Dopingkontrollen im Konflikt mit allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Datenschutz [1 ed.] 9783428533497, 9783428133499

Johannes Niewalda widmet sich der Frage nach der Vereinbarkeit der gängigen Dopingkontrollbestimmungen des NADA-Codes 20

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German Pages 746 Year 2011

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Dopingkontrollen im Konflikt mit allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Datenschutz [1 ed.]
 9783428533497, 9783428133499

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Beiträge zum Sportrecht Band 35

Dopingkontrollen im Konflikt mit allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Datenschutz

Von Johannes Niewalda

Duncker & Humblot · Berlin

JOHANNES NIEWALDA

Dopingkontrollen im Konflikt mit allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Datenschutz

Beiträge zum Sportrecht Herausgegeben von Kristian Kühl, Udo Steiner und Klaus Vieweg

Band 35

Dopingkontrollen im Konflikt mit allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Datenschutz

Von Johannes Niewalda

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat diese Arbeit im Wintersemester 2009/2010 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 29 Alle Rechte vorbehalten

© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1435-7925 ISBN 978-3-428-13349-9 (Print) ISBN 978-3-428-53349-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-83349-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Susanne, Katharina und Alexander für die vielen Entbehrungen Meinem Doktorvater Prof. Dr. Klaus Vieweg für seine außergewöhnliche Geduld Nimm’s hin, nimm’s hin und trag’ es neu Und bewache mir meine Ruh (aus Theodor Fontane, Archibald Douglas)

Inhaltsverzeichnis A. Dopingkontrollsystem und Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für die Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime und die Verwertung von Verfahrensergebnissen für Verbands- und Sponsorenentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime als Aufnahme-, Teilnahme- und Fördervoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Praxis der Einbeziehung der Anti-Doping-Bestimmungen in das Mitgliedschafts- oder Vertragsverhältnis mit den Athleten . . . . . . . . . . . . . . 2. Zulässigkeit der Unterwerfung unter das Dopingkontrollsystem bei Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten . . . . . . a) Anspruch auf Teilhabe ohne Anerkennung der persönlichkeitsrechtlich relevanten Anti-Doping-Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . aa) Teilhabeanspruch unmittelbar aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Teilhabeanspruch bei Berücksichtigung der mittelbaren Wirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Privatrecht . . . . (1) Anspruch nach § 20 VI GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anspruch nach §§ 19, 20 I GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Anspruch nach §§ 826, 249 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unzulässigkeit der Durchführung von Anti-Doping-Bestimmungen ohne wirksame Zustimmung zu den damit verbundenen Persönlichkeitseingriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wirkung der Zustimmung als Einverständnis oder als Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wirksamkeit der Zustimmung mit Einverständnischarakter . . . (1) Zustimmungsfähigkeit von Eingriffen ins allgemeine Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zustimmungsfähigkeit des Rechtsgutsinhabers . . . . . . . . . . . (a) Voraussetzungen der Zustimmungsfähigkeit . . . . . . . . . (b) Folgen der Zustimmungsfähigkeit von nicht oder nur beschränkt Geschäftsfähigen: Autonome Selbstbestimmung oder dennoch Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nötig? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Freiheit von Willensmängeln, insbesondere Freiwilligkeit der Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wirksamkeit der Zustimmung mit Einwilligungscharakter . . . .

19

29 41 41 45 46 46 48 49 50 55 60

61 62 66 66 68 68

70 72 73

8

Inhaltsverzeichnis

II.

(1) Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Insbesondere: Freiheit von Willensmängeln, Freiwilligkeit der Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Kriterien für die Beurteilung der Freiwilligkeit . . . . . . . (b) Drohung mit einem empfindlichen Übel . . . . . . . . . . . . (c) Rechtswidrigkeit der Drohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Isolierte Zweckkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Isolierte Mittelkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Kein gesetzliches Verbot des Mittels . . . . . . . . (aa) Bedeutung des vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes . . . . . . . (bb) Bedeutung der Regelungen über den Kontrahierungszwang . . . . . . . . . . . . . . . (b) Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit des Mittels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Zweck-Mittel-Relation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unwirksamkeit vereinsrechtlicher Anti-Doping-Bestimmungen wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Athleten . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwertbarkeit personenbezogener Informationen für Verbandsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung der Datenschutzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendbarkeit der Datenschutzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Umgang mit personenbezogenen Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) „Einzelangaben“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Über persönliche oder sachliche Verhältnisse . . . . . . . . . . . . (3) Personenbezogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Verbände und Veranstalter als Adressaten der Datenschutzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Erheben, Nutzen oder Verarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verwendung „unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen“ oder „in oder aus nicht-automatisierten Dateien“ . . . . . . . . . . . . (1) Begriff der Datenverwendung unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Begriff der Datenverwendung in oder aus nicht automatisierten Dateien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Sammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Gleichartiger Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Datenverwendung bei der Verabschiedung von Verbandsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74 75 77 78 80 80 81 81 83 83 84 86 87 87 90 90 91 91 92 92 93 94 95 96 98 98 100 100 101 101

Inhaltsverzeichnis ee) Nicht ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Ergebnis zu a) Anwendbarkeit der Datenschutzgesetze . . . . . . . b) Maßgaben des BDSG für die Verwertung personenbezogener Informationen bei Verbandsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gestattungstatbestand: Einwilligung oder gesetzliche Erlaubnis/Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gesetzliche Erlaubnis/Anordnung (§§ 28, 29 BDSG, Sondergesetze) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß § 28 I 1 Nr. 2 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß § 28 I 1 Nr. 3 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einwilligung (§§ 4 I, 4a BDSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Einwilligungserklärung (§ 4 I BDSG) . . . . . . . . . . . . . . . (b) Form (§§ 4a I 3 u. 4, II, III BDSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Freie Entscheidung des Betroffenen (§ 4a I 1 BDSG) nach ordnungsgemäßer Aufklärung (§ 4a I 2 BDSG) . (d) Allgemein für die Einwilligung geltende Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Wirkung der Einwilligung gemäß § 4 I BDSG . . . . . . . (3) Vereinsrechtliche Regelungen als Gestattungstatbestand . . bb) Weitere Maßgaben des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Angaben über Inlandsvertreter, § 1 V 3 BDSG . . . . . . . . . . . (2) Gebot der Datenvermeidung und Datensparsamkeit, § 3a BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Direkterhebungsgrundsatz, Unterrichtungspflicht, § 4 II, III BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Meldepflicht, §§ 4d u. 4e BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Bestellung eines Datenschutzbeauftragten, §§ 4f u. 4g BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Datengeheimnis, § 5 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Auskunfts-, Berichtigungs-, Löschungs- und Sperrungsansprüche, § 6 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Maßnahmen zum Datenschutz, § 9 BDSG i.V. m. der Anlage zu § 9 S. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (9) Automatisierte Abrufverfahren, § 10 BDSG . . . . . . . . . . . . . (10) Auftragsverarbeitung, § 11 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (11) Festlegung der Verwendungszwecke, § 28 I 2 BDSG . . . . . (12) Benachrichtigung bei Erstspeicherungen, § 33 BDSG . . . .

9

102 104 104 105 105 109 116 118 119 119 120 124 127 128 129 130 131 133 134 137 139 142 143 145 145 146 148 149

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Inhaltsverzeichnis 2. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 a) Anwendbarkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts neben dem BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 aa) Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Literaturmeinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 b) Der Schutz der personenbezogenen Daten durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 aa) Erfassung personenbezogener Daten durch den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 bb) Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

III.

c) Ergebnis: Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für die Verwertbarkeit personenbezogener Sportlerdaten bei Verbandsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Kündigung von Sponsorenverträgen auf der Grundlage von Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Zulässigkeit der Verwertung nach dem BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Anwendbarkeit des BDSG auf die Verwertung von Verbandsentscheidungen durch Sponsoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Gestattungstatbestand nach § 4 I BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 aa) Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 bb) Gestattung der Verwertung durch § 28 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . 175 (1) Erforderlichkeit zu Zwecken des Sponsorenvertrags, § 28 I 1 Nr. 1 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (2) Wahrung berechtigter Interessen, §§ 28 I 1 Nr. 2, VI BDSG 181 (3) Verwertung veröffentlichter oder veröffentlichbarer Informationen, § 28 I 1 Nr. 3 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 c) Ergebnis: Zulässigkeit der Verwertung von Verbandsentscheidungen in Dopingsachen für die Steuerung von Sponsorenverträgen nach den Bestimmungen des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 2. Zulässigkeit der Verwertung nach den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 a) Schutzbereichseingriff durch die Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 b) Zulässigkeit des Schutzbereichseingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 aa) Zustimmung des Athleten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 bb) Überwiegendes Interesse des Sponsors an der Verwertung . . . . 189 cc) Sonstige Rechtfertigungsgründe, insbesondere Beweisnotstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Ergebnis: Zulässigkeit der Kündigung von Sponsorenverträgen auf der Grundlage von Verbandsentscheidungen nach den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

Inhaltsverzeichnis C. Vereinsgerichtliche, schiedsgerichtliche und gerichtliche Kontrolle von Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vereinsgerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schiedsgerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirksame Schiedsklausel im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO . . . . . . . . . . . . 2. Rechtliche Wirkung des Schiedsspruches, Kontrolle durch staatliche Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Personelle Reichweite der gerichtlichen Kontrolle von Verbandsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sachliche Reichweite der gerichtlichen Kontrolle von Verbandsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prüfungsumfang bei Vereinigungen ohne besondere Machtstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Prüfungsumfang bei Monopolverbänden oder Vereinen mit überragender Machtstellung im sozialen oder wirtschaftlichen Bereich . . aa) Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beachtlichkeit der Vorgaben des EG-Vertrags zum Schutz der wirtschaftlichen Betätigung von Unternehmen und zum Schutz des Wettbewerbs für Dopingbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen anhand des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Datenschutzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Dopingverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die für das Dopingverbot sprechenden Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigeninteressen der Vereine und Verbände am Dopingverbot . . . . . b) Interesse der Allgemeinheit am Dopingverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Interessen der Sportler am Dopingverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die gegen das Dopingverbot sprechenden Interessen . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Abwägung der gegenläufigen Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zulässiger Umfang des Dopingverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis: Überwiegendes Interesse am Dopingverbot als solchem . . . II. Dopingkontrolle mittels Kontrolle des äußeren Erscheinungsbildes . . . . . 1. Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten . . . . . . . . 2. Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Merkmalkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtfertigung durch Vereins-/Verbandsrecht oder Zustimmung . . b) Abwägung der für und wider die Merkmalkontrolle sprechenden Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Interessen der Vereine und Verbände an der Merkmalkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Interessen der Sportler wider die Merkmalkontrolle . . . . . . . . . . cc) Abwägung der gegenläufigen Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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195 195 196 196 199 200 200 201 201 203 204

215 218 219 220 220 230 237 240 249 254 257 258 259 263 263 264 264 267 267

12

Inhaltsverzeichnis

III.

3. Ergebnis: Unzulässigkeit der Merkmalkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Dopingkontrolle per Urinprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zulässigkeit der Urinprobenahme als Informationsbeschaffungsakt . . . a) Vereinbarkeit der Beschaffung der Urinprobe mit dem BDSG . . . . aa) Anwendbarkeit des BDSG auf den Vorgang der Urinprobenahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Relevante Maßgaben des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gestattungstatbestand (§ 4 I BDSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Gesetzliche Erlaubnis/Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Weitere Maßgaben des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit der in der Probenahme liegenden Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts als Eingriff ins allgemeine Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis: Vereinbarkeit der Urinprobenahme mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Athleten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarkeit der Urinprobenahme mit den weiteren Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mit der Probenahme des Weiteren verbundene Schutzbereichseingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingriff in die Intimsphäre durch das Abnahmeprozedere . . . . bb) Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, sich nicht selber zu belasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Persönlichkeitsrechtseingriff durch die Abnahme eines Körperproduktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Persönlichkeitsrechtsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gegen die Urinprobe sprechende Interessen der Sportler . . . . . bb) Interessen der Vereine und Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abwägung der gegenläufigen Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Reichweite der Gestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis: Zulässigkeit der Urinprobenahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gestaltung der Probenahme im Übrigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auswahl der Probanden, Rechtmäßigkeit verdachtsunabhängiger Kontrollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Persönlichkeitsrechtliche Relevanz der Auswahlregelungen . . . bb) Keine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die Auswahlregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Keine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die Verdachtsunabhängigkeit der Kontrollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Überraschende Kontrollen ohne Voranmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

268 269 269 269 270 275 275 275 283 293

296 297 297 297 298 306 306 307 308 314 321 325 327 328 330 331 332 336 338 339

Inhaltsverzeichnis bb) Keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch überraschende Kontrollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Dopingkontrollen zur Unzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Kontrollen zur Unzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kontrollantritt des Athleten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Berührungspunkte zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht . . . . . bb) Keine Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Regelungen zum Kontrollantritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Auswahl der an der Dopingkontrolle Beteiligten, Anwesenheitsberechtigte bei der Probeabnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts durch die Beteiligtenauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Beteiligtenauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Das Prozedere der Urinabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Berührungspunkte zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht . . . . . bb) Keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Regelungen zur Urinabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Übergang des Eigentums an den Proben auf die NADA . . . . . . . . . . aa) Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . bb) Persönlichkeitsrechtsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Sicherung und Versendung der Proben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bedeutung des BDSG für die Probensicherung und die Probenversendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Mit der Probensicherung und -versendung erfüllte BDSGVerwendungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anforderungen gemäß BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Berührungspunkte zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht . . . . . cc) Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Verpackung und dem Transport der Proben zum Labor . . . . . . . 4. Verletzung des BDSG/des informationellen Selbstbestimmungsrechts durch die kontrollbegleitende Datenverarbeitung (Protokollierung etc.) a) Datenverarbeitung anlässlich der Probenahme nach den Regeln des DOSB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinbarkeit der Datenverarbeitung mit den Bestimmungen des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinbarkeit der Datenverarbeitung mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vereinbarkeit der Weiterleitung der kontrollbegleitend erhobenen Daten mit dem BDSG/dem informationellen Selbstbestimmungsrecht . .

13

341 343 344 347 350 351 353 353 354 357 358 358 361 363 363 365 370 371 371 373 376 378 380 380 381 384 384

14

Inhaltsverzeichnis

IV.

V.

a) Vereinbarkeit der Datenweiterleitung mit dem BDSG . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit der Datenweiterleitung als Eingriff ins allgemeine Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Gynäkologische/urologische Untersuchung anlässlich der Urinprobenahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Persönlichkeitsrechtsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis: Zulässigkeit von gynäkologischen und urologischen Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Zeitliche Ausdehnung der Urinprobenahme auf zwei Proben im Abstand von 2–3 Stunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dopingkontrolle per Blutprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zulässigkeit der Blutprobenahme als Informationsbeschaffungsakt . . . 2. Vereinbarkeit der Blutprobenahme mit den weiteren Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mit der Blutprobenahme des Weiteren verbundene Schutzbereichseingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kein Eingriff in die Intimsphäre durch das Abnahmeverfahren bb) Kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, sich nicht selber belasten zu müssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Kein Persönlichkeitsrechtseingriff durch die Herabwürdigung des menschlichen Körpers zur Informationsquelle . . . . . . . . . . . ee) Persönlichkeitsrechtseingriff durch die Abnahme eines Körperproduktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtfertigung des Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gegen die Blutprobenahme sprechende Interessen der Sportler bb) Für die Blutkontrolle sprechende Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abwägung der gegenläufigen Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bedeutung gesetzlicher Blutprobenregelungen für die Bewertung vereinsrechtlicher Blutkontrollbestimmungen . . . . (2) Verhältnismäßigkeit und überwiegendes Interesse an der Blutprobenahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Interessenabwägung bei nur mittels Blutprobe durchführbaren Kontrollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verhältnismäßigkeit bei Bestehen der Alternative „Urinkontrolle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis: Zulässigkeit der Blutprobenahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausgestaltung der Blutprobenahme im Übrigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abnahme von DNA-Proben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinbarkeit der DNA-Probenahme mit dem BDSG . . . . . . . . . . . . . . .

385 392 392 394 394 398 398 401 402 405 405 405 406 409 410 411 411 412 416 418 418 426 428 439 448 449 454 457

Inhaltsverzeichnis

15

a) Verhältnismäßigkeit der DNA-Probe zu Identifikationszwecken . . . b) Verhältnismäßigkeit der DNA-Probe zur Aufdeckung von Gendoping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarkeit der DNA-Probe mit den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Persönlichkeitsrechtseingriff durch die DNA-Probenahme . . . . . . . . b) Persönlichkeitsrechtsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Erfassung der Athleten als Vereinsmitglieder, in Wettkampfteilnehmerlisten, zur Erstellung von Kaderlisten und in Testpoollisten . . . . . . . . . . . . 1. Vereinbarkeit der Erfassung der Athletendaten mit den Vorgaben des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendbarkeit des BDSG (§§ 1 II–V, 27, 45 BDSG) . . . . . . . . . . . . b) Maßgaben des BDSG für die Erfassung der Mitgliedschafts-, Wettkampf-, Kader- und Testpooldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Athleten VII. Verpflichtung der Athleten zur lückenlosen Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinbarkeit der Erhebung der Aufenthaltsdaten mit den Vorgaben des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendbarkeit des BDSG (§§ 1 II–V, 27, 45 BDSG) . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß BDSG . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gestattungstatbestand: Einwilligung oder gesetzliche Erlaubnis/Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 28 I 1 Nr. 1 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Geeignetheit der Aufenthaltsmeldepflichten . . . . . . . . . (b) Erforderlichkeit der Aufenthaltsmeldepflichten . . . . . . . (c) Angemessenheit der Aufenthaltsmeldepflichten . . . . . . (2) § 28 I 1 Nr. 2 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) § 28 I 1 Nr. 3 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Einwilligung (§§ 4 I, 4a BDSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Einverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Ergebnis ad aa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Maßgaben des BDSG für die Verwendung der Aufenthaltsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarkeit der Aufenthaltsmeldepflichten mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Athleten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis: Zulässigkeitsvoraussetzungen der Aufenthaltsmeldepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erhebung und Verwendung der Aufenthaltsdaten unter Einsatz des Anti-Doping Administration & Management Systems (ADAMS) . . . . a) Vereinbarkeit der Erhebung der Aufenthaltsdaten unter Einsatz von ADAMS mit dem BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

459 461 462 463 464 466 468 468 469 486 487 491 491 493 493 493 494 495 507 519 520 520 528 531 531 534 535 536 537

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Inhaltsverzeichnis aa) Anwendbarkeit des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Maßgaben des BDSG für die Meldung der Aufenthaltsdaten über ADAMS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gestattungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Weitere Maßgaben des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Beachtlichkeit der Maßgaben für automatisierte Abrufverfahren gemäß § 10 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Keine unmittelbare Geltung des § 10 BDSG für die Einrichtung des Abrufverfahrens durch die WADA . . . (b) Mittelbare Bedeutung des § 10 BDSG . . . . . . . . . . . . . . (c) Angemessenheit des Abrufverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinbarkeit der Erhebung der Aufenthaltsdaten unter Einsatz von ADAMS mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . VIII. Weiterleitung der Aufenthaltsdaten an die Kontrollunternehmen . . . . . . . . 1. Die Weiterleitung der Aufenthaltsdaten durch die NADA oder einen übergeordneten Verband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weiterleitung der Daten durch den Abruf vom WADA-Server seitens der Kontrollunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Die Obliegenheit zur Erwirkung einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch den Ausschluss von Wirkstoffen oder Methoden von der Genehmigungsfähigkeit (Art. 5.1 S. 2, 5.5 NADA-Code) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch den Zwang zur Offenbarung von Gesundheitsdaten (Art. 5.1 i.V. m. 5.4 oder 5.6 bzw. 5.7 NADA-Code) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch den Zwang zur Duldung von Untersuchungen gemäß Art. 5.3.2 NADA-Code . . . . . . . . . . . . . . . 4. Überprüfungsrecht der WADA (Art. 5.9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Einwilligung in die Weiterleitung von Entscheidungen des Ärztekomitees (Art. 5.10.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Die Probenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Untersuchung auf Dopingsubstanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinbarkeit der Probenauswertung mit den Vorgaben des BDSG aa) Anwendbarkeit des BDSG (§§ 1 II–V, 27, 45 BDSG) . . . . . . . . bb) Maßgaben des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gestattungstatbestand (§ 4 I 1 BDSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Aufklärung der Athleten (§§ 4a I 2 und III BDSG) (bb) Freiwilligkeit der Einwilligung (§ 4a I 1 BDSG) (b) Gestattung durch Rechtsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Weitere Maßgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

537 545 545 549 551 552 553 558 565 565 565 573 577

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585 591 594 596 600 602 604 604 608 608 608 609 614 631 638

Inhaltsverzeichnis b) Vereinbarkeit der Probenauswertung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Athleten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. DNA-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinbarkeit mit dem BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überwiegendes Interesse an der DNA-Analyse zur Identifizierung von Proben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Überwiegendes Interesse an der DNA-Analyse zur Feststellung von Gendoping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . 3. Erstellung von Probenprofilen für Vergleiche mit weiteren Proben . . . XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse, insbesondere Aufbewahrung zu Vergleichszwecken oder zur späteren weiteren Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinbarkeit der Probenaufbewahrung mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Athleten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinbarkeit der Probenaufbewahrung mit dem BDSG . . . . . . . . . . aa) Anwendbarkeit des BDSG auf die Probenaufbewahrung . . . . . . bb) Relevante Maßgaben des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gestattungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Anforderungen gemäß BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Insbesondere: Freiwilligkeit der Einwilligung . . . (a) Geeignetheit und Erforderlichkeit der Probenaufbewahrung als Mittel zur Dopingbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Probenaufbewahrung . . . . . . . . (cc) Reichweite der Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Gesetzliche Erlaubnis/Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Weitere Maßgaben des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinbarkeit der Probenaufbewahrung mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht außerhalb des Anwendungsbereiches des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis: Vereinbarkeit der Probenaufbewahrung mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Athleten . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarkeit der Probenaufbewahrung mit den weiteren Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII. Die „Erste Überprüfung“ des Analyseergebnisses durch die NADA . . . . . 1. Klärung des Vorliegens einer gültigen Medizinischen Ausnahmegenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ermittlung der Ursachen von positiven Analyseergebnissen . . . . . . . . . XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen . . . . . . . . . . . . .

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638 639 639 641 644 646 646

651 653 653 653 654 654 654 655 658

659 662 669 670 674

676 677 677 678 678 680 683

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Inhaltsverzeichnis 1. Verwahrung und Weiterleitung der A-Proben-Analyse durch die Labore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verwahrung und Weiterleitung des A-Proben-Befundes durch die NADA oder den Verband vor Entscheidung über die B-Proben-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Veröffentlichung von Ergebnissen des Doping-Verfahrens vor der abschließenden Feststellung eines Dopingverstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weiterleitung und Veröffentlichung von Verfahrensergebnissen nach verbandsinterner Feststellung eines Dopingverstoßes . . . . . . . . . . . . . . .

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695 699 705

E. Ergebniszusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 718 F. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 731 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 733

A. Dopingkontrollsystem und Persönlichkeitsrecht „No sports!“ Ob dies tatsächlich die Antwort Winston Churchills auf die Frage eines Reporters war, wie man ein so hohes Alter erreichen könne, wird möglicherweise auf immer ungeklärt bleiben. Als Antwort auf die Frage talentierter junger Menschen, die vor der Entscheidung stehen, eine Karriere als Berufssportler einzuschlagen oder einen der sogenannten klassischen Berufe zu wählen, besitzt der Ausspruch größere Aktualität denn je. Dass der Verzicht auf eine Sportlerlaufbahn angeraten sein könnte, legt die zunehmende Häufung von Dopingmeldungen nahe, die in den letzten Jahren zu verzeichnen war. Zu Beginn des neuen Jahrtausends ist die Dopingproblematik zu einem der beherrschenden Themen im Bereich des Spitzensports geworden. Nicht nur, dass fast kein Tag mehr vergeht, an dem die Medien nicht von einem neuen Dopingfall zu berichten wüssten. In trauriger Regelmäßigkeit werden Superstars der Szene der Anwendung von Dopingpraktiken überführt oder mit Dopinggeständnissen vernommen. Die unrühmliche Vorreiterrolle kommt diesbezüglich dem Profiradsport zu, der inzwischen endgültig unter dem dringenden Verdacht steht, flächendeckend vom Doping überzogen zu sein. Für dessen Situation kennzeichnend ist es, dass sein langjähriger Protagonist und bewunderter und gefürchteter „Patron“, der siebenmalige Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong, derzeit von der übermäßigen Last der Dopinganschuldigungen aus den verschiedensten Richtungen erdrückt zu werden scheint.1 Nahezu zeitgleich wird mit Claudia Pechstein die erfolgreichste deutsche Eisschnellläuferin aller Zeiten, mehrfache Olympiasiegerin und Weltmeisterin, wegen Blutdopings gesperrt.2 Die zunehmend strengeren Kontrollvorgaben, mit denen die Sportverbände auf diese Situation reagieren, wie etwa die Einforderung lückenloser Aufenthaltsmeldungen oder das Kontrollprozedere im Einzelnen, werfen zusehends dringlicher die Frage nach dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und dem Datenschutz der Sportler auf. Der Doping-Status-quo des Spitzensports legt die Vermutung nahe, dass die bis dato eingeführten Kontrollmaßnahmen bei weitem noch nicht ausreichend 1 Nachdem er sich gegen die im Jahr 2005 von der französischen Sportzeitung „L’Equipe“ auf der Grundlage von sechs positiven A-Proben erhobenen Epo-Dopingvorwürfe – vgl. FAZ v. 25.08.05, S. 28 – bis vor kurzem unter Verweis auf das Fehlen von B-Proben erfolgreich wehren konnte, ist Lance Armstrong aufgrund von Dopingberichten seines ehemaligen Mannschaftskollegen Floyd Landis – vgl. FAZ v. 21.05.10, S. 30 – und eines weiteren Mannschaftskameraden – vgl. FAZ v. 18.08.10, S. 27 – ins Fadenkreuz der Ermittler der Food and Drug Administration, der staatlichen Lebens- und Arzneimittelaufsicht der USA, geraten, vgl. FAZ v. 29.05.10, S. 29. 2 FAZ v. 04.07.09, S. 30.

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waren, den Fortbestand der Idee eines dopingfreien Leistungssports und damit des Sports in seiner herkömmlichen Erscheinung im Ganzen zu sichern. Besorgnis erregt vor allem der Eindruck, dass es sich bei den aufgedeckten Dopingverstößen keineswegs mehr nur um Einzelfälle handelt, sondern die oberen Bereiche der Ranglisten mancher Sportarten durchweg von gedopten Athleten in Beschlag genommen werden. Die Aufzählung der überführten Sportler, in der die Namen deutscher Topstars nicht fehlen, ist zu einem guten Teil deckungsgleich mit dem „Who is who“ des internationalen Spitzensports. Dabei erschöpfen sich die Befürchtungen im Zusammenhang mit der Ausbreitung der Dopingmentalität im Hochleistungssport nicht in der Angst vor dem Abschreckungseffekt auf die jungen Talente. Aus der Sicht des Profisports viel bedrohlicher erscheint die Gefahr, dass sich die Financiers der Szene vom Spitzensport abwenden, weil die Wahrnehmung der Sportveranstaltungen als Dopingfarcen die positiven Assoziationen, die mit dem ungedopten sportlichen Wettkampf verbunden sind, ins Gegenteil verkehrt. Spätestens angesichts der Konsequenzen aus den Dopingenthüllungen, die den Profiradsport im Jahr 2007 schlimmer denn je in Verruf gebracht haben, müsste allen Beteiligten klar geworden sein, dass der Hochleistungssport in seiner bisherigen Form Gefahr läuft, am Doping zugrunde zu gehen. Unter dem Eindruck der flächendeckenden Verwendung von Dopingmitteln im Spitzensport mehren sich die Stimmen in Politik und Wirtschaft, welche die öffentliche Sportförderung und das Sportsponsoring in Frage stellen und damit die finanzielle Lebensader des Spitzensports angreifen. Entsprechend seiner übermäßigen Präsenz in den Dopingmeldungen ist der Radsport auch insoweit Hauptbetroffener. Nachdem bislang nur die kleineren Landesrundfahrten der Radprofis das Versiegen der öffentlichen Unterstützung zu spüren bekamen,3 warnte der Bundesinnenminister noch vor der FrankreichRundfahrt anlässlich der ersten Lesung der Gesetzesänderungen des Anti-Doping-Rechts vor dem Entzug der Förderung für die Rad-WM 2007 in Stuttgart,4 deren Rückgabe an den Radweltverband UCI von einigen Stuttgarter Stadträten und der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen bereits gefordert wurde,5 und veranlasste im Folgenden eine Überprüfung der Bundeszuwendungen an den Bund Deutscher Radfahrer.6 Während sich der französische Premierminister angesichts der Ereignisse um die Tour de France 2007 noch darauf beschränkte, ein

3 Nachdem sich u. a. das Land Niedersachsen im Laufe der letzten Jahre aus der Förderung der Niedersachsen-Rundfahrt zurückgezogen hat, konnte das traditionelle Rennen in den Jahren 2008 und 2009 wegen Finanzierungsproblemen nicht stattfinden, vgl. die Meldung auf (Stand 07/2010). 4 FAZ v. 15.06.07, S. 39. 5 FAZ v. 05.07.07, S. 31. 6 FAZ v. 30.06.07, S. 36.

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desaströses Image der Tour zu beklagen,7 forderte nun auch die SPD-Bundesfraktion die Streichung der Bundeszuschüsse für die Rad-WM,8 die erst nach Unterzeichnung einer Anti-Doping-Vereinbarung durch den BDR und die UCI9 von der Stadt Stuttgart ausgerichtet wurde. Im Folgenden wurde auf die Ankündigung der UCI hin, Titelverteidiger Paolo Bettini trotz seiner Verweigerung der Unterschrift unter die nach der Anti-Doping-Vereinbarung erforderliche AntiDoping-Erklärung starten zu lassen, der Bundeszuschuss für die Rad-WM eingefroren10 und von der Stadt Stuttgart der Einbehalt von Zahlungen in Höhe von 675.000 Euro an den BDR und die UCI wegen unzureichender Anti-Doping-Anstrengungen angekündigt.11 Gleichzeitig wird sportartübergreifend an der besseren Kontrolle der Verwendung von rund 80 Mio. Euro Fördermitteln gearbeitet, die nach den Ermittlungen der im Mai 2007 eingesetzten „Projektgruppe Sonderprüfung Doping“ in dopinganfällige Bereiche fließen.12 In Reaktion auf die Zwischenberichte der Projektgruppe wurde von den Grünen im Haushaltsausschuss die Sperrung von Fördermitteln für den BDR und andere Sportverbände und für mehrere Olympiastützpunkte beantragt.13 Anders als der Staat, dem es aufgrund der Bedeutung des Sports für die Gesellschaft schwerer fällt, sich kurzerhand aus der Sportförderung zurückzuziehen, haben eine Reihe von Radsport-Sponsoren diesen Schritt bereits getan. Bereits 2007 musste die Rheinland-Pfalz-Rundfahrt aufgeben.14 Ebenso wurde das traditionsreiche Paarzeitfahren im badischen Bühl seitens des Veranstalters und Mäzens abgesagt, nachdem die Stadt Bühl und der ortsansässige Sponsor Luk im Zusammenhang mit der Aufdeckung des spanischen Dopingnetzwerks 2006 ihre Unterstützung des Events eingestellt hatten.15 Für 2008 wurden neben der Niedersachsen-Rundfahrt die Drei-Länder-Tour – die vormalige Hessen-Rundfahrt – und der Thüringer Eintagesklassiker „Rund um die Hainleite“ abgesagt, Finanzierungsprobleme befürchteten die Veranstalter der Regio-Tour durch Südbaden, des Eintagesrennens „Rund um Köln“ und des Halbklassikers „Rund um den Henninger Turm“, da die jeweiligen Sponsoren ihre Förderung ein- oder zumindest in Frage gestellt hatten.16 Der Ernst der Lage dürfte auch den größten Opti7

FAZ v. 27.07.07, S. 1. FAZ v. 26.07.07, S. 1. 9 FAZ v. 26.07.07, S. 28, u. FAZ v. 03.08.07, S. 31. 10 FAZ v. 27.09.07, S. 32. 11 FAZ v. 01.10.07, S. 38. 12 FAZ v. 22.10.07, S. 33. 13 FAZ v. 23.10.07, S. 38; der Antrag wurde unter Verweis auf die Möglichkeit eines späteren Zuwendungsstops zunächst vom Haushaltsausschuss abgelehnt, vgl. FAZ v. 08.11.07, S. 32. 14 FAZ v. 31.08.08, S. 32. 15 FAZ v. 16.06.07, S. 36. 16 FAZ v. 31.08.08, S. 32. 8

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misten bewusst geworden sein, als die Deutsche Telekom im Herbst 2007 die Auflösung des T-Mobile-Teams bekanntgab, zu der es offenkundig nach vielen Jahren erfolgreichen Sponsorings angesichts der positiven Probe von Patrik Sinkewitz, der einer der Protagonisten des dopingfreien Neubeginns des Teams sein sollte, für das Unternehmen keine Alternative mehr gab.17 Der Telekom auf den Fuß folgten Adidas, der zweite wichtige Sponsor des Bonner Rennstalls,18 und Audi als weiterer wichtiger Kosponsor.19 Mit dem Sponsor des amerikanischen Erfolgsteams Discovery-Channel,20 dem Getränkehersteller Gerolsteiner,21 dem Hauptsponsor des Potsdamer Continental-Teams22 und dem Trikotsponsor des BDR, dem Pharma-Unternehmen Stada,23 haben weitere Geldgeber des Radsports ihre Engagements beendet oder deren Beendigung bekanntgegeben. Der Lebensmittelkonzern Edeka stellte seine Unterstützung der Deutschland-Tour zwar noch nicht ein, wollte aber als Sponsor nicht mehr in Erscheinung treten.24 Sogar die Veranstalter beginnen, auf Dopingvorkommnisse im Bereich der Aktiven zu reagieren, obwohl sie mit dem Ausschluss publikumswirksamer Teams und Fahrer die Verminderung des Interesses an den eigenen Wettbewerben riskieren. Im Verlauf der Tour 2007 musste vor dem Inhaber des Gelben Trikots, Michael Rasmussen, bereits das Team Astana wegen der Dopingvorwürfe gegen Alexander Winokurow auf Druck der Tour-Organisatoren das Peloton verlassen.25 Im August 2007 zogen dann auch die Veranstalter der Vuelta die Einladung an Astana wegen der Dopingvorfälle zurück.26 Gleichzeitig droht mit dem Verlust des Medieninteresses der Ausfall eines weiteren, nicht weniger wichtigen Rädchens im Getriebe der Sportfinanzierung. Als Warnschuss hätte insoweit die Rücktrittsklausel verstanden werden müssen, die im Sommer 2006 in den neuen Sportrechtevertrag zwischen ARD und ZDF und den deutschen Spitzenverbänden aufgenommen wurde.27 Dass es den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten mit der Drohung des Ausstiegs aus der Übertragung dopingbelasteter Sportarten ernst war, wurde vielen Beteiligten wohl erst durch den Paukenschlag klar, den der Abbruch der Übertragung der Tour de France 2007 nach der Dopingmeldung von Patrik Sinkewitz bedeutete.28 Die 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28

Vgl. FAZ v. 28.11.07, S. 1, 32 u. 13. FAZ v. 28.11.07, S. 13. FAZ v. 30.11.07, S. 34. FAZ v. 13.08.07, S. 29. FAZ v. 05.09.07, S. 34. FAZ v. 04.08.07, S. 31. FAZ v. 15.08.07, S. 32, u. v. 16.08.07, S. 28. FAZ v. 16.08.07, S. 28. FAZ v. 26.07.07, S. 28; FAZ v. 27.07.07, S. 3. FAZ v. 14.08.07, S. 31. FAZ v. 24.08.06, S. 28. FAZ v. 19.07.07, S. 1 u. S. 28.

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Sender kündigten an, die Entscheidung, inwieweit Sportübertragungen der öffentlich-rechtlichen Anstalten insbesondere in dopinggefährdeten Sportarten stattfinden würden, sollte zukünftig im Einzelfall nach Überprüfung der aktuellen Dopingsituation entschieden werden.29 Von den wirtschaftlichen Konsequenzen werden die unternehmerisch orientierten Veranstalter und Teambetreiber wie auch die Fahrer schwer getroffen. Aufgrund der Wertverluste, die aus dem schwindenden Interesse am Profisport resultieren, steht zu erwarten, dass dieser sich als Geschäft nicht mehr profitabel betreiben lässt.30 Auch hochkarätige Aktive müssen mit Schwierigkeiten rechnen, einen neuen Arbeitsplatz bei einem anderen Team zu finden.31 Erscheint das Wort vom „Super-GAU, dem größten anzunehmenden Unfall für die deutsche Leichtathletik, für den ganzen deutschen Sport“, den der Dopingnachweis zulasten von Dieter Baumann als der „Leitfigur der Dopingbekämpfung“ und des „Vorbilds für die Jugend“ bedeute,32 im Nachhinein gesehen doch etwas übertrieben, könnte die aktuelle Entwicklung tatsächlich existenzvernichtend für den Profisport enden, falls es nicht gelingen sollte, dem in der Öffentlichkeit immer stärker werdenden Eindruck entgegenzuwirken, dass nicht die am härtesten trainierenden, sondern die am geschicktesten dopenden Athleten die Medaillen und Prämien vereinnahmen.33 Angesichts dieser prekären Situation können die Anstrengungen kaum groß genug sein, die zur Wiederherstellung und Erhaltung der Dopingfreiheit des Sports unternommen werden. Zu diesen Anstrengungen gehört das Dopingkontrollverfahren, durch welches die Sportler zumeist anhand von Urin- und Blutproben auf ihre Dopingfreiheit hin überprüft werden.34 Dieses Verfahren beginnt schon vor der eigentlichen Probenahme damit, dass die Athleten lückenlose Aufenthaltsmeldungen bei den hierfür vorgesehenen Verbandsstellen oder von den Verbänden eingeschalteten Organisationen abgeben müssen, damit sie für die Kontrolleure auch auffindbar sind. Werden die Sportler für eine Dopingkontrolle ausgewählt, müssen sie unter Aufsicht Urin abgeben und sich einer Blutentnahme unterziehen. Bei der Protokollierung dieses Kontrollvorgangs wird erneut eine Vielzahl von Informationen über 29

FAZ v. 20.07.07, S. 31. Hans-Michael Holczer, Chef des Teams Gerolsteiner, hat schon vor dem Ausstieg des Getränkeherstellers den dramatischen, seit 2006 täglich voranschreitenden Wertverlust seiner Firma beklagt, vgl. FAZ v. 03.07.07, S. 31. 31 Vgl. FAZ v. 13.08.07, S. 29. 32 Kommentar des FAZ-Sportkommentators Hans-Joachim Waldbröl, FAZ v. 20.11. 99, S. 40. 33 Nach Einschätzung von Marketingfachleuten hat der Radsport in Deutschland infolge der Dopingenthüllungen bis zum Herbst 2007 circa 80 bis 90 Prozent seines Wertes eingebüßt, vgl. FAZ v. 28.11.07, S. 13. 34 Zum Ablauf des Dopingkontrollverfahrens bis hin zum Schiedsverfahren vor dem Deutschen Sportschiedsgericht vgl. A. Berninger/C. Theißen, SpuRt 2008, 185, 187 f. 30

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die Athleten verarbeitet. Die Kontrollunternehmen übersenden die Proben sodann an akkreditierte Dopinglabore, wo sie auf Dopingsubstanzen und sonstige Dopinganzeichen hin untersucht werden. Die Ergebnisse dieser Analysen werden den Verbänden zugeleitet, während die Reste der Proben bis zu ihrer Vernichtung oft über Jahre hinweg in den Laboren aufbewahrt werden. Im Falle eines positiven Analyseergebnisses wird das im jeweiligen Verbandsreglement vorgezeichnete Dopingstrafverfahren in Gang gesetzt, das mit der Verhängung einer Vereinsstrafe gegen den positiv getesteten Athleten bis hin zum dauernden Ausschluss aus dem Verein und von den für ihn relevanten Sportveranstaltungen enden kann. Am Ende des Verfahrens wird von den Verbänden über die Veröffentlichung des Verfahrensergebnisses entschieden, die regelmäßig durch die Bekanntgabe des Dopingfalls über die Homepage oder die Newspage der Verbände und, je nach Bedeutung des Dopingfalls, durch die Information der Medien geschieht. Da das Dopingkontrollsystem hiernach im Wesentlichen auf die Überprüfung der Athleten auf verbotswidrig angewandte Dopingpraktiken angewiesen ist, bedeutet jede Verstärkung der Anstrengungen im Anti-Doping-Kampf allerdings gleichzeitig eine intensivere Inanspruchnahme der Sportler zu Kontrollzwecken. Hierbei stehen elementare Rechtspositionen der Athleten auf dem Spiel. Die Notwendigkeit der engen Kontaktaufnahme mit den Sportlern im Zuge der Einbindung in das Dopingkontrollsystem und bei der Durchführung der Dopingkontrollen selbst bringt es mit sich, dass umfangreiche und teilweise sehr weitgehende Eingriffe in die Lebensführung der Athleten schon bei der Vorbereitung der Kontrollen und erst recht im Rahmen der Probenahme und der Auswertung der Proben unvermeidlich sind.35 Durch die Intensivierung der Dopingbekämpfung wird die Gefahr noch verstärkt, dass im Eifer des Gefechts nicht nur die Bastionen des „Dopingtäters“ als dem erklärten Gegner über die Maßen geschliffen werden, sondern darüber hinaus Kollateralschäden bei den ungedopten Sportlern entstehen, die durch das Dopingkontrollsystem eigentlich geschützt werden sollen. Die brisanten Themen sind teilweise aus der Tagespresse bekannt. Nachdem im Sommer 2006 aus Großbritannien gemeldet wurde, dass 70 Leichtathleten bei Trainingskontrollversuchen des britischen Verbandes nicht an dem Ort angetroffen worden waren, den sie dem Verband zur Gewährleistung ihrer Erreichbarkeit für Dopingkontrollen mitgeteilt hatten,36 geriet kurze Zeit später die NADA37 ins

35 Eine Vielzahl von Berührungspunkten mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht sieht auch der Bundesdatenschutzbeauftragte, Peter Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 2 f. 36 FAZ v. 09.08.06, S. 27. 37 Die Nationale Anti-Doping Agentur wurde 2002 zur Förderung und Harmonisierung der Doping-Bekämpfung im Bereich des deutschen Sports ins Leben gerufen (weitere Informationen unter ).

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Kreuzfeuer der Kritik, weil sie eine Vielzahl derartiger sogenannter „No-Shows“ hiesiger Sportler nicht an die zuständigen Verbände weitergemeldet hatte, so dass die hierfür in den Regelwerken vorgesehenen Sanktionsmechanismen nicht in Bewegung gesetzt werden konnten.38 Kosteten die No-Shows in diesem Fall „nur“ den verantwortlichen Geschäftsführer der NADA sein Amt,39 können sie für die Athleten einschneidende Konsequenzen nach sich ziehen, die beispielsweise im Falle der Anwendbarkeit des NADA-Codes bis hin zu einem zweijährigen Berufsverbot gemäß Art. 11.5.3 NADA-Code reichen können. Dass sich die Missachtung der Aufenthaltsmeldepflichten tatsächlich nachteilig auf die Möglichkeiten zur beruflichen Entfaltung auswirken kann, musste bald darauf Michael Rasmussen zur Kenntnis nehmen, als er – bis dahin im Besitz des gelben Trikots – am 25.07.2007 auf Druck der Tour-Leitung und des Team-Sponsors wegen falscher Angaben zu seinen Trainingsorten im Vorfeld der Tour de France vom Team Rabobank entlassen wurde.40 Nicht nur der Däne dürfte sich nach seiner Entfernung von der Tour intensive Gedanken darüber gemacht haben, ob bei seinem Ausschluss alles mit rechten Dingen zugegangen war. Auch aus der Sicht des außenstehenden Betrachters liegt angesichts der in Deutschland aktuellen Diskussionen über die Aufzeichnung von Bewegungsdaten durch das Mautkontrollsystem die Frage nahe, inwieweit die Aufenthaltsmeldungen von den Sportorganisationen mit Blick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten, das sie im Grundsatz dazu berechtigt, selber über die Verbreitung von Informationen über die eigene Person zu entscheiden, überhaupt zulässigerweise eingefordert werden. Tatsächlich ist nicht nur bei der Durchsetzung der Meldepflichten, sondern auch bei der Umsetzung einer Vielzahl weiterer Kontrollmaßnahmen die Schutzmauer des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der daraus entwickelten speziellen Rechtsgarantien eine hohe Hürde, die die Kontrollregeln und -maßnahmen nehmen müssen. Haben die Kontrolleure anhand der Aufenthaltsmitteilungen der Sportler erst einmal zu diesen hin gefunden, reiht sich im Verlauf des eigentlichen Dopingkontrollverfahrens nahezu eine persönlichkeitsrelevante Maßnahme an die andere. Unter Umständen werden die Sportler ohne Vorwarnung zu nachtschlafender Zeit zur Kontrolle gebeten oder zur Durchführung der Kontrolle festgehalten,41 in deren Verlauf sie im Regelfall aufs Genaueste beim Wasserlassen observiert werden. In der Mehrzahl der Fälle müssen die Athleten nicht nur ihren Urin zur Verfügung stellen, sondern daneben auch noch eine Blutabnahme an

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FAZ v. 18.01.07, S. 26, u. FAZ v. 01.02.07, S. 33. FAZ v. 09.03.07, S. 36. 40 FAZ v. 27.07.07, S. 3. 41 So geschehen etwa anlässlich einer Kontrolle des italienischen Nationalen Olympischen Komitees (Coni) beim Lampre-Team, wo bis 3:40 Uhr nachts Proben abgenommen wurden, vgl. FAZ v. 31.01.08, S. 32. 39

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sich durchführen lassen. Nach der Abnahme der Proben wird bis zur Beendigung des Dopingkontrollverfahrens mit dem Urin und dem Blut der Athleten als Informationsmasse hantiert und die Probe dem Zugriff des Analytikers und möglicherweise auch noch anderer Labormitarbeiter ausgesetzt, ohne dass für den Sportler der Auswertungsvorgang und der Analyseumfang steuerbar sind. Die Kontrollunterlagen mit den Daten der Athleten reisen durch die Welt, um dann im Herrschaftsbereich der Verbände in deren Verwahrung zu verschwinden. Steht das Ergebnis der aktuellen Kontrolle fest, müssen die Sportler die Aufbewahrung ihrer Proben zu Zwecken späterer weiterer Überprüfungen gewärtigen, auch wenn die Kontrolle nicht zu einem positiven Resultat geführt hat. Die Ergebnisse des Verfahrens – intime Informationen über den körperlichen Zustand der kontrollierten Athleten – werden zwischen den verschiedensten Beteiligten kommuniziert. Dabei müssen die Sportler nach den bisherigen Erfahrungen damit rechnen, dass die Ergebnisse möglicherweise auch schon vor Abschluss des verbandsinternen Verfahrens an die Öffentlichkeit gelangen. Es ist bezeichnend für den Kampf gegen Doping, dass sich die Sportverbände ein ums andere Mal in der Rolle des Hasen wiederfinden, der die Igel in Form der gedopten Sportler dort schon antrifft, wo er sich selber mit großer Kraftanstrengung „hingeforscht“ hat. Der einzige Weg, die Zeiten so kurz wie möglich zu halten, in denen sich die Igel an ihrem Wissensvorsprung erfreuen können, führt über verstärkte Anstrengungen im Bereich der Dopinganalytik und über effektive Verbesserungen des gesamten Kontrollsystems. Hierüber darf allerdings nicht aus den Augen verloren werden, dass selbst der dopinganalytische Gleichstand zwischen den Dopingverfolgern als den Hasen und den Dopingverwendern als den Igeln in diesem Wettlauf den Kampf gegen Doping nur insoweit zum Erfolg führen kann, als die Hasen nicht ihrerseits aufgrund von Regelverstößen disqualifiziert werden. Wenn auch in diesem Zusammenhang bislang wenig beachtet, gehören die Rechtsgarantien des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und die Datenschutzrechte der Athleten wegen der vielzähligen Berührungspunkte, die die Kontrollprozedur zu diesen Rechtspositionen aufweist, zu den wichtigsten Disqualifikationstatbeständen. Im Rahmen dieser Untersuchung wird die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des informationellen Selbstbestimmungsrechts als speziellem Auswuchs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für die im Geltungsbereich des deutschen Rechts praktizierte Dopingbekämpfung aufgezeigt. Mit Blick auf die Führungsrolle, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB)42 einnimmt, indem er für seine Mitgliedsverbände verbindliche Anti-Doping-Regeln vorgibt und

42 Der DOSB wurde am 20.05.2006 gegründet und stellt die Fusion der beiden Dachorganisationen des deutschen Sports – Deutscher Sportbund (DSB) und Nationales Olympische Komitee für Deutschland (NOK) – dar.

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seine Mitgliedsverbände zur Durchsetzung dieser Vorgaben auf den in der Verbandspyramide tiefer liegenden Ebenen bis hin zu den Vereinsmitgliedern verpflichtet,43 und mit Blick auf die Leitbildfunktion, die dem Doping-Reglement des DOSB vor diesem Hintergrund aneignet, konzentriert sich die Untersuchung auf die nach dem DOSB-Reglement beachtlichen Bestimmungen. Es sind dies im Wesentlichen das Anti-Doping-Regelwerk der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA-Code)44, der im NADA-Code in Bezug genommene World Anti-Doping Code (WADA-Code)45 der World Anti-Doping Agency46 und die zum Bestandteil des WADA-Codes gemachten Vorgaben des International Standard for Testing47, die speziell für die Durchführung von Urin- und Bluttests erarbeitet wurden. Die Einbeziehung des WADA-Codes hat darüber hinaus zur Folge, dass dem ratifizierenden Verband seitens der WADA die Teilnahme am Anti-Doping Administration & Management System (ADAMS) empfohlen wird, das den angeschlossenen Verbänden die Organisation ihrer jeweiligen Dopingkontrollsysteme erleichtern soll und zu diesem Zweck die Verarbeitung zentraler personenbezogener Daten der Athleten vorsieht.48 Da die NADA eine entsprechende Teilnahmevereinbarung mit der WADA anstrebt, bedeutet die Übernahme des NADA-Codes für die Athleten der verbandsangehörigen Vereine über kurz oder lang, dass sie ebenfalls zur Teilnahme an ADAMS verpflichtet sind, sobald die Installation des Systems bis auf die Vereinsebene hinunter erfolgt ist. Hierzu soll zunächst näher beleuchtet werden, inwieweit die persönlichkeitsrechtlichen Positionen der Sportler zur Unterwerfung unter das derzeitige Dopingkontrollregime im Widerspruch stehen und ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten der Verwertung der Ergebnisse des Dopingkontrollsys43 Zur Geltung der Regelwerke übergeordneter Verbände gegenüber dem einzelnen Vereinsmitglied vgl. K. Vieweg, NJW 1991, 1511 ff.; K. Vieweg, Normsetzung, S. 77, S. 335 ff.; K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 101. 44 Gegenstand der Untersuchung ist der NADA-Code in seiner per 31.03.2008 gültigen Fassung. Der aktuelle NADA-Code ist abrufbar im Internet unter . 45 Gegenstand der Untersuchung ist der WADA-Code in seiner per 31.03.2008 gültigen Fassung. Der aktuelle WADA-Code ist abrufbar im Internet unter . Eine Gegenüberstellung der vormals geltenden und der ab 01.01.2009 gültigen Fassung findet sich bei A. Jakob/A. Berninger, SpuRt 2008, 61 f. Zu den Änderungen im Zuge der Novellierung vgl. auch C. Krähe, SpuRt 2008, 229 ff. 46 Die World Anti-Doping Agency wurde 1999 vom IOC in Form einer Stiftung ins Leben gerufen, deren Zweck auf die Förderung und die internationale Harmonisierung der Doping-Bekämpfung ausgerichtet ist (vgl. die umfassende Information auf der WADA-Homepage unter ). 47 Die aktuelle Fassung des International Standard for Testing ist abrufbar im Internet unter . 48 Näheres zum ADAMS findet sich auf der Homepage der WADA unter unter dem Link „ADAMS“.

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A. Dopingkontrollsystem und Persönlichkeitsrecht

tems für Verbandsentscheidungen oder auch für Sponsorenentscheidungen entgegensteht (Teil B.). Des Weiteren soll kurz auf die Möglichkeiten der gerichtlichen und schiedsgerichtlichen Kontrolle von Persönlichkeitsrechtsverstößen im Rahmen von Anti-Doping-Maßnahmen eingegangen werden (Teil C.). Schließlich werden die einzelnen persönlichkeitsrechtlich relevanten Anti-Doping-Maßnahmen gemäß NADA-Code auf ihre Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und den Datenschutzrechten der Athleten hin untersucht (Teil D.).

B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für die Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime und die Verwertung von Verfahrensergebnissen für Verbands- und Sponsorenentscheidungen Seitdem der Kampf gegen Doping im Sport in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als gesellschaftliches Thema und noch mehr als Herausforderung für den organisierten Sport in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt ist, wird von Politikern wie auch zunehmend innerhalb der Sportorganisationen und von den „Sportrechtlern“ kontrovers diskutiert, ob es zur Wiederherstellung und Bewahrung eines „sauberen Sports“ des staatlichen Einschreitens in Form eines Anti-Doping-Gesetzes bedarf oder ob diese Aufgabe der Selbstregulierung der Sportorganisationen überlassen werden kann, ja vielleicht sogar überlassen werden muss.1 Der deutsche Gesetzgeber2 konnte sich zunächst nur zu regulierenden Eingriffen im Umfeld der Sportler durchringen, indem er Beschaffung und Han1 Zur sportrechtlichen Diskussion vgl. J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 30 ff., u. J. Fritzweiler/C. v. Coelln, Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil Rn. 25 ff., u. M. Nolte, Staatliche Verantwortung, S. 591 ff., u. T. Mestwerdt, SpuRt 1997, 119 ff., u. J. Völlmecke, The International Sports Law Journal 2008/1–2, 49 ff. Zur Idee eines DopingStraftatbestandes J. Fritzweiler, SpuRt 1998, 234 ff., u. M. Heger, SpuRt 2007, 153. Für ein Anti-Doping-Gesetz M. Lehner/R. Cherkeh, causa sport 2006, 495 ff. Für die Schaffung wirtschaftsstrafrechtlicher Tatbestände B. Bannenberg, SpuRt 2007, 155 f. Kritisch gegenüber der Idee staatlichen Einschreitens U. Steiner, Doping aus verfassungsrechtlicher Sicht, in: V. Röhricht/K. Vieweg (Hrsg.), Doping-Forum (2000), ders., SpuRt 2006, 244, ders., SpuRt 2009, 222, 223, u. K. Vieweg, SpuRt 2004, 194 ff., u. M. Nolte, Staatliche Verantwortung zur Bestrafung des Dopings?, in: K. Vieweg (Hrsg.), Perspektiven des Sportrechts (2005), S. 127 ff., u. W. Dury, SpuRt 2005, 137 ff., u. ders., Lösung des Doping-Problems durch den Staatsanwalt?, in: G. Crezelius/H. Hirte/K. Vieweg (Hrsg.), Festschrift für Volker Röhricht (2005), S. 1097 ff., u. M. Jahn, SpuRt 2005, 141 ff., ders., Eigenverantwortliches Doping und Strafrecht, in: K. Vieweg, Prisma des Sportrechts (2006), S. 33 ff., mit einer ausführlichen Erörterung des Für und Wider aus strafrechtlicher und verfassungsrechtlicher Sicht, u. C. Prokop, SpuRt 2006, 192 ff., u. W. Grunsky, SpuRt 2007, 188 ff. Auch die Rechtskommission des Sports gegen Doping (ReSpoDo) hat in ihrem Abschlussbericht Skepsis gegenüber einer strafrechtlichen Verfolgung von Doping erkennen lassen, vgl. M. Hauptmann, SpuRt 2005, 239, 241 ff. 2 Zur Rechtslage im Ausland vgl. M. Krogmann, SpuRt 1999, 19 f., 61, 148, u. 2000, 13 f., 106, u. A. Röthel, SpuRt 1999, 20 f. (Frankreich), u. B. Welten, SpuRt 2001, 173 ff., 213 ff. (Schweiz), u. J. Schmidt, SpuRt 2006, 19 ff., 63 ff. (Schweiz), u. S. Flachsmann/B. Isenring, causa sport 2004, 231 ff. (Schweiz), u. A. Cizek/A. Schnider, SpuRt 2003, 55 ff. (Österreich), u. A. Cizek, SpuRt 2007, 205 ff. (Österreich), u. S. Wassmer, SpuRt 2007, 60 ff. (Spanien).

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

del mit Dopingmitteln in § 6a Arzneimittelgesetz (AMG) unter Strafe stellte.3 Seit 2007 sind zwar nach der neuerlichen Verschärfung des § 6a AMG erstmals auch Sportler mit Strafe bedroht, wenn sie sich im Besitz einer „nicht geringen Menge“ von Dopingsubstanzen befinden.4 Da allerdings auch die Neuregelung des § 6a AMG lediglich auf den Besitz, nicht aber auf die Einnahme oder Anwendung von Dopingmitteln abstellt, kommen die Verbände und Veranstalter nach wie vor nicht umhin, die Sanktionierung dopender Sportler in ihren Regelwerken oder in den Lizenz- oder Wettkampfvereinbarungen zu verankern. In dieser Situation obliegt es den Sportorganisationen, diejenigen Regeln aufzustellen, die die Athleten wirkungsvoll zur Sportausübung ohne Doping anhalten, und die Athleten diesen Regeln sodann rechtswirksam zu unterwerfen. Konkret geschieht dies5 durch die Aufnahme der Anti-Doping-Bestimmungen in die Regelwerke der Vereine und Verbände, wo sie – die Beachtung der Wirksamkeitsanforderungen durch die Vereine vorausgesetzt6 – für alle gegenwärtigen und zukünftigen Mitglieder nach überwiegender Meinung kraft Korporationsrechts wie Rechtsnormen gelten, nach der neueren Auffassung von der potentiellen rechtlichen Doppelqualität der Verbands- und Vereinsnormen je nach Wahl der Verbände und Vereine verbandsrechtliche oder auch rechtsgeschäftliche Bindungen erzeugen.7 Alternativ kommt die Einbeziehung der Dopingregelungen der Verbände im Wege einer vertraglichen Bindung durch individuell ausgehandelten Vertrag, durch auf einen konkreten sportlichen Wettkampf bezogene Teilnahmevereinbarung oder durch für alle Wettbewerbe innerhalb des „Zuständigkeitsbereichs“ des betreffenden Sportverbandes geltenden Lizenzvertrag in Betracht.8 Die besondere Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für die Durchsetzung der notwendigen Bestimmungen auf vereinsrechtlichem wie auch auf 3 Zur Strafbarkeit von Doping nach dem AMG M. Heger, SpuRt 2001, 92 ff. Zur strafrechtlichen Situation bis 1994 vgl. H. Otto, SpuRt 1994, 10 ff. Zu den zivilrechtlichen Ansprüchen wegen Dopings vgl. W. J. Friedrich, SpuRt 1995, 9 ff. 4 Zur Strafbarkeit von Doping nach dem AMG M. Heger, SpuRt 2001, 92 ff. 5 Zu den Möglichkeiten der Einbeziehung vgl. K. Vieweg, SpuRt 1995, 97, 99 f., u. U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1998, 15. 6 Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Fixierung der Dopingregelungen im Verbandsrecht bei Umsetzung der „satzungsrechtlichen Lösung“ vgl. K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 96 ff. 7 K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 95. 8 Die Möglichkeit der Unterwerfung von Nichtmitgliedern unter die Regelwerke von Sportverbänden und unter deren Disziplinargewalt durch rechtsgeschäftlichen Einzelakt per Individualvertrag, Wettkampfvertrag, Lizenzvertrag oder andere Vereinbarungen, in deren Rahmen das einschlägige Regelwerk des Verbands vom Sportler anerkannt wird, ist vom BGH im sogenannten „Reiter-Urteil“, BGH NJW 1995, 583, 584, 585 f. = SpuRt 1995, 43 ff., ausdrücklich bestätigt worden, vgl. hierzu auch die Anmerkungen von K. Vieweg, SpuRt 1995, 97 ff., u. H. Fenn, SpuRt 1997, 77 ff.; Sauter/Schweyer/ Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 369; zur „vertragsrechtlichen Lösung“ vgl. K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 103 ff.

B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

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vertragsrechtlichem Wege ergibt sich aus Inhalt und Wirkweise dieses Rechtsinstituts, wie sie in der Rechtsprechung des BGH und des BVerfG entwickelt worden sind.9 Entgegen der ständigen Rechtsprechung des RG10, das zwar ein Recht am eigenen Bilde anerkannte11 und deliktischen Persönlichkeitsschutz über die §§ 823, 826 BGB12 oder durch entsprechende Auslegung des LitUrhG13 oder des KunstSchG14 oder anderer Spezialgesetze15 gewährte, ein allgemeines subjektives Persönlichkeitsrecht jedoch als dem geltenden bürgerlichen Recht fremd ablehnte,16 erkannte der BGH dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht im „Leserbrief-Urteil“ 17 und nachfolgend in der Entscheidung „Cosima Wagner“ 18 9 Zur Entwicklung des Persönlichkeitsschutzes seit der römischen Kultur vgl. H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 2 ff. Zum Persönlichkeitsschutz bis zur Mitte des 19. Jhdts. vgl. auch den Abriss bei E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 3. 10 RGZ 51, 369, 373, u. 58, 24, 28 f., u. 60, 1, 4 f., u. 69, 401, 403, u. 94, 1, 2 ff., u. 102, 134, 135 ff., u. 107, 277, 281, u. 113, 413, 414 f., u. 123, 312, 320; vgl. hierzu auch W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 7; H. D. Jarass, NJW 1989, 857, 858; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1986), § 823 Rn. 196; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C1; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 70; Soergel/A.Beater (Bd. 12, 13. Aufl. 2005), § 823 Anh. IV, Rn. 2; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 155; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 1; Larenz/ Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 I.1; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 371; K. E. Heinz, AfP 1992, 234. 11 RGZ 45, 170, 173 („Bismarck“); Erman/H. Ehmann (10. Aufl. 2000), Anh. zu § 12, Rn. 3. 12 RGZ 51, 369, 384, u. 69, 401, 404, u. 72, 175, 176 f., u. 94, 1, u. 115, 416 f., u. 162, 7, 11 f.; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 1; Erman/ H. Ehmann (10. Aufl. 2000), Anh. zu § 12, Rn. 3; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 196; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C1.; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 155, unter Verweis auf (u. a.) RGZ 85, 343, wo allerdings § 826 BGB zum Schutz der Gläubiger vor Vermögensverschiebungen des Konkursschuldners eingesetzt wird; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 11; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 I.1; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 215. 13 RGZ 79, 397, 399 ff., u. 107, 277, 281, u. 113, 413, 415 ff., u. 123, 312, 320. 14 RGZ 82, 333, 334. 15 RGZ 102, 134, 135 ff., stellt hinsichtlich des Schutzes literarischer Werke auf das Urheberrecht als solches ab (im zu entscheidenden Fall auf das schwedische Werk anwendbar über die Berner Übereinkunft von 1886 bzw. die Revidierte Berner Übereinkunft von 1908). 16 RGZ 69, 401, 403; H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 16; Erman/H. Ehmann (10. Aufl. 2000), Anh. zu § 12, Rn. 3. 17 In der Entscheidung (BGHZ 13, 334) ging es darum, dass eine Berichtigungsaufforderung des Anwalts von Hjalmar Schacht, dem früheren Reichsbankpräsidenten, bezüglich eines kritischen Artikels über seinen Mandanten von der „Welt am Sonntag“ gekürzt unter der Rubrik „Leserbriefe“ abgedruckt worden war, obwohl es sich nicht um dessen eigene Meinungsäußerung, sondern um eine als Sprachrohr seines Mandanten geäußerte Gegendarstellung handelte; zustimmend H. Coing in seiner Urteilsanmerkung JZ 1954, 700. 18 BGHZ 15, 249, 257 f.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

die Qualität eines verfassungsmäßig gewährleisteten Grundrechts zu, das auch ein privates, von jedermann zu achtendes Recht sei, und erhob es sodann in der Entscheidung „Krankenpapiere“ 19 in den Stand eines sonstigen Rechtes im Sinne von § 823 I BGB.20 Die Wirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist jedoch nicht auf seine Schutzfunktion als sonstiges Recht i. S. d. § 823 BGB beschränkt: Bereits 1958 wertete das BVerfG in seinem Lüth-Urteil die Grundrechte erstmals als objektivrechtliche Wertentscheidungen, die überall zu beachten sind, auch bei der Anwendung und Auslegung privaten Rechts,21 indem es einen Aufruf zu einem Filmboykott deswegen nicht als tatbestandliche Handlung i. S. d. § 826 BGB ansah, da er von der Meinungsäußerungsfreiheit des Art. 5 I GG geschützt war.22 Nach dem hier entwickelten Verständnis der Grundrechte, das sich zwischenzeitlich als h. M. etabliert hat, steht dem Bürger insoweit ein subjektiv-rechtlicher, aus Verfassungsrecht begründeter Anspruch zu,23 der ihn 19

BGHZ 24, 72 ff. BGHZ 24, 72, 76 f. („Krankenpapiere“); seither st. Rspr., vgl. BGHZ 26, 349, 354 („Herrenreiter“) u. 27, 284, 286 („Tonbandaufnahme I“), u. 30, 7, 11 („Caterina Valente“) u. 50, 133, 143 („Mephisto“) u. BGH NJW 1984, 436; W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 7; H. Hubmann, JZ 1957, 521, 522; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 198 f.; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C2; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 156; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 2; Erman/H. Ehmann (10. Aufl. 2000), Anh. zu § 12, Rn. 5; Soergel/ A. Beater (Bd. 12, 13. Aufl. 2005), § 823 Anh. IV, Rn. 1; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 71; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 84; Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 176; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 375; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 214; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 6; zustimmend C. Degenhart, JuS 1992, 361, 362, G. Müller, VersR 2000, 797, 798; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 187; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 I.1.–3.; für die Einordnung als subjektives Recht M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.E.III.1.a), aus der Erwägung heraus, mit Rücksicht auf Wesen und Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bedürfe es über den von § 823 BGB gewährten Integritätsschutz hinaus eines weitergehenden Aktivitätsschutzes; vom BVerfG wird die Rechtsprechung des BGH ohne inhaltliche Bewertung der Einordnung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als sonstiges Recht akzeptiert, vgl. BVerfGE 34, 269, 280 ff. („Soraya“). 21 Zustimmend H. Coing, JZ 1958, 558, 560; für den Bereich des Arbeitsrechts Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht (6. Aufl. 2008), § 8 I.2., die auch in diesem Bereich lediglich eine mittelbare Grundrechtsgeltung über die Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe und über die Wirkung als objektive Wertentscheidungen annehmen; vgl. zur Problematik der Grundrechtswirkung im Privatrecht auch C.-W. Canaris, AcP 184 (1984), 201 ff.; ders., JuS 1989, 161 ff.; kritisch zur Begründung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts „auf dem Wege einer Grundrechtsanwendung“ K. E. Heinz, AfP 1992, 234, 235 f. 22 BVerfGE 7, 198, 205 f. („Lüth“); bestätigt durch BVerfGE 25, 167, 173, 190 f. („Waisenrente“); 25, 256, 263 („Blinkfüer“); 32, 311, 316 („Steinmetz“); 34, 269, 280 („Soraya“); 42, 143, 147 („Deutschland-Stiftung“); 52, 131, 165 f. („Arzthaftung“); 53, 257, 298 („Versorgungsausgleich“). 23 BVerfGE 7, 198, 206 f. („Lüth“); H. D. Jarass, AöR 110, 363, 376 f.; H. Coing, JZ 1958, 558, 560. 20

B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

33

zur angemessenen Wahrnehmung seiner in der Verfassung verbürgten Rechtspositionen auch im Bereich des Privatrechts berechtigt24 und dessen Missachtung im Wege der Verfassungsbeschwerde gerügt werden kann.25 In diesem Sinne stellt das allgemeine Persönlichkeitsrecht sogar ein oberstes Konstitutionsprinzip des Privatrechts dar, das nicht nur zum Persönlichkeitsschutz im Rahmen des § 823 I BGB zwingt, sondern auch bei der Auslegung einfachen Gesetzesrechts und bei der Fortentwicklung und Ausformung privatrechtlicher Rechtsinstitute zu berücksichtigen ist.26 Aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den ranghöchsten Verfassungsgütern27 ist ihm nach zutreffender Ansicht28 nicht nur als Abwehrrecht gegenüber staatlichen Eingriffen, sondern ungemindert auch als Abwägungsbelang bei der Prüfung von Rechtsverletzungen im Rahmen des § 823 BGB ein hohes Gewicht zuzumessen. Ist hiernach eine sehr weitgehende Verpflichtung zur Beachtung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch für Privatrechtssubjekte bei der Ausgestaltung ihrer privatrechtlichen Beziehungen begründet, stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Verbände und Veranstalter die Athleten überhaupt unter das Dopingkontrollregime zwingen dürfen, wenn in den Anti-Doping-Bestimmungen tiefgreifende Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Sportler vorgesehen sind. Inwieweit dies tatsächlich der Fall ist, hängt davon ab, ob dessen Schutzbereich durch die in Rede stehenden Anti-Doping-Maßnahmen beeinträchtigt wird. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht entzieht sich einer eindeutigen tatbestand-

24 H. D. Jarass, NJW 1989, 857, 861 f.; Larenz/Wolf, AT (9. Aufl. 2004), § 8 I.1; kritisch zur Herleitung des privatrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus dessen Grundrechtscharakter Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 I.3., unter Verweis auf die Ablehnung einer unmittelbaren Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht durch die h. M. in Rspr. und Lit.; gegen die Loslösung von den Art. 2 I und 1 GG zugunsten der Charakterisierung als gewohnheitsrechtliches Institut MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 2; J. Hager, JZ 1994, 373, 374 ff., weist zutreffend darauf hin, dass die Grundrechte jedenfalls insoweit unmittelbare Wirkung im Privatrecht entfalten, als sie vom Privatrechtsgesetzgeber beim Normenerlass zu beachten sind, und dass es mit Rücksicht auf den Direkteinfluss der Grundrechte bei der richterlichen Auslegung privatrechtlicher Vorschriften unpräzise ist, den Einfluss des Grundgesetzes als Einwirkung über das Medium der das Rechtsgebiet beherrschenden Normen zu beschreiben, dass vielmehr die Grundrechte im Privatrecht unmittelbare Wirkung entfalten. 25 BVerfGE 7, 198, 207 („Lüth“); D. Grimm, NJW 1995, 1697. 26 BVerfG NJW 1989, 891; U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 45; J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 2 I.2.a), spricht davon, die persönlichkeitsrechtlichen Argumente formten unmittelbar das Vertragsrecht. 27 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C3; MüKo/P. Schwedtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 189. 28 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C4 ff.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

lichen Festlegung.29 Als „unbenanntes Freiheitsrecht“ sichert es einen besonders schutzwürdigen Lebensbereich gegen Eingriffe ab,30 ohne dass die Elemente dieses Schutzbereiches im Einzelnen konkret ausformuliert wären. Es hat die Funktion eines „Auffanggrundrechts“, indem es für „konstituierende Elemente der Persönlichkeit“ 31 Schutz bietet, die nicht spezialgrundrechtlichen Schutz gefunden haben.32 Als Tatbestand von generalklauselartiger Weite und Unbestimmtheit ist es als „Rahmen-“ oder „Quellrecht“ zu verstehen, aus dem die anerkannten konkretisierenden Gestaltungen fließen.33 Aus diesem Grund wird zur näheren Bestimmung seines Inhalts auf eine Schutzbereichsumschreibung und auf die Bildung von Fallgruppen zurückgegriffen.34 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht als

29 BVerfGE 54, 148, 153 f. („Eppler“); H. C. Nipperdey/G. Wiese, in: BettermannNipperdey, Die Grundrechte, Bd. IV/2 (1962), S. 836 f.; W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 1 f., 10 ff.; H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 37; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 64; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 186; Erman/H. Weitnauer (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 4; Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 14; Soergel/A. Beater (Bd. 12, 13. Aufl. 2005), § 823 Anh. IV, Rn. 32; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 2.A.I.; J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 1 III., hält deshalb im Sinne der Wahrung des Gewaltenteilungsgrundsatzes sowie im Hinblick auf die Gebote der Berechenbarkeit des Rechts, der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit eine tatbestandliche Konkretisierung für dringend geboten. 30 D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 64; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 8. 31 BVerfGE 54, 148, 153 („Eppler“). 32 W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 8 f.; H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 35; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 66; Larenz/Wolf, AT, § 8 I., Rn. 3, § 8 III., Rn. 24, 35; E. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht (2. Aufl. 1996), Rn. 70, spricht von einer „Funktion der Lückenfüllung“, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht habe; kritisch M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.E.IV.1.a), die dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aufgrund seiner Einordnung als subjektives Recht eine weitergehende Funktion zuweist. 33 BGHZ 24, 72, 78 („Krankenpapiere“); H. C. Nipperdey/G. Wiese, in: BettermannNipperdey, Die Grundrechte, Bd. IV/2 (1962), S. 834; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 4; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 6; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 205; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 188; Larenz/Wolf, AT, § 8 I.2., Rn. 7; J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 2 I.1, unter Hinweis auf die geringe Aussagekraft der Charakterisierung als „Quellrecht“; H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 37, bezeichnet das allgemeine Persönlichkeitsrecht als „zukunftsoffen“; kritisch zur Charakterisierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Generalklausel und Rahmenrecht Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 III.2., und E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 15, und M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.E.III.1.c). 34 Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 206; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C16; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 15 ff.; kritisch zur Einordnung als „Quellrecht“, „Muttergrundrecht“ oder

B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

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Freiheitsrecht hat hiernach – allgemein formuliert – die Gewährleistung einer geschützten Persönlichkeitssphäre, der „engeren persönlichen Lebenssphäre“ und ihrer „Grundbedingungen“ 35, im Sinne eines grundrechtlich abgeschirmten Bereichs freier Entfaltung zum Inhalt.36 Diese Gewährleistung resultiert aus dem grundrechtlichen Schutz der freien Entfaltung der Persönlichkeit durch Art. 2 I GG und wird durch Art. 1 I GG zusätzlich abgestützt.37 Sein Wesen besteht in dem gegenüber jedermann geltenden Anspruch des Menschen auf Achtung seiner Würde mit der Möglichkeit zur freien Entfaltung der individuellen Persönlichkeit.38 Geschützt wird die Integrität der menschlichen Person in geistig-see-

„Rahmenrecht“ G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 219, der das allgemeine Persönlichkeitsrecht als ein Sammelsurium konkreter deliktischer Verhaltenspflichten zum Schutz der Persönlichkeit versteht, die sich vier verselbständigten Schutzbereichen zuordnen lassen (Rn. 223); kritisch zur Inhaltsbestimmung durch Fallgruppenbildung M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 2.C.II., die darauf hinweist, eine systematisierende Beschreibung könne keine abstrakt-generelle Schutzbereichsbestimmung ersetzen, und den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts stattdessen durch die Benennung und Konturierung der geschützten Interessen bestimmen will (2.D.). 35 BVerfGE 54, 148, 153 („Eppler“), u. 72, 155, 170, u. 79, 256, 268; C. Degenhart, JuS 1992, 361; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 38; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 14, spricht vom „Schutz des ,Zustandes‘ der Privat- bzw. Persönlichkeitssphäre“; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 60; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 189, 157, spricht von einem „umfassenden right of privacy“; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 8; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), S. 207 ff., plädiert für die Bestimmung des Schutzbereiches durch die Benennung der geschützten Interessen, nämlich des Interesses an der Entfaltung im räumlich-gegenständlichen Privatbereich, an der Selbstbestimmung in eigenen Angelegenheiten, an der Diskretion in persönlichen Angelegenheiten, an der Achtung der persönlichen Ehre, an der wahren Darstellung der eigenen Person und an der Kenntnis und Achtung der personalen Identität. 36 BGHZ 13, 334, 337 f. („Leserbrief“); Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 176, spricht von einem „umfassenden Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit“. 37 Ph. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 30; C. Degenhart, JuS 1992, 361 f.; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 38; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 14; H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 32. 38 BGHZ 24, 72, 76, 80 („Krankenpapiere“); Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 201; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 3; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 86; wie bereits weiter oben betont, darf diese Aussage allerdings nicht dahingehend missverstanden werden, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht seine Wurzel unmittelbar in Art. 1 GG fände: es geht beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht vielmehr darum, die in Art. 2 I GG verwurzelte Handlungsfreiheit so auszugestalten, dass die Persönlichkeit in dem mit Rücksicht auf Art. 1 GG gebotenen Umfang geschützt wird; einschränkend im Hinblick auf den Schutz der aktiven Entfaltung M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.A.I., die dafür plädiert, Entfaltungsinteressen nur im räumlichen Privatbereich und sonst nur ausnahmsweise in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aufzunehmen, wenn sie andernfalls gefährdet wären.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

lischer Beziehung,39 das Recht auf Respektierung der Privatsphäre und der soziale Geltungsanspruch des Einzelnen.40 Das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner individuellen Persönlichkeit besteht gegenüber dem Staat und im privaten Rechtsverkehr.41 In einer groben Unterteilung lassen sich dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zwei Schutzfunktionen zuordnen42: Einmal geht es um das Recht des Grundrechtsträgers, in Ruhe gelassen zu werden (statisches Element, insbesondere Schutz der Privatsphäre)43, zum zweiten geht es um die Gewährleistung der zentralen Voraussetzungen für das Tätigwerden der Person in den Beziehungen mit (nicht vertrauten) Dritten und für das Tätigwerden in der Öffentlichkeit (dynamisches Element, Schutz der personalen Entfaltung).44 39 C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 86; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 61. 40 D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 60. 41 BGHZ 24, 72, 76 („Krankenpapiere“), u. 27, 284, 286 (= NJW 1958, 1344, „Tonbandaufnahme I“); BGH NJW 1959, 525 („Gedenktafel“); MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 186; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 3; Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 177; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 86. 42 Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 211, zeigt darüber hinaus diverse weitere Einteilungsmöglichkeiten auf; ebenso generell für die Rechtsgarantien des Art. 2 I GG R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), 7.III.2.; W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 18 f.; H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 36 f.; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 86; anders Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 III.1.a), die strukturell zwischen den Fällen des Schutzes vor Entstellung und Herabsetzung, des Schutzes vor der unbefugten Erlangung und Verbreitung von Persönlichkeitsäußerungen und Daten und des Schutzes vor kommerzieller Ausnutzung unterscheiden. 43 BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 97; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 186; Ermann/H. Ehmann, Anh. zu § 12 Rn. 10; Larenz/Wolf, AT, § 8 I.1., Rn. 1, § 8 III.6., Rn. 31; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 86; H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 37, 38 ff.; hierunter fällt u. a. auch der Anspruch, von Briefkastenwerbung verschont zu bleiben, vgl. hierzu Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C232 ff., u. Larenz/Wolf, AT, § 8 III.6., Rn. 31, und überhaupt der Schutz vor ungewollten Werbemaßnahmen und der Belästigung durch Telefonanrufe, vgl. BGH NJW 1989, 902, 903, u. BGH NJW-RR 1990, 359, 360, u. MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 157, u. MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 97 ff., sowie Larenz/Wolf, AT, § 8 III.6., Rn. 31; so auch Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.7.; BGH NJW 1996, 1128, 1129 ff. (Prinzessin Caroline und Vincent); zum Schutz des privaten Wohnbereiches vor permanenter Störung durch Versammlungen VGH Kassel, NJW 1994, 1750 f. 44 BGHZ 26, 349, 354 ff. („Herrenreiter“), u. 106, 229, 233 f.; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 50; ders., NJW 1989, 857, 859; C. Starck, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, Art. 2 Rn. 86 f., unter Hinweis darauf, dass sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht von dem aktiven Element des ohne weiteres aus Art. 2 I GG gewährten Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit unterscheidet, und Rn. 170 ff. zum Recht, in Ruhe gelassen zu werden; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 186; Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 177; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 86; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 10; Larenz/Wolf, AT, § 8 III.9., Rn. 35; H. Kube,

B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

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Obwohl das Interesse an der Selbstbestimmung in eigenen Angelegenheiten nach allgemeiner Ansicht das wohl bedeutendste Persönlichkeitsinteresse darstellt45, wird es allgemein vermieden, ein umfassendes, generalklauselartiges Selbstbestimmungsrecht bezüglich der eigenen Angelegenheiten aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleiten. Der Grund hierfür dürfte in der Gefahr der freiheitsbeschränkenden Wirkung eines ausufernden Persönlichkeitsschutzes zu sehen sein, die mit der Installation eines unmittelbaren und umfassenden Schutzes der freien Selbstbestimmung zweifellos verbunden wäre.46 Zur Vermeidung behilft sich die h. M. mit der Benennung einer Vielzahl von Unterfällen des Selbstbestimmungsrechts, die zum überwiegenden Teil die Abwehr von Fremdbestimmung und teilweise auch die aktive Durchsetzung der Selbstbestimmung zum Gegenstand haben. Unternimmt man den Versuch, das Selbstbestimmungsrecht in eigenen Angelegenheiten als eigentliches Ziel des Persönlichkeitsschutzes für die praktische Anwendung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handhabbar zu machen, muss die befürchtete Ausuferung des Persönlichkeitsschutzes durch geeignete Schutzbereichsgrenzen verhindert werden. Eine Beschränkung des Selbstbestimmungsrechts in der Form, dass etwa nur die vernünftige Selbstbestimmung von der Rechtsgemeinschaft zu akzeptieren wäre, wird allerdings zu Recht abgelehnt: Mit Rücksicht auf die zentrale Bedeutung der Selbstbestimmung für die Entfaltung der Persönlichkeit erfordert der nach den Art. 2 I i.V. m. 1 I GG gebotene Persönlichkeitsschutz die Möglichkeit zur umfassenden Selbstbestimmung, die ihre Grenze erst in überwiegenden Rechten und Interessen anderer finden kann.47 Nach zutreffender Ansicht ist der Umfang der vom Selbstbestimmungsrecht über die eigenen Angelegenheiten umfassten Gegenstände auf diejenigen Angelegenheiten zu begrenzen, zu denen der Rechtsinhaber eine sozialtypisch offenkundige, naturgegebene Verbindung hat, die so eng ist, dass man die jeweiligen Angelegenheiten ohne weiteres seiner Person zuordnet; es muss sich um Angelegenheiten handeln, die dem Menschen nach natürlicher Anschauung unmittelbar zugehörig und somit als Teil seines Selbst anzusehen sind. Die Einräumung der Selbstbestimmungsbefugnis muss darüber hinaus mit den geltenden rechtlichen, insbesondere verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen sein.48 HdbStR VII, § 148 Rn. 37, spricht vom Recht auf Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit. 45 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B., m.w. N. 46 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.I.1. 47 Ausführlich M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.I.2. 48 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.III., mit einer Aufzählung der hiernach vom Selbstbestimmungsrecht erfassten Angelegenheiten.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Teilweise wird der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dahingehend eingeschränkt, dass „sozialadäquate“ Einwirkungen, d.h. solche Einwirkungen, die im täglichen Verkehr unvermeidlich sind und allgemein hingenommen werden oder nach allgemeiner Anschauung hingenommen werden müssen, nicht als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewertet werden sollen.49 Den Befürwortern dieses Ansatzes ist in der Erkenntnis zu folgen, dass die Sozialadäquanz eines Geschehens bei der Beantwortung der Frage zu berücksichtigen ist, ob eine Persönlichkeitsrechtsverletzung mit den damit verbundenen Konsequenzen vorliegt. Die Einordnung der Sozialadäquanz als normatives negatives Tatbestandsmerkmal kann allerdings zu dem Ergebnis führen, dass ein und dieselbe Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung im einen Fall als Persönlichkeitsrechtsverletzung zu werten ist, während sie im anderen Fall schon tatbestandlich keinen Persönlichkeitsrechtseingriff darstellen soll, wenn nämlich die Beeinträchtigung unter den konkreten Umständen als sozialadäquat anzusehen ist. Da sich jedoch die Qualifizierung einer Rechtsposition als vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt angesichts der Herleitung und Begründung des allgemeinen Persölichkeitsrechts aus der Persönlichkeit des Rechtsinhabers maßgeblich daran zu orientieren hat, welchen Schutz die Persönlichkeit aufgrund ihrer Besonderheiten zur Vermeidung von Einschnitten und zur Förderung ihrer freien Entfaltung benötigt, können äußere Umstände wie die Allgemeinüblichkeit im Zusammenhang mit der Definition des Schutzumfangs auf Tatbestandsebene keine Rolle spielen. Sie sind richtigerweise vielmehr im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten des Eingreifenden zu berücksichtigen.50 Nach a. A. soll ein Überborden des Persönlichkeitsschutzes dadurch vermieden werden, dass bereits bei der Festlegung der Schutzbereichsgrenzen nicht jedwedes berechtigte Persönlichkeitsinteresse einzubeziehen ist, sondern nur solche Persönlichkeitsinteressen Berücksichtigung finden sollen, deren Schutz aus der Sicht des Rechtsinhabers erforderlich und aus der Sicht der Mitbürger zumutbar ist.51 Tatsächlich wird man die Erforderlichkeit des Persönlichkeitsschutzes für ein Persönlichkeitsinteresse jedenfalls dann zur Bedingung für die Einbeziehung dieses Persönlichkeitsinteresses in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als subjektives Recht wie auch als Abwehrrecht erheben müssen, wenn man der Prämisse folgt, jede rechtliche Bevormundung von Privatrechtssubjekten durch den Gesetzgeber sei nur bei Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig. In diesem Fall kann die der Einrichtung des Persönlichkeitsrechts spiegelbildlich gegenüberstehende Pflicht der Rechtsgenossen zur 49

Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 5. A.A. M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 2.A.III.2.a), die die Sozialadäquanz als eigenständiges, neben der Interessenabwägung zu beachtendes Korrektiv einordnet. 51 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.E.V. 50

B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

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Achtung der persönlichkeitsrechtlichen Belange des Rechtsinhabers für solche Persönlichkeitsinteressen nicht begründet werden, deren Bewehrung mit einem Abwehrrecht oder gar einem subjektiven Recht sich als unverhältnismäßig (im weiteren Sinne) darstellt, weil eine solche Bewehrung nicht erforderlich oder unverhältnismäßig (im engeren Sinne) wäre. Zu den Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes gehören – sei es als eigenständiger Schutzbereich oder als Ausprägung des Selbstbestimmungsrechts in eigenen Angelegenheiten – insbesondere der Schutz der Selbstbestimmung hinsichtlich der Darstellung der eigenen Person in der Öffentlichkeit52 sowie der Schutz des personalen Geltungsanspruchs, der auch die Ehre der Person umfasst.53 Im Rahmen der Selbstbestimmung über die Darstellung der eigenen Person soll der Einzelne selbst darüber befinden dürfen, wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit darstellen will,54 was seinen sozialen Geltungsanspruch ausmachen soll55 und ob oder inwieweit Dritte über seine Persönlichkeit verfü52 BVerfGE 35, 202, 219 f. („Lebach“), u. 63, 131, 142 („Gegendarstellung“) u. 71, 206, 219, u. NJW 1993, 1463, 1464 f.; BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 88; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 34; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 71; C. Degenhart, JuS 1992, 361; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 42; ders., NJW 1989, 857, 858; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 66; R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), 7.III.2.2; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C229 ff.; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 80 ff.; H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 690; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 73; Erman/H. Ehmann, Bd. 1 (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 196 ff.; einschränkend E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 20. 53 BVerfGE 54, 148, 154 („Eppler“), u. 54, 208, 217 („Böll/Walden“); BVerwGE 82, 76, 78; R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), 7.III.2.2; C. Degenhart, JuS 1992, 361; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 35; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 43; ders., NJW 1989, 857, 858; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 87, 171 f.; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 74, 123 ff.; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 66; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 33 ff.; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 18 ff.; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 233 ff.; umfassend zum Schutz der Persönlichkeit gegen Herabwürdigung und Entstellung Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C63 ff.; H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 690; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 73; Soergel/A. Beater (Bd. 12, 13. Aufl. 2005), Anh. IV § 823, Rn. 155 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.2.; nach G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 224, 286 f., stellt die persönliche Ehre einen eigenständigen Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. 54 G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 270; kritisch Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.5.a). 55 Kritisch insoweit Erman/H. Ehmann, Bd. 1 (9. Aufl. 1993), Anhang zu § 12, Rn. 197, 203, der zu Recht darauf hinweist, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht dem Einzelnen kein Recht zur Durchsetzung einer Selbstdarstellung verleiht, die nicht den Tatsachen entspricht, da als Grenzen des Rechts zur Selbstdarstellung zum einen immer das Recht zur Äußerung wahrer Tatsachen und zum anderen oftmals das Informationsinteresse der Allgemeinheit zu beachten sind.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

gen können, indem sie diese zum Gegenstand öffentlicher Erörterungen56 oder öffentlicher Berichterstattung57 machen. Geschützt sind das Lebensbild58, d.h. die Gesamtheit des Lebensablaufs einer Person oder wesentliche Abschnitte daraus,59 und insbesondere das Charakterbild des Einzelnen, das den Menschen in seinen charakterlichen Eigenschaften vorstellt.60 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt insoweit umfassend vor Unwahrheit.61 Blickt man auf diesen breit gefächerten Schutzmantel, den das allgemeine Persönlichkeitsrecht ausbreitet, erscheint aus der Blickrichtung der Verbände und Veranstalter als Ersteller der maßgeblichen Regel- und Vertragswerke die Frage umso dringender, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime nicht an den Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte der Athleten scheitert. Von den Antworten auf diese Frage unmittelbar berührt wird die Zulassungspraxis der Verbände und Veranstalter, was die Aufnahme in die Sportvereine und in die für die finanzielle Förderung und für die Nominierung zu Wettkämpfen relevanten Leistungskader, die Teilnahme an Sportveranstaltungen und die Förderung durch die Deutsche Sporthilfe betrifft: Ist es zulässig, den Athleten die Aufnahme und die Förderung zu verweigern, wenn sie die verbandsrechtlich oder vertragsrechtlich verankerten Dopingbestimmungen, die Eingriffe in die Persön-

56 BVerfGE 54, 148, 155 („Eppler“), u. 63, 131, 142 („Gegendarstellung“); H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth (5. Aufl. 2000), Art. 2 Rn. 31; ders., NJW 1989, 857, 858. 57 BVerfGE 35, 202, 220 („Lebach“); G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 252. 58 BVerfGE 30, 173 („Mephisto“), u. 35, 202, 220 („Lebach“); H. Hubmann, JZ 1957, 521, 526; H. C. Nipperdey/G. Wiese, in: Bettermann-Nipperdey, Die Grundrechte, Bd. IV/2 (1962), S. 850; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 53; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 157; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/ 2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 97, m.w. N.; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 23; restriktiv insoweit Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 104. 59 H. Hubmann, UFITA 26 (1958 II), 19, 23 f.; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 181; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), S. 223. 60 H. Hubmann, JZ 1957, 521, 525; Bettermann-Nipperdey/H. C. Nipperdey, Die Grundrechte, Bd. IV/2 (1962), S. 850; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C229; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 24; M. BastonVogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.VIII.7.; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 180 f., macht den Schutz des Lebens- und des Charakterbildes unmittelbar an den §§ 22 f. KUG fest. 61 D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 126 ff.; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 104; Larenz/Wolf, AT, § 8 III.1., Rn. 25; E. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht (2. Aufl. 1996), Rn. 278; vgl. die ausführliche Erörterung bei E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 74 ff., der zutreffend für einen strikten Schutz vor Unwahrheit plädiert; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 80, spricht vom Schutz des Einzelnen vor Verhaltensweisen, die geeignet sind, ihn ins falsche Licht zu rücken.

I. Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime

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lichkeitsrechte der Sportler vorsehen, nicht zu akzeptieren bereit sind oder wenn sie bereits gegen diese Bestimmungen verstoßen haben? Zweitens erhebt sich aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht die Frage nach der Verwertbarkeit der gemäß den Bestimmungen des Dopingkontrollsystems gewonnenen personenbezogenen Informationen für Verbandsentscheidungen mit belastender Wirkung wie etwa Dopingsperren oder andere Dopingsanktionen. Können die Sportler von der Teilhabe ausgeschlossen werden, wenn Dopingverstöße unter Anwendung von Verfahrensvorschriften festgestellt worden sind, die die Persönlichkeitsrechte der Sportler beeinträchtigen? Ein dritter Regelungsbereich, der im Falle von Dopingverfahren nach den verbandsrechtlichen Dopingkontrollsystemen berührt sein kann, sind die Verträge der Athleten mit ihren Sponsoren. Diesbezüglich bedarf der näheren Betrachtung, inwieweit etwa die Kündigung derartiger Vereinbarungen seitens der Sponsoren unter Berufung auf Verbandsentscheidungen oder auf andere Ergebnisse aus verbandsrechtlichen Dopingkontrollverfahren ausgesprochen werden kann. Die vorstehend aufgeworfenen Fragen stellen sich als Vorfragen der persönlichkeitsrechtlichen Überprüfung der einzelnen Kontrollmaßnahmen und werden daher im Folgenden vorab und maßnahmenübergreifend untersucht. Nur insoweit, als die Verwendung der Erkenntnisse, die durch persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Maßnahmen gewonnen werden, nicht bereits aus den hierbei anzustellenden generellen Erwägungen heraus scheitert, bedarf es der Prüfung der konkreten Persönlichkeitsrechtseingriffe, die mit den einzelnen Dopingkontrollmaßnahmen verbunden sind.

I. Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime als Aufnahme-, Teilnahme- und Fördervoraussetzung 1. Praxis der Einbeziehung der Anti-Doping-Bestimmungen in das Mitgliedschaftsoder Vertragsverhältnis mit den Athleten Die Verbände und Veranstalter können Anti-Doping-Bestimmungen in der Weise zum Bestandteil ihrer Rechtsbeziehung mit den Athleten machen, dass sie die Dopingregeln entweder in den verbandsrechtlichen Regelwerken verankern oder die Athleten individuell entsprechend verpflichten.62 Werden Dopingregeln in den Regelwerken übergeordneter Verbände festgeschrieben, erlangen sie unmittelbare Geltung zunächst einmal nur gegenüber den 62 Zu den Möglichkeiten der Einbeziehung vgl. K. Vieweg, SpuRt 1995, 97, 89 f., u. U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1998, 15.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Verbandsmitgliedern, also den im übergeordneten Verband organisierten Vereinen und Verbänden, nicht jedoch gegenüber den einzelnen Mitgliedern dieser Vereine und Verbände.63 Um ihre Verbandsbestimmungen gegenüber den in der Verbandspyramide weiter unten angesiedelten Vereinigungen und schließlich auch den einzelnen Vereinsmitgliedern wirksam werden zu lassen, müssen die Verbände die Inkorporation der einschlägigen Bestimmungen in die Satzungen und Ordnungen der angeschlossenen Verbände und Vereine durchsetzen. Diese Inkorporation kann in der Weise geschehen, dass die Vereine die Geltung des Verbandsrechts gegenüber ihren Vereinsmitgliedern durch die Aufnahme einer „Übernahmebestimmung“ in die Vereinssatzung herbeiführen.64 Sollen die Vereinsmitglieder Regelungen unterworfen werden, die nicht vom unmittelbar übergeordneten Verband – etwa dem Landesverband, dessen Mitglied der betreffende Sportverein ist –, sondern von einem in der Verbandspyramide weiter oben angesiedelten Verband – etwa dem nationalen Fachverband, in dem sich die Landesverbände zusammengeschlossen haben, oder dem DOSB als sportartübergreifendem Dachverband – aufgestellt worden sind, bedarf es eines lückenlosen Systems korrespondierender Satzungsbestimmungen, durch die die einschlägigen Verbandsregelungen vom nationalen Dach- oder Fachverband über den Landesverband an den Verein vermittelt werden.65 Die individualrechtliche Bindung der Sportler an die Dopingbestimmungen kann über eine Lizenzvereinbarung, über durch die Nennung und die Zulassung zu den einzelnen Wettkämpfen begründete, für alle Teilnehmer inhaltsgleiche Wettkampfverträge,66 im Wege einer echten Individualvereinbarung zwischen Veranstalter und Sportler67 oder aber – falls der Sportler die Wettkampfteilnahme auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages ausübt – durch eine entsprechende Ausgestaltung der Arbeitsvertragsbedingungen oder auch den Abschluss entsprechender Kollektivvereinbarungen68 herbeigeführt werden.69 63 K. Vieweg, NJW 1991, 1511, 1514; K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 101. 64 Vgl. hierzu die „satzungsrechtliche Lösung“, die eine vom DSB beauftragte Arbeitsgruppe sachverständiger Juristen dem DSB-Präsidium im Frühjahr 1992 vorgelegt hat; so für die Installation verbandsrechtlicher Dopingsanktionen im Vereinsrecht auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 67 ff. 65 K. Vieweg, NJW 1991, 1511, 1514; K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 102; T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 153. 66 Gegen die Wertung der Wettkampfteilnahme als konkludente Zustimmung zur Geltung der Anti-Doping-Bestimmungen B. Kern, Internationale Dopingbekämpfung (2007), S. 256 f. 67 T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 158 f.; vgl. auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 77 ff. 68 Vgl. G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 84 ff. 69 Zur rechtsgeschäftlichen Unterwerfungsvereinbarung vgl. auch J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 86 ff.

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Der WADA-Code als das global zentrale Anti-Doping-Regelwerk erlangt für die deutschen Athleten dadurch Geltung, dass die NADA die zwingenden Bestimmungen des WADA-Codes in den NADA-Code übernimmt oder im NADACode darauf Bezug nimmt, im nächsten Schritt durch entsprechende Vereinbarungen mit den Fachverbänden die Geltung des NADA-Codes im Verbandsrecht bewirkt wird und sodann durch entsprechende Regelungen innerhalb der Verbandspyramide die Beachtlichkeit für die Sportler als Mitglieder der verbandszugehörigen Vereine begründet wird. Alternativ kommen vertragliche Vereinbarungen unmittelbar zwischen einzelnem Sportler und NADA oder auch zwischen den Sportlern und den Verbänden in Betracht.70 Wegen der gegenläufigen Interessen der Sportvereinigungen an der Durchsetzung der Anti-Doping-Bestimmungen und der Athleten an der Freiheit von Einschränkungen bei der Sportausübung ist ein grundlegender Konflikt zwischen den Parteien vorprogrammiert: Um eine lückenlose Geltung der Anti-Doping-Bestimmungen zu erreichen, ist es unerlässlich, dass unabhängig von der Rechtsnatur der Beziehung zwischen Sportlern und Veranstaltern und Verbänden – Vereinsmitgliedschaft, Lizenzvertrag, Wettkampfvertrag, Arbeitsvertrag, Kollektivvereinbarung – in jedem Fall die einschlägigen Anti-Doping-Regelwerke in die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien einbezogen werden. Zur wirksamen Einbeziehung der Dopingregeln ist die Mitwirkung der Athleten in Form eines wie auch immer gearteten Zustimmungsaktes unverzichtbar. Dieser Zustimmungsakt ist im Falle der Platzierung der Dopingbestimmungen im Verbandsrecht mit der Beitrittserklärung der Athleten verbunden, mit der sie sich grundsätzlich71 auch den nach ihrem Beitritt wirksam verabschiedeten Vereinsregeln unterwerfen, im Falle der Fixierung der Dopingregeln als Vertragsbedingungen mit der Annahme des Vertragsangebotes vonseiten der Sportler. Aus dem Blickwinkel des Persönlichkeitsrechts haftet dem Zustimmungsakt insofern eine Doppelfunktion an, als er nicht nur die Bindung der Athleten an die Regelungen der Verbände und Veranstalter herbeiführt, sondern darüber hinaus auch als Zustimmung zu Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht der Athleten wirkt, zu denen diese Regelungen die Verbände und Veranstalter ermächtigen.

70 Vgl. hierzu J. Adolphsen, Umsetzung des Welt Anti-Doping Code in Deutschland, in: K. Vieweg (Hrsg.), Perspektiven des Sportrechts (2005), S. 84, u. B. Kern, Internationale Dopingbekämpfung, S. 251 ff., u. S. Nagel, causa sport 2009, 29, 31 f. 71 Dies gilt nach BGH NJW 2000, 1713 („Hundezüchter“) nicht für satzungsmäßige Schiedsklauseln. Nach U. Haas, SpuRt 2000, 137, 140, werden im Moment des Vereinsbeitritts bereits in der Satzung enthaltene Schiedsklauseln durch die mit dem Beitritt verbundene Zustimmung zu den Vereinsbestimmungen hinreichend legitimiert, während sich für nach dem Beitritt eingefügte Schiedsklauseln eine gesonderte Zustimmung der Vereinsmitglieder empfiehlt.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Dass der gedopte oder zum Doping entschlossene Sportler keine Motivation verspürt, die Anti-Doping-Bestimmungen ohne Notwendigkeit zu akzeptieren, liegt auf der Hand, liefert er sich doch durch die Unterwerfung unter diese Bestimmungen der Gefahr aus, dass die bereits begangenen oder geplanten Dopingverstöße mit empfindlichen Strafen bis hin zum Berufsverbot geahndet werden. Aber auch für den ehrlichen Athleten finden sich durchaus gute Gründe für eine skeptische oder gar ablehnende Haltung gegenüber dem Dopingkontrollsystem. Bei nüchterner Analyse der Konsequenzen, die mit der Unterwerfung unter die Dopingbestimmungen verbunden sind, resultiert jedenfalls aus dem Grundsatz der „strict liability“, den der Athlet im Rahmen des Anti-Doping-Regelwerks zu akzeptieren hat, eine Gefahr auch für die ehrlichen Sportler: Bei aller Skepsis, die gegenüber den immer wieder von positiv getesteten Athleten zu ihrer Entlastung vorgebrachten Behauptungen angebracht ist, es seien ihnen Dopingmittel ohne ihre Kenntnis und gegen ihren Willen von Dritten zugeführt worden, ist doch andererseits festzuhalten, dass das Prinzip der „strict liability“ tatsächlich die Konstellation ermöglicht, in der der unverschuldet und vielleicht sogar unvermeidlich gedopte Sportler wegen Dopings bestraft wird. Angesichts dieser Interessenlage ist es für die Verbände und Veranstalter unverzichtbar, einen Mechanismus zu installieren, der für die ausnahmslose Unterwerfung der Sportler unter das Dopingkontrollsystem sorgt. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen die Verbände und Veranstalter erstens unmittelbar an der Wurzel ihrer Rechtsbeziehung zu den Athleten an: Die Zustimmung zu den Anti-Doping-Bestimmungen wird den Sportlern nicht erst nach dem Vereinsbeitritt oder dem Vertragsschluss im Wege einer Zusatzvereinbarung abverlangt, sondern bereits die Aufnahme in den Verein und der Abschluss der Lizenz-, Wettkampfund Arbeitsverträge von der Akzeptanz des Anti-Doping-Reglements abhängig gemacht. Darüber hinaus setzt auch die Aufnahme der Athleten in die Leistungskader, die eine unabdingbare Voraussetzung für die Startberechtigung bei vielen wichtigen Wettkämpfen darstellt und außerdem für den Umfang der finanziellen Unterstützung durch die Stiftung Deutsche Sporthilfe entscheidend ist,72 die Zustimmung zu den Anti-Doping-Bestimmungen voraus. Zweitens wird den bereits in den Verein, den Kader oder ein Förderprogramm aufgenommenen oder bereits mit einer Lizenz oder einem Wettkampfvertrag ausgestatteten Athleten die Anerkennung neuer Anti-Doping-Bestimmungen unter Androhung des Entzugs ihrer Berechtigung abverlangt. Um die Anwendbarkeit der Regeln über die Dopingbekämpfung juristisch abzusichern, werden die Athleten in manchen Sportarten seit geraumer Zeit zur Unterzeichnung von Vereinbarungen mit den Verbänden aufgefordert, in denen sie sich unter anderem nochmals gesondert den Regelwerken der Verbände unter72 Zu den Förderbedingungen der Stiftung Deutsche Sporthilfe vgl. die Homepage der Deutschen Sporthilfe unter , Stichwort „Förderung“.

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werfen.73 Soweit von der Unterzeichnung dieser Vereinbarungen der Zugang zu den beruflich interessanten Wettkämpfen abhängig gemacht wird,74 begegnet ihre Wirksamkeit im Hinblick auf die Unterwerfung unter die ihr Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Vorschriften des Dopingkontrollregimes den gleichen Bedenken wie die entsprechenden Klauseln in Wettkampfverträgen oder in den Regelwerken der Sportvereinigungen.75 Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Vereinbarungen anders zu behandeln sind, wenn den Athleten für den Fall der Verweigerung der Unterschrift keine nachteiligen Konsequenzen von den Verbänden angedroht werden. 2. Zulässigkeit der Unterwerfung unter das Dopingkontrollsystem bei Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten Die Frage nach der Vereinbarkeit der Unterwerfung der Athleten unter das Dopingkontrollsystem mit ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht taucht rechtstechnisch gesehen in verschiedener Gestalt auf: Sie stellt sich erstens als Frage nach einem Teilhabeanspruch der Sportler. Ein Athlet, der heute neu in einen Verein eintreten will oder sich zur Teilnahme an einem Wettkampf anmeldet, wird anlässlich des Aufnahme- oder Zulassungsverfahrens mit dem Anti-Doping-Reglement konfrontiert, indem seine Aufnahme in den Verein oder seine Zulassung zum Wettkampf von der vorherigen Anerkennung der Anti-Doping-Bestimmungen abhängig gemacht wird. Die Verknüpfung von Aufnahme oder Vertragsschluss mit der Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime setzt allerdings voraus, dass dem Athleten ein Rechtsanspruch auf Aufnahme, Zulassung oder Teilhabe nicht auch ohne vorherige Anerkennung der Anti-Doping-Bestimmungen zusteht. Ein entsprechender Kontrahierungszwang kann ausdrücklich gesetzlich normiert sein oder sich aus allgemeinen Rechts-

73 Zu den sogenannten Athletenvereinbarungen vgl. U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1996, 109 ff., 187 ff., u. A. Fikentscher/A. Schmitt/R. Sonn, SpuRt 1999, 89 ff. (zur MusterAthletenvereinbarung des DSB von 1997). 74 Beispielsweise hatte die Nichtunterzeichnung der vom DLV im Jahr 1995 eingeführten sogenannten „Athletenvereinbarung“ gem. § 7 Ziff. 1.3 LAO den Ausschluss aus dem Bundeskader, aus der Nationalmannschaft und von der Nominierung für Olympische Spiele zur Konsequenz. Mit Blick auf die Olympischen Sommerspiele 2008 wurde seitens des DOSB der Grundsatz festgelegt, dass nur solche Sportler nominiert werden würden, die sich bis spätestens zum 01.07.2007 dem Trainingskontrollsystem angeschlossen hatten, vgl. FAZ v. 15.08.07, S. 30. 75 So wandte die dreimalige Gewinnerin des Boston-Marathons, Uta Pippig, gegen ihre Dopingsperre wegen Anabolika-Dopings ein, sie sei zur Unterzeichnung der Athletenvereinbarung mit dem DLV, auf welche die Sperre unter anderem gestützt wurde, unter Androhung des Ausschlusses aus der Nationalmannschaft gezwungen worden, vgl. FAZ v. 19.10.98, S. 44.

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grundsätzen ergeben.76 Insoweit ist zum einen zu untersuchen, ob ein derartiger Anspruch unmittelbar aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet werden kann. Hierzu müsste nicht nur die Begründung derartiger Teilnahmerechte aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht möglich sein, sondern darüber hinaus der Anspruch seinem Inhalt nach auf Zulassung ohne gleichzeitige Zustimmung zum Dopingregelwerk gerichtet sein. Zum andern kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Wege der mittelbaren Grundrechtswirkung zur Begründung eines entsprechenden Teilhabe- und Zugangsanspruchs beitragen. Dies setzt voraus, dass der Athlet sich auf Anspruchsgrundlagen stützen kann, in deren Tatbeständen sich unbestimmte, ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe finden, die bei verfassungskonformer Auslegung mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten in deren Sinne zu konkretisieren sind. Zweitens findet die persönlichkeitsrechtliche Prüfung ihren Schwerpunkt in der Untersuchung der Wirksamkeit der Zustimmung der Sportler zu Persönlichkeitsrechtseingriffen, etwa wenn ein Athlet das Reglement anlässlich der Aufnahme in den Verein, den Leistungskader oder die Sporthilfeförderung oder bei Abschluss des Lizenz-, Arbeits- oder Wettkampfvertrags zunächst akzeptiert hat, dann aber unter Verweis auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dessen Anwendung widerspricht. Drittens sind Persönlichkeitseingriffe durch die Anti-Doping-Bestimmungen der Vereine immer auch aus einer rein verbandsrechtlichen Perspektive heraus zu betrachten, aus der heraus die Unwirksamkeit von Bestimmungen nach den Regeln für die Inhaltskontrolle von Vereins- oder Verbandsrecht in Betracht kommt. a) Anspruch auf Teilhabe ohne Anerkennung der persönlichkeitsrechtlich relevanten Anti-Doping-Bestimmungen aa) Teilhabeanspruch unmittelbar aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Zu überlegen ist, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht als solches auch ohne eine diesbezügliche einfachgesetzliche Konkretisierung einen Anspruch der Athleten gegenüber den Verbänden und Veranstaltern auf Teilhabe gewährt. Auslöser für derartige Erwägungen ist die Erkenntnis, dass die Verweigerung der Aufnahme, Förderung und Wettkampfzulassung durch die Verbände und Veranstalter 76 Zum Aufnahmezwang vgl. Staudinger/G. Weick (2005), § 35 Rn. 28 ff., u. B. Grunewald, AcP 182 (1982), 181 ff., u. K. Vieweg, Teilnahmerechte, S. 26 ff.; zu den diversen, im Zusammenhang mit der Thematik des Kontrahierungszwangs auftretenden Rechtsfragen vgl. F. Bydlinski, AcP 180 (1980), 1 ff.; eine Analyse der Rechtsfigur des Kontrahierungszwanges findet sich bei W. Kilian, AcP 180 (1980), 47 ff.

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ein schwerwiegendes Hemmnis für die persönliche Entfaltung des Zurückgewiesenen bedeutet. Nicht nur wird dem Profisportler de facto die Möglichkeit zur Ausübung des ausgewählten Berufes genommen. Profis wie Amateure werden in ihrer Selbstverwirklichung dadurch beeinträchtigt, dass ihnen die Chance verwehrt wird, durch die Erzielung sportlicher Erfolge Ruhm und Ehre zu erlangen und ihre Persönlichkeit auf diesem Wege fortzuentwickeln. Gegen die Anerkennung eines solchen Teilhabeanspruchs sprechen allerdings schwerwiegende Argumente, die in der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und in der Systematik unserer Rechtsordnung begründet sind: Während das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Bereich des Privatrechts entsprechend seiner Einordnung als sonstiges Recht i. S. d. § 823 I BGB unproblematisch mit seiner Schutz- und Abwehrfunktion in Ansatz gebracht werden kann, bedeutete die Ableitung eines solchen Teilhabeanspruchs die Aktivierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in einem status activus, der dazu berechtigte, nicht lediglich die Unterlassung von Beeinträchtigung, sondern aktive Förderung von den Privatrechtsgenossen einzufordern. Zur Begründung eines solchen persönlichkeitsrechtlichen Anspruchs könnte zwar insoweit auf die h. M. zum Schutzbereichsumfang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 I, 1 I GG zurückgegriffen werden, als sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Wirkung anerkanntermaßen nicht auf den Schutz der Persönlichkeit beschränkt, sondern darüber hinaus die zentralen Voraussetzungen für das Tätigwerden der Person in den Beziehungen mit Dritten und für das Tätigwerden in der Öffentlichkeit (dynamisches Element, Schutz der personalen Entfaltung) gewährleistet.77 Die Herleitung derartiger Teilhabe- und Förderansprüche zugunsten Privater gegenüber Privaten aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht wird jedoch auch von dieser h. M. zu Recht abgelehnt: Sie würde erstens zu einer Ausuferung des Persönlichkeitsschutzes führen, die eine schwerwiegende Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit nach sich zöge, da zu befürchten wäre, dass unter der Flagge des Persönlichkeitsrechts eine Vielzahl von Ansprüchen im Verhältnis zwischend den Privatrechtssubjekten geltendgemacht würde. Sie stünde zweitens im Widerspruch zu der Grundsatzentscheidung, die der Gesetzgeber mit der Ausformung des § 823 BGB getroffen hat, in deren Rahmen bewusst auf eine deliktische Generalklausel verzichtet und stattdessen lediglich ausgewählte Rechtsgüter zitiert und zusammen mit einer Öffnungsklausel enumerativ aufgelistet wurden, wäh77 BGHZ 26, 349, 354 ff. („Herrenreiter“), u. 106, 229, 233 f.; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 50; ders., NJW 1989, 857, 859; C. Starck, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, Art. 2 Rn. 85 f., unter Hinweis darauf, dass sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht von dem aktiven Element des ohne weiteres aus Art. 2 I GG gewährten Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit unterscheidet, und Rn. 170 ff. zum Recht, in Ruhe gelassen zu werden; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 186; Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 177; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 86; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 10, 273 ff.; Larenz/Wolf, AT (8. Aufl. 1997), § 8 III.1., Rn. 24.

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rend der Schutz dieser Rechtsgüter auf das Verbot ihrer Verletzung beschränkt wurde.78 Ein unmittelbar aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitender Zugangs- und Teilhabeanspruch besteht hiernach nicht. bb) Teilhabeanspruch bei Berücksichtigung der mittelbaren Wirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Privatrecht Zweitens kann sich ein Zugangs- und Teilhabeanspruch mittelbar aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ergeben. Voraussetzung hierfür ist, dass zugunsten der Athleten andere Rechtsgrundlagen für den Anspruch auf Zugang und Teilhabe im Raum stehen, deren Eingreifen von der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe abhängt, die bei verfassungskonformer Auslegung unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts i. S. d. Teilhabeanspruchs der Athleten als erfüllt anzusehen sind. In Betracht kommen insoweit Ansprüche – nach § 20 VI GWB ’99 (§ 27 GWB a. F.) i.V. m. § 823 II BGB im Falle der Zurückweisung eines Unternehmens durch eine Wirtschafts- oder Berufsvereinigung,79 – nach §§ 19 f. GWB ’99 (§ 26 GWB a. F.)80, wenn es sich bei den Vereinen und Verbänden um Unternehmen handeln und die Nichtaufnahme oder die Nichtzulassung die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung bedeuten sollte oder die Athleten als Unternehmen anzusehen wären, die durch die Zurückweisung unbillig behindert oder ungerechtfertigt ungleich behandelt wären, oder

78 Für eine weitergehende Wirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Sinne eines Aktivitätsschutzes auch im privatrechtlichen Bereich J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 198. 79 BGH NJW 1959, 880; R. Bechtold, GWB, § 20 Rn. 86 ff.; K. Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (3. Aufl. 2001), § 20 Anm. D.I. u. IV.3.b), Rn. 328 ff., 370; K.-P. Schultz, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 20 Rn. 260 ff., 284; K. Vieweg, Teilnahmerechte, S. 26 ff.; zu Motivation und Zweck des § 27 GWB a. F. vgl. D. Fuchs, NJW 1965, 1509, 1510 ff.; gegen die Begründung des Aufnahmeanspruchs aus § 826 BGB wie auch aus § 27 GWB a. F. R. Birk, JZ 1972, 343, 347 ff., der den Aufnahmeanspruch aus einer Rückwirkung des Wettbewerbsrechts – seinerzeit § 27 I GWB – auf das allgemeine Zivilrecht herleitet; Larenz/ Wolf, AT, § 9 II.2.a), nehmen für Vereine mit überragender Machtstellung darüber hinaus einen richterrechtlichen Kontrahierungszwang dann an, wenn die Ablehnung eines Beitrittswilligen diskriminierend ist oder der Bewerber auf die Mitgliedschaft angewiesen ist. 80 K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 38 f.

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– in Anlehnung an die §§ 826 BGB, 27 GWB (a. F.) und den vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sich die Verweigerung der Vereinsaufnahme als ungerechtfertigte Ungleichbehandlung und unbillige Benachteiligung im Vergleich zu den bereits aufgenommenen Mitgliedern darstellen würde.81 (1) Anspruch nach § 20 VI GWB § 20 VI GWB verbietet Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften die Ablehnung der Aufnahme eines Unternehmens, wenn diese eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde. Im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 20 VI GWB kann allerdings dahinstehen, ob ein Profisportler als Unternehmen i. S. d. Vorschrift anzusehen ist.82 Denn bei zutreffender Würdigung fallen weder die Sportvereine noch die Wettkampfveranstalter noch die Stiftung Deutsche Sporthilfe unter den Adressatenkreis des § 20 VI GWB: Anders als etwa Spielergewerkschaften haben Sportvereine nicht den Schutz und die Förderung gemeinschaftlicher Berufs- und Wirtschaftsinteressen einschließlich gemeinsamer sozialer Interessen83, sondern 81 BGHZ 63, 282, 285, = BGH NJW 1975, 771; für einen Anspruch aus § 826 BGB auch bereits Enneccerus-Nipperdey, AT des Bürgerlichen Rechts, 1. HB (15. Aufl. 1959), S. 672; K. Stöber, Handbuch Vereinsrecht (9. Aufl. 2004), Anm. IX.2.c)ee), Rn. 157; K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 39; ähnlich RGRK/E. Steffen (12. Aufl. 1982), § 38, Rn. 4, – Ablehnung durch einen Monopolverband nur aus triftigen Gründen –; kritisch zur Heranziehung des § 826 BGB als Anspruchsgrundlage F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 107, der den Aufnahmezwang mit einer unmittelbaren Drittwirkung der Grundrechte begründet, die in den Fällen des Machtungleichgewichts zum Tragen kommen und beim Überwiegen der grundrechtlich geschützten Positionen des Bewerbers zu einem Aufnahmeanspruch des Bewerbers führen soll, u. B. Reichert/F. J. Dannecker/C. Kühr (1. Aufl. 1970), 82, die den Aufnahmeanspruch unmittelbar aus einer Abwägung des Interesses des Bewerbers an der von Art. 2 GG geschützten Entfaltungsfreiheit gegen die von Art. 9 GG geschützte Vereinsautonomie des Verbandes herleiten; ebenfalls kritisch zur Eignung des § 826 BGB R. Birk, JZ 1972, 343, 346 f.; teilweise wurde der Aufnahmezwang zunächst unmittelbar auf Art. 2 GG gestützt, vgl. Staudinger/H. Coing (11. Aufl. 1957), § 32 Rn. 24 (für Vereine mit Monopolstellung, ohne Nennung des Art. 2 GG in der 12. Aufl. 1978, § 35 Rn. 30), u. K. Larenz, AT des deutschen Bürgerlichen Rechts (3. Aufl. 1975), S. 135, der als Anspruchsgrundlage neben anderen das „aus Art. 2 und 3 GG abzuleitende Verbot der Diskriminierung“ nennt, in der 4. Aufl. 1977 aber bereits von einer „gesetzesübersteigenden richterlichen Rechtsfortbildung“ spricht. 82 So D. Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (4. Aufl. 2007), § 1 Anm. B.III.5., Rn. 59; H.-J. Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 1 Rn. 21. 83 Zur Definition der Berufsvereinigung/Wirtschaftsvereinigung nach § 20 VI GWB vgl. B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 1058; R. Bechtold, GWB, § 20 Rn. 90; K. Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (4. Aufl. 2007), § 20, Anm. D.III.1.a), Rn. 330; K.-P. Schultz, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 20 Rn. 262; D. Fuchs, NJW 1965, 1509, 1510 (noch zu § 27 GWB).

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üblicherweise vielmehr die Förderung von Turnen und Sport zum Ziel und sind daher nicht als Berufsvereinigungen i. S. d. § 20 VI GWB anzusehen.84 Ebenso ist die Stiftung Deutsche Sporthilfe nicht auf die Förderung gemeinschaftlicher Berufs- und Wirtschaftsinteressen der Sportler ausgerichtet, da sie schon ihrer grundsätzlichen Zwecksetzung nach nicht auf die Vereinigung aller Athleten unter einem Dach zwecks Bündelung der gemeinsamen Interessen, sondern auf die Förderung Einzelner, besonders förderungswürdiger Sportler abzielt. Jedenfalls aber bedeutet die Zurückweisung wegen der Nichtanerkennung der Anti-DopingBestimmungen keine Ungleichbehandlung, da die Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime gleichermaßen von allen Athleten verlangt wird. (2) Anspruch nach §§ 19, 20 I GWB Die §§ 19 und 20 I GWB verbieten die Benachteiligung bzw. gebieten die Gleichbehandlung anderer Unternehmen aus einer marktbeherrschenden Stellung heraus. Nach zutreffender Ansicht sind die Sportverbände als Unternehmen i. S. d. GWB anzusehen, soweit sie in gewichtigem Umfang am geschäftlichen Verkehr teilnehmen.85 Dies trifft etwa zu, soweit sie den Zugang oder das Recht zur Fernsehübertragung von Sportveranstaltungen gegen Entgelt anbieten, sich im „Einund Verkauf“ von Spielern betätigen oder die Werbewirksamkeit ihrer Mannschaft geschäftlich, etwa durch den Verkauf von Werbeartikeln nutzen.86 Geht es um die Aufnahme von Mitgliedern, steht allerdings keine vergleichbare geschäftliche Tätigkeit im Mittelpunkt, da die Mitgliedschaft nicht als wirtschaftliche Ware gegen Entgelt gewährt wird. Allein der Umstand, dass die Erlangung der Mitgliedschaft für den aufnahmewilligen Sportler von außerordentlicher wirtschaftlicher Bedeutung ist, führt nicht zu einer Einordnung als geschäftliches Tätigwerden i. S. d. Unternehmensbegriffes des § 1 GWB. Mit Blick auf die Deutsche Sporthilfe kommt die Unternehmenseigenschaft i. S. d. GWB überhaupt nicht in Betracht, da sie im Unterschied zu den Verbänden und Veranstaltern selber nicht unmittelbar am Markt agiert, sondern durch die Förderung bestimmter Marktteilnehmer bestenfalls mittelbar Einfluss nimmt. 84 K. Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (4. Aufl. 2007), Anm. D.III.1.d), § 20 Rn. 334; a. A. für die Einordnung aller Dachverbände als Wirtschaftsvereinigungen i. S. v. § 20 VI GWB T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 111. 85 R. Bechtold, GWB, § 1 Rn. 7; für die Einordnung der Sportverbände als „relative Unternehmen“ J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 168 ff.; für die Behandlung als Unternehmen im Zusammenhang mit Zulassungsentscheidungen K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 39; G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 135 f. m.w. N.; wohl aus der Sicht der Nominierungsproblematik für die Unternehmenseigenschaft M. Hohl, Rechtliche Probleme der Nominierung von Leistungssportlern (1992), S. 192 ff. 86 D. Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (4. Aufl. 2007), § 1 Anm. B.III.5, Rn. 59.

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Von einer marktbeherrschenden Stellung der Vereine und Verbände i. S. d. § 19 GWB ist auszugehen: Auf den ersten Blick scheint die Marktbeherrschung im Hinblick auf den einzelnen Verein oder Veranstalter, in den der Athlet aufgenommen werden oder von dem der Athlet die Wettkampfzulassung erhalten will, zwar daran zu scheitern, dass es auch noch gleichartige andere Vereine und – soweit es sich nicht gerade um ganz spezielle Wettkämpfe wie Olympische Spiele oder Weltmeisterschaften o. ä. handelt – gleichartige andere Wettkämpfe gibt, die von anderen Veranstaltern ausgerichtet werden. Allerdings ist an dieser Stelle die aus der Organisationsstruktur des Verbandswesens im Sport sich ergebende monolythische Verwobenheit der Vereine und Verbände87 in Rechnung zu stellen: Als Ergebnis der Globalisierungsbemühungen des Sports in den letzten Jahrzehnten sind die Sportvereinigungen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene nahezu lückenlos in die sogenannte „Verbandspyramide“ eingebunden. Diese Verbandspyramide setzt sich – wenn man auf den nationalen Ebenen bundesdeutsche Verhältnisse zugrundelegt – zusammen aus den Vereinen und ihren Mitgliedern, die quasi das Fundament der Pyramide bilden, den Landesfachverbänden, die im Regelfall alle fachspezifischen Vereine des jeweiligen Bundeslandes in sich vereinen, den nationalen Fachverbänden, in denen wiederum die Landesfachverbände organisiert sind, und den internationalen Fachverbänden als Verbund der nationalen Verbände.88 Bis zur Fusion von DSB und NOK am 20.05.2006 zum DOSB bildete der DSB die fachübergreifende Vereinigung der nationalen Sportverbände. Ebenso wie bis zur Fusion mit dem NOK der DSB stehen der DOSB wie auch die internationalen Verbände mittelbar oder unmittelbar unter dem rechtlichen Einfluss des IOC. Ab der Ebene der Landesverbände sorgt das Ein-Platz-Prinzip dafür, dass für einen bestimmten sachlich-räumlichen Bereich nur ein Verband zur Vertretung der jeweiligen Sportart im jeweils übergeordneten Verband zugelassen ist.89 Einer der maßgeblichen Beweggründe für diese Organisationsstruktur liegt in dem Bestreben, für die einzelnen Sportarten und – wo es um disziplinübergreifende Themen geht – für die gesamte weltweite Sportgemeinde gleiche Regeln und Bedingungen zu schaffen, die die Durchführung weltweiter Sportwettkämpfe ermöglichen und die Chancengleichheit der Teilnehmer an diesen Wettkämpfen gewährleisten sollen. Geradezu ein Musterbeispiel für ein disziplinübergreifendes Thema in diesem Sinne ist die Dopingproblematik, so dass die weltweite Harmonisierung des Verbandsrechts in diesem Bereich weit vorangeschritten ist. Diese Harmonisierung vollzieht sich in praxi dergestalt, dass die grundlegenden Regelungen über und um das Dopingverbot von den internationalen Spitzenver87 Zur monopolistisch-hierarchischen Organisationsstruktur des Sports vgl. B. Pfister, Praxishandbuch Sportrecht, Einführung Rn. 13 ff. 88 K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 93. 89 T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil, Rn. 108 f.; G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 44, m.w. N.

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bänden beschlossen und zur Umsetzung bis auf die Vereinsebene hinunter an die nachfolgenden Ebenen weitergegeben werden. Auf diese Weise wird erreicht, dass die zentralen Regelungen zur Dopingproblematik mehr oder weniger gleichlautend in die Regelwerke sämtlicher Vereine Eingang finden. Infolge dieser Rechtsharmonisierung ist es für einen Berufssportler, der die Teilnahme an den lukrativen internationalen Wettkämpfen anstrebt, unmöglich, einen Verein ausfindig zu machen, der nicht die Anerkennung des Dopingverbotes und der von den Spitzenverbänden entwickelten Dopingregeln zur Aufnahmevoraussetzung und erst recht zur Voraussetzung für die Teilnahme an den begehrten Veranstaltungen macht. Verweigert ein Sportler seine Zustimmung zum Dopingverbot und den Begleitbestimmungen oder missachtet er die einschlägigen Vereinsbestimmungen, führt dies möglicherweise zu seinem Vereinsausschluss, jedenfalls aber zum Ausschluss von der Teilnahme an den Wettkämpfen, die vom Verein, vom zuständigen Verband oder aber unter Beachtung der verbandsrechtlichen Bestimmungen von Dritten ausgerichtet werden. Die für Berufssportler interessanten Wettkämpfe werden inzwischen ausschließlich von Veranstaltern ausgerichtet, die dem Verbandsrecht unterworfen sind, weil sie entweder unmittelbar in das Verbandsgefüge eingegliedert oder zumindest dergestalt mit den Verbänden verbunden sind, dass sie sich zur Beachtung der Verbandsregeln verpflichtet haben.90 Aufgrund der Rechtsvereinheitlichung innerhalb der Verbandspyramide kann der Athlet diese Sanktionen auch nicht durch den Beitritt oder den Wechsel zu einem anderen Verein vermeiden. Da somit faktisch der Zugang zu allen aus wirtschaftlicher Sicht für die Profisportler interessanten Wettkämpfen durch das Nadelöhr des harmonisierten Verbandsrechts führt, verliert ein Athlet, der das Dopingverbot oder die Dopingkontrollbestimmungen nicht akzeptiert, im Ergebnis das Forum, das er zur Ausübung seines Berufes als Sportler unbedingt benötigt. Die Nichtaufnahme in den Verein kann zudem über den Ausschluss des Athleten von den bedeutsamen Wettkämpfen hinaus schon einen Schritt früher eine schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Möglichkeiten des Zurückgewiesenen darstellen: Jedenfalls in den Sportarten, in denen der Athlet auf Trainingseinrichtungen der Vereine und Verbände angewiesen ist, bedeutet die Nichtaufnahme den Verlust von unverzichtbaren Trainingsmöglichkeiten, der angesichts der Perfektion, mit der heutzutage im Spitzensport gearbeitet wird, eine entscheidende Behinderung der beruflichen Laufbahn als Profisportler bewirken kann. Auf diese Weise wird in vielen Fällen schon durch die Verweigerung der Trainingsmöglichkeiten, jedenfalls aber durch den Ausschluss von den wichtigen Wettkämpfen ein erheblicher Druck auf den Profisportler ausgeübt, sich den ein90 Zu den Zulassungsvoraussetzungen für nationale und internationale Wettkämpfe vgl. M. Hohl, Rechtliche Probleme der Nominierung von Leistungssportlern (1992), § 3; die Unterwerfung unter das Vereins- und Verbandsrecht kann außer durch das Erfordernis der Vereinszugehörigkeit auch durch die Vergabe von Lizenzen erfolgen.

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schlägigen vereinsrechtlichen Bestimmungen zu fügen beziehungsweise die ihm abverlangten Zustimmungserklärungen abzugeben. De facto sorgt hiernach die im Dopingbereich durchgeführte Rechtsharmonisierung der Vereine und Veranstalter dafür, dass der Anti-Doping-Gegner überall dieselben Anti-Doping-Bestimmungen zu akzeptieren hat, andernfalls er auch in keinen anderen für ihn interessanten Verein aufgenommen und zu keinem anderen wichtigen Wettkampf zugelassen wird.91 Jedenfalls mit Blick auf die Anti-Doping-Bestimmungen stehen die Verbände und Vereine dem teilnahmeinteressierten Sportler wie ein einziges großes Unternehmen gegenüber, das den aus Athletensicht interessanten Markt der lukrativen nationalen und internationalen Sportveranstaltungen weitestgehend reguliert und bestimmt.92 Den Vereinen und Verbänden kommt aus diesem Grund eine marktbeherrschende Stellung i. S. d. § 19 II 2 GWB zu. § 20 GWB erlegt den Vereinen und Veranstaltern als marktbeherrschenden Unternehmen die Pflicht zur billigen und gleichen Behandlung sämtlicher Athleten auf. Allerdings ist eine Ungleichbehandlung der Athleten nicht erkennbar, solange die Anerkennung der jeweiligen Anti-Doping-Bestimmungen von allen vergleichbaren Athleten gleichermaßen verlangt wird. Hiernach verbleibt mit Blick auf § 20 GWB lediglich noch die Frage, ob das Verlangen nach Anerkennung der Anti-Doping-Bestimmungen als unbillige Behinderung sämtlicher davon betroffener Sportunternehmer im Sinne der ersten Alternative des § 20 GWB zu werten ist. Nach dem Verständnis der h. M. ist der Begriff der Behinderung wertneutral, so dass hierunter jede Beeinträchigung des anderen Unternehmens in seinen Betätigungsmöglichkeiten im Wettbewerb fällt.93 Die Beeinträchtigung muss sich auf die Wettbewerbschancen des betroffenen Unternehmens auswirken.94 Da es für den Tatbestand der unbilligen Behinderung nicht auf das Vorliegen einer Ungleichbehandlung ankommt,95 stellt sich auch das an alle Athleten gerichtete Dopingverbot als Behinderung im vorgenannten Sinne dar, zumal es für die regeltreuen Sportler faktisch zu einer Benachteiligung gegenüber den weiter dopenden Athleten führt. Allerdings ist diese Behinderung nur dann als unbillig anzusehen, wenn die Abwägung der Interessen der Sportler unter Berücksichtigung des Interesses an der Freiheit des Wettbewerbs gegen die Interessen der Sportvereinigungen das Überwiegen der gegen das Dopingverbot gerichteten Interessen zum Ergebnis hat.96 91

So im Ergebnis auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 137 f. Zur Monopolstellung der Sportverbände vgl. auch J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 42 ff. 93 K. Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (3. Aufl. 2001), § 20 Rn. 116 m.w. N. 94 K. Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (3. Aufl. 2001), § 20 Rn. 117. 95 K. Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (3. Aufl. 2001), § 20 Rn. 116. 96 Vgl. K. Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (4. Aufl. 2007), § 20 Rn. 129. 92

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Gemäß § 19 IV Nr. 2 GWB liegt ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung insbesondere dann vor, wenn das marktbeherrschende Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Dienstleistungen Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden. § 19 IV Nr. 2 GWB erfordert eine hypothetische Betrachtung und eine Prognose bezüglich des Verhaltens des marktbeherrschenden Unternehmens unter den Bedingungen eines funktionierenden Wettbewerbs.97 Der Tatbestand des § 19 IV Nr. 2 GWB ist hiernach deshalb nicht auf das Verhältnis zwischen den Verbänden und den Athleten anwendbar, da der von der Vorschrift vorausgesetzte hypothetische Alternativmarkt nicht denkbar ist. Ihrer Selbstdefinition nach ist für das Tätigwerden der Verbände zur Aufrechterhaltung des Sportbetriebs nicht wegzudenkende Voraussetzung, dass dieser Betrieb dopingfrei vonstatten geht. Vor diesem Hintergrund würde der Wegfall ihrer Marktmacht nicht dazu führen, dass entsprechend dem freien Spiel der Kräfte infolge des Dopingwunsches vieler Sportler diejenigen Veranstaltungen, an denen bislang nur dopingfreie Sportler teilnehmen durften, als Wettkämpfe nach Belieben gedopter Athleten stattfinden würden. Die Konsequenz der Dopingzulassung, die nach dem Schema des § 19 IV Nr. 2 GWB im Übrigen möglicherweise eintreten würde, hätte den Verlust der Identität der Verbände und damit den Wegfall des Marktes in seiner heutigen Form zur Folge. Auch § 19 IV Nr. 2 GWB taugt daher nicht zur Begründung eines Anspruchs auf gedopte Teilnahme. Gemäß § 19 IV Nr. 1 GWB ist ein Missbrauch dieser marktbeherrschenden Stellung des Weiteren dann gegeben, wenn das Unternehmen die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmer in einer für den Wettbewerb auf dem Markt erheblichen Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt. Andere Unternehmen in diesem Sinne sind nicht nur solche, die auf dieselbe Art und Weise wie das marktbeherrschende Unternehmen am Markt teilnehmen wollen, wie etwa konkurrierende Sportverbände, die gleichgeartete Wettkampfmöglichkeiten anbieten. Vielmehr sind dies alle Dritten, die sich im Einflussbereich marktbeherrschender Unternehmen bewegen,98 also auch Unternehmer auf nachgeordneten Wirtschaftsstufen, zu denen im Falle von Sportverbänden und -veranstaltern die Athleten zu zählen sind, soweit sie unternehmerisch im Bereich des Sports tätig sind.99 Für die Frage, ob das Verlangen der Verbände und Veranstalter nach der Zustimmung der Athleten zu ihren Anti-Doping-Bestimmungen den 97

W. Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (3. Aufl. 2001), § 19 Rn. 153 ff. V. Emmerich, Kartellrecht, § 27 Rn. 8. 99 Zur Qualifizierung von Profisportlern als Unternehmen vgl. D. Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (4. Aufl. 2007), § 1 Anm. B.III.5., Rn. 59; H.-J. Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 1 Rn. 21; J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 164 ff.; T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 110. 98

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Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bedeutet, kommt es somit darauf an, ob hierfür ein sachlich gerechtfertigter Grund von den Sportverbänden und -veranstaltern geltend gemacht werden kann. Die unbillige Behinderung i. S. d. § 20 GWB wie auch die sachliche Rechtfertigung i. S. d. § 19 IV Nr. 1 GWB sind anhand einer umfassenden Abwägung der Interessen der Beteiligten festzustellen.100 Für jeden Persönlichkeitseingriff, dem die Athleten durch die Anerkennung der vereinsrechtlichen Regelwerke zustimmen sollen, muss hiernach ein überwiegendes Interesse von den Verbänden und Veranstaltern formuliert werden können, andernfalls die Sportler die Teilhabe ohne die Geltung der entsprechenden Regelung verlangen können. (3) Anspruch nach §§ 826, 249 BGB Der Kontrahierungszwang nach §§ 826, 249 BGB setzt voraus, dass die Ablehnung eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Bewerbers bedeutet.101 Vor dem Hintergrund der Privatautonomie kann dies nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen werden. Die aus § 826 BGB bzw. aus der Analogie zu den gesetzlichen Regelungen des unmittelbaren Abschlusszwangs sowie aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen (Sozialstaatsklausel) heraus aufgestellten Grundsätze hat die h. M. für den Geschäfts- und Rechtsverkehr des täglichen Lebens zutreffend zu folgender Grundregel weiterentwickelt: Wer lebensnotwendige Güter öffentlich anbietet, darf den Vertragsschluss nur aus sachlichen Gründen ablehnen, sofern für den Kunden keine zumutbare Möglichkeit besteht, seinen Bedarf anderweitig zu befriedigen.102 Dieser Grundsatz resultiert aus der Einschätzung, dass das Interesse des 100 K. Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (4. Aufl. 2007), § 20 Rn. 129 ff.; J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 192 ff.; K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 39; so auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 139 f. 101 BGH NJW 1969, 316, 317; K. Stöber, Handbuch Vereinsrecht, Anm. IX.2.c)ee), Rn. 157; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 1070, macht den Anspruch auf die Aufnahme in einen Verein davon abhängig, dass die ablehnende Korporation eine erhebliche wirtschaftliche und/oder soziale Machtstellung innehat. 102 F. Bydlinski, AcP 180 (1980), 1 ff., 41, bezeichnet diesen Grundsatz als „Konkretisierung der guten Sitten“; V. Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen (1988), S. 80; Staudinger/H. Coing (11. Aufl. 1957) § 32 Rn. 24, (12. Aufl. 1978) § 35 Rn. 28 ff., Rn. 30, hält eine Monopolstellung in dem Sinne für ausreichend, dass allein die Zugehörigkeit zu dem Verein den Zugang zu bestimmter Berufsausübung ermöglicht; W. Tilmann, ZHR 141 (1977), 32, 75 ff., spricht sich unter Verweis auf entsprechende Erwägungen in RGZ 48, 114, 127, und RGZ 148, 326, 334, für einen Kontrahierungszwang von Monopolverbänden unabhängig von „lebenswichtigen Gütern“ aus und hält darüber hinaus einen Kontrahierungszwang als Folge jeder Geschäftseröffnung für typisierte, d.h. von der Person des Einzelnen abstrahierende Geschäfte für angebracht und aus § 826 BGB begründbar; ähnlich Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, § 11 IV, die den Kontrahierungszwang nicht auf lebensnotwendige Güter beschränkt wissen, sondern auf alle Leistungen erstrecken wollen, die zum „Normalbe-

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Abschlusswilligen am Bezug von lebensnotwendigen Gütern im Regelfall das Interesse des Monopolanbieters dieser Güter an der Verweigerung des Vertragsschlusses überwiegen wird. Die Frage, welche Bedürfnisse im Einzelnen zu den „lebensnotwendigen Gütern“ zu zählen sind, ist bislang freilich nicht eindeutig geklärt: Teilweise werden hierunter sämtliche Güter gerechnet, die dem „Normalbedarf“ des „quivis ex populo“, des Durchschnittsmenschen zuzurechnen sind. Lebensnotwendige Güter sind hiernach diejenigen Güter und Leistungen, die heute praktisch jedermann zur Verfügung stehen und vom Durchschnittsmenschen im Alltag oder doch regelmäßig in Anspruch genommen werden, die also zu seinem normalen Dasein gehören.103 Dazu gehört nach teilweise vertretener Auffassung auch die Sicherung der ungestörten normalen Berufsausübung.104 Nach anderer Ansicht105 ist der Begriff mit Rücksicht auf Sinn und Zweck des § 826 BGB eng auszulegen: § 826 BGB sei „nur als Auffangtatbestand für besonders gravierende Fälle“ heranzuziehen, man sollte „doch von dem scharfen Instrument des Kontrahierungszwangs nur vorsichtigen Gebrauch machen“. In diesem Sinne wird eine Abschlusspflicht teilweise106 nur bei lebensnotwendigen Leistungen (im engeren Sinne) angenommen. Die Anwendung der vorstehenden Theorien zum Kontrahierungszwang auf die Organisationen, die den Sportlern Zugang zu Wettkampf und Förderung gewähren, führt zu folgenden Ergebnissen: Unabhängig davon, ob man die Reichweite des Kontrahierungszwangs im Sinne der vorstehend geschilderten Diskussion weiter oder enger fasst, ist die Stiftung Deutsche Sporthilfe schon deshalb nicht davon betroffen, da sie keine lebensnotwendigen Güter anbietet. Unbestritten stellt die Bezuschussung der Athleten in vielen Fällen eine beachtliche Unterstützung bei der Realisierung des Berufszieles „Profisportler“ dar. Eine so essentielle Voraussetzung wie etwa die Aufnahme in einen zur Teilnahme an den sportartspezifischen Veranstaltungen berechtigten Verein oder die Gewährung eines Teilnahmerechts in Form der Erteilung einer notwendigen Lizenz oder auf ähnliche Weise stellt sie jedoch nicht dar, wie nicht zuletzt durch den Umstand belegt wird, dass viele Sportler zunächst Profi geworden und erst danach in die Sporthilfeförderung aufgenommen worden sind. darf“ gehören, wenn eine zumutbare Ausweichmöglichkeit fehlt; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 1070, begründet den Aufnahmezwang für Verbände mit überragender Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich mit dem „sich aus § 20 VI GWB, § 826 BGB und mittelbar aus Art. 9 I GG ergebenden Rechtsgedanken“. 103 F. Bydlinski, AcP 180 (1980), S. 37 ff.; für den Verbraucherschutz ähnlich weitgehend W. Tilmann, ZHR 141, 32 ff., 74 ff.; W. Kilian, AcP 180, 47 ff., 52 spricht von „wichtigen Gütern oder Leistungen“. 104 F. Bydlinski, AcP 180 (1980), S. 37, unter Hinweis auf Theater- und Kinokritikerfälle. 105 K. Larenz, Schuldrecht I AT (14. Aufl. 1987), S. 48. 106 Soergel/M. Wolf (Bd. 2, 13. Aufl. 1999), Vor § 145 Rn. 53.

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Geht es um den Kontrahierungszwang der Verbände und Veranstalter, sind bei der Auslegung des Begriffes der lebensnotwendigen Güter die Grundsätze der Vereinsautonomie und der Vertragsfreiheit im Auge zu behalten, die durch eine übermäßig großzügige Definition des Begriffes in unzulässiger Weise ausgehöhlt würden. Aus diesem Grund sind unter „lebensnotwendigen Gütern“ keinesfalls alle Güter zu verstehen, die ein Mensch zur Befriedigung irgendwelcher menschlichen Bedürfnisse benötigt. Andererseits bedarf es zur Feststellung eines überwiegenden Interesses des Bewerbers nicht erst eines lebensgefährlichen oder existenzbedrohenden Nachteils aus der Zurückweisung. Von einem Überwiegen der Interessen des Bewerbers wird man vielmehr immer dann auszugehen haben, wenn sich die Verweigerung der begehrten Leistung bei Abwägung der mit der Zurückweisung verfolgten Ziele einerseits und der hieraus für den Zurückgewiesenen resultierenden Nachteile andererseits als unerträgliche Beeinträchtigung des Zurückgewiesenen darstellt. Hiernach kann es zur Begründung eines Kontrahierungszwanges ausreichen, wenn dem Abschlusswilligen ein Gut vorenthalten wird, das dem „Normalbedarf“ eines Durchschnittsmenschen zuzurechnen ist. Insbesondere dann, wenn das Interesse des Zurückgewiesenen an dem vorenthaltenen Gut grundrechtlichen Schutz genießt, kommt ein Überwiegen dieses Interesses gegenüber dem mit der Zurückweisung verfolgten Interesse in Betracht. Im Verhältnis zwischen Vereinen und Verbänden und einem beitrittswilligen Dritten kann ein solcher Ausnahmefall insbesondere dann gegeben sein, wenn eine Korporation eine Monopolstellung oder eine überragende Machtstellung im wirtschaftlichen, sportlichen oder sozialen Bereich innehat107 und ein schwerwiegendes bzw. ein wesentliches oder grundlegendes Interesse des Beitrittswilligen am Erwerb der Mitgliedschaft besteht.108 Das hiernach erforderliche Tatbestandsmerkmal der Monopolstellung oder überragenden Machtstellung stellt einen Sonderfall der nach allgemeinen Grundsätzen erforderlichen Unzumutbarkeit der anderweitigen Bedarfsdeckung dar, das Tatbestandsmerkmal des schwerwiegenden, wesentlichen oder grundlegenden Interesses des Abschlusswilligen kann als Konkretisierung des nach § 826 BGB erforderlichen Merkmals „lebensnotwendige Güter“ verstanden werden. Liegt eine solche Ausnahmekonstellation vor, ist die uneingeschränkte Selbstbestimmung des Vereins über die Aufnahme von Mitgliedern für die Rechtsord107 BGH BB 1959, 1272; BGH NJW 1991, 485; V. Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen (1988), S. 79; K. Stöber, Handbuch Vereinsrecht, Anm. X.2.c)ee), Rn. 157; zu den Grenzen des Aufnahmezwangs bei Monopolvereinen vgl. etwa BGH NJW 1973, 35, 36. 108 BGH NJW 1985, 1216 = BGHZ 93, 151 (IG Metall); BGH NJW 1988, 552, 555; BGH NJW 1999, 1326 (Zum Aufnahmeanspruch eines Vereines in einen Sportförderverband); V. Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen (1988), S. 79; T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 112; R. Birk, JZ 1972, 343, 349, stellt darauf ab, inwieweit der abgelehnte Bewerber gerade von der Mitgliedschaft abhängig ist.

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nung nicht mehr hinnehmbar; vielmehr ist dem Bewerber in diesen Fällen ein Aufnahmeanspruch zuzugestehen, wenn die Zurückweisung des Bewerbers nach Abwägung der beiderseitigen Interessen als unbillig erscheint.109 Vertragsfreiheit wie auch Vereinsautonomie, die den Veranstaltern und Vereinen grundsätzlich die freie, ja sogar die willkürliche Entscheidung darüber zugestehen, mit wem sie in eine vertragliche oder mitgliedschaftliche Beziehung eintreten wollen, vermögen unter den hier gegebenen Bedingungen nicht mehr ohne weiteres den Ausschluss des Athleten vom Zugang zum Wettkampf und zum Verein zu rechtfertigen. Vielmehr ist vorliegend mit Rücksicht auf die Monopolstellung der Vereine und Veranstalter und das außerordentlich schwerwiegende Interesse des Athleten an der Vereinsaufnahme bzw. Wettkampfteilnahme die im Verhältnis zwischen den Parteien problematische Vereins- oder Wettkampfregelung einer Art von Verhältnismäßigkeitsprüfung zu unterziehen.110 Ein Athlet, der die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Aufnahme in den Verein erfüllt, kann nicht mehr ohne weiteres zurückgewiesen werden.111 Sogar das Aufnahmebegehren eines Athleten, der die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Vereinsaufnahme bzw. die Bedingungen für die Wettkampfteilnahme nicht erfüllt, kann dann trotzdem zum Erfolg führen, wenn sich die Aufnahmeverweigerung nach Abwägung der berechtigten Interessen des Bewerbers mit den für die Nichtaufnahme angeführten Interessen der Korporation als unbillige Benachteiligung darstellt.112 Diese Übertragung der allgemeinen Grundsätze zum Kontrahierungszwang auf das Vereins109

So andeutungsweise bereits BGH NJW 1969, 316, 317; BGH NJW 1975, 771; BGH NJW 1999, 1326; Staudinger/G. Weick (2005), § 35 Rn. 30 ff.; gem. BVerfG NJW-RR 1989, 636, liegt eine unbillige Zurückweisung dann nicht vor, wenn der Vereinsname des Bewerbers gegen Satzungsgrundsätze des um die Aufnahme ersuchten Verbandes – im entschiedenen Fall gegen das im Vereinsrecht ohnehin anerkannte Gebot der parteipolitischen Neutralität – verstößt; F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 110; K. Vieweg, SpuRt 1995, 188, 189; T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 112. 110 F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 111. 111 BGH NJW 1969, 316, 317; V. Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen (1988), S. 81; Staudinger/G. Weick (2005), § 35 Rn. 31. 112 So bereits andeutungsweise BGH NJW 1969, 316, 317; BGH WuW/E BGH 947, 950, – „Universitätssportclub“; BGH WuW/E BGH 1347, 1349 ff., – „Rad- und Kraftfahrerbund“ –; BGH WuW/E BGH 1725, 1727, – „Deutscher Landseer Club“ –; F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 111; V. Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen (1988), S. 81; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 1074; F. Bydlinski, Zu den dogmatischen Grundfragen des Kontrahierungszwanges, AcP 180 (1980), S. 27 nennt „inhaltliche Äquivalenz“ und „marktgerechte Üblichkeit“ als inhaltliche Erfordernisse des Vertragsverhältnisses; W. Kilian, Kontrahierungszwang und Zivilrechtssystem, AcP 180, 47 ff., 52, fordert, Abschlusszwang könne nur heißen: „Abschlusspflicht zu gesetzlich festgelegten oder sonst angemessenen Bedingungen“; M. Krogmann, Grundrechte im Sport (1998), C.II.1.b)bb), hält – offenbar allerdings auch nur hinsichtlich des Amateur- und Breitensportlers – gegenüber dem Regionalmonopolisten einen Aufnahmeanspruch regelmäßig für nicht gegeben; zum Aufnahmeanspruch von Unternehmen gegenüber Wirtschafts- und Berufsvereinigungen bei Nichterfüllung sachlich nicht gerechtfertigter Satzungsvoraussetzungen vgl. K.-P. Schultz, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 20 Rn. 275.

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und Verbandsrecht steht nicht im Widerspruch zu dem von Art. 9 GG gewährten Selbstbestimmungsrecht der Vereine: Die aus der Vereinsautonomie resultierende Befugnis der Vereinigungen zur eigenständigen Bestimmung ihrer Werte und Ziele eröffnet zwar im Hinblick auf die sachliche Rechtfertigung einer Aufnahmeverweigerung einen gewissen Beurteilungsspielraum, vermag jedoch den Aufnahmezwang im Falle des Überwiegens der Interessen des Bewerbers an der Aufnahme nicht zu verhindern.113 Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Zurückweisung des Bewerbers durch den Verein damit begründet wird, der Bewerber erfülle nicht die satzungsgemäßen Aufnahmevoraussetzungen, wenn das Interesse des Bewerbers an der Aufnahme in den Verein das Interesse der Korporation an der Durchsetzung der hinderlichen Vereinsregelungen überwiegt. Die Wirksamkeitsprüfung dieser Regelungen, die in den hier relevanten Fällen nach zutreffender ganz h. M. am Maßstab des § 242 BGB durchzuführen wäre, führte in diesen Fällen zur Feststellung ihrer Unwirksamkeit. Eine für den Verein gegenüber seinen Mitgliedern nicht durchsetzbare Vereinsregelung kann aber auch im Verhältnis zwischen Verein und Beitrittsbewerber keine beitrittsverhindernde Wirkung entfalten.114 Nach alledem können Profisportler, die zur Ausübung ihres Berufes auf die Mitgliedschaft angewiesen sind, einen Anspruch auf Aufnahme gegenüber den Sportvereinen geltend machen, soweit die Aufnahme vom Verein deshalb abgelehnt wird, weil der Athlet die Unterwerfung unter Dopingkontrollbestimmungen verweigert, die als unbillig anzusehen sind. Unbillige Bestimmungen in diesem Sinn sind insbesondere solche, die in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Sportlers eingreifen und nicht von einem überwiegenden Interesse des Vereins gedeckt sind. In der Person von Amateuren115 kommt ein solcher Anspruch auf Aufnahme ohne vollständige Anerkennung des Anti-Doping-Regelwerks nur ausnahmsweise in Betracht. Da sie nicht das elementare Bedürfnis an der Schaffung der für die Berufsausübung notwendigen Voraussetzungen geltend machen können, müssen sie andere Interessen anführen können, die so schwer wiegen, dass nicht nur die Aufnahmefreiheit der Vereine, sondern auch deren Recht zur Selbstbestimmung über die Regeln des Vereinslebens dahinter zurückzustehen hat. Das Interesse an der Ausübung einer Sportart als Hobby, die sich als Mannschaftssportart oder aufgrund der erforderlichen materiellen Ausstattung nur im Verein 113

BGH NJW 1988, 552, 555. So im Ergebnis auch K. Vieweg, Blut und/oder Urin zum Nachweis von Dopingsubstanzen – Ergebnisse juristischer Gutachten, SpuRt 1995, 188, 189, wenn er feststellt, es „können die hinsichtlich der Inhaltskontrolle von Verbandsnormen gefundenen Ergebnisse insofern übertragen werden“; D. Fuchs, NJW 1965, 1509, 1512 ff., hält in den von § 27 GWB a. F. geregelten Fällen beitrittsverhindernde Satzungsbestimmungen dann für unbeachtlich, wenn diese durch den Satzungszweck des Verbandes nicht gedeckt sind. 115 In den olympischen Regeln des IOC ist der Begriff des Amateurs seit 1971 durch den Terminus „Zulassung“ ersetzt. 114

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betreiben lässt, oder gar der bloße Wunsch nach sportlicher Betätigung in der geselligen Vereinsgemeinschaft sind insoweit nicht als ausreichend anzusehen. (4) Zusammenfassung Mit Blick auf die Ausgangsfrage, inwieweit die Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Sportler vereinbar ist, lässt sich hiernach Folgendes feststellen: Ein Anspruch der Athleten auf Aufnahme, Förderung oder Teilnahme kann nicht unmittelbar aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht hergeleitet werden. Mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Teilhabeansprüche, die den Berufssportlern nach h. M. aus anderen Rechtsvorschriften zustehen, entscheidet sich jedoch die Rechtmäßigkeit des Verlangens nach Anerkennung einer Dopingregelung anlässlich des Vereinsbeitritts anhand einer Abwägung derjenigen Interessen, die auf Seiten der Vereine und Veranstalter für und auf Seiten der Athleten gegen die Dopingbestimmung sprechen.116 Zur Begründung eines Anspruchs auf Aufnahme oder Teilnahme ohne gleichzeitige Anerkennung der persönlichkeitsrechtlich relevanten Anti-Doping-Bestimmungen der Verbände und Veranstalter kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht demnach insofern maßgeblich beitragen, als es zugunsten der Athleten bei der Interessenabwägung in die Waagschale zu werfen ist, die über den Umfang der Teilhabeansprüche der Athleten entscheidet. Diese Abwägung ist für jeden einzelnen Persönlichkeitseingriff, der in den Anti-Doping-Bestimmungen der Verbände und Veranstalter vorgesehen ist, gesondert anzustellen. Führt die Abwägung bezüglich eines Persönlichkeitseingriffs zu dem Ergebnis, dass sich die Verbände und Veranstalter insoweit nicht auf ein überwiegendes Interesse berufen können, müssen sie mangels sonstiger Rechtfertigungsgründe die Athleten auch dann aufnehmen oder zur Teilnahme zulassen, wenn diese die Zustimmung zu der betroffenen Anti-Doping-Bestimmung verweigern. Da die insofern zugunsten der Sportler in Betracht kommenden Teilhabeansprüche allerdings entweder deren Unternehmenseigenschaft oder zumindest ein schwerwiegendes bzw. ein wesentliches oder grundlegendes Interesse an der Mitgliedschaft voraussetzen, steht der Weg über § 19 IV Nr. 1 GWB und im Regelfall wohl auch derjenige über die §§ 826, 249 BGB im Regelfall nur den Profisportlern offen. Gegen die Verweigerung oder Aberkennung der Sporthilfeförderung wegen der Nichtanerkennung oder der Nichtbefolgung von persönlichkeitsrechtlich relevanten Anti-Doping-Bestimmungen können auch die Profisportler keinen Teilhabeanspruch geltend machen, der auf ihr überwiegendes Interesse an der Unversehrtheit ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts gestützt ist: Da die Sporthilfe den 116

So auch K. Vieweg, SpuRt 1995, 188, 189.

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Athleten nicht als sozial übermächtiger Verband gegenübersteht, auf dessen Mitgliedschaft sie zur Ausübung ihrer Profession angewiesen sind, ist die Sporthilfe schon keinem Kontrahierungszwang nach den vorstehend erörterten Vorschriften unterworfen. b) Unzulässigkeit der Durchführung von Anti-Doping-Bestimmungen ohne wirksame Zustimmung zu den damit verbundenen Persönlichkeitseingriffen Auch gegenüber dem im Wege einer Wettkampfvereinbarung, eines Lizenzvertrages, eines Arbeitsvertrages oder auf andere Weise vertraglich gebundenen Athleten, dem für den Fall der Nichtzustimmung zum Dopingregelwerk der Ausschluss von der Teilnahme an den für ihn zur Berufsausübung interessanten Veranstaltungen in Aussicht gestellt worden ist, sind die Verbände und Veranstalter zur Durchführung von Dopingkontrollmaßnahmen nur dann berechtigt, wenn damit verbundene Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte des Sportlers von einem überwiegenden Interesse der Verbände und Veranstalter117 oder von der Zustimmung des Betroffenen118 gedeckt sind. Eine solche Zustimmung wird seitens des Athleten konkludent oder ausdrücklich durch die Annahme des Vertragsangebots der Verbände und Veranstalter erklärt, soweit dieses Vertragsangebot auf der Grundlage persönlichkeitsrechtlich relevanter Anti-Doping-Bestimmungen unterbreitet wird. Je nach dem, welche Wirkung der Zustimmung im konkreten Fall aneignet, hängt ihre Wirksamkeit von der Einhaltung bestimmter Voraussetzungen ab. 117 Zur Interessenabwägung bei Eingriffen ins allgemeine Persönlichkeitsrecht vgl. H. Coing, Anm. zum Leserbrief-Urteil, JZ 1954, 700; H. Hubmann, JZ 1957, 521, 522, 526; H. C. Nipperdey/G. Wiese, in: Bettermann-Nipperdey, Die Grundrechte, Bd. IV/2 (1962), S. 835; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 8; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 208, 275; R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), 7.III.2.2; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C17; D. Medicus, Schuldrecht II, Besonderer Teil, § 141 I.; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 107 II., II.2; Larenz/Wolf, AT, § 8 IV., Rn. 36 ff.; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 408; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 219; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 13; G. Müller, VersR 2000, 797, 802; MüKo/ R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 132 ff.; U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 46; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.C.III., S. 35 f., 1.E.III.2., die eine Vernachlässigung der Prüfung des Schutzbereichseingriffs und den voreiligen Eintritt in die Interessenabwägung beklagt (2.A.II.); Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II., weisen daraufhin, dass es der Interessenabwägung tatsächlich nur selten bedürfe, da teilweise schon tatbestandlich gar keine Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung vorliege, ggf. aber die Rechtswidrigkeit entgegen der h. L. weitgehend durchaus durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert sei. 118 H.M., zur Rechtfertigung von Persönlichkeitsrechtseingriffen durch die Zustimmung des Betroffenen vgl. statt vieler Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C176.

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aa) Wirkung der Zustimmung als Einverständnis oder als Einwilligung Die Frage nach Rechtsnatur und Wirkung der Zustimmung zu persönlichkeitsrechtsrelevanten Handlungen ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.119 Nach zutreffender Ansicht kann die Zustimmung die Bedeutung eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses oder auch (lediglich) einer rechtfertigenden Einwilligung haben.120 Es hängt zunächst vom Einzelnen selbst ab, welche persönlichkeitsrechtsrelevanten Handlungen er als Beeinträchtigung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechtes ansieht, beispielsweise welche Informationen zu seiner geschützten Intim- und Privatsphäre zählen sollen oder was zu seiner „Sozialsphäre“ zu rechnen ist. Das maßgebliche schutzbereichskonstituierende Element ist somit zunächst der subjektive Wille des Rechtsgutinhabers, der sich von Person zu Person unterschiedlich darstellen kann: Während der eine sein Schamgefühl überwinden muss, wenn er sich nur zur Durchführung einer ärztlichen Untersuchung entkleiden soll, stellt der andere seinen entblößten Körper gewerbsmäßig zur Schau, ohne sich hierdurch auch nur im entferntesten in seiner Intimsphäre berührt zu fühlen. Die Schutzbereichsgrenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sind hiernach nicht abstrakt definiert, so dass sie für jeden denkbaren Anwendungsfall identisch verlaufen. Sie werden vielmehr durch die subjektiven Vorstellungen des Betroffenen maßgeblich beeinflusst.121 Die Abhängigkeit des Schutzbereichsumfangs vom Willen des Rechtsgutsinhabers ergibt sich nicht zuletzt aus dem Einfluss des Art. 1 I GG auf die Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, da die Achtung der Würde des Menschen die Anerkennung und den rechtlichen Schutz der natürlichen Selbstbestimmungskompetenz des Einzelnen verlangt, so dass dem Selbstverständnis des Einzelnen prägender Einfluss auf den Inhalt der Menschenwürde zugestanden werden muss.122 Demnach kann die willentliche Hinnahme einer persönlichkeitsrechtlich relevanten Maß119 Umfassend zu Rechtsnatur und Wirkung der Einwilligung Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C176 ff.; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 46 ff., 49 ff.; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 252 ff. 120 Nach E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 64, wirkt die Zustimmung des Rechtsinhabers dergestalt auf Tatbestandsebene, dass „im Falle der Einwilligung der Schutz der Privatsphäre von vornherein entfällt“; nach Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 66, ist diese Frage aufgrund der Ausgestaltung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als „Rahmenrecht“ weitgehend ohne Bedeutung; bei Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 184, und Palandt/ H. Sprau, § 823 Rn. 95, ist nur von der Einwilligung die Rede, ohne dass auf die Möglichkeit einer tatbestandsausschließenden Wirkung der Zustimmung eingegangen wird. 121 Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 72 f.; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), S. 190. 122 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), S. 32 f.

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nahme ihrem rechtlichen Gehalt nach die Duldung einer Beeinträchtigung und somit eine Einwilligung bedeuten oder aber auch bereits Ausdruck einer engeren Definition des potentiell betroffenen Schutzbereiches sein, so dass rechtstechnisch von einem tatbestandsausschließenden Einverständnis zu sprechen ist.123 Für die Grenzziehung zwischen Intimsphäre und Privatsphäre beispielsweise bedeutet dies Folgendes: Nach zutreffender Auffassung gehört zur Intimsphäre all das, was der Rechtsinhaber unbedingt geheimhalten und vor jedem Dritten verbergen will, zur Privatsphäre das, was nur ein eng umgrenzter Kreis von Vertrauten erfahren soll, usw. Wo genau die Grenzen der jeweiligen Sphäre verlaufen, wird hiernach in einem ersten und im Regelfall entscheidenden Schritt durch die subjektiven Vorstellungen des Rechtsinhabers bestimmt.124 Erst in einem zweiten Schritt und auch nur als Kontrollüberlegung spielt die Frage nach der Vereinbarkeit der subjektiven Vorstellungen des Einzelnen mit den allgemeingültigen Vorstellungen über die weitestmögliche Ausdehnung der jeweiligen Sphäre eine Rolle: Objektive, d.h. willensunabhängige Grenze in diesem Sinne ist das objektive Geheimhaltungsinteresse oder – sofern es nicht gerade um die Grenzen der Intim- oder Privatsphäre geht – das objektive Interesse am Ausschluss Dritter aus der betreffenden Sphäre.125 Dieses objektive Interesse fehlt dem Betroffenen hinsichtlich völlig übersteigerter Vorstellungen.126 So führt etwa die subjektive Einschätzung, der von allen Seiten einsehbare Garten gehöre in den Bereich der Intimsphäre, nicht dazu, dass diesem auch tatsächlich ein entsprechend intensiver Schutz der Rechtsordnung vor der Kenntnisnahme durch Dritte zuteil wird. Wenn somit aber der Wille des Rechtsgutsinhabers konstitutiv für die Reichweite des Schutzbereiches ist, besteht zwangsläufig ein untrennbarer Zusammenhang zwischen diesem Willen und der Tatbestandsmäßigkeit des persönlichkeitsrechtsrelevanten Handelns des Angreifers: Immer dann, wenn der Angriff einen Bereich der Persönlichkeitssphäre berührt, für den der Adressat des Angriffs zwar nach den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätzen Schutz beanspruchen könnte, den er aber trotz der notwendigen „Grundrechtsmündigkeit“ für sich selber nicht einer der schutzbedürftigen Sphären zuordnet, liegt schon tatbestandlich gar keine Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts vor.127 123 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.IV.2.; umfassend zu Rechtsnatur und Wirkung der Einwilligung Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C176 ff.; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 252. 124 BGH NJW 1981, 1366 („Aufmacher II“); so auch C. Degenhart, JuS 1992, 361, 364, und B. Pieroth/B. Schlink, Grundrechte, Rn. 396. 125 Erman/H. Ehmann, zu § 12, Rn. 158. 126 I. v. Münch, in: GK v. Münch (3. Aufl. 1985), Art. 1 Rn. 17 f.; ebenso BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 82, für den Schutzbereich der Menschenwürde. 127 E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 64.

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Soweit sich die subjektive Einschätzung des Betroffenen im Rahmen der objektiv zu ziehenden Grenzen bewegt, kann somit ein und dieselbe persönlichkeitsrechtsrelevante Maßnahme gegenüber dem „empfindlicheren“ Zeitgenossen A eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung seiner Privatsphäre und gegenüber dem Zeitgenossen B einen persönlichkeitsrechtlich neutralen Akt darstellen. Stimmt A der von ihm als Eingriff empfundenen Maßnahme dennoch zu, ist diese Zustimmung als (rechtfertigende) Einwilligung anzusehen, da A sich sehr wohl tatbestandsmäßig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt fühlt, die Beeinträchtigung jedoch aus rationalen Gründen hinzunehmen bereit ist. Das Einverständnis mit derselben Maßnahme besteht in der Person des B vor dem Hintergrund, dass er sich dadurch schon tatbestandlich nicht in seinen Rechten beeinträchtigt fühlt. Da der Umfang der Privatsphäre per definitionem von den diesbezüglichen Vorstellungen des Betroffenen festgelegt wird, wirkt die Einschätzung des B auf diese Weise bereits schutzbereichsbegrenzend und somit als tatbestandsausschließendes Einverständnis. Ist der Adressat in vorstehendem Sinne mit der persönlichkeitsrechtlich relevanten Maßnahme einverstanden, liegt daher schon tatbestandsmäßig überhaupt kein Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht vor. Es bedarf in diesem Falle keiner Rechtfertigung der Maßnahme durch eine gesetzliche oder vereinsrechtliche Gestattungsnorm, eine Einwilligung, ein überwiegendes Interesse des Eingreifenden oder einen anderen Rechtfertigungstatbestand. Dieses Verständnis von der Wirkung der Zustimmung des Betroffenen zu persönlichkeitsrechtsrelevanten Handlungen wird im Übrigen auch von der h. M. zugrunde gelegt, wenn in bestimmten Fällen Handlungen oder Verhaltensweisen des Rechtsinhabers zu einer Verweigerung des persönlichkeitsrechtlichen Schutzes führen sollen: So muss nach zutreffender Auffassung derjenige, der selbst sein Privatleben in der Öffentlichkeit „ausbreitet“, etwa indem er die Bekanntheit über die Medien sucht, es andererseits hinnehmen, dass jedenfalls die von ihm offenbarten Informationen über die eigene Person von der Öffentlichkeit auch zur Kenntnis genommen und „verwertet“ werden. Der Rechtsgutsinhaber verzichtet insoweit auf den umfassenden Schutz seiner Privatsphäre.128 Der Wille des Rechtsgutsinhabers wirkt in diesem Sinne schutzbereichsbegrenzend.129 Darüber hinaus hat es der extrovertierte Zeitgenosse hinzunehmen, dass sich die Öffentlichkeit in angemessenem Umfang über die von ihm selbst publizierten Informationen hinaus mit ihm befasst.130 Allerdings kann insoweit nicht von ei128 C. Degenhart, JuS 1992, 361, 364; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 221. 129 Vgl. auch BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 81, für Menschenwürde und Persönlichkeitsrecht. 130 BVerfGE 54, 129, 137 ff.; BGH NJW 1981, 1366, 1367 („Aufmacher II“); C. Degenhart, JuS 1992, 361, 364; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 26, 42, 51, 60.

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nem schutzbereichseinschränkenden Verzicht des Rechtsgutsinhabers die Rede sein;131 die Duldungspflicht beruht in dieser Konstellation vielmehr auf einer Abwägung seines durch die Selbstpräsentation geminderten Schutzinteresses mit dem durch den öffentlichen Auftritt gesteigerten Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Gleiches gilt für diejenigen Fälle, in denen der Betroffene nicht aktiv den Auftritt in der Öffentlichkeit gesucht, sondern Eingriffe in seine Persönlichkeitsrechte nach den Grundsätzen der Behandlung „absoluter“ oder „relativer“ Personen der Zeitgeschichte hinzunehmen hat. Die Zulässigkeit des Persönlichkeitsrechtseingriffs beruht hier gegebenenfalls wiederum nicht auf dem Umstand, dass der Rechtsgutsinhaber etwa mit der Berichterstattung in den Medien oder der sonst in Rede stehenden Beschäftigung mit seiner Person einverstanden wäre. In den von der Rechtsprechung entschiedenen Konstellationen, für die es im Gegenteil geradezu typisch ist, dass der Wille des Betroffenen gegen den Eingriff in seine persönlichkeitsrechtlich geschützte Sphäre gerichtet ist, entscheidet sich die Rechtmäßigkeit des Persönlichkeitseingriffs anhand der Abwägung des öffentlichen Interesses an der Berichterstattung mit dem Interesse des Rechtsinhabers am Schutz seiner Persönlichkeitssphäre.132 Als tatbestandsausschließendes Einverständnis wirkt die Zustimmung in jedem Fall dann, wenn der Betroffene sich deshalb zur Duldung der persönlichkeitsrechtlich relevanten Maßnahme bereit erklärt, weil er sich dadurch von vornherein überhaupt nicht in seiner Intim- oder Privatsphäre tangiert fühlt.133 131 Bedenklich insoweit die Ausführungen des OLG Stuttgart, AfP 1981, 362 („Rudi Carrell“), wo es heißt, der Kläger gehöre zu der Berufsgruppe der Schauspieler oder Künstler der Unterhaltungsbranche, die anders als ein Normalbürger in der Regel samt ihren Angehörigen die Publizität in den Medien, vor allem in der Regenbogenpresse suchten und bis zu einem gewissen Grad die dadurch mit oder ohne ihr Zutun gelegentlich einhergehenden negativen Begleiterscheinungen hinzunehmen bereit seien; zumindest missverständlich auch die Ausführungen des OLG Köln, AfP 1982, 181 („Rudi Carrell“), wenn die Begründung der Klageabweisung mit der Feststellung eingeleitet wird, grundsätzlich bestimme jeder Mensch selbst, inwieweit sein Leben oder einzelne Vorgänge aus seinem Werdegang in der Öffentlichkeit dargestellt werden dürften; kritisch MüKo/P. Schwedtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 215; gegen die Annahme eines konkludenten Verzichts R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 65. 132 Vgl. die jüngste „Caroline-Entscheidung“ des BGH, NJW 2007, 1977, 1978 f., wo auch für die Zulässigkeit der Berichterstattung über „absolute Personen der Zeitgeschichte“ auf die Abwägung der gegenläufigen Interessen im Einzelfall abgestellt wird; der Verzicht des BGH auf die Rechtsfigur der Person der Zeitgeschichte zugunsten einer einzelfallbezogenen Abwägung ist im Folgenden vom BVerfG, NJW 2008, 1793, 1798 ff. (Beschl. v. 26.02.2008, Az.1 BvR 1602/07, 1 BvR 1606/07 u. 1 BvR 1626/07), bestätigt worden; dem vorausgegangen war 2004 die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, NJW 2004, 2647 ff., in der das Gericht die Zulässigkeit der öffentlichen Berichterstattung von einem überwiegenden Allgemeininteresse abhängig gemacht und festgestellt hatte, die Unterscheidung zwischen „absoluten“ und „relativen“ Personen der Zeitgeschichte genüge den Anforderungen an die hier anzustellende Abwägung nicht (S. 2650 f.), vgl. hierzu M. Nolte, causa sport 2005, 246 ff. 133 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.IV.2.; so im Ergebnis auch Erman/H. Weitnauer, 1. Bd.

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Andererseits kann hiernach von einer tatbestandsausschließenden Wirkung der Zustimmung in denjenigen Fällen keine Rede sein, in denen der Betroffene die persönlichkeitsrechtsrelevante Maßnahme zwar sehr wohl als Eingriff in seine Privat- oder Intimsphäre verspürt, diesen Eingriff aber deswegen hinnimmt, weil seine Duldung unabdingbare Voraussetzung für die Erlangung (subjektiv) wichtiger Vorteile ist. Gibt beispielsweise ein Athlet den Dopingkontrolleuren zu verstehen, dass er den mit der Dopingkontrolle verbundenen Eingriff in seine Intimsphäre missbilligt und nur deshalb hinnimmt, weil er andernfalls vom Profisportbetrieb ausgeschlossen würde, ginge eine Würdigung des Vorgangs an der Realität vorbei, die eine Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung bereits auf Tatbestandsebene ablehnte. Zwar liegt formal gesehen auch in diesem Fall eine willentliche Begrenzung des Schutzbereiches vor, da die Zustimmung als Willensbetätigung des Betroffenen – ihre Wirksamkeit trotz der Willensbeeinflussung des Sportlers einmal vorausgesetzt – die Annahme einer Rechtsverletzung hindert. Bei zutreffender Würdigung des sozialen Sinngehaltes der Zustimmung kann man in diesen Fällen, in denen die persönlichkeitsrechtlich relevante Handlung durch den Betroffenen durchaus als Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung empfunden und lediglich aus außerhalb der subjektiven Schutzbereichsdefinition liegenden Motiven geduldet wird, jedoch nicht mehr von einer tatbestandsausschließenden Wirkung der Zustimmung, sondern lediglich noch von einer rechtfertigenden Einwilligung sprechen. bb) Wirksamkeit der Zustimmung mit Einverständnischarakter Stimmt der Athlet den aus den Anti-Doping-Bestimmungen resultierenden persönlichkeitsrechtlich relevanten Maßnahmen in dem Sinne zu, dass er diese Maßnahmen akzeptiert, weil sie nach seinem Verständnis sein Persönlichkeitsrecht schon gar nicht berühren, kommt eine Unwirksamkeit dieses Einverständnisses aus den nachfolgend dargelegten Gründen nur in Ausnahmefällen in Betracht. (1) Zustimmungsfähigkeit von Eingriffen ins allgemeine Persönlichkeitsrecht Da andernfalls die Entscheidung über den Schutzbereichsumfang nicht vom Rechtsgutsinhaber selber getroffen werden könnte, muss es sich beim allgemei-

(5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 5, wenn er in bestimmten Fällen der Einwilligung bereits die Tatbestandsmäßigkeit des Handelns verneinen möchte; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 48, misst der Zustimmung tatbestandsausschließende Wirkung zu, wenn und wo der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen begriffen wird.

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nen Persönlichkeitsrecht um ein einverständnisfähiges Rechtsgut handeln, das zur Disposition des Betroffenen steht.134 An diesem Punkt ist die „Peep-Show-Entscheidung“ des BVerwG135 auf ihre Bedeutung für Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht hin zu überprüfen. Fraglich ist, ob die enge Anlehnung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts an Art. 1 I GG zur Übertragbarkeit der vom BVerwG seiner Entscheidung zugrundegelegten Rechtsauffassung führt, derzufolge die Zustimmung der Peep-Show-Darsteller zur Betrachtung ihrer entblößten Körper durch das Publikum als unzulässiger Verzicht auf die Menschenwürde keine Wirkung entfaltet. Bei näherem Hinsehen erweist sich die Entscheidung jedoch nicht als Wirksamkeitshindernis für Zustimmungen zu Persönlichkeitsrechtseingriffen: Wenn auch Art. 1 I GG des öfteren neben Art. 2 I GG als „Rechtsgrundlage“ des allgemeine Persönlichkeitsrecht genannt wird, stützt sich das Recht nach zutreffender Ansicht doch nur insoweit auf das Menschenwürdegrundrecht, als dieses bei seiner Ausgestaltung im Sinne einer objektiv-rechtlichen Interpretationsrichtlinie zu beachten ist.136 Dementsprechend stellt keineswegs jeder Eingriff ins allgemeine Persönlichkeitsrecht gleichzeitig auch einen Eingriff in die Menschenwürde des Betroffenen dar. Lediglich in den Sonderfällen, in denen eine Handlung über die Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung hinaus eine menschenunwürdige Behandlung beinhaltet, ist die Einwilligung in den Eingriff nach der der „Peep-Show-Entscheidung“ zugrundegelegten Argumentationslinie unwirksam, dies allerdings auch nur insoweit, als der menschenwürdeverletzende Teil der Handlung betroffen ist. Hinzukommt, dass eine Fremdbestimmung über die Reichweite des Menschenwürdeschutzes, wie sie das BVerwG in der Entscheidung im Ergebnis vorgenommen hat, bereits als solche im Widerspruch zur Menschenwürde des Einzelnen steht, da die Achtung der Würde auch die Achtung und den rechtlichen Schutz der natürlichen Selbstbestimmungskompetenz des Einzelnen verlangt.137 Durch eine derartige Fremdbestimmung wird somit der von Art. 1 I GG gebotene prä-

134 E. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht (2. Aufl. 1996), Rn. 282; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.V.6.; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1986), § 823 Rn. 455 ff. 135 BVerwGE 64, 264. 136 BVerfGE 27, 344, 350 f.; W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 23; H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 32; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 15, 56 f., 89; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig (5. Aufl. 2000), Art. 2 Rn. 30; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 63; zu den aus Art. 1 I GG resultierenden Maßgaben im Einzelnen vgl. M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), S. 31 ff., S. 34 f.; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C3, weist dieser Frage „eher untergeordnete Bedeutung“ zu, da sich aus ihrer Beantwortung keine Konsequenzen für die Einschränkungsmöglichkeiten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergäben. 137 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), S. 32 ff.

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gende Einfluss des Selbstverständnisses des Individuums auf den Inhalt der Menschenwürde eliminiert.138 Gegen die Zustimmungsfähigkeit des Rechtsgutes allgemeines Persönlichkeitsrecht bestehen im Übrigen keine Bedenken.139 (2) Zustimmungsfähigkeit des Rechtsgutsinhabers (a) Voraussetzungen der Zustimmungsfähigkeit Wohl unbestrittene Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustimmung zu einem Persönlichkeitsrechtseingriff ist, dass der Rechtsträger von seiner sittlichen und geistigen Reife wie auch von seinem sonstigen psychischen Zustand her in der Lage sein muss, die Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung zu erfassen und zu bewerten.140 Heftig diskutiert wird allerdings, welche Voraussetzungen im konkreten Fall für die Annahme der erforderlichen Einsichtsfähigkeit gegeben sein müssen.141 Teilweise wird die Geschäftsfähigkeit des Einwilligenden zur grundsätzlichen Bedingung für die Wirksamkeit der Zustimmung zu einer persönlichkeitsrechtsrelevanten Handlung gemacht.142 Unabhängig davon, ob man der Einwilligung im konkreten Fall tatbestands- oder rechtswidrigkeitsausschließende Wirkung zumisst, wird man die Geschäftsfähigkeit des Einwilligenden tatsächlich jedenfalls immer dann verlangen müssen, wenn der Einwilligungsempfänger aus der Einwilligung ein nicht jederzeit widerrufliches Recht zur Verwertung ableiten will.143 Je nach der konkreten Art der Zustimmung muss im Übrigen jedoch wie folgt unterschieden werden: 138 BGH NJW 1999, 657, 658 f., erklärt den freiwilligen Polygraphentest trotz der Menschenwürderelevanz für zulässig; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), S. 33; die Einschränkung der Selbstbestimmung ablehnend auch I. v. Münch, in: GK v. Münch (3. Aufl. 1985), Art. 1 Rn. 17, u. Battis/Gusy, Einführung in das Staatsrecht (4. Aufl. 1999), Rn. 338, u. C. Gusy, DVBl 1982, 984, 985 f.; differenzierend A. Podlech im Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (2001), Art. 1 Rn. 46, der es für unzulässig hält, vom Menschen aktiv die Leistung von Würde zu verlangen, die Zustimmung zur passiven Erduldung von Menschenwürdeeingriffen jedoch als unwirksam ansieht. 139 So auch Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 402 f., der das Persönlichkeitsrecht zutreffend „allenfalls in jenem ,unantastbaren Kernbereich, der von Natur aus Geheimnischarakter hat,‘“ für unverzichtbar hält. 140 BGHZ 29, 33, 36; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.V.1.; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 49. 141 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.V.1., m.w. N. 142 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C178; dagegen E. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht (2. Aufl. 1996), Rn. 282. 143 Erman/H. Ehmann (10. Aufl. 2000), Anh. zu § 12, Rn. 73.

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Nicht nach den Regeln über die Geschäftsfähigkeit können diejenigen Einverständnisfälle beurteilt werden, in denen der Wille des Rechtsgutsinhabers bereits schutzbereichsbegrenzend wirkt, weil die Reichweite des Schutzumfangs der in Rede stehenden Persönlichkeitsrechtsausprägung überhaupt erst durch seinen Willen festgelegt wird und der Adressat der in Rede stehenden Handlung sich durch diese überhaupt nicht in seinen Persönlichkeitsrechten betroffen fühlt und die Zustimmung auch nicht gleichzeitig einer wirtschaftlichen Verwertung der Früchte dieser Handlung den Weg bereiten soll. Gleiches gilt für die Fälle, in denen der Wille des Rechtsgutsinhabers zwar nicht schutzbereichsbegrenzend wirkt, der Betroffene die Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung jedoch in Kauf nehmen möchte und ebenfalls keine wirtschaftliche Verwertung zwischen den Parteien vereinbart wird. Hier muss der Wille des Rechtsträgers immer dann maßgeblich sein, wenn er dergestalt grundrechtsmündig ist, dass er Bedeutung und Tragweite der persönlichkeitsrechtsrelevanten Handlung hinreichend erfasst hat.144 Soll die Einwilligung nicht einer wie auch immer gearteten wirtschaftlichen Verwertung der Persönlichkeit dienen, genügt es, wenn der Betroffene im Sinne der Regeln zur Deliktsfähigkeit in der Lage ist, die Tragweite des beabsichtigten Persönlichkeitsrechtseingriffs, d. h. den Umfang der daraus resultierenden Beeinträchtigung, in jeder Hinsicht – etwa auch für sein zukünftiges Leben –, ausreichend zu erfassen.145 Zielt in diesen „Einverständnisfällen“ die persönlichkeitsrechtsrelevante Maßnahme auf eine wirtschaftliche Verwertung ihrer Früchte ab, erhält sie hierdurch zwar nicht den Charakter einer Persönlichkeitsrechtsverletzung. In diesem Fall rückt das Geschehen jedoch in jenen Bereich der wirtschaftlichen Betätigung, in dem die §§ 104 ff. BGB die Beteiligten vor reifebedingten Verlusten schützen 144 So auch E. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht (2. Aufl. 1996), Rn. 282, m.w. N.; ebenfalls zwischen der rechtsgeschäftlichen und der eingriffsrechtlichen Seite der Einwilligung unterscheidend E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Rn. 93 f.; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.V.1., stellt – im Ergebnis mit BGHZ 29, 33, 36 – darauf ab, ob der Rechtsträger nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und seiner Gestattung zu ermessen vermag; ebenso MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 49, freilich unter Annahme eines Mitbestimmungsrechts der Personensorgeberechtigten. 145 OLG Karlsruhe, FamRZ 1983, 742, 743; so wohl auch D. Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 200 f., der allerdings bei Minderjährigen vor dem Hintergrund der Personensorge gemäß § 1631 BGB daneben regelmäßig auch die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters für erforderlich erachtet; a. A. OLG München, AfP 1983, 276, 277, wonach die Zustimmung zur Bildnisveröffentlichung immer Geschäftsfähigkeit voraussetzt, da sie immer auch eine obligatorische Verpflichtung enthalte, nämlich in dem vereinbarten Ausmaß vom Recht am eigenen Bild keinen Gebrauch zu machen; ähnlich MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 167, für die Einwilligung in die Bildnisveröffentlichung gem. § 22 KUG; so wohl auch Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 252 f., Darstellung der Rspr. unter Rn. 254; a. A. auch P. Heidenreich, AfP 1970, 960, der in derartigen Fällen auch für den rechtsgeschäftlichen Teil keine Geschäftsfähigkeit fordert.

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wollen, so dass über die entsprechende Grundrechtsmündigkeit hinaus die Geschäftsfähigkeit des Rechtsgutsinhabers vorliegen muss.146 Die vorstehend dargelegte Unterscheidung gilt analog für die Fälle, in denen der Zustimmung die Bedeutung einer rechtfertigenden Einwilligung aneignet. In den Fällen, in denen die Erteilung der Zustimmung nach den weiter oben ausgeführten Grundsätzen gleichzeitig die Bedeutung eines Gestattungsvertrags hat, steht damit ohne weiteres fest, dass sich die soziale Sinnhaftigkeit des Geschehens nicht mehr in der Berührung grundgesetzlich verbürgter Rechtspositionen des Zustimmenden erschöpft, sondern darüber hinaus den wirtschaftlichrechtsgeschäftlichen Bereich berührt, in dem die §§ 104 ff. BGB zu beachten sind.147 (b) Folgen der Zustimmungsfähigkeit von nicht oder nur beschränkt Geschäftsfähigen: Autonome Selbstbestimmung oder dennoch Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nötig? Auch wenn der Eingriffsadressat nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen selber hinreichend zustimmungsfähig ist, stellt sich etwa im Falle eines minderjährigen Sportlers die Frage, ob nicht über seine Zustimmung hinaus dennoch die seines gesetzlichen Vertreters erforderlich ist. Für nicht lediglich rechtlich vorteilhafte Willenserklärungen wird dies durch § 107 BGB ausdrücklich vorgegeben. Nach zutreffender Ansicht scheitert die unmittelbare Anwendung des § 107 BGB allerdings an dem Umstand, dass es bei der Zustimmung zu einem Persönlichkeitsrechtseingriff nicht um eine rechtsgeschäftliche Erklärung, sondern um eine Gestattung oder Ermächtigung zur Vornahme tatsächlicher Handlungen geht.148 Was die analoge Anwendung des § 107 BGB betrifft, wird ebenso zutreffend darauf abgestellt, ob der Minderjährige im Hinblick auf Eingriffe in von § 823 BGB geschützte Rechtspositionen im gleichen Umfang schutzbedürftig ist wie bei der Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen; die Schutzbedürftigkeit wird sodann verneint, soweit der Minderjährige nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und seiner Gestattung zu ermessen vermag.149 Ist der Adressat der persönlichkeitsrechtsrelevanten Maßnahme somit nach den weiter oben dargelegten Grundsätzen selber einverständnis- und einwilligungsfä146

Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 253. MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 49, spricht insoweit von einem „doppelfunktionalen“ Charakter der Zustimmung. 148 BGHZ 29, 33, 36; P. Heidenreich, AfP 1970, 960, 961. 149 BGHZ 29, 33, 36; so tendenziell auch BGH DB 1974, 1860, 1861, ohne die Frage allerdings abschließend zu beantworten; P. Heidenreich, AfP 1970, 960, 962. 147

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hig, bedarf er keines Schutzes Dritter – etwa der Erziehungsberechtigten – mehr, so dass bei Vorliegen der weiteren Wirksamkeitsvoraussetzungen allein seine Zustimmung die Entstehung irgendwelcher Ansprüche gegen den Empfänger der Zustimmung verhindert. Eine Zustimmung des gesetzlichen Vertreters ist dann auch nicht zusätzlich zur Einwilligung des Betroffenen erforderlich.150 Erst recht kann der gesetzliche Vertreter nicht die Einwilligung des Betroffenen durch seine Zustimmungsverweigerung überstimmen.151 Zieht die Zustimmung gleichzeitig rechtsgeschäftliche Konsequenzen, beispielsweise ein Bildnis- oder Informationsverwertungsrecht oder ähnliches nach sich, ist der nach dem oben Gesagten grundrechtsmündige Minderjährige zwar hinsichtlich der in Kauf genommenen Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung zustimmungsfähig, jedoch qua definitione legis (§ 107 BGB) nicht zur Regelung der wirtschaftlichen Begleitumstände des Eingriffs befugt.152 In dieser Situation führt die persönlichkeitsrechtsrelevante Handlung zwar nicht mehr zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung, jedoch im Falle der Verweigerung der Zustimmung seitens der Vertretungsberechtigten zu einem Kondiktionsanspruch gegen den Zustimmungsempfänger.153 Dieses Ergebnis, das von der Gegenmeinung als inkonsequent kritisiert wird,154 entspricht sowohl der Gesetzessystematik, die durch die unterschiedlichen Anforderungen der §§ 107 und 828 III BGB geprägt ist, als auch der Interessenlage des Rechtsgutsinhabers, um dessen Schutz es im Rahmen der Einwilligungsdiskussion letztlich geht: in der Sphäre, über die zu entscheiden er selber in der Lage ist, nämlich hinsichtlich der Inkaufnahme der Persönlichkeitsrechtseinbuße, erlangt sein durch die Zustimmung manifestierter Wille Geltung; bezüglich der wirtschaftlich-rechtsgeschäftlichen Seite der Angelegenheit, über die zu entscheiden er nach der Vorstellung des Gesetzgebers 150 BGH DB 1974, 1860, 1861; P. Heidenreich, AfP 1970, 960, 962; a. A. MüKo/ R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 49, der auch in diesen Fällen ein Mitbestimmungsrecht aus der elterlichen Personensorge herleitet. 151 P. Heidenreich, AfP 1970, 960, 962; a. A. MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 49. 152 So hält BGH DB 1974, 1860, 1861, dafür, dass kein Unterlassungsanspruch besteht, wenn der Minderjährige dem Persönlichkeitsrechtseingriff als solchem und der Erziehungsberechtigte den wirtschaftlichen Begleitumständen wirksam zugestimmt hat; a. A. P. Heidenreich, AfP 1970, 960, 963, mit dem Argument, die rechtsgeschäftlichen Konsequenzen seien nur Annex der Einwilligung des Betroffenen; dagegen D. Kaulbach, AfP 1971, 67. 153 So auch OLG Karlsruhe FamRZ 1983, 742, 743 f., wo der Kondiktionsanspruch allerdings mit der Begründung abgelehnt wird, er sei dann nicht gegeben, wenn geltend gemacht werde, dass eine Zustimmung zur Veröffentlichung unter keinen Umständen erteilt worden wäre; so wird in BGHZ 29, 33, 37, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Einwilligungsfähigkeit des Minderjährigen nicht zur Wirksamkeit des Behandlungsvertrags gem. § 107 BGB führt; zur Frage eines Ausgleichsanspruchs vgl. auch BGH NJW 1974, 1947, 1950, wo allerdings kein Kondiktionsanspruch, sondern ein Schadensersatzanspruch der minderjährigen Klägerin diskutiert wird. 154 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C178.

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(noch) nicht in der Lage ist, wird seiner Einwilligung die Wirksamkeit versagt und auf diese Weise verhindert, dass er des Schutzes der §§ 104 ff. BGB verlustig geht. Ist die Zustimmung zwar nicht mit derartigen rechtsgeschäftlichen Konsequenzen verbunden, jedoch unter anderen Aspekten möglicherweise von weitreichender Bedeutung für den Minderjährigen, die einzuschätzen er nicht mit hinreichender Sicherheit in der Lage ist, bedarf es – im Rahmen der Personensorge gemäß § 1631 BGB bzw. dem in § 107 BGB enthaltenen allgemeinen Gedanken des Minderjährigenschutzes folgend – ebenfalls zusätzlich der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.155 (3) Freiheit von Willensmängeln, insbesondere Freiwilligkeit der Zustimmung Einverständnis wie auch Einwilligung des Rechtsinhabers sind weiterhin nur dann wirksam, wenn dieser zum Zeitpunkt seiner Willensäußerung alle entscheidungserheblichen Umstände kannte.156 Des Weiteren vermag die Zustimmung des Betroffenen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dann nicht zu verhindern, wenn sie unter dem Druck rechtswidrigen Zwangs erklärt wurde.157 Dass eine Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht durch ein erzwungenes Einverständnis vermieden werden kann, ergibt sich zwingend aus folgender Überle155 So tendenziell auch BGH DB 1974, 1860, 1861, für die Zustimmung zur Veröffentlichung von Nacktaufnahmen einer 16jährigen, wo die Frage allerdings nicht abschließend beantwortet wird, da die Sachverhaltswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass beide Zustimmungen, die des Erziehungsberechtigten und die der Minderjährigen, vorlagen. D. Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 200 f., hält mit Blick auf § 1631 BGB im Regelfall auch die Zustimmung des Personensorgeberechtigten für notwendig. 156 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.V.4.; vgl. MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 50. Vgl. auch K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/Urin-Dopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 53 ff., für die analog zu behandelnde Einwilligung betreffend den mit der Blutabnahme verbundenen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. 157 H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 54, unter Verweis auf BVerfG NJW 1982, 375, wo der nicht hinnehmbare Persönlichkeitseingriff durch die Verwendung des Lügendetektors allerdings in der „,Durchleuchtung‘ der Person“ gesehen wird, „welche die Aussage als deren ureigenste Leistung entwertet und den Untersuchten zu einem bloßen Anhängsel eines Apparates werden lässt“; ders., NJW 1989, 857, 860; E. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht (2. Aufl. 1996), Rn. 282; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 50; P. Heidenreich, AfP 1970, 960, 963; zur Unwirksamkeit der Einwilligung eines Arbeitnehmers aufgrund der regelmäßig zu konstatierenden Unterlegenheit gegenüber dem Arbeitgeber Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 402 ff.; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.V.4., spricht insoweit vom Zwang „durch unlautere Mittel“.

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gung: Die Ausübung von Zwang hat zum Zweck, jemanden zu einem Handeln, Dulden oder Unterlassen entgegen seiner inneren Einstellung zu bewegen. Da demgegenüber das Einverständnis begrifflich gerade die mit dem persönlichkeitsrechtlich relevanten Handeln übereinstimmende innere Einstellung bedeutet, wäre ein erzwungenes Einverständnis ein Widerspruch in sich und ist daher nicht denkbar. Mit anderen Worten: Während das Einverständnis die innere Einstellung des Rechtsinhabers bedeutet, die ihn eine Maßnahme schon gar nicht als Beeinträchtigung verspüren lässt, setzt der Zwang zum Einverständnis begrifflich voraus, dass genau diese innere Einstellung beim Betroffenen fehlt, da andernfalls ja gar kein Zwang erforderlich wäre. Ein „erzwungenes Einverständnis“ ist demnach nicht nur unwirksam, sondern von vornherein gar nicht existent. Die Freiwilligkeit ist hiernach begriffswesentliche Voraussetzung für ein wirksames Einverständnis. Sonstige Willensmängel – etwa irgendwelche Fehlvorstellungen des Betroffenen von der Handlung, der er zustimmt – sind insoweit beachtlich, als sie die Reichweite der Zustimmung begrenzen. Das Einverständnis reicht immer nur soweit, wie der Betroffene den Umfang der Beeinträchtigung erfasst hat. Nur insoweit, als der Betroffene überhaupt realisiert hat, dass seine Interessen von einer Maßnahme berührt werden, kann er für sich die Entscheidung darüber treffen, ob er sich hierdurch in persönlichkeitsrechtlich geschützten Positionen beeinträchtigt fühlt. In den Fällen, in denen das Einverständnis auf Fehlvorstellungen des Betroffenen hinsichtlich des Eingriffs beruht, richtet sich der Umfang des Rechtsgutsverzichts nach dem Zustimmungswillen des Rechtsgutsinhabers unter Berücksichtigung der vorhandenen Fehlvorstellungen. Auf diese Weise wirken Willensmängel bezüglich der Maßnahme, der zugestimmt wird, unmittelbar als Einschränkung der Reichweite der Zustimmung. Motivirrtümer, die keine Fehlvorstellung hinsichtlich der Beeinträchtigung durch die persönlichkeitsrechtlich relevante Maßnahme beinhalten, sind demgegenüber in den Einverständnisfällen unbeachtlich. cc) Wirksamkeit der Zustimmung mit Einwilligungscharakter Liegt eine Einverständnissituation deswegen nicht vor, da der Betroffene sich von der persönlichkeitsrechtsrelevanten Maßnahme durchaus in seiner persönlichkeitsrechtlich geschützten Sphäre beeinträchtigt fühlt und sich lediglich dafür entscheidet, die Maßnahme zur Erlangung damit für ihn verbundener Vorteile hinzunehmen, ist die Zustimmung als Einwilligung im herkömmlichen Sinne anzusehen. Zu ihrer Wirksamkeit müssen insbesondere folgende, in der Situation zwischen den Athleten und den Sportorganisationen nicht ohne weiteres gegebene Voraussetzungen erfüllt sein158: 158 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.V.; zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einwilli-

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(1) Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einwilligung Auch die Wirksamkeit der Einwilligung hat die im Zusammenhang mit dem Einverständnis bereits bejahte Zustimmungsfähigkeit des betroffenen Rechtsguts zur Voraussetzung. Im Gegensatz zum Einverständnis muss die Einwilligung ausdrücklich erklärt oder durch konkludentes Verhalten zum Ausdruck gebracht werden,159 soweit nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen für die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung vorliegen.160 Des Weiteren sind bei der Prüfung der Einwilligung die §§ 134, 138 BGB zu beachten, deren Eingreifen im Falle eines Einverständnisses praktisch nicht in Betracht kommt. Allerdings wird die Unwirksamkeit der Einwilligung in einen Persönlichkeitsrechtseingriff nach den §§ 134, 138 BGB nur ausnahmsweise anzunehmen sein,161 wenn es um Dauervereinbarungen oder besonders gravierende Belastungen des Persönlichkeitsrechts geht,162 so dass die „bewilligte“ Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung aus diesem Grund gegen ein gesetzliches Verbot verstößt oder die daraus resultierende Belastung ein sittenwidriges Ausmaß erreicht.163 Die Einwilligungsfähigkeit des Rechtsgutsinhabers beurteilt sich nach denselben Überlegungen, die bereits hinsichtlich der Einverständnisfähigkeit für maßgeblich angesehen wurden.

gung in persönlichkeitsrechtsrelevante Maßnahmen im Rahmen von Arbeitsverhältnissen vgl. Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 402 ff. 159 E. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht (2. Aufl. 1996), Rn. 282, m.w. N.; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Rn. 95; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.V.2.b), allerdings mit der Warnung vor der übereilten Annahme von konkludenten Zustimmungen; vor der Gefahr, dass die Einwilligung durch die Annahme konkludenter Erklärungen unterlaufen wird, warnt auch S. Simitis, NJW 1984, 398, 401. 160 Zur Möglichkeit der mutmaßlichen Einwilligung vgl. E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Rn. 96. 161 Zur Frage der Sittenwidrigkeit vgl. K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/UrinDopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 53, der zutreffend darauf hinweist, dass der Zweck von Dopingkontrollmaßnahmen das Gegenteil von sittenwidrig ist, da er sportliche Verfehlungen bekämpft und sportethische Ziele fördert. 162 H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 57; für ein unbedingtes, jederzeitiges Widerrufsrecht des Abgebildeten analog § 42 I 1 UrhG MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 51. 163 MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 167, hält die Einwilligung zur Anfertigung von pornographischen Fotos für unwirksam und verweist diesbezüglich auf OLG Stuttgart, NJW-RR 1987, 1434, wo die Sittenwidrigkeit allerdings entscheidend mit dem ausbeuterischen Charakter des „Model-Vertrages“ begründet wird; Erman/ H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 255; für eine restriktive Handhabung der Sittenwidrigkeit als Unwirksamkeitsgrund M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.V.7.; zur Beachtlichkeit der §§ 134, 138 BGB vgl. auch MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 50.

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(2) Insbesondere: Freiheit von Willensmängeln, Freiwilligkeit der Einwilligung Beruht die als Einwilligung einzuordnende Zustimmung auf Fehlvorstellungen des Betroffenen hinsichtlich der persönlichkeitsrechtsrelevanten Auswirkungen der Maßnahme, auf die sie bezogen ist, hängt die Rechtfertigungswirkung zugunsten des Handelnden davon ab, ob er der Einwilligungserklärung im Zuge ihrer notwendigen Auslegung eine Reichweite zumessen durfte, von der auch die in Rede stehende persönlichkeitsrechtsrelevante Maßnahme umfasst war.164 Dies wird regelmäßig dann nicht der Fall sein, wenn dem Angreifer die Willensmängel bekannt waren, weil er selber die Fehlvorstellungen hinsichtlich des Eingriffsumfangs – etwa im Wege der Täuschung – hervorgerufen hat.165 Liegen der Einwilligung Fehlvorstellungen zugrunde, die nicht die dadurch zu rechtfertigende Maßnahme und ihre Beeinträchtigungswirkung betreffen, sondern sich im Motivbereich des Einwilligenden bewegen, gilt das eben Gesagte entsprechend: Wenn auch in diesem Fall die Einwilligung im vollen Bewusstsein der persönlichkeitsrechtlichen Relevanz der Maßnahme erklärt wird, haften ihr mit den Motivirrtümern dennoch erhebliche Willensmängel an, die sich der wissende Angreifer nicht in unlauterer Weise zur Rechtfertigung seines Eingriffs zunutze machen darf. Aus der Abhängigkeit der Reichweite der Zustimmung von der Kenntnis der persönlichkeitsrechtsrelevanten Aspekte des Eingriffs ergibt sich die außerordentlich große Bedeutung der Aufklärung des Rechtsträgers durch den Angreifer über den Umfang des beabsichtigten Persönlichkeitsrechtseingriffs.166 Welche Informationen über Art und Weise und Sinn und Zweck der Maßnahme dem Betroffenen ganz konkret gegeben werden müssen, beurteilt sich danach, welche Kenntnisse er benötigt, um die Bedeutung und die Tragweite seiner Zustimmung beurteilen zu können. In diesem Sinne müssen ihm sämtliche Umstände dargelegt und erläutert werden, die für die Intensität des Persönlichkeitsrechtseingriffs von Bedeutung sind. Welche Fakten im Einzelnen zu den erläuterungsbedürftigen Informationen gehören, hängt somit maßgeblich davon ab, welche Facetten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch den Eingriff berührt werden. Während es – wie weiter oben ausgeführt – ein unfreiwilliges Einverständnis denklogisch nicht gibt, kann die Freiwilligkeit der Einwilligung durchaus daran

164

So im Ergebnis auch P. Heidenreich, AfP 1970, 960, 963. Nach E. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht (2. Aufl. 1996), Rn. 292, darf die Einwilligung nicht „von einer schweren Täuschung abhängig“ sein; für die Unwirksamkeit täuschungsbedingter Einwilligungen auch P. Heidenreich, AfP 1970, 960, 963, u. M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.V.5. 166 Zur Bedeutung der Aufklärung vgl. M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.VI.1. 165

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scheitern, dass die Entschließungsfreiheit des Einwilligenden vor Abgabe der Einwilligungserklärung über das zulässige Maß hinaus beeinträchtigt worden ist.167 Eine übermäßige Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit kann insbesondere daraus herrühren, dass der Einwilligungsempfänger dem Einwilligenden als Monopolist in einer überragenden sozialen oder wirtschaftlichen Machtposition gegenübersteht, so dass dem Einwilligenden zur Vermeidung erheblicher Nachteile überhaupt keine andere Wahl bleibt, als die Einwilligung zu erklären. So hat der BGH in der „Hundezüchter-Entscheidung“ 168 einer Schiedsklausel die höchstrichterliche Bestätigung versagt, die dem Mitglied eines Hundezüchtervereines im Falle von Streitigkeiten mit dem Verein den Weg zu den ordentlichen Gerichten versperrte. Mit Rücksicht auf das alleinige Recht des Vereins zur Führung des deutschen Zuchtbuches für Schäferhunde, in das auch die Hunde des Klägers eingetragen werden mussten, um als Rassehunde anerkannt zu werden, maß der BGH dem Verein eine so große wirtschaftliche oder soziale Machtstellung zu, dass der Kläger zu einer Mitgliedschaft keine Alternative habe. Vor diesem Hintergrund sei der Verzicht auf das Recht zur Anrufung der ordentlichen Gerichte, den der Züchter mit der Anerkennung der Vereinssatzung anlässlich des Vereinsbeitritts erklärt habe, nicht freiwillig erfolgt, da er die Satzung einschließlich der Schiedsklausel notgedrungen habe akzeptieren müssen. Die in der Hundezüchter-Entscheidung vom BGH für maßgeblich erachteten Erwägungen, wonach die Übermächtigkeit der Verbände die Freiwilligkeit der Zustimmung zu Satzungsregelungen entfallen lassen kann, sind auf die Beurteilung der Zustimmung zu den Anti-Doping-Bestimmungen der Sportverbände übertragbar.169 Allerdings scheitert die Ableitung dezidierter Handlungsmaximen aus der Hundezüchter-Entscheidung an dem Umstand, dass das Urteil einerseits vertragsrechtliche Grundsätze auf die Beurteilung einer vereinsrechtlichen Klausel anwendet, indem es für die Wirksamkeit der im Vereinsrecht niedergelegten Schiedsabrede eine Zustimmung der Vereinsmitglieder fordert, andererseits ohne weitere Differenzierung aus dem Machtungleichgewicht zwischen Vereinsmitglied und Monopolverein auf das Fehlen oder zumindest die Unfreiwilligkeit der 167 H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth (5. Aufl. 2000), Art. 2 Rn. 54; ders., NJW 1989, 857, 860; E. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht (2. Aufl. 1996), Rn. 282; MüKo/ R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 50; P. Heidenreich, AfP 1970, 960, 963; zur Unwirksamkeit der Einwilligung eines Arbeitnehmers aufgrund der regelmäßig zu konstatierenden Unterlegenheit gegenüber dem Arbeitgeber Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 402 ff.; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.V.4. 168 BGH-Urteil vom 03.04.2000 (Az. II ZR 373/98), NJW 2000, 1713 = SpuRt 2000, 153; dazu U. Haas, SpuRt 2000, 139 ff. 169 So im Ergebnis auch K. Vieweg, Zusammenfassung der juristischen Gutachten zu der Frage nach der Zulässigkeit von Blut- und/oder Urinkontrollen, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 16, 17.

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Zustimmung des Vereinsmitglieds schließt.170 Folgt man der h. L. in der von ihr vertretenen modifizierten Vertragstheorie, bedarf es demgegenüber keiner Zustimmung der Vereinsmitglieder zu Satzungsänderungen, die nach ihrem Vereinsbeitritt satzungsgemäß zustande kommen. Zudem erscheint auch der Schluss von der unausgewogenen Machtverteilung auf die fehlende Freiwilligkeit der Zustimmung nicht verallgemeinerungsfähig: Diesbezüglich ist erstens zu berücksichtigen, dass es sich bei der satzungsrechtlichen Schiedsklausel insofern um einen Sonderfall handelt, als hier ein Rechtsverzicht festgeschrieben werden soll, der gemäß den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen171 und aufgrund seiner Tragweite172 in besonderer Weise auf die vertragliche Einigung zwischen den Parteien angewiesen ist. Zweitens kann wohl nicht davon ausgegangen werden, dass der BGH die Fixierung zustimmungsbedürftiger Rechtseingriffe in den Regelwerken sozial oder wirtschaftlich übermächtiger Monopolverbände generell für unwirksam erklären wollte, zumal dies eine zu weitgehende Einschränkung der Vereinsautonomie bedeuten würde.173 Hiernach stellt sich für die Anwendung der Hundezüchter-Entscheidung auf persönlichkeitsrechtlich relevante Anti-Doping-Bestimmungen die Frage, unter welchen Voraussetzungen im Zusammenhang mit der Durchsetzung dieser AntiDoping-Bestimmungen eine die Freiwilligkeit der Einwilligung hindernde Einwirkung der Verbände und Veranstalter auf die Entschließungsfreiheit der Athleten anzunehmen ist. (a) Kriterien für die Beurteilung der Freiwilligkeit Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach den BGB-Bestimmungen über Rechtsgeschäfte, auf die im Rahmen der rechtlichen Behandlung der Einwilligung zurückgegriffen werden kann, die Beförderung einer Willenserklärung oder

170 Gegen den undifferenzierten Schluss von der Ungleichgewichtslage auf die fehlende Freiwilligkeit der Zustimmung auch U. Haas/M. Holla, Die Nationale Antidoping-Agentur und ein künftiges Schiedsgericht für Dopingstreitigkeiten, in: U. Haas (Hrsg.), Schiedsgerichtsbarkeit im Sport (2003), S. 27. 171 Siehe § 1031 ZPO, der in seinem Absatz 5 die Ernsthaftigkeit des Verzichts durch das Erfordernis einer gesonderten Urkunde abzusichern versucht, vgl. Zöller/R. Geimer, ZPO, § 1031 Rn. 35. Zur Warnfunktion des § 1031 ZPO vgl. auch U. Haas, SpuRt 2000, 139, 140. 172 Die Freiwilligkeit der Unterwerfung unter den Schiedsspruch ist nach BGH NJW 1978, 1745, ein Fundamentalgrundsatz des Rechts der privaten Schiedsgerichtsbarkeit; so auch Zöller/R. Geimer, ZPO, § 1029 Rn. 51. 173 Gegen eine Unwirksamkeit von Schiedsklauseln allein aufgrund der Monopolsituation B. Pfister/T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 281; eine umfassende, kritische Auseinandersetzung mit der Entscheidung findet sich bei J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 558 ff., der Schiedsklauseln in den Satzungen der Verbände für zulässig erachtet, wenn die Aufnahme per Mehrheitsbeschluss der Mitglieder geschieht.

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einer sonstigen, z. B. geschäftsähnlichen Erklärung durch die Ausübung von vis compulsiva keineswegs ohne weiteres die Unwirksamkeit der unter Druck abgegebenen Erklärung nach sich zieht. Im Gesetz selbst ist innerhalb der Bestimmungen über Willenserklärungen bereits eine Differenzierung dahingehend getroffen, dass nicht schon jede Androhung eines noch so geringfügigen Nachteils für den Fall der Verweigerung zur Unwirksamkeit der in dieser Drucksituation entäußerten Willenserklärung führen kann. Wie sich der Regelung des § 123 BGB entnehmen lässt, hat die Ausübung von Druck zur Abgabe einer Willenserklärung vielmehr nur dann Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Erklärung, wenn dieser Druck die Qualität einer rechtswidrigen Willensbeeinflussung aufweist. Die Zurückhaltung des Gesetzgebers an dieser Stelle erscheint auch durchaus sinnvoll. Denn hätte jede noch so geringfügige Willensbeeinflussung durch Nachteilsandrohung die Unwirksamkeit der hiernach abgegebenen Willenserklärung zur Folge, bedeutete dies eine unerträgliche Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Rechtssubjekte. Dem Einzelnen wäre die Möglichkeit genommen, unerhebliche Einbußen an eigenen Rechtspositionen hinzunehmen, um im Gegenzug aus seiner Sicht erstrebenswerte Vorteile zu erlangen. Im Ergebnis würde diese Beschränkung der Handlungsfreiheit zur Lähmung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs führen, dient doch eine enorme Vielzahl der Entscheidungen, die täglich im Geschäftsleben getroffen werden, der Vermeidung andernfalls drohender Nachteile. Lässt beispielsweise ein Unternehmer den geforderten Preis deshalb nach, weil der Kunde damit droht, seinen Bedarf andernfalls bei der Konkurrenz zu decken, kann nicht die Unwirksamkeit des Preisnachlasses mit der Begründung behauptet werden, dieser sei unter dem Einfluss von Zwang gewährt worden. Anhand dieses einfachen Beispiels wird deutlich, dass die Rechtsordnung zuviel des Guten täte, jede Androhung eines noch so geringfügigen Nachteils für den Fall der Unterlassung einer Erklärung mit der Unwirksamkeit der in dieser „Zwangslage“ abgegebenen Erklärung zu ahnden. Von entscheidender Bedeutung für die Wirksamkeit der den Athleten abgeforderten Zustimmung ist demnach die Ermittlung derjenigen Kriterien, bei deren Vorliegen eine Zwangseinwirkung die Qualität einer rechtswidrigen Drohung i. S. d. § 123 BGB erreicht. Für die Beurteilung der Drucksituation der Athleten nach den zu § 123 BGB entwickelten Maßstäben sind folgende Erwägungen von Bedeutung: (b) Drohung mit einem empfindlichen Übel Dass die Androhung der Nichtaufnahme in den Verein oder der Nichtzulassung zu einem Wettkampf gegenüber einem Profisportler als In-Aussicht-Stellen eines zukünftigen, empfindlichen Übels anzusehen ist, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt,174 bedarf keiner näheren Erläuterung.

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Weniger offensichtlich ist der in Aussicht gestellte Nachteil für den Athleten, wenn die Verweigerung seiner Zustimmung nicht mit dem Ausschluss von der benötigten beruflichen Bühne sanktioniert ist. Auch im Falle der Athletenvereinbarung, deren Zurückweisung nicht mit Sanktionen belegt ist, dürfte sich allerdings kaum ein Sportler in seiner Entscheidung über den Abschluss oder den Nichtabschluss der Vereinbarung wirklich frei fühlen. Für den Athleten besteht in jedem Fall die Gefahr, dass die Verweigerung der Unterzeichnung seitens der Sportvereinigung veröffentlicht wird. Durch die Veröffentlichung wird er insbesondere dann, wenn die Athletenvereinbarung nicht neben den Dopingbestimmungen gleichzeitig auch noch Regelungen zu anderen bedeutsamen Fragen wie etwa den beiderseitigen Werberechten des Athleten und des Verbandes enthält, mit deren Unbilligkeit die Unterschriftsverweigerung gegenüber der Öffentlichkeit gerechtfertigt werden kann, als Dopingtäter stigmatisiert. Auch wenn ihm von Verbandsseite keine Beschneidung seiner Teilnahmerechte in Aussicht gestellt wird, sieht sich der Sportler auf diese Weise der Gefahr einer Beeinträchtigung seines Charakterbildes in der Öffentlichkeit und damit der Gefahr einer schwerwiegenden Persönlichkeitsbeeinträchtigung ausgesetzt, wenn er der Athletenvereinbarung nicht zustimmt.175 Auch eine solche Gefährdung des Charakterbildes in der Öffentlichkeit stellt ein empfindliches Übel i. S. d. § 123 BGB dar. Der entscheidende Unterschied zur Androhung der Nichtaufnahme oder der Nichtzulassung zu den Wettkämpfen liegt allerdings in dem Umstand, dass die Bekanntmachung der Unterschriftsverweigerung nicht im Regelwerk der Verbände vorgesehen ist. Droht der Verband dem Athleten jedoch nicht an, die Verweigerung der Unterzeichnung öffentlich zu machen, fehlt es an der Vorgabe der Einflussmöglichkeit auf den Eintritt der Negativ-Publicity. Allein die Möglichkeit des Verbands, das vom Erklärenden gefürchtete Übel herbeizuführen, reicht zur Annahme einer Drohung nicht aus. Soweit die Verweigerung der Athletenvereinbarung daher nicht in den Verbandsbestimmungen mit nachteiligen Konsequenzen für den Athleten belegt ist und vom Verband auch nicht die Veröffentlichung der Verweigerung in Aussicht gestellt wird, ist die Zustimmung zu den Dopingbestimmungen im Wege der freiwilligen Athletenvereinbarung als wirksam anzusehen.176 174 Palandt/J. Ellenberger, § 123 Rn. 15 f.; so auch K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/Urin-Dopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 58 f., mit Blick auf § 240 StGB. 175 So wurde die Aufforderung der UCI an die Radprofis zur Unterzeichnung der Anti-Doping-Erklärung im Vorfeld der Tour-de-France 2007 von der Ankündigung begleitet, die Namen der Unterzeichner auf der Website der UCI zu veröffentlichen, um Unterschriftsverweigerer in die Defensive zu drängen, vgl. FAZ v. 20.06.07, S. 31. 176 So für den seinerzeit von Dieter Baumann unterzeichneten WADA-Gesundheitspass der damalige DLV-Vizepräsident für Recht, C. Prokop, vgl. FAZ v. 30.05.00, S. 47; von der Rechtswirksamkeit der Athletenvereinbarung ging offenbar auch V. Röhricht aus, wenn er die Eröffnung des ordentlichen Rechtswegs im Fall Baumann unter Verweis auf die Vereinbarung verneinte, vgl. FAZ v. 02.06.00, S. 39.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

(c) Rechtswidrigkeit der Drohung In Anwendung der Maßstäbe des § 123 BGB hat die Drohung mit der Nichtaufnahme oder der Nichtzulassung zu den interessanten Wettkämpfen dann die Unwirksamkeit einer dadurch motivierten Einwilligung zur Folge, wenn diese Drohung als rechtswidrig anzusehen ist. Wann dies der Fall ist, ist wiederum nach Maßgabe der zu § 123 BGB aufgestellten Regeln177 zu beurteilen. Eine Drohung ist hiernach dann rechtswidrig, wenn entweder bereits der bezweckte Erfolg für sich gesehen oder bereits das angedrohte Verhalten für sich gesehen rechtswidrig sind oder aber das angedrohte rechtmäßige Verhalten zur Erreichung des gewünschten rechtmäßigen Erfolges als unangemessen erscheint. (aa) Isolierte Zweckkontrolle Erste Voraussetzung für die Bewertung dieser Drohung als rechtmäßig ist, dass das mittels der Drohung durchzusetzende Ziel einer isolierten Inhaltskontrolle standhält: Das Fernziel, dessen Erreichung die Durchführung aller Dopingkontrollen zu guter Letzt dienen soll, ist der Erhalt authentischer, unverfälschter, wissenschaftlich nicht angreifbarer und somit aussagekräftiger Beurteilungen der Dopingbelastung der Athleten, die wiederum die Gewährleistung eines dopingfreien Sports ermöglichen sollen. Der hiernach mit der Ausschlussdrohung verfolgte Zweck „aussagekräftige Dopingkontrolle zur Gewährleistung eines dopingfreien Sports“ muss für sich betrachtet als zulässiges und rechtmäßiges Anliegen der Verbände und Veranstalter erscheinen. Dass die Realisierung eines dopingfreien Sports irgendwelchen Rechtsgrundsätzen widersprechen würde, ist nicht erkennbar, sind doch im Gegenteil Dopinghandlungen ihrerseits in manchen Fällen sogar als Betrugshandlungen anzusehen, jedenfalls aber aufgrund ihres betrugsähnlichen Charakters am Rande oder bereits jenseits der Grenzen des Erlaubten anzusiedeln. Gleiches gilt für das Bestreben der Sportverantwortlichen, zu diesem Zweck geeignete Kontrollmaßnahmen zu installieren. Eine Vermutung für die Rechtmäßigkeit dieses Anliegens lässt sich zudem aus Art. 9 I GG ableiten, da es sich hierbei um eine im Rahmen der Vereinsautonomie getroffene Zielsetzung der Vereine und Verbände handelt. Der als Nahziel unmittelbar mit der Drohung „Nichtaufnahme“ oder „Nichtzulassung“ angestrebte Erfolg ist die Erteilung der Zustimmung des Athleten zu den einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen. Dieses Nahziel hält der isolierten Zweckkontrolle allerdings nur insoweit stand, wie die Anti-Doping-Maßnahmen, denen zugestimmt werden soll, auch tatsächlich dazu beitragen können, die Dopingbekämpfung wirksam zu fördern. Dies setzt für jede einzelne persönlich-

177

Vgl. hierzu Palandt/J. Ellenberger, § 123, Rn. 19 ff.

I. Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime

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keitsrechtsrelevante Maßnahme voraus, dass sie ihrerseits für die Dopingbekämpfung geeignet und erforderlich ist und als angemessenes Mittel erscheint. (bb) Isolierte Mittelkontrolle Hat die isolierte Zweckkontrolle zum Ergebnis, dass die untersuchte Anti-Doping-Maßnahme im System der Dopingbekämpfung erforderlich ist und ihre Ermöglichung auch im Übrigen einen von den Verbänden und Veranstaltern zulässigerweise verfolgten Zweck darstellt, hängt die Rechtmäßigkeit der Drohung mit der Aufnahme- oder Teilnahmeverweigerung nunmehr davon ab, ob die Verweigerung der begehrten Teilhabe für sich gesehen, d.h. ungeachtet der damit verfolgten Ziele, ein zulässiges Drohmittel darstellt. (a) Kein gesetzliches Verbot des Mittels Erste Bedingung dafür, dass ein Dopingkontrollmodus der isolierten Mittelkontrolle standhält, ist, dass das Drohverhalten als solches und für sich gesehen nicht durch gesetzliche Bestimmungen in Form von Strafgesetzen oder sonstigen Verbotsregelungen untersagt ist. Ein gesetzliches Verbot in diesem Sinne kann unübersehbar im Raum stehen oder auch aus Rechtspositionen herzuleiten sein, die im Wege schwieriger Subsumtionen oder Analogien zu ermitteln sind. Besonders augenfällig stellt sich die Rechtswidrigkeit der Einflussnahme in den Fällen dar, in denen sich der Erklärungsempfänger mit dem Einsatz des von ihm ausgewählten Mittels über ausdrückliche Verbote, z. B. über strafgesetzliche Bestimmungen hinwegsetzt. Bewegt der Täter eines Bankraubs den Kassenangestellten unter Androhung von Waffengewalt dazu, ihm den Kasseninhalt auszuhändigen, bereitet die rechtliche Wertung im Allgemeinen keine Schwierigkeiten. Auf weniger offensichtliche Weise kann sich die Rechtswidrigkeit der Willensbeeinflussung aber auch daraus ergeben, dass der Erklärungsempfänger ein Verhalten ankündigt, das zwar nicht strafbar, jedoch durch privatrechtliche Bestimmungen oder Rechtsinstitute untersagt ist. Das Mittel, mit dem die Korporationen und Veranstalter das Ziel „Zustimmung zur Dopingkontrollmaßnahme“ erreichen wollen, ist die Drohung mit der Nichtaufnahme in die Verbandspyramide bzw. mit dem Ausschluss von den unter ihrer Ägide oder ihrem Einfluss durchgeführten Wettkämpfen. Der Ausschluss erfolgt durch die Nichtaufnahme in einen verbandsangehörigen Verein, die Verhängung von Sperren oder auf andere Weise für den Fall, dass der Athlet die Anerkennung der einschlägigen Bestimmungen oder die Duldung der Dopingkontrolle unter den vorgeschriebenen Bedingungen verweigert. Die Nichtaufnahme wie auch der Teilnahmeausschluss sind nicht a priori rechtswidrige Akte. Was das Verhältnis zwischen dem Mitglied und seinem Verein betrifft, gilt zunächst einmal der Grundsatz der Vereinsautonomie, der dem

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Verein die Freiheit eröffnet, die Vereinsziele wie auch die Regularien, die für die Art und Weise der Verfolgung der Vereinsziele maßgeblich sein sollen, nach eigenem Gutdünken zu regeln.178 Vor dem Hintergrund dieser Vereinsautonomie ist der Verein insbesondere grundsätzlich in der Entscheidung darüber frei, Mitglieder, die die Vereinsregeln nicht als für sich verbindlich anerkennen wollen, gar nicht erst aufzunehmen179 oder aber – wenn eine Mitgliedschaft bereits besteht – nach den einschlägigen Vereinsbestimmungen zu sanktionieren.180 Die Entscheidungsfreiheit der Korporationen erlaubt die Aufnahmeverweigerung im Normalfall sogar dann, wenn der Bewerber die satzungsmäßigen Aufnahmevoraussetzungen erfüllt.181 Ein für den Bewerber durchsetzbarer Aufnahmeanspruch besteht selbst dann nicht, wenn die Ablehnungsentscheidung unter Verstoß gegen die Satzung der Korporation zustande gekommen ist.182 Ebenso gilt im Verhältnis zwischen Veranstalter und Athleten zunächst einmal der Grundsatz der Privatautonomie. Im Rahmen des privatrechtlichen Wettkampfvertrags kann der Veranstalter als Anbieter grundsätzlich frei die Konditionen festsetzen, zu denen er abschließen will („Inhaltsfreiheit“). Er darf weiterhin grundsätzlich frei entscheiden, ob er überhaupt abschließen will und mit wem („Abschlussfreiheit“). Macht der Veranstalter nun den Vertragsabschluss von der Annahme bestimmter Bedingungen durch den Bewerber abhängig, stellt sich dies im Allgemeinen als zulässige Inanspruchnahme seiner Inhalts- und Abschlussfreiheit dar. Die vorstehenden Überlegungen zur Vereinsautonomie und zur Vertragsfreiheit gelten gleichermaßen, wenn der Sportler zur Teilnahme an den für ihn interessanten Wettkämpfen einer Lizenz bedarf, so dass auch die Entscheidung über die Lizenzvergabe grundsätzlich im freien Ermessen der Verbände bzw. Veranstalter liegt. Ein Verbot der Drohung mit der Nichtaufnahme oder des Wettkampfausschlusses kann sich vor diesem Hintergrund nur aus spezifischen Besonderheiten des 178

K. Stöber, Handbuch Vereinsrecht, Anm. I.1, Rn. 1. Enneccerus-Nipperdey, AT des Bürgerlichen Rechts, 1. HlbBd. (15. Aufl. 1959), S. 672; Larenz/Wolf, AT, § 9, Rn. 28; K. Stöber, Handbuch Vereinsrecht, Anm. IX.2.c), Rn. 153 ff.; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 1047; Staudinger/H. Coing (12. Aufl. 1978), § 35 Rn. 27; Staudinger/G. Weick (2005), § 35 Rn. 27; R. Birk, JZ 1972, 343, 345, m.w. N.; D. Fuchs, NJW 1965, 1509, für von § 27 GWB (seit 1.1.99 § 20 IV GWB) erfasste Vereinigungen. 180 K. Stöber, Handbuch Vereinsrecht, Anm. XX.1.a), Rn. 667 ff. 181 BGH NJW 1999, 1326 ff., u. 1980, 186 („Hamburgischer Anwaltsverein“); für politische Parteien BGHZ 101, 193, 200; V. Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen (1988), S. 79; Larenz/Wolf, AT, § 9, Rn. 28 f.; K. Stöber, Handbuch Vereinsrecht, Anm. IX.2.c)cc), Rn. 155. 182 BGH ZIP 1987, 1108, 110; V. Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen (1988), S. 79; K. Stöber, Handbuch Vereinsrecht, Anm. IX.2.c)dd), Rn. 156; für den Fall einer politischen Partei BGHZ 101, 193, 198. 179

I. Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime

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Verhältnisses zwischen den Athleten und den Verbänden und Veranstaltern ergeben. (aa) Bedeutung des vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Stehen sich im Streit um die Teilnahme Verein und Vereinsmitglied gegenüber, rückt an dieser Stelle der vereinsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz183 in den Blickpunkt, der dem vereinsangehörigen Athleten einen Anspruch verleiht, ebenso wie seine Athletenkollegen zu Veranstaltungen des Vereins zugelassen zu werden, wenn nicht besondere Gründe seine abweichende Behandlung rechtfertigen. Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz gilt allerdings zum einen ohne weiteres nur im Verhältnis des Athleten zu derjenigen Korporation, in der er selber Mitglied ist, so dass zur Begründung eines Gleichbehandlungsanspruchs gegen die Verbände als Wettkampfveranstalter komplizierte dogmatische Konstruktionen erforderlich sind.184 Zum zweiten hilft er im Zusammenhang mit der Durchsetzung des Dopingverbotes auch deshalb nicht weiter, da insoweit identische Anforderungen an alle Athleten gestellt werden, so dass eine Ungleichbehandlung hier nicht erkennbar ist.185 Stellt man als tertium comparationis auf die Eigenschaft als wettkampfinteressierter Profisportler ab, die den Vergleichspersonen, dem gedopten wie dem ungedopten Athleten, gemein ist, rückt die Frage nach der sachlichen Rechtfertigung der Ungleichbehandlung in den Vordergrund, die im Wege einer Abwägung der für und wider die Ungleichbehandlung sprechenden Interessen zu beantworten ist.186 (bb) Bedeutung der Regelungen über den Kontrahierungszwang Wie weiter oben187 bereits ausgeführt, ist allerdings im Verhältnis zwischen den Athleten und den Verbänden und Veranstaltern die besondere Machtkonstellation zu berücksichtigen, die sich dadurch auszeichnet, dass die Phalanx der Vereine, Verbände und Veranstalter als in der Verbandspyramide verbundene Gemeinschaft wie ein Monopolist dem (zukünftigen) Profisportler als Bewerber um ein für ihn überragend wichtiges Gut, nämlich den Zugang zum beruflichen Forum, gegenübersteht.188 Ob aus dieser besonderen Konstellation heraus eine Einschränkung der Abschluss- und Inhaltsfreiheit der Verbände und Veranstalter mit 183

Vgl. hierzu B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 838 ff. m.w. N. K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 38. 185 K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 38, untersucht an dieser Stelle eine Ungleichbehandlung des überführten Dopingtäters gegenüber den unbescholtenen Athleten. 186 K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 38. 187 Vgl. oben B.I.2.a)bb)(2). 188 So auch K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 38 f. 184

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

der Konsequenz eines Teilhabeanspruchs der Athleten auch ohne Anerkennung der Anti-Doping-Bestimmungen gerechtfertigt ist, muss hinsichtlich jeder einzelnen persönlichkeitsrechtlich relevanten Dopingregelung im Wege einer Abwägung der für die Durchsetzung dieser Regelung sprechenden Interessen der Verbände und Veranstalter und der gegenläufigen Interessen der Athleten ermittelt werden. Die Androhung der Nichtaufnahme in den Verein und der Nichtzulassung zu den Wettkämpfen ist hiernach auch im Verhältnis zwischen Bewerber und „Monopolverein“ nicht bereits als solche gesetzlich verboten. Ihre Rechtmäßigkeit hängt vielmehr davon ab, ob das Interesse der Verbände und Veranstalter an der Durchsetzung der in Rede stehenden Anti-Doping-Bestimmung das Interesse der Sportler an der Teilhabe ohne Anerkennung dieser Bestimmung überwiegt. Hierüber ist im Rahmen der Prüfung der Zweck-Mittel-Relation zu entscheiden. (b) Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit des Mittels Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Mittels sind des Weiteren dessen Geeignetheit, seine Erforderlichkeit und seine Angemessenheit. Die Androhung der Aufnahme- oder Teilnahmeverweigerung lässt aus der exante-Betrachtung erwarten, dass die Athleten zur Teilnahme an der abgeforderten Dopingkontrolle bzw. zur Anerkennung der entsprechenden Bestimmungen motiviert werden. Sie ist daher geeignetes Mittel zu deren Durchsetzung. Zwar sind mildere Sanktionen denkbar als die Nichtaufnahme in den Verein oder der Ausschluss von für den Sportler „lebensnotwendigen“ Wettkämpfen, wie z. B. die Verhängung von Geldbußen für vereinsangehörige Athleten u. ä. Sie erscheinen aber als im Vergleich zum Wettkampfausschluss wenig schlagkräftig, da nur die Androhung des Wettkampfausschlusses geeignet ist, einen genügend großen Motivationsdruck auf die Athleten zu erzeugen. Bei Verhängung einer Geldbuße beispielsweise hat der Sportler die Möglichkeit, nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten auszurechnen, was für ihn günstiger ist: Kommt er zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung aller denkbaren Faktoren wie etwa Einnahmen aus der Wettkampfteilnahme selbst (Startgeld, Siegprämien), Steigerungsquote des Werbemarktwertes durch die Erzielung eines guten Wettkampfergebnisses usw. der Gewinn aus der (gedopten) Teilnahme die wegen Verweigerung der Dopingkontrolle zu erwartende Geldbuße bei weitem übersteigt, wird er unter Inkaufnahme der Buße die Zustimmung zu der Kontrolle verweigern. Die Möglichkeit einer solchen Abwägung seitens der Athleten muss aber im Interesse der lückenlosen Verhinderung von Doping ausgeschlossen werden. Der insoweit einzig erfolgversprechende Weg besteht in der Androhung der Nichtzulassung zu den Wettkämpfen, da der Athlet nur durch den Wettkampfauschluss so am Ausgangspunkt seiner wirtschaftlichen Kalkulation getroffen wird, dass ihm kein Raum für eine Abwägung in der oben beschriebenen Art und Weise bleibt.

I. Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime

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Schließlich dürfen die Ablehnung der Vereinsaufnahme, die Nichtzulassung zu Wettkämpfen oder die Verhängung einer Sperre für den Athleten, der sich nicht zur Duldung einer abgeforderten Kontrolle bereiterklärt, nicht unverhältnismäßig in dessen Rechte eingreifen. Bedenken entstehen hier insbesondere im Hinblick auf die von Art. 12 GG garantierte Berufsfreiheit.189 Zutreffend wird von den im Bereich der Dopingbekämpfung tätigen Juristen gegen die Wettkampfsperre eingewandt, sie komme ab einer gewissen Dauer, die sich je nach der betroffenen Sportart unterscheidet, einem Berufsverbot gleich.190 Diese berufshindernde Wirkung ist noch viel weitergehender mit einer Aufnahme- oder Teilnahmeverweigerung verbunden, die den Betroffenen nicht nur vorübergehend, sondern generell von der Berufsausübung ausschließt. Sowohl die Nichtaufnahme in den Verein als auch die Nichtzulassung zu den für die Selbstdarstellung und Vermarktung relevanten Wettkämpfen berühren nach alledem in empfindlicher Weise die Berufsausübungsfreiheit des Athleten.191 In seinem „Apotheker-Urteil“ 192 hat das BVerfG Maßstäbe aufgestellt, anhand derer die Zulässigkeit von Berufsregelungen zu beurteilen ist. An den hier entwickelten Maßstäben ist auch die Rechtmäßigkeit von Dopingsperren zu messen.193 Das BVerfG unterscheidet Berufsausübungsregelungen von Regelungen der Berufswahl, wobei hier nochmals zwischen objektiven und subjektiven Zulassungsschranken zu differenzieren ist. Als der weniger weitgehende Eingriff ist eine Berufsausübungsregelung bereits dann rechtmäßig, wenn vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie als zweckmäßig erscheinen lassen. Die Freiheit der Berufswahl darf dagegen nur eingeschränkt werden, soweit der Schutz besonders wichtiger („überragender“) Gemeinschaftsgüter es zwingend erfordert. Die Regelung subjektiver Voraussetzungen gibt den Zugang zum Beruf nur den in bestimmter – und zwar meist formaler – Weise qualifizierten Bewerbern frei. Sie erscheint dann als gerechtfertigt, wenn die vorgeschriebenen subjektiven Voraussetzungen zu dem angestrebten Zweck der ordnungsmäßigen Erfüllung der Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis stehen. Die Aufstellung objektiver Bedingungen für die Zulassung macht dieselbe von Umständen abhängig, deren Erfüllung 189 Die sportliche Betätigung wird von Art. 12 I GG geschützt, sofern sie zumindest teilweise der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient, vgl. J. Fritzweiler/ C. v. Coelln, Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil Rn. 16. 190 U. Steiner, Verfassungsrechtliche Probleme des Dopings, in: Württembergischer Fußballverband e. V. (Hrsg.), Doping und Sport (1990), S. 62 f.; M. Krogmann, Grundrechte im Sport (1998), S. 106 ff. 191 Vor diesem Hintergrund bejaht R. Birk, JZ 1972, 343, 349, einen Aufnahmeanspruch des Berufssportlers gegenüber dem Sportverein, wenn der Sportler bereit ist, das nicht diskriminatorische Vereinsrecht zu akzeptieren. 192 BVerfGE 7, 377, 405 ff. 193 Zur Übertragbarkeit der Drei-Stufen-Theorie auf das Verhältnis zwischen Sportverbänden und Sportlern vgl. auch J. Fritzweiler/C. v. Coelln, Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil Rn. 19 f.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

dem Einfluss des Einzelnen schlechthin entzogen ist. Dieser weitestgehende Eingriff in die Berufsfreiheit erscheint nur als zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut legitim. Bereits die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des Drohmittels im Rahmen der gebotenen isolierten Betrachtung des angedrohten Verhaltens erfordert demnach eine Abwägung der Interessen der drohenden Verbände und Veranstalter mit den Interessen der betroffenen Athleten an der Vermeidung der angedrohten Rechtsbeeinträchtigungen. (cc) Zweck-Mittel-Relation Schließlich muss die Zweck-Mittel-Relation gewahrt sein, d.h. es muss gerade die Androhung des Eingriffes in die Berufsfreiheit auch als probates Mittel gerade zur Erlangung der Zustimmung zu den im Reglement vorgesehenen AntiDoping-Maßnahmen und damit zur Herstellung eines dopingfreien Spitzensports erscheinen. Die Angemessenheit des eingesetzten Mittels zur Ereichung des damit verfolgten Zwecks ist dann nicht gegeben, wenn das für sich gesehen rechtmäßige Mittel nicht zur Erreichung des für sich gesehen rechtmäßigen Zwecks eingesetzt werden darf, weil Umstände zu konstatieren sind, die eine Verknüpfung von gewähltem Mittel und angestrebtem Zweck als unangemessen erscheinen lassen.194 Ob eine solche Unangemessenheit im konkreten Fall vorliegt, ist im Wege einer Gesamtschau der Umstände zu entscheiden, bei der sämtliche Einzelaspekte in ihren Auswirkungen auf die tangierten Rechtspositionen der Beteiligten analysiert und sodann im Wege einer Gesamtabwägung ausgewertet werden müssen.195 Hat die Prüfung der Zweck-Mittel-Relation kein überwiegendes Interesse der Verbände und Veranstalter an der Durchsetzung der in Rede stehenden Dopingkontrollmaßnahme zum Ergebnis, sind sie zum Abschluss von Wettkampfverträgen ungeachtet der Anerkennung bestimmter Dopingregelungen durch die Athleten verpflichtet. In diesem Fall stellt die Androhung von Wettkampfausschlüssen für den Fall der Nichtanerkennung der strittigen Bestimmung eine rechtswidrige Drohung dar, die einer von den Sportlern bereits abgegebenen Anerkennungserklärung die Freiwilligkeit nimmt und die Zustimmung unwirksam macht. Das Insistieren der Wettkampfveranstalter auf der Anerkennung des Dopingverbotes durch eine entsprechende rechtsgeschäftliche Erklärung der Sportler stellte gege194 BGHZ 2, 287, 297; BGH NJW 1983, 384 f.; BAG NJW 1970, 775; Palandt/ J. Ellenberger, § 123, Rn. 21. 195 N. Korff, causa sport 2009, 273 f., hält aufgrund des überwiegenden Interesses der Athleten am Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Einwilligung in die Sanktionierung des ersten Meldepflichtverstoßes gemäß Art. 6.1.2 NADA-Code mit einer öffentlichen Verwarnung gemäß Art. 11.5.3 für unwirksam.

I. Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime

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benenfalls ein rechtswidriges Verhalten im Stadium der Verhandlungen über die Bedingungen der Wettkampfteilnahme dar, das Schadensersatzansprüche der Athleten wegen Verschuldens bei Vertragsschluss begründen würde, die auf Unterlassung gerichtet wären. dd) Zusammenfassung Die Wirksamkeit der Zustimmung der Sportler zu Anti-Doping-Maßnahmen hängt aufgrund der dargelegten Zusammenhänge unmittelbar davon ab, inwieweit die Persönlichkeitsrechte der Athleten durch diese Anti-Doping-Maßnahmen beeinträchtigt werden: Je schwerwiegender der mit einer Kontrollmaßnahme verbundene Persönlichkeitseingriff ist, umso bedeutender muss das Interesse der Verbände und Veranstalter an der Durchsetzung dieser Kontrollmaßnahme sein, damit die Zustimmung nicht mangels Freiwilligkeit als hinfällig anzusehen ist. Soweit die Zustimmung der Athleten nicht aufgrund besonderer Umstände als Einverständnis zu werten ist, können sich die Sportler hiernach im Konfliktfall hinsichtlich jeder einzelnen persönlichkeitsrechtlich relevanten Anti-DopingMaßnahme auf die Unwirksamkeit ihrer Einwilligung berufen, wenn die Abwägung der gegenläufigen Interessen nicht zugunsten der Verbände und Veranstalter ausgeht. c) Unwirksamkeit vereinsrechtlicher Anti-Doping-Bestimmungen wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Athleten Ist eine persönlichkeitsrechtlich relevante Anti-Doping-Bestimmung nicht Gegenstand eines Lizenzvertrages, eines Wettkampfvertrages oder sonst einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Sportler und den Sportorganisationen, sondern in einer Satzung oder Ordnung des Vereins niedergelegt, dem der Athlet angehört, hängt die Beachtlichkeit dieser Bestimmung für den Sportler davon ab, ob die Vereinsregelung trotz des darin vorgesehenen Persönlichkeitseingriffs ihre Wirksamkeit behält. Vertritt man die Auffassung, dass die Verbindlichkeit einer vereinsrechtlichen Regelung gegenüber dem Vereinsmitglied in jedem Fall, somit auch dann, wenn sie erst nach dem Vereinsbeitritt des Mitglieds in die Normenwerke des Vereins aufgenommen wird, von dessen Zustimmung abhängt,196 die gegebenenfalls

196 U. Haas, SpuRt 2000, 139, 140, bejaht die Bindung an satzungsmäßige Schiedsklauseln nur unter der Voraussetzung vorbehaltlos, dass die Schiedsklausel im Moment des Vereinsbeitritts bereits Satzungsbestandteil war, während er eine ausreichende Legitimation nachträglich eingefügter Klauseln nur beim Vorliegen einer diesbezüglichen Zustimmung sichergestellt sieht.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

durch die widerspruchslose Hinnahme der Neuregelung zum Ausdruck gebracht wird, entscheidet sich die Verbindlichkeit der Regelung für den Athleten nach den oben zur Wirksamkeit der Zustimmung angestellten Überlegungen. Folgt man der Auffassung, dass dem satzungsgemäß zustande gekommenen Vereinsrecht aufgrund seines Normcharakters unabhängig von einer gesonderten Zustimmung der Vereinsmitglieder Verbindlichkeit zukommt,197 ist die Wirksamkeit persönlichkeitsrechtlich relevanter Vereinsregeln nach den Grundsätzen der Inhaltskontrolle von vereinsrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen. Auch für den Umfang der Inhaltskontrolle ist wiederum das Machtungleichgewicht von Bedeutung, von dem die Beziehung zwischen dem Profisportler und seinem Verein geprägt ist. Erneut ist an dieser Stelle die Hundezüchter-Entscheidung des BGH198 in Erinnerung zu rufen, derzufolge die unausgewogene Machtverteilung zwischen Verein und Athlet sogar die Unwirksamkeit verbandsrechtlicher Regelungen zur Folge haben kann. Davon ausgehend, dass die Unwirksamkeitsfolge nur unter besonderen Bedingungen eintritt, erhebt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich die Verbandsbestimmungen trotz des problematischen Machtungleichgewichts innerhalb derjenigen Grenzen bewegen, die der Privatautonomie und der Verbandsautonomie zutreffenderweise von der h. M. gezogen werden. Während der Umfang der vereinsrechtlichen Inhaltskontrolle im Übrigen durchaus kontrovers diskutiert wird,199 herrscht in Literatur und Recht197 So die Normentheorie und die nach der h. L. geltende modifizierte Normentheorie, vgl. hierzu Palandt/J. Ellenberger, § 25 Rn. 3; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 36. 198 BGH NJW 2000, 1713. 199 Vgl. hierzu S. Kohler, Mitgliedschaftliche Regelungen, §§ 14 II, 15, 16; unstrittig ist die Beachtlichkeit staatlicher Gesetze, vgl. K. Vieweg, Normsetzung, S. 127; zur Beachtlichkeit der §§ 134, 138 BGB ausdrücklich KG NJW 1962, 1917, u. OLG Frankfurt/M. OLGZ 81, 391, 392, u. OLG Frankfurt/M. NJW 1983, 2576; für die Anwendbarkeit der §§ 134, 138 BGB auch die h. L., etwa K. Stöber, Handbuch Vereinsrecht, Anm. IV.1.e), Rn. 35, u. MüKo/D. Reuter, § 25 Rn. 15, u. K. Vieweg, NJW 1991, 1511, 1515; zur Beachtlichkeit des Bestimmtheitsgrundsatzes vgl. K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 37; zur Inhaltskontrolle nach AGB-Recht vgl. Erman/ S. Roloff, § 310 Rn. 27, 31, u. Erman/O. Werner (10. Aufl. 2000), § 23 AGBG Rn. 8, u. B. Grunewald, ZHR 152, 242, 254, die zwischen Vereinssatzungen und -ordnungen unterscheidet und nur die Vereinsordnungen der Kontrolle gem. AGB-Recht unterziehen will; gegen die Anwendbarkeit der AGB-rechtlichen Bestimmungen BGH NJW 1995, 583, 585, u. S. Kohler, Mitgliedschaftliche Regelungen, § 15, u. MüKo/J. Basedow, § 310 BGB, Rn. 80 ff., u. MüKo/H. Kötz (2. Aufl. 1984), § 23 AGBG (Bd. 1) Rn. 5, u. B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3322 ff., u. K. Vieweg, Normsetzung, S. 230, u. F. Nicklisch, Inhaltskontrolle, S. 33 f.; gegen die Anwendbarkeit des AGB-Rechts spricht auch die Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 7/3919, S. 41; für eine Inhaltskontrolle nach dem Maßstab des § 242 BGB Palandt/J. Ellenberger, § 25 Rn. 9, u. Soergel/W. Hadding (Bd. 1, 13. Aufl. 2000), § 25 Rn. 25a, u. Soergel/ A. Teichmann (Bd. 2, 12. Aufl. 1990), § 242 Rn. 295 f., u. F. Nicklisch, Inhaltskontrolle, S. 47, u. K. Vieweg, Normsetzung, S. 235, u. H. Wiedemann, JZ 1968, 219 ff., 220, u. ders., Gesellschaftsrecht I, S. 172 f., u. K. Stöber, Handbuch Vereinsrecht, Anm.

I. Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime

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sprechung weitgehend Einigkeit, dass die von den Sportvereinen aufgestellten Regelungen einschließlich der in die Vereinsregelwerke transformierten verbandsrechtlichen Bestimmungen aufgrund der monolythischen Strukturen innerhalb der Verbandspyramide und der daraus resultierenden Machtverteilung im Verhältnis zwischen Profisportler und Verein gemäß § 242 BGB auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen sind200, wird doch auch vom BGH eine umfassende Angemessenheits- und Billigkeitskontrolle immer dann für notwendig erachtet, wenn es um Regelwerke von Monopolverbänden oder Verbänden mit überragender sozialer Machtstellung geht und eine Abhängigkeit des Betroffenen von der Mitgliedschaft besteht.201 Die Prüfung der Angemessenheit und Billigkeit nach Treu und Glauben gebietet wiederum die Abwägung der einander gegenüberstehenden schutzwürdigen Interessen der normsetzenden Korporation einerseits und ihrer Mitglieder andererseits.202 Für die Frage nach der Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Zusammenhang mit der Unterwerfung der Sportler unter die Anti-Doping-Regelwerke der Verbände bedeutet dies Folgendes: Stehen sich Athlet und Verband im Streit um eine Anti-Doping-Bestimmung gegenüber, ist auch im Rahmen dieser Abwägung einmal mehr das Interesse des Sportlers an der Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte als Abwägungsbelang zu seinen Gunsten in die Waagschale zu werfen. Hat diese Abwägung ein Überwiegen der widersprechenden Interessen zum Ergebnis, kommt möglicherweise noch eine geltungserhaltende Reduktion der unausgewogenen Regelung in Betracht.203 Kann auch durch eine solche geltungserhaltende Reduktion der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Athleten nicht soweit entschärft werden, dass das Verbandsinteresse an der Durchsetzung der Dopingregelung Übergewicht erlangt, fällt die Regelung der vereinsrechtlichen Inhaltskontrolle zum Opfer.204

IV.1.e), Rn. 35, u. B. Grunewald, ZHR 152, 242 ff.; 262, einschränkend dieselbe, Ausschluss, S. 143. 200 So auch K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 39; ders., Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 107 ff. 201 BGHZ 105, 306, 316, = NJW 1989, 1724, 1726; BGH NJW 1995, 583, 585, wo allerdings das Erfordernis der Abhängigkeit des Mitglieds von der Mitgliedschaft nicht mehr eigens genannt wird. 202 So auch K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40; ders., SpuRt 1995, 188, 189; ders., Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme zum Zwecke der Dopingkontrolle, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 110 ff. 203 Mit Tendenz zur Zulässigkeit einer geltungserhaltenden Reduktion K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen S. 41 f., ders., Zur Inhaltskontrolle von Verbandsnormen, in: FS für R. Lukes (1989), S. 821 f., für Eilfälle, in denen durch die geltungserhaltende Reduktion das Problem des Normenmangels vermieden wird. 204 So auch K. Vieweg, SpuRt 1995, 188, 189.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

3. Ergebnis Zur Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Athleten im Hinblick auf die Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime der Verbände und Veranstalter ist hiernach zusammenfassend Folgendes festzuhalten: Ein unmittelbar aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht herleitbarer Anspruch der Sportler auf Teilhabe an den Einrichtungen der Verbände und Veranstalter oder an der mit dieser Teilhabe verknüpften Förderung – Aufnahme in den Sportverein, Erteilung einer für die Teilnahme am Sportbetrieb erforderlichen Lizenz, Abschluss von Wettkampfverträgen, Aufnahme in einen Leistungskader und Erhalt der hiervon abhängigen Förderung der Deutschen Sporthilfe – besteht nicht. Demgegenüber führt das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Rahmen der Prüfung der Teilhabeansprüche nach allgemeinen Regeln mittelbar zu einem Anspruch auf Teilhabe ohne vorherige Anerkennung der Anti-Doping-Bestimmungen der Verbände und Veranstalter, soweit die zur Entscheidung über diese Ansprüche gebotene Interessenabwägung im konkreten Fall zu dem Ergebnis führt, dass ein gegenüber den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Athleten überwiegendes Interesse an der Durchsetzung der jeweiligen Dopingregel nicht besteht. Erfolgt die Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime im Wege einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Athleten, ist sie – soweit nicht ein den Persönlichkeitsrechtseingriff ausschließendes Einverständnis des Athleten nachgewiesen werden kann – mangels Freiwilligkeit der Zustimmung des Sportlers insoweit unwirksam, als die Abwägung zwischen den Interessen der Verbände und Veranstalter an der Durchsetzung der einzelnen Anti-Doping-Bestimmungen und dem Interesse des Sportlers an der Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte nicht ein Überwiegen der Verbands- bzw. Veranstalterinteressen zum Ergebnis hat. Geschieht die Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime durch entsprechende Bestimmungen in den Regelwerken des Vereins, bewirkt das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten deren Unwirksamkeit insoweit, als die wiederum durchzuführende Abwägung der Verbands- und Veranstalterinteressen an der Durchsetzung der einzelnen Bestimmungen mit dem Interesse der Athleten am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte nicht das Überwiegen der Verbandsinteressen ergibt.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen für Verbandsentscheidungen Das Dopingkontrollverfahren ist darauf angelegt, die Verbände und Veranstalter in den Besitz personenbezogener Informationen über die Sportler zu bringen, deren wichtigste die Information „gedopt oder ungedopt“ darstellt. Daneben werden im Zusammenhang mit der Überprüfung der Athleten personenbezogene In-

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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formationen gesammelt und verarbeitet, die nicht die Dopingfrage selber betreffen, sondern zur Organisation und Durchführung des Kontrollvorgangs erforderlich sind, wie etwa Informationen über den aktuellen Aufenthaltsort der Sportler. Schließlich erscheint es auch möglich, dass den Initiatoren der Probenahmen im Wege von Zufallsfunden Informationen in die Hände fallen, sei es, dass Gespräche über Dopingpraktiken zwischen Athlet und Betreuer mitgehört werden, dass der für die Benachrichtigung des Athleten zuständige verantwortliche Kontrolleur diesen mit Dopingutensilien antrifft oder dass aus anderer Richtung Umstände bekannt werden, die auf die Anwendung von Dopingpraktiken hinweisen. All diese Informationen werden der Entscheidung über Dopingsanktionen oder sonstige Anti-Doping-Maßnahmen gegen die Sportler zugrundegelegt. Mit Blick auf die verschiedenen Informationsarten und die verschiedenen Arten der Informationserlangung stellt sich die Frage, welche Voraussetzungen im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten erfüllt sein müssen, damit eine Information im Rahmen einer Verbandsentscheidung gegen den Athleten – etwa für die Entscheidung über eine Dopingsperre – verwendet werden kann. Zur Beantwortung dieser Frage ist in einem ersten Schritt zu klären, auf welche Weise das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten auf die Verwendung von personenbezogenen Informationen im Rahmen von Verbandsentscheidungen einwirkt. Im zweiten Schritt ist zu ermitteln, welche Maßgaben sich aus dieser Einwirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für die Verwertung der Informationen über die Sportler durch die Verbände und Veranstalter ergeben. Für die Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Rahmen der Frage nach der Verwertbarkeit personenbezogener Informationen kommen zwei Ansatzpunkte in Betracht: Erstens ist zu prüfen, inwieweit die Datenschutzgesetze und hier insbesondere das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) für die Verbände und Veranstalter maßgebliche Vorgaben enthalten. Zweitens sind daneben diejenigen Maßgaben im Auge zu behalten, die sich unmittelbar aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ableiten lassen, soweit die Anwendbarkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts neben der des BDSG gegeben ist. 1. Bedeutung der Datenschutzgesetze a) Anwendbarkeit der Datenschutzgesetze Ob und in welchem Umfang die Datenschutzgesetze auf die Verwertung personenbezogener Informationen bei Verbandsentscheidungen anwendbar sind, entscheidet sich nach den darin getroffenen Bestimmungen über ihren Anwendungsbereich, denen folgende Voraussetzungen zu entnehmen sind:

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

aa) Umgang mit personenbezogenen Daten Intention des BDSG wie auch der Landesdatenschutzgesetze ist es, „den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird“.205 Hierbei gelten die Landesdatenschutzgesetze für die öffentliche Verwaltung der Länder, während sich im BDSG die für die Bundesverwaltung und die Privatwirtschaft beachtlichen Datenschutznormen finden.206 Die Anwendbarkeit der Datenschutzgesetze auf den Umgang der Verbände und Veranstalter mit den entscheidungserheblichen Fakten bezüglich der Athleten setzt dieser Intention entsprechend voraus, dass es sich bei den zur Entscheidungsfindung herangezogenen Informationen um „personenbezogene Daten“ i. S. d. Gesetzeswortlauts handelt. Eine gesetzliche Definition des Begriffs findet sich in § 3 I BDSG. Danach sind „personenbezogene Daten“ Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person.207 (1) „Einzelangaben“ „Einzelangaben“ sind Angaben, die sich auf eine bestimmte einzelne Person beziehen (konkreter Personenbezug) oder geeignet sind, einen Bezug zu ihr herzustellen208 („abstrakter Personenbezug“). Anders ausgedrückt ist eine Einzelangabe jede Angabe, die, einer Einzelperson zugeordnet, einen Sinn ergibt. Die Zuordnung zu einer einzelnen Person muss möglich sein.209 Keine Einzelangabe in diesem Sinne stellt zum Beispiel die Information „gasförmig“ dar, da sie keinen Sinn ergibt, wenn man sie einem Menschen zuordnet. Hingegen lässt sich etwa die Information „dick“ oder „dünn“ erkennbar einer Einzelperson zuordnen; sie ist daher Einzelangabe. In Art. 2 lit. a der EG-Datenschutzrichtlinie, unter dem ebenfalls der Begriff der personenbezogenen Daten erläutert wird, ist anstelle von „Einzelangaben“ allgemeiner von „Informationen“ die Rede. Nachdem die Neufassung des BDSG vom 18.05.2001 gerade die Transformation dieser Richtlinie in das deutsche Recht zum Ziel hatte, muss der im BDSG verwendete Begriff „Einzelangaben“ im Zweifelsfall nach Möglichkeit so weit ausgelegt werden, dass jegliche Information i. S. d. Art. 2 lit. a der Richtlinie davon erfasst wird.210 Praktische Kon205 Vgl. § 1 I BDSG und die durchweg im Wesentlichen inhaltsgleichen Bestimmungen der Landesdatenschutzgesetze; G. Wronka/P. Gola, Aufbau sportbezogener Datenbanken, S. 11. 206 U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 1 Rn. 116 ff.; G. Wronka/P. Gola, Aufbau sportbezogener Datenbanken, S. 12. 207 Zum Personenbezug bei sportbezogenen Datenbanken vgl. G. Wronka/P. Gola, Aufbau sportbezogener Datenbanken, S. 19 ff. 208 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 2.2. 209 Dörr/Schmidt, Neues BDSG, § 3 Rn. 3.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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sequenzen der Begriffsdivergenz zwischen BDSG und EG-Datenschutzrichtlinie sind allerdings nicht erkennbar, war doch bereits dem Volkszählungsurteil des BVerfG zu entnehmen, dass es a priori datenschutzrechtlich irrelevante personenbezogene Daten nicht gibt.211 Somit war bereits durch das Volkszählungsurteil vorgegeben, dass auch Umstände von (scheinbar) minimalem Informationsgehalt als Einzelangaben angesehen werden müssen, wenn nicht ausnahmsweise feststeht, dass sie für niemanden eine sinnvolle Information enthalten. Verbandsentscheidungen im Rahmen des Dopingkontrollsystems der Sportorganisationen haben typischerweise die Dokumentation und Bewertung des Verhaltens der Sportler im Hinblick auf das Dopingverbot und auf die sonstigen Anti-Doping-Bestimmungen zum Gegenstand. Maßgebliche Entscheidungsgrundlage sind hiernach Fakten über das Verhalten und die persönlichen Umstände der Athleten. Da die Verbandsentscheidungen – von Sonderfällen im Bereich der Mannschaftssportarten abgesehen – nicht auf Sportlerkollektive, sondern auf Einzelsportler abzielen, in jedem Fall aber an dopingrelevantes Verhalten von Einzelathleten anknüpfen, handelt es sich bei den auszuwertenden Fakten typischerweise um solche, die auf einzelne Sportler bezogen sind. Angaben über das Verhalten der Sportler oder über sonstige Umstände zu ihrer Person, die im Zusammenhang mit den Anti-Doping-Bestimmungen von Interesse sind, stellen hiernach Einzelangaben im Sinne der Datenschutzgesetze dar. (2) Über persönliche oder sachliche Verhältnisse Angaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse sind Daten, die Informationen über den Betroffenen selbst oder über einen auf ihn beziehbaren Sachverhalt enthalten,212 somit alle Informationen, die über die Bezugsperson etwas aussagen.213 Mit Rücksicht auf die in Art. 2 lit. a EG-Datenschutzrichtlinie enthaltene Aufzählung sind hierzu solche Verhältnisse der Person zu zählen, „die Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität sind“. Angaben über persönliche Verhältnisse sind solche über den Betroffenen selbst, die seiner Identifizierung und Charakterisierung dienen214, insbesondere Erscheinungsbild, Aussehen, Gesundheitszustand u. ä. Angaben über sachliche Verhältnisse sind Angaben über einen auf den Betroffenen beziehbaren Sachverhalt, z. B. über vertragliche oder sonstige Beziehungen zu Dritten.215 210

So U. Dammann, in: Simitis, BDSG (5. Aufl. 2003), § 3 Rn. 5. BVerfGE 65, 1, 45; U. Dammann, in: Simitis, BDSG (5. Aufl. 2003), § 3 Rn. 8. 212 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 2.5. 213 U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 7; G. Wronka/P. Gola, Aufbau sportbezogener Datenbanken, S. 20. 214 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 2.6. 215 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 2.7. 211

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Die Informationen über die Athleten, die im Rahmen von Verbandsentscheidungen Berücksichtigung finden, betreffen deren physiologische Verfassung, soweit es um im Körper der Sportler vorgefundene Dopingsubstanzen geht. Sie betreffen in jedem Fall die mitgliedschaftliche oder vertragliche Beziehung zu den Verbänden und Veranstaltern und hier die Befolgung der Pflicht zur Beachtung der Anti-Doping-Bestimmungen durch die Sportler. Es handelt sich daher um Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse der Athleten. (3) Personenbezogen Personenbezogen sind Einzelangaben dann, wenn sie sich auf eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person beziehen216 („konkreter Personenbezug“). „Bestimmt“ ist die Person, wenn die Daten mit ihrem Namen verbunden sind oder der Bezug sich ohne Hilfsmittel herstellen lässt. Dies ist etwa hinsichtlich der Angaben über die bislang von den Athleten erzielten Leistungen der Fall, solange sie auf einem Formular festgehalten sind, das gleichzeitig mit dem Namen des Athleten versehen ist. „Bestimmbar“ ist die Person, wenn der Bezug zum Betroffenen von der speichernden Stelle mit den ihr normalerweise zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln und ohne unverhältnismäßigen Aufwand hergestellt werden kann. Die Bestimmbarkeit kann demnach von Person zu Person je nach Kenntnissen und Hilfsmitteln verschieden zu beurteilen sein. Der Begriff des Personenbezugs ist somit ein relativer Begriff. Nach einer vormals vertretenen Auffassung handelt es sich trotz Bestimmbarkeit ausnahmsweise dann nicht um ein personenbezogenes Datum, wenn die Herstellung des herstellbaren Personenbezugs von der speichernden Stelle nicht beabsichtigt ist und allenfalls Dritte ein Interesse im Hinblick auf Einzelfälle haben könnten.217 Dieser Auffassung folgend, ist im Einzelfall eine Risikoprognose hinsichtlich der Gefahr einer Wiederherstellung des Personenbezugs und der möglichen Drittinteressen vorzunehmen. Klassischer Ausnahmefall in diesem Sinne ist die Speicherung personenbezogener Daten ausschließlich zu Statistikzwecken, bei der das hinter einem Datum stehende Individuum völlig ohne Bedeutung ist. Bei den Urinproben der Stars ist aber neben dem Interesse Dritter – z. B. der Skandalpresse – auch ein Interesse von Mitarbeitern der speichernden Stelle niemals ganz auszuschließen.218 Der Ausnahmefall gewinnt somit bei Dopingproben keine Bedeutung.

