere: just—mque Nemesin esse, vindictam exposcentem, puto, non tamen solum hoc indicium sufficere videtur. vid. Hieron. Magium. 3. miscellan. cap. 6. Barthol. Sybillam, peregrinar. quæst. decad. 3. cap. 8. quæst. 4. Marcil. Ficinum, lib. 16. d. animæ immortalit. cap. 5. [Ficino: Platonic Theology, vol. 5, pp. 262 – 272; more citations follow.] Scio notissimæ parricidæ infantem — se enecatum, in sinum datum, nullo edito tali signo. Sed forsan non opus fuit in re clar– medio extraordinario. Vicissim si miraculosÀ hoc fiat, & null– caus– naturali præsente; (cujus rei exstant exempla) non hoc est negligendum.” (C. Besold: Discursus Politici, 1626, p. 130). 51 W.A. Scribonius: De sagarum natura et potestate, folio 125 recto – 126 recto: “Præter eos enim quos antÀ commemoraui, utpote Lucretium, Valleriolam, Ficinum, Galeottum, ante hos Plato philosophorum coryphæus in Symposio suo ut copiosißimÀ, ita eruditißimÀ philosophatur per spirituum ejusmodi insultum aut discursum homines amore fascinari docens sanguinem & spiritus hominis oculorum radijs vulnerati in vulnerantem citißimÀ prolabi. Præterea Theocritus PoÚta de osculo amantium inquit: tosoOtºm [sc. tossoOtºm] le v¸kaqom [sc. v_kgsom] fsom f~, t¹ v_kgla, jj -wqir !pox}w,r 1r 1l¹m st|la, jeQr 1l¹m Gpaq [sc. Hpaq] jj PmeOla te¹m Ne¼sei [sc. Ne¼s,], t¹ d´ seu ckuj» v¸ktqom !l´kny. Quos uersus Melanchthon repetens ac LatinÀ vertens, inquit: Tantisper da suaviolum, dum basia vivunt. jj [folio 125 verso] Ex animaque tua dum spiritus in mea labra jj Influit, inque jecur, mulgenti dulcia philtra. jj Spiritus, ait, uterque in alterius labra & alias partes influere. Idem Melanchthon ait, spiritus maximÀ vitales in homine nasci in corde, & verÀ esse flammas quæ in omnium affectuum incendijs, in lætitia, dolore, amore, ira, & c. sparguntur. […] Viden’ igitur Neuualde (ad te enim orationem meam converto) qu—m longÀ excellentißimos Pbysicos [sic] octo, Valleriolam, Galenum, Lucretium, Ficinum, Theocritum, Platonem, Melanchthonem, Cardanum, præ- [folio 126 recto] ter multos alios, ignorantiæ accuses, dum ais vel mediocriter Physicis principijs imbutos intelligere spirituum in corporibus humanis transmigrationem nullam fieri, quam tamen omnes illi unanimiter fieri docuerunt.”

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just as Melanchthon had adapted Galen to his Lutheran natural philosophy, so too he silently rejected the more extreme elements of Ficino’s theory of spirit, such as its application to magic. Nevertheless, Melanchthon’s adoption of Ficino’s models of spiritus and melancholia, albeit in modified form, led to the further dissemination of some of Ficino’s most typical ideas in an orthodox Lutheran anthropology which remained current through the sixteenth and into the seventeenth centuries.

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Spirit in Giordano Bruno’s magical works

As emerged from the other contributions collected in this volume, ‘spirit’ is a multifaceted term in the Western philosophical tradition.1 In Giordano Bruno’s philosophical thought it plays a substantial role. In Bruno’s works, the term ‘spirit’ covers a large semantic area, ranging from the strict physical gust of wind and the biological flatus (vital breath), to the cosmic, vitalistic principle of the world-soul and eventually the nature of divinity itself. Starting with Bruno’s early works, the term occurs in the meaning of spiritus vitalis et animalis, as it was used since Antiquity within a broad medical tradition.2 The latter individuated in the spiritus vitalis the vehicle through which the heat of the heart was spread in the entire body and viewed the animal spirits, concentrated in the ventricles of the brain, as a means of transmission of the nervous stimuli to the organs of sense and the muscles. And it is just the non-univocal definition of ‘spirit’, universal efficiens causality (associated both to the anima mundi and the nature of the elements, deprived of its physical nature and overlapping with the entities indicated by Bruno as immaterialia) which in the later works devoted to magic allows to single it out as a principle of extraordinary effectiveness on an operational level. This holds in particular for the works that Bruno composed in Helmstedt from 1589 to 1591, characterized by Felice Tocco – together with Girolamo Vitelli, the first editor of these works – as Bruno’s Opus magicum.3 These include De magia, Theses de magia, De magia mathematica, titles attributed by the nineteenth-century editors of the Latin works, and furthermore, De rerum principiis, and Medicina lulliana. By contrast, De vinculis in genere, similar to these texts for its openly operational character, was finished – after a first Frankfurt draft – in Padua, probably in the autumn of 1591.4 Thus, all these 1 2 3 4

S. also the articles in: M. Fattori and M.L. Bianchi (eds.): Spiritus. In this sense the term is used in G. Bruno: De umbris idearum, p. 28. F. Tocco: Le opere, S. 214. All these works are published in G. Bruno: Opera latine conscripta, vol. 3. The volume contains also Libri Physicorum Aristotelis explanati and Lampas triginta statuarum. Concerning the dating of these texts see: F. Tocco and G. Vitelli: “I manoscritti”; S. Bassi: “Struttura e

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works were composed contemporarily to the poems of the Latin trilogy, published in Frankfurt in 1590 – 1591: De minimo, De monade and De immenso et innumerabilibus. It should be stressed, however, that the magical strand was not the last of Bruno’s interests, as it accompanied the central themes of his philosophical reflection, from the infinitist cosmology to the philosophy of the ‘minimum’.5 As regards the issues I am about to tackle, the magical works do not appear as particularly original when compared to the earlier works. They apparently force the principles of Bruno’s philosophy in a practical-operational direction, a feature that characterized his thought from the very first works.6 However, it is not until his latest works, that the reflection on magic gains a central and nearly ‘exclusive’ importance. After the nineteenth-century edition and the early, rather reductive, interpretation of these works,7 the interest in the latter steadily increased, in particular in the wake of Frances A. Yates, who characterized Bruno as an Hermetic magician and interpreted his entire philosophical production in the light of this thesis.8 This growing interest lead in 2000 to a new edition, accompanied by an Italian translation.9

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diacronia”; E. Scapparone and N. Tirinnanzi: “Giordano Bruno”; V. Lepri: “Besler a Erlangen”; some new perspectives in A. Rossius: “Works within a Codex”. S. the entry “Magia” by V. Perrone Compagni in Enciclopedia Bruniana e Campanelliana, in particular point 1: “Presenza e persistenza della nozione di magia nelle opere bruniane”. S. L. Spruit: “Magia: socia naturae”; M. Ciliberto: Giordano Bruno, p. 243. The aim to minimize the importance of these opuscula, as an heritage of an already overcome past, is also clear in the works of Felice Tocco. Gentile (G. Gentile: Giordano Bruno) played down the role of the practical aspects of Bruno’s thought, even the political ones, being silent with regard to the works concerning magic. Corsano (A. Corsano: Il pensiero di Giordano Bruno) was the first scholar to pay attention to these texts, singling out in the magic works a crucial moment of Bruno’s life and thought. The whole of these late works of Bruno’s philosophical production is considered as the centre of a political and religious renewal process that Bruno intended to promote as a magical reformation. S. in particular F.A. Yates: Giordano Bruno, and the contribution by F. Dell’Omodarme: “Frances A. Yates”. G. Bruno: Opere magiche (I will quote the magical works from this edition). This edition is part of the project – sponsored by the Istituto Nazionale di Studi sul Rinascimento and directed by Michele Ciliberto – that intends to publish Bruno’s Latin works (until now also the volumes I and II of the Opere mnemotecniche and the volume concerning the Opere lulliane have appeared). The anastatic reprint of the Norov Codex of the Rossijskaia Gosudarstvennaia Biblioteka of Moscow (which conserves two extensive Brunian autographs: the preparatory draft of De vinculis, the abbreviated version of Medicina lulliana and copies of De magia, De rerum prinicipiis, De magia mathematica, Lampas triginta statuarum mostly by the hand of the secretary of Bruno, Hieronymus Besler) is expected to be published by Andrei Rossius (Institute of Philosophy of the Russian Academy of Sciences). The volume will be part of the series Oeuvres complÀtes de Giordano Bruno – published by Les Belles Lettres, Paris, with the support of the Istituto Italiano per gli Studi Filosofici and of the Centro Internazionale di Studi Bruniani. The volume will also include an introduction by Rossius, in which he analyses the

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Discussing the concept of spirit in the works on magic, I will concentrate on the following issues: 1. the coincidence of spiritus with the anima mundi, which in these works is the fundamental presupposition of magical action. As a matter of fact, the universal dissemination of the spiritual principle, in virtue of the link of every individual soul – and of the body this soul belongs to – to the cosmic soul, grounds the possibility of the actio in distans (i. e.: “sine contactu”10), and of whatever extraordinary intervention in nature; 2. spiritus as medium between soul and body, in which the possibility of binding the intelligence is actualized by means of magic; this thematic is linked to the intrinsic alteration in the phantasia seu virtus imaginativa, thus enhancing the effectiveness of the techniques of suggestion, through which the soul can be enticed; 3. the use of the term spiritus to indicate superior entities, intermediary between the human and the divine realms, entities that can be identified with the demons that pervade the entire universe.

1.

Spirit as world-soul

Since I cannot linger here on the numerous implications of the concept of spirit in Bruno’s earlier works11 I merely call attention to one of spirit’s most frequent and central meanings, that is, the one linked to universal animation. In a number of cases, without drawing a clear line of demarcation between anima and spiritus, Bruno refers with these terms to the intrinsic principle of sensibility and life, which pervades every aspect of reality and is meant to ensure unity to the cognitive faculties as well as persistence to substance beyond the disintegration of compounds as accidental aggregations.12 Bruno is apparently not interested in importance of the manuscript for the Critical Edition of the Latin Works of Bruno, which Rossius is preparing for the Parisian editors. 10 S. G. Bruno: Theses de magia, p. 346. 11 As regards these themes, allow me to refer to my “Spiritus mundus quidam”. 12 Bruno discusses the concept of spirit as the element that unifies the various cognitive faculties in Sigillus sigillorum, pp. 212 – 214; with respect to the survival of the substance after the dissolution of the compound, s. Oeuvres complÀtes de Giordano Bruno, vol. 3, p. 13: “Essendo questo spirito persistente insieme con la materia la quale gli Babiloni e Persi chiamaro ombra, et essendo l’uno e l’altra indissolubili, À impossibile che in un punto alcuno cosa veruna vegga la corrozione, o vegna a morte secondo la sustanza”; s. also L. Firpo: Il processo, pp. 300 – 301: “Primo quanto al geno, e specie, cioÀ spirto, acqua, arida et luce, dalli quali sono composte tutte le cose, e queste non possono essere altro, che quel che sono state, n¦ saranno altro che quel che sono, n¦ alla loro grandezza o sostanza s’aggionge mai, o mancher— ponto alcuno, e solamente accade separazione, e congiunzione, o composizione, o divisione, o traslatione da questo luogo a quell’altro, e di queste specie in principii universali

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keeping world-soul and universal spirit apart, for these terms frequently occur as equivalents or are coordinated through conjunctions, such as, ‘seu’ and ‘et’ in Camoeracensis acrotismus,13 Lampas triginta statuarum,14 De magia naturali,15 intendo et intendono non essere mutation sustantiale; quanto alli particolari individui come verbigrazia Giovanni, dice con la detta autorit—, che s‡ come il corpo non À corruttibile secondo la sustantia, ma solamente secondo l’unione e temperamento e complessione, perch¦ quello che À in lui acqua sempre fu e sar— acqua, quello che in lui À arida sempre fu e sar— arida, e la sustanza della luce sempre fu e sar— tale, cos‡ il spirito sempre fu e sar— spirito, di sorte che niente, che possiamo dire sostanza, si corrompe o more, ma cosa che risulta di sostanza, cioÀ dalla prima specie dell’ente”. 13 S. G. Bruno: Camoeracensis acrotismus, p. 77: “Virtute vel animae illius, efficaciter principia contraria comprimentis, seu continentis, aut infinite diffusi et insiti illius vitae spiritus, qui anima mundi dicitur, immortalia servantur astra, vel eadem eorundem astrorum substantia continue reformatur. Motus iis, cum sit a natura quae est anima, vel a dicto spiritu, quem velut animae omnis animam intelligimus, citra lassitudinem est atque laborem, multo magis, quam nostri motus naturales”; ibid., p. 180: “Optime alicubi dictum extat ab anima cogente seu operante, aeterna servari corpora illa: haec enim unitas copulatas, ordinatasque servat animalium partes, quae anima recedente dissolvuntur. Porro anima id immediate facit atque proxime, primo autem atque principaliter causa illa, quae dicitur omnibus insitus vitae spiritus et infinite diffusa mundi anima”. 14 G. Bruno: Lampas triginta statuarum, p. 1038: “Ita intelligunt Pythagorici circa individuam plenitudinem primum quidem et proximum esse circulum istum centro persimilem et unitissimum, et vicissim omnium circulorum successive exsuscitatum, quia circa circulum primi intellectus est circulus spiritus universalis seu animae mundi; circa illum – ut aiunt Platonici – est circulus naturae, cui succedit circulus materiae usque ad inane, iuxta hunc procedendi modum.” Ibid., pp. 1044 – 1046: “Mox, ad secundi universi constitutionem, primus intellectus suscipit sui ideam, et in simplici illa specie ideas universorum, quarum specie delectatus – quasi calore quodam percitus – spiritum producit, qui ab eo procedit veluti a luce fulgor. Hic sane fulgor implet universa, in omnia se totus diffundit, et sicut intellectus intelligit omnia in omnibus, ita iste affectat omnia in omnibus, operatur omnia in omnibus; unde anima mundi dicitur, et spiritus universorum, quem triginta conditionibus – alioqui infigurabilem – denotemus”. Ibid., p. 1050: “Ita spiritus et anima mundi penetrat omnia et est in omnibus, ut nulli admisceatur, in nullius substantiam transeat, neque illius in seipsam substantiam transmutet, sicut in luce est manifestum, et splendore per aerem diffuso, ut nullam aeris qualitatem suscipiat ipse”. Ibid., pp. 1052 – 1054: “Sicut etiam in corpore humano – licet tota anima sit in toto, et in qualibet corporis parte – non tamen ubique totam se explicat […] ita et anima mundi et spiritus universi – dum eodem pacto eadem virtute et essentiae integritate sit in omnibus et ubique – pro ordine tamen universi, et membrorum tum primorum, tum secundariorum distinctione, hic quidem intelligentiam, sensum et vegetationem, alibi vero sensum et vegetationem tantum, alibi compositionem tantum, alibi imperfectam mixtionem, alibi simplicius mixtionem explicat”. Ibid., p. 1316: “[Substantia] operans seu activa, et haec est spiritus seu amor, et anima, ut dicunt, universi, quae videlicet non venit in rerum particularium compositionem magis quam lux, quae ita est in aere, ut aer cum ea componatur, neque eius pars esse possit; et ideo differt a spiritu seu Amphitride animarum: habet enim rationem agentis et operantis omnino, nullatenus autem partis et elementi”. 15 G. Bruno: De magia naturali, pp. 168 – 170: “Ut autem ad particularia modo deveniamus, habent magi pro axiomate, in omni opere ante oculos habendum, influere Deum in Deos, Deos in corpora caelestia seu astra, quae sunt corporea numina, astra in daemonas, qui sunt cultores et incolae astrorum, quorum unum est tellus, daemones in elementa, elementa in

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and Theses de magia.16 Besides, in De rerum principiis Bruno suggests that spiritus is a mere synonym for anima, thus pointing out mobility as its main characteristic. Indeed, through the notion of ‘spirit’ Bruno explains not only tides and winds, but also the motions of blood and of humours within the animated body. He qualifies it as the prime mover and the father of the impulses, that is, as the entity that some earlier authors called spiritus and that Plato defined as anima, i. e., as “numerum se ipsum moventem in circulum”.17 Spirit is thus an extraordinary force, which is inherent to nature, the universal mista, mista in sensus, sensus in animam, animum in totum animal, et hic est descensus schalae; mox ascendit animal per animum ad sensus, per sensus in mista, per mista in elementa, per haec in daemones, per hos [in elementa, per haec] in astra, per ipsa in Deos incorporeos seu aethereae substantiae seu corporeitatis, per hos in animam mundi, seu spiritum universi, per hunc in contemplationem unius simplicissimi optimi maximi incorporei, absoluti, sibi sufficientis”. Ibid., p. 184: “Hoc est principium praecipuum et radix omnium principiorum, ad reddendam causam omnium mirabilium quae sunt in natura, nempe quod ex parte principii activi, et spiritus seu animae universalis, nihil est tam inchoatum, mancum et inperfectum, tandemque ad oculos opinionis neglectissimum, quod non possit esse principium magnarum operationum”. Ibid., p. 244: “Vinculum est anima mundi seu spiritus universi, qui omnia copulat unitque omnibus; unde ab omnibus datur aditus ad omnia, sicut dictum est in superioribus”. 16 G. Bruno: Theses de magia, p. 340: “Ex rerum experientia manifestum est omnem animam et spiritum habere continuitatem cum spiritu universi et anima, et non comprehendi a corpore, sed potius ab ipsa corpus comprehendi, sicut universaliter non materia formam, sed forma materiam complectitur”. 17 G. Bruno: De rerum principiis, p. 618: “Id est quod mare facit fluere et refluere, fontes scaturire, emanare e visceribus terrae et in viscera eiusdem recondi, calore soluta ascendere, humida et concreta descendere, ventos ex omni regione efflare, corpora potentissima et invisibilia. Caelo enim existente sereno seu purissimo, spiritus qui concutiunt montes, evertunt aedificia, maris fluctus usque ad caelos attollunt, et multiplici regione spirant, ne possis dicere hos esse vapores, humores et similia qui ita corpora pellunt, quidnam pellit humores et vapores? Dices fortasse aerem motum. Quaeram quidnam movet aerem seu spiritum, usque adeo quoad devenias ad illum motorem primum et impulsorem, quem spiritum alii dicunt, qui se ipsum movendo alia movet, Plato vero animam dicit, quam definivit numerum se ipsum moventem in circulum; et sane ita necesse est, si consistere in primo oportet et non procedere in infinitum”. The definition of anima as “numero” is also in G. Bruno: De gli eroici furori, p. 145; it should be found in Aristotle: De anima (404b.27 and 408b.32) and Analytica posteriora (91a.35 ff., Plutarch: De animae procreatione in Timaeo (1013c), referring to Platon: Phaedrus (245c), asserts that Plato didn’t define the soul as ‘number’, as Senocrates did; on this point s.: Macrobius: Commentarii in Somnium Scipionis (I.14.19). The Platonist opinion whereby animus “est per se motus” is quoted by G. Bruno: De immenso (vol. 1,1, p. 202). Concerning spirit as prime mover s. also G. Bruno: Lampas triginta statuarum, p. 1058: “Imaginandum est hunc [spiritum] esse primum motorem immobilem; intellectus enim habet rationem, mens foecunditatem, spiritus autem operationem. Hinc igitur est qui immobilis in se dat cuncta moveri. Unde recte illud Phytagorici: ‘spiritus intus alit’”. For the concept of spiritus as “internal motor” of the celestial bodies s. G. Bruno: Camoeracensis acrotismus, pp. 77 – 78. Concerning the significance and the limits of the distinction between spiritus and anima in Bruno’s works s. A. Ingegno: Cosmologia e filosofia, p. 167.

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motor of all things, a necessary assumption unless one is willing to accept an infinite regress in the chain of mobiles. Spirit is unique and universally spread, but its uniform action produces different effects according to the subjects, in which it is specified. Being a living and mobile substance, through motion it communicates life, vigor and consistency to things, performing as vehicle of all physical power : “Ipse est per se vivens, alia per ipsum, ipse est vehiculum omnium virtutum”.18 Bruno refers explicitly to the affinity of spirit and soul, the universal principle from which all natural forces derive. Nevertheless, the fact that he defines spirit as vehiculum suggests a difference. Spirit is the intermediary of the soul in the soul’s enlivening operation in nature, the means to transmit the soul’s virtues to the universe as an infinite body, which explains the association of spirit to aÚr and aether, identified at an earlier stage with coelum or infinite space.19 Indeed, although he recalls that blood and humours develop the soul’s functions in the body, Bruno does not refer explicitly to the medical doctrine of the spirits as vehicula of the soul’s vires. Instead, he views spirit, like the soul, as the motor of the vires. In this context, spiritus is the primordial principle of life and motion, both at the individual and at the universal level. And whenever Bruno refers to the medical doctrine of spirits and of spirit as medium between body and soul, he never explicitly individuates the spiritus mundi as an intermediary between the body and the soul of the universe, as did, by contrast, Marsilio Ficino20 and after him Cornelius Agrippa21 and then many others. They 18 G. Bruno: De rerum principiis, p. 620: “Nos vero de spiritu, qui est et facit in singulis singula, loquimur et inquirimus, et tandem definimus ipsum esse substantiam per se mobilem, et motu suo vitam, vegetationem et consistentiam rebus animatis communicare. Ipse est per se vivens et alia per ipsum, ipse est vehiculum omnium virtutum.” 19 G. Bruno: Camoeracensis acrotismus, p. 81: “Eius [mundi] materialia principia sunt Terra, seu Atomi, seu Arida, Abyssus seu Styx, seu Oceanus, Spiritus, seu aÚr, seu coelum, seu firmamentum”; De immenso, vol. 1,2, p. 119: “AÚrem quoque coelum dicimus, qui, propter suae substantiae subtilitatem atque vim, spiritus universi dicitur intus alens omnia per naturam humidam, calidam lucidamque, per quem universa vegetant et substentantur”; ibid., p. 272: “Namque unum nobis diffusum est undique caelum, / spiritus idem unus, qui dicitur aÚr et aether. / Hoc simplex quiddam, purumque, et fluxile corpus / astris iniectum, et complectens omnia circum, / terminus est cuius circumdata corpora.” Concerning the identification of aÚr/aether and spatium, s. E. Grant: Theories of space and vacuum, pp.188 – 190. 20 M. Ficino: De vita, liber III, caput 3, p. 534: “Igitur inter mundi corpus tractabile et ex parte caducum, atque ipsam eius animam, cuius natura nimium ab eiusmodi corpore distat, inest ubique spiritus, sicut inter animam et corpus in nobis, si modo ubique vita est communicata semper ab anima corpori crassiori. Talis namque spiritus necessario requiritur tanquam medium, quo anima divina et adsit corpori crassiori et vitam eidem penitus largiatur” (S. M. Ficino: Three books on life, pp. 254 – 256). In Theologia platonica (liber IX, caput 5) Ficino defines spiritus as “nodus corporis et animae” (s. also M. Ficino: In dialogum sextum de Legibus epitome, p. 1503); at p. 217 it was identified as “animae ad corpus conciliator”; in M. Ficino: De vita, liber III, caput 26, spirit is called “esca” and “fomes” – a sort of bait or kindling – that unified body and soul: “Mundus ab ipso bono […] quam optimus effici

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had entertained the idea of a perfect correspondence between universal and individual reality, given that the two levels of being correspond to one another, linked through constant analogical bonds. According to Ficino and Agrippa, the world as a living organism possesses a soul and a celestial spirit that connects it to its body, just like in human beings the subtle body which develops from the rarefaction of the blood makes up the intermediary between the incorporeal soul and the materiality of the body.22 Such substantial isomorphism and congruitas generates continuous correspondences between macro- and microcosmos, as the structural homology develops in mutual reflections of one reality upon the other. Therefore, acting upon inferior beings allows us to obtain immediate

poterat, est effectus. Est igitur non solum corporeus, sed vitae insuper et intelligentiae particeps. Quamobrem praeter corpus hoc mundi sensibus familiariter manifestum, latet in eo spiritus corpus quoddam, excedens caduci sensus capacitatem. In spiritu viget anima, in anima fulget intelligentia. Atque sicut sub Luna nec miscetur aer cum terra nisi per aquam, nec ignis cum aqua nisi per aerem, sic in universo esca quaedam sive fomes ad animam corpori copulandam est ille ipse, quem spiritum appellamus. Anima quoque fomes quidam est in spiritu corporeque mundi ad intelligentiam divinitus consequendam” (M. Ficino: Opera, vol. 1, p. 570; id.: Three books on life, p. 384). In the Introduction to the english translation and critical edition of De vita, spirit is defined as “the most important mediator in the entire work […] the notion is so pervasive as almost to constitute the work’s real subject” (ibid., p. 42). 21 S. C. Agrippa: De occulta philosophia, liber I, cap. 19, pp. 112 – 114 (113: “Cum vero anima primum mobile sit, ut dicunt, sponte et per se mobile, corpus vero vel materia per se ad motum inefficax et ab ipsa anima longe degenerans, iccirco ferunt opus esse excellentiori medio (scilicet quod sit quasi non corpus sed quasi iam anima, sive quasi non anima et quasi iam corpus), quo videlicet anima corpori connectatur. Medium autem tale fingunt esse spiritum mundi, scilicet quem dicimus essentiam quintam, quia non ex quatuor elementis, sed quoddam quintum praeter illa subsistens; talis igitur spiritus necessario requiritur tamquam medium quo animae coelestes insint corpori crassiori et mirificas dotes largiantur. Hic quidem spiritus talis ferme est in corpore mundi, qualis in humano corpore noster : sicut enim animae nostrae vires per spiritum adhibentur membris, sicut virtus animae mundi per quintam essentiam dilatatur per omnia. […] Potest autem hic spiritus nobis prodesse magis, si quis illum sciverit ab aliis elementis plurimum segregare aut saltem his rebus plurimum uti, quae hoc spiritu plurimum abundant”. 22 Concerning the origin of spirit from the matter of the blood rarefied by the heat of the hearth and its vital functions s. M. Ficino: De vita, liber I, caput 2, p. 496: “Spiritus ipse […] apud medicos vapor quidam sanguinis, purus, subtilis, calidus, et lucidus definitur. Atque ab ipso cordis calore ex subtiliori sanguine procreatus volat ad cerebrum ibique animus ipso, ad sensus tam interiores quam exteriores exercendos, assidue utitur. Quamobrem sanguis spiritui servit, spiritus sensibus, sensus denique rationi. Sanguis autem a virtute naturali, quae in iecore stomachoque viget, efficitur. Tenuissima sanguinis pars fluit in cordis fontem, ubi vitalis viget virtus. Inde creati spiritus cerebri et, ut ita dixerim, Palladis arces ascendunt. In quibus animalis, idest sentiendi movendique, vis dominatur. Itaque talis plurimum ferme contemplatio est, quale sensus ipsius obsequium. Talis autem sensus qualis et spiritus; spiritus vero talis qualis et sanguis, et tres illae vires, quas diximus, naturalis scilicet, vitalis et animalis, a quibus, per quas, in quibus spiritus ipsi concipiuntur, nascuntur atque foventur” (M. Ficino: Three books on life, p. 110).

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results on superior beings to which they are related.23 As a matter of fact, the inferior beings appear to be some sort of bait (escae, illices, illicebrae, as Ficino says)24 through which one attracts and entices the virtutes present in celestial beings. De vita coelitus comparanda – the third book of De vita – intends to explain in which way, starting from the structural homology that links man and universe, is possible to draw advantage in the earthly life. In order to obtain celestial gifts one has to draw down into the human spirit as much cosmic spirit as possible, trying to make the best use of planetary influences. Properly prepared and purified, our spirit receives the very spirit of the life of the world through the rays of the stars.25 The better quality of life depends on the ability of the physician as well as of the magician in enticing the gifts that come to us through the heavens. A little additional preparation, therefore, on man’s part “suffices to capture the gifts of the celestials, provided each accommodates himself to that gift in particular to which he is particularly subject”.26 Like in Ficino, Bruno’s notion of natural magic, is based on the symmetry of macrocosmos and microcosmos namely on the correspondence between the whole and the parts of the animated universe. Spiritus universi is once again defined as theoretical foundation of any magical operation.27 Nevertheless, there 23 S. M. Ficino: De vita, liber III, caput 26, p. 570: “Quomodo per inferiora superioribus exposita deducantur superiora, per mundanas materias mundana potissimum dona” (id.: Three books on life, p. 384). 24 M. Ficino: De vita, liber III, caput 1, p. 531: “Nemo itaque pute certis mundi materiis trahi numina quaedam a materiis penitus segregata, sed daemones potius animatique mundi munera stellarumque viventium. Nemo rursum miretur per materiales formas animam allici posse. Siquidem escas eiusmodi sibi congruas ipsamet quibus alliceretur efficit, et semper libenterque habitat in eisdem. Neque in mundo vivente toto quicquam reperitur tam deforme, cui non adsit anima, cui non insit et animae munus. Congruitates igitur eiusmodi formarum ad rationes animae mundi Zoroaster divinas illices appellavit, quas et Synesius magicas esse illicebras confirmavit” (id.: Three books on life, pp. 242 – 244). 25 S. M. Ficino: De vita, liber III, caput 2, p. 534: “Quem [mundum] sicut et quodvis animal multoque efficacius animatum esse, non solum Platonicae rationes, sed etiam astrologorum Arabum testimonia comprobant. Ubi etiam probant ex applicatione quadam spiritus nostri ad spiritum mundi per artem physicam affectumque facta, traiici ad animam corpusque nostrum bona coelestia. Hinc quidem per spiritum nostrum in nobis medium et tunc a mundi spiritu roboratum, inde vero per radios stellarum feliciter agentes in spiritum nostrum, et radiis natura similem, et tunc seipsum coelestibus coaptantem” (id.: Three books on life, p. 254); ibid., caput 11, p. 544: “Quibus modis spiritus noster haurire plurimum possit de spiritu vitaque mundi. Et qui planetae spiritum procreent atque recreent, et qualia ad unumquemque planetam pertineant.” “Huc vero tendunt haec omnia, ut spiritus noster rite per naturalia praeparatus atque purgatus accipiat ab ipso vitae mundanae spiritu plurimum per radios stellarum opportune susceptos” (id.: Three books on life, p. 288); ibid., caput 12, p. 547: “Quod res naturales atque etiam artificiosae habent virtutes a stellis occultas, per quas spiritum nostrum stellis eisdem exponunt” (id.: Three books on life, p. 298). 26 M. Ficino: Three books on life, p. 251. 27 G. Bruno: De magia naturali, p. 184: “Hoc est praecipuum principium et radix omnium principiorum, ad reddendam causam omnium mirabilium quae sunt in natura, nempe quod

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is no explicit formulation of the spirit’s intermediary role between the worldsoul and its universal body, at least not in Ficino’s sense. Instead, spirit is identified with the world-soul itself, because the principle of cosmic animation provides the foundation for all ‘sympathetic’ repercussion between individual and totality, between a circumstantial action and its effect, which “flows” (redundat) over to the whole. Thus, in De magia naturali, in which world-soul and universal spirit are frequently identified,28 spirit is equivalent to the element that marks the unity of reality and theoretically grounds the possibility of any actio in distans. Postulating the all-pervasive spread of the subtle and insensible body, which is spirit, Bruno explains that individual actions are not circumstantially limited by physical context, but have repercussions on the entire reality enlivened by a unique principle: “Inde credere et considerare licet causam, qua non solum actio est ad propinqua, sed etiam ad remota secundum sensum; secundum rem enim, ut supra dictum est, per communionem spiritus unius, qui est totus in toto et qualibet mundi parte”.29 Therefore, as Bruno states in Theses de magia, a physician is able, also from a great distance, to heal wounds he does not see or touch “immediate per spiritum universi”.30 Explaining the nature of the universal bond of things, Bruno seems to distinguish spirit, however, from the substance of the soul. Indeed, he defines it as “animae coniunctissimum propter similitudinem”,31 thus excluding the perfect coincidence entertained over and again in these texts. However, this

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ex parte principii activi, et spiritus seu animae universalis, nihil est tam inchoatum, mancum et imperfectum, tandemque ad oculos opinionis neglectissimum, quod non possit esse principium magnarum operationum.” And further (p. 186) – explaining the universal spread of spirit within the infinite space – Bruno adds: “Et ex harum rerum experientia, aliis praetermissis rationibus, manifestum est omnem animam et spiritum habere quandam continuitatem cum spiritu universi, ut non solum ibi intelligatur esse et includi, ubi sentit, ubi vivificat, sed etiam in immensum per suam essentiam et substantiam sit diffusus, ut multi Platonicorum et Pythagoricorum senserunt. Hinc est quod species distantissimas visu apprehendit subito absque motu, absque hoc videlicet quod progrediatur oculus vel aliquid oculi repente ad stellas, vel repente a stellis ad oculum. Porro animus ipse cum sua virtute praesens est quodammodo universo, utpote talis substantia, quae non est inclusa corpori per ipsam viventi, quamvis eidem obligata, adstricta. Itaque certis remotis impedimentis, statim subitoque praesentes habet species remotissimas, quae non per motum illi coniunguntur, ut nemo inficiabitur ; ergo et per praesentiam quandam. Ipsum et experientia docet in ipsis, qui abscisso naso novum sibi ex aliena carne succrescere fecerunt membrum; siquidem obeunte diem illo cuius erat caro, iuxta modum quo putrescit corpus illius, etiam mutuatus nasus ille putrescit. Hinc manifestum est animam plus se diffundere extra corpus, per totum horizontem suae naturae. Hinc accidit ut non solum sua membra cognoscat, sed etiam omnia cum quibus aliquem usum et participationem et communionem contraxit”. S. above, note 15. G. Bruno: De magia naturali, p. 196; in G. Bruno: Opera latine conscripta, vol. 3, p. 413 there is the lectio: “spiritus universalis” instead of “spiritus unius”. G. Bruno: Theses de magia, pp. 346 – 348. G. Bruno: De magia naturali, p. 200.

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distinction apparently holds only on the level of the human microcosmos, where the spirit of the medical tradition is evoked to cover the gap between corporeal and uncorporeal substance. Thus, quite unsurprisingly, in Theses de magia, Bruno explicitly recalls the theory of spirit as medium between soul and body, just in the traditional wordings to be found in Ficino and Agrippa: Anima per se et immediate non est obligata corpori, sed mediante spiritu, hoc est subtilissima quadam substantia corporea, quae quodammodo media inter substantiam animalem est et elementarem; ratio vero istius nexus est, quia ipsa non est omnino substantia immaterialis.32

On a cosmical level, by contrast, the terminological oscillation between anima mundi and spiritus universi apparently pervades Bruno’s entire production, suggesting a fundamental lack of distinction between the two concepts. For Bruno, universal spirit and human spirit – viewed as an element of junction between the corporeal and incorporeal – have a role that is significantly different compared to Ficino’s spiritual magic.33 The spirit of the world is the medium through which bodies, even when they are physically distant, may be contiguous and subject to the same dynamics of action and passion. In Bruno, the specific connotation of the Ficinian spirit is lacking, that is, spirit as a universal vehicle of all celestial goods (bona coelestia), that should be purified and strengthened in order to receive the spirit of the world and to accept the celestial benefices it carries. And it could not have been otherwise, due to Bruno’s cosmological 32 G. Bruno: Theses de magia, p. 342; A similar definition is also in id.: De gli eroici furori, p. 183: “Soccorrasi al corpo con la materia e suggetto corporeo, e l’intelletto con gli suoi oggetti s’appaghe: a fin che conste questa composizione, non si dissolva questa machina, dove per mezzo del spirito l’anima À unita al corpo”; s. id.: Lampas triginta statuarum, p. 1202. Also in De rerum principiis (p. 622) Bruno recalls the spirit in the sense of the medical tradition, bringing it back to the spiritus universalis: “Est et alia magis vulgaris et vulgo philosophorum nostri seculi recepta spiritus significatio, ut hic capiatur pro subtili quodam corpore; ut flamma spiritus igneus, fumus spiritus aqueus, et subtilia insensibilia quaedam corpora, ex rarefactione crassorum segregata, spiritus a medicis et chymicis appellantur. Quorum omnium substantia est aqua seu humor, quorum non est per se moveri, sed per spiritum inexistentem in eis […]. Ecce quemadmodum vita et motus a spiritu est, et omnis vis et virtus in spiritibus secundae significationis est a spiritu secundum primam significationem. Quamvis autem spiritus secundus vita et motu privetur propter abscissionem seu extractionem a toto secundum unam vitae et motus rationem, secundum aliam tamen vivit, ut in omnibus vitam esse et animam in superioribus demonstravimus. Pleraque, quae mutila videntur, inchoata et imperfecta, hac ratione mirabiles edunt operationes.” As regards spirit as “medium inter anima et corpus” see also the letter found at Universitätsbibliothek of Erlangen among the papers of Hieronymus Besler : D. v. Wille: Sull’anima. 33 As regards Ficinian magic, the volume D.P. Walker : Spiritual and demonic is still fundamental. S. also id.: “The Astral Body”; I.P. Couliano: Eros et magie; id.: “Magia spirituale e magia demonica”; B. Copenhaver: “Scholastic philosophy”; id.: “Renaissance magic and neoplatonic philosophy”. A number of bibliographic updates could be find in the Introduction to the critical edition of De vita: M. Ficino: Three books on life.

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claims about the structural homogeneity of the universe, which abolished the distinction between sub- and supralunar matter and undermined the basis that founded the theory of the celestial influences as it was in the previous cosmology. Ever since the publication of Cena de le Ceneri (London 1584), Bruno has embraced the Copernican theory of an heliocentric universe and – going well beyond Copernicus – he assumed the existence of a uniforme and infinite universe, where there is not place for the fifth element, the stuff of which heavens are made of according to the Aristotelian-Ptolemaic theory. As a matter of fact, Bruno rejected every structural hierarchy between sub- and supralunar world and therefore he could not admit the causative power of the heavens, like it was in the Aristotelian-Ptolemaic cosmology, which is the humus of Ficino’s (and his followers) theories.

2.

Spirit as medium

Central to the dynamics of knowledge and magical operation, the view of spirit as medium between body and soul is crucial in Bruno’s philosophical thought. Although in a very different context from that of the theories developed by Ficino in the books De vita, Bruno entertains the idea of spirit as substantia media already in the Sigillus sigillorum, and not without Ficinian echoes. In this text, Bruno borrows a number of suggestions by Ficino’s Theologia platonica, even though he develops them in new directions compared with Ficino’s spiritual magic. As a matter of fact, many of the phenomena described by Bruno in the section de multiplici contractione in Sigillus34 are grounded in the activity of the spiritus, viewed as a meeting-point of the corporeal and the incorporeal, of the outside and the inside, and thus as a junction through which the body brings about changes in the soul, and through which the affections of the latter may have immediate effects on the body. The topics discussed in this text re-appear in the latest works of Bruno35 and are central in opuscula such as De magia naturali and Theses de magia, in which they are conceptually linked to the idea of vinculum, an idea which is put in a number of new and original doctrinal 34 S. G. Bruno: Opere mnemotecniche, vol. 2, pp. 226 – 252. In particular, spirit as medium is evocated in 5th, 8th, 11th, 12th, 13th and 14th “contractionis species”. In this work Bruno distinguishes between “laudabiles” and “depravatae contractiones”. The former achieve an early departure from the corporeal that brings the soul to its most dignified status; the latter abandon the man to the phantasmata of his own imagination or – worse – to the demons that find in the spoiled organic complexion fertile ground for their ‘istallation’ and stay. On this theme, s. L. Catana: The concept of contraction. 35 A. Ingegno: Cosmologia e filosofia, pp. 251 – 257, insisted on the continuity of the Brunian positions explained in these pages of the Sigillus and their revision in the late works on magic.

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contexts in the De vinculis in genere. Endorsing the medical doctrine of spirits, Bruno makes spiritus the supreme regulator of the organism, which in turn underlies the unfolding of the spiritual functions. Indeed, he claims a kind of correspondence between the nature of the body and that of the soul which governs it, a soul which eventually may be edged and replaced by a spirit from without, and which in a full-blown organical complex finds its natural ‘home’. The production of particular spirits by the organism and the change of the natural whole due to the production of different spirits is indeed followed by the settling and the praedominium of a spiritus furiosus, which can be eliminated with natural remedies that provide the soul with a better material substrate, tempering the effects of the worse part of matter that sometimes corrupts the organic whole.36 In these works, spirit is again some sort of borderland between the two entities that constitute an individual: intervening on spiritus, an action reveals its efficacy on the corporeal as well as on the spiritual side. Therefore, the intermediary reality should be worked upon in order to promote the contamination of physical and spiritual realms, transmitting the passions of the soul to the body (as in the phenomena of ecstasy or the appearance of stigmata, where the capabilities of the imagination trigger physical alterations),37 and the corporeal ones to the soul (as in the cure of melancholy, healed with perfumes and music capable to return to the body the balance of humours from which may arise a change in the psychological realm).38 Fascination,39 spell,40 and pos36 S. G. Bruno: De magia naturali, pp. 276 – 278: “Sicut ergo ad definitum semen in definito loco congrue expositum definita veluti accurrit anima […] ita ex certa cordis vel cerebri vel spiritus animalis temperie et complexione, intemperie vel perturbatione, quasi in proprio campo et ex proprio semine, boni vel mali spiritus et principia intentionum enascuntur. Unde mutua quaedam consequentia est, ut talia corpora tales animas, tales animae talia corpora in consistentiam producant, iuxta substantialem, quam appellant, et specificam differentiam atque subsistentiam; ita et advenientes et accedentes illi spiritus propter accidentales quasdam complexiones vel subiecta corpori adiecta sequitur praedominium illud furiosi spiritus, quod sane medio tolli potest, tum incantatione, nempe rhetorica illa, et amica et medica quadam persuasione spiritum obsessum reficiendo, tum evacuatione seu expulsione noxiae materiae per purgativa pharmaca, tum per commoda Iovialia, Solaria et alia vitae humanae congruentia nutrimenta, quae materiam meliorem spiritui subiciant, vel deteriorem illam, quae in complexionem interdum transit, mitigent et contemperent.” 37 S. G. Bruni: Sigillus sigillorum, chapter “De duodecima contractionis species”, pp. 244 – 246: “Quem quidem phantasiae turbatae impetum eousque in quibusdam invaluisse novimus, ut confossorum numinum, quorum speciem intensius animo contraxerant, ardentioris phantasiae fervore cicatrices in proprio corpore inustas comperirent”; s. also G. Bruno: Theses de magia, pp. 392 – 394. 38 S. ibid., pp. 370 – 372 (theses XXXVIII – XXXIX). 39 The role of spirit in the fascinatio is explicitly recalled in G. Bruno: Candelaio (atto primo, p. 95: “Fascinazione si fa per la virtffl di un spirito lucido e sottile, dal calor del core generato di sangue piffl puro, il quale, a guisa di raggi, mandato fuor de gli occhi aperti, che, con forte imaginazion guardando, vengono a ferir la cosa guardata, toccano il core e sen vanno ad afficere l’altrui corpo e spirto o di affetto di amore o di odio o di invidia o di maninconia o

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session represent the several degrees of that vinculus around which Bruno’s reflection circles in the final section of De magia as well as in De vinculis in genere. Both texts identify in the spirit the fundamental junction through which these different possibilities of the soul’s bonds are realized.

3.

Spirit as demon

In Bruno’s later works on magic, the term spiritus often assumes the meaning of daemon, a sense largely attested in the Christian tradition and in the Latin authors of the first centuries of the Christian Era. Strongly influenced by the Neoplatonic texts in Ficino’s translation and in particular by Michael Psellus’ De daemonibus, Bruno endorses the Platonic view of the intermediary41, common to all philosophical conceptions that theorize the dynamic and vital unity of the universe, where things plot, bound by mutua caritas, and correspond one to another. As in the cosmos, spirit in man is intermediary between body and soul; accordingly, the spirits intermediate between human and divine realities. Neither corporeal, nor entirely immaterial, spirit makes up the bridge between the two levels of nature, which develops gradually, preserving a perpetual link between inferior and supreme realms. Bruno devotes the central section of De magia naturali42 to the description and classification of the demons, emphasizing a crucial Neoplatonic view, namely that their action on the human mind gets across the phantasy, privileged access “ad actiones et passiones affectusque universos, qui sunt in animali”. This view was central in Psellus’ afore-menaltro simile geno di passibili qualit—. L’esser fascinato d’amore adviene, quando, con frequentissimo over, bench¦ istantaneo, intenso sguardo, un occhio con l’altro, e reciprocamente un raggio visual con l’altro si rincontra, e lume con lume si accopula. Allora si gionge spirto a spirto; ed il lume superiore, inculcando l’inferiore, vengono a scintillar per gli occhi, correndo e penetrando al spirto interno che sta radicato al cuore; e coss† commuoveno amatorio incendio. Perý, chi non vuol esser fascinato, deve star massimamente cauto e far buona guardia ne gli occhii, li quali, in atto d’amore principalmente, son fenestre dell’anima: onde quel detto: ‘Averte, averte oculos tuos’”), in a page which seems to echo the syntesis made by Agrippa (De occulta philosophia, liber I, cap. 50, pp. 180 – 181) of the renewal in erotic key of the theory of the spirits explained by Ficino, in particular in the Commentary on Plato’s Symposium (s., for example, M. Ficino: El libro dell’amore, oratione VII, capitolo 4. The medical doctrin of spirit as origin of the fascinatio was fundamental in medieval philosophy and in stilnovistic poetry too (s. R. Klein: “Spirito peregrino”; B. Nardi: “L’amore”; G. Spinosa: “Vista, ‘spiritus’ e immaginazione”; see also the contribution by Angela Oster in this volume. As regard the presence of this theme in Bruno’s works on magic, s. G. Bruno: De magia naturali, pp. 268 – 272. 40 S. G. Bruno: De magia naturali, pp. 262 – 268: “Secundum vinculum ex voce et cantu”. 41 Platon: Symposium, 202d – e. 42 S. the chapters “De vinculis spirituum” and “De analogia spirituum” in G. Bruno: De magia naturali, pp. 222 – 250; on these pages s. N. Tirinnanzi: “Eroi e demoni”.

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tioned De daemonibus. In this work, the author argued that the demons, which are essentially spirits, introduce themselves into the imaginative spirit of man, prompting phantasies, images, memories of pleasures, all without the intermediary of speech, simply transmitting to our psychical pneuma the forms they derived from their imaginative substance.43 In the sections on the soul’s bond through phantasy,44 Bruno holds that the upheaval of this faculty may occur not only by way of a human intervention – “qui per voces vel per spectra, per visum vel per auditum perturbationem inducit” – which operates on the external senses, binding as a consequence the imagination, but also as a result of a demonic operation. As a matter of fact, demons directly affect the phantasy, in sleep as well as awake, offering phantastic images that appear to those who undergo the action as if the species internae were generated by real objects. That is what happens to those who are possessed by an external spirit, i. e. those who firmly believe that the images offered to them by the internal senses really exist, that is, independently from the species moulded by phantasy, and who thus eventually confound external reality and imagines phantasiabiles. This is due to the special prerogative of the demons, which creep into the internal sense, making one believe that the images thus delivered to the attention of the person possessed are effectively mediated by the external senses, stimulated by real objects: Unde energumeni quidam videre sibi videntur quaedam spectacula et audire quasdam voces et sententias, quas putant vere ab externis subiectis insinuari, unde importunissime et constantissime asseverant se vera vidisse et vera audisse, ubi nimirum non sensus eorum decipitur, sed ratio; quae enim audiunt, audiunt, quae vident, vident, tamen quod interno sensu per speciem phantasiabilem illis obiicitur, idem per sonum externum, per aures et formam externam per visum ingestam se videre arbitrantur, et intentiones sensuum internorum res ipsas esse autumant. Ita accidit ut ne quidem a circumstantibus nolint ad saniorem sensum revocari, quos potius ad pro43 S. the latin translation in M. Ficino: Opera, vol. 2, p. 1941: “Non dominantur […] sed nobis clam commemorant, spiritui namque, qui nobis inest, phantastico propinquant, utpote, qui et ipsi spiritus sint, verba perturbationum, et voluptatum nobis insonant, non emittentes quidem voce pulsatione quadam, ac sonitu immittentes […]. Daemonica corpora suscipientia ab ea, quae intus est, essentia phantastica figuras, atque colores, et quascunque ipsi voluerunt formas in ipsum animalem, nostrumque spiritum trasmittunt, multa nobis negotia praebent, voluntates, et consilia suggerentes, formas subindicantes, suscitantes memorias voluptatum, simulacra passionum frequenter cogitantes vigilantibus atque dormientibus semota nobis, ac inguina titillantibus, incitantes insanos, et iniquos amores subiiciunt, et subacuunt.” The idea that the action of the demon is found “in phantastico hominis” is also in Pseudo-Augustine: Liber de spiritu et anima, in: PL 40, columna 798 cap. 26); the concept is frequently discussed by Ficino, s.: id.: In Timaeum, p. 1471 and In Enneades (Plotin: Enneades, liber II.3), p. 1688: “Daemones imaginationibus suis absque alio instrumento vel actu passim mirabilia faciunt”. 44 S. G. Bruno: De magia naturali, pp. 272 – 280.

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priam imaginationem malint promovere, quos vere existiment surdos et mutos; et medici haec ipsa referunt ad maniam et melancholiam, quae ab iisdem somnia vigilantum appellantur.45

These themes are linked to those above-mentioned regarding the role of spirit and of organical complex in the several typologies of the soul’s bonds. Actually, through the perturbata phantasia the mind receives false impressions, that eventually may completely paralyze the spiritual activities and bind the individual to the phantastical horizon of his imagination or, even worse, may deliver him to malicious powers, that in the organical complex find a fertile breeding ground for their settling. In open polemics with the contemporary Dutch physician Levinus Lemnius, Bruno rejects the conclusion formulated in his De occultis naturae miraculis (1559), where Lemnius, claiming that such spirits are expelled through the evacuation of humours that restore the balance of the naturalis complexio, argued that similar spirits are nothing else but the very humours: Interim satis rationabile est, ut ad curationem perturbatae phantasiae et ad solutionem interni sensus hoc pacto devincti simplex humorum purgatio simplexque victus ratio sufficiat; non propterea tamen concluditur, ut concludit quidam pinguissimae Minervae medicus, qui sub titulo De occultis naturae miraculis plures protulit ineptias quam potuit litteras et syllabas exarare, qui ex eo quod per secessum et humorum vacuationem tales spiritus cum eiusmodi miris intentionibus liberis et ordinatis expelluntur et extruduntur, concludit eos nihil aliud esse quam humores; unde aeque possemus dicere suam excellentiam, quae plurium animas per secessum e corpore abire coÚgerit, ut et animam ipsam etiam humorem seu excrementum existimet, aut si penuria cibi atque potus cogatur ipse suam domum et patriam deserere propter medicinae ignorantiam et apertorum naturae colorum atque vocum, existimemus eum nihil aliud esse quam de genere eorum quae illum expellunt.46

45 Ibid., pp. 274 – 276. Concerning the confusion between perceptions coming from external senses and products of the imagination in the “energumeni”, s. C. Agrippa: De occulta philosophia, liber I, cap. 44, p. 171: “Haec eadem causa est cur maniaci ac melancholici credunt se ea videre vel audire extrinsecus, quae non nisi intrinsecus imaginatio phantasticatur ; hinc timent non timenda et in suspiciones mirabiles ac falsissimas incidunt et fugiunt nemine persequente, irascuntur et luctantur nemine praesente, timent ubi non est timor”. 46 G. Bruno: De magia naturali, pp. 278 – 280. In a recent contribution on the Epigrammata (1589) by Valens Havekental (Acidalius), Laura Di Giammatteo illustrates the academic and cultural context within which Bruno worked during his stay in Helmstedt and sheds light on the debate on demonology which took place within the Academia Julia’s faculties of medicine and theology. Di Giammatteo also shows as the materialistic and spiritualist interpretations of magic and demonology – whose echoes are evident in the late Bruno’s works – were crucial in this debate: s. L. Di Giammatteo: “I ‘Valentini Acidali Epigrammata’”.

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Neglecting to mention explicitly Lemnius, Bruno polemizes with this medical tradition (testified already in the Church Fathers) also in De monade47 and Theses de magia48. He does not exclude the intervention of demons in the phenomena of possession but – stressing the role of the natural complexion – rejects some execrandae manifestations of religiosity that, acting on the naturalis complexio of the individual, leave him to the praedominium of the demon. Bruno describes these cases in Theses de magia (in particular theses XLVII and LII) and remarks as the Saturnine temperament, as well as some kinds of meditation, a diet not suitable for the special complexio of the individual, aid his union with immundi spiriti, through which even foolish people seems to become wise, learned men and good judge of never known languages. In a similar context in the Sigillus sigillorum, Bruno related to a self-induced perturbation of the phantasia the appearance of “cicatrices” on the body of those who, “ardentioris phantasiae fervoris”, dispose the soul to these kinds of contractio that leave the subject to the mercy of his own imagination.49 A similar interpretation – with less polemical accents – of the phenomenon of the stigmata on St. Francis’ s body was already in Agrippa’s De occulta philosophia50, in a page that echoes a famous passage of Pomponazzi’s De incantationibus.51 As a matter of fact, in these works Bruno intends to show the theoretical assumptions that underlie magic intervention and, in his view of the nature as a whole, i. e., organized as an organism, the spirits (in the sense of demons) have their particular place in the schala entium. Bruno uses this famous image not in the sense of a universe intended as a system, whose very essence consists in hierarchic subordination, a scale of beings descending, by insensible degrees, from infinite perfection to absolute nothing.52 He regains this theoretical model 47 G. Bruno: De monade, pp. 413 – 414: “Medicorum quibusdam, ignorantiae doctoribus, omnia formaliter ad turbati sensus interioris species, materialiterque ad humores illos quatuor, qualitatesque totidem elementares referentibus satis superque sibi pro dignitate propria atque officio factum esse volunt, si quam docte faciant, miserandum aegrotum, ingenti cum cruciatu, suos obire dies: cui, leviter extra aristotelicam methodum aliquantillum versus naturae lucem contemplando, discendo, et divertendo, vitam et incolumitatem servare potuissent”. 48 G. Bruno: Theses de magia, p. 384: “Iuxta hoc genus vinculorum, quod videlicet est ex parte spirituum inhaerentium et inexistentium, sequitur mania, stultitia et alii affectus, quos temere omnes ad atram bilem referunt plurimi loquentes plus quam ratiocinantes medici. Omnes huiusmodi infra vulgi opinionem sapiunt et vere sunt stulti”. 49 G. Bruno: Sigillus sigillorum, pp. 244 – 246 (quoted above, note 37). 50 C. Agrippa: De occulta philosophia, liber I, cap. 64, p. 223. 51 Cf. P. Pomponazzi: De incantationibus. Caput quintum, p. 40. 52 Bruno explicitly refuses the theory that is at the base of this image in De l’infinito universo e mondi, p. 27: “Settimo: si discorre circa la vanit— delle quinte essenze: e si dechiara che tutti corpi sensibili non sono altri e non costano d’altri prossimi e primi principii che questi, che non sono altrimente mobili tanto per retto quanto per circulare. Dove tutto si tratta con raggioni pi¾ accomodate al senso commune, mentre Fracastorio s’accomoda all’ingegno di

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emphasizing the continuity of all aspects of the reality that makes sure that every action on a single aspect has an impact on all. In this context, Bruno returns to the concept of demon (spiritus) as intermediary entity and locates it on a precise step of scale of beings, an image of the world that in his magical works is explicitly indicated as the principle of the magical intervention: “Principium magiae est considerare ordinem influxus seu schalam entium, qua Deum in Deos, Deos in astra, astra in daemonas, daemones in elementa, elementa in mista etc. aliquid immittere comperimus”.53 In his radical interpretation of the theory of the universal animation, the demons – spirits in an indissoluble continuity with human and cosmic spirit – are just one of the manifestations of nature and therefore their actions fit fully within the context of the natural magic, which is indeed “naturally demonic”.

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Jan Söffner

Dantes spiritus und die Wahrheit der Dichtung

Ein Unbehagen befällt die meisten Leser von Dantes Commedia – zumindest in einem frühen Stadium ihrer Leserschaft. Es betrifft die Anmaßungen dieses Textes, die offenbar von jedwedem Versuch einer taktvollen Kaschierung oder Selbstrelativierung verschont geblieben sind. Dante scheint Gottes Gerechtigkeit ganz offen im Sinne eigenen politischen Positionen und Anliegen walten zu lassen. Er scheint Homer, Ovid, Horaz und Lukan für die eigene Eitelkeit zu missbrauchen und lässt sich in seinem Limbo von ihnen ehren.1 Gegen Ende seiner Reise durch das Purgatorio lässt er den seit dem Sündenfall verdorrten Baum der Erkenntnis von Gut und Böse neu aufleben – und zwar just zu dem Zeitpunkt, da er selbst in seine Gegenwart tritt.2 Am Ende des Textes sieht er im Licht Gottes dessen Gesicht nicht nur so, dass es nach dem Bilde des Menschen gemalt zu sein scheint (was schon eine eigenwillige Verkehrung ist) – sondern mehr noch: Er erkennt darin seine eigenen Züge.3 Die Liste ließe sich leicht verlängern, aber eigentlich dürfte dies genügen, um selbst heutige Leser, die nicht mehr so stark dem emotionalen Habitus mittelalterlicher Christendemut unterworfen sind, zu verstören. Das Unbehagen über diese offenkundig schwer zu überbietende Selbstüberzeugung im Angesicht Gottes ist so alt wie das heilige Gedicht, das sacro poema, wie wiederum Dante selbst seinen Text nennt.4 Unter den Antworten der gegenwärtigen Diskussion haben vor allem vier Lesarten Bestand, von denen drei den Versuch machen, den Skandal abzumildern – eine ihn auf sich nimmt. Sie stecken als Extrempunkte die Koordinaten ab, in denen die Diskussion geführt wird: Erstens hat sich im allgemeinen Bewusstsein eine allegorisierende Deutung gehalten, in der die provozierenden Passagen ,eigentlich‘ etwas ganz anderes bedeuten. Diese Haltung stößt allerdings insofern schnell an ihre Grenzen, 1 2 3 4

Inferno, Gesang IV, V. 86 – 102; alle Zitate nach Dante: Commedia, hg. A.C. Leonardi. Purgatorio, Gesang XXXII, V. 37 – 69. Paradiso, Gesang XXXIII, V. 131 f. Ebd. XXV, V. 1.

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da Dante selbst in seinem berühmten Brief an Cangrande della Scala, für den eigenen Text eine Form des vierfachen Schriftsinns in Anschlag bringt, die im mittelalterlichen Kontext einem bloß fiktionalen Text eigentlich nicht zustünde, womit die allegorische Verfasstheit des Textes nur zu einer weiteren Anmaßung würde.5 Zum zweiten ist mit Charles S. Singleton die Lesart populär geworden, dass es die eigentliche Fiktion des Textes sei, seine Fiktionalität zu verbergen; dass die Commedia also einen Fiktionsvertrag impliziere, demzufolge alle Selbstmarkierungen des Textes als Wahrheitsrede bloß als ironische Selbstmarkierungen des Textes als fiktionale Rede zu lesen seien.6 Doch auch in dieser Lesart verbirgt sich eine problematische Selbstermächtigung Dantes, der damit genau diejenige Wahrheit in ein fiktionales Spiel einbetten würde, an deren Heiligkeit ihm doch gelegen sein muss. Carlo Ginzburg widmet sich diesem Problem und spricht (drittens) von einem blinden Fleck (,blind spot‘) Dantes: Der Dichter habe zwar durchaus einen Wahrheitstext mit theologischem Anspruch schreiben wollen – dass die generative und wuchernde Kraft dichterischfiktionaler Texte per se diesem Anliegen widerspräche, sei ihm aber entgangen, sodass, was Singleton als bewusste Strategie der Fiktionalität umreißt, nunmehr eine Art Unbewusstes dieses Textes darstelle.7 Das kommt einer Bankrotterklärung mit unklarer Zielrichtung gleich (entweder Ginsburg erklärt Dantes Bankrott gegenüber dem eigenen Text – oder aber er zeichnet den Bankrott einer Philologie nach, der es daran gelegen sein muss, ihre Probleme ohne die wohlfeile Annahme blinder Flecken zu bewältigen). Viertens stellt sich Andreas Kablitz als wohl einziger Danteforscher der Herausforderung in ihrer ganzen Breite und geht davon aus, dass Dante davon überzeugt war, sein Text würde gerade in seiner Gestalt tatsächlich eine wichtige Rolle im göttlichen Erlösungswerk spielen.8 In diesem Aufsatz möchte ich eine weitere Option ins Spiel bringen, die die Anmaßungen zwar nicht erklären und das sich daran anschließende Problem der Fiktionalität und deren Widerspruch zu einem theologisch haltbaren Anspruch nicht lösen kann – aber den Rahmen zu verschieben sucht, in dem dieser Themenkomplex gewöhnlich verhandelt wird. Mein Fokus wird dabei derjenige der Poetik eines gespürten, eines emotionalen Sinns sein – als einer komplementären (nicht ausschließlichen) Alternative zu demjenigen Sinn, der sich in Auslegung und Lektüre erschließt. Dafür werde ich erstens den psychophysiologischen Hintergrund umreißen, den Dante für die diesseitigen und jenseitigen Menschen annimmt. Zweitens möchte ich mich der Form des Wissens und 5 Vgl. zu diesem Problem R. Hollander : „Dante ,Theologus-Poeta‘“. Die Lösung, die Hollander vorschlägt, ist diejenige Charles S. Singletons – s. u. 6 C.S. Singleton, Dante Studies 1. 7 C. Ginzburg: „Dante’s Blind Spot“. 8 A. Kablitz: „Dantes poetisches Selbstverständnis“.

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Verstehens widmen, die mit dieser Psychophysiologie einhergeht, und ihre moraltheologischen Konsequenzen beleuchten. Drittens sollen die poetologischen Konsequenzen beleuchtet werden – und viertens anhand Inferno V konkretisiert werden.

I Im 25. Gesang des Purgatorio – wir sind unter den erlösten Sündern der Wollust – begleitet der spätantike Dichter Statius Dante. Der Jenseitswanderer fragt, wie es möglich sei, dass die körperlosen Seelen ihre äußere Gestalt verändern – genauerhin: wie die Seelen der zum Fasten gezwungenen Völler, die Dante kurz zuvor gesehen hatte, schlanker werden, obwohl sie doch nicht aus Fleisch und Knochen bestehen. Nach einer offenbar der Frage eher ausweichenden als sie beantwortenden Erklärung durch Vergil schweift Statius weit aus und verschiebt den thematischen Fokus. Die Frage nach einer veränderlichen Körperform ist für ihn offenbar nicht zu trennen von derjenigen, wie und warum die Seelen spüren und fühlen können, warum sie die sinnliche Form und die Wahrnehmungsfähigkeit ihrer einstigen Körper beibehalten.9 Dafür muss aber erst einmal erklärt werden, wie diese einstigen Körper der Natur nach angelegt waren und was sie unsterblich macht. Hierzu führt Statius aus, dass Gott selbst die rationale Seele dem ansonsten voll ausgebildeten Ungeborenen einhaucht. Sie liefert das Sprachvermögen (macht ein Tier zum sprachbegabten Kind „fante“) und ist ob des unmittelbar göttlichen, also nicht natürlichen Ursprungs auch unsterblich. Der Wortlaut ist hier entscheidend, denn Gott, der „motor primo […] / […] spira / spirito novo“10 – mit anderen Worten: die Seele, wird in Form eines neuen spiritus eingeblasen. Nun ließe sich denken, dass diese rationale Geist-Seele allein eines der Hirnventrikel ausfüllen würde und z. B. auf die vis cogitativa beschränkt wäre. Doch das ist nicht der Fall. Die Rationalität und dasjenige, was den Menschen zum sprechenden Wesen macht, ist bei Dante Sache einer gewissermaßen ganzheitlich wirksamen Kraft (vert¾), die „ciý che trova attivo qui [nel corpo fisico], tira / in sua sustanzia, e fassi un alma sola, / che vive e sente e s¦ in s¦ rigira.“11 Die rationale Seele nimmt also einerseits die gesamte aktive For9 Vgl. hierzu E. Gibson: „Purgatorio 25“; und Y. Wei Wei: „Embodiment in the Commedia“. Am umsichtigsten nähert sich Tanja Klemm diesem Gesang vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Spiritus-Lehre (T. Klemm: Bildphysiologie), der ich in diesem Abschnitt folge. 10 Purgatorio XXV, V. 69 – 71. 11 Ebd., V. 73 – 75.

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mungskraft („virtute informativa“12) der von der Natur geschaffenen pflanzlichen und tierischen Seelen (anima vegetativa und anima sensitiva) in ihre eigene Substanz auf; andererseits schmiegt sie sich umgekehrt deren spezifischer Formungsarbeit an und wird damit selbst sinnlich und emotional. Die Vereinigung der rationalen Seele mit dem Körper betrifft dabei nicht allein dessen äußerliche Form, sondern, mehr noch als das, dessen lebendige Funktionen. Sie vereint sich mit den Körperprozessen, mit dem enaktiven Körper (wie gesagt, alles, was aktiv – attivo – ist, nimmt die rationale Seele in ihre Substanz auf). In dieser neuen Einheit der drei Seelen kann die an sich natürliche und bei Tieren auch sterbliche „virt¾ formativa“ bei Menschen nach dem Tod des Körpers noch aktiv bleiben.13 Entsprechend ist die rationale Seele auch nach dem Tod des Körpers noch in jeglicher Form der Sinnlichkeit („ciascun sentire“14) anzutreffen. Eine solche Vereinigung legt vor dem Hintergrund der mittelalterlichen Psychophysiologie einen weiteren Rückgriff auf die spiritus nahe, sind sie es doch, die den (per se toten und fühllosen) materiellen Körper beleben, beseelen und sinnlich machen. Die rationale Seele amalgamiert sich demnach als neuer spiritus mit den Geistern und Kräften des Körpers und verleiht ihnen Unsterblichkeit: Der ganze Vorgang wird in Analogie zum zuvor beschriebenen menschlichen Zeugungsakt gesetzt und lässt sich damit als eine Form der conceptio beschreiben, die an die Empfängnis des Heiligen Geistes durch Maria erinnert.15 Dass die rationale Seele in Analogie zur Heilstat den Körper unsterblich macht, indem ein spiritus (ähnlich dem Heiligen Geist in der Verkündigung) vom Leib aufgenommen wird, zieht ungewohnte Konsequenzen für das diesseitige und jenseitige Leben der Menschen nach sich. Ungewöhnlich ist an dieser Ansicht, dass der menschlichen Ratio (im Gegensatz zu der Ratio der Engel) damit keine von den Funktionen der körperlichen Seelen unabhängige Existenz zukommt. Sie ist zu keinem Zeitpunkt des menschlichen Lebens unabhängig von den anderen Seelen; umgekehrt haben die sinnlichen und emotionalen Aspekte der Körperlichkeit an der Unsterblichkeit teil. Der von Thomas von Aquin aufgegriffenen16 aristotelischen Doktrin von der Seele als generierender Form des Körpers wird damit eine bis ins Jenseits reichende Bedeutung verliehen. Verleiht die rationale Seele der anima vegetativa und der anima sensitiva Unsterblichkeit und behält die eine ganzheitliche Seele auch nach dem Tod des Körpers dessen natürliche Formungskraft 12 13 14 15 16

Ebd., V. 41. Vgl. ebd., V. 89. Ebd., V. 102. Vergleiche zu dieser Relation einmal mehr T. Klemm: Bildphysiologie, S. 1 – 11. Vgl. Thomas de Aquino: Scriptum super Sententiis, liber 2, distinctio 3, quaestio 1, articulus 6; ders.: Summa contra Gentiles, liber 2, capitum 57, numerus 14.

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bei, dann ist am Menschen auch seine tierische und sogar pflanzliche Seite unsterblich. Entsprechend wirkt die Formungskraft der Seele nicht nur in dem diesseitigen fleischlichen Leib, sondern formt in Hölle und Fegefeuer auch die sie umgebende Luft, verleiht auch ihr Verstand, Sinnlichkeit und Affektivität. Statius bedient, um dies anschaulich zu machen, sich der Metapher einer Flamme, die der Form des Feuers folgt und nur dort ist, wo auch das Feuer ist;17 und er beschließt seine Antwort: „Quindi parliamo e quindi ridiam noi [die Jenseitsbewohner]; quindi facciam le lagrime e ’ sospiri che per lo monte [del purgatorio] aver sentiti puoi. Secondo che ci affliggono I disiri e li altri affetti, l’ombra [l’anima] si figura; e quest’ À la cagion di che tu miri.“18

Statius geht hier die Seelenfunktionen im Einzelnen durch: Dass die Jenseitsbewohner sprechen, ist der anima rationalis geschuldet. Die Funktionen der anima sensitiva sind dafür verantwortlich, dass sie lachen, weinen, seufzen, begehren und affektiv berührt werden können. Die Verschlankung der Seelen, nach der Dante gefragt hatte (das also „che tu miri“), ist indes Folge der vegetativen Funktionen. Besonders bemerkenswert ist an dieser Stelle allerdings, dass Statius auch letzteres unmittelbar an die Funktionen der sensitiven Seele anschließt. Die ganzheitliche Seele folgt in ihrer Formungskraft den Neigungen und den anderen Affekten („disiri / e li altri affetti“). Das Amalgam von emotivsinnlicher und rationaler, natürlicher und göttlicher Seele verformt sich in Entsprechung zum Affektiven und Emotiven – nicht durch rationale Einsicht und auch nicht durch das Fehlen von Nahrung wird die Seele der geläuterten Völler also schlank, sondern durch die emotive Haltung, die das Fasten die Seelen lehrt. Ex post ergibt es damit durchaus Sinn, dass Statius die Antwort in Form einer Erklärung über die Affektivität der Jenseitsbewohner gegeben hat. So lässt sich mit einem Blick auf die Jenseitsreiche schließen, dass die Form der Seele im Fegefeuer nicht eine Art unsterbliche und stabile Ur-Form, sondern eine bewegte und bewegende Form ist, deren Form sich in der Läuterung ändert. Dass „disiri / e li altri affetti“ so sehr ins Zentrum von Dantes Seelenkonzeption rücken, mag dennoch zunächst überraschen. Doch geht man nach den Sündenklassen, die Dantes Fegefeuer entwirft, scheint tatsächlich vor allem die affektive und sensitive Form entscheidend zu sein. Die diesseitige Affektivität ist im Jenseits nicht nur erhalten – sie scheint auch über die Verortung der Sünder in der Jenseitsordnung zu bestimmen. Das ergibt insofern Sinn, als eine – für 17 Vgl. Purgatorio XXV, V. 97 – 99. 18 Ebd., V. 103 – 108.

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heutige Augen wohl absonderliche – Konzeption von Sünde und Tugend als affektiver Habitus in der Tradition der mittelalterlichen Theologie steht. Todsünden sind ja nicht das, was man tut. Sie sind Grundhaltungen, aus denen sich ergibt, was man tut. Der Katalog der sieben Todsünden, dem Dantes Fegefeuer folgt, zeigt auf, wie sehr diese Grundhaltungen – eben – solche der anima sensitiva und nicht der Vernunftseele sind: Wollust, Völlerei und Geiz sind durchaus „disiri / e […] affetti“, die Trägheit oder Melancholie ist die emotionale Haltung einer Erlösungsvergessenheit, Zorn und Neid sind kaum anders zu begreifen denn als Affekte, und selbst die superbia leitet sich im Mittelalter aus einer Art Laune her, von der die Etymologie des deutschen Wortes Hochmut noch zeugt, stammt es doch vom höfischen hohen muot, dem ritterlichen Stolz und dem Gefühl adeliger Überlegenheit ab. Als Emotionen verformen die Todsünden dabei offenbar die eine mit den Körperfunktionen amalgamierte Seele. Die rationale Seele allein kann dabei die Seelen offenbar nicht von der Sünde befreien – es braucht Reue, und zwar eine solche, die die sensitive Seele erfasst: Sie muss in Tränen verkörpert werden.19 Wichtiger ist vielleicht noch, dass Reue und Einsicht offenbar nicht genügen, einen entstellten Seelenleib zu reinigen. Dantes Frage an Statius zeigt dies: Es benötigt Jahre, teilweise Jahrtausende, bis eine Seele ihre tugendhafte Form zurückgewonnen hat. Die Sündhaftigkeit eines Menschen liegt damit zwar durchaus in der Summe seiner Verfehlungen – aber diese Summe ist für einen Sünder anscheinend nicht in Form einer (rationalen) ,Verbuchung‘, sondern in etwa so zu veranschlagen zu sein, wie die Summe der beim Üben nachlässig oder unangemessen gespielten Töne sich auf das Können eines Geigers auswirkt. Die Verfehlungen zählen als schlechte emotionale Gewohnheiten, die der Sünder angenommen hat: als verfehlter affektiver Habitus. Und so wie ein Entschluss zum besseren Geigenspiel nicht genügt, um ein guter Geiger zu werden, lässt sich auch das Fegefeuer nicht einfach überspringen. Der Sünder muss nach seiner Reue noch durch eine Art Rehabilitations-Klinik gehen: Gebeugt unter Steinen verlieren die Hochmütigen ihren allzu aufrechten Gang, den begehrlichen Blick auf das Gut der anderen verlieren die Neider unter Kappen, wie sie in der Falknerei verwendet werden, und dasselbe Verhältnis gilt auch für die fastenden Völler. Wenn Seelen auf diesem Läuterungsberg die Formungskraft ihrer Seele heilen können, dann ist die Affektivität maßgeblicher Austragungsort des Abstreifens der Sünde: Am Jenseitsort der Läuterung gewinnt die Seele eine neue Reinheit, eine von keiner Sünde mehr entstellte Form.

19 Vgl. Purgatorio V, V. 106 – 108.

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II Implizit ruft dieser Vorgang aber auch die Frage nach der Form der unsterblichen Seele im Diesseits auf. Denn formt diese sich sogar im Jenseits nach körperlichen Maßgaben, dann muss das hienieden umso mehr gelten. Auch hier formt der enaktive Körper seine Haltung, seine Anlagen, seine moralischen Tugenden und Laser ja durchaus auch auf emotive Weise.20 Statius’ Ausführungen zufolge formt sich die Seele im Verbund mit dem Wachstumsprozess des Körpers. Das leuchtet auch in Hinblick auf die Todsünden ein, denn nur im Verbund von rationaler, sensitiver und vegetativer Seele formen sich Affekte (das, was die Menschen bewegt) und Begehren (die concupiszible und iraszible Gerichtetheit) aus. In diesem Prozess spielt aber auch die Umwelt des Menschen eine Rolle. Die Konsequenz einer solchen Konzeption zeigt sich bereits zu Beginn der Commedia – der einzigen Passage also, welche die diesseitige Welt zum Schauplatz hat. Dante führt sich als ein Wanderer in den Text ein, der sich nachts in einem dunklen Wald verlaufen hat. Wer eine entsprechende Naturerfahrung gemacht hat, weiß, dass sich eine emotionalere Situation kaum denken lässt – und das, obwohl die faktische Gefahr eher gering ist (auch schon zu Dantes Zeit: Räubern zu begegnen war für einen Verirrten unwahrscheinlicher, als wenn er auf dem ,rechten Weg‘ gewandelt wäre; selbst wilde Tiere waren nachts genauso sehr auf der Straße anzutreffen wie im Unterholz). Die Angst ist damit situativ, nicht aber rational. Und sie widerspricht der theologischen Tugend der Hoffnung – womit sie zudem sündhaft ist. So liegt die Vermutung nahe, dass der Mensch seine Seele formt, indem er sich der Welt handelnd, wahrnehmend und spürend einschmiegt. Das Verstörende dabei ist – und auch das legt der erste Gesang der Commedia nahe –, wie wenig die Ratio diesen Prozess leiten kann. Der verirrte Dante schöpft zunächst neue Hoffnung im Anblick eines Hügels. Seine Hoffnung liegt nicht in einem rationalen Prinzip begründet, sondern im Aufstieg auf einen Hügel, der ihm Überblick zu verschaffen verspricht. Aber drei Tiere stellen sich ihm in den Weg: Ein Pardelluchs, ein Löwe und schließlich eine Wölfin. Um diesen Vorgang zu verstehen, muss man ein bisschen ausholen. Dante ist ein gelehrter Mann, und so scheint es ihm selbstverständlich zu sein, dass diese Tiere lesbar sind (zumindest die Wölfin deutet er lang und breit aus). Der Forschung gemäß sollen die Tiere entsprechend die drei Todsünden (Wollust, Hochmut und Geiz) oder gar eine Art allegorische Dreifaltigkeit der Sünde21 bezeichnen. Solche Allegorien entsprechen der Tradition einer Psychomachie 20 Vgl. hierzu einmal mehr T. Klemm: Bildphysiologie, S. 1 – 11. 21 Vgl. G. Gorni: Dante nella selva.

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(d. h. einem allegorischen ,Seelen-Kampf‘ der Tugenden und der Laster). Ihr gemäß müsste sich aber sowohl Dantes Angst durch die theologische Tugend der Hoffnung und jede weitere Sünde ebenfalls durch eine ihr entgegengesetzte Tugend besiegen lassen. Doch Dantes Aufnahme der Tradition ist gebrochen. Zunächst einmal betreten die Allegorien nicht die innerliche Bühne des Seelenkampfes, sondern werden draußen, in der faktischen Welt angetroffen. Auch greifen sie nicht an, sondern stehen nur inhaltsschwer herum. Vor allem aber ist der Ausgang des Seelenkampfes verkehrt. So unterliegt Dantes Hoffnung sofort einer nur angedrohten Gefahr ; schlimmer noch: die täuschende Schönheit des Pardelluchses bemächtigt sich wider Dantes besseres Wissen seiner Gefühle. Damit wiederholt sich das Problem der Angst im Wald: Die körperliche und emotionale Haltung schert sich offenbar nicht genügend um ein als theologischer Gehalt erschlossenes Wissen – und dieses Wissen reicht damit umgekehrt nicht hin, die körperlich-seelische Bewegtheit zu bestimmen. So scheint Dante seine Commedia mit einem ganz handfesten und einfachen Umstand einzuleiten, der sich als ein solcher der mangelnden Kongruenz von vita contemplativa und vita activa benennen lässt: Über die Dinge Bescheid zu wissen, ist etwas anderes, als adäquat mit ihnen umzugehen. Eine lesbare Wahrheit der Welt reicht nicht hin, um die Menschen zu erlösen. Vielleicht hilft der oben eingebrachte Begriff des Einübens und das Beispiel der Übungsstunden eines Geigers weiter, um diesen Umstand zu verstehen: Gutes instrumentenkundliches und harmonietheoretisches Wissen lehrt nicht, Geige zu spielen. Warum sollte also ein theoretisches Wissen über die Sünde hinreichen, um sündhaftes Fühlen und Handeln zu vermeiden? Der dunkle Wald offenbart vor diesem Hintergrund ein weiteres Problem, nämlich dasjenige, körperlich einer gefallenen Welt ausgesetzt zu sein, mit einer Seele, die durch ihre Verwachsenheit mit den sinnlichen – und das heißt: die Sinnlichkeiten der Welt in sich aufnehmenden und von ihnen geformten – spiritus gar nicht anders kann, als fühlend an dieser Welt teilzuhaben. Wie soll sie sich in einem Wald denn nicht fürchten, wie soll die täuschende Schönheit eines Pardelluchses den Augen denn nicht gefallen, wenn sie – anstatt rationale Beobachterin zu sein – zutiefst verfangen ist in den sinnlichen Funktionen des Körpers? Nimmt man diese partizipative und enaktive (sich in den physiologischen Funktionen, im physischen Handeln und im psychischen Erleben ereignende) Dimension der Sünde ernst, dann wird es in einer gefallenen Welt fast unmöglich, nicht zu sündigen. So wird Dante später den ambigen und (zumindest heute) sprichwörtlichen Satz äußern: „ne la chiesa / coi santi, e in taverna coi ghiottoni“22 mit dem er es rechtfertigt, täuschende Höllen-Dämonen ihrerseits zu täuschen und zu überlisten. Welche Herausforderung in diesem Satz steckt, 22 Inferno XXII, V. 14 f.

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lässt sich leicht nachvollziehen: Es genügt in vielen Fällen nicht, sich standhaft der Sünde zu verweigern. Teilweise erlaubt allein eine selbst sündhafte Haltung es, der schlimmeren Sünde zu entkommen. Das aber kann nur Teil der Problembeschreibung einer gefallenen Welt sein, nicht eine Antwort auf sie.

III Allein die Tatsache, dass mit Vergil ein Dichter Dante aus seinem Wald rettet, legt es nahe, zu vermuten, dass Dichtung besser geeignet ist, dem Problem der affektiven Teilhabe an einer gefallenen und täuschenden Welt gerecht zu werden, als reine theologische Belehrung es wäre. Eine Unterscheidung zwischen theologischem und poetischem Umgang mit Wissen führte Dante bereits in seinem Convivio, seinem Gastmahl aus. In diesem Text verfolgt er zwei grundsätzlich verschiedene Diskurse: Liebesgedichte werden von einem langen theoretischen Kommentar flankiert. Der Titel dieses Werkes ist sprechend, denn zu Essen gibt es zunächst einmal „lo pane delli angeli“,23 wie Dante es mit dem Psalm 77,24 – 5 nennt, wo das biblische Manna als Himmelsbrot so bezeichnet wird. Gegessen werden die Speisen des (göttlichen) Geistes. Das erinnert fast schon zu sehr ans Abendmahl und das Verspeisen des göttlichen Verbum. Doch hat dieses Brot der Engel offenbar einen Makel, denn Dante unterscheidet es bald darauf von derjenigen Speise, die er eigentlich reichen möchte, nämlich seinen Kanzonen. Das Brot der Engel ist in seinem Text nur der theologische Kommentar – und denkt man nun daran, was Engel von Menschen unterscheidet, dann kommt dies einer Zuweisung der Text-Formen zu Seins-Formen gleich: Engel sind geistige Substanzen, die – anders als der Erlöser – niemals Fleisch geworden sind. Dante spricht für seinen eigenen Text von einem karitiativen Mitleid mit den tierisch-körperlichen Menschen („misericordia […] inver di quelli che in bestiale pastura veggiono erba e ghiande se[n] gire mangiando“)24 – wobei dieses Mitleid dadurch begründet ist, dass er selbst Mensch ist und also einen entsprechenden Leib hat. Was später in seinem Purgatorio in der Amalgamierung der göttlich-unsterblichen Seele mit dem vegetativen und sinnlichen Leib physiologisch beschrieben wird, umreißt er hier entsprechend bereits poetologisch, indem er sich selbst als einen Kanzonen-Dichter darstellt, der das theologische Brot der Engel in eine andere Speise mischt, die aus seinem eigenen fleischlichen Leben besteht.25 Damit vollzieht das Convivio gewissermaßen die Fleischwer23 Convivio, Buch I.1.7; alle Zitate nach Dante: Convivio, hg. Franca Brambilla Ageno, Firenze 1995. 24 Ebd., Buch I.1.8. 25 Ebd., Buch I.1.10.

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dung des Verbum im Rahmen des Verfassens von Texten nach: Was in anderen (theologischen) Werken als Brot der Engel allein dem menschlichen Geist zu essen gegeben würde, gewinnt durch die dichterischen Kanzonen eine leibliche Dimension und wird erst so dem ganzen Menschen (und der durch eine Fleischwerdung erlösten Welt) gerecht. Die Annäherung eines lesend eingenommenen Brotes an die Fleischwerdung verleiht dem Convivio eine eucharistische Dimension. Dieser Gedanke lässt sich weiterführen. Auch in der Eucharistie verbirgt sich schließlich eine Unterscheidung zweier Formen der Wahrheit. Denn die Hostie ist eben gerade nicht nur das Brot der Engel. Es ist ein heiliges Brot für die Menschen, das durch die Fleischwerdung des Verbum erst möglich wurde und zu Zeiten des biblischen Manna noch nicht möglich war. Die Eucharistie macht den spirituellen Leib Christi präsent – sie bedeutet ihn nicht nur. Die Hostie einzunehmen ist etwas anderes, als sie theologisch zu verstehen, und nicht das Verstehen, sondern das Essen macht das Sakrament aus. Damit stehen sich zwei verschiedene Formen des Wort-Sinns gegenüber : Eine solche, die sich im Bedeuten und eine solche, die sich im Einverleiben ergibt – eine referentielle (der Text referiert auf Welt und Wahrheit und im hermeneutischen Nachvollzug dieses Verweisens erkennt der Leser den Sinn des Textes) und eine partizipatorische (der Leser nimmt den Text leiblich auf und hat in dieser unmittelbaren Aufnahme, die den Vorgang des Deutens überspringt, an ihm teil). Auch Dante spricht auf zwei verschiedene Weisen. Anders als in philosophischen Prosimetren wechseln sich metrisch gebundene Texte und Traktate im Convivio nicht einfach ab: Vielmehr kommentieren die Traktate (mit anderen Worten: das Brot der Engel) die Gedichte (mit anderen Worten: die eigentliche Speise dieses Gastmahls, das den Menschen verabreicht wird). Auch im Convivio sagen zudem beide Textformen dasselbe – bloß auf verschiedene Weise. Die theologische Weise zielt auf eine geistigere Wahrheit, aber sie erreicht damit nur die Engel (oder das, was am Menschen Engel ist).26 Die Dichtung indes wendet sich der ganzen, auch leiblichen, auch mit den Tieren geteilten Existenz des Menschen zu, die – wie man aufgrund der oben skizzierten Physiologie vermuten kann – von der unsterblichen geistigen Seele nicht getrennt werden kann. So ergibt es überhaupt Sinn, warum Dante neben den Traktaten die Gedichte überhaupt stehen lässt. Für ein rein konzeptuelles Verstehen hätten sie ja genügt. Doch was hat es vor diesem Hintergrund zu besagen, dass Dante die Kanzonen als ,allegorisch‘27 versteht? Eine Erklärung holt er in seiner Definition des 26 Entsprechend schreibt Dante auch in seinem Paradiso an der Stelle, da er dieselbe Wendung des Brots der Engel noch einmal aufgreift (Paradiso, Gesang II, V. 1 f.), dass man davon hienieden nicht satt werde – und das obwohl man auch hier von ihm (und durch es) lebe. 27 Convivio, Buch I.1.18.

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allegorischen Sinns nach, die er zu Beginn des zweiten Teils seines Convivio plaziert. Dante rahmt diese Ausführungen als Gebrauchsanweisung zur Lektüre seines eigenen Texts – und nimmt die gerade besprochene Brot-Metaphorik wieder auf: „[…] perý che pi¾ proficabile sia questo mio cibo, prima che vegna la prima vivanda voglio mostrare come mangiare si dee. Dico che, s‡ come nel primo capitolo À narrato, questa esposizione conviene essere litterale ed allegorica.“28

Den allegorischen Sinn bestimmt er nunmehr genauso doppelt wie die Speise der Lektüre, insofern er eine theologische von einer dichterischen Allegorie unterscheidet. Der allegorische Sinn, so schreibt er in dem wohl meistzitierten Satz des Werks, „si nasconde sotto ‘l manto di queste favole [also der fiktiven Geschichten], ed À una veritade ascosa sotto bella menzogna.“29 Dieser Satz erfordert eine genaue Beschäftigung. Dante setzt fiktive Geschichten mit der schönen Lüge gleich. Dennoch verbirgt sich unter ihnen eine allegorische Wahrheit. Das allein wäre nur insofern etwas Besonderes, als die Metapher des integumentum, d. h. der unter dem Gewand der Lüge verhüllten Wahrheit eines Textes,30 hier auch auf zeitgenössische, sogar eigene und nicht nur auf antike Dichter angewandt wird. Dass eine Deutung des integumentum im Rahmen antiker Dichtung möglich ist, ergibt sich traditionell aus der Rückbindung aller Wahrheit auf den Schöpfer. Denn schließlich haben die Dichter selbst in der Geschichte und damit in der Vorsehung gelebt und gewirkt, konnten also von Gott auch ohne eigenes Wissen als Werkzeug seiner Offenbarung genutzt werden. Die Wahrheit der Dichtung wird in solchen Fällen dem jeweiligen Dichter selbst nicht bewusst und im Text entsprechend auch nicht expliziert. Sie ist eine Selbstoffenbarung der Vorsehung, die, unabhängig von der Autorintention, durch den Text spricht. Entsprechend kann nur eine allegorische Deutung sie zutage befördern, die den Text mutwillig gegen den Strich zu lesen versteht. Überträgt man diese Lehre auf eigene Dichtung, dann ist die Verhüllung mutwillig. Sie leitet sich dann nicht mehr aus der göttlichen Eingebung her, die in das Gewand der täuschenden Texte hineinfällt, sondern wird vielmehr zum aktiv und bewusst ausgeübten literarischen Handwerk gemacht. Das kann verwundern, denn so entfällt eigentlich die Legitimation des integumentum. Es fragt sich, warum diese Wahrheit überhaupt bekleidet und damit wohl eher entstellt als erschlossen, eher maskiert als bezeichnet werden soll. Nun ließe sich sagen, dass den Geschichten gewissermaßen die rhetorische Aufgabe des or28 Ebd., Buch II.1.1 – 2. 29 Ebd., Buch II.1.3. 30 Vgl. hierzu H. Brinkmann: „Verhüllung (,integumentum‘)“; B.K. Stengl: „Integumentum“.

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natus, des Schmucks der Rede zukäme. Doch das wäre eine sehr extreme Auslegung dieses Schmucks: Schließlich wäre Dante zufolge ja der gesamte Text – und nicht nur einzelne Aspekte seiner Form – Schmuck einer Wahrheit, die vom Text gar nicht expliziert würde. Auch könnte man behaupten, dass die direkte und unmittelbare Wahrheit zu didaktischen Zwecken manchmal ungeeignet sei; doch widerspricht auch hier die Bekleidungsmetapher der eigentlichen Aufgabe einer solchen Didaktik – nämlich der Offenlegung der Wahrheit, d. h. ihrer Entkleidung von den täuschenden Gewändern einer gefallenen Welt. Im Gegenteil würde sie den Zugang zur Wahrheit durch ihre Schönheit (bei der ein unwissender Leser ja nur allzu leicht verharren wollen wird) nur verkomplizieren. Ich möchte einen anderen Weg beschreiten und behaupten, dass der Sinn der Dichtung sich – wie Dante es sagt – auf andere Weise ergibt als derjenige der Theologen: Dass die Wahrheit bei den Dichtern einen anderen Aggregatzustand hat als bei den Theologen. Dabei geht es – so die These – um die Wahrheit der körperlich fühlenden Seele der Leser, die sich im Akt des Lesens das Gewand der Texte anlegt. Diese meine Ansicht mag nun vollständig abwegig erscheinen, doch möchte ich versuchen, sie durch ein paar Beobachtungen zu plausibilisieren. Zunächst ließ sich bereits beobachten, dass die unhintergehbare Wahrheit einer auf ihren Schöpfer hin angelegten Welt, wie Dante es sagt, nicht nur im Deuten einholbar sein muss. Entsprechend ist sie im Convivio eine Wahrheit, die nicht vom Text hervorgebracht wird, sondern die ein Text nur ,bekleiden‘ kann und die von textueller Erstellung auch nicht abhängt. Dies erschließt sich umso besser, wenn man nicht allein an die antiken Dichter und ihre Werke, sondern auch an die historia der Bibel denkt. Auch deren historischer Sinn lässt sich von den Theologen schließlich allegorisch auslegen, da er Teil der göttlichen Vorsehung und als solcher analogisch lesbar ist: So ist z. B. das Manna der Israeliten eine Präfiguration, die die Eucharistie bedeutet. Liest man diese historia als das, was sie für einen mittelalterlichen Theologen ist, nämlich als faktisches Geschehen, dann ergibt sich auch hier eine doppelte Form des Sinns. Denn schließlich war die theologische Ausdeutung ex post den Israeliten selbst beim Manna-Mahl noch nicht zugänglich. Nicht in der Deutung erschloss sich ihnen der Sinn und die Heiligkeit des Manna, sondern in der Teilhabe am göttlichen Heilsplan. Das Allegorische der historia liegt damit nicht allein in der Deutung, sondern auch in der handelnden und durchlebenden Partizipation an der Vorsehung. Dass diese partizipative Form des allegorischen Sinns im Mittelalter eine entscheidende Rolle spielte, belegen weniger die theologischen Texte (die diesen Sinn in aller Regel selbst auslegen und damit in einen hermeneutischen Sinn verwandeln), sondern vielmehr die rituellen und liturgischen Praktiken, die als solche ,sinnlos‘ wären, wenn man sie auf ihre symbolische Bedeutung und also

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eine theologische Auslegung reduzieren wollte. Das Abendmahl, dessen Heiligkeit sich nur in der Ausführung, nicht aber in der Deutung ergibt, habe ich oben schon erwähnt – und derselbe Umstand gilt natürlich für die anderen Sakramente ebenfalls. Anschaulicher ist noch das Beispiel einer Pilgerfahrt nach Jerusalem, weil sie sich leicht an das kanonische Lehrbeispiel des vierfachen Schriftsinns anschließen lässt; die rituelle Handlung einer Pilgerfahrt verschiebt das texthermeneutische Modell lediglich in Richtung des physischen und partizipativen (nicht-hermeneutischen) Sinns. Historisch und faktisch wandert der Pilger durch die physische Welt (gemäß dem vierfachen Schriftsinn wäre das der sensus historicus). Zugleich aber – und zwar wiederum nicht durchs Deuten, sondern durchs Wandern selbst – tut er mit seiner Fahrt der Ordnung der Kirche Christi genüge, lässt die Pilgerfahrt zu einem Teil der Wanderung seiner Seele ins Heil werden und ist damit spirituell unterwegs zum Himmlischen Jerusalem. Damit sind alle Ebenen des vierfachen Schriftsinns auch in einem faktischen und rituellen Handeln verwirklicht – nur ist der Sinn oder sensus dabei kein hermeneutischer. Das soll nicht heißen, dass man die Pilgerfahrt nicht entsprechend deuten, den körperlichen Sinn nicht als Verweis und Signifikation auffassen, ihn nicht deuten könnte oder sollte. Es soll bloß besagen, dass dieses Deuten-Können nicht heißt, dass der Vorgang seinen Sinn damit schon ausschließlich im Deuten und Bedeuten finden würde. Vielmehr stehen körperlichpartizipativer und hermeneutischer Sinn als zwei verschiedene Aggregatzustände desselben gegenüber. Und dabei ist der partizipative Sinn für das Seelenheil der entscheidende: Nicht das Ausdeuten einer Pilgerfahrt, sondern ihr Vollzug macht sie heilig und damit überhaupt erst sinnvoll. Auch die Commedia beschreibt eine Reise ins Jenseits, die eine solche Pilgerfahrt gewissermaßen historisiert; und im Convivio scheint Dante die Vollzugs-Dimension der Wahrheit auch im Auge zu haben, wenn er von der Allegorie der Dichter spricht. Er fährt das oben begonnene Zitat zur mit dem Gewand der schönen Lüge bekleideten Wahrheit mit einem Beispiel fort. Mit dem Lügengewand und dem allegorischen Sinn der Dichter verhält es sich: „[…] s‡ come quando dice Ovidio che Orfeo facea con la cetera mansuete e le fiere, e li arbori e le pietre a se muovere; che vuol dire che lo savio uomo con lo strumento de la sua voce faria mansuescere e umiliare li crudeli cuori, e faria muovere a la sua voluntade coloro che non hanno vita, di scienze e d’arte: coloro che non hanno vita ragionevole sono quasi come pietre. […] Veramente li teologi questo senso prendono altrimenti che li poeti.“31

Wie man Ovid auslegen und moralisieren kann, wird hier klar. Das ist die Art, wie Theologen Texte lesen. Was aber tun die Dichter? Offenbar genau das, wovon 31 Convivio, Buch II.1.4 – 5.

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diese Theologen sprechen; denn Dante wählt als Beispiel ja eine Allegorie, die selbst von der Dichtung handelt – und sie besagt nach seiner eigenen Lesart: die Dichter bewegen gemäß des Wissens und der Kunst. Mit anderen Worten: sie sagen nicht die Wahrheit, sie bewegen in Einklang mit der Wahrheit. Die Forschung zu dieser Passage hat bislang nicht den Versuch unternommen, den Sinn der Dichter-Allegorie im Bewegen selbst zu suchen. Stattdessen geht man erstaunlich einhellig davon aus, dass nicht nur die Theologen, sondern auch die Dichter es in der Allegorese auf einen hermeneutisch zu erschließenden Wahrheitsgehalt und eine zweite Verweisebene neben der literalen angelegt haben, ihn bloß verschieden allegorisieren würden:32 Dante unterscheide, so der Konsens in ansonsten völlig konträren Lesarten, zwei Textsorten: eine fiktionale (dichterische) und eine nicht-fiktionale (theologische). Wie gesagt ist der Konsens an dieser Stelle auch schon beendet; es besteht kaum Einigkeit darüber, worin die Fiktion der Dichter-Allegorie genau liege und inwiefern sie sich von der Theologen-Allegorie unterscheide. Schließlich fragt sich, wenn man dieser Lesart folgt, inwiefern der orphische Gesang eigentlich Fiktion sei. Fiktionalität ist ohne Aussage nicht denkbar – und von dem, was Orpheus sagt, spricht Dante nicht. Er spricht stattdessen von etwas, das mit Fiktionalität zunächst nichts zu tun hat: vom movere. Er wählt ein Beispiel, in dem Orpheus Unbeseeltes (Steine), vegetativ Beseeltes (Bäume) und sensitiv Beseeltes (Tiere) gemäß seiner Dichtung bewegt, und er deutet diese Stelle so, dass sie besagt, wie der Dichter Menschen ohne Vernunft – mit anderen Worten: ihrerseits vegetativ und sensitiv beseelte Wesen – bewegt. Wenn es darum geht, geistlose Menschen zu erreichen, kann das movere nichts hermeneutisches sein. Mit anderen Worten: der Sinn der Allegorie der Dichtung kann sich nicht in Form einer übertragenen Bedeutung ereignen, sondern nur als unmittelbarer sinnlicher Effekt. Dante sagt das eigentlich auch recht klar. Um es noch einmal zu zitieren: „veramente li teologi questo senso [allegorico] prendono altrimenti che li poeti“ (meine Hervorhebung); es geht also nicht darum, dass sie andere (nämlich fiktionale) Wege gehen, um Allegorien zu entwerfen, sondern dass sie den Sinn derselben Allegorien anders – und wir können nun ergänzen: in Form eines sinnlichen sensus – zu erfassen. Damit setzen sich die gängigen Lesarten m. E. dem Verdacht aus, dass sie an der Frage vorbeilaufen, die Dante zu beantworten suchte. Sie widmen sich zwar unterschiedlichen Formen, Allegorien zu verfassen – aber als Sinn lassen sie nur den hermeneutischen gelten, den Dante m. E. allein den Theologen zuschreibt. Dante selbst widmet sich der Allegorie stattdessen, indem er sie als eine Art Kippfigur zwischen (theologischem und nur die Vernunft betreffendem) Be32 Vgl. etwa C.S. Singleton: „Dante’s Allegory“, A. P. Lanapoppi: „Allegoria“, oder A. Kablitz: Die Kunst des Möglichen, S. 229 – 247.

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deuten und (dichterischem, alle menschlichen Seelenfunktionen würdigenden) Bewegen beschreibt, zwischen Sinn als Effekt der Signifikation und Sinn als verkörperte Sinnlichkeit. Diese Kippfigur lässt sich m. E. nur dann nachvollziehen, wenn man auch dem Lesen jene enaktive und partizipative Form des Sinns zugesteht, die ich oben den rituellen Handlungen von Eucharistie und Pilgerfahrt habe zukommen lassen, d. h. wenn man den sensus auch als sinnlichen Sinn oder als Gerichtetheit in einer (körperlichen) Bewegung versteht, wie diejenige, die Orpheus bewirkt. Oder, in Dantes metaphorischen Worten, wenn man an einem Text nicht allein das Brot der Engel zu essen trachtet, sondern auch die körperliche Speise zu sich nehmen möchte. Dantes Passage zu Orpheus ist hier eigentlich sehr klar. Orpheus bewegt gemäß seiner selbst (muove a se) die wilden Tiere, Bäume und Steine, und so bewegt auch der Weise (der offenbar selbstverständlich ein Dichter und kein Theologe ist) mit seiner Stimme die Tumben und intellektuell Leblosen. Der Unterschied lässt sich auch in zeitgenössischen rhetorischen Begriffen fassen. Während die Theologen, einer zeitgenössisch-ciceronianischen Rhetoriklehre gemäß, dem docere eines Textes nachgehen, setzen die Dichter damit auf das movere. Theologie lehrt. Dichtung bewegt. Damit tritt nur den Theologen die Wahrheit im Aggregatzustand eines verborgenen Gehalts der Dichtung entgegen. Dem Dichter erscheint sie stattdessen im Aggregatzustand affektiver Teilhabe: sie erscheint als eine Art zu bewegen und bewegt zu werden. Vor diesem Hintergrund löst sich m. E. auch der oben liegen gelassene Knoten eines dichterischen Textes, der nur Gewand der Wahrheit ist. Achtet man – im Sinne der Hermeneutik der Theologen – auf den Gehalt des historischen Sinns einer Geschichte, dann haben wir es bei dem Orpheus-Mythos leicht mit bloßen ,schönen Lügen‘ zu tun, hinter denen sich eine zweite, allegorische Referenzebene auftut, die auf eine Wahrheit Bezug nimmt. Doch bezeichnenderweise spielt für die Wahrheit, die Orpheus und also ein Dichter erreicht, gar keine Rolle, was er sagt, sondern nur, wie er bewegt – was so viel heißt wie dass die Frage nach dem Gehalt für die Frage nach der Wahrheit der Dichtung unangemessen ist. Das Gewand, das der Text ist, verhüllt nur für die Theologen einen Wahrheits-Gehalt, für die Dichter indes schmiegt es sich an die konkreten Körper der Leser an, bewegt sich mit ihnen und leitet sie zur Bewegung an. Und diese Bewegtheit ist der Austragungsort der ,gehaltlosen‘ Wahrheit der Dichtung.

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IV Doch kann das movere dann überhaupt einen Wahrheitswert haben, wenn es keinen inhaltlichen Gehalt hat? Diese Frage führt zurück zur Commedia. Denn vor dem Hintergrund einer maßgeblich im Affektiven liegenden Sünd- und Tugendhaftigkeit ist die Dichtung nicht einfach der theologischen Wahrheitsrede unterlegen. Im Gegenteil macht das ,movere‘ sie sogar moralisch umso relevanter. Dantes Seelenlehre erfordert es schließlich, dass die Wahrheit auch affektiv bewegen und nicht nur belehren können muss: Wird Dichtung nur den Theologen gemäß in einer Freilegung ihres bedeuteten Gehalts, den Dichtern gemäß aber in der affektiven Bewegtheit verstanden, dann setzt sie auch dort ein, wo besseres Wissen nicht hilft, dort, wo der theologisch deutende Dante nicht aus dem Wald findet und zur Befreiung stattdessen einen antiken Dichter benötigt. Welche Wahrheit ist von einem Dichter – zumal von einem antiken Dichter – zu erwarten? Wenn gemäß der integumentum-Lehre die Wahrheit von der dichterischen Lüge nicht tangiert wird und stattdessen unabhängig von der Intention des Dichters durch den Text hindurch spricht, können Dichter im Prinzip sagen, was sie wollen – es wird in letzter Konsequenz immer schon deshalb eine tiefere ,Wahrheit‘ in sich bergen, weil sie innerhalb der Vorsehung sprechen, die sich ihrer bedient. Von der Seite der Dichter und also des movere her gesehen, gilt etwas Ähnliches. Hier wird eine Bewegung insofern wahr sein, als auch sie sich in der Vorsehung ereignet und damit Teil der Vorsehung ist. Einer solchen Wahrheit ist in einer mittelalterlichen Welt aber ohnehin nicht zu entkommen – und sie scheint daher auch keiner Dichtung zu bedürfen. Schlimmer noch: Der Wahrheitsstatus literarischer Texte würde sich, wenn das alles wäre, allein durch die sinnliche Schönheit von demjenigen der sonstigen (gefallenen) Welt unterscheiden – und wie gefährlich diese Schönheit ist, zeigt Dante an der oben besprochenen, verführerischen Schönheit des Pardelluchses. Schönheit allein kann es nicht sein, was ein sacro poema heilig macht. Allerdings können Dichter die Affekte auf viele verschiedene und nicht immer nur tugendhafte Weise bewegen – und damit auf sehr viele verschiedene Weise zum Teil der Vorsehung und ihrer Wahrheit werden. Damit, so lässt sich wiederum unter Rückgriff auf Dantes Orpheus-Beispiel sagen – zählt für die Dichtung nicht das Was des Besagten, sondern das Wie des Bewegens. Das eröffnet eine ganz andere Frage nach der Wahrheit der Dichtung – und ihrem Gegenteil, der Täuschung. Denn auch diese kann dann nicht mehr eine Täuschung über Inhalte sein, sondern ist eine Form des falschen – des sündhaften – movere. Diesem Problem widmet Dante sich gleich zu Beginn der Commedia, als der

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Jenseitswanderer auf das erste Sünderpaar trifft:33 Paolo und Francesca verbüßen auf ewige Zeit ihre Wollust, zu der sie von der schönen Lüge eines Ritterromans verführt wurden. Der Prosa-Lancelot war ihr Kuppler oder Galeotto – und das obwohl dies ein Text ist, dessen dichterische Lüge sicherlich keinerlei Täuschungsabsicht hat: Der Prosa-Lancelot ist ein Text, der seine Fiktionalität ostentativ hervorhebt und kein Missverständnis darüber aufkommen lässt, dass seine Handlung vollständig erfunden ist. Rhetorisch formuliert: Angelegt ist dieser Text allein auf das delectare – den Genuss der Dichtung; er macht keinen Hehl daraus, dass er keine referentielle Wahrheit hat – bzw. dass sie, wenn schon, in einen sehr dicken und vollständig opaken Mantel der schönen Lügen eingehüllt ist. Paolo und Francesca scheinen das genau auf diese Weise zu verstehen. Sie lesen „per diletto“34, mit anderen Worten: um der delectatio willen. Mit dieser Lesehaltung wähnen sie sich in Sicherheit und lesen – wie Dante mit einem Reim auf den rhetorisch-literarischen „diletto“ herauskehrt – „senza sospetto.“35 Der Text, so glauben sie offenbar, kann ihnen bei einer solchen Lektürehaltung keine falsche Wahrheit weismachen. Doch eine solche Haltung vergisst die Macht des dichterischen movere: die Macht, mit der Orpheus wilde Tiere, Wald und Steine bewegt. Der Roman bewegt sie damit wider besseres Wissen, er lässt das Leserpaar physisch erbleichen, erotische Blicke wechseln, zittern und sich küssen. Die Partizipation und Enaktion steht hier im Zeichen der Wahrheit einer Vorsehung, die Paolo und Francesca ins Verderben schickt. Sie werden vom eifersüchtigen Ehemann ermordet und als Wollüstige in die Hölle verbannt. Das movere war durch das delectare nicht unschädlich zu machen, der ,Fiktionspakt‘ schützte nicht vor der Sündhaftigkeit der emotionalen Teilhabe. An dieser Stelle möchte ich noch einmal an den 25. Gesang des Purgatorio und seine ästhetisch-affektive Seelenlehre erinnern, denn sie hat auch für die Frage der dichterischen Fiktion eine ungewöhnliche Konsequenz. Um seine Betrachtungen einzuleiten, stellt Statius klar, dass man aus dem Fehlen eines Sinnesorgans für den universelle Ideen erfassenden Intellekt (possibile intelletto) nicht auf dessen Unabhängigkeit von der (im Menschen verkörperten) Seele schließen könne. Auch ohne ein eigenes körperliches Organ haben Intellekt und Sprache an der Körperlichkeit teil: „Ma come d’animal divegna fante, non vedi tu ancor : quest’À tal punto, che pi¾ savio di te f¦ gi— errante, 33 Zu einer ausführlicheren Diskussion der Fiktionalitätsproblematik dieser Passage vgl. vom Autor : „Die Kunst, Novellen in die Welt zu setzen (Boccaccio – Chaucer)“. 34 Inferno, Gesang V, V. 127. 35 Ebd., V. 129.

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s‡ che per sua dottrina f¦ disgiunto da l’anima il possibile intelletto, perch¦ da lui non vide organo assunto.“36

Der „possibile intelletto“ ist sprachlich; er ist dies, insofern er – wie die Sprache selbst – Dinge betreffen und entwerfen kann, die nicht in der sinnlichen Gegenwart vorzufinden sind. Wichtiger ist aber noch die dem widersprechende Verortung dieses Möglichkeits-Intellekts im faktischen und also nicht bloß potentiellen, sondern auch aktuellen Körper. Ist das, worüber dieser Intellekt nachdenkt, zwar jenseits des faktisch Körperlichen angesiedelt, so ist das Denken selbst doch trotzdem mit einer verkörperten Seele verbunden. Eine ganzheitliche Seele – und hier liegt die Krux der Opposition von „possibile intelletto“ und Affektivität für die Frage nach der dichterischen Fiktion – kann nicht vollständig im Konjunktiv des bloß Möglichen weilen. Zumindest bewegt ist sie in actu (auch das bedeutet das Wort enaktiv). So sehr die Liebe von Lancelot und Guinivere auch nichts als eine schöne Lüge ist, deren Schönheit eine konjunktivische delectatio entfalten kann, so wenig kennt das movere einen solchen Konjunktiv. Paolo und Francesca sind ganz faktisch aufgewühlt. Das ästhetische Erleben ist damit für Dante weder interesselos noch selbstreferentiell – und vor allem nicht unschuldig. Diejenige Wahrheit, die sich als leibliche Teilhabe entfaltet – die Wahrheit der Dichtung – wird der Seele auch dann noch zum Problem, wenn die referentielle Form der Bezugnahme auf die Wahrheit auf für jedermann einsichtige Weise unterbunden ist. Literarisches Mit-Fühlen wird zum Problem der vermeintlichen ästhetischen Konsequenzlosigkeit fiktionaler Texte. Dieses Problem ergreift auch den Zuhörer der Geschichte: Dante, der Jenseitswanderer, der in Francescas Rede keine delectatio sucht, sondern von ihr belehrt werden will über ihre Geschichte und über das Wesen ihrer Sünde: was er sucht, ist also ein docere. Aber auch eine solche Haltung vermag es nicht, sich das movere zu unterwerfen. Sie ist ebenso blind für die Macht des movere wie die aufs delectare gerichtete Lektüre. Hier entpuppt sich die Kehrseite jener bewegenden misericordia, in deren Zeichen Dante sein Convivio gestellt hatte; mitfühlen kann man schließlich auch im Schlechten. So geht Dante in dieselbe Falle wie die Liebenden: Francesca lobt ihn für seine „piet—“37, also für sein Mitgefühl mit der täuschenden Schönheit der Sünde, die jede durch sie verkleidete Wahrheit in Vergessenheit geraten lässt. Von „pietade“38, hingerissen bricht Dantes Leib wie tot zusammen. Wäre er tatsächlich gestorben, dann hätte seine Seele ihren Platz unter den Sündern der luxuria bereits gefunden. 36 Purgatorio Gesang XXV, V. 61 – 66. 37 Inferno Gesang V, V. 93. 38 Ebd., V. 140.

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Aber was geschieht nun mit Dantes Lesern – zumal dann, wenn auch sie von Francescas Rhetorik bewegt worden sind? Implizit gibt Francesca hierauf eine Antwort. Sie beendet ihre Erzählung mit dem Satz „Quel giorno pi¾ non vi leggemmo avante“39, was nicht nur den Liebesakt so elegant der bereits heraufbeschworenen Bewegtheit der Leserimaginationen überlässt, sondern auch klar besagt: Lest weiter, sonst geht es euch so wie uns. Tatsächlich endet die Lancelot-Liebe schlecht – sollte eine Wahrheit in der Emotionalität des ProsaLancelot liegen, dann kommt sie zeitlich verspätet; gerade so wie man mit Dante durch die gesamte täuschende Hölle gehen muss, bis dass sich der Schleier der Sündenerzählungen zu lüften beginnt.

V Damit zurück zur eingangs aufgeworfenen Frage nach dem literarischen Status der Commedia. Wie bereits eingangs erwähnt, weist Dante in einem Brief an Cangrande della Scala seine Leser an, die Commedia allegorisch aufzufassen – und zwar auf eine Weise, die er mit derjenigen vergleicht, wie die Heilige Schrift zu lesen sei. Der Unterschied zwischen Bibel und Commedia ist allerdings manifest, denn der Literalsinn der Sacra Scriptura ist ein historischer Sinn – derjenige des Sacro Poema stattdessen ein jenseitiger („wörtlich genommen der Zustand der Seelen nach ihrem Tod“, wie Dante es selbst sagt),40 über dessen historische Faktizität zumindest Zweifel bestehen kann: Sollte die Commedia für sich nämlich in Anspruch nehmen, mit der Jenseitsreise ihres Autors eine historische Wahrheit zu erzählen, dann würde das eine Anmaßung bedeuten, die alle eingangs beschriebenen noch in den Schatten stellte: Dante würde seiner eigenen Tat eine Christi Menschwerdung beantwortende, vielleicht sogar übertreffende Bedeutung zuzuschreiben. Angesichts der vielen Eigenwilligkeiten der Commedia wäre eine solche Lesart durchaus möglich (sie würde die anderen Anmaßungen sogar legitimieren), aber sie wirft auch viele Fragen auf, denn sie würde besagen, dass Dante seinen Text ohne dichterische Erfindungskraft geschrieben hätte, dass er seine Reise nicht einmal für eine Vision, sondern sogar für eine persönliche Erinnerung gehalten habe. Nicht, dass dies unmöglich wäre, doch darf nicht vergessen werden, dass Dante in dem Cangrande-Brief von einem sensus litteralis und nicht von einem sensus historicus spricht und dass er sein Werk Heiliges Epos und nicht Heilige Schrift nennt. So scheint mir auch die erste Begegnung mit der 39 Ebd., V. 138. 40 „[…] litteraliter tantum accepti status animarum post mortem“ (Dante: Epistola ad Can Grande della Scala § 8, S. 174).

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Seele eines Verstorbenen – diejenige mit Vergil und also einem Ependichter – als eine Art Dichtungs-Signal aufzufassen zu sein. Was aber wird unter diesen Maßgaben aus dem allegorischen Sinn? Nach Art eines Theologen deutet Dante in dem Cangrande-Brief seinen Text selbst und macht darin den Menschen selbst zum Gegenstand, der aufgrund des Werks seines freien Willens gerechtermaßen belohnt oder bestraft wird („Si vero accipiatur opus allegorice, subiectum est homo […] per arbitrii libertatem iustitie premiandi et puniendi obnoxius est“).41 Der allegorische Sinn betrifft – im Gegensatz zum Literalsinn – auch das Diesseits, genauerhin: er betrifft die oben verhandelte Frage nach der Sündhaftigkeit des Menschen und deren Folgen. Liest man diesen allegorischen Sinn nach dem Modus der Dichter und also als Frage der spezifischen Bewegtheit der Leser, dann ist dieser Sinn genau derjenige, der sich auch bei Paolo und Francesca antreffen ließ. Was ich zur allegorischen Lesart der Commedia vorschlagen möchte, ist daher, dass Dante als Dichter die täuschenden Gewänder, die die gefallenen Welt selbst der Wahrheit angelegt hat, kunstvoll durch solche zu ersetzen sucht, die der theologischen Wahrheit besser entsprechen. Die Lüge seiner Dichtung ist zwar immens – und sie wäre in etwa diejenige, die auch Singleton annahm. Aber sie betrifft nur den Literalsinn des Textes, nicht aber das movere, das sich stattdessen als eine Bewegtheit in der Wahrheit verstünde (worin sich Dantes movere von dem des Prosa-Lancelot fundamental unterschiede). Die Dichtung, so wäre mein Versuch einer Antwort auf Dantes Anmaßungen, emanzipiert sich auf äußerst selbstbewusste Weise von der Anbindung des Literalsinns an die historische Wirklichkeit, um das movere mit einer höheren Wahrheit zu vereinen. Indem die Commedia sich über die historische Form der Wahrheit erhebt, vereinigt sie stattdessen in sich die affektive Seite des Textes mit der moralischen (und auch anagogischen) Wahrheit. Der Text schmiegt sich einer lebendig-bewegten göttlichen Ordnung an, bringt sie auch dort zutage, macht sie auch dort sinnlich bewegend, wo die gefallene Welt sie verstellt. Dante versucht in seinem eigenen movere, so wäre mein Vorschlag, teilzuhaben an der Bewegtheit jenes „Amor che move ’l sol e tutte le altre stelle“,42 den der letzte Vers der Commedia beschwört.

41 Ebd. 42 Paradiso Gesang XXXIII, V. 145, meine Hervorhebung.

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Bibliographie Primärliteratur Dante Aligheri: Commedia, hg. Anna Chiavacci Leonardi, 3 Bde., Milano 1991 – 1997. Dante Aligheri: Convivio, hg. Franca Brambilla Ageno, Firenze 1995. Dante Aligheri: Epistola ad Can Grande della Scala § 8, in: Dantis Alegherii epistola, hg. Paget J. Toynbee und Edward K. Rand, Oxford 2. korrigierte Auflage 1966, epistola XIII, S. 160 – 221.

Sekundärliteratur Brinkmann, Hennig: H. Brinkmann: „Verhüllung (,integumentum‘) als literarische Darstellungsform im Mittelalter“, in: Albert Zimmermann (Hg.): Der Begriff der Repraesentatio im Mittelalter : Stellvertretung – Symbol – Zeichen – Bild, Berlin 1971, S. 314 – 339. Gibson, Etienne: „Dante’s Notion of Shade: Purgatorio 25“, in: Medieval Studies 29 (1967), S. 124 – 142. Ginzburg, Carlo: „Dante’s Blind Spot (Inferno XVI¢XVII)“, in: Sara Fortuna et al.: Dante’s Pluringualism. Authority, Knowledge, Subjectivity, Oxford 2010, S. 149 – 163. Gorni, Guglielmo: Dante nella selva. Il primo canto nella Commedia, Firenze 1996. Harrison, R.P. The Body of Beatrice, Baltimore/London 1988. Hollander, Robert: „Dante ,Theologus-Poeta‘“ (1975), Nachdruck in: Dante Studies 118 (2000), pp. 261 – 302. Kablitz, Andreas: „Dantes poetisches Selbstverständnis (Convivio – Commedia)“, in: Winfried Wehle (Hg.): Über die Schwierigkeiten, (s)ich zu sagen. Horizonte literarischer Subjektkonstitution, Frankfurt (Main) 2001, S. 17 – 57. Kablitz, Andreas: Die Kunst des Möglichen – Theorie der Literatur, Freiburg (Breisgau) et al. 2013. Klemm, Tanja: Bildphysiologie. Perceptio und corpus animatum im Mittelalter und in der Renaissance, Berlin 2013. Lanapoppi, Aleramo P.: „Allegoria ,dei poeti‘ O Allegoria ,dei teologi‘“, in: Dante Studies 86 (1968), S. 17 – 39. Singleton, Charles S.: „Dante’s Allegory“, in: Speculum 25/1 (1950), S. 78 – 86. Singleton, Charles S.: Dante Studies, Bd. 1: Commedia. Elements of structure, Cambridge, Mass., 1954. Söffner, Jan: „Die Kunst, Novellen in die Welt zu setzen. Zur Fiktionalität in Boccaccios ,Decameron‘ und Chaucers ,Canterbury Tales‘“, in: Rainer Stillers und Achim Aurnhammer (Hg.): Giovanni Boccaccio in Europa. Studien zu seiner Rezeption in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, S. 277 – 296. Stengl, Britta K.: „Integumentum“, in: Gert Ueding (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 4, Tübingen 1998, Sp. 446 – 448. Wei Wei, Yeo: „Embodiment in the Commedia: Dante’s Exilic and Poetic Self-Consciousness“, in: Dante Studies 121 (2013), S. 67 – 99.

Angela Oster

Aristotelische ,Geisteraisthetik‘? Konzeptionelle Poetologie und purgierende Praxis des Spiritismus in italienischen Komödien der Renaissance

I.

Aristoteles’ ,Geisteraisthetik‘

Der vorliegende Aufsatz befasst sich mit meta-theatralischen Valenzen in italienischen Renaissance-Komödien, insofern diese sich nicht auf gattungsnormative oder systematische Theorien des Komischen oder des Lachens reduzieren lassen. Dabei ist es nicht zuletzt der Blick auf ein bislang eher vernachlässigtes Komödienrepertoire, welches im Fokus der spiritu¯s Differentes in das Feld der Aufmerksamkeit rückt. Um das innovative ,spiritistische‘ Potential adäquat einschätzen zu können, ist gleichwohl die Vergegenwärtigung der poetologisch-normativen Voraussetzungen des Spiritismus in der italienischen Komödie der Frühen Neuzeit unabdingbar.1 Denn die Komödientexte der Zeit – auch und gerade diejenigen, in denen Aisthetiken der Geister eine tragende Rolle übernehmen – interagieren in hohem Maß und gerade auch dort, wo sie sich abgrenzen oder neue Wege beschreiten, mit den konzeptuellen Vorgaben der Komödientradition der Frühen Neuzeit.2 Historische Vorbilder und grundlegende Poetologeme der Komödientradition sind in den spiritistischen Komödien omnipräsent und verdienen deshalb vorab eine besondere Aufmerksamkeit. Im Anschluss daran ist es die Zielsetzung des Aufsatzes, die RenaissanceTexte zur Komödie konzentriert in Hinblick auf die in ihr enthaltenen Konzepte, Funktionen und Semantiken der spiritu¯s überblicksartig zu untersuchen.3 1 Hier wie an anderen Stellen des vorliegenden Papiers werden Termini wie ,Spiritismus‘ oder ,spiritistisch‘ nicht im gängig esoterisch-populärwissenschaftlichen Sinne verwendet, sondern im Sinne der im Netzwerk ,Aisthetik der Geister‘ erarbeiteten Begriffsfelder. 2 Ähnliches – aber auch Differentes – lässt sich parallel für die Genese der Tragödie in Italien beobachten. Eine vergleichende Betrachtung würde allerdings den Rahmen der hier interessierenden Belange überschreiten. Vgl. statt dessen A. Oster : „Klassizismus als Experiment“. 3 Da die komödiantischen ,Geister‘-Texte bislang in der Forschung kaum untersucht worden sind, handelt es sich hier um einen überblicksartigen Beitrag, der in Zukunft noch durch weitere detailliertere Textanalysen untermauert werden müsste. Ziel des Aufsatzes ist mithin die Erschließung eines weithin vernachlässigten Textfeldes mit der Fokussierung ,spiritistischer‘ Frage- und Problemstellungen, deren Detail-Analysen auf wenigen Seiten nur tentativ

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Angela Oster

Die italienische Komödie der Frühen Neuzeit orientiert sich, so der Konsens der Forschung, stark an den antiken Komödien, die vor allem über die lateinischen (und nicht die griechischen) Stücke Eingang in den Theaterdiskurs der Zeit fanden.4 Es waren hauptsächlich Plautus und Terenz, die als Vorbilder dienten, was nicht zuletzt dem Umstand geschuldet war, dass niemand Geringerer als Nikolaus von Kues 1429 zwölf Komödien des Plautus entdeckte; bis dato waren erst acht des Autors bekannt bzw. überliefert. Außerdem wurde 1433 der Terenz-Kommentar von Donatus durch Giovanni Aurispa neu zugänglich gemacht.5 Im Quattrocento wurden in Städten wie Ferrara oder Rom durchaus mit Erfolg Plautuskomödien aufgeführt. Die lateinischen Komödien waren das Vorbild für die commedia umanistica, zu deren Umfeld Autoren wie Pier Paolo Vergerio und Enea Silvio Piccolomini zählten. Da die Poetik des Aristoteles zu dieser Zeit noch nicht wiederentdeckt und auch Plautus mit einer einheitlichen Regelpoetik nicht befasst war, sind die humanistischen Komödien weitgehend un-aristotelisch komponiert. Aus der humanistischen Tradition erwuchs dann in der Folge die commedia erudita, zu deren Verfassern illustre Autoren wie Bernardo Dovizi da Bibbiena, Nicolý Machiavelli oder Pietro Aretino zählten. Die commedia erudita begann dann verstärkt, sich von den antiken Mustern zu emanzipieren, ohne diese allerdings zur Gänze zu verabschieden. So wurden die antiken Muster u. a. mit der heimischen Novellistik im Gefolge Boccaccios verknüpft. Die italienische Komödie der Frühen Neuzeit fußt dann in der Folge in beachtlichem Ausmaß auf den Modellen der aristotelischen Poetik. Dort wird die Komödie in Differenz zur Tragödie definiert, was – aufgrund des berühmten Verlustes des zweiten Buchs der Poetik – in der Folge Anlass zu weitgehenden Spekulationen gegeben hat. Die wohl unterhaltsamste Rekonstruktion der arierfolgen können. Die Schematisierungen erheben also bewusst weder einen Anspruch auf idealtypische Generalisierbarkeit noch auf Vollständigkeit im Einzelnen, reflektieren aber gleichwohl die genannten Dimensionen mit, wenn sie methodisch die Exemplarik in den Vordergrund der Ausführungen stellen. 4 Die folgenden Ausführungen stützen sich maßgeblich auf E. LefÀvre (Hg.): Die römische Komödie und daneben auf B. Zimmermann: Die griechische Komödie. Neben der antiken Tradition verfügte Italien bis dato weitgehend nur über (vermeintlich) periphere volkssprachliche Theaterkulturen, die in der Forschung noch wenig aufgearbeitet worden sind. Im Mittelalter gab es ein geistliches Theater, das aus der Liturgie erwachsen ist und an Feiertagen, beispielsweise in der Osterwoche, aufgeführt wurde und oftmals in enger Korrelation zu urbanen Umzugstraditionen der ,ingressi trionfali‘ stand (Prozessionen, Festbankette, Karnevalsumzügen, Farcen fahrender Spielleute). Diese Theaterform der ,sacra rappresentazione‘ steht teilweise in Relation zu den Anfängen der orphisch geprägten Opernkultur (so die Favola di Orfeo von Angelo Poliziano aus dem Jahr 1480 und die darauf fußende Orphei tragoedia Antonio Tebaldeos, ungefähr 1491 entstanden). 5 Als basal für die Entwicklung der Komödie im 16. Jahrhundert sieht M.T. Herrick die Virulenz der Terenzkommentare: Comic theory, S. 3.

Aristotelische ,Geisteraisthetik‘?

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stotelischen Komödienpoetik stammt von Umberto Eco, der in seinem Roman Il nome della rosa dem Protagonisten William von Baskerville die Ehre zuteil werden lässt, den Beginn des letzten im Mittelalter erhaltenen Exemplars des zweiten Buchs der Poetik – so die Fiktion des Romans – zu lesen, bevor dieses den Flammen des wahnhaften Mönchs Jorge von Burgos zum Opfer fällt. Auch wenn der entsprechende Passus in Der Name der Rose fingiert ist, ist er dennoch kein reines Produkt der Phantasie. Der in der Materie bestens bewanderte Eco orientiert sich zum einen an den Aussagen zur Komödie, die Aristoteles im ersten Buch der Poetik getätigt hat. Zum anderen bezieht er sich auf punktuelle weitere Aussagen von Aristoteles in anderen Schriften des Stagiriten. Die fiktive Einleitung zur aristotelischen Komödie, welche William liest, lautet: „Im ersten Buch haben wir die Tragödie behandelt und dargelegt, wie sie durch Erweckung von Mitleid und Furcht eine Reinigung von ebendiesen Gefühlen bewirkt. Hier wollen wir nun, wie versprochen, die Komödie behandeln (nebst der Satire und dem Mimus) und darlegen, wie sie durch Erweckung von Vergnügen am Lächeln zu einer Reinigung ebendieser Leidenschaft führt. […]. Wir werden zeigen, wie das Lächerliche der Geschichte entsteht aus der Angleichung des Besseren an das Schlechte und umgekehrt, aus der Überraschung durch Täuschung, aus dem Unmöglichen und aus der Verletzung der Naturgesetze, aus dem Belanglosen und Widersinnigen, aus der Herabsetzung der Personen, aus dem Gebrauch der komischen und vulgären Pantomime, aus der Disharmonie, aus dem Rückgriff auf die weniger edlen Dinge. Anschließend werden wir darlegen, wie das Lächerliche der Redeweise entsteht aus den Mißverständnissen durch ähnliche Wörter für verschiedene Dinge und verschiedene Wörter für ähnliche Dinge, aus der Weitschweifigkeit und aus der Wiederholung, aus Wortspielen, aus Verkleinerungen, Aussprachefehlern und Barbarismen […].“6

Im Kontext des vorliegenden Sammelbandes und des Konzeptes des ihm zugrunde liegenden Netzwerkes „Aisthetik der Geister“ sei zumindest darauf hingewiesen, dass die breit angelegten, weitschweifigen und hitzig geführten 6 U. Eco: Der Name der Rose, S. 619. Der entsprechende Passus lautet im italienischen Original in voller Länge: „Nel primo libro abbiamo trattato della tragedia e di come essa suscitando piet— e paura produca la purificazione di tali sentimenti. Come avevamo promesso, trattiamo ora della commedia (nonch¦ della satira e del mimo) e di come suscitando il piacere del ridicolo essa pervenga alla purificazione di tale passione. Di quanto tale passione sia degna di considerazione abbiamo gi— detto nel libro sull’anima, in quanto – solo tra tutti gli animali – l’uomo À capace di ridere. Definiremo dunque di quale tipo di azioni sia mimesi la commedia, quindi esamineremo i modi in cui la commedia suscita il riso, e questi modi sono i fatti e l’eloquio. Mostreremo come il ridicolo dei fatti nasca dalla assimilazione del migliore al peggiore e viceversa, dal sorprendere ingannando, dall’impossibile e dalla violazione delle leggi di natura, dall’irrilevante e dall’inconseguente, dall’abbassamento dei personaggi, dall’uso delle pantomime buffonesche e volgari, dalla disarmonia, dalla scelta delle cose meno degne. Mostreremo quindi come il ridicolo dell’eloquio nasca dagli equivoci tra parole simili per cose diverse e diverse per cose simili, dalla garrulit— e dalla ripetizione, dai giochi di parole, dai diminutivi, dagli errori di pronuncia e dai barbarismi.“ (U. Eco: Il nome della rosa, S. 471 f.).

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Angela Oster

Diskussionen in der Frühen Neuzeit zu einer Poetologie der Komödie bemerkenswerterweise auf einer Art ,Phantasma‘– wenn man so möchte: auf einer Art ,Geisteraisthetik‘ – der Komödie aufruhen, insofern, als die Referenz, auf die sich alle namhaften Autoren der Zeit von Maggi über Robortello bis zu Castelvetro beziehen, quellenhistorisch betrachtet schlichtweg nicht (mehr) existierte. Aristoteles’ Komödienpoetik ist nur in Form von Indizien bzw. vermittelt durch weitere Quellen zugänglich und doch ,geistert‘ sie nahezu durch alle Ausführungen zur Komödie in der Frühen Neuzeit. Eventuell aber war es gerade diese ,Vermitteltheit‘, welche den medial agierenden spiritu¯s indirekt eine Art Schlüsselfunktion in den Komödiendiskursen der Frühen Neuzeit sicherte. Denn die spiritu¯s sind nicht eindeutig im Diskurspanorama der Zeit zu verankern. Weder gehen sie in eindeutige (im Sinne von: offensichtliche) Opposition zur aristotelistischen Position, noch affirmieren sie deren Konzepte vorbehaltlos, wie im Folgenden genauer skizziert werden soll.

II.

Konzeptionen von Poetologien im Zeichen des ridiculum

Die poetologischen Diskussionen zur Komödie in der italienischen Renaissance wurden von den Kontrahenten zum Teil ,bitterernst‘ geführt. Dies muss angesichts des Gegenstands nicht zwangsläufig verwundern. Denn die rinascimentalen Komödienpoetiken nehmen ihren Ausgang von Gemengelagen der Negativität bzw. des Paradoxalen.7 Und gelacht wird in der aristotelisch bestimmten Komödie nicht auf der Basis einer unbekümmerten Ignoranz, sondern eines ,Gleichwohl‘ entgegen normativer Vorgaben. Das Komische der Komödie ist hier Resultat eines Außer-Ordentlichen im wortwörtlichen Sinne: Es geht um das Abjekte, das Normabweichende. Verstöße gegen die Ordnung oder fehlerbehaftete Exzentrik generieren sich als eine Art Notwehr gegen Regularitäten, und es bleibt zunächst unklar, was im Mainstream der Zeit eigentlich als Zumutung empfunden wird: die Norm selbst oder die Abweichung von ihr. Dies gilt auch für die Komödien, die den normativen Lehren des Aristoteles prinzipiell affirmativ gegenüber eingestellt sind, denn das Ridiküle vermag sich in humoresken Genres generell kaum als obediente Sprachform wirkungsvoll in Szene zu setzen. 7 Der vorliegende Aufsatz versucht auch nicht ansatzweise, einen Überblick über die sowohl systematischen als auch historischen Kontroversen zur aristotelischen Poetik zu geben (dies gilt auch für die Ausführungen der aristotelischen Poetik selbst). Es können nur die Komplexität der Sachverhalte verkürzende Hinweise (welche von den im vorliegenden Band interessierenden spiritu¯s motiviert sind) gegeben werden. Neben den grundlegenden Arbeiten von Bernard Weinberg zum Thema (die hier in diversen Fußnoten angeführt werden) geben zum Thema umfassende Auskünfte die kommentierte Ausgabe von A. Schmitt: Aristoteles, sowie B. Kappl: Die Poetik des Aristoteles, und O. Höffe (Hg.): Aristoteles, Poetik.

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So gibt es denn auch in der Folge der theoretischen Kontroversen Positionen wie die von Ritter, Freud oder Bergson, die das befreiende Lachen als Reaktion auf als unerträglich empfundene Mechanisierungen von Ordnungen beschrieben und gleichzeitig auf die Gefahr eines etwaigen Substanzverlustes hingewiesen haben, welcher die Freude am ambivalenten Lachen als vorgeblich trans-historisches Anthropologem verdächtig machen musste.8 Dieser Verdacht in Bezug auf das Komische hat wiederum seinerseits eine lange Tradition, die ihren Beginn weit vor den anthropologisch fundierten Theorien des 20. Jahrhunderts genommen hat. Sowohl in Platons Philebos, der als philosophisch ausgerichteter Text hier ausgespart werden soll, als auch in Aristoteles’ Poetik, sind das Komische und die Komödie Gegenstand von ernsthaften Reflexionen. Hinsichtlich der aristotelischen Poetik lässt sich festhalten, dass die einzige Gemeinsamkeit von Tragödie und Komödie nach Aristoteles die Art und Weise ihrer Nachahmung ist, anders formuliert: ihre Dramatizität anstatt einer Narrativität. Darüber hinaus bewegt sich die Komödie durchweg in Abgrenzung zur Tragödie, und in der Folge hat die aristotelistische Rezeption das von Aristoteles weitgehend nur als bedenkenswert Formulierte pejorativ zugespitzt bzw. in eigenständige Theoreme gewendet: Die Komödie habe Unwahrscheinliches zum Gegenstand; sie agiere irregulär ; und sie befasse sich mit moralisch fragwürdigen Inhalten. Auch die Redeweise der Komödie sei defizitär. Sie pflege einen ,niederen‘ Stil und setze auf Fehler und formale Minderwertigkeit, um das Ziel des Ridikülen zu erreichen. Das Lachen über das Ridiküle solle – ähnlich wie die in der Tragödie mit Furcht und Mitleid – zum Zustand der Katharsis geleiten. Wie der Zusammenhang zwischen Lachhaftem und Reinigung von diesem Affekt aber genauer beschaffen sein soll, ist tatsächlich in den aristotelischen Quellenüberlieferungen selbst nicht erläutert, sodass die im Folgenden ausschnittweise präsentierten aristotelistischen Positionen nie eindeutig deckungsgleich mit derjenigen des Aristoteles sein können. Die womöglich mangelhafte, wie auch immer geartete Bändigung des Komischen erscheint nun sowohl bei Platon als auch bei Aristoteles als ein Einfallstor für alle möglichen Arten von Untugenden. Dieser Argwohn verdichtet sich in den poetologischen Diskussionen der Renaissance, denen eine bestimmte Passage aus der Poetik des Aristoteles Kopfzerbrechen bereitete. Im fünften Kapitel der Poetik findet sich folgende Charakterisierung der Komödie: „Die Komödie ist, wie wir sagten, Nachahmung von schlechteren Menschen, aber nicht im Hinblick auf jede Art von Schlechtigkeit, sondern nur insoweit, als das Lächerliche 8 Ob es tatsächlich zutreffend ist, wie die im Folgenden genannten Autoren behauptet haben, dass es eine überzeitliche Motivation und Relevanz des Lachens gibt, soll und kann an dieser Stelle nicht aufs Neue diskutiert, geschweige denn entschieden werden. Vgl. S. Freud: Der Witz; H. Bergson: Le rire; J. Ritter : „Über das Lachen“.

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am Häßlichen teilhat. Das Lächerliche ist nämlich ein mit Häßlichkeit verbundener Fehler, der indes keinen Schmerz und kein Verderben verursacht, wie ja auch die lächerliche Maske häßlich und verzerrt ist, jedoch ohne den Ausdruck von Schmerz.“9

Die scheinbare Relativierung am Schluss, dass der hässliche Fehler in der Komödie keinen Schmerz verursache, ist insofern keinesfalls als Kompliment an die Komödie aufzufassen, als damit ja die Erhabenheit des heroischen Schmerzes allein der Tragödie und daneben noch dem Epos vorbehalten bleibt. Das Komische hingegen hat keinerlei Konsequenzen – dies ist das wirkungsästhetische und nicht eben erbauliche Fazit, das ein Komödientheoretiker aus Aristoteles’ Worten ziehen muss. Auch sehen die Aristotelisten des im vorliegenden Papier interessierenden Cinquecento – genauerhin des Secondo Cinquecento, denn erst dort wird ja bekanntlich die Poetik des Aristoteles virulent – Konflikte zwischen dem risus und dem decorum, das durch die ridicula verletzt werde. Es war damit geboten, die Komödie gegen eine ganze Reihe von Vorwürfen zu verteidigen. Das zentrale Argument gegen die Abwertung des Komödiantischen lautet in den zeitgenössischen Poetologien der Renaissance, dass der Mensch nun einmal Erkenntnis und Lernen mit Empfindungen der Lust verknüpfen müsse, wenn der Effekt denn ein nachhaltiger sein solle. Lachend zu lernen, wie man sich nicht verhalten solle, wird als didaktischer Vorzug der Komödie gepriesen. Dass dieses Argument natürlich sofort wieder mit Gegenargumenten bedacht wurde, ist evident: Wenn der risus – so der gängige Einwand – nur dazu diene, ein Wissen um das Vermeidbare zu vermitteln, dann ziele das letztlich auf eine Negierung des komischen Objekts, denn das zu verlachende malum diene lediglich dazu, das eigene bonum zu intensivieren. Es bestünde, anders formuliert, kein Gegensatz, sondern nurmehr ein gradueller Unterschied zwischen Tugenden und Lastern, was vor allem den Protest der Theologen auf den Plan rufen musste.10 Es ist dann in der Renaissance, und zwar an vorderster Front der poetologischen Kontroversen, Vincenzo Maggi, der in seiner Schrift De ridiculis genau in der Mitte des 16. Jahrhunderts, im Jahr 1550, ein weiteres Moment der aristotelischen Theorie stark macht, nämlich die admiratio. Maggi schreibt pointiert:

9 Aristoteles: Poetik, S. 17. 10 Ein besonders fanatisches Exemplar der Zunft hat Ecos Nome della rosa eindrucksvoll in Szene gesetzt: Jorge von Burgos ist ein kompromissloser Feind der Komödie, der im Zeichen der Erbsünde – der corrotta natura des Menschen – auf die Differenz zwischen freudigem Lachen und verwerflichem Gegenstand mit allem Nachdruck beharrt.

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„Quod autem ad primum attinet, summa quaedem capita, unde omnia ridicula ducuntur, ostendemus, et qua ratione in omnibus ridiculis cum admiratione turpitudinem (si ridiculum esse debeat) connexam esse oporteat edocebimus.“11

Maggi bezieht sich im Kontext seiner Argumentation auf die aristotelische Metaphysik (I.2), wo der Wissendrang des Menschen in der Verwunderung eine wesentliche Triebfeder findet. Maggi evaluiert mit diesem Argument die Komödie und die komische turpitudo positiv, ja diese werden zur Quelle eines intellektuellen Wohlgefallens.12 Und eine Positivierung der Komödie unternimmt auch Nicolý Rossi in den Discorsi intorno alla comedia von 1589. Zunehmend wird nun, und Rossi ist nur ein exemplarisches Beispiel für dieses Vorgehen, Horaz’ Ars poetica mit der aristotelischen Komödientheorie überblendet. Die bekannten Worte bei Horaz lauten: „aut prodesse volunt aut delectare poetae / aut simul et iucunda et idonea dicere vitae“.13 Eben diese Doppelung von Belehren und Erfreuen greift Rossi auf, wenn er in seiner Poetik das „dilettare e giovare agli animi umani“ hochhält: „,Per dilettare e giovare‘: dilettare con l’imitazione e rappresentazione, giovare col mostrare la tramutazione di tutte le cose e i varii accidenti a cui À sottoposta la umana natura; che il travagliato sperando miglior fortuna non si disperi, e colui che À in tranquillo stato e gode una gran prosperit— non s’insuperbisca; veggendo quegli i travagliati spesse volte farsi felici, e questi molte fiate dall’altissimo seggio ove gli avea posti la fortuna cadere in miserie e infelicit— grandissime in un giro di sole. Ch¦ questo veramente, a giudicio d’i savii universale, À il vero fine architettonico di ogni poesia, come dimostra Orazio nella epistola ai Pisoni dell’Arte poetica, e si cava d’Aristotile chiaramente dalla diffinizione della tragedia; poscia che quando ivi Aristotile dice che la tragedia purga gli animi dalla misericordia e dal terrore per questa sua rappresentazione fatta con soave parlare, dimostra nelle prime parole la sua utilit— et in queste che seguono appresso, la dilettazione ch’ella reca agli animi umani“.14

Und es war schließlich Riccoboni, der in der 1579 erschienenen Programmschrift De re comica ex Aristotelis doctrina die admiratio wiederum an die aristotelische Kategorie der Katharsis gebunden hat, die nun bei ihm – und diese Pointierung des Begriffs ist programmatisch – purgatio heißt. Hinsichtlich der Charakterisierung der fabula schreibt Riccoboni:

11 V. Maggi: „De ridiculis“, S. 94 (ursprünglich veröffentlicht in: V. Maggi und B. Lombardi: In Aristotelis). Maggi hatte außerdem 1546 die In artem poetices Aristotelis lectiones veröffentlicht und 1550, gemeinsam mit B. Lombardi: In Aristotelis. 12 Vgl. zu Maggi und seinem Beitrag zur Poetologie der Komödie als einer „epochale[n] Signatur“ den Aufsatz von A. Kablitz: „Lachen und Komik“, S. 145. 13 „Entweder nützen oder erfreuen wollen die Dichter / oder zugleich, was erfreut und was nützlich fürs Leben ist, sagen.“ (Horaz: Ars Poetica, Vers 333). 14 N. Rossi: Discorsi intorno alla comedia (1589), S. 44.

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„Debet esse admirabilis, ut per ridiculam deceptionem inducat huiusmodi deceptionis purgationem. Admiratio enim rerum malarum et turpium, quae in comoediis irridentur ac vituperantur, docet spectatores ne in illas incurrant.“15

Die dantisch nobilitierte Purgierung – denn Dante ist und bleibt in diesem Zusammenhang im Cinquecento eine unhintergehbare Referenz, auch wenn sie von den Autoren oft nicht im Einzelnen belegt wird – ist im Kern die Charakterisierung des Komischen als vituperatio malorum, was aber letztlich die Sache insofern nicht einfacher macht, als ja auch die kathartische Funktion in der Poetik von Aristoteles noch viel mehr als bei Dantes Jenseitswanderung alles andere als eindeutig gezeichnet worden ist.16 So bleibt es beispielsweise ungewiss, ob Aristoteles mit der Reinigung die Affekte Furcht und Mitleid als reinigende Kräfte sieht oder ob diese gar selbst der Gegenstand der Reinigung sein sollen.17 Die Komödien-Kontrahenten werden im Verlauf ihrer erbitterten poetologischen Auseinandersetzungen dann bis auf Dante zurückgreifen, der in seinem Cangrande-Brief und in De vulgari eloquentia unter anderem zur Gattung der Komödie Stellung bezogen hat. Hier soll nur ein singulärer Punkt in Dantes Ausführungen interessieren, nämlich dass Dante in Hinblick auf die allegorische Dimension ein wichtiger Referenzpunkt für die Interpretation der ridicula bleibt, wie folgende Textpassage zeigt: „Di questa sorte sono le commedie; perch¦ ancora che il fine d’una comedia sia proporre uno specchio d’una vita privata, nondimeno il suo modo del farlo À con certa urbanit— et termini che muovino riso, acciý che gl’ uomini, correndo a quella delettazione, gustino poi l’exemplo utile che vi À sotto. […] Ma perch¦ le cose sono trattate ridiculamente, conviene usare termini et motti che faccino questi effetti […].“18

Ganz ähnlich wie es Dante im Convivio unternimmt, werden hier unterschiedliche Sinnebenen einander zugeordnet und die Komödie als Exemplum im Rahmen einer integumentum-Poetik auf übergeordnete Aufgaben verpflichtet. Das Zitat stammt im Übrigen vom Autor des Principe, von Machiavelli, der in seinem Dialogo intorno alla nostra lingua zur Frage der Questione della lingua 15 A. Riccoboni: De re comica ex Aristotelis doctrina (1579), S. 261 f. 16 Auch an dieser Stelle wären weitere Differenzierungen zwar wünschenswert, müssen allerdings bei kanonisch sanktionierten Autoren wie Dante dem Leser überlassen werden, auf dessen weitgehende Information zur Divina Commedia wir hier angewiesen sind. 17 Die Auseinandersetzungen zum Thema in der Forschung sind Legion; vgl. zur Sache die umsichtigen und intensiven Reflexionen der Forschungsarbeiten in Anm. 7. 18 Zitiert nach: N. Machiavelli: „Dialogo“, S. 271. Die dantische Omnipräsenz in der Frühen Neuzeit ist – anders als diejenige Petrarcas – in der Forschung erst am Rande aufgearbeitet worden. Sie ist gattungsübergreifend relevant und für seine poetologische Bedeutung im Rahmen der Komödie ist Machiavelli nur ein singuläres, wenn auch sehr prominentes Beispiel. Vgl. grundlegend die Pionierarbeiten von M. Barbi: Dante nel Cinquecento sowie A. Vallone: L’interpretazione di Dante, welche leider nur verstreute, periphere Hinweise zur Komödie der Zeit enthalten.

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Stellung bezogen hat und dabei – sicherlich auch in der Funktion als Autor der mit bekanntesten Renaissance-Komödie La Mandragola – auf die Komödie eingegangen ist. Bemerkenswert ist hier vor allem, dass und wie Machiavelli poetologische Kategorien auf rhetorische Verfahren ummünzt – eben auf „termini“ im Zeichen einer „certa urbanit—“ – was nicht mehr länger mit den allegorischen Verfahren Dantes zu verrechnen ist, die noch im mittelalterlichen Diskurs virulent waren. Zwar bleibt die Funktion des literarischen Textes die gleiche – nämlich die, ein „exemplo“ zu sein –, doch die Mittel sind nunmehr verschieden. Die Fiktionalität wird bei Machiavelli rhetorisiert, und die dantische bella menzogna der Dichtung verschleiert nicht mehr die Wahrheit, sondern den Utilitarismus der Strategen, wie es Machiavelli in der Mandragola dann ganz komödien-praktisch vor Augen geführt hat. Dass in den verschiedenen poetologischen Entwürfen zur Renaissance-Komödie häufig versucht wird, Disparatestes zusammen zu bringen, dürfte bereits aus den wenigen referierten Beispielen einsichtig geworden sein. Dabei darf nicht vergessen werden, dass der Poetik Aristoteles’ Probleme zugeschoben worden sind, die sich diesem selbst gar nicht gestellt haben, sondern vielmehr das Ergebnis der besonderen Bedingungen des Cinquecento selbst gewesen und im Kontext zeitgenössischer Auseinandersetzungen entstanden sind. Bei allen verschiedenen Lösungsversuchen der poetologischen Diskussionen der Renaissance, die soeben in zentralen Etappen skizziert wurden, bleibt der Komödie und dem Komischen im poetologischen Diskurs letztlich doch die Fama einer spezifischen Unruhe haften, die auf Varianten von Ordnungsverlust reagiert, welcher nurmehr tentativ narkotisiert werden kann.19 Das Komische als zeitweise Entspannung, als recreatio animi oder Energiespender, rückt die Komödie in den Geltungsanspruch einer Moral, in der die Komödie lediglich Kompensationsfunktionen übernimmt. Sie ist und bleibt der Tragödie, in der es erhabene phobos und eleos in Hinblick auf eine noble katharsis gibt, nachgeordnet. Die Funktionen der purgatio der Komödie treten nicht wirklich in Konkurrenz zur Tragödie, die den Diskurs der Zeit theater-poetologisch dominiert. Damit langen die Theoretiker der Renaissance aber wieder unweigerlich bei dem Autor an, den sie mit Bezug auf Aristoteles eigentlich weiträumig umschiffen wollten, nämlich bei Platon, der nicht umsonst von den daimonischen Wirkkräften des Komischen gesprochen hat, die bei ihm im Zeichen eines unauflösbaren Widerspruchs stehen.20 Es war schließlich Ficino, der in der italie19 Vgl. zu den verschiedenen Varianten des Ordnungsverlustes den Band: B. Greiner und M. Moog-Grünewald (Hg.): Kontingenz und Ordo, sowie die Ergebnisse des Sonderforschungsbereiches Pluralisierung und Autorität in der Frühen Neuzeit der Universität München. 20 Darüber schreibt Platon im Philebos (48aff.), Politeia (452d – e und 606c) und den Nomoi (816d – e). Vgl. in der Forschung allgemein zum Thema bei Platon: M. Mader : Das Problem

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nischen Frühen Neuzeit die platonischen, daimonischen Wirkkräfte im Zeichen einer Lehre der spiritu¯s neu etabliert hat. Dass er dabei auch Platons Reflexionen zum Komischen im Blick gehabt haben könnte, erweist bereits der simple Umstand, dass er einen Kommentar zum Philebos verfasst hat.

III.

Purgierende Komödienpraxis des Spiritismus

Soweit zur ,Theorie‘ der Komödie in der Renaissance. Wie verhielt es sich aber nun in den konkreten Komödien selbst? Nun, hier lassen sich interessante gegenläufige Tendenzen zur Poetologie der Zeit beobachten, denn die Komödientexte entziehen sich Zuschreibungen der bloßen Komplementarität des Komischen und pochen stattdessen auf dem unauflösbaren Widerspruch des Phänomens. Dabei sind es nicht zuletzt die mit Geister-Figurationen aufgeladenen Komödien des Cinquecento, welche auf die genannten – und von den ,klassizistischen‘ Komödien sorglich gemiedenen Problemzonen und Fragestellungen – eine zumindest tentative Antwort zu geben versuchen. Es sind nämlich die Dynamiken und Konfigurationen der spiriti, welche die passione – die seelische Unruhe – des Lachhaften positiv zu evaluieren versuchen. Dass dies gar nicht immer gelingt oder gelingen kann oder soll, ist Teil des Programms der spiritistischen Komödien. Ja, die Listen oder gar Intrigen der Komödie interessieren sich gerade für das scheinbar Unmögliche oder Periphere. Und dies wird selbstbewusst sowohl entgegen der auf Wahrscheinlichkeit zielenden Tragödie als auch der ,klassizistischen‘ Komödie postuliert, um die Ein-Bildung im Zeichen einer ungewohnten Psychophysiologie zu profilieren. Dass das Modellhafte und Reguläre einer aristotelischen Einheitspoetik hier nur bedingt von Nutzen sein konnte, ist evident. In den rinascimentalen Geister-Komödien sind dagegen die spiriti diejenigen Kräfte, welche die herkömmlichen aristotelischen Komödienschemata und die in diesen virulente Moralfrage unterlaufen. Am offensichtlichsten ist die Moralität in Machiavellis Mandragola federführend, wo der Ehebruch am Ende offen als sinnvollste aller Lösungen für alle Beteiligten ausgestellt wird. Die Wertrationalität wird von einer Zweckrationalität abgelöst, und das Komische übernimmt eine beachtliche Stabilisierungsfunktion, die noch in der humanistischen Komödie undenkbar gewesen wäre. Die spiritistischen Komödien greifen nun einerseits den Ernst der überkommenen spiritu¯s-Theorien auf, ridikülisieren diesen aber gleichzeitig im Zeichen einer Konzession an den Geschmack des Massenpublikums der Zeit, der kaum intellektuelles Interesse an des Lachens. Eine pointierte Zusammenschau der Positionen Platons und Aristoteles’ findet sich bei A. Kablitz: „Lachen und Komik“.

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allzu ausgefeilten spiritu¯s-Elaboraten aufweisen konnte. Wir haben es also mithin mit einer humoristischen Variante der spiritu¯s zu tun, die – auch wenn einem der unbekümmerte Umgang mit den spiritu¯s-Lehren vielleicht als unzulässig erscheinen mag – doch immerhin ein klarer Ausweis für die enorme Breitenwirkung der Theorien der spiritu¯s in der frühen Neuzeit darstellt. Allein die schiere Quantität der spiritistischen Komödien besticht und zeigt an, wie zentral spiritistische Konzepte in der Renaissance gewesen sind: Bernardo Dovizi da Bibbiena: La Calandria (1513), Agnolo Firenzuola: I Lucidi (1549), Ercole Bentivoglio: I fantasmi (1544), Gianmaria Cecchi: Gl’incantesimi (1550), Gianmaria Cecchi: Lo spirito (1585), Anton Francesco Grazini: La spiritata (1561), Torquato Tasso: Intrichi d’amore, Giordano Bruno: Il Candelaio (1582), Nicolý Machiavelli: La Mandragola (1518), Iacopo Castellini: Il medico (1562), Giambattista dell Porta: La Trappolaria (1592), Pietro Aretino: Il Marescalco (1533), Bernardino Lombardi: L’alchimista (1586), Ludovico Ariosto: Il Negromante (1509).

Abb. 1: G. Cecchi: Lo Spirito; Frontispiz der Originalausgabe.

Abb. 2: G. Cecchi: Lo Spirito; Intermedio Primo aus der Originalausgabe.

Die Calandria von Dovizi da Bibbiena präsentiert einen parodistischen Bezug auf platonistisch-hermetisch-mystische Geheimlehren des Renaissanceplatonismus. Um Ficinos Reaktualisierung des Neoplatonismus ranken sich in der Komödie eine Anzahl von spiritualisierenden Geheimlehren orphischer und

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hermetischer Art, die mit einem priesterlich-magischen Geheimzugang zu höheren Wahrheiten operieren.21 So beginnt auch Cecchis Lo spirito (Abb. 1) mit einem „Intermedio primo“ (Abb. 2), in dem „Sogni, Chimere & Spiriti che cantano“ auftreten, und danach meldet sich im „Prologo“ der Spirito monologisch zu Wort. „gli spiriti che folletti si chiamano“; „Questi pigliono (non havendo real) corpo fantastico fatto d’aria“, so heißt es im Text.22 An diesen kleinen Beispielen wird bereits ersichtlich, wie die spiritistische Komödie von Uneindeutigkeiten und Ähnlichkeiten (u. a. Polysemien, Homophonien) durchsetzt ist. Auch Diminutive spielen eine wichtige Rolle, weshalb in den auf die pneumaTheorien sich beziehenden Komödien nicht zufällig von spiritello, oder wie eben bei Cecchi von „folletti“, die Rede ist. Diese ,Geisterchen‘ sind in den Komödien als Konfigurationen der Vermittlung im strukturellen Sinne gezeichnet, was nicht zuletzt in denjenigen Komödien zum Tragen kommt, die sich den zweifelhaften Grenzen zwischen Komischem und Ernstem, zwischen Komödie und Tragödie widmen. Diesen Konfigurationen der Vermittlung, des Medialen und der Mischformen war mit der aristotelistischen Einheitspoetik eher schwer beizukommen. Denn diese weist keine Valenzen oder Kategorien auf, die sich dem strukturellen Phänomen der Vermittlung gewidmet hätten. Aristoteles argumentiert im Rahmen seiner Logik in binären Schemata, welche sich allenfalls potenzieren können, aber keine mehrwertigen Logiken berücksichtigen. Niemand Geringerer als Giordano Bruno hat dies in seiner Komödie Il Candelaio zum expliziten Thema gemacht. Bereits das Motto der Komödie Brunos greift die Ambivalenz von Ernst und Komik auf; dort heißt es programmatisch: „In tristitia hilaris: in hilaritate tristis“ (Abb. 3), was zunächst einmal auf die prinzipielle Durchlässigkeit von Komödie und Tragödie hinweist. Ernstes kann heiter sein und Heiteres kann auch Ernsthaftes beinhalten, und weiter findet man im Verlauf des Textes in Akt III folgende Beschreibung: „Concorsero molti; de’ quali altri pigliando spasso, altri attristandosi, altri piangendo, altri ridendo, questi consigliando, quelli sperando, altri facendo un viso, altri un altro, altri questo linguaggio, ed altri quello, era veder insieme comedia e tragedia; e chi sonava a Gloria, e chi a martoro, di sorte, che, chi volesse vedere, come sta fatto il mondo, dovrebbe desiderare d’esservi stato presente.“23 21 Allerdings sind die tatsächlichen spiritu¯s-Konzessionen des Autors letztlich beschränkt. Prinzipiell geht es in der Calandria um die Entlarvung von vorgeblichen Magiern, die tatsächlich Scharlatane sind. Die ,seriösen‘ spiritu¯s-Theorien interessieren Dovizi da Bibbiena dagegen nur am Rande. 22 G. Cecchi: Lo spirito. 23 G. Bruno: Il Candelaio, S. 69 f.; dort als: Akt III, Szene 7. („Viele sind zusammen gelaufen, die einen haben sich amüsiert, die anderen waren traurig, manche weinten, manche lachten, manche haben gute Ratschläge, manche hofften, manche schnitten sich gegenseitig Grimassen, manche redeten so, manche anders. Es war, als würde man Komödie und Tragödie zusammen sehen, die einen himmelhoch jauchzend, die anderen zu Tode betrübt. So daß,

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Abb. 3: G. Bruno: Il Candelaio; Frontispiz der Ausgabe von 1582, mit Motto.

Die Welt, wie sie wirklich ,ist‘, dies ist für Bruno eine Welt der Transmutationen, der Austauschbarkeit und der Metamorphosen.24 Diese Struktur der Wechselhaftigkeit ist das einzig Beständige, und in ihr nehmen die spiritu¯s eine besonders exponierte Stellung ein, und zwar zum einen als pseudo-intellektuelle Phantasterei, die Bruno zu seinem eigenen Vergnügen im Zeichen einer in seinen Augen ,spinnerten‘ aristotelischen Einheitspoetik ad absurdum führen möchte. Der vorgeblich allein ernsthafte Diskurs der spiriti ist zum anderen vor allem aber deshalb für die Komödie eine ideale Folie des Komischen, weil die spiritu¯s zwischen Materie und Nichtmaterie, zwischen Körper und Geist vermitteln.25 Und diese Relationalität kann fehlschlagen, was der Komik den Weg ebnet – Rainer Warning und Karlheinz Stierle haben dies als die Mechanismen fremdwer sehen möchte, wie die Welt wirklich ist, wünschen müßte, dabei gewesen zu sein.“ G. Bruno: Der Kerzenzieher, S. 79; dort als Akt III, Szene 8). 24 Vgl. dazu genauer A. Oster : „Divina Asinitade“. 25 Davon bleibt unberührt, dass Bruno in anderen Texte den spiriti durchaus eine ernsthafte Aufmerksamkeit hat zuteil werden lassen. Auch wird der Candelaio hier allein in Hinblick auf seine Geister-Komponenten hin präsentiert, die ihn nicht zur Gänze konstituieren, aber einen wichtigen Diskursanteil im Text ausmachen.

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bestimmter Komik beschrieben26 – und im Candelaio in einer Vielzahl von Textstellen in Erscheinung tritt. Besonders prägnant ist Akt I, Szene 10, die diesbezüglich an Prägnanz nichts zu wünschen übrig lässt: „Fascinazione si fa per la virt¾ di un spirito lucido et sottile dal calor del core generato di sangue pi¾ puro. Il quale a guisa di raggi mandato fuor degli occhi aperti, che con forte imaginazion guardando vengono a ferir la cosa guardata, toccano il core et sen vanno ,afficere‘ l’altrui corpo et spirto o di affetto di amore […]. Allora si gionge spirto a spirto et il lume […].“27 (Abb. 4)

Abb. 4: G. Bruno: Il Candelaio; Ausgabe von 1582.

26 So in K. Stierle: „Komik“ und in R.Warning: „Elemente einer Pragmasemiotik“. 27 G. Bruno: Il Candelaio, S. 38. (Übersetzung: „Die Faszination geschieht durch das Vermögen eines glänzenden und subtilen ,spiritus‘, er wird aus reinstem Blut durch die Wärme des Herzens erzeugt, welches in Gestalt von Strahlen durch die geöffneten Augen ausgesandt wird, die, wenn man mit starker Einbildungskraft dreinblickt, in der Lage sind, das angeschaute Objekt zu verletzen; sie ,afficere‘ [infizieren] den anderen Körper und Geist, sei es mit Liebe, Haß oder Neid, mit Melancholie oder anderen ähnlichen Affekten von leidensfähiger Qualität. Bezauberung aus Liebe entsteht dann, wenn mit häufigem oder, wenn auch kurzem, so doch intensivem Blick zwei Augen aufeinandertreffen, und ein Sehstrahl sich mit dem anderen verbindet.“ G. Bruno: Der Kerzenzieher, S. 41 f.).

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Die Isotopie der spiritu¯s und die pneuma-Theorien durchziehen den Candelaio wie ein roter Faden, und spielen dort vor allem im Kontext der rinascimentalen Amorologie und der ,Liebe als Krankheit‘ eine gewichtige Rolle. Es handelt sich hier weitgehend um frei florierende Topoi der Renaissance, die Bruno gerade aufgrund ihrer ,geflügelten Wortbekanntheit‘ prominent in seiner Komödie ausgestellt haben dürfte (welche qua Gattungsdefinition vorwiegend auf ein ,breiteres‘, nicht belesen-elitäres Publikum zielte). Im voranstehenden Zitat tauchen nun die spiriti als feinstoffliche Substanzen auf, die als Boten oder Vermittler tätig sind. Anders als in der aristotelischen ,Geisteraisthetik‘ werden dabei von Bruno die emotionalen Grenzgänge einer sowohl ernsthaften als auch komischen Affekt- und Differenzstruktur der Liebe nicht ausgeblendet. Es sind bei Bruno hingegen die spiritu¯s, welche zwischen ,niederen‘ und ,höheren‘ Affekten und Gattungen vermitteln und jenseits des aristotelischen Systems ein spezielles Innovationspotential der Komödie auf die Bühne stellen. Was die aristotelischen Poetiken der Komödie nur am Rande zugestehen konnten – nämlich eine wirkkräftige kathartische Funktion des ridiculum – wird in den spiritistisch orientierten Komödien legitimiert. Die zum Lachen reizenden spiriti suchen zum einen den Anschluss an die seriösen ,Geister‘-Debatten ihrer Zeit und erfüllen damit das horazische Postulat des prodesse. Zum anderen soll die Komödie gerade im Zeichen des delectare das ridiculum neu justieren, indem sie es von etwaigen Belangen der turpitudo entbindet. Denn die spiriti sind positiv evaluierte Wirkkräfte in Rückbezug auf den ficinischen Platonismus, der gegen den florierenden Aristotelismus montiert wird. Damit wird das ridiculum auf verschiedenen Ebenen frei für eine purgierende Funktion, welche bei allen Differenzen im Einzelnen (parodistische Umkehrungen auf der Textebene, poetologische Widerständigkeiten auf der Produktionsseite, wirkungsästhetische Erheiterung bei den Rezipienten) prinzipiell auf die recreatio animi zielt. Das Komische kann nicht mehr auf die vituperatio malorum reduziert werden; das Lachen hat sich einen Eigenwert erkämpft, und die Komödie schließt mit ihrer eigens errungenen purgatio zur Tragödie auf.28

28 Es sei an dieser Stelle die Mutmaßung in den Raum gestellt, dass die in der Spätrenaissance sich abzeichnende Eigenwertigkeit der Komödie in der Folge mit einer Zeitverzögerung in Italien etabliert wurde. Während im 17. Jahrhundert noch Versuche gemacht wurden, der klassischen Tragödie in Frankreich Gleichwertiges an die Seite zu stellen (was bekanntlich mit Stücken wie denjenigen von Giovan Battista Alberi, Federico della Valle oder Carlo de’ Dottori nicht gelungen ist), wurde in der Folge erst das Melodrama und dann die Oper das tragödien-affine Erfolgsgenre in Italien. Im 17. Jahrhundert florierte dagegen die Commedia dell’arte, doch es war erst im 18. Jahrhundert Carlo Goldoni, der mit seiner poetologisch ambitionierten Theaterreform an die Komödien-Apologien des Cinquecento anknüpft und den in seinen Augen neuralgischen Punkt der Unseriösität der Commedia dell’arte auszumerzen bestrebt war.

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IV.

Angela Oster

Wider-Spenstigkeiten der conceptio spiritu¯s

Man mag sich nun abschließend fragen, ob es tatsächlich einen so großen Abstand zwischen theoretischer Poetologie einerseits und praktischer Komödie andererseits gab, was die Prominenz der spiritu¯s in den Quellen angeht. Anders gefragt: Scheint eine conceptio spiritu¯s in den Poetologien nur indirekt, eben als aristotelische ,Geisteraisthetik‘ auf (also als schattenhafte, periphere Mitführung innerhalb einer im Grunde genommen weiterhin aristotelisch fixierten Position), während die direkte Thematisierung den wider-spenstigen Komödien selbst vorbehalten blieb? Ebenso wie ein Blick in die ,häretischen‘ Bestandslisten der Komödien lohnenswert ist, offenbart auch die hartnäckige Suche in den cinquecentesken Texten der Poetologie Außergewöhnliches, was hier abschließend nurmehr als Ausblick vorgestellt werden kann. Der ganz ähnlich wie Bruno zeitgenössisch als latent ,verrückt‘ eingeschätzte Tommaso Campanella nämlich widmet in seiner Poetica den spiritu¯s, auch und gerade in Bezug auf die Komödie, einen breiten Raum. Campanella, der vor allem als Autor des utopischen Sonnenstaates bekannt geblieben ist, beschreibt die spiriti als warme, agile, luftige und lichterhelle Kräfte, die im Gehirn ihren Ausgang nehmen und von dort aus die Nerven und Bewegungen des gesamten Körpers steuern. Der spirito übernimmt auch bei Campanella – und hier ist eine partielle Koinzidenz (im Sinne einer konvergierenden Funktionsbestimmung) zu aristotelischen Poetiken zu sehen – eine purgierende Funktion: „Est quidem in nobis spiritus calidus, subtilis, mobilis, lucidus, habitans in cerebri cavitatibus, inde et per nervos se diffundens, totum corpus sensificans et movens, et opera sensu et motus et nutritionis exercens. Huic mens, a Deo infusa, principaliter insidet, eo tamquam instrumento utens ad omnes operationes, sicuti in secundo ,De sensu rerum docuimus‘, cumque iste spiritus sit natura mobilis, gaudet motu, quoniam invitatur, amplificatur, roboratur et fuliginibus infestantibus purgatur. Sonus autem et cantus motus sunt, per aÚrem, spiritum communem, delati in tympanum in centro aurium, ubi spiritus, e cerebro exiens, se agitari ab exterioribus motibus sentit ac proinde per motus ipsa mobilia cognoscit, per consuetudinem discernendo vocem Petri a voce. […] Oblectatur ergo sonis mediocribus ut plurimum (nam in bello gaudet asperis, qui ad proelium animant, et alibi aliis pro negotii convenientia), exque mediocribus illis sibi confecit melodiam musicamque, quae sonis gravibus et acutis constat, aliis agitantibus, aliis penetrantibus, aliis lambentibus et titilantibus et moventibus, prount conservationi suae prodest; meritoque illis gaudet: sensus enim conservationis est gaudium; non ergo est gaudium in musica propter accidens et extrinsecus, sed propter conservationem spiritus. Neque quia est numerus in musica et in numero ordo: quocumque enim fiat ritu et dispositione delectat, quia spiritum invitat, iuvatque ad sui operationem, amplificat, purgatque. Et quia alii spiritus sunt tenuiores, alii crassiores, alii puriores, alii debiles, alii robustiores, idcirco alii tenui, alii aspera, alii leni melodia

Aristotelische ,Geisteraisthetik‘?

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iucundantur magis, quilibet pro sui mensura, sicuti sapores alii aliis placent; et temperamenti ex aceto et unctuoso liquore faciunt musicam in lingua: seorsum vix placent: immo oleum displicet.“29

Den Ausführungen Campanellas ist deutlich anzusehen, dass sie gegen Ende des 16. Jahrhunderts im Kontext einer breiten Theorieoptionalität entstanden sind. Nicht mehr allein Horaz und Aristoteles sind die Referenzpunkte für seine Poetologie, sondern eine Vielzahl ,spiritistischer‘ Diskursfelder, die argumentativ nicht bruchlos gegeneinander montiert werden können. Für die ,spritistische‘ Poetologie ist ein programmatischer Einklang auch gar nicht (mehr) erstrebenswert, denn sie setzt auf eine nicht abschließbare Pluralisierung (nicht 29 T. Campanella: Poetica, S. 478 und S. 480; in der ital. Version (ebd., S. 479): „C’À in noi uno spirito caldo, sottile, mobile, lucido, che dimora nelle cavit— del cervello e di l‡ si diffonde per i nervi, d— sensibilit— e moto a tutto il corpo, svolge le funzioni del senso, del movimento e della nutrizione. Esso À la sede principale della mente infusa da Dio, ed essa se ne serve come strumento per tutte le sue operazioni, come ho spiegato nel secondo libro del ,Senso delle cose‘. Poich¦ questo spirito À mobile per natura, si rallegra del moto, perch¦ lo invita ad un’attivit— che gli À propria; cos‡ si purifica, si espande, si rafforza, si purifica delle impurit— che lo corrompono. Il suono e il canto sono appunto dei moti che attraverso l’aria, spirito universale, arrivano fino al timpano, nel centro dell’orecchio, dove lo spirito, uscendo dal cervello, si sente muovere dai moti esterni e proprio servendosi del moto riconosce le cose che l’hanno prodotto; cos‡ per abitudine distingue la voce di Pietro da quella di Fabio, il suono del flauto, della pietra, del legno, dell’argento, della campana e delle altre cose. Lo spirito viene distrutto dai moti violenti, o perch¦ sono troppo gravi, come quello delle bombarde, e lo schiacciano nelle cavit— del cervello, lo percuotono e turbano il suo equilibrio; oppure sono troppo acuti, e lo lacerano, lo dividono, lo rimuovono dalla sua disposizione naturale, il che À parte e inizio di distruzione. Dunque lo spirito si rallegra di suoni intermedi (in generale, perch¦ in guerra gli piacciono quelli aspri, che incoraggiano al combattimento, e in altre occasioni, gliene piacciono altri, a seconda del bisogno del momento) e appunto con suoni intermedi si À fatta l’armonia e la musica, che constano di suoni gravi e acuti, di cui alcuni agitano, altri penetrano, altri accarezzano, sfiorano, muovono, cos‡ come richiede la conservazione dello spirito; a ragione esso se ne rallegra, perch¦ la gioia À il senso della conservazione; dunque la gioia che ci d— la musica non À n¦ accidentale n¦ estrinseca, ma nasce della conservazione dello spirito. Questo non dipende dal fatto che nella musica ci sia ritmo, e nel ritmo ci sia ordine: in qualunque modo, in qualsiasi stile essa sia fatta, diletta, perch¦ invita e aiuta lo spirito a compiere la sua operazione, lo dilata e lo purifica. Poich¦ alcuni spiriti sono pi¾ sottili, altri pi¾ puri, altri deboli, altri pi¾ robusti, accade che ad alcuni piaccia di pi¾ una musica grave, ad altri leggera, ad altri aspra, ad altri soave, a ciascuno secondo la propria natura, cos‡ come ad alcuni piace un sapore, ad altri un altro; i gusti mescolati […].“ Vgl. des Weiteren zur tendenziellen Auflösung des ,ridiculum‘ bei Campanella – durch die Dividierung des ,risus‘ vom ,brutto‘ – A. Kablitz: „Lachen und Komik“, S. 146. Noch bei Trissino waren „ridicolo, difettoso, e brutto“ eine untrennbare Trias (so im Vorwort zur Sofonisba; zitiert nach B. Weinberg: A History of Literary Criticism, Bd. 1, S. 369). Campanella gibt sich dagegen betont anti-aristotelisch, wenn er scheinbar ,natürlich‘ Zusammengehörendes als beliebige Setzung ansieht. Dies gilt auch für seine weiteren Ausführungen zur Komödie in seiner Poetik (vgl. zur allgemeinen theoretischen Reflexion bei T. Campanella: Poetica, S. 600 – 617 und speziell zu Aristophanes, Plautus, Terenz, dem Pastor Fido und der Divina Commedia, T. Campanella: Poetica, S. 362).

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auf: statische Pluralität).30 Dies impliziert u. a., dass im vorangestellten Zitat scheinbar Inkompatibles (beispielsweise die verschiedenen Funktionen und Perzeptionen von Musik und Text) in spannungsreiche Interferenzen versetzt werden kann. Die conceptio spiritu¯s erlangt in der Konzeption Campanellas eine Wirkkraft, wie sie prägnanter kaum sein könnte. Als ,Konzept‘ ist die Geisterkraft nicht eine beliebige oder gar verzichtbare Komponente, sondern sie wird in Campanellas Sicht zur Dreh- und Schaltstelle der Erkenntnisvermögen überhaupt. Sie vereint in sich biologistische bzw. naturwissenschaftliche Aspekte (Gehirnaktivitäten), Purgierungsfunktionen und nicht zuletzt ästhetische Vermögen. Diese Interferenzen beruhen nicht auf Beliebigkeit, sondern Campanella hebt die einzigartige Kompetenz der spiritu¯s hervor, zwischen scheinbar Unvereinbarem aufgrund ihrer Wendigkeit und Flexibilität und vermitteln zu können. Der spirito sorgt demnach für ein Gleichgewicht mittels seiner ,intermedialen Vermögen‘, und eben diese semantisch von ihm wiederholt im Text inszenierten Vermittlungskompetenzen beobachtet Campanella in der Folge seiner Poetik auch speziell für die Komödie, die für die gusti mescolati einstehen und deshalb – dies sei abschließend als Fazit festgehalten – mindestens tendenziell die Komödie im Zeichen von Spirituskonzepten auch im Bereich bestimmter Poetologien von der Fama einer vorgeblich niedrigen Gattung dispensieren. Das Komische in den Komödien gewinnt auch in der Poetologie eine neue Legitimität, die sich nicht mehr auf Sinn und Nutzen des ridiculum (resultierend aus einem deplorablen Fehlverhalten) reduzieren lässt. Denn die moralphilosophische Legitimation wandelt sich im Zeichen der spiriti zu einer funktionalen Dignität, die auf eine recreatio animi zielt. Was hiermit stattfindet, ist nichts weniger als ein Akt der Selbstaffirmation, der auf die Diätetik einer reinigenden Sensualität setzt und die aristotelische Affektenlehre dagegen weitgehend wertneutral beschreibt. Es geht weniger um Tugenden und Laster des Komischen im Zeichen von abweichenden Verhaltensweisen, sondern um Symmetrien und Asymmetrien oder Harmonien und Disharmonien, zwischen denen die spiritu¯s eine psychosomatische Integrationsarbeit leisten. Auch die Konzepte der spiritistischen Komödien greifen damit, wie bei Campanella, das purgierende Potential des Komischen auf. Das Lachen in der Komödie richtet sich nicht mehr auf Abgrenzendes, Verwerfliches oder Normwidriges, sondern löst sich aus den Fesseln der Negativierung. Denn die klaren Abgrenzungen zwischen tragischen und komischen Mustern sind spätestens mit Bruno und Campanella hinfällig geworden: „In tristitia hilaris: in hilaritate tristis“.

30 Vgl. zum Begriff der Pluralisierung versus Pluralität Anm. 19.

Aristotelische ,Geisteraisthetik‘?

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Bibliographie Abbildungsverzeichnis Abb. 1: G. Cecchi: Lo Spirito; Frontispiz der Originalausgabe. Abb. 2: G. Cecchi: Lo Spirito; Intermedio Primo aus der Originalausgabe. Abb. 3: G. Bruno: Il Candelaio; Frontispiz der Ausgabe von 1582, mit Motto. Abb. 4: G. Bruno: Il Candelaio; Ausgabe von 1582.

Primärliteratur Aristoteles: Poetik. Griechisch/Deutsch, hg. Manfred Fuhrmann, Stuttgart 1982. Bruno, Giordano: Il Candelaio. Commedia di Giordano Bruno nuovamente stampata e diligentemente corretta, [hg. Carlo Peoli], Milano 1863. Bruno, Giordano: Der Kerzenzieher, hg. Sergius Kodera, Hamburg 2003. Campanella, Tommaso: Poetica, in: ders.: Opere Letterarie, hg. Lina Bolzoni Torino 1977, S. 337 – 456 [lateinisch] und S. 457 – 663 [italienisch]. Cecchi, Gianmaria: Lo spirito. Comedia, Venedig 1585. Eco, Umberto: Il nome della rosa, Milano 1990. Eco, Umberto: Der Name der Rose, München 2004. Horatius (Quintus Horatius Flaccus): Ars Poetica. Lateinisch und deutsch, hg. Eckart Schäfer, Stuttgart 1972. Machiavelli, Niccolý: „Dialogo intorno alla nostra lingua“, in: ders.: Opere, Bd. 3, hg. Corrado Vivanti, Torino 2005. Maggi, Vincenzo: „De ridiculis“, in: Trattati di poetica e retorica del cinquecento, 4 Bde., hg. Bernhard Weinberg, Bari 1970 – 1974, Bd. 2 (1970), S. 91 – 125. Maggi, Vincenzo, und Bartolomeo Lombardi: Vincentii Madii Brixiani et Bartholomaei Lombardi Veronensis In Aristotelis librum De poetica communes explanationes, Venedig 1550. Platon: Philebos, in: ders.: Werke, griechisch und deutsch, 8 Bde., hg. Gunther Eigler, Darmstadt 1990, Bd. 7, S. 255 – 449. Platon: Politeia, in: ders.: Werke, griechisch und deutsch, 8 Bde., hg. Gunther Eigler, Darmstadt 1990, Bd. 4. Platon: Nomoi, in: ders.: Werke, griechisch und deutsch, 8 Bde., hg. Gunther Eigler, Darmstadt 1990, Bd. 8. Riccoboni, Antonio: De re comica ex Aristotelis doctrina (1579), in: Trattati di poetica e retorica del cinquecento, 4 Bde., hg. Bernhard Weinberg, Bari 1970¢1974, Bd. 3 (1972), S. 255 – 276. Rossi, Nicolý: Discorsi intorno alla comedia (1589), in: Trattati di poetica e retorica del cinquecento, 4 Bde., hg. Bernhard Weinberg, Bari 1970 – 1974, Bd. 4 (1974), S. 27 – 57.

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Sibylle Baumbach

Shakespeares Theater der Geister: Spiritus-Konzepte in The Tempest

1.

Das Spiel der spiritus „These our actors, As I foretold you, were all spirits, and Are melted into air, into thin air ; […] We are such stuff As dreams are made on, and our little life Is rounded with a sleep.“ (The Tempest 4.1.148 – 158)1

Der Stoff, aus dem die Träume gemacht sind – so beschreibt der Magus Prospero in Shakespeares The Tempest (1611) seine eigene Existenz, die seines Gefolges und die des Menschen allgemein, dessen kurzes Leben in einen ewigen Schlaf mündet („our little life / Is rounded with a sleep“). Wie in Jacques’ berühmten Credo aus As You Like It, „All the world’s a stage / And all the men and women merely players“ (2.7.138 f.), wird hier der Bogen geschlagen zwischen Bühnenwelt und Weltbühne, wobei die Verbindung nicht nur über das Bild des Menschen als Schauspieler evoziert wird: es sind die „spirits“, die beide Welten miteinander verknüpfen, die Geister, die Weltbühne wie Bühnenwelt bespielen. Sind sie fort, ist das Stück beendet, das Leben aus dem Theater gewichen. Dies haben die Zuschauer soeben selbst erlebt: zusammen mit zwei weiteren Geistern gab der Luftgeist Ariel ein Maskenspiel zu Ehren der Verlobung von Prosperos Tochter Miranda und dem Prinzen Ferdinand zum Besten – ein Liebesbündnis, das die „spirits“ unter Anleitung ihres Meisters selbst ins Leben gerufen haben. Unmittelbar nach dem Reigen lösen sich die Geister wieder in Luft auf und bekräftigen dadurch nicht nur ihre Existenz als immaterielle, feinstoffliche Partikel, als „spirits“, sondern beschließen zugleich die masque, keine Spuren hinterlassend bis auf eine vage Erinnerung an die Aufführung. Zurück bleibt der Magier Prospero, der eigentliche Drahtzieher des Tempest und 1 Zitate geben [Akt].[Szene].[Seitenzahl(en)] an sowie in Kursive den Titel, wenn ein anderes Schauspiel als The Tempest gemeint ist, und folgen The Norton Shakespeare.

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seiner Geister, der in dieser Szene – ebenso wie das Publikum vor der Bühne – Zuschauer des Maskenspiels war, sich jedoch zugleich als Teil des „insubstantial pageant“ (4.1.155) entlarvt, der sich ebenso wie seine „spirits“ jeden Moment in Luft aufzulösen kann, was das Ende des Tempest bedeuten würde. In seinem vermeintlich letzten Stück, das oft als Abschied des Dramatikers von der Bühne gelesen wurde, inszeniert Shakespeare das Bühnenspiel als Theater der Geister, als Wahrnehmungs- und Erfahrungsort, der die „spirits“ aufnimmt, von ihnen belebt wird, sie visualisiert und dadurch erfassbar macht. Die Bühne dient somit als Projektionsfläche, auf der Immaterielles, Imaginationen und Träume sichtbar gemacht und im Spiel der „spirits“, der Schauspieler, zugleich neu stimuliert werden können. Insoweit als die wundersame Inselwelt des Tempest die Imaginationskraft der Zuschauer fordert und die Empfänglichkeit unterschiedlicher Figuren für die Geister, die unter Prosperos Regie walten, problematisiert, bietet das Stück einen Einblick in die komplexen Prozesse von Wahrnehmung und Imagination, die durch die spiritus generiert und reguliert werden. Wie im Folgenden gezeigt wird, wird die kleine Welt des Tempest durch ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher spiritus belebt, das sich im Laufe der Handlung entfaltet und eng verwoben ist mit frühneuzeitlichen Theorien, die kognitive Wahrnehmungsprozesse beschreiben. Die ,guten Geister‘ des Publikums sind dabei ein wichtiger Bestandteil des Theatererlebnisses. Prosperos kurze Einführung in die Phänomenologie der „spirits“ verweist nicht nur auf die verschwimmenden Kategorien von Immateriellem und Materie, von Traum und Realität, sondern zugleich auch auf die partizipativen Kräfte des Publikums. Mit dem „Hinweis auf den Traumcharakter irdischer Rollen“2 werden die Zuschauer zum einen angeleitet, aus Traumbildern die Realität zu konstruieren; zum anderen werden sie über das Personalpronomen „we“ mit den Schauspielern und den Zuschauern auf der Bühne assoziiert. Die „spirits“ des Tempest haben nicht nur eine Vermittlerfunktion, die sich darauf reduziert, die Befehle ihres Meisters zu empfangen und unmittelbar umzusetzen. Vielmehr fordern sie die kognitiven und imaginativen Kräfte der Zuschauer heraus und führen ihnen ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher spiritus vor Augen, in dem die Mechanismen der Steuerung und Verarbeitung von Wahrnehmungen und Sinneseindrücken offengelegt werden. Die Geister im Tempest fungieren hierbei sowohl als rezeptive als auch als produktive Kräfte. In ihnen findet sich die Doppelbedeutung des Konzepts der conceptio verkörpert, insoweit als sie einerseits auf die Empfängnis externer (Sinnes-)Eindrücke und andererseits auf das gedankliche Erfassen dieser Eindrücke verweisen, die auf der von spiritus dominierten Bühne reflektiert werden.

2 P.-A. Alt: Literatur und Traum, S. 93.

Shakespeares Theater der Geister: Spiritus-Konzepte in The Tempest

2.

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Ariel und das Zusammenspiel der Geister

Dreh- und Angelpunkt dieses Theaters der Geister ist neben Prospero, dem Magier und Machthaber der Insel, Ariel, dessen Name auf das Element der Luft (air, airy) und damit auf die Immaterialität der spiritus hindeutet. Von den 34 Nennungen des Begriffs spirit im Stück beziehen sich 18 Verweise auf Prosperos Gehilfen, den sein Meister als „spirit“ (1.2.194), „[m]y brave spirit“ (1.2.207) oder „my spirit“ (1.2.216) adressiert und der von Prospero als die treibende Kraft auf der Insel eingesetzt wird. Zu Beginn des Dramas entfachte Ariel auf Geheiß des Magiers einen Sturm, der das Schiff von Prosperos Erzfeind Alonso, dem König von Neapel, kentern lässt an eben der Insel, auf der Prospero, rechtmäßiger Herzog von Mailand, zusammen mit seiner Tochter Miranda Schutz gesucht hatte, nachdem er von Alonso aus seiner Heimat vertrieben worden war. Getrennt voneinander irren die Schiffbrüchigen auf der Insel umher – alle bis auf den Prinzen Ferdinand, den Ariel zu Miranda lotst, die sich prompt in ihn verliebt. Als Prosperos rechte Hand verführt Ariel nicht nur die Sinne der Schiffbrüchigen: er dient auch als Vermittler zwischen den unterschiedlichen Figuren und Geistern im Stück. Über die Funktion Ariels wird in der Forschung bis heute spekuliert. So wird unter anderem vermutet, dass die Zuschauer im Jakobinischen Theater in der Erscheinung Ariels eine Verbindung zu Uriel gesehen haben dürften, der in der Jüdischen Kabbala als Engel galt und dem Astrologen John Dee bei seinen magischen Experimenten zur Seite stand.3 Die Tatsache, dass die Handlung kein religiöses Fundament erkennen lässt, steht einer einseitigen Deutung dieser Figur als Repräsentation einer Engels- oder auch Satansfigur jedoch entgegen. Auch Ariels proteische Erscheinung, die es ihm erlaubt, zahlreiche unterschiedliche Formen anzunehmen („Be’t to fly, / To swim, to dive into the fire, to ride / On the curled clouds“ [1.2.191 – 193]) sowie das Spannungsfeld zwischen verkörpertem und immateriellem spiritus, zwischen Charakter und Abstraktion,4 das über diese Figur eröffnet wird, scheint einer Lesart des Luftgeists als (metaphysische) Allegorie zu widersprechen.5 Vielmehr verweist Ariel als mannigfaltigster spiritus im Stück, der im Dienste Prosperos die Handlung vorantreibt und als eine Art des spiritus mundi die Insel wie auch das Stück belebt, auf das komplexe Zusammenspiel unterschiedlicher spiritus, das im Tempest auf die Bühne gebracht wird. Poetologisch lässt sich Ariel als Externalisierung von Prosperos Geist deuten und damit als Möglichkeit für den Magier, mit sich selbst in Dialog zu treten. Mit 3 W.S. Johnson: „The Genesis of Ariel“, S. 205 f. 4 S. The Tempest, hg. D. Lindley, S. 65. 5 Vgl. A.D. Nuttall: Two Concepts of Allegory, S. 159.

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dieser Deutung soll Prospero jedoch keinesfalls zu einem ,Besessenen‘ erklärt, geschweige denn als Theatralisierung von John Dee betrachtet werden. Als externalisierter Geist Prosperos könnte Ariel vielmehr darauf verweisen, dass sich das Geschehen allein in Prosperos Imagination abspielt, deren Prozesse auf der Bühne entsprechend visualisiert und inszeniert werden.6 Dieser Gedanke wird gestützt durch die Tatsache, dass Ariel „with a thought“ (4.1.163) in Erscheinung gerufen wird und – Prosperos Gedanken („Thy thoughts I cleave to“ [4.1.164]) und Wünschen gemäß – etwa als St Elmos Feuer, in Gestalt einer Nymphe oder in der Rolle von Ceres auftritt.7 Dramaturgisch betrachtet findet sich in der Figur Ariels eine Frühform des Regieassistenten avant la lettre, der dem ,Regisseur‘ Prospero zur Seite steht und für Prozesse der Wahrnehmung und Imagination zuständig ist. Diese Lesart von Ariel eröffnet zugleich eine Metaebene, die zur kritischen Reflektion des Stücks einlädt. In Ariel lässt sich somit die Doppelbedeutung von conceptio nachzeichnen, die die rezeptive und aktive Dimension von Wahrnehmung und Imagination umfasst, wobei die Figur zwischen beiden Bedeutungen changiert.

3.

Die (Im)Materialität der Geister

Als Grenzgänger, der mal sichtbar, mal unsichtbar agiert und für Formlosigkeit wie Formenvielfalt einsteht, verweist Ariel darüber hinaus auf ein Paradox der Bühne, nämlich auf die Problematik der Darstellung von Geistern im Theater. Auf Shakespeares Bühne bekommen die spiritus einen Körper : Geister werden im Theater manifest. Der Geist des Caesar, den Brutus als „[i]ll spirit“ (Julius Caesar, 4.2.139) bezeichnet, der ruhelose Geist („perturbÀd spirit“, Hamlet, 1.5.183) von Old Hamlet, der Prinz Hamlet auffordert, seinen Tod zu rächen, oder der Geist des ermordeten Banquo, der an der Festtafel auf dem Stuhl von Macbeth Platz nimmt und ihn damit an den Rand des Wahnsinns treibt: sie alle deuten auf eine potentielle Wiederkehr der Toten als Geister hin und damit auf einen Zwischenraum zwischen Leben und Tod, ein Purgatorium, dessen Existenz im Zuge der Reformation bestritten wurde8, und sie dienen der Visualisierung eines populären Volksglaubens der Zeit. Dramaturgisch betrachtet bieten Geister traditionell ein willkommenes Hilfsmittel, um die Handlung in Gang zu setzen. So tritt etwa in den Rachetragödien – wie in Hamlet – der Geist eines ermordeten Machthabers auf, um 6 Zur sichtbaren und unsichtbaren Formen der Imagination in der Frühen Neuzeit siehe insbesondere V. Olejniczak Lobsien und E. Lobsien: Literarisches Denken im 16. Jahrhundert, S. 11 – 86. 7 S. The Tempest, hg. D. Lindley, S. 64. 8 Vgl. S. Greenblatt: Hamlet in Purgatory.

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von seinem Sohn Vergeltung für seinen unnatürlichen Tod zu fordern. Darüber hinaus werden Geister auch als „Spiegel [des] eigenen Bewusstseins“9 eingesetzt, der das Selbst als Mörder ausweist (im Fall von Macbeth und Brutus). In The Tempest geht Shakespeare jedoch noch einen Schritt weiter. Zum einen steht Ariel anders als die Geister von Old Hamlet, Banquo und Caesar nicht als Ebenbild für einen anderen Charakter ein, der sich, wie in Hamlet, als „thy father’s spirit“ (Hamlet, 1.5.9) zu erkennen gibt, sondern der spiritus selbst wird zu einer Hauptfigur. Zum anderen wird die Deutungsunsicherheit, die sich vor allem aus dem Paradox zwischen Materialität und Immaterialität der spiritus ergibt, produktiv gelöst. Wie Prosperos Einweisung in die Welt der „spirits“ verdeutlicht, treten die Geister in diesem Stück eben nicht als Schatten vergangener Wesen auf, geschweige denn als Leerstellen, die auf Vergangenes verweisen: sie sind der Kern des Stücks, die Materie, aus dem The Tempest erst entstehen kann und die das Bühnenspiel im Innersten zusammenhält. Die Geister im Tempest sind weder Teufelswerk noch Hirngespinste: vielmehr fungieren sie als Repräsentation der kognitiven und imaginativen Fähigkeiten, die dazu dienen, mentale Eindrücke zu verarbeiten und dem Immateriellen Formen zu verleihen, d. h. es in Bilder, Wörter oder – wie in der masque – in ein Schauspiel zu übersetzen und damit beschreibbar zu machen. In dieser Funktion verweisen die im Tempest freigesetzten Geister auf einen zentralen Mechanismus in Shakespeares Theater, der auf die Partizipation der Zuschauer baut, um auf der kargen Bühne fremde Welten entstehen zu lassen, wie im Prolog zu Henry V angedeutet, in dem es heißt: „Think, when we talk of horses, that you see them“ (Henry V, Prolog, V. 26). Vielen Bühnenanweisungen zufolge tritt Ariel unsichtbar auf,10 was eine Assoziation mit mentalen Bildern weckt, die der fantasia entspringen. Spätere Rezeptionszeugnisse, wie etwa Heinrich Füsslis Caliban, Ariel (1810), zeigen den Luftgeist oft als schemen- und schattenhaftes Wesen, als eine Art musenhafte Gestalt. Weiß geschminkt, scheu hinter Prospero zurücktretend. Bedenkt man, dass Ariel seinem Namen gemäß für das Element der Luft und damit für die Immaterialität des spiritus einsteht, droht diese Figur mit einer auf der Bühne erscheinenden Gestalt gelegentlich in Konflikt zu geraten. Abhilfe schafft jedoch der zahlreiche Wechsel seiner Erscheinungsformen. Vor allem die Formenvielfalt des spiritus, die sich in Ariel ausdrückt, verweist auf das komplexe Spiel der Geister, das sich vor den Augen und Ohren der Zuschauer entfaltet und in dem auch die anderen Charaktere im Stück gelegentlich selbst als Vermittler agieren – und damit wiederum eine Assoziation mit den spiritus wecken, die Prosperos 9 K.-H. Volkmann-Schluck: Kunst und Erkenntnis, S. 73. 10 Vgl. The Norton Shakespeare, S. 3066: „Enter […] Ariel invisible“.

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Gleichsetzung von Schauspielern und ,Geistern‘ noch unterstreicht. Die Geister im Tempest sind im Element der Luft, zugleich aber auch auf der Erde tätig und schlagen damit den Bogen zwischen Immateriellem und Materialität, Imagination und Realität und letztlich auch zwischen Bühnenwelt und Weltbühne. Diese ,Übersetzungsleistung‘, in der das Stück erst seine Wirkung entfalten kann, die damit verbundenen imaginativen und kognitiven Fähigkeiten der Zuschauer sowie die Grenzen und Potentiale der Bühne werden im Tempest systematisch auf die Probe gestellt – und dadurch intensiv geschult. Dies geschieht vor allem durch eine Pluralisierung von spiritus-Formen, die durch ein komplexes Zusammenspiel von internalisierten und externalisierten Geistern miteinander verbunden werden, dabei auf Mechanismen der Ver- und Umwandlung von spiritus verweisen, die vor allem im Luftgeist Ariel ihren Ausdruck finden, und hierüber Einblick gewähren in kognitive Produktions- und Rezeptionsprozesse.

4.

Die Kunst der Wahrnehmung

Nicht jeder kann Prosperos Geister wahrnehmen. Zwar sind die spiritus für die Zuschauer verkörpert und als Figuren konzipiert, jedoch bleiben sie einigen Figuren im Stück verborgen, denn nicht jeder hat Zugang zu der Welt der Geister. Diese unterschiedlichen Rezeptionsebenen, die die Materialität der Geister und deren (Un)Sichtbarkeit hinterfragen, werden gleich zu Beginn des Stücks thematisiert. Dort treffen wir auf Miranda als erste Rezipientin des Geschehens, die zwar das Wirken von Ariel, genauer : die Ausmaße des Sturms, kommentiert, der jedoch die ausführende Kraft selbst verborgen bleibt. „If by your art, my dearest father, you have / Put the wild waters in this roar, allay them“ (1.2.1 f.). Hinter der Kunst, auf die Miranda hier Bezug nimmt, stehen nicht nur Prosperos magische Fähigkeiten, sondern eine konkrete Rolle, die Prospero nach Belieben an- und ablegen kann, ebenso wie sein Gewand: „my magic garment […]. Lie there, my art“ (1.2.24 f.). Obschon die Gleichsetzung von Immateriellem und Materialität auf das Paradox der verkörperten Geister verweist, übersteigt diese Darstellungsform Mirandas Vorstellungskraft. Miranda wird hier als naive Rezipientin präsentiert, deren unterkomplexe Deutung der Ereignisse genutzt wird, um die Zuschauer und deren Imagination zu aktivieren und deren Sinne für das Theater der Geister, das im Tempest entfaltet wird, und die Kunst der Bühne, auf der unsichtbare Kräfte visualisiert werden können, zu schärfen. Der Schiffbruch, der Miranda emotional aufwühlt aus Sorge um das Wohlergehen der Schiffbrüchigen, wird von Prospero mithilfe von Theatervokabular beschrieben und als „spectacle“ (1.2.26) bezeichnet, wodurch Prosperos Rolle als Künstler und eigentlicher Drahtzieher im Stück hervorgehoben wird. Mir-

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andas Reaktion auf das Schauspiel jedoch ist alles andere als „insubstantial“ (4.1.155): „O, I have sufferÀd With those that I saw suffer! A brave vessel, Who had, no doubt, some noble creature in her, Dashed all to pieces. O, the cry did knock Against my very heart! Poor souls, they perished.“ (1.2.5 – 9)

In der heftigen physiologischen Reaktion, die Mirandas Mitgefühl unterliegt, deutet sich das Zusammenspiel der spiritus im Wahrnehmungs- und Imaginationsprozess an. Die Bewegungen des Herzens bieten hierbei die ,Antwort‘ auf die Befehle, die die im Gehirn befindlichen spiritus aussenden:11 das Bild der an das Herz hämmernden Schreie der Schiffsbrüchigen erinnert hierbei an die Beschreibung der Stimulation von Leidenschaften durch die Imagination, wie sie sich in Thomas Wrights Traktat The Passions of the Minde in Generall (1601/ 04) findet: „when we imagine any thing, presently the purer spirits, flocke from the brayne by certaine secret channels to the heart, where they pitch at the dore, signifying what an obiect was presented, convenient or disconvenient for it. The heart immediatly bendeth, either to prosecute it, or to eschew it“.12

Spiritus – „the purer spirits“, wie Wright sie bezeichnet, – werden hier als Kommunikationsmedium verstanden, die Sinneseindrücke über das Gehirn zum Herzen und von dort an den gesamten Körper kommunizieren und auf diese Weise Affekte und Leidenschaften – mithilfe der vier humores – aktivieren, die wiederum den gesamten Körper erfassen. Was Miranda nicht erkennt, ist, dass Sturm, Schiffsbruch und damit auch die Aufruhr der spirits, die die Passionen in der Betrachterin aufwühlen, inszeniert sind – von Prospero und seinem Gehilfen Ariel. Ihre naive Wahrnehmung und ihr mangelnder Einblick in die Welt der Geister dienen auch hier der Aktivierung der Zuschauer, die dazu animiert werden, hinter die Kulisse zu blicken, und denen sich der „spirit“ des Tempest, in dem sich Prosperos Kunst („my art“ [1.2.25]) manifestiert, wenig später auch offenbart. Zuvor jedoch testet Prospero, der seiner Tochter schließlich versichert, dass ihr Mitgefühl kunstvoll initiiert wurde, jedoch jeglicher Grundlage entbehrt, da niemand bei dem Schiffbruch zu Schaden kam, Mirandas Erinnerung: „Canst thou remember / A time before we came unto this cell?“ (1.2.38 f.). Wenngleich eine vage Kindheitserinnerung an ihre Dienerinnen geblieben ist, in der das servant-master-Motiv anklingt, das vor allem in der Beziehung zwischen Pros11 Vgl. M. Boenke: Psychologie vor Descartes, S. 141. 12 T. Wright: The Passions of the Minde in Generall, S. 45.

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pero und Ariel entfaltet wird, vermag Miranda sich nicht ins Gedächtnis zu rufen, wie und warum sie vor zwölf Jahren – exakt die Zeitspanne, in der Ariel eingeschlossen war und für die Prospero ihn als Diener (und engsten Vertrauten) verpflichtet hat – auf die Insel verschlagen wurde. Prospero füllt die leere Arena der memoria, indem er die Geschichte seiner Verbannung erzählt, wobei er Sorge trägt, dass die Aufmerksamkeit seiner Zuhörerin nicht schwindet. Die wiederholte Ermahnung Mirandas („Dost thou attend me?“ [1.2.78], „Dost thou hear?“ [1.2.106]) dient der Sinnesschärfung der Rezipienten auf wie vor der Bühne – für das Begreifen der Situation einerseits („Mark his condition, and th’event, then tell me / If this might be a brother“ [1.2.117 f.]) und die conceptio spiritus andererseits. Nachdem Miranda in einen tiefen Schlaf versetzt wird, der dazu dient, die neuen Sinneseindrücke, die auditiv vermittelt wurden, zu verarbeiten, damit sie sich in der memoria verankern können, ist das Fundament geschaffen für einen Geist, der sich vor den Augen der Zuschauer materialisiert und Aug und Ohr der Schiffbrüchigen verzaubert: Ariel erscheint erstmals auf der Bühne. Das Motiv der memoria fortführend, bietet der Luftgeist kurz nach seinem ersten Auftritt einen zweifachen Rückblick: zunächst berichtet er seinem Auftraggeber von dem bis zur Perfektion inszenierten Sturm, um den Magier sodann an sein Versprechen zu erinnern, ihn nach zwölf Jahren Dienst in die Freiheit zu entlassen. Prospero bekräftigt sein Versprechen, verlangt jedoch noch weitere zwei Tage treue Dienste in absoluter Invisibilität („Be subject / To no sight but thine and mine, invisible / To every eyeball else. Go, take this shape, / And hither come in’t!“ [1.2.304 – 307]). Wenngleich diese Formgebung durch Prospero als allegorische Anspielung auf die Versklavung eines spiritus in einen Körper gelesen werden kann,13 bleibt Ariels Körper essentiell wandel- und letztlich nicht greifbar. Vielmehr finden sich in ihm multiple spiritus-Formen verkörpert: er ist das Fundament eines sensus communis auf der Insel, externalisierte imaginatio, personalisierte memoria als Verkörperung und Relikt einer vergangenen Welt der reinen „spirits“, zu der lediglich die Magie und metapoetische betrachtet, die Bühne einen Zugang gewährt, und Mittler zwischen dem Protagonisten (Prospero) und peripheren Körpern (den Schiffbrüchigen) beziehungsweise zwischen dem Geist (Prospero) als Sitz der ratio und der imaginatio und dem Herz (Miranda) als Sitz der Passionen, das sinnbildlich mit Miranda („Awake, dear heart, awake“ [1.2.308]) direkt nach Prosperos Konversation mit Ariel und dessen Verschwinden wieder erwacht. Mithilfe einer Rezipientin, die im Gegensatz zum Publikum keinen Einblick in die Welt der Geister hat, und ihrer unterkomplexen Deutungen, die den Ereignissen nicht gerecht werden, wird die Wahrnehmung der Zuschauer geschult 13 M.T. Crane: Shakespeare’s Brain, S. 197.

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und deren Sinne für das Treiben der Geister geschärft. Mit Ariels erstem Auftritt ist die unsichtbare Kraft benannt, verkörpert und entkörpert zugleich: der Geist des Tempest wird gewissermaßen damit freigesetzt. Dieser Gedanke der Freisetzung oder Erlösung der „spirits“ aus oder von einem Körper wird im Stück zu Beginn auf zweifache Weise thematisiert, wobei zwei unterschiedliche Wahrnehmungen gegeneinander ausgespielt werden: zum einen im Schiffsbruch, der – wie Miranda es in ihrer Unwissenheit um die wahren Begebenheiten beschreibt – das sichere Gefäß bersten lässt und die Seelen schutzlos ihrem Schicksal ausliefert; zum anderen in Prosperos Bericht, wie Ariel in seine Dienste kam: der Magier befreite den Geist aus einem Baumstumpf, „a cloven pine“ (1.2.279), in den ihn die Hexe Sycorax verbannt hatte, da er für ihre Zwecke, die schwarze Magie, unbrauchbar war. Ariel, den Prospero als „a spirit too delicate / To act her earthy and abhorrend commands“ (1.2.274 f.) beschreibt, gehört folglich zu den „purer spirits“, die im Tempest im Auftrag eines reinen Geistes agieren. Seine Befreiung aus einem sterblichen ,Körper‘ steht sinnbildlich für die Befreiung der imaginativen Kräfte und das Aufbrechen traditioneller Einheiten, das sich auch in dem Schiffbruch andeutet, in dem Zerbersten des „brave vessel“ (1.2.6), das – anders als Miranda es deutet – Prosperos Erzfeinde freigibt und das Stück nicht mit Tod und Verderben, sondern mit Leben und ,guten Geistern‘ füllt. Wie Prospero Ariel setzt das Stück die Kräfte der Imagination frei, in dem es eine Bühne schafft, auf der Undenkbares Realität wird, Stürme wüten beziehungsweise vor dem geistigen Auge evoziert werden, die keine Opfer nach sich ziehen, und feinstoffliche Geister, deren Treiben der Insel Leben einhaucht und die zwischen unterschiedlichen Körpern kommunizieren, als dramatis personae erscheinen. Sind die imaginativen Kräfte einmal freigesetzt, erfordert dies nicht nur eine regulative Kraft (Prospero, dessen Rolle als Machthaber und Drahtzieher im Stück damit legitimiert ist), sondern auch einen geschulten Rezipienten, dessen Rolle die Zuschauer einnehmen.

5.

Körper vs. Geist?

Wiederum ist es Miranda, die als Rezipientin eingesetzt wird, als die Kontrastfigur zu Ariel präsentiert wird, die zwar für sie sichtbar ist, deren Anblick sie jedoch verabscheut: „’Tis a villain, sir, / I do not love to look on“ (1.2.312 f.). Der vermeintlichen Immaterialität des Luftgeistes wird Caliban zur Seite gestellt, der ebenso wie Ariel ein Relikt einer vergangenen Welt darstellt. Während Ariel als Geist erscheint, der nicht nur die Luft beherrscht, sondern der auch Wasser, Feuer und die Erde durchschreiten kann und damit die Grenzen der vier Elemente in sich aufhebt, ist Caliban an das Element der Erde gebunden, wie

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Prosperos Anrede Calibans als „[t]hou earth“ (1.2.317) verdeutlicht. Caliban, in dessen Name eine Verbindung sowohl zu ,Carib‘ als auch zu ,cannibal‘ anklingt14, fungiert als Sinnbild des Ureinwohners einer Neuen Welt und als Verkörperung moralischer (und physischer) Degeneration. Im Einklang mit populären physiognomischen Theorien der Zeit, wie sie auch in Francis Bacons Essay „Of Deformity“ beschrieben sind,15 wird Calibans unförmiges, abstoßendes Äußeres – er scheint halb-Mensch, halb-Tier – von den Figuren als ein Zeichen eines korrumpierten Geistes betrachtet („This thing of darkness“, 5.1.278; „He is as disproportioned in his manners / As in his shape“, 5.1.294 f.). Der Kontrast zwischen Ariel und Caliban lässt sich nicht nur als eine Lektion in ästhetischer Wahrnehmung lesen, in der der Rezipient sukzessiv mit Formen des Spirituell-Schönen und des Weltlich-Abstoßenden konfrontiert wird. Betrachtet man Ariel als Verkörperung des Geistigen und Caliban als Personifikation des Körperlichen, so wird Prosperos Position als Drahtzieher im Stück gestärkt: er erscheint als „spirit“, der nicht nur mit beiden Figuren kommuniziert, sondern sie auch kontrolliert. Wie jedoch bereits in Bezug auf Ariel angedeutet, lässt sich das Verhältnis von Körper und Geist nicht auf eine einfache Dichotomie reduzieren. Zwar steht Caliban für eine dominante Präsenz des Physischen, jedoch hat er – anders als etwa Miranda – Zugang zu der Welt der Geister. Caliban, der von den Schiffbrüchigen als ,Fremdkörper‘ wahrgenommen wird, ist mit den Klängen der Insel vertraut und in die magische Welt der Insel integriert: „The isle is full of noises, / Sounds, and sweet airs, that give delight and hurt not“ (3.2.130 f.). Obschon zur bestialen Gestalt degradiert, zeigt er sich empfänglich für die Sphärenklänge, die eine harmonisierende Kraft ausstrahlen. Diese Empfänglichkeit für die „spirits“ der Insel untergräbt Mirandas vernichtendes Urteil, demzufolge Calibans Wesen für keinen Funken Gutherzigkeit Platz habe: „AbhorrÀd slave, / Which any print of goodness will not take / Being capable of all ill!“ (1.2.354 – 356). Erneut wird die naive Deutung Mirandas, die sich an einer simplifizierenden Körper/Geist-Korrelation orientiert, genutzt, um die Wahrnehmung der Zuschauer zu schulen und der ,erdigen‘ Gestalt Komplexität zu verleihen. Wenn anhand von Caliban die Konkordanz von korrumpiertem Körper und korrumpiertem Geist, wie sie auch Bacon beschreibt,16 kritisch hinterfragt wird, so findet sich in der Aufhebung dieser Korrelation ein Moment der Desorientierung, insoweit als traditionelle Kategorien ihre allgemeine Gültigkeit verlieren. Diese Desorientierung, die nicht zuletzt auch aus der unscharfen Abgrenzung 14 A.T. Vaughan and V. Mason Vaughan: Shakespeare’s Caliban, S. 28. 15 F. Bacon: Of Deformity. 16 Vgl. ebd.: „DEFORMED persons are commonly even with nature; for as nature hath done ill by them, so do they by nature.“

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von „spirits“ und menschlichen Wesen resultiert, wird in The Tempest wiederholt thematisiert. Oft ist es Miranda, deren unterkomplexe Lesarten eine Neuorientierung erfordern. Für Miranda ist nicht Ariel das Gegenstück zu Caliban, sondern Ferdinand. Als sie dem Prinzen erstmalig begegnet, klassifiziert sie ihn zunächst als Geist, unfähig die Erscheinung einzuordnen, ist er doch der erste und einzige Mann – neben ihrem Vater und Caliban – den sie bis zu diesem Zeitpunkt zu Gesicht bekommen hat: „What is’t? A spirit? / […] Believe me, sir, / It carries a brave form. But ’tis a spirit“ (1.2.413 – 15) – eine Vermutung, die von ihrem Vater sogleich verworfen wird, indem er Ferdinand als Mensch ausweist. Prompt verlegt Miranda den Geist in einen Körper, in dem der spiritus erfassbar, begreifbar wird, und propagiert dabei in neoplatonischer Manier und in Anlehnung an physiognomische Traktate der Zeit den Einklang von Geist und Körper : „There’s nothing ill can dwell in such a temple. / If the ill spirit have so fair a house, / Good things will strive to dwell with’t“ (1.2.461 – 63). Die Möglichkeit der Negation in Form eines deformierten Geistes wird hier zwar kurz eingespielt, jedoch unmittelbar wieder aufgehoben. Stellt Caliban für Miranda die Inkarnation des Bösen dar, so wird der Prinz zur Verkörperung des kalon k’agathon erhoben und seine äußere Erscheinung zum Garant seiner untadligen Seele erklärt, die sie quasi magisch anzuziehen scheint. Betrachtet man die Figurenkonstellation im Stück, erscheint Ferdinand in der hier suggerierten Verkörperung einer perfekten Symbiose von Körper und Geist als Bindeglied zwischen den Figuren Ariel und Caliban, in denen Geist beziehungsweise Körper in Ungleichgewicht zueinander stehen und das Geistlich-Transiente beziehungsweise Körperlich-Animalische den Charakter dominieren. Wenn Miranda ihn jedoch als „spirit“ (1.2.413) klassifiziert, so greift diese Klassifikation über eine native Verwechslung oder Verwunderung hinaus: für den Zuschauer bekräftigt die Gleichsetzung von Mensch und Geist einmal mehr die Aufhebung der Grenze zwischen Materialität und Immaterialität, Körper und Geist, zwischen Äußerem und Innerem, Sein und Schein, zwischen Wirklichkeit und Imagination sowie zwischen Weltbühne und Bühnenwelt. Letztere wird zudem nobilitiert, denn Mirandas Kommentar lässt sich auch als metadramatischer Verweis auf die Bühne lesen als einen Raum oder eine Insel abseits des alltäglichen Lebens, der/die von einem guten Geist belebt wird. In Mirandas Assoziation von Ferdinand mit einem „spirit“ findet sich darüber hinaus ein impliziter Verweis auf die Genese der Liebesbeziehung, denn Ariel – unter der Leitung Prosperos – ist der Motor, der maßgeblich an der Zusammenführung des Liebespaares teilhat – eine Zusammenführung, die Prosperos Herrschaft über die vier Elemente schließlich perfektioniert: Letztlich beugen sich nicht nur die Luft (repräsentiert in Ariel), die Erde (in Caliban) sowie das Wasser und das Meer, das er beziehungsweise das Ariel in seinem

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Auftrag aufwühlt, Prosperos ausgeführtem Zauber, sondern auch die Liebe, auf die Shakespeare andernorts in Venus and Adonis als „a spirit all compact of fire“ (V. 149) verweist. Die Begegnung von Miranda und Ferdinand ist Liebe auf den ersten Blick oder vielmehr : Liebe auf den ersten spiritus. Mirandas Verzauberung von der göttlichen Erscheinung („But ’tis a spirit. […] I might call him / A thing divine, for nothing natural / I ever saw so noble“, 1.2.415 und 421 – 423) spiegelt sich in Ferdinand wider, der gebannt ist von Mirandas Schönheit, deren anmutige Erscheinung seine gesamte Aufmerksamkeit absorbiert: „My spirits, as in a dream, are all bound up“ (1.2.490). Im Gegensatz zu Miranda jedoch, deren Verwunderung angesichts einer sich vor ihren Augen neu formierenden Lebenswelt in eine naive Deutung des Schönen und Unbekannten als ,Geist‘ und übernatürliches Wesen mündet, erkennt Ferdinand die Kräfte, die auf ihn einwirken und ordnet sie korrekt zu. Sein Verweis auf die spirits, die Geister im Plural, deutet auf ein komplexeres Konzept von spiritus hin, das sich auf ein Wissen um Imaginationsprozesse gründet, von dem Miranda ausgeschlossen ist. Wie im Zustand des Schlafs, in dem die fünf Sinne ruhen und die spirits sich von weltlichen Wahrnehmungen lösen, vergisst der Prinz die Trauer über den Verlust von Vater und Freunden und tritt in eine Welt ein, in der das ,Wundervolle‘ (Miranda) regiert. Allein Prospero, in dem sich die Figuren des Künstlers, Wissenschaftlers und Magiers vereinen, überblickt den gesamten Prozess, da er mit den vielfältigen Formen des spiritus vertraut ist: er allein kann sie ,sehen‘, verstehen und dadurch beherrschen: „It works. […] / Thou hast done well, fine Ariel“ (1.2.497 f.). Wenngleich es Ariel war, der Miranda und Ferdinand zueinander führte, entzündet sich deren Liebe anhand weiterer spiritus.

6.

Der spiritus der Liebe und der Musik

Das Motiv der Liebe auf den ersten Blick, das in der Bannung der spirits durch Mirandas Erscheinung angedeutet wird, verweist auf eine Liebesfaszination, die durch Augenzauber und die hierüber generierte Infektion der spiritus induziert wird. „[…] fascination is ever by the eye. But yet if there be any such infection from spirit to spirit, there is no doubt but that it worketh by presence, and not by the eye alone; yet most forcibly by the eye.“17

17 The Philosophical Works of Francis Bacon, Bd. 2, S. 653.

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Wenngleich Francis Bacon neben dem Blick und der Emanationskraft des Auges auch der Aura eine Faszinationskraft zuschreibt und damit den spiritus als eine Kraft versteht, die zwischen Körperlichem und Geistigem sowie zwischen verschiedenen Körpern kommuniziert, bleibt die visuelle Infektion über die spiritus das Hauptmedium der Faszination. Eine ähnliche Beschreibung findet sich auch bei Agrippa von Nettesheim, der Faszination als „ein Bannen“ begreift, „das – vom Geiste des Zauberers [ex spiritu fascinantis] ausgehend – durch die Augen des Bezauberten bis zu dem Herzen desselben gelangt. Das Werkzeug der Bezauberung ist der Geist, d. h. ein gewisser reiner, heller, feiner, von der Wärme des Herzens aus dem reineren Blute erzeugter Dunst, der stets ihm ähnliche Strahlen durch die Augen aussendet. Diese ausgesandten Strahlen führen den geistigen Dunst mit sich. […] So schleudert das geöffnete und mit Lebhaftigkeit auf jemand gerichtete Auge nach der Schärfe seiner Strahlen, welche die Leiter des Geistes sind, dieselben nach den entgegenstehenden Augen und der vom Willen des Zauberers getriebene Geist trifft die Augen des Subjektes, dringt ein, nimmt von seinem Herzen Besitz und steckt als ein fremder Geist den Bezauberten an.“18

Auch in Shakespeares Stücken geht die stärkste Faszination vom Augenzauber aus: man denke etwa an das wundersame Serum der magischen Blume, mit der Puck in A Midsummer Night’s Dream kursiert, um Liebeszauber zu induzieren,19 oder an Olivia in Twelfth Night, die von der Erscheinung von Viola-cum-Cesario in den Bann gezogen wird. Im Gegensatz zu Miranda jedoch, die – wie Prospero erfreut bemerkt – unmittelbar von Ferdinand eingenommen ist („Poor worm, thou art infected“, 3.1.31), weiß Olivia um die Ansteckungsgefahr des spiritus: „Even so quickly may one catch the plague? Methinks I feel this youth’s perfections With an invisible and subtle stealth To creep in at mine eyes.“ (Twelfth Night, 1.5.265 – 268)

Hat sich der spiritus einmal Eintritt in den Körper verschafft, löst er dort eine Kettenreaktion aus. Die sensuellen Eindrücke werden über den spiritus dem Herzen kommuniziert und dort, wie es Thomas Wright beschreibt, in Affekte umgewandelt. Das Licht der Schönheit, das in der Liebe den spiritus infiziert und in den Körper des Liebenden, der sich in der Geliebten erkennt, eindringt, ist dabei von besonders hoher Intensität und erhitzt die spiritus, die entsprechend heftige Reaktionen im Körper hervorrufen – Reaktionen auf die die Zuschauer von Twelfth Night und The Tempest gleichsam zu Beginn eingestimmt werden. In der ersten Szene von Twelfth Night treffen wir den liebeskranken Orsino an, der gleich mehreren spiritus verfallen ist: 18 H.C. Agrippa von Nettesheim: De Occulta Philosophia, S. 63. 19 Vgl. S. Baumbach: „The Art of Physiognomy in ,A Midsummer Night’s Dream‘“.

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„If music be the food of love, play on, Give me excess of it that, surfeiting, The appetite may sicken and so die. That strain again, it had a dying fall. O, it came o’er my ear like the sweet sound That breathes upon a bank of violets, Stealing and giving odour […]. O spirit of love, how quick and fresh art thou That, notwithstanding thy capacity Receiveth as the sea“ (Twelfth Night, 1.1.1 – 11)

Der Geist der Musik beflügelt den Geist der Liebe und dringt in ähnlicher Manier subtil, aber beständig in den menschlichen Körper ein („like the sweet sound […] Stealing and giving odour“).20 Auch im Tempest spielt die Musik als bezaubernd-faszinierender spiritus eine tragende Rolle. Anders als Twelfth Night beginnt das Stück jedoch mit einem Donnerschlag, der nicht nur die Handlung in Gang, sondern auch die spiritus freisetzt. Entgegen den Erwartungen jedoch, vertreibt der Donner nicht den Traum und weckt die Schlafenden,21 sondern markiert den Einstieg in eine Welt, in der Geister und Magie regieren. Die Inversion eines bekannten Motivs deutet auf die Aufhebung bekannter Grenzen hin – zwischen Traum und Wirklichkeit, Imagination und Realität – und bereitet damit auch die Materialisierung der Geister vor. Das Donnern des Sturms wird in der zweiten Szene des ersten Akts schließlich in den Gesang und das Spiel von Ariel und den weiteren Geistern überführt, die unter Prosperos Regie stehen und Ferdinand auf die Insel geleiten: „Where should this music be? I’th’air, or th’earth? […] This music crept by me upon the waters, Allying both their fury and my passion With its sweet air. Thence I have followed it – Or it hath drawn me rather.“ (1.2.391 – 398)

Die Musik wird als süße Luft, „sweet air“, beschrieben, was auf den spiritus mundi der Insel im Allgemeinen und Ariel im Besonderen verweist, den Geist, der das Element der Luft repräsentiert, aber auf der Erde agiert. In diesem spiritus, der die Sinne verführt, deutet sich bereits der Topos der Faszination an, der die Begegnung von Miranda und Ferdinand entsprechend vorbereitet. Die Musik von Ariel, dem „spirit of music“22, und den weiteren nicht spezifizierten 20 Zum spiritus der Musik s. B. Smith: The Acoustic World of Early Modern England, sowie E. Minear : Reverberating Song in Shakespeare and Milton, insbesondere S. 140 – 164. 21 Wie etwa auf Lukians ,Insel der Träume‘; vgl. Lucian von Samosata, Sämtliche Werke, Bd. 4, S. 112. 22 R. Boughton: „Shakespeare’s Ariel: A Study of Musical Character“, S. 538.

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Geistern der Insel – den Gestalten, die Prospero als „such stuff / As dreams are made on“ (4.1.156 f.) bezeichnet – stellt ein weiteres Element in dem komplexen Spiel der spiritus dar, das neben der visuellen Ebene eine weitere, auditive Ebene für die Faszination der Geister in das Drama integriert. Beide Ebenen finden sich schließlich im Maskenspiel der Geister zu Ehren der Vermählung von Miranda und Ferdinand miteinander verschränkt, bevor mit diesem letzten Verweis auf die Präsenz der Musik im Stück Prosperos Abschied von der Insel eingeleitet wird. Zuvor jedoch nimmt das Spiel der spirits noch weitere, weltliche Dimensionen an.

7.

Die Pluralisierung der spiritus

Während Prospero in der Haupthandlung Ariel und über ihn die weiteren Geister der Insel dirigiert, greifen die Figuren der Nebenhandlung auf einen eigenen spiritus zurück, den sie zu beherrschen glauben und entsprechend zum Einsatz bringen können. Als Trinculo, der der gestrandeten Besatzung angehört, auf den scheinbar regungslosen Caliban trifft, dessen Erscheinung er nicht einordnen kann („What have we here, a man or a fish? Dead or alive?“ [2.2.23 f.]), zückt er eine Flasche Wein, um Calibans Geister wiederzubeleben, wobei ihm sein Kumpane Stefano zur Hand geht: „Stefano: Open your mouth. Here is that which will give language to you, cat. Open your mouth. This will shake your shaking, I can tell you, and that soundly.“ (2.2.78 – 80)

Gestärkt durch den wundersamen Trank findet Caliban nicht nur seinen Atem (spiritus), sondern auch seine Sprache wieder : „Caliban: These be fine things, and if they be not spirits. That’s a brave god, and bears celestial liquor. I will kneel to him.“ (2.2.108 – 110)

Die Assoziation von „spirit“ mit einem alkoholischen Getränk findet sich bereits in Ben Jonsons The Alchemist (1612), das ein Jahr vor The Tempest von Shakespeares Schauspielgruppe aufgeführt wurde.23 Dem Oxford English Dictionary zufolge gilt Jonsons satirische Komödie als Erstnachweis der Bedeutung von „spirit“ als „a liquid of the nature of an essence or extract from some substance, esp. one obtained by distillation; a solution in alcohol of some essential or volatile principle“24. Shakespeare gelingt in dieser Szene eine geschickte Verbindung multipler Wortbedeutungen – vom Atem (spiritus), zum Weingeist als 23 Ben Jonson, The Alchemist, 2.6.1: „He’s busy with his spirits, but we’ll upon him.“ The Selected Plays of Ben Jonson, Bd. 2, S. 65. 24 Oxford English Dictionary, „spirit“, Abschnitt 21a.

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spiritus vitalis, zur Beseelung oder inspiratio, und schließlich zu den ,guten Geistern‘, Trinculo und Stephano, die diesen „spirit“ zur Verfügung stellen, finden sich hier mehrere spiritus-Formen miteinander verknüpft. Diese Pluralisierung von spiritus bereitet zudem das Aufbegehren der drei Konspiratoren gegen Prospero vor, die sich als Außenseiter ihre eigenen spirits aneignen, um sich gegen ihren Gegner zu rüsten und zu einer Welt Zugang zu erhalten, die ihnen eigentlich verborgen bleiben soll und auch verbogen bleibt, da die Revolte letztlich scheitert. Für den geplanten Feldzug wird die Flasche zur Ikone: „Stefano: Here, kiss the book. [Trinculo drinks]“ (1.1.122). Die Szene bietet eine ironische Anspielung auf den Buchgelehrten Prospero („I loved my books“ [1.2.166]) und seine geheimnisvollen Werke, deren Verlust – laut Caliban – mit dem Verlust von Prosperos magischen Kräfte einhergehen würde: „Remember / First to possess his books: for without them / He is but a sot, as I am, nor has / One spirit to command“ (3.2.90 – 93). Wie das Verb ,possess‘ suggeriert, wird die Revolte zum exorzistischen Akt erklärt, der der Austreibung von Prosperos Geistern dient und für dessen Umsetzung sich das Dreigestirn Mut antrinkt, um die eigenen Geister zu beleben, bevor es sich zu Prosperos Behausung aufmacht. Während Ben Jonson die Doppelbedeutung des spirits zu satirischen Zwecken nutzt, um die in seinem Stück eingewobene Kritik an der Alchemie und okkulten Wissenschaften zu stärken und das Magische aus seiner (Bühnen-)Welt zu verbannen,25 scheint The Tempest ein anderes Ziel zu verfolgen. Zumindest scheitern Trinculo, Stefano und Caliban in ihrem Vorhaben: ihr Plan, Prospero vom Thron zu stürzen, wird durch die spirits des Magiers vereitelt, der Zauber des Tempest damit bewahrt und die Funktionstüchtigkeit der spiritus bestätigt. Indem es unterschiedliche Formen der Geister auf die Bühne bringt, miteinander in Beziehung setzt und auch gegeneinander ausspielt, wird das Theater zum Wissensraum, das bekannte spiritus-Konzepte nicht nur aufnimmt, sondern diese neu miteinander verbindet, mitunter sogar greifbar werden lässt und sie hiermit für das theatrum mundi wieder produktiv macht.

8.

Von der Theaterwelt zum Welttheater

Es ist schließlich der Magier selbst, der seine Insignien ablegt und Abschied nimmt von der Zauberwelt der Insel. Jedoch speist sich Prosperos Wissen um die Gesetze der Magie nicht in erster Linie – wie Caliban annimmt – aus magischen Büchern. Seine Macht währt nur, solange er auch seine Geister um sich versammelt hat. Als Prospero nach dem abgewendeten Sturm auf seinen Macht25 The Tempest, hg. V. Mason Vaughan und A.T. Vaughan, S. 63.

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bereich schließlich die Schiffbrüchigen vereint und – mit seinem Erzfeind Alonzo versöhnt – die Heimreise plant, als somit nicht nur in der Klangwelt der Insel, sondern auch unter den Charakteren Harmonie eingekehrt ist, schenkt der Magier Ariel die Freiheit. Daraufhin nimmt er Abschied von den anderen Figuren im Stück und wendet sich schließlich an das Publikum: „Now my charms are all o’erthrown, And what strength I have’s mine own, Which is most faint. Now ’tis true I must be here confined by you, Or sent to Naples. Let me not, Since I have my dukedom got, And pardoned the deceiver, dwell In this bare island by your spell; But release me from my bands With the help of your good hands. Gentle breath of yours my sails Must fill, or else my project fails, Which was to please. Now I want Spirits to enforce, art to enchant; […] As you from crimes would pardoned be, Let your indulgence set me free.“ (Epilog, V. 1 – 20)

Die Macht, den Magier aus seiner Rolle zu entlassen, liegt bei den Zuschauern, in ihrem Applaus, aber auch in ihrem „[g]entle breath“, der den Verlust eines Ariel in Teilen zu kompensieren vermag und ohne den Prospero seine Segel nicht setzen kann: „With the help of your good hands / Gentle breath of yours my sails must fill.“ Prosperos Appell markiert den Versuch, die Verbindung zwischen ihm und den Zuschauern, die im Welttheater gleichsam als „spirits“ agieren, ein letztes Mal zu bestärken und sie zugleich zu lösen, damit der Schauspieler aus seiner Rolle entlassen werden kann. Ein ähnlicher Appell, der die Grenze zwischen Bühnenwelt und Weltbühne aufbricht, findet sich in Shakespeares A Midsummer Night’s Dream (1595), das die Zuschauer ebenfalls in eine Geisterwelt einlädt, die sie mit Feen und Elfen konfrontiert, um sie schließlich wieder aus dem Zauber zu entlassen. Dort ist es Puck, der wie Prospero zum Ende vor das Publikum tritt und um Applaus bittet, jedoch ist seine Strategie eine andere: „If we shadows have offended, Think but this, and all is mended: That you have but slumbered here, While these visions did appear ; And this weak and idle theme, No more yielding but a dream, Gentles, do not reprehend. If you pardon, we will mend […]

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Give me your hands, if we be friends, And Robin shall restore amends.“ (A Midsummer Night’s Dream, Epilog, V. 1 – 16)

Puck bittet um ein wohlwollendes Urteil über die Schatten, die als Schlüsselkräfte der Imagination sowohl auf die immateriellen spiritus verweisen, als auch auf die Präsenz und Emergenz von Ideen, die im Stück freigesetzt wurden. Während Puck vorschlägt, das Stück einem Traum gleichzusetzen, räumt Prospero keine Möglichkeit der Trennung zwischen Publikum und Bühne ein. Vielmehr wird dieser Abstand den Zuschauern bereits im vierten Akt nach dem eingangs erwähnten Maskenspiel der spiritus verwehrt. Zwar wendet Prospero sich dort nicht direkt an das Publikum vor der Bühne, sondern an Miranda und Ferdinand, jedoch suggeriert die Spiegelung der theatralen Kommunikationssituation auf der Bühne, auf der Miranda und Ferdinand während des playwithin-the-play als Publikum fungieren, eine direkte Verbindung zu den Zuschauern im Theater: „These our actors, As I foretold you, were all spirits, and Are melted into air, into thin air, And, like the baseless fabric of this vision, The cloud-tapped towers, the gorgeous palaces, The solemn temples, the great globe itself, Yes, all which it inherit, shall dissolve, And, like this insubstantial pageant, faded, Leave not a rack behind. We are such stuff As dreams are made on, and our little life Is rounded with a sleep.“ (The Tempest, 4.1.148 – 158)

Zwar herrscht in der Forschung Uneinigkeit über den ersten Aufführungsort des Tempest – Andrew Gurr zufolge war es das erste Stück, das für das Blackfriars Theater verfasst wurde26 – das Publikum hätte jedoch die Anspielungen auf das Globe-Theater hier in jedem Fall erkannt. „[T]he great globe itself“, auf das Prospero verweist, bezieht sich allerdings nicht nur auf den Erdball und den runden Theaterbau und damit auf den Resonanzkörper und theatralen Wissensraum, in dem die Weltgeister auf die Bühne gebracht werden können, sondern auch auf die kleine Welt in den Köpfen der Zuschauer sowie deren memoria und imaginatio. Diese Assoziation findet sich auch andernorts bei Shakespeare, wie in Hamlet, wenn der Prinz schwört, die Begegnung mit dem Geist seines Vaters nicht zu vergessen, und dabei auf das „globe“ Bezug nimmt: „Remember thee? / Ay, thou poor ghost, while memory holds a seat / In this distracted globe“ (Hamlet, 1.5.95 – 97). Das „distracted globe“ bezeichnet einerseits eine Welt, die aus den Fugen geraten ist, andererseits verweist es auf die 26 Vgl. A. Gurr : The Shakespearean Playing Companies, S. 367.

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im Sturm der Impressionen abgelenkten Sinne. Beide Welten werden auf Shakespeares Bühne miteinander verwoben. Zum einen dient das Theater als Schauplatz imaginärer Vorgänge; zum anderen bietet es ein Model des menschlichen Wahrnehmungsapparats, das eine Erklärung liefert für die Frage, wie zeitgenössisches Wissen, Traditionen, Impressionen und Imaginationen kursieren und wie sie kommuniziert, begriffen und gespeichert werden können. Anknüpfend an Mary Thomas Crane lässt sich vor allem The Tempest als ein Stück lesen, das sich mit unterschiedlichen Kräften und (kognitiven) Energien auseinandersetzt, die über visuelle, verbale und auch taktile Formen von Wahrnehmung thematisiert werden: „The Tempest is preeminently a play about how ,energy‘ or force can be transmitted by visual displays (the disappearing banquet, the masque), by touch (cramps and pinches), and by sound (music, thunder, or other sound effects).“27

Shakespeare geht jedoch noch einen Schritt weiter, indem er die Träger und Vermittler dieser Energien als spiritus auf die Bühne bringt und über das Zusammenspiel der Geister und die Pluralisierung unterschiedlicher spiritusKonzepte das Augenmerk auf kognitive und emotionale Prozesse und Mechanismen lenkt, die in Prosperos Reich walten. Zieht man vergleichend ein Modell hinzu, das Wahrnehmungsprozesse anhand der Interaktion von spiritus verdeutlicht, wie etwa das Albrecht Dürer zugeschriebene caput physicum (1498), so lassen sich einige Parallelen zum Tempest konstatieren, die eine Lesart des Stücks als Theater der Geister oder auch Theater des Geistes untermauern. Ariel käme hierbei die Funktion des sensus communis und der imaginatio zu, die in diesem Modell ebenso eine Einheit bilden wie die fantasia und (vis) estimativa – die Urteilskraft, die von der Imagination getrennt ist und sich in der Figur des Prospero verorten lässt. Ariel scheint Aug und Ohr Prosperos zu sein, der ihn vor Gefahren ebenso warnt wie er ihm Bericht erstattet über die Geschehnisse zu Wasser und zu Land. Prospero dagegen kontrolliert diese Eindrücke und verwendet sie als Basis für sein weiteres Vorgehen. Während Prospero die Geschehnisse auf der Insel dirigiert, so ist Ariel die ausführende Kraft, ohne die der Magier machtlos wäre. Nicht allein, dass Ariels Körper kontinuierlich Metamorphosen unternimmt: der Luftgeist vermag es, Disharmonien im wahrsten Sinne des Wortes zu überspielen, Prosperos Pläne in die Tat umzusetzen und zwischen den Welten der rebellierenden Figuren, der Erzfeinde, der Liebenden und des Prospero zu changieren. Wenngleich der Magier Ariels Handlungen kontrolliert, besitzt er weder dessen Transformationsfähigkeit noch dessen ausgeprägte Sinne, profitiert jedoch von beiden. Die Rolle der memoria teilt sich Miranda mit dem Zuschauer : die naive 27 M.T. Crane: Shakespeare’s Brain, S. 182.

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Rezipientin stellt zu Beginn des Stücks eine Form der tabula rasa dar und nimmt in ihrer Unwissenheit über ihre eigene und Prosperos Geschichte und die auf der Insel wirkenden spiritus dieselbe Position ein wie das Publikum und erhält ihr Wissen über die Eindrücke und Geschichten, wie sie sich im Verlauf der Handlung entfalten. Eine einfache allegorische Deutung greift jedoch, wie bereits angedeutet, zu kurz, da sie dem vielfältigen Formenspiel eines Ariel und der Pluralisierung der spiritus, wie sie das Stück bietet, letztlich nicht gerecht werden kann. Dies deutet sich nicht zuletzt in der ironischen Inversion von Prosperos spiritus und der Beschwörung des Flaschengeists durch die drei Trunkenbolde an. Wie der gute Geist, der The Tempest belebt, sind die Geister, die dem Theater zugrunde liegen, vielfältig und – wie Ariel – auf die Partizipation und regulativen Fähigkeiten des Publikums angewiesen, ohne die das Stück nicht funktionieren kann. Dies deutet sich auch in Prosperos Appell an die Zuschauer an, ihn von der Insel zu entlassen, in dem zugleich die Aufforderung anklingt, selbst weiterzuziehen und den Magier damit freizugeben. Sein Zauber ist erloschen („Now my charms are all o’erthrown“ [Epilog 1]), seine Rolle erfüllt. Wenn er Alonso zum Ende des Stücks verspricht, ihm seine Geschichte zu erzählen („I’ll deliver all“, 5.1.317) – eine Geschichte, die – wie Alonso antizipiert – eine starke Faszinationskraft ausübt („I long / To hear the story of your life, which must / Take the ear strangely“, 5.1.315 – 317) – so ist dies eine Geschichte, die er mit dem Zuschauer bereits geteilt hat. Mit der Entlassung des spirit Ariel kommt das Projekt zum Stillstand. Gescheitert ist es jedoch nicht: „With the help of your good hands / Gentle breath of yours my sails / Must fill, or else my project fails“ (Epilog, V. 10 – 12). Was fehlt sind gütige Worte („gentle breath“) über den spirit, der hinter dem Schauspiel auf der Insel steht, und die an die „sweet air“ der Insel erinnern sowie der Applaus, der das Werk krönt und den Segeln des Prospero neuen Wind verleiht, um die Inspiration und Imagination kreativ weiterzuspielen. Was sich hier im Epilog andeutet ist die Aufhebung der Grenze zwischen theatrum und theatrum mundi. Der spiritus des Dramas kann letztlich nicht auf das Theater beschränkt bleiben, sondern will hinaus- beziehungsweise hineingetragen werden in die kleine und große Welt, das „globe“, der Zuschauer, die über die performative Dimension der Aufführung in dieselbe einbezogen werden und denen der spiritus der scheidenden Akteure gewissermaßen übertragen wird. Zurück bleibt die Aufforderung, das, was sie dort erlebt haben, weiterzudenken, weiterzuerzählen, weiterzutragen, hiermit den Geist des Shakespeareschen Dramas lebendig zu halten und an der conceptio spiritus aktiv mitzuwirken – in this distracted globe.

Shakespeares Theater der Geister: Spiritus-Konzepte in The Tempest

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Melanie Wald-Fuhrmann

Modell Orpheus: Die Erfindung des virtuosen Instrumentalisten aus den Bedingungen der Spiritus-Konzeption

Der folgende Text tritt gewissermaßen als ein Puzzle auf. Dessen Teile: zwei zentrale musikalische Praktiken – der improvisierte, begleitete Sologesang und das beginnende Instrumentalvirtuosentum –, die darauf rekurrierenden vielfach miteinander verschränkten (und verwechselten) ikonographischen Traditionen des Lautensängers und Lautenspielers und schließlich die neu belebte Faszination für den Orpheus-Mythos samt ihren diskursiven und kunstpraktischen Niederschlägen. Diese für sich jeweils bekannten, wenn auch unterschiedlich tief erschlossenen Phänomene der Musik- und Ideengeschichte werden hier derart zusammengefügt, dass das entstehende Bild Zusammenhänge zu illustrieren verspricht, die so bisher noch nicht gesehen wurden. Die dabei zu entwickelnden Perspektiven fügen sich in die generellen Fragen dieses Bandes nach Relevanz und spezifischen Ausformungen der frühneuzeitlichen Spiritus-Vorstellungen sowie im Besonderen nach ihren ästhetischen Funktionen im Poetischen wie Poetologischen ein. Den begleiteten Sologesang und die Entwicklung der solistischen, virtuosen und von Vokalformen unabhängigen Instrumentalmusik verbindet neben dem geradezu revolutionären solistischen Vortrag auch das verwendete Instrumentarium – akkordisch spielbare Saiten-Instrumente – und, wie zu zeigen sein wird, ein inspirierter, orphischer Habitus. Für die italienische Musik des 15. bis 17. Jahrhunderts stellen sie ebenso innovative wie intensiv diskutierte und rezipierte Musizierweisen dar. Dass sie von der Forschung noch nicht in demselben Maße aufgearbeitet wurden wie die zeitgleichen polyphonen Vokalformen Chanson, Madrigal, Messe und Motette,1 liegt in ihrer ästhetischen Charakteristik selbst begründet: Als sich wesentlich erst und nur in der Performanz 1 S. die jeweils nur kleinen entsprechenden Exkurse in Standarddarstellungen zur Musikgeschichte der Renaissance bei L. Finscher (Hg.): Die Musik des 15. und 16. Jahrhunderts, Teil 2, S. 441 – 448 (Sologesang) und S. 565 – 587 (Instrumentalmusik); R. Strohm: Rise of European Music, S. 103 und S. 543 – 551, oder L.L. Perkins: Music of the Renaissance, S. 849 – 866 (Preludial Genres and Instrumental Styles), ein Abschnitt zum improvisierten Sologesang existiert nicht.

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verwirklichende, teils rein improvisatorische, teils Vorlagen oder Melodieformeln ad hoc bearbeitende Genres bedurften sie keiner elaborierten Schriftlichkeit.2 Musikhistorisch und -analytisch auswertbare Quellen in Form von Notentexten fehlen also weitestgehend. Im besten Fall gibt es Transkriptionen der improvisierten Verse sowie literarische Beschreibungen des Verlaufs.3 Während sich jedoch das Instrumentalvirtuosentum fast von Anfang als ein Metier professioneller Musiker etabliert hatte und infolge dessen seit dem 16., vermehrt dann im 17. Jahrhundert doch noch ein Schrifttum, eigene Gattungen und Kompositionsformen ausbildete,4 blieb der Sologesang tendenziell eine spezifische Spielart höfischer und gelehrter Unterhaltung, ausgeübt vor allem von den Höflingen selbst sowie den an den Höfen beschäftigten Gelehrten, Humanisten und oratores. Erst gegen 1600, mit der Epochenwende von der musikalischen Renaissance zum Barock, wurde der begleitete Sologesang unter den Stichworten „recitar cantando“ und „Monodie“ von einer kulturellen und funktionalen Praxis zu einem Paradigma auch der komponierten Musik. Aufeinander beziehbar werden alle diese Komponenten vor allem durch Philosopheme und musische Praktiken Marsilio Ficinos. Breit bezeugt und gut kommentiert ist seine eigene Praxis, orphische Hymnen zur Lyra-Begleitung zu singen.5 Musik bzw. eben der von einem Instrument begleitete Sologesang spielen in Ficinos Spiritus-Theorien eine bekannt große Rolle, da Musik geformter Spiritus ist. Es dürfte hier genügen, gleichsam als Platzhalter auf das Kapitel 21 im dritten Buch von De vita zu verweisen, in dem davon am explizitesten gehandelt wird. Die diesem Beitrag zugrundeliegende These nun lässt sich in folgender Anordnung der genannten Phänomene ausdrücken: Das sich zunächst einmal aus einem erneuerten Interesse an antiken poetischen Praktiken und der Wirkmächtigkeit der „mousik¦“ heraus begründende solistische Singen und Rezitieren verkoppelte sich noch im 15. Jahrhundert mit dem Orpheus-Modell und gewann daraus Legitimität und hohes Sozialprestige. Der Legitimität bedurfte es, weil das eigentliche ästhetische Paradigma der damaligen Musik die kunstvolle Mehrstimmigkeit war. Und ein Defizit an Sozialprestige war deshalb auszugleichen, weil die Praxis eigentlich mit niedrigen Sozialsphären wie der mit2 Die Schlagworte in der Forschung lauten hierzu: „unwritten tradition“ (N. Pirrotta: „Music and Cultural Tendencies“) bzw. neuerdings „performativ tradiert“ oder „schriftunabhängig“; dazu: N. Schwindt: „Terminologische Reflexe“, S. 15; R. Wistreich: „Brancaccio“; W.F. Prizer : „Secular Vocal Music“; L. Lockwood: Ferrara, S. 103 – 105. 3 Quellen dafür bei F.A. Gallo: Music in the Castle, chapter 3, S. 71 – 73. 4 Zur Entwicklung der solistischen Instrumentalmusik auf akkordischen Instrumenten (v. a. Lauten und Tasteninstrumenten) s. A. Edler : Gattungen der Musik für Tasteninstrumente. 5 „Orphei hymnos exposuit, miraque ut ferunt dulcedine ad lyram antiquo more cecinit.“ G. Corsi: Vita Marsilii Ficini, S. 6, Appendix I, in: R. Marcel (Hg.): Marsile Ficin, S. 682.