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Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 2.10. Ordemann/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 2.8. 218 So sind etwa im Zusammenhang mit der Untersuchung der Urinproben der Springstein-Trainingsgruppe um Katrin Krabbe vom Kölner Dopinglabor erstaunliche 217

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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Hiernach bestehen auch am Personenbezug der für Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten verwendeten Daten keine Zweifel. bb) Die Verbände und Veranstalter als Adressaten der Datenschutzgesetze Die Frage der Vereinbarkeit der Verwertung personenbezogener Informationen im Rahmen von Doping-Verbandsentscheidungen mit den Bestimmungen der Datenschutzgesetze stellt sich nur unter der Voraussetzung, dass die Datenschutzgesetze auf die Erhebung und Verarbeitung der von den Vereinen und Wettkampfveranstaltern in diesem Zusammenhang verwendeten Daten überhaupt Anwendung finden. Wie den Bestimmungen der einzelnen Landesdatenschutzgesetze zu deren Anwendungsbereich zu entnehmen ist, richten diese sich ausschließlich an öffentliche Stellen der Länder, der öffentlichen Hand unterstehende Vereinigungen und privatrechtliche Vereinigungen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.219 Demgegenüber handelt es sich bei den Verbänden und Veranstaltern wie auch bei denjenigen Stellen, die als „Exekutivorgane“ für die Durchführung der Dopingkontrollen eingeschaltet werden, um Privatrechtssubjekte, die im Rahmen privatrechtlicher Rechtsverhältnisse tätig werden, so dass im Hinblick auf die Datenverwendung der Verbände und Veranstalter einzig und allein das BDSG von Interesse ist.220 Dies gilt auch für die am 15.07.2002 gegründete Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA), die in der Rechtsform einer Stiftung des bürgerlichen Rechts als zentrale Stelle für die Dopingbekämpfung und insbesondere für die Durchführung von Trainingskontrollen in Deutschland geschaffen worden ist. Die Einordnung der NADA als nicht-öffentliche Stelle ergibt sich aus § 2 IV BDSG, nachdem sie nicht als Stiftung des öffentlichen Rechts konstituiert ist und auch nicht zu den sonstigen, in § 2 I und II BDSG aufgeführten öffentlichen Stellen des Bundes oder der Länder zählt und keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung i. S. d. § 2 III oder des § 2 IV 2 BDSG wahrnimmt.221 Der Geltungsbereich des BDSG wird durch dessen §§ 1 II–V, 27 und 45 näher bestimmt. Eigeninitiativen entwickelt worden, vgl. die „Krabbe-Entscheidung“ des DLV-Rechtsausschusses auf die mündliche Verhandlung vom 4./5.April 1992, S. 21. 219 Vgl. § 2 Baden-württemb. DSG, Art. 2 BayDSG, § 2 BlnDSG, § 2 BbgDSG, § 1 II BremDSG, § 2 HmbDSG, § 3 HDSG, § 2 NDSG, § 2 DSG NRW, § 2 Rheinlandpfälz. DSG, § 2 SDSG, § 2 SächsDSG, § 3 DSG-LSA, § 3 Schleswig-holsteinisches DSG, § 2 ThürDSG. 220 So auch für die als eingetragene Vereine organisierte oder von eingetragenen Vereinen getragenen Olympiastützpunkte G. Wronka/P. Gola, Aufbau sportbezogener Datenbanken, S. 13. 221 So auch T. Giesen, Gutachten zur Stellungnahme 3/2008 der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“, S. 1 f., 9; a. A. P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S.15.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Da im Falle von Entscheidungen deutscher Verbände weder irgendwelche anderen Rechtsvorschriften des Bundes für die Datenverwendung anlässlich des Vereinsbeitritts oder des Wettkampfvertragsschlusses Geltung beanspruchen (§ 1 III BDSG) noch einer der Sonderfälle des § 1 V BDSG (Datenverwendung durch ausländische Stellen) vorliegt, richtet sich die Anwendbarkeit des BDSG ausschließlich nach § 1 II BDSG und – wenn es um die Anwendbarkeit der Regelungen des dritten Abschnitts geht – nach § 27 BDSG. Als nicht-öffentliche Stellen werden die Verbände und Veranstalter in dem sich aus § 1 II Nr. 3 BDSG ergebenden Umfang von den Bestimmungen des Gesetzes erfasst. cc) Erheben, Nutzen oder Verarbeiten Neben der Verwendung personenbezogener Daten setzt die Anwendbarkeit des BDSG auf nicht-öffentliche Stellen gemäß § 1 II Nr. 3 BDSG voraus, dass die Datenverwendung in deren Erhebung, Nutzung oder Verarbeitung besteht.222 Die Begriffe „erheben“, „verarbeiten“ und „nutzen“ sind in den §§ 3 III–V BDSG näher beschrieben. „Erheben“ ist hiernach das Beschaffen von Daten über den Betroffenen (§ 3 III BDSG). Datenerhebung ist jede Art der zielgerichteten Beschaffung von Daten.223 Nicht darunter fällt die unaufgeforderte Erlangung (zufällige Kenntniser222 In § 1 II Nr. 3 BDSG 1990 waren als für die Einbeziehung nicht-öffentlicher Stellen relevante Datenverwendungsvorgänge die Datennutzung und die Datenverarbeitung genannt, während die Datenerhebung im Gesetzestext keine Erwähnung fand. Schon vor Verabschiedung der EG-Datenschutzrichtlinie wurde § 1 II Nr. 3 BDSG von der h. M. jedoch dahingehend ausgelegt, dass auch die Datenerhebung von den Begriffen „nutzen oder verarbeiten“ erfasst sein sollte. Darauf lasse die Erwähnung der Erhebung im ersten Teil des § 1 II schließen; dass die Alternative „Erheben“ nicht ausdrücklich in der Nr. 3 aufgeführt sei, beruhe auf einem Redaktionsversehen (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 7. Aufl. 2002, § 3 Anm. 4.3). Spätestens mit dem Ablauf der Transformationsfrist für die EG-Datenschutzrichtlinie war bei der Auslegung des § 1 II Nr. 3 BDSG (a. F.) Art. 2 EG-Datenschutzrichtlinie zu beachten, dessen Lit. b sich dem Begriff des Verarbeitens näher widmet. Die hier festgeschriebene weitere Fassung des Verarbeitungsbegriffs ließ sich zwar teilweise damit begründen, dass der Terminus „Verarbeitung“ hier den Oberbegriff für jedweden Umgang mit Daten darstellt, während der Begriff der Nutzung (§ 3 VI BDSG) nicht gesondert behandelt wird. Die Einbeziehung von Datenerhebungsvorgängen unter die im Gesetz erwähnten Tätigkeiten „nutzen oder verarbeiten“ war jedoch mit Rücksicht auf Art. 2 b) der Richtlinie geboten, der die Erhebung von Daten ausdrücklich in den Kreis der Verarbeitungsvorgänge mit einbezog. Dieses Verständnis des § 1 II Nr. 3 BDSG (a. F.) wurde bestätigt durch die mit der Verabschiedung des BDSG 2001 vom Gesetzgeber präsentierte Neufassung der Regelung, die nunmehr ausdrücklich auch die Datenerhebung als für die Anwendbarkeit des BDSG relevante Variante der Datenverwendung nennt. Die Anwendbarkeit des BDSG auf nicht-öffentliche Stellen wird demzufolge von § 1 II Nr. 3 BDSG nicht nach der Art des Datengebrauchs beschränkt. 223 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 7.2.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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langung, unaufgeforderte Meldung von Daten durch Bürger bei einem Amt) sowie die Zusammenstellung von Daten aus bereits vorliegenden Unterlagen.224 Die Verwertung von Sportlerdaten im Rahmen von Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten stellt selber keine Datenbeschaffung mehr dar. Eine Datenbeschaffung i. S. d. § 3 III BDSG geht der Informationsverwertung im Verbandsverfahren vielmehr regelmäßig voraus, wenn zur Vorbereitung der Verbandsentscheidung die Informationen über den Sportler gesammelt werden, deren Bewertung mit der Verbandsentscheidung erfolgt. „Verarbeiten“ ist – der Legaldefinition des § 3 IV 1 BDSG zufolge – das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen personenbezogener Daten. Unter dem Begriff „Speichern“ ist gemäß § 3 IV 2 Nr. 1 BDSG das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren personenbezogener Daten auf einem Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung zu verstehen. Dabei meint „Erfassen“ das schriftliche Fixieren der Daten. „Aufnehmen“ ist die Fixierung der Daten mit Aufnahmetechniken, z. B. Tonband, Video. „Aufbewahren“ schließlich ist das Festhalten für spätere Wahrnehmung auf sonstige Weise.225 Unter den vom Gesetz nicht näher definierten Begriff des Datenträgers fällt jedes Medium, das zum Aufnehmen personenbezogener Daten geeignet ist, d.h. auf dem Informationen für eine spätere Wahrnehmung festgehalten werden können,226 wobei im Bereich der Datenverwendung durch nicht-öffentliche Stellen außerhalb der dateigebundenen Datenspeicherung nur solche nicht automatisierten Datenträger relevant sind, die Bestandteile einer Datei sein können oder die Datei selbst aufnehmen.227 Zwar mag es im Zusammenhang mit der Verabschiedung von Verbandsentscheidungen auch zu Datenspeicherungen kommen, etwa wenn derartige Entscheidungen in der EDV der Verbände und Veranstalter festgehalten und in die vorhandenen Datenbestände eingearbeitet werden. Die Verwendung der personenbezogenen Informationen für die Entscheidung selber besteht jedoch in ihrer tatsächlichen und rechtlichen Bewertung auf ihre Dopingrelevanz hin, so dass sie keine Speicherung i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 1 BDSG darstellt. Ebensowenig erlangen die Verarbeitungsformen „Verändern“, „Übermitteln“, „Sperren“ und „Löschen“ im Zusammenhang mit der Verwendung der Informationsinhalte zur Ermittlung verbandsrechtlicher Konsequenzen Bedeutung, so dass die Verwendungsalternative „Verarbeiten“ in keiner ihrer Spielarten einschlägig ist. 224 225 226 227

Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 7.2. Definitionen bei Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 9.1. Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 9.1. Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 9.1.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

„Nutzen“ ist gemäß § 3 V BDSG jede Datenverwendung, die nicht vom Begriff der Datenverarbeitung nach § 3 IV BDSG erfasst wird. Unter den Begriff der Datennutzung fällt hiernach jedes Verhalten, das den Umgang mit personenbezogenen Daten zum Gegenstand hat und nicht als Speicherung, Veränderung, Übermittlung, Sperrung oder Löschung anzusehen ist. Hierzu gehört insbesondere die zweckgerichtete Kenntnisnahme von und Diskussion über personenbezogene Informationen,228 wie sie im Rahmen von Verbandsentscheidungen zur Auswertung des dopingrelevanten Sportlerverhaltens erforderlich ist. Die Verwertung der Informationen über die Athleten zwecks Entscheidung über die verbandsrechtlichen Folgen ihres Verhaltens ist somit als Datennutzung i. S. d. § 3 V BDSG anzusehen. dd) Verwendung „unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen“ oder „in oder aus nicht-automatisierten Dateien“ Während das BDSG ’90 noch den Begriff der Datei als Voraussetzung für die Anwendbarkeit seiner Bestimmungen auf die Datenverwendung nicht-öffentlicher Stellen in den Mittelpunkt stellte und hierbei zwischen der automatisierten229 und der nicht-automatisierten Datei unterschied, differenziert das BDSG seit der Novellierung von 2001 zwischen der Datenverwendung unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen und der Verwendung aus nicht-automatisierten Dateien. Im Gegensatz zur bislang geltenden Rechtslage ist der Dateibegriff somit nur noch in begrenztem Maße, nämlich nur noch für die nicht-automatisierte Datenverwendung von Bedeutung. (1) Begriff der Datenverwendung unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen Der Begriff der Datenverarbeitungsanlage230 findet im Bereich der Begriffsbestimmungen lediglich nochmals in § 3 II 1 BDSG 2001 Erwähnung, wo er allerdings nicht näher definiert, sondern selber zur Erläuterung des Begriffes der „automatisierten Verarbeitung“ verwendet wird. Sein Inhalt muss daher aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes hergeleitet werden.231 228 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 14.2; U. Dammann in S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 189, betrachtet auch die Kenntnisnahme ohne Verwendungsabsicht als Nutzung. 229 Automatisiert i. S. d. alten BDSG waren Dateien, sofern nur die generelle Möglichkeit einer automatisierten Auswertung nach bestimmten Merkmalen bestand; automatisiert auswertbar war eine Datensammlung, wenn unter Benutzung technischer Hilfsmittel Vorliegen und Inhalt oder Nichtvorliegen eines bestimmten Datums von mehreren ermittelt werden konnte, vgl. M.-Th. Tinnefeld/E. Ehmann, Einführung in das Datenschutzrecht (3. Aufl. 1998), II 3.2.1.1. 230 Ausführlich hierzu U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 79 ff. 231 So auch U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 78 f.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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Mit dem Terminus „unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen“ will der Gesetzgeber per definitionem (§ 3 II 1 BDSG) jegliche automatisierte Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten erfassen. Die früher gesondert geregelte Verarbeitung von Daten in automatisierten Dateien stellt daher nunmehr einen Unterfall der Datenverwendung unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen dar. Aus dem Umstand, dass das BDSG nicht jede Datenverwendung durch nichtöffentliche Stellen verbietet, sondern lediglich auf die Datenverarbeitung unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen oder unter Verwendung von Dateien Einfluss nehmen will, lässt sich folgern, dass das Gesetz im nicht-öffentlichen Bereich lediglich für die Betroffenen besonders gefährliche Datenverarbeitungsalternativen kontrollieren möchte.232 Die besondere Gefährdung durch die Datenverarbeitung in oder aus Dateien rührt offenkundig daher, dass Dateien aufgrund ihrer Strukturierung ein erhöhtes Maß an Vergleichbarkeit erzeugen und den gezielten Zugriff auf bestimmte Daten erleichtern.233 Unabhängig davon, ob sie in Dateiform aufgebaut ist, bringt eine Datensammlung regelmäßig dann dieselben Gefahren für den Betroffenen mit sich, wenn die eben erwähnten Nutzervorteile „Vergleichbarkeit“ und „leichter Zugriff“ auf eine andere Art und Weise als durch die Strukturierung in Dateien herbeigeführt werden. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Auswertbarkeit der Datensammlung durch maschinelle Unterstützung, etwa durch die hardware- und softwaremäßige Einrichtung von Auswertungsfunktionen wie beispielsweise einer Suchfunktion möglich ist. Vom Sinn und Zweck des BDSG ausgehend, fällt unter den Begriff der automatisierten Datenverwendung i. S. d. § 3 II 1 BDSG daher jede Datenverwendung, die durch den Einsatz von Computern oder auch anders gearteter Technik eine der Verarbeitung in Dateien zumindest vergleichbare oder eine noch bessere Auswertbarkeit der Datensammlung mit sich bringt. Eine automatisierte Datensammlung in diesem Sinne liegt – auch im Falle einer ungeordneten Ansammlung personenbezogener Daten – schon dann vor, wenn nur die generelle Möglichkeit einer automatisierten Auswertung nach bestimmten Merkmalen besteht.234 Automatisiert auswertbar ist eine Datensammlung, wenn unter Benutzung technischer Hilfsmittel Vorliegen oder Nichtvorliegen und gegebenenfalls der Inhalt eines bestimmten Datums von mehreren ermittelt werden kann.235 232

Vgl. auch U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 77. U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 79. 234 M.-Th. Tinnefeld/E. Ehmann, Einführung in das Datenschutzrecht (3. Aufl. 1998), II.3.2.1; so im Ergebnis auch U. Dammann, in: Simitis, BDSG, wenn er unter § 3 Rn. 77 auf die umfängliche Möglichkeit zur automatisierten Auswertung die bedingungslose Einbeziehung des automatisierten Datenumgangs in den Schutzbereich des BDSG zurückführt, und § 3 Rn. 79. 235 U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 79 ff., 82. 233

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Die Möglichkeit zur automatisierten Auswertung im vorgenannten Sinne besteht nach dem heutigen Stand der Softwareentwicklung bei wohl ausnahmslos allen gebräuchlichen Textverarbeitungsprogrammen. Somit handelt es sich bei einer unter Zuhilfenahme moderner Textverarbeitungssoftware durchgeführten Datenverarbeitung in aller Regel um eine automatisierte Datenverwendung,236 da der Text mittels der standardmäßig zur Verfügung stehenden Suchfunktionen des Textverarbeitungsprogramms gezielt ausgewertet werden kann. (2) Begriff der Datenverwendung in oder aus nicht automatisierten Dateien Eine (nicht automatisierte) Datei ist auch im Kontext des BDSG 2001 weiterhin jede (nicht automatisierte) Sammlung personenbezogener Daten, die gleichartig aufgebaut ist und nach bestimmten Merkmalen zugänglich ist und ausgewertet werden kann (§ 3 II 2 BDSG). Dies ist jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich ist.237 Entscheidend bleibt danach die äußere Form der Datensammlung,238 die die Zugänglichkeit und Auswertbarkeit nach bestimmten Merkmalen ermöglichen muss. (a) Sammlung Eine Sammlung personenbezogener Daten liegt vor, wenn mehrere Daten, die zueinander in einem inneren Zusammenhang stehen, auf einem oder mehreren zusammengehörigen Datenträgern gespeichert sind.239 Eine Datensammlung kann sowohl einzelne Daten mehrerer Personen (z. B. eine Gehaltsliste) als auch mehrere Daten einer Person (z. B. ein Krankenblatt) enthalten.240 Der innere Zusammenhang besteht zwischen mehreren Daten bereits dann, wenn sie ein und dieselbe Person betreffen. Dementsprechend liegt eine Sammlung personenbezogener Daten auch dann vor, wenn über eine Einzelperson mehrere Daten gespeichert werden.241

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So auch U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 84. Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 5.3; U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 86 ff.; M.-Th. Tinnefeld/E. Ehmann/R. Gerling, Einführung in das Datenschutzrecht (4. Aufl. 2005), II.3.2, sehen die nicht-automatisierte Datei in Verwendung der Begrifflichkeit der Europäischen Datenschutzrichtlinie gekennzeichnet durch „eine wie immer vorgenommene Strukturierung, die einen leichten Zugriff auf die Daten“ zulässt. 238 So für das alte BDSG M.-Th. Tinnefeld/E. Ehmann, Einführung in das Datenschutzrecht (3. Aufl. 1998), II 3.2.1; Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 5.4. 239 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 5.3; U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 86 ff. 240 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 5.4, 5.5. 241 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 5.5. 237

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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(b) Gleichartiger Aufbau Damit aus der „einfachen“ Datensammlung eine Datei wird, muss dieser Datensammlung ein gleichartiger Aufbau aneignen, der einen leichten Zugriff auf die Daten ermöglicht.242 Einen gleichartigen Aufbau in diesem Sinne weisen etwa Karteikarten-243, Lochkarten- oder Formularsammlungen auf.244 Grundmuster für die nicht-automatisierte Datei ist die klassische Kartei. Sie kann durch Umplatzierung einzelner Karteikarten und aufgrund des typischerweise gleichartigen und oftmals formularmäßigen Aufbaus der Einzelkarten problemlos umgeordnet und ausgewertet werden. Konstitutiv für die Einordnung einer Datensammlung als nicht-automatisierte Datei ist das Vorhandensein mehrerer Elemente, die einheitlich und gleichartig gestaltet sind.245 Für die Beurteilung der Formulare, die von den Verbänden und Veranstaltern im Zuge der Verbands- und Wettkampforganisation verwendet werden, bedeutet dies, dass aufgrund der Vielzahl der ausgefüllten Blätter auch der Einzelbogen mit den Daten des einzelnen Sportlers als Einzelelement die Eigenschaft als Teil einer nicht automatisierten Datei aufweist. (3) Die Datenverwendung bei der Verabschiedung von Verbandsentscheidungen Als Grundlage für Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten werden den Mitgliedern der Entscheidungsgremien eine Reihe personenbezogener Daten zu den verfahrensbeteiligten Athleten vorgelegt, angefangen von den dopingunabhängigen Informationen über die Person des Sportlers (Name, Alter, Disziplin, Kader etc.) bis hin zur Information darüber, ob dem Athleten als Ergebnis des bisherigen Dopingkontrollverfahrens ein Dopingverstoß vorgeworfen wird. Im Organisationsbereich der in Deutschland aktiven Sportorganisationen findet sich wohl kaum noch ein Verband oder Veranstalter, der sich bei der Verwendung der für seine Organisation relevanten Daten nicht durch den Einsatz moderner EDV-Anlagen behilft. Auch die Informationsverwaltung in Dopingverfahren wird typischerweise unter Einsatz der EDV des zuständigen Verbands oder Veranstalters abgewickelt. Eine unzulässige Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs bedeutete es, den Verfahrensablauf bis zur eigentlichen Verabschiedung der Verbandsentscheidung dergestalt zu unterteilen, dass zwischen der Behandlung der Informationen bis zur Vorlage bei den Entscheidungsgremien und dem 242 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 5.3; U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 89. 243 U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 99. 244 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 5.4. 245 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 5.4.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

eigentlichen Entscheidungsprozess, der sich in den Überlegungen und der Diskussion der Mitglieder dieser Gremien abspielt, unterschieden wird. Mit der Reglementierung der Datenverwendung unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen will das BDSG genau die Gefahr für das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eindämmen, die daraus resultiert, dass infolge der Vorhaltung personenbezogener Daten in elektronischen Dateien der Zugriff auf diese Daten und deren Auswertung im Hinblick auf Entscheidungen von möglicherweise erheblicher Tragweite ohne nennenswerten Aufwand möglich sind. Hiernach liegt geradezu der typische Fall der Datenverwendung unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen vor, wenn Daten zur Vorbereitung personenbezogener Maßnahmen aus elektronischen Dateien entnommen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Einsatz der Datenverarbeitungsanlagen nicht der Durchführung der Datenverwendung selber – hier: der Beschlussfassung über Doping-Sanktionen oder Anti-Doping-Maßnahmen gegen die Athleten – sondern lediglich der Datenbeschaffung im Hinblick auf die beabsichtigte Datenverwendung dient. Auch soweit einzelne Datenverwendungen tatsächlich (noch) nicht unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen erfolgen sollten, sind jedenfalls die Voraussetzungen für die Datenverwendung in oder aus nicht automatisierten Dateien erfüllt: Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die für das Dopingkontrollsystem relevanten Daten über die Sportler ebenso wie diejenigen Fakten und Umstände, die anlässlich der Probenahme registriert werden, im Allgemeinen unter Verwendung vorgefertigter Formulare gesammelt werden, in die die Daten eines jeden einzelnen Athleten in strukturierter Form aufgenommen werden. Werden die Daten nicht elektronisch gespeichert, finden sie hiernach zumindest Eingang in nicht automatisierte Dateien, so dass die für die Anwendbarkeit des BDSG erforderliche qualifizierte Datenverwendung aus diesem Grund gegeben ist.

ee) Nicht ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten Während das BDSG ’90 nur unter der Voraussetzung Geltung für die Datenverwendung durch nicht öffentliche Stellen beansprucht hat, dass diese Datenverwendung geschäftsmäßig oder für berufliche oder gewerbliche Zwecke erfolgte, kann das BDSG in seiner Fassung nach der Übernahme der EG-Datenschutzrichtlinie bei der Datenverwendung durch nicht öffentliche Stellen nur noch dann außer Acht bleiben, wenn die Datenverwendung „ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten“ erfolgt. Durch die Einschränkung im zweiten Halbsatz des § 1 II Nr. 3 BDSG bleiben dem Anwendungsbereich des BDSG private Datenverwendungen nicht-öffentlicher Stellen entzogen, die aufgrund der rasanten Verbreitung des PCs nicht mehr mit einem vertretbaren Aufwand überwacht werden können. Da hier eine nennenswerte Außenwirkung und somit eine nennenswerte Gefährdung der Interes-

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sen des Betroffenen im Hinblick auf den Zweck der Datenverwendung von vornherein weitestgehend ausgeschlossen werden kann, erscheint die Zulassung des damit geschaffenen datenschutzrechtlichen Freiraums akzeptabel. Die Einschränkung kommt im Ergebnis in Fällen zum Tragen, in denen die Kenntnis von der Datensammlung mit hoher Wahrscheinlichkeit einzig und allein bei der Person des Datenverwenders verbleibt und nicht an Dritte weitervermittelt wird. Ebenso kann von einem geringeren Gefährdungspotential der Datenverwendung immer dann ausgegangen werden, wenn diese für familiäre Tätigkeiten erfolgt, da sich die Datensammlung in diesem Fall oftmals auf Daten aus dem familiären Bereich des Datenverwenders beschränken wird, jedenfalls aber die Kenntnis von der Datensammlung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nur an Familienmitglieder oder einen kleinen Kreis nahestehender Personen weitervermittelt wird. Hinzukommt, dass dem Datenverwender ein erhöhtes schutzwürdiges Interesse daran zuzugestehen ist, Informationen über die eigene Familie bzw. für die eigene Familie relevante Informationen zu sammeln. Durch die Ersetzung des Positivmerkmals „geschäftsmäßig oder für berufliche oder gewerbliche Zwecke“ in § 1 II Nr. 3 BDSG durch das Negativmerkmal „es sei denn . . . für persönliche oder familiäre Tätigkeiten“ ist der vormals geführten Diskussion ein Ende bereitet worden, inwieweit die Datenverwendung der Vereine von den Bestimmungen des BDSG erfasst sei. Nunmehr steht fest, dass auch die interne Datenverarbeitung der Vereine bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen unter Beachtung der Vorgaben des BDSG zu erfolgen hat.246 Tatsächlich lassen sich auch jedenfalls die im Zusammenhang mit Dopingkontrollen interessanten Datenverarbeitungen der Vereine nicht unter die Ausnahmetatbestände fassen, wie sie im BDSG 2001 formuliert sind: Die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit Anti-Doping-Maßnahmen, zu denen auch die Erfassung der Athletendaten in den Vereinen und anlässlich von Wettkämpfen sowie zum Zwecke der Kaderbildung gehört, hat mit dem familiären Bereich der datenverarbeitenden Stellen regelmäßig schon deshalb nichts zu tun, da eine familiäre Sphäre der Verbände und Vereine i. S. d. § 1 II Nr. 3 BDSG schon begrifflich gar nicht existiert. Ebensowenig kann sie als Datenverwendung „für persönliche Tätigkeiten“ i. S. d. Vorschrift angesehen werden. Auch diesbezüglich ist bereits fraglich, ob die Vereine und Verbände überhaupt dazu in der Lage sind, „persönliche Tätigkeiten“ i. S. d. § 1 II Nr. 3 BDSG wahrzunehmen. Dies wäre wohl nur in Sonderkonstellationen überhaupt denkbar, etwa im Falle eines Forschungsvereins, der Daten zur Erzielung der von ihm verfolgten Forschungsergebnisse erhebt, nutzt oder verarbeitet. Die Erfassung der Athletendaten anlässlich des Vereinseintritts oder der Wettkampfanmeldung oder zu Zwecken der Kaderbildung

246 Gola/Schomerus, BDSG, § 27 Anm. 5.2; S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 27 Rn. 51 ff., geht davon aus, dass die Ausnahmeregelung des § 1 II Nr. 3 BDSG nur noch für natürliche Personen in Betracht kommt.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

stellt demgegenüber aufgrund der von vornherein geplanten Verwendung nach außen hin und, weil sich die Datenverarbeitung jedenfalls für die intern damit befassten Personen nicht als „persönliche Tätigkeit“ darstellt, keine Datenverwendung für derartige persönliche Tätigkeiten dar. Sie dient zwar auch der Selbstverwaltung und Selbstorganisation der Vereine und Verbände. Anders als im Falle der gemäß § 1 II Nr. 3 BDSG für persönliche Tätigkeiten verwendeten Daten ist es aber geradezu die Bestimmung der hier erfassten Daten, an eine mehr oder minder große Anzahl von Personen weitergegeben oder sogar in den Medien veröffentlicht zu werden. Eine Weitergabe der Daten erfolgt in aller Regel im Rahmen der Datenverwaltung innerhalb der Vereine und Verbände. Selbst wenn die Daten im Zuge dieser verbandsinternen Datenverwaltung noch nicht den Bereich der datenverarbeitenden Stelle verlassen, gelangen sie auf diesem Wege doch einem Personenkreis zur Kenntnis, der den Kreis derjenigen, die für gewöhnlich an der Datenverwendung für persönliche Tätigkeiten beteiligt sind, seiner Größe nach regelmäßig erheblich übersteigt. Zudem wird im Rahmen der Verfolgung der Vereinszwecke von den Vereinen und Verbänden selbstverständlich auch gerne Eigenwerbung für den Verein als solchen und vor allem für von ihm ausgerichtete Sportveranstaltungen betrieben. Diese Eigenwerbung konzentriert sich oftmals darauf, über die Stars zu berichten, die dem Verein angehören oder für die jeweilige Veranstaltung des Vereins gemeldet haben. ff) Ergebnis zu a) Anwendbarkeit der Datenschutzgesetze Als Zwischenergebnis zu a) ist nach alledem festzuhalten, dass zwar die Landesdatenschutzgesetze nach wie vor für die Informationsverarbeitung der Verbände und Veranstalter im Rahmen des Dopingkontrollsystems keine Rolle spielen, hingegen seit dem Inkrafttreten des BDSG 2001 die Bestimmungen des BDSG bei der Verwertung von Sportlerdaten durch die Vereine und Verbände anlässlich der Verabschiedung von Verbandsentscheidungen nach Maßgabe des § 1 II Nr. 3 BDSG zu beachten sind.247 b) Maßgaben des BDSG für die Verwertung personenbezogener Informationen bei Verbandsentscheidungen Aufgrund der Anwendbarkeit des BDSG auf die Datenverwendung der Verbände und Veranstalter sind bezüglich der Verwertung personenbezogener Informationen über die Athleten für Verbandsentscheidungen folgende Maßgaben zu beachten:

247

So auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 4.

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aa) Gestattungstatbestand: Einwilligung oder gesetzliche Erlaubnis/Anordnung Seit dem Wirksamwerden der Neufassung des BDSG 2001 gilt nunmehr auch für die Datenverwendung der Vereine und Verbände § 4 I BDSG, der die Verwendung personenbezogener Daten nur vor dem Hintergrund einer entsprechenden Gestattungsnorm oder aber bei Vorliegen einer Einwilligung seitens des Betroffenen erlaubt. Da die Verwertung von personenbezogenenen Informationen anlässlich der Beschlussfassung über Verbandsentscheidungen als Datennutzung im Sinne von § 3 V BDSG anzusehen ist, wird sie von diesem Erfordernis eines Gestattungstatbestands erfasst. Soweit sich die Verbände und Veranstalter nicht auf einen solchen Gestattungstatbestand berufen können, hat die Verwertung der Daten zu unterbleiben. (1) Gesetzliche Erlaubnis/Anordnung (§§ 28, 29 BDSG, Sondergesetze) Mögliche Erlaubnisnormen außerhalb des BDSG sind zunächst einmal sämtliche Rechtsvorschriften des Bundes, die in fach- und bereichsspezifischer Weise auf „personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind“ (§ 1 IV 1 BDSG).248 Im Übrigen kommen zur Rechtfertigung von Datenverwendungen als andere Rechtsvorschriften i. S. d. § 4 I BDSG auch sonstige materielle Normen in Betracht.249 Dies können sein Bestimmungen des Landesrechts, kommunales Recht, normative Teile von Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen etc.250 Voraussetzung ist allerdings, dass die herangezogene Norm die Verarbeitung von personenbezogenen Daten konkret anspricht und nicht lediglich die Verarbeitung bestimmter Informationen „stillschweigend“ voraussetzt.251 Fraglich ist, ob auch vereinsrechtliche Bestimmungen, d.h. Datenverarbeitungsregelungen in Vereinssatzungen oder -ordnungen, als Erlaubnisnormen in diesem Sinne anzusehen sind, die die Zulässigkeit von Datenverwendungen zu Anti-Doping-Zwecken begründen. Einen Ansatzpunkt hierfür bietet scheinbar die Normentheorie, die sich teilweise in der heute h. M., der modifizierten Normentheorie, wiederfindet,252 die den vereinsrechtlichen Bestimmungen Normcharak248 Gola/Schomerus, BDSG, § 4 Anm. 3.1; G. Wronka/P. Gola, Aufbau sportbezogener Datenbanken, S. 17. 249 B. Sokol, in: Simitis, BDSG, § 4 Rn. 9; G. Wronka/P. Gola, Aufbau sportbezogener Datenbanken, S. 18. 250 Gola/Schomerus, BDSG, § 4 Anm. 3.1; B. Sokol, in: Simitis, BDSG, § 4 Rn. 9 ff. 251 Gola/Schomerus, BDSG, § 4 Anm. 3.1; zu den Anforderungen an die Erlaubnisnorm vgl. auch B. Sokol, in: Simitis, BDSG, § 4 Rn. 12 ff., 15. 252 Zu den Theorien zur Rechtsnatur des Vereinsrechts vgl. B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 425 ff. m.w. N.

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ter zumisst. Während jedoch die Normentheorie den Verein als durch die §§ 21 ff. BGB dazu ermächtigt ansieht, seine Rechtsverhältnisse durch Regeln mit Rechtsnormcharakter zu ordnen, wird das Vereinsrecht nach Auffassung der Vertreter der modifizierten Normentheorie zwar auch objektives Recht, allerdings ohne hierbei Rechtsnormcharakter anzunehmen. Die normative Wirkung des Vereinsrechts beschränkt sich hiernach auf dessen normenähnliche Reichweite, die auch Personen erfasst, die an der Entstehung dieses Rechts nicht mitgewirkt haben, allerdings ohne dass hierdurch den vereinsrechtlichen Bestimmungen ein weitergehender Normcharakter zukäme. Dagegen erreichen Rechtsregeln nur dann die Qualität von Rechtsvorschriften i. S. d. § 4 I BDSG, wenn es sich um Rechtsnormen im materiellen Sinne handelt, die von rechtsetzungsbefugten Rechtspersonen erlassen sind, wobei es sich auch um Normen von Körperschaften oder Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts handeln kann.253 Hierunter fallen nicht die Satzungen von Vereinen und Verbänden in bürgerlichrechtlicher Rechtsform.254 Mangels der Existenz von Spezialgesetzen für den Bereich des Dopings im Sport und die im Bereich des Sports anfallenden Datenverwendungen kommen vorliegend die §§ 28 u. 29 BDSG als Gestattungsnormen in Betracht.255 Dem Wortlaut des § 27 BDSG zufolge, der den Anwendungsbereich des dritten Abschnitts regelt, zu dem auch die §§ 28 und 29 BDSG zählen, gelten die Normen des dritten Abschnitts über den in § 1 II Nr. 3 BDSG vorgegebenen Anwendungsbereich hinaus auch für die Verwendung von Daten außerhalb von nicht automatisierten Dateien, wenn diese Daten offensichtlich aus einer automatisierten Verarbeitung entnommen worden sind.256 Für die Rechtfertigung einer Datenverwendung nach § 28 wie auch nach § 29 BDSG ist allerdings zu berücksichtigen, dass beide Bestimmungen die Verwendung von besonderen Arten personenbezogener Daten i. S. d. § 3 IX BDSG nur in besonderen Ausnahmefällen gestatten (§ 28 VI BDSG, §§ 29 V i.V. m. 28 VI BDSG). § 28 VI BDSG kann für Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten deshalb Bedeutung erlangen, da im Rahmen des Dopingreglements an verschiedenen Stellen mit Informationen über die Sportler umgegangen wird, die als Gesundheitsangaben i. S. d. § 3 IX BDSG einzuordnen sind. Eklatantes Beispiel ist insoweit das Verfahren zur Erteilung Medizinischer Ausnahmegenehmigungen, zu deren Erlangung die Athleten dezidierte Angaben des behandelnden Arztes über die zu behandelnde Erkran253

H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz (3. Aufl. 1993), § 4 Anm. II.5. B. Sokol, in: Simitis, BDSG, § 4 Rn. 10; H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz (3. Aufl. 1993), § 4 Anm. II.5. 255 So für den Aufbau sportbezogener Datenbanken im Allgemeinen G. Wronka/ P. Gola, Aufbau sportbezogener Datenbanken, S. 18; P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 16, nennt die Einwilligung der Sportler als einzigen Gestattungstatbestand. 256 Gola/Schomerus, BDSG, § 27 Anm. 6.2; S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 27 Rn. 28 ff. 254

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kung vorlegen müssen (vgl. Art. 5.4 NADA-Code). Informationen über die Gesundheit der Sportler enthalten des Weiteren etwa auch die Urin- und Blutproben, die zu Dopingkontrollzwecken abgegeben werden müssen. Aus der Zusammensetzung der Proben lassen sich nicht nur Schlüsse auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein bestimmter Krankheiten ziehen; das in beiden Proben enthaltene genanalysefähige Zellmaterial ermöglicht es darüber hinaus, entsprechend dem Stand der Gentechnik genetische Veranlagungen für zukünftige Erkrankungen festzustellen. Soweit es sich bei den Informationen, die für eine Verbandsentscheidung in einer Dopingangelegenheit benötigt werden, um Gesundheitsangaben i. S. d. § 3 IX BDSG handelt, können diese Informationen von den Verbänden nicht unter Verweis auf die §§ 28, 29 BDSG, sondern einzig und allein auf der Grundlage einer den Anforderungen des § 4a III BDSG genügenden Einwilligung verwendet werden. § 29 BDSG regelt bestimmte Fälle der geschäftsmäßigen Datenverwendung zum Zwecke der Übermittlung. „Geschäftsmäßig“ ist jede auf eine gewisse Dauer angelegte Tätigkeit. Eine Datenverwendung hat demnach „geschäftsmäßigen“ Charakter, wenn sie im Rahmen einer auf Wiederholung gerichteten Tätigkeit erfolgt,257 wobei es unerheblich ist, ob die Tätigkeit entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird.258 „Zum Zwecke der Übermittlung“ erfolgt die Datenverarbeitung, wenn die Datenverwendung in dem Sinne auf die Weitergabe der Daten an Dritte ausgerichtet ist, dass sie ohne das Ziel der Weitergabe gar nicht durchgeführt worden wäre. Beispielsfälle für Datenverarbeitung zu Übermittlungszwecken sind etwa diejenigen Fälle, in denen die verantwortliche Stelle gewerbsmäßig mit personenbezogenen Daten handelt, wie dies z. B. bei Auskunfteien, Detekteien, Adresshändlern und Informationsdiensten der Fall ist.259 Auf eine Gewinnerzielungsabsicht kommt es insoweit nicht an.260 Die Datenverwendung bei der Entscheidung über Anti-Doping-Maßnahmen gegen die Sportler erfolgt zwar mit Wiederholungsabsicht und daher in vorstehendem Sinne geschäftsmäßig. Es handelt sich jedoch nicht um eine Datenverarbeitung zum Zwecke der Übermittlung, da hier nicht die Datenweitergabe als Verarbeitungszweck im Mittelpunkt steht, sondern die Datenverwendung auf den für die Verbandsentscheidung notwendigen Umfang beschränkt bleibt.261 257 Gola/Schomerus, BDSG, § 29 Anm. 2.1; E. Ehmann, in: Simitis, BDSG, § 29 Rn. 49 f.; H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz (3. Aufl. 1993), § 27 Anm. I.2. 258 Gola/Schomerus, BDSG, § 29 Anm. 2.2; E. Ehmann, in: Simitis, BDSG, § 29 Rn. 49; H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz (3. Aufl. 1993), § 27 Anm. I.2. 259 Gola/Schomerus, BDSG, § 29 Anm. 3.1; E. Ehmann, in: Simitis, BDSG, § 29 Rn. 59 ff.; G. Wronka/P. Gola, Aufbau sportbezogener Datenbanken, S. 36. 260 Gola/Schomerus, BDSG, § 29 Anm. 3.2; E. Ehmann, in: Simitis, BDSG, § 29 Rn. 49 f. 261 E. Ehmann, in: Simitis, BDSG, § 29 Rn. 1, schließt die Anwendung des § 29 auf Datenverwendungen zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke ausdrücklich aus.

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Eine Rechtfertigung der Datenverwendung anlässlich von Verbandsentscheidungen nach § 29 BDSG kommt somit nicht in Betracht. § 28 I 1 BDSG gestattet einerseits das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten ohne bestimmte Zwecksetzung, andererseits die Nutzung personenbezogener Daten als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke in den folgenden Fällen: (a) Die Datenverwendung ist für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich (§ 28 I 1 Nr. 1 BDSG). (b) Die Datenverwendung ist zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich und es besteht kein Grund zu der Annahme, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt (§ 28 I 1 Nr. 2 BDSG). (c) Die Daten sind allgemein zugänglich oder die verantwortliche Stelle dürfte sie veröffentlichen, und das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt nicht offensichtlich das berechtigte Interesse der verantwortlichen Stelle (§ 28 I 1 Nr. 3 BDSG). Bevor das Augenmerk auf die einzelnen, in den Nummern 1 bis 3 definierten Spezialfälle gerichtet wird, ist zu klären, welche Arten der Datenverwendung unter den dort genannten Voraussetzungen für zulässig erklärt werden: Die amtliche Überschrift der Bestimmung legt unzutreffenderweise nahe, dass die Vorschrift lediglich zur Rechtfertigung von Datenerhebungen und -speicherungen herangezogen werden kann. Wie sich aus dem Text von § 28 I 1 BDSG ergibt, ermächtigt die Vorschrift jedoch über die Erhebung und Speicherung hinaus auch zur Veränderung, Übermittlung und Nutzung. Andererseits ist nicht jede denkbare Datenverwendung von § 28 I 1 BDSG erfasst. Die Verarbeitungsmodalitäten „Sperren“ und „Löschen“ (vgl. § 3 IV 1 BDSG) können mangels Nennung in § 28 I 1 BDSG nicht nach der Regelung gerechtfertigt werden. Von dem so definierten Anwendungsbereich wird die Verwendung der Daten anlässlich von Verbandsentscheidungen allerdings ungeachtet der begrenzten Ermächtigung durch die Vorschrift erfasst, da diese Datenverwendung als Datennutzung i. S. d. § 3 V BDSG anzusehen ist. Die Datennutzung anlässlich von Verbandsentscheidungen wäre somit bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 28 I BDSG gerechtfertigt, wenn es sich bei dieser Datennutzung um eine Nutzung „für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke“ handelte, da auch eine solche Nutzung von § 28 BDSG in den dort aufgeführten Fällen für zulässig erklärt wird. Unter den Begriff der Nutzung „für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke“ fallen solche Datenverwendungen, die nicht Datenverarbeitung sind (§ 3 V BDSG) und lediglich als Hilfsmittel zur Erfüllung bestimmter anderer, eigener Zwecke der datenverarbeitenden Stelle er-

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folgen, d.h. nur als Mittel zum Zweck dienen, jedoch nicht selbst das geschäftliche Interesse bilden.262 Die Datenverwendung der Vereine und Verbände anlässlich von Verbandsentscheidungen dient der Organisation des eigenen Betriebes und der Durchsetzung der von den Korporationen aufgestellten Regeln, ohne selber zentraler Gegenstand der Tätigkeit der Korporationen zu sein. Sie geschieht daher zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke. (a) Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG Die Datenverwendung der Vereine und Verbände ist nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zulässig, wenn sie für die Zweckbestimmung eines rechtsgeschäftlichen oder eines rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist. Unter einem „rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnis“ i. S. d. Vorschrift ist jedes Rechtsverhältnis zwischen der verantwortlichen Stelle und dem Betroffenen zu verstehen, in dem mindestens eine Partei der anderen mittels Willenserkärung das Recht verschafft, ein Tun oder Unterlassen von ihr zu fordern. Das bis zur Reform des BDSG 2009 von der Vorschrift geforderte Vertrags- oder vertragsähnliche Verhältnis lässt sich als Unterfall des nunmehr von § 28 I 1 Nr. 1 BDSG geforderten rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses begreifen, da auch der Vertrag die rechtsgeschäftliche Begründung von Rechten und Pflichten bedeutet und lediglich insbesondere wegen der Zweiseitigkeit, die für den Vertrag kennzeichnend ist, nur einen Teilausschnitt der rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisse erfasst. In Betracht kommen daher auch als rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse weiterhin263 sämtliche existenten Vertragstypen wie z. B. Kauf-, Kredit-, Versicherungs- oder Dienst- und Arbeitsverträge oder auch sonstige vertragliche Vereinbarungen, die die Beteiligten im Rahmen der ihnen zustehenden Inhaltsfreiheit abgeschlossen haben. Vom Begriff des „rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses“ sind alle Beziehungen erfasst, die dadurch entstehen, dass die Parteien willentlich in einer Art und Weise miteinander in Kontakt treten, die ebenfalls gegenseitige Rechte und Pflichten bedingt, ohne dass diese Rechte und Pflichten unmittelbar als Haupt- oder Nebenpflichten aus Willenserklärungen einer oder beider Parteien resultieren. Trotz der Wortlautänderung im Zuge der Novellierung 2009 fallen hierunter weiterhin insbesondere das aus der konkreten Anbahnung eines Vertrages resultierende gesetzliche Schuldverhältnis sowie das nachvertragliche Schuldverhältnis, das Rechtsverhältnis im Falle nichtiger Ver-

262 Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 2.1; S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28 Rn. 22. 263 Vgl. zum BDSG bis zur Reform 2009 H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz (3. Aufl. 1993), § 28 Anm. II.5.

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tragsverhältnisse wie auch das Rechtsverhältnis im Falle von Gefälligkeitsverhältnissen und außerdem aus rechtlichen oder tatsächlichen Zuständen erwachsene vertragsähnliche Schuldverhältnisse, bei denen das Moment des gegenseitigen Vertrauens eine gewisse Rolle spielt.264 Auch der Wettkampfvertrag265 ist ein gegenseitiger personenrechtlicher Austauschvertrag266 und somit als rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis im Sinne der vorstehenden Ausführungen anzusehen. Soweit Entscheidungen in Dopingsachen auf der Basis des Mitgliedschaftsverhältnisses vom Verein getroffen werden sollen, ist hingegen fraglich, ob durch den Beitritt des Sportlers zum Verein ebenso ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG begründet wird. Der Akt des Vereinsbeitritts als solcher ist als Vertrag zwischen dem Athleten und dem Verein anzusehen, der mit der Annahme des Aufnahmeantrags durch den Verein zustande kommt.267 Die Konsequenz des Vereinsbeitritts ist jedoch die Entstehung einer komplexen personenrechtlichen Rechtsbeziehung zwischen Athlet und Verein, die je nach dem Zweck des Vereines mehr oder weniger enge gegenseitige Treuepflichten für die Beteiligten mit sich bringt.268 Die Rechtswirkung des Beitrittsvertrags beschränkt sich hiernach nicht darauf, dass bestimmte Hauptpflichten – etwa die Pflicht des Sportlers zur Beitragszahlung und die Pflicht des Vereins zur Bereitstellung von Einrichtungen für die Sportausübung – und entsprechende Nebenpflichten – etwa die Pflicht zur pfleglichen Behandlung der Vereinseinrichtungen – begründet werden. Trotz aller Affinität zu einer vertraglichen Beziehung lässt sich das Mitgliedschaftsverhältnis zwischen Athlet und Verein nicht auf ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG reduzieren.269 Andererseits zeichnet sich das Mitgliedschaftsverhältnis durch ein Bündel vertragsähnlicher gegenseitiger Pflichten aus, die ihm den Charakter eines „auch rechtsgeschäftsähnlichen“ Rechtsverhältnisses verleihen.270 Die Intention des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG lässt sich so verstehen, dass die Bestimmung die Zulässigkeit der Datenverwendung für all diejenigen Konstellationen regeln will, in denen verarbeitende Stelle und Betroffener willentlich miteinander in Beziehung treten und hierbei gegenseitige Ansprüche begründen, zu deren Realisierung Datenver264 So zur alten Fassung des BDSG vor 2009 Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 5.1, u. H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz (3. Aufl. 1993), § 28 Anm. II.5. 265 Vgl. das Muster eines „Sportlerteilnahmevertrages“ bei A. M. Partikel, Formularbuch für Sportverträge, B.I.3. 266 J. Fritzweiler, Praxishandbuch Sportrecht, 3. Teil Rn. 13. 267 BGHZ 101, 193, 196; Palandt/J. Ellenberger, § 38 Rn. 4. 268 Palandt/J. Ellenberger, § 38 Rn. 1; M. Lutter, AcP 180, 84 ff., 97, 129. 269 So S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28 Anm. 5.2.3, Rn. 125, noch zur Einordnung mitgliedschaftlicher Beziehungen als Vertragsverhältnis i. S. d. BDSG 2001. 270 Die Nähe des Mitgliedschaftsverhältnisses zum schuldrechtlichen Vertrag konstatiert auch J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 130 f., 152 ff.

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wendungen unverzichtbar sind.271 Auch, soweit Datenverwendungen nicht zur Abwicklung von ausdrücklich zugestandenen Ansprüchen und Nebenpflichten notwendig sind, sondern im weiteren Sinne aus der willentlichen Nähebeziehung erwachsende Rechte und Pflichten betreffen, sind sie von den Parteien als notwendige Konsequenz aus der willentlichen Kontaktaufnahme zueinander zu dulden. Da das Mitgliedschaftsverhältnis eine Vielzahl von Rechten und Pflichten mit sich bringt, die zwar nicht unmittelbar per Willenserklärung zugesagt werden, aber aus dem mitgliedschaftlichen Kontakt zwischen Vereinen und Sportlern resultieren, erscheint als Anknüpfungspunkt für eine Gestattung der Verwendung von Mitgliederdaten nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG das neben dem rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnis in der Vorschrift genannte rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnis geeignet.272 Ist ein übergeordneter Verband oder die NADA zur Entscheidung in Dopingangelegenheiten berufen, erweist sich die Herleitung eines Rechtsverhältnisses i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zwischen der verantwortlichen Stelle und dem Athleten aus der Vereinsmitgliedschaft heraus dennoch deshalb als problematisch, da die Annahme eines Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen übergeordnetem Verband und Sportler zumindest fraglich erscheint und zwischen NADA und Sportler überhaupt nicht in Betracht kommt. Ist die NADA oder ein übergeordneter Verband verantwortliche Stelle für die Verwendung der Dopinginformationen und geschieht diese nicht auf der Grundlage einer gesonderten (Athleten-)Vereinbarung, fehlt es auch im Verhältnis zwischen Sportler und Verband oder NADA an dem von § 28 I 1 Nr. 1 BDSG vorausgesetzten rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnis. Denn auch das vereinsrechtliche Mitgliedschaftsverhältnis, an das nach dem eben Gesagten im Falle der Datenverwendung durch den Verein selbst angeknüpft werden kann, besteht einzig und allein zwischen Sportler und Verein, nicht jedoch zwischen Sportler und Verband. Das Mitgliedschaftsverhältnis zwischen Sportler und Verein könnte jedoch nur dann als rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis für die Rechtfertigung der Datenverwendung durch die NADA oder den übergeordneten Verband herangezogen werden, wenn bei genauem Hinsehen der Verein für die Verwendung der Daten verantwortlich wäre, weil die NADA oder der Verband die Datennutzung nur als Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG vornähmen. Voraussetzung hierfür wäre, dass der NADA oder dem Verband lediglich die technische Ausführung des Verbandsverfahrens obläge, während die eigentliche Auswertung der Dopinginformationen durch den Verein erfolgte. Tatsächlich geschieht die Auswertung der Dopinginformationen im Rah271 Vgl. S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28 Rn. 19, der § 28 als Ermächtigung zur Verarbeitung benötigter Angaben ohne Einschaltung des Betroffenen beschreibt. 272 So im Ergebnis auch Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 5.1, u. S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28 Anm. 5.2.3, Rn. 125 ff.

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men des Dopingverfahrens jedoch eigenverantwortlich durch die zur Entscheidung berufene Instanz, so dass hier eine eigenständige Datennutzung und nicht lediglich eine Auftragsverarbeitung stattfindet. Als rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG kann an dieser Stelle auch nicht das teilweise postulierte Konstrukt der Beziehung mitgliedschaftlicher Art273 zwischen Sportlern und Verbänden deklariert werden, da diese Rechtsfigur zutreffend als dogmatisch kaum zu begründen und in ihren Auswirkungen diffus abgelehnt wird.274 Ebensowenig kann die Annahme eines rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses zwischen den Athleten und der NADA oder dem übergeordneten Verband darauf gestützt werden, dass zwar keine unmittelbare mitgliedschaftsähnliche Beziehung, jedoch mittelbar über den Verein und eventuell weitere zwischengeschaltete Verbände eine besondere Nähebeziehung besteht. Eine solche extensive Interpretation des „rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses“ erscheint angesichts des Fehlens verbindlicher Interpretationsmaßstäbe für die Auslegung des § 28 I 1 Nr. 1 im BDSG zwar auf den ersten Blick möglich. Da sie eine Erweiterung des Verarbeitungsspielraums der verantwortlichen Stelle zur Konsequenz hätte, widerspräche sie jedoch der aus den Zulässigkeitsgründen des § 28 BDSG klar herauslesbaren Intention, die Verarbeitungsmöglichkeiten nicht auszuweiten, sondern vielmehr einzuschränken. Diese Zielsetzung der Vorschrift verlangt statt der Erweiterung des Anwendungsbereiches durch ein extensives Verständnis des Begriffes vom rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnis eine restriktive Auslegung.275 Bei dem gebotenen engen Verständnis ist die Annahme rechtsgeschäftsähnlicher Schuldverhältnisse ebenso wie vormals die Annahme vertragsähnlicher Vertrauensverhältnisse276 in erster Linie auf Rechtsbeziehungen im Umfeld vertraglicher Beziehungen wie das vorvertragliche Näheverhältnis, das Nachwirken von Vertragspflichten im nachvertraglichen Stadium oder das Verhältnis zwischen den Parteien im Zusammenhang mit nichtigen oder anfechtbaren Dauerrechtsverhältnissen zu beschränken. Die unmittelbare Mitgliedschaft in einem Verein ist für die Anerkennung als i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG ausreichende Rechtsbeziehung selber bereits auf die Subsumtion unter den Begriff des rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses als dem schwächeren Nähetatbestand des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG angewiesen. Die Distanz zwischen Sportler und NADA oder übergeordnetem Sportverband ist je-

273

R. Ernst, Die Ausübung der Vereinsgewalt (1969), S. 86 ff. Vgl. M. Meinberg/D. Olzen/S. Neumann, Verhinderung des Dopingmissbrauchs, S. 57; R. Lukes, Erstreckung der Vereinsgewalt auf Nichtmitglieder durch Rechtsgeschäft, FS für H. Westermann (1974), S. 32; gegen die Rechtsfigur einer solchen „mittelbaren Mitgliedschaft“ auch J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 62 f. 275 So noch zur alten Fassung des BDSG 2001 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 120. 276 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 121 ff.; ähnlich die Beispielsaufzählung bei Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 5.1. 274

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doch nochmals ungleich größer als diejenige zwischen Sportler und Verein, da es – anders als im Falle der Näheverhältnisse im Umfeld einer vertraglichen Beziehung und auch im Falle des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen Athlet und Verein – insoweit an einer unmittelbaren Beziehung zwischen den Beteiligten fehlt. Eine unmittelbare rechtliche Beziehung ist jedoch für die Annahme eines rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses unerlässlich.277 Ohne sie ermangelt es der Beziehung zwischen Athlet und Verband an der Rechtsgeschäftsähnlichkeit, da allein die über den Verein existente mittelbare Verbindung keinen Ansatzpunkt für die Schaffung auch nur rechtsgeschäftsähnlicher Eingriffsbefugnisse bietet. Geschieht die Datenverwendung durch den Verein oder auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Sportler und der zur Entscheidung befugten Stelle, sind die weiteren Voraussetzungen für die Datenverwendung nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG regelmäßig gegeben: Welche Datenverwendungen zur Begründung, Durchführung und Beendigung eines Vertragsverhältnisses erforderlich sind, ist abhängig von den Vertragszwecken. Die Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses kann sich unmittelbar oder mittelbar aus dem Vertragsinhalt ergeben.278 Legt ein Wettkampfvertrag beispielsweise (rechtmäßigerweise) fest, dass nur ungedopte Sportler zur Teilnahme berechtigt sind, bedarf es keiner gesonderten ausdrücklichen Vertragsbestimmung mehr, um den Veranstalter nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zur Abfrage einschlägiger Medikamentierungen zu berechtigen. Ergibt sich die Zweckbestimmung des Rechtsverhältnisses – wie dies bei rechtsgeschäftichen Schuldverhältnissen in Grenzbereichen, bei rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnissen regelmäßig der Fall sein wird – weder unmittelbar aus dem Wortlaut der getroffenen Vereinbarungen noch ohne weiteres mittelbar aus dem Sinn und Zweck des Rechtsverhältnisses, sind die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Parteien und somit auch der Umfang der Befugnis zur Datenverarbeitung im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips festzustellen.279 Im Falle der Betrachtung des Mitgliedschaftsverhältnisses als Anknüpfungspunkt i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG treten an die Stelle der Vertragszwecke zunächst einmal die Zwecke des Vereins, dem der Sportler angehört. Mit dem Beitritt des Sportlers zum Verein werden die Vereinszwecke gleichzeitig auch Zwecke des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen Sportler und Verein. Der Vereinszweck i. S. d. §§ 21 ff. BGB wird einzig und allein durch den „den Charakter des Vereins festlegenden obersten Leitsatz der Vereinstätigkeit“ definiert.280 Das Dopingverbot ist bereits als Vereinszweck im vorgenannten engeren Sinne zu qualifizieren, da es zu den Bestandteilen des 277 278 279 280

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 119. Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 4.3. Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 4.4. BGHZ 96, 245 ff., 251; Palandt/J. Ellenberger, § 33 Rn. 3.

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Verbandsreglements gehört, mit dessen Abänderung Neumitglieder bei ihrem Beitritt nicht rechnen können.281 Auch wenn es nicht zu den Vereinszwecken i. S. d. §§ 21 ff. BGB zählte, wäre es dennoch deshalb für die Anwendung des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG relevant, da bei der Ermittlung der Zweckbestimmung von rechtsgeschäftlichen und rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnissen i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG und somit auch des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen Verein und Sportler darüber hinaus auch alle sonstigen Umstände zu berücksichtigen sind, die nach den Regeln zur Vertragsauslegung für die Ermittlung des Vertragszwecks beachtlich sind. Als für die Durchführung des Rechtsverhältnisses erforderlich i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG können Datenverwendungen bei weitem Verständnis des Erforderlichkeitsbegriffs bereits dann angesehen werden, wenn die Datenverarbeitung zur Erfüllung der Pflichten oder zur Wahrnehmung der Rechte aus einem mit dem Betroffenen geschlossenen Vertrag vorgenommen wird. In engerer Auslegung des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG wurde – noch mit Blick auf den Dienlichkeitsbegriff in § 28 I 1 Nr. 1 BDSG 2001 – gefordert, dass die Datenverwendung geeignet sein müsse, der Erfüllung der Pflichten aus dem Vertragsverhältnis oder der Wahrnehmung der Rechte aus dem Vertragsverhältnis zu dienen.282 Demgegenüber vertrat die h. M. schon zur alten Fassung des BDSG zutreffend die Auffassung, nur solche Datenverwendungen könnten nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zulässig sein, die zur Erfüllung der Pflichten oder zur Wahrnehmung der Rechte aus dem Vertrag erfolgen müssen.283 Das Verständnis der h. M. von der Bedeutung des Dienlichkeitsbegriffes und dessen Übertragung auf den Erforderlichkeitsbegriff des neugefassten § 28 I 1 Nr. 1 BDSG wird durch folgende Überlegung gestützt: Wäre zur Rechtfertigung von Eingriffen in das informationelle Selbstbestimmungsrecht von Vertragspartnern tatsächlich schon die Geeignetheit der Eingriffshandlung zur Förderung der Zweckbestimmung des Schuldverhältnisses ausreichend, ohne dass es noch auf ihre Erforderlichkeit ankäme, bedeutete dies für die Parteien des Vertragsverhältnisses einen Freibrief zur Verwendung von im Zusammenhang mit dem Vertragszweck relevanten Daten ohne Rücksicht auf deren Empfindlichkeit und die hieraus sich ergebende Intensität des Eingriffs einerseits und das Gewicht des Verwendungsinteresses andererseits. Der aus der besonderen Nähe des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zur Menschenwürdegarantie des Art. 1 I GG gebotene Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts wäre hinsichtlich der vertragsrelevanten Daten der Vertragsparteien nicht mehr gewährleistet. In verfassungskonformer Auslegung, die seit der Novellierung des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG durch den Wortlaut der Bestimmung gestützt wird, ist der in

281 Nach BGHZ 96, 245, 251, ein maßgebliches Kriterium für die Qualifizierung satzungsmäßiger Vorgaben als Vereinszweck i. S. d. §§ 21 ff. BGB. 282 H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz (3. Aufl. 1993), § 28 Anm. 5, Rn. 12. 283 Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 4.1.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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der ersten Alternative des § 28 I 1 BDSG verwendete Begriff der „Erforderlichkeit“ daher so zu verstehen, dass die Datenverwendung nicht nur zur Förderung des Vertragszweckes geeignet, sondern darüber hinaus auch – wie dies § 28 I 1 Nr. 1 nunmehr ausdrücklich vorgibt – dazu erforderlich sein muss und das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen darf.284 Ungeachtet der Diskussion um die richtige Auslegung des Begriffes der Dienlichkeit, welche auf das Verständnis des Erforderlichkeitsbegriffes ausstrahlt, ist sämtlichen vorstehend genannten Ansichten gemein, dass nicht lediglich die Hauptzwecke der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehung, sondern auch die weiteren Rechte und Pflichten, deren Übernahme die Parteien letztendlich zur Förderung des Zwecks des Schuldverhältnisses vereinbaren, als zweckstiftend i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG angesehen werden. Findet die Datenverwendung auf der Basis des Mitgliedschaftsverhältnisses statt, ist hiernach als Zweck dieses Mitgliedschaftsverhältnisses – ungeachtet der weiteren Motive, die insbesondere aufseiten des Athleten mit dem Entschluss zum Vereinsbeitritt verknüpft sein mögen – nicht nur der Vereinszweck i. S. d. §§ 21 ff. BGB maßgeblich, der einzig und allein durch den „den Charakter des Vereins festlegenden obersten Leitsatz der Vereinstätigkeit“ definiert wird. Vielmehr sind darüber hinaus auch sämtliche von Sportler und Verein (zur Erreichung dieses Vereinszweckes) übernommenen Rechte und Pflichten beachtlich. In den Regelwerken der Vereine, durch die diese Rechte und Pflichten manifestiert werden, haben zwischenzeitlich auch folgende Zusammenhänge Berücksichtigung gefunden: Die Ausübung der zum Vereinszweck erhobenen Tätigkeit erfolgt im Falle des Spitzensportlers nicht nur durch das Betreiben der jeweiligen Sportart innerhalb der Einrichtungen des Vereins zu Trainingszwecken, sondern vor allem auch durch die Teilnahme an öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen, sprich an den Wettkämpfen des Vereins oder an sonstigen Wettkampfveranstaltungen, zu denen der Verein seine besten Sportler als Vertreter entsendet. Voraussetzung dafür, dass die Teilnahme der Vereinsmitglieder an derartigen Veranstaltungen zur Förderung der Vereinszwecke beiträgt, ist ein untadeliges Auftreten, durch das eine ehrenhafte Einstellung zum Sport und Respekt vor seinen Idealen dokumentiert wird. Das zur Ermittlung des Vereinszwecks i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG beachtliche Reglement erschöpft sich dementsprechend nicht in Bestimmungen zur Förderung des Sports als solchem, etwa durch die Bereitstellung der zur Leistungsverbesserung notwendigen Trainingsmöglichkeiten. Vielmehr sind darüber hinaus quasi als „Sekundärzwecke“ auch diejenigen 284 So im Ergebnis – ebenfalls (trotz der dortigen Verwendung des schwächeren Begriffs der Dienlichkeit) bereits für das BDSG 2001 – auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 5, wenn er eine Interessenabwägung zwischen dem Aufklärungsinteresse der Sportverbände und dem Persönlichkeitsrecht des Sportlers für erforderlich erachtet.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Verbandsregularien bei der Ermittlung der Zweckbestimmung des Rechtsverhältnisses „Vereinsmitgliedschaft“ zu berücksichtigen, die Festlegungen hinsichtlich der Begleitumstände enthalten, unter denen die sportliche Betätigung erfolgen soll. Schenkt man den Satzungen und Ordnungen der Vereine und Verbände und den Beteuerungen ihrer Vertreter in der Öffentlichkeit Glauben, findet sich die vielleicht wichtigste dieser Ausübungsregelungen im Verbot der Verwendung von Dopingpraktiken. Das Dopingverbot stellt somit einen Sekundärzweck im oben genannten Sinne dar. Die umfangreichen Bestimmungen bezüglich der Pflichten, die den Sportlern zum Zwecke der Dopingbekämpfung auferlegt werden, sollen die Durchsetzung des Dopingverbots ermöglichen. Soweit diese Anti-DopingBestimmungen zur Durchsetzung des Sekundärzwecks „Dopingverbot“ geeignet und erforderlich sind und keine unverhältnismäßigen Eingriffe in die Rechte der Athleten vorsehen, ist ihnen die von § 28 I 1 Nr. 1 BDSG geforderte Erforderlichkeit zu bescheinigen. Gleiches gilt für diejenigen Aktionen der Verbände, durch die die Anti-Doping-Bestimmungen umgesetzt werden, wie auch für sonstige Anti-Doping-Maßnahmen, die mit einer Verwendung der personenbezogenen Daten der Athleten verbunden sind. Zu diesen weiteren Aktionen und Maßnahmen gehört auch die Datennutzung zum Zwecke der Fassung von Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten. Soweit daher personenbezogene Daten der Sportler betroffen sind, auf deren Verwendung zur Durchsetzung des Anti-Doping-Reglements nicht verzichtet werden kann und deren Verwendung nicht als unverhältnismäßiger Eingriff in die Rechte der Athleten erscheint, ist der Datengebrauch nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zulässig. Als entscheidender Gesichtspunkt ist somit auch im Zusammenhang mit der Datenverwendung in Verbandsverfahren einmal mehr das Überwiegen der Verbandsinteressen an der Datenverwendung gegenüber den Sportlerinteressen an der Unberührtheit ihrer persönlichen Daten anzusehen. Fehlt es an dem erforderlichen überwiegenden Interesse der Verbände an der Datennutzung, kommt eine Rechtfertigung gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG nicht in Betracht. (b) Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß § 28 I 1 Nr. 2 BDSG Das BDSG sieht im Bereich der Datenverwendung durch nicht-öffentliche Stellen des Weiteren auch außerhalb von Vertragsverhältnissen oder vertragsähnlichen Vertrauensverhältnissen die Möglichkeit eines schutzwürdigen Interesses an der Datenverwendung. Dementsprechend erklärt § 28 I 1 Nr. 2 BDSG das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke durch nichtöffentliche Stellen unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Näheverhältnisses für zulässig, wenn

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die Datenverwendung zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist und keine Anhaltspunkte für ein überwiegendes Interesse des Betroffenen am Schutz seines informationellen Selbstbestimmungsrechts bestehen.285 Nach zutreffender Ansicht kann allerdings eine Datenverwendung, die unter den Anwendungsbereich des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG fällt, nach dieser Bestimmung aber nicht zulässig ist, nicht gemäß § 28 I 1 Nr. 2 BDSG gerechtfertigt werden.286 Andernfalls würde der verantwortlichen Stelle die Möglichkeit eröffnet, sich über zuvor getroffene vertragliche Vereinbarungen mit dem Betroffenen hinwegzusetzen. Die Vorschrift wird demnach als Gestattungstatbestand für Datenverarbeitungen, die im Zusammenhang mit einem Rechtsverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG erfolgen, nur insoweit relevant, als diese Datenverarbeitungen nicht ohnehin für den Vertragszweck erforderlich und damit nach § 28 I 1 Nr. 1 zulässig sind und andererseits ihre Zulässigkeit auch nicht bereits an der fehlenden Erforderlichkeit i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 scheitert.287 Da § 28 I 1 Nr. 1 BDSG andererseits beim Fehlen besonderer Vertragsbeziehungen zwischen Sportler und Verein oder Verband nur die Informationsverwendung durch den Verein rechtfertigen kann, erlangt § 28 I 1 Nr. 2 BDSG für die Datenverwendung im Rahmen von Verbandsentscheidungen besondere Bedeutung. Ein berechtigtes Interesse im Sinne der Bestimmung ist der h. M. zufolge ein nach vernünftiger Erwägung durch die Sachlage gerechtfertigtes, also ein tatsächliches Interesse, das wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein kann.288 Die Datenverarbeitung muss zur Wahrung der berechtigten Interessen erforderlich sein. Der Grundsatz der Erforderlichkeit ist an dieser Stelle nicht im Sinne einer absolut zwingenden Notwendigkeit zu verstehen, vielmehr reicht ein bei vernünftiger Betrachtung zu bejahendes Angewiesensein auf die Datenverwendung aus. Die Datenverwendung ist daher erforderlich, wenn sie ein geeignetes Mittel zur Wahrung der berechtigten Interessen darstellt, für das es keine zumutbare Alternative gibt.289 Grund zur Annahme eines überwiegenden Gegeninteresses des Betroffenen besteht dann, wenn für die verantwortliche Stelle von vornherein erkennbar ist, dass durch die in Rede stehende Datenverwendung schutzwürdige Interessen des Betroffenen wie insbesondere dessen Persönlichkeitsrechte oder auch dessen 285

Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 6. S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28 Anm. 5.2.4, Rn. 134. 287 Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 3.2. 288 Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 6.1; S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28 Anm. 5.2.4, Rn. 133 ff., der allerdings mit Rücksicht auf den Zweck des § 28 BDSG, den Verarbeitungsspielraum einzuschränken, für eine restriktive Auslegung plädiert. 289 Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 6.2; S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28 Anm. 5.2.4, Rn. 143. 286

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

wirtschaftliche und berufliche Position und Fortkommen beeinträchtigt werden und eine Abwägung dieser Interessen mit den an der Datenverwendung bestehenden Interessen der verantwortlichen Stelle den Vorrang der Interessen des Betroffenen zum Ergebnis hat.290 Als berechtigtes Interesse der Sportvereine und der Wettkampfveranstalter i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG ist das Interesse an der Durchsetzung ihrer Vereinsziele anzusehen. Zu diesen Vereinszielen zählt auch die von den Sportorganisationen erhobene Forderung nach einem dopingfreien Sport. Soweit im Rahmen der Dopingbekämpfung auf die Verwendung der bezüglich der Athleten erhobenen und ermittelten personenbezogenen Daten vernünftigerweise nicht verzichtet werden kann, hängt auch die Rechtfertigung der Datennutzung gemäß § 28 I 1 Nr. 2 BDSG letztlich davon ab, ob im konkreten Fall ein überwiegendes Interesse der Verbände an der Datenverwendung formuliert werden kann. (c) Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß § 28 I 1 Nr. 3 BDSG Das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke durch nicht-öffentliche Stellen ist schließlich gemäß § 28 I 1 Nr. 3 BDSG immer dann zulässig, wenn es um allgemein zugängliche Daten oder um solche Daten geht, die die verantwortliche Stelle ohnehin – aus anderen Gründen – veröffentlichen dürfte, und das Schutzinteresse des Betroffenen das Interesse des Verwenders nicht offensichtlich überwiegt. Allgemein zugänglich im Sinne der Nr. 3 sind Daten dann, wenn sie über allgemein zugängliche Quellen von jedem in Erfahrung gebracht werden können.291 Allgemein zugängliche Quellen in diesem Sinne sind solche Informationsquellen, die sich sowohl ihrer technischen Ausgestaltung als auch ihrer Zielsetzung nach dazu eignen, einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu vermitteln.292 Eine Veröffentlichungsbefugnis der verantwortlichen Stelle besteht immer dann, wenn die zu veröffentlichenden Daten zuvor vom Betroffenen bewusst für einen nicht näher festgelegten Kreis potentieller Interessenten freigegeben worden sind, wie beispielsweise Angaben zur wissenschaftlichen Tätigkeit und zur bisherigen publizistischen Aktivität der Autorinnen und Autoren eines Verlages.293 Von einem „offensichtlichen Überwiegen“ der Gegeninteressen des Betroffenen ist dann auszugehen, wenn sich das Übergewicht der schutzwürdigen 290

Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 6.3–6.5. Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 7.2. 292 Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 7.2; S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28 Anm. 5.2.5, Rn. 189. 293 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28 Anm. 5.2.5, Rn. 195. 291

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Interessen, die als solche unverändert intensiv von der verantwortlichen Stelle ermittelt werden müssen,294 auch ohne eine detaillierte Abwägung mit den Interessen der verantwortlichen Stelle absehen lässt.295 Bei den von den Athleten anlässlich des Vereinsbeitritts, der Erstellung von Kaderlisten oder der Meldung zu Wettkämpfen erhobenen Daten handelt es sich nur insoweit um öffentlich zugängliche Daten im Sinne der Vorschrift, als die entsprechenden Informationen auch bereits aus den Medien, etwa aus Zeitungen, Sportdokumentationen, Biographien, Websites o. ä. in Erfahrung gebracht werden können, was allerdings jedenfalls hinsichtlich der dopingbelastenden Umstände regelmäßig nicht der Fall ist. Als Ergebnis ad (1) lässt sich somit zusammenfassend feststellen, dass die Datenverwendung für die Fassung von Verbandsentscheidungen insoweit gemäß § 28 BDSG zulässig ist, als die Verbände hierfür ein gegenüber den Interessen der Athleten an der Unterlassung der Datennutzung überwiegendes Interesse geltend machen können. Ob dieses überwiegende Interesse vorliegt, muss jeweils im Einzelfall durch eine umfassende Abwägung der berührten Belange ermittelt werden. (2) Einwilligung (§§ 4 I, 4a BDSG) Des Weiteren ist im Grundsatz jede vom BDSG erfasste Datenverwendung zulässig, wenn sie mit Einwilligung des Betroffenen erfolgt (§ 4 I BDSG).296 (a) Einwilligungserklärung (§ 4 I BDSG) Die Einwilligungserklärung zur Datennutzung durch die Verbände im Rahmen von Verbandsentscheidungen kann auf verschiedene Weise vom Athleten abgegeben werden: Sie kann erstens mit der Zustimmung zu den einschlägigen Regelungen in der Vereinssatzung und in den weiteren Regelwerken des Vereins aus Anlass des Eintritts in den Verein verbunden sein, wenn und soweit in den vereinsrechtlichen Bestimmungen entsprechende Vorgaben für das Zustandekommen von Verbandsentscheidungen enthalten sind. Indem durch das Vereinsrecht die Anwendbarkeit von Bestimmungen der übergeordneten Verbände festgelegt wird, kann die mit dem Vereinsbeitritt einhergehende Unterwerfungserklärung auch auf das in Bezug genommene Recht dieser Verbände erstreckt werden. In dieser Kon294 A.A. Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 7.1, die aus dem Erfordernis der Offensichtlichkeit die Zulässigkeit einer weniger intensiven Ermittlung der bestehenden Gegeninteressen herleiten. 295 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28, Anm. 5.2.5, Rn. 201, spricht davon, der Vorrang der Interessen des Betroffenen müsse sich mehr oder weniger von selbst ergeben. 296 G. Wronka/P. Gola, Aufbau sportbezogener Datenbanken, S. 18.

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stellation kann sich der Verein – die Wirksamkeit der Einwilligung im Übrigen vorausgesetzt – zur Rechtfertigung der Datenverwendung auf die Zustimmung des Athleten anlässlich des Vereinsbeitritts berufen. Die Zustimmung zur Nutzung personenbezogener Informationen kann zweitens im Rahmen eines gesonderten Vertrages vom Sportler erklärt werden, den dieser zur Erlangung einer Lizenz oder der Teilnahmeberechtigung an ganz bestimmten Wettkampfveranstaltungen mit den Sportorganisationen abschließt. In diesem Fall müssen die Bestimmungen über die Datenverwendung in den Vertragsbedingungen des Lizenz- oder Wettkampfvertrages niedergelegt sein. Die Verankerung einschlägiger Regelungen im Vertrag kann auch auf die Weise erfolgen, dass die entsprechenden Bestimmungen verbandsrechtlicher Regelwerke in den Vertrag einbezogen werden. Im Vergleich mit der Zustimmung zu Persönlichkeitsrechtseingriffen in sonstigen Fällen weist die Zustimmung zu vom BDSG erfassten Datenverwendungen folgende Besonderheit auf: In den Fällen, in denen eigentlich eine Einverständnissituation gegeben ist, weil die Kenntnisnahme Dritter von einem Datum aus Sicht des Datenberechtigten unerheblich ist, da er die Verwendung dieses Datums schon gar nicht als Beeinträchtigung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts empfindet, müsste nach den für sonstige Persönlichkeitsrechtseingriffe entwickelten Regeln eine Zustimmungserklärung weder ausdrücklich noch konkludent abgegeben werden. Demgegenüber hat im Anwendungsbereich des BDSG dessen § 4a I 3 zur Konsequenz, dass auch in den Einverständnisfällen grundsätzlich nicht auf eine entsprechende Willenserklärung des Rechtsgutsinhabers verzichtet werden kann.297 Folgt man der Ansicht, die auch beim Vorliegen besonderer Umstände i. S. d. § 4a I 3 BDSG zumindest eine ausdrückliche mündliche Erklärung der Einwilligung für notwendig erachtet,298 bleibt sogar überhaupt kein Raum mehr für die willentliche Hinnahme einer datenschutzrechtlich relevanten Maßnahme, ohne dass der Datenberechtigte seinen entsprechenden Willen ausdrücklich nach außen hin zum Ausdruck gebracht hat. (b) Form (§§ 4a I 3 u. 4, II, III BDSG) Im Hinblick auf die notwendige Form der Einwilligung ergibt sich aus § 4a I BDSG, dass der Athlet höchstpersönlich die Einwilligungserklärung abgeben muss: Da § 4a BDSG Datenverwendungen erkennbar nur dann auf der Basis einer Einwilligung des Betroffenen für zulässig erklären will, wenn die Zustimmung nach umfänglicher Belehrung in Kenntnis aller bedeutsamen Umstände

297 Nach Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 6.1, hat die Missachtung des Schriftformerfordernisses die Unwirksamkeit der Einwilligung zur Folge. 298 So S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Anm. 5.5, Rn. 47.

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des Eingriffs durch den Betroffenen selber erfolgt, kann dieser hierzu keinen Dritten bevollmächtigen.299 Gemäß § 4a I 3 BDSG bedarf die Einwilligung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform,300 soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form301 angemessen ist. Schriftform bedeutet, dass die Einwilligungserklärung schriftlich fixiert und sodann eigenhändig von den Sportlern unterzeichnet sein muss.302 Welchen konkreten Inhalt die schriftliche Einwilligungserklärung haben muss, kann nur für den jeweiligen Einzelfall ermittelt werden. Als abstrakte Vorgabe lässt sich lediglich festhalten, dass die Einwilligung hinreichend bestimmt sein, d.h. klar zu erkennen geben muss, unter welchen Bedingungen sich die Athleten mit der Verarbeitung welcher Daten einverstanden erklärt haben. Blankoeinwilligungen oder pauschal gehaltene Erklärungen reichen hiernach nicht aus.303 Die Einwilligungserklärung muss zwar nicht minutiös alle Einzelheiten des Verarbeitungsprozesses aufgreifen. Ihr müssen aber in jedem Fall nicht nur die jeweils in Betracht kommenden Angaben, sondern auch die gebilligten Verarbeitungsziele und Verarbeitungsphasen zu entnehmen sein.304 Wie sich aus dem argumentum e contrario aus § 4a III BDSG ergibt, ist allerdings nicht erforderlich, dass sich die notwendigen Informationen aus dem Text der Einwilligungserklärung selber ergeben. Vielmehr genügt auch eine Einwilligungserklärung den Anforderungen des § 4a I 3 BDSG, mit der die Athleten anlässlich des Vereinsbeitritts oder einer vertraglichen Übereinkunft mit den Verbänden und Veranstaltern ihre Zustimmung zum Umgang mit ihren Daten dergestalt äußern, dass in der Erklärung auf die Datenverwendungsregelungen in den Regelwerken der Sportvereinigungen Bezug genommen wird. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einwilligung ist in diesem Fall allerdings, dass aus der Einwilligung eindeutig erkennbar ist, auf welche Vereinsbestimmungen verwiesen wird, und dass aus den in Bezug genommenen Vereinsbestimmungen die notwendigen Details der Datenverwendung ersichtlich sind.

299

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 30. Zum Schriftformerfordernis vgl. Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 6.1; H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz (3. Aufl. 1993), § 4 Anm. IV.1. 301 Nach S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a, Anm. 5.5, Rn. 43, bedarf es in jedem Fall einer ausdrücklichen mündlichen Erklärung, während eine stillschweigende, konkludente Zustimmung nicht ausreichen soll; a. A. H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz (3. Aufl. 1993), § 4 Anm. IV.2, der unter Verweis auf die amtliche Begründung in ganz besonderen Fällen auch die konkludente, also stillschweigende Erklärung ausreichen lassen will. 302 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4a Rn. 33. 303 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4a Rn. 77. 304 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4a Rn. 80. 300

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Besondere Umstände i. S. d. § 4a I 3 2. HS BDSG sind etwa dann gegeben, wenn Datenverwendungen wiederholt im Rahmen einer Geschäftsbeziehung von längerer Dauer erfolgen und nach der erstmaligen formgerechten Einwilligung keine Änderungen der Verhältnisse eintreten, des Weiteren im Falle telefonischer Meinungsumfragen oder wenn die Einholung einer schriftlichen Einwilligung die Tätigkeit des Interviewers unangemessen erschweren würde sowie im Falle der besonderen Eilbedürftigkeit der Datenverwendung.305 Voraussetzung für den Verzicht auf die Schriftform ist nach zutreffender Ansicht, dass der Betroffene ausreichend über Zweck und Umfang der Verarbeitung seiner Daten und die Tragweite seiner Einwilligung informiert ist und die Einhaltung der Schriftform im gegebenen Fall wegen der besonderen Umstände zu einer Erschwerung, Verzögerung oder Verhinderung der Einwilligungserklärung führen würde.306 Zur Erzielung interessengerechter Ergebnisse wird man auch die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffes der besonderen Umstände im Wege einer Interessenabwägung vornehmen müssen: Ausgangspunkt ist hierbei die Vorgabe des BDSG, derzufolge die Einhaltung der Schriftform der Regelfall und der Verzicht auf die Schriftlichkeit die Ausnahme sein soll. Voraussetzung für den Verzicht ist hiernach, dass angesichts besonderer Umstände der konkreten Situation ein Interesse des Einwilligungsempfängers an der Abweichung von der gebotenen Form besteht, dem kein überwiegendes Interesse des Einwilligenden an der Beibehaltung der Schriftform entgegensteht. Von der Entbehrlichkeit der Schriftform kann hiernach nur dann ausgegangen werden, wenn nicht der Verzicht darauf unter den gegebenen Umständen zu einer Gefährdung der Formzwecke und dadurch zu einer Gefährdung des Datenschutzes des Betroffenen führen würde. Im allgemeinen sind jedoch weder der Vereinsbeitritt noch die Datenverarbeitung zur Erstellung der Kaderlisten noch der Abschluss des Wettkampfvertrages von besonderen Umständen begleitet, die ein Interesse der Verbände und Veranstalter am Verzicht auf die Schriftform begründen würden. Ebensowenig sind besondere Umstände erkennbar, die für eine verminderte Schutzbedürftigkeit der Sportler sprechen würden: Im Falle der Verwendung personenbezogener Daten der Athleten für Verbandsentscheidungen legen zwar die Präsenz des Dopingthemas in den Medien und in Politik und Gesellschaft wie auch die öffentlich geführten Diskussionen über die Details der Dopingbekämpfung nahe, dass den Sportlern weitgehend geläufig ist, dass bei der Umsetzung des Dopingkontrollsystems teilweise sehr persönliche Daten eine Rolle spielen. Auch vor diesem Hintergrund kann aber nicht angenommen werden, dass den Athleten im Moment des Vereinsbeitritts oder bei Abschluss des Lizenz- oder Wettkampfvertrages im Einzelnen und abschließend bewusst ist, welche persönlichen Umstände im Rahmen des Verbandsverfahrens zur Sprache kommen und welche Eingriffsintensität die Behandlung dieser Umstände im Verbandsverfahren bedeuten kann. Hinzukommt, dass 305 306

Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 6.1. H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz (3. Aufl. 1993), § 4 Anm. IV.2.

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im Verhältnis zwischen den Athleten und den Sportorganisationen auch keine Umstände erkennbar sind, die den Entfall des Schriftformerfordernisses im Sinne der Vermeidung von unangemessenen Behinderungen als gerechtfertigt erscheinen lassen: Hat der Sportler den Datenverwendungen einmal – anlässlich des Vereinsbeitritts oder anlässlich der Lizenz- oder Wettkampfvereinbarung – formgerecht zugestimmt, erscheint zwar eine neuerliche Einzelfallzustimmung anlässlich der konkreten Datenverwendung nicht mehr erforderlich; für den Verzicht auf die Schriftform bei der erstmaligen Erklärung der Einwilligung sind jedoch keine Gründe erkennbar. Zwar erfolgen sowohl der Vereinsbeitritt als auch der Abschluss des Wettkampfvertrages in der Regel schriftlich. Allerdings ist in diesen Fällen § 4a I 4 BDSG besonders zu beachten: Da sowohl anlässlich des Vereinsbeitritts als auch beim Abschluss des Wettkampfvertrages ganze Bündel von Rechten und Pflichten begründet werden und somit durch die hierbei geleistete Unterschrift eine Vielzahl von Verpflichtungserklärungen abgegeben wird, bedarf es im Text der Beitrittsvereinbarung bzw. im Text des Wettkampfvertrages der besonderen Hervorhebung der Einwilligung in die Datenverwendung. Dem wird eine Gestaltung der zwischen den Parteien abzuschließenden Vereinbarungen gerecht, bei der die Einwilligungsklausel an deutlich sichtbarer Stelle und z. B. drucktechnisch von dem anderen Text abgesetzt dargestellt ist.307 Als problematisch stellt sich die Einhaltung des Schriftformerfordernisses in den Fällen dar, in denen der Athlet der Datenverwendung nicht bereits vorab durch die Unterwerfung unter einschlägige Vereinsregelungen oder durch die Anerkennung entsprechender Bestimmungen des Wettkampfvertrages zugestimmt hat. Findet in diesen Fällen eine Datenverwendung statt, kommt mangels einer ausdrücklichen einschlägigen Willensäußerung des Sportlers nur noch die Annahme einer konkludenten Einwilligung in Betracht, die in der Offenbarung der Daten oder möglicherweise auch in der widerspruchslosen Hinnahme der Datenverwendung durch den Athleten liegen kann. Eine solche konkludente Zustimmung vermag jedoch mit Rücksicht auf § 4a I 3 BDSG nur in Ausnahmefällen Wirksamkeit zu entfalten. Ein solcher Ausnahmefall liegt erstens dann vor, wenn – in den hier angesprochenen Fällen allerdings kaum denkbar – die Voraussetzungen für die Entbehrlichkeit der Schriftform gemäß § 4a I 3 2. Hs. BDSG gegeben sind. Zweitens sieht § 4a II BDSG vor, dass im Falle der Datenverwendung zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung besondere Umstände i. S. d. § 4a I 3 BDSG anzunehmen sind; die Datenverwendung im Rahmen von Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten ist allerdings zumindest auch auf die Durchsetzung des Anti-Doping-Reglements der Vereine und Verbände ausgerichtet und verfolgt somit jedenfalls nicht ausschließlich Zwecke der wissenschaftlichen Forschung. In Betracht kommt hiernach nur noch eine Heilung 307

Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 6.2.

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des Zustimmungsmangels bzw. die Treuwidrigkeit der Berufung auf den Zustimmungsmangel, wenn und soweit der Athlet die Datenverwendung wissentlich über einen gewissen Zeitraum hinweg widerspruchslos geschehen lässt. Bezüglich besonderer Arten von Daten wird das Formerfordernis des § 4a I 3 BDSG durch § 4a III BDSG noch verschärft, indem ein besonderer Inhalt der Einwilligung vorgegeben wird: Sind von der Datenverwendung „besondere Arten personenbezogener Daten“ i. S. d. § 3 IX BDSG betroffen, muss sich die Einwilligung auf diese Daten ausdrücklich beziehen. Der Legaldefinition des § 3 IX BDSG zufolge zählen zu diesen „besonderen Arten personenbezogener Daten“ unter anderem Angaben über die Gesundheit des Betroffenen. Gesundheitsangaben in diesem Sinne sind sämtliche Informationen, die unmittelbar den Gesundheitszustand des Betroffenen behandeln, wie Angaben über Krankheiten oder andere pathologische Zustände, aber auch solche Angaben, die Schlüsse auf den Gesundheitszustand des Betroffenen ermöglichen, wie etwa Informationen über medizinische Behandlungen, über Medikamentierungen oder auch einfach die Information über die Wiedergenesung einer Person, die den Schluss auf eine überstandene Krankheit ermöglicht.308 Soweit daher im Zusammenhang mit Verbandsentscheidungen auch Informationen über medizinische Behandlungen, Medikamentierungen oder sonstige spezifische Umstände der gesundheitlichen Situation der Athleten verwertet werden sollen, bedarf bereits die Zustimmung der Sportler hierzu der qualifizierten Schriftform, die sich dadurch auszeichnet, dass die von der Datenverwendung betroffenen Gesundheitsdaten im Text der schriftlichen Einwilligung explizit erwähnt sein müssen.309 (c) Freie Entscheidung des Betroffenen (§ 4a I 1 BDSG) nach ordnungsgemäßer Aufklärung (§ 4a I 2 BDSG) In § 4a I 1 BDSG findet das ohnehin nach allgemeinen Regeln zu beachtende Wirksamkeitserfordernis der Freiwilligkeit der Einwilligung ausdrückliche Erwähnung. Es versteht sich von selbst, dass von einer „freien Entscheidung des Betroffenen“ jedenfalls dann keine Rede sein kann, wenn ihm die Einwilligungserklärung unter Ausübung rechtswidrigen Zwanges, etwa unter missbräuchlicher Ausnutzung einer wirtschaftlichen Machtposition, abgenötigt wurde.310 Ebenso mangelt es der Einwilligung an der erforderlichen Freiwilligkeit, wenn sie durch arglistige Täuschung erschlichen wurde311 oder an anderen wesentlichen Willensmängeln leidet.312 Wie bereits weiter oben313 ausgeführt, bestehen bezüglich der Freiwilligkeit von Verpflichtungserklärungen der Sportler gegenüber den 308

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 260. S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 86. 310 Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 4.1. 311 Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 4.3; H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz (3. Aufl. 1993), § 4 Anm. II.6, Rn. 9. 309

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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Vereinen und Verbänden aus dem Grund Bedenken, da die Vereine und Verbände den Athleten in aller Regel wie ein einziger großer Monopolverband gegenüberstehen, gleichzeitig jedoch die Sportler auf die Mitgliedschaft in den der „Verbandspyramide“ angehörigen Vereinen angewiesen sind.314 Nachdem das BDSG ausweislich seines § 1 I personenbezogene Daten in dem Umfang schützt, in dem durch ihren Gebrauch das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen beeinträchtigt würde, können die Bestimmungen des BDSG als Sonderregeln zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verstanden werden mit der Konsequenz, dass für die Einwilligung in nach dem BDSG relevante Datenverwendungen die gleichen Grundsätze gelten wie für die Einwilligung in sonstige Persönlichkeitrechtseingriffe. Für die Prüfung der Freiwilligkeit der Einwilligung in vom BDSG erfasste Datenverwendungen gelten daher dieselben Überlegungen, die für die Freiwilligkeit der Zustimmung zu sonstigen Persönlichkeitsrechtseingriffen als maßgeblich erachtet wurden. Ob die Einwilligung in vom BDSG erfasste Datenverwendungen trotz des Machtungleichgewichts zwischen den Veranstaltern und Verbänden einerseits und den Athleten andererseits als freiwillig eingestuft werden kann, hängt hiernach ebenfalls davon ab, ob die Interessen der Veranstalter und Verbände an der in Rede stehenden Datenverwendung das Interesse – und hier insbesondere das persönlichkeitsrechtliche Interesse – des betroffenen Sportlers an der Unterlassung der Datenverwendung überwiegen. Zur Klärung der Frage, ob die Verwertung personenbezogener Informationen für Verbandsentscheidungen von der Zustimmung des Athleten zur Verwendung seiner Daten im Rahmen des Verbandsverfahrens gedeckt ist, sind daher die durch die konkrete Datenverwendung berührten (persönlichkeitsrechtlichen) Belange den Interessen gegenüberzustellen, die die Verbände für die Durchführung des Verfahrens ins Feld führen können. Im Hinblick auf § 4a I 2 BDSG ist davon auszugehen, dass die Feststellung der Freiwilligkeit der Einwilligung nicht nur deren Freiheit von unzulässigem Willenszwang, sondern auch die genaue Kenntnis des Zwecks und des Umfangs der bewilligten Datenverwendung voraussetzt.315 § 4a I 2 BDSG verpflichtet den 312 Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 4.2; S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a, Rn. 70 ff., 76. 313 Vgl. oben B.I.2)b)cc)(2). 314 Vgl. auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 17: dieselben Bedenken bestehen gegen die Wirksamkeit der Einwilligungserklärung, die die Athleten anlässlich der Durchführung der Kontrollen gegenüber der NADA abzugeben haben, vgl. P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 18; a. A. T. Giesen, Gutachten zur Stellungnahme 3/2008 der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“, S. 3, da von einer Unzumutbarkeit oder Sittenwidrigkeit der Auswirkungen keine Rede sein könne. 315 Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 5.2; P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 17; so im Ergebnis auch S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 70 ff.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Datenverwender nicht nur dazu, auf den Zweck der Datenverwendung hinzuweisen, sondern unter den dort genannten Voraussetzungen auch noch zum Hinweis auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung durch den Betroffenen. Der Hinweis auf den Zweck der Datenverwendung muss so gestaltet sein, dass der Betroffene Anlass, Ziel und Folgen der Verwendung korrekt abzuschätzen in der Lage ist.316 Hierzu ist erforderlich, dass neben den jeweils gewünschten Daten auch die Verarbeitungsbedingungen und potentielle Übermittlungsempfänger angegeben werden.317 Die Folgenbelehrung gemäß § 4a I 2 ist erforderlich, falls der Betroffene ansonsten nach objektiver Sicht die Sachlage nicht erkennen kann.318 Der Wortlaut des § 4a I 2 2. Hs. BDSG erweckt den Eindruck, als müsse die Verweigerungsbelehrung nur in Ausnahmefällen vom Datenverwender durchgeführt werden. Einem entsprechenden Verständnis wird teilweise mit der Begründung widersprochen, da der Zweck des BDSG darauf ausgerichtet sei, dass die Betroffenen eine möglichst vollinformierte Entscheidung über die Verwendung ihrer Daten träfen, müssten sie in jeder Hinsicht über die Bedeutung ihrer Einwilligung informiert sein, um wirksam einwilligen zu können. In diesem Sinne sei auch die Belehrung über die Verweigerungsfolgen unabdingbare Voraussetzung für die Einwilligung. § 4a 2 I 2 2. Hs. BDSG sei deshalb dergestalt verfassungskonform auszulegen, dass die verantwortliche Stelle verpflichtet sei, die Frage nach den möglichen Verweigerungsfolgen selbst aufzugreifen und die Betroffenen entsprechend zu unterrichten.319 Dieser Ansicht, die sich doch recht weit vom Wortlaut des § 4a I 2 2. Hs. BDSG entfernt, kann allerdings auch deshalb nicht gefolgt werden, weil sie die vom BDSG und auch nach den Regeln zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht gestellten Anforderungen an den Horizont des Einwilligenden überspannt: Hier wie dort ist es unerlässlich, dass der Betroffene Intensität und Umfang des Rechtseingriffs, in den er einwilligen soll, anhand der Informationen des Eingreifenden hinreichend konkret abschätzen kann. Diese Voraussetzung ist jedoch bereits dann erfüllt, wenn er den Persönlichkeitsrechtseingriff beurteilen kann, dem er sich mit der Erteilung seiner Zustimmung unterwirft. Welche Folgen die Verweigerung der Zustimmung für ihn haben wird, ist insoweit irrelevant und spielt lediglich im Hinblick auf die Motivation einer eventuellen Einwilligung eine Rolle. Unterlässt der Verwender den Hinweis auf den Zweck der Datenverwendung, ist die Einwilligung allein aus diesem Grund unwirksam.320 Dasselbe gilt beim 316

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Anm. 6.2, Rn. 70. S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Anm. 6.2, Rn. 72. 318 Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 5.4. 319 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 74 f. 320 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 76; so wohl auch Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 5.2; a. A. H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz (3. Aufl. 1993), 317

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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Fehlen des Hinweises auf die Folgen der Verweigerung, wenn dieser Hinweis gemäß § 4a I 2 erforderlich war.321 Zwar dürfte den Athleten der Umfang der Datenverwendung im Rahmen der Verabschiedung von Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten zumindest in groben Zügen bekannt sein. Mit Blick auf das Ziel des BDSG, die persönlichkeitsrechtliche Brisanz des Umgangs mit personenbezogenen Daten effektiv zu entschärfen, kann eine solche Kenntnis in groben Zügen jedoch nicht als ausreichend angesehen werden. Um an dieser Stelle die Wirksamkeit der Zustimmung sicherzustellen, bleibt den Verbänden und Veranstaltern kein anderer Weg, als ihre Neumitglieder und die Wettkampfteilnehmer erschöpfend auf den Umfang der Datenverwendung bei der Verabschiedung von Verbandsentscheidungen hinzuweisen.322 Da nicht vorausgesetzt werden kann, dass die Sportler sich der elementaren Folgen einer Verweigerung der Einwilligung in die Verwendung von Dopingdaten für Verbandsentscheidungen bewusst sind, ist den Verbänden zu empfehlen, vorsorglich eine Verweigerungsbelehrung gemäß § 4a I 2 2. Hs. BDSG gegenüber den Sportlern durchzuführen. Da allerdings wohl davon ausgegangen werden kann, dass ein Athlet, der sich zum Verein oder zu einem Wettkampf anmelden will, aber die Einwilligung in die Verwendung seiner Daten nicht abgibt, nicht einfach ohne weitere Erklärung abgewiesen, sondern zuvor über die elementare Bedeutung seiner Zustimmung für den Vertragsschluss aufgeklärt wird, dürfte der Fall einer fehlenden Belehrung i. S. d. § 4a I 2 BDSG wohl keine erhebliche praktische Relevanz aufweisen. (d) Allgemein für die Einwilligung geltende Wirksamkeitsvoraussetzungen Für die beim Fehlen anderer Zulässigkeitstatbestände gemäß § 4 I BDSG erforderliche Einwilligung gelten im Übrigen die für Einwilligungen allgemein als notwendig erachteten Wirksamkeitsvoraussetzungen. Das Rechtsgut, in dessen Beeinträchtigung eingewilligt werden soll, muss einwilligungsfähig sein. Insoweit bestehen bezüglich des informationellen Selbstbe-

§ 4 Anm. III.2, Rn. 13, der die Zulässigkeit der Datenverwendung von der Nichteinhaltung der Hinweispflicht nur in den Fällen für möglicherweise tangiert erachtet, wenn Gründe vorliegen, die ein Absehen von der Schriftform zulassen. 321 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Anm. 6.2, Rn. 76. 322 Nicht ausreichend ist hiernach die pauschale Einwilligungserklärung betreffend die bei der Dopingkontrolle gewonnenen Informationen, die den Athleten anlässlich der Probenahme von der NADA zur Unterschrift vorgelegt wird, vgl. auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 18 f.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

stimmungsrechts keine Bedenken, sieht doch das seinem Schutz dienende BDSG selbst die Möglichkeit der Einwilligung in die Rechtsgutsbeeinträchtigung vor.323 Die Einwilligung darf weder gegen ein gesetzliches Verbot noch gegen die guten Sitten verstoßen.324 Der Einwilligende muss einwilligungsberechtigt, d. h. Inhaber des betroffenen Rechtsguts sein. Er muss des Weiteren einwilligungsfähig sein, d.h. Bedeutung, Tragweite und Folgen der Einwilligung erkennen können, ohne dass hierfür Geschäftsfähigkeit erforderlich wäre.325 Die Einwilligung muss über die Freiwilligkeit hinaus frei von sonstigen Willensmängeln326 und vor Ausführung der Rechtsgutsbeeinträchtigung327 erklärt worden sein. (e) Wirkung der Einwilligung gemäß § 4 I BDSG Die Aussage des § 4 I BDSG zur rechtlichen Wirkung einer Einwilligung des Betroffenen beschränkt sich auf die Festlegung, dass die Datenverwendung bei Vorliegen der Zustimmung zulässig sein soll, ohne dass näher auf die Wirkungsweise der Einwilligung eingegangen wird. Tatsächlich sind im Regelfall auch keine praktischen Konsequenzen aus der Einordnung der Zustimmung zur Verwendung von personenbezogenen Daten als (rechtfertigende) Einwilligung oder als (tatbestandsausschließendes) Einverständnis erkennbar.328 Im Verlauf der weiteren Untersuchung wird daher auf den rechtlichen Charakter der Zustimmung zu persönlichkeitsrechtsrelevanten Maßnahmen nur dann näher eingegangen, wenn sich aus der Wertung als Einverständnis oder als Einwilligung unterschiedliche rechtliche Folgen ergeben. Ad (2) ist somit zusammenfassend Folgendes festzuhalten: Die Datenverwendung zum Zwecke des Erlasses von Verbandsentscheidungen kann auf der Grundlage einer Einwilligung der Sportler zulässig sein. Die Einwilligung muss ausdrücklich und im Regelfall unter Beachtung der Formvorgaben des BDSG erklärt werden. Die zu ihrer Wirksamkeit notwendige Freiwilligkeit ist angesichts der Übermächtigkeit der Verbände und Veranstalter nur dann zu bejahen, wenn ein überwiegendes Interesse der Sportorganisationen die Beeinträchtigung der 323 Zur Einwilligungsfähigkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Übrigen vgl. oben B.I.2.b)bb)(1). 324 Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 39. 325 Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 5.1; so tendenziell für die Verwendung von Gesundheitsdaten auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 16. 326 Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 5.2. 327 Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 6.3. 328 Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978) § 823 Rn. 466; nach Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 6, kann die Differenzierung wegen Fehlens der strafrechtstypischen Irrtumsproblematik dahingestellt bleiben; Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 66, hält die Unterscheidung im Falle der Rahmenrechte für „weitgehend ohne praktische Bedeutung“.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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Datenschutzinteressen der Athleten rechtfertigt. Weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einwilligung ist neben dem Vorliegen der allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen für Einwilligungen eine den Anforderungen des BDSG genügende Aufklärung über Art und Umfang des bewilligten Datengebrauchs. (3) Vereinsrechtliche Regelungen als Gestattungstatbestand Nachdem vorstehend erörtert worden ist, unter welchen Voraussetzungen die Datenverwendung durch sonstige gesetzliche Gestattungstatbestände, durch die §§ 28, 29 BDSG und durch die Einwilligung der Athleten gerechtfertigt werden kann, soll hier nochmals gesondert die Frage angesprochen werden, inwieweit ihre Zulässigkeit auf vereinsrechtliche Regelungen gestützt werden kann. Aus den vorangegangenen Überlegungen zum Begriff der Rechtsvorschrift und der Einwilligung i. S. d. § 4 I BDSG ergibt sich hierzu Folgendes: Wie bereits dargelegt329, werden vereinsrechtliche Bestimmungen nicht von dem Begriff der „anderen Rechtsvorschriften“ i. S. d. § 4 I BDSG erfasst. Hierunter fallen alle außerhalb des BDSG angesiedelten materiellen Normen, darunter beispielsweise auch Bestimmungen des Landesrechts, kommunales Recht, normative Teile von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen. Es muss sich jedoch um Rechtsnormen im materiellen Sinne handeln, die von rechtsetzungsbefugten Rechtspersonen erlassen sind, worunter auch Normen von Körperschaften oder Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts fallen, nicht jedoch die Satzungen von Vereinen und Verbänden des bürgerlichen Rechts. Der normähnliche Charakter des Vereinsrechts qualifiziert die vereinsrechtlichen Bestimmungen demnach nicht auch schon als Gestattungstatbestände gemäß § 4 I BDSG. Im Vereinsrecht kodifizierte Datenverwendungsbefugnisse wirken lediglich in dem Umfang rechtfertigend, in dem sie von einer wirksamen Einwilligung der Athleten erfasst werden: Ist die als Gestattungstatbestand in Betracht kommende Regelung des Vereinsrechts zum Zeitpunkt des Vereinsbeitritts des Athleten bereits im Vereinsrecht installiert gewesen, hat dieser sich für gewöhnlich ihrer Geltung unterworfen, indem er mit seiner Beitrittserklärung das aktuelle Vereinsrecht als für seine Mitgliedschaft maßgebliches Recht akzeptiert hat.330 In diesem Fall ist lediglich noch die Einwilligungserklärung darauf hin zu überprüfen, ob sie den besonderen Formvorschriften des BDSG genügt und ob sie trotz der Monopolstellung der Verbände und Veranstalter und der Abhängigkeit der Athleten vom Zugang zu deren Einrichtungen noch freiwillig i. S. d. § 4a I 1 BDSG abgegeben wurde. Dies gilt auch für minderjährige Sportler, soweit sie nach ihrer sittlichen und 329 330

Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1). So auch U. Haas, SpuRt 2000, 137, 140.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

geistigen Reife dazu in der Lage sind, die Tragweite des Eingriffs in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht zu erfassen. Für nicht ausreichend reife Athleten muss die Einwilligung von deren gesetzlichem Vertreter abgegeben werden.331 Findet die Gestattungsregelung erst nach dem Beitritt des Athleten Eingang ins Vereinsrecht, ist sie nicht von der mit der Beitrittserklärung verbundenen Unterwerfung unter das Vereinsrecht erfasst.332 Von diesem Akzept kann immer nur das jeweils bestehende Vereinsrecht erfasst sein; andernfalls nähme die Beitrittserklärung den Charakter einer Blankozustimmung an, die den §§ 4 ff. BDSG zufolge im Bereich der Zustimmung zu Datenverwendungen gerade nicht möglich sein soll. Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Datenverwendung i. S. d. § 4 BDSG bedarf es in diesem Fall daher eines neuerlichen Zustimmungsaktes vonseiten des Athleten. Hieran vermag die normähnliche Wirkung neu erlassener vereinsrechtlicher Regelungen gegenüber den bereits dem Verein zugehörigen Mitgliedern nichts zu ändern: Wenn auch nach dem Vereinsbeitritt geschaffenes Vereinsrecht im Normalfall ohne weiteres Geltung gegenüber den Mitgliedern erlangt, sorgt doch im Falle einer Datenverwendungsermächtigung § 4 I BDSG dafür, dass alleine die Verankerung der Befugnisregelung im Vereinsrecht nicht ausreicht. Der neuerliche Zustimmungsakt des Sportlers ist wiederum daraufhin zu überprüfen, ob er die von den §§ 4 ff. BDSG aufgestellten formalen Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung erfüllt und ob er freiwillig zustande gekommen ist. Zur Wirkung vereinsrechtlicher Bestimmungen als Gestattungstatbestände für in den Geltungsbereich des BDSG fallende Persönlichkeitsrechtseingriffe lässt sich daher im Ergebnis festhalten: Da die Bestimmungen des Vereinsrechts nicht die Qualität von Rechtsnormen i. S. d. § 4 BDSG erreichen, vermögen sie Eingriffe in die Datenschutzrechte der Athleten ohne das Hinzutreten weiterer Gestattungstatbestände nicht zu rechtfertigen. Ist die in Rede stehende Datenverwendung daher nicht bereits gemäß § 28 BDSG zulässig, ist eine Einwilligung des Betroffenen trotz der Existenz einer vereinsrechtlichen Eingriffsbefugnis unerlässlich. bb) Weitere Maßgaben des BDSG Ist eine Datenverwendung von einer Gestattungsnorm oder einer wirksamen Einwilligung des Betroffenen gedeckt, sind dabei dennoch die nachfolgend aufgeführten Bestimmungen des BDSG zu beachten: 331

Vgl. oben B.I.2.b)(bb)(2). Ebenfalls zumindest zweifelnd U. Haas, SpuRt 2000, 137, 140, wenn er für nach dem Beitritt eingefügte Schiedsklauseln eine gesonderte Zustimmung der Vereinsmitglieder empfiehlt. 332

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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(1) Angaben über Inlandsvertreter, § 1 V 3 BDSG Gemäß § 1 V 3 BDSG sind im Falle der Datenverwendung durch ausländische Stellen unter folgenden Voraussetzungen Angaben über im Inland ansässige Vertreter zu machen: Die für die Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung verantwortliche Stelle muss im Ausland und hier weder in einem Mitgliedstaat der EU noch in einem EWR-Vertragsstaat belegen sein. Da der Datengebrauch im Zusammenhang mit dem Anti-Doping-Reglement der Veranstalter und Verbände ausschließlich durch nicht-öffentliche Initiatoren erfolgt, ist „Stelle“ hierbei jede natürliche und juristische Person, Gesellschaft oder andere Personenvereinigung des privaten Rechts (§ 2 IV BDSG). Als „verantwortliche Stelle“ ist der Legaldefinition des § 3 VII BDSG zufolge diejenige Stelle anzusehen, die als Initiator hinter der Datenverwendung steht und zu deren Zwecken die Datenverwendung erfolgt. Dem Wortlaut des § 3 VII BDSG zufolge ist demgegenüber die mit der Datenverwendung lediglich als Auftragsverarbeiterin i. S. d. § 11 BDSG betraute Stelle nicht als verantwortliche Stelle anzusehen.333 Als Auftragsverarbeiterin wird sie nur noch quasi als verlängerter Arm des Auftraggebers mittelbar von den Maßgaben des BDSG für die verantwortliche Stelle erfasst, da diese für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Pflichten durch ihre Mitarbeiter und die von ihr beauftragten weiteren Beteiligten zu sorgen hat. Soweit Verbandsentscheidungen von deutschen Vereinen und Verbänden getroffen werden, hat § 1 V 3 BDSG somit mangels Beteiligung einer im Ausland belegenen verantwortlichen Stelle keine Bedeutung für die mit der Entscheidung verbundene Datennutzung. Gleiches gilt für den Fall, dass die Verbandsentscheidung durch einen ausländischen Verband mit Sitz in einem anderen EU- oder EWR-Staat getroffen wird,334 wenn sich die Rechtsgrundlage für die Entscheidung in der Beziehung zwischen dem Sportler und seinem Verein findet und der Umfang der Datenverwendung durch den ausländischen Verband im Vereinsreglement abschließend geregelt ist: Da der ausländische Verband in diesem Fall lediglich als Auftragsverarbeiter aktiv wird, indem er wie eine outgesourcte Stelle gemäß dem Vereinsreglement und den darin einbezogenen Verbandsregelwerken die Sportlerdaten ausschließlich zur Herbeiführung der Entscheidung verwendet, die der Verein selber auf dieselbe Weise treffen müsste, kommen ihm hierbei keine eigenständigen Entscheidungsbefugnisse über den Umfang der Datenverwendung zu. Der deutsche Verein bleibt unter diesen Bedingungen verantwortliche Stelle, da der Umfang der Datenverwendung durch das Vereinsreglement abschließend vorgegeben ist und der übergeordnete Verband als Auftrags333

Vgl. hierzu auch S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 228. Zur Anwendbarkeit von § 11 BDSG auf Auftragsverarbeiter in anderen EU- oder EWR-Staaten vgl. S. Walz, in: Simitis, BDSG, § 11 Rn. 4. 334

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

verarbeiter Maßnahmen im Bereich des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen dem Sportler und seinem Verein durchführt. Lediglich insoweit, als personenbezogene Daten der Athleten für Entscheidungen internationaler Verbände verwertet werden, die ihren Sitz nicht in einem EU- oder EWR-Staat nehmen, oder diese Entscheidungen ihre Rechtsgrundlage nicht im Mitgliedschaftsverhältnis des Athleten zu seinem Verein, sondern in einem besonders begründeten Rechtsverhältnis unmittelbar zwischen Verband und Sportler finden, ist der ausländische Verband selber verantwortliche Stelle, und es liegt in der Nutzung der Sportlerdaten für die Verbandsentscheidung eine Datenverwendung i. S. d. § 1 V 3 BDSG vor. Weitere Voraussetzung für die Informationspflicht gemäß § 1 V 3 BDSG ist, dass nach den Bestimmungen des BDSG eine Verpflichtung zur Benennung der verantwortlichen Stelle besteht. Dies ist gemäß § 4 III 1 BDSG der Fall, wenn personenbezogene Daten unmittelbar beim Betroffenen erhoben werden, wie dies von § 4 II BDSG als Grundsatz vorgegeben wird, und der Betroffene nicht bereits auf andere Weise von der Identität der verantwortlichen Stelle Kenntnis erlangt hat. Eine Pflicht zur Meldung der verantwortlichen Stelle und somit die Pflicht zur Beachtung des § 1 V 3 BDSG besteht darüber hinaus dann, wenn die Datenverwendung durch den nicht im EWR belegenen Wettkampfveranstalter – wie regelmäßig – in automatisierter Form erfolgt und die Voraussetzungen für die Meldepflicht nach den §§ 4d und 4e BDSG erfüllt sind, weil kein Datenschutzbeauftragter bestellt ist oder weil mehr als vier Arbeitnehmer des Wettkampfveranstalters mit der Datenverwendung betraut sind oder weil keine Einwilligung des Betroffenen vorliegt und die Datenverwendung auch nicht der Zweckbestimmung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen dient. Eine Meldepflicht ist des Weiteren auch für den Fall festgeschrieben, dass eine automatisierte Speicherung durch eine nicht im EWR-Raum belegene verantwortliche Stelle erfolgt, hierbei mehrere Stellen speicherungsberechtigt sind und der Betroffene sich mit einem Auskunfts-, Berichtigungs-, Löschungs- oder Sperrungsanspruch an eine dieser mehreren Stellen wendet, die Daten jedoch von einer anderen dieser mehreren berechtigten Stellen gespeichert worden sind (§§ 1 V 3 i.V. m. 6 II 3 BDSG). Schließlich besteht eine Meldepflicht und somit die Informationspflicht gemäß § 1 V 3 BDSG dann, wenn durch einen nicht im EWR belegenen Veranstalter eine „Erstspeicherung“ personenbezogener Daten für eigene Zwecke ohne Kenntnis des Betroffenen erfolgt (§ 33 I 1 BDSG). Rückt man die auf der Grundlage der vereinsrechtlichen Anti-Doping-Regeln von deutschen Verbänden durchgeführten Verbandsverfahren in den Mittelpunkt der Betrachtung, erlangt § 1 V 3 BDSG für die Mitglieder deutscher Sportvereine keine Bedeutung, da es insoweit an der Datenverwendung durch eine ausländische verantwortliche Stelle fehlt. Da zudem die Missachtung der Informationspflicht aus § 1 V 3 BDSG nicht die Unzulässigkeit der Datenverwendung nach

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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sich zieht,335 kann die Verwertbarkeit personenbezogener Daten der Athleten im Rahmen von Dopingverfahren deutscher Verbände nicht an § 1 V 3 BDSG scheitern. (2) Gebot der Datenvermeidung und Datensparsamkeit, § 3a BDSG Durch § 3a BDSG werden aus dem Verhältnismäßigkeitsgebot abzuleitende Maßgaben für die Verwendung personenbezogener Daten in geschriebenes Recht umgesetzt.336 Die Vorschrift forderte bereits vor der Novelle des BDSG 2009 die Beachtung der Grundsätze der Datenvermeidung und Datensparsamkeit zunächst bei der Auswahl und sodann bei der Gestaltung von Datenverarbeitungssystemen.337 Die novellierte Fassung des § 3a BDSG stellt nun klar, dass die Grundsätze der Datenvermeidung und -sparsamkeit für jede Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten gelten. Unter einem Datenverarbeitungssystem i. S. d. Regelung ist die Gesamtheit der baulichen, computertechnischen, personellen und sonstigen Einrichtungen einschließlich der hierfür erlassenen Vorschriften zu verstehen.338 Als systembezogene Einrichtungen zur Förderung der Datenvermeidung und Datensparsamkeit werden etwa eine dateneinsparende Organisation der Übermittlung, der Abrechnung oder Bezahlung sowie die Abschottung von Verarbeitungsbereichen genannt.339 § 3a BDSG ist nicht lediglich als Programmsatz, sondern als rechtliche Verpflichtung der für die Datenverarbeitung verantwortlichen Stellen zu verstehen. Allerdings ist seine Missachtung weder bußgeld- oder strafbewehrt noch hat sie nach den Bestimmungen des BDSG zur Konsequenz, dass die Datenverwendung unter Verstoß gegen die Grundsätze der Datenvermeidung und -sparsamkeit als unzulässig zu werten ist.340 Auch § 3a BDSG entfaltet hiernach keinerlei unmittelbare Wirkungen hinsichtlich der Verwertbarkeit personenbezogener Informationen für Verbandsentscheidungen.

335

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 1 Rn. 235. S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 3a Rn. 2. 337 Zur Anwendbarkeit der Grundsätze bei der Datenverarbeitung im Zusammenhang mit Dopingkontrollen vgl. auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 9. 338 Von einem weiten Verständnis des Begriffes gehen auch Gola/Schomerus, BDSG, § 3a Anm. 2.1, aus, wie aus der Aufzählung der möglichen Maßnahmen hervorgeht; enger S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 3a Rn. 42, der vom Begriff des Datenverarbeitungssystems lediglich Hardware und Software sowie die Daten erfasst sieht, durch deren Wechselwirkung der Datenverarbeitungsprozess möglich wird. 339 Gola/Schomerus, BDSG, § 3a Anm. 2.1. 340 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 3a Rn. 83. 336

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Mit der Feststellung, dass die Verwertung der Sportlerdaten für Verbandsentscheidungen auch im Falle eines Verstoßes gegen § 3a BDSG nicht vom BDSG verboten wird, ist freilich noch nichts darüber ausgesagt, ob und inwieweit die Datennutzung in diesem Fall wegen eines damit verbundenen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten unzulässig ist. Die Beantwortung dieser Frage hängt zum einen davon ab, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht in diesem Fall neben den Bestimmungen des BDSG überhaupt noch zur Anwendung kommt, und erfordert zum anderen die Prüfung, ob sich der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht, der im Verstoß gegen die Grundsätze der Datenvermeidung und der Datensparsamkeit zu sehen ist, als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt.341 (3) Direkterhebungsgrundsatz, Unterrichtungspflicht, § 4 II, III BDSG Ebenso wie § 3a fasst auch § 4 II BDSG lediglich eine Forderung in Worte, die sich im Regelfall wiederum ohnehin aus dem Verhältnismäßigkeitsgebot ergibt: Das Gebot zur Datenerhebung unmittelbar beim Betroffenen („Direkterhebung“) beruht auf der Erkenntnis, dass die Datenerhebung über Dritte („Dritterhebung“) erheblich höhere Gefahren für das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen mit sich bringt. Es liegt auf der Hand, dass der Grundsatz der Datenwahrheit am besten durch die Direkterhebung gewahrt wird, kennt doch der Betroffene seine persönlichen Daten in aller Regel besser als jeder Dritte. Vor allem aber führt nur das „Unmittelbarkeitsgebot“ zum bestmöglichen Schutz vor der ungewollten Preisgabe persönlicher Daten. Nur die Erhebung unmittelbar beim Betroffenen selber lässt diesem die Entscheidung darüber, welche Daten er preisgibt und welche er für sich behält. Erfolgt die Erhebung über Dritte, besteht demgegenüber die Gefahr, dass sensible Daten in Unkenntnis des Geheimhaltungswillens des Betroffenen oder gar gegen dessen Geheimhaltungswillen offenbart werden. Die Datennutzung anlässlich der Herbeiführung von Verbandsentscheidungen kollidiert unmittelbar mit dem Gebot der Direkterhebung, wenn im Rahmen des Verbandsverfahrens noch personenbezogene Informationen erhoben werden und diese Datenerhebung nicht beim betroffenen Athleten selber, sondern bei Dritten erfolgt. Sie kollidiert mittelbar mit § 4 II BDSG, soweit die für die Entscheidung verwendeten Informationen über die Sportler bereits zuvor im Rahmen des Dopingkontrollverfahrens erhoben worden sind, jedoch nicht beim Sportler selber, sondern über Dritte beschafft wurden. In jedem Fall ist die Datenerhebung ohne die Mitwirkung des Athleten, die auch im Wege der Zustimmung oder der bloßen Duldung erfolgen kann,342 nur 341

Vgl. hierzu unten B.II.2.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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unter den Voraussetzungen des § 4 II 2 BDSG zulässig. Im Verhältnis zwischen Sportler und Verbänden kommt insbesondere eine Rechtfertigung nach § 4 II 2 Nr. 2 2. Alt. BDSG in Betracht, wo die Dritterhebung insoweit für zulässig erklärt wird, als sie zur Erreichung des Geschäftszwecks erforderlich ist. Ebenso wie der Vertragszweck i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG wird auch der Geschäftszweck i. S. d. § 4 II 2 Nr. 2 2. Alt. BDSG im Falle eines vereinsrechtlichen Mitgliedschaftsverhältnisses durch die Vereinszwecke bestimmt, wie sie sich aus der Satzung und den weiteren Regelwerken des Vereins ergeben. Geht es um belastende Daten, die zur Entscheidung über Regelverletzungen des Vereinsmitglieds herangezogen werden sollen, kann ein Bedürfnis an der Dritterhebung deshalb bestehen, da hier die Erhebung beim Betroffenen ein erhebliches Risiko von Falschauskünften in sich birgt. Im Falle der Direkterhebung ist § 4 III BDSG von der verantwortlichen Stelle zu beachten, der die Unterrichtung des Betroffenen über deren Identität und über die Zweckbestimmungen der Datenerhebung und der weiteren Datenverwendung verlangt.343 Da die Dritterhebung von Informationen über mögliche Dopingverstöße nach dem eben Gesagten nicht nur ausnahmsweise zulässig ist, erlangt § 33 BDSG umso größere Bedeutung, der festlegt, in welchem Umfang der Betroffene über die Hintergründe der Datenerhebung benachrichtigt werden muss, wenn diese bei Dritten erfolgt. § 33 BDSG beschränkt die Benachrichtigungspflicht auf diejenigen Fälle, in denen die Daten nach der Dritterhebung von der verantwortlichen Stelle gespeichert werden. Angesichts des Umstands, dass die Erhebung von dopingrelevanten Daten durch die Verbände wohl nahezu ausnahmslos in die Speicherung dieser Daten mündet,344 ist der Einschränkung in der Praxis keine erhebliche Bedeutung zuzumessen. Der Verstoß gegen das Gebot der Direkterhebung führt ohne weiteres zur Unzulässigkeit der Informationsbeschaffung und somit zu einer entsprechenden Unterlassungspflicht der verantwortlichen Stelle, soweit die Datenerhebung noch nicht erfolgt ist.345 Ist die Informationsbeschaffung über Dritte unter Verstoß gegen § 4 II 1 BDSG bereits geschehen, folgt aus der Unzulässigkeit der Datenerhebung ein Verwertungsverbot. Ohne Berechtigung i. S. d. § 4 II 2 BDSG von den Verbänden über Dritte beschaffte Informationen können hiernach nicht als Grundlage für Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten verwendet werden.

342 343

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4 Rn. 23. Vgl. auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen,

S. 8. 344 345

So für die Erhebung jeglicher Daten S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4 Rn. 38. So wohl auch B. Sokol, in: Simitis, BDSG, § 4 Rn. 20, 26.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Versäumt der für die Datenverwendung verantwortliche Verband entgegen § 4 III BDSG oder entgegen § 33 BDSG die Information des Sportlers, hat dies folgende Konsequenzen: Findet die Datenerhebung ihre Rechtfertigung nicht in einer Einwilligung des Athleten, sondern in § 28 BDSG, ist der Verband nicht gemäß § 35 II 2 Nr. 1 BDSG zur Löschung verpflichtet, da die Zulässigkeit der Speicherung nach § 28 BDSG nicht von der Information des Sportlers über die in § 4 III 1 BDSG genannten Umstände abhängt.346 Im Hinblick auf die Datenverwendung im Übrigen kann der Verstoß gegen die Informationspflicht allerdings nicht gleichermaßen folgenlos bleiben. Insoweit ist die große Bedeutung zu berücksichtigen, die der korrekten Information über eine Datenerhebung zukommt. Zum einen ist die Datenerhebung als zentraler Akt der Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts anzusehen, da sie nicht nur selber einen Eingriff in das Schutzgut darstellt, sondern darüber hinaus die Möglichkeit zu weiteren Datenverwendungen und damit zu weiteren Rechtseingriffen eröffnet. Zum anderen führt ein Verbot sonstiger Datenverwendungen – anders als das Verbot der weiteren Speicherung – nicht zum Verlust der Daten für die verantwortliche Stelle, sondern lediglich zu ihrer Einfrierung bis zur Aufhebung des Verwendungsverbots, so dass durch ein Verwendungsverbot anstelle einer Löschungsverpflichtung eine aus Sicht der verantwortlichen Stelle übermäßige Einschränkung des Rechtes zur Datenverwendung aus § 28 BDSG vermieden wird. Den beiderseitigen Interessen angemessen erscheint aus diesem Grund ein Verwertungsverbot bezüglich des ohne die gebotene Unterrichtung erhobenen Datums, das erlischt, wenn der Verband die Information nachgeholt und dem Sportler damit die Kenntnisnahme von der Datenverwendung und gegebenenfalls die Einleitung von Abwehrmaßnahmen ermöglicht hat. Leitet der Verband seine Befugnis zu der in Rede stehenden Datenverwendung aus einer Einwilligung des Athleten ab, gilt Folgendes: Nach den zu § 4a BDSG entwickelten Grundsätzen liegt eine wirksame Einwilligung des Datenberechtigten nur dann vor, wenn dieser zuvor alle Informationen bekommen hat, die notwendig sind, um Anlass, Ziel und Folgen der beabsichtigten Datenverarbeitung richtig abzuschätzen.347 Sind dem Sportler nicht alle diesbezüglich relevanten Umstände offenbart worden, fehlt es bereits an einer „informierten“ und somit wirksamen Einwilligung. Da Datenerhebungen ohne einen Gestattungstatbestand schlechterdings unzulässig sind, ist der Verband zur unverzüglichen Löschung der Daten nach § 35 II 2 Nr. 1 BDSG verpflichtet.348 Eine Verwertung der Daten für anstehende Verbandsentscheidungen kommt hiernach nicht mehr in Betracht. Die Verwertbarkeit der Daten kann in diesem Fall auch nicht durch die Nachholung 346 347 348

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4 Rn. 59 i.V. m. § 35 Rn. 25. S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 70 ff. B. Sokol, in: Simitis, BDSG, § 4 Rn. 60.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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der Information und die nochmalige Zustimmung des Sportlers nach der korrekten Unterrichtung „gerettet“ werden. Angesichts der Intention des BDSG, den Datenberechtigten effektiv vor einer nicht bewilligten und auch nicht durch eine Gestattungsnorm gedeckten Datenverwendung zu schützen, ist der Begriff der Einwilligung eng auszulegen. Ließe man die Nachholung der Zustimmung des Betroffenen nach erfolgter Datenverwendung ausreichen, bliebe ein Vorgehen unsanktioniert, das den Datenberechtigten vor vollendete Tatsachen stellte, indem kurzerhand zuerst der Eingriff in sein informationelles Selbstbestimmungsrecht durchgeführt und erst danach die Zustimmung des Betroffenen abgefragt würde. Da der Widerspruch des Betroffenen gegen die Datenverwendung in diesem Fall die Verletzung seiner Rechte regelmäßig nicht mehr verhindern könnte, ist die Verwendung des Begriffs der Einwilligung und eben nicht des Begriffs der Genehmigung durch das BDSG ernst zu nehmen.349 (4) Meldepflicht, §§ 4d u. 4e BDSG Die Meldepflicht gemäß den §§ 4d und 4e BDSG wurde bereits im Zusammenhang mit § 1 V 3 BDSG erwähnt. Hiernach sind Verfahren automatisierter Verarbeitungen, deren Inbetriebnahme von einer nicht-öffentlichen Stelle beabsichtigt ist, der zuständigen Aufsichtsbehörde zu melden (§ 4d I BDSG), es sei denn, die verantwortliche Stelle hat einen Datenschutzbeauftragten bestellt (§ 4d II BDSG), oder die Datenverwendung erfolgt ausschließlich für eigene Zwecke, wobei nicht mehr als neun Personen mit der Datenverwendung betraut sein dürfen und eine Einwilligung des Betroffenen vorliegen oder die Datenverwendung der Zweckbestimmung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen dienen muss (§ 4d III BDSG). Die Ausnahmetatbestände der Absätze 2 und 3 sind gemäß § 4d IV BDSG nicht auf die geschäftsmäßige Speicherung zu Zwecken der Übermittlung anwendbar, wenn diese in Form einer automatisierten Verarbeitung erfolgt. Obwohl die Datenverwendung in Form der Heranziehung von Sportlerdaten für Verbandsentscheidungen als solche keine Verarbeitung i. S. d. § 3 IV BDSG darstellt, sondern sich auf die Verwertung der Informationen und damit auf eine Datennutzung beschränkt, und obwohl bei isolierter Betrachtung dieser Datennutzung nicht von einem „Verfahren“ die Rede sein kann, ist § 4d BDSG dennoch im Zusammenhang mit der Nutzung der Athletendaten für die Entscheidungsfindung der Verbände beachtlich. Aus den Begründungen zur EG-Datenschutzrichtlinie, die mit der Neufassung des § 4d BDSG 2001 umgesetzt worden ist, ergibt sich, dass zum einen der Begriff der Verarbeitungen nicht mit der Legaldefinition in § 3 IV BDSG deckungsgleich sein sollte, sondern in Anknüpfung an Art. 2 lit. b) der Richtlinie die verschiedensten Formen des Datenumgangs und hierbei 349

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 29.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

unter anderem auch die Kenntnisnahme erfasst, und dass zum anderen auch die Vornahme isolierter Verarbeitungsschritte die Meldepflicht auslösen sollte.350 Eine automatisierte Verarbeitung i. S. d. § 4d IV BDSG ist hiernach auch bereits dann anzunehmen, wenn wie bei der Verwertung von Sportlerdaten für Verbandsentscheidungen eine Datennutzung unter Einsatz von maschineller Unterstützung, insbesondere unter Einsatz von Computern erfolgt, indem die für die Entscheidung benötigten Daten über EDV-Anlagen zur Verfügung gestellt werden. Die Datenverwertung für die Verbandsentscheidungen fällt daher ihrer Art nach zunächst einmal unter die meldepflichtigen Datenverwendungen. Die Meldepflicht kann gemäß den Absätzen 2 und 3 entfallen, wenn die automatisierte Verarbeitung nicht eine geschäftsmäßige Speicherung zum Zwecke der Übermittlung oder der anonymisierten Übermittlung beinhaltet (§ 4d IV BDSG). Die Verarbeitung von Daten erfolgt geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung, wenn sie im Rahmen einer auf Wiederholung ausgerichteten Tätigkeit erfolgt und die Übermittlung den zentralen Zweck der Speicherung darstellt, wie dies etwa im Adresshandel oder bei Auskunfteien der Fall ist.351 Die Datenverwendung anlässlich der Herbeiführung von Verbandsentscheidungen erfolgt zwar möglicherweise noch geschäftsmäßig, da sie auch jeder zukünftigen Verbandsentscheidung vorauszugehen hat, aber nicht zum Zweck der Übermittlung.352 Die „Freistellungstatbestände“ der Absätze 2 und 3 kommen daher hinsichtlich der hier in Rede stehenden Datenverwendungen in Betracht. § 4d II BDSG bestimmt den Entfall der Meldepflicht, wenn die verantwortliche Stelle – im Falle der Verwendung von Sportlerdaten für Verbandsentscheidungen der Verein oder der Verband – einen Datenschutzbeauftragten bestellt hat. § 4d III BDSG erklärt die Meldepflicht für obsolet, wenn die dort aufgeführten, die Gefährdung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen mindernden Umstände gegeben sind.353 Die Datenverwendung muss hiernach „für eigene Zwecke“ geschehen. Unter den Begriff der Nutzung „für die Erfüllung eigener Zwecke fallen solche Datenverwendungen, die lediglich als Hilfsmittel zur Erfüllung bestimmter anderer, eigener Zwecke der datenverarbeitenden Stelle erfolgen, d.h. nur als Mittel zum Zweck dienen, jedoch nicht selbst das geschäftliche Interesse bilden.354 Die Datenverwendung der Vereine und Verbände dient ebenso wie die Datenverwendung der Wettkampfveranstalter der Organisation des eigenen Betriebes, ohne selber zentraler Gegenstand der Tätigkeit 350

T. B. Petri, in: Simitis, BDSG, § 4d Rn. 6. Vgl. die Ausführungen zur Zulässigkeit der Datenverarbeitung gem. § 29 BDSG unter B.II.1.b)aa)(1). 352 Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1). 353 Gola/Schomerus, BDSG, § 4d Anm. 2.2. 354 Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 2.1; S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28 Anm. 3, Rn. 22. 351

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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der Korporationen und Veranstalter zu sein. Daher erfolgt die Datenverwendung anlässlich der Verabschiedung von Verbandsentscheidungen für die Erfüllung eigener Zwecke i. S. d. § 4d III BDSG. Mit der Datenverwendung dürfen des Weiteren höchstens neun Personen befasst sein. Die Datenverwendung muss zudem mit Einwilligung des Betroffenen erfolgen oder aber der Zweckbestimmung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen dienen. Letzteres ist hinsichtlich der Datenverwendungen im Zusammenhang mit Verbandsentscheidungen der Fall, soweit die Einwilligung des Sportlers nach Abwägung der gegenläufigen Interessen des Athleten und der Verbände wirksam ist oder die Erforderlichkeit i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG gegeben ist.355 Auch wenn die Voraussetzungen für den Entfall der Meldepflicht nach den §§ 4d II und 4d III BDSG nicht erfüllt sind, führt die Unterlassung der Meldung nicht zur Unzulässigkeit der Datenverwendung,356 so dass die Verwertbarkeit der personenbezogenen Daten der Sportler nach den Bestimmungen des BDSG vom Fehlen der Meldung unberührt bleibt. Ebenso wie im Falle eines Verstoßes gegen die Grundsätze der Datenvermeidung und der Datensparsamkeit ist auch für die Datennutzung unter Missachtung der Meldepflicht gesondert zu untersuchen, ob hierin nicht eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Athleten zu sehen ist, die die Unverwertbarkeit der Daten nach sich zieht.357 (5) Bestellung eines Datenschutzbeauftragten, §§ 4f u. 4g BDSG Die §§ 4f und 4g BDSG regeln, unter welchen Voraussetzungen eine datenverwendende Stelle zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten verpflichtet ist.358 Das Erfordernis eines Datenschutzbeauftragten steht hiernach für nichtöffentliche Stellen ohne weiteres dann im Raum, wenn diese automatisierte Datenverarbeitungen vornehmen, die gemäß § 4d V BDSG einer Vorabkontrolle unterliegen, oder wenn die automatisierte Datenverwendung geschäftsmäßig zum Zwecke der Übermittlung oder für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung erfolgt (§ 4f I 6 BDSG). Im Übrigen muss ein Datenschutzbeauftragter von nicht-öffentlichen Stellen nur dann bestellt werden, wenn diese in der Regel mehr als neun Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung beschäftigen (§ 4f I 4 BDSG) oder aber in der Regel mindestens 20 Personen mit einer nicht automatisierten Datenverwendung beschäftigt sind (§ 4f I 3 BDSG). 355

Vgl. die Ausführungen zu § 28 I 1 Nr. 1 BDSG unter B.II.1.b)aa)(1). T. B. Petri, in: Simitis, BDSG, § 4d Rn. 30. 357 Vgl. hierzu unten B.II.2. 358 P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 15, nimmt vor dem Hintergrund der Einordnung der NADA als öffentliche Stelle für die NADA eine Aufsichtszuständigkeit des Bundesdatenschutzbeauftragten an. 356

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

§ 4f I BDSG unterscheidet grundsätzlich zwischen automatisierter und nicht automatisierter Datenverwendung, d.h. danach, ob die Datenverwendung mit oder ohne maschinelle Unterstützung erfolgt.359 Sowohl die Vereine und Verbände als auch die Wettkampfveranstalter benutzen heutzutage in aller Regel EDV-Anlagen zur Verarbeitung der dopingrelevanten Daten, so dass eine Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten nach § 4f BDSG in Betracht kommt. Die Vorschrift ordnet die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten unabhängig von der Anzahl der bei der verantwortlichen Stelle mit der Datenverwendung beschäftigten Mitarbeiter in denjenigen Fällen an, in denen die (automatisierte) Datenverarbeitung einer Vorabkontrolle unterliegt oder aber die Datenverwendung geschäftsmäßig zum Zwecke der Übermittlung geschieht. Gemäß § 4d V BDSG unterliegen automatisierte Datenverarbeitungen dann einer „Vorabkontrolle“, wenn sie besondere Risiken für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen aufweisen, insbesondere, wenn die Datenverwendung besondere Arten personenbezogener Daten i. S. d. § 3 IX BDSG betrifft oder zum Zwecke einer Persönlichkeitsbewertung erfolgt und weder eine gesetzliche Verpflichtung noch eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt noch die Datenverwendung der Zweckbestimmung eines besonderen Näheverhältnisses mit dem Betroffenen dient. Zwar werden von den Verbänden keine Daten verwendet, die den Bereich der rassischen und ethnischen Herkunft berühren, da insoweit lediglich die Staatsangehörigkeit der Athleten abgefragt wird. Die Datenverwendung der Verbände erfolgt auch nicht zum Zwecke einer Bewertung der Persönlichkeit der Athleten. Denn wenn auch von dieser Datenverwendung Daten bezüglich der sportlichen Leistungen der Sportler betroffen sind, die neben anderen Zwecken auch der Einordnung der Athleten in sportliche Leistungsklassen dienen, sind die Voraussetzungen des § 4d V 2 Nr. 2 BDSG nicht erfüllt, da die Einordnung in eine bestimmte Leistungsklasse keine Bewertung der Persönlichkeit in ihrer Gesamtheit bedeutet, sondern mit der sportlichen Leistungsfähigkeit in einer bestimmten Disziplin lediglich einen winzigen Teilausschnitt der Persönlichkeitsmerkmale des Betroffenen berührt. Allerdings verwenden die Verbände im Rahmen des Umgangs mit den Sportlerdaten auch Informationen über medizinische Behandlungen, Medikamentierungen oder sonstige spezifische Umstände der gesundheitlichen Situation der Athleten. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es sich jedenfalls bei den dopingrelevanten Daten der Sportler nach der Art der Verarbeitung360 aufgrund 359

Zum Begriff der „automatisierten Datenverarbeitung“ vgl. oben B.II.1.a)dd)(1). Vgl. Erwägung 53 zur EG-Datenschutzrichtlinie, wonach im Rahmen der Frage nach besonderen Risiken für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen unter anderem die Art der Verarbeitung zu berücksichtigen ist. 360

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ihrer besonderen Sensitivität361 um besonders risikoträchtige Daten handelt, da Informationen über Dopingverwicklungen der Athleten schwerwiegende Auswirkungen auf deren Bild in der Öffentlichkeit und ihren guten Ruf haben können. Eine besondere Risikoträchtigkeit der Datenverwendung resultiert des Weiteren aus ihrer Zweckbestimmung und ihrer besonderen Tragweite, wenn man sich vor Augen hält, dass sie im Ergebnis zu empfindlichen Sanktionen gegen die Sportler bis hin zur zeitweiligen oder sogar unbefristeten Berufssperre führen kann.362 Die Verpflichtung zur Vorabkontrolle kommt hiernach unter dem Aspekt der Risiken aus der Datenverarbeitung für die Athleten durchaus in Betracht. Jedoch ist im Fall der Datenverarbeitung durch die Verbände trotz deren besonderer Risikoträchtigkeit auch dann, wenn sich eine von den Sportlern erklärte Einwilligung mangels Überwiegens der Verbandsinteressen an der Datenverwendung gegenüber den Sportlerinteressen an ihrer Unterlassung als unwirksam erweist, von der Entbehrlichkeit der Vorabkontrolle auszugehen, da die Verwendung der dopingrelevanten Daten der Zweckbestimmung des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen Sportler und Verband dient. Anders als im Rahmen des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG kommt es für die Annahme der Erforderlichkeit i. S. d. § 4d V BDSG nicht darauf an, ob ein überwiegendes Interesse der Verbände an der Datenverwendung vorliegt. Die mit der Datenverwendung verbundene Gefährdung des Betroffenen, die zur Erforderlichkeit der Vorabkontrolle führt, ist vielmehr bereits dann i. S. d. § 4d V BDSG entschärft, wenn aufgrund der Zwecke der Datenverwendung eine übermäßige Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen deswegen nicht zu erwarten ist, weil die Datenverwendung ihrem Umfang nach auf einen begrenzten Bereich beschränkt bleiben soll. Als Ergebnis lässt sich somit festhalten, dass die Datenverwendung anlässlich von Vereinsbeitritten und Wettkampfvertragsschlüssen nicht gemäß § 4d V BDSG der Vorabkontrolle unterworfen ist, so dass eine Pflicht der Verbände und Veranstalter zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten jedenfalls nicht durch § 4f I 6 1. Alt. BDSG begründet wird. Im Zusammenhang mit der Frage nach der Anwendbarkeit des § 29 BDSG auf die Datenverwendung anlässlich von Vereinsbeitritten und Wettkampfvertragsschlüssen wurde bereits festgestellt, dass diese Datenverwendung auch nicht „geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung“ erfolgt.363 Auch die zweite Alternative des § 4f I 6 BDSG ist somit nicht einschlägig.

361 Zur Sensitivität als Maßstab für die besondere Risikoträchtigkeit vgl. T. B. Petri, in: Simitis, BDSG, § 4d Rn. 34. 362 Zur Zweckbestimmung als Risikofaktor i. S. d. § 4d V 1 BDSG vgl. T. B. Petri, in: Simitis, BDSG, § 4d Rn. 34. 363 Vgl. B.II.1.b)aa)(1).

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Demnach ist für die Frage nach der Notwendigkeit eines Datenschutzbeauftragten gemäß § 4f I BDSG entscheidend, ob mehr als neun Personen ständig mit der automatisierten Datenverarbeitung bzw. in der Regel mindestens 20 Personen mit der nicht-automatisierten Datenverwendung befasst sind. „In der Regel“ ist ein Arbeitnehmer dann mit der Datenverarbeitung beschäftigt, wenn er zur Bewältigung der Aufgabe „Verarbeitung personenbezogener Daten“ benötigt wird, er hierin also eine Dauerbeschäftigung findet. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Arbeitnehmer vollzeit- oder teilzeitbeschäftigt ist.364 Mit der Datenverwendung sind nicht nur solche Arbeitnehmer beschäftigt, die unmittelbar an den EDV-Anlagen oder mit den Dateien arbeiten, sondern auch solche Mitarbeiter, die mit Vor- oder Nacharbeiten wie dem Lochen oder dem Versenden von Ausdrucken betraut sind365 oder die einfach nur Zugriff zu gespeicherten Daten zum Zwecke der Nutzung haben.366 Nicht mitzuzählen sind allerdings die außer Haus mit der Datenverarbeitung beauftragten Personen wie beispielsweise die mit den Gehaltsabrechnungen befassten Angestellten eines externen Lohnbüros.367 Aus dem Umstand, dass die Nichtbestellung eines Datenschutzbeauftragten durch die für die Datenverwendung verantwortliche Stelle trotz einer entsprechenden Verpflichtung nach § 4f I 1–4 BDSG vom BDSG lediglich als Ordnungswidrigkeit angesehen und mit einem Bußgeld belegt wird, ergibt sich, dass die Verwendung der personenbezogenen Sportlerdaten durch die Verbände trotz des Fehlens eines Datenschutzbeauftragten zulässig bleibt. Das Fehlen des an sich notwendigen Datenschutzbeauftragten stellt somit nach den Bestimmungen des BDSG kein Hindernis bezüglich der Verwertbarkeit der Sportlerdaten für Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten dar. Inwieweit aus der Missachtung der Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Betroffenen resultiert, die die Unverwertbarkeit der personenbezogenen Athletendaten nach sich zieht, ist wiederum gesondert zu untersuchen.368 (6) Datengeheimnis, § 5 BDSG § 5 BDSG fasst mit dem Datengeheimnis einen weiteren zentralen Grundsatz des Datenschutzrechtes in Worte: Oberste Maxime beim Umgang mit personenbezogenen Daten muss sein, dass sich jeder Akt der Datenverwendung innerhalb der Befugnisgrenzen bewegt, die den datenverarbeitenden Personen entweder 364 365 366 367 368

Gola/Schomerus, BDSG, § Gola/Schomerus, BDSG, § Gola/Schomerus, BDSG, § Gola/Schomerus, BDSG, § Vgl. hierzu unten B.II.2.

4f Anm. 2.6. 4f Anm. 2.8. 4f Anm. 2.9. 4f Anm. 2.9.

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durch die Gestattungsnorm oder aber durch die Reichweite der Einwilligung des Betroffenen gesetzt sind.369 § 5 S. 2 BDSG schreibt den Verbänden und Wettkampfveranstaltern zur Umsetzung des Datengeheimnisses in der täglichen Datenverwendungspraxis vor, dass die mit der Datenverarbeitung beschäftigten Personen vorab darauf zu verpflichten sind, dass sie sich beim Umgang mit den ihnen zur Verfügung gestellten Daten innerhalb dieser Befugnisse bewegen. Dies bedeutet, dass eine entsprechende Klausel ggf. in die Arbeitsverträge angestellter Mitarbeiter mit aufzunehmen ist oder aber – soweit andere Personen mit der Datenverwendung betraut sind – diese zur Einholung entsprechender Verpflichtungserklärungen von den bei ihnen Beschäftigten anzuhalten sind und die Einhaltung dieser Auflage von der verantwortlichen Stelle zu kontrollieren ist.370 Auch der Verstoß gegen § 5 BDSG führt jedoch nach den Vorgaben des BDSG nicht zu einem Verwendungsverbot der betroffenen Daten, so dass seine Missachtung nicht automatisch die Verwertung der Sportlerdaten für Verbandsentscheidungen ausschließt. Gesondert zu untersuchen ist, ob sich die Datenverwendung im konkreten Fall bei Missachtung des § 5 BDSG als eine so schwerwiegende Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts darstellt, dass die Verwertbarkeit mit Blick auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausgeschlossen ist.371 (7) Auskunfts-, Berichtigungs-, Löschungsund Sperrungsansprüche, § 6 BDSG Den Athleten stehen – unter den in den jeweiligen Paragraphen genannten Voraussetzungen – unabdingbar die im BDSG verankerten Auskunfts-, Berichtigungs-, Löschungs- und Sperrungsansprüche zu.372 Gemäß § 34 I 1 u. 3 BDSG ist den Sportlern Auskunft zu erteilen über die zu ihrer Person gespeicherten Daten, eventuelle Übermittlungsempfänger und den Zweck der Speicherung, allerdings nur in dem Umfang, in dem eine Benachrichtigungspflicht der Verbände und Veranstalter gemäß § 33 BDSG besteht (§ 34 VII BDSG). Da die Datenspeicherung nicht geschäftsmäßig zum Zwecke der Übermittlung373 oder zum Zwecke der Auskunftserteilung erfolgt, greift weder die Anspruchseinschränkung des § 34 I 3 BDSG noch die Anspruchserweiterung des § 34 III BDSG.

369 Zur Beachtlichkeit des Datengeheimnisses vgl. auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 11. 370 Gola/Schomerus, BDSG, § 5 Anm. 4.5. 371 Vgl. hierzu unten B.II.2. 372 Vgl. auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 12 f. 373 Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1).

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Die Athleten können gemäß § 35 I BDSG die Berichtigung unrichtiger Daten verlangen. Lässt sich auf die Behauptung der Unrichtigkeit durch den Sportler hin weder die Unrichtigkeit noch die Richtigkeit des strittigen Datums feststellen, ist dieses nach § 35 IV BDSG zu sperren. Ist der mit dem Vereinsbeitritt oder mit dem Wettkampfvertragsschluss angelegte Speicherungszweck erledigt, etwa, weil der Athlet aus dem Verein ausgetreten und das Mitgliedschaftsverhältnis restlos abgewickelt ist oder der Wettkampf absolviert und das Wettkampfvertragsverhältnis beendet ist, kann der Athlet gemäß § 35 II Nr. 3 BDSG die Löschung seiner Daten verlangen. Unter den besonderen Voraussetzungen des § 35 III BDSG kommt statt der Löschung die Sperrung der Daten in Betracht. Besteht bezüglich der Daten ein Löschungsanspruch des Betroffenen, dürfen die Daten von der verantwortlichen Stelle nicht mehr verwendet werden. Sie sind in diesem Fall daher auch von der Verwertung für Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten ausgeschlossen. Kann der Betroffene die Sperrung verlangen, dürfen die Daten grundsätzlich ebenfalls nur noch mit Zustimmung des Betroffenen verwendet werden, während eine Verwendung ohne gesonderte Zustimmung nur noch in den von § 35 VIII Nr. 1 BDSG genannten Ausnahmefällen in Betracht kommt. Im Zusammenhang mit Dopingverfahren der Verbände kommt eine Weiterverwendung der Daten trotz ihrer Sperrung wegen Vorliegens einer Beweisnot der Verbände oder auch aus sonstigen im überwiegenden Interesse der Verbände liegenden Gründen in Betracht. Aus der Systematik des Persönlichkeitsschutzes heraus, derzufolge die Rechtfertigung eines Persönlichkeitsrechtseingriffs beim Fehlen einer Zustimmung des Betroffenen durchweg ein überwiegendes Interesse des Eingreifenden voraussetzt, ist die zweite Alternative des § 35 VIII Nr. 1 BDSG – bestehende Beweisnot – als Spezialfall eines überwiegenden Interesses an der Datenverwendung anzusehen. Dies hat zur Konsequenz, dass nicht jede Beweisnot in noch so unbedeutenden Angelegenheiten zur Verwendung der gesperrten Daten berechtigt, sondern das Interesse an der Behebung der Beweisnot aufgrund der Bedeutung des zu beweisenden Umstands ein ausreichendes Gewicht haben muss, um die Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts zu legitimieren. Bei der Abwägung zwischen den Interessen des Sportlers am Schutz der gesperrten Daten und den Verbandsinteressen an ihrer Verwendung ist insbesondere auch der Grund der Sperrung zu berücksichtigen: Ist die Sperrung beispielsweise vor dem Hintergrund erfolgt, dass die Richtigkeit der Daten zwischen den Parteien im Streit steht, wird auch eine Verwendung gem. § 35 VIII Nr. 1 BDSG vor der Klärung des Streits nur höchst ausnahmsweise in Betracht kommen, da aufgrund der Zweifel an der Richtigkeit der Daten das schwerwiegende Risiko einer unzutreffenden Darstellung der persönlichen Umstände des Sportlers mit der vorherigen Verwendung verbunden ist.

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(8) Maßnahmen zum Datenschutz, § 9 BDSG i.V. m. der Anlage zu § 9 S. 1 Des Weiteren unterliegen die Vereine, Verbände und Veranstalter der in § 9 BDSG verankerten Verkehrssicherungspflicht mit der Konsequenz, dass der gesamte Datenverwendungsvorgang organisatorisch und technisch so zu gestalten ist, dass es nicht zu Datenschutzverletzungen kommt, die mit einem angemessenen Aufwand vermeidbar wären.374 Der Maßnahmenkatalog zu § 9 BDSG ist obligatorisch in dem Sinne, dass der in § 9 BDSG enthaltene Vorbehalt des verhältnismäßigen Aufwands nur ausnahmsweise dazu führen kann, dass zu einer Anforderung keine Maßnahmen ergriffen werden müssen.375 Das BDSG sieht keine Sanktionen für den Fall der Missachtung des § 9 BDSG vor. Es bestimmt insbesondere auch nicht die Unverwertbarkeit von Daten, die ohne die nach § 9 BDSG erforderlichen Schutzvorkehrungen verarbeitet worden sind. Bei isolierter Betrachtung des BDSG ist hiernach die Verwertung von personenbezogenen Informationen über die Athleten für Verbandsentscheidungen auch dann möglich, wenn im Rahmen der Datenverwendung gegen § 9 BDSG verstoßen wurde. Damit ist allerdings noch nicht gesagt, dass die Missachtung des § 9 BDSG für die verantwortliche Stelle folgenlos bleibt. Vielmehr ist diesbezüglich zu prüfen, ob nicht die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, als die der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht gegebenenfalls anzusehen ist, die Unverwertbarkeit der Daten nach sich zieht.376 (9) Automatisierte Abrufverfahren, § 10 BDSG Kennzeichen des automatisierten Abrufverfahrens ist die Möglichkeit eines Dritten, durch einseitigen Abruf die automatisierte, somit nur durch die einmalige Erteilung der Zugriffsberechtigung kontrollierte Übermittlung bei der speichernden Stelle vorhandener Daten auszulösen.377 Die Weitergabe der Daten an den Dritten geschieht sozusagen im Wege einer „Selbstbedienung“. § 10 BDSG betrifft somit nicht Vorgänge des internen Datenflusses der speichernden Stelle,378 ebensowenig den Datenfluss zwischen verantwortlicher Stelle und Auftragsverarbeiter.379 374 Zu den hiernach gebotenen Vorkehrungen vgl. auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 10. 375 W. Ernestus, in: Simitis, BDSG, § 9 Rn. 19. 376 Vgl. hierzu unten B.II.2. 377 Gola/Schomerus, BDSG, § 10 Anm. 2.1. 378 Gola/Schomerus, BDSG, § 10 Anm. 2.2; P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 11. 379 Gola/Schomerus, BDSG, § 10 Anm. 2.3.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Sollten daher im Bereich der Datenverwendungen, die mit Dopingkontrollen im Zusammenhang stehen, automatisierte Abrufverfahren i. S. d. § 10 BDSG eingerichtet sein, richtete sich ihre Zulässigkeit nach § 10 I, V BDSG. Hinsichtlich der Ausgestaltung derartiger Verfahren wären die Absätze 2, 4 und 5 der Vorschrift zu beachten.380 Auch die Missachtung der Vorgaben des § 10 BDSG wird vom BDSG nicht mit der Rechtsfolge der Unverwertbarkeit der abgerufenen Daten belegt, so dass auch insoweit ein Verwertungsverbot lediglich nach den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht in Betracht kommt. (10) Auftragsverarbeitung, § 11 BDSG § 11 BDSG trifft besondere Regelungen für die Auftragsverarbeitung. Die rechtliche Einordnung von Datenverwendungen als Auftragsverarbeitung hängt vom Umfang der Befugnisse ab, die der beauftragten Stelle von ihrem Auftraggeber übertragen werden. Eine Auftragsverarbeitung i. S. d. § 11 BDSG liegt hiernach dann vor, wenn der Auftragnehmer hinsichtlich der Art und des Umfangs der Datenverarbeitung vollständig von seinem Auftraggeber abhängig bleibt.381 Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass der Auftragnehmer hinsichtlich des Umfangs der Datenverwendung ausschließlich fremdbestimmt handelt, das heißt über die technische Abwicklung der Datenverwendung hinaus hinsichtlich der Durchführung BDSG-relevanter Datenverwendungen keinerlei Entscheidungen treffen kann.382 Dies setzt voraus, dass ihm die für den Umfang der durchzuführenden Datenverwendungen relevanten, konkreten Umstände in der Beauftragung abschließend vorgegeben sind. Von der „Funktionsübertragung“, bei der die den Verarbeitungsvorgängen zugrundeliegenden Aufgaben oder Geschäftszwecke ganz oder teilweise an den Auftragnehmer mitabgegeben werden oder der externe Datenverarbeiter überwiegend eigene Zwecke erfüllt, unterscheidet sich die Auftragsverarbeitung dadurch, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung lediglich in ihrer „Hilfsfunktion“ für die Erfüllung der Aufgaben und Geschäftszwecke des Auftraggebers ausgelagert wird.383 Eine Einschränkung hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 11 BDSG ergibt sich im Hinblick auf die Belegenheit der beauftragten Stelle. Die Regeln über die Auftragsverarbeitung sind dann nicht anwendbar, wenn die Datenverarbeitung einem Auftragnehmer außerhalb des EU- und EWR-Raumes übertragen wird.384 380 So auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 11 f. 381 S. Walz, in: Simitis, BDSG, § 11 Rn. 1. 382 S. Walz, in: Simitis, BDSG, § 11 Rn. 14. 383 S. Walz, in: Simitis, BDSG, § 11 Rn. 17. 384 S. Walz, in: Simitis, BDSG, § 11 Rn. 16.

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Im Fall der Verbände und der Wettkampfveranstalter findet Auftragsverarbeitung etwa dann statt, wenn die Erstellung oder der Ausdruck von Mitgliederlisten, Ergebnislisten oder Kaderlisten nicht durch Beschäftigte der Verbände und Veranstalter, sondern in einem externen Druckereibetrieb erfolgt. Der Tatbestand der Auftragsverarbeitung ist des Weiteren dann erfüllt, wenn dritte Stellen wie beispielsweise die mit der Probenahme und der Analyse beauftragten Dienstleister zwar nicht als Hauptzweck mit der Verarbeitung von Daten der (mittelbaren) Vereinsmitglieder betraut sind, aber zur Erledigung der ihnen übertragenen Aufgaben in einem abschließend geregelten Umfang personenbezogene Daten verwenden müssen. In den Fällen der Auftragsverarbeitung sind gemäß § 11 BDSG die Verbände und Veranstalter weiterhin als die eigentlichen Datenverwender anzusehen und als verantwortliche Stellen i. S. d. BDSG zu behandeln (§ 11 I). Die Regelung stellt des Weiteren gewisse formale und auch inhaltliche Anforderungen an die Auftragsvergabe (§ 11 II) und unterwirft den Auftragnehmer bestimmten Datenschutzverpflichtungen (§ 11 III u. IV). § 11 V BDSG erklärt die Sonderbestimmungen für die Auftragsverarbeitung über die in § 11 I genannten Tatbestände der eigentlichen Auftragsverarbeitung hinaus auch auf mit der Prüfung und Wartung von Verfahren und Anlagen beauftragte Serviceunternehmen für anwendbar. Neuerlich findet sich auch bezüglich § 11 BDSG keine Festlegung im BDSG, welche Konsequenzen eine eventuelle Missachtung der Vorgaben betreffend die Auftragsverarbeitung für die Verwendbarkeit der Daten durch die verantwortliche Stelle haben soll. Einmal mehr bleibt daher gegebenenfalls zu prüfen, inwieweit bei entsprechender Fallgestaltung Einschränkungen der Verwendbarkeit nach den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht geboten sind. Im Rahmen von Verbandsentscheidungen besteht die Verwendung der personenbezogenen Daten der Sportler ausschließlich in der Verwertung der Athletendaten zur Entscheidungsfindung. Soweit das Verfahren dieser Entscheidungsfindung einschließlich der hierfür heranzuziehenden Athletendaten vom Vereinsreglement und den darin inkorporierten Verbandsbestimmungen insoweit abschließend vorgegeben ist, als feststeht, welche Informationen aus den Dopingkontrollverfahren auf welche Weise verwertet werden, erwächst den zuständigen Verbandsgremien im Zusammenhang mit der Entscheidungsfindung kein eigenständiger Spielraum hinsichtlich des Umfangs und der Art und Weise des Umgangs mit den Informationen über die Sportler. Da gleichzeitig die originäre Zuständigkeit für die Entscheidung über Regelverstöße und deren Folgen – sofern die Entscheidung nicht ausnahmsweise auf der Grundlage einer besonderen Rechtsbeziehung zwischen Athlet und Verband getroffen wird – beim Verein liegt, dem der betroffene Sportler angehört und dessen Strafgewalt er aufgrund seiner Vereinsmitgliedschaft unterworfen ist, wird der Verband an dieser Stelle

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

wie ein Auftragnehmer des Vereins aktiv. Auch wenn die Entscheidung über die Konsequenzen aus dem Ergebnis einer Dopingkontrolle nicht vom Verein des betroffenen Athleten, sondern von einem übergeordneten Verband getroffen wird, agiert dieser – bei datenschutzgerechter Ausgestaltung der einschlägigen Verbandsbestimmungen – insofern lediglich als Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG, so dass der Verein verantwortliche Stelle bleibt und die Regeln der Auftragsverarbeitung für die Datenverwendung durch den übergeordneten Verband Anwendung finden. (11) Festlegung der Verwendungszwecke, § 28 I 2 BDSG § 28 I 2 BDSG erinnert für nach § 28 I BDSG zulässige Datenerhebungen nochmals verbindlich an den Zweckbindungsgrundsatz und erlegt der verantwortlichen Stelle die konkrete Festlegung der Verwendungszwecke als für die Einhaltung dieses Grundsatzes unerlässliche Vorbereitungshandlung auf.385 Neben der Angabe, welcher Zweck das für die Verarbeitung erforderliche berechtigte Interesse begründet, bedarf es mit Blick auf § 9 S. 1 BDSG der schriftlichen Dokumentation der vorgesehenen Zweckbestimmung.386 Das Versäumnis der Dokumentation der Zweckbestimmung verhindert die Datenverwendung unter Berufung auf § 28 I 1 BDSG, nicht aber diejenige gemäß den §§ 28 II oder 28 III BDSG. Für die Datenverwendung der Verbände im Rahmen von Verbandsentscheidungen hat dies zur Konsequenz, dass – von den in § 28 II und III BDSG festgelegten Ausnahmen abgesehen – nur solche Sportlerdaten verwertet werden dürfen, für die erstens im Moment der Erhebung abschließend festgelegt war, bei welchen Gelegenheiten und zu welchem Zweck die offenbarten Daten Verwendung finden sollen, und für die zweitens diese Verwendungszwecke auch aus den Regelwerken der Verbände ersichtlich waren. An den Detaillierungsgrad der notwendigen Festlegungen wird man allerdings keine überhöhten Anforderungen stellen dürfen, will man nicht anerkanntermaßen erforderliche Datenverwendungen über Gebühr erschweren und verkomplizieren. Im Falle des Profisportlers kann es daher als ausreichend betrachtet werden, wenn die von den Vereinen und Veranstaltern durchgeführten Datenverwendungen aus dem Vereinsrecht bzw. den Teilnahmebedingungen erkennbar waren.

385 Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 8.2; auf die Geltung des Zweckbindungsgrundsatzes bei Datenerhebungen für Dopingkontrollen weist auch der Bundesdatenschutzbeauftragte hin, vgl. P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 7. 386 Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 8.2.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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(12) Benachrichtigung bei Erstspeicherungen, § 33 BDSG Gemäß § 33 BDSG ist der Betroffene im Falle der erstmaligen Speicherung personenbezogener Daten für eigene Zwecke von der Speicherung, der Art der Daten, der Zweckbestimmung der Datenverwendung und der Identität der verantwortlichen Stelle zu benachrichtigen, wenn die Speicherung ohne Kenntnis des Betroffenen erfolgt. Die Benachrichtigung ist allerdings gemäß § 33 II 1 Nr. 1 BDSG entbehrlich, wenn der Betroffene auf andere Weise Kenntnis von der Speicherung erlangt hat. Unerheblich ist, auf welche Weise diese Kenntnis erlangt wurde. Ausreichend ist des Weiteren, dass der Betroffene weiß bzw. nach allgemeiner Lebenserfahrung wissen muss, dass die Speicherung automatisiert bzw. dateigebunden (§ 27 BDSG) erfolgt.387 Für die Kenntnis des Betroffenen reicht es aus, wenn die Speicherung nach den Umständen des Einzelfalls unvermeidbar oder sonst üblich ist. Kenntnis i. S. d. Vorschrift ist daher auch dann gegeben, wenn er von der Speicherung der Daten ausgehen musste. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn einem Vertragspartner zur Abwicklung eines Vertragsverhältnisses oder vertragsähnlichen Vertrauensverhältnisses Daten zugeleitet werden, da heute grundsätzlich – jedenfalls bei größeren Betrieben – von der Speicherung dieser Daten ausgegangen werden muss.388 Die Speicherung der Sportlerdaten bezüglich der Durchführung und des Ergebnisses von Dopingkontrollen erfolgt zur Kontrolle und Durchsetzung des Dopingverbots und damit „für eigene Zwecke“ der Vereine und Veranstalter.389 Ist im Vereinsreglement hinreichend bestimmt geregelt, in welchem Umfang, zu welchen Zwecken und von welcher Stelle die im Zusammenhang mit Dopingkontrollen relevanten Daten der Athleten einschließlich der Ergebnisse der Dopingkontrollen gespeichert werden, sind die Sportler bei wirksamer Einbeziehung der entsprechenden Verbandsregeln in das Rechtsverhältnis mit den Sportvereinigungen bereits im Moment der Durchführung der Dopingkontrolle ausreichend informiert. Wird die Verwendung der Dopinginformationen allein auf den NADACode und die darin in Bezug genommenen Regelwerke gestützt, ist bei Trainingskontrollen der jeweilige nationale Sportfachverband und bei Wettkampfkontrollen der den Wettkampf veranstaltende Verband für das Ergebnismanagement zuständig, sofern dieses nicht der NADA zur Erledigung übertragen wurde (Art. 9.1.1, 9.1.2 NADA-Code). Für die Entscheidung über einen möglichen Dopingverstoß eines Athleten benötigt der zuständige Verband oder gegebenenfalls die NADA das Analyseergebnis der A-Probe, in den Fällen des Art. 9.2.3 das Ergebnis der hiernach durchgeführten Zusatzuntersuchung (Art. 9.3 Abs. 1) und 387 388 389

Gola/Schomerus, BDSG, § 33 Anm. 11.1. Gola/Schomerus, BDSG, § 33 Anm. 11.2. Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1).

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

gegebenenfalls die Inhalte der Stellungnahme des Sportlers nach Art. 9.3 Abs. 2 oder 9.4. Wann diese Daten in welchem Umfang, von wem und zu welchem Zweck erstmalig gespeichert werden, kann der Athlet dem NADA-Code entnehmen. Auch wenn dies nicht ausdrücklich schriftlich festgehalten ist, wird aus den Regelungen des NADA-Code offenkundig, dass die Erstspeicherung des Analyseergebnisses durch das Analyselabor, das Ergebnis der Zusatzuntersuchungen nach Art. 9.2.3 durch die NADA und die Angaben des Sportlers gemäß Art. 9.3 Abs. 2 und 9.4 durch den nach Art. 9.1 NADA-Code für das Ergebnismanagement zuständigen Verband erfolgt. Geschieht die Speicherung der Daten ausnahmsweise ohne Kenntnis des Athleten, ist er gemäß § 33 BDSG vom Verein bzw. vom Veranstalter von der Speicherung und ihren Zwecken zu benachrichtigen. Gemäß § 33 II 1 Nr. 2 BDSG entfällt die Benachrichtigungspflicht des Weiteren dann, wenn die Löschung der Sportlerdaten lediglich aufgrund entsprechender Bestimmungen in einer Satzung des Vereins oder im Wettkampfvertrag unterbleibt, so dass die Speicherung „aufgrund satzungsmäßiger oder vertraglicher Aufbewahrungsvorschriften“ erfolgt, und eine Benachrichtigung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Unterbleibt die Benachrichtigung gemäß § 33 II 1 Nr. 2 BDSG, ist die Dokumentationspflicht des § 33 II 2 BDSG zu beachten. Sind Sportlerdaten ausnahmsweise ohne Benachrichtigung des Betroffenen gespeichert worden, obwohl eine Benachrichtigung nach § 33 BDSG hätte erfolgen müssen, hat dies nach der Rechtsprechung des BVerwG zu den Konsequenzen der Missachtung des § 33 BDSG390 nicht die Unverwertbarkeit nach den Bestimmungen des BDSG zur Folge. Gegen die Sichtweise des BVerwG wird eingewendet,391 dass diese in einem Wertungswiderspruch zur anerkannten Behandlung der Informationspflicht im Fall der Direkterhebung beim Betroffenen steht, wonach in diesem Fall die unterlassene oder unzureichende Information Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der anschließenden Datenspeicherung hat. Folgt man dieser Gegenmeinung aus der Überlegung heraus, dass die Speicherung ohne Benachrichtigung des Betroffenen einen im Vergleich zur Datenerhebung ohne die Information gemäß § 4 III BDSG mindestens gleich schweren Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht bedeutet, hängt die Verwertbarkeit der ohne die Benachrichtigung gemäß § 33 BDSG gespeicherten Daten von den Umständen des Einzelfalls ab.392 In der Gesamtschau ergeben sich hiernach aus den Maßgaben des BDSG folgende Konsequenzen für die Verwertbarkeit personenbezogener Informationen der Athleten bei Verbandsentscheidungen: 390 391 392

BVerwG NVwZ 1988, 156, zu § 26 I BDSG ’77. A. Dix, in: Simitis, BDSG, § 33 Rn. 43. A. Dix, in: Simitis, BDSG, § 33 Rn. 43.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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• Die Verbände haben bei der Verwendung der Sportlerdaten die Grundsätze der Datenvermeidung und der Datensparsamkeit (§ 3a BDSG) zu beachten. • Soweit kein Ausnahmefall nach § 4 III BDSG vorliegt, sind die Daten im Wege der Direkterhebung unmittelbar bei den Athleten zu erheben (§ 4 II BDSG); der Verstoß gegen das Gebot der Direkterhebung führt zur Unverwertbarkeit der Daten. Sowohl im Falle der Direkterhebung als auch in den Fällen der zulässigen Dritterhebung muss die Kenntnis der Sportler von den konkreten Umständen der Datenverwendung i. S. d. §§ 4 III und 33 I BDSG und hier insbesondere die Kenntnis von Identität der verantwortlichen Stelle sowie von der Zweckbestimmung der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung gewährleistet sein; die Unterlassung einer hierzu notwendigen Unterrichtung der Athleten hindert die Verwertung der Informationen für Verbandsentscheidungen. • Hat der für die Datenverwendung verantwortliche Verband keinen Datenschutzbeauftragten bestellt und sind auch nicht höchstens neun Personen ständig mit der Datenverwendung beschäftigt, sind die Verfahren automatisierter Datenverarbeitung an die zuständige Aufsichtsbehörde zu melden (§ 4d BDSG). • Sind mehr als neun Personen bei der verantwortlichen Stelle ständig mit der automatisierten oder in der Regel mindestens 20 Personen mit der nicht-automatisierten Datenverwendung beschäftigt, hat der verantwortliche Verband einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. • Die Verbände haben die mit der Datenverarbeitung beschäftigten Personen auf das Datengeheimnis zu verpflichten (§ 5 BDSG). • Daten, deren Löschung vom betroffenen Sportler verlangt werden kann, dürfen von den Verbänden überhaupt nicht mehr verwendet werden, Daten, deren Sperrung verlangt werden kann, nur noch in den vom Gesetz vorgesehenen Ausnahmefällen. • Die Verbände sind zur Umsetzung der Datenschutzmaßnahmen gemäß § 9 BDSG und der Anlage zu § 9 verpflichtet. • Automatisierte Abrufverfahren dürfen von den Verbänden nur bei Vorliegen der Voraussetzungen und unter Beachtung der Maßgaben des § 10 BDSG eingerichtet werden. • Lassen die Verbände die Datenverarbeitung im Wege der Auftragsverarbeitung durch Dritte durchführen, sind hierbei die Maßgaben des § 11 BDSG zu beachten. • Im Falle von nach § 28 I BDSG erhobenen Daten müssen von den Verbänden vorab die Verwendungszwecke festgelegt und schriftlich dokumentiert worden sein, andernfalls die Verwendung der Daten nur noch unter den besonderen Voraussetzungen der §§ 28 II und III BDSG in Betracht kommt.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

• Für die erstmalige Speicherung von personenbezogenen Athletendaten ist der Betroffene nach Maßgabe des § 33 BDSG zu benachrichtigen. Umstritten ist, inwieweit ein Verstoß gegen die Benachrichtigungspflicht die Unverwertbarkeit der Daten zur Konsequenz hat. Eventuelle Verstöße gegen die Grundsätze der Datenvermeidung und Datensparsamkeit, gegen die Meldepflicht aus § 4d BDSG, gegen die Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten, gegen das Gebot zur Verpflichtung der Beschäftigten auf das Datengeheimnis, gegen das Gebot zur Umsetzung der Datenschutzmaßnahmen gemäß § 9 BDSG, gegen die Beschränkungen und die Maßgaben hinsichtlich der Einrichtung automatisierter Abrufverfahren, gegen die Vorgaben für die Auftragsverarbeitung und gegen die Benachrichtigungspflicht aus § 33 BDSG – soweit ihr Missachtung nicht ohnehin zur Unverwertbarkeit der Daten führt – werden vom BDSG selber nicht mit einem Verwendungsverbot sanktioniert. In all diesen Fällen bleibt jedoch zu prüfen, ob die Verwertung der Sportlerdaten nach den für das allgemeine Persönlichkeitsrecht geltenden Regeln unzulässig ist. 2. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts a) Anwendbarkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts neben dem BDSG Die Frage nach der Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für die Verwendung personenbezogener Athletendaten ist zuallererst die Frage nach der Anwendbarkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf Tatbestände, die bereits von besonderen, spezialgesetzlich geregelten Persönlichkeitsrechten erfasst sind. Sieht man mit der h. M. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das seinerseits als Teilausschnitt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu verstehen ist, als Schutzgut der Datenschutzgesetze an,393 stellt sich bei Beeinträchtigungen des Informationellen Selbstbestimmungsrechtes des Weiteren regelmäßig die Frage, ob deren rechtliche Konsequenzen abschließend durch die Bestimmungen der Datenschutzgesetze geregelt sein sollen oder ob daneben auch die Ansprüche gemäß den §§ 823 bzw. 12, 1004 BGB analog geltend gemacht werden können.394 aa) Rechtsprechung des BGH Die Rechtsprechung des BGH betreffend das Verhältnis des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu den speziellen Persönlichkeitsrechten395 ist starken Schwan393

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 1 Rn. 23 ff. Vgl. hierzu Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C149, m.w. N., Rn. C173. 395 Vgl. die Darstellung bei J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 3 I.; s. auch Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 I.6.a). 394

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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kungen unterworfen. Zunächst wurden die besonderen Persönlichkeitsrechte als leges speciales zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht angesehen.396 Spätere Entscheidungen deuteten auf die Annahme von Idealkonkurrenz hin: Durch die Sonderregelungen sollte der Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht – jedenfalls was den Zuspruch eines von den Sonderregelungen nicht vorgesehenen Ersatzes des immateriellen Schadens betrifft – nicht verwehrt sein.397 Diese Annahme der Idealkonkurrenz wurde zwischenzeitlich wiederum zugunsten eines Spezialitätsverhältnisses durchbrochen398 und dann wieder den Entscheidungen zugrundegelegt.399 Im Ergebnis stellt der BGH hinsichtlich der Tatbestandswirkungen auf das besondere Persönlichkeitsrecht ab, gewährt aber Ersatz des immateriellen Schadens nach den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Maßstäben. bb) Literaturmeinungen Der überwiegende Teil der Literatur400 ist sich dahingehend einig, dass die besonderen Persönlichkeitsrechte nicht als leges speciales anzusehen sind, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht ausschließen. Teilweise wird dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sogar der Vorrang zugemessen unter Hinweis darauf, es basiere erstens auf höherrangigem Verfassungsrecht und stelle zweitens die jüngere Rechtsentwicklung dar.401 Jedenfalls ergänze und erweitere das allgemeine Persönlichkeitsrecht den durch die besonderen Persönlichkeitsrechte gewährten Schutz insoweit, als er durch sie nicht in der vom Grundgesetz geforderten Weise 396

BGHZ 26, 349, 356 f. („Herrenreiter“). BGH NJW 1962, 1004; 1965, 1374 f.; 1971, 885; 1974, 1947, 1948; allerdings lässt sich die Entscheidung BGH NJW 1962, 1004, auch so verstehen, dass hier die Spezialbestimmungen (§§ 22 f. KUG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht auf zwei verschiedene Aspekte ein und derselben Verletzungshandlung angewendet werden, nämlich das KUG auf die Bildnisveröffentlichung als solche und das allgemeine Persönlichkeitsrecht auf die öffentliche Darstellung des Klägers in einem tatsächlich nicht bestehenden, für das Ansehen des Klägers nachteiligen Zusammenhang; ähnlich die Entscheidung NJW 1965, 1374, wo das Gericht in einem vergleichbar gelagerten Ausgangssachverhalt allerdings nicht genauso streng zwischen den Aspekten der unerlaubten Bildveröffentlichung und der Veröffentlichung in einem nachteiligen Zusammenhang differenziert, sondern die Verletzung des Rechts am eigenen Bild letztlich mit der Nachteilhaftigkeit der Darstellung des Klägers begründet. 398 BGHZ 80, 311, 319, u. 91, 233, 238. 399 BGHZ 95, 212, 214 f. 400 Vgl. H. Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht (2. Aufl. 1967), S. 172; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 281; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 6; so wohl auch Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 179, und ihm nachfolgend Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 85, für das Verhältnis zum BDSG, wenn sie formulieren, ein Verstoß gegen das BDSG könne (zugleich) eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen. 401 H. Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht (2. Aufl. 1967), S. 172, vor dem Hintergrund, dass das BDSG seinerzeit noch nicht in Kraft getreten war. 397

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

gewährleistet werde.402 Eine erweiternde Auslegung der besonderen Persönlichkeitsrechte und ihrer gesetzlichen Tatbestände sozusagen im Lichte des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird zutreffend mit dem Argument abgelehnt, die Rechtsfolgen der Verletzung besonderer Persönlichkeitsrechte, die sich oftmals von denen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes unterschieden, könnten nicht über den in den Spezialtatbeständen vorgesehenen Bereich hinaus zur Anwendung gebracht werden.403 Die Möglichkeit zum Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird unter Verweis auf BGHZ 24, 78, damit begründet, die bisherigen besonderen Persönlichkeitsrechte bildeten nur einen Ausschnitt und eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts; sie stünden einem Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht entgegen.404 Nach wohl h. M. ist somit der Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht durch die Anwendbarkeit eines besonderen Persönlichkeitsrechtes versperrt,405 jedenfalls dann nicht, wenn das Spezialgesetz keine abschließende Regelung zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts enthält oder der Schutzzweck beider Regelungen nicht deckungsgleich ist.406 Darüber hinaus gilt hinsichtlich der Rechtsfolgen der Verletzung besonderer Persönlich402 H. Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht (2. Aufl. 1967), S. 172; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 6; für eine Wirkung als Auffangrecht auch H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 35; gegen diesen Ansatz der verfassungskonformen Charakterisierung des Verhältnisses der besonderen Persönlichkeitsrechte zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 3 II.1, der das besondere Persönlichkeitsrecht für eine abschließende Regelung des davon erfassten Regelungsbereiches hält und für den Fall von Unstimmigkeiten der abschließenden Regelung des besonderen Persönlichkeitsrechts mit dem verfassungsrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I i.V. m. Art. 1 I GG) deren Klärung im Wege einer Richtervorlage gemäß Art. 100 GG für notwendig erachtet. 403 H. Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht (2. Aufl. 1967), S. 172 f. 404 Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 207. 405 Nach BGH DB 1974, 1860, wird durch die Sonderregelung des § 22 KUG ein Rückgriff auf das Persönlichkeitsrecht nicht verwehrt (unter Verweis auf BGHZ 24, 200, wo allerdings lediglich festgestellt wird, dass neben der Beurteilung der Bildveröffentlichung nach dem KUG für eine Beurteilung der Bildanfertigung nach den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätzen Raum bleibt); für die Zulässigkeit des Rückgriffs auch bereits BGHZ 30, 7, 12 f. („Caterina Valente“); vom LG Stuttgart, NJW-RR 1987, 1434, 1435, wird ebenfalls trotz der Zustimmung zur Veröffentlichung des eigenen (harmlosen) Bildes Schutz vor der Veröffentlichung dann aufgenommener Nacktfotos über das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährt; Staudinger/ K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 207; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C149, m.w. N.; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.F.I.2.; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 6; H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 35; a. A. Larenz/Wolf, AT, § 8 I.2., Rn. 8, die den Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht für überflüssig halten, wenn ein besonderes Persönlichkeitsrecht verletzt ist; nach H. Kötz, Deliktsrecht (8. Aufl. 1998), Rn. 628, (unter Verweis auf BGHZ 30, 7, 11, „Caterina Valente“) kommt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nur dort in Betracht, wo entsprechender Schutz nicht schon für Teilbereiche durch spezielle gesetzliche Vorschriften wie § 12 BGB oder § 22 f. KUG gewährleistet wird.

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keitsrechte Folgendes: Findet sich in der Regelung des besonderen Persönlichkeitsrechts keine ausdrückliche Rechtsfolgenfestlegung, löst die Verletzung des besonderen Persönlichkeitsrechts diejenigen Rechtsfolgen aus, die mit der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verbunden sind, wie etwa den Schmerzensgeldanspruch des Betroffenen nach allgemeinen Regeln.407 Dieser Lehre von der Auffangwirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird entgegengehalten, dass sich hiernach an die Prüfung der Verletzung eines besonderen Persönlichkeitsrechts immer noch eine Prüfung auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hin mit der zugehörigen Interessenabwägung anschließen müsste, was der Norm des besonderen Persönlichkeitsrechts ihre Abgrenzungsfunktion nähme.408 Dieser Einwand beruht allerdings auf einem Zirkelschluss, da er mit der Abgrenzungsfunktion die Einordnung der besonderen Persönlichkeitsrechte als abschließende Spezialregelungen voraussetzt, um deren Bestehen oder Nichtbestehen in der Diskussion um das Verhältnis zwischen den besonderen Persönlichkeitsrechten und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gerade gestritten wird. Zudem ist kein Grund erkennbar, der den Gesetzgeber daran hindern könnte, für spezielle Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigungen die sonst notwendige Interessenabwägung im Wege der Regelung eines Persönlichkeitsrechtsausschnitts durch ein besonderes Persönlichkeitsrecht entbehrlich zu machen.409 Nach anderer Ansicht stellen die besonderen Persönlichkeitsrechte insoweit leges speciales dar, als sie den Verfassungsansprüchen genügen. Allerdings soll auch dann, wenn ein besonderes Persönlichkeitsrecht einschlägig ist, unter den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht anerkannten Voraussetzungen Schmerzensgeld wegen der Persönlichkeitsrechtsverletzung gewährt werden.410 Diese Auffassung weist weder im Ergebnis noch in dessen Begründung wesentliche Unterschiede zur Lehre von der Idealkonkurrenz auf: Der Vorbehalt der Verfassungsmäßigkeit beschränkt die abschließende Wirkung der besonderen Persönlichkeitsrechte dahingehend, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht als verfassungsrechtliches Institut in dem Umfang weiterwirkt, in dem der verfassungs406 MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 190; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 I.6., die auf der Rechtsfolgenseite von einer Ausweitung des Persönlichkeitsschutzes durch die besonderen Persönlichkeitsrechte ausgehen, da neben den dort geregelten Ansprüchen die Ansprüche wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts greifen, soweit die Rechtsfolgen der Sonderreglung dahinter zurückbleiben. 407 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C149, m.w. N.; so im Ergebnis auch M. BastonVogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.F.I.2.b). 408 J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 3 II.1. 409 Vgl. auch M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.F.I.2.a) a. E. 410 RGRK/W. Dunz (12. Aufl. 1989), § 823 Anh. I Rn. 20.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

rechtlich gebotene Grundrechtsschutz durch das besondere Persönlichkeitsrecht nicht gewährleistet wird. Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht wird hiermit in der Konkurrenzsituation mit einem besonderen Persönlichkeitsrecht in seiner Ergänzungsfunktion die gleiche Reichweite zugemessen, die ihm nach der Auffassung von der Idealkonkurrenz neben dem besonderen Persönlichkeitsrecht ohnehin zukommt. Hinsichtlich der Schutzwirkung wird der weitgehend anerkannte Grundsatz übernommen, wonach der Zuspruch von Schmerzensgeld in Extremfällen zur Vermeidung von Schutzlücken notwendig ist. Nach wieder anderer Ansicht regelt das besondere Persönlichkeitsrecht den von ihm erfassten Lebensbereich abschließend in dem Sinne, dass auch kein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vorliegt, wenn eine in den Regelungsbereich des besonderen Persönlichkeitsrechts fallende Handlung tatbestandlich keine Beeinträchtigung des besonderen Persönlichkeitsrechts darstellt.411 Soweit Bedenken gegen die Vereinbarkeit dieser abschließenden Regelung mit dem verfassungsrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I i.V. m. Art. 1 I GG auftauchten, weil das besondere Persönlichkeitsrecht für seinen Regelungsbereich scheinbar nicht den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Persönlichkeit gewährleiste, müssten diese vom Tatrichter im Wege der Richtervorlage gemäß Art. 100 GG der Klärung zugeführt werden.412 Allerdings soll der Vorrang des besonderen Persönlichkeitsrechtes auf die Tatbestandsseite der Bestimmung beschränkt sein, während neben den vom besonderen Persönlichkeitsrecht vorgesehenen Rechtsfolgen wie etwa dem Schadensersatzanspruch des Verletzten auch der Schmerzensgeldanspruch nach den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätzen eröffnet sein soll (Tatbestandsspezialität bei gleichzeitiger Rechtsfolgenkonkurrenz).413 Dies bedeutet, dass in demjenigen Bereich, den das besondere Persönlichkeitsrecht regelt, Ansprüche nur bei Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale der Spezialnorm hergeleitet werden können, im Falle der Verwirklichung dieser Tatbestandsmerkmale allerdings neben dem vom besonderen Persönlichkeitsrecht zugesprochenen Schadensersatz auch Schmerzensgeld nach den Regeln des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährt wird. Die besseren Argumente in der Diskussion um das Verhältnis zwischen besonderen und allgemeinem Persönlichkeitsrecht(en) sprechen für die Auffassung der h. M.: Von einer Tatbestands- oder einer Rechtsfolgenspezialität der besonderen Persönlichkeitsrechte kann nicht allein deswegen ausgegangen werden, weil in den einschlägigen Bestimmungen Sachverhalte geregelt werden, die gleichzeitig auch im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Rechtsinhaber von Relevanz sind. Für die Annahme eines Spezialitätsverhältnisses wäre vielmehr 411 412 413

J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 3 II.1., § 3 III.3., 5. J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 3 II.1. J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 3 II.1., § 3 III.5.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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erforderlich, dass die Auslegung der möglichen Spezialregelung nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen unter besonderer Berücksichtigung ihrer Intention die Wirkung als Spezialgesetz zum Ergebnis hätte.414 Neben dem insoweit nicht eben ergiebigen Wortlaut der Regelungen sind deren Zusammenhang mit dem bzw. ihr Verhältnis zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht, ihre Entstehungsgeschichte und ihr Sinn und Zweck zu würdigen. Lassen sich weder aus der Entstehungsgeschichte noch aus dem Sinn und Zweck einer Bestimmung Anhaltspunkte für eine Wirkung als Spezialgesetz entnehmen, weil der Zusammenhang der Bestimmung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und ihr Verhältnis zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht im Zuge des Normenerlasses überhaupt nicht diskutiert worden sind und weil der Zweck der Regelung darauf beschränkt war, die nach allgemeinpersönlichkeitsrechtlichen Erwägungen gebotene Lösung einer bestimmten Konfliktsituation quasi klarstellend zu fixieren415, lässt sich eine Einschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsschutzes, wie sie mit der Behandlung der Bestimmung als lex specialis verbunden wäre, nicht rechtfertigen.416 cc) Ergebnis Die soeben zum Verhältnis zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und den besonderen Persönlichkeitsrechten angestellten Überlegungen haben für das Verhältnis des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu den Datenschutzgesetzen und hier wiederum zum BDSG417 folgende Bedeutung: Die Bestimmungen der Datenschutzgesetze sind nach h. M. Schutzgesetze i. S. d. § 823 II BGB.418 Nach wohl h. M. soll bei der unzulässigen Verarbeitung personenbezogener Daten im 414 So auch M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.F.II.2., u. MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 6. 415 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.F.I.2.a), spricht davon, die besonderen Persönlichkeitsrechte dienten der Konkretisierung des Persönlichkeitsschutzes, nicht der Konkretisierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes. 416 So auch MüKo/R. Rixecker, zu § 12, Rn. 6, wenn er darauf hinweist, dass regelmäßig ein gesetzlicher Sonderschutz das Persönlichkeitsrecht nicht schwächen und nicht zu einer Unterschreitung des verfassungsrechtlich Gebotenen führen will. 417 Vgl. hierzu Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C149, m.w. N., Rn. C173; speziell zum BDSG vgl. S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 7 Rn. 52 ff. 418 MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 222 ff.; S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 7 Rn. 68; einschränkend D. Klippel, BB 1983, 407, 411 f., der vor dem Hintergrund seiner Schutzgutstheorie von den vier Interessenkreisen nur diejenigen Bestimmungen als Schutzgesetze ansieht, deren Missachtung gleichzeitig einen Missbrauch personenbezogener Daten, d.h. eine Verletzung der vier Interessenkreise „Kenntnis von Speicherung und Verbleib personenbezogener Daten“, „Richtigkeit und Vollständigkeit der verarbeiteten personenbezogenen Daten“, „Zweckbindung personenbezogener Daten“ und „Schutz der Privatsphäre“ darstellt.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

nicht-öffentlichen Bereich § 823 I BGB Anwendung finden, soweit nicht das BDSG die Rechte des Betroffenen aus unzulässiger Bearbeitung abschließend regelt.419 Es kann dahinstehen, ob diese Ansicht nach der Neufassung des BDSG 2001 noch aufrecht erhalten werden kann,420 nachdem der Gesetzgeber im Zuge der Reform den Anwendungsbereich des BDSG erheblich in den Bereich der nicht-öffentlichen Datenverwendung hinein erweitert hat. Denn es ist kein Grund dafür ersichtlich, das Verhältnis zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und den Datenschutzgesetzen nach anderen als den für die Behandlung von Regelungskonkurrenzen im Allgemeinen geltenden Grundsätzen zu beurteilen. Konkret bedeutet dies, dass auch im Rahmen der Untersuchung des Verhältnisses von allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Datenschutzgesetzen zu Recht die Frage für entscheidend erachtet wird, inwieweit die Auslegung der Datenschutzgesetze nach den für die Gesetzesauslegung allgemein geltenden Regeln zu der Erkenntnis führt, dass die Datenschutzgesetze abschließende Regelungen treffen wollten. Für einen entsprechenden Willen des BDSG-Gesetzgebers sind auch nach der Neufassung des BDSG 2001 keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Allein aus dem Umstand, dass das BDSG seinem Schutzbereich nach als Konkretisierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erscheint, folgt nicht, dass das BDSG auch die Rechte des von einer Datenschutzverletzung Betroffenen abschließend regeln will.421 Vielmehr sprechen für die Absicht des BDSG, den Schutz des Betroffenen zu erweitern, folgende Überlegungen:422

419 BGH NJW 1981, 1738, 1740; BGH AfP 1983, 463 f., spricht davon, eine vom BDSG nicht gedeckte Datenverwendung stelle eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, das Schutz nach den allgemeinen Vorschriften genieße, soweit nicht spezielle datenschutzrechtliche Ansprüche bestünden; kritisch MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 224; einschränkend D. Klippel, BB 1983, 407, 412, der das BDSG – im Ergebnis mit BGH NJW 1981, 1738, 1740, übereinstimmend – insoweit als abschließende Regelung ansieht, als die in Rede stehende Verletzungshandlung die drei neben dem Schutz der Privatsphäre von ihm postulierten Interessenkreise betrifft (da in diesem Fall das allgemeine Persönlichkeitsrecht als sonstiges Recht i. S. d. § 823 I gar nicht berührt ist) und als das BDSG Ansprüche wegen der Verletzung der Privatsphäre abschließend regeln möchte, was immer dann der Fall sein soll, wenn es nicht um (die offenkundig nicht abschließend vom BDSG geregelten) Schadensersatzansprüche geht bzw. kein Auskunftsanspruch wegen der Übermittlung unrichtiger oder ehrenrühriger Daten in Betracht kommt bzw. kein negatorischer Anspruch (Unterlassung, Beseitigung) geltend gemacht wird; a. A. Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 209, der im Falle von Beeinträchtigungen des „Datenschutzrechtes“ den Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht für unzulässig erachtet. 420 So aber S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 7 Rn. 59 f. 421 So aber für die Löschungs-, Sperrungs-, Berichtigungs- und Auskunftsansprüche des BDSG BGH DB 1986, 855, 856, u. noch S. Simitis, in: Simitis/Dammann/Mallmann/Reh, BDSG (3. Aufl. 1981), § 4 Rn. 54. 422 Zutreffend D. Klippel, BB 1983, 407, 413; vgl. auch S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 7 Rn. 52 f.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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• Das BDSG regelt nur die Ansprüche gegen die speichernde Stelle, nicht aber diejenigen gegen andere „Datenverletzer“. Dem lässt sich zumindest entnehmen, dass das BDSG keine abschließende Regelung der Ansprüche bei Datenschutzverletzungen treffen wollte.423 • Obwohl das BDSG das informationelle Selbstbestimmungsrecht umfassend zum Schutzgut hat, gewährt § 7 BDSG Schadensersatzansprüche gegenüber nicht-öffentlichen Stellen nur in den Fällen der automatisierten Verarbeitung oder der Verarbeitung in nicht automatisierten Dateien. Da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass das BDSG Schadensersatzansprüche bei Verletzungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts, die nicht im Rahmen automatisierter oder dateibezogener Datenverarbeitungen erfolgen, ausschließen will, muss der Rückgriff auf sonstige Anspruchsgrundlagen zulässig bleiben.424 • Hinzukommt, dass die Begründung zum BDSG ’90 ausdrücklich vorsah, dass in den tatbestandlich nicht von der Schadensersatzregelung des § 7 I BDSG ’90 (§ 8 I BDSG 2001) erfassten Fällen – z. B. immer, wenn die Datenverwendung nicht automatisiert erfolgt – die „normale“ Verschuldenshaftung greifen soll.425 • Es existieren andererseits keine Anhaltspunkte dafür, dass inhaltlich weitergehende Ansprüche gegen die speichernde Stelle (z. B. ein Widerrufsanspruch) vom BDSG abgeschnitten werden sollten. • Das BDSG sieht die Möglichkeit der Existenz eines Nichtlöschungsinteresses (§ 20 III Nr. 2), richtet aber keinen Nichtlöschungsanspruch ein. In diesem Fall ist sogar nach der Systematik des Gesetzes die Heranziehung des allgemeinen Unterlassungsanspruchs notwendig. • Schließlich spricht gegen den Ausschluss der BGB-Ansprüche, dass § 7 VII der Neufassung des BDSG von 1990 für Schadensersatzansprüche gegen öffentliche Stellen ganz ausdrücklich die Anwendbarkeit externer Rechtsgrundlagen vorsah. Die Streichung dieser Regelung im BDSG 2001 liegt nicht etwa in der Aufgabe des Grundsatzes der Verfügbarkeit vorteilhafterer Anspruchsgrundlagen begründet, sondern im Gegenteil in der Einschätzung des BTInnenausschusses, dass es sich um eine rein deklaratorische Bestimmung handle.426 • Ebenso ging § 8 BDSG ’90 für Schadensersatzansprüche gegen nicht-öffentliche Stellen offensichtlich davon aus, dass Schadensersatzansprüche auch auf 423

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 7 Rn. 52. Vgl. S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 7 Rn. 52; für die Anwendbarkeit der negatorischen Ansprüche D. Klippel, BB 1983, 407, 413. 425 Vgl. Begründung der Neufassung des BDSG ’90 zu § 7 I, BT-Drucks. 11/4306. 426 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 7 Rn. 53 unter Verweis auf BT-Drucks. 14/5793, 92. 424

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

andere Anspruchsgrundlagen als die Schadensersatzregelungen des BDSG gestützt werden können,427 wobei hinsichtlich des Verschuldensnachweises die Beweislastumkehr nach § 8 galt. Aus den genannten Gründen kann ein Ausschluss der nach dem BGB bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen eröffneten Ansprüche vom BDSG nicht beabsichtigt sein.428 Entgegen anderslautenden Auffassungen ist das BDSG somit grundsätzlich als ein die allgemeinen Schutznormen ergänzendes, nicht aber verdrängendes Gesetz anzusehen.429 Demnach kommt insbesondere § 823 I BGB wegen der regelmäßig bei einem Datenschutzverstoß vorliegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung zur Anwendung. Darüber hinaus greift § 823 II BGB i.V. m. den verletzten Vorschriften des BDSG. Uneinigkeit besteht lediglich darüber, ob es sich bei den Vorschriften des BDSG generell um Schutzgesetze iSd. § 823 II BGB handelt430, oder ob jede verletzte BDSG-Norm im Einzelfall auf ihren Schutzgesetzcharakter hin zu überprüfen ist.431 b) Der Schutz der personenbezogenen Daten durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht aa) Erfassung personenbezogener Daten durch den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Zu den mit dem Ziel der Konkretisierung des allgemeinem Persönlichkeitsrechts gebildeten Fallgruppen432 gehört unter anderem das Recht auf Geheimnis427

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 8 Rn. 35. So auch Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C149. 429 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 7 Rn. 52 ff.; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), B.VIII. 6.a)bb); Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C149, m.w. N.; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 105; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 85, spricht davon, ein Verstoß gegen das BDSG könne eine Verletzung eines Schutzgutes oder des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein. 430 S. Simitis, in: Simitis/Dammann/Mallmann/Reh, BDSG (3. Aufl. 1981), § 4 Rn. 56 f.; S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 7 Rn. 68. 431 D. Klippel, BB 1983, 407, 411; Gola/Schomerus, BDSG, § 1 Anm. 2.1. 432 Vgl. auch die Darstellung von Einzelfallentscheidungen bei H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 64; während über den Inhalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Wesentlichen Einigkeit herrscht, erfolgt die Fallgruppenbildung eher uneinheitlich: W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 30, unterteilt in den Schutz der Privatsphäre und das Recht auf Selbstdarstellung oder informationelle Selbstbestimmung; ähnlich H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 37, der von Vertraulichkeit im privaten Raum und Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit spricht; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 223, unterscheidet zwischen den „Schutzbereichen“ Privatsphäre, Öffentlichkeitssphäre, informationelles Selbstbestimmungsrecht und persönliche Ehre; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 17, unter428

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

161

schutz und informationelle Selbstbestimmung433, das dem Einzelnen die Befugnis zumisst, selber über den Umfang der Erhebung und Verwertung von Informationen aus dem persönlichen Bereich und über die Offenbarung persönlicher Lebenssachverhalte zu bestimmen.434 Das informationelle Selbstbestimmungsrecht dient in diesem Sinne dem Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten.435 Es gewährt dem Individuum die Befugnis, selbst die persönlichen Sachverhalte zu bestimmen, die es dem Zugriff der Öffentlichkeit ganz oder teilweise entziehen will.436 Der Schutzbereichsumfang des informationellen Selbstbestimmungsrechts kann darüber hinaus auch

teilt in das Recht zur Selbstbestimmung über die Darstellung und kommerzielle Verwertung der Persönlichkeit, den Schutz vor Indiskretion, den Schutz vor Unwahrheiten, den Schutz von Ehre und Ruf und den Schutz vor für Leben und Freiheit gefährlichen öffentlichen Berichten und Meldungen; kritisch zur Geeignetheit der Fallgruppenbildung im Hinblick auf die Konkretisierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und zum Erfolg der bisherigen Bemühungen um eine Fallgruppenbildung J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 2 I.5., der für eine Fortentwicklung des Persönlichkeitsschutzes durch die Ausbildung besonderer Persönlichkeitsrechte plädiert (a. a. O. § 2 I.6.); gegen den Versuch der Konkretisierung durch die Entwicklung besonderer Persönlichkeitsrechte MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 9, mit dem Hinweis, das allgemeine Persönlichkeitsrecht sei einer Materialisierung durch Verknüpfung mit sinnlich wahrnehmbaren Gütern nicht zugänglich. 433 BVerfGE 65, 1, 41 ff., u. 67, 100, 142 f.; BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 83 ff.; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 72; C. Degenhart, JuS 1992, 361 ff.; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 66; H. D. Jarass, NJW 1989, 857, 858 f.; R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), 7.III.2.2; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C170 ff., C174; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 219 ff.; Larenz/ Wolf, AT, § 8 III.5., 6. u. 7., Rn. 30 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.4.; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 223, 275 ff., versteht hierunter die Befugnis des Einzelnen, über die Erhebung und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen; restriktiv Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 203 ff. 434 BVerfGE 65, 1, 42 f., u. 78, 77, 84, u. 84, 192, 194; BAGE 42, 375, 381 f., u. 46, 98, 102, u. 54, 365, 369 f.; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig (5. Aufl. 2000), Art. 2 Rn. 38; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 44; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 114, Rn. 177 (im Hinblick auf Datenerhebungen Privater), 170; S. Simitis, NJW 1984, 398, 399; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C174; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 102 ff., 116 ff.; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 219; Erman/H. Ehmann, Bd. 1 (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 304 ff.; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 100; Larenz/Wolf, AT, § 8 III.7., Rn. 32; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 282 ff., sieht als vom informationellen Selbstbestimmungsrecht geschützte Interessen das Interesse an Kenntnis von Speicherung und Verbleib personenbezogener Daten, das Interesse an Richtigkeit und Vollständigkeit der verarbeiteten Daten, das Interesse an der Kontextgebundenheit/Beachtung der Zweckgebundenheit und das Interesse an der Privatheit. 435 E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 21 f. 436 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), B.VIII.6.b).

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

durch verbindliche Abreden definiert werden: Ihre Missachtung bedeutet nicht nur eine Verletzung vertraglicher Pflichten, sondern auch eine deliktsrechtliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen.437 Geschützt werden keineswegs nur solche personenbezogenen Daten, die nach allgemeiner Anschauung eine besondere Sensibilität für den Rechtsgutsinhaber aufweisen. In seinem Volkszählungsurteil438 hat das BVerfG die Schutzbereichsgrenzen des informationellen Selbstbestimmungsrechts vielmehr sehr weit gefasst: Ausgangspunkt des BVerfGs ist die Kernaussage, dass der Einzelne grundsätzlich selbst zu entscheiden befugt ist, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Persönliche Sachverhalte sind hierbei solche, die einen Bezug zu einer bestimmten oder bestimmbaren Person aufweisen. Für eine abstrakte Unterscheidung zwischen unsensiblen, nicht schutzbedürftigen Daten und sensiblen Daten, die dem persönlichkeitsrechtlichen Schutz unterstellt werden müssen, sieht das BVerfG zutreffend keinen Raum. Der Grundsatz der Kontextgebundenheit personenbezogener Daten gebietet es, bei der Ermittlung der persönlichkeitsrechtlichen Bedeutung einer Information ihre sämtlichen Begleitumstände im Auge zu behalten. Die Bestimmung der Sensibilität einer Information ist nicht allein nach der Art der Angabe möglich, d.h. ein Datum kann nicht isoliert und losgelöst von jeglichem Kontext betrachtet werden. Mitentscheidend sind vielmehr Nutzbarkeit und Verwendbarkeit, die ihrerseits abhängen vom Zweck der Erhebung, der angewandten Informationstechnologie, der Möglichkeit zur Verbindung mit weiteren Informationen über den Betroffenen und eventuell anderen Umständen.439 A priori persönlichkeitsrechtlich belanglose personenbezogene Daten gibt es demzufolge nach dem Volkszählungsurteil nicht mehr.440 Hiernach gehören zu den vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützten Daten auch sämtliche personenbezogenen Informationen über die Athleten, die von den Verbänden aus Anlass von Entscheidungen in Dopingangelegenheiten genutzt werden. bb) Interessenabwägung Der anerkannten Systematik des allgemeinen Persönlichkeitsrechts folgend, ist die Rechtswidrigkeit der Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten, als die die Datenverwendungen anlässlich von Verbandsentschei437

MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 104. BVerfGE 65, 1, 45 f. 439 So auch M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.VIII.6.d)cc)(1), u. S. Simitis, NJW 1984, 398, 402. 440 So auch M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.VIII.6.a)aa). 438

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

163

dungen nach dem soeben Gesagten durchweg anzusehen sind, nicht durch deren Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern gesondert festzustellen. Soweit nicht – wie beim Vorliegen einer wirksamen Einwilligung des Datenberechtigten oder beim Eingreifen einer gesetzlichen Erlaubnisnorm – ein besonderer Gestattungstatbestand erfüllt ist, bedeuten Einschränkungen der Integrität personenbezogener Daten immer dann eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, wenn keine berechtigten und überwiegenden Interessen an der Datenverwendung geltend gemacht werden können.441 Besonders einzugehen ist an dieser Stelle auf die Rolle, die der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und der Zweckbindungsgrundsatz für die Rechtmäßigkeit der Datenverwendung Privater spielen. Art. 20 III GG, aus dem das Verhältnismäßigkeitsgebot hergeleitet wird, richtet sich ausschließlich an Legislative, Exekutive und Judikative und somit allein an die staatlichen Institutionen. Das Handeln Privater ist hiernach nicht an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden. Im Falle von Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht führt allerdings dessen Besonderheit als offener Tatbestand und die hieraus sich ergebende Notwendigkeit zur Feststellung der Rechtswidrigkeit im Wege einer Interessenabwägung442 dazu, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch für Datenverwendungen im Privatrechtsbereich Geltung erlangt.443 Dass diejenigen Überlegungen, die im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung eines hoheitlichen Eingriffsaktes für die Beurteilung von dessen Rechtmäßigkeit maßgeblich sind, ebenso für die Rechtmäßigkeitsprüfung eines privatrechtlichen Eingriffs anhand einer Interessenabwägung entscheidend sind, ist in Sinn und Funktion der Interessenabwägung begründet. 441

MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 111. H. Coing, Anm. zum Leserbrief-Urteil, JZ 1954, 700; H. Hubmann, JZ 1957, 521, 522, 526; H. C. Nipperdey/G. Wiese, in: Bettermann-Nipperdey, Die Grundrechte, Bd. IV/2 (1962), S. 835; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 8; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 208, 275; R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), 7.III.2.2; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C17; D. Medicus, Schuldrecht II, Besonderer Teil, § 141 I.; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 107 II., II.2; Larenz/Wolf, AT, § 8 IV., Rn. 36 ff.; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 408; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 219; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 13; G. Müller, VersR 2000, 797, 802; MüKo/ R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 132 ff.; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.C.III., S. 35 f., 1.E.III.2., die eine Vernachlässigung der Prüfung des Schutzbereichseingriffs und den voreiligen Eintritt in die Interessenabwägung beklagt (2.A.II.); Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II., weisen daraufhin, dass es der Interessenabwägung tatsächlich nur selten bedürfe, da teilweise schon tatbestandlich gar keine Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung vorliege, ggf. aber die Rechtswidrigkeit entgegen der h. L. weitgehend durchaus durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert sei. 443 Zur Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Zuge der Interessenabwägung bei Dopingregeln vgl. auch U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 51. 442

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemäß Art. 20 III GG stellt die Rechtmäßigkeit von Rechtseingriffen der öffentlichen Hand unter den Vorbehalt, dass diese zur Wahrung der vorrangigen Interessen des Eingreifenden geeignet, erforderlich – also mildestes Mittel – und schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne sein müssen, d. h. in ihrer Verletzungswirkung nicht außer Verhältnis zu dem mit der Handlung bezweckten Erfolg stehen dürfen.444 Die Interessenabwägung im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung von Persönlichkeitsrechtseingriffen Privater zielt auf die Beantwortung der Frage, ob der Eingreifende ein überwiegendes Interesse für die Beeinträchtigung der Rechte des Betroffenen für sich in Anspruch nehmen kann. Sie „funktioniert“ somit dergestalt, dass die mit der Maßnahme verbundene Rechtsbeeinträchtigung durch den Zweck gerechtfertigt wird, dessen Erreichung sie dient, weil dieser Zweck ein höherwertiges Interesse verkörpert. Hiernach besteht eine elementare Verknüpfung der Rechtmäßigkeit der Eingriffshandlung mit ihrer Dienlichkeit zur Erreichung der höherwertigen Ziele des Eingreifenden. Diese Dienlichkeit setzt jedoch zuallererst voraus, dass die Eingriffshandlung überhaupt zur Erreichung der Ziele geeignet ist, die als höherwertige Interessen des Eingreifenden angeführt werden. Ist sie dies nicht, fehlt es bereits aus diesem Grund an der notwendigen Verknüpfung zwischen Eingriff und rechtfertigendem Interesse. Ein überwiegendes Interesse an der Vornahme eines Rechtseingriffs, der vorrangigen Belangen dienen soll, aber die Eignung zur Wahrung dieser Belange nicht aufweist, ist auch im Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten nicht denkbar. Stehen mehrere gleichermaßen geeignete Maßnahmen zur Auswahl oder kann eine geeignete Maßnahme im Detail unterschiedlich ausgestaltet werden, ist ein überwiegendes Interesse des Eingreifenden an der Durchführung der eingriffsintensiveren Maßnahme oder Alternative nicht denkbar. Aus ihrer Zielsetzung heraus kommt der Interessenabwägung nicht nur die Funktion zu, die Bedeutung des beeinträchtigten Rechts und die Bedeutung des verfolgten Interesses als solche zu gewichten und einander gegenüberzustellen. Aufgabe einer umfassenden Interessenabwägung ist es vielmehr darüber hinaus, das als höherwertig erkannte Interesse auf eine Art und Weise durchzusetzen, die unnötige Beeinträchtigungen des zurücktretenden Interesses vermeidet. Persönlichkeitsrechtseingriffe Privater stehen hiernach ebenso wie Rechtseingriffe der staatlichen Gewalt unter dem Postulat des schonendsten Mittels. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne konzentriert sich auf die Frage, ob eine als solche geeignete und auch erforderliche Eingriffsmaßnahme nicht dennoch unzulässig ist, weil die dadurch bewirkte Rechtsgutsbeeinträchtigung ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach in einem unangemessenen 444 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C192 ff.; diese Struktur folgt dem Verständnis des BVerfG vom Inhalt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, vgl. hierzu und zu abweichenden Ansichten E. Grabitz, AöR 98, 569, 570 f.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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Verhältnis zu den damit verfolgten Interessen steht. Da auch die zentrale Prüfung im Rahmen der Interessenabwägung die Gegenüberstellung und Gewichtung der kollidierenden Interessen zum Gegenstand hat, stellt die nach dem Verhältnismäßigkeitsgebot durchzuführende Angemessenheitsprüfung geradezu den Kern der Interessenabwägung bei Persönlichkeitsrechtseingriffen dar. Ähnlich wie für den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stellt sich auch für den Zweckbindungsgrundsatz die Frage, inwieweit er von Privatrechtssubjekten bei ihrer Datenverwendung zu beachten ist. Während für den Bereich des öffentlichen Rechts unbestritten die Prämisse gilt, dass die Verwendung von Daten auf den vom Gesetzgeber zu bestimmenden Zweck begrenzt sein und dieser Zweck hinreichend deutlich in den Rechtsgrundlagen für die Datenverwendung zum Ausdruck kommen muss,445 ist dies für den privatrechtlichen Bereich nicht durchweg anerkannt. Vielmehr wird teilweise vertreten, die Datenverwendung im Bereich des Privatrechts solle nicht unter dem engen Zweckbindungsgebot, sondern lediglich unter einem Missbrauchsverbot stehen.446 Diese nahezu völlige Loslösung vom Zweckbindungsgrundsatz wird jedoch zu Recht abgelehnt.447 Für die Verwendung auf der Grundlage von § 28 I BDSG erhobener Daten ist sowohl die Beschränkung auf die diese Datenverwendung überhaupt erst legitimierenden Zwecke als auch die Pflicht zur Dokumentation dieser Zwecke von § 28 I BDSG explizit vorgegeben. Geschieht die Datenverwendung im Anwendungsbereich des BDSG oder auch außerhalb dieses Anwendungsbereiches auf der Grundlage einer Einwilligung des Betroffenen, gilt hinsichtlich der konkreten Festlegung der Verwendungszwecke und der Beschränkung der Verwendung auf das für diese Zwecke Notwendige Folgendes: Nach der Gesetzessystematik des BDSG wie auch des § 823 I BGB unterliegt die Verwendung personenbezogener Daten einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Soweit nicht besondere Rechtfertigungsgründe vorliegen, ist eine Datenverwendung daher nur dann und auch nur insoweit zulässig, wie sie von der Einwilligung des Datenberechtigten erfasst ist. Die Einwilligungserklärung nimmt inhaltlich Bezug auf diejenigen Rechtseingriffe, die sich der Einwilligungsempfänger bewilligen lassen will. Für ihre Auslegung ist dann aber der konkrete Umfang der beabsichtigten Datenverwendung von entscheidender Bedeutung.448 So kann sie nur solche Eingriffe abdecken, in die einzuwilligen sich der Rechtsgutsinhaber im Moment ihrer Abgabe auch tat445

So auch S. Simitis, NJW 1984, 398, 402 f. Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.5.e); W. Zöllner, DB 1984, 241, 245 f., der die unmittelbare Übertragbarkeit des für die staatliche Datenverarbeitung formulierten Zweckbindungsgrundsatzes auf die privatrechtliche Datenverarbeitung verneint. 447 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C175. 448 Vgl. auch J. Frömming/B. Peters, NJW 1996, 958, 959, die bei der Auslegung der Einwilligung auf ihre Reichweite hin auf die im Urheberrecht entwickelte Zweckübertragungslehre zurückgreifen wollen. 446

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

sächlich vorgestellt hat. Nur bezüglich derjenigen Datenverwendungen, von denen der Betroffene im Moment der Einwilligung hinreichend konkret Kenntnis hat, erklärt er somit seine Zustimmung.449 Die Reichweite der Einwilligung des Betroffenen ist daher unmittelbar von der Kenntnis der Verwendungszwecke abhängig. Auf einen Verwendungszweck, der bei Abgabe der Einwilligung nicht zur Sprache kommt, bezieht sich die Einwilligung nicht. In den Fällen der Datenverwendung auf der Grundlage einer Einwilligung des Betroffenen ergibt sich die Geltung des Zweckbindungsgrundsatzes hiernach bereits aus der Anwendung der allgemeinen Regeln für Willenserklärungen. Fällt die Datenverwendung nicht in den Anwendungsbereich des BDSG und beruft sich der Verwender ausschließlich auf ein überwiegendes Interesse, erlangt der Zweckbindungsgrundsatz im Rahmen der Interessenabwägung Bedeutung. Hierbei sind auf Seiten des Betroffenen die Belastungen in Rechnung zu stellen, die ihm durch den Eingriff entstehen. Auf Seiten des Eingreifenden sind die Ziele zu gewichten, die mit dem Eingriff verfolgt werden. Sowohl die aus einer Datenerhebung erwachsenden Belastungen als auch die damit verfolgten Ziele können allerdings nur unter der Voraussetzung konkret benannt werden, dass die Zwecke der Datenerhebung abschließend feststehen und in der Weise dokumentiert sind, dass ihre Festlegung auch im Falle späterer Streitigkeiten nachgewiesen werden kann. Auch im Falle einer Datenverwendung, die nicht in den Anwendungsbereich des BDSG fällt, ist hiernach der Zweckbindungsgrundsatz unbedingt zu beachten, um die Datenverwendung ihrem Umfang nach fassbar und hierdurch der Überprüfung im Wege der Interessenabwägung zugänglich zu machen.450 Im Rahmen der Interessenabwägung sind auch diejenigen Fälle aufzugreifen, in denen die Datenverwendung durch den Verband einschlägige Bestimmungen des BDSG missachtet oder missachtet hat, der Verstoß vom BDSG jedoch nicht mit der Unverwertbarkeit der Daten belegt wird. Nachdem das BDSG keine abschließende Regelung für die Verwendung und den Schutz der personenbezogenen Daten der Athleten darstellt, ist die Datenverwendung auch dann anhand der Maßstäbe des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf ihre Zulässigkeit hin zu überprüfen, wenn sie vom BDSG nicht untersagt wird. Missachtet der Verband Vorgaben des BDSG, die der Minimierung der Gefahren dienen, die für den Datenberechtigten mit der Datenverwendung verbunden sind, führt dies zu einer höheren Gefährdung seines informationellen Selbstbestimmungsrechts. Diese höhere Gefährdung hat im Rahmen der Interessenabwägung hinsichtlich der Datenverwendung für Verbandsentscheidungen insofern Berücksichtigung zu finden, 449 So auch M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.V.4. 450 Zur Geltung des Zweckbindungsgrundsatzes als allgemeingültige Maßgabe für die Behandlung persönlichkeitsrechtsrelevanter Umstände vgl. Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 225 ff.

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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als sie sich erhöhend auf das Gewicht der Interessen der Athleten auswirkt, die durch den Eingriff berührt werden. Je schwergewichtiger jedoch die gegen eine Datenverwendung sprechenden Interessen der Athleten sind, umso bedeutsamer müssen die Interessen sein, die vom Verband für die Datenverwendung ins Feld geführt werden. Hat der Verband bei der Datenverwendung Vorgaben des BDSG missachtet, ist hiernach jeweils im Einzelfall festzustellen, in welchem Maße sich die Gefahr für das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten hierdurch erhöht hat und ob die vom Verband zur Rechtfertigung des Eingriffs angeführten Interessen dennoch zur Legitimation des Eingriffs ausreichen. Losgelöst vom Einzelfall sind die einzelnen Verstöße tendenziell wie folgt zu gewichten: Der Grundsatz der Datenvermeidung und der Datensparksamkeit stellt einen elementaren Grundsatz des Datenschutzrechts dar: Gefahren für das informationelle Selbstbestimmungsrecht lassen sich am einfachsten und am sichersten dadurch vermeiden, dass Daten gar nicht erst erhoben oder verwendet werden. Verstöße gegen diesen Grundsatz setzen daher eine erste, entscheidende Bedingung für Verletzungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts. Da gleichzeitig der Verstoß gegen den Grundsatz der Datenvermeidung und -sparsamkeit dadurch gekennzeichnet ist, dass die betreffende Datenverwendung zur Erreichung der Erhebungszwecke gar nicht erforderlich ist, kann er auch dann schon zur Unzulässigkeit der Datenverwendung führen, wenn er deren Intensität als Persönlichkeitsrechtseingriff nur geringfügig erhöht. Aus dem Blickwinkel des Datenverwenders betrachtet, kann die an sich unnötige Datenverwendung nur durch den Nachweis gerechtfertigt werden, dass der Aufwand zu ihrer Verhinderung so groß wäre, dass das Interesse an der Vermeidung dieses Aufwands schwerer wiegt als das Interesse des Betroffenen an der Unterlassung der nicht zweckdienlichen Datenverwendung. Der Verstoß gegen die Meldepflichten und die Pflicht zur Vorabkontrolle nach den §§ 4d und e BDSG stellt sich im Vergleich zur unzureichenden Datenvermeidung und -sparsamkeit als deutlich weniger schwerwiegende Gefährdung des informationellen Selbstbestimmungsrechts dar, da er sich nicht unmittelbar auf den Umfang der Datenverwendung auswirkt. Die Anordnung einer Vorabkontrolle soll die Risiken für den Betroffenen dadurch vermindern, dass die Zulässigkeit einer beabsichtigten Datenverarbeitung noch vor ihrer Durchführung von einer neutralen Stelle überprüft wird.451 Die Meldepflicht soll gewährleisten, dass den zuständigen Aufsichtsstellen besonderes risikoreiche Datenverarbeitungen zur Kenntnis gelangen, um ihnen die Wahrnehmung ihrer Aufsichtsfunktion zu ermöglichen.452 Meldepflicht und Vorabkontrolle dienen hiernach der präventiven Verhinderung möglicher Verletzungen des informationellen Selbstbestim451 452

T. B. Petri, in: S. Simits, BDSG, § 4d Rn. 1. T. B. Petri, in: S. Simits, BDSG, § 4d Rn. 3.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

mungsrechts. Zwar erwächst beiden Einrichtungen eine erhöhte Bedeutung aus dem Umstand, dass sie im Hinblick auf die angewandte Datenverarbeitungstechnik oder im Hinblick auf die verarbeiteten Daten für das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Dateninhaber besonders schadensträchtige Datenverarbeitungen betreffen. Da jedoch aufgrund ihres Charakters als Präventionsregelungen im Falle ihrer Missachtung nicht automatisch von einer Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts durch die eigentliche Verarbeitung auszugehen ist, vermag ein diesbezüglicher Verstoß der verantwortlichen Stelle im Regelfall kein überwiegendes Interesse des Datenberechtigten an der Unterlassung der Datenverwendung zu begründen. Ebenso wie die Meldepflicht und die Pflicht zur Vorabkontrolle stellt auch die Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten nach § 4f BDSG eine Präventivmaßnahme dar, deren Versäumung die Rechtmäßigkeit der Datenverwendungen der verpflichteten Stelle nicht unmittelbar berührt. Ohne die Bedeutung eines Datenschutzbeauftragten für die Absicherung der Rechtmäßigkeit der Datenverwendungen zu unterschätzen, kann das pflichtwidrige Unterlassen seiner Bestellung mangels unmittelbarer Verknüpfung mit der Rechtmäßigkeit der Datenverwendung im Regelfall ebenfalls kein überwiegendes Interesse des Datenberechtigten an der Unterlassung der Datenverwendung begründen. Wieder deutlich unmittelbarer wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Dateninhabers von der Missachtung der Vorgaben berührt, die § 5 BDSG im Hinblick auf die Wahrung des Datengeheimnisses aufstellt. Da die Verpflichtung der mit der Datenverarbeitung beschäftigten Personen auf das Datengeheimnis oftmals überhaupt erst deren Bewusstsein für ihre Datenschutzpflichten wecken und durch die Betonung dieser Pflichten erheblich zur Disziplinierung bezüglich ihrer Einhaltung beitragen wird, resultiert aus der Unterlassung der Verpflichtung eine sehr direkte Gefährdung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Datenberechtigten. Andererseits ist in den Fällen eines Verstoßes gegen § 5 BDSG zu beachten, dass die Pflicht der mit der Datenverarbeitung Beschäftigten zur Wahrung des Datengeheimnisses durch die einzuholende Verpflichtungserklärung nicht begründet wird, sondern in Form der Pflicht zur Achtung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 I BGB bereits besteht. Da der Schwerpunkt des Geschehens im Falle eines Verstoßes gegen § 5 S. 1 BDSG seitens mit der Datenverarbeitung beschäftigter Personen nicht in der fehlenden Verpflichtung gemäß § 5 BDSG, sondern in der Begehung der unerlaubten Handlung zu verorten ist, die die unbefugte Datenverwendung durch die beschäftigten Personen darstellt, erlangt auch der Verstoß gegen § 5 BDSG durch den Verband im Regelfall kein derartiges Gewicht, dass er zum Überwiegen des Sportlerinteresses an der Unterlassung einer Datenverwendung führt. Sehr direkte Auswirkungen auf das Maß der Gefährdung, die dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen aus einer Datenverwendung

II. Verwertbarkeit personenbezogener Informationen

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droht, hat die unzureichende Umsetzung der Maßgaben, die nach § 9 BDSG und der zu § 9 BDSG gehörenden Anlage zum BDSG geboten sind. Die technischen und organisatorischen Maßnahmen, die hiernach von den Datenverwendern zu treffen sind, wirken sich unmittelbar auf den Umfang der Verfügbarkeit der verwendeten Daten, die Kontrolle der Datenverwendung, die Beachtung der Zweckbindung und die Sicherung der Daten vor Zerstörung und Verlust aus. Mängel in diesen Bereichen begründen sehr unmittelbar die Gefahr des Datenmissbrauchs in Form der Kenntnisnahme und Verwendung durch Unbefugte sowie der unzulässigen Verwendung durch an sich Befugte oder sonstiger Schäden wie Verfälschung, Zerstörung oder Verlust. Zwar handelt es sich auch bei den nach § 9 BDSG gebotenen Maßnahmen um Vorkehrungen, deren Versäumung allein noch nicht zur Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts führt. Soweit die Versäumung zu nicht mehr kontrollierbaren Gefährdungen führt, wie sie insbesondere im Falle der unzureichenden Sicherung der Daten vor dem Zugriff durch unbefugte Dritte zu konstatieren sind, ist die Realisierung der Gefahr jedoch so wahrscheinlich, dass bereits von einer schadensgleichen Gefährdung gesprochen werden kann. Die Missachtung des § 9 BDSG und seiner Anlage wird daher in einer Vielzahl der Fälle dazu führen, dass an sich rechtmäßige Datenverwendungen in demjenigen Umfang unzulässig sind, wie die Sicherheit der Daten wegen der unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen nicht in der vom BDSG und vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht gebotenen Weise gewährleistet ist. Soweit die Verbände die Datenverwendung nicht selber durchführen, sondern andere Stellen damit beauftragen, haben sie bei der Auftragserteilung die Auswahl- und Dokumentationspflichten gemäß § 11 II BDSG zu beachten. Kommen die Verbände dieser Verpflichtung nicht nach, kann dies zu ernsthaften Gefährdungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Sportler führen, etwa weil es der beauftragten Stelle an der erforderlichen Zuverlässigkeit und somit an der Geeignetheit fehlt oder der Umfang der Datenverwendung der beauftragten Stelle nicht hinreichend festgelegt ist. Allein die fehlende Sorgfalt bei der Auswahl des Auftragsverarbeiters führt noch nicht unmittelbar zu einer erhöhten Gefährdung der Datenschutzinteressen der Dateninhaber, da auch ein unsorgfältig ausgewählter Auftragnehmer bestens geeignet sein kann. Auch ist nicht davon auszugehen, dass unsorgfältig ausgewählte Auftragnehmer die erforderliche Eignung im Regelfall nicht besitzen. Im Falle eines Verstoßes gegen die Pflicht zur sorgfältigen Auswahl sind daher die Datenschutzinteressen der Dateninhaber regelmäßig erst dann spürbar beeinträchtigt, wenn tatsächlich eine ungeeignete Stelle beauftragt worden ist. Demgegenüber begründen unzureichende Vorgaben für die Datenverwendung der beauftragten Stelle sehr viel eher die Gefahr einer unzulässigen Datenverwendung. Insbesondere wenn die Zwecke, für die die Daten erhoben worden sind, nicht lückenlos mitgeteilt oder nicht umfassend in den Vorgaben für die beauftragte Stelle verarbeitet sind, liegt die Gefahr einer unzulässigen Datenverwendung durch die beauftragte Stelle nahe. Je nach dem, wel-

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

che Mängel die Auftragserteilung im konkreten Fall aufweist, kann der diesbezügliche Verstoß gegen § 11 II 2 BDSG durchaus zu einem überwiegenden Interesse des Dateninhabers an der Unterlassung der Datenverwendung führen. Die Kenntnis des Datenberechtigten von der Speicherung seiner Daten ist – ähnlich wie die Kenntnis von der Datenerhebung – zentrale Bedingung dafür, dass ihm die Überprüfung und Kontrolle der Datenverwendung ermöglicht wird. Beschränkt sich der Umfang der Datenverwendung ohne Kenntnis des Betroffenen auf deren Erhebung, besteht die Gefährdung seiner Rechte darin, dass Informationen über seine Person im flüchtigen Zustand Dritten zur Kenntnis gelangt sind. Werden seine Daten demgegenüber ohne seine Kenntnis gespeichert, ist der Eingriff in seine Rechte potentiell von unbegrenzter Dauer, da seine Daten solange zur Verfügung der speichernden Stelle stehen, bis sie wieder gelöscht oder auf andere Weise zerstört oder unerreichbar werden. Der Verstoß gegen die Benachrichtigungspflicht aus § 33 BDSG stellt sich unter diesem Aspekt als noch schwerwiegenderer Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dar als die bloße Erhebung ohne Unterrichtung des Betroffenen. Erst recht ist sie im Vergleich zur Versäumung der Unterrichtung gemäß § 4 III BDSG als intensiverer Eingriff in die Datenschutzrechte des Betroffenen anzusehen, da die Unterrichtung nach § 4 III BDSG lediglich die Information über Details der Datenerhebung zum Gegenstand hat, jedoch bereits von der Kenntnis des Betroffenen bezüglich der Datenerhebung als solcher ausgeht. Wenn daher der BDSG-Gesetzgeber schon im Falle der Versäumung der Unterrichtung gemäß § 4 III BDSG von der Unzulässigkeit der Datenverwendung ausgeht, ist nach den Maßstäben des BDSG die Datenspeicherung ohne Kenntnis des Betroffenen erst recht als Grund für die Unzulässigkeit der Datenverwendung anzusehen.453 Vor dem Hintergrund dieser Wertung ist davon auszugehen, dass die Versäumung der Unterrichtung des Betroffenen nach § 33 BDSG in der Mehrzahl der Fälle im Rahmen der Interessenabwägung zu dem Ergebnis führen wird, dass ein überwiegendes Interesse des Betroffenen an der Unterlassung der Datenverwendung besteht. c) Ergebnis: Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für die Verwertbarkeit personenbezogener Sportlerdaten bei Verbandsentscheidungen Die für das allgemeine Persönlichkeitsrecht geltenden Grundsätze sind auch dann auf die Datennutzung anlässlich von Verbandsentscheidungen anwendbar, wenn diese Datennutzung vom Anwendungsbereich des BDSG umfasst ist. Vom informationellen Selbstbestimmungsrecht geschützt wird jede personenbezogene Information über die Sportler, die zur Verwertung für die Verbandsentscheidung herangezogen werden soll, mag sie auch noch so belanglos erscheinen. Liegt 453

A. Dix, in: Simitis, BDSG, § 33 Rn. 43.

III. Kündigung von Sponsorenverträgen

171

keine wirksame Einwilligung des betroffenen Athleten vor und ist auch kein sonstiger Rechtfertigungstatbestand erfüllt, kann die Verwertung von Informationen über den Sportler für die Verbandsentscheidung nur durch ein überwiegendes Interesse des Verbands gerechtfertigt werden. Die Struktur des Abwägungsvorgangs bedingt, dass nur zur Erreichung der verfolgten Interessen geeignete, erforderliche und im engeren Sinne verhältnismäßige Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler zulässig sind. Die Begründung eines überwiegenden Interesses des Verbandes setzt voraus, dass bei der Erhebung der zu verwertenden Daten der Zweckbindungsgrundsatz beachtet wurde und dass die Verwertung zu Zwecken der Verbandsentscheidung im Rahmen der festgelegten Zwecke genannt ist. Werden im Zuge der Verwertung der Informationen für die Verbandsentscheidung einschlägige Vorgaben des BDSG verletzt, deren Missachtung durch das BDSG selber nicht mit einem Verwertungsverbot geahndet wird, kann sich die Unverwertbarkeit dennoch aus der Überprüfung der Datenverwendung anhand der Maßstäbe des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergeben. Von der Unverwertbarkeit ist in diesem Fall dann auszugehen, wenn die vorzunehmende Interessenabwägung zum Ergebnis hat, dass der Verstoß gegen die Bestimmungen des BDSG zu einer Intensivierung des Eingriffs führt, die die Annahme eines überwiegenden Interesses des Verbandes verhindert.

III. Kündigung von Sponsorenverträgen auf der Grundlage von Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten Die Stars der Sportszene erzielen für gewöhnlich einen guten Teil ihrer Einnahmen nicht als Vergütung für die Dienstleistung Sport oder aus Preisgeldern und Prämien, die sie für die Erzielung von Spitzenleistungen erhalten, sondern aus der Vermarktung ihrer Person und ihrer sportlichen Erfolge durch den Abschluss von Sponsorenverträgen.454 Den Presseberichten über die Vertragsabschlüsse mit den Sportveranstaltern und die ausgelobten Preisgelder einerseits und über die Sponsorenverträge andererseits ist zu entnehmen, dass bei den „Superstars“ die Höhe der Sponsorengelder die Einnahmen aus der eigentlichen Sportlertätigkeit sogar oftmals erheblich übersteigt. In den selteneren Fällen tritt der Sponsor als uneigennütziger Mäzen auf, der den Athleten allein aus Liebe zum Sport, aus der besonderen Wertschätzung seiner Person oder aus sonstigen ideellen Motiven heraus unterstützt. Das gängige Geschäftsmodell im Bereich

454 Zur Problematik des kokurrierenden Sponsoring im Falle von Sponsorenverträgen der Verbände und der Athleten vgl. K. Vieweg, Innehabung und Durchsetzung sponsoringrelevanter Rechte, S. 30 ff.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

des Sponsoring ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass sich der Sportler im Gegenzug für die zugesagten Unterstützungsleistungen dazu verpflichtet, sein positives Renommee zu Werbemaßnahmen für die Zwecke des Sponsors zur Verfügung zu stellen.455 Unabhängig davon, ob die Unterstützung des Athleten mit oder ohne Gegenleistung des Sportlers erfolgt, wird die Beziehung zwischen den Parteien des Fördervertrags durch die Verwicklung des Athleten in Dopingvorfälle regelmäßig empfindlich gestört: Der Mäzen, der als eine Art „Idealsponsor“ aus ideellen Motiven fördert, sieht den Athleten, der seinerseits die Ideale des Sports verraten hat, als nicht mehr förderwürdig an. Der Werbesponsor ist anstelle des positiven Werbeeffekts plötzlich mit einem Negativeffekt konfrontiert, der sich daraus ergibt, dass nicht mehr das Positivimage eines Sportidols, sondern das Negativbild eines „Sportbetrügers“ mit seinem Produkt in Verbindung gebracht wird. Sowohl für den Idealsponsor als auch für den Werbesponsor wird die Verwicklung des Athleten in Dopingvorwürfe daher regelmäßig Anlass sein, die Beendigung der Sponsorenbeziehung anzustreben. Da im Normalfall die Feststellung des Dopingverstoßes durch den zuständigen Sportverband die erste Entscheidung in einer Dopingangelegenheit darstellt, durch die der Dopingvorwurf auf der Grundlage eines geregelten Verfahrens bestätigt wird, das rechtsstaatlichen Anforderungen genügt, liegt es für die Sponsoren nahe, den Ausgang des Verbandsverfahrens abzuwarten und den vom Verband für schuldig befundenen Athleten sodann unter Berufung auf die Verbandsentscheidung vom weiteren Sponsoring auszuschließen. Ist die Beendigung des Vertragsverhältnisses nach der Feststellung eines Dopingverstoßes durch den Verband wirksam im Sponsoringvertrag geregelt, kann sich der Sponsor hierzu auf die Beendigungsklausel berufen; fehlt es an einer entsprechenden Regelung im Sponsorvertrag, ist durch den Sponsor darzulegen und nachzuweisen, dass ihm die Fortsetzung des Sponsoringvertrages infolge der Dopingverurteilung unzumutbar und deshalb ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung nach allgemeinen Regeln gegeben ist. In beiden Fällen stellt sich die Frage, inwieweit die Berufung auf die Verbandsentscheidung als maßgeblichen Beendigungsgrund mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte des Sportlers zulässig ist.

455 Während die Förderung beim Sponsoring die Erreichung eigener Marketingziele durch die Gegenleistung des Gesponsorten bezweckt, beruht das Mäzenatentum nicht auf dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung, sondern erfolgt zumeist aus altruistischen Motiven, so dass Gegenleistungen nicht erwartet werden oder zumindest nicht von ausschlaggebender Bedeutung sind, vgl. H. P. Liebmann/J. Zentes, Handelsmanagement (2001), S. 534. Zum Begriff des Sponsoring vgl. auch K. Vieweg, Faszination Sportrecht (2006), S. 28 f., u. ders., SpuRt 1994, 6.

III. Kündigung von Sponsorenverträgen

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1. Zulässigkeit der Verwertung nach dem BDSG Handelt es sich bei der Verwendung der Verbandsentscheidung zur Begründung der Kündigung des Sponsorvertrages um einen Vorgang, der in den Anwendungsbereich des BDSG fällt, ist zu ermitteln, welche i. S. d. BDSG relevanten Handlungen mit der Heranziehung der Ergebnisse von Verbandsentscheidungen verbunden sind und ob die beteiligten Stellen mit der Datenverwendung gegen nach dem BDSG bestehende Pflichten verstoßen. a) Anwendbarkeit des BDSG auf die Verwertung von Verbandsentscheidungen durch Sponsoren Davon ausgehend, dass die Sponsoren ebenso durchweg als nicht-öffentliche Stellen i. S. d. BDSG einzuordnen sind wie die Verbände und Veranstalter, gilt zur Anwendbarkeit der Bestimmungen des BDSG das oben hinsichtlich der Geltung für die Verbände und Veranstalter Gesagte456 entsprechend. Kerninhalt der Information, die ein Sponsor der Verbandsentscheidung entnehmen kann, ist die Tatsache des Dopingverstoßes durch den Sportler und gleichzeitig der Umstand, dass sich der Dopingvorwurf nicht mehr nur auf einen bloßen Verdacht beschränkt, sondern in einem geeigneten Kontrollverfahren bestätigt worden ist. Da es sich bei diesen Informationen um Einzelangaben handelt, die sich auf die persönlichen und sachlichen Verhältnisse des Athleten beziehen, stellen sie personenbezogene Daten i. S. d. § 1 I und II BDSG dar. Da die Verbandsentscheidungen, von denen der Sponsor sich Kenntnis verschafft, bereits bei den Verbänden und eventuell anderen beteiligten Stellen gespeichert sind, stellt die Informationsbeschaffung keine Datenerhebung i. S. d. §§ 1 II Nr. 3, 3 III BDSG mehr dar. Der Sponsor erhebt die Daten nicht mehr selber, sondern erhält sie im Wege der Übermittlung durch den Verband oder auch durch die Medien, die die Information über den Dopingverstoß veröffentlichen. Speichert der Sponsor sodann die Information, indem er sie auf einem Datenträger festhält, wovon regelmäßig auszugehen sein dürfte, stellt dies eine Verarbeitung i. S. d. §§ 1 II Nr. 3, 3 IV Nr. 1 BDSG dar. Durch die Verwendung der Information zur Entscheidung über die Beendigung des Sponsorvertrages wird sie schließlich i. S. d. §§ 1 II Nr. 3, 3 V BDSG seitens des Sponsors genutzt. Erfolgen diese Datenverwendungen unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen oder in oder aus nicht automatisierten Dateien, ist die Anwendbarkeit der Bestimmungen des BDSG gemäß § 1 II Nr. 3 BDSG eröffnet,457 soweit die Verwen456

Vgl. oben B.II.1.a). Hierbei müssen im EU- oder EWR-Ausland belegene Sponsoren das BDSG nur dann beachten, wenn die Datenverwendung durch eine Niederlassung in Deutschland erfolgt, sonstige ausländische Sponsoren insoweit, als sie die Informationen in Deutschland verarbeiten oder nutzen (§ 1 V BDSG). 457

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

dungen nicht aufgrund der besonderen Umstände des Sponsors durch andere bundesrechtliche Vorschriften geregelt werden. Ein Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen ist bereits dann gegeben, wenn die Information über die Verbandsentscheidung Eingang in die EDV des Sponsors findet, z. B. durch die Aufnahme in eine elektronische Akte zum Sponsorvertrag oder in sonstige den Sponsorvertrag betreffende Dateien. b) Gestattungstatbestand nach § 4 I BDSG Findet das BDSG angesichts der spezifischen Umstände des Einzelfalls Anwendung – wovon angesichts der verbreiteten Übung, Vertragsbeziehungen unter Verwendung von EDV-Anlagen zu verwalten, im Regelfall auszugehen sein dürfte – bedarf es für die Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß § 4 I BDSG einer Erlaubnisnorm oder der Einwilligung des Sportlers. aa) Einwilligung Die Einwilligung hat in einer eindeutigen Willenserklärung des Inhalts zu bestehen, dass der Athlet mit der Verwendung einer ihn betreffenden Verbandsentscheidung, durch die ein Dopingverstoß zu seinen Lasten festgestellt wird, zum Zwecke der Entscheidung über Fortbestand oder Beendigung des Sponsorenvertrags einverstanden ist. Sollen durch die Einwilligung weitere Datenverwendungen wie spezielle Erhebungsbefugnisse, etwa durch Anfrage des Sponsors beim zuständigen Verband, oder die Speicherung der mit der Verbandsentscheidung erhaltenen Information gesichert werden, muss die Einwilligung in eindeutiger Weise auch auf diese Datenverwendungen bezogen sein. Anders als die Zustimmung zur Geltung des Dopingkontrollreglements gegenüber den Veranstaltern und Verbänden begegnet die Einwilligung in die Datenverwendung des Sponsors keinen Bedenken im Hinblick auf ihre Freiwilligkeit. Da für den Athleten die Möglichkeit besteht, auf den Vertragsabschluss mit dem Sponsor zu verzichten, ohne damit den Zugang zu den für seine Berufsausübung notwendigen Veranstaltungen und Wettkämpfen zu verlieren, fehlt es an der Abhängigkeit des Sportlers vom Vertragsschluss und an der Übermächtigkeit des Vertragspartners, durch die die Beziehung zwischen Sportler und Verbänden und Veranstaltern geprägt ist. Anders stellt sich die Situation allerdings dann dar, wenn der Sponsorenvertrag, in dem die Dopingfreiheit der gesponsorten Athleten als Förderbedingung festgeschrieben ist, zwischen Verband und Sponsor besteht. Der Sponsor kann sich in diesem Fall entweder selber das Recht ausbedingen, vom Verband entsprechend informiert zu werden und selber über die Fortführung der Unterstützung des gedopten Sportlers zu entscheiden, oder aber im Sponsorenvertrag dem Verband die Verpflichtung auferlegen, in Dopingfällen die Konsequenzen für die Förderung des betroffenen Athleten zu ziehen. Sichert sich der

III. Kündigung von Sponsorenverträgen

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Verband die Möglichkeit zur Erfüllung der hieraus resultierenden vertraglichen Verpflichtungen – Meldung von Dopingfällen an den Sponsor oder eigenständige Verwendung der Dopinginformationen zur Steuerung des Sponsorings – dadurch, dass er den Vertragsschluss mit dem Sportler von dessen Zustimmung zur Verwendung der Dopingdaten entweder durch den Sponsor oder den Verband abhängig macht, kann von der Freiwilligkeit der Zustimmung des Athleten zur Datenverwendung nicht mehr ohne weiteres ausgegangen werden. Da in diesen Fällen die aus der Monopolstellung der Vereine und Verbände einerseits und der Abhängigkeit des Sportlers von dem Vertragsschluss andererseits resultierende Zwangssituation zum Tragen kommt, hängt die Freiwilligkeit der Zustimmung hier wiederum von einem überwiegenden Interesse der Vereine und Verbände an der Datenverwendung ab. Das notwendige überwiegende Interesse kann der Verband in diesem Fall für sich in Anspruch nehmen, da sein Bedürfnis nach Sicherung der Umsetzung der Veinszwecke durch Sponsorenunterstützung das Interesse des einzelnen Sportlers an der Unterlassung der Weitergabe der Dopinginformationen übertrifft, soweit sich die Informationsweitergabe auf das zur Steuerung des Sponsorenvertrages erforderliche Maß beschränkt.458 Die Einwilligung bedarf gemäß § 4a I 3 BDSG der Schriftform. Ist sie als eine von vielen Regelungen im Sponsorenvertrag niedergelegt, muss sie gemäß § 4a I 4 BDSG besonders hervorgehoben sein. bb) Gestattung der Verwertung durch § 28 BDSG Verfügt der Sponsor nicht über eine Einwilligung des Athleten zur Verwendung der Verbandsentscheidung, kommt eine Gestattung der Datenverwendungen durch § 28 BDSG in Betracht: Sind die Voraussetzungen für die Anwendung aller drei Alternativen des § 28 I 1 BDSG erfüllt, stellt sich die Frage, ob es der verantwortlichen Stelle freisteht, nach eigenem Gutdünken eine der Alternativen zur Rechtfertigung ihrer Datenverwendung heranzuziehen, oder ob ein Rangverhältnis zwischen den Nr. 1 bis 3 des § 28 I 1 BDSG besteht. Dem Wortlaut des § 28 I 1 BDSG lässt sich eine Rangfolge der Zulässigkeitsalternativen nicht entnehmen. Da jedoch für sämtliche nach § 28 I 1 BDSG zulässige Datenverwendungen das zwischen den Parteien bestehende Vertrags- oder vertragsähnliche Verhältnis als eigentlicher Anlass für die Datenverarbeitung im Raum steht, ist § 28 I 1 dahingehend auszulegen, dass sich sämtliche Zulässigkeitsalternativen primär an der vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien orientieren. Den Nummern 2 und 3 des § 28 I 1 BDSG kommt hiernach nur eine komplementäre Funktion in dem Sinne zu, dass sie dort aushelfen sollen, wo die verantwortliche Stelle vor dem Hintergrund des Vertragsverhältnisses Daten benötigt, die sich nicht mit Rücksicht auf den 458

Zu diesem erforderlichen Maß s. sogleich unten B.III.1.b)bb)(1).

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Zweck der jeweiligen vertraglichen Beziehung erheben, verarbeiten oder nutzen lassen.459 Aus diesem Verständnis des § 28 I 1 BDSG heraus ist zunächst die Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zu prüfen. (1) Erforderlichkeit zu Zwecken des Sponsorenvertrags, § 28 I 1 Nr. 1 BDSG Die Verwendung der Dopingverbandsentscheidung durch den Sponsor ist nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zulässig, soweit sie für die Begründung, Durchführung oder Beendigung des mit dem Athleten geschlossenen Sponsorenvertrages erforderlich ist, wobei im Falle sensitiver Daten i. S. d. § 28 VI BDSG dessen besondere Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Besteht der Sponsorenvertrag zwischen Sponsor und Verband, kommt die Anwendung des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG mangels der erforderlichen Nähebeziehung zwischen Sponsor und dem Sportler als dem Betroffenen im Sinne der Vorschrift nicht in Betracht. Für die Erforderlichkeit zur Begründung, Durchführung oder Beendigung ist ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang zwischen der beabsichtigten Verwendung und dem konkreten Vertragszweck notwendig, wobei sich der Vertragszweck entweder aus dem Vertragstext oder aus dem gesamten Vertragsinhalt ergibt.460 Der notwendige sachliche Zusammenhang zwischen Vertragszweck und Verwendung ist somit ohne weiteres gegeben, wenn der Sponsorenvertrag explizit ein Dopingverbot oder ein Kündigungsrecht für den Fall eines Dopingverstoßes festlegt. Neben den Daten, die für die Erreichung des Vertragszwecks im engeren Sinne erforderlich sind, gestattet § 28 I 1 Nr. 1 BDSG seit der BDSGReform 2009 nunmehr ausdrücklich auch die Verwendung sämtlicher sonstiger für den Abschluss und die Erfüllung des Vertragsverhältnisses benötigten Angaben.461 In diesem Sinne stellt die Dopingfreiheit auch beim Fehlen einer entsprechenden Klausel im Sponsorenvertrag dennoch einen Vertragszweck i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG dar, wenn zwischen den Parteien auch ohne Aufnahme in den schriftlichen Vertragstext Einigkeit darüber bestand, dass der Förderung eine dopingfreie Leistungserbringung durch den Athleten zugrundeliegen sollte. Dies ist bereits dann der Fall, wenn der Sponsor bei Vertragsabschluss ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck gebracht hat, dass er bei der Zusage seiner Förderung von einer dopingfreien Sportausübung ausgehe und die Förderung an die Sauberkeit des Sportlers knüpfe und dies vom objektiven Sportlerhorizont her auch so verstanden werden musste. Nicht ausreichend ist insoweit, dass der Sponsor lediglich die subjektive Erwartung mit dem Vertragsabschluss verbunden hat, der 459

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 76 f. So noch zur vor der Reform 2009 geforderten Zweckdienlichkeit S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 79. 461 So auch bereits § 28 I 1 Nr. 1 a. F., vgl. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 83. 460

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Athlet werde seine sportlichen Leistungen „sauber“ erzielen,462 ohne dass diese Erwartung vom objektiven Empfängerhorizont des Athleten aus als für die Gewährung der Förderleistungen erheblicher Umstand erkannt worden ist. Die Verwertung der Verbandsentscheidung muss des Weiteren zur Steuerung des Sponsorenvertrages im Hinblick auf den Vertragszweck „dopingfreie Sportausübung“ erforderlich, d.h. geeignetes, erforderliches (im engeren Sinne) und angemessenes Mittel sein.463 Geeignet im Hinblick auf die Kontrolle der Verpflichtung zur Dopingfreiheit ist grundsätzlich jede Information über den Dopingzustand des Gesponsorten. Zweifel an der Zuverlässigkeit der Information führen nicht zu ihrer Ungeeignetheit: Auch inhaltlich zweifelhafte Informationen sind für den Sponsor von Interesse, wenn auch möglicherweise nur insoweit, als sie zu weiteren Nachforschungen Anlass geben. Die Verlässlichkeit der Information spielt nicht hinsichtlich des „Ob“ ihrer Verwertung, sondern erst hinsichtlich des „Wie“ eine Rolle, wenn der Sponsor auf der Grundlage der vorliegenden Daten die Entscheidung über die Fortführung des Sponsorenvertrages trifft. Lediglich ausnahmsweise, wenn es aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls als schlechterdings ausgeschlossen erscheint, dass der Information überhaupt irgendein ernst zu nehmender Informationsgehalt innewohnt, ist ihre Verwertung mangels Geeignetheit unzulässig. Hiervon ist allerdings im Falle eines beispielsweise nach den Regeln des DOSB und der angeschlossenen Verbände durchgeführten Doping-Verbandsverfahrens, das mit guten Argumenten für sich in Anspruch nimmt, einen Dopingverstoß mit hinreichender Ergebnissicherheit zu Tage zu fördern, nicht auszugehen. Erforderlich ist die Verwertung von DopingVerbandsentscheidungen, soweit sie das mildeste geeignete Mittel zur Erreichung der Zwecke des Sponsors darstellt. Der Sponsor muss dem Sportler hiernach im Wege einer Vorabanfrage bei diesem persönlich die Möglichkeit geben, den Dopingverstoß oder die Dopingverurteilung durch den Verband selber einzuräumen. Gibt der Athlet bei dieser Gelegenheit keinen Dopingverstoß zu, ist der Rückgriff auf die Verbandsentscheidung erforderlich, da eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Beteuerung der Dopingfreiheit aus dem Antrieb des Sportlers heraus erfolgt ist, sich nicht selber zu belasten. Dafür, dass die Verwertung der Verbandsentscheidung in der gegebenen Situation nicht interessengerecht und daher kein angemessenes Mittel sein könnte, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Wegen § 28 VI BDSG kann die Verwertung von Verbandsentscheidungen für die Steuerung von Sponsorenverträgen insoweit nicht allein nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG gerechtfertigt werden, als diese besondere Arten personenbezogener Daten i. S. d. § 3 IX BDSG beinhalten. Allerdings ist nicht erkennbar, weshalb der Verband oder der Sponsor zur Entscheidung über die weitere Förderung eines 462 Zur Einordnung subjektiver Erwartungen als Vertragszwecke vgl. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 80. 463 Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(a).

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

gedopten Athleten eine über das Wissen um die verletzte Dopingverbotsbestimmung hinausgehende Kenntnis von den Inhalten der Verbandsentscheidung erhalten müssen. Da die für die Beurteilung der Schwere des Dopingverstoßes relevanten Umstände nach den Bestimmungen des NADA-Codes bereits im Verbandsverfahren berücksichtigt werden müssen und daher schon in der Verbandsentscheidung über die Konsequenzen des Verstoßes hinreichend ausgewertet sind, ist kein Bedürfnis an der nochmaligen Auswertung von im Verbandsverfahren zur Sprache gekommenen Detailinformationen über den Dopingverstoß anlässlich der Entscheidung über die weitere Förderung des Sportlers ersichtlich, zu denen auch die Gesundheitsinformationen wie beispielsweise der Hämatokritwert des Athleten oder die Einnahme von Medikamenten oder diesbezügliche Ausnahmegenehmigungen gehören. Wird die für die Steuerung des Sponsorenvertrages herangezogene Information auf den hiernach erforderlichen Umfang beschränkt, betrifft sie somit keine gesundheitsrelevanten Daten des Sportlers. Die Information über die Einnahme eines Dopingmittels selber ist nicht als Information über gesundheitsrelevante Daten des Athleten anzusehen. Denn nach zutreffender Auffassung reicht nicht jede mittelbare Angabe zu den in § 3 IX BDSG erwähnten Kategorien von Daten, um die Verwendungssperre nach § 28 VI BDSG auszulösen.464 Angaben, die selber keine Aussage zum Gesundheitszustand des Betroffenen beinhalten, sondern lediglich Informationen über Umstände wiedergeben, die sich auf die Gesundheit auswirken können, fallen nur dann unter § 3 IX BDSG, wenn aus diesen Umständen auf den Gesundheitszustand des Betroffenen geschlossen werden kann. So ist beispielsweise Alkoholkonsum nicht ohne weiteres ein Gesundheitsdatum,465 wird aber dann dazu, wenn die insoweit geschilderten Umstände den Schluss auf eine pathologische Alkoholsucht zulassen. Dies gilt ebenso für Drogenkonsum,466 wobei hier der Schluss auf eine vorhandene Drogensucht wesentlich näher liegt, so dass Angaben hierüber schon dann als sensitive Daten anzusehen sind, wenn die Information keinen Hinweis auf den Ausnahmecharakter der Konsumhandlung enthält. Demgegenüber legt die Einnahme von Medikamenten für sich allein gesehen bereits das Vorhandensein derjenigen Erkrankungen nahe, zu deren Behandlung das Medikament dient.467 Die Information über die Einnahme von Dopingmitteln ist unter dem Aspekt der Gesundheitsrelevanz im Bereich zwischen dem Alkoholkonsum und der Einnahme von Drogen einzuordnen. Im Unterschied zum Alkoholkonsum, der sich bis zu einer gewissen Intensität als gesundheitlich unerheblich darstellt, liegt der Schluss von der Dopingeinnahme auf das Vorhandensein von körperlichen Auswirkungen we464

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 265. So ohne weitere Differenzierung S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 265. 466 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 265, stuft die Information über Drogenkonsum ohne weiteres als Gesundheitsdatum ein. 467 Für die Einordnung der Medikamenteinnahme als Gesundheitsdatum S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 265. 465

III. Kündigung von Sponsorenverträgen

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sentlich näher, ohne wiederum so zwingend zu erscheinen wie im Falle des Drogenkonsums. Da im Regelfall aus der einmaligen oder kurzzeitigen Einnahme von Dopingmitteln keine die allgemeine Gesundheit des Athleten betreffenden Auswirkungen resultieren und zudem – anders als im Fall des Drogenkonsums – die Feststellung der Dopingmitteleinnahme nicht ein regelmäßiges Suchtverhalten mit den entsprechenden gesundheitlichen Folgen nahelegt, ist die Information über einen einzelnen Dopingverstoß, den die Dopingverbandsentscheidung im Regelfall beinhaltet, noch kein Gesundheitsdatum i. S. d. § 3 IX BDSG. Ist die Dopingfreiheit im zuvor beschriebenen Sinne Vertragszweck geworden, kann sich der Sponsor bei der Verwertung der Dopingverurteilung des zuständigen Verbands somit auf § 28 I 1 Nr. 1 BDSG berufen. Ist ein Verband Vertragspartner des Sponsors und ist dem Verband im Sponsorenvertrag die Entscheidung über die weitere Förderung von gedopten Sportlern übertragen, kommt für die Datenverwendung durch den Verband der Rückgriff auf § 28 I 1 Nr. 1 BDSG nur dann in Betracht, wenn eine besondere Vereinbarung zwischen Verband und Athlet geschlossen worden ist, in der die Dopingfreiheit als Voraussetzung für die weitere Förderung im Rahmen der Sponsorenleistungen verankert ist. Ohne eine solche Vereinbarung fehlt es an der von § 28 I 1 Nr. 1 BDSG vorausgesetzten Nähebeziehung, sofern der Sportler – wie im Regelfall – nicht Verbandsmitglied ist, so dass der Verband zur Rechtfertigung der Datenverwendung auf eine entsprechende Einwillligung des Athleten oder auf die Gestattung durch § 28 I 1 Nr. 2 BDSG angewiesen ist. Im Fall der Legitimierung der Datenverwendung unter Verweis auf die Zwecke eines bestehenden Vertragsverhältnisses, aber auch in den Fällen der Rechtfertigung des Datengebrauchs mit der Wahrnehmung überwiegender Interessen stellt sich die Frage, inwieweit die Interessenabwägung durch den Einwand des Athleten beeinflusst werden kann, die zur Steuerung des Sponsorvertrages herangezogene Verbandsentscheidung sei unter Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte zustande gekommen. In Betracht kommt hier beispielsweise, dass eine nicht persönlichkeitsrechtskonforme Ausgestaltung der Probenahme behauptet oder die Missachtung des informationellen Selbstbestimmungsrechts durch die Datenverwendung im Zuge des Kontrollverfahrens gerügt wird. Mögliche Reaktionen auf derartige Persönlichkeitsrechtsverletzungen wären einerseits die Verhängung eines Verwertungsverbots für die davon betroffene Verbandsentscheidung, andererseits die Zurückweisung des Einwands mit der Begründung, der Athlet müsse derartige Verstöße – erforderlichenfalls unter Ausschöpfung insoweit eröffneter Rechtswege – gegenüber dem Verband geltend machen. Am Anfang der Suche nach den Rechtsfolgen vorausgegangener Persönlichkeitsrechtsverletzungen für die Verwertung von Verbandsentscheidungen steht die Erkenntnis, dass die primären, unmittelbar gegen den Persönlichkeitsrechtsverstoß gerichteten Abwehrmittel wie etwa der Unterlassungs- und der Schadensersatzanspruch nicht greifen. Da der Persönlichkeitsrechtsverstoß bereits geschehen ist, ist für den Unter-

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

lassungsanspruch kein Raum mehr. Ein eventueller Schadensersatzanspruch richtete sich gegen den Schädiger, d.h. hier den für den Verstoß verantwortlichen Verband, nicht aber gegen den Sponsor, der für den Verstoß keine Verantwortung trägt. Die Suche nach Regelungen über ein Verwertungsverbot für persönlichkeitsrechtlich fehlerhaft beschaffte Informationen hat zum Ergebnis, dass ein solches Verwertungsverbot weder gesetzlich normiert noch für typische Fälle nach den anerkannten Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht etabliert ist. Vom BGH ist ein Verwertungsverbot als Ausprägung des Unterlassungsanspruchs angenommen worden, der gegenüber dem Verletzer des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend gemacht werden kann.468 Ansatzpunkt für die Berücksichtigung der Rechtsverletzung im Verhältnis zwischen Sponsor und Sportler kann somit nur die Interessenabwägung sein, die bei der Prüfung der Zulässigkeit der Datenverwendung durch den Sponsor anzustellen ist. Die entscheidende Frage ist hiernach, ob und ggf. unter welchen Umständen die Persönlichkeitsrechtsverletzung im Dopingkontrollverfahren des Verbandes zu einem überwiegenden Interesse des Athleten an der Unterlassung der Verwertung der Verbandsentscheidung durch den Sponsor führt. Geschieht die Verwertung der Verbandsentscheidung im Anwendungsbereich des BDSG, ist der im Verbandsverfahren begangene Persönlichkeitsrechtsverstoß im Rahmen der speziellen Abwägungsregelungen des BDSG zu berücksichtigen, soweit er nach diesen Regelungen als Abwägungsgesichtspunkt in Ansatz gebracht werden kann. In den Fällen des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG kann die Berücksichtigung des Verstoßes hiernach bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Datenverwendung erfolgen, die eine Angemessenheitsprüfung und damit eine Abwägung sämtlicher für und gegen die Datenverwendung sprechender Interessen verlangt.469 Wird die Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß § 28 I 1 Nr. 2 oder Nr. 3 BDSG geprüft, ist die Persönlichkeitsrechtsverletzung im Rahmen der gegenläufigen schutzwürdigen Interessen des Sportlers zu würdigen. Im Falle der Prüfung der Verwertung nach den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht stellt der im Verbandsverfahren geschehene Persönlichkeitsrechtsverstoß einen Abwägungsbelang zugunsten des Athleten bei der Durchführung der hier gebotenen Interessenabwägung dar. Die Bedeutung der Persönlichkeitsrechtsverletzung im Verbandsverfahren als Gesichtspunkt im Rahmen der Interessenabwägung um die Verwertung der Verbandsentscheidung durch den Sponsor bestimmt sich nach folgenden Überlegungen: Ausgangspunkt ist die Interessenlage, wie sie sich ohne die vorausgegangene Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen würde. Am Ergebnis der diesbezüglich angestellten Interessenabwägung kann sich nur dann etwas ändern, wenn der Persönlichkeitsrechtsverstoß so schwer wiegt, dass die bis dahin zur Durch468 469

BGH NJW 1982, 277, 278 („Tonbandaufnahme II“). Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(a).

III. Kündigung von Sponsorenverträgen

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setzung gelangten Interessen des Sponsors infolge des Gewichtszuwachses der gegenläufigen Interessen, der aus dem Persönlichkeitsrechtsverstoß resultiert, nunmehr hinter den Belangen des Sportlers zurücktreten müssen. Ob der Persönlichkeitsrechtsverstoß zu einer solchen Gewichtsverlagerung führt, kann letztlich nur anhand der Umstände des konkreten Falls beurteilt werden. Der Verbandsverstoß wird jedoch umso eher ein überwiegendes Interesse des Athleten an der Unterlassung der Verwertung begründen, je schwerwiegender der Persönlichkeitsrechtsverstoß im Verbandsverfahren war und je mehr die im Verbandsverfahren geschehene Rechtsverletzung durch die Verwertung der Verbandsentscheidung perpetuiert oder verschlimmert wird. Sind beispielsweise lediglich Verstöße gegen die BDSG-Vorschriften oder die persönlichkeitsrechtlichen Grundsätze für die Datenverarbeitung geschehen, die zu einer persönlichkeitsrechtswidrigen Verbreitung von Informationen über den Athleten geführt haben, ist der infolge des Verstoßes mögliche Schaden bereits eingetreten, indem unbefugte Dritte von den Daten Kenntnis genommen haben oder die Daten durch die Möglichkeit zur unbefugten Kenntnisnahme gefährdet waren. Die Datenverwendung durch den Sponsor löst in diesem Zusammenhang keine weiteren Nachteile für den Sportler aus, so dass der Verbandsverstoß nicht zu einer Gewichtserhöhung der gegen die Verwertung sprechenden Interessen führt. Wäre demgegenüber ohne den Persönlichkeitsrechtsverstoß die Verbandsentscheidung überhaupt nicht zustande gekommen oder stehen infolge des Verstoßes Zweifel an der Richtigkeit der Verbandsentscheidung im Raum, liegt die Annahme eines überwiegenden Interesses an der Unterlassung der Verwertung nahe. (2) Wahrung berechtigter Interessen, §§ 28 I 1 Nr. 2, VI BDSG In Betracht kommt des Weiteren die Rechtfertigung der Datenverwendung nach § 28 I 1 Nr. 2 BDSG. Aufgrund der Intention des § 28 BDSG, den Spielraum für Datenverwendungen durch nicht-öffentliche Stellen zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen auf denjenigen Umfang einzuschränken, der zur Realisierung der Zwecke der zwischen den Parteien geschlossenen vertraglichen oder vertragsähnlichen Beziehungen erforderlich ist,470 muss der Begriff der berechtigten Interessen in § 28 I 1 Nr. 2 BDSG restriktiv ausgelegt werden. Daher sind Datenverwendungen, die nicht der Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses dienen, nach dieser Alternative des § 28 I 1 zwar grundsätzlich gestattungsfähig. Auch § 28 I 1 Nr. 2 erlaubt hiernach jedoch nicht solche Datenverwendungen, die in den Anwendungsbereich des § 28 I 1 Nr. 1 fallen, aber mit der Vorschrift nicht vereinbar sind, wie dies insbesondere der Fall ist, wenn die im Rahmen des Vertragsverhältnisses gewonnen Daten zweckentfremdet werden.471 Die Interessen, die von der verantwortlichen Stelle zur Be470 471

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 75 ff., 78. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 133 f.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

gründung der Zulässigkeit gemäß § 28 I 1 Nr. 2 BDSG angeführt werden, müssen mit der beabsichtigten Verwendung zusammenhängen und sich auf Daten beziehen, die dabei verwendet werden sollen.472 Da die Verwertung der Information über den Dopingverstoß allein auf die Wahrung des Interesses des Sponsors an der Dopingfreiheit seines Vertragspartners abzielt, ist der notwendige Zusammenhang zwischen Interesse und beabsichtigter Verwendung gegeben. Das Interesse der verantwortlichen Stelle kann wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein,473 so dass der Sponsor sich ebenso auf das Interesse an der Vermeidung der mit der Fortführung des Vertrags verbundenen Negativwerbung wie auch auf das Interesse am eigenen guten Ruf stützen kann, das durch die Fortführung Schaden zu nehmen droht. Die Erforderlichkeit der Datenverwendung i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG ist gegeben, wenn es hierzu keine objektiv zumutbare Alternative gibt.474 Soweit der Sponsor Informationen über Dopingverstöße des Sportlers unmittelbar beim zuständigen Verband abfragen möchte, hat er daher vorab zu prüfen, ob er die benötigten Angaben nicht mit Hilfe des Betroffenen bekommen kann.475 Er ist hiernach zunächst einmal darauf verwiesen, beim Athleten anzufragen, ob dieser sich einen Dopingverstoß hat zuschulden kommen lassen und ob er von seinem Verband eines Dopingverstoßes für schuldig befunden worden ist. Bestätigt der Sportler auf diese Anfrage hin einen Dopingverstoß oder eine Dopingverurteilung, bleibt auch nach § 28 I 1 Nr. 2 BDSG kein Raum mehr für eine Anfrage unmittelbar beim Verband. Beantwortet der Athlet die Anfrage dahingehend, er sei „clean“ und es gebe kein Verbandsverfahren gegen ihn, stellt dies allerdings aufgrund der ernstzunehmenden Möglichkeit, dass der Sportler zu seinem Selbstschutz die Unwahrheit sagt, keine objektiv zumutbare Alternative zur Anfrage beim Verband dar. Der Datenverwendung darf schließlich kein überwiegendes Interesse des Betroffenen entgegenstehen. Ein überwiegendes Interesse des Athleten an der Unterlassung der Verwertung verbandsrechtlicher Dopingentscheidungen ist allerdings nicht erkennbar: Zwar kann sich der Athlet darauf berufen, dass die Dopingverurteilung durch den Verband ein für ihn äußerst sensibles Datum darstellt, da es erstens seinen guten Ruf in der Öffentlichkeit zerstören und zweitens seine wirtschaftliche Lebensgrundlage ernsthaft beeinträchtigen kann. Der Hinweis auf die Sensibilität des Datums stellt in der gegebenen Situation allerdings nur ein schwaches Argument gegen dessen Verwendung dar, da insbesondere im Falle von Dopingverstößen der Stars aufgrund deren Eigenschaft als Personen der Zeitgeschichte, aber auch im Falle von Dopingverstößen weniger bekannter Athleten aufgrund des öffentlichen Interesses an dem Thema „Doping im Sport“ ein er472 473 474 475

S. S. S. S.

Simitis, in: S. Simitis, in: S. Simitis, in: S. Simitis, in: S.