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telalterlichen Spielmannstradition und Erscheinungen der italienischen Populärkultur wie dem Cantimbanco, Cantastorie oder Improvvisatore verbunden war. Diese Entwicklung wurde dann von Ficino in das medizinisch-magische Konzept des Spiritus und seiner heilsförderlichen Pflege und Übung eingebunden und dadurch weiter befördert, zugleich auch produktions- wie wirkungsästhetisch noch einmal deutlich aufgeladen. Das enorme Wirkpotenzial, das der Musik dabei mehr und mehr zuwuchs, machten sich schließlich diejenigen zu eigen, die bislang keine Hauptrollen in der Musikgeschichte gespielt hatten, da ihr Repertoire und ihre Praxis schriftlos oder an die Vokalmusik gebunden waren: die Instrumentalisten. Sie banden erstmals in der nachantiken europäischen Musikgeschichte die Wirkkraft der Musik von einem zugrundeliegenden Text los und entwickelten ein tatsächlich entfesselt zu nennendes Repertoire genuin instrumentaler Werke, in deren Mittelpunkt die Konzepte (und Gattungen) von „Fantasia“, „Capriccio“ und ingeniöser Inventio stehen. Insofern sollen die folgenden Darstellungen auch ein wenig Licht auf die Entstehung solistischer Instrumentalmusik werden, bei allen gebotenen Vorbehalten gegenüber dem Versuch, ästhetische Innovationen rein kulturhistorisch zu „begründen“ oder abzuleiten. Wie eine Bildsysnthese dieser Deutung nimmt sich das berühmte Frontispiz von Luis Mil‚n Lehrwerk Libro de mfflsica de vihuela de mano intitulado el maestro von 1535 aus (Abb. 1).6 Orpheus ist hier als Spieler auf der Vihuela dargestellt, dem zentralen Instrument der spanischen virtuosen Instrumentalmusik, ein Orpheus, der nicht mehr singt – sein Mund ist demonstrativ geschlossen –, aber auch als Instrumentalvirtuose noch bezaubernd und zähmend auf Tiere einwirkt und – in einer Mythenkonflation mit Amphion – Städte und Zivilisationen begründet.7 Zunächst aber einige Worte zum Forschungsstand: Die meisten Versatzstücke dieses Puzzles sind gut erforscht – Ficino als Musiktheoretiker und Sänger,8 der Orpheus-Mythos in der Renaissance,9 das schriftlose Singen und Spielen,10 die 6 Gedruckt Valencia 1535. 7 Zu diesem Holzschnitt s. R. Harmon: „Milan’s Orpheus Woodcut“. Die gleiche Programmatik liegt auch Miguel de Fuenllanas Orphenica Lyra (Sevilla 1554), einer weiteren Sammlung mit solistischer Vihuela-Musik, zugrunde. 8 Nachdem als erster P.O. Kristeller auf Ficinos Verhältnis zur Musik hinwies („Music and Learning“, zur Musik S. 269 – 272), war es v. a. D.P. Walker, der hierzu gründlicher forschte: „Ficino’s Spiritus“, „Orpheus“, „Le chant orphique“; ferner J. Warden: „Orpheus and Ficino“; sowie die einschlägigen Passagen in G. Tomlinson: Music in Renaissance Magic, auch P. Gozza: „Platone e Aristotele“. Eine umfangreiche monographische Darstellung aller relevanten Aspekte bei A. Voss: Music, Astrology and Magic. 9 Aus der reichen Literatur dazu sei hier nur stellvertretend auf A. Buck: Der Orpheus-Mythos; S. Ferrarese: Le metamorfosi del mito di „Orfeo“, sowie den Band J. Warden (Hg.): Orpheus, hingewiesen.

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Abb. 1: Luis Mil‚n: El Maestro, Frontispiz – angeordnet zwischen Vorwort und Notenteil – mit Orpheus als Vihuela-Spieler (Die Umschrift lautet: „El grande Orpheo / primero inventor / Por qui¦n la vihuela / paresce en el mundo / Si el fue primero / no fue sin segundo / Pues dios es de todos / de todo hazedor.“).

zunehmende Rolle der Fantasia als ästhetischer Schlüsselbegriff.11 Doch sind zwei Desiderate zu konstatieren: Einerseits schauen die Historiker des Sologesangs und der Instrumentalmusik nicht über die praktischen und didaktischen Quellen der Musik hinaus. Der orphische Habitus vieler Musiker und Rezitatoren wird meist nur recht oberflächlich als Topos und sich zunehmend abnutzendes Bildungszitat behandelt.12 Die ja durchaus dringlichen Fragen, welche geistesgeschichtlichen Impulse zur Entwicklung einer so quer zu allem bisherigen stehenden Musikform beitrugen und welcher performative Impetus damit erzielt werden sollte, bleiben daher ungestellt. Andererseits zeigen diejenigen, die sich mit den literarischen und philosophischen Zeugnissen dieser An10 Ein Überblick bei R. Strohm: Rise of European Music, S. 543 – 551. Ferner: J. Haar : „Arie per cantar stanze ariostesche“; F.A. Gallo: Music in the Castle, Kapitel 3; R. Wistreich: „Brancaccio“; E. Haraszti: „La technique des Improvisateurs“. 11 M. Kemp: „From ,Mimesis‘ to ,Fantasia‘“; S. Bailin: „Invenzione e Fantasia“; in der Musik: M. Reimann: „Zur Bedeutung des Begriffs Fantasia“. 12 So etwa bei S. Leopold: Al modo d’Orfeo. Das Buch trägt die Orpheus-Imitation der Solosänger zwar im Titel, thematisiert das aber nicht weiter.

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schauungen beschäftigen, kaum Interesse an eventuellen Reflexen dieser so sehr auf die Praxis und Umsetzung angelegten Vorstellungen in Musikleben und Kompositionspraxis. Das Gegenstück zum orphischen Habitus der Musiker, nämlich die orphische Leitmotivik in den enkomiastischen Gedichten auf Musiker, interessierte bislang nur in ihrer Rückbindung an antike Dichtungstraditionen, also ebenfalls nur als Topos.13 Die Ficino-Forschung hat seine eigene orphische Praxis stets nur aus seinen Schriften heraus gedeutet.14 Daniel Walker ging zwar einer Rezeption von Ficinos Gedanken zur Musik nach, konsultierte dafür aber einzig das Musikschrifttum und blieb hier weitgehend ergebnislos.15 Einzig Angela Voss setzte sie in einen Bezug zur zeitgenössischen (norditalienischen) Musikpraxis der Improvvisatori.16 Ganz im Sinne Ficinos und der Fragestellungen dieses Bandes sei daher hier die Spekulation auf ihr Praktikabilitätspotential untersucht mit der Frage, wie und warum Orpheus das Singen aufgab und der Geist in die Virtuosenmusik fuhr. So wird man am Ende vielleicht auch etwas klarer sehen, ob und wie Ficinos Überlegungen zur Musik dem Zeitgeist entsprachen und auch den Musikpraktikern Anschluss-Stellen boten.

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Orpheum superans: Pietrobonos Singen und Spielen

Es war der Venezianer Leonardo Giustiniani (ca. 1383 – 1446), der zu Beginn des 15. Jahrhunderts den gelehrten Dichtungsvortrag all’antico, als textlich-musikalische Improvisation über Vers- und Melodieformeln, im wahrsten Sinne des Wortes hoffähig machte.17 Auch seine soziale Typologie – Aristokrat und Politiker, Humanist und Dichter-Musiker – setzte Maßstäbe. In dichter Formation folgten ihm improvvisatori, oratori und Sänger-Lautenisten wie Benedetto Gareth (ca. 1450 – 1514), Serafino dall’Aquila (1466 – 1500), Ludovico Carboni, 13 Zu den Lobgedichten von Guarino Veronese und seinen Schülern auf Ferrareser Musiker und v. a. Pietrobono s. D. Restani: „Imagines“. 14 Für die musikalische Rezeption Ficinos in Deutschland hat sich immerhin G. McDonald interessiert (G. McDonald: Marsilio Ficino in Germany). 15 D.P. Walker : „Ficino’s Spiritus“, S. 149 f. 16 A. Voss: Music, Astrology and Magic, S. 309 – 328. 17 Zu der durch Giustiniani begründeten Tradition s. L. Finscher (Hg.): Die Musik des 15. und 16. Jahrhunderts, Teil 2, S. 441 f. Posthum erschien eine gedruckte Auswahl seiner Dichtungen zusammen mit (wohl nicht von ihm stammender) Musik: L. Giustiniani: Comincia el fiore de le elegantissime canzonete del nobile homo misier Lunardi Iustiniano. Die zwei wichtigsten Handschriften seines Canzoniere liegen der Ausgabe von B. Wiese zugrunde: Poesie edite ed inedite di Lionardo Giustiniani. Wie einige andere der frühesten improvvisatori war Giustinian Schüler des Humanisten Guarino Veronese, dessen Beschäftigung mit Timotheus – dem Hofmusiker Alexander des Großen – u. a. Alberto Gallo für den Startpunkt dieses Interesses hält; s. Music in the Castle, S. 70 – 72.

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Antonio di Guido, Aurelio (1454 – 1497) und Raffaele Brandolini (ca. 1465 – 1517), Atalante Migliorotti (1466 – 1532), Baccio Ugolini, aber auch Lorenzo de Medici, Leonardo da Vinci und Marsilio Ficino. Der vielleicht berühmteste unter diesen, womöglich gar unter sämtlichen italienischen Musikern der Zeit war Pietrobono de Burzellis, genannt del Chitarino (ca. 1417 – 1497).18 Als Musikerzieher des jungen Leonello d’Este nach Ferrara gerufen – also von einfacher Herkunft und professioneller Musiker –, machte er v. a. unter dessen Nachfolger Borso Karriere und Ferrara zu einem Zentrum dieser Musikpraxis noch vor Neapel oder Florenz. Auch die anderen italienischen Höfe bemühten sich intensiv um ihn. Er wurde fürstlich bezahlt (schon um Abwerbungen zu verhindern), von namhaften Dichtern besungen,19 konnte sich eigens auf ihn geprägter Medaillen20 – dieser so wichtigen Ehrenwährung der Renaissance – rühmen und wurde schließlich gar in den Adelsstand erhoben. Zwar spielte er auch in Ensembles mit. Gepriesen und erinnert wurde er indes für seinen Vortrag von Dichtung zur eigenen, improvisierten Begleitung auf der Laute (dem sogenannten „chitarino“), die er auch solistisch spielte. Wenn auch kein einziger Notentext von seinem Spielen zeugt, vermitteln die außergewöhnlich zahlreichen literarischen Zeugnisse, die Chronisten, Epiker, Dichter, Humanisten und Musiktheoretiker zu seinem Ruhme verfassten, doch eine Ahnung von seiner Kunst und seinen Auftritten und dokumentieren v. a. Rezeptions- und Deutungsweisen. Im Mittelpunkt steht dabei jeweils die OrpheusIdee steht. So heißt es auch auf der Umschrift der Medaille: „Petrus Bonnus Orpheum superans“21. Typisch für dieses Corpus ist der mit „Laudes Petri boni cythariste“ überschriebene Passus aus dem neunten Buch von Antonio Cornazzanos 1459 fertiggestellter Sfortiade.22 Die Szene beschreibt Pietrobonos Vortrag bei den Hochzeitsfeierlichkeiten von Francesco Sforza. Cornazzano steuert in einer Reimkette von „deo“ über „el primo cithareo“ direkt auf das topische Vorbild „Orpheo“ zu, um dann fortzufahren: 18 Zu seiner Biographie s. L. Lockwood: Ferrara, S. 98 – 102. Sowie E. Haraszti: „Pierre Bono“. 19 Bei E. Haraszti: „Pierre Bono“, S. 83 f., Abdruck des lateinischen Epigramms von Filippo Beroaldo. Bei F.A. Gallo: Music in the Castle, S. 114 – 135, die Dichtungen Aurelio Lippo Brandolinis auf Pietrobono. N. Pirrotta: „Music and Cultural Tendencies“, S. 149 f. P. Cortese über Pietrobono in: De Cardinalatu. 20 Erhalten hat sich diejenige von Giovanni Bold¾ aus dem Jahre 1457. Zu Bold¾s zwei Musikermedaillen und ihrer Rhetorik s. N. Guidobaldi: „Le mythe du ,nouvel Orph¦e‘“. 21 Bold¾ 1457, in: C.A. Rudolphi: Recentioris aevi numismata, dort noch irrtümlich als Bildnis des Petrus Bonus Avogari aus Ferrara identifiziert. 22 Das Werk existiert nur handschriftlich in Paris, BibliothÀque nationale, nouv. acq. 1472; der Passus über Pietrobono folio 106 verso – 107 verso, abgedruckt und kommentiert bei N. Pirrotta: „Music and Cultural Tendencies“, S. 144 – 146.

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„Quest’un gi— puote col percosso nervo svegliar gli corpi nelle sepolture, et adolcire ogn’animo protervo; gli attracti sensi da tucte altre cure subvertir puote e con sue voci liete fermar gli fiumi e dar strada a le mure. Quasi ebriati nel fonte di Lethe trava a sÀ i cor la man s‡ dolc’e dotta e convertia ciascun a Anaxarethe.“

Die hier in dichter Folge aneinandergereihten Motive knüpfen an die überlieferten Orpheus-Geschichten an, übertreffen sie aber zugleich durch jeweils ein antithetisch gesetztes Pendant. Das „cantare in cetra“ meint hier mithin nicht nur den antikischen Bildungshabitus des Dilettanten, die Laute in der Hand. Es steht vielmehr für die Fähigkeit, mit der unwiderstehlichen, magisch-hypnotischen Gewalt der Klänge auf Hörer einzuwirken, sie gleichsam gegen ihren Willen und ohne ihr Mittun in jeden beliebigen Affekt und Zustand versetzen zu können. Cornazzano unterstreicht das im Fortgang, indem er beschreibt, wie Pietrobono seinen epischen Vortrag erst zu einem „languido finire“ gebracht habe, dessen Melancholie sich auf die Hörer übertragen habe, um dann, in plötzlichem Neuansatz, die traurige Runde zum Tanzen zu reizen. Wenn der Autor es hier auch bei der phänomenologischen Konstatierung belässt, so leidet es doch keinen Zweifel, dass diese ihre Plausibilität vor dem Hintergrund eines angenommenen psychophysischen Wirkmechanismus entfaltet, in dem der spiritus die entscheidende Rolle spielt. So nennt er als die Ziele der Wirkung „corpi“, „animo“, „sensi“, „cor“, mithin die Stationen der menschlichen Konstitution von festen bis zum feinsten Stoff, die nur die spiritus miteinander verbinden und aufeinander beziehen können. Dieser berühmte Passus führt aber noch auf eine zweite Spur : Denn völlig gegen die zu erwartende Fixierung scheinen es nicht die von Pietrobono gewählten Themen und Texte oder sein Singen, die für die Wirkungen in letzter Instanz verantwortlich sind, sondern das begleitende Lautenspiel: Dezidiert sind in dem oben angeführten Zitat als Ursache der wunderbaren Wirkungen der „percosso nervo“ sowie „la man s‡ dolc’e dotta“ identifiziert. An anderer Stelle heißt es sogar ebenso knapp wie hyperbelhaft: „chi vole passar di un mondo all’altro, / odi sonare Pietrobono“, wobei „sonare“ das typische Wort für das Instrumentalspiel im Gegensatz zu „cantare“ (singen) ist.23 Auch der spätere Vergleich mit Amphion führt als tertium comparationis über „la cava testude“. Und der einzige konkretere Abschnitt zur Musik behandelt nicht Pietrobonos Gesang, sondern seine Spieltechnik: Ob man die „semitoni“, das „proportio23 Diese Beobachtung bereits bei L. Lockwood: Ferrara, S. 99.

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nando e sincoppando sempre“ sowie die imitatorische Nachahmung der Hauptstimme durch den begleitenden Tenorista allzu dokumentarisch nehmen darf, ist unklar. Immerhin sollen diese termini technici, die insgesamt auf expressive Halbtonschärfungen, kompliziert-kunstvolle Rhythmik und polyphone Stimmvermehrung verweisen, wie sie zur komponierten Musik der Zeit gehörten, offenbar den Eindruck großer spielerischer wie inventiver Virtuosität vermitteln. Dadurch legt Cornazzano zumindest nahe, dass Pietrobono improvisierend dem Kunstanspruch der polyphonen, schriftlichen Praxis schon recht nahe gekommen sei. In diesen Topos-Teppich sind indes auch einige implizite Argumentationen eingewoben, die poetologische und wirkungsästhetische Überzeugungen preisgeben. Einerseits spielt „nervo“ mit der gängigen Doppelreferenz auf Saite und Nerv und fasst damit in einem Wort die dahinter liegende Überzeugung von der sympathetischen Übertragungsweise von Musik zusammen. Die Schwingungen der angezupften Saite übermitteln sich direkt den Nerven, also den Empfindungsorganen des Hörers und bringen diese auf gleiche Art zum Schwingen. Ficino wird diese Analogie zwar auf die Ebene der Luft – die korrespondierenden Systeme sind hier die durch einen musikalischen Impuls in Schwingung versetzte Luft und die innere Luft des spiritus – versetzen, ansonsten aber treu replizieren.24 Andererseits insinuiert Cornazzano mit der Formulierung „la man s‡ dolc’e dotta“ die poetologische Bedingung für eine glückende Übertragung: Sinnliche Qualität (dulcis) und Theorie (docta) müssen zusammenkommen, damit die Musik solche orphischen Wunderwirkungen hervorbringen kann. Deshalb liegt der Fokus nicht auf der leiblichen Unmittelbarkeit der Stimme, sondern auf der „gelehrten“, vermittelten Kunstfertigkeit der Hand.25 Zwar ist der Topos der „docta manus“ eher aus der Kunstgeschichte bekannt, wo mit seiner Hilfe die – so Martin Warnke – „Vergeistigung des Handwerks“ und Nobilitierung des bildenden Künstlers betrieben wurde.26 Doch teilten Malerei und Instrumentalspiel die Herkunft aus den niederen artes mechanicae, welche die „Zerebralisierung der Hand“27 offenbar vergessen lassen sollte und konnte. Während aber in der Kunstgeschichte die gelehrte Hand oft im Kontext einer Defizitdiagnose aufgerufen wird – das berühmteste Beispiel stellt Dürers Distichon unter seinem Porträtstich Melanchthons von 1526 dar : „Viventis potuit Durerius ora Philippi. / Mentem non potuit pingere docta

24 Etwa M. Ficino: Opera omnia, Bd. 1, S. 178: „aereus auris spiritus“; s. zu diesem Wirkmechanismus D.P. Walker : „Ficino’s Spiritus“, S. 135 f. 25 Pietrobonos „docta manus“ wird auch im Epigramm von Filippo Beroaldo genannt (E. Haraszti: „Pierre Bono“, S. 83 f.). 26 M. Warnke: „Der Kopf in der Hand“, besonders S. 112 – 119. 27 Ebd., S. 112.

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manus.“28 –, ist davon in Bezug auf Pietrobonos Lautenspiel keine Rede. Künstlerisch-virtuose Handlung und Vermittlungsobjekt passen direkt zusammen. Die möglichen religiösen, chiromantischen und magischen Assoziationen, welche der Koppelung der Hand an den Geist ursprünglich ihre poetologische Attraktivität verliehen haben dürften, wie Warnke vorschlägt,29 scheinen mit Bezug auf die unkörperliche Musik noch viel plausibler. In einer Beschreibung wie derjenigen Cornazzanos, die die antiken Geschichten zur musikalischen Wirkung noch einmal durch ein ganzes Arsenal des Wunderbaren und Magischen verdichtet und hypertrophiert, treten sie direkt in Erscheinung. Zugleich bringt die Allianz von Hand und Kopf aber auch die im Zentrum der SpiritusLehren stehende Überzeugung von der Einkörperung seelischer Tätigkeiten und Konzepte zum Ausdruck. Die Stimme als Expressionsorgan von spiritus, sensus und intellectus wird damit in der Tendenz entbehrlich. Wenn Warnke schließlich den „Kult um die Hand“30 mit einer Zunahme der technischen Fertigkeiten der Maler, ihrer Kunstfertigkeit und Virtuosität in Verbindung bringt sowie mit der sich v. a. im Manierismus bemerkbar machenden Tendenz zur Generierung eines ästhetischen Überschusses und zur Verabsolutierung des Technischen,31 dann beschreibt er damit einen Geschmackswandel, der sich in der Musik bereits um die Mitte des 15. Jahrhunderts abzeichnet. So begründet Filipo Beroaldo in seinem Epigramm auf Pietrobono die in zehn Versen entwickelte Ansicht, Pietrobono übertreffe sämtliche antike Musiker bin hin zu Apollo, mit einem Verspaar, in dem er ausschließlich seine Virtuosität beschreibt: „Hic celeri dulces percurret pollice nervos / Et movet artifici nobilitate manus.“32 Auch danach folgt keine der klassischen Wirkungsbeschreibungen. Beroaldo bleibt bei den Saiten und dem Korpus des Instruments, ehe auch er „Petri docta manus“ erwähnt. Ein vergleichbarer Aufbau liegt dem Beginn von Aurelio Lippo Brandolinis De laudibus musicae et Petriboni libellus von 1473 zugrunde.33 Nach Dutzenden, die Erwartung hochschraubenden Versen lässt der Dichter endlich Pietrobono selbst vor seinem Publikum erscheinen: „Pende animo, citharam laeva decurrat ut omnem, transigat ut celeri fila sonora manus. Hic digitos voltitare simul moraberis omnes, 28 Dazu L. Schmitt: „,Mentem non potuit pingere docta manus‘“, sowie L.O. Larsson: „Sprechende Bildnisse“, S. 47 f. 29 M. Warnke: „Der Kopf in der Hand“, S. 114. 30 Ebd. 31 Ebd., S. 114 und S. 119. 32 Das gesamte Epigramm bei E. Haraszti: „Pierre Bono“, S. 83 f. 33 Vollständig lateinisch und englisch bei F.A. Gallo: Music in the Castle, S. 118 – 129.

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inque locis unam tot simul esse manum. Nunc ruit ad summam fidium, nunc currit ad imam, summaque nunc digitis, nunc tenet ima lyrae. Quin iures haud illi unam esse manumve lyramve, mille volare manus, mille sonare lyras.“34

So intensiv dieser Passus Finger und Hand Pietrobonos evoziert und preist, ist Brandolini damit doch noch nicht am Ende seiner Beschreibung. Es folgen weitere sieben Distichen, die der Virtuosität der rechten Hand – die mit dem Plektrum die Saiten anzupft – sowie ihrem Wechselspiel mit der Linken gewidmet sind. Und auch die Passagen zu den „numeri“, „carmina“ und „modi“, die er spiele, zu seiner Performance und dem Ablauf eines Vortrags fixieren sich immer wieder auf die Tätigkeit der Hände. Aber auch Brandolini stellt einen Bezug zur orphisch-inspiratorischen Praxis her, indes nicht durch das Herbeizitieren von Wunderwirkungen, sondern durch eine entsprechende Deutung des Habitus und andere Hinweise: So mündet die Beschreibung seines immer schneller, intensiver und komplizierter werdenden Spiels in das Verspaar „nunc furit insano perrumpens pectine chordas / torrentisque modo fila per ipsa ruit“.35 Mit „furiare“ und „insanus“ sind Schlüsselwörter der platonischen Inspirationspoetik genannt, die Ficino in seinem Konzept der furores mit dem orphischen furor poeticus im Mittelpunkt neu aktualisiert hatte. Diese werden durch einige andere Stellen ergänzt und in ihrem Hinweischarakter präzisiert: In der Imagination von Pietrobonos Schaffung durch Gottes eigene Hände etwa werden besonders seine gottgleichen Seelenund Geisteskräfte betont: „animam divina luce creatam“, „perspicuum“, „fortemque animum“ und natürlich „ingenium“.36 Die konkrete Beschreibung seines Spiels leitet eine Adhortatio eines jeden „Musarum incensus amore“ ein.37 Und an späterer Stelle versucht Brandolini, Pietrobonos Spiel als ständiges Balancieren zwischen der Befolgung und Überschreitung der Kunstregeln und -formen zu fassen, als dauernde Variation, Rekombination und Invention, wie es ebenfalls für Ästhetiken – und Praktiken – des inspirierten Schaffens topisch ist.38 Mit ihrem spezifischen Blick auf Pietrobonos Praxis und der Deutung seiner Virtuosität waren Dichter wie Cornazzano und Brandolini ausgesprochen erfolgreich: Der Lautenist fungierte nicht nur bis in das 17. Jahrhundert hinein als Exemplum für neuzeitliche Wundertaten auf der Leier, sondern war bereits im frühen 16. Jahrhundert, so etwa in Paolo Corteses De Cardinalatu libri tres, 34 35 36 37 38

A.L. Brandolini: De laudibus, V. 79 – 86, zitiert nach F.A. Gallo: Music in the Castle, S. 122. V. 129 f., zitiert nach ebd., S. 124. V. 45 – 49, zitiert nach ebd., S. 120. V. 77, zitiert nach ebd., S. 122. S. etwa die V. 133 – 166.

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endgültig zu einem Begründer der von Text und vokalen Formen unabhängigen modernen Instrumentalpraxis avanciert, wenngleich diese immer noch als „renovatum“, als erneuerte Antike behandelt wurde.39 „Orpheum superans“ – so Bold¾ auf seiner Münze für Pietrobono –: Das konnte in der typischen Aemulatio-Denkfigur der Renaissance seit dem 15. Jahrhundert folglich auch und gerade für Instrumentalvirtuosen gelten. Die an Pietrobono erprobte und ausgearbeitete Rhetorisierungsstrategie wurde umstandslos auf seine Kollegen und Nachfolger wie Serafino dall’Aquila oder die Familie Dalla Viola übertragen.

2)

Orpheus redivivus: Ficino und die Lira da braccio

Für Ficino hingegen war zur selben Zeit die Identifikation mit Orpheus weitaus wichtiger als dessen topische Überbietung.40 An die Stelle der Aemulatio treten hier die getreue Imitatio und Einfühlung. Das wird sowohl an dem berühmten, Ficino und sein Lyra-Spiel betreffenden Passus aus Lorenzo de’ Medicis Altercatione deutlich („una nuova voce a s¦ gli trasse / da pi¾ dolci armonia legati e presi. / Pensai che Orfeo al mondo ritornasse.“41), wie etwa auch bei Naldo Naldi, der Ficino zur Wiedergeburt von Orpheus machte („Marsilius donec divina e sorte daretur / indueret cuius membra pudica libens. / Hinc rigidas cythara quercus et carmine mulcet / atque feris iterum mollia corda facit.“)42. Auch andere Autoren, etwa Poliziano, Corsi oder Pannonius assoziierten Ficino stereotyp mit der Leier und dem Gesang „antiquo more“. Seine Praxis wird sich dabei kaum von der anderer, nicht-professioneller Solosänger unterschieden haben. Die Betonung seiner Re-Inventio – bei Pannonius heißt es etwa: „Antiquum cytharae sonum et cantum et carmina Orphica oblivioni prius tradita luci restituisses“43 – muss daher, denkt man an die Praxis von Giustiniani oder Pietrobono, als wohl wissentliche Übertreibung beurteilt werden. Stich hält sie aber insofern, als mit der Referenz auf Orpheus hier nicht nur eine allgemein antikisierende Musizierpraxis gemeint ist, sondern spezifisch diejenige der orphischen Hymnen.44 Das Element der Virtuosität trat dabei hinter dasjenige

39 P. Cortese: De Cardinalatu, liber II, folio 74 verso (fälschlich als LXXX gedruckt); Faksimile des ganzen Kapitels bei N. Pirrotta: „Music and Cultural Tendencies“, S. 146 – 152. 40 Dazu A. Voss: „The Musical Magic of Marsilio Ficino“. 41 L. de’ Medici: Altercatione, capitolo 2.2 – 4. 42 Supplementum Ficinianum, hg. P.O. Kristeller, Bd. 2, S. 262. 43 M. Ficino: Opera omnia, Bd. 1, S. 871. Weitere Stellen bei A. Voss: „The Musical Magic of Marsilio Ficino“, S. 277, (eine ausführlichere Version davon in ihrer Dissertation Music, Astrology and Magic, S. 288 ff.). 44 Diese Geschichtskonstruktion teilte auch Ficino, wie etwa sein oft zitierter Brief an Paulus de Middleburg nahelegt: „Hoc enim seculum tanquam aureum, liberales disciplinas ferme iam

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einer angemessenen Begleitung als wirkungsvoll angesehener Dichtungen zurück. Das Ziel war weniger die Beeinflussung eines Zuhörers, als die der eigenen Seele und des eigenen Geistes, in den Worten Daniel Walkers: „that of purifying body, spiritus and soul, for a life of contemplation which shall achieve knowledge of, and union with, God“.45 Die Induzierung von „furor“ stand dabei – neben der psychohygienischen und medizinischen Verwendung – im Mittelpunkt der Florentiner Diskurse um diese Praxis.46 In dem für Ficinos Ästhetik typischen Reziprozitätsdenken können durch das getreue Nach-Spiel der von Orpheus im Zustand vierfachen Furors gedichteten Hymnen eben dieselben Furores im Spieler verursacht werden.47 Aber hier soll es nicht um diese sattsam erforschte magisch-diätetische Praxis gehen, sondern um das Instrument, dessen Ficino sich dabei bediente. In Florenz nannte man das offenbar zusätzlich mit einem Orpheus-Bild verzierte Instrument „Orphica lyra“48 und reklamierte damit Authentizität im Sinne einer getreuen ,historischen Aufführungspraxis‘. Man wäre also versucht, an einen Leier-Nachbau oder eine kleine Harfe zu denken. Das scheinen die wenigen schriftlichen Hinweise auf die Spielpraxis zu bestätigen: der Spielvorgang wird als „percutere“ oder „pulsare“, also schlagen im Sinne von zupfen, bezeichnet und man bediente sich eines Plectrums.49 Definitive Informationen über das Aussehen und den klassifikatorischen Typ des Instruments lassen sich aus den literarischen Zeugnissen jedoch nicht ableiten, da sie völlig im antiken lateinischen Sprachgebrauch bleiben. Die „Lyra“ indes, die im Italien des 15. Jahrhunderts noch vor der Laute das beliebteste Instrument zur Begleitung von Rezitationen und Sologesang war und immer wieder umstandslos als das Instrument des Orpheus präsentiert wurde, ist kein Zupf-, sondern ein violinähnliches Streichinstrument, die Lira da braccio.50 Die Abbildung 2 zeigt Form und Spielweise gemeinsam mit dem Orpheus-Bezug: Der fast flache Steg ermöglichte außer dem melodischen auch das für eine solistische Begleitung unabdingbare akkordische Spiel. Die sieben

45 46 47 48 49

50

extinctas reduxit in lucem, grammaticam […], antiquum ad Orphicam Lyram carminum cantum. Idque Florentiae.“ (M. Ficino: Opera omnia, Bd. 1, S. 944. D.P. Walker : „Ficino’s Spiritus“, S. 132. Berichte über die erfolgreiche Induzierung von Furor bei A. Voss: Music, Astrology and Magic, S. 290. M. Ficino: Opera omnia, Bd. 2, S. 1362. Dazu auch D.P. Walker : „Le chant orphique“, S. 22 f. So etwa in einem Brief Cosimos an M. Ficino: Opera omnia, Basel 1587, Bd. 1, S. 608. Percutere in einem Gedicht Bischof Campanos über Ficino, zitiert nach A. Della Torre: Storia dell’Accademia Platonica, S. 791; pulsare bei Ficino in einem Brief an Foresi (M. Ficino: Opera omnia, Bd. 1, S. 725); plectrum in einem weiteren Brief an Foresi (ebd., S. 788). Eine entsprechende Interpretation der Lyra Orphica bei A. Voss: Music, Astrology and Magic, S. 289 f. Zur Geschichte des Instruments s. F.N. Zeyringer : Die Viola da braccio, sowie S. Scott Jones: The Lira da Braccio.

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Saiten greifen den Ideenbestand der Planetenharmonie auf – Vincenzo Cartari wird Jupiter in seiner mythologischen Ikonographie Imagini degli Dei degli Antichi 1608 neben Adler und Blitz auch mit einer Lira da braccio zeigen, „significante […] da lui provenire l’armonia delli orbi celesti“.51 Eine fünfsaitige Variante ist als das Instrument von Cantimpanci und improvvisatori freilich bereits seit dem 12. Jahrhundert bezeugt.52

Abb. 2: Benedetto Montagna: Orpheus (Kupferstich, erstes Drittel des 16. Jahrhunderts).

Hier ist kaum zu erkennen, ob Orpheus auch singend oder nur spielend dargestellt ist. Auf seinen inspirierten Zustand verweist nicht nur der nach schräg oben gerichtete Blick, sondern auch der starke Sturm im Hintergrund, den wohl als Hinweis auf das Wehen des spiritus zu verstehen ist. Es gibt derartig viele Orpheus- oder Apollon-Darstellungen mit diesem Instrument,53 dass es oft heißt, in der Renaissance hätte man es nicht besser gewusst. Das freilich stimmt nicht, schließlich waren einerseits genug antike Bildzeugnisse 51 V. Cartari: Le Imagini degli Dei, S. 140. 52 Mit Bezug auf die Florentiner Tradition des Cantare all’improvviso T.J. McGee: The Ceremonial Musicians, S. 81 – 90. 53 Erwähnt sei hier nur Bronzinos beeindruckendes Porträt von Cosimo I. als Orpheus, das R.B. Simon einer überzeugenden Deutung unterzogen hat („Bronzino’s ,Cosimo I de’ Medici as Orpheus‘“). Für einen Überblick s. G. Scavizzi: „The Myth of Orpheus“.

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des Orpheus bekannt, die auch die historischen antiken Instrumentenformen zeigten, andererseits existieren nicht wenige Gegenbeispiele, in denen Orpheus ein Zupfinstrument vom Lauten- oder Leiertypus hält. Und wenn die historische Verwandtschaft, die man zwischen Lyra und Lira da braccio zu konstruieren bestrebt war,54 auch heutigen instrumentenkundlichen Kriterien nicht Stand hält, so trifft sie doch insofern etwas Richtiges, als die Lira die Lyra durchaus in ihrer Funktion sowie in ihrem Prestige beerbte. Entscheidend an den Darstellungen mit der modernen Lira da braccio oder Laute ist daher wohl, dass Orpheus hier zum Kronzeugen einer aktuellen musikalischen Praxis angerufen wird. Das damals allenthalben zitierte Diktum von der Wiederbelebung des antiken Dichtungsvortrags gewann dadurch, dass man Orpheus ein modernes Instrument in die Hand gab, Plausibilität und unmittelbare Evidenz. In gewisser Weise wiederholt sich in der bildenden Kunst also die Aemulatio-Rhetorik der humanistischen Texte, wird doch das neue Instrumentarium im Sinne eines selbstbewussten Aggiornamento an die Stelle des klassischen gesetzt. Dass auch Ficino und sein Florentiner Kreis die Lira da braccio favorisierten, kann nicht nur aufgrund des allgemeinen italienischen Sprachgebrauchs der Zeit, in der Lira grundsätzlich ein Streichinstrument meinte,55 vermutet werden: Bronzino stellte Cosimo I. als Orpheus mit einer Lira dar; Ugolini, Mitglied der Florentiner Accademia Platonica, spielte sie, als er 1480 die Titelpartie in Polizianos Orfeo kreierte; im Gegensatz zur Laute verselbständigte sich die Lira nie als Soloinstrument, sondern blieb an den Dichtungsvortrag gebunden und wurde eher von Humanisten als von professionellen Musikern gespielt; und das Leiertypische Vokabular findet sich in anderen Humanisten-Texten ganz eindeutig mit Bezug auf die Lira da braccio, plectrum kann ihren Bogen bezeichnen.56

3)

Bildtraditionen

Die bis hierhin beschriebenen Entwicklungen, Praktiken und Faszinationen dokumentieren sich auf beeindruckende Weise auch in der bildenden Kunst. Noch zu Lebzeiten von Pietrobono und Ficino begannen sich Maler und Skulpteure intensiv mit der Figur des Orpheus auseinanderzusetzen, ehe im frühen 16. Jahrhundert auch seine zeitgenössischen Nachahmer in den Blick rückten. In den gewählten Darstellungsoptionen, Szenen und Attributen treten freilich bisweilen andere Akzente hervor als in den musikalischen Praktiken selbst oder ihren literarischen Reflexionen. Doch auch hier verweisen die Sujets 54 S. etwa G.M. Lanfranco: Scintille di musica, S. 136. 55 A. Otterstedt: „Lira“, Sp. 1350. 56 S. etwa G. Cardano: De musica, Kap. 41 f.

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immer wieder wechselseitig aufeinander und verschränken sich gar miteinander. Eine Geschichte oder auch nur Systematik der entsprechenden Ikonographien ist noch nicht entworfen worden.57 Anhand einiger signifikanter Beispiele können indes die Diskurse und Interessen rund um die orphischen musikalischen Praktiken, die sich in Werken der bildenden Kunst niedergeschlagen haben, skizziert werden.

Abb. 3: Orpheus singend und spielend in einer Abb. 4: Nicoletto da Modena: Orpheus, Florentiner Chronik, Zeichnung, um 1470 – 75 spielend; Anfang 16. Jahrhundert, Holzschnitt (Florentine Picture Chronicle S. 30 f., British (Illustrated Bartsch Bd. 25). Museum, London).

57 Eine erste Übersicht zur Orpheus-Ikonographie in der italienischen Kunst im eben zitierten Aufsatz von Scavizzi. Daran anschließend: H. Semmelrath: Der Orpheus-Mythos; E. Schröter : „Orpheus in der Kunst“.

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Abb. 5: Venezianisch: Orpheus, ca. 1515 (Washington, National Gallery of Art).

An Orpheus interessierte wohl noch vor den Unterwelts- und EurydikeSzenen und der dramatischen Todesart das Musizieren. Fast immer ist er dabei explizit in der – wilden oder zivilisiert-pastoralen – Natur dargestellt, wie er im Spiel auf Leier, Laute oder Viola da braccio begriffen ist. In größerer oder kleinerer Zahl umringen ihn Tiere; bisweilen ist er auch allein. Wenn auch die Tiere und die pastorale Natur ein Hinweis auf die harmonisierende Wirkkraft seiner Musik sind, machen sein in sich gekehrter oder inspiriert nach oben gerichteter Blick doch klar, dass er in erster Linie für sich spielt (Abb. 3 und 5). Je mehr die Maler den Moment des schöpferischen Spiels betonen, desto weniger wichtig wird ihnen die Abbildung des Gesangs. Auch in der Malerei hört Orpheus auf zu singen und wird zum inspirierten Instrumental-Solisten (Abb. 5). Ein besonders eindrückliches Beispiel für den poetischen Furor und die Selbstverzauberung durch Musik bietet Bertoldo di Giovannis Bronzestatuette eines zum Spiel seiner Lira verzückt tanzenden, fast nackten Orpheus (Abb. 6). Gerade in der venezianischen Malerei des beginnenden 16. Jahrhunderts wurde in Orpheus-Darstellungen offenbar bereits auch neuplatonischer Ideenbestand eingewoben, was etwa zu einer so rätselhaften Darstellung wie Giorgiones Orpheus und die Zeit führte (Abb. 7).58 Die hingegeben-selbstvergessene Haltung des musizierenden Orpheus, die nicht wenig an die diätetische Musizierpraxis Ficinos oder Girolamo Cardanos erinnert, geht schließlich auf die Darstellung ,realer‘ Lauten- oder Lira-Spieler über. Carianis Lautenist etwa (Abb. 8) – offenbar ein aristokratischer Jüngling, 58 Zu einem neuplatonischen Interpretationsvorschlag für dieses Gemälde s. A. Voss: Father Time and Orpheus (The Astrologer).

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Abb. 6: Bertoldo di Giovanni: Orpheus, um 1485/90 (Bronze, Museo nazionale die Bargello, Florenz).

Abb. 7: Giorgione: Orpheus und die Zeit (Washington, Philips Memorial Gallery).

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kein professioneller Musiker – ist wie Orpheus einsam in der Natur und mit lauschend nach schräg oben aus dem Bild gewendeten Blick dargestellt. Er spielt ohne Noten, improvisiert also offenbar als Ausdruck seiner inneren Empfindungen.59 Introspektion und Inspiration fließen ineinander und werden so auch in der Ikonographie der Heiligen Cäcilie wirksam und zur Ekstase überhöht.60 Einem solchen Habitus geradezu diametral entgegen steht eine zweite Traditionslinie von Musiker-Darstellungen, zu denen etwa Caravaggios zwei Lautenisten – die eigentlich Lautensänger sind – für Kardinal Francesco Maria del Monte und Marchese Vincenzo Giustiniani zählen (Abb. 9).61 Die Natur ist hier durch das intime Interieur eines camerino mit Stilllebenelementen ersetzt, und der Blick geht nicht lauschend ins Leere, sondern fixiert den Betrachter. An die Stelle des musikalischen Monologs tritt ein bewusster Kommunikationsakt: Der Lautenist singt ein Liebesmadrigal von Jakob Arcadelt und improvisiert dazu mithilfe des vor ihm liegenden Bass-Stimmbuches eine Begleitung auf seiner Laute, ein gängiger Usus der Zeit, der ebenfalls zu den verschiedenen Praktiken des Singens zur eigenen Begleitung gehörte.62 Die sinnliche Haltung des Sängers, die freie Brust, vor allem aber der direkt auf den Betrachter gerichtete Blick übersetzen den mit dem Vortrag verbundenen Anspruch einer unmittelbaren Affizierung des Hörers, in dem seinerseits orphischer Traditionsbestand aufgehoben ist, ins Visuelle. Ausgespart bleibt indes in beiden Sujets die instrumentale Virtuosität – und das scheint generell zu gelten: Weder die Griffe der linken noch die Haltung der rechten Hand weisen auf besondere spieltechnische Komplikationen hin. Das Instrument wird stattdessen dem Körper beinahe eingeschrieben – sowohl bei Cariani als auch bei Caravaggio ist deutlich zu sehen, wie es die Körperumrisse nicht überschreitet; bei Caravaggio setzen das Weiß des Notenheftes und die Holzfarbe der Geige die Dreieckskomposition des Körpers und der Laute sogar noch formal wie farblich fort – die damit als gleichsam natürliches Instrument zum Ausdruck von Empfindungen, Ideen und Inspirationen fungiert, nicht aber als für sich gestelltes Attraktionsmittel. Dargestellt werden also – im Gegensatz zu den textlichen Dokumenten – ausschließlich Motivationen und Wirkungen des Spiels, nicht deren technische Umsetzung. 59 A. Gentili deutet dieses Bild aus der Tradition der musikalischen Liebeswerbung heraus („Von der Musik und von der Liebe“, S. 81). Der Blick und die damit assoziierbare Musikpraxis sprechen meines Erachtens aber eher für die hier vorgeschlagene orphische Deutung (die freilich in keinem völligen Widerspruch zur erotischen steht). 60 S. etwa die Hlg. Cäcilie von Artemisia Gentileschi aus der Galleria Spada in Rom. 61 C. Volpi: „I due Suonatori di liuto di Caravaggio“. 62 Die aufgrund der bekannten Praxis, mehrstimmige weltliche Stücke einstimmig mit ergänzender akkordischer Instrumentalbegleitung zu musizieren, völlig naheliegende Deutung der dargestellten Szene findet sich so erstmals bei F.T. Camiz und A. Ziino: „Caravaggio“. Dort auch genaue Angaben zu den dargestellten Musikstücken.

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Abb. 8: Giovanni Cariani: Lautenspieler, 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts (Strasbourg, Mus¦e des Beaux Arts).

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Abb. 9: Michelangelo Merisi da Caravaggio: Lautenspieler (Version für Giustiniani, 1595/96, St. Petersburg, Eremitage).

Die Fiktion eines augenblickshaften, monologischen Musizierens „numine afflatus“ schöpfte aus demselben orphischen Überlieferungsbestand wie die quasi-magische Affizierungsästhetik der Musik. Orpheus und seine Ikonographie fungieren als Ausgangspunkte des Sologesangs wie des reinen Solospiels, auch wenn beide – am selben Instrument – einen völlig anderen Habitus ausbildeten.63 Damit wiederholt sich in der bildkünstlerischen Auseinandersetzung mit Orpheus das, was bei Pietrobono und dem literarischen Reflex seiner Musizierpraxis zu beobachten ist: Der Instrumentalsolist ist eine Metamorphose des orphischen Sängers. Im Gegensatz zur Laute findet sich die Lira da braccio deutlich seltener in nicht-mythologischen Szenen dargestellt. Bekannt sind zwei Brustbilder junger Männer beim Stimmen eines solchen Instruments : das eine von der Hand Filippino Lippis aus der Mitte der 1480er Jahre (National Gallery in Dublin), das andere von einem venezianischen Künstler und um 1515 entstanden (Kunsthistorisches Museum Wien). Lippis Figur schaut wiederum den Betrachter direkt an, und ein Zitat aus Petrarcas Canzone 246 „I’vo pensando“ ruft die neuplatonischen Ideenkomplexe von Zügelung der sinnlichen Begierden, leib-seelischer Harmonie, musikalischer Diätetik und dem

63 Details zur Rezeption des Orpheus in der Renaissance und frühen Neuzeit bei B. Huss: „Orpheus“.

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Wunsch nach spiritueller Reinigung und seelischer Anagogie auf – ein Liraspieler im Ficinoschen Sinne also.64

4)

Orphisches in der Instrumentalfantasie

Inwiefern hatte aber nun das reine, endgültig vom Text und den Vokalformen abgekoppelte solistische Instrumentalspiel als Performance-Praxis und als Kompositionsgenre an der Imitation des Orphischen teil? Ficino selbst hat die „wortlose“ Musik immer hoch geschätzt und spricht wiederholt von cantus und sonus in einem Atemzug. Er ist aber weder theoretisch noch praktisch den Schritt zum reinen Instrumentalistentum gegangen. Es waren vielmehr die Instrumentalisten selbst, die die Debatte an sich zogen, indem sie eine entsprechende Praxis entwickelten und diese diskursiv begründeten. Allein das muss bereits als eine bedeutende kulturgeschichtliche Leistung einer Kaste von Musikern gelten, die ihr Dasein bislang als musikalische Analphabeten und Handwerker ganz unten auf der musikalischen Rangliste gefristet hatten. Der Aufstieg der Instrumentalisten zu geachteten, ja gefeierten Künstlern verlief wesentlich über ihre immer wieder eingeforderten und demonstrierten Improvisationskünste, in denen sie die Ausstellung ihrer spieltechnischen Virtuosität mit dem Beweis spontaner Kreativität und künstlerischen Ingeniums verbanden. Allein schon dieser Habitus ermöglichte einen Bezug auf das orphische Modell. Ein zweites wichtiges Zeichen stellen die einschlägigen GenreBezeichnungen der solistisch-improvisatorischen Gattungen dar, die ihrerseits auf das Augenblickshaft-Improvisatorische und Inspirierte verweisen: Fantasia, Tiento, Ricercar, Capriccio und Bizarria bezeichnen weniger eine kompositorische Form als den Einfall selbst, die phantasia, einen kreativen, das Alltägliche überschreitenden Zustand des Komponisten-Interpreten. Mil‚n selbst erklärt die Bezeichnung Fantasia damit, dass ein solches Stück „solo procede dela fantasia y industria del auctor que la hizo“65 – also weder an ein präexistentes Stück Vokalmusik gekoppelt ist, wie sie so oft für Saiten- und Tasteninstrumente intavoliert wurden, noch auch nur ein präexistentes Fundament (etwa einen Tenor) hat. Mit dieser Definition schrieb Mil‚n seinen Stand in die avancierte Ästhetik der Zeit ein, denn Fantasia und Creatio („hizo“), Industria, aber auch die selbstbewusste Aneignung des Autor-Begriffs rekurrieren auf zentrale Konzepte der artistischen Debatten des 15. und 16. Jahrhunderts: die ingeniöse, originelle Erfindungskraft (jenseits musterhöriger 64 Zur Symbolik der Lira in der Malerei s. E. Winternitz: Musical instruments and their symbolism. 65 L. Mil‚n: Libro de musica de vihuela de mano, S. 1.

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Mimesis) einerseits, die kunstgemäße, rational kontrollierte Elaborierung dieses Einfalls andererseits.66 In anderen Zeugnissen finden wir überdies die Betonung der Spontaneität (etwa Capriccio als „fantasia subitanea“ oder, im Französischen, „Saillie d’esprit et d’imagination“), die enge Verbindung mit dem Ingenium, und v. a. der Subjektivität bis zur Eigenwilligkeit.67 In deutschen Quellen werden dieselben Sachverhalte etwa mit „einer nach seinem eignem plesir vnd gefallen“ oder „wie es jhme in den Sinn kömpt“ ausgedrückt.68 Hier rückt also der Komponist als kreatives Individuum auf eine ganz neue, weil in der Performanz sichtbar gemachte und vorgeführte Weise in den Mittelpunkt. Es geht um das „ostendere ingenii“ (Heinrich Glarean), um „Kunst und artificium“ (Michael Praetorius). Zugleich ist in eine solchermaßen aus der Phantasie heraus entworfenen Schaffensästhetik die hier besonders interessierende Doppelbedeutung von „conceptio“ eingebettet: Das Spiel von empfangener Inspiration und vernunftgeleitetem Kunstwollen wird da besonders evident, wo es eben nicht um eine tatsächlich Improvisation geht, sondern um ein schriftlich fixiertes, also durch den konzeptuellen Prozess von Erfindung, Ausarbeitung und Revision gegangenes Werk. Eine komponierte Fantasia ist einerseits „conceptio spiritus“, insofern sie frei dem Genie des Musikers als dessen eigene Kunstleistung entspringt, und sie ist andererseits eine „conceptio“ im rezeptiven Sinne, als Begnadung und Inspiration. Tatsächlich bewahrte sich der präludierend-improvisatorische Gestus des orphischen Instrumentalisten selbst in den aufgeschriebenen Stücken der entsprechenden Gattungen: Die Fantasien aus Mil‚ns Melopeo69 beispielsweise zeichnen sich durch ein beständiges, willkürlich erscheinendes Abwechseln zwischen einstimmig-melodischen Passagen und Akkordfolgen aus, zuweilen gibt es schnelle Läufe (s. Abb. 10) Kadenzen interpunktieren den musikalischen Ideenverlauf und markieren Phrasenenden, wobei die einzelnen Phrasen wie beständige Variationen über die Idee der ersten erscheinen. Die Unvorhersehbarkeit des musikalischen Verlaufes wird immer wieder durch unregelmäßig gesetzte Taktwechsel sowie Tonartwechsel und Modulationen erhöht: „y por estos os dixe que esta musica no tiene mucho respecto al compas [= Tonart] para dar le su natural ayre“, wie es in der Anmerkung zu Nummer 15 heißt. Bisweilen macht er gar Aussagen zum adäquaten Grundtempo oder schreibt Tempomodifikationen, meist in Form eines retardierenden Rubatos, vor. 66 Dazu S. Bailin: „Invenzione e Fantasia“, sowie M. Kemp: „From ,Mimesis‘ to ,Fantasia‘“. 67 Zur musikalischen Begriffsgeschichte der Fantasie und des damit verwandten Capriccio s. M. Reimann: „Zur Bedeutung des Begriffs Fantasia“ und M. Betz: „Fantasia“ sowie „Capriccio/caprice“. 68 M. Praetorius: Syntagma III, S. 21. 69 Zu diesem Repertoire J. Griffiths: The Vihuela Fantasia.

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Abb. 10: L. de Mil‚n: El melopeo, Fantasia im 6. Ton, S. 55 f.

Das „Natürliche“, das Mil‚n in eine bezeichnungsvolle Nähe zu Luft und Geist setzt, verwirklicht Mil‚n also durch die bewusste Negation geltender Kunstregeln und einheitsstiftender Formprinzipien. Damit ist einerseits die spontanwillkürliche Abfolge musikalischer Einfälle nachgebildet, andererseits werden die verschiedenen Handgriffe beim Ausprobieren (tentare, spanisch „tiento“; vier der Stücke deklariert Mil‚n „por tentar la vihuela“) eines Instrumentes und seiner Stimmung nachgeahmt: das Lockern der Finger durch rasche Läufe, das Nachprüfen der korrekten Stimmung durch das Anschlagen von Akkorden, das Erproben der Güte und Spielbarkeit des Instrumentes anhand der verschiedenen auf ihm möglichen Spielweisen. Dieser spontan-subjektive Fantasia-Habitus ist im Repertoire der italienischsüddeutschen Cembalomusik des frühen 17. Jahrhunderts noch weiter getrieben.70 Die M¦ditation sur ma morte future des Wiener Hoforganisten Johann Jakob Froberger – als Präludium einer Suite vorangestellt – ist schon im Titel frappierend subjektivistisch und soll „avec discr¦tion“ vorgetragen werden, was entsprechend den Konventionen der Zeit heißt: mit freier, ganz dem Interpreten und seinem momentanen Gutdünken überlassener Tempogestaltung. Auch hier zeigt sich die Binarität von einstimmigen und akkordischen Passagen, die zu 70 Zu diesem Repertoire s. A. Edler : Gattungen der Musik für Tasteninstrumente.

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einem völlig willkürlich erscheinenden Formverlauf aneinandergereiht werden. Das Transgressive einer solchen Kompositionsstrategie des Irregulären findet sich auch auf der harmonischen Ebene, wo Dissonanzen zu Schärfungen und Querständen führen. So evoziert dieses Stück den Eindruck, der Interpret überlasse sich ad hoc seinen Einfällen am Instrument und führe gleichsam ein musikalisches Selbstgespräch, bei dem ihn der Hörer geradezu indiskret belausche. Komposition und Aufführung hier fallen scheinbar zeitlich in eins. Aber natürlich – und das gilt schon für Mil‚n71 – ist das Werk nicht nur vorab aufgezeichnet, sondern unter Aufbietung allen Könnens rational konzipiert worden. Die ,poetische Idee‘ liegt jedoch eben in der improvisatorischen, spontanen, ungebundenen Anmutung. Der orphische Anspruch, der durch diesen orphischen Habitus vermittelt werden sollte, zielte letztlich auf die Behauptung, dass auch Instrumentalmusik allein dieselben Effekte haben könne wie textbasierte Musik: eine alles andere als konsensfähige Meinung, die sich über die folgenden Jahrhunderte erst durchsetzen musste und schließlich in der Metaphysik der Instrumentalmusik im frühen 19. Jahrhundert gipfelte. Das grundlegende Paradox dieser Gattungen, nämlich die Suggerierung eines orphischen Schaffens aus dem inspirierten Augenblick bei gleichzeitiger Trennung zwischen Komponist und Interpret, führte rasch zur Umwucherung der Notentexte durch immer weiterreichende, immer detailliertere Vortragsanweisungen und generellen aufführungspraktischen Erläuterungen der Komponisten. Diese Texte unternehmen den nicht weniger paradoxen Versuch, vermittels präziser Analysen, Terminologien und Vorschriften eine spontan-subjektive Anmutungsqualität zu erzwingen. Zumindest implizit sind sich die Komponisten dessen auch bewusst, wird doch an den Stellen, an denen spieltechnische Angaben das Eigentliche nicht zu treffen scheinen, das Ermessen des Interpreten angerufen. Dennoch dient die Subjektivität des Spieler offenkundig in erster Linie der getreuen Umsetzung der Komponistenintention, damit die Werke auch bei einem Vortrag durch andere als seine Fantasien, als Leistung seines individuellen Ingeniums wahrgenommen werden können. Girolamo Frescobaldi, Organist von San Pietro in Rom und einer der Begründer der solistischen italienischen Cembalomusik, stellt seinem Libro primo di Toccate, das zwischen 1615 und 1637 in fünf Auflagen erschien, bereits eine ganze Reihe von „Avvertimenti“ voran.72 Im Mittelpunkt der Werke stehen – im Gegensatz zur Fantasia, keinen festen thematischen Prägungen, sondern „af71 S. dazu J. Griffiths: „Improvisation and Composition“. 72 G. Frescobaldi: Libro primo di toccate, Faksimilie und Transkription, in: Opere complete, Bd. 2, S. XXVII; danach die folgenden Zitate. Zum Fantasien-Stil Frescobaldis s. F. Krummacher : „Phantastik und Kontrapunkt“.

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fetti“ und „passi“, also Expressionsmomente und abwechslungsreiche virtuose Passagen, die es jeweils als Momente, gleichsam als Ideen oder seelische Zustände, zu gestalten und voneinander abzugrenzen gelte. Es geht also nicht nur darum, „fare apparire l’agilit— della mano“, um bloße zirzensische Virtuosität bzw. handwerkliche Geschicklichkeit, sondern um einen nur durch sie transportierbaren ästhetischen Sinn.73 Um die intendierten Wirkungen zu erreichen, dürfe der Interpret kein regelmäßiges Metrum spielen, sondern solle – v. a. an bestimmten Momenten innerhalb der Form – eine flexible Tempogestaltung wählen, verlangsamen oder beschleunigen. Zum Vergleich bezieht er sich auf die Aufführungspraxis der Madrigale, bei denen es schnelle, langsame und gestaute Passagen gäbe „secondo i loro affetti, o senso delle parole“.74 Einen Text oder ein anderes außermusikalisches Moment, das Affekt und Sinn erkennbar machen würde, gibt es jedoch in der Instrumentalmusik im Fantasienstil nicht. Frescobaldi ersetzt ihn deshalb immer wieder durch den „buon gusto e fino giuditio“, durch „adagio“ sowie den „beneplacitio di chi suona“. Damit versucht er offenbar, einen gewissen Kausalbezug zwischen Interpretation und Komposition aufrecht zu erhalten – was auch bedeutet, dass er seine Kompositionen an sich für affektiv weitgehend klar bestimmt hält –, gibt dem Interpreten aber im Sinne der werkgetreuen Umsetzung notgedrungen auch einen weiten Gestaltungsspielraum. Es scheint, dass Frescobaldi mit dieser Lösung noch nicht zufrieden war. Das Vorwort seines Primo libro di capricci von 1624 jedenfalls setzt viel deutlicher auf eine Auseinandersetzung des Interpreten mit dem intendierten Sinn des Notentextes zum Zwecke einer Umsetzung im Sinne des Autors: „in quelle cose, che non paressero regolate, con l’uso del contrapunto, si debba primieramente cercar l’affetto di quel passo et il fine dell’Autore circa la dilettatione dell’udito et il modo che si ricerca nel sonare“.75 In dem relativ knappen Vorwort ist immer wieder von „studio“, „ricerca“ und auch „giuditio“ die Rede, was seinerseits eine rationale Konzipierung, eine Intellektualisierung dieses Repertoires und des Umgangs damit nahezulegen scheint. Die gleichsam objektiv-szientifische Affizierung des Hörers basiert wohl ganz direkt auf einem Leib-Seele-Konzept unter Einschluss des Spiritus. Gleich an zwei Stellen bemerkt Frescobaldi hier, dass bestimmte Temporeduktionen dazu dienen sollen, „a dar maggior spirito e vaghezza al seguente passo“ bzw. „che 73 Hier klingt die mit dem 15. Jahrhundert aufkommende Debatte um die virt¾ des Künstlers nach, die im Endeffekt sowohl der Nobilitierung der Kunst wie des Künstlers diente (dazu etwa M. Warnke: Hofkünstler). Zur Virtuosität in der Musik: H.v. Loesch (Hg.): Musikalische Virtuosität. 74 S. hierzu G. Zacher : „Frescobaldi“, sowie A. Silbiger : „From Madrigal to Toccata“. 75 Faksimile und Transkription in G. Frescobaldi: Il primo libro di capricci, in: Opere complete, Bd. 4, S. XLV. S. zu dieser Sammlung E. Horn: „Il primo libro di capricci“.

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riesca pi¾ spiritoso il seguente passo“. Damit ist nicht nur der objektive Fakt gemeint, dass ein rasches Tempo umso rascher wirkt, wenn ihm ein langsames voranging. Vielmehr setzt Frescobaldi voraus, dass sich musikalische Bewegung direkt in innere Bewegung und damit Affizierung umsetzen lässt. Die vielen raschen Läufe und Verzierungen dienen mithin ganz direkt der Belebung und Beschleunigung des Spiritus der Hörer.76 Denkt man hier mit, dass Beschleunigung immer eine Erwärmung und damit eine Verfeinerung der Spiritus bewirkt, erhalten diese Werke Frescobaldis geradezu einen psychohygienischen Subtext, der den enormen ästhetischen Anspruch des Komponisten bezeugt. Der Schritt von Frescobaldis Cembalowerken zurück zu den neuplatonischen Spiritus-Vorstellungen ist insofern nicht weit. Es muss an dieser Stelle nicht mehr ausgeführt werden, dass der Ort künstlerischer conceptio in ihrer passiven wie aktiven Form das Seelenvermögen der Phantasia und diese wiederum für Ficino nahezu deckungsgleich mit dem Spiritus ist (gelegentlich spricht er auch vom „spiritus phantasticus“). Stellvertretend sei nur an die suggestive Stelle in De amore VI, 6 erinnert, wo der Spiritus als ein Spiegel beschrieben wird, der die wahrnehmbaren Dinge für die nicht-stofflich operierende Seele gleichsam immaterialisiert. Aus dem Akt der Sinneswahrnehmung wird einer der Imagination, das Produkt dieser Umwandlung ist eine imago bzw. phantasia. Auch die Fantasie ist also eine Mittelfunktion zwischen den Dingen selbst und den Vorstellungen und Konzepten, die wir hegen. Und sie kann in beide Richtungen wirken: Vom Ding zum Konzept, aber auch vom Konzept zum Ding, und genau das ist ihre für die Ästhetik so einschlägige Bedeutung. Der orphische Anspruch besteht aber eben nicht nur in einer Schaffens-, sondern auch in einer Wirkungspoetik. Und auch dafür spielt bei Ficino der Spiritus eine Hauptrolle: „nam quum cantus sonusque ex cogitatione mentis, & impetu phantasiae, cordisque affectu proficiscatur, atque un— cum aere facto & temperato, aereum audientis spiritum pulset, qui animae corporisque nodus est, facilÀ phantasiam mouet, afficitque cor & intima mentis penetralia penetrat.“77

Das Komponieren bzw. Musizieren ist hier als ein gleichsam die ganze Seele – Geist, Vorstellungskraft und Empfindung – des Künstlers beanspruchender Akt beschrieben, der als Klang dem Medium Luft übergeben wird, um auf diese Weise den luftartigen Spiritus des Hörers zu affizieren und so in Fantasie, Herz und Geist (in dieser Reihenfolge) das auszulösen, was zuvor den Musiker bewegt hat. Denn, so Ficino ausführlicher in De vita, Musik sei in der Vehemenz und 76 Ähnlich kann wohl auch der „style bris¦e“ der zeitgenössischen französischen Lauten(später auch Cembalo-) Musik verstanden werden, die den Bezug auf Luft und Spiritus ja sogar im Titel trägt. 77 M. Ficino: „De musica“, in: Opera omnia, Bd. 1, S. 651.

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Unmittelbarkeit ihrer Wirkung deshalb gegenüber anderen Kunstformen privilegiert, weil sie – selber Luft – bei der Übertragung vom spiritus des Senders zu dem des Empfängers keinen Reibungsverlusten unterliege.78 Zugleich liegt die seit der Antike immer wieder beschworene Wirkmächtigkeit der Musik vornehmlich in ihren Tonarten, Rhythmen und Intervallen; auch das Wirkursachen, die ohne Text auskommen. In einer solchen Ästhetik erscheint im Moment des Erklingens die Subjekt-Grenze zwischen Musiker und Hörer aufgelöst, sie vermag aber – etwa in den Planetenliedern – selbst die ontologische Grenze zwischen Mensch und Ding oder irdischer und planetarer Sphäre zu überwinden. Bei Ficino ist das noch eine magische Praktik. Michael Allen verdanken sich einige interessante Überlegungen dazu, dass man sich die Fantasie, die zu einem Spiritus geformt wird und als ästhetisches Medium fungiert, geradezu personal als Phantasma und Dämon vorzustellen habe.79 Soweit gingen die meisten Instrumentalvirtuosen nicht (obwohl sich der Archetyp des Teufelsgeigers immerhin lange gehalten hat). Für sie waren die humanistischen Obsessionen mit Orpheus sowie die Ficinosche Spiritus-Lehre wohl eher eine argumentative Hilfe dabei, eine wirksame musikalische Praxis unter Umgehung des Textes und bei Erfindung genuiner Formverläufe in einen Diskurs einzuordnen und so sinnhaft zu machen. Gerade Auswüchse bis hin zu Capriccio und Bizzarria lassen diesen neuen Anspruch gerade durch die Überbetonung nur noch deutlicher werden. Und bald verschwisterte sich das kapriziöse Werk auch mit einem entsprechenden ideosynkratischen und auffälligen Verhalten der Komponisten-Virtuosen, der ihre Genialität nur noch plausibler erschienen ließ. Zwar ist das orphische Musizieren auch immer der Versuch, die „musica mundana“ der kosmischen Ordnung in irdische Klänge zu übersetzen, und zielt insofern auf die „conceptio spiritus mundi“. Inspiratio und mimesis gehen dabei noch Hand in Hand. Mehr und mehr wurde der Instrumentalvirtuose indes sich selbst genug. Er befreite sich mit durchaus neuzeitlichem Aplomb aus der Rolle als Medium der Weltenharmonie und wurde sein eigener Bote. Dass das dann nicht erst im 19. Jahrhundert zur Vergötterung der Virtuosen führte, scheint nur folgerichtig.

78 Für dieses Kommunikationsmodell „von Herz zu Herz“ s. W. Fuhrmann: Herz und Stimme, S. 63 f. 79 M.J.B. Allen: Icastes.

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II. Purgatio

Tobias Georges

“Muste doch Sanct Bernhard an aller seiner Muencherey verzweiveln” – Martin Luther using Bernard of Clairvaux in the dispute on monastic life’s purity

Introduction People living a monastic life were labeled “Geistliche” during the Middle Ages,1 and with their way of life they laid special emphasis on purity (“Reinheit”/ “munditia”):2 This can be easily demonstrated by medieval monastic rules and their stress on purity, which the vow of chastity strives for in particular.3 This emphasis on monastic life’s purity raises the question of what kind of purity is at stake: Is it a kind of purity that man achieves through his own efforts, purity that aims at purgatio spiritus in the sense of the human spirit’s self-purification? Or is it a kind of purity that man receives from God, purity given by purgatio spiritus in the sense of purification that God’s spirit, the Holy Spirit grants? Bernard of Clairvaux is generally taken to be an outstanding exponent of high medieval monasticism:4 During the 12th century, he had a major impact on the rise of the Cistercian order.5 As late as in the Reformation era, Martin Luther called him an “exempel”, an example, for those who want to be “geistlich” – that is, for the “Muenich”, the monks.6 However, it must be noted that at the same time, Luther is well known for his fundamental criticism of monasticism and its vows.7 Moreover, it might be surprising, at least at first glance, that Luther referred, with this criticism, to Bernard of Clairvaux himself: Already in his first 1 S., e. g., M. Luther : Predigten, WA 16 1524 – 1527, p. 399. The German “Geistlicher” corresponds to the Latin “spiritualis frater/soror”, s., e. g., Abaelard: Epistola 8, p. 259, the term “geistlich” referring to God’s “Geist”/“spirit”. 2 On medieval conceptions of “purity” – and on their relations to the religious realm – s. A. Angenendt: Religiosität im Mittelalter, pp. 404 – 411. 3 S., e. g., Abaelard: Epistola 8, pp. 243 and 275 – 280. 4 On Bernard and monasticism, s., e. g., A. Louf: “Bernard Abb¦”. 5 S., e. g., C. Holdsworth: “Bernard as Father Abbot”. 6 S. M. Luther : Predigten, p. 399. 7 On Luther and monasticism, s. V. Leppin: Martin Luther, pp. 28 – 61; U. Köpf: “Mönchtum”; id.: “Monastische Traditionen”; B. Lohse: Luthers Theologie, pp. 154 – 161; R. Schwarz: “Monastische Theologie”; B. Lohse: Mönchtum und Reformation.

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extensive pamphlet against monastic vows written in 1521, De votis monasticis Martini Lutheri iudicium,8 he quoted Bernard several times as the authority for his criticism – especially by using two citations that reappeared again and again in his later writings.9 Heinrich Denifle, a famous catholic scholar studying Luther, at the beginning of the 20th century claimed that Luther did not have the right to refer to Bernard as he did. By pointing to the historical context of Bernard’s sayings that Luther quoted,10 Denifle suggested that Luther had twisted the quotes from their original meaning and had wrongfully used them to criticize monasticism. Denifle’s objection as such might, on the whole, be quite appropriate. However, today it seems to be more promising, instead of scrutinizing Luther’s right to refer to Bernard, to ask what those references tell us about Luther’s own views on monasticism and about his motives for choosing Bernard in particular as authority. The following remarks will show that this very procedure, asking about Luther himself, reveals important insights into the phenomena of “purity” and “spirit”, the topic of “purgatio spiritus” dealt with by the DFG network. First of all, a basic analysis of the use Luther made of Bernard shall show, by reference to Denifle’s study, why the focus on Luther’s own views and motives seems more promising (I). Then, Luther’s specific ideas about “purity” and “spirit” that he revealed by quoting Bernard shall be highlighted in an exemplary way, on the basis of a small piece of writing Luther composed in 1533, the Kleine Antwort auf Herzog Georgen nächstes Buch11 (II).

I

Martin Luther using Bernard of Clairvaux – basic analysis

Heinrich Denifle started his study from the following reference to Bernard by Luther in De votis monasticis: “[Bernardus], cum aliquando aegrotasset ad mortem, nihil aliud sonuit quam confessionem huiusmodi: ‘Tempus meum perdidi, quia perdite vixi. Sed unum me solatur, quod spiritum contritum et humiliatum non despicies.’ Et alibi: ‘Duplici iure Christus regnum possidet, semel quia filius, secundo quia passus. Atque hoc secundo merito nihil ei fuit opus, dedit autem mihi et omnibus credentibus.’”12

Denifle, first of all, presented the interpretation that Luther drew in De votis monasticis from the two quotes of Bernard referred to repeatedly :13 According to 8 9 10 11 12 13

M. Luther : De votis monasticis, WA 8. S. ibid., pp. 600 – 603 and 658. S. H. Denifle: Luther und das Luthertum, pp. 40 – 49. M. Luther : Kleine Antwort, WA 38, pp. 141 – 170. M. Luther : De votis monasticis, WA 8, p. 601. S. H. Denifle: Luther und das Luthertum, p. 41.

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Luther, Bernard had, on his deathbed, assessed his life, and especially his monastic life, as wasted time. Thereby, he had rejected the monastic vows, and finally he had placed all his confidence in Jesus Christ. This presentation that certainly seems correct was followed by Denifle’s argumentation against Luther’s interpretation of Bernard: He scrutinized the origins of the quotes from Bernard in order to show that Luther had used them away from their original context. He claimed that the second quote (“Duplici iure Christus regnum possidet […].”) was taken from Bernard’s Vita Secunda composed by Alanus of Auxerre14 and pointed out that the passage it belonged to was relating how Bernard had once been “schwerkrank […] aber nicht am Ende seines Lebens”15 – how he had fallen seriously ill, but not at the moment shortly before his death. Concerning the first citation (“Tempus meum perdidi […]. ”), Denifle tried to show that it was quoted from Bernard’s 20th sermon on the song of songs, and that it therefore had also not been said during his “Todeskrankheit” (illness leading to death) and not been directed against monasticism in any way ; rather, on the contrary, it fundamentally represented the “demütige Bekenntnis der reuigen Seele im Angesicht Gottes” (the humble confession of the repentant soul before God).16 With these arguments, Denifle thought he had proven that Bernard had not said these words at the end of his life and, further, that they had not been uttered as an appraisal of his monastic life. Thereby, Denifle was saying that Luther had no right to reference Bernard in this manner to underline his own view. Whether or not Denifle classified the origins of Bernard’s citations correctly is open to discussion. But basically, he seems to have been right in accusing Luther of a lack of historical accuracy when quoting Bernard. However, if one takes a closer look at Luther’s repeated use of Bernard’s quotes, one will see that Luther did not express a claim to historical accuracy at all – the claim which Denifle denied – and that, on the contrary, Luther applied Bernard’s quotes in a very creative way. For this closer look, the passages from Luther compiled by Denifle are a good starting point; this collection is certainly not exhaustive, but it provides a good overview.17 Reading these passages it becomes evident that Luther was referring to Bernard with those quotes – which he rendered in Latin as well as German – in various argumentative contexts: E.g., as in De votis, he liked to refer to Bernard in order to emphasize his

14 15 16 17

Alanus: Secunda vita Sancti Bernardi, in: PL 185, p. 491. H. Denifle: Luther und das Luthertum, p. 42. Ibid., pp. 44 – 47. S. ibid., pp. 43 f.

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critique of monasticism and the monastic vows.18 In this way, he interpreted Bernard’s words as follows: “Nihil de voto paupertatis, obedientiae, castitatis gloriatur [Bernardus], quin perditam vitam vocat, atque hac fide et servatus et iustificatus est cum omnibus sanctis.”19 However, he also availed himself of the two quotes in order to make Bernard a guarantor of his polemic against papacy.20 In a (German) sermon from 1537, he stated, e. g.: “[…] allein des Bapsts triegerey und luegen, von Walfarten, Ablas, Seelmessen, heiligendienst & c. jnn allen Kirchen gewaltiglich regiert haben […] Hat gleichwol unser lieber Gott mitten jnn solchem greulichen jrthum und finsternis viel menschen wunderbarlich bey dem rechten glauben erhalten, ja den selbigen eins teils am todbet offenbart, Wie man von S. Bernhard lieset […].”21

After those words and some preliminary remarks on Bernard, the two wellknown quotes follow. Following that, Luther even underlined his interpretation of Bernard’s utterances as a critique against papacy by saying: “Auff diese weise werden (ob Gott wil) viel geistliche (wie sie es genant haben) personen, auch viel leyen an jrem todbette erhalten sein, die des Bapsts lere vom Ablas, eusserlicher heiligkeit & c. […] faren haben lassen und schlechts auff Christus sterben und verdienst jr hertz und vertrawen gesetzt […].”22

According to Luther, Bernard placed not only his monastic way of life, but also the papal doctrines as such under the heading “perdite vixi” (wasted time). Luther referred to Bernard in a way that is even more fundamental when he wanted to illustrate his understanding of human sin: the conception of man who, by himself, is totally captivated by sin and whose only hope of deliverance resides in Christ’s mercy. This can be clearly observed in Luther’s interpretation of Psalm 51.23 On Psalm 51, 5 (“Et peccatum meum coram me est semper”/“my sins is always in my sight”), he commented: “Sed hic cavete, ne intelligatis eum [David] loqui de actuali peccato, sed totam vitam, cum omnibus et sanctissimis iusticiis suis propriis, in conspectu Propheta habet et sentit se istis omnibus nihil iuvari, nisi accedat misericordia. Sicut de Bernhardo, admirandae sanctitatis viro, narrant, eum hanc quasi ultimam vocem aedidisse: Perdite vixi.”24 18 S. to this, beyond De votis, e. g. M. Luther : Predigten 1524 – 1527, WA 16, p. 399; M. Luther : Predigten, 1530/32, WA 32, p. 534; M. Luther : Predigten 1539, WA 47, pp. 597 f. 19 M. Luther : De votis monasticis, WA 8, p. 601. 20 S. to this also, e. g. M. Luther : Predigten 1538, WA 46, p. 784; M. Luther : Predigten 1539, WA 47, p. 585. 21 M. Luther : Predigten 1537, Nr. 5, WA 45, p. 45. 22 Ibid, p. 46. 23 S. to this recurrence, beyond the passage quoted, e. g. M. Luther : Epistel, Crucigers Sommerpostille, WA 22, p. 228. 24 M. Luther : Enarratio Psalmi LI, 1538, WA 22, p. 362.

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As the passages quoted above show, Luther used Bernard’s words in different semantic contexts, each time in order to make Bernard the authority for his own thoughts. Voluntarily, he varied the background he explained to be the origin of Bernard’s utterances, and it may be taken as read that he did so deliberately. That Luther did not even intend, with his references to Bernard, to render him as faithful as possible is to be seen especially from the great liberty he took of spinning Bernard’s words. In order to illustrate this, just one other reference to the two quotes shall be cited here. In a sermon (again in German) on 2 Cor 3, 4¢11, Luther said, concerning 2 Cor 3, 6 (“For the letter kills, but the Spirit gives life”): “Aber widerumb der Geist sich eraus reisset und hebt durch den Glauben des Euangelij, der da spricht (Gleich wie S. Bernhardus in seiner tod stunde auch gesagt): Lieber HErr Jhesu, Jch weis, wenn ich auffs beste gelebt habe, so hab ich doch verdamlich gelebt, Aber des troeste ich mich, das du fur mich gestorben und mich besprenget hast mit deinem Blut aus deinen heiligen wunden, Denn ich ja auff dich getaufft und dein Wort gehoeret habe, durch welches du mich beruffen und mir gnade und leben zugesprochen und mich heissest gleuben, Darauff wil ich dahin faren, nicht in dem ungewissen engstigen zweivel und gedancken: Ah, wer weis, was Gott im Himel uber mich wil urteilen.”25

If this phrasing is compared to that from De votis, it can clearly be observed that Luther was referring to the same utterances of Bernard, but above all, it is the variations that catch the eye: The words in the citation’s introduction, which in De votis are usually presented as a self-confession, are rather used as a prayer to the “Lord Jesus” in which Bernhard joins. It is worth mentioning here that according to Luther, this prayer deviates from the faith which grasps the human “Geist” spirit. Furthermore, the quotes that, in De votis, were originally two, are fused into one – as can be observed in some of the references to Bernard.26 The quote that was, originally, the second no longer mentions the “duplex ius” (twofold right) according to which Christ owns the heavenly kingdom. It rather focuses completely on Christ’s passion as the way to access his mercy and adds to this aspect by depicting how the one who prays receives this mercy – through baptism and faith. The list of modifications to the quotes could easily be continued. It should have become clear how freely Luther used Bernard’s expressions and how creatively he inserted them into his own flow of words. Against this background, Denifle’s approach to Luther turns out to be, in a way, too credulously historicizing. Furthermore, it becomes apparent that it suits Luther better to ask what intentions he was pursuing with his – doubtlessly 25 M. Luther : Epistel, Crucigers Sommerpostille, WA 22, p. 228. 26 S. e. g. M. Luther : Predigten 1537, Nr. 5, WA 45, p. 45; M. Luther : Predigten 1539, WA 47, p. 585.

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functional – recurrence to Bernard. For it is clearly shown by the passages quoted thus far that Luther followed his own intentions. In view of these intentions that are deeply rooted in Luther’s reformatory theology,27 the terms “spirit” and “purity” are quite relevant.28 The quoted passages should already have thrown light on this relevance. The context of those terms allows interesting observations to be made, especially in regard to monasticism.

II

Martin Luther’s use of Bernard and his ideas about “purity” and “spirit” in the Kleine Antwort auf Herzog Georgen nächstes Buch

So what is Luther striving for when he referred to Bernard for his own critique against monasticism and monastic vows? A promising way to scrutinize this question is to take a closer look at the Kleine Antwort auf Herzog Georgen nächstes Buch. This writing permits the reader to grasp, in a particularly clear way, the message Luther aimed at by referring to Bernard. This little treatise from 1533 stemmed from the controversy between Luther and Duke George, the anti-reformatory ruler of the duchy of Saxony who had, in contrast to the electorate of Saxony, not joined the Reformation.29 Georg reacted, in his duchy, with authoritarian measures against Reformation’s adherents – e. g., with exiles. In this context, the duke with his entourage and Luther exchanged polemical writings. To Herzog Georgens zu Sachsen ehrlich und gründliche Entschuldigung wider Martin Luthers aufrührerisch und verlogene Brief und Verantwortung which Johann Cochläus had composed for Duke George, Luther reacted with his Kleine[n] Antwort. In this work, Luther, above all, confronted in a thorough and very polemical way the duke’s accusation that he would be a “meineidiger Mönch und Apostat”30 (a perjured monk and apostate): “Meineidig schilt er mich, das ich mein Klostergelubd nicht gehalten habe & c.”31 Luther’s answer consisted, naturally, of retorting to this reproach: “Wolan, ich wil hie anzeigen und mit dem rechten 27 On the fact that Luther’s critique against monasticism and the monastic vows was deeply rooted in his reformatory theology, s. F. v. Lilienfeld: “Mönchtum”, p. 176. 28 On the Holy Spirit and its impacts on man according to Luther, s. O. Bayer : Martin Luthers Theologie, pp. 216 – 230; B. Lohse: Luthers Theologie, pp. 248 – 256; G. Ebeling: Luther, pp. 100 – 119. 29 On the background of the Kleine Antwort’s composition, s. M. Brecht: Martin Luther, pp. 73 – 78; G. Wartenberg: “Luthers Beziehungen”, pp. 565 f. 30 M. Brecht: Martin Luther, p. 77. 31 M. Luther : Kleine Antwort, WA 38, p. 143.

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grunde beweisen, welche die rechten meineidigen odder Apostaten sind.”32 For this goal, he once more devoted himself to the topic of monasticism in order to show that true apostasy is represented by the “Muencherey”33 (monasticism/ monastic way of life), by trusting in order to be justified in one’s own deeds and in the observance of the monastic vows instead of the “[…] gnade Gottes on alle unser werck und verdienst […]”34 (god’s mercy alone). In this sense, Luther’s turning away from monasticism would only be a logical break with true apostasy : “Solcher Apostata und verlauffen Muench bin ich auch, und wils auch sein […].”35 As such an apostate, Luther counted himself among the “selige Apostaten” (blessed apostates) or “selige meineidige” (blessed perjured).36 Now, in the context of Luther’s fundamental critique against monasticism, Bernard of Clairvaux played a major role that needs to be analyzed here. In the middle of his writing, Luther turned to Bernard by saying: “Muste doch Sanct Bernhard, der aller froemest Muench, da er lange jnn der Muenchtauffe gelebt und ein mal toedlich kranck war, an aller seiner Muencherey verzweiveln und widderumb ein Christ werden und also sagen […].”37 What follows, are the quotes from Bernard well-known by now and some longer reflections on them. This introduction to Bernard’s utterances is already very interesting: Luther explicitly pointed to the fact that Bernard had lived in the “Muenchtauffe” (monk’s baptism). This “monk’s baptism” is the central – and, of course, polemical – term by which Luther illustrated his fundamental critique against monasticism:38 From the very start of his dispute against the accusation of being a perjured monk right to his reference to Bernard he used it again and again39 with the following intention: The term alludes to the phenomenon of entering a monastery and to the attitude – which Luther imputed to his opponents – according to which monastic life and its merits are equated with or even preferred to baptism,40 that is, according to which the monks’ good deeds would substitute the merciful acceptance of every human being through baptism. So, Luther depicted Bernard as an outstanding exponent of this very attitude who in the end, however, would have lost all faith in it and in his whole life as a monk. This reference not only confirms the observation drawn from De votis that Luther made Bernard the mouthpiece for his critique against monasticism. Moreover, it 32 33 34 35 36 37 38

Ibid., p. 145. Ibid., p. 146. Ibid., p. 145. Ibid., p. 146. Ibid. Ibid., p. 154. In medieval monasticism, conversion to monastic life could indeed be perceived as a kind of second baptism. On this, s. A. Angenendt: Religiosität im Mittelalter, pp. 525 – 528. 39 S. M. Luther : Kleine Antwort, WA 38, pp. 147 – 154. 40 S. Ibid., pp. 147 – 149.

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is of great interest because it illustrates the close connection that Luther drew between Bernard and the topic of “purity”. Namely, what is at stake in “monk’s baptism” is, essentially, human striving for purity – that is Luther’s interpretation which he stated very clearly : Again and again, he pointed to the monastic aspiration to become “rein” (pure) by the own way of life,41 and he emphasized this ambition using the case of Bernard, who of course looking back at his life, must confess that he had failed with this very ambition. Luther commented on Bernard’s words with the following: “Denn wo es war were, und ers da fuer gehalten hette, das seine Muenchtauffe gnug were gewest und jn als ein unschuldig kind aus der Tauffe da her rein gemacht hette, solte er drauff blieben, die selbige bekant und nicht da von gefallen, sondern also gesagt haben: ‘Wolan, lieber Gott, ich mus itzt sterben, hie kome ich mit meiner Muenchtauffe und Ordens heiligkeit, Jch bin rein und unschueldig, thut auff alle thor im himel, ich habs wol verdienet & c.’ Denn wer rein ist, dem gebuert der himel von recht, Und Gott verdampt keinen gerechten noch heiligen, das weis man wol. Aber da wil Sanct Bernhard nicht hinan, Er fellt zu rueck, lesst Muencherey faren und ergreifft das leiden und blut Jhesu Christi.”42

In this passage, Bernard became the chief witness for Luther’s conviction that “monk’s baptism”, contrary to its ambition, does not make people “rein” in the sight of god and that it is useless to trust in it. In Luther’s opinion, purity in the sight of god cannot be merited, but only gifted by the one baptism which he depicts as the opposite to a “monk’s baptism”:43 “Denn wer jnn Christo getaufft wird, der wird durch sein leiden und blut getaufft, odder, das ichs deudlicher sage, durch die Tauffe wird er jnn dem blut Christi gebadet und gereiniget von sunden […].”44 In Luther’s portrayal, Bernard, despairing of “monk’s baptism” and taking refuge with Christ, becomes the ideal opponent of monastic striving for purity and the example of true purity. It should already have become clear which kind of purity is at stake in Luther’s dispute with monasticism; moreover, the passage quoted above enunciates it explicitly : It is the purity from the sins45 – which the

41 S. Ibid., pp. 149 and 155. 42 Ibid., p. 154. 43 S., e. g., ibid., p. 148: “So hatte ich nu Christum und seine Tauffe lengest auch verloren, Da war ich der elendest mensch auff erden, tag und nacht war da eitel heulen und verzweiveln, das mir niemand steuren kundte. Also ward ich gebadet und getaufft jnn meiner Muencherey […].” On Luther’s understanding of baptism, s., e. g., O. Bayer: Martin Luthers Theologie, pp. 235 – 245; B. Lohse: Luthers Theologie, pp. 316 – 324; P. Althaus: Theologie Martin Luthers, pp. 303 – 317. 44 M. Luther : Kleine Antwort, WA 38, p. 147. 45 Cf. also ibid., p. 158: “Erstlich mus er vergessen seiner ersten Christlichen Tauffe, als durch die er nu nicht mehr koenne rein geachtet werden, weil er mit folgenden sunden die selben

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monks, in Luther’s eyes, try to attain exactly by their special way of life whereas, according to Luther, it can only be gifted by baptism. This character of baptism as a gift is very important to Luther, as he showed with his specific wording of Bernard’s utterances in the Kleine Antwort. It goes as follows: “Jch habe verdamlich gelebt und mein leben verloren, Aber das ist mein trost, das mein Herr Jhesus Christus das himelreich mit zweyerley recht jnne hat, Eines ist, das er natuerlicher Gottes Son ist, darumb er nicht allein selig, sondern auch ein Herr aller seligkeit ist, Das ander : Er ist auch Marien Son und mensch, der durch sein leiden das himelreich verdienet und mit recht erworben hat und solchen verdienst und recht (denn ers nichts bedurfft) mir geschenckt hat & c.”46

If this version of Bernard’s words is compared to those quoted before, it becomes obvious that here Luther especially emphasized that Christ can give the blessedness, the admission to the heavenly kingdom – which is exactly what the purification through baptism confers47 – and that he actually gives it: He is the “Herr aller seligkeit” (Lord of blessedness), by his passion, he has “das himelreich verdienet und mit recht erworben” (merited the heavenly kingdom) and gives this merit to the human being (“geschenckt”).48 Moreover, the comparison shows that the reference to the “spiritum contritum et humiliatum” (the human spirit full of contrition and humiliation), which Luther had pointed to in De votis, has been dropped here (as was the case already in his interpretation of 2 Cor 3, 6). This omission corresponds to the concentration on Christ’s merit above all. It is interesting that Luther abandoned precisely this reference to the human “spiritus”. In view of the concentration on divine action it might be considered that perhaps Luther kept away from applying the term “spiritus” to human beings, because it was a term also used to describe god’s spirit or the Holy Spirit. Such reflections are merely speculations. However, it is conspicuous that, in the Kleine Antwort, there is no passage where Luther called the human inside “spirit”. Instead, he talked of the human “hertz” (heart) several times, as the place in man where he has to answer to god and where he is addressed by god.49 This is illustrated by Luther’s reference to Bernard. After quoting the latter, Luther said: “Denn ob er [Bernard] die kappen nicht hat ausgeworffen, noch aus dem Kloster gelauffen, noch weib genomen, So spricht doch hie sein hertz, Er muege und woelle nicht auff seine Muencherey, sondern allein auff Christus verdienst und recht selig

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(wie sie leren) zu nicht gemacht und verloren hat, Und der halben nu eine andere und newe Muenchtauffe suechen, da durch er widderumb rein und heilig werde von seinen sunden.” Ibid., p. 154. As evidence for this, s., e. g., ibid., 154: “Denn wer rein ist, dem gebuert der himel von recht […].” The formulations in quotation marks are new, compared to the versions quoted before. On the “heart” in Luther, s., e. g., O. Bayer: Martin Luthers Theologie, pp. 158 f.

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werden. Nu weis man ja wol, das Gott nicht urteilet nach eusserlichem wesen, sondern nach dem hertzen. Weil nu Sanct Bernhard mit dem hertzen von seiner Muencherey abfellt und dran verzweivelt, so ist er fuer Gott ein rechter Apostata, meineidiger und verlauffener Muench.”50

According to this sequence, Bernard, although he remained a monk all his life, in his heart he renounced monasticism and became a “seliger Apostat” (blessed apostate) as Luther did51 – he took refuge with baptism: “Er […] lesst Muencherey faren und ergreifft das leiden und blut Jhesu Christi.”52 The “Ergreifen” of Jesus Christ’s “leiden und blut” (grasping his passion and blood) is reached by recurring to baptism, for “[…] wer jnn Christo getaufft wird, der wird durch sein leiden und blut getaufft […]” (who is baptized in Christ is baptized by his passion and blood).53 So, by referring to Bernard, Luther made it very clear that purification is a gift which man is given in baptism. But – what is the “spiritus” role in that context? Luther was not talking of the human “Geist” (spirit) in the Kleine Antwort, he named his “hertz” (heart) instead. On the other hand, for Luther’s statements on god’s activity alone by himself in baptism, the “Geist” – god’s or Christ’s spirit – is crucial. Repeatedly, Luther placed the “Geist” on a level with the “leiden und blut Jhesu Christi” (Christ’s passion and blood) by which man is baptized: When Luther depicted the contrast between baptism and “monk’s baptism”, before referring to Bernard, Luther pointed to the fact that a Christian, be it a layman or a priest, would be in the “geistlichsten stande” (most spiritual status) “[…] umb des leidens und bluts Christi willen, da mit er gewasschen und getaufft ist, und umb des Heiligen geists willen, da mit er versiegelt und gesalbet ist […]” (because of Christ’s passion and blood with which he is baptized and because of the Holy Spirit with which he is anointed).54 In what follows, Luther, referring to baptism, arranged three times “Christus blut und geist” (Christ’s blood and spirit) and pointed to their purpose “[…] zur vergebung der sunden und zum ewigen leben […], nicht aus unserm werck und leben, wie die Muencherey, sondern aus Gottes krafft und werck […]” (to the forgiveness of sins and to eternal life, not from our own deeds, but from divine power).55 So, the Holy Spirit or Christ’s spirit is, according to Luther, inseparably linked to the purification through baptism, it lifts man, regardless of whether he is a cleric or a layman, to

50 M. Luther : Kleine Antwort, WA 38, p. 154. 51 Cf. ibid.: “Ja er ist gleich wie ich selbs jnn der warheit ein rechter Apostata und meineidiger, verlauffner Muench.” 52 Ibid. 53 Ibid., p. 147. 54 Ibid., p. 150. 55 Ibid.

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the “spiritual” status, and it guarantees that this purification originates from “Gottes krafft” (divine power) alone. In Luther’s eyes, man need not furnish any – allegedly – purifying merits, but he only needs to let himself be moved by this purification by the spirit’s power. This is what Luther illustrated, as has already been shown, by Bernard’s example: With his turning away from “monk’s baptism”, again he “ergreifft das leiden und blut Jhesu Christi” (grasps Christ’s passion and blood). Luther specified the idea of returning to one’s own baptism that is reflected here directly after referring to Bernard, confronting the adherents of “monk’s baptism”: “Denn sie [die “Papisten”] halten die Tauffe fuer ein zeitlich werck, das nu lengest vergangen und durch folgende sunde verloren sey, und nicht fuer eine ewige, bestendige verheissung der gnaden, unter und jnn welcher wir on unterlas bleiben, und ob wir fallen, widder da zu komen. Aber solchs kan kein Papist verstehen. Es heisst: Verbum spiritus et gratie […].”56

Here, baptism as “ewige, bestendige verheissung der gnaden” (everlasting promise of mercy) is called “Verbum spiritus et gratie” (word of spirit and mercy). So, again the “spiritus” is at work when Bernard returns to his baptism and when he lets himself be purified. Luther underlined the spirit’s comprehensive, renewing activity when he said a bit later : “So doch alle Heiligen muessen Christum haben, der sie vertritt, weil sie die gebot nicht halten muegen, und muessen durch seinen geist da zu newe geschaffen werden, das sie dran halten, was sie halten.”57 With reference to the topic of this volume, one might summarize as follows. By referring to Bernard of Clairvaux, Martin Luther opposed a conception of “purgatio spiritus” that runs counter to the kind of “purgatio spiritus” understood as self-purification of the human spirit (which Luther ascribed to monasticism). The former is the exact opposite of the latter : The Genetivus subiectivus instead of the Genetivus obiectivus, the divine spirit instead of the human spirit, receptiveness instead of merit: Purification by the spirit alone, not by human deeds. It should have become clear that Luther functionalized Bernard for his ideas about purity and spirit and for his critique against monasticism.58 Finally, I 56 Ibid., p. 158. 57 Ibid., p. 161. 58 This does not mean that Bernard’s ideas would not have had any relevance for what Luther thought about spirit and purity. Indeed, in view of Bernard’s emphasis on God’s spirit and its impact on man (s., e. g., Bernard: De diligendo Deo, capites 13.36 – 15.40, pp. 136 – 144), it would be interesting to scrutinize the effective relations between them in that perspective. But for this contribution, this would lead too far. On the spirit in Bernard and its impact on man s. C.A. Cvetcovic´ : Reception of Augustine, pp. 66 – 75; G.R. Evans: Bernard of Clairvaux, pp. 31 – 34; E. Gilson: Th¦ologie de Saint Bernard, pp. 142 – 177.

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would like to ask why Luther used Bernard for this. On this question, I would just like to make two assumptions. First assumption: As it follows from Luther’s frequent recurrence to Bernard, the latter was an authority for the former,59 and he remained so even after Luther’s break with monasticism. Bernard’s statements about the deep depravity of man and of his total dependence on God’s mercy that actually figure in his writings60 must have impressed Luther. After the latter had said goodbye to the monastic way of life, what would have been more logical than to refer Bernard’s statements on human existence exactly to monastic existence, in order to keep Bernard as an authority? The second assumption leads on from the first: Bernard was an authority not just for Luther, but also for his anti-reformatory contemporaries, and especially for the adherents to monastic life, for those who claimed the label “geistlich” (spiritual) exclusively for themselves.61 To say it in Luther’s words: “Jst doch alle jre lere gewest, das alle ander Leyen stende weltlich und fehrlich heissen musten, und allein jre Muencherey geistlich und heilig […].”62 If Luther set against his opponents the idea that all Christians by baptism and by the Holy Spirit were “geistlichen Standes” (of spiritual status), then he had to expect that Bernard would be used as an authority against himself. Thus, his aspiration to claim Bernard for his own enterprise becomes quite understandable. For this, he certainly had to distort the “historical Bernard” a little. Be that as it may, with his depiction of Bernard, he promoted his idea of purification by god’s spirit – a remarkable idea that should not remain unheard in the frame of 15th-/16thcentury approaches to “purgatio spiritus”.

59 On Bernard’s impact on Luther, s. U. Köpf: “Wirkungen”; U. Köpf: “Bernhard von Clairvaux im Werk Martin Luthers”; U. Köpf: Religiöse Erfahrung; R. Schwarz: Vorgeschichte. 60 S., e. g., Bernard: De diligendo Deo, capites 12.34 – 13.36, pp. 132 – 138. 61 On Bernard’s impact in the monastic context s., e. g., U. Köpf: “Die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte”, pp. 36sq. and 52 – 54; J. Leclercq: Bernhard von Clairvaux. E.g., the idea of monastic life as a kind of second baptism could refer exactly to Bernard as an authority, s. Bernard: De praecepto et dispensatione, caput 17.54, pp. 416 – 418. 62 M. Luther : Kleine Antwort, WA 38, p. 149.

“Muste doch Sanct Bernhard an aller seiner Muencherey verzweiveln”

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Tobias Georges

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Stephen Clucas

Exorcism, conjuration and the historiography of early modern ritual magic

This paper draws together some themes in the history of late mediaeval and renaissance thought which have concerned me for nearly two decades. Broadly these themes could be subsumed beneath a single question: what is the relationship between magic and religion in the late middle ages and Renaissance? Still more broadly it is question about the will to operation in that period. Does something fundamental change in man’s will to operate? Does man’s attitude towards nature become more instrumental with the advent of the Renaissance? The question of magic brings this question to the foreground of historical consideration in some rather pointed and emphatic ways, and has the capacity to divide historical audiences at a visceral, pre-logical level in a way that few other controversial subjects within our period do. Another large question I would like to raise is: was magic as transgressive as its theological opponents claimed that it was, and if so, what motivated so many Christian thinkers to put their immortal souls at risk by studying, and even practising magical arts? Many historians of early modern magic have assumed that magic was transgressive, and that the magus was someone who deliberately flouted Christian orthodoxy. Where does this assumption derive from? In his magisterial work on demonology, witchcraft and demonic possession, Thinking with Demons (1997) Stuart Clark – as a cultural historian keen to preserve the reality of demonic possession as it was perceived by early modern historical actors – stressed the desirability of viewing possession from the point of view of the demonologist, as opposed to modern commentators who seek to reduce the ‘reality’ of possession to a set of modern medical or psychological phenomena: “[J]udgements about possession”, Clark argued, “[…] necessarily drew on demonological criteria. We may accordingly be able to give a less reductive account of the subject if we look at it through the eyes of the demonological writers.”1 It is far otherwise, I will argue, with the history of magic, where looking through the “eyes of the demonological writers” simply reproduces their image of magic as a blasphemous, heretical and diabolic 1 S. Clark: Idea of Witchcraft, p. 395, cf. p. 410.

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activity utterly separate from orthodox religious beliefs and practices. It is my belief that contemporary historical accounts of magic have been unduly influenced by the demonological literature of the Middle Ages and Renaissance, and have repeated their claims that ritual magic is an impious contamination of the Christian religion rather than a part of it. In her recent collection of essays Invoking Angels (2012) Claire Fanger has spoken of the desirability of “extracting the addressative practices” of mediaeval magic from what she calls “the demonological complex put in place by medieval theologian”.2 I wholeheartedly concur with this sentiment, which has been one of the primary determinants of my own work on John Dee’s angelic conversations which, as I have argued, be seen as continuous with Dee’s devotional piety, rather than a departure from it.3 I would go further – the extraction of magical practices from this “demonological complex” is the most important issue confronting the history of magic today. One of the most criticised – and yet most enduring – characterizations of the rise of Renaissance magic was that of the Warburg Institute scholar Frances Amelia Yates. In her influential book Giordano Bruno and the Hermetic Tradition (published in 1964), Yates contrasted what she saw as the essentially passive and contemplative stance of the mediaeval devotant, “the pious spectator of God’s wonders in the creation, and the worshipper of God himself above the creation” with the Renaissance magus as typified by Heinrich Cornelius Agrippa, who, for Yates, represents “Man the operator, man who seeks to draw power from the divine and natural order”.4 According to Yates what differentiated the magus from the (mediaeval) Christian is their “sense of operational power”,5 the movement from mediaeval to modern was, she said, “a matter of will”. The magus “changed the will” so that it was “now dignified and important for man to operate”.6 This contrast between spectator and operator, however, obscures the fundamental continuities between the Christian practices of the patristic and mediaeval periods and the Renaissance, and at the same time creates an artificial division between essentially passive Christian practices and operative magical practices. Is it true that Christian rituals were passive while magical rituals alone were operative? Were Christian prayers meek and supplicatory petitions and magical incantations aggressive (and transgressive) operative commands and injunctions? The answers to these questions, I think, are of vital importance for a clearer historical understanding both of the history of magic and of the history of Christianity. My focus in this paper, however, will be on the former. While the history of magic has come a long way since Lynn 2 3 4 5 6

C. Fanger (ed.): Invoking Angels, p. 16. S. Clucas: “Renaissance magic and Mediaeval Theurgy”; S. Clucas: “False illuding Spirits”. F.A. Yates: Giordano Bruno, p. 144. Ibid., p. 150. Ibid., pp. 155 – 156.

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Thorndike dismissed magical invocations as “gibberish”, and has made huge historiographical advances in the past twenty years (particularly, although not exclusively, in the work of historians associated with the Magic in History book series) there is still a tendency – as I see it – to accept the broad outlines of Yates’s contrast as essentially true, and to insist – consciously or unconsciously – on an essential opposition between magical and Christian practices. At a deep level, I will suggest, this is even true of scholars who have begun to acknowledge the profound interdependence of Christian and magical rituals in the late Mediaeval and Renaissance periods.7 A typical example of this would be the following from Deborah E. Harkness’s book on the angelic conversations of the Elizabethan mathematician and natural philosopher John Dee, published in 1999. For Harkness, Christian prayer and magical invocation are distinct, and distinct precisely at the level of volition: “Calling upon God through prayer and summoning spiritual agencies through magical invocations are technically distinct […]. In prayer, the practitioner subjects himself to the will of God. In magical invocation on the other hand, the practitioner subverts the hierarchical arrangement of the cosmos by asserting his or her own will over a spirit and, through a subsequent binding spell, controlling a spirit’s actions.”8

Harkness seems to assume that submission to the will of God rules out the assertion of will, and that ‘conventional’ prayer cannot be operative. Is it true that only magical ‘invocations’ summon ‘spiritual agencies’? If we look back into the history of Christian prayer, a more complex picture emerges. In the third century AD when the first systematic treatments of prayer began to be written, both Latin and Greek Church Fathers described prayer in ways which could be seen as operative. Tertullian and Origen classified the various offices and functions of prayer in very similar ways. Prayer consisted of four main elements: Praise, Thanksgiving and Confession, Petition and Intercession, in which those who prayed could ask for their desires to be fulfilled, or for angelic spirits, or the spirits of the departed saints to intercede for them in their requests. Thus Tertullian in the tenth chapter of his De oratione, written in the first decade of the third century AD, saw the fulfilment of individual desires as a legitimate part of Christian prayer: “[S]ince there are things to be asked in view of the circumstances of each individual, they that approach have the right, after dispatching first the regular and standard

7 In this paper I will be restricting my comments to ritual magic – that is to say, magical operations which involved putative contact between human beings and spirits. I will not be considering the equally complex and diverse field of natural magic. 8 D.E. Harkness: John Dee’s Conversations with Angels, p. 120.

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prayer by way of a foundation, to build on it outside petitions embodying their desires, always remembering, however, the prescribed requests.”9

In chapter XXIX of the same work, he expands on the power and efficacy of Christian prayer: “Prayer is the only thing that can prevail with God, but Christ willed that it should work no evil. All the power [virtutem] he conferred upon it sprang from good. So it has no power except to recall the souls of the dead from the very way of death, to restore the maimed, to cure the sick, to purge the victims of evil spirits, to open the bars of the prison, to loosen the bonds of the upright. It also washes away sins, drives back temptations, quenches persecutions […] attends upon the traveller in distant lands, subdues waves, confounds robbers, [and] nourishes the poor […].”10

While on one level prayer is aimed at procuring purely spiritual benefits (the avoidance of temptation, for example), it also seems capable of acting on the world: subduing storms, foiling thieves, curing diseases, or exorcising evil spirits. A few decades later Origen, writing in his treatise on prayer (Peq· Eqw/r, c. 231 – 250 C.E.), also claimed that the prayers of Christians had power (dum\leyr), and specifically a power to destroy evil spirits: “[T]he words of the prayers of the saints being full of power [dum\leyr], especially when in their prayer they pray with the spirit and understanding […] dissolve by the power of God the spiritual poison which is instilled by the hostile powers into the mind […] like a dart from the soul of him who prays with knowledge, reason and faith, it will go forth from the saint wounding to destruction and death the spirits that are hostile to God […].”11

Origen also believed that prayer involved summoning the aid of spiritual agencies: the places where Christians prayed were, he claimed, attended by angels who sought to minister to the needs of those who prayed.12 Communicating with spiritual agencies is not then the sole province of the magician, but in

9 “quae petantur pro circumstantia cuiusque, praemissa legitima et ordinaria oratione quasi fundamento, accedentium desideriorum ius est superstruendi extrinsecus petitiones, cum memoria tamen praeceptorum.” Tertullian: De oratione, vol. 1, p. 564; Tertullian’s Treatises, p. 28. 10 “Sola est oratio quae deum vincit; sed Christus eam nihil mali voluit operari. Omnem illi virtutem de bono contulit. Itaque nihil novit nisi defunctorum animas de ipso mortis itinere revocare, debiles reformare, aegros remediare, daemoniacos expiare, claustra carceris aperire, vincula innocentium solvere. Eadem diluit delicta, temptationes repellit, persecutiones extinguit […] periginantes deducit, fluctus mitigat, latrones obstupefacit, alit pauperes […].” Tertullian: De oratione, vol. 1, pp. 583 – 584; Tertullian’s Treatises, p. 44. 11 Origen, transl. E.G. Jay, chapter XII.1, p. 114. 12 Ibid. chapters XI.5, p. 114, and XXXI.5, p. 213.

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the shape of the ministry of angels was an expectation which many Christians saw as warranted by Biblical authority, and by the Church Fathers. This petitionary aspect of Christian prayer is one which endures right through to the early modern period. The Catholic martyr John Fisher (whose private psalms are frequently used in the angelic conversations of John Dee), notes that one of the three principal “fruites of prayer” was “the obteyning of the thing which we require of God and pray for”.13 Provided that prayers are “grounded vpon the pyller of humilitie”, he says, the New Testament promises will be fulfilled. Quoting James 2 and Mark 11, he writes: “Let him […] require in a fayth not wavering nor doutful, and his request shal be graunted vnto hym. And likewyse our Saviour Christ in the Gospel sayth thus, Quicquid orantis petitis, credite quia accipietis, & fiet vobis: What thing soeuer ye require by prayer, believe that ye shall obteyne it, and your desire shal be perfourmed.”14

Such beliefs in petitionary prayer can take on a distinctly operative tenor. The sixteenth-century German reformer and iatrochemist Paracelsus, for example, in his De rerum natura saw the New Testament promise of Luke 11, 9 (“ask, and it will be given to you; seek, and you will find; knock, and it will be opened to you.”) as the foundation of a Christian form of magic: “Ceremonies therefore, and conjurations are not any longer to be used by us Christians in the regeneration, as the Ancients in the Old Testament, who lived in the first generation used them. For those prefigurations were for us who were to live in the New Testament. Whatsover things therefore the Ancients that were under the Old Testament, and in the first Generation did doe by Ceremonies, Conjurations, & c. wee Christians of the second Generation, and in the New Testament must doe by prayer, knocking, and seeking, and procure by faith. In these 3 chief points consists all the foundation of the magicall, and Cabalisticall Art, by which we may obtain whatsoever we desire, so that to us Christians, nothing is impossible.”15

John Dee in his Protestatio Fidelis (a prayer-cum-manifesto included in his Libri Mysteriorum) also cites New Testament promises as a warrant for his immediate revelation by angelic messengers, and is told by one of his angelic visitors – the Archangel Michael – that “The key of prayer openeth all things”16, and that he should “Pray and that vehemently, For these things are not reuealed without great prayer”.17 Despite the fact that many magical arts of the late Middle Ages and Renaissance consist of elaborate prayers to angels, there seems to be a deep-seated 13 14 15 16 17

J. Fisher : A godly Treatise, signatura Cij verso. Ibid., signatura [Ev] recto – verso. Paracelsus [1537] 1650, pp. 131 – 132. J. Dee: Libri Mysteriorum, folio 26 recto. Ibid., folio 34 recto.

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resistance to seeing them as part of the same phenomenon as other precatory practices. This resistance seems to be underpinned by a desire to see magic as a transgressive subversion of religion. Thus Jan Veenstra, who has been doing excellent work on mediaeval magic arts such as the Liber iuratus of Honorius and the Ars almadal or almandal, insists in a rather circular argument that magic must be different from religion because it has the characteristics of magic: “Despite the similarities between ecclesiastical and magical rituals, which make it impossible to fully distinguish magic from religion, there are nevertheless some grounds for making a distinction between angelic magic and regular orthodox forms of worship. First of all it should be remembered that magic rituals, even those of angelic magic, frequently depart from or subvert orthodox institutionalized rituals; and secondly the texts of angelic magic will always betray characteristics related to the central tradition of learned magic.”18

The insistence here on “subversion” is part of a pattern of similar conceptualizations in the history of magic. György Szo˝ nyi in his 2004 study of John Dee, John Dee’s Occultism, for example, claims that Renaissance magic was troubled by “an ambivalence between the sacred and the demonic”, and while he acknowledges that renaissance figures like Dee believed in the legitimacy and piety of their communications with spirits, he insists that magicians were never “entirely free from all dark temptations”.19 Since D. P. Walker wrote his Spiritual and Demonic Magic in 1958, it has been commonplace to distinguish those forms of magic which deal with angels (sometimes called ‘white’ magic or ‘angel magic’), and ‘demonic magic’ (also called ‘necromancy’ or ‘black’ magic). Demonic magic, of course, was clearly open to negative characterization. The magician who commanded evil spirits must obviously be evil. And yet even this is a problematic assumption. First of all it should be pointed out that the majority of the magical arts of the Latin Middle Ages (adapted from Jewish, Byzantine and Arabic sources, and Christianized) claimed to deal exclusively with angels, and often involved elaborate prayers forbidding “unclean spirits” from intruding into their practices.20 John Dee, in his Protestatio Fidelis draws his warrant from Biblical examples of God’s ministering angels sent to aid the faithful, said that he had:

18 J.R. Veenstra: “Venerating and Conjuring Angels”, p. 129. 19 G.E. Szo˝ nyi: John Dee’s Occultism, p. 156. 20 S., e. g., the prayer Contra demones, in: Ars notoria, Harleian MS 181, folio 21 recto. Such prophylactic elements constitute a kind of structural paranoia in mediaeval and Renaissance magical arts.

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“alwayes a great regard & care to beware of the filthy abuse of such as willingly & wetingly did invocate & consult (in diverse sorts) Spirituall creatures of the damned sort: angells of darknes, Forgers & patrons of lies & vntruthes.”21

Dee had been denounced by the Protestant martyrologist John Foxe as an “archconiuror” – a label he abhorred. “[O]ught any honest Student, and Modest Christian Philosopher”, he fumed in 1570, “be counted and called a Coniurer? […] Shall that man be (in hugger mugger) condemned as a Companion of the Hellhoundes, and a Caller and Coniuror of wicked and damned Spirites?”22 It would be tempting to follow Dee and make a distinction between pious Christians calling on angels with “harty prayers”, and diabolic conjurors of evil spirits. But even those magical arts which do profess to command “damned Spirites”, are not as immediately and obviously transgressive as one might suppose. Richard Kieckhefer, who blazed the trail for much of the recent work on mediaeval magic with his Magic in the Middle Ages, published in 1990, argued there that necromantic magic had clear parallels with the orthodox exorcistic rituals of the Catholic Church.23 In his recent 1997 study of a fifteenth-century necromancer’s manual Forbidden Rites he notes that “the terms ‘conjuration’ and ‘exorcism’ are essentially interchangeable in medieval usage”.24 ‘Exorcise’ and ‘conjure’ are, in fact, etymologically very similar in that they refer to the swearing of an oath. The Greek 1noqj¸fy from which the Latin exorcismus is derived means both to administer an oath and to conjure.25 The Latin iuro, from which coniurare is derived, means to swear an oath. The addition ‘con-’ suggests taking an oath with someone else – which might include, say, a demonic spirit. What makes Catholic exorcism and diabolic magic similar is that both involve the compulsion of evil spirits (by means of a divine authority) to enter into a solemn and binding oath with the exorcist/conjuror. The earliest recorded English usage of ‘Exorcise’ (‘exorcisen’) dates to the mid-fifteenth century, and referred to the conjuring of spirits rather than driving them out – a sense first recorded c. 1450.26 If we look at a popular sixteenth-century manual of exorcism, such as Girolamo Menghi’s Flagellum Daemonum, we can see that orthodox Christian ritual and prayer could be very operative and forceful indeed, and in fact uses the very language of conjuration and adjuration that the demonologists used to criticise magical arts: 21 22 23 24 25 26

J. Dee: Libri Mysteriorum, folio 7 recto – verso. J. Dee: Mathematicall Praeface, signaturae Ai verso – Aij recto. R. Kieckhefer : Magic in the Middle Ages, pp. 73 – 75. R. Kieckhefer : Forbidden Rites, p. 127. H. G. Liddell and R. Scott, 1985, p. 598; A. Souter : Glossary, p. 138. H. Kurath and S.M. Kuhn (eds.): Middle English Dictionary, vol. 3, p. 334.

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“I exhort you [Coniuro vos], † I contest you and I exorcise you, I drive you away and command you with force [exorcizo, adiuro, atque viriliter mando], oh spirits rebellious to God, by means of he who spoke and things were created; by means of him whom all creatures obey ; by means of the tremendous day of judgement […] I command you to speak with me immediately, and with no deceit or falsity, without noisiness, without lying or injury, but obeying my commands and diligently fulfilling what I order […] by the force of that most holy name, I curse you and cast you down and relegate you to the depths of the abyss till judgement day. Amen.”27

Kieckhefer, however, has a similar problem to that of Veenstra, in that while he points out that “in all […] essential elements conjurations are analogous to exorcisms”,28 he still ultimately wants to insist that there is a fundamental difference between them: “If exorcisms were allowed, at least to authorized clergy, while conjuring was prohibited to all, it was because of the one key difference: the exorcist’s intent was to dispel the demons, while the conjuror’s was to summon them […] there is no other essential difference between this form of magic and religious practices, and […] it is better to perceive demonic magic as an illicit form of religion than as a cultural phenomenon distinct from religion.”29

Once again magic is kept distinct, held apart from its orthodox counterpart in the name of a subversive, transgressive will to operate, and while Kieckhefer is willing to accept magic as internal to religion, it is only as an “illicit” phenomenon.30 Not only do exorcists and necromancers both “summon” (and “conjure”) evil spirits but – as Stuart Clark has pointed out – the expulsion of evil spirits is only one of a range of possible outcomes in any particular exorcism. Rather than seeing it as a kind of spiritual ‘pest control’, Clark emphasises the investigative, knowledge-producing character of exorcism: “In addition to its function as an ecclesiastical ritual, exorcism was the purest and most rewarding form taken by demonological enquiry. For under its direct threat demons were expected to reveal important truths about their activities that scholars would never otherwise have discovered.”31

Properly conducted exorcisms could turn the lies of demons into useful knowledge – they were interrogations and cross-examinations as much as they were expulsions. “[I]n their setting,” he argues, “demoniacs could become privileged avenues of communication between the godly and their mysterious deity”.32 27 28 29 30 31 32

G. Menghi: Flagellum daemonum, p. 110. R. Kieckhefer : Forbidden Rites, p. 127. Ibid., p. 14. Ibid., p. 127. S. Clark: Idea of Witchcraft, p. 428. Ibid., p. 433.

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Kieckhefer’s arguments have more nuances than I can be expected to do justice to here, and he makes extremely cogent points about the close relationships between ritual magic and liturgy and private devotions,33 but one concern I have about his characterization of mediaeval magic is his depiction of it as “a sinister threat to orthodox culture”.34 Despite his insistence that there are striking “links between magical practice and orthodox liturgy”,35 he sees magic as a kind of sub-cultural phenomenon. In Forbidden Rites, he uses the analogy of the “reverse side” of a tapestry. He sees magic as the dark underside of orthodox Christianity, and magic ritual as “unofficial and transgressive, related in form to its official counterpart, however sharply it may differ in its uses”.36 In Magic in the Middle Ages Kieckhefer placed magic in the context of a “clerical underworld”,37 in Forbidden Rites, he talks about magic being situated at “the fringes of the clerical elite”.38 But, as the work of Frank Klaassen and Sophie Page has shown, mediaeval magical arts were largely preserved (and not infrequently used) in perfectly orthodox monastic houses.39 In England it was only after the dissolution of the monasteries in the reign of Henry VIII that Latin magical treatises began to find an extra-ecclesiastical audience, and that audience was one driven by equally pietistic motivations.40 I will now turn to what Fanger has called the “demonological complex”. Until relatively recently the study of ritual or ceremonial magic in the Middle Ages and Renaissance has largely concerned itself with its vilification by contemporary detractors, or by the apologetic strategies employed by its supporters. This focus on criticism and defence has become so entrenched in the historiography of the subject that the positivity of Christian forms of theurgical practice has largely been neglected.41 Historians of Renaissance magic, deflected by the historiographical potency of the idea of the ‘Florentine revival’ of neoplatonism of the late fifteenth century have in fact largely neglected the widespread persistence of 33 34 35 36 37 38 39 40

R. Kieckhefer : Forbidden Rites, p. 17. Ibid., p. 1. Ibid., p. 3. Ibid. R. Kieckhefer : Magic in the Middle Ages, pp. 151 – 172. R. Kieckhefer: Forbidden Rites, p. 4. F. Klaassen: “English Manuscripts of Magic”; S.L. Page: Magic in the Cloister. One aspect of the appeal of mediaeval magical arts which is worthy of further exploration is the fact that they contained elements of the Catholic mass. If as Eamon Duffy has argued (E. Duffy : Traditional Religion) the traditions of the old religion persisted after the Reformation, then further evidence for this could perhaps be found in the circulation of magical manuscripts in the late sixteenth century. 41 S., however, the essays in C. Fanger (ed.): Conjuring Spirits; id. (ed.): Invoking Angels; F. Klaassen: Transformations of Magic and the valuable comments of Christopher I. Lehrich on ritual magic in the fourth chapter of his book on Agrippa (C.I. Lehrich: Agrippa’s Occult Philosophy).

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mediaeval magical arts into the sixteenth and seventeenth century, preferring instead to concentrate on the neoplatonic revaluation of magic as an ‘occult philosophy’ begun by Marsilio Ficino and Pico della Mirandola.42 In his 1958 study Demonic and Spiritual Magic, for example, D. P. Walker concerned himself primarily with natural magic and magical practices influenced by neoplatonism (focussing primarily – though not exclusively – on the writings of Marsilio Ficino and Tommaso Campanella). He also devoted a lengthy discussion to the condemnation of magic in the sixteenth century – G. F. Pico, Thomas Erastus, Johann Wier, Jean Bodin, Symphorien Champier, LefÀvre d’Êtaples and Martin del Rio.43 In a crucial digression at the end of his chapter outlining a “general theory of natural magic”, however, Walker posed the problem of the relationship between magic and religion in a way which suggests further possibilities for the study of ritual magic. In his view natural magic posed a threat to religion in so far as it dispensed with the need for supernatural agency to produce miraculous effects (its logical consequences, Walker argued, was atheism or deism), Demonic magic was unacceptable to Christians because it constituted a “rival religion”. Some magicians, he noted, “attempt[ed] to achieve a non-demonic magic, in order to escape both the Devil and the obvious unorthodoxy of practising a rival religion”.44 That is, a form of magic which claimed to use proper angelic and divine means, rather than operating through demons. Although these kinds of “non-demonic” magic were (as Walker notes) often condemned by religious critics as if they were demonic, the problem remained of how one could distinguish between the marvellous effects claimed by religious practices and “magical operations producing similar quasi-miraculous effects by similar means”.45 For Walker the historical importance of the “connexions between magic and religion” are internal to religion: “The historical importance of these connexions […] is, I think, that they led people to ask questions about religious practices and experiences which would not have otherwise occurred to them; and by approaching religious problems through magic, which was at least partially identical with, or exactly analogous to religion, but which could be treated without reverence or devotion, they were able sometimes to suggest answers which, whether true or not, were new and fruitful.”46

42 S., for example, F.A. Yates: Giordano Bruno and id.: Occult Philosophy. For a critique of Yates’s ‘classicizing’ tendency to downplay the persistence of mediaeval forms of magic in the Renaissance s. S. Clucas: “Renaissance magic and Mediaeval Theurgy”, pp. 236 – 237. On the persistence of mediaeval arts into the Renaissance s. F. Klaassen: “English Manuscripts of Magic”. 43 D.P. Walker : Spiritual and Demonic Magic, pp. 145 – 185. 44 Ibid., p. 83. 45 Ibid., p. 84. 46 Ibid.

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If we examine ritual magic as a positive phenomenon which occurs within Christianity, that is to say, as a set of practices which deploy Christian means within a Christian horizon of meaning, then we may be able to locate some of the reasons why it was such a widespread phenomenon in Europe in the late Middle Ages and the Renaissance. It is my contention that there has been too much emphasis on the unorthodox nature of ceremonial or ritual magic in the history of magic. Although the religious proscription of magical practices is in itself an important historical phenomenon and vital to an understanding of the historical reality of magic, it could be argued that to focus on the negative reactions of the Catholic and Protestant churches in various parts of Europe is to ignore the fact that many Protestant and Catholic Christians practiced (or took an interest in) magic and did not see it as fundamentally impious in character. In order to come to a fuller understanding of the positive significance of magic for its Christian practitioners we need to appreciate the continuities between magic and Christian profession – the normative character of ritual magical practices from the viewpoint of practitioners, as opposed to the transgressive character as it was defined in the demonological literature.47 Although the magical arts were often condemned as impious in the middle ages and the Renaissance, their ritual and ceremonial aspects often suggest strong continuities with ‘orthodox’ religious practices (the use of liturgical, psalmic and private prayer, the use of ecclesiastical paraphernalia such as holy water, incense, altar cloths, etc.). In the remainder of this paper I will consider some of these continuities – looking at magical arts in the fifteenth and sixteenth century as ‘precatory events’ utilising a great many elements of orthodox prayer, and examining some of the subject positions (humility, penitence, petition, thanksgiving, etc.) which magical arts such as the Ars notoria had in common with orthodox worship. I also want to consider some of the reasons for the charges of impiety which were levelled against the magical arts (or ‘necromancy’, as they were often perjoratively termed) by Protestant and Catholic critics such as Johann Weyer and Martin del Rio.48 I would argue that these charges of impiety were motivated by the same theological imperatives as governed the emergence of the category of ‘heresy’ (as much a matter of the internal policing of doctrinal purity as a matter of any substantial differences between ‘magical’ and ‘religious’ practices).49

47 An excellent outline of the history of the negative character of the demonological literature can be found in N.L. Brann: Trithemius, pp. 33 – 84. 48 On the ambiguity of the term ‘necromancy’ (and its Latin correlates, necromantia or nigromantia) in the mediaeval period s. C. Burnett: “Talismans”. 49 A similar argument has been advanced by Gerhild Scholz Williams in her study of witchcraft and demonology (G. Scholz Williams: Discourses of Magic and Witchcraft, pp. 121 – 145).

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Henricus Cornelius Agrippa and the “damnable” arts of the Middle Ages In his De incertitudine et vanitate scientiarum, published in 1528 Henricus Cornelius Agrippa author of one of the most influential works of renaissance magic De occulta philosophia (1531) inveighed against the art of “theurgy” or magical communication with spirits. Taking St Augustine’s famous attack on theurgy and demon worship in Book X of the City of God as his starting point, Agrippa sought to disabuse those who saw theurgy as a licit practice. “Many thinke that Theurgie is not prohibited”, he says: “As who saithe it were governed by good Angels, and by the diuine power, whereas yet oftentimes under the name of God, & the Angels it is bounde with wicked deceits of the Diuels, for not onely with naturall forces, but with certaine solemnities & ceremonies also, wee winne and drawe vnto vs heauenly thinges […]”.50

These “solemnities” include purifications, oblations and sacrifices. But these things Agrippa cautions can attract “vncleane spirites and the deceauing powers”. The neoplatonist Porphyry had suggested that by means of Theurgy (or “Magick of thinges diuine”) men could be “made more apte to receaue Spirites and Angels” but denied that it was possible to use it to have an immediate revelation of God himself.51 Much of Agrippa’s account of Theurgy (and especially his discussion of purification and the citation of Porphyry) closely follows Augustine’s. What he adds is the extension of Augustine’s strictures to the practices of contemporary magicians. “Of this schole”, he concludes: “are the Arte of Almadel, the Arte Notarie, the Arte of Paule, the Arte of reuelations, and many other thinges of like superstitions, which be so much more damnable, as they appeare to the ignorant more diuine.”52

50 “Theurgiam vero plerique putant haud illicitam, quasi haec bonis angelis diuinoque numine regatur, cum saepissime tamen sub Dei & Angelorum nominibus malis daemonum fallacijs obstringatur, non solum siquidem naturalibus viribus, sed etiam certis ritibus & ceremonijs coelestes, & per illas diuinas virtutes nobis conciliamus & attrahimus […].” (H.C. Agrippa: De incertitudine, signatura O3 verso; id.: Of the Vanitie, p. 59 recto – verso) The English translation here and in following quotations are from the English translation of James Sanford. 51 “Theurgia siue diuinorum magia plura disputans Porphirius, tandem concludit Theurgicis consecrationibus posse quidem animam hominis idoneam reddi ad susceptionem spirituum & Angelorum ad videndos deos, Reditum vero ad Deum hac arte praestari posse inficiatur omnino.” (H.C. Agrippa: De incertitudine, signatura [O4] recto; id.: Of the Vanitie, p. 59 verso). 52 “Eius itaque scholae sunt, ars Almadel, ars Notoria, ars paulina, ars reuelationum, & eiusmodi superstitionum plura, quae eo ipso sunt pernitiosiora, quo apparent imperitis diuiniora.” (H.C. Agrippa: De incertitudine, signatura [O4] recto; id.: Of the Vanitie, p. 59 verso).

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These mediaeval magical arts, which continued to flourish throughout the sixteenth and the first half of the seventeenth century are attacked at greater length in the preceding chapter which deals with goeteia (that is sorcery or black magic) and necromantia. These overlapping terms signify for Agrippa a form of “ceremoniall Magicke” which involves “the entercourse of wicked sprites, made with the rites of destestable curiositie, with vnla[w]ful coniurations, and with defensive prayers, banished & accursed by the decrees of all lawes.” These kinds of magician, Agrippa says, “at this daie we call Necromancers and Enchaunters”.53 While he identifies necromancy with one of its putative etymological origins – i. e., necromancers are magicians who “invocate deade mens soules”, he also applies it to those who claimed to use children to proclaim oracles and crystallomancy – i. e., the calling of spirits into a crystal stone or glass.54 He also extended this category to take in the mediaeval magical arts which he criticises in the chapter on theurgy and a few more besides. “At this daye”, he says, “there are bookes carted aboute with fayned titles vnder the names of Adam, Abel, Enoch, Abraham, Salamon, of Paule also, Honorius, of Cypriane, of Alberte, of Thomas, of Hierome, and one of Yorke.”55

Agrippa here is thinking of mediaeval magical arts such as the Liber Juratus or Liber Sacer (attributed to Honorius of Thebes), or the Ars notoria and the De quatuor annulis (attributed to Solomon). He also refers to arts which make “the Angelles of God authors of […] detestable doctrine” including “bookes written by Raziol and Raphael”.56 Here he is thinking of the magical art variously referred to as the Liber Razielis, the Sefer Raziel or the Liber institutionis, which was condemned in the thirteenth century by Pseudo-Albertus Magnus in the eleventh chapter of the Speculum astronomiae as “destestable” (detestabilis). 53 “Ceremonialis autem Magiae partes sunt Goetia atque theurgia, Goetia immundorum spirituum commercijs inauspicata nefarie curiositatis ritibus, illicitis carminibus, & deprecamentis concinnata, omnium legum placitis est exterminata & execrata. Huius generis sunt quos necromanticos & maleficos hodie nuncupamus.” (H.C. Agrippa: De incertitudine, signatura O2 recto; id.: Of the Vanitie, p. 57 verso). 54 “Hi sunt ergo qui defunctorum inclamant animas, & illi quos veteres dicebant Epodos qui excantant pueros & in eloquium oraculi eliciunt, & qui daemones Paredros circumferunt […] & qui, vt dicitur, spiritus pascunt in vitro per quos se prophetare mentiuntur.” (H.C. Agrippa: De incertitudine, signatura O2 recto; id.: Of the Vanitie, p. 57 verso) On crystallomancy s. C. Whitby : “John Dee”. 55 “[H]odie adhuc confictis titulis circumferuntur libri sub nomibus [sic: nominibus], Adae, Abelis, Enoch, Abrahae, Salomonis, licite, Pauli, Honorij, Cypriani, Alberti, Thomae, Hieronymi & Eboracensis cuiusdam […].” (H.C. Agrippa: De incertitudine, signatura O2 verso; id.: Of the Vanitie, p. 58 recto). 56 “Praeterea non homines modo, & sanctos & Patriarchas & Angelos Dei tam execrabilium dogmatum fecerunt autores, sed & libros a Raziele & Raphaele, Adami & Thobiae angelis traditos ostentant […].” (H.C. Agrippa: De incertitudine, signatura O2 verso; id.: Of the Vanitie, p. 58 recto).

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These arts, Pseudo-Albertus said, involved unlawful invocations (invocationes) and the use of characters which are “exorcised by certain [angelic] names” which could, he suspected, conceal things which “might be against the honour of the Catholic faith.”57 Agrippa too had religious objections to the practices of the “damnable artificers of damnation” who used “certaine wicked observations enterlaced and graffed in the ceremonies of religion, with many vnknowne names and signes.”58 As Agrippa had already pointed out, these magical arts used “defensive prayers”, they also sought to “binde Sprites with the invocation of the names of God” and to use “a certain virtue of the names of God” – the socalled nomina dei, or “vnknown names” of God.59 But what of this “interlacing” or “engrafting” of the ceremonies of magic and of religion? Rather than seeing the necromancer as a “wicked” and “damnable” abuser of religion could we not see them as practitioners of a ceremonial magic which they saw as fundamentally Christian in orientation? Agrippa, like Augustine, was concerned about the appeal of theurgy to the Christian community. Agrippa thought magical arts “damnable” because they appear “to the ignorant [to be] more diuine”. But what seemed to worry the scholarly community was that this putative ‘divinity’ of magical arts was a belief which extended to the learned rather than the ignorant. Who, in the early sixteenth century, was entitled to judge what was, and what only appeared to be divine? Might not the category of ‘necromancer’, like that of ‘heretic’, be seen as a product of a negative dynamic within Christian communities which sought to establish a notional doctrinal purity or normalcy through the proscription of certain kinds of doctrines and practices?60 Later in the sixteenth century the demonologist Johann Weyer (or Wier) in his De praestigiis daemonum, like Agrippa, was concerned with the intermingling of magical and Christian ceremonies, which he construed as a malicious abuse: “It is useful to have warned the careless and the overcredulous, lest they be deceived and misled by the divine names impiously used for this purpose, or by maliciously distorted words of Sacred Scripture – as we see happening right up to the present time; the magicians thus excuse and exonerate themselves on the very basis on which they are most grievously at fault – namely, that they invoke the sacred names, and mingle the word of God in with this diabolical work of theirs, whereby the most sacred name of 57 Pseudo-Albertus Magnus: Speculum astronomiae, pp. 240 – 241. Zambelli argues that the Speculum was composed in the 1260s (ibid., p. 3). 58 “ignaris perditissimis perditionum artificibus esse conflatos ex prophanis quibusdam obseruationibus nostrae religionis ceremonijs permixtis, insitisque ignotis multis nominibus & signaculis […].” (H.C. Agrippa: De incertitudine, signatura O2 verso; id.: Of the Vanitie, p. 58 recto). 59 “Nam alij daemones malos virtute quadam maxime diuinorum nominum adiuratos aduocare & cogere student […].” (H.C. Agrippa: De incertitudine, signatura O2 recto; id.: Of the Vanitie, p. 58 recto). 60 S. G.K. Waite: Heresy.

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God is profaned by the dreadful crime and Holy Scripture is defiled by abominable abuse.”61

While Weyer seeks to define magical practices as a “crime” and “abuse”, distortion and defilement, it is possible to see here that it was possible (and perhaps unavoidable) that the individuals using magical arts saw them as legitimate precisely because of the elements they had in common with ‘orthodox’ worship: the divine names, sacred scripture and prayers. Like the ‘heretics’ who saw their practices not as an “abominable abuse” but as a purer and more perfect piety, it seems likely that Christian magical practitioners saw those practices as lawful and Christian activities. Rather than seeing magic as something forbidden and separate from religion, they would have viewed it as continuous with other areas of their religious life, such as private prayer and the study of scriptures. Attacking Johannes Trithemius’s Steganographia – which many sixteenth century scholars believed to be a treatise on angel magic rather than cryptography62 – Weyer criticises the “adjurations” or supposed magical prayers which he finds there: “The adjurations themselves are scarcely a continuous prayer, but rather a conglomeration, as it were, of spirit names, arranged in the varying manner of the magical art – almost all of them unfamiliar […] such as Arabic names and the like.”63

In a passage which echoes the criticisms of theurgy in Agrippa, Weyer attacks magical arts because of their claims to be Christian operations: “The vaunted arts of this school are the arts of Almadel, Bulaphia, Artephius and Paul, the art of magical signs, the art of revelation, and similar monstrosities of impiety – completely intolerable, and all the more deadly in that they appear to the unlearned to be the workings of God.”64

Although one might have expected some sort of confessional variation between Catholic and Protestant approaches to the question of magic and religious orthodoxy, there is in fact a striking congruence of opinion across the religious divide. Like their Protestant counterparts, Catholic demonologists focussed on what they saw as the impious use of Christian practices. Jean Bodin, for example, in his De la Demonomanie (published in 1580) attacked the “fine veil of piety” 61 J. Weyer : De praestigiis daemonum, p. 118. 62 For recent works which have revealed the purely cryptographical character of Trithemius’s Stegnographia s. T. Ernst: “Schwarzweisse Magie”, and J.A. Reeds: “Trithemius’s ‘Steganographia’”. Despite these successful decipherments of the avowedly magical third book of the Steganographia, Noel Brann persists in seeing a magical dimension to Trithemius’s work (N.L. Brann: Trithemius, pp. 243 – 245). 63 J. Weyer : De praestigiis daemonum, p. 115. 64 Ibid., p. 116. Cf. H.C. Agrippa: De incertitudine, signatura [O4] recto; id.: Of the Vanitie, p. 59 verso.

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displayed by magicians who made use of prayers, fastings, crosses and consecrated hosts and he condemned as “contemptible” the magical use of “fine orisons, psalms, the name of Jesus Christ in every phrase [… and] words from the canon of the Mass […]”.65 Martin del Rio in book II of his Disquisitiones Magicae (entitled De magia daemoniaca) condemned as “impious” the idea that God would grant the wishes of magicians through his angels because of their use of “prayers and incantations” on the grounds that it is “entirely blasphemous” to attribute to magical arts “something which belongs properly to graces freely given”.66 Neither Bodin, nor Del Rio, nor the Protestant demonologists, however, give any express opinion on how the use of prayers in magical arts relates to the piety or impiety of believing in the efficacy of non-magical uses of Christian prayer.

The Ars notoria considered as a ‘sacrament’ Let us look at one magical art condemned by Agrippa, the Ars notoria, to see why – given its avowedly diabolic character – this magical art might have been as popular as the manuscript evidence of the sixteenth century would seem to suggest. The Ars notoria promised the practitioner the ability to learn the seven liberal arts in a miraculously short time. By meditatively gazing upon a series of diagrams or figures (notae) at astrologically auspicious phases of the moon, praying intently and reciting a series of magical prayers or orations, which were supposed to be ‘divine names’ comprehensible to spiritual beings, one could learn rhetoric, dialectic, arithmetic, astronomy and so on. In a sixteenth-century copy of the Ars notoria in British Library, Harleian MS 181, the art is described as follows: “The whole mystery, power and efficacy of this most sacred art or operation consists in prayers, between which the names of the angels of the Living God seated in the highest seats are named, recited and invoked; and in the power of their figures and signs. This is because they [i. e. the figures and signs] are filled up and permeated by the invoked and named holy angels of God with fasting and prayer, hope and faith, divine permission and the power of God and the ministration of the holy angels; and through these things this most holy work is brought into effect.”67 65 J. Bodin: De la demonomanie, pp. 66 and 98. It should be noted that Bodin’s religious confession has been a matter of some debate: although he was involved from an early age with the Carmelite order, it has been argued that he later developed strong Calvinist sympathies. S. J. Bodin: Colloquium, pp. xv – xlvi. 66 M. Del Rio: Disquisitiones magicae, pp. 68 – 69, 72 – 73. 67 “[T]otum misteriu[m], et tota virtus et efficacia istius sacratissime artis vel operac[io]nis consistit in orac[i]o[n]bus, inter quas no[m]i[n]ant[ur] recitant[ur], et inuocant[ur]

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Like alchemists, who would often distinguish their own truthful alchemical doctrines from the false and deluding doctrines of charlatans and ‘impostors’, it was not uncommon for magical practitioners to distinguish between legitimate and illegitimate magical arts. In the Harleian MS 181 Ars notoria we find the following distinction between illicit and licit forms of magical art: “Solomon and many others after him such as Apollonius, Ptolemy and Virgil, constrained and gathered together evil spirits by naming and invoking them; naming their names, I say, so that they would obey them, and satisfy their wishes; offering them various kinds of sacrifices, in order to bind and confine them, which it is wicked, and extremely unwholesome and doubtful to perform. It is believed to be more efficacious – because it is allowed and permitted by God – to call upon him, naming his name, and to call his angels with their names, along with good works, confession, fasting [and] chastity […].”68

Just as Pico della Mirandola in his Oration on the Dignity of Man had distinguished between goeteia (cogteia) and mageia (laceia), “The first the most fraudulent of arts, the second […] firm, faithful and solid”,69 the anonymous author of the Ars notoria treatise makes a clear distinction between magic involving the constraint or “binding” of evil spirits and that which operates by means of good works and calling on good angels. Opponents of magic such as Weyer, of course, would claim that the theurgist believed he was dealing with good angels but was actually deceived by evil angels (as Augustine had argued in his rejection of Porphyrian theurgy in Book VIII of the City of God). The question of the legitimacy of magical arts which operated by means of ‘contracts’ or ‘bonds’ with spirits which compelled them to do the operator’s bidding in the name of God is also an ambiguous one. There was a long tradition of priests claiming divine warrant in instances of demonic possession, for example, where prayers would be used to command demons to leave the body of the possessed. no[min]a sanctoru[m] angeloru[m] Dei viui in supernis sedibus residentiu[m]; et in virtute figuraru[m], et signoru[m] earu[m]. Quia invocatis et no[m]inatis sanctis angelis Dei cu[m] ieiunio et oratione, spe et fide, diuina permissione et virtute Dei, et sanctoru[m] angeloru[m] administrac[io]ne imbuu[n]tur et replent[ur]; et per eos istud opus sanctissimu[m] perdiucit[ur] ad effectu[m].” (Ars notoria, Harleian MS 181, folio 56 verso). For more on this manuscript s. S. Clucas: “Renaissance magic and Mediaeval Theurgy”, pp. 241 – 245, and F. Klaassen: Transformations of Magic, pp. 165 – 167. 68 “Salomoni, et post eu[m] pluribus alijs, sicut Appollonio, Ptholomeo, et Virgilio constringere malignos sp[iritu]us, et congregare no[m]inando, et invocando eos; no[m]inando dico no[m]ina eoru[m], vt obedirent eis; et satisfacerent voluntatibus eoru[m]; vt possent eos ligare, et includere, offerendo eis sacrificia diuersimoda quod malu[m] est, et grauissimu[m], et dubiu[m] operari. Multo enim fortius est credendu[m], q[uod] permissum sit a Deo, et datu[m], rogare eu[m] nominando nomen eius, et rogare sanctos angelos suos, no[m]inando eoru[m] no[m]ina cu[m] bonis operibus, cu[m] confessione, cu[m] ieiunio, et castitate […].” (Ars notoria, Harleian MS 181, folio 57 recto). 69 G.P. della Mirandola: Oratio de Hominis Dignitate, pp. 26 – 27.

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As we have already suggested, the use of the verb exorcizare to signify exorcism, adjuration and conjuration in mediaeval Latin, and the frequent appearance of this verb in magical treatises suggests subterranean links between ‘orthodox’ (if extraordinary) practices and magical practices even in the more marginal case of arts which practice by constraint and compulsion rather than humility and petition. The Ars notoria, however, falls squarely in the latter category, and the complex series of prayers which form its fabric continually stress the submission of the practitioner’s will to divine command. “Instruct me o Lord, and make me perfect in wisdom and knowledge […] humbly I implore, demand, solicit and beg you o Lord […]”.70 Humility and divine permission are the keynotes of the prayers: “Through your most holy mercy, I beseech this gift of you, although I am unworthy, grant it to me, and confirm and corroborate it in my mind”.71 “O wisdom and fount of all wisdom; fill me today with the perfect knowledge of this art for which I labour, and invoke your holy name Lord, holy father direct my senses, increase my memory, give me knowledge and wisdom, by your most holy name”.72 “Complete, restore and cure my intellect so that I may glorify you with all the works of my thoughts and words”.73

The art also includes traditional prayers and liturgical texts, such as the seven penitential psalms, the Credo and the Lord’s prayer.74 It is hard to see these as anything other than highly conventional prayers of petition and praise, such as any private devotant might use in their oratory in the sixteenth century. The two problems posed by the art were doubtless the presence of the notae or figures whose use – together with invocations and suffumigations – Pseudo-Albertus had condemned in chapter 11 of his Speculum astronomiae as “abominable” (abominabilis), and the presence of what Pseudo-Albertus called the “names of the unknown language” (ignotae linguae nominibus).75 These names which appear (in part) to be corrupted Greek, Hebrew and Arabic words for God, 70 “Tu Domine instrue me, et perfice in scientia et sapientia […] Te Domine suppliciter imploro, deposco, flagito, et supplico […].” (Ars notoria, Harleian MS 181, folio 48 recto). 71 “[P]er tua[m] sanctissima[m] misericordia[m] istud donum a te peto, qua[m]vis indignus sum, mihi concedas, et in mente[m] mea[m] confirma et corrobora.” (Ibid., folio 50 recto – verso). 72 “O sapientia, et fons totius sapientiae; comple in me hodie perfectam scientia[m] istius artis, pro quo laboro, et inuoco nomen sanctu[m] tuu[m] Domine sancte pater, vt sensus meos dirigas, et memoriam mea[m] augeas, scientia[m] et sapientia[m] mihi tribuas; per sanctissimu[m] nomen tuu[m] […].” (Ibid., folio 59 recto). 73 “comple, instaura, sana intellectum meum, vt glorificem te, per omnia opera cogitationum mearu[m] et verboru[m] meoru[m].” (Ibid., folio 18 verso). 74 Ibid., folio 19 recto – verso. 75 The Speculum Astronomiae and its enigma, p. 241.

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divine attributes or names of spiritual beings are, admittedly, difficult for the modern observer to view without derision: “Helyschemaht scemoht Hazaram, Sanduhc, Theon, Hazmaras, Iazaram Heloman […]” and so on. Nonetheless, we must remember that some scholars in the fifteenth and sixteenth centuries believed in the possibility of recovering a lost, perfect language – the language of Adam which he shared with the angels.76 While to Thorndike these “magical orations” were simply “gibberish”,77 we could imagine a practitioner for whom these seemingly nonsensical utterances were the preserved remnants of a divine language comprehensible to spiritual beings. Hence the seemingly absurd statement of Pico in his Conclusiones magicae that “words that mean nothing are more powerful in magic than words which mean something.” He believed this because he also believed that “Every word has power in magic in so far as it is shaped by the voice of God.” The only significant words which he allowed to have a place in magic were “Hebrew names or those closely derived from Hebrew”.78 In a situation where a magical practitioner believed that these orations were meaningless to men but comprehensible to God, or believed them to be a form of ur-Hebrew or Chaldean, these apparently ‘pagan’ or ‘barbarous’ admixtures to conventional worship could be seen in a Christian light. Such ideas were not, of course, universally accepted in the sixteenth century – while university-trained scholars such as John Dee and Thomas Allen were renowned for their interest in mediaeval magical arts, others were rather more sceptical about this intellectual trend. In his Theoria analytica of 1575 Everard Digby, Master of Arts and Fellow of St Johns College Cambridge, launched an attack on occult philosophical tenets of all kinds. In his book which – as its title page announces – sought to “remove all obscurities, mysteries and arcane principles” from philosophy and the other disciplines, Digby took pains to attack what he saw as the “unscientific” (in the sense of un-Aristotelian) attitudes towards language and signification which he felt had been holding undue sway over many of his learned contemporaries. “There are many books written”, Digby wrote, “which deal with the power and virtue of characters and words. The foremost authors of these, I mean the Cabalists, Talmudists and Pythagoreans, maintain that marvellous effects ensue from some hidden power or the utterance of some mystical word: however, there are many extant volumes concerning characters and words which are nothing short of magical: such as the Liber de officiis spirituum, De morte animae, De arte notoria, and others which without any signification or concept of nature produce the greatest effects of this kind. The efficacy of bare words is maintained by the author 76 J.J. Bono: The Word of God, pp. 123 – 166. 77 L. Thorndike: History of Magic, vol. 2, p. 286. 78 G.P. della Mirandola: Conclusiones, pp. 500 – 501.

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Cornelius Agrippa, who in the sixty-ninth chapter of the first book of De occulta philosophia, teaches that names and words have so much power in them that spirits are attracted, raised and restrained by them.79 Pico della Mirandola writes about these kind of [magical words] in his 900 theses as follows: meaningless words, have more power in magic than words which mean something. Following these authorities The most learned men of our age, who are expert in all the sciences and languages, can often be heard saying: Rauarone, Hur, Asmobias, Mebarke, Geballa, Olune etc Neither these, nor any other magical utterance represents any meaningful idea to listeners, whether in English, or Latin, or Hebrew, or Greek, Arabic or Syrian.”80

Digby also attacked Johannes Trithemius’s Steganographia, the mystical interpretation of Hieroglyphs, the Cabala, and the belief in the efficacy of magical characters. Digby saw these doctrines as “empty and absurd loquacity”, as opposed to the solid and fruitful language of logical demonstration which was the only true foundation of knowledge. For Digby the truly scientific use of language involves the definition of meanings, placing these definitions in order, and connecting them (by means of syllogism) to produce truly scientific conclusions. For Digby signs must refer to natural things and be meaningful in a logical sense. Such ‘rationalistic’ views, however, were not yet a dominant trend – as the polemical tenor of Digby’s attacks suggest, and the sixteenth century continued to cherish these kinds of beliefs about the efficacious properties of magical words and signs. In another sixteenth-century manuscript of the Ars notoria – a facing-page Latin and English translation in the Bodleian library81 – we can see how such beliefs came to be held. In a lengthy gloss on the art attributed to Apollonius

79 S. H.C. Agrippa: De occulta philosophia, liber I, caput 59, pp. 231 – 232: “De sermone atque virtutibus verborum”. 80 “Multi enim sunt libri conscripti de characteribus & vocibus earumque vi & virtute. Quorum primi etsi autores, Cabalistae scilicet, Thalmudici, Pythagorici, per intimam quandam virtutem ac mysticam talium vocum pronunciationem, ad effectus mirabile contendunt: tamen multa extant per characteres & voces conscripta volumina, quae mere magica sunt: vt liber de Officijs spirituum, de Morte animae, de Arte Notoria, alijsque qui sine omni significatione notioneque naturae summos in suo genere producunt effectus. Nudis vocibus tantam inesse efficiatiam, autor est Cornelius Agrippa, qui in libro primo de occulta Philosophia Capitulo sexagesimo nonno, docet nominibus & verbis tantam vim in esse, vt eisdem spiritus alliciantur, excitentur, reprimantur. Huiusmodi quidam in nonaginta conclusionibus suis scribit Pycus Mirandula in hunc modum: Nonsignificatiuae voces, plus possunt in magia quam significatiuae. Huic autoritati accedit quod saepe audiui doctissimos nostrae aetatis, omniumque pene Scientiarum & Linguarum peritissimos dictitasse: Rauarone, Hur, Asmobias, Mebarke, Geballa, Olune & c nec AnglicÀ, nec LatinÀ, nec HebraicÀ, nec GraecÀ, ArabicÀ, aut Syrice, nec vero quicquam aliarum dictionum magicarum, notionem aliquam significatiuam audienti repraesentare.” (E. Digby : Theoria Analytica, pp. 384 – 385). 81 Ars notoria, Ashmole MS 1515 folio, foliis 4 recto – 10 recto.

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(“The Glosse of Appollonius vpon the former Treatise called Ars Notoria or Ars Memoratiua & c.”82), we find the following transmission history : “And although in ye beginning ye most hie god make […] Lord & principall & did p[er]fectly Illustratt him w[i]th all wisdom, yet we finde [tha]t not only to him, but also to many other […] he hath ministred his grace and knowledge abundantly amongst w[hi]ch we specially finde out one, [tha]t is to say Salomon, w[hi] ch the most hie hath elected to powr forth in him his wisdom, knowledge & grace. / And so to him he sent downe his Angell Phanphilus w[i]th certaine golden tables, wherin were described certen names of holy Angells w[i]th Chaldaean Greeke & hebreu orations & likewise w[i]th those orations were pictured certen figures diu[er]slye drawne, w[hi]ch the said Angell carried in those golden tables & putt vpon the Altar of the Temple w[hi]ch Salomon had erected to the Lord, & he p[re]sented yt to the kinge saying & showing of those pray[er]s what they did signifie: & of the figures w[ha]t they did portend, & did declare yt by elements as in ye beginning teaching the same maner, terme & continencye of working.”83

The problem of the magical orations and the notae or figures (i. e. the claim that they were extraneous and impious additions to orthodox Christian prayer) is thus resolved. These elements are not only believed to be of venerable antiquity (written in the ancient languages of Greek, Chaldean, and Hebrew) but they are also seen as having been delivered, or revealed, by angels to Solomon. They could therefore be construed as possessing the character of a prophetic vision. Thus one of the prayers of the Ars notoria is described by Apollonius as “a certain sacramental & ineffable oration, w[hi]ch cannot be expounded by eny humayn sence”,84 while in a beautiful fifteenth-century manuscript of the Ars notoria the art itself is described as an “inestimable sacrament” (sacramentum inestimabile) and a “great mystery” (magnum misterium).85As Appollonius says in his gloss on the Ars notoria: “Therfore this most divine Arte, w[hi]ch is called of Salomon Art notarie & in other places Art memoratiue conteyneth in it a most holy mistery, for in it is no other thing specified, but Invocations of most holy orations among w[hi]ch are named the names of holy Angells resident before the most hie god & in invocating the divine names of god are adored.”86

While the idea of a mediaeval magical art being seen as a ‘sacrament’ may seem a shocking statement to many people today (especially to practising Christians), I 82 83 84 85

Ibid., foliis 23 recto – 40 verso. Ibid., folio 23 recto. Ibid., folio 24 recto. Ars notoria, Bodley MS 951, folio 1 verso. On the use of the term ‘sacrament’ in relation to the Ars notoria s. J. V¦ronÀse: L’ars notoria, vol. 1, pp. 258 – 261, and J. V¦ronÀse: “Medieval Ritual”, p. 56. Cf. C. Fanger (ed.): Invoking Angels, pp. 17 – 18. 86 Ars notoria, Ashmole MS 1515 folio, folio 23 recto.

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would argue that our ‘shock’ has more to do with our current understanding of the antithetical relationship between magic and orthodox religion than it has to do with the piety or impiety of magical practices in the late Middle Ages and the Renaissance. Our understanding of this antithetical relationship has, I believe, been shaped by our reading of the demonologists and opponents of magical arts rather than the views of their practitioners.87 I would argue that many of the practitioners of these magical arts saw them as continuous with their orthodox devotions rather than as divergent from them. The question of the orthodoxy of any particular magical art is no different than the question of the orthodoxy of any particular set of religious beliefs. Those who practiced these magical arts doubtless saw them as continuous with their religious faith and not as an excursion outside of it. A genuine historiographical understanding of magical arts in the late middle ages and Renaissance will not be possible until we cease to accept the dominant binary terms of the critics of magic, and instead try to identify the shared assumptions behind magical arts and other kinds of ‘sacraments’ or religious practices.

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“Morbo spirituali medicina spiritualis convenit”: Paracelsus, Madness, and Spirits “For this truly is to know Medicine, that it is known how one gets from primal to ultimate matter, & with that comes how spirit is made ready for every form … In that form of spirit are and lie the secrets and great works of Medicine, in that, I say, lies true knowledge.” Paracelsus, Labyrinth of Erring Physicians (1553)

For those less familiar with the rebellious and revolutionary Swiss-born Aureolus Phillipus Theophrastus Paracelsus of Hohenheim (1493 – 1541), he is wellknown in the history of science for arguing that the purpose of alchemy was not Chrysopoeia, the transmutation of base metals into gold, but Chymiatria, the preparation of chemical medicines.1 He is thus also a significant figure in the history of early modern medicine, with his polemical stance against the traditional scholastic authorities of the university medical curriculum, Aristotle, Galen and Avicenna in particular.2 Although he resented the comparison, during his lifetime his strident calls for reform led him more than once to be called the “Luther of Medicine”.3 Paracelsus propounded an alchemical, astrological and explicitly Christian medicine, “one that paid attention to the whole person, body, soul, and spirit”; indeed, he is famous for asserting that all things are composed of three principles, salt, sulphur and mercury, being respectively the body, soul, and spirit of substances.4 In the Opus Paramirum/The Work Beyond Wonder (1531 – 35), a book in which Paracelsus moves beyond the diseases of the visible body to what he terms the mental and spiritual diseases,5 he provides a memorable illustration of what he means by these three foundational principles: “Take a piece of wood. Now burn it. The flammable part is the sulphur, the smoke is the mercury, and the ash is the salt.”6 The mercury, the spiritual aspect, is the smoke. In the Philosophia ad

1 U.L. Gantenbein: “Paracelsus”. 2 On the impact of Paracelsus’s writings and thought, s. A. Debus: Chemical Philosophy ; id.: The French Paracelsians; B.T. Moran: The Alchemical World; D. Kahn: Alchimie et Paracelsisme. 3 C. Webster : Paracelsus, p. 2; C.D. Gunnoe: “Paracelsus’s Biography”, p. 17. 4 W. Pagel: Paracelsus, p. 267. 5 E. Midelfort: History of Madness, p. 121. 6 N. Goodrick-Clarke: Paracelsus, p. 78; A. Weeks: Paracelsus, p. 109.

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Athenienses/Philosophy addressed to the Athenians (1564), now considered pseudepigraphic but at the time believed by many to be a genuine Paracelsian work, ‘Paracelsus’ adds another level of meaning, appropriate to the discussion of spirits in relation to the body : “whatever exists must have a body, […] understood to be nothing other than a spiritus fumosus (smoky spirit) […] likewise man is nothing else than the residue from the separated smoke.”7 As we know that Paracelsus had some interest in the new Christian Cabala being promoted by Giovanni Pico della Mirandola (1463 – 1494) and Johann Reuchlin (1455 – 1522), it seems more than likely there is an intentional play on similarity between the Hebrew word Ruach (spirit) and the German Rauch (smoke).8 Whatever the case, an emphasis on the “superiority of the spirit” – the invisible occult virtue – is one of the cardinal Paracelsian concepts.9 Moreover, anyone investigating the theme of Paracelsian pneumatology quickly realizes that, to misquote Prince Hamlet, ‘there are more spirits in heaven and earth, Horatio, than are dreamt of in your philosophy’. For the Paracelsian – physician, magician or chemical reformer – every object “contains its own spirit and there are as many spirits as there are bodies and objects: there are spirits celestial, infernal, human, metal, mineral and salt, spirits in gems, marcasites, arsenicals, potables, aromatica, herbs, roots and wood, in flesh, blood, bones and so on.” It is these spirits that, as Paracelsus and his followers see it, give life to all things – life that is a “spiritual, invisible and incomprehensible thing, a spirit and a spiritual thing.”10 Attributed to the industrious Swiss physician is a broad array of genuine and pseudepigraphic works relating to various concepts of spirit. These range from Das Buch von den Nymphen, Sylphen, Pygmaeen, Salamandern und den übrigen Geistern/A Book on Nymphs, Sylphs, Pygmies, and Salamanders, and Other Spirits (1590), describing four sentient kinds of elemental spirit-beings, including earthy giants and watery melusines, possessed of bodies but not of souls11, to De Spiritibus Planetarum sive Metallorum/On the Spirits of the Planets or Metals (1571), that concerns itself with the essentially astral spirits to be extracted by the diligent alchemist from the seven earthly metals and related minerals. The Astronomia Magna/Great Astronomy (1571), on the other hand, speaks of how the natural spirit in man comes from the firmament and this 7 [Pseudo] Paracelsus: Philosophiae ad Athenienses; includes Von ursachen und Cur Epilepsiae / das it / des Hinfallenden siechtagen / vor in Truck nie außgangen. Ad Athenienses, liber 3, Text 1, signatura I.3 verso: “Ein jedlichs ding das da ist / müß haben ein corpus / […] ist zu verstahn nit anderst als ein spiritus fumosus […] der mensch dergleichen ist nit anders dann das uberig vom separirten fumo: und mercket das also das gewesen ist ein spiritus […]”. 8 A. Weeks: Valentin Weigel, p. 111. 9 W. Pagel: Paracelsus, p. 269. 10 W. Pagel: Joan Baptista Van Helmont, p. 66. 11 Paracelsus: Four Treatises, p. 226.

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sidereal spirit rules the brute nature in human beings, according to each man’s disposition, so that some became lion-men, bear men, serpent-men, pig-men, and so forth, each according to their varied spirits, that is, the spirits in their dispositions, as imprinted in their minds by the heavens.12 In the Occulta Philosophia (1574), meanwhile, alongside information on consecrations, conjurations, and magical characters, we also find chapters On Spiritual Visions and Apparitions in Sleep, and On Earthy People or Spirits Underground.13 Whatever the level of existence, for Paracelsus, the art and skill of the physician lies in “discerning the invisible from the visible, the inner from the outer”.14 With this in mind it is not surprising to find him writing in the Liber de Imaginibus/Book of Images (1529) of the importance of “discretio spirituum”,15 the ability to discern between heavenly, infernal and innately human spirits,16 a matter notably discussed, for instance in De Probatione Spirituum/On the Trying of Spirits (1415) of Jean Gerson (1363 – 1429), an authoritative text for the Inquisition’s theological assessments of visionary experiences and in cases of suspicion of demonic possession.17 In De Virtute Imaginativa/On Imaginative Virtue (1590) we learn that an adept with a powerful imagination may even magically “give birth to a spirit”.18 A veritable host of spirits inhabit Paracelsus’s literary corpus. The focus here is on spirits in relation to mental disease and in this essay I shall introduce some of Paracelsus’s declarations on Morbi Spirituales or Spiritual Diseases connected with spiritus or spirits and related concepts of purgation, purification, and exorcism. Orthodox university-based medical definitions of mental illness could be found in the transcriptions and translations by humanist philologists of the classical works of Hippocrates of Kos (c. 460 – 377 B.C.) and Galen of Pergamon (129 – c. 200 C.E.). The long-standing Galenic notion of health was that of Eukrasia, the correct mixture of the four cardinal bodily humors of blood (sanguis), yellow bile (cholera), black bile (melancholia) and phlegm (phlegma). Disease was perceived as Dyskrasia, a wrong mixture or imbalance of the hu12 13 14 15 16

G. Dorn: Commentaria, pp. 420 – 421. Paracelsus: De Occulta Philosophia, pp. 422 and 432. A. Weeks: Paracelsus, p. 141. U. Gause: Paracelsus, p. 145. Paracelsus: Liber de Imaginibus, pp. 369 – 393. S. also W. Neuber : “Theologie der Geister”, p. 29, concerning Paracelsus and “Unterscheidung der Geister” re spiritus coelestes, infernales, humani. 17 G. Ahlgren: Inquisition of Francisca, p. 20, note 52. S. also N. Caciola: Discerning Spirits, Chapter Six in particular ; also the essays in G. Klaniczay and E. Pocs (eds.): Communicating with the Spirits, Part 1: Discernment of Spirits and Possession. 18 W. Pagel: Paracelsus, p. 12. S. Paracelsus: Liber 15. Fragmentum libri De virtute imaginativa, p. 314: “das er so weit sein imagination bringen mag, das ein geborner geist daraus wird […].”

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moral equilibrium, with too much or too little of these four liquids. Health was to be restored by mild vegetable decoctions with qualities that counterbalanced the prevailing symptoms, according to the dictum that contraries cure.19 Galen classified mental illness into 1) humoral pathological types such as melancholia and mania; 2) psychopathological types such as paranoia and moria; 3) anatomopathological types such as phrenitis and hysteria and 4) clinical types such as epilepsy, catalepsy, lethargy, and apoplexy. Humoralist physicians generally attributed the causation of mental disease to excess of bile, disturbances of the temperature and moisture of the brain, all of which interfered with the circulation of the animal spirits.20 Galen suggested, for instance, that catatonic psychosis was a paralysis of the animal spirits in which the imaginative faculty was “blocked or incomplete”.21 Paracelsus utterly opposed these ancient humoral ideas and their allied concepts of disease.22 For him the Galenic aetiology of disease as largely endogenous, something in man himself, his constitution or habits of life, and the implication that there was ultimately only one “distemper”,23 could not explain the large variety of diseases, especially those like syphilis that had never been recorded in antiquity.24 Paracelsus believed instead that diseases entered the human body from outside. From his research into the occupational diseases of miners, for example, he argued that they took in an invisible “seed”, either through respiration or osmosis, which developed into a disease. This notion of an exogenous, external cause for disease and related notions of preventative care were ground-breaking at the time. The Galenic notion of sickness as an internal imbalance was particularly challenged by epidemic disease, when it could not be argued that hundreds or thousands of sufferers had developed the same particular internal imbalance.25 In place of simply the internal bodily constitution, Paracelsus emphasised the intimate relationship between man and the outside world.26 On the basis of his alchemical knowledge he argued that the body was invaded by external pathogens, that our environment and the very food that we eat are full of poisons.27 Although at the time of Creation, Adam had been created perfectly healthy, as 19 P.J. Forshaw: “Conflict over Alchemy”, p. 65. 20 T.E. Weckowicz and H.P. Liebel-Weckowicz: Abnormal Psychology, pp. 32 – 34. For more on medical spiritus, see M. Sonntag: “Gefährte der Seele”. 21 Th. Millon: Story of Mental Illness, pp. 31 – 32. 22 A. Wear et al. (eds.): Medical Renaissance, pp. xv – xvi. 23 W. Pagel: Paracelsus, p. 128. 24 For Paracelsus on syphilis, s. ibid., p. 23. On syphilis as a “new epidemic disease”, s. A. Weeks: Paracelsus, 136sc. 25 A. Weeks: Paracelsus, p. 54. 26 W. Pagel: Paracelsus, p. 129. 27 A. Weeks: Paracelsus, p. 65.

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part of God’s punishment due to the Fall, after eating that apple, dangerous substances now existed in man, lying preformed in the body and could be ignited by their counterparts in the greater world.28 In place of the constitution, paramount in ancient pathology, he emphasised the intimate relationship between man and the outside world.29 He viewed the human organism as a microcosmic system within the larger system of the macrocosm. Grounding his medical theory in his Christian religious outlook, Paracelsus argued that dangerous substances existing in man since the Fall of Adam, lying preformed in the body could be ignited by their counterparts in the greater world.30 In opposition to Galenic allopathy, Paracelsus advocated the homoeopathic approach of like cures like,31 which manifested in one of his major innovations in medicine, the introduction of the use of carefully controlled doses of toxic metals as therapeutic agents, preparation of the “Spirit of Mercury” or “Spirit of Antimony”, for example, for the treatment of previously “incurable diseases”, such as epilepsy, syphilis, leprosy, dropsy and gout.32 In tracts like De Spiritibus Planetarum sive Metallorum/On the Spirits of the Planets (1571), he emphasises that metallic medicines exceed vegetable and animal preparations in their strength and power of healing.33 The search for the hidden invisible spirit that governs and moves visible bodies is the keynote of Paracelsus’s natural philosophy.34 In his medical works he frequently turns to the importance of the Spiritus Vitae or Spirit of Life. This is the subject, for example, of the treatise De Natura hominis libri duo/Two Books on the Nature of Man (1575),35 the first book of which is entitled De Spiritu Vitae/ On the Spirit of Life. This spiritual force is ubiquitous in the vital totality of nature: the virtue of the Spirit of Life is placed in all stars and the influences of the whole of heaven, and it is “like an invisible celestial vapour”.36 According to 28 29 30 31 32

33 34 35 36

W. Pagel: Paracelsus, p. 169. W. Pagel: Paracelsus, p. 129. Ibid., p. 169. C. Webster : Paracelsus, p. 148; W.R. Newman: “From Alchemy to ‘Chymistry’”, p. 504. For Paracelsus’s scornful response to physicians who speak of “incurable” diseases, s. Paracelsus: Opus Paramirum, liber I, caput VIII; “For God has never allowed a disease to come forth for which he did not also create its medicine” in: Paracelsus: Theoretical Writings, p. 403. Paracelsus: De Spiritibus Planetarum, signatura bII verso. W. Pagel: Paracelsus, p. 218. Paracelsus: De Natura hominis libri duo. It also appears in id.: De Natura Rerum libri septem (1573). Paracelsus: De Natura hominis libri duo, pp. 472 – 473: “In omnibus astris & influentijs totius coeli quam late patet firmamentum, posita est virtus spiritus vitae, estque similis vapori coelesti invisibili cui & unitur ac si ex frigido & calido fiat temperature. Iam vere? si forte stellae membrorum errent, corrumpant, paroxysmum creant, tunc & vitiatur correspondens membrum in corpore & oppilat spiritum vitae, vel corrumpit eum in illo loco.”

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its generation it is nothing other than a smoke and lives in us in the form of a smoke.37 Contradicting the Galenists, who held that the major bodily organs were governed by different corporeal spirits (Natural Spirit in the liver, Vital Spirit in the heart, and Psychic Spirit in the brain),38 Paracelsus declared that “the Spirit of Life is the spirit that moves in all parts of the body and in all of them is one and the same, it is the highest power of life from which all members live”.39 In his Archidoxorum Libros X/Ten Books of Chief Teachings (1584) the Spirit of Life is the quintessence of a thing, which contains in itself a medicinal virtue.40 In his commentary on this work, the Belgian alchemist and physician Gerard Dorn (1530 – 1584), one of the most influential early promulgators of Paracelsus’s writings, adds, in words reminiscent of the descriptions of Spiritus found in the works of Marsilio Ficino (1433 – 1499), that the “Spirit of Life, or quintessence of things, is a spiritual material or material spirit, that participates in the matter of the elements, and the spirit of the firmament”.41 It is possible, however, for this Spirit of Life to be blocked and suffocated, if its passages in the macro- and micro-cosm are not open. On the model of the astro-medical melothesia, where each sign of the zodiac is related to a different part of the body, if in their wanderings, for example, the stellar bodies create paroxysms, then the corresponding member of the human body is affected and the Spirit of Life becomes blocked or corrupted in that place. The theory of the Spiritus Vitae had the advantage of sustaining Paracelsus’s conviction that nature as a whole and in particular contained healing powers which were the same powers that enliven the body. Although his ideas resembled Galen’s notion of blockage of the animal spirits, Paracelsus believed that his notion of the Spiritus Vitae offered a new aetiology of disease: disease arises where the spiritus cannot penetrate,42 and blockage gives rise to putrefaction, fevers, ulcers and the like.43 As with all other diseases, Paracelsus believed that mental diseases were due to a disturbance of the Spiritus Vitae. There is one publication in particular for which Paracelsus has been credited 37 Ibid., p. 469. 38 O. Temkin: Essays in the History of Medicine, p. 160, citing the Isagoge of the Syro-Arabic commentator Joannitius (Hunain ibn Ishaq). S. also Jürgen Helm’s essay “Zwischen Physiologie, Philosophie und Theologie. Die Lehre von den ‘spiritus’ im 16. Jahrhundert”, with particular focus on the writings of Jean Fernel, Michael Servet and Philipp Melanchthon. 39 Paracelsus: De Natura hominis libri duo, p. 466: “Spritus vitae est spiritus qui versatur in omnibus partibus corporis quomodocunque vocentur, & in omnibus ipsis est unus & idem, estque summa vis vitae, unde omnia membra vivunt.” 40 G. Dorn: Commentaria, p. 146. 41 Ibid., p. 176: “Spiritus itaque vitae, sive quinta rerum essentia, materia spiritualis est, vel spiritus materialis, qui participat de materia elementorum, & de spiritu firmamenti”. On Ficino and Spiritus, s. D.P. Walker : Spiritual and Demonic Magic, pp. 3 – 5. 42 A. Weeks: Paracelsus, pp. 109 – 110. 43 Paracelsus: De Natura hominis libri duo, pp. 471 – 472.

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with anticipating modern psychiatry, resulting in his name being included in many histories of psychopathology and madness.44 The book in question is Von den Krankheiten, so die Vernunfft berauben/On the Diseases which Rob (or Deprive) Man of his Reason. This was written around 1520 – 25, and eventually published in 1567 by one of the most active early promoters of Paracelsian philosophy, Adam von Bodenstein (1528 – 1577).45 It later became available in a Latin edition, De morbis amentium/On the Diseases of the Insane, in Paracelsus, Vierdter Theil der Bücher und Schrifften (1589) and was republished as Liber Septimus in Medicinis de Morbis amentium, in the ninth volume of Operum Medico-Chimicorum, sive, Paradoxorum (1605) and the first volume of Opera Omnia Medico-Chemico-Chirurgica (1658). In his preface to this work, Paracelsus makes it perfectly clear that with this text he is voicing his opposition not just to the prevalent Galenic ideology in medicine but also to what he considers misguided religious assumptions: “The present-day clergy of Europe attribute such diseases to ghostly beings and threefold spirits; we are not inclined to believe them. For nature proves that such statements by earthly gods are quite incorrect and, as we shall explain in these chapters, that nature is the sole origin of diseases.”46

De Morbis Amentium is divided into two parts, one on the origin of what Paracelsus calls morbus spiritualis or spiritual disease; and the second on its treatment and cure. Here he provides what was to become an influential classification of various forms of madness.47 He begins by stating that there are five basic kinds of loss of human reason: 1) epilepsy ; 2) mania; 3) lunacy ; 4) St. Vitus’s Dance; and 5) Suffocation of the Intellect. As a way of emphasising the spiritual nature of these diseases, Paracelsus begins his treatise with a chapter on the “Spiritual disease” par excellence, Epilepsy, frequently referred to by medical authorities as the morbus divinus, morbus deificus, morbus sacer, and even morbus incantatus.48 His preface should 44 L.O. Gûmez: “The disease of ritual” p. 207; Schott, Heinz, and Rainer Tölle: Geschichte der Psychiatrie, p. 393; H. Schneble: Geschichte der Epilepsie, p. 76. 45 For an English translation, s. Paracelsus: The Diseases That Deprive Man of His Reason, Such as St. Vitus’ Dance, Falling Sickness, Melancholy, and Insanity, and Their Correct Treatment (1567), in: id.: Four Treatises, pp. 136 – 138. 46 Ibid., p. 142. 47 E. Midelfort: History of Madness, p. 113. S. also I. Galdston: “The Psychiatry of Paracelsus”; A. Leibbrand-Wettley : “Zur Psychopathologie und Dämonologie”; E.R. Wallace and J. Gach (eds.): History of Psychiatry, p. 241: “To Paracelsus goes the merit of having written one of the first books entirely devoted to mental illness, The Diseases Which Deprive Man of His Reason, which, prepared in 1526, was published posthumously in 1567.” 48 H. Schneble: Geschichte der Epilepsie, p. 49; M.J. Eadie, and P.F. Bladin: History of the Medical Understanding of Epilepsy, p. 183. S. in particular W. Pagel: Paracelsus, p. 168: “survey of Paracelsus’s ideas on epilepsy in the light of ancient and C17 pathology”.

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already have warned us, however, that he is going to consider this not as a disease of divine origin, but as a natural, albeit “spiritual” disease. In this Paracelsus is, of course, following, indeed it has been suggested reviving, the ancient Hippocratic critique of the divine origin of mental diseases,49 in On the Sacred Disease, where Hippocrates begins: “I am about to discuss the disease called ‘sacred.’ It is not, in my opinion, any more divine or more sacred than any other diseases, but has a natural cause […].”50 Paracelsus was certainly familiar with the works of Hippocrates, indeed he wrote commentaries on the Aphorisms,51 and was even praised by one of his followers as the “Hippocrates of the new age”.52 Epilepsy, or Falling Sickness, we learn, is found not just in humans but in all creatures – squirrels, lions, many kinds of birds, plants, and even trees which become split and torn.53 Since everything that is alive may be affected by this disease, the illness may also be in food. When such food is mixed with the Spiritus Vitae, the affliction occurs. This is one of the causes of the disease. It can also be inherited, remaining dormant until provoked by a sudden shock that causes the Spiritus Vitae to swell and boil. If the Spiritus Vitae is disturbed from its right disposition, it boils and effervesces, which happens so quickly that memory and reason are destroyed.54 The boiling produces vapours that make the whole body tremble, and hence the epileptic seizure.55 A further trigger can be the sudden onset of feelings of joy – being in too “high spirits” can damage the Life Spirit.56 Paracelsus provides a chemical analogy to epilepsy, observing that a seizure can happen as quickly as when a piece of sodium falls into vinegar and makes everything bubble and boil.57 This comparison is developed further in the Doctrine of Signatures, of correspondences between the macrocosm and microcosm: in Philosophia ad Athenienses, Paracelsus introduces the analogy of thunder to explain different kinds of epilepsy, each related to a different element.58 The second of Paracelsus’s spiritual diseases is mania. With yet another 49 L.O. Gûmez: “The disease of ritual” p. 207. 50 Hippocrates: The Sacred Disease, p. 139. 51 Paracelsus: Commentaria in Hippocratis, pp. 695; sc. S. U. Benzenhöfer and M. Triebs: “Zu Theophrast von Hohenheims Auslegungen der ‘Aphorismen’”. 52 T. Moffet: Nosomantica Hippocratea, signaturae A5 recto – 6 verso, cited in C. Webster : “Alchemical and Paracelsian Medicine”, p. 330. 53 Paracelsus: Four Treatises, p. 144. 54 Ibid.; W. Pagel: Paracelsus, p. 176. 55 Paracelsus: Four Treatises, p. 145. 56 Ibid., p. 147. 57 Ibid., p. 145. 58 [Pseudo] Paracelsus: Philosophiae ad Athenienses, signaturae C4 verso, D2 verso and K2 verso.

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chemical analogy, he explains that manias develop from sublimation of the Spirit of Life, which “breaks out”, “as when a spirit distilled from wine becomes in time more acid, subtle and volatile. Thus, when acted upon by salt, it is converted into a dynamic and explosive agent, raising the blood and causing fits, dancing and mania”.59 In the human being this occurs when the Spiritus Salis/Spirit of Salt in the blood mixes with the Spiritus Vitae. If this is caught early, when the spiritus is only distilled in the blood, then purgation through bleeding helps; if, however, the distillation has sublimed into the head, no amount of blood-letting will help.60 In this early work Paracelsus has not completely rejected the notion of the four Galenic humors, but he argues that while insanity may come from an organ where melancholy rules, such as the spleen, the insanity is not because of the melancholy but because of the Spiritus Vitae which separates from melancholy and rises to the head. In his opinion, mania is due to the sublimation and distillation of Spiritus in the head, just as fumes from a flask in the alchemical laboratory rise up into the alembic (or still-head) on the top of the cucurbit.61 In the third chapter, entitled On the Origin of Truly Insane People, Paracelsus provides four subcategories of insanity : Lunatici, Insani, Vesani and Melancholici.62 Lunatici are of course those who are made ill by the moon, mostly when it is full. The Insani are those suffering either from hereditary mental disease or as the result of birth defects. Vesani (or the raving) are those who have been sent mad by poisoned food, drink or potions. Paracelsus warns people to steer clear of eating and drinking anything offered by prostitutes, who are apparently a major source for this madness. The fourth category is that of the Melancholics, whose reason has abandoned them because of their natural constitution. Although he tends to downplay demonology as an explanation for spiritual disease in this treatise, Paracelsus does nevertheless admit to a fifth category, the Obsessi or those possessed by the devil.63 This is a theme to which we shall return briefly at the end of this essay. The final two chapters of the first part of Von den Krankheiten discuss Saint Vitus’s Dance and Suffocatio Intellectus. With Saint Vitus’ Dance, if the Spiritus in the “laughing veins” is somehow altered and its normal activity interrupted it begins to “jump” and makes the blood rage, causing a ticklish feeling in the veins and making the sufferer twitch. Another distillation analogy is provided: “Just as brandy left to itself becomes sharper, finer, and lighter from the warmth of the wineskin, the Spiritus Vitae in the veins becomes fine and sharp from natural

59 60 61 62 63

W. Pagel: Paracelsus, p. 168. Paracelsus: Four Treatises, p. 148. Ibid., p. 151. Ibid., pp. 152 – 153. T.E. Weckowicz and H.P. Liebel-Weckowicz: Abnormal Psychology, p. 56.

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warmth” and this change “makes the Spiritus Vitae heated and frantic”.64 The heart then “feels a salted Spiritus that stimulates it to laugh and becomes powerfully inflamed by the Spiritus Vitae in the laughing veins”.65 Similar to the discussion of epilepsy, feelings of joy in the Spiritus Vitae may rise into the head, take possession of it and produce the leaping and jumping associated with St Vitus’ dance. The final Spiritual Disease discussed by Paracelsus is the rather vaguely defined Suffocatio Intellectus, which has three different origins: the first due to worms in the intestines, the second only affecting women, from the womb, which has lead some to link it with hysteria;66 the third type is due to overeating and overdrinking, with the explanation that drunkards have a finer spirit than most, “which by its sharpness can injure sleep and sometimes the brain”.67 The second part of the book consists of Paracelsus’s advice for treating these spiritual diseases. He distinguishes two kinds of medicine: “Against material diseases material remedies should be applied; against spiritual diseases spiritual remedies. Thus we say that falling-sickness is a spiritual disease and not a material one, so that no material medicine would be of any help. Therefore, the remedy against a spiritual disease is, and must be, spiritual. There are no spiritual remedies except those especially made for one.”68

Paracelsus concedes that there are some material remedies that do help spiritual diseases. However, since his recipe for the treatment of epilepsy includes powdered unicorn-horn, if we are to take this literally I doubt that he was able to treat all that many patients.69 He then proceeds to discuss the preparation of spiritual medicines for the treatment of epilepsy. Although Paracelsus was doubtless familiar with the popular notion of theology as ‘gelistliche medizin’ for the soul sick with sin,70 or even with Bonaventure’s definition of extreme unction as ‘medicina spiritualis’,71 here it is intended in a medical, rather than religious sense.72 The human bodily spiritus is diseased and must be treated with a special medicine that is sufficiently subtle to be able to penetrate the body, fortify it and expel the disease.73 Ordinary medicine would not suffice and this spiritual

64 65 66 67 68 69 70

Paracelsus: Four Treatises, p. 158. Ibid., pp. 159 – 160. E. H. Ackerknecht: History of Psychiatry, p. 23. Paracelsus: Four Treatises, p. 166. Ibid., p. 167. Ibid., p. 168. On this notion, see J. A. Steiger : “Theologia medicinalis und apotheca spiritualis” passim; H.-G. Kemper : Deutsche Lyrik der Frühen Neuzeit, p. 108. 71 K. Schreiner : Laienfrömmigkeit im späten Mittelalter, p. 65. 72 N. Kamil: Fortress of the Soul, p. 175. 73 H.D. Crone: Paracelsus, p. 86.

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medicine was a chemical medicine, an extract of the spiritus concealed within potent substances in the material world.74 In contrast to the Galenic approach, Paracelsus advises that such medicine should be specific to the disease,75 and should be as potent as the disease that it is treating. It should be spiritual and fine and should be prepared from herbs that have a fine spirit and that rapidly penetrate the body, like an alchemical elixir, arcanum or quintessence, for the more spiritual or incorporeal a medicine is, the more able it is to penetrate sick bodies, be they the sick bodies of metals or of human beings.76 Paracelsus also recommends other substances that “have a marvellous effect if mixed into the spiritual spirits”. These include the extremely potent ingredients opium, mandrake, poppy, henbane, and aconite (or monkshood).77 Given the powerfully psychoactive nature of these herbal ingredients, it is illuminating to read a passage from the historian of science Walter Pagel on the medical approach of Paracelsus and the slightly later Jan Baptista van Helmont (1580 – 1644), a passage that makes you wonder to what lengths the Paracelsian physician went in order to discover the “spiritual” secrets of a particular ingredient: “By conceiving images the physician forces a herb to reveal its occult nature ¢ to release it, as it were. A specific spirit is thus born inside the physician that communicates with the plant. Reason, therefore, does not teach medicine, but imagination does. […] The spirit engendered in the physician by imagination is the physician. Man has a mind that flies out and does not remain in him; for mind is spirit. If he intends to experience heaven, his spirit is in heaven, if herbs, his spirit is in herbs, also in air, also in water. Their several spirits and his spirit come together.”78

Paracelsus, then, is advocating the alchemical preparation of “spiritual” distillations in the form of arcana and quintessences in the laboratory for the treatment of spiritual diseases. In addition to the psychoactive substances mentioned above, he also recommends preparations well-known to scholars of early modern alchemy : “aurum potabile or potable gold, solution of coral, magistery of antimony, extract of sulphur and reverberated mercury, all of which have a wonderful power, the most potent (and notorious) purgative being an-

74 Paracelsus: Theoretical Writings, pp. 98 – 99. 75 N. Goodrick-Clarke: Paracelsus, p. 31. 76 See one of the foremost promoters of Paracelsian medicine, O. Croll: Mysteries of Nature, p. 207. For a later exponent, see S. Wirdig: Nova medicina spirituum, pp. 172 – 174, who declares ‘spirits are cured by spirits’ (Spiritus enim spiritibus curantur) and that “Genuina Spirituum Medicina dulcedo est” (Genuina Medicine of Spirits is sweet). 77 H.D. Crone: Paracelsus, p. 169. 78 W. Pagel: Joan Baptista Van Helmont, p. 30.

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timony”.79 He is careful, however, to make it clear that the quintessence he prepares “is a spirit like the life spirit, but with this difference that the Spiritus Vitae, the life spirit, is imperishable, while the spirit of man is perishable”.80 The innovative iatrochemical physician, then, making use of these spiritual remedies, many of which involve toxic substances, must take the utmost care not to overdose his patient and extinguish his mortal spirit. As the theme of this essay collection is “Purgatio Spiritus”, it is worth mentioning that in the case of the Vesani, the raving mad, suffering from corrupt food or bewitched potions, Paracelsus states that there is absolutely no point in purging the body in order to remove the food, because the insanity lies in the Spiritus Vitae, which cannot be affected by any purge. Rather than being purged, the Spiritus should be strengthened with Confortiva, so that it not be overpowered and perish.81 The concept of purification, however, is one of “immense importance” for the sciences of alchemy and chemistry.82 The idea of a pure substance, including the purest spirit, is fundamental to the development of chemistry, including Paracelsian iatrochemistry, or chemical medicine, for which Paracelsus coined the term Spagyria, defined as the separation of the pure from the impure.83 Dating from around the same period as Von den Krankheiten, in the Liber de Lunaticis/Book concerning Lunatics (c. 1530) Paracelsus returns to the same forms of madness (lunatici, maniaci, vesani), but now advances the dualist argument that man has a twofold spirit (Hominis spiritus duplex): the Spirit of Life, proceeding from the word Fiat used by God at the moment of Creation, and the Spirit of the Limbus, or matter into which God had blown the breath of life, but which remains nothing other than animal nature, that in mortal man which perishes and decays.84 In light of the reference to the word Fiat, it sounds as though Paracelsus is equating the Spirit of Life with the Ruach Elohim, the Spirit of the Lord that moved over the waters in Genesis 1, 2, which many of his followers then went on to equate with the Neoplatonic Anima or Spiritus Mundi.85 For the sake of his mental and spiritual health, man has to choose whether to be godly or bestial: “In accord with the spirit of life, man should be a

79 Paracelsus: Four Treatises, p. 170. 80 Paracelsus: Selected Writings, p. 147. 81 Paracelsus: Four Treatises, p. 179. On Comfortive medicines, s. O. Sabuco: New Philosophy of Human Nature, pp. 162 and 168. 82 M.P. Crosland: Language of Chemistry, p. 10. 83 B. T. Moran: Andreas Libavius, p. 201; L.M. Principe: Secrets of Alchemy, p. 129. 84 Paracelsus: Liber de Lunaticis, pp. 1 – 2; on the Limbus, s. Paracelsus: Opus Paramirum, pp. 193 – 195. 85 H. Khunrath: Amphitheatrum Sapientiae aeternae, p. 111; R. Fludd: Philosophia Moysaica, p. 20 verso.

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man and not live according to the spirit of limbus, which makes of him an unreasoning creature.”86 Paracelsus has refined his arguments from Diseases that Deprive Man of his Reason and now argues that since human reason is the image of God, it cannot go crazy, nor can it be the subject of disease. Madness is to be found instead among people who either live according to their natural animal reason, the Spirit of the Limbus, or who have an animal reason that is itself diseased. Here Paracelsus promotes an essentially Stoic (even Sceptic) view of mental health as a state of ataraxia, that tranquility attending the purgation of passion, affection and disturbance.87 In De causis morborum invisibilium/On the Causes of Invisible Diseases, written a year later in 1531, Paracelsus reaffirms his move from humoral to iatrochemical medicine, outlining a theory that encompasses several mental illnesses or spiritual diseases.88 Admitting that judging by the visible light of nature alone, the idea of a person being possessed by demons was incredible, Paracelsus appealed to what he here calls the invisible reason to grasp a whole series of maladies of the spirit or spirits, now labeled Geisteskrankheiten.89 As in the preface to De Morbis Amentium we find the same modern-sounding rhetoric: “In order that in these matters no sort of sorcery, ghosts or spirits should be thought of as present and […] should not be attributed to the authority of any superstitious sects, I intend to explain the basis of these phenomena without any appeal to the ancient authors.”90

Likewise modern-sounding is the argument that the things that are effected by the invisible nature, while they may be regarded as magical, witchcraft-related, or diabolical by the common people, are only natural and can be demonstrated to have a natural basis.91 Although it sounds as though the spirits that Paracelsus is treating are of the non-sentient kind, contrary to our expectations is the discussion of an invisible disease due to the force of the lustful imagination, which produces those unchaste night spirits, the incubi and succubi.92 In this context Paracelsus sounds far more like a medieval demonologist with his claim that such spirits could carry sperm and produce monsters by having intercourse with witches. Chastity 86 87 88 89 90 91 92

E. Midelfort: History of Madness, p. 124. Ibid., pp. 125 – 126. Paracelsus: Theoretical Writings, p. 21. E. Midelfort: History of Madness, pp. 121 – 124. Paracelsus: Theoretical Writings, p. 797. Ibid., p. 849. Ibid., p. 831.

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and a pure Christian life, we discover, are the remedies for this sort of Geist Krankheit.93 Here we are more in the territory of theological notions of “spiritual disease” in relation to sin, such as those found in the medieval works of Thomas Aquinas, but still persisting into early modernity, as found, for example in the 1584 Tübingen university graduation theses, Disputatio de peccato originis.94 For our final consideration of Paracelsus in relation to Spiritus, let us look briefly at his Liber de Obsessis et Daemoniacis/Book on the Possessed and Daemoniacs. As mentioned above, the Obsessi represent a fifth category of madness in Diseases that deprive man of his reason. In the Opus Paramirum, too, Paracelsus had classed demonic possession as one of the Invisible diseases and we see what at first sight seems to be a retrograde step from the apparently “progressive” position of the early treatises to a more entrenched Christian assertion that possession is a “great disease” that responds only to the cure of Christ.95 When it comes to the risk of medicine imposing itself on matters of religion, Paracelsus takes a step back and advises the devout Christian to have faith in Christ’s statement that true believers have the power to cast out devils (Matthew 10,8). In a chapter in Occulta Philosophia, however, Paracelsus makes it clear that he has little faith in ceremonies and conjurations to expel the devil and malignant spirits. He admits that it can be done, though rarely, and warns that it cannot be done without loss. Anyone seeking to expell wicked spirits should do as Christ and the Apostles did, and no other way.96 Rather than concluding this essay with Paracelsus in religious mode, however, let me return to a particularly intriguing statement in On the Diseases which Deprive Man of his Reason, one that surely caught the attention of psychiatrists, his statement that those who are insane by nature, and sufferers of lunacy, insanity, vesania, and melancholy cannot be possessed by the devil and his company, as many people say ; for the devil and his crew do not enter an insane body which is not ruled by intact reason.97 In conclusion, then, we have explored some of Paracelsus’s ideas about spi93 E. Midelfort: History of Madness, p. 123. 94 Disputatio de peccato originis 1, thesis 2: “nisi morbus spiritualis rectÀ cognoscatur, magnitudo etiam beneficij & Medicinae spiritualis, quae in solo Christo, unico animarum nostrarum Medico reposita est, ignoratur.” S. T. Aquinas: Tertia Pars Summae Sacrae Theologiae, p. 47. 95 E. Midelfort: History of Madness, p. 132. 96 Paracelsus: De Occulta Philosophia, pp. 460 – 466; cf. Paracelsus: Opera Medico-Chimica Sive Paradoxa, vol. 10, pp. 18 – 20: “Qua ratione homo occupetur & obsideatur a malignis Spiritibus & Diabolo”; pp. 20 – 22: “Quo pacto obsessi liberandi; & a malignis spiritibus extricandi sint.” In the opinion of E. Midelfort: History of Madness, p. 133, Paracelsus is not actually contradicting himself, but finding a way of dealing with natural causes while leaving room for the devil. 97 Paracelsus: Four Treatises, p. 153.

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ritus, with a particular focus on his activities as Medicus Spiritualis or Geistlicher Arzt. Paracelsus the Spiritual Physician is specifically a Spagyric Physician, one concerned with the alchemical distillation and purification of spiritus as quintessences for the removal of blockages of the Spiritus Vitae in the human body. Challenging as he may have been to the Aristotelian and Galenic medical establishment, the Swiss reformer is careful, however, not to trespass into the territory of religion, and certainly has no intention, for example, of setting himself up as an authority on the cathartic kind of spiritual purgation discussed by John of the Cross in the Dark Night of the Soul.98 Despite his criticism of “the present-day clergy of Europe” in On the Diseases which Deprive Man of his Reason, Paracelsus relinquishes the fifth group of sufferers, the Obsessi or possessed, to the care of the Church. His belief in the possibility of demonic possession, after all, is a sign of his times. Denial of the possibility could lead to accusations of denial of the existence of angels and ultimately to the atheistic denial of God.99 Given Paracelsus’s ardent Christianity and the many volumes of his religious writings, this would be entirely out of character. He is certainly not promoting the natural at the expense of the supernatural, but he is definitely encouraging discernment, a true religio-medical discerning of spirits, with the recommendation to test first for natural spirits rather than immediately to assume the influence of the supernatural. One of his main concerns here is the purgation of existing medical theory of the influence of Galen, whose enclosed, endogenous system he rejects in favour of a more participatory theory of the interaction between micro- and macrocosm. Let us conclude with one of Paracelsus’s more outrageous statements concerning his rivals, the originators of the orthodox medical curriculum: “Aristotle, Pliny, Galen and Avicenna, whom he reluctantly admits were all occasionally right, though their knowledge was often adulterated with falsehood; and why was this? It was because they had each been instructed by gossiping, misleading necromantic spirits!”100

98 John of the Cross: Selected Writings, passim. On medieval views of the utility of medical practice for spiritual medicine of souls, s. J. Ziegler : Medicine and Religion, pp. 2, 38 and 86. 99 S., for example, the discussion of Meric Casaubon’s anxieties about scepticism concerning the real existence of spirits, in S. Clucas: “Meric Casaubon and John Dee”. 100 Paracelsus: Theoretical Writings, pp. 847 and 873.

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Interaktionen von Dämonen und Menschen im Wege der Besessenheit. Auffassungen über das Handeln von spiritus maligni gegenüber Menschen und erforderliche Gegenmaßnahmen im südeuropäischen Katholizismus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, dargestellt anhand des Sacerdotale Romanum und der Handbücher für die exorzistische Praxis des Franziskaner-Minoriten Girolamo Menghi Einleitung Der vorliegende Text soll einen empirisch orientierten Beitrag zur Kulturgeschichte des spiritus in der Frühen Neuzeit liefern. Er ist demgemäß nicht der Ort, um zu grundlegenden metaphysischen oder epistemologischen Fragen ausführlich Stellung zu nehmen, so auch nicht zu beim Thema böse Geister gewiss sich aufdrängenden Fragen, wie jener, ob es diese geben könne, oder wie man gültiges Wissen über ein Phänomen erlangen könne, zu dessen aisthetischen Eigenschaften es geradezu per definitionem gehört, die hierfür von der modernen Wissenschaft als fundamental betrachteten Merkmale intersubjektiver Überprüfbarkeit sowie Wiederholbarkeit nicht aufzuweisen.1 Vielmehr wird im Folgenden – aus kultur- und sozialwissenschaftlicher Perspektive – gefragt: Welche Auffassungen von spiritus, in der besonderen Bedeutung der spiritus maligni, der bösen Geister, waren in einer bestimmten Phase der europäischen Geschichte, der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in einem bestimmten geographischen Raum, dem katholisch geprägten Südeuropa, vorhanden und gesellschaftlich wirksam? Der inhaltliche Schwerpunkt liegt dabei nicht auf der Rekonstruktion metaphysischer Annahmen über das Wesen solcher ,Dämonen‘, sondern auf der Darstellung der Ansichten, welche über das konkrete Wirken der bösen Geister gegenüber Menschen, vorhanden waren, sowie umgekehrt, welche menschlichen Handlungen in Bezug auf solche spiritus 1 Vgl. die konzise Darlegung in: E. Topitsch: „Überprüfbarkeit und Beliebigkeit“. Dort auch einige Bemerkungen zu psychologischen und politisch-gesellschaftlichen Funktionen, welche affirmativer Kommunikation über Unüberprüfbares zukommen. Vgl. als ,klassische‘ Studie zum oftmals großen praktischen Nutzen unüberprüfbarer Behauptungen für deren Urheber : V. Pareto: Trattato di sociologia generale. Vgl. zu dieser Thematik mit Bezug insbesondere auf die Geschichtsschreibung auch: K. Acham: „Der Beitrag der Weltanschauungsanalyse zur geisteswissenschaftlichen Grundlagenforschung“.

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mali bzw. maligni debattiert – und postuliert bzw. perhorresziert – wurden. Auf diese Weise soll der vorliegende Beitrag anhand ausgewählter Texte soweit als möglich rekonstruieren wie sich die zeitgenössische Wahrnehmung konkreten dämonischen Handelns sowie von Interaktionen zwischen Menschen und Dämonen gestaltete. Daher erfolgt eine Erörterung des zeitgenössischen praxeologischen Diskurses, wobei thematisch im Speziellen die durch das Medium der Besessenheit vorgestellte Interaktion zwischen Menschen und bösen Geistern im Zentrum steht, während ,freiwillige‘ Beziehungen zwischen Menschen und Dämonen, wie sie im Thema der Hexerei und des Teufelspaktes zum Ausdruck kommen, hier nur am Rande tangiert werden, insoweit sie nämlich mit der Besessenheitsthematik in Zusammenhang stehen. Eine derartige Auseinandersetzung kann im vorliegenden Beitrag nur in selektiver Weise erfolgen: es werden einige ausgewählte, nach Auffassung des Verfassers für den behandelten Gegenstand besonders aussagekräftige frühneuzeitliche Quellen präsentiert und hinsichtlich ausgewählter kontextueller Relationen analysiert. Auch kann hier die mittlerweile beträchtliche Forschungsliteratur zum Thema Dämonen und Besessenheit (gar nicht zu reden von jener zur forschungsgeschichtlich eng verzahnten Thematik der Hexen) hier nicht systematisch behandelt werden; auf für die Auseinandersetzung mit den behandelten Quellen besonders wichtige Werke wird aber an gegebener Stelle verwiesen.2 Was den hier spezifisch gesetzten Focus auf das dämonologische und exorzistische Praxiswissen des 16. Jahrhunderts angeht, sei weiters bemerkt, dass dasselbe lange einen eher selektiv beforschten Teilbereich innerhalb der geschichtswissenschaftlichen ,Dämonenforschung‘ darstellte. So fanden die Vorreiter aufklärerischer Auffassungen, wie Johann Weyer oder, im 17. Jahrhundert, Balthasar Bekker, retrospektiv weitaus mehr Aufmerksamkeit, als Werke, die

2 Als Auswahl von nach Auffassung des Verfassers zentralen Werken seien hier angeführt: H. de Waardt et al. (Hg.): Dämonische Besessenheit; M. Rieger : Der Teufel im Pfarrhaus; M. Tschaikner : „Vorstellungen vom Teufel“; M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit; M. Sluhovsky : Believe not every spirit; J. Jensen: Kirchliche Rituale; Ph. Stenzig: Schule des Teufels; D. Lederer: Madness, religion and the state in early modern Europe; H. Herkommer und R.C. Schwinges (Hg.): Engel, Teufel und Dämonen; S. Ferber : Demonic Possession and Exorcism; M. Foucault: Die Anormalen; H.E. Midelfort: A History of Madness; H. Weber: Die besessenen Kinder ; S. Clark: Thinking with Demons; R. Jütte: Geschichte der Alternativen Medizin; L. Roper : Körper und Psyche in der Frühen Neuzeit; I. Grübel: Studien zum christlichen Teufelsbild; G. Heiss: „Konfessionelle Propaganda und kirchliche Magie“; B. Schuh: Spätmittelalterliche Mirakelberichte; H.E. Midelfort: „The Devil and the German People“; L. Pezoldt: „Dämonische Besessenheit in Sage und Volksglauben“; D.P. Walker : Unclean spirits; C. Ernst: Teufelaustreibungen; G. Vandendriessche: The Parapraxis in the Haizmann case of Sigmund Freud; A. Rodewyk: Die dämonische Besessenheit; A. Franz: Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter ; T.K. Oesterreich: Besessenheit.

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den ,traditionellen Dämonenglauben‘ widerspiegeln, obwohl deren zeitgenössischer Einfluss in vielen Kontexten erheblich größer gewesen sein dürfte. Außerdem referiert die Mehrzahl der Arbeiten zu Dämonenglauben und Besessenheit, wo das Weiterwirken archaischer und magischer Vorstellungen in den offiziellen Lehren des Katholizismus der Neuzeit demonstriert werden soll, primär auf die einschlägigen Bestimmungen des Rituale Romanum (RR);3 dies mit einiger Berechtigung, da es sich hierbei ja um den ab seinem Erscheinen 1614 maßgeblichen, autoritativen Text der römisch-katholischen Kirche für rituelle bzw. sakramentale Handlungen von Priestern außerhalb der Messe insgesamt, und damit u. a. auch zum Umgang mit Besessenen handelt, wenn auch seine praktische Anwendung keineswegs für alle Diözesen auch außerhalb Italiens sogleich vorgeschrieben oder gar praktisch umgesetzt worden wäre.4 Allerdings dokumentiert das RR eben bereits den nach 1600 erreichten Stand der offiziellen, päpstlichen Richtlinien, wie mit dem ,Problem‘ der Dämonen umzugehen sei, und spiegelt damit bereits erhebliche Veränderungen in den einschlägigen Texten, welche im Zuge der tridentinischen Kirchenreform im späten 16. Jahrhundert eingeleitet worden waren.5 Die im 16. Jahrhundert selbst gültigen Richtlinien der Kurie für den Umgang mit Dämonen und Besessenen sind dagegen im Sacerdotale Romanum (SR) dokumentiert. Beim SR handelt es sich um den Vorläufer des RR als Handbuch für die sakramentalen Handlungen des katholischen Klerus außerhalb der Messe in der vom Papsttum anerkannten und empfohlenen Form; für die Diözesen außerhalb Italiens war es kirchenrechtlich ebenso nicht verbindlich, sondern koexistierte etwa mit in ,Eigenregie‘ der einheimischen Bischöfe erstellten Ritualhandbüchern, deren Inhalte und Formen sich freilich oftmals am SR orientierten.6 Letzteres erschien erstmals 1497 in Rom im Druck, hier aber noch unter dem Titel Liber Sacerdotalis. Ab 1554 lautete der Titel dieser häufig aufgelegten, offiziösen liturgischen Sammlung dann Sacerdotale Romanum.7 Dasselbe erlangte bald auch über Italien hinaus beträchtliche Bedeutung, wie etwa die häufigen Bezugnahmen auf das Exorzismus-Kapitel des SR in einer Grazer Handschrift über drei Teufelsaustreibungen in den Jahren 1599/1600 zeigen.8 Die folgenden Ausführungen wenden sich so, nach einer kurzen Darstellung 3 Rituale Romanum, hg. Pauli V. Seit 2004 zugänglich als originalgetreuer Nachdruck hg. von Manlio Sodi und Juan Javier Flores Arcas. 4 Vgl. H. Reifenberg: „Rituale“; auch: M. Probst: Bibliographie der katholischen Ritualiendrucke. 5 Vgl. M. Venard: „Die katholische Kirche“. 6 Vgl. H. Reifenberg: „Rituale“; M. Probst: Bibliographie der katholischen Ritualiendrucke. 7 Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts erschienen mindestens 16 Auflagen. Vgl. M. Klöckner : „Die Liturgiereform von Trient und deren Umsetzung in der Schweiz“. 8 Vgl. G. Ammerer und C. Watzka (Hg.): Der Teufel in Graz? Vgl. auch: C. Watzka und G. Ammerer : „Der Teufel in Graz. Werkstattbericht“.

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grundlegender Aspekten des vormodernen Verständnisses von Geistern und Dämonen, zunächst dem SR in der Fassung von 1554 als für die rituelle Praxis der Dämonenbekämpfung in der katholischen Kirche in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zentralen Text zu. Die Darstellung des kirchlichen Praxiswissens über das aufeinander bezogene Handeln von Dämonen und Menschen wird sodann vertieft mittels einer Analyse der noch weit ausführlicheren und differenzierteren Inhalte ausgewählter Exorzismus-Handbücher, wie sie bei katholischen Geistlichen des 16. Jahrhunderts in Gebrauch standen. Im Zentrum der Ausführungen steht hierbei – sowohl in der Übersicht betreffend die zentralen metaphysischen Annahmen der vormodernen Dämonologie, als auch im Hinblick auf die Praxeologie – das dämonologische Oeuvre des italienischen Minoriten-Paters Girolamo Menghi (1529 – 1609),9 dessen in lateinischer und italienischer Sprache verfasste Werke zu den am häufigsten gedruckten, am stärksten verbreiteten und wohl auch praktisch meist genutzten der Zeit zählen,10 wenn auch der Autor selbst später ¢ zumindest außerhalb Italiens ¢ eher in Vergessenheit geraten ist.11 Ein Resümee schließt den Beitrag ab.12

Fundamentale Wissensbestände über ,spiritus maligni‘ bzw. Dämonen im christlichen Europa der Frühen Neuzeit ¢ Menghi und die scholastische Tradition Bei der Auseinandersetzung mit der Frage nach dem ,Wesen‘ der Dämonen konnten die Gelehrten der Frühen Neuzeit auf reichhaltige Traditionen zurückgreifen, als deren wichtigste Bestandteile christlich-jüdische, römischgriechische und sonstige ,pagane‘ Vorstellungen gelten können. Bereits die Scholastik hatte unterschiedliche Konzeptionen eingehend diskutiert, und die prominentesten theologisch-philosophischen Autoren des Mittelalters, wie Al9 Zur Biographie Menghis vgl. G. dall’Olio: „Menghi, Girolamo“; M. Probst: „Menghi, Girolamo“, M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 1 – 6; G. Romeo: Inquisitori, esorcisti e streghe; O. Franceschini: „Girolamo Menghi“. 10 Näheres hierzu weiter unten. 11 Als deutliches Indiz hierfür mag etwa gelten, dass bis dato kein Wikipedia-Eintrag zu Menghi existiert. Auch die wissenschaftliche Rezeption in Italien war zudem lange eher bescheiden; vgl. dazu: G. Romeo: Inquisitori, esorcisti e streghe, S. 114. 12 Übersetzungen aus dem Italienischen oder Lateinischen ins Deutsche im Folgenden stammen, wo nichts anderes angegeben ist, vom Autor des vorliegenden Beitrags. Benutzt wurden außerdem die Teilübersetzungen der beiden Werke Menghis mit den Titeln Flagellum Daemonum und Fustis Daemonum ins Deutsche durch Manfred Probst und dessen Mitarbeiter in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 7 – 152. Diese werden an den entsprechenden Stellen zitiert als: G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit bzw. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit.

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bertus Magnus, Thomas von Aquin oder Johannes Bonaventura, lieferten – bei allen späteren Innovationen etwa der Renaissance-Philosophie – die Grundlagen für die dominanten gelehrten Diskurse der folgenden Jahrhunderte.13 Zum grundlegenden Begriff des „spiritus“ gibt der doctor angelicus in der „Summa contra gentiles“, im Zusammenhang seiner Darlegungen zum Heiligen Geist folgende, etymologisch orientierte Definition: „[…] dass der Ausdruck ,spiritus‘ offenbar auf die Atmung von Lebewesen zurückgeht. Bei der Atmung wird Luft mit einer bestimmten Bewegung ein- und ausgeatmet. Daher wird der Ausdruck ,spiritus‘ in Bezug auf jeglichen Antrieb und jegliche Bewegung eines lufthaften Körpers verwendet […]. Auch wird die durch die Körperteile strömende und ihre Bewegung ermöglichende feine Ausdünstung [vapor] ,spiritus‘ genannt. Darüber hinaus überträgt man den Ausdruck ,spiritus‘ auf jegliche Art von Vermögen oder Substanz, die unsichtbar ist und Bewegung verursacht, weil Luft unsichtbar ist. Daher nennt man die Sinnenseele und die Verstandesseele ,spiritus‘ ebenso wie die Engel und Gott.“14

Ersichtlich wird hier die enorme Spannbreite des Begriffes ,spiritus‘: Von ,Atem‘ über ,Bewegung‘ eines ,luftförmigen‘ Körpers, feine Flüssigkeit in einem festen Körper, bis hin zu ,jeglichen unsichtbaren und bewegten Kräften und Substanzen‘, den Seelen, den Engeln und Gott selbst. In einem Kommentar zu den Sentenzen des Petrus Lombardus führt Thomas von Aquin aus, dass es die Subtilität sei, welche das einigende definitorische Band bilde.15 Die spiritus malignus im Speziellen, die bösen Dämonen, jedoch sind nach seinem Verständnis personale, geistige Wesenheiten. Deren Charakteristika werden insbesondere in den „quaestiones disputatae“, also „den umstrittenen Fragen“ im Kapitel „de malo“ („Über das Übel“) erörtert16 : Hierbei zeichnet Thomas von Aquin folgendes Bild der Dämonen: 1. Sie haben wahrscheinlich keine natürlichen Körper, auch nicht, wie insbesondere die Platoniker behaupten, luftförmige, sondern wirken rein mit dem 13 Vgl. etwa G. Scherer : Philosophie des Mittelalters. 14 T. von Aquin: Summa contra gentiles, liber IV, capitulum 23, S. 166. Die dortige Übersetzung setzt stets ,Geist‘ für ,spiritus‘; im obenstehenden Zitat wurde aber der hier im Zentrum stehende, originale Begriff beibehalten. Das gesamte Zitat im Original: „[…] quod nomen ,spiritus‘ a respiratione animalium sumptum videtur, in qua aer cum quodam motu infertur et emittitur. Unde nomen ,spiritus‘ ad omnem impulsum et motum vel cuiuscumque aerei corporis trahitur : et sic ventus dicitur ,spiritus‘ […]. Sic etiam vapor tenuis diffusus per membra ad eorum motus, ,spiritus‘ vocatur. Rursus, quia aer invisibilis est, translatum est ulterius ,spiritus‘ nomen ad omnes virtutes et substantias invisibiles et motivas. Et propter hoc et anima sensibilis, et anima rationalis, et angeli, et Deus, ,spiritus‘ dicuntur.“ (Ebd., S. 167). 15 Vgl. L. Schütz: Thomas-Lexikon, Stichwort „spiritus“. 16 Unter Daemones werden hierin gewöhnlich nur die bösen Dämonen verstanden werden, während es grundsätzlich sowohl gute und böse Dämonen im Sinne von Engeln gibt. L. Schütz: Thomas-Lexikon, Stichwort „daemon“.

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Verstand und dem Willen.17 2. Sie haben einen bösen Willen und ihre Bosheit ist wegen des Fehlens der Gnade Gottes nicht behebbar.18 3. Sie sind sündig und können selbst irren und getäuscht werden.19 4. Sie können, jedoch nur innerhalb gewisser Grenzen, zukünftige Ereignisse vorhersehen sowie menschliche Gedanken erkennen.20 5. Sie können auf alle sichtbaren Dinge einwirken, sogar die Gestalt derselben verändern, und Körper bewegen, wenn auch nicht direkt und ohne dabei echte Wunder zu wirken, sondern durch die Nutzung natürlicher Kräfte und Affekte, wie z. B. Feuer oder Haß, derer sie sich, ähnlich wie Menschen, bedienen können.21 6. Sie können die inneren und äußeren Sinne der Menschen verwirren – und zwar sowohl im Wachen wie im Schlafen ¢, indem sie ihnen Trugbilder vorgaukeln, ihre Einbildungskraft, ja sie völlig der Denkfähigkeit berauben oder das Wirken ihrer Vernunft beeinträchtigen.22 Wie schon erwähnt, handelt es sich hierbei um in der christlichen theologisch-philosophischen Tradition bis zu Thomas von Aquin selbst durchaus ,umstrittene Fragen‘, und auch später blieben manche Fragen im gelehrten Diskurs durchaus kontrovers, von der Vielfalt populärer Auffassungen nicht zu reden. Wie sehr die letzteren ihrerseits auch die Vorstellungen der intellektuellen Eliten beeinflussten, zeigen anschaulich die verschiedenen Versuche, das Reich der Geister und Dämonen gedanklich zu ordnen: Neben den theologisch definierten spiritus mali, welche die Eigenschaften von Engeln, aber eben bösen Engeln aufweisen, tummeln sich auch bei Autoren der Frühen Neuzeit allerlei Gespenster, wie sie das alte Judentum ebenso kannte wie die ,heidnischen‘ Völker Europas.23 Dies gilt auch für klar in der scholastisch-theologischen Tradition fußende dämonologische Werke wie jene von Girolamo Menghi. Dieser widmet in seinem Compendio dell’arte essorcistica, et possibilita delle mirabili & stupende operationi delli Demoni & de’ Malefici (CAE)24 – also „Kompendium über die exorzistische Kunst und die Möglichkeit der wundersamen und verblüffenden Wirkungen der Dämonen sowie die Verhexungen“ – nach einer einführenden Darstellung des Engelsfalls25 – Kapitel II der Unterscheidung folgender „sorti di Demoni“:26 1. solche aus dem untersten Chor der Engel, welche außer der Ver17 18 19 20 21 22 23 24

T. von Aquin: Quaestiones disputatae, quaestio XVI, articulum 1. Ebd., quaestio 16, articulum 2. Ebd. quaestio 16, articulum 3 – 6. Ebd., quaestio 16, articulum 7 – 8. Ebd., quaestio 16, articulum 9 – 10. Ebd., quaestio 16, articulum 11 – 12. Vgl. bes. C. Lecouteux: Das Reich der Nachtdämonen. G. Menghi: Compendio dell’arte essorcistica, Bologna 1576. Im Folgenden zitiert als CAE 1576. 25 Vgl. ebd., S. 1 – 8. 26 Vgl. ebd., S. 9 – 16.

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dammung nur sehr wenige Strafen ertragen müssen, da sie wenige Sünden begangen haben; diese seien auch am wenigsten schädlich, sie würden aber in der Nacht Lärm schlagen, üble Scherze treiben, Menschen Trugbilder vorgaukeln, seien manchmal sichtbar und werden im Italienischen „Foletti“ genannt. 2. „spiriti immondi“, „unreine Geister“; diese peinigen Menschen in der Nacht, indem sie sie mit Unzucht beflecken, dies seien speziell die „incubi“ und „succubi“. 3. wieder andere Dämonen würden im Volk „pagani“, also Heiden genannt; sie kämen vor allem in Norwegen (!) vor und würden dort an Straßen mit Hohn und Gelächter Reisende verstören, ohne ihnen aber sonst etwas antun zu können. Weitere Sorten seien 4. jene, welche in der Nacht Menschen belästigten, indem sie sich auf diese setzten und 5. schließlich jene Dämonen, von denen im Evangelium die Rede ist; diese könnten menschliche Körper in Besitz nehmen und dann sogar andere Menschen angreifen, um sie zu töten oder zu quälen. Dieser schon ziemlich diversifizierten Liste von ,Sorten‘ von Dämonen fügt Menghi dann noch einige weitere hinzu, für deren Klassifikation er auf Psellus als Quelle verweist: 6. Feuer-Dämonen, welche die höchsten, dem Himmelsfeuer nahen Luftschichten bewohnen. 7. Luft-Dämonen, welche die der Erde nahe Luft bevölkern, und besondere Hochmut, List usw. an den Tag legen. 8. Erd-Dämonen, die ständig auf der Erde ihr Unwesen treiben würden, und (wie auch die Luftdämonen) dem Menschen schmutzige Gedanken eingeben. 9. Wasser-Dämonen, die vor allem in Meeren, Seen und Flüssen beheimatet sind und Menschen zu ertränken trachten, etwa indem sie Unwetter erzeugen, die zu Schiffbrüchen führen. 10. Unterirdische Dämonen, die besonders Bergleute bedrängen, unterirdische Winde, Flammen und Erdbeben erzeugen. Diese Sorte sei besonders furchtsam, da sie unwissend seien; daher würden sie nicht nur durch befugte Exorzisten mit der Gewalt Gottes ausgetrieben, sondern oft schon verschwinden, wenn sie von einer alten Frau oder sonst jemandem mit Schimpfund Drohworten bedacht würden (!)27. 11. Den letzten Typus von Dämon stellt schließlich der „Lucifogo“ dar, dieser sei ganz schattenhaft und unerforschlich, fliehe vor dem Licht – daher offenbar auch der Name – und ermorde Menschen mittels der „passioni fredde“, der „kalten Leidenschaften“. Die meisten Elemente dieser Klassifikation können unschwer als Poltergeister, Gespenster, Alben, sowie diverse Elementargeister primär außerchristlichen

27 Unterirdische Dämonen seien es auch, welche manchmal von Magiern und Beschwörern gefangen und in bestimmte Orte gebannt würden – was aber nur durch einen Pakt mit einem höherrangigen Dämon möglich sei. Dämonen anderer Art würden solches lediglich vortäuschen, um die Zauberer zu betrügen. Auch unterirdische Dämonen könnten von menschlichen Körpern Besitz ergreifen; häufig würden sie dann mit Steinen werfen. Vgl. ebd., S. 13 – 15.

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Ursprungs identifiziert werden;28 der Autor selbst referiert nur bei der Erörterung eines Typus auf die Darstellung der Dämonen in den Evangelien. Diese Thematik abschließend fasst Menghi die wesentliche Gemeinsamkeit aller Dämonen zusammen: „Et tutte queste sorti di Demoni sono cosi fatti, che odiano Iddio lor fattore, & sono contrarii a gli huomini“ – „Und alle diese Arten von Dämonen sind so beschaffen, dass sie Gott ihren Schöpfer hassen und den Menschen feindlich sind.“29 In den nachfolgenden Kapiteln des ersten Buches (von dreien) des CAE30 geht der Autor dann ausführlich auf weitere, dem ,Dämonengeschlecht‘ insgesamt eigene Eigenschaften ein. Deren wichtigste seien an dieser Stelle zusammenfassend wiedergegeben: Die bösen Geister haben – wie die guten Engel ein umfassendes Wissen – und zwar aus der Offenbarung Gottes, aus ihrer natürlichen Beschaffenheit sowie durch Erfahrung – sowie einen, im Gegensatz zum Menschen, grundsätzlich perfekten Intellekt und damit zugleich Wissen nicht nur über die menschliche Natur, sondern auch über alle einzelnen Menschen, dann über alle Tiere, Pflanzen, unbelebte Materie, Gestirne usw., Kenntnisse in allen Wissenschaften (Kapitel III),31 und dementsprechend, in gewissen Grenzen, auch über künftige Geschehnisse (Kapitel IV).32 Grundsätzlich rein geistige Wesen, könnten Engel, gute wie böse, aber auch menschliche Körper annehmen, und zwar nicht nur zum Schein, sondern real, und dergestalt z. B. auch essen, wofür biblische Zeugnisse angeführt werden.33 Insbesondere könnten auch Dämonen Körper lebender Menschen in Besitz nehmen, wie dies insbesondere in den Evangelien dokumentiert sei, aber auch durch „esperienza cottidiana“, „tägliche Erfahrung“ bezeugt sei. Dabei befänden sich gute wie böse Engel jedoch nur „virtuale“, also ihrer Kraft nach, an dem jeweiligen Ort ihrer Wirksamkeit, nicht als Körper (Kapitel V).34 Zugleich seien sie in der Lage, sich sowohl kontinuierlich, wie körperliche Gegenstände, als auch diskontinuierlich zu bewegen, wobei mit letzterem gemeint ist, „che l’Angelo da un luogo grandemente lontano, ad un’altro luogo distante puý velocissimamente muoversi“ – „dass ein Engel sich von einem weit entfernten Ort zu einem anderen auf schnellste Weise bewegen kann.“35 Außerdem könnten sie beliebige materielle Dinge über weiteste Strecken und in kürzester Zeit bewegen, sowie

28 Vgl. C. Lecouteux: Das Reich der Nachtdämonen; H. Biedermann: Dämonen, Geister, dunkle Götter. 29 Vgl. CAE 1576, S. 15. 30 Vgl. ebd., S. 19 – 73. 31 Vgl. ebd., S. 19 – 25. 32 Vgl. ebd., S. 25 – 35. 33 Verwiesen wird insbesondere auf Gen 18, das Buch Tobit, und Mt 4. 34 CAE 1576, S. 35 – 37. 35 Ebd., S. 38.

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auch Menschen und andere Lebewesen. Auch diesbezüglich wird auf biblische Texte verwiesen (Kapitel VI).36 Für die hier behandelte Thematik von besonderem Interesse sind aber die folgenden Ausführungen zum Thema: „Über die Weise, mit welcher die Dämonen mit ihrer natürlichen Kraft Körper annehmen und in verschiedenen Formen und Species erscheinen können“:37 Hierzu teilt Menghi, unter Berufung auf Augustinus, mit: „Die Dämonen sind nicht ihren Körpern unterworfen wie wir, sondern sie haben diese unter ihren Willen und Gefallen unterworfen, und verwandeln sie in jede beliebige Gestalt, wie sie möchten.“38 Dies sei auch mittels natürlicher Vernunft nachvollziehbar, da alles, was die materielle Natur hervorbringe, diesen geistigen Wesen ebenso hervorzubringen möglich sein müsse.39 Solche Erscheinungen – die Menschen sowohl im Schlaf wie im Wachzustand geschehen könnten – nennt der Autor hier zwar „fittioni corporali“, betont aber zugleich, es handle sich zumindest der Gestalt und der Farbe nach um „corpi veri“ (Kapitel VII).40 Das nachfolgende Kapitel behandelt die spezielle Frage, ob es sich bei Gegenständen, welche Behexte ausspeien würden, um reale oder fiktive Dinge handle, worauf weiter unten zurückgekommen sei. Daran anschließend geht es im CAE nochmals um Grundsätzliches in Bezug auf die Wirkungsmöglichkeiten der bösen Geister auf Erden. So wird ausführlich die Frage behandelt: „Wie die Dämonen in den angenommenen Körpern sprechen können“ (Kapitel IX). Zentral ist hier eine Differenzierung von drei Formen: Zum einen könnten diese in den „spirito fantastico, che À in noi“, „den fantastischen Geist, der in uns ist“, eindringen und so den Menschen „parole incitative“, „anstachelnde Worte“ in Bezug auf Sünden eingeben,41 was ohne Stimme, sondern mittels mentaler Konzepte erfolge und besonders gefährlich sei, weil die Menschen so vielleicht nicht einmal bemerkten, dass eine dämonische Einflussnahme stattfinde. Die konkreten Auswirkungen beschreibt Menghi so: „Auf diese Weise können die Dämonen jegliche Figur, Farbe und Form, die ihnen gefällt, in unseren Lebensgeist transportieren, […] und damit rufen sie in unserem Bewusstsein die Erinnerungen an die fleischlichen Sünden hervor, und viele Male erregen sie die fleischlichen Fantasien und Leidenschaften, sowohl bei denen, die 36 Dan 8. Vgl. CAE 1576, S. 37 – 39. 37 Ebd., S. 40 – 43. 38 Ebd, S. 40. Im Original: „Gli Demoni non sono soggetti alli loro corpi come noi, ma hanno quelli soggetti a li loro voleri & piaceri, & gli transformano in qualunque figura gli piace.“ 39 Ebd., S. 41 f. Als Beispiel werden hier Erscheinungen von Dämonen in Gestalt von Tieren oder Menschen angegeben, weiters solche, in denen diese sich als Heilige oder Maria Mutter Gottes darstellen. Dies geschehe, da der Teufel angebetet werden und zum Götzendienst verführen wolle. 40 Ebd., S. 43. 41 Ebd., S. 49 f.

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schlafen, mit schmutzigen Träumen, als auch bei denen die wachen. Manchmal würden sie auch in die schändlichen Körperteile gehen, diese erregen und zu unkeuschen Akten provozieren, […] zu unrichtigen und verbrecherischen Begierden“.42

Dies sei im Übrigen besonders bei Menschen mit heißer und feuchter Complexion der humores möglich. Eine zweite Form, in welcher Dämonen mit Menschen kommunizieren könnten, sei eben jene über einen „corpore assonto“, einen „angenommenen Körper“,43 womit nicht die Inbesitznahme eines echten menschlichen Körpers gemeint ist, sondern die oben schon erwähnte ,Vorspiegelung‘ eines Körpers durch den Dämon selbst. Mittels solcher Körper könnten die bösen Geister zwar nicht eigentlich sprechen, weil hierzu Lunge, Zunge, Mund usw., also reale körperliche Organe erforderlich seien, jedoch seien sie imstande, „certi suoni che hanno similtudine con le voci“, „gewisse Klänge, die eine Ähnlichkeit mit einer Stimme haben“, hervorzubringen.44 Eine dritte Möglichkeit sei schließlich das Sprechen durch die Körper von Besessenen: „Ne gli huomini poi arrettici & spiritati gli Daemoni con li stromenti naturali atti al parlare dicono & riferiscono l’intento & pensier loro“ – „In den geraubten und besessenen Menschen sprechen die Dämonen mit den natürlichen Instrumenten, die zum Reden geeignet sind, und drücken [so] ihre Absichten und ihre Gedanken aus.“45 Hiermit seien freilich gewisse, in den benutzten ,Instrumenten‘ liegende Einschränkungen verbunden; insbesondere könnten Dämonen aus einfachen Leuten meist kein gutes Latein sprechen, und generell in Fremdsprachen gewöhnlich nur „fare di rado“, „radebrechen“.46 Im Anschluss an diese aufschlussreichen Darlegungen geht der Autor noch auf die Frage ein: „Wie die Dämonen in den angenommenen Körpern essen können“ (Kapitel X), die hier nicht besonders von Belang ist. Jedenfalls wird diese – durch Äußerungen in der Bibel nahe gelegte – Fähigkeit der bösen Geister akzeptiert, indem ein Unterschied zwischen der Nahrungsaufnahme einerseits und der Verdauung und Ausscheidung andererseits gemacht wird; zu Ersterem seien Dämonen in der Lage, Zweiteres erübrige sich angesichts ihrer geistigen Natur. Diffizil gestaltet sich auch die Erörterung einer weiteren Fragestellung, nämlich 42 Ebd., S. 50 f. Im Original: „Cosi gli Demoni possono qualunque figura, colore & forma gli piace trasporre nell’animastico nostro spirito, & per taö modo & via ci pongono molti negocii nell’animo, […] suscitando nelli menti nostre le memorie de’peccati carnali, & spesse volte concitando l’imagini & passioni carnali, tan[n]to in quelli che dormono, con sogni sporchi, quanto in quelli che veghiano; alcuna volta ancho van[n]o nelle parti vergognose, & concitandole, le provocano a li atti lussuriosi […] a gli amori iniqui & scelerati“. 43 Ebd., S. 52. 44 Ebd. Als Argument für diese Möglichkeit wird bemerkenswerterweise ein zoologischer Vergleich angestellt: Tiere, die keine Lunge zum Atmen von Luft hätten, wie Fische, würden dennoch manchmal an Land gewisse Laute von sich geben. 45 Ebd., S. 54. 46 Ebd., S. 55.

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jener, ob und wie Dämonen mit angenommenen Körpern Geschlechtsakte mit Menschen durchführen und dabei auch Kinder zeugen könnten (Kapitel XI). Die – grundsätzlich zustimmenden – Ausführungen Menghis zu dieser Frage sind zwar für die Ausbreitung von Hexenglauben und Hexenverfolgung sehr wichtig, im Kontext der Besessenheit aber weniger bedeutsam. Angemerkt sei, dass der Autor auf den ,Hexenhammer‘ als autoritatives Werk für derlei Fragestellungen verweist.47 Abschließend behandelt das erste Buch des dämonologischen Kompendiums die Einwirkungen der Dämonen in die „fantasmi“, die Phantasien der Menschen (Kapitel XII); hier betont der Autor, dass der Teufel nicht nur indirekt, nämlich als Urheber der Erbsünde, Auslöser aller menschlichen Sünden sei, sondern die Dämonen auch direkt zu Sünden anstacheln würden, neben anderen Wegen auch durch Beeinträchtigungen der „spiriti et humori“ im Menschen, dann eben durch die Erzeugung fantastischer Vorstellungen, aber auch durch eine Verwirrung der inneren Sinne. So könne ein Dämon „in unsere Mägen irgendeine Sache legen, die unseren Zorn oder Wollust erregt, wie dies Wein, Zimt, Pfeffer und andere aromatische Dinge tun, welche die Lebensgeister […] bewegen“.48 Der zweite Teil des CAE widmet sich primär der Hexerei, und ist daher im vorliegenden Kontext nicht so sehr von Bedeutung, während im dritten die „Heilmittel“ gegen dämonische Einflüsse behandelt werden, worunter die Vorgangsweisen gegen Besessenheit einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Auf die diesbezüglichen Vorstellungen Menghis, die in seinen primär exorzistischen Werken noch eingehender dargelegt werden, wird aber weiter unten zurückgekommen. An dieser Stelle sei vielmehr zunächst auf die knapperen, grundlegenden Darlegungen offiziösen Charakters zu Besessenheit und Exorzismus im Sacerdotale Romanum eingegangen.

Das Sacerdotale Romanum als deskriptive und normative Quelle für Auffassungen über und praktischen Umgang mit bösen Geistern in der katholischen Kirche des 16. Jahrhunderts Wie schon erwähnt, entstand das Sacerdotale Romanum (SR) als Sammlung bewährter Texte für sakramentale Handlungen außerhalb der Messe im Verlauf des 15. Jahrhunderts und erschien ab 1554 unter besagtem Titel. Etliche weitere Auflagen im Verlauf des 16. Jahrhunderts folgten, wobei die letzten bereits 47 Ebd., S. 58 – 66. 48 Ebd., S. 71. Im Original: „[…] porre ne gli stomachi nostri alcuna cosa che muovi l’ira, overo concupiscenza nostra, come fariano vino, canella, pevere & altre cose aromatice, muovere gli spiriti vitali che sono nel corpo“.

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Überarbeitungen, Streichungen und Ergänzungen im Sinne des Konzils von Trient (1545 – 1563) enthielten. Allerdings zeigt eine Kollation der beiden Ausgaben von Venedig 1555 und Venedig 158549 durch den Verfasser, dass sich die vortridentinischen Fassungen der 1550er Jahre und die nachtridentinischen Ausgaben im späten 16. Jahrhundert (vor dem Ersatz des SR durch das RR 1614) in den Kapiteln über Besessenheit und Exorzismus50 hinsichtlich des Textbestandes nur geringfügig unterscheiden.51 Die folgenden Ausführungen zu dem – wenigstens in der kulturhistorischen Forschung – noch wenig untersuchten Text des SR52 beziehen sich stets auf die Ausgabe von 1585. Der Themenkomplex böse Geister, Besessenheit und Exorzismus wird darin in einem Kapitel mit dem Titel „Exorcismi demoniacorum“ („Exorzismen der von Dämonen Besessenen“) behandelt; dieses erstreckt sich über insgesamt 38 Seiten53 und bietet zum einen eine knappe, aber aufschluss49 „Sacerdotale iuxta S. Romane [sic] ecclesie [sic] & aliarum ecclesiarum, ex apostolice Bbbliothece, ac sanctorum patrum iurium sanctionibus & ecclesiasticorum doctorum scriptis, ad optatum commodum quorumcunque sacerdotum collectum, & omni nuper diligentia castigatum ac summorum Pontificum authorit[ate] multoties approbatum. In quo continentur officia omnium sacramentorum & resolutiones omnium dubiorum ad ea pertinentium; & omnia alia, que a sacerdotibis fieri possunt, que quam fine pulchra & utilia, ex indice collige. Addito utili enchiridiolo ad age[n]dum de feria te[m]pore adve[n]tus, quadragesim[a]e, tempore paschali; & de mense septembris; nec non infra annum; cum ecclesia[m] Romanaum, ei declaratione rubricarum g[e]n[er]alium & ad inveniendu[m] pascha; & alia festa mobilia; que in aliis hactenus impressis minime reperiuntur“. (Sacerdotale Romanum 1555). „Sacerdotale Romanum ad consuetudinem S. Romanae Ecclesiae aliarumq[ue] Ecclesiarum ex Apostolicae Bibliothecae, ac Sanctorum Patrum iurium sanctionibus & Ecclesiasticorum Doctorum scriptis, ad optatum quorumcunq[ue] Sacerdotum commodum, collectum; atque Summorum Pontificum authoritate multoties approbatum; Summa nuper cura iuxta S. Tridentini Concilii Sanctiones emendatum & auctum. In Quo omnium Sacramentorum officia, resolutionesq[ue], omnium dubiorum ad ea pertinentium, excommunicationum Canones, cum brevi illarum & absoluta declaratione ex sacris Doctoribus collecta, continetur. Quibus etiam Rubricae generals tum Missalis, tum Breviarii Novi, multaq[ue] alia Sacerdotibus valde utilia, ac necessaria, sunt addita; quae in aliis hactenus impressis desiderabantur“ (Sacerdotale Romanum 1585). 50 SR 1555, foliis 308 recto – 325 verso; SR 1585, foliis 328 recto – 346 verso. 51 Vgl. hierzu: G. Romeo: Inquisitori, esorcisti e streghe, S. 116. Neben einigen kleineren Änderungen in Details findet sich nur eine größere Abweichung: Die Ausgabe von 1555 enthält zwischen dem ersten einleitenden Absatz und der Kapitelübersicht noch eine „Rubrica“ als Zusammenfassung der Angaben zu Weiheerfordernissen, Bekleidungsvorschriften und der nötigen inneren Haltung der Exorzisten, die in der Ausgabe von 1585 fehlt. Jedoch finden sich analoge, in manchem noch etwas detailliertere Ausführungen dort am Beginn des Kapitels 9 der Instruktionen für die Exorzisten eingefügt: SR 1555, folio 308 recto – verso, SR 1585, folio 330 verso. 52 Kürzere Bezugnahmen finden sich, was die aktuellere Literatur betrifft, besonders in: M. Sluhovsky : Believe not every spirit, S. 75 f. und 87 f., H.E. Midelfort: A History of Madness, S. 180, sowie A. Jacobson Schutte: Aspiring Saints, S. 114. 53 SR 1585, foliis 328 – 346.

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reiche einführende Instruktion,54 zum anderen die Texte für vier exorzistische Rituale,55 die im vorliegenden Zusammenhang vor allem auch wegen der darin eingeflochtenen Durchführungsanweisungen von Interesse sind, schließlich ein (hier nicht weiter behandeltes) kurzes Gebet gegen dämonisch verursachte Unwetter. Die besagte „Instructio exorcistae volentis demones expellere, divisa in novem capita“, also „Instruktion für den Exorzisten, der Dämonen austreiben will, in neun Kapitel eingeteilt“,56 enthält zunächst eine kurze Erklärung, wonach das Beschwören, Exorzieren und Austreiben von Dämonen zum priesterlichen Dienst gehöre, aber stets mit großer Demut betrieben werden müsse. Weiters findet sich eine in Bezug auf das Verhältnis der exorzistischen Handlungen zur Magie wichtige Festlegung, wonach der Exorzist „nihil sibi, sed o[mn]ia Dei virtuti et eccl[esi]asticae potestati“, „nichts sich, sondern alles der Kraft Gottes und der Macht der Kirche“ zuschreiben solle.57 Kapitel 1 handelt sodann „De modo, quem tenet diabolus ad intrandum in humana corpora“, „Über die Weise, welche der Teufel benutzt, um in die menschlichen Körper einzutreten“.58 Zuerst werden hierin drei Ursachen für dämonische Besessenheit nach kirchlicher Lehre angegeben: Verzweiflung, Sünde oder Prüfung des Betroffenen. Dann wird auf ein wichtiges Element in der Vorphase von Besessenheiten hingewiesen: Der Dämon erschiene fast immer zuvor den Betroffenen selbst oder ihren Verwandten, etwa in Gestalt eines Verstorbenen oder eines grässlichen Tieres, und beim plötzlichen Verschwinden dieses Bildes fahre er in den Körper des Befallenen ein. Interessant ist diesbezüglich die Ergänzung: „Et hoc ut plurimu[m] accidit in nocte, et in locis opacis et obscuris.“ – „Und dies geschieht meist in der Nacht, sowie an unzugänglichen und dunklen Orten.“59 Beim Eintritt in die Körper der Befallenen nähmen die Dämonen ihren Weg oft über Mund oder Ohren, wobei sie von den hierunter Leidenden (,patientes‘) wie ein Wind oder eine Maus wahrgenommen würden; die Inbesitznahme könne aber auch im Schlaf erfolgen. Kapitel 2 behandelt bereits die Frage der ,maleficiis‘, also des Schadenszaubers:60 Hier wird seitens der Kirche eine bemerkenswerte Festlegung getroffen:

54 Ebd., foliis 328 – 331. 55 Ebd., foliis 331–346. Eines davon ist, wohl irrtümlicherweise, im Inhaltsverzeichnis nicht angeführt, obwohl es inhaltlich durchaus bedeutsam ist. Vgl. ebd., „Tabula, seu Repertorium omnium contentorum in hoc opere“ (ohne Foliierung). 56 Der Titel so nur im Inhaltsverzeichnis (ohne Blattzählung). 57 Ebd., folio 328 recto. 58 Ebd., folio 328 verso. 59 Ebd., folio 328 verso. 60 Ebd., foliis 328 verso – 329 recto.

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„Bei allem Schadenszauber liegt ein ausdrücklicher oder geheimer Pakt vor, welchen der Teufel mit dem Hexer hat. […] Nach der Durchführung des Schadenszaubers tritt der Teufel sofort entweder gegenwärtig oder der Möglichkeit nach in jene Person ein, an der der besagte Zauber verübt wurde.“61

Als bei solchen magischen Angriffen gebrauchte Zaubermittel werden Knochen, Federn und ähnliche Dinge erwähnt, welche von den Dämonen besonders in die Betten der Besessenen gebracht würden; werde man dieser ansichtig, seien sie zu entfernen und zu verbrennen, jedoch sei nicht dem im Volk vorhandenen Aberglauben zu folgen, wonach solche Zaubermittel in einen Fluss zu werfen seien.62 Das anschließende, kurze Kapitel 3 widmet sich einem besonders heiklen Aspekt: „De signis, quibus cognoscitur quis esse d[a]emoniacus“, also den „Zeichen, mittels derer erkannt wird, ob jemand besessen ist“,63 und sei hier in Übersetzung wiedergegeben: „Man liest, dass wenn jemand über 30 Tage lang kein Ziegenfleisch essen kann, dieser als besessen beurteilt wird. Andere Besessene haben schreckliche Augen; und die Dämonen beschädigen deren Glieder und Leiber auf erbärmliche Weise und töten sie [sogar], wenn ihnen nicht schnell geholfen wird. Andere täuschen vor, einfältig zu sein, und werden stets gemehrt; aber sie [die Dämonen] werden entdeckt und erkannt, wenn sie den Psalm nicht sagen wollen: ,Gott erbarme Dich meiner‘ […]. Es ist auch ein deutliches Zeichen, wenn sie [die Betroffenen] in einer ihrer Heimat fremden Sprache sprechen, obwohl sie nicht außerhalb ihres Landes gelebt hatten, und wenn ungebildete und einfältige Personen gebildet und vernünftig sprechen oder auch musikalisch singen oder wenn sie etwas sagen, was sie selbst nie zu sagen gewusst hätten. Einige Dämonen sind [aber] auch stumm und dumm. Ein anderes Zeichen ist auch, dass sie Schrecken überkommen und sie schnell zurückweichen. Am ehesten aber wird erkannt, dass jemand vom Dämon besessen ist, wenn er, sobald Exorzismen gelesen werden, verwirrt wird; dies ist das Zeichen des gegenwärtigen Teufels“.64 61 Ebd., folio 328 verso. Im Original: „In omnibus autem maleficiis est pactum aut manifestum, aut secretum, quod habet diabolus cum malefico. […] Facto maleficio subito diabolus aut pr[a]esentialiter, aut potestative ingreditur in illa persona, supra qua[m] factum est dictus maleficiu[m].“ 62 Ebd., folio 329 recto. 63 Ebd. 64 Ebd., folio 329 recto. Im Original: „Legitur, q[uod] si quis non potest c[on]tinuare esum carnis h[a]edin[a]e, p[er] dies 30, q[uod] talis iudicatur demoniacus. Aliqui d[a]emoniaci habent oculos terribiles; et d[a]emones me[m]bra eoru[m] et corp]orum] destruu[n]t miserabiliter, et interficiunt, nisi cito eis subveniatur. Aliqui fingunt se esse fatuos, et semper augentur ; sed discooperiuntur, et cognoscuntur, si nolu[n]t dicere psalmu[m]: Misere mei Deus […]. Est etiam magnum signum, qua[n]do loquuntur sermone[m] alienum a patria sua, si non fuerunt extra patriam, et q[ua]n[do] person[a]e illiterat[a]e et idiot[a]e loquu[n]tur literaliter et congruenter, aut et cantant musicaliter, aut quando dicunt aliquid, quod ipsi nunquam dicere scivissent. Aliqui et d[a]moniaci sunt muti et stupidi. Aliud quoq[ue] signum est, q[uod] eis superveniunt terrores, et cito recedunt. Potissimum autem

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Auf diese Erläuterungen folgt in Kapitel 4 eine Beschreibung der Zeichen, die spezifisch über das Vorliegen eines Schadenszaubers Auskunft geben – „De signis quibus cognoscitur, quis esse maleficiatus“.65 Hierzu zählen Merkmale wie ein „colore[m] faciei cedrinum“, ein „zedernfarbiges Gesicht“, zusammengezogene Augen, Glieder, die wie zusammengebunden, wirken, oder eine trockene Komplexion, vor allem aber zusammengezogenes Herz und Magenöffnung. Auch das Gefühl, eine Kugel über dem Magen zu haben, Stiche im Herz zu spüren, starke Schmerzen im Nacken und Ähnliches werden hier als Anzeichen erwähnt, weiters Erbrechen, eisige oder auch feurige Winde im Bauch sowie Verdauungsprobleme, wobei die Liste der genannten Symptome ausdrücklich nicht als abschließend bezeichnet wird. In Kapitel 5 wird wieder eine allgemeinere Frage behandelt: „Conditiones exorcist[a]e, et qualiter ad hoc officium debet preparari“ ¢ „Beschaffenheit des Exorzisten, und wie er sich auf dieses Amt vorbereiten muss“.66 Hierzu wird zuerst festgestellt, dass Besessene und Verhexte rascher in einer Kirche, als in Privathäusern befreit würden und vorab beichten müssten. Der Exorzist selbst soll ein Priester sein, „qui de [bet] esse homo vit[a]e sanct[a]e, b[e]n[e] c[on]fessus et co[n]tritus, et super o[mn]ia humilis“; er muss also „ein Mann von heiliger Lebensführung“ sein sowie „gut gebeichtet und bereut haben, und vor allem demütig sein“.67 Er soll alle Hilfe von der göttlichen Majestät erwarten, von sich selbst aber nichts, außer mäßiger Mühe, und selbst die sei, wie angemerkt wird, nur mit der Gnade Gottes möglich. Weiter soll der Priester nicht habgierig sein und kein Geld verlangen; wenn er aber arm sei, könne er ein (für seine Dienste) gegebenes Almosen annehmen. Schließlich soll er jeden Tag vor den Exorzismen die Messe feiern, damit so der Teufel die Handauflegung und seine Anwesenheit mehr fürchte. Kapitel 6 widmet sich einmal mehr Zeichen, und zwar „signis, quae apparent, quando sacerdos coniurat maleficiatum“, also „Zeichen, die erscheinen, wenn der Priester einen Behexten beschwört“, und schließt damit inhaltlich an Kapitel 3 und 4 an.68 Bemerkenswerterweise setzt die Kapitelüberschrift Behexte und Besessene gleich, da sich der Text selbst auf „demoniacu[m] vel maleficiatum“, also einen „Besessenen oder Behexten“ bezieht. Dieser solle zunächst seinen Geist [mens] sammeln und an Gott richten mit der festen Hoffnung auf Befreiung. Weiters werden dem Priester konkrete Verhaltensvorschriften für den Beginn des Exorzismus gemacht:

65 66 67 68

cognoscitur qui esse d[a]emoniacus, quia si quando leguntur exoercismi, conturbatur ; et hoc signum est presentis diaboli“. Ebd., folio 329 recto – verso. Ebd., folio 329 verso. Ebd. Ebd., foliis 329 verso – 330 recto.