Simitis, BDSG, § Simitis, BDSG, § Simitis, BDSG, § Simitis, BDSG, §

28 Rn. 137. 28 Rn. 139. 28 Rn. 143. 28 Rn. 144.

III. Kündigung von Sponsorenverträgen

183

hebliches Informationsinteresse der Allgemeinheit besteht. Demgegenüber kann der Sponsor ein schwerwiegendes Interesse an der Datenverwendung zum einen damit begründen, dass die Verbandsentscheidung zum Nachweis eines Vertragsverstoßes des Athleten benötigt wird oder ihre Verwertung zumindest zur Prüfung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage für den Sponsorenvertrag erforderlich ist, wenn die Auslegung des Vertrages ergibt, dass ein Kündigungsrecht für den Fall eines Dopingverstoßes aus dem Vertrag nicht hergeleitet werden kann. Zum anderen erwächst dem Sponsor ein erhebliches Interesse auch aus dem Umstand, dass die Verbindung seines Namens mit dem eines „Dopingbetrügers“ in der Öffentlichkeit zu einer Negativwerbung, jedenfalls aber zu einer Schädigung des eigenen guten Rufes führen kann. Lediglich ausnahmsweise beim Vorliegen besonderer Umstände, etwa wenn die Richtigkeit der veröffentlichten Information in Frage steht, können der Datenverwendung überwiegende Interessen des Athleten entgegenstehen. Des Weiteren kann die Verwertung der Verbandsentscheidung durch den Sponsor dann nicht gemäß § 28 I 1 Nr. 2 BDSG gerechtfertigt werden, wenn die Verbandsentscheidung ein besonders sensitives Datum i. S. d. § 3 IX BDSG darstellt.476 Hiervon ist allerdings nur ausnahmsweise auszugehen, wenn die Verwertung der Verbandsentscheidung mit der Verwendung von Detailinformationen einhergeht, die als Gesundheitsdaten des Sportlers zu klassifizieren sind. Als Gesundheitsdaten in diesem Sinne sind auch Angaben über Medikamenteneinnahmen und Drogenkonsum anzusehen.477 Die mit der Verbandsentscheidung vom Sponsor verwendeten Daten fallen hiernach nicht unter § 3 IX BDSG, wenn sich die Verwertung auf die Tatsache der Dopingverurteilung beschränkt und der Sponsor sich keine näheren Angaben über die Art des Dopingverstoßes beschafft. Gehen aus den vom Sponsor beschafften Details zu der Verbandsentscheidung Informationen über den Medikamentengebrauch des Athleten oder andere Gesundheitsangaben hervor, findet § 28 VI BDSG Anwendung, der für die Verwendung besonders sensitiver Daten besondere Anforderungen aufstellt. § 28 VI Nr. 2 BDSG lässt die Verwendung derartiger Daten dann zu, wenn sie vom Betroffenen offenkundig öffentlich bekannt gemacht worden sind. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Athlet die Dopingverurteilung durch den Verband auf seiner Homepage erwähnt, die für eine unbestimmte Vielzahl von Personen ohne besondere Zugangsvoraussetzungen einsehbar ist. § 28 VI Nr. 3 BDSG erlaubt die Verwendung sensitiver Daten unter der Voraussetzung, dass sie zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche erforderlich ist und kein Anlass für die Annahme eines entgegenstehenden überwiegenden Interesses des Betroffenen besteht. Die Regelung ist grundsätzlich auch auf Ansprüche anzuwenden, die sich aus vertraglichen Beziehungen erge476 477

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 167. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 260, 265.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

ben.478 Ein rechtlicher Anspruch in diesem Sinne ist deshalb auch ein Kündigungsrecht, das dem Sponsor aus dem Dopingverstoß des Gesponsorten erwächst. Auch die Datenverwendung gemäß § 28 VI Nr. 3 BDSG setzt des Weiteren die Erforderlichkeit der Datenverwendung und das Fehlen eines gegenläufigen überwiegenden Interesses des Datenberechtigten voraus. Nach dem oben zu § 28 I 1 Nr. 2 BDSG Gesagten sind diese beiden Voraussetzungen im Falle der Verwertung von Verbandsentscheidungen zur Steuerung des Sponsorenvertrages erfüllt. Die Verwendung der Daten gemäß § 28 VI BDSG ist sodann dadurch bedingt, dass der Sponsorenvertrag im Falle eines Dopingverstoßes des Athleten überhaupt die Kündigung oder sonstige Maßnahmen gegen den Sportler ermöglicht. Sind Konsequenzen aus dem Dopingverstoß schon aus rechtlichen Gründen nicht denkbar, mangelt es der Datenverwendung allein deswegen an der notwendigen Erforderlichkeit. Der Sponsor wird an dieser Stelle im Regelfall allerdings geltend machen können, dass er die Information über den Dopingverstoß mindestens zur Entscheidung über eine Verlängerung des Sponsorenvertrages nach Ablauf der vereinbarten Geltungsdauer benötigt. Im Ergebnis kann sich der Sponsor somit hinsichtlich der Verwertung von Doping-Verbandsentscheidungen beim Fehlen der Verwendungsvoraussetzungen gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG unter Verweis auf sein Interesse an der Vermeidung von Negativwerbung oder an der Beeinträchtigung seines guten Rufes auf § 28 I 1 Nr. 2 BDSG stützen. Dies gilt hinsichtlich einer Datenbeschaffung über Dritte nur, soweit nicht bereits der Athlet selber den Dopingverstoß oder die Dopingverurteilung zugesteht. Im Übrigen ist § 28 I 1 Nr. 2 BDSG dann nicht zur Rechtfertigung der Datenverwendung geeignet, wenn die Auslegung des Sponsorenvertrags aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise zum Ergebnis hat, dass er keinen Ansatzpunkt für rechtliche Konsequenzen im Zusammenhang mit dem Dopingverstoß bietet. Soweit mit der Verwertung der Verbandsentscheidung die Verwendung von Gesundheitsdaten des Sportlers verbunden ist, ist die Verwertung gemäß § 28 VI BDSG nur zur Durchsetzung rechtlicher Ansprüche des Sponsors oder insoweit zulässig, als die Daten vom Athleten selber der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Aus der Verwendungsbefugnis folgt hingegen nicht ohne weiteres ein Anspruch des Sponsors gegen den Verband auf Übermittlung der von ihm benötigten Daten. Ob ein solcher Anspruch im konkreten Fall besteht, hängt von zwei Voraussetzungen ab. Erstens bedarf es einer Anspruchsgrundlage in der Person des Sponsors gegen den Verband. Naheliegend ist insoweit, dass ein Anspruch auf Mitteilung der notwendigen Informationen im Sponsorenvertrag mit dem Verband oder – falls die Sponsorenbeziehung unmittelbar zum Sportler besteht – in einer besonderen Vereinbarung mit dem Verband begründet wird. 478

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 333.

III. Kündigung von Sponsorenverträgen

185

Zweitens muss für die Datenübermittlung durch den Verband an den Sponsor ein Gestattungstatbestand i. S. d. § 4 I BDSG eröffnet sein, der den Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Athleten rechtfertigt. Eine eventuelle Einwilligung des Sportlers muss dem Verband als der verantwortlichen Stelle für die Datenübermittlung gegenüber erteilt sein. Eine Rechtfertigung gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG kommt nur in den Fällen in Betracht, in denen eine Sondervereinbarung zwischen Verband und Athlet besteht, in welcher der Verband zur Weitergabe der Daten ermächtigt wird. Ein berechtigtes Interesse des Verbands i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG an der Datenübermittlung resultiert aus der Vereinbarung des Mitteilungsanspruchs des Sponsors im Sponsorenvertrag, wenn der Verband ein berechtigtes Interesse an der Eingehung dieser vertraglichen Verpflichtung darlegen kann, das die Interessen des Sportlers an der Unterlassung der Weiterleitung überwiegt. Als überwiegendes Interesse des Verbandes kann dieser bei verhältnismäßiger Ausgestaltung der Weiterleitungsverpflichtung im Regelfall sein Interesse an der Finanzierung des Sportbetriebes anführen, zu welcher der Sponsor durch seine Unterstützung einen Beitrag leistet. (3) Verwertung veröffentlichter oder veröffentlichbarer Informationen, § 28 I 1 Nr. 3 BDSG Ist die Verbandsentscheidung betreffend den Dopingverstoß in der Presse oder in anderen Massenmedien veröffentlicht worden oder wird sie durch den Athleten selber auf seiner Homepage publik gemacht, kann sich der Sponsor bei ihrer Verwertung auf § 28 I 1 Nr. 3 BDSG berufen,479 der allgemein zugängliche Daten für verwendbar erklärt, soweit nicht ein überwiegendes Interesse des Betroffenen entgegensteht. Gleiches gilt, wenn und soweit der Sponsor die aus der Verbandsentscheidung hervorgehenden Informationen veröffentlichen dürfte, ohne hiermit offensichtlich überwiegende gegenläufige Interessen des Sportlers zu beeinträchtigen. Die Befugnis zur Veröffentlichung, die einen Sonderfall der Übermittlung darstellt,480 richtet sich nach den allgemein für die Übermittlung geltenden Vorschriften, so dass sie nach § 4 I BDSG auf eine Einwilligung des Betroffenen gestützt oder – beim Fehlen einer solchen – gemäß §§ 4 I, 28 I 1 BDSG mit der Erforderlichkeit für Begründung, Durchführung oder Beendigung des Vertrags, mit der Wahrung berechtigter überwiegender Interessen oder wiederum mit der Allgemeinzugänglichkeit und dem Fehlen eines überwiegenden gegenläufigen Interesses begründet werden kann. Ein Grund, weshalb die Veröffentlichung der in der Verbandsentscheidung enthaltenen Informationen durch den Sponsor zur Steuerung des Sponsorenvertrags erforderlich wäre, ist nicht ersichtlich. Die Eig479 480

Vgl. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 189. U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 157.

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

nung zur Wahrung eigener überwiegender Interessen erscheint in Sonderfällen denkbar, wenn der Sponsor die Veröffentlichung etwa zur Begründung der Trennung von dem Sportler benötigt. Im Übrigen kann die Veröffentlichung durch den Sponsor nur mit der Allgemeinzugänglichkeit der Daten gerechtfertigt werden. Auch wenn die Daten tatsächlich allgemeinzugänglich gewesen sein sollten, ist von einem offensichtlich überwiegenden Interesse des Athleten an der Unterlassung der Veröffentlichung auszugehen, solange nicht der Sponsor zumindest irgendein Interesse an der Veröffentlichung darlegen kann. § 28 I 1 Nr. 3 2. Alt. BDSG kommt hiernach im Regelfall nicht zur Legitimation der Verwertung der Verbandsentscheidung durch den Sponsor in Betracht. Auch für die Rechtfertigung der Verwertung der Verbandsentscheidung gemäß § 28 I 1 Nr. 3 1. Alt BDSG ist Voraussetzung, dass kein der Verwertung entgegenstehendes, offensichtlich überwiegendes Interesse des Sportlers im Raum steht. Ist die vom Sponsor für seine Entscheidung über die Konsequenzen für den Sponsorenvertrag benötigte Information über die Verbandsentscheidung jedoch ohnehin für die Allgemeinheit zugänglich, befindet sich das sensible Datum „Überführung als Dopingtäter“ in einem Stadium der Verfügbarkeit, das durch die Verwertung im internen Entscheidungsprozess des Sponsors nicht zum Nachteil des Athleten verändert wird. Der mit der Datenverwendung verbundene Nachteil für den Sportler beschränkt sich vielmehr darauf, dass die Verwertung der Information nachteilige vertragsrechtliche Folgen bis zu dessen Beendigung hin mit sich bringen kann. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Konsequenz aus dem Dopingverstoß, die aus dem Sponsorenvertrag resultiert und eine Umsetzung der in Bezug auf den Sponsorenvertrag bestehenden Rechtslage bedeutet, so dass ein schutzwürdiges Interesse des Athleten an der Vermeidung dieser Konsequenz nicht besteht. Ein überwiegendes Interesse des Sportlers i. S. d. § 28 I 1 Nr. 3 BDSG, das die Datenverwendung durch den Sponsor zwecks Entscheidung über die Fortführung des Sponsorvertrages unzulässig macht, ist nach alledem nicht erkennbar. Ist die vom Sponsor benötigte Information über die Verbandsentscheidung allgemein zugänglich, kann er sich deshalb bei ihrer Verwertung zur Entscheidung über die Fortführung des Sponsorenvertrages auf § 28 I 1 Nr. 3 1. Alt. BDSG stützen. c) Ergebnis: Zulässigkeit der Verwertung von Verbandsentscheidungen in Dopingsachen für die Steuerung von Sponsorenverträgen nach den Bestimmungen des BDSG Die Verwertung von Verbandsentscheidungen durch Sponsoren zwecks Steuerung der mit den Sportlern geschlossenen Sponsorenverträge stellt aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht eine von den Bestimmungen des BDSG für die Datenverwendung nicht-öffentlicher Stellen erfasste Nutzung personenbezogener Daten der Athleten dar, wenn die Datenverwendung unter Einsatz von Datenverarbei-

III. Kündigung von Sponsorenverträgen

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tungsanlagen oder in oder aus nicht automatisierten Dateien geschieht. Die Wirksamkeit einer eventuellen Einwilligung des Athleten in diese Datennutzung hängt nicht von einer Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen ab, sondern ist beim Vorliegen der besonderen Anforderungen des BDSG und der allgemeinen Voraussetzungen für Einwilligungen gegeben. Fehlt es an einer Einwilligung des Sportlers, kann sich der Sponsor zur Rechtfertigung der Datennutzung im Regelfall auf § 28 I 1 Nr. 1 BDSG berufen. Auch wenn die Dopingfreiheit des Athleten nicht zum Vertragszweck i. S. d. Nr. 1 gemacht worden ist, kann der Sponsor im Regelfall ein überwiegendes Interesse i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG hinsichtlich der Verwertung der Verbandsentscheidung für sich in Anspruch nehmen, es sei denn, der Sponsorenvertrag eröffnet dem Sponsor ohnehin nicht die Möglichkeit, rechtliche Konsequenzen aus der Verbandsentscheidung zu ziehen. Ist die Information über die Dopingverurteilung aufgrund ihrer Veröffentlichung in den Medien, auf der Homepage des Sportlers oder auf andere Weise allgemein zugänglich, steht ihrer Verwertung zu Zwecken der Steuerung des Sponsorenvertrages gemäß § 28 I 1 Nr. 3 BDSG in aller Regel kein offensichtlich überwiegendes Interesse des Athleten entgegen. Besteht der Sponsorenvertrag mit dem Verband und sichert der Verband seine Verpflichtung zur Mitteilung von Dopingentscheidungen gegenüber dem Sponsor dadurch ab, dass er den Vertragsschluss mit dem Sportler von der Zustimmung zu dieser Datenübermittlung abhängig macht, ist ein überwiegendes Interesse des Verbands an der Weiterleitung Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einwilligung. Kann der Sponsor aus dem Vertrag mit dem Verband heraus die Übermittlung der Verbandsentscheidungen beanspruchen, darf diese dennoch nur dann erfolgen, wenn der Athlet gegenüber dem Verband wirksam in die Weiterleitung eingewilligt hat oder der Verband gegenüber dem Sportler ein berechtigtes, überwiegendes Interesse an der Eingehung der Weiterleitungsverpflichtung geltend machen kann, das allerdings bei Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebots im Regelfall in Form des Verbandsinteresses an der wirtschaftlichen Absicherung des Sportbetriebs gegeben ist. 2. Zulässigkeit der Verwertung nach den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht Folgt man der Auffassung, dass die Verwendung personenbezogener Daten auch dann den Maßgaben aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht für Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht genügen muss, wenn sie in den Anwendungsbereich des BDSG fällt,481 ist die Einhaltung dieser Maßgaben in

481

Vgl. oben B.II.2.a)cc).

188

B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

jedem Fall ergänzend zu überprüfen. Nach der Gegenmeinung ist die Verwertung von Verbandsentscheidungen durch die Sponsoren nur insoweit auf Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hin zu überprüfen, als die Anwendbarkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht infolge der Reglementierung durch das BDSG ausgeschlossen ist. In Betracht kommt hier etwa der Fall, dass die Datenverwendung durch den Sponsor nicht unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen oder nicht in oder aus nicht automatisierten Dateien erfolgt. a) Schutzbereichseingriff durch die Verwertung Wie bereits anlässlich der Ausführungen zur Verwertbarkeit personenbezogener Informationen für Verbandsentscheidungen482 dargelegt, schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht ebenso wie das BDSG das informationelle Selbstbestimmungsrecht, indem es dem Einzelnen die Befugnis zuweist, grundsätzlich selber darüber zu bestimmen, in welchem Umfang Dritte seine personenbezogenen Daten verwenden dürfen. Wie vom BVerfG im Volkszählungsurteil zutreffend betont, erfasst dieses Selbstbestimmungsrecht jede Art von personenbezogenem Datum, einerlei, ob es sich dem ersten Anschein nach um eine wichtige oder eine belanglose Angabe zur Person des Berechtigten handelt. Die Information über eine Dopingentscheidung des Verbands zur Person des Sportlers ist hiernach von dessen informationellem Selbstbestimmungsrecht geschützt. Die Verwertung im Rahmen der Entscheidung über das weitere Schicksal des Sponsorenvertrags stellt eine Datenverwendung dar, wie sie vom informationellen Selbstbestimmungsrecht der Entscheidungsbefugnis des Dateninhabers unterstellt wird. b) Zulässigkeit des Schutzbereichseingriffs Ebenso wie die Datenverwendung im Anwendungsbereich des BDSG kommt auch mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht die Legitimierung der Datenverwertung durch die Zustimmung des Athleten, durch ein überwiegendes Interesse des Sponsors oder durch einen sonstigen Gestattungstatbestand – etwa durch einen Rechtfertigungsgrund – in Betracht. aa) Zustimmung des Athleten Die Wirksamkeit einer vom Sportler erteilten Zustimmung richtet sich nach den im Allgemeinen für die Einwilligung in unerlaubte Handlungen geltenden Grundsätzen. Da im Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anders als im Geltungsbereich des BDSG keine besondere Form für die Zustimmung zur Datenverwendung vorgeschrieben ist, kann die Zustimmung hier auch als Einver482

Vgl. oben B.II.2.b).

III. Kündigung von Sponsorenverträgen

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ständnis tatbestandsausschließend wirken. Hiernach ist die Verwertung der Verbandsentscheidung durch den Sponsor schon tatbestandlich nicht als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Sportlers zu werten, wenn dieser nach seiner eigenen Schutzbereichsdefinition die Grenzen des informationellen Selbstbestimmungsrechts so eng fasst, dass dieses von der Datenverwendung des Sponsors gar nicht berührt wird. Die Erklärung der Einwilligung kann im Abschluss des Sponsoring-Vertrags zu sehen sein, wenn darin bereits vorgesehen ist, dass der Sponsor im Falle einer verbandsrechtlichen Dopingverurteilung auch für den Sponsorenvertrag von einem Dopingverstoß des Athleten ausgeht, oder die Verwertung der Verbandsentscheidung durch den Sponsor auf andere Weise hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt. Sie kann des Weiteren auch erst später im Einzelfall erklärt werden, wenn der Sponsor anlässlich der Durchführung eines Verbandsverfahrens gegen den Athleten dessen Zustimmung zur Verwertung der Ergebnisse dieses Verfahrens einholt. Da es im Verhältnis zwischen Sponsor und Sportler an der wirtschaftlichen und sozialen Übermächtigkeit des Sponsors bei gleichzeitiger Abhängigkeit des Athleten von den Leistungen des Sponsors fehlt, die für das Verhältnis zwischen den Sportlern und den Verbänden und Veranstaltern kennzeichnend ist, begegnet die Einwilligung in die Verwertung der Verbandsentscheidung als Persönlichkeitsrechtseingriff des Sponsors – ebenso wie die Einwilligung nach den §§ 4, 4a BDSG in die Verwertung als Datennutzung i. S. d. BDSG – auch keinen Bedenken hinsichtlich der Freiwilligkeit, soweit nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die auf einen unzulässigen Willenszwang hindeuten. bb) Überwiegendes Interesse des Sponsors an der Verwertung Liegt eine wirksame Zustimmung des Sportlers nicht vor, kann die Datenverwendung aufgrund eines überwiegenden Interesses des Sponsors an der Verwertung zulässig sein. An dieser Stelle ist die für das allgemeine Persönlichkeitsrecht typische umfassende Abwägung derjenigen Interessen vorzunehmen, die einerseits zugunsten des Sponsors für die Verwertung der Verbandsentscheidung und andererseits zugunsten des Athleten für die Unterlassung des Eingriffs in sein informationelles Selbstbestimmungsrecht sprechen. Geht es wie in vorliegendem Fall um einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Sportlers, der in den Anwendungsbereich des BDSG fällt, ist zu klären, inwieweit auf die bereits bei der Prüfung der Datenverwendung anhand der Bestimmungen des BDSG durchgeführte Interessenabwägung483 zurückgegriffen werden kann: Erstens erhebt sich insoweit die Frage, ob das nach den Regeln des BDSG zustande gekommene Abwägungsergebnis besondere Umstände berücksichtigt, die 483

Vgl. oben B.III.1.b)aa).

190

B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

für den Anwendungsbereich des BDSG spezifisch sind und dementsprechend bei nicht vom BDSG erfassten Eingriffen ins informationelle Selbstbestimmungsrecht keine Rolle spielen. Als Besonderheit der vom BDSG erfassten Datenverwendungen in diesem Sinne ist etwa zu berücksichtigen, dass das BDSG Datenverwendungen durch nicht-öffentliche Stellen nur in den besonders gefährlichen Fällen der Verwendung unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen und der Verwendung in oder aus nicht automatisierten Dateien erfasst. Ist hiernach eine bestimmte Datenverwendung nach Abwägung der gegenläufigen Interessen gemäß den Bestimmungen des BDSG zulässig, muss die Abwägung im Anwendungsbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erst recht zu ihrer Zulässigkeit führen, da die identische, lediglich auf ungefährlichere Art und Weise durchgeführte Datenverwendung Prüfungsgegenstand ist. Führt die Interessenabwägung nach den Regeln des BDSG zur Unzulässigkeit der Datenverwendung, kann sie dennoch als Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht außerhalb des Anwendungsbereiches des BDSG zulässig sein, wenn die Unzulässigkeit nach BDSG-Regeln maßgeblich auf der besonderen Gefährlichkeit der vom BDSG erfassten Datenverwendungen beruht. Soweit zweitens die von den Gestattungstatbeständen des § 28 BDSG vorgegebenen Interessenabwägungen typisiert sind, indem sie etwa wie § 28 I 1 Nr. 1 BDSG bestimmte Verwenderinteressen – hier das Interesse an der Begründung, Durchführung oder Beendigung von Verträgen – für grundsätzlich zur Rechtfertigung der Datenverwendung geeignet erklären oder wie § 28 I 1 Nr. 3 BDSG dem Verwenderinteresse in bestimmten Konstellationen – hier bei Allgemeinzugänglichkeit der Daten oder im Falle der Veröffentlichungsbefugnis – tendenziell den Vorzug einräumen, ist die Übernahme der Abwägungsergebnisse für die Abwägung im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dann nicht möglich, wenn diese Typisierungen andere Gewichtungen setzen, als sie im Zuge der Abwägung nach den Grundsätzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu setzen sind. Die Erzielung eines gleichlautenden Abwägungsergebnisses nach den Grundsätzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht in diesen Fällen immer dann in Frage, wenn sich das Abwägungsergebnis nach den Regeln des BDSG maßgeblich auf diejenigen Besonderheiten stützt, die für die typisierte Abwägungsregelung kennzeichnend sind. Dies gilt besonders insoweit, als durch die typisierte Abwägungsregelung eine Datenverwendung unter bestimmten Umständen privilegiert oder der Betroffene besonders vor dieser Datenverwendung geschützt werden soll. Eine solche Privilegierung wird etwa in der Regelung des § 28 I 1 Nr. 3 BDSG gesehen, die für die Verwendung allgemein zugänglicher oder zur Veröffentlichung zugelassener Daten die Vermutung eines überwiegenden Interesses des Verwenders aufstellt.484

484

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 200.

III. Kündigung von Sponsorenverträgen

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Wie bereits ausgeführt,485 stehen sich in der Diskussion um die Verwertbarkeit von Verbandsentscheidungen für die Steuerung von Sponsorenverträgen das Interesse des Sportlers am Schutz der sensiblen Information über die Dopingverurteilung durch den Verband und das Interesse des Sponsors an der Verwendung der für die Wahrnehmung seiner vertraglichen Rechte notwendigen Information gegenüber. Für die Verwertung der Verbandsentscheidung im Anwendungsbereich des BDSG wurde die Abwägung der gegenläufigen Interessen bereits bei der Prüfung der Verwertbarkeit gemäß § 28 I 1 Nr. 1–3 BDSG durchgeführt. Die im Rahmen der Nr. 1 und 2 zur Interessenabwägung angestellten Überlegungen können ohne weiteres auf die Abwägung im Rahmen der Prüfung einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts übertragen werden: Ist die Dopingfreiheit des Athleten und möglicherweise sogar die Relevanz verbandsrechtlicher Dopingverurteilungen im Sponsorenvertrag vereinbart, kann der Athlet gegenüber der späteren Verwertung einschlägiger Verbandsentscheidungen kein überwiegendes Interesse an der Unterlassung dieser Verwertung geltend machen. Auch wenn es an entsprechenden Regelungen im Sponsorenvertrag fehlt, ist dem Sponsor das Recht zuzugestehen, auf der Grundlage der Verbandsentscheidung über Konsequenzen für den Sponsorenvertrag nachzudenken, und sei es auch nur über die Frage einer Vertragsverlängerung nach Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer. Gegenüber diesem Interesse des Sponsors ist ein Interesse des Sportlers an der Unterlassung der Verwertung nicht erkennbar. Irgendwelche BDSGspezifischen Besonderheiten, die in Abweichung von den Abwägungsergebnissen zu § 28 I 1 Nr. 1 und 2 BDSG bei der Abwägung nach den Regeln des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu einem Überwiegen des Unterlassungsinteresses des Athleten führen könnten, wie etwa eine Privilegierung der Datenverwendung zugunsten der verantwortlichen Stelle durch § 28 I 1 Nr. 1 und 2 BDSG, sind nicht ersichtlich. Begreift man § 28 I 1 Nr. 3 BDSG als eine Privilegierung der Verwendung allgemein zugänglicher und zur Veröffentlichung zugelassener Daten, stellt sich die Frage, ob die Allgemeinzugänglichkeit der Verbandsentscheidung – gegebenenfalls – auch im Rahmen der allgemein-persönlichkeitsrechtlichen Interessenabwägung zu einer Erhöhung des Verwendungsinteresses des Sponsors führt. Insoweit ist einerseits von Bedeutung, dass § 28 I 1 Nr. 3 BDSG lediglich einen Umstand aufgreift, der bei der Beurteilung der für und gegen eine Datenverwendung sprechenden Belange ohnehin zu beachten ist: Die Allgemeinzugänglichkeit eines Datums wirkt sich in jedem Fall deshalb gewichtsmindernd auf das Schutzinteresse des Betroffenen aus, da sie die Intensität des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht verringert. Wird ein Datum aus nicht allgemein zugänglichen Quellen verwendet, geht die Verwendung damit einher, dass der bisherige begrenzte Verwenderkreis durch die Erweiterung auf den oder die 485

Vgl. oben B.III.1.b)bb)(2).

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B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

neuen Verwender ein Stück weit vergrößert und zudem die Gefahr begründet wird, dass durch die „Aktivierung“ des Datums das Interesse weiterer Dritter daran geweckt wird. Demgegenüber erscheint die Erweiterung des Verwenderkreises durch die Verwendung eines allgemein zugänglichen Datums als deutlich weniger einschneidend, da hier die Allgemeinheit ohnehin bereits den potentiellen Verwenderkreis darstellt. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass § 28 I 1 Nr. 3 BDSG – quasi im Wege einer typisierten Abwägung zwischen dem Datenschutzinteresse des Betroffenen und der von Art. 5 I 1 GG garantierten Informationsfreiheit – einen tendenziellen Vorrang des Informationsinteresses gesetzlich festschreibt. Abweichend von den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätzen überantwortet § 28 I 1 Nr. 3 BDSG die Lösung des Konflikts zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit nicht einer ergebnisneutralen Interessenabwägung, sondern stellt die Weichen für das Abwägungsergebnis von vornherein zugunsten der Informationsfreiheit, indem die Vorschrift gesteigerte Anforderungen an die gegenläufigen Datenschutzinteressen erhebt. Allerdings ist fraglich, ob der Aspekt der Informationsfreiheit tatsächlich eine Privilegierung in dem Ausmaß rechtfertigt, dass die Allgemeinzugänglichkeit nicht nur als Abwägungsbelang zugunsten des Verwenders berücksichtigt wird, sondern eine qualitative Erhöhung der gegenläufigen Interessen erforderlich macht, indem nicht mehr jedes überwiegende Interesse des Dateninhabers, sondern nur noch ein offensichtlich überwiegendes Interesse die Zulässigkeit der Datenverwendung verhindern soll. Diese Tendenz zur Höhergewichtung der Informationsfreiheit kann für die Abwägung im Rahmen der Prüfung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht übernommen werden, da für eine derart weitgehende Betonung der Verwenderinteressen aus der Systematik des allgemeinen Persönlichkeitsrechts heraus kein Anlass besteht.486 Das zu § 28 I 1 Nr. 3 BDSG gewonnene Abwägungsergebnis ist hiernach für die Abwägung der gegenläufigen Interessen nach den Grundsätzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nur insoweit von Bedeutung, als die Allgemeinzugänglichkeit wegen der damit verbundenen Erweiterung des Kreises potentieller Verwender als gewichtsmindernder Faktor hinsichtlich der gegen die Datenverwendung sprechenden Interessen zu berücksichtigen ist. Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die Abwägungsergebnisse zu den Gestattungstatbeständen des § 28 I 1 Nr. 1 bis 3 BDSG in folgendem Umfang für die Prüfung der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Verwertung von Verbandsentscheidungen übernommen werden können: Unter den gleichen Voraussetzungen wie der BDSG-Verwender nach § 28 I 1 Nr. 1 486 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 185 ff., 188, stellt fest, § 28 I 1 Nr. 3 BDSG sei „weder verfassungsrechtlich erforderlich noch und erst recht mit einem konsequenten Datenschutz vereinbar“.

III. Kündigung von Sponsorenverträgen

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BDSG kann auch der mit seiner Datenverwendung nicht vom BDSG erfasste Sponsor unter Verweis auf die Erforderlichkeit der Verwertung für die Vertragszwecke des Sponsorenvertrags ein überwiegendes Interesse an der Verwertung für sich in Anspruch nehmen. Dasselbe gilt hinsichtlich desjenigen Sponsors, der sich außerhalb des Anwendungsbereiches des BDSG auf die Wahrung berechtigter Interessen beruft, mit Blick auf die Abwägung zu § 28 I 1 Nr. 2 BDSG. Lediglich die Allgemeinzugänglichkeit, die im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 28 I 1 Nr. 3 BDSG maßgeblich zur Begründung eines überwiegenden Interesses des Sponsors beitragen kann, stellt im Rahmen der Abwägung nach den Regeln des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nur einen gewöhnlichen Abwägungsaspekt zugunsten des Verwenders dar. Hinsichtlich des Umfangs der zulässigen Datenverwendung ist wiederum zu beachten, dass das überwiegende Interesse des Sponsors nur für solche Verwendungen besteht, die zur Erreichung dieses Interesses geeignet und erforderlich sind. Der Zweckbindungsgrundsatz verbietet die Verwendung der zur Steuerung des Sponsoringvertrags erlangten Daten zu anderen Zwecken als zur Entscheidung über das Schicksal des Vertrags. cc) Sonstige Rechtfertigungsgründe, insbesondere Beweisnotstand Der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Athleten durch die Verwertung der Verbandsentscheidung kann beim Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen nach den sonstigen, für Eingriffe in die von § 823 I BGB geschützten Rechtspositionen in Betracht kommenden Rechtfertigungsregeln zulässig sein.487 Da der Sponsor sich möglicherweise vor Beweisschwierigkeiten sieht, wenn der Sponsoring-Vertrag ihn zu Konsequenzen aus einem Dopingverstoß berechtigt, der Sportler einen solchen Verstoß aber nicht zugibt, liegt für ihn die Berufung auf einen sogenannten Beweisnotstand nahe. Die Möglichkeit zur Rechtfertigung von Eingriffen in fremde Persönlichkeitssphären mit dem Bedürfnis, Beweismittel zur Durchsetzung eigener Rechtspositionen zu erlangen, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers beurteilt.488 Weder auf diesen Meinungsstreit noch auf die Frage, inwieweit die Voraussetzungen der §§ 34 StGB oder 228 BGB erfüllt sind, braucht hier näher eingegangen zu werden: Beide Bestimmungen lassen sich insofern als typisierte Interessenabwägungen begreifen, als sie in bestimmten Situationen, die sich durch ein besonderes Interesse des Angreifers auszeichnen, den Eingriff in fremde Rechte zulassen, soweit nicht ein überwiegendes Interesse des Rechtsinhabers entgegen487 488

Vgl. zu diesen Rechtfertigungsregeln Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 27 ff. Ausführlich hierzu Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C 214, m.w. N.

194

B. Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

steht. Die von den Notstandsregeln bis zu einem gewissen Grad typisiert durchgeführte Abwägung zwischen den gegenläufigen Interessen ist jedoch im Zuge der Prüfung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung ohnehin vorzunehmen. Diejenigen Interessen, die den Gesetzgeber zur Schaffung der Notstandsregeln bewogen haben, können und müssen ebenso im Zuge der persönlichkeitsrechtlichen Interessenabwägung berücksichtigt werden, so dass auch die Zulässigkeit der Verwertung der Verbandsentscheidung durch den Sponsor ohne Rückgriff auf die Notstandsregeln entschieden werden kann. Auf die Frage nach der Anwendbarkeit der Grundsätze zum Beweisnotstand und nach dem Vorliegen der Voraussetzungen eines Beweisnotstands kommt es hiernach für die persönlichkeitsrechtliche Prüfung der Verwertung von Verbandsentscheidungen durch Sponsoren nicht an. c) Ergebnis: Zulässigkeit der Kündigung von Sponsorenverträgen auf der Grundlage von Verbandsentscheidungen nach den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht Der Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, den die Verwertung von Verbandsentscheidungen durch Sponsoren bedeutet, wird beim Fehlen einer Einwilligung des Sportlers im Regelfall durch ein überwiegendes Interesse der Sponsoren legitimiert, da die Verwendung der Verbandsentscheidung zur Steuerung des Sponsorenvertrags erforderlich und durch sonstige schutzwürdige Interessen der Sponsoren gedeckt ist, wenn nicht aufgrund besonderer Umstände ein überwiegendes Interesse des Sportlers an der Unterlassung der Verwertung zu konstatieren ist. Wird die Prüfung des Persönlichkeitsrechtsverstoßes ergänzend zur Prüfung der Zulässigkeit der Verwertung nach dem BDSG durchgeführt, kann auf die im Rahmen des § 28 I 1 Nr. 1 und Nr. 2 BDSG gewonnenen Abwägungsergebnisse zurückgegriffen werden. Die Allgemeinzugänglichkeit der Daten i. S. d. § 28 I 1 Nr. 3 BDSG hat im Rahmen der persönlichkeitsrechtlichen Prüfung nicht die Bedeutung eines eigenständigen Gestattungsgrundes, sondern findet lediglich als gewöhnlicher Abwägungsbelang zugunsten des Sponsors Berücksichtigung. Ein eventueller Beweisnotstand des Sponsors ist im Rahmen der Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen.

C. Vereinsgerichtliche, schiedsgerichtliche und gerichtliche Kontrolle von Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände Je nach der Ausgestaltung des Vereinsreglements kommen für die Athleten die folgenden drei Verfahren zur Überprüfung von Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände in Betracht, die sich nach der Beschaffenheit des Kontrollgremiums und den Vorgaben für das Überprüfungsverfahren unterscheiden: Die staatliche Kontrolle, die beim Fehlen wirksamer anderslautender vereinsrechtlicher Bestimmungen grundsätzlich alle Vereinsmaßnahmen erfasst,1 wird auf Antrag der Beteiligten von den Zivilgerichten durchgeführt.2 Soweit sich in den Regelwerken des Vereins eine wirksame Schiedsklausel findet, haben sich die Parteien im Streitfall an das Schiedsgericht zu wenden.3 Klagen sie dennoch vor einem staatlichen Gericht, müssen sie mit der Abweisung der Klage als unzulässig rechnen, wenn der Beklagte gemäß § 1032 I ZPO das Bestehen der Schiedsabrede einwendet.4 Das als Schiedsgericht vorgesehene Gremium stellt allerdings nur dann ein echtes Schiedsgericht i. S. d. §§ 1025 ff. ZPO dar, wenn es bezüglich Besetzung, Grad der Unabhängigkeit von den Streitparteien und Verfahrensgestaltung den Anforderungen der §§ 1025 ff. ZPO genügt. Andernfalls handelt es sich bei dem vermeintlichen Schiedsgericht tatsächlich nur um ein Vereinsgericht, das zwar gemäß den Bestimmungen des Verbands zur Entscheidung berufen sein kann, dessen Entscheidungen aber zur Überprüfung der ordentlichen Gerichte gestellt werden können.5

I. Vereinsgerichtliche Kontrolle Die Vereinssatzung kann vorsehen, dass über Streitigkeiten zwischen Mitgliedern und dem Verein oder zwischen Mitgliedern untereinander ein Vereinsgericht zur Entscheidung berufen sein soll.6 Das Vereinsgericht unterscheidet sich vom 1 Palandt/J. Ellenberger, § 25 Rn. 19; U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1996, 109, 112; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3168; Ausnahmefälle sind etwa die Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters im Spiel oder die Auswahl von Spielern für die Nationalmannschaft, vgl. B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3170 f. 2 Vgl. § 13 GVG; Zöller/C. Lückemann, § 13 GVG Rn. 2. 3 Palandt/J. Ellenberger, § 25 Rn. 21; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3168 f. 4 Zöller/R. Geimer, § 1032 Rn. 7; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 5372 ff. 5 Palandt/J. Ellenberger, § 25 Rn. 21. 6 B. Pfister/T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 279.

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C. Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände

Schiedsgericht im Wesentlichen dadurch, dass es im Hinblick auf die Unabhängigkeit von anderen Vereinsorganen, hinsichtlich der Unparteilichkeit und bezüglich der Verfahrensausgestaltung nicht den Anforderungen der §§ 1025 ff. ZPO genügt.7 Beim Vereinsgericht handelt es sich um ein Vereinsorgan und damit lediglich um einen vereinsinternen Spruchkörper.8 Auch wenn die Anrufung des Vereinsgerichts nach der Vereinssatzung verpflichtend ist, führt dies nicht zum Ausschluss des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten, sondern lediglich zu dessen Beschränkung dergestalt, dass vor der Inanspruchnahme der Zivilgerichte grundsätzlich der vereinsinterne Rechtsweg erschöpft worden sein muss.9 Um der auf Antrag des Mitglieds durchzuführenden gerichtlichen Inhaltskontrolle standzuhalten, müssen die Entscheidungen des Vereinsgerichts den unten in Abschnitt III dargestellten Anforderungen entsprechen, deren Beachtung gegebenenfalls von den ordentlichen Gerichten überprüft wird.

II. Schiedsgerichtliche Kontrolle 1. Wirksame Schiedsklausel im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO Den Verbänden steht die Möglichkeit offen, auf das Mitgliedschaftsverhältnis bezogene Streitigkeiten zwischen einem Vereinsmitglied und dem Verein oder zwischen Vereinsmitgliedern untereinander einem Schiedsgericht i. S. d. §§ 1066, 1025 ff. ZPO zuzuweisen.10 Diese Zuweisung kann durch eine separate Schiedsabrede oder eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder auch durch eine satzungsrechtliche Schiedsklausel erfolgen.11 Ein nach den Vereinsstatuten zur Entscheidung berufener Spruchkörper ist allerdings nur dann Schiedsgericht im Sinne der 7 Zur Abgrenzung von Schieds- und Verbandsgerichten vgl. J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 503 ff., u. U. Haas/B. Gedeon, SpuRt 2000, 228 ff. 8 BGH NJW 1995, 583, 587 = SpuRt 1995, 43, 50 („Reiter-Entscheidung“); B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3016. 9 W. Waldner, in: Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 316; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3168, zu den Ausnahmen der Rechtswegerschöpfung Rn. 3170; BGH NJW 1995, 583, 587, = SpuRt 1995, 43, 50 („Reiter-Entscheidung“). 10 BGH NJW 2004, 2226, 2227 („Landseer-Hunde“), m.w. N., u. NJW 2000, 1713; zu letzterer Entscheidung vgl. J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 558 ff.; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3168; zu den notwendigen Regelungen in der Satzung und den Regelwerken des Vereins vgl. W. Waldner, in: Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 317 f.; demgegenüber ist im Verhältnis zu arbeitsvertraglich gebundenen Sportlern der Abschluss von Schiedsvereinbarungen nicht möglich, vgl. F. Oschütz, Probleme der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport: arbeitsrechtliche Streitigkeiten und einstweiliger Rechtsschutz, in: U. Haas (Hrsg.), Schiedsgerichtsbarkeit im Sport (2003), S. 52. 11 D. Monheim, Die Vereinbarkeit von Schiedsabreden und Schiedsgerichten im Sport mit dem Rechtsstaatsprinzip, in: K. Vieweg (Hrsg.), Facetten des Sportrechts (2009), S. 99.

II. Schiedsgerichtliche Kontrolle

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ZPO, wenn gegen seine Entscheidungen der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten ausgeschlossen ist.12 Als Schiedsgericht in diesem Sinne hat am 01.01. 2008 das Deutsche Sportschiedsgericht seine Tätigkeit aufgenommen, das in Unabhängigkeit von den Sportvereinigungen von der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) in Köln betrieben wird.13 Im Interesse eines angemessenen Rechtsschutzes für die Vereinsmitglieder müssen nach der Rechtsprechung des BGH14 allerdings folgende Voraussetzungen15 erfüllt sein, damit Entscheidungen des nach den Vereinsbestimmungen zuständigen Spruchkörpers als echte Schiedssprüche i. S. d. §§ 1025 ff. ZPO anerkannt werden können: Es muss gewährleistet sein, dass der Spruchkörper als neutraler Dritter entscheidet,16 also frei von einer Einflussnahme durch die Parteien und hier insbesondere von einer Einflussnahme durch die Vereinsorgane agiert. Die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit muss – im Falle satzungsrechtlicher Schiedsklauseln durch die Satzungsbestimmungen betreffend das Schiedsgericht – gewährleistet sein.17 Ausreichend ist insoweit die Verankerung in einer Nebenordnung, die zum Satzungsbestandteil erklärt wird.18 Die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit ist nicht gewährleistet, wenn den Parteien durch die Satzung nicht die Möglichkeit gegeben war, paritätisch Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichts zu nehmen, vielmehr die Bestellung einseitig durch den Verein – im Streitfall 12

U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1996, 109, 113; andernfalls spricht man von einem Verbandsschiedsgericht, s. D. Monheim, Die Vereinbarkeit von Schiedsabreden und Schiedsgerichten im Sport mit dem Rechtsstaatsprinzip, in: K. Vieweg (Hrsg.), Facetten des Sportrechts (2009), S. 96. 13 Umfangreiche Informationen über das Deutsche Sportschiedsgericht sind verfügbar auf der Website des DIS, www.dis-arb.de. Zu Entstehung und Gestaltung des Deutschen Sportschiedsgerichts vgl. auch T. Klich, SpuRt 2007, 236, u. J. Bredow/T. Klich, causa sport 2008, 45 ff., u. K. Mertens, Spurt 2008, 140 ff., u. A. Berninger/C. Theißen, SpuRt 2008, 185 ff. 14 BGH NJW 2004, 2226 ff. („Landseer-Hunde“). 15 Zu den Voraussetzungen, unter denen von einem Schiedsgericht im Rechtssinne auszugehen ist, vgl. auch J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 504 ff., u. D. Monheim, SpuRt 2008, 8 ff. 16 K. Vieweg, Faszination Sportrecht (2006), S. 20; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 5284; J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 504; B. Pfister/T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 283; U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1996, 109, 113. 17 BGH NJW 2004, 2226, 2227; W. Waldner, in: Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 316; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 5284; B. Pfister/T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil, Rn. 281; U. Haas/ C. Prokop, SpuRt 1996, 109, 113. 18 D. Monheim, Die Vereinbarkeit von Schiedsabreden und Schiedsgerichten im Sport mit dem Rechtsstaatsprinzip, in: K. Vieweg (Hrsg.), Facetten des Sportrechts (2009), S. 99 f., der sich zutreffend kritisch zum Verzicht auf die Schriftform für diejenigen Fälle äußert, in denen Sportler mit dem Vereinsbeitritt satzungsmäßige Schiedsgerichte akzeptieren (S. 101).

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C. Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände

durch die für den Verein handelnde Mitgliederversammlung – erfolgt ist.19 Durch die Satzung muss dem Schiedsgericht ein allen Parteien gegenüber stets faires und unparteiisches Verfahren aufgegeben werden.20 Hierzu zählt insbesondere, dass in jedem Falle allen Parteien rechtliches Gehör zu gewähren ist.21 Die Verpflichtung eines Obmanns zur Verfahrensleitung nach pflichtgemäßem Ermessen und die Vorgabe der Anhörung der Parteien „im Einzelfall“ genügen dieser Anforderung nicht. Des Weiteren muss satzungsmäßig die Verpflichtung des Schiedsgerichts festgelegt sein, seine Entscheidungen an Recht und Gesetz oder zumindest am Grundsatz der Billigkeit auszurichten.22 Schließlich muss die Entscheidung des Schiedsgerichts zur Vollstreckung durch staatliche Instanzen bestimmt sein.23 Die Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsklausel muss darüber hinaus auf dem freien Willen des Mitglieds beruhen.24 Von einem solchen freien Willen kann hinsichtlich derjenigen Mitglieder ausgegangen werden, die der Aufnahme der Klausel in die Satzung zugestimmt haben.25 Bei Vereinen, deren Mitglieder frei und unabhängig von wirtschaftlichen, sozialen oder sonstigen faktische Sachzwänge auslösenden Umständen über Verbleib im Verein oder Austritt aus demselben entscheiden können und für deren Mitglieder der Austritt auch nicht aus anderen Gründen einen schweren, mit belastenden Folgen verbundenen Schritt 19 BGH NJW 2004, 2226, 2227 f.; W. Waldner, in: Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 316; U. Haas/M. Holla, Die Nationale Antidoping-Agentur und ein künftiges Schiedsgericht für Dopingstreitigkeiten, in: U. Haas (Hrsg.), Schiedsgerichtsbarkeit im Sport (2003), S. 29 ff.; ähnlich bereits BGH NJW 1995, 583, 587; Zweifel an der Umsetzbarkeit des Erfordernisses in der Praxis äußern B. Pfister/T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 281; zur Vorgabe von Schiedsrichterlisten vgl. D. Monheim, Die Vereinbarkeit von Schiedsabreden und Schiedsgerichten im Sport mit dem Rechtsstaatsprinzip, in: K. Vieweg (Hrsg.), Facetten des Sportrechts (2009), S. 109. 20 B. Pfister/T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 283; D. Monheim, SpuRt 2008, 8; ders., Die Vereinbarkeit von Schiedsabreden und Schiedsgerichten im Sport mit dem Rechtsstaatsprinzip, in: K. Vieweg (Hrsg.), Facetten des Sportrechts (2009), S. 95. 21 B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 5284; D. Monheim, Die Vereinbarkeit von Schiedsabreden und Schiedsgerichten im Sport mit dem Rechtsstaatsprinzip, in: K. Vieweg (Hrsg.), Facetten des Sportrechts (2009), S. 95. 22 BGH NJW 2004, 2226, 2227; W. Waldner, in: Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 316. 23 BGH NJW 2004, 2226, 2228, u. NJW 1995, 583, 587; W. Waldner, in: Sauter/ Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 316. 24 BGH NJW 2000, 1713; J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 504; B. Pfister/T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil, Rn. 281; U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1996, 187; D. Monheim, SpuRt 2008, 8, 9. 25 So im Ergebnis auch U. Haas, SpuRt 2000, 139, 140. Nach W. Waldner, in: Sauter/ Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 317, gilt die Schiedsklausel ohne weiteres auch im Verhältnis zu überstimmten Mitgliedern und gegenüber neu eintretenden Mitgliedern.

II. Schiedsgerichtliche Kontrolle

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darstellt, ist die erforderliche Zustimmung auch in der Anerkennung der Satzung anlässlich des Vereinsbeitritts oder im Verbleib im Verein nach der Aufnahme der Schiedsklausel in die Satzung zu sehen.26 Im Falle von Vereinen, deren Mitglieder aufgrund der konkreten Machtverhältnisse und Abhängigkeiten diese Austrittsfreiheit zwar rechtlich, aber nicht faktisch genießen, wie dies bei den Profisportlern angesichts der Organisation in Form der Verbandspyramide und der damit einhergehenden Rechtsvereinheitlichung der Fall ist,27 kommt es für die Wirksamkeit der Schiedsklausel darauf an, ob sich die Androhung der Nichtaufnahme, des Ausschlusses oder anderer nachteiliger Konsequenzen im Falle der Verweigerung der Zustimmung zur Schiedsklausel bei Abwägung der gegenläufigen Interessen von Sportler und Verband entsprechend den Maßgaben des § 123 BGB als Ausübung unzulässigen Willenszwanges darstellt.28 Die Rechtsfolge ist in diesem Fall die Unwirksamkeit der Schiedsklausel gemäß § 138 BGB.29 2. Rechtliche Wirkung des Schiedsspruches, Kontrolle durch staatliche Gerichte Sind die Voraussetzungen für die Einordnung der Entscheidung des Schiedsgerichts als Schiedsspruch i. S. d. §§ 1025 ff. ZPO erfüllt, ist dessen Kontrolle durch die staatlichen Gerichte grundsätzlich ausgeschlossen.30 Von einem staatlichen Gericht können zum einen noch vorläufige oder sichernde Maßnahmen nach § 1033 ZPO angeordnet werden. Zum andern können die staatlichen Gerichte von den Parteien des Schiedsgerichtsverfahrens bei Vorliegen eines Aufhebungsgrundes gemäß § 1059 ZPO mit dem Antrag angerufen werden, den Schiedsspruch zu kassieren. Im Falle ihrer Einschaltung als Kassationsgerichte kommt den staatlichen Gerichten allerdings keineswegs die Funktion einer Revisions26

BGH NJW 2000, 1713. Vgl. oben B.I.2.a)bb)(2). 28 Vgl. oben B.I.2.b)cc)(2); diese Abwägung wird in BGH NJW 2000, 1713, 1714, nicht zu Papier gebracht, sondern ohne weiteres aus der fehlenden Austrittsfreiheit auf die Unwirksamkeit der Schiedsklausel gegenüber dem opponierenden Mitglied geschlossen, dies möglicherweise allerdings nur deshalb, weil das Überwiegen der Interessen des Vereinsmitglieds in der gegebenen Konstellation dem Senat in keiner Weise zweifelhaft schien. Gegen die Sonderbehandlung der Sportverbände wegen der Ungleichgewichtslage U. Haas/M. Holla, Die Nationale Antidoping-Agentur und ein künftiges Schiedsgericht für Dopingstreitigkeiten, in: U. Haas (Hrsg.), Schiedsgerichtsbarkeit im Sport (2003), S. 27. A.A., für die Sittenwidrigkeit, wenn den Sportlern kein Wahlrecht eröffnet wird, D. Monheim, Die Vereinbarkeit von Schiedsabreden und Schiedsgerichten im Sport mit dem Rechtsstaatsprinzip, in: K. Vieweg (Hrsg.), Facetten des Sportrechts (2009), S. 105, 107. 29 U. Haas/M. Holla, Die Nationale Antidoping-Agentur und ein künftiges Schiedsgericht für Dopingstreitigkeiten, in: U. Haas (Hrsg.), Schiedsgerichtsbarkeit im Sport (2003), S. 25 f.; D. Monheim, SpuRt 2008, 8, 10. 30 B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 5626 ff.; B. Pfister/T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 284. 27

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C. Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände

instanz zu. § 1059 ZPO beschränkt die Aufhebungsgründe vielmehr auf einige wenige grundlegende Mängel des Schiedsverfahrens wie die Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung oder die Verletzung des rechtlichen Gehörs einer Partei.

III. Gerichtliche Kontrolle 1. Personelle Reichweite der gerichtlichen Kontrolle von Verbandsmaßnahmen Geht es um die gerichtliche Kontrolle von Verbandsmaßnahmen, ist als Vorfrage zur Prüfung des sachlichen Kontrollumfangs abzuklären, welche Art von Maßnahmen unter dem Aspekt der Maßnahmenadressaten nach den insoweit entwickelten Grundsätzen von den Gerichten überprüft werden. Unproblematisch werden von diesen Grundsätzen – sozusagen als klassische Anwendungsfälle der gerichtlichen Kontrolle von Verbandsakten – solche Maßnahmen erfasst, die vonseiten des Verbandes gegenüber seinen Mitgliedern ergriffen worden sind. Keineswegs als selbstverständlich erscheint es demgegenüber, dass nach den für die Kontrolle von Maßnahmen gegenüber Mitgliedern geltenden Grundsätzen auch Maßnahmen des Verbands gegen Mitglieder nachgeordneter Verbände oder gegen Dritte erfasst sind, die sich – etwa aus Anlass der Teilnahme an einer Veranstaltung des Verbands oder im Rahmen einer Lizenzvereinbarung – vertraglich mit der Geltung der Verbandsregeln einverstanden erklärt haben. Diese Vorfrage der gerichtlichen Kontrolle ist vom BGH in der „Reiter-Entscheidung“ 31 nochmals32 dahingehend beantwortet worden, dass die gerichtliche Inhaltskontrolle gleichermaßen im Hinblick auf die Beziehung des Verbandes zu Mitgliedern wie im Hinblick auf die Beziehung zu Nichtmitgliedern durchzuführen ist. Die Beziehung zwischen Verband und Nichtmitgliedern kann hiernach durch Individualverträge, durch die Meldung der Nichtmitglieder zu nach den Verbandsregeln ausgeschriebenen Wettbewerben oder durch Beantragung und Erteilung einer generellen Sport- oder Spielererlaubnis begründet werden.33 Ausreichend ist insoweit, dass die Willenserklärung des Nichtmitglieds gegenüber dem übergeordneten Verband abgegeben wird, da dieser die Ausübung der Vereinsgerichtsbarkeit untergeordneten Instanzen übertragen kann, soweit dies keine willkürliche Benachteiligung des Nichtmitglieds darstellt und die Zuständigkeitsregelung hinreichend bestimmt gefasst ist.34

31 BGH NJW 1995, 583, 585 = BGHZ 128, 93 ff. = SpuRt 1995, 43 ff.; dazu K. Vieweg, SpuRt 1995, 97 ff., u. V. Röhricht, Sportgerichtsverfahren, S. 34 ff.; zustimmend U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1998, 15, 16. 32 Unter Verweis auf BGH WM 1972, 1249. 33 BGH NJW 1995, 583, 585 f. 34 BGH NJW 1995, 583, 586.

III. Gerichtliche Kontrolle

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2. Sachliche Reichweite der gerichtlichen Kontrolle von Verbandsmaßnahmen a) Prüfungsumfang bei Vereinigungen ohne besondere Machtstellung Die Frage nach dem Umfang der gerichtlichen Überprüfung von Vereinsstrafmaßnahmen wird teilweise in Abhängigkeit der Machtstellung des Vereins gegenüber seinen Mitgliedern unterschiedlich beantwortet.35 Ungeachtet der Mächtigkeit der Vereinigung werden – die Erschöpfung des vereinsinternen Rechtswegs,36 – die Frage, ob der Betroffene überhaupt der Vereinsordnungsgewalt unterliegt,37 – die Existenz einer ausreichenden Grundlage in der Satzung und die Wirksamkeit der Satzung in diesem Punkt,38 – die Ordnungsmäßigkeit des vereinsinternen Verfahrens im Hinblick auf gesetzliche Vorgaben, allgemein gültige Verfahrensgrundsätze und einschlägige Vereinsregelungen,39

35 Zum Meinungsstand vgl. MüKo/D. Reuter, § 25 Rn. 38 ff. Eine Zusammenfassung der gerichtlichen Praxis in Deutschland findet sich bei J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 348. 36 BGHZ 106, 67, 69; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3345. 37 BGH WM 1980, 869, 870; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3346 ff.; T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 321, 323. 38 BGHZ 47, 172, 177; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3350; MüKo/ D. Reuter, § 25 Rn. 44; U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1998, 15, 16; für Maßnahmen der Sportverbände V. Röhricht, Sportgerichtsverfahren, S. 27; T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 321, 324; U. Haas, causa sport 2004, 58, 59, 61, mit dem Hinweis, dass diese Grundlage im Falle der Teilnahme der Sportler auf Vertragsbasis keine Satzungsqualität haben muss. 39 B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3352 ff.; T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 321, 325 f.; BGH NJW 1994, 43, fordert die Überprüfung der Beachtung der elementaren rechtsstaatlichen Anforderungen und des Vorliegens eines sachlichen Grundes; zur Einhaltung der elementaren rechtsstaatlichen Anforderungen s. auch BGH NJW 1995, 583, 587, u. K. Vieweg, Faszination Sportrecht (2006), S. 18; für Maßnahmen der Sportverbände V. Röhricht, Sportgerichtsverfahren, S. 28; zur Ordnungsmäßigkeit des vereinsinternen Verfahrens vgl. U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1998, 15, 16, u. U. Haas, causa sport 2004, 58, 61, und auch bereits RG BayZ 1934, 106 (nicht satzungsgemäße Besetzung des Ordnungsorgans); zur Zuständigkeit des Vereinsorgans sowie zur Beachtung „fundamentaler Rechtsüberzeugungen der staatlichen Gemeinschaft“ vgl. auch MüKo/D. Reuter, § 25 Rn. 47 f.; ähnlich – für eine Überprüfung auf die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Minimalanforderungen hin – auch M. Nolte, Staatliche Verantwortung, S. 430.

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C. Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände

– die Vereinbarkeit der Ordnungsmaßnahme mit staatlichem Recht (§§ 134, 138 BGB),40 – die der Ordnungsmaßnahme zugrundegelegte Tatsachenermittlung41 von den staatlichen Gerichten überprüft.42 Demgegenüber findet bei Vereinen, die keine Monopolverbände sind und keine überragende wirtschaftliche oder soziale Machtstellung einnehmen, nur eine eingeschränkte Subsumtionskontrolle auf Willkürlichkeit und grobe Unbilligkeit hin statt.43 Insbesondere unterliegt ihre Satzung nur einer eingeschränkten Inhaltskontrolle.44 Eine gerichtliche Korrektur der Verbandsmaßnahme kommt diesbezüglich nur insoweit in Betracht, als dadurch nicht in Bereiche und Einzelfragen eingegriffen wird, deren Regelung von der Vereinsautonomie ausschließlich den Verbänden zugewiesen und somit jeder Einmischung von außen nicht 40 B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3358 ff.; T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 321, 327; U. Haas, causa sport 2004, 58; U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1998, 15, 16; BGHZ 36, 105, 114 (wettbewerbswidrige Diskriminierung durch die Ordnungsmaßnahme). 41 BGHZ 21, 370, 373, u. 47, 381, 384 f., u. 87, 337, 343, u. 102, 265, 273; BGH NJW 1995, 583, 587, u. 1997, 3368; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3361 ff.; U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1998, 15, 16; U. Haas, causa sport 2004, 58, 63 f.; K. Vieweg, Faszination Sportrecht (2006), S. 18, der allerdings hinsichtlich des Prüfungsmaßstabs der Tatsachenkontrolle auf den Maßstab von Treu und Glauben abstellt, vgl. K. Vieweg, Zur Inhaltskontrolle von Verbandsnormen, in: FS für R. Lukes (1989), S. 818 f.; W. Waldner, in: Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 377, m.w. N.; für Maßnahmen der Sportverbände V. Röhricht, Sportgerichtsverfahren, S. 29; T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 321, 328 f.; a. A., für die Beschränkung auf eine Willkürkontrolle MüKo/D. Reuter, § 25 Rn. 50. 42 Zum Prüfungsumfang in formeller Hinsicht vgl. auch BGH NJW 1995, 583, 587, u. K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 109, u. W. Waldner, in: Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 376, m.w. N. 43 BGH NJW 1997, 3368 f.; V. Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen (1988), S. 78; ders., Sportgerichtsverfahren, S. 32; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3365 ff.; U. Haas/C. Prokop, SpuRt 1998, 15, 16; für eine noch weitergehende Einschränkung des Prüfungsumfangs auf Verstöße gegen den ordre public MüKo/D. Reuter, § 25 Rn. 42 ff.; T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 321, 330 f.; a. A., für eine uneingeschränkte Überprüfung P. Schlosser, Vereinsgerichtsbarkeit, S. 99 ff., u. B. Grunewald, Ausschluss, S. 39 ff., u. Erman/H. P. Westermann, § 25 Rn. 5; für eine Überprüfung am Maßstab von Treu und Glauben K. Vieweg, Zur Inhaltskontrolle von Verbandsnormen, in: FS für R. Lukes (1989), S. 820 f. 44 BGH NJW 1995, 583, 587; V. Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen (1988), S. 78; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3329 ff.; K. Vieweg, Faszination Sportrecht (2006), S. 18; W. Waldner, in: Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 377; a. A. B. Grunewald, Ausschluss, S. 144, die die Satzungen von Massenvereinen der Kontrolle am Maßstab des § 242 BGB unterziehen möchte; ähnlich M. Nolte, Staatliche Verantwortung, S. 433 f., wenn er für die Überprüfung von Sanktionsnormen der Sportverbände von einer Interessenabwägung ausgeht.

III. Gerichtliche Kontrolle

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zugänglich ist. Soweit der Verband im Bereich seines Selbstbestimmungsrechts handelt, wie z. B. hinsichtlich der Beurteilung des Mitgliedsverhaltens unter dem Aspekt einer Schädigung der Vereinsinteressen, kann die Verbandsmaßnahme nur auf Gesetzeswidrigkeit, Willkür und grobe Unbilligkeit überprüft werden.45 Offenbar unbillig ist eine Maßnahme insbesondere dann, wenn sie einen Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung aller Mitglieder bedeutet, etwa weil die gleiche Zuwiderhandlung gegen die Vereinsbestimmungen ohne sachlichen Grund bei anderen Mitgliedern anders geahndet wurde.46 b) Prüfungsumfang bei Monopolverbänden oder Vereinen mit überragender Machtstellung im sozialen oder wirtschaftlichen Bereich Im Falle von Verbänden, die einem Aufnahmezwang unterliegen, wie dies für Monopolverbände gilt sowie für Vereinigungen mit einer überragenden Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich, bei denen die Mitgliedschaft für den Einzelnen aus beruflichen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von erheblicher Bedeutung ist, gilt die sonst aus der Vereinsautonomie heraus gebotene Beschränkung der Prüfungskompetenz nicht. Ordnungsmaßnahmen von Monopolverbänden oder Vereinen mit überragender Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich werden nicht nur lediglich auf Willkür und grobe Unbilligkeit, sondern auf die Rechtfertigung durch sachliche Gründe hin überprüft.47 Neben der umfassenden Tatsachenkontrolle48 ist eine Inhaltskontrolle der internen Normen dieser Vereinigungen am Maßstab von Treu und Glauben (§ 242 BGB)49 auf ihre Angemessenheit und Billigkeit hin geboten50. Hierbei 45 W. Waldner, in: Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 378; K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 107. 46 BGH NJW 1997, 3368, 3369; W. Waldner, in: Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 380; MüKo/D. Reuter, § 25 Rn. 49. 47 BGHZ 102, 265, 276 f.; BGH NJW 1994, 43; V. Röhricht, Sportgerichtsverfahren, S. 31 f.; B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3374; W. Waldner, in: Sauter/ Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 379; MüKo/D. Reuter, § 25 Rn. 55; speziell zur Überprüfung von Dopingsanktionen vgl. U. Haas, causa sport 2004, 58. 48 BGH JZ 1984, 180, 187; K. Vieweg, Faszination Sportrecht (2006), S. 19. 49 BGH NJW 1995, 583, 585; BGHZ 105, 306, 318; K. Vieweg, Faszination Sportrecht (2006), S. 19; ders., Zur Inhaltskontrolle von Verbandsnormen, in: FS für R. Lukes (1989), S. 814 f.; eine Erörterung der sich insoweit stellenden rechtsdogmatischen Grundsatzfragen findet sich bei K. Vieweg, Zur Inhaltskontrolle von Verbandsnormen, in: FS für R. Lukes (1989), S. 810 ff., der darauf hinweist, dass der Umfang der Inhaltskontrolle richtigerweise nicht nach der Machtstellung der Verbände, sondern nach der insgesamt gegebenen Grundrechtsgefährdung zu bemessen ist; W. Waldner, in: Sauter/ Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein (18. Aufl. 2006), Rn. 379; einschränkend B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 3329 ff.; T. Summerer, Praxishandbuch

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C. Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände

werden die Verbandsbestimmungen auch auf ihre hinreichende Bestimmtheit hin überprüft.51 Eine Grenze zieht der BGH erst an der Stelle, wo das Gericht seine Überzeugungen und Wertmaßstäbe ungerechtfertigter Weise an die Stelle derjenigen des Verbandes setzt.52 Schließlich hat eine Subsumtionskontrolle der Rechtsanwendung stattzufinden, die verhindert, dass auf einen zutreffend festgestellten Sachverhalt eine den Maßstäben von Treu und Glauben genügende Norm fälschlicherweise angewendet wird.53 aa) Interessenabwägung Die Prüfung der Angemessenheit und Billigkeit nach Treu und Glauben gebietet die Abwägung der einander gegenüberstehenden schutzwürdigen Interessen der normsetzenden Korporation einerseits und ihrer Mitglieder andererseits.54 Hat diese Abwägung ein Überwiegen der widersprechenden Interessen zum Ergebnis, kommt möglicherweise noch eine geltungserhaltende Reduktion der unausgewogenen Regelung in Betracht.55 Im Ergebnis bedarf es somit einer verantwortungsvollen Abwägung der Interessen aller an dem Rechtsverhältnis Beteiligten.56 Diese Interessenabwägung Sportrecht, 2. Teil Rn. 334, der allerdings die Inhaltskontrolle im Rahmen von Austauschverhältnissen mit Nichtmitgliedern in Anwendung der AGB-rechtlichen Bestimmungen durchführen will (Rn. 314 ff.); uneingeschränkt für eine Inhaltskontrolle anhand der §§ 305 ff. BGB G. Petri, SpuRt 2003, 230 ff., für den Fall der Einbeziehung von Anti-Doping-Bestimmungen in Arbeitsverträge zwischen Athleten und Vereinen ders., Zur AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle des World Anti-Doping Codes und des NADA-Codes, in: K. Vieweg (Hrsg.), Perspektiven des Sportrechts (2005), 107. 50 MüKo/D. Reuter, § 25 Rn. 55; so im Ergebnis auch K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 39 f.; K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 107 ff. 51 U. Haas, causa sport 2004, 58, 59. 52 BGHZ 102, 265, 277; so auch K. Vieweg, Zur Inhaltskontrolle von Verbandsnormen, in: FS für R. Lukes (1989), S. 815, u. V. Röhricht, Sportgerichtsverfahren, S. 31 u. 32 f., der diese Grenze auch für die Überprüfung der Tatsachenermittlung zieht (S. 31); zum Schutz der sportethischen Vorstellungen und sportrelevanten Wertungen der Sportvereinigungen vgl. auch U. Steiner, Staat, Sport und Verfassung, in: P. J. Tettinger/ K. Vieweg (Hrsg.), Gegenwartsfragen des Sportrechts (2004), S. 30 f. 53 BGHZ 102, 265, 276; V. Röhricht, Sportgerichtsverfahren, S. 32; K. Vieweg, Faszination Sportrecht (2006), S. 19. 54 So auch K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40; ders., SpuRt 1995, 188, 189; ders., Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 110 ff. 55 Mit Tendenz zur Zulässigkeit einer geltungserhaltenden Reduktion K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 41 f. 56 K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 107; so mit Blick auf die Dopingkontrollregeln der Verbände U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 51; so für die Rechtsfortbildung über § 242 BGB im Allgemeinen MüKo/G. H. Roth, § 242, Rn. 46.

III. Gerichtliche Kontrolle

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stellt das Einfallstor dar für die anerkanntermaßen zumindest mittelbare Drittwirkung der Grundrechte.57 Sie ist in folgenden Schritten durchzuführen: Erstens sind die Belange der Beteiligten zu sammeln, die für die jeweils eingenommene Rechtsposition ins Feld geführt werden können. Hierbei sind sämtliche Belange zu berücksichtigen, die nicht gegen gesetzliche Verbote oder die guten Sitten verstoßen oder zu anderen zwingenden Vorgaben der Rechtsordnung im Widerspruch stehen. Sodann sind die hiernach im Raum stehenden gegenläufigen Interessen zweitens zunächst jeweils für sich gesehen zu gewichten und nachfolgend drittens in ihrer Gesamtheit einander gegenüberzustellen. Da es bei der Abwägung im Rahmen der Angemessenheits- und Billigkeitskontrolle vereinsrechtlicher Regelungen und auch bei der Abwägung zur Feststellung der Freiwilligkeit der Einwilligung der Athleten ebenso wie bei der Auflösung von Grundrechtskollisionen im Bereich des öffentlichen Rechts im Wesentlichen um die Frage geht, welchem der einander gegenüberstehenden Interessenbündel und insbesondere welchen grundgesetzlich geschützten Interessen unter welchen Auflagen der Vorrang einzuräumen ist, können die im Bereich des öffentlichen Rechts entwickelten Abwägungsgrundsätze auch für den Bereich der privatrechtlichen Interessenabwägung übernommen werden, soweit sie nicht den Besonderheiten der Interessenkollision im Bereich des öffentlichen Rechts Rechnung tragen. Hiernach gilt für die Ermittlung der abwägungsrelevanten Interessen, dass grundsätzlich nur schützenswerte, dem Einzelnen auch zugeordnete Interessen in die Abwägung einbezogen werden dürfen.58 Im Falle der Interessenidentität, d.h. wo durch den Sachverhalt selbst eine enge Interessenverknüpfung geschaffen ist, können auch Interessen Dritter geltend gemacht werden.59 Schon die Entscheidung, ob ein geltend gemachtes Interesse schutzwürdig ist oder nicht, ist in erster Linie dem Gesetz zu entnehmen: Wo dem Einzelnen ein subjektives Recht gewährt wird, wo ein Schutzgesetz zu seinen Gunsten eingreift, wo das von ihm geltend gemachte Interesse auch bereits im Rahmen einer Rechtsnorm in einer dort vorgenommenen Abwägung berücksichtigt wurde oder wo eine Rechtsnorm ein anderes Recht zugunsten des in Rede stehenden Interesses einschränkt, kann ohne weiteres von Vorhandensein eines schutzwürdigen Interesses ausgegangen werden, ebenso, wenn auf außerrechtliche Maßstäbe (z. B. die eheliche Lebensgemeinschaft in § 1353 BGB) Bezug genommen wird, wie überhaupt die „Natur der Sache“ eine immer zu berücksichtigende Erkenntnisquelle für die Bewertung von Interessen darstellt.60 Geht es wie bei der Beurteilung von Dopingkontrollmaß57

K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 110. H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 97 ff.; ders., JZ 1957, 521, 523 f.; Erman/ H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 60. 59 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 106 f.; BGH JZ 1952, 227, 228 („Constanze“). 60 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 98 f. 58

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C. Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände

nahmen um die Angemessenheit von Verbandsmaßnahmen, sind bei der Ermittlung der relevanten Interessen aufseiten des Verbands dessen hinter der strittigen Maßnahme stehenden Wertentscheidungen besonders zu berücksichtigen. Das Selbstbestimmungsrecht der Verbände gebietet es, insoweit einen Beurteilungsspielraum der Verbände zu achten.61 Für die Gewichtung der Einzelinteressen ist von besonderer Bedeutung, mit welchem Rang sie von der Rechtsordnung geschützt werden. Da für den Bereich der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten das Auftreten von Grundrechtskollisionen kennzeichnend ist,62 ist im Rahmen persönlichkeitsrechtlicher Interessenabwägungen das besondere Gewicht von auf der einen oder anderen Seite berührten Grundrechtspositionen zu berücksichtigen.63 Nur ausnahmsweise ist die Berufung auf die Kulturanschauung zur Untermauerung eines Abwägungsbelangs geeignet, da sie ein Interesse nur dann zu stützen vermag, wenn sich eine communis opinio über dessen Schutzwürdigkeit gebildet hat.64 Ermöglichen die vorgenannten Ansatzpunkte keine Bewertung des behaupteten Interesses, bleibt als letzte Möglichkeit nur noch eine Eigenwertung, die „das höchste Ziel des Rechts, die Fortentwicklung der Kultur und die Vervollkommnung des Menschengeschlechts, d.h. die Verwirklichung der Rechtsidee zu erstreben“ hat.65 Auch die Bewertung und Abwägung der zu berücksichtigenden Interessen hat soweit als möglich nicht im Wege allgemeiner Billigkeitserwägungen zu erfolgen, sondern wiederum unter Anwendung der aus der Analyse der Rechtsordnung gewonnenen Maßstäbe.66 Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass zwischen materiellen, kulturellen und sittlichen Werten ein aufsteigendes Rangverhältnis besteht.67 Auch das Rangverhältnis lässt sich in vielen Fällen den gesetzlichen Interessenentscheidungen entnehmen.68 Hinweise geben des Weiteren die unterschiedlichen Strafmaße der Strafvorschriften, soweit die als bedeutsam ermittelten Interessen strafrechtlichen Schutz genießen.69

61

V. Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen (1988), S. 78, 82,

86. 62 So auch Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 V.; ausführlich hierzu unter dem Aspekt der Pflicht des Zivilgesetzgebers zur Lösung der Grundrechtskonflikte bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Gesetzen M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.D.I.1. 63 K. Vieweg, SpuRt 1995, 188, 189. 64 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 99 f. 65 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 100. 66 H. Hubmann, JZ 1957, 521, 523. 67 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 101. 68 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 101. 69 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 102.

III. Gerichtliche Kontrolle

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Zentrale Maßgaben für Rechtskollisionen sind sodann das Prinzip des „schonendsten Ausgleichs“ 70, demzufolge die Entscheidung für das eine und gegen das andere Interesse immer so zu erfolgen hat, dass das als nachrangig zurückgestellte Interesse bei der Durchsetzung des höherwertigen Interesses möglichst wenig beeinträchtigt wird, das Prinzip der „praktischen Konkordanz“ 71, der einen Ausgleich zwischen den einander gegenüberstehenden Interessen in der Weise verlangt, dass diese die unter den gegebenen Umständen höchstmögliche Wirksamkeit behalten, und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz72, der auf die Durchsetzung rechtlicher Interessen gerichtete Eingriffe nur dann zulässt, wenn sie geeignet, erforderlich und angemessen sind.73 Die umstrittene Frage, inwieweit der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf das Handeln von Privatrechtssubjekten anzuwenden ist, kann an dieser Stelle dahinstehen Denn die Parameter der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Angemessenheit sind schon aus dem Grund bei 70 BVerfGE 39, 1, 43; H. D. Jarass, AöR 110, 363, 384; P. Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht (1961), S. 125 ff.; H. Hubmann, JZ 1957, 521, 526; K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 41; ders., Zivilrechtliche Beurteilung von Blutentnahmen (1996), S. 89, 112; U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 51. 71 M. Nolte, Staatliche Verantwortung, S. 149 f.; C. Degenhart, JuS 1992, 361, 363; H. D. Jarass, AöR 110, 363, 384; K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der BRD (20. Aufl. 1999), Rn. 72; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C10; K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 41; ders., Zivilrechtliche Beurteilung von Blutentnahmen (1996), S. 89, 112; U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 51; für den Bereich des Gesetzeserlasses M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.D.I.1.a), unter Hinweis darauf, dass der Grundsatz der praktischen Konkordanz weniger als Richtschnur für den Gesetzeserlass denn als Maßgabe für die Feinabstimmung kollidierender Interessen im Einzelfall geeignet sei. 72 BVerfGE 63, 131, 144 („Gegendarstellung“); H. D. Jarass, AöR 110, 363, 384; zum Verhältnismäßigkeitserfordernis bei Eingriffen der öffentlichen Hand vgl. BVerfGE 65, 1, 44, u. 78, 77, 85, u. 84, 239, 280; zum Gebot einer „strikten Prüfung der Verhältnismäßigkeit“ vgl. auch BVerfGE 33, 367, 377 („Sozialarbeiter“), u. W. Schmitt Glaeser, HbStR VI, § 129 Rn. 64, u. H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 60; H. Hubmann, FS für Obermayer (1986), S. 45 f.; Larenz/Wolf, AT, § 8 IV., Rn. 36; K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 41; ders., Zusammenfassung der juristischen Gutachten zu der Frage nach der Zulässigkeit von Blut- und/oder Urinkontrollen, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 17; ders., Zivilrechtliche Beurteilung von Blutentnahmen (1996), S. 89, 112; für den Bereich des Gesetzeserlasses M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.D.I.1.a); das BVerfG lehnt in der „Mephisto-Entscheidung“ (BVerfGE 30, 173, 199) die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen von Persönlichkeitsrechtseingriffen zwischen Privaten ausdrücklich ab. 73 So zur Wirkung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der verbandsrechtlichen Inhaltskontrolle auch K. Vieweg, SpuRt 1995, 188, 189; ders., Zivilrechtliche Beurteilung von Blutentnahmen (1996), S. 89, 112; U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 51.

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C. Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände

der Abwägung zu beachten, weil ein ungeeigneter, ein nicht erforderlicher oder ein unangemessener Rechtseingriff kein überwiegendes Interesse für sich in Anspruch nehmen kann.74 Parameter für die Geeignetheit einer Dopingkontrollmethode sind insbesondere ihre Eignung zum Dopingnachweis sowie ihre Individualisierbarkeit, ihre Nichtmanipulierbarkeit, ggf. die Haltbarkeit der Proben und der Stand der Analyseverfahren.75 In Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips wäre insbesondere eine der Mitgliedschaft im Wege stehende Vereinsregelung dann nicht als erforderlich anzusehen, wenn der von der Vereinigung verfolgte Zweck auch durch eine andere, „mildere“ Satzungsgestaltung erreicht werden kann, die die Mitgliedschaft des Bewerbers ermöglichen würde.76 Dieser Pflicht zur Abmilderung ihrer Satzung hat die Vereinigung Genüge getan, wenn die der Aufnahme im Wege stehende Satzungsbestimmung soweit entschärft wurde, dass der Bewerber in der Lage ist, die ihm missliebigen Aufnahmevoraussetzungen ohne unverhältnismäßige Opfer zu erfüllen.77 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist im Falle von Dopingregelungen nur dann gewahrt, wenn diese hinreichend konkret gefasst sind78 und insbesondere die hiernach vorgesehenen Maßnahmen der Dopinganalytik im Sinne einer konkreten Zweckbindung ihrem Umfang nach auf das zur Durchsetzung des Dopingverbots Notwendige beschränkt sind.79 Die von den Parteien zur Begründung ihrer Position angeführten Normen sind unter Zugrundelegung der genannten Prinzipien darauf hin zu analysieren, „welche Verfassungsbestimmung für die konkret zu entscheidende Frage das höhere Gewicht hat . . . Die schwächere Norm darf nur insoweit zurückgedrängt werden, wie dies logisch und systematisch zwingend erscheint; ihr sachlicher Grundwertgehalt muss in jedem Fall respektiert werden“ 80. Soweit es um die Durchsetzung von in den Vereinsregelwerken verankerten Interessen geht, spielt hierbei nicht zuletzt die Frage eine Rolle, ob die einschlägigen Bestimmungen hinreichend konkret formuliert sind.81 Für die sonstigen schutzwürdigen Interessen der Konfliktparteien gilt ebenso wie für ihre grundrechtlich geschützten Rechtspositionen, dass sie dergestalt miteinander in Übereinstimmung gebracht sein müssen, dass sich keine der einander gegenüberstehenden Positionen über das ihr zukommende Gewicht hinaus und unter Zurückdrängung der anderen und unter Beeinträchtigung von deren sachlichem Grundwertgehalt übermäßig durchsetzt.82 Ge74

Vgl. oben B.II.2.b)bb). K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 92 f. 76 BGH NJW 1975, 771, 772; F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 111. 77 BGH NJW 1975, 771, 772; F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 111. 78 K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 112 f. 79 K. Vieweg, SpuRt 1995, 188, 189; ders., Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 113. 80 BVerfGE 28, 243, 261 („Kriegsdienstverweigerung II“), u. 47, 327, 369 f.; H. D. Jarass, AöR 110, 363, 384. 81 K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 41, m.w. N. 75

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mäß den vom BVerfG83 entwickelten Grundsätzen zur Wechselwirkungslehre ist bei der Ermittlung der Reichweite der einander gegenüberstehenden Rechtspositionen jeweils die wertsetzende Bedeutung des kollidierenden Grundrechts oder auch des sonstigen schutzwürdigen Interesses zu berücksichtigen und die Reichweite der Positionen entsprechend einzuschränken.84 Einen Grundsatz, der besagt, dass Einzelinteressen dem allgemeinen Interesse weichen müssten, dass Gemeinnutz vor Eigennutz ginge, gibt es in diesem Zusammenhang nicht. Vielmehr ist auch im Falle der Kollision von Einzel- und Gemeinschaftsinteressen in jedem Einzelfall zu überprüfen, welche Gründe für das eine oder andere Interesse sprechen und ob sie dem einen oder dem anderen den Vorzug verschaffen.85 Im Rahmen dieser Prüfung kann die Bewertung eines Interesses als Allgemeininteresse lediglich eine Vorzugstendenz zugunsten dieses Interesses begründen, die von anderen, zugunsten des privaten Interesses sprechenden Vorzugstendenzen überwogen werden kann.86 Um eine übermäßige Beeinträchtigung des rezessiven Interesses durch das dominante zu vermeiden und hierdurch unter Umständen die Wahrnehmung des dominanten Interesses überhaupt erst zu ermöglichen, können organisatorische und verfahrensmäßige Vorkehrungen geboten sein, die geeignet sind, die Rechtsbeeinträchtigung in Grenzen zu halten.87 Nach dem Ausweichprinzip ist eine Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung auch dann rechtswidrig, wenn sie zugunsten eines höhergewichtigen Interesses erfolgt, die Durchsetzung dieses höhergewichtigen Interesses jedoch auch auf eine Art und Weise möglich gewesen wäre, die dem geringerwertigen Interesse in größerem Umfang Achtung verschafft hätte.88 Nach dem Ausgleichsprinzip soll die Durchsetzung des höherwertigen Interesses nach Möglichkeit von Maßnahmen begleitet sein, die die Eingriffsintensität zu mildern geeignet sind.89 Soweit weder ein Ausweichen noch ein Ausgleich mög82 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 97, begründet die Notwendigkeit einer solchen Interessenabwägung mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG, das jedenfalls den die Interessenabwägung vornehmenden Richter dazu zwingt, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. 83 BVerfGE 7, 198, 208 f. – „Lüth“; 12, 113, 124 f.; 20, 162, 176 f.; 28, 191, 202; 35, 202, 223 – „Lebach“; 42, 163, 169 („Echternach“); 50, 234, 240; 61, 1, 10 f.; 71, 206, 214; 85, 1, 16; 85, 23, 33; 85, 248, 263; 86, 1, 10 f.; 90, 241, 248. 84 H. Hubmann, FS für K. Obermayer (1986), S. 43; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C11. 85 BVerfGE 27, 344, 350 – „Scheidungsakten“; H. Hubmann, FS für K. Obermayer (1986), S. 45; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), S. 35 f. 86 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 93 f. 87 BVerfGE 65, 1, 44; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 60. 88 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 123 ff.; ders., FS für K. Obermayer (1986), S. 49 f.; ders., FS für K. H. Schwab (1990), S. 3 ff., 15 f. 89 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 125 ff.; ders., FS für K. Obermayer (1986), S. 50 f.; ders., FS für K. H. Schwab (1990), S. 3 ff., 16.

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C. Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände

lich ist, darf sich das überwiegende Interesse zwar in vollem Umfang und ohne Ausgleichsmaßnahmen gegenüber dem geringerwertigen durchsetzen; es muss aber nach dem Prinzip des schonendsten Mittels die Beeinträchtigung des geringerwertigen Interesses auf das geringstmögliche Maß beschränkt werden und es darf der angerichtete Schaden nicht außer Verhältnis zum Erfolg stehen.90 So sind insbesondere Eingriffe zu vermeiden, die ohne Kenntnis des Betroffenen erfolgen, da diese sich – aufgrund der Arglosigkeit des Betroffenen und seiner hierdurch bedingten Unterlassung von Gegenmaßnahmen – als besonders gravierend darstellen.91 Nach dem Entschädigungsprinzip soll schließlich immer dann, wenn ein geringerwertiges Interesse einem höherwertigen zu weichen hat, eine Verpflichtung zum Schadensausgleich gegeben sein.92 Soweit der Schaden des Betroffenen keinen materiellen Schaden darstellt, ist das Entschädigungsprinzip allerdings in den Fällen berechtigter, weil von einem überwiegenden Interesse getragener Persönlichkeitsbeeinträchtigungen jedenfalls vor dem Hintergrund der bislang geltenden Rechtslage nicht anwendbar: Nachdem schon die rechtswidrige und schuldhafte Persönlichkeitsbeeinträchtigung nur in besonders schweren Ausnahmefällen zu einem Anspruch des Rechtsinhabers auf Ersatz seiner immateriellen Schäden führt, kann für die rechtmäßige und schuldlose Beeinträchtigung keine Entschädigung gewährt werden. Neben Inhalt und Wert der verletzten und der verfolgten Interessen sind auch die Form und alle Umstände der Eingriffshandlung und ihrer Veranlassung zu würdigen,93 soweit das Gesetz deren Berücksichtigung im konkreten Fall zulässt.94 Hierzu gehört nach dem Veranlassungsprinzip auch das Verhalten des Rechtsgutsinhabers, etwa wenn es zu der Eingriffshandlung eingeladen oder diese zumindest provoziert hat.95 Die Gegeninteressen werden umso stärker, je mehr sich der Einzelne in die Gemeinschaft begibt.96 Die Interessenabwägung muss die gegeneinander stehenden Interessen stets sorgfältig konkretisieren und 90 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 127 ff.; ders., FS für K. H. Schwab (1990), S. 3 ff., 18. 91 H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 60. 92 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 129 ff. 93 BGHZ 8, 142, 145; H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 94 f., 103 ff.; Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 63; restriktiv hinsichtlich des Umfangs der Interessenabwägung Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.5.b) u. III.1.b); Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 107 II.2. 94 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 103 ff. 95 H. Hubmann, JZ 1957, 521, 527; ders., FS für K. Obermayer (1986), S. 47 f.; ders., FS für K. H. Schwab (1990), S. 3 ff., 18; Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 64; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.5.b); Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 107 II.2. 96 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C189, m.w. N.; Larenz/Wolf, AT, § 8 IV.1., Rn. 38; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, G.II.2.e), Rn. 395.

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prüfen, ob und inwieweit in bestimmten Fallgruppen allgemein und im Einzelfall speziell auf Grund der besonderen Umstände diesem oder jenem Interesse der Vorrang gebührt.97 Insbesondere, wenn Interessen aus Bedürfnissen der Abwägungsbeteiligten hergeleitet werden, die für sich gesehen keine Wertigkeit als Abwägungsbelange aufweisen, sind diese Interessen danach zu bewerten, welche Bedeutung und welcher Wert dem Ziel zuzumessen ist, das mit der Bedürfnisbefriedigung erreicht wird.98 Die wichtigste Vorzugstendenz ergibt sich aus der Rangordnung der Güter und Werte.99 Ausgangspunkt der Abwägung sind die von der Handlung berührten Interessen100, deren Gewichtung maßgeblich von der durch die Beeinträchtigung betroffenen Persönlichkeitssphäre (im Sinne der Sphärentheorie des BVerfG)101 abhängt. Je dichter die betroffene Sphäre dem Persönlichkeitskern zuzuordnen ist, der mit dem nach Art. 1 I GG unantastbaren Menschenwürdegehalt identisch ist, umso gewichtiger müssen die für den Eingriff sprechenden Interessen sein.102 Privat- und Intimsphäre nehmen hier insoweit eine besondere Stellung ein, als ein Eingriff nur ausnahmsweise rechtmäßig sein wird; der Eingriff in die Intimsphäre ist diesbezüglich nach vom BVerfG103 bestätigter Rechtsprechung des BGH104 wie der Eingriff in eines der ausdrücklich genannten Rechte und Rechtsgüter zu behandeln: Er indiziert die Rechtswidrigkeit des Handelns. Je sozialadäquater sich der Eingriff darstellt, umso weniger schutzwürdig ist das davon betroffene Persönlichkeitsrecht des Eingriffsadressaten.105 Nach dem Prinzip der Interessennähe ist das nähere Gut einem an sich gleichwertigen entfernteren vorzuziehen. Ein Rechtsgut, dessen Verletzung bei der gegebenen Sachlage eher fern liegt, braucht danach nicht beachtet zu werden.106 Das stärker gefährdete Gut kann einen aktuelleren Achtungsanspruch geltend

97 Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 60; H. Hubmann, FS für Obermayer (1986), S. 43 ff. 98 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 95 f. 99 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 97. 100 H. Hubmann, FS für K. H. Schwab (1990), S. 3 ff., 14. 101 C. Degenhart, JuS 1992, 361, 363 f.; C.-W. Canaris, JuS 1989, 161, 171; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 64; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 203; Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 37; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C187; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 107 II.2; Larenz/Wolf, AT, § 8 IV.1., Rn. 38; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.5.g), stellen ab auf die „Art der verbreiteten Tatsache“. 102 Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 96; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 215 ff., 221; H. Kötz, Deliktsrecht (8. Aufl. 1998), Rn. 633. 103 BVerfGE 34, 238. 104 BGHZ 73, 120, 124; so im Ergebnis auch BGH NJW 1988, 1984, 1985, wo der Intimsphäre „grundsätzlich“ absoluter Schutz zugestanden wird. 105 H. Hubmann, FS für K. H. Schwab (1990), S. 3 ff., 15. 106 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 110 ff.

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C. Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände

machen als das geringergefährdete.107 Eine Spielart dieses Prinzips in zeitlicher Hinsicht ist der Prioritätsgrundsatz, demzufolge das früher entstandene Interesse sich durchsetzt, allerdings umso weniger, je wahrscheinlicher die Verwirklichung des späteren Interesses ist.108 Von zwei gleichwertigen Interessen darf das dem Betroffenen näherstehende bevorzugt werden.109 Des Weiteren ist nach dem Kriterium der Interessenintensität110 auf beiden Seiten die Intensität der Interesseneinbuße zu berücksichtigen, die sich im Falle der Bevorzugung des jeweils gegenläufigen Interesses ergeben würde. Hiernach ist die Schwere des Eingriffs111 und seiner Folgen112 ebenso zu würdigen wie das Verhalten des Betroffenen, das dem Eingriff vorausgegangen ist.113 Die Schwere des Eingriffs hängt nicht zuletzt von der Art und Weise ab114, deren Zulässigkeit sich danach richtet, ob ein vertretbares Verhältnis zwischen dem erstrebten Zweck sowie Form, Art und Ausmaß des Angriffs gewahrt ist.115 Schon im Rahmen der Interessenabwägung ist das Maß des Verschuldens aufseiten des Angreifers zu berücksichtigen.116 Für die Rechtswidrigkeit des Eingriffs spricht es auch, wenn der Angreifer mit seiner Handlung längst anerkannte moralische Regeln verletzt, auch wenn diese vom Gesetzgeber nicht zu Rechtssätzen erhoben worden sind.117 So ist etwa in den Fällen der Ausforschung regelmäßig von einer Persönlichkeitsrechtsverletzung auszugehen, wenn sich der Angreifer nicht

107

H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 112 f. H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 111. 109 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 113. 110 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 114 f.; ders., FS für K. H. Schwab (1990), S. 3 ff., S. 17. 111 H. Hubmann, FS für K. Obermayer (1986), S. 46 f.; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 203; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 107 II.2. 112 Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 208, zur Rechtswidrigkeit „existenzvernichtender Preisgabe“; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.5.b), nennen als Kriterium „die Schadensträchtigkeit der Informationsverbreitung“. 113 Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 98; H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 690; Fikentscher/ Heinemann, Schuldrecht, § 107 II.2.; Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 270; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.5.b). 114 H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 690; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.5.b), c); Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 107 II.2. 115 Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 100; nach Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 113 f., ist eine Informationserhebung dann grundsätzlich rechtswidrig, wenn hierbei „heimlich oder schlau“ (so noch die Formulierung in der 9. Aufl. 1993, Rn. 37) Hindernisse überwunden werden, die erkennbar der Geheimhaltung der Information dienen. 116 H. Hubmann, UFITA 26 (1958 II), 19, 33. 117 Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 113; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.5.b), stellen ab auf das Motiv des Verbreitenden. 108

III. Gerichtliche Kontrolle

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auf Rechtfertigungsgründe berufen kann.118 Gleiches gilt in den Fällen der vorsätzlichen unrichtigen Berichterstattung über einen anderen.119 Auf Seiten des Schädigers sind Motiv und Zweck des Eingriffs zu berücksichtigen120, wobei zwischen dem erstrebten Zweck und der Beeinträchtigung des Betroffenen ein angemessenes Verhältnis bestehen muss.121 Von besonderer Bedeutung ist es insoweit, wenn der Angreifer seinerseits in Wahrnehmung eigener Grundrechte handelt.122 So ist ein Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht umso eher zu dulden, je größer das berechtigte Informationsinteresse der Informationsempfänger ist.123 Je größer andererseits der Unwert der Handlung des Eingreifenden ist, umso weniger ist er zur Durchsetzung der damit verfolgten Interessen berechtigt. Hinsichtlich des Unwertcharakters der Handlung des Eingreifenden ist danach zu unterscheiden, ob er lediglich einen Wertkonflikt veranlasst oder schon Güter gefährdet oder gar Werte missachtet und ob dies lediglich schuldhaft oder aber absichtlich oder gar arglistig geschieht.124 Die arglistige Missachtung fremder Interessen kann in aller Regel nicht mit dem dadurch verfolgten Interesse gerechtfertigt werden.125 Gleiches gilt grundsätzlich auch für die absichtliche Missachtung fremder Rechtsgüter.126 Sowohl die Herbeiführung der Interessenkollision durch die (lediglich) schuldhafte Missachtung als auch ihre Herbeiführung durch die bloß zurechenbare Gefährdung fremder Interessen wirkt zulasten des Verantwortlichen, wie sich auch den Grundsätzen der Gefährdungshaftung entnehmen lässt.127 Andererseits wirkt sich ein Mitverschulden des Rechtsgutsinhabers an der Beeinträchtigung oder Gefährdung seiner Rechtsgüter zu dessen Lasten gewichtsreduzierend aus.128 Auch die bloße Veranlassung der Interessenkollision ohne eine Gefährdung oder Beeinträchtigung ist – wenn auch 118

Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C186. Larenz/Wolf, AT, § 8 IV.2., Rn. 41. 120 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 115 ff.; hierzu Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 37; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 107 II.2.; H. Kötz, Deliktsrecht (8. Aufl. 1998), Rn. 633; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 2.A.IV., die eine Beschränkung des Schutzumfangs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine zielgerichtete Definition des Eingriffsbegriffes vorschlägt. 121 BGH NJW 1978, 1797, 1798; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 99. 122 MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 203; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 107 II.2.; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C10, weist darauf hin, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht aufgrund seines Verfassungsranges nur durch gleichgewichtige, ebenfalls vom GG garantierte Interessen eingeschränkt werden kann. 123 Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.5.b); Kötz/Wagner, Deliktsrecht, G.III.2.e), Rn. 395, 397. 124 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 115 ff. 125 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 116. 126 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 117. 127 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 117 ff. 128 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 118, 120. 119

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C. Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände

als schwächstes negatives Bewertungsprinzip für menschliches Verhalten – zulasten des Veranlassers zu berücksichtigen.129 Im Rahmen der Gewichtung der Intensität des Eingriffs unter Berücksichtigung von Motiv und Zweck ist auch die Sozialadäquanz des in Rede stehenden Handelns von Bedeutung.130 Je üblicher oder im alltäglichen Zusammenleben unvermeidlicher ein Eingriff ist, umso eher muss er von dem Betroffenen hingenommen werden. Kriterien der Sozialadäquanz sind des Weiteren die Geringfügigkeit, die Häufigkeit und die soziale Akzeptanz der in Rede stehenden Schutzbereichsbeeinträchtigung. 131 Allerdings bewirkt auch die Feststellung der Sozialadäquanz nicht ohne weiteres die Rechtfertigung persönlichkeitsrechtsrelevanter Handlungen, ohne dass es noch auf eine Abwägung der gegenläufigen Interessen ankäme. Sind die Schutzinteressen des Betroffenen schwerwiegend genug, ist durchaus ein Abwägungsergebnis vorstellbar, wonach auch ein sozialadäquates Handeln als Persönlichkeitsrechtsverletzung zu bewerten ist.132 Werden mehrere Interessen aufseiten des Betroffenen beeinträchtigt oder aufseiten des Angreifers mit dem Eingriff verfolgt, sind diese nach dem Prinzip der Interessenhäufung/dem Additionsprinzip kumulativ zugunsten des Berechtigten zu werten, so dass dessen Position in der Abwägung gestärkt wird.133 Ebenso ist zu berücksichtigen, wenn einem Einzelinteresse ein gegenläufiges Interesse mehrerer gegenübersteht: In diesem Fall muss das Einzelinteresse entsprechend mehr Gewicht aufweisen, um das Gruppeninteresse zu überwiegen; so gebührt z. B. im Konflikt eines Vereins mit einem Vereinsmitglied den gemeinsamen Interessen der übrigen Vereinsmitglieder tendenziell der Vorrang vor den Einzelinteressen des betroffenen Mitglieds.134 Dies gilt freilich nicht, wo nicht-quantifizierbare

129 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 120 ff.; ders., FS für K. H. Schwab (1990), S. 3 ff., 18. 130 A.A. M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 2.A.III.2.a), die die Sozialadäquanz als eigenständiges normatives Korrektiv behandelt; H. Hubmann, JZ 1957, 521, 526. 131 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 2.A.III.3. 132 A.A. M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 2.A.III.2.b), die eine Interessenabwägung für irrelevant hält, wenn ein Schutzbereichseingriff zuvor als sozialadäquat eingestuft worden ist. 133 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 107 f.; ders., FS für K. Obermayer (1986), S. 46; ders., FS für K. H. Schwab (1990), S. 3 ff., 16 f. 134 H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 108, unter Verweis auf BGH BB 1953, 336, wo allerdings lediglich eine Pflicht des Gesellschafters einer OHG zur Berücksichtigung der Gesellschaftsinteressen aus der gesellschaftlichen Treuepflicht heraus grundsätzlich bestätigt, jedoch im konkreten Fall abgelehnt wird, und RGZ 107, 202 ff., 205, wo allerdings lediglich die Verpflichtung eines Gewerkschafters zur Unterlassung eines dem eigenen Vorteile dienenden, gleichzeitig aber den Interessen der Gesamtgewerkschaft zum Schaden gereichenden Abstimmungsverhaltens aus §§ 138, 826 BGB festgestellt wird.

III. Gerichtliche Kontrolle

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Interessen wie z. B. Menschenleben oder die Menschenwürde zu berücksichtigen sind.135 bb) Beachtlichkeit der Vorgaben des EG-Vertrags zum Schutz der wirtschaftlichen Betätigung von Unternehmen und zum Schutz des Wettbewerbs für Dopingbestimmungen Jedenfalls in den hier interessierenden Fällen von Streitigkeiten um Anti-Doping-Maßnahmen der Sportverbände in ihrer Eigenschaft als Monopolverbände ist nach der „Meca-Medina-Entscheidung“ des EuGH136 zudem die Frage nach den europarechtlichen Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung derartiger Maßnahmen ins Zentrum der Betrachtung gerückt. Der EuGH hatte über einen Angriff des spanischen Langstreckenschwimmers David Meca-Medina und seines slowenischen Kollegen Igor Majcen auf den vom IOC festgelegten und ins Reglement der FINA übernommenen Nandrolon-Grenzwert zu entscheiden, der darauf gestützt wurde, der Grenzwert sei wissenschaftlich nicht haltbar, so dass das Regelwerk des IOC und der FINA in diesem Punkt eine Verletzung der wirtschaftlichen Freiheiten der Kläger gemäß Art. 49 EG-Vertrag137 sowie in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht ihrer Rechte aus Art. 81 und 82 EG-Vertrag138 bedeutete. In dem vorausgegangenen Beschwerdeverfahren hatte die EG-Kommission die Beschwerde der Athleten noch mit der Begründung zurückgewiesen, das IOC sei kein Unternehmen i. S. d. EG-Vertrages und die strittigen Anti-Doping-Regelungen stellten weder Wettbewerbsbeschränkungen i. S. d. Art. 81, 82 EG-Vertrag noch Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Freiheit i. S. d. Art. 49 EG-Vertrag dar. In der Begründung abweichend, aber mit demselben Ergebnis befand das Gericht erster Instanz der europäischen Gemeinschaften (EuG)139 in Anwendung 135

H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 109. Urteil vom 18.07.2006 – Az. C-519/04 P, abrufbar unter http://www.lexetius. com/2006,1527, auszugsweise abgedruckt in SpuRt 2006, 195 ff., und in causa sport 2006, 377 ff., ausführliche Darstellung des Sachverhalts mit der vorausgegangenen EuG-Entscheidung in SpuRt 2005, 20 ff. Kritisch zu der EuGH-Entscheidung G. Infantino, SpuRt 2007, 12 ff., diese Kritik zurückweisend B. Pfister, SpuRt 2007, 58 f. A. Stein, SpuRt 2008, 46, 48, begrüßt die Entscheidung als Beitrag zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei der Behandlung von Sportregeln. Umfassend zum Meinungsstand betreffend das Verhältnisn von Sportregeln und wirtschaftlichen Regeln P. W. Heermann, causa sport 2006, 345 ff. 137 Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 01.12.2009 Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) seither ersetzt. 138 Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 01.12.2009 Art. 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) seither ersetzt. 139 Zur EuG-Entscheidung vgl. die Anmerkungen von M.-E. Orth, causa sport 2004, 195 ff. 136

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C. Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände

der bis dato zur Überprüfung von Sportregeln entwickelten Grundsätze, die als verletzt gerügten EG-Bestimmungen seien auf Regelungen im Bereich des Sports lediglich insoweit anwendbar, als es sich um Regelungen handle, die den wirtschaftlichen Aspekt des Sports beträfen, während sie rein sportliche Regeln nicht erfassten. Bei den angegriffenen Dopingregelungen handle es sich um rein sportliche Regeln, so dass die klägerischen Angriffe hiergegen ins Leere gingen. Der EuGH lässt in seiner Entscheidung die Klärung der Frage, ob das IOC ein Unternehmen i. S. d. EG-Vertrages ist, mit der Begründung dahinstehen, dass die Unternehmenseigenschaft in der angefochtenen Entscheidung unterstellt worden sei.140 Die Rüge der Verletzung von Art. 49 EG-Vertrag weist das Gericht ebenfalls ohne inhaltliche Prüfung unter Verweis auf die Unanwendbarkeit des Art. 49 als Prüfungsmaßstab in der vorliegenden Konstellation zurück.141 Im Zuge der Prüfung einer Verletzung der Art. 81, 82 EG-Vertrag bleibt der EuGH zwar bei der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Regelungen, die die wirtschaftlichen Aspekte der Sportausübung betreffen, und Regelungen von Fragen, die ausschließlich von sportlichem Interesse sind.142 Die Unanwendbarkeit der wirtschaftlichen Bestimmungen des EG-Vertrags auf Sportregeln wird sodann jedoch auch im Falle von Regeln, die in letzterem Sinne rein sportlich und nicht wirtschaftlich motiviert sind, eingeschränkt. Die Bestimmungen des EG-Vertrages werden nur noch insoweit für auf derartige Sportregeln unanwendbar erklärt, als der Zweck der Ausnahme der Sportregeln von der Anwendbarkeit des EG-Vertrages die Unanwendbarkeit erfordere.143 Im weiteren Verlauf der Urteilsbegründung144 wird diese Zweckabhängigkeit sodann dahingehend konkretisiert, der Zweck der Ausnahme erfordere die Unanwendbarkeit der EG-Vertrags-Bestimmungen dann nicht, wenn die Sportregeln ihrem Regelungsgehalt nach über das zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Sportwettkampfs Notwendige hinausgingen.145 Hierbei könne die Vereinbarkeit eines Regelwerks mit den gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsvorschriften nicht abstrakt beurteilt werden. Bei der Überprüfung strittiger Maßnahmen sei vielmehr in jedem Einzelfall der Gesamtzusammenhang, in dem die strittige Maßnahme durchgeführt worden sei oder ihre Wirkungen entfalte, sowie die Zielsetzung der Maßnahme zu würdigen. Hierbei sei zu prüfen, ob die mit der Maßnahme verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen zur Erreichung des Ziels notwendig und im Hinblick auf dieses Ziel verhältnismäßig seien. Eine Maßnahme stelle hiernach keine Ver-

140

Rn. 38 ff. des Urteils, SpuRt 2006, 196. Rn. 58 ff. des Urteils. 142 Rn. 23 ff. des Urteils, SpuRt 2006, 195 f. 143 Rn. 27 des Urteils, SpuRt 2006, 196. 144 Rn. 43 ff., 48 des Urteils, SpuRt 2006, 197. 145 Vgl. auch T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 7. Teil Rn. 99a, zu den Auswirkungen auf das Dopingkontrollregime vgl. Rn. 194. 141

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letzung der EG-Vorschriften dar, wenn sie zur Erreichung des Ziels fairer Wettkämpfe notwendig und verhältnismäßig sei. Aus dem Urteil lassen sich hiernach folgende Erkenntnisse für die Inhaltskontrolle von Sportregelwerken am Maßstab der europarechtlichen Bestimmungen gewinnen: Die Unterscheidung zwischen solchen Bestimmungen der Sportverbände, die von rein sportbetrieblichem Interesse sind, und solchen Bestimmungen, die die wirtschaftlichen Aspekte der Sportausübung betreffen, wird beibehalten und im Grundsatz auch weiterhin die Unanwendbarkeit der wirtschaftlichen Regeln des EG-Vertrages auf rein sportbetriebliche Regelungen der Verbände angenommen. Diese Unanwendbarkeit wird jedoch dergestalt relativiert, dass sämtliche Bestimmungen des EG-Vertrags dann doch anwendbar sein sollen, wenn und soweit Sportregeln in ihrem Regelungsgehalt über das Notwendige und Verhältnismäßige hinausgehen.146 Bei der Formulierung von Sportregeln werden die Verbände hiernach zukünftig umso genauer darauf achten müssen, dass sie schon die Spielzwecke genügend ausführlich festlegen, um sodann die notwendige Zweckausrichtung der Spielregeln entsprechend den Vorgaben des EuGH umsetzen zu können.

146 Zu den Auswirkungen der „Meca-Medina-Entscheidung“ auf die „Home-Grown Player Rule“ der UEFA vgl. A. Manville, The International Sports Law Journal 2009/1, S. 25 ff.

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen anhand des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Datenschutzgesetze Nachdem weiter oben festgestellt worden ist, dass die Unterwerfung der Athleten unter das Dopingkontrollregime grundsätzlich möglich ist und darüber hinaus auch die Verwertung der im Dopingkontrollverfahren gewonnenen Ergebnisse sowohl für Verbandsentscheidungen in Dopingangelegenheiten als auch für Entscheidungen der Sponsoren bezüglich der Fortführung ihrer Verträge mit den Sportlern nicht bereits im Grundsätzlichen am Schutz der Persönlichkeitsrechte der Athleten scheitert, soll der Blick nunmehr auf die einzelnen persönlichkeitsrechtlich relevanten Maßnahmen im Zusammenhang mit Dopingkontrollen gerichtet werden. Die Konzentration gilt hierbei im Wesentlichen denjenigen Dopingkontrollregelungen, die den Sportvereinigungen durch den DOSB in Form des NADA-Codes zur Umsetzung gegenüber den Athleten vorgegeben werden. Zu prüfen ist, inwieweit die zentralen Maßnahmen bei der Durchführung des Dopingkontrollverfahrens von der Benachrichtigung der Sportler bis zur Bekanntgabe des Kontrollergebnisses sowie die weiteren Aktivitäten im Umfeld des Dopingkontrollverfahrens von der listenmäßigen Erfassung der Athleten bis zur jahrelangen Aufbewahrung der Proben und Verfahrensergebnisse mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Sportler vereinbar sind. Handelt es sich hierbei um Datenverwendungen, ist zunächst zu prüfen, inwieweit Vorgaben der Datenschutzgesetze zu beachten sind, und zwar erstens hinsichtlich der Zulässigkeit der betreffenden Maßnahme und zweitens im Hinblick auf die Maßgaben, die bei der Durchführung der Maßnahme zu beachten sind. Im Übrigen stellt das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Funktion als auf das gesamte Recht ausstrahlende grundrechtliche Wertentscheidung und als sonstiges Recht i. S. d. § 823 I BGB1 den Maßstab dar, an dem sich die einzelnen Maßnahmen messen lassen müssen. Ihrer Struktur nach ist die Prüfung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung in zwei Stufen vorzunehmen2: In einem ersten Schritt ist die Beeinträchtigung des 1 Zur mittelbaren Drittwirkung dieser grundrechtlichen Wertentscheidung und zur Qualifizierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als sonstiges Recht i. S. d. § 823 I BGB vgl. oben die Einleitung zu Teil B. 2 Vgl. auch M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 2.A.II.3., m.w. N., die allerdings die Prüfung der

I. Das Dopingverbot

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Persönlichkeitsrechts durch die jeweils in Rede stehende Maßnahme zu überprüfen und immer dann zu bejahen, wenn die zu untersuchende Handlung in den Schutzbereich der Persönlichkeitsrechte der Athleten eingreift. Von der bloßen Schutzbereichsbeeinträchtigung zu unterscheiden ist die Verletzung des Persönlichkeitsrechts, die in einem zweiten Schritt festzustellen ist, falls sich der Schutzbereichseingriff als rechtswidrig erweist.

I. Das Dopingverbot Als allererste, elementarste Anti-Doping-Maßnahme lässt sich das Dopingverbot selber begreifen. Die persönlichkeitsrechtliche Zulässigkeit des Dopingverbots stellt zugleich eine unabdingbare Zulässigkeitsvoraussetzung für sämtliche weiteren Rechtseingriffe zu Dopingkontrollzwecken dar. Da die einzelnen Dopingkontrollmaßnahmen keinem Selbstzweck dienen, sondern einzig und allein auf die Durchsetzung des Dopingverbots abzielen, steht das Interesse an jedweder konkreten Kontrollmaßnahme in einem akzessorischen Verhältnis zum Interesse am Dopingverbot im Allgemeinen. Die Annahme eines überwiegenden Interesses an einer bestimmten Dopingkontrollmaßnahme setzt deshalb voraus, dass das Dopingverbot als solches wirksam im Verbandsrecht verankert oder als zustimmungspflichtige Regelung in den Wettkampfvertrag aufgenommen ist. Auch die Wirksamkeit des in einer verbandsrechtlichen Bestimmung niedergelegten Dopingverbots und ebenso die Wirksamkeit der den Athleten im Rahmen von Teilnahmeverträgen abverlangten Einzelfallzustimmung zu diesem Dopingverbot ist entsprechend den Grundsätzen zur Freiwilligkeit der Einwilligung gegenüber den aufgrund ihrer Monopolstellung übermächtigen Sportverbänden und -veranstaltern wiederum davon abhängig, dass die für das Verbot sprechenden Interessen der Verbände und Veranstalter eventuell entgegenstehende Interessen der Sportler überwiegen. Aus diesem Grund setzt die Feststellung eines überwiegenden Interesses an der Durchführung jeder einzelnen Dopingkontrollmaßnahme ein überwiegendes Interesse an der Durchsetzung des Dopingverbots im Allgemeinen voraus. Sowohl im Hinblick auf die Installation der Dopingkontrollmaßnahmen im Verbandsrecht als auch im Hinblick auf die Wirksamkeit der den Athleten hierzu abverlangten Einzelfallzustimmungen ist daher vorab zu klären, ob die Verbände und Veranstalter dieses überwiegende Interesse an der Durchsetzung des Dopingverbots im Allgemeinen für sich in Anspruch nehmen können. Als für bzw. gegen das Dopingverbot sprechende Interessen kommen sämtliche Aspekte in Betracht, die bei verständiger und objektiver Würdigung einerseits von den Vereinen und Verbänden als erstrebenswerter Vorteil des Verbotes Sozialadäquanz und die Interessenabwägung als eigenständigen Schritt neben der Rechtswidrigkeits- und der Verschuldensprüfung durchführt (vgl. 2.A.V.!).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

und andererseits von den betroffenen Sportlern als damit verbundene Nachteile angeführt werden können.3 1. Die für das Dopingverbot sprechenden Interessen a) Eigeninteressen der Vereine und Verbände am Dopingverbot Die Interessen der Verbände und Veranstalter am Dopingverbot ergeben sich aus den Motiven, die der Einrichtung und Aufrechterhaltung des Dopingverbots durch die Sportorganisationen zugrundeliegen. Die diesbezügliche Motivation der Sportorganisationen ist – soweit sie für die Interessenabwägung relevant ist – denkbar unkompliziert: Ihrem Wesen nach sind die Vereine und Verbände Vereinigungen, die sich zur Verfolgung eines bestimmten Zwecks zusammenschließen. Daher ist es unverzichtbar, dass die Mitglieder anlässlich der Vereinsgründung oder auch im Rahmen späterer Neuorientierungen festlegen, welche Ziele der Zusammenschluss verfolgen und auf welche Weise die Verfolgung dieser Ziele geschehen soll. Die Sportvereinigungen haben sich als Ziel in diesem Sinne die Förderung des Sports in umfassender Weise4 gesetzt. Diese Zweckbestimmung ist von den Vereinen und Verbänden dahingehend konkretisiert worden, dass nicht jede Sportausübung unabhängig von der Art und Weise, in der sie praktiziert wird, gefördert werden soll. Vielmehr haben sie sich für eine strikte Unterscheidung zwischen der Sportausübung unter Beachtung der tradierten Prinzipien und Werte des Sports wie Fairness und Chancengleichheit und der Sportausübung unter Zuhilfenahme von Mitteln entschieden, die den Wettkampf von Talent und Eigenleistung in einen Wettkampf der Techniken zur Leistungsförderung und der Rücksichtslosigkeit gegenüber der eigenen Gesundheit umwandeln würden. Nach der Grundsatzentscheidung der Sportvereinigungen, durch die der Sportausübung unter Einsatz leistungsfördernder Mittel eine eindeutige Absage erteilt wird, ist die Zweckbestimmung der Sportverbände dergestalt konkretisiert, dass einzig und allein die Förderung eines dopingfreien Sports als Verbandszweck anzusehen ist. Ist die Aufnahme des Dopingverbots in die Verbandsregularien hiernach als Akt der Selbstzweckbestimmung anzusehen, liegt das dahinterstehende Interesse der Verbände offen zutage: Es ist das Interesse der Vereinigungen, über ihre eigenen Angelegenheiten und hier insbesondere über die Grundfragen ihrer Existenz, zu denen die Definition ihres Daseinszweckes zählt, selber zu entscheiden. Dieses Interesse der Verbände genießt in verschiedener Hinsicht Grundrechtsschutz: 3 Zu den für und wider das Dopingverbot sprechenden Interessen der Verbände und der Athleten vgl. auch K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40 ff. 4 Vgl. § 2 der Satzung des Deutschen Olympischen Sportbundes.

I. Das Dopingverbot

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Die Sportvereinigungen können sich auf die von Art. 9 I GG garantierte Vereinigungsfreiheit5 und nach Maßgabe des Art. 19 III GG auf das von Art. 2 I GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie – wiederum nach Maßgabe des Art. 19 III GG – subsidiär auf die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 I GG berufen. Das Interesse an der Verankerung des Dopingverbots in den Verbandsregularien wird in erster Linie von der in Art. 9 I GG garantierten Vereinigungsfreiheit gestützt: Dieser Grundrechtsschutz sorgt dafür, dass die Vereine und Verbände in der Diskussion um die Angemessenheit und Billigkeit vereinsrechtlicher Vorgaben gegenüber ihren Mitgliedern vom Start weg den Vorteil genießen, im Zuge der von Art. 9 GG gewährten Vereinsautonomie zur Festlegung der Vereinszwecke und -ziele nach eigenem Gutdünken und im Grundsatz frei von äußeren Zwängen berechtigt zu sein. Der Verein ist insbesondere in den verbandsspezifischen Wertungen frei, die seiner Zwecksetzungsentscheidung zugrunde liegen.6 Art. 9 I GG gibt den Korporationen die Befugnis zur freien Zwecksetzung, ohne dass es hierbei zunächst einmal auf Sinn oder Unsinn, auf den moralischen Wert oder Unwert oder auf andere konkrete Umstände der Zweckbestimmung ankäme.7 Unter den Begriff der Vereinszwecke und -ziele fallen in diesem Zusammenhang nicht nur die Hauptziele – wie etwa im Falle des DOSB die Förderung des Sports –, sondern ebenso auch Maßgaben hinsichtlich der Art und Weise, auf die diese Ziele erreicht werden sollen.8 Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Maßgaben identitätsstiftende Bedeutung haben, weil die Erreichung der Vereinsziele unter Missachtung dieser Maßgaben mit einer Entwertung des Vereinserfolges gleichbedeutend wäre.9 Für die Sportvereine und -verbände bedeutet dies, dass es zunächst einmal allein in ihrer Entscheidung liegt, ob sie die Anwendung von Dopingpraktiken durch ihre Mitglieder zulassen oder ein Dopingverbot verabschieden.10 Haben sich die Korporationen erst einmal für einen bestimmten Vereinszweck oder für eine bestimmte Vorgabe hinsichtlich der Art und Weise 5 F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 109; R. Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9, Rn. 23, 43, 78; K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland (20. Aufl. 1999), Rn. 409 ff., 412; E. Stein/G. Frank, Staatsrecht, S. 333 f. Nach M. Nolte, Staatliche Verantwortung, S. 239 f., kommt den Vereinigungen der Schutz des Art. 9 I GG nur über Art. 19 III GG zu. 6 K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40, der als zentrale Motivation des Dopingverbots die Wertentscheidungen für die Chancengleichheit, die Athletengesundheit und für das Ansehen des Sports nennt. 7 W. Grunsky, SpuRt 2007, 188, 190. 8 So auch U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 51, u. W. Grunsky, SpuRt 2007, 188, 190, wenn er die Festlegung der Regeln, nach denen der jeweilige Sport ausgeübt wird, als von der Vereinigungsfreiheit geschützt bezeichnet. 9 W. Grunsky, SpuRt 2007, 188, 190, spricht mit Blick auf das Dopingproblem von einem „Problem der Sportverbände bei der Realisierung ihres Verbandszwecks“. 10 G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 112 f.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

der Verfolgung des Vereinszweckes entschieden, können sie sich hiernach bei der Verteidigung dieser Entscheidung im Wege des Verweises auf die Vereinsautonomie nicht nur auf irgendein rechtlich geschütztes Interesse berufen. Aus der Schrankenregelung des Art. 9 II GG, die lediglich den Strafgesetzen, der verfassungsmäßigen Ordnung oder der Völkerverständigung zuwiderlaufende Vereinigungen verbietet, ist das außerordentliche Gewicht erkennbar, das der Vereinigungsfreiheit zukommt. Mit Art. 9 I GG steht den Vereinen und Verbänden somit eine Verfassungsnorm zur Seite, die wegen ihrer hervorgehobenen Bedeutung im Grundrechtskatalog ein schwergewichtiges Argument zugunsten einer jeden verbandsrechtlichen Regelung darstellt. Der selbstgewählten Zwecksetzung des Vereins kommt in diesem Sinne eine besondere Bedeutung als Kriterium bei der Interessenabwägung zu.11 Die Interessenabwägung kann daher nicht dazu führen, dass Satzungsbestimmungen „ausgeschaltet“ werden, deren Wegfall zu einer Änderung des Vereinszwecks führen würde.12 Schon allein aus diesem Grund bedarf es schwerwiegender Einwände, um eine vereinsrechtliche Regelung im Rahmen einer Interessenabwägung für unwirksam zu erklären. In der Person der nachgeordneten Vereine und Verbände tritt an dieser Stelle das Interesse hinzu, das Dopingverbot als von den übergeordneten Verbänden zur Umsetzung vorgegebene Regelung durchzusetzen.13 Das Gewicht des Interesses an einem dopingfreien Sport wird auch nicht durch den Einwand geschmälert, das gesamte System der Dopingbekämpfung sei unsinnig oder überflüssig, weil es ohnehin niemals gelingen werde, das Ziel eines dopingfreien Sports zu erreichen. Die Zielsetzung „Dopingfreiheit“ bezieht ihre Bedeutung für die Zulässigkeitsgrenzen von Regeln über die Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder aus dem Umstand, dass es sich dabei um einen Grundsatz handelt, den die Vereine und Verbände im Rahmen ihres zentralen, verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechts anerkannt haben. Ein solches auf der Grundlage der Vereinsautonomie vereinbartes Vereinsziel genießt unabhängig von seiner Sinnhaftigkeit den Schutz des Art. 9 GG, solange es nicht zu anderen Verfassungsgrundsätzen im Widerspruch steht. Ein solcher Widerspruch ist in Bezug auf das Vereinsziel „Dopingfreiheit“ nicht erkennbar. Die in den folgenden Abschnitten näher untersuchten Kollisionen mit Rechtspositionen der Athleten sind in diesem Zusammenhang unbeachtlich, da sie nicht durch das Vereinsziel als solches, sondern durch die zu seiner Durchsetzung ergriffenen Maßnahmen bedingt sind. 11 F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 111; für die Berücksichtigung von verbandsspezifischen Wertungen wie z. B. der Missbilligung des Dopings im Rahmen der Interessenabwägung auch K. Vieweg, SpuRt 1995, 188, 189. 12 BGH NJW 1969, 316, 317; F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 111. 13 K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40; K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 111; J. Fritzweiler/C. v. Coelln, Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil Rn. 23.

I. Das Dopingverbot

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Zur Untermauerung des elementaren Interesses an der Durchsetzung ihrer identitätsbegründenden Ziele und Zwecke können sich die Korporationen darüber hinaus – auf den ersten Blick etwas überraschend, aber bei näherem Hinsehen durchaus folgerichtig – ihrerseits zur Begründung des Dopingverbots auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen. Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, inwieweit juristische Personen vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt werden.14 Der am einschlägigen positiven Recht orientierte Ansatz zur Ermittlung des Persönlichkeitsschutzes juristischer Personen führt über die genauere Betrachtung des Art. 19 III GG und dessen Verhältnis zu den Art. 2 I und 1 I GG als den grundgesetzlichen Wurzeln des Persönlichkeitsrechts.15 Einvernehmen herrscht insoweit, als die juristische Person selber als Trägerin der ihr durch Art. 19 III GG zugewiesenen Grundrechte anzusehen ist.16 Der juristischen Person gebührt hiernach nicht nur derjenige Schutz, den bereits die einzelnen Mitglieder für sich beanspruchen können, in wegen der numerischen Interessenbündelung verstärktem oder abgewandeltem Maße. Vielmehr wird die juristische Person selber als solche aufgrund des ihr von Art. 19 III GG zugestandenen grundrechtlichen Eigenwerts in eigenen Rechtspositionen geschützt. Strittig ist demgegenüber, inwieweit der Schutz über Art. 19 III GG auf den Schutz der vereinigten Individuen ausgerichtet ist und von deren Grundrechtsträgerschaft abhängt und inwiefern die Organisationen nicht auch insoweit Grundrechtsschutz über Art. 19 III GG erfahren, als die geltend gemachten Grundrechte keinen Bezug zum individualen Grundrechtsschutz ihrer Mitglieder aufweisen.17 Dieser Streit zwischen „Eigenwerttheorie“ 18 und „Rückgriffstheorie“ 19 muss allerdings im Zusammenhang mit der Frage nach dem persönlichkeitsrechtlichen Schutz der Sportvereinigungen bei der Durchsetzung des Dopingverbots als Verbandszweck nicht entschieden werden. Denn auch wenn man mit der engeren Rückgriffstheorie den Persönlichkeitsschutz der Verbände bei der Durchsetzung des Dopingverbots davon abhängig macht, dass den Vereinsmitgliedern ein entsprechender Individualgrundrechtsschutz zukommt, führt dies nicht zur Verweigerung des Persönlichkeitsrechtsschutzes gegenüber den Verbänden. Das Bedürfnis nach dem Schutz des Verbandszwecks „dopingfreier Sport“ rührt aus dem Umstand her, dass es bei der Dopingfreiheit um die Art und Weise der vereinsrechtlichen Betätigung, konkret um deren ethisch-moralischen Wert geht. Da jedoch mit den Verbandszwecken die einzelnen Mitglie14

Vgl. Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C 27 ff. G. Wronka, WRP 1976, 425. 16 B. Remmert, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Rn. 35, m.w. N.; P. M. Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 19 Rn. 233; so auch BVerfGE 21, 362, 369, u. 68, 193, 205 f., u. 75, 192, 196. 17 Vgl. B. Remmert, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Rn. 26 ff. 18 So bezeichnet von G. Wronka, WRP 1976, 425, 428. 19 So bezeichnet von G. Wronka, WRP 1976, 425, 426. 15

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

der ebenso identifiziert werden wie der Verband als juristische Person, besteht das mit dem Dopingverbot verbundene persönlichkeitsrechtliche Schutzbedürfnis für die Mitglieder gleichermaßen wie für die Vereinigung. Der Eigenwerttheorie folgend, die den Schutz der juristischen Person durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht weiter fasst, hängt der Persönlichkeitsschutz der Verbände bei der Umsetzung des Dopingverbots von Beginn an lediglich davon ab, inwieweit die einschlägigen Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts wesensmäßig auch auf die juristische Person als solche anwendbar sind. Richtet man zur Beantwortung dieser Frage den Blick zunächst einmal auf die einzelnen „Wurzelzweige“ des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und hier zuerst auf den Einfluss des Art. 1 I GG, stößt man auf eine h. M., die die Anwendbarkeit des Art. 1 I GG auf juristische Personen ablehnt.20 Dieser h. M. wird allerdings zu Recht entgegengehalten, dass sich der Würdeschutz in die zwei Komponenten „angeborene, sittlich-geistig-psychologische und physische Würde“ und „durch das soziologische Verhalten und den daraus resultierenden Sozialwert erworbene soziale Würde“ aufteilen lässt und dass die letztgenannte Komponente von allen Rechtssubjekten erworben werden kann, die als solche eigenständig handelnd vom Rechtsverkehr und von der Gesellschaft wahrgenommen werden.21 Wendet man den Blick sodann zu den Rechtsgarantien des Art. 2 I GG hin, findet sich in der allgemeinen Handlungsfreiheit eine Rechtsposition, deren Inanspruchnahme durch juristische Personen überwiegend anerkannt wird.22 In dem Umfang, in dem sich die juristischen Personen auf den Schutz ihrer Würde und ihrer Handlungs- und Entfaltungsfreiheit berufen können, ist ihnen folgerichtig auch der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuzugestehen, der aus dem Zusammenspiel der Art. 2 I und 1 I GG gefolgert wird.23 Im Ergebnis bedeutet dies, dass sich die Kollektiveinheiten aufgrund ihres Sozialwerts entsprechend dessen Reichweite auf persönlichkeitsrechtlich geschützte Rechtspositionen berufen können.

20 M. Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 1 Rn. 72; BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 56; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 1 Rn. 18; H. Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Art. 1 Rn. 10; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 1 Rn. 8. 21 G. Wronka, WRP 1976, 425, 430. 22 BVerfGE 10, 89, 99, u. 29, 260, 265 f.; U. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Art. 2 Rn. 10; BK/D. Lorenz, Art. 2 Rn. 91 ff.; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 47; H. Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Art. 2 Rn. 3; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 11. 23 G. Wronka, WRP 1976, 425, 432; U. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Art. 2 Rn. 224, der aus der Erstreckung des Persönlichkeitsschutzes auf juristische Personen über Art. 19 III GG ein vermindertes Schutzniveau ableitet; unentschieden, aber jedenfalls gegen die Begründung des Persönlichkeitsschutzes juristischer Personen über Art. 1 GG H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 52.

I. Das Dopingverbot

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Demgegenüber soll das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach teilweise vertretener Auffassung juristischen Personen überhaupt nicht zugute kommen24, wobei dies auch für Personenvereinigungen mit ideeller Zielsetzung25 und erst recht für juristische Personen des öffentlichen Rechts26 gelten soll. Die von der h. M. aufgestellten Grundsätze zum Persönlichkeitsschutz juristischer Personen entsprechen teilweise den zuvor dargelegten dogmatischen Überlegungen und stehen an anderer Stelle hierzu im Widerspruch: Verbände können nach h. M. persönlichkeitsrechtliche Ansprüche zum einen dann geltend machen, wenn sich ein Angriff zwar gegen Verbandsangehörige oder Mitglieder richtet, der Verband selber aber auch in Mitleidenschaft gezogen ist, etwa weil sich die Angriffe gegen Tätigkeiten oder Eigenschaften richten, mit denen die Verkehrsauffassung auch den Verband selber identifiziert; zum anderen besteht eine Sachbefugnis des Verbandes nach h. M. dann, wenn er selbst in seinem Ruf oder in seinem Funktionsbereich beeinträchtigt wird.27 Der BGH schließt juristische Personen insoweit in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit ein, „als sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren Funktionen dieses Rechtsschutzes bedürfen“.28 Dies ist der Fall, „wenn sie in 24 G. Dürig, in: Maunz/Dürig (bis 2001), Art. 2 Rn. 68; W. Schmitt Glaeser, HbStR VI, § 129 Rn. 88, S. 91, für das Recht auf Selbstdarstellung/Datenschutz; H. D. Jarass, NJW 1989, 857, 860, lehnt unter Hinweis auf das Fehlen einer Persönlichkeit und eines Person-Seins die Einbeziehung juristischer Personen unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch gänzlich ab; H. Hirte, NJW 1988, 1698, 1704; H. Siekmann, ZIP 1994, 651, 652; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 21 ff., 23. 25 A.A. insoweit BVerwGE 82, 76, 78. 26 Generell gegen die Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts BVerfGE 21, 362, 369 ff., unter Verweis auf die Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat; gegen den Schutz jur. Personen d. ö. R. durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch BGH DÖV 1983, 290, 291; für eine Einschränkung des Schutzes jur. Personen d. ö. R. aus § 824 BGB mit vergleichbaren Erwägungen BGH WM 1984, 563, 565 ff.; ablehnend auch VG Düsseldorf, NJW 1982, 2333; hinsichtlich juristischer Personen des öffentlichen Rechts im Grundsatz ebenfalls ablehnend Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C31, m.w. N., u. E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 126. 27 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C27 ff., m.w. N.; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 IV.1.; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 291; ähnlich Larenz/Wolf, AT, § 8 V.2., Rn. 48 ff.; für eine Beschränkung des persönlichkeitsrechtlichen Schutzes jur. Personen auf besondere Fälle des Ehrenschutzes Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 202 ff. 28 BGHZ 98, 94, 97; BGH ZIP 1994, 648, 649 f.; so auch H. C. Nipperdey/G. Wiese, in: Bettermann-Nipperdey, Die Grundrechte, Bd. IV/2 (1962), S. 861; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 11; Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 181; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 92; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C32; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 199 ff.; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 290 ff.; ähnlich U. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 I Rn. 224; zum Schutz juristischer Personen vgl. auch H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 695, u. Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 74, u. Soergel/A. Beater (Bd. 12, 13. Aufl. 2005), § 823 Anh. IV Rn. 23 f., u. E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 125; M. Brauer, Das Persönlichkeitsrecht der

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

ihrem sozialen Geltungsanspruch als Arbeitgeber oder als Wirtschaftsunternehmen betroffen werden.“ 29 In diesem Sinne „schutzfähig“ sind nur solche Belange, die nicht wesenhaft mit natürlichen Personen verbunden sind, wie dies etwa beim Recht am eigenen Namen, beim Schutz der Reputation sowie beim Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Fall sein soll.30 Dieser Rechtsprechung ist zwar insoweit zuzustimmen, als sie juristischen Personen die Berufung auf all diejenigen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts versagt, die ihrem Wesen nach nur bei natürlichen Personen in Betracht kommen, wie dies sehr eindeutig etwa beim Schutz der Intimsphäre in Form des Schutzes des Schamgefühls der Fall ist. Allerdings kann nach der oben dargelegten Auffassung von der partiellen Persönlichkeitsrechtsfähigkeit juristischer Personen etwa das Interesse einer juristischen Person am Schutz ihres (Firmen-)Namens dem Interesse einer Privatperson am Namensschutz ebenbürtig sein, wie auch die juristische Person ebenso wie die natürliche Person einen guten Ruf haben, soziales Ansehen genießen und hinsichtlich der Geheimhaltung verbandsinterner, privater Tatsachen schutzbedürftig sein kann.31 Offenkundig von der Rückgriffstheorie ausgehend, sieht die h. M. insbesondere diejenigen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zugunsten juristischer Personen als schutzfähig an, die den Schutz im Rahmen der wirtschaftlichen Betätigung gewährleisten, soweit die Zusammenschlüsse mit Blick auf die in ihnen tätigen natürlichen Personen als originäre Grundrechtsträger einen entsprechenden Schutz der Entfaltungsfreiheit des Art. 2 I GG genießen. Der Schutz soll in diesem Fall der Einheit, der Individualität, der Integrität sowie der Aktivität des Verbandes in der Gesellschaft gelten,32 nach a. A. als eine Art spezifisches Verbandspersönlichkeitsrecht den spezifischen Bedürfnissen des Verbandes Rechnung tragen,33 nach wieder a. A. eine Art von Funktionsschutz für die Verbände gewährleisten.34 Insoweit kann – schwerpunktmäßig für den wirtjuristischen Person (1962), C. § 15, verneint ein allgemeines Persönlichkeitsrecht der juristischen Personen, gesteht ihnen jedoch persönlichkeitsrechtlichen Namensschutz (D. § 17), Ehrenschutz (D. § 18) und Schutz der Geheimsphäre (D. § 21) zu; gegen den Schutz juristischer Personen P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 39. 29 BGH NJW 1975, 1882, 1884 („Der Geist von Oberzell“), u. 1986, 2951 („BMW“); BGHZ 81, 75, 78 („Carrera“); KG NJW 2000, 2210 (Aufnahmen in Bahn mit versteckter Kamera); D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 76 f.; Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 181; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 93; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 125. 30 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C32; einschränkend hinsichtlich des Schutzes der Intimsphäre auch MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 218. 31 MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 200 m.w. N. 32 T. Raiser, FS für Traub (1994), 331, 336 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II/2 Besonderer Teil (13. Aufl. 1994) § 80 IV 1 b. 33 D. Klippel, JZ 1988, 633 f. 34 Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 290; Larenz/Wolf, AT, § 8 V.2., Rn. 48; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 107 II.2.

I. Das Dopingverbot

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schaftlichen Bereich – von einem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der juristischen Person gesprochen werden.35 Wenn somit die Überlegungen in ihrem Kern zutreffend dahingehen, dass ein sozialer Verband – ungeachtet der Form des Zusammenschlusses als juristische Person oder als nicht rechtsfähige Vereinigung – immer dann den Schutz des Persönlichkeitsrechts genießen soll, wenn er sich in Sphären bewegt, die im Falle natürlicher Personen persönlichkeitsrechtlich geschützt wären, müssen sich folgerichtig nicht nur der rechtsfähige, sondern auch der nichtrechtsfähige Verein beispielsweise gegen drohende Angriffe auf ihre Ehre unter Berufung auf den Persönlichkeitsschutz mit der Unterlassungsklage wehren können.36 Ebenso muss dies für Personengesellschaften gelten, die nicht in Gesellschaftsformen konstituiert sind, die ihnen rechtlichen Personenstatus verleihen.37 Ausgehend von den oben dargelegten strukturellen Überlegungen zu Art. 19 III GG und dessen Aussage zur Geltung der Art. 1 und 2 GG für juristische Personen, ergeben sich für den Persönlichkeitsschutz im Einzelfall folgende schematischen Grundsätze: Die jeweils in Betracht kommende Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist einer näheren Betrachtung unter dem Aspekt zu unterziehen, ob sie dem Schutz der schwerpunktmäßig auf Art. 2 I GG gestützten aktiven personalen Entfaltung oder dem Schutz der Sozialwürde der juristischen Person dient. Diejenigen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die im Wesentlichen aus dem Postulat der Handlungsfreiheit gefolgert werden, ohne hierbei in erheblichem Maße auf den Hintergrundgedanken der personalen Würde des Menschen zu rekurrieren, können – auch nach der h. M. – i. S. d. Art. 19 III GG unproblematisch auf juristische Personen übertragen werden. Je stärker demgegenüber der Aspekt der personalen Würde bei der Definition der betroffenen Persönlichkeitsrechtsausprägung mit Blick auf die davon berührte Persönlichkeitssphäre in den Vordergrund tritt, umso weniger kommt eine Anwendung zugunsten juristischer Personen in Betracht.38 Geht es etwa um den Ehrschutz, kann der Schutz juristischer Personen nicht erst dann eingreifen, wenn die formal an die Adresse der juristischen Person ge35 U. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 I Rn. 224, spricht vor diesem Hintergrund von einem verminderten Schutzniveau des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei juristischen Personen; zutreffend kritisch gegenüber der Fokussierung des persönlichkeitsrechtlichen Schutzes juristischer Personen auf ihr wirtschaftliches Betätigungsfeld G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 292. 36 BGH NJW 1974, 1762 („Deutschland Stiftung“); MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 201; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 126. 37 So für die Kommanditgesellschaft BGH GRUR 1980, 1090, 1092 („Medizin-Syndikat I“). 38 So auch D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 77; ähnlich Larenz/Wolf, AT, § 8 V.2., Rn. 48.

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richteten Anwürfe aufgrund der zumindest teilweisen Identifikation und Gleichsetzung der Gesellschafter oder der für die juristische Person verantwortlich handelnden Personen mit dieser selbst gleichzeitig auch eine Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung für die mit der juristischen Person verbundenen natürlichen Personen bedeuten. Vielmehr ist i. S. d. Art. 19 III GG im Auge zu behalten, ob nicht auch die juristische Person als solche in persönlichkeitsrechtlich geschützten Positionen getroffen ist, die unabhängig von einer Verletzung ihrer Mitglieder zum Tragen kommen. Neben der dahinterstehenden natürlichen Person, die durch die Schmähung des von ihr geschaffenen wirtschaftlichen Konstruktes in ihrem Geltungsanspruch beeinträchtigt wird, kann die juristische Person selber Betroffener sein. Wenn auch der juristischen Person begrifflich nicht die personale Würde zustehen kann, die dem Menschen aufgrund seiner hervorgehobenen Stellung in der Schöpfung aneignet, erwächst ihr doch ein dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vergleichbarer Schutzanspruch, soweit es um aus dem Sozialwert abgeleitete Positionen geht, die ihr auch als nicht personales Konstrukt zukommen.39 Im Falle der Sportvereinigungen stellt der mit dem Dopingverbot verfolgte Zweck der Förderung eines dopingfreien Sports eine solche Position dar. Die elementare Funktion des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt darin, „konstituierenden Elementen der Persönlichkeit“ 40 Schutz zu bieten. Zu diesen konstituierenden Persönlichkeitselementen gehört der soziale Geltungsanspruch des Rechtsinhabers.41 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht misst dem Einzelnen die Befugnis zu, selbst darüber zu befinden, wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit darstellen will42 und was seinen sozialen Geltungsanspruch ausmachen soll.43 Der soziale Geltungsanspruch wird durch die Beziehungen des Rechtsinhabers zu seinem sozialen Umfeld bestimmt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht billigt dem Einzelnen hiernach im Grundsatz das Recht zu, die Bezie39 BGH NJW 1975, 1882 („Der Geist von Oberzell“); vgl. auch BGH NJW 1981, 2402 (Namensschutz einer Personengesellschaft), u. MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 200, der der juristischen Person selber einen Unterlassungsanspruch gegen Angriffe auf Betriebsangehörige zugesteht, wenn es sich um Führungskräfte handelt und die juristische Person auch selbst betroffen ist; BGHZ 78, 24, 25 f. („Medizinsyndikat“), gewährt einer KG Ehrenschutz; OLG München, NJW 1996, 2515 („Gauweiler“), gesteht politischen Parteien Ehrschutz zu. 40 BVerfGE 54, 148, 153 („Eppler“). 41 D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 60. 42 G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 270; kritisch Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.5.a). 43 Kritisch insoweit Erman/H. Ehmann, Bd. 1 (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 197, 203, der zu Recht darauf hinweist, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht dem Einzelnen kein Recht zur Durchsetzung einer Selbstdarstellung verleiht, die nicht den Tatsachen entspricht, da als Grenzen des Rechts zur Selbstdarstellung zum einen immer das Recht zur Äußerung wahrer Tatsachen und zum anderen oftmals das Informationsinteresse der Allgemeinheit zu beachten sind.

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hungen zu anderen Rechtssubjekten nach seinem Gutdünken einzurichten. Die Gestaltung dieser Beziehungen geschieht nicht zuletzt über die Ausbildung und Pflege eines Persönlichkeitsprofils, die unter anderem in der Weise erfolgt, dass der Einzelne ethische und moralische Positionen besetzt und diese nach außen hin kund tut. Genauso wie die natürliche Person ist auch die juristische Person in ein Beziehungsgeflecht mit anderen Rechtssubjekten eingebunden. Ebenso wie bei natürlichen Personen bestimmt sich auch bei juristischen Personen das Ansehen im sozialen Umfeld nicht zuletzt danach, für welche ethischen und moralischen Positionen sie eintreten. So genießt etwa ein Unternehmen, das im Ruf steht, einer Verbrecherorganisation zu Zwecken der Geldwäsche zu dienen, ein geringeres Ansehen als ein Unternehmen, das in der Öffentlichkeit dafür bekannt ist, neben dem geschäftlichen Erfolg auch gemeinnützige Zwecke zu verfolgen. Ebenso wird ein Unternehmen, das im Ruf steht, seine Arbeitnehmer fair zu behandeln, von der Öffentlichkeit ganz anders betrachtet als ein Unternehmen, das für die rücksichtslose Ausbeutung seiner Beschäftigten bekannt ist. Während bei wirtschaftlich tätigen juristischen Personen der Aspekt der ethischen und moralischen Haltung durch die Ausrichtung auf Gewinn und Profit noch bis zu einem gewissen Grad zurückgedrängt wird, steht er bei Idealvereinigungen wie den Sportverbänden sogar im Vordergrund der Betrachtung. Vor allem aber spielt die Frage der persönlichen Zielsetzung für Vereinigungen nicht nur im Außenverhältnis für die Selbstdarstellung gegenüber Dritten und das Ansehen vonseiten Dritter eine Rolle. Noch viel bedeutsamer ist der Umstand, dass die Vereine und Verbände durch die Festlegung bestimmter Ziele als Vereinszwecke einen Schritt früher überhaupt erst das ideelle Fundament ihrer Existenz legen und quasi die Seele der Vereinigung erschaffen. Da der Verein sich im Wesentlichen über seine Zwecke und hierbei insbesondere die in den Vereinszwecken umgesetzten ethischen und moralischen Positionen definiert, ist die Zweckbestimmung des Verbands unmittelbar konstitutiv für die Entstehung und die Existenz der Vereinigung. Aus diesen Überlegungen heraus ist der Festlegung des Dopingverbots in den Regelwerken der Verbände nicht nur grundsätzlich über Art. 19 III GG persönlichkeitsrechtlicher Schutz zuzusprechen, sondern aufgrund der elementaren Bedeutung des Dopingverbots für die Selbstdefinition der Sportvereinigungen dem persönlichkeitsrechtlichen Interesse der Vereine und Verbände an der Aufrechterhaltung des Dopingverbots ein erhebliches Gewicht als Abwägungsbelang zuzumessen. Da das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach ganz h. M. über Art. 19 III GG auch für juristische Personen gilt, kann sich der Verein bei der Gestaltung der Konditionen seiner Beziehungen zu anderen Rechtssubjekten auch auf Art. 2 I GG berufen. Der von Art. 2 I GG u. a. gewährte Schutz der Vertragsfreiheit greift auch im Verhältnis zwischen Athleten und Verbänden im-

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mer dann ein, wenn die Sportausübung von den Parteien auf eine vertragliche Basis gestellt wird. Die Verbände sind im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit grundsätzlich berechtigt, nach ihrem Gutdünken inhaltliche Vorgaben für die vertragliche Beziehung zu den Sportlern zur Bedingung für den Vertragsschluss zu machen, also auch ein Dopingverbot und entsprechende Sanktionsbefugnisse in den Vereinbarungen zu verankern.44 Auch unter diesem Aspekt werden die Befugnisse der Sportvereinigungen erst durch das Erfordernis eines überwiegenden Interesses begrenzt, von dem die Wirksamkeit der Zustimmung der Athleten bzw. die Feststellung der Angemessenheit und Billigkeit der einschlägigen Verbandsbestimmungen abhängt. Soweit die gestalterischen Maßnahmen der Verbände der Umsetzung von Vereinszwecken oder sonstiger von der Vereinsautonomie gedeckter Interessen dienen, tritt der Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit durch Art. 2 I GG allerdings hinter dem Schutz durch Art. 9 I GG zurück. b) Interesse der Allgemeinheit am Dopingverbot Zu der Bedeutung, die die Entscheidung der Vereine und Verbände für ein Dopingverbot allein dadurch erhält, dass die Korporationen die Dopingfreiheit in Ausübung ihrer Rechte aus Art. 9 I GG zu einem sinngebenden und imageprägenden Bestandteil ihrer Zielsetzung erheben, treten andere Aspekte hinzu, die dem Ziel „Dopingfreiheit“ weiteres Gewicht als Abwägungsbelang im Rahmen der Billigkeits- und Angemessenheitskontrolle bei der Überprüfung der auf die Erreichung dieses Zieles ausgerichteten Regelungen verleihen. Über den Bereich der Sportvereinigungen und ihrer Mitglieder hinausgehend, hat die Problematik „Doping im Sport“ an verschiedenen Stellen Auswirkungen auf den Staat und die Gesellschaft45: Bedeutung für die Allgemeinheit erlangt der Sport zunächst einmal aufgrund der Repräsentationsaufgabe, die er für Staat und Gesellschaft wahrnimmt.46 Wohl schon seit es einen wie auch immer gearteten Leistungssport mit internationalen Wettkämpfen gibt, hat das sportliche Kräftemessen nicht nur Bedeutung für den einzelnen Athleten, die in der Selbstbestätigung des Individuums begründet liegt, der oder die Schnellste, Höchste oder Stärkste zu sein. Seit jeher spielt daneben der Aspekt eine Rolle, anderen Nationen oder Volksgruppen die Leistungsfähigkeit der eigenen47 unter Beweis zu stellen. Als Verstärker des Nationalge44

G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 115. Zur „Gemeinwohlleistung“ des Sports vgl. auch U. Steiner, SpuRt 2009, 222. 46 Zu den politischen Funktionen des Sports vgl. M. Nolte, Staatliche Verantwortung, S. 41. 47 Bundesinnenminister Manfred Kanther bezeichnete Sportmedaillen als „nationales Anliegen“, da sie „in einem Teilaspekt Ausweis des Leistungsvermögens eines Volkes“ seien, vgl. FAZ-Sportgespräch in der FAZ v. 11.12.97, S. 38. 45

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fühls, aus dem heraus der Zuschauer mit den eigenen Helden mitfiebert, wirkt das Gemeinschaftserlebnis, das die Teilnahme vieler Gleichgesinnter an dem oftmals dramatischen Geschehen auslöst.48 Nicht von ungefähr ist die Bereitschaft auch unter der nicht sporttreibenden Bevölkerung groß, sich insbesondere bei internationalen Sportveranstaltungen mit dem teilnehmenden Landsmann oder der eigenen Nationalmannschaft zu identifizieren und diese mit allen fairen und manchmal auch unfairen Mitteln zum Sieg anzutreiben. Damit einhergehend wird die Niederlage des nationalen Vertreters für viele Zeitgenossen zur persönlichen Katastrophe, die in bitteren Tränen, vielfach auch in Form von Aggression und manchmal sogar in gewalttätigen Racheakten49 zum Ausbruch gelangt. Mit Rücksicht auf diese Beachtung, die der Spitzensport national und international genießt, wird nachvollziehbar, weshalb in autoritären und totalitären Systemen die Steigerung der Leistungsfähigkeit der sportlichen Repräsentanten durch staatlich angeordnetes und organisiertes Doping von der Obrigkeit planmäßig gelenkt wurde. Für solche Regime, die nicht dazu in der Lage sind, die Reputation ihres Staates durch die Erhöhung seiner Wirtschaftskraft oder durch hervorragende Leistungen in sonst einer Disziplin des politischen Wettbewerbs zu fördern, bietet sich der vielbeachtete „Nebenkriegsschauplatz“ Sport aufgrund seiner besseren Steuerbarkeit als willkommenes Ausweichmittel an, ihren internationalen Ruf aufzupolieren.50 Erhebliche Bedeutung für die gesamte Gesellschaft erlangt das Dopingproblem erst recht bei Berücksichtigung der Transferwirkungen, die der Leistungssport in Richtung des Breitensports entfaltet.51 Welch gewichtige Rolle der Breitensport in unserer Gesellschaft spielt, beweist schon die immense Zahl der sportlich aktiven Mitbürger. Regelmäßig richtet der Breitensportler sein Augenmerk auf jene Athleten, die die von ihm gewählte Sportart mit einem wesentlich höheren Grad an Perfektion ausüben. Der Leistungssport erlangt dadurch jedenfalls mittelbar Einfluss auf die Gesellschaft. Eine Vielzahl vor allem der jüngeren Breitensport48 Vgl. den Kurzabriss des Heidelberger Publizisten Joachim Bürkert zur Entwicklung des Fair-Play-Gedankens in der FAZ v. 03.07.99, S. 11. Auch die britische Sportministerin Tessa Jowell verwies anlässlich eines Interviews zur Olympiabewerbung 2012 auf den unglaublichen Enthusiasmus, der durch den Weltmeistertitel der RugbyNationalmannschaft 2003 im Land entfacht worden sei, vgl. FAZ v. 06.03.04, S. 36. 49 So wurde der kolumbianische Verteidiger Andres Escobar nach der Rückkehr von der Fußball-WM 1994 in den USA auf offener Straße erschossen, nachdem er im Spiel gegen die USA mit einem Eigentor die Niederlage der kolumbianischen Elf eingeleitet hatte, vgl. den Artikel in www.wikipedia.de unter dem Stichwort „Andrés Escobar“. 50 Mit der Überbewertung der sportlichen Leistung wächst die Betroffenheit im Falle von Dopingbeweisen gegen die eigenen Sportler, wie sich in den Reaktionen der chinesischen Sportfans auf die positiven Dopingtests ihrer Schwimmstars 1994 zeigte, in denen beschämt der schwerwiegende Gesichtsverlust für das Land beklagt wurde, vgl. FAZ v. 09.12.94, S. 37. 51 Zur Sozialisationsfunktion des Sports vgl. M. Nolte, Staatliche Verantwortung, S. 36 ff.

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ler eifert bei der Ausführung der jeweiligen Sportart einem aus der Welt des Leistungssports stammenden Vorbild nach.52 Kopiert werden nicht nur die technischen Tricks der Stars, ihre Trainingsmethoden, ihre Art und Weise der Ausführung der betreffenden Sportart und dabei auch ihr Fair-Play-Verhalten bei der sportlichen Betätigung. Da durch die Erfahrungen und Anforderungen im Sport die Persönlichkeit des Menschen in besonderem Maße ausgebildet und beeinflusst wird, spiegelt sich die dort erlernte Verhaltensweise früher oder später auch in seinen Handlungen im außersportlichen Bereich wieder.53 Daneben gewinnt der Leistungssport aber auch unmittelbaren Einfluss auf die Gesellschaft: Hinsichtlich bestimmter Eigenschaften, die dem Bewunderer als besonders wertvoll erscheinen, dient der Leistungssportler nicht nur als Vorbild im sportlichen Bereich, sondern überhaupt für alle Lebenslagen.54 Insbesondere die großen Sporterfolge, die aufgrund der umfassenden Medienberichterstattung von einem breiten Publikum beobachtet werden, erinnern daran, wie lohnenswert

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Die Vorbildfunktion steht auch für die britische Sportministerin, Tessa Jowell, als Motiv für den Dopingkampf im Vordergrund, vgl. FAZ v. 06.03.04, S. 36. 53 Thomas Arnold, langjähriger Direktor der Rugby-School, installierte erstmals den Sport als Instrument in der Schulausbildung, um die verwöhnten und aufmüpfigen Kinder der Oberschicht zu disziplinieren und zu zivilisieren: die künftigen Führungskräfte des Empire sollten im Spiel Tugenden verinnerlichen wie Selbstbeherrschung, Pflichtbewusstsein, Gemeinschaftsgeist, Gerechtigkeit, Ehre und Ehrlichkeit, vgl. den Kurzabriss von Joachim Bürkert a. a. O., FAZ v. 03.07.99, S. 11. In seinem Beitrag (a. a. O.) beschreibt Joachim Bürkert die Funktion des Sports in der Gesellschaft in Anlehnung an den Heidelberger Sportwissenschaftler Hermann Rieder dahingehend, der Sport könne ein Übungsfeld dazu bieten, fair zu sein, Fairness zu erleben und einzuüben, um dann im Alltag dieses Verhalten anzuwenden. ZDF-Intendant Dieter Stolte bezeichnete in der Diskussion um die Verlagerung der Sportübertragungsrechte auf die privaten Sender 1994 den Sport „natürlich“ als Bestandteil der Grundversorgung und verwies zur Begründung unter anderem auf den Eindruck, den der Verzicht von Dagmar Hase auf ihren Endlaufplatz bei der Weltmeisterschaft in Rom zugunsten der aussichtsreicheren Franziska van Almsick als Geste des Fair-plays auf die Zuschauer gemacht hätte, vgl. FAZ v. 23.11.94, S. 34. Der damalige französische Kabinettschef Francois Werner begründete 1996 seine Forderung nach konsequenter Ahndung des Haschischmissbrauchs durch französische Spitzensportler mit der Erkenntnis, erfolgreiche Spitzensportler würden als Vorbilder für die Jugend gelten, wenn sie sich nicht um die Gesetze scherten, würden es auch Fans nicht tun, vgl. FAZ v. 02.02.96, S. 29. Die soziale und gesundheitliche Bedeutung der Sportvereine und die Vorbildwirkung der Athleten für das Leistungsstreben der Gesellschaft betonte auch DSB-Präsident Manfred von Richthofen anlässlich seiner Rede zum Amtsantritt am 03.12.1994, vgl. FAZ v. 05.12.94, S. 34. 54 Der damalige Bundesinnenminister Manfred Kanther rechtfertigte im FAZ-Sportgespräch im Dezember 1997 die Unterstützung des Sports durch staatliche Fördermittel mit der Vorbildfunktion des Spitzensports, an dem sich Hunderttausende von jungen Menschen orientierten, vgl. FAZ v. 11.12.97, S. 38. Die Vorbildfunktion wird ebenfalls von der „Europäischen Gruppe Ethik in den Wissenschaften und Neuen Technologien“ als zentrales Argument für eine engagierte Dopingbekämpfung angesehen, vgl. FAZ v. 12.11.99, S. 39. Aus der „pädagogischen Aufgabe“ des Sports leitet auch Olympiasieger Dieter Baumann die Verpflichtung des Staates her, wirksam gegen Doping einzugreifen, vgl. FAZ v. 21.05.99, S. 39.

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Ausdauer und Zielstrebigkeit sein können, und motivieren auf diese Weise zur Nachahmung auch im außersportlichen Bereich. Einen Eindruck davon, welche Intensität diese Beeinflussung erreichen kann, vermittelt die Betrachtung eines weiteren Phänomens unserer Zeit, das parallel zur Bedeutung des Leistungssports in seiner Ausbreitung gewachsen ist. Bei einer Vielzahl von Zeitgenossen beschränkt sich die Bewunderung für das Idol nicht mehr auf einen stillen Respekt und das Bestreben, sich die als besonders positiv empfundenen Eigenschaften zueigen zu machen. Diese sogenannten Fans versuchen vielmehr, die verehrte Person in möglichst jeder Hinsicht zu kopieren, so dass nicht nur ihre Tugenden, sondern alle ihre Eigenheiten bis hin zu Äußerlichkeiten wie Kleidung und Frisur nachgeahmt werden. Auch hinsichtlich derjenigen Breitensportler, die weniger aus der Anbetung eines bestimmten Idols heraus, sondern mehr aus Freude an körperlicher Ertüchtigung, an Körperästhetik und sportlicher Leistung das Geschehen im nationalen und internationalen Leistungssport beobachten, ist eine mittelbare Beeinflussung durch den Spitzensport insoweit festzustellen, als durch die Darstellung körperlicher Höchstleistung und Perfektion die Begeisterung für eigene sportliche Betätigung hervorgerufen, aufrechterhalten oder gesteigert wird. Ein begeisternder Spitzensport trägt somit dazu bei, eine Vielzahl von Zeitgenossen zu sportlicher Betätigung zu motivieren, wie dies durch den Tennisboom eindrücklich belegt wurde, den Deutschland in der Zeit der großen Erfolge von Boris Becker und Steffie Graf erlebt hat. Kaum eine Art der sportlichen Betätigung ist aber nicht gleichzeitig mit der Unterwerfung unter spezielle Regeln – dies betrifft insbesondere die Mannschaftssportarten – oder zumindest mit dem Erfordernis einer erhöhten Selbstdisziplin – beispielsweise in den Ausdauersportarten – verbunden. Im Ergebnis erwächst daher aus einem vorbildhaften Spitzensport eine sozialisierende und leistungsfördernde Wirkung.55 Im Falle der Ausbreitung von Doping im Spitzensport wäre der Verlust dieser Vorbildwirkung vorgezeichnet. Denn wofür sollte der gedopte Spitzensportler noch zum Vorbild dienen?56 Im Vordergrund der Betrachtung stünden bald nicht mehr Durchhaltewille, Kampfgeist und dabei auch Fairness bei der Erringung sportlicher Erfolge, dieje55 In diesem Sinne umriss Bundesinnenminister Otto Schily im FAZ-Sportgespräch im Mai 2000 den Zusammenhang zwischen Sport und Gesellschaft mit den Worten: „Wer den Sport vernachlässigt, schadet der inneren Sicherheit“, vgl. FAZ v. 16.05.00, S. 48. 56 Die Gefährdung des ganzen Images des wohltuenden Sports und seiner Funktion als soziales Leitbild für alle durch das Doping-Problem war zentrales Thema des 25. Bundestags des DSB Ende November 1998, vgl. FAZ v. 28.11.1998, S. 30. Zum drohenden Verlust der Vorbildwirkung vgl. auch den Kommentar in der FAZ v. 31.12.1998, S. 40.

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nigen sportlichen Eigenschaften, die als so nachahmenswert erscheinen57 und deren Nachahmung für ein friedliches Zusammenleben innerhalb jeder Gesellschaft von so großem Nutzen sein könnte. Für die Spitzenleistungen wären dann andere Gesichtspunkte entscheidend, wie etwa die technische Raffinesse bei der Entwicklung und Anwendung von Dopingpraktiken und der Grad an Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Körper und der Gesundheit des Sportlers, Gesichtspunkte, deren Nachahmung durch ihre Mitglieder der Gesellschaft nur zum Nachteil gereichen könnte. Nicht nur der Verlust der positiven, sondern umgekehrt die Entstehung einer negativen Vorbildwirkung, die die Wertschätzung des Leistungssports in der Bevölkerung schwerwiegend beeinträchtigen könnte, wäre zu befürchten.58 Die Meldung neuer Rekordleistungen würde auf das breite Publikum nicht mehr begeisternd und motivierend wirken, sondern aufgrund der automatisch auftauchenden Zweifel am regelgerechten Zustandekommen der Rekorde immer wieder aufs Neue die Ellenbogenmentalität unserer Gesellschaft und die zunehmende Bereitschaft ihrer Mitglieder zum Betrug um der persönlichen Bereicherung willen in Erinnerung rufen.59 57 Einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 1998 zufolge halten 58 Prozent aller Befragten das Thema Fair play im Sport für „sehr wichtig“ und 29 Prozent für „wichtig“, während es nur für zwei Prozent überhaupt keine Rolle spielt, vgl. FAZ v. 16.12.1998, S. 32. 58 In einer Erklärung gegen Doping im Schwimmsport äußerten 1994 die Trainer von 18 westlichen Schwimmverbänden die Besorgnis, das Wiederaufkommen verstärkten Dopings, besonders in den Frauen-Wettkämpfen, stelle die größte Bedrohung für den Fortschritt und die Integrität ihres Sports dar, vgl. FAZ v. 13.09.94, S. 34. Den Verlust seiner Basis und den Untergang des Sports im Falle der Aufgabe seiner Prinzipien der Chancengleichheit und der Durchlässigkeit, der Leistung und der Fairness befürchtet U. Haas, vormals Vorsitzender der Anti-Doping-Kommission von DSB und NOK, vgl. FAZ v. 29.01.99, S. 40. Derartige Befürchtungen bestehen ganz offensichtlich auch bei den Sponsoren: die von den Nationalschwimmern Chris-Carol Bremer und Mark Warnecke im Sommer 1998 ausgelöste Doping-Diskussion hat den DSV nach Angaben seines Präsidenten Rüdiger Tretow etwa 400 TDM an Sponsorengeldern gekostet, vgl. FAZ v. 28.10.98, S. 40. Die Deutsche Telekom, Sponsor des erfolgreichen TelekomRadsportteams, stellte zur Wiedergewinnung des Vertrauensverlustes nach der Tour ’98 eine Million Mark für die Doping-Bekämpfung zur Verfügung, vgl. FAZ v. 20.05.98, S. 28. Das Schweizer Finanzunternehmen Crédit Suisse zog sich demgegenüber wegen der anhaltenden Doping-Diskussion 1999 gänzlich aus dem Radsport-Sponsoring zurück, vgl. FAZ v. 03.09.99, S. 39. Auch die Sportler selber sehen offenbar die Existenz ihres sportlichen und beruflichen Betätigungsfeldes durch die Verbreitung des Dopings bedroht: so schlossen sich 1994 Triathleten, Trainer und Betreuer im „Triathlon-Team“ zusammen, um konsequent gegen Doping vorzugehen, vgl. FAZ v. 19.08.94, S. 25. Im Mai 2000 kündigte das mit demselben Ziel gegründete Zehnkampf-Team an, man werde sich künftig auch freiwillig unangemeldeten Blutkontrollen unterziehen, deren Kosten von rund 20.000 Mark aus dem Etat des Teams getragen würden, vgl. FAZ v. 10.05.00, S. 31. In einem Interview im März 2000 äußerte der „emeritierte“ Superstar Carl Lewis die Befürchtung, das Dopingproblem werde dazu führen, dass die Öffentlichkeit und die Sponsoren den Glauben an den Sport verlören und ihm fernblieben, vgl. FAZ v. 23.03.00, S. 52. 59 Vgl. beispielsweise die Kommentierung der Bestleistungen des amerikanischen Sprinters Leroy Burrell und der russischen Sprinterin Irina Priwalowa beim Meeting in Lausanne im Juli 1994 in der FAZ v. 08.07.94, S. 28, die sich weniger mit den Bestleis-

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Die zuletzt genannten Positivwirkungen eines dopingfreien Sports stellen zwar keine unmittelbar eigenen Interessen der Vereine und Verbände dar. Daher kommt ihnen im Rahmen der Interessenabwägung auch nicht das Gewicht von Vereinszielen zu, da sie nicht als solche in die Verfassungen der Vereine übernommen worden sind. Sie können aus diesem Grund nicht als eigenständige Abwägungsbelange zugunsten der Vereine gewertet werden. Allerdings dürften sich entsprechende Überlegungen in einer Vielzahl der Fälle als Argumente in dem Motivbündel wiederfinden, das schließlich zur Verankerung der Dopingfreiheit als Vereinsziel geführt hat. Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, verhelfen die Positivwirkungen eines dopingfreien Sports – trotzdem sie für die Definition des Vereinsziels „Dopingfreiheit“ gar keine Rolle gespielt haben – dem Interesse an der Umsetzung dieses Vereinsziels zu einem erhöhten Gewicht als Abwägungsbelang, da sie den ethisch-moralischen Wert oder – utilitaristisch betrachtet – zumindest den Nutzen des Vereinsziels „Dopingfreiheit“ für die Gesellschaft steigern. Da die Sportverbände wie auch ihre Untergliederungen bis hin zu den Vereinen und den darin zusammengeschlossenen Mitgliedern trotz ihrer speziellen Funktion als Akteure der Sportszene immer auch Mitglieder der Zivilgesellschaft bleiben, sind die gesellschaftlichen Positivwirkungen des Sports immer zugleich auch als Sekundärinteresse der Sportvereinigungen und der Athleten zu berücksichtigen. Seine Repräsentationsfunktion sowie die Vorbildfunktion und Förderwirkung des Leistungssports lassen somit nicht nur das Thema „Doping im Sport“ vom Problem des Leistungssports zum Problem unserer gesamten Gesellschaft60 werden. Sie bewirken auch eine Gewichtsverstärkung des Vereinsziels „Dopingfreiheit“ im Rahmen der Interessenabwägung, die im Zusammenhang mit Dopingkontrollregelungen anzustellen ist.61 tungen selber als vielmehr mit der Frage beschäftigte, ob sie regelkonform zustande gekommen sein konnten. 60 Diese Ansicht äußerte schon J. Hoberman (Austin/USA), Mitglied der „Philosophic Society For Study Of Sports“ auf der Jahrestagung der Gesellschaft 1992 in Berlin, vgl. FAZ v. 10.10.92, S. 25. In der Bewertung übereinstimmend die Teilnehmer des 25. Bundestags des Deutschen Sportbundes im Herbst 1998, unter ihnen der damalige Bundesinnenminister Otto Schily, die damalige baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan und der Hamburger Senator Hartmuth Wrocklage, vgl. FAZ v. 30.11.98, S. 40. Nach Einschätzung von Volker Gerhardt, Professor für Philosophie an der Berliner Humboldt-Universität, vollbringt der Sport „eine exemplarische Leistung für das Funktionieren einer komplexen Gesellschaft“, wenn es ihm „unter dem extremen Interessendruck gelingt, seine Regeln zu sichern“, vgl. FAZ v. 02.02.00, S. 48. Anlässlich der Verleihung des Silbernen Lorbeerblatts für hervorragende sportliche Leistungen im Jahr 1999 vertrat Bundesinnenminister Otto Schily am 23.02.2000 die Ansicht, der Sport diene der inneren Sicherheit, da er – allerdings nur als sauberer Sport – einen wichtigen Beitrag für den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Abwehr von Gewalt leiste, vgl. FAZ v. 24.02.00, S. 47. Die gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports konstatiert auch U. Haas, FAZ v. 27.02.04, S. 36, unter Verweis auf die gleichlautende Einschätzung im 10. Sportbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2002. 61 So im Ergebnis auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 177 ff.

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Gleiches gilt schließlich auch für einen weiteren Aspekt, der sich als Interesse der gesamten Gesellschaft an einem dopingfreien Sport begreifen lässt, nämlich die Vermeidung der Belastung der Solidargemeinschaft, die aus der Anwendung von Dopingpraktiken resultiert. Zu dem Thema „Gesundheitsgefährdung durch Doping“ befragte Mediziner und sonstige Fachleute äußern einhellig die Ansicht, dass die Anwendung von Doping – je nach der angewandten Technik – ganz erhebliche Schädigungen der Gesundheit des Sportlers hervorrufen könne.62 Insbesondere durch die Einnahme anaboler Steroide kommt es langfristig zu schweren Störungen des Hormonhaushalts sowie zu Schädigungen der Nieren, der Fortpflanzungsorgane und anderer Körperfunktionen.63 Zwar kann das durch diese Gefahren gefährdete Interesse an der Gesundheit der dopenden Sportler nicht unmittelbar als nach Art. 2 II GG geschützter Wert in die Phalanx der für das Dopingverbot und für wirksame Kontrollregelungen sprechenden Interessen eingereiht werden, ist der Umgang mit der eigenen Gesundheit doch nach zutreffender Auffassung der freien Entscheidung des Einzelnen anheim gestellt.64 Allerdings erlangt die Bedrohung der Sportlergesundheit durch Doping mittelbar Bedeutung für die Interessenabwägung um das Dopingverbot und seine Nebenregelungen. Für die Reparatur der Gesundheitsschäden aus der Verwendung von Dopingmitteln bzw. deren Begrenzung wird regelmäßig die Hilfe der Krankenkassen in Anspruch genommen. Die auf diesem Gebiet gemachten Aufwendungen fließen in die Kalkulation und Beitragsberechnungen der Kassen mit ein und werden auf diese Weise von sämtlichen Versicherten getragen. Zur Rechtfertigung der Umlegung der Kosten Einzelner auf die Solidargemeinschaft auf diesem Wege lässt sich im Normalfall die Idee anführen, die dem gesamten Versicherungswesen zugrundeliegt: Dem Einzelnen können jederzeit durch Unglücksfälle wie Krankheit, Unfälle u. ä. Kosten in einem Umfang entstehen, den alleine zu tragen er nicht in der Lage wäre; durch die Verteilung dieser Kosten auf eine Vielzahl gleichermaßen Risikobehafteter soll der Einzelne vor dem Ruin bewahrt werden. Dopingschäden sind aber nicht Folge der Realisierung eines solchen unverschuldeten Risikos. Sie resultieren vielmehr aus einer bewussten Inkaufnahme der Gefährdung durch den Sportler, der seine Gesundheit dem Streben nach Ruhm und 62 Vgl. M. Donike bei Schild (Hrsg.), Rechtliche Fragen des Dopings, S. 1 ff. In einer medizinischen Langzeitstudie an 200 französischen Radprofis kam der französische Sportmediziner Gérard Dine zu dem Ergebnis, 60 Prozent der französischen Fahrer seien von Doping-Spätschäden bedroht und sollten zumindest 1999 aus Gesundheitsgründen auf die Teilnahme an Rennen verzichten, vgl. FAZ v. 27.01.99, S. 37. 63 Prof. Klaus Addicks, Direktor des Instituts I für Anatomie an der Kölner Universität, gelangte bei morphologischen Studien zur Leistungsanpassung des Herzens zu der Erkenntnis, dass bei Leistungssportlern die Kombination von Training und Anabolikakonsum zu einer Vergrößerung des Herzmuskels führt, die eine organische Störung der Balance zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffversorgung in dem Organ zur Folge hat, vgl. FAZ v. 28.10.95, S. 32. 64 So zuletzt etwa W. Grunsky, SpuRt 2007, 188, 189, u. G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 187 ff. m.w. N.

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dessen finanziellen Früchten unterordnet. Die Belastung der Solidargemeinschaft der Versicherten mit den Folgen dieses selbstzerstörerischen Handelns ist daher als unbillig abzulehnen. Die Gemeinschaft wird zur Bezahlung von Schadensposten missbraucht, vor denen sie die Anspruchsteller gar nicht absichern wollte. Der Erfolg Einzelner wird unfreiwillig von der breiten Masse der Versicherten mitfinanziert. Wenn auch der Gedanke an die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens – anders als die Überlegungen um die vorgenannten gesellschaftlichen Positivwirkungen der Dopingfreiheit – bei der Installation des Dopingverbots in den Vereinsregelwerken wohl kaum eine Rolle gespielt haben dürfte, ist doch auch diese positive Nebenwirkung der Dopingfreiheit bei der Gewichtung der Interessen zu berücksichtigen, die für ein Anti-Doping-Regelwerk sprechen. Auch solche Nebenwirkungen, die der Regelungsgeber beim Erlass der Anti-Doping-Regeln gar nicht im Auge hatte, verleihen den Dopingbestimmungen zusätzliche Legitimität, wenn sie aus der Sicht der Rechtsgemeinschaft als begrüßenswert erscheinen. c) Interessen der Sportler am Dopingverbot Neben dem Eigeninteresse der Verbände und Veranstalter am Dopingverbot und den Drittinteressen, die sich darüber hinaus zugunsten des Dopingverbots aufzeigen lassen, sind auch in der Person der Athleten, die auf den ersten Blick als die „geborenen“ Gegner des Dopingverbots erscheinen, Interessen zugunsten der Untersagung von Doping auszumachen. Versetzt man sich in die Situation derjenigen Sportler, die sich mit der Zielsetzung eines dopingfreien Sports identifizieren und daher aus eigener Überzeugung den Gebrauch von Dopingpraktiken ablehnen, entfaltet das Dopingverbot positive Wirkung. Es eröffnet diesen Athleten die Möglichkeit, ihr Idealbild der Sportausübung umzusetzen, ohne dass sie Wettbewerbsnachteile erleiden und möglicherweise vom Start weg gegenüber ihren Konkurrenten chancenlos sind, weil diese Praktiken zur Leistungssteigerung verwenden, deren Gebrauch für die Dopinggegner aus Überzeugung nicht in Betracht kommt. Das auf diese Weise sich ergebende Interesse der Dopinggegner unter den Sportlern wird allerdings nur eingeschränkt von grundrechtlich geschützten Rechtspositionen der Athleten getragen. In ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG)65 würden diese Sportler durch den Verzicht auf das Dopingverbot schon deshalb nicht beeinträchtigt, da es ihnen unbenommen bliebe, ihren Sport auch ohne Dopingverbot weiterzubetreiben. Der Umstand, dass ihre Wettkampfchancen ohne das Dopingverbot deut65 Zum Schutz der sportlichen Betätigung durch die allgemeine Handlungsfreiheit vgl. J. Fritzweiler/C. v. Coelln, Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil, Rn. 9 ff.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

lich vermindert wären, da die gedopten Konkurrenten aus dem Gebrauch der sonst verbotenen Mittel entscheidende Leistungsvorteile für sich erlangen könnten, wäre insoweit ohne Belang. Art. 2 I GG gewährt keinen Anspruch auf ein Umfeld, das einen maximalen Erfolg der Aktivitäten garantiert, die unter dem Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit stehen. Auch ein Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II 1 GG) wäre mit der Unterlassung eines Dopingverbots nicht verbunden. Zwar könnten die Athleten in den allermeisten Sportarten nicht auf die Anwendung gesundheitsgefährdender Dopingtechniken verzichten, wenn sie nicht gleichzeitig bereit wären, ihre Aussichten auf Siege und Medaillen aufzugeben. Dennoch hätte der Verzicht auf das Dopingverbot als solcher noch keinerlei Auswirkungen auf die Athleten. Für die Entstehung der Gesundheitsgefährdung wäre vielmehr das Hinzutreten des Dopinggebrauchs und somit einer eigenverantwortlichen Handlung der Sportler unabdingbare Voraussetzung. Eine Beeinträchtigung des Gleichbehandlungsinteresses der Athleten i. S. d. Art. 3 GG würde aus dem Verzicht auf ein Dopingverbot ebenfalls nicht resultieren. Gegebenenfalls wäre die Anwendung von Dopingpraktiken allen Sportlern gleichermaßen erlaubt. Für einen Anspruch der trotzdem nicht gedopten Athleten, mit den gedopten Kollegen nicht gleich behandelt zu werden, wäre keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Im Gegenteil wären die Verbände und Veranstalter zur Gleichbehandlung der ungedopten und gedopten Sportler verpflichtet, da ohne das Dopingverbot beide entsprechend den Teilnahmebedingungen an ihren Veranstaltungen teilnehmen würden.66 Was die Frage einer Beeinträchtigung der Berufsfreiheit (Art. 12 I GG) durch den Verzicht auf das Dopingverbot betrifft, ergibt die genauere Betrachtung ähnlich wie die Prüfung der Beschneidung der allgemeinen Handlungsfreiheit, dass der Verzicht keine unmittelbare Einschränkung der Sportler bedeutete. Eine Berufswahlbeschränkung kann darin deshalb nicht gesehen werden, da es den Athleten unbenommen bliebe, den Beruf des Profisportlers trotz der Gefahr gedopter Konkurrenten einzuschlagen. Wiederum unerheblich wäre der Umstand, dass der Berufszugang durch den Verzicht auf das Dopingverbot möglicherweise mittelbar vereitelt würde, weil der Eintritt ins Profilager daran scheiterte, dass das hierfür erforderliche Leistungsniveau nicht erreicht würde, weil es infolge des Dopings der Konkurrenten in ungedopt nicht mehr erreichbare Höhen verschoben wäre. Auch diesbezüglich gilt, dass das Grundrecht seinem Inhaber zwar grundsätzlich die Freiheit von Beschränkungen garantiert, jedoch keinen Anspruch auf Einrichtung eines Umfelds, das den speziellen Vorstellungen des Berechtigten von der Art und Weise der Grundrechtsausübung genügt.

66 Zu möglichen Differenzierungsgeboten vgl. K. Vieweg, Verbandsrechtliche Diskriminierungsverbote, S. 84 ff.

I. Das Dopingverbot

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Auch aus den Wettbewerbsnachteilen und dem Verlust der Chancengleichheit, die die dopingabstinenten Profisportler in ihrer Eigenschaft als Sportunternehmen im Falle des Verzichts auf das Dopingverbot erleiden würden, lässt sich kein unmittelbar grundrechtsgestütztes Interesse der Athleten am Dopingverbot formulieren. Eine aktive Beschneidung des Grundrechts der Sportler auf freie wirtschaftliche Entfaltung (Art. 2 I GG, Art. 14 I 1 GG) wäre mit dem Verzicht auf ein Dopingverbot nicht verbunden. Erst recht lässt sich den Grundrechten kein Anspruch auf Ausgestaltung ihres Wettbewerbsumfelds entsprechend ihren Präferenzen entnehmen. Auf den ersten Blick scheint zudem ein Interesse derjenigen Athleten am Dopingverbot im Raum zu stehen, die sich einfach nur den Spielregeln des Forums fügen wollen, das sie zur Sportausübung aufsuchen, und die aus diesem Grund auf Doping verzichten. Mit Blick auf die Vergleichbarkeit der sportlichen Leistungen und die Chancengleichheit folgt aus dem Willen zur eigenen Regeltreue auch ein Interesse an der Regeltreue der Konkurrenten, da ohne die Regeltreue der Mitbewerber die eigene Regelbefolgung zu Wettbewerbsnachteilen führt. Bei näherem Hinsehen lässt sich das Interesse an der Regelbefolgung allerdings nicht als Interesse am Dopingverbot als solchem anführen, sondern lediglich als Interesse an möglichst effektiven Regelungen zur Umsetzung des Dopingverbots. Denn die Situation, die den Konflikt zwischen eigener Regeltreue und sportlicher Chancengleichheit in sich trägt, gelangt überhaupt erst durch die Installation des Dopingverbots zur Entstehung, da erst die Einrichtung des Dopingverbots bewirkt, dass das Absehen von Doping zum Bestandteil der Regelbefolgung wird. Ist somit ein grundrechtlich untermauertes Interesse der Sportler am Dopingverbot nicht aus deren individuellem Wunsch nach ungedopter sportlicher Betätigung herzuleiten, kommt nur die Berufung der Athleten auf ihre individuelle Vereinigungsfreiheit (Art. 9 I GG) in Betracht. Die individuelle Vereinigungsfreiheit gewährleistet nicht nur das Recht, eine Vereinigung zu gründen oder einer Vereinigung beizutreten, die das Ziel eines dopingfreien Sports verfolgt. Sie schützt darüber hinaus auch das Interesse des einzelnen Mitglieds an der effektiven Durchführung des Vereinszwecks durch die Schaffung der erforderlichen Vorgaben in den Verbandsregularien, das mit dem Interesse des Vereins an der Verfolgung des satzungsmäßigen Vereinszweckes konform geht. Das Anliegen der gegen Doping eingestellten Sportler, aus Gesundheitsgründen und aus ihrer ethischen und moralischen Haltung zum Sport durch die Installation eines Dopingverbots im Verbandsrecht und dessen effektive Verfolgung den faktischen Zwang zum Doping zu vermeiden, fällt allerdings trotz der fehlenden grundrechtlichen Untermauerung nicht völlig als Abwägungsbelang für das Dopingverbot aus. Als nicht gesetzes- oder sittenwidrige Zielvorstellung ist das Argument, wenn auch mit deutlich geringerem Gewicht, zugunsten des Do-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

pingverbots berücksichtigungsfähig.67 Auch die mangelnde Personenidentität – Berücksichtigung eines Interesses der Athleten im Rahmen der Abwägung der Interessen der Verbände am Dopingverbot mit den gegenläufigen Interessen der Sportler – verhindert nach den für die Abwägung geltenden Regeln nicht seine Wertung im Rahmen der Abwägung, da insoweit Interessenidentiät mit den Verbandsinteressen gegeben ist.68 2. Die gegen das Dopingverbot sprechenden Interessen Als mit den vorstehend dargelegten Interessen der Vereine an der Einrichtung des Dopingverbots im Widerstreit befindliche Interessen der Athleten kommen deren allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG), ihr Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) sowie ihr Vereinigungsrecht (Art. 9 I GG) und ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I i.V. m. Art. 1 I GG) in Betracht. Die Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit der Athleten (Art. 2 I GG) durch das Dopingverbot liegt auf der Hand, soll durch das Verbot doch gerade die Durchführung von Dopingpraktiken als sonst mögliche Handlungsalternative ausgeschlossen werden. Die Beschränkung der zulässigen Mittel lässt sich gleichzeitig auch als Eingriff in das Recht auf Sportausübung als solches begreifen, das ebenfalls durch Art. 2 I GG gewährleistet wird.69 Zwar ist auch der Beitritt zum Verein von dem Grundrecht des Athleten aus Art. 2 I GG auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (allgemeine Handlungsfreiheit) gedeckt.70 Jedoch wird die Möglichkeit zum Vereinsbeitritt als solche vom Dopingverbot nicht unmittelbar eingeschränkt. Da der Athlet ja nach Zustimmung zum Dopingverbot und den Kontrollregeln ohne weiteres aufgenommen wird, liegt die Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit bei genauer Betrachtung nicht in einer Beschneidung der Beitrittsmöglichkeit als solcher, sondern in einer Beschränkung der sonstigen Handlungsmöglichkeiten nach erfolgtem Beitritt. Selbst wenn man die Beitrittsfreiheit als Facette der allgemeinen Handlungsfreiheit der Athleten durch das Dopingverbot beeinträchtigt sehen wollte, hätte Art. 2 I GG hinter Art. 9 I GG zurückzutreten, da Art. 9 GG mit seiner Ausprägung der individuellen Vereinigungsfreiheit71 die speziellere Schutznorm darstellte.

67

Vgl. oben C.III.2.b)bb)(1). Vgl. oben C.III.2.b)bb)(1). 69 U. Steiner, Staat, Sport und Verfassung, in: P. J. Tettinger/K. Vieweg (Hrsg.), Gegenwartsfragen des Sportrechts (2004), S. 30. 70 F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 109; Enneccerus-Nipperdey, AT des Bürgerlichen Rechts, 1. HB (15. Aufl. 1959), S. 672; L. Vollmer, Satzungsmäßige Schiedsklauseln (1970), 127, 130. 71 R. Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Art. 9 Rn. 42. 68

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Fast ebenso offensichtlich ist der Eingriff in die Berufsfreiheit der Athleten (Art. 12 I GG), den das Dopingverbot bedeutet.72 Die Sportler werden zumindest insofern in ihrer freien Entfaltung im beruflichen Bereich eingeschränkt, als ihnen die Anwendung verbotener Dopingpraktiken zur Weiterentwicklung ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit und zur Erzielung beruflicher Erfolge untersagt wird. Die Schwere einer Beeinträchtigung der Berufsfreiheit ist – den vom BVerfG in seinem Apotheker-Urteil73 entwickelten Grundsätzen folgend – zunächst einmal nach der Art und Weise der Beeinträchtigung zu beurteilen. Zu unterscheiden ist zwischen Zugangs- oder Zulassungsbeschränkungen, die wiederum in objektive und subjektive Zugangsbeschränkungen unterteilt werden können, und bloßen Berufsausübungsregelungen. Den geringfügigsten Eingriff stellen die zuletzt genannten Berufsausübungsregelungen dar. Im Verhältnis zwischen Staat und Bürger sind sie bereits dann rechtmäßig, wenn vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie als zweckmäßig erscheinen lassen. Die Freiheit der Berufswahl darf dagegen nur eingeschränkt werden, soweit der Schutz besonders wichtiger („überragender“) Gemeinschaftsgüter es zwingend erfordert. Die Regelung subjektiver Voraussetzungen gibt den Zugang zum Beruf nur den in bestimmter – und zwar meist formaler – Weise qualifizierten Bewerbern frei. Sie erscheint dann als gerechtfertigt, wenn die vorgeschriebenen subjektiven Voraussetzungen zu dem angestrebten Zweck der ordnungsmäßigen Erfüllung der Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis stehen. Die Aufstellung objektiver Bedingungen für die Zulassung macht dieselbe von Umständen abhängig, deren Erfüllung dem Einfluss des Einzelnen schlechthin entzogen ist. Dieser weitestgehende Eingriff in die Berufsfreiheit erscheint nur als zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut legitim. Das Dopingverbot unter Androhung der Sperre stellt sich auf den ersten Blick als reine Berufsausübungsregelung dar: Es wird dem Profisportler lediglich vorgeschrieben, was er in Ausübung seines Berufes zu unterlassen hat. Bei genauerem Hinsehen weist es allerdings in bestimmten Konstellationen für Zulassungsschranken typische Wesenszüge auf74: Denn beispielsweise dem gedopten Hobby-Sportler, der sich zum Wechsel ins Profilager entschließt, wird durch die Wettkampfteilnahmeverbote wegen Dopings der Zutritt zu dem von ihm erwählten Hauptbetätigungsfeld verwehrt. Das Dopingverbot wirkt in dieser Konstella72 Vgl. hierzu F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 109; L. Vollmer, Satzungsmäßige Schiedsklauseln (1970), 127, 129; K. Stern, Grundrechte der Sportler, in: Sport und Recht (1972), 153 ff.; zum Schutz der Sportausübung als berufliche Tätigkeit vgl. M. Nolte, Staatliche Verantwortung, S. 236 ff. 73 BVerfGE 7, 377, 405 ff. 74 K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40, ordnet langfristige Wettkampfsperren als subjektive Berufswahlbeschränkungen ein.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

tion letztlich wie eine objektive Zulassungsschranke, da der zurückgewiesene Athlet auch nicht die Möglichkeit hat, die Voraussetzungen für seine Zulassung durch persönliche Anstrengungen wie etwa Qualifikationsmaßnahmen o. ä. herbeizuführen. Abgeschwächt wird die Eingriffswirkung des Dopingverbots als Zulassungssperre andererseits durch die faktische zeitliche Begrenzung dieser Zulassungssperre: Der unehrliche Athlet wird die vormalige Verwendung von Dopingpraktiken im Rahmen seines Aufnahmeantrags oder seiner Wettkampfbewerbung gar nicht zur Sprache bringen, so dass ihm seine Dopingvergangenheit lediglich dann noch hinderlich sein kann, wenn er nach seinem Beitritt oder seiner Zulassung im Rahmen einer Trainings- oder Wettkampfkontrolle positiv getestet wird. Aber auch für den ehrlichen Athleten, der sich dem Verein oder Veranstalter offenbart, kann dies schlimmstenfalls die Nichtzulassung für denjenigen Zeitraum zur Konsequenz haben, der in den Statuten des Vereins oder des Veranstalters als Sperrendauer für des einschlägigen Dopingverstoßes überführte Vereinsmitglieder oder Wettkampfteilnehmer festgelegt ist. Andernfalls würde der nicht vereinsangehörige Sportler für seine Dopinghandlung härter bestraft als der vereinsangehörige, obwohl ihm – anders als dem vereinsangehörigen Dopingverwender – nicht einmal ein Verstoß gegen zum Zeitpunkt der Tat für ihn geltendes Recht zur Last fällt. Während die Beeinträchtigungen der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Berufsfreiheit durch das Dopingverbot auf der Hand liegen, ist ein damit verbundener Eingriff in die Vereinigungsfreiheit der Athleten nicht auf den ersten Blick feststellbar. Zwar garantiert Art. 9 I GG in seiner Funktion als Individualgrundrecht dem einzelnen Grundrechtsträger mit der Beitrittsfreiheit ohne weiteres die freie Entscheidung darüber, ob er eine Vereinigung bilden oder eben auch sich einer Vereinigung anschließen möchte.75 Allerdings gewährt Art. 9 I GG diese Rechtsposition nicht im Verhältnis zu der Vereinigung, der sich der Grundrechtsträger gerne anschließen würde, wenn diese dem Beitrittswilligen die Aufnahme verweigert. Ein unmittelbarer Anspruch des Grundrechtsträgers aus Art. 9 gegen die Vereinigung scheitert nach zutreffender Ansicht bereits am Fehlen einer unmittelbaren Drittwirkung der Grundrechte. Werden die mit dem Beitritt verfolgten Interessen des Bewerbers i. S. d. Art. 9 I GG – eben beispielsweise im Rahmen der Inhaltskontrolle von Beitrittsregelungen der Vereinigung – mit den Interessen der Korporation an der Zurückweisung der Aufnahme (zu den gewünschten Bedingungen) abgewogen, verdrängen die Interessen der Vereinigung die Individualinteressen völlig, da die Durchsetzung dieser Individualinteressen den Verein selber wiederum in seiner Aufnahmefreiheit und damit im Kern seiner Selbstbestimmung treffen würde. Der Schutz der individuellen Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 I GG vermag sich somit nicht gegen den Schutz der kollektiven Vereins75 F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 109; R. Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 9, Rn. 23, 43, 78; K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland (20. Aufl. 1999), Rn. 409 ff., 412.

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autonomie durchzusetzen, da Art. 9 GG mehr noch als die Rechte des Einzelnen vor allem die Koalition selbst in ihrer spezifisch koalitionsmäßigen Betätigung schützt.76 Aus der Sicht des Beitrittsbewerbers betrachtet, schützt Art. 9 I GG auch im Zuge einer Interessenabwägung lediglich das Interesse des Einzelnen an einem Beitritt zu den Bedingungen, die in den Regelwerken der Vereinigung festgeschrieben sind. Aus diesem Grund kann der Einzelne aus Art. 9 GG nicht den Anspruch auf Aufnahme in eine Vereinigung herleiten, deren Grundsätze – hier die tätige Ablehnung des Dopinggebrauchs – er nicht anerkennt. Auch ein durch das Dopingverbot bewirkter Persönlichkeitsrechtseingriff ist nicht ohne weiteres erkennbar. Bei näherem Hinsehen offenbart sich eine Kollision des Dopingverbots mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht allerdings sowohl bei Anwendung der bislang von der h. M. praktizierten Fallgruppenmethodik als auch – abhängig von den konkreten Umständen des Dopingverstoßes – nach der Lehre vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht als Selbstbestimmungsrecht in eigenen Angelegenheiten: Zu den von der h. M. anerkannten Fallgruppen gehört nicht zuletzt der Schutz der engeren persönlichen Lebenssphäre und ihrer Grundbedingungen.77 Insoweit verlangt das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach der Erhaltung der Chance des Einzelnen, eine eigenverantwortlich gestaltete Rolle in der Gesellschaft einnehmen zu können.78 Wo die Grundbedingungen freier persönlicher Entfaltung bedroht werden, greift dieser weiterführende, über das Postulat der allgemeinen Handlungsfreiheit wie auch über den Grundsatz der Abschirmung der engeren Persönlichkeitssphäre hinausweisende Aspekt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein. Zur freien persönlichen Entfaltung gehört, wie bereits im Zuge der Diskussion um das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Verbände aufgezeigt,79 das Recht auf Selbstdarstellung der eigenen Person und des eigenen Charakterbildes gegenüber Dritten. Das Potential zur Erzielung überdurchschnittlicher sportlicher Leistungen ist je nach dem, in welchem Lebensumfeld der Einzelne sich bewegt, ein mehr oder weniger effektives Mittel, sich die Achtung Dritter zu verschaffen. Ein Instrument zur Vergrößerung des sportlichen Potentials mit je nach Sportart – man denke an den Bodybuilding-Bereich – ganz erheblichen Wirkungen ist die Verwendung von Dopingmitteln. Mit Blick auf diese Zusammenhänge lässt sich dem Dopinggebrauch ein hohes Potential an „persönlichkeitsbildender“ Wirkung nicht absprechen.80 Betrachtet man andererseits die Be76

BGH NJW 1973, 35, 36. BVerfGE 79, 256, 268; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 32 f.; C. Degenhart, JuS 1992, 361, 366. 78 P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 36. 79 Vgl. oben D.I.1.a). 80 Auch W. Grunsky, SpuRt 2007, 188, 189, verweist auf den Schutz des Dopinggebrauchs durch das Recht auf freie Gestaltung der Lebensführung gemäß Art. 1 I und 2 I GG. 77

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

einträchtigung der Möglichkeiten zur Selbstprofilierung näher, die das Dopingverbot der Verbände und Veranstalter bewirkt, stellt sich der Eingriff als eher von geringem Gewicht dar. Zuallererst ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Profilierung über die Demonstration sportlicher Leistungsfähigkeit in vielen Fällen durch das verbandsrechtliche Dopingverbot nicht unmöglich gemacht wird, da die dopingunterstützte sportliche Betätigung außerhalb der Verbände weiter möglich bleibt. Lediglich in denjenigen Fällen, in denen der Profilierungswillige auf die Verbände angewiesen ist, etwa weil er auf die von ihnen bereitgestellten Trainingsmöglichkeiten nicht verzichten kann oder die von den Verbänden ausgerichteten Sportveranstaltungen eine für ihn unverzichtbare Plattform zur Demonstration der Leistungsfähigkeit nach außen darstellen, stellt das Dopingverbot eine unüberwindliche Hürde für die Selbstprofilierung unter Zuhilfenahme von Doping dar. Da in diesen Fällen allerdings im Regelfall alle Profilierungswilligen denselben Behinderungen ausgesetzt sind, verändern sich durch die Einschränkung der Mittel die Profilierungsmöglichkeiten des Einzelnen nicht zu seinem Nachteil. Profilierung durch Sportwettkämpfe ist relativ: Entscheidend für den Wettkampferfolg ist nicht die absolute Leistungshöhe, sondern der Vergleich der eigenen Leistung mit derjenigen der Konkurrenten. Das Dopingverbot ändert dementsprechend nichts an den Profilierungschancen, wenn man davon ausgeht, dass die Dopingfreigabe lediglich zu einer Erhöhung des gesamten Leistungsniveaus, nicht aber zu nennenswerten Veränderungen in den Leistungsunterschieden zwischen den einzelnen Sportlern führen würde. Der durch das Dopingverbot bewirkte Eingriff in das Recht auf Selbstdarstellung der eigenen Person und des eigenen Charakterbildes stellt hiernach im Regelfall keine schwerwiegende Beeinträchtigung dar. Lediglich in ganz besonderen Ausnahmefällen könnte das Dopingverbot im Ergebnis zu schwerwiegenden Nachteilen für die Selbstprofilierung führen. Mit Blick auf Sportarten, die auf teure Anlagen angewiesen sind, wäre etwa eine Situation denkbar, in welcher der wenig vermögende Sportler auf die Verbandseinrichtungen angewiesen wäre und deshalb dem Dopingverbot nicht ausweichen könnte, während der schwerreiche Konkurrent private Trainingseinrichtungen schaffen und hiernach ohne Einschränkungen seines Dopinggebrauchs sein Leistungsniveau verbessern könnte. In Sportarten, in denen die Protagonisten zur Darstellung ihrer Leistungsfähigkeit nach außen auf die Veranstaltungen der Verbände angewiesen sind, würde sich ein erheblicher Profilierungsnachteil für diejenigen Sportler ergeben, die überdurchschnittlich vom Dopinggebrauch profitieren würden, etwa weil bei ihnen die einschlägigen Dopingmittel erheblich besser anschlügen als bei den Konkurrenten. Der in diesen Konstellationen gegebene Profilierungsnachteil hat allerdings seine wesentliche Ursache nicht im Dopingverbot, sondern in ganz anderen Umständen, nämlich im ersten Fall in der Vermögenssituation der Beteiligten und im zweiten Fall der körperlichen Konstitution der betroffenen Athleten. Die Nachteile werden in diesen Fällen durch das Dopingverbot nur zu Tage gefördert,

I. Das Dopingverbot

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nicht aber von ihm verursacht. Derartige Nachteile sind als lebens- bzw. sportimanent von den Betroffenen hinzunehmen. Es ist nun einmal unumstößliche Realität, dass derjenige, der über die größeren wirtschaftlichen Mittel verfügt, weitreichendere Möglichkeiten zur Verfolgung seiner Ziele hat. Ebenso ist es nun einmal für den Sport typisch, dass die Vorgaben für seine Ausübung den Sportlern je nach ihrer Konstitution besser oder schlechter zupass kommen. Darüber hinaus gewährt das Recht auf freie persönliche Entfaltung unter anderem ein Recht auf Selbstbestimmung im wirtschaftlichen Bereich.81 Zur Selbstbestimmung in wirtschaftlicher Hinsicht sind sämtliche Angelegenheiten zu zählen, die mit der wirtschaftlichen Situation des Individuums in Verbindung stehen. Hierzu gehört insbesondere die Entscheidung des Einzelnen über den Umgang mit dem ihm zur Verfügung stehenden wirtschaftlich einsetzbaren Kapital. Zu diesem Kapital zählen nicht nur Vermögenswerte wie Produktionsanlagen oder Finanzmittel, sondern vielmehr jedwede Faktoren, die im Wirtschaftsverkehr zur Mehrung des Vermögens oder auch zu anderen Zwecken eingesetzt werden können. Das wichtigste Kapital in diesem Sinne ist für die meisten Menschen die eigene Arbeitskraft. Die Möglichkeit zur freien Entscheidung über die Art und Weise der Verwertung der eigenen Arbeitskraft stellt daher im Regelfall den bedeutsamsten Bereich der wirtschaftlichen Selbstbestimmung dar. Gegenstand dieser Entscheidung ist nicht nur die Frage, wem die Arbeitskraft zur Verfügung gestellt wird, d.h. ob z. B. eine selbständige oder eine abhängige Tätigkeit aufgenommen wird und – ggf. – für wen und für welche Vergütung die abhängige Tätigkeit geschehen soll, sondern auch die Planung von Strategien, die ein möglichst schnelles Fortkommen auf diesem Gebiet der wirtschaftlichen Betätigung fördern sollen. Eine mögliche Strategie in diesem Sinne ist für den Profisportler die Verwendung von leistungsfördernden Mitteln zur Verbesserung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit. Die Entscheidung über die Anwendung von Dopingpraktiken bewegt sich somit in demjenigen Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der nach der Fallgruppenmethodik der h. M. als Recht auf Selbstbestimmung im wirtschaftlichen Bereich anerkannt ist. Folgt man der „reformatorischen“ Persönlichkeitsrechtstheorie, die ohnehin im Selbstbestimmungsrecht über die eigenen Angelegenheiten den eigentlichen Kern des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erblickt, ist allerdings noch zu prüfen, ob die Entscheidung über die Anwendung von Dopingpraktiken einer der Schutzbe-

81 BVerfGE 72, 155, 170 f. = NJW 1986, 1859 ff.; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig (4. Aufl. 1992), Art. 2 Rn. 36; C. Degenhart, JuS 1992, 361, 364; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 50; ders., NJW 1989, 857, 859; C. Starck, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, Art. 2 Rn. 145 ff.; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 189; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 273, unter Verweis auf BGHZ 98, 94; dagegen Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.6.a).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

reichseinschränkungen zum Opfer fällt, durch welche die uferlose Ausweitung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verhindert werden soll.82 Dies wäre erstens dann der Fall, wenn keine hinreichend enge Verbindung zwischen dem in Rede stehenden Verhalten und der Person des Athleten attestiert werden könnte. Die enge Verbindung der Angelegenheit „Dopinggebrauch“ mit der Person der Profisportler ist jedoch gegeben. Die Art und Weise, wie ein Mensch sich im beruflichen Bereich verhält, und die Mittel, die er zur Erlangung beruflicher Erfolge einsetzt, sind seine ureigene Angelegenheit. Seine diesbezüglichen Strategien können zwar auf Tipps von Dritten beruhen, sind aber regelmäßig nur durch ihn selber in die Tat umsetzbar und stellen deshalb immer höchstpersönliches Verhalten dar. Ebenso treffen die Konsequenzen der Anwendung bestimmter Strategien in Form von beruflichem Erfolg oder Misserfolg oder auch in Form von Respekt oder Verachtung für allgemein anerkannte oder missbilligte Verhaltensweisen den Einzelnen und eventuell noch eng mit ihm verbundene Personen. In Zeiten, in denen die Wertschätzung der Person bei vielen Zeitgenossen maßgeblich von deren wirtschaftlichem Erfolg und im weiteren auch von der Darstellung als verdienstvolles Mitglied der Gesellschaft abhängt, ist die Entscheidung über die Anwendung bestimmter Mittel zur Erzielung beruflichen Erfolges nicht nur in der Wahrnehmung Dritter, sondern auch für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit von überragendem Interesse. Schon die Abhängigkeit des Lebensstandards und des sozialen Ansehens von der Berufstätigkeit und erst recht die Auswirkungen der Berufstätigkeit auf das Gesamtbefinden des Menschen bewirken die erhöhte Intensität der Verbindung des Einzelnen zu seiner Berufssphäre, die diese als seine „eigene Angelegenheit“ erscheinen lässt. Schließlich hat die Entscheidung über die Mittel und Strategien, mit denen der berufliche Erfolg erreicht werden soll, auch immense Bedeutung für die Lebensführung des Einzelnen, da sie je nach dem konkreten Inhalt dieser Mittel und Strategien ganz konkrete Auswirkungen auf den Tagesablauf haben kann, etwa in Form von regelmäßigen Terminen zur Medikamenteneinnahme, in Form regelmäßiger Trainingszeiten oder in anderer Hinsicht. Bedenken aufgrund eventueller Verstöße gegen rechtliche Vorgaben treten im Zusammenhang mit der Selbstbestimmung über berufliche Strategien nur dann auf, wenn die ausgewählte Strategie als solche gegen Normen des geltenden Rechts verstößt. Irgendwelche Bestimmungen, mit denen die Gewährung des Selbstbestimmungsrechts bezüglich der Anwendung beruflicher Erfolgsstrategien als solche kollidieren würde, sind nicht erkennbar. Das Selbstbestimmungsrecht bezüglich beruflicher Strategien wird nach dem eben Gesagten von der „Selbstbestimmungstheorie“ allerdings insoweit begrenzt, als nur legitime Verhaltensweisen zum Gegenstand der Strategie gemacht werden dürfen. Die Anwendung 82 Zu den Einschränkungen des Schutzbereichsumfangs nach der Auffassung vom Selbstbestimmungsrecht in eigenen Angelegenheiten vgl. oben B.

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von Dopingpraktiken wird durch das geltende Recht nicht untersagt. Wenn und soweit jedoch die Wettkampfteilnahme eines gedopten Athleten als strafbarer Betrug zu werten ist, stellt die Dopinganwendung im Falle des Wettkampfdopings eine verbotene Handlung, im Falle des „Out-of-competition-dopings“ eine Vorbereitungshandlung zum Betrug dar. Zwar ist auch diese Wertung im Falle des Trainingsdopings nur dann gerechtfertigt, wenn der Athlet nachfolgend an einem Wettkampf teilnimmt, bevor die auf die angewandte Dopingpraktik ausgesetzte Wettkampfsperre seit der letzten Dopinghandlung verstrichen wäre; denn nach Verstreichen der Sperrfrist seit der letzten Dopinghandlung wäre auch ein des Dopings überführter Athlet wieder startberechtigt, ohne nach dem Reglement noch als gedopt zu gelten. Eine Dopingstrategie, wie sie üblicherweise betrieben werden dürfte, nämlich die Anwendung von Dopingpraktiken bis kurz vor dem Wettkampf, wäre aber somit auch nach der Selbstbestimmungstheorie schon nicht vom Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfasst. Im Übrigen werden in diesem Zusammenhang noch zu schließende Lücken der „Selbstbestimmungstheorie“ offenbar: Aufgrund seines betrugsähnlichen Charakters, der dem Doping auch dann anhaftet, wenn der Gedopte nicht frisch gedopt zum Wettkampf antritt, erscheint die Anwendung von Dopingpraktiken auch dann zumindest als Sittenverstoß, wenn ein Sportler die Wettkampfteilnahme erst erheblich später nach Ablauf einer gedachten Dopingsperre plant, gleichzeitig jedoch davon ausgeht, von der angewandten Praktik auch nach Verstreichen des dopingfreien Zeitraums noch zu profitieren. Es stellt sich daher die Frage, ob zu den nach der Selbstbestimmungstheorie entgegenstehenden rechtlichen Vorgaben auch die Verbote der §§ 138, 242 BGB zu zählen sind. Das Dopingverbot stellte nach der „Selbstbestimmungstheorie“ des Weiteren dann keinen Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, wenn es als sozialadäquate Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts in eigenen Angelegenheiten anzusehen wäre. Die Wertung des Dopingverbots als sozialadäquate Einschränkung des Rechts auf wirtschaftliche Selbstbestimmung scheitert jedoch bereits an dem Umstand, dass der gesamte Lebensbereich, in dem sich die Dopingproblematik abspielt, kein Bereich des täglichen Lebens ist, dessen Spielregeln als verkehrsüblich angesehen werden können. Die Erforderlichkeit des Rechts zur freien Entscheidung über die Anwendung beruflicher Erfolgsstrategien ist aufgrund des oben bereits dargelegten engen Bezugs dieser Entscheidung zur gesamten Persönlichkeit des Betroffenen gegeben, wie auch keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass etwa die Einräumung eines derartigen Selbstbestimmungsrechts für die Zeitgenossen des Rechtsinhabers unzumutbar wäre. Die Anhänger der herkömmlichen Fallgruppenmethode könnten eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zwar nicht unter Verweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens verneinen, für das der Persönlichkeitsschutz beansprucht wird. Jedoch verbietet sich die Heranziehung des allgemeinen Per-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

sönlichkeitsrechts als Abwägungsbelang zugunsten der dopenden Sportler gegen das Dopingverbot auch nach der h. L. aufgrund der an dieser Stelle zu beachtenden Konkurrenzregelungen: Das Recht auf Selbstbestimmung im wirtschaftlichen Bereich ist durch das Dopingverbot in der Weise beeinträchtigt, dass die Athleten ihre berufliche Erfolgsstrategie nicht mehr uneingeschränkt frei gestalten dürfen. Diese mit dem Dopingverbot gegebene Einschränkung stellt eine Berufsausübungsregelung dar. Sie geht auch im Hinblick auf die damit verbundene Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht über den Umfang einer Berufsausübungsregelung hinaus. Beschränkt sich die persönlichkeitsrechtliche Wirkung einer Berufsausübungsregelung jedoch auf die mit solchen Regelungen üblicherweise einhergehenden Persönlichkeitsrechtseinschränkungen, ohne über den typischen Gehalt hinausgehende Persönlichkeitseingriffe mit sich zu bringen, ist Art. 12 I GG in seiner Ausprägung „Schutz der Berufsausübungsfreiheit“ – jedenfalls auf Tatbestands-/Schutzbereichsseite – als lex specialis gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht anzusehen. Der persönlichkeitsrechtliche Eingriffsgehalt der Maßnahme wird in diesen Fällen durch ihre Überprüfung am Maßstab des Art. 12 GG anhand der für Berufsausübungsregelungen geltenden Grundsätze vollumfänglich gewürdigt, so dass die damit verbundene Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht nochmals gesondert als Belang zugunsten des Betroffenen ins Feld geführt werden kann. Bei der Abwägung der für und gegen das Dopingverbot sprechenden Interessen spielt das vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasste Recht auf wirtschaftliche Selbstbestimmung somit keine eigenständige Rolle als Abwägungsbelang zugunsten der Sportler, da sich die persönlichkeitsrechtlichen Wirkungen des Dopingverbots in seiner Funktion als Berufsausübungsregelung erschöpfen. Bezüglich der Amateursportler wird ein Eingriff in die wirtschaftliche Selbstbestimmung durch das Dopingverbot nur in Ausnahmefällen gegeben sein. Nur dann, wenn der Amateur seine Sportausübung wirtschaftlich ausnutzt, ohne hierdurch zum Profi zu werden, käme ein Schutz durch das Recht auf wirtschaftliche Selbstbestimmung in Betracht, der nicht im Schutz durch Art. 12 I GG aufgehen würde. Nur in einer derartigen Ausnahmekonstellation stünde das Recht auf wirtschaftliche Selbstbestimmung neben der allgemeinen Handlungsfreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auf Darstellung der eigenen Person durch die Demonstrierung sportlicher Leistungsfähigkeit in der Reihe der Rechtsgüter, die in der Interessenabwägung gegen das Dopingverbot angeführt werden können. Schließlich kommt die Berufung des Sportlers auf Art. 3 GG in Betracht,83 wenn Berufskollegen in den Verein aufgenommen oder zum Wettkampf zugelas-

83 F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 109, unter Verweis auf W. Köhler, Grenzen der Vertragsfreiheit der Berufs- und Wirtschafts-Verbände, BB 1952, 149, 151; D. Fuchs, Satzungsautonomie und Aufnahmezwang nach dem GWB, NJW 1965, 1509, 1513, u. L. Vollmer, Satzungsmäßige Schiedsklauseln (1970), 127.

I. Das Dopingverbot

249

sen wurden, die die Anerkennung der hinderlichen Anti-Doping-Bestimmungen in gleicher Weise verweigert haben. Dieser Ansatz, der eine Zuwiderhandlung des Vereins gegen die eigenen Regeln voraussetzt, soll allerdings im Rahmen dieser Untersuchung als rein theoretische Fallgestaltung vernachlässigt werden. 3. Die Abwägung der gegenläufigen Interessen Im Wege der Abwägung der Verbandsinteressen an der Durchsetzung des Dopingverbots und der Athleteninteressen gegen das Dopingverbot ist nunmehr darüber zu befinden, ob nicht bereits das Dopingverbot als solches wegen der Unbilligkeit und Unangemessenheit der einschlägigen verbandsrechtlichen Bestimmungen und infolge der fehlenden Freiwilligkeit der Individualzustimmung der Sportler unwirksam ist, so dass irgendwelche Persönlichkeitsrechtseingriffe, die mit Dopingkontrollmaßnahmen verbunden sind, schon aus diesem Grund kein überwiegendes Interesse für sich in Anspruch nehmen könnten. Unverzichtbare Voraussetzung für die Feststellung eines überwiegenden Interesses der Sportvereinigungen an der Durchsetzung ihrer Dopingverbotsregelungen ist die strikte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebots bei deren Ausgestaltung.84 Dies bedeutet, daß sich die vereinsrechtlichen Dopingverbote unter Berufung auf die vorstehend dargelegten Interessen der Verbände gegenüber den auf Athletenseite entgegenstehenden Rechtspositionen nur dann durchsetzen können, wenn sie zur Umsetzung des Verbandszwecks „Dopingfreiheit“ geeignet und erforderlich sind. Bestehen im Grundsatz hinsichtlich der Eignung und Erforderlichkeit der Dopingverbote zur Herstellung eines dopingfreien Sports keine Zweifel, ist allerdings in der konkreten Ausgestaltung der Verbotsregelungen darauf zu achten, dass diese hinreichend bestimmt, d.h. so detailliert formuliert werden, dass die Normadressaten die daraus erwachsenden Unterlassungspflichten klar erkennen können. Für die Dopingverbotsregelung als solche bedeutet dies, dass die verbotenen Substanzen wie auch die verbotenen Methoden unmissverständlich aufgelistet sein müssen.85 Die Interessenabwägung zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne eröffnet mit der Feststellung, dass sämtliche der vorstehend zugunsten der Korporationen bzw. zugunsten der Athleten ermittelten Rechtspositionen grundrechtlich verankert sind, so dass an ihrer Berücksichtigungsfähigkeit als schützenswerte und den Beteiligten auch zugeordnete Interessen86 kein Zweifel besteht.

84

Vgl. oben B.II.2.b)bb); so auch J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 204. K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 41; ders., Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 112 f. 86 Vgl. oben C.III.2.b)bb)(1). 85

250

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Die darüber hinaus dargelegten Interessen des Staates und der Gesellschaft – Repräsentationswirkung des Sports, Transferwirkungen des Sports auf die Gesellschaft, Vermeidung der Haftung der Solidargemeinschaft für versicherungsfremde Risiken – sind aus abwägungstechnischer Sicht als Interessen Dritter anzusehen, die lediglich im Falle der Interessenidentität bei der Abwägung berücksichtigt werden können, d.h. nur unter der Voraussetzung, dass durch den Sachverhalt selbst eine enge Interessenverknüpfung geschaffen ist.87 Von einer derartigen Interessenidentität kann ohne weiteres dann ausgegangen werden, wenn der Abwägungsbeteiligte für denjenigen Dritten handelt, dessen Person das in Rede stehende Interesse zuzuordnen ist, wie dies beispielsweise bei Treuhänder- oder Strohmanngeschäften hinsichtlich der Interessen des Hintermannes der Fall ist; des Weiteren kommt die Annahme einer Interessenidentität in Betracht, wenn es um Rechtspositionen eines Angehörigen einer Gemeinschaft geht, deren Beeinträchtigung sich nicht nur auf den Angehörigen selber, sondern auf die gesamte Gemeinschaft auswirken würde, wie dies etwa für Rechtspositionen eines Ehegatten der Fall sein kann, deren Einschränkung nicht nur den berechtigten Ehegatten, sondern aufgrund ihrer Bedeutung für die eheliche Lebensgemeinschaft in ihrer Gesamtheit die eheliche Lebensgemeinschaft als solche und damit auch den anderen Ehegatten treffen würde.88 Sämtliche oben genannten staatlichen Interessen an einem dopingfreien Sport lassen sich insofern auch als Interessen der Korporationen selber formulieren, als diese in ihrem Fortbestand nicht zuletzt auch von der staatlichen Sportförderung abhängig sind, diese Förderung jedoch naturgemäß umso bereitwilliger erfolgt, je höher auf staatlicher Seite der Nutzen des Sports für Staat und Gesellschaft eingeschätzt wird. Allerdings macht diese mittelbare Interessenverknüpfung die Staatsinteressen an einem dopingfreien Sport noch nicht zu quasi-eigenen Interessen der Vereine und Verbände, die im Zuge der Interessenabwägung wie eigene Interessen von den Korporationen ins Feld geführt werden können. Die staatlichen Interessen bleiben trotz der aufgezeigten Zusammenhänge nachrangige Erwägungen, die sich zwar möglicherweise im Motivbündel der Korporationen für die Installation des Dopingverbots wiederfinden, jedoch nicht wie eigene Interessen in der Abwägung geltend gemacht werden können. Diese Wertung wird indiziell durch die Beobachtung bestätigt, dass die aufgeführten Staatsinteressen auch nicht in die Satzungen oder andere Regelwerke der Vereine und Verbände übernommen worden sind. Es bleibt daher dabei, dass die aus staatlicher Sicht mit dem Dopingverbot verbundenen Positivwirkungen im Rahmen der Interessenabwägung für und gegen das Dopingverbot nicht eigenständig als Interessen zugunsten der Korporationen gewertet werden können, sondern lediglich zu einer Gewichtssteigerung derjenigen

87 88

Vgl. oben C.III.2.b)bb)(1). H. Hubmann, AcP 155 (1956), 85, 106 f.

I. Das Dopingverbot

251

Rechtspositionen führen, die als unmittelbar eigene Positionen der Vereine und Verbände zu berücksichtigen sind.89 Dass der mit dem Dopingverbot verbundene Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Sportler allein kein überwiegendes Interesse der Athleten begründet, welches die Wahrnehmung ihrer Vereinsautonomie durch die Vereine und Verbände unzulässig machen könnte, bedarf keiner näheren Erläuterung: Schon aufgrund ihres vergleichsweise deutlich höheren Gewichts im Katalog der Grundrechte, das nicht zuletzt an der Schrankenregelung des Art. 9 II GG erkennbar ist, die lediglich den Strafgesetzen, der verfassungsmäßigen Ordnung oder der Völkerverständigung zuwiderlaufende Vereinigungen verbietet, setzt sich die Vereinigungsfreiheit im Kollisionsfall gegen die unter einem allgemeinen Gesetzesvorbehalt stehende allgemeine Handlungsfreiheit durch. Zieht man die Beeinträchtigung der Berufsfreiheit der Athleten durch das Dopingverbot mit ins Kalkül, sind für die Abwägung weiterhin folgende Überlegungen von Interesse: Da das Dopingverbot nicht darauf abzielt, den Zugang zur Profession des Berufssportlers einzuschränken, entfaltet es im Normalfall lediglich die Wirkungen einer Berufsausübungsregelung. In besonderen Konstellationen wirkt es allerdings wie eine Zulassungsschranke. Dies ist erstens dann der Fall, wenn ein Sportler nach der Anwendung von Dopingpraktiken außerhalb des Geltungsbereiches des Dopingverbots, aber vor Ablauf der gedachten Sperre ins Profilager wechseln und Mitglied in einem einschlägigen Verein werden oder an einem nach den Verbandsregeln ausgerichteten Wettkampf teilnehmen will. Zweitens verhindert das Dopingverbot dann bereits den Zugang zum Beruf des Profisportlers, wenn die gewählte Disziplin so flächendeckend vom Doping geprägt ist, dass es dem ungedopten Sportler nicht möglich ist, das für die Profikarriere erforderliche Leistungsniveau zu erreichen, eine Situation, wie sie angesichts der Dopingenthüllungen im Radsportbereich möglich erscheint. Die Verknüpfung des Dopingverbots mit der Aufnahme in den Verein oder der Zulassung zum Wettkampf wirkt als subjektive Zulassungsschranke, da es in der Hand des Athleten liegt, die Zulassungsvoraussetzung durch den Nichtgebrauch von Dopingmitteln zu erfüllen. In jenem größten anzunehmenden Beeinträchtigungsfall, in dem es ohne die Verwendung von Dopingpraktiken nicht im Rahmen des Menschenmöglichen liegt, die Voraussetzungen für den Zugang zum Profibetrieb zu erfüllen, läuft die Wirkung des Dopingverbots de facto tatsächlich auf den Effekt einer objektiven Zulassungsschranke hinaus. Vom BVerfG sind für das Verhältnis zwischen Staat und Bürger im ApothekerUrteil mit der Stufentheorie folgende Maßgaben für die Rechtfertigung von Eingriffen in die Berufsfreiheit entwickelt worden, die auf das Verhältnis zwischen den Vereinen und den Sportlern übertragen werden können: Objektive Zulas89

Vgl. oben D.I.1.b).

252

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

sungsschranken dürfen nur zum Schutze überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter vor nachweisbaren oder höchstwahrscheinlichen schweren Gefahren errichtet werden.90 Subjektive Zulassungsschranken sind zum Schutze wichtiger Gemeinschaftsgüter vor möglichen Nachteilen und Gefahren zulässig, wenn sie zu dem angestrebten Zweck der ordnungsgemäßen Erfüllung der Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis stehen, insbesondere wenn die Ausübung des Berufs ohne Erfüllung der Voraussetzung(en) unmöglich oder unsachgemäß wäre oder Gefahren oder Schäden für die Allgemeinheit mit sich brächte.91 Bloße Berufsausübungsregelungen sind bereits dann hinzunehmen, wenn vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie zweckmäßig erscheinen lassen.92 Mit dem Postulat, Berufszulassungsregeln müssten dem Schutze überragend wichtiger oder zumindest wichtiger Gemeinschaftsgüter dienen, bringt das BVerfG zum Ausdruck, dass eine Zulassungsschranke nur zum Schutz eines für die regelnde Gemeinschaft besonders wichtigen Interesses eingerichtet werden darf. Übertragen auf den Bereich des privatrechtlichen Vereinsrechts und hier die Auswirkungen des Dopingverbots bedeutet dies, dass die Einschränkung der Berufsfreiheit durch den Erlass des Dopingverbots nicht schon zur Durchsetzung jedes gewöhnlichen schutzwürdigen Interesses, sondern nur zur Verfolgung außergewöhnlich wichtiger Anliegen der Vereine und Verbände geschehen darf. Seine Schutzwürdigkeit bezieht das Dopingverbot bereits aus dem Umstand, dass es von den Verbänden in Ausübung der von Art. 9 GG gewährten Vereinsautonomie zu einem ihrer Ziele erhoben wurde. Als Vereinsziel von besonderer Bedeutung ist zum einen in jedem Fall der sachliche Vereinszweck anzusehen, der im Falle der Sportverbände als „Förderung von Turnen und Sport“ oder ähnlich definiert ist. Von fast ebenbürtiger Bedeutung können Begleitziele und -zwecke sein, die die Rahmenbedingungen festlegen, unter denen der sachliche Vereinszweck verfolgt werden soll. Dies gilt insbesondere dann, wenn den Rahmenfestlegungen ethische und moralische Prinzipien zugrunde liegen, die für die Vereinsmitglieder von erhöhter Wichtigkeit sind oder deren Be- oder Missachtung darüber entscheiden kann, ob die Korporation in der Allgemeinheit anerkannt und respektiert wird. Die Behandlung der Dopingfrage, die in der Zulassung bzw. im Verbot der Anwendung von Dopingpraktiken mündet, stellt die Weichen dafür, ob in der Welt des Sports ein Mindestmaß an ethischem und moralischem Niveau gewahrt bleibt oder der Sport zu einer Veranstaltung verkommt, in der die Trickreichsten und gegen sich selbst und ihre Wettkampfgegner Rücksichtslosesten den Sieg davontragen. Von der Gewährleistung der Chancengleichheit, der das Dopingverbot dient, hängen das Spannungsmoment und damit das Zuschauerinteresse und schließlich die Geldflüsse und sonstigen Vor90 91 92

BVerfGE 7, 377, 405, 408. BVerfGE 7, 377, 405, 407. BVerfGE 7, 377, 405.

I. Das Dopingverbot

253

teile aus der Sportausübung ab, so dass es letztlich beim Dopingverbot um die Rolle geht, die der Sport in der Gesellschaft spielt.93 Vor diesem Hintergrund stellen die Alternativen „dopingfreier Sport“ und „gedopter Sport“ nicht lediglich zwei nur unerheblich voneinander abweichende Varianten derselben Sache dar, sondern zwei grundsätzlich verschiedene Dinge. Dem Dopingverbot kommt aus diesem Grund der Rang eines identitätsstiftenden Begleitzieles der Sportverbände zu, das in seiner Wichtigkeit dicht an die Definition des Verbandszwecks heranreicht. Hiernach genießt es als Kriterium im Rahmen der Interessenabwägung das besondere Gewicht einer selbstgewählten Zwecksetzung des Vereins.94 Die Interessenabwägung kann nicht dazu führen, dass Satzungsbestimmungen „ausgeschaltet“ werden, deren Wegfall zu einer Änderung des Vereinszwecks führen würde.95 Wie oben näher ausgeführt, spielt auch bereits im Rahmen der Interessenabwägung um das Dopingverbot das allgemeine Persönlichkeitsrecht eine Rolle, hier allerdings nicht als gegen das Dopingverbot sprechendes Interesse der Sportler, sondern als Abwägungsbelang zugunsten der Korporationen. Das Interesse der Sportvereinigungen, den Vereinszweck „Dopingfreiheit des Sports“ als solchen umzusetzen und sich auch nach außen hin entsprechend darzustellen, stellt in der Abwägung ein weiteres äußerst schwergewichtiges Argument für das Dopingverbot dar, da es die charakterliche Selbstdarstellung der Verbände gegenüber Dritten, vor allem aber die Selbstdefinition der Persönlichkeit der Verbände in ethisch-moralischer Hinsicht und damit ein Anliegen von existentieller Bedeutung für die Sportvereinigungen betrifft. Sowohl mit Blick auf die Bedeutung des Dopingverbots als Vereinszweck als auch mit Blick auf das persönlichkeitsrechtliche Interesse der Verbände an der Selbstdarstellung als den tradierten ethischen Werten des Sports verpflichtete Vereinigungen wirft die Entwicklung im Profiradsport die Frage auf, ob zur Rechtfertigung des Dopingverbots auf diese Belange auch dann noch verwiesen werden kann, wenn sich in einer Sportart Doping als weit verbreiteter Usus etabliert hat. In diesem Fall sieht sich der Sportler bei Vertragsschluss in der Situation, dass er eine für ihn hinderliche Verpflichtung einzugehen hat, die in seinem sportlichen Umfeld durchweg missachtet wird. Mit der Begründung, es handle sich um eine allgemeingültige Regel für das Verhalten innerhalb des Forums, zu dem der Athlet zugelassen werden möchte, wird ihm ein Verbot auferlegt, das tatsächlich im gewöhnlichen Forumsbetrieb weitläufig keine Beachtung findet. Wird dem Sportler auf diese Weise die Einhaltung bestimmter Verhaltenspflichten abverlangt, ohne dass ihm von den Verbänden ein nach den vorgegebenen Verhaltensregeln funktionierendes Forum zur Verfügung gestellt wird, kann dies 93 94 95

So zutreffend W. Grunsky, SpuRt 2007, 188, 190. F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 111. BGH NJW 1969, 316, 317; F. Nicklisch, JZ 1976, 105, 111.

254

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

einen Verstoß der Verbände gegen Treu und Glauben bedeuten, der die Berufung auf die Dopingfreiheit als Verbandszweck und auf das Interesse an der Selbstdarstellung als Wertegemeinschaft als unzulässig erscheinen lässt. Die Treuwidrigkeit kann zwar noch nicht allein damit begründet werden, dass eine Verhaltensregel von den Adressaten nicht oder nur teilweise beachtet wird. Denn dies würde bedeuten, dass ein Verband entgegen Art. 9 I GG seine Zwecke nicht mehr frei definieren könnte, sondern auf die Auswahl solcher Ziele beschränkt wäre, die er nachfolgend auch gegenüber seinen Mitgliedern durchsetzen könnte. Verhält sich der Verband jedoch im weiteren auf eine Weise, die den Schluss zulässt, dass er seine Ziele nicht ernsthaft weiterverfolgt, kann er sich im Falle einer allgemein üblichen abweichenden Praxis zur Begründung von Maßnahmen gegenüber einzelnen Mitgliedern nicht mehr auf diese Ziele berufen. Ist hiernach eine Sportart flächendeckend dopingverseucht, können sich die Verbände zur Begründung des Dopingverbots nur noch dann auf die Dopingfreiheit als Vereinszweck berufen, wenn sie zur Durchsetzung des Dopingverbots die erforderlichen und ihnen zumutbaren Maßnahmen ergreifen. Ist die Berufung auf Art. 9 I GG und auf das Recht zur Selbstbestimmung über das Bild in der Öffentlichkeit nicht nach den vorstehenden Überlegungen treuwidrig, erscheint wegen des Gewichtes, das das Interesse am Dopingverbot somit insbesondere aufgrund seiner identitätsstiftenden Wirkung für die Sportvereine und -verbände hat, auch die Einrichtung subjektiver Zulassungsvoraussetzungen gerechtfertigt, durch die die Athleten zur Dopingabstinenz motiviert werden.96 4. Zulässiger Umfang des Dopingverbots Besteht nach dem vorstehend Gesagten im Grundsatz ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen am Dopingverbot, bleibt die Frage zu klären, welchen Umfang das Dopingverbot aufweisen darf, das ein Verein durch den Erlass eigener oder durch die Übernahme entsprechender verbandsrechtlicher Bestimmungen wirksam gegenüber seinen Mitgliedern aussprechen kann. Von besonderem Interesse ist die Beantwortung dieser Frage mit Blick auf den Missbrauch von Drogen, der mit dem sportlichen Wirkungsbereich überhaupt nicht im Zusammenhang steht, sondern wie bei beliebigen dritten Drogenkonsumenten aus einem Suchtverhalten oder aus dem gesellschaftlichen Umgang heraus motiviert ist.97 Dürfen die Sportvereinigungen insoweit den Konsum jedweder Rauschmittel untersagen, oder sind sie in der Auswahl der verbotenen Wirkstoffe und auch in der Definition sonstiger verbotener Methoden mit Blick auf Sinn und Zweck 96 J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 204, spricht an dieser Stelle von einem „schützenswerten Interesse“ der Sportverbände. 97 Vgl. hierzu und zur Verpflichtung der Verbände zur Festlegung von Grenzwerten J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 28 ff. Zur Problematik von Grenzwerten vgl. C. Paul, Grenzwerte im Doping (2004).

I. Das Dopingverbot

255

des Verbots eingeschränkt? Der NADA-Code behandelt den Nachweis bestimmter Rauschmittel bei Wettkampfkontrollen als Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen, wie sich aus dem Verweis in Art. 2.1 auf die Begriffsbestimmung des verbotenen Wirkstoffs in Anhang 1 und dem dortigen Verweis auf die Prohibited List der WADA ergibt, die geläufige Rauschmittel wie Kokain, Cannabinoide und Morphine im Abschnitt „Substances And Methods Prohibited In-Competition“ aufführt. Prominentes Opfer des Verbots der Einnahme von Kokain im Reglement des Internationalen Tennisverbandes ITF war etwa die langjährige Weltranglistenerste und fünffache Grand-Slam-Turnier-Siegerin Martina Hingis, die nach einem positiven Befund ihrer Wimbledon-Urinproben Anfang November 2007 ihren Rücktritt erklärte.98 Mit Blick auf die Nebenwirkung von Dopingverboten als Einschränkung zumindest der allgemeinen Handlungsfreiheit der Athleten ist es den Sportvereinigungen verwehrt, die Verwendung von Substanzen und auch Methoden willkürlich nach eigenem Gutdünken zu untersagen.99 Das aufgrund der Monopolstellung der Vereine und Verbände zur Wirksamkeit der Einwilligung der Sportler wie auch zur Angemessenheit der einschlägigen vereinsrechtlichen Bestimmungen erforderliche überwiegende Interesse setzt voraus, dass der mit der Untersagung verbundene Eingriff in die Rechte der Athleten zur Erreichung des damit verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist und bei Abwägung der gegenläufigen Belange ein überwiegendes Interesse für sich in Anspruch nehmen kann.100 Maßgeblich für den zulässigen Umfang des Dopingverbots ist hiernach zunächst einmal der Zweck, der mit der Untersagung von Wirkstoffen und Methoden verfolgt werden soll. Besteht das Ziel, dem das Verbot zu dienen bestimmt ist, in der Umsetzung des Vereinszwecks „dopingfreier Sport“, ist hiervon die Untersagung sämtlicher Wirkstoffe und Methoden gedeckt, deren Verwendung dieser Zielsetzung zuwider laufen würde. Da die maßgebliche Motivation für die Festlegung des Vereinsziels in der Gewährleistung fairer Wettkämpfe besteht, sind dies sämtliche Praktiken, die die Erfolgschancen des Verwenders auf eine dem Grundsatz der Fairness widersprechende Art und Weise erhöhen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass aus der Zwecksetzung „dopingfreier Sport“ die Untersagung solcher Wirkstoffe und Methoden nicht gerechtfertigt werden kann, die keine Dopingmittel im eigentlichen Sinne darstellen, weil sie zwar möglicher98

Vgl. FAZ v. 02.11.07, S. 30. Der gegenläufigen Auffassung von J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 29, die Beschränkung auf „vereinsrelevante“, weil leistungssteigernde Substanzen sei offenkundig falsch, da maskierende Substanzen hiervon nicht erfasst würden, ist entgegenzuhalten, dass maskierende Substanzen auch nach der engen Auffassung verboten werden dürfen, da sie aufgrund ihrer Verschleierungswirkung ebenfalls Dopingmittel darstellen und sich ihr Verbot aus diesem Grund als „vereinsrelevant“ darstellt. 100 So auch H. Striegel/G. Vollkommer, SpuRt 2004, 236, 238, u. C. Paul, SpuRt 2004, 240, 241. 99

256

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

weise aus anderen Gründen missbilligenswert erscheinen, aber keine leistungssteigernde Wirkung im sportlichen Bereich zeitigen. Bezogen auf Rauschmittel hat dies zur Konsequenz, dass ihr Verbot nur dann aus der Zwecksetzung „dopingfreier Sport“ gerechtfertigt werden kann, wenn sie sich nicht lediglich auf die „private“ Befindlichkeit des Athleten auswirken, sondern darüber hinaus zu einer Steigerung der sportlichen Leistung führen. Die Untersagung von Rauschmitteln, die keine solche Wirkung entfalten, ist zur Umsetzung des Dopingverbots, das die Fairness und Chancengleichheit im Sport schützen will, nicht geeignet und wegen der aus der fehlenden Eignung resultierenden Unverhältnismäßigkeit nicht von einem überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen gedeckt.101 Die Rechtfertigung des Verbots nicht leistungssteigernder Rauschmittel in den Vereinsregelwerken setzt hiernach voraus, dass die Sportvereinigungen dazu berechtigt sind, ihre Zweckfestlegungen entsprechend zu erweitern. Hierzu müssten die Sportvereinigungen – zulässigerweise – ihren Selbstzweck dahingehend definieren, dass sie Drogen nicht nur im Falle leistungssteigernder Nebenwirkungen ablehnen, sondern es neben der Förderung des Sports und der Erreichung seiner Dopingfreiheit als weiteren Vereinszweck ansehen, dem Drogenmissbrauch im Allgemeinen entgegenzuwirken. Vor dem Hintergrund einer solchen Zwecksetzung könnte die Untersagung auch nicht leistungsfördernder Rauschmittel von den Sportvereinigungen damit gerechtfertigt werden, dass sie in ihrem Bereich einen Beitrag zur allgemeinen Drogenbekämpfung leisten wollen, indem sie ihren Mitgliedern über die gesetzlichen Verbote hinaus zusätzlich in den Vereinsbestimmungen die Einnahme von Drogen verbieten und diese unter Strafe stellen, auch wenn diese Drogen hinsichtlich der sportlichen Fähigkeiten keine leistungssteigernde Wirkung entfalten. Gegen die Annahme einer Befugnis der Sportvereinigungen, ihre Verbands- und Vereinszwecke entsprechend zu definieren, bestehen keine Bedenken. Der Ausübung des ihnen von Art. 9 I GG gewährten Selbstbestimmungsrecht in dieser Richtung stehen keine rechtlichen Hinderungsgründe entgegen. Will allerdings ein Verein oder ein Verband einen Sportler auf der Grundlage der bestehenden Regelwerke, in denen sich keine Hinweise auf ein Vereinsziel „Bekämpfung des Drogenmissbrauchs“ finden, wegen der Einnahme eines nichtleistungssteigernden Rauschmittels mit einer Dopingstrafe belegen, reicht hierfür alleine die Nennung des konsumierten Wirkstoffes in der Liste der verbotenen Wirkstoffe nicht aus. Der Verein oder Verband muss darüber hinaus darlegen können, dass bereits auf der Grundlage des bestehenden Vereinsrechts die Untersagung der Einnahme des Rauschmittels trotz seiner leistungsneutralen Wirkung von einem überwiegenden Interesse gedeckt ist. Das überwiegende 101 Zweifel an der Zulässigkeit des Verbots von Cannabinoiden äußert auch J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 29 f. U. Haas, causa sport 2004, 58, 60, verweist diesbezüglich auf die Praxis der Gerichte, auch den Verbot von Substanzen und Methoden zu akzeptieren, die geeignet sind, die Gesundheit der Sportler, das Ansehen der Sportart oder Aspekte des Tierschutzes zu gefährden.

I. Das Dopingverbot

257

Interesse an der Unterlassung des Rauschgiftkonsums kann allerdings nicht damit begründet werden, dass dieser ungeachtet der Frage nach eventuellen damit verbundenen leistungssteigernden Effekten in jedem Fall mit der Sportausübung unvereinbar ist, etwa weil der Konsum von Rauschmitteln der ethisch-moralischen Gesamtausrichtung des Sports widerspricht und weil er die Vorbildfunktion vereitelt, die der Leistungssport für die gesamte Gesellschaft wahrnehmen will. Da die Existenz eines Sportvereins oder auch eines Sportverbandes durchaus vorstellbar ist, der sich die Förderung seiner Sportart und die Fairness im sportlichen Wettkampf einschließlich der Dopingfreiheit auf seine Fahnen geschrieben hat und mit aller Ernsthaftigkeit verfolgt, es gleichzeitig aber seinen Mitgliedern überlässt, wie sie es mit dem Konsum nicht leistungsfördernder Rauschmittel halten wollen, beinhaltet der Vereinszweck „Sportförderung“ nicht gleichsam automatisch das Ziel „Bekämpfung des Drogenmissbrauchs im Allgemeinen“. Auch die Einbeziehung der Substanzlisten mit den nicht leistungsfördernden Rauschmitteln auf Satzungsebene führt nicht ohne weiteres dazu, dass diese Rauschmittelverbote als Vereinszwecke anzusehen sind und als Kernideen des Vereins die volle Schutzwirkung des Art. 9 I GG genießen. Werden lediglich die Dopingmittellisten in einen entsprechenden Stand erhoben und hierbei zufällig die in den Listen genannten Rauschmittel miterhöht, führt die Auslegung der Satzung auf die Vereinszwecke hin zu dem Ergebnis, dass weiterhin lediglich die Dopingfreiheit, nicht aber der Rauschmittelverzicht zentrales Anliegen des Vereins ist. Ist die Qualifizierung der Rauschmittel zusammen mit den leistungsfördernden Substanzen demgegenüber auf der Grundlage einer bewussten Entscheidung für einen umfassenden Kampf gegen Drogen als eines der Kernanliegen des Vereins erfolgt, reicht allein die Einbeziehung der Rauschmittel auf Satzungsebene und der somit herbeigeführte Schutz der Entscheidung gegen Drogen durch Art. 9 I GG dazu aus, ein überwiegendes Interesse der Vereine und Verbände gegenüber den Interessen der Sportler am freien Drogenkonsum zu begründen. Ist im übrigen Satzungstext allerdings nur vom Verbot des Dopings die Rede und wird hierbei auf die auch mit Rauschmitteln besetzten Listen verwiesen, ohne dass der Satzungstext erkennbar Rauschmittel im Allgemeinen ächten will, spricht dies bei der Auslegung der Satzung nicht für eine bewusste Entscheidung zum Rauschmittelverbot, sondern vielmehr dafür, dass in einer Überdehnung der Zulässigkeitsgrenzen des Dopingverbots oder sogar nur irrtümlich auch Rauschmittel als Dopingmittel untersagt werden. 5. Ergebnis: Überwiegendes Interesse am Dopingverbot als solchem Die Rechtfertigung des Verbots der Anwendung von Dopingpraktiken mit dem Verweis auf den Vereinszweck „dopingfreier Sport“ begegnet nach dem oben Gesagten grundsätzlich keinen Bedenken. Ein überwiegendes Interesse der Sport-

258

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

vereinigungen ist diesbezüglich gegeben, wenn das Verbot zur Dopingbekämpfung geeignet und erforderlich ist. Das Verbot kann allerdings mit dem Hinweis auf den Vereinszweck „dopingfreier Sport“ seinem Umfang nach nur bezüglich solcher Wirkstoffe und Methoden gerechtfertigt werden, die zur Leistungssteigerung im Wettkampf beitragen können. Das Verbot von Methoden, die nicht zu einer solchen Leistungsverbesserung führen, bedarf einer zusätzlichen Zwecksetzung des Vereins, die ein überwiegendes Interesse an der Untersagung begründet.

II. Dopingkontrolle mittels Kontrolle des äußeren Erscheinungsbildes Bevor sich die Prüfung allerdings den Kontrollprozeduren nach den geltenden DOSB-Bestimmungen zuwendet, soll eine in der Praxis außerhalb der amtlichen Dopingkontrollen immer wieder angewandte, gleichwohl bislang nicht in die Doping-Reglements übernommene „Kontrollmethode“ näher betrachtet werden: Gerüchte um die Verwendung verbotener leistungsverbessernder Mittel durch einzelne Athleten entzünden sich am ehesten an Leistungssteigerungen, die über das gewöhnliche Maß hinausgehen und für die es aus der Sicht der Konkurrenten und der Beobachter der Szene keine plausible Erklärung gibt. Darüber hinaus kommt es auch immer wieder vor, dass ohne das Auftreten irgendwelcher Leistungsverbesserungen einzig und allein körperliche Veränderungen der Athleten einschlägige Verdächtigungen auslösen. So können unter Umständen bereits ein außergewöhnlicher Zuwachs an Muskelmasse oder auffällige Hautveränderungen u. ä. dazu führen, dass ein Sportler in den Ruf der Verwendung unerlaubter Mittel gerät. Ausgangspunkt der Verdächtigungen ist in all diesen Fällen eine „Analyse“ äußerlicher Merkmale des Betroffenen. Welche Aussagekraft dieser Merkmalkontrolle von den Szene-Insidern zugemessen wird, zeigt der Fall des Hamburger Landestrainers und Coaches des 400-Meter-Europameisters Ingo Schultz, Jürgen Krempin, der die Merkmalkontrolle sogar als mitursächlich für den Entschluss darstellte, seine Verbandstrainerfunktion aufzugeben. Er sei durch den Anblick der Mädels mit ihren Zahnspangen genervt und frustriert davon, mit Athleten antreten zu müssen, die möglicherweise von vornherein benachteiligt seien: „Wenn 25 Jahre alte Sportlerinnen so etwas tragen müssen, ist das für mich ein Hinweis auf die Einnahme von Wachstumshormonen.“ Auch in der Diskussion um eine möglichst effektive Dopingbekämpfung werden von Zeit zu Zeit Stimmen laut, die sich für eine Sauberkeitsanalyse im Wege der Überprüfung mehr oder weniger äußerlicher körperlicher Merkmale der Spitzensportler aussprechen. Unter Medizinern unstreitig bewirkt etwa das Anabolika-Doping neben akneartigen Hautveränderungen, unnatürlichem Zuwachs von Muskelmasse sowie einer Feminisierung bei Männern mit Abnahme des Hodenvolumens und Gynäkomastie und einer Maskulinisierung bei Frauen mit Hyper-

II. Dopingkontrolle mittels Kontrolle des äußeren Erscheinungsbildes

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trichosis und Brustverkleinerung unter anderem auch eine signifikante Zunahme der Herzmuskelmasse und Leberschäden.102 Eine Diagnose hinsichtlich der Dopingbelastung von Sportlern soll hiernach anhand einer Auswertung körperlicher Eigenheiten der Athleten wie etwa der Länge von Nase und Kinn, der Feinheit der Gesichtszüge, des Verhältnisses von Körpergröße und Körpergewicht oder der Größe von Milz und Leber möglich sein.103 Diese Art und Weise der Beurteilung wirft allerdings in mehrfacher Hinsicht die Frage nach ihrer Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Sportler auf. 1. Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten Wird aus einer Dopingkontrolle der Schluss gezogen, dass hinreichend gewichtige Anzeichen für den Gebrauch unerlaubter Mittel vorhanden sind, hat dies unmittelbar schwerwiegende Folgen für den Athleten. Auch wenn das verbandsrechtliche Kontrollverfahren, zu dem insbesondere die nach rechtsstaatlichen Grundsätzen gebotene Anhörung des Sportlers gehört, noch gar nicht abgeschlossen wurde, steht bereits das Kontrollergebnis als solches wie eine Anklage im Raum. Auch der Schluss auf einen Dopingverstoß aus der Begutachtung körperlicher Merkmale des Athleten bewirkt ohne weiteres eine negative Veränderung des Charakterbildes des Probanden in den Augen seiner Kontrolleure und möglicherweise – je nachdem, in welchem Umfang das Kontrollergebnis kommuniziert wird – im näheren Umfeld des Athleten oder sogar in der breiten Öffentlichkeit. Hinzu kommt, dass jedenfalls dann, wenn der Athlet nicht frühzeitig den Beweis seiner Unschuld führen kann, durch die Existenz des abschließenden Kontrollergebnisses die im Verbandsrecht festgelegte Maschinerie zur Ahndung des Dopingverstoßes und zur Veröffentlichung des Kontrollergebnisses in Gang gesetzt wird. Der Proband wird vereinsrechtlich als Dopingtäter bestraft und im Falle einer Sperre mindestens vorübergehend an der Sportausübung durch Wettkampfteilnahme gehindert und zudem in der Öffentlichkeit als Dopingbetrüger gebrandmarkt.104 Dies erscheint mit Blick auf die Zulässigkeit wahrer Tatsachenbehauptungen und hierauf gestützter Werturteile unter Berücksichtigung der Eigenschaft der Sportler als Personen von öffentlichem Interesse unter der Voraussetzung hinnehmbar, dass sich die vorangegangene Dopingkontrolle ihrer Art nach dazu eignet, die Anwendung verbotener Dopingpraktiken mit hinreichender 102

N. Siegmund-Schultze, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 104, Heft 8 v. 23.02.07, S. 399,

401 f. 103 So der Düsseldorfer Sportmediziner Prof. Friedhelm Beuker in der FAZ v. 11.05.96, S. 29. 104 Ebenso J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 198; OLG Dresden, SpuRt 2004, 74, 75, formuliert zutreffend, der Vorwurf des Dopings sei für einen Berufssportler in seiner Schwere kaum zu überschätzen.

260

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Sicherheit nachzuweisen. Bleibt die Ergebnissicherheit der durchgeführten Kontrolle jedoch hinter diesen Anforderungen zurück, besteht eine erhebliche Gefahr, dass die schwerwiegenden Konsequenzen einer nur scheinbar positiven Dopingkontrolle einen Unschuldigen treffen. Wie sich bei näherem Hinsehen ergibt, greift die fälschliche Belastung des Betroffenen mit dem vereinsrechtlichen Dopingssanktionsverfahren, der Berichterstattung hierüber und der daraus resultierenden Rufschädigung in der Öffentlichkeit tief in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht ein: Auch wenn man nicht bereits die Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit als Persönlichkeitsrechtseingriff ansieht,105 die mit dem Verbot der Sportausübung verbunden ist, welches eine Sperre gegebenenfalls bedeutet, wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten durch den ungesicherten Dopingvorwurf dennoch beeinträchtigt. Zu den Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehören insbesondere der Schutz der Selbstbestimmung hinsichtlich der Darstellung der eigenen Person in der Öffentlichkeit106 sowie der Schutz des personalen Geltungsanspruchs, der auch die Ehre der Person umfasst.107 Im Rahmen der Selbstbestimmung über die Darstellung der eigenen Person soll der Einzelne insbesondere selbst darüber befinden dürfen, wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit darstellen will108 und was seinen sozia105

So aber J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 198. BVerfGE 35, 202, 219 f. („Lebach“), u. 63, 131, 142 („Gegendarstellung“) u. 71, 206, 219, u. NJW 1993, 1463, 1464 f.; BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 88; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 34; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 71; C. Degenhart, JuS 1992, 361; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 42; ders., NJW 1989, 857, 858; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 66; R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), 7.III.2.2; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C229 ff.; MüKo/ R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 80 ff.; H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 690; Soergel/ A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 73; Erman/H. Ehmann, Bd. 1 (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 196 ff.; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 20. 107 BVerfGE 54, 148, 154 („Eppler“), u. 54, 208, 217 („Böll/Walden“); BVerwGE 82, 76, 78; R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), 7.III.2.2; C. Degenhart, JuS 1992, 361; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 35; H. D. Jarass, in: Jarass/ Pieroth, Art. 2 Rn. 43; ders., NJW 1989, 857, 858; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, Art. 2 Rn. 87, 171 f.; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 74, 123 ff.; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 66; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 33 ff.; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 18 ff.; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 233 ff.; umfassend zum Schutz der Persönlichkeit gegen Herabwürdigung und Entstellung Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C63 ff.; H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 690; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 73; Soergel/A. Beater (Bd. 12, 13. Aufl. 2005), Anh. IV § 823, Rn. 155 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.2.; nach G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 224, 286 f., stellt die persönliche Ehre einen eigenständigen Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. 108 G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 270; kritisch Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.5.a). 106

II. Dopingkontrolle mittels Kontrolle des äußeren Erscheinungsbildes

261

len Geltungsanspruch ausmachen soll109. Geschützt ist hierbei auch das Charakterbild des Einzelnen, das den Menschen in seinen charakterlichen Eigenschaften vorstellt.110 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt insoweit umfassend vor Unwahrheit.111 Dieses „Recht auf Selbstdarstellung“ wird durch eine verfrühte, den Betroffenen vorzeitig und ohne gesicherte Beweise bloßstellende Beschuldigung und erst recht durch die auf den Fuß folgende öffentliche Berichterstattung über das bevorstehende oder laufende „Dopingstrafverfahren“ beeinträchtigt.112 Im Falle unwahrer ehrenrühriger Behauptungen, zu denen ein fälschlich erhobener Dopingvorwurf unzweifelhaft zu zählen ist, greift des Weiteren der vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geforderte Schutz der Ehre der Person vor herabsetzenden Werturteilen und unwahren Tatsachenbehauptungen.113 Erreicht die Merkmalkontrolle als Dopingkontrollmethode kein hinreichendes Maß an Ergebnissicherheit, ist sie bereits aus den vorstehenden Überlegungen heraus als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten anzusehen. Da in diesem Fall der darauf gestützte Dopingvorwurf mit dem Makel der Unsicherheit behaftet wäre, bestünde immer die Möglichkeit, dass der betroffene Athlet zu Unrecht mit den aus der Beschuldigung resultierenden persönlichkeitsrechtlichen Nachteilen belastet würde, eine Konsequenz, die mit dem vom allge109 Kritisch insoweit Erman/H. Ehmann, Bd. 1 (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 197, 203, der zu Recht darauf hinweist, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht dem Einzelnen kein Recht zur Durchsetzung einer Selbstdarstellung verleiht, die nicht den Tatsachen entspricht, da als Grenzen des Rechts zur Selbstdarstellung zum einen immer das Recht zur Äußerung wahrer Tatsachen und zum anderen oftmals das Informationsinteresse der Allgemeinheit zu beachten sind. 110 H. Hubmann, JZ 1957, 521, 525; Bettermann-Nipperdey/H. C. Nipperdey, Die Grundrechte, Bd. IV/2 (1962), S. 850; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C229; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 24; M. BastonVogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.VIII.7.; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 180 f., macht den Schutz des Lebens- und des Charakterbildes unmittelbar an den §§ 22 f. KUG fest. 111 D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 126 ff.; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 104; Larenz/Wolf, AT, § 8 III.1., Rn. 25; E. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht (2. Aufl. 1996), Rn. 278; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 74 ff., der zutreffend für einen strikten Schutz vor Unwahrheit plädiert; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 80, spricht vom Schutz des Einzelnen vor Verhaltensweisen, die geeignet sind, ihn ins falsche Licht zu rücken. 112 Zur Berichterstattung über Ermittlungsverfahren und Ermittlungs- und Fahndungsaufrufe vgl. E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 10. Rn. 166 ff.; G. Müller, VersR 2000, 797, 801; BGH VersR 2000, 327. 113 H. C. Nipperdey/G. Wiese, in: Bettermann-Nipperdey, Die Grundrechte, Bd. IV/2 (1962), S. 843 ff.; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C64 ff.; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 73 ff.; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 90; Soergel/ A. Beater (Bd. 12, 13. Aufl. 2005), Anh. IV § 823, Rn. 193 ff., 177; D. Medicus, Schuldrecht II, Besonderer Teil, § 141 II.2; Larenz/Wolf, AT, § 8 III.1., Rn. 25; Erman/ H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 30; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 286 f.; zum Ehrenschutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht vgl. auch J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 2 I.4.

262

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

meinen Persönlichkeitsrecht garantierten Schutz des Charakterbildes und der persönlichen Ehre nicht vereinbar wäre. Hinzu kämen je nach der konkreten Ausgestaltung der Merkmalkontrolle weitere Belastungen der Sportler, die gegebenenfalls mit dem Kontrollprocedere verbunden wären: Soweit zur Durchführung der Merkmalkontrolle medizinische Eingriffe und den Körper des Athleten verletzende Untersuchungen durchgeführt werden müssten, kollidierte die Kontrollmethode mit dem Recht des Athleten auf körperliche Unversehrtheit. Auch wenn mit den Untersuchungen keine Verletzungen des Athleten verbunden sein sollten, würde doch jedenfalls der personale Geltungsanspruch des Probanden durch die Art und Weise der Kontrollprozedur beeinträchtigt: Er würde einer Untersuchung ausgesetzt, die der eines Stücks Vieh auf dem Viehmarkt ähnelt, die jedoch – anders als beispielsweise der Gesundheits-Check durch den Hausarzt – nicht im Eigeninteresse des Athleten auf seinen eigenen Wunsch durchgeführt würde. Soweit die Merkmalkontrolle mit Untersuchungen verbunden wäre, an denen der Sportler mitwirken oder für die er sich zumindest zur Verfügung stellen muss, käme hinzu, dass er seinen eigenen Körper als Untersuchungsobjekt bereitzustellen und hierdurch gegebenenfalls auch noch an der eigenen Überführung als Regelverletzer aktiv mitzuwirken hätte. Selbst wenn man diese Belastung der Athleten nur als verhältnismäßig geringfügig ansehen wollte, könnte sie trotzdem jedenfalls dann nicht unter Verweis auf die mit der Dopingkontrolle verfolgten Ziele gerechtfertigt werden, wenn sich die Merkmalkontrolle mangels hinreichender Ergebnissicherheit als so ungeeigneter Dopingkontrollmodus erweisen sollte, dass sie auch geringfügige Eingriffe nicht zu legitimieren vermochte. Es ist daher zuallererst Klarheit über die Aussagekraft der Merkmalkontrolle herbeizuführen: Kann die äußerliche Untersuchung einzelner körperlicher Merkmale oder einer ganzen Anzahl von körperlichen Merkmalen tatsächlich mit einem hinreichenden Maß an Sicherheit zur Gewissheit darüber führen, ob der Proband sich unerlaubter Mittel bedient hat oder nicht? Für die Beantwortung dieser Frage sind zwei Aspekte von entscheidender Bedeutung: Erstens wäre der Merkmalkontrolle eine ernstzunehmende Aussagekraft nur dann zuzumessen, wenn sich für die visuelle Analyse der in Augenschein genommenen Körperteile objektive Bewertungsmaßstäbe aufstellen ließen, also etwa bestimmte Normgrößen für Milz und Leber oder bestimmte Kriterien für den Zustand von Haut und Kinn bei ungedopten Sportlern. Da sich das Dopingurteil auf das Maß der Abweichung vom Normalzustand stützen müsste, wäre eine Definition des Normalzustandes auf die eben beschriebene Art und Weise unerlässlich. Zweitens müsste das „Zeugenproblem“ aufseiten des Beurteilenden gelöst werden. Eine zentrale Problematik bei der Würdigung von Zeugenaussagen liegt bekanntlich in dem Umstand, dass ein und derselbe Sachverhalt von verschiedenen Personen verschieden aufgenommen und in einem nächsten Schritt auch verschieden in Worte gefasst wird. Dies bringt die hohe Wahrschein-

II. Dopingkontrolle mittels Kontrolle des äußeren Erscheinungsbildes

263

lichkeit mit sich, dass die visuelle Kontrolle ein und desselben Athleten von Kontrolleur zu Kontrolleur zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würde. Auch diese Fehlerquelle könnte nur dadurch ausgeschlossen werden, dass anstelle des subjektiven Eindrucks des Kontrolleurs wiederum objektive Einzelkriterien aufgestellt werden, die für die Kontrolleure objektiv und ohne Wertungsspielräume messbar sein müssten. Darüber hinaus müssten Tabellen für die Auswertung dieser Einzelkriterien im Hinblick auf die Entscheidung „gedopt oder ungedopt“ erstellt werden, um eine objektive Gesamtschau der im Einzelnen angestellten Beobachtungen und Untersuchungen zu gewährleisten. Im Ergebnis müsste also für jedes zu analysierende Einzelphänomen ein Maßstab erarbeitet werden, in dem diejenigen Beschaffenheitsmerkmale qualitativ und quantitativ definiert sind, die mindestens vorliegen müssen, damit aus der entsprechenden Organ- oder Körperteilanalyse hinreichend zweifelsfrei auf einen Dopingverstoß geschlossen werden kann. Solange derartige Maßstäbe nicht erarbeitet und in den Kreisen der einschlägigen Fachleute anerkannt sind, muss davon ausgegangen werden, dass im Falle einer rechtlichen Auseinandersetzung um das Ergebnis einer derart durchgeführten Dopingkontrolle das mit der Sache befasste Gericht schon deshalb einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Athleten annehmen würde, weil die fehlende Geeignetheit der Kontrollmethode die Gefahr einer ungerechtfertigten Belastung des Athleten in sich birgt. 2. Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Merkmalkontrolle Wenn somit die Merkmalkontrolle aufgrund der fehlenden Ergebnissicherheit als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten anzusehen wäre, bedürfte es für ihre Zulässigkeit eines besonderen Rechtfertigungsgrundes. a) Rechtfertigung durch Vereins-/Verbandsrecht oder Zustimmung Wie bereits an anderer Stelle114 ausgeführt, existieren in Deutschland bis dato keine gesetzlichen Rechtsgrundlagen für die Durchführung von Dopingkontrollen. Auch in den Regelwerken der Vereine und Verbände finden sich bislang keine Regelungen, die als Rechtsgrundlage für die Durchführung von Dopingkontrollen in Form von Sichtkontrollen oder Merkmalkontrollen herangezogen werden könnten. Da sich die Idee eines Anti-Doping-Gesetzes mit einem Dopingverbot und der Verpflichtung der Athleten zur Duldung von Dopingkontrollmaßnahmen nach wie vor in der Diskussionsphase befindet, bleibt an dieser Stelle lediglich noch zu fragen, inwieweit die Verbände und Veranstalter die 114

Vgl. oben Einleitung zu Teil B.

264

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Möglichkeit hätten, Regelungen über die Merkmalkontrolle in ihren Regelwerken und in den vertraglichen Vereinbarungen mit den Sportlern etwa als Teilnahmebedingungen für die von ihnen veranstalteten Wettkämpfe zu verankern. Soweit entsprechende Regelungen in den verbandsrechtlichen Regelwerken platziert und von dort in die Vereinsregelwerke übernommen würden,115 hinge ihre Wirksamkeit davon ab, ob diese Regelungen der Überprüfung nach den Grundsätzen für die Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Normen standhielten.116 Die wirksame Einbeziehung in die Vertragsverhältnisse mit den Athleten wäre davon abhängig, dass die Zustimmung der Athleten zu den diesbezüglichen Kontrollbestimmungen freiwillig erfolgte.117 Dies gälte gleichermaßen für die Einbeziehung im Wege einer Lizenzvereinbarung, über durch die Nennung und die Zulassung zu den einzelnen Wettkämpfen begründete, für alle Teilnehmer inhaltsgleiche Wettkampfverträge, im Wege einer echten Individualvereinbarung zwischen Veranstalter und Sportler118 oder aber – falls der Sportler die Wettkampfteilnahme auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages ausübt – über eine entsprechende Ausgestaltung der Arbeitsvertragsbedingungen oder den Abschluss entsprechender Kollektivvereinbarungen119. Da aufgrund der Machtkonstellation im Verhältnis zwischen Sportler und Verband sowohl das Ergebnis der Inhaltskontrolle der Regelwerke der Sportvereinigungen120 als auch die Freiwilligkeit der Einwilligung des Sportlers121 entscheidend von der Abwägung der gegenläufigen Interessen abhinge, wäre zur Durchsetzbarkeit von Merkmalkontrollen ein überwiegendes Interesse der Vereine und Veranstalter an der Durchführung derartiger Kontrollen erforderlich. b) Abwägung der für und wider die Merkmalkontrolle sprechenden Interessen aa) Interessen der Vereine und Verbände an der Merkmalkontrolle Der Merkmalkontrolle wäre ebenfalls – genau wie dem Dopingverbot als solchem – durch Art. 9 I GG der Rücken gestärkt, da von der Vereinsautonomie nicht nur das Recht zur eigenständigen Definition der Vereinszwecke und -ziele, 115 Zur Notwendigkeit der Übernahme der verbandsrechtlichen Bestimmungen ins Vereinsrecht vgl. G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 67 ff. 116 Zur Inhaltskontrolle vgl. oben C.III.2.b). 117 Zur Freiwilligkeit der Einwilligung vgl. oben B.I.2.b). 118 Zur Vereinbarung von Dopingsanktionen über Individualverträge vgl. G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 77 ff. 119 Zur Vereinbarung von Dopingsanktionen über arbeitsrechtliche Vereinbarungen vgl. G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 84 ff. 120 Vgl. hierzu C.III.2.b). 121 Vgl. hierzu B.I.2.b)cc)(2).