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„Und er [der Priester] habe ein Kruzifix in seinen Händen und lege […] Reliquien auf dessen Herz oder Magen, und er selbst [der Besessene] mache ihm ein Zeichen mit der Hand, sooft er fühlt, dass sich in irgendeinem Teil seines Körpers etwas bewegt oder schlägt.“69

Nach dem Ende der Beschwörung soll der Priester ihn über die Ereignisse befragen. Weiter wird angemerkt: Wenn der Priester die Hand auf das Haupt des Betroffenen legt, fühle es sich eisig an, und kalte Winde würden den Körper hinablaufen, manchen Besessenen würde auch das Haupt sehr schwer, anderen würde dasselbe zusammengezogen, oder sie fühlten, als wäre es durchstochen; wieder anderen brenne Haupt und Gesicht oder der ganze Körper, oder derselbe werde gleichsam gebrochen. All dies dauere aber nicht lange, da die Beschwörung die Macht der Dämonen aufhebe. Manche würden fast erdrosselt, anderen würde der Magen bewegt, als hätten sie Würmer oder Frösche im Leib, oder es geschieht ein großes Erbrechen; einigen blähe sich der Bauch gewaltig, und manchmal zeige sich der Dämon auch an irgendeinem Körperteil zuckend wie ein Fisch oder wie Ameisen, oder er wandere vom Kopf bis zu den Zehen hinab und wieder hinauf. Auch diese reichliche Liste von Zeichen dämonischer Anwesenheit wird wieder mit einem Hinweis darauf abgeschlossen, dass es noch zahlreiche ähnliche Zeichen gebe, denn: „diversi d[a]emones faciunt diversa signa“, „verschiedene Dämonen machen verschiedene Zeichen“.70 Kapitel 7 beschreibt sodann den „modo, quem tenet diabolus ad egrediendum de corporibus“, also die „Weise, welche der Teufel befolgt, um aus den Körpern auszutreten“.71 Hierbei wird differenziert: Teufel, die (aus dem Menschen) gesprochen haben, müssen beschworen werden, den Körper des Besessenen ganz zu verlassen und ihn so zurückzulassen, wie er war, nachdem er getauft wurde. Der Priester wird in diesem Zusammenhang aufgefordert: „Et fac eum dare signum discessus, per extinctione[m] candel[a]e“ – „Und veranlasse ihn, ein Zeichen des Fortgangs durch die Auslöschung der Kerzen zu geben“.72 Wenn es sich aber um Teufel handelt, die nicht gesprochen haben, wie dies bei nicht besessenen Behexten der Fall sei, würden diese oft als Feuerflammen durch den Mund austreten oder als kalte Winde, wobei die Kehle anschwillt; der Austritt könne aber auch durch die Ohren, den Magen oder das Herz erfolgen; hierbei werden vor der Befreiung Schmerzen wie von einem Spieß verspürt oder etwas einem Frosch Ähnliches im Körper bemerkt, was unmittelbar vor dem Austritt in demselben herumgehe. 69 Ebd. Im Original: „Et habeat crucifixu[m] in manib[us] suis, et ponat reliquias […] super cor eius, aut super stomachu[s], et ipse faciat signum eu[m] manu, quotienscunq[ue] senserit in aliqua sui corporis parte commoveri, aut pungi.“ 70 Ebd., folio 330 recto. 71 Ebd. 72 Ebd., folio 300 recto.

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Das nachfolgende Kapitel 8 hat den Titel „De malitiis et deceptionibus, quibus utuntur demones ad exorcistam decipiendum“, „Über die Bosheiten und Täuschungen, welche die Dämonen benutzen, um den Exorzisten zu täuschen“, und behandelt damit ebenfalls einen aus kirchlicher Sicht höchst wichtigen Aspekt der Gesamtthematik:73 Manche Dämonen hätten so einen Hass gegen die heiligen Worte, dass sie bei den Beschwörungen sofort verschwinden würden – und damit, das bleibt aber unausgesprochen, den Anschein erwecken, als wären sie gar nicht vorhanden gewesen. Andere wieder würden den Exorzisten zu ermüden trachten und gaukelten dem Kranken vor, dass er nicht besessen wäre; andere wieder, die sich schon gezeigt hätten, ziehen sich zurück und lassen den Körper ganz unbelästigt, „taliter quod infirmus putat se esse o[mn]ino liberatum“, „sodass der Geschwächte sich gänzlich befreit glaubt“.74 Der Exorzist dürfe aber nicht von seinen Bemühungen ablassen, bis er die Zeichen der Befreiung sehe. Auch stellten sich einige Dämonen mit allen Hindernissen einer Beschwörung entgegen, ließen den Kranken währenddessen einschlafen, führten ihm irgendwelche Visionen vor und Ähnliches. Andere wieder würden – gemeint ist hier wohl auch: fälschlich – anzeigen, dass ein Schadenszauber ausgeübt wurde, und die Urheber der Hexerei nennen. Der Exorzist solle vorsichtig sein und keinem Aberglauben verfallen; er solle sich auch nicht wundern, wenn der Teufel den Empfang des Sakraments durch den Besessenen zulasse, ja sogar über die Glaubensmysterien spreche und die göttliche Majestät bekenne, denn der Teufel setze sich an die Stelle der geplagten Person; manchmal spreche er gleichsam immer aus ihrem Mund und höre dabei auf, ihr selbst zu schaden, bis er endlich vertrieben wird. Das letzte, etwas ausführlichere Kapitel 9 stellt nochmals die Frage: „Qui potest exorcizare? De modo, quem tenere debet exocista coniurando aliquam personam.“ – „Wer kann exorzieren? Über den Modus, den der Exorzist beim Beschwören einer Person einhalten muss.“75 Es setzt damit die in Kapitel 5 gegebenen Darlegungen fort, wobei hier zunächst auf Weiheerfordernisse und Bekleidungsvorschriften eingegangen wird: Jeder Priester, ebenso jeder Diakon und Subdiakon mit Erlaubnis des Bischofs oder Presbyters dürfe exorzieren. Die Priester und Diakone sollten hierbei über der Alba eine Stola tragen, die Subdiakone ein Manipulum, Akolythen und Exorzisten [Personen mit der Weihe des Exorzistats] ein Superpelliceum. Vor der Beschwörung muss der Exorzist, wie nochmals erinnert wird, seine Sünden bekennen und eine Messe feiern. Dann solle die besessene oder behexte Person, wenn möglich, in die Kirche gebracht werden, sonst aber, wenn diese krank oder sehr schwach sei, soll in einem Haus 73 Ebd., folio 330 recto – verso. 74 Ebd., folio 330 recto. 75 Ebd., foliis 330 verso – 331 recto.

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beschworen werden. Darauf folgen detaillierte Anweisungen zur eigentlichen Beschwörung: „Der Exorzist soll ein Superpelliceum haben und eine Stola, und er soll einen Teil der Stola auf den Nacken des Behexten legen und Reliquien der Heiligen auf sein Herz oder den Ausgang des Magens und dann den Exorzismus beginnen. Und wenn er zu den Drohungen kommt, soll er diese bis zu zehnmal wiederholen und dabei stets die Strafe erhöhen. Und wenn er dabei einen Fortschritt sieht, soll er bis zur Befreiung fortsetzen. […] Und du sollst nicht vom Ziel ablassen, sondern es ist nötig, zwei, drei, vier oder auch sechs Stunden und mehr durchgehend fortzufahren, bis du den Sieg innehast. Und die hartnäckigen Dämonen suchen stets den Exorzisten zu ermüden, damit er aus Mühe und Nachlässigkeit aufhört zu exorzieren. […] Und wenn er am ersten Tag nicht befreit wurde, soll am zweiten und dritten fortgesetzt werden, bis er gänzlich befreit ist. Denn du wirst die Dämonen täglich schwächer werden sehen. Es sollen auch Gläubige dabei anwesend sein und auch zu Gott für den Kranken beten.“76

Wie ersichtlich, steht hier nicht zuletzt der zeitliche Aspekt im Vordergrund, wobei die Priester offensichtlich auf eine mögliche lange Dauer der Dämonenaustreibung und damit verbundene zeitweilige Frustrationen vorbereitet werden sollen. Hinzugefügt wird am Ende der einleitenden Instruktion auch, dass der Priester vor dem eigentlichen Exorzismus andere Dämonen, welche dem im Betroffenen zu Hilfe kommen wollen, durch eine gesonderte Beschwörung, deren Wortlaut beigegeben ist77, hiervon abhalten muss. Auch muss er am Beginn des Rituals drei Kreuzzeichen mit Segensworten machen und den Exorzismus selbst mit gutem Glauben sprechen, damit er wirksam sei. An diese Ausführungen schließen nun die Texte der eigentlichen Exorzismen, die im Rahmen der rituellen Handlung selbstredend möglichst textgetreu ausgesprochen werden sollten, beginnend mit dem „Exorcismus sancti Ambrosii optimus“.78 Dieser dürfe, wie bemerkt wird, nur von Priestern ausgeübt werden, und es müsse ihm ein dreitägiges Fasten samt bestimmten (mitabgedruckten) Gebeten 76 Ebd., folio 330 verso. Im Original: „Habeat exorcista superpelliceus et stola[m], et ponat parte[m] stola[a]e collo maleficiati, et reliquias sanctoru[m] super cor eius, aut super orificiu[m] stomachi, postea incipit exorcismum. Et quando pervenerit ad co[n]minationes, replicet ipsam usq[ue] decies. Et si videt profectum in ipsa, continuet usq[ue] ad liberationem. […] Et non deficias a fine, sed oportet perseverare duabus, tribus, quatuor aut sex horis continuis, et plus donec habeas victoria. Et d[a]emones obstinat[a]e semper querunt defatigare exorcistae, ut desinat pro labore et lassitudine exorcizare. […] Et si in prima die non fuerit liberatus, prosequatur secundo et terto, quousque liberetur ex toto. Quia videbis quotidie d[a]emones magis debilitari. Sint etia[m] p[raesen]tes et fideles qui etiam orent Deum pro infirmo.“ 77 Ebd., folio 331 recto. 78 Ebd., foliis 331 – 334.

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in den Messen vorausgehen. Der Großteil des Textes des Exorzismus, in welchem dem Dämon wortreich, versetzt mit zahlreichen Schmähungen und Drohungen, befohlen wird, den Körper des Geplagten zu verlassen, ist an dieser Stelle ebenso wenig von Interesse, wie die Wortlaute der nachfolgenden Beschwörungen. Wohl aber sind es die in die Wortlaute des Rituals eingefügten Anweisungen an den Exorzisten, aber auch die in der Beschwörung selbst ,verpackten‘ Handlungsaufforderungen an den Dämon bzw. den Besessenen: So heißt es im Exorzismus des Hlg. Ambrosius, der Priester solle bei dessen Durchführung mit Messkleidern und einer angezündeten Kerze vor dem Altar stehen, das Gesicht zum Volk gewandt, „habens obsessum ante pedes ligatum, si necesse fuerit“, und „den Besessenen vor seinen Füßen haben, gefesselt, wenn es notwendig war“.79 Dann beginnen erste Gebete um die Befreiung des Betroffenen von den bösen Geistern; danach soll der Priester sprechen: „Pr[a]ecipio tibi […], ut ostendas et dicas mihi nomen tuum, et die et horas exitus tui, cu[m] signo extinctionis luminis.“ – „Ich befehle Dir […], dass Du mir anzeigst: Deinen Namen, und die Stunde deines Austritts mit dem Zeichen der Auslöschung des Lichtes“.80 Darauf folgt eine erste Anweisung zur Ausfahrt, sowie der Hinweis, dass, falls der Dämon seinen Namen nicht nennen wolle, man dem Besessenen ins Ohr sagen solle: „Deus, qui te genuit derelinquisti, et oblitus es D[omi]ni creatoris tui“ – „Gott, der Dich geschaffen hat, hast du verlassen, und Du vergisst auf Gott, Deinen Schöpfer.“81 Danach sei in jedem Fall mit weiteren, angegebenen Beschwörungen zur Ausfahrt des Dämons fortzufahren. Erst wenn diese auch wirkungslos blieben, sei zu fragen: „qua causa venit, et quare oprimi eu[m]“, also „aus welchem Grund er gekommen ist und warum er diesen [Betroffenen] bedrücke“,82 und danach das Ritual mit weiteren Formeln fortzusetzen. Der Text schließt mit dem Hinweis: „si sp[irit]us immundus non recesserit, reinincipendu[m] […]“: „wenn der unreine Geist sich [immer noch] nicht zurückgezogen hat, muss von vorne angefangen werden […]“.83 Der nachfolgende, als „alius Exorcismus optimus et probatus“ bezeichnete Text84 enthält, im Gegensatz zum Vorangegangenen, keine ergänzenden Erläuterungen, wie der Exorzist mit dem Besessenen bzw. dem Dämon umgehen soll; dafür aber ausführlichere Bezugnahmen auf theologische Inhalte, was ihn insgesamt wesentlich länger macht. Jedoch werden sowohl Dämon als auch Besessener in diesem Exorzismus mehrmals direkt angesprochen; etwa: „recedas ab hoc famulo Dei N. vel loco, vel monasterio, vel territorio huius patri[a]e, et 79 80 81 82 83 84

Ebd., folio 331 verso. Ebd., folio 332 verso. Ebd., foliis 332 verso – 333 recto. Ebd., folio 333 verso. Ebd. Vgl. ebd., foliis 333 – 340.

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vadas in locu[m] desertu[m]“, „weiche von diesem Diener Gottes N., dem Ort, dem Kloster, dem Territorium seines Heimatlandes, und ziehe in einen verlassenen Ort“.85 Letzteres unterscheidet den zweiten Exorzismus vom dritten, der wiederum auch einige ergänzende Handlungsanweisungen bietet. Er hat den Titel: „exorcismus optimus contra d[a]emoniacos et maleficiatos et incantationes et facturas et do[m]inos a diabolo vexatas“ – „sehr guter Exorzismus für Besessene, Behexte, Zauberei, Machwerke und vom Teufel gepeinigte Herren“.86 Sein Haupttext schließt mit der Anweisung, dass die Beschwörung in der angegebenen Textform zu wiederholen sei, und zwar offenbar bereits in der Anfangsphase des Rituals, solange bis der Teufel „nomen suus, vel nomina sua revelaret“, „seinen Namen oder seine Namen offenbare“.87 Geschehe dies, sei folgendermaßen vorzugehen: „Schreib jenen oder jene [Namen] auf einen Zettel, und danach mach ein neues Feuer, übergebe die auf den Zettel geschriebenen Namen jener Geister dem Feuer, und sage [dabei] die folgenden Worte über dem Feuer : ,Du wirst auf der Viper und dem Basilisken herumgehen, und den Löwen und den Drachen zertreten‘. […]“88, worauf weitere Beschwörungen zur Ausfahrt der Dämonen folgen. In einem weiteren Einschub wird der Exorzist hier darauf aufmerksam gemacht, dass dem Teufel, falls er sich hier als Seele eines Verstorbenen präsentiere („diceret, q[uod] sit anima alicuius defuncti“), keinesfalls zu glauben sei, da die Annahme, Seelen verstorbener Menschen könnten von Lebenden Besitz ergreifen, eine Häresie sei. Stattdessen müsse der Exorzist darauf bestehen, dass der Geist seinen eigenen Namen nenne, „quod habuit ab initio, quando fuit expulsus de c[a]elo“, „den er von Anbeginn hatte, als er aus dem Himmel verstoßen wurde“.89 Auch sei zu erfragen, welcher Ordnung (der Engel) er angehöre, wie der Name seines Oberen sei (!) und aus welchem Grund er in den Körper des Besessenen eingetreten sei. Der Geist sei auch zu beschwören, „quod non discedat sine tua l[ice]n[t]ia“, „dass er nicht ohne deine Erlaubnis weggehe“;90 weiters solle er dann ein Zeichen seiner Ausfahrt geben und die bedrückte Person vollständig befreit zurücklassen. Es werden also die im ersten Exorzismus des Hlg. Ambrosius zentralen Anweisungen hier gleichfalls gegeben; darauf folgt ein weiterer Beschwörungstext, 85 86 87 88

Ebd., folio 339 verso. Vgl. ebd., foliis 340 – 346. Ebd., folio 343 recto. Ebd. Im Original: „scribe illud, vel illa in cedula, et postea fac ignem novum, et scripta in cedula nomina illorum spirituu[m] profice in ignem, dicendo super ignem ista verba[:] Super aspidem et basiliscum ambulabis, et conculcabis leonem et draconem. […]“. Der letzte hier angeführte Satz als Zitat aus: Ps 91, 13. 89 Ebd., folio 343 recto. 90 Ebd., folio 343 verso.

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welchen der Priester wiederholen solle, sooft es ihm richtig erscheine. Dieser enthält insbesondere eine Bedrohung der Dämonen mit göttlichen Strafen: „Maledicti et excommunicati et blasphemi sitis! Pena eternali[s] et nulla requies sit vobis, si statim no[n] eritis obedientes meis mandatis: […]“ – „Seid verflucht, und exkommuniziert [!] und verhöhnt! Die ewige Strafe ohne Ruhe sei Euch, wenn ihr nicht sofort meinen Befehlen gehorcht: […]“.91 Weiters ist dieser Teil des betreffenden Exorzismus bemerkenswert, weil er eine ungemein detaillierte Aufzählung sämtlicher Bestandteile und ,Zubehöre‘ (wie Kleidung) des menschlichen Körpers enthält, die alle einzeln angeführt werden, um dem Dämon den weiteren Aufenthalt in ihnen zu verbieten.92 Sollten auch diese Maßnahmen nicht wirken und den Dämon austreiben, so der Text, so sei der Besessene vor den Altar zu führen und bei vorgehaltenem Tabernakel weiter zu beschwören. Außerdem erfolgt hier wiederum ein Hinweis auf die möglicherweise sehr lange Dauer der Exorzismen, welche den Priester nicht verzweifeln lassen sollen, „aliq[a]n[do] per tres menses, et aliq[a]n[do] per annos aliqui non p[os]sit liberari“, „wenn einige [Besessene] über drei Monate oder über Jahre hinweg nicht befreit werden können.“93 In solchen Fällen wird hier ausdrücklich empfohlen, auch andere Exorzismen zu verwenden, jedoch nur solche ohne abergläubische Inhalte. Schließlich wird nochmals auf die Bedeutung von Gebet und Fasten zur Erlangung der Befreiung hingewiesen, danach folgen weitere Beschwörungsformeln für besonders hartnäckige Fälle und eine Erinnerung, etwa gefundene Zaubermittel zu verbrennen, nun aber mit den Worten: „istas facturas et malignos sp[irit]us quos co[n]servant insimul comburas“, „Verbrenne jene Machwerke und zugleich die bösen Geister, die sie enthalten.“94 Auf diesen dritten Exorzismus folgt im Sacerdotale Romanum ein kurzer Text, der gleichfalls als „Exorzismus“ bezeichnet wird, aber insofern eine besondere Stellung einnimmt, als er nicht der Austreibung der Dämonen aus den Besessenen dient, sondern der ,Absicherung‘ einer schon erreichten Vertreibung: „quando corpus liberatum fuerit legendus est sequens exorcismus“ – „Wenn der Körper befreit wurde, ist der folgende Exorzismus zu lesen“.95 Derselbe bezieht sich nun in der Anrede nicht mehr auf den bzw. die Dämonen, sondern auf den ehemals Besessenen, der direkt angesprochen wird. Ihm wird gewünscht, rein, und von allen dämonischen Belästigungen frei zu sein und anstelle dessen ein Gefäß des Heiligen Geistes zu werden: „Emitte in eum septiformem sp[irit]um s[an]c[t]um tuum paraclitum de c[a]elis“ – „Sende in ihn

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Ebd., folio 344 verso. Ebd., foliis 343 verso – 344 recto. Ebd., folio 344 verso. Ebd., folio 345 recto. Ebd., folio 345 verso.

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Deinen siebenförmigen Heiligen Geist, den Beschützer aus den Himmeln“.96 Am Ende folgt eine Danksagung an Gott. Wie deutlich wurde, enthält das Sacerdotale Romanum, obwohl die einschlägigen Texte nicht allzu lang sind, eine wahre Fülle an Angaben über die aus Sicht des Papsttums zutreffenden Auffassungen über das Wirken der bösen Geister und das gegenüber denselben angebrachte menschliche Handeln, wobei die Befreiung von körperlich Besessenen sowie von mit Hilfe von Dämonen behexten Menschen im Zentrum der Ausführungen steht. Noch weit extensiver werden diese Themen freilich in spezifischen „Praxis-Handbüchern“ für Exorzismen behandelt; denen sich, anhand ausgewählter Beispiele, die folgenden Ausführungen zuwenden.

Verbreitete Handbücher für die Praxis: Die Anleitungen zur Durchführung von Exorzismen durch katholische Geistliche von Girolamo Menghi Wie schon erwähnt, zählte das in italienischer Sprache verfasste Compendio dell’arte essorcistica von Girolamo Menghi (CAE) zu den prominentesten dämonologischen Werken des 16. Jahrhunderts im katholischen Bereich;97 es erlebte allein in den ersten dreißig Jahren nach dem erstmaligen Erscheinen 1576 zumindest 16 Auflagen, davon drei in lateinischer Übersetzung. Noch verbreiteter, wohl nicht zuletzt, weil noch stärker auf die exorzistische Praxis fokussiert, waren jedoch die beiden Werke Flagellum daemonum (FlDae) und Fustis daemonum (FuDae) desselben Autors, die erstmalig 1576 bzw. 1584 im Druck erschienen und bald meist gemeinsam in einem Band publiziert wurden.98 96 Ebd. 97 Einen Überblick über die in Italien produzierte exorzistische Literatur des 16. Jahrhunderts gibt: M. Regazzoni: „Cinque e Seicento“, S. 362. 98 G. Menghi: Flagellum Daemonum, 1576 und öfter; G. Menghi: Fustis daemonum, 1584 und öfter. Im Folgenden werden beide als FlDae 1587 bzw. FuDae 1587 zitiert nach der Ausgabe in einem Band: Venedig, ad signum charitatis 1587. Diese enthält auch die nicht ausdrücklich mit einer Verfasserangabe versehene, aber wohl doch Menghi selbst zuzuordnende Zusammenstellung zusätzlicher (körperlicher wie spiritueller) Heilmittel gegen Besessenheit mit dem Titel: Remedia eficasissima in malig[nos] spiritus pellendos. Facturasq[ue] & maleficia effuganda de obsesis corporibis: cum suis benedictionibus. Da dieser Text in der Ausgabe von 1587 auch hinsichtlich der Seitenzählung als ein Teil des FlDae präsentiert wird (FlDae, S. 126 – 172), und auch vom ,Literaturverzeichnis‘ für dieses Werk eingerahmt ist, wurde er wahrscheinlich entweder von Menghi selbst verfasst, oder aber der Autor machte sich dessen Inhalte zu eigen und integrierte sie zustimmend in das eigene Werk. Gegenüber FlDae und FuDae schon im 16. und 17. Jahrhundert deutlich geringere Verbreitung fanden die beiden späteren, diese ergänzenden Texte Menghis mit den Titeln Eversio daemonum und Fuga daemonum, deren erste Auflagen 1588 bzw. 1596 erschienen: Girolamo Menghi/Hie-

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Bis zum Jahr 1709, als beide Werke von der zuständigen Kongregation auf Betreiben aufklärerisch orientierter Teile des katholischen Klerus auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt wurden, erschienen, einzeln oder kombiniert, mehr als 50 Auflagen von FlDae und FuDae.99 Midelfort bezeichnet Menghi sogar als „den meistveröffentlichten Exorzisten des 16. Jahrhunderts.100 Dass dieses Urteil zutrifft, zeigt eine erschöpfende bibliographische Untersuchung, welche Romeo zu den exorzistisch relevanten Buchbeständen von mehr als 9000 (!) italienischen Ordenskonventen der Frühen Neuzeit durchgeführt hat. Er konnte nachweisen, dass immerhin in 768, das sind 8 % aller untersuchten Ordensbibliotheken, überhaupt exorzistische Literatur vorhanden war ¢ und davon wiederum besaßen mehr als 90 % (707 Bibliotheken) eines oder mehrere einschlägige Werke von Menghi!101 In der historischen und kulturwissenschaftlichen Forschung fand das dämonologische und exorzistische Oeuvre Menghis aber erst seit dem späten 20. Jahrhundert größere Beachtung, und dies vornehmlich in Italien selbst102 sowie im angloamerikanischen Raum,103 während in der deutschsprachigen Literatur eine eingehendere Auseinandersetzung mit demselben bislang rar geblieben ist.104 Umso sinnvoller mag daher eine etwas ausführlichere Darstellung der Inhalte seiner ,Praxishandbücher für Exorzisten‘ im Folgenden sein. „Dämonengeißel“

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ronymus Mengus: Eversio daemonum ex corporibus oppressis, cum divorum, tum aliorum potentissimos, et efficaces in malignos spiritus propulsandos, et maleficia ab energumenis pellenda, continens exorcismos, Bologna, Giovanni Rossi: 1588; Girolamo Menghi/Hieronymus Mengus: Fuga daemonum, adiurationes potentissimas, et Exorcismos formidabiles, atque efficaces, in malignos spiritus propulsandos & maleficia ab energumenis pellenda, Venedig, Eredi Giovanni Varisco: 1596. Sie werden im Folgenden nicht weiter behandelt. Vgl. Antonio Aliani, „Opere di argomento esorcistico di Girolamo Menghi“, in: CAE 1576, S. xxi – xxv ; O. Franceschini: „Girolamo Menghi“; M. Probst: „Einleitung“, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 1 – 6. Vgl. H.E. Midelfort: „Natur und Besessenheit“, S. 82. Vgl. G. Romeo: Inquisitori, esorcisti e streghe, bes. S. 122. Von der italienischen Literatur vgl. bes. G. dall’Olio: „Menghi, Girolamo“; ders.: „Alle origini della nuova esorcistica“; G. Romeo: Esorcisti, confessori e sessualit— femminile, S. 87 – 126, ders.: Inquisitori, esorcisti e streghe; G. Volpato: „Girolamo Menghi“; O. Franceschini: „Girolamo Menghi“; sowie die 1997 publizierte Übersetzung des Flagellum daemonum: G. Menghi: Il flagello die demoni, hg. Luigi dal Lago. Zu nennen sind bes. J. Seitz: Witchcraft and Inquisition, bes. S. 134 – 146; M. Sluhovsky : Believe not every spirit, bes. S. 48 – 50, 78 – 93 und 192 – 196; A. Maggi: Satan’s Rhetoric, bes. S. 96 – 136; sowie D. Gentilcore: Healers and Healing in Early Modern Italy ; ders.: The system of the sacred. Bemerkenswert ist auch, dass vor einigen Jahren eine englischsprachige, kommentierte Auswahlübersetzung des Flagellum Daemonum erschien: G. Menghi: The devil’s scourge, hg. G. Paxia. Vgl. neben M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit; auch: M. Probst: „Umgang mit Besessenheit und Zauberei im 16./17. Jahrhundert“; auch: H.E. Midelfort: „Natur und Besessenheit“, S. 82 f.

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und „Dämonenknüppel“ – wie die Titel von Flagellum daemonum (FlDae) und Fustis daemonum (FuDae) ins Deutsche zu übersetzen wären – enthalten zum einen kirchlich bestätigte Exorzismus-Texte zum Vorlesen bei den rituellen exorzistischen Beschwörungen und Austreibungen der Dämonen aus Besessenen, sowie als geistliche Heilmittel gegen sonstige Zauberei und Magie; zum anderen werden theoretische Erörterungen über das Wesen und Wirken der bösen Geister gegeben, insbesondere aber detaillierte Ratschläge für die exorzistische Praxis. Das CAE legt seine Schwerpunkte dagegen stärker auf theoretisch-dämonologische Erörterungen einerseits und die Frage des Schadenszaubers andererseits. Entsprechend den bereits dargestellten Erkenntnisinteressen fokussieren die nun folgenden Erörterungen daher auf die beiden erstgenannten Werke und hierbei insbesondere auf die beiden Einführungsteile zu den eigentlichen rituellen Texten und die darin enthaltenen Handlungsanweisungen.105. Wo inhaltliche Überschneidungen von FlDae und FuDae mit dem CAE vorliegen, wird auf diese jedoch hingewiesen; auch werden einige weiterführende Darlegungen Menghis referiert, die sich nur im CAE finden. Hingewiesen wird auch auf die Zusammenhänge zwischen den Inhalten des Sacerdotale Romanum und den Werken Menghis. Vielfach werden von diesem in FlDae und FuDae nämlich ganze Passagen mit leichten Änderungen mehr oder weniger wörtlich aus diesem Ritualienbuch übernommen.106 Hervorzuheben ist an dieser Stelle noch, dass von Teilen des FlDae und FuDae durch die Arbeiten von Probst et al. seit wenigen Jahren eine Übersetzung ins Deutsche vorliegt,107 von der auch für den vorliegenden Beitrag Gebrauch gemacht wurde.108 So verdienstvoll diese Übersetzung auch ist, muss hier dennoch bemerkt werden, dass einige Textstellen nach Auffassung des Verfassers in undeutlicher bzw. missverständlicher, manchmal sogar offenkundig sinnwidriger

105 FlDae 1587, S. 1–25; FuDae 1587, S. 1 – 34. 106 Die Richtung der Rezeption ist unzweifelhaft, da auch in den späteren vortridentinischen Editionen, wie dem SR von 1555, nahezu der gesamte Textbestand des einschlägigen Teiles des SR bereits so vorlag, wie er danach in der hier primär herangezogenen Ausgabe von 1585 zu finden ist. Hier gleich ein Beispiel: Im SR heißt es in Kapitel 4 über die Zeichen der Behexung eingangs: „Aliqui maleficiati habent colore[m] faciei cedrinum, et aliqui oculos constrictos; et o[mn]ia eorum membra vide[n]tur ligata, et h[abe]nt humores desiccatos.“ (SR 1555, folio 309 verso bzw. SR 1585, folio 329 recto) Menghi beginnt seine Ausführungen zu den konkreten Anzeichen im FuDae so: „Et primo dico [sic], quod maleficiati colorem cedrinum in facie habere consueverunt. Alii autem oculos constrictos, et humores desiccatos habent, omniaq[ue] eoru[m] membra ligata videntur.“ FuDae 1587, S. 25. 107 M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit. 108 Dies betrifft vor allem die Übersetzungen der Handlungsanweisungen für Exorzisten: G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 7 – 32; G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 75 – 113.

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Weise übersetzt wurden.109 Insofern bleibt der Rückgriff auf das lateinische Original für eine nähere Beschäftigung mit dem Text weiterhin notwendig. Wie beschreibt Menghi nun also – auf Grundlage der ihm zugänglich gewesenen Literatur der Antike, des Mittelalters sowie zeitgenössischer Autoren110, sowie auf Basis seiner langjährigen praktischen Tätigkeit als Exorzist und Zusammenarbeit mit Kollegen – die Handlungsweisen von spiritus maligni auf Erden, und zwar im Speziellen jene nach Inkorporation in menschliche Körper, und wie die aus seiner Sicht anzuratenden Gegenmaßnahmen der Menschen, allen voran der Exorzisten?111 109 Vgl. G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 14: „[…] Der Grund für diese Dinge ist, dass der Besessene vom Dämon nicht seiner Sinnesart beraubt wird, was jener häufig tut […].“ für „[…] Et ratio horum est ne obsessus a daemone privetur sensu, quod crebro ille facit […].“ (FlDae 1587, S. 7); richtiger wäre etwa: „Und der Zweck dieser Dinge ist, dass der Besessene vom Dämon nicht seiner Sinne beraubt wird, was jener häufig tut […]“. Oder G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 17: „Wir erinnern uns nicht, dass die den Geistern der Bosheit übergebene Kommunion von unseren Vätern verboten worden sei;“ eine sinnwidrige Übersetzung der (auf Cassian zurückgehenden) Stelle: „Communionem sacrosanctam nequitiae spiritibus tradita¯ [sic, Auflösung hier unsicher, Druckfehler?] a senioribus nostris nu[m]qua[m] meminimus interdictam“ (FlDae 1587, S. 9), die inhaltlich zweifelsohne bedeuten soll: „Wir erinnern uns nicht, dass den den Geistern der Bosheit Übergebenen [i. e. den Besessenen] von unseren Vätern jemals die Allerheiligste Kommunion verboten worden sei.“ Und G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 25: „Die Ausgefahrenen überzeugen gewöhnlich so viel sie können, dass die Ausgefahrenen nicht glauben, aus dem gleichen Grund wie vorher“, für : „Solent etiam egressi, quantu[m] possunt, persuadere, ne credantur egressi [sic]“ (FlDae 1587, S. 19); eine sinngemäße Übersetzung müsste lauten: „Die Ausgefahrenen [Dämonen] versuchen sogar, so viel sie können, zu überzeugen, dass man sie für [noch] nicht ausgefahren hält“. Vgl. auch die deutliche Kritik an dieser Edition in: Kren, Reinhard: „[Rezension zu] ,Probst Manfred, Besessenheit, Zauberei und ihre Heilmittel‘“. 110 Eine umfassende Untersuchung der von Menghi herangezogenen, schriftlichen Quellen steht, soweit der Verfasser sieht, noch aus. Vgl. aber G. dall’Olio: „Alle origini della nuova esorcistica“. Einen guten Eindruck vermag aber das dem FlDae beigegebene Verzeichnis herangezogener Autoren und Textsammlungen zu geben: „Alexander Papa sanctus. Alexander de Alex doctor, Alphonsus Castrensis. Ambrosius doctor sanctus. Athanasius doctor sanctus. Augustinus doctor sanctus. Augustinus de Ancona. Bartholomeus Sibilla. Beda Venerabilis. Bernardus Abbas sanctus. Bernardinus de Bustis. Boetius Severinus. Bonaventura doctor sanctus. Concilia diversa. Dionysius Chartusianus. Fulgentius doctor sanctus. Glossa ordinaria. Gregorius Papa doctor sanctus. Haymo Episcopus. Henricus Arphius. Hieronymus doctor sanctus. Hilarius doctor sanctus. Hugo de sancto Victore. Ioachim Abbas. Ioannes Chysostomus sanctus. Ioannes Cassianus Abbas. Ioannes Damascenus sanctus. Ioannes Gerson doctor. Ioannes Scotus doctor. Iosephus de bello Iudaico. Isidorus doctor sanctus. Leo Papa doctor sanctus. Ludovicus Blodius. Magister Sententiarium [= Petrus Lombardus]. Magister Historiarum [= Petrus Comestor]. Malleus Malleficarum. Michael Psellus. Nicolaus de Lira doctor. Paulus Ghirlandus. Petrus Galatinus. Richardus Mediavilla doctor. Rupertus Abbas. Sylvester Prierias. Thomas Aquinas doctor sanctus.“ (FlDae 1587, S. [175]). 111 Auf seine praktische Tätigkeit als Exorzist verweist der Autor mehrfach, insbesondere im Rahmen von ,Fallgeschichten‘, die vor allem im CAE und im FuDae präsentiert werden.

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Die hier interessierenden Ausführungen des Autors, die in den Originaltexten, insbesondere was die Abfolge der Kapitel angeht, ziemlich unsystematisch und wenig übersichtlich angeordnet sind,112 lassen sich inhaltlich in zwei Teile gliedern: 1. Erörterungen zu nötigen Qualifikationen und vorbereitenden Handlungen der Exorzisten zum Umgang mit Dämonen sowie Erörterungen zum Erkennen der Anwesenheit und des Wirkens von Dämonen in Besessenen; 2. Erörterungen zur Interaktion von Dämonen respektive Besessenen und Exorzisten (einschließlich der Frage nach der Involvierung von Zauberern). Letztere machen den größten Teil der Instruktionen in FlDae und FuDae aus.

Menghis Darlegungen über die Vorbereitung zum Umgang mit bösen Geistern, das Erkennen ihrer Anwesenheit und ihr Wirken in Besessenen Um überhaupt den mühe- und auch gefahrvollen Kampf mit den ,bösen Geistern‘ aufnehmen zu können, benötige man, so Menghi in Kapitel I des FlDae insbesondere „einen zweifelsfreien Glauben an die Mysterien Jesu Christi und den katholischen Glauben“ sowie ein „reines Gewissen mittels einer schmerzlichen Reue über die eigenen Sünden und eines aufrichtigen sakramentalen Bekenntnisses“,113 womit sich der Autor im Einklang mit dem SR befindet,114 ohne allerdings auf sonstige, dort ebenfalls beschriebene Erfordernisse, etwa der Weihegrade, einzugehen. Diesbezügliche Bemerkungen von ihm finden sich nur im CAE;115 dort erörtert Menghi insbesondere die Frage, inwieweit auch NichtPriester und Laien zur Austreibung von Dämonen befähigt seien – und bejaht dieselbe klar. Diese dürften aber nur durch Gebete, Lesung der Evangelien und Ähnliches tätig werden, während der eigentliche Exorzismus den hierfür Geweihten vorbehalten sei. Hinweise auf das vor Exorzismen durch Priester gleichfalls übliche, zumindest dreitägige Fasten finden sich nicht in den allgemeinen Instruktionen, wohl aber in einzelnen Exorzismen vorangestellten Anmerkungen.116 Ausführlicher widmet sich Menghi dem Problem des Erkennens der Anwesenheit von bösen Geistern in einem Menschen und den daraus abzuleitenden Folgerungen. Dasselbe scheint von zentraler Bedeutung gerade auch für die 112 Vgl. die Inhaltsverzeichnisse in: FlDae 1587, ohne Paginierung; FlDae 1587; CAE 1576, ohne Paginierung. 113 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 8; FlDae 1587, S. 1. 114 Vgl. SR 1585, bes. folio 329 verso (Kapitel V); siehe dazu weiter oben. 115 Vgl.CAE 1576, S. 287 – 291 (Kapitel IX). 116 Vgl. FlDae 1587, S. 26.

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Praxis priesterlichen Handelns: Der Exorzist müsse sich, so Menghi in Kapitel 2 des FlDae, sorgfältig bemühen „zu erkennen, ob die besagte Person wirklich vom Teufel besessen ist, oder nicht, damit er sich nicht etwa zum Schaden der Ehre Gottes und der priesterlichen Würde vergeblich abmüht.“117 Bemerkenswerterweise wird an derselben Stelle auch die Notwendigkeit der „puritate conscientiae, quam obsessus habere debet“ hervorgehoben,118 also die „Reinheit des Gewissens, die der Besessene haben muss“; für diese sind insbesondere Reue, Beichte und Gebet notwendig. Menghi setzt also, zumindest an dieser Stelle, auch eine – zumindest in gewissem Maß gegebene – Kooperationsbereitschaft des Betroffenen selbst für ein Gelingen der Austreibung von ,spiritus maligni‘ voraus. Gleich anschließend bezieht sich der Autor auf die in der Tradition üblichen – auch im SR (Kapitel 3) angeführten –, klassischen Kriterien zur Feststellung von Besessenheit und ihrer Abgrenzung gegenüber anderen Phänomenen, also insbesondere das Sprechen einer Sprache, welche der Besessene selbst nicht erlernt hatte, und das Wissen um ihm nicht bekannt sein könnende Sachverhalte.119 Diese gelten als sichere Zeichen für eine dämonische Anwesenheit; während einige weitere Anzeichen – die gleichfalls ähnlich auch im SR enthalten sind – für ihn lediglich eine ,wahrscheinliche‘ Erkenntnis hierüber erlauben. Dazu zählen insbesondere „[Z]ittern oder Verrenkungen, Ausdrücke von Schmerz, […] ungewöhnliche oder plötzliche Wutausbrüche oder Entsetzen und Verachtung gegenüber göttlichen Dingen“.120 Danach nimmt Menghi zur Frage Stellung, wie mit Fällen umzugehen sei, in welchen die als sicher bezeichneten Anzeichen nicht festgestellt werden können und dennoch der Verdacht auf dämonische Anwesenheit bestehe. Diesbezüglich rät er dem Exorzisten: „Beachte wegen der Verächter dieser [exorzistischen] Kunst, dass die menschliche Körper besetzt haltenden Dämonen sehr selten Latein sprechen, […] dass niemand glaube, sie seien dort, und auch, weil sie die natürlichen Instrumente jener gebrauchen, die von ihnen unterdrückt werden, und daher wird der Teufel, der einen unwissenden Menschen besessen hält, nicht leicht Lateinisch antworten, und wenn er einen Italiener besessen hält, eher nicht Französisch […].“121

Schon hier wird also deutlich, wie verwickelt und komplex sich das Problem der zutreffenden Erkenntnis bereits über die Anwesenheit von Dämonen auch nach 117 118 119 120

G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 9; FlDae 1587, S. 2. Ebd. Vgl. ebd.; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 9. FlDae 1587, S. 2; vgl. die Übersetzung: G. Menghi: Flagellum, in: Probst (Hg.), Besessenheit, S. 9. 121 Ebd.; vgl. FlDae 1587, S. 3. Diese Ausführungen haben keine direkte Parallele im CAE.

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Menghis Auffassung gestaltet; dies nimmt, angesichts der den personalen spiritus insgesamt und den spiritus mali im Besonderen zugeschriebenen ontischen und aisthetischen Qualitäten122 auch nicht wunder. Allerdings ist es Menghi hier offensichtlich darum zu tun, die Möglichkeit dämonischer Anwesenheit auch im Falle mangelnder Erkennbarkeit zu unterstreichen und nicht etwa umgekehrt die Möglichkeit der Abwesenheit von Dämonen trotz einschlägiger Anzeichen. Diese Thematik der ,Differentialdiagnose‘ gegenüber anderen, nicht-dämonischen Phänomenen wird im FlDae auch nicht weiter behandelt, wohl aber in den Instruktionen des FuDae nochmals aufgegriffen: Kapitel XI desselben nennt als „signis, effectibusque, quibus quis cognoscitur esse d[a]emoniacus“, als „Anzeichen und Wirkungen, an denen jemand als besessen erkannt werden kann“, zuerst die sonst noch nicht thematisierten Erscheinungen bei der „Inbesitznahme“ selbst, also das Einfahren des Dämons durch den Mund oder eine andere Körperöffnung, welche sich für die Betroffenen wie ein Wunde oder ein Tier anfühle. Die Darstellung123 ist dabei fast wortwörtlich aus dem SR, Kapitel 1, übernommen, einschließlich des Hinweises, wonach die bösen Geister zuvor meist in grässlicher Gestalt eines Menschen oder Tieres erscheinen würden.124 Diese Merkmale waren für Menghi offenbar auch als ,subjektive‘ Eindrücke nur der Betroffenen selbst (d. h. ohne Übereinstimmung mit direkten Wahrnehmungen durch Andere) von ,diagnostischem‘ Wert, übernimmt er aus dem SR doch auch den eindeutig in diese Richtung zu interpretierenden Hinweis, dass sich derartige dämonische Inbesitznahmen gewöhnlich „in nocte & in locis opacis & obscuris“, „in der Nacht und an dunklen und unzugänglichen Orten“ ereignen würden.125 Als andere Anzeichen der tatsächlichen Präsenz böser Geister werden sodann weitere Auswirkungen auf Körper und Verhalten der Betroffenen besprochen: Die Dämonen würden die Menschen des Öfteren „hartnäckig machen und ungehorsam“;126 weitere Folgen der Besessenheit seien Verstummen, Erblinden, ständiges Zähneknirschen oder Abzehrung – wofür sämtlich Belege aus dem Neuen Testament angeführt werden127 – sowie die Umgebung stark beunruhigende Erscheinungen und Verhaltensweisen, wie Herumwälzen auf der Erde, das Auftreten von Schaum vor dem Mund (was bei fast allen Betroffenen der Fall sei), Verletzungen, schwere körperliche Krankheiten sowie Irrsinn bis hin zu Suizidversuchen: „Quidam vero arreptitii a daemonibus in ignem & aquam proiiciuntur ad necem inferendam“; „manche Entrückte aber werden von den 122 123 124 125 126 127

Siehe die Einleitung zu diesem Beitrag. Auch hierzu findet sich im CAE 1576 keine direkte Entsprechung. FuDae 1587, S. 23; vgl. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 102. Ebd. Hier verweist der Autor auf die bekannte Erzählung über Saul und David in 1 Sam, 16 – 19. Nämlich Lk 11, 13; Mt 8, 9, 12.

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Dämonen ins Feuer oder Wasser geworfen, um ihnen den Tod zuzufügen.“128 Anschließend an diese Ausführungen129 gibt Menghi, trotz des (gegenüber dem direkt Vorangegangenen wie dem Inhalt des FlDae) stark wiederholenden Charakters an dieser Stelle noch das Kapitel 3 des SR fast wörtlich wieder, hier mit ausdrücklichem Hinweis auf die Quelle.130 Demnach gilt auch ihm als eines der stärksten Zeichen für das Vorliegen echter dämonischer Besessenheit das Auftreten von „Verwirrung“ („conturbatur“) beim Betroffenen während des exorzistischen Rituals.131 Es versteht sich, dass ein solches Kriterium in der Praxis nicht gerade rigide ausschließend wirken konnte, muss man doch davon ausgehen, dass die allermeisten Menschen, gleich welches geistigen und körperlichen Zustandes, wenn erstmalig mit einer solchen, ihnen höchstwahrscheinlich wenig bis gar nicht bekannten Situation konfrontiert, darauf ,verwirrt‘ reagieren.132 Auch der Umstand, dass nach Menghi „Hartnäckigkeit“ und „Ungehorsam“ gegenüber den Anweisungen von Exorzisten als weiteres Indiz für das Zutreffen der Annahme dämonischer Präsenz gewertet werden konnten, ja sollten, führte bei praktischer Anwendung wohl zu einer Ausweitung, und nicht Eingrenzung des ,Verdächtigenkreises‘. Bemerkenswert ist hier auch der immanente Kontext, in welchem diese Hinweise auf Anzeichen für echte Besessenheit gegeben werden: Am Beginn des betreffenden Kapitels des FuDae bezieht sich der Autor nämlich zunächst auf den ihn offenbar beunruhigenden Umstand, „dass es nicht an Menschen gefehlt hat, noch fehlt, die mit aller Anstrengung leugnen, dass es heute Besessene, Zauber und Verzauberte gebe; ja darüber hinaus behaupten, alle Zaubereien seien natürliche Krankheiten, und deren Zeichen seien nicht zauberisch, sondern natürlich.“133 Obwohl nicht direkt genannt, wird hier offensichtlich auf prominente Dämonen- und Zauber-Skeptiker wie den Arzt Johann Weyer (auch: Wierus; 1515/1516 – 1588) Bezug genommen, dessen Werk De praestigiis daemonum, „Von den Blendwerken der Dämonen“ erstmals 1563 erschienen war (und bald darauf auf dem Index landete).134 Menghi dagegen ist von der allge128 FuDae 1587, S. 24; vgl. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 103. 129 Sie haben im Übrigen keine direkte Entsprechung im CAE. 130 Die Wiedergabe betrifft auch die, vorsichtig gesagt, wenig nachvollziehbare Bestimmung, wonach die Unfähigkeit, über einen Monat lang Ziegenfleisch zu essen, ein Beweis für Besessenheit sein solle. 131 FuDae 1587, S. 24; vgl. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 104. 132 Vgl. hierzu die sehr instruktive Schilderung einer ähnlichen Figuration, nämlich der psychischen und sozialen Auswirkungen der zwangsweisen Verbringung in eine ,Irrenanstalt‘ beim Betroffenen ¢ unabhängig von seiner vorigen mentalen Gesundheit ¢ in: E. Goffman: Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten. 133 G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 101 f.; FuDae 1587, S. 22. 134 Vgl. H. Lehmann und O. Ulbricht (Hg.): Gegner der Hexenverfolgung.

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genwärtigen und äußerst bedrohlichen Macht der Dämonen überzeugt; neben der hier schon wiedergegebenen, langen Listen von ,Symptomen‘, welche das sichere Erkennen einer dämonischen Präsenz in einem Menschen erlauben sollen, enthält der FuDae noch ein gesondertes Kapitel (XI) mit dem Titel „Es wird bewiesen, dass sich Dämonen in menschlichen Leibern versteckt halten und dass sie sehr schwere Krankheiten in den Menschen verursachen und diesen sogar den Tod bringen können; wo aber auch das den Exorzisten notwendige Heilmittel beschrieben wird“.135 Hier erfolgen keine an sich neuen Darlegungen, vielmehr soll offenbar die Dramatik des Themas noch gesteigert werden, indem betont wird, dass „Dämonen manchmal (unter Zulassung göttlichen Willens) Menschen [tatsächlich] in den Tod treiben“ könnten, „wenn ihnen nicht schnell […] geholfen wird“.136 Für solche lebensgefährlichen Fälle von Besessenheit bzw. Verhexung gibt Menghi dann auch noch drei eigene Erfahrungsberichte. In den Zusammenhang der Anzeichen von Besessenheit gehört schließlich auch die Diskussion ihrer Ursachen, sollte doch eine Kenntnis derselben zu zutreffenderen Beurteilungen führen. Hierzu äußert sich Menghi in FlDae und FuDae aber nur an einer Stelle – und zwar in Kapitel XVI des ersteren – näher ; zudem folgt aus seinen Ausführungen keine bessere Abgrenzbarkeit ,gefährdeter‘ Personengruppen: Gerechte, außergewöhnlich tugendvoll lebende Menschen seien ebenso in Gefahr, wie Sünder, also zweifellos mehr oder weniger alle Menschen.137 Was die Darstellung der Anzeichen von Besessenheit bei Menghi anlangt, so sei hier abschließend darauf hingewiesen, dass die betreffenden Ausführungen zugleich bereits auch einen Katalog von Verhaltensweisen von Dämonen, welche sich in Menschen inkorporieren, darstellen: Die bösen Geister ergreifen von ihren Opfern plötzlich und in ,unheimlichen‘ Situationen (Einsamkeit, Dunkelheit) Platz; oftmals ohne Anwesenheit von Zeugen; dafür aber werden sie vielfach von den Betroffenen selbst vorab gesehen. Sie erzeugen in den Betroffenen sofort und zugleich nachhaltig unnatürliche, negative Erscheinungen, verursachen ihnen Leiden, Krankheiten, Behinderungen, Verletzungen und Ähnliches bis hin zum Tod; zugleich können sie außergewöhnliche Phänomene hervorbringen, die unter anderen Umständen positiv oder zumindest nicht rein negativ gewertet würden, wie plötzliche Vermehrung von geistigen Fähigkeiten, Wissen, körperlicher Kraft138 usw. Die Besessenen wirken verwirrt und agieren 135 G. Menghi: Fustis, in: Probst (Hg.), S. 106; FuDae 1587, S. 27. 136 G. Menghi: Fustis, in: Probst (Hg.), S. 106; FuDae 1587, S. 27; keine direkte Entsprechung im CAE. 137 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 29 f., FlDae 1587, S. 22 f. Vgl. die analogen, aber detaillierteren Darlegungen in: CAE 1576, S. 152 – 155; vgl. auch SR, Kapitel I (siehe oben). 138 Dieser Aspekt ist hier eher implizit, in der Bezugnahme auf „ungewöhnliche Bewegungen“

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entgegen den sozialen Normen, insbesondere aggressiv gegenüber anderen (Wutanfälle) sowie auto-aggressiv (Suizidversuche). Soweit zur Charakterisierung der dämonischen Besessenheit selbst bei Menghi.

Menghis Darlegungen zum aufeinander bezogenen Handeln von bösen Geistern, Besessenen und Exorzisten, sowie zur Frage der Involvierung von Zauberern Zu den der direkten Auseinandersetzung zwischen Dämon und Exorzist, teils schon der Beurteilung des Vorliegens von Besessenheit notwendigerweise vorangehenden Interaktionen macht Menghi keine Angaben. Insbesondere wäre zu fragen: Wie kommt der Kontakt zwischen Priester und putativ Besessenem zustande? Wie erlangt man die offenbar (siehe oben) angestrebte Einwilligung des Betroffenen in die ,Behandlung‘ durch Exorzismus bzw. was geschieht im Falle des Fehlens derselben? Zumindest knapp äußert er sich aber zu den Rahmenbedingungen, unter welchen die Konfrontationen zwischen Dämon und Exorzist – als Vertreter Gottes – hier auf Erden im Rahmen der exorzistischen Praxis stattfinden sollen. Diesbezüglich relevant ist insbesondere Kapitel XV des FlDae mit dem Titel: „Über den Ort und die Zeit, zu denen die Energumenen exorziert werden sollen“.139 Der Autor betont hier zunächst im Einklang mit dem Sacerdotale Romanum140, es solle „nicht ohne schwere Notwendigkeit in Privathäusern“ exorziert werden, und ergänzt als Gründe: Dort sei meist die Anwesenheit von Frauen gegeben, welche bei den Exorzismen aber „aufs sorgfältigste gemieden werden muss“; zudem erfolgt ein vager Hinweis auf „viele schändliche Dinge“, welche in solchen gewöhnlichen, nicht geistlichen Häusern verübt würden, schließlich wird argumentiert, dass die Kirche als Haus Gottes am besten für Austreibungen von Dämonen geeignet sei. Hinsichtlich des besten Zeitpunkts (der im SR nicht speziell behandelt wird) führt Menghi aus, „dass es keine bestimmte Zeit gibt“ und Exorzismen jederzeit erlaubt seien, dass aber der frühe Morgen nach der Messe der geeignetste Zeitpunkt im Tageslauf sei. Betreffend den Jahreslauf dagegen gelte: „je hochrangiger die Tage sind, als da sind das Fest der Geburt des Herrn, der Auferstehung, seiner Himmelfahrt, Pfingsten und ähnliche, die Feste der Seligen Jungfrau Maria, der Apostel und andere Festlichkeiten oder auch [deren] Vigilien, desto mehr werden sie nützen.“141 gegeben, er wird später im RR stärker betont. Vgl. A. Rodewyk: Die dämonische Besessenheit, S. 93 – 108. 139 FlDae 1587, S. 22; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 28. 140 SR 1585, folio 330 verso (Kapitel IX); siehe dazu weiter oben. 141 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 28; FlDae 1587, S. 22.

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Weitere Bemerkungen zum wünschenswerten Rahmen exorzistischer Handlungen folgen in Kapitel XVIII des FlDae, welches insbesondere der Frage, „ob Besessene öffentlich oder geheim beschworen werden sollen“, gewidmet ist.142 Hier geht Menghi zunächst auf die spezifische Problematik ein, die sich für den Exorzisten ergibt, wenn eine Frau von Dämonen besessen ist: Keinesfalls dürfe derselbe „allein mit einer weiblichen Person“ bleiben, gleichgültig ob in einem Privathaus oder einer Kirche, denn einerseits könnten hieraus große praktische Schwierigkeiten entstehen, wenn die Besessene von den Dämonen stark bewegt werde (dies müsste freilich, könnte man anmerken, bei männlichen Besessenen mindestens ebenso gelten), andererseits könnte aus einer solchen Situation „eine Gelegenheit zum Skandal“ entstehen; zudem sei das Gebet von Anwesenden der Befreiung zuträglich.143 Nach diesen Darlegungen behandelt Menghi dann die Frage der Öffentlichkeit der exorzistischen Handlungen ¢ und bejaht diese im Grundsatz klar : die Kirche handle generell ,öffentlich‘, nicht im Geheimen, und vor allem seien von den Beschwörungen große geistliche Güter für die Teilnehmenden zu erwarten: „Dort kann man die Schlechtigkeit des Dämons erleben, die Stärkung des Glaubens, die Offenbarung der Barmherzigkeit und Macht Gottes, dass unbußfertige Menschen zum Heilmittel einer heiligen Beichte fliehen […]“, und Ähnliches mehr.144 Dieses Statement Menghis am Abschluss des Instruktionsteils des FlDae liest sich geradezu wie eine Werbeeinschaltung für derartige Veranstaltungen; allerdings fügt der Autor hier den – da dieser Punkt umstritten war, offenbar nötigen – Hinweis hinzu, auch in dieser Sache sich dem Urteil der Oberen zu unterwerfen. Abschließend zu diesem Punkt sei angemerkt, dass die Fragen nach den geeigneten örtlichen und räumlichen Gegebenheiten sowie Teilnehmern an den exorzistischen Handlungen im CAE im Gegensatz zum FlDae nicht näher behandelt werden. Die Erörterung der direkten Interaktionen zwischen Exorzist und Dämon/ Besessenem bildet den Gegenstand der restlichen Teile der beiden Einführungsabschnitte in FlDae und FuDae. Ihre Inhalte werden im Folgenden, soweit möglich, in ,chronologischer‘ Ordnung präsentiert, also in der Reihenfolge eines ,idealtypischen‘ Ablaufes von Beginn der exorzistischen Handlungen bis zur Ausfahrt des Dämons. Die rituelle ,Besprechung‘ des Besessenen mit den Gebeten und Beschwörungen selbst, welche sich mit abwechselnden, teils auch wiederholenden Texten durch die gesamte Handlung hindurch zieht und je nach ausgewähltem Exorzismus unterschiedlich lang gestaltet sein kann, bleibt dabei unberücksichtigt; dargestellt werden nur die im Instruktionsteil näher behan-

142 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 31; FlDae 1587, S. 24. 143 Ebd. 144 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 32; FlDae 1587, S. 25.

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delten, also augenscheinlich aus Sicht der Autors besonders erläuterungsbedürftigen Teile des Rituals. Als deren ,chronologisch‘ erster ist die Auskundschaftung und Befragung der bösen Geister auszumachen. Menghi behandelt dieselbe in Kapitel IV des FlDae unter dem Titel „Über die Fragen und Anweisungen, die der Exorzist gegenüber den Dämonen einsetzen muss“.145 Hier wird zuallererst vor ,leichtfertigen‘ Fragen gewarnt. Erlaubt und erfordert sei es aber, den Besessenen respektive die bösen Geister nach ihrer Anzahl und ihren Namen zu fragen, nach dem Grund und der Zeit des Einfahrens in den Betroffenen, dann auch, „durch welche Personen sie auszutreiben seien“, „wer ihre Feinde sind im Himmel wie auch in der Hölle“, ob Zauberei im Spiel sei, und „Ähnliches“.146 Hiermit betont das FlDae die zentralen Frageaspekte der Tradition, wie sie schon im ,Großen Exorzismus des Hlg. Ambrosius‘ anzufinden sind; hält die Liste aber ausdrücklich offen für Weiteres. Im CAE finden sich diese Ausführungen nicht, wohl aber eingehende Darlegungen über das „Wesen“ der verschiedenen Formen von Dämonen, wie weiter oben ja schon ausgeführt wurde.147 Hierauf verweist Menghi im FuDae auch ausdrücklich im Rahmen eines kurzen Kapitels mit dem Titel „Der Exorzist muss die Beschaffenheit und die Natur der Dämonen erkennen, damit er imstande ist, die ihnen entgegen wirkenden Heilmittel anzuwenden“.148 Seine Klassifikation der bösen Geister entsprechend den Elementen und Ähnliches war im Verständnis des Autors so keine rein ,akademische‘, sondern auch von praktischem Wert; die Dämonen würden sich insbesondere in den unterschiedlichen Stoßrichtungen ihrer Versuche, Menschen zur Sünde zu verführen, unterscheiden – was zu wissen natürlich von Wert sein konnte. In diesem Zusammenhang erwähnt der Autor auch die verschiedenen Namen des Teufels und seiner dämonischen Anhängerschaft. Derlei schien nicht zuletzt bedeutsam, um die Unterscheidung der Geister korrekt praktizieren zu können.149 Derselben widmet Menghi im FuDae ein ganzes Kapitel, was nicht verwunderlich ist, geht es hier doch um die mitunter heikle Problematik, im Falle einer bereits konstatierten Anwesenheit von ,fremden‘ spiritus im Körper eines Menschen zu beurteilen, ob es sich um gute oder böse, gefallene Engel handelt. In vielen Fällen wird sich diese Frage wegen der Eindeutigkeit der gezeigten Symptome nicht gestellt haben. Jedoch konnte es in der Vormoderne, als eine zeitweilige, besessenheits-ähnliche Ergriffenheit auch durch ,gute Geister‘ von den meisten Geistlichen und Gelehrten, so auch Menghi, 145 146 147 148 149

G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 15; FlDae 1587, S. 7. G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 15; FlDae 1587, S. 7. Vgl. CAE 1576, S. 9 – 19. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 78 f; FuDae 1587, S. 3 f. Vgl. zu dieser Thematik bes. M. Sluhovsky : Believe not every spirit; Ph. Stenzig: Schule des Teufels.

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als möglich angesehen wurde, durchaus vorkommen, dass „der Teufel sich […] in der Gestalt Christi zeigt, damit er […] als Gott angebetet werde“. So sei das Thema der Unterscheidung besonders für jene wichtig, „die öfter Erscheinungen haben, um zu erkennen, ob sie von guten oder bösen Geistern bewirkt werden“.150 Der Autor denkt hier offenbar auch an eine Selbstbeobachtung der Betroffenen, um festzustellen, ob sie die Hilfe von Exorzisten in Anspruch nehmen sollten, und er liefert vier recht konkrete Kriterien, anhand welcher eine derartige Beurteilung vorgenommen werden könne: „Das erste besteht darin, dass der Teufel, wenn gleich er sich in der Gestalt des Gekreuzigten, der seligen Jungfrau Maria oder eines Heiligen zeigt, wenn man die Erscheinung aufmerksam betrachtet, immer eine auffällige Missgestalt aufweisen wird, zum Beispiel einen Schwanz, Hörner oder etwas Ähnliches […]. Das zweite ist, dass der Teufel am Anfang der Erscheinung den Menschen froh macht, und ihn bei seinem Entweichen traurig zurücklässt; das Gegenteil dessen macht der gute Engel, der am Anfang verwirrt […] und später den Menschen […] voll Freude und Eifer zurücklässt. Das dritte Merkmal finden wir darin, dass der Teufel den Menschen zum Bösen verführt […]. Das vierte Merkmal ist, dass er, wenn der, dem er erscheint, ihm mit irgendeinem schmutzigen Wort antwortet, […] plötzlich verschwindet.“151

Dieser Exkurs hat übrigens keine Entsprechung im CAE, und knüpft auch nicht an Ausführungen des SR an, wie dies etwa bei der Erörterung der Anzeichen dämonischer Präsenz der Fall ist. Neben den bereits geschilderten Beurteilungskriterien, welche sich auch auf die Vorphase der Exorzismen beziehen, führt Menghi in einem weiteren Teil des FuDae dann jene speziellen Erscheinungen an, welche im SR als typische Reaktionen der Dämonen auf die Beschwörung durch einen Exorzisten genannt werden, so das Hervorbringen von Fröschen und Schlangen (die sich freilich oft im Leib des Besessenen befinden und nicht unbedingt direkt gesehen werden; siehe hierzu die Ausführungen zu Kapitel VI und VII des SR). Behandelt wird dieser Punkt im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Frage, ob spiritus maligni Wunder vollbringen könnten. Hierzu referiert Menghi die anerkannte thomistische Position, wonach echte Wunder nur durch Gott gewirkt werden können, „Wunderbares“ hingegen, welches aber auf der Nutzung natürlicher Kräfte basiere, bisweilen auch von Dämonen getan werde, um die Menschen zu beeindrucken, zu verwirren und damit vom rechten Glauben abzubringen.152 Noch viel ausführlicher widmet sich Menghi in FuDae und FlDae aber drei 150 G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 91; FuDae 1587, S. 13. 151 FuDae 1587, S. 13 f.; vgl. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 91 f. 152 Vgl. FuDae 1587, S. 19–22, G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 98 – 101. Analoge Erörterungen finden sich nicht in CAE 1576.

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Themenkomplexen von aus seiner Sicht eminenter praktischer Bedeutung für das Gelingen der Dämonenaustreibung, nämlich: A. den Widerständen und Betrügereien der Dämonen gegen die Vertreibung aus dem Besessenen, B. der Frage der Involvierung von Hexerei und C. den spezifischen ,Heilmitteln‘, welche der Exorzist im Kampf gegen die Dämonen einsetzen könne bzw. müsse. Dem Bereich A sind die gesamten Kapitel XII und XIII des FlDae zuzuordnen;153 weiters die Kapitel I bis III des FuDae.154 Besagtes Kapitel XII trägt den diesbezüglich deutlichen Titel: „De astutiis daemonum praecognoscendis, remediisque apponendis“ – „Über die Listen der Dämonen, die man vorher sehen muss, und die anzuwendenden Gegenmittel“.155 Nach der einleitenden Warnung, wonach die „Listen der die Körper besessen haltenden Dämonen“ „gleichsam unzählig“ seien, werden hier die praktischen Schwierigkeiten, welche bei der Interaktion zwischen Exorzist und Dämon respektive Besessenem auftreten können, eingehend diskutiert: So würden die Dämonen bei den Beschwörungen oftmals nur innerlich zum Besessenen sprechen. In solchen Fällen „mahne der Priester den Besessenen, dass er ihm sage, was der Feind ihm innerlich gesagt hat; den Feind aber beschwöre er häufig, dass er auf die Fragen antwortet.“156 Es geht, könnte man sagen, also auch bei der Austreibung von Dämonen zuerst einmal um die Herstellung einer adäquaten ,Gesprächsbasis‘, was durch die Komplexität der Interaktionssituation – diese sind nur über das Medium des Besessenen zu erreichen – und deren feindselige Haltung verständlicherweise stark erschwert wird. In diese Richtung weist auch der nachfolgende Ratschlag Menghis: „Wo er [der Dämon] wahrhaft und äußerlich zu sprechen gezwungen ist, sucht er, so viel er kann, den Geist [mens] des Besessenen von den Worten, die gelesen werden, abzulenken […] [und auch] die Aufmerksamkeit und die Andacht des Priesters durcheinanderzubringen.“157

Die Dämonen würden konkret versuchen, die Beschwörungen durch Lärmen, Anreizungen zu Geschwätz und Ähnliches zu stören, ja sogar durch die Anreizung des Priesters zu unkeuschen Handlungen. Dies käme besonders bei besessenen jungen Frauen vor, welche vorgäben, krank zu sein, damit der Priester sie „stärker berühre“.158 Hier ist, so Menghi, besondere Vorsicht angebracht. Eine andere List der Dämonen bestehe darin, ihre Namen nicht nennen zu 153 FuDae 1587, S. 18 – 21; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 24 – 28. 154 FuDae 1587, S. 1 – 6; G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 75 – 81. 155 FlDae 1587, S. 18; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 24. 156 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 24; FlDae 1587, S. 18. 157 FlDae 1587, S. 18, vgl. G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 24. 158 FlDae 1587, S. 18.

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wollen, etwa mit der Behauptung, diese seien „unanständig“ – was meistens falsch sei. An dieser Stelle empfiehlt Menghi eine interessante psychologische Kommunikationstechnik: „Daher versuche der Priester, die Wahrheit durch Befehl zu erfahren. Wenn das nicht gelingt, befehle er dem Anführer [der Dämonen] zu weichen und rufe einen anderen zum Reden, indem er ihm befiehlt, seinen Namen zu eröffnen. Damit er sich aus Furcht vor dem Anführer nicht fürchtet, das zu tun, befehle er dem Anführer, dass er ihn [den anderen Dämon] nicht daran hindere.“159

Der Exorzist solle also, wenn er auf Widerstand stoße, versuchen, die betreffende personale Identität im Besessenen durch eine andere, gesprächsbereitere zu ersetzen und die letztere gegenüber der ersteren durch seine Autorität stärken.160 Fruchte auch dies nicht, um die – offenkundig für das weitere Vorgehen höchst wichtige – Kenntnis der Namen aller anwesenden Dämonen zu erlangen, so behelfe der Priester sich mit einem Surrogat und lege selbst den Geistern Namen bei – und zwar „lächerliche Namen“, wofür auch Beispiele gegeben werden. Nach diesen Bemerkungen wendet sich Menghi der dämonischen List zu, sich in bestimmte Körperteile des Besessenen zurückzuziehen und das Gespräch zu beenden, ohne aber den Besessenen zu verlassen. In solchen Fällen solle man ihnen weiter Befehle geben und sie so zum Antworten drängen, kombiniert mit den exorzistischen Texten selbst. Menghi verweist hier auch auf die Tendenz der Dämonen, nach bereits erfolgter Befreiung wieder in den erlösten Menschen einfahren zu wollen und diesen zu bedrängen, „besonders in Beziehung auf die Ehrbarkeit“, also die Sexualität.161 Hiergegen helfe den Befreiten langes Wachen mit Schweigen und Gebet, häufiger Kommunionsempfang sowie wenigstens zeitweilige Enthaltsamkeit. Weiters würden, so Menghi, die Dämonen manchmal den Befreiten suggerieren, dass sie niemals besessen gewesen seien, oft aber würden sie ihnen umgekehrt einzugeben versuchen, dass sie immer noch den Körper besetzt hielten. Hier wird deutlich, wie prekär sich die gesamte Wirklichkeitskonstruktion der dämonischen Präsenz auch für die Zeitgenossen ausnahm – Sicherheit war schon über die bloße An- oder Abwesenheit der bösen Geister nur sehr schwer zu erlangen, zumal sie auch von außen „einige Wirkungen“ im Körper der ehemals Besessenen erzeugen könnten.162 Bezüglich der 159 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 24; FlDae 1587, S. 18. 160 Zur Häufigkeit der Präsenz mehrerer personaler Identitäten in ,Besessenen‘ vgl. bereits T.K. Oesterreich: Besessenheit. Dementsprechend werden in der aktuellen Psychopathologie ausgeprägte Besessenheitssymptome nicht mehr so sehr im Bereich der „Schizophrenie“ verortet, sondern als „multiple personality disorder“ respektive „multiple Persönlichkeitsstörung“ betrachtet. Vgl. hierzu bes. M. Huber : Viele sein. 161 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 25; FlDae 1587, S. 19. 162 FlDae 1587, S. 20; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 25.

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Angst bzw. dem Glauben des bereits Befreiten, immer noch besessen zu sein, wird hier empfohlen: „Dagegen wird der Priester Exorzismen sprechen und ihnen in der Kraft Gottes befehlen, dass sie sich nicht als Besetzer zeigen, wenn sie es nicht sind, und er ermahne den Befreiten […], dass er daran glaubt, dass er befreit ist und Gott Dank sagt.“163

Wenn allerdings weiter ein böser Geist im Besessenen sei, müssten erneut Beschwörungen beginnen. Generell sei nach jeder Beschwörung, d. h. nach jedem einzelnen exorzistischen Text, der Dämon zu befragen, ob er ausfahren wolle. Das Kapitel schließt mit einem wichtigen Hinweis hierzu: „Wenn der Dämon verspricht, dass er ausfahren wolle, erlaube er ihm die Ausfahrt nicht, ehe er ihm den Befehl gegeben hat, dass er keinen seiner Gefährten in dem Besessenen zurücklässt und dass er ferner nicht mehr zu ihm zurückkehre, und darüber fordere er von ihm ein Versprechen.“164

Auch diese Anweisung dient offensichtlich dazu, in schwierigen Fällen möglichst Klarheit darüber zu schaffen, wann die Erlösung von den bösen Geistern endgültig erreicht sei. Diese sehr detaillierten Angaben zum geeigneten Umgang des Exorzisten mit bösen Geistern werden in Kapitel XIII des FlDae noch fortgesetzt.165 Hierin bezieht sich der Autor, wie er selbst ausdrücklich angibt, vornehmlich auf die einschlägigen Ratschläge, welche in Kapitel VIII des SR gegeben werden (siehe dazu weiter oben), etwa den Versuch der spiritus mali, dem Befallenen einzureden, dass er gar nicht besessen sei. Besonders aufschlussreich erscheint, dass Menghi als Strategie der Dämonen hier, über das SR hinausgehend, konkret den Versuch nennt, den Befallenen vorzutäuschen, „dass es sich um natürliche Krankheiten handle und dass diese Sache [der Besessenheit] eine Erfindung sei.“166 Auch werden an dieser Stelle mit Angaben von Dämonen über geschehenen Schadenszauber (dazu weiter unten mehr) verbundene Probleme thematisiert: „Manche [Dämonen] zeigen ein für den Kranken angefertigtes Zaubermittel und die Urheber des Schadenszaubers und decken auch die Art, wie er gelöst werden kann, auf, damit der Exorzist diesen unerlaubt und auf abergläubische Weise auflöse.“167 163 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 26; FlDae 1587, S. 20. 164 Ebd. 165 Dasselbe trägt den Titel: „Über einige andere Täuschungen, die die Dämonen anwenden, um den Exorzisten zu hintergehen, die alle Exorzisten kennen müssen“. G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 27, FlDae 1587, S. 20. 166 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 27 f.; FlDae 1587, S. 20 f. 167 FlDae 1587, S. 21; vgl. G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 27. Dort eine etwas andere, nach Auffassung des Autors weniger passende, grammatikalisch aber auch mögliche Übersetzung.

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Weder die Ausführungen in Kapitel XII noch jene in Kapitel XIII des FlDae haben eine direkte Entsprechung in jenen des CAE, jedoch ist dort in mehr grundsätzlich-theoretischer Weise das Kapitel VI den ,Blendwerken‘ der Dämonen gewidmet.168 Nur im FuDae wiederum finden sich Bemerkungen des Autors zur aus christlich-dogmatischer Sicht höchst bedenklichen Erscheinung – welche demnach auch zu den ,Dämonenlisten‘ zu zählen ist –, dass „Dämonen, die menschliche Körper in Besitz genommen haben […] von sich behaupten, die Seelen frevelhafter Menschen zu sein“; solchen Erklärungen sei, so beteuert Menghi schon im Titel des diesbezüglichen Kapitels I, „keineswegs zu glauben“.169 Der Rest des Textes bringt hier vornehmlich eingehende exegetische Untermauerungen dieser Position, aber auch eine wichtige Anweisung für die exorzistische Praxis, welche sich in diesem Fall auf das gegebenenfalls anwesende ,Publikum‘ bezieht: „Der Exorzist muss den Umstehenden verkünden, dass dieses keinesfalls zu glauben ist, sondern sogar zu meiden und von allen Christgläubigen zu verdammen […].“170 Diese Angelegenheit scheint dem Minoritenpater so wichtig, dass er – nach Hinweisen auf die verschiedenen ,Sorten‘ von Dämonen in Kapitel II, die bereits besprochen wurden – in Kapitel III nochmals darauf zurückkommt. Dort werden ausführlicher die antiken Lehren der Seelenwanderung, besonders bei den griechischen Philosophen, erörtert, und natürlich als „Irrlehre“ qualifiziert.171 Eminent praktische Bedeutung hat, jedenfalls aus Sicht des Autors und wohl auch der meisten – ,gebildeten‘ wie ungebildeten – Zeitgenossen auch Bereich B, die Frage nach der Rolle von Hexerei. Auf die grundsätzlichen Erörterungen Menghis, der auch ein entschiedener Vertreter von Hexenverfolgungen war und den ,Hexenhammer‘ extensiv rezipierte, zu Hexen und Schadenszauber soll hier nicht eingegangen werden;172 wohl aber auf seine Ausführungen in FlDae und FuDae, welche die Frage behandeln, inwieweit Zauberei auch bei Entstehung, Verlauf und Beendigung von Besessenheit durch böse Geister eine Rolle spiele. Im ersteren der beiden Werke findet sich hierzu zwar ein gesondertes Kapitel mit dem Titel „Über das, was die Exorzisten wissen müssen, damit sie Verzauberte

168 169 170 171

Vgl. CAE 1576, S. 121 – 127. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 75; FuDae 1587, S. 1. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 77; FuDae 1587, S. 3. Vgl. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 78 – 81; FuDae 1587, S. 4 – 6. Auch Kapitel IV des FuDae widmet sich, hieran anknüpfend, rein metaphysischen Fragen. 172 Das gesamte „zweite Buch“ des CAE wie auch die ersten beiden Kapitel des „dritten Buches“ sind der Thematik des Schadenszaubers gewidmet: CAE 1576, S. 74 – 243. Vgl. hierzu G. dall’Olio: „Menghi, Girolamo“; G. Romeo: Inquisitori, esorcisti e streghe; ders.: Esorcisti, confessori e sessualit— femminile.

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und Besessene heilen können“;173 dieses ist aber mit nur 10 Textzeilen ausgesprochen kurz und enthält neben einer Betonung der besonderen Wichtigkeit dieser Frage für das Gelingen der ,Heilung‘, eigentlich nur einen Hinweis auf die Kapitel XI – XIII des „Dämonenknüppels“. Allerdings behandeln auch die Kapitel V, VII, XVI und XVIII Einschlägiges. Interessanterweise befasst sich das in der Reihenfolge des Textes erste Kapitel mit der Frage „ob es erlaubt sei, zu Wahrsagern [hier zweifelsohne ein Euphemismus für die sonst ,malefici‘ genannten, verdammten ,Zauberer‘] zu gehen, um auf irgendeine Weise die Gesundheit wieder zu erlangen, und auf welche Weise deren Machwerke oder Zaubermittel zerstört werden können“.174

Überraschenderweise gibt Menghi hierzu keine eindeutige Antwort. Er zitiert zunächst eine Auffassung, wonach diesbezüglich alles erlaubt sei, solange nur der Behexte den Zauberer nicht anstifte, ein neues Zaubermittel zu verwenden, diese Auffassung sei aber „gefährlich“. Sicherer für das Seelenheil, aber auch sehr streng sei dagegen die Meinung, „dass wir eher alle Übel, auch den Tod, zu ertragen verpflichtet seien, als ihre [der Zauberer] Unterstützung zu suchen, weil auf keine Weise Böses […] getan werden darf, um Gutes zu bewirken.“175 Danach wird eine dritte, ,mittlere‘, auf Duns Scotus zurückgehende und, obwohl er es nicht direkt sagt, von Menghi wohl präferierte Auffassung referiert, wonach Zauberer, die sich mit Dämonen verbündet hätten, sehr wohl dazu gedrängt werden dürften, Zaubermittel zu entfernen, ohne dabei aber eine neue Übereinkunft mit einem Dämon einzugehen. Dies könne in Bezug auf die Heilung dämonisch verursachter Leiden dennoch wirksam sein. Zur Unterstützung dieser Ansicht bemerkt Menghi abschließend, dass es jedenfalls verdienstlich sei, Zaubermittel zu zerstören, und daher auch nicht verboten, dies von den Zauberern selbst zu verlangen. Dieser Teil des FuDae, der das Vorhandensein von in höchstem Grad ,magischem‘ Denken auch beim Autor selbst dokumentiert, hat übrigens im CAE eine – allerdings etwas anders gestaltete und noch ausführlichere – Entsprechung.176 Im FuDae setzen sich die diesbezüglichen Darlegungen Menghis in Kapitel VII fort. Ganz ähnlich, wie er es in Kapitel XI tut (siehe dazu weiter oben), tadelt der Autor auch hier jene, welche negieren, „dass die Dämonen auf Bitten der Zauberer hin menschliche Körper quälen können“.177 Auch wird hier nochmals das Thema der Unsicherheit des Erkennens 173 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 28; FlDae 1587, S. 21. 174 FuDae 1587, S. 7 – 9; vgl. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 83 – 85. Die Kapitelüberschrift wird dort etwas anders übersetzt. 175 G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 84; FuDae 1587, S. 8. 176 Vgl. CAE 1576, S. 233 – 244. Im SR finden sich zu solchen ,Spezialfragen‘ keine genaueren Darlegungen. 177 G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 88; FuDae 1587, S. 11.

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dämonischer Einflüsse aufgegriffen: Deutliche Zeichen – wie etwa das Umstürzen von Kerzen bei der ,Ausfahrt‘ – zum ,sicheren‘ Kriterium der Anwesenheit eines Dämons in einem Menschen zu erklären, sei fragwürdig, da „viele Dämonen durch die Lüfte umherstreifen“ und so etwa auch bei einem nur vermeintlich Besessenen Erscheinungen dämonischer Präsenz erzeugen könnten.178 Im Umkehrschluss sei man nicht berechtigt, aus einer fehlenden Beherrschung fremder Sprachen auf die Absenz von bösen Geistern zu schließen.179 Genauer auf das Phänomen des Schadenszaubers als Ursache von Besessenheit geht Menghi aber in Kapitel XII des FuDae ein. Dasselbe erweist sich bei vergleichender Lektüre als eine nur wenig abgeänderte ,Collage‘ der Texte von Kapitel II und Kapitel IV des SR180 über den Schadenszauber, die Notwendigkeit des Teufelspaktes für denselben sowie Zeichen für das Vorliegen einer Verhexung im Allgemeinen (die ja keineswegs unbedingt zu einer Besessenheit führen muss, sondern vielfältige andere negative Folgen zeigen kann). Auffällig ist an der Bearbeitung dieser Passagen durch Menghi u. a., dass er zwar die Warnungen vor jeglichem ,Aberglauben‘ aus dem offiziellen Ritualienbuch übernimmt, nicht aber den dort vorfindlichen ausdrücklichen Hinweis, man dürfe die Zaubermittel nicht in einen Fluss werfen.181 Interessant ist auch, dass er – wohl um ,Anwendern‘ des Handbuchs möglichst konkrete Hinweise zu liefern – die im Sacerdotale enthaltene Aufzählung der Zaubermittel – welche nur „ossa“ und „penn[a]e“ sowie einen Hinweis auf „infinita talia“, also „Unendliches von dieser Art“ enthält182 – erweitert auf „Knochen, Federn, Haare, Körner, Eisen, Steine, Nägel, Schwefel, Nadeln und Ähnliches“.183 Diese praxisbezogenen Anmerkungen sind im CAE nicht in ähnlicher Weise zu finden; ebensowenig – und hierzu gibt es auch keine ,Vorbilder‘ im SR – die sehr speziellen Ausführungen in Kapitel XVI und XVIII des FuDae, die sich mit dem Erbrechen von Zaubermitteln im Anschluss an Exorzismen184 respektive der zauberischen bzw. dämonischen Erneuerung bereits zerstörter Zaubermittel auseinandersetzen.185 Gegen Letzteres empfiehlt Menghi übrigens ein besonders aufwändiges „Heilmittel“, welches aus „Gold, Weihrauch, Myrrhe, geweihte[m] Salz, eine[r] Olive, gesegnete[m] Wachs […] und Raute“ bestehen, und an den vier Enden des Bettes des Behexten unter Kreuzzeichen deponiert werden

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Ebd., S. 90. Die hier gegebenen Ausführungen entsprechen weitgehend jenen in: CAE 1576, S. 146 – 150. Siehe dazu die inhaltlichen Zusammenfassungen weiter oben. Vgl. SR 1585, folio 329 recto. Vgl. ebd. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 104; FuDae 1587, S. 25. Vgl. FuDae 1587, S. 31; G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 110 f. Vgl. FuDae 1587, S. 33 f.; G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 113 f.

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solle186 – ein besonders eindrückliches Beispiel dafür, dass der Autor selbst den schmalen Grat zum kirchlicherseits so vehement verurteilten ,Aberglauben‘ – auch bereits nach zeitgenössischer Definition – doch einige Male überschritten haben dürfte. Den von Menghi in ,gewöhnlichen‘ Fällen von Besessenheit empfohlenen „Heilmitteln“ gilt es sich nun zuzuwenden (Bereich C): Diesbezüglich ist zunächst Kapitel III des FlDae einschlägig,187 welches interessanterweise die Frage, „ob sinnliche Dinge auf den Geist einwirken können“, behandelt und die Verwendung ,natürlicher‘ Gegenmittel gegen die Präsenz böser Geister in Menschen vehement verteidigt. Das Thema war dem Autor offenbar ein besonderes Anliegen, da die diesbezüglichen Ausführungen außergewöhnlich lang sind. Hierbei handelte es sich ja um eine auch innerhalb der zeitgenössischen katholischen Theologie kontroverse Thematik, und Menghi bezieht gleich zu Beginn des Kapitels eine eindeutige Position: „Der Exorzist kann den Teufel, der einen menschlichen Leib besessen hält, durch äußere Dinge angreifen, wie Weihwasser, Weihrauch, Schwefel, Raute, Medizin und andere Tränke, die alle exorzisiert und gesegnet sein müssen.“188

Zwar seien solche Praktiken – die im SR nicht erwähnt werden – keine sicheren Mittel zur vollständigen Behebung von dämonisch verursachten Leiden, wie Menghi einräumt, und könnten nicht gegen die Dämonen selbst wirken; sie haben seiner Meinung nach aber einen die Qualen dämpfenden Effekt, „indem sie an den vom Dämon Gequälten selbst handeln.“189 So könnten pflanzliche Arzneien oder Musik dem Teufel günstige körperliche Dispositionen, wie Melancholie, verändern. Menghi führt für diese Position auch biblische Stellen als Beleg an190 und empfiehlt schließlich besonders Hypericon (Johanniskraut, auch genannt: fuga daemonum!) sowie Raute, denen empirisch bewiesene Kräfte in der Vertreibung böser Geister zukämen.191 Wie sehr der Autor in diesem Punkt von den zeitgenössischen Lehren der somatischen Medizin beeinflusst war, wird besonders an einer Marginale192 deutlich, welche lautet: „Refugiunt daemones a 186 G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 113; FuDae 1587, S. 34. 187 Vgl. FlDae 1587, S. 3 – 7; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 9 – 14. 188 Ebd., S. 9; FlDae 1587, S. 3. 189 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 10; FlDae 1587, S. 4. 190 Neben der bekannten Erzählung von David und Saul in: 1 Sam, 16, 14 – 23 auch die weniger bekannte Stelle in: Tob 6, 1–6. Dort sagt der Engel Raphael zu Tobias: „Wenn ein Mann oder eine Frau von einem Dämon oder einem bösen Geist gequält wird, soll man das Herz und die Leber des Fisches in Gegenwart dieses Menschen verbrennen; dann wird er von der Plage befreit“. 191 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 13, FlDae 1587, S. 6. 192 Solche sind den einleitenden Teilen von FlDae und FuDae beigegeben, finden sich aber nicht im CAE.

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rebus sibi contrariis“, also: „Es fliehen die Dämonen vor ihnen entgegengesetzten Dingen“.193 Die Übernahme des ,contraria contrariis‘-Prinzips der Humoral- und Qualitätenpathologie ist hier unübersehbar.194 In diesem Kontext stehen auch die nachfolgenden Bemerkungen Menghis, nämlich dass „erfreuliche und heitere Dinge, die im Menschen offenbar Freude und Frohsinn hervorbringen, den Dämonen unangenehm sind“, umgekehrt aber ihnen „Dinge angenehm [sind], die Melancholie erzeugen“.195 Nur weil sie für sinnliche Dinge empfänglich seien, würden außerdem Drohungen und Schmähungen der Dämonen im Exorzismus ihre Wirkung tun. Diese Darlegungen zu somatischen Heilmitteln gegen dämonische Besessenheit196 entsprechen großteils einem bereits im CAE veröffentlichten Textabschnitt, was vielleicht auch die mehr theoretische Ausrichtung der Kapitelüberschrift (siehe oben) erklärt.197 Im Zentrum der gegen dämonische Besessenheit zu ergreifenden Maßnahmen stehen aber natürlich auch für Menghi die ,geistlichen Heilmittel‘, allen voran die Wirkungen des exorzistischen Rituals selbst: Der Hauptteil von FlDae und FuDae bilden ja die Formeln (samt Handlungsanweisungen) für jeweils sieben respektive acht verschiedene Formen von Exorzismen im engeren Sinn.198 Auf dieselben kann hier nicht weiter eingegangen werden. Erwähnt sei aber, dass sich in dem der „Dämonengeißel“ häufig beigegebenen Werk „Remedia efficacissima“ zudem noch zahlreiche Anleitungen für Segnungen unterschiedlicher – dann, so die Annahme, vor allem spirituell wirkender – ,Heilmittel‘ finden, welche vor, während und nach Exorzismen, teils aber auch unabhängig von Besessenheitsfällen, zum Einsatz kommen sollten.199 Diese beziehen sich auf Gegenstände wie Weihwasser, Öl und Brot, ein medizinisches Präparat gegen Verzauberung, medizinische Getränke, Salz und Wasser, Wein, Raute, Feuer, Räucherwerk, Segenszettel, Gold, Weihrauch und Myrrhe sowie ein speziell herzustellendes Amulett; weitere Vorschriften betreffen Segnungen von Häusern, welche von „spiritibus immundis“ heimgesucht werden, sowie die Abwendung dämonisch verursachter Unwetter.200 193 FlDae 1587, S. 6. Eine Behandlung der Marginalien fehlt in der Edition von M. Probst et al. völlig. 194 Vgl. bes. E. Schöner : Antike Humoralpathologie; K. Rotschuh: Konzepte der Medizin. 195 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 14; FlDae 1587, S. 6. 196 Zum intensiven Ineinandergreifen somatologischer, psychologischer und theologischer Theorien und Praktiken gerade im Umgang mit Krankheit und Leid während der Frühen Neuzeit vgl. C. Watzka: „Interpretationen des Irrsinns“; ders.: „Mehr als bloß Exorzismus“. 197 Vgl. CAE 1576, S. 267 – 276. 198 Vgl. FlDae 1587, S. 26 – 127 und FuDae 1587, S. 35 – 160. M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 32 – 58 und 115 – 150 gibt jeweils den ersten Exorzismus-Text des Flagellum und des Fustis in vollständiger Übersetzung wieder, die übrigen zusammenfassend dem Inhalt nach. 199 Vgl. FlDae 1587, S. 129 – 172. 200 Vgl. ebd.; eine zusammenfassende Übersicht gibt auch die Edition M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 59 – 73.

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Während der Einsatz von derlei ,geistlichen Arzneien‘ offenbar nicht nur vom Autor als unproblematisch betrachtet wurde, sondern ,Gemeingut‘ des damaligen Katholizismus war,201 befassen sich die erörternden Teile von FlDae und FuDae vorrangig mit solchen Aspekten der exorzistischen Rituale, die dem Autor offenkundig aus dem einen oder anderen Grund besonders erläuterungsbedürftig schienen. Hierzu zählt zunächst die Frage der „Gewährung der Eucharistie an Besessene“, hier aber weniger wegen innertheologischer Differenzen, als deswegen, da dieselbe, wie schon die Überschrift des betreffenden Kapitels VII betont, „gegen die gewöhnliche Meinung des Volkes“ sei.202 Menghi heißt dieselbe aber eindeutig gut und untermauert diese Ansicht, die er seinen Priesterkollegen offensichtlich nahebringen zu müssen glaubt, durch etliche Zitate von theologischen Autoritäten, insbesondere des Thomas von Aquin. Gemäß dem letzteren solle Besessenen nur in gewissen Fällen die Kommunion verweigert werden, nämlich zum einen bei Gefahr des Erbrechens, zum anderen, falls sie auch vor der Besessenheit wegen Mangel an Verstand nicht fähig waren, die Kommunion zu empfangen, und zum dritten, falls es sicher sei, „dass sie für irgendein Verbrechen vom Teufel gequält werden.“203 Der Aspekt der Segnungen von bei Exorzismen benutzten Gegenständen wird in diesem Kapitel ebenfalls tangiert, allerdings nur kurz und um einer besonders extensiven Vorgangsweise das Wort zu reden: „Auch muss der Exorzist alles beschwören und segnen, was zum Gebrauch bei Verzauberten und Besessenen angewandt wird; dazu gehören Speisen, Getränke, Salbungen und Ähnliches“.204 Gleichfalls empfiehlt Menghi an dieser Stelle, „eine sorgfältige Untersuchung […] in allen Ecken […], unter der Schwelle des Eingangs und in allen Räumen des Hauses“ durchzuführen, um etwaige Zaubermittel sicherzustellen und zu verbrennen. Diesbezüglich besonders interessant und über die Vorschriften des Sacerdotale Romanum hinausgehend ist die letzte Anweisung, die durchaus im Einklang mit (frühneuzeitlichen wie modernen) psychotherapeutischen Erkenntnissen steht: „Es ist förderlich, dass in den Kissen und in der Kleidung alles erneuert wird, […] auch die Wohnung oder das Haus zu wechseln, weil dies oft zur Befreiung des Besessenen beiträgt.“205 Anzumerken ist an dieser Stelle, dass dieser Inhalt von

201 Ein Gebet gegen dämonisch erzeugtes Unwetter findet sich etwa auch in: SR, folio 346 recto – verso : „Oratio devotissima ad removendum tempestatem“, beginnend mit den Worten „Adiuro vos angeli tartarei per patre[m], et filiu[m], et sp[irit]um s[an]c[t]um et per illa[m] lancea[m] […]“. 202 FlDae 1587, S. 9; Vgl. G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 17. Dort wird „[…] contra communionem opinionem vulgi“ jedoch mit „[…] gegen die Meinung des gewöhnlichen Volkes“ übersetzt. 203 FlDae 1587, S. 9 f.; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 17 f. 204 Ebd., S. 18; FlDae 1587, S. 10. 205 Ebd.

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Kapitel VII des FlDae sich ganz ähnlich bereits in Kapitel VI des CAE findet,206 dort aber noch, um Darlegungen über Wallfahrten und die Aufhebung von Exkommunikationen (!) als Mittel gegen dämonische Inbesitznahme erweitert werden, die in FlDae und FuDae fehlen. Im SR dagegen werden diese Gegenstände nicht näher berührt. Direkt im Anschluss behandelt Menghi in drei aufeinander folgenden Kapiteln der „Dämonengeißel“ die heikle Frage, inwieweit fremdsprachige Gottesnamen, welche in der katholischen Kirche traditionell „allenthalben in den Exorzismen angewandt werden“207, theologisch gesehen erlaubt seien, standen dieselben doch verschiedentlich im Verdacht, selbst Ausdruck satanistischer Ideen zu sein, welche gleichsam in die Kirche als Leib Christi eingeschmuggelt würden, um ihr und allen Menschen zu schaden.208 Ein diesbezüglich zumindest bedenkliches ,Fundstück‘ aus dem Sacerdotale Romanum selbst, das dem dritten in der Ausgabe von 1585 enthaltenen Exorzismus entnommen ist, kann die damalige Aktualität dieser Thematik illustrieren: „[…] Coniuro vos angeli tartarei per eum, qui vos eiecit de superno c[a]elorum habitaculo; qui fertis malum contra gens humanum. Adiuro X vos per quatuor Evangelistas, et per tremendum die[m] Judiece[m]. Et adiuro vos per nomina sacratissima o[mn]ipote[n]tis Dei, v[erba?]: Messias X Sother X Emanuel X Sabaoth X Adonai X Unigenitus X Via X Vita X Veritas X Omousion X Principium X Primogenitus X Sapientia X Fons X Origo X Paracletus X Mediator X Agnus X Ovis X Alpha et Omega X Caput et finis X Simul vocitatus X Serpe[n]s X Aries X Leo X Vermis X Verbu[m] X Sple[n]dor X Lux X Imago X Glia X Sol X Panis X Flos X Vitis X Mons X Janua X Terra X Lapis angularis X Sponsus X Pastor X Propheta X Sacerdos X Athanatos X Ischiros X Pantheo[n] X Eliseon X Aquila X Tetragrammato[n] X Dominus Jesus Christus X Per nomina ista sacratissima adiuro X vos et contestor angeli satanae […].“209

Was suchen die ,zweideutigen‘ Bezeichnungen „Serpens“ und „Vermis“, also „Schlange“ und „Wurm“, in der obigen Aufzählung „heiligster Namen“ Gottes? Zwar ist gerade für das frühe Christentum eine Symbolisierung auch göttlicher Eigenschaften mittels der Schlange belegt, jedoch überwiegt die Assoziation dieses Untieres mit dem Bösen weitaus,210 und diesbezüglich integrative, gnostische Auffassungen mussten aus katholischer Sicht erst recht höchst problematisch erscheinen. Die wiedergegebene Zusammenstellung hebräischer, grie206 CAE 1576, S. 262 – 265. 207 FlDae 1587, S. 10; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 18. 208 Zur enormen Bedeutung dieser Angstvorstellung gerade innerhalb des katholischen Klerus der Frühen Neuzeit vgl. bes. C. Daxelmüller : Zauberpraktiken; zur großen Bedeutung von Angst in den Gesellschaften des vormodernen Europa vgl. J. Delumeau: Angst im Abendland. 209 SR 1585, folio 340 verso. Auf eine Übersetzung wird hier aus Platzgründen verzichtet. 210 Vgl. bes. G. Ladner : Handbuch der frühchristlichen Symbolik, bes. S. 79 f., 122 f.

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chischer und lateinischer ,heiliger Worte‘ erhellt jedenfalls recht deutlich, wieso manche Exorzismen-Texte im 16. Jahrhundert massiv in der Kritik durch die Theologie selbst standen, und verdächtigt wurden, selbst abergläubische, wenn nicht sogar diabolische Symbole zu transportieren.211 Sie macht auch verständlich, wieso Menghi in seinen Werken den Gottesnamen solche Aufmerksamkeit widmete. Freilich erklärt er pauschal alle in den Ritualienbüchern der katholischen Kirche enthaltenen Ausdrücke für unbedenklich. Zur Untermauerung dieser Ansicht werden von ihm zahlreiche Bezeichnungen für Gott in hebräischer und griechischer212, aber auch in lateinischer213 Sprache näher erläutert (Kapitel VIII und IX des FlDae), gefolgt von einem Kapitel, welches die Anrufung der Jungfrau Maria bei exorzistischen Handlungen propagiert.214 Letzteres findet sich nur in diesem Werk, die Erläuterung der fremdsprachigen Gottesnamen im FlDae hat dagegen einen ,Vorläufer‘ schon im CAE.215 Neben solchen ,Spezialfragen‘ zu erlaubten bzw. nicht erlaubten Inhalten der rituell vorzutragenden exorzistischen Texte behandelt Menghi aber auch die konkrete Interaktionssituation zwischen Dämon/Besessenem und Exorzisten noch weitergehender, als bislang dargestellt. Aufschlussreich sind diesbezüglich besonders auch Kapitel Vund VI des FlDae. Im ersteren wird vor allem die Frage näher behandelt, wie während der exorzistischen Handlung selbst mit ,renitenten‘, die Kooperation verweigernden ,bösen Geistern‘ umzugehen sei. Menghi rät seinen Lesern diesbezüglich, die bösen Geister von Beginn der Beschwörungen an zum Gehorsam zu zwingen. Diese sollten sich „zur Ehre Gottes und zur Erbauung der Teilnehmer zu einer Glaubenswahrheit bekennen und […] Gott dem Allmächtigen Ehrfurcht erweisen; vielleicht durch Beugen der Knie […]“. Vor allem: Von entsprechenden Befehlen an die Besessenen sollte der Exorzist auch bei langer Weigerung der Dämonen keinesfalls ablassen, da sonst „der Teufel meint, er habe gegen den Diener Gottes einen Sieg errungen, und später nur unter großen Schwierigkeiten wieder zum Gehorsam gezwungen werden kann.“216 Menghi formuliert hier also – implizit – das sozialpsychologisch äußerst wichtige ,Gesetz‘ des ,primacy-Effekts‘, wonach u. a. auch die ersten Ergebnisse von Aushandlungsprozessen sozialer Macht zwischen einander bislang nicht bekannten Personen für deren weitere Interaktionen oftmals

211 Der obenstehende Text fand denn auch keine Aufnahme mehr in das RR von 1614. 212 Vgl. FlDae 1587, S. 10 f.; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 18 – 20. 213 Vgl. FlDae 1587, S. 12 – 14; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 20 f. 214 Vgl. FlDae 1587, S. 14 f.; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 21. 215 Vgl. CAE 1576, S. 283 – 287. 216 FlDae 1587, S. 8; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 15 f.

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prägend sind.217 Daran anschließend unterstreicht der Autor nochmals, dass im Umgang mit den ,bösen Geistern‘ „äußerste Geduld und Ausdauer“ nötig seien.218 Angesichts solcher zu erwartender Schwierigkeiten solle der Exorzist, das kann als ein Grundtenor in Menghis Dämonologie erkannt werden, jede sich bietende Chance nutzen, wenn sie nur irgendwie in Einklang mit christlicher Lehre und kirchlichen Vorschriften zu bringen war. So widmet der Autor im FuDae ein ganzes Kapitel der Frage: „Ob die Exorzisten im Namen Christi irgendeinen Dämon zum Herrn über die anderen einsetzen können und müssen, welcher die anderen quäle“.219 Einen Ansatzpunkt für einen solchen, auf den ersten Blick abwegigen Gedanken liefert das Modell der Hierarchie der Dämonen – Menghi spricht von „Rangfolge“: die bösen Engel seien wie ein „Kriegsheer“ organisiert und hätten verschiedene Befehlshaber, welche die Stärkeren, aber auch „die Feinsinnigeren in der Bosheit“ seien; an der Spitze stehe Luzifer. Nichtsdestoweniger hätten böse Geister, wie Menschen auch, zugleich „private Feindschaften“, und diese dürfe der Exorzist durchaus benutzen, um das Ziel der Befreiung eines Menschen von den Dämonen zu erreichen.220 Diese Darlegungen gehen wiederum, dies sei bemerkt, über das im CAE zu solchen Themen zu Findende deutlich hinaus; dahingegen findet sich ein weiterer Aspekt sowohl im FuDae als im CAE wieder, nämlich die – wenngleich eher knappe – Erörterung auffälliger Geschlechterdifferenzen hinsichtlich der Gefährdung, von Dämonen besessen zu werden: Menghi führt in Kapitel VII des FuDae u. a. aus, dass die bösen Geister Frauen und Mädchen mehr zusetzen würden als Männern, zum einen, weil diese schreckhafter wären, was die Dämonen zur Einfahrt nutzen könnten, zum anderen, weil sich die ,spiritus mali‘ in Frauen eher unter dem Deckmantel natürlicher Erkrankungen verborgen halten könnten.221 Das Geschlechtliche tangiert im Übrigen noch ein weiteres Kapitel der FuDae direkt, nämlich Kapitel XVII, das über „Heilmittel, welche gegen dämonische Incubi und Succubi anzuwenden sind“, berichtet.222 Gegen diese wird ein be217 Vgl. H. Bierhoff: Sozialpsychologie, S. 280. 218 FlDae 1587, S. 8 f.; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 16 f. Vgl. SR 1585, folio 330 recto. 219 FuDae 1587, S. 9. Bei G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 85 aus Sicht des Verfassers missverständliche Übersetzung dieser Überschrift. 220 FuDae 1587, S. 9 f.; G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 85 – 88. 221 FuDae 1587, S. 12 f.; G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 90 f. Vgl. die gleichsinnigen Darlegungen in: CAE 1576, S. 149 f. 222 FuDae 1587, S. 31; vgl. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 111, wo die Kapitelüberschrift mit „Heilmittel, welche gegen männliche oder weibliche dämonische Wesen anzuwenden ist“ übersetzt wird, was sachlich natürlich richtig ist, aber die eindeutig sexuell konnotierten ,Signalwörter‘ Incubi und Succubi übergeht.

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sonders dichtes Netz an geistlichen Heilmitteln als Abhilfe empfohlen: Neben Reue, Beichte, Gebeten, Exorzismen und „Besprengung mit Weihwasser“ werden Fasten, Wallfahrt und das Tragen eines „Breves“223 mit gesegneten Dingen um den Hals genannt.224 Menghis nahezu unbedingtes Abzielen auf die Vertreibung der Dämonen wird aber besonders deutlich in Kapitel IX der „Dämonengeißel“ sichtbar. Dort empfiehlt der Autor bedenkenlos „iniuriis et opprobriis“ – was hier durchaus mit „Gewalttätigkeiten und Beschimpfungen“ übersetzt werden kann –, welche naturgemäß am Besessenen verübt werden müssten, als probates Mittel zur Vertreibung der Dämonen, und dies, obwohl ein solches Vorgehen, wie er selbst einräumt, „von vielen als falsch und lächerlich angesehen“ werde.225 Dass Menghi hierbei nicht nur an kleine ,Neckereien‘ – aber auch nicht gerade an schwere Folter – dachte, illustrieren die von ihm gleich mitgelieferten Beispiele: „tractus capilloru[m], aurium, seu colaphizare“ – „Ziehen an den Haaren und Ohren, Ohrfeigen und Ähnliches“.226 Derartige Angriffe auf die Dämonen seien, so der Autor, nicht nur erlaubt, sondern nötig; obwohl die Dämonen selbst ja keine Körper besäßen, seien sie doch voller Furcht und daher durch solche ,Injurien‘ durchaus zu beeindrucken, was sich im Übrigen auch daran zeige, dass sie gelegentlich schon aus einem Besessenen ausfahren, wenn ihnen nur „ein altes Mütterchen“ drohe (!).227 Auch die Bedrohung der Dämonen mit Exkommunikation, wie in manchen exorzistischen Texten vorgesehen, sei unbedenklich, so Menghi an dieser Stelle; man dürfe dies freilich nicht im wörtlichen Sinne verstehen. Die hier zusammengefassten Ausführungen zum Thema körperlicher und psychischer Gewaltanwendung haben übrigens keine Entsprechung im CAE, im Gegensatz zu jenen zur kontroversen ,Spezialfrage‘ „ob Exorzisten [beschriebene] Zettel anwenden dürfen, und d[en] Regeln, nach denen dies erlaubter Weise geschehen kann“,228 welcher Menghi sowohl im

223 Zur Bedeutung des Ausdrucks „Breve“ als eine Art geistlich approbiertes Amulett vgl. bes. Arbeiten zur frühneuzeitlichen Populärmedizin, z. B. H. Nemec: Zauberzeichen, S. 143 f. (mit Abbildung eines ,Breverls‘; der Ausdruck war im alpenländischen Raum für ,kleinen, geweihten Segensbringer zum Umhängen‘ bis zumindest ins späte 20. Jahrhundert hinein gebräuchlich). 224 Diese Ausführungen entsprechen teils genau dem italienischen Text in: CAE 1576, S. 244 – 249. 225 FuDae 1587, S. 15; G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 93. 226 FuDae 1587, S. 15. M. Probst et al. übersetzen diese wichtige Stelle mit „Ziehen an den Haaren, an den Ohren oder […] verstümmeln“, was völlig fehlgeht: G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 93. Vgl. zur Bedeutung des nicht unbedingt ,klassischen‘ Ausdrucks „colaphizare“: A. Sleumer : Kirchenlateinisches Wörterbuch, S. 219. 227 FuDae 1587, S. 18; G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 97. 228 FlDae 1587, S. 15; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 21.

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CAE229 als auch im FlDae ausführliche Passagen – mit weitgehend identen Inhalten – widmet. Diesbezüglich erschien die Grenze zum Aberglauben den Zeitgenossen selbst vielfach prekär ; jedoch gibt es Menghi zufolge „fünf Regeln […], um zu erkennen, ob jene kurzen Sprüche erlaubt sind oder aber abergläubig“, welche man auf Zetteln notiere und an den Besessenen appliziere:230 Die betreffenden Handlungen müssten: 1. Die Ehre Gottes als Hauptziel haben, 2. der Tugend geziemen, 3. der Heiligen Schrift bzw. der Tradition der Kirche entsprechen, 4. natürlich für den erwarteten Zweck geeignet sein, worüber u. a. auch Ärzte und Astrologen Auskunft geben könnten (offensichtlich ist hier, ohne dass dies explizit gemacht würde, an die Applikation solcher Segenszettel gemeinsam mit Arzneien u. ä. gedacht), und 5. an sich verdienstvoll sein und keinen Anlass zum Skandal geben oder anderen Menschen Schaden zufügen. Gemäß diesen Kriterien, so wird weiter ausgeführt, seien u. a. Riten des Alten Testaments verboten, soweit die Kirche sie nicht ausdrücklich als weiterhin gültig bestätigt habe, ebenso „künstliche Steine“ oder unbekannte Buchstabenverbindungen.231 Jedoch verweist Menghi anschließend auf „sieben weitere Bedingungen“, welche gemäß Thomas von Aquin gegeben sein müssten:232 Der aufgeschriebene Text müsse als solcher erlaubt sein, insbesondere keine direkte Anrufung (invocatio) der Dämonen enthalten (!) und keine unbekannten Bezeichnungen; die Ausübenden müssten zum Exorzieren befugt sein; der Text dürfe nichts Falsches – etwa im dogmatischen Sinn – enthalten, auch keine überflüssigen Zeichen; erlaubt ist nur das Kreuzzeichen. Er dürfe keine falschen Hoffnungen wecken; die heiligen Worte darin müssten andächtig vorgetragen und die Hilfe nur von Gott erwartet werden; schließlich müsse man „die erwartete Wirkung dem Willen […] Gottes überlassen“ – also nicht versuchen, denselben zu einer Handlung zu „zwingen“.233 Keine eingehenden Darlegungen zu dieser Thematik enthält das SR. Verglichen mit diesen Mitteilungen wendet Menghi für die Erörterung der ja durchaus ebenso prekären Phase des Abschlusses eines Exorzismus wenig Raum auf; hierauf beziehen sich das letzte, XVIII. Kapitel des FlDae sowie drei Kapitel des FuDae, VIII, XIII und XV. Im letzteren wird eine liminale Situation behandelt, nämlich jene, wenn die Dämonen zwar zur Ausfahrt aus dem betroffenen Menschen genötigt werden konnten, jedoch in dessen Nähe weiter aktiv blie-

229 Vgl. CAE 1576, S. 277 – 283. 230 FlDae 1587, S. 16; G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit S. 21 f. 231 Vgl. FlDae 1587, S. 16 f., G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit S. 21 f. 232 Vgl. Thomas von Aquin: Summa theologiae, Secunda pars secundae partis, quaestio 94 – 96. 233 G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit S. 23; FlDae 1587, S. 17.

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ben.234 Besonders gefährlich seien in dieser Hinsicht die Haare der Betroffenen selbst; in ihnen könnten sich ausfahrende Dämonen verbergen und unentdeckt bleiben, bis sie später wieder in den Körper eintreten würden.235 Dieses Konzept hatte nicht zuletzt wohl für die retrospektive Erklärung fehlender Nachhaltigkeit mancher vermeintlich erfolgreicher Exorzismen praktische Bedeutung; für die Betroffenen selbst folgte in manchen Fällen wiederum, als ,prophylaktische‘ Gegenmaßnahme, die Rasur des Kopfhaares nach ,erfolgreicher‘ Dämonenvertreibung.236 Diese erwähnt Menghi selbst zwar nicht, beschreibt aber, wie er bei einem selbst durchgeführten Exorzismus durch Packen (Reißen?) der Haare der vermeintlich schon ganz Befreiten den Dämon wieder zum Vorschrein bringen konnte. In Kapitel XIII dagegen beschreibt der Autor die Zeichen, welche die bösen Geister bei der Ausfahrt aus dem Körper eines Menschen im Allgemeinen geben würden;237 hierbei handelt es sich um eine fast wortwörtliche Übernahme des betreffenden Textes im Sacerdotale Romanum (Kapitel VI) mit den dort beschriebenen, dramatischen körperlichen Erscheinungen (siehe hierzu weiter oben). Daran anschließend – wohl weil dies eine Erscheinung typischerweise ebenso der späten Stadien einer dämonischen Besessenheit war – thematisiert Menghi das ,Problem‘, wie mit Besessenen umzugehen sei, aus welchen Dämonen „über die tiefsten Geheimnisse der Heiligen Schrift“ sprächen. Diesbezüglich ist sein Standpunkt klar : „Diesen [Dämonen] lege der Exorzist, soweit er kann, Schweigen auf, und er befehle ihnen, dass sie aus den besessenen Körpern ausfahren […]“.238 Die Schwierigkeit, „dass man einige Besessene findet, die niemals befreit werden“, erörtert der Autor im vorletzten Kapitel des FlDae. Dies sei tatsächlich möglich und geschehe aus „Zulassung Gottes“, wobei es unterschiedliche Gründe geben könne. Angeführt werden besonders zu geringer oder falscher Glauben entweder des Betroffenen selbst oder der Teilnehmer ; allzu große Sünden der Gequälten; die Absicht Gottes, den Gequälten umso stärker zu reinigen (!); Nachlässigkeit in der Anwendung von geistlichen Heilmitteln; zu geringer Glauben des Exorzisten; Hinzuziehung von ungeeigneten Exorzisten;

234 Die sogenannte ,Umsessenheit‘. Vgl. bes. A. Rodewyk: Die dämonische Besessenheit, S. 208 – 217. 235 FuDae 1587, S. 30; G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 109 f. 236 Vgl. hierzu etwa: K. von Rosenrodt: Bericht über drei von Dämonen Besessene. 237 FuDae 1587, S. 26 f.; G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 105 f. 238 G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 106; FuDae 1587, S. 26. Zu letzterem Punkt keine Analogien im SR; das gesamte Kapitel ohne Entsprechung im CAE 1576.

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daneben gebe es noch weitere Gründe, „über die uns ein Urteil versagt ist“.239 Diese Mitteilungen entsprechen weitgehend jenen in Kapitel X des CAE.240 Aus aisthetischer Sicht besonders aufschlussreich stellen sich aber jene Bemerkungen Menghis dar, welche er zur Wahrnehmung von ,spiritus maligni‘ nach ihrer Ausfahrt in Kapitel VIII des FuDae macht, welches sonst der ,Unterscheidung der Geister‘ gewidmet ist:241 Hier wird darauf hingewiesen, dass die Dämonen beim Ausfahren aus dem Besessenen häufig diesem selbst erscheinen würden, „cum maximo ac terribili aspectu diversarum bestiaru[m] vel aliarum reru[m], licet non videantur a circumstantibus“, als „großer und schrecklicher Anblick verschiedener Bestien oder anderer Dinge, auch wenn diese von den Umstehenden nicht gesehen werden“!242 Damit wird eine wahrnehmungstheoretisch, weit über das Thema der ,Dämonen‘ hinaus, zentrale Frage angesprochen, nämlich jene grundsätzliche nach Wahrheitsgehalt und Bedeutung von ,subjektiven‘, von anderen Menschen dezidiert nicht geteilten Perzeptionen. Die weiteren Darlegungen Menghis hierzu stehen in der scholastischen Tradition: Einerseits könnten die Dämonen eine Imagination, also ein Phantasiebild hervorbringen, das dann nur von den Betroffenen selbst gesehen werde. Andererseits hätten aber die bösen wie die guten Geister (und auch die Seelen im Himmel) eine derartige Macht über ihren Körper, dass sie fähig seien, selbst zu bestimmen, ob „ihre Körper gesehen werden; oder nicht; von Einem oder von Vielen; von weitem oder von nahem, so dass jede Handlung des […] Körpers in der Macht der Seele stehen wird.“243 Diese Aussage von, aus heutiger Sicht gelinde gesagt, ungewöhnlichem Inhalt, erscheint hochbedeutsam, da sie eine fundamentale Differenz in den Auffassungen über die Konstitution von Wirklichkeit und die Rolle der intersubjektiven Übereinstimmung von Sinneswahrnehmungen in derselben offenbart, welche zwischen solchen, vormodernen und gegenwärtigen epistemischen Orientierungen besteht: Anders als etwa ein unbelebtes Ding oder ein gewöhnlicher Mensch ,aus Fleisch und Blut‘ kann ein Dämon demnach ,wirklich‘ an einem Ort anwesend sein, obwohl er nur von einer unter vielen anwesenden Personen gesehen oder sonst wahrgenommen wird. Bedeutungsvoll ist die hier von Menghi wiedergegebene Auffassung von ,Wirklichkeit‘ und ,Wahrheit‘ vor allem deswegen, weil es sich hierbei keineswegs um eine Idiosynkrasie seiner Person handelt; im Gegenteil, er kann zur Untermauerung so anerkannte theologische Autoritäten wie Bonaventura und

239 240 241 242 243

G. Menghi: Flagellum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 30; FlDae 1587, S. 23. CAE 1576, S. 299 – 301. Siehe dazu im Vorangegangenen. FuDae 1587, S. 14. Vgl. G. Menghi: Fustis, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 92. Ebd., S. 92 f.; FuDae 1587, S. 15.

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Thomas von Aquin anführen,244 weiters auch biblische Texte, in welchen genau dieses Phänomen gläubig berichtet wird: Ein Engel – hier ein guter – erscheint in Anwesenheit mehrerer Personen nur einer einzigen sichtbar ;245 dennoch wird sein Erscheinen keineswegs in Frage gestellt.

Resümee: Präsentationen von Dämonen in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts Wer sich davon überzeugen möchte, dass die soeben dargestellte – einfach und beliebig manipulierbare, in keiner Weise überprüfbare – Form der Definition der sozialen Wirklichkeit246 nicht bloß in vormodernen Gesellschaften existiert, muss seinen Blick lediglich auf bekannte heilige Orte im Europa der Gegenwart werfen: In Medjurgorje etwa sind derlei Wunder – von der vorsichtigen Kirchenleitung in Rom freilich nicht anerkannt – nahezu täglich zu bestaunen, wenn die dortigen Seher nicht gerade Urlaub machen.247 „Die weltt die will betrogen syn“, könnte man mit den Worten eines bekannten Autors der Frühen Neuzeit kommentieren,248 auch dann, wenn man dem Physiologen du BoisReymond in seinem grundsätzlichen Urteil über die Versuche, das Verhältnis von Spirituellem und Materiellem, von Bewusstsein und Körper, wissenschaftlich zu klären, zustimmt: ignoramus et ignorabimus.249 Ziel des vorliegenden Beitrags war es, anhand der Vorstellung einiger ausgewählter zeitgenössischer Quellen einen Einblick in das Praxiswissen zum Umgang mit spiritus maligni im Sinne von bösen Geistern bzw. Dämonen im südeuropäischen Katholizismus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu geben. Im Zentrum des Interesses standen dabei Annahmen über die Wahrnehmbarkeit der Dämonen sowie Zeichen, Formen und Folgen ihres Wirkens auf Erden. Hierfür wurden insbesondere das Sacerdotale Romanum (Fassung 1554) als päpstlich approbiertes, offiziöses Handbuch für sakramentale Handlungen, sowie die Werke Flagellum Daemonum (1576), Fustis Daemonum (1584) und

244 Verwiesen wird u. a. auf: Thomas von Aquin: Scriptum super Sententiis [Sentenzenkommentar], liber IV, distinctio 44. 245 Dan 10; Apg 9. 246 Vgl. P. Berger und T. Luckmann: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. 247 Vgl. D. Fox: Medjugorje verstehen. 248 S. Brandt: Das Narrenschiff, S. 65. 249 Vgl. Emil du Bois-Reymond, Über die Grenzen des Naturerkennens, in: Siegfried Wollgast (Hg.), Emil du Bois-Reymond, Vorträge über Philosophie und Gesellschaft, Hamburg 1974, S. 54 – 77.

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Compendio dell’arte essorcistica (1576) des italienischen Minoritenpaters Girolamo Menghi untersucht und erörtert.250 Die Bestimmungen des Sacerdotale Romanum bildeten wichtige Bestandteile der Texte von Menghi, wurden aber in diesen, insbesondere im deutschsprachigen Raum bisher wenig beachteten Texten, um zahlreiche theoretisch-dämonologische (vor allem im CAE), sowie praxisbezogene (vor allem im FlDae und FuDae) Aspekte erweitert. Die in den Originaltexten wenig systematischen Darlegungen Menghis zu Besessenheit und Exorzismus lassen sich folgenden drei Überthemen zuordnen: 1. Erörterungen zu Qualifikationen und Vorbereitungen der Exorzisten, 2. Erörterungen zu Zeichen dämonischer Präsenz und dämonischem Wirken, 3. Erörterungen zu den Interaktionen zwischen Menschen (v. a. Exorzisten) und den durch die Besessenen agierenden Dämonen. Die Darlegungen zu 1. fallen in Summe relativ knapp aus, über die Inhalte des SR hinaus geht eigentlich nur die Diskussion der Frage, ob auch Laien exorzieren dürften, welche Menghi – in gewissen Grenzen – bejaht. Eingehend beschäftigen sich seine exorzistischen Handbücher dagegen mit Punkt 2, also dem für das Phänomen der Besessenheit fundamentalen Problem des Erkennens dämonischer Anwesenheit in einem Menschen. Die ,harten‘, traditionellen Besessenheitskriterien werden dabei vom Autor durch verschiedene Argumente erheblich aufgeweicht. Am ausführlichsten (wenn man von der Wiedergabe der rituellen Texte selbst absieht) setzen sich FlDae und FuDae aber mit Problemen auseinander, die sich auf die konkrete Interaktionssituation zwischen Exorzist einerseits und Besessenem andererseits beziehen (Punkt 3): Dies betrifft zunächst Aspekte des settings, also die räumlichen und zeitlichen Gegebenheiten und die an den sakralen Handlungen zu beteiligenden Personen. In diesem Zusammenhang hält Menghi ein Plädoyer für die Durchführung öffentlicher Dämonenaustreibungen.251 Weitere Darlegungen beziehen sich dann auf das Ritual selbst und dabei immer wieder auftretende Schwierigkeiten, allen voran mannigfache Widerstände und Listen der Dämonen. Hier erfährt der Leser u. a., wie vorzugehen sei, um überhaupt eine Gesprächsbasis mit dem Besessenen herzustellen, und was zu vermeiden sei, um das Ziel der Dämonenaustreibung im Fokus der Interaktion zu erhalten – bis hin zu recht ausgefeilten Techniken,252 welche an Vorgangsweisen in der Gestaltpsychologie bzw. Gestalttherapie erinnern,253 weiters erhält er Empfehlungen für Rituale zur Stabilisierung des Zustandes des Betroffenen nach erfolgreicher Dämonenaustreibung. Weiters 250 251 252 253

Hier mit den Siglen SR, FlDae, FuDae und CAE bezeichnet. Vgl. bes. FlDae 1587, S. 25. Ebd., S. 18. Vgl. L. Hartmann-Kottek und U. Strümpfel: Gestalttherapie, Berlin et al. 2008.

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behandelt Menghi auch das Problem einer etwaigen Involvierung von Schadenszauber und Hexerei bei Besessenheitsfällen eingehend, wobei u. a. deutlich wird, dass er an die autonome, schädigende Wirksamkeit von physischen Zaubermitteln glaubt. Für deren Auffindung und Vernichtung werden detaillierte Hinweise gegeben.254 Ebenso detailreich und umfassend sind die Darlegungen des Autors zu Heilmitteln gegen die Besessenheit respektive geeigneten Kampfmitteln gegen Dämonen.255 Zur Untermauerung seiner diesbezüglichen Argumentation bedient sich Menghi zeitgenössischer medizinischer bzw. physiologischer Lehren, so im Hinblick auf angenommene Zusammenhänge zwischen melancholischer Disposition und Anfälligkeit für dämonische Angriffe.256 Zentral sind für den Ordensgeistlichen Menghi aber selbstredend die spirituellen Heilmittel, allen voran die rituellen exorzistischen Texte mit ihren Anrufungen der Macht Gottes sowie Bedrohung und Verdammung des Bösen in Gestalt des Teufels und seiner Dämonen. Hierbei wird u. a. den zu verwendenden Gottesnamen große Aufmerksamkeit geschenkt. Über diese Instrumente hinaus rät der Autor in seinen Werken aber auch dazu, die Dämonen in den Besessenen mit „Gewalttätigkeiten und Beschimpfungen“257 (!) anzugreifen. Deutlich als Immunisierungsstrategien258 erkennbar werden die Ausführungen Menghis zu dem eminenten praktischen Problem, „dass man einige Besessene findet, die [trotz allen exorzistischen Eifers] niemals befreit werden“: Nach einer langen Liste von an sich schon unüberprüfbaren Gründen, welche es hierfür geben könne – z. B. „geringer oder falscher Glauben entweder des Betroffenen selbst oder der Teilnehmer“259 – folgt noch der Hinweis auf weitere, nicht genannte Gründe … Hinsichtlich der von Menghi vertretenen, vormodernen Wahrnehmungstheorie besonders aufschlussreich erscheinen schließlich die Ausführungen zum Erscheinen der Dämonen im Moment ihrer gelungenen Austreibung: Hier wird mehr als anderswo deutlich, dass basale Kriterien physischer, greifbarer Objekte für derlei geistige Wesenheiten eben auch dann nicht gelten, wenn sie sich körperlich präsentieren: Mag auch niemand außer dem Befreiten selbst den angeblich in Gestalt eines grässlichen Tieres weichenden Dämon erblicken, selbst bei Anwesenheit zahlreicher anderer Menschen zur selben Zeit am selben Ort, so kann diese seine subjektive Wahrnehmung dennoch wahr sein, der Dämon als wirklich präsent anerkannt werden. Sie entspricht ja auch den Erwartungen, 254 FlDae 1587, S. 25. 255 Vgl. dazu bes. E. Reisenhofer : Besessenheit und Exorzismus. 256 Vgl. W. Weber: „Im Kampf mit Saturn“; R. Klibansky, E. Panofsky und F. Saxl: Saturn und Melancholie. 257 FuDae 1587, S. 15. 258 Vgl. hierzu: Albert, Hans: „Die Idee der kritischen Vernunft“. 259 FlDae 1587, S. 23.

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welche sich aus dem ,interpretativen Programm‘ ,dämonisches Wirken‘ und den damit verbundenen Wissensbeständen über das Wesen der Dämonen ergeben.

Bibliographie Primärliteratur Brandt, Sebastian: Das Narrenschiff, hg. Friedrich Zarncke, Leipzig 1854. Menghi, Girolamo: Compendio dell’arte essorcistica, et possibilita delle mirabili & stupende operationi delli Demoni & de’ Malefici. Con li rimedii opportuni alle infirmit— maleficiali, Bologna, Giovanni Rossi: 1576, Nachdruck Genua 1987. Zitiert als CAE 1576. Menghi, Girolamo: The devil’s scourge. Exorcism during the Italian renaissance, übers. und hg. Gaetano Paxia, Boston, Mass., 2002. Menghi, Girolamo: Flagellum Daemonum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 7 – 73. Menghi, Girolamo/Hieronymus Mengus: Flagellum Daemonum, exorcismos terribiles, potentissimos, & efficaces, remediaque probatissima in malignos spiritus expellendos, facturasque; & maleficia effuganda de obsessis corporibus complectens; cum suis benedictionibus, & omnibus requisitis ad eorum expulsionem, Bologna, Giovanni Rossi: 1576 und öfter. Zitiert als FlDae 1587. Menghi, Girolamo: Flagellum Daemonum […] Fustis Daemonum […], [in einem Band], Venetiis: Charitatis 1587. Menghi, Girolamo: Il flagello die demoni. Esorcismi terriboli, potentissimi ed efficaci, hg. Luigi dal Lago, Vicenza 1997. Menghi, Girolamo: Fustis Daemonum, in: M. Probst et al. (Hg.): Besessenheit, S. 75 – 151. Menghi, Girolamo/Hieronymus Mengus: Fustis daemonum, adiurationes formidabiles, potentissimas, & efficaces in malignos spiritus fugandos de opressis corporibus humanis, Bologna, Giovanni Rossi: 1584 und öfter. Zitiert als FuDae 1587. Rituale Romanum, Pauli V. Pont[ificis] Maxi[imi] issu editum, Rom, Camera Apostolica: 1614; Nachdruck als Rituale Romanum. Editio Princeps (1614), hg. Manlio Sodi und Juan Javier Flores Arcas [Monumenta Liturgica Concilii Tridentini 5], Citt— del Vaticano 2004. Zitiert als RR. Rosenrodt, Knorr von: Bericht über drei von Dämonen Besessene, Mss. 79, in: G. Ammerer und C. Watzka (Hg.): Der Teufel in Graz? Sacerdotale Romanum, Venetiis, Petrus Rosellus: 1555. Zitiert als SR 1555. Sacerdotale Romanum, Venetiis, Dominicus Nicolinus: 1585. Zitiert als SR 1585. Thomas von Aquin: Quaestiones disputatae: Vom Übel/De malo II, q. 8 – 16, übers. Christian Schäfer, hg. Rolf Schönberger [Quaestiones disputatae Bd. 12], Hamburg 2010. Thomas von Aquin: Summa contra gentiles, lateinisch-deutsch, hg. Karl Albert et al., Darmstadt 2009.

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Bettina Full

Fascinatio: Bildreflexion und Wirkungsästhetik in der Dichtung Pierre de Ronsards

I.

„Sathan l’a seduit, le pere des mensonges“: der Streit um die Dichtung

Pierre de Ronsard hat die Stellung und den Erkenntnisanspruch des Dichters in der zeitgenössischen Welt mit großer Durchdringungskraft reflektiert. Sein Werk beleuchtet die Nähe oder Distanz zum königlichen Hof und setzt sich mit Ursprung und Begründung des dichterischen Sprechens auseinander. In der kritischen Abwägung tradierter Modelle – von Inspiration und göttlichem furor, rhetorischer ars, imitatio oder einer der Imagination verdankten Erfindungsgabe – zeigt sich ein gesteigertes Bewusstsein für die historischen Bedingungen und epistemologischen Voraussetzungen der Poesie.1 Dabei positioniert Ronsard das eigene Werk durchaus selbstbewusst und erfolgreich, wie die Wahrnehmung durch Zeitgenossen belegt. Schon früh wird er als „prince des poÀtes“ gepriesen, mit dem die französische Dichtung zu neuem Rang und Ruhm gelangt sei.2 Dieser Ehrentitel schmückt noch das Titelblatt der postumen Werkausgabe von 1609. Auf dem Frontispiz wird Ronsards Porträt im Architrav des architektonischen Aufbaus von Vergil und Homer mit Lorbeer bekränzt; eine antike Heldenfigur und die Liebesgöttin Venus, rechts und links an eine Säule gelehnt, weisen auf eine in Gattungen und Stoffen breit angelegte Dichtung hin.3 Ronsards Schaffen steht in enger Verbindung mit der Etablierung der humanistischen Kultur in Frankreich und der Förderung der Künste und Wissenschaften durch die Valois-Könige, insbesondere den „pÀre des lettres“ 1 Zu den poetologischen Ansätzen im französischen 16. Jahrhundert vgl. H. Weber : La Cr¦ation po¦tique, S. 107 – 160; G. Castor : La Po¦tique de la Pl¦iade. 2 Belege aus den Jahren 1552/53 gibt M. Raymond: L’Influence de Ronsard, S. 29 – 32. Das Epitheton ist auch im Titel des Nachrufs von Claude Binet aufgenommen: Discours de la vie de Pierre de Ronsard, gentilhomme vandomois, Prince des PoÚtes FranÅais, avec une ¦clogue repr¦sent¦e en ses obseques, Paris 1586. 3 P. de Ronsard: Œuvres revues. Das Titelblatt ist einzusehen unter : http://gallica.bnf.fr/ark:/ 12148/bpt6k70092w.r=nicolas+buon+ronsard.langDE.

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FranÅois I. Italienische Renaissancekultur und die griechisch-lateinische Literatur und Philosophie, die Ronsard bei dem Philologen Jean Dorat am CollÀge de Coqueret in Paris studiert, gehen in ein Werk ein, das durch gelehrte intertextuelle Referenzen, mythologische Bildlichkeit und die kritisch-abwägende Einbindung erkenntnistheoretischer Modelle wie des Neuplatonismus, Skeptizismus und – mit der Rezeption von Lukrez’ De rerum natura – des Epikureismus gekennzeichnet ist. Im Spektrum der Gattungen von Ode, Sonett, Hymne, burlesker Poesie und Bukolik greift Ronsard auf unterschiedliche, auch konträre diskursive Felder zurück, die er zu raffinierten Aushandlungsprozessen zusammenführt. Die Dichtung Ronsards entsteht in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in einer von Glaubenskonflikten, Religionskriegen und Ketzerverfolgungen geprägten Zeit, in der die Stellung des Menschen zu Welt, Kosmos und Transzendenz als unsicher wahrgenommen wird, die Uneinsehbarkeit des göttlichen Heilsplans oder providentieller Ordnung Möglichkeiten des Handelns in Frage stellt.4 Die gelehrte weltliche Dichtung, die in der humanistischen Kultur hohes Ansehen genießt, wird im Kontext der konfessionellen Auseinandersetzungen in Frankreich stark angegriffen. Gegen Ronsard als ihren prominentesten Repräsentanten richtet sich von protestantischer Seite eine scharfe Polemik. Noch vor den Religionskriegen verurteilt man die Orientierung des französischen Hofes am Humanismus, wie sie sich beispielsweise in der Gründung des CollÀge Royal und der Förderung der Pl¦iade-Dichter zeigt. Eine Fülle von Pamphleten und Spottgedichten trägt in diffamierender Absicht vor, dass Ronsards Poesie die Leser teufelsgleich verführe und sie von Gott entferne.5 Ronsard antwortet mit Invektiven, den 1562 veröffentlichten Discours des MisÀres de ce temps. In der „El¦gie — Louis Des Masures“ kolportiert er den Ton und die Tendenz der Vorwürfe: „Mais Sathan l’a seduit, le pere des mensonges, / Qui ne luy fait chanter que fables et songes“.6 Erfundene Geschichten und Traumbilder haben, so der in den Discours ironisch zugespitzte Kern der Schmähungen, ihren Ursprung im Bösen. Sie bannen, der fascinatio, der Verzauberung durch die Hexen gleich, das innere Auge des Rezipienten und verstellten so den Blick auf die Transzendenz. Mit ähnlichen Argumenten hatte Cl¦ment Marot bereits in den 1540er Jahren der imitatio antiker Epen, dem mythologisierenden Herrscherlob und der petrarkistischen Liebeslyrik die christlich-religiöse Poesie entgegengesetzt. In der an FranÅois I gerichteten Widmung seiner Psalmenübersetzung weist Marot die pagane Dichterweihe und ihre Bildlichkeit – die Quelle Hippokrene, die aus 4 Vgl. D. Crouzet: Les Guerriers de Dieu. 5 Vgl. F. Charbonnier: La Po¦sie franÅaise; D. M¦nager : Ronsard, S. 187 – 274; K. Ley : „Calvins Kritik an Ronsard“. 6 P. de Ronsard: Discours — Louis des Masures, V. 41¢42, in: ders.: OC, Bd. 2, S. 1018.

Bildreflexion und Wirkungsästhetik in der Dichtung Pierre de Ronsards

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Pegasus’ Hufschlag entspringt – als inadäquat zurück. Er selbst habe nun vom klaren Wasser des Heiligen Geistes getrunken, folge also der Bibel und ihrem einfachen, schlichten Stil.7 Die Psalmen ermöglichten die communicatio der Seele mit Gott, wie auch Calvin im Vorwort seines Psalmen-Kommentars unterstreicht. Sie dienten der Buße und spirituellen Erbauung, indem sie, der aristotelischen Katharsis vergleichbar, das Innere im reflexiven Nachvollzug von verderblichen Affekten reinigten: „J’ay accoustum¦ de nommer ce livre une anatomie de toutes les parties de l’–me, pource qu’il n’y a affection en l’homme laquelle ne soit icy repr¦sent¦e comme en un miroir. Mesmes, pour mieux dire, le saint Esprit a yci pourtrait au vif toutes les douleurs, tristesses, craintes, doutes, esp¦rances, solicitudes, perplexitez, voire jusques aux emotions confuses desquelles les esprits des hommes ont accoutum¦ d’Þtre agitez.“8

Der Gesang der Psalmen distanziere, so fährt Calvin fort, die an den irdischen Körper gebundenen Emotionen und Vorstellungen. Das Innere, dem mit der Auflösung der affektiven Verblendung auch jegliche Heuchelei ausgetrieben sei, öffne sich nun für Gott: „C’est certes un excellent et singulier proufit, quand toutes cachettes descouvertes, le cœur est produit en lumiÀre bien purg¦ de ceste meschante infection d’hypocrisie.“9 In dieser Auseinandersetzung wiederholt sich ein altes Verdikt gegen die weltliche Dichtung als Lüge und Täuschung, das der Renaissancehumanismus neuplatonischer Prägung seit dem 15. Jahrhundert durch die erkenntnistheoretische Aufwertung und kultische Überhöhung der Poesie zu überwinden gesucht hat.10 Die Dichtung stiftet in dieser Traditionslinie, wie sie wirkmächtig mit den Schriften Marsilio Ficinos vorliegt, eine Partizipation des Menschen an der kosmischen Ordnung.11 Indem sie den Rezipienten von schädlichen körperlich-materiellen Einflüssen und trügerischen Vorstellungsbildern befreit, also seinen Geist reinigt, öffnet sie ihn für die Kräfte des Kosmos, verbindet ihn mit dem spiritus mundi und, intentional, dem göttlichen Einen. Eine das Innere reinigende, läuternde Wirkung kommt auch den Psalmen zu. Die neuplatonische Theorie eines beseelten Universums sowie die hohe Stellung des Dichters 7 Kontrastiert werden der „ruysseau Caballin“ und die „claire unde“, die sich der Inspiration durch den Heiligen Geist verdankt, in Marots Widmung der Psalmen „Au treschrestien roy de France, FranÅoys premier de ce nom“ von 1541. Zur Abwertung der Liebeslyrik vgl. die Epistel „Au dames de France touchant lesdicts psaumes“, die Marot 1543 der zweiten Auflage seiner Psalmenübersetzung beifügt. Zu Marots neuem Dichtungsprogramm vgl. F. Cornillat: La po¦sie de la Renaissance, S. 970 – 978. 8 J. Calvin: Commentaires sur les Pseaumes, Preface, Bd. 1, Paris 1859, S. vi. 9 Ebd., vgl. auch K. Ley : „Calvins Kritik an Ronsard“, S. 120 – 125. 10 Einen materialreichen, differenzierten Überblick über negative Wertung und sakralisierende Überformung der Dichtung gibt C.J. Steppich: Numine afflatur, S. 29 – 214. 11 Vgl. S. Schneider : Kosmos, Seele, Text.

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werden von den protestantischen Autoren jedoch abgelehnt.12 Ihrer Ansicht nach befördert allein die christlich-religiöse Poesie, der Auslegung des Bibelwortes und seiner Vermittlung in der Predigt vergleichbar, die Reue des Gläubigen und dessen unmittelbare, nicht über Geistinstanzen vermittelte Hinwendung zu Gott. Dass diese Differenz Übergänge zwischen den Diskursen keineswegs ausschließt, belegt exemplarisch die Aufnahme neuplatonischer Theoreme durch den Psalmenübersetzer Cl¦ment Marot.13 Die Angriffe gegen Ronsard weisen so nicht nur auf politisch-religiöse Konflikte, sondern auf vielschichtige epistemologische Wandlungsprozesse hin. Verurteilt wird eine Poesie, die mit bildmächtiger Sprache – im Rückgriff auf die antike Mythologie oder die liebeslyrische Tradition – einen fiktiv-imaginären, mit den „fables et songes“14 verbundenen Raum entwirft. Signifikant ist das die Kritik häufig prägende diabolisierende Vokabular. So diffamiert etwa Accasse d’Albiac in der Widmung seiner Übersetzung biblischer Cantica die weltlichen Sujets zugeneigten Dichter als „poÀtes maudits“ und „endiablez esprits“.15 Der Genfer Theologe Th¦odore de BÀze warnt im Vorwort seiner Tragödie Abraham sacrifiant nachdrücklich vor „ces malheureuses inventions ou imitations de fantaisies vaines et deshonnestes“.16 Nichtig-illusionäre Vorstellungsbilder bringt dabei nicht nur der pagane Stoff hervor. Sie werden von einer Sprache erzeugt, die, wie es in der Andr¦ de Riveaudeau zugeschriebenen Remonstrance — la Royne heißt, selbst christliche Gegenstände verfälscht, Transzendenz und irdische Welt ununterscheidbar macht. So stelle Ronsard dem Leser einen Himmel vor Augen, der nicht auf die Transzendenz verweise, sondern allein der eigenen Imagination entsprungen sei.17 Die Kritik an der Bildpotenz der Dichtung ordnet sich zeitgenössischen Debatten über die erkenntnistheoretische Wertigkeit der Imagination ein. Wie bereits Marsilio Ficino und nach ihm Gianfrancesco Pico della Mirandola problematisieren, lässt die Imagination, sobald sie sich der Kontrolle der ratio entzieht, referenzlose Bilder im Inneren entstehen. Sie nimmt, radikal gedacht, 12 Zur Kritik der Calvinisten an analogischen, Sinnliches und Unsichtbares verknüpfenden Erkenntnismodellen und deren Ersetzung durch den Bibeltext vgl. D. Crouzet: Les Guerriers de Dieu, S. 564 – 578. 13 Vgl. M. Jeanneret: „Marot traducteur des Psaumes“; zur protestantischen Kritik an kosmologischen Vermittlungsmodellen vgl. C. Pign¦: De la fantaisie chez Ronsard, S. 334 – 342. 14 P. de Ronsard: Discours — Louis des Masures, V. 42, in: OC, Bd. 2, S. 1018. 15 A. d’Albiac: L’autheur — tous Chrestiens, 1558, neu aufgelegt in Lyon 1560. Zum historischen Kontext der Auseinandersetzungen vgl. J. Vignes: „Po¦sie et religion au XVIe siÀcle“. 16 T. de BÀze: Vorwort zu Abraham sacrifiant, S. 4. 17 „Icy j’ay grand horreur de lire en ton trait¦ / Les termes enrag¦s de ton impi¦t¦, / Qui devises du ciel et des choses Chrestiennes / Comme l’on traiteroit les choses terriennes: / Ces sieges, et cet huis, ces vides ou pleins lieus / Que ton ame imagine en begueiant des cieus“, in: La Pol¦mique protestante contre Ronsard, Bd. 1, S. 136 f., V. 707 – 712.

Bildreflexion und Wirkungsästhetik in der Dichtung Pierre de Ronsards

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dem Menschen die Gewissheit, das wahre Sein erkennen zu können, und trennt ihn von der Transzendenz ab.18 Die Dämonisierung des Imaginären, wie sie in der protestantischen Polemik gegen Ronsard hervortritt, verbindet sich in den konfessionellen Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts mit der für die Häretiker- und Hexenverfolgung relevanten Frage, ob Erscheinungen von Teufeln und Geistern reale Manifestationen des Bösen, Mittler prophetischer Visionen oder aber von der Phantasie erzeugte Illusionen sind. Auf das trügerische Potential der Vorstellungskraft verweist auch Calvin, der, als es um die Begründung wahren Sprechens und die rechte Vermittlung des Bibelwortes geht, falsche Prediger und Propheten als „esprits fantastiques“ apostrophiert.19 Vor diesem Hintergrund erklärt sich die Brisanz der Schmähungen gegen die weltlich-humanistische Dichtung: Wenn diese ein rein imaginäres Universum entwirft, dann schließt sie den Rezipienten in ein wahnhaftes, dämonisches Gebilde ein. Ronsard hat die Abwertung der Poesie, wie sie sich im Feld religionspolitischer Konflikte und epistemologischen Wandels vollzieht, in reflexiver Brechung aufgenommen. Er spitzt, so wird zu zeigen sein, den Vorwurf der teuflischen Verführung und der ,Fesselung im Bild‘ zu, indem er die eigene Dichtung mit dem Phänomen der fascinatio verknüpft: Hexen oder Magier bannen über den ,bösen Blick‘ einen Menschen kraft dämonischer Mächte oder einer starken Imagination,20 gerade so, wie die Dichtung den Zuhörer oder Leser blendet und von Gott entfernt. Fascinatio bildet – rezeptionsästhetisch gefasst – also ein Gegenkonzept zu purgatio aus. Indem Ronsard die Forderung nach einer von der Dichtung zu leistenden purgatio durch fascinatio überschreibt, reflektiert er die Möglichkeitsbedingungen einer Poesie, die religiöser Läuterung und kosmologischer Teilhabe das Eigenrecht ästhetischer Erfahrung entgegensetzt.21 In dichtungstheoretischer Absicht verbindet er das spiritus-Modell mit der Dämonologie und beleuchtet damit zugleich die protestantische Verdammung wie die ficinianische Überhöhung der Poesie. Indem Ronsard die Geister respektive die Dämonen nicht als teuflische Mächte, sondern als imaginative Bilder und als 18 Zu den Diskursfeldern der Imagination im 15. und 16. Jahrhundert sowie zu Montaignes skeptizistischer Position, dass Welterfahrung, Wissenserkenntnis und Ansichten über die Transzendenz nur über die Imagination vermittelt zu denken seien, vgl. K. Westerwelle: Montaigne, S. 133 – 188. Zur zentralen Bedeutung der Imagination und zur Konstruktion des Imaginären bei Ronsard vgl. M. Dassonville und R. Aulotte (Hg.): Ronsard et l’imaginaire; C. Pign¦: De la fantaisie chez Ronsard. 19 Vgl. O. Millet: „La ,proph¦tie‘ r¦form¦e au XVIe siÀcle“, S. 73. 20 Vgl. die Beweisführung, dass die fascinatio nicht auf die Imagination, sondern den Teufelsbund zurückzuführen sei, in H. Kramer : Der Hexenhammer, 1. Teil, Frage 2, S. 158 – 177. 21 Zum Eigenrecht ästhetischer Erfahrung, wie sie in der Dichtung seit dem späten Mittelalter in engem Dialog mit Theologie und Philosophie entworfen, dann durch den neuplatonischen Humanismus zurückgenommen wird, vgl. B. Full: Passio und Bild.

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Figuren literarischer Erfindungskunst begreift, verwandelt er das beseelte Universum neuplatonischer Spekulation in einen fiktiven Vorstellungsraum.

II.

purgatio als Reinigung vom trügerischen Bild: Ficinos Dichtungskonzeption

Ronsards Verteidigung der Dichtung situiert sich vor dem Hintergrund der neuplatonisch geprägten Dichtungstheorie, wie sie im zeitgenössischen Frankreich durch eine intensive Rezeption Marsilio Ficinos präsent ist. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts liegen nicht nur Werkausgaben und Übersetzungen vor ; zahlreiche philosophisch-poetologische Dialoge und liebeslyrische Sammlungen nehmen Positionen Ficinos auf, um sie, zum Teil kritisch, zu reflektieren.22 Ficinos Dichtungskonzeption ordnet sich einem philosophischen Gesamtentwurf ein, der die Möglichkeit einer Teilhabe des Menschen am Göttlich-Unsichtbaren neu bestimmt. Sein Synkretismus verbindet platonische und neuplatonische Theoreme mit der Erschließung des Corpus Hermeticum, mit physiologisch-medizinischen und naturmagischen Vorstellungen sowie der christlich-mystischen Tradition. Gegen den Verlust der metaphysischen Verortung des Menschen, wie er unter anderem durch Nominalismus oder Averroismus bedingt ist, entwirft Ficino ein Ordnungsmodell, das den menschlichen Geist in einen beseelten Kosmoszusammenhang integriert.23 Die Annahme, dass der Mensch mit den universalen Kräften und dem göttlichen Intellekt in Kontakt treten könne, stützt Ficino unter anderem durch die Analogie zwischen spiritus vitalis, der nach galenischer Auffassung Körper und Seele des Menschen verbindet, und spiritus mundi, der zwischen himmlischer Sphäre und sublunar-materieller Welt als Mittler wirkt.24 Die Verbindungsstelle zwischen Mikro- und Makrokosmos ist ein feinstofflicher Hauch, der sich, vom 22 Seit 1518 werden in Paris und Lyon regelmäßig Werkausgaben Ficinos neu aufgelegt, außerdem Kompilationen zur Konzeption des poetischen Enthusiasmus publiziert. 1545 liegen Ficinos Symposionkommentar De amore, 1546 sein Ion-Kommentar mit Richard Le Blancs Dialogue de Platon, intitul¦ Io, que est de la fureur po¦tique et des louanges de po¦sie auf Französisch vor. Pontus de Tyards Dialog Solitaire premier, ou prose des Muses, et de la fureur PoÚtique von 1552 entwickelt eine Theorie der dichterischen Inspiration, die sich auf ein hierarchisches Aufstiegsmodell, die Abfolge von vier furores, stützt. In der Liebeslyrik, in Maurice ScÀves D¦lie (1544), Joachim Du Bellays L’Olive (1549), Pontus de Tyards Erreurs amoureuses (1549) oder Louise Lab¦s Euvres (1555) werden neuplatonische Modelle aufgenommen und meist kritisch reflektiert. Vgl. A.-J. FestugiÀre: La Philosophie de l’amour de Marsile Ficin; P. Galand-Hallyn, F. Hallyn und J. Lecointe: „L’inspiration po¦tique“, S. 120 – 124. 23 Vgl. C.H. Lohr: „Metaphysics“, in: The Cambridge History of Renaissance Philosophy, S. 569 – 578. 24 Vgl. D.P. Walker : „Medical ,Spirits‘“.

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Blut und aus der Wärme des Herzens gebildet, im Körper verbreitet. Er ist zugleich Medium für sinnliche Bilder und daher mit der Imagination assoziiert. Den Lebensgeist setzt Ficino so teilweise auch mit dem phantastischen Pneuma, dem spiritus fantasticus, in Bezug. Dieses Hüllkleid hat die Seele nach stoischer und neuplatonischer Vorstellung erhalten, als sie, im Weg durch die Himmelssphären, in den Körper eingetreten ist. Der spiritus fantasticus kann sich, etwa durch wahre Bilder, wie sie die Seele im visionären Traum oder in prophetischer Schau empfängt, wieder mit dem Übernatürlichen verbinden.25 Ein physiologischer Geisthauch oder ein Hüllkleid der Seele ermöglichen den Kontakt mit kosmischen Kräften. Da spiritus vitalis und spiritus fantasticus jedoch auch zwischen Körper und Seele vermitteln, besteht die Gefahr, dass sie sich mit Materiellem anreichern und dadurch falsche, trügerische Bilder entstehen, so dass sich die Verbindungsstelle verdunkelt und trübt. Die Seele ist, wenn sie sich ohne Führung der Vernunft und, wie im Schlaf, frei von den Sinneswahrnehmungen der Phantasie hingibt, in einer Hülle aus Bildern gefangen, die sie, falls sie nicht gereinigt wird, selbst über den Tod hinaus an die irdischen Vorstellungen fesselt.26 Die Verbindungsstelle muss transparent bleiben, wenn sich das Innere des Menschen kosmischen Kräften öffnen soll. Die spiritus, die für die „Priester der Musen“, die nach den höchsten Gut und nach Wahrheit streben, das Instrument sind, mit der sie die Welt vermessen können, bedürfen daher der steten Sorge.27 Sie müssen, so hebt Ficino in De vita mit Blick auf die Gefährdung der hochbegabten, der Melancholie unterworfenen Ge25 Zu diesem Konzept vgl. G. Verbeke: La doctrine du Pneuma; R. Klein: „L’imagination comme vÞtement de l’–me chez Marsile Ficin et Giordano Bruno“, in: ders.: La Forme et l’intelligible, S. 65 – 88. 26 Vgl. das dem Status animae impurae post mortem gewidmete Kapitel XVIII.10, in: M. Ficino: Platonic Theology, Bd. 6, S. 180 – 207, hier S. 194 – 196: „Quando enim quinque sensuum actiones cessant, actiones interiores maxime augentur. Ac si ratione uti plurimum consueveris, tunc diligentissime specularis; si phantasia, tunc imaginaris vehementissime. Id usque adeo fit in somno ut quae rerum imagines sunt res veras esse putemus atque horribilibus visis perterriti trepidemus, sudemus, vociferemur atque surgamus. Multo magis impiis in morte atque post mortem fallacia terribilium contigit imaginum. […] Solius restat, ut Platonici putant, phantasiae furentis vel phantasticae rationis imperium in homine impio. Quae odio (quo dixi) et timore commota versat secum longo ordine tristes imagines.“ Vgl. hierzu R. Klein: „L’enfer de Ficin“, in: ders.: La Forme et l’intelligible, S. 89 – 124. 27 Während sich andere um die für ihre Tätigkeit notwendigen Instrumente sorgen, „[s]oli vero Musarum sacerdotes, soli summi boni veritatisque venatores tam negligentes, pro nefas, tamque infortunati sunt, ut instrumentum illud, quo mundum universum metiri quodammodo & capere possunt, negligere penitus videantur. Instrumentum eiusmodi spiritus ipse est, qui apud medicus vapor quidam sanguinis purus, subtilis, calidus et lucidus definitur. Atque ab ipso cordis calore ex subtiliori sanguine procreatus volat ad cerebrum; ibique animus ipso ad sensus tam interiores quam exteriores exercendos assidue utitur. Quamobrem sanguis spiritui servit, spiritus sensibus, sensus denique rationi.“ M. Ficino: Three Books on Life, Buch I, Kapitel 2, S. 110.

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lehrten hervor, hell und feinstofflich bleiben, werden schwer, sobald das physisch-psychische Gleichgewicht fehlt.28 Neben Ratschlägen, die in medizinischer Perspektive die rechte Lebensführung betreffen, wird die Reinigung der spiritus durch Musik befördert, da diese himmlische Harmonien und planetarische Einflüsse einzufangen vermag.29 Melodie und instrumentales Spiel sollten sich dabei, wie Ficino in seinem Brief De divino furore schreibt, mit einer poetischen Sprache verbinden, die Einsicht in die Sphärenharmonien voraussetzt und ihr Wirkpotential über Reime, Versmaß und Rhythmus entfaltet: „[…] nonnulli vero graviori quodam firmiorique iudicio divinam ac coelestem harmoniam imitantes, intime rationis sensum notionesque in versuum pedes ac numeros digerunt. Hi vero sunt qui divino afflati spiritu gravissima quedam ac preclarissima carmina ore, ut aiunt, rotundo prorsus effundunt. Hanc Plato graviorem musicam poesimque nominat efficacissimam harmonie celestis imitatricem.“30

Im Vortrag der Dichtung bewegen Ton und Klang, vom kognitiven Vermögen gesteuert und über Imagination und Affekt wirkend, die Luft. Von der Luft getragen, berühren sie den hauchartigen spiritus der Zuhörer, also die Verbindungsstelle zwischen Körper und Seele, und dringen über die den Sinnen benachbarten Vermögen schließlich bis ins tiefste Innere vor.31 Indem die zum Hören gebrachte Dichtung in rhythmisch modulierter Sprache die kosmischen Kräfte präsent macht, lenkt sie den menschlichen Geist auf himmlische Einflüsse hin: „Memento vero cantum esse imitatorem omnium potentissimum. […] Eadem quoque virtute quando coelestia imitatur, hinc quidem spiritum nostrum ad coelestem influxum, inde vero influxum ad spiritum mirifice provocat.“32 Insbesondere die orphischen Hymnen, die sich an kosmische Gottheiten richten, sind geeignet, eine höhere Wirklichkeit zugänglich zu machen. Im Gesang – Ficino soll die Hymnen, von der Lyra begleitet, selbst vorgetragen haben – entfaltet sich eine naturmagische Potenz, so dass der menschliche spiritus mit planetarischen Einflüssen kommuniziert.33 Intendiert ist eine innere Disposition, die nicht nur durch Harmonisierung von Seele und Körper die geistige Tätigkeit befördert, sondern, indem sie Anamnesis ermöglicht, letztlich 28 Zu Ficinos Aufwertung der Melancholie als Auszeichnung des geistig begabten Menschen und zu den Mitteln, die unheilvollen Einflüsse dieses Temperaments abzuwehren, vgl. R. Klibansky, E. Panofsky und F. Saxl: Saturn und Melancholie, S. 367 – 394. 29 Zur Musiktheorie Ficinos vgl. D.P. Walker : Spiritual and Demonic Magic, S. 3 – 24; A. Voss: „Marsilio Ficino“. 30 M. Ficino: De divino furore, S. 25. 31 Vgl. M. Ficino: De musica, S. 162: „Neque mirum id quidem: nam cum cantus sonusque ex cogitatione mentis et impetu phantasie cordisque affectu profiscatur atque una cum aere fracto et temperato aereum audientis spiritum pulset, qui anime corporisque nodus est, facile phantasiam movet, afficitque cor et intima mentis penetralia penetrat.“ 32 M. Ficino: Three Books on Life, Buch III, Kapitel 21, S. 358. 33 Vgl. D.P. Walker : „Le Chant orphique de Marsile Ficin“.

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auf die Erlösung der unsterblichen Seele nach dem Tod beziehungsweise auf die Angleichung an das Göttliche, die deificatio, gerichtet ist.34 Die Poesie wird zum privilegierten Medium, das es dem inspirierten Dichter, dem Vortragenden und den Hörern ermöglicht, an der Sphärenharmonie und den Qualitäten der Gestirne zu partizipieren. Doch nicht nur Klang und Rhythmus, auch Stil, Semantik und Bildlichkeit müssen dieser Wirkungsabsicht entsprechen. Erkenntnistheoretisches Ziel und sprachlicher Ausdruck stehen zueinander in Analogie. Dies zeigen Komposition und Ausgestaltung von Ficinos Symposionkommentar De amore und des Traktats De sole. Mit platonischer Eroslehre und astrologischer Magie nehmen die beiden Texte komplementäre Seiten des Aufstiegs- und Teilhabemodells auf, das sie Hörern oder Lesern über pathosgeladene Rede, Gleichnisse, allegorischen Verfahren sowie eine vielschichtige Licht- und Sonnensymbolik vermitteln.35 Im Stil selbst liegt eine Deutung und tiefere Bedeutung von Welt beschlossen, wie Ficino in der emblematischen Formulierung „Platonicus stylus continens universum“ betont. Die platonischen Werke, so führt er in der Vorrede seiner 1484 veröffentlichten Opera omnia Platons aus, offenbarten geheime Wahrheiten gerade dadurch, dass sie sich poetischer Sprache bedienten. In Referenz auf Platon arbeitet Ficino Entsprechungen zwischen Stil, Kosmologie und arkanem Wissen aus, die er auf die eigenen Schriften überträgt.36 Die Vermittlung philosophischer Positionen im Medium der Dichtung wird von der Überformung gegenläufiger Dichtungskonzeptionen begleitet. So wertet Ficino in De amore das von der Liebe erzeugte imaginative Bild, über das sich seit dem 13. Jahrhundert die Lyrik maßgeblich bestimmt, als Trug und Verblendung ab.37 Lorenzo de’ Medici, der auch kurze Abhandlungen Ficinos wie De summo bono oder die Oratio ad Deum theologica in Verse bringt,38 führt in der Liebespoesie seines Canzoniere neuplatonische Theoreme und Charakteristika von Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta zu unaufgelösten Spannungsverhältnissen zusammen.39 Girolamo Benivieni präsentiert die eigene Canzone d’Amore als poetische Umsetzung von Ficinos Symposionkommentar. Sonnensymbolik und Lichtmetaphorik, die in der philosophisch-theologischen Tradition eine das menschliche Denken übersteigende Wahrheit, die Ideenwelt oder Gott reprä34 Zum Bedingungsverhältnis von purgatio und deificatio vgl. J. Lauster : Die Erlösungslehre Marsilio Ficinos, S. 127 – 130. 35 Vgl. S. Schneider : Kosmos, Seele, Text, S. 99 – 174. 36 Vgl. B. Huss: Ficinianismus, S. 33 – 35. 37 Zur Gegenüberstellung des vom amor vulgaris hervorgebrachten Phantasmas und der geistig-abstrakten Form des amor spiritualis sowie zu der in diesem Kontext vollzogenen Umdeutung von Cavalcantis Kanzone Donna me prega vgl. B. Full: „Erkenntniskritik und Dichtungstheorie“, S. 553 – 562. 38 Vgl. M.J.B. Allen: Synoptic Art, S. 213 f. 39 Vgl. B. Huss: Ficinianismus, S. 138 – 436.

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sentieren,40 vergegenwärtigen den Erkenntnisaufstieg des von Eros getriebenen Ichs. In den neun Stanzen der Kanzone wird das dem Herzen eingeschriebene Liebesbild, der ascensio durch die Himmelssphären parallel, in einen Verstandesbegriff transformiert. Die Referenz auf das imaginative Bild, wie es dem Leser in der liebeslyrischen Tradition vor Augen tritt, hebt sich in philosophischem Symbolismus auf.41

III.

Fascinatio als Bildreflexion: Ronsards Amours de Cassandre

Einer Form der purgatio, die die spiritus von trügerischen Vorstellungsbildern befreit, entspricht nach ficinianischer Konzeption die purgatio der Dichtung von jenen imaginativen Bildern, wie sie die durch Petrarcas Canzoniere wirkmächtig vermittelte liebeslyrische Tradition zur Darstellung bringt. Ronsard nimmt das Bedingungsverhältnis von Erkenntnistheorie und Textrezeption in seinem Sonettzyklus Les Amours von 1552 auf. Dort verbindet er die Liebeslyrik programmatisch mit philosophischen Theoremen und einem vielschichtigen antikliterarischen Wissenshorizont. Das Buch richtet sich nicht vornehmlich, wie dies für den frühen Petrarkismus in Frankreich gilt, an eine höfische Leserschaft.42 Das Sprechen über die affektive Verblendung des Ichs wird vielmehr zum humanistischen Diskurs in Bezug gesetzt. Angestoßen werden soll eine philologisch geschulte Lektüre, wie auch der der zweiten Auflage beigegebene Kommentar von Jean-Antoine Muret, der sich am Vorbild griechisch-lateinischer Ausgaben orientiert, unterstreicht. In diese Strategie ordnet sich ein, dass in der Buchausgabe von 1552 der Liebeslyrik eine Fortsetzung der Quatre Premiers livres des Odes von 1550 folgt, mit denen Ronsard nach dem Vorbild des Pindar und Horaz eine neue Gattung in die französische Dichtung eingeführt hat.43 Das erste Blatt verweist in einem griechischen Distichon, das direkt unter den Titel Les Amours de P. de Ronsard Vandomoys. Ensemble Le cinquiesme de ses Odes gesetzt ist, auf den gelehrten Anspruch des Buchs. Der Philloge Jean Dorat rühmt in den beiden Versen Ronsard als Nachfolger des Terpander von Lesbos: „Terpandros erfreute zuerst nur die Männer, jetzt erfreut er auch die Frauen, er 40 Vgl. H. Blumenberg: „Licht als Metapher der Wahrheit“. 41 Vgl. B. Full: „Erkenntniskritik und Dichtungstheorie“, S. 363 – 366. 42 Zum spielerisch-geselligen Umgang mit der petrarkistischen Lyrik in der höfischen Kultur Frankreichs und zur Rezeption der Sonettdichtung Cl¦ment Marots und Mellin de SaintGelais’ vgl. Th. Borgstedt: Topik des Sonetts, S. 229 – 231. 43 Zur Selbstreflexion poetischer Theorie und Praxis und zur den Repräsentationsstrategien des Autors Ronsard, wie sie in den Paratexten der Ausgabe von 1552 angelegt sind, vgl. M. Quainton: „Liminary Texts“; W.-D. Löhr : „Petrarcas neue Kleider“.

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ist Terpogynes.“44 Mit Terpander ist der erste historisch fassbare griechische Musiker genannt, der im 7. vorchristlichen Jahrhundert auf Kultfeiern für Apoll Texte Homers und eigene Dichtungen, von der Kithara begleitet, gesungen und damit den Rhapsodenvortrag ins Musikalische übertragen haben soll. Zugeschrieben wird Terpander – neben der Festlegung von Melodieschritten, Tongeschlecht und Rhythmus – auch die Entdeckung der therapeutischen Wirkung der Musik.45 Mit Dorats Distichon überträgt sich der Ausweis humanistischer Kultur auf die leichte, höfische Gattung der Liebeslyrik. Zugleich belegt der kurze Text einen spielerischen Umgang mit dem antiken Wissenshorizont: Der Name Terpander wird etymologisch abgeleitet, meint also ,den, der die Männer erfreut‘. Der neue Terpander Ronsard, der neben Oden auch Sonette schreibt, wird dann als „Terpogynes“ bezeichnet, das heißt als ,der, der die Frauen erfreut‘. Das Wortspiel zeigt weniger einen erotischen Subtext an, sondern nimmt die Figur der recusatio, die Verweigerung der hohen politischen Gattungen zugunsten der privaten Liebesdichtung auf, wie sie Ovids Amores programmatisch vorangestellt ist.46 Das weibliche Vergnügen soll, dem Musiker Terpander folgend, durch den Klang der Verse befördert werden, weswegen Ronsards Buch Vertonungen der Sonette angefügt sind.47 Der Verweis auf die Frauen stellt sicherlich auch eine polemische Volte gegen die Epistel Cl¦ment Marots Aux dames de France touchant lesdicts psaumes dar, die nachdrücklich dazu aufgefordert hatte, sich von Liebeslyrik abzuwenden und im Singen der Psalmen für das Seelenheil Sorge zu tragen.48 Die Erweiterung des Adressatenkreises impliziert jedoch vor allem einen bestimmten Modus der Textrezeption, in dem der 44 T]qpamdqor pq·m 5tep’%mdqar l|mom, !kka` cuma?jar / MOm t]qpei mOm %qteqpocumµr 5setai. Ein Faksimile der Titelseite ist abgedruckt in: P. de Ronsard: Les Amours (1552), in: Œuvres complÀtes, Bd. 4, hg. Paul Laumonier, Paris 1957, I. Sigle für diese Ausgabe ist im Folgenden Lm IV. Zum griechischen Text vgl. auch W.-D. Löhr : „Petrarcas neue Kleider“, S. 90 f. 45 Vgl. W. Schmid und O. Stählin: Geschichte der griechischen Literatur, S. 482 f.; Ulrich Klein, „Terpandros“. 46 Die Zurückweisung epischer Stoffe im Wechsel vom Hexameter zum elegischen Distichon ist bei Ovid an die Figur des Liebesgottes Amor gebunden, der dem Schreibenden lachend einen Versfuß stiehlt: „Arma gravi numero violentaque bella parabam / Edere, materia conveniente modis. / Par erat inferior versus; risisse Cupido / Dicitur atque unum surripuisse pedem“. Ovid: Liebesgedichte/Amores, Buch I, Gedicht 1, V. 1 – 4. 47 Die Vertonungen sind in P. de Ronsard: Les Amours, in: Lm IV, S. 189 – 250 abgedruckt. In der kurzen Notiz für den Leser, die Ambroise de la Porte, ältester Sohn der Witwe Maurice de la Porte, in deren Offizin die Amours erscheinen, verfasst, heißt es: „Et puis apres entendu que pour ton plaisir & entier contentement il [sc. Ronsard] a daign¦ prendre la peine de les mesurer sur la lyre […]: J’ai faict imprimer, & mettre — la fin de ce present livre, la Musique, sur laquelle tu pourras chanter une bonne partie du contenu en iceluy […]“ (ebd., S. 189). 48 Die Epistel fügt Marot 1543 der zweiten Auflage seiner Psalmenübersetzung bei. Im gleichen Jahr distanziert er sich von der Liebeslyrik mit der Epistre abhorrant folle amour. Zum historischen Kontext vgl. K. Ley : „Calvins Kritik an Ronsard“, S. 123 f., zu den Psalmenvertonungen die Ausgabe Le Psautier huguenot du XVIe siÀcle, Basel 1962.

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Imagination eine entscheidende Rolle zukommt. Dass der Geist der Frauen für die Bilder der Imagination in besonderer Weise empfänglich ist, die Frauen daher durch ungeregelte Lektüre gefährdet sind, ist seit dem Mittelalter topisch und wird etwa im Vorwort von Boccaccios Decameron spielerisch reflektiert.49 Diese Diskurstradition nimmt Ronsard auf: Der Versklang der Amours ist nicht Mittler kosmischer Kräfte. Vielmehr untermalt er die Entstehung phantasmatischer Bilder, wie bereits die Eröffnung der Amours-Sammlung zeigt. Dass ein Bild das poetische Sprechen begründet, wird dem Leser einprägsam über die Buchgestaltung vor Augen geführt. Der Sonettzyklus wird von einem wohl von Nicolas Denisot geschaffenen zweigeteilten Holzschnitt eröffnet, auf dem ein Doppelporträt zu sehen ist: Der Dichter Ronsard, der, wie die griechische Bildunterschrift erhellt, „die Werke der Kypris besingt“ und, mit dem immergrünen Myrtenzweig der Venus bekränzt, antikisch gekleidet ist, blickt der Geliebten Cassandre ins Auge. Sie ist auf der gegenüberliegenden Buchseite, in erotischer Körperlichkeit, mit entblößter Brust und aufgeflochtenem Haar, aus dem sich einzelne Locken lösen, dargestellt. Das Zusammenspiel der beiden Holzschnitte inszeniert, so der erste Eindruck des Lesers, die ,Ursituation‘ der Liebeslyrik, den Blickkontakt zwischen Liebendem und Geliebter : Durch die Schönheit der Dame wird Amor geweckt, der als Potenz im Herzen schlummert und alle Vermögen ergreift, wobei „das leibliche Sehen sich in das Denken wandelt, schließlich in ein inneres Erschaffen übergeht“.50 In der lyrischen Tradition bildet sich entsprechend das Motiv heraus, dass das Vorstellungsbild der Geliebten dem Herzen eingeschrieben, oft auch von Amor eingemalt sei.51 Das Doppelporträt zu Beginn der Amours ruft diese Tradition auf. Es ist zeitgenössischen Ausgaben von Petrarcas Canzoniere nachgebildet, wo Laura – anders als in den Sonetten selbst, in denen das Strahlen ihrer Augen die sündhafte Verstrickung des Ichs begründet und sich ihr Gesicht unauslöschlich dem Inneren einprägt – mit schamvoll gesenktem Blick dargestellt ist.52 Das Verhältnis von Sehen und mentaler Bildvergegenwärtigung ist in einem künstlerischen Porträt, wie die gerahmten Medaillons hervorheben, stillgestellt. Semantisch überformt ist der wechselseitige Liebesblick durch die auf den Bildrahmen zu lesenden griechischen und lateinischen Devisen. Die Umschrift bei Ronsard, YS IDOM YS ELAMGM, „sobald ich (sie) sah, wurde ich von Wahnsinn erfasst“, referiert auf das platonische furor-Konzept, jenes Er49 Zu Kritik und Kontrolle weiblicher Lektüre vgl. M. Grosse: „Lectures pieuses, lectures amoureuses“. 50 H. Friedrich: Epochen der italienischen Lyrik, S. 60. 51 Vgl. F. Mancini: La figura nel cuore; M. Kruse: „Das Porträt der Geliebten und ,Amor pictor‘“. 52 Vgl. z. B. das dritte Sonett des Canzoniere, „Era il giorno ch’al sol si scoloraro“. Zu den Frontispizien der Petrarca-Ausgaben um die Mitte des 16. Jahrhunderts vgl. W.-D. Löhr : „Petrarcas neue Kleider“, S. 98 f.

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Abb. 1: Ronsard et Cassandre, Frontispiz des Premier Livre des Amours (1552). Holzschnitt, BibliothÀque nationale de France.

kenntnisstreben, das durch den Anblick des sinnlich Schönen ausgelöst wird und dieses dann hin auf das Intelligible übersteigt. Die Devise spielt mit dem Bildungshorizont des zeitgenössischen Lesers. Philologischer Gelehrtheit erschließt sich, dass hier kein philosophisches Konzept, sondern ein literarischer Text, nämlich das zweite Eidyllion Theokrits und mit ihm eine Zauberszene aufgerufen sind. Zitiert sind die Worte der liebeskranken Simaitha, als sie von ihrer ersten Begegnung mit Delphis spricht. Der Anblick des schönen Mannes hat in ihr mania, eine Form des Wahnsinns ausgelöst, die bei Theokrit, im Unterschied zur (neu-)platonischen Semantik, nicht den enthusiastischen Aufstieg meint, sondern eine krankhafte Verblendung bezeichnet, gegen die im Eidyllion ein Zauber, der den Geliebten binden soll, aufgeboten wird.53 Negativ konnotiert ist auch die Rahmenumschrift des Cassandre-Porträts. Mit „carpitque et carpitur una / supplicium suum est“ schließt in Ovids Metamorphosen die Darstellung der abstoßend-hässlichen Allegorie der Invidia ab, die, von Minerva geschickt, das Mädchen Aglaurus heimsucht.

53 Vgl. Theokrit: Eidyllion, Argumentum II, V. 82 – 86, in: ders.: Gedichte, S. 24 f.

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Von Neid auf die Liebe Merkurs zu ihrer Schwester Herse zerfressen, erstarrt Aglaurus zu Stein.54 Im gelehrten Verfahren der Zitation von Versen, deren Herkunft und Kontext der Leser der Amours kennen und aktualisieren muss, wird der im Frontispiz zur Anschauung gebrachte Liebesblick mit Magie und Zauber, Bann und Versteinerung verknüpft. Dass sich der Blick nicht auf das Intelligible hin öffnet, wird durch den Namen Cassandre unterstrichen. Der Name wird in dem unter dem Damenporträt zu lesenden griechischen Text sowie durch Anspielungen in den Sonetten mit der trojanischen Priesterin Kassandra, die sich der Liebe Apolls verweigert, verbunden. Aus Cassandra, der von Apoll verfluchten Prophetin, sprechen in Senecas Tragödie Agamemnon dämonische Mächte; Boccaccio gibt teuflisches Blendwerk, „dyabolica fraude“, als eine Erklärung für Cassandras Sehertum an.55 Über ein dichtes Gewebe literarischer Anspielungen führt das Doppelporträt von Ronsard und Cassandre dem Leser ein Phänomen vor Augen, das im 15. und 16. Jahrhundert Gegenstand von naturphilosophischen oder theologischen Traktaten ist. Die Verzauberung durch den Blick, die fascinatio, wird dort auf übernatürliche Einflüsse oder aber, rationalisierend, auf die Imagination zurückgeführt. So diskutiert der Hexenhammer mit dem ,bösen Blick‘ die Frage nach der Macht der Vorstellungskraft bei der Verwandlung des eigenen und anderer Körper. Solche „Werke der Zauberei“ geschehen nicht, so das Fazit, „durch die natürliche Kraft […] der Seele“, sondern „durch die Kraft der Dämonen“, gehen also auf einen Bund mit bösen Mächten zurück.56 Agrippa definiert fascinatio in De occulta philosophia als „ligatio, quae ex spiritu fascinantis per oculos fascinati ad cor ipsius ingressa pervenit; fascinationis autem instrumentum spiritus est, scilicet vapor quidam purus, lucidus, subtilis, a cordis

54 Vgl. Ovid: Metamorphosen, Buch II, V. 722 – 782, sowie Sonett CLXXXVII der Amours de Cassandre, „Meschante Aglaure, ame pleine d’envie“, in: P. de Ronsard: OC, Bd. 1, S. 122. 55 In Senecas Agamemnon ist Cassandra von Furien inspiriert. Wenn sie, rasend, die Schatten der Unterwelt und den Styx beschwört, gibt sie sich keinem göttlichen, sondern dem dämonischen furor hin, vgl. C.A.J. Littlewood: Senecan Tragedy, S. 215 – 226; zur Rezeption der Seneca-Tragödien im 16. Jahrhundert vgl. F. de Caigny : S¦nÀque le Tragique en France, S. 19 – 345. G. Boccaccio: De mulieribus claris, Kapitel XXXV.1, S. 140 – 142: „Cassandra Priami fuit, Troianorum regis, filia. Huic quidem – ut vetustas asserit – vaticinii mens fuit, seu quesita studiis, seu Dei dono, seu potius dyabolica fraude, non satis certum est.“ Boccaccios Buch wurde bereits 1401 ins Französische übersetzt, im frühen Druck werden mehrere lateinische, italienische und französische Ausgaben publiziert, zeitnah zu den Amours erscheint die Edition Des dames de renom, nouvellement traduit en langage franÅois d’aprÀs la traduction italienne, de Luc Antoni Ridolfi, Lyon: G. Rouille 1551; zu Ronsards Bruch mit dem als communicatio mit dem Göttlichen bestimmten Prophetiemodell vgl. K. Westerwelle: „Pierre de Ronsards Liebesgedichte an Cassandra“. 56 Vgl. H. Kramer: Der Hexenhammer, 1. Teil, Frage 2, S. 158 – 177, Zitate S. 169.

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calore ex puriori sanguine generatus.“57 Der Blick, der sich auf die Augen des Gegenübers richtet, ist kein Teufelswerk. In ihm wirkt vielmehr die Imagination über die Sehstrahlen, die Träger der spiritus sind.58 Ficinos De amore erörtert die Theorie der fascinatio im Zusammenhang mit den schädlichen Wirkungen der sinnlichen Liebe, des amor vulgaris. Der Dialogsprecher Marsuppini führt aus, wie der „spirituum vapor“ und mit ihm schlechtes Blut durch die Sehstrahlen ins Auge, dann ins Herz des Gegenübers eintritt und es bald zu einer krankhaften körperlichen Veränderung kommt.59 Die Ansteckung durch den intensiven Blickkontakt, „frequentissimo intuitu aciem visus ad aciem dirigentes, lumina iungunt luminibus“, wird als häufigste Ursache der Liebeskrankheit benannt: „Huius profecto morbi […] causa omnis et origo est oculus.“60 Im medizinischen Diskurs ist die Liebeskrankheit traditionell ein Beleg für die verderbliche Wirkung der Vorstellungskraft. Das Leiden ist bedingt durch die Fixierung auf ein mentales, von der Phantasie erzeugtes Bild. Die Liebe zum Phantasma wird dabei früh als Möglichkeitsbedingung künstlerischen Schaffens reflektiert, wie sich etwa im Roman de la Rose im Zusammenspiel von Narziss- und Pygmalionfigur zeigt.61 Seit den Trobadors hat die den Texten eingeschriebene Referenz auf das innere Bild eine dezidiert poetologische Funktion, da in ihm, gleich einer mise en abyme, die erkenntnistheoretische Valenz der Dichtung gespiegelt ist.62 Das medizinische und naturmagische Erklärungsmodell der fascinatio ist im Frontispiz von Ronsards Amours de Cassandre durch die bildkünstlerische Darstellung des Doppelporträts sowie durch Zitate aus der griechischen und römischen Dichtung vermittelt. Die Schwelle ins Buch, die die Rezeption des eigentlichen Textes vorbereitet, indem sie einen spezifischen Erwartungshorizont ausbildet, setzt den Leser als Beobachter der fascinatio ein. Den imaginativen Prozessen des Lesers werden Distanz und, durch die Kombination von petrarkistischen Mustern und antiker Dichtung, die Notwendigkeit zur produktiven Verknüpfung von Wissens- und Vorstellungshorizonten eingeschrieben.63 Dass bei der Lektüre die Bildvergegenwärtigung von Reflexion begleitet sein soll, zeigt bereits das erste Sonett der Amours, das das Proömialsonett von Petrarcas Canzoniere abwandelt. Petrarca hebt in der Anrede an das Publikum,

57 H.C. Agrippa: De occulta philosophia, Buch I, Kapitel 50, S. 180 f. 58 Vgl. ebd., S. 181. 59 M. Ficino: De amore, Oratio VII, Kapitel 4, S. 320. Zur Einordnung der Position Ficinos vgl. S. Ebbersmeyer : „Der Blick der Liebenden“. 60 M. Ficino: De amore, Oratio VII, Kapitel 10, S. 342. 61 Vgl. G. Agamben: Stanzen, S. 107 – 207. 62 Vgl. B. Full: „Erkenntniskritik und Dichtungstheorie“. 63 Zur raffinierten Kombination von petrarkischen, petrarkistischen und antiken Intertexten, zu ihrer wechselseitigen Kritik und Überschreibung in den Amours, vgl. R. Warning: „Petrarkistische Dialogizität am Beispiel Ronsards“; T. Cave: „Le Sonnet ,Or que Juppin‘“.

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„Voi ch’ascoltate in rime sparse il suono“64, das Hören auf den Klang der Seufzer hervor, der sich in den Reimen der Gedichtsammlung manifestiert. Ronsard fordert dagegen den Leser dazu auf, sich die Überwältigung durch die Liebe bildhaft vor Augen zu führen: „Qui voudra voyr comme un Dieu me surmonte“.65 Wer eine Psychomachie, den Kampf zwischen Ich und Amor sehen wolle, müsse die Situation des Sprechers betrachten, „me vienne voir“.66 Die Vergegenwärtigung der Liebespassion erfolgt im Prozess des Lesens, wie spätere Fassungen des Gedichts in der Ersetzung von „me vienne voir“ (V. 7) durch „me vienne lire“ (V. 7) hervorheben.67 Auf die Visualisierung des unsichtbaren inneren Geschehens, die unter anderem durch die Amor-Allegorie ermöglicht wird, folgt in den Terzetten die Erkenntnis („il cognoistra“, V. 9), dass das Vorgestellte ein Bildzeichen für Irrtum, Illusion und die Ohnmacht der Vernunft ist. Herausgestellt ist das Bedingungsverhältnis von Imagination und Verblendung, das die Gedichte der Amours zur Darstellung bringen und das bei der Lektüre – auf einer zweiten Ebene – aktualisiert und zugleich reflektiert werden soll. Die erkenntnistheoretische Qualität der Bildvorstellung macht das anschließende Sonett II deutlich, das die Schönheit der Dame, insbesondere „son bel œil“68, und den Moment des Verliebens evoziert und dabei explizit auf das Frontispiz zurückverweist. Die Devise YS IDOM YS ELAMGM wird in den Versen „Quand je la vi, quand mon ame esperdue / En devint folle“69 aufgenommen. Der Wahn liegt, wie das zweite Terzett unterstreicht, in der Einprägung des Bildes der Dame in die Seele und in der Unauslöschlichkeit des im Bildnis stillgestellten Liebesphantasmas: „Que vif ne mort, jamais d’une aultre dame / Empraint au cuœur je n’auray le portraict.“70 Die Semantik des Porträts, die durch das Frontispiz perspektiviert und vorbereitet ist, wird in den ersten Gedichten ausgefaltet: Die Seele verstrickt sich, so Sonett III, im Netz der goldenen Locken. In Sonett VIII wird das Ich, da es sich damit vergnügt, der Geliebten ins 64 F. Petraca: Canzoniere, Sonett I, V. 1. 65 P. de Ronsard: Les Amours, in: Lm IV, Sonett I, V. 1, S. 5. 66 Ebd., Sonett I, V. 7. Die Sonettfassung von 1552 lautet: „Qui voudra voyr comme un Dieu me surmonte, / Comme il m’assaut, comme il se fait vainqueur, / Comme il r’enflamme, & r’englace mon cuœur, / Comme il reÅoit un honneur de ma honte, // Qui voudra voir une jeunesse prompte / õ suyvre en vain l’objet de son malheur. / Me vienne voir : il voirra ma douleur, / Et la rigueur de l’Archer qui me dompte. // Il cognoistra combien la rason peult / Contre son arc, quand une fois il veult / Que nostre cuœur son esclave demeure: // Et si voirra que je suis trop heureux, / D’avoir au flanc l’aiguillon amoureux, / Plein du venin dont il faut que je meure.“ Ebd., S. 5 f. 67 Vgl. Ebd., S. 5. In der Ausgabe von 1578 heißt es in V. 7 „Me vienne lire: il lira ma douleur“, die Fassungen von 1584 und 1587 ändern V. 7 in „Me vienne lire, il voirra la douleur“. 68 P. de Ronsard: Les Amours, in: Lm IV, Sonett II, V. 8. 69 Ebd., Sonett II, V. 10 – 11. 70 Ebd., Sonett II, V. 13 – 14.

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Auge zu blicken, in Stein verwandelt: „Lors que mon œil pour t’œillader s’amuse / Le tien habile — ses traits decocher, / Estrangement m’empierre en un rocher, / Comme au regard d’une horrible Meduse“.71 In Sonett IX zieht sich das Ich in die tiefste Natureinsamkeit zurück, um sich dort das mentale Bild, das mit dem von Nicolas Denisot geschaffenen Porträt gleichgesetzt wird, zu vergegenwärtigen: „L—, renvers¦ dessus leur face dure, / Hors de mon sein je tire une peinture, / De tous mes maulx le seul allegement, / Dont les beaultez par Denisot encloses, / Me font sentir mille metamorphoses / Tout en un coup, d’un regard seulement.“72 Die Schönheit der Dame verzaubert und bannt die Vernunft wie Hexenwerk. Nachdem ihre Schönheitsmerkmale aufgezählt sind, heißt es in Sonett XVIII: „De telz sorciers ma raison fut charm¦e.“73 Das Bild der Geliebten wird in den Amours de Cassandre immer wieder, in unregelmäßigen Abständen, evoziert. Es fungiert als mnemonisches Zeichen, das im Zusammenspiel der Gedichte, durch inter- und intratextuelle Referenzen, eine komplexe Bedeutung erhält.74 So faltet beispielsweise die Serie der Sonette XXVII bis XXXIV die trügerische Qualität des Porträts weiter aus.75 In Sonett XXVIII, „Injuste amour, fuzil de toute rage“, herrschen die Sinne, durch die Wirkung der Liebe gestärkt, über die Vernunft. Der Blick auf die Natur, auf Wiese, Blumen, Wälder, Felsen, Feld, Ufer oder den Fluss Loir, der Ronsards heimatliche Landschaft des Vendúme durchströmt, ist – wie es in Anspielung auf die weltüberformende Macht des Laura-Bildes in Petrarcas Canzoniere heißt76 – getrübt und verstellt, denn „[…] peinte en eulx, il ne me semble voyr / Ceste beaut¦ qui me tient en servage.“77 Das Porträt enttäuscht im folgenden Sonett das Ich in der Hoffnung, die Geliebte, die ihm im Traum erscheint, im Jenseits wiederzusehen: „Avecque toy je volleroys aux cieulx, / Mais ce portraict qui nage dans mes yeulx, / Fraude tousjours ma joye entrerompuÚ.“78 Himmlische und irdische Sphäre sind, wie Sonett XXXI unter Rückgriff auf das Modell vermittelnder spiritus zeigt, durch das Porträt getrennt:

71 72 73 74 75 76 77 78

Ebd., Sonett VIII, V. 1 – 4. Ebd., Sonett IX, V. 9 – 14. Ebd., Sonett XVIII, V. 14. Vgl. M. Quainton: „Liminary Texts“, S. 269 – 271. Zur Verbindung von Damenporträt und trügerischer Vorstellungskraft vgl. C. Pign¦: De la fantaisie chez Ronsard, S. 237 – 272. Zu den die Amours auf makrotextueller Ebene strukturierenden Sonettserien, in denen ein Thema variierend durchgespielt wird, vgl. M. Dassonville: „Pour une int¦rpretation nouvelle des ,Amours de Ronsard‘“. Zur Überschreibung christlich-allegorischer Weltdeutung durch das Bildzeichen der Geliebten Laura vgl. J. Küpper: „,Mundus imago Laurae‘“. P. de Ronsard: Les Amours, in: Lm IV, Sonett XXVIII, V. 7 – 8. Ebd., Sonett XXIX, V. 9 – 11.

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„Aillez D¦mons qui tenez de la terre, Et du hault ciel justement le meillieu: Postes divins, divins postes de Dieu, 4 Qui ses segretz nous apportez grand erre. Dictes Courriers (ainsi ne vous enserre Quelque sorcier dans un cerne de feu) Rasant nos champz, dictes, avous point veu 8 Ceste beault¦ qui tant me fait la guerre? Si l’un de vous la contemple ŗ bas, Libre par l’air il ne refuira pas, 11 Tant doulcement sa doulce force abuse. Ou, comme moy, esclave le fera, Ou bien en pierre ell’le transformera D’un seul regard ainsi qu’une Meduse.“79

Das Sonett setzt mit einer Apostrophe an die flüchtig-leichten Dämonen ein. Mit den „aillez D¦mons“ (V. 1) sind jene Luftgeister benannt, die die mittlere Region des Weltenbaus einnehmen, den Raum zwischen Himmel und Erde ausfüllen. Sie fungieren als Mittler, als „divins postes de Dieu“ (V. 3), sind Medium für göttliche Geheimnisse oder, in neuplatonischer Deutung, Träger planetarischer Einflüsse und kosmischer Kräfte. Das zweite Quartett benennt eine Möglichkeit der Bannung der Geister – ein Hexer schließt sie in einen Feuerkreis ein – und kündigt damit ihre Entmächtigung an, die dann in den folgenden Versen ausgefaltet wird. Aufgerufen ist die mögliche Begegnung zwischen den Dämonen und der Schönheit der Dame: „[…] dictes, avous point vue / Ceste beault¦ […]“ (V. 7 – 8). Mit der Deixis, „ceste beaut¦“ (V. 8), wird auf jene im Porträt anschaulich werdende Schönheit zurückverwiesen, die das Ich, so der Entwurf in den vorausgehenden Sonetten, als täuschende Traumerscheinung oder als halluzinatorisches Bild gesehen hat. Wenn, so die Hypothese, die Dämonen auf das Phantasma sehen, hemmt dies ihre freie Bewegung im Raum: „Si l’un de vous la contemple ŗ bas, / libre par l’air il ne refuira pas“ (V. 9 – 10). Betont wird, dass es sich nicht um einen kurzen Blick, sondern um eine Form der spirituellen Betrachtung handelt. Contemplatio meint in der christlichen Frömmigkeitspraxis die Annäherung an das Göttlich-Unsichtbare, die oft von einem Heiligenbild, einer Bibelstelle oder einer Seite in einem Andachtsbuch ihren Ausgang nimmt. In Ronsards Sonett kommt es jedoch zu keiner Öffnung hin auf die Transzendenz, sondern zu einem magischen Akt der Verzauberung. Die fascinatio, die von der Schönheit ausgeht, lässt die hauchartigen Wesen erstarren, verwandelt sie, wie der Vergleich mit Medusa zeigt, zu Stein: „Ou bien en pierre ell’le transformera / D’un seul regard ainsi qu’une Meduse.“ (V. 13 – 14) In der fascinatio der Dämonen wird zwischen Himmel und Erde eine 79 Ebd., Sonett XXXI. Ich zitiere die erste Fassung von 1552, zu den Varianten vgl. ebd., S. 34 f.

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Trennschicht eingezogen. Die vertikale und horizontale Bewegung im Raum wird durch die irdische Schönheit stillgestellt, die Vermittlungsebene zwischen Gott und Menschen verliert ihre Transparenz, wie die Versteinerung der „divins postes de Dieu“ (V. 3) am Ende plastisch vor Augen führt. Das Porträt als zugleich phantasmatisches, künstlerisches und vielfältige intertextuelle Referenzen aufrufendes Bild markiert die Grenze des Auf- und Abstiegs der spiritus und damit eines Partizipationsmodells, wie es in der neuplatonischen Philosophie grundgelegt ist. Das Bildzeichen, das auf textimmanenter Ebene Trug und Wahn konnotiert, fungiert im Prozess der Lektüre als ein mnemonisches Zeichen, dessen konterdiskursive Bedeutung sich dem Leser im Zusammenspiel von Frontispiz und Sonetten einprägt.

IV.

Dämonologie und literarische Fiktion: Ronsards Les Daimons

Die Bildreferenz als Grundbedingung poetischen Sprechens hat Ronsard nicht nur in der Liebeslyrik, sondern auch in anderen Gattungen, so in den Sammlungen der Hynnes, herausgestellt. Mit den Hymnen erschließt sich Ronsard in den 1550er Jahren ein neues Genre, mit dem er zugleich mit den Psalmenübersetzungen Marots als auch mit der humanistischen Orphik rivalisiert.80 Hymnen sind im Frankreich des 16. Jahrhunderts eine wenig festgelegte Gattung, die sowohl antik-pagane als auch christliche Vorbilder aufgreift. In der Regel handelt es sich um kultisch-rituelle, auch liturgische Poesie. Ihre Gegenstände und ihre Wirkung werden im Kontext der konfessionellen Auseinandersetzungen und in den Aushandlungsprozessen zwischen humanistischer Kultur und christlicher Religiosität intensiv diskutiert.81 Den Stoff der Hymnen Ronsards bilden die Leistung hochgestellter Persönlichkeiten, mythologische Erzählungen, das Wissen über den Kosmos – den Himmel, die Gestirne –, die Jahreszeiten und mit ihnen Modelle von Zeit und Vergänglichkeit sowie die Unsicherheit der conditio humana, die zu Natur, Transzendenz, Ewigkeit oder Schicksal ins Verhältnis gesetzt wird. In der Verbindung unterschiedlicher Wissenshorizonte ordnen sich die Hymnen der Tradition des Lehrgedichts sowie der neuen ,po¦sie scientifique‘ ein. Letztere schöpft zwar hauptsächlich aus der

80 Vgl. M. Dassonville: „L’Hymne ronsardien“, S. 27 f. Der Aufsatz ist in der Diskussion der Schwierigkeit, die Hymnen Ronsards in der Weite ihrer Themen und Darstellungsweisen angemessen zu erfassen, immer noch einschlägig. 81 Zum Spektrum der Hymnendichtung im 16. Jahrhundert in Frankreich und der Kombination unterschiedlicher Traditionslinien vgl. N. Lombart: „R¦inventer un ,genre‘“.

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Naturphilosophie, nimmt jedoch für sich in Anspruch, gelehrtes Wissen aus allen Bereichen zusammenzuführen.82 Für das Verhältnis von imaginativer Bildentstehung und literarischer Fiktion, wie es Ronsard reflektiert, ist das Gedicht „Les Daimons“ besonders interessant. Es nimmt im Aufbau des Premier Livre des Hynnes, das 1555 das erste Mal veröffentlicht und für spätere Druckfassungen wiederholt überarbeitet wird, eine zentrale Position etwa in der Buchmitte ein. „Les Daimons“ ist jenen unsichtbaren Geistwesen gewidmet, die Mittler zum Göttlichen oder Manifestationen teuflischer Mächte, aber auch halluzinatorische Erscheinungen sind, in denen sich die Kapazität der Imagination zeigt, dem Menschen trügerische Bilder vor Augen zu stellen.83 Der komplexe Text, der in der letzten Version 316 Verse und 32 unregelmäßige Strophen umfasst, wird – mit zum Teil erheblichen Kürzungen, Zuspitzungen und Veränderungen – in allen Ausgaben der Hynnes beibehalten. Er ist von Anspielungen und wörtlichen Übernahmen aus philosophisch-naturmagischen, religiös-theologischen, okkultistischen und literarischen Quellen gekennzeichnet und verbindet mit kombinatorischer Raffinesse eine Fülle an dämonologischem Wissen.84 Für die Erscheinungsarten, Klassifikationen und Wirkungen der Dämonen wurden vor allem Anleihen aus dem Dialog des byzantinischen Enzyklopädisten Michael Psellos, Peq_ 1m]qceiar t_m dailûmym, nachgewiesen, der neuplatonische Spekulation – Theoreme des Proklos, Porphyrios, Jamblichos –, patristische Exegese und orientalische Traditionslinien amalgamiert. Ronsard konnte Psellos’ Text, den Ficino in Teilen unter dem Titel De operatione Daemonum ins Lateinische übersetzt, in der 1549 bei Jean de Tournes in Lyon erschienenen Werkausgabe Ficinos oder in einem 1552 ebendort verlegten Kompendium lesen, das Ficinos Übersetzungen zur antiken Dämonologie zusammenstellt.85 Weitere Referenztexte sind Apuleius’ Rede De deo Socratis, die durch Augustinus’ Kritik in De civitate Dei eine breite 82 Zu dieser Bestimmung von Ronsards Hymnes vgl. A.-M. Schmidt: La Po¦sie scientifique en France, S. 71 – 107. 83 Eine übernatürliche Phänomene rationalisierende Position vertritt Pietro Pomponazzi in De incantationibus (1556), vgl. V. Perrone Compagni: „Introduzione“; H. Busson: „L’Influence du ,De Incantationibus‘“; zu den medizinischen Erklärungsmodellen von Wahnsinn und Hexerei, wie sie vor allem der Arzt Johannes Weyer vertritt, vgl. J. C¦ard: „M¦decine et d¦monologie“. 84 Mögliche Quellen und Lesarten der einzelnen Stellen diskutieren P. Laumonier in der von ihm besorgten Ausgabe Pierre de Ronsard: Œuvres complÀtes, Bd. 8, der wichtige Kommentar von A.-M. Schmidt in: P. de Ronsard: Hymne des Daimons, sowie, Schmidt weiter differenzierend, G. Lafeuille: Cinq Hymnes. 85 Der Band enthält, neben dem Text von Psellos, Iamblichos’ De Mysteriis Aegyptiorum, Chaldaeorum, Assyriorum, Proclos’ In Platonicum Alcibiadem de Anima, atque Daemone sowie De Sacrificio & magia, Porphyrios’ De Divinis atque daemonibus sowie die zwei Schriften des Corpus Hermeticum: Pimander und Asclepius, vgl. A.-M. Schmidt: Commentaire, S. 19.

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Rezeption erfahren hat,86 die christliche Tradition, hier neben den Kirchenvätern insbesondere Thomas von Aquin, der Malleus maleficarum oder Agrippas De occulta philosophia. Entscheidender als der bloße Nachweis einzelner Übernahmen in einem ohnehin stark durch Synkretismus gekennzeichneten Wissensfeld ist die durchgehende Verschränkung von literarischer Fiktion und philosophischmagischem Wissen. Sie ist von Beginn an konstitutiv. Das Gedicht setzt mit einer Apostrophe an Lancelot de Carle, Bischof von Riez, ein, dem der Text zugeeignet wird:87 „Carle, de qui l’esprit recherche l’Univers, / Pour gage d’amiti¦ je te donne ces vers“ (V. 1 – 2). De Carle strebt nach einer Erkundung des Kosmos, sucht also ein Geheimwissen, wie es die prisca theologia zu eröffnen verspricht. 1554 wird de Carle eine Hermetica-Ausgabe, Mercurii Trismegisti Poemander, seu de potestate ac sapientia divina, gewidmet, die den griechischen Text, von Ficinos Übersetzung begleitet, abdruckt.88 In der in den Textfassungen seit 1567 stark gekürzten Dedikation hatte Ronsard de Carle außerdem als Dichter und Homer-Übersetzer gepriesen. De Carle fessele die „ardante fantasie“ der Zuhörer mit lateinischen Versen, den „nombres Latins“, und den nun in französischen Reimen erklingenden Irrfahrten des Odysseus, wobei jene Figuren des Epos aufgerufen sind, die Zauberei und Monströses konnotieren: Calypso, Circe, Scylla, der Kyklop Polyphem und das märchenhafte Volk menschenfressender Riesen, die Laistrygonen.89 Die Interrelation zwischen Poesie und Geisterwelt wird in den späteren Textfassungen gleich im Anschluss an de Carles Suche nach kosmischer Wahrheitsfindung expliziter und abstrakter gestiftet. Die Gabe der Verse soll den geographischen Raum mit Klang erfüllen, das heimatliche Bordeaux, die Ufer der Garonne sollen vom Ruhm de Carles widerhallen: „Carle, de qui l’esprit recherche l’Univers, Pour gage d’amiti¦ je te donne ces vers, Afin que ton Bordeaux, ta rive et ta Garonne Flottant contre ses bords de ta louange resonne,

86 Vgl. L. Karf†kov‚: „Augustins Polemik gegen Apuleius“. 87 P. de Ronsard: Les Daimons, in: OC, Bd. 2. Die Versangaben im Lauftext beziehen sich auf diese Ausgabe, die die letzte Gedichtfassung zugrunde legt. Diese Version ist für die Interpretation gewählt, da hier tagesaktuelle Passagen wie die ursprünglich sehr umfangreiche Widmung an Lancelot de Carle gekürzt, die künstlerische Form mehrmals durchgearbeitet ist. 88 Vgl. A.-M. Schmidt: Commentaire, S. 11. Zur intensiven, auch konfliktträchtigen Auseinandersetzung mit dem Corpus Hermeticum seit Beginn des 16. Jahrhunderts in Frankreich vgl. D.P. Walker : „The ,Prisca Theologia‘ in France“. 89 In der Ausgabe von 1555 sind es die Verse 31 – 40 (P. de Ronsard: Hymnes, in: Lm VIII, S. 116 f.).

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Et ton nom par la France autant puisse voler Que ce vers qui s’en-vole aux habitans de l’air.“ (V. 1 – 6)

Weithin über ganz Frankreich soll sich de Carles Name verbreiten, so wie der Vers zu den Dämonen, den „habitans de l’air“ (V. 6), auffliegt. Die horizontale Achse ist durch eine vertikale Achse überhöht. Mit der anschließenden Nennung der Muse sind traditionelle Inspirationsmodelle aufgerufen, jedoch ohne dass ein enthusiastischer Aufschwung vollzogen wird. Vielmehr schickt der Sprecher die Muse, im Abschweifen von vorgezeichneten Bahnen, auf einen engen Pfad, da es für den Lobpreis der Dämonen, im Unterschied zu anderen Hymnen, noch keine literarischen Vorbilder gibt, Ronsard also Neuland betritt: „[…] il est temps que j’envoye / Ma Muse extravaguer par une estroitte voye“. (V. 7 – 8) Wie die Dedikation hervorhebt, treffen in der Luft, in der Erhebung von der Erde, Versklang und Dämonen zusammen. Denn die mittlere Ebene, „l’air“ (V. 17), so die folgenden Verse, hat der Schöpfer den Dämonen als den ihnen eigenen Bereich zugewiesen. Die Fische hat er ins Wasser, die Menschen auf die Erde, die Dämonen in die Luft, die Engel in den Himmel gesetzt. Damit ist ein striktes Ordnungsmodell des Kosmos aufgerufen. Im Weltgebäude bewegen sich die Dämonen in der sublunaren Sphäre. Sie bevölkern den Raum zwischen den Menschen und den Engeln beziehungsweise Gott und nehmen damit in der Stratifikation eine Mittlerposition ein. Die Dämonen erfüllen jene luftige Höhe, die stets von Wind, Blitzen und Gewittern bewegt ist. Das Enigmatische der Geister, die frei im Unbestimmten, „par le vague“ (V. 35), vagabundieren, wird durch die wetteratmosphärischen Bedingungen anschaulich. Die Dämonen sind dort, wo die Wolken sind: „Il [sc. L’Eternel] logea les Daimons au milieu des nuages“ (V. 32). Dieser Zwischenraum ist ein Raum der Verwandlungen: Die Wolken nehmen hunderterlei Formen an, die der Wind gleich wieder in neue Formen überführt. In hunderterlei Weise irren sie von Form zu Form. Ebenso flüchtig und vielfältig sind die Metamorphosen der Dämonen, die ihrem Körper jegliche Form verleihen können, ganz wie es ihnen gefällt: „Et tout ainsi qu’on voit qu’elles mesmes [sc. les nues] se forment En cent divers portraits, dont les vents les transforment En Centaures, serpens, oiseaux, hommes, poissons, Et d’une forme en l’autre errent en cent faÅons: Tout ainsi les Daimons qui ont le corps habile, Ais¦ souple dispost — se muer facile, Changent bien tost de forme, et leurs corps agile est Transform¦ tout soudain en tout ce qu’il leur plaist […].“ (V. 43 – 50)

Auffällig ist die variierende Wiederholung des Formbegriffs: „se forment en cent divers portraits“ (V. 43 – 44), „transforment“ (V. 44), „d’une forme en l’autre errent“ (V. 46), „changent […] de forme“ (V. 49), „transform¦“ (V. 50). Form

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meint seit Aristoteles nicht nur, dass in der sublunaren Welt ständiger Veränderung die gestaltlose Materie Gestalt annimmt, sondern auch, dass ein Stoff aufnahmefähig nur für bestimmte Formen ist, sich in der Form sein Ziel und sein Wesen verwirklicht.90 Nach Ficino sind in den geschaffenen Dingen die intelligiblen Formen in Abschattung enthalten, wodurch alle Phänomene der Natur mit dem göttlichen Geist verbunden sind. In pyramidenartiger Ausfaltung strahlen die Formen von Gott aus; sie vervielfältigen sich fortschreitend über die Ordnungen der himmlischen Intelligenzen und Geister bis zur menschlichen Seele, in die die Formen aller Dinge eingeprägt sind.91 In den Verwandlungen der umrissschwachen, instabilen Wolkengebilde, im ,Irren von Form zu Form‘ (V. 46), löst sich das philosophische Prinzip der Form selbst auf. Das erkenntniskritische Vokabular zeigt an, dass sich alle Formen nur dem bildproduzierenden Blick verdanken, sich im Wolkensehen das trügerische Spiel der Vorstellungskraft92 oder auch die Möglichkeitsbedingung künstlerischer Erfindung und geistigen Konzeptionsvermögens zeigt.93 Die Bewegung unablässigen Formenwandels hält in Vers 45 kurz inne. Sie ist in konkreten Gestalten, in Kentauren, Schlangen, Vögeln, Menschen, Fischen, stillgestellt. Das vom Schöpfer festgesetzte kosmologische und biblische Ordnungsmodell – die Zuteilung der Bereiche: die Fische ins Wasser, die Menschen auf die Erde, die Dämonen in die Luft – ist in den Wolkenfigurationen zerstört. In chaotischer Weise werden die Bereiche miteinander vermischt. Diese Verwischung der Grenzen gewinnt in den Kentauren ein Anschauungsbild und wird zugleich auf eine poetologische Metaebene gehoben. Der Kentaure besteht, als Halbwesen mit Pferde- und Menschenkörper, aus heterokliten Teilen. Er ist, wie die Chimära, die Horaz zu Anfang der Ars poetica als aus der Laune eines Malers geborene Komposition aus dem Kopf einer schönen Frau, mit Pferdehals und -nacken, Fischschwanz und buntem Gefieder beschreibt94 und die oft auch einen Schlangenleib hat – all diese Elemente finden sich in der Aufzählung „serpents, oiseaux, hommes, poissons“ (V. 45) –, eine Figur der Grotesken. Der kurze Ausschnitt verweist auf den konzeptuellen Anspruch, den Ronsard 90 Vgl. C. v. Bormann et al.: „Form und Materie (Stoff)“, S. 978 – 984. 91 Vgl. P.O. Kristeller : Die Philosophie des Marsilio Ficino, S. 229 und 234 f. 92 Die Wolken sind bei Ronsard, z. B. in der Chanson Je veux chanter en ces vers ma tristesse oder in Folastrie VIII. Le nuage ou l’yvrogne Projektionsfläche für eine spielerisch täuschende Phantasie, in: P. de Ronsard: OC, Bd. 1, S. 178 – 180 und 557 – 560. 93 Leonardo da Vinci betont im Blick auf „verworrene und unbestimmte Dinge“ wie Wolken oder Mauerflecken deren Kapazität, den Geist erfindungsreich zu machen und die gesehenen Landschaften, Schlachten oder seltsamen Gesichter in der Malerei wiederzugeben. L. da Vinci: Sämtliche Gemälde und die Schriften zur Malerei, S. 385 f. 94 „Humano capiti cervicem pictor equinam / iungere si velit et varias inducere plumas / undique conlatis membris, ut turpiter atrum / desinat in piscem mulier formosa superne, / spectatum admissi risum teneatis, amici?“ (Horaz: Ars poetica, V. 1 – 5, S. 538.

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seinem Text unterlegt. Die Groteske ist ein ornamentales Bildelement, das seit dem 15. Jahrhundert in die Malerei, die Raumdekoration und die Illustration von Büchern aufgenommen wird und dort die Ränder des eigentlichen Gemäldes, einer Landschaftsdarstellung oder eines Porträts, auch einer Titelei ausschmückt. Im französischen 16. Jahrhundert sind Grotesken in der Schule von Fontainebleau, als Stuckverzierungen oder Freskenumrahmungen, im Buchdruck auch als Gestaltungselement von Titelblättern sehr präsent. Vor allem in Italien ist die groteske Figur eng mit theoretischen Debatten über die Erscheinungsphänomene des Irrealen verknüpft.95 In der Kombination heterogener Elemente, von Ranken, Blüten, fragmentierten Tier- oder Menschenfiguren, verkehren die Grotesken die natürliche Ordnung. Sie sind monströse Gebilde, die auf einen bizarren Geist des Künstlers verweisen. Ihnen korrespondieren die Fieberträume und die von der Kontrolle der ratio entbundene Phantasie. Letztere wird als das innere Vermögen bestimmt, das in den Grotesken anschaulich werdende Ungestalten und substanzlose Bilder erzeugt.96 Die Interdependenz von Vorstellungsvermögen und künstlerischer Repräsentation, wie sie in den Grotesken hervortritt, wird in „Les Daimons“ durch die Wortwahl „portraits“ (V. 44) unterstrichen. Die Verwandlungsfähigkeit der Wolken wird mit der Malerei sowie mit jenem phantasmatischen, nach außen projizierten Bild assoziiert, das Ronsard als zentrale Reflexionsfigur seiner Lyriksammlung Amours de Cassandre eingeschrieben hat. Indem die Wolkenfiguren den Formenwandel der Dämonen überhaupt erst vorstellbar machen, wird die Erfassung eines naturmagischen Phänomens von der Veranschaulichungsleistung der Phantasie und künstlerischer Erfindung abgeleitet. Die illusionär-trughaften Figuren – im Mythos gehen die Kentauren aus der Umarmung Ixions mit einer Wolke hervor, die Hera gleicht97 – werden dem Leser in den folgenden Versen in den spielerisch-komödiantischen Verwandlungskünsten der Dämonen, in der Übergängigkeit von Form zu Form, vor Augen geführt:98 Die Dämonen machen sich dick und runden sich zum Fass, ziehen sich zu einem Garnknäuel zusammen, strecken sich lang zum Sternenschweif, rühren bald einen Fuß, bald halten sie still. Sieht man sie die Gestalt von Tieren annehmen, erscheinen sie in deformierter Körperlichkeit oder als ein95 Vgl. D. Scholl: Die Konstituierung einer Poetik der Grotesken. 96 Zur Relevanz der Grotesken für Ronsards Dichtungskonzeption vgl. K. Westerwelle: Montaigne, S. 327 – 363. 97 In der „Preface sur la Franciade“ bezieht sich Ronsard im Kontext der grotesken Bildfiguren auf die Nachkommen des Ixion: „Car pour vouloir trop eviter, & du tout te bannir du parler vulgaire, si tu veux voler sans consideration par le travers des nues, & faire des grotesques, Chimeres & monstres, & non une naifve & naturelle poesie, tu seras imitateur d’Ixion, qui engendra des Phantosmes au lieu de legitimes & naturels enfants.“ (OC, Bd. 1, S. 1163). 98 Vgl. ebd. die Verse 51 – 62.

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zelne Körperglieder, so dass eines in der Mitte verstümmelt ist, ein anderes nur Kopf, ein weiteres nur Augen, eines nur Arme, wieder ein anderes behaarte Füße hat. Sind sie ganz, zeigen sie sich denen, die sie sehen, oft als satanisches Bestiarium – als Schlangen, Drachen, Käuzchen, Raben, Ziegenböcke, schwarze Hunde, Katzen, Wölfe, Stiere. Immer aber nehmen die Dämonen die zu ihrer jeweiligen Erscheinung passende Farbe an: „Et prennent les couleurs — tels corps convenables, Pour mieux representer leurs feintes vraysemblables.“ (V. 63 – 64)

Dem Verweis auf die Grotesken analog, ist hier ein kunsttheoretisches bzw. poetologisches Vokabular gewählt. Das Erfundene, „leurs feintes“ (V. 64), gewinnt durch die Annahme von Farbe Wahrscheinlichkeit. Die Farbe macht die durchsichtigen Körper der Dämonen nicht nur sichtbar, sondern der Betrachter hält sie für real, so wie in der Dichtung das Fiktive durch das Kriterium der Wahrscheinlichkeit glaubhaft wird. Es wird deswegen für wirklich gehalten, weil es dem Erfahrungshorizont entspricht. Das Verhältnis von Sinnestrug und Realitätseffekt wird dann durch einen Vergleich zwischen dem flüchtigen Formund Farbenspiel der Dämonen und dem Phänomen des Regenbogens vertieft: „En la faÅon qu’on voit Iris se figurer Des rayons du Soleil, qui la vient peinturer De trois couleurs pourveu que l’oppos¦e nue O¾ l’image se fait, soit creuse et menue: Autrement l’Arc-en-ciel n’auroit impression.“ (V. 65 – 69)

Aufgerufen ist zunächst ein mythologisches Bild, die Götterbotin Iris, wie sie, etwa bei Homer oder Hesiod, vor den Menschen erscheint. Dass sie sichtbar wird, verdankt sich, wie die Verben „figurer“ (V. 65) und „peinturer“ (V. 66) verdeutlichen, der Darstellungsleistung von Literatur und Kunst. Mit den Sonnenstrahlen, die Iris in drei Farben auf Wolken malen, wird ein Übergang zu einer naturphilosophischen Erklärung geschaffen, hatte doch Aristoteles Purpurrot, Grün und Violett als die drei Hauptfarben des Regenbogens bestimmt.99 Dessen These, dass der Regenbogen auf eine Lichtspiegelung in Wolken zurückgeht, nimmt Agrippa in De occulta philosophia auf: „Et in Meteoris prodit Aristoteles quoniam in nube aÚris concipiatur iris quadam speculi similitudine.“100 Eine ähnliche Erklärung gibt Cardanus in seinem Buch De la subtilit¦, et subtiles inuentions, das in der Übersetzung Richard le Blancs 1556 in Paris 99 Vgl. Aristoteles: Meteorologia, Abschnitte 374b – 375a, zur Erklärung des Regenbogens, seiner Krümmung und Farbigkeit die Abschnitte 373a – 377a. Den Übergang von der Mythologie zur Naturphilosophie arbeitet Ronsard an dieser Stelle erst in den späteren Fassungen aus. 1555 heißt es noch „en cent couleurs“, vgl. P. de Ronsard: Hymnes, in: Lm VIII, V. 111, S. 121. 100 H.C. Agrippa: De occulta philosophia, Buch I, Kapitel 6, S. 97.

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veröffentlicht wird: Die Sonnenstrahlen treffen auf eine Wolkenhöhlung und färben sich, da sie schwächer und gedämpfter werden, ein.101 Mit vergleichbaren Argumenten führt Pomponazzis De incantationibus religiöse Wundererscheinungen auf natürliche Ursachen zurück. So hätten die Bewohner von Aquila geglaubt, eine Vision des Heiligen Coelestin zu sehen, da die Luft an jenem Tag, bedingt durch die hohe Feuchtigkeit, für die Einprägung der auf die luftartigen spiritus zurückgehenden Vorstellungsbilder besonders aufnahmebereit gewesen sei.102 Das Verhältnis von Mythos und Naturphilosophie, wie es sich in der Entzauberung der Göttin Iris zum „Arc-en-ciel“(V. 69) zeigt, entspricht in der argumentativen Anlage Ronsards nur scheinbar dem Vergleichsobjekt, der Einfärbung des Dämonenkörpers. Nicht Ent-, sondern Bezauberung und damit die ästhetische Überschreibung naturphilosophischer Erklärung geschieht, wenn die Farbe dem Sinnestrug Wahrscheinlichkeit verleiht und dieser im Blick des Betrachters eine – freilich nur illusionäre – Realität gewinnt. Im mythologischen Bild der Iris und durch das poetologische Vokabular – „pour mieux representer leurs feintes vraysemblables“ (V. 64) – reflektiert Ronsard Wirkmacht und Wirklichkeitsstatus der Fiktion, wie die folgenden Verse unterstreichen: Die Dämonen manifestieren sich durch ihre illusionistische Hülle, sie sind „masquez de vaines feintes“ (V. 75). Die substanzlos-fiktiven Erscheinungsbilder versetzen die Menschen in Ängste, die mit dem Wunderbaren, wie es die in der mittelalterlichen Literatur erfundene Sagenwelt repräsentiert, assoziiert sind, „donnent aux cœurs humains de merveilleuses craintes“ (V. 76).103 Sie prägen sich, wie die Luft Farbe und Form der Dinge aufnimmt, der menschlichen fantaisie ein: „Car ainsi que l’air prend et reÅoit — l’entour Toute forme et couleur ce-pendant qu’il est jour, Puis les rebaille — ceux qui de nature peuvent En eux les recevoir, et qui propres se treuvent: Tout ainsi les Daimons font leurs masqueures voir õ notre fantaisie apte — les recevoir : Puis notre fantaisie — l’esprit les r’apporte De la mesme faÅon et de la mesme sorte Qu’elle les imagine en dormant, ou veillant […].“ (V. 77 – 85)

101 Les livres de Hierome Cardanus. Die entsprechenden Stellen bei Agrippa und Cardanus sind angegeben in G. Lafeuille: Cinq Hymnes, S. 149. 102 Vgl. A.-M. Schmidt: Commentaire, S. 29. 103 Zu Begriff und Gestaltung des „merveilleux“ vgl. die Beiträge in: F. Wolfzettel (Hg.): Das Wunderbare in der arthurischen Literatur.

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Die Verse kombinieren Abschnitte aus Psellos-Ficinos De operatione Daemonum,104 die darlegen, dass die Dämonen ihre Form und Farbe durch die ihnen eigene „essentia phantastica“ erhalten.105 Ihre Bilderscheinung, „figuras, atque colores“, übermitteln sie an den menschlichen Lebensgeist, um so Willen und Entscheidungen zu beeinflussen, Begierden in Erinnerung zu rufen und Trugbilder von Affekten zu erzeugen.106 Ronsard hebt nicht die „essentia fantastica“ der Dämonen, sondern das menschliche Vorstellungsvermögen, die „fantaisie“ (V. 82 und 83), hervor. Dabei verwischt er die etwa im Kontext der Hexenprozesse zentrale Frage, ob die Dämonen okkulte Mächte oder aber Vorstellungsbilder sind: Denn die fantaisie empfängt („recevoir“, V. 82) die „masqueures“ (V. 81) genauso wie sie die gleichen Phänomene in Traum oder Wachen eigenständig vorstellt („imagine“, V. 85). Dabei ist das Wahrnehmungs- oder Vorstellungsbild durch fortschreitende Semantisierung poetologisch konnotiert: „masqueures“ (V. 81) bezeichnet nicht nur die illusionistische Hülle der Dämonen, sondern weist auf „masquez de vaines feintes“ (V. 75) zurück, in dem wiederum die Formulierung „pour mieux representer leurs feintes vraysemblables“ (V. 64) gespiegelt ist. Wie sich an den analysierten Passagen zeigt, sind die Dämonen mit kunstund dichtungstheoretischen Konzepten, mythologischen Figuren und der Phantasie assoziiert. Ihre Wirkung, die bei Psellos-Ficino als äußere Einflussnahme gefasst ist, wird von Ronsard plastisch vor Augen geführt, indem Symptome physischer Angst – die Haare stehen zu Berge, Schweiß tropft von der Stirn – detailliert beschrieben und der Lebenshorizont des Lesers aufgerufen ist: „Si nous sommes au lict, n’osons lever les bras, / Ny tant soit peu tourner le corps entre les draps“ (V. 89 – 90). Die Dämonen erregen ein Grauen, wie man es von Albträumen kennt. Evoziert werden Bildvorstellungen, die im Schlaf ohne unmittelbare Sinnesdaten von der Imagination erzeugt und ohne Wahrheitsreferenz sind:107 ,Wir meinen den Tod naher Verwandter und Freunde vorauszusehen, ein großer ausgehungerter Bär scheint uns zu fressen, einsam irren wir durch eine eigenartige Wüste inmitten von Löwen, im Wald stößt uns ein Räuber 104 Vgl. A.-M. Schmidt: Commentaire, S. 27 f. sowie die Vertiefung und kritische Beleuchtung bei G. Lafeuille: Cinq Hymnes, S. 147 f. 105 In Psellos-Ficino: De operatione Daemonum, heißt es: „Sicut enim aÚr praesente lumine colores, & formas accipiens traducit in illa, que naturaliter accipere possunt […]. Sic & daemonica corpora suscipientia ab ea, quae intus est, essentia phantastica figuras, atque colores, & quascunque ipsi voluerint in ipsum animalem nostrumque spiritum transmittunt, multa nobis negotia praebent, uoluntates & consilia suggerentes, formas subindicantes, suscitantes memorias voluptatum, simulacra passionum frequenter concitantes vigilantibus, atque dormientibus.“ Zit. n. A.-M. Schmidt: Commentaire, S. 27 f. 106 Vgl. ebd., S. 28 sowie Anm. 102. 107 Zum erkenntniskritischen Bedeutungsspektrum von ,songe‘ vgl. C. Faisant: „L’imaginaire du songe chez Ronsard“.

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wegen unsres Gelds einen Dolch ins Herz.‘108 Details und szenische Elemente verleihen den Traumbildern hohe Anschaulichkeit, so dass sie, nach dem rhetorischen Prinzip der enargeia, unmittelbar vor Augen treten und affektiv auf den Leser wirken.109 Das Dämonengedicht ruft zuerst die Gemütswirkung auf, die Psellos den Erscheinungen der Dämonen zugeschrieben hat, um sie dann in den Albtraumbildern zu aktualisieren. Die Verschränkung von Phantasiebild und sprachlicher Darstellung, wie sie Ronsard mit Quintilian wirkungsästhetisch fasst, ist schließlich in einer Vergleichsreihe, die Dämonenerscheinung, Homerreminiszenz und künstlerische Farbgebung miteinander koppelt, reflektiert: „Souvent — l’improuveue on les voit apparoistre, Tellement qu’on les peut facilement cognoistre Comme Achille cogneut Minerve qui le print Par le poil de la teste, et son courroux retint: Mais eux bien peu de temps de leur forme jouyssent, Et tout soudain en rien elles s’esvanouyssent, Comme si de couleurs les ondes on teignoit, Ou si l’air et le vent de couleurs on peignoit: Car leur corps n’est solide et apte de nature õ retenir long temps une prise figure.“ (V. 99 – 108)

Die plötzliche Erscheinung und leichte Erkennbarkeit der Dämonen werden mit einer Szene aus Homers Ilias verglichen, in der Athene Achill am Haar packt und ihn so zurückhält, Agamemnon mit dem Schwert zu erschlagen. Athene ist nur für Achill sichtbar und tritt mit ihm ins Gespräch ein; menschliche Entscheidungsfindung wird auf göttliche Einflussnahme zurückgeführt.110 In Apuleius’ Rede De deo Socratis, die die innere Stimme des Sokrates, das Daimonion, näher zu bestimmen versucht, dient die Ilias-Stelle als Beispiel, um für die Zuhörer den leichten, unsichtbaren Körper eines Daimon überhaupt vorstellbar zu machen. Die Vorstellungsbildung des Publikums soll, wie Apuleius betont, dabei ratio-

108 P. de Ronsard: Hymne des Daimons, V. 91 – 98: „Adonq nous est advis que nous voyons nos peres / Morts dedans un linceul, et nos defunctes meres / Parler — nous la nuict, et que voyons en l’eau / Quelqu’un de nos amis perir dans un bateau: / Il semble qu’un grand Ours tout affam¦ nous mange, / Ou que seuls nous errons par un dessert estrange / Au milieu des Lions, ou qu’au bois un volleur / Nous met pour nostre argent la dague dans le cœur.“ 109 Vgl. Quintilian: Institutio oratoria, Buch 6, Kapitel 2.29, S. 709 – 711: „Jeder, der das, was die Griechen vamtasiai nennen – wir können ,visiones‘ (Phantasiebilder) sagen –, wodurch die Bilder abwesender Dinge so im Geist vergegenwärtigt werden, dass wir sie scheinbar vor Augen sehen und sie wie leibhaftig vor uns haben: jeder also, der diese Erscheinung gut erfasst, wird in den Gefühlswirkungen am stärksten sein.“Zur Relation von imaginativen Bildern und rhetorisch erzeugter Anschaulichkeit vgl. A. Rees: „L’,enargeia‘ chez Ronsard“. 110 Vgl. Homer, Ilias, 1. Gesang, V. 193 – 222.

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nalen Kriterien folgen.111 Er will nicht „nach der Art der Dichter unglaubwürdige Dinge“ erfinden.112 Apuleius spielt allerdings mit der Dichterkritik, da er kurz darauf als Beispiel für die zarte Beschaffenheit des dämonischen Körpers eben die ,homerische Minerva‘ anführt, dabei Homer wörtlich zitiert beziehungsweise ihn für seine Zuhörer in eine ihnen geläufige Sprache übersetzt: „Ich werde den griechischen Vers, wenn ihr einen Augenblick wartet, lateinisch wiedergeben – und exakt so soll er lauten für den Augenblick: Minerva also kommt, wie gesagt, auf Junos Geheiß, um Achill zu mäßigen: ,ihm allein ist sie sichtbar, kein anderer nimmt sie wahr‘.“113

Mit dem Homerzitat folgt Apuleius Quintilians Überlegungen zur enargeia. Als Beispiel für die gelingende Veranschaulichung von Phantasiebildern und als besonders wirkungsvoll für die Affekterzeugung führt Quintilian Verse aus Vergils Aeneis an.114 Ronsard greift die Überblendung von poetischem Text, Dämonologie und Rhetorik auf, verändert jedoch den Homervers, den Apuleius zitiert. Er rückt nicht die Erscheinung Athenes, sondern den Zorn des Achill, „son courroux“ (V. 101), ins Zentrum. Nach dem enargeia-Prinzip tritt dem Leser mit der einzelnen Szene das gesamte Geschehen der Ilias vor Augen. Mit Achills Zorn hebt Ronsard den Affekt, der alles, was erzählt wird, verursacht hat und der darum auch das erste Wort des Epos bildet, hervor.115 Mit Hilfe eines 111 Der Abschnitt über die Beschaffenheit der Dämonen setzt sich folgendes Ziel: „Lasst uns mit Hilfe unserer Vernunft ein solches Körpergebilde formen und mit Hilfe unserer Seele hervorbringen, das weder so schwerfällig wie die irdischen ist noch so leicht wie die ätherischen […].“ Apuleius: De deo Socratis, Kapitel 9, Abschnitt 140 f., S. 63. 112 Ebd. Kapitel 10, Abschnitt 142, S. 63. 113 Ebd. Kapitel 11, Abschnitt 145, S. 63 f. in Aufnahme von Homer, Ilias, 1. Gesang, V. 198: „Versum Graecum, si paulisper opperiamini, Latine enuntiabo – atque adeo hic sit impraesentiarium: Minerva igitur, ut dixi, Achilli moderando iussu Iunonis advenit; ,soli perspicua est, aliorum nemo tuetur.‘“ 114 Vgl. Quintilian: Institutio oratoria, Buch 4, Kapitel 2.32 – 33, S. 711: „Daraus ergibt sich die e’m\qceia (Verdeutlichung), die Cicero ,illustratio‘ (Ins-Licht-Rücken) und ,evidentia‘ (Anschaulichkeit) nennt, die nicht mehr in erster Linie zu reden, sondern vielmehr das Geschehen anschaulich vorzuführen scheint, und ihr folgen die Gefühlswirkungen so, als wären wir bei den Vorgängen selbst zugegen. Haben wir nicht das Gefühl solcher Phantasiebilder, wenn wir die Verse hören: ,Ihren Händen entglitt das Webschiff, die Wolle am Boden‘ [Vergil: Aeneis Buch IX, Abschnitt 474] oder ,Tief in der glänzenden Brust die klaffende Wunde‘ [ebd., Buch XI, Abschnitt 40] oder das Pferd bei der Bestattung des Pallas ,ohne sein Zaumzeug‘ [ebd., Buch XI, Abschnitt 89]. Ja, hat der gleiche Dichter nicht zutiefst das Bilder letzten Stunde in sich aufgenommen, so dass er sagen konnte: ,Und im Tod tritt süß sein Argos ihm vor die Augen‘ [ebd., Buch X, Abschnitt 782].“ 115 Vgl. Homer : Ilias, Gesang 1, V. 1 – 7, S. 7: „Den Zorn singe, Göttin, des Peleus-Sohnes Achilleus, / den verderblichen, der zehntausend Schmerzen über die Achaier brachte / Und viele kraftvolle Seelen dem Hades vorwarf / Von Helden, sie selbst aber zur Beute schuf den Hunden / Und den Vögeln zum Mahl, und es erfüllte sich des Zeus Ratschluß – / Von da beginnend, wo sich zuerst im Streit entzweiten / Der Atreus-Sohn, der Herr der Männer,

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weiteren Vergleichs reflektiert Ronsard die erkenntnistheoretische Qualität des mentalen Verbildlichungsprozesses: „Comme si de couleurs les ondes on teignoit, / Ou si l’air et le vent de couleurs on peignoit“ (V. 105 – 106). Die imaginative Figuration gleicht dem Einfärben oder Bemalen von Wellen, Luft und Wind. Das Auftragen der Farbe auf flüchtig-bewegliche Elemente ist, ruft man sich die Vergleichskette in Erinnerung, nicht mehr nur eine Veranschaulichung für den instabilen, wandelbaren Körper der Dämonen. Die Farbgebung charakterisiert vielmehr die fragile Flüchtigkeit jenes fiktiven Raumes, der im Inneren des Lesers mit Hilfe der künstlerisch-poetischen Darstellung vergegenwärtigt, ja überhaupt erst geschaffen wird. Diese Reflexion steht am Ende des ersten, eher theoretischen Teils von „Les Daimons“. Es folgt ein langer Katalog, in dem die Elementargeister der Luft, der Erde, des Wassers und des Feuers vorbeidefilieren. Das Gedicht akkumuliert Namen, mysteriöse, unheimliche Geschichten, unerklärliche Phänomene – etwa Irrlichter und Elmsfeuer – und mischt dabei naturphilosophisch-magisches Wissen, Kurioses aus volkstümlichen Erzählungen, Figuren der antiken Mythologie und mittelalterlichen Sagenwelt. Der Leser wird von der Fülle angeregt, er muss selbst kombinieren und sieht sich dazu gezwungen, immer wieder neu anzusetzen, da ein Name und mit ihm ein Kontext nur kurz evoziert, plötzlich von anderen Anspielungen abgelöst wird, andere, neue Gestalten herandrängen, sich Bilder flüchtig formieren, Alltags- und Leseerinnerungen wecken, sich dann wieder auflösen und verlieren. Der Katalog, der alles nur denkbare Wissen über die Dämonen reiht, folgt keiner logisch begründeten Ordnung, sondern trägt durch die vage Unterscheidung in „les uns“ – „les autres“116 zur Auflösung von Kategorien bei. Die springende Bewegung vom einen zum anderen und wieder zu etwas Neuem erzeugt den Eindruck unüberschaubarer Fülle, in der der Leser nur noch die Übergängigkeit und Verwandlung von Figuren erfassen kann. Indem der Text heterogenes Material kombiniert, stets schnell von einem zum Nächsten übergeht, ähnelt er dem forminstabilen Wesen der Dämonen. Die poetische Darstellung imitiert die alogische Kombinatorik der fantaisie.117 Der Rezipient vollzieht im Lesevorgang das Wechselspiel von enargeia und Phantasiebild nach. Das Potential eines Textes, dessen Lektüre die innere Bilderzeugung befördert, ist in einzelnen Geistwesen veranschaulicht. So verweisen die norwegischen Wichtel direkt auf die Erfindungsgabe und die Fabulierkunst des Menschen. Sie regen alle möglichen Erzählungen an, die voll von immer neuen und der göttliche Achilleus.“ Im Kontext der Erscheinung der Athene wird der Zorn in folgenden Versen erwähnt: Homer : Ilias, Gesang 1,V. 192, 207 und 217. 116 Siehe P. de Ronsard: Hymne des Daimons, V. 109, 110, 151, 159, 181, 213, 217, 239 und 251. 117 Vgl. A. Rees: „L’,enargeia‘ chez Ronsard“; H. Moreau: „Les ,Daimons‘ ou de la fantaisie“, S. 227 – 234.

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Wundergeschichten sind: „Or qui voudrais narrer les contes qu’on fait d’eux, / De tristes, de gaillards, d’horribles, de piteux, / On n’auroit jamais fait: car homme ne se treuve / Qui tousjours n’en racconte une merveille neuve.“ (V. 177 – 180) Die Verführungsmacht der Fabeln wird am Beispiel der Sirenen, die Flüsse, Bäche, Seen, Teiche, verschlafene Sümpfe und lebendige Quellen bewohnen, verdeutlicht. In den Augen der reizenden Mädchen spiegelt sich das Blau des Wassers – ein Verweis auf den Mythos von Narziss: „[…] les yeux verts et beaux, / Contre-imitant l’azur de leurs propres ruisseaux.“ (V. 189 – 190) Ficino hatte Narziss als Sinnbild für die Faszination an der sinnlichen Schönheit gedeutet, die mit dem intelligiblen Schönen verwechselt wird, so dass es zur Gefährdung der Seele und zum Selbstverlust des Betrachters kommt. Er folgt hierin Plotin, der den Sinnestrug als Blick auf das „schöne Abbild, das auf dem Wasser schwebte“, fasst und beklagt, dass die Seele wie ein Blinder im Dunkeln, unter Schatten bleibt.118 Immer wieder mischen sich bei Ronsard in das okkulte Wissen Elemente literarischer fictio ein, die bereits in der Tradition erkenntniskritisch gedeutet worden sind oder auf die ontologische Abwertung der Fabeln verweisen.119 Mischgestaltige Götter der homerischen Epen, „Neptune le Daimon“ (V. 203) oder Proteus, „l’Êgyptien Prot¦e“ (V. 205), der oft mit Schlangenleib dargestellt ist, ordnen sich der Dämonenwelt ein, ebenso die Figuren, die von der antiken Dichtung und den mittelalterlichen Sagen erfunden worden sind: „Les uns aucunefois se transforment en F¦es, En Dryades des bois, en Nymphes et Nap¦es, En Faunes, en Sylvains, en Satyres et Pans, Qui ont le corps pelu marquet¦ comme fans: Ils ont l’orteil de bouc, et d’un chevreuil l’oreille, La corne d’un chamois, et la face vermeille Comme un rouge Croissant, et danser toute nuit Dedans un carrefour, ou pres d’une eau qui bruit.“ (V. 251 – 258)

Im nächtlichen Tanz bilden Feen und Nymphen einen Reigen mit Faunen, Waldgöttern, Satyrn und Pansgestalten, deren Körper in einzelnen Teilen schlaglichtartig beleuchtet werden – ihr Pelz ist gefleckt wie der eines Kitzes, den Zeh haben sie vom Ziegenbock, Rehohr und Gamshorn verbinden sich mit einem granatfarbenen Gesicht, das einer roten Mondsichel gleicht. In grotesker Kombinatorik und intensiven Farben werden dem Leser Bilder vor Augen geführt, die auf die antike und zeitgenössische Bukolik und auf Darstellungen der bildenden Kunst verweisen. Nymphen und Satyrn sind ein beliebtes Motiv der Êcole de Fontainebleau, wo sie als Elemente der Grotesken auf Stuckdekora118 Vgl. M. Ficino: De amore, Oratio VI, Kapitel 17; Plotin: „Über das Schöne“, S. 21. 119 Zur dämonologischen Konnotation der Figuren vgl. A.-M. Schmidt: Commentaire, S. 54 und 60; G. Lafeuille: Cinq Hymnes, S. 165 f. und 177 – 179.

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tionen oder als Protagonisten derb erotischer, obszöner Szenen figurieren. Mantegnas Gemälde, das Dryaden mit fliegenden Gewändern im Tanz um eine Eiche zeigt, ist in Stichen in ganz Europa verbreitet.120 In der bukolischen Vorstellungswelt überlagern sich Dämonologie und poetische Fiktion. Beispiele aus der Literatur werden, verstärkt in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, zur Konstruktion eines diabolischen Raumes herangezogen, in dem Hexen mit Teufeln und Dämonen interagieren. Im Gegenzug resultiert daraus die Diabolisierung jenes Raumes, den die Bukolik erfunden hat, und mit ihm die Diabolisierung der schöpferischen Kraft der Fiktion.121 Das Repertoire literarischer Figuren gewinnt bei Ronsard gegenüber der Erklärung okkulter Phänomene ein Eigenleben. Die fascinatio durch die Dämonen verwandelt sich in eine Faszination an einem Text, der mit Lektürewissen spielt und die Einbildungskraft anregt. Dass dämonologische Stoffe für den Leser grundsätzlich fesselnd sind, bemerkt etwa zeitgleich der Arzt Johannes Weyer in seinem Buch Cinq Livres De l’imposture et tromperie des diables. Die Einmischung fabulöser Geschichten in naturphilosophisch-medizinische Erklärungen trage zur Entspannung des Lesers bei.122 Claude de Tesserant hebt, um für seinen Band der Histoires prodigieuses zu werben, das Vergnügen hervor, das die Lektüre von Weyers Dämonenbuch schenkt: „Pour ce que ceux qui voudront prendre plaisir — lire les livres des prestiges des Demons mis depuis peu en FranÅais par Monsieur Grevin, pourront y trouver dequoy estre contens.“123 Ronsards Gedicht greift weniger auf Anekdoten und kuriose Fälle als auf bildkünstlerisch-literarische Figuren und Verfahren zurück. Er verbindet sie mit einer alogischen Darstellungsform und mit metapoetischer Reflexion. Die Gefährdung durch eine Dichtung, die trügerische Bilder erzeugt und ästhetisches Vergnügen weckt, ist folgerichtig im Schlussteil von „Les Daimons“ herausge120 Für charakteristische Bildbeispiele vgl. H. Zerner : Die Schule von Fontainebleau, Abb. Antonio Fantuzzi 19, 33, 39, Meister L.D. 81, 82, 95; zu den Darstellungen des Dryadentanzes, u. a. im Schloss von Fontainebleau, vgl. M.M. McGowan: Ideal Forms in the Age of Ronsard, S. 238 f. und Abb. 68, 69. 121 Vgl. F. Lavocat: „L’Arcadie diabolique.“ 122 Bevor Weyer beginnt, vom ,traurigen Ende‘ einer Hexe in England zu erzählen, schreibt er : „[…] encores que je pense que ce soit une fable controuvee: toutesfois — celle fin que les choses fabuleuses et joyeuses soyent meslees parmi les vrayes et serieuses, je descriray ceste fable, ou ceste histoire semblable — une fable, — celle fin de recreer le lecteur.“ J. Wier: Cinq Livres, folio 395b, zitiert nach M. Closson: L’Imaginaire d¦moniaque en France, S. 313. Zum Vergnügen an Dämonen-, Hexen-, Geister- und Dämonengeschichten im 16. Jahrhundert vgl. ebd., S. 311 – 316. 123 Histoires prodigieuses II, Kapitel 9, S. 28, zitiert nach M. Closson: L’Imaginaire d¦moniaque en France, S. 312. Closson folgt der Ausgabe: Pierre Boaistuau: Le Premier Tome des Histoires prodigieuses/Claude de Tesserant: Le Second Tome des Histoires prodigieuses/FranÅois de Belleforest: Le TroisiÀme Tome des Histoires prodigieuses, Paris: Hierosme de Marnef/Guillaume Cavellat 1575 – 1578.

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stellt. Während in anderen Stücken der Hymnen-Bücher, etwa in der „Hymne de l’Êternit¦“ oder der „Hymne de la Justice“, am Ende die gepriesene Macht, Ewigkeit oder Gerechtigkeit, direkt angerufen und ihre Gunst erfleht wird, schließt „Les Daimons“ mit einem Gebet: „¬ Seigneur Eternel en qui seul gist ma foy“(V. 309). Die Bitte an Gott, jene Dämonen fernzuhalten, die teuflische Besessenheit erzeugen, geht über in eine Austreibung der Geister, die an einen unchristlichen Ort, ins Land der Türken, verbannt werden sollen. In den abschließenden Versen verwandelt sich die purgatio in einen Fluch: Die teuflischen Geister sollen auf diejenigen niederfahren, die die Dichtung Ronsards schmähen, „[…] sur le chef de ceux qui oseront mesdire / Des chansons que j’accorde — ma nouvelle lyre.“ (V. 316)

V.

Eine neue Dichtung

Die letzten Verse verbinden den Exorzismus der Dämonen ironisch mit den Angriffen gegen Ronsards eigene Poesie.124 Affirmiert wird, wie die Formulierung „ma nouvelle lyre“ (V. 316) unterstreicht,125 ein Neuerungsanspruch, wie ihn das Gedicht „Les Daimons“ programmatisch entwirft. Die ,neue Dichtung‘ begründet sich durch Bilder, die den Dämonenerscheinungen epistemologisch ähnlich sind. Die Bilder, wie sie dem Leser vor Augen geführt werden, sind jedoch kein teuflisches Blendwerk, sondern Effekt eines Textes, der dem dämonischen Trug rhetorische, kunst- und dichtungstheoretische Konzepte unterlegt und das Übernatürliche im Repertoire bukolischer Figuren, volkstümlicher Erzählungen und mittelalterlicher Sagen aufgehen lässt. Ronsard ruft die Abwertung imaginativer Bilder und poetischer Fiktion, wie sie in der protestantischen Dichtungskritik und neuplatonischer Philosophie und Poesie hervortritt, im Phänomen der fascinatio auf und bricht sie reflexiv : „Les Daimons“ entfaltet eine Bildlichkeit, die von intertextuellen Bezügen und poetologischem Vokabular nicht zu trennen ist; das Porträt fungiert in den Amours de Cassandre als mnemotechnisches Zeichen, das zwar als Produkt der Träume und Phantasmen des Ichs ausgewiesen, jedoch explizit an einen gelehrten Wissenshorizont gebunden ist. Indem der Leser die vielschichtigen Referenzfelder erkennt und aktualisiert, wird er zum Beobachter, der mit Distanz auf die Spielformen 124 In Referenz auf Ronsards Les Daimons heißt es in der 1563 verfassten, gegen Ronsard gerichteten Remonstrance — la Royne: „Je passe des Daemons les songes monstrueus, / Horribles, inconnus, et irreligieus“, V. 775 f. (A. de Riveaudeau: Remonstrance — la Royne, in: La Pol¦mique protestante contre Ronsard Bd. 1, S. 140. 125 Die Schlussverse werden in der Fassung von 1584 präzisiert; zuvor lauten sie: „Ou sur le chef de ceux qui oseront mesdire / De l’honneur de mon Carle, ou des chantz de ma Lyre.“ (P. de Ronsard: Hymnes, in: Lm VIII, S. 139).

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der Dämonen und den Bildzauber, dem der Liebende unterworfen ist, blickt. Dadurch, dass Ronsard seinen Texten ein Moment reflexiver Distanz einschreibt, verwandelt er die in den medizinischen, naturphilosophischen und theologischen Schriften seiner Zeit diskutierte Macht der fascinatio in eine wirkungsästhetische Kategorie.

Bibliographie Abbildungen Abb. 1: Ronsard et Cassandre, Frontispiz des Premier Livre des Amours (1552), Holzschnitt, BibliothÀque nationale de France.

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Philipp Theisohn

Priscianus im Fegefeuer. Fischarts Schreibpraxis zwischen Dämonologie und grammatischer Purgatio

I.

Warum diese Übersetzung?