II. Dopingkontrolle mittels Kontrolle des äußeren Erscheinungsbildes

265

sondern auch die Freiheit der Entscheidung über die Art und Weise gewährt wird, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Die Vereine und Verbände könnten darüber hinaus – die Geeignetheit der Merkmalkontrolle für den Dopingnachweis vorausgesetzt – für diesen Kontrollmodus dieselben Interessen ins Feld führen, die bereits für das Dopingverbot selber angeführt worden sind. Dies bedeutet, dass auch das Interesse der Verbände an der Durchführung von Merkmalkontrollen durch die weiter oben122 bereits aufgeführten Positivwirkungen eines dopingfreien Sports gestützt würde. Nicht als Interesse am Dopingverbot als solchem, aber als für die Rechtfertigung von Dopingkontrollregeln beachtliches Interesse, zu dessen Schutz durch geeignete Anti-Doping-Bestimmungen die Vereine und Verbände nicht nur berechtigt, sondern sogar zur Vermeidung gesetzgeberischen Handelns gehalten sind, wird schließlich das Persönlichkeitsrecht der konkurrierenden ungedopten Sportler angeführt. Dieses soll von dem gedopten Athleten erstens durch die Herabwürdigung der Mitbewerber auf das Niveau bloßer Rollenträger und zweitens durch die mit dem Dopingerfolg verbundene Beeinträchtigung des „wirtschaftlichen Persönlichkeitsrechts“ der Konkurrenten verletzt werden.123 Zum bloßen Rollenträger werde der ungedopte Konkurrent dadurch gemacht, dass er als scheinbar chancengleicher Mitbewerber benutzt werde, während tatsächlich der Gedopte betrugsbedingte, für den Konkurrenten nicht einzuholende Vorteile genieße. Das wirtschaftliche Persönlichkeitsrecht werde durch das bessere Abschneiden des Gedopten, den damit verbundenen Reputationsverlust des Wettkampfgegners und den hieraus erwachsenden Verlust an Vermarktungs- und Förderungsmöglichkeiten beeinträchtigt. Tatsächlich bereitet die Berücksichtigung der aufgezeigten Konkurrenteninteressen bei der Interessenabwägung für und wider das Dopingverbot und die damit in Zusammenhang stehenden Dopingkontrollregelungen als Abwägungsbelange zugunsten der einschlägigen Verbandsbestimmungen insoweit keine Probleme, als sich jedenfalls ein Interesse der Vereine und Verbände formulieren lässt, ihre Mitglieder im Bereich des von den Sportvereinigungen beherrschten Forums vor betrugsähnlichen Nachteilen zu schützen, zumal, wenn sich diese Nachteile erst im Zusammenhang mit verbandsrechtlichen Verbotsbestimmungen ergeben. Ob sich die hierfür als relevant erachteten Zusammenhänge tatsächlich als Persönlichkeitsrechtsverletzungen der ungedopten Mitbewerber werten lassen, erscheint jedoch fraglich: Zwar trifft es zu, dass der Vorteilserlangung durch Dopinggebrauch ein Element der Übertölpelung anhaftet, das die ehrlichen Konkurrenten bis zu einem gewissen Grad als Statisten ohne Wissen um ihre Statistenrolle erscheinen lässt. Allerdings ist das Geschehen schon deshalb noch ein gutes Stück von der Be122 123

Siehe oben D.I.1. G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 197.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

handlung als Objekt im Sinne der Objektformel des BVerfG entfernt, da die Konkurrenten keineswegs als bloße Objekte dem Handeln des Dopingverwenders ausgesetzt sind. Auch wenn sie ohne ihr Wissen in ihren Handlungsmöglichkeiten beschränkt werden, bleiben sie doch noch immer Herr ihrer Entscheidungen und behalten zudem die Möglichkeit, gegen den Gedopten zu obsiegen. Auch wenn Profisportler wegen des Prestigeverlustes, der mit der Niederlage gegen den unbemerkt gedopten Konkurrenten verbunden ist, möglicherweise einen zusätzlichen Nachteil aus dem regelwidrigen Handeln eines Mitmenschen davontragen, erreicht der Vorgang nicht die Qualität einer Behandlung als bloßes Objekt, die nach zivilrechtlichen Maßstäben als Persönlichkeitsrechtsverletzung gewertet werden müsste. Hinzukommt, dass die mit dem Dopingerfolg verbundene Herabsetzung der Konkurrenten nicht im Mittelpunkt des Handelns des Gedopten steht. Dem Dopingverwender geht es um den eigenen sportlichen Erfolg, der sich in wirtschaftlicher Hinsicht positiv auswirken soll, nicht jedoch um die Degradierung der Mitbewerber zu chancenlosen Statisten; hierbei handelt es sich lediglich um einen zwangsläufig mit dem eigenen Sieg verbundenen Nebeneffekt, auf den es dem Dopingverwender nicht ankommt und den möglicherweise die meisten Doper bei ihrem Entschluss zum unlauteren Wettbewerb überhaupt nicht im Blick haben. Wenn auch eine Verletzungsabsicht nicht unabdingbare Voraussetzung für die Einordnung einer Handlung als Persönlichkeitsrechtsverletzung ist, ist der Dopinggebrauch doch wegen des Fehlens jeglichen finalen, auf die Persönlichkeitsbeeinträchtigung ausgerichteten Elementes seinem Gesamtcharakter nach so weit von einem Persönlichkeitseingriff entfernt, dass seine Wertung als Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht mehr in Betracht kommt. Die oben zitierte Gegenmeinung hätte – konsequent durchgeführt – die Einordnung sämtlicher Betrugshandlungen als Persönlichkeitsrechtsverletzungen zur Folge, die im Nebeneffekt dazu führen, dass der Betrogene in irgendeiner Form als Dummkopf und Tölpel dasteht. Ebensowenig ist eine Persönlichkeitsrechtsverletzung mit Blick auf die wirtschaftliche Benachteiligung der ehrlichen Wettbewerber zu konstatieren, die mit erfolgreichem Doping verbunden ist. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht bietet keinen allgemeinen Schutz vor unlauterer Benachteiligung in wirtschaftlicher Hinsicht. Es ist von einer wirtschaftlichen Nachteilszufügung auch nicht schon deshalb betroffen, weil diese durch Tricksereien bewirkt wird, auch wenn diese in gewissem Maße eine Geringschätzung des Ausgetricksten bedeuten und seine Mitwirkung in Richtung einer Statistenrolle hin reduzieren. Vom Ansatz des Selbstbestimmungsgedankens her gesehen, ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht immer dann beeinträchtigt, wenn es dem Rechtsinhaber ganz oder teilweise unmöglich gemacht wird, über eine Angelegenheit, die einen hinreichend engen Persönlichkeitsbezug aufweist, selber zu entscheiden. Im Bereich dieser Selbstbestimmung wird der ehrliche Wettbewerber nicht berührt. Über sämtliche ihm bereits zuzuordnenden persönlichen Angelegenheiten entscheidet er nach wie vor

II. Dopingkontrolle mittels Kontrolle des äußeren Erscheinungsbildes

267

selbst, auch im Hinblick darauf, wie er sein „Persönlichkeitskapital“ zur Erzielung des angestrebten wirtschaftlichen Erfolges einsetzt. Lediglich der Erfolg dieses Einsatzes wird durch den gedopten Konkurrenten auf unlautere Weise vereitelt. Hierdurch wird dem ehrlichen Athleten zwar möglicherweise eine Mehrung seines Ansehens als erfolgreicher Sportler und eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse unmöglich gemacht. Das unlautere Verhalten des Konkurrenten wirkt somit aber lediglich als Hindernis für die Vergrößerung des eigenen Persönlichkeitskapitals, es greift nicht in den Umfang des bereits vorhandenen Persönlichkeitsrechts des Betrogenen ein. bb) Interessen der Sportler wider die Merkmalkontrolle Die Athleten wären wiederum – wenn auch nur eher geringfügig – in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit beeinträchtigt, da die Verpflichtung zur Teilnahme an der Kontrollprozedur den Zwang zu einem entsprechenden Verhalten begründete. Daneben würde auf die weiter oben124 dargelegte Weise in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen. In Betracht käme des Weiteren ein Eingriff in die Religionsfreiheit der Sportler, soweit die Durchführung der Kontrolle Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit bedingte, die mit den religiösen Vorstellungen der Probanden nicht zu vereinbaren wären. Ebenfalls von der konkreten Art und Weise der Kontrolle wäre abhängig, inwieweit ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Athleten damit verbunden wäre. Beschränkte sich die Kontrolle auf eine rein äußerliche Betrachtung der Athleten oder auf Organuntersuchungen, die nicht mit einer Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit verbunden sind, käme eine Berufung der Athleten auf Art. 2 II GG nicht in Betracht. Demgegenüber stellte es einen ganz erheblichen und schwerwiegenden Eingriff in die Rechte der Sportler dar, wenn die Merkmalkontrolle mit operativen Eingriffen in ihren Körper verbunden würde. Anders als das Dopingverbot als solches bedeutete die Verpflichtung zur Merkmalkontrolle einen nur geringfügigen Eingriff in die Berufsfreiheit, da durch die Berufsausübungsregelung keine Restriktionen bezüglich der beruflichen Erfolgsstrategie auferlegt, sondern lediglich die „berufliche Bewegungsfreiheit“ insofern tangiert wäre, als die Athleten sich zur Durchführung der Kontrollen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort einzufinden und für die begrenzte Dauer der Kontrolle an diesem Ort zu verweilen hätten. cc) Abwägung der gegenläufigen Interessen Ausgangspunkt für die Abwägung der für und wider die Merkmalkontrolle sprechenden Interessen ist ebenso wie bei der Interessenabwägung um das Dopingverbot als solches die Feststellung, dass den Korporationen mit Art. 9 I GG 124

Siehe oben D.II.1.

268

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

ein schwergewichtiges Recht zur Seite steht, über ihre Ziele und die Mittel zur Verfolgung dieser Ziele weitgehend frei zu entscheiden. Hängt die Wirksamkeit entsprechender Rechtsetzungsakte der Vereine allerdings wie in vorliegendem Fall aufgrund besonderer Umstände von einer Abwägung der gegenläufigen Interessen ab, kann ein überwiegendes Interesse zugunsten der zu prüfenden Regelung nur unter der Voraussetzung angenommen werden, dass diese sich als verhältnismäßig im weiteren Sinne, d.h. als geeignet, erforderlich und angemessen darstellt. An dieser Stelle erlangen erneut die Zweifel an der Geeignetheit der Merkmalkontrolle Bedeutung, die zu Beginn der Untersuchung zu der Wertung geführt haben, dass die Merkmalkontrolle als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrechts der Sportler anzusehen wäre.125 Die dort aufgeführten Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Merkmalkontrolle haben zur Konsequenz, dass von der Geeignetheit dieses Kontrollmodus nicht mehr mit dem Maß an Sicherheit ausgegangen werden kann, das für die Annahme eines überwiegenden Interesses an der Merkmalkontrolle erforderlich wäre. Die rechtliche Beurteilung eines Kontrollmodus als geeignet scheitert nicht erst an der einvernehmlichen Ablehnung dieses Kontrollmodus durch die Wissenschaft, sondern bereits im Falle der differierenden wissenschaftlichen Beurteilung seiner Eignung.126 Die Zweifel an der Eignung des Kontrollmodus führten aus rechtlicher Sicht zur Unverwertbarkeit der Kontrollergebnisse im Verfahren gegen derart (vermeintlich) überführte Dopingsünder, so dass die Kontrollmethode insgesamt als ungeeignet zu verwerfen wäre. Die Vereine und Verbände könnten hiernach kein überwiegendes Interesse an der Durchführung von Merkmalkontrollen für sich in Anspruch nehmen. Die Dopingkontrolle im Wege der Begutachtung von Körpermerkmalen bedeutete demnach eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Athleten. 3. Ergebnis: Unzulässigkeit der Merkmalkontrolle Die persönlichkeitsrechtliche Zulässigkeit der Dopingkontrolle im Wege der Beurteilung äußerlicher Körpermerkmale wie Größe und Muskelmasse von Gliedmaßen, Beschaffenheit von Haut und Knochenbau, Größe und Beschaffenheit von inneren Organen u. ä. scheitert nach alledem an ihrer mangelnden Verlässlichkeit. Solange keine einheitlichen Bewertungskriterien für die Merkmalkontrolle zur Verfügung stehen, die für sich in Anspruch nehmen können, einen Dopingverstoß mit hinreichender Sicherheit aufzudecken, bewirkt die damit ver-

125

Vgl. oben D.II.1. So von der Tendenz her auch K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 92. 126

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

269

bundene Gefahr einer unberechtigten, äußerst schwerwiegenden Rufschädigung des Probanden ihre Unzulässigkeit aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe Die klassische Dopingkontrolle besteht in ihrem Kern in der Analyse einer Urinprobe, die der Athlet im Zuge einer verbandsrechtlich mehr oder weniger detailliert vorgegebenen Prozedur zur Verfügung zu stellen hat. Erst in jüngerer Zeit hat sich nach und nach die zusätzliche Überprüfung von Blutproben der Sportler auf ganz bestimmte Dopingpraktiken hin durchgesetzt. Die bei der Abgabe und Sicherstellung der Urin- und Blutproben einzuhaltenden Vorgehensweisen, die vor allem die Authentizität der Proben und die Dokumentation des Abnahmevorgangs sicherstellen sollen, sind in den jeweils einschlägigen Verbandsregelwerken festgelegt. Im Rahmen dieser Untersuchung werden beispielhaft die maßgeblichen Bestimmungen des DOSB näher beleuchtet. Aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht erscheint die Abnahme einer Urinprobe zu Zwecken der Dopingkontrolle unter verschiedenen Blickwinkeln einer genaueren Betrachtung wert: Erstens wird den Athleten hierbei Informationsmasse abgenommen, die – jedenfalls nach fachgerechter Analyse – in erheblichem Umfang über ihren Körperzustand Aufschluss zu geben geeignet ist, zweitens geschieht diese Informationsverschaffung auf eine Art und Weise, die eine Kollision mit dem Schamgefühl der Betroffenen naheliegend erscheinen lässt, und drittens wird den Sportlern – wenn sie denn tatsächlich gedopt sind – die Herausgabe des maßgeblichen Beweismittels für den eigenen Regelverstoß und somit die aktive Mitwirkung bei der eigenen Überführung als Dopingtäter abverlangt.

1. Zulässigkeit der Urinprobenahme als Informationsbeschaffungsakt a) Vereinbarkeit der Beschaffung der Urinprobe mit dem BDSG Rückt man zunächst einmal den Zweck der Prozedur, nämlich die Informationsbeschaffung durch die Verbände, in den Mittelpunkt der Betrachtung, stellt sich im Hinblick auf die Regelungen des BDSG die Frage, ob die Abnahme von Sportlerurin – ebenso wie im Falle alternativer Untersuchungsmethoden die Beschaffung anderer Körpersubstanzen – als Informationsmasse nicht einen datenschutzrechtlich relevanten Vorgang darstellt. Dies wäre dann der Fall, wenn bereits die Verschaffung der Urinprobe den Bestimmungen des BDSG unterworfen wäre, weil schon die Urinprobe selber mit Rücksicht auf die darin enthaltenen Informationen über den körperlichen Zustand des Athleten als Datum i. S. d. BDSG anzusehen wäre und die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des BDSG im Übrigen erfüllt wären.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

aa) Anwendbarkeit des BDSG auf den Vorgang der Urinprobenahme Sowohl auf die Datenverwendung öffentlicher Stellen als auch auf diejenige nicht-öffentlicher Stellen findet das BDSG immer nur dann Anwendung, wenn der Umgang mit „personenbezogenen Daten“ Gegenstand dieser Datenverwendung ist. Eine gesetzliche Definition des Begriffs findet sich in § 3 I BDSG: Danach sind „personenbezogene Daten“ Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. „Einzelangaben“ sind Angaben, die sich auf eine bestimmte einzelne Person beziehen („konkreter Personenbezug“) oder geeignet sind einen Bezug zu ihr herzustellen127 („abstrakter Personenbezug“). Der Begriff der „Angabe“ erfasst jede Information, unabhängig von der Form ihrer Repräsentation und Darstellung.128 Die Subsumtion des Faktums „Urinprobe“ unter den Begriff der Einzelangabe gelingt trotz dieser weiten Definition des Begriffes der Angabe nicht ohne weiteres. Die Bezeichnung der Urinprobe als „Angabe“ bereitet bei Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs Schwierigkeiten. Zuallererst stellt sich die Frage, in welchem „Aggregatzustand“, d.h. in welcher Form eine Information physisch verpackt sein muss, damit sie eine Angabe i. S. d. BDSG darstellt. Einigkeit besteht ohne weiteres insoweit, als eine Information jedenfalls dann als Angabe anzusehen ist, wenn sie in Worte gefasst und in irgendeiner Form – sei es phonetisch, schriftlich oder sonst visuell oder auch elektronisch – fixiert worden ist. Dass die Transformation der Information in Worte zu ihrer Einordnung als Angabe allerdings nicht unbedingt erforderlich ist, ergibt sich aus der Einordnung von Bildern wie etwa Fotografien oder Fingerabdruckabbildungen129 als Einzelangaben i. S. d. BDSG. Wohl ebenfalls unstrittig sind Spuren als solche (z. B. Blutspuren, Fingerabdrücke u. ä.) nicht ohne weiteres als Daten i. S. d. BDSG zu klassifizieren,130 obwohl sie z. B. im Falle von DNA-haltigem Zellmaterial einen erheblichen Informationsgehalt in sich bergen können. Hiernach ist zu klären, wo genau die Trennlinie zwischen den Begriffen Information und Datum verläuft. Bei der Suche nach dieser Trennlinie ist die Intention des BDSG im Auge zu behalten: Ziel des Gesetzes ist der (umfassende) Schutz des Einzelnen vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten. Mit Rücksicht auf diesen Gesetzeszweck ist bereits der Begriff der „Angabe“ so weit auszulegen, dass sämtliche Arten des Umgangs mit Informationen erfasst werden, die die Gefahr einer Persönlichkeitsrechtsverletzung mit sich bringen. Dementsprechend können Informationen nicht erst dann dem Schutz durch das BDSG unterstellt werden, wenn sie in einem Zustand fixiert 127 128 129 130

Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 2.2. U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 4 f. VG Wiesbaden EDV-Recht 345/51; Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 2.6. U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 5.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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sind, der die erschöpfende Erschließung ihres Informationsgehaltes ohne weiteres ermöglicht, also etwa wenn sie schriftlich dargestellt oder phonetisch festgehalten sind. Körpersubstanzen sind hiernach nicht etwa deshalb keine Angaben i. S. d. BDSG, weil die darin enthaltene Information nur über möglicherweise aufwendige Analysen zutage gefördert werden kann. Die Suche nach dem entscheidenden Unterschied zwischen der Blutspur als schlichtem Blutfleck und der Blutspur, an der weitere Untersuchungen vorgesehen sind, gelangt zu dem Ergebnis, dass die Relevanz im Hinblick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht erst durch den Entschluss zur Ausnutzung der Blutspur als Informationsquelle begründet wird. Nach zutreffender Auffassung wird eine Körpersubstanz daher in dem Moment ohne weiteres zur „Angabe“ i. S. d. BDSG, in dem die Absicht ihres Gebrauchs zu Informations- oder Kommunikationszwecken gefasst wird. Entscheidend für die Einordnung von Körpersubstanzen als Angaben ist hiernach „ein finales, auf Vermittlung oder Aufbewahrung gerichtetes Element“.131 Ist dieses finale Element beim Verwender der Körpersubstanzen gegeben, kann hinsichtlich der Einordnung als Angabe i. S. d. BDSG höchstens noch dahingehend differenziert werden, dass nur diejenigen Informationen unter den Begriff der Angabe fallen sollen, auf die die Verwendungsabsicht ganz konkret gerichtet ist.132 Bezüglich der Urinprobe würde dies bedeuten, dass als durch die Probenahme beschaffte Daten lediglich diejenigen Urinwerte anzusehen wären, zu deren Ermittlung die Probenahme erfolgt ist. Sämtliche in der Probe enthaltenen Informationen, die nicht im Rahmen der Dopinganalyse ermittelt werden, wären hiernach nicht von der Datenqualität der Probe erfaßt. Diese Differenzierung hätte zwar den Vorteil, dass für die Diskussion um die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Datenverwendung nur noch diejenigen Informationen relevant wären, auf die die Aufbewahrung der Probe konkret abzielt. Da jedoch auch die weiteren in der Probe enthaltenen Informationen von der Probenahme miterfaßt sind und durch die Aufbewahrung der Probe dem Zugriff der Analytiker ausgeliefert sind, müssen sie entsprechend dem Schutzzweck des BDSG, der auf einen umfassenden Schutz personenbezogener Daten ausgerichtet ist, vom Angabenbegriff erfasst sein. Ein engeres Verständnis des vom BDSG verwendeten Angabenbegriffes, das Körpersubstanzen trotz der Absicht ihrer Verwendung zu Kommunikationszwecken oder von einer Verwendung betroffene Informationen wegen des Fehlens einer diesbezüglichen Verwendungsabsicht nicht erfasst, hätte zur Konsequenz, dass der Umgang mit personenbezogenen Informationen in erheblichem Umfang, nämlich immer dann, wenn die Informationsmasse bereits beschafft, die Informationen aber noch nicht herausgelesen wären oder ein Herauslesen nach den Angaben des Verwenders nicht beabsichtigt wäre, dem Schutz durch das BDSG entzogen würden. 131 132

U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 5. Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 19.2.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Die in der Urinprobe verkörperten Einzelangaben betreffen auch die persönlichen Verhältnisse der Sportler: Angaben über persönliche Verhältnisse sind solche über den Betroffenen selbst, die seiner Identifizierung und Charakterisierung dienen133, insbesondere Erscheinungsbild, Aussehen, Gesundheitszustand u. ä.134 Mit Rücksicht auf die in Art. 2 Lit. a EG-Datenschutzrichtlinie enthaltene Aufzählung sind zu den persönlichen Verhältnissen i. S. d. § 3 I BDSG solche Verhältnisse der Person zu zählen, „die Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität sind“. Die in der Probe enthaltenen Informationen geben Auskunft über einzelne Aspekte der Physiologie des Probanden. Wenn sie auch nicht dazu bestimmt sind, über Krankheit oder Gesundheit zu befinden, betreffen sie doch ebenfalls die körperliche Beschaffenheit und lassen in jedem Fall Schlüsse auf das gesundheitliche Befinden der Athleten zu, so dass sie den Gesundheitsdaten gleich zu behandeln sind. Der Bezug zur Person des konkreten Probanden bleibt trotz der Pseudonymisierung der Dopingproben unmittelbar nach ihrer Abnahme dadurch erhalten, dass der zu der Probe gehörige Athlet durch Hinzuziehung des Kontrollprotokolls, auf dem sich der Nummerncode der Probe und der Name des Athleten finden, jederzeit bestimmt werden kann.135 Zwar kann die Bestimmbarkeit der zu einem Datum gehörigen Person zu verneinen sein, wenn der Bezug eines Datums zum Betroffenen von der datenverwendenden Stelle nicht mit den ihr normalerweise zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln und nur mit unverhältnismäßigen Aufwand hergestellt werden kann. Die Bestimmbarkeit kann demnach von Person zu Person je nach Kenntnissen und Hilfsmitteln verschieden zu beurteilen sein. Der Begriff des Personenbezugs ist insoweit ein relativer Begriff. Die Zuordnung der Dopingprobe während der Behandlung der Probe im Labor ist der für den Analyseauftrag verantwortlichen Organisation, die als Auftraggeberin der Auftragsverarbeitung durch das Dopinglabor verantwortliche Stelle i. S. d. BDSG bleibt, allerdings jederzeit unter Hinzuziehung des Dopingkontrollprotokolls möglich, auf dem der Name des Probanden und die Probennummer zusammen festgehalten sind. Durch die Trennung von Probe und Kontrollprotokoll unmittelbar nach Abschluss der Probenahme und – den regelgerechten Ablauf des Verfahrens vorausgesetzt – die weiterhin strikt voneinander getrennte 133 Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 2.4; vgl. auch die umfangreiche Beispielsaufzählung bei U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 10 ff. 134 U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 11. 135 Anders als bei der Anonymisierung, bei welcher der Bezug der personenbezogenen Daten zu einer bestimmten Person entweder ireversibel oder doch zumindest nur mit außergewöhnlich hohem Aufwand wiederherstellbar zerstört wird, wird die Verbindung der Daten zu bestimmten Personen bei der Pseudonymisierung durch die Verwendung von Pseudonymen anstelle der Namen der Betroffenen lediglich verschleiert.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Aufbewahrung ist lediglich gewährleistet, dass die Pseudonymisierung der Probe vor der Übergabe an die Analytiker gelingt und der Proband von den Labormitarbeitern nicht identifiziert werden kann. Wenn auch die Zuordnung von Probe und Proband nach den einschlägigen Regeln erst und nur dann wieder erfolgt, wenn die Analyse der A-Probe zu einem positiven Ergebnis geführt hat, über das der Verband und der Athlet unterrichtet werden müssen, wird die Bestimmbarkeit des Spenders durch die Pseudonymisierung daher nicht soweit erschwert, dass der Personenbezug entfiele. Zu berücksichtigen ist an dieser Stelle zudem, dass der Erfolg der Pseudonymisierung durch die Trennung der codierten Probe vom Kontrollprotokoll nicht in jedem Fall gewährleistet ist. Für bestimmte Beteiligte bleibt die Probe aufgrund ihrer Kenntnisse identifizierbar, z. B. für ein Mitglied des Kontrollpersonals, das sich die Nummer der Probe eines bestimmten Athleten gemerkt hat. Für andere bleibt der Personenbezug aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Hilfsmittel herstellbar, beispielsweise für den Verantwortlichen beim Verband, der sich im Besitz derjenigen Formulare befindet, die Namen und Probennummern miteinander verbinden, und der jederzeit Zugang zu den Proben hat. Auch die „indirekte Identifizierung“ kann wohl selten mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden: Selbst wenn eine Probe im Labor kodiert ankommt, bleibt sie identifizierbar, wenn sie einzigartige Abnormitäten aufweist und das Labor in der Vergangenheit bereits eine Probe mit derselben einzigartigen Abnormität einem bestimmten Probanden zuordnen konnte. Genauso macht dem sportinteressierten Laboranten die einigermaßen sichere Identifizierung einer aus Timbuktu kommenden Probe keine Schwierigkeiten, wenn er zuvor in der Presse gelesen hat, das der Superstar X sich als einziger Athlet Timbuktu als Trainingsland ausgewählt hat. Zu beachten ist darüber hinaus und vor allem, dass auch das BDSG selber offenkundig nicht von der Eliminierung des Personenbezugs durch die Pseudonymisierung ausgeht, da es den Datenverwender auch im Falle der Pseudonymisierung nicht von der Pflicht zur Beachtung des informationellen Selbstbestimmungsrechts und der Bestimmungen des BDSG entbindet, sondern die Pseudonymisierung lediglich als Mittel zur Abmilderung des mit der Datenverwendung verbundenen Persönlichkeitsrechtseingriffs ansieht. Der Personenbezug wird hiernach nicht durch die Pseudonymisierung der Proben zerstört. Da die in der Urinprobe enthaltenen Informationen den Gesundheitszustand und eventuelle Medikationen des Sportlers betreffen und der notwendige Personenbezug des Datums Urinprobe aufgrund der Zuordenbarkeit zu dem getesteten Athleten gegeben ist, stellt die Urinprobe ein personenbezogenes Datum i. S. d. § 1 BDSG dar.136 136

So auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 18.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Die Beschaffung der Urinprobe erfüllt den Tatbestand der Datenerhebung i. S. d. §§ 1 II Nr. 3, 3 III BDSG, wenn man die Probe selber als Datum ansieht. Andernfalls stellt sich die Probenahme neben der Probenanalyse als ein Teilakt der Datenerhebung dar, die die Ermittlung der in der Urinprobe enthaltenen Wirkstoffe bedeutet, da sie die beteiligten Stellen im Zusammenspiel mit der Probenanalyse in den Besitz der Information über den körperlichen Zustand des Probanden bringt. Die Urinprobe wird nach der Probenahme in eine Sammlung gleichartiger Proben eingereiht, die entsprechend den einschlägigen Verbandsvorgaben nach Aund B-Probe und bezüglich der Kontrolldokumente gleichartig aufgebaut ist. Die Erhebung geschieht somit zum Zwecke der Nutzung der Informationen in einer nicht automatisierten Datei. Der räumliche Anwendungsbereich des BDSG ist eröffnet, wenn die Probenahme im Inland erfolgt, es sei denn, sie wird von einer in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR belegenen verantwortlichen Stelle und dabei nicht von einer deutschen Niederlassung dieser Stelle durchgeführt (§ 1 V 1 BDSG). Die Bestimmungen des BDSG sind daher zu beachten, wenn die Datenerhebung im Wege einer Dopingkontrolle durch die PWC GmbH im Auftrag eines deutschen Verbandes oder der NADA in Deutschland erfolgt. Führt ein Kontrollunternehmen im Auftrag einer ausländischen Stelle Dopingkontrollen in Deutschland durch, gilt hinsichtlich der Anwendbarkeit des BDSG Folgendes: Werden dem Kontrollunternehmen in der Vereinbarung mit der beauftragenden Stelle keine eigenen Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich der Art und des Umfangs der Datenverwendung eingeräumt, ist gemäß § 3 VII BDSG der Auftraggeber, nicht aber das Kontrollunternehmen verantwortliche Stelle, da es die Daten nicht „für sich“ verwendet.137 Dies gilt unabhängig davon, ob die beauftragende Stelle in Deutschland, im EU- oder EWR-Raum oder im sonstigen Ausland belegen ist, da das BDSG für deutsche Stellen ohnehin und für Stellen in Drittstaaten gemäß § 1 V 2 BDSG gilt und im Falle von EU- oder EWR-Staaten ein gleichwertiges Datenschutzniveau infolge der EG-Datenschutzrichtlinie gewährleistet ist. In all diesen Fällen bleibt das Kontrollunternehmen nach § 3 VIII 3 BDSG nur ausnahmsweise dann verantwortliche Stelle, wenn es die Urinprobenahme weder in Deutschland noch in einem anderen EU- oder EWR-Mitgliedstaat durchführt.138 Liegt der zuletzt genannte Ausnahmefall nicht vor, gelten bezüglich der ausländischen Stelle die Maßgaben des BDSG für die verantwortliche Stelle, es sei denn, die ausländische Stelle ist in einem EU- oder EWR-Staat be137 H. Auernhammer, BDSG (3. Aufl. 1993), § 3 Rn. 49; a. A. U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 228, allerdings ohne Erläuterung, was der Passus „für sich“ in § 3 VII BDSG dann bedeuten soll. 138 S. Walz, in: S. Simitis, BDSG, § 11 Rn. 16.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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legen und agiert hierbei nicht von einer deutschen Niederlassung aus (§ 1 V 1 BDSG). Für das Kontrollunternehmen ist das BDSG in dem von § 11 BDSG vorgegebenen Umfang beachtlich. Wird dem Kontrollunternehmen nicht nur der technische Datenerhebungsvorgang zur Erledigung übertragen, sondern erhält es darüber hinaus eigene Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich der Datenverwendung – etwa die Befugnis zur Entscheidung darüber, an welche Stelle die Urinprobe weitergeleitet wird – ist das Kontrollunternehmen selber verantwortliche Stelle für die Datenerhebung. Das BDSG findet in diesem Fall auf die Urinprobenahme in Deutschland nur dann keine Anwendung, wenn das Kontrollunternehmen in einem anderen EUoder EWR-Staat belegen ist und die Kontrolle nicht von einer deutschen Niederlassung durchgeführt wird (§ 1 V 1 BDSG). Soweit nach den vorstehenden Ausführungen die Urinprobenahme von den Regelungen des BDSG erfasst wird, was insbesondere in der für deutsche Athleten typischen Kontrollkonstellation – Kontrollauftrag der NADA oder des zuständigen Verbands an die PWC GmbH oder ein anderes deutsches Kontrollunternehmen zur Vornahme einer Kontrolle in Deutschland – der Fall ist,139 sind bei ihrer Durchführung die allgemeinen BDSG-Bestimmungen zu beachten, die für sämtliche Datenverwendungen durch öffentliche wie durch nicht-öffentliche Stellen gelten, sowie darüber hinaus die besonderen Maßgaben der §§ 27 ff. BDSG für Datenverwendungen nicht-öffentlicher Stellen. bb) Relevante Maßgaben des BDSG (1) Gestattungstatbestand (§ 4 I BDSG) Die Verbände müssen sich zur Legitimation der Datenerhebung auf einen Gestattungstatbestand stützen können, der gemäß § 4 I BDSG in einer Einwilligung des Athleten oder in einer gesetzlichen Erlaubnis oder Anordnung liegen kann. (a) Einwilligung Die Einwilligung kann im Rahmen eines Vertrages zwischen Verein oder Verband und Sportler erteilt werden, der auf die Vergabe einer Lizenz oder auf die Teilnahme an einem speziellen Wettkampf oder auch auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Verein und Sportler ausgerichtet sein kann. Die Einwilligung des Sportlers in die Probenahme kann des Weiteren anlässlich des Vereinsbeitritts durch die Unterwerfung unter die Vereinsregelwerke erfolgen, soweit die Verpflichtung zur Duldung der Urinprobenahme im Zeitpunkt des Ver139 Hiervon geht offensichtlich auch der Bundesdatenschutzbeauftragte aus, wenn er die Pseudonymisierung der Proben vor der Weiterleitung an die Labore fordert, vgl. P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 10.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

einsbeitritts bereits wirksam im Vereinsrecht installiert ist. Ändert der Verein erst nach dem Beitritt des Sportlers sein Regelwerk dahingehend, dass die Pflicht zur Abgabe der Urinprobe eingeführt wird, kann die anlässlich des Beitritts erklärte Zustimmung zur Geltung der Vereinsbestimmungen für und gegen den Athleten allerdings nicht als Einwilligung in die Neuregelungen über die Urinprobe herangezogen werden. Da die Eingriffsregelung im Moment der Erklärung der Zustimmung noch nicht Bestandteil des Vereinsrechts und damit Objekt der Zustimmung war, fehlt es am erforderlichen unmittelbaren Bezug der Zustimmung auf die Kontrollregelung. Auch die normähnliche Wirkung des Vereinsrechts führt in dieser Situation nicht zur Rechtfertigung durch die beim Vereinsbeitritt erklärte Unterwerfung, da vereinsrechtliche Bestimmungen nicht unter den Begriff der Rechtsvorschrift i. S. d. § 4 I BDSG subsumiert werden können.140 Hat der Sportler in diesem Fall nicht selber – etwa im Rahmen eines Mitgliederentscheids – freiwillig und auch sonst wirksam der Regeländerung zugestimmt, kann die Datenerhebung nur noch auf der Grundlage einer gesonderten Zustimmung vor der Probenahme oder über eine gesetzliche Erlaubnis oder Anordnung erfolgen.141 Probleme mit der von § 4a I 3 BDSG geforderten Schriftform der Einwilligung ergeben sich nicht, wenn der Athlet den Regelungen über die Urinkontrolle im Wege einer schriftlichen Beitrittserklärung zum Verein, in der auf die einschlägigen Regelungen Bezug genommen wurde, oder im Rahmen eines schriftlichen Lizenz-, Wettkampf- oder Arbeitsvertrages zugestimmt hat. In diesen Fällen ist lediglich § 4a I 4 BDSG zu beachten, demzufolge die Einwilligung in die Datenverwendung neben weiteren Erklärungen wie etwa der Beitrittserklärung zum Verein oder der Unterwerfung unter sonstige Verbands- oder Wettkampfbestimmungen besonders hervorgehoben sein muss.142 Demgegenüber wird die Möglichkeit einer konkludenten Zustimmung zur Durchführung der Urinkontrolle durch § 4a I 3 BDSG vereitelt. Besondere Umstände, die in Anwendung des zweiten Halbsatzes der Vorschrift zur Entbehrlichkeit der Schriftform führen, sind im Zusammenhang mit der Zustimmung zur Urinkontrolle kaum vorstellbar.143 Die Situation vor der Durchführung der Urinprobe ist im Allgemeinen nicht so beschaffen, dass keine Zeit mehr bleibt, die erforderliche schriftliche Einwilligungserklärung vom Sportler unterzeichnen zu lassen. 140

Vgl. oben B.II.1.b)aa)(3). So auch U. Haas, SpuRt 2000, 137, 140, für satzungsmäßige Schiedsklauseln, wenn er derartige Klauseln als hinreichend legitimiert ansieht, soweit sie im Moment des Vereinsbeitritts bereits in der Satzung enthalten waren, hingegen für nach dem Beitritt eingefügte Schiedsklauseln eine gesonderte Zustimmung der Vereinsmitglieder empfiehlt. 142 Nach P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 17, ist insoweit die klar erkenntliche Abhebung vom übrigen Text durch eine fette Schrifttype ausreichend. 143 Auf den restriktiven Charakter des § 4a I 3 BDSG verweist auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 17. 141

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Die Einwilligung der Athleten zielt ab auf die Gestattung der Beschaffung von Informationsmasse zur Person der Sportler, anhand derer etwa auch Medikamentierungen und das Vorliegen oder auch Nichtvorliegen sonstiger Besonderheiten des Gesundheitszustands der Athleten festgestellt werden können. Die genannten Informationen fallen unter den Begriff der Gesundheitsdaten i. S. d. § 3 IX BDSG,144 so dass bezüglich des Inhalts der Einwilligungserklärung § 4a III BDSG zu beachten ist.145 Hiernach muss in der Einwilligung aufgeführt sein, welche der in § 3 IX BDSG aufgeführten Daten im Zuge der Probenahme erhoben werden.146 Konkret bedeutet dies für die Einwilligung in die Verpflichtung zur Abgabe der Urinprobe, dass im Text der Einwilligungserklärung dargelegt sein muss, welche gesundheitsrelevanten Informationen über den Sportler aus der Urinprobe gewonnen werden. Des Weiteren muss in der Einwilligung festgehalten sein, in welchem Kontext die aus der Urinprobe ermittelten Gesundheitsinformationen unter welchen Bedingungen für welche Zwecke verwendet werden sollen.147 Hiernach ist es erforderlich, dass in der Einwilligung sämtliche weiteren Verwendungsvorgänge in Bezug auf die Probe selber – Weiterleitung der Probe ans Analyselabor, Behandlung im Labor, Behandlung der Probe nach durchgeführter Analyse – wie auch auf die aus der Probe analysierten Informationen – Details zur Durchführung der Analyse im Hinblick auf die zu untersuchenden Werte und Besonderheiten, Kreis der von den (pseudonymisierten und nicht pseudonymisierten) Ergebnissen Kenntnis nehmenden Personen, Anlass der Kenntnisnahme durch die verschiedenen Beteiligten, im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit vorgesehene Veröffentlichungen, Ziel und Zweck jedes einzelnen Datenverwendungsvorgangs usw. – aufgeführt sind. Angesichts des Umfangs, den die Einwilligungserklärung bei Berücksichtigung aller genannten und aller darüber hinaus notwendigen Punkte anzunehmen droht, liegt es nahe, über eine „Verweisungslösung“ nachzudenken, die sich hinsichtlich des Inhalts der Einwilligungserklärung mit einem Verweis auf die Detailregelungen der Verbandsregelwerke beschränkt. Mit Blick auf die Intention des § 4a III BDSG, die darauf abzielt, das Bewusstsein des Betroffenen hinsichtlich der Tragweite seiner Einwilligung zu gewährleisten, ist an dieser Stelle zwar eine pauschale Zustimmung zu sämtlichen Datenverwendungen, die in den Vereinsregelwerken vorgesehen sind, nicht ausreichend. Da andererseits eine Einwilligung, die sämtliche Verbandsregelungen zur Verwendung der Sportlerdaten nochmals wiederholte, ein Ausmaß annehmen würde, durch welches ebenfalls die Kenntnisnahme von den Einzelheiten gefährdet wäre, muss insoweit aber ein seiner Reichweite nach eindeutig gefass144 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 260; P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 7. 145 P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 17. 146 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 87; Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 19.3. 147 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 87.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

ter Verweis auf die entsprechenden Verbandsbestimmungen ausreichen. Auch im Falle eines derartigen Verweises müssen allerdings Umfang und Intensität des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen im Wesentlichen aus dem Einwilligungstext selber hervorgehen, da andernfalls die Warnfunktion, die durch die von § 4a III BDSG vorgesehenen besonderen Anforderungen an die Einwilligung in sensitive Daten erzielt werden soll, nicht hinreichend erfüllt würde. Aufgrund der fundamentalen Bedeutung, die der Kenntnis vom Umfang des Rechtseingriffs für die inhaltliche Reichweite der Einwilligung zukommt, und mit Blick auf die besondere Schutzwürdigkeit sensitiver Daten, der durch § 4a III BDSG Genüge getan werden soll, muss die Missachtung der Anforderungen des § 4a III BDSG jedenfalls dann zur Unbeachtlichkeit einer erklärten Einwilligung führen, wenn der Betroffene in einem späteren Streit um die Wirksamkeit der Einwilligung einwendet, er sei anlässlich ihrer Einholung durch den Verband über die strittige Datenverwendung nicht so ausreichend unterrichtet worden, dass ihr Umfang und ihre Intensität für ihn absehbar gewesen wären. Hinsichtlich der Kriterien, nach denen die Freiwilligkeit der Zustimmung des Athleten zur Durchführung der Urinkontrolle i. S. d. § 4a I 1 BDSG zu beurteilen ist, gilt das oben148 zur Unterwerfung unter das Dopingkontrollregime im Allgemeinen Gesagte entsprechend. Im Ergebnis kommt es für die Wirksamkeit der Einwilligung unter dem Aspekt der Freiwilligkeit hiernach darauf an, ob die Verbände und Veranstalter ein gegenüber den persönlichkeitsrechtlichen und sonstigen Interessen der Sportler an der Unterlassung der Urinkontrollen überwiegendes Interesse an ihrer Durchführung geltend machen können. Als gegenläufige Interessen der Athleten kommen wiederum ihre von Art. 2 I GG geschützte Handlungsfreiheit, ihre von Art. 9 I GG garantierte individuelle Vereinigungsfreiheit, ihre Berufsfreiheit gemäß Art. 12 I GG und ihr auf die Art. 2 I, 1 I GG gestütztes allgemeines Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung in Betracht. Beschränkt man den Blick auf den Aspekt der Informationsbeschaffung, der im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit der Urinprobenahme mit dem BDSG allein Gegenstand der Betrachtung sein kann, ist eine Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit der Sportler nicht erkennbar. Die Möglichkeit der Athleten, zu tun und zu lassen, was sie wollen, wird durch den Umstand, dass die Verbände Informationen über die Sportler in ihre Verfügungsgewalt bekommen, nicht eingeschränkt. Zwar ist die Probenahme insofern mit einer Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit der Athleten verbunden, als die Athleten sich zur Kontrollprozedur zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort einzufinden haben oder zumindest daran gehindert sind, sich an andere Orte 148

Vgl. oben B.I.2.b)cc)(2).

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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zu begeben. Die mit dem praktischen Ablauf der Probenahme verbundenen Handlungszwänge sind jedoch für die Frage nach der Vereinbarkeit der Probenahme mit den Bestimmungen des BDSG irrelevant. Sie können bestenfalls bei der Überprüfung des Kontrollablaufs am Maßstab des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Rolle spielen. Soweit der Zwang zur Duldung der Informationsbeschaffung mit dem Beitritt der Sportler zum Verein verknüpft ist, stellt er sich als mit dem Vereinsbeitritt verbundene Sanktion und damit als mögliche Beeinträchtigung der individuellen Vereinigungsfreiheit der Athleten dar. Allerdings ist an dieser Stelle der grundrechtliche Schutz der individuellen Vereinigungsfreiheit im Verhältnis zum Schutz der kollektiven Vereinigungsfreiheit abzugrenzen: Die individuelle Vereinigungsfreiheit gewährt dem Einzelnen das Recht, sich nach freiem Belieben bestehenden Vereinigungen anzuschließen oder auch selber neue Vereinigungen zu gründen. Bereits bestehende Vereinigungen, zu denen ein Beitritt begehrt wird, stehen dem Beitrittswilligen allerdings in dem Zustand gegenüber, in dem sie sich im Moment des Beitrittsbegehrens befinden. Dieser Zustand wird insbesondere durch die rechtliche Verfassung und die sonstigen Regelungen über die Rechte und Pflichten der Mitglieder geprägt. Art. 9 I GG sichert dem Einzelnen lediglich die freie Entscheidung darüber zu, ob er einer dieser Vereinigungen in ihrem jeweiligen selbst verfassten Zustand beitreten möchte. Demgegenüber bewirkt die individuelle Vereinigungsfreiheit keine Beschränkung der kollektiven Vereinigungsfreiheit dahingehend, dass aus dem Grundrecht der individuellen Vereinigungsfreiheit ein Anspruch gegen die Vereinigung abgeleitet werden könnte, ihre Regeln nach den Wünschen des Beitrittswilligen abzuändern. Die kollektive Vereinigungsfreiheit gewährt den zusammengeschlossenen Einzelnen in ihrer Gesamtheit das Recht, die Zwecke und Rechtsverhältnisse der Vereinigung festzulegen und hierdurch die für die Entstehung der Vereinigung und ihre Selbstdefinition und somit für die Existenz der Vereinigung als solcher maßgeblichen Grundsteine zu setzen. Sie geht hiernach der individuellen Vereinigungsfreiheit vor, da sie das Fundament der Vereinigungen darstellt, auf die sich die individuelle Vereinigungsfreiheit in der Ausprägung der Beitrittsfreiheit überhaupt erst beziehen kann. Aus der Unterwerfung unter die Regelwerke der Vereinigung resultierende Belastungen des Beitrittswilligen stellen hiernach keine Beeinträchtigung seiner individuellen Vereinigungsfreiheit dar. Nach den vom BVerfG in seinem sogenannten Apothekerurteil zu Art. 12 GG aufgestellten Maßstäben kommt dem Zwang zur Duldung der Informationsbeschaffung durch die Urinprobenahme das Gewicht einer Berufsausübungsregelung zu. Die Verpflichtung zur Duldung der mit der Probenahme bezweckten Datenerhebung zielt bereits ihrem Regelungsgehalt nach nicht auf den Zugang zum Beruf des Profisportlers ab, sondern erlegt den Athleten Duldungspflichten auf, die sie unabhängig von der Zulassung zur Teilnahme am Profisportbetrieb zu erfüllen haben. Auch als Berufsausübungsregelung bewegt sie sich im Gegensatz

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

zu Vorschriften, die unmittelbar die Art und Weise der beruflichen Tätigkeit betreffen, vergleichsweise weit vom Kern des Grundrechts auf freie Berufsausübung entfernt, da sie lediglich die Pflicht zur Duldung von Eingriffen in andere Rechte mit der Berufsausübung verbindet. Ihr maßgebliches Gewicht als Beeinträchtigung der Rechte der Athleten bezieht die Pflicht zur Duldung der Informationsbeschaffung daher auch nicht aus ihrem Charakter als Berufsausübungsregelung, sondern aus ihrer Wirkung als Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten. Diese Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten ist allerdings durchaus als schwergewichtig anzusehen. Zwar kommt die mit der Weiterverbreitung der in der Urinprobe enthaltenen Informationen über den Sportler verbundene Gefahr in diesem Stadium der Informationsverarbeitung deshalb noch nicht voll zur Geltung, da die Daten noch nicht für jedermann lesbar, sondern nur quasi in Urinform verschlüsselt vorliegen, so dass die unausgewertete Probe noch keinerlei sensible Informationen über den Probanden preisgibt. Die Brisanz der Urinprobe als Informationsmasse liegt jedoch in der Art der Informationen begründet, die aus dem Urin herausanalysiert werden können. Angefangen bei eventuellen Medikamentierungen – darunter auch die Anwendung von Dopingmitteln – über Symptome für das Vorhandensein bestimmter Krankheiten bis hin zu DNA-Material, anhand dessen die Erbanlagen des Betroffenen analysiert werden können, ermöglicht die Urinprobe die Kenntnisnahme von Umständen des Probanden, deren Bekanntwerden über den Tag und über die berufliche Sphäre hinaus von entscheidender Bedeutung für seinen weiteren Lebensverlauf sein kann. Steht somit in Form der Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts ein schwerwiegender Rechtseingriff im Raum, ist insoweit gewichtsmindernd zu berücksichtigen, in welcher Gesamtsituation die Beeinträchtigung der Rechtspositionen der Athleten geschieht und auf welche Weise es zur Entstehung der Konfliktsituation kommt. Wie vom BVerfG in seiner Entscheidung zur automatischen Kennzeichenerfassung149 ausgeführt, spielt für die Bewertung der Intensität eines Grundrechtseingriffs nicht zuletzt die Frage eine Rolle, ob der Eingriff anlassbezogen erfolgt. Wenn auch die Unschuldsvermutung es verbietet, den Sportlern beim Fehlen von Dopingkontrollen die Anwendung von Dopingpraktiken zu unterstellen, sind dennoch sie es, die den Anlass für die damit verbundenen Rechtseingriffe setzen. Denn die Unterwerfung der Athleten unter das Dopingkontrollregime wird überhaupt erst in dem Moment und deshalb erforderlich, in dem und weil diese Zugang zur Welt der Sportvereinigungen suchen, welche zuvor in Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen Rechte von den Vereinen nach deren Vorstellungen ausgestaltet ist. Das Prinzip, dass derjenige, der als neuer Mitspieler an einem laufenden Spiel teilnehmen 149

BVerfGE 120, 378 ff. = NJW 2008, 1505, 1507.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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möchte, sich den vorhandenen Regeln zu fügen hat, findet auf diese Weise auch in der Abwägung der Interessen für und wider die Dopingkontrollmaßnahmen Anwendung. Des Weiteren lässt sich den Ausführungen des BVerfGs im Urteil zur automatischen Kennzeichenerfassung entnehmen, dass für die Bewertung der Intensität des Rechtseingriffs neben den möglichen Konsequenzen, die der Eingriff für den Betroffenen theoretisch haben kann, auch die Zweckbindungen zu berücksichtigen sind, durch welche diese Konsequenzen eingegrenzt werden sollen.150 Hiernach ist es das Eine, welche Verwendungsmöglichkeiten einer Informationserfassung innewohnen, jedoch das Andere, ob die Informationserfassung tatsächlich auf die entsprechenden Verwendungen abzielt. Gerade mit Blick auf die Beschaffung von Körpersubstanzen zu Zwecken der Dopinganalyse besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Eingriffsintensität, wie sie sich bei Berücksichtigung aller Auswertungsmöglichkeiten darstellt, und der Eingriffsintensität, die ausweislich der Reglements beabsichtigt ist. Geht man – dem BVerfG folgend – davon aus, dass die möglichen nachteiligen Konsequenzen auch bezüglich der Probenahme als dem Ausgangseingriff in gewisser Weise gewichtserhöhend wirken, jedoch die gemäß Reglement beabsichtigte Verwendung maßgeblich ist, relativiert sich die auf den ersten Blick große Gefahr für das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler. Für die Eingriffsbewertung stehen hiernach die beabsichtigten Dopinganalysen im Vordergrund, während die Gesundheitsdaten, die sonst noch aus der Urinprobe herausgelesen werden könnten, zurücktreten. Die Überlegungen, welche Interessen sich zur Rechtfertigung der Informationsbeschaffung über die Urinprobe anführen lassen, können mit einem Zitat der ehemaligen deutschen Weltklasse-Schwimmerin Franziska van Almsick eröffnet werden. Auf das deutsche Dopingkontrollsystem und seine Dopingkontrolleure angesprochen, antwortete sie, von ihr aus sollten die jeden Tag kommen, wenn sie damit beweisen könne, dass sie absolut clean sei.151 Mit demselben Tenor hatte sich zuvor bereits der ehemalige Schwimmweltmeister Rainer Henkel im Zusammenhang mit den Dopingvorwürfen Uli Eickes, des Leiters des Olympiastützpunktes Köln/Bonn/Leverkusen, im Gespräch um die Konsequenzen aus diesen Vorwürfen für seine Frau, die Hochsprung-Olympiasiegerin Heike Henkel, geäußert: Es könne doch kein Problem sein, sich Blut abnehmen zu lassen, jeder saubere Athlet freue sich doch, wenn er beweisen könne, dass er sauber sei.152 Tatsächlich stellt die Dopingkontrolle für die „sauberen“ Athleten ein Mittel dar, sich vor Beeinträchtigungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechtes zu schützen. Mag auch der Verweis auf überstandene Dopingkontrollen angesichts 150 151 152

BVerfG NJW 2008, 1505, 1509 ff. Vgl. FAZ v. 03.04.95, S. 27. FAZ v. 08.03.95, S. 33.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

der aktuellen Häufung von Dopinggeständnissen regelmäßig getesteter, aber niemals überführter Radfahrer offenkundig nicht als Beweis für die Unbescholtenheit dienen können, stellt er in Verbindung mit der Unschuldsvermutung doch nach wie vor ein Argument gegen Dopingbeschuldigungen dar, mit dem diese in den meisten Fällen zum Verstummen gebracht werden können. Diese persönlichkeitsschützende Wirkung ist im Rahmen der Abwägung zugunsten der Durchführung von Urinkontrollen und damit auch der Informationsbeschaffung zu berücksichtigen, der die Urinprobenahme dient. Können die Athleten gegen die Urinprobe die damit verbundene Gefährdung persönlicher Daten von existentieller Wichtigkeit einwenden, sind allerdings aufseiten der Verbände und Veranstalter ebenfalls existentielle Fragen betroffen. Wie bereits weiter oben153 ausgeführt, besteht der Zweck der Sportvereinigungen nicht nur einfach in der Förderung jeglichen Sports. Im Rahmen der Selbstbestimmungsrechte, die ihnen die Vereinsautonomie verleiht, haben sich die Sportverbände vielmehr darauf festgelegt, dass sie sich nur dem dopingfreien Sport widmen wollen. Da der dopingfreie Sport mit einer ganzen Reihe von ethischmoralisch hochstehenden Begriffen wie etwa Chancengleichheit, Fairness, Wille zu ehrlicher Leistung, Durchhaltevermögen und ähnlichen Idealen verbunden wird, während sich der gedopte Sport in der Ecke der Trickserei und des betrügerischen Verhaltens, der Rücksichtslosigkeit gegen sich selbst und andere, der Profitgier und vergleichbarer Negativbegriffe wiederfindet, stellen der dopingfreie und der gedopte Sport auch nicht lediglich geringfügig unterschiedliche Abwandlungen ein und derselben Sache dar. Gedopter und dopingfreier Sport stehen sich vielmehr diametral als unvereinbare Gegensätze gegenüber. Mit Blick auf die Bedeutung, die der Entscheidung für die Dopingfreiheit und gegen Doping aufgrund ihrer ethischen Bezüge für die Selbstdefinition der Sportvereinigungen innewohnt, stellt sie einen wesentlichen Bestandteil des Seins der Sportverbände dar. Dieser Umstand hat zur Folge, dass der Verlust des Zweckes „Dopingfreiheit“ nicht nur zu einer geringfügigen Wesensänderung, sondern zu einem Identitätsverlust der Sportvereinigungen führen würde. Die Informationsbeschaffung über die Urinprobenahme stellt nach derzeitigem Stand von Wissenschaft und Technik den für die Sportler am wenigsten belastenden Weg dar, um in den Besitz eines Teils derjenigen Informationen zu gelangen, die zur Kontrolle der Dopingfreiheit der Athleten erforderlich sind. An dieser Stelle ist im Rahmen der Untersuchung der Urinabnahme unter dem Aspekt des informationellen Selbstbestimmungsrechts lediglich danach zu fragen, ob ein alternativer Kontrollmodus zur Verfügung steht, der ebenfalls die zur Feststellung eventueller Dopingverstöße notwendigen Informationen lieferte, dabei aber ein geringeres Maß an sonstiger, für die Dopingkontrolle irrelevanter Zusatzinformation zugänglich machte. Solange dies nicht der Fall ist, scheitert 153

Vgl. oben D.I.1.a).

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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die Annahme eines überwiegenden Interesses der Sportverbände an der Informationsbeschaffung im Wege der Urinprobe trotz der damit verbundenen Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Sportler nicht am Fehlen der Geeignetheit und Erforderlichkeit dieser Art der Informationsgewinnung. Im Ergebnis steht dem gewichtigen Interesse der Athleten am Schutz der Geheimhaltung äußerst intimer und bedeutsamer Informationen über Gesundheitszustand und Erbanlagen somit das noch gewichtigere Interesse der Sportvereinigungen an der Verhinderung des Verlustes ihrer Identität gegenüber. Vereinfacht ausgedrückt, geht es bei der Diskussion um die Zulässigkeit der in der Urinprobenahme liegenden Informationsbeschaffung für die Sportler um den Schutz ihrer informationellen Intimsphäre vor schwerwiegenden Beeinträchtigungen, für die Sportverbände jedoch um die Durchsetzung ihrer Verbandszwecke und damit um ihre Existenz. Mit Blick auf ihre Wirkung als Zustimmung zu dem bereits unmittelbar mit der Urinprobenahme einhergehenden Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten ist die Freiwilligkeit von den Sportlern erklärter Einwilligungen hiernach zu bejahen. Die Reichweite der Einwilligung der Athleten bestimmt sich im Streitfall anhand der Auslegung der Erklärung vom objektiven Empfängerhorizont aus. Sie wird – jedenfalls in strittigen Fällen, in denen sich der Sportler auf fehlende Kenntnis vom konkreten Umfang der beabsichtigten Datenverwendung im Moment der Einwilligungserklärung beruft – durch den Umfang der Information über die beabsichtigte Datenverwendung gemäß § 4a I 2 BDSG begrenzt. Die Folgen der Verweigerung der Einwilligung müssen den Athleten bei der Einholung der Zustimmung deutlich gemacht worden sein, was allerdings im Regelfall durch die Bezugnahme auf die Verbandsregelwerke, in denen die Folgen der Zustimmungsverweigerung erläutert sind, der Fall sein dürfte.154 (b) Gesetzliche Erlaubnis/Anordnung Mit Blick auf die vorstehend geschilderten Anforderungen, die erhebliche Risiken für die Wirksamkeit der Athleteneinwilligungen in die Informationsbeschaffung per Urinprobe bedeuten, ist die Frage von besonderem Interesse, ob die Zulässigkeit dieser Informationsgewinnung nicht auch auf anderem Wege als über die Zustimmung der Athleten begründet werden kann. Somit rückt auch in diesem Zusammenhang erneut die erste Alternative des § 4 I BDSG – Zulässigkeit aufgrund gesetzlicher Erlaubnis oder Anordnung – in den Mittelpunkt der 154 Vgl. auch S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 73 ff., der freilich bemängelt, dass der Gesetzeswortlaut eine Initiativbelehrung über die Folgen der Verweigerung durch den Datenverwender nur für Ausnahmefälle nahelegt.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Betrachtung. Wie bereits weiter oben155 ausgeführt, kommen im Zusammenhang mit Datenverwendungen der Verbände und Veranstalter zu Dopingkontrollzwecken nur die Bestimmungen des BDSG und hier wiederum nur die §§ 28 und 29 BDSG in Betracht, da insbesondere auch vereinsrechtliche Regelungen vom Begriff der Rechtsvorschrift gemäß § 4 I BDSG nicht erfasst sind. Hierbei gilt § 29 BDSG für geschäftsmäßige Datenverwendungen zum Zwecke der Übermittlung. Geschäftsmäßig i. S. d. § 29 BDSG erfolgt eine Datenverwendung dann, wenn die Daten selber als Geschäftsgegenstand wie eine Handelsware im Mittelpunkt der Tätigkeit des Datenverwenders stehen und diese Tätigkeit auf die Übermittlung der Informationen an Dritte abzielt, wie dies etwa im Bereich des Adresshandels der Fall ist,156 und die Nutzung im Rahmen einer auf Wiederholung gerichteten Tätigkeit erfolgt.157 Eine geschäftmäßige Datenverwendung liegt demgegenüber nicht vor, wenn die Verwendung nur als Hilfsmittel zur Erreichung anderer Ziele geschieht.158 Die Datenverwendung in Form der Probenahme durch die Kontrollunternehmen stellt eine Datenerhebung als Mittel für die Erfüllung anderer Zwecke im letztgenannten Sinne dar. Der Kern der Tätigkeit der Kontrollunternehmen besteht nicht in der Verwendung der Urinproben als Ware, wie auch die Übermittlung der Proben nicht den zentralen Zweck ihrer Tätigkeit darstellt. Der Umgang mit den Urinproben einschließlich ihrer Versendung nach Abschluss der Probenahme stellt lediglich eine notwendige Verwertungshandlung im Zusammenhang mit der eigentlichen Dienstleistung der Kontrollunternehmen dar, die in der Abwicklung der Probenahmen für die AntiDoping-Organisationen besteht. § 29 BDSG findet hiernach auf die Urinprobenahme durch die Kontrollunternehmen keine Anwendung. Wann sich eine Datenverwendung als i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses und insbesondere des Rechtsverhältnisses zwischen den Sportvereinigungen und den Sportlern erforderlich darstellt, ist weiter oben159 bereits näher beleuchtet worden. Hiernach stellt das Mitgliedschaftsverhältnis ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis im Sinne der Regelung dar, als dessen Zweckbestimmung neben dem Hauptziel der Sportverbände, das in der Förderung des Sports besteht, auch das Ziel eines dopingfreien Sports anzusehen ist. Erforderlich ist eine Datenverwendung hiernach dann, wenn sie zur Begründung oder Beendigung des Mitgliedschaftsverhältnisses oder zur Umsetzung der Zweckbestimmung „dopingfreier Sport“ und damit zu dessen 155

Vgl. oben B.II.1.b)aa). Zu den Voraussetzungen der geschäftsmäßigen Datenverwendung zum Zweck der Übermittlung vgl. E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 29 Rn. 1 ff. 157 E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 29 Rn. 49 ff. 158 E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 29 Rn. 1. 159 Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(a). 156

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Durchführung geeignet und erforderlich ist und keine im Hinblick auf die Wertigkeit dieser Zweckbestimmung unangemessene Rechtsbeeinträchtigung für den Betroffenen mit sich bringt. Im Hinblick auf die genannten Voraussetzungen des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG stellt sich erneut das Problem, dass nicht ohne weiteres ein Rechtsverhältnis zwischen der verantwortlichen Stelle und den Athleten besteht, da nicht zwangsläufig eine unmittelbare Rechtsbeziehung der Sportler zur NADA oder zum übergeordneten Verband als Auftraggeber der Probenahme, geschweige denn zum Dopingkontrollunternehmen selber gegeben ist. Das Rechtsverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG muss zwischen dem Betroffenen und der für die Datenverwendung verantwortlichen Stelle bestehen. Die Kontrollunternehmen sind verantwortliche Stelle allerdings nur dann, wenn sie ausnahmsweise hinsichtlich des Umfangs der Datenverwendung nicht ausschließlich fremdbestimmt und damit als Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG160 handeln, sondern über die technische Abwicklung der Datenverwendung hinaus hinsichtlich der Durchführung BDSG-relevanter Verwendungen der Daten entscheiden können. Dies setzt voraus, dass ihnen die für den Umfang der damit verbundenen Datenverwendungen relevanten, konkreten Umstände der Probenahme im Kontrollauftrag nicht abschließend vorgegeben sind, sondern sie diesbezüglich eigenständige Entscheidungen treffen können. Keine Auftragsverarbeitung liegt insbesondere in den Fällen der sogenannten Funktionsübertragung vor, bei der der Auftragnehmer Datenverwendungen gegebenenfalls als selber verantwortliche Stelle durchführt. Der Auftragnehmer ist hier nicht mehr Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG, weil die den Verarbeitungsvorgängen zugrunde liegenden Aufgaben oder Geschäftszwecke ganz oder teilweise an ihn mitabgegeben werden und er insbesondere über die technische Durchführung der Verarbeitung hinaus materielle vertragliche Leistungen mit Hilfe der überlassenen Daten erbringt.161 Demgegenüber ist die Auftragsverarbeitung dadurch gekennzeichnet, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung lediglich in ihrer „Hilfsfunktion“ für die Erfüllung der Aufgaben und Geschäftszwecke der verantwortlichen Stelle ausgelagert wird. Soweit die Kontrollunternehmen die Probenahme unter strikter Beachtung des Kontrollreglements der NADA oder der Kontrollbestimmungen eines Verbandes vorzunehmen haben, in denen der Umfang der Datenverwendung durch die Detailbestimmungen zur Probenahme abschließend geregelt ist, werden sie daher nicht als verantwortliche Stellen, sondern lediglich als Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG tätig. Verantwortliche Stellen sind in diesem Fall die Auftraggeber der Kontrollunternehmen, soweit sie nicht selber ebenfalls lediglich als Auftragsverarbeiter tätig sind. Wird der Kontrollauftrag von der 160 Zum Begriff der Auftragsdatenverarbeitung vgl. S. Walz, in: S. Simitis, BDSG, § 11 Rn. 12 ff., 17 ff., u. Gola/Schomerus, BDSG, § 11 Anm. 1.3. 161 S. Walz, in: Simitis, Bundesdatenschutzgesetz, § 11 Rn. 17.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

NADA erteilt, geschieht dies allerdings deshalb nicht im Rahmen einer Auftragsverarbeitung i. S. d. § 11 BDSG, da der NADA im Falle ihrer Beauftragung auf der Grundlage des NADA-Codes eine eigenständige Entscheidungsbefugnis darüber zukommt, welcher Athlet einer Kontrolle unterzogen wird. Bezogen auf den einzelnen Sportler entscheidet die NADA bereits über das Ob der Datenverwendung in Form der Probenahme, indem sie festlegt, welche Athleten zu Zielkontrollen herangezogen werden. Wird diese Entscheidung nicht durch die NADA als für die Kontrollorganisation zuständige Einrichtung, sondern durch einen übergeordneten Verband gefällt, ist dieser verantwortliche Stelle für die Datenverwendung in Form der Probenahme. Ist das Kontrollunternehmen (ausnahmsweise) selber verantwortliche Stelle, kommt eine Rechtfertigung der Datenverwendung nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG im Regelfall schon mangels einer unmittelbaren Rechtsbeziehung zwischen Sportler und Kontrollunternehmen im Sinne der Vorschrift nicht in Betracht. Auch die weiteren Gestattungstatbestände des § 28 I BDSG sind deshalb nicht einschlägig, da die in der Probenahme zu sehende Datenverwendung nicht als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke erfolgt, Die Verwendung als Mittel für eigene Geschäftszwecke setzt voraus, daß die Datenverwendung lediglich Unterstützungsfunktion für die eigentliche Geschäftstätigkeit des Verwenders hat.162 Demgegenüber ist die Probenahme selber bereits Bestandteil der Geschäftstätigkeit der Kontrollunternehmen, da sie zu dem Dienstleistungspaket gehört, das die Kontrollunternehmen gegen Entgelt für die Sportorganisationen erbringen. Des Weiteren stellt die Probenahme auch keine Übermittlung oder Nutzung im Sinne der §§ 28 II, III BDSG dar, sondern erfüllt den in § 3 III BDSG beschriebenen Tatbestand der Datenerhebung.163 Liegt daher keine wirksame Einwilligung vor, bleibt im Fall des Tätigwerdens des Kontrollunternehmens als verantwortliche Stelle i. S. d. BDSG nur noch die Rechtfertigung der Probenahme gemäß § 29 I 1 Nr. 1 BDSG. Ist die NADA oder ein übergeordneter Verband verantwortliche Stelle für die Datenerhebung in Form der Urinprobenahme und geschieht diese nicht auf der Grundlage einer gesonderten (Athleten-)Vereinbarung, fehlt es auch im Verhältnis zwischen Sportler und Verband oder NADA an dem von § 28 I 1 Nr. 1 BDSG vorausgesetzten rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnis, da die Annahme einer Mitglieds- oder mitgliedschaftsähnlichen Beziehung zwischen Athleten und Verbänden nicht begründet werden kann und eine solche Beziehung zwischen Athleten und NADA offenkundig nicht besteht.164 162

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28 Rn. 22. Die §§ 28 II und III BDSG sind auf Datenerhebungen nicht anwendbar, vgl. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 205 f., 208, u. Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 8.3 u. 8.4. 164 Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(a). 163

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Ebenso scheidet die Behandlung von Verband oder NADA als Auftragsverarbeiter aus, da diesen im Falle ihrer Verantwortlichkeit für die Durchführung der Dopingkontrollen eine eigenständige Entscheidungsbefugnis hinsichtlich des „Ob“ der Probenahme zukommt, indem sie auf die Auswahl der zu kontrollierenden Sportler Einfluss nehmen können (vgl. Art. 7.3 NADA-Code). Demgegenüber besteht die erforderliche Rechtsbeziehung zwischen Athlet und verantwortlicher Stelle unproblematisch dann, wenn zwischen NADA oder Verband und Sportler eine gesonderte Vereinbarung über die Durchführung der Urinkontrollen geschlossen worden ist. Die Probenahme ist in diesem Fall geeignet und erforderlich zur Durchführung der Kontrollvereinbarung. An der Eignung der Urinprobenahme zur Erlangung von Informationen über Dopingbelastungen der Athleten bestehen keine Zweifel, ist doch die Möglichkeit zum Nachweis von Dopingmitteln über eindeutige Spuren im Urin wissenschaftlich unumstritten. Auch die Erforderlichkeit dieser Informationsbeschaffung zur Umsetzung des Ziels der Dopingfreiheit steht nicht in Frage, solange keine Alternativprozeduren bereitstehen, durch die der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht seinem Umfang nach, beispielsweise durch die Beschränkung der Informationsgewinnung auf die zur Dopinganalyse tatsächlich benötigten Informationen, auf ein geringeres, immer noch geeignetes Maß reduziert werden kann. Problematisch erscheint auch im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung wiederum lediglich die Angemessenheit der Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts wegen der Sensitivität der in der Urinprobe enthaltenen Informationen über die Sportler. Tritt ein übergeordneter Verband als verantwortliche Stelle in Aktion, richtet sich das Ergebnis der im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung gebotenen Interessenabwägung ohne weiteres nach genau denselben Überlegungen, die bereits im Rahmen der Interessenabwägung zwecks Prüfung der Freiwilligkeit der Einwilligung der Athleten angestellt worden sind.165 Da der Verband ebenso wie der Verein das Ziel „dopingfreier Sport“ als Verbandszweck verfolgt, kann er sich auf die gleichen berechtigten Interessen berufen wie der Verein. Auch die Erforderlichkeit i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG ist deshalb trotz des schwerwiegenden Interesses der Sportler am Schutz des sensiblen Datenmaterials mit Blick auf den Identitätsverlust zu bejahen, den die Verbände erleiden würden, wenn sie den Verbandszweck „Dopingfreiheit“ wegen der Unerreichbarkeit der notwendigen Informationen über die Athleten nicht umsetzen könnten. Erfolgt die Urinprobenahme aufgrund einer Athletenvereinbarung mit der NADA, erscheint die Berufung auf die Interessen der Vereine und Verbände am Dopingverbot und der Dopingkontrolle per Urinprobe deshalb nicht ohne weiteres möglich, da die NADA im Unterschied zu den Verbänden keine Vereinigung 165

Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(a).

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i. S. d. Art. 9 I GG ist, deren Zweckverfolgung durch das Grundrecht der Vereinsautonomie geschützt wird. An dieser Stelle ist allerdings zu berücksichtigen, dass die NADA, wenn auch nicht als Auftragsverarbeiterin der Sportvereinigungen i. S. d. § 11 BDSG, so doch im Auftrag der Sportvereinigungen tätig wird und ihre Aktivitäten ausschließlich auf die Umsetzung der Interessen der Stifter und hier insbesondere der Sportvereinigungen ausgerichtet sind. Agiert die NADA somit als Vertreterin der Interessen der Sportvereinigungen, kann sie zur Rechtfertigung der damit verbundenen Rechtseingriffe auf deren überwiegende Interessen verweisen. Das Outsourcing des Dopingkontrollbetriebes bewirkt in diesem Sinne nicht, dass die dahinterstehenden Interessen der Verbände bei der Bewertung der Angemessenheit von Rechtseingriffen außer Betracht bleiben müssen. Es ist lediglich zusätzlich zu fragen, ob die Interessen der Athleten anders als im Fall der Kontrolldurchführung durch die Verbände selber infolge der Einschaltung der NADA deshalb überwiegen, weil diese Einschaltung zu zusätzlichen Rechtsbeeinträchtigungen führt, die für die Sportler nicht mehr hinnehmbar sind. Wird die Datenverwendung durch die NADA geeignet und erforderlich ausgestaltet, ist jedoch nicht erkennbar, dass durch die Beauftragung der NADA derart schwerwiegende zusätzliche Nachteile für die Athleten entstehen, dass die sonst zulässige Urinprobenahme hierdurch unzumutbar für sie würde. Daher kann sich auch die NADA im Falle einer Kontrollvereinbarung mit den Sportlern auf ein überwiegendes Interesse an der Durchführung der Urinprobenahme stützen, so dass die Probenahme auch in dieser Konstellation i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG erforderlich ist. Soweit Sportler und verantwortliche Stelle durch ein Mitgliedschaftsverhältnis oder eine vertragliche Kontrollregelung miteinander verbunden sind, kommt die Berufung auf § 28 I 1 Nr. 2 BDSG zur Rechtfertigung von Datenverwendungen de facto nur insoweit in Betracht, als diese zu anderen, nicht durch das Rechtsverhältnis mit den Athleten gedeckten Zwecken erfolgen sollen.166 Erfolgt die Datenverwendung nicht zu sonstigen Zwecken, sondern zu Zwecken der Sonderrechtsbeziehung zwischen den Parteien, kann ihre Gestattung nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG nur mangels Erforderlichkeit im Sinne der Vorschrift versagt werden. Da die Urinprobenahme nicht zu anderen, sondern zu Zwecken der Kontrollvereinbarung oder des Mitgliedschaftsverhältnisses durchgeführt wird, kann auch ihre Rechtfertigung gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG nur an der fehlenden Erforderlichkeit scheitern. Ist die Probenahme der Zweckbestimmung der Kontrollvereinbarung oder des Mitgliedschaftsverhältnisses nicht erforderlich i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG und deshalb mit § 28 I 1 Nr. 1 BDSG nicht vereinbar, kann sie nicht auf

166 Vgl. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 137. Nach Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 3.2, ist § 28 I 1 Nr. 2 BDSG im Rahmen eines Rechtsverhältnisses nach Nr. 1 insoweit anwendbar, als sich nicht aus dem Rechtsverhältnis die Unzulässigkeit der Datenverwendung ergibt.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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dem Umweg über § 28 I 1 Nr. 2 BDSG gerechtfertigt werden.167 § 28 I 1 Nr. 1 BDSG verdrängt in dieser Konstellation als lex specialis den § 28 I 1 Nr. 2 BDSG, da andernfalls die Datenverwendung entgegen der Wertung des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG in Missachtung des überwiegenden Unterlassungsinteresses des Betroffenen aus der zwischen den Parteien bestehenden Sonderrechtsbeziehung doch noch vorgenommen werden könnte. Besteht keine Sonderrechtsbeziehung i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zwischen Sportler und verantwortlicher Stelle, kommt demgegenüber die Rechtfertigung der Datenverwendung gemäß § 28 I 1 Nr. 2 BDSG in Betracht. Mit der Datenverwendung muss dann erstens die Wahrung berechtigter Interessen von der verantwortlichen Stelle verfolgt werden. Bei diesen Interessen kann es sich auch um ideelle Belange handeln, die allerdings eigene Belange der verantwortlichen Stelle sein müssen.168 Ein übergeordneter Verband kann sich daher auf den Verbandszweck „Verwirklichung eines dopingfreien Sports“ berufen. Er kann weiterhin geltend machen, dass ihm als Verband von seinen Mitgliedern die Aufgabe übertragen wurde, die Dopingkontrollen bei den Mitgliedern der zusammengeschlossenen Vereine durchzuführen. Ebenso kann die NADA sich auf ihre Stiftungszwecke und ihre Aufgabenstellung als Anti-Doping-Agentur und des Weiteren auf diejenigen Interessen berufen, die aufseiten der Sportvereinigungen an der Durchführung der Probenahmen bestehen, da sie als Auftragnehmerin der Verbände deren Interessen verfolgt. Die Datenverwendung muss zweitens zur Wahrung der berechtigten Interessen erforderlich sein. Die Erforderlichkeit i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG ist dann gegeben, wenn es zu der Datenverwendung keine objektiv zumutbare Alternative gibt.169 Dies ist im Hinblick auf die Urinprobenahme der Fall. Zum einen gibt es nach derzeitigem Stand schon keine anderweitige gleichwertige Erkenntnismöglichkeit zur Aufdeckung von Dopingverstößen. Zum anderen sind die übergeordneten Verbände und die NADA auch durch die bestehenden Regelwerke auf die Durchführung von Urin- und Blutkontrollen festgelegt. Drittens darf kein Grund zur Annahme eines überwiegenden schutzwürdigen Interesses des Betroffenen bestehen. Die Überprüfung der Kontrollsituation auf ein solches überwiegendes Interesse der Athleten hin kann bei der Feststellung ansetzen, dass die Sportvereinigungen im Grundsatz ein überwiegendes Interesse an der Umsetzung des Dopingverbots und an der Urinprobenahme als hierzu unverzichtbare Maßnahme geltend machen können.170 Hiernach stellt sich im Zuge 167

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 134. Vgl. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 139 f. Nach Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 6.1, reicht jedes von der Rechtsordnung gebilligte Interesse. 169 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 143; so auch Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 6.2. 170 Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(a). 168

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

der Interessenabwägung lediglich noch die Frage, ob die Interessenabwägung durch die Einschaltung des übergeordneten Verbands oder der NADA dergestalt beeinflusst wird, dass nunmehr die gegen die Urinprobenahme sprechenden Interessen der Athleten überwiegen. Geschieht die Urinprobenahme in der Verantwortung der Verbände, führt dies – die geeignete und erforderliche Ausgestaltung der Probenahme vorausgesetzt – zu überhaupt keiner Änderung der Abwägung, da sich die Verbände ebenso wie die Vereine insbesondere auf den elementaren Verbandszweck „dopingfreier Sport“ berufen können. Aber auch im Falle der Durchführung der Urinprobenahme in der Verantwortung der NADA behalten die für die Sportvereinigungen ins Feld geführten Argumente ihr Gewicht. Da die Ermittlung eines überwiegenden Interesses der Athleten gegen die Probenahme durch die NADA nicht zur Unterlassung der Probenahme, sondern auch nur dazu führen würde, dass der NADA die eigenen Entscheidungsbefugnisse bezüglich der Datenverwendung entzogen werden müssten oder die Probenahme in die Verantwortung der Sportvereinigungen zurücküberführt werden müsste, kann ein solches überwiegendes Interesse gegen das Tätigwerden der NADA nur damit begründet werden, dass gerade die Übertragung auf die NADA zu einer Interessenverschiebung führt, die den Athleteninteressen ein Übergewicht verschafft. Für eine solche Verschiebung infolge des Outscourcing des Dopingkontrollwesens auf die NADA sind aber keine Gründe erkennbar. Bei wiederum geeigneter und erforderlicher Ausgestaltung der Kontrollprozedur sind aus der Übertragung der Kontrolltätigkeit auf die NADA wohl eher Verbesserungen auch im Sinne der Sportler zu erwarten, da die Kontrollverfahren auf diese Weise zum einen durch hauptberufliches Kontrollpersonal und damit professioneller und zum anderen von verantwortlichen Personen durchgeführt werden, die tendenziell eine größere Distanz zu den Probanden haben, als verbandseigene Kontrollbeauftragte. Die Durchführung der Probenahmen durch einen übergeordneten Verband oder die NADA als verantwortliche Stelle wäre somit vorbehaltlich der Konsequenzen, die sich aus der besonderen Sensibilität der mit den Proben gesammelten Informationen ergeben, beim Fehlen einer Kontrollvereinbarung zwischen übergeordnetem Verband bzw. NADA und Athlet gemäß § 28 I 1 Nr. 2 BDSG zulässig. In Anwendung sämtlicher Rechtfertigungstatbestände des § 28 I BDSG wie auch für die Rechtfertigung der Urinprobenahme über § 29 BDSG ist weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit der Datenverwendung, dass nicht der Verwendungsausschluss gemäß § 28 VI BDSG zum Tragen kommt. Die Bestimmung beschränkt die Möglichkeit der Datenverwendung für eigene Zwecke nach § 28 BDSG wie auch – über den Verweis in § 29 V BDSG – die geschäftsmäßige Datenverwendung gemäß § 29 BDSG rigoros, wenn besondere Arten personenbezogener Daten von der Datenverwendung betroffen sind. Die Datenverwendung ist in diesem Fall ohne wirksame Einwilligung des Betroffenen nur in ganz besonderen Ausnahmefällen zulässig, nämlich zum Schutz lebenswichtiger Inte-

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ressen bei gleichzeitiger Unmöglichkeit einer Einwilligung, bei öffentlich gemachten Daten oder wenn sie zur Durchsetzung rechtlicher Ansprüche oder für die wissenschaftliche Forschung erforderlich ist. Die Legaldefinition der besonderen Arten personenbezogener Daten in § 3 IX BDSG nennt ausdrücklich auch die Gruppe der Angaben über die Gesundheit. Gegen die Einordnung der Urinprobe als Gesundheitsdatum spricht scheinbar der Umstand, dass aus dem Urin als solchem und selbst noch aus dem Ergebnis der chemischen Analyse des Urins Schlüsse auf den Gesundheitszustand des Probanden erst noch auf der Grundlage besonderer medizinischer Kenntnisse hergeleitet werden müssen. Anders als beispielsweise die bereits formulierte Diagnose einer Krankheit enthält die Urinprobe noch keine unmittelbare Aussage zum körperlichen Zustand, sondern lediglich eine Masse von Parametern, deren Auswertung Schlüsse auf den Gesundheitszustand ermöglicht. Diese doppelte Verschlüsselung spricht dafür, die Urinprobe als solche noch nicht als Sammlung von Gesundheitsdaten i. S. d. § 3 IX BDSG zu behandeln. Die konsequente Fortführung der zutreffenden Auffassung, dass die Probe als solche bereits als Datum i. S. d. BDSG anzusehen ist, hat allerdings zum Ergebnis, dass schon die Urinprobe als solche zu den besonderen Arten personenbezogener Daten i. S. d. § 3 IX BDSG zu zählen ist. Begründet man die Einordnung der Probe als Datum mit dem Umstand, dass gesundheitsrelevante Informationen in der Probe enthalten sind, und erachtet hierbei die Verschlüsselung der Informationen für unschädlich, kann sie auch die Einordnung der Informationen als besonders sensible Daten nicht verhindern. Zum einen stellt § 3 IX BDSG ausschließlich auf die Art der in Rede stehenden Angaben ab, ohne für die Gefährdung des informationellen Selbstbestimmungsrechts durchaus relevante Umstände wie die Pseudonymisierung der Daten oder ähnliche schützende Umstände für beachtlich zu erklären. Zum anderen erfordert das vom BDSG verfolgte Ziel eines umfassenden Datenschutzes den Schutz der besonderen Arten von personenbezogenen Daten ungeachtet des Zustands, in dem sie sich befinden.171 § 28 VI BDSG ist hiernach auf die Urinprobe nur dann nicht anwendbar, wenn man die Verwendung der Urinprobe hinsichtlich derjenigen Informationen nicht als datenschutzrechtlich relevant ansieht, auf deren Verwendung die Probenahme nicht abzielt,172 und es sich bei den Dopinginformationen, die aus der Probe herausgelesen werden sollen, nicht um Gesundheitsdaten i. S. d. § 3 IX BDSG handelt. Da allerdings nach der hier vertretenen Auffassung schon die Differenzierung zwischen denjenigen im Urin enthaltenen Informationen, bezüglich derer 171 So ausdrücklich U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 5, wenn er feststellt, dass die Einordnung einer Information als Angabe i. S. d. BDSG nicht dadurch verhindert wird, dass der Informationsgehalt eines Informationsträgers erst durch technischwissenschaftliche Analysen gewonnen werden muss. 172 Vgl. oben D.III.1.a)aa).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

eine Verwendungsabsicht der Sportvereinigungen besteht, und solchen Informationen, die hiernach überflüssigerweise zusätzlich in der Probe enthalten sind, mit dem Schutzzweck des BDSG nicht vereinbar ist, stellt die Urinprobe mit Blick auf die daraus zu entnehmenden Informationen über die Gesundheit der Probanden ein sensitives Datum im Sinne der §§ 3 IX und 28 VI BDSG dar. Handelt es sich bei der Urinprobe hiernach um ein sensitives Datum i. S. d. § 3 IX BDSG, können sich demgegenüber weder das Kontrollunternehmen noch die NADA noch der übergeordnete Verband auf § 28 IX BDSG berufen, der die Verwendung sensitiver Daten i. S. d. § 3 IX BDSG durch besondere Arten von Organisationen für zulässig erklärt. Mit Blick auf die Kontrollunternehmen sind nicht einmal Ansatzpunkte dafür ersichtlich, dass es sich bei ihnen um politisch, philosophisch, religiös oder gewerkschaftlich ausgerichtete Organisationen handeln könnte. Die Verbände stehen aufgrund ihrer ideellen Ausrichtung und in der Verfolgung der Maxime eines dopingfreien Sports einer ethisch-philosophischen Ausrichtung zwar in gewissem Sinne nahe, verfolgen mit der Förderung des Sports als dopingfreiem Sport jedoch auch kein Kernanliegen, das dem Bereich der Weltanschauungen zugeordnet werden kann.173 Die Rechtfertigung der Urinprobenahme zu Dopingkontrollzwecken sowohl gemäß § 28 I 1 Nr. 2 als auch gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG scheitert hiernach aufgrund der Verwendungseinschränkung des § 28 VI BDSG an der Sensitivität der im Urin enthaltenen Gesundheitsinformationen über die Sportler. Die Rechtfertigung der Datenverwendung über § 28 I 1 Nr. 3 BDSG scheidet zudem deshalb aus, da die in der Urinprobe enthaltenen Informationen weder allgemein zugänglich sind noch – jedenfalls zum Zeitpunkt der Probenahme – von den Verbänden veröffentlicht werden dürften. Der mit der Urinprobenahme einhergehende Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten ist nach alledem nicht nach den §§ 28, 29 BDSG gerechtfertigt. Zwar findet das BDSG nach zutreffendem Verständnis auf die Urinprobenahme Anwendung. Die in der Probenahme liegende Datenerhebung ist jedoch wegen der in der Urinprobe enthaltenen Gesundheitsinformationen nicht gemäß den diversen Gestattungstatbeständen der §§ 28 und 29 BDSG zu rechtfertigen. Es kommt daher lediglich die Einwilligung der Athleten als Gestattungstatbestand in Betracht, deren Wirksamkeit allerdings von der Beachtung der besonderen Vorgaben des BDSG für die Einwilligung des Datenberechtigten abhängt.

173 Zum Begriff der philosophischen Organisation vgl. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 353 f.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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(2) Weitere Maßgaben des BDSG Was die weiteren Maßgaben betrifft, die im BDSG für Datenverwendungen festgeschrieben sind, kann auf die Ausführungen hierzu in Teil B174 der Untersuchung verwiesen werden. Im Hinblick auf den zentralen Grundsatz der Datenvermeidung und der Datensparsamkeit (§ 3a BDSG) lässt die Datenerhebung im Wege der Urinprobe nur wenig Spielraum. Datenvermeidung in dem Sinne, dass der von der Erhebung betroffene Datenumfang begrenzt wird, ist nicht möglich, da im Moment der Probenahme nicht einzelne, nicht benötigte Informationen aus dem Urin eliminiert werden können. Es kann lediglich im Sinne der Datensparsamkeit darauf geachtet werden, dass die Anzahl der Personen, die mit den Urinproben der Sportler in Berührung kommen, auf ein Minimum beschränkt wird. Zu einer angemessenen Beschränkung des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten durch die Begrenzung der Anzahl der mit den Urinproben befassten Personen sind die Sportvereinigungen nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem darin enthaltenen Erforderlichkeitsgebot verpflichtet. In Art. 7.7 des Anti-Doping-Regelwerks der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA-Code), dessen Geltung die Vereine aufgrund der einschlägigen Verbandsbestimmungen mit den Athleten zu vereinbaren haben, und den Regelungen für die Durchführung von Trainings- bzw. Wettkampfkontrollen in den Anhängen 2 und 3 einschließlich der besonderen Zusatzregeln für die Abnahme von Urinproben in Anhang 7 zum NADA-Code finden sich hierzu allerdings keine näheren Vorgaben. Insbesondere wird hier zu der Frage, welche Personen auf Verbandsseite an der Probenahme teilnehmen, keine abschließende Regelung dergestalt getroffen, dass das Anwesenheitsrecht auf die zur Durchführung der Kontrolle unverzichtbaren Personen begrenzt wird. Zwar wird als einziges Gegenüber der Athleten durchweg der „verantwortliche Doping-Kontrolleur“ oder „Kontrolleur“ genannt. Daneben ist aber an verschiedenen Stellen auch von „dem Kontrollpersonal“ die Rede.175 Des Weiteren kommt im Rahmen der bestimmungsgemäßen Weiterleitung der Probe „der Transporteur“ mit der Probe in Kontakt.176 Dieser Status ist unter dem Aspekt der „personellen“ Datenvermeidung und Datensparsamkeit, der eine Verfahrensregelung gebietet, die so wenige Personen wie möglich mit den verwendeten Daten, hier mit der Urinprobe der Athleten, in Kontakt bringt, wie folgt zu beurteilen: Die Verfahrensbestimmungen müssen dahingehend präzisiert werden, dass jedenfalls vom Moment der Urinabgabe durch den Sportler bis zur Übergabe der versiegelten und verpackten Proben an den 174 175 176

Vgl. oben B.II.1.b)bb). Vgl. Ziff. 1.3, 1.4, 5.1 Anh. 2, Ziff. 1.1, 1.2, 5.1 Anh. 3. Vgl. Ziff. 5.2 Anh. 2, Ziff. 5.2 Anh. 3.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Transporteur außer dem Athleten selber so wenige Personen wie möglich, soweit nicht anders erforderlich am besten nur eine einzige Person – etwa der „verantwortliche Doping-Kontrolleur“ – mit den Proben in Berührung kommen. Im Sinne des von § 3a BDSG gebotenen restriktiven Umgangs mit den Daten der Sportler dürfen weitere Personen nur insoweit zur Anwesenheit im Kontaktbereich der Urinprobe zugelassen werden, als dies zur erfolgreichen Bewerkstelligung der Kontrollprozedur erforderlich ist. Unter dem Aspekt der Datenvermeidung und -sparsamkeit wäre der Optimalverlauf des weiteren Verfahrens der, dass der Kontrolleur selber auch den Transport der Proben ins Analyselabor durchführte. Geht man allerdings davon aus, dass nur durch den Einsatz eines professionellen Transporteurs die bestmögliche Aufbewahrung der Proben im Hinblick auf den Schutz vor Beschädigung, Zugriffen Dritter und andere Beeinträchtigungen während des Transports erreicht wird, und berücksichtigt man des Weiteren, dass der Einsatz der spezifisch ausgebildeten Dopingkontrolleure als Spediteure unwirtschaftlich wäre, da sie nicht umgehend die nächste Kontrolle in Angriff nehmen könnten, sondern den oftmals zeitaufwendigen Umweg über den Sitz des Probenempfängers in Kauf nehmen müssten, erscheint die Weitergabe der Proben an einen Transporteur als zulässig. Risikomindernd im Hinblick auf die Einschaltung des Transporteurs ist an dieser Stelle zudem zu berücksichtigen, dass die Proben im Moment der Übergabe bereits pseudonymisiert sind, wodurch die Manipulationsgefahr deshalb verringert wird, weil sich Manipulationsabsichten im Regelfall auf die Proben bestimmter Athleten und nicht wahllos auf irgendwelche Dopingproben beziehen werden. Die Verbesserungswürdigkeit der Abnahmeprozedur unter dem Aspekt der Datenvermeidung und -sparsamkeit führt allerdings weder zur Unzulässigkeit der in der Urinprobenahme zu sehenden Datenverwendung nach den Bestimmungen des BDSG noch zu ihrer Unzulässigkeit wegen der Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Sportler. Das BDSG sanktioniert Versäumnisse im Hinblick auf § 3a BDSG nicht mit einem Verbot der betreffenden Datenverwendung.177 Im Rahmen der ergänzenden Prüfung der Datenverwendung anhand der Maßstäbe des allgemeinen Persönlichkeitsrechts könnte die Verbesserungsfähigkeit der Bestimmungen zur Abnahmeprozedur nur dann zur Unzulässigkeit der Datenverwendung führen, wenn die festgestellten Schwächen der bestehenden Regelung ein überwiegendes Interesse der Athleten an der Unterlassung der Dopingkontrollen begründen würden. Für die Interessenabwägung ist allerdings zu berücksichtigen, dass die angesprochene Verbesserung der Beteiligtenregelung nicht eine derzeit praktizierte Persönlichkeitsrechtsverletzung abstellen, sondern die Gefahr eines Missbrauchs oder einer Manipulation der Urinproben durch die weiteren Kontrollbeteiligten verhindern soll, die wohl im Regelfall ohnehin nur in sehr geringem Maße gegeben sein dürfte. Die auf der Basis des aktuellen 177

Vgl. oben B.II.1.b)bb)(2).

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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NADA-Codes genommenen Urinproben sind hiernach auch nicht wegen der übermäßigen Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Probanden unzulässig. Die von § 4 III BDSG aufgezählten Einzelheiten der Datenverwendung sind den Athleten aus den detaillierten Regelungen des NADA-Codes und seiner Anhänge sowie gegebenenfalls noch zusätzlich aus einschlägigen Bestimmungen in den Regelwerken der in der Hirarchie unter dem DOSB angesiedelten Sportvereinigungen bekannt, so dass die Vorschrift keine Probleme aufwirft. Sämtliche Mitarbeiter der Sportvereinigungen, die anlässlich der Entgegennahme und Weiterleitung der Urinproben mit diesen in Berührung kommen, müssen gemäß § 5 BDSG auf das Datengeheimnis verpflichtet sein. Darüber hinaus sind von der für die Urinprobenahme verantwortlichen Stelle die nach § 9 BDSG und der Anlage zu § 9 gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen. Aufgrund der Ausgestaltung der Rechtsbeziehung zwischen den Kontrollunternehmen und der NADA oder dem auftraggebenden Verband, die zur Einordnung der Probenahme als Auftragsdatenverarbeitung i. S. d. § 11 BDSG führt,178 sind die Vorgaben des § 11 BDSG im Rahmen dieser Rechtsbeziehung zu beachten. Dies hat zur Folge, dass die Sportvereinigungen selber in vollem Umfang für die Einhaltung der Vorgaben des BDSG und sonstiger Datenschutzvorschriften verantwortlich bleiben (§ 11 I 1 BDSG). Die Beauftragung der Kontrollunternehmen hat unter Beachtung der Maßgaben des § 11 II BDSG zu erfolgen, so dass sich die Sportvereinigungen vor Auftragserteilung von der Fähigkeit des ausgewählten Kontrollunternehmens zur Umsetzung der notwendigen technischen und organisatorischen Datenschutzmaßnahme zu überzeugen haben und die Auftragserteilung schriftlich bei gleichzeitiger Regelung der unter § 11 II BDSG aufgeführten Auftragskonditionen zu geschehen hat. Zudem sind die Sportvereinigungen verpflichtet, die zum Zwecke des Datenschutzes von den Kontrollunternehmen getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu überprüfen (§ 11 II 4 BDSG). Der zulässige Umfang der Datenverwendung durch die Kontrollunternehmen beschränkt sich auf die von den Sportvereinigungen vorgegebenen Datenverwendungen (§ 11 III BDSG). Ungeachtet der Vorgaben der Sportvereinigungen haben die Kontrollunternehmen eigenständig auf die Wahrung des Datengeheimnisses gemäß § 5 BDSG und auf die Umsetzung der nach § 9 BDSG zum Datenschutz gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu achten (§ 11 IV BDSG).

178 Zum Begriff der Auftragsdatenverarbeitung vgl. S. Walz, in: S. Simitis, BDSG, § 11 Rn. 12 ff., 17 ff., u. Gola/Schomerus, BDSG, § 11 Anm. 1.3.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

b) Zulässigkeit der in der Probenahme liegenden Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts als Eingriff ins allgemeine Persönlichkeitsrecht Folgt man der Auffassung, derzufolge Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht auch dann noch ergänzend anhand der Grundsätze zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu überprüfen sind, wenn sie vom Anwendungsbereich des BDSG erfasst sind,179 oder hält man die Bestimmungen des BDSG von vornherein für unanwendbar auf die Urinprobe als solche, bleibt zu untersuchen, ob die Urinprobe als Informationsbeschaffungsakt nach den allgemeinpersönlichkeitsrechtlichen Regeln unzulässig ist. Da der Eingriff unter dem Aspekt der Informationsbeschaffung allerdings auch aus dem Blickwinkel des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine weitergehenden Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigungen aufweist, die über den Eingriffsgehalt hinausgingen, der durch die Bestimmungen des BDSG bereits erschöpfend gewürdigt wird, führt die Kontrolle anhand des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht zu weitergehenden Einschränkungen. Für die Überprüfung der Urinprobenahme auf eine mögliche Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts im nicht vom BDSG erfassten Bereich kommt es entweder im Rahmen der Prüfung der von den Athleten erklärten Einwilligung oder im Zuge der Inhaltskontrolle der einschlägigen Verbandsregelungen oder im Rahmen der nach den anerkannten Grundsätzen durchzuführenden Interessenabwägung ebenfalls darauf an, ob die Interessen der Sportvereinigungen an der Beschaffung des Sportlerurins als Informationsmasse die gegenläufigen Interessen der Athleten überwiegen. Die weiter oben bereits bei der Untersuchung der Freiwilligkeit der Einwilligung nach § 4 I BDSG angestellte Abwägung ist daher auch für das Ergebnis der Prüfung am Maßstab des nicht sondergesetzlich geschützten informationellen Selbstbestimmungsrechts entscheidend. Dies hat zur Konsequenz, dass sich auch hier die Interessen der Sportvereinigungen an der Informationsbeschaffung per Urinprobe durchsetzen. Die mit der Probenahme verbundene Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts ist insoweit von den einschlägigen Vereinsbestimmungen oder der Zustimmung der Athleten gedeckt, als ihnen zuvor durch die Möglichkeit zur Kenntnisnahme von den einschlägigen Anti-Doping-Regelungen mitgeteilt wurde, welche Informationen über ihren körperlichen Zustand aus der Urinprobe gewonnen werden sollen.180 Dass die Sportler ihren Urin und damit Informationsmasse über ihre körperliche Konstitution herausgeben müssen, ist in den Anti-Doping-Bestimmungen des DOSB hinreichend deutlich festgelegt.181 179 Zur ergänzenden Anwendbarkeit der Grundsätze zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht vgl. oben B.II.2.a). 180 Vgl. M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.VIII.3.a). 181 Ziff. 7.7 i.V. m. Anh. 7 NADA-Code.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Im Unterschied zu der Einwilligung nach §§ 4 f. BDSG bedarf es für die Einwilligung in die Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts außerhalb des Anwendungsbereichs des BDSG keiner ausdrücklichen Bezugnahme auf die mit der Urinprobe erhobenen Gesundheitsdaten der Athleten. Außerhalb des besonderen Schutzes des BDSG genügt die Einwilligung in die Urinprobenahme als solche bei gleichzeitiger Kenntnis von den Untersuchungen, denen die Probe unterzogen werden soll, da der Umfang des Eingriffs hiernach bereits feststeht und die Athleten die Möglichkeit haben, sich bei Bedarf im Detail über die Erkenntnisse zu informieren, die durch die Analyse ihres Urins gewonnen werden können. c) Ergebnis: Vereinbarkeit der Urinprobenahme mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Athleten Die Urinprobenahme ist als Informationsbeschaffungsakt beim Vorliegen eines Gestattungstatbestandes i. S. d. § 4 I BDSG mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Sportler vereinbar. Da eine Rechtfertigung der in der Probenahme liegenden Datenerhebung gemäß den §§ 28, 29 BDSG im Regelfall wegen der im Urin enthaltenen Gesundheitsinformationen nicht in Betracht kommt, kann die Probenahme allein durch die Einwilligung der Athleten legitimiert werden, deren Wirksamkeit von der Beachtung der Vorgaben des § 4a BDSG und hier insbesondere von der Benennung der im Urin enthaltenen Informationen über die Gesundheit der Sportler (§ 4a III BDSG) abhängt. Die Beurteilung der Informationsbeschaffung durch die Urinprobenahme außerhalb des Anwendungsbereichs des BDSG führt zu dem Ergebnis, dass die Verbände und Veranstalter ein überwiegendes Interesse für sich in Anspruch nehmen können, das das Verlangen nach einer Einwilligung der Athleten in die Kontrollbestimmungen rechtfertigt und die Angemessenheit und Billigkeit der einschlägigen Regelungen gewährleistet, soweit diese nicht in der konkreten Ausgestaltung durch den verantwortlichen Verband unverhältnismäßige Eingriffe in die Recht der Sportler vorsehen.

2. Vereinbarkeit der Urinprobenahme mit den weiteren Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts a) Mit der Probenahme des Weiteren verbundene Schutzbereichseingriffe Ungeachtet der Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten, erscheint die Urinprobenahme noch aus anderen Gründen als problematisch im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Sportler:

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

aa) Eingriff in die Intimsphäre durch das Abnahmeprozedere Die Urinabgabe, die seit der Einführung von Dopingkontrollen den zentralen Akt der Dopingkontrollprozedur darstellt, hat nach allen Regelwerken unter Aufsicht zu erfolgen. Der im Bereich des DOSB von den Vereinigungen durchzusetzende NADA-Code legt etwa in Ziff. 9 der Zusatzbestimmungen für die Entnahme von Urinproben (Anhang 7 des Codes) fest, dass der Kontrolleur durch Sichtkontrolle das Verlassen der Probe aus dem Körper des Athleten zu bezeugen hat. Mit Blick auf Sinn und Zweck dieser Beobachtung der Sportler beim Wasserlassen können die diesbezüglichen Vorgaben in den Anti-Doping-Regelwerken nur so ausgelegt werden, dass die Beobachtung so genau zu erfolgen hat, dass auch subtilste Methoden zur Verfälschung von Urinproben wie etwa die Abgabe sauberen Urins aus künstlichen Reservoirs über Schläuche oder auch die Zerstörung der Probe durch chemische Zusätze, die sich der Athlet durch den Urin vom Finger oder von anderen Körperteilen spülen lässt, seitens des Kontrolleurs aufgedeckt werden können. Einen besseren Eindruck davon, wie diese genaue Beobachtung aussehen soll, vermittelt der Wortlaut des IOC-Reglements zu diesem Punkt, wo ausdrücklich vorgegeben wird, dass „Kleidungsstücke, welche die unmittelbare Sicht auf den Vorgang des Wasserlassens verdecken, . . . zu entfernen“ sind.182 Gemäß Regel 2.13 der „Procedural Guidelines For Doping Control“, die von der IAAF aufgestellt und vom DLV als „Verfahrensrichtlinien für Dopingkontrollen“, übernommen worden sind, darf der Doping-Kontrollbeauftragte, „um die Echtheit der Probe sicherzustellen, . . . Entkleidung so weit verlangen, wie es erforderlich ist, um bestätigen zu können, dass der Urin von dem Athleten stammt. Dies bedeutet Entblößung von Rückenmitte bis unterhalb des Knies.“ 183 Nach allen vorgenannten Dopingkontrollverfahrensregeln ist der Athlet während der Abgabe der Urinprobe somit der ungehinderten und intensiven Betrachtung seines Genitalbereiches durch den Dopingkontrolleur ausgesetzt. Diese Observation berührt das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten in elementarer Weise.184 Zentraler Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist die engere persönliche Sphäre, das engere Umfeld eines Menschen, ein Bereich, der neben den Persönlichkeitsrechtsausprägungen „Geheimnisschutz“ und „Schutz der informationellen Selbstbestimmung“ 185 insbesondere den „Schutz der Privat- und 182 Art. 5.3 i.V. m. Regel 5.5.1 Abs. 2 des Anhangs 3 des IOC-Anti-Doping-Regelwerks in der Fassung für die Winterspiele 2006 in Turin. 183 Deutsche Übersetzung im Anti-Doping-Handbuch des DLV. 184 Als Einwand gegen die Rechtmäßigkeit der Dopingkontrolle wurde der Persönlichkeitsrechtseingriff etwa von den Betreuern des ungarischen Diskuswerfers Robert Fazekas vorgebracht, der seine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Athen 2004 nach der Verweigerung einer Urinprobe wieder zurückgeben musste, vgl. FAZ v. 30.10.04, S. 31.

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Intimsphäre“ 186 zum Gegenstand hat. Bewirkt wird dieser Schutz dadurch, dass die eben genannten Bereiche der weitgehenden Selbstbestimmung des Einzelnen überantwortet werden. In diesem Sinne genießt jedermann umfassenden Schutz vor Indiskretion. Hierbei umfasst der Geheimnisschutz187 die Freiheit des Einzelnen, sich in die engere persönliche Lebenssphäre zurückzuziehen, Dritte hiervon auszuschließen und selbst darüber zu bestimmen, was aus dieser Sphäre nach außen gelangen soll. Konkret beinhaltet dies den Schutz vor der Kenntnisnahme, Verwertung, Verbreitung (Weitergabe, Veröffentlichung) von Informationen aus dem persönlichen Bereich gegen den Willen des Betroffenen sowie den Schutz vor dem Zwang zur Offenlegung privater Angelegenheiten. Nach der Sphärentheorie ist (jedenfalls) der vom Geheimnisschutz und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung erfasste Bereich, in Sphären zu unterteilen, die nach der Bedeutung der Lebensumstände für die Unversehrtheit und die Entfaltung der Persönlichkeit gestaffelt sind.188 Angefangen beim Bereich 185 BVerfGE 65, 1, 41 ff., u. 67, 100, 142 f.; BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 83 ff.; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 72; C. Degenhart, JuS 1992, 361 ff.; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 66; H. D. Jarass, NJW 1989, 857, 858 f.; R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), 7.III.2.2; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C170 ff., C174; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 219 ff.; Larenz/ Wolf, AT, § 8 III.7., Rn. 32; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.4.; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 223, 275 ff., versteht hierunter die Befugnis des Einzelnen, über die Erhebung und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen; restriktiv Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 206 ff. 186 BVerfGE 32, 373, 379 ff. („Patientenakten“), u. 34, 238, 246 ff. („Tonbandaufnahme“), u. 35, 202, 220 („Lebach“), unterscheiden zwischen einem „unantastbaren“ oder auch „autonomen Bereich privater Lebensgestaltung“ und der Privatsphäre, BVerfGE 44, 353, 372 f. („Suchtberatung“), unterscheidet zwischen der „unantastbaren Intimsphäre“ und dem „privaten Bereich“; H. C. Nipperdey/G. Wiese, in: BettermannNipperdey, Die Grundrechte, Bd. IV/2 (1962), S. 847 ff., spricht insoweit von „Geheim- und Privatsphäre“; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 87, 90, 173; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 69 f.; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 66; R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), 7.III.2.2, S. 333 f.; H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 690; Erman/H. Weitnauer, 1. Bd. (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 49 ff.; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 254 ff.; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 215 ff.; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 84 ff.; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 73; Soergel/A. Beater (Bd. 12, 13. Aufl. 2005), § 823 Anh. IV Rn. 75 ff.; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 113 ff.; D. Medicus, Schuldrecht II, Besonderer Teil, § 141 II.2; Larenz/Wolf, AT, § 8 III.5., 6., Rn. 30 f.; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 223, 225 ff. 187 P. Kunig in. v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 32; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C171; zum Geheimnisschutz in wirtschaftlichem Zusammenhang vgl. P. Schwerdtner, JuS 1978, 289, 292; VGH Kassel, NJW 1994, 1750 f. (Schutz der Privatwohnung vor Störung durch fortwährende Demonstrationen). 188 BVerfGE 35, 202, 220 („Lebach“) m.w. N., u. 38, 312, 320, u. 54, 148, 154 („Eppler“), u. 75, 369, 380 („Strauß-Satire“), u. 80, 367, 373 f. (Verwertung von Tage-

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des öffentlichen Wirkens des Einzelnen über die Sphäre der sozialen Kontakte und über die Privatsphäre189 bis hin zur Intimsphäre kommt den persönlichen Umständen hiernach ein immer intensiverer Schutz zu. Die Öffentlichkeitssphäre ist hierbei derjenige Lebensbereich, in dem der Einzelne sich bewusst der Betrachtung durch die breite Öffentlichkeit, das heißt durch eine unbestimmte Vielzahl nicht speziell ausgewählter Mitmenschen, aussetzt und hierbei Informationen über sich offenbart. Sie umfasst den Bereich menschlichen Lebens, von dem jedermann Kenntnis nehmen kann und eventuell sogar Kenntnis nehmen soll.190 Die Öffentlichkeitssphäre genießt grundsätzlich keinen Geheimhaltungsschutz.191

buchaufzeichnungen im Strafverfahren), u. NJW 1991, 2339, 2340; BGHZ 36, 77, 80; BGH NJW 1987, 2667 f., u. 1991, 1532, 1533; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 104; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 64; W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 34, trennt zwischen dem „unantastbaren Persönlichkeitskern“ und der „übrigen bzw. weiteren Privatsphäre“; ähnlich H.-D. Horn, HdbStR VII, § 149 Rn. 72 ff., der sich allerdings gegen den schematischen Schluss von der Sphärenzuordnung auf die Eingriffsmöglichkeiten wendet; H. Hubmann, JZ 1957, 521, 524, unterscheidet zwischen Individual-, Privat- und Geheimsphäre; ähnlich R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), S. 327 ff., 333 ff., für sämtliche Rechtsgarantien des Art. 2 I GG, der die „innerste“, „unantastbare“ Intimsphäre von der weiteren Privatsphäre und der Sozialsphäre umgeben sieht (S. 327, 333), im Übrigen der Sphärentheorie ohnehin nur die Funktion einer „recht groben Beschreibung“ zumisst (S. 330); Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C187 ff.; Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 178; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 87; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 40 ff., behandelt den Geheimbereich, dem vornehmlich gesetzlich geschützte Geheimnisse zugehören, als besondere Vertraulichkeitssphäre und unterteilt im Übrigen in Intimsphäre, Privatsphäre, Sozialsphäre und Öffentlichkeitssphäre; H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 690, unterteilt in Intim-, Privat- und berufliche Sphäre; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.4.a), unterscheidet zwischen Intim-, Individual- und Privatsphäre; Erman/ H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 7, wendet sich zutreffend gegen eine unkritische Anwendung der Sphärentheorie; ebenfalls zurückhaltend J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 1 III., der der Einteilung in Sphären den Wert einer bloßen Arbeitshilfe zumisst; ähnlich MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 9, unter Verweis auf die fehlende Präzision und die mangelnde Flexibilität der Sphäreneinteilung; gegen die Sphärentheorie P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 41, mit der Begründung, derartige Abgrenzungen könnten nur schwer gelingen, verdunkelten eher die Rechtslage dadurch, dass sie den Anschein der Trennschärfe erweckten; ähnlich C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, Art. 2 Rn. 16, der die Unterscheidung der Sphären für dogmatisch unklar und praktisch nicht verwertbar und außerdem die Annahme einer absolut geschützten Sphäre für von Art. 2 I GG nicht gedeckt hält; ähnlich G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 224, der den über die Fallgruppenbildung hinausgehenden Ansatz einer sphärentheoretischen Ausdifferenzierung wegen fehlender Operationalisierbarkeit dieser Begriffe ablehnt. 189 MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 215 f., fasst Intim- und Privatsphäre zu einer Sphäre zusammen, da eine klare Abgrenzung noch nicht gelungen sei; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C189, spricht von „Individualsphäre“. 190 E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 71 ff.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Die Sozialsphäre erfasst den Einzelnen in seinen Beziehungen zur Außenwelt, insbesondere in seinem beruflichen und allgemein öffentlichen Wirken.192 Von der Öffentlichkeitssphäre unterscheidet sie sich dadurch, dass sich die ihr zuzurechnenden Handlungen zwar in der Öffentlichkeit abspielen, jedoch nicht bewusst der Öffentlichkeit zugekehrt sind.193 Auch Eingriffe in die Sozialsphäre stehen lediglich unter geringem Rechtfertigungsdruck.194 Die Privatsphäre, zu der all das gehört, was der Betroffene vor Außenstehenden geheimhalten will,195 erfasst den Einzelnen in seinem von der Öffentlichkeit nicht unmittelbar wahrnehmbaren Privatleben,196 etwa in seinem familiären Umfeld197, und schützt insbesondere persönliche Briefe198, Tagebücher199, persön191 C. Degenhart, JuS 1992, 361, 364; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wortund Bildberichterstattung, 5. Rn. 71; nach der Terminologie von G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 223, 260 ff., bewirkt der „Schutzbereich“ Öffentlichkeitssphäre den Schutz des Einzelnen, der sich an der öffentlichen Diskussion beteiligt, in seinem Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person in dieser Öffentlichkeit. 192 R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 64, die allerdings nicht weiter zwischen Sozialsphäre und Öffentlichkeitssphäre unterscheiden; H. Hubmann, JZ 1957, 521, 524, nennt diese Sphäre „Individualsphäre“, und unterscheidet ebenfalls nicht nochmals zur Öffentlichkeitssphäre; ebenso Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 178, 185, Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 87, und Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C190; H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 690, spricht anstelle von Sozial- und Öffentlichkeitssphäre von „beruflicher Sphäre“. 193 E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 65 ff. 194 C. Degenhart, JuS 1992, 361, 363 f.; BVerfGE 10, 354, 371, für Eingriffe in die berufliche Sphäre bei für das Gemeinwohl besonders wichtigen Berufen (hier Ärzte), u. 48, 227, 234, für Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit von Betrieben durch eine Lohnfortzahlungsumlage. 195 BGHZ 73, 120, 121 ff. („Kohl-Biedenkopf“); BGH NJW 1987, 2667, 2668; H. Hubmann, JZ 1957, 521, 524, zählt zur Privatsphäre auch das Berufsleben und das Leben auf der Straße und in öffentlichen Lokalen, soweit es im Rahmen beruflicher oder privater Aktivitäten stattfindet; ähnlich RGRK/W. Dunz (12. Aufl. 1989), § 823 Anh. I, Rn. 14, 60, der zwischen Privat- und Geheimsphäre unterteilt und hierbei der Privatsphäre solche Privatangelegenheiten zuweist, die sich zwar an der Öffentlichkeit abspielen, die aber nicht ohne ein besonderes Interesse etwa durch die Berichterstattung in Massenmedien an die große Öffentlichkeit gezerrt werden dürfen; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C189, bezeichnet diesen Bereich als „Individual- oder Geheimsphäre“. 196 BVerfGE 27, 344, 350, u. 34, 238, 245; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 64 f.; Larenz/Wolf, AT, § 8 III.6., Rn. 31; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 54, definiert die Privatsphäre als den „Bereich, zu dem andere nur Zugang haben, soweit er ihnen gestattet wird“. 197 BGH NJW 1970, 1848 f.; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 256; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 157; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 86; Soergel/A. Beater (Bd. 12, 13. Aufl. 2005), § 823 Anh. IV Rn. 76; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 54; MüKo/R. Rixecker (4. Aufl. 2001), Anh. zu § 12, Rn. 109. 198 Erman/H. Weitnauer (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 54; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 226; Soergel/A. Beater (Bd. 12, 13. Aufl. 2005), § 823 Anh. IV Rn. 101; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 76, sieht pri-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

liche Daten200, hier insbesondere Gesundheitsdaten201 und vertrauliche Gespräche202. Staatliche Eingriffe in die Privatsphäre müssen vom Rechtsinhaber nur dann geduldet werden, wenn sie durch ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt sind203 und das Verhältnismäßigkeitsgebot gewahrt wird.204 Einen nochmals deutlich engeren Bezug zum Kernbereich der Persönlichkeit weist die Intimsphäre205 auf. Sie umfasst all das, was der Einzelne selbst vor vate Briefe als von der „Geheim- und Eigensphäre“ des Verfassers geschützt an; mit Larenz/Wolf, AT, § 8 III.5., Rn. 30, sind Briefe je nach der Vertraulichkeit ihres Inhalts ggf. auch der Intimsphäre zuzuordnen. 199 BVerfGE 80, 367, 374 ff.; BGHZ 15, 249, 257 f. („Cosima Wagner“); BGHSt 19, 325, 327 ff. spricht insoweit von intimen Aufzeichnungen, hält jedoch ein überwiegendes Interesse an der Verwertung als Beweismittel für denkbar; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 65; Erman/H. Weitnauer (5. Aufl. 1972), Anh. zu § 12, Rn. 54; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 226; auch Tagebücher können – je nach der Intimität der darin festgehaltenen Ereignisse – der Intimsphäre zuzuordnen sein, vgl. Larenz/Wolf, AT, § 8 III.5., Rn. 30; zu Recht differenzierend Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 120 ff. 200 BGH ZUM 1992, 38, 39 („Notfalldienst“); R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 65. 201 Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 86; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 95. 202 BGH NJW 1987, 2667, 2268, u. 1988, 1016, 1017; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 65; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 226; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 57. 203 BVerfGE 33, 367, 377 („Sozialarbeiter“); BVerwG NJW 1997, 269 f. (Drogentest zur Überprüfung der Fahrtauglichkeit); BGHZ 24, 72, 79 f. („Krankenpapiere“), stellt ab auf die verfassungsmäßige Ordnung, das Sittengesetz und die Rechte anderer; BGH NJW 1964, 1471, 1472 („Sittenrichter“); Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 185; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 96; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 113; H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 690; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 60. 204 BVerfGE 27, 344, 351, u. 34, 238, 248; BVerfGE 80, 367, 374 ff., erklärt die Verwertung von Tagebuchaufzeichnungen in einem Mordprozess für zulässig; BVerfG NJW 1994, 1970 f., hält die Verwertung von Tagebuchaufzeichnungen in einem Verfahren wegen geheimdienstlicher Tätigkeit angesichts des weniger schwer wiegenden Tatvorwurfs und vor dem Hintergrund für unzulässig, dass die Bücher sehr intime Notizen enthalten und die Überführung des Täters durch Zeugen als möglich erscheint; C. Degenhart, JuS 1992, 361, 363 f.; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 64 f.; H. D. Jarass, NJW 1989, 857, 861; W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 39 ff.; H.-D. Horn, HdbStR VII, § 149 Rn. 79; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 86; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C189, spricht etwas verschwommen davon, die Individualsphäre sei „weniger stark gesichert als die Intimsphäre“; R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), S. 329, weist zu Recht darauf hin, dass die Betonung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Zusammenhang mit Eingriffen in die Privatsphäre nicht bedeutet, dass dieser für Eingriffe in andere Bereiche weniger strikt gelte. 205 Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 263 ff.; R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), S. 327, legt um den Bereich der „innersten Intimsphäre“ den Bereich der „weiteren Privatsphäre“, dem Sachverhalte der (weiteren) In-

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Vertrauten bzw. Partnern geheimhält oder nur wenigen mitteilt.206 Sie wird beschrieben als der Lebensbereich, den der Einzelne grundsätzlich vor Kenntnisnahme durch jeden Dritten schützen will und für den ein objektives Geheimhaltungsinteresse besteht.207 Die Intimsphäre, die insbesondere die innere Gefühlsund Gedankenwelt sowie die Angelegenheiten umfasst, für die ihrer Natur nach Anspruch auf Geheimhaltung besteht, wie z. B. Gesundheitszustand208, Sexualleben209, Details der Körperpflege210 u. ä., ist einer ungenehmigten Berichterstattung grundsätzlich gänzlich entzogen.211 Zutreffend wird allerdings entgegen der wohl h. M.212 auch der Intimsphäre kein absoluter Schutz zugestanden,213 da zutimsphäre und der Privatsphäre zuzuordnen sind; C. Degenhart, JuS 1992, 361, 363 f., versteht ebenso wie BVerfGE 6, 32, 41, u. 34, 239, 245, u. 38, 312, 320, u. 80, 367, 373, die Intimsphäre als den Kernbereich privater Lebensgestaltung; so auch G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 225; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 40 ff., sondert vorab die Geheimsphäre als besonderen Persönlichkeitsbereich aus, die den Bereich menschlichen Lebens umfasst, der der Öffentlichkeit bei verständiger Würdigung nicht preisgegeben werden soll, ohne allerdings diesem Bereich absoluten Schutz zuzumessen (a. a. O. Rn. 5.35 f.). 206 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C188; Larenz/Wolf, AT (8. Aufl. 1997), § 8 III.2.f), Rn. 35; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 215, ordnet derartige Tatbestände der „Intim- und Geheimnissphäre“ zu; H. Hubmann, JZ 1957, 521, 524, und UFITA 26 (1958 II), 19, 25 f., bezeichnet in etwa diesen Bereich als „Geheimsphäre“; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 227 f., hält eine brauchbare Definition für unmöglich und stellt für die Abgrenzung zwischen Intim- und Privatsphäre auf den Sozialbezug des in Rede stehenden Persönlichkeitsbereiches ab. 207 H. Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht (2. Aufl. 1967), § 46. 208 BGH Ufita 52, 208, 213; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C188; Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 178; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 87; Larenz/Wolf, AT, § 8 III.5., Rn. 30; ohne ausdrückliche Zuordnung zur Intimsphäre Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 206. 209 BGH NJW 1988, 1984, 1985, u. 1999, 2893, 2894; H. D. Jarass, NJW 1989, 857, 859; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 256; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C188; Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 178; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 87; Larenz/Wolf, AT, § 8 III.5., Rn. 30; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 48; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 122 f. 210 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C188. 211 BVerfGE 6, 32, 41 („Elfes“), u. 27, 1, 6 f. („Mikrozensus“), u. 34, 238, 245 („Tonbandaufnahme“); BGH NJW 1988, 1984, 1985, spricht von „grundsätzlich absolutem Schutz“; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 65; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 215; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 204; Palandt/ H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 178, 185, und ebenso Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 87, 96, sprechen von „absolutem Persönlichkeitsschutz“; H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 690, u. Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 107 II.2 sprechen ebenfalls von absolutem Schutz; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 47. 212 BVerfGE 6, 32, 41; 27, 1, 6; 33, 367, 376 f.; 27, 344, 350 f.; 32, 373, 378 f.; 34, 238, 245; 80, 367, 373; BGHZ 64, 178, 182; 73, 120, 124; BGH NJW 1981, 1366 („Aufmacher II“), u. 1988, 1984, 1985, wo es allerdings auch nur (?) heißt, die Intimsphäre genieße grundsätzlich absoluten Schutz; BGHSt 31, 296, 299 f.; OLG München NJW 1986, 1260, 1261, spricht zunächst davon, die im konkreten Fall berührte Privat-

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mindest in Konfliktsituationen zwischen zwei Privatrechtssubjekten ein gleichgewichtiges oder gar überwiegendes Interesse des Angreifers durchaus denkbar ist.214 Ein „letzter, unantastbarer, der öffentlichen Gewalt schlechthin entzogener Bereich privater Lebensgestaltung“ darf auch dann nicht beeinträchtigt werden, wenn ein schwergewichtiges Allgemeininteresse für den Eingriff spricht, da dieser Kernbereich identisch ist mit dem Wesensgehalt des Menschenwürdegrundrechts und daher jeglicher Abwägung entzogen ist.215 bzw. Intimsphäre sei dem Zugriff der Öffentlichkeit entzogen, betroffen sei der „unantastbare Bereich privater Lebensgestaltung“, diskutiert dann aber doch die Möglichkeit eines berechtigten öffentlichen Informationsinteresses; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.4.a); Larenz/Wolf, AT, § 8 IV.1., Rn. 38; G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 225; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 53, der eine Interessenabwägung dann allerdings doch „im Einzelfalle“ für möglich hält. 213 R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), S. 328, (auch) für den Bereich staatlichen Handelns; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 256, in Bezug auf Gesundheitsdaten; Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C188; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), S. 155; im Ergebnis wohl auch MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 203, 215 f. 214 MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 204; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II 4 g; zu den Grenzen der Geheimnissphäre im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vgl. Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 384 ff.; BGH NJW 1982, 277, 278, nimmt im Falle einer Beeinträchtigung des Rechts am eigenen Wort eine Interessenabwägung vor, nachdem allerdings das gesprochene Wort im konkreten Fall nicht der Intimsphäre zugeordnet wird. 215 BVerfGE 80, 367, 373 f. (Verwertung von Tagebuchaufzeichnungen im Strafprozess); C. Degenhart, JuS 1992, 361, 363 f.; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 38; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 215, der diesen Bereich der Intim- und Privatsphäre zuordnet; BVerfGE 6, 32, 41, u. 6, 389, 433, u. 27, 1, 6, u. 27, 344, 350, u. 34, 238, 245, u. 38, 316, 320, u. sodann auch wieder 54, 143, 146 („Taubenfütterungsverbot“), u. 89, 69, 82 f. („Idiotentest“), postulieren den absoluten Schutz der Intimsphäre, ohne diese Forderung allerdings auf die Identität mit dem Wesensgehalt des Menschenwürdegrundrechts zu gründen; BVerfGE 49, 286, 298, spricht demgegenüber nur (noch) vom „intimsten Bereich der Persönlichkeit, der prinzipiell staatlichem Zugriff entzogen ist und in den jedenfalls nur bei Vorliegen besonderer öffentlicher Belange eingegriffen werden darf“; BVerfGE 75, 369, 380 („Strauß-Satire“), spricht davon, das allgemeine Persönlichkeitsrecht sei insoweit „unmittelbarer Ausfluss der Menschenwürde“, als es einen „Kern menschlicher Ehre“ schütze; zweifelnd Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 27; kritisch C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 16, mit dem Hinweis, dass ein absoluter Schutz nur von Art. 1 I GG gewährt wird; zu Recht kritisch R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), S. 328 f., mit dem Hinweis, dass eine Abwägung immer zu erfolgen hat und lediglich unter bestimmten Umständen das Ergebnis der Abwägung so sicher ist, dass von in hohem Maße gesicherten Regeln gesprochen werden kann, die einen innersten Bereich schützen; ähnlich H. E. Brandner, JZ 1983, 689, der betont, dass die Festlegung unantastbarer Bereiche innerhalb des Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (es sind dies nicht die Fälle der unmittelbaren Menschenwürdeverletzun-

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Zwar wird man möglicherweise eine Tendenz des BVerfG zur Abkehr von der Sphärentheorie im Volkszählungsurteil sehen müssen, da die hier getroffene Feststellung, es gebe kein belangloses Datum mehr, jedenfalls für den Bereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts die Annahme einer ungeschützten Sphäre ausschließt.216 Ungeachtet der Frage, in welchem Maße die Sphärentheorie vom BVerfG fortentwickelt oder abgeändert wird, bleibt sie jedoch in ihrer Kernaussage bedeutsam, da sie von dem zutreffenden Ansatz ausgeht, dass Ausgangspunkt für die Bewertung der Schwere eines Persönlichkeitsrechtseingriffes die beim Eingriffsadressaten erzielte Eingriffswirkung sein muss und dass sich diese Eingriffswirkung – jedenfalls im Sinne einer ersten, groben Unterteilung – danach kategorisieren lässt, welcher Persönlichkeitsbereich durch den Eingriff berührt wird. Die Einordnung des mit der Abnahme der Urinprobe verbundenen Persönlichkeitsrechtseingriffs in die vom BVerfG aufgestellte Sphärensystematik bereitet keine Probleme. Der Genitalbereich, der bei der Abgabe der Urinprobe der Betrachtung eines in aller Regel wildfremden Dritten preisgegeben werden muss, stellt für die allermeisten Menschen noch immer einen Bereich ihres Körpers dar, den sie eventuell noch ihren Lebenspartnern und ihrer engsten Familie offenbaren, dessen Betrachtung durch weniger nahestehende Mitmenschen sie jedoch peinlich berührt. Das Schamgefühl, das somit durch die Observation beim Wasserlassen beeinträchtigt wird, gehört zum Kern der menschlichen Persönlichkeit.217 Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass die genaue Beaufsichtigung beim Wasserlassen aus der Sicht der Mehrzahl der Athleten einen Eingriff in ihre Intimsphäre bedeutet,218 wenn auch diesbezüglich möglicherweise bei einzelnen Sportlern laxere Vorstellungen vorherrschen.219 Das objektive Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich des Genitalbereiches resultiert aus der Übereinstimmung dieser Einstellung mit dem Scham- und Anstandsgefühl einer großen Mehrheit der Mitmenschen und aus dem diesbezüglich bestehenden Konsens innerhalb der Rechtsgemeinschaft. Die Sichtkontrolle bei der Urinabgabe stellt hiernach eine schwerwiegende Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der kontrollierten Athleten dar. gen) nichts anderes darstellt als die Festschreibung der Regelergebnisse einer generalisierenden Abwägung. 216 P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 41. 217 Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.7.d). 218 So auch K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 111 f.; U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 50 f. 219 Mit Blick auf diese anderen Vorstellungen in bestimmten Kreisen kommt nach U. Steiner, Verfassungsrechtliche Probleme des Dopings, S. 61, eine Verletzung der Menschenwürde durch die Prozedur der Urinprobe nicht in Betracht.

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bb) Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, sich nicht selber zu belasten Abgesehen von der Beeinträchtigung der Intimsphäre des Sportlers, die die Dopingkontrolle per Urinprobe im Hinblick auf das Abnahmeprozedere zweifelsohne bedeutet, sticht unter persönlichkeitsrechtlichen Aspekten ein weiterer Umstand ins Auge, der die Qualifizierung der Urinprobenahme als Persönlichkeitsrechtsverletzung bewirken könnte: Es stellt sich nämlich die Frage, ob der Athlet nicht dadurch unangemessen in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird, dass er mit der Übergabe des Körperproduktes Urin in Form der Urinprobe (gegebenenfalls) bei der Überführung seiner selbst als Regelverletzer aktiv mitzuwirken hat, indem er das zu guter Letzt eventuell maßgebliche Beweismittel selber zur Verfügung stellen muss.220 Das im Verhältnis zwischen Staat und Bürger anerkannte, aus dem Persönlichkeitsrecht resultierende Verbot des Zwanges zur Selbstbezichtigung221 ist als persönlichkeitsrechtlich geschütztes Interesse auch in der privatrechtlichen Rechtsbeziehung zwischen den Vereinen und Verbänden und den Athleten in der Abwägung der gegenläufigen Interessen zu berücksichtigen. Das Verbot des Zwanges zur Selbstbezichtigung wird durch jede Maßnahme tangiert, durch die Druck auf den Persönlichkeitsrechtsinhaber mit dem Ziel ausgeübt wird, ihn zur Mitwirkung bei Maßnahmen zu bewegen, die gegebenenfalls seiner eigenen Überführung dienen. Als eine solche Maßnahme stellt sich auch die Urinabgabe dar, die dem Erhalt desjenigen Beweismittels dient, durch welches dem Athleten gegebenenfalls der Dopingverstoß nachgewiesen wird. cc) Persönlichkeitsrechtseingriff durch die Abnahme eines Körperproduktes Neben dem „Schutz der Intim- und Privatsphäre“, die den Rechtsgutsinhaber zum Ausschluss Dritter von vertraulichen Lebensumständen berechtigt, und dem „Informationellen Selbstbestimmungsrecht“, das die Geheimhaltung von Informationen mit Bezug zur eigenen Person schützt, gewährt das allgemeine Persönlichkeitsrecht dem Einzelnen auch die Befugnis zur eigenständigen Entscheidung darüber, ob und inwieweit Teile des eigenen Körpers oder Ausscheidungspro220 Zum Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung als Verfahrensgrundsatz im Dopingverfahren vgl. G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 301 ff. 221 BVerfGE 38, 105, 114 f., u. 56, 37, 41 f., 49, wo das Recht, sich nicht selber bezichtigen zu müssen, allerdings nicht grenzenlos, sondern in Abhängigkeit von den mit der Selbstbezichtigungspflicht verfolgten Schutzgütern gewährt wird; BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 86 m.w. N.; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 35; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 46; ders., NJW 1989, 857, 859; C. Starck, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, Art. 2 Rn. 104; zur Frage von Auskunftsverweigerungsrechten im Privatrechtsverkehr vgl. Erman/H. Ehmann (9. Aufl. 1993), Anh. zu § 12, Rn. 352 ff.

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dukte in die Hände Dritter gelangen sollen. Geschützt ist die Selbstbestimmung über den eigenen Körper sowie über die „Produkte“ des eigenen Körpers, etwa über die Körpersubstanzen, die Organe und das menschliche Keimgut, die Stimme und die Psyche.222 Die Urinprobe steht hiernach auch ungeachtet ihrer Brisanz als Informationsträger schon deshalb unter dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, weil sie als Körperprodukt eine naturgemäß enge Beziehung zum Probanden aufweist, aufgrund derer aus dem Verständnis des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Recht zur Selbstbestimmung in eigenen Angelegenheiten heraus eine Dispositionsbefugnis der Athleten gegeben ist.223 b) Persönlichkeitsrechtsverletzung Die hiernach mit der Dopingkontrolle verbundenen Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Sportler stellen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Probanden dar, wenn sie nicht durch ein Gesetz, durch eine im Verhältnis zu den Athleten wirksame vereinsrechtliche Regelung oder durch die Zustimmung der Sportler gestattet und auch nicht durch ein überwiegendes Interesse der kontrollierenden Stelle gerechtfertigt sind. Da im deutschen Recht weder eine gesetzliche Eingriffsnorm existiert, die die Durchführung von Dopingkontrollen regelt, noch überhaupt ein gesetzliches Regelwerk, in dem ein Dopingverbot mit den zugehörigen Begleitbestimmungen über die erforderlichen Kontrollmaßnahmen enthalten ist, können sich die Sportvereinigungen nicht auf einschlägige gesetzliche Eingriffsbefugnisse stützen. Die Rechtfertigung von persönlichkeitsrechtlich relevanten Dopingkontrollmaßnahmen durch den Verweis auf ein überwiegendes Interesse der Verbände und Veranstalter gegenüber einem Athleten, der weder aufgrund seiner Mitgliedschaft in einem Sportverein noch infolge einer vertraglichen Zustimmung den Kontrollbestimmungen der Sportvereinigungen unterworfen ist, kommt im Regelfall nicht in Betracht. Damit den Korporationen überhaupt ein Interesse an der Überprüfung eines Sportlers erwachsen kann, muss dieser mit dem Interessenbereich der Vereine und Verbände in Berührung geraten. Die notwendige Berührung ist im Falle einer Vereinsmitgliedschaft oder der Teilnahme am Sportbetrieb auf vertraglicher Basis gegeben. Zum einen begibt sich der Athlet durch die Betätigung in dem von den Sportvereinigungen geschaffenen Forum in den Organisationsbereich der Vereine und Verbände, in dem diese bis zur Grenze des Unangemessenen zur Umsetzung ihrer Zwecke und Ziele berechtigt sind. Zum ande222 R. Müller, Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen (1997), S. 29 f.; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.6.c); M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.III., S. 222, und 3.B.VIII.2. und 3. 223 So für Dopingproben auch U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 54.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

ren bewirkt der Auftritt des Sportlers als Mitwirkender bei Veranstaltungen der Verbände und Veranstalter, dass sein Verhalten nicht mehr nur als Verhalten einer Privatperson für und gegen ihn selber wirkt, sondern immer auch das Bild der Veranstaltung und der Veranstalter mitprägt. Begibt sich der Athlet nicht in den Betätigungsbereich der Sportvereinigungen und fehlt es daher an einer besonderen Beziehung, ist ein Kontrollbedürfnis der Verbände nicht mehr gegeben. Der Sportler steht den Sportvereinigungen in diesem Fall wie ein fremder Dritter gegenüber. Ein Grund dafür, weshalb die Sportverbände Kontrollbefugnisse und hierbei das Recht zu Persönlichkeitseingriffen gegenüber fremden Dritten für sich in Anspruch nehmen können sollten, ist nicht ersichtlich. Die somit noch in Betracht kommende Rechtfertigung der Eingriffe unter Berufung auf eine von den Sportlern erteilte Einwilligung oder auf verbandsrechtliche Bestimmungen, denen die Athleten über ihre Vereinsmitgliedschaft unterworfen sind, hängt wegen der besonderen Anforderungen an die Freiwilligkeit der Einwilligung gegenüber den sozial und wirtschaflich übermächtigen Sportvereinigungen und wegen der umfassenden Inhaltskontrolle, denen die Regeln der Verbände aufgrund dieser Übermächtigkeit unterworfen sind, allerdings ohnehin durchweg von der Feststellung eines überwiegenden Interesses der Sportvereinigungen an der Durchführung der Urinkontrollen ab. aa) Gegen die Urinprobe sprechende Interessen der Sportler Wie bereits aus der Aufzählung der beeinträchtigten Persönlichkeitsrechtsausprägungen deutlich geworden ist, beschränkt sich die belastende Wirkung der Urinprobenahme keineswegs auf die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts durch die Beschaffung von Informationsmasse über die Sportler. Neben diesen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht, der an den durch die Probenahme geschaffenen Zustand anknüpft, treten diejenigen Rechtsbeeinträchtigungen, die zuvor bereits mit dem Vorgang der Urinprobenahme selber verbunden sind. Die Abnahmeprozedur berührt neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch weitere grundrechtlich geschützte Rechtspositionen der Sportler. Zunächst einmal kann von Seiten der Sportler die Beeinträchtigung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit und die Beeinträchtigung der Freiheit ihrer Person entgegengehalten werden. Soweit die Athleten im Rahmen der Durchführung der Kontrollen zu bestimmten Handlungen wie der Urinabgabe und der Mitwirkung an den Begleitmaßnahmen224 bzw. zu bestimmten Unterlassungen wie etwa zum Verbleib in der Dopingkontrollstation während des vom Reglement vorgegebenen 224 Vgl. die Detailvorgaben für den Ablauf der Urinprobenahme in Anhang 7 des NADA-Codes, wonach der Athlet einen Urinbehälter auszuwählen (Ziff. 3), den abgegebenen Urin auf die Probengefäße zu verteilen (Ziff. 10) und weitere Mitwirkungsakte vorzunehmen hat.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Zeitraums225 gezwungen werden, bedeutet dies eine Einschränkung ihrer Grundrechte aus Art. 2 I und 2 II GG.226 Sodann greift die Verpflichtung zur Urinabgabe im Rahmen von Urinkontrollen in die Berufsfreiheit der Sportler ein. Neben der Vorgabe des Dopingverbots selber227 sind auch die den Athleten im Hinblick auf die Durchführung von Dopingkontrollen auferlegten Pflichten als Berufsausübungsregelungen und somit als Eingriffe in ihre Berufsfreiheit anzusehen.228 Vor allem aber können die Athleten im Zusammenhang mit der Pflicht zur Urinabgabe auf ihr vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschütztes Interesse an der Unversehrtheit ihrer Intimsphäre verweisen.229 Als weitere persönlichkeitsrechtliche Belange sind neben dem Interesse am unbeobachteten Wasserlassen das Interesse an der Selbstbestimmung bezüglich der eigenen Körperausscheidungen sowie das Interesse, nicht an der eigenen Überführung als Dopingtäter mitwirken zu müssen, zu berücksichtigen. Schließlich wäre auch die von Art. 4 GG garantierte Religionsfreiheit berührt, wenn es Religionen geben sollte, mit deren spezifischen Geboten die Entblößung des Genitalbereichs oder die Überlassung von Körperprodukten kollidiert, und der Sportler einer von ihnen angehörte. Da derartige Konflikte aus den bisherigen Streitigkeiten um Anti-Doping-Maßnahmen allerdings nicht bekannt sind, soll die Religionsfreiheit als Abwägungsbelang in der hier anzustellenden typisierenden Betrachtungsweise nicht weiter berücksichtigt werden. Nicht ausreichend ist die bloße Behauptung, der Athlet habe als tiefreligiöser Mensch in Gegenwart anderer Personen kein Wasser lassen können.230 Vielmehr hat der Sportler im Falle der Berufung auf religiöse Hinderungsgründe darzulegen, welche Glaubensgrundsätze ihm die Befolgung der vorgegebenen Kontrollprozedur verbieten. Tangiert die Urinprobenahme in speziellen Fällen tatsächlich religiös motivierte Grundsätze, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls wie etwa der Bedeutung der entgegenstehenden Regelung innerhalb der Glaubensgemeinschaft zu bewerten, welche Bedeutung dem Interesse des Sportlers an der Beachtung der Glaubensvorgaben zuzumessen ist.231 225

Vgl. Anh. 3, Ziff. 2.2 e) und Ziff. 4.3 des NADA-Codes. K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 112; ders., Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40. 227 Siehe dazu oben D.I.2. 228 K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40. 229 K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40. 230 So vorgebracht von den Betreuern des ungarischen Diskuswerfers Robert Fazekas anlässlich dessen Verweigerung einer Urinprobe nach dem Gewinn der olympischen Goldmedaille 2004 in Athen, vgl. FAZ v. 30.10.04, S. 31. 231 Diese Bewertung wurde vom CAS im Fall des australischen Boxers Omar Al Shaick offenkundig dahingehend getroffen, dass religiöse Bedenken keinesfalls so schwer wiegen, dass die weltweite Dopingkontrollpraxis hierdurch in Frage gestellt wer226

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Zum Gewicht der einzelnen Rechtseingriffe ist im Übrigen Folgendes festzuhalten: Die mit der Probenahme verbundenen Beeinträchtigungen der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Freiheit der Person vermögen kein schwerwiegendes Interesse der Athleten an der Unterlassung der Urinprobe zu begründen. Was die Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit betrifft, ist zu berücksichtigen, dass es sich hierbei ausweislich der in Art. 2 I GG selber vorgesehenen weitreichenden Einschränkungsmöglichkeiten um ein leichtgewichtiges Grundrecht handelt. Darüber hinaus halten sich sowohl der mit der Urinprobenahme verbundene Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit wie auch der Eingriff in die Freiheit der Person ihrem Umfang und ihrer Intensität nach in Grenzen. Von den Sportlern werden Dinge verlangt, die sie entweder ohnehin – wenn auch zu einem anderen Zeitpunkt – tun würden oder die ihrem Umfang nach mit Blick auf die zeitliche Dauer und die Art der Tätigkeit als gerinfügig anzusehen sind. Die Einschränkung der Freiheit der Person beschränkt sich in örtlich-räumlicher Hinsicht auf die Verpflichtung zu einem Abstecher in die nahe gelegene Dopingkontrollstation und nimmt im Regelfall auch in zeitlicher Hinsicht keinen erheblichen Umfang an, lässt sich doch die Abgabe der Urinprobe im Normalfall innerhalb von Minuten bewerkstelligen. Nach Auskunft von Professor Dirk Clasing, dem stellvertretenden ADK-Vorsitzenden, wurden bereits im Jahr 2002 aufgrund der bis dato etablierten Regelungen die Dopingproben in 45,4 Prozent aller Fälle unmittelbar nach dem Antreffen des Athleten und in weiteren 40 Prozent weniger als zwei Stunden nach Ankündigung des Tests genommen. Nur in einem Prozent der Fälle habe die gesamte Prozedur länger als sechs Stunden gedauert.232 Die Situation, in der sich der Athlet nicht zur sofortigen Urinabgabe in der Lage sieht und die Kontrollprozedur aus diesem Grund einen etwas längeren Zeitraum beansprucht, darf als Ausnahmefall und „Negativausreißer“ in ihrer Bedeutung als Rechtsbeeinträchtigung nicht überbewertet werden, zumal sie durch die im Reglement vorgesehene Möglichkeit entschärft wird, dass der Sportler sich während der Wartezeit in Begleitung des Kontrolleurs außerhalb der Kontrollstation bewegt, um seinen Angelegenheiten nachzugehen. Die Verpflichtung zur Urinprobenabgabe stellt auch keinen schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit der Athleten dar. Als bloße Berufsausübungsregelung bewegt sie sich kategorisch gesehen auf der geringsten Intensitätsstufe der vom BVerfG im Apotheker-Urteil unterschiedenen Eingriffsarten. Da es ein eigenständiges Berufsbild des „Doping-Sportlers“ nicht gibt, wirkt sich die Pflicht zur Urinprobenabgabe auch nicht mittelbar als Berufszulassungsschranke aus. Auch innerhalb der Kategorie der Berufsausübungsregelungen kommt der Konden könnte, vgl. das Statement der ASADA zur Entscheidung des CAS vom 28.06.07, veröffentlicht auf der Homepage der ASADA www.asada.gov.au. 232 FAZ v. 13.03.02, S. 46.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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trollverpflichtung eine nur geringe Eingriffswirkung zu. Anders als im Fall des Dopingverbots als solchem ist im Fall der Urinabgabeverpflichtung nicht erkennbar, dass die Sportler hierdurch in berufsspezifischen Belangen ernsthaft beeinträchtigt würden. Während das Dopingverbot als solches immerhin noch die Anwendung einer Berufsausübungsstrategie untersagt, die sich unmittelbar und möglicherweise entscheidend auf den beruflichen Erfolg auswirken kann, ist die Verpflichtung zur Urinprobe unter dem Aspekt der konkreten Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit als lästiges Anhängsel anzusehen, das weder den Erfolg noch das Bild der Berufsausübung der Athleten nennenswert beeinflusst. Die persönlichkeitsrechtliche Befugnis des Einzelnen, selber über das weitere Schicksal von seinem Körper herrührender Körperteile, Körpersubstanzen oder auch Abfallprodukte – wie eben des eigenen Urins – zu bestimmen, rührt aus der natürlichen Nähebeziehung her, die aufgrund ihrer Herkunft zwischen diesen Körperprodukten und der Person des Körpereigners besteht. Bei der Beantwortung der Frage, welche Intensität dem Interesse des Körpereigners am weiteren Schicksal des von ihm abgegebenen Urins zukommt, wenn man den bereits weiter oben gesondert behandelten Aspekt der Informationsträgerschaft außer Acht lässt, ist zu berücksichtigen, dass dem Urin in der konkreten Situation unter keinem sonstigen Gesichtspunkt eine besondere Bedeutung als Körperprodukt zukommt. Sein weiteres Schicksal wäre es gewesen, von dem Athleten an sonst einer geeigneten Stelle – mit einiger Wahrscheinlichkeit in eine Kloake – abgegeben zu werden. Aus diesen Überlegungen wird deutlich, dass im Zusammenhang mit der Abgabe der Urinprobe das Interesse an der Selbstbestimmung über eigene Körperprodukte nicht in erheblicher Weise beeinträchtigt wird. Dem Schutz des Einzelnen vor jeglichem Zwang zur Selbstbelastung und Selbstüberführung kommt im Verhältnis zwischen Staat und Bürger eine kaum zu überschätzende Bedeutung zu. Diese besondere Bedeutung resultiert allerdings maßgeblich aus dem besonderen Machtverhältnis zwischen dem Einzelnen und der staatlichen Hoheitsgewalt. Aufgrund seiner Übermächtigkeit ist der Staat – wie nahezu täglich in den Nachrichten aus anderen Ländern nachzulesen ist – ohne weiteres dazu in der Lage, Selbstbezichtigungen durch Drohung und Folter zu erwirken, die dann als vor staatlichen Stellen abgegebene Geständnisse von erheblicher Bedeutung für nachfolgende Gerichtsverfahren gegen den Genötigten sind. Mit dieser Gefahr ist die Gefährdung durch Selbstbezichtigungen, die durch andere Privatrechtssubjekte erzwungen werden, schon deshalb nicht vergleichbar, da diese anderen Privaten nicht zur Durchführung von Strafverfahren berufen sind, auf deren fairen Verlauf das Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung in erster Linie abzielt. Da Privatrechtssubjekte im Regelfall auch nicht ohne weiteres über die notwendigen Mittel verfügen, den erforderlichen Zwang auf einen Rechtsgenossen auszuüben, und da gegebenenfalls Selbstbezichtigungen gegenüber Privaten auch von deutlich geringerem Beweiswert sind als Geständnisse gegenüber staatlichen Behörden, nimmt das Verbot des Zwangs zur Selbstbezich-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

tigung im Privatrechtsverkehr keine vergleichbar bedeutende Stellung ein. Hinzukommt, dass der Abgabe der Urinprobe das Element der Selbstbezichtigung in erheblich geringerem Maße aneignet als etwa einem abgepressten Geständnis. Während hier der Betroffene die entscheidende Selbstbelastung in Form der von ihm selber herrührenden Erklärung überhaupt erst schafft, trägt der Sportler mit der Abgabe der Urinprobe nur zur Offenbarung eines Faktums bei, das unabhängig von seiner Mitwirkung bereits bestanden hat. Schließlich und vor allem ist zu berücksichtigen, dass die Mitwirkung des Athleten kein für die Gewinnung des Beweismittels unabdingbarer Akt ist, sondern einzig und allein der Verringerung der Unannehmlichkeiten aus der Probenahme dient. Dem Sportler wird das wesentlich aufwendigere, schmerzhaftere und wohl auch sehr viel stärker als Zwang empfundene Verfahren einer Urinentnahme erspart, die er alternativ zur Urinabgabe in lediglich duldender Haltung und ohne eigene aktive Mitwirkung über sich ergehen lassen müsste. Das mit Abstand schwerwiegendste Gegenargument gegen die Urinprobenahme ist nach alledem der Verweis auf die Beeinträchtigung der Intimsphäre der Athleten: Um die Bedeutung des Intimsphäreschutzes als Abwägungsbelang zugunsten der Sportler zu erfassen, ist der Bezug des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zur Menschenwürdegarantie des Art. 1 I GG näher zu beleuchten: In der Rechtsprechung des BVerfG war zunächst von einem Recht auf Schutz des Zustandes der Privat- bzw. Persönlichkeitssphäre die Rede, das aus Art. 2 I GG gefordert und zugleich auf Art. 1 I GG gestützt wurde.233 Diese Rechtsprechung wurde vom BVerfG in der Folgezeit in einer Vielzahl von Entscheidungen fortgeführt.234 Entgegen der insoweit noch missverständlichen Formulierung des BVerfG in der „Soraya-Entscheidung“ 235 ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht hiernach in Art. 2 I GG und nicht etwa als „Zwillingsgrundrecht“ in Art. 2 I und 1 I GG236 verankert, so dass Art. 1 I GG im Hinblick auf die Ausgestaltung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts lediglich als objektiv-rechtliche Interpretationsrichtlinie wirkt;237 Existenz und Ausgestaltung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts fol233

BVerfGE 8, 274, 329, u. 27, 1, 6 („Mikrozensus“). BVerfGE 35, 202, 219 („Lebach“), u. 54, 148, 152 ff. („Eppler“), u. 72, 155, 170, u. 79, 256, 270 („Vaterschaftsauskunft“), u. 82, 236, 269 („Startbahn West“), u. 90, 263, 270 („Ehelichkeitsanfechtung“). 235 BVerfGE 34, 268, 291 f. (Verfassungsbeschwerde gegen die Verurteilung zu 15 TDM Schmerzensgeld wegen Veröffentlichung eines frei erfundenen Interviews mit Prinzessin Soraya in BGH NJW 1965, 685). 236 H. D. Jarass, NJW 1989, 857; Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 176, u. Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 84, sprechen davon, das allgemeine Persönlichkeitsrecht sei abgeleitet aus Art. 1, 2 GG. 237 BVerfGE 27, 344, 350 f.; W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 23; H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 32; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 15, 56 f., 89; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 30; Staudinger/J. Hager, 234

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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gen somit zwingend aus der Auslegung des Art. 2 I GG im Lichte des Menschenwürdegrundrechts aus Art. 1 I GG. Dies bedeutet im Hinblick auf die Frage nach der Zulässigkeit von Einschränkungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, dass diese nur dann durch das Gebot des absoluten Schutzes der Menschenwürde von vornherein untersagt sind, wenn ausnahmsweise der Persönlichkeitseingriff gleichzeitig einen Eingriff in die Menschenwürde des Betroffenen darstellt,238 z. B. in den Fällen unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung239 oder der Behandlung als bloßes Objekt,240 während Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Übrigen unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit stehen. Dementsprechend ist jeder Persönlichkeitsrechtseingriff zunächst darauf hin zu überprüfen, ob und inwieweit der Würdekern des Persönlichkeitsrechts betroffen, d. h. über das allgemeine Persönlichkeitsrecht hinaus die Menschenwürde des Betroffenen berührt ist.241 Soweit Art. 1 I GG in den Fällen, in denen der Eingriff keine Beeinträchtigung der Menschenwürde darstellt, zur Begründung von Einengungen der weiten Grundrechtsschranken des Art. 2 I GG herangezogen wird, fungiert er daher nicht als subjektives Grundrecht neben Art. 2 I GG, sondern nur als objektiv-rechtliche Leitlinie.242 Allerdings gehört das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch ohne die unmittelbare Herleitung aus Art. 1 I GG zu den ranghöchsten Verfassungsgütern.243 Das aus dem Einfluss von Art. 1 I GG resultierende Gewicht kommt ihm nach zutreffender Ansicht244 nicht nur als Abwehrrecht gegenüber staatlichen Eingriffen, sondern ungemindert auch als Abwägungsbelang bei der Prüfung von Rechtsverletzungen im Rahmen des § 823 BGB zu. Die Belange des Eingreifenden müssen dementsprechend ebenso wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht als beeinträchtigte Rechtsposition Verfassungsrang haben und vom Grundgesetz garantiert sein, um die beeinträchtigten Interessen überwiegen zu können.

§ 823 Rn. C3, weist dieser Frage „eher untergeordnete Bedeutung“ zu, da sich aus ihrer Beantwortung keine Konsequenzen für die Einschränkungsmöglichkeiten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergäben; zu den aus Art. 1 I GG resultierenden Maßgaben im Einzelnen vgl. M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.C.I. (S. 31 ff.), 1.C.II. (S. 34 f.). 238 Nach A. von BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 79, 83, ist allerdings der aus der Menschenwürde herzuleitende Anspruch auf moralische Selbstbestimmung von den Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts „Recht auf Selbstbestimmung hinsichtlich der persönlichen Daten“, „Recht zur Verfügung über die eigene Person“ (etwa bzgl. der Eingehung einer Ehe) nicht scharf zu trennen. 239 BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 57 ff. 240 BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 63 ff. 241 C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 56, 89. 242 BVerfGE 27, 344, 350 f.; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 57. 243 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C3; MüKo/P. Schwedtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 189. 244 Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C4 ff.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Wie weiter oben bereits dargelegt,245 zählt die Intimsphäre zwar nicht mehr zu dem mit dem Wesensgehalt des Menschenwürdegrundrechts identischen Kernbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, so dass ihre Beeinträchtigung nicht als Eingriff in die Menschenwürde des Betroffenen anzusehen ist. Wie a. a. O. ebenfalls ausgeführt, bildet die Intimsphäre jedoch denjenigen vom Persönlichkeitsrecht geschützten Bereich, der dem unmittelbar von Art. 1 I GG geschützten Kernbereich am nächsten liegt. Aus diesem Grund bedarf ein Eingriff in die Intimsphäre der Rechtfertigung mit besonders gewichtigen Interessen. bb) Interessen der Vereine und Verbände Zugunsten der Vereine und Verbände sind in der Diskussion um die Rechtfertigung der Urinprobenregelungen wiederum diejenigen Rechtspositionen in der Abwägung zu berücksichtigen, auf die bereits das verbandsrechtliche Dopingverbot als solches gestützt worden ist.246 Die Korporationen können sich somit in erster Linie auf die von Art. 9 I GG garantierte Befugnis zur eigenverantwortlichen Festlegung der Vereinszwecke und -ziele und der zur Erreichung dieser Ziele adäquaten Mittel und Wege berufen. Hinzu treten nach Maßgabe des Art. 19 III GG das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Vereine und Verbände, das einen zusätzlichen Schutz der Selbstbestimmungsakte der Korporationen bewirkt, soweit diese Akte auf ihre Selbstdarstellung ausgerichtet sind und zur Definition ihrer Persönlichkeit beitragen, sowie deren allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG. Diese Interessen der Vereine und Verbände, die – mit Ausnahme der allgemeinen Handlungsfreiheit – aufgrund ihrer hervorgehobenen Stellung im Grundrechtskatalog bereits für sich gesehen schwergewichtige Argumente zugunsten des Dopingverbots und der zu seiner Durchsetzung erforderlichen Folgeregelungen darstellen, werden durch die gesellschaftlichen Positivwirkungen eines dopingfreien Sports in ihrer Bedeutung noch erhöht. Voraussetzung dafür, dass die verbandsrechtlichen Bestimmungen über Urinproben im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung gemäß § 242 BGB und der hierbei durchzuführenden Interessenabwägung die zugunsten des Dopingverbots anführbaren Interessen für sich in Anspruch nehmen können, ist des Weiteren die Bewertung der Urinprobe als verhältnismäßige Maßnahme zur Durchsetzung des Dopingverbots. Diese Bewertung ist durch die Feststellung bedingt, dass die Urinprobe zur Durchsetzung des Dopingverbots geeignet und erforderlich ist und darüber hinaus ein angemessenes Mittel darstellt. Ebenso wie das Dopingverbot als solches muss auch die vereinsrechtliche Regelung des Persönlichkeitsrechtseingriffs „Urinprobenahme“ den aus dem Verhältnismäßigkeitsgebot abzuleitenden Bestimmtheitsanforderungen genügen, um 245 246

Vgl. oben D.III.2.a)aa). Vgl. oben D.I.1.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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der Geeignetheits- und der Erforderlichkeitsprüfung sowie der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne standzuhalten. Die Kontrollregelungen müssen hinreichend konkret gestaltet sein, wobei die Dynamik der Dopingpraxis und der Dopingkontrollmöglichkeiten zu berücksichtigen ist.247 Notwendig ist hiernach insbesondere eine so dezidierte Regelung des Kontrollverfahrens, dass die Athleten ihr Verhalten im Zuge von Dopingkontrollen danach ausrichten können.248 Das im Rahmen dieser Untersuchung beispielhaft näher betrachtete Regelwerk des DOSB begegnet unter diesem Aspekt allerdings keinen Bedenken, da der tatsächliche Vorgang der Urinprobenahme in den wesentlichen Punkten detailliert beschrieben ist. Parameter für die Geeignetheit der Urinprobe sind ihre Eignung zum Dopingnachweis für die einzelnen Dopingsubstanzen, die vom Entwicklungsstand der einschlägigen Analyseverfahren abhängig ist, sowie ihre Individualisierbarkeit, ihre Nichtmanipulierbarkeit und ihre Haltbarkeit.249 An der grundsätzlichen Eignung von Urinproben zur Aufdeckung von Dopingverstößen bestehen keine Zweifel, sind doch eine Vielzahl von Dopingsubstanzen unstrittig im Wege der Urinanalyse nachweisbar. Der immer wieder gegen das Anti-Doping-System als solches geäußerte Einwand, es werde weder über Urinproben noch über andersgeartete Dopingkontrollen jemals gelingen, des Verwendung unerlaubter Dopingmittel vollständig Herr zu werden, vermag die Geeignetheit der Urinkontrolle nicht zu verhindern. Von der Eignung einer Maßnahme zur Erreichung eines damit verfolgten Zieles ist nicht erst dann auszugehen, wenn die Maßnahme die vollständige Zielerreichung garantiert. Vielmehr ist insofern ausreichend, dass sie dazu geeignet erscheint, eine Annäherung des missliebigen Ist-Zustandes an den angestrebten Soll-Zustand zu bewirken. Diese Wirkung kommt der Urinkontrolle mindestens in sachlicher Hinsicht und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in persönlicher Hinsicht zu. Bestimmte Dopingmittel, deren Nachweisbarkeit über Urinkontrollen bekannt ist, werden von den Kontrolleuren praktisch überhaupt nicht mehr aufgespürt, was jedenfalls bei einem Teil der abstinenten Sportler nicht auf die Einsicht über den Sinn des Dopingverbots, sondern auf die Furcht vor Entdeckung und Strafe zurückzuführen sein dürfte. Darüber hinaus darf wohl getrost davon ausgegangen werden, dass ein Teil der „sauberen“ Sportler den Pfad der Tugend ebenfalls verlassen hätte, wäre Doping nicht mit dem Damoklesschwert der Entlarvung im Wege der Analyse der Urinproben verbunden. Damit ein hinreichend gewichtiges Interesse der Vereine und Verbände an der Dopingkontrollregelung festgestellt werden kann, muss sich die Beeinträchtigung 247 248 249

K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 92. K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 112 f. K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 92 f.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

der Athleten auf ein möglichst geringes Maß beschränken.250 Von der Erforderlichkeit der Durchführung von Urinkontrollen ist solange auszugehen, wie sich nicht eine alternative Kontrollmethode gefunden hat, die kumulativ die folgenden Voraussetzungen erfüllt: Erstens muss der alternative Kontrollmodus die bislang über die Urinanalyse nachgewiesenen Dopingpraktiken ebenfalls in hinreichender Weise dokumentieren können und Urinkontrollen daher überflüssig machen. Zweitens muss er gleichzeitig unter dem Gesichtpunkt seiner Eingriffswirkung in die Rechte und Interessen der Athleten das im Vergleich zur Urinkontrolle mildere Mittel darstellen. Und drittens muss sich die Alternativprozedur zudem unter dem Aspekt des damit verbundenen Aufwandes bei Berücksichtigung der dadurch erzielten Verbesserungen für die Sportler als für die Sportvereinigungen zumutbar erweisen. An diesem Punkt stellt sich die Frage, ob die Blutkontrolle als milderes Mittel in vorstehendem Sinne in Betracht kommt. In der Dopingkontrollpraxis der Verbände stehen Urin- und Blutkontrolle derzeit einander ergänzend nebeneinander. Bestimmte verbotene Mittel oder Praktiken wie etwa der Missbrauch von anabolen Steroiden können am besten über eine Urinprobe nachgewiesen werden,251 bestimmte andere Dopingpraktiken wie beispielsweise das Blutdoping, das Leistungsverbesserungen durch die leistungssteigernde Aufbereitung und Wiederverwendung von Eigenblut des Athleten oder durch die Verabreichung von leistungsfähigerem Fremdblut bewirkt,252 können nur über Blutkontrollen nachgewiesen werden. Eine Konkurrenzsituation dergestalt, dass die beiden Kontrollarten miteinander um die Stellung des milderen Eingriffs in die Rechte der Sportler im Wettstreit stünden, ist daher nicht gegeben. Die Erforderlichkeit der Urinkontrolle scheitert somit nicht an der Ersetzbarkeit durch den milderen Kontrollmodus Blutkontrolle und – mangels der Existenz anderer geeigneter Nachweisverfahren – auch nicht am Vorhandensein sonstiger, die Athleten weniger belastender Alternativen. Die umfassende Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bedingt es, dass nicht nur der Kontrollmodus Urinprobe als solcher der Erforderlichkeitsprüfung standhalten muss, sondern auch die Begleitumstände der Probenahme so ausgestaltet sein müssen, dass über das Notwendige hinausgehende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der Athleten vermieden werden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss zunächst einmal die Abnahmeprozedur auf eine Weise geregelt sein, die überflüssige Beeinträchtigungen der Athleten vermeidet. Entsprechend ihrer besonderen Bedeutung unter den berührten Rechts250

K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 92. So wurde von Prof. K. Müller gegen die Ersetzung von Urinproben durch Blutproben eingewendet, die Nachweismethodik sei gerade bei anabolen Steroiden auf Urinproben eingestellt, vgl. FAZ v. 30.10.04, S. 31. 252 Vgl. D. Clasing/R. K. Müller, Dopingkontrolle (4. Aufl. 2006), S. 31, wo Blutdoping als „Manipulation mit Blut- oder Blutzelltranfusionen zur Erhöhung der Transportkapazität des Blutes für Sauerstoff“ definiert wird. 251

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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positionen steht insoweit die Intimsphäre der Sportler im Mittelpunkt des Interesses. Die Intensität des Eingriffs in die Intimsphäre rührt daher, dass die Kontrolleure zur genauesten Observierung des Genitalbereichs der Athleten im Moment der Urinabgabe gehalten sind. Die Bewertung dieser Observierung als erforderlich setzt voraus, dass sie in dieser Intensität zur Umsetzung einer effektiven Dopingbekämpfung unerlässlich ist. Führt man sich vor dem Hintergrund dieser Fragestellung die regelmäßig auftauchenden Meldungen über neuentdeckte Dopingtechniken vor Augen, gelangt man allerdings zu der Erkenntnis, dass die Sichtkontrolle anlässlich der Urinabgabe gar nicht genau genug sein kann. Schon geradezu als harmlos und primitiv ist die wohl schon länger im Gebrauch befindliche Schlauchkonstruktion zu bezeichnen, mit der der später disqualifizierte Goldmedaillengewinner im Diskuswerfen, der Ungar Robert Fazekas, die Dopingkontrolle nach seinem erfolgreichen olympischen Wettkampf 2004 in Athen zu überstehen versuchte.253 Aus einem an seinen Genitalien befestigten Plastiksack sollte anstelle des eigenen Urins Fremdurin in die Probenbehälter abgegeben werden. Dass der Täuschungsversuch in der Nacht vom 23. auf den 24. August 2004 misslang, dürfte aller Wahrscheinlichkeit einzig und allein auf die aufmerksame Beobachtung des Probanden durch die Dopingkontrolleure des IOC zurückzuführen sein, die sich in diesem Fall darauf beschränken konnten, keine Beobachtungslücken entstehen zu lassen, die die Gelegenheit zum Einsatz der Betrugskonstruktion eröffnet hätten. Dafür, dass ein noch genaueres Hinsehen erforderlich wäre, sprechen die Fälle des ungarischen Hammerwurf-Olympiasiegers von Athen, Adrian Annus, dessen Urinproben von zwei verschiedenen Personen stammten, und des griechischen Gewichthebers, Leonidas Sampanis, der nach seinem Wettkampf in Athen positiv auf Testosteron getestet wurde, während die Eingangskontrolle sechs Tage zuvor noch ein negatives Resultat erbracht hatte.254 Tatsächlich ist es im Hinblick auf die weiterhin zur Urinmanipulation entwickelten Techniken offenkundig nicht ausreichend, von Zeit zu Zeit einen kurzen Blick auf die Körperöffnungen der Athleten zu werfen. Täuschend echt aussehende Penisattrappen mit eingebauten Urintanks und Heizvorrichtungen zur Erwärmung des Urins auf Körpertemparatur, in den Anus oder die Scheide eingeführte Urindepots mit Schließmuskelventil und Schlauchverbindung zum Harnausgang, in die Scheide eingeführte uringefüllte Kondome, die bei der Probenahme mit einem spitzen Gegenstand angestochen oder mit scharfen Fingernägeln angeritzt werden,255 die Präparierung der Hände mit Bakterien, Proteinen oder anderen Substanzen, die mit dem Urin in die Probenbehälter gespült werden und dort die Proben unbrauchbar machen,256 253 254 255 256

FAZ v. 30.10.04, S. 31. FAZ v. 30.10.04, S. 31. Vgl. FAZ v. 30.10.04, S. 31. Vgl. FAZ v. 23.11.05, S. 35 ; FAZ v. 03.11.06, S. 32.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

die Präparierung des Harnröhrenausgangs mit Körnern aus Proteasepulver oder ähnlichen Substanzen, die mit der Urinabgabe in die Probe gelangen und die Spuren von Epo oder anderen Dopingmitteln verwischen,257 und ähnlich subtile Techniken verlangen vielmehr eine ununterbrochene, aufmerksame und umfassende Betrachtung des Geschehens. An der dringenden Notwendigkeit, die Urinabgabe so genau wie nur möglich zu beobachten, bestehen nach alledem keine Zweifel. Die persönlichkeitsrechtliche Brisanz der Besitzverschaffung an der Urinprobe als solcher ist des Weiteren dann so gering wie möglich, wenn die persönlichkeitsrechtsrelevanten Missbrauchsmöglichkeiten durch die Bestimmungen über die weitere Behandlung der Urinprobe in der Dopingkontrollstation so weit wie möglich eingeschränkt sind. Hierzu müssen die von den Athleten eingesammelten Proben so früh wie möglich pseudonymisiert werden. Die Pseudonymisierung selber muss auf wirksame Art und Weise durchgeführt werden. Die Anzahl der Personen, die nach der Probenahme bestimmungsgemäß noch mit der Probe in Berührung kommen, muss möglichst gering gehalten werden. Es muss im Einzelnen geregelt sein, welche Beteiligten unter welchen Voraussetzungen zu welchen Zwecken Zugriff auf die Proben haben und wie die Zugriffsakte der Zugriffsberechtigten zu dokumentieren sind. Der Zugriff Dritter bzw. Manipulationen durch Dritte müssen so weit als möglich durch Schutzvorkehrungen, etwa durch konkrete Vorgaben zur Art und Weise der Aufbewahrug und insbesondere zum Verschluss der Proben ausgeschlossen werden. Art. 7.7 i.V. m. den Ziff. 5.1 der Anhänge 2 und 3 des NADA-Codes geben insoweit lediglich die allgemein gehaltene Anweisung, dass das Kontrollpersonal die genommenen Proben in einer Art und Weise zu verwahren hat, die ihre Integrität, Identität und Sicherheit vor dem Transport gewährleistet, und dass die entsprechende Dokumentation sicher zu verwahren ist. Erst für den Zeitraum ab Übergabe der Probe an den Transporteur ist im Hinblick auf die Pseudonymisierung geregelt, dass die Aufzeichnungen zur Identifizierung des Athleten nicht der Probe beigefügt werden dürfen. Auch in den Regeln des „Internationalen Standards für Dopingkontrollen“, der von Art. 7.1 des NADA-Codes ergänzend für anwendbar erklärt wird, finden sich keine weiteren Festlegungen bezüglich der Pseudonymisierung. Im Gegenteil wird in Ziff. 5.5 des Anhangs G der Standards dem verantwortlichen Dopingkontrolleur die Möglichkeit eröffnet, einzelne Aktivitäten der Probenahme dem sonstigen Dopingkontrollpersonal zu überlassen. Ohne dass sie ausdrücklich besonders geregelt wäre, tritt die Pseudonymisierung unter den gegebenen Umständen in dem Moment ein, in dem sich die Wege des mit einer Code-Nummer versehenen Probenpakets und des Kontrollberichts, 257

Vgl. FAZ v. 03.11.06, S. 32.

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in dem die Code-Nummer dem Namen des Athleten zugeordnet ist, durch die Übergabe des Probenpakets an den Transporteur trennen. Ab diesem Moment ist die Wiederherstellung des Personenbezugs der Urinprobe anderen Personen als den im Falle eines positiven Tests zuständigen Verbandsvertretern nur unter besonderen Umständen möglich, etwa durch ein Mitglied des Dopingkontrollpersonals, das anlässlich der Probenahme von der Code-Nummer des Probanden Kenntnis genommen und sich diese eingeprägt hat, oder wenn etwa der Ort der Probenahme offenbar wird und das Wissen um den Herkunftsort der Probe den Schluss auf einen bestimmten Athleten als Probanden zulässt.258 Zwar wird durch den aktuell vorgegebenen Modus nicht gewährleistet, dass bereits innerhalb des Dopingkontrollteams der Kontrollstation der Kreis derjenigen, die überhaupt die Möglichkeit haben, von der Code-Nummer und dem dahinter stehenden Probanden Kenntnis zu erlangen, so klein wie möglich gehalten wird. Zur Erreichung dieses Ziels müsste dafür gesorgt werden, dass, soweit nicht zur Kontrolle und Dokumentation der Probenahme notwendig, über den verantwortlichen Dopingkontrolleur hinaus keine anderen Personen Kenntnis von der Code-Nummer erlangen. Um auch dem verantwortlichen Dopingkontrolleur eine spätere unbefugte Identifizierung der Probe anhand der Code-Nummer unmöglich zu machen, könnte die vom Kontrolleur vergebene Code-Nummer noch innerhalb der Dopingkontrollstation von einem anderen Mitglied des Kontrollteams, für den der zugehörige Athlet anhand der zunächst vergebenen Code-Nummer schon nicht mehr identifizierbar ist, unter Aufsicht eines ebenfalls unwissenden Zeugen mit einer neuen Nummer versehen und das zugehörige Protokoll getrennt von den bereits gefertigten Kontrollformularen an den zuständigen Verband versendet werden. Auf diese Weise wäre so weit als möglich gewährleistet, dass tatsächlich kein Unbefugter mehr den Personenbezug der abgegebenen Probe wiederherstellen könnte. Um den Erfolg dieser Pseudonymisierung weitestgehend sicherzustellen, müssten die Erstcodierung und die Zweitcodierung strikt voneinander getrennt erfolgen. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass das vorgeschlagene Prozedere allerdings dann nicht zu einer perfekten Pseudonymisierung führt, wenn die Dopingkontrolle gezielt bei einem einzelnen Sportler vorgenommen wird. In diesem Fall könnte die Identität des Probanden gegenüber dem Zweitcodierer durch die Übergabe der Probe ohne Namen und nur noch mit einer Code-Nummer nicht verheimlicht werden. Aber auch in denjenigen Fällen, in denen das Dopingkontrollteam mehrere Proben nimmt, so dass die hinter den übergebenen Proben stehenden Athleten für den Zweitcodierer nicht mehr personengenau identifizierbar sind, kann der Forderung nach der Zweitcodierung von den Verbänden der Einwand eines unzumutbaren Mehraufwands entgegengehal258 Letzteres war etwa hinsichtlich der in Stellenbosch abgegebenen Urinproben von Katrin Krabbe, Grit Breuer und Silke Möller der Fall, da den Analytikern der exotische Ort des Trainingslagers bekannt war und die Proben erkennbar aus Südafrika zugestellt wurden, vgl. FAZ v. 27.02.92, S. 32.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

ten werden, wenn sie nicht durch das ohnehin entsandte Dopingkontrollteam durchgeführt werden könnte, sondern einen zusätzlichen personellen Aufwand erfordern würde. Denn es darf andererseits nicht aus den Augen verloren werden, dass auch nach dem bislang vorgegebenen Modus die Wahrscheinlichkeit schon sehr gering ist, dass sich ein sorgfältig ausgewählter Dopingkontrolleur die Codenummern und die zugehörigen Athleten merkt und dieses Wissen nachfolgend nicht nur zu missbrauchen bereit ist, sondern tatsächlich auch Gelegenheit hierzu erlangt. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, dass sämtliche Hinweise auf den Absendeort der Probe wie etwa verräterische Poststempel u. ä. eliminiert würden. Dies könnte möglicherweise einfach dadurch geschehen, dass die Proben nicht unmittelbar an die Analyselabore, sondern zunächst an einen hierfür zuständigen Verbandsvertreter übersandt würden, der allerdings selbstverständlich von dem für die Verwahrung des Kontrollformulars mit der Namenszuordnung zur CodeNummer verantwortlichen Verbandsvertreter personenverschieden sein müsste. Nach Eingang beim Verband könnte die Probe im Hinblick auf Herkunftshinweise neutralisiert und sodann an das zuständige Analyse-Labor weitergeleitet werden. Die Durchführbarkeit der soeben dargelegten Verbesserungsvorschläge einmal vorausgesetzt, stellt sich die Frage, welche Konsequenzen für die Verwertbarkeit der bis dato genommenen Proben aus dem Umstand resultieren, dass der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Sportler mit Blick auf die vorgeschlagenen Verbesserungen noch nicht optimal ausgestaltet ist. Es läge der Gedanke nahe, dem aktuellen Regelwerk bezüglich der Urinprobenahme die Erforderlichkeit abzusprechen, da es im Hinblick auf die Gefährdung der Persönlichkeitsrechte der Athleten noch weiter entschärft werden könnte und daher in seinem derzeitigen Zustand nicht die mildestmögliche Regelung darstellt. Bei näherem Hinsehen können Verbesserungsmöglichkeiten wie die soeben aufgeführten jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Eingriffsregelungen führen. Es besteht keinerlei Zweifel daran, dass bezüglich einer Vielzahl der im geltenden Recht existierenden Eingriffsbefugnisse Verbesserungen in Randbereichen möglich wären, die zu einer Abmilderung des in der Befugnisnorm vorgesehenen Rechtseingriffs führen würden. Hielte man hiernach Eingriffsregelungen bereits bei jeder noch so geringfügigen Entschärfungsmöglichkeit für unverhältnismäßig, wäre im Falle der öffentlichen Hand deren Tätigkeit wohl ernsthaft beeinträchtigt. Vor diesem Hintergrund muss dem privaten Regelersteller ebenso wie dem hoheitlichen Normgeber in gewissem Umfang ein Regelungsspielraum eingeräumt werden, der es ihm erlaubt, auch solche Maßnahmen wirksam vorzugeben, die zwar von anderer Seite für zu weitgehend und eben nicht erforderlich erachtet werden, sich aber noch in der Bandbreite derjenigen Eingriffe bewegen, die sich nach Abwägung der Interessen an der Regelung und der dadurch beeinträchtigten Rechtspositionen trotz ihrer Optimierungsfähigkeit noch als verhältnismäßig darstellen. Stünde dieser

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Regelungsspielraum den Normgebern nicht zur Verfügung, folgte hieraus eine Erhöhung der Rechtsunsicherheit, da eine strittige Norm immer nur dann der Rechtmäßigkeitskontrolle standhielte, wenn dem Normgeber eine Punktlandung auf die optimal verhältnismäßige Regelung gelungen wäre. Dieses Erfordernis einer Punktlandung bedeutete im Ergebnis eine unangemessene Einschränkung der Selbstbestimmungs- und Regelungsbefugnisse des Normgebers, da eine nicht optimal ausgestaltete Regelung nicht erst dann als unwirksam anzusehen wäre, wenn die Unzulänglichkeit in der Ausgestaltung zu einem Überwiegen des Interesses an der Verhinderung des Rechtseingriffs führte, sondern in jedem Fall eine unzulässige Rechtsbeeinträchtigung bedeutete. Die nicht perfekte Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes hat hiernach nur dann die Unanwendbarkeit der Regelungen über die Urinprobenahme zur Folge, wenn die hieraus für die Sportler resultierenden Belastungen ein solches Gewicht erreichen, dass ihnen die Hinnahme des Eingriffs trotz der schwerwiegenden Interessen der Verbände an der Durchführung der Urinprobe nicht mehr zumutbar erscheint. Bei der Bewertung der Bedeutung der vorstehend angesprochenen Unzulänglichkeiten der Probenahmeprozedur ist zu berücksichtigen, dass weder durch die vorgeschlagene Verbesserung der Beteiligtenregelungen noch durch die angeregte Änderung der Regelungen bezüglich des Weges der Proben von der Kontrollstation zum Analyselabor Persönlichkeitsrechtseingriffe verhindert würden, die in den aktuell geltenden Bestimmungen angelegt wären. Vielmehr zielen die Änderungen lediglich darauf ab, die Möglichkeiten zu Persönlichkeitsverletzungen durch die unbefugte Verwendung von Kenntnissen über Proben und Probanden zu minimieren. Da es somit lediglich um die präventive Verhinderung von Gefährdungen für die Persönlichkeitsrechte der Athleten geht, die noch dazu aus dem Grund nicht als besonders dringlich anzusehen sind, da sie Zuwiderhandlungen der Beteiligten gegen für sie verbindliche Verfahrensbestimmungen voraussetzen, führt die Unzulänglichkeit der Bestimmungen nicht zu so schwerwiegenden Nachteilen für die Sportler, dass ihre gegen die Urinabnahme gerichteten Interessen Übergewicht erlangen würden. Geht man somit von der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Urinkontrolle zur Durchsetzung des Dopingverbots aus, dürfen schließlich die dadurch bewirkten Rechtseingriffe ihrem Gewicht nach nicht außer Verhältnis zu denjenigen Interessen stehen, die mit der Urinkontrolle verfolgt werden. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erfolgt im Wege der Gegenüberstellung und Abwägung der beiderseitigen Interessen, die vorstehend zusammengetragen worden sind. cc) Abwägung der gegenläufigen Interessen Zentraler Punkt der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist die Untersuchung, ob die für die Kontrollregelung sprechenden Interessen das notwendige Gewicht aufwei-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

sen, um die Eingriffe in die betroffenen Rechtspositionen und hier insbesondere in die Intimsphäre der Athleten zu rechtfertigen. Die Ausgangslage für die Abwägung der beiderseitigen Belange ist dadurch gekennzeichnet, dass sich sowohl die Sportler als auch die Sportvereinigungen zur Untermauerung ihrer Rechtspositionen auf hochrangige Grundrechte stützen können. Wie bereits ausgeführt, sind dies bei den Sportvereinigungen vor allem die von Art. 9 I GG geschützte Vereinigungsfreiheit und die persönlichkeitsrechtlich geschützte Befugnis zur Selbstbestimmung über ihr ethisch-moralisches Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit.259 Da die Urinprobenahme ebenfalls einzig und allein der Dopingfreiheit des Sports zu dienen bestimmt ist, kann ihre Durchsetzung im gleichen Maße wie das Dopingverbot selber den Schutz des Art. 9 I GG für sich in Anspruch nehmen, nachdem bereits festgestellt wurde, dass es sich bei der Urinprobenahme um eine zur Durchsetzung des Dopingverbots geeignete und erforderliche Maßnahme handelt. Da der Verzicht auf die Urinprobe ohne gleichzeitige Einrichtung eines ebenso geeigneten Alternativkontrollmodus die Zielvorgabe „dopingfreier Sport“ in den Augen der breiten Öffentlichkeit unglaubwürdig erscheinen ließe, ist die Urinprobe des Weiteren ebenso wie das Dopingverbot selber von erheblicher Bedeutung für die ethisch-moralische Selbstdarstellung der Sportvereinigungen in der Öffentlichkeit. Soweit die im Verbandsrecht vorgesehene Urinprobenahme zur Diskussion steht, bleibt es hiernach dabei, dass sich die Sportvereinigungen auf Art. 9 I GG und ihr Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 I GG berufen können. Aufseiten der Athleten sind die ohnehin leichtgewichtigere allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) und die Freiheit der Person (Art. 2 II GG) nur geringfügig tangiert. Auch soweit man den Maßstab des Art. 12 GG anlegt, bedeutet der Zwang zur Urinabgabe als Berufsausübungsregelung von zudem vergleichbar geringfügiger Eingriffswirkung nur eine eher unerhebliche Rechtsbeeinträchtigung. Gleiches gilt für die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts, über das Schicksal der eigenen Körperprodukte selber zu bestimmen. Auf das ebenfalls persönlichkeitsrechtlich geschützte Interesse an der Vermeidung einer möglichen Selbstbezichtigung können sich die Athleten im Rahmen der Verweigerung der Urinprobe aus den oben dargelegten Gründen wiederum nur eingeschränkt berufen. Zwar stellt die Ausübung von Zwang zur Selbstbezichtigung einen qualifizierten Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar, der sich – jedenfalls in all denjenigen Fällen, in denen sich der Athlet tatsächlich eines Dopingverstoßes schuldig gemacht hat – sogar der Herabwürdigung des Athleten zum bloßen Objekt des Handelns der Vereine annähert, da der Körper des Athleten gegen seinen Willen als Beweismittel gegen ihn selber verwendet wird. Bei der Beurteilung der Schutzwürdigkeit der Athleteninteressen im 259

Vgl. oben D.I.1.a).

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Verhältnis zu den Vereinen ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Verpflichtung zur aktiven Mitwirkung dazu dient, eine zwar nur passiv zu duldende, aber wesentlich unangenehmere und schmerzhaftere Eingriffsprozedur zu vermeiden, und dass die Sportler hier zudem lediglich bei einer Maßnahme mitzuwirken haben, die der Kontrolle der Einhaltung vertraglich übernommener Verpflichtungen dient. Die Athleten haben den Vereinen zuvor entweder ausdrücklich verbindlich zugesagt, auf die Verwendung von Dopingpraktiken zu verzichten, oder sie werden durch die einschlägigen vereinsrechtlichen Bestimmungen, deren Geltung sie sich durch den Vereinsbeitritt unterworfen haben, zur Unterlassung von Dopingpraktiken verpflichtet. Die Zusage der Athleten bzw. die einschlägigen Vereinsbestimmungen sind nach den obigen Überlegungen auch nicht etwa deshalb unwirksam, weil sie rechtswidrig erzwungen wurden oder sich als unbillig oder unangemessen erweisen.260 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Mitwirkung bei der Urinabgabe als Akt dar, zu dem die Athleten im Rahmen der freiwillig eingegangenen privatrechtlichen Beziehung nach Treu und Glauben verpflichtet sind. Durch diese Verpflichtung wird das Interesse der Athleten an der Vermeidung der Selbstbezichtigung in Form der Urinherausgabe in seinem Gewicht als Abwägungsbelang erheblich gemindert. Als zentrales, der Urinprobenahme entgegenstehendes Interesse der Sportler steht somit das Interesse an der Unversehrtheit ihrer Intimsphäre im Raum. Für die Frage, ob sich die Verbandsinteressen an der Durchführung der Urinabnahme auch gegen diesen außerordentlich bedeutsamen Belang der Athleten durchsetzen können, ist die folgende Überlegung von entscheidender Bedeutung. Da nach dem derzeitigen Entwicklungsstand der Dopinganalytik eine Vielzahl von Dopingverstößen nur über die Urinkontrolle nachgewiesen werden kann, ist die Abnahme von Urinproben bis dato unverzichtbare Voraussetzung einer möglichst wirksamen Dopingbekämpfung. Im Falle des Verzichts auf Urinproben müsste mit der flächendeckenden Verwendung der dann nicht mehr nachweisbaren Dopingmittel in allen für den Dopingeinsatz geeigneten Sportarten gerechnet werden. Diese Entwicklung bedeutete den Untergang des Leistungssports mit dem „philosophischen“ Unterbau und denjenigen Idealen, die bislang mit ihm verbunden sind. Das Erscheinungsbild des Sports, wie er sich dann darstellte, wäre ein gänzlich anderes, als das derzeit von den Vereinen und Verbänden gewollte. Somit würde den heute existierenden Sportvereinen und -verbänden im Ergebnis die von ihnen zum Daseinszweck erhobene Betätigung unmöglich gemacht. Da die sportliche Betätigung nach der Vorstellung der Vereine und Verbände sich nicht auf die rein äußerliche Ausübung der jeweiligen Sportart beschränkt, sondern gleichermaßen durch den sportethischen Unterbau definiert ist, zu dessen tragenden Säulen das Gebot der Fairness und somit das Gebot der Dopingfreiheit gehört, wäre die Fortführung der Förderung eines dann allerdings dopingbeherrsch260

Vgl. oben D.I.5.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

ten Sports ein aliud. Der Wechsel von einem dopingfreien zu einem dopingoffenen Sport wäre vergleichbar mit der Umwandlung eines Sportanglervereins in einen Verein zur Förderung der Dynamitfischerei. Vor diesem Hintergrund bedeutete das Verbot der Urinabnahme in der heute üblichen Form nicht nur eine Einschränkung der Vereinsautonomie der Sportvereine und Sportverbände, sondern eine Zerstörung ihres Fundaments, da das für die Selbstdefinition der Verbände nicht hinwegzudenkende Vereinsziel „Förderung eines dopingfreien Sports“ unmöglich gemacht wäre. Die Durchsetzung des Schutzes der Unversehrtheit der Intimsphäre der Athleten führte somit zur Existenzvernichtung der Sportvereine und -verbände. Die Wahrung einer – wenn auch schwergewichtigen – Rechtsposition der Betroffenen hätte den Untergang des Eingreifenden zur Konsequenz. Angesichts dieser Konsequenz aus dem Verzicht auf Urinkontrollen vermag selbst der mit der Probenahme verbundene Intimsphäreeingriff keinen Unterlassungsanspruch der Sportler zu begründen.261 Hieran ändert sich auch nichts durch die Unterstützung, die das Recht auf den Schutz der Intimsphäre durch die weiteren persönlichkeitsrechtlichen Interessen der Athleten erfährt. Denn auch das Interesse der Athleten an der Selbstbestimmung hinsichtlich ihrer Körperausscheidungen und an der Vermeidung der Selbstbezichtigung entfalten aus den oben erläuterten Gründen kein derart großes Gewicht, dass sie – auch nicht im Zusammenspiel mit dem Interesse an der unbeaufsichtigten Urinabgabe – eine Einschränkung der Zwecksetzungsfreiheit der Korporationen rechtfertigen könnten, die eine der tragenden Säulen der kollektiven Vereinsautonomie darstellt. Angesichts der Tatsache, dass das Verbot der Urinprobe einem Zweckverbot zulasten der Vereine und Verbände gleichkäme, stellt sich die Problematik für die Sportverbände als Existenzfrage dar, während es aus der Sicht der Athleten nur um die Durchsetzung zwar wichtiger, aber nicht existenziell bedeutsamer Rechtspositionen geht: Die Unwirksamkeit der Bestimmungen über die Durchführung der Urinproben bedeutete das Ende der Sportverbände in ihrer derzeitigen Ausprägung, für die Athleten führt ihre Wirksamkeit lediglich zu einer nicht existenzbedrohende Einschränkung ihrer Rechte. Da hiernach die aus dem Verbot der Urinprobenahme für die Sportvereinigungen resultierenden Negativfolgen eine Existenzgefährdung der Verbände bedeuteten, während die damit verbundenen Nachteile für die Athleten zwar erhebliche Rechtspositionen betreffen, sich aber auf deren teilweise sogar nur geringfügige Beeinträchtigung beschränken, führt die Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Durchführung von Urinproben besteht. Da auch die Abnahmeprozedur so ausgestaltet ist, dass überflüssige Eingriffe in die Rechte und hier insbesondere in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten vermieden werden oder zumindest nicht zur 261

So im Ergebnis auch M. Bergermann, Doping und Zivilrecht (2001), S. 75 ff.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Unverhältnismäßigkeit der Urinprobenahme führen, hält die in den DOSB-Bestimmungen festgeschriebene Verpflichtung der Athleten zur Mitwirkung bei Urinkontrollen und zur Duldung der mit der Probenahme verbundenen Persönlichkeitseingriffe der Angemessenheits- und Billigkeitskontrolle stand, so dass die Urinprobenahme keine Persönlichkeitsrechtsverletzung bedeutet.262 c) Reichweite der Gestattung Hinsichtlich der Reichweite der vereinsrechtlichen Gestattungsnorm wie auch der Einwilligung der Athleten gilt ebenso wie im Falle anderer Persönlichkeitsrechtseingriffe auch bezüglich der Urinprobenahme, dass die Gestattung in ihrem Umfang auf diejenigen Beeinträchtigungen begrenzt ist, die für die Sportler aus den Regelwerken ersichtlich sind, denen sie zugestimmt haben oder als Vereinsmitglieder unterworfen sind. Die Prozedur der Urinprobenahme als solche ist allerdings in Art. 7.7 i.V. m. Anhang 7 des NADA-Codes hinreichend detailliert geschildert. Im Hinblick auf den Verzicht der Athleten auf das Recht, nicht bei der eigenen Überführung als Dopingtäter mitwirken zu müssen, reicht es aus, dass den Probanden im Moment der Zustimmung zur Urinprobenahme bewusst ist, dass die Probe als Beweisstück gegen sie verwendet werden wird, falls irgendwelche Dopingsubstanzen darin festgestellt werden sollten. Insbesondere muss in den Kontrollbestimmungen auch geregelt sein, welche verbandsinterne oder ggf. verbandsexterne Einrichtung zur Abnahme der Urinprobe von den Athleten berechtigt sein soll. Gegen die Einschaltung Dritter an dieser Stelle bestehen keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken, ist doch nach den Regeln des echten Vertrages zugunsten Dritter sogar die nahezu vollständige Übertragung vertraglich vereinbarter Rechte einschließlich des Rechts zur Einforderung der Hauptleistung an sich selbst263 auf einen Dritten zulässig, während im Fall der Dopingkontrollen mit der Befugnis zur Durchführung der Probenahmen lediglich bestimmte sekundäre Rechte einem Dritten übertragen werden. Die Einschaltung von Hilfspersonen zur Bewältigung der eigenen Aufgaben und zur effizienten Umsetzung der Verbandszwecke ist zudem von der Vereinsautonomie in Form der Selbstorganisationsfreiheit und von der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit der Sportvereinigungen gedeckt. Allerdings muss die Delegierung von Kontrollbefugnissen auf Dritte eindeutig aus dem für den Athleten geltenden Regelwerk hervorgehen,264 das dieser durch die Unterzeichnung des Wettkampfver262 Für ein Überwiegen der Verbandsinteressen gegenüber dem Interesse der Sportler am unbeaufsichtigten Wasserlassen auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 273. 263 Palandt/H. Heinrichs (64. Aufl. 2005), Vor § 328 Rn. 1; Palandt/C. Grüneberg, Vor § 328 Rn. 1. 264 So auch U. Haas, causa sport 2004, 58, 60.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

trags oder zusammen mit den übrigen Bestimmungen des Vereinsrechts durch die Unterzeichnung des Aufnahmeantrags akzeptiert oder das nach dem Vereinsbeitritt des Sportlers entsprechend (auf wirksame Art und Weise) geändert worden ist. Der NADA-Code legt unter Art. 7.2 Abs. 1 fest, dass für Trainingskontrollen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich die NADA zuständig ist, und erlaubt der NADA in Art. 7.2 Abs. 2, Dritte mit der Durchführung der Kontrollen zu beauftragen. Diese Regelung wird durch den Verweis in Ziff. 7.1 Abs. 2 NADA-Code auf den International Standard for Testing, der wiederum unter Ziff. 2.0 auf Art. 15.2 des WADA-Codes Bezug nimmt, dahingehend ergänzt, dass Out-of-Competition-Testings auch von der WADA, vom für den Athleten zuständigen internationalen Verband und von der nationalen Anti-Doping-Organisation desjenigen Landes durchgeführt werden können, in dem sich der Athlet gerade aufhält. Die Zulässigkeit von Dopingkontrollen durch NADAMitarbeiter selber oder auch durch von der NADA beauftragte Unternehmen ist somit insoweit legitimiert, als die Kontrolle bei Sportlern durchgeführt werden soll, die der Geltung des NADA-Codes vereinsrechtlich oder aufgrund einer vertraglichen Einwilligung unterworfen sind und sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Demgegenüber ermöglicht es die Verweiskette nicht, dass Athleten von der NADA oder auf deren Veranlassung hin durch Dritte auch im Ausland kontrolliert werden können. Nachdem der NADA-Code nur Kontrollen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vorsieht, sind Kontrollen im Ausland jedenfalls durch die Bestimmungen des NADA-Codes selber nicht abgedeckt. Da der NADA-Code an keiner Stelle in hinreichend eindeutiger Weise den WADA-Code für ergänzend anwendbar erklärt, fehlt es an einem tragfähigen unmittelbaren Verweis auf Art. 15.2 WADA-Code. In der Erwähnung des International Standard for Testing in Art. 7.1 Abs. 2 NADA-Code kann ebenfalls keine tragfähige Einbeziehung des Art. 15.2 WADA-Code in den NADA-Code gesehen werden. Selbst wenn man Art. 7.1 Abs. 2 noch so verstehen wollte, dass hierdurch die Regeln des International Standard for Testing für beachtlich erklärt werden sollen, geht doch aus dem International Standard nicht eindeutig hervor, dass dieser die Geltung des Art. 15.2 WADA-Code für sämtliche nach dem International Standard durchzuführende Dopingkontrollen bewirken möchte. Zwar könnte als Argument für einen entsprechenden Regelungsgehalt der Ziff. 2.0 angeführt werden, dass nicht recht erkennbar wäre, wozu Art. 15.2 WADA-Code hier zitiert würde, wenn nicht zwecks Einbeziehung in die Kontrollvorgaben für sämtliche Dopingkontrollen, die dem International Standard unterworden sind. Fassung und Wortlaut der Ziff. 2.0 des International Standard lassen allerdings nicht mit hinreichender Sicherheit den Schluss zu, dass nicht lediglich auf Quellvorgaben des WADA-Codes verwiesen werden soll, sondern die aufgeführten Bestimmungen des WADA-Codes zu Bestandteilen des International Standard gemacht werden

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sollen. Weder aus der Überschrift „code provisions“ (wie sich aus Satz 1 der Ziff. 2.0 ergibt, ist offenkundig der WADA-Code gemeint) noch aus der Funktionsbeschreibung in Satz 1 der Ziff. 2.0, die lediglich besagt, dass in der Ziffer die unmittelbar den International Standard betreffenden Bestimmungen des Codes genannt werden sollen („articles in the Code (which; Erg. d. Verf.) directly address the International Standard for Testing“), lässt sich ein entsprechender Wille eindeutig entnehmen. Damit die dem NADA-Code unterworfenen Athleten im Ausland kontrolliert werden können, muss hiernach in den weiteren AntiDoping-Bestimmungen der Vereine, denen die Sportler angehören, entweder die ergänzende Anwendbarkeit des WADA-Codes festgelegt oder eine anderweitige Regelung über Dopingkontrollen im Ausland enthalten sein. Wird die Durchführung der Dopingkontrollen an Dritte delegiert, ist zu beachten, dass im Verbands- oder Vereinsrecht verankerte Kontrollgrundsätze auch von den beauftragten Kontrolleuren befolgt werden müssen. Denn der Sportler hat – gleichgültig ob delegiert wird oder nicht – der Kontrolle lediglich zu denjenigen Konditionen zugestimmt, die im Vereinsrecht oder den Vertragsbestimmungen niedergelegt sind. In Ziff. 7.1 Abs. 2 S. 2 NADA-Code wird die Geltung der Regelungen des Codes für beauftragte Kontrolleure in Beachtung dieser Zusammenhänge nochmals ausdrücklich festgelegt, wobei diese Festlegung aus rechtstechnischen Gründen lediglich als Verpflichtung der NADA wirkt, ihre Beauftragten verbindlich zur Beachtung der Regeln anzuweisen. Wie entscheidend die Beachtung solcher vermeintlich unwichtiger Formalien für die Rechtmäßigkeit der Probenahme ist, erwies sich anlässlich der ersten Dopingsuspendierung der Neubrandenburger Sprinterin Katrin Krabbe: Das Startverbot der Weltmeisterin über 100 und 200 Meter von 1991 wegen der ihr vorgeworfenen Urinmanipulation bei der Dopingkontrolle im südafrikanischen Stellenbosch wurde u. a. wegen der Unzuständigkeit der Kontrolleure aufgehoben.265 Die Dopingkontrolle ging vom DLV aus. Während die DSB-Bestimmungen die Beauftragung Dritter mit der Durchführung erlaubt hätten, existierte seinerzeit im DLV-Recht eine enger gefasste Zuständigkeitsregelung in der WKO (Teil VI H 1). Danach hatte die Durchführung der Kontrolle durch eine vom Verbandsrat zu berufende Doping-Kommission zu erfolgen. Die Beauftragung des Südafrikanischen Leichtathletikverbandes war somit nicht zulässig. d) Ergebnis: Zulässigkeit der Urinprobenahme Auch bei Berücksichtigung der weiteren Persönlichkeitsrechtseingriffe, die neben der Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts mit der Urinprobenahme verbunden sind, und hier insbesondere des Eingriffs in die In265 Vgl. Entscheidung des DLV-Rechtsausschusses im Fall K. Krabbe, G. Breuer, S. Möller, S. 14.

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timsphäre der Athleten können die Sportvereinigungen mit Blick auf die existenzielle Bedeutung, die das Dopingverbot und die Urinprobenahme zur Durchsetzung des Dopingverbots für sie haben, ein überwiegendes Interesse an der Durchsetzung der Urinprobenahme gegenüber Vereinsmitgliedern und vertraglich gebundenen Athleten für sich in Anspruch nehmen. Die Befugnisse hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Urinprobenahme durch die Kontrolleure vor Ort sind auf diejenigen Maßnahmen beschränkt, die in den Dopingbestimmungen vorgesehen sind, denen der Athlet zugestimmt hat oder als Vereinsmitglied unterworfen ist.

3. Gestaltung der Probenahme im Übrigen Im Rahmen der bislang angestellten Überlegungen ist deutlich geworden, dass die Rechtmäßigkeit von Persönlichkeitsrechtseingriffen im Rahmen von Dopingkontrollen maßgeblich davon abhängt, dass die verbandsrechtlichen Durchführungsbestimmungen angemessen ausgestaltet sind oder aber – soweit Persönlichkeitsrechtseingriffe auf die Zustimmung der Athleten gestützt werden – den Sportlern mit dieser Zustimmung keine unangemessenen Zugeständnisse abverlangt werden. Die angemessene Ausgestaltung steht jedoch nicht nur dort in Frage, wo Persönlichkeitsrechtseingriffe durch Einzelmaßnahmen bewusst in Kauf genommen werden, weil sie im Sinne der Erreichung des Zweckes „Dopingfreiheit“ unvermeidlich sind, wie dies etwa bei der Observierung der Athleten während des Wasserlassens oder auch bei sämtlichen Datenverwendungen aus Anlass des Kontrollverfahrens der Fall ist. Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigend wirken die Anti-Doping-Bestimmungen darüber hinaus zum einen auch an solchen Stellen, an denen sie zwar nicht unmittelbar Persönlichkeitsrechtseingriffe vorsehen, an denen jedoch für sich genommen persönlichkeitsrechtlich neutrale Details auf eine Art und Weise geregelt werden, die die Gefahr persönlichkeitsrechtsverletzender Verfahrensverstöße einzelner Verfahrensbeteiligter zur Folge hat. Zum anderen tritt zu der Gefahr von Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Verfahrensverstöße ein weiterer Aspekt hinzu, der zur sorgfältigen Ausgestaltung sämtlicher Einzelakte eines Dopingkontrollverfahrens und somit auch der für sich gesehen nicht unmittelbar persönlichkeitsrechtsrelevanten Maßnahmen zwingt: Im Zusammenhang mit der Untersuchung der Merkmalkontrolle ist bereits deutlich geworden, dass jeglicher Kontrollmodus nur dann mit dem Persönlichkeitsrecht der Sportler vereinbar ist, wenn ihm ein ausreichendes Maß an Ergebnissicherheit aneignet. Der Ausgang eines Dopingkontrollverfahrens kann schwerwiegendste Folgen für das Bild der Betroffenen in der Öffentlichkeit und in weiterer Konsequenz auch für ihr berufliches Fortkommen haben. Endet das Dopingkontrollverfahren mit einem positiven Befund zulasten eines Sportlers, kann hierdurch sein Ansehen in der Öffentlichkeit und auch in seinem persönlichen Lebensumfeld schwersten Schaden nehmen. Hinzu kommen die Konse-

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quenzen im Bereich seiner beruflichen Sphäre in Form von vorübergehenden oder sogar dauerhaften Verboten der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit, der Beendigung von Arbeitsverträgen und Veranstaltungsengagements, des Vereinsausschlusses und des Entgangs von Sponsorverträgen und ähnlichen Verdienstquellen. Im Ergebnis kann die „Verurteilung“ als Dopingtäter somit zur weitgehenden Zerstörung der Lebensgrundlagen des Betroffenen führen. Vor diesem Hintergrund können Anti-Doping-Bestimmungen auch insoweit eine unzulässige Persönlichkeitsrechtsverletzung der Athleten beinhalten, als sie auf eine Art und Weise ausgestaltet sind, die die Gefahr von falschen Kontrollergebnissen mit sich bringt. Zwar ist den Sportvereinigungen an dieser Stelle ein Regelungsspielraum zuzugestehen, der auf die Bewertungsspielräume Rücksicht nimmt, die aus der Vereinsautonomie erwachsen, und der die nicht erfüllbare Anforderung abmindert, immer die optimale und persönlichkeitsrechtsschondenste Regelung zu finden. Jede Unzulänglichkeit in der Ausgestaltung des Kontrollverfahrens, die in einem den Athleten nicht mehr zumutbaren Umfang Fehler- oder Missbrauchsmöglichkeiten eröffnet, führt hiernach jedoch dazu, dass die gegenläufigen Interessen der Athleten das Interesse der Verbände an der Regelung überwiegen und die Regelung deshalb nicht mehr durch die Einwilligung der Sportler oder durch vereinsrechtliche Regelungen legitimiert ist. Kann die Gefahrenquelle dadurch entschärft werden, dass die unzulängliche Regelung eliminiert wird, wie dies etwa im Fall von überflüssigen Regelungen möglich ist, verbleibt es bei der Unanwendbarkeit dieser einen Regelung. Müsste die Unzulänglichkeit in der Ausgestaltung des Dopingverfahrens durch die Verabschiedung einer anderen, geeigneteren Regelung behoben werden, bringt die Unanwendbarkeit der unzulänglichen Regelung wie das schwächste Glied einer Kette die gesamte Kontrollprozedur zu Fall. Dopingregelungen müssen hiernach nicht zuletzt zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Athleten so ausgestaltet sein, dass Verfahrensverstöße bis auf ein zumutbares Maß ausgeschlossen sind und die Richtigkeit des Kontrollergebnisses nicht über ein zumutbares Maß hinaus gefährdet ist. Unter diesem Aspekt sind nicht nur die unmittelbar das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Sportler betreffenden Kontrollmaßnahmen, sondern auch die für sich gesehen persönlichkeitsrechtsneutralen Vorgaben darauf hin zu überprüfen, ob sie im Hinblick auf das Verfahrensergebnis oder auf Verfahrensverstöße die Unvereinbarkeit des Gesamtkontrollverfahrens mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Athleten begründen. Damit unmittelbare Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch einzelne Kontrollmaßnahmen und die Unvereinbarkeit der Gesamtprozedur mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Sportler infolge einer fehleranfälligen Ausgestaltung des Verfahrens vermieden werden, gilt ebenso wie für die Kernvorgaben der verschiedenen Kontrollmodi auch für die Begleitumstände, dass die relevanten Verfahrensabläufe im Einzelnen exakt vorzuzeichnen sind. Des Weiteren sind

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den Athleten hinreichende Mitwirkungsmöglichkeiten und ausreichende rechtliche Kontrollmöglichkeiten zu eröffnen.266 Die Begleitvorschriften über die weiteren Umstände der Urinkontrolle sind somit nicht nur auf unmittelbare, sondern auch auf mittelbare Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hin zu überprüfen, die sich aus der unzureichenden Vorbeugung gegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Verfahrensfehler oder durch Ergebnisfehler ergeben können. a) Auswahl der Probanden, Rechtmäßigkeit verdachtsunabhängiger Kontrollen Die Auswahl der zu kontrollierenden Athleten ist im NADA-Code wie folgt geregelt: In der Einleitung zu Teil II des Codes, der sich dem Dopingkontrollverfahren widmet, ist kontrollartenübergreifend mit Wirkung sowohl für die Durchführung von Trainingskontrollen als auch für die Vornahme von Wettkampfkontrollen die Einrichtung eines nationalen Testpools festgelegt. Die Registrierung in diesem Testpool, in dem mit den Athleten der A- und B-Kader, den bereits in International Registered Testing Pools registrierten Athleten und den Mitgliedern der Nationalmannschaften die im Bereich der NADA befindlichen Spitzensportler weitestgehend erfasst sind, bringt besondere Pflichten im Zusammenhang mit dem Dopingkontrollsystem für die Sportler mit sich. Der Testpool stellt demgegenüber nicht abschließend die Gruppe derjenigen Athleten dar, die für Dopingkontrollen der NADA in Betracht kommen. Wie sich aus Art. 7.1 NADA-Code ergibt, können auch Sportler für Kontrollen ausgewählt werden, die dem Anwendungsbereich des NADA-Codes unterliegen, ohne dem Testpool anzugehören. Die Auswahl der Athleten für Trainingskontrollen hat seitens der NADA nach dem Zufallsprinzip zu erfolgen. Zugleich steht es der NADA jedoch frei, Athleten individuell zu Zielkontrollen heranzuziehen, wobei sie für die von ihr getroffene Auswahl keine Begründung schuldet (Art. 7.3 NADA-Code). Die Auswahl der Sportler für Wettkampfkontrollen geschieht nach Art. 7.5, 7.6 NADA-Code in zwei Schritten: Zunächst werden von der NADA im Zusammenwirken mit den nationalen Sportfachverbänden diejenigen Wettkämpfe bestimmt, bei denen überhaupt Wettkampfkontrollen durchgeführt werden sollen, wobei Qualifikationswettkämpfe bevorzugt zu berücksichtigen und Deutsche Meisterschaften und Länderkämpfe in der Regel auszuwählen sind. Sodann werden innerhalb der ausgewählten Wettkämpfe kontrolliert • bei Einzelwettkämpfen die ersten drei Platzierungen sowie ein weiterer Loskandidat, 266

P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 25.

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• bei Wettbewerben zwischen zwei Mannschaften aus jeder Mannschaft drei ausgeloste Sportler, • bei Wettkämpfen zwischen Mannschaften, die aus zwei Sportlern bestehen, je ein ausgelostes Mitglied der drei erstplazierten Teams sowie ein Loskandidat aus mindestens einer der weiteren Mannschaften, • bei Wettkämpfen zwischen größeren Mannschaften je zwei Sportler der drei erstplazierten Mannschaften sowie drei weitere ausgeloste Sportler, • von der Kontrollorganisation zu Zielkontrollen ausgewählte Sportler. Die Auswahl der Probanden erfolgt hiernach nur ausnahmsweise aufgrund eines konkreten Dopingverdachtes, während die Kontrollaufforderung im Regelfall aus Anlass eines guten Wettkampfergebnisses oder nach einem entsprechenden Losentscheid ergeht. aa) Persönlichkeitsrechtliche Relevanz der Auswahlregelungen Dass sich somit die Frage nach der Zulässigkeit verdachtsunabhängiger Kontrollen stellt, leuchtet ohne weiteres ein, wenn man sich nur die Diskussionen in Erinnerung ruft, die zu diesem Thema auf dem Gebiet des Polizeirechts und des Rechts der Strafverfolgung geführt werden.267 Inwieweit der Auswahlmodus für die Frage einer Persönlichkeitsrechtsverletzung der Sportler von Bedeutung sein könnte, erschließt sich nicht auf den ersten Blick ohne weiteres. Bei näherem Hinsehen offenbart sich jedoch folgender Zusammenhang zwischen der Art und Weise der Auswahl der Probanden und der Frage nach einer möglichen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte: Zwar wird durch den Akt der Auswahl als solchen noch keiner der Schutzbereiche des allgemeinen Persönlichkeitsrechts tangiert. Die Relevanz des Auswahlmodus für die Frage einer Persönlichkeitsrechtsverletzung ergibt sich jedoch aus dem Umstand, dass Eingriffe und Eingriffsregelungen immer dann eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bedeuten, wenn das Interesse der Betroffenen an der Unversehrtheit ihrer Persönlichkeitsrechte das Eingriffsinteresse der Verbände und Veranstalter überwiegt. Ein solches überwiegendes Interesse der Probanden ist nach dem oben Gesagten aber nicht nur dann zu konstatieren, wenn die Vereinbarkeit des Eingriffs mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Sportler gänzlich ausgeschlossen ist, etwa weil die Grenzen des absoluten Persönlichkeitsschutzes überschritten werden. Vielmehr kommt ein überwiegendes Interesse der Athleten auch dann in Betracht, wenn die zur Diskussion stehende 267 Vgl. die Bedenken des Bundesdatenschutzbeauftragten gegen die Erweiterung der Kontrollbefugnisse des Bundesgrenzschutzes durch das erste Gesetz zur Änderung des Bundesgrenzschutzgesetzes vom 25.08.1998 unter Punkt 12.1 seines 17. Tätigkeitsberichtes.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Kontrollmaßnahme entweder zur Förderung des Zieles „Dopingfreiheit“ ungeeignet oder zwar geeignet, aber nicht erforderlich oder unverhältnismäßig ist. Indem die Auswahlregelungen maßgeblich zur Bestimmung der Eingriffsadressaten beitragen, sind sie zentraler Bestandteil der Dopingkontrollregelungen. Aus diesem Grund sind auch bereits die darin festgelegten Auswahlkriterien der Geeignetheits- und Erforderlichkeitsprüfung zu unterwerfen. Sollte sich im Zuge dieser Prüfung herausstellen, dass aufgrund der Auswahlregelungen Athleten kontrolliert werden, deren Überprüfung für die Erreichung des Zieles Dopingfreiheit nicht förderlich oder nicht notwendig ist, oder dass die Auswahlregelungen zu einer übermäßigen Belastung bestimmter Athleten führen,268 hätte dies die Unwirksamkeit dieser Auswahlregelungen bzw. die Unwirksamkeit der den Athleten anlässlich des Vereinsbeitritts bzw. der Wettkampfzulassung abverlangten Zustimmung zu diesen Regelungen zur Konsequenz.269 Abweichend verhält sich die Rechtslage allerdings im Hinblick auf die durch die Unterzeichnung des WADA-Gesundheitspasses erklärte Zustimmung zur Durchführung von Dopingkontrollen an jedem Ort zu jeder Zeit: Da – anders als im Falle der Zustimmung zu den vereins- und verbandsrechtlichen Kontrollregelungen – die Teilnahme an dem Projekt „Gesundheitspass“ nicht Voraussetzung für den Zugang zu den berufsnotwendigen Veranstaltungen ist,270 hängt die Wirksamkeit der hier erklärten Einwilligung nicht davon ab, dass dem Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte keine überwiegenden Interessen der Athleten entgegenstehen. bb) Keine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die Auswahlregelungen Die im Verbandsrecht festgelegten Auswahlmodi bedeuten demnach dann keine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Athleten, wenn an der Beibehaltung dieser Auswahlmodi und der Verdachtsunabhängigkeit ein überwiegendes Interesse der Verbände und Veranstalter und der sonstigen Beteiligten besteht. Zur Beantwortung der Frage nach den Interessen, die mit den aktuell bestehenden Auswahlregelungen verfolgt werden, ist zunächst einmal das im Rahmen der Verbandsautonomie zulässigerweise ausgegebene höhere Ziel sämtlicher AntiDoping-Bestimmungen, nämlich die Erreichung eines dopingfreien Sports, in Erinnerung zu rufen. Mit Blick auf dieses Fernziel lässt sich für die Auswahlregelungen – wie für alle anderen Dopingregelungen auch – die Maßgabe herleiten,

268 Auf die persönlichkeitsrechtlichen Relevanz der Auswahlregelungen weisen auch U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 54, hin. 269 Vgl. Abschnitt B.I.2.b)cc)(2)(c)(bb)(b). 270 Die Teilnahme an dem Projekt „Gesundheitspass“ ist den Athleten freigestellt, vgl. FAZ v. 09.02.02, S. 36.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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dass sie um so eher von den Interessen der Verbände und Veranstalter gedeckt sind, je effektiver sie zur Verhinderung von Dopingverstößen beitragen. Die Effektivität kann sich zum einen darin niederschlagen, dass eine höhere Quote von aufgedeckten Dopingfällen erreicht wird. Sie kann sich zum anderen aber auch dadurch äußern, dass Dopingverstöße an für den Sport besonders exponierten Stellen verhindert oder zumindest aufgedeckt werden, etwa indem sichergestellt wird, dass öffentlichkeitswirksame Wettkampfergebnisse als Betrugshandlungen gebrandmarkt werden, wenn sie unter Anwendung von Dopingpraktiken zustande gekommen sind. Die derzeit geltenden Auswahlregelungen stellen im Hinblick auf diese Zielsetzung einen kaum verbesserungsfähigen Auswahlmodus dar.271 Angesichts der Tatsache, dass eine flächendeckende Kontrolle sämtlicher Spitzensportler aus ökonomischen Gründen nicht durchführbar ist, können die Kontrollen nur stichprobenartig erfolgen. Hierbei ist zunächst einmal die Konzentration der Kontrollen auf die Kaderathleten aus der Überlegung heraus gerechtfertigt, dass erstens die Anwendung von Dopingpraktiken im Kreis dieser Sportler aufgrund der Nähe zum strafrechtlich relevanten Betrug als besonders verwerflich einzuordnen und zweitens die negative Öffentlichkeitswirkung wegen des gesteigerten öffentlichen Interesses an den handelnden Personen besonders hoch ist. Die Verteilung der Kontrollen nach dem Zufallsprinzip durch Auslosung stellt sicher, dass für die Athleten auch nicht annähernd ausrechenbar ist, wann sie der nächsten Überprüfung ausgesetzt sein werden. Die Befugnis, Kontrollen gezielt vorzunehmen und selber nicht ausgeloste Kollegen ausgeloster Sportler gleich mit zu kontrollieren, eröffnet zwar bis zu einem gewissen Grad die Möglichkeit willkürlicher Entscheidungen. Da die Regelung für sich gesehen jedoch noch keine übermäßige Beeinträchtigung einzelner Athleten nach sich zieht und Missbrauchsfälle durch die innerhalb der Verbände bestehenden Entscheidungswege nahezu ausgeschlossen sind, lässt sich hieraus noch kein überwiegendes Interesse der Athleten an ihrer Unwirksamkeit herleiten. Dies gilt um so mehr, als die gezielte Heranziehung zur Kontrolle in besonderen Fällen – etwa bei konkretem Dopingverdacht – möglich sein muss und die „Mitkontrolle“ anwesender Kollegen des ausgelosten Probanden aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus als sinnvoll erscheint. Wünschenswert wäre insofern allerdings, dass die Möglichkeit zur gezielten Auswahl auf Situationen beschränkt wird, in denen ein besonderes Interesse an der Kontrolle besteht, etwa wegen eines konkreten Dopingverdachtes oder weil ein Athlet über einen zu langen Zeitraum hinweg nicht mehr kontrolliert worden ist oder weil aufgrund besonderer Umstände zwingende wirtschaftliche Erwägungen für die Zielkontrolle sprechen.

271 Für die Platzierung und das Los als Auswahlkriterien auch T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 237.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Was die „Verteilung“ der Wettkampfkontrollen betrifft, erscheint es des Weiteren im Hinblick auf das schutzwürdige Ziel der Verbände, aus Gründen der Öffentlichkeitswirkung und zur Abschreckung vorrangig dopinggeförderte Sportler unter den Siegern und Medaillengewinnern zu verhindern, geradezu zwingend, die drei Erstplazierten eines Wettkampfes immer zu kontrollieren. Steht die Berechtigung der Siegerkontrollen aber erst einmal fest, bestehen auch gegen die Ermittlung der weiteren Probanden nach dem Zufallsprinzip keine Bedenken, sorgt dieser Modus doch dafür, dass auch die nicht ganz so erfolgreichen Profis jederzeit mit einer Überprüfung rechnen müssen und sich nicht im Kontrollschatten der Sieger ungestört an die Spitze herandopen können. Zur Möglichkeit einer gezielten Auswahl von Kontrollkandidaten gilt das im Zusammenhang mit den Trainingskontrollen Gesagte. Auch das Privileg, die Auswahl von Sportlern für Zielkontrollen nicht begründen zu müssen, führt nicht zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen der Athleten. Zwar würde eine Begründungspflicht der Verbände die Sicherheit verstärken, dass die Befugnis zur Durchführung von Zielkontrollen nicht zur Schikane einzelner Sportler missbraucht wird, da die NADA jederzeit eine Diskussion der Motive für die Überprüfung des schikanierten Athleten zu gewärtigen hätte. Da andererseits aber keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass die Gefahr eines derartigen Missbrauchs der Berechtigung zu Zielkontrollen ernsthaft besteht, und ein betroffener Athlet die Diskussion über die Rechtmäßigkeit der Kontrollen gegebenenfalls auch auf anderen Wegen, etwa über verbandsinterne Beschwerden oder notfalls auch über die öffentlichen Medien, in Gang setzen könnte, ist ein überwiegendes Interesse der Sportler an einer Begründungspflicht nicht zu konstatieren. Die Rechtmäßigkeit des Verzichts auf eine Begründung der Auswahlentscheidung bedeutet allerdings nicht, dass die Verbände willkürlich festlegen können, welche Athleten mit einer Zielkontrolle belästigt werden und welche nicht. Vielmehr stellt die Heranziehung eines Athleten zur Zielkontrolle trotz der Ermächtigungsregelung im NADA-Code eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wenn die nach dem Doping-Reglement zur Verfügung stehenden Befugnisse in persönlichkeitsrechtsverletzender Weise von den Verbänden genutzt werden. Die Auswahlbefugnis der Verbände ist in dieser Hinsicht als einseitiges Leistungsbestimmungsrecht anzusehen, das nach Maßgabe des § 315 BGB, d.h. nach billigem Ermessen ausgeübt werden darf. Über den unbestimmten Rechtsbegriff der Billigkeit findet das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten Berücksichtigung bei der Ermittlung der Rechtmäßigkeit der Auswahl zu Zielkontrollen. Die Vereinbarkeit der Auswahlentscheidung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht bestimmt sich wiederum anhand der üblichen Interessenabwägung. Für die Ermittlung der zulässigen Intensität der persönlichkeitsrechtsrelevanten Maßnahme ist hiernach deren Verhältnismäßigkeit, sprich ihre Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit im engeren Sinne entscheidend.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Anhand dieser Rechtmäßigkeitskriterien ist etwa auch das Vorgehen des Deutschen Schwimm-Verbands in Reaktion auf die Dopingverdächtigungen gegen Britta Steffen zu beurteilen, die im März 2007 überraschend in Weltrekordzeit Europameisterin über 100 Meter Freistil wurde. Nachdem aus den Vereinigten Staaten und vonseiten der Australier, aber auch in den deutschen Medien Erstaunen über die Leistungsentwicklung geäußert wurde, ließ der DSV kurzerhand von allen Nationalschwimmern Blut- und DNA-Proben nehmen, um ein individuelles Blutbild zu erstellen und die Proben einzufrieren.272 Sollten die Athleten diesem Vorgehen nicht gesondert – nach detaillierter Aufklärung über den Umfang der Maßnahme und deren Zwecke, insbesondere die beabsichtigte Verwendung der abgegebenen Proben, und ohne Androhung von Wettkampfausschlüssen oder ähnlichen Nachteilen für den Fall der Weigerung – zugestimmt haben, wäre die Frage nach der Zulässigkeit dieser Kollektivprobenahme nicht zuletzt unter dem Aspekt zu stellen, inwieweit eine Probenahme bei sämtlichen Mannschaftsmitgliedern von den Auswahlregelungen für Dopingkontrollen gedeckt war. Da die Sportler nicht ausgelost wurden, kommen zur Rechtfertigung nur die Bestimmungen über Zielkontrollen in Betracht. Dass die Heranziehung sämtlicher Mannschaftsmitglieder zur Durchsetzung des Dopingverbots und somit zur Erreichung des Verbandszwecks „Dopingfreiheit“ geeignet gewesen ist, kann wohl nicht bestritten werden, da dies grundsätzlich für jede Probenahme anzunehmen ist. Aus welchem Grund in der gegebenen Situation die Einholung von Proben sämtlicher Mannschaftsmitglieder erforderlich gewesen sein sollte, ist jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere kann die vom Verband offensichtlich verfolgte Zielsetzung, durch die Aktion die aufgekommenen Dopingverdächtigungen zu zerstreuen, nicht als Argument für die Erforderlichkeit der Maßnahme verwendet werden. Erklärter Sinn und Zweck der Dopingkontrollregelungen ist die Überprüfung der Sportler auf mögliche Dopingverstöße hin. Durch die Dopingkontrollen sollen Dopingverfehlungen aufgedeckt und hierdurch gleichzeitig den Athleten das Risiko der Bestrafung bewusst gemacht werden. Nirgendwo in den Verbandsregeln vorgesehen ist der Einsatz von Dopingkontrollen als PR-Instrument, um Dritte von der Sauberkeit der verbandsangehörigen Athleten zu überzeugen. Die Frage, die aus der Sicht der einzelnen Athleten zu stellen ist, nämlich ob Gründe des Verbandes für die Auswahl zur Zielkontrolle vorgelegen haben, die die Auswahlentscheidung als billig erscheinen lassen, kann daher in diesem Fall nicht zugunsten des Verbandes beantwortet werden. Die „Mannschaftsprobenahme“ wäre hiernach nicht nur deswegen nicht von den Regelungen des NADA-Codes über Probenahmen gedeckt, weil es sich bei Berücksichtigung des verfolgten Zwecks schon gar nicht um Dopingkontrollen im Sinne der Reglements, sondern um eine auf Dritte ausgerichtete PR-Aktion handelte; auch wenn es sich um echte Dopingkontrollen i. S. d. Reglements 272

FAZ v. 21.03.07, S. 32.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

gehandelt hätte, wären diese ohne gesonderte Zustimmung dennoch aus dem Grund unzulässig gewesen, da die Ermächtigung zu Zielkontrollen unter den gegebenen Umständen nicht die Einholung von Proben der gesamten Nationalmannschaft gestattete. cc) Keine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die Verdachtsunabhängigkeit der Kontrollen Wenn somit hinsichtlich der von den Verbandsregularien vorgegebenen Auswahlmodi keine Bedenken bestehen, bleibt noch die grundsätzliche Frage zu klären, ob es nicht zumindest eines Anfangsverdachts gegen einen Sportler bedarf, um die mit der Kontrolle verbundenen Persönlichkeitsrechtseingriffe zu rechtfertigen.273 Entscheidend für die Beantwortung dieser Frage ist neuerlich eine Abwägung der beiderseitigen Interessen, in der das Interesse der Verbände an der Verdachtsunabhängigkeit der Kontrollen dem Interesse der Sportler gegenüberzustellen ist, von den mit einer Dopingkontrolle verbundenen Eingriffen in ihre Persönlichkeitsrechte verschont zu bleiben, solange nicht besondere Umstände Anlass zur Vornahme dieser Persönlichkeitsrechtseingriffe geben. Eine Hilfestellung bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen bietet scheinbar der Blick auf § 111 StPO, der die Zulässigkeit von Personenkontrollen durch die Strafverfolgungsbehörden regelt. Ebenso wie die Dopingkontrollregelungen der Verbände erlaubt auch § 111 StPO die Kontrolle von Personen, die nicht unter konkretem Tatverdacht stehen. In beiden Fällen beruht die Heranziehung des Betroffenen zur Kontrolle einzig und allein auf dem Umstand, dass er sich in einem bestimmten Umfeld bewegt, das entweder örtlich – aufgrund der Nähe zum Tatort einer vermuteten schweren Straftat – oder sachlich – aufgrund der Zugehörigkeit zu einem typischerweise besonders deliktsanfälligen Personenkreis – einen erhöhten Bezug zu einer missbilligten Handlungsweise aufweist, während irgendwelche konkreten Verdachtsmomente gegen den Kontrollierten selber nicht erforderlich sind. Bei näherem Hinsehen erweist sich jedoch, dass die in § 111 StPO vom staatlichen Gesetzgeber getroffene Abwägung zwischen den für und wider den Eingriff in die Freiheitsrechte der Betroffenen sprechenden Interessen nur teilweise inhaltsgleich mit der Abwägung derjenigen Interessen ist, die sich in der Diskussion um verdachtsunabhängige Dopingkontrollen gegenüberstehen. Dort wie hier spielt zwar das Interesse der Eingriffsadressaten an der Unversehrtheit ihrer Per273 Die MLB-Spielergewerkschaft verwahrte sich gegen Ermittlungen der staatlichen Behörden im Kreise der Baseball-Profis anlässlich des Balco-Dopingskandals mit dem Argument, die Erteilung einer Vollmacht zur Untersuchung der vorhandenen Dopingproben der Spieler verletze deren Grundrecht gegenüber unbegründeten Nachforschungen und Untersuchungen, vgl. FAZ v. 21.11.05, S. 29.

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sönlichkeitsrechte eine Rolle. Anders als im Falle der Dopingkontrollbestimmungen der Verbände geht es bei der Frage nach den Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Durchführung verdachtsunabhängiger staatlicher Kontrollen aber um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung für das Verhältnis zwischen Bürger und Staat, nämlich – überspitzt ausgedrückt – um den Schutz der individuellen Freiheit vor dem Orwell’schen Überwachungsstaat. Da somit eine übermäßige Ausdehnung der Kontrollrechte des Staates unvergleichbar schwerwiegendere Folgen für die Freiheit der Eingriffsadressaten hätte als eine unverhältnismäßige Kontrollermächtigung der Verbände, müssen die Hürden für verdachtsunabhängige Kontrollen des Staates allein aus diesem Grund viel höher gesetzt sein als die Hürden für die Durchführung der verdachtsunabhängigen Dopingkontrollen. Gleichzeitig ist auch dasjenige Interesse, zu dessen Schutz der Eingriff gemäß § 111 StPO dienen soll, von ungleich schwererem Kaliber als das von den Dopingkontrollregelungen verfolgte Interesse an der Dopingfreiheit des Sports. Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und hierbei der Schutz der Bürger vor schweren Straftaten stellen eine grundlegende Voraussetzung für das friedliche Zusammenleben der Bürger untereinander dar. Genauso wichtig ist die Durchsetzung des Gewaltmonopols des Staates, das dem Staat – von wenigen Ausnahmefällen abgesehen – die alleinige Zuständigkeit für die Anwendung von Zwangsmitteln zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung überträgt. Die Vernachlässigung des Schutzes der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die zwangsläufig zu einer Erosion des staatlichen Gewaltmonopols führen muss, begründet die Gefahr von Anarchie und Chaos und stellt daher eine elementare Bedrohung für den freiheitlichen Staat dar. Da die in § 111 StPO getroffene Abwägung vor diesem Hintergrund nicht mit der Abwägung der im Zusammenhang mit der Durchführung von Dopingkontrollen beachtlichen Interessen vergleichbar ist, kann auch das dort manifestierte Abwägungsergebnis nicht für die Frage nach der Zulässigkeit verdachtsunabhängiger Dopingkontrollen übernommen werden. Gleiches gilt im Übrigen auch für die weiteren gesetzlichen Ermächtigungen staatlicher Behörden zur Durchführung von Personenkontrollen, wie sie sich etwa in den Polizeigesetzen der meisten Länder und in den §§ 17 I 1 BGSG, 55 I Nr. 4 GüKG und 36 V StVO finden. Dies bedeutet, dass weder aus der Zulässigkeit der gesetzlich geregelten Eingriffe auf die Zulässigkeit gleichartiger Dopingkontrolleingriffe geschlossen werden kann noch die Bedenken, die gegen die gesetzlich gestatteten Kontrollbefugnisse erhoben werden,274 gleichermaßen gegen die verbandsrechtlichen Kontrollregelungen in Ansatz gebracht werden können.

274 Vgl. die Bedenken des Bundesdatenschutzbeauftragten gegen die Erweiterung der Kontrollbefugnisse des Bundesgrenzschutzes durch das erste Gesetz zur Änderung des Bundesgrenzschutzgesetzes vom 25.08.1998 unter Punkt 12.1 seines 17. Tätigkeitsberichtes.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Ob ein überwiegendes Interesse der Athleten gegen die Verdachtsunabhängigkeit der Dopingkontrollen feststellbar ist, hängt nach alledem davon ab, inwiefern die Ausgestaltung der Dopingkontrollen als verdachtsunabhängige Kontrollen einerseits aus der Sicht der Verbände unbedingt erforderlich ist und andererseits aus der Sicht der Athleten neben den ohnehin schon mit den Kontrollen verbundenen Belästigungen eine so erhebliche Mehrbelastung mit sich bringt, dass sie trotz der Erforderlichkeit nicht gerechtfertigt werden kann. Die Mehrbelastung der Sportler ist zweifellos schwerwiegend, sorgt doch die Verdachtsunabhängigkeit der Kontrollen überhaupt erst dafür, dass auch untadelige Sportler, die durch ihr Verhalten überhaupt keinen Anlass zu irgendwelchem Argwohn geben, in den Kreis der Kontrollkandidaten einbezogen werden. Andererseits herrscht aber Übereinstimmung zwischen allen Beteiligten hinsichtlich der Einschätzung, dass ein wirkungsvolles Kontrollsystem nicht aufgebaut werden könnte, wenn Kontrollen nur auf konkrete Verdachtsmomente hin durchgeführt werden dürften. Da die Anwendung der allermeisten Dopingpraktiken problemlos hinter verschlossenen Türen und unter Ausschluss jeglicher Öffentlichkeit möglich ist, müsste ein auch nur halbwegs geschickter Täter kaum damit rechnen, jemals hinreichend Verdacht zu erregen, um Opfer einer Dopingkontrolle zu werden. Da somit die Beschränkung auf verdachtsabhängige Kontrollen zur Wirkungslosigkeit des Kontrollsystems führen würde, stellt das Interesse der Verbände an der Verdachtsunabhängigkeit ein zentrales Interesse dar, so dass insoweit kein überwiegendes gegenläufiges Interesse der Athleten festgestellt werden kann.

b) Überraschende Kontrollen ohne Voranmeldung Art. 7.1 Abs. 2 des NADA-Codes legt fest, dass die unter der Ägide der NADA anberaumten Dopingkontrollen vorrangig unangekündigt durchgeführt werden sollen. Noch etwas weiter geht Ziff. 1.1 Anh. 2 des NADA-Codes mit der Vorgabe, „Trainingskontrollen sollten möglichst immer als unangekündigte Kontrollen erfolgen“. Mit diesen Regelungen entspricht der NADA-Code der Vorgabe in Art. 5.1.2 WADA-Code, der die Durchführung überraschender Kontrollen zum weltweiten Grundsatz erhebt. Dieser Grundsatz ist darüber hinaus auch im International Standard for Testing umgesetzt, wo der Verzicht auf eine Vorankündigung durch Ziff. 5.3.1 bei der Durchführung von Trainingskontrollen zur Methode erhoben wird. Im Falle von Wettkampfkontrollen ergibt sich der Verzicht auf eine eventuelle vorherige Ankündigung ohne weiteres aus den Festlegungen zum Verfahrensablauf, wonach der Athlet anlässlich des ersten Kontakts mit dem Kontrollteam ohne weitere Zwischenschritte zur Kontrolle gebeten wird und bei eventuell zwischen Benachrichtigung und Probenahme noch stattfindenden Aktivitäten unter

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der Aufsicht des verantwortlichen Kontrolleurs steht (vgl. Art. 7.7 i.V. m. Anhang 3 Ziff. 3 des NADA-Codes). Trainingskontrollen können im Zusammenhang mit zentralen Lehrgangs- und Trainingsmaßnahmen jederzeit zwischen 6:00 Uhr und 24:00 Uhr und zuhause jederzeit zwischen 7:00 Uhr und 23:00 Uhr durchgeführt werden (vgl. Anh. 2 Ziff. 1.2 NADA-Code). Hierbei hat der verantwortliche Kontrolleur den Sportler grundsätzlich persönlich und nur in Ausnahmefällen telefonisch von der Kontrolle zu benachrichtigen, woraufhin dieser sich binnen 60 Minuten zur Probenahme einzufinden hat (Ziff. 2.2 Anh. 2 NADA-Code) und bis zur Probenahme unter ständiger Beobachtung des Dopingkontrolleurs stehen soll (Ziff. 2.4, 4.3 Anh. 2 NADA-Code). Eine vergleichbare Regelung der zulässigen Kontrollzeiten für Wettkampfkontrollen existiert im NADA-Code nicht, da die Sportler hier ohnehin im Anschluss an die Wettkämpfe zur Probenabgabe gebeten werden. aa) Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Während die Dopingkontrolleure bereits frühzeitig die Befugnis der Verbände zur Vornahme unangekündigter Kontrollen forderten,275 stößt deren Durchführung bei manchen Athleten durchaus auf Widerwillen: So sprachen sich die Tennis-Profis Venus Williams und ihre amerikanische Landsfrau Jennifer Capriati anlässlich des Turniers in Wimbledon 2002 gegen Überraschungsbesuche von Dopingkontrolleuren aus. Sie fühlten sich hierdurch in ihrer Privatsphäre verletzt.276 Aus diesen Stellungnahmen wird deutlich, dass die Frage nach der Persönlichkeitsrechtsverträglichkeit von Überraschungskontrollen keineswegs einem übertriebenen Problembewusstsein der Sportrechtler entspringt, sondern jedenfalls nicht auszuschließen ist, dass dieser Kontrollmodus zumindest von einigen Betroffenen tatsächlich als Eingriff in persönlichkeitsrechtlich geschützte Positionen empfunden wird. Dieses subjektive Empfinden ist insoweit beachtlich, als gerade die Trennlinien zwischen den verschiedenen Persönlichkeitssphären eines 275 Bereits im Zusammenhang mit dem Dopingfall um die Proben von Katrin Krabbe, Grit Breuer und Silke Möller aus Stellenbosch forderte der damalige Leiter des Kölner Doping-Labors, Prof. Manfred Donike, Trainingskontrollen müssten unangemeldet durchgeführt werden, vgl. Sportteil der SZ v. 21.02.92. Ähnlich äußerte sich der damalige Antidopingbeauftragte des DSB, Hans Evers, nach seiner Wiederernennung Anfang 1995, vgl. FAZ v. 19.01.95, S. 29. Mit Blick auf den seinerzeit vermuteten Umfang des EPO-Missbrauchs erstreckte der am Kölner Dopinglabor tätige Biochemiker Andreas Breidbach die Forderung nach unangemeldeten Kontrollen anlässlich eines sportwissenschaftlichen Seminars im Mai 1999 auch auf Bluttests, vgl. FAZ v. 08.05.99, S. 39. 276 FAZ v. 13.07.02, S. 33.

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Menschen nicht zuletzt durch seine persönliche Einschätzung gezogen werden, soweit diese nicht den objektiv möglichen Rahmen missachtet.277 Selbstverständlich stellt die überraschende Dopingkontrolle zunächst einmal in demselben Umfang einen Persönlichkeitsrechtseingriff dar, wie dies für die Dopingkontrolle als solche ungeachtet des Umstands, ob sie überraschend ausgeführt wird oder nicht, bereits festgestellt worden ist. Zieht man ergänzend den Umstand mit ins Kalkül, dass die Kontrollen ohne Vorankündigung durchgeführt werden, ändert sich diese Bewertung wie folgt: Eine zusätzliche Belastung erwächst den Athleten in diesem Fall aus dem Umstand, dass sie sich nicht so professionell auf die Probenahme vorbereiten können, wie dies im Falle der Vorankündigung der Probenahme möglich wäre. Soweit das Vorbereitungsinteresse der Sportler auf Maßnahmen gerichtet ist, die der Manipulation der abzugebenden Proben dienen, kann seine Missachtung nicht als zusätzlicher Belang gegen die Durchführung der Kontrolle als Überraschungskontrolle angeführt werden. Nachdem die Sportler durch die Vereinsregeln oder über vertragliche Vereinbarungen zulässigerweise zur Dopingabstinenz und in der Folge zur Abgabe von aussagekräftigen Dopingproben verpflichtet werden, ist ein Interesse an der Vertuschung von Verstößen gegen das Dopingverbot durch einen weiteren Pflichtenverstoß in Form der Zuwiderhandlung gegen die wirksamen Regeln über die Probenahme nicht schützenswert. Ebenfalls tangiert und trotz der aus der Vereinsmitgliedschaft oder aus vertraglichen Vereinbarungen heraus gegenüber den Verbänden bestehenden Verpflichtungen schutzwürdig ist allerdings das Interesse der Athleten, nicht fortwährend das überraschende Auftauchen wildfremder Menschen befürchten zu müssen, deren Eindringen in ihre Intimsphäre sie dann auch noch zu dulden haben. Durch die Befugnis der Kontrolleure zum überraschenden Auftreten wird die Beeinträchtigung der Privat- und Intimsphäre der Sportler insofern verstärkt, als ihnen der Rückzug in den Schutz der eigenen vier Wände nicht mehr gegenüber jedem Dritten möglich ist und sie zudem auch noch fortwährend mit dem Auftauchen dieses Dritten zu rechnen haben, gegen den sie sich nicht wehren können, ohne empfindliche Nachteile befürchten zu müssen. Mag die faktische Mehrbeeinträchtigung durch die Befugnis zum unangekündigten Besuch angesichts der geringen Anzahl von Dopingkontrollen pro einzelnen Athleten auch nur gering sein, bedeutet doch die Gewissheit, den Kontrolleuren jederzeit und an jedem Ort ohne Vorwarnung ausgeliefert zu sein, eine latent wirksame Reduzierung des Sicherheitsgefühls im Hinblick auf die Unberührbarkeit der Privat- und Intimsphäre und damit eine Beeinträchtigung des Rechts auf ungestörte Entfaltung der Persönlichkeit.

277

Siehe oben B.I.2.b)aa).

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bb) Keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch überraschende Kontrollen Die Intensivierung der Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung, die somit durch die Befugnis zur überraschenden Vornahme der Kontrollen bewirkt wird, führte allerdings nur dann zur Unzulässigkeit unangekündigter Probenahmen, wenn die ohnehin mit der Probenahme verbundenen Rechtsbeeinträchtigungen zulasten der Sportler durch den Verzicht auf die vorherige Ankündigung der Kontrollen auf unzumutbare Weise verstärkt würden. Aufgrund der oben zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einwilligung der Athleten und der vereinsrechtlichen Kontrollbestimmungen278 dargelegten Zusammenhänge wäre in diesem Fall die Zustimmung der Athleten zur Durchführung überraschender Kontrollen bzw. das einschlägige verbandsrechtliche Reglement unwirksam. Keinen Bedenken begegnet unter diesem Aspekt die Zustimmung, die die Athleten im Wege der Unterzeichnung des WADA-Gesundheitspasses erklären, da deren Verweigerung nicht mit Sanktionen seitens der Verbände belegt ist. Die Wirksamkeit dieser Einwilligung ist lediglich begrenzt durch ihre Reichweite, die im Wege der Auslegung zu ermitteln ist, sowie durch die Schranken, die nach allgemeinen Regeln für jedes privatautonome Handeln gelten und die beispielsweise eine treuwidrige, etwa schikanöse Verwendung der erteilten Ermächtigung untersagen. Diese Grenzen können insbesondere dann zum Tragen kommen, wenn Dopingkontrollen zu für den Betroffenen besonders ungünstigen oder lästigen Zeitpunkten angesetzt werden, ohne dass dies zur Erreichung des Kontrollzwecks erforderlich wäre. Aber auch was die Einwilligung der Athleten in die Geltung der zwingenden Verbandsregularien anlässlich des Vereinsbeitritts oder der Teilnahme an Wettkämpfen sowie die Wirksamkeit der vereinsrechtlichen Regelungen betrifft, ist ein überwiegendes Interesse der Sportler an bestimmten Vorankündigungszeiten für Dopingkontrollen nicht gegeben. Denn auch mit Blick auf die Ausgestaltung der Dopingkontrollen als überraschende Kontrollen können sich die Sportvereinigungen letztlich darauf berufen, dass dieser Kontrollmodus als Voraussetzung für eine wirksame Dopingbekämpfung unverzichtbar ist. Jegliche Vorankündigung, die über die ohnehin oftmals unvermeidbare Anmeldung des Kontrolleurs zwecks Benachrichtigung von der Dopingkontrolle und Mitteilung des weiteren Ablaufs hinausgeht, bringt eine wesentliche Erhöhung der Gefahr von Manipulationen mit sich. Ausgefeilte Manipulationstechniken wie etwa die Plazierung von Urinbeutelchen in der Vagina oder die Injektion sauberen Urins durch die Harnröhre279 benötigen auch dann 278

Vgl. Abschnitte B.I.2.b)cc) und c). Detaillierte Beschreibungen der Manipulationspraktiken im Radsport finden sich im Buch des langjährigen Profi-Betreuers Jef D’hont, vgl. FAZ v. 30.04.07, S. 34. 279

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eine gewisse Präparationszeit, wenn der Athlet die hierzu erforderlichen Abläufe durch entsprechende „Sondertrainingseinheiten“ eingeübt hat. Diese Betrügereien können nur dadurch wenigstens so weit als möglich verhindert werden, dass den Sportlern auch die Mindestzeitspannen, die zu ihrer Vorbereitung nötig sind, genommen werden, so dass ihre Umsetzung nur noch in für die Dopingverwender optimalen Konstellationen gelingen kann. Da die im Falle einer genügend langen Zeitspanne zwischen Anmeldung und Durchführung der Kontrolle durchführbaren Techniken zur Manipulation bei der Probenahme so perfektioniert sind, dass auch der aufmerksamste Kontrolleur den Betrug nicht mehr erkennen kann, bedeutete der Verzicht auf das Überraschungsmoment die Hinnahme der einschlägigen Dopingpraktiken. Es könnte (dann jedenfalls) nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Verwendung von Doping auch nur in nennenswertem Umfang erfolgreich verhindert würde. De facto wäre der Verzicht auf die Durchführung der Kontrollen als Überraschungskontrollen gleichzusetzen mit dem Verzicht auf eine ernsthafte Dopingbekämpfung, der wiederum mit dem Verzicht auf die Umsetzung des identitätsstiftenden Vereinszwecks „Dopingfreiheit“ gleichbedeutend wäre. Wie im Zusammenhang mit allen anderen Anti-Doping-Maßnahmen ist auch bei der Bewertung der Überraschungskontrollen zudem zu berücksichtigen, dass sich die Interessen der Athleten nicht auf die Abwehr der damit verbundenen persönlichkeitsrechtlichen Einschnitte beschränken. Vielmehr richten die Stellungnahmen anderer Spitzensportler – im Gegensatz zu den Klagen der Damen Williams und Capriati über mögliche Persönlichkeitsrechtsverletzungen – das Augenmerk in erster Linie auf die Vorteile, die die Ausgestaltung der Dopingkontrollen als Überraschungskontrollen mit sich bringt. So boten die im Sommer 1998 unter den Verdacht des Epo-Dopings geratenen Langstreckenläufer Stéphane Franke und Damian Kallabis ihre Bereitschaft zur Mitwirkung bei unangekündigten Blutkontrollen an, durch die der gegen sie gerichtete Dopingverdacht entkräftet werde.280 Ebenso beschwerte sich der deutsche Eisschnelläufer Frank Dittrich anlässlich der Weltcupsaisoneröffnung im November 2001 in Berlin gegenüber dem „Sportinformationsdienst“ mit keinem Wort darüber, dass er sich durch überraschende Kontrollen in seinen Rechten beeinträchtigt fühlte; seine Klage richtete sich vielmehr dagegen, dass manche Athleten schon tags zuvor über die Kontrollen informiert gewesen seien, so dass sie wenigstens einen Tag Zeit gehabt hätten, „irgendwas zu machen“.281 Diese Sicht der Dinge, die aus dem Blickwinkel eines „sauberen“ Athleten als wesentlich schlüssiger erscheint, weist darauf hin, dass die Durchführung von Überraschungskontrollen nicht nur den Verbandsinteressen, sondern gleichzeitig auch dem Interesse der Sportler selber am Schutz ihrer „sauberen“ Leistung dient. 280 281

FAZ v. 23.11.98, S. 45. FAZ v. 17.11.01, S. 40.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Im Ergebnis ist somit festzustellen, dass insbesondere die mit der Vorankündigung der Kontrollen einhergehende Gefährdung des Verbandszwecks „Dopingfreiheit des Sports“ aufgrund ihrer existenzbedrohenden Wirkung für die Verbände ein überwiegendes Interesse an der Durchführung der Kontrollen ohne vorherige Anmeldung bei den Athleten begründet. c) Dopingkontrollen zur Unzeit Unter dem Schlagwort von den Dopingkontrollen zur Unzeit wird ein weiterer Aspekt der Durchführung von Dopingkontrollen diskutiert, dessen Bedeutung für die Akzeptanz und die Rechtmäßigkeit der Kontrollen unschwer einleuchtet: Dürfen die Athleten im Interesse einer möglichst effektiven Dopingbekämpfung zu jeder Zeit und in jeder Situation zur Kontrolle beordert werden, oder gebieten persönlichkeitsrechtliche Belange die Einrichtung von Sperrzeiten und die Festlegung von Tabuzonen, durch die besondere Lebenssituationen der Sportler berücksichtigt werden? Praktische Fälle, in denen diese Frage zum ernsthaften Streit zwischen Athleten und Sportvereinigungen führen kann, sind ohne besondere Phantasieanstrengungen denkbar, etwa in Form von Kontrollteams, die zu nächtlicher Stunde um drei Uhr morgens am Bett der Sportler auftauchen und sie zur Probenahme auffordern. So beschwerte sich der Giro-d’Italia- und Tour-deFrance-Sieger von 1998 Marco Pantani anlässlich eines Fernsehinterviews nach seiner Hämatokrit-Sperre beim Giro d’Italia 1999, die Sportler würden zur Kontrolle aus den Betten geholt und hätten zwischen dem Wecken und der Blutkontrolle gerade einmal sieben Minuten Zeit – dies sei menschenunwürdig.282 In die gleiche Richtung gehen die Beschwerden der Radprofis des Lampre-Teams, die sich darüber beklagten, dass sie im Rahmen einer Trainingskontrolle bis 3:40 Uhr morgens zur Abgabe von Proben bereitstehen mussten.283 Noch deutlicher als bei der Betrachtung nächtlicher Dopingkontrollen wird die Problematik, wenn man sich einen Kontrolleur vorstellt, der freundlich, aber bestimmt den Pfarrer zu einer kurzen Unterbrechung der Trauungszeremonie auffordert, weil die Braut oder der Bräutigam nun eine Dopingprobe abgeben müsse. Eine weitere Definition des Begriffes der Unzeit vertrat der kasachische Radprofi Andrej Kaschetschkin in seiner Klage gegen die Bestrafung wegen Blutdopings, die er damit begründete, die Dopingkontrolle während des Familienurlaubs, die zur Entdeckung des Dopingverstoßes geführt hatte, verletze sein Menschenrecht der Privatsphäre aus Art. 8 EMRK.284

282 283 284

FAZ v. 10.06.99, S. 46. FAZ v. 31.01.08, S. 32. FAZ v. 03.11.07, S. 36.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

aa) Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Tatsächlich wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten durch Kontrollen in derartigen oder ähnlichen Lebenssituationen in einer besonderen Weise berührt, die über die Beeinträchtigungen durch Kontrollen zu „normalen“ Zeiten hinausgeht. Während im Normalfall der Dopingkontrolle, die nicht in einer besonderen Lebenssituation der Sportler stattfindet, allein die weiter oben bereits genannten Persönlichkeitsrechtspositionen betroffen sind, ist hier die Funktion des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Schutzschirm der „engeren persönlichen Lebenssphäre“ und ihrer „Grundbedingungen“ 285, d. h. eines grundrechtlich abgeschirmten Bereichs freier Entfaltung286 in besonderer Weise beeinträchtigt. In das Recht der Athleten auf Respektierung ihrer Privatsphäre,287 das den Anspruch schützt, sich in die engere persönliche Lebenssphäre zurückzuziehen, in dieser Sphäre nicht belästigt zu werden,288 in Ruhe gelassen zu werden,289 wird durch die Anberaumung der Dopingkontrollen in derartigen besonderen Lebens285 BVerfGE 54, 148, 153 („Eppler“), u. 72, 155, 170, u. 79, 256, 268; C. Degenhart, JuS 1992, 361; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 38; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 14, spricht vom „Schutz des ,Zustandes‘ der Privat- bzw. Persönlichkeitssphäre“; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 60; MüKo/ P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 189, 157, spricht von einem „umfassenden right of privacy“; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 8; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), S. 207 ff., plädiert für die Bestimmung des Schutzbereiches durch die Benennung der geschützten Interessen, nämlich des Interesses an der Entfaltung im räumlich-gegenständlichen Privatbereich, an der Selbstbestimmung in eigenen Angelegenheiten, an der Diskretion in persönlichen Angelegenheiten, an der Achtung der persönlichen Ehre, an der wahren Darstellung der eigenen Person und an der Kenntnis und Achtung der personalen Identität. 286 BGHZ 13, 334, 337 f. („Leserbrief“); Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 176, spricht von einem „umfassenden Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit“. 287 D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 60. 288 G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 257 ff.; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 54; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), S. 223, spricht vom „räumlich-gegenständlichen Privatbereich“; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 84. 289 BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 97; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 186; Larenz/Wolf, AT, § 8 I.1., Rn. 1, 3; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 86; hierunter fällt u. a. auch der Anspruch, von Briefkastenwerbung verschont zu bleiben, vgl. hierzu Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C232 ff., u. Larenz/Wolf, AT, § 8 III.6., Rn. 31, und überhaupt der Schutz vor ungewollten Werbemaßnahmen und der Belästigung durch Telefonanrufe, vgl. BGH NJW 1989, 902, 903, u. BGH NJW-RR 1990, 359, 360, u. MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 157, u. MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 96 ff., sowie Larenz/Wolf, AT, § 8 III.6., Rn. 31; so auch Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.7.; BGH NJW 1996, 1128, 1129 ff. (Prinzessin Caroline und Vincent); zum Schutz des privaten Wohnbereiches vor permanenter Störung durch Versammlungen VGH Kassel, NJW 1994, 1750 f.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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lagen über das normale Maß hinaus eingegriffen. Die genannten Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gebieten eine erhöhte Rücksichtnahme auf solche Lebensbereiche und -situationen des Persönlichkeitsrechtsinhabers, die für die Ungestörtheit oder auch die Entwicklung seiner Persönlichkeit von besonderer Bedeutung sind. Die Kernnachtzeit zählt aus verschiedenen Gründen zu den besonderen Lebensbereichen im vorgenannten Sinne. Es ist allgemein bekannt, dass der Mensch zur optimalen Entfaltung seiner Vitalität des regelmäßigen Schlafes in ausreichendem Maße bedarf. Die Zeitspanne zwischen circa 23 Uhr und 6 Uhr gehört für die meisten Menschen zu demjenigen Zeitraum, in dem das Schlafbedürfnis befriedigt wird. Wird der Mensch in dieser Schlafzeit gestört, führt dies unmittelbar zur Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit und seines Wohlbefindens mit entsprechenden Konsequenzen für sein Auftreten gegenüber seinen Mitmenschen und deren Eindruck von seiner Person. Indem sie die Fähigkeit zum ausgeruhten, positiven Auftreten reduziert, wirkt sich die Störung der Nachtruhe unmittelbar auf die Entfaltung der Persönlichkeit des Menschen aus. Die Kernnachtzeit stellt darüber hinaus auch dann, wenn sie nicht zum Schlafen genutzt wird, im Regelfall eine besonders private Zeit dar. Diese besondere Privatheit resultiert daraus, dass es sich um einen Zeitraum handelt, in dem Belästigungen von außen normalerweise nicht erfolgen, da das soziale Leben nur noch in erheblich reduziertem Umfang und weitestgehend nur noch in Form von Angeboten an den Einzelnen, jedoch nicht mehr in Form von Nachfragen stattfindet. Die Nachtzeit bietet aus diesem Grund in besonderer Weise die Möglichkeit, sich ungestört mit sich selber und mit den eigenen privaten und intimen Angelegenheiten zu beschäftigen. Aus den vorstehend aufgeführten Gründen, stehen die Nachtzeit und erst recht die Kernnachtzeit unter dem besonderen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die Beeinträchtigung der Sportler in ihrem Anspruch auf eine ungestörte Nachtruhe durch die Berechtigung der Verbände zur jederzeitigen Dopingkontrolle erschöpft sich zudem nicht in den einzelnen Störungen, denen die Athleten ausgesetzt sind, soweit sie tatsächlich Opfer nächtlicher Dopingkontrollen werden. Aus der Zulässigkeit der nächtlichen Kontrollen erwächst vielmehr eine dauerhafte, latente Störung der Nachtruhe insofern, als den potentiellen Opfern der nächtlichen Störung ein Stück weit die Sicherheit genommen wird, wenigstens während der Nachtzeit keine Belästigungen durch die Dopingkontrolleure befürchten zu müssen. Diese latente Störung stellt sich umso intensiver dar, als wohl für die Mehrzahl der Sportler davon auszugehen ist, dass der Besuch der Dopingkontrolleure – von den Ausnahmefällen besonderer Lebenssituationen einmal abgesehen – überhaupt die einzige Störung wäre, mit der sie des Nachts zu rechnen hätten.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Ebenfalls aufgrund der besonderen persönlichen Bedeutung des Moments für den Betroffenen würden sich auch die oben plakativ angeführte Dopingkontrolle während der Trauung oder Dopingkontrollen in vergleichbaren Situationen als gegenüber „normalen“ Dopingkontrollen besonders schwerwiegende Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten darstellen. Die Trauung etwa wäre nicht nur eine private Angelegenheit und aus diesem Grunde durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor Störungen geschützt. Über die formale Einordnung als Angelegenheit der Privatsphäre hinaus wäre vor allem die Wichtigkeit zu berücksichtigen, die dem Ereignis aufgrund seiner besonderen Bedeutung als außergewöhnliche Begebenheit im Leben des Betroffenen zuzumessen wäre. Die besondere Intensität des Eingriffs in die Privatsphäre des Sportlers resultierte in diesem Fall aus dem Umstand, dass nicht ein beliebiger Moment seines Privatlebens, sondern ein Moment von höchster persönlicher Bedeutung durch die Dopingkontrolle gestört wird. Wie die hier beispielhaft betrachtete Hochzeit sind ebenso jegliche weiteren besonderen persönlichen Momente i. S. d. allgemeinen Persönlichkeitsrechts besonders schutzwürdig. Zu diesen weiteren besonderen persönlichen Zeiträumen gehört auch die Urlaubszeit der Profisportler,290 da sie zum einen ähnlich wie die Nachtzeit der Erholung und damit der Schaffung der Voraussetzungen für die erfolgreiche Selbstdarstellung gegenüber Dritten dient, und zum anderen aufgrund der Befreiung von beruflichen Pflichten die Möglichkeit bietet, sich in verstärktem Maße um die Angelegenheiten der Privat- und Intimsphäre wie etwa die Partnerbeziehung oder das Familienleben zu kümmern. Der Diskussion um besonders vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Zeiträume ist schließlich auch die Frage zuzuordnen, inwieweit Dopingkontrollen kurz vor Wettkämpfen vorgenommen werden dürfen. Resultiert aus ihrer Durchführung eine Beeinträchtigung der Wettkampfchancen des Betroffenen, weil dieser durch die Kontrolle physisch – etwa wegen des Blutverlustes durch die Blutkontrolle – oder psychisch – etwa weil er durch die Kontrolle an der notwendigen Konzentration auf die bevorstehenden Abläufe gehindert wird – in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird, greift die Kontrolle in sein Recht auf Selbstdarstellung ein, indem sie seine Chancen auf Ruhm und Ehre mindert. Gleichzeitig ist er in seinem Recht auf wirtschaftliche Selbstbestimmung betroffen, wenn die Wettkampfteilnahme auf die Erringung der Siegprämie oder auf den Abschluss von Sponsoren- und Werbeverträgen nach einer hervorragenden Platzierung ausgerichtet war. Das Maß der Schutzwürdigkeit dieser besonderen persönlichen Zeiträume wird mit Blick auf die Befugnis des Rechtsinhabers zur Schutzbereichsdefinition durch die Bedeutung bestimmt, die der Betroffene ihnen zumisst. Eine objektive Grenze ist dort erreicht, wo sich die subjektive

290 Von der FIFA und der UEFA wurde in einer gemeinsamen Erklärung unter Verweis auf die Privatsphäre der Profifußballspieler die Forderung erhoben, die Profis sollten in ihrem Urlaub kontrollfrei bleiben, vgl. FAZ v. 26.03.09, S. 27.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Grenzziehung durch den Betroffenen mit den jeweils geltenden objektiven Grundsätzen nicht mehr vereinbaren lässt. bb) Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Kontrollen zur Unzeit Im Rahmen der Interessenabwägung, die über die Angemessenheit und Billigkeit vereinsrechtlicher Regeln bezüglich der zulässigen Kontrollzeiträume sowie über die Freiwilligkeit der Einwilligung der Sportler in die von diesen Regeln vorgesehenen Rechtseingriffe entscheidet, sind folgende Argumente für die Durchführung von Dopingkontrollen zu außergewöhnlichen Tageszeiten oder in außergewöhnlichen Situationen zu berücksichtigen: Aufseiten der Sportvereinigungen berührt die Diskussion um „Dopingkontrollsperrzeiten“ für die Athleten, in denen sie von Kontrollbesuchen verschont bleiben sollen, unmittelbar deren zentrales Anliegen einer effektiven Dopingbekämpfung. Der Wille der Sportverbände zur Vermeidung übermäßiger Belästigungen der Athleten und das Ziel einer lückenlosen Dopingbekämpfung geraten in dem Moment in einen Zielkonflikt, in dem die garantiert kontrollfreien Zeiträume so weit ausgedehnt werden, dass am Beginn dieser Zeiträume eingenommene Dopingmittel an ihrem Ende schon nicht mehr nachgewiesen werden können. Gegen die Ausdehnung der kontrollfreien Zeiträume über die Abbauzeiträume bestimmter Dopingmittel hinaus können die Sportvereinigungen neuerlich das gesamte Gewicht ihres Interesses an einer effektiven Dopingbekämpfung geltend machen. Diese erfordert eine so lückenlose Androhung von Dopingkontrollen, dass in der kontrollfreien Zeit kein verbotenes Mittel in einer noch leistungsfördernden Dosis genommen werden kann, ohne dass es im Zuge einer Kontrolle zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung der Sperrzeit nachgewiesen werden könnte.291 Da durch die Missachtung dieses Interesses mit der Realisierung eines dopingfreien Sports ein identitätsstiftendes Verbandsziel vereitelt würde, bedeutete die Einrichtung von Kontrollsperrzeiten über den Nachweiszeitraum hinaus eine Beeinträchtigung des Verbandszwecks und damit einen Eingriff in den Kern der von Art. 9 I GG geschützten Vereinsautonomie. Kein zulässiges Argument für die Durchführung von Dopingkontrollen zur Unzeit dürfte demgegenüber allerdings der Verweis auf einen dadurch bewirkten 291 Die Dauer des hiernach noch möglichen kontrollfreien Zeitraums ist 1995 vom damaligen Anti-Doping-Beauftragen des DSB, Hans Evers, mit sechs Stunden beziffert worden, vgl. FAZ v. 19.01.95, S. 29. Beispielsweise das Dopingmittel Testosteronproprionat kann in einem männlichen Organismus schon nach sechs Stunden abgebaut sein, vgl. FAZ v. 29.03.05, S. 32. Von Martial Saugy, dem Leiter des Doping-AnalyseLabors von Lausanne, wird der Nachweisbarkeitszeitraum für Testosteron in der üblichen Dosierung von 80 Milligramm auf wenige Stunden geschätzt, vgl. FAZ v. 19.07. 07, S. 28.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Abschreckungseffekt292 sein, der auf die terroristische Wirkung der Kontrollen zur Nachtzeit abstellt. Es ist schon nicht erkennbar, inwieweit dieser Abschreckungseffekt zur Verminderung des Dopinggebrauchs beitragen können sollte. Mit Blick auf die Abschreckungswirkung ist der entscheidende Gesichtspunkt für die Bemessung der Zeiträume der Kontrolldrohung, dass die Athleten damit rechnen müssen, innerhalb der Nachweiszeiten in eine Dopingkontrolle zu geraten, unabhängig davon, wann sie das leistungsfördernde Mittel genommen haben. Reicht es zur Herbeiführung einer entsprechenden Bedrohungslage für die Sportler aus, die Kontrollen auf Zeiträume außerhalb der Nachtzeit und außerhalb sonstiger Unzeiten zu legen, lässt sich eine weitergehende Abschreckung nicht mehr erzielen. Die Terrorkontrolle zur Unzeit wäre hierzu schon deshalb nicht geeignet, weil der Athlet sie auch durch die regelgerechte Befolgung des Dopingverbots nicht vermeiden könnte. Für die Entscheidung über die Zulässigkeit von Kontrollen zur Nacht- oder sonstigen Unzeit und die insoweit anzustellende Interessenabwägung ist aufgrund des überragenden Gewichts des Verbandsinteresses am Dopingverbot und des Folgeinteresses an der Einrichtung eines lückenlosen Kontrollsystems einmal mehr grundsätzlich davon auszugehen, dass die zwar gewichtigen, aber nicht existenziellen Belange der Sportler zurückzutreten haben, wo Kontrollen zu Unzeit im Sinne eines lückenlosen Kontrollsystems erforderlich sind.293 Lediglich im Einzelfall, wenn ganz außergewöhnlich bedeutsame Interessen der Athleten durch die Kontrolle berührt werden, stellt sie mit Rücksicht auf den falschen Zeitpunkt eine nicht von einer freiwilligen Einwilligung der Athleten gedeckte bzw. unangemessene und unbillige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Sportler dar. Dies bedeutet für die eingangs konstruierten Beispielsfälle, dass die Kontrolle zur Nachtzeit und auch zur Kernnachtzeit insoweit im Vereinsrecht verankert werden könnte, als die Einrichtung einer entsprechenden Sperrzeit den Nachweis von zeitlich darauf abgestimmten Dopingeinnahmen unmöglich machen würde. Bei der Bemessung der hiernach noch zulässigen Sperrzeit dürfen die Sportvereinigungen berücksichtigen, dass zwischen der Benachrichtigung des Athleten und der Probenabgabe jedenfalls bei Urinproben nochmals deshalb Zeit verstreichen kann, da der Athlet nicht unverzüglich zur Urinabgabe in der Lage ist. Das

292 Vom Präsidenten des Internationalen Skiverbandes, Gianfranco Kasper, wurde anlässlich eines FAZ-Interviews zum Thema Doping im Februar 2007 als Vorteil mitternächtlicher Kontrollen die hierdurch erzielte Abschreckungswirkung gepriesen, vgl. FAZ v. 28.02.07, S. 31. 293 Demgegenüber sieht J. Soek, The International Sports Law Journal 2008/3–4, 3, 12 f., in Dopingkontrollen während der Urlaubszeit und generell in Anti-Doping-Maßnahmen, die in erheblicher Weise in das Right to Privacy eingreifen, eine Verletzung von Art. 8 EMRK, die aufgrund des Machtungleichgewichts auch durch die Einwilligung der Athleten nicht verhindert wird.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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durchaus gewichtige Interesse der Sportler an der ungestörten Nachtruhe hat im Falle der Notwendigkeit nächtlicher Kontrollen deshalb hinter dem Interesse am lückenlosen Kontrollnetz zurückzustehen, da die Anzahl der pro Sportler tatsächlich zur Unzeit durchgeführten Dopingkontrollen auf Einzelfälle beschränkt ist und vor diesem Hintergrund auch die Gewissheit der nächtlichen Ruhe nur unerheblich beeinträchtigt wird. Erst recht gilt dies für die Störung der Urlaubsruhe der Athleten. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Erholungsfunktion des Urlaubs durch die Kontrolle zur Urlaubszeit ist nicht feststellbar, da die Kontrolle ein punktuelles Ereignis darstellt, so dass der Urlaub in der Gesamtbetrachtung dennoch hinreichend ungestört verläuft. Ebensowenig sind Gründe dafür ersichtlich, dass die Dopingkontrolle eine so starke traumatisierende Wirkung auf die (ungedopten) Sportler entfaltet, dass sie aus diesem Grund die persönlichkeitsrechtlich geschützte Urlaubswirkung ernsthaft beeinträchtigen könnte.294 Demgegenüber wäre die als weiteres Beispiel angeführte „Brautentführung“ zu Dopingkontrollzwecken als Persönlichkeitsrechtsverletzung anzusehen, da es im Allgemeinen schon nicht erforderlich sein dürfte, die Kontrolle ausgerechnet während der kirchlichen Trauung durchzuführen, jedenfalls aber die Bedeutung des Moments zu einem überwiegenden persönlichkeitsrechtlichen Interesse der Athleten führt, das zudem noch aufgrund der religiösen Bedeutung der Zeremonie von Art. 4 GG gestützt sein kann. In anderen Kollisionsfällen ist die Durchführung von Dopingkontrollen zur Unzeit dann aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht zulässig, wenn sie zur Vermeidung von Kontrollücken erforderlich ist und nicht ausnahmsweise ein gegenläufiges Interesse eingewendet werden kann, das die zugunsten des Dopingverbots festgestellten Interessen an Gewicht übertrifft. Im Falle der Kontrolle kurz vor dem Wettkampf ist hiernach die erste Frage, ob sie tatsächlich notwendig ist oder nicht stattdessen eine Kontrolle nach der Beendigung des Wettkampfs eine genauso effektive Wirkung verspräche. Von einer gleichen Wirkung kann allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn nicht die Dauer zwischen der letztmöglichen Kontrolle vor dem Wettkampf und der erstmöglichen Kontrolle danach die Abbauzeit für das am schnellsten abbaubare, dem Athleten verbotene Dopingmittel unter die Nachweisgrenze überschreitet. Ist nach dieser Überlegung die Kontrolle vor dem Wettkampf erforderlich, hängt ihre Zulässigkeit zweitens davon ab, ob das somit gegebene Kontrollinteresse der Verbände und Veranstalter von den entgegenstehenden Interessen des Sportlers überwogen wird, zu denen dann auch das persönlichkeitsrechtliche Interesse an der unbehinderten Selbstdarstellung durch eine störungsfreie Wettkampfvorbereitung gehört. Dieses zusätzliche Persönlichkeitsinteresse dürfte allerdings in der Mehrzahl der Fälle eher gering294 Die von den Fußballverbänden angestoßene Offensive endete denn auch mit dem Ergebnis, dass im Geltungsbereich des NADA-Codes die darin fixierten Kontrollzeiten und Meldepflichten weiterhin auch gegenüber den Fußballprofis gelten, vgl. FAZ v. 30.04.09, S. 29.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

fügig beeinträchtigt sein, wenn die Kontrolle zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchgeführt wird. Eine relevante körperliche Beeinträchtigung durch die Blutabnahme dürfte angesichts der geringen Mengen, die die Athleten zu spenden haben, nicht durch die Kontrolle hervorgerufen werden. Selbst Kontrollzeitpunkte im Abstand von einer Stunde vor dem Wettkampf hindern die Sportler nicht daran, in der verbleibenden Zeit ihre Konzentration wiederzugewinnen. Demgegenüber würde der Verzicht auf die Kontrolle unter Inkaufnahme der Überschreitung des Mindestnachweiszeitraums dazu führen, dass die lückenlose Bedrohung des Dopings nicht mehr gegeben und somit die risikolose Teilnahme gedopter Athleten an dem Wettbewerb ermöglicht wäre. Auf diese Weise wäre der Vereinszweck eines dopingfreien Sports auf empfindliche Weise vereitelt. Vor diesem Hintergrund ist ein überwiegendes Interesse der Verbände an der Vornahme von Dopingkontrollen bis zu dem Zeitpunkt vor einem Wettkampf gegeben, vor dem die Kontrolle nicht erfolgen darf, um keine Nachweislücke bis zur erstmöglichen Kontrolle nach dem Wettkampf entstehen zu lassen. Was die Kontrollmöglichkeiten zur Nachtzeit betrifft, ist auf Ziff. 1.2 Anh. 2 des NADA-Codes zu verweisen. Dort ist festgelegt, dass Trainingskontrollen bei zentralen Trainings- oder Lehrgangsmaßnahmen und an der Trainingsstätte nicht zwischen 24:00 und 6:00 Uhr durchgeführt werden dürfen und Trainingskontrollen in der Wohnung um 23:00 Uhr abends beendet sein und nicht vor 7:00 Uhr morgens beginnen sollen. Hiernach sind zwar Kontrollen zur Nachtzeit möglich, eine Kernnachtzeit von 24:00 Uhr bis 6:00 Uhr ist jedoch von den Kontrolleuren in jedem Fall zu respektieren. Davon ausgehend, dass eine Verlängerung der sechs- bzw. achtstündigen Kontrollsperrzeit die Einnahme von Dopingmitteln ohne Entdeckungsrisiko ermöglichen würde, begegnet die Sperrzeitenregelung des NADA-Codes nach dem eben Gesagten keinen persönlichkeitsrechtlichen Bedenken. d) Kontrollantritt des Athleten Gemäß Art. 7.7 i.V. m. Ziff. 2 Anh. 2 und Ziff. 2 Anh. 3 NADA-Code beginnt sowohl die Trainingskontrolle als auch die Wettkampfkontrolle mit der Benachrichtigung des Athleten oder – falls nach Ziff. 2.1 Anh. 2 und Anh. 3 wegen der Minderjährigkeit oder einer Behinderung des Probanden erforderlich – mit der Benachrichtigung dessen gesetzlichen Vertreters oder eines sonst zuständigen Dritten. Hierbei soll das Kontrollpersonal seine Legitimation durch einen von der verantwortlichen Stelle oder der NADA ausgestellten Ausweis und – auf Verlangen des Sportlers oder seines gesetzlichen Vertreters – seinen Personalausweis nachweisen [Ziff. 1.4, 2.4 a) Anh. 2, Ziff. 2.3 a) Anh. 3]. Der Athlet ist gem. Ziff. 2.4 b) Anh. 2/Ziff. 2.3 b) Anh. 3 ebenfalls dazu verpflichtet, sich mittels Personalausweis, einer Lizenz oder eines sonstigen Legitimationspapiers auszuweisen.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Lediglich im Anhang 3, der die Durchführung der Wettkampfkontrollen betrifft, ist in Ziff. 2 S. 1 vorgesehen, dass die Benachrichtigung des Sportlers vom verantwortlichen Kontrolleur zu dokumentieren ist. Ebenfalls nur für Wettkampfkontrollen ist im letzten Satz der Ziff. 2.3 Anh. 3 vorgegeben, dass der Athlet ein Benachrichtigungsformular zu unterzeichnen hat. Von der Benachrichtigung bis zum Ende der Probenahme sind die Ziff. 2 S. 1 und 2.4 c) Anh. 2/Ziff. 2 S. 1 und 2.3 c) Anh. 3 zu beachten, die den Kontrolleur zur Überwachung und – unausgesprochen, aber offenkundig – auch zu Einschränkungen der Handlungsfreiheit des Athleten ermächtigen wollen, indem Ziff. 2 S. 1 Anh. 2 und Anh. 3 dem Kontrolleur aufgibt sicherzustellen, dass keine Gelegenheit zur Manipulation der abzugebenden Probe besteht.295 Ziff. 2.2 Anh. 2, die bei Trainingskontrollen für den Regelfall die persönliche Benachrichtigung vorsieht und lediglich ausnahmsweise die telefonische Kontrollaufforderung ausreichen lässt, und Ziff. 2.2 Anh. 3, die für Wettkampfkontrollen durchweg die persönliche Benachrichtigung vorgibt, listen eine Reihe von Informationen über die näheren Umstände der Kontrolle sowie über die Verantwortlichkeiten und die Rechte und Pflichten der Beteiligten auf, die dem Athleten anlässlich der Benachrichtigung mitzuteilen sind. Verschiebungen des Beginns der Probenahme können im Falle von Trainingskontrollen nach dem Ermessen des verantwortlichen Kontrolleurs (Ziff. 3.1 Anh. 2), im Falle von Wettkampfkontrollen beim Vorliegen eines der in Ziff. 3.1 Anh. 3 aufgezählten Gründe und im Übrigen nach dem Ermessen des verantwortlichen Kontrolleurs zugelassen werden. Hier wie dort sind die Gründe für eine eventuelle Verschiebung vom verantwortlichen Kontrolleur zu dokumentieren (Ziff. 3.1 Anh. 2 und Anh. 3). Erscheint der Athlet verspätet zur Kontrolle, sind bei Trainingskontrollen wie bei Wettkampfkontrollen alle Einzelheiten des verspäteten Erscheinens sowie die Gründe der Entscheidung des verantwortlichen Kontrolleurs für die Durchführung der Kontrolle trotz der Verspätung oder für die Nichtdurchführung wegen der Verspätung zu dokumentieren (Ziff. 3.2 Anh. 2 und Anh. 3). aa) Berührungspunkte zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht Die Regelungen zum Kontrollantritt des Athleten berühren an verschiedenen Stellen unmittelbar dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht: Indem das Reglement den Sportler verpflichtet, sich auszuweisen, zwingt es ihn zur Mitwirkung an einer Erhebung seiner persönlichen Daten. Das informa295 Für die Dopingkontrollen bei der Tour de France ist das Chaperon-System erstaunlicherweise erst 2006 eingeführt und erst 2007 in der Praxis umgesetzt worden, vgl. FAZ v. 14.07.07, S. 31.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

tionelle Selbstbestimmungsrecht des Athleten wird weiterhin dadurch tangiert, dass das Faktum seiner Benachrichtigung, das ebenfalls ein personenbezogenes Datum darstellt, bei Wettkampfkontrollen gemäß den Vorgaben des NADA-Codes und bei Trainingskontrollen gegebenenfalls ohne ausdrückliche diesbezügliche Vorgabe im Regelwerk dokumentiert wird. Durch die Beaufsichtigung vom Zeitpunkt des Erstkontakts mit dem Kontrolleur bis zur Beendigung der Probenahme wird der Athlet zwar nur insoweit zur Offenbarung seiner Intimsphäre gezwungen, als die Urinabgabe genauestens observiert wird; eine durchgängige Beeinträchtigung seiner engsten Persönlichkeitssphäre ist während dieses gesamten Zeitraums jedoch in dem Umstand zu sehen, dass der Sportler durch die Beaufsichtigung am Ausleben seiner Privat- und Intimsphäre gehindert wird. Einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Athleten bedeutet es wiederum, wenn die Gründe für eine eventuelle Verschiebung der Probenahme oder für eine eventuelle Verspätung des Sportlers vom Kontrolleur notiert werden, und zwar erst recht, soweit – wie wohl regelmäßig – persönliche Umstände des Athleten für die Verschiebung oder die Verspätung ursächlich sind. Darüber hinaus stellten die Regelungen zum Kontrollantritt gegebenenfalls insoweit Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Athleten dar, als durch diese Regelungen in einer den Sportlern unzumutbaren Art und Weise Fehlerquellen oder Missbrauchsmöglichkeiten eröffnet würden, die die Gefahr von Persönlichkeitsrechtsverletzungen anlässlich des Verfahrens oder auch durch fehlerhafte Ergebnisse begründeten. Derartige unzumutbare Unzulänglichkeiten des Reglements sind allerdings nicht erkennbar: Die Gefahr falscher Kontrolleure oder falscher Probanden wird hinreichend dadurch gemindert, dass beide Seiten – der Kontrolleur wie der Athlet – das Recht haben, sich amtliche oder zumindest vom Verband ausgestellte Legitimationspapiere vom jeweils anderen Teil vorlegen zu lassen. Im Übrigen ist durch Ziff. 1.3 Anh. 2/Ziff. 1.1 Anh. 3, die den Einsatz von Kontrollpersonal mit Interessenkonflikten ausschließen, durch die Informationspflichten gem. Ziff. 2.2 Anh. 2 und Anh. 3 und durch die Dokumentationspflichten bei Verschiebungen und Verspätungen ausreichend dafür gesorgt, dass Fehler und/oder Fehlverhalten an besonders neuralgischen Punkten des Benachrichtigungsverfahrens vermieden werden. Nicht recht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb nicht auch im Zusammenhang mit der Benachrichtigung von Trainingskontrollen die Dokumentation des Benachrichtigungsvorgangs vom NADA-Code vorgegeben wird. Hier wie dort erscheint die Protokollierung für den Fall einer späteren Streitigkeit über einen verspäteten Kontrollantritt des Athleten gleichermaßen wichtig. Darüber hinaus sollte aufgrund seiner Wichtigkeit ebenfalls bereits nach dem einschlägigen Reglement auch die Dokumentation des Zeitpunkts verpflichtend sein, zu dem der Sportler zur Kontrolle erschienen ist.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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bb) Keine Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Regelungen zum Kontrollantritt Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Regelungen des NADA-Codes zum Kontrollantritt der Athleten sind nicht erkennbar: Soweit soeben Vorschläge zur verbesserten Ausgestaltung des Reglements geäußert worden sind, sind die bestehenden Reglen zwar nicht optimal gefasst. Sie bleiben jedoch in den genannten Punkten nicht so weit hinter dem anzustrebenden Regelungsgehalt zurück, dass sie in unzumutbarer Weise die Gefahr von Verfahrensmängeln und Ergebnisfehlern heraufbeschwören würden. Die Unzulänglichkeiten begründen hiernach keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Athleten. Soweit mit den Regelungen Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Sportler verbunden sind, handelt es sich durchweg um Vorgaben, die im Sinne eines ordnungsgemäßen Ablaufs der Kontrolle oder sogar zum Schutz der Athleten geboten sind. So bedarf es keiner weiteren Erläuterung, dass am Beginn der Kontrollprozedur die Legitimation des Sportlers zu stehen hat, ist doch der Kontrolleur darauf angewiesen, sich der Identität der angetroffenen mit der für die Kontrolle vorgesehenen Person zu versichern. Die eindeutige Identifikation liegt insofern auch im Interesse des Athleten, als hierdurch vermieden wird, dass ein Dritter belastende Proben unter falschem Namen zum Nachteil des Namensinhabers abgibt. Ebenso offensichtlich erforderlich sind die vom Reglement vorgegebenen Dokumentationen, da sie – wiederum gleichermaßen im Interesse des Sportlers wie in demjenigen der Verbände – den Ablauf der Prozedur für den Fall späterer Streitigkeiten um die Ordnungsgemäßheit der Kontrolle beweiskräftig wiedergeben. Was schließlich die fortwährende Beaufsichtigung betrifft, kann auf die Ausführungen zur Observation der Athleten bei der Urinabgabe verwiesen werden. Da die Gefahr von Manipulationen der Probenahme nicht erst im Moment der Urinabgabe, sondern wegen der teilweise erforderlichen Vorbereitungshandlungen bereits im vorangehenden Zeitraum zwischen der Benachrichtigung und der Urinabgabe besteht, kann im Wege eines Schlusses a maiore ad minus gefolgert werden, dass mit Blick auf die Zulässigkeit der schwerwiegenden Intimsphärebeeinträchtigung bei der Urinabgabe die vergleichsweise harmlose Beaufsichtigung bis dorthin allemal keine überwiegenden gegenläufigen Interessen der Sportler verletzt. e) Auswahl der an der Dopingkontrolle Beteiligten, Anwesenheitsberechtigte bei der Probeabnahme In verschiedener Hinsicht für die persönlichkeitsrechtliche Verträglichkeit der Probenahme von Bedeutung ist die Frage, welche Personen zur Anwesenheit bei der Abnahmeprozedur zugelassen werden oder – aus der Sicht der Athleten be-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

trachtet – die Anwesenheit welcher Personen die Athleten bei der Dopingkontrolle hinzunehmen haben. aa) Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts durch die Beteiligtenauswahl Im Zuge der Untersuchung der Vereinbarkeit der Urinprobenahme mit den Bestimmungen des BDSG wurde bereits festgestellt, dass der Grundsatz der Datenvermeidung und -sparsamkeit es gebietet, die Anzahl der nicht auf Wunsch des Athleten beteiligten Personen auf ein Minimum zu beschränken.296 Die möglichst weitgehende Eingrenzung des beteiligten Personenkreises ist ebenso auch mit Blick auf die weiteren Persönlichkeitsrechtseingriffe geboten, die mit der Probenahme verbunden sind. Am offenkundigsten erscheint dies hinsichtlich des eigentlichen Vorgangs der Urinabgabe. Die zentrale Beeinträchtigung der Rechte des Athleten besteht hierbei in dem äußerst intensiven Eingriff in seine Intimsphäre durch die peinlich genaue Beobachtung des Genitalbereiches beim Wasserlassen. Die innere Bereitschaft zur Urinabgabe mit Zuschauer muss durch den Athleten dadurch hergestellt werden, dass er sich auf die Person des anwesenden Kontrolleurs einstellt, indem er sich mit seiner Berechtigung zum Zuschauen beispielsweise über die Vorstellung eines arztähnlichen Verhältnisses und einer notwendigen ärztlichen Untersuchung abfindet. Dürfte es vielen Athleten schon schwer genug fallen, sich in diesem Sinne mit der Beobachtung durch den verantwortlichen Kontrolleur zu arrangieren, wäre die Duldung jedes weiteren Betrachters noch schwieriger, da schon die Notwendigkeit seiner Teilnahme in Frage stünde. Durch jeden weiteren Dritten, der an dieser Observation teilnimmt, würde die Belastungswirkung für die Athleten hiernach erheblich gesteigert. Die Minimierung der Anzahl der beteiligten Personen ist darüber hinaus auch im Sinne der weitestmöglichen Absicherung der Dopingkontrolle gegen Verfahrensfehler und Missbrauchsmöglichkeiten erforderlich, die zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen anlässlich des Kontrollverfahrens oder in Form falscher Kontrollergebnisse führen können. Aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht ist jede überflüssigerweise beteiligte Person als potentieller Persönlichkeitsrechtsverletzer anzusehen, weil sie selber Kenntnis von persönlichen Daten des Sportlers erlangt und weil sie dadurch die Möglichkeit zum Datenmissbrauch erhält, dass sie beispielsweise unter Verstoß gegen die geltenden Verfahrensregeln Informationen über das Kontrollverfahren an Dritte weitergeben oder gar ihre Anwesenheitsberechtigung zu Manipulationen der Proben nutzen kann. Die Reduzierung der Beteiligtenzahl trägt vor diesem Hintergrund zur Verminderung des Risikos von

296

Vgl. oben D.III.1.a)bb)(2).

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

355

Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Verfahrensverstöße und Ergebnismanipulationen bei.297 Neben der Anzahl der beteiligten Personen ist auch auf deren Eignung zur Teilnahme an der Dopingkontrolle zu achten. Die mangelnde Eignung der Beteiligten und hier insbesondere die mangelnde Eignung der Kontrollpersonen stellt keineswegs nur aus der Sicht der Verbände eine Gefahr für das Dopingkontrollverfahren dar, weil etwa nicht mit der gebotenen Sorgfalt gearbeitet wird oder ein „Vertrauensverhältnis“ zwischen Kontrolleur und Sportler entstehen kann.298 Möglicherweise weniger naheliegende, aber im Falle ihrer Realisierung viel schwerwiegendere Risiken birgt die Beteiligung ungeeigneter Personen und insbesondere der Einsatz ungeeigneten Kontrollpersonals für die Athleten. Abgesehen davon, dass unseriöse Beteiligte mit gutem Geld von den Paparazzi zur Offenbarung von Details über die Kontrollen der Superstars der Szene verführt werden können, lässt sich bei ungeeigneten persönlichen Konstellationen auch die Möglichkeit nicht ausschließen, dass Dopingkontrollen zum Nachteil der getesteten Sportler verfälscht werden. Zwar dürfte unter diesem Aspekt die Kontrolle eines Athleten anlässlich eines Wettkampfes im Land des schärfsten Konkurrenten durch einen von dort stammenden Dopingkontrolleur bei Analyse der Probe in einem dortigen Labor nur beim Vorliegen konkreter Manipulationshinweise angreifbar sein.299 Stellt man sich allerdings vor, dass ein enger Verwandter, der Ehegatte, ein Betreuer oder ein Freund eines Sportlers in amtlicher Funktion bei der Dopingkontrolle des Konkurrenten mitwirkt, entstehen durchaus Bedenken im Hinblick auf die geeignete Zusammensetzung der Kontrollcrew. Die derzeit aktuellen Bestimmungen treffen folgende Regelungen bezüglich des zur Anwesenheit bei der Probenahme berechtigten Personenkreises: Ziff. 1.3 Anh. 2 und Ziff. 1.1 Anh. 3 zum NADA-Code legen für die Durchführung von Trainingskontrollen und für die Durchführung von Wettkampfkontrollen fest, dass das Kontrollpersonal keinerlei Interessenkonflikte in Bezug auf das Resultat einer Probenahme haben und nicht minderjährig sein darf.

297

Vgl. auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 272. Entsprechende Vorwürfe wurden gegen German Control angedeutet, als der DSB Ende 1993 den Vertrag mit der TÜV-Rheinland-Tochter nicht mehr verlängerte, sondern stattdessen die Münchener PW GmbH mit der Durchführung der vom DSB initiierten Trainingskontrollen beauftragte, vgl. FAZ v. 23.12.93, S. 24. 299 Entsprechende Komplottvermutungen wurden von einigen IWF-Funktionären angestellt, nachdem der weißrussische Gewichtheber Alexander Kurlowitsch, zweimaliger Olympiasieger im Superschwergewicht und schärfster Konkurrent der deutschen Manfred Nerlinger und Ronnie Weller bei den bevorstehenden Europameisterschaften, nach der Probenahme anlässlich eines Wettkampfs in Deutschland durch einen deutschen Kontrolleur und Analyse der Probe im Kölner Dopinglabor positiv auf die Einnahme von Hormonen getestet worden war, vgl. FAZ v. 25.04.95, S. 34. 298

356

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Zur Gesamtzusammensetzung des Kontrollteams findet sich in den Anhängen 2 und 3 des NADA-Codes keine Regelung. In den diversen Bestimmungen der Anhänge ist vielmehr lediglich vom verantwortlichen Kontrolleur und dem Kontrollpersonal die Rede. Auch den Begriffsdefinitionen in Anhang 1 des NADACodes lässt sich die Zusammensetzung des Kontrollteams nicht entnehmen. Des Weiteren finden sich auch keine klaren Verhaltensanweisungen für die Beteiligten, durch die abschließend geregelt wird, wann und zu welchem Zweck welche Beteiligten mit dem Athleten, mit den Probeutensilien und der abgegebenen Probe sowie mit den gemäß Anh. 2 und 3 anzufertigenden Dokumentationen, Protokollen und Kontrollformularen (Ziff. 3.1, 3.2, 4.3, 4.5, 4.6, 4.7, 5.1 und 5.2 Anh. 2 des NADA-Codes, Ziff. 2, 2.3, 3.1, 3.2, 4.3, 4.5, 4.6, 4.7, 5.1, 5.2 Anh. 3 des NADA-Codes) in Berührung kommen. Den Regelungen zur Probenahme ist lediglich zu entnehmen, welche Maßnahmen Dopingkontrolleur bzw. Kontrollpersonal aktiv zu betreiben haben, wobei der verantwortliche Kontrolleur für die eigentliche Probenahme verantwortlich ist und das Kontrollpersonal erst bei der Verwahrung der genommenen Proben mitwirkt. Sodann legt Ziff. 4 Anh. 2 und Anh. 3 hinsichtlich der Eignung des Kontrolleurs fest, dass er bei Urinproben das gleiche Geschlecht wie der Athlet haben und bei Blutproben approbierter Arzt sein oder unter der Aufsicht eines approbierten Arztes zu Werke gehen muss. Dieser Regelungszustand ist wenig befriedigend. Hält man sich vor Augen, wie anfällig der Vorgang der Probenahme für Fehler, fahrlässige Persönlichkeitsrechtsverletzungen oder gar Manipulationen ist, die ihrerseits nicht nur die beruflichen und wirtschaftlichen Grundlagen, sondern eben auch das Persönlichkeitsrecht des Sportlers aufs Schwerste beschädigen können, erscheint eine dezidiertere Regelung der Verhaltensweisen bei der Probenahme als angemessen. Hierzu ist zunächst einmal das Kontrollteam genauer zu definieren, indem die Besetzung des Teams und die zu erledigenden Aufgaben personengenau bestimmt werden. Bei der Aufstellung des Teams ist die Anzahl der Teammitglieder in Befolgung des Grundsatzes der Datenvermeidung und -sparsamkeit und zur Vermeidung unnötiger Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsrechte der Athleten auf andere Weise als nur durch den unnötig großzügigen Umgang mit den Sportlerdaten möglichst gering zu halten. Sie darf den Personalbedarf nicht übersteigen, der in der Praxis durch den Betrieb der Kontrollstation hervorgerufen wird. Sodann ist zu regeln, ob und gegebenenfalls an welcher Stelle der Kontrollprozedur die Beteiligten mit dem Athleten selber, mit den Probeutensilien und hier insbesondere den Probegefäßen, mit der abgegebenen Probe und mit den anlässlich der Probenahme erstellten Dokumenten in Berührung kommen. Auch hier gilt wiederum der Grundsatz, dass jede überflüssige Berührung zu vermeiden ist. Schon die Beibringung und Bereitstellung der Probegefäße sollte durch den ver-

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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antwortlichen Kontrolleur erfolgen, um Fehler und Manipulationen in diesem Bereich auszuschließen. Ebenso sollte auch nur der verantwortliche Kontrolleur den Sportler überhaupt zu Gesicht bekommen, soweit nicht die Begegnung mit dem Kontrollpersonal aus besonderen Gründen unvermeidbar ist. Sämtliche Akte der Kontrollprozedur, bei denen die Person des Athleten identifizierbar ist, d. h. das gesamte Verfahren von der Benachrichtigung bis zur Codierung der Proben und der Versiegelung der Probengefäße und der angefertigten Dokumentationen sollte sich hiernach allein zwischen dem verantwortlichen Kontrolleur und dem Sportler abspielen, so dass das Kontrollpersonal die Identität des Probanden gar nicht mitbekommt. Zu diesem Zweck müssen nach Möglichkeit die Aufenthaltsorte des Kontrollpersonals während der Anwesenheit des Athleten von demjenigen Bereich räumlich getrennt sein, in dem der verantwortliche Kontrolleur die Abnahme und die Dokumentation durchführt. Nicht im Interesse des Persönlichkeitsschutzes der Sportler, aber zur Absicherung seiner körperlichen Unversehrtheit müsste schließlich die Regelung unter Ziff. 4 Anh. 2 und Anh. 3 dahingehend geändert werden, dass die Blutabnahme in jedem Fall nur von einem Arzt oder von hierfür speziell ausgebildetem Personal vorgenommen werden darf. Die aktuelle Fassung der Ziff. 4 und im Übrigen ebenso die aktuelle Fassung der Ziff. 1 Anh. 6 zum NADA-Code, der speziell das Prozedere bei Blutabnahmen betrifft, werden dem Schutzbedürfnis der Athleten nicht gerecht, da sie theoretisch ermöglichen, dass ein niemals zuvor mit Blutentnahmen befasstes Mitglied des Kontrollteams im Körper der Sportler „rumbohrt“ 300. bb) Keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Beteiligtenauswahl Einmal mehr handelt es sich bei den vorstehenden Änderungsvorschlägen allerdings lediglich um Verbesserungsvorschläge, so dass das bestehende Reglement nicht wegen des Fehlens der geforderten Detailregelungen als interessenwidrig und deshalb unwirksam anzusehen ist. Für die Interessenabwägung ist an dieser Stelle maßgeblich, dass die Anregungen darauf abzielen, den Persönlichkeitsschutz der Athleten über das bereits gewährleistete, ausreichende Niveau hinaus zu stärken. Die Verringerung der Gefährdung durch die angestrebte Optimierung gegenüber dem bereits erreichten Regelungszustand ist mit Blick auf den Umstand, dass diese Optimierung vor allem auf die Unterbindung von Missbräuchen und Fehlern abzielt, die – soweit bekannt – im Kontrollbetrieb keineswegs an der Tagesordnung sind, nicht als so erheblich anzusehen, dass es die 300 Der ehemalige Radprofi Udo Bölts, seinerzeit Bergspezialist im Team Deutsche Telekom, äußerte sich in einer Stellungnahme zur Durchführung von Bluttests dahingehend, dagegen sei im Grundsatz nichts einzuwenden, von einem „Dorfdoktor“ lasse er aber nicht „rumbohren“, vgl. FAZ v. 30.01.97, S. 32.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Waage zugunsten der Interessen gegen die aktuellen NADA-Regeln ausschlagen ließe. Hinzukommt, dass die angestrebten Verbesserungen zumindest teilweise auch ohne ausdrückliche Regelung im jeweiligen Einzelfall durch die Sportler herbeigeführt werden können. Soweit beispielsweise die Anwesenheit einer Person bei der Auswahl der codierten Probengefäße oder der schriftlichen Fixierung der Code-Nummer für die Probe nicht wirksam durch einschlägiges Verbandsrecht oder entsprechende Wettkampfregeln vorgesehen ist, kann der Athlet die Entfernung dieser Person (unter Verweis auf seine Persönlichkeitsrechte) verlangen. f) Das Prozedere der Urinabgabe aa) Berührungspunkte zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht Das Prozedere der Urinabgabe umfasst die Einzelakte Auswahl der Probengefäße, Urinabgabe und Verteilung des Urins auf die Probengefäße. Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Abgabeprozedur drohen nicht nur aus der Beeinträchtigung der Intimsphäre der Athleten. Vielmehr müssen auch diese Einzelschritte der Abgabe so geregelt sein, dass sie nicht zu Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigungen infolge einer unzumutbar fehlerträchtigen Verfahrensgestaltung führen. Bei der Urinabgabe anlässlich einer Dopingkontrolle steckt der Teufel zweifellos im Detail. In jedem einzelnen Schritt der Abnahmeprozedur können Manipulationen auf subtile Art und Weise vorgenommen werden. Zu denken wäre hier etwa an die Verseuchung von Probegefäßen durch das Kontrollpersonal, indem die Gefäße anlässlich ihrer Bereitstellung mit Dopingsubstanzen oder mit augenscheinlich nicht erkennbaren Mengen von Fremdstoffen kontaminiert werden. Zugunsten von Dopingsündern oder – falls der Verdacht einer Manipulation der Probe durch den Sportler entsteht – zum Nachteil für den ehrlichen Probanden können Substanzen in die Probe geschmuggelt werden, die wie etwa das Enzym Protease bei Hormondoping die Spuren des Gebrauchs von Dopingmitteln verwischen. Unabsichtliche Fehler hinsichtlich kleinster Details können entscheidende Wirkung entfalten, so etwa im Falle der Handhabung der Probengefäße mit durch Waschmittel oder Dopingmittel verunreinigten Händen. Aus diesem Grund ist zur Absicherung der Kontrollergebnisse im Interesse der Verbände, aber auch zur Ausschließung von Verfälschungen zulasten der Athleten eine genaue Regelung der einzelnen Schritte der Probenahme wünschenswert, die bei der Durchführung der Kontrolle strikt eingehalten werden muss. Im NADA-Code finden sich hinsichtlich der einzelnen Schritte der Urinabgabe folgende Vorgaben: Als allgemeine Handlungsanweisung für sämtliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Urinabgabe findet sich unter Ziff. 4 Anh. 2 und Anh. 3 zum

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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NADA-Code die Vorgabe, dass die Dopingkontrolle in einer Art und Weise durchzuführen ist, welche die Integrität, Sicherheit und Identität der Proben gewährleistet sowie die Privatsphäre und Würde des Athleten wahrt. Die ebenfalls in Ziff. 4 fixierte Regelung, derzufolge Dopingkontrollen nur von gleichgeschlechtlichen Kontrolleuren abgenommen werden dürfen, zielt auf eine Entschärfung des Eingriffs in die Intimsphäre der Sportler ab, der weiter oben bereits Gegenstand der Betrachtung war. Gemäß Ziff. 4.1 Anh. 2 und Anh. 3 dürfen nur von der NADA freigegebene Ausrüstungen und Materialien, darunter insbesondere die Probensets von VersaPak und Bereg-Kits, für die Kontrolle verwendet werden. Hinsichtlich der Einzelakte der Urinabgabe verweist Ziff. 4.4 sodann auf die Anhänge 4 bis 7 des NADA-Codes. Anhang 4, der Maßnahmen vorgibt, die im Falle eines möglichen Fehlverhaltens eines Athleten zu treffen sind, enthält keine zusätzlichen Regelungen betreffend den eigentlichen Vorgang der Urinabgabe. Gleiches gilt für Anhang 5, der Abweichungen vom sonst geltenden Reglement zulässt oder auch zusätzliche Maßnahmen vorsieht, soweit diese mit Rücksicht auf eine Behinderung des Probanden geboten sind. Da sich auch Anhang 6 der Behandlung einer Sondermaterie, nämlich der Abnahme von Blutproben widmet, enthält nur Anhang 7 weitere Festlegungen für den Normalfall der Urinprobe. Die Vorgaben des Anhangs 7 setzen ein bei der Auswahl des „Ausrüstungsgegenstands für die Probenabgabe“, die gemäß Ziff. 2 S. 1, Ziff. 3 Anh. 7 dem Athleten zu überlassen ist. Die Regelung ist insoweit unter dem Aspekt ihrer Bestimmtheit nicht optimal gefasst, als weder im Rahmen der Begriffsdefinitionen in Anhang 1 noch an irgendeiner Stelle der weiteren Anhänge und insbesondere des Anhangs 7 erläutert wird, was genau unter dem „Ausrüstungsgegenstand für die Probenabgabe“ zu verstehen ist. Es bleibt somit zunächst offen, ob der Athlet gemäß Ziff. 2 S. 1 ein komplettes Probenset oder nur ein für die eigentliche Urinabgabe zu verwendendes Gefäß auszuwählen hat. Der Zeitpunkt, auf den die Regelung der Ziff. 2 S. 1 abzielt, spricht dafür, dass an dieser Stelle lediglich ein Gefäß für die Erstaufnahme des Urins gewählt werden soll. Indem unmittelbar danach in Ziff. 3 die Rede davon ist, dass der Athlet nun ein „Gefäß für die Aufnahme der Probe“ zu wählen hat, wird dann aber der gegenteilige Eindruck geweckt, dass nämlich nach Ziff. 2 S. 1 bereits das Probeset auszuwählen ist. In diese Richtung deutet auch Ziff. 4, indem sie offenkundig an Ziff. 3 anknüpft und hierbei von einem „Gefäß für die Aufnahme der Urinprobe oder einem anderen Gegenstand für die direkte Abgabe der Urinprobe“ spricht. Ebenso legt Ziff. 10 Anh. 7 den Schluss nahe, dass Ziff. 2 S. 1 das Probeset und Ziff. 3 ein gesondertes Gefäß meint, in das der Urin zunächst, d.h. vor der Verteilung auf A- und B-Flasche abgegeben wird. Der Umstand, dass der Athlet wohl tatsächlich mit drei Gefäßen – einem für die Aufnahme des Urins bei der Abgabe, einem für die A-Probe und einem für die B-Probe – zu agieren hat, muss auf diese Weise erst durch Auslegung des gesamten Anhangs festgestellt werden.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Handelt es sich hiernach bei dem in Ziff. 2 S. 1 angesprochenen „Ausrüstungsgegenstand“ um ein Probenset, wäre des Weiteren einen Schritt früher eine Vorgabe dazu wünschenswert, inwieweit den Sportlern eine Anzahl mehrerer dieser Probesets zur Auswahl vorzulegen ist. Die Regelung in ihrer jetzigen Fassung ermöglicht es dem Kontrollpersonal, dem Athleten lediglich zwei Sets zur Auswahl vorzulegen, während die Gefahr von Manipulationen besser durch die Vorlage einer größeren Palette von Sets eingedämmt würde. Sodann wird aus den Ziff. 3 und 4 des Anhangs nicht klar, welche Gefäße überhaupt als Gefäße für die Aufnahme des Urins bei der Probenabgabe zulässig sein sollen. Für die Unklarheit sorgt Ziff. 4 S. 1 Anh. 7, wo davon die Rede ist, dass der Athlet „ein Gefäß für die Aufnahme der Urinprobe oder einen anderen Gegenstand für die direkte Abgabe der Urinprobe“ zu wählen hat. Die Alternative „anderer Gegenstand“ bezieht sich möglicherweise auf die Regelungen über besondere Ausrüstungsgegenstände unter Ziff. 2.2 und 2.6 Anh. 5 bei der Kontrolle behinderter Athleten, ohne dass dieser Bezug allerdings zweifelsfrei ersichtlich ist. Auch hinsichtlich der Gefäße oder anderen Gegenstände für die Aufnahme des Urins bei der Abgabe finden sich keine Vorgaben bezüglich der Anzahl der zur Auswahl bereitzustellenden Exemplare. Hat der Athlet gemäß Ziff. 3 und 4 Anh. 7 das Gefäß oder den Gegenstand für die Urinabgabe gewählt, erhält er Gelegenheit, diesen auf seine Ordnungsgemäßheit zu überprüfen und gegebenenfalls abzulehnen (Ziff. 4 S. 1 u. 2 Anh. 7). Ziff. 5 Anh. 7 dürfte dahingehend zu verstehen sein, dass bis zur Versiegelung der Probe einzig und allein der Athlet Zugriff auf das Probengefäß haben soll. Nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist es wiederum, wenn in Ziff. 5 von einer Versiegelung des Probengefäßes die Rede ist, wird doch aus der Regelung nicht ersichtlich, wieso das Probengefäß überhaupt versiegelt werden soll, wenn der Urin sowieso noch auf die A- und B-Flasche zu verteilen ist. Wiederum kann nur aus den weiteren Bestimmungen und hier insbesondere aus den Ziff. 6 und 10 Anh. 7 geschlossen werden, dass hier der Fall der Urinabgabe in unzureichender Menge behandelt und die Aufbewahrung im Probengefäß bis zur Ergänzung durch eine weitere Urinabgabe geregelt werden soll. Die Verteilung des Urins aus dem Probengefäß auf die A- und B-Flasche, für die sich der Athlet wohl im Rahmen der Wahl nach Ziff. 2 S. 1 entschieden hat, ist sodann gem. Ziff. 10 Anh. 7 wiederum durch den Athleten selbst vorzunehmen. Ebenfalls auf den ersten Blick nur schwer verständlich erscheinen schließlich die Regeln der Ziff. 12 bis 21 Anh. 7, die offensichtlich für den Fall konzipiert sind, dass die Verteilung des zunächst – eventuell bereits in mehreren Etappen – abgegebenen Urins auf die A- und B-Flasche zum Ergebnis hat, dass die bislang gelieferte Menge nicht zur ausreichenden Befüllung der A- und B-Flasche ausreicht. Wiederum erst nach dem intensiven Abgleich von Ziff. 12 S. 2 Anh. 7 mit

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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den weiteren Bestimmungen des Anh. 7 bezüglich der zu verwendenden Probensets ergibt sich, dass die Verpflichtung des Athleten, „Gefäße für die Aufnahme des Urins – bestehend aus A- und B-Flasche – zu wählen“, darauf gerichtet ist, dass der Athlet ergänzend zu der nach Ziff. 2 S. 1 durchgeführten Auswahl eines Probensets nochmals ein weiteres Probenset zur Zwischenlagerung der unzureichenden Urinmengen auszuwählen hat. Nach der Verifizierung der Code-Nummern dieses weiteren Probesets gemäß Ziff. 13 Anh. 7 hat der Athlet selbst die bereits abgegebene Urinprobe in „das entsprechende Gefäß“ zu füllen und dieses zu versiegeln (Ziff. 14 Anh. 7), wobei offenbleibt, ob und wie der bereits abgegebene Urin auf die A- und B-Flasche des neuen Probensets aufzuteilen ist. Ziff. 15 S. 2 Anh. 7 gibt vor, dass das Gefäß nachfolgend entweder vom Kontrolleur oder vom Athleten aufzubewahren ist. Wiederum der Athlet selbst hat die nach den Bestimmungen Ziff. 2 bis 11 Anh. 7 abgegebene(n) ergänzende(n) Probe(n) mit der im zweiten Probenset zwischengelagerten Probe zu vermischen (Ziff. 18 Anh. 7). Auch die Versiegelung der Flaschen hat schließlich durch den Athleten zu geschehen (Ziff. 22 Anh. 7). bb) Keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Regelungen zur Urinabgabe Mögen die dargestellten Unklarheiten sich auch lediglich aus der Schwierigkeit der Übertragung der englischsprachigen Originalfassung der Regelungen in die deutsche Sprache ergeben, führen sie nur deshalb nicht zur Unwirksamkeit der entsprechenden Bestimmungen, da aus den Unklarheiten einmal mehr keine so großen Gefahren für die Ergebnissicherheit der Urinkontrolle erwachsen, dass ein überwiegendes Interesse der Sportler an der Unterlassung von Probenahmen nach diesen Regeln gegeben wäre. Das deutsche allgemeine Persönlichkeitsrecht verlangt hinreichend bestimmte und in ihren eindeutigen Rechtsfolgen geeignete und erforderliche Regeln für die Durchführung von Persönlichkeitsrechtseingriffen. Bestehen Zweifel an der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Regelungen, weil ihr Regelungsgehalt nicht mit hinreichender Bestimmtheit zu ermitteln ist, und begründet die unzureichende Bestimmtheit bei Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht mehr zumutbare Gefahren für die Persönlichkeitsrechte der Athleten, hat dies den Verlust des überwiegenden Interesses an der Durchführung dieser Regelungen zur Konsequenz, ohne dass es auf die Ursache der mangelnden Bestimmtheit ankommt. Über den Vorschlag zur bestimmteren bzw. besser verständlichen Fassung der Regeln in Anhang 7 des NADA-Codes hinaus erscheinen noch weitere Verbesserungsvorschläge sinnvoll: Was die Probensets betrifft, wurde bereits angemerkt, dass eine Regelung wünschenswert wäre, die – jedenfalls soweit dies nicht aufgrund besonderer Um-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

stände unmöglich ist – die Vorlage einer Mindestanzahl von Sets zur Auswahl anordnet. Nicht als übertrieben anzusehen wäre wohl auch die Vorgabe, dass diese Sets originalverpackt zur Verwendung angeboten werden müssen. Was die Art der Originalverpackung betrifft, wäre die Anordnung einer Vakuum- oder einer Überdruckverpackung von Vorteil, da hier auch Durchstiche mit Spritzennadeln und ähnliche Verletzungen der Unberührtheit der Probengefäße auffallen würden. Vergleichbare Regelungen sollten darüber hinaus auch hinsichtlich des Probengefäßes getroffen werden, das der Sportler als Behältnis für den Urin verwendet, bis dieser auf die A- und B-Flasche verteilt wird. Ohnehin wäre insoweit zu überlegen, ob nicht entweder der A- oder der B-Probenbehälter bereits zur Erstaufnahme des Urins verwendet und die benötigte Menge an Urin in den verbleibenden Behälter umgefüllt werden sollte. Abgesehen von der Reduzierung des Aufwands hätte dies aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht den Vorteil, dass die Anzahl derjenigen Gefäße verringert würde, die mit der Körperflüssigkeit des Athleten in Berührung kommen und aus diesem Grund zu Informationsträgern für die darin enthaltenen Daten zu seiner Person werden. Nachteilige Konsequenz wäre allerdings eine Erhöhung der Gefahr, dass Verunreinigungen oder sonstige Störungen im Zusammenhang mit dem Erstaufnahmebehälter beide Proben beeinträchtigen würden. Weniger im persönlichkeitsrechtlichen Interesse des Sportlers als mehr im Interesse der Verbände an der Vermeidung von Manipulationen sollte die Phase zwischen der Erstabgabe einer zu geringen Menge in das Probengefäß und dem „Nachschuss“ durch den Athleten so geregelt werden, dass nicht der Athlet das Gefäß durchgehend in seiner Kontrolle behält, sondern die Probe an neutraler, sowohl vom Sportler als auch vom Kontrolleur zu beobachtender Stelle vorübergehend abgestellt wird. Zur fehlerresistenten Ausgestaltung des Abgabeverfahrens gehört an dieser Stelle etwa auch, dass Getränke, die den Sportlern zur Förderung der Urinabgabefähigkeit angeboten werden, in Originalbehältnissen zur Verfügung gestellt werden sollen.301 Hinsichtlich der vorstehenden Verbesserungsvorschläge gilt ebenso wie hinsichtlich der Bestimmtheitsmängel, dass die aufgezeigten Verbesserungsmöglichkeiten nicht zur Persönlichkeitsrechtswidrigkeit der Bestimmungen in ihrer aktuellen Form führen. Sie streben durchweg lediglich Optimierungen sozusagen im Fein-Tuning der Abgabeprozedur an, so dass ihre fehlende Umsetzung im geltenden Recht kein überwiegendes Interesse der Athleten an der Nichtanwendung der bestehenden Regeln auslöst.

301

Vgl. auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 272.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Zur Vermeidung überflüssiger Streitigkeiten sollte allerdings auch in diesem Bereich, in dem es um Verfahrensbestimmungen geht, deren Verletzungen im Regelfall nicht die Unverwertbarkeit der Dopingprobe zur Konsequenz hat, vorschriftsgemäß gearbeitet werden. Das Streitpotential entsprechender Fehler hat der im Jahr 1998 öffentlich gewordene Doping-Fall der Marathonläuferin Uta Pippig aufgezeigt: Von der dreimaligen Gewinnerin des Boston-Marathons wurde gegen die Rechtmäßigkeit des Dopingverfahrens eingewendet, es läge deshalb ein relevanter Verfahrensfehler vor, da bei der Verpackung der Urin-Probe die Behälter für die A- und B-Probe vertauscht worden waren.302 Gegen diese Sichtweise konnte sich der Internationale Leichtathletikverband schließlich mit der Argumentation durchsetzen, durch die Vertauschung der Probe-Flaschen sei die Richtigkeitsgewähr des Analyseergebnisses in keiner Hinsicht beeinträchtigt worden. Die Angriffe gegen die auf die Probe gestützte Dopingsanktion wurden schließlich von der Athletin eingestellt.303 g) Übergang des Eigentums an den Proben auf die NADA Art. 8.1 und 17.1 NADA-Code sehen vor, dass die Körpergewebe- bzw. Körperflüssigkeitsproben, die im Auftrag der NADA genommen worden sind, Eigentum der NADA sein sollen. Ihrem Wortlaut nach können die Art. 8.1, 17.1 NADA-Code nur so verstanden werden, dass mit der Abgabe der Probe oder spätestens mit ihrer Übernahme durch den Dopingkontrolleur das zivilrechtliche Eigentum (§§ 903 ff. BGB) daran auf die NADA übergehen soll. Die Wirksamkeit der Regelung vorausgesetzt, eröffnet der Eigentumsübergang die Möglichkeit, dass sich die NADA zur Rechtfertigung von Verwendungen der abgegebenen Proben, für die keine Einwilligung der Athleten und auch sonst kein Gestattungstatbestand vorliegt, wie etwa im einschlägigen Doping-Reglement nicht vorgesehene Analysen, auf ihr Eigentumsrecht an den Proben berufen könnte. aa) Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht Die Regelungen der Art. 8.1, 17.1 NADA-Code greifen nicht nur in die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Selbstbestimmung über vom Körper getrennte Körperteile und Körpersubstanzen ein, sondern darüber hinaus auch in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten.

302

FAZ v. 19.10.98, S. 44. Anfang August 2000 stimmte Uta Pippig einem Vergleich vor dem DSB-Schiedsgericht zu, wonach die Dopingsanktion unberührt bleiben und die Angelegenheit ohne Schadensersatzzahlungen von Verbandsseite bei Kostenaufhebung erledigt sein sollte, vgl. FAZ v. 07.08.00, S. 40. 303

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Wie bereits im Rahmen der Überlegungen zur Prozedur der Urinabnahme ausgeführt, ist vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch die Selbstbestimmung über den eigenen Körper, über die Organe und das menschliche Keimgut, die Stimme und die Psyche sowie über die „Produkte“ des eigenen Körpers, etwa über die Körpersubstanzen, geschützt.304 Von der persönlichkeitsrechtlichen Behandlung zu trennen, aber keineswegs ohne Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht der Sportler ist die eigentumsrechtliche Einordnung der Körpersubstanzen. Solange sich Körperteile und Körpersubstanzen ungetrennt am Körper befinden, sind sie nicht eigentumsfähig;305 der Mensch ist allerdings in Bezug auf seinen Körper wie ein Eigentümer herrschaftsberechtigt.306 Werden Körperteile wie Haare, gespendetes Blut oder Sperma, zur Transplantation entnommene Organe oder andere Teile des Organismus vom Körper getrennt, ohne weiterhin dem Erhalt der Körperfunktionen zu dienen oder zur späteren Wiedereingliederung bestimmt zu sein, werden sie bewegliche Sachen.307 Die bis dahin eigentümerähnliche Herrschaftsgewalt des Menschen wandelt sich in entsprechender Anwendung des § 953 BGB in Eigentum um. An dem Urin, den der Athlet bei der Dopingkontrolle zur Aufbewahrung abgibt, erlangt er hiernach unter normalen Umständen selber Eigentum. Diese Eigentümerposition ergänzt sich mit der persönlichkeitsrechtlichen Befugnis zur Selbstbestimmung über getrennte Körperteile zu einem umfassenden Schutz der Verfügungsbefugnis auch über die abgegebenen Körpersubstanzen.308 Demgegenüber kommt es durch den in den Art. 8.1, 17.1 NADA-Code vorgesehenen Eigentumsübergang zwingend zum Konflikt zwischen dem persönlichkeitsrechtlichen Selbstbestimmungsrecht des Sportlers am Urin und dem Eigentumsrecht daran. Während sich der Athlet ohne den Eigentumswechsel in der Situation befindet, dass die NADA wie im Falle eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt nur in demjenigen Umfang mit den abgegebenen Proben verfahren darf, den der Athlet ausdrücklich durch seine Einwilligung bestätigt hat, kann die NADA als Eigentümerin gemäß § 903 BGB nach dem Prinzip der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt im Grundsatz frei über die Proben verfügen. Auch soweit das 304 R. Müller, Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen (1997), S. 28 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.6.c); M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.III., S. 222, und 3.B.VIII.2. und 3. 305 R. Müller, Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen (1997), S. 34; H. Forkel, JZ 1974, 593, 594; offengelassen von J. Taupitz, JZ 1992, 1089, 1091, mit der Begründung, ein eventuelles Eigentumsrecht trete jedenfalls hinter dem Persönlichkeitsrecht zurück und spiele daher keine Rolle. 306 Palandt/J. Ellenberger, § 90 Rn. 3. 307 BGHZ 124, 52, 54. 308 Für ein Nebeneinander von Eigentum und allgemeinem Persönlichkeitsrecht an abgetrennten Körperteilen auch bereits R. Müller, Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen (1997), S. 49 ff.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Persönlichkeitsrecht des Sportlers als Recht eines Dritten gem. § 903 S. 1 BGB Grenzen zieht,309 sieht sich der Athlet jedenfalls der Situation ausgesetzt, dass die Sportvereinigungen im Zuge der Interessenabwägung seinen persönlichkeitsrechtlichen Interessen nunmehr zusätzlich ihr von Art. 14 I GG geschütztes Eigentumsrecht entgegenhalten können. Der umfassende Schutz der Selbstbestimmung des Sportlers wird somit durch den Eigentumsübergang auf die NADA nicht nur seiner eigentumsrechtlichen Komponente beraubt, sondern es wird darüber hinaus auch der Schutz des Athleten durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht dadurch eingeschränkt, dass die Erlangung der Eigentümerposition der NADA die Möglichkeit eröffnet, sich im Konfliktfall zur Rechtfertigung von Maßnahmen auf den Schutz des Art. 14 I GG zu berufen. bb) Persönlichkeitsrechtsverletzung Voraussetzung für die Wirksamkeit der Art. 8.1, 17.1 NADA-Code als verbandsrechtliche Regelung wie auch für die Freiwilligkeit der Einwilligung der Sportler in die Einschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist das Bestehen eines überwiegenden Interesses der Sportvereinigungen an der Begründung des Eigentums zugunsten der NADA.310 Die Annahme eines solchen überwiegenden Interesses setzt voraus, dass die Rechtsverhältnisse an den Proben durch die Eigentumsregelung hinreichend bestimmt gestaltet sind und dass die aus dem Eigentumsübergang resultierenden Wirkungen zur Dopingbekämpfung geeignet und erforderlich sind. Die Geeignetheit der Eigentumsverschaffung als Maßnahme zur Dopingbekämpfung kann damit begründet werden, dass hierdurch der die Dopingkontrolle durchführende Verband eine Absicherung dagegen erlangt, dass sich die Athleten unter Berufung auf ihr Eigentum an den abgegebenen Körpersubstanzen erfolgreich gegen notwendige Dopingkontrollmaßnahmen zur Wehr setzen. Hieran ändert auch der augenfällige Umstand nichts, dass nicht der für den kontrollierten Athleten zuständige Verband, sondern die NADA als lediglich mit der Organisation und der Durchführung der Kontrollen beauftragte Hilfseinrichtung Eigentümerin der Proben werden soll. Für die Vereitelung der Berufung der Sportler auf ihr Eigentumsrecht ist allein entscheidend, dass sie ihr Eigentum an den Proben verlieren, während es insoweit keine Rolle spielt, ob der kontrollierende Verband oder eine Hilfsorganisation des Verbandes neuer Eigentümer wird. Demgegenüber bestehen an der Erforderlichkeit des im NADA-Code geregelten Eigentumsübergangs in verschiedener Hinsicht Zweifel: 309 R. Müller, Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen (1997), S. 227, weist zutreffend darauf hin, dass trotz des Eigentumsübergangs jede abredewidrige Verwendung eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bedeutet. 310 Vgl. oben C.III.2.b)bb) u. B.I.2.b)cc)(2).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Zum einen ist schon nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Übergang des Eigentums auf die NADA anstatt auf den für den Sportler zuständigen Verband erforderlich sein sollte. Zum Ausschluss eigentumsrechtlicher Einwendungen der Sportler gegen die weitere Behandlung ihrer Urinproben wäre – wie soeben bereits festgestellt – die Übertragung des Eigentums auf die Sportverbände gleichermaßen ausreichend. Für eine Stärkung der Rechtsposition der NADA gegenüber den Sportvereinigungen, wie sie durch den Übergang des Eigentums auf die NADA anstatt auf den zuständigen Sportverband bewirkt wird, ist kein Bedürfnis erkennbar. Die Konstellation zwischen den Beteiligten ist dadurch geprägt, dass das Interesse an der Durchführung der Dopingkontrollen aufseiten der Verbände liegt und die Verbände aufgrund der Durchsetzung der Kontrollrechte über verbandsrechtliche Regelungen oder entsprechende Bestimmungen in den vertraglichen Vereinbarungen mit den Athleten als die eigentlichen Kontrollberechtigten anzusehen sind. Dieser Interessenlage entspräche vielmehr eine Eigentumsregelung des Inhalts, dass die Verbände Eigentümer der abgegebenen Proben werden. Demgegenüber bedeutet der Eigentumsübergang auf die NADA eine Schwächung der Rechtsposition der Sportler, wenn es darum geht, Maßnahmen hinsichtlich der abgegebenen Proben zu verhindern, die ihre auch nach der Probenahme weiterbestehenden Rechte bezüglich der Proben verletzen. Während sich die Befugnisse der Verbände im Zusammenhang mit der weiteren Probenbehandlung für die Sportler noch verhältnismäßig einfach anhand der Verbandsregelwerke und der vertraglichen Vereinbarungen ermitteln lassen, die zur Grundlage der Rechtsbeziehung zwischen Verband und Sportler gemacht worden sind, stehen die Athleten in der diesbezüglichen Auseinandersetzung mit der NADA vor dem Problem, die Rechte und Befugnisse der NADA unter Berücksichtigung des Eigentumsübergangs und der zwischen NADA und zuständigem Verband getroffenen Vereinbarungen über die Durchführung von Dopingkontrollen ermitteln zu müssen. Weil aus diesem Grund zur Durchsetzung von Ansprüchen unmittelbar gegen die NADA eine Vielzahl zusätzlicher Informationen in Erfahrung gebracht werden muss, die für die Athleten möglicherweise nicht ohne weiteres verfügbar sind, erweist sich der Eigentumsübergang auf die NADA anstatt auf den Verband für die rechtliche Situation der Sportler als nachteilig. Begründen die Athleten Ansprüche unmittelbar gegen die NADA allein unter Verweis auf die zwischen ihnen und dem zuständigen Verband geltenden Regeln, ist der NADA die Möglichkeit eröffnet, unter Verweis auf ihr Eigentum an den Proben und den Inhalt der Beauftragung des zuständigen Verbands über diese Regeln hinausgehende Verwendungsbefugnisse geltend zu machen. Gehen die Sportler im Falle einer rechtswidrigen Probenverwendung gegen den zuständigen Verband vor, ermöglicht der Eigentumsübergang auf die NADA einen weiteren Verlauf der Auseinandersetzung, in dem die Ansprüche der Athleten zwar vom zuständigen Verband anerkannt werden, die NADA jedoch unter Verweis auf ihr Eigentum an den Proben an der rechtsverletzenden Verwendung der Proben festhält. Mag auch

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Vieles dafür sprechen, dass diese nachteiligen Wirkungen des Eigentumsübergangs eher theoretischer Natur sind, führt doch allein der Umstand, dass der Eigentumswechsel sie ermöglicht, zu dessen Bewertung als unverhältnismäßige Maßnahme. Die Erforderlichkeit des Eigentumsübergangs als solchem wäre zum anderen nur dann gegeben, wenn die Verschaffung von Eigentum an den Proben ungeachtet der Frage, ob der zuständige Verband oder die NADA Eigentümer wird, zur effektiven Dopingbekämpfung notwendig und außerdem mildestes Mittel zur Erreichung der damit erstrebten Vorteile wäre. Zur Feststellung der Erforderlichkeit der Eigentumserlangung müsste den Sportvereinigungen eine Verbesserung der Möglichkeiten der Dopingbekämpfung aus der Eigentümerposition erwachsen, andernfalls der bloße Besitzübergang als milderes Mittel anzusehen wäre. Es ist jedoch nicht erkennbar, welche Vorteile mit dem Eigentumsübergang verbunden sein sollten. Geht man der Frage nach, an welchen Stellen das Eigentum den Sportvereinigungen zum Vorteil gereicht, ist im ersten Schritt zu klären, inwieweit sich die Befugnisse der Verbände durch den Eigentumsübergang im Vergleich zur Rechtslage ohne den Eigentumswechsel überhaupt ändern. Schon die Klärung dieser Vorfrage erweist sich jedoch aus folgendem Grund als schwierig: Auch ohne die Regelung des Eigentumsübergangs lassen sich die Befugnisse der Sportvereinigungen bezüglich des Umgangs mit den Proben der Sportler im Wege der Gewichtung und Abwägung der beiderseits tangierten Rechtspositionen sehr genau bestimmen. Die Notwendigkeit der Rechtfertigung über eine Einwilligung, deren Wirksamkeit wiederum von der weitestgehend objektiven Gewichtung der Interessen an der Durchführung bzw. an der Unterlassung jeder einzelnen Maßnahme abhängt, führt in der Mehrzahl der Fälle zu juristisch eindeutigen Ergebnissen, was die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der jeweiligen Maßnahme betrifft. Wenn überhaupt, bleiben nach der Maßnahmenprüfung mittels Abwägung der gegenläufigen Interessen nur ausnahmsweise Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit einer Dopingkontrollbestimmung zurück, die auf die Ausgewogenheit der Belange zurückzuführen sind, die für und wider die Maßnahme sprechen. Wie weiter oben bereits ausgeführt, handelt es sich bei den für die Abwägung im Vordergrund stehenden Interessen um das beiderseitige Interesse an der freien Entfaltung nach den eigenen Vorstellungen, das in der Person der Athleten vor allem durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Berufsfreiheit und in der Person der Verbände durch die Vereinsautonomie und ebenfalls das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt wird, sowie um das Interesse der Sportler an der Unversehrtheit ihrer engsten Persönlichkeitssphären, das gleichfalls persönlichkeitsrechtlichen Schutz genießt. Neben diesen ideellen und existentiellen Interessen der Athleten und Verbände vermag das bloße materielle Interesse, das zugunsten des Eigentümers der Proben durch Art. 14 I GG geschützt wird, keine nennens-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

werte Bedeutung mehr für die Interessenabwägung und somit für die Befugnisse hinsichtlich der Proben zu entfalten.311 Ergibt sich hiernach eine klare Befugnissituation anhand einer Interessenabwägung, für die das Eigentum an den Proben keine Rolle spielt, ist die Regelung eines Eigentumsübergangs in den Anti-Doping-Bestimmungen nicht nur nicht notwendig, sondern hinsichtlich einer eindeutigen Abgrenzung der Rechte und Pflichten im Umgang mit den Proben kontraproduktiv. Lässt sich ohne die Regelung des Eigentumsübergangs ein eindeutiges Abwägungsergebnis ermitteln, das die Eigentumsinteressen an den Proben insofern erschöpfend berücksichtigt, als das eigentumsrechtliche Interesse zusammen mit dem persönlichkeitsrechtlichen Interesse in der Hand des Sportlers vereint ist und als neben dem persönlichkeitsrechtlichen Interesse nicht gesondert hervortretender Belang von der Abwägung miterfasst wird, wirft der Eigentumsübergang auf die NADA oder den zuständigen Verband die Frage auf, welche Bedeutung dem Eigentumsrecht nach dem Übergang als Abwägungsbelang gegenüber den persönlichkeitsrechtlichen Interessen der Sportler zukommen soll. Da die Antwort auf diese Frage einerseits wegen der untergeordneten Bedeutung des Eigentumsrechts gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Athleten nur die sein kann, dass das Eigentumsrecht überhaupt keine Bedeutung als Abwägungsbelang zugunsten der Verbände entfaltet, dieses Verständnis jedoch wiederum die Frage aufwirft, weshalb dann überhaupt ein Eigentumsübergang in dem Art. 8.1, 17.1 NADA-Code vorgesehen ist, bleibt eine Ungewissheit hinsichtlich der Rechtswirkung des Eigentumsübergangs zurück, die der Regelung die notwendige Bestimmtheit nimmt. Die Frage nach der Erforderlichkeit der Art. 8.1 und 17.1 NADA-Code kann hiernach schon mangels hinreichender Bestimmtheit der Regelung nicht beantwortet werden. Auch wenn hinsichtlich der Wirkungen des in den Art. 8.1 und 17.1 NADACode geregelten Eigentumsübergangs keine Zweifel bestünden, wäre zudem nicht erkennbar, inwiefern er zur Optimierung der Dopingbekämpfung der Verbände notwendig sein sollte. Soweit Maßnahmen hinsichtlich der Proben wirksam in den verbands- oder auch vertragsrechtliche Beziehung zwischen Verband und Sportler vorgesehen und darüber hinaus auch erforderlich und bei Abwägung der weiter oben aufgeführten beiderseitigen Interessen angemessen sind, stehen sie den Verbänden unabhängig von der Eigentümerposition hinsichtlich der Proben offen. Im Rahmen der Interessenabwägung kann das Eigentumsrecht nicht den Ausschlag für ein Überwiegen der Verbandsinteressen an einer Regelung geben, die andernfalls wegen unangemessener Beeinträchtigung der persönlich-

311 So im Ergebnis auch U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 54 f., wenn sie die Sportverbände auch als Eigentümer der Proben nur zur Verwendung im Rahmen des persönlichkeitsrechtlich Zulässigen berechtigt ansehen.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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keitsrechtlichen Interessen der Athleten unwirksam wäre. Könnte es nämlich infolge der Übertragung des Eigentums auf die Verbände zu einem solchen Abwägungsergebnis kommen, wäre bereits die Regelung des Eigentumsübergangs selber wegen unangemessener Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Sportler unwirksam.312 Der durch die Eigentümerposition angestrebte Vorteil kann hiernach nur auf solche Situationen abzielen, in denen eine beabsichtigte Maßnahme entweder nicht im Verbandsrecht bzw. in den Vereinbarungen mit dem Athleten verankert ist oder in denen eine in der Rechtsbeziehung zwischen Verbänden und Sportler fixierte Maßnahme nicht erforderlich oder interessengerecht ist. Ist jedoch eine Maßnahme nicht in den zwischen Verein und Athlet geltenden Bestimmungen vorgesehen, kann ein mit ihr einhergehender Persönlichkeitsrechtseingriff auch nicht durch den Verweis auf den generalklauselartig geregelten Eigentumsübergang gerechtfertigt werden. Da die Zustimmung zu Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigungen von einem überwiegenden Interesse an der beeinträchtigenden Maßnahme abhängt, für dessen Feststellung die Geeignetheit, die Erforderlichkeit und die Bestimmtheit der Eingriffsregelung erforderlich sind, kann sie nicht wirksam über Generalklauseln eingeholt werden, aus denen Einzelheiten zu Art und Umfang des Eingriffs auch nicht annähernd ersichtlich sind, wie dies im Falle der Eigentumsübergangsregelung der Fall ist. Ist die Maßnahme nicht erforderlich oder interessengerecht, kann sie durch die Übertragung der Eigentümerrechte auf die Verbände genausowenig gerechtfertigt werden wie durch eine konkrete Eingriffsregelung. Die in den Bestimmungen über die Abgabe von Urinproben festgelegte Verpflichtung der Sportler zur Überantwortung der abgegebenen Proben in die Hände des Verbandes muss sich daher ihrem rechtlichen Gehalt nach auf die Übertragung einer zweckgebundenen und gemäß den Vorgaben des einschlägigen Verbandsrechts auszuübenden Verwendungsbefugnis beschränken. Nach zutreffender Auffassung ist eine Verbandsregelung, die die Athleten zur Übereignung der abgegebenen Probe an den Verband oder von ihm eingeschaltete Stellen verpflichtet, als unverhältnismäßig anzusehen und daher im Rahmen der Inhaltskontrolle der Verbandsbestimmungen für unwirksam zu erklären; die Unverhältnismäßigkeit rührt aus dem Umstand her, dass die mit der Übereignung verbundene Übertragung der umfassenden Herrschaftsmacht i. S. v. § 903 BGB die Gefahr zweckfremder Verwendungen auslösen würde, die nicht mit dem einzig rechtfer-

312 R. Müller, Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen (1997), S. 102 ff., macht die Zulässigkeit der Veräußerung von Körpersubstanzen im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen ebenfalls von der Abwägung der beiderseitigen Interessen abhängig, wenn er die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts nach den §§ 134, 138 BGB prüft und die Sittenwidrigkeit des Überlassungsgeschäfts zutreffend unter Berücksichtigung der Gesamtumstände beurteilt.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

tigenden Zweck der Prozedur, der Ermöglichung von Dopingüberprüfungen, in Zusammenhang stünden.313 h) Sicherung und Versendung der Proben An die Abgabe der Urinprobe schließen sich als nächste Schritte des Dopingkontrollverfahrens die Verpackung der Proben und ihr Transport vom Ort der Probenahme zum für die Analyse zuständigen Dopinglabor an. Verfahrensrügen, die Fehler bei der Behandlung der Proben im Zuge der Abnahmeprozedur oder auch im Rahmen der Aufbewahrung und des Weitertransports und hierdurch eröffnete Manipulationsmöglichkeiten geltend machen, stellen einen sehr beliebten Ansatzpunkt für Angriffe gegen die Rechtmäßigkeit des Dopingkontrollverfahrens und die Zuverlässigkeit der Kontrollergebnisse dar. Umso größeres Erstaunen lösen Pressemeldungen aus, in denen von einem nicht regelgerechten oder auch nur unzweckmäßigen Umgang mit den abgenommenen Proben die Rede ist.314 Zu den Maßgaben, die bei der Behandlung von Proben und Kontrollunterlagen zu beachten sind, um Persönlichkeitsrechtsverletzungen hierbei zu vermeiden, äußert sich der NADA-Code wie folgt: Schon für die Verwahrung der Proben erlegt Ziff. 5.1 Anh. 2 und Anh. 3 dem Kontrollpersonal und – bemerkenswerterweise nur im Falle von Wettkampfkontrollen – auch dem verantwortlichen Kontrolleur die Pflicht auf, sicherzustellen, dass alle entnommenen Proben in einer Art und Weise verwahrt werden, die ihre Integrität, Identität und Sicherheit vor dem Transport gewährleistet. Die Urinproben befinden sich zu diesem Zeitpunkt in dem von Ziff. 22 Anh. 7 vorgesehenen Zustand, d.h. versiegelt in der A- und B-Flasche. Irgendwelche Vorgaben hinsichtlich der weiteren Verfahrensschritte nach der Versiegelung von A- und BFlasche bis zur Übergabe an den Spediteur finden sich weder in Anhang 7 noch in den Anhängen 2 und 3 zum NADA-Code. Vielmehr bestimmt Ziff. 5.2 Anh. 2 und Anh. 3 lediglich noch, dass auch die Beförderung der Proben auf eine Art und Weise zu erfolgen hat, die deren Integrität, Identität und Sicherheit garantiert, (Ziff. 5.2 Abs. 1) und dass der Transport zu dem von der NADA bestimmten Labor so schnell wie möglich zu erfolgen hat (Ziff. 5.2 Abs. 2).

313 K. Vieweg, Zur Bedeutung der Interessenabwägung bei der gerichtlichen Kontrolle von Verbands-Zulassungs-entscheidungen, in: Führungs- und Verwaltungs-Akademie Berlin des Deutschen Sportbundes (Hrsg.), Verbandsrecht und Zulassungssperren, Frankfurt/M. 1994, S. 36, 42 f. 314 Vgl. z. B. den Bericht über die Dopingbekämpfung im Eisschnellauf in der FAZ v. 17.11.01, S. 40, in dem von einem nachlässigen bis schlampigen Umgang mit den beim Eisschnellaufweltcup in Berlin am 10.11.01 genommenen Proben die Rede ist.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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aa) Bedeutung des BDSG für die Probensicherung und die Probenversendung Folgt man der Auffassung, dass es sich bei der Urinprobe selber bereits um ein personenbezogenes Datum handelt, sind bei der Probensicherung und der Probenversendung die Vorgaben des BDSG zu beachten, soweit die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des BDSG im Übrigen erfüllt sind.315 Für den Fall einer Dopingkontrolle innerhalb Deutschlands durch die PWC GmbH im Auftrag der NADA oder eines deutschen Verbandes gilt hiernach Folgendes: (1) Mit der Probensicherung und -versendung erfüllte BDSG-Verwendungstatbestände Die mit der Urinabgabe einhergehende Aufbewahrung der Urinprobe in den hierfür vorgesehenen Probebehältern stellt eine Speicherung i. S. d. § 3 IV Nr. 1 BDSG dar: Indem das Urin als Datenmasse entgegengenommen und zur späteren Verwendung in Form der Analyse einbehalten wird, ist die Alternative des „Aufbewahrens“ personenbezogener Daten erfüllt.316 Die Aufbewahrung in den Uringefäßen stellt eine Aufbewahrung auf einem Datenträger dar.317 Diese Aufbewahrung geschieht zur späteren Durchführung der Analyse des Urins und damit zur späteren Nutzung in Form der Auswertung ihres Informationsgehalts.318 Davon ausgehend, dass die PWC GmbH strikte Vorgaben von ihrem Auftraggeber erhalten hat, was mit dem abgenommenen Urin zu tun sei, und selbst keinerlei Entscheidungen über die Verwendung der Proben treffen darf, bleiben die NADA oder der Verband verantwortliche Stelle für die Speicherung. Wegen des Charakters der Tätigkeit der PWC GmbH als Auftragsverarbeiter erfüllt die Weitergabe der Probe an die NADA bzw. den Verband nicht den Tatbestand einer Übermittlung i. S. d. § 3 IV Nr. 3 BDSG, da NADA bzw. Verband unter den gegebenen Umständen nicht Dritte im Sinne der Vorschrift sind (vgl. § 3 VIII 3 BDSG). Die Weitergabe an NADA oder Verband stellt daher gegebenenfalls lediglich eine Nutzung i. S. d. § 3 V BDSG dar.319 Werden die Proben von der PWC GmbH unmittelbar an die Analyselabore in Köln oder Kreischa weitergeleitet, handelt es sich hierbei wiederum nicht um 315

Vgl. hierzu oben D.III.1.a)aa). U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 115; Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 9.1. 317 Nach U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 118, ist der Begriff des Datenträgers weit zu verstehen, so dass hierunter jedes Material fällt, das Informationen aufnehmen kann; so auch Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 9.1. 318 U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 189. 319 U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 158; Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 11.3. 316

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

eine Datenübermittlung, wenn auch die Analyselabore als Auftragsverarbeiter der NADA bzw. des Verbands tätig werden. Ob dies der Fall ist, hängt davon ab, ob der Umfang der von den Laboren durchgeführten Datenverwendungen vom Auftraggeber der jeweiligen Analyse im Einzelnen vorgegeben ist, so dass die Labore insoweit keine eigenen Entscheidungsbefugnisse innehaben, oder ob die Labore auch selber Entscheidungen über den Umfang der BDSG-relevanten Verwendung der Urinproben treffen dürfen. Allerdings gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass die im Hinblick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten bedeutsamen Maßnahmen den Laboratorien abschließend von ihren Auftraggebern vorgegeben werden. Zum einen richtet sich der Umfang der zulässigen Analysen streng nach dem Erforderlichkeitsgrundsatz, so dass schon deshalb nur solche Analysen von den Laboren durchgeführt werden dürfen, die zur Aufdeckung von nach dem einschlägigen Reglement verbotenen Dopinghandlungen relevant sind. Zum anderen ist zur Wahrung der Zulässigkeit der Analysen der Zweckbindungsgrundsatz strikt zu beachten,320 der zur abschließenden Darlegung der Zwecke der Datenerhebung bei der Einholung der Zustimmung der Sportler bzw. bei der Erhebung der Daten in Form der Urinprobenahme zwingt. Der Umfang der Analysen, die an der Urinprobe durchgeführt werden, muss hiernach im Moment der Probenahme abschließend festgelegt sein. Die Festlegung muss zusammen mit dem Analyseauftrag an die Dopinglabore weitergegeben werden. Erfolgt die Dopingkontrolle auf der Grundlage des NADA-Codes, ergibt sich der Umfang der durchzuführenden Analysen aus Art. 8.1 NADA-Code, der den International Standard for Laboratories der WADA für beachtlich erklärt, nach dessen Ziff. 2.0 unter Bezugnahme auf Art. 6.2 des WADA-Codes vorgegeben ist, dass die Dopingproben auf die gemäß der Prohibited List verbotenen Substanzen und Methoden sowie auf die dem Überwachungsprogramm der WADA nach Art. 4.5 WADA-Code unterliegenden Substanzen hin zu analysieren sind. Erfolgt die Kontrolle nicht nach den Bestimmungen des NADA-Codes, muss der Umfang der Analyse abschließend in den Regelwerken der Sportvereinigungen festgelegt sein, die in das Rechtsverhältnis mit den Athleten einbezogen werden und den Umfang der beiderseitigen Rechte und Pflichten definieren. Werden die Dopingkontrollen auf der Basis eines Dopingreglements vorgenommen, das diesen Anforderungen genügt, ist hiernach kein Raum für eigene Entscheidungsbefugnisse der Labore über den Umfang der vorzunehmenden Analysen. Bestenfalls können aufeinander aufbauende Analysemaßnahmen dergestalt voneinander abhängig gemacht werden, dass die jeweils nachfolgende Stufe in Abhängigkeit vom Ergebnis der vorangegangen Stufe durchgeführt wird. Gegebenenfalls sind jedoch auch derartige Mechanismen im Dopingreglement so vorzugeben, dass durch die tatsächlichen Umstände bestimmt wird, welche Analyse-

320 So auch der Bundesdatenschutzbeauftragte P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 7.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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maßnahmen durchgeführt werden dürfen, ohne dass den Laboren insoweit die Möglichkeit zur Entscheidung nach eigenem Gutdünken gestattet wird. Ist den Laboren die Verwendung der Urinproben nicht im vorstehend dargelegten Umfang abschließend vorgegeben, sondern – in einer die Persönlichkeitsrechte der Sportler verletzenden Art und Weise – ein eigener Entscheidungsspielraum hinsichtlich des Analyseumfangs eröffnet, sind die Labore keine reinen Auftragsverarbeiter, was die Analyse der weitergeleiteten Urinproben betrifft. In diesem Fall ist die Weiterleitung der Proben vom Kontrollunternehmen an die Labore als Datenübermittlung der NADA oder des handelnden Verbands einzuordnen. Für die weitere Untersuchung soll davon ausgegangen werden, dass den Laboren in den jeweils einschlägigen Anti-Doping-Bestimmungen so detaillierte Vorgaben hinsichtlich des Analyseumfangs und der weiteren Behandlung der übergebenen Proben gemacht werden, dass ihnen hinsichtlich der BDSG-relevanten Verwendungen der Proben keinerlei eigener Entscheidungsspielraum mehr bleibt, so dass die Labore als Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG und die Übersendungen der Proben durch die Kontrollunternehmen als bloße Datennutzungen anzusehen sind. (2) Anforderungen gemäß BDSG Sowohl die Aufbewahrung als auch die Weiterleitung der Urinprobe ist hiernach nur mit Zustimmung der Athleten oder auf der Grundlage eines anderen Gestattungstatbestands zulässig (§ 4 I 1 BDSG), als der vorliegend nur § 28 I 1 BDSG in Betracht kommt.321 Die Zustimmung ist in der Einwilligung in die Geltung der einschlägigen AntiDoping-Bestimmungen zu sehen, die anlässlich des Abschlusses eines Wettkampfvertrages oder eines sonstigen Teilnahmevertrages oder auch anlässlich des Vereinsbeitritts oder aus anderem Anlass gegenüber dem Verein erklärt werden kann. Im Zuge der Einholung der Einwilligung müssen die Sportler so genau auf die Zwecke der Urinprobenahme hingewiesen werden (§ 4a I 2 BDSG), dass die beabsichtigte Aufbewahrung und auch die Weiterleitung der Urinproben für sie eindeutig vorhersehbar sind. Dies kann durch eine hinreichend detaillierte Erläuterung der Verwendung der Urinproben vor der Abgabe der Zustimmung oder auch durch die vorherige Übergabe der einschlägigen Regelwerke mit dem Hinweis auf die darin niedergelegten Bestimmungen über die Probenverwendung geschehen. Hierzu reicht es aus, dass im Vertrag mit den Athleten oder in der Beitrittserklärung auf die einschlägigen Regelwerke verwiesen wird, in denen die Aufbewahrung und die Weiterleitung der Urinproben durch die Kontrolleure an 321

Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(b).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

die NADA, den Verband oder die Analyselabore vorgesehen ist. Voraussetzung ist, dass die einschlägigen Bestimmungen den Sportlern so zugänglich gemacht werden, dass sie in zumutbarer Weise vor der Erklärung der Einwilligung vom Zweck der Datenverwendung und hierbei insbesondere von den gewünschten Daten, den Verarbeitungsbedingungen und den potentiell beteiligten Stellen322 Kenntnis nehmen können. Den Athleten ist es in diesem Zusammenhang zumutbar, die Regelungen über das weitere Schicksal der abgegebenen Urinprobe selber zu lesen und auf diesem Wege zur Kenntnis zu nehmen. Auf die gewünschten Daten ist nur dann hinreichend hingewiesen, wenn sich aus dem Hinweis selber oder aus den in Bezug genommenen Regelwerken ergibt, welche Informationen im Einzelnen durch die Analyse der Probe gewonnen werden sollen. Da ebenso wie im Zusammenhang mit der Einwilligung in die Datenerhebung in Form der Urinprobenahme auch bezüglich der Speicherung und Weiterleitung der Urinprobe § 4a III BDSG anwendbar ist, muss die Zustimmung ausdrücklich die besonderen Arten personenbezogener Daten erfassen, die von der Speicherung oder der Weiterleitung betroffen sind. Mit Blick auf die in der Urinprobe enthaltenen Gesundheitsdaten gilt insoweit das bereits im Zuge der Überprüfung der Probenahme Gesagte.323 Die Einwilligung muss schriftlich erteilt (§ 4a I 3 BDSG) und gegebenenfalls neben anderen Erklärungen besonders hervorgehoben werden (§ 4a I 4 BDSG). Ein rechtsgeschäftliches oder rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zwischen der NADA oder dem Verband als verantwortliche Stelle und den Athleten besteht nur insoweit, als die NADA oder der Verband eine Vereinbarung über die Durchführung der Dopingkontrollen unmittelbar mit den Sportlern geschlossen haben; die mittelbare Verbindung zu den Sportlern über deren Verein und die weiterhin in der Verbandspyramide zwischengeschalteten Verbände reicht als Rechtsverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG nicht aus.324 Zur Bejahung der Freiwilligkeit der Einwilligung wie auch der Erforderlichkeit der Datenverwendungen i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG und ihrer Erforderlichkeit zur Wahrung berechtigter Interessen i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG bedarf es eines überwiegenden Interesses der verantwortlichen Stelle an der Aufbewahrung bzw. Weiterleitung der Urinproben. Dieses überwiegende Interesse der Sportvereinigungen ist aus denselben Überlegungen heraus gegeben, die auch bereits zur Rechtfertigung des Dopingverbots als solchem angeführt worden sind.325 Da die Probenahme erst in Verbindung mit der nachfolgenden Analyse ihren Beitrag 322 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4a Rn. 72; Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 5.2, formulieren zutreffend, der Betroffene müsse wissen, was mit welchen personenbezogenen Daten geschehen soll. 323 Vgl. hierzu oben D.III.1.a)bb)(1)(a). 324 Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(b). 325 Vgl. oben D.I.1.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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zur Dopingbekämpfung leistet, sind die Aufbewahrung der Urinprobe und ihre Weiterleitung an die Labore als notwendige Voraussetzungen für die Analyse ebenso wie die Probenahme selber vom Interesse der Verbände und Veranstalter an der Wahrung ihrer Identität und an einer ihren ethisch-moralischen Grundsätzen entsprechenden Selbstdarstellung gedeckt. Dem stehen die auch bereits gegen die vorangegangene Probenahme als Datenerhebung eingewendeten Interessen der Athleten entgegen.326 Der Gewichtszuwachs, den die Belange der Sportler dadurch erfahren, dass der Eingriff in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht durch die Speicherung ihrer Daten und durch die Übersendung der Daten in den Herrschaftsbereich weiterer Beteiligter in seiner Intensität verstärkt wird, stellt sich deshalb als verhältnismäßig geringfügig dar, da hierdurch zwar der Zeitraum der Existenz der personenbezogenen Daten in Form der Urinprobe verlängert und die Anzahl der Personen, die für einen Missbrauch oder eine Verfälschung der Daten in Betracht kommen, erhöht wird, die Wahrscheinlichkeit derartiger Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten jedoch bei verhältnismäßiger Ausgestaltung der Umstände der Aufbewahrung und der Weiterleitung insbesondere durch die Pseudonymisierung der Proben327 auf ein zumutbares Maß reduziert ist. Wären hiernach die Voraussetzungen für die Gestattung der Aufbewahrung und Weiterleitung der Urinproben nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG gegeben, erhebt sich auch insoweit die Frage, ob diese Datenverwendungen mit Blick auf den Informationsgehalt der Urinproben nicht nach § 28 VI BDSG im Regelfall ausgeschlossen sind. Bei zutreffendem Verständnis vom Begriff der Einzelangabe i. S. d. § 3 I BDSG ist die Urinprobe aufgrund der darin enthaltenen Gesundheitsinformationen über die Sportler als sensitives Datum i. S. d. § 3 IX BDSG einzuordnen, was die Einschränkung der Rechtfertigung ihrer Verwendung nach § 28 VI BDSG zur Folge hat. Folgt man der Auffassung, derzufolge die Urinprobe nicht als sensitives Datum anzusehen ist, da es sich bei Dopingwerten nicht um Gesundheitsangaben handelt und bezüglich der daneben in der Probe enthaltenen Angaben, die die Gesundheit der Sportler betreffen, keine Verwendungsabsicht besteht,328 sind auch bei der Aufbewahrung und Weiterleitung der Proben wiederum die weiteren Maßgaben des BDSG für Datenverwendungen durch nicht-öffentliche Stellen zu beachten. Welche Maßnahmen hiernach zu treffen sind, ergibt sich aus der näheren Betrachtung der Berührungspunkte zwischen Probensicherung und Probentransport und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. 326

Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(a). Die Notwendigkeit der Pseudonymisierung betont auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 10. 328 Zur Differenzierung bei der Einordnung als Einzelangaben i. S. d. § 3 BDSG zwischen solchen Informationen, auf die die Verwendung abzielt, und solchen, bezüglich derer keine Verwendungsabsicht besteht, vgl. oben D.III.1.a)aa). 327

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

bb) Berührungspunkte zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht Die Sicherung der Proben nach der Abgabe und während des Transports zum Dopinglabor stellt insofern einen aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht heiklen Schritt des Dopingkontrollverfahrens dar, als die Proben während der Dauer des Transports nicht nur der Kontrolle der Athleten, sondern auch der unmittelbaren Aufsicht der Verbände entzogen sind. Diese Verminderung der Kontrollmöglichkeiten bedeutet erstens eine unmittelbare Gefährdung für das informationelle Selbstbestimmungsrecht und auch das Recht zur Selbstbestimmung hinsichtlich der eigenen Körpersubstanzen aufgrund des Risikos, dass die gelockerte Aufsicht über die Proben für unbefugte Zugriffe auf die Informationsmasse Urin ausgenutzt wird. Zweitens ist eine Erhöhung des Fehler- und Manipulationsrisikos und also eine mittelbare Gefährdung des Persönlichkeitsrechts damit verbunden, dass die Verbände während des Transports keine Möglichkeit haben, aktiv Maßnahmen gegen drohende Beschädigungen oder sonstige Einwirkungen auf die Proben zu ergreifen. Die Bestimmungen über die Transportsicherung der Proben und den Transport selber wären vor diesem Hintergrund dann als unwirksam anzusehen, wenn sie so große Gefährdungen für das Persönlichkeitsrecht der Athleten mit sich brächten, dass sie für diese auch bei Berücksichtigung der Verbandsinteressen an der Durchführung der Transporte mangels Freiwilligkeit der Einwilligung der Athleten und wegen ihrer Unbilligkeit nicht mehr zumutbar wären. Die Annahme eines überwiegenden Interesses der Verbände an der Durchsetzung der Regelungen bezüglich des Transports der Proben vom Abnahmeort zum Dopinglabor setzt daher voraus, dass Verunreinigungen, Manipulationen oder andere Verfälschungen der abgegebenen Proben durch die Bestimmungen so weit als möglich ausgeschlossen werden.329 Der Verlust einer Probe auf dem Weg zum Dopinglabor, wie er etwa von der Internationalen Reiterlichen Vereinigung bezüglich einer B-Probe des Pferdes von Springreiter-Olympiasieger Cian O’Connor gemeldet wurde,330 bedeutete im Falle einer menschlichen Probe allein mit Rücksicht auf den Umfang der darin enthaltenen Informationsmasse einen schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtseingriff. Unterzieht man die Regelungen des NADA-Codes zur Verpackung und zum Transport der Proben unter diesem Aspekt einer kritischen Betrachtung, werden einige Verbesserungsmöglichkeiten offenbar. Voraussetzung für einen möglichst sicheren Transport ist die vorherige Verpackung der Proben auf eine Art und Weise, die einerseits keinen unzumutbaren Aufwand für die Verbände mit sich bringt, andererseits aber Einwirkungen auf 329 So auch T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 237, u. G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 273, mit Blick auf die Verwertbarkeit der Proben im Sanktionsverfahren. 330 FAZ 03.11.04, S. 31.

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die Proben während des Transports möglichst vollständig ausschließt beziehungsweise mit Rücksicht auf den Umstand, dass eine perfekte Sicherung der Proben gegen jede Art der Beeinträchtigung nicht möglich ist, zumindest soweit als möglich erschwert. Die mechanische Probensicherung ist seitens der Sportvereinigungen so auszugestalten, dass die Proben im Zeitraum zwischen der Versiegelung der Probengefäße durch die Sportler und der Öffnung zur Analyse so weit als möglich vor Manipulationen geschützt sind. Hinsichtlich der zu verwendenden Probenbehälter bestimmt Ziff. 4.1 Anh. 2 und Anh. 3 des NADA-Codes, dass nur von der NADA freigegebene Ausrüstungen und Materialien verwendet werden dürfen, zu denen die Fabrikate Versa-Pak und Bereg-Kits zählen. Die Regelung müsste um eine Verpflichtung des Kontrolleurs ergänzt werden, den Sportlern die Freigabe der verwendeten Probengefäße durch eine Freigabebescheinigung der NADA nachzuweisen. Sollte dies nicht möglich sein, müsste – ungeachtet der Flexibilitätseinbuße des Regelwerks hinsichtlich der Möglichkeiten zur Verwendung neu entwickelter Behälter-Systeme – Ziff. 4.1 dergestalt geändert werden, dass die jeweils aktuell zulässigen Behälter-Systeme darin nicht nur beispielhaft genannt, sondern abschließend aufgezählt werden. Ohne eine solche Festlegung im Regelwerk oder den Anspruch auf Vorlage einer Freigabebescheinigung kann der Athlet in die Situation geraten, dass ihm vonseiten des Kontrolleurs ein ihm unbekanntes Behälter-System vorgegeben wird, über dessen Zulassung er sich nicht mehr rechtzeitig vor der Urinabgabe informieren kann, zu dessen Benutzung er mit Blick auf die Konsequenzen einer unberechtigten Verweigerung der Urinabgabe aber trotzdem faktisch gezwungen ist, obwohl eine Freigabe – möglicherweise sogar gerade mit Blick auf Sicherheitsmängel des Systems – tatsächlich nicht existiert. Im Übrigen sind Bedenken gegen die Regelung bezüglich der zu verwendenden Behälter-Systeme nicht erkennbar.331 Die Probensicherung bei Verwendung des Bereg-Kits erfolgt dergestalt, dass der Urin in zu versiegelnde A- und B-Flaschen aus Glas gefüllt wird, deren Verschluss nachfolgend nur noch aufgebrochen werden kann, und dass diese Flaschen sodann in mit Sicherheitsbändern verschließbare Plastiktüten und mitsamt den Plastiktüten in einen wiederum mit Siegelband zu verschließenden Styroporcontainer verpackt werden. Bei Verwendung des Versa-Pak-Systems wird der Urin ebenfalls in zwei Glasflaschen gefüllt, die mit einem Schraubverschluss geschlossen und hiernach in zwei nur vom 331 Auch nicht aus kartellrechtlicher Sicht, da § 1 GWB schon deshalb nicht greift, da keiner der Partner der Ausschließlichkeitsfestlegung im Wettbewerb beschränkt wird, vgl. R. Bechtold, GWB, § 1 Rn. 26, und da auch keine sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung eventueller weiterer Anbieter vorliegt, weil die Verbände mit dem Funktionieren ihres Dopingbekämpfungssystems ein überwiegendes Interesse an der Festlegung geltend machen können, vgl. R. Bechtold, GWB, § 20 Rn. 59, u. K.-P. Schultz, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 20 Rn. 269.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Dopinglabor mit speziellem Werkzeug zu öffnende Plastikcontainer gesteckt werden, welche ihrerseits in einer Plastiktüte transportiert werden.332 Ernsthafte Zweifel an der Zulässigkeit von Urinkontrollen unter Verwendung der zugelassenen Fabrikate bestünden unter dem Aspekt der Probensicherheit, wenn bei diesen Fabrikaten der sichere Verschluss der Proben nicht gewährleistet wäre, etwa weil die Öffnung der Flaschenverschlüsse und der Wiederverschluss der Probeflaschen durch Erhitzen mit einem Feuerzeug333 oder – wie im Falle von einem britischen Hersteller bis 1999 vertriebener Behälter – unter Verwendung von kochendem Wasser334 möglich wäre, ohne dass dies im Wege der Sichtkontrolle erkannt werden könnte. Dass derartige Sicherheitsmängel an den Produkten Versa-Pak und Bereg-Kit feststellbar oder sonst technische Verbesserungen an diesen Proben-Sets mit vertretbarem Aufwand möglich oder gar erforderlich wären, ist, soweit bekannt, bislang nicht von qualifizierter Seite behauptet worden. Sollten solche oder ähnliche Unzulänglichkeiten an den derzeit gebräuchlichen Behälter-Systemen aufgedeckt werden, wäre zu prüfen, ob die hieraus resultierende Gefährdung der Ergebnissicherheit so erheblich wäre, dass die Interessen der Sportler an der Vermeidung falscher Kontrollergebnisse die Interessen der Verbände an der Durchführung der Kontrollen unter Verwendung dieser Behälter oder – soweit die Unzulänglichkeiten nicht durch entsprechende technische Verbesserungen behoben werden könnten – an der Verwendung von Urinbehältern im Allgemeinen überwögen. Die Versiegelung der Proben durch den Sportler bzw. durch andere Beteiligte in dessen Anwesenheit ist zur Absicherung der Korrektheit der Kontrollergebnisse unverzichtbar335, da im Zuge dieses Verfahrensschrittes ohne einen entsprechenden Schutz des Urins Probenverfälschungen durch Manipulationen oder auch nur versehentliche Fehler wie beispielsweise Verunreinigungen Tür und Tor geöffnet wären. cc) Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Verpackung und dem Transport der Proben zum Labor Die Unbestimmtheit der Ziff. 4.1 Anh. 2 und Anh. 3 führt zu einem überwiegenden Interesse der Sportler an der Teilunanwendbarkeit der Regelung, soweit diese die Verwendung nicht mit dem Fabrikat benannter Behälter-Systeme bzw. 332 Vgl. die Beschreibung der Verpackungssysteme auf der Website der PWC GmbH http://www.pwc-dopingkontrolle.de. 333 So das Verteidigungsvorbringen im Dopingverfahren um die Reiter Guido Münstermann und Tim Hoster, das durch ein Video des Chefs der Veterinär-Kommission im Reiterweltverband bestätigt wurde, vgl. FAZ v. 10.03.98, S. 38. 334 So der britische Chemiker David Brown im Jahr 1999 bezüglich der Container eines britischen Herstellers, vgl. FAZ v. 15.03.99, S. 44. 335 So im Ergebnis auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 272.

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die Verwendung von Behälter-Systemen ohne Vorlage einer Freigabebescheinigung durch den verantwortlichen Kontrolleur zulässt. Auch wenn es nicht unbedingt wahrscheinlich ist, dass der oben beispielhaft dargestellte Problemfall der Konfrontation des Athleten mit einem ihm unbekannten Behälter-System tatsächlich eintritt, da die Einführung derartiger neuer Systeme mit hoher Wahrscheinlichkeit zuvor nicht nur auf Verbandsebene, sondern auch in den Vereinen und zudem in der Presse publiziert und diskutiert wird, überwiegen die gegenläufigen Interessen der Athleten doch deshalb, da ein erheblicher Vorteil für die Verbände aus dem Verzicht auf die Benennung konkreter Fabrikate im Regelwerk oder zumindest auf die Pflicht zur Vorlage einer Freigabebescheinigung nicht erkennbar ist und die Umsetzung einer entsprechenden Regelung auch nicht mit irgendwelchen nennenswerten Schwierigkeiten für die Verbände verbunden wäre. Der Umstand, dass im Falle der konkreten Benennung der zugelassenen Produkte zur Gestattung neuer Fabrikate förmliche Änderungen der einschlägigen Bestimmungen erforderlich wären, die wegen der formalen Anforderungen an die Rechtsetzungsakte der Verbände zu zeitlichen Verzögerungen führen würden, bedeutete keinen derart erheblichen Nachteil für die Sportvereinigungen, dass zu seiner Vermeidung die Hinnahme der Rechtsunsicherheit durch die bestehende Regelung angemessen erschiene. Die Verwahrung der Proben bis zur Versendung und der Transport der Proben ins Dopinglabor sind in den Bestimmungen des NADA-Codes nur in sehr allgemeiner Weise geregelt, indem keine konkreten Maßnahmen, sondern mit der Pflicht zur Gewährleistung der Integrität, Identität und Sicherheit der Proben lediglich die zu erreichenden Ziele vorgegeben werden. Mit Blick auf die äußerst variablen Umstände, unter denen die Kontrolle je nach den örtlichen Gegebenheiten stattfindet, ist die abstrakte Fassung des NADA-Codes in diesem Punkt aber dennoch als zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Athleten ausreichend anzusehen. Da die in diesem Stadium im Einzelnen notwendigen und überhaupt möglichen Maßnahmen immer auch maßgeblich von den konkreten Umständen des Einzelfalls und den örtlichen Voraussetzungen abhängig sind, geht das Regelwerk insoweit zulässigerweise nicht über die bloße Vorgabe von Schutzzwecken hinaus. Es versteht sich von selber, dass die erforderlichen Regelungen nicht nur ins Verbandsrecht aufgenommen, sondern nachfolgend auch bei der Durchführung der Dopingkontrollen beachtet werden müssen. In dem bereits erwähnten Dopingfall Uta Pippig etwa stützte diese ihre Angriffe gegen die positive Kontrolle nicht nur auf die Vertauschung von A- und B-Flasche, sondern auch auf den Umstand, dass die in der A-Flasche befindliche B-Probe nicht ordnungsgemäß verschlossen gewesen sei. Zutreffend wurde diese Tatsache allerdings sowohl vom DLV-Rechtsausschuss als auch vom DSB-Schiedsgericht ebenfalls nicht als Verwertbarkeitshindernis gesehen, nachdem von sachverständiger Seite bestätigt worden war, dass im vorliegenden Fall durch die Undichtigkeit des Probebehäl-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

ters die Richtigkeit des ermittelten Analyseergebnisses nicht gefährdet worden war.336 Demgegenüber führte der Nachweis, dass die Probenröhrchen von Dritten geöffnet und wieder verschlossen werden konnten, im Fall der Blutprobe des Springpferds des deutschen Weltklasse-Springreiters Daniel Deußer trotz positiver A- und B-Probe zur Einstellung des Verfahrens durch die Internationale Reiterliche Vereinigung FEI.337 4. Verletzung des BDSG/des informationellen Selbstbestimmungsrechts durch die kontrollbegleitende Datenverarbeitung (Protokollierung etc.) Im Zuge des Kontrollvorgangs werden Informationen über die Athleten nicht nur in Form der Probe selber verarbeitet, sondern daneben auch im Zuge der Protokollierung des Abnahmeprozederes erfasst oder auch nur anlässlich der Kontrolle beiläufig offenbart. Der Umgang mit diesen Informationen muss sich, egal ob beabsichtigt oder aus den Umständen geboren, ebenfalls an den Vorgaben des BDSG und an den Maßstäben des informationellen Selbstbestimmungsrechts messen lassen. a) Datenverarbeitung anlässlich der Probenahme nach den Regeln des DOSB Gemäß Art. 7.7 NADA-Code i.V. m. Anhang 2 (Durchführungsbestimmungen für Trainingskontrollen) und Anhang 3 (Durchführungsbestimmungen für Wettkampfkontrollen) hat der Athlet sich nach der Benachrichtigung von der Pflicht zur Teilnahme an der Dopingkontrolle durch den verantwortlichen Kontrolleur durch ein geeignetes Legitimationspapier auszuweisen, soweit er nicht auf andere Weise durch den Kontrolleur identifiziert werden kann (Anh. 2 Ziff. 2.4 b), Anh. 3 Ziff. 2.3 b). Gegebenenfalls werden vom Kontrolleur die Gründe für eine Verschiebung des Probenahmetermins protokolliert (Anh. 2 u. 3 Ziff. 3.1). Im Falle des verspäteten Erscheinens des Athleten sind „alle Einzelheiten des verspäteten Erscheinens“ vom Kontrolleur zu dokumentieren (Anh. 2 u. 3 Ziff. 3.2). Verlässt der Athlet nach seiner Ankunft bei der Dopingkontrollstation, aber vor Abgabe der Urinprobe die Station nochmals, ist auch dies unter Vermerk der Zeitpunkte des Verlassens der Station und der Rückkehr zu vermerken (Anh. 2 Ziff. 4.4, Anh. 3 Ziff. 4.3). Gemäß Anh. 2 und 3 Ziff. 4.4 i.V. m. Anh. 7 Ziff. 4 zeichnet der Kontrolleur des Weiteren auf, wenn der Athlet mit keinem der bereitgestellten Uringefäße 336

FAZ v. 07.08.00, S. 40. Gleichzeitig wurde allerdings von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung die Einleitung eines Verfahrens angekündigt, vgl. FAZ v. 10.08.07, S. 31. 337

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einverstanden ist und die Kontrolle deshalb abgebrochen werden muss. Hat der Sportler ein Gefäß gewählt und unter Aufsicht gefüllt, wird die Urinabgabe unter Sichtkontrolle ebenfalls vermerkt (Anh. 7 Ziff. 9). Im weiteren Verlauf werden die Codenummern der vom Athleten verwendeten Gefäße und – gegebenenfalls – auch die Nichtübereinstimmung von Codenummern der Gefäße ein und desselben Probesets durch den Kontrolleur aufgezeichnet (Anh. 7 Ziff. 13). Gemäß Anh. 7 Ziff. 17 wird vom Kontrolleur vermerkt, wenn die Siegel bereits abgegebener Teilproben bei der der erneuten Öffnung zwecks Ergänzung nicht unversehrt sind. Des Weiteren werden gem. Anh. 7 Ziff. 21 die Abgabe mehrer Teilproben und die Reihenfolge ihrer Abgabe vom Kontrolleur notiert. Verweigert der Athlet eine zusätzliche Probe nach Anh. 2 und 3 Ziff. 4.5, ist dies wiederum seitens des Kontrolleurs zu protokollieren (Anh. 2 u. 3 Ziff. 4.5). Der Athlet seinerseits hat das Recht, Bedenken und Einwände gegen die Art und Weise der Durchführung zu Protokoll zu bringen (Anh. 2 u. 3 Ziff. 4.6). Am Ende der Probenahme haben der Athlet bzw. dessen (gesetzlicher) Vertreter und der Kontrolleur das Dopingkontrollformular zu unterzeichnen (Anh. 2 u. 3 Ziff. 4.7). Im Folgenden soll die Probe und die „Dokumentation“ auf den Weg zum Analyse-Labor gebracht werden (Anh. 2 u. 3 Ziff. 5.2), während die Aufzeichnungen zur Identifizierung des Athleten nicht den Proben oder der Dokumentation beigefügt werden dürfen, die an das Labor versandt werden. Gemäß Art. 7.7 i.V. m. Anh. 4 NADA-Code ist ein mögliches Fehlverhalten des Sportlers zu dokumentieren, zu melden und zu bewerten.

b) Vereinbarkeit der Datenverarbeitung mit den Bestimmungen des BDSG Bei sämtlichen Umständen, die nach den vorstehenden Ausführungen gemäß den einschlägigen Regelungen des NADA-Codes im Verlauf der Probenahme von den Verbänden und Veranstaltern protokolliert und dokumentiert werden, handelt es sich um Einzelheiten bezüglich des Verhaltens der Athleten während des Kontrollvorgangs oder bezüglich der Proben, die von den Sportlern abgegeben werden, und damit um personenbezogene Daten der Athleten. Die Dokumentation der Probenahme eines jeden einzelnen Athleten auf Formularen, die in identischer Form für sämtliche Probanden ausgefüllt werden, bewirkt im Ergebnis der Datenverarbeitung die Entstehung einer Datensammlung, die gleichartig aufgebaut ist und die nach den Namen der jeweiligen Probanden zugänglich ist und auch ausgewertet werden kann. Unerheblich ist insoweit, ob die Formulare zu den verschiedenen Sportlern noch vor Ort oder erst in der Verwaltung des verantwortlichen Verbandes oder Veranstalters zu einer Sammlung vereinigt werden. Die Datenverwendung erfolgt daher in eine nicht automatisierte Datei i. S. d. § 3

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

II 2 BDSG,338 so dass das BDSG – da nicht persönliche oder familiäre Zwecke verfolgt werden – gemäß § 1 II Nr. 3 BDSG Anwendung findet. Die Verbände und Veranstalter müssen sich hiernach auf einen Gestattungstatbestand i. S. d. § 4 I BDSG stützen können. Erneut kommt für den Fall, dass die für die Einwilligung geltenden besonderen Formvorschriften des § 4a BDSG nicht eingehalten worden sind, § 28 I 1 Nr. 1 BDSG als Erlaubnisnorm in Betracht. Unterm Strich ist daher im Hinblick auf die Zulässigkeit der Datenverwendungen wiederum entscheidend, ob die damit verbundenen Persönlichkeitsrechtseingriffe zur Durchführung des Mitgliedschaftsverhältnisses oder eines Vertragsverhältnisses mit den Sportlern und hier konkret zur Erreichung der Zweckbestimmung „Dopingfreiheit“ geeignet, erforderlich und angemessen sind, so dass sie ein das Interesse an der Unversehrtheit des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten überwiegendes Interesse für sich in Anspruch nehmen können. Die Aufnahme der vom NADA-Code zur Protokollierung und Dokumentation vorgesehenen Daten bezüglich der Probenahme begegnet weder im Hinblick auf die Geeignetheit und Erforderlichkeit zur Gewährleistung eines prüfbaren Kontrollablaufes noch bei Berücksichtigung der gegenläufigen Sportlerinteressen Bedenken: Angefangen beim Identitätsnachweis des Athleten über die Dokumentierung der entscheidenden Schritte und eventueller Besonderheiten des Kontrollvorgangs bis hin zu eventuellen Kommentaren des Athleten dienen sämtliche Aufzeichnungen dazu, besonders wichtige Details des Kontrollvorgangs festzuhalten, um für den Fall späterer Streitigkeiten den Ablauf der Kontrolle auch für Vereinsgerichte, Schiedsgerichte oder andere zur Entscheidung berufene Dritte nachvollziehbar zu machen. Die Aufzeichnungen tragen hiernach dadurch zur Absicherung der Kontrollergebnisse bei, dass sie gleichzeitig zur Einhaltung der vorgegebenen Abläufe disziplinieren und die Beachtung der Verfahrensvorschriften in einer Art von Beweissicherung dokumentieren. Zwar wäre in einigen Punkten eine Konkretisierung bzw. Ergänzung der Bestimmungen des nach den DOSB-Regeln anzuwendenden NADA-Codes wünschenswert: So lässt sich den Vorgaben des Codes nicht mit letzter Klarheit entnehmen, mit wievielen verschiedenen Formularen der Kontrolleur zur Probenahme antritt und welche Angaben auf den unterschiedlichen Formularen zu vermerken sind. Aus Ziff. 5.2 der Anhänge 2 und 3 geht lediglich hervor, dass es jedenfalls zwei unterschiedliche Formulare geben muss, deren eines „die Aufzeichnungen zur Identifizierung des Athleten“ enthält, während das andere die Dokumentation des Kontrollvorgangs beinhaltet. Nicht mit der wünschenswerten Klarheit ist des Weiteren auch die Dokumentation der Code-Nummern der für die 338 Vgl. zur Einordnung einer Sammlung ausgefüllter Formulare als nicht automatisierte Datei auch U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 99, u. Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 5.4.

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Probenahme verwendeten Probegefäße geregelt. Zur Aufzeichnung der CodeNummern äußert sich lediglich Ziff. 13 des Anhangs 7 des NADA-Codes, dessen systematische Stellung allerdings nahelegt, dass hier lediglich die Aufzeichnung der Code-Nummern für Zusatzgefäße geregelt wird, die benötigt werden, wenn der Proband im ersten Anlauf zu wenig Urin abgegeben hat. Des Weiteren lässt sich die Vorgabe, dass die Verknüpfung von Code-Nummer und Athletenname in einer gesonderten Unterlage und nicht in der Dokumentation des Kontrollvorgangs festgehalten werden soll, nur mittelbar aus der bereits erwähnten Ziff. 5.2 der Anhänge 2 u. 3 herleiten, obwohl mit Rücksicht auf die Bedeutung der Pseudonymisierung für den Schutz der Athletendaten insoweit eine dezidierte Regelung angemessen wäre. Hinsichtlich sämtlicher Kontrollformulare ist an keiner Stelle geregelt, welche Grunddaten darauf enthalten sein sollen, obwohl ein Mindestmaß an Information unverzichtbar ist, um die spätere Zuordnung der Formulare zum jeweiligen Kontrollvorgang zu gewährleisten. Wenn etwa hinsichtlich der „Dokumentation“ aus Ziff. 5.2 der Anhänge 2 und 3 hergeleitet werden kann, dass darin keine Angaben enthalten sein sollen, die die Identifikation des Probanden ermöglichen, bleibt die Frage offen, auf welche Weise die Zuordenbarkeit der Dokumentation zu der dokumentierten Probe gewährleistet werden soll. In Betracht kommt insoweit der Vermerk der Code-Nummer des Athleten auf dem Formular oder auch der Verzicht auf jeglichen Identitätshinweis mit der Konsequenz, dass die Zuordnung der Dokumentation zur zugehörigen Probe allein durch die räumliche Verbindung von Dokumentation und Probe im selben Probegefäß ermöglicht wird. Zum konkreten Inhalt der „Aufzeichnungen zur Identifizierung eines Athleten“ lässt sich lediglich aus der Funktion dieser Aufzeichnungen herleiten, dass daraus jedenfalls ersichtlich sein muss, welche Code-Nummer zu welchem Athleten gehört, wobei gänzlich offenbleibt, ob darin auch weitere Informationen zu dem Athleten enthalten sein sollen. Allerdings führt das Fehlen derartiger Konkretisierungen auch dann, wenn die nachgeordneten Verbände insoweit ebenfalls keine Ergänzungen vornehmen, nicht zur Unzulässigkeit der entsprechenden Datenverwendungen nach den Bestimmungen des BDSG. Auch wenn die vorhandenen Regelungen durch entsprechende Feinkorrekturen noch geeigneter gemacht und durch Konkretisierungen und Ergänzungen persönlichkeitsrechtlich noch weiter entschärft werden können, resultieren aus dem aktuellen Regelungszustand doch keine Eingriffe in und auch keine so erheblichen Gefahren für das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler, dass ein überwiegendes Interesse der Verbände an der Einwilligung in diese Regelungen an deren Unverhältnismäßigkeit scheitern würde oder den Regelungen die Erforderlichkeit i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG abzusprechen wäre.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

c) Vereinbarkeit der Datenverarbeitung mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht Auch wenn man die Datenverwendungsvorgänge anlässlich der Probenahme am Maßstab des informationellen Selbstbestimmungsrechts in demjenigen Bereich beurteilt, der nicht der Geltung des BDSG unterfällt bzw. in dem das allgemeine Persönlichkeitsrecht ergänzend zu den Vorschriften des BDSG wirkt, ändert sich hierdurch nichts an der Zulässigkeit der Informationsverarbeitung. In diesem Zusammenhang ist wiederum die Abwägung der Verbandsinteressen an der Verarbeitung der Kontrolldaten mit dem Interesse der Sportler am Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts entscheidend für die Wirksamkeit der von den Athleten erklärten Einwilligung in die Datenverarbeitung oder die Angemessenheit der einschlägigen Vereinsbestimmungen, denen die Athleten als Vereinsmitglieder unterworfen sind. Die Verbände und Veranstalter können sich auch an dieser Stelle auf ihr weiter oben bereits dargestelltes essentielles Interesse an der Durchsetzung des Dopingverbots berufen. Dieses Interesse am Dopingverbot als solchem begründet ein überwiegendes Interesse an den mit der kontrollbegleitenden Informationsverarbeitung verbundenen Persönlichkeitsrechtseingriffen, da diese im Hinblick auf die Durchsetzung des Dopingverbots geeignet, erforderlich und angemessen sind. Dieselben Überlegungen, die im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit mit dem BDSG zu dem Ergebnis geführt haben, dass die für die Annahme der Erforderlichkeit i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG notwendige Verhältnismäßigkeit der Datenverarbeitungsmaßnahmen gegeben ist, rechtfertigen auch die Bejahung der Verhältnismäßigkeit der Datenverwendungen, soweit diese Voraussetzung für die Annahme eines überwiegenden Interesses bei der Prüfung der Freiwilligkeit der Einwilligung oder der Angemessenheit der einschlägigen Verbandsregelungen ist. 5. Vereinbarkeit der Weiterleitung der kontrollbegleitend erhobenen Daten mit dem BDSG/dem informationellen Selbstbestimmungsrecht Die vormals für die Durchführung von Dopingkontrollen geltenden DSB-Bestimmungen sahen unter Ziff. 5 Abs. 7 des Abschnitts 3.9.2 der Regeln über das DKS (Doping-Kontroll-System) ausdrücklich vor, dass das Original des Protokollformulars der Probenahme dem Referat Anti-Doping des DSB zugeleitet werden musste und der Athlet, das Kontrollunternehmen und das Dopinglabor Kopien hiervon zu bekommen hatten, wobei der Durchschlag für das Labor pseudonymisiert werden musste. Der NADA-Code legt in den Ziff. 4.7 und 5.2 der Anhänge 2 und 3 lediglich noch fest, dass der Athlet einen Durchschlag des Protokolls noch vor Ort und das Dopinglabor überhaupt keine Zweitschrift erhält, während weder im NADA-Code noch in seinen Anhängen geregelt ist, an welche Stelle das Original des Protokolls übergeben werden muss. Eine diesbezügliche

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Festlegung findet sich erst unter Ziff. 9.1 b) des International Standard for Testing, wo die Übersendung der Dokumentation an die für die Durchführung der Kontrolle zuständige Anti-Doping-Organisation339 als Ziel der Prozedur genannt ist. Von Ziff. 9.3.5 des International Standard for Testing wird dem Kontrollbeauftragten vor Ort ausdrücklich aufgegeben, das Protokoll an die zuständige Anti-Doping-Organisation weiterzuleiten. In der für das Testing deutscher Athleten von den Verbänden angestrebten Konstellation bedeutet dies, dass das mit der eigentlichen Probenahme beauftragte Kontrollunternehmen das Protokoll der Probenahme an die NADA als seinen Auftraggeber weiterleitet. Eine nochmalige Weiterleitung an den zuständigen Verein oder Verband sieht der NADA-Code nicht vor. a) Vereinbarkeit der Datenweiterleitung mit dem BDSG Um die Beurteilung der Zulässigkeit der Datenweiterleitung durch das Kontrollunternehmen an die NADA oder die auftraggebende Sportvereinigung gemäß den Bestimmungen des BDSG zu ermöglichen, ist zunächst zu ermitteln, welchen Datenverwendungstatbestand des BDSG die Weiterleitung erfüllt. In Betracht kommt die Einordnung als Datenübermittlung i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 3 BDSG. Damit eine Datenübermittlung vorliegt, muss die Kontrollorganisation, der die Aufenthaltsdaten bekanntgegeben werden, Dritter i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 3 BDSG sein. Die Einordnung als Dritter setzt der Definition in § 3 VIII 2 und 3 BDSG zufolge voraus, dass die Kontrolleure die Daten bezüglich der Probenahme nicht im Rahmen einer Auftragsverarbeitung i. S. d. § 11 BDSG verwenden. Entscheidend für die Frage, ob die Kontrolleure als Auftragsverarbeiter oder als Dritte tätig werden, ist der Umfang der Aufgabenübertragung in der Kontrollvereinbarung mit der NADA bzw. dem Verband. Nehmen die Kontrolleure die Datenverwendungen ausschließlich im Rahmen der Weisungen der NADA bzw. des Verbands vor, werden sie als reine Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG tätig. Erhalten die Kontrolleure mit dem Kontrollauftrag eigene Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich der Verwendung der protokollierten Daten, stellt sich deren Überlassung an den Auftraggeber als Übermittlung dar. In den Bestimmungen des NADA-Codes ist nicht vorgesehen, dass den Kontrolleuren im Zusammenhang mit der Aufnahme und Übersendung der Informationen irgendein Entscheidungsspielraum hinsichtlich des Ablaufs der Probenahme zukommt, der sie zu einer erheblichen Änderung des Eingriffsumfangs berechtigen würde. Die Datenverwendung durch die Kontrolleure beschränkt sich auf die Erhebung der Daten durch die Anfertigung des Protokolls und die Weiter339 Wie sich aus Ziff. 3.1 des International Standard for Testing ergibt, ist hiermit diejenige Organisation gemeint, die das Kontrollunternehmen im konkreten Fall mit der Probenahme beauftragt hat.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

leitung des Protokolls an die NADA oder den übergeordneten Verband als zuständige Anti-Doping-Organisation. Auf welche Weise dies zu geschehen hat, ist den Kontrolleuren jedoch von ihren Auftraggebern vorgegeben, ohne dass sie zu hiervon abweichenden Datenverwendungen berechtigt wären. Da die Kontrollunternehmen somit keine eigeninitiative Datenverwendung betreiben, sondern die Daten allein nach Maßgabe des mit der NADA oder den Verbänden bestehenden Auftragsverhältnisses, in vollständiger Abhängigkeit, entsprechend deren Weisungen und ohne eigene Entscheidungsbefugnis verwenden, sind sie als Auftragsverarbeiter nicht Dritte i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 3 BDSG. Die Bekanntgabe der protokollierten Informationen über die Abnahmeprozedur durch die Kontrollunternehmen an die NADA oder den auftraggebenden Verband erfüllt hiernach nicht den Tatbestand einer Datenübermittlung i. S. d. BDSG. Auch wenn die Weiterleitung der Protokolle durch die Kontrolleure somit nicht als Übermittlung einzuordnen ist, bedeutet dies nicht, dass sie dem Einflussbereich des BDSG entzogen wäre. Vielmehr stellt eine Bekanntgabe, die keine Übermittlung ist, weil es sich beim Adressaten nicht um einen Dritten handelt, eine Nutzung i. S. d. § 3 V BDSG dar.340 Werden die Protokolle vom Kontrollunternehmen an andere Stellen als die NADA oder den auftraggebenden Verband weitergeleitet, stellt diese Datenweitergabe eine Übermittlung i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 3 BDSG dar. Die unmittelbar vom Kontrollunternehmen versorgte weitere Stelle ist in diesem Fall deshalb Dritter, da zwischen ihr und dem Kontrollunternehmen kein Auftragsverhältnis besteht, das die Einordnung der Weitergabe als Datenverwendung im Rahmen einer Auftragsverarbeitung zur Konsequenz hätte. An einem solchen Auftragsverhältnis fehlt es auch dann, wenn der Auftraggeber des Kontrollunternehmens seinerseits als Auftragsverarbeiter für die Stelle tätig ist, an die die Protokolle weitergegeben werden. Da die Datenweitergabe zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber einer Auftragsverarbeitung nur deshalb privilegiert wird, weil der Auftraggeber in diesen Fällen ohnehin als für die Datenverwendung und damit auch für die Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorgaben verantwortliche Stelle angesehen wird, die den Auftragnehmer auf der Grundlage des Auftragsverhältnisses wie einen verlängerten Arm kontrolliert, scheitert die Qualifizierung des Auftraggebers als Prinzipal der Datenverarbeitung des Auftragnehmers daran, dass der mittelbare Auftraggeber mangels rechtlicher Beziehung zum Kontrollunternehmen schon gar nicht die Möglichkeit hat, die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen durch unmittelbare Einwirkung auf die Dopingkontrolleure zu erzwingen. Gibt die NADA als Auftraggeberin des Kontrollunternehmens die ihr vom Kontrollunternehmen zugeleiteten Protokolle etwa an den zuständigen Fachverband weiter, von dem sie mit der Durchführung des Dopingkontrollmanagements 340

U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 193.

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beauftragt worden ist, stellt dies ebenfalls eine Datenübermittlung i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 3 BDSG dar. Zwar wird die NADA diesbezüglich ebenso wie im Rahmen der Umsetzung aller anderen Anti-Doping-Maßnahmen nur auf der Grundlage einer diesbezüglichen Vereinbarung mit dem zuständigen Verband und somit im Rahmen eines Auftragsverhältnisses tätig. Richten sich ihre Befugnisse innerhalb dieses Auftragsverhältnisses jedoch nach den Bestimmungen des NADA-Codes, kommt der NADA die Befugnis zu, für den Umfang der Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten maßgebliche Entscheidungen zu treffen. Die Funktionsübertragung, die in der Beauftragung der NADA mit der Durchführung des kompletten Kontrollmanagements von der Bestimmung der zu testenden Athleten bis hin zur Information der Beteiligten über das Analyseergebnis zu sehen ist, und die damit verbundene Übertragung von Entscheidungsbefugnissen beispielsweise im Zusammenhang mit der Auswahl der zu kontrollierenden Athleten bewirken, dass die Datenverwendung durch die NADA nicht auf den Umfang einer rein technischen Abwicklung des Umgangs mit den Daten beschränkt bleibt, sondern den Charakter einer eigenverantwortlichen Datenverwendung annimmt. Infolge der Einordnung der Protokollweiterleitung durch das Kontrollunternehmen an die NADA oder den auftraggebenden Verband als Datenweitergabe im Rahmen einer Auftragsverarbeitung unterliegt diese zwar keinen besonderen materiell-rechtlichen Restriktionen,341 bedarf jedoch für ihre Zulässigkeit der Beachtung der allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen und Durchführungsbestimmungen342 für Datenverwendungen im Anwendungsbereich des BDSG. Die Weitergabe der Protokolle durch die NADA an den Verband, in dessen Auftrag sie das Dopingkontrollmanagement durchführt, und erst recht an sonstige Beteiligte hat unter Beachtung der für Datenübermittlungen geltenden Regeln zu erfolgen. Als einfache Datennutzung ebenso wie als Datenübermittlung bedarf die Weiterleitung für ihre Zulässigkeit nach § 4 I BDSG eines Gestattungstatbestandes, der in einer Rechtsvorschrift oder in der Einwilligung des betroffenen Athleten bestehen kann. Eine vom Probanden erklärte Zustimmung muss gegebenenfalls die allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen für Einwilligungen in die Beeinträchtigung höchstpersönlicher Rechtsgüter343 sowie die besonderen Wirksamkeitsvoraussetzungen der §§ 4, 4a BDSG344 erfüllen.

341

Vgl. S. Walz, in: S. Simitis, BDSG, § 11 Rn. 31. S. Walz, in: S. Simitis, BDSG, § 11 Rn. 31, verweist etwa auf die Geltung des Gebots der Datenvermeidung und -sparsamkeit aus § 3a BDSG. 343 Vgl. hierzu oben B.I.2.b)cc). 344 Vgl. hierzu oben D.III.1.a)bb)(1)(a). 342

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Dies bedeutet insbesondere, dass die Zustimmung auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruhen muss, für die ein überwiegendes Interesse an der Weiterleitung Voraussetzung ist. In den Fällen der Protokollweitergabe durch die Kontrollunternehmen an die NADA oder den zuständigen Verband als ihre(n) Auftraggeber(in) ist dieses überwiegende Interesse bei verhältnismäßiger Ausgestaltung des Weiterleitungsvorgangs unproblematisch deshalb gegeben, da Protokollierung und Protokollweitergabe einen notwendigen Teilschritt des Dopingkontrollverfahrens darstellen, durch den die NADA oder der Verband von der Durchführung der Kontrolle als solcher und darüber hinaus von besonderen Umständen der Probenahme in Kenntnis gesetzt werden, die für die Verwertbarkeit der gewonnen Probe von Bedeutung sein können. Da auch hinsichtlich des vom NADA-Code vorgesehenen Umfangs der Protokollierung keine Bedenken bestehen,345 überwiegt das schwergewichtige Interesse der NADA und der Verbände an einer effektiven Dopingbekämpfung das Interesse des Sportlers an der Unversehrtheit seines informationellen Selbstbestimmungsrechts. Des Weiteren ist die Wirksamkeit der Einwilligung der Athleten mit Blick auf § 4a I 2 BDSG davon abhängig, dass sie auf die Umstände der Protokollweitergabe so detailliert hingewiesen worden sind, dass sie den Umfang des damit verbundenen Eingriffs in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht hinreichend erfassen können. Hierzu ist erforderlich, dass die Sportler vor Abgabe der Einwilligung darüber unterrichtet werden, welche personenbezogenen Daten ganz konkret an welche Empfänger weitergegeben werden. In diesem Punkt stößt eine Einwilligung auf Bedenken, die als pauschale Zustimmung zu den vom NADACode und seinen Nebenbestimmungen vorgesehenen Datenverwendungen erteilt worden ist. Zwar geht aus den Bestimmungen des NADA-Codes noch mit hinreichender Deutlichkeit hervor, welche konkreten personenbezogenen Daten protokolliert werden und damit auch von der Weitergabe betroffen sind. Da allerdings vom NADA-Code über den Verweis auf die Bestimmungen des International Standard for Testing lediglich die Weitergabe der Protokolle durch das Kontrollunternehmen an die auftraggebende Stelle vorgesehen ist, fehlt es in den Fällen, in denen die Protokolle vom Kontrollunternehmen an andere Stellen als ihren Auftraggeber oder durch die NADA an den zuständigen Verband bzw. sonstige Stellen oder durch den auftraggebenden Verband an über- oder nachgeordnete Verbände bzw. andere Beteiligte weitergegeben werden sollen, am notwendigen Hinweis gemäß § 4a I 2 BDSG. Ist der Athlet den Anforderungen des § 4a I 2 BDSG entsprechend über die Protokollweitergabe unterrichtet worden und hat er seine Zustimmung schriftlich (§ 4a I 3 BDSG) und gegebenenfalls neben anderen Erklärungen gesondert hervorgehoben (§ 4a I 4 BDSG) erteilt, ist die Datenweitergabe dennoch gemäß § 4a III BDSG unzulässig, soweit sich in dem Protokoll Gesundheitsdaten oder 345

Vgl. hierzu oben D.III.4.b).

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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andere besondere Arten personenbezogener Daten i. S. d. § 3 IX BDSG finden, die in der schriftlichen Einwilligungserklärung nicht explizit aufgeführt sind. In den Bestimmungen des NADA-Codes über die zu protokollierenden Umstände wird allerdings an keiner Stelle die Aufnahme von Informationen in das Protokoll vorgegeben, die den Gesundheitszustand des Sportlers betreffen oder auch nur Rückschlüsse darauf zulassen. § 4a III BDSG ist daher im Normalfall für die Protokollweitergabe ohne Bedeutung. Da die Tätigkeit der Kontrollunternehmen nicht die Datenübermittlung zum eigentlichen Geschäftsgegenstand hat, sondern ihre Aufgabe darin besteht, die Probe zu nehmen und den Kontrollvorgang zu dokumentieren, während die Protokollweiterleitung lediglich der Information der Auftraggeber über die Einzelheiten der Erledigung dieser Aufgabe dient,346 kommt als gesetzlicher Gestattungstatbestand einzig und allein § 28 BDSG in Betracht. Die Weitergabe der Protokolle durch die Kontrollunternehmen an die NADA oder den zuständigen Verband als Auftraggeber kann allerdings nicht nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG gerechtfertigt werden, da sie nicht zu Zwecken eines rechtsgeschäftlichen oder eines rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses zwischen Kontrollunternehmen und Sportler erfolgt, sondern durch das Auftragsverhältnis zwischen NADA oder Verband und Kontrollunternehmen veranlasst ist. Demgegenüber erfüllt die Protokollweitergabe vom Kontrollunternehmen an die NADA oder den auftraggebenden Verband die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 28 I 1 Nr. 2 BDSG: Die NADA wie auch im Falle der Direktbeauftragung der zuständige Verband verfolgen als für die Datenweitergabe durch den Auftragsverarbeiter verantwortliche Stellen mit der Protokollübergabe das Ziel einer effektiven Dopingbekämpfung, das wiederum der Realisierung eines dopingfreien Sports dient, den sowohl die NADA als auch die Sportverbände als zentrale Zwecke ihrer Existenz definieren. Gegen das Interesse an der Durchführung der Datenweitergabe zur Umsetzung dieser Zwecke können Athleten, die sich vertraglich oder im Wege einer Vereinsmitgliedschaft in den Zuständigkeitsbereich der NADA und der Verbände begeben haben, kein überwiegendes Interesse am Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts vor der Kenntnisnahme der Protokollinhalte durch die NADA bzw. den zuständigen Verband einwenden. Eine Weiterleitung der Protokolle durch die Kontrollunternehmen an Dritte ist nicht gemäß § 28 I 1 Nr. 2 BDSG zulässig, soweit nicht ausnahmsweise ganz besondere Umstände gegeben sind, die nicht nur ein berechtigtes Interesse des Kontrollunternehmens an dieser Weiterleitung, sondern zudem auch noch das Überwiegen dieses Interesses gegenüber dem in jedem Fall ernstzunehmenden Interesse der Athleten am Schutz vor einer unangemessenen Verwendung ihrer Daten begründen. 346 Zur Einordnung der Datenverwendung der Kontrollunternehmen als nicht-geschäftsmäßiger Datenumgang vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(b).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Die Weitergabe des Protokolls durch die NADA an den für den betroffenen Sportler zuständigen Verband kann wiederum nur ausnahmsweise dann auf § 28 I 1 Nr. 1 BDSG gestützt werden, wenn zwischen der NADA und dem Athleten unmittelbar eine Vereinbarung bezüglich der Dopingkontrollen getroffen wurde, in der die Protokollweitergabe an den Verband vorgesehen ist oder für deren Zwecke die Weitergabe erforderlich ist. In einer solchen Vereinbarung wäre sogar ein pauschaler Verweis auf die Regeln des NADA-Codes über die Durchführung von Dopingkontrollen ausreichend. Denn wenn auch die NADA durch den NADA-Code nicht dazu ermächtigt wird, das Protokoll der Probenahme an die Verbände weiterzugeben, ergibt sich doch aus der Zielsetzung der Vereinbarung zwischen NADA und Sportler, die sich auf die Umsetzung des Dopingkontrollreglements bezieht, in Verbindung mit den Bestimmungen des NADA-Codes, die die Verbände für die Durchführung der Sanktionsverfahren zuständig erklären, dass im Fall von positiven Proben die Verbände Kenntnis von den Einzelheiten der Probenahme erhalten müssen, um die Umstände der Probenahme bei der Festlegung der Konsequenzen des Verstoßes berücksichtigen zu können. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung unmittelbar zwischen NADA und Sportler, kommt allerdings auch insoweit die Rechtfertigung der Protokollweitergabe nach § 28 I 1 Nr. 2 BDSG in Betracht. Sind die Umstände der Weitergabe unter Beachtung des Geeignetheits- und des Erforderlichkeitsprinzips ausgestaltet, sorgt der Umstand, dass die Verbände die Initiatoren des Anti-Doping-Kampfes und der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen sind, für ein überwiegendes Interesse ihrerseits an der Kenntnis von den Details der Probenahme. Dieses überwiegende Interesse, das zumindest die Kenntnisnahme von den Protokollinhalten durch einen geeigneten Verbandsvertreter abdeckt, rechtfertigt gleichzeitig auch die Weiterleitung der Protokolle seitens der NADA an die Verbände im Verhältnis der NADA zum betroffenen Athleten. Schließlich kann auch die Weitergabe von Probenahmeprotokollen durch den zuständigen Verband an übergeordnete Verbände nach § 28 BDSG gerechtfertigt sein. Besteht zwischen Verband und Sportler ein unmittelbares rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis, etwa in Form einer Athletenvereinbarung, in der der Athlet der Probenahme zustimmt, ist die Protokollweiterleitung nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zulässig, wenn ihre Erforderlichkeit zur Durchführung des Vertrages und hier zur Erreichung der Vereinbarungszwecke aus der Vereinbarung ersichtlich ist. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn die Weiterleitung an den übergeordneten Verband in der Vereinbarung ausdrücklich vorgesehen ist, zum andern dann, wenn aus der Vereinbarung deutlich wird, dass zur Erreichung des Fernziels „dopingfreier Sport“ die Kenntnisnahme vom Protokollinhalt durch einen Vertreter des übergeordneten Verbandes notwendig ist. Hierzu reicht es aus, dass anhand der Vereinbarung und der darin in Bezug genommenen Regelwerke erkennbar ist, dass die Regelung der Details der Probenahme aus der Umsetzung von Vorgaben herrührt, die der übergeordnete Verband im Bemühen um Rechts-

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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vereinheitlichung innerhalb der nachgeordneten Verbände beschlossen hat. Geht die Kontrollprozedur, zu der auch die Protokollierung der Probenahme gehört, auf Vorgaben zurück, deren Umsetzung der übergeordnete Verband den nachgeordneten Verbänden zur Pflicht gemacht hat, besteht aufseiten des übergeordneten Verbandes ein schutzwürdiges Interesse daran, die Protokolle zwecks Überprüfung der Einhaltung dieser Vorgaben zu erhalten. Dem steht kein überwiegendes Interesse der Sportler an der Unterlassung der Weiterleitung an den übergeordneten Verband entgegen: Für die Interessenabwägung ist entscheidend, dass der durch die Protokollierung ohnehin erfolgte Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten durch die Weiterleitung der Protokolle an den übergeordneten Verband bei verhältnismäßiger Ausgestaltung des Weiterleitungsvorgangs nicht wesentlich intensiviert wird. Im Vergleich zu den Nachteilen der Protokollweitergabe für die Sportler, die sich darauf beschränken, dass der Kreis der Personen, die vom Inhalt des Protokolls Kenntnis haben, geringfügig erweitert wird, stellt sich das Interesse der Verbände an der Rechtsvereinheitlichung und an der rechtlichen Absicherung der Anti-Doping-Maßnahmen als bedeutsamer dar. Fehlt es an einem unmittelbaren rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnis zwischen Verband und Athlet, ist aus den vorstehenden Erwägungen heraus ein berechtigtes Interesse des Verbands an der Protokollweitergabe i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG anzunehmen, während nach wie vor keine Anhaltspunkte für ein überwiegendes gegenläufiges Interesse des Sportlers erkennbar sind. Die Protokollweitergabe ist daher in diesem Fall nach § 28 I 1 Nr. 2 BDSG zulässig. In allen angesprochenen Fallkonstellationen setzt die Annahme des für die Wirksamkeit der Einwilligung oder nach den Gestattungsnormen des BDSG notwendigen überwiegenden Interesses des jeweiligen Datenverwenders voraus, dass der Vorgang der Protokollweitergabe unter Beachtung des Erforderlichkeitsprinzips ausgestaltet ist. In diesem Sinne ist besonders darauf zu achten, dass die für die Gewährleistung der Sicherheit des Protokolls vor Beschädigung und Verlust, unbefugter Kenntnisnahme oder Manipulation erforderlichen Maßnahmen im für die Verbände zumutbaren Umfang getroffen sind.347 Die getroffenen Maßnahmen müssen den Anforderungen genügen, die von § 9 BDSG und der Anlage zu § 9 aufgestellt werden. Des Weiteren ist die Anzahl der Personen, die aufseiten der weiterleitenden Stelle wie auch aufseiten des Empfängers mit dem Protokoll in Berührung kommen, auf ein Mindestmaß zu beschränken.

347 Die vom IOC 1984 in Los Angeles praktizierte Aufbewahrung von Kontrollunterlagen in einem Hotelzimmer dergestalt, dass nach ihrem Verschwinden nicht einmal festgestellt werden kann, ob sie gestohlen oder geschreddert worden sind – vgl. FAZ v. 22.08.94, S. 22, u. v. 30.08.94, S. 26 – genügt diesen Anforderungen offenkundig nicht.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

b) Zulässigkeit der Datenweiterleitung als Eingriff ins allgemeine Persönlichkeitsrecht Folgt man der zutreffenden Auffassung, dass die Grundsätze zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht auf Persönlichkeitsrechtseingriffe ergänzend anwendbar sind, auch wenn es sich bei diesen Eingriffen um Beeinträchtigungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts handelt, für die bereits die Regelungen des BDSG gelten,348 stellt sich auch bezüglich der Protokollweitergabe die Frage, ob der Schutz der Athleten durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht Einschränkungen gebietet, die über die Anforderungen hinausgehen, die das BDSG an die Datenverwendung stellt. Dies wäre dann der Fall, wenn die persönlichkeitsrechtliche Tragweite der Datenweitergabe vom BDSG nicht hinreichend erfasst wäre und der vom BDSG gewährte Schutz der Betroffenen hinter dem Schutzniveau zurückbliebe, das mit Blick auf die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geboten ist. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass die durch die Protokollweitergabe verwirklichten Datenverwendungstatbestände der Datennutzung und der Datenübermittlung durch das BDSG auf eine Weise geregelt wären, die zu einem persönlichkeitsrechtlich unzureichenden Schutzniveau führt. Ebenso ist nicht feststellbar, dass die Datenverwendung in Form der Protokollweitergabe durch die einschlägigen Verwendungstatbestände des BDSG nicht vollumfänglich hinsichtlich ihrer Wirkung als Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht erfasst wäre. Unter dem Aspekt der damit verbundenen Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Sportler ergeben sich daher aus den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht keine zusätzlichen Einschränkungen für die Protokollweitergabe. Da durch die Protokollweitergabe auch keine weiteren Facetten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts neben dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Athleten berührt werden, resultieren zusätzliche Einschränkungen auch nicht aus dessen weiterem Schutzbereich. 6. Gynäkologische/urologische Untersuchung anlässlich der Urinprobenahme Im Zuge der Überlegungen zur Sichtkontrolle ist bereits zur Sprache gekommen, dass für die Kontrolleure bei Urinkontrollen ein erhebliches Risiko besteht, von den Athleten hinters Licht geführt zu werden. Während die anlässlich der Olympischen Spiele von Athen 2004 in die öffentliche Diskussion geratene Sack-Schlauch-Konstruktion noch ohne zusätzliche Hilfsuntersuchungen oder

348 Zur ergänzenden Anwendbarkeit der Grundsätze zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht vgl. oben B.II.2.a).

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Hilfsmaßnahmen bei der Kontrolle349 allein durch die aufmerksame Beobachtung des Vorgangs bemerkt werden kann, ist dies bei anderen Tricks zur Verschleierung der Dopinganwendung offenkundig nicht mehr der Fall. Bereits die technisch nicht wesentlich aufwendigere Methode unter Verwendung von in die Scheide eingeführten uringefüllten Kondomen, die bei der Probenahme mit einem spitzen Gegenstand angestochen oder mit scharfen Fingernägeln angeritzt werden,350 kann von den Kontrolleuren mangels sonstiger äußerlicher Hinweise nur noch dann aufgedeckt werden, wenn sie die Athletin so aufmerksam und so lückenlos observieren, dass ihnen der kurze Moment des Anstichs nicht entgeht. Gleiches gilt für die Präparierung des Harnröhrenausgangs mit probezerstörenden oder dopingverschleiernden Substanzen, die mit der Urinabgabe in die Probe gelangen,351 eine Manipulationstechnik, die überhaupt nur dann möglicherweise durch die ununterbrochene lückenlose Beobachtung des Sportlers vom Moment der Benachrichtigung an bis zur Urinabgabe verhindert werden kann, wenn der Athlet nicht bereits zuvor in weiser Voraussicht das Notwendige unternommen hat. Gänzlich unmöglich dürfte bereits die Entdeckung von in die Scheide eingeführten Urindepots sein, die mittels Schließmuskelventil ausgelöst werden,352 da bei dieser Technik weder die Betrugsvorrichtung äußerlich erkennbar ist noch eine äußerlich erkennbare Handlung zu ihrer Inbetriebnahme erfolgt. Gleiches gilt für den Urinaustausch per Katheter vor der Probenahme. Belegen die aufgeführten Beispiele von Urinprobenmanipulationen, dass die betrügerischen Tricks zwischenzeitlich auf ein Perfektionsniveau weiterentwickelt worden sind, das es den Kontrolleuren unmöglich macht, die Manipulationstechniken durch eine auch noch so gewissenhaft durchgeführte Sichtkontrolle der Urinabgabe zu entlarven,353 bleibt aus Sicht der Dopingbekämpfer nur der Weg, auf der Kontrollseite entsprechend nachzurüsten. In diesem Sinne erscheint der Vorschlag aktueller denn je, es sollten insbesondere die weiblichen Athleten vor der Urinabnahme einer gynäkologischen Untersuchung unterzogen werden, um auf diese Weise zu verhindern, dass der für die Analyse bestimmte Urin aus kurz zuvor in die natürlichen Körperöffnungen eingeführten Urindepots abgegeben wird, die mit „sauberem“, dopingmittelfreiem Urin gefüllt sind.354

349 Mit Blick auf diese Manipulationstechnik äußerte K. Wengoborski, NADA-beauftragter Dopingkontrolleur, die Idee zur Verwendung von Unterspiegelungen, vgl. FAZ v. 11.12.04, S. 32. 350 Vgl. FAZ v. 30.10.04, S. 31. Vgl. den Artikel „Training besonderer Art“ im Sportteil der SZ v. 12.02.92. 351 Vgl. FAZ v. 03.11.06, S. 32. 352 Vgl. FAZ v. 23.11.05, S. 35; FAZ v. 03.11.06, S. 32. 353 Zur Vermutung der Anwendung entsprechender Praktiken vgl. FAZ v. 29.03.05, S. 32. 354 Diesen Vorschlag äußerte bereits 1992 Hans Evers, der damalige Vorsitzende der Anti-Doping-Kommission (ADK) des DSB, vgl. FAZ v. 27.02.92, S. 32.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

a) Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Tatsächlich wäre in einer solchen Untersuchung eine quantitative wie auch qualitative Erweiterung des ohnehin mit der Dopingkontrolle verbundenen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Athleten zu sehen. Denn der Eingriff in den Intimbereich der Athleten würde dadurch verschärft, dass sie nicht mehr nur die Beobachtung bei einer intimen Tätigkeit erdulden, sondern darüber hinaus eine aktive Untersuchung ihrer körperlichen Intimsphäre über sich ergehen lassen müssten. Die Berührung nur mit Blicken, die als solche schon ein sehr erhebliches Gewicht als Persönlichkeitsrechtseingriff aufweist, würde erstens durch die mit der Untersuchung verbundene körperliche Berührung nochmals auf ein höheres Qualitätsniveau gehoben und zweitens durch die Einbeziehung innerer Körperbereiche in die Beobachtung in ihrem Umfang erweitert. Hinzukommt, dass die gynäkologische und die urologische Untersuchung dem Kontrolleur Erkenntnisse über den Gesundheitszustand der Sportler in einem höchst sensiblen Bereich liefern, indem sie gegebenenfalls das Vorhandensein von Geschlechtskrankheiten oder anderen augenscheinlich erkennbaren Gesundheitsumständen offenbaren können. b) Persönlichkeitsrechtsverletzung Nach der oben dargelegten Systematik des Persönlichkeitsschutzes müsste von den Verbänden ein überwiegendes Interesse an der Durchführung der gynäkologischen und urologischen Untersuchungen geltend gemacht werden können, damit einschlägige Bestimmungen in den Regelwerken angemessen und billig und die Einwilligungen der Athleten als freiwillig anzusehen wären.355 Aufseiten der Sportler sprechen weitgehend dieselben Interessen gegen die zusätzlichen Untersuchungen, die auch bereits gegen die Urinkontrolle als solche in Anschlag gebracht worden sind. Lediglich der Eingriff ins informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten ist insofern etwas anders gestaltet, als durch die gynäkologische und urologische Untersuchung keine Informationsmasse über den Athleten beschafft wird, sondern die intimen Kenntnisse über den Gesundheitszustand der Geschlechtsorgane nur quasi als Abfallprodukt der Untersuchung anfallen; des Weiteren ist eine Beeinträchtigung der Selbstbestimmung über die eigenen Körperprodukte und -substanzen nicht erkennbar, da die Untersuchung als solche keine Probenahme erfordert; ebenso fehlt es an einer Beeinträchtigung des Rechts, nicht aktiv an der eigenen Überführung mitwirken zu müssen, da die Athleten die Untersuchung nur passiv erdulden müssen. Andererseits findet die zentrale Rechtsbeeinträchtigung, die im Eingriff in die Intimsphäre der Sportler zu sehen ist, aus den bereits ausgeführten Gründen in erheblich intensivierter Weise statt. 355

Vgl. oben B.I.2.b)cc)(2) und C.III.2.b)bb)(1).

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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Wiederum für eine geringere Intensität des Eingriffs scheint die Beobachtung zu sprechen, dass vergleichbare Untersuchungen auch im Rahmen der Gesundheitsvorsorge durchgeführt werden, indem der Intimbereich etwa zu Zwecken der Krebsfrüherkennung intensiv inspiziert wird. Der Vergleich mit ärztlichen Untersuchungen ist allerdings aus dem Grund wenig hilfreich, da Hintergrund und Motivation der Zustimmung hier und dort völlig unterschiedlich gelagert sind. Irgendein Zwang, der im Fall der Untersuchungen bei Dopingkontrollen überhaupt erst die Notwendigkeit der Interessenabwägung auslöst, ist bei ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen nicht gegeben. Es steht dem Betroffenen hier völlig frei, sich der Untersuchung zu unterziehen oder den Arzt nicht an sich heranzulassen. Akzeptiert der Patient daher den ärztlichen Eingriff in seinen Intimbereich, indiziert die Zustimmung des Betroffenen im Regelfall ohne Einschränkungen die freiwillige Einwilligung in die Untersuchung. Tatsächlich führte auch die in dieser Situation gar nicht notwendige Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass hier ein überwiegendes Eigeninteresse des Betroffenen an der Durchführung der intimen Untersuchung gegeben ist. Die Vorsorgeuntersuchung soll letztlich verhindern, dass der Betroffene sein Leben durch die Verschleppung von Krankheiten gefährdet, die bei rechtzeitiger Erkennung geheilt werden können. Zu ihren Gunsten steht somit das existentielle Interesse am Schutz des eigenen Lebens gegen das persönlichkeitsrechtliche Interesse an der Unversehrtheit der Intimsphäre. Die Duldung einschlägiger Eingriffe durch die Athleten anlässlich von ärztlichen Untersuchungen hat hiernach keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Eingriffsintensität entsprechender Untersuchungen zu Dopingkontrollzwecken. Zugunsten des Eingriffs sind erneut diejenigen Interessen anzuführen, die auch bereits für das Dopingverbot im Allgemeinen und für die Dopingkontrolle im Wege der Urinprobe genannt worden sind. Wie hinsichtlich der Urinkontrolle ist auch für die Annahme eines überwiegenden Interesses an den zusätzlichen Untersuchungen unabdingbare Voraussetzung, dass deren Durchführung zum Schutz der relevanten Interessen geeignet und erforderlich ist. Angesichts der im Vergleich zur bloßen Sichtkontrolle bei der Urinabgabe nochmals gesteigerten Intensität des Eingriffs ist die Eignungs- und Erforderlichkeitsprüfung noch aufmerksamer als ohnehin durchzuführen. Voraussetzung dafür, dass die urologische Untersuchung einen Beitrag zur Überführung von Dopingverwendern leisten kann, ist, dass von den männlichen Athleten angewandte Dopingtechniken erstens Manipulationen in den betreffenden Körperbereichen zum Gegenstand haben und zweitens diese Manipulationen auch Spuren in den zu untersuchenden Körperbereichen hinterlassen, die es ermöglichen, den Sportler über die urologische Untersuchung gerichtsfest des Dopingverstoßes zu überführen. Dass entsprechende Dopingtechniken nicht nur existieren, sondern auch bereits in der Praxis angewandt wurden, ist aus den Berichten von Kontrolleuren und ehemaligen Branchen-Insidern bekannt. Neben der oben bereits erwähnten, noch verhältnismäßig primitiven Sack-Schlauch-Me-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

thode und der schon erheblich raffinierteren Präparierung des Harnröhrenausgangs mit probezerstörenden oder -verfälschenden Substanzen wären hier etwa die Manipulation mittels eines im Anus plazierten Urintanks oder die von Jef D’hont, dem ehemaligen Team-Telekom-Betreuer, beschriebene UrinaustauschMethode zu nennen. Bei der Gummitank-Methode wird ein Gummitank im Anus des Athleten plaziert, der über einen am After endenden Katheter zunächst befüllt und dann bei der Urinabgabe auch wieder entleert werden kann.356 Im Wege einer vergleichbar aufwendigen Prozedur wird bei der Urinaustausch-Methode ein Katheter durch die männliche Harnröhre bis zur Blase hin eingeführt und sodann über diesen Katheter die Blase entleert und mit unbelastetem Urin wieder aufgefüllt.357 Jedenfalls die Manipulation von Proben durch die Einführung von körnchenförmigen Fremdsubstanzen in den Harnröhrenausgang oder auch der Anus-Gummitank könnten durch die urologische Untersuchung aufgedeckt werden, so dass diese eine geeignete Ergänzung der gängigen Dopingkontrollprozedur darstellen würde. Im Rahmen der Frage nach ihrer Erforderlichkeit ist der Begriff der urologischen Untersuchung wie folgt zu präzisieren: Da die Zulässigkeit der ohnehin vorgeschriebenen äußerlichen Sichtkontrolle beim Wasserlassen bereits festgestellt wurde, bedarf es unter dem Stichwort der urologischen Untersuchung lediglich noch der Zulässigkeitsprüfung in Bezug auf solche Untersuchungsmethoden, die über die Sichtkontrolle nach den bereits bestehenden Regeln hinausgehen. Im Gegensatz zu dieser Sichtkontrolle, die sich streng an die aus der Bierwerbung bekannte Vorgabe „Nur gucken, nicht anfassen!“ 358 hält, müsste die urologische Untersuchung entsprechend ihrem Sinn und Zweck sämtliche im Bereich der Urologie üblichen Untersuchungstechniken umfassen, wozu auch eingehendere Untersuchungen des Genitalbereiches gehören, die etwa handgreifliche Echtheitsprüfungen und Einblicke in die natürlichen Körperöffnungen mitbeinhalten. Die Erforderlichkeit derartiger urologischer Untersuchungen scheiterte nicht daran, dass Urinmanipulationen unter Verwendung von Fremdurin auch auf anderem Wege, etwa durch die Identifizierung des Urins über DNA-Tests oder über zuvor gespeicherte Urinprofile entlarvt werden könnten. Selbst wenn auch der Nachweis von Manipulationen mit Eigenurin auf diesem Wege möglich wäre, könnte hierdurch beispielsweise der Einsatz von probeverfälschenden Substanzen nicht verhindert werden. Ebensowenig wird man der Forderung nach urologischen Untersuchungen entgegenhalten können, die insoweit relevanten Täuschungsmethoden könnten durch die bereits geregelte Sichtkontrolle mit vorausgehender aufmerksamer Beobachtung der Athleten vermieden werden. Wiederum 356 Eine anschauliche schematische Darstellung der Methode in Bildform mit Funktionsbeschreibung findet sich in der FAZ v. 30.10.04, S. 31. 357 Vgl. FAZ v. 30.04.07, S. 34. 358 Vgl. den Werbe-Spot der Veltins-Brauerei mit Simone Thomalla und Rudi Assauer im Sommer 2007 und im Frühjahr 2008.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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mit Blick auf die soeben bereits erwähnte Platzierung von Fremdstoffen in der Harnröhre erscheint es durchaus denkbar, dass die entsprechenden Mittel nicht erst in der Phase zwischen Benachrichtigung von der Dopingkontrolle und Urinabgabe, sondern vorsorglich bereits vor der Benachrichtigung platziert werden. In diesem Fall können sie vom verantwortlichen Kontrolleur selbst bei allerstrengster Observation des Sportlers nicht entdeckt werden. Im Hinblick auf die Geeignetheit und Erforderlichkeit gynäkologischer Untersuchungen gilt das eben Gesagte weitestgehend analog. Diejenigen Dopingpraktiken, mit denen die Notwendigkeit urologischer Untersuchungen bei den männlichen Athleten begründet worden ist, können größtenteils ebenso auch von weiblichen Athleten angewendet werden. Dies gilt für die Präparierung des Harnausgangs mit probeverfälschenden Substanzen ebenso wie für die Einführung von Urintanks in die natürlichen Körperöffnungen. Im Gegenteil genießen die weiblichen Sportler insoweit sogar den Vorteil, dass – anders als bei den Männern, denen Urintanks nur in den Anus eingeführt werden können – in unmittelbarer Nähe des Harnausgangs der notwendige Platz zur Einlagerung der Urindepots zur Verfügung steht. Um allerdings dem Erforderlichkeitsgrundsatz Genüge zu tun, könnte die Zulassung einer urologischen wie auch einer gynäkologischen Untersuchung nicht ohne konkrete Vorgabe der im Einzelnen zulässigen Untersuchungsmaßnahmen erfolgen, da nicht davon auszugehen ist, dass sämtliche denkbaren urologischen und gynäkologischen Untersuchungsmethoden zur Aufdeckung von Dopingverstößen erforderlich sind. Vor dem Erlass einer einschlägigen Untersuchungsermächtigung müssten die Verbände daher unter Hinzuziehung von Fachleuten aus Urologen- und Gynäkologenkreisen feststellen, welche Untersuchungsmaßnahmen unverzichtbar oder jedenfalls nicht durch weniger eingriffsintensive Maßnahmen ersetzbar wären. Nur diese Maßnahmen könnten den Athleten zur Einwilligung vorgelegt werden, um die Freiwilligkeit der Zustimmung nicht zu gefährden. Selbstverständlich müsste das Gewicht des Eingriffs durch den Einsatz geeigneten – falls dies von den Betroffenen gewünscht wird, gleichgeschlechtlichen – Fachpersonals sowie durch weitestmögliche Diskretion und Rücksichtnahme bei der Durchführung der Untersuchung so niedrig wie möglich gehalten werden. Wären hiernach sowohl bestimmte urologische als auch bestimmte gynäkologische Untersuchungen zur Dopingbekämpfung geeignet und auch erforderlich, müssten sie wie alle sonstigen Anti-Doping-Maßnahmen auch angemessen und von einem überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen gedeckt sein. Die Antwort auf die Frage nach der Angemessenheit kann auf den Überlegungen zur Interessenabwägung bei der einfachen Sichtkontrolle aufbauen. Hatte die Interessenabwägung dort zum Ergebnis, dass die für die Sichtkontrolle sprechenden Interessen trotz des schwerwiegenden Eingriffs in die Intimsphäre der Athleten zur

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Rechtfertigung der Kontrollmaßnahme ausreichen, ist nunmehr lediglich noch zu fragen, ob die Intensivierung des Eingriffs in die Intimsphäre, die durch die zusätzliche Untersuchung ausgelöst wird, den Zeiger der Waage in die andere Richtung umschlagen lässt. War die entscheidende Überlegung im Rahmen der Abwägung bei der Sichtkontrolle, dass die intensive Beeinträchtigung so gewichtiger Rechtspositionen wie des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit Blick auf den Identitätsverlust hinzunehmen ist, den das Verbot der Sichtkontrolle für die Sportvereinigungen nach sich ziehen würde, kann auch die nochmalige Verschärfung dieser Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung in Form der zusätzlichen gynäkologischen und urologischen Untersuchungen nicht zu einem anderen Ergebnis führen, soweit diese Untersuchungen erforderlich sind. Auch mit Blick auf die zusätzlichen Untersuchungen ist im Falle ihrer Erforderlichkeit davon auszugehen, dass die Umsetzung des Interesses der Verbände an einer möglichst lückenlosen Dopingbekämpfung in erheblichem Umfang vereitelt wäre, würde man ihnen die Möglichkeit zur Durchführung der erforderlichen Untersuchungen nehmen. Auch die Frage nach der Zulässigkeit der zusätzlichen Untersuchungen erweist sich daher für die Verbände nicht als eine von vielen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Dopingbekämpfung stellen, sondern als Frage, die sehr unmittelbar ihre Existenz berührt. Da sich das Bedürfnis nach den Zusatzuntersuchungen vor diesem Hintergrund als existentielles Bedürfnis darstellt, müssen die betroffenen Athleten auch insoweit erneut in ihrem Interesse an der Unversehrtheit ihrer Intimsphäre zurückstecken. c) Ergebnis: Zulässigkeit von gynäkologischen und urologischen Untersuchungen Im Ergebnis ist nach alledem festzuhalten, dass die Verbände zur Einführung von gynäkologischen und urologischen Untersuchungen im Rahmen von Urinkontrollen berechtigt sind, bei der Ausgestaltung einschlägiger verbandsrechtlicher Regelungen aber strengstens auf die Erforderlichkeit der angeordneten Untersuchungen zu achten haben. 7. Zeitliche Ausdehnung der Urinprobenahme auf zwei Proben im Abstand von 2–3 Stunden Bereits 1992 anlässlich der in Südafrika genommenen Proben der Sprinterinnen Katrin Krabbe, Grit Breuer und Silke Möller wurde von namhaften Dopingbekämpfern die Durchführung einer zweiten Probe drei Stunden nach der ersten oder zumindest am darauffolgenden Tag gefordert, um hierdurch Manipulationen der Urinprobe durch die Sportler zu vermeiden.359 Die Forderung wurde bald 359 So der damalige Leiter des Kölner Dopinglabors, Prof. Manfred Donike, vgl. die Meldung „Ottey droht Rivalin Krabbe mit Klage“ in der Süddeutschen Zeitung v.

III. Die Dopingkontrolle per Urinprobe

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darauf von juristischer Seite in Form des Vorschlags wieder aufgegriffen, die Athleten sollten nach der ersten Probenahme für einen Zeitraum von zwei bis drei Stunden unter strenger Aufsicht festgehalten und sodann eine zweite Urinprobe genommen werden.360 Erfolgreich praktiziert wurde diese Methode nach eigenen Angaben von dem NADA-beauftragten Doping-Kontrolleur Klaus Wengoborski im Fall des österreichischen Leichtathleten Andreas Berger: Nachdem dieser eine erste Probe allzu bereitwillig abgegeben hatte, fiel eine vor Ort eingeforderte, im Anschluss von Berger abgegebene zweite Probe positiv aus.361 Tatsächlich wäre wohl durch ein derartiges Procedere weitergehend als bisher gewährleistet, dass unverfälschtes Urin der Probanden zur Überprüfung gelangte, da für die Athleten die Möglichkeit, im nahen Vorfeld der Urinabgabe Täuschungsmanöver wie einen Urinaustausch oder ähnliches durchzuführen, erheblich eingeschränkt wäre. Die Frage nach den zusätzlichen Rechtsbeeinträchtigungen, die zulasten der Sportler mit der „Doppelprobe“ verbunden sind, ist hinsichtlich eines Teils der von der Urinprobe in Mitleidenschaft gezogenen Rechtspositionen dahingehend zu beantworten, dass sie durch die erweiterte Inanspruchnahme der Athleten nicht wesentlich schwerer betroffen sind. Die weitergehenden Einschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Berufsfreiheit beschränken sich auf die Behinderung, die mit der Verlängerung der Pflicht zum Verbleib am Ort der Dopingkontrolle verbunden ist, und erlangen somit neben der Einschränkung der Fortbewegungsfreiheit keine nennenswerte Bedeutung. Bedenken gegen die vorgeschlagene Verschärfung des Kontrollmodus resultieren aus dem Hinzutreten einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme zu den bisher mit der Kontrolle verbundenen Eingriffen in die Rechte der Sportler.362 Was die persönlichkeitsrechtlichen Positionen der Athleten angeht, bleibt zwar der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler unverändert, wenn in beiden Fällen eigener, aktuell produzierter und auch sonst nicht verfälschter Urin abgegeben wird. Allerdings wäre mit dieser Abänderung des Kontrollmodus zudem eine Verstärkung des Eingriffs in die Intimsphäre, in das Recht zur Selbstbestimmung über die eigenen Körpersubstanzen und in das Recht, nicht an der eigenen Überführung mitwirken zu müssen, insofern verbunden, als die Sportler sich nicht mehr nur einmal, sondern zweimal der genauen Observa21.02.92. Ähnlich der damalige Vorsitzende der Anti-Doping-Kommission, Hans Evers, der eine zweite Probenahme im Abstand von drei bis vier Stunden vorschlug, vgl. FAZ v. 27.02.92, S. 32. 360 K.Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 92 f. 361 Vgl. das Interview mit K. Wengoborski in der FAZ v. 11.12.04, S. 32. 362 Auf die Möglichkeit einer entsprechenden Ausdehnung der Urinprobenahmen angesprochen, äußerte sich der Leiter des Dopinglabors in Kreischa Prof. Klaus Müller dahingehend, eine Erstreckung der Abnahmeprozedur über eine halbe bis zwei Stunden sei für die Gutwilligen unzumutbar, vgl. FAZ v. 30.10.04, S. 31.

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tion beim Wasserlassen unterziehen, in zwei Fällen den eigenen Urin in fremde Obhut übergeben und durch zwei Handlungen gegebenenfalls zur Selbstbelastung beitragen müssten. Aufbauend auf den Überlegungen zur (einfachen) Urinprobe ist hiernach zu ermitteln, ob die Interessenabwägung angesichts der Verlängerung der Freiheitsbeschränkung und angesichts der „Verdoppelung“ der Eingriffe in die zuletzt genannten Persönlichkeitsrechte weiterhin ein überwiegendes Interesse an der Durchführung der (nunmehr zweifachen) Urinprobe zum Ergebnis hat. Voraussetzung dafür, dass die Interessenabwägung zugunsten der Doppelkontrolle ausfallen kann, ist die Geeignetheit und vor allem die Erforderlichkeit dieser erweiterten Kontrolle. Die Geeignetheit der Doppelkontrolle setzt voraus, dass diese im Vergleich zur Einfachkontrolle eine verbesserte Kontrollwirkung entfaltet. Inwieweit dies der Fall ist, hängt davon ab, ob es Betrugstechniken gibt, die dem Athleten nur die einmalige Abgabe einer manipulierten Probe ermöglichen bzw. ob davon auszugehen ist, dass die Sportler trotz entsprechender Möglichkeiten nicht für die Doppelprobe gerüstet zur Kontrolle antreten würden. Letzteres steht allerdings bei Athleten, die den mit der Vorbereitung der einschlägigen Praktiken verbundenen Aufwand und die damit einhergehenden Unannehmlichkeiten auf sich nehmen, wohl kaum zu erwarten. Zielt die Idee der Doppelprobe darauf ab, die Sportler zur Abgabe frisch produzierten, unverfälschten eigenen Urins zu zwingen, nachdem sie den in den Körperöffnungen vorgehaltenen, unbelasteten Urin im ersten Durchgang abgeben mussten, käme es demnach darauf an, inwieweit die einschlägigen Betrugsvorrichtungen auch für einen zweimaligen Gebrauch präpariert werden können. Erforderlich wäre die Doppelprobe dann, wenn diejenigen Täuschungstechniken, die durch die doppelte Urinabgabe aufgedeckt werden könnten, nicht auch auf eine andere Weise nachgewiesen oder verhindert werden könnten, die weniger weitgehend in die Rechte der Athleten eingreift. Mit Blick auf die eben dargestellte, mit der Doppelprobe beabsichtigte Wirkung fehlte es an der Erforderlichkeit der Doppelprobe, wenn die Techniken zur Abgabe verfälschten Urins auch auf andere Weise ans Licht gebracht werden könnten. An dieser Stelle kommt erneut die Möglichkeit zur Durchführung gynäkologischer und urologischer Untersuchungen ins Spiel. Soweit von medizinischer Seite bestätigt würde, dass diejenigen Betrugstechniken, die durch die Doppelprobe aufgedeckt werden sollen, mit der erforderlichen Sicherheit auch über die bereits weiter oben diskutierten körperlichen Untersuchungen der Athleten nachgewiesen werden könnten, dürfte mit Blick auf den Erforderlichkeitsgrundsatz nur diejenige Kontrollmethode von den Verbänden eingeführt werden, die den weniger schwerwiegenden Eingriff in die Rechte der Sportler bedeutete. Der Vergleich der beiden Eingriffsmethoden unter diesem Aspekt erweist sich deshalb als problematisch, weil sich das Gewicht des Eingriffs in die Intimsphäre, der bei der

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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Durchführung körperlicher Untersuchungen im Mittelpunkt steht, nicht nach rein objektiven Kriterien messen lässt. Die im Zusammenhang mit der Einführung der Sphärentheorie bereits dargestellte Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht und offener Tatbestand, die zu einem guten Teil dem Rechtsgutsinhaber die Bestimmung der Wichtigkeit der persönlichkeitsrechtlich geschützten Interessen überlässt,363 führt dazu, dass der eine Athlet sein Schamgefühl durch die Untersuchung so erheblich beeinträchtigt sieht, dass er demgegenüber die Belästigung durch die Ausdehnung der Kontrollprozedur als geringfügig empfindet, während der andere kein Problem darin sieht, sich der Untersuchung zu unterziehen, so dass ihm die Rechtsbeeinträchtigung durch eine zweistündige Gefangenschaft als deutlich weitergehender Eingriff in seine Rechte erscheint. Sollten daher beide Methoden – Durchführung von Untersuchungen und Doppelprobe – aus medizinisch-technischer Sicht gleichermaßen zur Vermeidung von Urinmanipulationen in Betracht kommen, müsste die diesbezügliche Regelung von den Verbänden so gefasst werden, dass den Sportlern die Wahl überlassen bleibt, ob sie sich einer Einmalkontrolle mit gynäkologischer oder urologischer Untersuchung oder der zeitaufwendigeren Doppelkontrolle ohne zusätzliche Untersuchung unterziehen.

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe Von der überwiegenden Mehrzahl der Sportverbände werden inzwischen sowohl im Zuge von Trainingskontrollen als auch im Rahmen von Wettkampfkontrollen Blutproben von den Athleten genommen. Während derartige Bluttests in verschiedenen Sportarten bereits seit geraumer Zeit durchgeführt werden,364 haben andere Sportverbände ihre Kontrollreglements erst in jüngerer Zeit entsprechend ergänzt.365 So wurden beispielsweise 2002 in Japan/Südkorea erstmals 363

Vgl. oben B.I.2.b)aa). Vom Internationalen Skiverband (FIS) werden Blutkontrollen bei großen Skilanglaufwettbewerben bereits seit 1997 durchgeführt, vgl. FAZ v. 23.02.02, S. 36, ebenso beim Deutschen Skiverband (DSV) bei den eigenen Athleten, vgl. FAZ v. 07.12.1996. 2001 wurden erstmals Blutproben im Eisschnellauf und in der Leichtathletik untersucht, vgl. FAZ v. 13.03.02, S. 46, während kombinierte Blut- und Urintests, bei denen ein besonderer EPO-Nachweis anhand der Urinprobe durchgeführt wird, wenn die Blutprobe bestimmte Anzeichen von EPO-Missbrauch aufweist, von der EisschnelllaufUnion (ISU) bereits seit 1998 vereinzelt und auf freiwilliger Basis durchgeführt wurden, vgl. FAZ v. 17.11.01, S. 40, FAZ v. 14.03.98, S. 30. Vom Internationalen Schwimmverband FINA wurden die Regeln betreffend Blutkontrollen im April 2002 dahingehend reformiert, dass Bluttests fortan jederzeit anstelle von Urinproben oder ergänzend dazu genommen werden können, vgl. FAZ v. 04.04.02, S. 38. 365 So ist etwa die Erweiterung des DLV-Regelwerks um die notwendigen Rechtsgrundlagen für Trainingskontrollen auf Blutdoping im Frühjahr 2002 in Angriff genommen worden, vgl. FAZ v. 18.03.02, S. 44. 364

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

auch die Teilnehmer an einer Fußballweltmeisterschaft zu Dopingkontrollzwecken zur Blutabgabe gebeten.366 Bei der Tour de France 2002 wurden erstmals zwischen 70 und 90 Blutkontrollen während der Rundfahrt durchgeführt, nachdem – ebenfalls eine Neuerung – vor dem Start bereits alle Fahrer eine Blutkontrolle über sich ergehen lassen mussten.367 Im NADA-Code ist die Durchführung von Blutkontrollen von Art. 7.7 i.V. m. Ziff. 4.4 Anh. 2/Ziff. 4.4 Anh. 3, Anh. 6 NADA-Code geregelt. Die Bestimmungen des NADA-Codes ordnen allerdings nicht selber bereits die Durchführung von Blutkontrollen etwa für alle diejenigen Fälle an, in denen der Code auf die Durchführung von Dopingkontrollen Anwendung findet, sondern beschränken sich darauf, Vorgaben für den Fall zu machen, dass Blutkontrollen vorgenommen werden. Ob im Zuge einer konkreten Dopingkontrolle überhaupt Blutkontrollen vorgenommen werden, richtet sich daher nach den verbandsspezifischen Regelwerken, die vom Verein zum Bestandteil des Mitgliedschaftsverhältnisses oder der vertraglichen Vereinbarungen mit den Athleten gemacht worden sind. 1. Zulässigkeit der Blutprobenahme als Informationsbeschaffungsakt Ebenso wie bei der Urinkontrolle ist auch bei der Blutkontrolle mit Blick auf die in Betracht kommende Anwendbarkeit des BDSG die Frage gesondert zu behandeln, ob die Einholung von Blutproben bei isolierter Betrachtung der Funktion des Vorgangs als Datenbeschaffungsmaßnahme persönlichkeitsrechtlichen Bedenken begegnet. Zunächst einmal ist kein Grund ersichtlich, die Frage nach der Anwendbarkeit des BDSG in Bezug auf die Blutprobe anders als zu beantworten als in Bezug auf die Urinprobe. Aus den im Zusammenhang mit der Untersuchung der Urinprobe dargelegten Gründen368 sind daher die Bestimmungen des BDSG auch auf die Blutprobe anzuwenden. Ebenso wie die Beschaffung der Urinprobe stellt auch die Entnahme von Blut eine Datenerhebung i. S. d. BDSG dar, die zur Verwendung der Daten in einer nicht-automatisierten Datei erfolgt. Auch bei der Durchführung der Blutentnahme durch die Verbände und Veranstalter sind somit die allgemeinen BDSG-Bestimmungen, die für sämtliche Datenverwendungen durch öffentliche wie durch nicht-öffentliche Stellen gelten, und zudem die besonderen Maßgaben der §§ 27 ff. BDSG für Datenverwendungen nicht-öffentlicher Stellen zu beachten. Dies bedeutet erstens, dass sich die Verbände auch bei der Blutentnahme auf eine gemäß den §§ 4 und 4a BDSG wirksame Einwilligung oder – da keine an366 FAZ v. 31.05.02, S. 43; sämtliche 256 Bluttests waren negativ, vgl. FAZ v. 06.08. 02, S. 31. 367 FAZ v. 21.03.02, S. 37. 368 Vgl. oben D.III.1.a)aa).

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deren, insbesondere spezialgesetzlichen Ermächtigungen existieren – auf § 28 I BDSG stützen können müssen. Zur Form und den Begleitumständen der Einwilligung kann auf die Ausführungen zur Einwilligung in die Urinprobenahme369 verwiesen werden. Gleiches gilt bei isolierter Betrachtung der Funktion der Blutentnahme als Informationsbeschaffungsakt ohne Berücksichtigung anderer, etwa durch den Abnahmevorgang beeinträchtigter Rechtspositionen auch für die Freiwilligkeitsprüfung, da durch die Blutentnahme mit den im Blut enthaltenen Informationen über den Gesundheitszustand und den darin befindlichen DNA-Trägern Informationen derselben Wichtigkeitskategorie wie durch die Urinprobe beschafft werden. Solange daher die in dem abgenommenen Blut enthaltenen Informationen für die lückenlose Durchsetzung des Dopingverbots unverzichtbar sind370 und auch nicht auf andere, weniger eingriffsintensive Art und Weise beschafft werden können, ist auch im Hinblick auf die Blutentnahme als Informationsbeschaffungsvorgang von einem das Interesse der Sportler am Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen auszugehen, das die Wirksamkeit der Einwilligung gemäß § 4a I 1 BDSG gewährleistet. Da nach dem eben Gesagten der Einwilligung in die Blutprobenahme dieselben erheblichen Wirksamkeitsrisiken anhaften wie der Einwilligung in die Urinprobenahme, ist die Gestattungsregelung des § 28 BDSG wie für die Informationsbeschaffung über die Urinprobenahme auch für die Blutabnahme von besonderer Bedeutung. Die Rechtslage verhält sich insoweit analog zu derjenigen bei der Einholung von Urinproben. Dies bedeutet, dass auch die Einholung von Blutproben i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG für die Durchführung des Mitgliedschaftsverhältnisses erforderlich ist, solange nicht die aus der Blutanalyse gewonnenen Informationen, die für die Sportvereinigungen zur Umsetzung einer lückenlosen Dopingbekämpfung unverzichtbar sind, auf andere, für die Athleten weniger belastende Art und Weise beschafft werden können. Insbesondere kann in diesem Fall gegen das Interesse der Verbände an der Durchführung der Blutproben nicht mit Erfolg eingewendet werden, im Falle der Bluttests überwiege das Interesse der Athleten am Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts deshalb, weil in ihrem Blut noch mehr Information über ihre Gesundheit und ihre Anlagen enthalten sei, als aus der Urinprobe gewonnen werden könne. Auch die hierdurch bewirkte Intensivierung des Schutzinteresses der Sportler ließe das Gewicht des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht durch die Abnahme von

369

Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(a). Vgl. bereits K. Müller, Synopsis der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gutachten, S. 13 f., in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), wonach Blutproben zum Nachweis bestimmter Dopingmethoden und Dopingstoffe erforderlich oder vorteilhaft und insbesondere zum Nachweis von Blutdoping unverzichtbar sind. Siehe auch unten D.IV.2.b)cc)(2). 370

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Blut nicht dermaßen ansteigen, dass das existentielle Interesse der Sportvereinigungen am Erhalt ihrer Identität zu weichen hätte. Allerdings ist auch mit Blick auf die Rechtfertigung der Blutprobenahme nach § 28 BDSG dessen Absatz 6 zu beachten, der die Verwendung von Gesundheitsdaten unter Verweis auf die Gestattungstatbestände des § 28 BDSG ohne explizite Einwilligung des Betroffenen im Regelfall ausschließt. Ebenso wie im Zusammenhang mit Urinproben erhebt sich hiernach auch im Falle von Blutproben die Frage, ob ihre Verwendung deshalb keine Verwendung von Gesundheitsdaten darstellt, da die Verwendungsabsicht der Sportorganisationen ausschließlich auf die Auswertung der darin enthaltenen Dopinginformationen gerichtet ist, die selber nicht als Gesundheitsdaten einzustufen sind, während die daneben in der Probe enthaltenen Gesundheitsdaten zu keinem Zeitpunkt das Ziel der Verwendung der Blutprobe darstellen.371 § 28 BDSG bleibt de facto nur dann für die Rechtfertigung von Dopingblutproben bedeutsam, wenn bei der Qualifizierung gesammelter Informationen als Einzelangaben i. S. d. § 3 I BDSG tatsächlich auf die vorstehend dargelegte Art und Weise differenziert werden kann. Nach der hier vertretenen Auffassung, nach der eine solche Differenzierung allerdings gegen den Schutzzweck des BDSG verstößt, weil sie personenbezogene Informationen, mit denen tatsächlich von der verantwortlichen Stelle umgegangen wird, vom Schutz des BDSG ausnimmt, scheitert die Gestattung nach § 28 BDSG wegen § 28 VI BDSG an dem Umstand, dass mit der Entgegennahme der Blutprobe eben nicht nur nicht gesundheitsrelevante Dopinginformationen, sondern auch im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Sportler aussagekräftige Blutwerte zur weiteren Aufbewahrung beschafft werden. Was die Verpflichtung zur Datenvermeidung und -sparsamkeit gemäß § 3a BDSG betrifft, beschränken sich die Gestaltungsmöglichkeiten der Verbände auch bei der Blutprobenahme darauf, die Anzahl der in die Probenahme involvierten Personen auf ein Minimum zu beschränken. Wie die diesbezüglichen Regelungen zur Urinprobenahme enthalten auch die Regelungen des NADA-Codes zur Blutprobenahme (Art. 7.7 i.V. m. Anh. 2, Anh. 3 und Anh. 6 NADA-Code) keine positive Festlegung des bei der Probenahme zugelassenen Personenkreises. Auch hinsichtlich der Bestimmungen zur Blutprobenahme sollte dieses Manko zur Absicherung der Beachtung des Grundsatzes der Datenvermeidung und der Datensparsamkeit durch die Schaffung einer Beteiligtenregelung behoben werden, die grundsätzlich nur den verantwortlichen Kontrolleur und lediglich ausnahmsweise, soweit dies zur funktionsgerechten Abwicklung der Probenahme, etwa aus medizinischen Gründen erforderlich ist, weitere Personen mit der Blutprobe des Athleten in Kontakt bringt. Wie schon für die gleichartigen Regelungslücken im Reglement zur Urinprobenahme festgestellt, führt allerdings auch die Unvollkommenheit der Bestimmungen zur Blutprobenahme hinsichtlich der Be371

Vgl. oben D.III.1.a)aa).

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405

teiligtenregelung weder zur Unzulässigkeit der Datenverwendung nach den Bestimmungen des BDSG noch zu ihrer Unzulässigkeit wegen der Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Sportler. Die Unterrichtungspflicht des § 4 III BDSG wirft ebenso wie im Zusammenhang mit der Urinprobenahme aus den dort genannten Gründen auch hinsichtlich der Blutprobenahme keine besonderen Probleme auf. Mit Blick auf die ergänzende Anwendbarkeit der zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätze auch in denjenigen Fällen, in denen Eingriffe ins informationelle Selbstbestimmungsrecht vom BDSG erfasst werden, ist auch in Bezug auf die Blutprobenahme zusätzlich zu prüfen, ob sie trotz ihrer Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des BDSG eine Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten nach allgemein-persönlichkeitsrechtlichen Grundsätzen bedeutet. Da auch hinsichtlich der Blutprobenahme wie schon für die Urinprobenahme festzustellen ist, dass keine Auswirkungen der Kontrollmaßnahme auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht erkennbar sind, die nicht bereits bei der Beurteilung des Eingriffs durch das BDSG berücksichtigt worden wären, bestehen allerdings auch aus dem Blickwinkel des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine weitergehenden Zulässigkeitsbedenken gegen die Beschaffung der Informationsmasse Blut. Die Blutprobenahme ist unter dem Aspekt ihrer Funktion als Informationsbeschaffungsakt somit aus denselben Gründen wie die Urinprobenahme mit dem BDSG wie auch mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Athleten vereinbar. 2. Vereinbarkeit der Blutprobenahme mit den weiteren Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts a) Mit der Blutprobenahme des Weiteren verbundene Schutzbereichseingriffe aa) Kein Eingriff in die Intimsphäre durch das Abnahmeverfahren Anders als das verbandsrechtlich festgelegte Procedere der Urinprobenahme, das eine erhebliche persönlichkeitsrechtliche Brisanz wegen der damit verbundenen Eingriffe in die Intimsphäre und hier insbesondere wegen der notwendigen Observierung des Intimbereiches der Athleten aufweist,372 birgt der Akt der Blutabnahme unter diesem Aspekt keinen derart explosiven Konfliktstoff in sich. Im Unterschied zur Urinprobenahme erfordert die Blutabnahme nicht die Offenbarung irgendwelcher Körperbereiche des Sportlers, deren Freigabe zur Besichti372

Vgl. oben D.III.2.a)aa).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

gung dazu geeignet ist, das Schamgefühl der weitaus überwiegenden Zahl der Probanden zumindest zu tangieren, wenn nicht sogar in erheblicher Weise zu beeinträchtigen. Der Athlet lässt den Kontrolleur lediglich insoweit in seine Persönlichkeitssphäre eindringen, als er ihm den Körperkontakt gestattet, der zur Durchführung der Blutabnahme erforderlich ist. Im Regelfall, d.h. soweit nicht besondere Umstände gegeben sind wie etwa im Fall einer muslimischen Sportlerin, die schon die Darreichung des nackten Armes zum Zweck der Blutabnahme als außergewöhnlich freizügige und damit intime Geste ansieht, ist der mit der Blutentnahme verbundene Eingriff daher in der Privatsphäre der Athleten zu verorten.373 Was die mit der Blutabnahme verbundenen Beeinträchtigungen der Athleten betrifft, stehen somit weniger die Beeinträchtigungen der engeren Körpersphären der Sportler, als vielmehr die zwangsläufig mit der Probenahme einhergehende Verletzung der körperlichen Integrität und die Verwendung des Athletenkörpers als bloße Informationsquelle für die Überprüfung und eventuell Überführung des Betroffenen im Vordergrund. bb) Kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität Greift eine Maßnahme in die körperliche Integrität des Maßnahmeadressaten ein, steht zuallererst der von Art. 2 II 1 GG garantierte Schutz der körperlichen Unversehrtheit im Blickpunkt. Ungeachtet der Zielrichtung des Eingriffs bietet Art. 2 II 1 GG hierbei Schutz gegen sämtliche Maßnahmen, die Auswirkungen auf die körperliche Integrität des Betroffenen zeitigen. Als Eingriffe sind nach h. M. sogar solche Handlungen anzusehen, die der Wiederherstellung der Gesundheit des Betroffenen dienen.374 Ob der Eingriff final auf eine Beschädigung von Körper oder Gesundheit des Rechtsgutsinhabers abzielt, ist somit unerheblich.375 Vor diesem Hintergrund bestehen auch an der Einordnung der Blutabnahme zu Dopingkontrollzwecken als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Athleten keine Zweifel,376 wird doch durch den Einstich in die Vene des Probanden bereits nach der Intensität der Beeinträchtigung die Unerheblichkeits373 Mindestens missverständlich ist allerdings die von der NADA im Zusammenhang mit der erfolgreichen Dopingkontrolle des T-Mobile-Radprofis Patrik Sinkewitz geäußerte Auffassung, lediglich bei einer Urinkontrolle müsse die Diskretion für den Athleten gewährleistet sein, während die International Standards for Testing (IST) für Blutentnahmen keine entsprechenden Vorgaben enthielten, vgl. FAZ v. 21.07.07, S. 29, zumal die Verpflichtung der Kontrolleure auf den Schutz der Privatsphäre der Athleten durch Ziff. 7.1 IST für Blutkontrollen ebenso wie für Urinkontrollen gilt. 374 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 10 f.; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2, Rn. 237; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 62. 375 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 10 f. 376 K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 111; J. Fritzweiler/C. v. Coelln, Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil, Rn. 15.

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schwelle überschritten, zumal dem „Blutspender“ – wenn auch möglicherweise auf ungefährliche Art und Weise377 – mit dem Einstich Schmerzen zugefügt werden.378 Jeder Eingriff in die körperliche Integrität stellt zugleich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dar: Der Körper bildet zusammen mit dem Geist des Menschen den Grundpfeiler der menschlichen Identität. Regelmäßig empfindet der Mensch einen Angriff auf seine körperliche Integrität nicht nur als Angriff auf die Substanz seines Körpers, sondern zugleich als Angriff auf seine „Person“. Bestimmte Attacken gegen den Körper zielen ihrer Bestimmung nach von vornherein überhaupt nicht auf eine erhebliche Beeinträchtigung der körperlichen Integrität, wie etwa die Ohrfeige, die in erster Linie Missachtung ausdrücken soll und bei der der Verletzungseffekt völlig zurücktritt. Hier liegt sogar die wesentliche Bedeutung der Verletzungshandlung in ihrer Wirkung als Eingriff in die vom Persönlichkeitsrecht geschützte Sphäre des Betroffenen. Andere Einwirkungen auf den menschlichen Körper wie etwa die (freilich mittlerweile strafbare) erzieherische Maßnahme mittels körperlicher Gewalt sind – verantwortungsvoll angewendet – ihrem Sinn und Zweck nach nicht auf einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ausgerichtet und lösen dennoch selbst beim schuldbewussten Adressaten oftmals das Gefühl aus, gedemütigt worden zu sein. Mit der engsten vorstellbaren Körpersphäre, nämlich dem Körper selbst, wird somit von dem Eingriff in die körperliche Integrität immer zugleich auch das Persönlichkeitsrecht des Eingriffsadressaten mehr oder weniger tangiert. Dieser Befund gilt erst recht nach dem Verständnis vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht als Selbstbestimmungsrecht in eigenen Angelegenheiten. Den Prinzipien dieser vor einiger Zeit neuerlich betonten Persönlichkeitsrechtsauffassung379 folgend, ist jegliche Maßnahme betreffend den Körper des Rechtsinhabers als Persönlichkeitsrechtseingriff anzusehen, da eine noch eigenere Angelegenheit als der eigene Körper kaum denkbar ist. Daher bedarf zur Beantwortung der Frage nach der persönlichkeitsrechtlichen Bedeutung der körperlichen Beeinträchtigung der Sportler durch die Blutabnahme das Verhältnis des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu den ausdrücklich dem Schutz der körperlichen Integrität dienenden Vorschriften (Art. 2 II GG, §§ 223 ff. StGB, § 823 I BGB) der Klärung. Die Lösung des Konkurrenzproblems ergibt sich aus dem Wesen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Wie die Theorie vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht 377

So BayVerfGH NJW 1990, 2926, 2927. P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 12; zum Eingriff in die körperliche Unversehrtheit durch Schmerzzufügung vgl. BVerfGE 56, 54, 75 (Eingriff durch Fluglärm). 379 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B. 378

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

als Selbstbestimmungsrecht in eigenen Angelegenheiten zu Recht betont, schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht mit den eigenen Angelegenheiten solche Lebensumstände des Einzelnen, die in besonders enger Beziehung zu seiner Person stehen. Eben deshalb, weil sie in so enger Beziehung zur Person des Einzelnen stehen und ihnen von daher so grundsätzliche Bedeutung zukommt, hat der Verfassungsgeber eine Reihe bedeutsamer Rechtspositionen als Grundrechte unter besonderen Schutz gestellt. Schützen somit das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Grundrechte die von ihnen garantierten Rechtspositionen jeweils wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Einzelnen, sind Überschneidungen zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und den Grundrechten vorprogrammiert. Beispielhaft lassen sich in diesem Sinne die Religionsfreiheit, die Meinungsfreiheit und die Berufsfreiheit mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit in eine Reihe stellen, die allesamt für die Persönlichkeit und die Entfaltung des Einzelnen zentrale Rechtspositionen schützen. Ein Eingriff in die Religionsfreiheit etwa ist immer auch ein Eingriff in den Bereich höchstpersönlicher Lebensgestaltung des Einzelnen und damit eine Beeinträchtigung der Privatsphäre wenn nicht gar der Intimsphäre. Hat der Verfassungsgeber hiernach die speziellen Grundrechte aber gerade wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Persönlichkeit des Grundrechtsinhabers in ihren besonderen Rang erhoben, sind sie hinsichtlich des von ihnen erfassten Anwendungs- und Schutzbereiches als spezialgesetzliche Regelungen anzusehen, die den Aspekt der persönlichen Bedeutung des geregelten Lebensbereiches ohnehin berücksichtigt haben.380 Daneben kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht nur noch insoweit Anwendung finden, als es trotz der Anwendbarkeit des anderen Grundrechts dennoch als das speziellere betroffene Recht erscheint.381 Soweit im vorliegenden Fall Art. 2 II 1 GG eingreift, geht es sowohl dem äußeren Tatbestand als auch dem Sinn und Zweck der Eingriffshandlung nach um die Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit, die die Blutentnahme unvermeidlich darstellt.382 Da persönlichkeitsrechtsrelevante Zwecke nicht im Vordergrund stehen, wie dies etwa der Fall wäre, wenn die Maßnahme auf eine Beleidigung oder Demütigung der Sportler abzielte und die Verletzung des Körpers der Athleten nur zufällig das Mittel hierzu wäre, ist die gesundheitliche Beeinträchtigung der Sportler durch die Blutentnahme aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht ohne Belang.

380

W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 17. D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 138; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 I.6.a); H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 35, für die „benannten“ Freiheitsgrundrechte. 382 So auch J. Fritzweiler/C. v. Coelln, Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil, Rn. 15. 381

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cc) Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, sich nicht selber belasten zu müssen Wie bereits die Urinkontrolle erscheint auch die Blutkontrolle unter einem weiteren persönlichkeitsrechtlichen Aspekt bedenklich. Wie im Dopingkontrollverfahren unter Verwendung einer Urinprobe die Urinabgabe ist auch die Blutentnahme Bestandteil eines Gesamtverfahrens, das darauf abzielt, den Sportler eines schwerwiegenden, betrugsähnlichen Verstoßes gegen von ihm anerkannte Regeln zu überführen. Wie die Bestimmungen über die Urinprobe verlangen auch die Regeln über die Blutprobe die Mitwirkung des Gedopten bei der Beschaffung des gegen ihn gerichteten Beweismaterials. Wie dort erhebt sich somit auch hier die Frage, ob das Kontrollverfahren nicht gegen das Recht der Athleten verstößt, sich nicht selber belasten zu müssen.383 Im Unterschied zur Dopingkontrolle mittels Urinprobe bedarf die Blutkontrolle nur in geringem Umfang der Mitwirkung des Probanden. Wenn der Athlet sich erst einmal im Kontrollraum eingefunden hat, beschränkt sich seine Rolle bei der eigentlichen Blutabnahme auf ein bloßes Dulden. Allerdings stellt auch dieses Dulden eine Art von Mitwirkung bei der Dopingkontrolle dar. Anders als im Falle eines staatlichen Strafverfahrens, wo der Beschuldigte die von ihm zu duldenden Maßnahmen deswegen hinzunehmen hat, weil er hierzu durch die staatlichen, demokratisch legitimierten Straf- und Strafverfahrensgesetze verpflichtet wird, fehlt es im Falle des Dopingkontrollverfahrens an einer übergeordneten Autorität, die dem Betroffenen gar keine andere Wahl lässt, als das Verfahren über sich ergehen zu lassen. Zwar wird im Rahmen des Dopingkontrollverfahrens auf eine andere Art ebenfalls Druck auf den Athleten zur Duldung der Kontrollmaßnahmen ausgeübt. Er hat hier aber zu jeder Zeit die Wahl, sich – wenn auch unter Inkaufnahme schwerwiegender Nachteile – dem Verfahren zu entziehen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Aussonderung der Mitwirkungshandlungen zur Blutkontrolle aus der Gruppe der selbstbelastenden Aktivitäten wegen ihrer Geringfügigkeit, wie sie im Bereich des Strafverfahrens befürwortet wird,384 bei der Blutabnahme zu Dopingkontrollzwecken noch fragwürdiger.385 Anders, als dies für den Fall der StPO-Blutkontrolle vertreten wird, bedeutet die Duldung der Blutabnahme im Rahmen des Dopingkontrollverfahrens hiernach eine „aktive“ Mitwirkung des Athleten, so dass sein Recht, die Mitwirkung bei der Überführung seiner selbst als Dopingtäter zu verweigern, auch ohne eine 383

Zum Recht, sich nicht selber zu belasten, vgl. oben D.III.2.a)bb). K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/Urin-Dopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 36, m.w. N. 385 Auch geringfügige Mitwirkungsakte zu Ermittlungshandlungen gegen die eigene Person bleiben selbstbelastende Akte. Ihre Zulässigkeit ergibt sich hiernach nicht daraus, dass kein Eingriff in das Recht zur Freiheit von Selbstbezichtigungszwang vorliegt, sondern aus dem geringen Gewicht des Eingriffs. 384

410

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

weitergehende Pflicht zur Vornahme aktiver Handlungen im Rahmen der Blutabgabe beeinträchtigt wird. Gründet somit der Vorgang der Blutprobenahme bereits in seiner Anlage auf einer Mitwirkungspflicht des Athleten, tritt diese in der Ausgestaltung der Prozedur an denjenigen Stellen offen zutage, an denen der Sportler selber aktiv zu werden hat, z. B. indem er sich selber zur Dopingkontrollstation zu begeben hat. Auch die Blutkontrolle greift hiernach in das Recht der Athleten ein, sich nicht selber im Hinblick auf einen eventuellen Dopingverstoß belasten zu müssen. dd) Kein Persönlichkeitsrechtseingriff durch die Herabwürdigung des menschlichen Körpers zur Informationsquelle Die Verwendung des Körpers der Athleten als Informationsquelle, die die Blutprobenahme bei nüchterner Betrachtung des Vorgangs darstellt, wirft die Frage auf, ob die Blutprobenahme nicht deshalb einen Persönlichkeitsrechtseingriff oder gar einen Eingriff in die Menschenwürde der Sportler bedeutet, weil sie hierdurch zum Objekt des Dopingkontrollverfahrens herabgewürdigt werden. Tatsächlich weist der Vorgang der Blutprobenahme bis zu einem gewissen Grad deshalb Züge einer Objektbehandlung auf, weil dem Körper der Athleten ohne Rücksicht auf ihren Willen, der bei gedopten Sportlern in aller Regel der Blutentnahme entgegenstehen dürfte, Bestandteile zur Verwendung wie Materialproben einer gekauften Ware entnommen werden. Die Verfahrensweise weist insofern Parallelen mit anerkannten Objektbehandlungsfällen wie etwa dem Missbrauch von Menschen als Forschungsobjekte, dem Sklavenhandel oder der „Haltung“ von Menschen als Lieferanten von Körperorganen auf, als hier wie dort bei gleichzeitiger Nichtbeachtung des Willens des Rechtsgutsinhabers Sachzwecke mit der Behandlung des Betroffenen verfolgt werden. Bei der Klärung der Frage, ob diese Ähnlichkeit dazu ausreicht, die Blutentnahme zu Dopingkontrollzwecken gleichfalls in Anlehnung an die „Objektformel“ des BVerfG als Persönlichkeitsrechtseingriff einzustufen, ist allerdings davon auszugehen, dass keineswegs jede Untersuchung des menschlichen Körpers zur Erlangung von Informationen über den Betroffenen eine Herabwürdigung seiner Person bedeutet. Wie etwa der Vergleich mit der Blutentnahme im Rahmen ärztlicher Untersuchungen zeigt, bedarf es für die Annahme einer persönlichkeitsrechtsverletzenden Herabwürdigung des Probanden über den objektiven Tatbestand der Entnahme von Körpersubstanzen hinaus einer besonderen subjektiven Zielrichtung der Maßnahme. Erst diese besondere subjektive Zielrichtung – in den aufgeführten Beispielsfällen die Haltung von Menschen als Versuchskaninchen, als Zwangsarbeitskräfte oder als Organersatzteillager bei völliger Missachtung ihrer personalen Würde und des daraus resultierenden Selbstbestimmungsrechts – verleiht der für sich gesehen neutralen Maßnahme ihren persönlichkeitsverachtenden Charakter.

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Die Blutabnahme zu Dopingkontrollzwecken ist weder ihrem Sinn und Zweck nach auf die Herabwürdigung der Sportler gerichtet noch trägt sie aus anderen Gründen den Charakter einer persönlichkeitsverachtenden Maßnahme. Ihre Funktion besteht in der Aufdeckung eventueller Dopingverstöße und damit einzig und allein in der Durchsetzung der verbandsrechtlich oder vertragsrechtlich begründeten Pflicht der Athleten zur Dopingabstinenz, einer Pflicht, deren Auferlegung auch keineswegs unbillig, sondern durch berechtigte, überwiegende Interessen der Sportvereinigungen gerechtfertigt ist. Diese mit Blick auf die vielzähligen Dopingverstöße offenkundig nicht verzichtbare Wirkung zielt in keiner Weise darauf, die Persönlichkeit der Sportler zurückzudrängen oder zu missachten, sondern einzig und allein auf den Schutz der Sportvereinigungen und der ehrlichen Sportler vor möglichen Regelverstößen seitens unehrlicher Kollegen. Ein Persönlichkeitsrechtseingriff in Form der Herabwürdigung der Athleten zu bloßen Informationsspendern ist danach mit der Blutabnahme nicht verbunden. ee) Persönlichkeitsrechtseingriff durch die Abnahme eines Körperproduktes Ebenso wie die Inbesitznahme der Urinprobe stellt auch die Inbesitznahme der Blutprobe durch die Verbände und Veranstalter einen Eingriff in die vom Persönlichkeitsrecht geschützte Befugnis der Athleten dar, eigenständig darüber zu entscheiden, ob und inwieweit Teile des eigenen Körpers oder eigene Ausscheidungsprodukte in die Hände Dritter gelangen sollen.386 b) Rechtfertigung des Eingriffs Stellt die Blutprobe hiernach einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler, in das vom Persönlichkeitsschutz umfasste Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen, in ihre körperliche Privatsphäre und in ihr Selbstbestimmungsrecht über die eigenen Körpersubstanzen dar, bedarf es zur Vermeidung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung auch für die Blutprobenahme eines Rechtfertigungstatbestandes, der – wie auch bereits zuvor im Fall der Urinprobenahme387 – mangels einschlägiger gesetzlicher Bestimmungen in einer vertraglichen Zustimmung der Athleten oder in ihrer Unterwerfung unter die vereinsrechtlichen Kontrollbestimmungen bestehen kann. Mit Blick auf die soziale und wirtschaftliche Übermächtigkeit der Sportvereinigungen hängt die Freiwilligkeit der Zustimmung der Sportler wie auch die Wirksamkeit der einschlägigen verbandsrechtlichen Regelungen nach den Grundsätzen zur verbandsrechtlichen 386 Zum Selbstbestimmungsrecht bezüglich eigener Körperteile und Ausscheidungsprodukte vgl. oben D.III.2.a)cc). 387 Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Inhaltskontrolle – wiederum analog zur Rechtslage bei der Urinprobenahme388 – von einem überwiegenden Interesse an der Durchführung der Blutprobenahme ab. aa) Gegen die Blutprobenahme sprechende Interessen der Sportler Wie bereits bei der Untersuchung der Urinkontrolle finden sich auch bei der näheren Betrachtung der Blutkontrolle die gegenläufigen Interessen vor allem auf Seiten der Athleten. Als betroffene Rechtspositionen lassen sich insoweit zunächst einmal diejenigen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anführen, die soeben bei der Suche nach mit der Blutabnahme einhergehenden Persönlichkeitsrechtseingriffen als beeinträchtigt erkannt worden sind. Darüber hinaus ist auch im Hinblick auf die Blutprobe neuerlich zu prüfen, ob nicht möglicherweise weitere grundrechtlich geschützte Positionen der Sportler tangiert werden. Konkret sind hier die Gewährleistung der Menschenwürde (Art. 1 I GG), das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II GG), die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und in besonderen Fällen die Religionsfreiheit (Art. 4 GG) zu berücksichtigen.389 Unter den eben aufgeführten Rechtsgarantien nimmt das Grundrecht auf Achtung und Wahrung der Menschenwürde aus Art. 1 I GG eine Sonderstellung ein. Das Postulat des absoluten Menschenwürdeschutzes hat zur Konsequenz, dass Eingriffe in die Menschenwürde überhaupt nicht oder allenfalls mit dem Interesse am Schutz der Menschenwürde eines anderen390 gerechtfertigt werden können. Da die Blutprobenahme offenkundig nicht dem Schutz der Menschenwürde anderer dient, wäre sie daher im Falle ihrer Qualifizierung als Menschenwürdeeingriff ohne weiteres unzulässig, da ein anderweitiges überwiegendes Interesse von vornherein nicht in Betracht käme. Wenn auch die Durchführung einer Blutkontrolle – wie zuvor festgestellt – eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Probanden mit sich bringt, kann allerdings von einer Menschenwürdeverletzung dennoch nicht gesprochen werden. Schon die Beurteilung des „objektiven Tatbestands“ der Blutentnahme ohne Rücksicht auf die von den Kontrolleuren verfolgten Ziele und Absichten führt zu der Erkenntnis, dass sich die Blutkontrolle nicht als Behandlung darstellt, die den Eingriffsadressaten im Sinne der „Objektformel“ des BVerfG zum bloßen Objekt herabwürdigt. Für diese Beurteilung sind folgende Überlegungen maßgeblich:

388 389 390

Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(a). P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 5 f. C. Starck, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 1 Rn. 35.

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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Die Objektformel erkennt einen Menschenwürdeeingriff in jedem Verhalten, das den Betroffenen zum bloßen Objekt im Staat macht.391 Kennzeichnend für die menschenunwürdige Behandlung ist hiernach eine Machtkonstellation zwischen dem Eingreifenden und dem Betroffenen, die den Eingreifenden überhaupt erst in die Lage versetzt, sein Gegenüber als Objekt zu behandeln. Mit Blick auf das staatliche Gewaltmonopol und die ihm zur Verfügung stehenden Zwangsmittel ist der Staat dazu in der Lage, mit dem Einzelnen unter Missachtung dessen entgegenstehenden Willens zu verfahren. Ganz anders stellen sich die Machtverhältnisse demgegenüber im Verhältnis zwischen zwei Privatrechtssubjekten wie den Sportvereinigungen auf der einen und den Athleten auf der anderen Seite dar. Bei allem Zwang, den die Verbände in durchaus empfindlicher Art und Weise dadurch auf die Sportler ausüben, dass sie für den Fall der Verweigerung der Unterwerfung unter ihre Regeln mit dem Entzug des für die Sportler persönlich, beruflich und wirtschaftlich unverzichtbaren Forums drohen, ist es ihnen nicht gegeben, den Willen und die Selbstbestimmung der Athleten auch dann noch zu ignorieren, wenn diese sich trotz der drohenden Nachteile standhaft zeigen. Anders als der Staat, der die Blutabnahme erforderlichenfalls auch gegen den standhaften Willen eines Beschuldigten mit absoluter Gewalt durchsetzt, können die Sportvereinigungen die Befolgung ihrer verbandsrechtlichen Dopingregelungen nicht erzwingen, sondern lediglich die Verweigerung der Sportler mit dem Entzug von Vorteilen oder anderweitigen Sanktionen ahnden. Die somit zugunsten der Athleten verbleibende Selbstbestimmung, die die Entscheidung über die Durchführung der Blutprobenahme letztlich in ihren Händen belässt, verhindert die Einordnung als menschenwürdeverletzende Objektbehandlung. Des Weiteren kann die Bewertung einer belastenden Maßnahme am Maßstab der Objektformel auch nicht unter Außerachtlassung der Gesamtumstände der Maßnahme erfolgen. Würde man jede Objektbehandlung ohne Rücksicht auf ihren Hintergrund als Menschenwürdebeeinträchtigung ansehen, wären sämtliche staatlichen Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der geltenden Rechtsordnung wie etwa die Vollziehung von Platzverweisen mit vis absoluta durch Wegtragen der Anordnungsadressaten und ähnliche obrigkeitliche Aktionen wegen ihres menschenwürdeverletzenden Charakters unzulässig. Kennzeichnend für eine Objektbehandlung ist hiernach nicht allein die Nichtbeachtung eines entgegenstehenden Willens des Betroffenen, sondern es muss sich aus den weiteren Umständen des Geschehens ergeben, dass der Außerachtlassung des entgegenstehenden Willens ein menschenwürdeverletzender Charakter aneignet. Mit Blick auf die Blutprobenahme ist an dieser Stelle zu berücksichtigen, dass die Blutkontrolle zu Dopingbekämpfungszwecken der Überprüfung dient, ob der Proband Regeln einhält, zu deren Beachtung er sich zuvor anlässlich des Vereinseintritts durch seine Zustimmung oder aber durch die mit dem Vereinseintritt verbundene Unterwer391

BVerfGE 9, 89, 95, u. 57, 250, 275.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

fung unter die Regelungsgewalt des Vereins verpflichtet hat. Gegen diese Sichtweise kann auch nicht eingewendet werden, die Zustimmung zum bzw. die Unterwerfung unter das Dopingverbot sei unfreiwillig oder unwirksam erfolgt, nachdem weiter oben bereits festgestellt wurde, dass die für die Wirksamkeit der Zustimmung wie auch für die Wirksamkeit des vereinsrechtlichen Dopingverbots entscheidende Interessenabwägung nicht die Unbeachtlichkeit des Dopingverbots zum Ergebnis hat. Vor diesem Hintergrund stellte sich der Einwand der Menschenwürdeverletzung gegen geeignete, erforderliche und angemessene Dopingkontrollmaßnahmen als „venire contra factum proprium“ und damit als treuwidriges Handeln dar. Zwar kann die Qualifizierung der Gegenwehr gegen ein die Menschenwürde verletzendes Handeln als treuwidrig für sich gesehen nicht die Unzulässigkeit dieses Handelns beseitigen; sie bewirkt jedoch in der Gesamtbetrachtung des objektiven Geschehens „Blutentnahme“ zusammen mit den weiteren, vorstehend angeführten Überlegungen, dass dessen Wertung als Menschenwürdeverletzung ausgeschlossen ist. Mit diesen Überlegungen korrespondiert der Umstand, dass mit der Blutentnahme zu Dopingkontrollzwecken lediglich eine Prozedur durchgeführt wird, die im Bereich der Strafverfolgung als adäquate Maßnahme zur Überführung von Verdächtigen anerkannt ist und im Bereich der privaten Gesundheitspflege von den meisten Menschen sogar freiwillig geduldet wird. Die anerkannte Zulässigkeit des Zwangs zur Duldung der Blutentnahme und bis zu einem gewissen Grad auch die in anderem Zusammenhang bestehende freiwillige Bereitschaft zu ihrer Duldung bestätigen die Einschätzung, dass die Blutentnahme nicht bereits dem objektiven Geschehen nach als Menschenwürdebeeinträchtigung einzuordnen ist. Endgültig in die Ferne rückt die Bewertung der Blutkontrolle als Menschenwürdeverletzung, wenn man die subjektive Seite des Geschehens in die Betrachtung miteinbezieht: Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, dass der mit der Blutentnahme verbundene Eingriff in die Rechte der Sportler in keiner Weise auf die Herabwürdigung der Athleten zu bloßen Objekten abzielt. Die Prozedur dient vielmehr im Gegenteil der Wahrung hehrer Grundsätze und Prinzipien, indem sie zur Dopingfreiheit des Sports und damit zur Reinhaltung des Sports von betrügerischen Elementen beiträgt, Grundsätze, die nota bene zuvor von den Athleten anerkannt worden sind. Nachdem schon die genauere Betrachtung der objektiven Seite des Geschehens nicht zur Feststellung einer Menschenwürdeverletzung geführt hat, verbietet sich eine derartige Bewertung erst recht bei Berücksichtigung dieser „subjektiven Tatbestandsseite“.392 Die Einordnung der Blutentnahme zu Zwecken der Dopingkontrolle als Menschenwürdeverletzung scheidet nach alledem aus. 392 So beinhaltet nach zutreffender Ansicht auch ein Zeugniszwang keineswegs ohne weiteres eine menschenunwürdige Behandlung im Sinne der Objektformel, vgl. C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 105.

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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Nicht absolut geschützt wie die Menschenwürde, aber ebenfalls von existentieller Bedeutung für den Menschen ist seine körperliche Unversehrtheit, die durch Art. 2 II 1 GG garantiert wird. Nach zutreffender Ansicht stellt zunächst einmal jede Einwirkung auf die Substanz des Körpers einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar. Da der Einstich zur Blutabnahme erstens für die Probanden schmerzhaft ist, zweitens die Haut der Probanden durchstochen und damit verletzt wird und drittens den Probanden eine kleine Menge der Substanz ihres Körpers genommen wird, bestehen an der Qualifizierung der Blutabnahme als Beschädigung des Leibes der Sportler keine Zweifel.393 Die Blutprobe wäre ggf. zudem auch dann als Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit zu werten, wenn den Athleten eine Blutmenge abgenommen werden müsste, die im Hinblick auf den verursachten Blutverlust als gesundheitlich bedenklich einzuschätzen wäre.394 Angesichts der Definition der Körperverletzung durch die Rechtsprechung, die selbst solche Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit als Rechtseingriffe ansieht, die eigentlich auf die Wiederherstellung der Gesundheit gerichtet sind,395 führt auch die Berücksichtigung des Fernziels der Dopingkontrolle, das unter anderem im Schutz der Gesundheit der Athleten besteht, nicht zur Verneinung der Eingriffsqualität.396 Zwar misst das BVerfG solchen Maßnahmen keine Eingriffsqualität zu, die die Schutzsphäre „nur geringfügig und damit zumutbar“ tangieren.397 Da im Gegensatz zur vom BVerfG a. a. O. beurteilten Hirnstrommessung mit der Blutprobenahme jedoch eine mit einer Schmerzzufügung einhergehende Substanzverletzung und ein Substanzverlust verbunden sind, ist hier die Geringfügigkeits- und Zumutbarkeitsschwelle bei weitem überschritten.398 Was das Interesse der Athleten an der ungestörten Berufsausübung betrifft, ist in einem ersten Schritt festzustellen, dass die Blutkontrolle einen Eingriff in die Berufsfreiheit der Sportler bedeutet. In einem zweiten Schritt führt die Bewertung dieses Eingriffs nach den vom BVerfG in seinem „Apotheker-Urteil“ 399 auf393 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 11; K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 111; K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/Urin-Dopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 39 ff., 47 f. 394 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik?, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 67 ff., 84. 395 Zum Streit um die Behandlung des ärztlichen Heileingriffs als Körperverletzung vgl. K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/Urin-Dopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 47, m.w. N. 396 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 10 f. 397 BVerfGE 17, 108, 115, zur Hirnstrommessung. 398 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 11 f. So wurde die Blutentnahme denn auch von BVerfGE 27, 211 ff., als (verhältnismäßiger) Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bestätigt. 399 BVerfG 7, 377 ff.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

gestellten Grundsätzen zur Klassifizierung der Blutkontrollbestimmungen als Berufsausübungsregelungen,400 der nach der Drei-Stufen-Theorie harmlosesten Gruppe von Eingriffen in die Berufsfreiheit. Unter besonderen Umständen kann die Blutkontrolle auch einen Eingriff in die von Art. 4 I GG garantierte Religionsfreiheit des Probanden bedeuten: Nach allgemeiner Auffassung ist die Glaubensfreiheit nicht nur den Mitgliedern anerkannter Kirchen und Religionsgemeinschaften, sondern jedermann hinsichtlich derjenigen Glaubensinhalte garantiert, die seiner Überzeugung entsprechen,401 somit auch den Angehörigen anderer religiöser Vereinigungen, Außenseitern und Sektierern.402 Die Glaubensfreiheit eröffnet dabei dem Einzelnen auch das Recht, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln.403 Zu einem Konflikt zwischen Glaubensgeboten und Sportlerpflichten kann es daher dann kommen, wenn dem Athleten nach den Vorschriften seines Glaubens untersagt ist, seinen Körper für den Eingriff in Form der Blutabnahme zur Verfügung zu stellen. Im sogenannten „Gesundbeter-Fall“ 404 hat das BVerfG dieser Glaubensfreiheit den Vorzug vor der Verpflichtung eines Ehemannes gegeben, seiner Ehefrau zur Annahme der einzig rettenden, aber eben nach den Regeln seines Glaubens verbotenen Bluttransfusion zu raten. bb) Für die Blutkontrolle sprechende Interessen Als für die Durchführung von Blutkontrollen sprechende Interessen lassen sich zunächst einmal all diejenigen Argumente anführen, die auch bereits im Zusammenhang mit der Untersuchung der Urinkontrolle und der Merkmalkontrolle als schutzwürdige Motive für die Durchführung von Dopingkontrollen im Allgemeinen gesammelt worden sind. Das zentrale Interesse der Korporationen besteht somit in der Durchsetzung des Vereinsziels „dopingfreier Sport“, das sein besonderes Gewicht als Abwägungsbelang aus seiner Eigenschaft als identitätsstiftende Zwecksetzung der Korporationen bezieht, die die Verbände sich in Ausübung ihres von Art. 9 I GG gewährten Selbstbestimmungsrechts gegeben haben.405 Aus der Sicht der einzelnen 400

K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 111. BVerfGE 32, 98, 106. 402 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 26; BVerfGE 33, 23, 28 f. 403 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 26; BVerfGE 32, 98, 106 f., u. 33, 23, 28; I. v. Münch, in: v. Münch/Kunig (4. Aufl. 1992), Art. 4 Rn. 22; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 4 Rn. 37. 404 BVerfGE 32, 98, 108 f. 405 Vgl. oben D.I.1.a); zum Schutz des Dopingverbots durch Art. 9 I GG vgl. auch K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 111. 401

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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Vereine tritt ergänzend das ebenfalls von Art. 9 I GG geschützte Interesse an der Einhaltung der von den internationalen Verbänden vorgegebenen Dopingregelungen hinzu.406 Daneben ist ebenso wie das Dopingverbot als solches auch die Blutprobenahme als zur Umsetzung des Verbots notwendige Maßnahme über Art. 19 III GG vom persönlichkeitsrechtlich garantierten Recht auf Selbstdarstellung und auf Selbstbestimmung über die ethisch-moralische Positionierung geschützt.407 Schließlich können sich die Sportvereinigungen auf den Schutz ihrer Handlungsfreiheit durch Art. 2 I GG berufen, der ihnen in den dort vorgegebenen Schranken das Recht zugesteht, Drittverträge nach eigenem Gutdünken auszugestalten408 und dementsprechend hierbei auch die Verpflichtung des Vertragspartners zur Duldung von Blutkontrollen festzuschreiben. Hinsichtlich der aufgeführten Interessen gewichtsverstärkend wirkt der Verweis auf die positiven Effekte eines dopingfreien Sports für die Gesellschaft, die sich in der Repräsentationsfunktion, den sozialisierenden Transferwirkungen und der Vermeidung der Belastung der Solidargemeinschaft durch dopingbedingte Gesundheitsschäden äußern.409 Aus Sicht der ungedopten Sportler lässt sich ein Interesse an der Durchführung von Blutproben genauso wie im Falle der Urinproben damit begründen, dass diese als Sauberkeitsnachweise zum Schutz der Ehre vor ungerechtfertigten Dopingverdächtigungen dienen.410 Fraglich ist demgegenüber, ob im Rahmen der Entscheidung über die Angemessenheit einer verbandsrechtlichen Regelung der Blutkontrolle auch das Interesse am Schutz der Gesundheit der Sportler als Interesse zugunsten der Vornahme von Blutkontrollen in die Waagschale geworfen werden kann.411 Während es noch durchaus naheliegend erscheint, dass der Staat eine gesetzliche Ermächtigung zur Vornahme von Blutkontrollen unter anderem auf das Argument „Sportlerschutz“ stützen könnte, stellt die Gesundheit der Sportler im Hinblick auf die Rechtfertigung entsprechender verbandsrechtlicher Regelungen ein Interesse von bestenfalls untergeordneter Bedeutung dar. Während dem Staat von Art. 2 GG aufgegeben ist, die Gesundheit der Bürger zu bewahren und sich im Extremfall sogar gesetzgeberisch zu ihrem Schutz zu betätigen, findet sich hinsichtlich der Sportvereine und -verbände keine entsprechende gesetzliche Regelung. Der Schutz der Sportlergesundheit stellt auch kein primäres Vereinsziel der Sportverbände dar, wenn auch die Förderung von Turnen und Sport im Sinne eines Fernziels unter anderem auf die Verbesserung der Gesundheit der Sportler 406

K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 111. Vgl. oben D.I.1.a). 408 Vgl. oben D.I.1.a). 409 Vgl. oben D.I.1.b). 410 Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(a). 411 Der Gesundheitsschutz wird von P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 23 u. 30, als für die Durchführung von Blutkontrollen sprechender Gemeinwohlbelang angeführt. 407

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

abzielen mag. In der Auseinandersetzung des dopingwilligen Sportlers mit den im Anti-Doping-Kampf engagierten Vereinen und Verbänden stellt die Bewahrung der eigenen Gesundheit vielmehr ein ureigenstes Interesse des Athleten dar, über das er nach zutreffender Auffassung bis hin zur Selbstschädigung frei verfügen kann. Dieses Verfügungsrecht, das vom dopenden Sportler im Sinne eines Verzichts ausgeübt wird, wäre negiert und die legitime Entscheidung des Athleten missachtet, wenn das von ihm selber zurückgestellte Gesundheitsinteresse zur Verhinderung derjenigen gesundheitsschädlichen Handlungen in Anschlag gebracht würde, deren nachteilige Folgen für die eigene Gesundheit er im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit gerade akzeptieren möchte. Das Argument „Gesundheitsschutz“ kann daher über seine gewichtsverstärkende Wirkung als allgemeiner Belang der Solidargemeinschaft hinaus in der Interessenabwägung um die Angemessenheit einer Blutkontrolle von den Verbänden nur insoweit abgeschwächt vorgebracht werden, als es sich hierbei um ein „Sekundärziel“ der Vereine und Verbände handelt, das neben anderen Fernzielen durch das Primärziel „Förderung von Turnen und Sport“ erreicht werden soll. Im Ergebnis können die Vereine und Verbände somit nicht geltend machen, dass ohne Blutkontrollen die Gesundheit ihrer Mitglieder gefährdet wäre, sondern lediglich darauf verweisen, dass ohne entsprechende Kontrollbefugnisse die Erreichung des Sekundärziels einer Gesundheitsverbesserung durch die Förderung von Turnen und Sport erschwert würde. cc) Abwägung der gegenläufigen Interessen Auch zur Entscheidung über die persönlichkeitsrechtliche Zulässigkeit der Blutprobenahme sind nunmehr die soeben zusammengetragenen Interessen für und gegen die Blutkontrolle gegeneinander abzuwägen. Im Falle der Blutprobe stellt sich allerdings mit Blick auf diverse Bestimmungen des deutschen Rechts, durch die staatliche Organe zur Einholung von Blutproben ermächtigt werden, zuvor die Frage, ob hier nicht bereits vom Gesetzgeber Wertungen bezüglich des Verhältnisses zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und den Kontrollinteressen von Rechtsgemeinschaften getroffen worden sind, die für die Lösung des Konflikts zwischen den Athleten und den Sportvereinigungen übernommen werden können. Die einschlägigen Ermächtigungsnormen sind unter diesem Aspekt näher zu betrachten. (1) Bedeutung gesetzlicher Blutprobenregelungen für die Bewertung vereinsrechtlicher Blutkontrollbestimmungen Auch im Rahmen der Begründung von staatlichen Eingriffsbefugnissen durch den Erlass entsprechender Gesetzesbestimmungen hat der Staat – hier in seiner Funktion als Gesetzgeber – die Pflicht, die in der zu regelnden Situation bedeutsamen Grundrechte der Eingriffsadressaten ausgewogen zu berücksichtigen, an-

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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dernfalls die Nichtigerklärung der beschlossenen Normen seitens der Verfassungsgerichte droht. Die gesetzlichen Eingriffsregelungen stellen sich vor diesem Hintergrund als Ergebnis einer Interessenabwägung dar, mit welcher der Gesetzgeber die für und gegen den geregelten Eingriff sprechenden Interessen zu einem angemessenen Ausgleich gebracht hat. Im Hinblick auf die Blutkontrolle bedeutet dies, dass für diejenigen Interessenkonflikte, die den gesetzlichen Regelungen über Blutkontrollen zugrunde liegen, die Abwägung der gegenläufigen Interessen durch den Gesetzgeber zum Ergebnis hatte, dass unter den in der Eingriffsnorm genannten Voraussetzungen ein überwiegendes Interesse an der Durchführung der Blutkontrollen besteht. Soweit daher die gegenläufigen Interessen, die in der gesetzlich geregelten Situation gegeneinander abzuwägen waren, nach Art und Gewicht mit denjenigen Interessen vergleichbar sind, die sich im Rahmen der Abwägung bezüglich der Blutkontrolle zu Anti-Doping-Zwecken gegenüberstehen, stellt die Existenz der Gesetzesnorm ein aussagekräftiges Indiz dafür dar, dass es sich auch bei der Dopingkontrollbestimmung um eine interessengerechte Regelung handelt. Möglicherweise für die Interessenabwägung bedeutsame Blutkontrollbestimmungen finden sich in den §§ 372a ZPO (Blutprobe zum Vaterschaftsnachweis), 81a und 81c II StPO (Untersuchungen von Beschuldigten und Zeugen im Strafverfahren)412 sowie 46 I und IV OWiG (Blutproben zur Feststellung verfahrensrelevanter Tatsachen im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren) und 26 II 2, 29 II 1 und 2 IfSG413 (Blutkontrollen zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten).414 § 372a ZPO unterwirft jedermann der Pflicht zur Duldung von Untersuchungen und insbesondere von Blutentnahmen, soweit diese im Rahmen einer zivilprozessualen Beweisaufnahme zur Feststellung der Abstammung erforderlich sind. Im Hinblick auf § 372a ZPO ist von der Rechtsprechung bereits konstatiert worden, dass höherwertige, der Untersuchung entgegenstehende Interessen eher selten feststellbar sein dürften.415 Die der Vorschrift zugrundeliegende Ausgangs412 An § 81c StPO orientiert sich etwa G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 268 ff. 413 Infektionsschutzgesetz v. 20.07.2000. 414 Zur Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen über Blutproben vgl. W. Sax, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Bd. III/2 (1959), S. 983 ff.; B. Sautter, Die Pflicht zur Duldung von Körperuntersuchungen nach § 372 ZPO – zugleich ein Beitrag zur Verfassungsmäßigkeit des § 81a StPO, AcP 161 (1962), 215 ff., 247 ff. 415 Nach OLG Frankfurt, NJW 1979, 1257, führt selbst die Möglichkeit vermögensrechtlicher Konsequenzen für einen nahen Angehörigen nicht zur Unzumutbarkeit der Untersuchung nach § 372a ZPO. BGHZ 41, 318, 324, weist darauf hin, dass selbst der Zeuge (und nicht nur die Partei) die Untersuchung nach § 372a ZPO zu erdulden hat. Im Falle von BGHZ 45, 356, 360, wurde allerdings die Untersuchung nach § 372a ZPO an einem minderjährigen Kind zum Nachweis des Ehebruchs der Mutter abgelehnt.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

situation ist dadurch gekennzeichnet, dass das grundrechtlich geschützte Interesse eines der Beteiligten an der Kenntnis der eigenen Abstammung unbefriedigt im Raum steht und gleichzeitig von der Klärung dieser Frage umfangreiche zivilrechtliche Konsequenzen für die involvierten Privatrechtssubjekte und – einen Schritt später – möglicherweise nicht minder schwerwiegende sozialrechtliche Konsequenzen für das Verhältnis der Beteiligten zum Fürsorgestaat abhängen können. Gegen den Eingriff sprechen im Regelfall die Interessen des Betroffenen am Schutz seines informationellen Selbstbestimmungsrechts und an der Selbstbestimmung über die eigenen Körpersubstanzen sowie an der eigenen körperlichen Unversehrtheit und in Sonderfällen seine Religionsfreiheit. Im Unterschied zur Situation bei der Blutkontrolle zu Dopingkontrollzwecken nicht berührt sind das Recht des Betroffenen, sich nicht selbst belasten zu müssen, da hier seine aktive Mitwirkung für die Durchführung der Maßnahme nicht konstitutiv ist, und ebensowenig seine Berufsfreiheit, da der Eingriff gem. § 372a ZPO nicht an den Beruf des Betroffenen oder seine berufliche Tätigkeit anknüpft. Die Vereinbarkeit des § 372a ZPO mit der Verfassung ist in einer frühen Entscheidung vom BVerfG bestätigt worden.416 Kann somit zwar festgestellt werden, dass die gegen den Eingriff sprechenden Interessen in den Fällen des Abstammungstests gem. § 372a ZPO und der Blutkontrolle nach den Dopingregelwerken im Wesentlichen identisch sind, lassen sich doch die hier und dort für den Eingriff sprechenden Interessen nur schwerlich miteinander vergleichen. Während die Dopingblutkontrolle dazu dient, das von Art. 9 I GG geschützte Recht der Vereine zur Bestimmung über die eigenen Zwecke umzusetzen und damit letztlich die Sportvereinigungen vor dem Verlust ihrer Existenz zu bewahren, steht hinter der Vaterschaftsblutkontrolle im Wesentlichen das persönlichkeitsrechtlich und wirtschaftlich motivierte Interesse der Beteiligten an der Gewissheit über die tatsächlichen Abstammungsverhältnisse. Mangels Vergleichbarkeit der in der jeweiligen Ausgangssituation mit der Blutabnahme verfolgten Interessen erlaubt die Zulässigkeit der Blutabnahme zu Zwecken der Abstammungsuntersuchung demnach keine Rückschlüsse auf die Rechtmäßigkeit verbandsrechtlicher Blutkontrollregelungen zu Dopingzwecken. Wäre die Ausgangssituation, in der eine Blutkontrolle nach § 81a StPO zulässig ist, hinreichend vergleichbar mit der Ausgangssituation bei Dopingblutkontrollen, ließen sich zur Rechtfertigung der vereinsrechtlichen Blutkontrollen diejenigen Abwägungsüberlegungen übernehmen, die bereits in der Diskussion um die Rechtmäßigkeit des § 81a StPO angestellt worden sind. § 81a StPO dient im Bereich der Strafverfolgung als Rechtsgrundlage für die Entnahme von Blutproben bei Beschuldigten. Die Argumente in der Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung drehen sich insbesondere um die 416

BVerfGE 5, 13, 15 ff.

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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persönlichkeitsrechtliche Brisanz der StPO-Blutprobe, die darin liegt, dass der Beschuldigte gegen seinen Willen mit seinem Körper als Untersuchungsobjekt und Beweismittel gegen sich selbst benutzt und damit quasi als „Augenscheinsobjekt“ behandelt wird. Diese in der Blutprobe mitschwingende Behandlung des Beschuldigten als bloßes Untersuchungsobjekt wird vom BVerfG nur damit gerechtfertigt und nur deshalb für hinnehmbar erklärt, weil elementare Bedürfnisse des Strafrechts erforderten, dass die besondere Stellung des Beschuldigten besondere Eingriffe in seine Rechte erlaube. Vor diesem Hintergrund ist die Verfassungsmäßigkeit der §§ 81a, 81c StPO vom BVerfG bei gleichzeitiger Mahnung zur Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mehrfach bestätigt worden.417 Außergewöhnliche Gesundheitsnachteile, die mit einer besonderen Konstitution des Probanden verbunden sind, müssen gesondert gewertet werden.418 Diese Begründung für die Verfassungsmäßigkeit des § 81a StPO macht auch den Schluss von der Zulässigkeit der Blutprobe zu strafprozessualen Zwecken auf die Zulässigkeit der Blutprobe zu Zwecken der Dopingkontrolle unmöglich: Die vom BVerfG im Rahmen der Rechtfertigung der strafprozessualen Blutprobenbestimmungen hervorgehobenen „elementaren Bedürfnisse des Strafrechts“ gelangen einzig und allein aus der Situation heraus zur Entstehung, die von § 81a StPO vorausgesetzt wird. Der Proband steht in einem i. S. d. Verhältnismäßigkeitsprinzips hinreichend schweren Verdacht, eine Straftat begangen zu haben. Indem § 81a StPO die Anordnung körperlicher Untersuchungen nur gegen Beschuldigte zulässt, setzt die Vorschrift einen zureichenden Tatverdacht i. S. d. § 152 II StPO voraus,419 der erst dann gegeben ist, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die nach pflichtgemäßer Beurteilung der Strafverfolgungsbehörde Anlass zum Verdacht geben.420 Dies bedeutet, dass die Abnahme einer Blutprobe nach § 81a StPO erstens den Verdacht einer konkreten, wenn auch noch nicht in allen Einzelheiten bekannten Straftat und zweitens die nicht lediglich ins Blaue hinein aufgestellte Vermutung der Täterschaft des Probanden erfordert. Beim Vorliegen derartiger Verdachtsmomente zöge es eine Beschädigung des Vertrauens der Rechtsgemeinschaft in das Funktionieren des Rechtsstaates nach sich, wenn die Strafverfolgungsbehörden untätig blieben und – die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Blutprobe im konkreten Fall vorausgesetzt – nicht das Mittel der Blutkontrolle zur Aufklärung des bestehenden Verdachtes einsetzten. 417

BVerfGE 16, 194, 202, u. 17, 108, 117, u. 27, 211, 218 ff., u. 47, 239, 248. Gem. §§ 81a, 81c StPO darf kein Nachteil für die Gesundheit des Probanden zu befürchten sein; OLG Koblenz, NJW 1976, 379 f., für den Fall einer sog. Spritzenphobie; K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/Urin-Dopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 44 f. 419 KK StPO/L. Senge, § 81a Rn. 2; K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/UrinDopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 37 f. 420 KK StPO/L. Senge, § 81b Rn. 2. 418

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Demgegenüber wird die Blutprobe zu Zwecken der Dopingkontrolle in aller Regel aus Gründen der Generalprävention durchgeführt, ohne dass ein konkreter Verdacht gegen die Probanden vorläge. Sie dient zumeist dazu, eventuelle Dopingvergehen überhaupt erst aufzuspüren. Abgesehen von dem Generalverdacht, der inzwischen viele Sportarten aufgrund ihrer Dopingvergangenheit und der hieraus zu befürchtenden Verbreitung des Dopings überschattet und den Spitzensport im Allgemeinen kompromittiert, existieren in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Dopingkontrollen keine Verdachtsmomente, welche die Überprüfung der Probanden gebieten. Vor diesem Hintergrund ermangelt es nicht nur dem Dopingprobanden an einer beschuldigtenähnlichen Stellung, es fehlt darüber hinaus auch die hinreichend schwere, an konkreten Verdachtsmomenten festgemachte Vermutung eines Regelverstoßes, die § 81a StPO des Weiteren zur Voraussetzung für die Blutprobe beim Straftäter erhebt. Auch § 81c II StPO vermag nicht über die Hürde hinwegzuhelfen, die aus der von § 81a StPO vorausgesetzten besonderen Situation erwächst: Zwar macht § 81c II StPO die Beschuldigtenstellung des Probanden und damit das Erfordernis eines konkreten Dopingverdachtes gegen den betroffenen Sportler entbehrlich. Genauso wie § 81a gewährt jedoch auch § 81c II StPO die Befugnis zu den dort genannten Eingriffen in die Rechte der zu untersuchenden Personen einzig und allein vor dem Hintergrund, dass ein Tatverdacht von angemessener Schwere bereits besteht. Zudem und vor allem setzt § 81c II StPO eine Situation voraus, in der die Blutprobe den Ermittlungen nicht gegen den Probanden selbst, sondern gegen einen Dritten dienen soll.421 Selbst wenn die Ausgangssituationen in den Fällen der §§ 81a und 81c II StPO einerseits und den Fällen der Blutprobe zu Dopingkontrollzwecken andererseits vergleichbar wären, was die Frage des ausreichend schweren Tatverdachts betrifft, verblieben dennoch ernsthafte Zweifel daran, ob die Zulässigkeit einer Blutprobenermächtigung zu Dopingkontrollzwecken tatsächlich unter Verweis auf die strafprozessualen Kontrollregelungen postuliert oder auch negiert werden könnte. Neben der Vergleichbarkeit der geregelten Ausgangssituationen müssten ähnlich schwerwiegende Interessen für die Durchführung der Dopingkontrollen feststellbar sein, wie sie für die Zulässigkeit der Blutproben zu strafprozessualen Zwecken gegeben sind. Die h. M. in Rechtsprechung und Literatur, die von der Zulässigkeit der in der StPO vorgesehenen Blutproben ausgeht, kann sich auf den außerordentlich bedeutsamen Umstand berufen, dass die insoweit gewährten Ermittlungsbefugnisse ein unverzichtbares Element einer erfolgreichen Strafverfolgung darstellen und damit für die Erzielung der notwendigen generalpräventiven Wirkung und demzufolge für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unerlässlich sind. Indem sie auf diese Weise zur 421 K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/Urin-Dopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 38.

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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Sicherung der Basis eines gedeihlichen Zusammenlebens der Rechtsgenossen beitragen, dienen sie der Wahrung eines überragend wichtigen Gemeinguts. Im Bereich des Sports ließen sich demgegenüber – bei allem Respekt vor der Bedeutung, die der Sport für die Gesellschaft hat – nur „elementare Bedürfnisse des Sports“ als gemeinnützige Zwecke der Blutkontrollbestimmungen anführen. Diese wiegen aber weitaus geringer als die Bedürfnisse des Strafrechts. Das Strafrecht hat zum Ziel, den einzelnen zur Einhaltung der Grenzen zu motivieren, die seinem Verhalten durch die Rechte anderer gesetzt sind. Damit soll das friedliche Zusammenleben der Menschen in der Gesellschaft ermöglicht werden. Die Bedeutung des Sports für die Gesellschaft infolge der Transferwirkungen zwischen Leistungssport und Breitensport darf zwar ebenfalls nicht unterschätzt werden. Es lässt sich aber schwerlich behaupten, dass von der Funktionstüchtigkeit des Sports das friedliche Zusammenleben in der Gesellschaft oder ähnliche bedeutsame Positionen abhängig wären. Aufgrund der dargelegten Unterschiede hinsichtlich der den Regelungen zugrundeliegenden Ausgangssituationen, aber auch, weil die für die Blutprobe gemäß den §§ 81a ff. StPO sprechenden Interessen nicht auch für die Blutkontrolle zu Dopingzwecken in Ansatz gebracht werden können, lassen sich die einschlägigen vereinsrechtlichen Dopingbestimmungen nicht kurzerhand im Wege des Verweises auf die §§ 81a ff. StPO rechtfertigen. Sind nach dem eben Gesagten die Ergebnisse der in den §§ 81a ff. StPO vorweggenommenen Abwägung zwischen den Interessen für und gegen die strafprozessuale Blutkontrolle nicht für die Interessenabwägung im Zusammenhang mit Dopingblutkontrollen verwendbar, scheint die Diskussion um die Zulässigkeit der Blutkontrollen gemäß StPO doch zumindest Hinweise auf das Ergebnis der Interessenabwägung um die Dopingblutkontollen zu liefern. Die Tatsache, dass schon die Rechtfertigung der vom staatlichen Gesetzgeber installierten Blutprobenregelungen nur unter Bemühung eines für die Rechtsgemeinschaft so essentiellen Interesses wie den „elementaren Bedürfnissen des Strafrechts“ gelungen ist, lässt auf den ersten Blick vermuten, dass entsprechende Bestimmungen nicht von den Verbänden durchgesetzt werden können, da ihnen die Berufung auf derartige Belange der Allgemeinheit verwehrt ist. Der Umstand, dass schon die Rechtfertigung der Blutprobenbefugnis gemäß StPO wegen der Eingriffswirkung, die sich dicht an der Grenze des nach der Objektformel des BVerfG Zulässigen und damit dicht an der Grenze zur Menschenwürdeverletzung bewegt, unter Aufbietung von Allgemeinbelangen höchster Wichtigkeit nur eben so gelingt, weckt die Befürchtung, dass die Rechtfertigung desselben schwerwiegenden Eingriffs durch ein Privatrechtssubjekt zur Verfolgung „eigennütziger“ Ziele schlechterdings nicht gelingen kann. Dieser scheinbar so naheliegende Schluss erweist sich jedoch bei näherem Hinsehen schnell als unhaltbar, lässt er doch außer Betracht, dass im Konflikt zwischen den Sportlern und den Korporationen mit den grundgesetzlich geschützten Rechten und Interessen der Vereine und Verbände Abwägungsbe-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

lange zugunsten der Kontrollregelung ins Feld geführt werden können, auf die sich der staatliche Gesetzgeber nicht berufen kann. Die aufseiten des Eingriffsadressaten betroffenen Grundrechte wirken im Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten untereinander nicht mehr als Abwehrrechte, die strikte Grenzlinien hinsichtlich der Befugnisse des Eingreifenden ziehen, sondern nur noch als Abwägungsbelange, die sich im Rahmen der Interessenabwägung mit den Belangen des Eingreifenden nur in einem Umfang durchsetzen können, der die Bedeutung der Eingriffsinteressen angemessen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund können sich die für den Eingriff sprechenden Interessen trotz des beachtlichen Gewichts der beeinträchtigten Belange nicht erst dann durchsetzen, wenn sie von staatstragender Wichtigkeit sind. Es kann in dieser Situation vielmehr bereits ausreichen, dass sie lediglich für den Eingreifenden als Einzelperson von existenzieller Bedeutung sind. Vor diesem Hintergrund kommt dem in den Bestimmungen der StPO manifestierten Ergebnis der Interessenabwägung für und wider die Blutprobe zu Strafverfolgungszwecken auch keine Bedeutung dergestalt zu, dass daraus für die Abwägung der gegenläufigen Interessen um die Blutprobe zu Dopingzwecken auf ein überwiegendes Interesse an der Unterlassung von Dopingblutkontrollen geschlossen werden könnte. Der einzige im Hinblick auf die jeweils angestellte Interessenabwägung relevante Unterschied zwischen den §§ 81a ff. StPO und § 46 OWiG ist in dem Umstand zu sehen, dass § 46 OWiG die Anwendbarkeit der strafprozessualen Blutkontrollvorschriften auf Tatbestände des Ordnungswidrigkeitenrechts und somit auf erheblich weniger schuldintensive Gesetzeswidrigkeiten422 ausweitet. Die Tatsache, dass eine Blutprobe sogar in Ordnungswidrigkeitenverfahren durchgeführt werden darf, die noch nicht einmal die Verfolgung von Straftaten, sondern eben nur um die Ahndung sogenannten Verwaltungsunrechts423 zum Gegenstand haben, scheint eine gewisse Geringschätzung der Eingriffsschwere von Blutkontrollen seitens des Gesetzgebers nahezulegen. Bei näherem Hinsehen vermag jedoch das Gewicht der mit den bußgeldbewehrten Verwaltungsvorschriften verfolgten Schutzziele auch schwerwiegende Rechtseingriffe im Rahmen einer Interessen422 Das BVerfG unterscheidet nach dem sozialethischen Unwerturteil und weist die Fälle geringeren Unrechtsgehalts dem Bereich der Ordnungswidrigkeiten zu, vgl. BVerfGE 22, 49, 80, u. 27, 18, 30 ff. Göhler/F. Gürtler, OWiG, Vor § 1 Rn. 5, spricht von „Zuwiderhandlungen, die nach der Typik des Verstoßes in aller Regel nicht den hohen Grad ethischen Unwertgehalts einer Straftat aufweisen und deshalb nach allgemeiner gesellschaftlicher Auffassung nicht das der Strafe anhaftende sozialethische Unwerturteil verdienen“. 423 BVerfGE 9, 167, 171, spricht vom Ungehorsam gegen „Ordnungsrecht der staatlichen Verwaltung“. Göhler/F. Gürtler, OWiG, Einl. Rn. 9, unterscheidet zwischen „Ordnungsunrecht“ und „Kriminalunrecht“. Kritisch zur Differenzierung des BVerfGs und der h. M. wegen der Konsequenz einer selbständigen Strafgewalt der Verwaltung KK OWiG/J. Bohnert, Einl. Rn. 92 ff.

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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abwägung zu rechtfertigen. Mag in den einschlägigen Ordnungswidrigkeitenverfahren auch das Interesse an der Ahndung des konkreten Einzelfallverstoßes eher von geringem Gewicht sein, führt hier doch der Präventionsgedanke dazu, dass den mit der Durchführung von Blutproben verbundenen Rechtsbeeinträchtigungen Zielsetzungen von ganz erheblicher Bedeutung gegenüberstehen.424 Denn letztlich liegt der Zulassung von Blutkontrollen etwa in Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren die Intention zugrunde, den Polizeibehörden ein Instrument zur Ermittlung von Gesetzesverstößen an die Hand zu geben, das die große Mehrheit der Rechtsgenossen von Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften abhält, die dem Schutz des Funktionierens ganzer Lebensbereiche wie beispielsweise eines reibungslosen Straßenverkehrs dienen. Die Blutkontrolle im verkehrsrechtlichen OWi-Verfahren etwa dient in diesem Sinne dem Schutz von Leib und Leben sämtlicher Rechtsgenossen vor den Gefahren der alkoholisierten oder anders berauschten Teilnahme am Straßenverkehr. Im Übrigen ist auch für die Durchführung von Blutkontrollen im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts Voraussetzung, dass ein hinreichender Anfangsverdacht besteht425 und dass die Durchführung der Blutprobe der Überprüfung am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsprinzips standhält,426 insbesondere dass der damit einhergehende Eingriff sich nicht als unangemessen mit Blick auf die dadurch verfolgten Interessen darstellt.427 Die Eingriffsbefugnisse nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) geben wiederum deshalb wenig Orientierung für die Interessenabwägung im Zusammenhang mit Blutentnahmen zu Dopingkontrollzwecken, weil das vom IfSG verfolgte Ziel, nämlich der Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Krankheiten, das heißt der Schutz von Leib und Leben vor schwerwiegenden oder sogar tödlichen Beeinträchtigungen, unbestreitbar von allerhöchstem Gewicht ist, so dass sich als Mittel zu seiner Realisierung ohne übermäßigen Argumentationsaufwand auch schwerwiegende Eingriffe in die Rechte Einzelner rechtfertigen lassen. Bei aller Bedeutung, die einem dopingfreien Sport zukommt, erreichen die Interessen an der Durchsetzung des Dopingverbots nicht annähernd das Gewicht der vom IfSG geschützten Belange, so dass durch die Bestimmungen des IfSG kein vergleichbarer Interessenkonflikt aufgelöst wird. Nach alledem können aus den bereits im geltenden Recht verankerten Regelungen zur Durchführung von Blutkontrollen keine aussagekräftigen Schlüsse auf die Zulässigkeit von verbandsrechtlichen Blutkontrollen zu Zwecken der Dopingbekämpfung gezogen werden. Somit erweist sich eine gesonderte Abwägung der

424 425 426 427

KK OWiG/J. Lampe, § 46 Rn. 14. KK OWiG/J. Lampe, § 46 Rn. 16, 31. Göhler/H. Seitz, OWiG, § 46 Rn. 9; KK OWiG/J. Lampe, § 46 Rn. 12 ff. KK OWiG/J. Lampe, § 46 Rn. 13.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Interessen für und wider die diesbezüglichen Regelungen der Korporationen und Veranstalter als notwendig. (2) Verhältnismäßigkeit und überwiegendes Interesse an der Blutprobenahme Auch für die Annahme eines überwiegenden Interesses an der Durchführung von Blutkontrollen ist Voraussetzung, dass Blutkontrollen zur Wahrung derjenigen Interessen, auf die sich die Sportvereinigungen zur Rechtfertigung der damit verbundenen Eingriffe berufen, geeignet und erforderlich sind.428 Die Geeignetheit der Blutprobe setzt lediglich voraus, dass die Blutkontrolle zum Nachweis von Dopingverstößen beitragen kann. Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung ist zu untersuchen, ob die Blutprobe das mildeste Mittel zur Erreichung derjenigen Vorteile darstellt, die zur Begründung der Eignung der Blutprobe angeführt werden. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung im engeren Sinne ist sodann anhand einer Interessenabwägung zu entscheiden, ob nicht bei der Gesamtbetrachtung der einander gegenüberstehenden Interessen die Blutprobe trotz ihrer Qualifizierung als geeignetes und erforderliches Mittel als unangemessener Eingriff in die Rechte der Probanden erscheint. Ungeachtet der weiteren Analysemöglichkeiten, die die Blutprobe bietet, resultiert ihre Eignung als Mittel im Anti-Doping-Kampf jedenfalls aus der Möglichkeit, mit ihrer Hilfe das sogenannte Blutdoping429 sowie das Doping mit Peptidhormonen430 und Wachstumshormonen431 oder auch die Verwendung von EPO432 nachzuweisen. Hiernach bestehen im Grundsatz keine Zweifel an der Ge428

K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 92, 112. M. Donike, Gutachten zur Frage des Nachweises von Dopingmitteln im Blut, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 127 ff., 132, u. R. K. Müller, Eignung von Blut und/oder Urin zum Dopingnachweis, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 165 ff., 168; gemäß Erläuterung von Prof. Dr. W. Schänzer vom 02.07.2010 auf Anfrage des Verfassers bedarf es der Blutkontrolle zum Nachweis von Fremdblutdoping, zur Detektion quervernetzter Hämoglobine sowie zum Nachweis von Eigenblutdoping und weiteren Manipulationen zur Verbesserung des Sauerstofftransports über Blutprofile. 430 W. Stoffel, Die Eignung von Blut und/oder Urinproben für die Dopingkontrolle, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 205 ff., 206 f., u. M. Donike, Gutachten zur Frage des Nachweises von Dopingmitteln im Blut, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 127 ff., 128, u. R. K. Müller, Eignung von Blut und/oder Urin zum Dopingnachweis, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 165 ff., 167, u. M. Staak, Eignung von Blut und/oder Urin zum Dopingnachweis, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 187 ff., 200. 431 So die Erläuterung von Prof. Dr. W. Schänzer vom 02.07.2010 auf die Anfrage des Verfassers. 429

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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eignetheit von Blutkontrollen. Soweit darüber hinaus weitere Dopingpraktiken mittels Blutproben nachgewiesen werden können, begründen auch diese weiteren Nachweismöglichkeiten grundsätzlich die Eignung von Blutproben zur Dopingbekämpfung. Allerdings kann die Geeignetheit von Blutkontrollen sportartspezifisch unterschiedlich zu beurteilen sein. Insoweit ist verallgemeinernd festzuhalten, dass allein die Geeignetheit von Blutkontrollen zum Nachweis irgendwelcher Dopingpraktiken zur Rechtfertigung ihrer Vornahme nicht ausreicht. Bei den nachweisbaren Dopingpraktiken muss es sich vielmehr um solche handeln, die auch gerade in der Sportart, in der die Blutkontrollen durchgeführt werden sollen, sinnvollerweise zur Leistungssteigerung eingesetzt werden können und deshalb verboten sind. Des Weiteren ergibt sich hinsichtlich der Geeignetheit von Blutkontrollen eine zeitliche Beschränkung insofern, als die dadurch nachweisbaren Dopingpraktiken nur in bestimmten Zeiträumen sinnvoll zur Leistungsförderung im Wettkampf eingesetzt werden können. Dies bedeutet beispielsweise, dass Blutkontrollen in Sportarten, in denen sich durch die Anwendung entsprechender Dopingpraktiken während der Trainingsphase keine Leistungsverbesserungen erzielen lassen, nur im Rahmen von Wettkampfkontrollen zulässig sind. Hat etwa die Anwendung von Blutdoping zu Zwecken der Leistungssteigerung nur in Wettkampfsituationen einen Sinn, während trainingsbegleitendes Blutdoping dem Athleten keine Vorteile verschafft, die sich auch noch in einem späteren Wettkampf auswirken, stellen Blutkontrollen während der Trainingszeiträume kein geeignetes Mittel zur Dopingbekämpfung dar, wenn nicht neben dem Blutdoping andere Verstöße durch die Kontrolle aufgedeckt werden können, die sich bis in den Wettkampf hinein leistungsverbessernd auswirken. Die Überprüfung des Athletenblutes muss des Weiteren zur Aufdeckung von Dopingverstößen erforderlich sein. Dies ist erstens insoweit der Fall, als bestimmte Dopingverstöße nur durch die Blutuntersuchung nachgewiesen werden können. Die Erforderlichkeit ist zweitens auch dann gegeben, wenn zur Aufdeckung eines Dopingverstoßes zwar neben der Blutuntersuchung andere Nachweistechniken geeignet wären, die Blutkontrolle jedoch im Vergleich zu diesen anderen Nachweistechniken den milderen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Athleten mit sich brächte. Die Erforderlichkeit muss auch in quantitativer Hinsicht dadurch gewahrt werden, dass die Menge des entnommenen Blutes auf das zur Durchführung des Dopingtests notwendige Maß beschränkt wird.433 432 Vgl. G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 268. Gemäß Erläuterung von Prof. Dr. W. Schänzer vom 02.07.2010 auf Anfrage des Verfassers erfolgt der Nachweis des EPO-Präparats CERA und anderer EPO-Präparate über Blutkontrollen. 433 K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/Urin-Dopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 43.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Inwieweit Dopingverstöße nur im Wege der Blutprobe oder sowohl über die Blutprobe als auch über die Urinprobe nachgewiesen werden können, hängt erstens von der Art der Dopingpraktiken ab, die zum jeweiligen Zeitpunkt von den Sportlern angewendet werden, und richtet sich zweitens nach dem Entwicklungsstand der Dopingkontrollverfahren und hier insbesondere der Analyseverfahren. Vorsorglich ist daher im Folgenden die Interessenabwägung hinsichtlich der Blutprobe sowohl für den Fall durchzuführen, dass bestimmte Dopingpraktiken nur per Blutuntersuchung nachgewiesen werden können, als auch für den Fall, dass zum Nachweis einer Dopingpraktik neben der Blutprobe ebenso die Urinprobe als derzeit etablierte Konkurrenzmethode in Betracht kommt. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass alternative Nachweismethoden so lange nicht die Erforderlichkeit der Blutabnahme verhindern, wie nicht sämtliche relevanten Dopingpraktiken statt über die Blutkontrolle im Wege dieser alternativen Kontrollmethoden nachweisbar sind. (a) Interessenabwägung bei nur mittels Blutprobe durchführbaren Kontrollen Die Dopinganalysetechnik macht – aus Sicht der Verbände und Dopinggegner erfreulicherweise – ebenso wie die Entwicklung von Dopingpraktiken stetig Fortschritte, wenn sie auch als der reagierende Part dem Einfallsreichtum der Doper möglicherweise immer hinterhereilen wird. Sinnvollerweise werden diese Fortschritte zunächst einmal nicht an die große Glocke gehängt, um möglicherweise einen Überraschungseffekt zu erzielen und Dopingverwender deshalb überführen zu können, weil sich die Existenz einer neuen Nachweismethode für eine bislang nicht nachweisbare Dopingtechnik noch nicht herumgesprochen hat. Welche Dopingmethoden jeweils gerade durch die Analyse welcher Körpersubstanzen – Urin oder Blut oder möglicherweise auch einmal andere Körperstoffe – mit welchen Analysetechniken nachgewiesen werden können, ändert sich hiernach fortwährend und ist hinsichtlich der neuesten Entwicklungen unter Umständen nur einem sehr kleinen Kreis von Fachleuten bekannt. Tatsächlich gibt oder gab es in der Vergangenheit durchaus Dopingverstöße, deren Aufdeckung überhaupt nur im Wege der Blutanalyse möglich ist oder war. So konnten die unter Dopern beliebten Peptidhormone jedenfalls über lange Zeit nur anhand von Blutkontrollen nachgewiesen werden.434 Wohl heute noch ist die Verwendung von Blutdoping 434 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik?, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 67 ff., 68 f., unter Verweis auf W. Stoffel, Die Eignung von Blut und/oder Urinproben für die Dopingkontrolle, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 205 ff., 206 f., u. M. Donike, Gutachten zur Frage des Nachweises von Dopingmitteln im Blut, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 127 ff., 128, u. R. K. Müller, Eignung von Blut und/oder Urin zum Dopingnachweis, in: Bundesinstitut für Sportwis-

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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nur über Blutkontrollen nachweisbar.435 Für die eben genannten Dopingpraktiken kam und kommt bis dato die Urinkontrolle mangels Geeignetheit nicht als milderes Mittel in Betracht. Einen weiteren Fall der Unzulänglichkeit der Urinprobe stellte über lange Zeit das im Bereich der Ausdauersportarten hilfreiche Doping mit dem Wirkstoff Erythropoietin, kurz „Epo“, dar.436 Mangels der Existenz eines allgemein anerkannten Verfahrens, das direkt und unmittelbar den Nachweis der Epo-Einnahme ermöglichte, beschränkten sich die Epo-Kontrollen der Verbände daher üblicherweise darauf, den Hämatokritwert des Blutes der Athleten zu messen und die Probanden bei Überschreitung eines bestimmten Wertes nicht etwa wegen Dopings zu sperren, sondern aus Gründen des Gesundheitsschutzes von der Teilnahme am jeweiligen Wettbewerb auszuschließen. Mit Blick auf diese Arten des Dopings bleibt daher im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nur noch die Überlegung, ob die Blutkontrolle trotz ihrer Erforderlichkeit nicht aus dem Grund als unzulässig anzusehen ist, weil die weiter oben bereits dargelegten Rechtsbeeinträchtigungen ihre Unangemessenheit nach sich ziehen. Die Unangemessenheit der Blutkontrolle wäre dann zu konstatieren, wenn sie sich angesichts der damit verbundenen Eingriffe in die Rechte der Sportler als zur Erreichung der verfolgten Ziele unangemessenes Mittel erwiese. An dieser Stelle sind die für die Blutkontrolle sprechenden Interessen mit dem Interesse der Athleten an der Unversehrtheit der berührten Rechtspositionen abzuwägen. Nach den vorstehenden Ausführungen zur Blutprobe lassen sich die folgenden Rechtspositionen als widerstreitende Interessen aufführen: Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Probanden wird zwar nicht in Form einer Beeinträchtigung der Intimsphäre und – wegen der Spezialität der Bestimmungen zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit – auch nicht in Form einer Beeinträchtigung des Selbstbestimmungsrechts hinsichtlich des eigenen Körpers tangiert. Ein Persönlichkeitsrechtseingriff ist jedoch in dem mit der Blutkontrolle verbundenen Zwang zur Duldung von Maßnahmen zur eigenen Überführung als senschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 165 ff., 167, u. M. Staak, Eignung von Blut und/oder Urin zum Dopingnachweis, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 187 ff., 200. 435 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik?, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 67 ff., 69, unter Verweis auf M. Donike, Gutachten zur Frage des Nachweises von Dopingmitteln im Blut, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 127 ff., 132, u. R. K. Müller, Eignung von Blut und/oder Urin zum Dopingnachweis, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/ oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 165 ff., 168. 436 So G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 268, unter Verweis auf die Berichterstattung zum Fall Mühlegg in Berliner Zeitung, Bonner Rundschau, FAZ und SZ vom 26.02.02.

430

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Doper, in der Verwendung des menschlichen Körpers als Informationsmasse, in der mit der Blutentnahme einhergehenden Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts und in dem Zwang zur Weitergabe eigener Körperprodukte an Dritte zu sehen. Hinzu kommt die Beeinträchtigung der ebenfalls grundrechtlich geschützten Rechtspositionen „körperliche Unversehrtheit“ und „Berufsfreiheit“. Für die Gewichtung der persönlichkeitsrechtlich geschützten Freiheit von jeglichem Zwang zur Selbstbelastung gilt im Zusammenhang mit der Blutprobe nichts anderes als im Zusammenhang mit der Urinprobe.437 Während dem Freiheitsrecht im Verhältnis zwischen Bürger und Staat mit Blick auf die Machtverhältnisse und die hieraus für den Staat resultierenden Missbrauchsmöglichkeiten eine außerordentlich hohe Bedeutung zukommt, ist eine vergleichbare Gefahrenlage im Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten nicht gegeben. Die besondere Gefährdung des Bürgers im Verhältnis zur staatlichen Gewalt bedingt, dass im Subordinationsverhältnis zwischen Hoheitsgewalt und Bürger kein Raum für Aufweichungen des Grundsatzes eröffnet ist. Daher kann insoweit auch nicht als Argument für eine Mitwirkungspflicht angeführt werden, dass die staatlichen Ermittlungen, bei denen der Bürger aktiv kooperieren soll, im Regelfall auf die Überprüfung von Verstößen gegen Verhaltenspflichten abzielen, deren Begründung vom Einzelnen durch seine Mitwirkung im demokratischen Meinungsbildungsprozess mitgetragen wurde. Obwohl ihm die Begründung der einschlägigen Pflichten als Ergebnis des demokratischen Meinungsbildungsprozesses zuzurechnen ist, verbietet die besondere Gefährdungssituation, vom Einzelnen die Mitwirkung am Nachweis von Zuwiderhandlungen gegen diese Pflichten zu verlangen. Demgegenüber können entsprechende Anforderungen im Rahmen seiner Rechtsbeziehungen zu anderen Privatrechtssubjekten durchaus gegenüber dem Einzelnen gestellt werden. Hat der Einzelne hier durch die freiwillige Übernahme von Verpflichtungen im Wege einer vertraglichen Zusage oder durch die Unterwerfung unter Verbandsregelwerke anlässlich des Beitritts zu einem Verein bestimmte Verhaltensregeln akzeptiert, steht ihm nachfolgend kein übermächtiger Staat als Überwacher und Verfolger von Pflichtverstößen gegenüber. Mit Blick auf die unmittelbare Verpflichtung, die der Einzelne in diesem Fall hinsichtlich der in Rede stehenden Verhaltensregeln eingegangen ist, und weil es an dem Machtungleichgewicht fehlt, das im Verhältnis zwischen Bürger und Staat das Missbrauchspotential auf ein nicht mehr hinnehmbares Maß anwachsen lässt, bestehen keine erheblichen persönlichkeitsrechtlichen Bedenken gegen vertragliche Regelungen, die dem Einzelnen Pflichten im Rahmen von solchen Überwachungsverfahren auferlegen, die auf die Kontrolle der Einhaltung der vertraglichen Verhaltenspflichten ausgerichtet sind.

437

Vgl. oben D.III.2.b)aa).

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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Geht man davon aus, dass die Sportler zuvor auf wirksame Art und Weise durch unmittelbare Zustimmung oder durch die generelle Unterwerfung unter das Vereinsrecht das Dopingverbot akzeptiert haben, ergibt sich hieraus somit eine Art von Annexkompetenz der Verbände und Veranstalter, auch die zur Durchsetzung des Verbots erforderlichen Kontrollmechanismen in ihren Rechtsordnungen oder Bedingungen festzuschreiben.438 Dieser Annexkompetenz entspricht eine Annexverpflichtung der Athleten, mit den erforderlichen Maßnahmen verbundene verhältnismäßige Eingriffe in ihre Rechtspositionen hinzunehmen. Anders als im Verhältnis zwischen staatlicher Strafverfolgungsbehörde und Verdächtigem bedeutet der mit der Pflicht zur Duldung der Blutabnahme verbundene Eingriff in das Recht der Athleten, nicht bei der eigenen Überführung als Missetäter mitzuwirken, daher nur eine gering zu gewichtende Belastung der Sportler. Auch die bis zu einem gewissen Grad objektähnliche Behandlung der Sportler im Zuge der Blutabnahme, die darin besteht, dass sich die Athleten als bloße Spender von Untersuchungsmaterial zur Verfügung stellen müssen, vermag kein erhöhtes Gewicht als Abwägungsbelang bei der Prüfung der Angemessenheit der Blutkontrolle zu entfalten. Die Würdigung der Gesamtsituation, in der die Blutprobe genommen wird, und insbesondere die Berücksichtigung der subjektiven Zielrichtung der Probenahme, die bereits ihre Qualifizierung als Eingriff in die Menschenwürde der Probanden verhindert haben, nehmen der Maßnahme auch ihr Gewicht, was die Missachtung des personalen Geltungsanspruchs der Athleten betrifft. Auch der Vorwurf einer der Blutabnahme innewohnenden objektähnlichen Behandlung wird hiernach durch die dem Sportler bis zuletzt verbleibende Möglichkeit zur Betätigung seines entgegenstehenden Willens sowie dadurch entkräftet, dass die Blutabnahme einzig und allein der Kontrolle einer Verpflichtung dient, die der Athlet zuvor freiwillig eingegangen ist. Für die Bedeutung der Blutprobenahme als Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht bezüglich der eigenen Körpersubstanzen ist die Wichtigkeit des Blutes für seinen Spender im Zustand als vom Körper getrennte Substanz entscheidend. Die Wichtigkeit des Blutes für den Menschen liegt zum einen in seiner Funktion als lebensnotwendige Körperflüssigkeit begründet. Diese Funktion wird allerdings vom Blut nur solange erfüllt, wie es sich noch innerhalb des Körpers befindet oder zwar dem Körper entnommen wurde, aber zum Wiedereinsatz im Körper des Spenders vorgesehen ist. Der endgültig zu Analysezwecken entäußerten Blutprobe kommt die Bedeutung als lebensnotwendige Körperflüssigkeit daher nicht mehr zu. Die Funktion des im Körper befindlichen Blutes als lebens-

438

Vgl. K. Vieweg, Normsetzung, S. 148 f.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

notwendige Körperflüssigkeit wird nicht vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht, sondern vom Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II 1 GG) geschützt. Zum anderen sorgt die im Blut enthaltene Masse an Informationen über den Gesundheitszustand und über die genetischen Anlagen des Spenders für eine erhöhte Bedeutung des abgenommenen Blutes für die Sportler. Auch dieser Aspekt ist allerdings für die Gewichtung des Eingriffs in das Selbstbestimmungsrecht über die eigenen Körpersubstanzen ohne Bedeutung. Grund hierfür ist der Umstand, dass die Bedeutung des Blutes als Informationsmasse zwar durchaus für den persönlichkeitsrechtlichen Schutz von Interesse ist, dieser Schutz allerdings vom informationellen Selbstbestimmungsrecht als insoweit spezieller Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts übernommen wird. Nach alledem stellt das Blut eines Menschen unter dem Aspekt des Selbstbestimmungsrechts bezüglich der eigenen Körpersubstanzen keinen besonders bedeutsamen Körperbestandteil dar, an dessen Besitz in der Situation der Blutabnahme zu Dopingkontrollzwecken ein erhöhtes persönlichkeitsrechtliches Bedürfnis der Athleten erkennbar wäre, so dass der Eingriff auch unter diesem Gesichtspunkt keine erhöhte Brisanz aufweist. Bei der Bemessung der Schwere des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht, der mit Blick auf die Funktion des menschlichen Blutes als Informationsmasse mit der Blutentnahme verbunden ist, ist zunächst einmal der Umfang des dem Blut innewohnenden Informationsgehaltes beachtlich. Hier fällt der Umstand ins Gewicht, dass eine Blutprobe etwa die Herstellung eines genetischen Fingerabdrucks ermöglicht und darüber hinaus eine Vielzahl von Informationen über den körperlichen Zustand und den Gesundheitszustand des Probanden beinhaltet. Berücksichtigt man zusätzlich noch die Sensibilität der Informationen, die der Blutprobe entnommen werden können, stellt die Einholung der Blutprobe einen außergewöhnlich schwerwiegenden Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dar, der – in den Kategorien der Sphärentheorie gemessen – mit der Privat- und Intimsphäre die engsten Persönlichkeitssphären betrifft und deshalb qualitativ die höchstmögliche Intensität erreicht. Gleichzeitig ist gewichtsmindernd zu berücksichtigen, dass die Blutprobe als solche all diese Informationen über den Probanden lediglich in codierter Form enthält, so dass sich die Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts zunächst auf eine Gefährdung der Vertraulichkeit der in der Blutprobe enthaltenen Informationen beschränkt, die sich erst mit der Analyse der Probe zu einem Verlust der Datenvertraulichkeit im Sinne der Kenntnis Dritter verdichtet. Für die Gewichtung des mit der Blutabnahme einhergehenden Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit sind die folgenden Gesichtspunkte bedeutsam: Erstens ist die Blutabnahme mit Schmerzen für die Athleten verbunden, zweitens erleiden die Sportler im Zuge der Blutabnahme einen Verlust an Körpersubstanz im Umfang der abgenommenen Blutmenge und drittens sind mit dem Eingriff

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insofern weitere Gesundheitsgefahren verbunden, als die Möglichkeit von Infektionen und anderen Komplikationen besteht. Der zuletzt genannte Aspekt, wonach die Blutprobe nicht nur in jedem Fall eine tatbestandliche Körperverletzung bedeutet, sondern die viel schwerer wiegende Gefahr lebensgefährlicher Infektionen wie z. B. Hepathitis oder AIDS mit sich bringt, ist im Grenzbereich des Rechtes auf körperliche Unversehrtheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anzusiedeln. Allerdings greift insoweit gleichsam präventiv noch nicht der Schutz der körperlichen Unversehrtheit aus Art. 2 II GG, da die Infizierung der Probanden ja keineswegs feststeht oder auch nur mit einer nennenswerten Wahrscheinlichkeit vorgezeichnet ist, sondern tatsächlich vielmehr die seltene Ausnahme darstellt. Schutz vor der Konfrontation mit derartigen Gefahrensituationen bietet stattdessen das Recht des einzelnen, selber über die Art und Weise seiner Lebensführung zu bestimmen und von Einwirkungen Dritter verschont zu bleiben, die eine Gefährdung seiner Lebensgrundlagen, hier seiner Gesundheit, bedeuten. Im Übrigen beschränkt sich die Schmerzzufügung im Regelfall auf einen kurzen Einstich, der Blutverlust erreicht seinem Umfang nach lediglich gesundheitlich unbedenkliche Größenordnungen, und das Risiko weiterer Gesundheitsbeeinträchtigungen ist durch geeignete Vorsichtsmaßnahmen nahezu auf Null reduzierbar.439 Hiernach kann auch die Intensität des mit der Blutentnahme verbundenen Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit der Sportler im Regelfall als relativ geringfügig eingestuft werden, sofern der Eingriff auf die schmerzloseste Art und Weise durchgeführt, hinsichtlich der abzunehmenden Blutmenge auf ein gesundheitlich unbedenkliches Maß beschränkt und mit geeigneten Schutzvorkehrungen gegen sonstige nachteilige gesundheitliche Folgen vorgenommen wird. Bedingt die Blutkontrolle aufgrund besonderer Umstände in der Person eines Athleten wie etwa der ganz außergewöhnlichen Veranlagung zu Ohnmachtsanfällen bei Blutentnahmen die Gefahr schwerwiegender Gesundheitsschäden, die sich nicht durch ärztliche Vorkehrungen entschärfen lässt, führt dies nicht zu einem Teilnahmerecht des Sportlers ohne die Pflicht zur Mitwirkung bei Blutuntersuchungen.440 In einem solchen Fall ist es nicht die Unangemessenheit der AntiDoping-Bestimmungen, sondern die besondere persönliche Konstitution, die verhindert, dass der Athlet sein Interesse an der Sportausübung wahrnehmen kann.