1581 erscheint in Straßburg bei Bernhard Jobin die Übersetzung eines in seiner französischen Fassung bereits berüchtigten Kompendiums, das in seinem lateinischen Obertitel De magorum Daemonomania heisst, in seiner deutschen Übersetzung Vom Außgelaßnen Wütigen Teüffelsheer Allerhand Zauberern / Hexen vnnd Hexenmeistern / Unholden / Teuffelsbeschwerern / Warsagern / Schwartzkünstlern / Vergifftern / Augenverblendern / etc. Wie die vermög aller Recht erkant / eingetrieben / gehindert / erkündigt / erforscht / Peinlich ersucht und gestrafft werden sollen. Das französische Original stammt von dem bekannten Rechtsgelehrten Jean Bodin (und ist 1580 erschienen), die Übersetzung hingegen von keinem anderen als von Johann Fischart, der nicht zuletzt auch Rabelais Pantagruel in seiner Affentheurlichen Geschichtklitterung bereits ins Deutsche gebracht hatte. Es handelt sich um eine mit Blick auf die Gelehrtenwelt des 16. Jahrhunderts durchaus erklärungsbedürftige Publikation. Dass jemand wie Fischart, der sich einerseits an den innerprotestantischen Auseinandersetzungen massiv beteiligt und der andererseits mit Rabelais die Ironisierung der frühneuzeitlichen Geheimwissenschaft bis auf die Spitze treibt, sich ausgerechnet der Übersetzung eines dämonologischen Kompendiums des Katholiken Bodins annimmt – das erscheint uns auf den ersten Blick nicht wirklich plausibel. Wie ließe sich dieses doch merkwürdige Faktum verstehen, aus welcher Motivation ist diese Übersetzung herzuleiten? Man kann darauf drei verschiedene Antworten geben. 1. Es ist eine Auftragsarbeit, Fischart erwähnt in der Vorrede ausdrücklich, er sei „durch gewisse Personen mehrmals vmb förderliche Translation desselbigen angehalten“ worden.1 Das erklärt den Anlass und die Aufmerksamkeit, aber tatsächlich nicht die Entscheidung für diesen Text. 1 J. Bodin: De Magorvm Daemonomania, S. 5 verso. Zitiert wird Fischarts Übersetzung im Folgenden nach der zweiten Auflage von 1586.

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2. Fischart ist professionell mit diesen Gegenständen beschäftigt gewesen. Das dürfte richtig sein, erklärt aber auch nicht alles. Fischart war tatsächlich Amtmann in Forbach, und dürfte bei den dort stattfindenden Hexenprozessen 1587 als Untersuchungsrichter beteiligt gewesen sein.2 Was aber hat das mit einer Übersetzung zu tun, die bereits 1581 erscheint? 3. Fischart konnte diesen Text für sich annehmen, weil er in ihm etwas sehen konnte, das der poetologischen Kernreflexion seiner Vorwerke entsprach. Es gibt eine Linie, die von Fischarts Schreibpraxis zur Daemonomania führt – und auch einen zurück. Diese Linie aber ist das Konzept der Purgatio, verstanden als ein wissenspoetischer Vorgang. Um das zu verdeutlichen, wird man einen Umweg nehmen müssen, einen Umweg, der um die Geschichtklitterung herumführt und bei einem nur selten beachteten Werk Fischarts, der erstmals 1572 und dann in einer massiv erweiterten Fassung 1574 erschienenen Prognostiksatire Aller Practick Großmuotter anlangt. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, dass Fischart dort eine recht präzise Vorstellung von poetischer Purgatio entwickelt, die er dann später in Bodins Text wiedererkennen kann und muss.

II.

Aller Practick Großmuotter als prognostischer Exorzismus

Wenn soeben behauptet wurde, Aller Practick Großmuotter sei eine Prognostiksatire, so gilt es, diese Behauptung sogleich zu modifizieren. Es ist eine „Gegenpraktik“, gehört somit zu einem Genre, das im 16. Jahrhundert durchaus verbreitet ist3, und Fischart steht auch offensichtlich unter dem Einfluss der 2 Zu Fischarts Involvierung in die Forbacher Hexenprozesse von 1587 vgl. bereits A. Hauffen: Johann Fischart, Bd. I, S. 84 f. 3 Das beginnt bei der erstmals 1501 in Nürnberg gedruckten Practica deutsch Doctor Gril vom Kittelperg, der die überaus erfolgreiche Practica Doctor Johannis Roßschwanz (Straßburg 1508) mitsamt ihrer ins Lateinische übertragenen und erweiterten Bearbeitung von Jakob Henrichmann (Straßburg 1509) nachfolgt. Eine nennenswerte Verbreitung erlangen im Weiteren die Practica deutsch Eselberti (1509, 1527 und 1529), die einem ,doctor Nemo‘ zugeschriebenen Practica zu teütsch vff das xvc. und new Jar des Basler Druckers Pamphilus Gengenbach (1515) sowie Heinrich Bebels Prognosticon ex ethrusco sermone in latinum traductum ab annno MDIX usque in finem mundi (Straßburg 1516). Als in Lyon 1532 Rabelais’ Pantagrueline prognostication erscheint, ist das Genre im deutschsprachigen Raum eigentlich bereits zum Erliegen gekommen und findet erst durch Johann Weiermanns Practica. Vff das MDLXV Jar (Zürich 1564) und Johannes Nas antilutheranische Antipraxeis to¯n astrologo¯n. Das ist die unfelig gewisest Practica practicarum (Ingolstadt 1566), auf die sich Fischarts Gegenpraktik unmittelbar polemisch bezieht, ein zweites Leben. Historiographisch und umfassend zum Genre empfiehlt sich S. Pfister: Parodien astrologisch-prophetischen Schrifttums.

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Rabelaisschen Pantagrueline Prognostication, die er in seinem Text nahezu komplett verarbeitet hat.4 Wichtig ist das deswegen, weil man leichtfertig darauf kommt, dass es hier nur um eine Verspottung des Aberglaubens geht, also die Prognostiken persifliert werden, indem man die astrologischen Konstellationen in Bauernregeln überführt. Natürlich gibt es eine Ebene, auf der prognostisches Wissen als eine Verkettung von kontingenten, aber tautologischen Aussagen inszeniert wird, die sich etwa so ausnehmen: „Alle die Kinder / so dis Jar geboren werden / sollen vnberopft / fadenblos vnd Muoternackend auf Erden komen / vnd eh schreien als lachen / auch lam vnd krüppel von allen viren sein / das man sie zuofueren vnd zuotragen / gros not wird haben“.5

Tatsächlich ist diese Inszenierung der Perpetuierung des Immergleichen der wissenspoetische Kern der Gegenpraktiken, die Fischarts Text vorausliegen und umgeben. Gegenpraktiken sollen zeigen, wie und woraus Praktiken gemacht werden, es sind im wahrsten Sinne des Wortes ,practicae practicorum‘. Aller Practick Großmuotter kennt diese Traditionen und beutet sie auch aus, jedoch setzt Fischarts Diagnose viel tiefer an: Er verurteilt nämlich die Astrologie nicht pauschal, sondern den Kulturprozess, dem sie unterworfen ist. So fragt sich Fischarts Alter Ego Alcofribas Wüstblutus, „waher es doch komm / das die Astrolugei / so sonst daheim im Archimedischen vnd Muskischen achtneunzehenreifigem fischreis / kompastfaß vnd winkel mit jr selber pflegte zuo spindelspitzen / vnd Hefrika hefrica zuoruefen / vnd den Himel on den Herculem Atlantisch zuoketschen / heutigs tags so gar aus dem kloster geloffen / vnd ganz Weltlich / Historischreiberisch / Canzeleijsch / Declamatorisch vnd Fastenpredigerisch worden sei.“6

Es geht also, cum grano salis, um die Amateurisierung der Voraussagekunst: Die Prognostik hat sich nicht nur der Gelehrsamkeit enthoben, sie hat im gleichen Zug auch die Gesellschaft überrannt und ist zur Universalkunst der Dilettanten avanciert, so „das heut ein jeder Luoginsland / Mesner / Vrenmacher / kaelberarzt / Calenderboß vnd Cisioianusfingler / bei dem schatten eins glases mit weins“7 Praktiken erstellen kann und damit sein Geld verdient. Jenes Absinken der Astrologie in den Dilettantismus stellt gleichwohl nur ein Oberflächenproblem dar, dessen eigentlich kritischer Punkt erst mit dem Blick auf die medienhistorische Situation sichtbar wird. Den enragierten Wüstblutus interessiert weniger die Deprofessionalisierung der Wissenschaften als vielmehr die bereits in Brants Narrenschiff beschworene Verbindung der Voraussagekunst 4 5 6 7

A. Hauffen: „Fischart-Studien“; G. Schwarz: Rabelais und Fischart. J. Fischart: Aller Practic Großmuoter C, S. 340 f. Ebd., S. 329 f. Ebd., S. 330.

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mit dem Buchdruck und dem ihm angeschlossenen Markt.8 Die Folge dieser Verbindung sind „vnzaeliche sternamhimmelige vnd sandammoerige mißbraeuch“9, die nicht allein das verbreitete astrologische Wissen, sondern vor allem anderen die astrologische Rede betreffen. Die sich in der Machtübernahme der Laien Ausdruck verschaffende Entautorisierung dieser Rede ist unmittelbar an die gegenläufige Dynamik des Buchdrucks gekoppelt. Diese sorgt auf der einen Seite für die unendliche Vervielfältigung und massenhafte Verbreitung einer Textform – des Kalenders und der sich aus ihm entwickelnden Kalenderpraktik –, die ebenso ungeheuer nachgefragt wie produziert wird (für den deutschen Sprachraum geht man von etwa 500 gedruckten Praktiken innerhalb des 16. Jahrhunderts aus10). Auf der anderen Seite garantiert sie gleichzeitig die Stabilität der astrologischen Rhetorik im Druck sowie die formale Verfestigung eines prognostischen Katalogs mit seinen Ober- und Unterkategorien (die vom politischen Geschehen über die Ernte bis hin zur eigentlichen Nativität, der Individualastrologie und dann vor allem den sogenannten ,Laßtaffeln‘ reichen). Korrumpiert zeigt sich also weniger die Astrologie selbst als vielmehr die prognostische Zeichenpraxis, die sich unter all den Amateuren, die den Buchmarkt besiedeln, breitgemacht hat. Wie sieht diese Zeichenpraxis aus? Nun: Die neuen Astrologen allegorisieren. „Sagen wie die stern jrren / so sie selbs doch jrren: Machen aus dem Himel ein Schachspil / da zirkel vnd stern durch einander laufen / wie die Gaukler mit den toletsch danzen: Disputiren von der Milchstras / Martis Landsknechtischem gang / scheutzlichen Merwundern am Himel / welche die Poeten durch jr kunckelmaerlin hinauf gehebt haben / die ein noch ein mal jrer scheuzlichkeit halben / wie den Phaeton / sollten vom Himel abschrecken […].“11

Fischart entschlüsselt hier das Paradoxon der zeitgenössischen Prognostik. Zum einen rekurrieren die Praktiken auf das der frühneuzeitlichen Astrologie zugrunde liegende Schema der mikrokosmisch-makrokosmischen Entsprechung, um damit der Kontingenz des irdischen Lebens immer wieder eine kosmische Regelmäßigkeit zuweisen zu können. Alle mathematischen Berechnungen, die Systematiken der planetarischen Beziehungen, der Katalog der lateinischen Fachtermini und schließlich auch die formale Uniformität der Drucke dienen allein dieser Übertragung der regelhaften stellaren Schicksalstopik auf die un8 „Vil practick und wissagend kunst / Gatt yetz vast uß der drucker gunst / Die drucken alles das man bringt Was man von schanden sagt und singt Das gott nuon als on straf do hyn Die weltt die will betrogen syn“ (S. Brant: Das Narrenschiff, S. 163). 9 J. Fischart: Aller Practic Großmuoter C, S. 329 f. 10 Die letzte Schätzung liegt allerdings schon anderthalb Jahrhunderte zurück; sie findet sich samt einer Kurzaufstellung bei G. Hellmann: Repertorium der deutschen Meteorologie, S. 696 – 700. 11 J. Fischart: Aller Practic Großmuoter C, S. 331.

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übersichtlich gewordenen Narrative der frühneuzeitlichen Wirklichkeitserfahrung. Zum anderen geschieht unter der Oberfläche der stringenten astrologischen Syntax aber genau das Gegenteil. Da man vergessen hat, dass man es eigentlich mit „kunckelmaerlin“ zu tun hat, die von „Poeten“ einst in den Himmel hineingeschrieben wurden, erweisen sich die aus der Dichtung abstrahierten Begriffe, auf denen das prognostische Wissen aufruht, als dysfunktional, als Allegorien, welche die in sie hineingelegte lebenspraktische Signifikanz gar nicht tragen können, ohne zu zerbrechen oder sich zu verzerren. Das Gegenprogramm, das Aller Practick Großmuotter hierzu entwickelt, hat ihr Verfasser Wüstblutus präzise benannt. Statt den „gstirngeltpracticher[n] vnd groeschlintrucker[n]“ ihre „trinckgeltlein vnd gewinlein durch mein warnung abzuostricken“, schickt Wüstblutus sich an, „ein solche Practic zuo procken“, die nicht „den Sternguckerischen Prognosticatzen schadete / so ich diselbige auf Recursisch vnd Accursisch PER GLOSSAM VENERABILEM erlauterte“.12 ,Recursisches‘ und ,accursisches‘ Schreiben – das charakterisiert ein ganz eigenes Konzept des Umgangs mit literarischem Wissen, ganz gleich, ob dieses sich nun als Pseudoastrologie oder als deren Enttarnung manifestiert. Wer sich der Astrologie ,recursisch und accursisch‘ nähert, der interessiert sich zuallererst für die Semantisierungsprozesse, die den prognostischen Diskurs konstituieren und steuern. Diese Prozesse, welche für die „mißbraeuch“ der astrologischen Rede verantwortlich sind, umzukehren und umzulenken, sie der Literatur überhaupt wieder zugänglich zu machen – das ist Fischarts Projekt. Verstanden werden muss seine Gegenpraktik somit als der Versuch, die allegorischen Ordnungen des astralen Wissens in seinem Schreiben zu adaptieren und zu zersetzen. Man nimmt dazu die mundgerechte Sprache der Gebrauchspraktik, die immer wieder willkürlich herbeigezogenen latinisierten Formeln, und unterwirft sie der ruminatio, was sich an der Textoberfläche in den allgegenwärtigen Katalogen des Essens (,Schlecken‘), Trinkens und Defäkierens niederschlägt. Bezogen auf die astrologische Wortpolitik heißt dies gleichwohl, dass die Gegenpraktik die Strategie verfolgt, jene scheinbar unbeweglichen und verkrusteten Wortkomplexe aufzubrechen, die astrologischen Systematiken zu zerkauen, in ihre Bestandteile zu zerlegen und neu zusammenzusetzen. So gelangen wir dann bisweilen zu Passagen, in denen nur noch Lettern übrig sind, die sich gegen die Einbettung in die prognostische Aussagenlogik sperren und diese verunmöglichen; Passagen, deren Sinn sich auch nach mehrmaligem Lesen und Kontextualisieren nicht erschließen will. Wie etwa wäre Folgendes zu deuten: „Zwischen Arm vnd Reich ist es fast nacht / vnnd schafft es B der Buochstab / vnd würd der Wassermann meh bey jhnen sein dan der Weinmann.“13 12 Ebd., S. 329. 13 Ebd., S. 301; (Fassung A von 1572).

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Dass zwischen den Armen und den Reichen eine „fast nacht“ herrscht, in der sich das eine schnell in das andere verwandeln kann, das ist durchaus verständlich; dass bei dieser Verwandlung Wasser und Wein eine Rolle spielen sollen, ebenso. Aber was hat es nun mit dem Buchstaben B auf sich? Sinnvoll integrieren lässt er sich nicht mehr in diesen Satz, es handelt sich um einen abgegessenen Rest verdauter Worte. Fischarts Text stellt diesen Prozess des ,Zermahlens‘ aus – aber er lässt die Überbleibsel der Lettern nicht nur stehen, sondern reorganisiert sie auch, was man sehr schön erkennen kann, wenn man die oben erwähnte Passage in der zweiten Fassung des Textes aufsucht und dort auf folgende Abwandlung stößt: „Zwischen Arm vnd Reich ist es Fast nacht / vnd solchs schaft W der Buochstab / vnd wird sich der Wasserman meher zuo jnen / dann der Weinman gesellen.“14 Nicht allein das Spiel mit dem Zodiakalzeichen des Wassermanns, in dessen Konkurrenz nun der Weinmann tritt und das somit eine radikale Verweltlichung erfährt, ist hier ausschlaggebend, sondern die lexematische Programmierung der Aussagenlogik über die Letter. Wird aus dem B ein W, dann lässt sich der erste Satzteil mit dem letzten in der Tat über den Buchstaben zusammenschließen, denn erst der Buchstabe W lässt „Weinmann“ und „Wassermann“ zwischen Arm und Reich erscheinen, zumal er mit der Jahreszeit verknüpft ist, für die hier prognostiziert wird: dem Winter (der auch im vorangehenden Absatz explizit berufen wird.) Von der übriggebliebenen Letter bis hin zur Neuerschaffung der prognostischen Rede ist es nur ein kleiner Schritt, und so finden wir bei genauerem Hinsehen auch noch mehr von diesen Buchstabenresten, die sich uns als die untersten Einheiten einer neuen Wörtlichkeit zu erkennen geben.15 Das, was Fischarts Text seinen Lesern für das kommende Jahr androht, ist somit bisweilen nichts anderes als der lexikalische Sturz ihrer Praktiken: so „sollen dis Jar meher dan siben vnd zwenzig Verba Anomala, blind Hauptmans namen gemacht werden / wa sie der arm Teufel Priscianus […] nicht kurz beim zaun einhalt“.16 Wenig später erfahren wir, dass Priscianus wohl dazu nicht in der Lage sein wird, da er „sein gros fegfeur inn Kloestern haben“ wird17; ersetzt

14 Ebd., S. 348. 15 So wird etwa die düstere Prophezeiung ausgesprochen, „Jm flüssen wird kein Es kommen“ (ebd., S. 350) und auch „[d]es Sontags Buochstab“ – den man in Verbindung mit der ,Goldenen Zahl‘ zur Lektüre der immerwährenden Kalender benötigte – „suoch man auf den Stuben / Hoefen vnd Zünften“ (ebd., S. 338) – je nach Fassung handelt es sich dabei um ein Q (ebd., S. 299) oder ein X. 16 Ebd., S. 350. 17 Ebd., S. 365.

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wird er durch die unvergessene Grammatik des Gegenpraktikers, der bisweilen seine Prognosekataloge anhand lateinischer Nominalklassen erstellt.18 Die Folgen sind mit Händen zu greifen: so wird die Logik der hermetischen Inventio, also des Schließens entlang der Zeichenhaftigkeit der Dinge, immer wieder durch die poetische Funktion der Sprache gebrochen. Das ist zunächst eine scheinbar triviale Angelegenheit, die sich an der unablässig wiederkehrenden Korruption einer prinzipiell sinnfähigen prognostischen Aussage durch Homophonie und Homonymie erkennen lässt.19 Schlussendlich greift dieses Prinzip der lautlichen Um- und Fortbildung der prognostischen Rede aber eben auch auf die planetarischen Regenten, die „Plagnoeten“20 selbst über : Jupiter verwandelt sich unter dem Zugriff der poetischen Restrukturierungsmaßnahmen wahlweise in „Juwitter“ oder „Juppenhueter“21, Saturn wird im Laufe seiner Sektion kommentarlos in „Spaturn“/„Schadturn“/„Statturn“/„Sattdarm“ verwandelt22 und dabei jeweils zum etymologischen Vater einer anderen planetarischen Wirkungsqualität. Der Chaotisierung, die infolge der allegorischen Aufladung der astrologischen Schemata entstanden und durch Fischarts Attributkataloge freigelegt worden war, tritt somit die alphabetische und lautliche Umschrift der himmlischen Ordnung entgegen. Dass dieser Vorgang die Literatur jedoch keineswegs aus dem geheimwissenschaftlichen Denkraum des 16. Jahrhunderts hinausführt, dafür spricht nicht zuletzt der Umstand, dass das recursische/accursische Schreiben im Vorwort begründet wird durch „ein solche aenderung vnd alteration meines gemüts […] / als ob alle influenzen des Himels sich in dem selben / wie bei der Sündfluß / ergüssen.“23 Die Allegorien der Sterne stürzen, erhalten bleiben aber sehr wohl ihre Wirkungskräfte, die nun auf das Gemüt des poetischen Experimentators übergehen und nun wieder mit einer ihnen adäquaten Sprache zusammengeführt werden sollen. Zusammen geht das – das wundert uns nicht mehr – mit der „Sündfluß“, dem Abtragen der korrumpierten Sprachformen (nicht der Sprachsubstanz), in dessen Folge der Sternenpoet wieder frei wird, um einen neuen Signifikationsprozess zu beginnen. Aller Practick Großmutter erweist sich somit als Inszenierung einer semantischen Sündflut, eines Einschmelzens der Begriffe bis hinab auf ihre prima

18 Ebd., S. 375. 19 Beispielhaft: „Welche verlobt haben zuofasten / biß die Stern am Himel glasten / moegen wol durch mein bewilligung vnd vngebullte dispensirung sich bekroepfen nun zur fart / doch haben sie schir nur zuo lang gewart: dann sie sind vor sechzehen tausent / vnd weis nicht welche tag da gestanden / vnd ich darf euch sagen / sie sind wol angeheft / beseh jm wol nur das heft / es ist ein Basler.“ (Ebd., S. 346 f.). 20 Ebd., S. 350. 21 Ebd., S. 365 f. 22 Ebd., S. 360 f. 23 Ebd., S. 329.

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materia24, die sodann dazu genutzt werden kann, in spielerischer Manier onomastische Neukombinationen zu erzeugen. Fischart gelingt es auf diese Weise, das Genre der Gegenpraktik seiner rein parodistischen Verhaftung zu entziehen und es zum literarischen Ausdruck einer Immanentisierungspoetik zu machen, die die verknöcherte Epistemologie der artes incertae aufbricht, um das in ihr beschlossene semantische Potential – den göttlichen Kern – wieder nutzbar zu machen und erneut auf die Welt loszulassen. Es wird zu zeigen sein, dass just dieses Verfahren nicht nur Fischarts grammatische Austreibung der prognostischen Sünde, sondern auch seine wissenspoetische Aufarbeitung der zeitgenössischen Dämonologie bestimmt.

III.

Bodin, die Dämonen und das Wissen

Bodins D¦monomanie gehört zu den zentralen Dokumenten der Hexenverfolgung. Gehandelt wird hier nicht nur von den verschiedensten Möglichkeiten, mit Dämonen Schaden zu wirken, Hexen und Zauberern auf die Spur zu kommen, von empfohlenen Folter- und Strafmethoden und natürlich auch von der Frage, ob sich Dämonen auch wieder austreiben lassen. Darüber hinaus lässt sich an diesem Text auch deutlich erkennen, inwiefern das Phänomen ,Hexe‘ die systematische Dämonologie des 16. Jahrhunderts vor Darstellungs- und Begründungsprobleme stellt, bei deren Bewältigung neue Wege beschritten werden müssen.25 Bodin ist darauf angewiesen, eine Topik des Hexenwesens zu etablieren, die dann eben auch dort greift, wo die Dämonen sich nicht zeigen. Sein Argumentationsverfahren ist dabei episodisch-narrativ : Bodin bemüht die Historie, erzählt Anekdoten, bringt Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, der Bibel oder seinen Lieblingsquellen (insbesondere Plutarch) – und diese sind ihm Beweis genug für den einzelnen Sachverhalt. Fischart hat sich da also de facto einer dämonologischen Erzählsammlung angenommen, und das ist nicht 24 Es liegt nahe, in diesem Zusammenhang den Anschluss an die erstmals von G. Hess (Deutsch-Lateinische Narrenzunft, S. 226) ins Spiel gebrachte und jüngst von T. Bulang (Enzyklopädische Dichtungen, S. 465 f.) wieder aufgegriffene Metapher von Fischarts ,Sprachalchemie‘ zu suchen. Tatsächlich ist die Engführung von alchemischer putrefactio und den Lexemzersetzungen von Aller Practick Großmuotter ja durchaus mit Blick auf Fischarts paracelsische und alchemische Sachkenntnisse zu stützen. So ist Fischart nicht nur mit John Dees Monas Hieroglyphica bestens vertraut (und nutzt sie als Bildspender in der Geschichtklitterung), sondern fungiert auch als Herausgeber dreier alchemischer Schriften, darunter Ramon Llulls Apertorium et Accurtio Vegetabilium. (Vgl. hierzu C. Wendeler : „Fischart als Herausgeber alchymistischer Schriften“.) Ferner gibt er 1574 gemeinsam mit Michael Toxites die Onomastica aus dem paracelsischen Nachlass heraus, zu denen er auch das Vorwort schreibt. 25 Vgl. zum systematischen Grundproblem J. Schüz: „Die Dialektik der Hexen“.

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zuletzt deswegen bemerkenswert, weil diese Erzählsammlung eine innerinquisitorische Stoßrichtung besitzt. Bodin wendet sich mit der D¦monomanie nämlich insbesondere gegen den Mediziner Johann Weyer, der 1563 sein Werk De Praestigiis Daemonum et Incantationibus ac Veneficiis (übersetzt 1565) veröffentlicht hatte.26 Nach Fertigstellung des Hauptteils nimmt Bodin zur Kenntnis, dass Weyer nachgelegt und sein Traktat De lamiis veröffentlicht hat, was ihm Anlass genug ist, seinem Werk ein fünftes Buch hinzuzufügen, das der „Widerlegung der Meynungen und Opinionen Johannis Weyer“ gewidmet ist.27 Zum Grundverständnis der Gesamtkonstellation, also: des Imports von Bodins Schrift durch Fischart, ist diese Abgrenzung überaus wichtig: Weyer spielt in der deutschen Debatte nämlich nicht zuletzt deswegen eine große Rolle, weil er eine Mittlerposition einnimmt. Zum einen geht er fest von der Existenz der Dämonen aus und kennt den Katalog der Dämonologie bestens, er hat nicht zuletzt bei Agrippa von Nettesheim gelernt. Zum anderen bestreitet er die Möglichkeit eines gemeinschaftlichen Wirkens von Menschen und Dämonen, dementsprechend auch die Möglichkeit eines Schadenszaubers oder Ähnlichem. Vielmehr hält er diejenigen, die sich selbst ein solches Wirken zuerkennen, für vom Teufel verblendet. Für Bodin ist das natürlich unerhört, er akzeptiert Weyers Unterscheidung zwischen der dämonischen Existenz und der dämonischen Wirkmächtigkeit nicht und sieht darin einen Widerspruch, den er immer wieder aufs Neue ausfaltet. Letztendlich verdächtigt er ihn auch selbst der Teufelsgenossenschaft, habe Weyer doch bekannt, „er habe die Steganographiam, die er inn seines Lehrmeystern Cornelij Agrippae, Studierstuben gefunden / auß des Abts Iohannis Trithemij Buch gantz außgeschriben: So doch dasselbig Buch voller Anruffungen der Teuffel / vnd innmassen auch Carolus Bouillus bezeuget / eynes der abscheulichsten verfluchtesten Bücher / so inn der Welt zufinden / ist.“28

(Agrippa selbst ist ohnehin ein Teufelsbündler, der den Satan in Gestalt eines schwarzen Hundes immer mit sich geführt habe, der immer zwischen Agrippa und Weyer gelegen habe.29) Wir gehen über diese Denunziation normalerweise achselzuckend hinweg, allerdings sollte man das in diesem Fall nicht tun, denn Bodins Befund des dämonischen Schriftspeichers, von Fischart nun weiterverbreitet, grenzt 26 Weyers Schrift wird dann insbesondere durch Grimmelshausens Wunderbarliches VogelNest weiter Karriere machen, vgl. hierzu M. Bergengruen: Nachfolge Christi – Nachahmung der Natur, S. 246 – 252. 27 J. Bodin: De Magorvm Daemonomania, S. 661 – 758. 28 Ebd., S. 664. 29 Ebd., S. 666 f.

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durchaus an die Diagnose der Verkrustung der literarischen Form, in der Fischart die allegorische Verstellung des Wissens erkannt hatte. Von Trithemius über Agrippa zu Weyer verläuft eine Tradition des blinden ,Außschreibens‘, das maskiert ist als ein deskriptiver Wissensdiskurs, welcher gerade aber in dieser sklavischen und repetitiven Schreibbewegung sich als ein von Dämonen gesteuerter Sermon erweist. Der Schaden liegt im System, und dementsprechend kann man umkehren: Wo Fischarts Gegenpraktik erkennt, dass hinter der Deprofessionalisierung der Astronomie ein Schreibverfahren steckt, das die Geister nicht mehr revolvieren und zirkulieren lässt, geht Bodins Diagnose im Gegenzug davon aus, dass die dämonische Verfälschung der Welt nicht nur mit der Vermischung und Entgrenzung der Fakultäten zu tun hat, sondern eben auch sich literarisch aufspeichert, im Lesen und Nachschreiben dämonischer Namen aktiviert wird. Gerade in der literarischen Konventionalisierung der Dämonologie, ihrer Überführung in ein System von Namen und Anrufungstechniken, wie wir das ja in Agrippas De occulta philosophia finden, zeigt sich ihr verderblicher Einfluss, denn hier, in der Literatur, vermengen sich die Geister der Lüge mit den Wahrheitsordnungen der Wissenschaft, die Agrippas Tafeln der Geister zu trennen vorgeben. Das ist der Kern von Bodins Attacken gegen Weyer, Agrippa und eben auch Trithemius – und zugleich auch seine Rechtfertigung für die Überstellung der Dämonologie auf das Feld der Jurisprudenz. Gegenüber den Argumenten des Mediziners, die tatsächlich auf die Interaktion von menschlicher Seele und Dämonen zielen, will sich Bodin als juristischer Hardliner profilieren. Er akzeptiert keinen Mittelweg, sondern geht davon aus, dass tatsächlich eine Kommunikation zwischen Menschen und Dämonen möglich und im Gange sei. Letztlich steht er in einer Linie mit dem von Sprenger und Institoris nur ein Jahr zuvor veröffentlichten Malleus maleficarum. Allen moderaten Inquisitoren, die mitunter Hexen auch „ledig außgehn lassen“, begegnet er mit Furor, denn Lüge und Verstellung gehören nun eben zum Prinzip aller Dämonie. Die Teufel wirken immer Schaden, sie zeigen sich aber nur selten eben als das, was sie sind, verkleiden sich als menschliche Seelen, fahren in Theologen und besonders gerne in diejenigen, die den Hexenprozessen entgegenstehen. Bodin schreibt hier eigentlich eine Kulturgeschichte des Teufelswesens, die alle sozialen Gruppen und Nationen miteinschließt. Natürlich geht es dabei immer um die Frage, inwieweit der Teufel ohne Gottes Zulassung überhaupt wirken könne bzw. warum Gott dieses Wirken zulasse. Bedeutsam ist allerdings vor allem, dass die Dämonen ein Informationsnetzwerk bilden, dass demjenigen, der von ihm ergriffen wird, ein enzyklopädisches Wissen verleiht. Das gilt etwa für die Kenntnis fremder Sprachen30, es gilt für das Wissen von

30 Ebd., S. 230 f. und 274.

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„verborgen sachen“31, für das ökonomische Wissen und natürlich auch für das Zukunftswissen, die Wahrsagerei32. Es ist jetzt (noch) nicht der Ort, um über den Status dieses Wissens zu sprechen, der ist nämlich tatsächlich sehr unsicher. So ist es zweifellos so, dass die Dämonen etwas wissen, insofern sie am göttlichen Wissen partizipieren, dass aber die bösen Dämonen zudem einen Eigenwillen verfolgen, lügen, verfälschen, ein Mischungsverhältnis zwischen Wahrheit und Lüge herstellen. So besteht durchaus die Möglichkeit, in der Kommunikation mit Geistern die Geheimnisse der Schöpfung zu ergründen, solange man sich an die eudaemones hält. Das Problem für den menschlichen Beschwörer liegt indessen im „unterscheid der Geister“, eine Übung, deren Schwierigkeit bereits in Melanchthons Initia doctrinae physicae (1581) diskutiert wird.33 Maßgeblich besteht diese Übung darin, die Zeichen auf ihren Ursprung hin zu befragen, es geht da also um eine mediale Analyse, mit deren Hilfe die guten von den bösen und betrügerischen Einflüsterern und Zeichengebern gesondert werden sollen. Auch Bodin kennt dieses Prüfungsverfahren. Keineswegs sind ihm alle dämonischen Eingebungen gleich teuflisch; theurgischen Praktiken misst er durchaus Geltung zu (und rekurriert dabei dementsprechend auch ausführlich auf Iamblich und Porphyr).34 Indem er aber die Option ,einer Geisterbeschwörung im Guten‘ einräumt, stellt er auch eine Verbindung zwischen menschlicher Absicht und dämonischem Dienst her : Wer mit der Anrufung der Geister Missbrauch treibt, Böses im Schilde führt, zu dem gesellen sich dann auch die bösen Geister. Diese schreiben sich dann dem Menschen ein und entlassen die Seele, die sich mit ihnen verbunden hat, nicht mehr. Es handelt sich demnach um ein virales Wissen, das hier um sich greift. Wenn man von der Schadenswirkung spricht, die Hexen und Zauberer ausüben, dann geht es dabei im Wesentlichen um ein Wissensleck: Weil die Wahrheit nicht das Böse sein kann, überträgt sich ein unreines, ein falsches Wissen von der Schöpfung, eine entstellte Schöpfung mit den Geistern in die Welt, tötet das Vieh, schläft mit den Frauen, zeugt Teufelskinder, vergiftet die Brunnen, induziert Krankheiten, besetzt die Katheder. Die 31 Ebd., S. 123 – 167. 32 Ebd., S. 189 – 197. 33 Wer bei Melanchthon die Zukunft lesen will, der muss lernen, die Zeichen zu sondern, auf ihren Ursprung hin zu befragen, somit böse Einflüsterer von guten Geistern zu unterscheiden. „Tales imagines, cum picturae sunt rerum futurarum, fiunt non temerÀ, sed consulto, videlicet ali—s — bonis, ali—s — alis Angelis“ (P. Melanchthon: Initia doctrinae physicae, S. 291.) Dementsprechend organisieren sich Melanchthons Ausführungen über die ,Ursachen‘ ganz vorrangig anhand der Frage, wie in welchem Falle Differenzierungen vorzunehmen sind. Diese Tradition reicht noch bis zu Opitz und seiner Auseinandersetzung mit dem heidnischen Orakel- und Sibyllenwesen. Vgl. hierzu ausführlich R. Häfner : Götter im Exil, S. 200 – 223. 34 J. Bodin: De Magorvm Daemonomania, S. 88 und 101 – 123.

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Austreibung dieses falschen Wissens erfordert alle Gewalt, erfordert eben die Purgatio, in der Wahrheit und Lüge wieder voneinander geschieden werden.

IV.

Fischarts Unterwerfung der Dämonologie unter die Poiesis

Wie aber wird diese Purgatio hier literarisch geleistet? Bodin reflektiert das selbstredend nicht, sehr wohl aber Fischart, der in den wenigen Abschnitten, in denen er die Demonomania kommentiert – nämlich in den beiden Vorreden –, sich seine Gedanken macht. Erneut beginnt Fischart hier beim Problem der Expertise. Wichtig ist ihm ganz offensichtlich nicht der juristische Befund in Bezug auf die dämonischen Umtriebe der Gegenwart, sondern der Richtspruch in Bezug auf die wissenschaftliche Verhandlung des Dämonenglaubens selbst. „Seiteinmal auß beider [der ,Theologorum‘ und ,Medicorum‘; P.T.] publicirten Büchern vnd Tractatibus erscheinlich daß wann sie von strafung des Teuffelsgesinds handlen / sie nit fürüber können / den Juristen in jhre Weide grasen zugehn / vnd jre Iura, Leges, Recht / Gesatz / ordnungen / Responsa vnd Opiniones zu bekräftigung jrer meinung / vnd ermanung Richterliches Ampts / weitläufig einzuführen vnd zuallegieren. (Wie dann in der warheit beides in Geistlichen vnd Keyserlichen Rechten vmb hinschafung dises verfluchten Gottverläugnenden gschmeiß sehr heilsamme ordnungen seind angesehen: Jn kraft welcher die Oberkeiten jederzeit gegen den Zaubern gepflegt zuprocediren.) Wann dann nun diesen Scientijs mit frembder hülf jre sachen zustercken / vnd / wie man spricht / mit frembden federn zuschmucken / nit vnzimmlich: Wie vil billicher ists dann den Juristen gebürlich / den verstand vnd Jnhalt jhrer Gesetz / vber vorgedachte lasterthaten geordnet / was sie vermögen / wie fern vnd auff welche Personen sie bei heutiger gelegenheit zuerstrecken / wie die darinnen erkante straffen zuschärffen oder zumilteren außfürlich vnd gründtlich uerklären. Jnmassen dann eigentlich hierinn von vnserm Authore beschehen.“35

Der Gegenstand der Hexerei scheint die Disziplinen resp. die Fakultäten zu verwirren. Wer hier zuständig ist, wer auf dem Feld der Dämonen professionell agieren darf und wer ein Laie bleibt, das ist unklar geworden. Fischart als Jurist ist bemüht, dieser Verunklarung ein Ende zu bereiten und die Urteilsfähigkeit der Rechtswissenschaft auf diesem Gebiet zu proklamieren. Indessen bedeutet Urteilsfähigkeit noch lange nicht alleinige Zuständigkeit, sondern vielmehr Partizipation an einem Erkenntnisprozess, der quer zur universitären Organisation des Wissens steht. So darf man nicht außer Acht lassen, dass die Diagnose, der zufolge das Hexenwesen als wissenschaftliches Objekt den Fachgelehrten immer wieder in den Dilettantismus zwingt (was Fischart auch dem Medicus Weyer unterstellt), im Kosmos der Fischartschen Argumentation nicht in ein 35 Ebd., S. 4 recto (Vorrede Fischarts).

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Plädoyer für Interdisziplinarität münden kann. Statt dessen führt jene Überlegung direkt zur Einsicht, dass auch das Feld der Dämonenkunde nur dann sicher betreten werden kann, wenn die literarische Poiesis den auf fremden Weiden grasenden Gelehrten vom Virus des systematischen Wissens zu schützen vermag. Ebendiesen literarischen Schutz aber erkennt Fischart nun in der Demonomania. So charakterisiert er Bodins Schreibverfahren ausdrücklich als einen chemischen resp. pharmazeutischen Prozess. Bodin habe sich „vil mehr einen Galenisten / (wie man sie heut nennet) die viel Misce & fiat brauchen / […] wöllen erweisen / dann ein Paracelsisten / die mit einfachen Stucken umbgehen: Hat allerhand lustige vnd anmütige Materien vnter einander gemenget / damit nur ein jeder / der darüber kompt etwas / das jm muntet vnd schmecket / het anzutreffen“.36

Für einen Text mit dem Hintergrund der D¦monomanie ist das eine doch bemerkenswerte Charakterisierung, denn offensichtlich wird hier aus einer Abhandlung, die ganz klar das Vorrecht der juristischen Zuständigkeit in den Hexenprozessen zementieren soll, ein Text, in dem Poiesis und alchemische Wirkungsästhetik einen Pakt eingehen. Genau das aber ist die Perspektive, die Fischarts frühere Schriften mit eben dieser Übersetzung verbindet und dieser einen eigenen Zuschnitt gibt. Die Purgatio, verstanden als eine Austreibung der Dämonen aus dem Wissen des 16. Jahrhunderts, sucht sich dabei andere Wege als die Inquisition. Für Fischart ist es mitunter entscheidend, dass Bodins Text eben gerade nicht normativ, sondern kompilatorisch strukturiert ist, dass sich hier die Erzählungen nur so aneinander fügen, ohne dass aus ihnen eine zwingende Systematik erwächst. Vielmehr gibt Fischart dem Leser die dämonologische Kontrolle zurück: Er warnt jeden, der „seine Schrifften zulesen annimmet / […] / dieselbigen fürsichtiglich vnd weißlich mit gutem verstand unterschaid / vnd bedacht zulesen / zuerwegen / zu vrtheilen vnd zuprobieren“.37 Das ist nun das Wesentliche: an die Stelle der dämonischen Allegorese tritt die permanente Rückbindung der dämonischen Verhandlung an das erzählende Bewusstsein, die Verhandlung von Wahrheit und Lüge der Dämonologie in Auseinandersetzung mit dem wachen Auditorium. Gerade diese Öffnung aber befreit den Text selbst von den dämonischen Verhaftungen und den Verstockungen des Wissens. So wie mit Priscianus’ die alte Grammatik ins Fegefeuer musste, so wie die allegorischen Astrologien in Fischarts Wortkaskaden zermahlen wurden, damit die poetische Wahrheit der Schicksalsschrift wieder ans Licht treten konnte: so muss nun auch die Dämonologie selbst ihre Purgatio erfahren, indem sie einer unendlichen 36 J. Fischart: Vorred. 37 Ebd.

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Rückkopplung aus Erzählen, Lesen, Verwerfen und Anerkennen unterworfen wird. Die Unterscheidung des Erzählens korrespondiert dabei dem „underscheyd / so sich zwischen Guten vnd Bösen Geistern erhällt“.38 Bodin glaubt – wie bereits an seiner Haltung zur Theurgie demonstriert – fest an die kategorischen Unterschiede zwischen guten und bösen Geistern, deswegen glaubt er auch an die Wahrsagung durch gute Geister, an eine inspirierte Astrologie. Fischart distanziert sich in diesem Punkt ausdrücklich von der Vorlage, indem er Bodin etwa vorwirft, dass dieser „die Vorsagend Astrology zuverthädigen sich unterfähet“.39 Die Logik hinter dieser Distanzierung ist nicht allein in einer radikalisierten, und für den Protestantismus nicht untypischen Form der Generalzurückweisung aller Dämonen zu suchen40, sondern korrespondiert vor allem anderen Fischarts medialer Basisreflexion: Die Unterscheidung von guter und böser Inspiration hängt schlichtweg an der literalen und begrifflichen Verfestigung des dämonologischen Wissens. „Besessen“ sind nur diejenigen, welche die Geister in Formeln fassen und sie anhand dieser Formeln unterscheiden. Ausgetrieben werden können dann diese eben wieder nur durch einen alten bekannten Vorgang: der ruminatio, die Fischart nochmals anruft, wenn er mahnt, Bodins Demonomania nicht „einsmals vnd vberal beifall vnd glauben zugeben / vnd von allerley Trachten die allhie von einem Meisterlichen Koch fürgetragen werden / den Magen / der nit ein jede vertragen mag / zuuor vnd eh er erkündigt / wie vnd waruon sie bereitet worden / zubeladen“.41

Dem stellt Fischart ein Lesen gegenüber, das die dämonologische Schrift von ihren Verhaftungen reinigt – und das den bösen Geistern, die erst dort zu wirken beginnen, wo man sich vor ihnen durch das Wissen gesichert glaubt, mit dem Daimon des poetischen Blickes begegnet. Während dort, wo die Wahrheit „inn offentlichem Truck auß[ge]sprenget“ wird, immer schon ihre ,Zermarterung‘ und ,Verketzerung‘ droht, da wird sie der durch Fischart geschulte Leser wieder herausbringen, so „wie außgegraben Roch Silberärtz gewäschen vnd geläutert wirdt“.42 Und was sonst – wenn nicht dies – kann literarische Purgatio sein?

38 39 40 41 42

J. Bodin: De Magorvm Daemonomania, S. 30. J. Fischart: Vorred. Vgl. hierzu P. Theisohn: Die kommende Dichtung, S. 83 – 88. J. Fischart: Vorred. Ebd.

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Bibliographie Bergengruen, Maximilian: Nachfolge Christi – Nachahmung der Natur. Himmlische und Natürliche Magie bei Paracelsus, im Paracelsismus und in der Barockliteratur (Scheffler, Zesen, Grimmelshausen), Hamburg 2007. Bodin, Jean: De Magorvm Daemonomania. Vom Außgelaßnen Wütigen Teuffelsheer Allerhand Zauberern / Hexen vnd Hexenmeistern / Vnholden / Teuffelsbeschwerern / Warsagern / Schwartzkünstlern / Vergifftern / Augenverblendern / etc. […] Vnd nun erstmals durch den auch Ehrnvesten vnd Hochgelehrten H. Johann Fischart / der Rechten D. etc. auß Frantzösischer sprach trewlich in Teutsche gebracht / vnd nun zum andernmal an vielen enden vermehrt und erklärt, Straßburg 1586. Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Nach der Erstausgabe (Basel 1494) mit den Zusätzen der Ausgaben von 1495 und 1499 sowie den Holzschnitten der deutschen Originalausgaben, hg. Manfred Lemmer, Tübingen 1986. Bulang, Tobias: Enzyklopädische Dichtungen. Fallstudien zu Wissen und Literatur in Spätmittelalter und früher Neuzeit, Berlin 2011. Fischart, Johann: Aller Practic Großmuoter C (Fassung von 1574), in: ders.: Sämtliche Werke, hg. Hans-Gert Roloff, Ulrich Seelbach und W. Eckehart Spengler, Bd. I, Bern 1993. Fischart, Johann: Vorred, in: J. Bodin: De Magorvm Daemonomania, S. 1 – 44. Häfner, Ralph: Götter im Exil. Frühneuzeitliches Dichtungsverständnis im Spannungsfeld christlicher Apologetik und philologischer Kritik (ca. 1590 – 1736), Tübingen 2003. Hauffen, Adolff: Johann Fischart. Ein Literaturbild aus der Zeit der Gegenreformation, 2 Bde., Berlin 1921/22. Hauffen, Adolf: „Fischart-Studien“, in: Euphorion 5 (1898), S. 25 – 47 und 226 – 256. Hellmann, Gustav : Repertorium der deutschen Meteorologie, Leipzig 1883. Hess, Günther : Deutsch-Lateinische Narrenzunft. Studien zum Verhältnis von Volkssprache und Latinität in der satirischen Literatur des 16. Jahrhunderts, München 1971. Melanchthon, Philipp: Initia doctrinae physicae, Wittenberg 1581. Pfister, Silvia: Parodien astrologisch-prophetischen Schrifttums 1470 – 1590. Textform – Entstehung – Vermittlung – Funktion, Baden-Baden 1990. Schüz, Jonathan: „Die Dialektik der Hexen. Fremdes im stereotypen Gewand“, in: Mirosława Czarnecka, Thomas Borgstedt und Tomasz Jabłecki (Hg.): Frühneuzeitliche Stereotype. Zur Produktivität und Restriktivität sozialer Vorstellungsmuster, Bern et al. 2010, S. 273 – 290. Schwarz, Gottlieb: Rabelais und Fischart. Vergleichung des „Gargantua“ und der „Geschichtsklitterung“ von „Pantagrueline Prognostication“ und „Aller Practick Großmutter“, Winterthur 1885. Theisohn, Philipp: Die kommende Dichtung. Geschichte des literarischen Orakels 1450 – 2050, München 2012. Wendeler, Camille: „Fischart als Herausgeber alchymistischer Schriften“, in: Archiv für Literaturgeschichte 6 (1877), S. 487 – 509.

Bruce R. Smith

What Makes Shakespeare So Inspiring?

Across the past four centuries, in a variety of political contexts, John of Gaunt’s praise of England in Richard II has counted as one of Shakespeare’s undeniably inspiring speeches, a rallying cry of patriotic sentiment: “This royal throne of kings, this sceptered isle, This earth of majesty, this seat of Mars, This other Eden, demi-paradise […].”1

Inspiration is, indeed, on Gaunt’s mind before he launches into his speech. The occasion at hand is King Richard’s capricious banishment of Gaunt’s son Bolingbroke and Gaunt’s immanent death. Gaunt’s dying words prefigure Richard’s downfall: “Methinks I am a prophet new-inspired, And thus, expiring, do foretell of him. His rash, fierce blaze of riot cannot last.”2

Three distinct meanings of the word “inspired” are in play here. Gaunt claims to be “a prophet new-inspired” in the literal sense of “inspiration” as “a breathing or infusion into the mind or soul”.3 A second meaning of “inspired” involves the original, literal sense of the word “inspired” as “breathing on or into”4 or “breathing in”5. Gaunt’s word play on “in-spired” and “ex-piring” indicates that he is thinking of inspiration, not as a metaphor, but as a physical, physiological fact. What Gaunt is thinking of is breath. Like an Old Testament prophet, Gaunt “breathes in” the power that animates his words, even as he prepares, on his deathbed, to “breathe out” his last breath and, with that last breath, his soul. Spirare, the Latin verb that forms the root of “inspired” and “expiring,” means 1 2 3 4 5

Richard II, act 2, scene 1.40 – 42, in: W. Shakespeare: Works, p. 347. Ibid., act 2, scene 1.31 – 33. Oxford English Dictionary : “inspiration, n.”, section II.3. Ibid.: “inspiration, n.”, section I.†, now obsolete in English. Ibid.: “inspiration, n.”, section I.2.

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“to breathe, to blow, to draw breath.” Only by extension from that fundamental bodily action does spirare also mean “to be alive” and “to be inspired”6. A third meaning of “inspiration” is the effect of Gaunt’s speech on listeners. In speaking the words in the theater a sixteenth-century actor playing Gaunt enacted the process of inspiration and expiration: he breathed in air and held it in his lungs as he breathed out the same air, shaped by his vocal chords, mouth cavity, teeth, and lips to form sounds signifying “this”, “royal”, “throne”, “of”, “kings”, etc. In that sense, actors were always “inspired”. Transmitted in periodic waves through the air in the theater, the sounds expired became, in the refined air of the inner ears of the listeners, waves of spirit that were deciphered in the listeners’ brains as “this”, “royal”, “throne”, “of”, “kings”, etc. It is these waves of spirit that distinguish the understanding of inspiration held by Shakespeare and his contemporaries from the understanding of inspiration we have entertained since the eighteenth century. The core of “inspiration”, for Shakespeare and his contemporaries as for us, is not therefore a thing but an effect. An inspiration is a powerful, immediate, visceral reaction. The source might be something someone says or does or a written text or a visual representation or a musical performance or (after 1800 at least) spectacular natural scenery. What turns these events and objects into an inspiration is the intensity of the perceiver’s reaction. What has changed since 1600 are the nature of “mind” and “soul” as entities and our understanding of “breathing” or “infusion” as physical media. In this essay I explore the interconnections among the entities present in dramatic transactions like Gaunt’s speech: (1) mind, soul, and spirit, (2) actors, (3) air, (4) auditors, and (5) the physical universe that contains them all.

1.

Mind, soul, and spirit

Concerning mind and soul, several excellent books in English trace historical changes across the past two thousand years in just what these terms have meant. The most comprehensive is Raymond Martin and John Barresi’s The Rise and Fall of Soul and Self: An Intellectual History of Personal Identity (2008), where the seventeenth- and eighteenth-century shift in the entity-that-knows from soul to mind is documented in detail.7 Descartes was the first to use the word “mind”

6 Latin Dictionary and Grammar Aid: “spirare”. 7 R. Martin and J. Barresi: History of Personal Identity, S. 142 – 170.

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where earlier writers used “soul”.8 In the conceptual shift from “soul” to “mind” the understanding of “spirit” underwent a radical transformation. When “soul” was doing the knowing, speaking, and listening, “spirit” was not just a metaphor. The entity that is breathed in, breathed out, transmitted through the air, received in the inner ear, and transmitted to heart and mind was, for Shakespeare and his contemporaries, not just air but spiritus, a substantive that becomes a verb in spirare. The “spirit” implicit in Gaunt’s word “inspired” puts into play a wide array of meanings. The Oxford English Dictionary registers uncertainty whether the word “spirit” entered the English language via the Norman French spirite or directly from the Latin spiritus, used in the Vulgate Bible as the translation for the Hebrew ru¯ah and the Greek pneuma.9 Either way, ˙ the spirit in Gaunt’s “inspired” state embraces at least six things: (1) breath:10 Gaunt’s “inspired” state is, before all else, a “breathing in”; (2) air :11 what Gaunt breathes in to produce the speech that follows is “spirit” as air ; (3) the passion with which he speaks:12 Galenic psychology accounts for Gaunt’s vehement state as a rush of humours through his sinews, in this case a mixture of choler and blood, producing a “spirited” state of agitation; (4) Gaunt’s mental powers,13 the faculties of sensation, perception, reflection, and intellect that give him his prophetic vision of Richard’s demise – a meaning of “spirit” that was current in Shakespeare’s time but has been obsolete in English since 1700; (5) Gaunt’s soul,14 which will pass out of his body in the act of “expiring” that he anticipates will be moments away ; (6) perhaps even the Holy Ghost15 that takes possession of Gaunt-as-prophet and inspires his vision of Richard’s future. The “spirit” in Gaunt’s “inspiration” involves all of these meanings. Gaunt’s “inspiration” is a matter of breath: the breath that he draws and the breath of a divine power. The speech that he breathes forth is inspired by his passion and mental acuity. Words in this transaction are infused with spirit, in the multiple ways that Shakespeare and his contemporaries understood that word. Music 8 Ibid, p. 126. S. also S. Goetz: History of the Soul, R. Sorabji: Self, J. Seigel: Idea of the Self, C. Taylor: Sources of the Self. 9 Oxford English Dictionary : “spirit, n.”, etymology. 10 Ibid.: “spirit, n.”, section IV.15.a; ibid.: “pneuma, n.”, section 2. 11 Ibid.: “spirit, n.”, section IV.15.a; ibid.: “pneuma, n.”, etymology. 12 Ibid., “spirit, n.”, section II.7.a and IV.16.a; ibid.: “pneuma, n.”, section 2. 13 Ibid., “spirit, n.”, section IV.†18.a. 14 Ibid., “spirit, n.”, section I.2.a. 15 Ibid., “spirit, n.”, section II.6.b.

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presents an even more highly charged example of inspiration. When words and music converge, as in the opening scene of Twelfth Night, the range of meanings of “spirit” extends even further. Melancholy music is scripted to be the first thing the audience hears in Twelfth Night – perhaps something like John Dowland’s Lacrymae Pavane, the score of which was published in 1596, six years before Twelfth Night had its premiere. By 1602 Lacrymae had become Dowland’s most famous “ayre”, its tune one of the recognizable and most quoted in Shakespeare’s age. Whatever the piece in Twelfth Night may have been, Duke Orsino’s response engages most of the meanings of “spirit” in Gaunt’s speech (the Holy Ghost seems to be absent) and adds one more: “spirit” as a form of music: “If music be the food of love, play on, […] O spirit of love, how quick and fresh art thou That, notwithstanding thy capacity Receiveth as the sea, naught enters there, Of what validity and pitch so e’er, But falls into abatement and low price Even in a minute! So full of shapes is fancy That it alone is high fantastical.”16

Present in Orsino’s “spirit of Love” are the senses of “spirit” as breath, air, passion, mental powers (in this case “fancy” or phantasia), and soul as animating power. Also in play is a now-obsolete sense of “spirit” as a musical “ayre”, as in the tune of Dowland’s Lacrymae, republished in 1600 as a song for two voices in Dowland’s Second Booke of Songs or Ayres or in the title of Thomas Weekles’ 1608 compilation Ayeres or Phantasticke Spirites for three voices. Present in the word “ayre” as a synonym for “tune” is a highly suggestive slippage among three meanings of the imported word pneuma: (1) melody or melisma, (2) wind or breath, and (3) the breath of God in particular.17 Galenic medicine imagined the human body, with its coursing passions, as a “pneumatic” system.18 The term “pneumatic” did not come into use in English until shortly after Shakespeare’s death, but two of its primary meanings were already current in the word “spiritual”: (1) having to do with soul, as in one writer’s reference to popes as “pneumatic lords”19, and (2) having to do with wind or air, as in musical instruments played by being blown versus played by being struck.20 16 17 18 19 20

W. Shakespeare: Twelfth Night, act 1, scene 1.1 and 9 – 15. Oxford English Dictionary : “pneuma, n.”, etymology. K. Park: “Organic Soul”. Oxford English Dictionary : “pneumatic, adj. and n.”, section A.1. Ibid.: “pneumatic, adj. and n.”, section A.2.a – b.

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Breath, air, passion, mental powers, soul as animating power, music: these six meanings of “spirit”, if not also “spirit” as Holy Ghost, were involved in transactions in Shakespeare’s theater. The persons involved in these transactions can be grouped as two: actors on the one hand, auditors on the other. The medium that conjoined them was – and remains today – air. The three entities – actors, air, auditors – constitute a single pneumatic system for the circulation of spirit. Let us examine each of these entities individually.

2.

Actors

Between idea and speech early modern psychology imagined the movement of spiritus inside the speaker’s body. The thought to be expressed – speakers of early modern English called a “conceit” – had its origins in the soul; the movement of spiritus then activated the bodily members involved in speaking that thought: lungs, larynx, tongue, teeth, and lips. Helkiah Crooke, court physician to James I, defines spiritus in his medical encyclopedia Mikrokosmographia (1615 and later editions) as “A subtile and thinne body alwayes moouable, engendred of blood and vapour, and the vehicle or carriage of the Faculties of the soule”21. Crooke compares the soul’s control of bodily movements to the celestial intelligences’ control of planetary movements: “The vital spirits and pulsation or beating of the heart, are instruments of the soule, and of the heart: Of the soule, as of a moouer not mooued; of the heart, as of a moouer mooued by the soule”22. In this way a word conceived by the soul becomes, via moving of spiritus, a word spoken with the mouth. A nice formulation, to be sure, but in Aristotelian philosophy humankind possesses not just a rational soul but a sensitive soul and a nutritive soul. Early modern statements about dramatic personation suggest that passions, not ideas, were considered to be the actor’s stock-in-trade. Hamlet, responding to the traveling player’s personation of Hecuba, exclaims: “Is it not monstrous that this player here, But in a fiction, in a dream of passion, Could force his soul so to his whole conceit That from her working all his visage wanned, Tears in his eyes, distraction in’s aspect, A broken voice, and his whole function suiting With forms to his conceit?”23 21 H. Crooke: Mikrokosmographia, signatura Q3 verso. 22 Ibid., signatura B3. 23 W. Shakespeare: Hamlet, act 2, scene 2.553 – 559.

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The soul that Hamlet refers to here is the sensitive soul, mover of the passions, not the rational soul, framer of verbal conceits. When the sound being performed is not words but music, the sensitive soul’s position as prime mover becomes even harder to deny, however hard Pythagorean apologists for music’s celestial origins may try. From brain to lips, from brain to finger, from heart to lips, from heart to fingers, performance involves inspiration.

3.

Air

Within the confines of the Globe’s wooden O, players and patrons alike were immersed in a single homogenous medium: air. Early modern conceptions of air have received brilliant analysis in two articles by Carla Mazzio.24 Scientific inquiry into air began, in England at least, with Francis Bacon’s account of sound in Experiments 124 and 125 in Silva Silvarum. Bacon emphasizes the susceptibility of air to external energy that will cause “eruptions” – movements that, if strong enough, will reach the human ear and be heard as sounds. Several times in the series of experiments Bacon speaks of the air as positively desiring these eruptions: “It is Profound Contemplation in Nature, to consider of the Emptinesse, (as we may call it,) or Insatisfaction of seuerall Bodies; And of their Appetite to take in Others. Aire taketh in Lights, and Sounds, and Smells, and Vapours; And it is most manifest, that it doth it, with a kinde of Thirst, as not satisfied with his owne former Consistence; For else it would neuer receiue them in so suddenly, and easily.”25

Concerning air, Bacon went on to write A History of the Winds, published, like his Natural History, after his death. Bacon’s tactile sense of air likewise informs Thomas Wright’s explanation of how music is communicated. In his ethical treatise The Passions of the Mind in General (1604) Wright describes sound as “the shaking or artificiall crispling of the aire (which is in effect the substance of musicke)”.26 For us, these oscillations in the air are a physical phenomenon – sine waves that can be measured in hertz. For Shakespeare and his contemporaries, they were a spiritual phenomenon. Far from being a mechanical medium, air could be infused with spiritus. With respect to vision, the idea that beams of fire are projected into the ambient world from the viewer’s eye goes back to Plato and commanded the assent of Cicero, Euclid, Ptolemy, and al-Kindı¯.27 The same propulsion was granted by some early 24 25 26 27

C. Mazzio: “Invisible Element” (2014) and “History of Air” (2009). F. Bacon: Silva Silvarum, p. 207. T. Wright: Passions of the Minde, chapter 5, section 2, p. 168. W. van Hoorn: Theories of visual perception, pp. 42 – 71.

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modern thinkers to the soul or mind. A particularly forceful proponent of this position was Jan Baptist van Helmont (1580¢1644), who extrapolated from Plotinus the mind’s capacity to commune with objects in the external world by “blowing” life and movement into those objects.28 Bacon’s and Wright’s feel for air – its physicality, its omnipresence, its susceptibility to “eruptions” – is likewise registered in Shakespeare’s scripts. As well it might be, considering that most of Shakespeare’s scripts were performed outdoors. In England’s marine coastal climate the air is usually moist, its presence felt on the skin and often enough seen with the eyes in the form of mist and rain. “Is not their climate foggy, raw, and dull”, the Constable of France asks in Henry V.29 For this and other reasons, ambient air as the carrier of sound is often remarked in Shakespeare’s plays. Falstaff in his “catechism” on “honor” in Henry IV, Part One, reduces words to their physical essence: “What is in that word ‘honour’? What is that ‘honour’? Air. A trim reckoning!”.30 Air as emptiness in Falstaff ’s speech becomes more substantial when Cassius in Julius Caesar urges Brutus to action by weighing the differences between his name and Caesar’s: “Brutus and Caesar : what should be in that ‘Caesar’? Why should that name be sounded more than yours? Write them together : yours is as fair a name. Weigh them: it is as heavy. Conjure with ’em: ‘Brutus’ will start a spirit as soon as ‘Caesar’.”31

“Weight” in Cassius’ formulation can be heard two ways: as airy emptiness or as palpable presence. The conclusion of the formulation in the phrase “start a spirit” suggests the latter. The “spirit” here could be a ghost; it could also be the passion of a co-conspirator against Caesar. The same physical feel for words in the air figures in the latter half of Hamlet’s response to the actor impersonating Hecuba. If the actor had Hamlet’s own “cue for passion”, he would “cleave the general ear with horrid speech”.32 Words in the air acquire the force of an axe. What gives them that force is “spirit”, spirit as passion. An image in Pericles captures both cause and effect: “Our tongues our sorrows dictate to sound deep / Our woes into the air”.33 Spirits in the air become especially present in Shakespeare’s scripts when music is being sounded. The spirit-stirring sound can be as blatant as a trumpet28 29 30 31 32 33

W. Pagel: Helmont, p. 31. W. Shakespeare: Henry V, act 3, scene 5.16. Ib.: Henry IV, Part One, act 5, scene 1.134 – 135. Ib.: Julius Caesar, act 1, scene 2.143 – 148. Ib.: Hamlet, act 2, scene 2.563 and 565. Ib.: Pericles, scene 4, part III.13 – 14.

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blast (“Give with thy trumpet a loud note to Troy”, Agamemnon orders Ajax in Troilus and Cressida, “[…] that the appallÀd air / May pierce the head of the great combatant / And hale him hither”34) or as subtle as a love-song (“Now, divine air!”, Benedick exclaims when he hears the first strains of “Sigh no more, ladies” in Much Ado about Nothing. “Now is his soul ravished. Is it not strange that sheep’s guts should hale souls out of men’s bodies!”35). The air invoked in The Tempest is particularly full of musical spirits. “The isle is full of noises, / Sounds, and sweet airs, that give delight and hurt not”, Caliban tells the marooned and mystified Europeans Trinculo and Stefano. “Sometimes a thousand twangling instruments Will hum about mine ears, and sometimes voices That if I then had waked after long sleep, Will make me sleep again.”36

The fugitive nature of these spirit-stirring sounds is personified in the air-spirit Ariel, sometimes seen, sometimes not seen, but always powerful. Ariel’s status as a creature between vision and sound directs our attention to the medium links them: spiritus. As the body’s intercommunication system spiritus can turn visual experience into auditory experience and vice versa.

4.

Auditors

When a perceiver attends to a performer’s sounds, the cycle of inspiration is completed. The performer’s inspired sounds now, in quite physical terms, inspire the perceiver. The account of the ear as an organ in Crooke’s encyclopedia presents a closed auditory communication system in which sounds in the ambient air become sensations within the listener’s spiritus. Waves in the external air strike the ear drum, which in turn transmit those waves to the pure, thin air of the inner ear. “This aire”, Crooke observes, “is thin, pure, without any sound at all, immoouable, plentifull & separated from the externall aire. Thin & pure that it might more readily and more perfectlie admit any externall sound”.37 From the inner ear the waves, now transformed into immaterial forms or species, are carried by spiritus through the auditory nerve to the brain, which Crooke regards as “the first Sensator”.38 In this process the air of the inner ear works like

34 35 36 37 38

Ib.: Troilus and Cressida, act 4, scene 6.3 – 6. Ib.: Much Ado About Nothing, act 2, scene 3.57 – 59. Ib.: The Tempest, act 3, scene 2.138 – 143. H. Crooke: Mikrokosmographia, signatura FFF3. Ibid., signatura FFF5.

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the crystaline lens in the eye, turning an external material fact into an immaterial form that the brain can receive. Some authorities believed that the air of the inner ear, like the air in spiritus, was sealed off from the external world, having been implanted there during gestation in the mother’s womb. Crooke insists, however, that ear, mouth, and lungs directly communicate with each other, that the air of the inner ear is constantly being replenished through the mouth and lungs. One of the questions following his disquisition on the ear is devoted to “the wonderfull simpathy and Consent of the Eaeres, the Palate, the Tongue, and the Throttle”.39 In addition to the anatomical evidence, Crooke cites the necessity of passages for the violent air of loud sounds to be released through the mouth. Those passages are known today as the Eustachian tubes. The movement from actors through air to auditors almost completes the circuit of inspiration I promised in the beginning. Almost ¢ but not quite. In the Epilogue to The Tempest the actor who has spoken Prospero’s lines asks the audience not only for claps (“release me from my bands / With the help of your good hands”40) but for shouts (“Gentle breath of yours my sails / Must fill”41). Only when members of the audience cry out their approval is the cycle of inspiration complete. With their breaths, gentle or otherwise, the auditors give the actors the inspiration they need for the next day’s performance.

5.

The physical universe

With respect to sound at least, the pneumatic circulation of spiritus in Shakespeare’s theater required not just air but the other three basic elements as well. Of the four elements – earth, water, air, and fire – two are deemed by Francis Bacon in Silva Silvarum, or A Natural History to be apt media for communication of sound waves. Two other elements are at least possible media: “The mediums of sounds are air ; soft and porous bodies; also water. And hard bodies refuse not altogether to be mediums of sounds. But all of them are dull and unapt deferents, except the air.”42 Bacon does not explicitly mention it, but the soft and porous human body – compounded of all four elements – presents itself as medium of sound transmittal as well as sound production. For Bacon, the differences among these media come down to the relative 39 40 41 42

Ibid., signatura OOO3. W. Shakespeare: The Tempest, Epilogue.9 – 10. Ibid., Epilogue.11 – 12. F. Bacon: Silva Silvarum, century 3.215.

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resistance of each medium to sound waves. Air is the most conducive, water the next, earth the least. Where does that leave fire? Bacon observes: “How far forth flame may be a medium of sounds, (especially of such sounds as created by air, and not betwixt hard bodies) let it be tried, in speaking where a bonfire is between; But then you must allow for some disturbance, the noise that the flame it self maketh.”43

Traditionally, fire was ranked as the “highest” of the four elements because, even more than air, fire tends upward, toward the fiery lights of the heavens. Perhaps the Prologue to Henry V is voicing more than a metaphor when he exclaims “O for a muse of fire, what would ascend The brightest heaven of invention […].”44

A conceit spoken by Richard Duke of York in 3 Henry VI plays on interconnections among water, fire, air ¢ and speech: “I cannot weep; for all my body’s moisture Scarce serves to quench my furnace-burning heart: Nor can my tongue unload my heart’s great burthen; For selfsame wind that I should speak withal Is kindling coals that fires all my breast, And burns me up with flames that tears would quench.”45

For us, these interconnections among water, fire, air, and speech are metaphors; for Shakespeare and his contemporaries they were physiological psychological facts. Where does earth figure in the pneumatic system? According to Crooke, spiritus is engendered by blood and vapor, a compound of fire, air, and water with properties of hot and moist. The upward tendencies of fire and air offset the downward tendency of water. Earth, by contrast, was deemed to be cold and dry and even more downward-tending than water. In the theater at least, earth is brought into the pneumatic circulation of spiritus through a conceptual slippage between the wooden platform of the stage and the earth that the platform often represents within the fiction. An example is to be found in Antony and Cleopatra46. The “company of soldiers” who come onto the platform are precisely positioned in the folio stage direction: “They place themselves in every corner of the stage”.47 Speaking parts are provided for four soldiers, so if the “company” includes only these four, they 43 44 45 46 47

Ibid., century 3.219. W. Shakespeare: Henry V, Prologue.1 – 2. Ib.: Henry VI, Part Three, act 2, scene 1.79 – 84. Ib.: Antony and Cleopatra, act 4, scene 3. First Folio of Shakespeare, p. 867.

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station themselves at the platform’s four corners, leaving the middle of the platform conspicuously empty. That visual void is soon filled with music that lacks a visible source. In response to the music, the soldiers stationed in their far corners pass around this exchange: “SECOND SOLDIER Peace! what noise? FIRST SOLDIER List, list! SECOND SOLDIER Hark! FIRST SOLDIER Music i’th’air. THIRD SOLDIER Under the earth. FOURTH SOLDIER It signs well, does it not? THIRD SOLDIER No. FIRST SOLDIER Peace, I say! What should this mean? SECOND SOLDIER. ’Tis the god Hercules, whom Antony loved, Now leaves him.”48

A stage direction before the music sounds gives its extra-diegetic location: “Music of the hautboys is under the stage.” Let it be remarked that “hautboys”, as early modern spelling of “oboe” makes clear, are woodwinds, from the French haut+bois (literally, “high wood”). Diegetically speaking, what the soldiers – and the audience – see is not hautboys and their players but a void. “Music i’th’air”, “Under the earth.” The physical circumstances of performance in Shakespeare’s theater – a hollow wooden platform – fuse earth and wood. Allan Dessen and Leslie Thomson’s A Dictionary of Stage Directions in English Drama, 1580 – 1642 notes this slippage, albeit rare, between physical “platform” and fictional “earth.” Dessen and Thomson’s entries for “below”, “beneath”, and “under the stage” catalogue five instances in which sounds are cued to come from under the platform, including “Ghost cries under the stage” in quarto 2 of Hamlet.49 Air, water, and fire, along with earth/wood, constitute the “sound system” of early modern theater, if I can appropriate that term from the electrically and electronically wired theater of today. The expression of air from the performers’ lungs sets off vibrations within the wooden O of the playhouse. The resulting waves of energy travel not only through air, water, and wood but, in early modern understandings of human physiology and the physics of sound, through fire. The wooden lath-and-plaster structure of The Globe served as a container 48 W. Shakespeare: Antony and Cleopatra, act 4, scene 3.9 – 14. 49 A.C. Dessen and L. Thomson: Dictionary of Stage Directions, pp. 28, 29, and 240.

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for fire- and water-charged air in the same way that skin, muscles, and bones do for the human body. Sounds emanating from the wooden platform and its latheand-plaster surround are transmitted not just through air through the reverberating wood that contains that air. In situations like these, the wooden platform operated like the wooden case of a lute or viol. Only by knowing this live medium – inside and out – can we answer the question “What makes Shakespeare so inspiring?” The answer is not just air but the firey, vapor-infused air that Shakespeare and his contemporaries knew as spiritus.

Bibliography Primary sources Bacon, Francis: Silva Silvarum: Or A natural history and New Atlantis, ed. William Rawley, London 1626. Crooke, Helkiah: Mikrokosmographia a description of the body of man, London 1615. Shakespeare, William: The Complete Works, ed. Stanley Wells and Gary Taylor, Oxford 2nd edition 2005. Shakespeare, William: The First Folio of Shakespeare, ed. Charlton Hinman, New York 1968. Wright, Thomas: The Passions of the Minde in General, London 1604.

Secondary sources Cawley, W. Kevin: Latin Dictionary and Grammar Aid, University of Notre Dame Archives, http://archives.nd.edu/latgramm.htm (24. 11. 2014). Dessen, Alan C., and Leslie Thomson: A Dictionary of Stage Directions in English Drama, 1580 – 1642, Cambridge [2000]. Goetz, Stewart: A Brief History of the Soul, Oxford 2011. Hoorn, Willem van: As Images Unwind: Ancient and modern theories of visual perception, Amsterdam 1972. Martin, Raymond, and John Barresi: The Rise and Fall of Soul and Self: An intellectual history of personal identity, New York 2008. Mazzio, Carla: “The History of Air : Hamlet and the trouble with instruments”, in: South Central Review 26/1 – 2 (2009), pp. 153 – 196. Mazzio, Carla: “The Invisible Element in Art: Dürer, Shakespeare, Donne”, in: Alina Payne (ed.): In Vision and its Instruments in Early Modern Europe, State College, Pa., forthcoming 2014. Pagel, Walter: Joan Baptista van Helmont: Reformer of science and medicine, Cambridge 2002.

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Park, Katherine: “The Organic Soul”, in: Charles B. Schmitt, Quentine Skinner, Eckhard Kessler, and Jill Kraye (eds.): The Cambridge History of Renaissance Philosophy, Cambridge 1988. Pearsall, Judy et al. (eds.): Oxford English Dictionary Online, Oxford 2nd edition 1989, www.oed.com (subscription required), (24. 11. 2014). Seigel, Jerrold: The Idea of the Self: Thought and experience in western Europe since the seventeenth century, Cambridge 2005. Sorabji, Richard: Self: Ancient and modern insights about individuality, life, and death, Chicago, Ill., 2006. Taylor, Charles: Sources of the Self: The making of the modern identity, Cambridge, Mass., 1989.

Brenno Boccadoro

Contrapunctus enim intentiones affectionesque animi imitatur et verba: some reflections on the philosophical background of word painting during the Renaissance

From the beginning of the 16th century, “the composer’s sole obligation was to animate the words, and with harmony, to represent their passions – now harsh, now sweet, now cheerful, now sad –, in accordance with their subject matter”1. Renaissance music theory used the term affetto to express a unique intimate connection between the mental images (phantasmata) described by poetry, the singer’s state of mind, the emotional meaning of the harmonic forms representing them (expressio textus) and the impression left in the mind of the listener. Acting on the affections of the listener meant to bring the subject matter ‘before the eyes of imagination’ through a special use of the rules of counterpoint, producing the musical equivalent of the rhetorical technique of ekphrasis, hypotyposis and enargeia. Modern scholars often emphasized the multiple causes of this wave of interest. Word painting became a chapter in a general movement of ideas that created a demand for stirring oratory, from eloquence in civil affairs, to hermeneutics in music and the sermons of Lutheran Reformation and Counter-Reformation churches. Humanism made readily available ancient models and instructions and stressed the reconstruction of ancient ideas about ethos, pathos and the emotional power of Greek music to attain new forms of expression and of course the revival of classical rhetorical theory. Although no modern scholar questions this fact, oddly few musicologists paid enough attention to the theories underlying the musical techniques of expressio textus during the Renaissance. Few of them explained the reasons that led composers to think the doctrine of affections as a painting of single words or tried to conceive word painting through an excursus in the theories on the soul and its faculties. The lack of interest of musicology in this domain is even more curious because the connection between the means of persuasion and debate on the power of the soul are obvious to historians of verbal rhetoric and show no need to be demonstrated. The means shared by rhetoric and music have been an established fact since Gorgias, the first to remove barriers between eloquence, 1 N. Vicentino: Ancient music, p. 150; L’Antica Musica, vol. 3, chapter 15, folio 48 recto.

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music and art (hypokritike, actio). According to Quintilian2 the orator who wishes to move his audience must start by being moved himself. He also quotes examples of theatre actors leaving the stage because of their tears – which implies the knowledge of the precept by Horace: si vis me flere, dolendum est primum ipsi tibi.3 However it must be noticed that Renaissance rhetoric reveals a concept of language as a force acting on the world and the soul of the audience, identical to the emotional power of ancient Greek music (virtus harmoniarum). Like music, eloquence was valued and encouraged within humanist education as a force able to enter and modify the phantasia of the listener, to shape or corrupt the individual. In the same way as many authors suggested protecting young ears from the wrong sort of language, ancient philosophers warned against the psychotropic power of music. The majority of authors and composers of the 16th century thought selfevident that the art of moving the affections by meaning of word painting implied not only a perfect cognition of music and rhetoric but also a certain understanding of the Galenic doctrine of spirits, soul faculties, humours, and temperaments in order to know how to act on the soul of the listener. Zarlino, the princeps musicorum of the 16th century, is very eloquent on the subject and dedicated a special chapter to this topic in his Istitutioni Harmoniche. The “knowledge” of the soul and the way its faculties could react emotionally to words, bodily movements, sounds and inflections of speech was one of the main concerns of rhetoric from Gorgias to Quintilian. A precise doctrine about the way in which imaginatio and phantasia reacted to images was implicit in the theories of the emotional power of figures and ekphrasis. One can assert that it was this idea about the activity of those faculties that led the theoreticians of rhetoric to encourage orators to have recourse to figures, bodily movements (actio) and melody in speech, and it is very probable that musical word painting was another consequence of this idea. A second aspect of this topic not yet addressed is the quality of figures. Not all the images produced by word painting in musical compositions refer to forms borrowed from figures of speech. When the author of the “Deploration” Proh dolor decides to write his music in black notes in order to express sorrow about the death of Maximilian of Austria the device is a symbol (Augenmusik) that has nothing to do with figures of speech borrowed from rhetoric – consequently it would be better to assign those techniques more generally with the term “expressio textus” instead of “musical rhetoric”. Few musicologists explained clearly the reason why in the writings of authors like Vincenzo Galilei, the

2 M.F. Quintilianus: Istituzione Oratoria, vol. 6, p. 35. 3 Horatius: Satires, epistles and ars poetica, p. 101 – 105.

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painting of single words typical of the composers of Josquin Despres’ generation started to appear as a regrettable error. One of the main concerns of this paper is to show that one factor of prime importance in these topics was the debate on the participation of forms – word painting (expressio textus) and harmonic proportions – toward intelligible ideal realities. One can show that the different attitudes of authors toward the rhetorical techniques of word painting of the XVIth century were the result of their discrepancies about the metaphysical or physical meaning of mathematical forms and words. The supremacy of Aristotelianism during the last decades of the 16th century in spite of Florentine Neo-Platonism, led to a crises of ‘rationalist’ Pythagoreanism of the first Renaissance. Authors questioned the connections between sense and form, at their mathematical level as well as in the realm of mental forms and the verbal figures. Pythagoreans or ‘atheists’, all authors agree on the emotional value of forms, whether symbols, rhetorical figures or musical proportions measuring intervals. Their positions differ however when explaining the incarnation of sense in form and the ‘physical body’ of musical language. The scholastic definition of consonance as numerus ad sonum relatus combines ‘form’ and ‘matter’: the numerical dimension of sound perceived by sense (sensus) and a physical reality, qualified, by authors like Ficino, in terms of ‘soul’ and ‘body’. Now, the difficulty lies in knowing to what extent the physical reality of harmony carries the intelligible (ratio) numerical harmony – the core of the aesthetic debate of the Renaissance. The real question is to know if the affective quality of music lies in the mathematical frame of melody or in a spiritual reality superior to the ratio and its arithmetic determinations; if mathematical beauty is the causal agency of the affect or a simple instrument of cosmic energy. Finally, one has to decide whether the rules of counterpoint communicate with the ideal model followed by the Great Demiurge in his creation or if they are just the result of historical conventions. On those topics Pythagoreanism is a fluctuant philosophy whose positions govern not only the aesthetics of affects but also the changes in the author’s attitudes towards the techniques of expressus textus.

Harmony and Participation One way to find an answer to these questions is to approach the matter from the point of view of the disciplines gravitating in the orbit of music considered as a discipline of the Quadrivium: harmonic theory, humoral medicine and the psycho-physiological theory of perception governed by the images and their affective values. The reason that authorises this approach is what we could call the ‘biological’ vision of universal harmony that Marsilio Ficino’s Neo-Platon-

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ism inherited from ancient Pythagorism. Within this doctrine counterpoint is a ‘living animal’ endowed with a body and soul. Ficino – the most enlightening author to question the connections between psychology and mathematics – knew enough ancient Greek to know that the first meaning of the word melos, root of melody, meant the “limbs of body” and he was aware that Pythagoreans in Antiquity spoke of the mathematical form of the Dorian harmonia4 12:9:8:6 in terms of “body”.5 He went further however arguing, in a well-known passage of his De Vita Triplici, that concentus was a “living being” (animal aereum ac rationalis) provided with all the faculties of a human being: Now the very matter of counterpoint, indeed, is altogether purer and more similar to the heavens than is the matter of medicine. For this too is air hot or warm, still breathing and somehow living; like an animal it is made up of certain parts and with limbs of its own and not only possesses motion and displays passion but even carries meaning like a mind, so that it can be said to be an airy and rational animal.6

The musical daimon created by Ficino is a participative form of krasis, a harmony of opposites, combining a ‘spiritual’ and ‘physical’ nature (tam spiritalem, quam materialem), a mathematical form measuring a sounding matter. According to the scholastic definition of consonance as numerus ad sonum relatus, “number related to sound”, musical harmony combines form and matter, an intelligible numerical dimension and a sounding body. Like human beings, it combines a rational and irrational soul fundamentally shapeless and infinitely 4 The idea is that melody is the result of an ornamentation of notes bound by tetracords articulated by the disjunction and the conjunction in the same way as the parts of the skeleton in the human bodies:

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9

8

6

5 Ps.-Plutarch: On Music, p. 1138 c (see Barker, A.: Greek Musical Writings, p. 230): “He [sc. Aristotle] said that its body [soma] is made up of dissimilar parts, which nevertheless are in concord with one another, and also that its means are concordant in correspondance with numerical ratio.” This fragment is probably a part of a lost book mentioned by Aristotle in Metaphysics, section 986a.12. 6 M. Ficino: De Vita Triplici, book III, chapter 21, p. 563: “Iam vero materia ipsa concentus purior est admodum coeloque similior quam materia medicinae. Est enim aer et hic quidem calens sive tepens, spirans adhuc et quodammodo vivens, suis quibusdam articulis artubusque compositus sicut animal, nec solum motum ferens affectumque praeferens, verum etiam significatum afferens quasi mentem, ut animal quoddam aerium et rationale quodammodo dici possit. Concentus igitur spiritu sensuque plenus, si forte tum secundum eius significata, tum secundum eius articulos atque formam ex articulis resultantem, tum etiam secundum imaginationis affectum huic sideri respondeat aut illi, non minorem inde virtutem quam quaelibet alia compositio traiicit in cantantem, atque ex hoc in proximum auditorem, quousque cantus vigorem servat spiritumque canentis, praesertim si cantor ipse sit natura Phoebeus, vehementemque habeat vitalem cordis spiritum atque insuper animalem.”

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modifiable like the moulding “matter” of the imagination. Its numbers and proportions not only measure sounds but also emotions. Undetermined, the sounding matter that they measure is to music what the irrational soul is to psychology – because the expressive value of music is not a psychological attribute of the listener’s soul but an inner quality of numbers embodied in sounds. Because every interval translates in sound and arithmetic quality that produces a specific emotion, there are as many emotions as there are intervals. Number is to sound, what reason is to the irrational soul: a restraint imposed on passive and undisciplined matter. Discussion about the incarnation of harmonic numbers in sounds will be just as intricate as the one about the connection between soul and body. The harmonic proportion producing the musical modes could either be regarded as causal virtus generating as many affections as its mathematical qualities or a kind of limit meant to check and even extinguish them. The same is true for the forms produced by the imagination in words and the figures of word painting. Quasi corpus, quasi ratio, almost spirit, almost body, verbal forms oscillated in a very ambiguous and variable medietas that could lean either to the Idea or to the senses. Musical harmony and the figures of expressio textus could be regarded either as a distinct form separate from matter, or the expression of an ideal archetype embodied in sound. In realm of harmonics, one had to know whether the expressive value of music consists in 1. the quality of its mathematical form, 2. in its physical expression (sonus) 3. or in both. It was possible to make a very abstract idea of this beauty as put forward by Geronimus Cardanus in De subtilitate7, a pure intelligible beauty that could either employ the senses as its vehicle or not, or even refuse to acknowledge its sonorous and visual manifestation. In this same way Palladio, who never hesitated when practical contingencies of construction would not permit the Pythagorean ideal to be realised, would modify his plans and adjust all his calculations, even if it meant correcting them later in his theoretical studies whilst drawing the form of his edifices on paper “as they should have been”. The expression numerus relatus ad sonum, dear to Scholasticism, was already quite ambiguous but the thesis of a “participation” of a mathematical number in relation to the intelligible number was even more so. Discussion on this subject was infinite. To what extent the body of the melody is the carrier of intelligible number? In what way does the proportion find its roots in the sensitive harmony? Even the same author proposed several answers to such a question. The 7 G. Cardanus: Les livres, p. 275.

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greatest writer on music, Gioseffo Zarlino (1558) argued, on one hand, that consonance was an intelligible quality of numbers and on the other, that the mathematical limit of consonance, in the harmonic progression 1:2:3:4/:5:6:7…, should be moved from 4 to 6 (senario) in order to integrate thirds and sixths (4:5, 5:3) in the realm of consonance because of their pleasing effect on the ear. The result was a confusing polyphony of views. Some authors overestimated the intelligible side of harmony arguing that the highest kind of beauty is the ideal form. Others admitted the existence of a purely physical beauty that was not an embodiment of number, concluding, like J.C. Scaliger, that beauty was an entis aeffectus transvolans per omnia praedicamenta8. Most writers however, like Alberti, Gaffurio, Fogliano, Zarlino, Artusi, tried to marry number and perception, arguing that the judgement of the ear confirms the quality of numbers. To summarise, there are four ways to conceiving the relationship sensus–ratio, four positions which led to as many ways of conceiving the meaning of musical forms and figures: 1. A “classical”, rationalist, Pythagoreanism, purely arithmetic, where the beauty of mathematics is an ideal shapeless form, separated from matter. 2. A “magic” version where beauty is a supra-rational “grace” distinguished from the number that could or not use senses as a vehicle; the numerical harmony assumes the purely instrumental value of an intermediary vector of grace. 3. A compromise between reason and sensation. 4. Discarding the mathematical aesthetic, a sensitive beauty transmitted by the animal spiritus that was neither an incarnation of number, nor a platonic Idea.9 The first three versions evidence the authors’ differences concerning the degree of incarnation of form in the intermediate space between the sensitive and the intelligible. Versions 1 – 3 are three diverging prolongations of Pythagoreanism lasted throughout the Renaissance, who contributed to its collapse at the end of the century. To be noted, versions 1 – 3 as well as being a strand of Pythagoreanism is also marked by Aristotelianism and diffused by the official theory of music as a discipline of the Quadrivium. Version 2, as well as being a strand of Pythagoreanism, is also marked by a supra-rational magical tradition carried by Florentine Neo-Platonism and occultism. The fourth position emanates from the most radical Aristotelianism and illustrates the established picture after the mathematical aesthetic was discarded.

8 J.C. Scaliger : Exotericarum exercitationum, pp. 710 – 711. 9 For visual arts and architecture see R. Klein: La forme et l’intelligible, p. 154.

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1.

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“Classical” Pythagoreanism

The typical formula of Pythagoreanism that we have stated as “classical” and rational is founded on the assumption that the consonant proportion (a certain numerical quality answering the criteria fixed by the mathematical theory of harmony) is the true condition for beauty. Every other form of impression perceived by the ear without supporting mathematical reason is just pure sensory pleasure. The consonance perceived by the senses is an acoustic translation of a relation between privileged numbers and its quality is a purely arithmetical notion prior to the sensorial expression. An interval is not consonant by virtue of pleasure produced on sense perception but a result of the quality of the numerical relationship established by its extremes. Two extremes a/b form a consonant interval if the difference a-b=n is a common divisor of a and of b; if the major extreme is less than 6, if their relationship follows the forms a+1/b, if the ratio is close to unity. Hence, the relation of the fifth is 3:2 which is consonant but the tenth 5:2 is not because 3 divisible by 5 or 2; 3:2 is more consonant than 4:5, 4:5 more than 5:6 … The epistemological status of the theory of harmonics to which it belongs to fix these conditions is as abstract as its objects. This discipline gains status in the bodiless character of the ideal beauty of the harmonic qualities. Unlike applied arts, his objects would not be subordinate to a practical purpose. The ars musica’s vocation was not to learn composition but to teach the more “metaphysical” questions like the mathematical cause of harmony and its psychotropic effects. Its objects are “free”, ideally “useless”. This is why Latin qualifies this discipline as “liberal” because only a free man emancipated from all financial obligations is able of cultivating it. It is understandable then why tradition praises the divine Pythagoras to have raised his concerns above those of merchant needs … Belonging both to Pythagoreanism and Neo-Platonism, this tendency is only one aspect of the movement to elevate the true ideal beauty above the senses. However nothing obliged the partisans of this philosophy of the number to incarnate in flesh and blood the sounding body of a musical composition. The partisans of the universal harmony for which the world had been built according to “number, weight and measure” (following the Liber Sapientiae) could be content in imagining the formless beauties in angel choirs. Since the 12th century, with the rapid expansion of musica mensurabilis, intelligible harmony descendit de coelo, to take the terrestrial path of the history of musical forms. In Notre Dame compositions only ternary division of rhythmic values is allowed in the name of the perfection of the Creator. Several polyphonic compositions conceived in this period had in themselves such a degree of formal abstraction that no listener could hope to understand without analysing the score. By the

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length of its rhythmic periods and its different texts set to counterpoint, a composition of this type could have as many parallel meanings as a holy scripture, bearing at the same time aesthetic, allegorical, moral, religious or political interpretations. In an isorhythmic10 motet of the 14th century the rhythmic cells (taleae) sung under three independent voices, govern to such an extent and of such complexity the deadlines of rhythmic divisions of the tenor that no human ear can hope to grasp the quality of their proportions. No unwary listener, aside from maybe angels and the composer himself, could suspect that in the motet Lugentium siccentur/Petre Clemens/Tenor11 Philippe de Vitry had organized the tenor in seven periods (talea) of 33 perfections, according to the age of the Saviour and as a tribute to the Avignon Pope Cl¦ment VI., Pierre Roger, successor of Saint Pierre and representative of Christ on Earth. It also impossible to understand without analysis that the seventh perfection in the upper voices opens seven bars in hoquetus that would be repeated at regular intervals in each talea after 26 bars in 9x8. 6

7

20

33 breves (9/8) Talea 1 (2, 3, 4, 5, 6, 7) Philippe de Vitry : Lugentium Siccentur/Petre Clemens/Tenor

In the motet Garison Selon Nature/Douce Plaisence/Neuma quinti toni12 by Vitry, the symbolic value of numbers plays a secondary role, the form’s quality depends on the numerical consonant relationships established by the “harmonics of time”. 10 Term created by the German musicologist Fr. Ludwig to designate the principle of a motet’s construction in the 14th and 15th centuries. The motet is a polyphonic composition built on a complete or fragmentised Gregorian tune set to the tenor. It is present in two or several different texts sung simultaneously in the upper voices. It is isorhythmic when the periodic repetition in “ostinato” of a complex rhythmic cellule is called talea (“cut”, “size”), principally in the tenor or in all the parts like in Agnus de la Messe de Nostre Dame by Guillaume de Machaut. Analysis of technical vocabulary of the period shows that the talea is to the Gregorian tune what form is to matter : an abstract instance that can inform the plainchant and can repeat itself independently from the tune. In fact, under the influence of Philippe de Vitry, creator of the genre, the composers learnt the possibility of a separate repetition of melodic material (color, sonus coloratus) from the rhythmic figura of the talea. When the repetitions of melodic material do not coincide with the rhythmic cells, the recapitulation of intervals starts before the conclusion of a talea deforming the rhythmic facture of the melody heard at the beginning of the composition. When both cycles have a common measure – number of notes or rhythmic units –, the system is periodic and the entire number of repetition reproduces the initial combination. 11 Ph. de Vitry : The works, vol. 1, pp. 97 – 103. 12 Ph. de Vitry : The works, vol. 1, pp. 72 – 75.

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24 3 108

8 2 3 72 108

O C Talea 1

2 3 72 108

O C Talea 2

2 3 72 108

O C Talea 3

2 3 72 2 7

O C Talea 4

4 3 6

O C T. 1

3 2 7

4 3 6

O C T. 2

3 2 7

4 3 6

O C T. 3

3 2 7

4 3 6

O C T. 4

Color 1 (28 notes) Color 2 ( 28 notes) Philippe de Vitry : Doulce Playsence/Garison/Neuma quinti toni

The Gregorian tune of 28 notes marked by four taleae of six metric units is repeated twice in the tenor. Each talea presents seven notes set out into six bars, the first three out of four are in perfect time (O) followed by four notes in imperfect time (C). The ternary part, in actual notation, lasts four longae at 3 x 9:8 with a same length silence. The binary part is of two units of 2 x 9:8. The second color recapitulates the whole melody diminishing the length in the ternary parts by a third and the binary part by half. In the first color, the ternary part (O) of each talea lasts 108 minimae (108/8 =4 x 3 x 9/8) and forms with the 72 (72/8 = 2 x 36/8) of the binary part (C) a relation of a fifth 3:2. In the taleae of the second color the rhythm of the melody is different: every note has the same value and the third bar of silence of the preceding taleae has been suppressed. However the relation is still consonant: the 27 minimae of the part in perfect time (O = 27/ 8) with the 36 of the part in imperfect time makes a consonance of a fourth 27:36 = 3:4. The tenor Quant en moi/Amour et Biaute/Amara valde by Guillaume de Machaut13 presents ten notes set out in six taleae grouped into two colores. 12 12 x 27 /8 Talea 1

12 12 x 27 /8 Talea 2

12 12 x 27 /8 Talea 3

12 12 x 9/8 Talea 1

12 12 x 9/8 Talea 2

12 12 x 9/8 Talea 3

Color 1 (10 notes) Color 2 (10 notes) Guillaume de Machaut: Quant en moi/Amour et Biaute/Amara valde

Each talea is divided into twelve rhythmic units each of twelve longae in 3 x 9/8. Later on two silences of the same length section the talea at the sixth and the twelfth rhythmic unit. Moreover, in the first color, a dialogue in hoquetus in the upper voices fractures again every taleae corresponding to the eighth longa. The same rhythmic configuration can be found in the three taleae of the second color but one difference is noticeable, a hoquetus of the upper voices mark from now on the ninth longa of the talea. A simple numerical analysis shows the hoquetus 13 G. Machault: The works, vol. 2, pp. 1 – 4.

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episode creates a harmonic mean with the bars of silence 6 and 12 (6:8:12 = 2 ab a+b) and in the second half, the same process informs the talea with the arithmetic proportion 6:9:12 (a+b/2). A synthesis of four terms forms the divine tetraktys 12:9:8:6 in which the Pythagoreans recognized a numerical archetype of a Dorian harmony, a generating principle of the fourth, the fifth and the octave, meaning the numerical correlation between the two instances Universal Harmony by excellence: love and beauty that are mentioned in the text. 1

2

3

4

5

6 6

7

8

9 9

10

11

12 12

Color 2 – Talea 1, 2, 3 6

8

12

Color 1 – Talea 1, 2, 3

Finally, the second color diminishes by a third the value of the first. 3 Talea 1 Talea 2 Color 1 (10 notes)

1 Talea 3

Talea 1 Talea 2 Color 2 (10 notes)

Talea 3

The length of the second part forms with the first the proportion 3:1, a numeric relation chosen, classed by ars musica amongst the genus multiplex, type of inequality (inaequalitatis forma) that produces the most perfect consonances like the octave (2:1), the twelfth (3:1) or the double octave (4:1). These intervals do not belong amongst the consonances because of their acoustic effect but for their intrinsic perfection, the minor extreme measures a whole number of times the major. The consonance is a purely arithmetic notion belonging to the world of numbers. The relation a:b of the fifth (3:2) is consonant because the difference a-b=n of its extremes is a common divisor of a and of b. Although it is less perfect than the octave (2:1) or the twelfth (3:1), its major extreme does not contain an entire number of times the minor. A close connection links this type of writing to innumerable enigmatic canons that punctuated the history of music: compositions that did not exist on parchment and the true interpretation of the work laid in the decoding of a verbal declamation (canon) provided with the score. It was according to the numeric measures that an ars nova motet could be qualified as perfect. Since the ideal framework of a contrapuntal structure was perfect in itself, the composer considered himself equal with the demands of intelligible harmony. The true harmony existed only in a rational analysis that no one could decipher during the playing. The meaning of this work is found in the musical-mathematical Idea impossible to hear and only implied. The real beauty of such compositions laid

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precisely in the contingency of the perceived form in relation to the intellectual content. The more harmony pretended to be “Pythagorean” the less it was concerned with the sounding expression in the body of the counterpoint and the more it wished to be eloquent and beautiful, to lift itself to the angelic sphere of incorporable realities of which Christian Neo-Platonism had filled the soul of the world. It was up to philosophers and the musicians of the 15th century to show the inadequacy of this stance.

2.

The magical version

The mathematical forms of harmony could also be proved by sympathetic magic, the second participative model of the theory of the affects. As in music, “love” between sounds is not a function of their contiguity, in the universe similar parts sympathize through their likeness despite being separated by different parts. The world is thus liber and scriptura, a cryptographic forest of hieroglyphic images communicating through a weft of harmonic forms. Through its evolving form, counterpoint constitutes the most faithful imitation of the arithmetic figures seen in celestial revolutions, which it shares with the mind of planetary demons, which imagines mathematically the turning of the world on its axis. Magic accorded a purely transitive role to the form. Following a sometimes unconscious logic, theoreticians who favoured magic accentuated the phantasia’s supra-rational operations, like genius and inspiration, over mathematical reason. Is beauty a rule or a grace? Does beauty reside in the numeric system according to arithmetic determinations of writing (rhythm, segmentations, pitch, cadences) or on the contrary in a supra-rational spiritual dimension? In magic, the mathematical form is given an instrumental value of a simple preparation of natural activity conditions. Ficino wrote expressly in a passage on his comment on Plato’s Banquet. The mathematical form of harmony is no more the cause of beauty, but a simple instrument for the epiphany of grace.14 Streaming to Earth from the celestial vault in an uninterrupted path, affectus was the effect of an energetic and autonomous fluid superior to the pure 14 M. Ficino: Commentarium in Convivium Platonis, oratio V, chapter 5 – 6, p. 105: “Quoniam vero idea et ratio sunt a materia corporis aliena, hominis constitutio illis non ex materia vel quantitate sed ex aliquo potius incorporeo similis iudicatur.[…] Fulgor huiusmodi in materiam non prius quam aptissime sit preparata descendit […]. Sic enim et celestis fulgor facile lucebit in corpore celo persimili et forma hominis illa perfecta quam habet animus, in pacatam obedientemque materiam resultabit expressior. Ad pulchritudinem preterea suam accipiendam veces ferme similiter deponuntur. Ordo namque illarum est a gravi voce ad octavam adscensus atque inde descensus. Modus, debita per tertias, quartas et quintas, sextas voces, tonos item et semitonos progressio. Speties canora clare vocis intensio.” (p. 109).

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quantity in which the mathematical organization of the mode could only divert towards the listener. Counterpoint became a complex talisman crossed by a pathway of occult energies, independent of its mathematical frame. It lost its active role to become the instrument of heaven. The same can be said for the soul of the musician, which was more than just a simple intermediary or “medium” of exchange with unpredictable energies housed in the interval between heaven and earth. The spirit breathes where it wants to – spiritus flat ubi vult); the musician is a fowler destined to tend grace’s traps but he ceases to create beauty. Like the alchemist, he hastens or delays the conditions of natural activity. He “commands” the great machine of the world by obeying it. He operates and seizes the immediate opportunity for capturing astral influences. He initiates the chain of natural causalities even if it means not being able to stop it, like the Sorcerer’s apprentice of Goethe. In magic philosophy the aesthetic of affects found phenomena that could not be explained by pure Aristotelianism, the contagious force of affect manifested by the form, the voyages of the imaginative spirit, inspiration, and melancholic genius. To the methodical artist who proceeds through calculations, academics opposed the image of the inspired who create per “ingegno proprio agitato e commosso da alcun vigore interno e nascoso il quale si chiama furore ed occupazione di mente”.15 “Gift” is versus “study”, and art versus science. Affect responds to “gift” and mathematical organization responds to rules and method. The consequence of these divorces was subjectivism and abdication of the need to follow rules which taken to its extreme could have compromised the very possibility of a theory of affects. The affective meaning of music lied no more in musical form but in a supra-rational element, impossible to quantify (the stylus phantasticus of improvised forms). The operations of the soul did not lead to the constitution of a rational artistic technique but to psychophysical theory of genius based on the influence of the anima mundi in the mind of the musician. During the end of the 16th century, it led to an individual expressionism that in its extreme form rules out the possibility of a theory of art. In De Vinculis by Giordano Bruno, every symbol can mean everything and the sole condition for creation is furor.

3.

Marriage of ratio and sensus

The most destructive effects, for Pythagoreanism, came with the necessity to reconcile mathematical aesthetic and a “blind” practice of art. Convinced that the eye works in the same way as the ear, Alberti draws from Boethius the 15 from Vita di Dante, see L. Bruni: Schriften, p. 59.

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mathematical proportions of architectural beauty. He kept on one hand the dogma on the anteriority of numerical reason in relation to its spatial expression and on the other he reinstates empiric knowledge, asserting with complete impunity the existence in man of a natural instinct that draws attention to this harmony without numerical analysis. Architectural beauty then answers at the same time the purely arithmetical definition prior to the visual manifestation and the sensitive charm defined by the senses. As far as is known, the concrete consequences of this aesthetic in Quattrocento music have not been questioned. However, traces of this position can be found in isorhythmic motets by Guillaume Dufay composed during Alberti’s lifetime and about a century after Vitry. In a piece like Nuper Rosarum Flores16 composed in 1436 by Dufay for the consecration of the dome of Florence recently finished by Brunelleschi’s cupola, the sonorous “body” of polyphony assumes an importance equal to his numerical “soul”. Its structure on a large scale is as abstract as its medieval models. Four colores of two Gregorian tenors of 14 notes divide the composition into four parts of 28 rhythmic units (=1+2+3+4+5+6+7). Episodes of two voices divide each talea into sections of 28 then 14 bars. The same numeric symbol can be found in the structure of the poem in which each strophe presents seven verses each of seven syllables – the “virginal” number is to be related to the Virgin, to whom the “Santa Maria del Fiore” dome was consecrated. Each talea presents different mensurations. The tenor’s length increases and diminishes defining the dimension of the four parts, as a unifying common module. An analysis of the used coefficient (12/4:8/4:4/ 4:6/4) reveals the presence of perfect consonances like the fifth (12:8), the fourth (8:6) and the octave (12:6), including the two classic Pythagorean means: the harmonic 12:8:6 and the arithmetic 12:8:4. 28 2 voices

28 4v

28 2v

28 4v

14 2v

14 4v

14 2v

12/4

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Color 1 Talea 1

Color 2 Talea 2

Color 3 Talea 3

Color 4 Talea 4

14 4v

Guillaume Dufay : Nuper Rosarum Flores/Terribilis est locus iste, Florence 1436

Dufay’s fine details were just as imperceptible as those of Vitry. One could ask which members of the audience would be able to detect the proportions of the ensemble with the necessary accuracy to recognize the harmonic perfection. However, unlike his predecessor, Dufay bases his counterpoint on thirds and 16 G. Dufay : Opera omnia, vol. 4: Fragmenta missarum, pp. 70 – 75.

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sixths (5:4, 6:5; 8:5; 5:3), intervals that the Pythagorean temperament recommended by the Quadrivium had excluded from the consonances because of the dissonant relation (81:64 and 32:27; 27:16 and 128:81) but had just been used in a writing based on the evidence of sense perception. Aside from the imperceptible macro-rhythms of the talea, the numeric soul of the motet vibrates in unison with the sonorous coating governing – in Ficino’s words – its articulations and limbs. The organization of essential modes, the orbit of the cadences around its finalis, fundamentum relationis of its parts, modal mixtiones and commixtiones giving rise to affects through tension and release are perfectly perceptible. Music specialists have not been more coherent. Authors like Zarlino maintained, on the one hand, the anteriority of number quality over sensations and, on the other, the equality of the ear and reason. Pythagoreanism became a variable geometry philosophy, either rational or empiric depending on the author. This happened to such an extent that in the second half of the 16th century the relationship between mathematics and perception became problematic, spreading dissent amongst authors.

The divorce of sensus and ratio At this time many authors realised that the Pythagorean marriage of ratio and sensus was not a love match but a marriage of convenience that finished in divorce. The expression numerus relatus ad sonum was already quite ambiguous but the theory of a “participation” of a mathematical number in relation to an intelligible number invoked by Neo-Platonist adepts was even more so. The possibilities for increasingly detailed investigation are infinite. The significance of music appeared either as a quantifiable value that musical mathematics could boast being able to identify in rhythms and intervals, or it resembled a superior spiritual reality to syntax in the same way the relation between grace and proportion. Pythagoreanism could warn numerology inaccessible to perception or encourage the resort to blind practice. Depending on the type of its participation, the sensitive harmony could appear in turn as a blind copy of intelligible models or as a shadow of an idea (umbra idearum). The idea of an osmosis between number and Idea implied on a musical semantic level an intimate connection between the sign and its intelligible essence that led to a sort of musical “cratylism” conferring to a sounding form the value of a physical virtue. The lack of symmetry between visual and musical arts was not acceptable in the context of pan-musicalism latent to universal harmony and attempts have been made to dismiss it. This led, on the one hand, to an overestimation of the

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intelligible and, on the other, to a Pythagoreanism maintained within the limits of sense perception. The theory of temperaturae in architecture and in music (“partecipatione” by Zarlino) could guarantee a divorce between mathematical exactitude and the perceived beauty by the senses. At the same time, Zarlino allowed thirds and sixths, enlarging the mathematical limits of consonance from the fourth to the sixth partial to make the numerical quality coincide with the witness of the ear. Cardan argued that consonance was just an acoustic translation of a numerical quality perceived by the senses. The organic nerve between the sensitive and the idea is thus broken because beauty is no more than rationality known through the senses or the hegemony of irrationality. We will return to this ambiguity, essentially the same for the status of rhetorical figures and symbols.

Theory of harmonics and theory of soul, the soul and body of counterpoint For years historians have acknowledged these links between the theory of image and theories of the soul. However the distrust of some musicologists towards “rhetoric” or interdisciplinary approaches denied the attention these links deserved in musicology. The art historian Andr¦ Chastel deduced all his theories on expression in Renaissance painting from Ficino’s idea that the soul expresses itself in the body and in everything it does. Although what Chastel did not say is that this phrase came from a letter entitled De Musica sent by Ficino to his friend Canisium (Canigiani) who consulted him on the reason for so regularly combining the study of medicine with music: “To summarise, the first kind of music lies in ratio, the second in phantasia, the third in speech; following that comes singing, the movement of fingers in [instrumental] sound, the sound of the whole body in gymnastic and dance. It is thus that the music of the soul extends its threads into all parts of the body, music that the orators, poets, painters, sculptors, architects emulate in their creations.”17

In other words, the soul expresses itself in the body and through all it does: painting, sculpture, architecture as an innate harmony of the soul extending its threads to all parts of the body and in every field of artistic activity as the mother so infatuated with a statue gave birth to a child resembling the object of her love. 17 M. Ficino: Opera Omnia, vol. 1, p. 651: “Verum, ut ad propositum redeamus, prima musica in ratione consistit, secunda in phantasia, tertia in sermone; hanc sequitur cantus, cantum digitorum motus in sono, sonum totius motus corporis in gynnastica vel tripudio. Videmus igitur anime musicam gradatim ad omnia corporis membra deduci, quam etiam oratores, poete, pictores, sculptores, architecti in suis operibus imitantur.”

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The composer’s imagination can conceive a form, which takes on shape in polyphony (concentus)18, determining the mode, the intervals and rhythms according to its temperament. Ogni dipintore dipinge sÀ, every painter paints himself. Musical writing is also an incarnation of the composer’s spirit in the body of the composition. Ficino’s musical anthropomorphism supposes that a soul is a harmony and a harmony is a soul19. The Renaissance uses this in both ways, assigning harmonic qualities both to the soul and to the temperament and at the same time to the psychic qualities of harmony as in doctrines of ethos where an affect is incarnated in a mode. Following the Boethian definition of musica humana Ficino regarded body and soul as at the extremes of a harmony of opposites and its intermediate faculties – spiritus, sensus communis, imaginatio, phantasia, memoria, ratio cognitativa et non cognitativa, mens – as a series of musical “means” between them. He recognized the same faculties in the body of counterpoint. Half spiritus, half ratio, the musical daimon created by Ficino reflects like a mirror all the faculties of the soul – ratio, phantasy, spiritus, body –, following the same hierarchical order. Airy harmonic animal, polyphony is a living organism bestowed with a rational soul – the number and the text (per significationem agit in mentem)20 from four elements – bass, tenor, alto, soprano – of a nervous 18 The term is concentus. It can mean either melody or polyphony. However in a similar context of Ficino’s Commentarium in Timaeum (M. Ficino: Opera Omnia, vol. 2, chapter 31, p. 1455), concentus is a simultaneous mixture of opposites, very similar to the mixis of contrary elements in drugs. “Quemadmodum medici peritissimi certos invicem succos certa quadam ratione commiscent per quam in unam novamque formam plures atque diversae materiae coeant, et ultra vim elementalem virtutem quoque coelestem mirifice nanciscantur, quod in Mithridatis confectione et Andromachi Theriaca est manifestum: similiter artificiosissimi Musici gravissimas voces quasi materias frigidas, voces item acutissimas quasi calidas, rursus mediocriter graves ut humidas mediocriter, et acutas ut siccas, tanta ratione contemperant, ut unam quaedam forma fiat ex pluribus, quae ultra vocalem virtutem consequatur insuper et coelestem.” 19 Ficino dedicates a whole chapter of his Platonic Theology to refusing Aristoxene’s thesis of reducing the soul to a harmony. However in other writings like the letter to his friend Canigiani (De Musica, in: M. Ficino: Opera Omnia, vol. 1, p. 651), he states the opposite, qualifying the harmony of the temperament of the four humours and the relation between soul and body, linked together by intermediary faculties between intellect and senses, (sensus communis, imaginatio, phantasia, memoria …). 20 Commentarium in Timaeum, in: M. Ficino: Opera Omnia, vol. 2, chapter 28, p. 1453: “Adde quod concentus potissimum inter illa quae sentiuntur quasi animatus, affectuum sensuumque cogitationem animae, sive canentis, sive sonantis perfert in animos audientes. Ideoque in primis cum animo congruit. Preterea quae ad visum quidem spectant, et si pura quodammodo sunt, tamen absque motionis efficacia et per imaginem solam absque rei natura saepius apprehenduntur : ideo parum movere animos solent. Quae vero ad olfactum, gustum, tactum, quasi valde materialia, potius instrumenta sensum titillant, quam animi intima penetrent. Concentus autem per aeream naturam in motu positam movet corpus: per purificatum aerem concitat spiritum aereum animae corporisque nodum: per affectum,

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system of numerical relation governed by the krasis of the elements of musical grammar in intervals, modes, transposed modes, as well as a series of intermediate degrees, handed out in a descending hierarchical order from discarnate to incarnate and abstract to concrete; rational music and imaginative music, vocal music and instrumental music, gymnastics and dance. The mimetic relation between the soul and musical writing reaches such a unity that the theory of passions is just an exercise in recognising the faculties and the illustration techniques of the text that represent them in musical writing, whether about the soul or polyphony, the object or the subject. The study of the musical specificities of the faculties contains very instructive answers to the questions above about the aesthetic of passions and the techniques of expressio textus intended to incarnate them musically. Finally, it is obvious that this confusion between psychic and harmonic categories have drawn the debate on the faculties of the soul into similar discussions on the intelligible or sensitive values of numeric harmony.

Faculties of the soul and of music: spiritus, imaginatio, ratio The substance of music (materia concentus) is its airy body (aer fractus ac temperatus). Quasi vivens, it shares the same nature as the vital spirit running through the body and probably is very similar to the elusive bodies of demons with which the Neo-Platonics had populated the spheres of the anima mundi. It should be remembered that in the Galenic tradition the spirit is an exhalation of blood produced by the combustion of nutriments. It runs through the cardiovascular system in a perpetual movement. It contains the powers of the four elements transported by the blood that modifies it according to the organs nourishing it. Wet in the brain, warm in the heart, airy in the liver, it is called “animal” in the brain, vital in the heart, “natural” in the liver and primal in the testicles. Important to music is the animal spirit of the brain. It diffuses into the air cavities of the ear an ethereal pneuma in which the cognitive faculties of the soul can insinuate themselves to perceive a still crude image, soiled by the waste of the matter of physical objects (intentiones). Half spiritus, half thought, the animal spirit boils or freezes modified by the affects producing anger or melancholy, intense or catatonic passions, “high” or “low” that the theory puts in the afficit sensum simul et animum: per significationem agit in mentem: denique per ipsum subtilis aeris motum, penetrat vehementer : per contemperationem lambit suaviter : per conformem qualitatem mira quadam voluptate perfundit: per naturam, tam spiritalem, quam materialem, totum simul rapit et sibi vendicat hominem. […] Cum igitur consonantia musica quasi viva sit, et rationalis, et efficax, item utpote quam similima [sic], animo quam gratissima, rursus totum sibi hominem vindicet […].”

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same category as durum and mollis. It transmits to the imagination the powers of the humours with which it is in contact. When heated by fire, yellow bile multiplies the operational speed of the phantasia. When frozen by black humour and phlegm, it paralyses the thought generating tears and despair. It flies up to the brain where it is used as an analytical instrument of the senses. Ficino is a musician and a fine connoisseur of musical mathematics and it is not surprising then that his concept of spiritus, mediating element between soul and body, lies amongst the most “musical” readings of the history of medicine. The model is the definition of harmony as a conciliation of opposites – high and low, slow and fast – that the Pythagoreans of the 5th century applied to the sounding phenomena and to their mathematical principles. Everything began in the 5th century BC when the Pythagoreans discovered that the consonance produced by the two extremes of a musical interval was the acoustic translation of a privileged numeric relationship tying an even and an odd number in the two extremes of the proportion producing the interval in terms of string lengths. In his account on ancient pythagoreanism, Aristotle showed that instead of conceiving the universe as an assembly of contrary elements, the Pythagoreans reduced all in existence to a harmony of numerical “elements”: “the elements of a number are the ‘even’ and the ‘uneven’, the one being limited, the other unlimited”.21 There was no other area apart from musical theory where this both magnificent and extraordinary theses might have been verified22 : only by mixing the even and odd in the two extremes of musical proportions like n+1/n (2:1, 3:2, 4:3…) was it possible to demonstrate to the ear the combination of the even and odd in physical bodies.23 The habit of isolating the properties of numbers by a configuration of pebbles (Greek: psephoi, Lat.: calculi, the root of “calculus”) on a flat surface, led the Pythagoreans to conceive consonance as the relation established between the extremes by a common unifying module. Thus, in the fifth (3:2), the mediating effect of the arithmetic unity (1) reduces the opposition of high (1) and low (2) pitch to unity. The capacity of unity to blend even and odd numbers offered a model of the attraction of sex to fuse the bodies of lovers in a primordial and androgynous unity. Of course the laws of consonance formed a perfect mirror for reflecting universal harmony and the Ordo Amoris, which governs the heavens. Ficino stated this in a well-known passage from his Commentary on Plato’s Symposium, 21 Aristotle, Metaphysics, Book V, section 986a.15. 22 To apply to the number the predicate of contrariness would point to the existence of a number which is the contrary of the number. To make from quantity the elementary substratum of quantity, entails that the number is the element of the number. 23 Ficino states that Plato would have preferred the number 12 for its “elements” 2 and 3 whose “temperament” creates the fifth (3:2), the fourth (4:3) and the octave, the most perfect of the consonances (2:3x3.4=6:12). See M. Ficino: De Numero Fatali, p. 183.

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where the odd number, which is masculine, makes love to the even, feminine, in the two extremes of the musical interval. Marital harmony varies in intensity depending on the quality of the relationship: “We see the same thing in music, where artists research how much numbers love each other. Between one and two [namely the second 9:8] between one and seven [the seventh 7:4] they find almost no love. In contrast, between one, three, four, five, and six [the third 5:4; the fourth 4:3, the fifth 3:2 and the sixth 27:16], they find a very ardent love, and they find the most ardent love between one and eight.”24

Marriage between odd and even numbers is happy in the fifth (3:2), consonant thanks to the unity that measures both extremes without any excess or defect. Their love degrades into complex dissonances like 256:243 ending in divorce in p irreconcilable relationships like 2:1 which theory qualifies as alogoi or absurdi, terms derived from ab and surdus: devoid of logic and “deaf”, inaudible. Thus, harmony is synonymous with “communication” and “transitive causality”. The volatile nature of the sound, appropriate to diffuse its “numerical” resonances into all interstices of matter encouraged the extension of this principle on a planetary scale. The mediating effect of unity on the extremes provided a model of all phenomena of remote action moving across the machine of the world. Everything that could be interpreted in terms of relations was reduced to a problem of consonance and dissonance: from sympathetic vibration of strings to enchantment of the magical (via homeopathy, allopathy, magnets and astrology), voyages of the spiritus phantasticus in the regions of the anima mundi, prophetic irradiation and inspiration, effective virtues of music, crasis of the four humours and, of course, harmony of the soul and body. Faithful to the musica humana tradition, Ficino regarded soul and body as two extremes of a harmony of opposites in an unstable balance like two pitches of a musical interval. The harmony of two opposites cannot be found without the intermediate link of one or several means amongst the extremes. He sees the spiritus as a mediating element between soul and body, hence the definition of spiritus as the “node” between soul and body. In Pythagorean tradition, as seen in the works of Nicomachus, Iamblichus and many others, the metaphor of the “node” designated the restraint imposed on matter by a number : tu numeris elementa ligas recalled Boethius when referring to Demiurge’s action in organizing chaos. Here the spiritus is thus qualified. It is to the soul and the body what unity is to the extremes, a transitive link assuring communication between opposites. It is the vehicle of harmony and even its link. It ties the body to the soul, and the soul to the anima mundi. The musical interpretation of spiritus gathers ideal conditions to analyse the 24 M. Ficino: Commentarium in Convivium Platonis¸ oratio III, p. 58.

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perception and psychic action of harmony. On the basis of this substantial identity with the aer fractus ac temperatus of the melody the spirit of the composer incarnated in the counterpoint penetrates the soul of the listener to alter it from inside like a gas with psychotropic powers (per purificatum aerem concitat spiritum aereum animae corporisque nodum). Contrary to the spirit described by a well-regarded Aristotelian rationalist like Julius Caesar Scaliger the spiritus of Ficino is animated and bestowed with a heavy weight of information and physical active virtues acting objectively on the soul from the music itself without the intervention of accidental psychological phenomena. It transmits complex information in the form of “seminal reasons”. It is the common denominator of the universe linking the soul of the artist to the soul of the world through a vocabulary of symbolic forms and signatures bestowed with an operational efficiency connecting the earth and the heavenly, like talismans. Like melody and the air column of a wind instrument, Ficino’s spirit contains the proportions of the octave, the fourth and the fifth, measuring the powers of the four humours flowing through the blood. It holds the powers of the four elements mixed in the body of counterpoint. Subject to a movement in the category of quality (alloiosis), the spirit produces various affects when its mean measuring the mix of opposites oscillates between high and low (intentio, remissio, elevatio, deposito) – just as musical interval between two extremes changes its character by virtue of the movement of its mean. Sound is a defined quality. Pitch is to range in the same way as colour is to the spectrum. A simple transposition is enough to change the character of the melodic formula. A well-known passage of the Timaeus Commentary confirms the qualitative interpretation of the movement of the voice. Ficino does not hesitate to connect the qualities of the four elements to the four parts of counterpoint: “Like highly experienced physicians mix certain elements according to exact proportions in which several different matters are reunited in a new and only form (…), wise musicians temperate low pitches [bassus] like cold matter, high pitches [cantus] like hot matter, and moderately low pitches [tenor] like humid matter and moderately high pitches [altus] like dry matter – with such proportion that a single form is created from several, receiving heavenly virtues in addition to its vocal one.”25

For the sake of expressio textus it follows that the bass corresponds to earth, the tenor to water, the contralto to air and soprano to fire. Melancholy, like the lowpitched bass is slow moving, the tenor is wet like phlegm, the alto is dry like air and the soprano boils like anger. The idea of a psychic action of ranges is a logical consequence. The powers of the four elements present in the sound disrupt the 25 M. Ficino: Opera Omnia, vol. 2, p. 1455.