439 Die Gesundheitsgefährdung gesunder Menschen durch Blutabnahmen wird in der Kommentarliteratur zur StPO durchweg als sehr gering erachtet, vgl. statt vieler KK StPO/L. Senge, § 81a Rn. 5a, u. K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/Urin-Dopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 41 f., m.w. N. 440 So aber wohl K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/Urin-Dopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 44, wenn er verbandsrechtliche Konsequenzen von einer sachverständigen (psychiatrischen) Untersuchung abhängig macht.

434

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Der mit der Blutkontrolle ausgelöste Eingriff in die Berufsfreiheit der Sportler erreicht auf der vom BVerfG im „Apothekerurteil“ 441 entworfenen Intensitätsskala als Berufsausübungsregelung lediglich die unterste Stufe, da die Verpflichtung zur Duldung der Blutentnahme keine objektiven oder subjektiven Zulassungsschranken beinhaltet, sondern die Sportler lediglich zur Vornahme bzw. Hinnahme der notwendigen Maßnahmen anhält. Dass derartige Eingriffe in die Berufsausübung nur geringgewichtige Beschränkungen der Berufsfreiheit darstellen, hat das BVerfG in der Formel zum Ausdruck gebracht, es reiche zu ihrer Rechtfertigung bereits aus, „dass vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen“.442 Das Recht auf Berufsfreiheit ist also mit Rücksicht auf die Einordnung der Blutkontrollbestimmungen als Berufsausübungsregelungen ebenfalls eher geringfügig beeinträchtigt. 443 Überträgt man die Forderung des BVerfGs nach der Rechtfertigung mit vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls auf das privatrechtliche Verhältnis zwischen den Vereinen und Veranstaltern und den Sportlern, kann der Terminus „vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls“ mit dem Begriff „im Aufgabenbereich der Vereine angesiedelter sachlicher Grund“ übersetzt werden. In diesem Sinne lässt sich das Erfordernis „vernünftiger Erwägungen“ als Willkürverbot und als Gebot zur Begründung der in Rede stehenden Maßnahme mit schutzwürdigen Interessen verstehen; die Bezugnahme auf das Gemeinwohl bedeutet eine Begrenzung des Repertoires, aus dem die Begründung der Maßnahme herrühren darf, auf den allgemeinen Aufgabenbereich, der dem Veranlasser der Maßnahme zur Regelung zugewiesen ist. So wie dem Staat die Gewährleistung des Gemeinwohls als eigentlicher Aufgabenbereich obliegt, ist es originäre Aufgabe der Sportverbände und Sportveranstalter, die Einhaltung derjenigen Grundsätze zu überwachen, die sie sich in Übereinstimmung mit den Regeln des Vereinsrechts und des Privatrechts im weiteren Sinne gegeben haben. Wie bereits weiter oben im Einzelnen ausgeführt, kann allerdings der Gesundheitsschutz der Sportler nicht unmittelbar von den Sportverbänden als für Blutkontrollen sprechendes Interesse und somit – in der Begrifflichkeit des Apotheker-Urteils gesprochen – auch nicht wie eine vernünftige Erwägung des Gemeinwohls zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit ins Feld geführt werden.444 441

BVerfG 7, 377 ff. BVerfG 7, 377, 405. 443 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 29, kommt vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis, die mit Blutkontrollregelungen verbundenen Restriktionen bzgl. der Berufsfreiheit fänden „in der grundrechtlich abgesicherten Sportvereins- und -verbandsautonomie in Verbindung mit entsprechenden Einverständniserklärungen der . . . Leistungssportler eine hinreichende Legitimationsgrundlage“. 444 So aber P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik?, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 67 ff., 88. 442

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

435

Was die Gewichtung der zugunsten der Blutkontrolle sprechenden Interessen betrifft, kann für diejenigen Fälle, in denen hinsichtlich der Nachweisbarkeit der in Rede stehenden Dopingpraktik keine Alternative zur Blutkontrolle besteht, auf die Überlegungen verwiesen werden, die weiter oben445 bereits zur Interessenlage um das Dopingverbot als solches angestellt worden sind. Diese Überlegungen hatten zum Ergebnis, dass es sich bei der Frage nach der Zulässigkeit des Dopingverbots im Vereinsrecht und den Veranstaltungsbedingungen um eine Existenzfrage für die Korporationen und Veranstalter handelt. Da das Wesen der Korporationen durch die Grundentscheidungen zu den Vereinszwecken und -zielen definiert wird und die Weichenstellung in Richtung eines dopingverseuchten oder aber eines dopingfreien Sports als eine solche Grundentscheidung anzusehen ist, hängt von der Durchsetzbarkeit des Dopingverbots das Sein oder Nichtsein der ihrem Wesen nach auf die Mitgliedschaft ungedopter Sportler ausgerichteten Sportvereine und -verbände ab. Die Frage nach der Zulässigkeit des Dopingverbots ist somit – zugespitzt ausgedrückt – für die Vereinigungen zum Zwecke des dopingfreien Sports eine Frage von Leben und Tod. Über Art. 9 GG und – weil es sich um eine für das Wesen und das Bild der Sportvereine und -verbände nach außen hin elementare Entscheidung handelt – auch über das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I und Art. 1 GG erlangt das Interesse der Korporationen am Dopingverbot vor diesem Hintergrund ein außerordentlich hohes Gewicht als Abwägungsbelang. Insoweit Dopingpraktiken einzig und allein im Wege der Blutkontrolle aufgedeckt werden können, bedeutete die Unzulässigkeit von Blutkontrollen nichts anderes als den Verzicht auf das Dopingverbot. Aus diesem Grund lassen sich die für das Dopingverbot als solches angeführten Interessen ohne Gewichtsverlust als für die Blutkontrolle sprechende Interessen übernehmen. Zudem ist zugunsten der Blutabnahme zu berücksichtigen, dass die Blutprobe der Preisgabe solcher Informationen dient, die von den Verbänden und Veranstaltern zur Überprüfung der Einhaltung vertraglicher oder vereinsrechtlicher Verpflichtungen der Sportler benötigt werden. Ungeachtet der hinter der Blutkontrollregelung stehenden Intention, das Dopingverbot und damit einen maßgeblichen Zweck der Sportvereinigungen umzusetzen, ist die Abnahme der Blutprobe hiernach bereits durch den Grundsatz der Privatautonomie nach Art. 2 I GG geschützt. Die Privatautonomie eröffnet den Sportverbänden nicht nur die Möglichkeit, den Verzicht auf Doping vertraglich mit den Sportlern zu vereinbaren, sondern erlaubt ihnen darüber hinaus auch, die zur Überwachung der vertraglichen Pflichten notwendigen Kontrolleinrichtungen in den Vereinbarungen mit den Athleten zu installieren und von den so begründeten Kontrollbefugnissen nachfolgend auch Gebrauch zu machen. Von der Athletenseite her betrachtet, folgt aus der Pflicht zur Vertragstreue und aus dem Rechtsgedanken des Verbotes wi445

Vgl. oben D.I.

436

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

dersprüchlichen Verhaltens auch für den Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht, dass dieser innerhalb der vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gezogenen Grenzen gleichsam als natürliche Konsequenz aus der Unterwerfung unter das Dopingverbot von den Athleten hingenommen werden muss. Aus den vorstehend angestellten Überlegungen heraus ergibt sich für die Interessenabwägung um die Blutkontrolle und damit für die Frage nach ihrer Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne Folgendes: Die Blutkontrolle greift in nicht unerheblicher Weise in verschiedene grundrechtlich geschützte Rechtspositionen der Athleten ein. Während diese Eingriffe jedoch eine Intensität nicht überschreiten, die bei Vorliegen eines hinreichend schwerwiegenden Interesses an der Durchführung von Blutkontrollen für die Athleten als noch hinnehmbar erscheint, bedeutete der Verzicht auf Blutkontrollen die Eliminierung der Vereine und Verbände als Vereinigungen zum Zwecke eines dopingfreien Sports. Der bloßen Rechtsbeeinträchtigung aufseiten der Athleten steht somit der Existenzverlust der Korporationen gegenüber. Dem Interesse der Vereine und Verbände kommt in dieser Situation das größere Gewicht zu, so dass sich die Durchführung von Blutkontrollen zur Aufdeckung von nur dieserart nachweisbaren Dopingverstößen nicht als unangemessene Beeinträchtigung der Sportlerinteressen darstellt.446 Ungeachtet der grundsätzlichen Zulässigkeit von Blutkontrollen ist durch eine entsprechende Ausgestaltung der einschlägigen Bestimmungen sicherzustellen, dass der Abnahmevorgang auf die schonendste Art und Weise durchgeführt wird. So muss etwa die Probenahme durch Personen mit einer entsprechenden ärztlichen Ausbildung erfolgen und die Beachtung der Regeln der Heilkunst gewährleistet sein (sic §§ 81a, 81c StPO).447 Insoweit können die Sportler zwar keine „Chefarztbehandlung“ oder die Durchführung der Blutabnahme durch eine namhafte Koryphäe verlangen.448 Die Duldung der Blutabnahme ist den Athleten jedoch andererseits nur unter der Voraussetzung zumutbar, dass – für sie erkennbar – sichergestellt ist, dass der Eingriff nur durch hierfür zweifelsfrei qualifiziertes Personal erfolgt.449 Im Hinblick auf die Art und Weise der Durchführung und das zur Blutabnahme berechtigte Personal bestimmt Ziff. 1 Anh. 6 NADA-Code, dass die 446 Vgl. auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 272. So im Ergebnis auch M. Bergermann, Doping und Zivilrecht (2001), S. 80 f. 447 Vgl. auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 272. 448 So aber wohl der ehemalige Radprofi Udo Bölts, seinerzeit Bergspezialist im Team Deutsche Telekom, der sich dahingehend äußerte, gegen Bluttests sei im Grundsatz nichts einzuwenden, seine Bereitschaft jedoch unter den Vorbehalt stellte, von einem „Dorfdoktor“ lasse er nicht „rumbohren“, vgl. FAZ v. 30.01.97, S. 32. 449 K. Kühl, Zur Zulässigkeit von Blut-/Urin-Dopingtests, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 31, 45 f., stellt die Blutabnahme durch medizinisches Hilfspersonal unter die Bedingung, dass der Sportler dem nach Belehrung über das Recht auf einen Arzt zugestimmt hat.

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

437

„Prinzipien international anerkannter Vorsorgemaßnahmen im Gesundheitswesen“ 450 beachtet werden sollen (Ziff. 1 S. 1) und dass Blutproben in Deutschland nur von einem approbierten Arzt oder unter der Aufsicht eines approbierten Arztes durchgeführt werden dürfen (Ziff. 1 S. 2). Die in Satz 1 enthaltene Vorgabe zur Art und Weise der Durchführung von Blutkontrollen ist allerdings im Hinblick auf ihren Zweck als Orientierungshilfe für die Beteiligten vor Ort in der Dopingkontrollstation wenig hilfreich. Viele Athleten werden schon gar nicht wissen, welche Schutzvorkehrungen in Befolgung der „Prinzipien international anerkannter Vorsorgemaßnahmen im Gesundheitswesen“ überhaupt getroffen werden müssen. Auch wenn man den Sportvereinigungen zugesteht, dass zur Wahrung der Überschaubarkeit des Dopingkontrollregelwerks und wegen der Gefahr von Änderungen der einschlägigen fachlichen Vorgaben eine Aufzählung der einzelnen Schutzvorkehrungen für Blutabnahmen nicht praktikabel wäre, könnte doch die Klarheit von Ziff. 1 Satz 1 Anh. 6 NADA-Code schon dadurch erheblich gesteigert werden, dass zusätzlich die Durchführung der Blutabnahme lege artis, also nach dem aktuellen Stand der Regeln der ärztlichen Heilkunst, vorgegeben würde. Über die lege artis zu beachtenden Regeln könnten sich die Athleten bei nahezu jedem Arzt erkundigen und wüssten hiernach wenigstens über einen Mindeststandard Bescheid, während die Kenntnis der Prinzipien international anerkannter Vorsorgemaßnahmen auch bei zu Rate gezogenen Medizinern deutlich weniger verbreitet sein dürfte. Des Weiteren führt Satz 1 aufgrund seiner Ausgestaltung als bloße Sollvorschrift spätestens dann zur Rechtsunsicherheit, wenn Sportler und Kontrolleur hinsichtlich einer ganz konkreten, im internationalen Gesundheitswesen üblichen Maßnahme unterschiedlicher Auffassung darüber sind, ob sie im Zuge der laufenden Kontrolle umgesetzt werden muss oder nicht. Auch die Bestimmung bezüglich der Personalauswahl in Ziff. 1 Satz 2 ist in verschiedener Hinsicht nicht so ausgestaltet, dass die Interessen der Athleten auf bestmögliche Weise geschützt werden. Zum einen erscheint die Anknüpfung an die Approbation nur bedingt sinnvoll, da für den Sportler in aller Regel eine einschlägige Ausbildung in puncto Blutabnahme von entscheidendem Interesse sein wird. Zum anderen und vor allem ließe es der Wortlaut von Satz 2 auch zu, dass die Blutentnahme vom Hausmeister der Dopingkontrollstation durchgeführt würde, solange dies nur unter den strengen Blicken des approbierten Arztes geschähe. Zum dritten ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb die gesundheitliche Fürsorge gegenüber den Athleten nur in Deutschland die Abnahme der Blutprobe durch spezifisch qualifiziertes Personal erfordern sollte, nicht aber bei Kontrollen im Ausland, wie dies die ausdrückliche räumliche Einschränkung auf Deutschland nahelegt. 450 Der Begriff wird a. a. O. ohne nähere Erläuterung und ohne Verweis auf dritte Regelwerke verwendet.

438

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Im Sinne eines optimalen Schutzes der körperlichen Unversehrtheit der Sportler müsste Ziff. 1 Anh. 6 dergestalt geändert werden, dass gemäß Satz 1 der Umgang mit Blut nicht nur entsprechend den Prinzipien für Vorsorgemaßnahmen gehandhabt werden soll, sondern daneben auch die Einhaltung der aktuellen Regeln der ärztlichen Heilkunst zur Pflicht gemacht wird. In Satz 2 müsste – ohne Beschränkung auf Deutschland – vorgegeben werden, dass die Blutabnahme durch nachgewiesenermaßen entsprechend fachlich ausgebildetes Personal unter Aufsicht eines approbierten Arztes oder durch einen entsprechend fachlich ausgebildeten approbierten Arzt selber durchzuführen ist. Mit Blick auf die gesundheitlichen Begleitumstände der Probenahme bestimmt Ziff. 3 Anh. 6 noch, dass der Sportler bequem untergebracht sein und mindestens zehn Minuten vor der Blutabnahme entspannt liegen oder sitzen soll. Für die eigentliche Blutabnahme gibt Ziff. 6 Anh. 6 vor, dass die Einstichstelle mit einem sterilen Tupfer desinfiziert und nachfolgend das Blut aus einer Oberflächenvene entnommen werden soll. Gemäß Ziff. 8 Anh. 6 sind maximal drei Versuche zum Erhalt der analysetechnisch erforderlichen Menge an Blut zulässig. Durch diese und erforderlichenfalls auch weitere zusätzliche Gesundheitsschutzbestimmungen muss gewährleistet sein, dass den Athleten aus der Probenahme keinerlei ernsthaftes gesundheitliches Risiko droht. Das Abnahmeprozedere muss des Weiteren so ausgestaltet sein, dass die Gefahr von falschen Kontrollergebnissen infolge von Fehlern bei der Blutabnahme – etwa wegen des Auftretens von Verschmutzungen o. ä. – so weit als möglich ausgeschlossen wird. Dies soll dadurch gewährleistet werden, dass der Sportler unter mehreren versiegelten Probesets eines auswählt und auf Beschädigungen hin überprüft (Ziff. 4 Anh. 6). Verwechslungen wird dadurch vorgebeugt, dass die Code-Nummern wie auch ihre Aufzeichnung sowohl vom Athleten als auch vom Dopingkontrolleur überprüft werden (Ziff. 5 Anh. 6). Versiegelt wird die Probe vom Athleten selber, während der Kontrolleur die Versiegelung lediglich nochmals überprüft (Ziff. 9 Anh. 6). Ebenso müssen die Vorschriften über die Einholung der Blutprobe jeglichen im Zusammenhang mit der Probenahme drohenden, nicht zu Zwecken der Dopingbekämpfung erforderlichen Zugriff auf die Probe unterbinden. Im Zuge der eigentlichen Probenahme ist ein Zugriff Dritter auf die Probe allerdings nahezu ausgeschlossen, da sich die Probe durchgehend in den Händen und unter der Beobachtung des Sportlers und des verantwortlichen Kontrolleurs befindet. Bezüglich der Zugriffsregelung für den Zeitraum bis zur Übergabe der Proben an den Tranporteur, bezüglich der Regelung der bei der Blutabnahme zugelassenen Beteiligten sowie bezüglich der Regelung der Pseudonymisierung der Blutproben gilt das weiter oben bereits im Zusammenhang mit der Urinkontrolle Gesagte entsprechend, wonach die Vorgabe konkreter Schutzmaßnahmen angemessen wäre.451 451

Vgl. oben D.III.2.b)bb).

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

439

Hinsichtlich sämtlicher Regelungen zur Blutabnahme gilt, dass ihre Wirksamkeit die Einhaltung der grundrechtlichen und zugleich rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen voraussetzt,452 da die Wahrung der Verhältnismäßigkeit einer Eingriffsregelung zuallererst erfordert, dass der hiernach zulässige Eingriffsumfang eindeutig erkennbar ist. In diesem Sinne sind nicht zuletzt die Verfahrensschritte der Blutentnahme genauestens vorzuzeichnen.453 Mit Blick auf die Regelungen des NADA-Codes bestehen unter diesem Aspekt aus den oben angestellten Überlegungen heraus lediglich Bedenken gegen Ziff. 1 Anh. 6, in der die bei der Blutabnahme zu beachtenden ärztlichen Regeln vorgegeben und die Qualifikation des Dopingkontrollpersonals vorgeschrieben wird. Da allerdings als wirksamer Kern der Regelung übrigbleibt, dass ein approbierter Arzt die Blutentnahme durchzuführen hat, der wiederum ohnehin nach seinen berufsrechtlichen Regeln zur Beachtung der Regeln der ärztlichen Heilkunst und zur Vermeidung jeglicher Gesundheitsgefährdung für die Probanden verpflichtet ist, bleiben die Regelungen des NADA-Codes zur Blutabnahme unter dem Aspekt ihrer Geeignetheit und Erforderlichkeit wirksam. Demgegenüber können die Athleten nach dem derzeitigen Regelungsstand des NADA-Codes nicht zur Duldung einer Blutentnahme gezwungen werden, die nicht durch einen approbierten Arzt ausgeführt wird, da der NADA-Code mit der Zulassung nicht einschlägig qualifizierter, lediglich von einem approbierten Arzt beaufsichtigter Personen hierfür keine wirksame Ermächtigung enthält. (b) Verhältnismäßigkeit bei Bestehen der Alternative „Urinkontrolle“ Soweit Dopingverstöße sowohl im Wege der Blutanalyse als auch mittels Urinkontrolle nachgewiesen werden können, ist die Blutprobe dann als Kontrollmethode vorzugswürdig, wenn sie nicht nur ebenfalls ein geeignetes, sondern im Vergleich zwischen den beiden Kontrollarten das mildere Mittel zur Aufdeckung des verfolgten Dopingverstoßes darstellt. Bei der Prüfung der Eignung kann der Blick allerdings nicht auf die Nachweisbarkeit einzelner Dopingpraktiken beschränkt werden. Auch wenn eine bestimmte Art von Dopingverstoß gleichermaßen im Wege der Blutkontrolle wie im Wege der Urinkontrolle nachgewiesen werden kann, kommt ein Verzicht etwa auf die Urinkontrolle nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass auch sämtliche sonstigen Dopingtechniken, die bislang in der konkreten Kontrollsituation über die Auswertung von Urinproben geprüft worden sind, ebenso anhand von Blutanalysen nachgewiesen werden kön452 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik?, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 67 ff., 83. 453 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik?, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 67 ff., 84 f.; G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 269; T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 237, fordert eine „präzise Bestimmung in der Satzung“.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

nen. Soweit nicht nur das bloße Vorhandensein, sondern etwa mit Blick auf in den Regelwerken festgelegte Grenzwerte eine bestimmte Konzentration von Dopingsubstanzen nachgewiesen werden muss, erfüllt nur diejenige Kontrollmethode die Eignungsvoraussetzungen, die die Feststellung der Konzentration der aufgespürten Dopingmittel ermöglicht.454 Ist die Blutprobe im eben genannten Sinne als vollwertiger Ersatz für die Urinkontrolle tauglich, ist ihr die hinreichende Eignung i. S. d. Verhältnismäßigkeitsprinzips zu bescheinigen. Von der Frage nach der Eignung zu trennen ist die Frage nach den weiteren Vorteilen der Blutprobe oder auch der Urinprobe. Das Geeignetheitserfordernis dient lediglich dazu, solche Eingriffe zu verhindern, die deshalb überflüssig und inakzeptabel sind, weil sie schon nicht zur Erreichung der Ziele beitragen können, auf die der Eingreifende sich beruft. Da es hiernach für die Geeignetheit ausreichend ist, dass durch die Kontrollweise der Dopingverstoß, der überprüft werden soll, gegebenenfalls eindeutig nachgewiesen wird, bewirken sonstige Vorteile wie etwa eine bessere Zuordenbarkeit der Blutproben zu den einzelnen Athleten,455 eine höhere Manipulationssicherheit von Blutproben456 oder auch Kostenvorteile, soweit solche mit der Blutkontrolle verbunden sind, keine Verbesserung der Eignung im Rechtssinne. Sie führen stattdessen lediglich zu einer Intensivierung des Interesses der Verbände an der Kontrollmaßnahme, die allerdings – wie nachfolgend noch auszuführen sein wird – im Extremfall zur Zulässigkeit der eingriffsintensiveren Kontrollweise führen kann. Die höhere Manipulationssicherheit der Blutprobe macht diese somit zwar zum „geeigneteren“ Kontrollinstrument, nimmt jedoch nicht der Urinprobe deren Eignung als Kontrollmaßnahme. Soweit beide Kontrollmodi die Eignung zur Aufdeckung der zu überprüfenden Dopingverstöße aufweisen, müsste die Blutprobe als geeignetes, aber milderes Mittel dann zur Anwendung kommen, wenn ihr eine geringere Eingriffsintensität zuzumessen wäre. Die Frage nach der Eingriffsintensität von Blutprobe und 454 In diesen Fällen ist mit P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik? (1994), S. 23, von der besseren Geeignetheit der Blutkontrolle auszugehen, soweit die Konzentrationen der Dopingmittel anhand von Blutproben, nicht aber auch über Urinproben feststellbar sind. 455 P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik?, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 67 ff., 68, unter Verweis auf M. Donike, Gutachten zur Frage des Nachweises von Dopingmitteln im Blut, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 127 ff., 132, u. H. H. D. Meyer, Die Eignung von Blut und/ oder Urin zum Nachweis von Dopingsubstanzen, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 153 ff., 161, u. M. Staak, Eignung von Blut und/oder Urin zum Dopingnachweis, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 187 ff., 201. 456 So der Leiter des Dopinglabors Kreischa Prof. Klaus Müller, vgl. FAZ v. 30.10. 04, S. 31.

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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Urinprobe kann unabhängig von den möglichen Spielarten der unerlaubten Leistungssteigerung im Grundsätzlichen beantwortet werden. Hierzu sind die durch die Blutkontrolle einerseits und durch die Urinprobe andererseits verursachten Rechtsbeeinträchtigungen unter dem Aspekt ihrer Eingriffsintensität miteinander zu vergleichen. Die Blutprobe berührt zunächst einmal das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten in den bereits aufgeführten Ausprägungen des Anspruchs auf Unversehrtheit der körperlichen Privatsphäre, des Rechts, sich nicht selbst bezichtigen zu müssen, des Selbstbestimmungsrechts über Bestandteile des eigenen Körpers und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Darüber hinaus sind die körperliche Unversehrtheit, die Berufsfreiheit und – in besonderen Fällen möglicherweise – die Religionsfreiheit der Athleten beeinträchtigt. Das Gewicht der einzelnen Rechtsbeeinträchtigungen ist im Rahmen der vorangegangenen Ausführungen näher untersucht worden. Als mit der Urinkontrolle einhergehende Rechtseingriffe sind gleichfalls die Beeinträchtigung der Freiheit von Zwang zur Selbstbezichtigung, der Selbstbestimmung über Ausscheidungsprodukte des eigenen Körpers, des informationellen Selbstbestimmungsrechts, der Berufsfreiheit und – ebenso wie bei der Blutkontrolle nur in besonderen Fällen – der Religionsfreiheit zu nennen. Noch weniger als bei der Blutkontrolle kommt bei der Urinprobe ein Persönlichkeitsrechtseingriff wegen der Behandlung des Sportlers als bloße Informationsquelle in Betracht, ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist mit der Urinkontrolle überhaupt nicht verbunden. Andererseits wird im Zuge der Urinabnahme die Intimsphäre des Probanden beeinträchtigt, was bei der Blutentnahme nicht der Fall ist. Im Vergleich der mit den beiden Nachweismethoden verbundenen Eingriffsintensität heben sich die jeweils konstatierten Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht über Bestandteile und Ausscheidungsprodukte des eigenen Körpers, in das Recht, sich nicht selbst bezichtigen zu müssen, und in die Berufsfreiheit gegenseitig auf. Da aus der Urinprobe ebenso wie aus der Blutprobe DNA-Analysefähiges Material gewonnen werden kann457 und da beide Substanzen – wenn auch zu verschiedenen Einzelaspekten – umfangreiche Informationen über den körperlichen Zustand enthalten, sind hinsichtlich der Intensität des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten keine relevanten Unterschiede zwischen der Blutprobe und der Urinprobe erkennbar. Die Bedeutung des Eingriffs in die Religionsfreiheit der Sportler kann – so eine Beeinträchtigung der Religionsfreiheit tatsächlich vorliegt – nicht losgelöst von der konkreten Si457 Antje Milde, Verbesserte DNA-Analyse von humanen Blut- und Urinproben unter rechtsmedizinischen Aspekten (2000); Mark Benecke, Genetische Fingerabdrücke (1996), auf www.benecke.com im Abschnitt „Publications“, Unterabschnitt „DNA and DNA Typing“, publiziert, in: Forschung in Köln (Zeitschrift der Universität zu Köln), Nr. 2/1996, S. 16 ff.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

tuation beurteilt werden und muss daher im Rahmen einer typisierten Betrachtung außer Acht bleiben. Aus den konkreten Umständen dieser Eingriffe lassen sich weder mit Blick auf die Zielobjekte – Blut und Urin – noch mit Blick auf die sonstigen Begleitumstände dieser Rechtsbeeinträchtigungen Gründe für eine unterschiedliche Bemessung der Eingriffsschwere im einen oder im anderen Fall entnehmen. Sind hiernach die Belastungswirkung der Urinprobe und die Belastungswirkung der Blutprobe im Übrigen miteinander vergleichbar, entscheidet sich die Frage der Eingriffsintensität anhand der Betrachtung der Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit durch die Blutprobe einerseits und der Beeinträchtigung der Intimsphäre durch die Urinkontrolle andererseits. Der Vergleich von Blutprobe und Urinprobe unter dem Aspekt des milderen Mittels spitzt sich somit auf die Frage zu, ob der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit oder der Eingriff in die Intimsphäre stärker zu gewichten ist. Für die Gewichtung des mit der Blutprobe einhergehenden Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit sind folgende Überlegungen maßgeblich: Mit der körperlichen Unversehrtheit ist infolge der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 II GG unter den grundgesetzlich geschützten Rechtspositionen grundsätzlich ein schwergewichtiges Schutzgut betroffen. Die hervorgehobene Stellung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit resultiert vor allem aus der Bedeutung des Körpers als neben der geistigen Existenz zweite zentrale Säule des menschlichen Seins. Dieser Bedeutung des Körpers für die menschliche Existenz trägt auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht dadurch Rechnung, dass es seinen Schutzbereich unter anderem auf die Selbstbestimmung über den eigenen Körper erstreckt. Wenn auch dieser Schutz durch das Persönlichkeitsrecht hinter dem spezielleren Schutz durch Art. 2 II GG zurücktritt, bedeutet doch die Qualifizierung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit als Schutzgegenstand des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen weiteren Hinweis auf das große Gewicht, das ihm im Grundrechtskanon zukommt. Dieses Gewicht findet schließlich auch in der besonderen Betonung des Verhältnismäßigkeitsprinzips den Niederschlag, durch die die Entscheidungen des BVerfG zur Zulässigkeit von Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit durch staatliches Handeln gekennzeichnet sind: Etwa in seinem Beschluss zur Rechtmäßigkeit der Liquorentnahme im Strafverfahren führt das BVerfG sinngemäß aus, eine dem Sinn der Grundrechte Rechnung tragende Gesetzesanwendung fordere die besondere Prüfung durch das Gericht, ob das mit dem beabsichtigten Angriff verfolgte Interesse seinem Gewicht nach mit Blick auf die Bedeutung der damit verbundenen Rechtsbeeinträchtigung geeignet sei, den Eingriff noch als angemessen erscheinen zu lassen.458 Dem entspricht die Aussage in einer späteren Entscheidung zur Zulässig458

BVerfGE 16, 194, 201 f., bestätigt durch BVerfGE 17, 108, 117.

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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keit einer Blutentnahme und röntgenologischer, elektrokardiographischer und elektroenzephalographischer Untersuchungen, es müsse besonderes Gewicht auf die Prüfung gelegt werden, ob der Eingriff zur Erreichung des angestrebten Zweckes geeignet und erforderlich sei und ob der mit ihm verbundene Eingriff nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und zur Stärke des bestehenden Tatverdachts stehe.459 Ist die körperliche Unversehrtheit als beeinträchtigtes Rechtsgut somit grundsätzlich als Rechtsposition von vergleichsweise hohem Gewicht identifiziert, ist für die Beeinträchtigungswirkung durch die Blutprobenahme des Weiteren von entscheidender Bedeutung, welche Intensität dem Angriff auf den Körper des Rechtsgutsinhabers in diesem konkreten Fall aneignet: Umso geringfügiger eine Verletzung ausfällt, umso geringer sind ihre Auswirkungen auf die geistig-seelische Befindlichkeit und das körperliche Wohlbefinden im Übrigen. Zwar geht die Blutentnahme hinsichtlich der Intensität der körperlichen Beeinträchtigung über den eben erwähnten Kratzer hinaus. Andererseits beschränkt sich ihre Eingriffswirkung doch auf eine ihrem Umfang nach sehr begrenzte Substanzverletzung, einen kurzzeitigen Schmerz, der in seiner Intensität den Schmerz kleiner Alltagsverletzungen nicht übersteigt, und einen Substanzverlust, der aufgrund der beschränkten Menge entnommenen Blutes nicht gesundheitsgefährdend wirkt. Die Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit durch die Blutabnahme bewegt sich somit ihrem Gewicht nach im unteren Bereich der Skala möglicher Eingriffe in die Rechte aus Art. 2 II GG. Die mit Blick auf die Urinprobe in den Mittelpunkt der Betrachtung rückende Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung „Intimsphäre“ scheint demgegenüber schon bei grundsätzlicher Betrachtung eher gering zu wiegen: Nach richtiger Ansicht stützt sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht auf Art. 2 I GG, während Art. 1 I GG lediglich als objektiv-rechtliche Interpretationsrichtlinie wirkt.460 Aus den weitreichenden Einschränkungsmöglichkeiten, die Art. 2 I GG selber hinsichtlich des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nennt, wird wiederum von der ganz h. M. auf das geringe Gewicht des Art. 2 I GG im Vergleich zu den anderen Grundrechtsgarantien geschlossen. Diesen Schluss auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu erstrecken, hieße allerdings die Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes zu verkennen, die ihm dennoch 459

BVerfGE 27, 211, 219. BVerfGE 27, 344, 350 f.; W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 23; H. Kube, HdbStR VII, § 148 Rn. 32; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 15, 56 f., 89; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 30; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 63; zu den aus Art. 1 I GG resultierenden Maßgaben im Einzelnen vgl. M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 1.C.I. (S. 31 ff.), 1.C.II. (S. 34 f.); Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C3, weist dieser Frage „eher untergeordnete Bedeutung“ zu, da sich aus ihrer Beantwortung keine Konsequenzen für die Einschränkungsmöglichkeiten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergäben. 460

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

aus seinen weiteren Grundrechtsbezügen erwächst. Wenn auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht unmittelbar nur auf Art. 2 I GG gestützt werden kann, führt doch die gestalterische Mitwirkung des Art. 1 I GG, die im ersten Schritt zum Schutz des Persönlichkeitsrechts als besondere Facette des Rechts auf freie Entfaltung zwingt, im zweiten Schritt dazu, dass dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ein unvergleichlich höheres Gewicht als der herkömmlicherweise aus Art. 2 I GG abgeleiteten allgemeinen Handlungsfreiheit zukommt. Vom BVerfG wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht dementsprechend als „ein oberstes Konstitutionsprinzip des Privatrechts“ bezeichnet.461 In dieselbe Richtung geht die Einschätzung, das allgemeine Persönlichkeitsrecht gehöre auch ohne die unmittelbare Herleitung aus Art. 1 I GG zu den ranghöchsten Verfassungsgütern.462 Dieser Erkenntnis zollt das BVerfG Tribut, wenn es in ständiger Rechtsprechung463 Eingriffe in den privaten Lebensbereich denselben Zulässigkeitsvoraussetzungen wie Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit unterwirft. Die Tatsache, dass Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht hinsichtlich der Zulässigkeitsvoraussetzungen Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit gleichgesetzt werden, kann nur so gedeutet werden, dass Persönlichkeitsrechtseingriffe bei abstrakter Sichtweise, d.h. losgelöst vom konkreten Fall, vom BVerfG als gleichermaßen schwerwiegend angesehen werden wie Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit. Betrachtet man sodann die vom BVerfG entschiedenen Einzelfälle genauer, fällt darüber hinaus folgende Differenzierung zwischen den verschiedenartigen Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigungen auf, die das BVerfG durchweg anstellt: Die Rechtmäßigkeit von Persönlichkeitsrechtseingriffen bei Vorliegen der für Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit erforderlichen Voraussetzungen wird keineswegs für jede Art von Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht attestiert. Das BVerfG differenziert in all diesen Fällen in Anwendung der bereits erläuterten Sphärentheorie vielmehr zwischen verschiedenen Intensitätsstufen von Persönlichkeitsrechtseingriffen. Im Rahmen dieser Differenzierung erkennt das Gericht einen sogenannten Kernbereich der Persönlichkeit an, in dem der Rechtsgutsinhaber absoluten Schutz vor Eingriffen vonseiten des Staates genieße. Um diese Intimsphäre herum siedelt es den nicht mehr absolut geschützten weiteren Bereich privater Lebensgestaltung an.464 Die Rechtmäßigkeit von Persönlichkeitsbeeinträchtigungen unter den für körperliche

461

BVerfG NJW 1989, 891. Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C3; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 189, verwendet die Diktion des BVerfG und spricht ebenfalls von einem „obersten Konstitutionsprinzip des Privatrechts“. 463 BVerfGE 27, 344, 351, u. 32, 373, 379, u. 34, 238, 246; auf die vorgenannten Entscheidungen wird in späteren Entscheidungen des BVerfG verwiesen. 464 Hierunter sind nach der Diktion des BVerfG Eingriffe in diejenige Persönlichkeitssphäre zu verstehen, die nicht mehr zur für die öffentliche Gewalt unantastbaren Intimsphäre zählt, vgl. BVerfGE 27, 344, 350 f. 462

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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Eingriffe geltenden Voraussetzungen konstatiert das BVerfG lediglich für diesen weiteren Bereich privater Lebensgestaltung, während es den von ihm auch „Intimsphäre“ genannten Kernbereich der Persönlichkeit für unantastbar erklärt. Auf die Urinprobe übertragen, bedeutet dies, dass der damit verbundene Persönlichkeitseingriff in die Kategorie der körperverletzungsgleichen Eingriffe einzuordnen ist, wenn er lediglich den vom BVerfG sogenannten Bereich privater Lebensgestaltung berührt, dass er jedoch seinem Gewicht nach zu einer höheren Eingriffskategorie zählt, wenn er die Intimsphäre als für die staatliche Gewalt unantastbaren Kernbereich der Persönlichkeit betrifft. Legt man die in der persönlichkeitsrechtlichen Literatur verwendete Begrifflichkeit zugrunde, stellt die genaue Beobachtung beim Wasserlassen einen Eingriff in die Intimsphäre in diesem Sinne dar. Die Qualifizierung als Eingriff in die Intimsphäre hat nach der vom BVerfG entwickelten Systematik zur Konsequenz, dass eine absolut geschützte Persönlichkeitssphäre betroffen ist und der Eingriff deshalb nicht mehr in analoger Anwendung der zu Art. 2 II 1 GG entwickelten Grundsätze gerechtfertigt werden kann. Zwar ist an dieser Stelle zu berücksichtigen, dass der Begriff der „Intimsphäre“ vom BVerfG und in der sonstigen Diskussion des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht mit deckungsgleichem Inhalt verwendet wird. Seine Reichweite wird vielmehr in der Literatur oftmals dergestalt weiter gefasst, dass zur Intimsphäre auch noch persönlichkeitsrechtsrelevante Sachverhalte gezählt werden, die das BVerfG nicht mehr dem unantastbaren Kernbereich der Persönlichkeit zuordnen würde. Die unterschiedliche Grenzziehung zwischen Intimsphäre und Privatsphäre spielt allerdings mit Blick auf die Persönlichkeitsbeeinträchtigung bei der Urinprobenahme, die in der Observierung der menschlichen Geschlechtsteile bei der Urinabgabe und in der damit verbundenen Verletzung des Schamgefühls der Probanden besteht, keine Rolle. Die nach den Maßstäben der persönlichkeitsrechtlichen Literatur465 unzweifelhaft gebotene Qualifizierung dieser Beeinträchtigung als Eingriff in die Intimsphäre kann auch bei Verwendung der vom BVerfG entwickelten Begrifflichkeit nicht negiert werden. Folgt man der Wertung, dass die Observation von Geschlechtsteilen auch nach den Maßstäben des BVerfG nicht lediglich eine Beeinträchtigung des weiteren Bereiches privater Lebensgestaltung, sondern einen Eingriff in den Kernbereich der Persönlichkeit darstellt, ist damit gleichzeitig gesagt, dass die darin zu sehende Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung bereits kategorisch einer höheren Gewichtsklasse zuzuordnen ist als die mit der Blutentnahme einhergehende Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit. Selbst wenn man dieser kategorischen Einordnung nicht folgt, wird doch Folgendes aus den vorstehenden Überlegungen deutlich: Eingriffe in die körperliche 465 Vgl. zur Sphärentheorie und zur Intimsphäre oben D.III.2.a)aa) und die dort aufgeführten Nachweise.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Unversehrtheit und Eingriffe in die Privatsphäre sind in einer grundsätzlichen Bewertung ihres Gewichtes in ein und dieselbe Eingriffskategorie einzuordnen. Die Observation der Geschlechtsteile bei der Urinprobe bewegt sich aber zumindest an der Grenze der Privatsphäre zur Intimsphäre als nächsthöherer Gewichtskategorie und stellt damit einen der schwergewichtigsten, noch dieser Kategorie zuzuordnenden Eingriffe dar. Demgegenüber eignet der Blutentnahme eine eher geringfügige Belastungswirkung für die Athleten an, so dass sie am unteren Rand der Gewichtskategorie „Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit und Eingriffe in die Privatsphäre“ anzusiedeln ist. Hiernach stellt die Urinprobenahme auch dann den schwereren Eingriff in die Rechte der Athleten dar, wenn sie noch nicht die Intimsphäre und damit den Kernbereich der Persönlichkeit betrifft. Das in den vorangegangenen Ausführungen ermittelte Ergebnis, wonach die Beeinträchtigung der Sportler durch die Beobachtung der Geschlechtsteile bei der Urinabgabe schwerer zu gewichten ist als die Beeinträchtigung durch die Verletzung der Sportlerkörper bei der Blutabnahme, bedarf allerdings mit Blick auf die strukturellen Eigenheiten des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer grundsätzlichen Relativierung: Im Rahmen der Frage nach der Rechtfertigung der Unterwerfung der Sportler unter persönlichkeitsrechtlich relevante Bestimmungen des Dopingkontrollsystems durch die Zustimmung der Athleten466 ist bereits die Abhängigkeit der Zuordnung konkreter Persönlichkeitsrechtseingriffe zu den verschiedenen Persönlichkeitssphären von den subjektiven Vorstellungen des Rechtsgutsinhabers zur Sprache gekommen. Infolge dieser subjektiven Schutzbereichskomponente hängt es auch vom Willen des Rechtsgutsinhabers ab, ob ihn eine ihrer abstrakten Beurteilung nach persönlichkeitsrechtsrelevante Handlung überhaupt persönlich betrifft und, falls ja, welche Intensität dem Eingriff – etwa im Sinne der Sphärentheorie – zuzumessen ist. Im Rahmen der vorangegangenen Bewertung der Eingriffsintensität der Urinprobe wurden subjektive Vorstellungen für die Athleten zugrundegelegt, die nach hiesiger Auffassung die allgemein vorherrschende Sichtweise darstellen dürften. Demgegenüber kann freilich nicht ausgeschlossen werden, dass die Observierung beim Wasserlassen von manchen Sportlern lediglich als harmlose Belästigung und somit nicht als nennenswerte Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts angesehen wird. Die konstitutive Wirkung des subjektiven Willens des Rechtsgutsinhabers für die Bewertung von Persönlichkeitsrechtseingriffen würde in diesen Fällen dazu führen, dass die Blutprobe für diese Athleten den schwerwiegenderen Rechtseingriff bedeuten würde. Allerdings ist für die Verbände und Veranstalter im Moment der Verabschiedung der Dopingregeln nicht vorhersehbar, ob ein Athlet die Urinprobe als wesentlichen Persönlichkeitseingriff verspüren wird, so dass jede Festlegung zur Urin- oder Blutprobe hin die Gefahr mit sich brächte, dass die Dopingkontrolle wegen der Verwendung eines unangemessenen Mittels nicht durchgesetzt werden 466

Vgl. oben B.I.2.b)aa).

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

447

könnte. Zur Lösung dieses Dilemmas könnte den Athleten – wie dies in der Diskussion um die rechtsverträgliche Ausgestaltung von Dopingkontrollmaßnahmen auch bereits vorgeschlagen worden ist467 – in den Fällen, in denen sowohl die Blutprobe als auch die Urinprobe als Kontrollmittel geeignet ist, ein Wahlrecht zwischen den beiden Kontrollmodi eingeräumt werden. In der Praxis der Dopingbekämpfung wird ein solches Wahlrecht allerdings solange nicht erforderlich sein, wie nicht eine der beiden Kontrollarten allein zur Erfassung sämtlicher in den einzelnen Sportarten leistungsfördernden Dopingpraktiken in der Lage ist, sondern bestimmte relevante Dopingarten nur durch Urinproben und andere nur durch Blutproben festgestellt werden können. Aufgrund der subjektiven Komponente bei der Gewichtung von Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann der Vergleich der beiden Kontrollarten im konkreten Fall zum Ergebnis haben, dass die Blutprobe genauso geeignet ist wie die Urinprobe und dass nach objektiven Grundsätzen keiner der Kontrollmodi als das mildere Mittel anzusehen ist. Den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht, denen zufolge die Intensität einer Beeinträchtigung nicht zuletzt vom Willen des Betroffenen, nämlich von der subjektiven Einschätzung der Bedeutung einer Rechtsposition für die eigene Persönlichkeit abhängt, wird in diesem Fall das bereits vorgeschlagene Wahlrecht zugunsten des Betroffenen gerecht, das ihm selber die Entscheidung zugesteht, ob die Dopingkontrolle im Wege einer Blutkontrolle oder anhand einer Urinprobe durchgeführt wird. Für die Sportvereinigungen stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen sie sich ihrerseits für einen der Kontrollmodi entscheiden können, wenn beide geeignet sind. Erweist sich auch aus der Sicht des Athleten keine der beiden Kontrollarten als geringere Beeinträchtigung seiner Rechte und damit als milderes Mittel, sind die Verbände in der Wahl zwischen Urin- und Blutkontrolle frei. Stellt eine der beiden Kontrollarten den wesentlich schwerwiegenderen Eingriff in die Rechte des Athleten dar, während sie gleichzeitig aus der Sicht der Sportvereinigungen wesentlich geeigneter ist, etwa weil eine Kontrolle auf andere Art mit einem für die Verbände nicht zu bewältigenden finanziellen Aufwand verbunden wäre, muss in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes der Gebrauch des eingriffsintensiveren Kontrollmodus zulässig sein, wenn die Abwägung der gegenläufigen Interessen zum Ergebnis hat, dass das schutzwürdige Interesse der Verbände an der Praktizierung der belastenderen Kontrolle das Interesse der Athleten an der Vermeidung des intensiveren Rechtseingriffs überwiegt. Als ein solches schutzwürdiges Interesse der Verbände kommt das generelle Interesse an der Authentizität und der eindeutigen Zuordenbarkeit der Blutproben in Betracht. Im Zusammenhang mit der Untersuchung der Zulässigkeit der 467

K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 115.

448

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Sichtkontrolle bei der Urinprobenahme sind die Techniken zur Sprache gekommen, die von den Athleten zur Überwindung der Urinkontrollen angewendet werden. Die Gefahr der Abgabe von Fremdurin als mögliche Täuschungstechnik kann allerdings dann nicht als Argument für die Durchführung von Blutkontrollen anstatt von Urinkontrollen verwendet werden, wenn sie – wie dies der Werbung des Kölner Unternehmens Ruma zufolge unproblematisch möglich sein soll468 – durch eine für die Athleten ungefährliche Markerprozedur effektiv verhindert werden kann. Relevant bleiben jedoch die weiteren Manipulationstechniken, die etwa auf die Abgabe von im Körper deponierten, sauberen Eigenurin oder auf die Unbrauchbarmachung der Probe durch Verunreinigungen abzielen. Sollte sich die aktuelle Kontrollsituation beispielsweise so darstellen, dass etwa die Abgabe von zuvor in die Blase des Athleten gefülltem sauberen Urin von den Kontrolleuren nicht aufgedeckt werden kann, wäre die Beschränkung auf die Durchführung von Urinkontrollen seitens der Athleten auch dann nicht durchsetzbar, wenn sie den Eingriff in die Intimsphäre für sich selber als unerheblich einordneten, da in diesem Fall das Interesse der Verbände an der Vermeidung einer umfangreichen Lücke im Kontrollsystem die Durchführung der Blutkontrolle trotz ihrer größeren Eingriffswirkung rechtfertigte. Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass im Falle gleicher Eignung zum Dopingnachweis Blutkontrollen zwar bei typisierter Betrachtung als milderes Mittel anzusehen sind, dass die subjektive Komponente bei der Gewichtung von Eingriffen ins allgemeine Persönlichkeitsrecht aber dazu führen kann, dass im konkreten Fall die Urinkontrolle den weniger schwerwiegenden Rechtseingriff darstellt. Soweit daher die Nachweistechnik tatsächlich die Wahl zwischen Urinkontrollen oder Blutkontrollen eröffnet469 und auch im Übrigen im konkreten Fall kein überwiegendes Interesse an der Anwendung eines der beiden Kontrollmodi zu berücksichtigen ist, muss den Athleten die Entscheidung überlassen werden, ob sie sich lieber der Überprüfung im Wege der Blutprobe oder der Urinkontrolle unterziehen. c) Ergebnis: Zulässigkeit der Blutprobenahme Die Blutprobenahme stellt nach alledem insoweit ein zulässiges Kontrollinstrument der Sportvereinigungen dar, als in der jeweiligen Sportart verbotene Dopingtechniken nicht auf andere Weise als über die Blutanalyse aufgedeckt wer468

Vgl. die Website des Verfahrensanbieters Ruma www.marker-test.de. Für die Unverzichtbarkeit beider Kontrollarten noch W. Stoffel, Die Eignung von Blut und/oder Urinproben für die Dopingkontrolle, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 205 ff., 206 f., u. M. Donike, Gutachten zur Frage des Nachweises von Dopingmitteln im Blut, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 127 ff., 133 f. 469

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

449

den können. Soweit sich die Blutkontrolle in einer bestimmten Sportart als überflüssig erweisen sollte, weil sämtliche relevanten Dopingverstöße auch im Wege der Urinkontrolle nachgewiesen werden können, und gleichzeitig die Urinkontrolle nicht zwingend notwendig wäre, weil die hierdurch nachgewiesenen Verstöße auch anhand von Blutkontrollen aufgedeckt werden können, müsste den Athleten die Wahl des ihnen genehmeren Kontrollmodus gestattet werden. 3. Ausgestaltung der Blutprobenahme im Übrigen Die Auswahl der Probanden wird für Blutproben gleichermaßen wie für Urinproben durch die Bestimmungen in der Einleitung zu Teil II des NADA-Codes geregelt. Sowohl die Anberaumung von Trainingskontrollen nach dem Zufallsprinzip oder als Zielkontrollen wie auch die Überprüfung von Wettkampfteilnehmern in Abhängigkeit von dem erzielten Ergebnis und im Übrigen nach dem Zufallsprinzip oder auch im Wege von Zielkontrollen begegnet nach dem weiter oben bereits zur Urinprobe Gesagten470 keinen persönlichkeitsrechtlichen Bedenken. Ebenso gelten die im Zusammenhang mit der Urinkontrolle bereits betrachteten Regelungen des NADA-Codes über die Benachrichtigung der Athleten von beabsichtigten Kontrollen genauso für die Vornahme von Blutkontrollen. Hiernach kann hinsichtlich der Zulässigkeit der Ausgestaltung der Blutkontrollen als überraschende Kontrollen ebenfalls auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Urinkontrolle471 verwiesen werden. Des Weiteren versteht sich von selber, dass auch Blutkontrollen nicht zur Unzeit durchgeführt werden dürfen, wobei für die Unterscheidung der Unzeiten von den zulässigen Kontrollzeiten wiederum die zur Urinkontrolle angestellten Erwägungen472 übernommen werden können. Während im Falle der Urinkontrolle eine Beeinträchtigung der Wettkampffähigkeit durch die Probenahme kaum denkbar ist, erscheint eine Behinderung durch die Blutkontrolle in Sonderfällen möglich, etwa in Disziplinen, in denen es besonders auf die Ästhetik ankommt, wenn die Einstichstellen das äußerliche Erscheinungsbild des Athleten negativ beeinträchtigen, oder in Fällen, in denen die sportliche Leistungsfähigkeit durch den Einstich zur Blutentnahme gemindert wird.473 Da die Leistungserbringung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Persönlichkeitsentfaltung steht, indem sie erstens das Selbstgefühl in Form der Selbstachtung und der Zufriedenheit des 470

Vgl. oben D.III.3.a). Vgl. oben D.III.3.b). 472 Vgl. oben D.III.3.c). 473 Dementsprechend gibt Ziff. 6 S. 1 Anh. 6 NADA-Code vor, dass der Einstich zur Blutentnahme an einer Körperstelle erfolgen soll, die der Leistungsfähigkeit des Athleten nicht schadet. 471

450

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Einzelnen mit sich selbst beeinflusst und zweitens für das Bild und das Ansehen des Einzelnen in seinem Umfeld von großer Bedeutung ist, bedeutet eine unnötige Behinderung des Sportlers bei der Erzielung möglichst guter Wettkampfergebnisse immer auch einen Eingriff in sein Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit. Das Maß von Ruhm und Anerkennung aufgrund der sportlichen Leistung wie auch die damit verbundene Selbstbestätigung steigt und fällt mit der Platzierung, die der Athlet erreicht. Jede kontrollbedingte Behinderung, die den Sportler auch nur einen Rang in der Ergebnisliste kostet, ist somit unmittelbar von nachteiliger Wirkung auf die Selbstdarstellung und Profilierung des Athleten. Dies gilt ganz besonders, wenn er mit Sieg- oder Medaillenchancen zum Wettkampf antritt. Ruhm und Anerkennung für den Sieg oder einen Platz auf dem Treppchen sind im Regelfall ungleich größer als für das Erreichen einer Platzierung unter „ferner liefen“. Die Vereitelung eines Topergebnisses durch die Kontrolle kann vor diesem Hintergrund einschneidende Nachteile für den Sportler mit Auswirkungen auf seinen gesamten weiteren Lebensweg mit sich bringen. Mit Blick auf diese Eingriffswirkung ist im Einzelfall zu entscheiden, ob der Eingriff durch die Blutentnahme zum beabsichtigten Zeitpunkt auch tatsächlich verhältnismäßig und somit von einem überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen gedeckt ist. Was die Regelungen zum Prozedere bei der Probenahme selber angeht, sind die Vorgaben zum Kontrollantritt und zur Anwesenheitsberechtigung Dritter bei der Blutprobenahme identisch mit denen für die Urinprobenahme. Die weiter oben zum Kontrollantritt bei der Urinkontrolle vorgelegten Verbesserungsvorschläge474 gelten daher ebenso für den Kontrollantritt zur Blutkontrolle. Gleiches gilt – wenn auch wegen der minderen Intimität der Abnahmeprozedur weniger dringlich – für die Regelung der am Kontrollvorgang beteiligten Personen.475 Auch hier ist in Beachtung des Grundsatzes der Datenvermeidung und -sparsamkeit und zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit erstens die Zahl der Beteiligten möglichst gering zu halten und zweitens auf die Geeignetheit der Kontrolleure zu achten. An die Regelung der Blutabnahmeprozedur sind dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Bestimmungen zur Urinabnahme,476 so dass auch hier erstens die damit verbundenen Beeinträchtigungen der Privatsphäre der Athleten so gering wie möglich gehalten und zweitens Fehler und Manipulationen bereits durch die Verfahrensgestaltung so weit als möglich ausgeschlossen werden müssen. Der Verweis in Ziff. 4.4 NADA-Code führt im Falle von Blutkontrollen in Anhang 6 NADA-Code, der Einzelheiten zum Abnahmeprozedere regelt.

474 475 476

Vgl. oben D.III.3.d). Vgl. oben D.III.3.e). Vgl. oben D.III.3.f).

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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Am Anfang des Anhangs 6 steht in dessen Ziff. 1 die Vorgabe, dass Blutproben „entsprechend den Prinzipien international anerkannter Vorsorgemaßnahmen im Gesundheitswesen“ und nur durch einen approbierten Arzt oder unter Aufsicht eines solchen genommen werden dürfen. Die Vorgaben zur Art und Weise der Blutabnahme wie auch zur Qualifikation des Kontrollpersonals dürften zwar in erster Linie auf die Gesundheitsverträglichkeit der Probenahme abzielen, sind aber im Übrigen auch für die Fehlerfreiheit der Probe von Bedeutung, die durch eine möglichst professionelle Ausgestaltung der Probenahme abgesichert wird. Vor diesem Hintergrund gilt die in puncto Gesundheitsverträglichkeit zu Ziff. 1 Anh. 6 geäußerte Kritik, welche die eindeutigere Formulierung der zu beachtenden medizinischen Standards und die Konkretisierung der Festlegungen hinsichtlich des zur eigentlichen Blutabnahme zugelassenen Personals fordert, auch im Zusammenhang mit der Frage der Fehlerabsicherung.477 Ziff. 2 Anh. 6 enthält keine Vorgabe eines bestimmten Fabrikats für die Probenröhrchen, in die das abgenommene Blut gefüllt werden soll. Die Vorgabe der Fabrikate Versa-Pak und Bereg-Kits in Ziff. 4.1 der Anhänge 2 und 3 ist allein für die Durchführung von Urinkontrollen bedeutsam, da die genannten Sets keine Blutbehälter zum Bestandteil haben. Die somit einzige Aussage des NADA-Codes zu den für die Aufbewahrung des abgenommenen Blutes zulässigen Behältnissen in Ziff. 4.1 der Anhänge 2 und 3 beschränkt sich auf die Vorgabe, dass nur von der NADA für Dopingkontrollen freigegebene Ausrüstungen und Materialien verwendet werden dürfen. Noch weitergehend als hinsichtlich der Durchführung von Urinkontrollen, für die zumindest zwei konkrete Fabrikate als geeignet und zulässig benannt werden, lässt der NADA-Code die Athleten hiernach hinsichtlich der Durchführung von Blutkontrollen im Unklaren darüber, welche Probengefäße geeignet sind und daher von den Sportlern akzeptiert werden müssen. Die bestehende Regelung kann zu der für die Athleten inakzeptablen Situation führen, dass ihnen anlässlich der Blutkontrolle Probensets vorgegeben werden, bezüglich derer Sicherheitsbedenken ihrerseits bestehen, weil die verwendeten Fabrikate im Regelwerk nicht benannt sind und die Athleten keine Kenntnis von einer Freigabe durch die NADA oder den zuständigen Verband haben. Jedenfalls ist nicht gewährleistet, dass für die Blutproben nur solche Probensets verwendet werden, hinsichtlich derer die Athleten die Gewissheit haben, dass ihre Geeignetheit geprüft und allgemein anerkannt ist. Die Abnahme der Blutproben ist aber nicht erst dann unzulässig, wenn ihre Aufbewahrung tatsächlich in einem nicht optimal abgesicherten Behältnis erfolgt und deshalb eine konkrete Gefahr der Manipulation oder Verfälschung der Proben und somit eine konkrete Gefährdung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Athleten besteht. Vielmehr ist mit

477 Zur Kritik an der Vorgabe der „Prinzipien international anerkannter Vorsorgemaßnahmen“ und an der unzureichenden Qualifikationsvorgabe für neben dem approbierten Mediziner eingesetztes weiteres Personal vgl. oben D.IV.2.b)cc)(2)(a).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Blick auf die umfangreiche Masse sensibler Informationen, die in der Blutprobe enthalten ist, die Abgabe der Probe aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes bereits dann für die Sportler unzumutbar, wenn nicht durch die Verfahrensbestimmungen so weit als möglich gewährleistet ist, dass unnötige Persönlichkeitsrechtsgefährdungen – für die Athleten erkennbar – ausgeschlossen sind. Für die Regelung betreffend die Behältnisse zur Aufbewahrung von Blutproben bedeutet dies, dass bereits durch das für die Sportler einschlägige Verbandsregelwerk abgesichert werden muss, dass nur nachgewiesener- und bekanntermaßen optimal geeignete Ausrüstungsgegenstände benutzt werden. Es muss daher entweder in der einschlägigen Regelung selber oder im Wege der Verweisung auf ein Hilfsregelwerk, etwa eine regelmäßige Veröffentlichung der aktuell zugelassenen Probebehältnisse, ein konkretes Fabrikat vorgegeben werden, das – für die Sportler nachvollziehbar – nach Überprüfung der Geeignetheit von den Sportvereinigungen zur Benutzung freigegeben worden ist. Werden von den Kontrolleuren Behältnisse verwendet, die zwar von der NADA oder dem zuständigen Verband freigegeben, jedoch im einschlägigen Regelwerk nicht konkret vorgegeben sind, kann der Athlet unter Verweis auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht die Abgabe der Probe verweigern, wenn er mangels Kenntnis der Freigabe Bedenken bezüglich der Geeignetheit der Probebehälter hegt. Aus der Regelung der Ziff. 2 Anh. 6 NADA-Code ist des Weiteren nicht eindeutig ersichtlich, wann für die Aufbewahrung der Blutprobe nur ein A-Probenröhrchen und wann ein A- und ein B-Probenröhrchen verwendet werden muss. Ziff. 2 S. 2 Anh. 6 erweckt den Eindruck, dass eine B-Probe immer dann angelegt werden soll, wenn neben der Blutprobe nicht zusätzlich noch eine Urinprobe oder eine andere Art von Probe genommen wird. Zwar bestehen bezüglich dieser Auslegung deshalb Zweifel, da auch die Abnahme einer Urinprobe neben der Blutprobe die Beschaffung einer B-Probe zur Absicherung der Analyseergebnisse aus der A-Probe jedenfalls insoweit nicht entbehrlich machen kann, als die Analyse der A-Probe die Anwendung von Dopingtechniken zum Ergebnis hat, die ausschließlich im Wege der Blutanalyse nachgewiesen werden können. Eine eindeutige Ermächtigung zur Anlage einer B-Probe ergibt sich nach Ziff. 2 S. 2 Anh. 6 NADA-Code jedoch nur für diejenigen Fälle, in denen „die Probenahme nur aus der Blutentnahme besteht“. Hiernach stellt sich die Frage, ob nicht im Falle der kombinierten Blut- und Urinprobe die Anlage einer B-Blutprobe auf der Basis des NADA-Codes als unzulässiger, weil vom Regelwerk und somit auch von der Einwilligung der Athleten nicht gedeckter Persönlichkeitsrechtseingriff anzusehen ist. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Verteilung des entnommenen Blutes auf eine A- und eine B-Probe bedeute keinen zusätzlichen Eingriff in die Rechte der Sportler. Die Anlage einer B-Probe neben der A-Probe berührt das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten, da hierdurch ein zweites Reservoir mit Informationsmasse über ihre Gesundheitsdaten hergestellt wird. Zwar erscheint die damit verbundene zusätzliche Persönlichkeitsrechtsbeein-

IV. Dopingkontrolle per Blutprobe

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trächtigung nicht als gravierend, wenn man berücksichtigt, dass die B-Probe nachfolgend mit der A-Probe vereint bleibt, indem beide Proben zusammen an dasselbe Labor versendet werden und dort der hinsichtlich der B-Probe zugriffsberechtigte Personenkreis dem für die A-Probe entspricht. Dennoch ist aufgrund der Sensibilität der in den Proben enthaltenen Informationen über Körper und Gesundheit der Athleten eine genaue Vorgabe im Regelwerk dazu erforderlich, wie im Einzelnen mit dem entnommenen Blut zu verfahren ist und auf wieviele Aufbewahrungsbehältnisse die Probe zu verteilen ist. Allein auf der Basis der Regelungen des NADA-Codes kann demnach in den Fällen kombinierter Tests keine B-Blutprobe angelegt werden. Die Frage nach der Anzahl der anzulegenden Proben erlangt darüber hinaus zwar nicht im Hinblick auf die Persönlichkeitsrechte der Sportler, aber für die Beeinträchtigung ihrer körperlichen Unversehrtheit Bedeutung, wenn man Ziff. 2 S. 2 Anh. 6 NADA-Code so versteht, dass im Falle der Anlage einer B-Probe nicht die bereits abgenommene Menge Blut anstatt auf ein Röhrchen auf zwei Röhrchen verteilt, sondern zur Erstellung der B-Probe eine zusätzliche Menge Blut abgenommen werden soll. Für dieses Verständnis spricht der Wortlaut der Regelung, demzufolge die B-Probe gegebenenfalls nicht lediglich durch Abfüllung des bereits entnommenen Blutes in ein zweites Röhrchen hergestellt, sondern eigens „entnommen“ werden soll. Bei diesem Verständnis der Ziff. 2 Anh. 6 ist es für deren Wirksamkeit Voraussetzung, dass der Eingriff in Form der Blutentnahme hinreichend bestimmt und zudem verhältnismäßig ausgestaltet ist. Die Regelung in Ziff. 2 Anh. 6 NADA-Code weist für sich gesehen ohne entsprechende weitergehende Festlegungen in den Regelwerken der Fachverbände schon die notwendige Bestimmtheit nicht auf. Hierfür wäre vielmehr erforderlich, dass die Blutmenge angegeben würde, die zur Herstellung der A-Probe oder gegebenenfalls der A- und der B-Probe abgenommen werden soll. Die dezidierte Vorgabe einer eindeutig bemessenen Abgabemenge wird auch nicht durch die Regelung in Ziff. 7 des Anhangs 6 entbehrlich, wo festgelegt ist, dass sich die Abnahmemenge nach den „entsprechenden Analyseanforderungen“ richten soll. So sehr die Orientierung an der für die Analyse benötigten Menge einleuchtet, muss dennoch eine konkrete Obergrenze beziffert werden, die unterhalb der Schwelle zur erheblichen körperlichen Beeinträchtigung anzusiedeln ist. Andernfalls wäre es nach dem Wortlaut des Regelwerks zulässig, auch gesundheitsgefährdende Blutmengen zu entnehmen, wenn dies nur mit den Analyseanforderungen begründet werden könnte. Die Regelung der Blutabnahme in Ziff. 2 Anh. 6 wäre daher für sich gesehen mangels hinreichend bestimmter Regelung des Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit der Athleten unwirksam. Die Auswahl des Probensets ist in Ziff. 4 Anh. 6 im Wesentlichen analog den Vorgaben für die Urinkontrolle geregelt. Im Gegensatz zur einschlägigen Regelung für Urinkontrollen geht aus Ziff. 4 Anh. 6 eindeutig hervor, dass hiernach das Probenset und nicht irgendein anderes Gefäß vom Probanden ausgewählt

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

werden soll, so dass die im Zusammenhang mit der entsprechenden Regelung für Urinkontrollen in Ziff. 4 Anh. 7 geäußerten Bestimmtheitsbedenken hier nicht greifen. Auch im Übrigen bestehen insoweit ebenso wie hinsichtlich der diesbezüglichen Regelung für Urinkontrollen keine persönlichkeitsrechtlichen Bedenken. Ebenso wie hinsichtlich der Regelungen zur Urinkontrolle wäre es auch hinsichtlich der Bestimmungen zur Blutkontrolle wünschenswert, wenn eine Mindestanzahl von Probensets festgelegt würde, die den Sportlern unter Verwendung von Überdruck- oder Vakuumverpackungen originalverpackt zur Auswahl vorgelegt werden müssen. Die Eigentumsübergangsklausel in Art. 8.1 und Art. 17.1 NADA-Code kann aus den oben im Rahmen der Ausführungen zur Urinprobe dargelegten Gründen478 auch hinsichtlich der Blutprobe keine Wirksamkeit entfalten. Hinsichtlich der Sicherung und Versendung der Proben nach ihrer Versiegelung gemäß Ziff. 9 Anh. 6 NADA-Code gelten wiederum die Ausführungen zur Urinprobe479 analog, wobei anstelle des speziell die Urinprobe behandelnden Anhangs 7 des NADA-Codes der speziell die Blutprobe betreffende Anhang 6 des NADA-Codes zu betrachten ist. Auch mit Blick auf die Aufbewahrung der Blutprobe ist die Regelung in Ziff. 4.1 Anh. 2 und 3 hiernach insoweit unwirksam, als dem Kontolleur die Möglichkeit eröffnet wird, andere als die konkret mit dem Fabrikat genannten Probesets zu verwenden. Was die kontrollbegleitende Datenverarbeitung betrifft, gelten hinsichtlich der Blutprobe keine anderen Vorgaben als für die Urinkontrolle, soweit nicht die Protokollierung besonderer, nur bei der Urinkontrolle möglicher Geschehensabläufe vorgeschrieben wird, so dass wiederum auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann.480

V. Abnahme von DNA-Proben Noch vor nicht allzu langer Zeit war man versucht, Szenarien von menschlichen Kampfmaschinen, die durch gentechnische Veränderungen herangezüchtet werden, um aufgrund ihrer überlegenen Konstitution die ihnen zugedachten Bereiche des Sports zu dominieren, als Phantasiegeschichten aus dem Reich der Science-Fiction abzutun. Angesichts der Schlagzeilen über die Fortschritte der Genomanalyse in anderen Lebensbereichen rückt die Vorstellung, dass gentechnische Veränderungen auch zur Verbesserung sportlicher Leistungen vorgenommen werden könnten, jedoch zunehmend in den Bereich des Denkbaren. So mehren

478 479 480

Vgl. oben D.III.3.g). Vgl. oben D.III.3.h). Vgl. oben D.III.4. u. 5.

V. Abnahme von DNA-Proben

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sich seit geraumer Zeit481 die Stimmen, die auf die Gefahr des sogenannten Gendopings hinweisen und dazu auffordern, rechtzeitig die Diskussion über wirkungsvolle Kontrollmaßnahmen aufzunehmen.482 Dass diese Gefahr von den Verbänden ernstgenommen wird, belegt die Aufnahme des Gendopings als verbotene Dopingmethode in die zum 01.01.2003 in Kraft getretene WADA-Verbotsliste.483 Auch wenn sich die Vorhersagen, Gendoping werde spätestens in den Jahren 2005 bis 2006 Realität sein484 und die Welt werde in den Jahren 2007 bis spätestens 2012 den ersten Toten durch Gendoping erleben485, noch nicht – oder noch nicht nachweislich – erfüllt haben, ist unbestreitbar, dass die in der Öffentlichkeit etwa unter den Stichworten Stammzellforschung und Präimplantationsdiagnostik diskutierte aktuelle Entwicklung auf dem Gebiet der Genforschung dazu Anlass gibt, sich auch im Zuge der Überlegungen bezüglich einer wirksamen Dopingbekämpfung ernsthaft mit der Thematik zu beschäftigen. Die Weiterentwicklung der Gentechnik von der Entschlüsselung der menschlichen Gene 481 Schon 2001 mahnte Thomas Bach, seinerzeit Vizepräsident des IOC, Aktivitäten des Sports gegen Gendoping an, vgl. FAZ v. 05.04.01, S. 47, u. v. 08.08.01, S. 37. Zuvor hatten sich bereits der Leiter des Anti-Doping-Labors Kreischa, Klaus Müller, (vgl. FAZ v. 09.04.01, S. 44) sowie Wilfried Kindermann, Leiter des Instituts für Sport- und Präventivmedizin der Universität des Saarlandes, und der Vorsitzende der Medizinischen Kommission des IOC, Prinz Alexandre de Merode, (vgl. FAZ v. 08.06.01, S. 40) mit der Warnung vor genetischen Manipulationen von Athleten zu Wort gemeldet. Richard Pound, Vorsitzender der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), forderte anlässlich einer internationalen Konferenz über Gendoping in New York im März 2002 die Aufnahme des Gendopings in den Katalog der verbotenen Manipulationen, vgl. FAZ v. 22.03.02, S. 40. Peter Schjerling, Genetiker am Muskelforschungszentrum Kopenhagen, äußerte ebenso wie Gary Wadler, medizinischer Berater des Weißen Hauses und der WADA, 2003 die Auffassung, bereits in wenigen Jahren würden einzelne Behandlungen ausreichen, um Gendopingeffekte dauerhaft zu erzielen, vgl. FAZ v. 13.12.03, S. 32. 482 Eine anschauliche Begriffserklärung sowie eine Einschätzung der Möglichkeiten des Gendopings im Jahr 2008 finden sich im Internetauftritt der Deutschen Sporthochschule Köln, www.dshs-koeln.de/biochemie/rubriken/00_home/00_gen.html. Zum Muskelaufbaudoping mit Myosingenen vgl. J. L. Andersen/B. Saltin/P. Schjerling, Muskeln, Gene und Leistungssport, in: Spektrum der Wissenschaft 3/2001, S. 70 ff., 74 f. Die Experten des Netherlands Centre for Doping Affairs NeCeDo gehen in ihrer Schrift „Gene Doping“ aus dem Jahr 2004, abrufbar unter http://www.genedoping.com/docs/ Gene%20Doping.pdf, davon aus, dass Doping im Bereich der EPO-Gene, der Wachstumsgene sowie der Myostatin- und der Endorphinregulierung des Körpers bis 2009 in der Sportszene praktiziert werden würde, vgl. S. 6, 20 ff., 29, 30. Eine öffentliche Anhörung zum Thema Gendoping im Sportausschuss des Deutschen Bundestags im März 2008 hatte zum Ergebnis, dass unter den Fachleuten Einigkeit über das Bedürfnis nach Einleitung geeigneter Maßnahmen zur Bekämpfung des Gendopings bestand, vgl. die Berichtszusammenstellung der Sporthochschule Köln, abrufbar unter http://www.dshskoeln.de/biochemie/rubriken/07_info/080313.html. 483 Vgl. FAZ v. 03.01.03, S. 30. Das Verbot findet sich in Abschnitt M3. der am 01.01.08 in Kraft getretenen Verbotsliste. 484 So 2002 Bengt Saltin vom Zentrum für Muskelforschung in Kopenhagen, vgl. FAZ v. 22.03.02, S. 40. 485 Diese Prognose stellte Tuomo Rankinen, Physiologe am Pennington Biomedical Research Center in Louisiana, vgl. FAZ v. 22.03.02, S. 40.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

und der Nutzung dieses Wissens für Reparaturmaßnahmen hin zur Veränderung des Erbguts des Menschen noch vor der Vereinigung der weiblichen und männlichen Keimzellen mit dem Ziel, einen Menschen mit einer genetischen Konstitution auszustatten, die ihm optimale sportliche Erfolgsaussichten garantiert, scheint absehbar. Die Befürchtung, dass Gendoping jedenfalls in begrenztem Umfang bereits praktiziert wird, dürfte spätestens seit der Sicherstellung des E-MailVerkehrs im Dopingstrafverfahren gegen den Sprinttrainer Thomas Springstein und den hierbei entdeckten Hinweisen auf die Verwendung des Gendopingmittels Repoxygen486 nicht mehr von der Hand zu weisen sein. DNA-Proben können im Rahmen von Dopingkontrollverfahren zudem mit Blick auf andere Dopingpraktiken als die Vornahme von Genveränderungen zur Leistungssteigerung Bedeutung erlangen: Immer wieder ergeben sich im Rahmen von Dopingkontrollen Verdachtsmomente dafür, dass von einem kontrollierten Athleten abgegebene Proben tatsächlich gar nicht von ihm stammen. Prominente Verdächtige waren insoweit etwa im Jahr 1992 die Neubrandenburger Sprinterinnen Katrin Krabbe, Grit Breuer und Silke Möller, die eine Art Einheitsurin abgeliefert hatten. Vor den Weltmeisterschaften der Gewichtheber 2003 wurden drei bulgarische Sportler der Abgabe identischen Urins überführt, nachdem alle drei Proben aufgrund darin enthaltener Wirkstoffe eines Herzmedikaments aufgefallen waren.487 Nicht immer führt die Konfrontation des Sportlers mit entsprechenden Vorwürfen wie im Fall der türkischen Europameisterin über 1500 m Sureyya Ayhan vor den Olympischen Spielen in Athen 2004 zum freiwilligen Startverzicht.488 In anderen Fällen tauchen Proben auf, für die überhaupt kein Spender verantwortlich zeichnet. In diesen Fällen ermöglichen DNA-Proben zwar nicht unmittelbar den Dopingnachweis, aber gegebenenfalls den Nachweis, dass eine Probe gar nicht vom angeblichen Spender herrührt, oder überhaupt erst die Ermittlung des anonymen Probanden.489 Im Rahmen der „Operacion Puerto“ wurden bei dem spanischen Dopingarzt Fuentes Blutkonserven sichergestellt, die auf die Eigenschaft ihrer Spender als Dopingkunden des Frauenarztes hinwiesen, die jedoch nicht mit den Namen der Spender ausgezeichnet waren. Um die Identität der Blutkonserven aufzuklären, forderte der Internationale Radsportverband UCI die Radprofis im Vorfeld der Tour-de-France 2007 dazu auf, eine DNAProbe zum Abgleich mit den aufgefundenen Konserven zur Verfügung zu stellen.490 Auch im Fall des deutschen Tour-de-France-Siegers von 1997, Jan Ull486

Vgl. FAZ v. 28.01.06, S. 1 u. 32. Vgl. FAZ v. 30.10.04, S. 31. Zum Fall von K. Krabbe und ihren Trainingskolleginnen vgl. auch bereits oben D.III.2.d) u. D.III.7. 488 Vgl. FAZ v. 30.10.04, S. 31. 489 So auch der Leiter des Dopinglabors Kreischa Prof. Klaus Müller, der allerdings darauf hinwies, dass DNA-Tests zur Identifizierung von Proben zu teuer wären, vgl. FAZ v. 30.10.04, S. 31. 490 Vgl. FAZ v. 20.06.07, S. 31. 487

V. Abnahme von DNA-Proben

457

rich, waren die Ermittler auf den Erhalt einer DNA-Probe angewiesen, nachdem andere Indizien darauf hindeuteten, dass es sich bei einem der Fuentes-Blutspender um den ehemaligen Telekom-Fahrer handeln könnte. Während Jan Ullrich nach der Beendigung seiner aktiven Karriere eine DNA-Probe bereitstellte,491 verweigerte etwa der Tour-Zweite von 2005 und Giro-Sieger von 2006, Ivan Basso, die Abgabe der geforderten Probe bis zuletzt.492 Aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht bemerkenswert ist die seitens des Radweltmeisters von 2006 Paolo Bettini angeführte Begründung für die Verweigerung der Probe, der einen Verstoß gegen seine Menschenrechte einwandte.493 Die Entnahme von DNA-Proben ist nicht nur im Rahmen staatlicher Ermittlungsmaßnahmen, sondern auch im Zusammenhang mit Anti-Doping-Maßnahmen der Sportverbände bereits praktiziert worden: Beispielsweise ließ der Sportdirektor des Deutschen Schwimm-Verbandes aus Anlass der Dopingverdächtigungen gegen Britta Steffen, die Überraschungsweltrekordlerin über 100 Meter Freistil anlässlich der Europameisterschaften im Frühjahr 2007, im Rahmen einer „Anti-Doping-Offensive“ DNA-Proben von sämtlichen Nationalschwimmern nehmen.494 Der internationale Ruderverband (FISA) schloss drei russische Athleten von der WM 2007 aus, nachdem diese anhand von DNA-Proben der Verwendung von Infusions- und Spritzenmaterial überführt worden waren, das man zuvor beim Weltcup-Finale in Luzern gefunden worden hatte.495 1. Vereinbarkeit der DNA-Probenahme mit dem BDSG Die Anwendbarkeit des BDSG auf die Beschaffung von DNA-Proben ergibt sich aus denselben Überlegungen, die bereits zur Anwendbarkeit des BDSG auf die Urinprobe und die Blutprobe angestellt worden sind.496 Ungeachtet des Umstands, dass die in der DNA-Probe enthaltenen Informationen nur mit besonderen Hilfsmitteln lesbar sind, handelt es sich hierbei um personenbezogene Daten i. S. d. § 3 I BDSG. Wie auch bereits bei der Urin- und der Blutprobe ist für die Einordnung als Datum entscheidend, dass das Haar, die Speichelprobe oder ein anderer DNA-Informationsträger mit der Absicht des Gebrauchs zu Informations- oder Kommunikationszwecken verwendet wird und somit das „finale, auf Vermittlung oder Aufbewahrung gerichtete Element“ 497 gegeben ist, das die Einordnung der Körpersubstanzen als Angaben bedingt. Am 491 492 493 494 495 496 497

Vgl. FAZ v. 07.02.07, S. 32. Vgl. FAZ v. 10.11.06, S. 36, u. v. 02.01.07, S. 34. Vgl. FAZ v. 26.09.07, S. 34. FAZ v. 21.03.07, S. 32. FAZ v. 31.08.07, S. 30. Vgl. oben D.III.1.a)aa). U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 5.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

konkreten Personenbezug der in der DNA-Probe enthaltenen genetischen Informationen über den Sportler bestehen ebenfalls keine Zweifel. Die Beschaffung der DNA-Probe stellt eine Datenerhebung i. S. d. §§ 1 II Nr. 3, 3 III BDSG dar. Mit Blick auf die gegebenenfalls folgende Einreihung der DNA-Probe in eine Sammlung gleichartiger Proben geschieht die Erhebung zum Zwecke der Nutzung der Informationen in einer nicht automatisierten Datei. Auch bei der DNAProbenahme sind somit gemäß § 1 II Nr. 3 BDSG die allgemeinen BDSG-Bestimmungen für sämtliche Datenverwendungen durch öffentliche wie durch nichtöffentliche Stellen und zudem die besonderen Maßgaben der §§ 27 ff. BDSG für Datenverwendungen nicht-öffentlicher Stellen zu beachten. Dies bedeutet zuallererst, dass auch für die DNA-Probenahme ein Gestattungstatbestand gemäß § 4 I BDSG erfüllt sein muss, der wiederum in einer Einwilligung des Athleten oder in einer der Alternativen des § 28 I 1 BDSG bestehen kann. Bezüglich der Gestattung nach § 28 BDSG erweist sich allerdings neuerlich dessen Absatz 6 als problematisch, der die Verwendung besonderer Arten von personenbezogenen Daten i. S. d. § 3 IX BDSG ohne ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen nur in besonderen Fällen zulässt. Zwar werden genetische Informationen als solche nicht von § 3 IX BDSG genannt. Genetische Daten gehören aber insoweit zu den von § 3 IX BDSG erfassten Gesundheitsdaten, als sie Aussagen über genetische Dispositionen des Betroffenen ermöglichen, die seinen aktuellen oder auch zukünftigen Gesundheitszustand betreffen.498 Soweit daher aus der Beschaffenheit des DNA-Materials auf das Vorhandensein oder das Nichtvorhandensein oder auch auf die Veranlagung oder die fehlende Veranlagung zu bestimmten Krankheiten geschlossen werden kann, enthält die DNA-Probe Gesundheitsdaten i. S. d. § 3 IX BDSG. Folgt man der hier vertretenen Auffassung, wonach die Einordnung der entsprechenden Informationen als Einzelangaben i. S. d. § 3 I BDSG auch nicht daran scheitert, dass im Moment der Probenahme nicht die Absicht ihrer Analyse besteht,499 kommt die Gestattung der Datenverwendung über § 28 BDSG wegen § 28 VI BDSG im Regelfall nicht in Betracht. Was die Schriftform der Einwilligung (§ 4a I 3 BDSG) und das Erfordernis der besonderen Hervorhebung der Einwilligungserklärung neben weiteren Erklärungen (§ 4a I 4 BDSG) betrifft, gilt das diesbezüglich zur Einwilligung in die Urinund Blutprobe Gesagte entsprechend.500 Auch die mit der DNA-Probe eingeholten Informationen betreffen die genetischen Anlagen der Athleten und damit insoweit, als es sich um gesundheitsrelevante Erbanlagen handelt, Gesundheitsdaten i. S. d. § 3 IX BDSG501 mit der Konsequenz, dass auch im Zusammenhang 498 499 500 501

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 259. Vgl. oben D.III.1.a)aa). Vgl. oben D.III.1.a)aa)(1)(a). S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 259.

V. Abnahme von DNA-Proben

459

mit der DNA-Probe die davon betroffenen Daten i. S. d. § 3 IX BDSG502 sowie die beabsichtigte Verwendung dieser Daten503 gemäß § 4a III BDSG im Einzelnen aufgeführt sein müssen.504 Die Freiwilligkeit der Einwilligung in die DNA-Probenahme (§ 4a I 1 BDSG) hängt wiederum davon ab, ob die Verbände gegenüber den Interessen der Sportler aus Art. 2 I, 9 I, 12 I GG und vor allem am Persönlichkeitsschutz (Art. 2 I i.V. m. 1 I GG) ein überwiegendes Interesse an der Durchführung der DNA-Probenahme geltend machen können.505 Die Annahme eines solchen überwiegenden Interesses setzt voraus, dass die Einholung von DNA-Proben ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel der Dopingbekämpfung darstellt. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind die unterschiedlichen Zielrichtungen von DNA-Proben, nämlich die Verwendung von DNA-Proben zur Identifizierung von Urin- oder Blutproben und die Verwendung zur Aufdeckung von Gendopingverstößen, getrennt voneinander zu betrachten. a) Verhältnismäßigkeit der DNA-Probe zu Identifikationszwecken Der Verwendung von DNA-Proben zur Identifikation von anderweitig erlangten Probesubstanzen liegt die Idee zugrunde, dass aus einer nachweislich einem bestimmten Athleten zuordenbaren DNA-Probe eine Art genetischer Fingerabdruck gewonnen wird, der sodann mit dem in einer noch nicht identifizierten Urin- oder Blutprobe enthaltenen Genmaterial abgeglichen werden kann. Indem die DNA-Probe auf diesem Wege die Zuordnung anderer Proben ermöglicht, erweist sie sich als zur Dopingbekämpfung geeignetes Mittel. Die Einholung von DNA-Proben zu Identifizierungszwecken ist vor diesem Hintergrund allerdings nur unter besonderen Voraussetzungen erforderlich. Solange keine nicht identifizierte Probe vorliegt, bezüglich derer ein bestimmter Athlet als Spender verdächtigt wird, kann die DNA-Probe keine Identifizierungsfunktion erfüllen. Ein Interesse der Verbände, DNA-Proben aller Sportler auf Vorrat zu halten, ist aus dem Grund nicht feststellbar, da eine Regelung als ausreichend erscheint, durch welche die Athleten für den Verdachtsfall zur unverzüglichen Abgabe einer DNA-Probe verpflichtet werden. Des Weiteren besteht auch beim Vorliegen einer nicht zuordenbaren Probe, deren Urheberschaft ein bestimmter Sportler verdächtigt wird, ein Bedarf an der Einholung einer DNA-Probe zur Probenidentifizierung nur dann, wenn hinsichtlich der zuzuordnenden Probe im Übrigen alle Voraussetzungen für die Verwendung der Probe zum Dopingnach502

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 87. S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 87. 504 Zum hiernach notwendigen Inhalt der Einwilligungserklärung und zu den Konsequenzen einer inhaltlich unzureichenden Einwilligung vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(a). 505 Vgl. oben B.I.2.b)cc)(2). 503

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

weis erfüllt sind. Aus den Gesamtumständen der anonymen Probe dürfen sich hiernach keine Gründe ergeben, die die Verwertung der Probe nach gelungener Zuordnung zu einem bestimmten Athleten ausschließen. So fehlt es etwa bereits dann an der Erforderlichkeit der DNA-Probenahme, wenn die anonyme Probe unter Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Probanden oder unter Begleitumständen gewonnen wurde, angesichts derer die Fehlerfreiheit der Probe nicht mehr mit der zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte erforderlichen Gewissheit gewährleistet ist. Schließlich ist die DNA-Probe zu Identifizierungszwecken auch beim Vorliegen nicht zuordenbarer, im Übrigen verwertbarer Proben nur unter der Voraussetzung erforderlich, dass die Probenzuordnung nicht auf andere, weniger eingriffsintensive Weise möglich ist. In diesem Sinne kann beispielsweise auf die gesonderte Einholung einer DNA-Probe dann verzichtet werden, wenn von dem als Urheber der Probe verdächtigen Sportler bereits DNA-haltiges Probematerial vorliegt, bezüglich dessen an der Identität des Spenders keine Zweifel bestehen. Eine Regelung zur Einholung von DNA-Proben zu Identifikationszwecken ist hiernach nur mit dem Umfang erforderlich, dass DNA-Proben von den Sportlern nur beim Verdacht der Urheberschaft einer nicht auf anderem Wege identifizierbaren Probe genommen werden dürfen. An der Einholung einer gemäß den vorstehend angestellten Überlegungen zu Identifikationszwecken erforderlichen DNA-Probe besteht ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen: Den aufseiten der Athleten durch die Beschaffung der Informationsmasse beeinträchtigten Interessen steht im Ergebnis erneut das Interesse der Verbände an der Erlangung verwertbarer Dopingproben gegenüber. Zwar geht es im Zusammenhang mit der DNA-Probe zu Identifikationszwecken anders als bei der Urin- oder Blutprobe zu Analysezwecken nicht unmittelbar um die Gewinnung der beweistauglichen Körpersubstanz. Die Zuordnung der bereits vorhandenen Probe führt jedoch – ihre Verwertbarkeit im Übrigen vorausgesetzt – gleichermaßen zum Erhalt von Beweismaterial. Ein gesteigertes Interesse der Sportvereinigungen, das aus dem schutzwürdigen Anliegen einer möglichst lückenlosen Dopingverfolgung resultiert, ergibt sich gegebenenfalls dann, wenn die zuzuordnende Probe aus den Begleitumständen des konkreten Falls heraus unter besonderem Dopingverdacht steht. Genauso wie bei der Informationsbeschaffung in Form der Urinprobe und der Blutprobe selber treten auch bei der Einholung der DNA-Probe, die die Verwertbarkeit einer vorhandenen Urin- oder Blutprobe herbeiführen soll, die gegenläufigen Interessen der Athleten und hier insbesondere auch der Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts hinter dem Anliegen der Sportvereinigungen zurück, eine lückenlose Dopingverfolgung umzusetzen.506 Die Einwilligung der Athleten in die Einholung von DNA-Proben zur Identifizierung anonymer Urin- oder Blutproben scheitert daher nicht an der mangeln506

Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(a).

V. Abnahme von DNA-Proben

461

den Freiwilligkeit, wenn die DNA-Probe für solche Fälle gefordert wird, in denen sie im Sinne der vorstehenden Überlegungen erforderlich ist, und auch die konkreten Umstände der Probenahme unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ausgestaltet sind. Da für die Bejahung der Erforderlichkeit der DNA-Probenahme i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG ebenfalls entscheidend ist, dass sich die Probenahme unter den konkreten Umständen nicht als unverhältnismäßig erweist und von einem überwiegenden Interesse der Verbände gedeckt ist,507 ist die DNA-Probenahme unter den dargelegten Voraussetzungen auch gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zulässig, sofern man § 28 BDSG trotz dessen Absatz 6 als anwendbar ansieht. b) Verhältnismäßigkeit der DNA-Probe zur Aufdeckung von Gendoping Die DNA-Probe zur Überprüfung von Gendopingverstößen wäre unter den folgenden Voraussetzungen als verhältnismäßige Dopingkontrollmaßnahme anzusehen: Erstens müsste die Gefahr von Gendoping tatsächlich bestehen. Hiervon ist auszugehen, soweit nach dem aktuellen Stand der Gentechnikwissenschaft die Möglichkeit ernsthaft in Betracht zu ziehen ist, dass Leistungsmanipulationen durch Veränderungen des Genmaterials der Sportler vorgenommen werden. Wäre demgegenüber die Gefahr entsprechender Genmanipulationen nach dem Stand der Wissenschaft nicht in ernstzunehmender Weise gegeben, wäre die DNA-Probenahme wegen des Fehlens hierdurch nachweisbarer Dopingtechniken sinnlos und aus diesem Grund i. S. d. Verhältnismäßigkeitsprinzips ungeeignet. Zweitens müssten Analyseverfahren entwickelt sein, anhand derer Genmanipulationen mit der erforderlichen Gewissheit nachgewiesen werden können. Eine DNA-Probenahme, die mangels der erforderlichen Ergebnissicherheit der zur Verfügung stehenden Analysemethoden nicht zur unangreifbaren Ahndung des aufgedeckten Dopingverstoßes führt, kann ebenfalls keine hinreichende Eignung als Mittel zur Dopingbekämpfung für sich in Anspruch nehmen.508 Ist hiernach die DNA-Probenahme als geeignete Maßnahme zur Dopingbekämpfung anzusehen, muss sie als mildestes Mittel zur Aufdeckung des Gendopingverstoßes erforderlich sein. Hiervon ist auszugehen, soweit kein anderes, weniger eingriffsintensives Mittel als die Beschaffung von DNA-Material der Athleten zum Nachweis von Gendoping zur Verfügung steht.

507 Zu den Voraussetzungen der Dienlichkeit i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(a). 508 Voraussetzung wären im ersten Schritt ausreichend sichere Erkenntnisse zu den Merkmalen manipulierbarer Gene im nicht manipulierten Zustand, vgl. FAZ v. 24.12. 05, S. 31.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Schließlich muss die Beschaffung der DNA-Probe durch ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen gedeckt sein. Das zentrale, der DNA-Probenahme entgegenstehende Interesse der Athleten liegt im Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts begründet. Soweit die DNA-Probenahme sich nach dem zuvor Gesagten als erforderlich darstellt, steht dem angesichts der Sensitivität der in der Probe enthaltenen Gesundheitsdaten äußerst schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Sportler neuerlich das noch schwerer wiegende Interesse der Vereine und Verbände am Schutz ihrer Identität als Vereinigungen für einen dopingfreien Sport gegenüber, dessen Missachtung zum Existenzverlust führen würde. Die Geeignetheit und Erforderlichkeit von DNA-Proben zur Überprüfung von Gendopingverstößen nach dem oben Gesagten vorausgesetzt, können die Sportvereinigungen daher ein überwiegendes Interesse an der Beschaffung von DNAProben für sich in Anspruch nehmen, soweit die konkrete Ausgestaltung der Probenahme dergestalt erfolgt, dass hierbei unverhältnismäßige Beeinträchtigungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten vermieden werden. Von hervorragender Bedeutung für den Datenschutz der Athleten ist auch hinsichtlich der DNA-Proben einmal mehr, dass diese so früh wie möglich nach ihrer Abnahme pseudonymisiert werden und die Pseudonymisierung so lückenlos und so lange wie möglich aufrechterhalten wird. Wiederum ist dafür zu sorgen, dass so wenige Personen wie möglich bestimmungsgemäß mit den Proben in Berührung kommen und dass der unberechtigte Zugriff auf die Proben wie auch deren Manipulation oder Zerstörung durch geeignete Maßnahmen verhindert werden. Bezüglich der genetischen Informationen ist noch penibler als bezüglich der Gesundheitsdaten in den Blut- und Urinproben darauf zu achten, dass diese tatsächlich nur insoweit analysiert werden, als dies zur Aufdeckung von Dopingverstößen unerlässlich ist,509 und dass durch Zugriffs- und Verfahrensbestimmungen gesichert ist, dass weitergehende Analysen unterbleiben. 2. Vereinbarkeit der DNA-Probe mit den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht Der Auffassung folgend, dass es sich bei den Bestimmungen des BDSG um Sonderregelungen zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts handelt, die den Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht in keiner Weise einschränken,510 ist neben der Zulässigkeit der DNA-Probenahme nach BDSG deren Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Athleten zu überprüfen.

509 510

G. Wiese, BB 1994, 1209, 1210. Vgl. oben B.II.2.a)cc).

V. Abnahme von DNA-Proben

463

a) Persönlichkeitsrechtseingriff durch die DNA-Probenahme Die Beschaffung von Informationen über die genetischen Merkmale einer Person, aus denen sich durch den Abgleich mit anderen Daten Rückschlüsse auf die persönlichen Verhältnisse und Umstände schließen lassen,511 wie auch die Erstellung eines „genetischen Fingerabdrucks“, auf den sowohl die DNA-Probe zu Identifikationszwecken als auch die DNA-Probe zur Aufdeckung von Gendoping abzielt, stellen einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten dar.512 Zwar lässt sich innerhalb des Gesamtvorgangs der DNA-Überprüfung zwischen der Beschaffung des zu analysierenden Genmaterials und der Anfertigung des genetischen Fingerabdrucks unterscheiden, ohne dass das Geschehen hierdurch künstlich aufgespalten wird. Allerdings wird nicht erst durch die Fertigung des Abdrucks, sondern bereits durch den Akt der Einholung der Probe das schon im Zusammenhang mit den datenschutzrechtlichen Maßgaben behandelte informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler betroffen.513 Von der Verfügungsbefugnis des Einzelnen über die auf seine Person bezogenen Informationen ist bereits die Bestimmung umfasst, wer diese Informationen – und sei es auch im noch ungelesenen Zustand als noch nicht analysierte Körpersubstanz – in Besitz nehmen darf. Die Verweise betroffener Athleten auf ihre Menschenrechte und ihre Menschenwürde514 geben daneben zur Prüfung Anlass, inwieweit darüber hinaus weitere Facetten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die DNA-Probenahme beeinträchtigt werden. Bei näherem Hinsehen bleibt es allerdings dabei, dass die Beschaffung von Gesundheitsdaten in Form von Informationen über die genetischen Anlagen der Sportler als Eingriff in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht die mit Abstand schwergewichtigste Beeinträchtigung darstellt, die mit der DNA-Probenahme verbunden ist. Zwar kann das Gefühl Betroffener, durch die Abforderung der DNA-Probe erniedrigend behandelt zu werden, aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht nicht ignoriert werden, da vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch der Anspruch des Einzelnen auf die Achtung der Ehre der Person umfasst ist,515 der durch Maßnahmen beeinträchtigt wird, die den Betrof511

BVerfG v. 13.02.07, NJW 2007, 753 ff. („Vaterschaftstest“); BVerfGE 103, 21,

32. 512 So bereits K.Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40; ders., Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 112. 513 Vgl. BVerfG v. 13.02.07, NJW 2007, 753 ff. („Vaterschaftstest“), wo von der „Offenlegung sensibler Daten mittels Preisgabe entsprechender Körperpartikel als Untersuchungsproben“ die Rede ist. 514 Nach Paolo Bettinis Einwand des Menschenrechtsverstoßes beklagte sich der deutsche Radprofi Jörg Jaksche darüber, die Abgabe einer DNA-Probe sei entwürdigend, vgl. FAZ v. 07.02.07, S. 32. 515 BVerfGE 54, 148, 154 („Eppler“), u. 54, 208, 217 („Böll/Walden“); BVerwGE 82, 76, 78; R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), 7.III.2.2; C. Degenhart, JuS 1992, 361; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 35; H. D. Jarass, in: Jarass/

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

fenen in seinem Wert herabsetzen. Der Abforderung einer DNA-Probe zu Dopingkontrollzwecken eignet jedoch objektiv betrachtet bestenfalls eine geringfügige ehrverletzende Wirkung an. Die negative Stigmatisierung, die sich in gewissem Umfang aus der Durchführung von DNA-Proben im Zusammenhang mit Sexual- und Tötungsdelikten ergeben mag, lässt sich schon deshalb nicht als schlagendes Argument gegen die Probenahme zu Dopingkontrollzwecken einwenden, da sowohl von den Betroffenen als auch von dritten Beobachtern ohne weiteres dahingehend differenziert wird, dass vorliegend nicht ein Kapitaldelikt, sondern mit dem Regelverstoß gegen Dopingbestimmungen ein unvergleichlich schwächerer Vorwurf zur Diskussion steht. Darüber hinaus trägt der Umstand zur Milderung der Negativwirkung der DNA-Probe bei, dass die Probe keineswegs zwingend auf einen Dopingnachweis abzielt, sondern genausogut zur Entlastung des Athleten führen kann. Schließlich wird die Negativstigmatisierung der DNAProbe zu Dopingkontrollzwecken nochmals dadurch abgemildert, dass die Probenahme hier der Verfolgung sportethischer Ziele dient, indem sie zur Dopingfreiheit des Sports beitragen soll. b) Persönlichkeitsrechtsverletzung Angesichts der Intensität der Gefährdung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Ermittlung genetischer Daten und deren Fixierung wird die Frage aufgeworfen, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Eingriff überhaupt gerechtfertigt werden kann.516 Für das Verhältnis zwischen der öffentlichen Hand und dem Einzelnen ist hierzu allerdings vom BVerfG in seiner Entscheidung zum Vaterschaftstest 2007517 klargestellt worden, dass auch die genetischen Daten des Menschen keinen absolut geschützten Persönlichkeitsbereich ausmachen, sondern bei Vorliegen ausreichend starker Interessen im erforderlichen Umfang und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips beschafft und genutzt werden dürfen. Hierbei ist die Verwendung genetischer Daten vom Pieroth, Art. 2 Rn. 43; ders., NJW 1989, 857, 858; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, Art. 2 Rn. 87, 171 f.; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 74, 123 ff.; R. Scholz/K. Konrad, AöR 123 (1998), 60, 66; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 18 ff.; Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 233 ff.; umfassend zum Schutz der Persönlichkeit gegen Herabwürdigung und Entstellung Staudinger/ J. Hager, § 823 Rn. C63 ff.; H. E. Brandner, JZ 1983, 689, 690; Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 73; Soergel/A. Beater (Bd. 12, 13. Aufl. 2005), § 823 Anh. IV Rn. 155 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.2.; nach G. Brüggemeier, Deliktsrecht (1986), Rn. 224, 286 f., stellt die persönliche Ehre einen eigenständigen Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. 516 G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 271, hält die Pflicht zur Offenbarung genetischer Daten gegenüber den Sportverbänden generell für unvereinbar mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht und daher insoweit die Einschaltung des Staates als Aufsichtsstelle für notwendig. 517 BVerfG v. 13.02.07, NJW 2007, 753 ff. („Vaterschaftstest“).

V. Abnahme von DNA-Proben

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BVerfG in der nicht vertragsrechtlich konzipierten Rechtsbeziehung zwischen potentiellem Vater und Kind unter den Vorbehalt einer gesetzlichen Regelung gestellt und in dieser Konstellation die Möglichkeit eines eigenmächtigen Rechtseingriffs ohne eine explizite Erlaubnisnorm ausgeschlossen worden.518 Der Entscheidung ist zum einen der Grundsatz zu entnehmen, dass sich der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht in Form der Beschaffung von Genmaterial des Betroffenen bei Vorliegen eines überwiegenden Interesses des Beschaffers rechtfertigen lässt. Zum andern macht das BVerfG deutlich, dass der Konflikt zwischen dem Interesse an der Datenverwendung und dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts zwischen fremden, nicht im Rahmen einer privatautonomen Rechtsbeziehung aufeinandertreffenden Dritten nicht einfach unter Berufung auf die Generalklauseln der Rechtsordnung eigenmächtig von den Parteien entschieden werden kann, sondern der Eingriff einer spezialgesetzlichen Rechtsgrundlage zur Rechtfertigung bedarf. Diese Einschränkung kann für das Verhältnis zwischen den Verbänden und den Sportlern keine Bedeutung entfalten: Anders als die Beziehung zwischen potentiellem Vater und mutmaßlichem Abkömmling, die keine Kontaktaufnahme aus freien Stücken, sondern eine umstandsbedingte Nähebeziehung darstellt, begegnen sich Sportler und Sportvereinigungen auf freiwilliger Basis im Rahmen der Privatautonomie. Konflikte wie der Interessenkonflikt um die Durchführung oder Unterlassung von DNA-Proben sind nicht in den Lebensumständen wie etwa in einem mutmaßlichen Abstammungsverhältnis zwischen den Parteien angelegt, sondern werden überhaupt erst durch den freiwilligen Kontakt der Parteien miteinander ausgelöst. Im Rahmen des Vertragsverhältnisses oder der vertragsähnlichen mitgliedschaftlichen Rechtsbeziehung zwischen Sportler und Sportvereinigung bedarf es keiner gesetzlichen Regelung der auftretenden Konflikte. Vielmehr gewährt die Privatautonomie den Beteiligten das Recht, einen Ausgleich der gegenläufigen Interessen im Wege vertraglicher Vereinbarungen oder auch im Wege der Verabschiedung vereinsrechtlicher Regelungen herbeizuführen. Der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht durch die Beschaffung von Genmaterial kann hiernach mit der freiwilligen Zustimmung des Athleten oder auch der wirksamen Unterwerfung unter die einschlägigen vereinsrechtlichen Bestimmungen gerechtfertigt werden. Dass auf diesem Wege keine den Grundgedanken der Rechtsordnung zuwiderlaufenden Ergebnisse zustandekommen, wird durch die Anforderungen gewährleistet, die von den Gerichten in der besonderen Situation zwischen Sportler und Monopolverband an die Freiwilligkeit der Zustimmung und an die Wirksamkeit der einschlägigen vereinsrechtlichen Bestimmungen gestellt werden. Die Rechtfertigung der Informationsbeschaffung unter Verweis auf ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen außerhalb der rechtlichen Reich518

BVerfG v. 13.02.07, NJW 2007, 753, 754 („Vaterschaftstest“).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

weite einer Einwilligung oder der einschlägigen vereinsrechtlichen Bestimmungen kommt hiernach nicht in Betracht. Wird der Eingriff im Rahmen einer der Privatautonomie unterliegenden Rechtsbeziehung geregelt, ist die Wirksamkeit einer Einwilligung wie auch einer entsprechenden vereinsrechtlichen Bestimmung von einem überwiegenden Interesse der Vereine und Verbände an der Umsetzung der DNA-Kontrolle zu den konkret vorgesehenen Konditionen abhängig. Wie bereits ausgeführt, ist das notwendige überwiegende Interesse der Sportvereinigungen an der DNA-Probenahme zu Identifikationszwecken unter der Bedingung gegeben, dass die Identifizierung über einen DNA-Abgleich unter den konkreten Umständen auch tatsächlich erforderlich ist. Gleiches gilt für die DNA-Probenahme zur Aufdeckung von Gendoping, bei der allerdings schon einen Schritt früher die Geeignetheit nur dann angenommen werden kann, wenn ein beweiskräftiges Nachweisverfahren zur Aufdeckung der potentiellen Gendopingverstöße zur Verfügung steht.

VI. Erfassung der Athleten als Vereinsmitglieder, in Wettkampfteilnehmerlisten, zur Erstellung von Kaderlisten und in Testpoollisten Der weitaus größte Teil derjenigen Athleten, die an bedeutenden nationalen oder internationalen Wettkämpfen teilnehmen, ist in Sportvereinen „organisiert“, die ihrerseits als Mitglieder übergeordneter Verbände in die „Verbandspyramide“ 519 eingegliedert sind.520 Zu Zwecken der Mitgliederverwaltung, der Betreuung der Athleten, ihrer Einbindung in die vereinsspezifischen Veranstaltungen und nicht zuletzt zur Organisation des Dopingkontrollsystems erfassen die Korporationen auch personenbezogene Daten der Athleten und verwenden diese weiter. So werden etwa Name und Adresse des Mitglieds gespeichert. Darüber hinaus werden spätestens anlässlich der Teilnahme an Wettkämpfen das Alter des Sportlers, die von ihm betriebene Sportart und die von ihm erzielten Leistungen festgehalten. In vielen Sportarten wird der Sportler bei Erreichen eines bestimmten Leistungsniveaus, das für jede Disziplin genau festgelegt ist, in einen Leistungskader aufgenommen und von der Aufnahme an in einer Kaderliste geführt. Regelmäßig ist von der Aufnahme in den Leistungskader unter anderem der Umfang der von der Stiftung Sporthilfe gewährten Förderung abhängig.521 In dieser Kaderliste sind neben Namen, Vornamen, Alter und Geschlecht der „erreichte“ Kader – und damit mittelbar das Leistungsniveau des Sportlers – sowie sein Heimatverein an519

Zum Begriff der Verbandspyramide vgl. oben B.I.2.a)bb)(2). T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2.Teil, Rn. 105. 521 Vgl. die Homepage der Stiftung Deutsche Sporthilfe unter www.sporthilfe.de/ Förderung/GeförderteSportler. 520

VI. Erfassung der Athleten zur Erstellung von Kaderlisten

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gegeben.522 Die Informationen über die Kadermitglieder werden an die Landesfachverbände weitergemeldet. Ein vereinsangehöriger wie auch ein nichtorganisierter Athlet, der an einem Wettkampf teilnehmen möchte, hat sich in aller Regel zunächst einmal beim Veranstalter anzumelden oder von seinem Verein dort melden zu lassen. Die Meldung geschieht regelmäßig durch die Eintragung in einen Meldebogen. Aus dem Meldebogen sind neben dem Namen des Sportlers die Veranstaltung samt Veranstalter, der Heimatverein des Sportlers, sein Geburtsjahr, die von ihm betriebene Disziplin sowie seine Qualifikationsleistung erkennbar.523 Nachdem der Athlet sich erfolgreich zu einem Wettkampf angemeldet hat, wird er für gewöhnlich in eine Wettkampfliste eingetragen. Aus dieser Liste sind neben den im Meldebogen enthaltenen Informationen die Leistungsklasse, in der der Athlet startet, und – nach Austragung des Wettkampfs – die von ihm erbrachte Leistung samt der entsprechenden Platzierung ersichtlich.524 Speziell mit Blick auf das Dopingkontrollsystem ist in diesem Zusammenhang Abschnitt 2 der Vorbemerkungen zu Teil II des NADA-Codes zu beachten. Dort ist geregelt, dass sämtliche A- und B-Kader-Athleten sowie Mitglieder einer Nationalmannschaft in den nationalen Doping-Testpool aufgenommen werden sollen. Abschnitt 2 der Vorbemerkungen äußert sich allerdings nicht näher dazu, welche persönlichen Daten im Zuge der Erfassung für den Testpool festgehalten werden. Eine Aufzählung, welche Athletendaten im Einzelnen zum Zwecke der Zusammenstellung des nationalen Testpools von den Verbänden an die NADA zu melden sind, findet sich lediglich unter Ziff. 1 Abs. 5 der „Missed-Test-Policy“Regeln der NADA. Hiernach sind bezüglich der Athleten des nationalen Testpools Vor- und Zuname, Verband, Kaderzugehörigkeit, Wohnsitz und E-MailAdresse der Sportler mitzuteilen. Angesichts der Alltäglichkeit der erfassten Melde- und Mitgliedsdaten scheint die Vermutung nahezuliegen, dass mit ihrer Verwendung wohl kaum Persönlichkeitsrechtsverletzungen oder Verstöße gegen die Vorgaben des BDSG verbunden sein dürften. Dem Schluss von der Alltäglichkeit der verwendeten Daten auf die Zulässigkeit ihrer Verarbeitung steht jedoch eine der zentralen Aussagen des BVerfG in seinem Volkszählungsurteil525 entgegen: Die Möglichkeit einer abstrakten Unterscheidung von unsensiblen, nicht schutzbedürftigen Daten und sen522 Vgl. die unter www.deutscher-leichtathletik-verband.de über die Links ,Olympische Leichtathletik‘, ,Kader‘, ,Kaderliste komplett‘ aufrufbare aktuelle DLV-Kaderliste. 523 Vgl. z. B. den DLV-Meldebogen, abrufbar unter www.deutscher-leichtathletik-ver band.de über die Links ,Wettkampforganisation‘, ,Formulare‘, ,Meldebogen‘. 524 Vgl. z. B. die DLV-Wettkampfliste des Lieferanten Hornberger, Waldfischbach, zur Ansicht aufrufbar unter www.hornberger.de über die Links ,Shop‘, ,DLV-Wettkampf-Formulare‘, Eingabe des Suchbegriffs „Wettkampfliste“ und Anklicken z. B. des Links ,Wettkampflisten Lauf‘. 525 BVerfGE 65, 1, 45 f.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

siblen Daten, die dem persönlichkeitsrechtlichen Schutz unterstellt werden müssen, wird vom BVerfG zutreffend abgelehnt. Der Grundsatz der Kontextgebundenheit personenbezogener Daten gebietet es, bei der Ermittlung der persönlichkeitsrechtlichen Bedeutung einer Information ihre sämtlichen Begleitumstände im Auge zu behalten. Die Bestimmung der Sensibilität einer Information ist nicht allein nach der Art der Angabe möglich, d.h. ein Datum kann nicht isoliert und losgelöst von jeglichem Kontext betrachtet werden. Mitentscheidend sind vielmehr Nutzbarkeit und Verwendbarkeit, die ihrerseits abhängen vom Zweck der Erhebung, der angewandten Informationstechnologie, der Möglichkeit zur Verbindung mit weiteren Informationen über den Betroffenen und eventuell anderen Umständen.526 A priori persönlichkeitsrechtlich belanglose personenbezogene Daten gibt es demzufolge nach dem Volkszählungsurteil nicht mehr.527 Da zudem auch die prinzipiell zulässige Datenverwendung diverse im BDSG festgeschriebene Vorgaben zu beachten hat, sind auch die hier angesprochenen „einfacheren“ Datenverwendungen trotz ihrer scheinbar geringfügigen persönlichkeitsrechtlichen Relevanz einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Gilt dies schon für Listen, die lediglich scheinbar unsensible Daten enthalten, sind entsprechende Datensammlungen erst recht unter die Lupe zu nehmen, wenn sie potentiell besonders sensible Angaben enthalten oder die Athleten zu kompromittieren geeignet scheinen. Letzteres ist beispielsweise hinsichtlich der UCI-Liste der Fall, die die Namen der verstärkt zu kontrollierenden Radprofis beinhaltet und nach Auskunft der UCI nicht nur nach Leistung, sondern auch nach besonderen Verdachtsmomenten zusammengestellt ist.528 1. Vereinbarkeit der Erfassung der Athletendaten mit den Vorgaben des BDSG a) Anwendbarkeit des BDSG (§§ 1 II–V, 27, 45 BDSG) Bezüglich der Frage nach der Anwendbarkeit des BDSG auf die Verwendung der Athletendaten im Rahmen der Mitgliederorganisation und im Zusammenhang mit Dopingkontrollverfahren kann auf die Ausführungen zur Verwertbarkeit personenbezogener Informationen für Verbandsentscheidungen529 verwiesen werden, die mit dem Ergebnis enden, dass das BDSG von den Verbänden und Veranstaltern seit Inkrafttreten des BDSG 2001 in dem aus § 1 II Nr. 3 BDSG sich ergebenden Umfang zu beachten ist. Insbesondere spricht, wie bereits ausge526 So auch M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.VIII.6.d)cc)(1). 527 So auch M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3.B.VIII.6.a)aa). 528 Vgl. FAZ v. 17.09.07, S. 32. 529 Vgl. oben B.II.1.a).

VI. Erfassung der Athleten zur Erstellung von Kaderlisten

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führt, gegen die Einordnung der Angaben über die Sportler als Daten i. S. d. BDSG auch nicht der Umstand, dass es sich bei den erfassten Daten gutenteils um wenig geheime Informationen über die Athleten handelt, nachdem das BVerfG im Volkszählungsurteil530 entschieden hat, dass personenbezogene Informationen immer und unabhängig von ihrer Wichtigkeit unter dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts stehen. b) Maßgaben des BDSG für die Erfassung der Mitgliedschafts-, Wettkampf-, Kader- und Testpooldaten Wie im Zusammenhang mit der Datenverwendung für Verbandsentscheidungen ebenfalls bereits ausgeführt,531 kommen als Gestattungstatbestände im Regelfall nur die Einwilligung der Sportler oder aber die Nummern 1 und 2 des § 28 I 1 BDSG in Betracht. Im Vordergrund steht hierbei § 28 I 1 Nr. 1 BDSG, da die Datenverwendung im Regelfall in engem Zusammenhang mit den mitgliedschafts- und teilnahmerechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten steht. Geschieht die Datenverwendung durch einen Verband, hängt die Anwendbarkeit der Bestimmung allerdings davon ab, ob eine gesonderte vertragliche oder vertragsähnliche Nähebeziehung zwischen Verband und Athlet besteht, da allein die mittelbare Verbindung über die Vereinsmitgliedschaft nicht zur Annahme des notwendigen rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses ausreicht.532 § 28 I 1 Nr. 2 BDSG ist nur dann anwendbar, wenn sich die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Datenverwendung nicht aus den Zwecken des Mitgliedschafts- oder Teilnahmeverhältnisses ergibt und die Datenverwendung erforderlich und kein überwiegendes gegenläufiges Interesse des Athleten anzunehmen ist. Nach § 28 I 1 Nr. 3 BDSG kann die Datenverwendung ausnahmsweise dann gerechtfertigt sein, wenn es sich bei den Mitgliedschafts-, Wettkampf- oder Kaderdaten um allgemein zugängliche Informationen über den Sportler handelt533 und kein offensichtlich überwiegendes Interesse des Athleten gegen die Datenverwendung spricht.534 Bei der Datenverwendung anlässlich der Erfassung der Athleten als Vereinsmitglieder sowie in Wettkampf-, Kader- und sonstige Listen werden von § 28 I 1 530

BVerfGE 65, 1 ff. Vgl. oben B.II.1.b)aa); zur Einordnung vereinsrechtlicher Bestimmungen vgl. oben B.II.1.b)aa)(3). 532 Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(a). 533 Um öffentlich zugängliche Daten handelt es sich bei den von den Athleten anlässlich des Vereinsbeitritts, der Erstellung von Kaderlisten oder der Meldung zu Wettkämpfen erhobenen Daten etwa dann, wenn die entsprechenden Informationen auch bereits aus den Medien, etwa aus Zeitungen, Sportdokumentationen, Biographien, Websites o. ä. in Erfahrung gebracht werden können. 534 Zu den Voraussetzungen der §§ 28 I 1 Nr. 2 und 28 I 1 Nr. 3 BDSG vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(b) und (c). 531

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Nr. 1 BDSG erfasste Verwendungstatbestände erfüllt: Die Abfrage der für den Vereinsbeitritt, die Wettkampfanmeldung und die Erstellung der Kader- und sonstigen Listen notwendigen Informationen von den Athleten stellt eine Erhebung i. S. d. § 3 III BDSG dar. Die Niederschrift der abgefragten Daten in die hierfür vorgesehenen Formulare und die Übernahme der Daten in die heutzutage durchgängig vorhandene EDV der Vereine und Verbände ist als Speicherung i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 1 BDSG anzusehen. Eine inhaltliche Veränderung der Daten ist mit der Erfassung der Athleten nicht verbunden. Die Erfassung geschieht zwar zur späteren Nutzung der Daten im Zuge der Selbstverwaltung und internen Organisation der Korporationen, im Moment der Erfassung der Athleten beschränkt sich der Umfang der Datenverarbeitung jedoch regelmäßig auf die Erhebung und Speicherung. Geht mit der Beschaffung und Erfassung der Daten bereits eine Datennutzung etwa dergestalt einher, dass der erfasste Athlet auf der Grundlage der offenbarten Informationen sofort einer bestimmten Disziplin und/oder einer bestimmten Alters- und Leistungskategorie zugeordnet wird, ist auch diese Datennutzung bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 28 I BDSG gerechtfertigt. Da die Datenverwendung der Vereine und Verbände ebenso wie die Datenverwendung der Wettkampfveranstalter der Organisation des eigenen Betriebes dient, ohne selber zentraler Gegenstand der Tätigkeit der Korporationen und Veranstalter zu sein, handelt es sich bei dieser Datennutzung um eine Nutzung „für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke“ 535 i. S. d. § 28 BDSG. Die Weitergabe der Daten seitens der Vereine und Verbände an die NADA stellt gegebenenfalls eine Datenübermittlung dar, wenn die NADA im Verhältnis zu den Verbänden als Dritter i. S. d. § 3 VIII 2 und 3 BDSG tätig wird. Agiert die NADA im Zuge der Verwendung dieser Daten lediglich als Auftragsverarbeiter der Verbände, ist die Weitergabe als bloße Datennutzung einzuordnen (§§ 3 IV 2 Nr. 3, 3 VIII 3 BDSG).536 Entscheidend für die Beurteilung der Datenverwendung durch die NADA als Auftragsverarbeitung oder eigenständige Datenverwendung ist, inwieweit die NADA selber über die Durchführung weiterer BDSGrelevanter Verwendungen der Meldedaten entscheiden kann. Steht ihr eine entsprechende Befugnis nicht zu, sondern unterliegen ausschließlich Fragen der technischen Durchführung der Datenverwendungen ihrer Entscheidungsgewalt, beschränkt sich ihr Umgang mit den Athletendaten auf eine bloße Auftragsverarbeitung i. S. d. § 11 BDSG.537 Erschöpfte sich hiernach die Tätigkeit der NADA darin, nach den Anordnungen der Verbände oder gemäß den vorgegebenen Regelwerken die gemeldeten Athleten entweder in die Liste des nationalen oder in 535 Zum Begriff der Nutzung „für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke“ vgl. oben B.II.1.b)aa)(1). 536 Vgl. U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 158. 537 Vgl. S. Walz, in: Simitis, BDSG, § 11 Rn. 17.

VI. Erfassung der Athleten zur Erstellung von Kaderlisten

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die des allgemeinen Testpools einzutragen und diese Listen an die Verbände zurückzuübermitteln, stellte dies eine lediglich technische Durchführung der Datenverwendung und damit eine Auftragsverarbeitung dar. Schon im Hinblick auf die Meldung der Testpool-Daten der Athleten ist allerdings zu berücksichtigen, dass die NADA nicht nur die Testpool-Listen zusammenstellt, sondern über weitere Verwendungen der Athletendaten in ihrer Funktion als Dopingkontrollstelle eigenständig entscheidet. So werden beispielsweise bei der Planung der Dopingkontrollen die Namen der Athleten von der NADA aktiviert, indem diese die Sportler für Zufallskontrollen auslost oder für Zielkontrollen auswählt. Die Meldung der Daten durch die Verbände an die NADA stellt hiernach eine Datenübermittlung i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 3 a) BDSG dar. Die Erfassung der Sportlerdaten aus Anlass des Vereinsbeitritts, des Wettkampfvertragsschlusses, der Zuordnung zu einem Leistungskader oder der Aufnahme in einen Testpool ist für die Durchführung des Wettkampfvertrages als rechtsgeschäftlichem beziehungsweise des Mitgliedschaftsverhältnisses als rechtsgeschäftsähnlichem Schuldverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG538 erforderlich. Der Zweck des Wettkampfvertrags besteht zunächst einmal darin, dem Athleten das Teilnahmerecht an dem jeweiligen Wettkampf zu sichern. Je nach Interessenlage soll gleichzeitig eine Teilnahmeverpflichtung des Athleten zugunsten des Veranstalters begründet werden. Die weiteren Zwecke des Wettkampfvertrages ergeben sich aus den darin enthaltenen Regelungen. Im Interesse beider Parteien dient der Wettkampfvertrag immer auch dem Zweck, die Voraussetzungen für die Organisation des Wettkampfes und für einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung zu schaffen und insbesondere diejenigen Verpflichtungen des Athleten zu begründen, die hierfür erforderlich sind. Auf die Durchführung des Wettkampfvertrages ausgerichtet ist somit jedenfalls auch die Erfassung derjenigen Daten der Teilnehmer, die der Veranstalter zu ihrer Eingliederung in den Wettkampfbetrieb benötigt. Dass hierzu der Name des Athleten und im Hinblick auf die Einteilung der Wettkämpfer sein Geschlecht und die von ihm ausgeübte Disziplin gehören, versteht sich von selbst. Darüber hinaus können auch weitergehende Informationsabfragen gerechtfertigt sein, soweit die abgefragten Daten für die Organisation des Wettkampfes und insbesondere zur Sicherstellung der Einhaltung der Teilnahmevoraussetzungen benötigt werden. Voraussetzung für die Rechtfertigung der Datenverwendung unter Verweis auf die entsprechenden Regelungen des Veranstalters ist, dass diese nicht nach den Bestimmungen über die Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen oder nach anderen, die Gestaltungsbefugnisse des Veranstalters beschränkenden Normen unwirksam sind. 538 Zum Begriff des rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG und zur Einordnung des Mitgliedschaftsverhältnisses als rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(a).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Als Zweck der Vereinsmitgliedschaft, auf dessen Durchführung das Mitgliedschaftsverhältnis im Wesentlichen abzielt, steht der Vereinszweck im Vordergrund, der regelmäßig auf die Förderung und Ausübung der im Verein vertretenen Sportarten ausgerichtet ist. Zur Zweckbestimmung i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zählen des Weiteren auch die sonstigen Vorgaben des Vereins für die Zweckerreichung, die etwa die Art und Weise betreffen können, auf welche die Vereinsziele verfolgt werden sollen, und zu denen beispielsweise auch das Bekenntnis zum dopingfreien Sport gehört. Für die Erreichung dieser Zweckbestimmung des Vereins erforderlich539 sind sämtliche Datenverwendungen, die zur Erfüllung der Pflichten oder zur Wahrnehmung der Rechte aus dem Mitgliedschaftsverhältnis erfolgen müssen, d.h. nicht nur zur Förderung des Vertragszweckes geeignet, sondern darüber hinaus auch dazu erforderlich sind, und das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen. Die aus Anlass des Vereinsbeitritts verwendeten Daten werden vom Verein zur Verwaltung und Organisation der eigenen Angelegenheiten und des Mitgliedschaftsverhältnisses mit dem Athleten benötigt, etwa zur Abwicklung der Kommunikation zwischen Verein und Mitglied, im Zuge der Abrechnung von Zahlungen des Athleten oder an den Athleten, zur Koordination des Trainingsbetriebes usw. Darüber hinaus werden die Daten im Rahmen der Dopingbekämpfung an die hierfür zuständigen Stellen weitergegeben. Die Datenverwendung steht somit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verfolgung der Vereinszwecke und der Durchsetzung der Vereinsregeln. Die aus Anlass der Wettkampfmeldung erfassten Daten dienen der Eingliederung des Athleten in den Wettkampfbetrieb und somit der Organisation des Wettkampfes. Darüber hinaus werden auch sie denjenigen Stellen zur Verfügung gestellt, die im Rahmen des Wettkampfes für die Dopingbekämpfung zuständig sind. Die Organisation eines dopingfreien Wettkampfes stellt einen der Hauptzwecke dar, auf den der Wettkampfvertrag aus der Sicht der Vertragsparteien und hier insbesondere aus der Sicht des Veranstalters ausgerichtet ist. Die Erreichung dieses Hauptzweckes wird unterstützt durch die in den Teilnahmebedingungen enthaltenen Anti-Doping-Bestimmungen. Indem die Daten zur Durchführung des Dopingkontrollbetriebes benötigt werden, ist ihre Verarbeitung somit gleichzeitig zur Erreichung des Hauptzwecks „Dopingbekämpfung“ und des weiteren Zweckes „Durchsetzung der Pflichten der Athleten“ erforderlich. Sowohl im Rahmen des Vereinsbeitritts als auch im Rahmen des Wettkampfvertragsschlusses ist die Datenverwendung somit für die Durchführung des Rechtsverhältnisses erforderlich, aus dem heraus sie veranlasst ist. Auch soweit die Datenverwendung durch die Vereine und Verbände mit dem Ziel erfolgt, die zur Erstellung von Kaderlisten notwendigen Informationen über 539 Zum Begriff der Dienlichkeit i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG vgl. oben B.II.1. b)aa)(1)(a).

VI. Erfassung der Athleten zur Erstellung von Kaderlisten

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den Athleten zu erfassen, ist sie für die Erreichung der Zweckbestimmung des Mitgliedschaftsverhältnisses erforderlich, indem sie nämlich die Förderung des Sports und der Athleten ermöglicht. Mit der Erstellung der Kaderlisten werden insbesondere zwei Zwecke verfolgt: Zum einen wird anhand dieser Kaderlisten darüber entschieden, welche deutschen Athleten als Vertreter der deutschen Vereine und Verbände und der Bundesrepublik zu international bedeutsamen Wettkämpfen entsandt werden.540 Unter diesem Aspekt ist die Erstellung der Kaderlisten als notwendige organisatorische Maßnahme anzusehen, die dem von Vereinsmitglied und Verein selber verfolgten Zweck der Förderung des Sports dient, indem sie die Organisation international bedeutsamer Sportveranstaltungen unterstützt. Zum anderen spielen die Kaderlisten für den Bereich der Sportförderung durch die Deutsche Sporthilfe und andere Organisationen eine wichtige Rolle, indem sie eine Einteilung der Athleten nach dem Förderkriterium „Leistungsstärke“ vornehmen.541 Die Sportförderung ihrerseits stellt wiederum ein sehr wichtiges Instrument im Katalog derjenigen Mittel dar, welche der Erreichung des einvernehmlichen Zieles der Sportvereine und -verbände, nämlich der Förderung von Turnen und Sport, Vorschub leisten sollen. Allein schon aufgrund ihrer Publikumswirkung tragen sportliche Höchstleistungen positiv zum Image des gesamten Sports bei, indem sie den Sport als Gesprächsthema in der Bevölkerung lebendig halten. Gleichzeitig gibt es heute nur noch wenige Sportarten, in denen derartige Höchstleistungen für Amateure oder Teilamateure erreichbar sind. Voraussetzung für Spitzenleistungen ist nicht zuletzt auch ein wirtschaftliches Umfeld, das die Athleten von der Sorge um den täglichen Lebensunterhalt wenigstens so weit befreit, dass sie sich nahezu ausschließlich auf ihre sportliche Weiterentwicklung konzentrieren können. Der Schaffung eines solchen Umfeldes dienen eine Reihe von Fördermaßnahmen, zu denen auch die Unterstützung der Athleten durch die Deutsche Sporthilfe gehört. Da sich die Gewährung der Unterstützung an der Leistung der Sportler orientiert, für die Leistungsbewertung aber Alter und Resultate der Athleten eine maßgebliche Rolle spielen, kann die zur Durchführung dieser Fördermaßnahmen erforderliche Einteilung der Sportler nur auf der Basis von alters- und leistungsbezogenen Daten der Athleten erfolgen. Die Erstellung von Kaderlisten ist hiernach nicht zuletzt auch wegen ihrer Bedeutung als unabdingbare Voraussetzung für die Organisation der Sportförderung für die Erreichung der Zweckbestimmung des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen Verein und Sportler erforderlich.

540 M. Hohl, Rechtliche Probleme der Nominierung von Leistungssportlern (1992), S. 29 ff. 541 Vgl. die Homepage der Stiftung Deutsche Sporthilfe unter www.sporthilfe.de, Links ,Über uns‘, ,Förderung‘, ,Bausteine‘.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Hinsichtlich der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der Datenverwendungen anlässlich des Vereinsbeitritts und des Abschlusses eines Wettkampfvertrages sowie zur Erstellung von Kaderlisten bestehen keine Bedenken. Auch die Erstellung der Testpool-Listen erscheint ihrer Zielrichtung nach für die Erreichung der Zwecke des Mitgliedschaftsverhältnisses erforderlich. Auch die Testpool-Listen stellen sich als geeignetes und i. S. d. Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erforderliches Mittel dar, um die Dopingkontrollen zu organisieren, die ihrerseits zur Umsetzung des Vereinszwecks „dopingfreier Sport“ unverzichtbar sind. Was die Festlegung der konkreten Daten der Athleten betrifft, die in dieser Liste erfasst werden sollen, bestehen allerdings Bedenken gegen die Klarheit und Verständlichkeit der Regelung im NADA-Code: An der Stelle des Codes, wo die Einrichtung der Testpools festgelegt ist (Abschnitt 2 der Vorbemerkungen zu Teil II des Codes), sind die Daten nicht genannt, die zu Zwecken der Poolzusammenstellung erfasst werden sollen. Eine Aufzählung der entsprechenden Angaben findet sich zwar unter Ziff. 1 Abs. 5 der Missed-Test-PolicyRegeln der NADA. Auf diese Regeln wird jedoch im Zusammenhang mit den Bestimmungen über die Einrichtung des Testpools mit keinem Wort verwiesen. Ein diesbezüglicher Verweis findet sich erst in Ziff. 2.3 des Anhangs 2 zum NADA-Code, der die Durchführung von Trainingskontrollen behandelt. Liest ein Athlet nicht den gesamten Code mit sämtlichen Anhängen und den Regelwerken, auf die wiederum in den Anhängen verwiesen wird, sondern sucht er gezielt nach den Meldepflichten und Datenverwendungen, die ihn im Zusammenhang mit der Errichtung von Testpools betreffen, wird er vom Regelwerk nicht zu Ziff. 1 Abs. 5 der Missed-Test-Policy-Regeln hingeführt. Schon weil an der einzigen Stelle, an der der NADA-Code als Hauptregelwerk die Einrichtung von Testpools behandelt, die Missed-Test-Policy-Regeln nicht erwähnt werden, muss der Sportler einschlägige Bestimmungen dort nicht mehr erwarten. Selbst wenn der Athlet sich hiermit nicht zufrieden gibt und vorsichtshalber auch noch die übrigen Regelungen des Hauptregelwerks daraufhin untersucht, ob sich nähere Vorgaben bezüglich der Testpool-Einrichtung finden, gelangt er mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht bis hin zu den Missed-Test-Policy-Regeln. Voraussetzung hierfür wäre, dass er auf seiner Suche auch den Anhang 2 des NADA-Codes näher überprüft und beim Lesen der Ziff. 2.3 Anlass dazu sieht, wegen der konkreten Umstände der Testpool-Einrichtung die Missed-Test-Policy-Regeln zu prüfen. Schon zur Sichtung des Anhangs 2 zwecks Information über die näheren Umstände der Testpool-Erfassung besteht jedoch auch beim Durchlesen des Art. 7.7 NADACode, der den Verweis auf Anhang 2 enthält, kein erkennbarer Grund. Schon durch seine Überschrift „Durchführung der Dopingkontrollen“ weckt Art. 7.7 zumal mit Blick auf die Gliederung des Teils II des NADA-Codes – Behandlung des Themas „Testpool“ in den Vorbemerkungen, Regelung der Aufenthaltsmeldepflichten in Art. 6, Durchführung der Dopingkontrollen in Art. 7 und Regelungen zur Probenanalyse in Art. 8 – nicht die Vermutung, dass sich darin (nochmals)

VI. Erfassung der Athleten zur Erstellung von Kaderlisten

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Regelungen zur Einrichtung des Testpools finden könnten. Gleiches gilt unter Berücksichtigung seiner Überschrift „Durchführung der Trainingskontrollen“ für die Bestimmungen des Anhangs 2 selber. Schließlich enthält auch Ziff. 2.3 des Anhangs 2 keine Anhaltspunkte dafür, dass sich in den Missed-Test-PolicyRegeln Bestimmungen über die Einrichtung des Testpools finden könnten, da der Inhalt der Missed-Test-Policy-Bestimmungen dort so wiedergegeben wird, dass in ihnen geregelt ist, „unter welchen Voraussetzungen ein Athlet einen Missed Test erhält und entsprechend gemäß Art. 2.4 sanktioniert werden kann.“ Diese Vorausschau weckt die Erwartung, es werde dort der Verstoßtatbestand des verpassten Tests definiert, nicht aber Näheres zu den Daten ausgeführt, die zur Zusammenstellung des Testpools verwendet werden. Für die Einbeziehung der Regeln eines übergeordneten Verbandes in das gegenüber den Vereinsmitgliedern verbindliche Vereinsrecht, die durch korrespondierende Bestimmungen in den Regelwerken des übergeordneten Verbandes und des Vereins oder durch einen Anerkennungsvertrag zwischen Sportler und Verein erfolgen kann, ist zwar anerkannt, dass die einzubeziehenden Verbandsregeln nicht wörtlich zitiert werden müssen, sondern ein Verweis auf das Verbandsregelwerk ausreicht; in jedem Fall muss die Verweisung auf das Verbandsrecht aber widerspruchsfrei und verständlich gefasst sein und die einzelnen in Bezug genommenen Regelungen des Verbandes bestimmt bezeichnen.542 Da kein Grund ersichtlich ist, weshalb das Bestimmtheitserfordernis nur für die Einbeziehung von Verbandsrecht und nicht auch für die Einbeziehung von Regelwerken sonstiger Dritter gelten sollte, sind dieselben Anforderungen auch an die Einbeziehung der NADA-Bestimmungen in das Rechtsverhältnis zwischen Sportler und Verein zu stellen. Hiernach genügt auch das Gesamtregelungspaket aus Vereinsrecht, eventuell Verbandsrecht und NADA-Regelungen nur dann dem Bestimmtheitsgebot, wenn sich aus dem Gesamtregelwerk bezüglich der einzelnen Pflichtenbereiche für die Athleten hinreichend eindeutig und offenkundig ergibt, wie sie sich regelgerecht zu verhalten haben. Hierzu bedarf es einer genügend transparenten Ausgestaltung des Regelwerks. An der notwendigen Transparenz fehlt es nicht nur dann, wenn ein Verweis in den Vereinsbestimmungen auf ein externes Regelwerk dergestalt unklar gefasst ist, dass daraus nicht eindeutig hervorgeht, welche Bestimmungen des externen Regelwerks in welchem Umfang gelten sollen. Das Gesamtregelwerk ist vielmehr auch dann intransparent, wenn zwar der Verweis im Vereinsrecht eindeutig gefasst ist, etwa weil hiernach das externe Regelwerk in vollem Umfang anwendbar sein soll, dieses externe Regelwerk jedoch selber nicht so konzipiert ist, dass die beiderseitigen Rechte und Pflichten daraus mit der gebotenen Klarheit erkennbar sind. In diesem Punkt erscheint der NADACode als unzureichend, was die konkrete Festlegung der Daten betrifft, die im Rahmen der Einrichtung des Testpools von den Sportvereinigungen an die 542

B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 478, m.w. N.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

NADA gemeldet und von dieser weiterverwendet werden sollen. Aufgrund des zuvor dargestellten Aufbaus des NADA-Codes und seiner Anhänge stößt der Athlet, der sich über den Umfang der Verwendung seiner Daten bei der Erstellung des Testpools informieren möchte, nicht im Rahmen einer gezielten Suche, sondern bestenfalls zufällig, wenn er den gesamten Code einschließlich des Anhangs 2 und der Missed-Test-Policy-Regeln komplett durchsieht, auf Ziff. 1 Abs. 5 der Missed-Test-Policy-Regeln, in dem die verwendeten Daten im Einzelnen aufgezählt sind. Aufgrund ihrer Platzierung im Gesamtregelwerk und des Fehlens von Verweisen im Rahmen der Bestimmungen zur Testpool-Einrichtung erscheint die Klausel insoweit als überraschende und daher nicht interessengerechte bzw. unangemessene Klausel, der die Wirksamkeit zu versagen ist. Diese Unzulänglichkeit bewirkt allerdings nicht die Unzulässigkeit der Verwendung der in Ziff. 1 Abs. 5 der Missed-Test-Policy-Regeln genannten persönlichen Daten zu Zwecken der Testpool-Einrichtung. Vielmehr ergibt sich auch ohne den fehlenden Verweis auf die Missed-Test-Policy-Bestimmungen allein aus Abschnitt 2 der Vorbemerkungen zu Teil II des NADA-Codes hinreichend, dass die unter Ziff. 1 Abs. 5 genannten Angaben von der Meldung betroffen sind. Maßgeblich für diese Wertung ist, dass es sich bei diesen Angaben mit dem Namen des Athleten sowie der Verbands- und Kaderzugehörigkeit um für die Testpool-Zuordnung offenkundig unverzichtbare Daten handelt und die E-MailAdresse heutzutage eine üblicherweise abgefragte Kontaktinformation darstellt. Hiernach ergibt sich auch ohne ausdrückliche Aufzählung aus der im Regelwerk festgelegten Maßnahme „Testpoolbildung“ die Erforderlichkeit der Verwendung der unter Ziff. 1 Abs. 5 der Missed-Test-Policy-Regeln genannten Daten, so dass mit der Zustimmung der Athleten zur Geltung des NADA-Codes eine wirksame Zustimmung der Athleten zu den Vorbemerkungen des Teils II des Codes vorliegt und die Datenverwendung darüber hinaus i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG als für die Durchführung des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen Sportler und Verein erforderlich erscheint. Auch Abschnitt 2 der Vorbemerkungen zu Teil II des NADA-Codes behandelt allerdings lediglich die Bildung des nationalen Testpools, in dem die A- und BKader-Athleten sowie Nationalmannschaftsmitglieder versammelt werden, während darin von weiteren Testpools und insbesondere von einem allgemeinen Testpool, wie er in Ziff. 1 Abs. 7 der Missed-Test-Policy-Regeln erwähnt wird, keine Rede ist. Die Wirksamkeitsbedenken hinsichtlich der Ziff. 1 Abs. 5 der MissedTest-Policy-Regeln gelten daher in gleicher Weise hinsichtlich der Bestimmung über die Einrichtung eines allgemeinen Testpools in Ziff. 1 Abs. 7 des Regelwerks. Auch insoweit enthält der eigentliche NADA-Code als Hauptregelwerk keinen hinreichend deutlichen Verweis auf die Missed-Test-Policy-Regeln. Datenverwendungen im Zusammenhang mit der Einrichtung des allgemeinen Testpools können daher nicht unter Verweis auf die Zustimmung der Athleten zum NADA-Code gerechtfertigt werden. Auch für die Zulässigkeit dieser Datenver-

VI. Erfassung der Athleten zur Erstellung von Kaderlisten

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wendungen kommt es daher darauf an, ob die Einrichtung des allgemeinen Testpools und die hierzu durchgeführten Datenverwendungen für die Durchführung des Vertragsverhältnisses mit den Sportlern bzw. die Erreichung der Zweckbestimmung des Mitgliedschaftsverhältnisses als rechtsgeschäftsähnlichem Schuldverhältnis zwischen Athleten und Vereinen i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG erforderlich sind. Dass an der Durchführung der Dopingkontrollen als solcher mit Blick auf die Umsetzung des Vereinszwecks „dopingfreier Sport“ ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen besteht, wurde bereits dargelegt. Das Outsourcing der eigentlichen Dopingkontrolltätigkeit ist ebenfalls von einem überwiegenden Interesse der Verbände und Veranstalter gedeckt, da hierdurch eine erhebliche Verbesserung der Effektivität der Dopingbekämpfung und somit eine weitergehende Umsetzung des Vereinszwecks „dopingfreier Sport“ bewirkt wird.543 Ein maßgeblicher Grund für die Effektivitätsverbesserung der Dopingkontrollen durch ihre Übertragung auf eine verbandsübergreifende zentrale Stelle ist gerade die hierdurch eröffnete Möglichkeit, die Kontrollen sämtlicher Sportler so zu koordinieren, dass die Athleten soweit als möglich in Sammelkontrollen getestet oder wenigstens die Einzelkontrollen so miteinander verbunden werden, dass der Gesamtkontrollaufwand erheblich reduziert wird. Um die notwendige Koordinierung durchführen zu können, ist auch bezüglich derjenigen Athleten, die nicht als A- oder B-Kader-Mitglieder oder wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Nationalmannschaft bereits im nationalen Testpool registriert sind, eine Datensammlung mit den in Ziff. 1 Abs. 5 genannten Schlüsseldaten der Athleten – mit Ausnahme der E-Mail-Adresse – erforderlich. Nach alledem ist auch die Weiterleitung der in Ziff. 1 Abs. 5 der Missed-Test-Policy-Regeln genannten Daten der restlichen, nicht bereits im nationalen Testpool erfassten Kader-Athleten an die NADA zwecks Bildung des allgemeinen Testpools für die Durchführung des Rechtsverhältnisses zwischen den Sportlern und ihren Vereinen erforderlich und deshalb nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zulässig. Sowohl die Datenverwendungen anlässlich des Vereinsbeitritts und zum Zweck der Erstellung von Kaderlisten und Testpool-Listen als auch diejenigen anlässlich des Wettkampfvertragsschlusses sind daher nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG gerechtfertigt. Dies gilt allerdings nicht ohne weiteres für eine zusätzliche Liste, in die die Sportler aufgrund besonderer Leistungen oder besonderer Dopingverdachtsmomente aufgenommen werden. Als Argument für die Eignung einer solchen Liste für die Zwecke des Verbands lässt sich zwar noch ihre Nützlichkeit als Organisationsinstrument für den Dopingkontrollbetrieb anführen, die insbesondere darin besteht, dass eine an den Verbandszwecken ausgerichtete Vorauswahl der besonders kontrollbedürftigen Athleten dokumentiert wird.

543

Vgl. unten D.VIII.1.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Ihre Erforderlichkeit hängt demgegenüber davon ab, inwieweit die damit verfolgten Ziele nicht auch auf andere, weniger eingriffsintensive Weise erreicht werden können. Die Funktion der Liste als Sammlung derjenigen Sportler, die aufgrund ihres besonderen Leistungsniveaus verstärkt kontrolliert werden müssen, begründet die Erforderlichkeit nicht, wenn die betreffenden Athleten auch ohne die listenmäßige Erfassung mit Hilfe der EDV „per Knopfdruck“ oder auf andere Weise ohne erheblichen Aufwand zur Koordinierung der Dopingkontrollen aufgerufen werden können. Die Erforderlichkeit als Organisationshilfsmittel zur Zusammenstellung der besonders leistungsstarken Sportler entfällt erst recht, wenn die betroffenen Athleten bereits in anderen Listen, etwa in Kaderlisten, erfasst sind, die zur Organisation der Dopingkontrollen verwendet werden können. Gleiches gilt für die Funktion der Liste als Sammlung dopingverdächtiger Sportler. Auch zur Organisation der Dopingkontrollen dieser Gruppe von Athleten bedarf es einer gesonderten Auflistung nur dann, wenn die namentliche Zusammenstellung nicht aufgrund bereits vorhandener Datensammlungen mit einem vergleichbaren oder jedenfalls nicht unzumutbar größeren Aufwand erfolgen kann. In keinem Fall kann die Erstellung der Liste mit der Zielsetzung gerechtfertigt werden, durch die Aufnahme in die Liste und deren Veröffentlichung Druck auf die Athleten auszuüben und sie von möglichen Dopingverstößen abzuschrecken. Zu diesem Zweck ist schon nicht die Erstellung und erst recht nicht die Veröffentlichung der Liste erforderlich. Vielmehr wäre es ausreichend, die betroffenen Sportler diskret im Wege der individuellen Benachrichtigung davon in Kenntnis zu setzen, dass sie in verstärktem Maße mit der Heranziehung zu Dopingkontrollen zu rechnen haben. Die Zulässigkeit der Liste als Mittel der Öffentlichkeitsarbeit des Verbands scheitert schließlich an der unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der darin erfassten Athleten. Fraglich ist insoweit schon, inwiefern zur öffentlichkeitswirksamen Darstellung der Anti-DopingAktivitäten über die Bekanntmachung von Grundsätzen und Zahlen hinaus auch die namentliche Nennung der davon betroffenen Athleten erforderlich ist. Jedenfalls aber sorgt das Erfassungskriterium der besonderen Verdachtsmomente dafür, dass der nicht eingeweihte Dritte aufgrund der Namensnennung in der Liste fortan die Möglichkeit in Betracht ziehen muss, dass hinsichtlich des betreffenden Sportlers Verdachtsmomente für die Begehung von Dopingverstößen vorliegen. Hierdurch wird in das Persönlichkeitsrecht des Athleten auf Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit eingegriffen, indem sein Charakterbild negativ beeinträchtigt wird, ohne dass ihm ein Dopingverstoß tatsächlich nachgewiesen worden wäre oder sogar ohne dass er auch nur im Verdacht eines Dopingverstoßes stünde. Dieser schwerwiegende Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Sportlers wird nicht durch auch nur annähernd gleichgewichtige Interessen des Verbandes kompensiert, da ein nennenswerter Vorteil aus der Benennung dopingverdächtiger Athleten für die Verbände nicht erkennbar ist. Mit Blick auf die Gefahr einer Per-

VI. Erfassung der Athleten zur Erstellung von Kaderlisten

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sönlichkeitsrechtsverletzung durch die unberechtigte Verdächtigung des Sportlers kann der Verband insbesondere aus der mit der Namensnennung möglicherweise verbundenen Abschreckungswirkung kein überwiegendes Interesse herleiten. Genauso wie die Verwertung von Informationen über die Athleten zur Herbeiführung von Verbandsentscheidungen544 kann auch die Datenverwendung anlässlich des Vereinsbeitritts, des Wettkampfvertragsschlusses oder der Aufnahme in eine Kaderliste oder einen Testpool nach § 4 I BDSG alternativ oder auch zusätzlich durch die Einwilligung der Sportler legitimiert werden, die anlässlich des Vereinsbeitritts in Bezug auf die entsprechenden vereinsrechtlichen Bestimmungen, anlässlich des Wettkampf-, Arbeits- oder Lizenzvertragsschlusses mit Bezug auf entsprechende vertragliche Regelungen oder auch in Form von gesonderten Erklärungen erteilt werden kann. Wird die einschlägige Bestimmung erst nach dem Vereinsbeitritt des Sportlers im Vereinsrecht installiert, kommt ein Verweis des Vereins auf die Beitrittserklärung und die hierbei in Form der Unterwerfung unter die vereinsrechtlichen Regelwerke erfolgte Einwilligung der Athleten allerdings nicht mehr in Betracht. Auch wenn die Wirksamkeit der Verwendungsregelung nach den Grundsätzen zur Inhaltskontrolle von vereinsrechtlichen Bestimmungen keinen Bedenken begegnet, da die Eingriffsregelung einer Überprüfung unter dem Aspekt ihrer Angemessenheit (§ 242 BGB) unter Berücksichtigung der den Vereinen aufgrund der Verbandsautonomie zu belassenden kontrollfreien Beurteilungs- und Ermessensspielräume standhält,545 bedarf es in diesem Fall einer erneuten Zustimmung der Sportler, die auf das entsprechend geänderte Regelwerk bezogen ist.546 In jedem Fall muss die Einwilligung die für Einwilligungen im Allgemeinen geltenden Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllen.547 Insbesondere bedarf es einer die Datenverwendung inhaltlich abdeckenden Einwilligungserklärung. Die Bekanntgabe abgefragter Daten durch den Athleten ist als konkludente Einwilligung in die Datenerhebung und in diejenigen Datenverwendungen anzusehen, von denen ihm im Moment der Preisgabe bekannt ist, dass sie beabsichtigt sind. Auf die Verwendung besonderer Arten personenbezogener Daten i. S. d. § 3 IX BDSG muss sich die Einwilligung ausdrücklich beziehen (§ 4a III BDSG). Soweit daher anlässlich des Vereinsbeitritts oder aus Anlass des Abschlusses eines Wettkampfvertrages besondere Arten von Daten i. S. d. § 3 IX BDSG, insbesondere Daten über die Gesundheit abgefragt werden, bedarf es jedenfalls insoweit, 544

Vgl. oben B.II.1.b)aa)(2). Zu den Maßstäben der Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Regelungen vgl. oben C.III.2.b). 546 So U. Haas, SpuRt 2000, 139, 140, für den Fall satzungsmäßiger Schiedsklauseln, wenn er er eine ausreichende Legitimation nach dem Vereinsbeitritt eingefügter Klauseln nur beim Vorliegen einer diesbezüglichen Zustimmung sichergestellt sieht. 547 Zu den allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einwilligung vgl. oben B.II.1.b)aa)(2)(d). 545

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

als die Einwilligung diese Datenverwendungen betrifft, einer besonderen Formulierung der Einwilligungserklärung. Sowohl im Hinblick auf besondere Daten als auch für die Verwendung gewöhnlicher Angaben bedarf die Einwilligung gemäß § 4a I 3 BDSG der Schriftform, da weder in der Situation des Vereinsbeitritts noch beim Abschluss des Wettkampfvertrages noch bezüglich der Aufnahme in Kaderlisten besondere Umstände i. S. d. § 4a I 3 2. Hs. BDSG gegeben sind, die die Schriftform entbehrlich machen würden.548 Dies hat zur Konsequenz, dass eine konkludente Zustimmung im Regelfall keine Wirksamkeit entfaltet. Wird die Einwilligung in die Datenverwendung im Verbund mit anderen Erklärungen wie etwa dem Beitritt zum Verein oder der Unterwerfung unter anderweitige Pflichten erteilt, erfordert § 4a I 4 BDSG ihre besondere Hervorhebung.549 Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler durch die Verwendung von Mitglieds-, Teilnehmer- oder Kaderdaten ohne formgerechte Einwilligung des Athleten werden durch die wissentliche Duldung seitens des Athleten geheilt.550 Die Einwilligung beruht auf der freien Entscheidung der Sportler (§ 4a I 1 BDSG), wenn sie weder unter rechtswidriger Ausnutzung der Übermachtstellung der Verbände und Veranstalter erzwungen wurde noch sonst unter erheblichen Willensdefiziten leidet.551 Der durch die Veranstalter und Verbände auf die Athleten ausgeübte Druck zur Einwilligung in die Beeinträchtigung ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts ist dann nicht rechtswidrig, wenn ein überwiegendes Interesse an der Datenverwendung besteht. Die Einwilligung in einschlägige Wettkampfvertragsbedingungen ist, wenn unfreiwillig zustande gekommen, ohne weiteres unwirksam. Gleiches gilt für die mit der Beitrittserklärung einhergehende Bestätigung des Vereinsrechts, soweit hierdurch gezwungenermaßen in eine darin bereits verankerte, nicht interessengerechte Eingriffsermächtigung eingewilligt wird. Im Rahmen der Interessenabwägung zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Einwilligungszwangs sind dieselben Überlegungen anzustellen wie bereits im Zusammenhang mit der Freiwilligkeit der Zustimmung zu einer Merkmalkontrolle552 und zur Urinkontrolle.553 Nachdem schon die Überprüfung der Zustimmung zu diesen wesentlich persönlichkeitsrechtsintensiveren Maßnahmen deren Wirksamkeit zum Ergebnis hatte, muss dies allerdings ohne weiteres erst recht für die Zustimmung zu den verhältnismäßig geringfügigeren Persönlichkeitsrechtseingriffen durch die Verwendung der hier in Rede stehenden Verwaltungs548 549 550 551 552 553

Vgl. oben B.II.1.b)aa)(2)(b). Vgl. oben B.II.1.b)aa)(2)(b). Vgl. oben B.II.1.b)aa)(2)(b). Vgl. oben B.II.1.b)aa)(2)(c). Vgl. oben D.II.2.b). Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(a).

VI. Erfassung der Athleten zur Erstellung von Kaderlisten

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und Organisationsdaten gelten. Tatsächlich bereitet die Abwägung mit Blick auf diese Datenverwendungen keine allzu großen Schwierigkeiten, führt doch der Abgleich der gegenläufigen Interessen in diesem Fall eindeutig zu dem Ergebnis, dass die Datenverarbeitung in Form der Aufnahme in die Mitglieder-, Wettkampf-, Kader- und Testpoollisten keine Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts bedeutet: Aufseiten der Organisatoren überwiegt das Interesse an der Abwicklung des alltäglichen Vereins-, Sport- und Wettkampfbetriebes, das zudem durch ein gleichlautendes Interesse der Sportler selbst und durch das Gemeininteresse an einem funktionierenden, dopingfreien Sportbetrieb554 gestützt wird, gegenüber dem Interesse der Sportler am Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts, zumal sich dessen Beeinträchtigung als verhältnismäßig unerheblich darstellt, wenn man sich vor Augen führt, dass es sich bei den von der Datenverwendung betroffenen Daten um leicht aufklärbare Informationen über den Betroffenen handelt. Angesichts der „Unempfindlichkeit“ dieser Daten muss – anders als bei der Verarbeitung intimer Gesundheitsdaten – im Regelfall wohl nicht ernsthaft mit einem der Datenverwendung entgegenstehenden Willen des Betroffenen gerechnet werden. Wie sich aus § 4a I 2 BDSG ergibt, setzt die Freiwilligkeit der Einwilligung des Weiteren die genaue Kenntnis des Zwecks und des Umfangs der bewilligten Datenverwendung voraus.555 Zwar dürfte den Athleten die beabsichtigte Verwendung der anlässlich des Vereinsbeitritts, der Wettkampfmeldung oder der Kaderund Testpoolorganisation abgefragten Daten im Wesentlichen bekannt sein. Um an dieser Stelle spätere Diskussionen um die Zulässigkeit einzelner Datenverwendungen zu vermeiden, ist den Vereinen und Veranstaltern dennoch vorsorglich zu empfehlen, ihre Neumitglieder und die Wettkampfteilnehmer erschöpfend auf die beabsichtigte Verwendung der abgefragten Daten und die Folgen der Auskunftsverweigerung hinzuweisen. Nach dem eben Gesagten bestehen bezüglich der hier in Rede stehenden Eingriffstatbestände, die sich auf die Erhebung und Verwendung grundlegender und oftmals auch bereits allgemein bekannter Personal- und Leistungsdaten der Athleten beschränken, im Übrigen auch unter dem Aspekt von Treu und Glauben im Rahmen der vereinsrechtlichen Inhaltskontrolle keine Wirksamkeitsbedenken, da die Verwendung dieser Daten die sportliche Betätigung im Verein oder im Wettkampf überhaupt erst ermöglicht und aus diesem Grund ebenso im Interesse der Athleten wie im Interesse der Vereine und Veranstalter liegt. Ist die Datenverwendung anlässlich des Vereinsbeitritts, des Wettkampfvertragsschlusses oder der Aufnahme des Athleten in einen Leistungskader durch einen Gestattungstatbestand i. S. d. § 4 I BDSG legitimiert, sind im Zuge ihrer

554 555

Vgl. dazu oben D.I.1.b). Zu den Anforderungen aus § 4a I 2 BDSG vgl. oben B.II.1.b)aa)(2)(c).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Durchführung die für nicht-öffentliche Stellen beachtlichen Vorgaben556 von den Sportvereinigungen einzuhalten: In den von § 1 V 3 BDSG erfassten Fällen ist ein Inlandsvertreter zu benennen. Die durch § 3a BDSG ins geschriebene Recht übernommenen Gebote der Datenvermeidung und Datensparsamkeit sind durch eine geeignete Ausgestaltung der baulichen, computertechnischen, personellen und sonstigen für die Datenverarbeitung verwendeten Einrichtungen einschließlich der hierfür erlassenen Vorschriften umzusetzen. Von der Datenverarbeitung anlässlich des Vereinsbeitritts des Athleten oder aus Anlass des Abschlusses eines Wettkampfvertrages oder der Erfassung in Kaderlisten werden allerdings ohnehin nur im Hinblick auf das Geheimhaltungsinteresse der Sportler verhältnismäßig unsensible Daten erfasst. An der Geheimhaltung ihres Namens, der von ihnen betriebenen Disziplin und der persönlichen Leistungen haben die Athleten regelmäßig kein Interesse. Da die wirtschaftliche Verwertung des sportlichen Erfolges durch einen hohen Bekanntheitsgrad entscheidend begünstigt wird, gehen die Bestrebungen der Sportler vielmehr im Gegenteil dahin, eine möglichst weitreichende Verbreitung der Grundinformationen zur eigenen Person zu bewirken. Im Übrigen bedarf es wohl keiner näheren Erläuterung, dass die Kenntnis der bei Abschluss des Wettkampfvertrages bzw. beim Vereinsbeitritt abgefragten Grundinformationen über die Athleten im Rahmen des für die Organisation des Wettkampfes wie auch für die Verwaltung der Vereine Erforderlichen unverzichtbar sind, so dass sich auch aus diesem Grund insoweit keinerlei Vermeidungs- oder Einsparmöglichkeiten ergeben. Aus demselben Grund bleibt insbesondere auch für eine Zerstörung des Personenbezugs dieser Daten in Form der Anonymisierung oder Pseudonymisierung (§ 3a S. 2 BDSG) kein Raum. Gemäß § 4 II BDSG sind die Daten unmittelbar bei den Sportlern zu erheben und die Hintergründe der Datenerhebung im von § 4 III BDSG vorgeschriebenen Umfang zu erläutern. Bei der Datenerhebung anlässlich des Vereinsbeitritts oder des Wettkampfvertrages ergeben sich allerdings im Regelfall keine Probleme im Hinblick auf das Unmittelbarkeitsgebot, da die Erhebung üblicherweise unmittelbar beim Betroffenen oder bei einem diesbezüglich bevollmächtigten Vertreter erfolgt. Die Datenverwendung der Vereine unterliegt, von Sonderfällen abgesehen, in denen etwa im Rahmen von Großveranstaltungen aufgrund des Umfangs der zu verarbeitenden Datenmengen mehr als neun Personen ständig mit der Datenverarbeitung betraut werden müssen, in aller Regel nicht der Meldepflicht gemäß § 4d BDSG. Die Datenverarbeitung anlässlich des Vereinsbeitritts, beim Abschluss eines Wettkampfvertrages und bei der Aufnahme in eine Kaderliste erfolgt zwar für gewöhnlich unter Verwendung von EDV-Anlagen im Wege der 556

Vgl. oben B.II.1.b)bb).

VI. Erfassung der Athleten zur Erstellung von Kaderlisten

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automatisierten Verarbeitung und fällt daher ihrer Art nach zunächst einmal unter die meldepflichtigen Verfahren. Die Meldepflicht entfällt allerdings unter den Voraussetzungen der §§ 4d II–IV BDSG, wenn von der verantwortlichen Stelle (§ 3 VII BDSG) – für die Datenverarbeitung anlässlich des Vereinsbeitritts der Verein, für die Datenverwendung anlässlich des Abschlusses von Wettkampfverträgen diejenige natürliche oder juristische Person, von der der Wettkampf ausgerichtet wird – ein Datenschutzbeauftragter bestellt ist oder höchstens vier Personen ständig mit der Datenverwendung beschäftigt sind. An der für den Entfall der Meldepflicht des Weiteren notwendigen Erforderlichkeit der Datenverwendung aus Anlass des Vereinsbeitritts, der Erstellung von Kaderlisten und des Wettkampfvertragsschlusses für die Durchführung des Wettkampfvertrages beziehungsweise des Mitgliedschaftsverhältnisses bestehen keine Zweifel, soweit es sich um für die Organisation notwendige Daten handelt, ebensowenig an der Wirksamkeit der Einwilligung der Athleten, da – wie bereits erwähnt – davon auszugehen ist, dass die Athleten mit der Datenverwendung anlässlich des Vereinsbeitritts und anlässlich des Abschlusses eines Wettkampfvertrages nicht nur einverstanden, sondern sogar daran interessiert sind. Mit Blick auf die Datenverwendungen im Zuge der Erfassung der Mitglieder anlässlich des Vereinsbeitritts, des Wettkampfvertragsschlusses und der Aufnahme in Kaderlisten ist im Normalfall auch die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten gemäß den §§ 4f u. 4g BDSG nicht geboten. Die Datenverwendung der Vereine und Verbände und der Wettkampfveranstalter anlässlich des Vereinsbeitritts und aus Anlass des Wettkampfvertragsschlusses wird im Allgemeinen nicht die Verarbeitung besonderer Daten i. S. d. § 3 IX BDSG zum Gegenstand haben, da lediglich solche Daten abgefragt und sodann weiterverwendet werden, die für die Organisation des Vereins- und Wettkampfbetriebes von Relevanz sind. Die hier von den Sportlern erhobenen Daten berühren insbesondere weder den Bereich der rassischen und ethnischen Herkunft, da lediglich die Staatsangehörigkeit der Athleten abgefragt wird, noch den Gesundheitszustand, da die in einer bestimmten Sportdisziplin erbrachte Leistung kein Gesundheitsdatum darstellt. Die Datenverwendung der Vereine und Verbände und der Wettkampfveranstalter anlässlich des Vereinsbeitritts und aus Anlass des Wettkampfvertragsschlusses erfolgt auch nicht zum Zwecke einer Bewertung der Persönlichkeit der Athleten. Soweit von dieser Datenverwendung auch Daten bezüglich der sportlichen Leistungen der Sportler betroffen sind, wird hierdurch zwar unter anderem auch die Einordnung der Athleten in sportliche Leistungsklassen bezweckt. Allein diese Zuordnung stellt jedoch noch keine Bewertung i. S. d. § 4d V 2 Nr. 2 BDSG dar, da zum einen die Einteilung in abstrakter Weise bereits vorgegeben und somit die Bewertung an anderer Stelle bereits erfolgt ist und zum anderen die Einordnung in eine bestimmte Leistungsklasse nichts mit einer Bewertung der Persönlichkeit in ihrer Gesamtheit zu tun hat, sondern mit der sportlichen Leistungsfähigkeit in einer bestimmten Disziplin le-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

diglich einen winzigen Teilausschnitt der Persönlichkeitsmerkmale des Betroffenen berührt. Schließlich birgt die Datenverwendung der Vereine und Verbände und der Wettkampfveranstalter anlässlich des Vereinsbeitritts und aus Anlass des Wettkampfvertragsschlusses auch keine sonstigen besonderen Risiken i. S. d. § 4d V 1 BDSG für den Betroffenen in sich. § 4d V 1 BDSG enthält keine Definition des Begriffes des „besonderen Risikos“. Als Beispiele für im Sinne der Vorschrift besonders risikobehaftete Datenverwendungen lassen sich jedoch Einrichtungen wie die Warndateien der Versicherungswirtschaft, in denen Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Abwicklung von Versicherungsverträgen festgehalten werden, die Verfahren zur Bewertung der Kreditwürdigkeit einer Person, die der Erstellung von Verbraucherprofilen dienenden Lifestyle-Datenbanken und DataWarehouse-Auswertungen sowie Videoüberwachungen anführen.557 Diesen Datenverwendungen ist gemein, dass ähnlich sensible Bereiche wie die in Satz 2 genannten berührt werden oder sich die damit verbundenen Beeinträchtigungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts als ähnlich intensiv darstellen. Die Datenverwendung anlässlich des Vereinsbeitritts oder des Wettkampfvertragsschlusses weist jedoch weder unter dem Aspekt der Sensibilität der verwendeten Daten noch im Hinblick auf die Intensität der Rechtsbeeinträchtigung eine den in Satz 2 genannten Beispielsfällen vergleichbare Brisanz auf, die Anlass zur Einordnung der verwendeten Daten als „Risikodaten“ i. S. d. Vorschrift geben würde. Als Ergebnis lässt sich somit festhalten, dass die Datenverwendung anlässlich von Vereinsbeitritten und Wettkampfvertragsschlüssen nicht gemäß § 4d V BDSG der Vorabkontrolle unterworfen ist, so dass eine Pflicht der Verbände und Veranstalter zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten jedenfalls nicht durch § 4f I 6 1. Alt. BDSG begründet wird. Im Zusammenhang mit der Frage nach der Anwendbarkeit des § 29 BDSG auf die Datenverwendung der Sportvereinigungen in Form der Urinprobenahme wurde bereits festgestellt, dass die Datenverwendung der Verbände auch nicht „geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung“ erfolgt.558 Auch die zweite Alternative des § 4f I 6 BDSG ist somit nicht einschlägig. Da hiernach keine besonderen Arten von Daten i. S. d. § 3 IX BDSG verwendet werden und die Datenverwendung auch nicht geschäftsmäßig zum Zwecke der Übermittlung geschieht, bedarf es eines Datenschutzbeauftragten nur dann, wenn mehr als neun Personen ständig mit der automatisierten oder mindestens 20 Personen mit der nicht-automatisierten Datenverwendung beschäftigt sind.

557 558

Gola/Schomerus, BDSG, § 4d Anm. 3.6. Vgl. D.III.1.a)bb)(1)(b).

VI. Erfassung der Athleten zur Erstellung von Kaderlisten

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Zum Schutz des Datengeheimnisses haben die Verbände und Veranstalter § 5 BDSG zu beachten. Gemäß § 6 BDSG stehen den Athleten die im BDSG geregelten Auskunfts-, Berichtigungs-, Löschungs- und Sperrungsansprüche zu. Des Weiteren unterliegen die Vereine, Verbände und Veranstalter der in § 9 BDSG verankerten und in der Anlage zu § 9 S. 1 BDSG konkretisierten Verkehrssicherungspflicht, die dem Datenverwender auferlegt, den gesamte Datenverwendungsvorgang organisatorisch und technisch so zu gestalten, dass es nicht zu Datenschutzverletzungen kommt, die mit einem angemessenen Aufwand vermeidbar wären. Im Falle der Einrichtung automatisierter Abrufverfahren ist § 10 BDSG zu beachten. Gleiches gilt für § 11 BDSG, soweit sich die Sportvereinigungen im Wege der Auftragsverarbeitung559 der Hilfe Dritter bei der Datenverwendung bedienen. Im Fall der Verbände und Wettkampfveranstalter findet Datenverarbeitung im Auftrag etwa dann statt, wenn die Erstellung oder der Ausdruck von Mitgliederlisten, Ergebnislisten oder Kaderlisten nicht durch Beschäftigte der Vereine und Verbände, sondern in einem externen Druckereibetrieb erfolgt. § 28 I 2 BDSG erlegt der verantwortlichen Stelle für nach § 28 I BDSG zulässige Datenerhebungen die konkrete Festlegung der Verwendungszwecke auf, die gemäß § 9 S. 1 BDSG schriftlich zu dokumentieren sind. Für die Datenerhebung der Verbände und Veranstalter anlässlich des Vereinsbeitritts oder des Wettkampfvertragsschlusses eines Sportlers hat dies zur Konsequenz, dass erstens abschließend festgelegt sein muss, bei welchen Gelegenheiten und zu welchem Zweck die offenbarten Daten Verwendung finden sollen, und zweitens diese Festlegungen für den Athleten auch aus den Regelwerken der Vereine und Veranstalter ersichtlich sein müssen. An den Detaillierungsgrad dieser Festlegungen wird man allerdings keine überhöhten Anforderungen stellen dürfen, will man nicht anerkanntermaßen erforderliche Datenverwendungen über Gebühr erschweren und verkomplizieren. Im Falle des Profisportlers kann es daher als ausreichend betrachtet werden, wenn die von den Vereinen und Veranstaltern durchgeführten Datenverwendungen aus dem Vereinsrecht bzw. den Teilnahmebedingungen erkennbar waren. Die Speicherung der Sportlerdaten aus Anlass des Vereinsbeitritts oder beim Abschluss des Wettkampfvertrages erfolgt „für eigene Zwecke“ der Vereine und Veranstalter.560 Geschieht die Speicherung der Daten ohne Kenntnis des Athleten, ist er gemäß § 33 BDSG vom Verein bzw. vom Veranstalter von der Speiche-

559 560

Zum Begriff der „Auftragsdatenverarbeitung“ siehe oben B.II.1.b)aa)(1)(a). Siehe oben D.III.1.a)bb)(1)(b).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

rung und ihren Zwecken zu benachrichtigen, soweit die Benachrichtigung nicht – wie regelmäßig – gemäß § 33 II 1 Nr. 1 oder Nr. 2 BDSG entbehrlich ist. Den Blick ein Stück weit über den Tellerrand der Datenerfassung durch die Verbände hinaus gerichtet, stellt sich die Frage, inwieweit die von den Verbänden erhobenen Daten an Sponsoren und andere mit den Verbänden verbundene Dritte weitergegeben werden dürfen. Liegt eine Einwilligung der Sportler gemäß §§ 4 I, 4a BDSG vor, die diese zur Erlangung der Vereinsmitgliedschaft oder der Wettkampfteilnahme erklären mussten, hängt deren Freiwilligkeit von einem überwiegenden Interesse der Vereine und Verbände an der Datenweitergabe an den Dritten ab. Hier ist die eher geringe Sensibilität der Daten zu berücksichtigen, die in den Mitglieder-, Kaderund Testpoollisten gesammelt werden, welche dazu führt, dass bereits ein sachliches, nicht völlig unerhebliches Interesse der Verbände an der Weiterleitung als ausreichend anzusehen ist. Ist somit beispielsweise im Rahmen eines Sponsorenvertrages die Datenweiterleitung Voraussetzung dafür, dass der Verein oder Verband die Unterstützung durch den Sponsor erhält, kann er ein überwiegendes Interesse an der Übermittlung für sich in Anspruch nehmen, es sei denn, es wäre etwa die Unterstützung durch den Sponsor so unerheblich, dass ein Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten deswegen als unverhältnismäßig erschiene. Existiert keine Einwilligung der Athleten, können sich der Verein und der vertraglich oder vertragsähnlich mit den Sportlern liierte Verband auf § 28 I 1 Nr. 1 BDSG stützen, sofern die Übermittlung für die Durchführung des Mitgliedschaftsverhältnisses oder der Nähebeziehung erforderlich ist, d.h. ein überwiegendes Interesse des Vereins oder Verbands an der Übermittlung gegeben ist. Besteht eine solche Nähebeziehung nicht, wie dies etwa beim Fehlen einer besonderen Vereinbarung zwischen Athlet und Verband der Fall ist, kommt § 28 I 1 Nr. 2 BDSG als Gestattungstatbestand in Betracht, der ein berechtigtes Interesse der Vereine oder Verbände und das Fehlen eines überwiegenden gegenläufigen Interesses des Sportlers voraussetzt. Auch an dieser Stelle ist aus den soeben zur Freiwilligkeit der Einwilligung angestellten Überlegungen heraus im Regelfall jedes sachliche, nicht völlig unerhebliche Interesse der Vereine und Verbände ausreichend. 2. Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Athleten Wie bereits im Zuge der Überlegungen zur Verwertbarkeit personenbezogener Informationen bei Verbandsentscheidungen561 festgestellt, schließt die Anwendbarkeit des BDSG auf Datenverwendungsvorgänge den Rückgriff auf die aus 561

Vgl. oben B.II.2.a).

VII. Verpflichtung zur Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes

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dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sich ergebenden Rechte nicht aus. Vor diesem Hintergrund ist ergänzend zur Prüfung der Datenverwendungen nach dem BDSG deren Rechtmäßigkeit nach den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu untersuchen. Dass der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Datenverwendungen anlässlich des Vereinsbeitritts, des Wettkampfvertragsschlusses und der Aufnahme in eine Kaderliste berührt wird, ergibt sich bereits aus der Anwendbarkeit des BDSG auf die genannten Verwendungsvorgänge, die einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen voraussetzt. Hiernach fällt ungeachtet der geringen Sensibilität der erhobenen Daten bereits die Nennung des Namens der Athleten562 ebenso in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wie die Verwendung der weiteren, anlässlich des Vereinsbeitritts oder des Wettkampfvertragsschlusses oder zur Erstellung von Kaderlisten erhobenen Daten über das Alter der Sportler, die von ihnen betriebene Disziplin, ihre bisherigen sportlichen Leistungen und über sonstige persönliche Verhältnisse. Zur Vermeidung einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bedarf es deshalb auch im Hinblick auf die „Verwaltungsdaten“ der Sportler deren Zustimmung oder eines anderweitigen Gestattungstatbestandes, soweit die Datenverwendung nicht durch § 28 I BDSG gedeckt ist. Da andernfalls das von § 4 I BDSG geschaffene Schutzniveau unterlaufen würde, kann dies nur eine den Anforderungen des BDSG genügende Einwilligung oder eine den qualitativen Ansprüchen des § 4 I BDSG entsprechende Rechtsvorschrift sein. Somit gelten hinsichtlich der Einwilligung in die Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung wie auch – mangels anderweitiger Rechtsvorschriften – für deren Zulässigkeit auf der Basis sonstiger Gestattungstatbestände die vorstehend zur Gestattung nach den Regeln des BDSG angestellten Überlegungen. Dies bedeutet, dass die Datenverwendung anlässlich des Vereinsbeitritts, des Wettkampfvertragsschlusses und der Aufnahme in Leistungskader auch unter dem Aspekt ihrer Wirkung als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG beziehungsweise – bei Vorliegen der Wirksamkeitsvoraussetzungen gemäß den allgemeinen Einwilligungsregeln und den besonderen Bestimmungen des BDSG – aufgrund der Einwilligung der Sportler zulässig ist.

VII. Verpflichtung der Athleten zur lückenlosen Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes In vielen Sportarten ist es heute Usus, dass die Athleten sich auf die bevorstehende Wettkampfsaison oder auf besondere Sportereignisse nicht mehr ausschließlich zuhause im Bereich der Sportanlagen ihres Heimatvereins vorberei562

Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C159, m.w. N.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

ten. Aus trainingstechnischen Gründen, wegen günstigerer Witterungsbedingungen, wegen der angenehmeren klimatischen Bedingungen oder aus anderen Überlegungen heraus werden Trainingslager an den entlegensten Plätzen dieser Erde aufgeschlagen. Während die Langstreckenläufer zum Höhentraining in die Hochgebirge der südlichen Hemisphäre reisen, fliehen die Profiradställe vor dem mittel- und nordeuropäischen Winter in die milde Wärme der mallorcinischen Sonne, derweil das eine oder andere Profiteam der Fußballbundesliga in der Winterpause durch Erfolge auf dem afrikanischen Kontinent von sich reden macht. Sind die Winterflüchtlinge dann wieder in die heimatlichen Gefilde zurückgekehrt, verlassen auch schon die Skiteams das Land, um sich während der Sommerpause auf dem ewigen Eis der Alpengletscher der Vorbereitung für die nächste Wintersaison zu widmen. Zudem kommt es auch bei Spitzensportlern durchaus vor, dass sie ihr Trainingsgerät einmal zur Seite legen und sich ausschließlich zur Erholung und Entspannung außer Landes begeben. Schließlich halten sich die Sportler auch während der Zeiträume, in denen sie sich nicht fernab von ihrem Heimatverein oder gar im Ausland befinden, nicht fortwährend an ein und demselben Ort auf: Wie bei jedem „normalen“ Menschen variiert auch der Aufenthaltsort des Sportlers je nach dem, ob er in privaten, sportlichen oder nebenberuflichen Angelegenheiten unterwegs ist. Hinzu kommt, dass auch das sportliche Programm regelmäßig nicht an einem festen Ort abgewickelt wird, sondern in den diversen Einrichtungen oder an den diversen Plätzen, die gerade vom Trainingsprogramm vorgegeben sind. Um die Versuchung der Sportler in Grenzen zu halten, die aus den Ortswechseln resultierende Distanz zu den wachsamen Augen der Vereine und Verbände für die Anwendung unerlaubter Praktiken und insbesondere zur Einnahme verbotener leistungssteigernder Mittel auszunutzen, sind die Verbände und Vereine bemüht, das Damoklesschwert der überraschenden Dopingkontrolle sowohl während der Trainingsphasen zuhause als auch in den Zeiten der Abwesenheit vom Heimatverein über den Athleten in der Schwebe zu halten. Vermieden werden sollen Zustände, wie sie in besonderer Weise die griechischen Leichtathleten, darunter den Olympiasieger, Weltmeister und Europameister über 200 Meter, Kostas Kenteris, in die Schlagzeilen brachten. Da die Sportler zwischen ihren so erfolgreichen Auftritten bei den sportlichen Großereignissen „aus trainingsmethodischen Gründen“ nicht an irgendwelchen Wettkämpfen teilnahmen, waren sie zur Durchführung überraschender Kontrollen für die Dopingkontrolleure nicht greifbar.563 Der griechischen Sprinterin Ekatherini Thanou, 1999 Hallenweltmeisterin über 60 Meter und WM-Dritte über 100 Meter sowie bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney über die 100 Meter zunächst Silbermedaillengewinnerin und nach dem Dopinggeständnis von Marion Jones und der Rückgabe ihrer Goldmedaille564 die erste Olympiasiegerin ohne Goldmedaille,565 war ihre Trainings563

Vgl. FAZ v. 18.11.02, S. 32, u. v. 20.11.02, S. 34.

VII. Verpflichtung zur Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes

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methodik gar so wichtig, dass sie es unterließ, zwei Trainingskontrollen mit negativem Ergebnis nachzuweisen, obwohl dies Voraussetzung für die Auszahlung der nicht unerheblichen Preisgelder für ihre WM-Erfolge 1999 gewesen wäre.566 Derartige einsiedlerische Tendenzen im Verhalten der Athleten sollen dadurch unterbunden werden, dass diese zunächst einmal jederzeit – unabhängig vom aktuellen Aufenthaltsort – in das Dopingkontrollsystem einbezogen bleiben, also auch im Falle der Abwesenheit von zuhause jederzeit als Zielperson einer Dopingkontrolle ausgelost werden können. Um die Sportler sodann allzeit für eine Dopingkontrolle erreichbar zu machen, sind in den Regelwerken der Verbände und Vereine des Weiteren Meldepflichten festgeschrieben, die die nahezu lückenlose Mitteilung des jeweiligen Aufenthaltsortes gebieten. Dass diese Meldepflichten von den Sportvereinigungen und Veranstaltern – aus innerer Überzeugung oder unter Druck von außen – zunehmend ernst genommen werden, belegen die Anfang des Jahres 2007 geführten Diskussionen um die Führungsspitze der NADA ebenso wie der Ausschluss des Dänen Michael Rasmussen von der Tour de France 2007. Anfang März entließ das NADA-Kuratorium den bisherigen NADA-Geschäftsführer, Roland Augustin, nachdem die NADA es versäumt hatte, die zuständigen Fachverbände über eine Anzahl von 201 Dopingkontrollen zu unterrichten, die zunächst oder sogar endgültig an der Unauffindbarkeit der Athleten gescheitert waren.567 Kletterspezialist Rasmussen war – im gelben Trikot des Gesamtführenden fahrend – von der Tour 2007 ausgeschlossen worden, nachdem bekannt geworden war, dass er in den Monaten vorher mehrfach gegen die Aufenthaltsmeldepflicht verstoßen und nicht wie angegeben in Mexiko, sondern in den Dolomiten trainiert hatte.568 Im NADA-Code finden sich zur Aufenthaltsmeldepflicht der Athleten folgende Bestimmungen: Nach Art. 6.1.1 NADA-Code haben die Athleten des nationalen Testpools der NADA genaue und aktuelle Angaben zum Aufenthaltsort und zur Erreichbarkeit zu machen. Konkret sind die Wohnsitzmeldungen und Änderungen der Wohnanschrift, bei mehreren Wohnsitzen der gewöhnliche Aufenthaltsort, die Rahmentrainingspläne mit den Angaben zu Ort und Zeit des Trainings und Orte und Zeiten von Wettkämpfen und Trainingslagern mitzuteilen sowie An- und Abmeldun564

Vgl. FAZ v. 10.10.07, S. 30. Zwar wurde Ekaterini Thanou infolge der nachträglichen Disqualifikation von Marion Jones zur Olympiasiegerin erklärt, erhielt jedoch wegen ihrer Flucht vor den Dopingkontrolleuren während der Olympischen Spiele 2004 in Athen nicht die zurückgegebene Goldmedaille, vgl. die Meldung auf der Website des DLV v. 09.12.09, abrufbar unter http://www.deutscher-leichtathletik-verband.de/index.php?NavID=1&SiteID= 28&NewsID=25644&IsArchi ve=1. 566 Vgl. FAZ v. 20.11.02, S. 34. 567 Vgl. FAZ v. 07.03.07, S. 31, u. v. 09.03.07, S. 36, u. v. 04.06.07, S. 20. 568 Vgl. FAZ v. 27.07.07, S. 1. 565

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

gen bei Verlassen des gewöhnlichen Aufenthaltsortes durchzuführen und Angaben zur telefonischen Erreichbarkeit während der Abwesenheit vom gewöhnlichen Aufenthaltsort zu machen. Vom Ziel der Meldepflichten her formuliert, gibt Art. 6.1.1 Abs. 3 NADA-Code den Athleten des nationalen Testpools auf, durch die Abmeldungen sicherzustellen, dass sie zu jeder Zeit entsprechend den Vorgaben des NADA-Codes durch die Dopingkontrolleure der NADA oder anderer Organisationen kontrolliert werden können. Bezüglich der nicht in den nationalen Testpool aufgenommenen Athleten beschränken sich die Meldepflichten gemäß Art. 6.1.2 NADA-Code auf die Bekanntgabe der Wohnsitze und eventueller Änderungen der Wohnanschriften, des gewöhnlichen Aufenthalts bei mehreren Wohnsitzen, der Rahmentrainingspläne mit Ort und Zeit des Trainings, der Ort und Zeit von Wettkämpfen und Trainingslagern und der telefonischen Erreichbarkeit bei Verlassen des gewöhnlichen Aufenthaltsortes sowie die An- und Abmeldung bei Verlassen des gewöhnlichen Aufenthaltsortes für einen Zeitraum von mehr als 72 Stunden. Athleten, die weder im nationalen Testpool erfasst sind noch einem Kader zugehören, unterliegen keinerlei Meldepflichten (Art. 6.1.3 NADA-Code). Sind Mannschaftssportler im nationalen Testpool erfasst, haben sie gemäß Art. 6.1.4 „in Abweichung von den in den Ziffern 6.1.1 und 6.1.2 niedergelegten Meldepflichten“ Ort und Zeit des Trainings sowie Ort und Zeit von Spielansetzungen und Trainingslagern mitzuteilen, gegebenenfalls ihre Abwesenheit von den vorgenannten Terminen zu melden und zu begründen und eine Kontakttelefonnummer und Kontaktperson bekanntzugeben, über die sie erreichbar sind. Während des Ruhens des Liga-Betriebs sind Ort und Zeit von Freundschaftsspielen bzw. anderen Spielansetzungen, Ort und Zeit von Trainingslagern, die Abwesenheit bei den vorgenannten Terminen mit Begründung sowie eine Kontakttelefonnummer und Kontaktperson mitzuteilen, über die sie erreichbar sind. Spieler, die kein Mitglied des nationalen Testpools sind, haben Ort und Zeit von Trainingslagern, eine Kontakttelefonnummer sowie ggf. die Gründe für eine Nichtteilnahme an den Trainingslagern mitzuteilen (Art. 6.1.4 Abs. 3 NADACode). Art. 6.1.4 Abs. 4 NADA-Code gibt vor, dass jede Mannschaft einen Ansprechpartner benennen muss, der für die Mitteilung der nach Art. 6.1.4 zu meldenden Daten Sorge zu tragen hat. Nach Art. 6.1.5 NADA-Code haben die nationalen Fachverbände der NADA „alle erforderlichen Informationen zu den Wettkämpfen sowie eine Übersicht der zentralen Trainingsmaßnahmen unverzüglich nach Festlegung der Termine zur Verfügung zu stellen“. Gemäß Art. 2.4 NADA-Code stellt der Verstoß gegen die Vorschriften des NADA-Code oder andere anwendbare Vorschriften zur Verfügbarkeit des Athle-

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ten für Trainingskontrollen einschließlich versäumter Kontrollen und des Versäumnisses, die erforderlichen Angaben zum Aufenthaltsort und zur Erreichbarkeit gem. Art. 6 NADA-Code zu machen, einen Dopingverstoß i. S. d. Reglements dar, der entsprechend den Vorgaben des Art. 11.5.3 NADA-Code beim ersten Mal mit einer Verwarnung und im Wiederholungsfall mit einer Sperre geahndet wird. Während der Zeit einer Suspendierung oder Sperre bleiben die Athleten den Meldepflichten gemäß Art. 6 NADA-Code unterworfen, wobei nicht kaderzugehörige Sportler so behandelt werden, als würden sie einem Kader angehören (Art. 11.11 NADA-Code). Der NADA-Jahresbericht für 2007 meldete bei 4.871 durchgeführten Out-ofcompetition-Tests 382 Fälle von „nicht erfolgreichen Kontrollversuchen“, von denen letztlich 92 eine Verwarnung der betroffenen Athleten nach sich zogen.569 Im Jahr 2008 resultierten aus ca. 8.000 Out-of-competition-Tests 491 Meldungen, die bis zum Redaktionsschluss des Jahresberichts 2008 zu 254 Ahndungen bei 98 noch schwebenden Fällen führten.570 Gemäß dem Reglement des NADA-/ WADA-Codes 2009 wurden 9.040 Kontrollen durchgeführt und hierbei 350 Fälle als Meldepflicht- oder Kontrollversäumnis sanktioniert.571 1. Vereinbarkeit der Erhebung der Aufenthaltsdaten mit den Vorgaben des BDSG a) Anwendbarkeit des BDSG (§§ 1 II–V, 27, 45 BDSG) Wie bereits an anderer Stelle572 dargestellt, richtet sich die Anwendbarkeit des BDSG nach den §§ 1 II, 27 BDSG: Die Erhebung und Verwendung der Informationen über den aktuellen Aufenthalt der Athleten spielt sich ausschließlich unter der Ägide der Vereine und Verbände unter Einschaltung der NADA und der mit der Durchführung der Dopingkontrollen beauftragten privaten Kontrollunternehmen ab, so dass einzig und allein nicht-öffentliche Stellen i. S. d. § 1 II Nr. 3 BDSG mit der Verwendung der Aufenthaltsdaten befasst sind. Bei den abgefragten Aufenthaltsdaten über Wohnsitz, aktuellen Aufenthaltsort sowie Orte und Zeiten des Trainings, der Wettkämpfe oder Spiele und der Trainingslager handelt es sich ebenso wie bei der Mitteilung des Verlassens und der Rückkehr an den gewöhnlichen Aufenthaltsort, der Abwesenheit bei Spielen und Trainingslagern und der Begründung hierfür sowie der Bekanntgabe einer Tele569 570 571 572

NADA-Jahresbericht 2007, S. 11. NADA-Jahresbericht 2008, S. 7, 13. NADA-Jahrbuch 2009, S. 52, 46. Vgl. oben B.II.1.a)bb).

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fonnummer und einer Kontaktperson um Informationen, die sich auf den betroffenen Sportler als bestimmte einzelne Person beziehen, und somit um Einzelangaben i. S. d. § 3 I BDSG. Der jeweilige und der dauernde Aufenthalt eines Menschen zählen zu seinen persönlichen und sachlichen Verhältnissen, so dass die Voraussetzungen für die Einordnung der Aufenthaltsdaten als personenbezogene Daten i. S. d. § 3 I BDSG erfüllt sind.573 Diese Daten werden zunächst bei den Athleten erhoben (§ 3 III BDSG), indem diese in Befolgung der ihnen durch die Regelwerke der Vereine und Verbände auferlegten Informationspflichten die eingeforderten Informationen gegenüber der NADA oder gegenüber den Verbänden offenbaren. Die eingeholten Informationen werden nachfolgend verarbeitet, indem sie in Papierform oder auch durch die Eingabe in Computer gespeichert werden (§ 3 IV BDSG). Werden die Daten – etwa durch den Mannschaftsvertreter gemäß Art. 6.1.4 Abs. 4 NADA-Code – aus der Sphäre der Verbände an die NADA weitergeleitet, erfüllt diese Weiterleitung den in § 3 IV BDSG näher definierten Tatbestand der Datenübermittlung. Die Wertung als Datenübermittlung scheitert insbesondere nicht an der Einordnung der NADA als „Dritter“ i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 3 BDSG: Zwar regelt § 3 VIII 3 BDSG, dass ein inländischer Auftragsverarbeiter (§ 11 BDSG) als Adressat seitens des Auftraggebers weitergeleiteter Daten nicht als Dritter i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 3 BDSG anzusehen ist. Die NADA wird jedoch im Zuge ihrer Tätigkeit als Dopingkontrollstelle nicht als Auftragsverarbeiter für die Vereine und Verbände tätig. In Abgrenzung zur sogenannten Funktionsübertragung, bei der der Auftragnehmer Datenverwendungen gegebenenfalls als selber verantwortliche Stelle durchführt, ist die Auftragsverarbeitung dadurch gekennzeichnet, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung lediglich in ihrer „Hilfsfunktion“ für die Erfüllung der Aufgaben und Geschäftszwecke der verantwortlichen Stelle ausgelagert wird. Demgegenüber ist der Auftragnehmer nicht mehr Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG, wenn die den Verarbeitungsvorgängen zugrunde liegenden Aufgaben oder Geschäftszwecke ganz oder teilweise mitabgegeben werden und er insbesondere über die technische Durchführung der Verarbeitung hinaus materielle vertragliche Leistungen mit Hilfe der überlassenen Daten erbringt.574 Letzteres ist hinsichtlich der Tätigkeit der NADA im Rahmen des Dopingkontrollsystems der Fall, da sie über die bloße Verarbeitung der Athletendaten für die Verbände hinaus selbständig über die Ansetzung von Dopingkontrollen entscheidet (Art. 7.3 NADA-Code) und diese im Folgenden auch selbständig durchführt (Art. 7.2 NADA-Code). Spätestens im Moment der Sammlung der Meldeformulare bei den zuständigen Stellen innerhalb der Verbandsorganisation gelangt eine nicht automatisierte Datei zur Entstehung. Es ist zudem davon auszugehen, dass die Speicherung so573 574

Vgl. P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 3. S. Walz, in: Simitis, BDSG, § 11 Rn. 17.

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dann unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen und somit in Form der automatisierten Datenverarbeitung erfolgt. Auf die vorstehend geschilderten Datenverwendungsvorgänge finden deshalb gemäß § 1 II Nr. 3 BDSG die Bestimmungen des dritten Abschnitts des BDSG nach Maßgabe des § 27 BDSG Anwendung, darüber hinaus die Bußgeld- und Strafvorschriften der §§ 43, 44 BDSG, soweit sie sich auf Bestimmungen des dritten Abschnitts beziehen, und selbstverständlich die Überleitungsvorschrift des § 45 BDSG. b) Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß BDSG aa) Gestattungstatbestand: Einwilligung oder gesetzliche Erlaubnis/Anordnung Mit Blick auf § 4 I BDSG ist erneut zu prüfen, ob die Datenverwendung durch eine Rechtsvorschrift gestattet wird oder eine wirksame Zustimmung der Athleten vorliegt. Während § 29 BDSG wiederum nicht zur Rechtfertigung der Datenverwendung herangezogen werden kann, da auch die Verwendung der Aufenthaltsdaten nicht „geschäftmäßig zum Zwecke der Übermittlung“ geschieht,575 kommt einmal mehr § 28 BDSG als Gestattungsnorm in Betracht, und zwar unter den in § 27 BDSG genannten Voraussetzungen576 auch für die Verwendung von Daten außerhalb von nicht-automatisierten Dateien. Die Abfrage der Aufenthaltsdaten und ihr Festhalten in Akten und elektronischen Datenverarbeitungsanlagen der Vereine stellt eine Datenerhebung bzw. Datenspeicherung i. S. d. § 28 I BDSG dar. Die spätere Verwendung der Daten zur Durchführung von Dopingkontrollen ist als Datennutzung i. S. d. § 28 I BDSG anzusehen. Diese Datennutzung erfolgt im Rahmen der Verfolgung der Vereinszwecke, ohne dass damit eigenständige geschäftliche Interessen verbunden wären, und somit „als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke“.577 Die Datenverwendung ist daher gemäß § 28 I BDSG gerechtfertigt, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen von dessen Nummern 1, 2 oder 3 erfüllt sind: (1) § 28 I 1 Nr. 1 BDSG Gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG muss die Datenverwendung für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich sein. Im Falle 575 576 577

Zur Unanwendbarkeit des § 29 BDSG vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(b). Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1). Zu den Begriffen siehe oben B.II.1.b)aa)(1).

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des nicht vereinsangehörigen Athleten stellt der Wettkampfvertrag, auf dessen Basis der Sportler mit den Meldepflichten konfrontiert wird, das von § 28 I 1 Nr. 1 geforderte Schuldverhältnis dar, das Mitgliedschaftsverhältnis des vereinsangehörigen Athleten ist als rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 anzusehen.578 Zur Durchführung eines Schuldverhältnisses sind Datenverwendungen jedenfalls insoweit erforderlich, als sie zur Realisierung der Zwecke des Schuldverhälnisses notwendig sind. Dass die Förderung des Sportbetriebs der Verbände und Veranstalter und die Förderung der sportlichen Betätigung des Athleten als wesentliche Zweckbestimmung des Mitgliedschaftsverhältnisses bzw. des Wettkampfvertrages zu qualifizieren sind, ergibt sich aus den Satzungen der Verbände.579 Die Einordnung des Zweckes „Dopingfreiheit“, dessen Verfolgung die Verwendung der Aufenthaltsdaten dient, als i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG beachtlicher Zweck liegt demgegenüber zwar nicht mehr ohne weiteres auf der Hand, nachdem die Verfolgung des Hauptzwecks der Verbände und Veranstalter – die Förderung von Turnen und Sport – durchaus auch ohne die Auflage des Dopingverbots als möglich erschiene. Allerdings wird der Begriff der Zweckbestimmung bis dato von der h. M. insofern weit gefasst, als eine Datenverwendung dann der Zweckbestimmung eines Vertrages dienlich sein soll, wenn sie „zur Erfüllung der Pflichten oder zur Wahrnehmung der Rechte aus dem Vertrag“ erforderlich ist.580 Es reicht daher für die Anwendbarkeit des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG aus, dass sich in der Rechtsbeziehung zwischen den Sportlern und den Verbänden oder Veranstaltern ein Dopingverbot findet. Hinsichtlich der Kriterien für die Annahme der von § 28 I 1 Nr. 1 BDSG geforderten Erforderlichkeit der Datenverwendung für die Durchführung kann auf die zum BDSG 2001 entwickelten Voraussetzungen für die Annahme der Dienlichkeit zurückgegriffen werden. Die Erforderlichkeit ist somit nach zutreffender Ansicht dann gegeben, wenn die Datenverwendung zur Erreichung des Zweckes geeignet und erforderlich ist und sich darüber hinaus als angemessenes Mittel zur Erreichung des Zweckes darstellt.581 (a) Geeignetheit der Aufenthaltsmeldepflichten An der Geeignetheit der Aufenthaltsmeldepflichten zur Förderung des Zweckes „Dopingfreiheit“ bestehen im Grundsatz keine Zweifel, liegt es doch auf der Hand, dass die möglichst lückenlose Kenntnis vom Aufenthaltsort der Athleten überhaupt erst die Möglichkeit eröffnet, jederzeit eine Dopingkontrolle durchzu578 579 580 581

Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(a). Vgl. oben D.I.1.a). So zum BDSG 2001 Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 4.1. Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(a).

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führen und hierdurch das Dopingrisiko für die Athleten unkalkulierbar zu machen. Im Einzelnen erscheint die Kenntnis von Wohnsitz(en) und Wohnanschrift deshalb als hilfreich, da im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass sich der Sportler zumindest zeitweise an seinem Wohnsitz bzw. an seinem Wohnort aufhält. Gleiches gilt für die Information über den gewöhnlichen Aufenthaltsort und über Zeiten und Orte des Trainings, von Trainingslagern und Wettkämpfen, an denen der Athlet teilnimmt. Ebenso sind An- und Abmeldungen im Falle der Abwesenheit vom gewöhnlichen Aufenthaltsort hilfreich, da sie vergebliche Kontrollversuche der Verbände verhindern. Die Angaben über die telefonische Erreichbarkeit und die Benennung einer Kontaktperson tragen dadurch zur lückenlosen Verfügbarkeit der Sportler bei, dass sie den Verbänden die Kontaktaufnahme zu Dopingkontrollzwecken auch in den Zeiträumen der Abwesenheit vom gewöhnlichen oder gemeldeten Aufenthaltsort ermöglichen. Die vom NADA-Code für die Erreichbarkeit von Mannschaftssportlern gewählte Systematik, nach der Trainingsorte und -zeiten sowie die Zeiten von Trainingslagern und Spielansetzungen zu melden sind und die Sportler gegebenenfalls ihre Abwesenheit mitzuteilen haben, sichert die Erreichbarkeit in der Weise, dass die Verbände beim Fehlen einer Abwesenheitsanzeige von der Anwesenheit der Athleten zur angegebenen Zeit am angegebenen Ort ausgehen können. Die Benennung einer Kontaktperson (Art. 6.1.4 Abs. 4 NADA-Code) erscheint aus der Sicht der Verbände und der NADA insofern hilfreich, als hierdurch die Verantwortlichkeit für die Meldung der Trainings- und Spielzeiten und -orte klarer geregelt wird, so dass zuverlässiger mit der Meldung gerechnet werden kann. Nicht ersichtlich ist allerdings, inwiefern die von Art. 6.1.4 NADA-Code geforderte Begründung der Nichtteilnahme an Trainingslagern für die Durchführung von Dopingkontrollen hilfreich sein soll. Hiernach ist die unter Punkt 3 der Absätze 1 und 2 und im Absatz 3 der Regelung festgelegte Verpflichtung zur Begründung eventueller Abwesenheiten mangels Geeignetheit nicht erforderlich i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG und wird daher nicht durch die Vorschrift gerechtfertigt. (b) Erforderlichkeit der Aufenthaltsmeldepflichten Auch hinsichtlich der Erforderlichkeit (im engeren Sinne) der Meldepflichten für die Erreichung des Zweckes „Dopingfreiheit“ bestehen im Grundsatz keine Bedenken, da erstens im Sinne einer lückenlosen Strafdrohung auf die weitestgehend vollständige Kenntnis vom Aufenthaltsort der Athleten nicht verzichtet werden kann und zweitens auch kein milderes Mittel als die Meldepflicht erkennbar wäre, um diese Kenntnis zu gewährleisten.582 582 So auch T. Giesen, Gutachten zur Stellungnahme 3/2008 der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“, S. 9.

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Die Meldepflichten können insbesondere auch nicht dadurch entbehrlich gemacht werden, dass die Sportler nicht mehr zur Meldung ihrer Aufenthaltsorte, sondern lediglich noch zur Gewährleistung ihrer dauernden Erreichbarkeit per Telefon oder auf andere Weise verpflichtet werden. Diese mit Blick auf die Möglichkeiten der Mobiltelefonie naheliegend erscheinende Änderung des Meldesystems würde zu einem schwerwiegenden Qualitätsverlust der Kontrollen führen. Selbst wenn sich die Athleten im Moment des Anrufs der Dopingkontrolleure nicht gerade an entlegenen Orten dieser Erde aufhielten, resultierte aus den unterschiedlichen Aufenthaltsorten der Kontrolleure und der Athleten in jedem Fall eine zeitliche Lücke zwischen Anruf und Durchführung der Kontrolle. Da die Kontrolleure nicht bereits bei der Benachrichtigung von der bevorstehenden Dopingkontrolle mit den Sportlern zusammentreffen würden, wäre eine Beaufsichtigung der Athleten ab dem Moment der Kenntnis von der Dopingkontrolle nicht möglich. Durch die Nichteinhaltung des Chaperon-Systems würde den Probanden die Möglichkeit eröffnet, die Palette der kurzfristig präparierbaren Manipulationen auszuschöpfen, so dass die Manipulationsgefahr erheblich gesteigert würde. Zudem bestünden Bedenken dagegen, einen Athleten den harten Sanktionen eines Dopingverstoßes bis hin zum Berufsverbot auszusetzen, der möglicherweise tatsächlich einfach nur vergessen hat, sein Handy einzuschalten.583 Als weitere Alternative zur Meldung der Aufenthaltsorte der Sportler ist deren jederzeitige Ortung über ihr Handy einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Erste Bedingung für die Ersetzung der Meldepflichten durch die Handyortung wäre, dass nicht nur ein Ortungssystem zur Verfügung stünde, das tatsächlich die jederzeitige Lokalisierung der Athleten ermöglicht, sondern zudem der Zugang zu diesem System den Verbänden unter angemessenen Bedingungen eröffnet wäre. Die Ersetzung des Meldesystems durch ein Ortungssystem wäre hiernach keine taugliche Alternative, wenn die Ortung nicht mit einer hinreichenden Genauigkeit möglich wäre.584 Ungenauigkeiten von 50 bis 150 Metern würden in der Großstadt bedeuten, dass der ausgewählte Sportler nicht ohne zusätzliche vorherige Kontaktaufnahme ausfindig gemacht werden könnte. Da zur Ortung die Verbindung mit mehr als nur einem Mobilfunkmast erforderlich ist, könnte sich der Athlet zudem ohne Verstoß gegen die Pflicht zur Handyerreichbarkeit an Orten aufhalten, an denen er nicht lokalisiert werden könnte. Gegebenenfalls wäre sodann auch der finanzielle Aufwand für den Einsatz eines solchen Sys-

583 Die Abschaltung seines Mobiltelefons wurde etwa seitens des für Manchester United spielenden Fußballprofis Rio Ferdinand als Entschuldigung für die Versäumung eines Dopingtests angeführt, vgl. FAZ v. 06.03.04, S. 36. 584 P. Gola/G. Wronka, Handbuch zum Arbeitnehmerdatenschutz, Rn. 893, gehen davon aus, dass bei guter Positionierung der Funkmasten auf ca. 100 Meter genau geortet werden kann.

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tems in die Betrachtung mit einzubeziehen. Resultierte aus den Kosten der Handyortung im Vergleich mit dem Aufenthaltsmeldesystem eine Mehrbelastung der Verbände, wäre ab einer Höhe dieser Mehrbelastung, die zu einer hinreichend schwerwiegenden Beeinträchtigung des Dopingkontrollsystems führte, allein deswegen ein überwiegendes Interesse an der Beibehaltung des herkömmlichen Meldesystems anzunehmen. Des Weiteren müsste berücksichtigt werden, dass der Verzicht auf Aufenthaltsmeldungen zugunsten der Handyortung erhebliche Nachteile für die Planbarkeit und die wirtschaftliche Durchführung der Kontrollen mit sich bringen würde. Die Reise der Kontrolleure zu den Athleten könnte nicht mehr im Vorhinein geplant werden, da erst nach der Ortung der Sportler der aufzusuchende Ort bekannt wäre. Dies hätte insbesondere zur Konsequenz, dass die Erzielung von Effektivitätsvorteilen durch eine intelligente Vorplanung der Kontrollen, etwa durch die Bündelung von Kontrollen mehrer Athleten mit identischem gemeldeten Aufenthaltsort, nicht mehr möglich wäre. Zudem bestünde nach der Ermittlung des Aufenthaltsortes weiterhin die Gefahr, dass der Auserwählte sich zu einer spontanen Ortsveränderung entschließt und beim Eintreffen der Kontrolleure nicht mehr vor Ort wäre. Käme die Handyortung unter technischen, Durchführbarkeits- und Kostengesichtspunkten als Ersatz für die Aufenthaltsmeldungen in Betracht, wäre sie auch nur dann das mildere Mittel, wenn effektive Vorkehrungen gegen einen Missbrauch der Ortungsmöglichkeit getroffen würden. Sollten wirkungsvolle Vorkehrungen nicht möglich sein, wäre der mit der Handyortung bewirkte Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler noch deutlich intensiver als im Fall der Beibehaltung des herkömmlichen Meldesystems. An diesem Punkt ist zu berücksichtigen, dass ein technisch funktionierendes Ortungssystem die letzten Lücken in der Überwachung schließen würde, die den Athleten unter dem Aufenthaltsmeldesystem noch bleiben. Die Ersparnis von Unbequemlichkeiten in der täglichen Lebensführung würde durch eine viel schwerer wiegende Gefährdung des informationellen Selbstbestimmungsrechts erkauft, welche die Möglichkeit zur jederzeitigen Ortung der Athleten darstellen würde. Aus den Reihen der Athleten ist verschiedentlich der Vorschlag laut geworden, es könnte ihnen ein GPS-Ortungschip eingepflanzt werden, der die Aufenthaltsmeldungen entbehrlich mache.585 Wenn auch die Ortung per GPS-Chip präziser möglich ist als die Ortsbestimmung per Handyortung,586 würden die weiteren, soeben angesprochenen Nachteile allerdings gleichermaßen die Eignung eines Chip-Ortungssystems verhindern. Ebenso würde das Fehlen eines effektiven 585 Entsprechende Überlegungen wurden etwa vom schwedischen Hochsprungolympiasieger Stefan Holm, von der schwedischen Olympiasiegerin im Siebenkampf, Carolina Klüft, oder auch von der deutschen Speerwurfvizeweltmeisterin Christina Obergföll geäußert, vgl. die Meldung in den DLV-News vom 21.12.07, abrufbar unter www. leichtathletik.de/index.php?NavID=1&SiteID=28&NewsID=15518&IsArchive=1. 586 Vgl. P. Gola/G. Wronka, Handbuch zum Arbeitnehmerdatenschutz, Rn. 893, 903.

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Schutzes des Ortungssystems vor Missbrauch auch die Qualifizierung des ChipOrtungssystems als milderes Mittel verhindern.587 Sollte tatsächlich ein technisches System für die Ortung zur Verfügung stehen, das eine hinreichend genaue Ortung mit zumutbarem Aufwand erlauben würde, wäre den Verbänden folgendes Vorgehen zu empfehlen: Mit Blick auf die Befugnis der Sportler zur subjektiven Bestimmung der Schutzbereichsgrenzen ihres Persönlichkeitsrechts und die Möglichkeit, dass einzelne Athleten zur Vermeidung der Unannehmlichkeiten des Meldesystems mit der Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts durch die jederzeitige Ortbarkeit einverstanden sein könnten, müssten sie den Sportlern zur Wahl stellen, den herkömmlichen Aufenthaltsmeldepflichten nachzukommen oder stattdessen die Installation eines Ortungschips an oder in ihrem Köper zu akzeptieren. Die Kontrollsicherheit wäre allerdings auch in diesem Fall nur dann gegeben, wenn die eigenmächtige Entfernung des Ortungsgeräts entweder schon nicht möglich oder im Regelwerk ihrerseits als Dopingverstoß unter Strafe gestellt würde. Ist hiernach im Grundsätzlichen von der Erforderlichkeit der Meldepflichten auszugehen, erscheinen allerdings die Detailregelungen des NADA-Codes zu den Meldepflichten nicht durchweg als das mildeste Mittel zur Gewährleistung der lückenlosen Erreichbarkeit der Sportler: Erstens ist nicht ersichtlich, inwiefern die Kenntnis des oder der Wohnsitze der Sportler für die NADA und die Verbände notwendig sein soll. Die Benennung eines Ortes als Wohnsitz oder als Wohnung sagt nicht unmittelbar etwas darüber aus, inwieweit der Betroffene dort auch tatsächlich erreichbar ist. Anders als die bloße Mitteilung des Ortes und der Anschrift des jeweiligen Aufenthalts vermittelt sie jedoch zusätzlich eine Information über die rechtlichen Verhältnisse der Athleten, indem sie offenkundig macht, dass es sich bei dem angegebenen Ort um einen Wohnsitz oder eine Wohnung des Betroffenen handelt. Mit Blick auf den Zweck der Meldepflicht, der dahin geht, dass die fortwährende Erreichbarkeit der Athleten gewährleistet sein soll, ist jedoch nicht die Kenntnis von dem Ort entscheidend, an dem ein Sportler seine Wohnung nimmt, sondern einzig und allein die Kenntnis seines jeweiligen aktuellen Aufenthaltsortes. Auf die Abfrage von Wohnsitz und Wohnort muss daher im Zusammenhang mit der Informationsbeschaffung zur Ermöglichung überraschender Dopingkontrollen verzichtet werden. Für die Kenntnis der NADA und der Verbände von den Rahmentrainingsplänen und von Zeiten und Orten der vom Sportler besuchten Trainingslager ist wiederum unter dem Aspekt der Durchführung überraschender Kontrollen keine 587 Nach P. Gola/G. Wronka, Handbuch zum Arbeitnehmerdatenschutz, Rn. 909, setzt die Zulässigkeit eines Ortungssystems im Arbeitsverhältnis voraus, dass neben den auf das Arbeitsverhältnis bezogenen Daten keine Daten über die privaten Aktivitäten des Arbeitnehmers gesammelt werden.

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Notwendigkeit erkennbar. Auch für die Trainingszeiträume der Athleten gilt, dass essentielle Voraussetzung für die Durchführung unangekündigter Kontrollen einzig und allein die Kenntnis vom Aufenthaltsort der Sportler ist, während es der Kenntnis vom Grund des Aufenthalts am angegebenen Ort zur angegebenen Zeit hierfür nicht bedarf. Der Umfang der abgefragten Informationen ist daher auf die Meldung des jeweiligen Aufenthaltsortes zu beschränken. Zwar kann das Wissen um den Grund des Aufenthalts in besonderen Fällen hilfreich sein, vergebliche Kontrollversuche zu vermeiden, wenn etwa während der Hochzeitszeremonie, während der Kindsgeburt oder in vergleichbaren Fällen ein überwiegendes Interesse des Athleten an der Unterlassung der Kontrolle in Betracht kommt. Da aber gerade in diesen Situationen oftmals ein erhöhter Persönlichkeitsbezug gegeben sein wird, der ein besonderes Geheimhaltungsinteresse begründet, können die Sportler zu entsprechenden Angaben nicht gezwungen werden. Selbstverständlich bleibt es den Verbänden unbenommen, derartige Informationen als freiwillige Angaben weiterhin abzufragen. Die Abfrage als Pflichtangaben scheitert jedoch an der fehlenden Erforderlichkeit oder der mangelnden Verhältnismäßigkeit des damit verbundenen Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht.588 Mit Blick auf die fehlende Notwendigkeit der Kenntnis von den Trainingsaktivitäten widerspricht auch das für Mannschaftssportler vorgegebene Kontrollsystem dem Erforderlichkeitsgrundsatz, das nicht lediglich die Meldung derjenigen Trainingsveranstaltungen gebietet, an denen die Athleten teilnehmen, sondern die Mitteilung sämtlicher Veranstaltungen und sodann die Korrektur dieser Meldung durch Negativmeldungen bezüglich derjenigen, von denen die Athleten fernzubleiben beabsichtigen. Auch insoweit ist der Weg über die positive Meldung der geplanten Aufenthaltsorte und -zeiten ohne Information über den Grund des jeweiligen Aufenthalts als milderes Mittel zu bevorzugen, da hierdurch die überflüssige Information über die Trainingsumstände der Sportler vermieden wird. Im Unterschied zu den Trainingsdaten erscheint die Abfrage der Wettkämpfe, an denen die Athleten teilnehmen, als erforderlich und auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Erforderlichkeit der Informationsbeschaffung ergibt sich aus dem Umstand, dass die NADA für die Vornahme der Trainingskontrollen, jedoch nicht ohne weiteres auch für die Durchführung der Wettkampfkontrollen zuständig ist. Um sicherzustellen, dass die Kontrolleure der NADA die Sportler nicht bei Wettkämpfen antreffen und aus diesem Grund unverrichteter Dinge wieder abreisen müssen, bedarf es der Kenntnis von den Wettkämpfen, an denen die Athleten teilnehmen. Da es sich bei den Wettkämpfen gleichzeitig ohnehin um öffentliche Auftritte der Sportler handelt, besteht ihrerseits diesbezüglich im Re588 Zur umgekehrten Diskussion über den Verzicht auf die Individualmeldepflicht bei Mannschaftssportlern, für die Mannschafts-Whereabouts gemeldet werden, vgl. S. Schmidt/F. Hermonies, causa sport 2009, 339 ff.

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gelfall auch kein besonderes Geheimhaltungsinteresse, das zur Unbilligkeit oder zur Unangemessenheit der Informationspflicht führen würde. Die Pflicht zur Ab- und Anmeldung bei Verlassen und Rückkehr an den gemeldeten Aufenthaltsort erscheint sowohl bei Umsetzung des vom NADA-Code vorgegebenen Meldesystems als auch im Falle der Umstellung auf die bloße Meldung des jeweiligen Aufenthaltsortes im Grundsatz erforderlich. Das Meldesystem des NADA-Codes ist so strukturiert, dass der Athlet grundsätzlich am gemeldeten Wohnort oder während des Trainings oder eines Trainingslagers oder eines Wettkampfs an den hierfür mitgeteilten Orten erreichbar ist und dass er sich für die Zeiträume, in denen er sich nicht zur angegebenen Zeit an einem der vorgenannten Orte aufhält, gesondert ab- und auch wieder zurückzumelden hat. Hiernach ist die Pflicht zur Ab- und Wiederanmeldung notwendig, um die Verfügbarkeit während der Abwesenheit vom Wohn-, Trainings- oder Wettkampfort sicherzustellen. Geht man davon aus, dass die nach diesem System bestehende Pflicht der Sportler zur Mitteilung überflüssiger Informationen über Wohnungen und Wohnsitze und über Trainingsgewohnheiten nicht die Unverhältnismäßigkeit der Meldebestimmungen begründet, bestehen Bedenken gegen die Erforderlichkeit der erläuterten Melderegelungen lediglich im Hinblick auf die folgenden Details: Zum einen greift die Pflicht zur Abmeldung für die Mitglieder des Nationalen Testpools dem Wortlaut des Art. 6.1.1 NADA-Code zufolge immer bei Verlassen des gewöhnlichen Aufenthaltsortes, also auch dann, wenn der Athlet sich plangemäß zur mitgeteilten Zeit an den mitgeteilten Ort des Trainings, eines Trainingslagers oder eines Wettkampfes begibt. Da die Erreichbarkeit des Sportlers in diesen Fällen bereits aufgrund der abgegebenen Meldung gegeben ist, ist jedoch ein Grund für eine nochmalige, gesonderte Abmeldung nicht ersichtlich. Die hieraus resultierende, übermäßig weite Ausdehnung der Abmeldepflicht wird auch nicht durch die Ziff. 2 und 3 der Missed-Test-Policy-Regeln der NADA entschärft. Zwar legt Ziff. 2 fest, dass ein Dopingverstoß im Zusammenhang mit der Verletzung der Abmeldepflichten nur dann gegeben sein soll, wenn der Sportler „unter Verstoß gegen die ihm obliegende 24-h- bzw. 72-h-Abmeldepflicht“ nicht für eine unangekündigte Trainingskontrolle erreichbar ist. Der Verweis auf die 24-h- bzw. 72-h-Abmeldepflicht bezieht sich offenkundig auf Ziff. 3, die vorgibt, dass die Athleten des Nationalen Testpools zu einer Abwesenheitsanzeige verpflichtet sein sollen, wenn sie mehr als 24 Stunden vom gemeldeten besonderen Aufenthaltsort oder vom gewöhnlichen Aufenthaltsort abwesend sind [Ziff. 3 b) Abs. 6], während die Athleten des Allgemeinen Testpools ihre Abwesenheit vom gemeldeten bzw. gewöhnlichen Aufenthaltsort für einen Zeitraum von mehr als 72 Stunden anzuzeigen haben [Ziff. 3 c) Abs. 5]. Aus dem NADA-Code geht aber nicht hinreichend eindeutig hervor, dass die aufgeführten Bestimmungen eine Konkretisierung und Einschränkung der im Code

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selber begründeten Meldepflichten bedeuten sollen. Der NADA-Code äußert sich lediglich in Ziff. 2.3 Anh. 2 dahingehend zum Verhältnis zwischen NADA-Code und Missed-Test-Policy-Regeln, dass dort festgelegt wird, wann ein Athlet aufgrund eines Verstoßes gegen die Meldepflichten wegen eines „Missed Test“ nach Art. 2.4 NADA-Code sanktioniert wird. Die Regelung kann hiernach nur so verstanden werden, dass der Umfang der Meldepflichten gemäß den Bestimmungen des NADA-Codes unberührt bleiben und lediglich festgelegt werden soll, ab welcher Intensität eines eventuellen Verstoßes die Schwelle der Sanktionswürdigkeit überschritten sein soll. Die Einschränkung der Strafbarkeit eventueller Verstöße bedeutet aber keine Einschränkung des Pflichtenumfangs, so dass die Sportler dennoch weiterhin jede Abwesenheit vom gewöhnlichen Aufenthaltsort anzuzeigen haben, um nicht gegen Art. 6.1.1 NADA-Code zu verstoßen. Die Erforderlichkeit von Art. 6.1.4 NADA-Code i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG scheitert daher insoweit an der fehlenden Erforderlichkeit im engeren Sinne, als eine Pflicht zur gesonderten Abmeldung auch für Aufenthalte bei bereits gemeldeten Trainingsveranstaltungen und Wettkämpfen festgelegt ist. Zum anderen scheitert die Regelung für die Athleten des Nationalen Testpools zudem an ihrer fehlenden Bestimmtheit oder spätestens an ihrer Unverhältnismäßigkeit, weil keine Mindestabwesenheitsdauer vorgegeben ist, ab der eine gesonderte An- und Abmeldung verpflichtend sein soll. Wie soeben ausgeführt, legen die Ziff. 2 und 3 der Missed-Test-Policy-Regeln die zulässigen Abwesenheitsdauern nicht mit der notwendigen Bestimmtheit fest. Andererseits dürfte selbstverständlich sein, dass auch ein Testpoolmitglied sich nicht jedesmal abmelden muss, wenn es für eine Viertelstunde das Haus verlässt, um beispielsweise den Hund auszuführen. In diesen und vergleichbaren Fällen kann sich der Athlet hinreichend sicher sein, seine Meldepflichten gemäß NADA-Code nicht verletzt zu haben. Mit Blick auf den Hintergrund der Abmeldung, die die Unerreichbarkeit der Athleten während solcher Zeiträume verhindern soll, die für einen Abbau von Nachweiswerten unter die kontrollrelevante Schwelle ausreichen würden, ist demgegenüber bereits fraglich, wie es mit der Abmeldepflicht aussieht, wenn der Sportler halbtägig auf einer Wanderung, zum Shopping oder in anderen Angelegenheiten länger unterwegs ist. Wegen der schwerwiegenden Folgen, die mit einer Verletzung der Ab- und Anmeldepflicht verbunden sein können, und der unzumutbaren Beeinträchtigung der Lebensführung, die andererseits in der Pflicht zu Abmeldung während jeder Fünf-Minuten-Abwesenheit zu sehen wäre, sind diesbezügliche eindeutige Vorgaben auch für die Testpool-Athleten unerlässlich. Den Missed-Test-Policy-Regeln kann insoweit zusätzlich deshalb keine konkretisierende Wirkung zugemessen werden, da ihnen in der Verweisungsnorm der Ziff. 2.3 Anh. 2 NADA-Code lediglich die Funktion von Rechtsfolgenregelungen zugemessen wird, die nicht über den Pflichtenumfang als solchen, sondern darüber entscheiden, ab welcher Intensität des Verstoßes Pflichtverletzungen sanktioniert werden. Hinzu kommt, dass die Missed-Test-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Policy-Bestimmungen über die meldepflichtige Abwesenheitsdauer [Ziff. 3 b) Abs. 6 und Ziff. 3 c) Abs. 5] auch mit Art. 6.1.1 Abs. 3 NADA-Code nicht in Einklang zu bringen sind, demzufolge die Abwesenheitsanzeige nicht erst ab einer Abwesenheitsdauer von 24 Stunden, sondern schon immer dann verpflichtend ist, wenn andernfalls die jederzeitige Erreichbarkeit für Dopingkontrollen nicht gewährleistet ist. Selbst wenn die Missed-Test-Policy-Regeln nicht lediglich als Rechtsfolgenbestimmungen, sondern als für den Umfang der Meldepflichten relevante Regelungen anzusehen wären, müßte sich das Gesamtregelwerk hiernach deswegen den Vorwurf der mangelnden Bestimmtheit gefallen lassen, da seine Vorgaben aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit zur Verhaltenssteuerung der Sportler ungenügend wären. Folgt man der Auffassung, dass bereits die Bekanntgabe von Wohnsitz und Wohnort wie auch die Deklaration bestimmter Zeiten als Trainingszeiten und der entsprechenden Orte als Trainingsorte dem Erforderlichkeitsgrundsatz widerspricht und dass aus diesem Grund lediglich die Mitteilung der geplanten Aufenthaltsorte ohne nähere Erläuterung von den Athleten verlangt werden kann, gilt hinsichtlich der Notwendigkeit gesonderter Abmeldungen Folgendes: Eine gesonderte Mitteilung an die Verbände oder die NADA ist trotz der zuvor erfolgten Bekanntgabe der geplanten Aufenthaltsorte immer dann geboten, wenn sich die Planung des Sportlers nach Abgabe der Meldung ändert, ohne dass deshalb ein geänderter Aufenthaltsplan eingereicht werden muss. Die Abmeldepflicht in diesem Umfang trifft auch nicht auf Verhältnismäßigkeitsbedenken, da sie lediglich eine Korrektur der bereits mitgeteilten Aufenthaltsplanung bedeutet. Ebenso wie hinsichtlich der Abmeldepflicht der Testpool-Athleten stellt sich auch in diesen Fällen der Abweichung vom eingereichten Aufenthaltsplan die Frage, ab welcher Abwesenheitsdauer eine gesonderte Abmeldung verpflichtend sein soll. Für die Festlegung der ohne Abmeldung zulässigen Abwesenheitszeiträume sind folgende Überlegungen relevant: Die Kenntnis vom jeweiligen Aufenthaltsort der Athleten muss so lückenlos sein, dass Abwesenheitszeiträume vermieden werden, die zum Abbau der Nachweissubstanzen einer in ihrer Dosis relevanten Einnahme von Dopingmitteln unter die Nachweisgrenze ausreichend wären. Hierbei sind die konkreten Vorgaben für die verschiedenen Sportarten und Disziplinen gegebenenfalls insoweit unterschiedlich auszugestalten, als in den jeweiligen Sportarten unterschiedliche Dopingpraktiken zu verhindern sind, deren Nachweisbarkeitszeiträume sich voneinander unterscheiden. Es versteht sich von selber, dass der Druck, der durch die ständige Gefahr einer unangekündigten Trainingskontrolle auf die Sportler ausgeübt werden soll, nur dann hinreichend stark ist, wenn so wenig Dopingpraktiken wie möglich ohne Entdeckungsrisiko angewendet werden können. Hiernach hat sich die maximale Dauer nicht meldepflichtiger Bewegungen der Athleten an dem Zeitraum zu orientieren, nach dem das am schnellsten abgebaute in der jeweiligen Sportart verbotene Dopingmittel, von seiner Verwendung ab gerechnet, nicht mehr nachweisbar

VII. Verpflichtung zur Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes

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ist.589 Außer Betracht haben an dieser Stelle solche Dopingmittel zu bleiben, die zwar in der jeweiligen Sportart verboten sind, hinsichtlich derer jedoch feststeht, dass sie die sportartspezifisch erforderliche Leistungsfähigkeit nicht verbessern. Denn auch wenn man die Auffassung vertritt, dass es den Korporationen im Rahmen ihrer Zwecksetzungsfreiheit durchaus freisteht, um der kategorischen Reinheit des Sportes willen auch Dopingmittel zu verbieten, deren Einnahme in der betreffenden Sportart gar nicht sinnvoll wäre, stellte sich die Verkürzung der Freiräume, in denen die Athleten nicht der Aufenthaltsmeldepflicht unterliegen, dann nicht mehr als angemessen dar, wenn sie am Nachweisbarkeitszeitraum eines Dopingmittels orientiert ist, das wegen des Fehlens jeglicher sportartspezifischer Leistungsförderung mit großer Wahrscheinlichkeit ohnehin nicht von den Athleten verwendet wird. Die Rechte der Sportler beeinträchtigende Kontrollmaßnahmen stellen sich jedoch dann als unverhältnismäßig dar, wenn sie auf Missbrauchstatbestände abzielen, deren Auftreten aus sachlichen Gründen kaum zu erwarten ist. Die Abfrage von Angaben zur telefonischen Erreichbarkeit stößt für die Zeiträume der Abwesenheit vom jeweils gemeldeten Aufenthaltsort unter dem Aspekt der Erforderlichkeit auf keine Bedenken: Um die Verfügbarkeit der Sportler auch während derjenigen Zeiträume sicherzustellen, während derer sie sich nicht direkt am Ort der als aktuellen Aufenthalt angegebenen Adresse aufhalten, erweist sich der Einsatz zusätzlicher Kommunikationsmittel als unerlässlich. Um flexibel reagieren und den weiteren Verlauf der Kontrolle auf die jeweilige Situation abstimmen zu können, ist das Telefon aufgrund der Möglichkeit zum beiderseitigen Sprechen und Hören und seiner nahezu flächendeckenden Verbreitung am besten geeignet. Nicht erkennbar ist allerdings, aus welchem Grund bei Mannschaftssportlern die Mitteilung der telefonischen Erreichbarkeit auch während derjenigen Zeiträume erforderlich sein soll, während derer sie sich an den ohnehin bereits mitgeteilten Orten aufhalten. Eine telefonische Kontaktaufnahme durch die Kontrolleure mit den Athleten ist in diesem Fall nicht angezeigt, da sie die Vorbereitung kurzfristiger Manipulationsmaßnahmen begünstigen würde. Vielmehr gebietet es die konsequente Durchführung des Chaperon-Systems, das die lückenlose Beaufsichtigung des Athleten ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von der bevorstehenden Dopingkontrolle vorsieht, jede Ankündigung vor dem Zusammentreffen des Kontrolleurs mit dem Athleten zu unterlassen. Ebensowenig ist ersichtlich, weshalb im Falle von Mannschaftssportlern zusätzlich zur Kontakttelefonnummer auch noch die Angabe einer Kontaktperson erforderlich sein sollte. Da Trainingskontrollen nicht mannschaftsbezogen, son589 Gemäß Erläuterung von Prof. Dr. W. Schänzer vom 02.07.2010 auf Anfrage des Verfassers kann den Athleten aus dopinganalytischer Sicht im Regelfall überhaupt kein kontrollfreier Zeitraum mehr zugestanden werden, da bereits durch Microdosierungen, die nach kürzester Zeit nicht mehr nachweisbar sind, Dopingwirkungen erzielt werden können.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

dern athletenbezogen durchgeführt werden, besteht kein Grund dafür, Mannschaftssportler anders zu behandeln als die Athleten der Individualsportarten. Art. 6.1.4 Abs. 4 NADA-Code, der die Einsetzung eines Mannschaftsverantwortlichen vorsieht, der für die Mitteilung der nach Art. 6.1.4 zu meldenden Daten Sorge zu tragen hat, kann ebenfalls aufgrund der fehlenden Erforderlichkeit der Regelung keine Wirksamkeit entfalten. Erneut ist nicht erkennbar, welchen nennenswerten Vorteil die Einrichtung des Mannschafsmelders im Vergleich zur Mitteilung der Informationen durch jeden einzelnen Sportler selber mit sich bringen soll. Andererseits hat die Einschaltung des Mannschaftsvertreters aber zur Konsequenz, dass eine zusätzliche Person mit den individuellen Informationen der einzelnen Mannschaftsmitglieder über Abwesenheiten vom Trainings- und Spielbetrieb und die Gründe hierfür in Berührung kommt, was einen zusätzlichen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Spieler bedeutet. Soweit die Meldung der Daten durch den Mannschaftsverantwortlichen im Einzelfall nicht in Abstimmung mit den von der Meldung betroffenen Mannschaftsmitgliedern geschieht, ist zudem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Direkterhebung beim Betroffenen (§ 4 II BDSG) zu konstatieren, da ein Ausnahmetatbestand i. S. d. § 4 II 2 BDSG nicht erfüllt ist. Insbesondere ist die Datenerhebung bei den einzelnen Mannschaftsmitgliedern auch nicht mit einem unverhältnismäßigen Aufwand i. S. d. § 4 II 2 Nr. 2 b) BDSG verbunden, da die Meldepflicht als Bringschuld der Athleten ausgestaltet ist und die Verarbeitung der einzeln gemeldeten Daten keine erhebliche Mehrarbeit mit sich bringt, zumal die Daten zu Zwecken der Auswahl für Trainingskontrollen ohnehin personenbezogen verarbeitet werden müssen. Des Weiteren ist im Hinblick auf den Erforderlichkeitsgrundsatz auch darauf zu achten, dass die Datenverarbeitungsvorgänge bezüglich der Aufenthaltsdaten in verfahrenstechnischer Hinsicht so ausgestaltet werden, dass die Intensität der damit verbundenen Eingriffe auf das unbedingt erforderliche Maß reduziert wird. Zur verfahrenstechnischen Entschärfung sind insbesondere auch die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Verarbeitung der Aufenthaltsdaten durch solche Personen zu verhindern, die ein besonderes Interesse an der Verwendung dieser Daten über die Verarbeitung zu den vom Reglement vorgesehenen Dopingkontrollzwecken hinaus haben könnten. Zu diesem Zweck müssen routinemäßig die Beziehungen der mit den Daten in Berührung kommenden Personen daraufhin überprüft werden, ob irgendwelche Verbindungen oder Beziehungsgeflechte besonderer Art zu den dem jeweiligen Testpool zugehörigen Sportlern bestehen. Wird ein besonderes Interesse festgestellt, das eine erhöhte Gefahr der auftragswidrigen Verwendung der Aufenthaltsdaten begründet, darf der Betreffende nicht im Bereich der Verarbeitung der Aufenthaltsmeldedaten eingesetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn die Aufenthaltsangaben pseudonymisiert eingereicht werden, da auch in diesem Fall die Möglichkeit der Identifizierung des hinter dem Pseudonym stehenden Athleten anhand der Gesamtumstände, etwa anhand des

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Trainings- und Wettkampfprofils oder – soweit nur noch die Aufenthaltsorte ohne Anlässe angegeben werden – anhand des Bewegungsprofils nicht ausgeschlossen werden kann. Die hiernach mit der mit der Verarbeitung betrauten Personen sind gemäß § 5 BDSG auf das Datengeheimnis zu verpflichten. In der Praxis bedeutet dies zunächst einmal, dass im Falle der automatisierten Verarbeitung der Daten bei der Konzeption der Hard- und Software die Grundsätze der Datenvermeidung und -sparsamkeit (§ 3a BDSG) sowie die Vorgaben der Anlage zu § 9 S. 1 BDSG bei der Organisation und der Durchführung aller Datenverwendungsvorgänge zu beachten sind. Sowohl im Falle der automatisierten (§ 3a S. 2 BDSG) als auch im Falle der händischen Verarbeitung der Aufenthaltsmeldedaten ist wiederum die frühestmögliche Pseudonymisierung von besonderer Bedeutung. Im Falle der Eingabe der Aufenthaltsdaten in Datenverarbeitungsanlagen durch die Sportler kann dies dadurch geschehen, dass von den Sportlern ein Pseudonym gewählt wird, das der Computer akzeptiert, wenn es nicht bereits anderweitig vergeben ist. Erfolgt die Meldung unter Verwendung von Formularen, müssen an die Wahl des Pseudonyms Anforderungen gestellt werden, die Doppelverwendungen mit hinreichender Sicherheit verhindern. Alternativ kann die Pseudonymisierung durch die Vergabe von Nummern an die Sportler herbeigeführt werden, unter denen dann die Aufenthaltsmeldungen bei den zuständigen Stellen eingereicht werden müssen. Pseudonym und Aufenthaltsdaten müssen danach getrennt voneinander an hierfür zu bestimmende Stellen übersandt werden. Der Nummernschlüssel darf nur einem so eng wie möglich begrenzten Personenkreis innerhalb der für die Auslösung der Dopingkontrollen zuständigen Verbandsorgane zur Verfügung stehen. Die Pseudonymisierung darf im Folgenden immer nur dann aufgehoben werden, wenn dies zur Organisation der Kontrolltätigkeit oder zur Durchführung einer Dopingkontrolle erforderlich ist. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn ein Pseudonym für eine Dopingkontrolle ausgelost worden ist und sich aus diesem Grund die Zuordnung des Namens, der zu dem ausgelosten Datensatz gehört, als erforderlich erweist. Zum anderen ist die Kenntnisnahme von dem kompletten Datensatz bereits für die Auswahl der zu kontrollierenden Athleten erforderlich, um eine Bündelung von Dopingkontrollen derjenigen Sportler zu ermöglichen, die sich – sei es aus Anlass der Teilnahme an einem Trainingslager oder auch nur zufällig – am selben Ort oder in derselben Region aufhalten. Zur Durchführung derartiger Sammelkontrollen, an denen die Verbände ein schutzwürdiges wirtschaftliches Interesse haben, müssen zwar zunächst lediglich die Aufenthaltsorte aller unter die Kontrollzuständigkeit der NADA oder des jeweiligen Verbandes fallenden Athleten gesammelt werden. Hat diese Sammlung jedoch eine örtliche Konzentration zum Ergebnis, muss für die betreffenden Sportler geprüft werden, ob auch unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände des Einzelfalls wie etwa des Kaders, dem die einzelnen Athleten angehören, und der Anzahl der im laufenden Kontrollzeitraum bereits durchgeführten Kontrollen eine (weitere) Ziel-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

kontrolle angebracht erscheint. Die Depseudonymisierung dürfte nur mindestens zwei Personen gemeinsam möglich sein, so dass eine weitere Missbrauchshürde nach der Art des „Vier-Augen-Prinzips“ errichtet wäre. Alternativ zum VierAugen-Prinzip könnte der Weg eingeschlagen werden, dass der Vorgang der Depseudonymisierung infolge entsprechender EDV-technischer Vorkehrungen so dokumentiert wird, dass später jederzeit nachvollziehbar ist, wer sich Kenntnis von der Sportleridentität verschafft hat. Eine solche Pseudonymisierung der Daten hätte zur Konsequenz, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Missbrauch der von den Sportlern eingereichten Bewegungsprofile nahezu auf Null reduziert wäre. Das Erforderlichkeitsgebot zwingt schließlich auch dazu, die zeitliche Dauer der Datenverwendung so gering wie möglich zu halten. In Beachtung des Zweckbindungsgrundsatzes bestimmt sich der zeitliche Umfang der Datenverwendung danach, wie lange die Aufbewahrung zur Erreichung der vereinsrechtlich oder vertraglich wirksam festgelegten Zwecke der Aufenthaltsdatensammlung notwendig ist und noch keine unangemessene Rechtsbeeinträchtigung der Sportler bedeutet. An der Notwendigkeit der Aufbewahrung bis zum Ablauf des jeweils gemeldeten Zeitraums oder gegebenenfalls bis zu der Entscheidung, ob der jeweilige Athlet an dem gemeldeten Ort einer Dopingkontrolle unterzogen wird, bestehen keine Zweifel. Da aus den Bestimmungen des NADA-Codes hinreichend deutlich hervorgeht, dass die Meldepflichten der Erreichbarkeit zwecks Durchführung von Dopingkontrollen dienen, widerspricht die Aufbewahrung der Daten bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht dem Zweckbindungsgrundsatz. Besondere Umstände, die über die allgemein gegen die Datenverwendung sprechenden Belange hinaus ein überwiegendes Unterlassungsinteresse der Sportler gegen die Aufbewahrung der Daten bis zu diesem Zeitpunkt begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Das Erfordernis einer Aufbewahrung der Daten über den Ablauf der Meldezeiträume hinaus könnte von den Verbänden damit begründet werden, dass auch im Nachhinein noch ein Interesse besteht, Verstöße gegen die Meldepflichten durch den Abgleich des später in Erfahrung gebrachten tatsächlichen Aufenthaltsortes mit dem gemeldeten aufzudecken. Die weitergehende Aufbewahrung der Daten mit diesem Ziel stößt allerdings in zweierlei Hinsicht auf Bedenken: Auch wenn der Behalt der Daten mit Blick auf die Wichtigkeit der Aufenthaltsmeldungen für das Funktionieren der Doping-Bekämpfung von einem überwiegenden Interesse der Verbände gedeckt sein sollte, ist doch im NADA-Code an keiner Stelle davon die Rede, dass die Meldung der Aufenthaltsdaten auch dem Zweck dienen solle, die Korrektheit der Aufenthaltsmeldungen nachträglich überprüfen zu können. Zwar definiert Art. 2.4 NADA-Code das Versäumnis, die erforderlichen Angaben zum Aufenthaltsort und zur Erreichbarkeit gem. Art. 6 NADA-Code zu machen, als Dopingverstoß. Jedoch legt Art. 6.1.1 NADA-Code ausdrücklich fest, die Informationen würden „ausschließlich für Zwecke der Planung, Koordinierung und Ausführung von Dopingkontrollen verwendet und werden vernichtet, sobald sie nicht mehr den genannten Zwecken dienen.“ Ange-

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sichts dieser klaren Aussage widerspräche die weitergehende Aufbewahrung nicht nur dem Zweckbindungsgrundsatz, sondern wäre schon deshalb unzulässig, da eine entsprechende Befugnis dem Regelwerk nicht entnommen werden könnte und daher auch von einer auf das Regelwerk bezogenen Einwilligung nicht gedeckt wäre.590 (c) Angemessenheit der Aufenthaltsmeldepflichten Die Angemessenheit der Meldepflichten setzt voraus, dass die Verbände ein überwiegendes Interesse an der Befolgung dieser Pflichten geltend machen können. Als schutzwürdiges Interesse der Athleten ist zunächst einmal deren allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) anzuführen,591 die durch den Zwang zur Vornahme der abgeforderten Meldungen beeinträchtigt wird. Was den Akt der Datenmitteilung betrifft, stellt sich der mit den Meldepflichten verbundene Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit freilich als eher geringfügig dar, wenn man sich vor Augen führt, dass den Sportlern mit der Ausfüllung und Versendung der Meldeformulare in Papierform oder am Computer lediglich einige einfache, schnell zu erledigende Tätigkeiten abverlangt werden. Des Weiteren ist mit den Meldepflichten ein mittelbarer Eingriff in die von Art. 2 II 2 GG geschützte körperliche Bewegungsfreiheit verbunden, indem spontane Ortswechsel der Athleten erschwert werden. Der Umstand, dass jedem Ortswechsel eine Ummeldung vorauszugehen hat, ist geeignet, eine Hemmschwelle in Bezug auf kurzentschlossene Ortsveränderungen zu errichten. Die Höhe dieser Hemmschwelle steht und fällt allerdings mit dem Meldeaufwand, der konkret mit dem gewünschten Ortswechsel verbunden ist. Da dieser sich im Regelfall angesichts der Möglichkeiten der Mobiltelefonie und der modernen Kommunikationstechnik jedoch in Grenzen hält, erscheinen die Meldepflichten im Normalfall auch nicht als schwerwiegende Beeinträchtigung der körperlichen Bewegungsfreiheit. Gleiches gilt für die Beeinträchtigung der von Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit der Athleten, da durch die Aufenthaltsmeldepflichten keine Berufszugangsbeschränkungen errichtet, sondern lediglich Berufsausübungsregelungen vorgegeben werden, so dass sich der Eingriff in die Berufsfreiheit auf der niedrigsten der vom BVerfG im Apotheker-Urteil592 definierten Intensitätsstufen bewegt. Zu berücksichtigen ist des Weiteren die Beeinträchtigung des allgemeine Persönlichkeitsrechts der Sportler, das in seiner Facette informationelles Selbstbe590 T. Giesen, Gutachten zur Stellungnahme 3/2008 der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“, S. 4, lehnt die Sittenwidrigkeit der Datenverwendung unter Verweis auf die Löschung der Daten nach Verstreichen des Zuordnungszeitraums ab. 591 K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 112. 592 BVerfGE 7, 377, 405 ff.

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stimmungsrecht betroffen ist, dessen Berührung überhaupt erst die Anwendbarkeit des BDSG nach sich gezogen hat. Zur Gewichtung des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht lässt sich zunächst einmal auf die von der Sphärentheorie593 entwickelten Überlegungen zurückgreifen. Zwar hängt die Beurteilung der Sensibilität von personenbezogenen Daten hiernach entscheidend von der Einordnung dieser Daten durch den Rechtsgutsinhaber selber ab; dennoch kann eine Bewertung nach objektiven Kriterien und allgemeiner Lebenserfahrung vorgenommen werden, die im Sinne einer generalisierenden Betrachtung verwertbare Ergebnisse zutage fördert. Unterscheidet man unter Sensibilitätsgesichtspunkten zwischen Daten der Intimsphäre, der Privatsphäre, der Sozialsphäre und der Öffentlichkeitssphäre, sind die Aufenthaltsdaten der Athleten wie folgt einzuordnen: Im allgemeinen ist wohl nicht davon auszugehen, dass die Athleten ihre Aufenthaltsdaten so geheim handhaben, dass nicht einmal Vertraute oder gar Partner davon in Kenntnis gesetzt werden. Freilich kann in Sonderfällen ein entsprechender Geheimhaltungswille vorhanden sein, etwa, wenn aus dem Aufenthaltsort aussagekräftige Schlüsse auf die Trainingsmethodik des Athleten oder auf seine Strategien zur Leistungsverbesserung gezogen werden können, oder im Falle eines Krankenhausaufenthalts, bei dessen Bekanntwerden der Betroffene nachteilige Reaktionen der Öffentlichkeit befürchtet. Wenn auch gerade von den Stars der Kreis der Eingeweihten möglicherweise klein gehalten wird, um Störungen durch die Fans und die Presse auf ein Mindestmaß zu reduzieren, dürfte sich der Geheimhaltungswille doch im Allgemeinen in der Ausgrenzung von Außenstehenden erschöpfen. Soweit es nicht lediglich um die Daten von Privataufenthalten, sondern um die Information über Trainingsaufenthalte geht, von denen die Öffentlichkeit ungehindert Kenntnis nehmen kann, betreffen die Angaben das berufliche Wirken und somit die Sozialsphäre der Sportler, die die Beziehungen des Einzelnen zur Außenwelt umfasst. Verwendet der Sportler seine Aufenthaltsdaten zur Darstellung der eigenen Person gegenüber der Öffentlichkeit, etwa durch die Bekanntgabe auf der eigenen Homepage zwecks Information der Fans, sind die entsprechenden Informationen gar der Öffentlichkeitssphäre zuzuordnen. Geht man davon aus, dass die Informationsverbreitung per Homepage nur ausnahmsweise praktiziert wird, sind die Aufenthaltsdaten je nach den Umständen des Einzelfalls im Grenzbereich zwischen Privatsphäre und Sozialsphäre einzuordnen. Bei der Gewichtung des durch die Meldepflichten bewirkten Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten ist allerdings zu berücksichtigen, dass von den Sportlern nicht lediglich ihr Aufenthaltsort während einzelner, begrenzter Zeiträume gemeldet werden muss, sondern eine lückenlose Bekanntgabe der über einen längeren Zeitraum hinweg von ihnen aufgesuchten Orte von ihnen verlangt wird. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Beeinträchtigung 593

Ausführlich zur Sphärentheorie vgl. D.III.2.a)aa).

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der Athleten durch die Meldepflichten deshalb als erheblicher Eingriff in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht dar, da die Befolgung dieser Pflichten gleichbedeutend ist mit der Ablieferung eines Bewegungsprofils594 bei der datenerhebenden Stelle, aus dem sich im Falle eines Profisportlers nicht nur Rückschlüsse auf seine allgemeine Lebensführung ziehen lassen, wie es auch bei jedem anderen der Fall wäre, sondern darüber hinaus ein „Trainingsortprofil“ erstellt werden kann. Die Kenntnis der Trainingsorte wiederum lässt regelmäßig Schlüsse auf die Trainingsmethodik zu, im Falle eines Ausdauersportlers beispielsweise über den Anteil des Höhentrainings im Trainingsprogramm. In diesem Sinne gibt ein Trainingsortprofil gewissermaßen Aufschluss über „Betriebsgeheimnisse“ des Sportlers. Die Aufenthaltsangaben vermitteln in diesem Fall Informationen über die persönlichen und sachlichen Verhältnisse der Athleten, die sie im Allgemeinen nicht über einen engen Kreis vertrauter Personen hinaus bekannt werden lassen wollen. Der mit den Meldepflichten verbundene Eingriff ist vor diesem Hintergrund als Eingriff in die Privatsphäre der Sportler zu verorten. Eine weitere Konsequenz der lückenlosen Mitteilung der geplanten Aufenthaltsorte ist, dass den Athleten die Möglichkeit genommen wird, sich auch einmal für einen längeren Zeitraum als immer nur während der kurzen Pausen, die nach der Erfüllung der Meldepflicht noch bleiben, an einen Ort zurückzuziehen, an dem sie garantiert ungestört sind und sich ganz auf sich selbst besinnen können. Auch die Möglichkeit, sich auf diese Weise dem Alltag zu entziehen, wird jedoch vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt, indem es mit der „engeren persönlichen Lebenssphäre“ und ihren „Grundbedingungen“ 595 einen grundrechtlich abgeschirmten Bereich freier Entfaltung596 gewährleistet, der die Integrität der 594 Das BVerfG leitet zutreffend schon aus der Möglichkeit, aus gesammelten Einzeldaten ein Bewegungsprofil bilden zu können, eine erhöhte Eingriffsintensität her, vgl. BVerfG NJW 2008, 1505, 1509. Nach T. Giesen, Gutachten zur Stellungnahme 3/2008 der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“, S. 4, kann von einem Bewegungsprofil nicht gesprochen werden. 595 BVerfGE 54, 148, 153 („Eppler“), u. 72, 155, 170, u. 79, 256, 268; C. Degenhart, JuS 1992, 361; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 38; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 14, spricht vom „Schutz des ,Zustandes‘ der Privat- bzw. Persönlichkeitssphäre“; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 60; MüKo/ P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 189, 157, spricht von einem „umfassenden right of privacy“; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 8; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3., S. 207 ff., plädiert für die Bestimmung des Schutzbereiches durch die Benennung der geschützten Interessen, nämlich des Interesses an der Entfaltung im räumlich-gegenständlichen Privatbereich, an der Selbstbestimmung in eigenen Angelegenheiten, an der Diskretion in persönlichen Angelegenheiten, an der Achtung der persönlichen Ehre, an der wahren Darstellung der eigenen Person und an der Kenntnis und Achtung der personalen Identität. 596 BGHZ 13, 334, 337 f. („Leserbrief“); Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 176, spricht von einem „umfassenden Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit“.

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menschlichen Person in geistig-seelischer Beziehung597 sowie das Recht auf Respektierung der Privatsphäre598 umfasst, und hierbei in einer seiner Schutzfunktionen599 das Recht des Grundrechtsträgers, in Ruhe gelassen zu werden600 zum Gegenstand hat. Wird das informationelle Selbstbestimmungsrecht somit durch die Erfüllung der dem Athleten auferlegten Meldepflichten in einer Intensität beeinträchtigt, die die Unerheblichkeitsschwelle bei weitem überschreitet, ist andererseits zu berücksichtigen, dass die Mitteilung der Daten nicht schon mit ihrer missbräuchlichen Nutzung gleichbedeutend ist. Vielmehr erfordert die Ausnutzung der Missbrauchsmöglichkeit zusätzlich eine Handlung von einiger krimineller Energie eines Beteiligten, der dem kleinen Kreis von Personen angehört, die auf die von den Sportlern gemeldeten Daten Zugriff nehmen können. Der Täter müsste zu einem Verstoß gegen die für ihn geltenden Verschwiegenheitspflichten bereit sein, der zudem wegen der missbräuchlichen Ausnutzung einer besonderen Vertrauensstellung unter moralischen Gesichtspunkten als besonders verwerflich erscheint. Sofern die Schutzmaßnahmen umgesetzt sind, die zuvor im Rahmen der Überlegungen zur Erforderlichkeit angesprochen wurden, ist ein Missbrauch zunächst nur derjenigen Stelle möglich, bei der die Information über die hinter den Pseudonymen stehenden Namen hinterlegt ist. Erst dann, wenn die Daten ausnahmsweise zur Vorbereitung oder Durchführung von Dopingkontrollen depseudonymisiert werden, erlangen einige wenige weitere Personen Kenntnis vom Bewegungsprofil der Athleten. Diese numerische Beschränkung des Kreises der Eingeweihten wirkt zusätzlich prohibitiv, da sie für den Täter das Risiko erhöht,

597 C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 86; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 61. 598 D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 60. 599 Staudinger/K. Schäfer (12. Aufl. 1978), § 823 Rn. 211, zeigt darüber hinaus diverse weitere Einteilungsmöglichkeiten auf; ebenso generell für die Rechtsgarantien des Art. 2 I GG R. Alexy, Theorie der Grundrechte (1. Aufl. 1985), 7.III.2.; W. Schmitt Glaeser, HdbStR VI (1989), § 129 Rn. 18 f.; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 86; anders Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 III.1.a), die strukturell zwischen den Fällen des Schutzes vor Entstellung und Herabsetzung, des Schutzes vor der unbefugten Erlangung und Verbreitung von Persönlichkeitsäußerungen und Daten und des Schutzes vor kommerzieller Ausnutzung unterscheiden. 600 BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 97; MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 186; Larenz/Wolf, AT, § 8 I.1., Rn. 1, 3; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 86; hierunter fällt u. a. auch der Anspruch, von Briefkastenwerbung verschont zu bleiben, vgl. hierzu Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C232 ff., Larenz/Wolf, AT, § 8 III.6., Rn. 31, und überhaupt der Schutz vor ungewollten Werbemaßnahmen und der Belästigung durch Telefonanrufe, vgl. BGH NJW 1989, 902, 903, u. BGH NJW-RR 1990, 359, 360, u. MüKo/ P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 157, u. MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 96 ff., sowie Larenz/Wolf, AT, § 8 III.6., Rn. 31; so auch Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.7.; BGH NJW 1996, 1128, 1129 ff. (Prinzessin Caroline und Vincent); zum Schutz des privaten Wohnbereiches vor permanenter Störung durch Versammlungen VGH Kassel, NJW 1994, 1750 f.

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gegebenenfalls als die für die Weitergabe der Informationen verantwortliche undichte Stelle enttarnt zu werden. Zugunsten der Verbände und Veranstalter wirken einmal mehr diejenigen Interessen, die für die Durchsetzung des Dopingverbots im Allgemeinen angeführt werden können,601 da auch die Meldepflichten der Durchsetzung dieses Dopingverbots zu dienen bestimmt sind. Eine erfolgreiche Dopingbekämpfung ohne die Durchführung überraschender Kontrollen außerhalb des Wettkampfs und ohne das daraus für die Athleten sich ergebende Dopingrisiko ist nicht denkbar. Nur wenn die Sportler jederzeit – d.h. auch in den wettkampffreien Phasen – mit unangekündigten Dopingkontrollen rechnen müssen, ist die Anwendung verbotener Praktiken zur Leistungssteigerung auch während der Trainingsphasen mit einem Risiko verbunden, das eine ernstzunehmende Abschreckungswirkung entfaltet. Die Wirksamkeit des Systems der Dopingkontrollen außerhalb des Wettkampfes ist nur dadurch gewährleistet, dass der ausgewählte Athlet bis kurz vor der Kontrolle im Zustand der Unwissenheit belassen wird. Nur auf diese Weise ist weitestgehend sichergestellt, dass er nicht noch Maßnahmen ergreift, um einen bereits begangenen Dopingverstoß erfolgreich zu verschleiern. Die Durchführung überraschender Kontrollen setzt die Kenntnis vom aktuellen Aufenthaltsort der zu testenden Sportler voraus. Wäre der Athlet nicht zur dauernden Mitteilung seines Aufenthaltsortes verpflichtet, könnte eine Kontrolle jedenfalls nicht so unvermittelt und überraschend geschehen, wie es bei dauernder Kenntnis des Aufenthaltsorts möglich ist. Denn das Kontrollpersonal müsste zunächst Maßnahmen zur Ermittlung des Aufenthaltsortes ergreifen, die dem Ausgewählten unter Umständen nicht verborgen blieben und ihm vielleicht den nötigen Zeitvorsprung verschafften, um die Spuren eines Dopingvergehens erfolgreich zu vertuschen. Der Verzicht auf die Aufenthaltsmeldepflichten wäre deshalb gleichbedeutend mit dem Verzicht auf eine auch nur ansatzweise erfolgversprechende Dopingbekämpfung. Aus diesem Grund erscheint die Meldepflicht als unverzichtbarer Bestandteil des Kontrollsystems. Auch die Unzulässigkeit der Abfrage der Aufenthaltsdaten der Athleten bedeutete hiernach die Vereitelung des Zieles „dopingfreier Sport“, das von den Verbänden neben der Förderung von Turnen und Sport im Allgemeinen zum zentralen Anliegen erhoben worden ist. Auch im Hinblick auf die Durchsetzung der Aufenthaltsmeldepflichten können sich die Verbände somit auf die von Art. 9 I GG garantierte Vereinsautonomie berufen, die durch den Verzicht auf die Beschaffung der Aufenthaltsinformationen aufs Schwerste beeinträchtigt wäre, weil den Verbänden hierdurch die Möglichkeit zur Umsetzung eines identitätsstiftenden Verbandszweckes genommen wäre. Nach der hier vertretenen Auffassung können sich die Verbände des Weiteren über Art. 19 III GG auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen, das die Zwecksetzung „dopingfreier Sport“ als konstitutives Element ihrer Persönlichkeit und als einen 601

Vgl. hierzu oben D.I.1.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

zentralen Faktor der Eigendefinition ihres sozialen Geltungsanspruchs wie auch der Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit schützt.602 Die zunehmende Kommerzialisierung des Sports und die damit teilweise einhergehende Tendenz der Sportvereine zur Organisation des Spitzensportbetriebs in der Form von Kapitalgesellschaften lässt ein weiteres Interesse an der Kenntnis vom „Wo“ des Sportlers als möglich erscheinen: es sind angesichts dieser Entwicklung Konstellationen nicht auszuschließen, in denen die Verbände mit Blick auf eventuelle gesellschaftsrechtliche Publikationspflichten ein Bedürfnis an der Kenntnis des Aufenthaltsortes und somit der Durchsetzung der Aufenthaltsmeldepflichten geltend machen können. Anlass für Überlegungen in diese Richtung gibt die Entwicklung im Profisport, dass sich Vereine beispielsweise in börsennotierte Aktiengesellschaften umwandeln und auf diese Weise den einschlägigen Publizitätspflichten unterfallen. Hängt die wirtschaftliche Situation eines solchen Vereines in besonderer Weise von einem bestimmten Teammitglied ab, kann es zu einer Situation kommen, in der persönliche Umstände dieses besonders wichtigen Sportlers so große Wirkung auf die Bewertung des Vereins entfalten, dass sie vom Verein öffentlich bekannt gemacht werden müssen. Gerade aus Sicht des betreffenden Athleten sehr persönliche Daten wie etwa Informationen über einen Krankenhausaufenthalt oder eine Gefängnisstrafe kommen hiernach als veröffentlichungspflichtige Informationen in Betracht, da gerade diese Daten von besonderer Bedeutung für die Einschätzung des Sportlers als wertbildender Faktor sein können. Stehen sich hiernach die aus den oben genannten Gründen identitätsstiftend wirkenden Regelungen des Vereinsrechts und das Interesse der Athleten an der Unversehrtheit ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegenüber, hängt das Ergebnis der Interessenabwägung davon ab, wie groß einerseits die Bedeutung der strittigen Regelungen für die Identität des Vereines ist und wie schwerwiegend sich anderseits der hiermit verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Sportler darstellt. Eine thematisch sehr ähnlich gelagerte Diskussion wurde im Vorfeld der Einführung der Lkw-Maut und mit Blick auf eine mögliche Pkw-Maut von den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder mit Blick auf die Ausgestaltung der sogenannten „Road-pricing-Systeme“ geführt: Die datenschutzrechtliche Problematik der Mauterhebung ergibt sich aus der Zielsetzung, den Nutzern mautpflichtiger Straßen die Straßennutzungsgebühren zu berechnen, ohne dass der Verkehr hierdurch in irgendeiner Weise behindert wird, wie dies bei der Einrichtung von Mautstellen mit Kassenhäuschen der Fall wäre. Zur Lösung dieses Problems wurde ein System vorgeschlagen und im Zuge der Einführung der Lkw-Maut auch umgesetzt, bei dem die Fahrzeuge durch ei602

Vgl. oben D.I.1.a).

VII. Verpflichtung zur Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes

513

nen Code unverwechselbar markiert werden und dieser Code von in den einzelnen Straßenabschnitten installierten Empfangseinrichtungen abgelesen wird. Nachdem die Maut fahrzeugintern berechnet und entrichtet worden ist, wird über die so gewonnenen Bewegungsdaten die Korrektheit der Mautabrechnung überprüft. Als kritisch angesehen wurde die Notwendigkeit, die gesammelten Daten mindestens bis zur Überprüfung der Abrechnung oder zu Beweiszwecken auch noch einen angemessenen Zeitraum danach aufzubewahren. Nach der Einführung der Lkw-Maut und dem Inkrafttreten des Autobahnmautgesetzes (ABMG), das in seinem § 4 II 2 dem Maut-Betreiber die Verarbeitung der Daten Höhe der entrichteten Maut, von der Mautentrichtung betroffene Strecke, Ort und Zeit der Mautentrichtung, bei Entrichtung der Maut vor Benutzung zulässiger Fahrzeitraum und Belegnummer, Fahrzeugkennzeichen und für die Mauthöhe maßgebliche Fahrzeugmerkmale gestattet, wurde die Diskussion um die Verwendung der gesammelten Daten durch den Vorschlag neu angefacht, zur Aufklärung von Mordfällen auf die Daten zurückzugreifen.603 Was Art und Intensität des Eingriffs in die Rechte der Betroffenen angeht, besteht zwischen der Sammlung von Daten zu Zwecken der Gebührenabrechnung und der hier zu untersuchenden Sammlung der Aufenthalts- und Trainingsdaten der Athleten in vielerlei Hinsicht Übereinstimmung. Hier wie dort geht es um die Sammlung von Bewegungsdaten der Betroffenen, aus denen sich mehr oder weniger detaillierte Bewegungsprofile erstellen lassen, die zur Überprüfung der Einhaltung von besonderen Pflichten der Betroffenen dienen sollen. Obwohl mit der Verbesserung oder gar der Aufrechterhaltung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland ein in seiner Wichtigkeit sehr hoch anzusiedelndes Ziel mit der Einrichtung der diskutierten Überwachungsanlagen verfolgt wurde, lehnten die Datenschutzbeauftragten ein Erfassungssystem, das die Möglichkeit zur Erstellung umfangreicher Bewegungsprofile der Straßennutzer mit sich bringen würde, einhellig ab oder begegneten ihm zumindest mit größter Skepsis.604 603 Vgl. hierzu R. Vetter, 22. TB des Bayerischen Landesbeauftragten für Datenschutz (Bay LfD), Abschnitt 6.3.1. 604 In Abschnitt 1.10 des 15. TB des Bundesdatenschutzbeauftragten (Berichtszeitraum 1993/94) vertritt J. Jacob die Auffassung, eine Datensammlung, in der personenbezogene Daten über den Aufenthaltsort von Millionen von Verkehrsteilnehmern erhoben und verarbeitet würden, sei aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht akzeptabel, in Abschnitt 18.1 stellt J. Jacob fest, die Unvereinbarkeit der automatisierten Erzeugung von Bewegungsbildern sei so offensichtlich gewesen, dass sehr bald alle maßgeblich beteiligten Stellen derartige Lösungen einhellig abgelehnt hätten; vgl. auch die Ausführungen des Datenschutzbeauftragten von Bayern im 15. Tätigkeitsbericht (1993), Punkt 17.3, des LfD Schleswig-Holstein im 16. Tätigkeitsbericht (1993), Punkt 4.5.1, und im 26. TB (2004), Punkt 4.5.1. In einer auf der Homepage der brandenburgischen Landesbeauftragten für den Datenschutz unter www.lda.brandenburg.de veröffentlichten Stellungnahme forderte die 62. gemeinsame Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder (2001) die Bundesregierung zur strikten Einhaltung des Zweckbindungsgrundsatzes und der Grundsätze der Datenvermeidung und -sparsamkeit sowie

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Zutreffend stellten die Einwände darauf ab, dass von dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch das Recht umfasst ist, sich möglichst frei und unbeobachtet zu bewegen.605 Um ein Gebührenabrechnungssystem mit den Anforderungen des Datenschutzes in Einklang zu bringen, müsse die Technik so verlässlich sein, dass nicht sicherheitshalber Aufzeichnungen über jede Fahrt im System gespeichert werden müssten; auch zum Zwecke des Nachweises von Schwarzfahrten dürfe das System nicht die Umschaltung auf die Vollerfassung aller Fahrten ohne größere Mühe ermöglichen.606 Solange daher aus Beweisgründen weder beim „Post-paid-Verfahren“, bei dem die angefallene Gebühr erst nach der Benutzung zu entrichten ist, noch beim „Pre-paid-Verfahren“, bei dem automatisch von einem eingerichteten Konto abgebucht wird, auf eine Aufzeichnung der gefahrenen Strecken verzichtet werden könne, seien die Abrechnungssysteme nicht mit dem bestehenden Datenschutzrecht vereinbar. Wenn auch von den Datenschutzbeauftragten keine detaillierten Gegenvorschläge zur Ausgestaltung der Datenverwendung im Rahmen eines Road-pricing-Systems gemacht wurden, herrschte doch jedenfalls insoweit Übereinstimmung unter ihnen, als der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Straßennutzer durch eine Reduzierung und möglichst weitgehende Anonymisierung der verwendeten Informationen auf ein tragbares Maß begrenzt werden müsse, jedenfalls aber die Erstellung von Bewegungsprofilen der Straßennutzer ohne größere Mühe nicht möglich sein dürfe. Nach Auffassung des seinerzeitigen Bundesbeauftragten für Datenschutz sind die schwerwiegenden datenschutzrechtlichen Bedenken durch eine datenschutzverträgliche Ausgestaltung des Abrechnungssystems ausgeräumt worden.607 Noch heftiger abgelehnt wurde die Verwendung der Mautdaten zu Zwecken der Strafverfolgung.608 Da das entscheidende Argument gegen die Datennutzung

zur Wahrung des Datengeheimnisses auf und verlangte für Mautsysteme privater Betreiber die Pflicht zur Ermöglichung der Barzahlung ohne Erhebung irgendwelcher Daten der Verkehrsteilnehmer. 605 Vgl. die Entschließung der 49. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 9./10. März 1995 zu: Automatische Erhebung von Straßennutzungsgebühren, abgedruckt als Anlage 10 des 16. TB des Datenschutzbeauftragten des Bundes, J. Jacob. 606 J. Jacob im 15.TB des BfD, Abschnitt 18.1; vgl. auch die Entschließung der 49. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 9./10. März 1995 zu: Automatische Erhebung von Straßennutzungsgebühren, abgedruckt als Anlage 10 des 16. TB des Datenschutzbeauftragten des Bundes, J. Jacob. 607 Stellungnahme des Bundesbeauftragten für Datenschutz J. Jacob vom 13.08.03 „Bei der Einführung der Lkw-Maut ist der Datenschutz gewahrt“, abrufbar unter www.datenschutz.de ,Recht‘, ,Verkehr‘, ,Autobahngebühren‘; a. A. H. Pohl, Prof. für Informationssicherheit an der FH Bonn-Rhein-Sieg, im taz-Interview „Die Maut ist Überwachung total“ in der taz v. 23.10.03 unter Verweis auf die Möglichkeit zur Anfertigung von Bewegungsprofilen und die Unmöglichkeit, die erhobenen Daten vor Drittzugriffen zu schützen.