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thermic balance of the spiritus determining the opposing affects; high range produces anger and low range melancholy. Furthermore the quality of the notes communicates with the astrological characters. Slow, Saturn accomplishes its revolution in thirty years and produces low and doleful notes, cold and dry like black bile. Fast, boiling and intense, Mars generates high notes, harsh and with a war-like character.26 One source of those analogies is the Greek term oxy, meaning “high sounds”, sharp angles of geometrical figures as well as spicy, bitter, sharp tastes in culinary art – as in a passage from pseudo-Hippocratic Diet on the relations between music and cooking, quoted by Ficino in the Commentary on the Timaeus27. Furthermore oxy means the penetrating virtue of fire and yellow bile on the temperamental level. Ficino invokes the argument ex auctoritate of Plato’s Timaeus to which virtue belongs to the sharp angles of a pyramid’s structure, hence Antiquity’s testimonies on ethos exciting the high tonoi, the declarations of physiognomy treaty authors on high voices and choleric temperaments, and finally the presence, in the melancholic repertoire of compositions for four basses or more. Ficino can explain the character of counterpoint in analogous terms to those of the generation of affects in the human temperament, respecting the principles of Hippocratic and Galenic medicine. Taken individually, the humours are enemies; the purer they are, the more they oppose each other. The unlimited hegemony of the black humour produces death from a chill, just as the predominance of fire reduces one to dust. Duly tempered by their opposites they produce a more or less stable equilibrium the oscillations of which explain the somatic and psychic variations of all individuals. The equality of antagonistic forces produces a universally colourless apathy, while, for its part, the oscillation of the krasis creates an excess and a more or less pathogenic defect. This humeral reading of counterpoint is not a philosophical caprice born of Ficino’s fantasy : it runs through history of the 16th century claiming the approbation of authors favourable to Pythagoreanism and Neo-Platonism as well as those devoted to Aristotelianism like Vincenzo Galilei and Girolamo Mei, who described counterpoint in terms of “tepid water” to denigrate it. The vague and confused information transmitted by the spirits arrive in the 26 M. Ficino: Opera Omnia, vol. 1, p. 563: “Memento vero totam procedere musicam ab Apolline; atque eatenus Iovem esse musicum, quatenus est cum Apolline concors; Venerem insuper et Mercurium musicam vicinitate Apollinis reportare. Item ad hos quattuor duntaxat attinere concentus; tres vero reliquos voces quidem habere non cantus. Iam vero voces tardas, graves, raucas, querulas Saturno tribuimus; Marti vero contrarias, veloces acutasque et asperas et minaces; medias vero Lunae. Concentus autem Iovi quidem graves et intentos dulcesque et cum constantia laetos. Contra Veneri cum lascivia et mollitie voluptuosos cantus adscribimus. Inter hos vero medios Soli tribuimus et Mercurio.” 27 Hippocrates: De Diaeta in Morbis, p. 17; M. Ficino: Opera Omnia, vol. 2, p. 1455.

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realm of imagination and fantasy – two faculties often confused in tradition. The imagination, intermediary faculty between body and spirit, oscillates between senses and intellect. It intervenes in one way with process of abstraction and in another in the “application” of the universal to the particular. It isolates forms from their bodily form. It extracts the qualities, the timbre, the mathematical value of consonances and the melodic motifs of counterpoint. It permits showing the forms, in their absence, deforming at will a well-known tune combining intervals and composing counterpoint. Intermediary between the universal and the particular, its understanding of this varies according to the author. It is a sort of particular intellect. The imagination identifies the object from its particular features, for example a chestnut amongst acorns. It gives the right intentio to a corresponding object. It applies an artificial order to things that do not have a natural one allowing them to be stored in the memory. In Ficino’s case, it is often a “quasi” reason tending towards the body and using non-verbal body language. It is the organ the human beings share with the vis imaginativa of animals. Reduce a man to his imagination and he will scream instead of talking, using “gestures”, “bellow” and “bark” like animals that do not need reason or speech to get food. Calvin remembers it in the preface of his psalter when he compares a “linote” to a “papegay”, the faithful reduced to the status of an animal when he sings the psalms without understanding the text. Indeed it is the imagination that gives the verbal expressions received from the senses and the sensus communis. Though the words are heard, the imagination mainly hears sounds and often without understanding them. The imagination is especially sensitive to spatial ideas, umbrae idearum, namely rhetorical figures and symbols. A common mistake nowadays diffuses the belief that imagination and fantasy manipulate visual images and their means of expression by excellence in the theory of visual arts. In reality, the forms imagined are just as sounding as visual. The Renaissance doctors knew well that in the case of morbus imaginosus, imaginary illness that Plato and the Greeks called Coribantism or phrenitis, the images torturing the fantasies are sonores28. The “rational part” of polyphony lies in its text and of course in its mathematical form as the definition of the consonance numerus ad sonum relates proves. In the human soul, reason goes from the particular, quantity and quality of species, to the universal. The soul corrects things to what they should be. It rectifies the form of the intervals deformed by perception and separates causes from effects. It contests, reasons and discusses. When the soul is dominant it produces excellent orators. Finally, there is a reason that oscillates between the two extremities of the soul, the universal and the particular. It is said to be “cogitativa” when it is concerned 28 J. Pigeaud: Tasso, p. 18.

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with the inferior faculties of the soul and “intellectual” when it is concerned towards the intellect (mens) to open itself to universal contemplation.

Psychology and sonorous images These theories of the soul contain surprising conjunctions with the use of expressus textus. It would be disingenuous to deny that the doctrines of Renaissance musicians on this topic do not draw their roots from the same speeches on the operations of the soul that were used to construct the manipulation techniques of recommended judgment in classical rhetoric. Every scholar well acquainted with the program of liberal arts knew that in classic rhetoric the emotional force of speech (virtus flexanima) implied a special use of language meaning to bring the “subject before the eyes”, penetrating the mind and acting on the most intimate faculties through vivid (enargeia) visualization and representation (ekphrasis) of the phantasiai produced in the mind of the orator. At the receiving end the audience goes through a similar process. It is probable that because the models borrowed from the theories of the soul to explain this technique were so familiar to the audience, they usually needed no explanation, nor for ancient readers, nor for the authors of the Renaissance. Affections derive ultimately from mental images (phantasiai, intentiones) imprinted by sensory impressions (aisthemata) on the sensitive part of the soul and stored in the memory.29 The listener too has a soul and memory stocked with images derived from sensory perception of form and shared cultural knowledge. Words and sound act as triggers for the retrieval of stored images, which are recombined, as necessary with the addition of related features. Every affection has its own images, signs and loci topici. Anger, melancholy, madness and enthusiasm, produce qualitative changes (alloiosis) on phantasia, giving rise to mental images of a certain sort translated in sounds by particular words, meters, sounds and figures. Emotions transform phantasmata by their signs in speech and sounds producing anomalous forms that deviate from the standards of rational language. Mental images change their form according to the shifting balance (tonos) of the qualities of each bodily humour (hot-cold, wet-dry) present in the temperament (krasis). The soul is universally colourless when the proportions of conflicting humours are equal but as soon as one humour is preponderant it colours the soul and body of its substance. An excess of black bile cools the body producing torpor and despair whilst the fire of yellow bile sets alight the imagination multiplying the speed of the operation of the spirit to fury. As the 29 Aristotle: On Memory and Recollection, section 450a.30 – 32.

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author of Aristotle’s Problem XXX reminds us, the imitation of passions requires an anomaly, a deviation produced by the contrast between contentious forms. The analogy established between the musical composition and the powers of the soul contain in embryo a precise hierarchy of writing parameters that perfectly match the aesthetic dogmas about the primacy of the text in musica poetica. Ratio responds to the text, while imagination perceives the fantastical and indeterminate significance from the concept of the sound. Ficino could quote hundreds of authors writing on the soul and its faculties to prove that the discursive part of the soul lies in its higher faculties (ratio) and on the other hand sound concerned only the lower faculties (sensus, imaginatio and phantasia). The most influential of them was St Augustine. In a famous passage of his Confessions30 about church music he said that words spoke to ratio and sound spoke to sensus and the lower faculties, leading to temptation and sin. As the rational soul is superior to the body, the text of a musical composition is more “intelligent” than its sonorous vehicle and poetic music is more “rational” than music without words. Sound talks to inferior faculties and the role of the moderating element sometime echoes the musical number, sometimes the text (as for Calvin who quotes the passage of the Confessions of St Augustine in order to warn against musical pleasure in sound). Words are the “rational part of melody”, the intervals of polyphony are its “body” (Vincenzo Galilei, treatise of counterpoint), and just as the soul expresses itself in the body, melody weds itself to the text’s affect. Vicentino clearly stated in his treatise quoted above that composition is the art of “animating the word” – dar l’anima alle parole31. During the performance, the representation of the text on the listener’s imagination will evoke in turn the desired affect.

Psychology and rhetoric It is very probable that these types of thoughts about the operations of spirits, from phantasia and imaginatio, encouraged to resort to representing images in both text and music as the most efficient manner of transforming affects. The lower faculties of the sensitive soul which govern qualitative movement and the cognitive faculty (internal senses, imaginatio, phantasia, memory) constitute the theatre by excellence of affects. They contain concupiscible and irascible powers. The first has no intention beyond the blind satisfaction of its own desires; the second turns away from objects that it cannot attain with anger and indignation. Speaking for the body in the battle of internal senses, imagination is 30 Augustinus: Confessions, book X, section 33. 31 N. Vicentino: Ancient music, vol. 2, chapter 15, folio 48 recto.

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the most shortsighted of all faculties. It isolates images from their sensitive bodies but it would never be able to define anything conceptual deprived of a spatial extension. Ask the imagination to think of God it will only produce a statuary idol, a multi-coloured embodiment of the immaterial essence of Divinity. As a non-verbal faculty weak in dialectic, the imagination accepts any kind of forms whether good or bad. It is incapable of resisting images given by the sensitive spirits. It is the easiest to manipulate. This is why, since the earliest Antiquity, generations of orators advise the use of images, figures and even nonverbal language to bend more effectively the judgement of reason – flectere animam (Cicero) intended to address the inferior faculties of the audience in a most familiar language. The idea that speech concerns ratio and the highest faculties through its discursive meaning (per significationem agit in mentem) is an exception. Every student of rhetoric knew that in the case of figures, ekphrasis (description of images), bodily movements, pitch of the voice, imagination and phantasia acted more than reason. Aristotle said that every thought is accompanied by phantasms “unless it is a series of phantasms itself”32. In Neo-Platonism and in Renaissance’s eclectic psychology the closeness between the concept and the burgeoning mental image in this declaration had authorized conceiving “less conceptual” thoughts than others, concepts ranged in the bodiless space of the imagination. It is in this space that the Renaissance laid not only the fantastic edifices of memory intended to tidy the “loci topici” or the “places” of memory but also the symbols – collationes rerum visibilium ad demonstrationes rerum invisibilium provided with a soul and a body –; the carmina figurata and their sonorous correlatives in the spatial scores kept in the Codex Chantilly – in which the rondeau Tout par Compas suis compos¦, is written on a circular stave – the exercises of Augenmusik and of course, the rhetorical figures, verbal and musical. A good deal of this knowledge is transmitted through the arts of rhetoric under the authority of its tutelary divinities. The flexanima virtue of eloquence in Cicero’s De Oratore can be quoted as proof; advice on the necessity of placing senses in speech “before the eyes” of the audience to manipulate their better judgement; the importance given to body posture in the chapter devoted to Actio or even, the role given to non-verbal language of gesture in Quintilian’s works. Amongst the examples of the most efficient figures to monopolise the audience’s indulgence, Cicero advised a suggestive image of an idea set in space, as in “the fields are thirsty”, instead of a simple reference to a drought. Quintilian was even more precise assuring in Greek the rhetorical figure’s name came from schemata, the figured positions in ancient Greek dance. The figures gained a shape, a 32 Aristotle: De Anima, section 402b.

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surface and a colour with Julius Caesar Scaliger – “color rhetoricus” – even alterations of “contour” (delineatio) of a notion that is only a mental representation of a sensitive exterior thing. The lineamenta that the figure shares with things (res) allows the transition to the figured, like the bloody eyes of a choleric that can be qualified as “burning as the imitation of fire”.33 The best receptacle for these ideas, in the Renaissance mind, is the art of memory, closet and library of the imagination. The history of artificial memory is naturally visual. The universal art of memory is imagination, simple reason being that the concepts it handles are in reality spatial images and symbols impossible to elevate to the rank of universal concepts. Despite their abstract and bodiless status, their mnemonic tidying necessitates a certain spatiality and therefore an act of the imagination. Art is imagination and its principles are images. In the Neo-Platonic tradition the idea that all thoughts came with phantasms led some authors to the idea that the phantasia gave a sort of bodily reality to what is thought. Ficino seems to have thought this when including rhetoric amongst the incarnation of the soul’s harmony. Projected into the space of the imagination the shadow of the Idea becomes form; the form becomes the figure, the mental image and the sign of the affect. Pictorial, verbal, figured or sonorous, the image is the subtle body of the thought (spiritus), like the imagination is for the soul and the counterpoint is a double psychic of the Idea projected through the space of the imagination. Thus the Renaissance enjoys in the metaphor of incarnation, as seen with Ficino. The emblem of the “body” of the impresa and the sentence is its “soul”. The rational content of the picture, its Idea, is the “soul”, the image and the colour is its “body”34. The text is the “soul and the reason” of the counterpoint, the consonances its body (Vincenzo Galilei). The text is the soul of the sung madrigal; its sonorous “coating” is its “body and subtle spirit”. Speculations on the soul and body of counterpoint as well as the corollary of sonorous images like the subtle body and the incarnation of an idea set into the space of the imagination as a generator of symbolic images is overall a reborn Neo-Platonic idea. As already mentioned, Ficino had introduced it concerning music. It sets the concept of the world as a living being connected within a frame 33 J.C. Scaliger : Poetices libri septem, vol. 3, chapter 30, p. 120: “Quum igitur dico delineationem, non intelligo lineam nudam, sed eius quoque sobolem circumscriptam superficiem. (…) Figura est notionum quae in mente sunt, tolerabilis delineatio, alia ab uso communi. Notiones voco rerum species externarum, quae per sensus delatae, in animo repraesentantur.” 34 This terminology is unavoidable since Paolo Giovio (1559); R. Klein: La forme et l’intelligible, p. 83. For this metaphor in painting, in the writings of Leonardo, P. Barocchi: Scritti d’arte del Cinquecento, vol. 1, p. 249: “Dice il musico, che la sua scienza À da essere equiparata a quella del pittore, perch¦ essa compone un corpo di molte membra, del quale lo specculatore contempla tutta la sua grazia in tanti tempi armonici.”

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of transitive harmonic links. The world is an encrypted writing, a set of signatures, which, like the symbols and harmony, bring together close and distant phenomenon, assuring communication amongst all members of world soul, and surrounding them with active virtues. The theory of imagination as a knot between soul and body and an intermediary between universal and particular, lead to the theory of word painting as a generator of symbols. Collatio rerum visibilium ad demonstrationem rerum invisibilium, the symbol links the intelligible to the sensitive, the universal to the particular, and has a soul and a body. It is the incarnation of an ideal archetype in a topical area of the imagination, like the rhetorical figures. Like the spritus phantasticus, symbols lie in an intermediary space between the universal and the particular, connecting the earth to the heavens. Neo-Platonism will make out of the sounding image a complex talisman, a magical and meaningful sign provided with a psychotropic power. In Ficino’s works love, magic, sympathy and music are intermingled in a complete theory of links that strongly weld form and virtue. The painted word “coated” by a sounding body thus becomes a sort of complex talisman; on one hand, by means of its constitutive elements, qualities of its numbers and its proportions, the words it understands by astral influences, and on the other, as an involuntary incarnation of the artists’ imagination, taking on the astral properties of its temperament. Finally, it is the turn of the sounding image to modify the affects of the listener by working on his imagination according to a principle accredited by writings on magic as well as by the art of rhetoric since Antiquity. The representation of an affect in the body of counterpoint immediately arouses the same affect in the soul of the listener. A figure bestowed with such transitive efficiency draws its own power from within, without entering into a series of logical relations. Despite ancient doctrines on the characters of the elements of musical writing, no one has ever said or assured that the timbre of an isolated note causes a defined character. The ideal of moving the affections was seen as the art of composing a series of episodic figures coordinated by parataxis in a patchwork of isolated elements in a succession of time. This was precisely the object of the reticence of an Aristotelian like Vincenzo Galilei towards the first franco-flemish sound painting. The same ambiguity can be found concerning the status of symbols and verbal figures of expressio textus as in discourse on the intelligible or sensitive values of musical proportions. Ficino seems to emphasize the intellectual aspect of rhetorical figures: speaking of melody, he argues that figures apply to ratio because poetry is more “intelligent” than sound, and sound implies such nonverbal faculties as spiritus and phantasia. At the same time symbols, concepts as figura, descriptio, ekphrasis, and locus topicus represent incarnations of Ideas in the “material” space of imagination and phantasia. In the last decades of the 16th century Neo-Platonism steps backwards before

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the rise of Aristotelianism. The universal and the particular divorced. Academicism, partial to a universal style and Idea, will be confined in the francoflemish ars perfecta, whilst the upholders of the “mere energy” of particular will choose the continuous bass, the seconda prattica, and historic evolution. The unease concerning the paradoxes of Pythagoreanism is evident in the thunderous quarrelling between Vincenzo Galilei and Zarlino, Cardan and Scaliger, Artusi and Monteverdi, and resulting eventually in the stylistic unity of the Renaissance. Aristotelianism could only oppose the conventional sign lacking its metaphysic and magic density to the richness of Neo-Platonic symbolism and annex movements. Art is a form imposed by the force of a passive matter ; the expression imitates the articulations of thinking belonging to the thing, on the other hand the invention and the representation recreate the concept of matter in a process based not on magic or metaphysics but on techne. Scaliger compresses the semantic density of Ficinian spirits to the physical realm of Galenic spirits, as mere vehicles of physical species from outside. Affectus is no longer a quality present neither in sound nor in the spirits acting on hearing but the result of powers latent in the soul and stimulated by signs of the same sort. Like taste or erotic images35. Ethos and pathos are neither qualities of sounds and figures, nor astral properties attracted by the spiritual body of melody, but mere signs of emotions acting on the soul of the listener by simple analogy. Categories of speech and categories of reality are similar : ut res sunt, itae notae rerum.36 Metaphors are mere mental lineamenta that act on phantasy more than rational arguments because phantasy does not speak.37 In his treatise on counterpoint 35 J.C. Scaliger : Exotericarum exercitationum, p. 717: “Omne enim sensile sensus suscitat potentiam ad actum congenerem. Inter quos potissimum gustus. Vehementius vero Venus ipsa. Hoc hic non intelligimus, sed illud. Sonum non ad se magis excire sensus proprii potestatem, quam sibi quisque quivis aliorum, sed perturbare intus hominem, atque auferre ad alias actiones, quae in auditus non sint positae potestate: misericordiam, caedem, venerem, ignaviam, furorem, tranquillitatem. Cybeles effoeminata monstra ad proprium sanguinem effundendum animabat sonus: ut omittam Corybantas. Quid igitur? Propterea quod spiritus, qui in corde agitant, tremulum, ac subsultantem recipiunt in pectus aÚrem: atque cum affini suo unum fiunt. Ita sequuntur spiritus reliqui caeteris in corporis positi partibus: moventque musculos aut cohibent: prout numerorum lex,vel crebrescit incitationibus, vel tenore compositio quiescit: qui in corde insunt spiritus, citantur ad exterioris soni motum: tanto facilius, quam chorda, quanto maior unio est. Quocirca etiam depressus, ac marcidus animus attollitur, facta eximi aÚris subeuntis accessione: elatus vero cohibetur, aut etiam detrahitur de suggestu illo, contraria ratione. Quae est causa, ut plerique aliud agentes canentibus occinant. Si quis summisse loquatur, cum illo & nos. Si quis clamet, clamandi libido incessat maiorem hominum partem, quae pudore, aut rationis vi non continetur. Ideoque in concione ac proelio, si unus clamorem tollat: illico fecerit idem tota concio, aut acies.” 36 J.C. Scaliger : De Causis linguae latinae, p. 425. 37 J.C. Scaliger : Poetices libri septem, vol. 3, p. 127: “Talia sunt illa loca quae per homeiopatheian in affectus flexa sunt.”

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Galilei still uses terms of “soul” and “body” for text and sound, but the form of his madrigals is an Aristotelian concept. It has nothing to do with either the mathematical abstractions of the isorhythmic motets, or with participatory symbols of the old-fashioned madrigals of the first generation, that he criticizes.38 During the last decades of the 16th century musicians still translated words in music but their word painting became a techne and a rhetoric of figures inspired by mere linguistic models. The age of symbols was over, as one can understand from a famous letter by Claudio Monteverdi, where painting of single words in spite of the affetto generale of the phrase became a sign of madness.

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subtilit¦ & subtiles inventions, ensemble les causes occultes & raisons d’icelles, trad. Richard le Blanc, Paris 1556. Dufay, Guillaume: Opera omnia, ed. Guillaume de Van and Heinrich Besseler [Corpus mensurabilis musicae] Rome 1947 – 1962. Ficino, Marsilio: Opera Omnia, 2 vols., Basle 1576, ed. Mario Sancipriano, Turin 1959. Ficino, Marsilio: Commentarium in Convivium Platonis, De Amore. ed. Pierre Laurens, Paris 2002. Ficino, Marsilio: De Numero Fatali, in: Nuptial Arithmetic: Marsilio Ficino’s Commentary on the fatal number in Book VIII of Plato’s Republic, ed. Michael J.B. Allen, Berkeley 1994, pp. 171 – 254. Ficino, Marsilio: De Vita Triplici/De Vita libri tres, Basel 1529. Galilei, Vincenzo: Dialogue on Ancient and Modern Music, ed. and transl. Claude V. Palisca, New Haven, Conn., et al. 2003. Hippocrate: Du R¦gime, ed. and transl. Robert Joly, Paris 1967. Horatius (Quintus Horatius Flaccus): Satires, epistles and ars poetica, transl. Henry R. Fairclough [The Loeb Classical Library 194], Cambridge, Mass., et. al. 1978. Machault, Guillaume: The works of Guillaume de Machaut [Polyphonic Music of the Fourteenth Century, vol. 2], ed. Leo Schrade, Monaco 1974. Pseudo-Plutarch: On Music, see: Barker, Andrew: Greek Musical Writings, vol. 1, pp. 205 – 257. Quintilianus, Marcus F.: Istituzione Oratoria, ed. and transl. Oratio Frilli, Bologna 1981. Scaliger, Julius Caesar : Julii Caesaris Scaligeri de Causis linguae latinae libri tredecim, Lugduni 1584. Scaliger, Julius Caesar : Iulii Caesaris Scaligeri exotericarum exercitationvm liber xv de subtilitate ad Hieronymum Cardanum, Lugduni 1615. Scaliger, Julius Caesar : Poetices libri septem, Lugduni 1561. Vicentino, Nicola: Ancient music adapted to modern practice, ed. Claude V. Palisca, transl. Maria R. Maniates, New Haven, Conn., 1996. L’Antica Musica ridotta alla moderna prattica, Rome 1555, reprint ed. Edward E. Lowinsky [Documenta musicologica I/17] Kassel 1959. Vitry, Philippe de: The works of Philippe de Vitry [Polyphonic music of the fourteenth century, vol. 1], ed. Leo Schrade, Monaco 1956.

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Marsilio Ficino’s “music-spirit theory” was at once a novel formulation and an emblematic expression of the synoptic, perhaps synaesthetic projects and ambitions of the early modern occult-philosophical movement.1 In his classic analysis, D. P. Walker summarizes in this way : “Ficino’s theory of the peculiar connection between music and spirit seems to be original, in the sense that, though most or all of the elements of this theory have a long history, his combination of them does produce something new and valuable […]. Ficino creates a very satisfactory explanation of the ‘effects’ of music, an explanation which is not without permanent value: the conception of musical sound as a living, ‘spiritual’ animal is, as a poetic image, remarkably adequate and profound […]. Ficino […] is not content [only] to point out possible analogies between macrocosm and microcosm, between musical and celestial harmonies, but gives practical directions for making music which may usefully exploit these analogies.”2

While many others have examined Ficino and music, in a range of contexts, it strikes me that Walker here points to a question that has not entirely come to clarity. Ficino understood music to function within the human subject somewhat akin to how the spiritus mundi operates within the total world. In short, the human spiritus is – or anyway, ought to be – harmonized with itself. In a sense, this is a more sophisticated extension of the Galenic humoral theory : certain qualities or dimensions of the spirit must be in balance with one another. By raising the core principle to the pneumatological, Ficino moves toward that total integration of multiple worlds in the human microcosm that we see so strongly 1 The expression “occult-philosophical movement” is intended to gesture sweepingly to that range of synthetic, totalizing, magical projects of which Cornelius Agrippa’s De occulta philosophia libri tres (1531/33) is in a sense emblematic. Included here would be much of the range of thinkers whom Dame Frances Yates and her many admirers found so significant: Ficino, Giovanni Pico, Trithemius, Zorzi, Cardano, Bruno, Dee, Fludd, etc. 2 D.P. Walker : Spiritual and Demonic Magic, p. 25.

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in Pico and Agrippa among others, and of course it is in his own De vita triplici that the “music-spirit theory” manifests especially strongly.3 So far, so good: for those of us familiar with this kind of thought and literature, a great deal now fills itself in readily enough. We can situate Ficino’s notion roughly in context of others, contrast his ideas with those of Zorzi or Kepler. But I think that our very closeness to this material obscures a quite fundamental oddity, a puzzle that requires explanation. I’ll begin with a hint. Walker, attempting a limited reconstruction of Ficino’s astrological music, says that “his astrological singing came near to being a religious rite. Apart from such vague conjectures, all that one can say […] is that it was monodic and that he was aiming at the same ideal of expressive, effect-producing music as the later musical humanists […]. About the text, however, of Ficino’s singing we can be more precise; and for him, as, again, for later musical humanists, the text was much more important than the music. A song works on body, mind, and on whatever intermediate faculties may be between; but it is the text alone which can carry an intellectual content and thus influence the mind. The music, abstract from its text, can reach no higher than the spirit […].”4

If that seems straightforward at all, that hierarchical distinction with regard to music and text, spiritus and higher faculties, then we’re going to need to get a little distance from Ficino.

I In his influential 1917 book Das Heilige, the Lutheran theologian and comparative scholar of religion Rudolf Otto tries to get at the fundamental essence of religion by examining what he calls the “numinous”.5 He therefore divides religious data into two types: experience of the “numinous” and rationalization arising in response thereto. The experience itself is ineffable, wholly other, but has common elements or structures; these commonalties reflect the underlying constancy of that which is experienced. Because we cannot describe or analyze this mysterium tremendum et fascinans, human beings tend to formulate approximations and analogies, thereby to give graspable content to and make more predictably accessible this experience and that which is experienced. Such systems, ideas, images, practices are rationalizations. The scholarly study of 3 Agrippa’s discussion in De occulta philosophia (liber II, caput 24) very closely parallels Ficino. 4 D.P. Walker : Spiritual and Demonic Magic, pp. 20 – 21. 5 This discussion of Otto is revised from my article: C.I. Lehrich: “The Unanswered Question”; R. Otto: The Idea of the Holy.

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religion generally focuses on rationalizations (myths, theologies, rituals, books), but while all these are useful, in studying them we are not studying the thing itself. Otto’s book attempts a new approach, a phenomenological account of the experiential essence of religion. To do this, Otto both examines literary expressions of this experience (Biblical texts, Bhagavad Gı¯ta, etc.) and also investigates analogies to various other kinds of experience (erotic, aesthetic, etc.). Probably Otto’s favorite analogy is music. Not only does he develop it more extensively than others, but he returns again and again throughout his writings. At the surface, obvious level, Otto’s analogy runs thus: Suppose you listen to a musical masterpiece – say, a Beethoven symphony. You find yourself caught, enraptured by an extraordinary power that transports you beyond yourself, into a transcendent realm. Numinous experience is like this, only more so. Yet while Otto does in part mean this, he has richer, more interesting reasons for insisting on music. Not unlike Ficino, Otto focuses on song. What does music add to text? Not sense, unless we understand music’s function purely in emotional terms. That is, one might think – as in a sense the musical humanists did – that a musical setting of a sad poem operates to evoke sadness, and that one might evaluate in terms of how successfully the setting evokes this emotion. But Otto, referring to Eduard Hanslick, rejects this view. What music does is musical. Music evokes reactions because we experience something musical, but the emotional content of this experience requires theoretical frameworks to be consistent. In other words, we experience something in music and only subsequently label it in emotional terms. The experience itself is not equivalent to the label, which reduces the experience while making it comprehensible. This reduction Otto calls rationalization. In short, Otto points to musical experience as “wholly other”, ganz andere. Music is not mimetic, representational, expressive, or communicative in any plausible sense of these terms. Here music differs from the graphic and plastic arts, which he thinks represent objects or scenes. Music differs, too, from poetry, necessarily embedded in language and as such in concepts and ideas. To render musical experience graspable we reduce it to the mediate position of other arts: we speak of a symphony’s conclusion as “triumphant”, or use metaphors like “color”. These rationalizations may be helpful or necessary in integrating musical experience into our larger experiential worlds, but they lose something essential from the experience itself. In this way, musical experience parallels experience of the numinous.

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II Returning to Ficino I promised a puzzle: For Otto, song as a musical form reveals the spiritual, superior, and radically other nature of music as such. For Ficino, song is on the contrary where music rises to its fullest, highest level. That the two don’t agree should hardly surprise us – although we’ll want to look again at this point – but what is the distinction here? Consider Ficino’s practice again. Angela Voss describes it, with some valuable exaggeration: “The object was to tune oneself, like a string on a lyre, until one’s spirit resonated in unison with the desired archetypal principle. In playing music which specifically corresponded in quality to Venus, Jupiter or the Sun – and Ficino describes such qualities in his [De vita] – the magician was thus transforming himself into the perfect medium for a divine presence, and he perceived that presence through an immediate intuitive sense, a sense innate to the soul like a light infused by God.”6

The crucial point lies in the relationship of music and text, which also has a role in the distinction of music from visual arts (or hearing from sight). To begin with, Ficino considers that music is more powerful than anything passing through other senses because music’s medium is air, and air is fundamentally similar to spiritus. But, as Walker notes, there is an oddity here. In most pneumatologicallyinclined psychologies, including often Ficino’s, “all sensation is by means of the spirit, and the media of all sense-data are some kind of spirit.” The lower senses – smell, taste, touch – are inferior to hearing because they cannot transmit intellectual content, “which music can do, owing to its text”: that is, precisely when we talk of song instead of music in general, music’s superiority stands out. And what of sight? “[It] is precisely because hearing is not the highest, most intellectual sense that it affects more strongly the whole of man.”7 There are two reasons for this peculiar claim. First, “whereas visual impressions have no direct contact with the spirit, but have to be transmitted to it by a sense-organ of another nature, sounds, being moving, animated air, combine directly with the spiritus aereus in the ear and, without changing their nature, are not only conveyed to the soul but also affect the whole spirit”.8

Second, and more importantly, sight is understood to transmit static images, whereas hearing grasps motion. Ficino puts it this way : 6 A. Voss: “Orpheus redivivus”, p. 4. 7 D.P. Walker: Spiritual and Demonic Magic, p. 7; s. M. Ficino: Theologia Platonica/Platonic Theology, liber VII, caput 6 – liber IX, caput 5. 8 D.P. Walker : Spiritual and Demonic Magic, p. 8.

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“Musical sound, more than anything else perceived by the senses, conveys, as if animated, the emotions and thoughts of the singer’s or player’s soul to the listeners’ souls; thus it preeminently corresponds with the soul. Moreover, as regards sight, although visual impressions are in a way pure, yet they lack the effectiveness of motion, and are usually perceived only as an image, without reality ; normally therefore they move the soul only slightly […]. But musical sound by the movement of the air moves the body : by purified air it excites the aerial spirit which is the bond of body and soul: by emotion it affects the senses and at the same time the soul: by meaning it works on the mind: finally, by the very movement of the subtle air it penetrates strongly : by its contemperation it flows smoothly : by the conformity of its quality it floods us with a wonderful pleasure: by its nature, both spiritual and material, it at once seizes, and claims as its own, man in his entirety.”9

And he focuses on this same point in the De vita coelitus comparanda: “Remember that song is the most powerful imitator of all things. It imitates the intentions and passions of the soul as well as words; it represents also people’s physical gestures, motions, and actions as well as their characters and imitates all these and acts them out so forcibly that it immediately provokes both the singer and the audience to imitate and act out the same things. By the same power, when it imitates the celestials, it also wonderfully arouses our spirit upwards to the celestial influence and the celestial influence downwards to our spirit […]. Song, therefore, which is full of spirit and meaning […] has as much power as does any other combination of things and casts it into the singer and from him into the nearby listener.”10

At this point, as many have indicated, we are dealing with a basically Aristotelian theory inflected through the various kinds of Platonism Ficino found relevant. For Ficino, hearing is the only sense that extends throughout the total human person. Taste cannot reach all the way to the intellectual, whereas sight cannot grasp the moving, changing, labile – both mutable and liable to lapse – nature of the human. In a sense, sight is too pure, too much rooted in the formal and perfected. To this general thesis about hearing is added the intentional force of musical 9 Ibid., p. 9. Quoting M. Ficino: Opera Omnia, p. 1453 (Commentaria in Timaeum, caput 28): “Adde quod concentus potissimum inter ila quae sentiuntur quasi animatus, affectum sensuumque cogitationem animae, sive canentis, sive sonantis, perfert in animos audientes: ideoque in primis cum animo congruit. Praeterea quae ad visum quidem spectant, & si pura quodammodo sunt, tamen absque motionis efficacia, & per imaginem solam absque rei natura saepius apprehenduntur : ideo parum movere animos solent. […] Concentus autem per aeream naturam in motu positam movet corpus: per purificatum aerem concitat spiritum aereum animae corporisque nodum: per affectum, afficit sensum simul & animam: per significationem, agit in mentem: denique per ipsum subtilis aeri motum, penetrat vehementer : per contemperationem lambit suaviter : per conformem qualitatem mira quadam voluptate perfundit: per naturam, t—m spiritalem qu—m materialem, totum simul rapit & sibi vindicat hominem.” 10 M. Ficino: Three Books on Life, liber III, caput 21.

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performance, that sense in which “song is the most powerful imitator” but also “conveys, as if animated, the emotions and thoughts of the singer’s or player’s soul to the listeners’ souls.” This is why I remarked that Voss’s formulation is a valuable exaggeration: Ficino is drawing an analogy to that old natural-magical chestnut, the sympathetic resonance of two similarly-tuned lyres. Simply, if you tune two lyres precisely the same way, and pluck a given string on one, the parallel string on the other will vibrate sympathetically. Why, on the one hand, does the parallel string resonate, and yet why, on the other, do other strings not do so? Here with his “music-spirit” theory, Ficino argues that a performer’s anima conveys a precisely sympathetic “vibration” in the listener by means of spiritus. He makes the analogy explicit in Book I of De Vita: “[An] expert craftsman takes most diligent care of his instruments – a painter his pencils, a coppersmith his hammers and anvils, a soldier his horses and arms, a hunter his dogs and birds, a lute-player his lute, and the same goes for anyone and the tools of his trade. But only the priests of the Muses […] are so negligent […] and so unfortunate, that they seem wholly to neglect that instrument with which they are able in a way to measure and grasp the whole world. This instrument is the spirit, which is defined by doctors as a vapor of the blood […]. [T]he blood subserves the spirit; the spirit, the senses; and finally, the senses, reason.”11

Spiritus then is an instrument whose effects and powers pervade the entirety of the human person, throughout the microcosm. As Claude Palisca puts it, “[Music] is a link between a higher order of things and the human soul. The soul and the ‘celestial kithara’ both vibrate to the same ratios”.12 Reinforcing the specifically microcosmic sense of this, Ficino comments, “Our soul contains all the same proportions as the soul of the world. None of these ratios is [merely] mathematical; rather, they have a natural force. They are not to be thought of as solely mathematical ratios but as machinating and generating”.13

III In fact, it was Claude Palisca who, in a justly famous article on “Scientific Empiricism in Musical Thought”, laid the foundation for this whole area of study. He argued the central importance of musical problems to ex11 Ibid., liber I, caput 2. 12 C.V. Palisca: Humanism, pp. 169 – 70. 13 M. Ficino: Commentaria in Timaeum, caput 29, in: id.: Opera Omnia, p. 1453: “Constat enim anima nostra ex omnibus proportionibus quibus anima mundi. Qua quidem sicut nec in illa, ita nec in nostra rationes quaedam mathematica sunt, sed potius naturalem vim habentes, ad proportiones mathematicas non iudicandas solum, sed machinandas etiam atque generandas.” Quoted in C.V. Palisca: Humanism, p. 170.

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perimentalism in the scientific revolution. He discusses, for example, Vincenzo Galilei, Galileo’s father, who used experiments with strings and weights to clarify questions about tuning that had supposedly continued since Pythagoras. Stillman Drake was so impressed as to argue that “the fountainhead of Renaissance music was […] at least partly responsible for the emergence not of experimental science alone, but of a whole new approach to theoretical science that we now know as mathematical physics”.14 And while H. Floris Cohen saw Palisca’s article as seriously overestimating the role of experiment in Galileo’s work, and indeed generally overstating the case somewhat, he grants Palisca pride of place in the study of early modern music in relation to scientific thought.15 In the present context, it is notable the degree to which Palisca here displays a rather old-fashioned, vaguely Whiggish perspective. To be fair, the article started as a lecture given in 1960; my object is not to cavil. Rather, I want to draw attention to a crucial distinction: “[D]uring the one hundred years after [Gioseffo] Zarlino’s [Harmonic Institutions (1558)] …, the premisses upon which his theory rested were undermined by a number of scientific discoveries, demonstrations, and hypotheses. The first wedges to pry musical theory loose from its numerological foundations were already driven in the sixteenth century.”16

Specifically, the basis of tuning rested on a progression of integers – a progression that had until Zarlino excluded the third and sixth intervals as not properly consonant. Zarlino, however, developed a new approach to this progression, known as the senario, under which, by extending the integers up to six, thirds and sixths could be understood as fully consonant. Palisca’s point is well taken: for Zarlino, as for Ficino and Agrippa, the crucial facts about musical tuning rested on this mysterious progression of integers, these “not merely mathematical” ratios. Indeed, “the ‘sounding numbers’ of the senario constituted in Zarlino’s mind a divinely ordained natural sphere within which the musician could operate freely to produce the main fabric of his compositions”.17 Zarlino defends his positions with arguments that Palisca finds “typically mystic”: “If it were true that in voices as well as in instruments we only hear consonances and intervals out of their natural proportions [and thus temperament is necessary], there would follow that those born of the true harmonic numbers would never find realization in fact but would exist always potentially. These potentialities would be wasted and frustrated, for any natural potentiality which is not reduced to action at some time 14 15 16 17

S. Drake: “Renaissance Music”, p. 500. H.F. Cohen: Quantifying Music, pp. 75 – 81. C.V. Palisca: “Scientific Empiricism”, p. 213. Ibid., pp. 212 – 213.

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is without any utility in nature. And yet we see that God and Nature never do anything in vain. Therefore it is necessary to say that this potential is at some time reduced to action.”18

And Palisca rightly draws a parallel between Zarlino’s arguments and those made by Kepler. The point I am trying to make is that, on the one hand, the connection between tuning, Pythagorean integer progression, and the divinely-ordained harmony of creation was for these sixteenth-century thinkers a fundamental mystery to be investigated. More, the fact that human beings hear these numerical distinctions as pleasing or unpleasing, consonant or dissonant, demonstrated an absolute pattern or model such as the microcosmic: music’s power proved that spiritus must pervade all human levels and structures. And yet, having said this, it would appear – as Palisca’s article shows – that the transformation of musical problems out of the realm of numerological speculation and into experimental and mathematical physics should have removed music from the divine. To put that differently : For Ficino or Zarlino, the divine and spiritual nature of music is proven by the ratios and so forth. By the midseventeenth century, when integer progressions had been utterly discarded in favor of a new scientific approach, it would seem obvious that former proof was now exploded. Formerly divine and spiritual, music was now a human aesthetic creation based on purely natural phenomena. But it did not happen this way. As we have seen with Otto – and I could just as easily have used great thinkers of the seventeenth, eighteenth, nineteenth, or twentieth centuries to make parallel arguments – the new situation was equally seen as proof of music’s spiritual and divine qualities. I remarked earlier that it is unsurprising to find Otto and Ficino disagreeing. I am now suggesting it is intrinsically strange that Otto and Ficino should agree. When we look closely, we find that the two views are almost exactly upsidedown, to the point that they can actually appear equivalent at a distance. At base, Otto argues that it is in the experience of the non-rational elements of song that one has something akin to experience of the numinous, i. e. of God. For Ficino, however, it seems to be exactly the reverse: the intellectual part of the song, the text, is the part drawing us up toward the highest realms. In his view, it is rather the union of all dimensions of song that parallels the totality which is the human microcosm. Pushing that difference a little further, Ficino’s sense of divinity is fundamentally immanent, present through everything, whereas Otto’s appears quite distant – ganz andere, as he liked to say. Ficino perceives the divine creation as 18 G. Zarlino: Istitutioni harmoniche, parte II, caput 45; C.V. Palisca: “Scientific Empiricism”, p. 223.

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imbued with divinity in all things, and the human person as that magnum miraculum of which Hermes spoke. Otto, in good Lutheran fashion, sees humans to be ultimately distant from and alienated from their God, saved only through an utterly incomprehensible and ineffable faith. What is strange here is that while the theology and the theory change almost to the point of non-recognition, the basic claim remains constant. Whether in Ficino or Otto, we find the core agreement that music of all the arts most powerfully affects the spirit, and is by this token an ideal metaphor, method, and mechanism for seeking divinity itself. How is it possible that a 15th century Neoplatonist priest and a 20th century Lutheran theologian could agree about the itinerarium mentis in Deum? The constancy here is music – and yet, as we have seen, everything about music, at every level and system, changed radically between the late 15th and the late 17th centuries. So why do both theologians see music as an ideal example, analogy, and mechanism? In other words, we have to ask why music retained its position despite this total reversal. And I want to note, if it is not already clear, that one could more or less arbitrarily choose thinkers to replace Otto, from Kepler and Newton to the Enlightenment philosophes to Romantics of various stripes and on to our own time. Each uses his own language, his own terminology, but there is a peculiarly consistent core here.

IV Having proposed a large-scale historical puzzle, I might perhaps be expected to provide some sort of solution. I am reminded of Fermat’s Last Theorem: “I have discovered a truly marvelous proof of this, which this margin is too narrow to contain.” But to be honest, it is not only the margins – and the time – which are too narrow. The question itself is enormous. By way of conclusion, then, I want to offer some preliminary suggestions. The core of the issue here has to do with the history of categories, specifically the categories “religion” and “music.” Both arise, in their modern forms, in foundational sixteenth century debates. Both come to be so deeply naturalized, so deeply ingrained in Western thought as to seem obvious, that it is only relatively recently that scholars have begun to recognize their imbrication in our historical perspective. In reference to music, semiologist Jean-Jacques Nattiez describes the issue thus: “Examining the borders between music and other symbolic forms along a given continuum reveals that the semantic surface of the concept ‘music’ is displaced from one culture to another. This is particularly clear in societies for which the word ‘music’

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does not exist […]. More and more frequently, ethnomusicological literature stresses that ‘other cultures do not in general have a term for music as a global phenomenon.’ […] [Kenneth] Gourlay postulates the ‘nonuniversality of music and the universality of nonmusic.’ [Yet] It is we – ethnomusicologists and musicologists – who by means of the concept ‘music’ bind together facts that other cultures keep separate.”19

Whereas in the study of religion, we have Jonathan Z. Smith’s now-famous clarion call to historical and theoretical rigor : “Religion is solely the creation of the scholar’s study. It is created for the scholar’s analytic purposes by his imaginative acts of comparison and generalization. Religion has no independent existence apart from the academy.”20 At base, the categorical problems attendant on “music” and “religion” are remarkably similar, engaging the same Western conceptual histories. Before the early modern period, neither category exists in anything resembling its current forms; afterwards, they are so established as to seem obvious. What I have tried to indicate, by looking at Ficino in relation to Otto and others, is that this parallel is not analogy but homology. In ways as yet little understood, the category “religion” was born in a musical context. By the same token, the modern category “music” has always been inseparable from religion.21 Yet if the subsequent centuries of musical thought all reveal contours of this peculiar entanglement, the crucial foundations were laid in sixteenth-century speculation about the human spiritus.

Bibliography Primary sources Ficino, Marsilio: Commentaria in Timaeum, in: id.: Opera Omnia, vol. 2, pp. 1438 – 1466. Ficino, Marsilio: Opera Omnia, 2 vols., Basel 1576. Ficino, Marsilio: Three Books on Life, ed. Carol V. Kaske [Renaissance Text Series 11; Medieval & Renaissance texts & studies 57], Binghamton, N.Y., 1989. Hanslick, Eduard: On the Musically Beautiful. A Contribution Towards the Revision of the Aesthetics of Music, 8th edition (1891), ed. and transl. Geoffrey Payzant, Indianapolis, Ind., 1986. 19 J.-J. Nattiez: Music and Discourse, pp. 54 – 59. 20 J.Z. Smith: Imagining Religion, p. xi. 21 Max Weber seems to have been peculiarly aware of this connection, as indicated by his discussions in The Protestant Ethic and the Spirit of Capitalism, The Rational and Social Foundations of Music, and elsewhere, but he did not come to a full account of it during his short working lifetime. I have discussed Weber’s principal arguments in C.I. Lehrich: “The Unanswered Question”.

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Secondary sources Clauss, Greg: Ficino’s Musica Humana. Musico-Astrological Improvisation, MA thesis University of Massachusetts 2008, no pagination. Cohen, H. Floris: Quantifying Music. The Science of Music at the First Stage of the Scientific Revolution, 1580 – 1650 [The University of Western Ontario Series in Philosophy of Science 23], Dordrecht 1984. Drake, Stillman: “Renaissance Music and Experimental Science”, in: Journal of the History of Ideas 31/4 (1970), pp. 483 – 500. Heller-Roazen, Daniel: The Fifth Hammer. Pythagoras and the Disharmony of the World, New York 2011. Lehrich, Christopher I.: “The Unanswered Question: Music and Theory of Religion”, in: Method and Theory in the Study of Religion 24, Advance Articles (2012), pp. 1 – 21. Nattiez, Jean-Jacques: Music and Discourse. Toward a Semiology of Music, transl. Carolyn Abbate, Princeton, N.J., 1990. Otto, Rudolf: The Idea of the Holy. An Inquiry into the Non-rational Factor in the Idea of the Divine and Its Relation to the Rational, ed. and transl. John Wilfred Harvey, London et al. 2nd edition 1970. Palisca, Claude V.: Humanism in Italian Renaissance musical thought, New Haven, Conn., et al. 1985. Palisca, Claude V.: Music and Ideas in the Sixteenth and Seventeenth Centuries [Studies in the History of Music Theory and Literature 1], Chicago, Ill., 2006. Palisca, Claude V.: “Scientific Empiricism in Musical Thought”, in: Studies in the History of Italian Music and Music Theory, Oxford et al. 1994. pp. 200 – 235. Smith, Jonathan Z.: Imagining Religion. From Babylon to Jonestown, Chicago, Ill, 1982. Chicago Studies in the History of Judaism. Voss, Angela: “Orpheus Redivivus. The Musical Magic of Marsilio Ficino”, in: Michael J. B. Allen and Valerie Rees (eds.): Marsilio Ficino. His Theology, His Philosophy, His Legacy, Leiden 2002, pp. 227 – 241. Voss, Angela: “The Music of the Spheres. Marsilio Ficino and Renaissance Harmonia”, in: Culture and Cosmos 2/2 (1998), pp. 16 – 38. Walker, Daniel P.: Spiritual and Demonic Magic. From Ficino to Campanella, Notre Dame, Ind., 1975. Weber, Max: The Protestant Ethic and the Spirit of Capitalism, ed. and transl. Talcott Parsons, Los Angeles, Calif., 2nd edition 1998. Weber, Max: The Rational and Social Foundations of Music, transl. Don Martindale, Johannes Riedel, and Gertrude Neuwirth, Carbondale, Ill., 1958.

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Music, Spirit and Ecclesiastical Politics in Elizabethan England: John Case and his Apologia Musices

While the Oxford philosopher John Case (c. 1540/46 – 1600) enjoyed considerable esteem in his own time, more recent commentators have tended to dismiss his work as derivative, if not downright boring. However, in a 1983 study of Case’s work, Charles B. Schmitt revealed him as an important exponent of lateRenaissance eclectic Aristotelianism, and a significant contributor to the study of the relationship between philosophy and natural history in Elizabethan England.1 Virtually the one aspect of Case’s work that has attracted much interest over the past century is his writings on music, but many earlier discussions found it difficult to get past a preliminary issue – the contested attribution of an anonymous treatise, The Praise of Musicke, printed at Oxford in 1586 – to discuss the content of those works that actually appeared under Case’s name.2 Several of his contemporaries (or near-contemporaries), including the composer and theorist Thomas Ravenscroft (c. 1582 – 1635), believed that Case had written the Praise. The poet Thomas Watson (1555 – 1592) wrote A gratification vnto Master Iohn Case, for his learned booke, lately made in the praise of Musicke (“Let others prayse what seemes them best, I lyke his lines aboue the rest”), set to music by William Byrd and printed in 1589 (at Byrd’s expense) by Thomas Este, on six broadsides for the individual voice parts. However, it is not entirely sure whether Watson’s poem refers to the English Praise of Musicke or to Case’s Latin Apologia musices (discussed below).3 By contrast, some modern

1 On John Case and particularly on his musical writings, s. F. Madan: The Early Oxford Press; J. Jacquot: “L’Eloge de la Musique”; H.B. Barnett: “John Case”; J.W. Binns: “John Case”; E. Knight: “The Praise of Musicke”; C.B. Schmitt: John Case and Aristotelianism, especially chapter 5, pp. 256 – 257; L.P. Austern: “Music, natural philosophy and the hidden world”. 2 J. Case: The Praise of Musicke. 3 R¦pertoire International des Sources Musicales, series A/I, B 5222; STC (Short-Title Catalogue) 4246; London, Royal College of Music, signature ms 2041, fol. 37 (Cantus primus); Cambridge, University Library Broadsides signature B.58.1 (Cantus secundus); Oxford, Bodleian Library, signature Don. a.3 (1) (Bassus); W. Byrd: Madrigals, songs and canons; C.B. Schmitt: John Case and Aristotelianism, pp. 126 and 257. E. Knight: “The Praise of Musicke”

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commentators, notably Falconer Madan and J. W. Binns, have contested the attribution of the Praise of Musicke to Case.4 The present analysis of Case’s views on music and spirit will steer clear of this intractable debate by avoiding reference to the English Praise of Musicke, and by considering only those works of unambiguous authorship. It will focus on Case’s Christianised Aristotelian psychology, his conception of the way in which music affects the spirit and mind, and the ways in which Case employs this exalted view of music’s nature to defend its use in church. We shall see that his comments are made not simply in the context of a traditional laus musicae, such as is found at the beginning of most books of music theory through the middle ages and early modern period. Rather, it occurs in the context of an apologia musices, a forceful defence of music against its critics. What Case has to say about music is marshalled as evidence for a very particular end: to argue against Puritan critics that polyphonic music and organs (as well as other audible relics of the old church, such as bells) should be retained in the Anglican church.5 Case’s arguments in defence of music are also extended to a defence of the theatre, though this part of his argument will not be treated here. Throughout we find that Case was particularly interested in exploring the ethical effects of music, and his explanations of these effects rely at several key points on his conception of spirit. Although the extent of Case’s formal training in music is unknown, he clearly had a good knowledge of English music of the sixteenth century. In the Apologia he praises a number of slightly earlier composers – John Taverner (c. 1490 – 1545), John Blitheman (c. 1525 – 1591), Thomas Tallis (c. 1505 – 1585), William More (c. 1490–c. 1565) – as well as some prominent composers of his own time: gives a transcription of the Cantus secundus and Bassus, but was not aware of the existence of the Cantus primus broadside. 4 F. Madan: The Early Oxford Press, p. 279, argued on the basis of Watson’s reference to Marsyas (mentioned in the Praise but not in the Apologia) that Watson’s poem refers to the English treatise rather than the Latin one. For a review of the various arguments for and against Case’s authorship of the English Praise, s. E. Knight: “The Praise of Musicke”; Knight’s work was not known to C.B. Schmitt: John Case and Aristotelianism, whose comments on this question (pp. 256 – 257) should be read in light of Knight’s conclusions. The inscription on Case’s monument at St John’s College Oxford, transcr. in R.H. Adams: Memorial Inscriptions, p. 24, has apparently not been mentioned in discussions of the authorship of the Praise of Musicke. This monument, placed by his wife Elizabeth and his executors Bartholomew Warner (his stepson-in-law) and Matthew Gwinne, provides the following list of Case’s writings: “IN ARISTOTELIS DIALECTICEN ETHICEN POLITICEN OECONOMICEN, PHYSICEN PRAECLARE COMMENTATO, ENCOMIVM MVSICÆ, ACADEMIARVM APOLOGIAM. REBELLIONIS VINDICIAS.” 5 E. Knight: “The Praise of Musicke”, pp. 44 – 46, argued that Case was Catholic, but none of her arguments are especially cogent. C.B. Schmitt: John Case and Aristotelianism, p. 116, concluded that there is nothing in Case’s work that indicates “a particularly Catholic point of view.” Moreover, it seems unlikely that Case would have received his benefice at Salisbury in 1589 had he been suspected of recusancy.

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Ill. 1: John Case, Doctor of Medicine, Scholar, Fellow Canon of Salisbury 1539 – 1599.

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William Byrd (c. 1540 – 1623), William Mundy (c. 1528–c. 1591), John Bull (c. 1562 – 1628), Thomas Morley (1557/58 – 1602), John Dowland (1563 – 1626) and John Johnson (c. 1540–c. 1595).6 Case was a friend of Matthew Gwinne (c. 1558 – 1627), who gave an oration in praise of music when appointed as lecturer in music at St John’s College Oxford in 1582. In his oration, Gwinne railed against the critique of music made by Heinrich Cornelius Agrippa (1486 – 1535) in his De incertitudine et vanitate scientiarum.7 (In his Apologia musices and Sphaera civitatis Case drew on Agrippa’s De occulta philosophia, and the two men may have compared notes on Agrippa’s work.) John Dowland wrote a lute piece entitled Dr Cases Pauen (in Cambridge University Library, ms Dd 2.11, folio 14 verso, no. 12).8 Case noted (with some hyperbole) that the art of playing the lute was held in such esteem in his own time that those who despised it, sought to change it, or were ignorant of it were unworthy of life, light or homeland.9 In 1597 Case was involved in the appointment of professors in theology, law, medicine, astronomy, geometry, rhetoric and music to the newly founded Gresham College.10 In his will, Case left the eldest daughters of Dr Bartholomew Warner, Alice and Martha, “my two paire of virginalls, to eche of them one paire.”11 So Case, while not a professional musician, was evidently familiar with the literature of music, to some degree competent on the keyboard, and on close terms with several distinguished musicians and musical patrons. Case dealt with music and theatre at some length in the eighth book of his Sphaera Civitatis, a commentary on Aristotle’s Politics, published in the spring of 1588. Case’s definition of music in this work includes both the religious and civil uses of music: “Music is the science of harmonious sounds agreeing with each other by the force of nature, of the voice or of an instrument, in the service 6 J. Case: Apologia musices, caput VI, pp. 43 – 44: “Inter gentes Ægyptij Mercurium, Lacedæmonij Terpandrum, Græci Ismeniam, Angli non ita pridem Tauernerum, Blithmanum, Tallesium, Morum aliosque insignes musi- [44] cos magnis præmijs affecerunt: & quæ causa nunc est cur hos superstites adhuc viros Birdum, Mundanum, Bullum, Morleum, Doulandum, Ionsonum aliosque hodie permultos instrumentorum peritissimos iustis suis laudibus non persequamur?” 7 M. Gwinne: In Laudem Musices Oratio, in: J. Ward: The Lives of the Professors of Gresham College, Appendix 81 – 87. An annotated English translation by D.F. Sutton, with a comparison of the parallels in the Praise of Musicke and Case’s Apologia, is at www.philological.bham.ac.uk/music2/. I consulted Sutton’s introduction and notes on the texts of Gwinne and Case. 8 D. Poulton: John Dowland, pp. 28, 121 – 122, 396 – 397, 433 and 487; C.B. Schmitt: John Case and Aristotelianism, p. 126. 9 J. Case: Sphæra Ciuitatis, 1588, liber VIII, caput 6, p. 495: “Tanti fecerunt maiores nostri hanc praxim artis vt indignos vita, luce, ciuitate putarent, qui lyram aut contemnere vt Æetas; aut mutare vt Timotheus; aut ignorare vt Themistocles videbantur.” 10 C.B. Schmitt: John Case and Aristotelianism, p. 100. 11 J. Case: [Last will], transcr. in: C.B. Schmitt: John Case and Aristotelianism, p. 233.

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of the divine worship or the life of man.”12 Case distinguishes music into three kinds: vocal, instrumental and mixed. To this last he attributes particular power to stir the emotions.13 Although Case conceded that music is useful for refreshing those engaged in the active life, he asserted that it is even more precious to those engaged in the contemplative life, for it can seize them with ecstasy and longing for the originary harmony.14 Case’s tantalisingly brief statements on the ecstatics of music give some insight into the extent sixteenth-century hearers hoped – perhaps even demanded – to be moved by the music they heard. Yet Case was careful to point out that the delight we take in music should not merely be aesthetic; rather, it should move us to contemplate virtue and act accordingly. He explains that just as images (phantasmata) are impressed on the secret powers of the mind (animus) by the other senses, likewise music is transferred from the hearing to the intellect, and from the intellect to the will. An ethically positive message that reaches us by means of music thus has the capability of making us just, wise and blessed.15 Case’s most extended treatment of music came in his Apologia Musices (A Defence of Music), published at Oxford in late 1588. There is a certain overlap of material between the Sphæra civitatis and the Apologia, though the latter is cast in a more polemical form, and deals more specifically with the question of music in church. The work is dedicated to three powerful and influential men: Sir Christopher Hatton (1540 – 1591), Lord Chancellor of England and Chancellor of the University of Oxford; Sir Christopher’s cousin Sir William Hatton (1565 – 1597); and the diplomat Sir Henry Unton (c. 1557 – 1596), whose famous funerary portrait contains several scenes of music-making and dancing, and in 12 J. Case: Sphæra Ciuitatis, 1588, liber VIII caput 3, p. 480: “[…] Musica est scientia concentuum, vi nature˛, vocis, aut instrumenti inter se suauiter conspirantium, quæ ad Dei cultum hominisque vitam destinatur.” 13 Ibid., p. 481: “Est alia species musices, quæ mixta dicitur, hæc vel ex omnibus, vel es pluribus (exempli causa) vocibus ac instrumentis inter se coniunctis constat; in hoc est tam incredibile mouendi sensus, mentisque artificium, vt plane mentiar, si non affirmem, hoc genus artis omnem scientiam sui delectatione superare.” 14 Ibid.: “[…] nam quamuis est negotiantium prima medicina, qua accepta alacrius ad opus reuertantur, est tamen contemplantium quodammodo anchora & finis, per quam in primam concentus vnitatem ac maiestatem nescio, qua extasi ac desiderio animi rapiuntur.” 15 Ibid., liber VIII, caput 5, pp. 488 – 489: “Concentu enim vocum naturaliter (vt aiunt) mouemur ac delectamur omnes, sed quiddam maius ac diuinius in musica expeti & desiderari debet, nempe conformatio animi ad vittutem [sc. virtutem] & ad perfectam contemplationem dispositio: non ergo solum quies, sed quies propter virtutem, vir- [489] tus autem per se & vi sua in musica discenda quæritur. Nam vt ex aliis obiectis sensus exteriores pulsantibus phantasmata quædam in occultis potentiis animi imprimuntur, quibus tanquam formis ac imaginibus mens ipsa depingitur efficiturque sciens: ita chordæ musicæ & concentus ab auribus ad intellectum, ab intellectu ad voluntatem transfusi in animo mirificos affectus fructusque mirabiles virtutis pariunt, quibus homo iustus, sapiens, & beatus redditur.”

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whose memory John Dowland wrote a musical lament in the form of a pavan.16 Case’s method of argumentation in the Apologia, consisting in quaestiones, oppositiones and responsiones, is typical of that employed in philosophical instruction at Oxford, though there is no firm evidence that the book was actually used in teaching music at the university.17 After reviewing the various arguments for and against Case’s authorship of the English Praise of Musicke, Ellen E. Knight (1980) remarked: “Regardless of who wrote Praise, the question remains why Case wrote Apologia when he was aware of an existing defense of music.”18 It is suggested here that the decisive factor was the publication in 1587 of the proceedings of the Colloquy of Montb¦liard, held the previous year between the Lutheran Jacob Andreae and the Calvinist Th¦odore de BÀze. Amongst the matters discussed at Montb¦liard was the role of music in church, particularly organs.19 These were also pressing matters in England, where Puritans wanted to limit the music used in church (at least in the parishes) to the metrical psalter, unaccompanied by choir or organ.20 An official book of homilies published by Convocation in 1563 tried to convince Elizabethan Protestants that they were better off without the vanities that had so disfigured the prereformation liturgy. In an imagined dialogue related in the sermon on public prayer, one woman says to her neighbour: “Alas gossip, what shall we nowe do at Churche, since all the sayntes are taken away, since all the goodlye sights we were wont to haue, are gone, since we can not hear the lyke pypyng, singyng, chauntyng, and playing vpon the Organs, that we could before?” The homilist then interjects to convince his audience that this loss is for the best: “But (dearely beloued) we ought greatlye to reioyce, and geue God thankes, that our Churches are deliuered of all those thynges whiche displeased God so sore, and fylthely defyled his holye house, and his place of prayer.”21 Against such bloody-minded opponents, Case adopted many of the arguments rehearsed in the Colloquy : whether Scripture enjoins Christians to employ music in worship; whether or not the fact that music was part of the 16 On the dating and dedicatees of the Apologia, s. C.B. Schmitt: John Case and Aristotelianism, pp. 87 – 89. An annotated English translation by Dana F. Sutton is at www.philological.bham.ac.uk/music/. For “Sir Henry Vmptons Funerall,” s. J. Dowland: Lachrimæ, signaturae F2 recto – G1 recto. 17 C.B. Schmitt: John Case and Aristotelianism, pp. 87 – 88; s. also N.C. Carpenter : “Music at the University of Oxford”, especially pp. 209 – 210. 18 E. Knight: “The Praise of Musicke”, p. 44; Knight gives a convenient summary of the contents of the Apologia. 19 S. J. Raitt: The Colloquy of Montb¦liard, especially pp. 136 – 137; G. McDonald: “The Debate over Church Music”. 20 S. also N. Temperley : Music of the English Parish Church, vol. 1, pp. 7 – 76; R.A. Leaver: English and Dutch Metrical Psalms. 21 The seconde part of the Homely, 1563. S. also N. Temperley : Music of the English Parish Church, vol. 1, p. 40.

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ceremonial law of the Jews means that it should be a part of Christian worship; whether the repetition of words in polyphony is empty and inane, or useful for reinforcing the message of the text; whether instruments, lacking voice and tongue, should be forbidden from church, or whether instrumental music also has the power to move the mind and spirit to devotion; and whether the fact that church organists sometimes worked secular melodies into their improvisations was a sufficient reason to ban the use of organs altogether, or whether such a conclusion was the result of a fallacy of accident, that is, mistaking the abuse of a thing for the thing itself. Andreae argued at Montb¦liard that the Protestant liturgy should retain the complex polyphonic music of the prereformation church, and Case cited sections from his speeches eagerly. Case shared Andreae’s distaste for those whose desire to eradicate all traces of the old manner of worship led them not merely to reject the use of organs in worship, but even to destroy instruments that were already in place. In Ulm, for example, Protestant radicals used teams of horses to pull organs out of churches. At Montb¦liard, Th¦odore de BÀze deliberately struck a conciliatory tone, and from his comments during the Colloquy, Case quoted only material that agreed most closely with the high-church position of Andreae and Case himself.22 Amongst these was one in which the Genevan theologian conceded to the Lutheran understanding of liturgical music as adiaphoron, that is, a matter indifferent to salvation and therefore up to the discretion of the presiding minister.23

22 J. Case: Apologia musices, caput VI, p. 46: “Quod ad Organa musica attinet (inquit Beza) scimus Musices & harmoniæ illius magnam vim esse ad permouendos animos hominum, neque præstantiorem eius vsum videmus, qu—m vt ad celebrationem & laudem nominis diuini, & permouendos atque excitandos animos hominum ad verum Dei cultum dirigatur & seruiat [sc. dirigantur & seruiant]. Quid hæc ad organa approbanda fortasse dices? Plurimum certÀ si attendas illum de organica ill„c harmoni– solum disputasse: sed paulý post addit hæc verba. Instrumenta musica similiter adiaphora esse non negamus, quibus sine offensione dei vti vel carere possumus [Acta Colloquii Montis Belligartensis 1586, pp. 410 – 411].” 23 J. Case: Apologia musices, caput VI, pp. 48 – 49: “Concludam ergo cum Andrea quýd min¾s consideratÀ agant illi, qui adhibitis equis & funibus vno impetu organa quasi res prophanas deijciunt & — templis ad sentinas & ad flammas trahunt: nam constat (vt illius catastroph– vtar) organa esse adiaphora & non modo licita sed etiam egregia templorum ornamenta: modý illis ad celebrationem numinis diuini vtamur : rationem addit, quia illis sic vti non modý non prohibitum sed expressÀ mandatum est psalmo 150. Laudate dominum in sono tubæ; Laudate eum in psalterio & cythara: Laudate eum in tympano & choro: Laudate [49] eum in chordis et organo [Acta Colloquii Montis Belligartensis 1586, p. 412, apud quem Ps 150,3 – 4].”

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Case and spiritus Despite the rigour of Case’s method, his use of the word spiritus is vague, and covers a number of overlapping meanings: 1. as virtually synonymous with the soul or mind in its various capacities; 2. an incorporeal substance serving as medium for transmitting the passions; 3. the part remaining after a person’s death, their ghost or spectre; 4. synonymous with a Hellenistic daemon or Christian angel; 5. the Holy Spirit. One thing shared by all these various significations of spiritus – except the last – is that they are all liable to be influenced, for good or ill, by music. We shall examine each of Case’s senses of spiritus in turn and its relationship to music where relevant.

Spiritus as synonymous with soul or mind In the Reflexus speculi moralis, a commentary on Aristotle’s Magna moralia, Case discusses the spirit in terms virtually identical with the soul or mind. The mind (animus), he notes, can be considered in two ways: either absolutely, as spirit (spiritus), whose parts are foreign to natural motion and division, as Aristotle writes in the third book of De anima; or comparatively, as “an act of the body,” and thus subject to natural motion, division and alteration. However, any such alteration occurs only per accidens in respect to the activity of the spirit in the body, not in respect to its essence, which remains motionless, indivisible and immutable.24 In his loose equivalence of spiritus with animus or anima, Case was following the example of Augustine. In the Apologia musices, Case cites from Augustine’s Confessions (book X, chapter 33): “For I sense that all our emotions [affectus spiritus nostri] in their lovely diversity have their own musical styles [modi] in voice and song, and are excited by some hidden familiarity with them.”25 Case 24 J. Case: Reflexus speculi moralis, liber II, caput 10, p. 162: “Animus consideratur bifariam, vel: AbsolutÀ, ut est spiritus, & sic est cum suis partibus ab omni motu naturæ, & divisione alienus. ComparatÀ, ut est actus corporis, & sic naturaliter moveri, dividi, & mutari potest, sed per accidens solum, respectu existentiæ suæ in corpore, non respectu essentiæ, quam semper inanem ab omni motu, divisione, & mutatione tenet, ut Aristoteles in tertio libro de anima apertÀ docet. Vsus huius loci est, ut intelligas corpus fieri propter animam; sensum, & appetitum, propter rationem; rationem autem, propter Deum.” 25 J. Case: Apologia musices, caput V, p. 32: “[…] huius rei Augustinus rationem addit, nam omnes inquit affectus spiritus nostri pro suaui diuersitate sentio habere proprios modos in

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likewise praised the power of music to refresh the members of the body, enliven the astonished spirits, excite buried powers, refresh travellers and lessen the pain and boredom suffered by soldiers.26 This looser sense of spiritus is also encountered in a passage from Andreae’s contribution at Montb¦liard: “As for me, I can affirm solemnly, as a man who derives a great deal of pleasure from polyphony and the organ, that not merely do the ears perceive the sound, but that the mind [animus] is also wondrously affected by that harmony and excited either to prayer, or to deliver or listen to a sermon with a more ardent spirit [ardentiore spiritu] when a sacred hymn is either played with very pleasing harmony on the organ or sung by the choir, as customarily takes place before the preacher climbs up into the pulpit.” Andreae was sure that the power inherent in polyphonic music could only derive from heaven, an opinion he had also heard others express, even those quite untutored in music.27

Spiritus as an incorporeal substance, vehicle of the passions Besides his training in philosophy, Case studied medicine for many years, and received his doctorate in medicine in 1588.28 He was thus in a position to draw on the medical literature on spirit, as inherited from antiquity and reworked by more recent authorities. According to Case, music has a particular power over the human spirits, which play an indispensible role in human functions such as respiration, digestion, perception, feeling and cognition: “In the practise of voce & cantu, quorum nescio qua occulta familiaritate excitentur [in margine: Augustinus: Confessiones 1, liber X, caput 33].” 26 J. Case: Apologia musices, caput III, p. 14: “Musica enim, vt docent Philosophi, fessa corporis membra reficit, spiritus attonitos viuaciores reddit, vires sepultas excitat, recreat viatores, præliatores erigit omnem denique laborantium dolorem & tædum iminuit [sc. tædium imminuit]; hinc dicunt Arabes cantibus camelos onera grauiora portantes min¾s defatigari: idem solamen sentiunt agricolæ & artifices, qui tempus & opus cantando fallunt.” A paraphrase of the same passage is to be found in J. Case: Sphæra Ciuitatis, 1588, liber VIII, caput 3, p. 481. 27 J. Case: Apologia musices, caput VI, pp. 46 – 47: “Andreas vero sic loquitur : de me ipso sanctÀ affirmare possum, vt qui music– figurali & organo plurim¾m delector, non modo aures sonum percipere, sed ani- [47] mum quoque harmoni– ill– affici mirificÀ & vel ad preces, vel ad conciones ardentiore spiritu habendas vel audiendas excitari, quando suauissim– harmoni– canticum ecclesiasticum vel organo luditur, aut — cantoribus, priusquam concionator suggestum conscendat, recepta consuetudine cantari solet: adeoque vim illam diuinitus harmoniæ inditam, in meipso efficaciter sentire affirmo, de qua ab initio dixisti, quýd musicæ figurali insit. Idem quoque — multis alijs pijs uiris, etiam lacis artis musicæ ignaris audiui, quýd similiter in seipsis experiantur [Acta Colloquii Montis Belligartensis 1586, p. 411].” 28 S. C.B. Schmitt: John Case and Aristotelianism, pp. 91 – 93 on Case’s medical training.

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music there is a salutary activity of the lungs, which generates generous spirit and heat in the inward parts, digests the thick humours with which youth abounds, and purges all the vapours and clouds flowing from the head or in flux. And finally, it has an innate power to moderate the affects, for […] it penetrates through the air and the ear right into the mind, and holds it marvellously beneath its sway and its power.”29 Underlying Case’s explanation of music’s power to transmit both passions and meaning is the model of spirit developed by Ficino and expanded by Cornelius Agrippa and Julius Caesar Scaliger. Harmonious music (harmonicus concentus), Case writes, paraphrasing a passage from Agrippa’s De occulta philosophia (liber II, caput 25; in turn based on Ficino’s Epistolae (liber I.92 and introduction to Plato’s Republic, liber III), proceeds from “the conception of the mind and the imperious affect (as it were) of the fantasy and the heart.” The force of the voice breaks and tempers the air and therefore easily enters the listener’s spirit, that is, the link between the mind and the body. It then impresses the emotions (affectus) of the hearer with a new emotion, the fantasy of the hearer with this new fantasy, and moves and affects the entire mind of the hearer with a new mind. Once the song has entered within us, it strikes the heart and insinuates itself into the secret parts of the intellect (mens) and the hidden recesses of the mind (animus), instantly creating new humours in the body, new emotions in the mind, and infusing new habits and actions, thus transforming the individual in every way. Case recapitulated this point by paraphrasing a passage from chapter 29 of Ficino’s Commentary on the Timaeus, dwelling on the affective power and pleasure that can arise from musical sound. Case then cites Julius Caesar Scaliger’s refutation of Cardano’s De subtilitate, where it is suggested that when the spirits are agitated in the heart and fantasy, they bear “leaping air” (aerem subsultantem) into the breast. As a result, the spirits in the other parts of the body all join in, moving their fibres and muscles, just as the laws of counterpoint (lex vocum et numerorum) dictate that the voices in a polyphonic texture enter in close imitation, or follow the slower movement of the cantus firmus. “For this reason,” Case concludes, “it happens that people 29 J. Case: Apologia musices, caput VII, p. 52: “[…] est enim in praxi musices salutaris agitatio pulmonis, quæ generosum spiritum & calorem in præcordijs gignit, crassos humores (quibus abundat ætas puerilis) digerit, omnesque vapores & nubes — capite fluentes aut fluxas pellit; postremý moderatio affectus in ea inest, quia vt antea docuimus, per aerem auremque in ipsam mentem agit, eamque mirabiliter sub suo nutu & imperio tenet.” Case also uses the relationship between the breathing and the spiritus as an argument against permitting flute music. This ethical aversion to flutes, inherited from his Greek sources, may have seemed somewhat irrelevant to his contemporaries; s. J. Case: Sphæra Ciuitatis, 1588, liber VIII, caput 6, p. 495: “[…] Musica fistularis spiritus vitales consumit, pulmones nimium distendit, anhelitum difficilem afficit, corpus defatigat, tabem generat, mortem se˛pe repentinam infert: ergo non est approbanda.”

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are moved within more deeply by voices and instruments, and are excited to actions that are not in the realm of hearing, such as mercy, murder, sexual desire, laziness, frenzy, tranquillity, and the infinite other passions produced, nourished and moved by harmony.” For this reason, we are more strongly affected by what we hear than by impressions of the other senses. The immediacy of hearing is due to two factors. Firstly, of all the senses, only the impressions of hearing are borne upon a vehicle or medium from the relevant organs of perception to the imagination or mind. Secondly, the proportions inherent within musical sound have a more perfect sympathy with, and likeness to, the internal faculties than those in the objects of the other senses.30 It is this natural sympathy between music and the spirits that explains the therapeutic power of music. Agrippa even 30 J. Case: Apologia musices, caput IV, pp. 21 – 23: “Hinc in mente, vt ad tertium argumentum — causa veniam, causam huius insignis motus concitati in animo vi musices aliam non tradunt sapientes, quam quod harmonicus concentus ex mentis conceptu & imperioso quasi phantasiæ cordisque affectu proficiscens, vna cum aere vi vocis fracto ac temperato aereum audientis spiritum (qui est animi [Ficino and Agrippa have ‘animæ’] & corporis vinculum) facilÀ penetret, audientisque affectum nouo affectu impresso, phantasiam nou– phantasi–, animumque totum quasi nouo ingesso animo moueat & afficiat: immý quod est mirum, verum tamen, cor ipsum sic cantus ingressus pulsat, & sic in penetralia mentis occultosque recessus animi se insinuat, vt nouos humores corporis, nouos affectus mentis, nouos mores & actiones, totumque hominem nouum sensim aliquando, nonnumquam subitý formet & efficiat [Agrippa, De occulta philosophia, liber II, caput 25, p. 324; this passage is based on two passages from Ficino, spliced together : Epistolae, liber I.92; and the Argumentum to Plato’s Republica III]. Marsilius Ficinus pulchrÀ hanc rem declarat. Concentus inquit per aeream naturam in motu insitam corpus mouet, per agitatum aerem concitat spiritum (qui est aereum animæ & corporis vinculum) per affectum sic impressum afficit sensum animi, tandÀm per amicam quasi significationem, in ipsam men- [22] tem agit, postremý per subtilioris aeris motum vehementius penetrans, conformem qualitatem & quasi consortem imprimit, miraque quadam voluptate perfundit naturam, non hanc simplicem animi sol¾m, sed etiam corporis illam naturalem, totumque sibi rapit & vendicat iure hominem [M. Ficino: Compendium in Timaeum 29]. Quod vera hæc sint manifeste hinc constat, quia spiritus in corde & phantasia agitati (ut ait Cardanus) subsultantem in pectus aerem recipiunt, vnde sequuntur reliqui spiritus in alijs corporis partibus ac membris positi, nunc mouentes fibras, neruos, musculos; nunc cohibentes, prout lex vocum & numerorum vel crebrescit incitationibus, vel tenore composito quiescens tardiorem motum imitatur ; vndÀ contingit vocibus ac instrumentis magis perturbari intus hominem, eumque ad alias actiones quam quæ in auditus sunt potestate auocari, puta ad misericordiam, cædem, venerem, ignauiam, furorem, tranquillitatem, aliasque infinitas passiones, quas gignit, alit, mouetque harmonia [Case is not citing from Cardano as he claims, but from Julius C. Scaliger’s attack on Gerolamo Cardano in: J.C. Scaliger : Exotericarum Exercitationum, p. 381 recto–verso]. Si enim tonitru cœli, violento motu aeris cor tremulum humanum reddat, da causam cur cantu leniter pulsante aerem, animus suauissime non delectetur. Iam si par & æqua fiat comparatio, in nullis aliorum sensuum obiectis tanta inest vis & influentia, sic color oculum[,] sic calor tactum, sic sapor gustum, sic odor olfactum non [23] afficit, sic istorum species phantasiam non mouent, sic animum non afficiunt, tale enim in illis deest vehiculum, simile deest medium, tanta in illis cum animo non est proportio, talis non est sympathia & similitudo […].”

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relates that Theophrastus and Democritus healed snakebites and diseases merely through the sound of the aulos.31 Case’s employment of Pythagorean and Platonic materials here, drawn in particular from Ficino and Agrippa, are typical of his eclectic approach. Case also absorbed certain Neoplatonic elements from Macrobius’ Commentary on Cicero’s Dream of Scipio. Accordingly, he asserted that in this life we are most captivated by that kind of music which reminds us of what we heard in the heavenly realms. (Case, like Ficino before him, quietly ignored Macrobius’ underlying assumption of metempsychosis.) The purpose of the music we hear on earth, especially “Doric” music, is to “express to the mind through various motions and sounds of the air many secrets of the future and of the celestial harmony from which it is sprung.” This is possible because spirits communicate “not through language but by species, not through voices but through forms.”32 These arguments serve not only Case’s justification of vocal music, but also his defence of instruments in church, particularly the organ. To the Puritan objectors who protested that such instruments, having no sense, should not be used in the worship of God, Case replied that certain instruments have particular associations, such as the trumpet with war. This shows that that instruments are not entirely devoid of meaning, even if this meaning is conventional rather than innate. (Case later built on this argument to defend the use of bells in church, describing them as “like spiritual trumpets, calling us to battle,”: “campanae [sunt] veluti spirituales tubae, quae nos ad praelium [cient].”33) The Greeks used specific instruments for various mental exercises; lyres and barbitons excited their mind to the delight of virtue, while psalteries, sambucas and organs bore it upward to meditate upon divine things. Other instruments, such as the flutes played in the theatre, were capable of exciting lust, madness and amorous pas31 J. Case: Apologia musices, caput VII, pp. 69 – 70 (Cur phrenesi alijsque quibusdam morbis laborantes saepÀ curantur music–?): “Quia sicut phrenesis alijque id genus morbi sunt discordes (vt ita loquar) furiæ & intemperies naturæ: ita musica, quæ est naturalis harmonia, arte quadam certisque numeris istas furias lenit, humoresque discordes auctis & refocillatis spiritibus concordes & amicos reddit. Hinc non est penitus incredibile dictu, quod A- [70] grippa de Theophrasto & Democrito scribit, quorum ille multos viperarum morsibus ictos, hic plurimos varijs morborum generibus laborantes solo concentu musico liberauit [H.C. Agrippa: De occulta philosophia, liber II, caput 24, p. 323, apud quem Aulus Gellius: Noctes Atticæ liber IV, caput 13.1 – 3].” 32 J. Case: Apologia musices, caput IV, 26: “Postrema ratio est — fine, quia anima idcirco (vt ait Macrobius) in hac vita musicis tonis [Macrobius: sonis] vltra modum capitur, quia in corpus defert memoriam musicæ, cuius conscia in cælo fuit [Macrobius: Commentarium, p. 582], composque post diuortium suum — corpore futura est. Hic enim finis est musices (maxime vero Doricæ) in hac vita, vt sicut spiritus spiritui per species non linguas, per formas non voces loquitur : ita Musica animo per varios motus & sonos aeris, multa arcana futuræ ac cœlestis harmoniæ (vnde suscepta est) effatur.” 33 J. Case: Apologia musices, caput VI, p. 43.

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sion. By contrast, the kind of music approved by Case was that “Dorian music” praised by the Greeks, performed on instruments to sound forth the divine mysteries.34 To those who complained that there is no “life, voice or tongue” in organs or other instruments, Case replied that these faculties are bestowed on instruments by the human musicians who play upon them. Once a musician has contemplated divine harmony, he touches, strikes and moves an instrument with his fingers, with a plectrum or his breath, and controls the voice and tongue of the instrument “according to divine inspiration and affect” (pro diuino afflatu et affectu), and according to his own “spirit and affect” (spiritu et affectu).35 Once again, Case’s conception of the way in which singers and instrumentalists are animated by a kind of divine frenzy, which they infuse into their music with the affective quality of their thought, owes much to his reading of such predecessors as Ficino and Agrippa.36 Case’s theory of spirit thus plays an important role in 34 J. Case: Apologia musices, caput VI, pp. 37 – 38: “Plato musicam tripartitam fecit, vocalem, organicam & mixtam, prima illa sol¾m humanis vocibus, secunda instrumentis, tertia vtriusque concentu perficitur [in margine: Musica, vocalis, organica, mixta]. De vocali superi¾s satis, nunc de instrumentali & mixt– agimus [in margine: Instrumenta bellica, ethica, theorica. D. Thomas in psal. 32. vers. 2.]. Instrumentorum alia sunt bellica vt membranæ, tubæ & sonoræ fistulæ; quæ (vt ait Thomas) animum ad firmitatem; alia ethica & moralia, vt cymbala, cytharæ, barbitona quæ animum ad delectationem virtutis; alia theorica & diuinis vsibus inseruientia, vt psalteria, trigona, sambucæ, organa, quæ mentem sursum ad meditationem rerum diuinarum trahunt. Nihil h„c dicam de theatricis & bacchanalibus tibijs quæ tedas furiasque libidinis, insaniæ & amoris excitant. Cum [38] ergý instrumentali musica hic loquimur, intelligi volumus doricam illam quæ instrumentis (diuina quasi sonantibus mysteria) concinnatur & absoluitur.” Case’s “Dorian” music has more to do with ancient modal theory than that of the sixteenth century. His conviction that Plato divided music into three species is apparently derived from F. Patrizi: De institutione Reipublicæ, p. 39 recto: “Musicem [sc. Musicam] Plato triplicem fecit: Vnam voce sola constare ait, vt in cantu humano cernimus: Alteram verý voce simul & manu, vt cum neruorum pulsibus, oris modulatione concinimus[.] Tertiam solis manibus perfici ait, vt cum silente organo, vocis citharam percutimus.” Cf. J. Case: Sphæra Ciuitatis, 1588, liber VIII, caput 6, p. 495: “Plato (vt ait Patricius) musicam tripartitam fecit, vnam voce solum constare ait, vt in cantu humano cernimus […].” 35 J. Case: Apologia musices, caput VI, pp. 39 – 40: “Sed hic subrides fortasse Aristarche, cum organis ac instrumentis inanimis, quasi vitam vocem & linguam me attribuentem audias: ride si placet, non est tamen quod derideas; si mecum altius consideres quis sonum vocem & sensum instrumentis tribuat: tribuit quidem homo, qui postquam cœlestem harmoniam animo concepit suo; digito, plectro, flatu, tangit, pulsat, mouetque instrumenta, eorumque voces & linguas pro diuino afflatu & affectu format, flectit, moderatur. Sic ergo loquuntur organa vt scientium musicorum iubent concepta, si igitur voces humanæ scienter in aurem fusæ, mentem ad deum [40] ad pietatem mouent quod non potes negare, dic mihi cur instrumenta musica spiritu & affectu musicorum tacta idipsum in animis hominum non efficiant; sed syllabicis & distinctis vocibus ista inanima instrumenta carent.” 36 J. Case: Apologia musices, caput VI, pp. 41 – 42: “[…] quýd instrumentis musicis attribuitur vis plusqu—m mirabilis & influentia est qu– veluti diuinitus igne demisso non solum Indici gymnosophistæ accensi, futura diuinant & vaticinantur vt quidam scribunt, sed etiam [42] prophetæ Dei eadem inflammati, magna mysteria & miracula loquuntur [in margine:

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defending organs and other instruments against the calumnies by which Puritans tried to drive them out of church. Besides attacking the use of music in church, some Puritans argued that the time and effort spent in the practice of domestic music-making could be directed more profitably to family bible study. Some also suggested that pious images were more effective than music in provoking devotion. In response, Case repeated that there is a greater sympathy between the aerial spirit of the ear, by which music is borne without further mediation to the mind (mens), and the harmonic mind (animus) than there is between the eye and the objects of its attention. Moreover, Case notes that mentally taxing study consumes the spirit. “By contrast, in music there is no exertion, no shadow of pain; indeed it does not break the strength of the mind, but refreshes it; it does not consume the vital spirits but makes them more subtle […].”37 He mounts a similar argument in one of the disputed questions included at the end of the Apologia musices: “Why is it that serious students of music frequently go mad?” While music itself is delightful, the study of music as a mathematical science, dealing as it does with abstract forms and ideas, is liable to consume the spirits to the point of exhaustion. Case also notes that composers have the sounds of singers going around in their heads all day, and this can drive them crazy ; however, the exercise of music can alleviate this condition. The numerical basis of music can also be beneficial to mental health.38 Agrip.; cf. H.C. Agrippa: De occulta philosophia, liber III, caput 58, p. 575]: sic ferunt Sybillas olim instrumentis musicis foras pulsatis, ab alto quasi somno & sopore excitas, prophetasse […].” 37 J. Case: Apologia musices, caput VII, pp. 64 – 65: “Est autem in aereo spiritu auris (quo musica in mentem immediate fertur) maior cum animo (qui est concentus quidam) sympathia, vnde maior in ipso animo ex simplici auditu musices qu—m ex aspectu imaginis nascitur delectatio. Quod addis de lectis & auditis historijs dico plurimum [65] quidem illis nos delectari si intelligantur : sed quantum voluptatis lectio concedit, tantum spiritus consumit intentio mentis attentiffls scire desiderantis, animus enim tam delectari qu—m defatigari dicitur. Nam vt est dulcis sapor scientiæ ad voluptatem: ita scientis labor est qui tædium & dolorem parit: sed in musica est labor nullus, vmbra doloris nulla; quippe vires ingenij non frangit sed reficit, vitales spiritus non consumit sed subtiliores reddit, intellectum non fatigat studendi tædio sed eundem acuit mirabili influendi modo, non confundit animum vt somnias sed eundem magis qu—m pictæ lectæque historiæ instruit & informat.” 38 J. Case: Apologia musices, caput VII, pp. 68 – 69 (Dubitatio 7. QuarÀ seriý studentes musicæ, sæpÀ insaniunt?): “Aliud est musica, quæ animum delectat; aliud est studium musices, quod spiri- [69] tus exhaurit & consumit: [in margine: Studium Musices] studium enim musices omnium est difficillimum, tum quia musica est mathematica scientia, quæ sol¾m in abstractis formis & idæis animi versatur; tum etiam quia in animis musicorum componentium cantiones multorum cantantium veluti chorus perpetuý sonare videtur: sic licet musica ipsa mult¾m adiuuet, vehemens tamen musices studium & contemplatio nocet; quippÀ instrumenta animi & ingenij (quæ sunt spiritus, potentiæ, sensus) frangit & eneruat [in margine: Numerus numerans]. Vt ergo in musica (quæ numeris constat) est vis quædam reficiens animum, qui numerus numerans vel principium numerandi dicitur : ita in studio nimis

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Case explores the nature of the spirit further in some of the other disputed questions. In the third question, Case considers one of the old chestnuts of musical discourse: why are babies soothed by the song of their nurse? According to Case, this is because babies are more full of humours than adults. The more sweetly their nurses sing, the more easily are their agitated vital and animal spirits soothed, and with them the humours that give rise to disagreeable emotions and the vapours that prevent clear thought.39 Case did not believe that the spiritus and humours were the exclusive property of humans. He believed therefore that music could have the same effect on wild animals as on savage and frenzied humans. When the spirits and humours are dissipated and inflamed, humans and animals alike are more likely to fall prey to anger, but when the spirits are ordered by musical harmony, man and beast are brought to a state of tranquillity.40

Spiritus as ghosts or spectres In the Apologia musices, Case asks rhetorically that since music delights God, nature, the heavenly bodies, the elements, humans, birds, snakes, fish, the stones in churches, and “spirits in their graves” why should we be so unjust and injurious to God and to our own heavenly nature as to banish music from church, from the court, and from public and private use as a profane and false science?41 intenso musices est labor & opus, quo acies animi plurim¾m hæbescit, vnde sæpÀ nimis acriter studentes musici dementantur.” 39 J. Case: Apologia musices, caput VII, pp. 66 – 67 (Dubitatio 3. Cur infantes nutricum cantiunculis deliniti aut somno se dedunt, aut saltem vagire desistunt?): “Infantes humoribus in toto corpore, vaporibus in capite refertissimi placatis & quietis spiritibus facilÀ ad somnum & quietem [67] alliciuntur, sed dulciore cantu nutricis, spiritus vitales & animales in infantulis nimium agitati placantur & leniuntur : non est ergo mirandum si dulcison– nutricis voce vagientes infantuli capti, somna & quieti se dedant. Cessante enim motu æstuque spirituum quiescunt humores, vapores caput confertim petunt, qui in nebulas illic coacti motum & sensum ad tempus tollunt, somnumque & quietem gignunt.” 40 J. Case: Apologia musices, caput VIII, p. 74 (Cur feræ placantur music–?): “Vt phrenetici & insani placatis spiritibus minffls sæuiunt: ita feræ æstum bilis & furoris minffls tum sentiunt, cum spiritus furentius agitati, musico concentu leniuntur. Nam vt dispersi & accensi spiritus flammas furori: ita collecti & harmonicÀ quasi vniti spiritus vires quieti addunt. Præterea vi musices non sol¾m spiritus in illis, sed etiam humores mirum in modum temperantur, dulcique motu coguntur in temperiem. Hinc verum esse potest quod scribunt maiores, pisces in stagno Alexandriæ concentu musicorum, cygnos hyperborios cytharæ tactu, elephantes Indicos organorum sonitu [M. Capella: De nuptiis, liber IX, § 926 – 927, pp. 719 – 722], tygres, leones, feras modulantium choro & cantu sic capi, vt facil¦ sine laqueis solfflm venantium manibus capiantur.” 41 J. Case: Apologia musices, caput I, p. 4: “Si ergý Deus, si natura, si cælestia corpora, si elementa, si homines, aues, serpentes, pisces; si lapides in templis, si spiritus in sepulchris

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In his Ancilla philosophiae, Case likewise uses spiritus as synonymous with the individual soul, whose eternity is proven by such things as divination, dreams, and its ability to understand by its own illumination, without reference to other things. While in the body, the spiritus is an incorporeal substance; when outside the body, it is a “freer spirit.” Since orthodox Christian belief maintains that each soul can only be born once, there are necessarily as many souls as people who have ever existed. “Therefore the number of spirits is almost infinite.”42 However, this usage of spiritus plays a fairly minor role in Case’s work.

Spiritus as daemons or angels At the climax of his defence of instrumental music, Case relates the classic story of David curing Saul of the evil spirit (1 Sam, 16,23), one of the classic elements of the laus musicae topos. Case’s account is borrowed wholesale from Jacob Andreae’s speech at Montb¦liard: “Besides this, the story about David is well known, that when he was playing the harp [cythara] before Saul when he was being persecuted by an evil spirit of the Lord, he drove off the evil spirit with harmony. This harmony did not merely strike the ears of King Saul, but also affected his mind [animus], and as a result it was temporarily freed from the evil spirit and quieted. However, it is not written that David sang, only that he played a musical instrument of some kind. Therefore the power of polyphonic music is not to be spurned, for it checked the evil spirit of the Lord, and penetrates right into the mind, even if what is being played or sung is not understood by everybody.”43

cantent, sonoque musico permulceantur, iniqui, iniusti, iniuriosi deo, nobis, naturæ sumus; si — cœlo, — templo, — foro, si — publico & priuato usu hominum eandem vt prophanam & spuriam scientiam exterminemus.” 42 J. Case: Ancilla philosophiæ, p. 86: “[…] quia anima humana adhuc suo carcere inclusa, sæpe se spiritum seu separatam substantiam ostendit esse, vt in diuinationibus & in somniis; & quando in seipsam versa proprio suo lumine seipsam sine vlla specie — sensibus lata intelligit: quæ omnia arguunt illam immortalem esse, nec non posse extra corpus in perpetuum viuere; vnde hoc argumentum colligo, animam, dum sit in corpore, substantiam incorpoream existere: est ergo spiritus, cum vero sit extra corpus, esse liberiorem spiritum. Sed infinitæ fere sunt animæ singulorum hominum: ergo sunt fere infiniti spiritus.” 43 J. Case: Apologia musices, caput VI, pp. 47 – 48: “Præterea de Dauide nota est historia, cum coram Saule, quando — spiritu Domini malo exagitabatur, cythar– luderet, quýd harmonia malignum spiritum repulerit. Quæ harmonia non modý aures Regis Saulis feriebat, sed animum quoque eius afficiebat, vt — malo spiritu ad tempus liberatus & quietus esset. Non enim Dauidem cecinisse, sed instrumento musico, quale tandem illud fuerit, lusisse tant¾m scribitur. Non igitur contemnenda vis est harmoniæ Musicæ figuralis, quæ spiritum domini malum [48] repressit: quæ ad animum vsque, etiamsi, quod luditur aut canitur, non ab omnibus intelligatur, penetrat [(Acta Colloquii Montis Belligartensis 1586, pp. 411 – 412].”

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Aside from providing yet another distinct sense of spiritus (the “evil spirit of the Lord”), this passage is significant for shoring up Case’s argument that the affective power of music is not based on the intelligibility of text or even on its presence.44 In another of the disputed questions at the conclusion of the Apologia, Case considers further why evil demons are put to flight by music. He says that it is because good demons (that is, angels) are “certain spiritual harmonies,” and evil demons are “like horrible discords of nature, captivated rather by shrieking than by harmony.”45 He returns to this point later in a disputed question which considers why familiar spirits are said to sing and dance. Amongst such daemons are the sirens that Plato described as sitting upon the heavenly spheres, and the terrestrial spirits of both sexes, which look like Pygmies and are sometimes seen singing and dancing. Such daemons are said to snatch children from the cradle, to cast the evil eye upon them even in their mothers’ laps, or to guard hidden treasure. If such beings are capable of music, it is because they originally proceeded from the divine essence, and thus retain some ability to be captured by the numbers and harmony of music.46 44 The characterisation (1 Sam 16, 23) of the spirit of the Lord as evil (8FL A=8@4 ;9L, ruach Elohim raah) is found in only a small number of Hebrew manuscripts, though it is present in the Latin Vulgate, the Septuagint, Targum, Syriac and Arabic versions; the Septuagint gives merely pmeOla pomgq|m, without HeoO. S. A. Clarke: The Holy Bible. Old Testament, p. 260; P.K. McCarter : “Evil Spirit of God”, pp. 319 – 320; S. Bhayro: “Music as Therapy”. 45 J. Case: Apologia musices, caput VII, p. 67 (Dubitatio 4. Quæ causa cur cacodæmones fugantur music–?): “Quoniam boni delectantur concentu. Nam vt boni dæmones sunt spirituales quædam harmoniæ: ita mali sunt horribiles veluti naturæ discordiæ, quæ stridore poti¾s quam concentu capiuntur. Nam cum natur– su– maximÀ — prima causa, (quæ est principium omnis harmoniæ) cacodæmones declinant; necesse est vt dulci music– (quæ — causa prima influentiam habet) plurim¾m vulnerentur, necnon longissim¦ ab illa fugiant.” 46 J. Case: Apologia musices, caput VII, pp. 73 – 74 (Quare familiares dæmones canere & saltare dicuntur?): “Dæmonas esse, chorus philosophorum docuit: alios enim posuerunt cælestes, qui sphæras mouent: alios æthereos, qui in aere pendent; terrestres alios, qui in terra marique degunt; alios infernos, qui semper in stigio lacu morientes [sc. morantes?] viuunt. Primi ordinis (vt aiunt) dæmones beati sunt, quia intuentes maiestatem primi motoris, suos orbes sine omni molestia & tædio in sempiternum vertunt: reliqui vero fallaces & mali sunt, sed (vt docent) secundum magis & min¾s: quú enim sunt propinquiores primæ causæ, eú natur– su– meliores habentur [cf. Thomas Aquinas: De substantiis separatis, chapter 15]. [In margine: Incubi. Succubi] Hinc eorum aliqui familiares dæmones nominantur, quippe ludentes lædunt; isti (infernos excipio) siue sint incubi siue succubi, siue alij terrestres spiritus, visi sunt sæpÀ instar Pigmæorum vtriusque sexus saltare, auditi canere, notati infantulos — crepundijs surripere, aut in amplexibus maternis fascinare, cogniti gazas in abditis locis repositas custodire, quædam domicilia inuisere, mortales in agris, in tectis, in eremis [74] sæpissimÀ territare. Isti inquam, vt musica propter lapsum — prima causa, & declinationem — prima harmonia fugantur aliquando, ita retinentes essentiam suam (quæ proculdubio bona & diuina fuit) musicis numeris & concentibus capiuntur. Hinc formis veluti Pigmeorum susceptis videntur canere & choræas in gyrum lætantes ducere: vel quia retent– natura sua sic delectantur, vel quia hac specie boni incautos, non aliter qu—m syrenes

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In the Apologia, Case noted that musical harmony can exist simply in the mind. He begins by referring his readers to the distinction made by Agrippa between natural, celestial and human music.47 Expanding upon the idea of human music, he imagined that Boethius, as he was writing his De musica, must have had the sound of a chorus of singers in his head, independent of any external sense. Likewise, although the heavenly bodies continually turned by the right hand of God do not produce any audible sound, “nevertheless in the mind of those bodies moved in this way, and of the spirits moving them, there is a most true melody (modulatio) and harmony (harmonia).” By spiritus Case here means planetary intelligences or daemons. While insisting on the mathematical reality of the proportions underlying astronomical phenomena, he silently passes over the long tradition of associating individual planets and their orbits with discrete pitches (as in Cicero and Macrobius) or even with octave species (as in Ramos de Pareja and Gaffurius).48

The Holy Spirit In the Apologia musices, Case drew an analogy between music and medicine: just as a prudent physician who wants to administer bitter pills or potions disguises their taste by applying a sweet syrup, likewise the ancient philosophers who wanted to apply the bitter root of reason to those engaged in contemplation employed music like nectar to make the harshness of the philosophical regime more palatable, that the fruits of virtue might appear in time. Augustine commended the use of music in church for the same reason, writing in his Con& hyenæ contendant fallere. Nam vt dulci fistul– volucres: ita inconsiderati homines frequenter molli & effæminat– music– decipiuntur.” 47 H.C. Agrippa: De occulta philosophia, liber II, caput 24 – 28. 48 J. Case: Apologia musices, caput II, p. 8: “Sed de hac re velim studiosus lector Agrippam consulat, qui secundo de occulta Philosophia musicam naturalem, cœlestem, humanam sapienter, acutÀ & copiose describit, attendat velim quas voces planetis, quas elementis, quas hominibus, quas reliquis naturæ effectis & operibus dei vir doctus concinnet [cf. H.C. Agrippa: De occulta philosophia, liber II, caput 24 – 28, pp. 321 – 341]: tum certe me– opinione intelliget, si contradicendi studio nimis non æstuet; mundi machinam, ordinem, motum, pulchritudinem, formam non sine musica constare posse [in margine: Cic. in So. Scip.] [cf. also Cassiodorus: Institutiones musicæ, liber II, caput 5: “Cælum quoque et terra, vel omnia quæ in eis dispensatione superna peraguntur, non sunt sine musica disciplina.”]. Nam etsi non audiat Pythagoricos sonos, etsi — cœlo intonantes voces, Apollinis lyras, tubas & instrumenta non percipiat, nimium quidem auribus inseruit, si nullum sonum, nullamque harmoniam esse sine sensu putet [in margine: Arist. de sens.]. Nam vt in arcana mente BoÚtij de musica scribentis sedet veluti multorum concinentium chorus, & vt clausis oculis alijsque externis sensibus sæpÀ intellectui obijciuntur species: ita quamuis ex corporibus dextr– Dei perpetuo circumrotatis in aurem non imprimatur sonus: est tamen in animo eorum corporum sic motorum spirituumque mouentium verissima modulatio & harmonia.”

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fessions that he was often moved to tears by the beauty of the singing in church. When the Holy Spirit fell upon him, Augustine was impelled to desert Manichaeism and profess the Christian faith. “O divine power of music,” Case exclaimed, “you who so touch the minds and the inward parts of those who contemplate!” Case was quite sure that the Holy Spirit had an important role in purging Augustine from erroneous beliefs and leading him to the truth. Augustine’s admission that the singing he heard in church contributed materially to his conversion served for Case to validate the place of music in worship. From here Case drew yet another lesson: no one can calm the whirlwinds of the affects without music; since there are so many phantasms that afflict those who engage in contemplation, so many traps laid by demons, so many dangers in the solitary life, if anyone attempted to drive them off without music, he would go mad from over-employment of his reason.49 At another point, Case considers the objections of those who argue that since God is Spirit, we should worship him only in our minds and not with song, in our spirit and not with the audible harmony of voice. In response, Case writes that since God made us both mind and body, we ought to use all our powers to praise him. But while extolling external music, Case also did not wish to deny the existence of the “internal harmony of the mind.” Rather, he suggests that audible music is stirred and sharpened according to the music within our minds.50

49 J. Case: Apologia musices, caput V, pp. 33 – 34: “Quid addam? A simili hoc ipsum probo [in margine: Musica & Medicina.]. Nam vt peritus & prudens medicus c¾m pillulas aut amaras potiones malÀ affectis ministrare velit, primý dulcioribus syrupis gustatum mutat, nÀ ægrotantes medicinam salutarem propter amaritudinem in suam perniciem recusent [in margine: Augustinus in prefatione psalmorum]: ita olim maiores nostri verÀ philosophi & sapientes viri conantes amaras radices virtutum [cf. Diogenes Laertius: Life of Aristotle, sectio 171 (18) B] pretiosas tamen propinare contemplantibus, musicam tanquam nectar cum istis radicibus miscuerunt [34] vt eiusdem dulcedine percept–, omne contemplationis tædium & labor tolleretur, fructusque tandem perciperetur virtutis. Non dicam Augustinum e–dem similitudine laudabilem vsum musices nobis in ecclesia commendasse, non dicam illum vt in libro confessionum scribit, suauitate cantantium in ecclesia ad lachrymas sæpÀ, spirituque tandÀm per cantum in illius animum illapso, ex Manichæo ad christianæ fidei professionem fuisse impulsum [in margine: Liber 9. capitulum 5.]. O diuinam vim musices, quæ sic contemplantium animos & præcordia tangis [in margine: Necessitas Musicæ.]. Ducitur h‡c autem argumentum — necessario, quia sine music– (vt aiunt) affectuum turbines sedari non possunt, tot enim sunt contemplantium phantasmata, tot dæmonum ludibria, tot vitæ solitariæ pericula, quæ si alia arte quam music– fugare contendas, id sol¾m agis vt nimia ratione insanias.” 50 J. Case: Apologia musices, caput VII, p. 56: “Oppositio. Deus est spiritus: ergo mente non cantu, spiritu non sonoræ vocis concentu colendus. Responsio. Ratio non cohæret, quia deus & mentem & corpus finxit, quare vt totis illius viribus præcipuÀ, ita huius partibus ac potentijs se adorari iussit: cum ergo externam musicam extollimus, internum animi concentum non negamus, immo illius impetu huius aciem multý magis acuimus & excitamus.”

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Conclusion Case’s Apologia musices, rather than being simply another example of the ubiquitous laus musicae that introduced almost every music treatise of the late middle ages and renaissance, is rather a defence of the dignity of music, particularly against Puritan agitation for the abandonment of polyphonic music, organs and bells. Case was finely attuned both to arguments on both sides, in England and abroad, such as at the Colloquy of Montb¦liard. From this Colloquy in particular, Case drew support for his exalted view of the nature and potential of music, as well as an understanding of liturgical music as adiaphoron, indifferent to individual salvation. Case, a friend of musicians and prominent patrons of music, felt compelled to advocate for music both by both aesthetic and church-political considerations. And underlying many of his arguments for the fitness of music for divine worship was his model of spirit, which draws on authorities as disparate as the bible, Aristotle, Augustine, Agrippa and Ficino.

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Biographies

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Machtvolle Gefühle, Berlin et al. 2010, pp. 334 – 364; with Sabine Flach (eds.): the papers of the conference series “habitus in habitat”, amongst them Synaesthesia and Kinaesthetics [habitus in habitat 2], Bern et al. 2011. Christoph Steppich is professor of German at Texas A& M University. Publications: ‘Numine afflatur’. Die Inspiration des Dichters im Denken der Renaissance, Wiesbaden 2002; “Geoffrey’s Historia Regum Britanniae and Wace’s Brut: secondary sources for Hartmann’s Erec?”, in: Monatshefte 94 (2002), pp. 165 – 188; “Inspiration through Imitatio/Mimesis in ‘On the Sublime’ of ‘Longinus’ and in Joachim Vadian’s ‘De Poetica et Carminis Ratione’ (Vienna, 1518)”, in: Humanistica Lovanensia 55 (2006), pp. 37 – 69; “Erasmus and the Alleged ‘Dogma Lutheri’ Concerning War against the Turks”, in: Lutherjahrbuch 78 (2011), pp. 205 – 250. Philipp Theisohn holds an SFN-Förderprofessur at the University of Zürich, German department. Publications: Die Urbarkeit der Zeichen. Zionismus und Literatur – eine andere Poetik der Moderne, Stuttgart et al. 2005; Plagiat. Eine unoriginelle Literaturgeschichte, Stuttgart 2009; Literarisches Eigentum. Zur Ethik geistiger Arbeit im digitalen Zeitalter, Stuttgart 2012; Die Zukunft der Dichtung. Geschichte des literarischen Orakels 1450 – 2050, München 2012. Melanie Wald-Fuhrmann is director of the music department at the Max-PlanckInstitute for Empirical Aesthetics. Publications: Welterkenntnis aus Musik. Athanasius Kirchers “Musurgia universalis” und die Universalwissenschaft im 17. Jahrhundert, Kassel 2006; ‘Ein Mittel wider sich selbst’. Melancholie in der Instrumentalmusik um 1800, Kassel 2010; with Wolfgang Fuhrmann: Ahnung und Erinnerung: Die Dramaturgie der Leitmotive bei Richard Wagner, Kassel et al. 2013; with Klaus Pietschmann (eds.): Der Kanon der Musik: Theorie und Geschichte. Ein Handbuch, München 2013; “Kanon, Kombinatorik, Echomusik. Die musikalische Vermittlung zwischen Himmel und Erde in der Frühen Neuzeit”, in: Musiktheorie 23 (2008), pp. 51 – 70. Carlos Watzka is sociologist and historian of medicine and health. He currently works as associate professor at the Institute of Sociology and the Institute of History of the University of Graz. Publications: with Gerhard Ammerer (eds.): Der Teufel in Graz im Jahr 1599. Das Exorzismus-Manuskript des Paulus Knorr von Rosenroth. Edition, Kommentar, Analyse, Verlag der Historischen Landeskommission für Steiermark, Graz (forthcoming); Biopsychosoziale Bedingungen von Selbsttötungen in Österreich; Wiesbaden 2015 (monograph in print); with Marcel Chahrour (eds.): Vor Freud. Therapeutik der Seele vom 18. bis zum 20. Jahrhundert, Wien 2008; Vom Hospital zum Krankenhaus, Köln et al. 2005.

Index of proper names

Abaelardus, Petrus 63, 247 Agli, Pellegrino degli 101 Agrippa von Nettesheim, Heinrich Cornelius 124, 134 f., 138, 141, 143 f., 203, 262, 269, 272 – 276, 280, 378 f., 385, 389 f., 413 f., 465 f., 471, 480, 486 – 490, 494, 496 al-Kindı¯, ibn ’Isha¯q as-Sabba¯h 86, 100, ˙ ˙ ˙ ˙ 426 Alanus of Auxerre 249 Alberti, Leon Battista 80, 440, 446 f. Albiac, Accasse (Accace) d’ 368 Alcuin of York 38, 40 Alexander of Aphrodisias 114 Aliani, Antonio 329 Ambrosius Mediolanensis 34 f., 35, 38, 325 f., 339 Andreae, Jacob 482 f., 485, 492 Apuleius, Lucius Apuleius Madaurensis 384 f., 392 f. Aquila, Serafino dall’ 217, 223 Aquinas, Thomas 72, 90, 103, 152, 300, 311 f., 331, 349 , 354, 357, 385, 393, 493 Arcadelt, Jakob 230 Aretino, Pietro 172, 181 Ariosto, Ludovico 181 Aristoteles 72, 85, 88 f., 111 – 113, 118 – 120, 123, 133, 171 – 180, 182, 187, 287, 301, 387, 389, 438, 452, 457 – 459, 480, 484, 496 Artusi, Giovanni 440, 462 Asinius Pollius, Gaius 121 Augustinus, Aurelius 37, 40, 62 – 72, 74,

90, 272, 274, 277, 315, 331, 384, 458, 484 f., 494 – 496 Aurispa, Giovanni 172 Avicenna 104, 287, 301 Bacon, Francis 200, 203, 426 f., 429 f. Bebel, Heinrich 406 Bede (Beda venerabilis) 33, 331 Bekker, Balthasar 308 Bellay, Joachim Du 370 Belleforest, FranÅois de 396 Benivieni, Girolamo 373 Bentivoglio, Ercole 181 Bergson, Henri 175 Bernard of Clairvaux 63, 247 – 258 Beroaldo, Filippo 218, 220 f. Besold, Christoph 125 BÀze, Th¦odore de 368, 482 f. Binet, Claude 365 Blitheman, John 478 Boaistuau, Pierre 396 Boccaccio, Giovanni 172, 376, 378, 502 Bodenstein, Adam von 293 Bodin, Jean 124, 270, 275 f., 405 f., 412 – 418 Boethius, Anicius Manlius Severinus 446, 453, 494 Bonaventure, San Bonaventura 296 Bold¾, Giovanni 218, 223 Brandolini, Aurelio Lippo 218, 221 f. Brandolini, Raffaele 218 Brandt, Sebastian 357 BrÀche, Jean 122 Bronzino (Agnolo di Cosimo) 225 f.

506 Brunelleschi, Filippo 447 Bruni, Leonardo 446 Bruno, Giordano 129 – 134, 136 – 146, 181 – 186, 188, 446, 465 Bull, John 480 Burzellis, Pietrobono de (,del Chitarino’) 218 Byrd, William 477, 480 Calvin, Jean 366 f., 369, 456, 458 Camerarius, Joachim, the Elder 112, 120 Campanella, Tommaso 186 – 188, 270 Cangrande della Scala 150, 167 Canigiani, Antonio 449 f. Capella, Martianus 491 Caravaggio (Michelangelo Merisi) 230 f. Carboni, Ludovico 217 Cardano, Girolamo 226, 228, 389 f., 439, 465, 486 f. Cariani, Giovanni 228, 230 f. Carle, Lancelot de 385 f., 397 Cartari, Vincenzo 225 Casaubon, M¦ric 301 Case, John 477 – 496 Castellini, Iacopo 181 Castelvetro, Lodovico 174 Cavalcanti, Giovanni 100, 373 Cecchi, Gianmaria 181 f. Champier, Symphorien 270 Christ, see Jesus Christ Chrysologus, Petrus 40 Cicero, Marcus Tullius 393, 426, 459, 494 Clemens VI., pope 442 Copernicus, Nicolaus 139 Cornazzano, Antonio 218 – 222 Corsi, Giovanni 100, 214, 223 Cortese, Paolo 218, 222 f. Croll, Oswald 297 Crooke, Helkiah 425, 428 – 430 Cusanus, Nicolaus 172 Dante Alighieri 17, 26, 149 – 168, 178 f. David, King David 48, 50, 100, 250, 334, 347, 492 Dee, John 193 f., 262 f., 265 – 267, 279, 412, 465

Index of proper names

Democritus 488 Descartes, Ren¦ 13, 23, 422 Despres, Josquin 437 Didymus Alexandrinus 32 Digby, Everard 279 f. Donati, Marcello 124 Dorat, Jean 366, 374 f. Dorn, Gerard 289, 292 Dovizi da Bibbiena, Bernardo 172, 181 f. Dowland, John 424, 480, 482 Du Plessis, see Albiac, Accace d’ Dufay, Guillaume 447 Dürer, Albrecht 119, 209, 220, 502 Eberhard von Württemberg 80 Eco, Umberto 173, 176 Erasmus, Desiderius 114, 121 Erastus, Thomas 270 Este, Borso d’ 218 Este, Leonello d’ 218 Este, Thomas 477 Êtaples, LefÀvre d’ 270 Fernel, Jean 292 Ficino, Marsilio 12 – 16, 22 – 25, 79 – 106, 111, 114 – 126, 134 – 139, 141 f., 179, 181, 214 f., 217 f., 220, 222 – 224, 226, 228, 232, 237 f., 270, 292, 367 f., 370 – 373, 379, 384 f., 387, 391, 395, 437 f., 445, 448 – 450, 452 – 456, 458, 460 f., 465 – 474, 486 – 489, 496 Firenzuola, Agnolo 181 Firmicus Maternus, Julius 96 Fischart, Johann 405 – 414, 416 – 418 Fisher, John 265 Fludd, Robert 298, 465 Fogliano, Giacomo 440 Förner, Friedrich 124 Frescobaldi, Girolamo 235 – 237 Freud, Sigmund 175 Fuenllanas, Miguel de 215 Füssli, Heinrich 195 Gaffurio, Franchino 440, 494 Galen of Pergamon 10 f., 20 – 22, 87, 111 – 116, 125 f., 287, 289 f., 292, 301

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Index of proper names

Galilei, Vincenzo 436, 455, 458, 460 – 463, 471 Gareth, Benedetto 217 Gellius, Aulus 119, 488 Gengenbach, Pamphilus 406 George, Duke of Saxony 252 Gerson, Jean 289, 331 Giorgione 228 f. Giovanni, Bertoldo di 228 f. Giovio, Paolo 460 Giustiniani, Leonardo 217, 223 Giustiniani, Vincenzo 230 f. Goclenius, Rudolf 119 Gorgias 435 f. Gottschalk of Orbais 37 f. Grazzini, Anton Francesco 181 Guido, Antonio di 218 Gwinne, Matthew 478, 480 Hanslick, Eduard 467 Hatton, Christopher 481 Hatton, William 481 Helmont, Jan Baptista van 297, 427 Henrichmann, Jakob 406 Henry the Lion 36 Henry VIII of England 269 Hessus, Eobanus 122 Hieronymus, Eusebius Sophronius 32 Hildegard of Bingen 45 Hincmar of Reims 37 f. Hippocrates of Kos 289, 294, 455 Homer 83, 124, 149, 365, 375, 389, 392 – 394 Horatius (Quintus Horatius Flaccus) 80, 149, 177, 187, 374, 387, 436 Hrabanus Maurus 39 Hugo of St. Victor 33, 331 Iamblichus of Apameia 96, 100, 384, 415, 453 Ildefonsus of Toledo 33, 38 Institoris, Henricus s. Kramer, Heinrich Isidore of Seville 33, 55

Jesus Christ 32 – 36, 38, 49 – 52, 114, 167, 248 – 251, 254, 255 – 257, 264 f., 276, 300, 332, 340, 352 Jobin, Bernhard 405 John of the Cross, see Juan de la Cruz Johnson, John 193, 480 Jonson, Ben 205 f. Josquin des Prez 120, 437 Juan de la Cruz 301 Khunrath, Heinrich 298, 500 Kramer, Heinrich 414, 369, 378 Lab¦, Louise 370 Lanfranco, Giovanni M. 226 Le Blanc, Richard 370 Lemnius, Levinus 143 f. Lippi, Filippino 231 Llull, Ramon 412 Lombardi, Bernardino 177, 181 Lombardus, Petrus 61 – 66, 68 – 75, 311, 331 Lucanus, Marcus Annaeus 149 Lucian of Samosata 204 Lucretius (Titus Lucretius Carus) 124 f., 366 Luther, Martin 17, 27, 61 f., 69 – 75, 111 – 114, 247 – 258, 287 Machaut, Guillaume de 442 f. Machiavelli, Nicolý 172, 178 – 181, 502 Macrobius, Ambrosius Theodosius 133, 488, 494 Maggi, Vincenzo 174, 176 f., 329 Marot, Cl¦ment 366 – 368, 374 f., 383 Maximilian of Austria 436 Medici, Cosimo de’ 79, 224, 225 f. Medici, Lorenzo de’ 218, 223, 373 Mei, Girolamo 455 Melanchthon, Philipp 111 – 123, 125 f., 220, 292, 415 Menghi, Girolamo 17, 27, 267 f., 307, 310, 312 – 315, 317, 328 – 356, 358 f. Middleburg, Paulus de 223 Migliorotti, Atalante 218 Mil‚n, Lu†s 215, 232 – 235

508 Modena, Nicoletto da 227 Moffet, Thomas 294 Montaigne, Michel de 369 Monte, Francesco Maria del 230 Monteverdi, Claudio 462 f. More, William 478 Morley, Thomas 480 Mosellanus, Petrus 119 Mundinus, Mondino de Liuzzi 112 Mundy, William 480 Muret, Marc-Antoine 374 Naldi, Naldo 223 Nas, Johannes 406 Nicomachus 453 Origen 263 f. Ovidius (Publius Ovidius Nasus) 149, 161, 375, 377 f. Pannonius, Janus 223 Paracelsus, Philippus Aureolus Theophrastus Bombastus von Hohenheim 265, 287 – 301 Patrizi, Francesco 489 Paulus 32, 75, 272 f., 275 Petrarca, Francesco 178, 231, 373 – 376, 379, 381 Piccolomini, Enea Silvio 172 Pico della Mirandola, Giovanni Battista 80, 270, 277, 279 f., 288, 465 f. Pico della Mirandola, Giovanni Francesco 270, 368 Placotomus, Johannes 111, 122 f., 125 Platon 10, 20, 79, 86, 88, 93, 95, 99, 101, 104, 113 f., 119, 121, 124 f., 133, 141, 175, 179 f., 372 f., 426, 445, 452, 455 f., 486 f., 489, 493 Plautus, Titus Macchius 172, 187 Plinius (Gaius Plinius Secundus) 301 Plotinus 13, 22, 79, 86, 88, 99 f., 142, 395, 427 Poliziano, Angelo 80, 172, 223, 226 Pomponazzi, Pietro 114, 144, 384, 390 Pomponius Atticus 119 Porphyrius 96, 272, 384, 415

Index of proper names

Porta, Giambattista della 181 Praetorius, Michael 233 Praetorius, Stephan 121 Prenninger, Martin 80 Proclus 79 f., 88, 97, 384 Ps.-Albertus Magnus 273 f., 278 Ps.-Augustinus 142 Ps.-Plutarch 438 Psellus, Michael 141, 313, 331, 384, 391 f. Ptolemy 82, 277, 426 Quintilianus, Marcus Fabius 459

392 f., 436,

Ramos de Pareja, Bartolom¦ 494 Ravenscroft, Thomas 477 Reuchlin, Johannes 80, 288 Rhodiginus, Caelius 119 Ricchieri, Lodovico s. Rhodiginus, Caelius Riccoboni, Antonio 177 f. Rio, Mart†n del 270 f., 276 Ritter, Joachim 175 Riveaudeau, Andr¦ de 368, 397 Robortello, Francesco 174 Roger, Pierre, see Clemens VI. Ronsard, Pierre de 365 – 370, 374 – 398 Rosenbach, Johannes 119 Rosenrodt, Knorr von 355 Rossi, Nicolý 177 Rudolphi, Karl A. 218 Rupert of Deutz 19 Saul, King Saul 100, 334, 347, 492 Scaliger, Julius Caesar 440, 454, 460, 462, 486 f. ScÀve, Maurice 370 Schade, Peter s. Mosellanus, Petrus Schöner, Johannes 118 Scotus, Duns 345 Scribonius, Wilhelm Adolf 111, 124 f. Servet, Michel 292 Sforza, Francesco 218 Shakespeare, William 17, 26 f., 191 f., 194 f., 202 – 205, 207 – 209, 421 – 427, 429 – 432 Sprenger, Jacob 414

Index of proper names

St. Jerome 32 Statius, Publius Papinius 151, 153 – 155, 165 Stigelius, Johannes 111, 119, 123, 125 Synesius 11 f., 21 f., 80, 136 Tallis, Thomas 478 Tasso, Torquato 181 Taverner, John 478 Terentius (Publius Terentius Afer) 172, 187 Terpander 374 f. Tertullianus 33, 263 f. Tesserant, Claude de 396 Theocritus 125, 377 Theodulf of Orl¦ans 32, 34 Theophrastus 85, 488 Tournes, Jean de 384 Toxites, Michael 412 Trithemius, Johannes 275, 280, 414, 465 Tyard, Pontus de 370 Ugolini, Baccio 218, 226 Unton, Henry 481

509 Valleriola, FranÅois 124 f. Vergerio, Pier Paolo 172 Vergilius (Publius Vergilius Maro) 87 f., 123 f., 151, 157, 168, 277, 365, 393 Vesalius, Andreas 112, 115 f. Vicentino, Nicola 435, 458 Vinci, Leonardo da 218, 387 Vitry, Philippe de 442 f., 447 Warner, Bartholomew 478, 480 Watson, Thomas 477 f. Weiermann, Johann 406 Weyer, Johannes 270, 271, 274 f., 277, 308, 335, 384, 396, 413 f., 416 Wier, Johann, see Weyer, Johannes Wirdig, Sebastian 297 Wright, Thomas 197, 203, 426 f. Zarlino, Gioseffo 436, 440, 448 f., 462, 471 f. Zwingli, Huldrych (Ulrich) 114