VII. Verpflichtung zur Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes

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zur Verbrechensbekämpfung allerdings im Verweis auf den Zweckbindungsgrundsatz besteht, der durch die Verwendung der zu Verkehrszwecken gestatteten Datensammlungen für strafrechtliche Ermittlungen verletzt würde, erweist sich die insoweit geführte Diskussion als unergiebig für die Frage nach der Zulässigkeit der Athletenmeldepflichten. In seiner Entscheidung zur automatischen Kennzeichenerfassung hatte das BVerfG609 mit der Erfassung und Speicherung von Kfz-Kennzeichen durch hierfür eingerichtete Erfassungsstellen zu Zwecken des Abgleichs mit Fahndungsdateien dann doch über die Erfassung von Verkehrsbewegungsdaten zu Ermittlungszwecken zu entscheiden. Im Ergebnis erklärt das Urteil zwar die zur Überprüfung gestellten Landesgesetze für verfassungswidrig, da sie wegen ihrer Unbestimmtheit und Unverhältnismäßigkeit unzulässige Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Bürger ermöglichen, stellt jedoch gleichzeitig in Aussicht, dass die Erfassung von Aufenthaltsdaten für Ermittlungen bei Nachbesserung der Bestimmtheits- und Verhältnismäßigkeitsdefizite verfassungsgemäß geregelt werden kann.610 Die Probleme hinsichtlich der untersuchten Regelungen erkennt das BVerfG in folgenden Punkten: Der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht durch die Erhebung der Aufenthaltsdaten stelle sich als besonders schwerwiegend dar, weil die Ordnungsbehörden in den Besitz so vieler Einzeldaten gelangen könnten, dass die Möglichkeit der Erstellung eines Bewegungsprofils gegeben sei.611 Andererseits stellt das Gericht fest, dass in solchen Fällen, in denen erst der Missbrauch der gesammelten Daten zu einer deutlich höheren Rechtsbeeinträchtigung führen würde, die Missbrauchsgefahr zwar eine Gewichtserhöhung des Eingriffs bewirke, jedoch die ausweislich der Rechtsgrundlage beabsichtigte Verwendung der Daten wesentlich für die Beurteilung der Eingriffsintensität sei, sofern keine besondere Wahrscheinlichkeit für den Missbrauch gegeben sei.612 Nicht nur der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, sondern auch das Zweckbindungsgebot verlangten eine ausreichende Bestimmtheit der Eingriffsregelung zum Einen, was die betroffenen Daten angehe, und zum Anderen, was die Verwendungen betreffe, die nach der Erhebung mit diesen Daten geschehen sollen.613 Die Verhältnismäßigkeit der Regelungen im engeren

608 R. Vetter im 22. TB des Bayerischen Landesbeauftragten für Datenschutz (Bay LfD), Abschnitt 6.3.1; so auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz P. Schaar in einem ADAC-Fachgespräch am 29.08.06 mit der Einschränkung, die Verwendung der Daten könne zur Aufklärung bestimmter sehr schwerer Delikte unter dem Vorbehalt einer richterlichen Anordnung gestattet werden, abrufbar unter www.datenschutz.de/ news/detail/?nid=1941. 609 BVerfGE 120, 378 ff., = NJW 2008, 1505 ff. 610 BVerfG NJW 2008, 1505, 1516. 611 BVerfG NJW 2008, 1505, 1509. 612 BVerfG NJW 2008, 1505, 1508. 613 BVerfG NJW 2008, 1505, 1509.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Sinne setze voraus, dass die Datenerhebungen nicht anlasslos und flächendeckend erfolgten.614 Auch in anderen, von den Datenschutzbeauftragten bewerteten Fällen wurden Vorhaben von öffentlichem Interesse deswegen mit Skepsis oder gar als unzulässig beurteilt, weil ihre Realisierung eine dauernde oder zumindest regelmäßige Beobachtung der Bewegungen anderer erforderlich gemacht hätte: So hielt etwa der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte wegen der Gefährdung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen durch die Möglichkeit zur Erstellung eines Bewegungsprofils § 25a I PVGRhPf als Rechtsgrundlage für die vom Ministerium des Innern und für Sport (ISM) geplante Schiffsbewegungsdatei zwar für ausreichend, eine konkretere Regelung aber für wünschenswert.615 Nach Ansicht des saarländischen Datenschutzbeauftragten war aus demselben Grunde eine Bestimmung nicht durchsetzbar, die die Autovermieter dazu verpflichtet hätte, Einzelheiten über Zeit und Ort der vom Mieter gemachten Fahrt aufzuzeichnen616, obwohl die Bewegungen der Betroffenen hier im Regelfall nur in einem verhältnismäßig kleinen Ausschnitt festgehalten würden. In dieselbe Richtung zielten die Bedenken gegen eine Krankenhaus- und Hotelmeldepflicht, die zu der Einschätzung führten, ein solcher Eingriff in Form einer Bewegungsmeldung sei nicht erforderlich.617 In einem weiteren Fall, in dem die gleiche Problematik eine Rolle spielte, – saarländische Beamte sollten in das Fahrtenbuch ihres Dienst-Kfz auch ihre Privatfahrten unter Benennung von Zeit und Ziel eintragen – wurde ebenfalls ein unzulässiger Eingriff ins informationelle Selbstbestimmungsrecht diagnostiziert.618 Schließlich wurde eine Verkehrszählung, bei der unter dem Kennzeichen eines Kfz das „Woher“ und das „Wohin“ notiert werden, wegen der Produktion eines Bewegungsbildes nur kraft gesetzlicher Ermächtigung für zulässig gehalten.619 Die in den aufgeführten Fällen von den Datenschutzbeauftragten vorgetragenen Bedenken gegen Bewegungsaufzeichnungen deuten scheinbar darauf hin, dass auch die Sammlung der Aufenthaltsdaten seitens der Verbände, die im Ergebnis zu Bewegungsprofilen der Athleten für die jeweiligen Meldezeiträume führt, nicht mit deren informationellem Selbstbestimmungsrecht vereinbar ist. Einmal mehr gebieten allerdings die zwischen dem Bürger-Staat-Verhältnis und der Beziehung zwischen Privatrechtssubjekten bestehenden Unterschiede in Rechtsnatur und Charakter eine unterschiedliche Behandlung der hier und dort beabsichtigten Datenverwendungen. 614 615

BVerfG NJW 2008, 1505, 1515. 12. Tätigkeitsbericht des rheinlandpfälzischen Datenschutzbeauftragten, Punkt

5.2.3. 616 617 618 619

6. Tätigkeitsbericht 7. Tätigkeitsbericht 7. Tätigkeitsbericht 7. Tätigkeitsbericht

des saarländischen DSchB, Punkt 5.4. des saarländischen DSchB, Punkt 4.1.2. des saarländischen DSchB, Punkt 7.3. des saarländischen DSchB, Punkt 8.2.

VII. Verpflichtung zur Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes

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Eingriffsbefugnisse zugunsten des Staates unterliegen einer besonderen Missbrauchsgefahr, die das Erfordernis ihrer besonders restriktiven Handhabung begründen. Anders als im Verhältnis zwischen Privaten begründet die Gewährung von staatlichen Eingriffsbefugnissen immer auch die Möglichkeit des Missbrauchs der verliehenen Befugnisse zur Verhaltenssteuerung der Bürger, die insbesondere zum Ziel haben kann, die Bürger von der Wahrnehmung demokratischer Rechte abzuhalten. Aufgrund des ihm zur Verfügung stehenden Apparates und seiner Machtmittel hat der Staat im Vergleich mit Privaten erheblich weiter gehende Möglichkeiten, in diesem missbräuchlichen Sinne effektiv auf die Bürger einzuwirken.620 Hinzu kommt, dass der Bürger der Rechtsausübung durch staatliche Institutionen ausgesetzt ist, ohne unmittelbar anwendbare Schutzmittel zur Hand zu haben. Gegenüber der Ausübung der Eingriffsrechte des Staates kommt ein Widerstandsrecht nur in ganz extremen Ausnahmefällen in Betracht, so dass der Bürger auf staatlichen Rechtsschutz angewiesen ist, deren schnellste Variante, der einstweilige Rechtsschutz, ihm wiederum nur in besonderen Fällen eröffnet ist. Während im Fall der Aufenthaltsdatenerfassung eine unmittelbare Gegenwehr gegen staatliche Datenerhebungen faktisch kaum in Betracht kommt, kann der betroffene Sportler die Datenverwendung – wenn auch unter vorläufiger Inkaufnahme erheblicher, unverhältnismäßiger Nachteile – verhindern. Anders als dem Bürger gegenüber dem Staat bleibt den Athleten gegenüber den Sportvereinigungen als ultima ratio die Möglichkeit, diese Datenverwendungen unter Inkaufnahme der nachteiligen Folgen für ihr Mitgliedschafts- oder Vertragsverhältnis zu vermeiden. Es bleibt dabei, dass die Sportler angesichts der existenziellen Bedeutung der Rechtsbeziehung zu den Verbänden nicht auf diese Handlungsalternative verwiesen werden können. Der Blick auf die Austrittsmöglichkeit macht aber deutlich, dass gegenüber privaten Datenverwendungen noch Mittel zur Hand stehen, wo der Betroffene dem Eingriff des Staates oft ohne Verhinderungsmöglichkeit ausgeliefert ist. Speziell mit Blick auf die Diskussion um die Aufenthaltsmeldepflichten der Athleten unterscheiden sich die Ausgangssituationen zwischen Sportvereinigungen und Sportler einerseits und zwischen Staat und erfasstem Bürger andererseits zudem in folgendem Punkt ganz grundsätzlich: Erstens stellt die Datenerfassung für den Staat sowohl als Maßnahme zur Mautabrechnung als auch im Fall der Kennzeichenerfassung für Ermittlungszwecke nur eine von mehreren unterschiedlichen Vorgehensweisen dar, über die das damit verfolgte Ziel erreicht werden kann. Zweitens ist der Verzicht auf die Datenerfassung für Maut- oder auch Ermittlungszwecke für den Staat nicht gleichbedeutend mit einem Verzicht auf die Umsetzung grundlegender, nach dem eigenen Selbstverständnis staatsprägen620 Zur Berücksichtigung der Gefahr der Verhaltenssteuerung bei der Bewertung der Eingriffsintensität vgl. auch BVerfG NJW 2008, 1505, 1508 f.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

der Werte. Demgegenüber sind die Aufenthaltsmeldepflichten für die Sportvereinigungen ein unverzichtbares Mittel zur Aufrechterhaltung eines funktionierenden Dopingkontrollsystems und damit elementare Bedingung für die Umsetzung der ideologischen Grundentscheidung für einen dopingfreien Sport, die für die Sportvereinigungen von identitätsstiftender Bedeutung ist. Auch wenn die von den Datenschutzbeauftragten vorgebrachten grundsätzlichen Bedenken und die vom BVerfG formulierten Vorbehalte gegen die Erfassung von Aufenthaltsdaten und insbesondere gegen von der öffentlichen Hand erstellte Bewegungsprofile hiernach nicht die Unzulässigkeit der Aufenthaltsdatensammlungen der Sportvereinigungen begründen, lassen sich daraus doch folgende Konsequenzen für die Ausgestaltung der verbandsrechtlichen Aufenthaltsmeldepflichten ziehen: Nachdem bereits bei – gemessen an der Menge und der zu erwartenden Bedeutung der gesammelten Informationen – wesentlich geringfügigeren Eingriffen durch die diskutierten Bewegungsdatensammlungen der öffentlichen Hand zutreffend Bedenken wegen einer Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechtes erhoben werden, bedarf eine Maßnahme wie die Aufenthaltsmeldepflicht umso mehr der Rechtfertigung mit schwerwiegenden Interessen der Sportvereine sowie einer maßvollen, auf die Milderung der damit verbundenen Rechtsbeeinträchtigung bedachten Ausgestaltung, um das Überwiegen der Vereinsinteressen begründen zu können. Die von den Datenschutzbeauftragten hinsichtlich der Ausgestaltung eines „Road-pricing-Systems“ aufgestellten Forderungen lassen sich insoweit ebenso wie die Maßgaben des BVerfG zur Kennzeichenerfassung ohne weiteres auf das System der Meldepflichten zu Zwecken der Dopingbekämpfung übertragen. Es ist somit von den Verbänden, nicht zuletzt mit Blick auf das Zweckbindungsgebot, strikt auf die Bestimmtheit der Regelungen über die Meldepflichten zu achten. Gleiches gilt hinsichtlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Wird die Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts durch die Datenverwendung nicht auf das geringstmögliche Maß reduziert, wozu insbesondere die Erstellung von Bewegungsprofilen auf den unvermeidlichen Umfang begrenzt und die Möglichkeit zum Missbrauch unvermeidlicher Bewegungsprofile soweit als möglich ausgeschlossen werden muss, überwiegen ebenso wie die Datenschutzinteressen der Straßennutzer gegenüber dem mit der Einrichtung der Gebührensysteme verfolgten Gemeininteresse an der Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur auch die Interessen der Athleten an der Unversehrtheit ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts gegenüber dem Interesse der Verbände an der lückenlosen Kenntnis vom aktuellen Aufenthaltsort der Athleten. Sind die Regelungen hinsichtlich der Verwendung der Aufenthaltsdaten unter Beachtung der Maßgaben ausgestaltet, die sich nach dem oben Gesagten aus dem Erforderlichkeitsgrundsatz ergeben, ist bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen erneut die besondere Bedeutung zu beachten, die den Festlegungen des

VII. Verpflichtung zur Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes

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Vereins bezüglich seiner Vereinszwecke zukommt.621 Dem äußerst schwerwiegenden, weil existentiellen Interesse der Verbände an der Umsetzung des Verbandszwecks „dopingfreier Sport“ steht das zwar ebenfalls gewichtige, in der konkreten Situation aber nur verhältnismäßig gering gefährdete informationelle Selbstbestimmungsrecht gegenüber. Durch die im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung erwähnten Schutzmaßnahmen wären der mit der Datenverwendung verbundene Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler wie auch die Gefahr eines Missbrauchs ihrer Aufenthaltsdaten so weitgehend reduziert, dass die Verwendung gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG als zulässig anzusehen wäre. (2) § 28 I 1 Nr. 2 BDSG Die Zulässigkeit einer Datenerhebung, -speicherung, -veränderung, -übermittlung oder -nutzung zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke gemäß § 28 I 1 Nr. 2 BDSG setzt voraus, dass die Datenverwendung zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und ihr kein überwiegendes Interesse des Betroffenen am Schutz der in Rede stehenden Daten entgegensteht. Mit Blick auf die Gestattung der Datenverwendung durch § 28 I 1 Nr. 1 BDSG als für die Durchführung des Wettkampfvertrages und des Mitgliedschaftsverhältnisses erforderlich bedarf es im Verhältnis zwischen den Verbänden und den Mitgliedern der angeschlossenen Vereine sowie den vertraglich an das Dopingreglement gebundenen Athleten nicht mehr der Rechtfertigung der Aufenthaltsdatensammlung über § 28 I 1 Nr. 2 BDSG. Dessen Anwendung im Verhältnis zu den mitgliedschaftlich oder vertraglich gebundenen Sportlern scheidet vielmehr aus, da aufgrund der Ausrichtung der Meldepflichten auf die Erreichung der Dopingfreiheit als Verbands- oder Vertragszweck die darin zu sehende Datenverwendung bei Verneinung der Erforderlichkeit i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG auch nicht nach § 28 I 1 Nr. 2 BDSG gerechtfertigt werden könnte.622 Von Interesse für die Verbände wäre hiernach allerdings noch die Anwendbarkeit auf nicht vertraglich oder mitgliedschaftlich gebundene Sportler. Für die Unterwerfung weder mitgliedschaftlich noch vertraglich an die Sportvereinigungen gebundener Athleten unter das Dopingverbot und das Dopingkontrollregime im Allgemeinen und somit auch unter die Aufenthaltsmeldepflichten ist allerdings das Bestehen einer besonderen rechtlichen Beziehung zwischen Sportlern und Sportvereinigungen unverzichtbar. Das Interesse an einer funktionierenden Dopingbekämpfung, das insoweit einzig als berechtigtes Interesse der Sportvereine und der Wettkampfveranstalter i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG in Betracht kommt, 621 622

3.2.

Vgl. oben D.I.1.a). S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 28 Rn. 77; Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

resultiert aus dem Umstand, dass die Verbände und Veranstalter das Anliegen eines dopingfreien Sports zu einem ihrer zentralen Ziele erhoben haben. Da die Verbände und Veranstalter als Privatrechtssubjekte nicht die Rechtsmacht haben, allgemeinverbindliche Ziele festzulegen, beschränken sich ihre Möglichkeiten zur Fixierung von Zielvorgaben auf den Erlass entsprechender vereinsrechtlicher Bestimmungen, die nur für die als Mitglieder oder Vertragspartner den Vereinsregeln unterworfenen Beteiligten verbindlich sind. Ohne eine gesonderte vertragliche Bindung, die naturgemäß den Abschluss eines inhaltlich entsprechend ausgestalteten Vertrages mit dem Dritten erfordert, ist hiernach eine Unterwerfung nicht vereinsangehöriger Athleten unter die Ziele der Verbände und Veranstalter nicht möglich. Gegenüber „freien“ Sportlern besteht daher kein berechtigtes Interesse der Verbände an deren Unterwerfung unter das Dopingverbot und im weiteren unter das Dopingkontrollregime und die Aufenthaltsmeldepflichten i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG. (3) § 28 I 1 Nr. 3 BDSG Eine Rechtfertigung der Verwendung der Aufenthaltsdaten der Athleten nach § 28 I 1 Nr. 3 BDSG dürfte im Regelfall ausgeschlossen sein: Aus den bereits dargelegten Erwägungen zur Empfindlichkeit der Aufenthaltsdaten heraus scheidet eine Veröffentlichungsbefugnis der Vereine und Verbände von vornherein aus, soweit die Veröffentlichung nicht ausnahmsweise aufgrund außergewöhnlicher Umstände als zulässig erscheint. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch vergleichsweise publicityinteressierte Sportler im Allgemeinen nicht dazu bereit sind, ihre Aufenthaltsdaten in dem von den Sportvereinigungen geforderten Umfang der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, zumal die vereinsrechtlich generierte Meldepflicht bei weitem über den beruflichen Betätigungsbereich als Profisportler hinaus in die außerberufliche Sphäre der Athleten hineinwirkt. (4) Einwilligung (§§ 4 I, 4a BDSG) Auch hinsichtlich der Verwendung der Aufenthalts- und Trainingsdaten sieht § 4 I BDSG neben der Gestattung nach § 28 I 1 BDSG die Einwilligung der Sportler als möglichen Erlaubnistatbestand vor. Ein einwilligungsähnlicher Akt findet sich in der Unterwerfung der vereinsangehörigen Athleten unter die Vereinsbestimmungen, die mit der Beitrittserklärung verbunden ist. Die Unterwerfung unter das Reglement anlässlich der Vereinsaufnahme durch den Abschluss des hierzu erforderlichen Aufnahmevertrags623 umfasst auch die vereinsrechtlichen Bestimmungen über die Aufenthalts623 Zur Erforderlichkeit des Aufnahmevertrags vgl. B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 1006 ff.; BGHZ 101, 193, 196; BAG NZA 2001, 980, 981.

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meldepflichten. Der Geltung der Aufenthaltmeldebestimmungen gegenüber den Sportlern nach den für die Unterwerfung unter das Vereinsrecht anerkannten Regeln können allerdings Besonderheiten entgegenstehen, die sich aus den im BDSG festgeschriebenen Zulässigkeitsvoraussetzungen für Datenverwendungen und hier aus den besonderen Anforderungen an die Einwilligung des Betroffenen ergeben. Soweit Mitgliedspflichten begründet werden sollen, die nicht die Gestattung von Datenverwendungen i. S. d. BDSG zum Gegenstand haben, gründet nach der von der h. M. vertretenen modifizierten Normentheorie die Verbindlichkeit der Vereinsregeln für das Neumitglied auf deren normenähnlichem Charakter,624 der ab dem Moment der Wirksamkeit des Beitritts zum Tragen kommt und den Beigetretenen auch ihm unbekannten Bestimmungen des Vereins unterwirft.625 Die Festlegung von Mitgliedspflichten erlangt zudem infolge der Unterwerfungserklärung nicht nur insoweit Verbindlichkeit, als sie im Moment des Beitritts schon im Vereinsreglement niedergelegt waren. Durch die Beitrittserklärung unterwirft sich der Sportler vielmehr auch bereits den zukünftigen, satzungsgemäß erlassenen Änderungen und Ergänzungen des Reglements.626 Soweit nicht spezielle Bestimmungen eine Einwilligung erforderlich machen, kommt es somit für die Geltung des Vereinsrechts gegenüber dem Neumitglied auf eine Einwilligung anlässlich des Beitrittsvertrages nicht an. Dieser Mechanismus der Geltungserstreckung des Vereinsrechts führt dazu, dass Vereinsregeln ungeachtet der tatsächlichen Kenntnis in der Person der Vereinsmitglieder für und gegen sie wirksam werden können, ohne dass dem ein auf den Inhalt der Regeln gerichteter Zustimmungsakt vorausgegangen ist. Tatsächlich dürfte auch mit Blick auf den NADA-Code in der täglichen Praxis von Vereinsbeitritten eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass viele Sportler die Vereinsregelwerke, durch die der NADA-Code zum beachtlichen Recht erhoben wird, vor dem Beitritt nicht im Einzelnen durchlesen, so dass die Beitrittserklärungen in einer Vielzahl von Fällen nicht den informierten Willen zur Hinnahme der darin vorgesehenen Rechtseingriffe umfassen. Geht es wie im Falle der Aufenthaltsmeldepflichten um Vereinsregeln, die Beeinträchtigungen des vom BDSG geschützten informationellen Selbstbestimmungsrechts vorsehen, sind auch hinsichtlich der Unterwerfungserklärung der Athleten die besonderen Anforderungen zu beachten, die von den §§ 4 und 4a 624

B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 429 f. B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 1042. 626 Dies gilt nach BGH NJW 2000, 1713 („Hundezüchter“) nicht für satzungsmäßige Schiedsklauseln. Nach U. Haas, SpuRt 2000, 137, 140, werden im Moment des Vereinsbeitritts bereits in der Satzung enthaltene Schiedsklauseln durch die mit dem Beitritt verbundene Zustimmung zu den Vereinsbestimmungen hinreichend legitimiert, während sich für nach dem Beitritt eingefügte Schiedsklauseln eine gesonderte Zustimmung der Vereinsmitglieder empfiehlt. 625

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

BDSG an die Wirksamkeit von Einwilligungen in Datenverwendungen gestellt werden. Von den Einwilligungsregeln des BDSG wird eine Blankoeinwilligung in sämtliche aus dem Vereinsreglement resultierenden Persönlichkeitsrechtseingriffe ohne konkrete Vorstellung von deren Inhalt ausgeschlossen, da sie den allgemeinen Grundsätzen für Einwilligungen in die Beeinträchtigung höchstpersönlicher Rechte widerspräche und zudem der Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht gerecht würde. Insbesondere ist nach den Einwilligungsregeln des BDSG erforderlich, dass die Erklärung der Zustimmung zur Verwendung ihrer Aufenthaltsdaten durch die Verbände und die NADA anlässlich des Vereinsbeitritts oder des Vertragsschlusses für die Athleten so hinreichend deutlich erkennbar ist, dass die Einwilligung in die Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts in jedem Fall bewusst erklärt wird. Dieses Bedürfnis nach einer bewussten Zustimmung hat für Eingriffe ins informationelle Selbstbestimmungsrecht im Geltungsbereich des BDSG in § 4a I 4 BDSG seinen Niederschlag gefunden. Um zu vermeiden, dass die Zustimmung zur Datenverwendung im Gesamtvertragswerk untergeht, erhebt § 4a I 4 BDSG die Forderung nach einer besonderen Hervorhebung neben anderen, zusammen mit der Einwilligung abgegebenen Erklärungen. An dieser bewussten Bestätigung der dem Verein zugestandenen Eingriffsbefugnisse fehlt es im Zusammenhang mit der Unterwerfung unter das Vereinsrecht anlässlich des Vereinsbeitritts, soweit die Funktion der Beitrittserklärung als Einwilligung in die Vereinsregeln über die Verwendung der Athletendaten nicht gesondert deutlich gemacht ist. Mit diesem Verständnis der §§ 4 und 4a BDSG korrespondiert die Sichtweise der h. M., der zufolge § 4 I BDSG als Rechtsvorschriften lediglich materielle Rechtsnormen akzeptiert, während Satzungen von juristischen Personen des privaten Rechts nicht unter den Begriff fallen.627 Somit können auf der Basis von Bestimmungen in Vereinssatzungen und -ordnungen, in die nicht gesondert eingewilligt wurde, zwar Eingriffe in absolute Rechte im Allgemeinen, nicht jedoch Eingriffe in das vom BDSG geschützte informationelle Selbstbestimmungsrecht zulässig sein. Ungeachtet der Qualität der Eingriffsregelung als Vereinsrecht bedarf es deshalb zusätzlich der Einwilligung der Vereinsmitglieder nach Maßgabe der §§ 4, 4a BDSG. Eine erforderliche Einwilligung kann gegebenenfalls zusammen mit dem Vereinsbeitritt erklärt werden, muss jedoch im Falle der nachträglichen Einrichtung neuer Eingriffsbefugnisse in den Vereinsregelwerken erneut von den Vereinsmitgliedern eingeholt werden. Was deren Beschaffenheit und Wirksamkeitsvoraussetzungen betrifft, sind an die Einwilligung gemäß § 4 I BDSG dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Einwilligung in Eingriffe in andere absolut geschützte Rechte auch. Hierfür spricht schon die Einordnung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als sonstiges Recht i. S. d. § 823 I BGB. Mit der Einwilligung gemäß § 4 I BDSG wird nichts 627

S. Walz, in: Simitis, BDSG, § 4 Rn. 9 f.

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anderes als ein Eingriff in ein absolutes Recht des Betroffenen, nämlich in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung informationelles Selbstbestimmungsrecht, geregelt. Eine Erleichterung der Wirksamkeitsvoraussetzungen im Vergleich zur Einwilligung in die Beeinträchtigung anderer absolut geschützter Rechte kommt mit Blick auf die besondere Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines der ranghöchsten Verfassungsgüter nicht in Betracht. Hinzu kommt, dass das BDSG dem besonderen Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts und nicht der Erweiterung der Eingriffsmöglichkeiten in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dienen will, so dass sich eine verwenderfreundliche, weite Auslegung des Einwilligungsbegriffes nicht mit den Gesetzeszwecken vertragen würde. Die Beitrittserklärung beinhaltet eine Einwilligung in diesem Sinne nur in Bezug auf das bestehende Vereinsrecht. Der Einordnung der Unterwerfung als Einwilligung in die Geltung unbekannter und sogar zukünftiger Regeln des Vereins steht das Erfordernis der dezidierten Erläuterung der Zwecke der davon erfassten Datenverwendungen entgegen, die für zukünftig noch zu regelnde Verwendungen im Moment der Einwilligung naturgemäß nicht erfolgen kann. Eine wirksame Einwilligung in die Beeinträchtigung höchstpersönlicher Rechtspositionen erfordert zu ihrer Wirksamkeit die konkrete Kenntnis der Rechtsbeeinträchtigung, deren Zulässigkeit sie bewirken soll. Die im Wege eines Lizenz-, Arbeits- oder Wettkampfvertrags mit den Verbänden und Veranstaltern verbundenen Sportler willigen dadurch in die Aufenthaltsmeldepflichten ein, dass sie auf die einschlägigen Verbandsregularien Bezug nehmende Vereinbarungen unterzeichnen. Die Einwilligung kann des Weiteren auch in Zusatzvereinbarungen erklärt werden, wie sie gegebenenfalls die Athletenvereinbarungen des DOSB und anderer Verbände darstellen. Werden die Aufenthaltsdaten von vereinsangehörigen wie auch von vertraglich gebundenen Athleten an die zuständigen Stellen übermittelt, ohne dass zuvor eine ausdrückliche – schriftliche oder mündliche – Erklärung der Einwilligung erfolgt ist, läge nach den allgemeinen Grundsätzen zur Einwilligung die Annahme einer konkludenten Einwilligungserklärung nahe. Für eine solche konkludente Zustimmung lässt das Schriftformerfordernis des § 4a I 3 BDSG jedoch keinen Raum. Hiernach ist die Einwilligung schriftlich zu erklären, soweit nicht besondere Umstände im Sinne von § 4a I 3 2. Hs. BDSG vorliegen, die ein Abweichen vom Schriftformerfordernis als angemessen erscheinen lassen. Derartige besondere Umstände sind allerdings für die Zustimmung zur Verwendung der Aufenthaltsdaten durch die Verbände im Wege der Unterwerfung unter das Vereinsreglement nicht erkennbar. Der Vereinsbeitritt geschieht nicht unter besonderer Eilbedürftigkeit oder im Rahmen eines Massengeschäfts oder unter anderen außergewöhnlichen Bedingungen, die ein Interesse am Verzicht auf die Schriftform begründen könnten. Dies gilt gleichermaßen auch für den Fall, dass entsprechende Vereinsregelungen erst nach dem Beitritt des davon betroffenen Mitglieds

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

im Vereinsrecht installiert werden. Eine erweiternde Auslegung des § 4a I 3 2. Hs. BDSG dergestalt, dass bereits der mit der Einholung von schriftlichen Erklärungen immer verbundene Aufwand die Annahme besonderer Umstände rechtfertigen würde, kommt angesichts der Bedeutung des von § 4a I 3 BDSG festgeschriebenen Schriftformerfordernisses nicht in Betracht. Die hier fixierten erhöhten Formanforderungen lassen schon eine ausdrückliche mündliche Einwilligung anstelle einer schriftlichen Erklärung nur in Ausnahmefällen „wegen besonderer Umstände“ zu. Denn der Vorschrift lässt sich entnehmen, dass eine ausdrückliche Erklärung, die ebenso klar wie die schriftliche Einwilligung auf die konkret beabsichtigte Verarbeitung oder Nutzung bezogen sein muss, den Mindeststandard einer wirksamen Zustimmung darstellt. Da § 4a I 3 2. HS BDSG nach seinem Wortlaut wie auch nach der Intention des Gesetzes eindeutig eine Ausnahmeregelung darstellt, ist eine restriktive Auslegung dahingehend geboten, dass weitere Formerleichterungen über den Verzicht auf die Schriftform hinaus nicht statthaft sein sollen.628 Zudem wäre mangels einer eindeutigen Bezugnahme auf verbandsrechtliche oder vertragliche Regelungen zu den Zwecken der Datenverwendung und zu den im Einzelnen beabsichtigten Verarbeitungsmaßnahmen die notwendige Bestimmtheit der Einwilligung nicht gegeben, so dass unklar bliebe, welche Verwendungen der Aufenthaltsdaten von der konkludenten Einwilligung gedeckt sein sollten. Bedarf die jeweils erforderliche Einwilligung daher nach Maßgabe des § 4a I 3 BDSG der Schriftform, wird diese hinsichtlich des bereits geltenden Vereinsrechts allerdings zumeist deshalb gewahrt sein, da der Vereinsbeitritt wie auch die vertragliche Bindung der Sportler im Regelfall schriftlich erfolgen. Eine den Anforderungen des BDSG genügende schriftliche Einwilligung ist in diesem Fall mit der Unterzeichnung der Beitrittserklärung dann gegeben, wenn mit der Beitrittserklärung eine Einwilligungserklärung verbunden ist, deren Auslegung eindeutig zu dem Ergebnis führt, dass den Datenverwendungsregelungen im Vereinsrecht und damit auch den Aufenthaltsmeldepflichten zugestimmt werden soll. Die pauschale Zustimmung zur Geltung des Vereinsrechts ohne gesonderte Einwilligungserklärung bezüglich der Datenverwendungsregeln reicht demgegenüber als Einwilligung i. S. d. § 4a BDSG nicht aus. Im Falle minderjähriger Athleten bedarf es im Hinblick auf die Gestattung der Datenverwendung lediglich der Zustimmung der Sportler selber, soweit diese ihre geistigen und sittlichen Reife nach in der Lage sind, die Tragweite des Eingriffs in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht zu erfassen, der mit der Meldung ihrer Aufenthaltsdaten verbunden ist.629 Hiervon unberührt bleibt gegebenenfalls das Erfordernis der Vertretung durch den Erziehungsberechtigten hinsichtlich der weiteren, anlässlich des Vereinsbeitritts erforderlichen Erklärungen. Auch soweit 628 629

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 43 f. Vgl. oben B.I.2.b)bb)(2)(a); S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 20 ff.

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die Einwilligung ausschließlich den Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht betrifft, bedarf es allerdings nach zutreffender Auffassung630 der ergänzenden Zustimmung der Sorgeberechtigten immer dann, wenn die Einwilligung aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls Aspekte berührt, die von der Personensorge gemäß § 1631 BGB erfasst werden. Die Unzulänglichkeit einer konkludenten Einwilligung ergibt sich des Weiteren auch aus § 4a I 4 BDSG, der mit dem Gebot der gesonderten Hervorhebung der Einwilligung von anderen, im Verbund mit der Einwilligung abgegebenen Erklärungen die Bedeutung der schriftlichen Einwilligung nochmals betont. Geht die Zielrichtung der Vorschrift insbesondere dahin, zu verhindern, dass die Einwilligung bei Formularverträgen im „Kleingedruckten“ versteckt und deshalb durch den Betroffenen mit der Unterzeichnung eines Gesamtvertragswerkes erteilt wird, ohne dass er sich der diesbezüglichen Tragweite seiner Erklärung überhaupt bewusst ist,631 lässt sich zwar aus der Sicht der Verbände die Frage stellen, ob der Aufwand einer gesondert hervorgehobenen Einwilligungserklärung auch im Zuge des Vereinsbeitritts betrieben werden muss, obwohl hier nicht eine vertragliche Austauschbeziehung, sondern ein Mitgliedschaftsverhältnis begründet werden soll. Dem ist jedoch schon entgegenzuhalten, dass der Beitritt zum Verein einen dem Abschluss von Formularverträgen durchaus vergleichbaren Vorgang darstellt: In beiden Fällen nimmt die mit der Unterschriftsleistung manifestierte Erklärung auf ein umfangreiches Normengeflecht Bezug, im einen Fall auf die Einzelregelungen des zu schließenden Vertrages, im anderen Fall auf die vereinsrechtlichen Bestimmungen, die aus der Vereinssatzung und daneben einer ganzen Reihe von nachrangigen Regelwerken wie Vereinsordnungen u. ä. bestehen können. Auch der Ablauf des Zustandekommens des Beitrittsvertrages ähnelt in wesentlichen Punkten dem Abschluss von Verträgen zur Bedarfsdeckung des täglichen Lebens: In beiden Fällen wird dem Abschlusswilligen im Regelfall das Klauselwerk des Anbieters zur Verfügung gestellt und hiernach – ohne weitere Durchsprache der darin enthaltenen Regelungen – der Abschluss des Vertrages faktisch durch die Erklärung des Interessenten besiegelt, die im Fall des Vereinsbeitritts lediglich noch durch den Aufnahmeakt seitens des Vereins bestätigt wird. Der Beitrittswillige ist somit gegenüber einer in der Satzung oder dem sonstigen Recht des Vereins enthaltenen Einwilligungsregelung nicht weniger schutzbedürftig als der Vertragspartner gegenüber einer entsprechenden Regelung in den AGB des Anbieters. § 4a I 4 BDSG verfolgt offenkundig das Ziel, jedwede Datenverwendung nur unter der Voraussetzung zuzulassen, dass dafür entweder eine gesetzliche Rechtsgrundlage existiert oder aber eine Zustimmung des Betroffenen vorliegt, die auch tatsächlich in dem Bewusstsein erklärt wurde, dass sie der Legitimation der beabsichtigten Datenverwendung dient. 630 631

D. Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 200 f. Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 6.2.

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Wendete man demgegenüber § 4a I 4 BDSG nicht auf vereinsrechtliche Eingriffserlaubnisse an, fehlte es für die Datenverwendungen des Vereins mangels der erforderlichen Normqualität des Vereinsrechts sowohl an einer gestattenden „Rechtsvorschrift“ i. S. d. § 4 I BDSG als auch an einer Zustimmungserklärung des Betroffenen, deren bewusste Abgabe durch die von § 4a I 4 BDSG geforderte Hervorhebung gesichert wäre. Die entsprechenden Eingriffsrechte erlangten dann gegenüber dem Sportler Geltung, ohne dass der von § 4a I 4 BDSG offenbar für notwendig erachtete Schutz durch einen vorgeschalteten Gesetzgebungsakt oder eine qualifizierte Einwilligung gegeben wäre. Wird hiernach auch die Einwilligung anlässlich des Vereinsbeitritts von § 4a I 4 BDSG erfasst, stellt sich des Weiteren die Frage, inwieweit die bislang teilweise von den Verbänden verwendeten formularmäßigen Erklärungen, in denen die Sportler bestätigen, über die gültigen Doping-Bestimmungen informiert worden zu sein und diese zu kennen, und die aufgeführten Doping-Bestimmungen darüber hinaus ausdrücklich anerkennen, den Anforderungen der Vorschrift genügen. Obwohl zu den auf diese Weise gesondert anerkannten Bestimmungen auch die Regelungen über die Meldepflichten der Athleten gehören, ist die Gegenzeichnung der Erklärung wiederum nur dann als schriftliche Einwilligung in die Verwendung der Aufenthalts- und Trainingsdaten i. S. d. § 4a I 4 BDSG anzusehen, wenn die Zustimmung zur Datenverwendung besonders hervorgehoben ist. Enthält die gesonderte Anerkenntniserklärung lediglich eine pauschale Zustimmung zum gesamten Anti-Doping-Recht des Verbands, jedoch keine Hervorhebung desjenigen Teiles der Einwilligung, der die Verwendung der personenbezogenen Daten der Sportler betrifft, bleibt es beim Verstoß gegen § 4a I 4 BDSG, da die Vorschrift ihrem Sinn und Zweck nach erfordert, dass genau diejenige Erklärung von den sonstigen Erklärungen abgehoben wird, die die Einwilligung in BDSG-relevante Datenverwendungen betrifft. Einwilligungserklärungen, die nicht in der erforderlichen Schriftform abgegeben werden, sind nichtig.632 Die Beschaffung, Speicherung und weitere Verwendung der Aufenthaltsdaten wird daher nicht durch eine in der Preisgabe der Informationen liegende konkludente Einwilligung gestattet. Einerlei, ob die Sportler durch vereinsrechtliche Bestimmungen oder durch vertragliche Vereinbarungen zu den Aufenthaltsmeldungen verpflichtet werden sollen, bedarf es hierfür ihrer ausdrücklichen, schriftlichen Einwilligung. Ungeachtet der Frage, ob die Sportvereinigungen die Einwilligung der Athleten in die Aufenthaltsmeldepflichten anlässlich des Vereinsbeitritts oder im Rahmen einer gesonderten Vereinbarung einholen, hat der Einwilligung nach § 4a I 2 BDSG eine ordnungsgemäße Aufklärung der Sportler über den Zweck der Datenverwendung vorauszugehen. Hierzu bedarf es eines Hinweises auf den vorge632 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 35, 26; Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 6.1.

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sehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der personenbezogenen Daten. Erforderlich ist eine so detaillierte Information über die gewünschten Daten und die Verwendungsbedingungen, dass der Sportler Anlass, Ziel und Folgen der Verwendung zutreffend abschätzen kann. Eine Heilung des Versäumnisses der Information gemäß § 4a I 2 BDSG ist angesichts von Sinn und Zweck der Informationsverpflichtung nur sehr eingeschränkt möglich: Die Aufklärung ist insofern konstitutiv für die Einwilligung, als sie die Bezugsmasse für die Zustimmung darstellt und hierdurch unmittelbar den Inhalt der Einwilligungserklärung gestaltet. Nur diejenigen Datenverwendungen, von denen der Athlet überhaupt Kenntnis hat, kann er mit seiner Einwilligung gestatten. Der Umfang der Kenntnis des Sportlers wird jedoch vom Inhalt der Aufklärung über die beabsichtigte Datenverwendung bestimmt. Wie die Einwilligung in andere Datenverwendungen muss auch die Einwilligung in die Verwendung der Aufenthalts- und Erreichbarkeitsdaten nach § 4a I 1 BDSG auf der freien Entscheidung der Athleten beruhen.633 Soweit die Einwilligung aufgrund der Verankerung der Meldepflichten in den Regularien des zuständigen Sportvereins Voraussetzung für die Vereinsmitgliedschaft oder ihre Erklärung Bedingung für die Erlangung der vertraglichen Teilnahmeberechtigung ist, so dass eine Teilnahme an den für den Profi berufsnotwendigen Wettkämpfen ohne vorherige Zustimmung zu den Meldepflichten nicht möglich ist, kommt es für ihre Wirksamkeit erneut darauf an, ob die Verbände ein überwiegendes Interesse an der Durchsetzung der Meldepflichten geltend machen können.634 Ein überwiegendes Interesse an den Meldepflichten ist unter den oben bereits dargelegten Voraussetzungen gegeben.635 Was die Reichweite der Einwilligung betrifft, spielt die von § 4a I 2 BDSG zur Pflicht des Datenverwenders erhobene Aufklärung des Betroffenen eine entscheidende Rolle. Ungeachtet der Diskussion über ihre Rechtsnatur636 ist sie nach den für rechtsgeschäftliche Willenserklärungen geltenden Grundsätzen auszulegen.637 Entscheidend ist daher, wie die Einwilligung vom objektiven Empfängerhorizont her zu verstehen ist. Hierfür ist maßgeblich, welche Datenverwendungen im Einzelnen dem Einwilligenden im Moment der Abgabe der Erklärung bekannt sind und inwieweit die Einwilligung für den Erklärungsempfänger erkennbar auf diese 633

Zu den Voraussetzungen einer freien Entscheidung vgl. oben B.II.1.b)aa)(2)(c). Vgl. oben B.I.2.b)cc)(2). 635 Vgl. D.VII.1.b)aa)(1)(c); für die Wirksamkeit der Einwilligung – allerdings mangels Sittenwidrigkeit – auch T. Giesen, Gutachten zur Stellungnahme 3/2008 der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“, S. 4. 636 Für die Einordnung als geschäftsähnliche Handlung Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 38, u. Palandt/J. Ellenberger, Überblick vor § 104 Rn. 6; für die Einordnung als rechtsgeschäftliche Erklärung S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4a Rn. 20 m.w. N. 637 So trotz der Einordnung als geschäftsähnliche Handlung auch Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 38, u. Palandt/J. Ellenberger, Überblick vor § 104 Rn. 7. 634

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Datenverwendungen Bezug nimmt. Als bekannt in diesem Sinne können allerdings nicht einfach sämtliche Einzelverwendungen angenommen werden, die zur Erreichung des Zwecks der Meldepflichten, nämlich der Durchführung jederzeitiger unangekündigter Dopingkontrollen erforderlich sind. Zwar dürfte dieser Zweck als solcher sämtlichen Athleten bekannt sein, die der Verpflichtung zur Meldung ihrer Aufenthalts- und Erreichbarkeitsdaten zustimmen. Die Wirksamkeit der Einwilligung setzt jedoch voraus, dass der Athlet über die beabsichtigte Verwendung seiner Daten so konkret im Bilde ist, dass er Anlass, Ziel und Folgen der Verarbeitung korrekt abschätzen kann.638 Die Aufklärung darf sich hiernach nicht auf die Erläuterung des Verwendungszwecks beschränken, sondern muss darüber hinaus auch die gewünschten Daten, die Verarbeitungsbedingungen und potentielle Übermittlungsempfänger benennen,639 so dass die Sportler den Umfang der damit verbundenen Eingriffe in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht beurteilen können.640 (5) Einverständnis Auch hinsichtlich der Aufenthaltsdaten erscheint es durchaus als denkbar, dass ein Athlet sich durch die Meldung dieser Daten von vornherein nicht in seinem Persönlichkeitsrecht tangiert fühlt, weil es aus seiner Sicht keine Rolle spielt, inwieweit Verband und NADA über seinen jeweiligen aktuellen Aufenthaltsort Bescheid wissen. Zieht der Sportler auf diese Weise die Grenze des Schutzbereiches des informationellen Selbstbestimmungsrechts so, dass die zu meldenden Aufenthaltsdaten gar nicht erst von diesem Schutzbereich erfasst werden, liegt ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vor, das nach den oben dargelegten Grundsätzen bereits die Feststellung eines Schutzbereichseingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht verhindert. Im Anwendungsbereich des BDSG bereitet die Behandlung der Einverständnisfälle allerdings deshalb Schwierigkeiten, da die Möglichkeit eines Einverständnisses vom BDSG nicht vorgesehen wird. Datenverwendungen, die nach dem BDSG zu beurteilen sind, sind immer i. S. d. Gesetzes tatbestandliche Akte, die als solche der Gestattung durch eine Rechtsvorschrift oder durch die Einwilligung des Betroffenen bedürfen. De facto wird der Datenschutz des BDSG dem Dateninhaber unabhängig davon zuteil, ob er selber die BDSG-relevanten Maßnahmen als Eingriffe in sein informationelles Selbstbestimmungsrecht ansieht. Vor diesem Hintergrund bleibt im Anwendungsbereich des BDSG keine andere Möglichkeit, als auch die Einverständnisfälle nach den zur Einwilligung geltenden Vorgaben und Grundsätzen zu behandeln. Da die Einwilligung dem Betroffe638

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4a Rn. 70. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4a Rn. 72; Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Anm. 5.2, 5.3. 640 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4a Rn. 77 ff. 639

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nen im Vergleich zum Einverständnis ein Mehr an Schutz bietet, andererseits Rechtsnachteile des Betroffenen aus der Nichtbeachtung des schlichten Einverständnisses nicht erkennbar sind, bestehen hiergegen aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht keine Bedenken. Behandelt man die Einverständnisfälle nach den Einwilligungsregeln, gilt hinsichtlich der Besonderheiten des Einverständnisses Folgendes: Die bei der Einwilligung gegenüber den Verbänden und Veranstaltern aufgrund deren Monopolstellung im Vordergrund stehenden Bedenken hinsichtlich der freien Entscheidung des Betroffenen spielen in den Einverständnisfällen keine Rolle, da die Freiwilligkeit begriffsimmanente Voraussetzung für das Einverständnis ist. In der Vorstellung des Sportlers berührt eine Maßnahme sein Persönlichkeitsrecht, oder sie tut es nicht. Verspürt der Athlet die Maßnahme als Persönlichkeitsrechtseingriff, ändert sich hieran auch im Falle einer Zwangseinwirkung nichts. Empfindet er sie nicht als Persönlichkeitsrechtseingriff, läuft selbst ein unangemessener Zwang der Sportvereinigungen ins Leere. In der Systematik des BDSG können die Einverständnisfälle im Hinblick auf § 4a I 1 BDSG unproblematisch so behandelt werden, als ob eine nicht durch Zwang herbeigeführte Einwilligung des Sportlers vorläge. Führt das Vorliegen des Einverständnisses normalerweise ohne weiteres zur Zulässigkeit der davon erfassten Handlung, ohne dass es ausdrücklich, geschweige denn unter Wahrung einer besonderen Form, erklärt werden muss, kann es diese Wirkung im Anwendungsbereich des BDSG aufgrund der besonderen Regeln für die Einwilligung nicht entfalten. Nach den Bestimmungen des BDSG hat die Wirksamkeit jedweder Zustimmung zur Voraussetzung, dass die vom BDSG insoweit erhobenen formalen Anforderungen beachtet worden sind, also etwa der Hinweis gemäß § 4a I 2 erteilt, die Schriftform gemäß § 4a I 3 eingehalten oder die Hervorhebung gemäß § 4a I 4 BDSG durchgeführt wurden. Ist der Athlet nicht hinreichend informiert (§ 4a I 2 BDSG), führt dies auch nach allgemeinen Einverständnisregeln ohne weiteres zu einer Einschränkung der Reichweite des Einverständnisses, da dieses immer nur diejenigen Maßnahmen erfasst, auf die sich der Einverständniswille des Betroffenen auch tatsächlich bezieht. Kennt der Sportler die notwendigen Details zu Zweck, Art und Umfang der Datenverwendung, obwohl die Information gemäß § 4a I 2 BDSG gänzlich versäumt wurde, kann dem Einverständnis nicht bereits aufgrund des formalen Versäumnisses der verantwortlichen Stelle die Wirksamkeit versagt werden641: Da der Wille des Rechtsgutsinhabers in diesem Fall in Kenntnis aller relevanten Um641 So wohl auch S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4a Rn. 70, der im Falle der unzulänglichen Information nicht die Unwirksamkeit der Zustimmung postuliert, sondern lediglich deutlich macht, dass die verantwortliche Stelle nur dann mit einem rechtlich einwandfreien Einverständnis rechnen kann, wenn sie zuvor ihrer Informationspflicht voll entsprochen hat.

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stände gebildet wurde, wäre es reine Förmelei, die Zustimmung dennoch für unwirksam zu erklären. Allerdings drohen der verantwortlichen Stelle in dieser Konstellation Beweisschwierigkeiten, wenn es im Falle einer späteren Auseinandersetzung darum geht, die hinreichende Kenntnis des Betroffenen nachzuweisen. Auf dem Weg zu einem wirksamen Einverständnis schwieriger zu überwinden ist die Hürde, die § 4a I 3 BDSG mit dem Schriftformerfordernis für die Einwilligung aufstellt: Durch das Schriftformerfordernis soll bewirkt werden, dass der Betroffene vor der Erteilung seiner Zustimmung und somit in jedem Fall vor Durchführung der Datenverwendung zum Nachdenken über diese seine Zustimmung gezwungen wird.642 Diese Schutzfunktion ist jedoch für die Fälle des Einverständnisses nicht weniger relevant als für die Fälle der Einwilligung, da im Ergebnis durch das Einverständnis ebenso wie durch die Einwilligung auf den vom Gesetz für notwendig erachteten Schutz verzichtet wird. Kann demnach das Schriftformerfordernis gemäß § 4a I 3 BDSG nicht durch eine restriktive Auslegung der Regelung auf die Einwilligungsfälle beschränkt werden, hat dies für die verantwortlichen Stellen zur Folge, dass in den Fällen BDSG-relevanter Persönlichkeitsrechtseingriffe – anders als bei sonstigen Eingriffen ins allgemeine Persönlichkeitsrecht – auch über das Einverständnis des Betroffenen eine schriftliche Bestätigung einzuholen ist. Analog ist der Fall zu behandeln, dass zwar eine schriftliche Bestätigung des Einverständnisses von der verantwortlichen Stelle eingeholt wird, dies jedoch in Form der Entgegennahme mehrerer Erklärungen, ohne dass die Zustimmungsbestätigung i. S. d. § 4a I 4 BDSG besonders hervorgehoben ist. Da § 4a I 4 BDSG seiner Funktion nach nichts anderes darstellt als eine zusätzliche Absicherung der Bedenkenfunktion, die dem Schriftformerfordernis zugedacht ist, muss für die Einverständnisfälle insoweit dasselbe gelten wie für den Schriftformzwang als solchen: Wird die Zustimmungserklärung als eine Erklärung von mehreren nicht gesondert hervorgehoben, fehlt es an einem i. S. d. BDSG wirksamen Einverständnis. Die Konsequenz eines Formfehlers kann in den Einverständnisfällen freilich nicht die Entstehung irgendwelcher Schadensersatz- oder sonstiger Ausgleichsansprüche zugunsten der Datenberechtigten sein. Auch wenn das Einverständnis wegen der Missachtung von Formalien von der Rechtsordnung als unwirksam angesehen wird, hat der Betroffene dennoch im Umfang der Reichweite seines Einverständnisses dergestalt auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verzichtet, dass ihm aus Maßnahmen, die den vom Rechtsschutzverzicht betroffenen Bereich berühren, kein Schaden erwächst. Für die verantwortliche Stelle bleibt hiernach lediglich noch die Gefahr, wegen der Missachtung der vom 642

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4a Rn. 33.

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Gesetz zwingend vorgeschriebenen Formalien mit einem Bußgeld oder einer Strafe belegt zu werden. Täuschungsbedingte Willensmängel führen zu einer entsprechend geänderten Reichweite und damit gegebenenfalls – wenn sie den Kern des Einverständnisses betreffen – zur faktischen Unwirksamkeit des Einverständnisses, weil der Rechtsgutsinhaber aufgrund der Täuschung mit etwas anderem als dem einverstanden ist, was tatsächlich geschieht. (6) Ergebnis ad aa) Für die Beantwortung der Frage nach einer gesetzlichen Gestattung oder Anordnung für die Meldepflichten der Athleten bleibt es somit dabei, dass sich eine den Anforderungen des § 4 I BDSG genügende Erlaubnisnorm einzig und allein in § 28 I 1 Nr. 1 BDSG findet, dessen Anwendung die strikte Beachtung des Erforderlichkeitsgebots voraussetzt. Die Rechtfertigung der Meldepflichten allein durch die einschlägigen Vereinsbestimmungen kommt demgegenüber nicht in Betracht, da Vereinsregeln nicht unter den Begriff der Rechtsvorschrift i. S. d. § 4 I BDSG fallen. In Verbindung mit der Unterwerfungserklärung der Sportler anlässlich des Vereinsbeitritts wirken die Vereinsbestimmungen nur insoweit rechtfertigend, als sie im Moment des Beitritts bereits in Kraft waren und neben der Beitrittserklärung eine Einwilligungserklärung der Athleten abgegeben wurde, die den Anforderungen der §§ 4 und 4a BDSG genügt. Ein eventuelles Einverständnis ist ebenfalls nur bei Beachtung der Wirksamkeitsanforderungen des BDSG für Einwilligungen beachtlich. bb) Maßgaben des BDSG für die Verwendung der Aufenthaltsdaten Auch für den Umgang mit den Aufenthaltsdaten der Athleten sind beim Vorliegen einer Gestattungsnorm oder einer wirksamen Einwilligung die weiteren Maßgaben des BDSG für die Verwendung personenbezogener Daten643 im Auge zu behalten, deren Missachtung zur Unverhältnismäßigkeit und damit zur Unzulässigkeit der Datenverwendung, jedenfalls aber zur Entstehung von Schadensersatzansprüchen in der Person des Datenberechtigten (§ 7 BDSG) sowie zur Verwirkung von Geldbußen (§ 43 BDSG) oder sogar von Geld- und Freiheitsstrafen (§ 44 BDSG) führen kann. Neben den Grundsätzen der Datenvermeidung und -sparsamkeit (§ 3a BDSG) und dem Datengeheimnis (§ 5 BDSG) sowie den technischen und organisatorischen Anforderungen nach § 9 BDSG und der Anlage zu § 9, auf die bereits im Zusammenhang mit der Erforderlichkeit der Meldepflichten hingewiesen worden ist, sind die unabdingbaren Auskunfts-, Berich-

643

Vgl. hierzu oben B.II.1.b)bb).

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tigungs-, Löschungs- und Sperrungsansprüche der Athleten (§ 6 BDSG) zu beachten. Mit Blick auf den in § 4 II BDSG normierten Direkterhebungsgrundsatz, der eine Datenerhebung ohne Mitwirkung des Betroffenen nur unter engen Voraussetzungen zulässt, bestehen Bedenken gegen Art. 6.1.4 Abs. 4 NADA-Code, der im Falle von Mannschaftssportlern die Mitteilung der abgeforderten Informationen durch einen von der Mannschaft zu benennenden „Ansprechpartner“ anstelle des Betroffenen selber vorsieht. Gemäß § 4 II BDSG ist die Erhebung bei Dritten nur dann zulässig, wenn sie von einer Rechtsvorschrift vorgesehen ist oder nach der Art der Verwaltungsaufgabe oder mit Rücksicht auf den Geschäftszweck eine Erhebung bei Dritten erforderlich ist oder die Erhebung beim Betroffenen unverhältnismäßig aufwendig wäre und in all diesen Fällen die Erhebung bei Dritten nicht zur Beeinträchtigung überwiegender schutzwürdiger Interessen des Betroffenen führte. Der Regelungsgehalt des Art. 6.1.4 Abs. 4 NADA-Code ist insoweit nicht eindeutig. Zum einen lässt der Begriff der „Mitteilung“ verschiedene Auslegungsmöglichkeiten zu. Lässt sich der Ansprechpartner die zu meldenden Daten von den Athleten explizit zum Zwecke der Weiterleitung mitteilen, um sodann lediglich die ihm zur Weiterleitung gemeldeten Informationen an die NADA weiterzugeben, fungiert er nicht als Informationsquelle für die Datenerhebung, sondern als bloßer Bote der betroffenen Sportler. Trotz der Einschaltung eines Boten werden die Daten in diesem Fall von den Athleten selber gemeldet, so dass der Vorgang als Direkterhebung i. S. d. § 4 II BDSG zu werten ist. Bedeutet „Mitteilung“ i. S. d. § 4 II BDSG demgegenüber, dass der Ansprechpartner die Trainings- und Spieldaten einschließlich der teilnehmenden Mannschaftsmitglieder ohne vorherige Abstimmung mit diesen an die NADA zu melden hat, stellt dieser Vorgang eine Dritterhebung dar, ohne dass die Voraussetzungen eines der Ausnahmetatbestände des § 4 II 2 BDSG erfüllt wären. Denn die Meldepflicht ist nicht in einer „Rechtsvorschrift“ i. S. d. § 4 II Nr. 1 BDSG geregelt, da das einschlägige Verbandsrecht nicht unter den Begriff der „anderen Rechtsvorschriften“ fällt, der Gesetze im formellen Sinne, Rechtsverordnungen und Satzungen nur insoweit erfasst, als sie von staatlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen herrühren.644 Auch würde es der „Geschäftszweck“ der Datenverwendung durchaus zulassen, vom Athleten selber die Information einzuholen, an welchen Trainingsmaßnahmen des zuständigen Verbandes er teilnimmt. Schließlich würde die Erhebung der Daten direkt bei den Athleten auch keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, wird doch die Meldung von Trainingsveranstaltungen und Spie644 B. Sokol, in: S. Simitis, BDSG, § 4 Rn. 30, unter Verweis auf den Begriff der Rechtsvorschrift i. S. d. § 1 BDSG und die diesbezügliche Kommentierung von S. Walz a. a. O., § 1 Rn. 164 f.

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len an anderer Stelle (Art. 6.1.4 Abs. 1–3 NADA-Code) ohnehin von den Sportlern unmittelbar abgefordert. Zum anderen geht aus Art. 6.1.4 Abs. 4 NADA-Code auch nicht eindeutig hervor, welche Daten konkret von dem Ansprechpartner gemeldet werden müssen. Indem die Bestimmung nur von den „oben genannten Daten“ spricht, lässt sie offen, ob die nach Art. 6.1.1 bis 6.1.4 oder nur die nach Art. 6.1.4 zu liefernden Angaben oder möglicherweise auch nur die geplanten Mannschaftsveranstaltungen ohne Abwesenheitsmitteilungen einzelner Mannschaftsmitglieder zu übergeben sind. Auch wenn man die Wirksamkeit des Art. 6.1.4 Abs. 4 NADA-Code nicht an den aufgezeigten Unklarheiten scheitern lässt, verstößt die Bestimmung gegen den Direkterhebungsgrundsatz des § 4 II BDSG: Legt man Art. 6.1.4 Abs. 4 NADA-Code so aus, dass von dem NADA-Ansprechpartner die von Art. 6.1.4 abgeforderten Informationen und damit nicht nur die Angaben zu den Mannschaftsveranstaltungen als solchen, sondern auch die in Art. 6.1.4 unter anderem genannten Angaben zur Teilnahme der einzelnen Athleten an diesen Veranstaltungen ungeachtet einer diesbezüglichen Rücksprache mit den einzelnen Mannschaftsmitgliedern mitgeteilt werden müssen, stellt dies eine nicht von § 4 II 2 BDSG gedeckte Erhebung personenbezogener Daten der Athleten ohne deren Mitwirkung dar. Von außerordentlicher Bedeutung für die Zulässigkeit späterer Datenverwendungen ist § 28 I 2 BDSG, der die verantwortliche Stelle zur konkreten Festlegung der Verwendungszwecke bei der Erhebung verpflichtet, da nur solche Verwendungen zulässig sind, die die verantwortliche Stelle bei der Erhebung auch angegeben hat.645 Zwar rechtfertigt der Wortlaut des § 28 I 2 BDSG, der den Inhalt der Festlegung auf den Verwendungszweck beschränkt, nicht die Forderung nach der Bezeichnung jedes einzelnen Verarbeitungsschrittes wie etwa jedes einzelnen Speichervorgangs oder jedes einzelnen Zugriffs auf die erhobenen Daten. Die Angabe des Verwendungszwecks muss jedoch so konkret sein, dass sich der Zweckangabe bezüglich jeder späteren Verwendung eindeutig entnehmen lässt, ob sie vom Erhebungszweck gedeckt ist.646 Über die Zweckfestlegung ist der Betroffene gemäß § 4 III Nr. 2 BDSG zu unterrichten. Art. 6.1.1 NADACode äußert sich zu den Zwecken der Erhebung der Aufenthaltsdaten dahingehend, dass diese zur Planung, Koordinierung und Durchführung von Dopingkontrollen verwendet werden sollen. Die Regelung ist allerdings insofern unglücklich ausgestaltet, als sie sich ihrem Wortlaut nach nur auf die Aufenthalts- und Erreichbarkeitsdaten der Testpoolmitglieder bezieht. Mag die Zweckbestimmung in Art. 6.1.1 auch mit Blick auf die Meldedaten der anderen Athleten formuliert 645 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 61; Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 8.2. 646 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 62.

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sein, verhindert doch der eindeutige Wortlaut eine erweiternde Auslegung dahingehend, dass sie auch auf diese weiteren Meldepflichten gemäß den Art. 6.1.2 bis 6.1.5 NADA-Code anwendbar wäre. Hinsichtlich der hier vorgesehenen Datenerhebungen fehlt es somit an der unverzichtbaren Zweckfestlegung im NADACode, so dass diese im Rahmen der Einbeziehung des NADA-Codes in die Verbands- und Vereinsreglements ergänzt werden muss. Soweit die Zweckfestlegung in den Bestimmungen der Sportvereinigungen nicht nachgeholt wird, ist die Verwendung der nach den Art. 6.1.2 bis 6.1.5 NADA-Code erhobenen Daten für Dopingkontrollzwecke unzulässig. 2. Vereinbarkeit der Aufenthaltsmeldepflichten mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Athleten Die Einordnung des BDSG als Regelwerk zum zusätzlichen Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts647 hat zur Konsequenz, dass eine Datenverwendung auch dann, wenn sie nach den Bestimmungen des BDSG zulässig ist, eine Verletzung des vom Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfassten informationellen Selbstbestimmungsrechts bedeuten kann. Auch hinsichtlich der Verwendungen der Aufenthalts- und Erreichbarkeitsdaten der Athleten muss selbst dann, wenn diese in Übereinstimmung mit den Vorgaben des BDSG erfolgt sind, trotzdem überprüft werden, ob damit nicht eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Sportler verbunden ist. Da andere Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als das informationelle Selbstbestimmungsrecht durch die Meldepflichten nicht berührt werden, würde eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts trotz der Beachtung der Vorgaben des BDSG für die Datenverwendung voraussetzen, dass aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht weitergehende Vorgaben zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts abgeleitet werden können. Derartige über die Maßgaben des BDSG hinausgehende Anforderungen sind jedoch nicht ersichtlich. Auch nach den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätzen stellt der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dann keine Rechtsverletzung dar, wenn er durch einen Gestattungstatbestand wie eine gesetzliche Erlaubnisnorm oder die Einwilligung des Betroffenen gedeckt ist oder der Eingreifende sich auf ein überwiegendes Interesse berufen kann. Auch mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht bewirken somit die Erlaubnisnorm des § 28 I 1 BDSG und die Einwilligung gemäß §§ 4, 4a BDSG, die zu ihrer Wirksamkeit ein überwiegendes Interesse der Verbände und Veranstalter an der Verwendung der Aufenthalts- und Erreichbarkeitsdaten voraussetzen, bei Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der weiteren Wirksamkeitsvoraussetzungen die Zulässigkeit der Datenverwendung.648 647 648

Vgl. oben B.II.2.a). So auch H. Striegel, causa sport 2009, 6 f.

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Existiert eine Einwilligung, die zwar die allgemeinen Anforderungen an die Einwilligung in die Beeinträchtigung höchstpersönlicher Rechtsgüter, nicht aber die von den §§ 4, 4a BDSG normierten speziellen Anforderungen an die Einwilligung bei vom BDSG erfassten Eingriffen in das informationelle Selbstbestimmungsrecht erfüllt, bleibt die Datenverwendung rechtswidrig. Der erhöhte Schutz, der durch die besonderen Einwilligungsvoraussetzungen des BDSG bewirkt werden soll, kann nicht durch den Verweis auf eine nach den milderen Regeln zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht wirksame Einwilligung unterlaufen werden. Findet der Eingriff ins informationelle Selbstbestimmungsrecht wie vorliegend im Anwendungsbereich des BDSG statt, können sich die Sportvereinigungen auch im Hinblick auf die Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht neben der Gestattung nach § 28 I 1 BDSG und der Einwilligung gemäß §§ 4, 4a BDSG auf die einschlägigen vereinsrechtlichen Bestimmungen berufen, auch wenn diese der Angemessenheits- und Billigkeitskontrolle standhalten, die wegen der Monopolstellung der Verbände geboten ist. Im Anwendungsbereich des BDSG ist die in § 4 I BDSG enthaltene Benennung der möglichen Gestattungstatbestände – Rechtsvorschrift und Einwilligung – als abschließende Aufzählung anzusehen, die allerdings vereinsrechtliche Bestimmungen deshalb nicht erfasst, da diese nicht unter den von § 4 I BDSG verwendeten Begriff der Rechtsvorschrift fallen. 3. Ergebnis: Zulässigkeitsvoraussetzungen der Aufenthaltsmeldepflichten Die Verpflichtung der Athleten zur Information der Verbände über ihren jeweiligen Aufenthaltsort kann nach alledem auch unter persönlichkeitsrechtlichen Aspekten wirksam im Vereinsrecht begründet werden.649 Die Verbände können sich hierbei auf § 28 I 1 BDSG sowie gegebenenfalls auf die Zustimmung der Sportler stützen. Der Einwilligung, die im Normalfall nicht konkludent – etwa durch die Mitteilung der geforderten Angaben –, sondern nur schriftlich und neben anderen Erklärungen gesondert hervorgehoben erfolgen kann, hat eine Aufklärung über die Zwecke der Datenverwendung vorauszugehen. Soll die Datenverwendung über die Einwilligung des Athleten legitimiert werden, bedarf es einer gesonderten Einwilligung auch dann, wenn der Sportler Mitglied eines Vereines ist, in dessen Bestimmungen die Meldepflichten vereinsrechtlich verankert sind. Auch ein eventuelles Einverständnis muss schriftlich durch den Athleten bestätigt werden. Wegen § 28 I 2 BDSG setzt auch die Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß § 28 I 1 BDSG die Aufklärung der Sportler über die Verwendungszwecke anlässlich der Erhebung der Daten voraus. 649 So auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 267, unter Verweis auf die Unverzichtbarkeit von Trainingskontrollen.

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Sowohl die Zulässigkeit nach § 28 I 1 BDSG als auch die Wirksamkeit der Einwilligung der Athleten hängt von der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Eingriffsmodalitäten ab. Hierbei ist auf die Minimierung der Zahl des datenverarbeitenden Personals, auf eine frühestmögliche Pseudonymisierung und auf die Begrenzung der zeitlichen Dauer der Datenverwendung zu achten. Darüber hinaus sind die einschlägigen Maßgaben des BDSG wie der Grundsatz der Datenvermeidung und -sparsamkeit und das Datengeheimnis umzusetzen und die technische und organisatorische Ausgestaltung der Verarbeitungsvorgänge gemäß § 9 BDSG und der Anlage zu § 9 zu gewährleisten. Die verhältnismäßige Ausgestaltung der Regelungen vorausgesetzt, können sich die Sportvereinigungen auf ein überwiegendes Interesse an der Durchsetzung der Meldepflichten berufen. Die Regelungen zur Meldepflicht in Art. 6.1 NADA-Code genügen diesen Maßgaben insoweit nicht, als es hinsichtlich der Abwesenheitsbegründungspflicht für Mannschaftssportler (Art. 6.1.4) an der Geeignetheit sowie hinsichtlich der Pflicht zur Bezeichnung der entsprechenden Aufenthaltsorte als Wohnsitze oder Wohnungen (Art. 6.1.1 u. 6.1.2), der Pflicht zur Bezeichnung der entsprechenden Aufenthalte als Trainingszeiten oder Trainingslager (Art. 6.1.1, 6.1.2, 6.1.4), der Pflicht zur Ab- und Anmeldung bei planmäßiger Abwesenheit (Art. 6.1.1 u. 6.1.2), der Verpflichtung der Mannschaftssportler zur Bekanntgabe der telefonischen Erreichbarkeit während des planmäßigen Aufenthalts an den angegebenen Orten (Art. 6.1.4) und der Pflicht der Mannschaftssportler zur Angabe einer Kontaktperson und eines Mannschaftsansprechpartners (Art. 6.1.4) an der Erforderlichkeit zur Dopingbekämpfung sowie hinsichtlich der Abmelderegelung für Testpoolmitglieder (Art. 6.1.1) an der notwendigen Bestimmtheit der Vorgaben fehlt. Art. 6.1.4 Abs. 4 NADA-Code ist wegen Verstoßes gegen das Direkterhebungsgebot bzw. wegen seiner mangelnden Bestimmtheit unbeachtlich. 4. Erhebung und Verwendung der Aufenthaltsdaten unter Einsatz des Anti-Doping Administration & Management Systems (ADAMS) Im Sommer 2005 wurde von der WADA der Probebetrieb des sogenannten Anti-Doping Administration & Management Systems (ADAMS) gestartet. Hierbei handelt es sich um ein System zur elektronischen Datenverarbeitung, das es den Teilnehmern über das Internet ermöglicht, Daten zu übermitteln und abzufragen. Unter anderem können die Aufenthaltsdaten der Athleten über ADAMS von jedem Ort dieser Welt, an dem eine Zugangsmöglichkeit zum Internet besteht, von den Athleten gemeldet oder aktualisiert werden. Die Daten werden auf einem Server im Hauptquartier der WADA im kanadischen Montreal gespeichert und können dort entsprechend den jeweiligen Zugriffsberechtigungen von den Teilnehmern abgerufen werden. Neben den Aufenthaltsdaten sollen auch Informationen über Kontrollergebnisse, medizinische Ausnahmegenehmigungen und

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Dopingverstöße auf dem Server vorgehalten werden und auf diese Weise für die relevanten Organisationen verfügbar sein. Erklärtes Ziel von ADAMS ist es, die Maßnahmen gegen Doping zu koordinieren und die Teilnehmer bei der Umsetzung des WADA-Codes zu unterstützen. Erfolgt die Vorgabe von ADAMS als für den Informationsaustausch verbindliches Kommunikationssystem im Vereinsreglement oder wird die Benutzung des Systems auf andere Weise für die Sportler verbindlich gemacht, hat dies zur Konsequenz, dass der Athlet seine Adress- und Aufenthaltsdaten sowie sein Geburtsdatum und seine Kontaktdaten entweder selber oder – etwa wenn er nicht über einen Internet-Zugang verfügt – durch bevollmächtigte Vertreter auf dem ADAMS-Server zu speichern hat. In dem dort angelegten Ordner „Athlete Whereabouts“ wird den Athleten ein Kalenderformular zur Verfügung gestellt, in welches sie für jeden einzelnen Tag stundengenau den geplanten Aufenthaltsort eintragen sollen. Unter der Überschrift „Information Clearing House“ sind zur Online-Abfrage durch die Sportler und sonstige autorisierte Personen die Ergebnisse der Dopingkontrollen sämtlicher erfasster Athleten ebenso gesammelt wie die Ausnahmegenehmigungen zur Anwendung von Dopingsubstanzen aus therapeutischen Gründen und die „Vorstrafenregister“ der Sportler, in denen zurückliegende Dopingverstöße aufgelistet sind. Im Rahmen des Online-TUE-Managements (Therapeutic Use Exemptions) sind die erforderlichen Formulare zur Beantragung von Medizinischen Ausnahmegenehmigungen zu dem Zweck hinterlegt, dass die Athleten die zur Begründung dieser Ausnahmegenehmigungen notwendigen Gesundheitsdaten online auf dem Server der WADA ablegen und diese Daten im Folgenden zum Abruf durch die autorisierten Personen auf dem Server vorgehalten werden. a) Vereinbarkeit der Erhebung der Aufenthaltsdaten unter Einsatz von ADAMS mit dem BDSG aa) Anwendbarkeit des BDSG Wie bereits ausgeführt, werden mit der Beschaffung der Aufenthalts- und Erreichbarkeitsangaben personenbezogene Daten der Athleten erhoben. Anders als in den Fällen der eigeninitiativen Anmeldung beim Aufsuchen einer über das Internet frei zugänglichen Website bestehen hinsichtlich der Bekanntgabe der Aufenthaltsdaten an ADAMS keine Zweifel an der Wertung des Vorgangs als Datenerhebung seitens des Informationsempfängers: Begibt sich der Dateninhaber zwanglos und ohne Zutun des Anbieters auf dessen Website, wo er seine persönlichen Daten zur Registrierung offenbaren muss, steht die Wertung des Vorgangs als Datenerhebung durch den Anbieter deshalb in Frage, weil die Daten aus eigenem Entschluss des Betroffenen, selbstbestimmt sowie unbeeinflusst und möglicherweise sogar ohne Kenntnis des Anbieters offenbart

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werden.650 Der Unterschied zwischen der Anmeldung zur Registrierung als Nutzer einer eigeninitiativ aufgesuchten Website und der Übersendung der Aufenthaltsdaten an ADAMS durch die Athleten liegt jedoch in dem Umstand, dass die Sportler letztlich durch die Verbände und Veranstalter zur Meldung ihrer Daten über ADAMS verpflichtet werden, so dass weder die Entscheidung über das Ob noch über den Umfang der Dateneingabe bei ihnen liegt. Vor diesem Hintergrund ist die Bekanntgabe der Aufenthaltsdaten anders als die eigeninitiative Mitteilung von Registrierungsdaten gegenüber beliebigen Website-Anbietern als Datenerhebung der WADA oder der NADA bzw. der Vereine und Verbände als verantwortliche Stellen anzusehen.651 Da die Informationen von den Sportlern direkt an den Computer der WADA übermittelt und von diesem aufgenommen werden, geschieht die Erhebung unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen. Für die Anwendbarkeit des BDSG auf die Erhebung der Aufenthaltsdaten über ADAMS ist des Weiteren entscheidend, ob die verantwortliche Stelle im Inland oder im Ausland und gegebenenfalls in einem EU- oder EWR-Staat oder im sonstigen Ausland belegen ist (§ 1 V BDSG). Auf Datenverwendungen von im EU- oder EWR-Ausland belegenen Stellen findet das BDSG keine Anwendung, es sei denn, die Datenverwendung erfolgt durch eine deutsche Niederlassung (§ 1 V 1 BDSG). Auf sonstige ausländische Stellen findet das BDSG Anwendung, wenn sich die Datenverwendung in Deutschland abspielt (§ 1 V 2 BDSG). Als für die Erhebung der Aufenthaltsdaten verantwortliche Stellen i. S. d. BDSG kommen der Verein, in dem der Sportler Mitglied ist, die Verbände, in denen der Verein unmittelbar oder mittelbar Mitglied ist, die NADA und die WADA selber in Betracht. Gemäß § 3 VII BDSG ist für die Einordnung als verantwortliche Stelle entscheidend, inwieweit die genannten Institutionen die Aufenthaltsdaten für sich selber erheben, verarbeiten oder nutzen oder dies durch andere im Auftrag vornehmen lassen. Davon ausgehend, dass die Vereinbarung über die Teilnahme an ADAMS zwischen einem der übergeordneten Verbände und der WADA oder zwischen der NADA als vom Verband beauftragter Zwischenstelle und der WADA geschlossen wird und nachfolgend die Vereine durch die Einbeziehung des Verbandsrechts in das Mitgliedschaftsverhältnis den Athleten die Nutzung von ADAMS zur Pflicht machen, sind die genannten Vereinigungen wie folgt in die Meldung der Aufenthaltsdaten involviert:

650 Gegen die Wertung der Datenoffenbarung in derartigen Fällen, etwa bei Angabe der Registrierungsdaten zwecks Eintritt in eine frei zugängliche Website, als Datenerhebung des Anbieters U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 1 Rn. 223, u. Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 7.2. 651 T. Giesen, Gutachten zur Stellungnahme 3/2008 der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“, S. 10, nennt die WADA und die NADA als datenverarbeitende Stellen.

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Der Verein, dem der Athlet angehört, nimmt insoweit eine zentrale Stellung bei der Beschaffung der Aufenthaltsdaten über ADAMS ein, als in seinen Regelwerken – im Regelfall in Form von inkorporierten Verbandsbestimmungen – oder auf andere Weise – etwa durch die aus dem Verbandsreglement übernommene Auflage gegenüber dem Sportler, entsprechende Vereinbarungen mit den Verbänden abzuschließen – die Verpflichtung des Athleten festgelegt ist, die Daten über ADAMS zu melden. Die Einbindung des Vereins in den Datenbeschaffungsprozess ist andererseits dadurch gekennzeichnet, dass er mit den Daten – jedenfalls zunächst einmal – überhaupt nicht in Berührung kommt. Die Daten werden vielmehr auf direktem Wege von den Sportlern an die WADA mitgeteilt. Vom Begriff der Datenerhebung i. S. d. § 3 III BDSG werden allerdings nur solche Aktivitäten einer in die Datenbeschaffung involvierten Stelle erfasst, durch die diese selber oder über einen Beauftragten Kenntnis von den betreffenden Daten erhält oder Verfügung über die Daten begründet.652 Hierbei reicht es nicht aus, dass die Kenntnis oder Verfügung wie etwa im Falle der bereits erwähnten User-Registrierung durch den Website-Anbieter gänzlich ohne eigenes Zutun erlangt wird. Das aktive und subjektive Element des Beschaffens ist andererseits bereits dann gegeben, wenn die Datenmitteilung auf eine Aufforderung der verantwortlichen Stelle hin und insbesondere in Befolgung einer vertraglichen oder vertragsähnlichen Rechtspflicht des Betroffenen gegenüber der verantwortlichen Stelle erfolgt.653 Dies ist im Verhältnis der Sportler zum Verein insofern der Fall, da unabhängig davon, welche Stelle die Vereinbarung mit der WADA schließt, die Verpflichtung zur Dateneingabe in den Vereinsregeln oder einer Vereinbarung zwischen Athlet und Verein oder einer Auflage des Vereins gegenüber dem Sportler verbindlich gemacht wird. Da dem Verein die Informationen nicht unmittelbar infolge der Dateneingabe durch die Sportler zur Kenntnis gebracht werden oder zur Verfügung stehen, weil die Eingabe nicht in eine EDV-Anlage des Vereins erfolgt, kann der Verein die für die Einordnung als verantwortliche Stelle notwendige Kenntnis oder Verfügung nur noch dadurch erlangen, dass ihm die Kenntnis und Verfügung der WADA aufgrund der Beziehungen zwischen den Beteiligten zugerechnet werden kann. Wie sich aus § 3 VII BDSG ergibt, ist hierzu erforderlich, dass die WADA als Beauftragte des Vereins angesehen werden kann. Sinn und Zweck der Bestimmung gehen dahin, auch solche Stellen als verantwortliche Stellen zu erfassen, die die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten zwar nicht eigenhändig vornehmen, aufgrund ihrer Rechtsbeziehung zu der die Datenverwendung eigenhändig durchführenden Stelle jedoch genauso von den Daten Kenntnis nehmen und über die Daten verfügen können, als ob sie diese eigenhändig verarbeiten würden. Ein Auftrag des Vereins i. S. d. § 3 VII BDSG liegt dementsprechend 652 653

U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 102. U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 102 ff.

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dann vor, wenn der Verein selber eine Vereinbarung mit der WADA abschließt, wonach die Datenverwaltung über ADAMS erfolgen und der Verein zur Kenntnisnahme von den eingegebenen Daten oder zur Verfügung über die Daten berechtigt sein soll. An einem unmittelbaren Auftrag des Vereins fehlt es, wenn die Vereinbarung mit der WADA von einem übergeordneten Verband – beispielsweise dem zuständigen internationalen Dachverband, dem DOSB oder dem nationalen Fachverband – geschlossen wird. Dies gilt auch dann, wenn in der Vereinbarung zwischen übergeordnetem Verband und WADA über die ADAMS-Teilnahme dem Verein das Recht auf Kenntnisnahme von den gemeldeten Daten oder die Verfügung darüber zugesprochen wird. Auch wenn der Verein durch eine entsprechende Bestimmung in seinem Vereinsrecht die Meldung der Daten an ADAMS ausgelöst hat und trotz der engen Verbindung, die aus Zusammensetzung und Funktion der Verbände als Zusammenschlüsse und Sachwalter der Vereine resultiert, ist in diesem Fall die Behandlung des Vereins als Auftraggeber i. S. d. § 3 VII BDSG nicht möglich. Im nicht-öffentlichen Bereich ist vielmehr jede juristische Person für sich gesehen eine verantwortliche Stelle.654 Verflechtungen haben, selbst wenn sie bis zur Eingliederung gehen, auf die Beurteilung keinen Einfluss. Verbundene Unternehmen bleiben jeweils für sich verantwortliche Stellen, solange sie rechtlich selbständig sind.655 Verschafft der mit der WADA kontrahierende Verband daher tatsächlich dem Verein Zugriffsrechte auf die von den Athleten gemeldeten Daten, führt dies nicht dazu, dass der Verein zur datenerhebenden Stelle wird, sondern lediglich dazu, dass ein Anspruch zugunsten des Vereins auf Übermittlung der gemeldeten Informationen an ihn besteht. Ebenso kann dem Verein auch nicht die Kenntnis oder Verfügung des übergeordneten Verbandes zugerechnet werden. Trotz der engen Verflechtung, die sich aus der Struktur der Verbandspyramide ergibt, wird der Verband beim Abschluss der Vereinbarung mit der WADA nicht als Stellvertreter des Vereins tätig. Eine bis zu einem gewissen Grad stellvertreterähnliche Position ergibt sich zwar aus dem Umstand, dass der Verband als Zusammenschluss der Vereine oder als Zusammenschluss von Verbänden tätig ist, die ihrerseits aus den Vereinen entstanden sind, und vor diesem Hintergrund auch die Vereinbarung mit der WADA im Auftrag des Vereins trifft. Diese Verbindung zwischen Verband und Verein bewirkt jedoch mit Blick auf die rechtliche Eigenständigkeit der beiden juristischen Personen keine Befugnis des Verbandes, die Kenntnis oder Verfügung über die Aufenthaltsdaten der Sportler mit dem Verein zu teilen. Vielmehr bedarf es auch für jede Datenübermittlung durch den Verband an den Verein eines Gestattungstatbestandes nach den Bestimmungen des BDSG. 654 U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 232; Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 18.2. 655 U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 232.

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Rechnet man die Zugriffsmöglichkeit des übergeordneten Verbandes, der die Teilnahme an ADAMS mit der WADA vereinbart, nicht dem Verein zu, ist der Verein nur dann als Auftraggeber der Datenerhebung verantwortliche Stelle i. S. d. § 3 VII BDSG, wenn er selber die Vereinbarung über die Datenerhebung mittels ADAMS mit der WADA getroffen hat. Ist der Verein als Auftraggeber der WADA verantwortliche Stelle i. S. d. § 3 VII BDSG, gelten für die Datenerhebung die Maßgaben des BDSG in dem von § 1 II Nr. 3 BDSG festgelegten Umfang. Voraussetzung für die Behandlung der übergeordneten Verbände als hinsichtlich der Datenerhebung verantwortliche Stellen ist wiederum, dass diese die Daten entweder selber erheben oder im Auftrag erheben lassen. Auch insoweit ist erforderlich, dass der Datenmitteilung ein aktives und subjektives Moment vorausgegangen ist. Zweifel an der Urheberschaft der Verbände für die Datenmeldungen bestehen aus dem Grund, da die Athleten die Daten aufgrund der einschlägigen Vorgaben ihres Vereins und nicht mit Blick auf die diesbezüglichen Vorstellungen des Verbands eingeben, soweit nicht eine gesonderte Motivation – etwa durch entsprechende Klauseln in einer Athletenvereinbarung – vonseiten des Verbands begründet worden ist. Wiederum vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck des Gesetzes und insbesondere der Forderung nach einem subjektiven und aktiven Element der Beschaffung, die lediglich dahin gehen, völlig ohne eigenes Zutun und ohne irgendein Beschaffungsstreben erhaltene Daten vom Erhebungsbegriff auszunehmen, muss es als Veranlassung in diesem Sinne für ausreichend erachtet werden, dass die Mitteilung in Befolgung von Vereinsbestimmungen geschieht, die vom Verband geschaffen und durch die Verpflichtung seiner Mitglieder zur Übernahme in die eigenen Regelwerke für die Sportler verpflichtend geworden sind. Da die Dateneingabe durch die Athleten vor diesem Hintergrund letztlich auf die Veranlassung des Verbands hin erfolgt, ist die Situation nicht mit dem Erhalt von Daten vergleichbar, die dem Datenempfänger ohne sein Zutun und ohne einen darauf gerichteten Willen zugetragen werden. Auch wenn der Anstoß zur Dateneingabe somit hinreichend stark vom Verband ausgeht, ist dieser dennoch nicht verantwortliche Stelle i. S. d. § 3 VII BDSG, wenn die der WADA offenbarten Daten gemäß dem einschlägigen Reglement nicht dem Verband zur Kenntnis gelangen oder zur Verfügung stehen. Der erforderliche Zugriff ist allerdings insoweit ohne weiteres gegeben, als zu seinen Gunsten entsprechende Kenntnis- oder Verfügungsrechte in der Vereinbarung mit der WADA festgeschrieben sind. Der Verband, der die Datenerhebung durch die Verpflichtung der untergeordneten Verbandsebenen und der Vereine zur Aufnahme entsprechender Regeln gegenüber den Athleten initiiert und selber mittelbar über die WADA Kenntnis oder Verfügung bezüglich der Daten erhält, muss diese weiterhin „für sich“ erheben. Die Beschaffung der Daten darf hierzu nicht lediglich im Rahmen einer Auftragserhebung durch den Verband als Auftragnehmer erfolgen, sondern muss

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(auch) eigene Zwecke verfolgen. Hiervon ist bezüglich der Sportverbände ohne weiteres auszugehen, da das Dopingverbot innerhalb der Regularien der Sportvereinigungen nicht nur auf einer oder auf einzelnen Ebenen, sondern in sämtlichen Vereins- und Verbandsregelwerken verankert ist, so dass die Datenerhebung in jedem Fall immer auch der Förderung der eigenen Verbandszwecke dient. Soweit die Dateneingabe seitens der Athleten auf Veranlassung durch den Verband erfolgt und die gemeldeten Daten dem Verband zur Kenntnis oder zur Verfügung stehen, ist der Verband erhebende und somit i. S. d. § 3 VII BDSG verantwortliche Stelle. Ist der Verband als Auftraggeber der WADA dieser gegenüber zum Zugriff oder zur Verfügung über die gemeldeten Daten berechtigt, ist er als Auftraggeber der Datenerhebung verantwortliche Stelle im Sinne der Vorschrift.656 Handelt es sich um einen nationalen Verband, ist das BDSG auch für die Datenerhebung des Verbandes als verantwortliche Stelle nach Maßgabe des § 1 II Nr. 3 BDSG anzuwenden. Handelt es sich um einen internationalen Verband, bleibt es bei der Anwendbarkeit des BDSG, wenn dieser in einem EU- oder EWR-Staat belegen ist und eine in Deutschland befindliche Niederlassung des Verbands die verantwortliche Stelle nach den oben dargelegten Grundsätzen ist oder der Verband bzw. die aktive Niederlassung des Verbands im nicht der EU oder dem EWR zugehörigen Ausland belegen ist (§ 1 V 1 und 2 BDSG). Lediglich im Falle der Belegenheit des Verbands im EU- oder EWR-Ausland erklärt sich das BDSG für unanwendbar, da die Einhaltung der datenschutzrechtlichen EU-Standards in diesem Fall durch das jeweilige nationale Recht gewährleistet sein muss. Auch die NADA ist nur dann verantwortliche Stelle i. S. d. § 3 VII BDSG für die Beschaffung der Aufenthaltsdaten über ADAMS, wenn sie die Informationen selbst für sich beschafft oder durch Beauftragte für sich beschaffen lässt. Ebenso wie ein dem Verein übergeordneter Verband hat auch die NADA die Möglichkeit, selber eine Vereinbarung unmittelbar mit den Athleten abzuschließen, die diese zur Dateneingabe in ADAMS verpflichtet. Auch wenn sie keine solche Vereinbarung unmittelbar mit den Sportlern trifft, ist das subjektive und aktive Moment des Beschaffens dennoch in der Person der NADA erfüllt, wenn die Verpflichtung zur Datenmeldung an ADAMS in den NADA-Code aufgenommen worden ist und die Athleten ihre Daten der WADA zumindest auch mit Blick auf die Verpflichtung aus dem NADA-Code mitteilen. Auch in diesem Fall ist die Situation nicht mehr mit der des Website-Anbieters vergleichbar, der ohne eigenes Zutun und ohne selber danach gestrebt zu haben in den Besitz der Infor656 T. Giesen, Gutachten zur Stellungnahme 3/2008 der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“, S. 10, nennt nur die WADA und die NADA als datenverarbeitende Stellen.

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mationen gelangt, da die Datenmeldung in der einschlägigen Bestimmung des NADA-Codes angefordert wird. Wird die Vereinbarung mit der WADA über die Teilnahme an ADAMS statt vom Verband – oder auch zusätzlich zur Teilnahmevereinbarung zwischen WADA und übergeordnetem Verband – von der NADA getroffen, erfolgt die Erhebung (auch) im Auftrag der NADA, so dass sie – gegebenenfalls neben dem Verband – aufgrund der vertraglichen Regelungen Kenntnis von den Daten oder Verfügung darüber erlangt. Erfolgt die Dateneingabe auf Anforderung der NADA gegenüber den Athleten und erlangt die NADA über das Auftragsverhältnis mit der WADA Kenntnis oder Verfügung über die Daten, scheitert die Einordnung der NADA als verantwortliche Stelle nicht etwa daran, dass die NADA die Daten nicht „für sich“ erheben würde. Zwar liegt eine Datenerhebung „für sich“ i. S. d. § 3 VII BDSG nach zutreffender Auffassung nur dann vor, wenn die Daten zur Verwendung für eigene Zwecke erhoben werden und der Datenbeschaffer nicht lediglich im Rahmen einer Auftragsverarbeitung aktiv wird.657 Die bloße Auftragsverarbeitung ist allerdings dadurch gekennzeichnet, dass sie sich im Rahmen der Weisungen des Auftraggebers bewegt, während der Auftragnehmer bestenfalls Entscheidungen über die technische Durchführung der Datenverarbeitung treffen kann, er also quasi als verlängerter Arm des Auftraggebers tätig wird. Demgegenüber hat die NADA zur Durchführung der ihr übertragenen Kontrolltätigkeit die Daten eigeninitiativ zu verwenden, indem sie beispielsweise über die Durchführung von Zielkontrollen und hierbei über die Verwendung der Aufenthaltsinformationen der ausgewählten Sportler entscheidet. Ebenso kommt auch die WADA als verantwortliche Stelle für die Datenerhebung zum einen dann in Betracht, wenn sie selber die Dateneingabe beispielsweise über eine WADA-Athletenvereinbarung initiiert. Zum anderen ist das aktive und subjektive Moment des Beschaffens aber auch dann gegeben, wenn die Meldung der Aufenthaltsdaten an die WADA nicht aufgrund einer Athletenvereinbarung unmittelbar zwischen der WADA und den Sportlern geschieht, weil die Verankerung der entsprechenden Meldepflichten im Vereinsrecht auch in diesem Fall auf einen entsprechenden Willen der WADA zurückzuführen ist. Dieser Wille ist in der Vereinbarung mit dem ADAMS-Teilnehmer manifestiert, wonach dieser mit Wissen und Wollen der WADA die Einbindung der Athleten in ADAMS herbeiführt. Erfolgt die Meldung der Daten über ADAMS hiernach auf Anstoß der WADA hin, muss die WADA die Informationen des Weiteren auch „für sich“ beschaffen. Wie soeben ausgeführt, liegt eine Datenerhebung „für sich“ i. S. d. § 3 VII BDSG nur dann vor, wenn die Daten zur Verwendung für eigene Zwecke erhoben werden und der Datenbeschaffer nicht lediglich im Rah657 H. Auernhammer, BDSG (3. Aufl. 1993), § 3 Rn. 49; a. A. U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 228, allerdings ohne Erläuterung, welche Bedeutung dem Tatbestandsmerkmal „für sich“ sonst zukommen sollte.

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men einer Auftragsverarbeitung aktiv wird. Auch wenn die WADA hinsichtlich der Verwendung der Aufenthaltsdaten strikt den Weisungen des ADAMS-Teilnehmers unterworfen ist und selber außer in Fragen der technischen Durchführung keine Entscheidungen über den Umgang mit den Daten treffen kann, scheitert die Datenerhebung „für sich“ nicht am Vorliegen einer Auftragsverarbeitung i. S. d. § 11 BDSG. Wie sich aus § 3 VIII 3 BDSG ergibt, liegt unabhängig vom Umfang der externen Verarbeitung kein Anwendungsfall des § 11 BDSG vor, wenn die Datenverwendung Stellen außerhalb des Geltungsbereichs der EG-Datenschutzrichtlinie übertragen wird.658 Die Behandlung der WADA als verantwortliche Stelle scheitert daher gegebenenfalls nicht an der Begrenzung der Befugnisse der WADA auf den Umfang einer reinen Auftragsverarbeitung i. S. d. § 11 BDSG. Unabhängig von einer Ermächtigung der WADA in der ADAMSTeilnahmevereinbarung zu Datenverwendungen auf der Grundlage selbständiger Entscheidungen liegt daher im Zusammenhang mit der Eingabe der Aufenthaltsdaten in ADAMS eine Datenerhebung der WADA „für sich“ vor, so dass die WADA als verantwortliche Stelle für die Erhebung anzusehen ist. Zur Frage nach der verantwortlichen Stelle für die Datenerhebung in Form der Dateneingabe in ADAMS ist hiernach zusammenfassend Folgendes festzuhalten: – Der Verein, dem der jeweilige Athlet angehört, ist nur dann für die Erhebung verantwortliche Stelle, wenn nicht nur der Anstoß gegenüber den Athleten zur Meldung über ADAMS von ihm ausgeht, sondern er darüber hinaus selber den Auftrag zur Datenverwaltung gegenüber der WADA erteilt hat und aus diesem Grund die Möglichkeit zur jederzeitigen Kenntnisnahme oder Verfügung über die Daten hat. Wird die ADAMS-Teilnahmevereinbarung mit der WADA vom übergeordneten Verband oder von der NADA geschlossen, stellt die Datenbeschaffung durch die WADA keine Erhebung im Auftrag des Vereins dar. – Ein übergeordneter Verband ist dann verantwortliche Stelle, wenn er an der Umsetzung der ADAMS-Eingabeverpflichtung ins Verbandsrecht beteiligt war oder die Dateneingabe in ADAMS durch die Sportler sonst auf seinen Anstoß hin erfolgt und er als Auftraggeber der WADA auf die Daten Zugriff nehmen kann. – Die NADA ist ebenfalls nur dann verantwortliche Stelle, wenn die Datenmeldung in ADAMS aufgrund einer entsprechenden Regelung im NADA-Code oder sonst auf ihre Veranlassung hin erfolgt und sie als Auftraggeberin der WADA auf die Daten Zugriff nehmen kann. – Die WADA ist verantwortliche Stelle für die Datenerhebung, da sie über die ADAMS-Teilnahmevereinbarung den Anstoß zur Dateneingabe durch die Athleten setzt und die Kenntnis und Verfügung hinsichtlich der Daten nicht als Auftragsverarbeiterin i. S. d. § 11 BDSG erlangt. 658

S. Walz, in: S. Simitis, BDSG, § 11 Rn. 16; Gola/Schomerus, BDSG, § 11 Anm. 4.

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Davon ausgehend, dass die ADAMS-Teilnahmevereinbarung mit der WADA entweder von einem übergeordneten Verband oder von der NADA oder von beiden parallel geschlossen wird, sind im Regelfall der übergeordnete Verband oder die NADA neben der WADA verantwortliche Stelle für die Datenerhebung. Die Vorgaben des BDSG sind insoweit nach Maßgabe des § 1 II Nr. 3 BDSG bei der Datenerhebung zu beachten, als der deutsche Verein des Sportlers, ein Verband, der nicht in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat belegen ist und die Datenerhebung von dort aus durchführt, die NADA oder die WADA als verantwortliche Stelle agieren. Im hier angenommenen Regelfall – Teilnahmevereinbarung zwischen WADA und NADA oder zwischen WADA und übergeordnetem Verband – findet das BDSG nur dann keine Anwendung, wenn der übergeordnete Verband im EU- oder EWR-Ausland belegen ist und die Daten nicht durch eine Niederlassung in Deutschland erhebt, da das BDSG in diesem Fall aus der Überlegung heraus keine Geltung beansprucht, dass ein identisches Datenschutzniveau durch die Datenschutzbestimmungen des anderen Staates gewährleistet ist. bb) Maßgaben des BDSG für die Meldung der Aufenthaltsdaten über ADAMS (1) Gestattungstatbestand Ebenso wie die Meldung der Aufenthaltsdaten an die NADA oder an den gemäß Reglement zuständigen Verband ist auch die Datenbeschaffung über ADAMS nur im Falle der Gestattung durch eine Rechtsvorschrift oder auf der Grundlage einer Einwilligung der Athleten zulässig (§ 4 I BDSG). Auf § 28 I 1 Nr. 1 BDSG kann die Datenerhebung über ADAMS dann gestützt werden, wenn die Verwendung von ADAMS für die Begründung, Durchführung oder Beendigung des Rechtsverhältnisses zwischen den Sportlern und den Vereinen bzw. den Verbänden oder der NADA erforderlich ist. Hierzu muss die elektronische Erhebung nicht nur geeignet, sondern im Vergleich zur herkömmlichen schriftlichen Meldung erforderlich (im engeren Sinne) und von einem überwiegenden Interesse der Verbände gedeckt sein. Gleiches gilt mit Blick auf die Besonderheiten des Verhältnisses zwischen den Profisportlen und den Sportvereinigungen infolge des Machtungleichgewichts zwischen den Beteiligten bezüglich der Einwilligung der Athleten,659 zu deren Wirksamkeit ebenfalls ein überwiegendes Interesse der Verbände und Veranstalter an der Datenerhebung notwendig ist, das wiederum die Verhältnismäßigkeit der Datenerhebung voraussetzt.

659 Für die Einwilligung gelten im Übrigen die oben unter D.VII.1.b)aa)(4) bereits dargelegten Wirksamkeitsanforderungen, wonach sie insbesondere trotz einer Regelung der Meldepflicht im Vereinsreglement gesondert schriftlich und gegebenenfalls neben anderen Verpflichtungserklärungen besonders hervorgehoben erklärt werden muss.

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An der Erforderlichkeit der Erhebung über ADAMS bestünden bei verhältnismäßiger Ausgestaltung im Detail keine Zweifel, wenn die Dateneingabe auf den Server der WADA gegenüber der schriftlichen Eingabe die geringere Rechtsbeeinträchtigung der Athleten bedeuten würde. Davon ausgehend, dass die Daten auf dem einen wie auf dem anderen Wege jeweils demselben Personenkreis zu denselben Zwecken zugänglich gemacht werden, ist für die Intensität der Rechtsbeeinträchtigung entscheidend, welche Gefahren für das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler mit den beiden unterschiedlichen Erhebungsweisen systembedingt verbunden sind. Der Systemvergleich stellt letztlich eine technische Bewertung der beiden Meldesysteme dar, deren Ergebnis vom jeweiligen Stand der Technik und hier insbesondere vom Entwicklungsstand des elektronischen Datenschutzes abhängt. Aus der Sicht des technischen Laien lassen sich folgende neuralgischen Punkte im Vergleich der beiden Erhebungsarten ausmachen: Im Falle der Bekanntgabe per Formular auf dem Postweg oder per Fax liegt es weitestgehend in der Macht des Athleten, die körperliche Fixierung der Aufenthaltsdaten auf dem Meldeformular so in der Privatsphäre vorzunehmen, dass außenstehende, nicht zur Kenntnisnahme vorgesehene Dritte keine Information erlangen. Im Zuge der Übersendung der schriftlichen Meldung an die zuständige Stelle sind die Daten dem als gering zu bewertenden Risiko der Ausspähung oder des Verlustes bei postalischer Übermittlung oder – bei Versendung per Fax – dem Risiko der Ausspähung durch Telefonüberwachung ausgesetzt. Die Datensicherung auf Empfängerseite kann auf die Weise mit hoher Zuverlässigkeit erfolgen, dass eine einzige Person oder – falls dies nicht umsetzbar sein sollte – eine sehr geringe, überschaubare Anzahl von Personen von der Übergabe der Sendung durch das Postunternehmen oder von der Entgegennahme per Fax bis zu ihrer Speicherung mit den Aufenthaltsinformationen in Berührung kommt. Demgegenüber bedarf es zur Eingabe der Daten in ADAMS nicht nur der Verwendung eines Computers, so dass die allgemein mit der Verwendung von EDVAnlagen verbundenen Ausspähungsrisiken bestehen, sondern darüber hinaus auch noch der Verwendung einer Internetverbindung, was zusätzlich diejenigen Gefahren mit sich bringt, die unter dem Schlagwort „Datensicherheit im Internet“ diskutiert werden. Diese mit der elektronischen Verarbeitung einhergehenden Gefahren bestehen auf Empfängerseite fort, da die Daten auch hier auf einer EDVAnlage eingehen, die wiederum der Gefahr der Ausspähung ausgesetzt ist. Hinzukommt, dass auf den WADA-Server eine Vielzahl von Systemteilnehmern zugreifen kann, so dass möglicherweise die Gefahr nicht auszuschließen ist, dass nicht zugriffsberechtigte Nutzer infolge von Sicherheitslücken von den Aufenthaltsdaten Kenntnis nehmen können. Ergibt die technische Analyse der EDV-Risiken, dass mit der elektronischen Übersendung ein geringeres Sicherheitsrisiko als mit der Übersendung auf herkömmliche Weise per Formular verbunden ist, stellt sich die Dateneingabe in

VII. Verpflichtung zur Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes

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ADAMS als die schonendere der beiden Erhebungsarten dar. Hat die Analyse demgegenüber zum Ergebnis, dass die Erhebung über ADAMS das Sicherheitsrisiko nicht lediglich unerheblich erhöht, kann die Verpflichtung zur Dateneingabe über ADAMS nur noch damit gerechtfertigt werden, dass sie für die Verbände so bedeutsame Vorteile mit sich bringt, dass trotz des erhöhten Risikos ein überwiegendes Interesse an der Verwendung von ADAMS besteht. Ein solches besonderes Interesse der Verbände an der Nutzung von ADAMS zur Erhebung der Aufenthaltsdaten ist jedoch nicht erkennbar: Der Vorteil der Möglichkeit zur Dateneingabe aus aller Welt stellt keinen Vorteil für die Verbände dar, sondern erleichtert den Athleten die Befolgung ihrer Meldepflichten. Zur Erhaltung dieses Vorteils für die Athleten bedarf es nicht ihrer Verpflichtung zur Teilnahme an ADAMS; vielmehr erscheint es hierzu als ausreichend, den Sportlern die freiwillige Nutzung des Systems anzubieten. Im Übrigen ist nicht erkennbar, welchen wesentlichen Vorteil die Eingabe der Daten über Internet gegenüber der Übersendung eines Formulars haben sollte. Auch nach der Einreichung in Papierform könnten die Daten auf dem WADA-Server gespeichert werden, so dass die weiteren Vorteile von ADAMS genutzt werden könnten. Ein wirtschaftlicher Mehraufwand der Beibehaltung des Papier-Formular-Systems könnte den Wechsel zu ADAMS hin nur ausnahmsweise rechtfertigen, da Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bestenfalls dann auf wirtschaftliche Interessen der Verbände gestützt werden können, wenn diese in ganz außergewöhnlichem Maße betroffen sind, etwa weil ohne die Umsetzung der persönlichkeitsrechtlich relevanten Maßnahme die wirtschaftliche Existenz der Verbände bedroht wäre. Sofern die systemtechnische Analyse des Datenschutzniveaus der beiden Erhebungsarten zu dem Ergebnis gelangt, dass die Meldung über ADAMS als milderes Mittel in Betracht kommt, hängt die Erforderlichkeit der elektronischen Datenübersendung des Weiteren davon ab, dass die Details der Datenerhebung über ADAMS im Hinblick auf die Rechtsbeeinträchtigungen der Athleten so schonend wie möglich ausgestaltet sind. Zu diesem Zweck müssen die von den Sportlern eingegebenen Daten so früh wie möglich verschlüsselt, mindestens aber – den Vorgaben des § 3a S. 2 BDSG entsprechend – durch Pseudonymisierung für Unbefugte unverwertbar gemacht werden, soweit dies mit einem angemessenen Aufwand möglich ist. In Befolgung des Grundsatzes der Datenvermeidung und Datensparsamkeit (§ 3a S. 1 BDSG) ist auch bei der Datenerhebung über ADAMS darauf zu achten, dass nur die zur Durchführung von unangekündigten Kontrollen wirklich notwendigen Informationen von den Athleten abgefragt werden.660 Des Weiteren ist das System im Hinblick auf die Zugriffsberechtigungen bezüglich der Aufenthaltsdaten so auszugestalten, dass so wenige Personen wie möglich zur Abfrage der gemeldeten 660 P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 21; zu den diesbezüglichen Vorgaben des NADA-Codes vgl. oben D.VII.1.b)aa)(1)(a) u. (b).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Daten berechtigt sind und jeder Abrufende nur die Informationen erhält, die für ihn vorgesehen sind.661 Der Zweck der Meldepflicht, jederzeit unangekündigte Kontrollen zu ermöglichen, erfordert einzig und allein ein Zugriffsrecht desjenigen Beteiligten, der zur Organisation der Kontrollen berufen ist. Schließlich sind die notwendigen Mechanismen einzurichten, um die Löschung der Daten zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu gewährleisten.662 Frühestmöglicher Zeitpunkt in diesem Sinne ist derjenige Zeitpunkt, ab dem feststeht, dass die Aufenthaltsdaten nicht mehr für die Organisation der Dopingkontrollen benötigt werden. Dies ist spätestens jeweils der Ablauf der kleinsten Zeiteinheit, in der die Aufenthaltsorte der Sportler in ADAMS festgehalten werden. Geschieht dies etwa stundenweise, sind um 16:00 Uhr die für den Aufenthalt der Athleten im Zeitraum von 15:00 Uhr bis 16:00 Uhr gespeicherten Daten zu vernichten, soweit sie nicht aus besonderen Gründen – etwa, weil ein Sportler nicht am gemeldeten Aufenthaltsort angetroffen wurde – weiterhin benötigt werden. Die bei den Sportvereinigungen bzw. bei der NADA mit der Datenverarbeitung beschäftigten Personen sind auf das Datengeheimnis zu verpflichten (§ 5 BDSG). Die WADA, deren Mitarbeiter aufgrund ihrer Exterritorialität nicht von der gesetzlichen Pflicht zum Datengeheimnis erfasst werden, ist von den Sportvereinigungen bzw. von der NADA dergestalt zu binden, dass sie die in ihrem Bereich mit der Datenverarbeitung beschäftigten Personen den Pflichten gemäß § 5 BDSG unterwirft. Soweit die WADA als Auftragsverarbeiterin tätig wird, wird dem deutschen Auftraggeber die Durchsetzung des Datengeheimnisses ihr gegenüber durch § 11 BDSG vorgegeben. Soweit die WADA nicht nur als verlängerter Arm der deutschen Sportvereinigungen oder der NADA tätig wird, sondern über die Regelung der technischen Details der Datenverwendung hinausgehende eigene Entscheidungsbefugnisse bezüglich der Aufenthaltsdaten innehat, muss die Beachtung des Datengeheimnisses durch die WADA deshalb in der Vereinbarung mit der vertragsschließenden Sportvereinigung oder der NADA geregelt sein, da andernfalls mangels Erforderlichkeit der darin geregelten Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler deren Zustimmung zu der Datenverwendung wegen des Fehlens eines überwiegenden Interesses der Verbände und Veranstalter an der Datenverwendung unwirksam ist. Als im Hinblick auf das Erforderlichkeitsgebot notwendige Maßnahme lässt sich des Weiteren die Unterwerfung der WADA durch die vertragsschließende Stelle unter die Auskunfts-, Sperrungs-, Berichtigungs- und Löschungsansprüche gemäß § 6 BDSG begreifen. Indem diese Ansprüche den Betroffenen in die Lage versetzen, jederzeit über den Umfang der Datenverwendung Kenntnis zu erlangen und sich gegebenenfalls gegen unzulässige Verwendungen zur Wehr zu setzen, 661

P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 21. P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 21, stellt insoweit auf die in der Einwilligungserklärung genannte Aufbewahrungsdauer ab. 662

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tragen sie zur Entschärfung des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen bei. Während die genannten Rechte dem Betroffenen gegenüber verantwortlichen Stellen im Anwendungsbereich des BDSG unmittelbar durch das Gesetz garantiert werden, bedürfen sie gegenüber exterritorialen Stellen einer gesonderten Vereinbarung. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung und stehen dem Betroffenen gleichwertige Rechte auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen offen, ist die Datenverwendung in einem erheblichen Punkt nicht mehr auf die mildestmögliche Art und Weise ausgestaltet und in der somit zu konstatierenden Eingriffsintensität nicht erforderlich. Im Zusammenhang mit der mildestmöglichen Ausgestaltung der Datenerhebung über ADAMS sind auch die von § 9 BDSG und der Anlage zu § 9 vorgegebenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu beachten, soweit sie dazu dienen, die Intensität des aus der Datenverwendung resultierenden Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht zu reduzieren und insbesondere die mit der Datenverwendung verbundenen Gefahren für die Rechte der Betroffenen zu begrenzen. Welche Vorkehrungen hiernach im Einzelnen getroffen werden müssen, hängt von den Gefahren ab, denen die Aufenthaltsdaten der Athleten im Zusammenhang mit der Eingabe in den WADA-Server entsprechend dem aktuellen Stand der Datensicherheit ausgesetzt sind, sowie von den technischen Möglichkeiten, die entsprechend dem aktuellen Stand der Datenschutztechnik zur Absicherung der Daten zur Verfügung stehen. In jedem Fall sind bei der technischen und organisatorischen Ausgestaltung der Datenverwendung aus dem Blickwinkel des Erforderlichkeitsgebots sämtliche Schutzziele zu berücksichtigen, die in der Anlage zu § 9 BDSG aufgeführt sind.663 (2) Weitere Maßgaben des BDSG Im Übrigen sind im Zusammenhang mit der Beschaffung der Aufenthaltsdaten über ADAMS folgende Bestimmungen des BDSG von besonderem Interesse: Der Umfang der Verwendungsbefugnis ist wie bei der Erhebung der Daten per Papierformular durch den Umfang der Belehrung gemäß § 4 III 1 Nr. 2 BDSG bzw. § 4a I 2 BDSG über die Zwecke der Datenerhebung begrenzt. Auch im Falle der Datenerhebung über ADAMS ist den Verbänden daher im eigenen Interesse dringend anzuraten, so detailliert über das weitere Schicksal der Daten nach der Übersendung durch die Athleten zu belehren, dass für diese der konkrete Umfang des Eingriffs in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht abschätzbar ist.664 663 P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 21, nennt insoweit die Pflicht zur Zugriffskontrolle. 664 P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 20 f., weist zutreffend darauf hin, dass die Einwilligung in die Datenverwendung über ADAMS eine dezidierte Aufklärung darüber voraussetzt, welches die Zugangsberechtigten zu

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Ist ein nicht im Inland belegener internationaler Verband verantwortliche Stelle für die Datenerhebung über ADAMS, trifft ihn nach § 1 V 3 BDSG die Pflicht, immer dann, wenn nach dem BDSG die verantwortliche Stelle anzugeben ist, einen Inlandsvertreter zu benennen. Die Pflicht zur Angabe eines Inlandsvertreters gemäß § 1 V 3 BDSG erlangt im Zusammenhang mit der Meldung automatisierter Datenverarbeitungen bei der zuständigen Aufsichtsbehörde gemäß § 4d BDSG Bedeutung, soweit die Voraussetzungen hierfür ausnahmsweise665 gegeben sind, vor allem jedoch für die Verpflichtung zur Benennung der verantwortlichen Stelle bei der Datenerhebung in denjenigen Fällen, in denen der Betroffene nicht bereits auf andere Weise Kenntnis von deren Identität erlangt hat (§ 4 III 1 Nr. 1 BDSG). Mit Blick auf die verschiedenen Instanzen, die aus der Sicht eines datenschutzrechtlich unkundigen Athleten als verantwortliche Stellen für die Erhebung über ADAMS in Betracht kommen – Verein, übergeordneter Verband, NADA, WADA –, kann von einer anderweitigen Kenntniserlangung der Sportler nicht bereits aufgrund deren allgemeiner Kenntnisse über die Struktur der Verbandspyramide und die weiteren Beteiligten, sondern nur dann ausgegangen werden, wenn sie über die für die Datenerhebung über ADAMS verantwortliche Stelle vor der Dateneingabe eindeutig informiert worden sind. Zu beachten ist allerdings, dass die Bestellung und Benennung des Inlandsvertreters keine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Datenverwendung darstellt,666 so dass der Verstoß gegen § 1 V 3 BDSG insbesondere nicht zur Unverwertbarkeit oder zu Löschungs- und Sperrungsansprüchen bezüglich der gemeldeten Daten führt. Geschieht die Datenverwendung – wie hier die Dateneingabe durch die Athleten auf einen kanadischen Server – grenzüberschreitend, ist § 4b BDSG im Auge zu behalten, der besondere Regeln für grenzüberschreitende Datenübermittlungen aufstellt, die bis hin zur Untersagung der Übermittlung durch Absatz 2 Satz 2 der Vorschrift gehen. Für die Meldung der Aufenthaltsdaten durch die Sportler spielt die Vorschrift allerdings keine Rolle: Gemäß § 3 IV 2 Nr. 3 a) BDSG versteht das BDSG unter Übermitteln das Bekanntgeben gespeicherter oder durch Datenverarbeitung gewonnener personenbezogener Daten an einen Dritten in der Weise, dass die Daten an den Dritten weitergegeben werden. § 4b BDSG ist auf die Übersendung der Aufenthaltsdaten durch die Athleten an die WADA deshalb nicht anwendbar, da die Athleten weder gespeicherte Daten667 noch durch Datenden eingegebenen Daten sind und in welchem Umfang sie Zugriff nehmen können, außerdem, wie und durch wen die Daten weiterverwendet werden. 665 Zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl. oben B.II.1.b)bb)(4). Sind nicht mehr als vier Arbeitnehmer mit der Datenverwendung beschäftigt, wird die Meldepflicht für die Verbände und Veranstalter im Allgemeinen gemäß § 4d III BDSG entfallen. 666 U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 1 Rn. 235. 667 Zum Begriff der gespeicherten Daten vgl. U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 159 ff.; Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 9.

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verarbeitung gewonnene Daten668 bekanntgeben noch eine Bekanntgabe an Dritte vorliegt, da die Athleten nicht als verantwortliche Stelle, sondern als Betroffene agieren.669 Ist der Verein des meldepflichtigen Athleten, ein übergeordneter Verband oder die NADA verantwortliche Stelle für die Meldung der Aufenthaltsdaten und sind mehr als vier Arbeitnehmer mit der Datenverwendung beschäftigt, ohne dass ein Datenschutzbeauftragter bestellt ist, muss die Datenverwendung über ADAMS nach § 4d BDSG bei der zuständigen Aufsichtsbehörde gemeldet sein. Auch die NADA – soweit sie verantwortliche Stelle ist – verwendet die Daten für eigene Zwecke i. S. d. § 4d III BDSG, da es sich zwar bei der Durchführung der Dopingkontrollen um eine Tätigkeit handelt, die sie für die Vereine und Verbände ausführt, die Datenverwendung jedoch ausschließlich der Erfüllung der übernommenen Aufgabe und damit einem eigenen Zweck dient. Eine Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten besteht gemäß § 4f I BDSG, wenn mehr als neun Personen ständig mit der Datenverwendung beschäftigt werden. (3) Beachtlichkeit der Maßgaben für automatisierte Abrufverfahren gemäß § 10 BDSG Wie der Erläuterung von ADAMS auf der Homepage der WADA zu entnehmen ist, werden die auf dem WADA-Server gesammelten Daten und somit auch die Aufenthaltsdaten der Athleten zum Abruf durch die jeweils berechtigten ADAMS-Teilnehmer bereitgehalten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit die Vorgaben des § 10 BDSG für diese Datenbereitstellung bereits im Zusammenhang mit den Aufenthaltsmeldungen der Sportler beachtlich sind. Beschränkt man die Betrachtung auf die Bekanntgabe der Aufenthaltsdaten durch die Athleten gegenüber der WADA, ohne den Blick auf die weitere Verwendung der Daten durch die WADA zu richten, kommt § 10 BDSG keine unmittelbare Bedeutung zu, da die Datenbeschaffung selber nicht im Wege eines Abrufverfahrens durchgeführt wird, sondern über die Meldung durch die Sportler als Betroffene erfolgt. Die Vorschrift ist auch nicht unmittelbar auf die Einrichtung des Abrufverfahrens durch die WADA anwendbar, erlangt jedoch mittelbar erhebliche Bedeutung für die Zulässigkeit der Pflicht zur Aufenthaltsmeldung über ADAMS.

668 Zum Begriff der durch Datenverarbeitung gewonnen Daten vgl. U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 162. 669 Eine Bekanntgabe an Dritte setzt voraus, dass nicht der Betroffene, sondern eine mit den Daten als Fremddaten befasste verantwortliche Stelle i. S. d. § 3 VII BDSG die Daten an eine dritte Person i. S. d. § 3 VIII BDSG weitergibt, vgl. U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 143.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

(a) Keine unmittelbare Geltung des § 10 BDSG für die Einrichtung des Abrufverfahrens durch die WADA § 10 BDSG stellt besondere Regeln für die Einrichtung automatisierter Abrufverfahren auf. Die Vorschrift unterscheidet bei der Einrichtung automatisierter Abrufverfahren zwischen der Einrichtung des Abrufverfahrens als solcher, die im Wesentlichen in der Bereitstellung der Daten zum Abruf besteht, und den Einzelabrufen der bereitgestellten Daten, die vom BDSG als Datenübermittlungen angesehen werden (vgl. §§ 10 II Nr. 2 und Nr. 3, 10 IV 1, 3 und 4 BDSG). Lediglich die Einrichtung des Abrufverfahrens als der erste der beiden Teilakte wird vom BDSG uneingeschränkt der Verantwortungssphäre des Bereitstellers zugeordnet, wohingegen der eigentliche Abruf als zweiter Teilakt im Wesentlichen vom Abrufenden als Übermittlungsempfänger zu verantworten ist (§ 10 IV BDSG). Während die Vorgaben des § 10 BDSG die Einrichtung des Abrufverfahrens betreffen, richtet sich die Zulässigkeit der Einzelabrufe nach den Regeln des BDSG betreffend die Übermittlung von Daten. Kommt somit die Anwendbarkeit des § 10 BDSG auf die Bereitstellung der Daten durch die WADA grundsätzlich in Betracht, scheitert diese nicht etwa an dem Umstand, dass die WADA die Datenbereitstellung als Auftragsverarbeiter der NADA oder des zuständigen Verbands durchführt. Ein automatisiertes Abrufverfahren im Sinne der Bestimmung liegt zwar nur dann vor, wenn Daten Dritten zum Direktzugriff im Online-Betrieb bereitgestellt werden.670 Denn indem § 10 BDSG nur solche automatisierten Abrufverfahren regelt, die eine Datenübermittlung ermöglichen, setzt er die Beteiligung zweier verantwortlicher Stellen voraus, von denen die eine die Daten zum Abruf bereitstellt und die andere als „Dritter“ zum Abruf berechtigt ist. Dies bedeutet, dass § 10 BDSG auf automatisierte Abrufverfahren zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer einer Auftragsverarbeitung keine Anwendung findet. In der vorliegenden Konstellation ist die WADA jedoch wegen § 3 VIII 3 BDSG nicht als Auftragsverarbeiter der an ADAMS teilnehmenden Verbände zu behandeln. Denn auch soweit sie die zum Abruf bereitgehaltenen Daten lediglich mit den Befugnissen eines Auftragsverarbeiters und ohne eigene Entscheidungsbefugnisse verwendet, bleibt sie nach dieser Bestimmung dennoch Dritter, da sie keine Stelle im Inland oder in einem anderen EU- oder EWR-Staat ist. Die Pflicht zur Beachtung des § 10 BDSG entfällt daher im Verhältnis zwischen der WADA und dem Vertragspartner der ADAMS-Teilnahmevereinbarung auch dann nicht, wenn die WADA in ihren Befugnissen hinsichtlich der im Rahmen von ADAMS verwendeten Daten auf die technische Durchführung der Datenverwendungen beschränkt ist. Allerdings ist an dieser Stelle der räumliche Geltungsbereich des BDSG zu beachten. Gemäß § 1 V 2 BDSG findet das BDSG auf Datenverwendungen nicht 670 E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 8; Gola/Schomerus, BDSG, § 10 Anm. 1.1.

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im EU- oder EWR-Raum belegener Stellen nur dann Anwendung, wenn die fragliche Datenverwendung dieser Stellen in Deutschland stattfindet. Die Einrichtung des Abrufverfahrens ist jedoch sowohl von den einzelnen Datenabrufen als auch von der Erhebung der Aufenthaltsdaten zwecks Einstellung in ADAMS strikt zu trennen. Sie geschieht durch die Aufstellung des Servers, über den die Daten bereitgestellt werden, und durch die Einrichtung der Abrufmöglichkeit auf diesem Server. Beide Maßnahmen spielen sich ausschließlich am Aufstellungsort des Servers in Montreal ab. Die einzige Verbindung zum deutschen Inland ist im Anschluss des Servers an das Internet zu sehen, der allerdings ebenfalls in Montreal stattfindet. Die Einrichtung des Abrufverfahrens stellt somit wegen der Belegenheit der WADA im schweizerischen Lausanne (Sitz) bzw. im kanadischen Montreal (Hauptquartier)671 keine Datenverwendung im Inland dar. Aus diesem Grund findet § 10 BDSG auf die Einrichtung des Abrufverfahrens durch die WADA keine Anwendung. Obwohl der Abruf der Daten durch einen deutschen Verband oder die NADA als Datenverwendung mindestens teilweise örtlich dem deutschen Inland zuzuordnen ist, finden auch die Bestimmungen über die Prüfung der Zulässigkeit der Abrufe und der Datenübermittlungen gemäß § 10 IV 2–4 BDSG auf die WADA keine Anwendung, da diese Vorgaben nicht die in Deutschland stattfindenden Teilakte des Abrufs betreffen, sondern der Überprüfung des in Kanada eingerichteten Verfahrens dienen. (b) Mittelbare Bedeutung des § 10 BDSG Ist § 10 BDSG für die Einrichtung des Abrufverfahrens hiernach nicht unmittelbar beachtlich, erlangt er dennoch auf folgende Weise mittelbare Bedeutung: Wie hinsichtlich sämtlicher anderen Zugeständnisse, die den Athleten von den Sportvereinigungen abverlangt werden, müssen die Verbände auch bezüglich der Verpflichtung zur Bekanntgabe der Aufenthaltsdaten der Sportler über ADAMS ein überwiegendes Interesse geltend machen können, damit angesichts des Machtungleichgewichts zwischen Sportvereinigungen und Athleten die einschlägigen verbandsrechtlichen Bestimmungen der Inhaltskontrolle standhalten und die Einwilligung der Sportler in die Meldepflichten als freiwillig angesehen werden kann. Die Bejahung des erforderlichen überwiegenden Interesses setzt insbesondere die Verhältnismäßigkeit der mit den Meldepflichten verbundenen Eingriffe in die Rechte der Athleten voraus. Notwendig ist demnach, dass die Meldepflichten unter Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes und im engeren Sinne verhältnismäßig ausgestaltet sind. Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Pflicht zur Datenmeldung an ADAMS sind jedoch nur insoweit gegeben, als die Datenverwendung mittels ADAMS im Hinblick auf die in § 10 BDSG genannten Kriterien erforderlich und angemessen erscheint. Ob dies der Fall ist, 671

Weder die Schweiz noch Kanada sind Mitglied der EU oder des EWR.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

muss jeweils in der konkreten Situation anhand einer Abwägung der für das Abrufverfahren sprechenden Interessen der beteiligten Stellen gegen die widerstreitenden Interessen der Sportler und hier insbesondere ihr Interesse am Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts vor den besonderen Gefahren automatisierter Abrufverfahren ermittelt werden. In jedem Fall müssen die in § 10 II BDSG aufgeführten Kontrollparameter Anlass und Zweck des Abrufverfahrens, Übermittlungsempfänger, Art der zu übermittelnden Daten und die nach § 9 BDSG erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen von den Beteiligten schriftlich festgelegt werden. Betrachtet man die einzelnen Vorgaben des § 10 BDSG aus dem Blickwinkel des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, ergibt sich für ihre Beachtlichkeit im Falle der Unanwendbarkeit des BDSG Folgendes: § 10 I 1 BDSG fordert, dass das Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen und der Aufgabe oder Geschäftszwecke der beteiligten Stellen angemessen sein muss. Der Begriff der Angemessenheit ist mit der h. M. so zu verstehen, dass im Wege einer Abwägung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen gegen die Interessen der beteiligten Stellen im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer Aufgaben oder der Verfolgung ihrer Geschäftszwecke zu ermitteln ist, für welche die in Abs. 2 aufgeführten Kriterien Anlass und Zweck des Abrufverfahrens, abrufberechtigte Dritte, Art der zu übermittelnden Daten und technische und organisatorische Maßnahmen zum Datenschutz von besonderer Bedeutung sind.672 Bei diesem Verständnis der Vorschrift beinhaltet § 10 I 1 BDSG nichts anderes als die Vorgabe, dass die Bereitstellung der Daten im Rahmen des Abrufverfahrens im engeren Sinne verhältnismäßig sein muss. Wiederholt § 10 I 1 BDSG somit nur das Verhältnismäßigkeitsgebot, das bei Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ohnehin nach allgemeinen Grundsätzen strikt zu beachten ist, stellt sich die Einrichtung des Abrufverfahrens trotz Unanwendbarkeit des BDSG als unzulässig dar, wenn es den Anforderungen des § 10 I 1 BDSG nicht genügt. Da die Sportvereinigungen in diesem Fall kein überwiegendes Interesse an der Mitwirkung der Athleten an dem Abrufverfahren geltend machen können, sind diesbezügliche Einwilligungserklärungen der Sportler mangels Freiwilligkeit und einschlägige Bestimmungen in den Vereinsreglements mangels Angemessenheit und Billigkeit unwirksam. Die Pflicht zur Gewährleistung der Kontrollfähigkeit gemäß § 10 II BDSG lässt sich zwar ebenfalls als Auflage begreifen, die zumindest auch die Beschränkung der Eingriffe in die Rechte der Betroffenen durch das Abrufverfahren auf das erforderliche Maß bewirken soll. Die nach § 10 II BDSG anzufertigende Dokumentation erscheint jedoch nicht als Bedingung für die Feststellung eines überwiegenden Interesses der Sportverbände an der Einrichtung des Abrufverfahrens. 672 E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 52; Gola/Schomerus, BDSG, § 10 Anm. 5.1.

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Gemäß § 10 II BDSG müssen die für die Datenbereitstellung verantwortliche Stelle wie auch die abrufenden Stellen die konkreten Umstände und die Abwägung zur Angemessenheit des Abrufverfahrens dokumentieren.673 Diese Dokumentation trägt insofern zur Abmilderung der Eingriffsintensität bei, als sie in Fällen unangemessener Abrufverfahren die Feststellung der Unangemessenheit ermöglicht und damit zugleich präventiv wirkt, indem sie die Gefahr entdeckt zu werden für die Betreiber unangemessener Abrufverfahren erhöht. Allerdings wirkt die Pflicht zur Gewährleistung der Kontrollfähigkeit nicht unmittelbar auf die Ausgestaltung des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen, da sie selber insoweit keine Vorgaben trifft. Wird ein automatisiertes Abrufverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs des BDSG eingerichtet, müssen die von dieser Datenverwendung Betroffenen bereits deshalb umfassend über die genauen Umstände und den Sinn und Zweck des Verfahrens aufgeklärt werden, da der Betreiber ihre Einwilligung benötigt, deren Reichweite vom Umfang der Aufklärung abhängig ist. Von dieser Aufklärung müssen Anlass und Zweck des Abrufverfahrens, Übermittlungsempfänger und Art der zu übermittelnden Daten umfasst sein, so dass die Zulässigkeitskriterien gemäß § 10 II 2 Nr. 1–3 BDSG den Athleten ohnehin im Zusammenhang mit der Einwilligung erläutert werden müssen. Die Aufklärung über die technischen und organisatorischen Datenschutzmaßnahmen gemäß § 9 BDSG ist im Rahmen der Belehrung zur Erlangung der Einwilligung der Sportler nicht geboten, da sie nicht die Zwecke der Datenverwendung, sondern deren Begleitumstände betrifft. Allerdings ist auch nicht ersichtlich, weshalb die Wirksamkeit der Einwilligung am Fehlen der Aufklärung über die Maßnahmen gemäß § 9 BDSG scheitern sollte. Dies wäre nur dann der Fall, wenn allein das Fehlen der Aufklärung die Erforderlichkeit der Datenverwendung beeinträchtigen oder zu einem überwiegenden Interesse der Athleten an der Unterlassung des Abrufverfahrens führen würde. Das Fehlen der Aufklärung über die Maßnahmen gemäß § 9 BDSG wirkt sich jedoch weder auf die Intensität des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler noch auf andere Weise auf die Abwägung der für und wider das Abrufverfahren sprechenden Interessen aus. Hegt ein Athlet die Befürchtung, dass die von der WADA getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz seiner Daten die Datensicherheit nicht angemessen gewährleisten könnten, ist er auf die Möglichkeit verwiesen, eigeninitiativ Auskunft über die Datenschutzvorkehrungen von derjenigen Stelle zu verlangen, die ihm die Dateneingabe in ADAMS abverlangt. § 10 II BDSG spielt daher für die Einrichtung von Abrufverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs des BDSG keine Rolle. Die Pflicht des Datenbereitstellers zur anlassbezogenen Prüfung der Zulässigkeit der Abrufe gemäß § 10 IV 2 BDSG kommt noch nicht bei der Einrichtung 673 E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 85; Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 6.2.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

des Abrufverfahrens, sondern erst während seines Betriebs zum Tragen, wenn es bezüglich konkreter Abrufe Indizien für eine Rechtsverletzung gibt.674 Die Verpflichtung betrifft somit erst die Durchführung des Abrufverfahrens. Da die Betreiber von Verfahren außerhalb des Anwendungsbereichs des BDSG von der Prüfverpflichtung gemäß § 10 IV 2 BDSG nicht erfasst werden, erhebt sich für diese Fälle allerdings die Frage, ob hier nicht bereits bei der Einrichtung des Verfahrens eine entsprechende Prüfverpflichtung in den Vereinbarungen mit den weiteren Beteiligten installiert werden muss, um die Eingriffswirkung gegenüber den Betroffenen auf ein erforderliches und verhältnismäßiges Maß zu beschränken. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des BDSG führt der Verzicht auf die Regelung entsprechender Prüfpflichten seitens des Datenanbieters allerdings nicht zu einem Überwiegen der gegen das Abrufverfahren gerichteten Athleteninteressen. Entscheidend ist insoweit, dass der Betreiber des Abrufverfahrens zur Überprüfung von Verdachtsfällen ungeachtet einer einschlägigen Regelung in den Bestimmungen über das Abrufverfahren bereits aus dem Gedanken der Verantwortlichkeit für vorangegangenes Tun heraus verpflichtet ist.675 Da er durch die Bereitstellung der Daten zum Abruf die Gefahr missbräuchlicher Abrufe überhaupt erst geschaffen hat, trifft ihn nicht nur eine Verkehrssicherungspflicht zur präventiven Verhinderung jedes möglichen unbefugten Datengebrauchs, sondern er ist darüber hinaus auch zur Verfolgung und Unterbindung erkannter Missbrauchsfälle verpflichtet, um die Negativfolgen für das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen so gering wie möglich zu halten. § 10 IV 2 BDSG entfaltet daher ebenfalls keine Bedeutung für automatisierte Abrufverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs des BDSG. Die Einrichtung von Stichprobenverfahren zum Zwecke der Feststellung und Überprüfung der Datenübermittlungen im Abrufverfahren gemäß § 10 IV 3 BDSG dient ebenfalls der Entschärfung der mit dem Abrufverfahren einhergehenden Gefahren für das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen: Durch die Einrichtung dieser Stichprobenverfahren wird eine anlassunabhängige Kontrolle der ordnungsgemäßen Nutzung ermöglicht. Da der Betreiber des Abrufverfahrens nicht aktiv an der Abwicklung der einzelnen Abrufe beteiligt ist, findet eine Überwachung des Verfahrens im täglichen Betrieb nicht statt. Die Kontrolle der Datenübermittlungen, die im Falle der aktiven Weitergabe der Daten durch die speichernde Stelle in jedem Einzelfall erfolgen würde, soll durch die Möglichkeit zur stichprobenartigen Überprüfung wenigstens teilweise ersetzt werden. Ist die Fehlererkennung wegen der fehlenden Beteiligung des Datenbereitstellers am Übermittlungsvorgang ohnehin schon erheblich erschwert, bestünde ohne das Mindestmaß an Kontrolle, das durch die stichprobenartige Überprüfung gewahrt werden soll, überhaupt keine Möglichkeit mehr, im täglichen 674 675

E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 101. E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 100.

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Betrieb des Abrufverfahrens Fehler aufzudecken. Aufgrund der erhöhten Gefährdung, die aus einem solchen „Blindflug“ für die Daten der Betroffenen erwüchse, ist die Einrichtung eines entsprechenden routinemäßigen Kontrollmechanismus geboten. Auch im Falle der Unanwendbarkeit des BDSG ist hiernach zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit des Abrufverfahrens die Möglichkeit einer routinemäßigen Prüfung der einzelnen Datenübermittlungen einzurichten, was in Form des von § 10 IV 3 BDSG gewählten Stichprobenverfahrens oder gegebenenfalls auch auf eine andere geeignete Weise geschehen kann. Ebenso wie die Unangemessenheit des Abrufverfahrens i. S. d. § 10 I 1 BDSG führt auch die Versäumung der Einrichtung des Stichprobenverfahrens nicht zur Unzulässigkeit der im Übrigen zulässigen Einzelabrufe.676 Andernfalls würde der vom BDSG aufgestellte Grundsatz der Trennung der rechtlichen Behandlung von Abrufverfahren und Einzelabruf677 aufgehoben, der jedoch nicht aus einer Laune des BDSG-Gesetzgebers heraus Eingang in das BDSG gefunden hat, sondern bei zutreffender Würdigung des Sachverhalts aus logischen Gründen geboten ist: Der rechtlichen Trennung von Abrufverfahren und einzelnem Abruf liegt die Beobachtung zugrunde, dass die Einrichtung des Abrufverfahrens und der Einzelabruf zwei unterschiedliche Datenverwendungen darstellen, die bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen. In tatsächlicher Hinsicht geht es bei der Einrichtung des Abrufverfahrens um eine Datenlagerung mit der Besonderheit, dass bestimmten Stellen Zugriff auf die Daten gewährt werden soll und gleichzeitig Unbefugte am Zugriff gehindert werden sollen, während der Abruf den sich anschließenden Akt des Zugriffs darstellt. In rechtlicher Hinsicht bedeutet dies, dass die Vorhaltung der Daten im Abrufverfahren den rechtlichen Anforderungen an Datenspeicherungen unter den besonderen Bedingungen des Abrufverfahrens genügen muss, während für den Abruf die Übermittlungsregelungen maßgeblich sind. Da die Datenübermittlung, die in dem einzelnen Abruf zu sehen ist, nach anderen Regeln zu beurteilen ist als die Vorhaltung der Daten, kann sie auch dann ohne weiteres mit den Persönlichkeitsrechten des Betroffenen vereinbar sein, wenn die Bereitstellung der Daten zum Abruf das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen verletzt. Vor diesem Hintergrund kann auch das Fehlen des Kontrollverfahrens nicht zur Unzulässigkeit des Einzelabrufs führen. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass der konkrete Abruf von der Einrichtung des Stichprobenverfahrens unberührt bleibt, so dass das Versäumnis keine Wirkung auf die Eingriffsintensität des Einzelabrufs entfaltet, sondern lediglich zur Reduzierung des Datenschutzniveaus während der Vorhaltung der Daten führt.

676 So für Abrufverfahren nach § 10 BDSG E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 44. 677 E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 39.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Ebenso wie die Unangemessenheit des Abrufverfahrens bewirkt jedoch auch das Fehlen eines Verfahrens zur Kontrolle der bestimmungsgemäßen Nutzung der vorgehaltenen Daten eine Reduzierung des Datenschutzniveaus bei der Vorhaltung der Daten, die mit zumutbarem Aufwand durch Stichprobenkontrollen i. S. d. § 10 IV 3 BDSG oder andere geeignete Verfahren vermieden werden könnte. Die hierin liegende, nicht erforderliche Erhöhung der Eingriffsintensität zulasten der Sportler hat zur Konsequenz, dass die Verpflichtung der Athleten zur Teilnahme am Abrufverfahren ohne Nutzungskontrolle einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht bedeutet und deswegen ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Eingabe der Aufenthaltsdaten in ADAMS nicht gegeben ist. Im Hinblick auf die Grundsätze des § 10 BDSG ist somit zusammenfassend festzustellen, dass der Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten trotz der Unanwendbarkeit des § 10 BDSG auf die Datenverwendung der WADA die Angemessenheit des Abrufverfahrens i. S. d. § 10 I 1 BDSG sowie die Möglichkeit zu Überprüfungen durch Stichprobenverfahren oder auf andere geeignete Weise voraussetzt, während die nach § 10 II BDSG zu fertigende Dokumentation mit Blick auf die Zweckerläuterungen, die anlässlich der Einwilligungserklärung der Sportler oder der Datenerhebung nach § 28 I 1 BDSG ohnehin zu geben sind, entbehrlich erscheint und auch die Verpflichtung zu anlassbezogenen Prüfungen von Abrufen nicht gesondert in den Regeln über das Abrufverfahren niedergelegt werden muss. (c) Angemessenheit des Abrufverfahrens Das Abrufverfahren ist dann angemessen i. S. d. § 10 I 1 BDSG, wenn unter Berücksichtigung ihrer Aufgaben und Geschäftszwecke ein überwiegendes Interesse der beteiligten Stellen zugunsten seiner Durchführung gegeben ist, hinter dem die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen zurückzustehen haben. Maßgeblich für die Interessenabwägung sind insbesondere die in § 10 II 2 genannten Kriterien, nämlich Anlass und Zweck des Abrufverfahrens, Übermittlungsempfänger, Art der zu übermittelnden Daten und nach § 9 BDSG erforderliche technische und organisatorische Maßnahmen.678 Besteht die Alternative zu dem mit ADAMS eingerichteten Abrufverfahren in der Verwendung der Aufenthaltsdaten durch die Verbände auf herkömmliche Weise durch Sammlung und eigeninitiative Weiterverwendung, ist für die Zulässigkeit des Abrufverfahrens von entscheidender Bedeutung, ob an der Verwendung der Daten gerade in der besonderen Form des Abrufverfahrens ein überwiegendes Interesse der WADA und der Sportvereinigungen besteht.

678

E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 52.

VII. Verpflichtung zur Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes

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Die Vorteile des Abrufverfahrens gegenüber einzelfallbezogenen Datenweiterleitungen liegen auf der Hand: Die Daten sind für die abrufberechtigten Stellen jederzeit verfügbar. Der Abrufer ist nicht mehr darauf angewiesen, Kontakt zu einer Person aufseiten der speichernden Stelle aufzunehmen, die die Datenübermittlung in die Wege leitet. Er kann vielmehr ohne weiteres einfach selber „online“ auf die Daten zugreifen, wenn er sie benötigt. Durch die Einsparung menschlicher Schnittstellen werden Verzögerungs- und Fehlerquellen vermieden. Zudem wird die Aktualität der übermittelten Daten verbessert. Durch den Direktzugriff auf die Daten ist soweit als möglich dafür gesorgt, dass der Abrufer den aktuell bei der speichernden Stelle vorliegenden Datensatz erhält, während sich bei der gesonderten Übermittlung während der Dauer der Übermittlungsprozedur Änderungen ergeben können. Ist die abrufende Stelle nicht nur für die Durchführung der Dopingkontrollen, sondern auch für die Koordination der Kontrollen zuständig, erleichtert das Abrufverfahren des Weiteren die Organisation des Kontrollbetriebs, da sich per Mausklick und möglicherweise auch noch mit der Unterstützung durch Suchfunktionen Gruppen von Athleten ermitteln lassen, die sinnvollerweise in einer Kontrollaktion getestet werden müssten, etwa weil sie sich in derselben (entlegenen) Region aufhalten. Ohne die Möglichkeit des Datenabrufs wäre die computergestützte Zusammenstellung von Testpersonen bestenfalls im Zuständigkeitsbereich der koordinierenden Stelle möglich, da ihr nur für die von ihr betreuten Athleten Aufenthaltsdaten vorlägen. Schließlich wird durch das Abrufverfahren vor allem auch der wirtschaftliche Aufwand für die Durchführung von Dopingkontrollen verringert. Die Ersparnis von Personal und Ausrüstung für die aktive Datenweiterleitung auf Anfrage der zugriffsberechtigten Stellen sowohl aufseiten des Datenbereitstellers als auch aufseiten des Abrufers trägt angesichts der ohnehin knapp bemessenen Mittel für die Dopingbekämpfung dazu bei, dass eine möglichst große Anzahl von Kontrollen mit den zur Verfügung stehenden Budgets bewältigt werden kann. Diesen Vorteilen des Abrufverfahrens über ADAMS stehen die Nachteile gegenüber, die für die Athleten mit dem Prozedere verbunden sind: Schon die Einrichtung des Abrufverfahrens und sein Betrieb unter der Ägide der WADA bringen zusätzliche Risiken für die Sicherheit der Athletendaten mit sich. Bereits im Zuge der Einrichtung des WADA-Servers durch die WADA-Systemadministratoren besteht die Gefahr von Fehlern oder Fehlverhalten mit der Konsequenz, dass Daten über den zulässigen Umfang hinaus verwendet werden. Beispielsweise können von den Programmierern des WADA-Systems Zugriffsmöglichkeiten eingebaut werden, die in der Ermächtigung der WADA zur Datenverwaltung über ADAMS nicht vorgesehen sind. Auch wenn die Datensicherheit nicht vorsätzlich eingeschränkt wird, können Fehler bei der Verteilung der Teilnehmerbefugnisse und insbesondere der Zugriffsrechte geschehen, die zu einer versehentlichen Offenbarung der Daten gegenüber unbefugten Dritten führen. Ist der Server Teil eines Computernetzes der WADA, sind zudem sämtliche anderen Personen mit

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Zugangsberechtigung für dieses Netz ebenfalls in der Nähe dieser Daten tätig und lediglich durch ein Passwort und möglicherweise die fehlende Kenntnis vom Zugangspfad davon getrennt. Während der Zugriff auf eine Einzel-PC im Zimmer des Verantwortlichen über ein unerlaubtes Eindringen in die betreffenden Räume und über die unerlaubte Nutzung des fremden PC erfolgen müsste, geschieht der Zugriff über das Computernetz äußerlich unsichtbar, so dass erstens die Hemmschwelle für den Täter geringer ist und zweitens die Abwehr des Eingriffs erschwert wird. Da das Abrufverfahren auf die Zugriffsmöglichkeit Dritter auf den ADAMS-Datenbestand über das Internet angewiesen ist, bedeutet die Datenbereitstellung außerdem, dass durchgehend eine Verbindung zwischen dem Server und dem Internet bestehen muss, über die nicht nur die Zugriffsberechtigten, sondern auch Hacker an die Daten herankommen können. Geht man davon aus, dass über Internet erreichbare Daten nicht hundertprozentig gegen die Ausforschung durch Unbefugte geschützt werden können, stellt die Bereitstellung auf dem ADAMS-Server eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Datensicherheit dar. Mit Blick auf die am Abrufverfahren beteiligten Stellen ist für die Angemessenheit des Abrufverfahrens das für die Datenverwendung dieser Stellen verbindliche Datenschutzniveau von wesentlicher Bedeutung. Bei Drittländern im Sinne der EG-Datenschutzrichtlinie ist von einem ausreichend hohen Datenschutzniveau auszugehen, sofern für sie die Angemessenheit des Schutzniveaus in dem Verfahren gemäß Art. 25 VI der Richtlinie von der Europäischen Kommission festgestellt wurde.679 In der Sache selbst ist hierfür notwendig, dass in dem Drittland die prinzipiellen Schutzvorkehrungen eingehalten werden, also die Grundrechte auf Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre von der jeweiligen Rechtsordnung garantiert werden. Bei der Beurteilung des Datenschutzniveaus wird die Beachtung der Kernprinzipien Zweckbestimmung und -begrenzung, Datenqualität und deren Verhältnismäßigkeit, Transparenz der Verarbeitung, Datensicherheit, Zugangs-, Berichtigungs- und Widerspruchsrechte des Betroffenen, Regelung der Weiterübermittlung in andere Drittstaaten und Einrichtung besonderer Schutzmechanismen für sensitive Daten überprüft.680 Für Kanada als den-

679

E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 59. Vgl. T. Giesen, Gutachten zur Stellungnahme 3/2008 der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“, S. 10, der dann allerdings die Frage nach dem angemessenen Schutzniveau bzgl. der Datenverarbeitung der WADA mit dem Hinweis auf die Einwilligung der Athleten in die Datenverarbeitung über ADAMS bejaht (S. 11), an deren Freiwilligkeit seiner Ansicht nach aufgrund der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung für die Sanktionierung von Verstößen gegen die von den Sportlern anerkannten Regeln (S. 16 f.) und der angemessenen Zweck-Mittel-Relation (S. 17) keine Zweifel bestehen (S. 16 f.). Nach der hier vertretenen Auffassung liegt der Folgerung von der Einwilligung und ihrer Notwendigkeit auf die Angemessenheit des Datenschutzniveaus ein Zirkelschluss zugrunde, da die Wirksamkeit der Einwillligung ihrerseits von der Angemessenheit des Datenschutzniveaus abhängt. 680

VII. Verpflichtung zur Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes

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jenigen Staat, in dem das Abrufverfahren von der WADA eingerichtet wird, hat die Kommission mit Entscheidung vom 20.12.2001 (ABl. L 2/13) festgestellt, dass ein angemessenes Schutzniveau bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten an solche kanadischen Empfänger garantiert ist, die der „Personal Information Protection and Electronic Documents Act“ unterliegen.681 Nach wie vor wird Kanada im Geltungsbereich des Acts von der EU als Drittland mit angemessenem Datenschutzniveau angesehen.682 Die WADA unterliegt allerdings im Hinblick auf die Verwendung der Aufenthaltsdaten nicht den Vorgaben des Acts, da dessen Ziff. 4 den Anwendungsbereich auf die Datenverwendung im Zusammenhang mit kommerziellen Aktivitäten bzw. die Verwendung von Arbeitnehmerdaten begrenzt.683 Auch wenn ein angemessenes Datenschutzniveau hinsichtlich der WADA nicht aufgrund einschlägiger gesetzlicher Regelungen des kanadischen Rechts angenommen werden kann, ist wegen Art. 26 II der EG-Datenschutzrichtlinie und wegen § 4c II 1 BDSG von der Zulässigkeit der Datenverwendung durch die WADA unter dem Aspekt des Datenschutzniveaus auszugehen, soweit die WADA – etwa in Form entsprechender vertraglicher Vorgaben oder verbindlicher Regelungen des eigenen Betriebes – ausreichende Garantien für ein angemessenes Datenschutzniveau vorweist.684 Zwar betreffen die genannten Bestimmungen Datenübermittlungen an ausländische Stellen. Sie gründen jedoch offenkundig auf der Einschätzung, dass ein angemessenes Datenschutzniveau nicht nur durch entsprechende gesetzliche Bestimmungen, sondern auch durch vertragliche Zusagen und sogar durch Selbstorganisationsregeln hergestellt werden kann, wenn diese nur hinreichend verbindlich sind. Von der WADA wird der Anspruch erhoben und den ADAMS-Teilnehmern zugesichert, dass ihre Da681 Vgl. R. Vetter im 20. Tätigkeitsbericht des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz v. 12.12.2002, Abschnitt 3.1.2. Für die Provinz Quebec, deren Recht möglicherweise auf die Datenverarbeitung anzuwenden ist, zeichnet sich die Bestätigung eines angemessenen Schutzniveaus ab bzw. ist ein solches für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten bereits bestätigt, vgl. T. Giesen, Gutachten zur Stellungnahme 3/ 2008 der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“, S. 13. 682 Vgl. die Auflistung der Drittländer mit angemessenem Schutzniveau auf der Infopage der EU unter http://europa.eu.int/comm/internal market/privacy/adequacy en. htm#countries. 683 Die jeweils aktuelle Fassung des Personal Information Protection and Electronic Documents Act ist einsehbar auf der Homepage des kanadischen Justizministeriums unter http://laws.justice.gc.ca über die Links ,Regulations by Title‘ u. ,Personal Information Protection and Electronic Documents Act‘. 684 Nach P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 22, wird im Schreiben „Communication to governments – ADAMS and Data Protection“ der WADA vom 7. Februar 2006, in dem die „fundamental principles“ des Datenschutzes betreffend ADAMS aufgeführt werden, kein den Anforderungen der EG-Datenschutzrichtlinie genügendes Datenschutzniveau dargelegt. T. Giesen, Gutachten zur Stellungnahme 3/2008 der „Artikel-29-Datenschutzgruppe“, S. 11 f., sieht ein angemessenes Datenschutzniveau für die Datenverarbeitung der WADA als gegeben an, verweist aber auf die Möglichkeit der Herstellung des Datenschutzniveaus durch die Abgabe „ausreichender Garantien“ (S. 15).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

tenverarbeitung die in Kanada geltenden Anforderungen an den Datenschutz erfüllt.685 Wird demgegenüber eine Stelle an dem Abrufverfahren beteiligt, die weder dem Datenschutzniveau der EG-Datenschutzrichtlinie noch den Datenschutzbestimmungen eines Drittlandes unterworfen ist, dem seitens der Europäischen Kommission ein angemessenes Datenschutzniveau bescheinigt worden ist, noch durch vertragliche Zusagen, verbindliche Selbstorganisationsregelungen oder in ähnlich verbindlicher Weise das angemessene Datenschutzniveau garantiert, steigert dies die Ungewissheit bezüglich der Datensicherheit auf ein für die Athleten nicht mehr zumutbares Maß, so dass von den Sportvereinigungen kein überwiegendes Interesse mehr an der Eingabe der Daten in ADAMS geltend gemacht werden kann. Mit Blick auf die zu unterstellende Unkenntnis der Athleten vom Umfang des Datenschutzes, den die WADA nach dem für sie geltenden Recht zu gewährleisten hat, ist weitere Voraussetzung für die Angemessenheit des Abrufverfahrens, dass die Sportler eine verbindliche Zusicherung der WADA des Inhalts erhalten, dass die von ihnen eingegebenen Daten vertraulich behandelt und ausschließlich in dem Umfang verwendet werden, der sich aus den verbandsrechtlichen Bestimmungen und der Einwilligung ergibt, auf deren Grundlage die Athleten ihre Daten mitteilen.686 Da die Athleten allein aus der Feststellung der EU-Kommission, dass die für einen Beteiligten geltenden Datenschutzbestimmungen ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleisten, keine Details bezüglich der Datenschutzpflichten der WADA und der weiteren Beteiligten entnehmen können, so dass sie über das hiernach gebotene Maß an Vertraulichkeit nicht im Bilde sind, verschafft ihnen erst eine entsprechende ausdrückliche Zusicherung eine hinreichende Gewissheit, dass ihre Daten nur zum bewilligten Zweck verwendet werden. Diese Vertraulichkeitszusicherung der WADA kann, soweit keine unmittelbare Vereinbarung über die Teilnahme an ADAMS mit den Sportlern geschlossen wird, in die Teilnahmevereinbarung mit dem übergeordneten Verband oder der NADA aufgenommen werden, auf die die Teilnahmeverpflichtungen in den Regelwerken der Vereine dann Bezug nehmen können. Die Vertraulichkeitszusicherung muss zum einen die Zusage der WADA enthalten, in ihrem eigenen Organisationsbereich die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung der Vertraulichkeit zu treffen. Zum andern hat sich die WADA zu verpflichten, die weiteren Beteiligten, denen sie über entsprechende Vereinbarungen Zugang zu ADAMS gewährt, ebenfalls verbindlich zur strengsten Vertraulichkeit anzuhalten.

685 Vgl. S. 8 des WADA-Magazins „Play True“, Ausgabe 2/2005, wo im Abschnitt „Security and Protection of Data“ dargelegt wird, dass das Datenschutzniveau von ADAMS den gesetzlichen Anforderungen genügt. 686 Zur Beachtlichkeit einer Vertraulichkeitszusage bei der Angemessenheitsprüfung vgl. E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 66.

VII. Verpflichtung zur Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes

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Schließlich hängt die Angemessenheit des Abrufverfahrens davon ab, dass die WADA sämtliche Maßnahmen in technischer und organisatorischer Hinsicht (§ 9 BDSG) getroffen hat, die ihr zumutbar sind, um Verletzungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts im Zusammenhang mit den unter ihrer Ägide ablaufenden Datenverwendungen zu vermeiden.687 Da viele Anforderungen der Datensicherung gemäß § 9 BDSG nicht durch einseitige Maßnahmen zu erfüllen sind, ist es zur Gewährleistung der Angemessenheit des Abrufverfahrens darüber hinaus notwendig, dass zwischen den Verfahrensbeteiligten ein Datensicherungskonzept vereinbart wird.688 Welche Maßnahmen konkret von den einzelnen Beteiligten und in dem Datensicherungskonzept festzulegen sind, ist nach dem jeweiligen Stand der Datenschutztechnik von den diesbezüglichen Fachleuten zu ermitteln. Können die mit der Datenverwendung verbundenen Gefahren für die Datensicherheit durch technische und organisatorischen Maßnahmen nicht soweit entschärft werden, dass die verbleibenden Risiken den Athleten bei Abwägung mit den berechtigten Interessen an der Durchführung des Abrufverfahrens zumutbar sind, kann den Sportlern die Teilnahme an dem Abrufverfahren nicht abverlangt werden. In den übrigen Fällen bestimmt sich der erforderliche Aufwand danach, ob das Interesse der Athleten an der Vermeidung der Datengefährdung, die aus der Unterlassung einer möglichen technischen oder organisatorischen Maßnahme resultiert, das Interesse der WADA an der Vermeidung des damit verbundenen Aufwands überwiegt. Ist hinsichtlich der Verwendung der Daten durch die WADA und durch die weiteren Beteiligten ein hinreichendes Datenschutzniveau gewährleistet, liegt eine Vertraulichkeitszusicherung der WADA vor und sind die gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Athletendaten getroffen, ist die Abwägung der Interessen der Beteiligten an der Durchführung des Abrufverfahrens und der gegenläufigen Interessen der Athleten wie folgt vorzunehmen: Sind es im Wesentlichen die zusätzlichen Gefahren für die Datensicherheit, die aus der Sicht der Sportler gegen das Abrufverfahren sprechen, ist bei der Gewichtung der zusätzlichen Sicherheitsrisiken im Falle der Bereitstellung der Daten auf dem WADA-Server zu berücksichtigen, dass die Gefahr von Ausspähversuchen aus dem Intranet der WADA oder aus dem Internet heraus als wenig unmittelbar erscheint und zudem durch geeignete technische Sicherheitsvorkehrungen zwar wohl nicht ausgeschlossen, aber auf ein geringes Maß reduziert werden kann. Des Weiteren ist im Auge zu behalten, dass die Aufenthaltsdaten der Athleten insbesondere wegen der Möglichkeit zur Erstellung von Bewegungs687 E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 68, formuliert, entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen „können für die Angemessenheit eines Abrufverfahrens wesentlich sein“. 688 E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 90.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

und Trainingsprofilen zwar ein erhöhtes Maß an Sensibilität aufweisen, jedoch nicht zu den besonderen Arten personenbezogener Daten i. S. d. § 3 IX BDSG zählen, die vom BDSG an verschiedenen Stellen als besonders schutzbedürftig behandelt werden. Vor diesem Hintergrund überwiegt das Interesse der Verbände an der Einrichtung des Abrufverfahrens für die Aufenthaltsdaten das Interesse der Athleten am Ausschluss des Abrufverfahrens, wenn durch eine geeignete Ausgestaltung des Verfahrens sichergestellt ist, dass die Gefahr von Verletzungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Sportler auf ein für sie zumutbares Maß reduziert ist, das mit einem den Verbänden und der WADA zumutbaren Aufwand nicht weiter vermindert werden kann. Die grundsätzliche Einrichtung des Verfahrens lässt sich mit dem Nutzen rechtfertigen, den die Maßnahme für die Erreichung des Verbandsziels dopingfreier Sport offenkundig entfalten kann. Zwar werden Dopingbekämpfung und Dopingkontrollsystem ohne die Weiterleitung der Aufenthaltsdaten im Wege des Abrufverfahrens nicht vereitelt, was die bisherige Dopingkontrollpraxis ohne die Nutzung von ADAMS gezeigt hat. Das Dopingkontrollsystem, wie es bislang praktiziert worden ist, leidet allerdings nach einhelliger Ansicht der Beteiligten daran, dass mit den begrenzten finanziellen Mitteln zu wenige Dopingkontrollen durchgeführt werden können. Die wirtschaftliche Entlastung des Systems durch die Einsparung von Personal, das zuvor mit der Verarbeitung der Aufenthaltsdaten beschäftigt war, sowie durch die Synergieeffekte bei der Durchführung der Dopingkontrollen infolge der verbesserten Koordinationsmöglichkeiten ermöglicht eine spürbare Erhöhung der Anzahl der Dopingkontrollen und leistet auf diese Weise einen nicht unerheblichen Beitrag zur Verbesserung des gesamten Kontrollsystems. Daneben ist im Vergleich mit dem herkömmlichen Verfahren zu berücksichtigen, dass die On-lineMeldung auch erhebliche Vorteile für die Athleten mit sich bringt, da die Aufenthaltsmeldungen den zuständigen Stellen schneller, auf einfachere Art und Weise und mit einem geringeren Übermittlungsaufwand zur Kenntnis gebracht werden können. Hinsichtlich der Ausgestaltung des Verfahrens kann auf die zu § 10 BDSG bereits entwickelten Überlegungen zurückgegriffen werden. Durch geeignete Maßnahmen i. S. d. § 9 BDSG ist eine Erhöhung des Risikos unbefugter Zugriffe Dritter zu vermeiden.689 Es empfiehlt sich hinsichtlich der Schutzmaßnahmen gemäß § 9 die Abstimmung aller an dem Verfahren Beteiligten in einem gemeinsamen Datensicherungskonzept.690 Um den unkontrollierten Betrieb des Abrufverfahrens zu verhindern und eventuelle Fehlfunktionen erkennen zu können, ist in Umsetzung des Gedankens von § 10 IV 3 BDSG die Einrichtung eines Stichprobenverfahrens unabdingbar, durch welches in einer angemessenen Dichte691 die Ordnungsgemäßheit der durchgeführten Abrufe überprüft wird. 689 690

E. Ehmann in S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 68. E. Ehmann in S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 90.

VIII. Weiterleitung der Aufenthaltsdaten an die Kontrollunternehmen

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b) Vereinbarkeit der Erhebung der Aufenthaltsdaten unter Einsatz von ADAMS mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Die ergänzende Prüfung der Datenerhebung über ADAMS am Maßstab des allgemeinen Persönlichkeitsrechts692 führt nicht zu weitergehenden Einschränkungen bezüglich der Datenverwendung. Neben dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Athleten sind keine weiteren, für die Zulässigkeitsbeurteilung relevanten Persönlichkeitsrechtsfacetten durch die Eingabe der Aufenthaltsdaten in den WADA-Server betroffen. Die mit der Datenerhebung über ADAMS verbundene Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts ist auch aus dem Blickwinkel des allgemeinen Persönlichkeitsrechts heraus unter den gemäß BDSG zu erfüllenden Voraussetzungen und den gemäß BDSG zu schaffenden Bedingungen zulässig. Dafür, dass das vom BDSG gewährleistete Schutzniveau hinter demjenigen zurückbliebe, das aus Gewicht und Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes heraus geboten ist, gibt es keine Anhaltspunkte.

VIII. Weiterleitung der Aufenthaltsdaten an die Kontrollunternehmen Die von der NADA gesammelten Aufenthaltsdaten dienen gemäß Art. 6.1.1 NADA-Code dazu, die Planung, Koordinierung und Durchführung der Dopingkontrollen zu ermöglichen. Die Datensammlung in ADAMS dient ausweislich der Zweckbeschreibung auf der Homepage der WADA ebenfalls dazu, die Maßnahmen gegen Doping zu koordinieren und die Verbände bei der Umsetzung des WADA-Codes zu unterstützen. Zentrale Funktion der Aufenthaltsdatensammlung ist es hierbei, den mit der Durchführung der Dopingkontrollen betrauten Personen oder Organisationen das Aufsuchen der zu kontrollierenden Athleten zu ermöglichen. Die wesentliche Verwendung der Aufenthaltsdaten besteht hiernach darin, dass sie den Kontrolleuren zusammen mit den Kontrollaufträgen übergeben werden. 1. Die Weiterleitung der Aufenthaltsdaten durch die NADA oder einen übergeordneten Verband Da der Umgang mit den Aufenthaltsdaten der Athleten unter Zuhilfenahme von EDV-Anlagen eine Verwendung personenbezogener Daten darstellt, die nicht für persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolgt,693 bedarf die Weiterleitung der 691 Nach Auffassung des Bundesdatenschutzbeauftragten, die von der Kommentarliteratur überwiegend geteilt wird, müssen fünf bis zehn Prozent aller Abrufe überprüft werden, vgl. E. Ehmann in S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 106, m.w. N. 692 Zur Notwendigkeit dieser Prüfung vgl. oben B.II.2.a)cc). 693 Vgl. oben B.II.1.a)ee).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Daten an die Kontrollunternehmen gemäß § 1 II Nr. 3 und § 4 I BDSG einer besonderen Gestattung, wenn es sich hierbei um eine Datenverarbeitung oder -nutzung handelt. Als einziger Verarbeitungstatbestand, der durch die Weiterleitung der Aufenthaltsdaten seitens der NADA oder – falls sie durch den kontrollierenden Verband nicht zwischengeschaltet sein sollte – seitens des Verbands selber an den mit der Durchführung der Kontrollen betrauten Dienstleister verwirklicht sein kann, kommt die Datenübermittlung (§ 3 IV 2 Nr. 3 BDSG) in Betracht. Damit eine Datenübermittlung vorliegt, muss die Kontrollorganisation, der die Aufenthaltsdaten bekanntgegeben werden, Dritter i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 3 BDSG sein. Die Einordnung als Dritter setzt der Definition in § 3 VIII 2 und 3 BDSG zufolge voraus, dass die Kontrolleure die Aufenthaltsdaten nicht im Rahmen einer Auftragsverarbeitung i. S. d. § 11 BDSG verwenden. Entscheidend für die Frage, ob die Kontrolleure als Auftragsverarbeiter oder als Dritte tätig werden, ist der Umfang der Aufgabenübertragung in der Kontrollvereinbarung mit der NADA bzw. dem Verband.694 Nehmen die Kontrolleure Datenverwendungen ausschließlich im Rahmen der Weisungen der NADA bzw. des Verbands vor, werden sie als reine Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG tätig. Erhalten die Kontrolleure mit dem Kontrollauftrag eigene Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich der Verwendung der Aufenthaltsdaten, stellt sich die Überlassung der entsprechenden Daten als Übermittlung dar. In den Bestimmungen des NADA-Codes ist nicht vorgesehen, dass die Kontrolleure zu eigenen Entscheidungen über die weitere Verwendung der überlassenen Aufenthaltsdaten befugt sein sollen. Die Verwendung der Daten durch die Kontrolleure beschränkt sich auf die Nutzung der Daten in der Form, dass der Informationsgehalt bzgl. des Aufenthaltsorts der Sportler zur Herbeiführung des Zusammentreffens zwecks Durchführung der Dopingkontrolle dienstbar gemacht wird. Genau diese Nutzung ist den Kontrolleuren jedoch von ihren Auftraggebern vorgegeben, ohne dass sie zu hiervon abweichenden Datenverwendungen berechtigt wären. Da die Kontrollunternehmen somit keine eigeninitiative Datenverwendung betreiben, sondern allein nach Maßgabe des mit der NADA oder den Verbänden bestehenden Auftragsverhältnisses, in vollständiger Abhängigkeit entsprechend deren Weisungen und ohne eigene Entscheidungsbefugnis die von den Verbänden zur Verfügung gestellten Daten verwenden, sind sie als Auftragsverarbeiter nicht Dritte i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 3 BDSG. Die Bekanntgabe der Daten durch die NADA an die Kontrollunternehmen erfüllt hiernach nicht den Tatbestand einer Datenübermittlung i. S. d. BDSG. Auch wenn die Weitergabe der Daten an die Kontrolleure somit keine Übermittlung darstellt, ist sie dennoch nicht dem Einflussbereich des BDSG entzogen. 694

Zu den Voraussetzungen der Auftragsverarbeitung vgl. oben B.II.1.b)bb)(10).

VIII. Weiterleitung der Aufenthaltsdaten an die Kontrollunternehmen

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Vielmehr stellt eine Bekanntgabe, die keine Übermittlung ist, weil es sich beim Adressaten nicht um einen Dritten handelt, eine Nutzung i. S. d. § 3 V BDSG dar.695 Die Bekanntgabe von Daten durch den Auftraggeber an den Auftragnehmer ist somit zwar keinen besonderen materiell-rechtlichen Restriktionen unterworfen,696 bedarf jedoch für ihre Zulässigkeit der Beachtung der allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen und Durchführungsbestimmungen697 für Datenverwendungen im Anwendungsbereich des BDSG. Als wichtigste allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung ist auch hier das Erfordernis eines Gestattungstatbestands gemäß § 4 I BDSG zu nennen. Als Gestattungstatbestände kommen auch für die Nutzung in Form der Weiterleitung der Daten an die Kontrollunternehmen § 28 I 1 BDSG sowie die Einwilligung der Athleten in Betracht. Nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG können Datenverwendungen im Rahmen eines rechtsgeschäftlichen oder eines rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses zwischen der verantwortlichen Stelle und dem Betroffenen gerechtfertigt werden. Werden die Aufenthaltsdaten von der NADA oder auch einem übergeordneten Verband an das Kontrollunternehmen weitergegeben, ohne dass eine entsprechende Vereinbarung zwischen NADA bzw. Verband und Sportler besteht, erweist sich allerdings bereits die Feststellung einer entsprechenden Sonderbeziehung mit den Athleten als problematisch: Als ein solches rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis ist – wie bereits an anderer Stelle ausgeführt698 – das vereinsrechtliche Mitgliedschaftsverhältnis anzusehen. Allerdings besteht dieses Mitgliedschaftsverhältnis in der Regel einzig und allein zwischen Sportler und Verein, nicht jedoch zwischen Sportler und Verband. Das Mitgliedschaftsverhältnis zwischen Sportler und Verein könnte jedoch nur dann als rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis für die Rechtfertigung der Datenweitergabe durch die NADA oder den übergeordneten Verband herangezogen werden, wenn bei genauem Hinsehen der Verein für die Weitergabe der Daten verantwortlich wäre, weil die NADA oder der Verband die Weiterleitung nur als Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG vornähmen. Voraussetzung hierfür wäre, dass der NADA oder dem Verband lediglich die technische Ausführung der Datenbekanntgabe an das Kontrollunternehmen obläge, während die Entscheidung über das Ob der Weiterleitung vom Verein gefällt würde. Tatsächlich wird allerdings von der NADA selber darüber entschieden, ob es zur Weitergabe der Daten kommt. Voraussetzung für die Weiterleitung ist die Aus695

U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 193. S. Walz, in: S. Simitis, BDSG, § 11 Rn. 31. 697 S. Walz, in: S. Simitis, BDSG, § 11 Rn. 31, verweist etwa auf die Geltung des Gebots der Datenvermeidung und -sparsamkeit aus § 3a BDSG. 698 Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(a). 696

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

wahl des betroffenen Sportlers als Testperson einer Dopingkontrolle. Diese Auswahl erfolgt jedoch nicht durch die Vereine, sondern durch die NADA selber, die die vorgesehenen Losverfahren durchführt und darüber hinaus nach eigenem Gutdünken zur Ansetzung von Zielkontrollen berechtigt ist. Als rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG kann an dieser Stelle auch nicht das teilweise postulierte Konstrukt der Beziehung mitgliedschaftlicher Art699 zwischen Sportlern und Verbänden deklariert werden, da diese Rechtsfigur zutreffend als dogmatisch kaum zu begründen und in ihren Auswirkungen diffus abgelehnt wird.700 Ebensowenig kann die Annahme eines rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses zwischen NADA oder übergeordnetem Verband und Athleten darauf gestützt werden, dass zwar keine unmittelbare mitgliedschaftsähnliche Beziehung, jedoch mittelbar über den Verein und eventuell weitere zwischengeschaltete Verbände eine besondere Nähebeziehung zur Entstehung gelangt. Eine angesichts des Fehlens verbindlicher Interpretationsmaßstäbe für die Auslegung des § 28 I 1 Nr. 1 im BDSG scheinbar mögliche extensive Interpretation des „rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses“, die eine Erweiterung des Verarbeitungsspielraums der verantwortlichen Stelle zur Konsequenz hätte, widerspräche der aus den Zulässigkeitsgründen des § 28 BDSG klar herauslesbaren Intention, die Verarbeitungsmöglichkeiten nicht auszuweiten, sondern vielmehr einzuschränken. Diese Zielsetzung der Vorschrift verlangt stattdessen eine restriktive Auslegung.701 Bei dem gebotenen engen Verständnis ist die Annahme rechtsgeschäftsähnlicher Schuldverhältnisse in erster Linie auf Rechtsbeziehungen im Umfeld vertraglicher Beziehungen wie das vorvertragliche Näheverhältnis, das Nachwirken von Vertragspflichten im nachvertraglichen Stadium oder das Verhältnis zwischen den Parteien im Zusammenhang mit nichtigen oder anfechtbaren Dauerrechtsverhältnissen zu beschränken.702 Die unmittelbare Mitgliedschaft in einem Verein ist selber bereits auf die Subsumtion unter den Begriff der vertragsähnlichen Vertrauensbeziehung als dem schwächeren Nähetatbestand des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG angewiesen. Die Distanz zwischen Sportler und NADA oder übergeordnetem Sportverband ist jedoch nochmals ungleich größer als diejenige zwischen Sportler und Verein, da es hier – anders als im Fall des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen Athlet und Verein – an einer unmittelbaren Beziehung des Sportlers zur NADA oder auch zum übergeordneten Verband fehlt. Eine unmittelbare rechtliche Beziehung ist jedoch für die Annahme eines rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses un699

R. Ernst, Die Ausübung der Vereinsgewalt (1969), S. 86 ff. Vgl. M. Meinberg/D. Olzen/S. Neumann, Verhinderung des Dopingmissbrauchs, S. 57; R. Lukes, Erstreckung der Vereinsgewalt auf Nichtmitglieder durch Rechtsgeschäft, FS für H. Westermann (1974) S. 32. 701 So noch für § 28 I 1 BDSG 2001 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 120. 702 So noch für § 28 I 1 BDSG 2001 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 121 ff.; ebenso im Ergebnis auch Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 5.1. 700

VIII. Weiterleitung der Aufenthaltsdaten an die Kontrollunternehmen

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erlässlich.703 Ohne sie ermangelt es der Beziehung zwischen Athlet und Verband an der Rechtsgeschäftsähnlichkeit, da allein die über den Verein existente mittelbare Verbindung keinen Ansatzpunkt für die Schaffung von Rechten und Pflichten bietet, die rechtsgeschäftsähnliche Qualität erreichen. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG scheidet hiernach als Rechtfertigungstatbestand für die Weitergabe der Aufenthaltsdaten durch die NADA oder den übergeordneten Verband aus, soweit keine Sondervereinbarung zwischen NADA oder Verband und Sportler geschlossen worden ist, da es an einem rechtsgeschäftlichen oder einem rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnis fehlt, für dessen Zwecke die Weiterleitung erforderlich sein könnte. Besteht zwischen Athleten und NADA bzw. Verband kein Sonderverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG, kommt § 28 I 1 Nr. 2 BDSG als Gestattungstatbestand in Betracht. Wie bereits dargelegt, kann § 28 I 1 Nr. 2 BDSG nicht herangezogen werden, wenn die Parteien über ein rechtsgeschäftliches oder rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis miteinander verbunden sind und die Berufung auf § 28 I 1 Nr. 1 BDSG lediglich daran scheitert, dass die Datenverwendung zu Zwecken dieses Schuldverhältnisses nicht zulässig ist.704 In vorliegender Konstellation sind zwar nicht NADA oder Verband und Sportler in einer solchen Sonderbeziehung miteinander verbunden. Jedoch ist die Datenverwendung, um die es geht, auf eine solche Sonderbeziehung, nämlich das Mitgliedsverhältnis zwischen Athlet und Verein, zurückzuführen und wird von der NADA oder dem Verband bloß aufgrund einer entsprechenden Funktionsübertragung durch die Vereine bzw. die Verbände durchgeführt. Es erhebt sich die Frage, ob § 28 I 1 Nr. 2 BDSG in dieser Situation Anwendung finden kann. Anders als in dem Fall, in dem der rechtsgeschäftlich oder rechtsgeschäftsähnlich mit dem Athleten verbundene Verwender sich zur Rechtfertigung einer Datenverwendung auf § 28 I 1 Nr. 2 BDSG beruft, die zuvor als nicht erforderlich i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG für unzulässig erklärt wurde, ist in der Berufung auf § 28 I 1 Nr. 2 BDSG durch den nicht rechtsgeschäftlich oder rechtsgeschäftsähnlich mit dem Betroffenen verbundenen Verwender keine Umgehung des Verwendungsausschlusses nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zu sehen. Aus diesem Grund wird die Anwendbarkeit des § 28 I 1 Nr. 2 BDSG nicht durch die zwischen Sportler und Verein bestehende Sonderbeziehung ausgeschlossen. Die Datenverwendung seitens der NADA oder des Verbandes kann durch ein überwiegendes Interesse i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG gerechtfertigt sein. Bei der Ermittlung der für die Datenweitergabe sprechenden Interessen sind allerdings die Zwecke des Rechtsverhältnisses im Auge zu behalten, aus dem heraus die Datenweiterleitung letztlich überhaupt nur notwendig geworden ist. Wäre daher die Datenverwendung mangels Erforderlichkeit nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG unzulässig, wenn die Weiterleitung der Aufenthaltsda703 704

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 119. Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(b) und B.III.1.b)bb)(2).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

ten unmittelbar durch den Verein erfolgen würde, bestünde auch in der Person der NADA oder des Verbands kein überwiegendes Interesse, das die Weiterleitung nach § 28 I 1 Nr. 2 BDSG rechtfertigen würde, es sei denn, die NADA oder der Verband könnten ausnahmsweise zusätzliche, hinreichend gewichtige Interessen anführen, die im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung nicht zugunsten des Vereins gewirkt haben. Das Interesse der NADA und der übergeordneten Verbände geht dahin, ihre Aufgaben im Rahmen der Dopingbekämpfung wahrzunehmen. Soweit sie für die einzelnen Vereine die Durchführung der Dopingkontrollen übernommen haben, beschränkt sich ihr Interesse darauf, in den Grenzen des erteilten Auftrags aktiv zu werden. Diese Grenzen ergeben sich unter anderem aus den Grenzen der Befugnisse, die den Vereinen aus den Rechtsbeziehungen mit den Athleten heraus für Eingriffe in deren Rechte zustehen. Eigene zusätzliche Interessen der NADA oder der Verbände, die über das Interesse der Vereine an der satzungsgemäßen Durchführung der Dopingkontrollen hinausgehen, sind nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Interessen der NADA an der Weiterleitung der Aufenthaltsdaten bedeutet dies, dass diese Interessen mit dem Interesse der Vereine an der Bekanntgabe der Daten an die Kontrollunternehmen identisch sind. Im Rahmen ihres Interesses, die ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen, kann die NADA daher auf das Interesse der Sportvereinigungen an der Beauftragung externer Kontrollunternehmen und der hierfür erforderlichen Datenweiterleitungen verweisen. Das Interesse der Vereine an der Übergabe der Kontrolldaten an die externen Kontrollunternehmen begründet sich wie folgt: Die Datenweiterleitung scheitert bei im Hinblick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten schonender Ausgestaltung nicht am Verhältnismäßigkeitsgebot. Die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Datenweiterleitung an die Kontrollunternehmen, die Voraussetzung für die Annahme eines berechtigten Interesses der Sportvereinigungen i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG ist, wäre dann nicht gegeben, wenn die Beauftragung externer Kontrollunternehmen deshalb nicht notwendig wäre, weil die NADA bzw. die Sportvereinigungen die Durchführung der Kontrollen genausogut mit eigenem Personal durchführen könnten. Zwar sind keine Gründe dafür erkennbar, dass den Sportvereinigungen die Einrichtung eines eigenen Dopingkontrollbetriebs technisch-organisatorisch nicht möglich wäre. Allerdings bringt das „Outscourcing“ der Durchführung der Kontrollen diverse Vorteile mit sich: Die Beauftragung externer Unternehmen reduziert den wirtschaftlichen und bürokratischen Aufwand der Verbände, da die Koordination der Kontrollen und die Einzelmaßnahmen, die zur Organisation einer Dopingkontrolle notwendig sind, nicht mehr von den Sportvereinigungen bewältigt werden müssen und der Personalaufwand vermieden wird, den die Einstellung der notwendigen Mitarbeiter bedeutete. Der mit der Organisation und Durchführung der Kontrollen verbundene, ganz erhebliche finanzielle Aufwand könnte nicht bewältigt werden,

VIII. Weiterleitung der Aufenthaltsdaten an die Kontrollunternehmen

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wenn er bei jedem einzelnen Verein oder auch nur bei jedem einzelnen Fachverband anfiele. Zumindest erreichen die Vereine und Mitgliedsverbände durch die Zentralisierung dieser Aufgabe beim DOSB eine ganz erhebliche Verringerung der auf die Einzelkorporationen entfallenden Kosten, da eine nur für die einzelnen Vereine und Verbände zuständige Dopingkontrollorganisation aufgrund der zu geringen Anzahl kontrollbedürftiger Sportler nicht ausgelastet wäre und weil die Ausstattung eines jeden einzelnen Vereines oder Mitgliedsverbandes mit der kostenintensiven Kontrollausrüstung vermieden wird. Allein diese Kostenersparnis, die angesichts der latent leeren Kassen vieler Vereine und Verbände für die Bewältigung der Aufgabe Dopingbekämpfung oftmals unverzichtbar sein dürfte, führt zur Feststellung eines existentiellen Interesses an der Delegierung der Kontrollaufgaben an zentrale Stellen.705 Darüber hinaus bewirkt die Einsetzung hauptamtlicher Dopingkontrolleure eine Steigerung der Professionalität und damit der Effektivität der Kontrollen. Durch die Bündelung der in einer Vielzahl von Verbänden anfallenden Kontrollen in den Händen einiger weniger Kontrolleure sind Synergieeffekte erzielbar, indem beispielsweise Athleten verschiedener Verbände im Zuge einer einzigen Kontrollaktion getestet werden können, wenn sie sich am selben Ort oder in derselben Region aufhalten. Die Beauftragung externer, nicht dem Verein oder Verband zugehöriger Personen vermindert zudem die Gefahr von Interessenkonflikten, da die Möglichkeit einer persönlichen Beziehung zwischen Kontrolleur und Sportler aufgrund der Zugehörigkeit zum selben Verein oder Verband ausgeschlossen ist. Die Vermeidung des Aufwands, der mit dem Betrieb verbandseigener Kontrollteams verbunden wäre, erlaubt es den Verbänden, sich mit der erforderlichen Intensität auf ihre sonstigen Vereinszwecke zu konzentrieren, während der Betrieb eines eigenen Kontrollapparats zur Bindung von Kapazitäten in erheblichem Umfang nur für das Vereinsziel Dopingfreiheit führen würde. Gegenüber diesen handfesten Vorteilen der Beauftragung externer Kontrollunternehmen erscheint die damit verbundene Mehrbelastung der Athleten als geringfügig: Von der Einschaltung Externer ist einzig und allein das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler insofern berührt, als damit ein zusätzlicher Akt der Datenweiterleitung vom Verband bzw. der NADA an das Kontrollunternehmen verbunden ist. Bei optimaler Ausgestaltung der Beauftragung muss allerdings auch aufseiten des Kontrollunternehmens nur der verantwortliche Kontrolleur Kenntnis von den Aufenthaltsdaten erlangen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Koordination der diversen Kontrollen im Stadium der Auswahl der Athleten. Die Kontrollaufträge könnten beispielsweise so erteilt werden, dass ohne weitergehende Öffnung der Unterlagen lediglich die Orte genannt werden, an de705 Die Bedeutung einer möglichst wirtschaftlichen Abwicklung der Dopingkontrollen wird dokumentiert durch die finanziellen Probleme, vor die die Verbände durch die Erhöhung der Kontrollkosten gestellt werden, die Anfang 2008 infolge von Verbesserungen des Kontrollsystems wirksam geworden sind, vgl. FAZ v. 15.11.07, S. 36.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

nen die Kontrollen durchgeführt werden müssen, während die Namen der zu kontrollierenden Sportler gesondert verpackt sind. Hiernach kann die Verteilung der Aufträge an die einzelnen Kontrolleure des Unternehmens anhand der Ortsangaben erfolgen, ohne dass dabei die Namen der betroffenen Athleten genannt werden. Andere Beteiligte außer dem konkret verantwortlichen Kontrolleur müssen vom Aufenthaltsort eines Sportlers nur in Sonderfällen Kenntnis erhalten, etwa wenn ausnahmsweise ein Interessenkonflikt z. B. wegen persönlicher Bekanntschaft in der Person des Kontrolleurs auftritt und der Kontrollauftrag deshalb umorganisiert werden muss. Wenn somit im Regelfall mit dem verantwortlichen Kontrolleur nur eine einzige zusätzliche Person Kenntnis von den Daten erlangt, unterscheidet sich die externe Beauftragung hinsichtlich der Anzahl der eingeweihten Personen nicht von der intern durchgeführten Kontrolle, da auch hier der angestellte Kontrolleur vom Aufenthalt des Probanden in Kenntnis gesetzt werden müsste. Ein Mehr an Datengefährdung lässt sich hiernach lediglich noch mit dem Umstand begründen, dass die Aufenthaltsdaten der Athleten aus der Herrschaftssphäre der NADA bzw. des Verbands in die fremde Sphäre einer externen Stelle herausgegeben werden. Insbesondere dann, wenn die externe Stelle wie hier die beauftragten Kontrollunternehmen als Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG tätig werden, kann die Datensicherheit jedoch durch die Berücksichtigung der dort praktizierten Datenschutzmaßnahmen bei der Auswahl der externen Stelle und durch geeignete Datenschutzvorgaben im Vertrag mit der externen Stelle gewährleistet werden. Bei entsprechender Ausgestaltung der Beauftragung der externen Kontrollunternehmen scheitert die Weiterleitung der Aufenthaltsdaten an die externen Kontrolleure somit nicht an einem überwiegenden Interesse der Sportler am Ausschluss der Nutzung. Auch wenn die Weiterleitung auf § 28 I 1 Nr. 2 BDSG gestützt wird, ist sie grundsätzlich nicht ohne Kenntnis der Athleten zulässig. Hierfür sorgt § 28 I 2 BDSG, der vorgibt, dass die Verwendungszwecke der Daten bei der Erhebung konkret festzulegen sind. Diese Vorgabe, deren Missachtung zur Unzulässigkeit der Datenverwendung führt, soweit es nicht ausnahmsweise trotz des fehlenden Hinweises an einem überwiegenden Interesse des Betroffenen am Ausschluss der von der Zweckfestlegung nicht gedeckten Datenverwendung fehlt (§ 28 II BDSG), zwingt den Verwender zu so konkreten Zweckangaben, dass der Betroffene den Umfang des Eingriffs in sein informationelles Selbstbestimmungsrecht durch die beabsichtigten Verwendungen einschätzen kann. Hierzu ist im Falle der Aufenthaltsdaten der Sportler erforderlich, dass sie wissen, inwieweit die gemeldeten Daten vom Empfänger der Aufenthaltsmeldungen an andere Stellen weitergeleitet werden. Um die Zulässigkeit der Datenweiterleitung durch die NADA oder den übergeordneten Verband an die Kontrollunternehmen im Verhältnis zwischen dem Athleten und seinem Verein herbeizuführen, kann des Weiteren eine Einwilligung

VIII. Weiterleitung der Aufenthaltsdaten an die Kontrollunternehmen

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des Sportlers nach Maßgabe des § 4a BDSG eingeholt werden, der insbesondere ein Hinweis gemäß § 4a I 2 BDSG auf den Zweck der Datenverwendung vorauszugehen hat und die freiwillig, schriftlich und gegebenenfalls neben anderen Erklärungen besonders hervorgehoben zu erfolgen hat. Von der Freiwilligkeit der Einwilligung und insbesondere von dem hierfür notwendigen überwiegenden Interesse der Verbände an der Datenweiterleitung an die Kontrollunternehmen ist aus den Erwägungen heraus auszugehen, die soeben im Zusammenhang mit der Rechtfertigung nach § 28 I 1 Nr. 2 BDSG hinsichtlich der gegenläufigen Interessen der Parteien angestellt wurden. 2. Weiterleitung der Daten durch den Abruf vom WADA-Server seitens der Kontrollunternehmen Wie im Zusammenhang mit der Untersuchung der Datenverwendung unter Einsatz des ADAMS bereits ausgeführt,706 ist im Falle der Einrichtung von automatisierten Abrufverfahren strikt zwischen der Einrichtung des Verfahrens selber und den Einzelabrufen der bereitgestellten Daten zu trennen. Die Zulässigkeit der Einzelabrufe im Falle der Verwaltung der Aufenthaltsdaten über den WADA-Server richtet sich nach den Vorschriften, die für Datenübermittlungen der abrufenden Stelle beachtlich sind.707 Sie hängt nicht von der Einhaltung formeller Voraussetzungen des Abrufverfahrens wie etwa der Einrichtung von Stichprobenverfahren gemäß § 10 IV 2 BDSG ab.708 Ebensowenig führt gegebenenfalls die Unzulässigkeit der Einrichtung des Abrufverfahrens zur Unzulässigkeit des einzelnen Abrufs.709 Da die Durchführung der Dopingkontrollen vor Ort nicht durch öffentliche Stellen erfolgt, sind es durchweg nicht-öffentliche Stellen, die den Datenabruf vornehmen. Das BDSG findet hiernach in dem von § 1 II Nr. 3 vorgesehenen Umfang Anwendung. In räumlicher Hinsicht gilt für die Anwendbarkeit des BDSG auf den Abruf Folgendes: Ist ein übergeordneter internationaler Verband Abrufender, der seinen Sitz nicht in Deutschland und nicht in einem EU- oder EWR-Staat hat und den Abruf auch nicht aus Deutschland heraus vornimmt, sind die Bestimmungen des BDSG nicht einschlägig (§ 1 V 2 BDSG). Ist ein übergeordneter Verband Abrufender, der im EU- oder EWR-Raum belegen ist, den Abruf jedoch nicht von Deutschland aus durchführt, ist das BDSG ebenfalls nicht anwendbar (§ 1 V 1 BDSG). Erfolgt der Abruf durch einen internationalen Verband, der nicht im EUoder EWR-Ausland belegen ist, von Deutschland aus oder ruft ein im EU- oder EWR-Ausland belegener internationaler Verband die Daten von einer deutschen 706 707 708 709

Vgl. oben D.VII.4.a)bb)(3). E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 43. E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 44. E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 39, 92 ff.; siehe oben D.VIII.2.c).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Niederlassung aus ab, findet das BDSG ebenso Anwendung, wie wenn der Abruf durch die NADA oder einen deutschen Verband erfolgt. Wegen des Sitzes der WADA in der Schweiz und der Einrichtung des Abrufverfahrens in Montreal erlangen die besonderen Regeln des § 11 BDSG für Auftragsverarbeitungen bezüglich des Datenabrufs keine Bedeutung, auch wenn sich die Rolle der WADA bei der Mitwirkung an der Weiterleitung der Aufenthaltsdaten ausschließlich auf die technische Abwicklung der Weitergabe beschränkt. Davon ausgehend, dass der Abruf der Aufenthaltsdaten zwecks Kontrolle eines deutschen Athleten durch die PWC GmbH erfolgt, die von der NADA oder von einem übergeordneten Verband mit der Durchführung der Dopingkontrolle beauftragt worden ist, richtet sich die Zulässigkeit des Datenabrufs nach den Bestimmungen der Abschnitte 1 und 3 bis 6 des BDSG. Die Übermittlung der Daten muss hiernach mit der Einwilligung des Sportlers oder unter den Voraussetzungen des § 28 I 1 BDSG geschehen (§ 4 I BDSG). Die Datenweiterleitung muss von dem Umfang der Datenverwendung erfasst sein, der sich aus der Zweckfestlegung ergibt, auf die der Athlet anlässlich der Einwilligung in die Datenverwendung (§ 4a I 2 BDSG) oder vor der Datenerhebung nach § 28 BDSG (§ 4 III 1 Nr. 2 BDSG) hingewiesen worden ist. Des Weiteren sind die Grundsätze der Datenvermeidung und -sparsamkeit (§ 3a BDSG) und das Datengeheimnis (§ 5 BDSG) zu beachten. Demgegenüber ist § 4b BDSG auf den Abruf der Daten durch die Kontrollunternehmen vom WADA-Server nicht anwendbar: Erfolgt der Abruf durch deutsche Kontrollunternehmen, findet im Regelfall, wenn die Daten in einer deutschen Niederlassung von den Kontrolleuren entgegengenommen werden, schon keine Datenübermittlung ins Ausland statt. Werden die Daten von in Deutschland ansässigen Kontrollunternehmen im Ausland oder von ausländischen Kontrollunternehmen abgerufen, stellt dies ebenfalls keinen von § 4b BDSG erfassten Übermittlungstatbestand dar. § 4b BDSG macht zusätzliche Vorgaben für Datenübermittlungen ins Ausland oder an über- oder zwischenstaatliche Stellen. Hintergrund der Zusatzregelung ist die Intention, im Falle der Auslandsübermittlung oder der Übermittlung in den Geltungsbereich ausländischen Rechts eine Verringerung des Datenschutzes infolge eines unangemessenen Datenschutzniveaus bei den Übermittlungsempfängern zu vermeiden. Daten, die den Datenschutzstandard des BDSG genießen, sollen dieses Schutzstandards durch die Übermittlung an ausländische oder quasi-ausländische Stellen nicht beraubt werden. § 4b BDSG setzt hiernach eine Datenübermittlung aus dem Geltungsbereich des BDSG voraus. Wie bereits im Zusammenhang mit der genaueren Betrachtung des Abrufverfahrens dargelegt,710 erfolgt die entsprechende Datenverwendung der WADA nicht nach den Regeln des BDSG, 710

Vgl. oben D.VIII.2.a).

VIII. Weiterleitung der Aufenthaltsdaten an die Kontrollunternehmen

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da sie nicht innerhalb dessen räumlichen Geltungsbereichs stattfindet. Sie wird auch nicht dadurch in den Geltungsbereich des BDSG gezogen, dass § 10 IV 1 BDSG die Verantwortung für den Übermittlungsvorgang im Wesentlichen auf die abrufende Stelle verlagert. Denn auch diese Verantwortungsverschiebung ändert nichts daran, dass die Daten schon aus einer Sphäre heraus übermittelt werden, die der Geltung des BDSG nicht unterfällt. Ebensowenig wird die fehlende Anwendbarkeit des BDSG auf die Daten in der Herrschaftssphäre der WADA durch die Einrichtung eines adäquaten Datenschutzniveaus über die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Sportlern und ihren Vereinen kompensiert. Anders als von § 4b BDSG vorausgesetzt, stellte eine Verschlechterung des Datenschutzes durch den Abruf vor diesem Hintergrund keine Verringerung des aus dem BDSG heraus bestehenden Datenschutzniveaus, sondern eine Reduzierung eines vertraglich vereinbarten Schutzstandards dar, die ihrerseits nicht durch das BDSG, sondern wiederum nur durch vertragliche Vereinbarungen über das gebotene Datenschutzniveau aufseiten der Übermittlungsempfänger verhindert werden muss. Schließlich ergibt sich die Anwendbarkeit des § 4b BDSG gegebenenfalls auch nicht daraus, dass es sich um deutsche Kontrollunternehmen handelt, die die Daten im Ausland abrufen. Für die Anwendbarkeit des BDSG ist entscheidend, dass die Daten innerhalb Deutschlands, im Kompetenzbereich des BDSG erhoben, verarbeitet oder genutzt werden sollen.711 Uninteressant ist demgegenüber, welche Nationalität die verantwortliche Stelle hat und wo sie ihren Sitz nimmt.712 Findet die Datenverwendung nicht zumindest teilweise in Deutschland statt – etwa in der Form, dass die im Ausland genutzten Daten von der nutzenden Stelle in Deutschland erhoben oder gespeichert worden sind – ist sie nicht den Bestimmungen des BDSG unterworfen.713 Ungeachtet der Unanwendbarkeit des § 4b BDSG kommen die Sportvereinigungen allerdings nicht umhin, die von § 4b BDSG für Auslandsübermittlungen postulierten Grundsätze für die Weiterleitung der Daten von der WADA an die Kontrollunternehmen insoweit verbindlich zu machen, als der Abruf andernfalls eine nicht erforderliche oder unangemessene Datenverwendung darstellt, an der ein überwiegendes Interesse nicht geltend gemacht werden kann. In diesem Sinne gelten trotz der Unanwendbarkeit des § 4b BDSG das Verbot der Übermittlung im Falle überwiegender schutzwürdiger Interessen der Athleten, insbesondere beim Fehlen eines angemessenen Datenschutzniveaus aufseiten des Übermittlungsempfängers (§ 4b II 2 BDSG), das bereits über die Unwirksamkeit der Einwilligung bzw. die Unangemessenheit der einschlägigen Vereinsbestimmungen zum Tragen kommt, sowie der Zweckbindungsgrundsatz (§§ 4b I 1, 16 I Nr. 1, 14 BDSG). 711 712 713

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4b Rn. 8. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4b Rn. 9. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4b Rn. 14.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Abrufende Stellen im Anwendungsbereich des BDSG unterfallen des Weiteren der Meldepflicht gemäß § 4d BDSG, soweit mehr als neun Personen ständig mit der Datenverwendung beschäftigt sind (§ 4 III BDSG). Auch wenn die Voraussetzungen für die Meldepflicht nach § 4d BDSG gegeben sind, führt ihre Missachtung allerdings nicht zur Unzulässigkeit der Datenverwendung, und zwar weder unter dem Aspekt des damit verbundenen BDSG-Verstoßes714 noch deshalb, weil die Datenverwendung ohne die Meldung einen unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten und damit eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen würde.715 Des Weiteren trifft den Übermittlungsempfänger die Pflicht zur Vorabkontrolle des Abrufverfahrens gemäß § 4d V BDSG.716 Die Durchführung der Vorabkontrolle ist als formelles Rechtmäßigkeitskriterium der Bereitstellung der Daten anzusehen, so dass die Einrichtung der Abrufmöglichkeit ohne Vorabkontrolle rechtswidrig und damit unzulässig ist.717 Wegen des Grundsatzes der getrennten Behandlung von Abrufverfahren und Abruf macht die Unterlassung der Vorabkontrolle nicht den Einzelabruf durch den Übermittlungsempfänger unzulässig. Hat eine Vorabkontrolle nicht stattgefunden, können die Athleten jedoch bereits die Eingabe der Aufenthaltsdaten in ADAMS verweigern. Eine hierzu erteilte Einwilligung ist ebenso unwirksam wie eine zur Meldung an ADAMS verpflichtende Bestimmung im Vereinsreglement, da die Verbände kein überwiegendes Interesse hinsichtlich der Teilnahme der Athleten an einem rechtswidrigen Datenverarbeitungsverfahren geltend machen können. Ebenso spielt gegebenenfalls die Missachtung der Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten gemäß § 4f BDSG weder als BDSG-Verstoß noch als Eingriff ins allgemeine Persönlichkeitsrecht eine Rolle für die Zulässigkeit des Datenabrufs durch die Kontrollunternehmen.718 Demgegenüber haben auch die abrufenden Kontrollunternehmen ihrerseits die nach § 9 BDSG erforderlichen technischen und organisatorischen Datenschutzmaßnahmen zu treffen. Für die im Anwendungsbereich des BDSG tätigen Kontrollunternehmen besteht diese Pflicht unmittelbar gemäß § 9 BDSG. Soweit das BDSG nicht anwendbar ist, ergibt sich die Verpflichtung aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der die Entschärfung des Eingriffs ins informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler auf ein angemessenes und erforderliches Maß gebietet. Ebenfalls aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz heraus ist die Erarbeitung eines gemeinsamen Datensicherungskonzepts zwischen den Beteiligten ge-

714 715 716 717 718

Vgl. oben B.II.1.b)bb)(4). Vgl. oben B.II.2.b)bb). E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 10 Rn. 46 f. T. Petri, in: S. Simitis, BDSG, § 4d Rn. 39. Vgl. oben B.II.1.b)bb)(5) u. B.II.2.b)bb).

IX. Erwirkung einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung

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boten, durch welches Gefährdungen der Datensicherheit infolge einer unzulänglichen Abstimmung vermieden werden.

IX. Die Obliegenheit zur Erwirkung einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung Mit dem Erlass des Dopingverbotes für den Bereich des Sports ist unvermeidlich ein Konflikt mit dem Interesse der Athleten geschaffen worden, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung ihrer Gesundheit notwendigen Maßnahmen sanktionsfrei durchführen zu können. Das Dopingverbot als Kern des Anti-DopingKampfes untersagt die Anwendung leistungsfördernder Mittel zunächst einmal ohne Rücksicht darauf, ob sie im Einzelfall aus gesundheitlichen Gründen medizinisch indiziert sind. Im Sinne einer interessengerechten Abwägung zwischen dem Interesse an einem dopingfreien Sport und den Gesundheitsinteressen der Sportler haben sich die Verbände dafür entschieden, diesen Konflikt durch die Gestattung der Anwendung der verbotenen Mittel zu lösen, soweit diese Anwendung zur Vermeidung „signifikanter“ Gesundheitsnachteile medizinisch indiziert ist und keine Wirkungen entfaltet, die mit den Zielen des Dopingverbots Fairplay und Chancengleichheit unvereinbar sind. Im einzelnen wird die Thematik durch Art. 5 NADA-Code dahingehend geregelt, dass ein Athlet, der einen verbotenen Wirkstoff oder eine verbotene Methode aus gesundheitlichen Gründen anwenden möchte, eine sogenannte Medizinische Ausnahmegenehmigung bei der NADA, dem internationalen Fachverband oder gegebenenfalls einer anderen zuständigen Organisation einzuholen hat. Lediglich nicht testpoolangehörige Athleten und über 50 Jahre alte Sportler können sich in bestimmten Ausnahmefällen auf die Einholung eines gewöhnlichen ärztlichen Attests beschränken. 1. Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch den Ausschluss von Wirkstoffen oder Methoden von der Genehmigungsfähigkeit (Art. 5.1 S. 2, 5.5 NADA-Code) Persönlichkeitsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmungen zur Medizinischen Ausnahmegenehmigung regen sich nicht erst beim eingehenden Blick auf die Detailregelungen zum Erteilungsverfahren und zu den weiteren Obliegenheiten und Befugnissen im Zusammenhang mit der Ausnahmegenehmigung. Vielmehr erscheint bereits bei der Betrachtung der Wirkungen der Genehmigungsregeln der Umstand überprüfungswürdig, dass schon gar nicht alle medizinisch indizierten Anwendungen einer Ausnahmegenehmigung gemäß Art. 5 NADACode zugänglich sind. Lässt sich Art. 5.1 S. 2 NADA-Code noch so verstehen, dass grundsätzlich sämtliche in der Prohibited List verbotenen Wirkstoffe und Methoden durch eine Ausnahmegenehmigung gestattet werden können, wird die Genehmigungsfähigkeit durch die Bewilligungskriterien des Art. 5.5 NADA-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Code weitreichend eingeschränkt: Gemäß Art. 5.5.2 ist eine Ausnahmegenehmigung sämtlicher Mittel und Methoden ausgeschlossen, die über die Heilungswirkung hinaus eine zusätzliche Leistungssteigerung hervorrufen. Wie bereits weiter oben ausgeführt, schützt das Allgemeine Persönlichkeitsrecht die „engere persönliche Lebenssphäre“ und ihre „Grundbedingungen“ 719 als grundrechtlich abgeschirmten Bereich freier Entfaltung720 nicht nur im Sinne eines Abwehrrechts,721 sondern auch mit der Zielrichtung, die zentralen Voraussetzungen für das Tätigwerden der Person in den Beziehungen mit Dritten und für das Tätigwerden in der Öffentlichkeit und somit das dynamische Element der personalen Entfaltung zu gewährleisten.722 Dieser Schutz umfasst die aktive, ex719 BVerfGE 54, 148, 153 („Eppler“), u. 72, 155, 170, u. 79, 256, 268; C. Degenhart, JuS 1992, 361; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 38; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 14, spricht vom „Schutz des ,Zustandes‘ der Privat- bzw. Persönlichkeitssphäre“; D. Murswiek, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 2 Rn. 60; MüKo/ P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 189, 157, spricht von einem „umfassenden right of privacy“; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 8; M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), S. 207 ff., plädiert für die Bestimmung des Schutzbereiches durch die Benennung der geschützten Interessen, nämlich des Interesses an der Entfaltung im räumlich-gegenständlichen Privatbereich, an der Selbstbestimmung in eigenen Angelegenheiten, an der Diskretion in persönlichen Angelegenheiten, an der Achtung der persönlichen Ehre, an der wahren Darstellung der eigenen Person und an der Kenntnis und Achtung der personalen Identität. 720 BGHZ 13, 334, 337 f. („Leserbrief“); Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 176, spricht von einem „umfassenden Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit“. 721 Zur Schutzfunktion als Abwehrrecht vgl. BK/R. Zippelius, Art. 1 Rn. 97; MüKo/ P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 186; Larenz/Wolf, AT (8. Aufl. 1997), § 8 III., Rn. 24; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 86; hierunter fällt u. a. auch der Anspruch, von Briefkastenwerbung verschont zu bleiben, vgl. hierzu Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C232 ff., u. Larenz/Wolf, AT, § 8 III.6., Rn. 31, und überhaupt der Schutz vor ungewollten Werbemaßnahmen und der Belästigung durch Telefonanrufe, vgl. BGH NJW 1989, 902, 903, u. BGH NJW-RR 1990, 359, 360, u. MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 157, u. MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 130, sowie Larenz/Wolf, AT, § 8 III.6., Rn. 31; so auch Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II 2, Besonderer Teil (13. Aufl. 1994), § 80 II.7.; BGH NJW 1996, 1128, 1129 ff. (Prinzessin Caroline und Vincent); zum Schutz des privaten Wohnbereiches vor permanenter Störung durch Versammlungen VGH Kassel, NJW 1994, 1750 f. 722 Zum Schutz der personalen Entfaltung vgl. BGHZ 26, 349, 354 ff. („Herrenreiter“), u. 106, 229, 233 f.; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 50; ders., NJW 1989, 857, 859; C. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 2 Rn. 86 f., unter Hinweis darauf, dass sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht von dem aktiven Element des ohne weiteres aus Art. 2 I GG gewährten Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit unterscheidet, und Rn. 170 ff. zum Recht, in Ruhe gelassen zu werden; MüKo/ P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 186; Palandt/H. Thomas (62. Aufl. 2003), § 823 Rn. 177; Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 86; Erman/H. Ehmann, Anh. zu § 12, Rn. 10; Larenz/Wolf, AT, § 8 III.9., Rn. 35; einschränkend MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 130, der Ansprüche auf Forderung der freien Entfaltung nicht durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gestützt sieht.

IX. Erwirkung einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung

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trovertierte Selbstentfaltung.723 Mit zur engsten persönlichen Lebenssphäre gehört der eigene Körper, auf den der Mensch mit Blick auf die Funktion als Wohnung des Geistes und als Medium für die Umsetzung seiner Willensentschlüsse zur Realisierung der Selbstbestimmung angewiesen ist. Da demnach jede gesundheitliche Beeinträchtigung unmittelbar eine Beinträchtigung der engeren persönlichen Lebenssphäre bedeutet, betrifft die Möglichkeit, die zur Erhaltung der Gesundheit notwendigen Maßnahmen durchführen zu können, direkt die Grundbedingungen der engsten persönlichen Lebenssphäre. Wenn sich der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zudem auch nicht auf die Abwehr von Beeinträchtigungen beschränkt, sondern aktive Verhaltensweisen mitumfasst, die sogar auf die extrovertierte Entfaltung der Persönlichkeit abzielen, kommt er erst recht solchen Aktivitäten zugute, die lediglich auf die Beseitigung von Beeinträchtigungen der persönlichen Lebenssphäre abzielen oder derartige Beeinträchtigungen präventiv vermeiden sollen. Die Untersagung von gesundheitsfördernden Maßnahmen stellt hiernach eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Athleten dar.724 Damit die Einwilligung der Sportler in die entsprechenden Bestimmungen des NADA-Codes wirksam ist, muss die Untersagung der betroffenen gesundheitsfördernden Praktiken zur Umsetzung des Dopingverbots geeignet, erforderlich und von einem überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen gedeckt sein.725 An der Eignung der Versagung von Ausnahmegenehmigungen für die Anwendung leistungsfördernder Mittel zur Erreichung eines dopingfreien Sports bestehen keine Zweifel. Die mit den Mitteln gleichzeitig verbundene Heilwirkung ändert nichts an der sportethischen Unverträglichkeit ihrer Wirkung als künstliche Leistungssteigerer, so dass die Umsetzung des Dopingverbots trotz ihrer gesundheitsfördernden Wirkung ihre Unzulässigkeit notwendig macht. Gleiches gilt im Grundsatz für die Erforderlichkeit des Verbots. Partielle Zweifel an der Erforderlichkeit ergeben sich allerdings für diejenigen Fälle, in denen die leistungsfördernde Wirkung unter Wahrung der gesundheitsfördernden Wirkung durch geeignete Mittel neutralisiert werden kann. Kommt eine solche Entschärfung des Leistungsförderers ausnahmsweise in Betracht, ist nicht mehr ohne weiteres nachvollziehbar, weshalb den Athleten die Einnahme bei gleichzeitiger Anwendung des Gegenmittels verboten bleiben soll. Ebenso bestehen unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit Bedenken gegen den Umfang des Heilmittelverbots, wie er sich aus den Art. 5.5.1 und 5.5.2 NADA-Code ergibt: Obwohl Art. 5.5.2 die Verwendung jedweder nicht lediglich gesundheitswirksamer, son723 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), 3. A., m.w. N. 724 So auch U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 58. 725 Vgl. oben B.I.2.a)bb) und B.I.2.b)cc)(2)(c)(bb)(b).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

dern gleichzeitig auch leistungsfördernder Mittel ausschließt, so dass hiernach schon nur noch leistungsneutrale Mittel als Gegenstand der Ausnahmegenehmigung in Betracht kommen, schränkt Art. 5.5.1 auch die Anwendbarkeit dieser ohnehin nicht leistungsfördernden Mittel nochmals dahingehend ein, dass sie nur zur Vermeidung „signifikanter gesundheitlicher Beeinträchtigungen“ gestattet werden dürfen. Schon die Geeignetheit des Art. 5.5.1 in seiner derzeitigen Fassung ist vor diesem Hintergrund deshalb fraglich, da nicht ohne weiteres ersichtlich ist, inwieweit der Genehmigungsausschluss für Mittel, die im konkreten Fall nicht leistungsfördernd wirken, der Umsetzung des Dopingverbots dienlich ist. Das Verbot eines in der konkreten Anwendung nicht leistungssteigernden Mittels dient jedenfalls nicht mehr unmittelbar den mit dem Dopingverbot verfolgten zentralen Zielen Durchsetzung des Fair-play-Gedankens und Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb, wenn und weil die Anwendung des Mittels im konkreten Fall nicht zu einem Wettbewerbsvorteil führen würde. Der Gedanke der Chancengleichheit lässt sich bei vernünftiger Betrachtung dahingehend konkretisieren, dass solche Veränderungen der natürlichen Leistungsvoraussetzungen unzulässig sind, die nicht mehr nur die optimale Ausnutzung der sportspezifischen Talente oder Veranlagungen der Sportler begünstigen, sondern diese Voraussetzungen als solche künstlich verändern. In diesem Sinne stellt beispielsweise die optimale Muskelversorgung durch eine besonders geeignete Ernährung keine unzulässige Beeinflussung dar, während die Beförderung des Muskelwachstums über das körpereigene Wachstum hinaus durch die Einnahme zusätzlicher Hormone einen künstlichen Eingriff bedeutet. Den Begriff der Chancengleichheit dahingehend zu erweitern, dass auch die natürliche Fähigkeit des Körpers zur Rekonvaleszenz in Bezug auf nicht sportbedingte Belastungen bzw. seine natürliche Widerstandskraft gegen Erkrankungen zu den für die Leistungsfähigkeit maßgeblichen Vorgaben der Natur gehören, deren künstliche Beeinflussung einen Verstoß gegen die sportethischen Grundsätze bedeuten würde, stellte eine Überdehnung dieser Prinzipien dar, die sich den Vorwurf der Übergewichtung sachfremder Aspekte gefallen lassen müsste. Schon die Ansehung der Erholungsfähigkeit von Sportverletzungen als Parameter der natürlichen Begabung, der nicht künstlich beeinflusst werden darf, begegnet grundlegenden Bedenken, wenn man die Komplexität der möglichen Ursachen für derartige Verletzungen berücksichtigt. Stellt es noch einen Eingriff in die naturgegebenen Leistungsvoraussetzungen dar, wenn ein Fußballspieler ein potentiell, nicht aber im konkreten Fall dopingwirksames Mittel zur Bewältigung der gesundheitlichen Folgen eines Fouls verwendet, wenn es doch allein vom Zufall abhängt, ob er oder ein beliebiger anderer Spieler Opfer eines solchen Fouls wird? Wie, wenn ein Athlet ein Mittel zur Behandlung einer Sportverletzung verwendet, die ohne Feindeinwirkung, aber unter dem maßgeblichen Einfluss einer Viruserkrankung entstanden ist, mit der er sich in seiner außersportlichen Lebenssphäre angesteckt hat? Erst recht keine Beeinflus-

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sung der sportlichen Chancengleichheit mehr stellt die Behandlung solcher Verletzungen und Krankheiten dar, die mit der Sportausübung überhaupt nicht in Zusammenhang stehen, sondern aus der außerberuflichen Sphäre der Sportler herrühren. So lässt sich der Vorwurf des Verstoßes gegen sportethische Grundsätze endgültig nicht mehr begründen, wenn mit dem potentiell leistungsfördernden Mittel die Behandlung einer Viruserkrankung durchgeführt wird, die der Athlet von seinem letzten Tropenurlaub mitgebracht hat. Diese Überlegungen und Beispiele machen deutlich, dass allein die gesundheitsfördernde Wirkung der in der konkreten Verwendung nicht leistungssteigernden Mittel nicht deshalb die Annahme eines Verstoßes gegen die mit dem Dopingverbot verfolgten sportethischen Ziele rechtfertigt, weil die gesundheitsfördernde Wirkung gleichsam in einer Art Nebeneffekt mittelbar auch auf die sportliche Leistung förderlich wirkt. Die Sportvereinigungen können sich daher zur Rechtfertigung des Genehmigungsausschlusses für zwar im konkreten Fall nicht leistungssteigernde, aber auch nicht zum Schutz vor signifikanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen erforderliche Mittel nur noch auf das Argument berufen, jegliche Verwendung von potentiell leistungsfördernden Substanzen müsse außer in extremen Sonderfällen verboten bleiben, um eine Aufweichung des Dopingverbots zu vermeiden, die zu erwarten wäre, wenn Ausnahmegenehmigungen auch für Mittel zur Bekämpfung leichterer Gesundheitsbeeinträchtigungen beansprucht werden könnten. Tatsächlich kann der Genehmigungsausschluss für im konkreten Fall nicht leistungsfördernd wirkende Mittel im Rahmen der Erforderlichkeitserwägungen mit der Bedeutung des Dopingverbots als grundlegendes Prinzip des Sports begründet werden: Eine maximale Wirkung des Dopingverbots setzt unter anderem voraus, dass die Grenzlinie zwischen Erlaubtem und Verbotenem möglichst klar kenntlich gemacht und der Graben zwischen beiden Bereichen möglichst tief gezogen wird. Dies geschieht am effektivsten dadurch, dass die Anwendung verbotener Mittel so weit als möglich tabuisiert wird. Jede Ausnahmeregelung, die eine Durchbrechung des generellen Dopingverbots vorsieht, durchlöchert die erstrebenswerte Vorstellung vom Doping-Bereich als „No-go-area“. Indem auf diese Weise das Image des Dopingverbotes als rigorose Handlungsmaxime für jede sportliche Betätigung beeinträchtigt wird, verliert die Abschreckungswirkung des Dopingverbots an Kraft. Hiernach erweist sich ein Dopingverbot als am wirksamsten, das Ausnahmen nur in besonderen Extremfällen zulässt. Gelingt über den Verweis auf den Nutzen des Dopingverbots als möglichst reines, nicht von Ausnahmen verwässertes Prinzip mit Mühe noch die Begründung der Geeignetheit und Erforderlichkeit des Genehmigungsausschlusses für Mittel, die im konkreten Fall keine Leistungssteigerung bewirken, aber nicht zur Vermeidung signifikanter gesundheitlicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen notwendig sind, bleibt allerdings die Frage zu klären, ob die Sportvereinigungen in dieser Konstellation ein überwiegendes Interesse an dem Genehmigungsausschluss geltend machen können.

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Leichter zu beurteilen sind demgegenüber diejenigen Fälle, in denen es keine Möglichkeit zur Vermeidung der leistungsfördernden Wirkung gibt, gleichzeitig aber unter gesundheitlichen Aspekten keine Alternative zur Einnahme des Mittels eröffnet ist. Hier resultiert das überwiegende Interesse der Sportvereinigungen am Ausschluss der Genehmigungsmöglichkeit aus folgenden Überlegungen: Im Rahmen der Interessenabwägung stehen sich die Interessen der Sportvereinigungen an der Umsetzung des Dopingverbots und das Interesse der Sportler an der sanktionsfreien Durchführung gesundheitsfördernder Maßnahmen gegenüber. Der bei der Abwägung zu berücksichtigende Extremfall zeichnet sich dadurch aus, dass der betroffene Athlet ein nur geringfügig leistungsförderndes verbotenes Mittel zur Vermeidung schwerer gesundheitlicher Nachteile benötigt. Auch in diesem Fall lässt ihm das aktuelle Reglement nur die Alternativen, auf die Sportausübung in der Organisationssphäre der Sportvereinigungen und auf die Teilnahme an ihren Wettkämpfen zu verzichten oder aber die schwere Gesundheitsbeeinträchtigung für die Teilnahme in Kauf zu nehmen. Für den Sportler wird das Dopingverbot in diesem Fall von einer bloßen Berufsausübungsregelung zu einem Zulassungshindernis, das zwar nicht aus rechtstechnischer Sicht, aber mit Blick auf die Konsequenzen seiner Beachtung die Qualität einer objektiven Zulassungsschranke aufweist. Er wird nicht nur an der Sportausübung zu bestimmten Bedingungen gehindert, sondern durch das Verbot der Einnahme des für ihn gesundheitserhaltenden Mittels mit Anforderungen konfrontiert, die er weder aus dem Stand noch über eine gezielte Weiterentwicklung seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten ohne Erduldung der Gesundheitsbeeinträchtigung erfüllen kann. Für die Verbotsregelung sprechen die bekannten Interessen der Sportvereinigungen an der Umsetzung des Dopingverbots, das im Falle der Zulassung des Sportlers trotz der Mittelanwendung punktuell bezüglich dieses einen Sportlers und für das eine, unverzichtbare Mittel außer Kraft gesetzt wäre. Trotz der scheinbar inakzeptabel harten Konsequenzen für den betroffenen Athleten setzt sich auch in dieser Konstellation das Interesse der Sportverbände an der Umsetzung des Dopingverbotes durch. Als einer der identitätsstiftenden Zwecke ist das Dopingverbot für die Sportvereinigungen von so elementarer Bedeutung, dass seine Aushebelung für sie mit dem Existenzverlust gleichbedeutend wäre. Aufgrund der Zielsetzung und der Funktion des Dopingverbots kann hiergegen seitens des betroffenen Sportlers auch nicht eingewendet werden, durch seine Zulassung werde ja nicht das Dopingverbot insgesamt außer Kraft gesetzt, sondern nur in einem Einzelfall eine Aufweichung zugelassen. Denn das Dopingverbot und die Erreichung der damit verfolgten Ziele Etablierung des Fairplay-Gedankens und Gewährleistung der Chancengleichheit sind unverzichtbar darauf angewiesen, ausnahmslos alle Wettkampfteilnehmer zu erfassen. Das gedankliche Fundament der Sportphilosophie verträgt als ehernes Prinzip keine Sonderregelungen für einzelne Wettkampfteilnehmer. Schon die Teilnahme nur eines legal gedopten Athleten am Wettkampf würde dessen Charakter grundle-

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gend verändern, indem nur noch die übrigen Teilnehmer zu gleichen Bedingungen am Start und somit auch nur noch die von ihnen erbrachten Leistungen vergleichbar wären, während der lebensnotwendig gedopte Sportler in demselben Rennen einen anderen Wettkampf absolvieren würde. Da somit auch bereits die Zulassung von aus Gesundheitsgründen gedopten Sportlern lediglich in entsprechenden Ausnahmefällen dennoch zu einer grundlegenden Änderung des Charakters der Sportausübung führen würde, steht dem Interesse des einzelnen Athleten an der beruflichen Selbstverwirklichung das Interesse der Sportvereinigungen an der Realisierung eines dopingfreien Sports als einem der zentralen Vereinszwecke i. S. d. Art. 9 I GG gegenüber. Dieses Interesse lässt sich im Übrigen auch als Interesse des betroffenen Athleten formulieren, wenn man davon ausgeht, das die Zulassung des gedopten Sportlers unmittelbar zum Verlust der Bühne führen würde, auf die er zur Berufsausübung angewiesen ist, weil sich seine Konkurrenten unter Verweis auf die Chancenungleichheit weigern würden, gegen ihn anzutreten. Zum Interesse der Athleten selber wird es des Weiteren mit Blick auf die Gefahr, dass die Legalisierung von Doping zum Niedergang der Leistungssportszene führen würde, wie wir sie heute kennen, und an die Stelle der von einer breiten Allgemeinheit verfolgten Sportwettkämpfe Veranstaltungen treten würden, die von selbstzerstörerisch dopinggezüchteten Teilnehmern dominiert würden. Überwiegt hiernach das Interesse der Sportvereinigungen an der ausnahmslosen Verweigerung von Ausnahmegenehmigungen schon im Falle einer geringfügigen Dopingwirkung des gesundheitsfördernden Mittels, muss dies erst recht für Medikamentierungen mit hoher Dopingwirkung gelten. Tatsächlich kommt es an dieser Stelle allerdings überhaupt nicht auf das Maß der leistungsfördernden Wirkung des benötigten Mittels, sondern auf die Wirkung als solche an. Entscheidend für die Frage, wie stark die leistungsfördernde Wirkung des indizierten Mittels sein muss, damit ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Verweigerung einer diesbezüglichen Ausnahmegenehmigung besteht, ist die Erfahrung, dass angesichts der heutigen Leistungsdichte im Spitzensport bereits kleinste Leistungsförderungen für den Ausgang eines Wettkampfs entscheidend sein können. Gewinnt beispielsweise derjenige Athlet, der aus Gesundheitsgründen ein nur geringfügig leistungssteigernd wirkendes Mittel erlaubterweise genommen hat, den Weitsprungwettbewerb mit einem Vorsprung von einem Zentimeter vor dem Zweitplazierten, ist nicht zu klären, ob dieser Vorsprung auf die Medikamentierung oder auf andere Ursachen zurückzuführen ist. Da andererseits immer die Möglichkeit besteht, dass der medikamentierte Erste ohne das Mittel eine schwächere Leistung erbracht hätte, wird auch bereits durch das nur geringfügige Gesundheitsdoping die Bedeutung des Wettkampfes als sportlicher Wettbewerb in Frage gestellt. In denjenigen Fällen, in denen die gesundheitlich notwendige Medikamentierung zu einer Leistungssteigerung führt, hat die Interessenabwägung hiernach

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immer ein Überwiegen der Interessen der Sportvereinigungen an der Verweigerung der Ausnahmegenehmigung zum Ergebnis, auch wenn die leistungsfördernde Wirkung als nur geringfügig anzusehen ist. Anders zu beurteilen ist demgegenüber der Ausschluss der Genehmigung von Medikamentierungen, die im konkreten Fall keine leistungsteigernde Wirkung entfalten. Die Verweigerung der Ausnahmegenehmigung ist in diesen Fällen nicht von einem überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen gedeckt. Die Interessenabwägung ist in dieser Konstellation dadurch gekennzeichnet, dass die Sportvereinigungen nicht mehr das volle Gewicht ihres Interesses an der Durchsetzung des Vereinszwecks „dopingfreier Sport“ geltend machen können. Weil die Zulassung der notwendigen Medikamentierung in diesen Fällen nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung oder einer Beeinträchtigung des Fair-play-Grundsatzes führen würde, bedeutete die Zulassung der Mittelverwendung hier keine teilweise Außerkraftsetzung des Dopingverbots. Zu der Beeinträchtigung des Dopingverbots, die mit der Genehmigung auch nur geringfügig leistungssteigernder Mittel verbunden wäre und mit Blick auf die Empfindlichkeit des Prinzips und die Unverträglichkeit jeglicher Ausnahme mit seiner Durchsetzung von den Sportvereinigungen nicht hingenommen werden muss, kommt es durch die Verwendung eines in der konkreten Situation nicht leistungsfördernden Mittels überhaupt nicht. Als Nachteil aus der Sicht des Dopingverbotes bleibt lediglich die Abschwächung der Abschreckungswirkung, die mit der Durchbrechung des Dopingverbots in den entsprechenden Ausnahmefällen verbunden ist. Das Interesse an der Aufrechterhaltung einer möglichst hohen Abschreckungswirkung des Dopingverbots vermag jedoch anders als das Interesse an der Umsetzung des Verbots als solchem die Entstehung oder Aufrechterhaltung gesundheitlicher Einbußen bei den Athleten nicht zu rechtfertigen. Nach alledem besteht ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen, aus gesundheitlichen Gründen indizierte Mittel auch dann nicht ausnahmsweise zuzulassen, wenn ihnen nur eine geringfügige leistungssteigernde Wirkung zuzumessen ist. Somit bedeutet das rigorose Verbot vieler gesundheitlich notwendiger, aber eben leistungsfördernder Mittel keine Persönlichkeitsverletzung der betroffenen Athleten. Das Verbot hält der vereinsrechtlichen Billigkeits- und Angemessenheitskontrolle stand. Die Zustimmung der Sportler ist nicht mangels Freiwilligkeit unwirksam. Die Athleten haben im Ergebnis zu akzeptieren, dass ihre Gesundheit ihnen insoweit Grenzen bezüglich der sportlichen Betätigung setzt. Das Interesse der Sportvereinigungen an der Verweigerung von Ausnahmegenehmigungen ist nach dem vorstehend Gesagten allerdings nur bis zu dem Punkt übermächtig, wo die leistungsfördernde Wirkung einer Medikamentierung zwar nicht mehr feststeht, nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft aber nicht ausgeschlossen werden kann. In diesem Fall muss dem Athleten der Nachweis eröffnet werden, dass eine leistungssteigernde Wirkung mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann, wobei ihm die Beweislast für diesen Umstand aufge-

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bürdet werden kann. Steht demgegenüber nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft mit hinreichender Sicherheit fest, dass das benötigte Mittel in der konkreten Anwendung keine leistungsfördernde Wirkung entfaltet, kann die Ausnahmegenehmigung dem Sportler entgegen Art. 5.5.1 und 5.5.2 NADA-Code nicht versagt werden. 2. Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch den Zwang zur Offenbarung von Gesundheitsdaten (Art. 5.1 i.V. m. 5.4 oder 5.6 bzw. 5.7 NADA-Code) In denjenigen Fällen, in denen das Reglement die Gestattung der Mittelverwendung in Form einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung vorsieht, müssen die Athleten die Ausnahmegenehmigung bei der NADA oder dem zuständigen internationalen Fachverband (Art. 5.1.1, 5.2 NADA-Code) oder der im Falle von internationalen Wettkämpfen zuständigen Organisation (Art. 5.1.5 NADA-Code) beantragen. Der an die NADA gerichtete Antrag muss unter Verwendung des von der NADA vorbereiteten Antragsformulars gestellt werden (Art. 5.4.1 Abs. 2 NADA-Code) und zusätzlich vom behandelnden Arzt unterschrieben sein (Art. 5.4.1 Abs. 1 NADA-Code). Von dem Formular wird zunächst die Mitteilung der Diagnose abgefordert. Der Mitteilung der Diagnose müssen als verschlossene Arztsache eine gutachterliche Stellungnahme der behandelnden Ärzte zum Krankheitsbild mit Vorgeschichte, Befunde (z. B. Laborergebnisse), der Krankheitsverlauf, die aktuelle Medikation, die mögliche Behandlungsdauer sowie eine Stellungnahme des behandelnden Arztes zur Unmöglichkeit des Einsatzes alternativer Therapien beigefügt sein (so auch Art. 5.4.1 Abs. 3 NADA-Code). Des Weiteren sind in dem Formular die relevanten Medikamente unter Angabe der Dosierung sowie der Art und Weise und der Häufigkeit der Verabreichung aufzuführen. Art. 5.4.1 Abs. 4 S. 2 NADA-Code verlangt zusätzlich die Angabe der Dauer der Mittelverwendung. Schließlich muss die voraussichtliche Dauer der Behandlung (so auch Art. 5.4.1 Abs. 3 NADA-Code) und sodann auch nochmals im Formular selber der Grund dafür angegeben werden, weshalb keine andere Therapie angewandt werden kann. Ebenso müssen im Formular selber nochmals die Diagnose, die Art und Dauer der Behandlung sowie die Notwendigkeit der Verwendung der verbotenen Substanz kurz dargelegt werden. Am Ende des Formulars muss der behandelnde Arzt durch seine Unterschrift die Notwendigkeit der verbotenen Wirkstoffe bestätigen (so auch Art. 5.4.1 Abs. 4 NADA-Code), bevor der Athlet bzw. sein gesetzlicher Vertreter den Antrag unterzeichnet. In Art. 5.10.1 NADA-Code ist festgelegt, dass der Sportler mit der Beantragung der Ausnahmegenehmigung sein Einverständnis mit der Weiterleitung der abgeforderten Informationen durch die NADA an das zur Entscheidung berufene Ärztekomitee erklärt. Mit der Bekanntgabe der vorstehend aufgeführten Daten werden dem Sportler erschöpfende Angaben zu den Krankheiten abverlangt, die für die Notwendigkeit

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der Medikamentierung mit dem verbotenen Wirkstoff ursächlich sind. Gleichzeitig ist die Weiterleitung der zur Verfügung gestellten Informationen an das zur Entscheidung berufene Ärztekomitee vorgesehen, dessen Mitglieder ausdrücklich keine NADA-Angehörigen sein dürfen (Art. 5.3.1 NADA-Code). Nach § 4 I BDSG ist für die Beschaffung dieser Daten durch die NADA oder den zuständigen Verband ebenso wie für ihre Weiterleitung durch die NADA oder den Verband an das Ärztekomitee eine Einwilligung der Athleten oder eine Rechtsvorschrift als Gestattungstatbestand notwendig.726 Da die vereinsrechtlichen Bestimmungen nicht die Qualität von Rechtsvorschriften i. S. d. § 4 I BDSG aufweisen,727 genügt allein die vereinsrechtlich wirksame Einbeziehung des NADA-Codes in das Vereinsreglement nicht zur Unterwerfung der Sportler unter die Antragspflicht und die Pflicht zu den im Zusammenhang mit dem Antrag abgeforderten Angaben. Auch die explizit anlässlich des Vereinsbeitritts oder bei anderer Gelegenheit erklärte Einwilligung muss freiwillig erfolgen. Aus den oben dargelegten Gründen728 hängt die Freiwilligkeit der Einwilligung vom Bestehen eines überwiegenden Interesses der Sportvereinigungen an der Kenntnis von den abgeforderten Informationen ab. Auch die Verpflichtung der Athleten zur Offenbarung der medizinischen Daten muss daher geeignet, erforderlich und schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Folgt man der Auffassung, dass die Sportvereinigungen ein überwiegendes Interesse am Dopingverbot als solchem wie auch an der Verweigerung von Ausnahmegenehmigungen für leistungssteigernde gesundheitsnotwendige Mittel geltend machen können und die Anwendung der von der Prohibited List erfassten Wirkstoffe und Methoden auch im Übrigen jedenfalls dann nicht gestatten müssen, wenn keine medizinische Indikation für ihre Verwendung vorliegt, sind die Sportvereinigungen zur Entscheidung über die Gestattung der Mittelanwendung im Einzelfall auf die Kenntnis der mit dem Antrag einzureichenden Informationen angewiesen. Ein Informationsbedürfnis bezüglich der Krankheitsdaten wäre nur dann und in denjenigen Fällen nicht erkennbar, wenn die Sportvereinigungen die Verwendung im konkreten Fall nicht leistungssteigernder Mittel auch ohne eine medizinische Indikation der Medikation gestatten müssten und der zu beurteilende Genehmigungsantrag auf die Verwendung eines solchen Mittels gerichtet wäre. Ein überwiegendes Interesse der Athleten an der regelmäßigen Gestattung dopingrelevanter Mittel, soweit im konkreten Anwendungsfall eine leistungssteigernde Wirkung ausgeschlossen ist, besteht jedoch nicht. Wenn auch das Interesse der Sportvereinigungen an einer möglichst klaren Fassung des Dopingverbots durch 726 Zur Erfassung der medizinischen Angaben durch das BDSG vgl. auch P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 3. 727 Vgl. oben B.II.1.b)aa)(3). 728 Vgl. oben B.I.2.a)bb).

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die Qualifizierung als nahezu unberührbare Tabuzone nicht die Verweigerung von Behandlungen rechtfertigen kann, die ein Sportler zur Vermeidung oder Beseitigung auch nur geringfügiger Gesundheitsnachteile benötigt, stellt dieses Interesse doch einen gewichtigen Belang dar, der das Verbot der Verwendung potentiell leistungsfördernder Mittel in denjenigen Fällen stützt, in denen diese Verwendung nicht aus gesundheitlichen Gründen indiziert ist. Da sich die Athleten in dieser Konstellation nicht mehr auf das schwergewichtige Interesse am Schutz ihrer Gesundheit und auf die persönlichkeitsrechtlich geschützte Befugnis zur Ergreifung der hierfür notwendigen Maßnahmen berufen können, neigt sich die Waagschale zugunsten der Verbandsinteressen an der Durchsetzung des Dopingverbots. Persönlichkeitsrechtlichen Schutz können die Sportler bei dieser Ausgangslage zwar noch insoweit für sich in Anspruch nehmen, als das allgemeine Persönlichkeitsrecht generell jeglichen Umgang mit dem eigenen Körper schützt, also auch die Vornahme von Selbstmedikamentierungen, die nicht aus objektiver Sicht, sondern nur in der Vorstellung des Rechtsgutsinhabers hilfreich sind. Das Interesse an der Einnahme objektiv nicht gesundheitsförderlicher Mittel kann allerdings in der Abwägung mit gegenläufigen Interessen nur dann noch ein bedeutendes Maß annehmen, wenn die vom Betroffenen erstrebte Selbstmedikamentierung trotz ihrer nachgewiesenen objektiven Wirkungslosigkeit infolge der subjektiven Überzeugung des Athleten von ihrer Wirkung dennoch nachweislich nennenswerten Einfluss auf seine Gesundheit entfaltet. Das Interesse der Sportler an der Vornahme objektiv nicht gesundheitlich förderlicher Medikamentierungen kann hiernach das Interesse der Sportvereinigungen an der Vermeidung von Aufweichungen des prinzipiellen Verbots der Anwendung potentieller Dopingmittel im Regelfall nicht überwiegen. Das Informationsbedürfnis der Sportvereinigungen hinsichtlich der abgefragten Krankheitsdaten entfällt daher auch nicht in denjenigen Fällen, in denen Dopingmittel unter den konkreten Umständen ihrer Anwendung keine leistungsfördernde Wirkung entfalten, da auch insoweit die Gestattung der Anwendung von Art. 5.5.1 NADA-Code zu Recht vom Vorliegen einer medizinischen Indikation abhängig gemacht wird. Die Eignung der Datenabfrage zu Zwecken des Anti-Doping-Kampfes ergibt sich daraus, dass die Kenntnis von den Krankheitsdaten, der Medikation und der Begründung derselben für die zur Genehmigung berufene Stelle unverzichtbar ist, um über die Erteilung oder die Verweigerung der Medizinischen Ausnahmegenehmigung entscheiden zu können. Um auszuschließen, dass die mitgeteilte Medikation aufgrund eines Fehlers des behandelnden Arztes oder aus anderen Gründen ohne Indikation erfolgt, muss die Genehmigungsstelle über die Bezeichnung der behaupteten Krankheit hinaus möglichst viele Informationen zu allen Aspekten der Krankheit bekommen, die sich im Zusammenhang mit der Person des Antragstellers bereits gezeigt haben. Je breiter die Informationsbasis ist, umso besser ist die Prüfung der Notwendigkeit der Medikation möglich. Dies gilt umso mehr, als es im Interesse der Genehmigungsstelle liegt, nicht nur über das

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Ob der Medikation, sondern gegebenenfalls auch über ihren notwendigen Umfang zu entscheiden. Vor diesem Hintergrund erscheint es im Hinblick auf die Geeignetheit unbedenklich, wenn über die bloße Diagnose hinaus eine ärztliche Stellungnahme zum Krankheitsbild und zur Krankengeschichte sowie die zugehörigen Befunde und eine Begründung für die beantragte Medikation verlangt werden. Da schon im Interesse der Richtigkeit der Entscheidung über die Ausnahmegenehmigung fundiertes medizinisches Fachwissen zur Beurteilung der Anträge unverzichtbar ist, die Verbände wie auch die NADA jedoch bestenfalls zufällig geeignete Fachleute in ihren Reihen haben, deren Einsatz zudem aufgrund ihrer Einbindung in den Verband oder die NADA die Gefahr von Interessenkonflikten mit sich brächte, wird erst durch die Übertragung der Entscheidung auf ein externes Ärztekomitee die Neutralität der Beurteilung bestmöglich gewährleistet. Ist hiernach die Einschaltung externer Ärzte geeignet, gilt dies auch für die dann unvermeidliche Weitergabe der vom Sportler eingereichten Informationen. Da als Alternative zur Abfrage der Informationen beim Athleten nur die Eigenermittlung durch die Genehmigungsstelle in Betracht käme, die zum einen mit Dritterhebungen und zum anderen von vornherein mit ärztlichen Untersuchungen des Sportlers verbunden wäre, welche nach den Bestimmungen des NADACodes nur ausnahmsweise (Art. 5.3.2) durchgeführt werden, erscheint die Beschaffung der Daten unmittelbar beim Athleten als das mildeste Mittel zur Kenntniserlangung der für die Beurteilung des Antrags notwendigen Umstände. Abgesehen von der Intensivierung des Eingriffs wären derartige Ermittlungen mit einer erheblichen Zeitverzögerung verbunden und aus diesem Grunde nicht praktikabel. Ebenso ist im Hinblick auf die Einschaltung des Ärztekomitees und die danach notwendige Weitergabe der Daten an dieses Komitee keine Alternative erkennbar, die mit geringfügigeren Eingriffen in die Rechte der Sportler verbunden wäre. Wie bei allen Datenverwendungen ist allerdings auch bei der Regelung der Verfahrensdetails des Antragsverfahrens zur Erlangung Medizinischer Ausnahmegenehmigungen darauf zu achten, dass auch die Ausgestaltung des Verfahrens unter strikter Beachtung des Erforderlichkeitsgebotes geschieht. Dies bedeutet, dass von den Sportvereinigungen sämtliche zumutbaren Maßnahmen zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Sportler getroffen werden müssen. Um die Rechte der Sportler bestmöglich zu schützen, ist die frühestmögliche Pseudonymisierung der Sportlerdaten bereits im Rahmen der Antragstellung unerlässlich. Angesichts der erhöhten Sensibilität, die die abgeforderten Informationen als Gesundheitsdaten aufweisen, muss gewährleistet sein, dass die Verfahrensbeteiligten nur dann Kenntnis von der Identität des Sportlers erlangen, wenn diese Kenntnis zur Erreichung des Verfahrenszwecks unerlässlich ist. Gleichzeitig ist dafür zu sorgen, dass unbefugte Dritte, die versehentlich Zugriff auf den Antrag erhalten oder sich diesen Zugriff regelwidrig verschaffen, die Daten nicht dem betroffenen Athleten zuordnen können. Zu diesem

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Zweck müsste das Verfahren so umgestaltet werden, dass die Sportler sich vor der Antragseinreichung bei einer nicht mit dem Genehmigungsverfahren befassten Stelle in ihrem Verband oder bei der NADA eine Codenummer geben lassen, während aus dem Antrag selber sämtliche Daten zu den persönlichen Verhältnissen des Sportlers, die nicht zur sachlichen Beurteilung des Antrags erforderlich sind, eliminiert werden. Die Entscheidung über den Antrag müsste sodann an die für die Verwaltung der Codenummern zuständige Stelle im Verband oder der NADA übersandt und von dort aus an den Athleten weitergeleitet werden. Auf diese Weise könnte jedenfalls in denjenigen Fällen, in denen der Antrag ohne weitere Nachfragen oder Untersuchungen beschieden wird, erreicht werden, dass mit Ausnahme des Codenummernverwalters, kein Beteiligter Kenntnis von der Identität des Antragstellers erlangt. Die Pseudonymisierung ist auch im Falle weiterer Begutachtungen oder Untersuchungen so weit wie möglich aufrechtzuerhalten. Ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Informationsbeschaffung und der Weiterleitung der Informationen an das Ärztekomitee ist dann gegeben, wenn das Interesse der Verbände an der Durchsetzung des Dopingverbots durch die Vermeidung von Dopingverstößen unter Verwendung fehlerhafter Ausnahmegenehmigungen schwerer wiegt als das Interesse der Sportler am Schutz ihrer Krankheitsdaten vor den Gefahren, die mit der Übermittlung und Bekanntgabe dieser Daten an die zuständige Stelle verbunden sind. Das Interesse der Sportvereinigungen an regelgerechten, fundierten Entscheidungen über die Anwendung von Dopingmitteln aus gesundheitlichen Gründen ergibt sich aus ihrem Interesse an der möglichst lückenlosen Durchsetzung des Dopingverbots. Die Verpflichtung der Athleten zur Information über sämtliche Umstände der Krankheit und ihrer Medikamentierung wie auch die Weitergabe dieser Information an ein externes Fachgremium sollen dazu beitragen, die Anwendung von Dopingmitteln in Fällen zu verhindern, in denen sie entgegen der Darstellung des Athleten nicht aus gesundheitlichen Gründen notwendig ist. Auch die Informationspflichten im Zusammenhang mit den Medizinischen Ausnahmegenehmigungen dienen hiernach der Umsetzung des Dopingverbots als zentralem Verbandszweck. Betrachtet man die Interessen der Sportler an der Vermeidung der Offenbarung ihrer Krankheits- und Behandlungsdaten aus Anlass der Beantragung von Ausnahmegenehmigungen näher, ist die Interessenlage mit derjenigen im Falle der Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts durch die Verpflichtung zur Abgabe von Urin- und Blutproben vergleichbar: Hier wie dort wird den Athleten im Interesse der Durchsetzung des Dopingverbots die Bereitstellung von Informationen abverlangt, die ihren Gesundheitszustand betreffen. Der Unterschied zwischen der Antragstellung und der Probenahme besteht lediglich in dem Umstand, dass die Informationen bei der Überlassung der Körperflüssigkeiten noch codiert sind und erst herausanalysiert werden müssen, während sie im Falle der Beantragung einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung bereits in

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Textform bereitgestellt werden müssen. Die unmittelbare Lesbarkeit der Informationen für jedermann führt zwar nochmals zu einer Intensivierung der Rechtsbeeinträchtigung durch die Informationsverpflichtungen im Zusammenhang mit der Ausnahmegenehmigung. Diese Abweichung in den Randmodalitäten der Datenverwendung bewirkt jedoch angesichts der Vergleichbarkeit beider Vorgänge hinsichtlich ihres Kerneingriffsgehaltes nicht, dass das gegen die Informationspflichten zur Erlangung der Ausnahmegenehmigung gerichtete Interesse der Sportler die hinter der Informationsverpflichtung stehenden Interessen der Sportvereinigungen überwiegt. Dies gilt umso mehr, als die Informationen bei verhältnismäßiger Ausgestaltung des Antragsverfahrens ohnehin pseudonymisiert weitergegeben werden müssen, so dass die unmittelbare Lesbarkeit der Informationen als personenbezogene Daten durch die Geheimhaltung der Identität des Antragstellers verhindert wird. Aus den zur Interessenabwägung bezüglich der Probenahme als Informationsbeschaffung bereits angestellten Überlegungen heraus ist daher – die verhältnismäßige Ausgestaltung des Verfahrens durch frühest- und längstmögliche Pseudonymiserung der Daten vorausgesetzt – auch hinsichtlich der Informationspflichten gemäß Art. 5 NADA-Code von einem Überwiegen der Interessen der Sportvereinigungen an der Durchsetzung des Dopingverbots auszugehen. Scheitert die Freiwilligkeit der Einwilligung hiernach im Falle der Pseudonymisierung der Athletendaten nicht am Interesse der Sportler am Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts, ist weiterhin ihre ordnungsgemäße Belehrung über den Zweck der Datenverwendung gemäß § 4a I 2 BDSG Wirksamkeitsvoraussetzung. Insoweit ist die Bezugnahme auf die einschlägigen Bestimmungen des NADA-Codes als ausreichend anzusehen, da die beabsichtigte Verwendung aus diesen Bestimmungen mit hinreichender Deutlichkeit hervorgeht. Mangels besonderer Umstände i. S. d. § 4a I 3 BDSG ist die Einwilligung schriftlich und – wegen § 4a I 4 BDSG – neben anderen Erklärungen besonders hervorgehoben zu erteilen. Geht man davon aus, dass die Erklärung der Einwilligung regelmäßig vor dem ersten Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigug erfolgt, besitzen die Sportvereinigungen zum Zeitpunkt der Zustimmung noch keine Kenntnis von den Krankheiten und Medikamentierungen, die erst später Anlass für den Genehmigungsantrag des Athleten sind. Da zudem die Krankheiten und Verletzungen, die zu einem späteren Zeitpunkt den Bedarf an einer Ausnahmegenehmigung auslösen, naturgemäß bestenfalls teilweise vorhersehbar sind, ist es nicht möglich, bereits in der schriftlichen Einwilligung diejenigen Erkrankungen und Verletzungen konkret zu benennen, auf die sich die Informationspflicht später im Fall der Antragstellung richtet. Vor diesem Hintergrund ist § 4a III BDSG im Zusammenhang mit den Informationspflichten bei Beantragung der Ausnahmegenehmigung bereits dann Genüge getan, wenn in der Einwilligung in diese In-

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formationspflichten ausdrücklich festgehalten ist, dass der Sportler bei Antragstellung über die Umstände der für den Antrag ursächlichen Erkrankung oder Verletzung sowie über deren Behandlung umfassend Auskunft zu erteilen hat. Bei derzeitiger Gesetzeslage kommt als gestattende Rechtsvorschrift auch für die Informationspflichten gemäß Art. 5.4 NADA-Code einzig und allein § 28 BDSG in Betracht.729 Allerdings scheitert die Rechtfertigung der Datenverwendung über § 28 BDSG regelmäßig an § 28 VI BDSG, der die Verwendung von Gesundheitsdaten als personenbezogenen Daten besonderer Art nur in Sonderfällen ohne Einwilligung gemäß § 4a III BDSG zulässt. 3. Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch den Zwang zur Duldung von Untersuchungen gemäß Art. 5.3.2 NADA-Code Gemäß Art. 5.3.2 NADA-Code soll das für die Entscheidung über die Ausnahmegenehmigung zuständige Ärztekomitee dazu befugt sein, für die Prüfung und Beurteilung des Antrags die Meinung anderer Experten einzuholen bzw. weitere Untersuchungen anzuordnen, soweit es dies für notwendig erachtet. Art. 5.10.1 NADA-Code sieht diesbezüglich ergänzend vor, dass der Athlet mit der Antragstellung sein Einverständnis mit der Weiterleitung der von ihm offenbarten Informationen an weitere, zusätzliche ärztliche Gutachter erklärt. Die Einholung einer zweiten Meinung setzt zwangsläufig voraus, dass dem zu Rate gezogenen Fachmann sämtliche Informationen und Unterlagen vorgelegt werden, die im Hinblick auf die zu begutachtende Frage relevant sein können. Der Begriff der weiteren Untersuchungen ist seinem Wortlaut nach und entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung dahingehend zu verstehen, dass alle zur Beurteilung des Genehmigungsantrags erforderlichen Prüfungen, also sowohl Überprüfungen der bereits eingereichten Unterlagen als auch Untersuchungen an der Person des Sportlers selber oder Überprüfungen sonstiger Umstände davon erfasst sind. Da es sich sowohl bei den Informationen, die gegebenenfalls mit den anderern Experten ausgetauscht werden müssen, als auch bei den Erkenntnissen, die durch die weiteren Untersuchungen gewonnen werden sollen, um personenbezogene Daten über die Athleten handelt, deren Verwendung in automatisierten Dateien angesichts der allgemein üblichen Verwendung von EDV-Anlagen unterstellt werden darf, findet auch auf die mit der Expertenanfrage und den weiteren Untersuchungen verbundenen Datenverwendungen das BDSG Anwendung. Nach der Begrifflichkeit des BDSG wird den untersuchenden Ärzten hier das Recht zur Übermittlung der Sportlerdaten an Dritte, zur Nutzung der Daten in Form der Einbeziehung der Drittbeurteilung in die eigene Bewertung und – so729

Vgl. oben B.II.1.b)aa) und D.III.1.a)bb)(1)(b).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

fern weitere Informationen über den Athleten eingeholt werden müssen – zur Durchführung weiterer Datenerhebungen zugestanden. Zur Rechtmäßigkeit dieser Datenverwendungen bedarf es der Zustimmung der Sportler, soweit es nicht ausnahmsweise um zusätzliche Informationen zur Frage der Leistungssteigerung gemäß Art. 5.5.2 NADA-Code geht, da die Daten die Gesundheitsbeeinträchtigung des Antragstellers und die Notwendigkeit der zu genehmigenden Behandlung betreffen und daher im Regelfall wegen § 28 VI BDSG nicht der Gestattung nach § 28 BDSG zugänglich sind. Die im Hinblick auf die Freiwilligkeit der Einwilligung erforderliche Eignung der in Art. 5.3.2 NADA-Code vorgesehenen Maßnahmen für die effektive Umsetzung des Dopingverbots und damit die Umsetzung des Vereinszwecks „dopingfreier Sport“ ist deshalb gegeben, da bei Beachtung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für diese Maßnahmen dem mit dem Genehmigungsantrag befassten Ärztekomitee selber die Beurteilung des Antrags ohne die zusätzliche Expertenmeinung oder die zusätzlichen Untersuchungen nicht mit hinreichender Sicherheit möglich ist: Art. 5.3.2 NADA-Code gestattet die dort vorgesehenen Aktionen nur unter der Voraussetzung, dass sie vom Komitee für notwendig erachtet werden. Ebenso sind mildere Maßnahmen zur Vervollständigung der für die Antragsbescheidung notwendigen Informationsgrundlage nicht ersichtlich. Zweifel ergeben sich demgegenüber hinsichtlich des notwendigen überwiegenden Interesses der Sportvereinigungen an der Wirksamkeit des Art. 5.3.2 NADACode. Grund hierfür ist, dass die Regelung sowohl die Hinzuziehung weiterer Experten als auch die Durchführung zusätzlicher Untersuchungen ohne Rücksicht auf möglicherweise damit verbundene unzumutbare Rechtsbeeinträchtigungen zulasten der Athleten gestattet. Derartige unzumutbare Rechtsbeeinträchtigungen sind demgegenüber keineswegs von vornherein ausgeschlossen. Denkbar wäre etwa der Fall, dass der hinzugezogene Experte ein Bekannter des Sportlers ist, vor dem dieser seine Krankheit aus besonderen persönlichen Gründen in jedem Fall geheimhalten wollte. Mit Blick auf die nach dem aktuellen Regelwerk uneingeschränkt zulässigen weiteren Untersuchungen wäre vorstellbar, dass diese mit Belastungen oder Beeinträchtigungen für den Athleten verbunden wären, die ihm schlechterdings nicht zugemutet werden könnten, wie dies etwa bei Untersuchungen der Fall wäre, die mit einem erheblichen gesundheitlichen Risiko für den Sportler verbunden wären. Indem Art. 5.3.2 NADA-Code keine Maßgabe enthält, die sowohl die Zulässigkeit der Expertenberatung als auch die Durchführung der zusätzlichen Untersuchungen unter den Vorbehalt des Fehlens eines überwiegenden gegenläufigen Interesses der Sportler stellt, ermöglicht er nicht nur angemessene, sondern auch unzumutbare Eingriffe in die Rechte der Athleten. An dieser Stelle greift allerdings § 315 BGB zugunsten der Sportvereinigungen rettend ein und verhindert, dass Art. 5.3.2 NADA-Code der vereinsrechtlichen Inhaltskontrolle gemäß § 242 BGB zum Opfer fällt: Die Vorschrift, die

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zur Ausfüllung vereinsrechtlicher Leistungsbestimmungsrechte genauso herangezogen werden kann730 wie zur Konkretisierung der vertraglichen Rechte und Pflichten bei Teilnahme der Sportler auf vertraglicher Grundlage, schränkt die Befugnisse der Sportvereinigungen dahingehend ein, dass beim Gebrauch der „Ermächtigung“ des Art. 5.3.2 NADA-Code nur der Billigkeit entsprechende Maßnahmen durchgeführt werden dürfen. Indem Art. 5.3.2 NADA-Code die Einholung der Meinung dritter Experten und zusätzliche Untersuchungen ohne nähere Maßgabe gestattet, eröffnet er der NADA die Möglichkeit, den Umfang der mit der Gestattung korrespondierenden Duldungspflicht der Sportler durch die eigenständige Entscheidung über die konkreten Umstände der zusätzlichen Expertenanhörungen und die Auswahl der zusätzlichen Untersuchungen einseitig festzulegen. Die Kriterien, die für die Beurteilung der Billigkeit des Leistungsbestimmungsrechts erforderlich sind, lassen sich dem NADA-Code entnehmen, der dem Bestimmungsrecht entweder aufgrund einer besonderen Vereinbarung zwischen Athlet und Verband oder NADA oder aufgrund seiner Transformation in das Regelwerk des Vereins zugrundeliegt: Wie sich aus Art. 5 NADA-Code ergibt, beschränkt sich das Leistungsbestimmungsrecht auf solche Ermittlungsmaßnahmen, die vom Ärztekomitee als für die Entscheidung über die Ausnahmegenehmigung notwendig erachtet werden. Von den hiernach möglichen Ermittlungsmaßnahmen können gemäß § 315 BGB wiederum nur diejenigen durchgeführt werden, die dem billigen Ermessen entsprechen, weil sie keine überwiegenden Interessen der Sportler beeinträchtigen. Scheitert hiernach die Wirksamkeit der Einwilligung der Athleten nicht wegen der Möglichkeit unangemessener Eingriffe in ihre Rechte am Überwiegen ihrer gegenläufigen Interessen und somit an der fehlenden Freiwilligkeit, erweist sich allerdings neuerlich die Notwendigkeit einer hinreichend konkreten Belehrung der Sportler als problematisch. Auch was die Einschaltung weiterer Experten und die Durchführung weiterer Untersuchungen betrifft, kann sich der Hinweis gemäß § 4a I 2 BDSG im Moment des Vereinsbeitritts oder des Wettkampfvertragsschlusses nur darauf beschränken, auf die Befugnis zu entsprechenden Maßnahmen aufmerksam zu machen, ohne dass im Einzelnen auf die Modalitäten der Expertenanfrage oder das Ziel und die Umstände der ergänzenden Untersuchungen eingegangen werden kann. Welche konkreten Daten gegebenenfalls tatsächlich an welchen dritten Fachmann weitergeleitet oder durch die zusätzlichen Untersuchungen ermittelt werden, ist für die Sportler nicht annäherungsweise absehbar. Vor diesem Hintergrund kann die im Moment des Beitritts oder des Vertragsschlusses erklärte Einwilligung der Athleten in die Befugnisse der Sportvereinigungen gemäß Art. 5.3.2 NADA-Code die Durchführung der entsprechenden Maßnahmen in einem späteren Genehmigungsverfahren nicht rechtfertigen. Dies gilt mit Blick auf § 4a III BDSG erst recht insoweit, als die weitergeleiteten oder 730

Vgl. Palandt/C. Grüneberg, § 315 Rn. 2.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

durch die Zusatzuntersuchungen gewonnen Informationen den Gesundheitszustand der Sportler betreffen. Die Anfrage bei einem weiteren Experten wie auch die Durchführung der weiteren Untersuchungen setzen hiernach voraus, dass zuvor eine gesonderte Einwilligung von den Athleten eingeholt wurde, der eine hinreichend dezidierte Beschreibung der beabsichtigten Maßnahmen vorausgegangen ist.

4. Überprüfungsrecht der WADA (Art. 5.9) Art. 5.9 NADA-Code räumt der WADA die Befugnis ein, von der NADA oder dem zuständigen Verband erteilte Ausnahmegenehmigungen jederzeit zu überprüfen. Wird dieses Prüfungsrecht von der WADA ausgeübt, sind damit unvermeidlich Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des betroffenen Athleten verbunden. Schon die Information über die Ausnahmegenehmigung als solche, die die WADA in jedem Fall benötigt, bedeutet eine Bekanntgabe personenbezogener Daten über den Sportler, da sie zumindest über die Tatsache informiert, dass er eine Ausnahmegenehmigung für die Verwendung des in der Erlaubnis bezeichneten Mittels erhalten hat. Darüber hinaus kann Art. 5.9 NADACode nur so verstanden werden, dass die WADA neben der Genehmigung selber auch sämtliche Unterlagen zum Genehmigungsverfahren erhält, da ohne Kenntnis von deren Inhalt die Genehmigungsentscheidung nicht nachvollziehbar ist. Da das Überprüfungsrecht somit zur Bekanntgabe und zur Nutzung insbesondere auch der Informationen über die Krankheit des Athleten und deren Behandlung ermächtigt, scheitert die Gestattung der Datenverwendungen nach den §§ 28 und 29 BDSG im Regelfall an § 28 VI BDSG, so dass der mit der Überprüfung verbundene Umgang mit den Sportlerdaten einzig und allein durch die Einwilligung des Betroffenen gerechtfertigt werden kann. Die somit notwendige Eignung der Datenverwendungen für die Dopingbekämpfung ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass vier Augen mehr sehen als zwei. Auf die Prüfung der Genehmigung übertragen bedeutet dies, dass als Vorteil der Nachprüfung die Erhöhung der Richtigkeitsgewähr im Raum steht, die allein darauf gründet, dass eine zweite Kontrolle der Genehmigungsvoraussetzungen durchgeführt wird. Ihren wesentlichen Nutzen dürfte die Überprüfungsmöglichkeit allerdings weniger mit Blick auf die Korrektur fachlicher Fehler der Erstentscheidungsinstanz als vielmehr zur Verhinderung ungerechtfertigter Vergünstigungen für die Antragsteller entfalten. Dass sie vor allem unter diesem Aspekt die Palette der Verbandsbefugnisse im Anti-Doping-Kampf sehr sinnvoll erweitert, legen die vielzähligen Präzedenzfälle nahe, in denen nationale Verbände oder Fachverbände im Interesse besserer Wettkampfresultate ihrer Athleten auf die konsequente Durchsetzung der Anti-Doping-Bestimmungen verzichtet haben.

IX. Erwirkung einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung

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Auch an der Erforderlichkeit der Überprüfungsregelung bestehen keine Zweifel, da ein milderes Mittel zur Verbesserung der Richtigkeitsgewähr nicht ersichtlich ist. Anders als im Falle der Ermächtigung des Ärztekomitees zur Einholung weiterer Expertenmeinungen und zur Durchführung weiterer Untersuchungen ist bezüglich der Prüfungsbefugnis der WADA auch nicht erkennbar, dass aus dieser Befugnis das Recht zur Durchführung von Maßnahmen hergeleitet werden könnte, die unverhältnismäßig in die Rechte der Sportler eingreifen. Insoweit ermöglicht der Wortlaut des Art. 5.9 NADA-Code eine interessengerechte Auslegung der Prüfungsbefugnis dahingehend, dass die WADA lediglich anhand der Unterlagen der Erstentscheidungsinstanz kontrollieren kann, ob deren Ergebnis mit den Bestimmungen über die Erteilung der Medizinischen Ausnahmegenehmigung im Einklang steht. Auch ein weiteres Verständnis des Art. 5.9 NADACode dahingehend, dass die WADA zu jeglichen für notwendig erachteten Untersuchungsmaßnahmen ermächtigt werden solle, brächte zwar wiederum die Gefahr unzumutbarer Eingriffe in die Rechte der Athleten mit sich, wäre aber ebenso wie Art. 5.3.2 deshalb interessengerecht, weil die Anwendbarkeit des § 315 BGB das Spektrum der zulässigen Maßnahmen auf den Rahmen des Billigen beschränken würde. Voraussetzung für die Vereinbarkeit des Überprüfungsverfahrens nach Art. 5.9 NADA-Code mit dem BDSG im konkreten Fall ist daneben selbstverständlich, dass die Verfahrensdetails und hier insbesondere die Einzelheiten der Informationsweitergabe zwischen Verband oder NADA und WADA unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ausgestaltet werden. Unter Beachtung der Maßgaben, die das BDSG insbesondere in den §§ 3a, 5 und 9 aufstellt, ist vor allem darauf zu achten, dass an jedem Punkt des Verfahrens alle zumutbaren Maßnahmen getroffen sind, um die Daten der Sportler vor Verlust, unbefugter Kenntnisnahme und anderweitigem Missbrauch zu schützen. Ist auf diese Weise die Verhältnismäßigkeit der Datenverwendungen im Zusammenhang mit Überprüfungen nach Art. 5.9 NADA-Code gesichert und somit die Freiwilligkeit der Einwilligung der Athleten gewährleistet, muss die Einwilligung noch den weiteren Anforderungen gemäß § 4a BDSG genügen. Hervorzuheben ist diesbezüglich wiederum § 4a III BDSG, der wegen des Charakters der weitergeleiteten Daten als Gesundheitsdaten zu beachten ist. Auch in der Zustimmungserklärung zur Geltung des Art. 5.9 NADA-Code ist eine Aufzählung der Krankheiten, über die die WADA im Falle der Überprüfung einer Ausnahmegenehmigung später informiert wird, regelmäßig deshalb nicht möglich, da zum Zeitpunkt der Zustimmungserkärung noch nicht absehbar ist, welche Krankheiten später die Beantragung einer Ausnahmegenehmigung erforderlich machen. Die Situation unterscheidet sich von der Ausgangslage für die Hinzuziehung weiterer Experten und die Durchführung weiterer Untersuchungen nach Art. 5.3.2 NADA-Code dadurch, dass keine zusätzlichen Informationen über die Athleten

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

erhoben werden, sondern lediglich diejenigen Informationen weitergeleitet werden, die die Sportler selber mit der Einreichung ihres Genehmigungsantrags eigeninitiativ offenbart haben. Auch insoweit ist den Anforderungen des § 4a III BDSG deshalb bereits dann Genüge getan, wenn in der Einwilligungserklärung die Weiterleitung der jeweils relevanten Informationen als Datenverwendung aufgeführt ist. 5. Einwilligung in die Weiterleitung von Entscheidungen des Ärztekomitees (Art. 5.10.2) Art. 5.10.2 NADA-Code ermächtigt die für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung zuständige Stelle – Verband oder NADA – dazu, Entscheidungen des Ärztekomitees an andere Anti-Doping-Organisationen gemäß den Vorschriften des World Anti-Doping Code weiterzuleiten. Zwar gibt der Wortlaut der Bestimmung nicht eindeutig vor, ob sich die Maßgabe „gemäß den Vorschriften des World Anti-Doping Code“ auf die Modalitäten der Weiterleitung oder auf die Anti-Doping-Organisationen bezieht, die als Adressaten der Weiterleitung in Betracht kommen. Allerdings äußert sich der WADA-Code einerseits nicht näher zu den Einzelheiten der Weiterleitung von Informationen an andere Stellen, während er andererseits in Art. 4.4, dem Abschnitt betreffend den Umgang mit dem Einsatz verbotener Mittel zu therapeutischen Zwecken, in Satz vier des zweiten Absatzes die unverzügliche Meldung sämtlicher Ausnahmegenehmigungen für international aktive oder im nationalen Testpool erfasste Athleten durch die internationalen Verbände oder die nationalen Anti-Doping-Organisationen an die WADA anordnet. Dieser Umstand spricht dafür, dass durch Art. 5.10.2 NADACode die gemäß WADA-Code für die Benachrichtigung von Dopingentscheidungen vorgesehenen Organisationen – d.h. gemäß der aktuellen Fassung des WADA-Code nur die WADA selber – als Informationsempfänger legitimiert werden sollen. Wiederum bedarf es zur Rechtfertigung der vorgesehenen Weiterleitung einer Einwilligung des betroffenen Athleten, deren Wirksamkeit von einem überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen an der Meldung der ärztlichen Entscheidungen an die WADA abhängt. Die Geeignetheit der Meldungen zur Dopingbekämpfung ergibt sich aus der Funktion der WADA als Steuerungsinstanz des weltweiten Anti-Doping-Kampfes. An der zentralen Steuerung haben die Sportvereinigungen deshalb ein berechtigtes Interesse, da die in einer globalisierten Sportwelt global herzustellende Chancengleichheit nur durch eine zentrale, übergeordnete Instanz organisiert werden kann. Die Einrichtung einer zentralen Stelle, deren Funktion die WADA übernehmen soll, verfolgt hiernach mit der globalen Harmonisierung des AntiDoping-Rechts ein für die praktische Umsetzung der weltweiten Chancengleichheit wichtiges Anliegen. Um ihre Funktion als übergeordnete Steuerungsinstanz

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wirksam wahrnehmen zu können, muss die WADA nicht nur mit den notwendigen Rechtsetzungskompetenzen ausgestattet sein. Sie bedarf darüber hinaus auch der erforderlichen Kontrollbefugnisse, um die Umsetzung und Einhaltung ihrer Vorgaben durch die Sportvereinigungen überprüfen zu können. Zu diesen Kontrollbefugnissen gehört zuallererst die Möglichkeit, sich umfassend über die Aktivitäten und die Ergebnisse der Dopingbekämpfung informieren zu können. Dieses Informationsbedürfnis umfasst auch die Kenntnis von der Erteilung Medizinischer Ausnahmegenehmigungen durch die Anti-Doping-Organisationen, zumal die korrekte Handhabung dieser Genehmigungen von unmittelbarer Bedeutung für die erfolgreiche Durchsetzung des Dopingverbots ist.731 Neben der internationalen Harmonisierung des Anti-Doping-Rechts und der Überwachung der Verbände im Hinblick auf die Einhaltung der entsprechenden Vorgaben dient die Meldung ärztlicher Entscheidungen in Ausnahmegenehmigungsverfahren der Effektivitätssteigerung des Anti-Doping-Kampfes. Durch die Meldung von Ausnahmegenehmigungen und anderen für das Kontrollsystem relevanten Fakten wie etwa den Aufenthaltsdaten der Athleten wird die Anlage zentraler Datenbanken ermöglicht, auf die auch von allen neben der WADA in die Dopingbekämpfung eingebundenen Stellen zugegriffen werden kann, um die für die Durchführung konkreter Maßnahmen notwendigen Informationen zu erlangen. Ist der Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten durch geeignete Datenschutzmaßnahmen gewährleistet, spricht nichts dagegen, dass sich die Beteiligten, die zur Kenntnisnahme der Sportlerdaten berechtigt sind, diese auf elektronischem Wege von einer zentralen Datenbank beschaffen. So kann etwa bei der Anmeldung eines Athleten zu einem Wettkampf über die zentrale Datenbank in Erfahrung gebracht werden, ob er derzeit wegen Dopingvorwürfen suspendiert oder gesperrt ist. Zur Organisation von Dopingkontrollen kann auf eine Sammlung sämtlicher Aufenthaltsmeldungen zurückgegriffen werden. Und es kann nicht zuletzt auch das Vorhandensein einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung im Bedarfsfall durch Abfrage dieser Datenbank überprüft werden. Diese Vorteile der Einrichtung zentraler Datenbanken bei der WADA als zentrale Stelle für die Dopingbekämpfung sind insbesondere für finanziell schlechter situierte Verbände, aber auch für die wirtschaftlich prosperierenden Sportvereinigungen von erheblicher Bedeutung. Der entscheidende Vorteil, der mit der Einrichtung einer zentralen Stelle und den dadurch eröffneten Möglichkeiten verbunden ist, besteht in der Beschleunigung der im Zuge von Dopingverfahren im Einzelnen anfallenden Bearbeitungsvorgänge. Da die Verbände mit Blick auf die Personalkosten regelmäßig nicht die Möglichkeit haben, die Anzahl von Mitarbeitern einzustellen, die zur optimalen Bewältigung der Verbandsaufgaben und hier insbesondere zur Dopingbekämpfung im gewünschten Umfang notwendig wäre, wird jede Zeitersparnis dringend benötigt, um mehr 731

Vgl. oben D.IX.2.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Ressourcen in den Anti-Doping-Kampf investieren zu können. Nachdem die Verstärkung der Aktivitäten gegen Doping allerorten und immer wieder für dringlich geboten erachtet wird, bestehen auch deshalb keine Zweifel am Nutzen der Datenweiterleitung an die WADA als zentrale Stelle der Dopingbekämpfung, da durch die Einrichtung entsprechender zentraler Datenbanken bei der WADA wegen der dadurch bewirkten Verbesserung des Informationsflusses Zeit gewonnen wird, die zur Intensivierung des Anti-Doping-Kampfes an anderer Stelle genutzt werden kann. Da auch ein milderes Mittel als die Betrauung der WADA mit der Funktion einer zentralen Datenbank zur Erzielung der wirtschaftlichen Vorteile aus der Zentralisierung nicht zur Hand ist, bleibt zu prüfen, ob der Weiterleitung der Entscheidungen des Ärztekomitees überwiegende Interessen der betroffenen Athleten entgegenstehen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass der mit der Weiterleitung verbundene Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler unter dem Aspekt der Sensibilität der betroffenen Informationen deshalb ein außerordentlich hohes Gewicht aufweist, weil die ärztlichen Entscheidungen Krankheiten der Athleten oder deren Medikamentierungen betreffen und somit als Gesundheitsdaten i. S. d. § 3 IX BDSG zu qualifizieren sind. Dieses Gewicht kann und muss durch eine effektive Pseudonymisierung der Daten vor der Weiterleitung durch den Verband oder die NADA an die WADA kompensiert werden. Hierfür ist beispielsweise eine vertrauenswürdige Person innerhalb des Verbands oder der NADA einzusetzen, an die die Entscheidung des Ärztekomitees zwecks Codierung und Weiterleitung an die WADA übergeben wird. Im Bereich der WADA darf die Depseudonymisierung nur insoweit möglich sein, als sie zur regelgerechten Durchführung des Dopingverfahrens oder aus technischen Gründen unvermeidlich ist. Die Depseudonymisierung aus Anlass einer berechtigten Anfrage zum Vorliegen einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung für einen bestimmten Athleten kann etwa dadurch vermieden werden, dass die Anfrage vollständig computerisiert von der WADA beantwortet wird oder – falls dies nicht möglich sein sollte – lediglich die Berechtigung der Anfrage von einem Mitarbeiter der WADA überprüft wird, während die eigentliche Beantwortung der Anfrage durch die EDV unmittelbar gegenüber der anfragenden Stelle erfolgt. Die vollständig computerisierte Beantwortung der Anfrage hätte den Vorteil, dass die Mitarbeiter der WADA nicht nur keinerlei Kenntnis von der Ausnahmegenehmigung erhielten, sondern darüber hinaus auch die Anfrage als solche verborgen bliebe. Sollte ein solches Antwortsystem technisch oder aus anderen Gründen nicht realisierbar sein, müsste die Pseudonymisierung jederzeit soweit aufrechterhalten werden, dass der mit der Datenverwendung betraute Mitarbeiter nur gerade diejenigen Daten zur Kenntnis erhält, die für die Bearbeitung des anfallenden Verwendungsvorgangs tatsächlich von ihm benötigt werden. Gelingt die Pseudonymisierung der Daten in der Form, dass auch aufseiten der WADA niemand mehr außer den für die Überprüfung der Datenverwendungen

IX. Erwirkung einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung

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eingesetzten Mitarbeitern gleichzeitig Kenntnis vom Inhalt der übermittelten ärztlichen Entscheidung und von der Identität des betroffenen Athleten erhalten kann, hat die Interessenabwägung ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Weiterleitung der Entscheidungen des Ärztekomitees zum Ergebnis. Zwar schlägt das Gewicht des Interesses der Sportvereinigungen an der Durchsetzung des Dopingverbots deshalb nur deutlich reduziert zu Buche, weil der Verzicht auf die Weiterleitung der ärztlichen Entscheidungen das Dopingverbot nicht – auch nicht partiell für bestimmte Fallkonstellationen – undurchsetzbar machen, sondern lediglich die Optimierung des Anti-Doping-Kampfes verhindern würde. Mit Blick auf die trotzdem beachtlichen Vorteile, die mit der Optimierung durch die Einschaltung der WADA als zentraler Stelle für den Anti-Doping-Kampf verbunden wären, wäre das Interesse daran höher anzusetzen als das Interesse der Sportler an der Verhinderung der Weitergabe der pseudonymisierten Informationen und ihrer Depseudonymisierung durch das Datenschutzkontrollpersonal der WADA in Einzelfällen. Sollte die für notwendig erachtete Pseudonymisierung nicht möglich sein, kann ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Weiterleitung der ärztlichen Entscheidungen nicht begründet werden. Damit ein Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht in Form der Übermittlung von Gesundheitsdaten, die noch dazu „signifikante gesundheitliche Beeinträchtigungen“ (vgl. Art. 5.5.1 NADA-Code) betreffen, aufgewogen werden könnte, müssten mit dem Eingriff verfolgte Interessen von noch größerem Gewicht angeführt werden können. Da die Weiterleitung nicht unmittelbar einen unverzichtbaren Baustein für ein lückenloses Dopingkontrollsystem, sondern lediglich ein Optimierungsund Kontrollinstrument darstellt, durch das der WADA eine bessere Steuerung des Anti-Doping-Kampfes und die Kontrolle der von den Verbänden erteilten Ausnahmegenehmigungen ermöglicht werden soll, kommt der Weiterleitungsbefugnis keine existentielle Bedeutung für die Sportvereinigungen zu, wie dies etwa hinsichtlich der Urin- und Blutkontrollen oder der Aufenthaltsmeldepflichten der Fall ist. Das Interesse an ihrer Durchsetzung ist daher nicht von so außerordentlichem Gewicht, dass es das Interesse der Athleten am Schutz der Informationen über ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen überwiegen könnte. Eine gelungene Pseudonymisierug und damit die Freiwilligkeit der Einwilligung in die Datenweiterleitung vorausgesetzt, muss die Einwilligung die weiteren Voraussetzungen gemäß § 4a BDSG erfüllen. Diesbezüglich gilt hinsichtlich der Einzelheiten das zur Offenbarung der Gesundheitsdaten Gesagte732 entsprechend.

732

Vgl. oben D.IX.2.

600

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

X. Die Probenanalyse Haben die Kontrollunternehmen ihren Auftrag erfüllt und sind die Urin- und Blutproben, die von den ausgelosten oder ausgewählten Sportlern genommen wurden, in den Analyselaboren angekommen, besteht der nächste Schritt des Dopingkontrollverfahrens darin, dass die Proben dort ausgewertet werden. Aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht erscheint dieser Verfahrensschritt nicht weniger brisant als der vorausgegangene Vorgang der Probenahme, wird doch im Zuge der Probenanalyse nicht nur weiterhin mit der Informationsmasse der Athleten in Form der Urin- oder Blutprobe umgegangen, sondern die von den Sportlern eingeholte Körpersubstanz zudem auf darin enthaltene Information über den körperlichen Zustand der Athleten hin ausgewertet und die Information hierbei lesbar gemacht. Vor dem Hintergrund der bislang öffentlich geführten Diskussion kommen dreierlei Analyseziele in Betracht: Bereits laufend praktiziert wird die Untersuchung der Proben auf das Vorhandensein von Dopingsubstanzen sowie auf Anzeichen für die Anwendung sonstiger verbotener Dopingtechniken. Daneben besteht die Möglichkeit zur Erstellung von Probenprofilen mit dem Ziel der Aufdeckung von Dopingverstößen über Profilvergleiche, wie sie seit geraumer Zeit von einigen Stimmen in der Dopingdiskussion vorgeschlagen werden.733 Schließlich können Blut- wie auch Urinproben zu DNA-Analysen verwendet werden, die der Zuordnung von Proben oder auch der Aufdeckung von Gendopingverstößen dienen sollen. Im NADA-Code finden sich lediglich folgende Regelungen, die einen unmittelbaren Bezug zur Probenanalyse aufweisen: Von Art. 8.2 wird die Beauftragung WADA-akkreditierter oder anderweitig von der WADA anerkannter Labore vorgegeben, wobei die Auswahl unter diesen Laboren der NADA obliegt (Anh. 2 und 3, Ziff. 5.2). Art. 8.5 wie auch Art. 17.2 erklären unter bestimmten Umständen eine zweite Analyse der Proben für zulässig. Gemäß Art. 9.2.3 b) kann die NADA zusätzliche Untersuchungen zur Klärung der Frage veranlassen, ob ein aufgefundener Wirkstoff endogen oder exogen produziert wurde. Art. 9.2.3 c) gestattet der NADA, weitere Untersuchungen bezüglich des T/E-Quotienten an vorangegangenen oder nachfolgenden Proben vorzunehmen, wenn dieser in einer Probe höher liegt als 4 zu 1. Dem Art. 9.3 c) lässt sich entnehmen, dass die 733 Im Zuge der Diskussion um die Möglichkeiten zum EPO-Nachweis wurde bereits im März 2005 vom ehemaligen NADA-Geschäftsführer Roland Augustin die Anlage von Blutprofilen der Athleten vorgeschlagen, vgl. FAZ v. 29.03.05, S. 32. Die Anlage von Blutprofilen ist vorgesehen im Anti-Doping-Konzept, das die UCI im März 2007 in Paris vorgestellt hat, vgl. FAZ v. 12.03.07, S. 32. Der Deutsche Schwimmverband ließ in Reaktion auf die Dopingverdächtigungen nach dem 100-m-Freistil-Weltrekord von Britta Steffen bei den Europameisterschaften 2006 in Budapest vor der WM 2007 in Melbourne Blutbilder von allen Nationalschwimmern erstellen, vgl. FAZ v. 21.03.07, S. 32. Für die Anlage von Blutprofilen zu Zwecken der Doping-Früherkennung plädiert Prof. Walter Schmidt, Leiter der sportmedizinischen Abteilung der Uni Bayreuth, vgl. FAZ v. 18.07.07, S. 30.

X. Die Probenanalyse

601

B-Probe der Athleten nicht im Rahmen der gewöhnlichen Kontrollprozedur routinemäßig analysiert wird. Die Analyse der B-Probe erfolgt hiernach nur dann, wenn der Sportler diese binnen sieben Tagen nach Erhalt der Mitteilung von der positiven A-Probe verlangt, oder aber, wenn der nationale Sportfachverband oder die NADA trotz des Verzichts des Athleten die Analyse anordnen (Art. 9.7.3 Abs. 1)734. Gemäß Art. 9.3 d) ist der Athlet berechtigt, bei der Öffnung und Analyse der B-Probe zusammen mit „seinem Vertreter“ zugegen zu sein oder seinen Vertreter allein an der Prozedur teilnehmen zu lassen. Art. 9.7.7 legt die Anzahl der aufseiten des Sportlers teilnehmenden Personen auf drei fest, wobei es dem Athleten erlaubt ist, einen Experten hinzuzuziehen. Im Übrigen enthält der NADA-Code in den folgenden Artikeln eine Reihe von Festlegungen, die nicht unmittelbar die Probenanalyse betreffen, aber Hinweise auf den von dem Regelwerk für notwendig erachteten Analyseumfang und die für den Umgang mit den Proben beachtlichen Maßgaben enthalten: In Art. 2.1 NADA-Code wird das Vorhandensein eines verbotenen Wirkstoffs oder seiner Metaboliten oder Marker im Körper des Athleten als Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen definiert. Den Begriffsbestimmungen in Anhang 1 des NADA-Codes zufolge fällt unter den Begriff der verbotenen Wirkstoffe jeder Wirkstoff, der in der „Liste verbotener Wirkstoffe und verbotener Methoden“ als solcher beschrieben wird. Welche Liste verbotener Wirkstoffe und verbotener Methoden hier gemeint ist, ergibt sich ebenfalls aus den Begriffsbestimmungen des Anhangs 1. Unter dem gleichlautenden Stichwort wird auf die WADA-Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden, die „Prohibited List“, verwiesen. Aus Art. 2.1 des NADA-Codes lässt sich demnach möglicherweise die Vorgabe herauslesen, dass die Dopingproben im Umfang der zur Verfügung stehenden Analysemöglichkeiten auf das Vorhandensein von in der Prohibited List aufgeführten Stoffen oder andere Anzeichen für den Gebrauch der in Art. 2.1 aufgeführten Methoden hin analysiert werden sollen. Soweit nicht von den Verbänden und Vereinen bei der Übernahme des NADA-Codes in ihr Vereinsrecht zusätzliche Bestimmungen ergänzt werden, stellt sich allerdings die Frage, ob allein das Verbot bestimmter Wirkstoffe ohne ausdrückliche Regelung der durchzuführenden Analysen die Verbände dazu berechtigt, die genommenen Proben auf das Vorhandensein der verbotenen Wirkstoffe hin zu testen. Art. 3.2.1 NADA-Code setzt offensichtlich voraus, dass die Labore bei der Durchführung der Analysen nach dem Internationalen Standard für Labore verfahren, ohne jedoch die Einhaltung der dortigen Vorgaben selber anzuordnen. In Art. 7.1 NADA-Code wird bestätigt, dass die Dopingkontrollen in Übereinstimmung mit dem „International Standard for Testing“ durchgeführt werden. 734 Gegen die Zulässigkeit der Analyse der B-Probe im Falle einer negativen A-Proben-Analyse wird von D. Rössner, SpuRt 2009, 53, 55, zutreffend eingewendet, dass sie nicht von den Bestimmungen des NADA-Codes gedeckt ist.

602

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Auch der International Standard for Testing enthält jedoch keine Vorgaben bezüglich der Probenanalyse, die über diejenigen des NADA-Codes hinausgehen. Ziff. 7.7 NADA-Code verweist bezüglich der Durchführung der Dopingkontrollen auf die Anhänge 2 bis 7 des Codes, in denen sich ebenfalls keine Vorgaben bezüglich der Probenanalyse finden, sowie wiederum auf den International Standard for Testing der WADA. Art. 8.1 NADA-Code erklärt den International Standard for Laboratories der WADA für beachtlich. Dieser sieht in Ziff. 2.0 unter Bezugnahme auf Art. 6.2 des WADA-Codes vor, dass die Dopingproben auf die gemäß der Prohibited List verbotenen Substanzen und Methoden sowie auf Substanzen hin zu analysieren sind, die dem Überwachungsprogramm der WADA nach Art. 4.5 WADA-Code unterliegen und deren Nachweis nicht als Dopingverstoß gewertet wird. Weitere Vorgaben allgemeiner Natur hinsichtlich der Ausstattung, der für Analyseverfahren beachtlichen Verfahrensgrundsätze und anderer Aspekte der Analyseprozedur finden sich in den Bestimmungen des International Standard for Laboratories über die Vorraussetzungen der WADA-Akkreditierung. Gemäß Ziff. 4.1.3 des International Standard müssen sich die Labore insbesondere einem Ethik-Code (Annex B – Laboratory Code Of Ethics) unterwerfen, der ihnen unter anderem Medienkontakt bezüglich der Analyseergebnisse untersagt (Ziff. 1 des Ethik-Codes) sowie die Laborleitung zur Fortbildung in puncto der ethischen Grundsätze bei der Analyse menschlicher Proben (Ziff. 2) und zur Beachtung der Grundsätze der Helsinki-Schlussakte der KSZE aus dem Jahr 1975 (Ziff. 2.2) verpflichtet.

1. Untersuchung auf Dopingsubstanzen Kernstück der typischen Dopingkontrolle ist die Analyse der abgegebenen Urin- oder Blutproben auf darin enthaltene Anzeichen für die Verwendung von Dopingsubstanzen oder anderen Dopingtechniken. Im Rahmen dieser Analyse werden aus der Informationsmasse, die den Analyselabors in Form der Körpersubstanzen der Sportler zur Verfügung gestellt worden ist, Aussagen gewonnen, die in den Proben quasi verschlüsselt, weil ohne aufwendige Hilfsmittel nicht erkennbar, enthalten sind. Diese Aussagen betreffen die physiologische Konstitution der Sportler bzw. – sofern sie der Bewertung nach den Kriterien „pathologisch“ oder „nicht pathologisch“ zugänglich sind – sogar ihren Gesundheitszustand. Im Hinblick auf die besondere Sensibilität, die den von der Analyse betroffenen Daten jedenfalls insoweit aneignet, als es sich hierbei um Gesundheitsangaben i. S. d. § 3 IX BDSG handelt, stellt sich die Frage nach den persönlichkeitsrechtlich gebotenen Zulässigkeitsgrenzen der Analysetätigkeit. So ist etwa zu überlegen, ob es sich die Athleten tatsächlich gefallen lassen müssen, dass die von ihnen abgegebenen Urin- und/oder Blutproben auf alle in der Prohibited List

X. Die Probenanalyse

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aufgeführten Dopingmittel hin untersucht werden, unabhängig von der ausgeübten Sportart und unabhängig davon, ob es sich bei der im konkreten Fall durchgeführten Kontrolle um eine Wettkampf- oder eine Trainingskontrolle handelt. Anlass für diesbezügliche Bedenken ist die Erkenntnis, dass erstens nicht jedes Dopingmittel in jeder Sportart einen leistungssteigernden Effekt hervorruft und dass zweitens die Anwendung bestimmter Praktiken nur im Wettkampf als zur Leistungssteigerung geeignet angesehen wird, während andere Methoden und Mittel nur in der Trainingsphase sinnvoll eingesetzt werden können. So gelten beispielsweise aufputschende Mittel wie etwa Amphetamine als sinnvolle Unterstützung im Wettkampf, da sie kurzfristig die Vitalkapazität und die Aggressivität fördern, während ihre Eignung zur Verwendung als leistungsfördernde Mittel im Training angezweifelt wird. Müsste man hieraus die Folgerung ziehen, dass im Training überhaupt nicht auf die Einnahme von Amphetaminen hin kontrolliert werden darf, erschiene der stolze Hinweis der damaligen Präsidentin des BDR, Sylvia Schenk, anlässlich des Dopingfalls von Jan Ullrich 2002 auf die Durchführung von Amphetaminanalysen bei Trainingskontrollen als Besonderheit im Radsport735 als Fingerzeig auf ein rechtswidriges Kontrollverhalten. Aus der Rechtswidrigkeit des Kontrollverhaltens folgte in diesem Fall auch die Rechtswidrigkeit des damaligen Dopingverfahrens gegen Jan Ullrich, dessen Anlass genau eine solche Amphetaminanalyse im Zuge einer Trainingskontrolle gewesen ist.736 Die von der WADA veröffentlichte Prohibited List, die auch im Anwendungsbereich des NADA-Codes das Kernstück des Dopingverbots darstellt, unterscheidet in ihren ersten beiden Abschnitten zwischen jederzeit verbotenen Praktiken und nur anlässlich von Wettkämpfen untersagten Wirkstoffen und Methoden und nennt Amphetamine erst im zweiten Abschnitt. Wegen der Empfindlichkeit der betroffenen Daten in jedem Fall bemerkenswert ist die 2001 öffentlich gewordene Kritik des leitenden Verbandsarztes der Deutschen EisschnellaufGemeinschaft, Volker Smasal, an der Kontrollpraxis des Internationalen Eisschnellaufverbandes (ISU), es würden zur Auswertung der Blutproben Geräte aus der Diabetes-Behandlung eingesetzt, deren Nachteil unter anderem darin bestehe, dass zuviele Blutwerte gemessen würden.737 Neben der Probenanalyse zur Aufdeckung von Dopingtechniken, für die bereits anerkannte Nachweisverfahren existieren, ist für die Labore die Entwicklung neuer Analysemethoden zur Aufdeckung bislang nicht nachweisbarer oder gänzlich neuartiger Dopingpraktiken von Interesse. In regelmäßigen Abständen tauchen Meldungen in den Sportteilen der Tageszeitungen auf, in denen über neue Dopingpraktiken oder Dopingmittel berichtet wird, auf deren Erkennung 735 FAZ v. 06.07.2002, S. 34. Im internationalen Radsport wird seit 2004 – entsprechend den Regeln des WADA-Codes – nur noch bei Wettkämpfen auf Amphetamine getestet, vgl. FAZ v. 09.01.08, S. 26. 736 Vgl. FAZ v. 04.07.02, S. 35, u. v. 08.07.02, S. 27. 737 FAZ v. 17.11.01, S. 40.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

die gerade aktuelle Dopinganalytik noch nicht eingerichtet ist.738 Waren die Anstrengungen der Dopinganalytik vor einigen Jahren noch auf den Nachweis des Wachstumshormons HGH, der schließlich gelungen und weiterentwickelt worden ist,739 auf den Kampf gegen EPO und gegen das Nachfolgeprodukt Nesp, der inzwischen ebenfalls als gewonnen betrachtet wird, auf den zwischenzeitlich etablierten Nachweis von RSR 13, einem weiteren Blutdopingmittel, oder auf den Nachweis für den EPO-Nachfolger „Dynepo“ gerichtet, der aus von menschlichen Zellen produzierten EPO-Molekülen besteht,740 werden zukünftig andere Dopingmittel auftauchen, die zur Weiterentwicklung der Analysetechnik zwingen. So begrüßenswert und notwendig auf der einen Seite jeder Fortschritt der Dopinganalytik ist, der den Nachweis weiterer Dopingpraktiken ermöglicht, so ernsthaft stellt sich in diesen Fällen auf der anderen Seite die Frage, welche Grenzen dem darauf gerichteten Forschungseifer der Laboratorien zu setzen sind. Einschränkungen der Analysetätigkeit wegen der damit verbundenen Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der Athleten kommen hiernach sowohl hinsichtlich des Umfangs der Analyse als auch hinsichtlich der Art und Weise ihrer Durchführung zum einen nach den Bestimmungen des BDSG und zum anderen nach den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätzen in Betracht. a) Vereinbarkeit der Probenauswertung mit den Vorgaben des BDSG aa) Anwendbarkeit des BDSG (§§ 1 II–V, 27, 45 BDSG) Nach zutreffender Auffassung handelt es sich bereits bei den Urin- und Blutproben als solchen um personenbezogene Daten,741 so dass es im Hinblick auf das Erfordernis des Umgangs mit personenbezogenen Daten i. S. d. § 1 BDSG nicht auf die Entschlüsselung der in den Proben enthaltenen Informationen durch die Analyse ankommt. Die Analyse ist dementsprechend weder dem Erhebungsvorgang zuzuordnen noch stellt sie eine Datenverarbeitung dar, da der einzig und allein in Betracht kommende Verarbeitungstatbestand der Datenveränderung eine Veränderung des Informationsgehalts der Proben voraussetzt,742 die durch die Analyse jedoch nicht bewirkt wird. Der Bezug zur Person des konkreten Probanden bleibt auch in der Phase der analytischen Auswertung der Dopingproben dadurch erhalten, dass der zu der Probe gehörige Athlet durch Hinzuziehung des Kontrollprotokolls, auf dem sich der Nummerncode der Probe und der Name des Athleten finden, jederzeit bestimmt werden kann. 738

Vgl. z. B. FAZ v. 29.05.02, S. 47, zum damals neuen Dopingmittel „Dynepo“. FAZ v. 12.06.02, S. 46. 740 FAZ v. 03.07.02, S. 35. 741 Vgl. oben D.III.1.a)aa). 742 U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 129; Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 10.1. 739

X. Die Probenanalyse

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Ist die Analyse mit dem vollständigen Verbrauch der Probe verbunden, stellt sie in Konsequenz der Einordnung der Probe als Datum eine Datenlöschung dar. Nach Sinn und Zweck des Löschungsbegriffs, der die Vernichtung eines Datums erfassen will, ist der mit der Analyse zwangsläufig verbundene teilweise Verbrauch der Probe noch nicht als Löschung anzusehen, sofern der verbleibende Rest der Probe einen unverminderten Informationsgehalt aufweist, so dass die in der Probe verkörperten Informationen weiterhin daraus gewonnen werden können.743 Andererseits verhindert angesichts des Datumscharakters der Probe als solcher der Erhalt der darin enthaltenen Informationen in Form des Analyseergebnisses nicht die Behandlung des vollständigen Verbrauchs als Löschung. Zwar stellt die physische Beseitigung verkörperter Daten – z. B. durch Zerstören des Datenträgers – nach zutreffender Ansicht dann keine Löschung dar, wenn die Daten ohne Informationsverlust auf einem anderen Datenträger festgehalten worden sind.744 Im Fall des Verbrauchs der Urin- oder Blutprobe anlässlich der Analyse scheitert die Einordnung als Löschung jedoch deshalb nicht daran, dass die Informationen in Form der Analyseergebnisse verfügbar bleiben, da diese Ergebnisse nur einen Ausschnitt der in der Probe enthaltenen Information abbilden. In jedem Fall, das heißt unabhängig davon, ob die Probe vollständig verbraucht wird oder teilweise erhalten bleibt, erfüllt die Analyse den Tatbestand der Datennutzung, der von § 3 V BDSG als Verwendung definiert ist, die nicht unter den Begriff der Verarbeitung fällt. Hierzu gehört insbesondere jede Verwertung des Informationsgehalts, zu der bereits die Kenntnisnahme des Datums zählt.745 Die Analyse stellt eine Übersetzung der Information in einen zahlenförmigen und textlichen Zustand dar, die zur Kenntnisnahme der Information notwendig ist. Den Tatbestand der Datennutzung erfüllt die Analyse auch dann, wenn die Probe hierbei vollständig verbraucht wird, da die in dem Verbrauch zu sehende Datenlöschung nur Nebeneffekt ist, während der Sinngehalt des Geschehens schwerpunktmäßig in der Kenntnisnahme der Information liegt. Sieht man die Proben als solche noch nicht als personenbezogene Daten an, stellt die Probenanalyse neben der Probenahme einen Teilakt der Beschaffung der personenbezogenen Daten über die Athleten dar, als welche die durch die Analyse gewonnenen Informationen über den körperlichen Zustand der Sportler zu sehen sind. Die Analyse ist in diesem Fall wie die Probenahme Bestandteil derjenigen Prozedur, durch welche die in der Probe enthaltenen Informationen in personenbezogene Daten umgewandelt werden. Sie ist damit Teil des Erhebungsvorgangs.

743

U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 174. U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 175. 745 U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 189; Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 14.2. 744

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Wird der Umfang der Analyse wie auch die Art und Weise, in der die Proben während ihres Aufenthalts im Labor im Übrigen zu behandeln sind, den Laboren von den Sportvereinigungen und ihren diesbezüglichen Regelwerken so dezidiert vorgegeben, dass der Umfang der BDSG-relevanten Datenverwendungen durch die Vorgaben abschließend festgelegt ist, werden die Labore als reine Auftragsverarbeiter für die Sportvereinigungen tätig, die lediglich den technischen Vorgang der Informationsentschlüsselung für die Verbände erledigen. Werden die Labore in der Vereinbarung mit den Sportvereinigungen über die Durchführung der Analysen dazu ermächtigt, selbständige, das heißt vom Reglement unter bestimmten Voraussetzungen als möglich eröffnete, dabei aber nicht zwingend vorgeschriebene Entscheidungen über weitere Datenverwendungen i. S. d. BDSG zu treffen, analysieren sie die Proben als Dritte i. S. d. § 3 VIII 2 BDSG. Nur in letzterem Fall ist das Analyselabor verantwortliche Stelle für die Datennutzung oder -erhebung und gegebenenfalls -löschung, während im Falle der reinen Auftragsverarbeitung der Auftraggeber verantwortliche Stelle bleibt, da die Daten dann von den Analyselaboren nicht „für sich“ verwendet werden.746 Liegt ein Fall der Auftragsverarbeitung vor, wird die Datenverwendung deshalb i. S. d. § 1 BDSG durch nicht-öffentliche Stellen durchgeführt, da es sich bei den Sportvereinigungen durchweg um privatrechtlich konstituierte Organisationen handelt. Sind die Analyselabore selber verantwortliche Stelle, stellt sich mit Blick auf die deutschen Labore in Köln und in Kreischa die Frage, ob auf die mit der Analyse verbundenen Datenverwendungen nicht die Vorschriften für den Datenumgang öffentlicher Stellen angewendet werden müssen. Hintergrund ist, dass beide Institute Bestandteile von Einrichtungen der öffentlichen Hand sind oder die öffentliche Hand zumindest an ihrer Trägerschaft beteiligt ist: Das Kölner Labor ist dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft, d.h. einer öffentlichen Stelle angegliedert.747 Ähnlich verhält es sich mit dem zweiten WADA-akkreditierten deutschen Dopinglabor in Kreischa, das zwar juristisch an einen Trägerverein angebunden ist, mit Blick auf die Mitgliedschaft kommunaler Gebietskörperschaften, des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp), des Freistaats Sachsen und des Bundesinnenministeriums in diesem Trägerverein jedoch in erheblichem Umfang dem Einfluss der öffentlichen Hand unterliegt.748 746 So zutreffend H. Auernhammer, BDSG (3. Aufl. 1993), § 3 Rn. 49; dagegen und für die Einordnung auch des Auftragsverarbeiters als verantwortliche Stelle U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 228, allerdings ohne Alternativerklärung für die Bedeutung der Worte „für sich“ in § 3 VII BDSG. 747 Zum Verfassungsstatus des Bundesinstituts für Sportwissenschaft vgl. U. Steiner, Forschungsförderung in der Sportwissenschaft unter verfassungsrechtlichem Aspekt, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), 20 Jahre Bundesinstitut für Sportwissenschaft (1991), S. 79, 83. 748 Vgl. die Homepage des Instituts für Dopinganalytik und Sportbiochemie (IDAS) Kreischa in der Fassung vom 11.02.2008 unter www.idas-kreischa.de, Links ,IDASKreischa‘, ,Chronik ausführlich‘.

X. Die Probenanalyse

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Trotz ihrer Zugehörigkeit bzw. ihrer engen Verbindung zu Einrichtungen der öffentlichen Hand sind die Labore hinsichtlich ihrer Dopinganalysetätigkeit allerdings als nicht-öffentliche Stellen zu behandeln. Ausgangspunkt der Überlegungen ist hier der Umstand, dass die Dopingüberwachung keine öffentliche Aufgabe darstellt, sondern in alleiniger Regie der Verbände durchgeführt wird. Obwohl sie juristischen Personen des öffentlichen Rechts angehören, werden die Labore bei der Analyse der angelieferten Proben daher zur Bewältigung einer privaten Aufgabe auf rein privatrechtlichem Gebiet tätig. Hilfreich ist an dieser Stelle die Kenntnis der Hintergründe des Zusammenwirkens der Sportvereinigungen und der öffentlichen Hand: Die öffentliche Hand nimmt über die Sportpolitik Einfluss auf den Sport, indem sie mittels finanzieller Unterstützung einen wesentlichen Beitrag zur Sportförderung leistet. Was die Verurteilung des Dopings angeht, befindet sie sich in Übereinstimmung mit den Verbänden. Da sich aber gerade dieser Bereich des Sports als sehr kostenintensiv erweist – es werden Labore mit teuren Gerätschaften benötigt, es muss ein festes Netz von Kontrollteams ständig unterhalten werden –, hat sich die öffentliche Hand auch hier zur Unterstützung bereit gefunden. Diese Unterstützung besteht unter anderem in der Übernahme der Analysekosten von Dopingproben durch die Bereitstellung der Labore. Es liegt somit genau die umgekehrte Konstellation wie in den Fällen des § 2 IV 2 BDSG vor: Nicht ein Privatrechtssubjekt wird im öffentlichen Aufgabenbereich tätig, sondern eine öffentliche Stelle nimmt Aufgaben auf dem Gebiet des Privatrechts wahr. Aus der Regelung des § 2 IV 2 sowie den Sonderregelungen für öffentlich-rechtliche Wettbewerbsunternehmen (§§ 1 II Nr. 1, 27 I 1 Nr. 2) lässt sich als eine Art allgemeiner Rechtsgedanke des Datenschutzrechts entnehmen, dass nicht die Organisation einer Stelle über die Anwendung des BDSG entscheiden soll, sondern vielmehr im Sinne eines „funktionellen Stellenbegriffes“ ihre konkrete Tätigkeit.749 Bei Anwendung dieses Rechtsgedankens ist auch auf die Analyseeinrichtungen in Köln und Kreischa für deren Dopinganalysetätigkeit das BDSG in dem für nicht-öffentliche Stellen geltenden Umfang (§ 1 II Nr. 3 BDSG) anzuwenden. Werden die Ergebnisse der Analysen in die EDV der Labore übernommen, ist der Anwendungsfall der Datenverwendung unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen erfüllt. Werden die Ergebnisse lediglich in Papierform – etwa auf Formularen oder in ähnlicher Form – festgehalten, indem unter der Codenummer des jeweiligen Probanden ein Datenblatt angelegt wird, auf dem die Einzelergebnisse aufgelistet sind, bedeutet dies eine Datenverwendung in einer nicht automatisierten Datei i. S. d. § 3 II S. 2 BDSG.750 749 M.-Th. Tinnefeld/E. Ehmann, Einführung in das Datenschutzrecht (3. Aufl. 1998), II.2.2. 750 Zum Begriff der nicht automatisierten Datei vgl. U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 86 ff., u. Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 5.3.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Da die Datenverwendung zu Zwecken der Dopingbekämpfung nicht für persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolgt,751 findet das BDSG auf die mit der Probenanalyse verbundene Datenverarbeitung durch die Analyselabore in Köln und Kreischa nach Maßgabe des § 1 II Nr. 3 BDSG Anwendung. bb) Maßgaben des BDSG Werden die Labore bei der Durchführung der Analysen als Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG tätig, bleiben im Wesentlichen die Verbände oder die NADA als Auftraggeber der Datenverarbeitung für die Einhaltung der Maßgaben des BDSG verantwortlich, während die Labore die Absätze 3 bis 5 des § 11 BDSG zu beachten haben. Werden den Laboren in den Analyseauftragsvereinbarungen Entscheidungsspielräume hinsichtlich der weiteren Verwendung der Daten eingeräumt, die über die bloße Bestimmung der technischen Einzelheiten der Durchführung der Analyse hinausgehen, sind die Labore selber als (voll)verantwortliche Stellen für die Einhaltung sämtlicher BDSG-Bestimmungen zuständig. (1) Gestattungstatbestand (§ 4 I 1 BDSG) In jedem Fall bedarf es für die Zulässigkeit der Analyse eines Gestattungstatbestandes, der in der Einwilligung der Sportler oder in einer Rechtsvorschrift bestehen kann.752 (a) Einwilligung Was die Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung in die Datenverwendung in Form der Durchführung der Dopinganalysen an den Proben der Athleten betrifft, kann auf die Ausführungen zur Einwilligung in die Verwertung personenbezogener Informationen für Verbandsentscheidungen753 verwiesen werden. Während im Hinblick auf die Schriftform (§ 4a I 3 BDSG) und die besondere Hervorhebung neben der Vertrags- oder Beitrittserklärung (§ 4a I 4 BDSG) keine Besonderheiten gelten, ist bezüglich der Aufklärung der Athleten (§§ 4a I 2 und III BDSG) und der Freiwilligkeit der Einwilligung (§ 4a I 1 BDSG) auf Folgendes hinzuweisen:

751

Vgl. oben B.II.1.a)ee). Zu Recht wurde daher in der „Krabbe-Entscheidung“ auf die mündliche Verhandlung vom 4./5.April 1992, S. 21, vom DLV-Rechtsausschuss gerügt, es habe für eine Vergleichsuntersuchung der 1991 in Zinnowitz abgegebenen Proben mit den streitgegenständlichen Proben aus Stellenbosch weder eine Beauftragung noch eine Einwilligung der Athletinnen vorgelegen. 753 Vgl. oben B.II.1.b)aa)(2). 752

X. Die Probenanalyse

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(aa) Aufklärung der Athleten (§§ 4a I 2 und III BDSG) Auch die Gestattung der Analyse durch die Zustimmung der Sportler setzt somit voraus, dass der Einwilligung nicht nur die jeweils zur Verwendung in Betracht kommenden Angaben, sondern auch die gebilligten Verarbeitungsziele und Verarbeitungsphasen zu entnehmen sind.754 Die Erfüllung dieser inhaltlichen Anforderungen an die Einwilligungserklärung ist unerlässlich für eine ausreichende Aufklärung der Sportler über die beabsichtigten Eingriffe in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht, von der die Freiwilligkeit der Einwilligung und ihre Reichweite abhängen. Eine ordnungsgemäße Aufklärung muss die Athleten so konkret darüber informieren, wie die durch die Einwilligung gestatteten Maßnahmen beschaffen sein sollen, dass der Umfang des Eingriffs in ihr Persönlichkeitsrecht für sie deutlich wird. Im Rahmen der Aufklärung ist den Athleten daher u. a. mitzuteilen, welche Analysen mit den von ihnen abgegebenen Proben durchgeführt werden. Auf die Anwendung einer Analysemethode, über die ein Athlet nicht vor der Durchführung der Analyse informiert worden ist, kann sich die von ihm erklärte Einwilligung nicht beziehen, wenn diese Methode Datenverwendungen mit sich bringt, die für den Sportler auf der Grundlage der Hinweise bezüglich des Datenumgangs vor der Abgabe seiner Zustimmung nicht absehbar waren. Wird die Einwilligung in der Weise erklärt, dass von den Sportlern der Geltung der einschlägigen verbandsrechtlichen Bestimmungen zugestimmt wird, muss das Regelwerk die notwendigen Angaben enthalten. Vor diesem Hintergrund ist auf die Beschreibung des Zwecks der Dopinganalytik in den Regelwerken der Korporationen und in den Wettkampfverträgen erhöhte Sorgfalt zu verwenden.755 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dessen Beachtung durch die vereinsrechtlichen Bestimmungen nicht nur mit Blick auf die Inhaltskontrolle nach § 242 BGB, sondern auch im Rahmen der Prüfung der Freiwilligkeit der Einwilligung geboten ist, fordert von den Verbänden, die Analyseregelungen hinreichend konkret auszugestalten. Bei der Ermittlung derjenigen Vorgaben, die zur Erzielung eines ausreichenden Konkretisierungsgrades in den Analysebestimmungen enthalten sein müssen, ist die Dynamik von Dopingpraxis und -kontrollmöglichkeiten zu berücksichtigen.756 Hinsichtlich sämtlicher Regelungen zur Probenahme gilt, dass ihre Wirksamkeit die Einhaltung der grundrechtlichen und zugleich rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen voraussetzt,757 da die 754 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4a Rn. 80; so auch U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 55 f., für die von den Athleten anlässlich der Olympischen Spiele 2004 in Athen eingeholten Einwilligungen in die Verwendung ihrer Dopingproben zu Forschungszwecken. 755 K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 113. 756 K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 92. 757 So für Blutabnahmen P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik?, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 67 ff., 83.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Wahrung der Verhältnismäßigkeit einer Eingriffsregelung zuallererst erfordert, dass der hiernach zulässige Eingriffsumfang eindeutig erkennbar ist. In diesem Sinne sind etwa auch die mit der Urin- oder Blutkontrolle verfolgten Dopingpraktiken eindeutig zu definieren.758 Die Aufklärung bezüglich der Analyse muss in jedem Fall die Substanzen oder sonstigen Parameter beinhalten, deren Vorhandensein mit der Analyse überprüft werden soll. Dies werden im Regelfall die nachzuweisenden Dopingmittel oder deren Metaboliten oder Marker bzw. diejenigen Stoffe sein, deren Existenz die Anwendung einer verbotenen Methode wie etwa Blutdoping dokumentiert. Von deren Ermittlung muss der Athlet ohne gesonderte Belehrung ausgehen, soweit bereits aus ihrer Auflistung in der Prohibited List hervorgeht, dass sie durch die Analyse aufgespürt werden sollen. Soweit jedoch aufgrund der angewandten Methodik – etwa im Rahmen von Zwischenergebnissen oder Zwischenzuständen – weitere Feststellungen bezüglich der Beschaffenheit der Körpersubstanzen des Sportlers getroffen werden, ist er auch hierüber zu informieren. Die ausreichend klar beschriebenen Zwecke müssen darüber hinaus auch aus der Einwilligungserklärung hervorgehen. Dies ist ohne weiteres hinsichtlich solcher Analysewerte anzunehmen, deren Untersuchung sich aus in Bezug genommenen Dopingbestimmungen der Sportvereinigungen ergibt, sofern die Einwilligungserklärung im Zusammenhang mit den beabsichtigten Datenverwendungen eindeutig auf diese Dopingbestimmungen verweist. Soweit es sich bei den durch die Analyse entschlüsselten Informationen um Gesundheitsdaten i. S. d. § 3 IX BDSG handelt, müssen die von der Analyse berührten Informationen über die Athleten im Text der Einwilligung explizit genannt werden (§ 4a III BDSG). Aus den vorstehenden Ausführungen zum notwendigen Inhalt der Aufklärung über die beabsichtigten Datenverwendungen ergeben sich erhöhte Anforderungen an die Bestimmtheit der im NADA-Code vorgesehenen Analysebefugnisse, die erfüllt sein müssen, damit die Wirksamkeit einer unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des NADA-Codes abgegebenen Einwilligung nicht an der unzureichenden Aufklärung über die beabsichtigten Untersuchungen scheitert. Unter diesem Aspekt sind die einzelnen Regeln des NADA-Codes wie folgt zu beurteilen: Bedenken hinsichtlich der erforderlichen Eindeutigkeit bestehen bezüglich Art. 17.2 S. 2 NADA-Code, der die erneute Untersuchung im Falle der Kenntniserlangung von neuen verbotenen Wirkstoffen oder Methoden erlaubt. Denn die Vorschrift stellt nicht mit letzter Eindeutigkeit klar, ob mit „neuen verbotenen 758 So für Blutabnahmen P. J. Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik?, in: Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Blut und/oder Urin zur Dopingkontrolle (1996), S. 67 ff., 83; so auch mit Blick auf die Inhaltskontrolle von Dopingregelungen K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 113; G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 269.

X. Die Probenanalyse

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Methoden und Wirkstoffen“ solche gemeint sind, die zum Zeitpunkt der Erstanalyse noch gar nicht bekannt waren, oder solche, die zwar bereits bekannt waren, von deren Verwendung durch den betroffenen Athleten die NADA aber erst nachträglich Kenntnis erlangt hat. Zwar spricht der Wortlaut der Regelung eher für die zuerst genannte Auslegung, da die Kenntnis neuer Praktiken und nicht die Kenntnis von der Anwendung als Grund für die Nachuntersuchung genannt wird. Mit Blick auf die Bedenken, die in der Sache gegen die Gestattung einer Untersuchung auf zum Zeitpunkt der Erstanalyse noch nicht bekannte Praktiken sprechen, erscheint allerdings die Auslegung im zuletzt genannten Sinne naheliegender. Wegen der somit bestehenden Zweifel am Regelungsgehalt von Art. 17.2 S. 2 NADA-Code liegt in der Zustimmung der Sportler zur Geltung der Bestimmungen des Codes mangels einer insoweit hinreichenden Aufklärung keine wirksame Einwilligung in die Befugnis zu Nachuntersuchungen im Falle der Kenntnis von neuen Dopingpraktiken. Die Wirksamkeit der Einwilligung würde entgegen der vorstehenden Bewertung nicht an der unzureichenden Bestimmtheit des Art. 17.2 S. 2 NADA-Code scheitern, wenn der Regelung entnommen werden könnte, dass eine der beiden aufgezeigten Auslegungsvarianten vorzuziehen ist. In diesem Fall hätte die Einwilligung der Athleten je nach der vorzugswürdigen Auslegungsvariante folgende Wirkungen: Lediglich dann, wenn man die Regelung des Art. 17.2 S. 2 NADA-Code in dem Sinne als eindeutig ansehen könnte, dass sie auf den Nachweis solcher Praktiken abzielt, die bereits zum Zeitpunkt der Einwilligung des Sportlers in die Durchführung der Analyse verboten waren und für deren Verwendung erst nachträglich Anhaltspunkte aufgetaucht sind, bestünden keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Nachuntersuchung, da es sich in diesem Fall bei den aufzuspürenden Methoden oder Wirkstoffen um solche handelte, deren Überprüfung der Sportler aufgrund der von ihm erteilten Einwilligung schon im Rahmen der Erstanalyse befürchten musste. Ebenso eindeutig wäre bei diesem Verständnis der Regelung eine Nachuntersuchung auf solche Methoden und Wirkstoffe hin unzulässig, die auf der Grundlage der Zustimmung des Athleten auch im Rahmen der Erstanalyse nicht hätten aufgespürt werden dürfen. Gäbe man dem Verständnis des Art. 17.2 S. 2 NADA-Code den Vorzug, wonach die Bestimmung Nachuntersuchungen nicht im Falle der nachträglichen Kenntniserlangung von der Verwendung vormals bereits bekannter Praktiken durch den Sportler, sondern im Falle der Kenntniserlangung von völlig neuen Methoden und Wirkstoffen als solchen gestatten möchte, könnte die Einwilligung der Athleten insoweit keine Wirksamkeit entfalten. Da erst nach der Einwilligung entdeckte Dopingpraktiken im Anti-Doping-Regelwerk in der Fassung, auf die die Einwilligungserklärung Bezug genommen hat, nicht genannt sind, waren sie nicht Gegenstand der Zustimmung. Erst recht bezog sich die Zustimmung hiernach nicht auf den analytischen Nachweis von Stoffen, deren Vorhandensein

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

in der Probe zum Beleg für diese Dopingpraktiken dient. Derartige noch nicht bekannte Methoden und Wirkstoffe sind nur dann von der Einwilligung des Sportlers in die Analyse erfasst, wenn sie – bei Auslegung der Zustimmung unter Berücksichtigung seines „Horizonts“ und seiner Verständnismöglichkeiten759 – vom Erklärungsempfänger als von der Einwilligung gedeckt angesehen werden durften. Hiervon kann nur bezüglich solcher nicht ausdrücklich genannter Methoden und Wirkstoffe ausgegangen werden, die trotz ihrer Nichterwähnung im Regelwerk auch für den Athleten eindeutig Gegenstand des Dopingverbotes waren, beispielsweise weil sie offenkundig unter generell verbotene Gruppen von Wirkstoffen fallen oder den vom jeweiligen Verbot ebenfalls erfassten Methoden und Wirkstoffen mit ähnlicher Struktur oder ähnlicher Wirkung zuzuordnen sind. Soweit die noch nicht bekannten Methoden und Wirkstoffe zum Zeitpunkt der Einwilligung des Sportlers nicht der Prohibited List oder anderen Teilen des Anti-Doping-Regelwerks zu entnehmen waren und auch nicht auf andere Weise in die Einwilligungserklärung eingeführt worden sind, ist die Analyse auf diese Methoden und Wirkstoffe hin nicht von der Einwilligung des Athleten gedeckt. Neben Art. 17.2 S. 2 NADA-Code unterliegen folgende weitere Untersuchungsbefugnisse des NADA-Codes Zweifeln unter dem Aspekt ihrer Bestimmtheit: Mangels einer hinreichend eindeutigen Beschreibung der konkreten Datenverwendungen, die auf der Grundlage der Einwilligung nach der Regelung durchgeführt werden sollen, kann auch Art. 9.2.3 b) NADA-Code trotz der Einwilligung der Sportler in die Geltung des NADA-Codes weitere Analysen einer Probe nur in begrenztem Umfang rechtfertigen. Art. 9.2.3. b) NADA-Code sieht für den Fall der Feststellung eines verbotenen Wirkstoffs eine Befugnis zu weiteren Überprüfungen zwecks Klärung der Frage vor, ob der aufgefundene Wirkstoff endogen oder exogen produziert wurde. Da die Regelung allerdings nicht im Einzelnen erläutert, welche weiteren Untersuchungen ganz konkret zulässig und welche Daten der Sportler von diesen Untersuchungen betroffen sein sollen, ist sie zu unbestimmt, um weitergehende Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten rechtfertigen zu können. Auf der Grundlage von Art. 9.2.3 b) NADA-Code sind daher nur solche weiteren Analysen zulässig, die weder im Ergebnis auf die Entdeckung zusätzlicher, im Moment der Einwilligung nicht als Ziel der Analyse erwähnter Informationen über die Sportler abzielen noch als Nebenprodukte des Verfahrens entsprechende zusätzliche Informationen zutage fördern. Die zur Klärung der endogenen oder exogenen Produktion eines aufgefundenen Wirkstoffes notwendigen Untersuchungen können hiernach nur dann durchgeführt werden, wenn das Untersuchungsergebnis über die Feststellung „endogen oder exogen produziert“ keine weitergehenden, bei Erklärung 759

Palandt/J. Ellenberger, § 133 Rn. 9.

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der Einwilligung nicht in Rede stehenden personenbezogenen Informationen über die Athleten erbringt. Soweit es bei der Klärung der Frage, ob ein Wirkstoff endogen produziert wurde, um die Untersuchung körperlicher Eigenheiten der Athleten geht, die eine pathologische Abweichung vom Normalzustand des Menschen darstellen, zielt die Untersuchung auf Informationen über den Gesundheitszustand der Sportler ab, so dass die Einwilligung nur bei Beachtung der besonderen Anforderungen des § 4a III BDSG Wirksamkeit erlangt. Um den Vorgaben des § 4a III BDSG Genüge zu tun, müssen in der Einwilligungserklärung sämtliche gesundheitlichen Besonderheiten aufgezählt werden, die als Ursachen für die endogene Produktion von Wirkstoffen in Betracht kommen und Gegenstand der weiteren Prüfungen nach Art. 9.2.3 b) NADA-Code sein können. Art. 9.2.3 c) NADA-Code bedeutet, auf die aktuell genommene Probe bezogen, dass diese nicht nur mit Blick auf einen eventuellen aktuellen Dopingverstoß, sondern auch zur Aufdeckung von Dopingverstößen im Zusammenhang mit vormals genommenen oder zukünftigen Proben des Athleten auf den T/E-Quotienten hin analysiert werden darf. Diesbezüglich gilt das eben zu Art. 9.2.3 b) NADA-Code Gesagte entsprechend: Die Einwilligung der Sportler in die Geltung des Art. 9.2.3 c) NADA-Code rechtfertigt nur solche Untersuchungen, deren Ergebnis sich auf die Feststellung beschränkt, ob die Erhöhung des Quotienten physiologisch oder pathologisch bedingt ist oder nicht. Bei verständiger Auslegung der Bestimmung wird die NADA hierdurch zur Feststellung jeglicher Krankheitsbilder oder physiologischen Anomalien ermächtigt, die als Ursache für den von der Norm abweichenden T/E-Quotienten in Betracht kommen. Führt die hierzu notwendige Untersuchung über diese Feststellungen hinaus zur Aufdeckung weiterer Informationen über die Athleten, ist sie mangels entsprechender Aufklärung nicht mehr von der Einwilligung gedeckt. Da die Untersuchung gemäß Art. 9.2.3 c) NADA-Code auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines pathologischen Sachverhalts und damit auf die Erlangung einer Gesundheitsangabe über die Sportler abzielt, muss sich ihre Einwilligung auf die Angaben, die im Rahmen einer entsprechenden Untersuchung ermittelt werden, ausdrücklich beziehen (§ 4a III BDSG). Die ausdrückliche Bezugnahme verschafft den Athleten nur dann die Möglichkeit, den Umfang des Eingriffs in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht hinreichend abzuschätzen, wenn die Krankheitsbilder im Einzelnen bezeichnet werden, die im Zuge der Untersuchung der Anomalie des T/E-Quotienten aufgedeckt werden können. Ein Problem bezüglich der Bestimmtheit der Regelungen des NADA-Codes zum Umfang der Probenanalyse und damit auch ein Wirksamkeitsproblem für Einwilligungen der Sportler, die unter Bezugnahme auf die Regelungen des NADA-Codes erklärt werden, wirft des Weiteren Art. 9.7.3 Abs. 1 NADA-Code auf: Die Bestimmung gibt vor, dass die NADA oder der zuständige Verband auch dann eine Analyse der B-Probe anordnen können, wenn der Athlet hierauf verzichtet hat. Sie äußert sich demgegenüber nicht näher dazu, unter welchen Vo-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

raussetzungen die NADA oder der Verband zu einer solchen Anordnung berechtigt sein sollen. Für die Athleten geht hiernach aus dem Regelwerk nicht hervor, in welcher Konstellation sie trotz des Verzichts auf die Untersuchung der B-Probe mit deren zusätzlicher Analyse zu rechnen haben. Mag auch die zusätzliche Analyse der B-Probe im Hinblick auf die damit verbundene Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Sportler deshalb als weniger bedeutsam erscheinen, da die B-Proben-Analyse lediglich auf eine Bestätigung derjenigen Informationen abzielt, die bereits durch die Analyse der A-Probe gewonnen wurden, stellt die neuerliche Analyse doch eine weitere Datennutzung dar,760 die ebenfalls von einer wirksamen Einwilligung oder einem anderen Gestattungstatbestand gedeckt sein muss. Die Wirksamkeit dieser Einwilligung setzt die hinreichende Aufklärung der Athleten über den Umfang der nach der Bestimmung möglichen Datenverwendung voraus. Da der Umfang dieser Datenverwendung anhand des Art. 9.7.3 Abs. 1 NADA-Code in Bezug auf die Voraussetzungen, unter denen sie erfolgen soll, nicht erkennbar ist, scheitert die Wirksamkeit der auf Art. 9.7.3 Abs. 1 NADA-Code bezogenen Einwilligung an einer ausreichenden Aufklärung der Sportler. Was die neuen wissenschaftlichen Nachweisverfahren als Anlass für die Zweituntersuchung der Probe nach Art. 17.2 S. 1 NADA-Code angeht, sind Bedenken gegen die Zweituntersuchung mit Blick auf eine ungenügende Reichweite der Einwilligung im Regelfall nicht erkennbar. Gilt die Untersuchung einem Wirkstoff oder einer Methode, deren Überprüfung auf der Grundlage der Einwilligung auch bislang bereits möglich gewesen wäre, führt die Anwendung eines neuen Nachweisverfahrens nur dann zu einem Rechtseingriff, der über die Grenzen der Einwilligung hinausgeht, wenn dieses Nachweisverfahren weitere Erkenntnisse zutage fördert, die ihrerseits nach den anlässlich der Einwilligung erläuterten datenschutzrechtlichen Auswirkungen der Analyse nicht zu erwarten waren. Handelt es sich bei diesen weiteren Erkenntnissen um Informationen über den gesundheitlichen Zustand der Athleten, kann die vormals zu den Untersuchungsbefugnissen gemäß NADA-Code erteilte Zustimmung der Sportler die Anwendung der neuen Nachweisverfahren auch deshalb nicht rechtfertigen, da die betroffenen Gesundheitsdaten mangels Kenntnis von ihrer Relevanz zum Zeitpunkt der Einwilligung nicht in der Einwilligungserklärung aufgeführt sind (§ 4a III BDSG). (bb) Freiwilligkeit der Einwilligung (§ 4a I 1 BDSG) Kann die Einwilligung somit erstens nur solche Analysen rechtfertigen, die mit Blick auf die vorangegangene Aufklärung und die entsprechende Auslegung der Erklärung davon gedeckt sind, setzt ihre Wirksamkeit zweitens – ebenso wie 760

Zur Qualifizierung der Probenanalyse als Datennutzung vgl. oben D.X.1.a)aa).

X. Die Probenanalyse

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die Zustimmung zu anderen persönlichkeitsrechtsrelevanten Maßnahmen im Zusammenhang mit Dopingkontrollen – voraus, dass sie auf einer freien Entscheidung der Sportler beruht und nicht durch die Ausübung unzulässigen Drucks auf die Athleten erzwungen worden ist. Diesbezüglich gelten die nunmehr bereits des öfteren angewandten Grundsätze, denenzufolge ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an den von der Zustimmung betroffenen Eingriffen bestehen muss.761 Im Hinblick auf die Probenanalyse bedeutet dies, dass die Forderung nach der Einwilligung in den vorgegebenen Analyseumfang unbotmäßig ist, wenn eine vorgesehene Analyse ungeeignet oder nicht erforderlich ist oder sich trotz ihrer Geeignetheit und Erforderlichkeit als unangemessene Beeinträchtigung der Interessen der Sportler darstellt.762 Die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Analysebestimmungen hängt zuallererst davon ab, dass sie hinreichend bestimmt gefasst sind. Soweit daher im vorangegangenen Abschnitt zu Recht die fehlende Bestimmtheit der Regelungen des NADA-Codes gerügt worden ist, lässt sich schon die Geeignetheit und Erforderlichkeit dieser Bestimmungen nicht feststellen, so dass die Annahme eines überwiegenden Interesse der Verbände und damit die Freiwilligkeit der Einwilligung bereits hieran scheitert. Soweit die Analysebestimmungen hinreichend bestimmt gefasst sind, müssen sie zur Umsetzung des Ziels dopingfreier Sport geeignet sein. Hiernach sind nur solche vereinsrechtlichen Analysebestimmungen angemessen i. S. d. Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, die hinreichende Vorgaben enthalten, um die Fachkundigkeit der Analyse zu gewährleisten.763 Da die mit den Analysen verbundenen Rechtseingriffe andernfalls nicht zu in den Dopingverfahren verwertbaren Ergebnissen führen, fehlt es den Analyseregelungen ohne diese Vorgaben an der Geeignetheit. Ungeeignet im vorgenannten Sinne ist eine Analysemethode bereits dann, wenn das angewandte Analyseverfahren keine hinreichende Gewähr für die Richtigkeit des Analyseergebnisses bietet.764 Daher ist unabhängig davon, auf welche Dopingpraktik oder auf welches Dopingmittel hin der Sportler überprüft werden soll, strikt darauf zu achten, dass nur wissenschaftlich unumstrittene Analysemethoden Anwendung finden. In Anbetracht der schwerwiegenden Folgen für 761

Vgl. oben B.I.2.b)cc)(2). So im Ergebnis auch K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 113. 763 So für die Angemessenheit und Billigkeit im Rahmen der vereinsrechtlichen Inhaltskontrolle K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 42 f. 764 Gegen die Blutprobenauswertung des Internationalen Eisschnelllaufverbandes ISU wurde 2001 seitens des deutschen Verbandsarztes Volker Smasal der Vorwurf erhoben, das Verfahren sei „bei weitem nicht ausgereift und deshalb nicht wasserdicht“, vgl. FAZ v. 17.11.01, S. 40. 762

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

den Überführten muss der Nachweis des Verstoßes eindeutig geführt sein.765 Umstrittene Methoden766 dürfen nicht verwendet werden, solange sie nicht entsprechend ausgereift sind. Die Eignung der Analyse ist des Weiteren dann nicht gegeben, wenn durch die personelle und materielle Ausstattung des Labors nicht gewährleistet ist, dass zutreffende Analyseergebnisse erzielt werden. Diese Gewähr versuchen die Sportvereinigungen dadurch herbeizuführen, dass nur WADA-akkreditierte oder WADA-anerkannte Labore mit den Analysen betraut werden. Bei der Formulierung der Akkreditierungsbestimmungen ist darauf zu achten, dass durch die personellen und materiellen Ausstattungsvorgaben ein entsprechendes Analyseniveau gesichert wird. Wird eine Analyse von einem Labor durchgeführt, dessen Ausstattung im konkreten Fall Fehler im Analyseergebnis als möglich erscheinen lässt, stellt bereits die entsprechende Analyse einen unzulässigen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Athleten dar. Sodann hängt die Eignung der Analyse auch davon ab, dass die Vorgaben zur Analyseprozedur die erforderlichen Festlegungen enthalten, um erhebliche Gefahren für die Ergebnisrichtigkeit auszuschließen. Dass Dopingsanktionen an formalen Fehlern des Analyseverfahrens scheitern können, hat beispielsweise der Fall des spanischen Radprofis Inigo Landaluze gezeigt, der nach seinem Sieg bei der Rundfahrt Dauphiné Libéré 2005 des Testosterondopings überführt worden war, vom Internationalen Sportgerichtshof (CAS) jedoch straflos gestellt wurde, weil ein Mitarbeiter des Labors in Châtenay-Malabry sowohl an der Analyse der A-Probe als auch an der Auswertung der B-Probe mitgewirkt hatte.767 Zuvor hatte bereits im April 1995 die Weitspringerin Susen Tiedtke-Greene die Frage der Analysezuständigkeiten problematisiert und die Analyse ihrer B-Probe in einer anderen europäischen Einrichtung als dem Kölner Dopinglabor beantragt.768 Eine ähnliche Forderung stellte im Juli 2001 die deutsche Hochspringerin Amewu Mensah, nachdem ihr in einer A-Probe Abbauprodukte des anabolen Steroids Oxandrolon nachgewiesen worden waren. Vor der Öffnung der B-Probe beantragte die Leverkusenerin über ihren Anwalt, diese solle in einem anderen Labor als die A-Probe analysiert werden, ein Ansinnen, das vom DLV ebenso wie im 765 G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 265, spricht davon, die Analyse dürfe nach jeweils aktuellem wissenschaftlichen Stand nicht anzweifelbar sein. 766 Am Streit um ihre Geeignetheit scheiterte zunächst auch auch die von Prof. Manfred Donike befürwortete „Steroidprofil-Methode“, die vom zweiten sportwissenschaftlichen Kongress des IOC in Barcelona 1991 diskutiert, wegen ihrer hohen Fehlerquote aber für nicht praktikabel befunden wurde, vgl. hierzu Donike/Rauth, Dopingkontrollen, S. 35 ff., u. M. Donike, Aktuelle Probleme des Leistungssports, Leistungssport 1/1992, S. 5 ff., 6. Im Frühjahr 2001 wurde von Prof. Dr. Wilhelm Schänzer auf die Notwendigkeit der Verwendung von Steroidprofilen bei der Dopingverfolgung hingewiesen, vgl. FAZ v. 14.02.01, S. 47. 767 Vgl. FAZ v. 08.02.07, S. 29. 768 Der Antrag wurde vom DLV abgelehnt, vgl. FAZ v. 13.04.95, S. 31.

X. Die Probenanalyse

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Fall Tiedtke-Greene – nunmehr unter Verweis auf die in den neuen Anti-DopingCode aufgenommenen internationalen Regeln – abgelehnt und von Beobachtern als „völlig untauglicher Entlastungsversuch“ bewertet wurde.769 Aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht erscheint das seinerzeit vorgebrachte Begehren demgegenüber keineswegs als von vornherein abwegig, könnte doch durchaus aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die Notwendigkeit folgen, die beiden zur Überführung eines Athleten notwendigen Analysen in unterschiedliche Hände zu geben.770 Die Analyse der A- und der B-Probe durch unterschiedliche Personen führt nach allgemeiner Lebenserfahrung zu einer Verringerung des Verfälschungsrisikos. Geht man davon aus, dass Ursache für ein falsches Analyseergebnis zum einen die bewusste Verfälschung der Probe oder zum anderen ein versehentlicher Analysefehler sein kann, wird die Gefahr unrichtiger Analyseergebnisse durch die Übertragung der B-Proben-Analyse auf einen zweiten Analytiker jedenfalls vermindert: Dass zwei unabhängig voneinander arbeitende Analytiker bei ihren Analysen den gleichen Fehler machen, ist nach allgemeiner Erfahrung kaum denkbar; dass nicht nur ein, sondern zwei Untersuchungsbeauftragte die Proben bewusst zum Nachteil des Athleten verfälschen, dürfte nahezu ausgeschlossen sein. Somit wären durch die Übertragung der Analyse von A- und B-Probe auf unterschiedliche Personen nicht nur bewusste Verfälschungen durch das „VierAugen-Prinzip“ erschwert, sondern es wäre auch die Gefahr von ergebnisrelevanten Analysefehlern reduziert. Ist hiernach die Untersuchung von A- und B-Probe durch unterschiedliche Personen nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, bedeutet dies allerdings noch nicht, dass die Analysen auch in unterschiedlichen Labors durchgeführt werden müssen. Die Weiterleitung der B-Probe an ein anderes Labor wäre nur dann geboten, wenn die Verbesserung der Ergebnissicherheit in angemessener Weise nicht auch durch die Einsetzung unterschiedlicher Mitarbeiter ein und desselben Labors erreicht werden könnte. Die Möglichkeit grundsätzlicher, systematischer Fehler der Analyse, die schon aufgrund der für eine Akkreditierung als Dopinglabor erforderlichen Professionalität unwahrscheinlich ist, wird ebenso durch die Beauftragung zweier Mitarbeiter desselben Labors reduziert. Tatsächlich erhöht sich auch bei Einsetzung zweier Mitarbeiter desselben Labors im Vergleich zur Beauftragung zweier unterschiedlicher Labore die Gefahr für die Ergebnissicherheit immer noch deshalb ein Stück weit, da aufgrund der kollegialen Verbindung der Analytiker als Arbeitskollegen oder gegebenenfalls aufgrund des hierarchischen Verhältnisses der Beteiligten Fehler der Erstuntersuchung möglicherweise aus kollegialer Rücksicht oder aus Furcht vor nachteiligen Konsequen769

Vgl. FAZ v. 27.07.01, S. 39. K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 43, äußert Zweifel an der Zulässigkeit der Untersuchung von A- und B-Probe in ein und demselben Labor. 770

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

zen seitens des Vorgesetzten nicht aufgezeigt werden. Mit Blick auf die erhebliche kriminelle Energie und den hohen Grad an Rücksichtslosigkeit, die für ein derartiges Verhalten des Zweitkontrolleurs Voraussetzung wären, erscheint der Druck zum rechtmäßigen Verhalten allerdings so groß, dass er die verfehlte kollegiale Rücksichtnahme oder die Furcht vor Repressalien im Regelfall überwinden dürfte. Zudem hat der Athlet im Falle einer positiven A-Probe das Recht, die Öffnung der B-Probe und deren Analyse durch einen Fachmann seines Vertrauens begleiten zu lassen und sich auf diese Weise von der Ordnungsgemäßheit des Analysevorgangs zu überzeugen. Die Gefahr von kollegial motivierten Ergebnisverfälschungen könnte endgültig dadurch beseitigt werden, dass A- und B-Probe mit unterschiedlichen Code-Nummern versehen sowie sämtliche weiteren Hinweise auf die Eigenart der Proben als A- oder B-Proben vermieden und zugleich die mit der Analyse betrauten Labormitarbeiter im Unklaren darüber gelassen werden, ob es sich bei der von ihnen untersuchten Probe um eine A- oder eine B-Probe handelt und mit welcher anderen Probe die zu untersuchende im Zusammenhang steht. Den vorstehend geschilderten Anforderungen, die im Ergebnis die Analyse von A- und B-Probe durch unterschiedliche Personen, nicht aber in verschiedenen Laboren verlangen,771 genügt der NADA-Code über den Verweis in Art. 8.1 Abs. 2 auf Ziff. 5.2.4.3.2.2 des International Standard for Laboratories, die festlegt, dass die Analyse der B-Probe zwar in demselben Labor wie die Analyse der A-Probe durchgeführt werden darf, aber von einem anderen Labormitarbeiter vorgenommen werden muss. Die Konsequenzen von Verstößen gegen die Verfahrensbestimmungen werden allerdings von Art. 3.2.1 NADA-Code dahingehend relativiert, dass derartige Verstöße lediglich eine Beweislast der zuständigen Organisation dafür begründen, dass die Abweichung von den Verfahrensregeln das positive Analyseergebnis nicht beeinflusst hat. Diese Einschränkung der Folgen von Verfahrensfehlern begegnet aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht keinen Bedenken: Durch die Verpflichtung zum Nachweis der Unschädlichkeit des Verstoßes für die Sportvereinigungen ist gewährleistet, dass der Sportler nur dann wegen des ermittelten Dopingverstoßes sanktioniert werden kann, wenn die Erreichung des Schutzzwecks der betroffenen Verfahrensregelung trotz ihrer Missachtung sichergestellt ist. Vor diesem Hintergrund besteht an der Regelung des Art. 3.2.1 NADA-Code ebenso wie für die Durchführung von Urin- und Bluttests als solche ein überwiegendes 771 T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 237, hält die Analyse der B-Probe durch einen anderen Biochemiker für ausreichend, gesteht dem Sportler aber gleichzeitig das Recht zu, ein anderes Labor für die Analyse der B-Probe auszuwählen. Nach D. Rössner, SpuRt 2009, 53, 55, ist bzgl. der B-Probe zu überlegen, ob diese nicht grundsätzlich an ein anderes Labor gegeben werden soll, um jeden Anschein einer Voreingenommenheit zu vermeiden und auf diese Weise die Überzeugungskraft des Dopingverfahrens zu steigern.

X. Die Probenanalyse

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Interesse der Sportvereinigungen, so dass die Zustimmung der Athleten zu Art. 3.2.1 NADA-Code wirksam bzw. die Regelung im Sinne der vereinsrechtlichen Inhaltskontrolle angemessen ist. Ungeeignet ist eine Analyse auch dann, wenn sie zwar nach einer anerkannten wissenschaftlichen Methodik erfolgt, jedoch Substanzen oder Praktiken nachweist, die im konkreten Fall des Probanden nicht zu einer Leistungssteigerung und deshalb nicht zu einem Wettbewerbsvorteil führen. Die Auswahl der durchzuführenden Untersuchungen hat von dem Grundsatz auszugehen, dass im Interesse einer möglichst lückenlosen Dopingbekämpfung und zur Vermeidung von Wettbewerbsvorteilen der finanziell leistungsstarken und aus diesem Grund findigeren Dopingverwender alle diejenigen Analysemethoden Anwendung finden müssen, die den Kontrolleuren Gewissheit darüber verschaffen, ob verbotene Dopingpraktiken von den Athleten angewandt wurden. Ausgangspunkt für die Festlegung der durchzuführenden Untersuchungen ist die Dopingverbotsliste, in der die verbotenen Dopingtechniken und hier insbesondere die verbotenen Dopingmittel so bestimmt bezeichnet sein müssen, dass ein Sportler, der eine Methode oder ein Mittel anwenden möchte, anhand dieser Verbotsliste eindeutig erkennen kann, ob sein Vorhaben gegen das Dopingverbot verstößt. Mit den Argumenten, die ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen am Dopingverbot und seiner Umsetzung begründen, kann allerdings nur die Aufnahme solcher Techniken und Mittel in die Dopingdefinition und die Verbotsliste gerechtfertigt werden, von denen eine leistungssteigernde Wirkung ausgeht. Dies bedeutet, dass die verbotenen Mittel und Praktiken für jede Sportart gesondert festgelegt werden müssen. Mittel und Techniken, die keine Leistungssteigerung hervorrufen, wie beispielsweise nicht leistungsrelevante Rauschmittel oder auch für die betreffende Sportart nicht leistungssteigernd wirkende Dopingmittel können von den Sportvereinigungen mit Blick auf ihre Monopolstellung nur dann verboten werden, wenn sie auch insoweit ein überwiegendes Interesse darlegen können, obwohl die Grundsätze des Fair-play und der Chancengleichheit durch die Verwendung dieser Mittel nicht berührt werden. Der Inhalt der Verbotsliste ist für die Formulierung der Analysebestimmungen maßgeblich: Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwingt die Korporationen dazu, in die Regelungen über die Untersuchung der Dopingproben die konkrete Zweckbindung der Dopinganalytik zu übernehmen.772 Der Analytiker muss hinsichtlich des Umfangs der Analyse verbindliche Vorgaben erhalten, die so präzise sind, dass kein vernünftiger Zweifel darüber aufkommen kann, welche Untersuchungen er an den Proben durchzuführen hat und welche nicht.773 Der Umfang der Analyse hat sich nach der Reichweite des Dopingverbots zu richten. Die Gewinnung von Informationen aus der Probesubstanz, die im Hinblick auf die Dopingüberprüfung irrelevant sind, ist 772 773

K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 41. Ähnlich K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 42 f.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

daher unzulässig.774 Dies bedeutet, dass Daten wie der Hämatokritwert, der Hämoglobinwert, die Retikulozyten-Konzentration und die Knochenmarksaktivität unter dem Siegel der Dopingbekämpfung nur dann ermittelt werden dürfen, wenn sie zum Nachweis einer verbotenen Methode benötigt werden.775 Bezüglich des Analyseumfangs ist zudem zwischen trainingsbegleitenden Tests und Wettkampfkontrollen zu unterscheiden: Auf leistungssteigernde Mittel wie etwa Aufmerksamkeitsverbesserer oder aggressionssteigernde Substanzen, die den Sportlern im Wettkampf unstrittig einen Vorteil verschaffen, darf im Rahmen von trainingsbegleitenden Kontrollen nur dann unter Berufung auf das Interesse der Verbände an der Umsetzung eines dopingfreien Sports getestet werden, wenn auch der Gebrauch des Mittels lediglich in der Trainingsphase zu einer Leistungsverbesserung im Wettkampf führen kann. Hier sind bei solchen Techniken, die nicht unmittelbar zu einem verbesserten Muskelaufbau oder zu anderen physiologischen Vorteilen führen, mittelbare Wirkungen im Auge zu behalten. Auch ein aktivitäts- oder ausdauerförderndes Mittel, dessen Wirkung nicht über die Trainingseinheit hinaus anhält, kann auf die Weise zu Verbesserungen im Wettkampf führen, dass es dem Athleten über die ihm naturgegebenen Möglichkeiten hinaus erlaubt, seine Trainingsdauer oder die Trainingsintensität zu erhöhen, wie es ihm ohne Dopingunterstützung nicht möglich gewesen wäre. Der Stolz der damaligen BDR-Präsidentin Sylvia Schenk auf die Amphetamin-Analysen im Rahmen der Trainingskontrollen des BDR, die 2002 zur Überführung des Tour- und Olympiasiegers Jan Ullrich geführt hatten,776 war vor diesem Hintergrund nur dann angebracht, wenn die Amphetamine während der Trainingsphase zu Leistungsverbesserungen im Wettkampf führen konnten oder die Amphetamineinnahme während des Trainings aus anderen, von einem überwiegenden Interesse des BDR getragenen Gründen verboten war.777 Mit Blick auf die gebotene Einschränkung des Analyseumfangs auf in der jeweiligen Sportart und für die jeweilige Kontrollart (Wettkampf- oder Trainingskontrolle) dopingrelevante Methoden und Wirkstoffe bestehen Wirksamkeitsbedenken hinsichtlich der Einwilligung des Athleten, wenn diese unter Bezugnahme auf die einschlägigen Regelungen des NADA-Codes erklärt wird. Vorgaben bezüglich des Analyseumfangs können nicht aus den Art. 2.1, 3.2.1, 7.1 und 7.7 NADA-Code entnommen werden. Auch soweit sich in diesen Bestimmungen 774 So auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 271, wenn er darauf hinweist, dass dopingirrelevante Informationen über den Gesundheitszustand des Sportlers nur an diesen bekanntgegeben werden dürfen. 775 Zur Analyse zu Forschungszwecken vgl. die nachfolgenden Ausführungen. 776 Vgl. FAZ v. 06.07.02, S. 34. 777 An der Eignung von Amphetaminen als für das Training geeignete Dopingmittel bestehen deshalb Zweifel, da die Einnahme zwar zu kurzzeitig erhöhter Leistungsfähigkeit führt, jedoch die Erschöpfungszustände nach der Leistungsphase vertieft und die Erholungszeit verlängert, vgl. D. Clasing/K. Müller, Dopingkontrolle, Abschnitt 3.1.1.

X. Die Probenanalyse

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Anhaltspunkte für den Analyseumfang finden, fehlt es dennoch an der Erkennbarkeit eines eindeutigen Regelungswillens hinsichtlich der Analyseprozedur. Die Definition der Verstöße gegen Anti-Doping-Bestimmungen in Art. 2.1 NADA-Code beispielsweise enthält ihrem Wortlaut zufolge einzig und allein das Verbot der dort erwähnten Wirkstoffe und Methoden, während sie mit keinem Buchstaben auf den Umfang der Analyse genommener Proben eingeht. Dieses Manko kann nicht einfach durch den Schluss aus der Definition der Dopingverstöße auf den vom NADA-Code vorgesehenen Analyseumfang kompensiert werden mit dem Ergebnis, dass der NADA-Code die Durchführung sämtlicher Analysen vorgibt, die zur Aufdeckung der Dopingverstöße erforderlich sind. Eine solche mittelbare Festlegung des Analyseumfangs würde zum einen dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht, da hiernach erforderlich ist, dass der nach dem Code durchzuführende Analyseumfang eindeutig und eben nicht erst über den Schluss vom Umfang des Dopingverbots auf den Umfang der Analyse hervorgeht. Zum anderen kann dem Code auch nicht ohne weiteres der Wille unterstellt werden, in sämtlichen Konstellationen die Durchführung aller Analysen vorzugeben, die zum Nachweis der vom Code erfassten Dopingpraktiken erforderlich sind. Gerade aufgrund der Notwendigkeit einer Differenzierung des Analyseumfangs nach der betroffenen Sportart und nach der Eigenart der Kontrolle als Trainings- oder Wettkampfkontrolle besteht zumindest ernsthaft die Möglichkeit, dass der NADA-Code von einer sportartspezifischen Umsetzung seiner Bestimmungen auf der Ebene der Fachsportverbände ausgeht. Ein in diesem Sinne offener, weil auf eine Dopingliste einer anderen Organisation Bezug nehmender Verweis findet sich tatsächlich in Ziff. 8.1 NADA-Code, der zu Ziff. 2.0 des International Standard for Laboratories hinleitet. Die Bestimmung sieht allerdings die Analyse der Proben auf sämtliche in der Prohibited List aufgeführten Wirkstoffe und Methoden vor. Soweit daher nicht auf Verbandsebene bei der Umsetzung des NADA-Codes in das Verbandsrecht dafür gesorgt wird, dass die Analysen der Dopingproben jeweils auf den in der betreffenden Sportart und gemäß der angewandten Kontrollart sinnvollen Umfang reduziert werden, ist die Einwilligung der Athleten in den vorgegebenen Analyseumfang insoweit unwirksam, als vorgesehene Analysen wegen der Besonderheiten der ausgeübten Sportart oder angesichts der Art der Dopingkontrolle als Trainings- oder Wettkampfkontrolle nicht zur Aufdeckung von Dopingverstößen führen können. Im Gegensatz zu solchen Dopinganalysen, die auf die Überführung gedopter Sportler abzielen, bedürfen Analysen zu Forschungszwecken, die etwa auf die Weiterentwicklung neuer, noch nicht hinreichend wissenschaftlich abgesicherter Nachweismethoden oder auf den Nachweis neuartiger Dopingmittel abzielen, deren Gebrauch von den Sportvereinigungen vermutet wird, einer besonderen Begründung ihrer Geeignetheit. Das BDSG verzichtet in § 4a II auf das für die Einwilligung geltende Schriftformerfordernis nur ausnahmsweise dann, wenn durch die Schriftform der Forschungszweck erheblich beeinträchtigt würde. Dies be-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

deutet, dass grundsätzlich auch die Datenverwendung zu Forschungszwecken von einer Einwilligung gedeckt sein muss, deren Freiwilligkeit die Geeignetheit der Analyse zur Umsetzung der schutzwürdigen Interessen der Sportvereinigungen voraussetzt, soweit nicht die Voraussetzungen eines sonstigen Gestattungstatbestands erfüllt sind. Anders als die Untersuchung nach wissenschaftlich anerkannten Methoden auf bereits verbotene Dopingpraktiken hin kann die Analyse zu Forschungszwecken ihre Eignung als Mittel im Anti-Doping-Kampf nicht daraus herleiten, dass sie der Aufdeckung aktueller Dopingverstöße und damit unmittelbar der Durchsetzung des Dopingverbots dient. Dies führt allerdings nicht dazu, dass in Analysen zu Forschungszwecken nicht wirksam eingewilligt werden kann.778 Auch die Dopingforschung stellt ein notwendiges und somit geeignetes Mittel zur Umsetzung des Verbandszwecks „dopingfreier Sport“ dar. Die einzelne Analyse ist geeignet, wenn die Methode, deren Erprobung sie dient, nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft Aussichten hat, zu einem etablierten Nachweisverfahren zu werden. Ihre Erforderlichkeit ist gegeben, wenn keine andere Methode existiert oder in Aussicht steht, durch die der beabsichtigte Dopingnachweis auf weniger eingriffsintensive Art und Weise, also beispielsweise unter Verwendung eines geringeren Datenumfangs, geführt werden kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn es für die Erreichung des Forschungszwecks nicht notwendig ist, den Personenbezug der Probe aufrechtzuerhalten, sondern dieser genausogut bei Verwendung einer anomymisierten Probe erzielt werden kann. Im Übrigen sind auch für die Wirksamkeit der Einwilligung in die Analyse zu Forschungszwecken die Anforderungen des § 4a BDSG zu beachten, so dass auch insoweit insbesondere eine entsprechende Aufklärung der Athleten vor Abgabe der Zustimmung und eine ausdrückliche Bezugnahme der Einwilligung auf gegebenenfalls von der Analyse erfasste Gesundheitsdaten erforderlich ist. Dementsprechend reicht es nicht aus, dass die von Art. 8.3 NADA-Code vorgesehene besondere Einwilligung in die Verwendung der Probe zu Forschungszwecken pauschal in Form einer Freigabe „zu Forschungszwecken“ erklärt wird. Die zu Forschungszwecken beabsichtigten Analysen müssen den Sportlern so dezidiert erläutert werden, dass sie den Umfang der Beeinträchtigung ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts erfassen können.779 Des Weiteren gebietet der Erforderlichkeitsgrundsatz, dass an der Analyse so wenige Personen wie möglich beteiligt sind. Während aus persönlichkeitsrecht778 Gegen eine Pflicht der Sportler zur Einwilligung in die Verwendung der Proben zu Forschungszwecken U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 57, da eine entsprechende Verpflichtung nicht als Kompensation für die Zulassung zum Wettkampf und auch nicht aus dem Nutzen der Forschung für die Athleten konstruiert werden könne. 779 So auch U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 55.

X. Die Probenanalyse

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licher Sicht keine Bedenken dagegen bestehen, dass die Athleten ihrerseits beliebig viele Personen in das Dopingkontrollverfahren miteinbeziehen, ist die Anzahl der Beteiligten aufseiten der Labore auf das notwendige Maß zu begrenzen.780 Hierdurch wird insbesondere die Diskretion bezüglich des laufenden Dopingverfahrens soweit als möglich gewährleistet und die Entstehung einer Situation verhindert, deren Befürchtung die deutsche Hochspringerin Amewu Mensah zur vorzeitigen Bekanntgabe ihres Dopingfalles veranlasst hat: Die Achte der Olympischen Spiele von Sydney, die nach einer Dopingkontrolle am 04.06.2001 positiv auf das anabole Steroid Oxandrolon getestet worden war, ging mit ihrem Fall noch vor Bekanntgabe des Ergebnisses der B-Probe selber an die Öffentlichkeit, weil sie – so war aus dem Umfeld der Athletin zu hören – eine Indiskretion des DLV befürchtete.781 Anlass für diese Befürchtung könnten die nur kurze Zeit zurückliegenden Fälle des Hürdensprinters Falk Balzer und des Stabhochspringers Tim Lobinger gewesen sein. Beide Athleten waren mit der Veröffentlichung von Kontrollergebnissen zu einem Zeitpunkt konfrontiert, zu dem ihnen ein Dopingverstoß noch nicht nachgewiesen782 oder der Vorwurf sogar bereits durch die Analyse der B-Probe entkräftet783 worden war. Mag die Befürchtung einer vorzeitigen Veröffentlichung von Analyseergebnissen begründet gewesen sein oder nicht: Das Dopingverfahren ist in jedem Fall hinsichtlich der personellen Ausstattung dergestalt zu regeln, dass durch die Minimierung der Beteiligtenzahl bereits die Gefahr vorzeitiger Medienberichte im Ergebnis dadurch ausgeschlossen wird, dass der Informant sich nicht in der Masse der Eingeweihten verstecken kann. Wieviele Labormitarbeiter und sonstige Beteiligte hiernach noch in den Analyseprozess eingebunden werden müssen, richtet sich nach den Erfordernissen, die sich aus der Zielsetzung der maximalen Ergebnissicherheit und den analysetechnischen und eventuell wirtschaftlichen Gesichtspunkten des Analyseverfahrens ergeben. Soweit im Vereinsrecht konkrete Analyseverfahren vorgegeben werden, müssen diese nicht nur für den genannten Zweck der Dopingregelements geeignet, sondern auch unter dem Gesichtspunkt des geringstmöglichen Eingriffs erforderlich und zumutbar sind. Dies bedeutet im Grundsatz, dass nur solche Analysemethoden durch die Dopingbestimmungen der Vereine akzeptiert werden dürfen, die sich auf die zulässigen Analysezwecke beschränken und nicht der Ermittlung darüber hinausgehender Tatsachen dienen.784 Kann ein Dopingverstoß nur durch 780

So auch T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 237. FAZ v. 24.07.01, S. 44; FAZ v. 27.07.01, S. 39. 782 Bei Falk Balzer stand zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der positiven A-Probe die Analyse der B-Probe noch aus, vgl. FAZ v. 24.07.01, S. 44. 783 Im Fall von Tim Lobinger war die Nachricht von der positiven A-Probe trotz des negativen Befunds der B-Probe an die Öffentlichkeit gelangt, vgl. FAZ v. 05.02.01, S. 46, und FAZ v. 06.02.01, S. 46. 784 Ähnlich K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 43. 781

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Analyseverfahren aufgedeckt werden, die unvermeidlich weitere Erkenntnisse über die gewünschten Daten des Athleten hinaus zutage fördern, ändert dies nichts an der Erforderlichkeit der Analyse, wenn kein milderes Mittel zum Nachweis des verfolgten Dopingverstoßes zur Hand ist. In diesem Fall ist jedoch im Rahmen der Interessenabwägung zu ermitteln, ob die Analyse noch eine verhältnismäßige Maßnahme darstellt. Zur Wahrung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der mit der Analyse verbundenen Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht bedarf es – wie bei jeder anderen Datenverwendung auch – über die bereits genannten Maßnahmen zur Einschränkung des Datenumfangs hinaus auch im Übrigen der Beachtung des Grundsatzes der Datenvermeidung und Datensparsamkeit gemäß § 3a BDSG. Hierzu sind die Proben und Analysedaten nach Möglichkeit in dem Moment zu anonymisieren, ab dem nach den Bestimmungen des einschlägigen Dopingreglements ein Bedürfnis für die Zuordnung der Probe oder der Analysedaten zum betroffenen Sportler nicht mehr in Betracht kommt. Solange die Anonymisierung nicht möglich erscheint, weil das Regelwerk zulässigerweise Situationen vorsieht, in denen die Zuordnung noch erforderlich werden kann, stellt die Pseudonymisierung der Proben und Daten das zentrale Mittel zum Schutz der Athletendaten dar. Das sensibelste Datum vermag keinen Schaden anzurichten, solange es vom Verwender nicht dem Betroffenen zugeordnet werden kann. Aus diesem Grund sind Vorschläge sehr kritisch aufzunehmen, die die Pseudonymisierung einschränken wollen. So wäre etwa die Depseudonymisierung der A-Probe zur Identitätsfeststellung über den Vergleich mit bereits vorhandenen Proben oder auch für Vergleichsuntersuchungen beim Vorliegen eines konkreten Verdachts, wie sie anlässlich der Proben von Katrin Krabbe und ihren Kolleginnen aus Stellenbosch gefordert wurde,785 nicht mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar. Erweist sich tatsächlich die Identitätsüberprüfung oder auch ein Vergleich mit anderen Proben als unverzichtbar, muss vielmehr auch das Vergleichsmaterial pseudonymisiert zur Verfügung gestellt werden, indem eventuelle Vergleichsproben ohne Namensnennung von derjenigen Stelle bereitgestellt oder mit ihren Codenummern benannt werden, die sich im Besitz der Protokolle befindet, in denen die Codenummern der Proben und ihre Spender nebeneinander festgehalten sind. Mit Blick auf die Bedeutung der Pseudonymisierung erscheint anstelle ihrer Lockerung vielmehr ihre Perfektionierung in der Weise erstrebenswert, dass die Labormitarbeiter auch im Falle einer positiven A-Probe und der nachfolgenden Analyse der B-Probe keine Kenntnis davon erhalten, von welchem Athleten die Proben stammen. Solange nicht die Kenntnis des Sportlers aufseiten der Labormitarbeiter zur Durchführung des bestimmungsgemäßen Kontrollverfahrens erforderlich ist, muss dem Athleten die Möglichkeit gegeben wer785 So Hans Evers, der seinerzeitige Vorsitzende der Anti-Doping-Kommission, vor deren konstituierender Sitzung Anfang März 1992, vgl. FAZ v. 27.02.92, S. 32.

X. Die Probenanalyse

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den, „inkognito“ an der Prozedur teilzunehmen und hierbei insbesondere auch die Analyse der B-Probe zu begleiten, ohne dass dabei seine Identität gegenüber den Labormitarbeitern offenbart wird, soweit dies mit einem angemessenen Aufwand möglich ist. Lässt der Sportler die B-Proben-Analyse durch einen Fachmann begleiten, ohne selber daran teilzunehmen, kann seine Identität dadurch geheimgehalten werden, dass die Probe unter ihrer Codenummer analysiert und der Athlet, der den Analysebeobachter beauftragt hat, nicht genannt wird. Will der Athlet der Analyse der B-Probe selber beiwohnen, könnte seine Identiät dadurch geschützt werden, dass sämtliche Analyseschritte im Wege einer VideoLife-Übertragung von ihm beobachtet werden, so dass er nicht selber im Analyselabor anwesend sein muss. Die Depseudonymisierung darf erst dann erfolgen, wenn die Namensnennung des betroffenen Sportlers aus Gründen erfolgen soll, die von einem überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen oder anderer Beteiligter getragen werden. Bestehen hinsichtlich der Geeignetheit und Erforderlichkeit einer vorgesehenen Analyse keine Bedenken, ist das erforderliche überwiegende Interesse der Sportvereinigungen an ihrer Durchführung regelmäßig gegeben. Die Unverhältnismäßigkeit einer vereinsrechtlichen Analyseregelung und damit die Unwirksamkeit der diesbezüglichen Einwilligung der Sportler wie auch der vereinsrechtlichen Bestimmung als solcher kommt allerdings trotz der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Analysemethode in Betracht, wenn sie eine unzumutbare Menge an sogenannter „Überschussinformation“ 786 offenbart.787 Die Problematik der Überschussinformation ergibt sich zum einen dann, wenn durch die Analyse von Dopingproben auf dopingrelevante Tatbestände hin sozusagen als unvermeidbare Nebenwirkung Erkenntnisse über den Probanden zutage treten, die für die Beurteilung möglicher Dopingverstöße nicht benötigt werden. Zum andern ist sie in dem Umstand angelegt, dass in der zu analysierenden Probe regelmäßig eine Vielzahl für die Dopingkontrolle irrelevanter, jedoch aus der Sicht des Probanden höchst sensibler Informationen verschlüsselt sind, wie beispielsweise die genetischen Informationen, die im Falle einer Urinprobe aus den im Urin vorhandenen Körperzellen gewonnen werden könnten. Auch wenn die Aufdeckung dieser Überschussinformation nach dem Stand der Wissenschaft nicht oder jedenfalls nicht mit einem zumutbaren Aufwand vermeidbar ist, folgt hieraus allerdings nicht ohne weiteres die Unzulässigkeit der betreffenden Analysemethode, weil etwa die Aufdeckung derartiger Umstände jedenfalls vom Grundsatz der Zweckbindung nicht gedeckt und insoweit für den Athleten unzumutbar wäre.788 Für die Frage nach der Angemessenheit der Analysebestimmung 786 Vgl. hierzu für den Bereich der Genanalyse G. Wiese, Genetische Analysen und Rechtsordnung (1994), S. 27. 787 K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 43. 788 In diese Richtung geht K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 43, mit Blick auf die DNA-Analyse.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

und der Wirksamkeit der Zustimmung der Sportler bleibt entscheidend, ob nach Abwägung der gegenläufigen Interessen ein überwiegendes Interesse gegen die Analyse in ihrer Person feststellbar ist. Der Umstand, dass im Zuge der Analyse auch nicht benötigte Informationen über die Athleten offenbart werden, führt nicht zu einer Analysesperre zu ihren Gunsten. Bloß weil die Überschussinformationen selber für die Feststellung eines Dopingverstoßes irrelevant sind, kommt ihnen auch nicht etwa ein besonderes Gewicht im Rahmen der Interessenabwägung zu. Die Eingriffswirkung durch die Aufdeckung der Information bleibt dieselbe, einerlei, ob das aufgedeckte Datum nachfolgend für die Beurteilung eines Dopingverstoßes relevant ist oder nicht. Der Zweckbindungsgrundsatz gibt insoweit lediglich vor, dass solche Analysen nicht durchgeführt werden dürfen, die nicht auf die Ermittlung dopingrelevanter Feststellungen abzielen. Er verbietet demgegenüber nicht solche Analysen, die durchaus der Feststellung von Dopingverstößen dienen und nur als unerwünschte, aber unvermeidliche Nebenwirkung zusätzliche Informationen produzieren. Maßgeblich für den Ausgang der Interessenabwägung bleibt hiernach auch bei der Aufdeckung von Überschussinformationen, ob das Gesamtgewicht der mit der Analyse verbundenen Beeinträchtigungen von den Interessen der Sportvereinigungen an der Durchführung der Analyse überwogen wird. Der einzige Unterschied zwischen der Interessenabwägung hinsichtlich einer Analyse ohne und einer Analyse mit Überschussinformation ist hiernach der, dass in letzterem Fall das gegenläufige Interesse der Athleten dadurch erhöht wird, dass der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht durch die Ermittlung der notwendigen und der überflüssigen Informationen seinem Umfang nach weitergeht, als es bei Ermittlung nur der notwendigen Informationen der Fall wäre. Solange die Analyse auf Dopingspuren hin mangels anderweitiger Möglichkeiten zum Nachweis von Doping einen unverzichtbaren Bestandteil der Dopingkontrollen darstellt, können die Verbände und Veranstalter zur Rechtfertigung der Analysen dieselben Argumente anführen, die auch bereits das überwiegende Interesse an der Urinprobenahme begründen.789 Für die Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit von Zweit- und Drittanalysen bereits untersuchter Proben sind über die zuvor bereits angestellten Überlegungen hinaus folgende Erwägungen relevant: Wie auch bereits im Zusammenhang mit der Aufklärung der Sportler über die Zwecke der Datenverwendung dargelegt, werden Nachuntersuchungen von Art. 17.2 NADA-Code für die Fälle gestattet, dass „neue wissenschaftliche Nachweisverfahren vorliegen, die erst nach der ersten Analyse der Probe freigegeben worden sind“, oder dass „die NADA nach der ersten Analyse Kenntnis von neuen verbotenen Wirkstoffen oder Methoden erhält“.

789

Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(a).

X. Die Probenanalyse

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Hinsichtlich der Nachuntersuchung gemäß Art. 17.2 S. 1 NADA-Code – Überprüfung anhand neuer Nachweisverfahren – stellt sich die Interessenlage wie folgt dar: Aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht sind Nachuntersuchungen zunächst einmal genauso zu bewerten wie unmittelbar nach der Probenahme durchgeführte Probenanalysen. Geht man davon aus, dass die Nachuntersuchung auf die Ermittlung derselben Informationen wie die Erstanalyse abzielt und durch die neuen Nachweisverfahren auch keine zusätzlichen personenbezogenen Daten etwa als „Abfallprodukte“ der neu entwickelten Untersuchungsmethode verwendet werden, geht der Umfang des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler durch die Zweitanalyse nicht über denjenigen der Erstanalyse hinaus. Denn bei den Nachuntersuchungen nach Art. 17.2 S. 1 geschieht in diesem Fall nur das, was auch bereits bei der Erstanalyse mit den Proben geschehen ist, dass sie nämlich in dem von den verbandsrechtlichen Bestimmungen vorgesehenen Umfang auf Anzeichen für den Gebrauch von Dopingmitteln hin untersucht werden. Der einzige Unterschied liegt im Zeitpunkt der Probenauswertung, die bei der Erstanalyse kurz hinter der Probenahme und bei der Nachuntersuchung möglicherweise Jahre später stattfindet. Als schutzwürdiger Belang aufseiten der Athleten, der durch diese zeitliche Verschiebung über die durch die Erstanalyse berührten Belange hinaus tangiert sein könnte, kommt einzig und allein ihr persönlichkeitsrechtlich geschütztes Recht auf Resozialisierung790 in Betracht. Für dessen Beeinträchtigung wäre allerdings Voraussetzung, dass die Probanden sich bereits in der Resozialisierungsphase befänden, d.h. zu einem früheren Zeitpunkt entsprechend dem Umfang ihrer Dopingverstöße sanktioniert und in der Öffentlichkeit gebrandmarkt worden wären. Und selbst in den seltenen Fällen, in denen die Nachuntersuchung einen Athleten tatsächlich in einer entsprechenden Situation anträfe, wäre eine Verletzung des Resozialierungsrechts des Sportlers im Regelfall dennoch nicht zu erwarten: Ist der Athlet wegen des Dopingverstoßes, auf den die Nachuntersuchung abzielt, bereits sanktioniert worden, etwa nachdem er auf anderem Wege als durch eine Probenanalyse überführt worden ist, besteht kein Anlass mehr für die Verbände, einen eventuellen positiven Befund zu veröffentlichen, falls die aufbewahrte Probe des Sportlers in diesem Fall überhaupt noch zur Nachuntersuchung herangezogen werden sollte. Ist der Athlet vormals wegen eines anderen Dopingverstoßes sanktioniert worden, geschieht ihm kein Unrecht, wenn ein weiterer, bislang nicht bekannter Dopingverstoß öffentlich bekannt wird. Da Voraussetzung für die Resozialisierung nach einem Vergehen die vorausgegangene Desozialisierung durch das Öffentlichwer790 BVerfGE 35, 202, 235 f. („Lebach“), u. 45, 187, 239, u. 64, 261, 276 f., u. 72, 105, 115; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 36; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 50; ders., NJW 1989, 857, 859; C. Degenhart, JuS 1992, 361, 367; MüKo/ P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 182; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, G.III.2.c), Rn. 389; J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 2 I.3.; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 25, ordnet den LebachFall dem Anwendungsbereich des Rechtes auf Selbstdarstellung zu.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

den dieses Vergehens ist, kann die Resozialisierung nur bislang bekannte Verstöße, nicht aber unentdeckt gebliebene Dopingtaten betreffen. Dem somit im Vergleich zum Interesse an der Vermeidung der Erstanalyse nur geringfügig oder gar nicht gewachsenen Interesse der Sportler an der Vermeidung der Nachuntersuchung steht ein ganz erhebliches zusätzliches Interesse der Verbände an der Durchführung von Nachuntersuchungen gegenüber. Dieses erhebliche zusätzliche Interesse resultiert aus der Bedeutung, die den Nachuntersuchungen für das Funktionieren der Doping-Bekämpfung zukommt. Immer wieder ist von den Dopingermittlern und insbesondere den Analytikern in den Dopinglaboren die Klage zu hören, dass ein nicht unerheblicher Teil der Dopingverwender deswegen nicht zu überführen sei, weil immer die neuesten Mittel angewandt würden, die für die Kontrolleure noch nicht nachweisbar seien, und die Doper auf neuere Mittel umgestiegen seien, bevor die Nachweisverfahren für die bislang verwendeten Mittel Einsatzreife erlangt hätten. Eines der großen Probleme im Kampf gegen Doping liegt somit darin begründet, dass es den Sportvereinigungen in vielen Fällen schlechterdings nicht möglich ist, Nachweisverfahren für neu designte Dopingmittel oder neu entwickelte Dopingpraktiken zeitgleich mit deren Ersteinsatz oder wenigstens kurze Zeit später bereitzustellen. Tatsächlich vergehen nach der Kenntniserlangung von neuen Dopingmethoden oftmals Jahre, bis geeignete Nachweisverfahren so perfektioniert sind, dass sie gerichtsfeste Nachweise zu liefern imstande sind. Der Nachteil, den die Dopingermittler als die Hasen in dieser Hase-und-Igel-Situation haben, führt dazu, dass bereits bekannte und auch schon verbotene Dopingmethoden von den Athleten bis zur Zulassung der geeigneten Nachweisverfahren in der Gewissheit weiter angewendet werden können, dass sie wegen dieses Dopinggebrauchs nicht belangt werden. Die Wirkung der Probenaufbewahrung zur späteren Verfügbarkeit für Nachuntersuchungen unter Anwendung neu entwickelter Analyseverfahren zerstört diese Gewissheit, da die Doper im Falle der Probenaufbewahrung damit rechnen müssen, dass ihre Dopingverstöße zu einem späteren Zeitpunkt doch noch aufgedeckt werden. Die Durchführung von Nachuntersuchungen ist hiernach unverzichtbar für eine effektive Dopingbekämpfung: Rechnet man die Anzahl der in den Nachuntersuchungen überführten THG- und Modafinil-Verwender hoch und betrachtet man die schon fast flächendeckenden Dopinggeständnisse der Radprofis, die durch aufbewahrte Proben heute oder zukünftig hätten überführt werden können, lässt dies darauf schließen, dass die Dunkelziffer der mit noch nicht nachweisbaren Substanzen gedopten Sportler immens sein dürfte. Sollte dieser Schluss zutreffen, müsste den Sportvereinigungen konstatiert werden, dass es ihnen bislang nicht gelungen ist, die von ihnen angestrebte Dopingfreiheit des Sports umzusetzen, weil sie kein effektives Mittel gegen die Anwendung der jeweils neu entwickelten Dopingtechniken gefunden haben. Selbst wenn diese Hochrechnung nicht aufgehen sollte, führte allein der diesbezüglich entstandene Eindruck dazu, dass

X. Die Probenanalyse

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den Sportverbänden das Bemühen um einen dopingfreien Sport nicht mehr abgenommen wird. In ersterem Fall stünden die Verbände in ihrem Bemühen um einen dopingfreien Sport vor dem Scheitern, da mit der Nichterreichung des identitätsstiftenden Merkmals der Dopingfreiheit die Umsetzung des Vereinszwecks der Sportvereinigungen zu einem wesentlichen Teil misslungen und die Vereine und Verbände aus diesem Grund in ihrer Existenzgrundlage getroffen wären. In letzterem Fall wären die Vereine zwar nicht wegen der Verfehlung des Vereinsziels in ihrer Existenz bedroht oder gescheitert. Könnten die Sportvereinigungen nicht durch die Probenaufbewahrung und die damit verbundene Drohung der späteren Überführung dem Eindruck in der Öffentlichkeit gegensteuern, der Sport sei gerade im Bereich der Spitzenleistungen weitgehend dopingverseucht, wären sie in ihrem Recht auf Selbstbestimmung hinsichtlich des eigenen Bildes in der Öffentlichkeit aufs Schwerste beeinträchtigt, da sie nicht mehr als Förderer und Verfechter der hehren Idee eines dopingfreien Sports, sondern als dopingverseuchte Show-Gruppierungen wahrgenommen würden. Da sowohl das Scheitern in der Bekämpfung moderner Dopingpraktiken als auch die Wahrnehmung der Verbände in der Öffentlichkeit als Doping-Akzeptierer nur durch die möglichst umfassende Bekämpfung des Dopings vermieden werden kann, zu der die Probenaufbewahrung unverzichtbar erforderlich ist, können die Sportvereinigungen ihr von Art. 9 GG garantiertes Existenzrecht und ihr über Art. 19 III GG geschütztes Recht auf Selbstdarstellung aus Art. 2 I i.V. m. 1 I GG als äußerst schwerwiegende Interessen zugunsten von Nachuntersuchungen anführen. Ein überwiegendes Interesse der Verbände an der Durchführung von Nachuntersuchungen ist daher insoweit gegeben, als zum Zeitpunkt der Probenahme verbotene Dopingsubstanzen oder -techniken im Wege der Nachuntersuchung nachgewiesen werden sollen. Problematisch erscheint demgegenüber der weitere, von Art. 17.2 S. 2 NADACode vorgesehene Aufbewahrungszweck, der über die Prüfung der seinerzeit verbotenen Dopingmittel hinaus auch die Untersuchung der aufbewahrten Proben in denjenigen Fällen vorsieht, in denen „die NADA nach der ersten Analyse Kenntnis von neuen verbotenen Wirkstoffen oder verbotenen Methoden erhält“. Bei athletenfeindlicher Auslegung der Bestimmung, die aber von ihrem Wortlaut am ehesten gedeckt ist, lässt sich der Begriff der „neuen verbotenen Wirkstoffe oder verbotenen Methoden“ so verstehen, dass die aufbewahrten Proben im Rahmen der Nachuntersuchung auch auf solche Dopingpraktiken überprüft werden sollen, die zum Zeitpunkt der Probenahme noch gar nicht verboten waren. Demgegenüber kämen irgendwelche Sanktionen der Athleten in diesem Fall auch dann nicht in Betracht, wenn die Nachuntersuchung insoweit zu einem positiven Ergebnis führte, da für eine Bestrafung wegen der Verwendung einer nicht verbotenen leistungssteigernden Technik keine Rechtsgrundlage vorhanden wäre. Dass mit der Nachuntersuchung gemäß Art. 17.2 S. 2 NADA-Code andere Interessen wie etwa Belange der Anti-Doping-Forschung verfolgt würden, lässt sich der Be-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

stimmung nicht entnehmen. Bei diesem Verständnis des Art. 17.2 S. 2 fehlte es an einem überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen an der Nachuntersuchung. Die alternative Auslegung des Art. 17.2 S. 2 NADA-Code geht dahin, dass mit „neuen verbotenen Wirkstoffen oder verbotenen Methoden“ solche Dopingpraktiken gemeint sind, die zum Zeitpunkt der Probenahme durchaus bereits verboten waren, auf die hin die Proben anlässlich der Erstanalyse jedoch nicht untersucht worden sind und für deren Verwendung sich nachträglich Hinweise ergeben haben. Bei diesem Verständnis der Regelung diente auch die Nachuntersuchung lediglich dazu, im Moment der Probenahme bereits verbotene Dopingtechniken aufzuspüren, so dass die gerade dargelegten Wirksamkeitsbedenken nicht zum Greifen kämen. Selbst wenn man letzterem Verständnis des Art. 17.2 S. 2 NADA-Code den Vorzug geben wollte, bliebe dennoch die Tatsache bestehen, dass es zwei Auslegungsmöglichkeiten gibt, die beide ernsthaft zur Beantwortung der Frage nach dem Regelungsgehalt des Art. 17.2 S. 2 NADA-Code in Betracht kommen. Der Verweis in Art. 16.1 NADA-Code auf den WADA-Code und die „Fundamental Rationales“ hilft an dieser Stelle deshalb nicht weiter, da sich dort keine Bestimmungen zur Aufbewahrung der Proben und zum Umfang der Nachuntersuchung finden. Somit ist festzustellen, dass die Regelung nicht hinreichend bestimmt ist. Da die Unbestimmtheit nicht einen Randaspekt, sondern die Frage, auf welche Mittel und Techniken hin die Probe nachuntersucht werden darf, und damit einen für ihre Eingriffswirkung wichtigen Aspekt betrifft, hat die Unbestimmtheit des Art. 17.2 S. 2 NADA-Code zur Konsequenz, dass die Einwilligung der Athleten auf Art. 17.2 S. 2 gestützte Nachuntersuchungen nicht abdeckt. Die Bewertung der Nachuntersuchung als geeignetes Mittel der Dopingbekämpfung kann sich somit lediglich auf Art. 17.2 S. 1 NADA-Code stützen, demzufolge durch die Nachuntersuchung bereits zum Zeitpunkt der Probenahme verbotene Techniken mit neuen Nachweismethoden aufgedeckt werden sollen. Die unter Beachtung der vorstehend beschriebenen Grundsätze erteilte Einwilligung rechtfertigt ihrer Reichweite nach solche Analysemaßnahmen der Sportvereinigungen, die auf der Grundlage der Regelungen vorgenommen werden, denen die Athleten mit ihrer Einwilligung zugestimmt haben. Die von der Einwilligung erfassten Analysen und Analysebedingungen können sich aus der Einwilligung selber oder aus dem einschlägigen Verbandsrecht ergeben, wenn die Einwilligung auf ein solches Bezug nimmt. Hat ein Athlet demgegenüber eine Dopingprobe nicht im Rahmen einer Dopingkontrolle nach dem einschlägigen Verbandsreglement, sondern im Rahmen einer Dopingstudie freiwillig abgegeben, richten sich die Analysebefugnisse nicht nach den verbandsrechtlichen Dopingbestimmungen, sondern nach dem Inhalt der Einwilligung, die der Athlet anlässlich der außerregulären Abgabe der Probe erklärt hat. Im Fall von Dieter

X. Die Probenanalyse

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Baumann waren die Sportvereinigungen hiernach daran gehindert, ohne gesonderte Einwilligung des Olympiasiegers eine Blutprobe im Nandrolon-Verfahren gegen ihn zu verwenden, die er zuvor im Rahmen einer Epo-Pilotstudie freiwillig abgegeben hatte, nachdem ihm zugesagt worden war, die Probe werde erstens anonym behandelt und zweitens nur auf EPO untersucht.791 (b) Gestattung durch Rechtsvorschrift Auch hinsichtlich der Probenanalyse kommen als gestattende Rechtsvorschriften einzig und allein die §§ 28 und 29 BDSG in Betracht.792 Die Anwendbarkeit der §§ 28 und 29 BDSG scheitert – gegebenenfalls – nicht an dem Umstand, dass eine von den Sportlern angeforderte Einwilligung wegen der Missachtung der nach dem BDSG und hier vor allem § 4a BDSG zu beachtenden besonderen Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht greift. Zwar erscheint es im Grundsatz als problematisch, wenn eine verantwortliche Stelle trotz des Bestehens einer gesetzlichen Verarbeitungsbefugnis zunächst um eine Einwilligung des Datenberechtigten anfragt, um dann doch auf die gesetzliche Verarbeitungsbefugnis zurückzugreifen, wenn die Anfrage nicht zu einer wirksamen Einwilligung führt. Zu Recht wird für den Regelfall gegen dieses Vorgehen eingewendet, der Betroffene werde hierdurch dahingehend getäuscht, dass er beim Nichtzustandekommen einer wirksamen Einwilligung von der Unterlassung der Datenverwendung ausgehe, während diese dann tatsächlich – gestützt auf die anderweitige Befugnis – doch stattfinde.793 Zu einer derartigen Fehlvorstellung kann es im Verhältnis zwischen Athleten und Verbänden allerdings nicht kommen. Erstens wird den Sportlern bei der Anforderung der Einwilligung schon nicht der Eindruck vermittelt, diese dürfe nach Belieben auch verweigert werden. Dementsprechend scheitert die Einwilligung gegebenenfalls auch nicht daran, dass sie vom Athleten nicht erteilt wird, sondern – wohl durchweg zur Überraschung beider Parteien – an der Missachtung gesetzlicher Formvorgaben, so dass zweitens auch im Falle ihrer Unwirksamkeit nicht die Vorstellung beim Sportler aufkommt, die Datenverwendung werde wegen der Unwirksamkeit der Einwilligung unterbleiben. Der Rückgriff auf § 28 I 1 BDSG begegnet daher auch im Falle des Scheiterns der Einwilligung an den besonderen Wirksamkeitsvoraussetzungen des BDSG keinen Bedenken. Geht es um die Erstanalyse, ist nach der Ausgestaltung der Rechtsbeziehung zwischen den Laboren und den Sportvereinigungen wie folgt zu differenzieren:

791

Vgl. FAZ v. 19.05.00, S. 39. Vgl. oben B.II.1.b)aa). 793 Vgl. S. Walz, in: S. Simitis, BDSG, § 4 Rn. 6, u. Gola/Schomerus, BDSG, § 4 Anm. 6.2. 792

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Wird die Analyse als eigenverantwortliche Datenverwendung von den Laboren durchgeführt, bei der sie nicht im Rahmen einer Auftragsverarbeitung gemäß § 11 BDSG tätig werden, ist hinsichtlich der Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 28 ff. BDSG auf die Labore selber abzustellen. Ähnlich wie im Falle der NADA und der Sportvereinigungen ist die Datenverwendung in Form der Analyse auch für die Labore bloßes Mittel zum Zweck, so dass der Gestattungstatbestand des § 29 BDSG für geschäftsmäßige Datenverwendungen nicht einschlägig ist.794 Zur Rechtfertigung der Datenverwendungen in Form der Probenanalyse nach § 29 BDSG wäre erforderlich, dass die Datenverwendung geschäftsmäßig zum Zwecke der Übermittlung geschieht. Geschäftsmäßig erfolgt die Datenverwendung dann, wenn die Daten einen eigenständigen Geschäftsgegenstand bilden, das heißt die Datenverwendung selbst im Mittelpunkt der Tätigkeit der Analyselabore steht und die Nutzung durch die Labore nicht nur als Hilfsmittel zur Erreichung anderer Ziele geschieht,795 und die Nutzung zudem im Rahmen einer auf Wiederholung gerichteten Tätigkeit erfolgt.796 Den zentralen Gegenstand der Tätigkeit der Labore stellt demgegenüber nicht der Handel mit den Analysewerten der Sportler und deren Übermittlung an Vertragspartner dar, die für diese Daten bezahlen. Das Auftragsverhältnis zwischen den Sportorganisationen und den Analyselaboren ist vielmehr darauf gerichtet, dass die Labore die biochemischen Untersuchungen an den Proben durchführen, so dass die Analysetätigkeit als solche im Mittelpunkt der Beauftragung steht. Kommt hiernach im Falle der eigenverantwortlichen Datenverwendung der Labore nur § 28 BDSG als gesetzlicher Gestattungstatbestand in Betracht, scheitert die Anwendbarkeit von dessen Abs. 1 S. 1 Nr. 1 am Fehlen eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses zwischen den Athleten und den Laboren, da zwischen beiden keine unmittelbare Rechtsbeziehung im Sinne der Vorschrift besteht. Zur Rechtfertigung der Datenverwendung gemäß § 28 I 1 Nr. 2 BDSG ist erforderlich, dass sich die Labore auf ein berechtigtes Interesse an der Verwendung berufen können und kein überwiegendes gegenläufiges Interesse der Sportler anzunehmen ist. Als für die Datenverwendung sprechende Interessen kommen zunächst einmal die Eigeninteressen der Labore an der Durchführung der Probenanalysen in Betracht. Welche dies ganz konkret sind, hängt von den Zielen und Zwecken und gegebenenfalls von der Verfassung der juristischen Person ab, die als Träger hinter den Laboren steht.

794 Zur Abgrenzung der geschäftsmäßigen Datenverwendung von der Datenverwendung zu eigenen Zwecken vgl. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 22; E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 29 Rn. 1; Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 2.1. 795 E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 29 Rn. 1. 796 E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 29 Rn. 49 ff.; Gola/Schomerus, BDSG, § 29 Anm. 2.1.

X. Die Probenanalyse

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Im Falle des Kölner Dopinglabors ist dies die Deutsche Sporthochschule Köln, die gemäß § 2 Hochschulgesetz (HG) NRW in der Fassung vom 01.01.2007 Einrichtung des Landes und Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Als Einrichtung der öffentlichen Hand ist sie deren Grundsätzen und Zielen verpflichtet. Vor diesem Hintergrund kommt auf den ersten Blick die Berufung auf diejenigen Belange in Betracht, die aus staatlicher Sicht für ein Dopingverbot und die zu seiner Durchsetzung erforderlichen Maßnahmen sprechen.797 Bei näherem Hinsehen kann sich das Kölner Dopinglabor für seine Mitwirkung im Dopingkontrollverfahren allerdings nicht auf öffentliche Belange stützen. Gestattete man dem Labor tatsächlich die Berufung auf die staatlichen Interessen an der Dopingbekämpfung, ließe man damit außer Acht, dass das Labor im Rahmen seiner Analysetätigkeit in Dopingsachen eben gerade keine öffentlichen Aufgaben wahrnimmt. Der öffentliche Aspekt der Mitwirkung bei Dopingkontrollen beschränkt sich auf den Zweck der Sportförderung, der mit der Bereitstellung des Kölner Labors als Untersuchungslabor zu Diensten der Sportvereinigungen verfolgt wird. Aufgrund der Einbindung in das vollständig verbandsrechtlich geregelte Dopingkontrollverfahren erhält die Tätigkeit des Kölner Dopinglabors ebenfalls einen privatrechtlichen Charakter, da das Labor wie eine Untereinheit der Verbände bzw. wie ein privatrechtlich beauftragter Dienstleister tätig wird. Angesichts dieser Konstellation kann sich das Kölner Labor unmittelbar auch nur auf das Interesse an der Ausführung der Analyseaufträge der Sportvereinigungen berufen, während die staatlichen Interessen an der Dopingbekämpfung – Aufrechterhaltung der Repräsentationsfunktion des Sportes, Erhaltung der Transferwirkungen in moralisch-ethischer Hinsicht – nur mittelbar entsprechend ihrer Bedeutung als Motive für die Sportförderung berücksichtigt werden können. Auf der anderen Seite bleibt dem Kölner Dopinglabor aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Sporthochschule Köln als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Berufung auf Art. 12 GG verwehrt.798 Der Verweis auf den Schutz der Wissenschaftsfreiheit durch Art. 5 III GG scheitert daran, dass die einzelne Analyse nicht der wissenschaftlichen Forschung, sondern der Ahndung von Dopingverstößen und damit der Unterstützung der Verbände bei der Verhängung vereinsrechtlicher Sanktionen dient.799 Im Falle des IDAS Kreischa führt die rechtliche Einbindung in den Trägerverein für Dopinganalytik und spezielle Biochemie800 dazu, dass als Interessen an 797

Zu diesen Belangen vgl. oben D.I.1.b). Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nur dann Grundrechtsträger, wenn Elemente privater, d.h. kollektiver Interessenwahrnehmung in ihrem Aufgabenbereich vorherrschend sind, vgl. G. Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 12 Rn. 271, unter Verweis auf BVerfGE 68, 193, 211 ff., u. 70, 1, 5 ff. 799 Zum Begriff der wissenschaftlichen Forschung vgl. C. Starck, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, Art. 5 Rn. 361. 800 Siehe oben D.X.1.a)aa). 798

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

der Durchführung der Analyse die Interessen des Trägervereins an der Umsetzung des Vereinszwecks in die Waagschale geworfen werden können, so dass sich das IDAS Kreischa bezüglich der Durchführung der Analysen auf Art. 9 I GG berufen kann. Das Gewicht des Interesses an der Durchführung von Probenanalysen als Vereinigungszweck erscheint allerdings im Falle des IDAS Kreischa wesentlich geringer als in der Person der Sportvereinigungen selber. Im Gegensatz zu den Verbänden, die auf die Durchführung von Dopinganalysen angewiesen sind, um ihre Identität und damit ihre Existenz in der selbstdefinierten Form erhalten zu können, stellt die Durchführung von Probenanalysen für das IDAS ein frei gewähltes geschäftliches und berufliches Tätigkeitsfeld dar, das – wenn auch mit einem gewissen Aufwand – durch ein anderes ausgetauscht werden könnte. Die Rechtsordnung bietet grundsätzlich keinen Schutz davor, auf dem geschäftlichen, beruflichen oder wissenschaftlichen Tätigkeitsfeld nicht mehr gefragt zu sein. Was den Aspekt der wissenschaftlichen Tätigkeit betrifft, der insofern ein Interesse an der Durchführung der Dopinganalysen begründet, als ohne die Analysen die Auswertung von Dopingproben als wissenschaftliches Erkenntnismittel wegfiele, ist ebenfalls nicht erkennbar, dass hierfür die Analyse von Proben von Profisportlern unverzichtbar wäre. Selbst wenn das Labor seine wissenschaftliche Tätigkeit ohne die Möglichkeit zur Analyse von „echten“ Sportlerproben nicht fortführen könnte, wäre das hieraus resultierende Interesse ebenso nur von geringer Bedeutung wie das Interesse der Labore, die einmal erfolgte Berufung zum WADA-akkreditierten Analyselabor nicht wieder zu verlieren, um nicht auf diese Weise Rufschäden zu erleiden. Es geht hier letztlich um das nicht außergewöhnliche Interesse eines Teilnehmers am Geschäftsverkehr und Mitglieds bestimmter wissenschaftlicher Kreise, mit entsprechenden wirtschaftlich interessanten und für die wissenschaftliche Reputation förderlichen Aufträgen bedacht zu werden. Wie im Geschäftsleben und in der Welt der Wissenschaft allgemein besteht auch für die Dopinglabore immer die Gefahr, dass sie – möglicherweise aus völlig sachfremden Beweggründen heraus – nicht mehr von den für sie interessanten Geschäfts- und Gesprächspartnern berücksichtigt werden. Soweit nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen für einen Kontrahierungszwang gegeben sind, ist das Interesse der Labore am Erhalt der erforderlichen Analyseaufträge nicht in besonderem Maße rechtlich geschützt. Mit Blick auf den Umstand, dass die Labore die Analysen in der hier angenommenen Konstellation zwar als selber verantwortliche Stellen, aber im Auftrag und damit auch im Interesse der Sportvereinigungen durchführen, können sie sich im Rahmen der Interessenabwägung zudem auf die berechtigten Interessen der Verbände an der Durchführung der Dopingkontrollen berufen. Zwar dürfen als berechtigte Interessen i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG nur eigene Belange von der verantwortlichen Stelle geltend gemacht werden.801 Wird von der eigentlich an der Datenverwendung interessierten Stelle ein Dritter in der Weise mit der

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Datenverwendung betraut, dass er nicht als reiner Handlanger und damit als Auftragsverarbeiter tätig wird, sondern wie beim Outsourcing von ganzen Funktionsbereichen selbständig als verantwortliche Stelle Funktionen erfüllt, richtet sich der Umfang der zulässigen Datenverwendung danach, welche Maßnahmen vom Interesse der auftraggebenden Stelle gedeckt sind.802 Könnte sich der Beauftragte in diesen Fällen nicht auf die Interessen seines Auftraggebers an der ihm übertragenen Datenverwendung berufen, bedeutete dies im Ergebnis eine unverhältnismäßige Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit, da Datenverwendungen selbst beim Vorliegen eines überragenden Interesses nicht durchgeführt werden könnten, wenn die an der Verwendung interessierte Stelle hierzu nicht selber in der Lage wäre. Lediglich ausnahmsweise dann, wenn bereits der Beauftragung des Dritten als solcher ein überwiegendes Interesse des Betroffenen entgegensteht, ist auch die Berufung des Beauftragten auf die Interessen seines Auftraggebers an der Datenverwendung ausgeschlossen. Ein überwiegendes Interesse der Athleten am Verzicht auf die Beauftragung der Labore mit der Probenanalyse ist jedoch nicht ersichtlich, da die Sportvereinigungen zur effektiven Umsetzung von Dopingkontrollen auf die Mitwirkung der dort tätigen Spezialisten angewiesen sind. Die Interessen der Sportvereinigungen an der Durchführung der Analysen werden hiernach infolge der Beauftragung der Labore insofern auf die Labore übertragen, als diese zur Rechtfertigung der mit der Analyse verbundenen Datenverwendungen gegenüber den betroffenen Athleten darauf verweisen können. Ein überwiegendes Interesse der Labore an der Durchführung der Analysen resultiert hiernach aus dem weiter oben bereits dargelegten schwergewichtigen Interesse der Sportvereinigungen an der Probenuntersuchung.803 Findet die Datenverwendung in Form der Probenanalyse durch die Labore im Rahmen einer Auftragsverarbeitung statt, müssen die Voraussetzungen des § 28 BDSG in der Person der auftraggebenden Stelle erfüllt sein. § 28 I BDSG gestattet Datenverwendungen „als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke“. Davon ausgehend, dass der Auftrag an die Analyselabore im Regelfall durch die NADA oder einen übergeordneten Verband im eigenen Namen erteilt wird, muss die Analyse als Mittel für die Erfüllung der eigenen Geschäftszwecke der NADA oder des Verbandes erfolgen. Dies ist dann der Fall, wenn die Datenverwendung nicht selbst als eigentlicher Zweck im Mittelpunkt der Tätigkeit steht, sondern lediglich Hilfsmittel für die Erfüllung sonstiger – geschäftlicher, beruflicher oder gewerblicher – Zwecke der NADA oder des Ver-

801

S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 140. Vgl. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 136; siehe auch oben D.III.1. a)bb)(1)(b). 803 Vgl. oben D.X.1.a)bb)(1)(a)(bb). 802

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

bandes ist.804 Da auch die NADA und die übergeordneten Verbände die Probenanalysen nicht als Selbstzweck, sondern zur Erfüllung der übertragenen Kontrollaufgaben bzw. in Verfolgung des Verbandszwecks „dopingfreier Sport“ durchführen lassen, erfolgt die in ihrem Auftrag durchgeführte Datenverwendung in Form der Probenanalyse ebenso wie gegebenenfalls eine von den Vereinen selber beauftragte Analyse für eigene Zwecke im vorgenannten Sinne. Ein rechtgeschäftliches oder rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zwischen NADA und Athlet oder Verband und Athlet ergibt sich nicht aus der mittelbaren Verbandsmitgliedschaft der Sportler. Das von § 28 I 1 Nr. 1 vorausgesetzte Rechtsverhältnis besteht nur dann, wenn eine gesonderte Athletenvereinbarung mit der NADA oder dem Verband getroffen wurde. In diesem Fall ist die Datenverwendung in Form der Analyse für die Durchführung des Schuldverhältnisses erforderlich, soweit die Analyse zur Durchsetzung des Dopingverbots, dem die Dopingkontrollregelungen der Athletenvereinbarung dienen, geeignet und erforderlich (im engeren Sinne) ist und nicht unangemessen in die Rechte der Sportler eingreift. Die Eignung der Analyse setzt voraus, dass sie nach einer wissenschaftlichen Methodik erfolgt, die eine ausreichende Ergebnissicherheit gewährleistet, dass das untersuchende Labor seiner Ausstattung nach zur korrekten Analyse in der Lage ist, des Weiteren, dass sie auf die Aufspürung von Mitteln oder Praktiken zielt, die durch eine hinreichend bestimmte Verbotsregelung untersagt sind und deren Verwendung den Athleten einen Wettbewerbsvorteil im sportlichen Kräftemessen verschafft.805 Die Analyse ist erforderlich, wenn kein milderes zumutbares Mittel zum Nachweis des verfolgten Dopingverstoßes existiert und die konkreten Umstände der Analyse so ausgestaltet sind, dass vermeidbare Beeinträchtigungen der Rechte der Sportler im zumutbaren Umfang ausgeschlossen sind. Das überwiegende Interesse der Sportverbände als verantwortliche Stellen ergibt sich aus denselben Überlegungen, die bereits im Rahmen der Interessenabwägung um die Urinprobenahme angestellt worden sind.806 Besteht kein Rechtsverhältnis i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zwischen dem Athleten und der NADA bzw. dem Verband, kommt § 28 I 1 Nr. 2 als Gestattungstatbestand für die Analyse in Betracht. Diesbezüglich gilt für die Datennutzung in Form der Probenanalyse seitens der NADA oder des übergeordneten Verbandes das zur Urinprobenahme durch die NADA oder den übergeordneten Verband Gesagte807 entsprechend: Wird die Analyse auf den geeigneten und erforderlichen

804 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 22; Gola/Schomerus, BDSG, § 28 Anm. 2.1. 805 Siehe oben D.X.1.a)bb)(1)(a)(bb). 806 Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(a). 807 Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(b).

X. Die Probenanalyse

637

Umfang begrenzt,808 ist ein überwiegendes Interesse des übergeordneten Verbandes wie auch der NADA an ihrer Durchführung gegeben. Auch die Datenverwendung durch die NADA oder den übergeordneten Verband gemäß §§ 28 I 1 Nr. 1 oder 28 I 1 Nr. 2 BDSG ist wegen der Einschränkung des § 28 VI BDSG auf solche Daten begrenzt, bei denen es sich nicht um sensitive Daten i. S. d. § 3 IX BDSG, das heißt insbesondere nicht um Gesundheitsdaten handelt. Im Unterschied zur Probenahme, die die Beschaffung sämtlicher Informationen bedeutet, die im Urin bzw. im Blut der Athleten enthalten sind, stellt die Analyse nur noch eine selektive Nutzung dieser Informationen dar, da sie sich auf die Entschlüsselung ganz bestimmter Inhaltsstoffe und Beschaffenhaltsmerkmale des Urins und des Blutes beschränkt. Die in der Analyse zu sehende Datennutzung betrifft nicht deshalb alle in der Probe enthaltenen Informationen, da die Probe als solche der Analyse zugrundegelegt wird. Insoweit, als die Informationen in der Probe nicht bei der Analyse entschlüsselt werden, stellt der Umgang mit der Probe lediglich eine räumliche Bewegung der Probe innerhalb der verantwortlichen Stelle dar, ohne dass hierdurch der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler über die bereits erfolgte Erhebung und Speicherung hinaus vertieft wird. Anders als die Probenahme erfasst die Analyse gesundheitsrelevante Daten i. S. d. § 3 IX BDSG daher nur insoweit, als durch die einzelnen Untersuchungen Aussagen über die Beschaffenheit der Proben getroffen werden, die Schlüsse auf die Gesundheit der Athleten zulassen. Die Frage, ob gemäß § 28 VI BDSG eine Einwilligung der Sportler nach Maßgabe des § 4a III BDSG erforderlich ist, muss daher für jede einzelne Untersuchung der Probe gesondert beantwortet werden. Die Einwilligung ist bezüglich derjenigen Analysen unabdingbar, durch die Urin- oder Blutwerte festgestellt werden, die auf gesundheitliche Umstände der Athleten hinweisen. Auch über die Zwecke der Datenverwendung nach den §§ 28, 29 BDSG müssen die Athleten zum Zeitpunkt der Erhebung der Daten, das heißt bei Einordnung der Proben als Datum zum Zeitpunkt der Probenahme, unterrichtet worden sein (§ 4 III BDSG). Es gilt die Regelung des § 5 BDSG zum Datengeheimnis. Von der verantwortlichen Stelle müssen die gemäß § 9 BDSG und der Anlage zu § 9 erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen umgesetzt sein. Geht es um die Berechtigung von Nachuntersuchungen, gelten die vorstehenden Ausführungen zur Zulässigkeit der Erstanalyse nach den §§ 28 ff. BDSG entsprechend. Im Hinblick auf die Besonderheit der Untersuchungen als Nachuntersuchungen führt die Interessenabwägung im Rahmen der Prüfung des überwiegenden gegenläufigen Interesses nach § 29 I 1 Nr. 1 BDSG, im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG bzw. der Untersuchung des 808

Vgl. hierzu oben D.X.1.a)bb)(1)(a)(bb).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

überwiegenden Ausschlussinteresses der Sportler zu demselben Ergebnis wie die Interessenabwägung, die zuvor bereits im Zuge der Prüfung der Freiwilligkeit der Einwilligung in die Durchführung der Nachuntersuchungen durchgeführt wurde.809 (2) Weitere Maßgaben Es versteht sich von selbst, dass die Anforderungen, die im Zusammenhang mit der Rechtfertigung des Eingriffs durch eine Einwilligung der Athleten oder auf der Basis der §§ 28 ff. BDSG für die rechtliche Ausgestaltung der Analysen aufgezeigt worden sind, nicht nur bei der Formulierung der Einwilligung oder der vereinsrechtlichen Bestimmungen berücksichtigt, sondern nachfolgend auch bei der Untersuchung der Dopingproben beachtet werden müssen. Dementsprechend muss sich die Analyse innerhalb der Grenzen bewegen, die das Vereinsrecht in Umsetzung des Zweckbindungsgrundsatzes setzt. Ebenso müssen die anerkannten wissenschaftlichen und technischen Vorgaben für die Durchführung derartiger Analysen eingehalten werden. Das Analyselabor muss insbesondere die im Reglement vorgesehenen anerkannten, validierten und publizierten Analysemethoden nach allen Regeln der Kunst anwenden.810 Werden diese nicht beachtet, führt die daraus resultierende Ergebnisunsicherheit zur Qualifizierung der Analyse als Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts. Darüber hinaus sind auch die weiteren Bestimmungen des BDSG für die Durchführung von Datenverwendungen zu beachten, die bereits im Zusammenhang mit den Überlegungen zur Verwertbarkeit personenbezogener Informationen für Verbandsentscheidungen811 dargestellt worden sind. b) Vereinbarkeit der Probenauswertung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Athleten Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird durch den Analysevorgang im Wesentlichen in der Ausprägung des informationellen Selbstbestimmungsrechts beeinträchtigt.812 Als weitere Persönlichkeitsrechtsfacette ist lediglich noch das Selbstbestimmungsrecht der Athleten über die von ihrem Körper herrührenden Körperteile und -substanzen zu nennen, das durch die Behandlung der Proben unter Ausschluss des Bestimmungsrechts der Sportler und durch den Verbrauch der Proben bei der Analyse vereitelt wird. Bei verständiger Würdigung des Ge809

Vgl. oben D.X.1.a)bb)(1)(a)(bb). So auch G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 273, mit Blick auf die Verwertbarkeit des Analyseergebnisses im Sanktionsverfahren. 811 Vgl. oben B.II.1.b)bb). 812 Zur Anwendbarkeit der Grundsätze zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht auf vom BDSG erfasste Sachverhalte vgl. oben B.II.2.a). 810

X. Die Probenanalyse

639

schehens erscheint die Beeinträchtigung dieses Rechts der Athleten in der gegebenen Situation allerdings im Regelfall als so unerheblich, dass sie nicht zu einer nennenswerten Gewichtserhöhung der gegen die Analyse gerichteten Sportlerinteressen führt.813 Soweit ausnahmsweise besondere Gesichtspunkte eine Rolle spielen, die die Rechtsbeeinträchtigung in Form der Vereitelung des Selbstbestimmungsrechts an den Proben als erheblich erscheinen lassen, ist ihr Gewicht als Abwägungsbelang zugunsten der Athleten unter Berücksichtigung der besonderen Gesichtspunkte zu würdigen und sodann neuerlich das überwiegende Interesse der Sportvereinigungen an der Durchführung der Analyse zu überprüfen. Was die Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts durch die Analyse betrifft, ist nicht erkennbar, dass das BDSG den Eingriff in die Rechte der Sportler durch die Analyse nicht vollumfänglich erfasst hätte oder der Schutz des BDSG an irgendeiner Stelle hinter dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht zurückbleiben würde. Soweit die Analyse daher den Anforderungen des BDSG genügt, bestehen auch aus der Sicht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine Bedenken gegen ihre Zulässigkeit. 2. DNA-Analyse Wie bereits im Zusammenhang mit der Beschaffung von DNA-Proben angesprochen, kommen für die Anfertigung von DNA-Analysen zwei unterschiedliche Beweggründe in Betracht. Erstens kann die DNA-Analyse dazu dienen, einen „genetischen Fingerabdruck“ vom Spender der Probe anzufertigen, um seine Urheberschaft an der Probe durch den Abgleich mit einem genetischen Fingerabdruck zu überprüfen, der unzweifelhaft von ihm herrührt. Zweitens kann die DNA-Analyse darauf abzielen, Dopingverstöße in Form von Genmanipulationen, das sogenannte Gendoping, nachzuweisen. a) Vereinbarkeit mit dem BDSG Ungeachtet der Frage, welches der beiden Ziele im konkreten Fall mit der DNA-Analyse verfolgt wird, findet das BDSG darauf gleichermaßen Anwendung wie auf die Analyse zum Nachweis von Dopingsubstanzen. Maßgeblich ist insoweit erneut, dass auch die DNA-Analyse der Urin- oder Blutprobe nach zutreffender Ansicht eine Nutzung des Datums bedeutet, das die Probe als solche darstellt,814 mindestens aber als zentraler Akt der Datenerhebung erscheint, wenn man der Probe selber keine Datumsqualität zuerkennt.815 Da die weiteren Vo813 814 815

Vgl. oben D.III.2.b)aa). Vgl. oben D.III.1.a)aa). Vgl. oben D.X.1.a)aa).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

raussetzungen für die Anwendbarkeit des BDSG auf nicht-öffentliche Stellen in der für den deutschen Sport typischen Situation, in der die Analyse im Auftrag der NADA oder eines übergeordneten Verbands als verantwortliche Stelle durchgeführt wird, ebenfalls erfüllt sind,816 sind die Vorgaben des BDSG für die DNAUntersuchung von Urin- und Blutproben beachtlich. Der somit gemäß § 4 I BDSG erforderliche Gestattungstatbestand kann in einer Einwilligung der Athleten oder in einer Rechtsvorschrift bestehen, als welche wiederum nur § 28 BDSG in Betracht kommt. Von entscheidender Bedeutung ist in beiden Fällen erneut die Information der Sportler über die Voraussetzungen für die Durchführung der Analyse, über ihre Zwecke, über ihren Umfang und über die Analyseprozedur, soweit deren Details mit Blick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten von Interesse sind. Die Information muss so detailliert sein, dass die Sportler das Ausmaß des Eingriffs in ihre Rechte in vollem Umfang ermessen können. Wird die Analyse auf der Grundlage einer Einwilligung der Sportler vorgenommen, hat der Einwilligungserklärung gemäß § 4a I 2 BDSG eine entsprechende Aufklärung vorauszugehen. Wird die Datenverwendung auf § 28 BDSG gestützt, haben die Zweckfestlegung und der Hinweis auf die Verwendungszwecke gemäß §§ 28 I 2 und 4 III 1 Nr. 2 BDSG zu erfolgen. Soll die Einwilligung unter Bezugnahme auf die hinsichtlich der DNAAnalyse einschlägigen Verbandsbestimmungen erklärt werden, müssen Voraussetzungen, Zwecke, Umfang und Analyseprozedur in diesen Bestimmungen hinreichend bestimmt und eindeutig beschrieben sein. Den Athleten muss insbesondere Kenntnis davon gegeben werden, ob und gegebenenfalls welche Aussagen über ganz konkrete erbliche Vorprägungen wie beispielsweise das zu erwartenden Lebensalter, im Erbgut angelegte Krankheiten oder ähnliche Umstände im Zuge der Analyse erkennbar werden. Diesen Anforderungen genügt der NADACode nicht, so dass eine Einwilligung in die Analyse zu Identifikationszwecken nicht in Form einer pauschalen Zustimmung zu den einschlägigen Bestimmungen des NADA-Codes erklärt werden kann. Die Feststellung eines überwiegenden Interesses der Sportvereinigungen an der Analyse, von dem die Freiwilligkeit der Einwilligung ebenso abhängt wie die Zulässigkeit der Datenverwendung gemäß den §§ 28 ff. BDSG, erfordert wegen der besonderen Sensibilität der genetischen Informationen eine besonders strenge Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Festlegung der Voraussetzungen, des Zwecks und des Umfangs der Analyse und bei der Ausgestaltung der Analyseprozedur.

816

Vgl. oben D.III.1.a)aa).

X. Die Probenanalyse

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aa) Überwiegendes Interesse an der DNA-Analyse zur Identifizierung von Proben Der Vergleich einer aufbewahrten Dopingprobe, deren Identität bekannt ist, mit einer anderen Dopingprobe, die keinem bestimmten Athleten zuordenbar ist, anhand der Anfertigung eines genetischen Fingerabdrucks beider Proben, um die Herkunft dieser anderen Dopingprobe zu ermitteln, ist eine geeignete Maßnahme zur Dopingbekämpfung. Dies gilt allerdings nur dann, wenn diese andere, zunächst nicht zuordenbare Dopingprobe positiv ausgefallen ist: Dass im Interesse einer erfolgreichen Dopingbekämpfung ein Bedürfnis der Verbände besteht, eine Probe, die einen Dopingverstoß belegt, ihrem Spender zuzuordnen, bedarf keiner näheren Erläuterung. Ist die nicht zuordenbare Dopingprobe jedoch negativ ausgefallen, fehlt es am Nutzen der Zuordnung, die der Vergleich mit der aufbewahrten Probe ermöglichen soll: Ein mit der Zuordnung einer negativen Probe verbundener Vorteil für die Sportvereinigungen ist nicht erkennbar. Insbesondere kann ein Bedürfnis nach der Zuordnung einer negativen Probe trotz der großen Bedeutung, die der Möglichkeit zu Nachuntersuchungen für das Gelingen der Dopingbekämpfung zukommt, auch nicht damit begründet werden, dass diese Zuordnung quasi als Vorbereitungsmaßnahme für die Aufbewahrung der Probe erforderlich sei, um ein positives Ergebnis im Falle einer Nachuntersuchung der Probe dem verantwortlichen Sportler zuordnen zu können. Um die Möglichkeit zur Zuordnung der Probe für den Fall zu erhalten, dass im Zuge von Nachuntersuchungen ein Dopingverstoß festgestellt wird, reicht es aus, die zur Identifizierung des Probanden erforderlichen Maßnahmen in der Dokumentation zu der nicht zuordenbaren Probe festzuhalten und diese Maßnahmen dann umzusetzen, wenn die Probe tatsächlich anlässlich einer späteren Auswertung einen positiven Befund liefern sollte, anstatt die Zuordnung unmittelbar, sozusagen vorsorglich, durchzuführen. Auf diese Weise bleibt die unidentifizierte Probe sozusagen doppelt pseudonymisiert, weil nicht einmal über eine Codenummer, sondern nur über die Anfertigung des genetischen Fingerabdrucks und dessen Vergleich mit codierten Proben zuordenbar, solange ihr keine Beweisfunktion zukommt, während die Zuordnung für den Fall möglich bleibt, dass sich ein Grund für die Ermittlung des Probanden ergibt. Befindet sich in den Händen der Verbände eine positive Dopingprobe, die nicht über eine Codenummer oder auf andere Weise zuverlässig einem Athleten zugeordnet werden kann, erscheint ein Vorgehen zur Überführung des Gedopten und damit zur Dopingbekämpfung als geeignet, das die Anfertigung eines genetischen Fingerabdrucks von allen in Betracht kommenden vorhandenen, zuordenbaren Proben und den Vergleich mit dem Abdruck der nicht zuordenbaren Probe vorsieht. Eine Einschränkung im Hinblick auf die Eignung für DNA-Vergleiche ergibt sich allerdings bei Berücksichtigung der spezifischen Eigenschaften der verschie-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

denen Arten von Dopingproben. Der Probenvergleich unter Zuhilfenahme von Genanalysen ist nur dann ein geeignetes Mittel zur Authentizitätsprüfung, wenn bezüglich der vorhandenen Vergleichsproben Gewissheit besteht, von welchem Sportler sie herrühren. Wegen der subtilen Manipulationsmethoden, die von den Athleten bei der Urinabgabe angewendet werden können, kann im Falle von Urinproben nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sie auch tatsächlich von dem Sportler stammen, von dem sie den Kontrolleuren übergeben wurden. Lediglich die Identität von Blutproben dürfte im Regelfall wegen der besonderen Abnahmemodalitäten feststehen. Ist im Falle von Urinproben nicht durch besondere Untersuchungen nachgewiesen, dass sie tatsächlich von dem jeweiligen Probanden herrühren, sind Blutproben als Vergleichsproben vorzugswürdig. Steht für einen Athleten nur eine Urinprobe als Vergleichsprobe zur Verfügung, kann die Übereinstimmung allerdings als Indiz für die Urheberschaft des Sportlers bezüglich der „herrenlosen“ Probe dienen. Bestreitet der Athlet in diesem Fall die Urheberschaft beider Proben, muss über die Analyse einer zusätzlichen Speichel- oder Haarprobe oder auf andere geeignete Weise Gewissheit herbeigeführt werden. Die Erforderlichkeit der Fertigung genetischer Fingerabdrücke zu den vorhandenen, zuordenbaren Proben setzt erstens voraus, dass ein konkreter Bedarf für die Anfertigung genetischer Fingerabdrücke zu Vergleichszwecken gegeben ist. Hiernach darf die DNA-Analyse zur Wahrung der Erforderlichkeit überhaupt nur dann durchgeführt werden, wenn Zweifel an der Authentizität einer positiven Probe im Raum stehen, die eine Bestrafung des Betroffenen unmöglich oder angreifbar machen würden. Solange sich ein konkretes Zuordnungsproblem nicht stellt, ist ein Erfordernis für die Anfertigung von genetischen Fingerabdrücken nicht ersichtlich. In diesem Fall erscheint es mit Blick auf zukünftige Probleme bei der Identifizierung von Proben als mildere Vorgehensweise, die zu Vergleichszwecken erforderlichen Analysen erst dann durchzuführen, wenn ein konkreter Bedarf entstanden ist und die betroffene Probe im konkreten Fall als Vergleichsprobe relevant ist. Eine Vorratsspeicherung von „genetischen Fingerabdrücken“ zur Verwendung im Bedarfsfall kommt demzufolge nicht in Betracht. Sie ist zweitens dadurch bedingt, dass keine Vergleichsmethodik zur Verfügung steht, die mit zumutbarem Aufwand ebenfalls zur eindeutigen Identifizierung der zuzuordnenden Probe dient, hierbei jedoch auf so intensive Rechtseingriffe wie die Analyse genetischer Charakteristika verzichtet. Wäre etwa eine Identifizierung von Proben ebensogut unter Einsatz von Massenspektrometern oder anderen technischen Geräten über deren Farbe oder andere Äußerlichkeiten möglich, könnte eine Genanalyse nicht gerechtfertigt werden. Stehen andere, weniger eingriffsintensive Vergleichsmethoden nicht zur Verfügung, erscheint der Vergleich der zuzuordnenden Probe mit den vorhandenen, zuordenbaren Proben anhand genetischer Fingerabdrücke aus diesen Proben erforderlich, da kein anderer Weg zur Identifizierung der Probe ersichtlich ist. In

X. Die Probenanalyse

643

diesem Fall kann und hat die genetische Analyse der Proben mangels Erforderlichkeit insoweit zu unterbleiben, als entsprechende Untersuchungen an den aufbewahrten Proben in der Vergangenheit bereits durchgeführt wurden, auf deren Ergebnisse in der aktuellen Situation zurückgegriffen werden kann. Sofern die Durchführung genetischer Analysen unvermeidlich ist, hat die Auswahl der davon betroffenen Proben entsprechend dem Erforderlichkeitsgrundsatz so zu erfolgen, dass gegebenenfalls solche aufbewahrten Proben zuerst untersucht werden, die eine erhöhte Trefferwahrscheinlichkeit aufweisen. Sind beispielsweise Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die zuzuordnende Probe von einem Radfahrer herrührt, sind vorrangig vorhandene Proben von Radprofis für die Vergleichsuntersuchung heranzuziehen. Im Falle von Verdachtsmomenten gegen einen ganz bestimmten Athleten müsste die Überprüfung zunächst einmal auf Vergleichsproben des besonders Verdächtigen beschränkt werden. Die Bestimmung der vorrangig zu untersuchenden Vergleichsproben müsste allerdings unter Aufrechterhaltung der Pseudonymisierung erfolgen, was etwa dergestalt geschehen könnte, dass die Auswahl der Vergleichsproben durch den zuständigen Verband geschieht, der jedoch lediglich die Codenummern der Vergleichsproben mitteilt, ohne die zugehörigen Sportler zu nennen. Stehen für den Vergleich der genetischen Fingerabdrücke keine vormals genommenen Blut- oder Urinproben zur Verfügung, wäre es den Sportvereinigungen unter Erforderlichkeitsgesichtspunkten verwehrt, Blut- oder Urinproben zum Zwecke des Vergleichs zu nehmen. In diesem Fall stellten sich Speichel- oder Haarproben als milderes Mittel dar, da es sich hierbei um unter dem Aspekt der darin enthaltenen Datenmenge wesentlich weniger brisante Körpersubstanzen handelt, weil sie im Unterschied zu Blut und Urin nicht umfangreiche Informationen über den Gesundheitszustand der Athleten vermitteln. Die Abnahme von Urin- und Blutproben allein zum Vergleich genetischer Fingerabdrücke wäre unverhältnismäßig. Ist eine Genanalyse für einen sicheren Vergleich unerlässlich, hat sie sich auf die Ermittlung der geringstmöglichen Anzahl genetischer Charakteristika zu beschränken. Es dürfen nur soviele genetische Parameter ermittelt werden, wie dies zum Identitätsabgleich notwendig ist. Soweit hierauf verzichtet werden kann, müssen genetische Informationen über besonders bedeutsame Erbanlagen – etwa über tödliche Krankheiten – unangetastet bleiben und die Analysen auf schicksalsneutrale Anlagen wie beispielsweise die Blutgruppe und in ihrer Bedeutung für den Betroffenen vergleichbare, weniger sensible Informationen beschränkt bleiben. Die Ausforschungstiefe ist soweit als technisch möglich dahingehend zu beschränken, dass das äußere Erscheinungsbild und der Aufbau der DNA-Strukturen festgehalten werden, ohne dass die Konsequenzen des festgestellten DNAAufbaus auf die Lebensumstände des Probanden ermittelt und dargestellt werden. Vor allem jedoch ist die Pseudonymisierung der untersuchten Proben während der Genanalyse zu Zwecken des Identitätsabgleichs lückenlos aufrechtzuerhalten,

644

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

so dass die Labormitarbeiter, die vertiefte Kenntnisse über die Erbsubstanz des Probanden erlangen, keine Kenntnis von der zugehörigen Person erhalten, während der Verantwortliche aufseiten des Verbands, der die Identität des betroffenen Athleten kennt, nur vom Ergebnis der Analyse erfährt, nicht aber von den im Einzelnen ermittelten Feststellungen bezüglich der DNA des Probanden. Soweit die DNA-Analyse nach dem eben Gesagten zur Identifzierung einer zuzuordnenden Probe geeignet und erforderlich ist, erweist sich im Rahmen der Interessenabwägung als entscheidend, dass durch die Verwendung der aufbewahrten Proben zur Identitätsermittlung keine Beeinträchtigungen der vormals getesteten Athleten hervorgerufen würden, die in nennenswertem Umfang über die bereits mit der Probenahme und der Erstuntersuchung verbundenen Rechtseingriffe hinausgingen. Selbst dann, wenn im Rahmen der Vergleichsuntersuchung aussagekräftige Feststellungen zu sensiblen Gesundheitsdaten getroffen werden müssten, wäre der somit gegebene Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler dadurch entschärft, dass die aufbewahrten Proben sich im Moment der Vergleichsuntersuchung immer noch im pseudonymisierten Zustand befänden. Nicht einmal die eine Probe, die in ihrer Herkunft identisch mit der neuen, positiven Probe wäre, müsste depseudonymisiert werden. Für die Beauftragung der Labore wäre es ausreichend, dass die Codenummer der zu analysierenden Probe genannt würde, so dass den Labormitarbeitern mit Zugriffsmöglichkeit auf die Probe die Person des Probanden unbekannt bliebe. Kenntnis von dem Vorgang und dem betroffenen Athleten hätte somit lediglich die für die Beauftragung zuständigen Verbandsstelle, von der Regelverstöße mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu befürchten wären, da sie im Allgemeinen mit einer verantwortungsbewussten Persönlichkeit besetzt ist und sich zudem der Verdacht im Falle der vorzeitigen Namensnennung eines betroffenen Sportlers zwangsläufig auf den betreffenden Verbandsfunktionär konzentrieren würde. Wird der Analysevorgang auf diese Weise und nach dem vorstehend Gesagten rechtsschonend ausgestaltet, führt die Abwägung der Athleteninteressen an der Unterlassung der DNA-Auswertung und der Verbandsinteressen an der Feststellung der Authentizität zweifelhafter Proben zu dem Ergebnis, dass die Sportvereinigungen ein überwiegendes Interesse an der DNA-Analyse zu Zwecken der Identitätsfeststellung geltend machen können, da bei entsprechender Ausgestaltung des Eingriffs weder die Labormitarbeiter noch die Verbandsverantwortlichen gleichzeitig Kenntnis von der Person des Sportlers und den bezüglich seiner Erbanlagen ermittelten Einzelinformationen erlangen. bb) Überwiegendes Interesse an der DNA-Analyse zur Feststellung von Gendoping Die vorstehend für die DNA-Analyse zu Identifikationszwecken aufgestellten Leitlinien gelten sinngemäß auch für die DNA-Analyse zur Feststellung von Do-

X. Die Probenanalyse

645

pingverstößen. Zusätzlich sind diesbezüglich diejenigen Vorbehalte hinsichtlich der Geeignetheit der Untersuchung in Erinnerung zu rufen, die bereits im Zusammenhang mit der Beschaffung von DNA-Proben eine Rolle gespielt haben.817 Die Eignung der DNA-Analyse zur Aufdeckung von Gendoping setzt hiernach voraus, dass die Gendopingverstöße, die durch die Analyse nachgewiesen werden sollen, hinreichend erforscht sind. Es muss nicht nur ihre Nützlichkeit für Dopingzwecke feststehen, sondern auch ihre Wirkungsweise soweit ermittelt sein, dass die damit verbundenen DNA-Veränderungen bekannt sind. Andernfalls ist die DNA-Analyse schon deshalb sinnlos, da bereits ungewiss ist, ob entsprechende Dopingverstöße überhaupt schon möglich sind, jedenfalls aber nicht klar ist, nach welchen DNA-Besonderheiten überhaupt gesucht werden muss. Wie schon für die Analyse der Proben auf Dopingsubstanzen hin gilt auch für die Analyse zur Aufdeckung von Gendoping, dass nur wissenschaftlich anerkannte Analyseverfahren praktiziert werden dürfen. Im Falle von Gendoping setzt dies nicht nur voraus, dass die angewendeten Verfahren in der Lage sind, die relevanten DNA-Besonderheiten zweifelsfrei aufzuzeigen. Vielmehr ist einen Schritt früher bereits erforderlich, dass wissenschaftlich nachgewiesen ist, welche DNA-Besonderheiten zur Leistungssteigerung führen und unter welchen Umständen davon auszugehen ist, dass die relevanten DNA-Strukturen nicht auf natürliche Weise, etwa im Zuge der Evolution, sondern infolge von Genmanipulationen entstanden sind. Nur insoweit, als die vorstehend angesprochenen Zusammenhänge geklärt sind, kommt eine DNA-Analyse als geeignetes Mittel zur Aufdeckung von Gendopingverstößen in Betracht. Soweit der verfolgte Gendopingverstoß nur durch Aufzeigen der genetischen Besonderheit und somit nicht auf weniger eingriffsintensive Weise als durch die DNA-Analyse nachgewiesen werden kann, ist die Genanalyse in diesem Fall auch erforderlich. Sie ist im Regelfall auch als angemessen zu betrachten: Während die betroffenen Athleten lediglich in einem – wenn auch zugestandenermaßen empfindlichen – Teilaspekt ihrer persönlichen Lebensumstände betroffen sind, ohne dass ihnen hieraus im Regelfall eine Bedrohung ihrer Existenz erwächst, bedeutete der Verzicht auf die zum Nachweis potentieller Gendopingverstöße notwendigen Untersuchungen für die Verbände die Aufgabe des Verbandszwecks „dopingfreier Sport“ und damit einen wesentlichen Identitätsverlust. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler durch die DNA-Analyse jedenfalls dann als interessengerecht, wenn er entsprechend den zuvor angestellten Überlegungen verhältnismäßig ausgestaltet und hierbei insbesondere die Pseudonymisierung der Proben und der Analyseergebnisse weitestmöglich durchgeführt worden ist.

817

Vgl. oben D.V.1.b).

646

D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Eine von Athletenseite erklärte Einwilligung entbehrt in diesem Fall nicht der notwendigen Freiwilligkeit. Das für die Gestattung der DNA-Analyse nach den §§ 28 ff. BDSG notwendige Interesse ist vorhanden. Die Gestattung nach den §§ 28 ff. BDSG scheitert auch nicht notwendigerweise an § 28 VI BDSG: Genetische Informationen werden als solche nicht ohne weiteres von § 3 IX BDSG erfasst.818 Mit Blick auf die DNA-Analyse greift § 28 VI BDSG vielmehr lediglich insoweit, als die Genanalyse Informationen über gesundheitsrelevante genetische Anlagen offenbart. Die DNA-Analyse kann demnach beim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der §§ 28 ff. BDSG insoweit auf die Bestimmungen gestützt werden, als bei der Analyse genetische Informationen ermittelt werden, die nicht für den Gesundheitszustand der Sportler relevant sind. b) Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Auch hinsichtlich der DNA-Analyse der Proben ergeben sich ebenso wie hinsichtlich der Analyse auf Dopingsubstanzen aus den Grundsätzen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht keine über die Anforderungen nach dem BDSG hinausgehenden Vorgaben. Insbesondere müssen zur Feststellung der Freiwilligkeit der Einwilligung der Athleten bzw. der Angemessenheit eventueller verbandsrechtlicher Eingriffsregelungen dieselben Voraussetzungen erfüllt sein, unter denen ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Datenverwendung in Form der DNA-Analyse im Sinne der BDSG-Bestimmungen zu bejahen ist. 3. Erstellung von Probenprofilen für Vergleiche mit weiteren Proben Anlässlich der Dopingverdächtigungen gegen die Europameisterin über 100 Meter Freistil Britta Steffen, die ihren Titel im März 2007 zur allgemeinen Überraschung in Weltrekordzeit gewann, startete der Deutsche Schwimm-Verband eine „Anti-Doping-Offensive“, die unter anderem die Erstellung von Blutbildern sämtlicher Nationalmannschaftsmitglieder umfasste.819 Zuvor hatte bereits die UCI in Reaktion auf die Doping-Affäre um den spanischen Frauenarzt Eufemiano Fuentes die Anlage von Blutprofilen der Radprofis angekündigt.820 Einer schlagzeilenträchtigen rechtlichen Bewährungsprobe war der Dopingnachweis über Probenprofilvergleiche – in der von der Internationalen Eislaufunion ISU geregelten Form – im Fall der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein ausgesetzt. 818 Zur Einordnung genetischer Angaben vgl. S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 259. 819 FAZ 21.03.07, S. 32. 820 FAZ 12.03.07, S. 32; zu Ansatz und Funktionsweise der Dopingkontrolle über „indirekte Modelle“ vgl. B. Emanuel, SpuRt 2009, 195 ff., 197.

X. Die Probenanalyse

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Die vor dem CAS erhobenen Einwände gegen die Sperre konnten die Bestätigung der Verbandsentscheidung durch das Sportgericht im November 2009 nicht verhindern.821 Ein von Claudia Pechstein gegen die CAS-Entscheidung eingereichter Eilantrag wurde nachfolgend seitens des Schweizerischen Bundesgerichts zurückgewiesen.822 Die CAS-Entscheidung und in der Folge auch die Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts leisten allerdings keinen Beitrag zur Diskussion um die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Profilvergleiche nach dem BDSG und nach den Regeln des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, da der CAS vor dem Hintergrund der Anwendbarkeit schweizerischen Rechts auf diese Rechtsgrundlagen nicht eingegangen ist und das Bundesgericht in seiner Verfügung die Frage der Rechtmäßigkeit der Verbandsentscheidung und des CASSchiedsspruches nicht näher behandelt hat.823 Eine erste Frage, die sich im Zusammenhang mit dem Dopingnachweis anhand von Profilvergleichen stellt, ist diejenige nach einer hinreichenden Rechtsgrundlage für diese Art des indirekten Nachweises. Weder im NADA- noch im WADACode findet sich eine ausdrückliche Erwähnung der Methode. Es muss daher insoweit auf die Generalklauseln der Art. 3.2 NADA-Code und WADA-Code zurückgegriffen werden.824 Hiernach kann der Beweis eines Verstoßes gegen AntiDopingbestimmungen „durch jedes nach der Zivilprozessordnung zulässige Beweismittel, einschließlich Geständnis,“ beziehungsweise „durch zuverlässige Methoden, einschließlich Geständnis“ geführt werden. In Anwendung dieser Generalklauseln auf den Profilvergleich ist zwischen zwei verschiedenen Vorgehensweisen zu unterscheiden: Die erste besteht darin, dass der Profilvergleich anhand von Analyseergebnissen durchgeführt wird, denen die ohnehin üblichen und vom Reglement vorgesehenen Analysen zugrunde liegen. Die zweite bestünde in der Ermittlung besonderer Probenwerte, die außer zum Profilvergleich nicht benötigt werden und nur zur Verwendung als Vergleichsparameter dienen. Werden als Vergleichsergebnisse lediglich Probenauswertungen herangezogen, die in ihrem Umfang nicht über dasjenige hinausgehen, was mit Blick auf die WADAVerbotsliste ohnehin ermittelt wird, führt der Ergebnisvergleich in Form des Profilvergleichs nicht zu einem erweiterten Umfang der Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung. Die Situation ist mit derjenigen, bei der späteren Untersuchung einer aufbewahrten Probe auf zum Zeitpunkt der Probenahme bereits vom Reglement 821

CAS 2009/A/1912–1913 v. 25.11.2009, auszugsweise abgedruckt in SpuRt 2010,

71 ff. 822 Verfügung des Schweizerischen Bundesgerichts vom 26.01.2010, Abdruck voraussichtlich in SpuRt 2010, Heft 3 . 823 Zur Rechtsgrundlage für Profilvergleiche im WADA-Code und im NADA-Code 2009 vgl. B. Emanuel, SpuRt 2009, 195 ff., der zu dem Ergebnis kommt, dass Anfertigung und Auswertung entsprechender Profile von WADA/NADA-Code gedeckt sind (199). 824 So auch für den NADA-/WADA-Code 2009 B. Emanuel, SpuRt 2009, 195 ff., 197 f.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

verbotene Mittel vergleichbar, die lediglich unter Anwendung einer neuen Analysemethode vorgenommen wird. Anders verhält es sich dann, wenn extra für den Profilvergleich Probenwerte ermittelt werden, die nicht ohnehin zur Aufspürung verbotener Mittel und Methoden festgestellt werden. In diesem Fall fehlt es an der hinreichend bestimmten Regelung des Persönlichkeitsrechtseingriffs, den die Ermittlung der Körperwerte bedeutet, weil aus den Regelungen, in deren Geltung der Athlet anlässlich des Vereinsbeitritts oder des Vertragsschlusses eingewilligt hat, nicht ersichtlich war, dass dieser Wert analysiert werden würde. Dies hat zur Konsequenz, dass weder eine auf diese spezielle Datenverwendung bezogene Einwilligung des Sportlers vorliegt noch eine Rechtfertigung nach § 28 I BDSG in Betracht kommt, da auch hierfür die Daten, welche verwendet werden sollen, und die Zwecke, für die sie verwendet werden sollen, vorher festgelegt sein müssen (§ 28 I 2 BDSG). Handelt es sich bei den zusätzlich benötigten Werten um sensible Daten i. S. d. § 3 IX BDSG, scheitert die Berufung auf § 28 I 1 ohnehin an § 28 VI BDSG. Im Ergebnis enthalten NADA- und WADA-Code somit eine ausreichende Rechtsgrundlage für solche Profilvergleiche, die anhand von Analysewerten durchgeführt werden, deren Ermittlung im einschlägigen Anti-Doping-Recht ohnehin vorgesehen ist. Demgegenüber sind Profilvergleiche anhand von extra hierfür ermittelten Probewerten, mit deren Ermittlung die Athleten nicht aufgrund der Verbotsliste ohnehin rechnen mussten, durch NADA- und WADA-Code nicht gedeckt.825 Die zweite Frage im Zusammenhang mit Dopingnachweisen über Profilvergleiche ist auf die Vereinbarkeit der Methode mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gerichtet. Auch soweit sich dem NADA-Code und dem WADA-Code eine Ermächtigung für die Durchführung von Profilvergleichen entnehmen lässt, müssen die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die damit verbundene Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts erfüllt sein, die vom BDSG insoweit erhoben werden.826 Dies bedeutet, dass auch die Erstellung von Probenprofilen nur auf der Basis einer diesbezüglichen Einwilligung der Athleten oder unter den Voraussetzungen der §§ 28 ff. BDSG vorgenommen werden darf. Und es bedeutet darüber hinaus, dass einmal mehr vor der Erklärung der Einwilligung oder vor der Erhebung der Daten eine Unterrichtung der Sportler über die Zwecke der Datenverwendung erfolgen muss, die es ihnen ermöglicht, deren Bedeutung für ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht vollumfänglich abzuschätzen. Diese Voraussetzungen sind im Falle des Vergleichs von Analyseergebnissen, deren Erstellung im Rah825 Uneingeschränkt für die Zulässigkeit von Profilvergleichen auf der Grundlage von Art. 3.2 NADA-/WADA-Code B. Emanuel, SpuRt 2009, 195 ff., 197 f. 826 Hinsichtlich der Anwendbarkeit des BDSG vgl. die Ausführungen zur Analyse auf Dopingsubstanzen unter D.X.1.a)aa).

X. Die Probenanalyse

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men des herkömmlichen Dopingnachweises vom Reglement ohnhin vorgesehen ist, unproblematisch erfüllt. Sollen Profilvergleiche anhand von Analysewerten durchgeführt werden, deren Feststellung nicht ohnehin aus der WADA-Verbotsliste zu entnehmen ist, müssen erstens die in der Probe verkörperten Informationen genannt werden, aus denen sich das Profil zusammensetzen soll. Zweitens ist den Sportlern mitzuteilen, unter welchen Voraussetzungen das Profil erstellt und mit dem Profil anderer Proben verglichen werden soll. Drittens sind die Athleten von den datenschutzrelevanten Einzelheiten der Profilanalyse und des nachfolgenden Profilvergleichs in Kenntnis zu setzen und hierbei insbesondere darüber zu unterrichten, welche Vergleiche zwischen den Proben angestellt werden und welche Rückschlüsse aus den möglichen Vergleichsresultaten gezogen werden. Werden Bestimmungen in den NADA-/WADA-Code aufgenommen, aus denen sich die entsprechenden Einzelheiten ergeben, wird auch die Anfertigung von Profilen aus extra zu diesem Zweck ermittelten Probenwerten ebenso wie die Anfertigung der herkömmlichen Urin- und Blutanalysen durch die pauschale Bezugnahme auf den NADA-/ WADA-Code anlässlich der Einwilligung beim Vereinsbeitritt oder beim Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Sportlern und Verbänden oder Veranstaltern legitimiert. Die Zulässigkeit derartiger Vergleichsuntersuchungen hängt des Weiteren von ihrer Geeignetheit zur Aufdeckung von Dopingverstößen ab. Der Methode liegt die Idee zugrunde, dass bestimmte Dopingverstöße nicht anhand absoluter Analysewerte feststellbar sind, die sich bei der Auswertung einer einzelnen Probe ermitteln lassen, sondern durch die Veränderungen offenkundig werden, die anhand der Gegenüberstellung bestimmter Analysewerte einer neuen Probe mit einer früheren nachgewiesen werden können.827 Soweit sich auf diese Weise Dopingverstöße tatsächlich mit der notwendigen Sicherheit828 beweisen lassen, ist die Methode als geeignetes Mittel der Dopingbekämpfung anzusehen. Diese Vergleichsuntersuchung stellt auch eine erforderliche Anti-Doping-Maßnahme dar, sofern es für den Nachweis bestimmter Dopingverstöße keine weniger belastende Methode gibt. Da sich im Falle der Untersuchung zweier Proben die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass zusätzliche „überschießende“ Informationen über den körperlichen Zustand des Probanden sozusagen als Abfallprodukte der Dopinganalyse bekannt werden, etwa wenn der Vergleich Veränderungen offenbart, die im Hinblick auf mögliche Dopingverstöße irrelevant sind, aber auf eine Krankheit des Athleten hinweisen, stellt die Dopingkontrolle unter Auswertung nur einer Dopingprobe den milderen Eingriff dar. Die Vergleichsmethode darf daher dann nicht angewandt werden, wenn der Nachweis des zu prüfenden Do-

827 828

Vgl. B. Emanuel, SpuRt 2009, 195 ff., 197. Zum Beweismaß vgl. B. Emanuel, SpuRt 2009, 195 ff., 198 f.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

pingverstoßes auch im Wege der Untersuchung nur einer Probe möglich wäre. Die Frage nach der Erforderlichkeit mag in dieser Situation allerdings wiederum dann zugunsten der Vergleichsmethode zu beantworten sein, wenn etwa die Kontrolle anhand nur einer Probe mit einem unverhältnismäßigen Analyseaufwand für die Verbände verbunden wäre oder aus anderen, besonderen Gründen ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Anwendung der Vergleichsmethode bestünde. Betrachtet man die beiderseitigen Interessen, die über die gegenläufigen Interessen für und gegen die „normale“ Einzelprobenanalyse hinaus im Fall der Vergleichsanalyse gegeneinander abzuwägen sind, ist wiederum keine erhebliche Gewichtssteigerung der gegenläufigen Athleteninteressen infolge der Durchführung der Analyse als Vergleichsanalyse feststellbar: Auch im Fall der Vergleichsanalyse wäre eine wesentliche Steigerung der Eingriffsintensität nur dann gegeben, wenn diese Methode die Auswertung der Proben auf völlig neue, zusätzliche Parameter mit sich brächte und diese Erweiterung der Analyse unter dem Aspekt der Bedeutung der dadurch tangierten Daten als sensibel anzusehen wäre. Selbst in diesem Fall könnte die Vergleichsanalyse im Regelfall ein überwiegendes Interesse für sich in Anspruch nehmen, wenn sie – ihre Geeignetheit und Erforderlichkeit vorausgesetzt – zum Nachweis einer bestimmten Art von Dopingverstößen unverzichtbar wäre, so dass ihr Verbot die Erreichung des identitätsstiftenden Verbandszwecks „Dopingfreiheit des Sports“ mit Blick auf diese Dopingverstöße vereiteln würde. Die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und hier des Erforderlichkeitsprinzips verbietet es, Probenprofile auf Vorrat zu erstellen, soweit aus dem einzelnen Profil keine dopingrelevanten Aussagen getroffen werden können und die Erstellung des Profils auch nicht aus anderen Gründen – etwa wegen des drohenden Verderbs der Probe – vom überwiegenden Interesse der verantwortlichen Stelle gedeckt ist. Dient das Profil ausschließlich Vergleichszwecken, darf es daher erst bei Vorliegen der zweiten Probe erstellt werden, deren Profil zum Vergleich herangezogen werden soll. Ungeachtet des Zeitpunkts ihrer Erstellung dürfen für die Probenprofile nur solche Parameter analysiert werden, deren Kenntnis zur Feststellung von Dopingverstößen im Wege des Profilvergleichs auch tatsächlich notwendig ist. Generell sind Probenprofile nur dann geeignet und erforderlich, wenn die Methoden zum Nachweis von Dopingverstößen über den Vergleich von Probenprofilen wissenschaftlich abgesichert und anerkannt sind. Dies betrifft die Methodik zur Erstellung des einzelnen Profils genauso wie die Vergleichsmethode, die zu Erkenntnissen über Dopingpraktiken führen soll. Soweit die Erstellung von Probenprofilen nach den vorstehenden Ausführungen geeignet und erforderlich ist, muss sowohl die Pseudonymisierung der Proben als auch die Pseudonymisierung der Profile und der Vergleichsergebnisse

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse

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möglichst lückenlos gewährleistet sein. Wiederum gilt, dass andere Beteiligte als der für die Protokollverwaltung verantwortliche Verbandsfunktionär und der Sportler selber nur dann Kenntnis von der Identität des Probanden erhalten dürfen, wenn dies zur Erreichung des Kontrollziels oder zur Wahrung der Rechte der Beteiligten erforderlich und angemessen erscheint. Eine Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen durch Labormitarbeiter ist dann mangels Kenntnis der Person des Probanden ausgeschlossen. Umgekehrt ist zu gewährleisten, dass der verantwortliche Verbandsfunktionär nur in demjenigen Umfang Kenntnis von den Details der Untersuchung erhält, der zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendig ist. Durch die im Sinne der vorstehenden Ausführungen streng am Erforderlichkeitsgebot ausgerichtete Ausgestaltung der DNA-Analysen wird die damit verbundene Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten so weitgehend abgemildert, dass das Interesse der Sportvereinigungen an der Durchsetzung ihres Verbandszwecks „dopingfreier Sport“ das Interesse der Sportler an der Vermeidung des Eingriffs überwiegt.

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse, insbesondere Aufbewahrung zu Vergleichszwecken oder zur späteren weiteren Analyse Bereits zu Beginn des Jahres 2003 teilte das IOC mit, es seien 237 anlässlich der Winterspiele 2002 in Salt Lake City genommene Dopingproben auf das anabole Designersteroid Tetrahydrogestrinon (THG) nachuntersucht worden, freilich ohne positiven Befund.829 In der zweiten Jahreshälfte 2003 vermeldeten die Dopinganalytiker in den IOC-akkreditierten Dopinglabors dann offiziell die Entwicklung eines Analyseverfahrens, durch das der Missbrauch des Designeranabolikums nachgewiesen werden konnte. Bei den THG-Anwendern gaben diese Meldungen zu doppelter Sorge Anlass, war doch angesichts des Analysefortschritts nicht nur der zukünftige Gebrauch von THG mit einem erhöhten Risiko verbunden, sondern auch die zurückliegende Verwendung deshalb zu einer Bedrohung geworden, da von verschiedenen Sportverbänden Dopingproben aus vergangenen Zeiten zum Zwecke der späteren Nachanalyse in Verwahrung genommen worden waren. Tatsächlich wurden im Folgenden Nachuntersuchungen an alten Dopingproben in erheblichem Umfang durchgeführt. So wurde etwa von der WADA die nochmalige Überprüfung sämtlicher in den akkreditierten Labors noch verfügbaren Urinproben auf THG angeordnet.830 Während von den 3096 in Deutschland 829 830

FAZ v. 08.01.03, S. 32. FAZ v. 31.10.03, S. 32.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

durchgeführten Nachkontrollen keine einzige positiv ausfiel,831 gab es andernorts prominente „Opfer“ dieser aus Sicht der THG-Verwender höchst unglücklichen Entwicklung, wie beispielsweise den britischen Weltklassesprinter Dwain Chambers, Europameister von München 2002 und WM-Vierter von Paris 2003 über 100 Meter, der im Zuge einer solchen Nachuntersuchung des THG-Missbrauchs überführt wurde.832 In den USA wurden 550 Dopingproben, darunter 450 Wettkampf- und Trainingsproben von amerikanischen Leichtathleten, einer Nachuntersuchung unterzogen, von denen – Verlautbarungen zufolge – sechs positiv ausfielen.833 Die Nachuntersuchung der Dopingproben anlässlich der amerikanischen Meisterschaften im Juni 2003 soll bis zu 40 Dopingverstöße mit THG zutage gefördert haben.834 Besonders unglücklich für die Betroffenen: Die Weltmeisterschaftszweite von 2003 und Olympiasiegerin über 4 x 100 m von 1996 Christe Gaines, die Weltmeisterschaftszweite über 400 m Hürden Sandra Glover und der amerikanische Meister über 400 m Hürden Eric Thomas wurden anlässlich der THG-Nachuntersuchung von Dopingproben, die sie bei den nationalen Meisterschaften abgegeben hatten, positiv auf das Stimulans Modafinil getestet.835 Weitere Leidtragende waren die Doppel-Weltmeisterin über 100 und 200 m Kelli White (Modafinil), Hürdensprinter Chris Phillips (Modafinil) und der Olympiasieger und Weltmeister über 4 x 400 m Calvin Harrison (Modafinil), die fünfzehnmalige amerikanische Meisterin über 800 m Regina Jacobs (THG), der WM-Vierte von 2003 im Kugelstoßen Kevin Toth (THG) und Hammerwerfer John McEwen (THG).836 Im Rahmen der „Anti-Doping-Offensive“, die der Deutsche Schwimm-Verband auf die Doping-Verdächtigungen nach dem Überraschungsweltrekord von Britta Steffen bei den Europameisterschaften im März 2007 über 100 Meter Freistil hin startete, wurden sämtlichen Mitgliedern der Schwimm-Nationalmannschaft DNA- und Blutproben abgenommen und hiernach eingefroren.837 Aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht ist den geschilderten Vorgängen gemein, dass hier wie dort die genommenen Dopingproben nicht nur oder sogar überhaupt nicht zur unmittelbaren Auswertung auf Dopingverstöße hin verwendet und nachfolgend vernichtet, sondern für eventuelle spätere Verwendungen aufbewahrt wurden und im Fall der THG-Nachuntersuchungen dann auch tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt neuerlich analysiert worden sind. Jedenfalls was das vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte informationelle Selbstbestim831 832 833 834 835 836 837

Vgl. FAZ v. 23.10.03, S. 31, u. v. 18.02.04, S. 32. Vgl. FAZ v. 25.02.04, S. 32. FAZ v. 18.10.03, S. 33. FAZ v. 23.10.03, S. 31. FAZ v. 29.10.03, S. 34. FAZ v. 29.10.03, S. 34. FAZ v. 21.03.07, S. 32.

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse

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mungsrecht betrifft, liegt auf der Hand, dass der mit der Probenahme verbundene Rechtseingriff dadurch zeitlich ausgedehnt und in seiner Eingriffswirkung verstärkt wird, dass die Dopingprobe als Informationsmasse nicht nur kurzzeitig zur umgehenden Auswertung in Besitz genommen wird, sondern für eine ungewisse Dauer aufbewahrt werden soll. Im NADA-Code findet sich keine unmittelbare Aussage bezüglich der Probenaufbewahrung zu Zwecken der späteren Probenanalyse. Ausdrücklich zugesprochen wird der NADA ein Aufbewahrungsrecht nur durch Art. 17.4 S. 3 des Codes, der die Möglichkeit späterer Nachuntersuchungen nicht erwähnt, sondern seinem Regelungsinhalt nach – zwingende Vorgabe der Aufbewahrung von Kontrollprotokollen, Analyseergebnissen und sonstigen Dokumenten, Aufbewahrung der Proben selber fakultativ – lediglich die Möglichkeit zur Verfügung über die Proben bis zum Ablauf der achtjährigen Verjährungsfrist für die Verfolgung von Dopingverstößen (Art. 17.3 NADA-Code) eröffnen will. Art. 17.2 NADA-Code sieht demgegenüber zwar die Durchführung späterer erneuter Untersuchungen vor, trifft aber keine Regelung zur Aufbewahrung der Proben bis zur Vornahme dieser Untersuchungen. Ein Aufbewahrungsrecht der NADA zu Zwecken der nochmaligen Untersuchung von Dopingproben lässt sich somit bestenfalls mittelbar aus Art. 17.2 NADA-Code herleiten, da Nachuntersuchungen zu einem späteren Zeitpunkt die Aufbewahrung zwingend voraussetzen. 1. Vereinbarkeit der Probenaufbewahrung mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Athleten a) Vereinbarkeit der Probenaufbewahrung mit dem BDSG aa) Anwendbarkeit des BDSG auf die Probenaufbewahrung Folgt man der zutreffenden Auffassung, dass es sich bereits bei der Dopingprobe selber um ein personenbezogenes Datum i. S. d. BDSG handelt,838 muss sich die Aufbewahrung der Proben durch die Verbände an denjenigen Bestimmungen des BDSG messen lassen, die nach § 1 II Nr. 3 BDSG auf die Datenverwendung nicht-öffentlicher Stellen anwendbar sind. Die von § 1 II Nr. 3 BDSG vorausgesetzte Datenverwendung ist im Falle der Aufbewahrung der Proben in Form einer Datenspeicherung gegeben. Da durch die Unterwerfung der Datenspeicherung unter die Regeln des BDSG die Reglementierung all derjenigen Datenverwendungen bewirkt werden soll, durch die eine Information auf eine Weise aufbewahrt wird, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt wiedergewonnen werden kann,839 sind sowohl die in § 3 IV Nr. 1 838

Vgl. oben D.III.1.a)aa). Vgl. U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 118; Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Anm. 9.1. 839

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

BDSG aufgeführten Handlungsalternativen als auch der Begriff des Datenträgers sehr weit auszulegen: Aufbewahren i. S. d. Bestimmung ist hiernach das Entgegennehmen der Daten in der bestehenden Verkörperung auf eine Weise, die die spätere Verwendung der Daten ermöglicht.840 Als Datenträger ist jedes Medium anzusehen, auf dem Daten lesbar festgehalten werden können, wobei lesbar nicht bedeutet, dass die Kenntnisnahme von den Daten ohne Hilfsmittel und ohne die Notwendigkeit zur Verwendung technischer Instrumente möglich sein muss; entscheidend ist allein, dass die Informationen auch zu einem späteren Zeitpunkt noch zur Kenntnis genommen werden können.841 Da die Daten über den Körperzustand der Sportler, die in Form der chemischen Bestandteile der Urin- oder Blutprobe zur Verwahrung gelangen, zu einem späteren Zeitpunkt im Wege der Probenanalyse jederzeit – wieder – aus der Probe herausgelesen werden können und die Verwahrung der Proben ausschließlich im Hinblick auf eine mögliche spätere weitere Verarbeitung oder Nutzung erfolgt, erfüllt die Aufbewahrung der Proben die Voraussetzungen einer Datenspeicherung i. S. d. § 3 IV Nr. 1 BDSG. Aufgrund der Einreihung der Probe des einzelnen Athleten in eine Reihe gleichartiger Proben vieler anderer Sportler erfolgt die Aufbewahrung in einer nicht automatisierten Datei. Die Bestimmungen des BDSG für Datenverwendungen nicht-öffentlicher Stellen finden somit auf die Aufbewahrung der Proben Anwendung. bb) Relevante Maßgaben des BDSG Hiernach bedarf es für die Probenaufbewahrung eines Gestattungstatbestandes i. S. d. § 4 I BDSG. Darüber hinaus müssen die weiteren Maßgaben des BDSG für Datenverwendungen durch nicht-öffentliche Stellen beachtet werden. (1) Gestattungstatbestand Als mögliche Gestattungstatbestände erlangen wiederum die Einwilligung der Athleten oder als einzige in Betracht kommende Rechtsvorschriften die §§ 28 ff. BDSG Bedeutung. (a) Einwilligung Die Wirksamkeit einer von den Sportlern erteilten Zustimmung zur Probenaufbewahrung ist einmal mehr insbesondere von der Erfüllung derjenigen Anforderungen abhängig, die die §§ 4 und 4a BDSG für Einwilligungen in Beeinträchti840 841

U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 114 ff., 115. U. Dammann, in: S. Simitis, BDSG, § 3 Rn. 118.

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse

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gungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts aufstellen. Besonderes Augenmerk ist hierbei auf die Freiwilligkeit der Einwilligung und das insoweit aufgrund des Machtgefüges zwischen den Sportvereinigungen und den Athleten notwendige überwiegende Interesse der Vereine und Verbände an der Probenaufbewahrung842 zu richten. (aa) Anforderungen gemäß BDSG Auch eine eventuelle Einwilligung in die Probenaufbewahrung843 muss in der von § 4a I 3 BDSG geforderten Schriftform erklärt worden und gegebenenfalls neben weiteren Erklärungen besonders hervorgehoben gewesen sein (§ 4a I 4 BDSG). Der Einwilligung muss wiederum eine Belehrung über den vorgesehenen Zweck der Datenverwendung vorausgegangen sein (§ 4a I 2 BDSG). Konkret bedeutet dies auch für die Einwilligung in die Speicherung der Urin- oder Blutprobe, dass aus der Einwilligungserklärung deutlich werden muss, zur Gewinnung welcher Informationen über den Sportler die Speicherung erfolgt, d.h. auf welche Dopingmittel und -arten hin die Probe nach der Aufbewahrung noch analysiert werden soll. Des Weiteren muss in der Einwilligung festgehalten sein, in welchem Kontext die aus der Urinprobe ermittelten Gesundheitsinformationen unter welchen Bedingungen für welche Zwecke verwendet werden sollen.844 Während die Festlegung der Nachuntersuchungsvoraussetzungen, ihrer Begleitumstände und auch die Weiterverwendung der Nachuntersuchungsergebnisse noch ohne größere Schwierigkeiten möglich sein dürfte, indem die Nachuntersuchung beispielsweise den für die Erstuntersuchung geltenden Vorgaben unterworfen wird, bereitet die Verpflichtung zur Angabe der Dopingpraktiken, deren Verwendung anhand der aufbewahrten Probe später einmal festgestellt werden soll, je nach der Art dieser Dopingpraktiken Schwierigkeiten. Soll die Aufbewahrung der Probe nicht nur dem Zweck dienen, mit noch zu entwickelnden neuartigen Analyseverfahren zum Zeitpunkt der Probenahme verbotene Missbrauchsarten aufzudecken, sondern soll sie auch den Nachweis erst zu einem späteren Zeitpunkt geächteter Methoden der Leistungssteigerung ermöglichen, können diese neuen Methoden mangels Kenntnis von ihrer Existenz im Moment der Aufbewahrung der Probe nicht in der Einwilligungserklärung aufgeführt werden. Hält man hiernach die Nachuntersuchung der aufbewahrten Proben auf nachträglich entdeckte Dopingpraktiken nicht ohnehin für unzulässig, so dass die Problematik einer den Anforderungen des BDSG genügenden Zweckbelehrung insoweit be842

Vgl. oben B.I.2.b)cc)(2)(c)(bb)(b) und B.I.2.c). Zur Einwilligung in die Verwendung von Dopingdaten vgl. oben D.III.1.a) bb)(1)(a). 844 S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 87. 843

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

reits aus diesem Grund keine Rolle mehr spielt, dürfte doch jedenfalls eine den Anforderungen des § 4a I 2 BDSG genügende Aufklärung über derartige Untersuchungen kaum möglich sein, so dass dieser Zweck im Regelfall von der Einwilligung nicht erfasst wird und daher die Probenaufbewahrung nicht rechtfertigen kann. Folgt man demgegenüber der zutreffenden Auffassung, dass die Nachuntersuchung der Proben auf zum Zeitpunkt ihrer Beschaffung nicht in den Verbandsregelwerken genannte Dopingmethoden aus anderem Grunde unzulässig ist,845 kommt es auf die hinreichende Aufklärung über diese Untersuchungen nicht mehr an. Denn die Probenaufbewahrung zum Zweck der Nachuntersuchung auf später entdeckte Dopingmittel hin stellt sich in diesem Fall bereits deshalb als zur Dopingbekämpfung ungeeignetes Mittel dar, da die Untersuchung, die durch die Aufbewahrung ermöglicht werden soll, nicht durchgeführt werden darf. Kann somit eine Gestattung der Nachuntersuchung auf zum Zeitpunkt der Probenahme noch nicht von der Prohibited List erfasste Dopingpraktiken durch die Einwilligung anlässlich der Probenahme nicht erreicht werden, bleibt nur noch die Möglichkeit von Nachuntersuchungen auf Dopingmittel zu berücksichtigen, die im Moment der Einwilligung des Athleten in die Kontrollbefugnisse der Sportorganisationen in der Verbotsliste aufgeführt waren. Anlässlich der Einwilligung in die Aufbewahrung der Proben muss dem Sportler daher die spätere Überprüfung auf diejenigen Mittel als Zweck der Speicherung benannt werden, deren Überprüfung den Athleten auch bereits als Zweck der Erstanalyse mitgeteilt worden ist. Die der Einwilligung vorangehende Belehrung muss hiernach hinsichtlich der durch die Aufbewahrung ermöglichten Nachuntersuchungen ebenfalls auf die Dopingliste Bezug nehmen, die vom einschlägigen Reglement bereits im Zusammenhang mit der Erstanalyse für maßgeblich erkärt worden ist. Betrachtet man unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten Anforderungen an die Belehrung der Sportler die einschlägigen Bestimmungen des NADA-Codes, führt die Einwilligung zu einem Aufbewahrungsrecht nach den Maßgaben des Art. 17 NADA-Code. Hierbei ist Art. 17.2 NADA-Code für sich gesehen keine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage für die Probenaufbewahrung, da er zwar ein Recht der Verbände bzw. der NADA zur Aufbewahrung voraussetzt, ein solches Recht jedoch selber weder ausdrücklich noch in hinreichend bestimmter Weise inzident vorsieht. Die Probenaufbewahrung zu Nachuntersuchungszwecken kann daher lediglich durch die Art. 17.2 und 17.4 S. 3 NADA-Code im Zusammenspiel gerechtfertigt werden, indem Art. 17.4 S. 3 die Probenaufbewahrung und Art. 17.2 die Nachuntersuchung der aufbewahrten Probe gestattet. Art. 17.4 S. 3 NADA-Code gestattet die Aufbewahrung sowohl negativer als auch positiver Proben. Der Umstand, dass die Regelung hinsichtlich der Aufbe845

Vgl. oben D.X.1.a)bb)(1)(a)(aa).

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse

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wahrungsdauer auf die Verjährungsregelung des Art. 17.3 Bezug nimmt, die den Verjährungslauf in Abhängigkeit von einem Dopingverstoß regelt, führt nicht zu einem Verständnis des Art. 17.4 S. 3 NADA-Code dahingehend, dass nur die Aufbewahrung positiver Proben erlaubt sein soll. Nachdem von Art. 17.4 S. 2 NADA-Code festgelegt wird, dass die Aufbewahrungsregelung des Art. 17.4 S. 1 NADA-Code auch für negative Proben gilt, ist die Bezugnahme auf die Sätze 1 und 2 der Bestimmung, die in der Verwendung des Wörtchens „ebenfalls“ in Art. 17.4 S. 3 NADA-Code zu sehen ist, so zu verstehen, dass auch die Regelung bezüglich der Probenaufbewahrung für positive wie für negative Proben gelten soll. Die Anwendbarkeit des Art. 17.4 S. 3 auch auf negative Proben führt freilich zu einer Unschärfe der Aufbewahrungsregelung, was die zulässige Aufbewahrungsdauer betrifft: Da die Regelung der Aufbewahrungsdauer in Art. 17.4 S. 3 auf den Zeitpunkt der Verjährung abstellt, Art. 17.3 die Verjährung jedoch in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Dopingverstoßes regelt, lässt sich der Regelung kein Verjährungsbeginn für negative Proben entnehmen, die keinen Dopingverstoß offenbart haben. Auf Schwierigkeiten stößt die Berechnung des Beginnzeitpunkts für die Verjährungsfrist im Übrigen auch in vielen Fällen positiver Analyseergebnisse, in denen zwar ein Dopingverstoß, nicht aber der genaue Zeitpunkt des Verstoßes festgestellt werden kann. Diese Unklarheit des Art. 17.4 S. 3 NADA-Code führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit der Bestimmung oder der Einwilligung der Athleten in ihre Geltung. Sowohl als ins Vereinsrecht transformierte Bestimmung wie auch als Bestandteil der Einwilligungserklärung der Sportler ist Art. 17.4 S. 3 NADA-Code der ergänzenden Auslegung zugänglich.846 Naheliegend erscheint hier eine ergänzende Auslegung der Regelung, die hinsichtlich der Aufbewahrung negativer Proben an den Zeitpunkt der Probenahme anknüpft. Denn für den Fall, dass kein Verstoß aufgedeckt wurde oder auch der Zeitpunkt eines aufgedeckten Verstoßes nicht festgestellt worden ist, kommt einerseits ein anderer Anknüpfungspunkt für den Beginn der Verjährungsfrist in tatsächlicher Hinsicht nicht in Betracht. Andererseits ergibt sich im Falle der Anknüpfung an den Zeitpunkt der Probenahme im Allgemeinen deshalb keine wesentliche Verschiebung des Beginnzeitpunkts für den Lauf der Verjährungsfrist, da der Zeitpunkt der Probenahme regelmäßig nicht wesentlich vom Zeitpunkt des Verstoßes abweicht, weil die Abbauzeiten für die Nachweissubstanzen so kurz sind, dass der Verstoß zeitlich kurz vor der Probenahme begangen worden sein muss.

846 Zur ergänzenden Auslegung von Vereinsregelwerken vgl. B. Reichert, Handbuch Verbandsrecht, Rn. 451, u. BGH NJW-RR 1990, 226, für den Fall einer GmbH-Satzung; zur Auslegung der Einwilligung in die Beeinträchtigung höchstpersönlicher Rechtsgüter vgl. Palandt/H. Sprau, § 823 Rn. 38; zur ergänzenden Auslegung einseitiger Willenserklärungen vgl. Palandt/J. Ellenberger, § 157 Rn. 1 ff., 2a.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Die Befugnis zur Aufbewahrung und Nachuntersuchung der Proben scheitert auch nicht daran, dass der zulässige Umfang der Nachuntersuchungen aus Art. 17 NADA-Code nicht klar wird: Zwar wäre insoweit eine Ergänzung des Art. 17.4 S. 3 NADA-Code wünschenswert, die zum Ausdruck bringt, dass die Aufbewahrung die Nachuntersuchung auf die von der Prohibited List erfassten Methoden ermöglichen soll. Allerdings lassen sich die Einzelregelungen des Art. 17 NADA-Code zur Nachuntersuchung (Art. 17.2) und zur Aufbewahrung (Art. 17.4 S. 3) aus Sicht der Sportler nicht anders verstehen, als dass die Proben acht Jahre lang ab dem Zeitpunkt des Dopingverstoßes jedenfalls auf zum Zeitpunkt der Einwilligung in die Probenahme bereits geächtete Dopingmethoden untersucht werden können. Die Unwirksamkeit der darüber hinausgehenden Ermächtigung des Art. 17.2 S. 2 NADA-Code zur Nachuntersuchung der Proben auf neue verbotene Wirkstoffe oder Methoden verhindert die Befugnis zur Nachuntersuchung auf ursprünglich bereits verbotene Mittel nicht. Des Weiteren müssen nach § 4a III BDSG die von der Speicherung betroffenen Gesundheitsdaten über den Körperzustand des Athleten in der Einwilligung selber aufgeführt sein.847 Da mit der Aufbewahrung der Probe als solcher im Ergebnis eine Aufbewahrung sämtlicher Informationen stattfindet, die in der Probe enthalten sind, ergibt sich aus § 4a III BDSG das Erfordernis, in die Einwilligung eine Auflistung sämtlicher Gesundheitsdaten mitaufzunehmen, die aus einer Blut- oder Urinprobe herausgelesen werden können. Auch hinsichtlich der Probenaufbewahrung gilt, dass eine Belehrung über die Folgen der Verweigerung der Einwilligung gemäß § 4a I 2 2. Hs. BDSG nur dann erfolgen muss, wenn dies von einem Athleten verlangt wird, zumal die Folgen der Verweigerung in den Verbandsregelwerken niedergelegt sind, soweit darin die Verpflichtung zur Duldung der Probenaufbewahrung als eine von den Vereinsmitgliedern hinzunehmende Anti-Doping-Maßnahme geregelt ist.848 (bb) Insbesondere: Freiwilligkeit der Einwilligung Über die nach § 4a I 1 BDSG erforderliche Freiheit von Willenszwang entscheidet wiederum die Frage, ob die Verbände und Veranstalter ein gegenüber den Interessen der Sportler an der Unterlassung der Aufbewahrung überwiegendes Interesse an ihrer Durchführung geltend machen können.849 An dieser Stelle bedarf es allerdings keiner gänzlich neuen Interessenabwägung. Ist die Probenaufbewahrung zur erfolgreichen Dopingbekämpfung geeignet und erforderlich, 847

S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 87. Vgl. auch S. Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn. 73 ff., der bemängelt, dass der Gesetzeswortlaut eine Initiativbelehrung über die Folgen der Verweigerung durch den Datenverwender nur für Ausnahmefälle nahelegt. 849 Vgl. oben B.I.2.b)cc)(2). 848

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse

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kann sie das schwergewichtige Interesse der Sportvereinigungen an der Aufrechterhaltung und Durchsetzung des Dopingverbots für sich in Anspruch nehmen, so dass nur noch zu prüfen ist, ob die Interessen der Verbände auch dann noch überwiegen, wenn zusätzlich einerseits die Vorteile der Probenaufbewahrung und andererseits die damit verbundenen weiteren Rechtsbeeinträchtigungen der Athleten bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen berücksichtigt werden. (a) Geeignetheit und Erforderlichkeit der Probenaufbewahrung als Mittel zur Dopingbekämpfung Voraussetzung für die Annahme eines überwiegenden Interesses der Sportvereinigungen an der Probenaufbewahrung sind die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Aufbewahrung als Mittel zur Dopingbekämpfung. Geeignetheit und Erforderlichkeit können sich aus verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten der aufbewahrten Probe ergeben, die den Nutzen der Aufbewahrung im Sinne der Dopingbekämpfung zu begründen imstande sind. Für die Feststellung der Eignung der Probenaufbewahrung zur Dopingbekämpfung kommt es darauf an, dass mindestens eine der nachfolgend besprochenen möglichen Verwendungen zum Zeitpunkt der Einwilligung der Athleten bzw. im Falle der Rechtfertigung der Aufbewahrung nach den §§ 28 ff. BDSG im Moment der Probenahme850 wirksam im Vereinsrecht geregelt oder auf andere Weise – z. B. im Wettkampfvertrag oder in einer Einwilligungsvereinbarung – vorgegeben war. Sind sämtliche möglichen Verwendungen mangels eines Gestattungstatbestandes i. S. d. § 4 I BDSG unzulässig und dürfen sie aus diesem Grund nicht von den Verbänden durchgeführt werden, vermag auch die Aufbewahrung der Proben keinen Beitrag zur Dopingbekämpfung zu leisten, wenn durch die Aufbewahrung einzig und allein die Möglichkeit dieser Verwendungen erhalten werden sollte. Die Unzulässigkeit der beabsichtigten Verwendungen wegen des Fehlens einer darauf bezogenen Einwilligung hätte auf diese Weise zur Konsequenz, dass die Aufbewahrung der Proben keinen Sinn mehr hätte und somit auch nicht mehr zur Dopingbekämpfung geeignet wäre. Naheliegendstes Motiv wäre das Bedürfnis der Sportvereinigungen, im Falle einer positiven Erstanalyse die Probe als zentrales Beweismittel im Dopingverfahren aufzubewahren, um sie im Falle rechtlicher Maßnahmen des Athleten gegen die verbandsrechtliche Dopingentscheidung zur Hand zu haben. Die zulässige Dauer der Aufbewahrung wäre in diesem Fall nach folgenden Überlegungen zu bemessen: Das originäre Dopingverfahren umfasst den verbandsinternen Teil des Kontroll- und Sanktionsverfahrens, das mit der Feststellung des Dopingver850 Soll die Aufbewahrung nach den §§ 28 ff. BDSG gerechtfertigt werden, müssen die Athleten gemäß § 4 III Nr. 2 BDSG anlässlich der Erhebung über die Zwecke der Erhebung unterrichtet werden.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

stoßes und der Verhängung diesbezüglicher Sanktionen beendet ist, eine eventuelle Überprüfung dieses Verfahrens durch ein Vereinsgericht,851 im Falle einer wirksamen Schiedsgerichtsvereinbarung die Überprüfung durch ein Schiedsgericht sowie die Nachprüfung durch die staatlichen Gerichte, soweit der Weg nach dorthin wegen des Fehlens oder trotz einer wirksamen Schiedsgerichtsvereinbarung eröffnet ist. Weitere Angriffe des Sportlers gegen die Feststellung des Dopingverstoßes oder die verhängte Dopingsanktion, für deren Beurteilung die Probe nochmals relevant werden könnte, kommen nach dem Abschluss dieses originären Verfahrens durch das Bestandskräftigwerden der Verbandsentscheidung, durch den verbindlichen Schiedsgerichtsspruch oder die rechtskräftige gerichtliche Entscheidung nicht mehr in Betracht. Das Interesse der Verbände an der Probe als Beweismittel im originären Dopingverfahren erlischt daher mit Eintritt der Bestandskraft der Verbandsentscheidung, der Unangreifbarkeit eines eventuellen Schiedsspruches oder der Rechtskraft einer eventuellen Gerichtsentscheidung. Ab diesem Moment weist die Probenaufbewahrung unter dem Aspekt der Erhaltung der Probe als Beweismittel des ursprünglichen Dopingverfahrens aus der Sicht der Verbände keine Eignung zur Dopingbekämpfung mehr auf. Nach Abschluss des ursprünglichen Dopingverfahrens können Geeignetheit und Erforderlichkeit der Probenaufbewahrung nur noch damit begründet werden, dass die Probe unter bestimmten Voraussetzungen zu einem späteren Zeitpunkt als Beweismittel in einem neuen Dopingverfahren gegen den Athleten benötigt wird. Als Verwendungsziele in einem solchen neuen Dopingverfahren kommen der Nachweis neuer, zum Zeitpunkt der Erstanalyse noch nicht bekannter Dopingpraktiken, der Nachweis bereits bekannter Dopingpraktiken mittels erst nachträglich entwickelter Analysemethoden, die Identifizierung anderer Proben des Sportlers sowie der Vergleich mit weiteren Proben des Athleten zur Aufdeckung von Dopingverstößen in Betracht. Unter Verweis auf diese weiteren Verwendungen kann die Aufbewahrung nur gerechtfertigt werden, soweit die entsprechenden Untersuchungen der Proben zulässig sind. An dieser Zulässigkeit fehlt es hinsichtlich der nachträglichen Untersuchung auf zum Zeitpunkt der Einwilligung in die Aufbewahrung noch nicht bekannte Dopingpraktiken, da der Sportler vor der Einwilligung in die Probenahme bzw. anlässlich der Datenerhebung in Form der Probenahme mangels Kenntnis dieser Praktiken nicht über die Analyse seiner Probe auf diese Praktiken hin aufgeklärt bzw. unterrichtet worden ist.852 Demgegenüber begegnet die Nachuntersuchung auf ursprünglich bereits bekannte und verbotene Dopingpraktiken unter Verwendung neuer wissenschaftlicher Methoden keinen Bedenken, wenn nicht als Nebenprodukte dieser neuartigen Untersuchungen personenbezogene Informationen zutage gefördert werden, die von der Aufklärung anlässlich 851 852

Vgl. oben C.I. Vgl. oben D.X.1.a)bb)(1)(a)(aa).

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse

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der Einwilligung oder bei der Erhebung der Daten in Form der Probenahme nicht erfasst waren.853 Ebenso sind die spätere Verwendung der Proben zur Identifizierung anderer Proben wie auch ihre Verwendung zur Aufdeckung von Dopingverstößen über den Abgleich mit anderen Proben bei Einhaltung der Vorgaben des BDSG zulässig.854 Scheitert die Geeignetheit der Probenaufbewahrung als Dopingbekämpfungsmaßnahme nicht an der Unzulässigkeit der weiteren Verwendungen, die durch die Aufbewahrung ermöglicht werden sollen, stehen irgendwelche anderweitigen Bedenken gegen die Geeignetheit der Probenaufbewahrung nicht im Raum. Da die Probenaufbewahrung unverzichtbare Voraussetzung für die spätere Verwendung der Proben und hier insbesondere für die Nachuntersuchung auf der Basis neuer Nachweismethoden ist, ergibt sich ihre Eignung aus denselben Überlegungen heraus, aus denen bereits die Nachuntersuchung und die weiteren Verwendungen als solche als geeignet anzusehen sind. Sie beruht auf der Verbesserung der präventiven Wirkung von Dopingkontrollen, die mit der durch die Aufbewahrung geschaffenen Möglichkeit zu Nachuntersuchungen, zur Identifikation anonymer Proben und zu Vergleichsanalysen verbunden ist. Zwar wird es weiterhin Athleten geben, die die heute erreichbaren verbotenen Früchte des Dopings nicht wegen der noch ungewissen Möglichkeit unberührt lassen, morgen überführt zu werden. Je öfter die Überführung von Dopern durch die Anwendung neu entwickelter Nachweisverfahren auf konservierte Dopingproben gelungen ist, umso mehr Athleten werden jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung durch das Risiko der späteren Überführung vom Doping abgehalten werden.855 Mit Blick auf die bereits angesprochenen, aktuellen Schwierigkeiten der Dopingbekämpfung ist die Probenaufbewahrung als Maßnahme im Anti-DopingKampf auch erforderlich: Der Rückstand der Dopingermittler gegenüber den Dopingdesignern hinsichtlich der Entwicklung von Nachweisverfahren für neue Dopingmethoden führt dazu, dass neue Dopingtechniken nur theoretisch, nicht aber auch faktisch mit einer aus Sicht der Sportler ernstzunehmenden Strafandrohung belegt sind. Dies bedeutet, dass Dopingbekämpfung hinsichtlich neu entwickelter Dopingmethoden bis zum Abschluss der Entwicklung geeigneter Nachweisverfahren praktisch nicht stattfindet. Die Sportvereinigungen sind auf diese Weise in erheblichem Umfang an der Umsetzung des Verbandszieles eines dopingfreien Sports gehindert. Um diese Lücke der Dopingbekämpfung zu schließen, ist die 853

Vgl. oben D.X.1.a)bb)(1)(a)(aa). Zur Zulässigkeit der Verwendung zu Identifikationszwecken vgl. oben D.X.2.a), zur Zulässigkeit der Verwendung für Abgleiche vgl. oben D.X.3. 855 Auf diesen Abschreckungseffekt als Mittel im Anti-Doping-Kampf setzt etwa Gianfranco Kasper, der Präsident des Internationalen Skiverbands, vgl. FAZ v. 28.02.07, S. 31. 854

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Aufbewahrung von Dopingproben nicht nur geeignet, sondern – soweit ersichtlich – auch alternativlos. Zweifel an der Erforderlichkeit der Probenaufbewahrung wären nur dann gerechtfertigt, wenn andere Wege einer effektiven Bekämpfung neuer Dopingtechniken zur Verfügung stünden. (b) Überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Probenaufbewahrung Auch die Probenaufbewahrung ist mit Rücksicht auf die oben dargelegten Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Einwilligung in Rechtseingriffe durch die Sportverbände und mit Blick auf die Angemessenheitskontrolle der einschlägigen verbandsrechtlichen Regelungen nur unter der Bedingung zulässig, dass die Sportvereinigungen ein überwiegendes Interesse an der Aufbewahrung und den dadurch ermöglichten Nachuntersuchungen geltend machen können.856 Fehlt es an diesem überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen, ist insbesondere die Zustimmung der Athleten nicht mehr als freiwillig anzusehen. Die Interessenlage in Bezug auf die Probenaufbewahrung ist bereits insoweit geklärt, als ein überwiegendes Interesse der Verbände und Veranstalter an der Durchsetzung des Dopingverbots857 und – als notwendige Maßnahmen zur effektiven Umsetzung des Dopingverbots – auch an der Durchführung von Nachuntersuchungen858 sowie – unter bestimmten Voraussetzungen – an der Heranziehung vormals genommener Dopingproben zur Identifikation neuer, „herrenloser“ Proben859 und zu Vergleichsanalysen860 festgestellt worden ist. Die Ergebnisse der Interessenabwägungen um das Dopingverbot als solches und um die Verwendungen, die durch die Aufbewahrung ermöglicht werden sollen, sind als Basis für die Interessenabwägung um die Aufbewahrung selber heranzuziehen, da die Aufbewahrung eine für die möglichst lückenlose Durchsetzung des Dopingverbots wie auch für die Durchführung der beabsichtigten Verwendungen unverzichtbare Maßnahme darstellt und aus diesem Grund nicht losgelöst von der Interessenlage hinsichtlich des Dopingverbots und hinsichtlich der Nahziele der Aufbewahrung bewertet werden kann. Besteht hiernach im Ausgangspunkt eine Vermutung für ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Probenaufbewahrung, ist zu prüfen, ob die Interessenabwägung auch dann noch zugunsten der Sportvereinigungen ausfällt, wenn die durch die Probenaufbewahrung zusätzlich berührten beiderseitigen Interessen in den Abwägungsvorgang miteinbezogen werden. 856 857 858 859 860

Vgl. oben B.I.2.b)cc)(2)(c)(bb)(b) und B.I.2.c). Vgl. oben D.I. Vgl. oben D.X.1.a)bb)(1)(a)(bb). Vgl. oben D.X.2.a). Vgl. oben D.X.3.

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse

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Als zusätzliche, gegen die Aufbewahrung sprechende Belange der Athleten stehen die zusätzliche Beeinträchtigung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch die Verfügbarhaltung ihrer Daten und ihres Rechts zur Selbstbestimmung über die Verwendung der eigenen Körperprodukte und -ausscheidungen durch die Weiterverwahrung ihres Blutes oder Urins sowie am Rande ihrer von Art. 9 I GG garantierten individuellen Vereinigungsfreiheit und ihrer Berufsfreiheit gemäß Art. 12 I GG im Raum. Weder der Eingriff in die Berufsfreiheit noch die Beeinträchtigung der Vereinigungsfreiheit werden allerdings durch die Aufbewahrung der Probe im Vergleich zur Beeinträchtigung durch die Probenahme wesentlich intensiviert. Mit Blick auf Art. 12 I GG stellt sich zwar auch die Pflicht zur Duldung der Probenaufbewahrung als Berufsausübungsregelung dar, da sie den Athleten Vorgaben in Bezug auf die mit der Berufsausübung verbundenen Rechte und Pflichten macht.861 Da diese zusätzlichen Vorgaben den Sportlern jedoch keinerlei Aktivitäten abverlangen und die Probenaufbewahrung zugleich auch keine Auswirkungen auf die sportliche Betätigung zeitigt, die über die Auswirkungen des Dopingverbots als solchen und der Pflicht zur Mitwirkung bei der Probenahme hinausgehen, eignet der Probenaufbewahrung hinsichtlich der Berufsfreiheit der Athleten keine nennenswerte zusätzliche Beeinträchtigungswirkung an. Ebenso stellt sich die Probenaufbewahrung nur noch als höchst mittelbare, kaum noch spürbare Beeinträchtigung der Vereinigungsfreiheit der Sportler dar. Zwar lässt sich auch die Verpflichtung zur Duldung der Probenaufbewahrung insofern als Beeinträchtigung der Vereinigungsfreiheit begreifen, als sie ebenso wie die Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Probenahme eine Belastung darstellt, die mit dem Vereinsbeitritt verknüpft ist. Da insoweit jedoch die Probenahme den ganz entscheidenden Eingriff darstellt, indem sie diejenige Rechtsbeeinträchtigung herstellt, die sodann durch die Aufbewahrung der Probe nur noch zeitlich verlängert wird, sind auch im Hinblick auf Art. 9 I GG Dopingverbot und Probenahme als die maßgeblichen Eingriffsakte anzusehen, hinter denen die Probenaufbewahrung in ihrer Bedeutung nahezu völlig zurücktritt. Somit rückt die zusätzliche Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Athleten in den Mittelpunkt der Betrachtung, die deshalb in der Probenaufbewahrung zu sehen ist, weil diese einerseits eine verlängerte Vorhaltung von Informationsmasse durch die Sportvereinigungen bedeutet und andererseits die mit der Inbesitznahme der Proben einhergehende Suspendierung des Selbstbestimmungsrechts bezüglich der eigenen Körpersubstanzen verlängert. Zur Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts bezüglich der eigenen Körpersubstanzen kann zunächst einmal auf die diesbezüglichen Ausführungen im Zu861 Nach BVerfGE 3, 377, 405 f., sind Berufsausübungsregelungen Vorgaben, die Einzelfragen der Gestaltung der Berufstätigkeit betreffen.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

sammenhang mit der Urinprobenahme862 verwiesen werden. Insoweit ist festzustellen, dass – über das Interesse an dem abgegebenen Urin als Informationsmasse hinaus – keine besondere persönlichkeitsrechtliche Nähebeziehung der Probanden zu ihrem Urin erkennbar ist. Gegen die Annahme einer solchen Nähebeziehung spricht vielmehr der Umstand, dass sie sich von diesem Urin ohnehin getrennt hätten, und dies im Normalfall auf eine wenig respektvolle Weise durch die Entsorgung in die Kloake. Auch in Bezug auf Blut besteht im Allgemeinen – außer dem Interesse am Schutz der darin enthaltenen Informationen – kein besonderes Interesse der Spender an dessen weiterem Schicksal. Niemand würde etwa bei einem Unfall vergossenes Blut aufgrund der besonderen Nähebeziehung zur eigenen Körpersubstanz aufbewahren oder sonst einer besonderen Behandlung zuführen. Auch vom Körper ausgeschiedenes Blut wird vielmehr im Regelfall durch den Betroffenen selber oder mit seiner Zustimmung vernichtet. Im Unterschied zu diesen Normalfällen der Urin- oder Blutabgabe werden die Körpersubstanzen zur Durchführung der Probenaufbewahrung bei der Abgabe aufgefangen und danach in unversehrtem Zustand verwahrt. Der Urin oder das Blut bleiben auf diese Weise als Objekt der Selbstbestimmung über die eigenen Körpersubstanzen erhalten. Dass die Körpersubstanzen im Unterschied zur normalen Entsorgung nicht bei der Abgabe vernichtet werden, ist der Probenahme zur umgehenden Analyse und der Probenahme zur weiteren Aufbewahrung gemein und führt daher nicht zu einer im Vergleich zur Probenahme wesentlich weiter gehenden Rechtsbeeinträchtigung durch die Probenaufbewahrung. Insoweit unterscheidet sich die Probenahme mit anschließender Aufbewahrung erst ab dem Zeitpunkt von der Probenahme mit anschließender Vernichtung der Probe, ab dem die Probe nach der Analyse für spätere Verwendungen erhalten wird. Das Interesse, das hinter dem Selbstbestimmungsrecht bezüglich der eigenen Körpersubstanzen steht, ist teilweise inhaltsgleich mit dem Interesse des Spenders an der informationellen Selbstbestimmung, soweit durch die Selbstbestimmung über die eigenen Körpersubstanzen die Gefahr einer informativen Auswertung der Körpersubstanzen durch Dritte vermieden werden soll. Insoweit kann auf die nachfolgende Abwägung der Verbandsinteressen an der Probenaufbewahrung gegen das Interesse der Athleten an der Unversehrtheit ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts verwiesen werden. Der persönlichkeitsrechtliche Schutz der eigenen Körpersubstanzen greift allerdings nicht erst dann, wenn der Rechtsinhaber eine Gefährdung seiner Interessen durch den Umgang Dritter mit seinen Körperprodukten und -ausscheidungen konkret aufzeigen kann. Die Verschaffung oder Verwendung von Körpersubstanzen Anderer bedeutet vielmehr ohne weiteres eine Beeinträchtigung von deren Persönlichkeitsrechten. Grund hierfür ist die naturgegebene Nähebeziehung des Menschen zu den eigenen Körperteilen und eben auch den eigenen Körpersubstanzen, die sich bei vielen Men862

Vgl. oben D.III.2.a)cc).

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse

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schen in dem Unbehagen äußert, das sie bei der Überlassung von Körpersubstanzen in die Hände Dritter empfinden. Die Einschränkung dieses Rechts wird jedoch durch die Probenaufbewahrung gegenüber der Probenahme zur kurzfristigen Auswertung nicht wesentlich intensiviert. Einzig und allein die Dauer des Zeitraums, in dem die Sportler nicht selber über die abgegebenen Körpersubstanzen verfügen können, wird durch die Probenaufbewahrung verlängert. Diese Verlängerung ist mit Blick auf die geringe Beeinträchtigungswirkung, die vom Entzug des Selbstbestimmungsrechts bezüglich des abgegebenen Urins und des abgenommenen Blutes ausgeht,863 von geringer Bedeutung für die Bewertung des Eingriffs. Abgesehen von der Erhöhung der Eingriffswirkung in das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist somit keine nennenswerte Steigerung der persönlichkeitsrechtlichen Belastung der Athleten mit dieser Verlängerung verbunden. Wie schon die Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten durch die Probenahme als solche ist auch die zusätzliche Beeinträchtigung durch die Probenaufbewahrung durchaus als schwergewichtig anzusehen: Zwar ist auch während der Probenaufbewahrung die Gefahr einer Weiterverbreitung der in der Urinprobe enthaltenen Informationen über den Sportler dadurch minimiert, dass die Daten noch nicht für jedermann lesbar, sondern nur verschlüsselt vorliegen. Jedoch bleibt auch die Aufbewahrung der Urinprobe mit Blick auf die darin enthaltenen sensiblen Gesundheitsdaten brisant. Zwar mögen andere Gesichtspunkte wie das erlahmende öffentliche Interesse an der Person des Probanden dazu führen, dass die von der Probe ausgehende Gefährdung mit zunehmender Aufbewahrungsdauer abnimmt. Im Grundsatz ist jedoch das Zeitmoment hinsichtlich der Bemessung der Gefahr für das informationelle Selbstbestimmungsrecht von maßgeblicher Bedeutung: Jeder Tag, den eine Probe länger existiert, ist ein neuer Tag, an dem ein rechtsverletzender Angriff auf die in der Probe enthaltenen Informationen erfolgen kann. Die Gefahr für das informationelle Selbstbestimmungsrecht wächst hiernach – vermindert um einen eventuellen Interessenabfall – proportional zur Aufbewahrungsdauer, eine doppelt so lange Aufbewahrung bedeutet eine doppelt so große Gefährdung der Daten. Andererseits lassen sich ebenso wie für die Probenahme auch zugunsten der Probenaufbewahrung als Interessen der Athleten anführen, dass die Aufbewahrung erstens ebenfalls zur Dokumentation der Sauberkeit beiträgt, indem sie den späteren Nachweis der Abstinenz von zuvor noch nicht nachweisbaren Dopingmitteln ermöglicht, und zweitens zu einer Verbesserung des Umfelds der Athleten führt, indem sie aufgrund ihrer Abschreckungswirkung die Zahl der gedopten Konkurrenten verringert. Im Übrigen kann hinsichtlich der für die Probenaufbewahrung sprechenden Interessen auf die Ausführungen zur Zulässigkeit von Nachuntersuchungen ver863

Vgl. oben D.III.2.b)aa).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

wiesen werden. Da die Probenaufbewahrung eine für die Ermöglichung zulässiger Nachuntersuchungen unverzichtbare Maßnahme darstellt, kann sie dieselben Argumente für sich in Anspruch nehmen, die auch bereits für die Bewertung der Nachuntersuchungen als zulässige Maßnahme entscheidend waren. Hiernach besteht ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Probenaufbewahrung vor dem Hintergrund, dass andernfalls erstens erhebliche Lücken im Dopingkontrollsystem im Hinblick auf noch nicht nachweisbare Dopingverstöße nicht geschlossen werden könnten und hierdurch die Umsetzung des Verbandszwecks „Dopingfreiheit des Sports“ vereitelt würde und zweitens die Sportvereinigungen in ihrem persönlichkeitsrechtlich garantierten Anspruch auf Selbstbestimmung über das eigene Charakterbild in der Öffentlichkeit beeinträchtigt wären, da sie offenkundig notwendige Maßnahmen nicht treffen könnten und infolge dessen mit ihrer Selbstpräsentation als Dopinggegner nicht mehr ernst genommen würden. Ist nach alledem im Grundsatz ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Probenaufbewahrung zu konstatieren, können sich die Sportvereinigungen dennoch hierauf nur insoweit berufen, als die Probenaufbewahrung im konkreten Fall auf eine Art und Weise erfolgt, die ihre Wirkung als Eingriff in die Rechte der Athleten auf einen zumutbaren Umfang beschränkt. Die wohl wichtigste Maßnahme in diesem Sinne ist die Pseudonymisierung der Proben, bevor sie in den Besitz der für die Lagerung zuständigen Personen gelangen. Durch die Übergabe der Proben an das Labor in pseudonymisiertem Zustand muss so weit als möglich gewährleistet werden, dass der Name des jeweiligen Probanden ungenannt bleibt und auch nicht aus den Umständen ermittelt werden kann, was allerdings auch eine optimale Einrichtung des Verfahrens bezüglich anderer Einzelheiten voraussetzt. Diese Anforderung wird durch das im NADACode vorgegebene Verfahren im Regelfall erfüllt, da die Dopingproben noch anlässlich der Probenahme, d.h. vor der Versendung an das zuständige Labor, mit einer Code-Nummer versehen und nachfolgend Probe und Kontrollformular voneinander getrennt werden. Die Pseudonymisierung ist daher zum Zeitpunkt der Einlagerung der Proben lediglich in denjenigen Fällen nicht lückenlos gegeben, in denen die Erstanalyse bereits zu einem positiven Dopingbefund geführt hat und aus diesem Grund die Depseudonymisierung der Probe im Zuge des weiteren Dopingverfahrens erfolgt ist. Soweit es nicht gelingen sollte, die Depseudonymisierung auch im Falle der Analyse der B-Probe und im weiteren Verlauf des Dopingverfahrens gegenüber den Labormitarbeitern und sonstigen Dritten aufrechtzuerhalten, müssen im Labor depseudonymisierte Proben deshalb vor der Einlagerung erneut pseudonymisiert werden. Dies muss auf eine Weise geschehen, dass möglichst wenige Personen überhaupt von der Identiät des Probanden Kenntnis erlangen und dass die zur Identifikation des Probanden notwendigen Unterlagen räumlich getrennt von der Probe bei einem Verbandsvertreter gelagert werden, dessen Person eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass ein Miss-

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse

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brauch der Unterlagen ausgeschlossen ist. In Betracht käme insoweit beispielsweise, dass ein Verbandsverantwortlicher, der später keinen Zugriff auf die Dopingformulare mit der Code-Nummer und dem Namen des Athleten hat, die Probe mit einer neuen Code-Nummer versieht, die wiederum nur ihm bekannt ist, diese Code-Nummer auf dem Dopingformular vermerkt und sodann die Probe selber zur Lagerung und das Dopingformular in einem versiegelten Umschlag an den für die Verwahrung zuständigen Verbandsverantwortlichen übergibt. Die Voraussetzungen und Modalitäten der Wiederherstellung des Personenbezugs müssen entsprechend restriktiv geregelt sein. Dies bedeutet, dass die Wiederherstellung des Personenbezugs nur für diejenigen Fälle vorgesehen werden darf, in denen sie zur Umsetzung von Maßnahmen notwendig ist, an deren Durchführung die Sportvereinigungen ein gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Athleten überwiegendes Interesse geltend machen können. Im Normalfall der Nachuntersuchung wegen neuer Nachweisverfahren bedarf es der Depseudonymisierung überhaupt nicht: Da nur vor dem Stichtag der Einsetzbarkeit der neuen Methode untersuchte Proben für die Nachuntersuchung in Betracht kommen, können die erneut zu untersuchenden Proben nach dem Datum der letzten Analyse ausgewählt und ohne Nennung des Namens des Probanden anhand der Codenummer identifiziert werden. Soll über die aufbewahrten Proben die Zuordnung einer neuen, nicht identifizierten Probe erfolgen, reicht es aus, wenn seitens des Dopinglabors lediglich die Codenummern derjenigen aufbewahrten Proben ermittelt und mitgeteilt werden, die von demselben Probanden wie die neu vorgelegte Probe herrühren. Auch zur Durchführung von Vergleichsanalysen, bei denen Dopingverstöße durch charakteristische Veränderungen zwischen zwei Proben desselben Athleten nachgewiesen werden sollen, benötigt das Dopinglabor nicht den Namen des betroffenen Sportlers. Auch insoweit reicht es aus, wenn vom verantwortlichen Verband die Codenummern derjenigen aufbewahrten Proben mitgeteilt werden, die zuvor von demselben Athleten genommen wurden. Zudem ist darauf zu achten, dass möglichst wenige Personen Kenntnis von der Abstammung einer depseudonymisierten Probe erhalten, wenn die Pseudonymisierung tatsächlich zur Durchführung des weiteren Verfahrens aufgehoben werden muss. Bis zum Auftreten eines positiven Befundes der A-Probe kann das Dopingverfahren einschließlich der Analyse ausschließlich auf der Basis der Codenummern durchgeführt werden. Auch im Verband selber sollte niemand darüber Bescheid wissen, welcher Athlet sich hinter den einzelnen Codenummern verbirgt. Das zur Zuordnung der Proben befähigende Protokoll der Probenahme, in dem neben der Codenummer der Name des Probanden niedergelegt ist, kann im Gewahrsam des zuständigen Verbandsvertreters versiegelt bleiben. In diesem Stadium ist daher nur der Dopingkontrolleur, der das Protokoll zur Probenahme ausgefüllt hat, theoretisch in der Lage, den zu einer Codenummer gehörenden Athleten ohne die Überwindung von Zugangshindernissen zu benennen, nämlich

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dann, wenn er sich die Codenummer zur Person des Sportlers gemerkt hat. Fällt die A-Probe positiv aus, ist lediglich die Mitteilung der Codenummer der positiven Probe an den Verband notwendig. Einzig und allein der für die Aufbewahrung der Protokolle zur Probenahme zuständige Verbandsvertreter muss anhand der Codenummer den betroffenen Sportler ermitteln. Fordert der Athlet nicht die zusätzliche Analyse der B-Probe, kann es dabei bleiben, dass nur dieser eine Verbandsvertreter zusätzlich Kenntnis von der Codenummer des Sportlers erlangt hat. Verlangt der betroffene Sportler die Untersuchung der B-Probe, kann die Depseudonymisierung gegenüber weiteren Beteiligten neben dem für die Unterrichtung des Athleten zuständigen Verbandsvertreters wie etwa den Labormitarbeitern dadurch vermieden werden, dass dem Athleten die Möglichkeit eröffnet wird, über eine Videoverbindung oder durch die Entsendung eines Vertreters ohne Preisgabe seiner Identität an der Öffnung der B-Probe teilzunehmen. Damit die Probe im Laufe ihrer weiteren Aufbewahrung wiederum von möglichst wenig Personen anhand der Codenummer zugeordnet werden kann, muss sie jedenfalls dann, wenn es im Zuge der Untersuchungen zu ihrer Depseudonymisierung gekommen ist, nach Abschluss der Erstanalyse in der Weise neu codiert werden, dass ein Verbandsvertreter im Beisein ausschließlich des Athleten die alte Codenummer so rückstandsfrei entfernt, dass sie nicht mehr erkennbar ist, und die Proben mit einer neuen Codenummer versieht, die dann wiederum in einem versiegelten Umschlag vom Verband verwahrt wird. Neben der Pseudonymisierung der Proben müssen die konkreten Umstände der Probenaufbewahrung so eingerichtet sein, dass unnötige Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Probanden ausgeschlossen sind, soweit dies den Verbänden mit einem zumutbaren Aufwand möglich ist. Es muss im Einzelnen geregelt sein, welche Beteiligten unter welchen Voraussetzungen zu welchen Zwecken Zugriff auf die gelagerten Proben haben und wie die Zugriffsakte der Zugriffsberechtigten zu dokumentieren sind.864 Das Reglement muss seinerseits so ausgestaltet sein, dass ein Zugriff auf die Proben nur insoweit zulässig ist, als die zweckgerichtete Ausgestaltung des Dopingkontrollverfahrens den Kontakt mit den Proben erforderlich macht. Sodann muss gewährleistet sein, dass nur diejenigen Personen Zugriff auf die gelagerten Proben nehmen können, die dem einschlägigen Reglement zufolge zum Umgang mit den Proben berechtigt sind. Der Zugriff Dritter bzw. Manipulationen durch Dritte müssen so weit als möglich durch Schutzvorkehrungen ausgeschlossen werden. Schließlich muss gewährleistet sein, dass am Ende der im Regelwerk vorgesehenen Aufbewahrungsdauer die Vernichtung der Proben erfolgt. Sind von den Verbänden sämtliche Maßnahmen zur Minimierung der Eingriffswirkung der Probenaufbewahrung getroffen, wozu insbesondere die weitest864 Die Notwendigkeit einer Dokumentation zur Gewährleistung der „chain of custody“ betont auch T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rn. 237.

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mögliche und effektive Pseudonymisierung der Proben zählt, bezieht das Interesse der Athleten an der Unterlassung der Aufbewahrung sein Gewicht lediglich noch aus der besonderen Sensibilität der betroffenen Informationen, während die Gefahr einer unbefugten Verwendung oder eines Missbrauchs der Daten auf ein Mindestmaß reduziert ist. Demgegenüber stellt die Aufbewahrung der Proben zur späteren Nachuntersuchung aus der Sicht der Verbände auch dann einen sehr wichtigen Baustein einer effektiven Dopingbekämpfung dar, wenn die Nachuntersuchung sich auf die Aufdeckung zum Zeitpunkt der Einwilligung bereits verbotener Praktiken beschränken muss: Indem die Aufbewahrung für die Sportler das Risiko begründet, dass ein aktuell noch nicht nachweisbares Dopingmittel infolge des wissenschaftlichen Fortschritts zu vielleicht schon in naher Zukunft aufgespürt werden kann, bewirkt allein die Möglichkeit der Nachanalyse eine Verunsicherung der Sportler bezüglich der Anwendung derartiger Mittel.865 Diese Verunsicherung stellt gegebenenfalls den einzigen Hemmschuh hinsichtlich der Verwendung noch nicht nachweisbarer Praktiken dar. In dieser Situation überwiegt das Interesse der Sportvereinigungen an der Probenaufbewahrung die gegenläufigen Interessen der Athleten mit der Konsequenz, dass die Einwilligung der Sportler in die Probenaufbewahrung als freiwillig und die einschlägigen Verbandsbestimmungen als angemessen anzusehen sind. (cc) Reichweite der Einwilligung Im Anwendungsbereich des BDSG ergibt sich aus § 4a I 2 BDSG das Erfordernis, dass die Athleten vor Abgabe der Einwilligungserklärung bezüglich der Probenaufbewahrung über den Zweck der Datenverwendung aufzuklären sind. Diese Aufklärung über den Zweck muss alle Umstände der Datenverwendung umfassen, die im Hinblick auf den Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht von Bedeutung sind. Durch den Umfang dieser Aufklärung wird die Reichweite der Einwilligung der Athleten begrenzt. Zwar legt § 4a I 2 BDSG für diese Aufklärung kein Schriftformerfordernis fest. Da jedoch nach § 4a I 3 BDSG die Einwilligung selber in schriftlicher Form zu erfolgen hat und nach zutreffender Ansicht der schriftlichen Einwilligungserklärung zumindest die jeweils zur Verwendung durch die Verbände in Betracht kommenden Angaben und auch die gebilligten Verarbeitungsziele und Verarbeitungsphasen zu entnehmen sein müssen,866 muss sich der Kerninhalt dieser Aufklärung ohnehin in der schriftlichen Einwilligung widerspiegeln. Im Hinblick auf andernfalls zu erwartende Beweisschwierigkeiten bei späteren Streitigkeiten über die Reichweite der Einwilligung empfiehlt es sich allerdings dringendst, den Umfang der Aufklä-

865 Zur Zulässigkeit derartiger Nachuntersuchungen vgl. die Ausführungen zu Art. 17.2 NADA-Code unter D.X.1.a)bb)(1)(a). 866 S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 4a Rn. 80.

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rung auch dann schriftlich zu dokumentieren, wenn für die Einwilligung keine Schriftform erforderlich ist. (b) Gesetzliche Erlaubnis/Anordnung Da ebenso wie im Falle der Probenahmen und der weiteren datenschutzrechtlich relevanten Dopingkontrollmaßnahmen auch hinsichtlich der Einwilligung in die Probenaufbewahrung wegen der besonderen Wirksamkeitsvoraussetzungen gemäß BDSG ein erhebliches Risiko besteht, dass die Einwilligung trotz ihrer freiwilligen Erklärung keine Wirksamkeit erlangt, kommt auch insoweit der Möglichkeit einer Rechtfertigung über § 28 BDSG besondere Bedeutung zu. Ob die Aufbewahrung auf § 28 BDSG gestützt werden kann, hängt davon ab, welche der beteiligten Organisationen verantwortliche Stelle für die Probenaufbewahrung ist und ob die Aufbewahrung der Erfüllung eigener Geschäftszwecke dient oder geschäftsmäßig zum Zwecke der Übermittlung erfolgt. Die bisherige Praxis des Umgangs mit den Proben ist dadurch gekennzeichnet, dass die Aufbewahrung der Proben nach der Erstanalyse von den Dopinglaboren durchgeführt wird. Der Entschluss zur Aufbewahrung der Proben wird hierbei nicht von den Laboren nach eigenem Gutdünken getroffen, sondern die Aufbewahrung erfolgt im Auftrag der Sportvereinigungen oder der NADA, die hierbei ihrerseits im Auftrag der Sportvereinigungen handelt. Die im Hinblick auf die Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Sportler relevanten Umstände wie etwa die Dauer der Aufbewahrung oder die Verfügbarkeit der Proben während der Aufbewahrung werden von der NADA oder den Sportvereinigungen entsprechend den Bestimmungen des Verbandsrechts und des NADA-Codes festgelegt. Den Dopinglaboren kommen hiernach keine eigenständigen Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich des Ob oder des Umfangs der Aufbewahrung zu. Sie legen lediglich die technischen Umstände der Aufbewahrung fest wie etwa die zur Verhinderung des Verderbs der Proben notwendigen Maßnahmen. Die Datenspeicherung, als die die Probenaufbewahrung bei Subsumtion unter die Verwendungstatbestände des BDSG anzusehen ist, wird von den Laboren daher im Rahmen einer Auftragsverarbeitung i. S. d. § 11 BDSG durchgeführt. Verantwortliche Stelle für die Probenaufbewahrung ist hiernach die Sportvereinigung, der der betroffene Athlet angehört, wenn die Aufbewahrung unmittelbar in deren Auftrag geschieht. Ist die NADA von der zuständigen Sportvereinigung mit der Umsetzung des Dopingkontrollmanagements beauftragt worden, hängt deren Qualifizierung als verantwortliche Stelle davon ab, inwieweit ihr eigene Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich der Probenaufbewahrung zukommen, die nicht lediglich auf abwicklungstechnische Umstände der Aufbewahrung beschränkt sind. Indem Art. 8.2 NADA-Code der NADA die Auswahl des Analyselabors überlässt, versetzt er die NADA in die Lage, über den Kreis der Personen

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zu entscheiden, die zu den vom Reglement vorgesehenen weiteren Datenverwendungen nach der Probenahme und somit auch zur Probenaufbewahrung befugt sein sollen. Des Weiteren lässt sich die Aufbewahrungsregelung des Art. 17.4 S. 3 NADA-Code vor dem Hintergrund der – wenn auch unwirksamen – Eigentumsregelung des Art. 17.1 NADA-Code nur so verstehen, dass der NADA die Befugnis zur Entscheidung darüber zusteht, ob eine Dopingprobe überhaupt aufbewahrt werden soll. Diese Befugnisse der NADA bewirken, dass sich ihre Mitwirkung im Zusammenhang mit der Probenaufbewahrung gegebenenfalls nicht auf eine bloße Auftragsverarbeitung beschränkt, sondern die NADA insoweit selber als verantwortliche Stelle agiert. Hat die zuständige Sportvereinigung unmittelbar das Labor beauftragt, erfolgt die Aufbewahrung durch das Labor wie durch einen verlängerten Arm der Sportvereinigung als verantwortliche Stelle. Als Zwecke der Datenverwendung stehen in diesem Fall unmittelbar diejenigen Zwecke im Raum, die von der Sportvereinigung als verantwortlicher Stelle mit der Aufbewahrung verfolgt werden. Da die Probenaufbewahrung der Dopingbekämpfung dient, die wiederum eine Maßnahme zur Umsetzung der eigenen Verbandsziele darstellt, ist für die Zulässigkeit der Probenaufbewahrung im Auftrag der Verbände § 28 BDSG einschlägig. Geschieht die Probenaufbewahrung im Auftrag der NADA als verantwortliche Stelle, stellt sie ebenfalls nicht selbst den Gegenstand der Geschäftstätigkeit der NADA dar, sondern wird als Hilfsmittel zur Durchführung des Dopingkontrollmanagements eingesetzt, das den Geschäftszweck der NADA bildet, nachdem sie von den Sportvereinigungen mit der Umsetzung des Dopingkontrollsystems beauftragt worden ist. Auch in diesem Fall ist daher § 28 BDSG als möglicher Zulässigkeitstatbestand gemäß BDSG einschlägig. Die Probenaufbewahrung kann hiernach bei Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen der Vorschrift gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG berechtigt sein. Erfolgt die Aufbewahrung im Auftrag der NADA oder auch eines übergeordneten Verbandes, setzt die Anwendung des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG freilich voraus, dass unmittelbar zwischen der NADA oder dem übergeordneten Verband und dem Athleten ein rechtsgeschäftliches oder rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis – beispielsweise in Form einer Athletenvereinbarung – zustandegekommen ist, dessen Zweck etwa aufgrund der Einbeziehung des Verbandszwecks „dopingfreier Sport“ oder auf andere Weise die Probenaufbewahrung abdeckt. Im Übrigen kann an dieser Stelle hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Datenverwendung nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG auf die Ausführungen zu den Maßgaben des BDSG für die Verwertung personenbezogener Informationen bei Verbandsentscheidungen867 verwiesen werden. Die Erforderlichkeit der Probenaufbewahrung zur Durchführung des Schuldverhältnisses, konkret zur Er867

Vgl. oben B.II.1.b)aa)(1)(a).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

reichung der Zweckbestimmung „dopingfreier Sport“, hängt hiernach davon ab, dass sie zur Erreichung der Dopingfreiheit geeignet und erforderlich (im engeren Sinne) ist und keine im Hinblick auf die Wertigkeit der Zweckbestimmung unangemessene Rechtsbeeinträchtigung für den Betroffenen mit sich bringt. Wie im vorangegangenen Abschnitt dargelegt, stellt die Probenaufbewahrung ein geeignetes und auch erforderliches Mittel zur Umsetzung des Verbandszieles „dopingfreier Sport“ dar. Des Weiteren ist bereits festgestellt, dass auch die Interessenabwägung trotz des schwerwiegenden Interesses der Sportler am Schutz des sensiblen Datenmaterials zugunsten der Eingriffsregelung ausfällt, weil die Verbände in ihrer Identität und somit in ihren Existenzgrundlagen bedroht wären, wenn sie den Verbandszweck „Dopingfreiheit“ wegen der Unmöglichkeit der Eindämmung von Dopingverstößen mit noch nicht nachweisbaren Dopingtechniken in erheblichem Umfang nicht umsetzen könnten. Die Probenaufbewahrung ist daher für die Erreichung der Zweckbestimmung des rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses in Form des Mitgliedschaftsverhältnisses erforderlich i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG. Ist das Labor von der NADA oder einem übergeordneten Verband mit der Probenaufbewahrung beauftragt worden, ohne dass ein rechtsgeschäftliches oder ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis zwischen NADA oder Verband und Sportler besteht, kommt nicht § 28 I 1 Nr. 1, sondern nur § 28 I 1 Nr. 2 BDSG als Gestattungstatbestand zugunsten der NADA oder des Verbands als verantwortliche Stelle in Betracht. Sowohl der übergeordnete Verband aufgrund der Verankerung des „dopingfreien Sports“ als Verbandszweck als auch die NADA aufgrund ihres Stiftungszwecks und infolge der Übernahme des Dopingbekämpfungsauftrags des zuständigen Verbandes verfolgen mit der Probenaufbewahrung berechtigte Interessen i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG.868 Die Probenaufbewahrung stellt sich aus den im Zusammenhang mit der Einwilligung in die Aufbewahrung angeführten Gründen869 als für die Wahrung dieser berechtigten Interessen erforderlich dar. Ebenso können für die Feststellung des Fehlens eines überwiegenden gegenläufigen Interesses der Athleten die Überlegungen, die bereits im Zusammenhang mit der Freiwilligkeit der Einwilligung für ein überwiegendes Interesse gesprochen haben,870 herangezogen werden. Sowohl mit Blick auf die Rechtfertigung der Probenaufbewahrung nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG als auch bezüglich ihrer Gestattung über § 28 I 1 Nr. 2 BDSG erweist sich allerdings neuerlich § 28 VI BDSG als problematisch. Ob § 28 VI BDSG die Gestattung der Aufbewahrung nach § 28 I 1 BDSG ohne ausdrückliche Einwilligung der Sportler gemäß § 4a III BDSG tatsächlich ausschließt, hängt von der Definition der Einzelangabe i. S. d. § 3 I BDSG ab. 868 869 870

Vgl. oben D.III.1.a)bb)(1)(b). Vgl. oben D.XI.1.a)bb)(1)(a)(bb)(a). Vgl. oben D.XI.1.a)bb)(1)(a)(bb)(b).

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse

673

Wie bereits an anderer Stelle dargelegt,871 lassen sich im Falle von Spuren und Stoffen, zu denen auch Urin- und Blutproben zählen, die in der Substanz enthaltenen Informationen in zwei Gruppen einteilen. Zur ersten Gruppe gehören diejenigen Informationen, auf deren Aufbewahrung oder Auswertung die Inbesitznahme der Probe abzielt. Der zweiten Gruppe gehören solche Informationen an, die nur deshalb mit in Besitz genommen werden, weil sie der Probe nun einmal anhaften, auf die die Aufbewahrungs- oder Verwendungsabsicht der verantwortlichen Stelle aber nicht gerichtet ist. Wendet man das maßgebliche Kriterium für die Unterscheidung zwischen Körpersubstanzen als bloßen Spuren ohne Datenqualität und Körpersubstanzen als Proben mit Datenqualität, das zutreffend im Bestehen eines finalen, auf Vermittlung oder Aufbewahrung gerichteten Elements gesehen wird,872 nicht nur auf die Urin- oder Blutprobe in ihrer Gesamtheit an, sondern beurteilt man stattdessen auch die einzelnen Informationsgehalte der final in Besitz genommenen Probe danach, ob sie zur Aufbewahrung oder weiteren Verwendung sichergestellt worden sind, ist bezüglich der in der Probe enthaltenen Informationen wie folgt zu unterscheiden: Einzelangaben i. S. d. § 3 I BDSG und damit Daten, deren Verwendung den Bestimmungen des BDSG unterworfen ist, sind in diesem Fall nur diejenigen Informationsgehalte der Urin- oder Blutprobe, deren Verwendung im Dopingverfahren von der verantwortlichen Stelle beabsichtigt ist. Für Dopingkontrollverfahren, die auf der Grundlage des NADA-Codes durchgeführt werden, würde dies bedeuten, dass nur diejenigen Urin- und Blutwerte als Einzelangaben relevant sind, die nach den Regeln des NADA-Codes im Wege der Probenanalyse festgestellt werden sollen oder unvermeidlich als Nebenprodukte der Analyse festgestellt werden. Für die Anwendbarkeit des § 28 VI BDSG hätte dies folgende Konsequenzen: Die Möglichkeit zur Rechtfertigung der Datenverwendung gemäß § 28 I BDSG wäre nicht bereits deshalb eingeschränkt, weil Urin- und Blutprobe neben den Dopinginformationen auch Gesundheitsinformationen über die Athleten enthalten. Die Existenz dieser Gesundheitsinformationen wäre vielmehr nur noch insoweit von Bedeutung, als es sich um Informationen handelt, die im Rahmen der Dopinganalyse eine Rolle spielen, weil sie als Parameter für das Vorliegen bestimmter Dopingverstöße ermittelt werden müssen oder bei der Ermittlung dieser Parameter unvermeidlich zutage treten. Soweit die Verwendung der Proben nur auf solche darin enthaltenen Informationen abzielt, die ausschließlich dem Nachweis von Dopingverstößen dienen, jedoch keine Schlüsse auf den Gesundheitszustand der Athleten zulassen, würde die Verwendung der Proben und somit auch ihre Aufbewahrung unter Berufung auf § 28 I BDSG als Gestattungstatbestand nicht durch § 28 VI BDSG verhindert.

871 872

Vgl. oben D.III.1.a)aa). U. Dammann, in: Simitis, BDSG, § 3 Rn. 5.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Nach der hier vertretenen Auffassung wird zwar zu Recht auf das Kriterium der Aufbewahrungs- oder Verwendungsabsicht abgestellt, wenn die Frage zu beantworten ist, wann der Umgang mit Spuren und Proben eine Datenverwendung i. S. d. BDSG darstellt. Ist eine Informationsmasse wie vorliegend der Urin oder das Blut der Sportler jedoch erst einmal zur Aufbewahrung oder Verwertung darin enthaltener Informationen bestimmt worden, werden insbesondere von der Aufbewahrung sämtliche aus der Informationsmasse herauslesbaren Umstände des Betroffenen erfasst, so dass der gesamte Informationsgehalt des Schutzes des BDSG bedarf. Die Unterscheidung zwischen solchen Informationen, auf die die Verwendung oder Aufbewahrung der Informationsmasse abzielt, und solchen Informationen, bezüglich derer keine Verwendungsabsicht besteht, widerspricht aus diesem Grund dem Schutzzweck des BDSG und ist deshalb abzulehnen. Für die Aufbewahrung von Urin- und Blutproben bedeutet dies, dass sie wegen § 28 VI BDSG im Regelfall nicht nach § 28 I BDSG gerechtfertigt werden kann, da die Proben zumindest unter anderem Gesundheitsangaben zur Person des Probanden i. S. d. § 3 IX BDSG enthalten. Für ihre Aufbewahrung bedarf es daher in jedem Fall, das heißt auch beim Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 28 I 1 Nr. 1 oder Nr. 2 BDSG, einer Einwilligungserklärung, in der die von der Datenverwendung betroffenen Informationen über die Athleten, die den Charakter von Gesundheitsangaben i. S. d. § 3 IX BDSG aufweisen, explizit aufgeführt sind. Der mit der Probenaufbewahrung einhergehende Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten ist nach alledem nicht durch eine gesetzliche Anordnung oder Erlaubnis und insbesondere nicht durch § 28 BDSG gedeckt. (2) Weitere Maßgaben des BDSG Von den weiteren Maßgaben für in den Anwendungsbereich des BDSG fallende Datenverwendungen873 ist im Zusammenhang mit der Probenaufbewahrung das immer im Raum stehende Gebot der Datenvermeidung und -sparsamkeit gesondert zu erwähnen: Zwar sind Art und Menge der von der Aufbewahrung erfassten Daten für die Verbände nicht steuerbar, da eine teilweise Vernichtung derjenigen Informationen, die sich nach dem Stand der Technik einer Urin- oder Blutprobe entnehmen lassen, nicht oder nicht mit zumutbarem Aufwand möglich ist. Sollten technische Möglichkeiten eine solche Informationsreduzierung mit vertretbarem Aufwand zulassen, wäre sie nach § 3a BDSG vor der Einlagerung der Proben geboten. Auch wenn Qualität und Quantität der Daten nicht gesteuert werden können, besteht für die Verbände aber die Möglichkeit, den Personenkreis zu bestimmen, 873

Vgl. oben B.II.1.b)bb).

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse

675

der nach der Erstanalyse in der Aufbewahrungsphase mit den Proben in Berührung kommen soll. Hierbei ist darauf zu achten, dass erstens von vornherein möglichst wenige Personen überhaupt mit den aufbewahrten Proben in Berührung kommen und dass zweitens der Umfang der verwertbaren Informationen, die diese Personen anlässlich des Umgangs mit den aufbewahrten Proben erhalten, so gering wie möglich ist. Im Hinblick auf diese Anforderungen finden sich keine Detailregelungen in den Bestimmungen des NADA-Codes, so dass sich insoweit einmal mehr874 die Frage stellt, ob die diesbezüglichen Regelungen bzw. die Zustimmungen der Athleten hierzu nicht deshalb unwirksam sind, weil die Aufbewahrungsregeln nicht als mildestmögliche Beeinträchtigung der Sportler ausgestaltet sind und ihnen somit die Erforderlichkeit abzusprechen ist. Aus den Regelungen des NADA-Codes müsste hiernach das den aufbewahrten Proben vorbestimmte Schicksal unter dem Aspekt der Gefährdung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Sportler vom Moment der Aufbewahrung an bis zu ihrer Vernichtung ersichtlich sein. Es müsste insbesondere geregelt sein, welche Personen ab der Weitergabe zur Aufbewahrung unter welchen Voraussetzungen mit den Proben in Berührung kommen sollen, unter welchen Umständen welche Untersuchungen an den Proben durchgeführt werden dürfen oder wie lange die Proben aufbewahrt werden dürfen und wie am Ende der zulässigen Aufbewahrungsdauer mit den Proben zu verfahren ist. Auch an dieser Stelle gilt jedoch, dass wegen der praktischen Unmöglichkeit einer durchweg optimalen Ausgestaltung der Verbandsregelwerke und mit Blick auf die Spielräume, die die Verbandsautonomie den Sportvereinigungen hinsichtlich der Ausgestaltung der Regelungen lässt, keine perfekte Regelung von den Verbänden verlangt werden kann, sondern das Erforderlichkeitsprinzip bereits dann als hinreichend gewahrt anzusehen ist, wenn das Zurückbleiben der erlassenen Regelung hinter den Anforderungen des Erforderlichkeitsgrundsatzes nicht zu ihrer Unzumutbarkeit für die Athleten führt. Vor diesem Hintergrund wäre es zwar sehr wünschenswert, dass konkrete Bestimmungen für den Umgang der aufbewahrten Proben von den Sportvereinigungen installiert würden. Da jedoch die aus dem Fehlen der angemahnten Regelungen resultierende Gefährdung der Proben wohl eher als gering einzuschätzen sein dürfte und weil vor allem die Gefährdungssituation durch die Pseudonymisierung der Proben vor ihrer Aufbewahrung erheblich entschärft wird, führt auch das Fehlen der vermissten Bestimmungen nicht dazu, dass die persönlichkeitsrechtlichen Interessen der Sportler das elementare Interesse der Sportvereinigungen an der Aufbewahrung überwiegen. Ergänzend zum Gebot der Datenvermeidung und -sparsamkeit sind gemäß § 9 BDSG sonstige zur Einhaltung der Vorgaben des BDSG erforderliche Schutz-

874

Vgl. oben D.III.3.e)bb), D.III.3.f)bb), D.III.4.b).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

maßnahmen von den Sportvereinigungen zu treffen, soweit derartige Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit der Probenaufbewahrung in Betracht kommen. Schließlich sind die Vorgaben des § 11 BDSG für die Auftragsverarbeitung zu beachten, soweit die Probenaufbewahrung in den von den Sportvereinigungen und der NADA eingeschalteten Dopinglaboren erfolgt. b) Vereinbarkeit der Probenaufbewahrung mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht außerhalb des Anwendungsbereiches des BDSG Sieht man die Urin- und Blutproben als solche in Übereinstimmung mit der hier vertretenen Auffassung als personenbezogene Informationen über die Athleten an, ist die Zulässigkeit der Probenaufbewahrung ergänzend anhand des Maßstabs des informationellen Selbstbestimmungsrechts zu prüfen.875 Hält man das BDSG für auf die Proben nicht anwendbar, rückt der Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts nach den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätzen in den Mittelpunkt. Da es sich bei den Proben jedenfalls um Informationsträger handelt, die in Form der verschlüsselten Informationen zum körperlichen Zustand der Sportler personenbezogene Angaben über diese enthalten, stellt die Aufbewahrung auch dann einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten dar, wenn sich die Proben selbst nicht als Datum i. S. d. BDSG einordnen lassen. Außerhalb des Anwendungsbereichs des BDSG kommt als Gestattungstatbestand einzig und allein die Zustimmung der Sportler in Betracht, deren Wirksamkeit von einem überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen abhängig ist. Hinsichtlich des Inhalts der somit anzustellenden Interessenabwägung kann auf die Ausführungen zur Interessenabwägung im Zusammenhang mit der Prüfung der Freiwilligkeit der Einwilligung gemäß § 4 BDSG876 verwiesen werden: Dieselben Überlegungen, die dort zur Annahme eines überwiegenden Interesses der Verbände an der mit der Probenaufbewahrung verbundenen Datenverwendung geführt haben, begründen ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen auch insoweit, als die Probenaufbewahrung einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht außerhalb des Anwendungsbereichs des BDSG bedeutet. Auch die ergänzende bzw. alternative Prüfung der Probenaufbewahrung am Maßstab des informationellen Selbstbestimmungsrechts ohne Berücksichtigung der Maßgaben des BDSG hat hiernach bei verhältnismäßiger Ausgestaltung des Eingriffs keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Sportler zum Ergebnis.877 875 876

Vgl. oben B.II.2.a)cc). Vgl. oben D.XI.1.a)bb)(1)(a)(bb)(b).

XI. Aufbewahrung und Weiterleitung von Proben nach erfolgter Analyse

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c) Ergebnis: Vereinbarkeit der Probenaufbewahrung mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Athleten Ordnet man die Probenaufbewahrung als vom BDSG erfasste Datenverwendung ein, ist sie bei Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes auf der Grundlage einer Einwilligung der Athleten zulässig, die den Anforderungen der §§ 4 und 4a BDSG genügt. Eine Rechtfertigung der Probenaufbewahrung nach § 28 BDSG kommt im Regelfall nicht in Betracht. Sieht man die Probenaufbewahrung nicht als dem BDSG unterworfene Datenverwendung an, wird der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht durch eine Einwilligung gerechtfertigt, die die allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Einwilligung in die Beeinträchtigung höchstpersönlicher Rechte erfüllt, ohne die weitergehenden Vorgaben des BDSG zu beachten. Mit Blick auf die Reduzierung der Eingriffsintensität auf das erforderliche Maß ist im Fall der Probenaufbewahrung von besonderer Bedeutung, dass die aufbewahrten Proben perfekt pseudonymisiert worden sind. Die Aufbewahrung kann auf der Grundlage einer Einwilligung erfolgen, die lediglich in Form einer Zustimmung zu den im NADA-Code vorgesehenen Regelungen über die Aufbewahrung erfolgt ist, wenn die in der Probe verkörperten Gesundheitsdaten explizit als von der Datenverwendung betroffene Daten in der Einwilligung aufgeführt worden sind. 2. Vereinbarkeit der Probenaufbewahrung mit den weiteren Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Die Frage, inwieweit die Probenaufbewahrung die Beeinträchtigung weiterer persönlichkeitsrechtlich geschützter Interessen mit sich bringt, ist ebenfalls bereits anlässlich der Prüfung der Freiwilligkeit der Einwilligung gemäß § 4 BDSG878 beantwortet worden: Die einzige Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die hiernach über das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten hinaus durch die Probenaufbewahrung tangiert wird, ist das Recht zur Selbstbestimmung über die Verwendung der eigenen Körperprodukte und -ausscheidungen. Auch die Beeinträchtigung dieser Rechtsposition vermag jedoch kein überwiegendes Interesse der Sportler an der Unterlassung der Probenaufbewahrung zu begründen, da die damit im Vergleich zur Aufbewahrung bis zur Erstanalyse ver877 Die Lagerung stellt nur unter besonderen Umständen eine Verletzung des persönlichkeitsrechtlich geschützten Rechts auf Selbstbestimmung über die eigenen Körpersubstanzen dar, vgl. R. Müller, Die kommerzielle Nutzung menschlicher Körpersubstanzen (1997), S. 230. 878 Vgl. oben D.XI.1.a)bb)(1)(a)(bb)(b).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

bundene Mehrbelastung der Athleten aus den zur Freiwilligkeit der Einwilligung gemäß § 4 BDSG angestellten Überlegungen heraus lediglich eine geringe Intensität aufweist. Die wesentliche Eingriffswirkung ist insoweit mit der Aufbewahrung der Probe – anstelle ihrer Vernichtung – nach der Probenahme verbunden. Sie wird durch die weitere Aufbewahrung lediglich zeitlich verlängert, wobei sich die Pseudonymisierung der Probe jedoch eingriffsreduzierend auswirkt. Denn als Motivation für die Selbstbestimmung über den Urin oder das Blut kommt im Regelfall nur das Interesse am Schutz der darin enthaltenen Informationen in Betracht, das durch die Pseudonymisierung deshalb verringert wird, da diese die Gefahr des Informationsmissbrauchs wesentlich abschwächt. Die Probenaufbewahrung ist daher nicht wegen der Verletzung sonstiger persönlichkeitsrechtlich geschützter Positionen der Sportler unzulässig.

XII. Die „Erste Überprüfung“ des Analyseergebnisses durch die NADA In seinen Regelungen zum Umgang mit den Ergebnissen der Dopingverfahren sieht der NADA-Code unter Art. 9.2 vor, dass im Falle eines positiven Analyseergebnisses oder beim Vorliegen eines begründeten Verdachts für einen anderen Verstoß gegen eine Anti-Doping-Bestimmung eine erste Überprüfung durch die NADA zu erfolgen hat. Im Rahmen dieser ersten Überprüfung stellt die NADA unter anderem fest, ob eine gültige Medizinische Ausnahmegenehmigung vorliegt [Art. 9.2.1 a) NADA-Code]. Des Weiteren ermächtigt Art. 9.2.3 NADACode die NADA zu Ermittlungen, ob ein festgestellter, dopingrelevanter Analysewert [Art. 9.2.3 a) NADA-Code] oder auch ein dopingrelevanter T/E-Quotient [Art. 9.2.3 c) NADA-Code] pathologisch oder physiologisch bedingt ist und ob ein festgestellter verbotener Wirkstoff endogen oder exogen produziert wurde [Art. 9.2.3 b) NADA-Code]. Zwecks Aufklärung der Ursache für einen erhöhten T/E-Quotienten sieht Art. 9.2.3 c) NADA-Code die Untersuchung der Kontrollen „der letzten zwölf Monate“ und die Untersuchung der „nachfolgenden“ Kontrollen vor. Da diese Maßnahmen durchweg mit der Verwendung personenbezogener Informationen über die Athleten verbunden sind, bedarf es ihrer genaueren Betrachtung aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht.

1. Klärung des Vorliegens einer gültigen Medizinischen Ausnahmegenehmigung Die Klärung, ob eine gültige Medizinische Ausnahmegenehmigung vorliegt, beinhaltet zuallererst die Prüfung, ob die NADA selber sich im Besitz einer solchen Genehmigung befindet. Da es sich bei dem Faktum „Existenz/Besitz einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung für einen bestimmten Athleten“ um ein

XII. Die „Erste Überprüfung‘‘ des Analyseergebnisses durch die NADA

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personenbezogenes Datum handelt, das in der EDV der NADA oder in einer formularmäßigen Kartei verwaltet wird, ist der Anwendungsbereich des BDSG für die Überprüfung eröffnet. Die Überprüfung erfüllt den Verwendungstatbestand einer Datennutzung, da die Information „Existenz oder Nichtexistenz der Ausnahmegenehmigung im Datenbestand der NADA“ im Zuge der Überprüfung nicht neu geschaffen wird, sondern schon vorher in den entsprechenden Unterlagen der NADA enthalten ist. Weil die Ausnahmegenehmigung Informationen über Krankheiten des betroffenen Sportlers und ihre Medikamentierungen enthält, ist sie als Gesundheitsdatum i. S. d. § 3 IX BDSG anzusehen, dessen Verwendung wegen § 28 VI BDSG im Regelfall nicht nach den §§ 28, 29 BDSG gestattungsfähig ist. Die hiernach erforderliche Einwilligung des Athleten, die unter Beachtung der Vorgaben des § 4a BDSG erklärt werden muss, scheitert nicht an der fehlenden Eignung der Nachprüfung als sinnvolle Maßnahme des Anti-Doping-Kampfes: Die Dopingbekämpfung erfordert neben der möglichst lückenlosen Überführung von Dopingverwendern ebenso die Vermeidung von Rechtsnachteilen für diejenigen Sportler, denen ein Dopingverstoß nicht vorgeworfen werden kann. Die Klärung, ob im Falle einer positiven Analyse oder eines anderweitigen Verdachtes eine Ausnahmegenehmigung greift, dient der Aussonderung zunächst verdächtiger Fälle, in denen im Ergebnis doch kein Dopingverstoß vorliegt, und leistet auf diese Weise einen unverzichtbaren Beitrag zum Gelingen der Dopingbekämpfung. Die Durchführung der Überprüfung durch die NADA erscheint aus dem Grund besonders geeignet, da sich gegebenenfalls die Informierung weiterer Beteiligter über das positive Analyseergebnis oder den Dopingverdacht wie auch die Kenntnis dieser weiteren Beteiligten vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Ausnahmegenehmigung erübrigen, so dass diese Dritten mit den entsprechenden Informationen über den betroffenen Athleten jedenfalls anlässlich des konkreten Dopingverfahrens nicht in Berührung kommen. Die Erforderlichkeit der Selbstüberprüfung resultiert daraus, dass die Durchsicht des eigenen Datenbestandes der NADA im Vergleich zur Nachfrage bei Dritten das mildere Mittel darstellt. Da die Überprüfung der Durchsetzung des Dopingverbots und damit der Umsetzung der Stiftungszwecke der NADA bzw. der Verbandszwecke der auftraggebenden Verbände dient und zudem den gegenläufigen Interessen der Athleten an der Geheimhaltung der Ausnahmegenehmigung in diesem Fall auch ihr eigenes Interesse an der Verwendung der Ausnahmegenehmigung zur Entlastung vom Dopingvorwurf gegenübersteht, ist die Eigenüberprüfung der NADA von einem überwiegenden Interesse gedeckt. Befindet sich die NADA selber nicht im Besitz einer relevanten Medizinischen Ausnahmegenehmigung, erweist sich die Nachfrage bei sämtlichen anderen Stellen als erforderlich, bei denen eine solche Ausnahmegenehmigung noch vorliegen könnte. In Betracht kommen insoweit im Falle von Ausnahmegenehmigungen nach dem NADA-Reglement der zuständige internationale Sportfachverband

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

(Art. 5.1.1 NADA-Code) oder die im Falle von internationalen Wettkämpfen zuständigen Organisationen (Art. 5.1.5 NADA-Code), die WADA als Sammelstelle für die Ausnahmegenehmigungen (Art. 5.10.2 NADA-Code i.V. m. Art. 4.4 WADA-Code) und der Athlet selber (vgl. Art. 5.4.5 NADA-Code). Die Nachfrage bei diesen anderen Stellen ist aus denselben Gründen geeignet wie die Überprüfung des NADA-eigenen Datenbestandes. Musste die Identität des betroffenen Sportlers im Verlauf des vorangegangenen Dopingverfahrens notwendigerweise aufgedeckt werden, wofür allerdings im Normalfall keine Gründe ersichtlich sind, ist mit Blick auf das Erforderlichkeitsgebot zuerst bei dem betroffenen Sportler selber anzufragen, da die Direkterhebung – wie sich auch aus § 4 II 1 BDSG ergibt – als der gegenüber einer Dritterhebung mildere Eingriff anzusehen ist. Ist das gesamte Dopingverfahren unter Beachtung des Erforderlichkeitsprinzips ausgestaltet, haben die mit der Klärung der Medizinischen Ausnahmegenehmigung befassten Mitarbeiter der NADA nach wie vor lediglich Kenntnis von den Codenummern der Verdachtsfälle. Damit die Pseudonymisierung aufrechterhalten bleibt, haben sie ihre Anfrage wegen der Existenz einer Ausnahmegenehmigung an diejenige Stelle zu richten, die sich im Besitz der Unterlagen befindet, anhand derer sowohl die Codenummern der Dopingproben den betreffenden Athleten zugeordnet als auch diejenigen Codenummern ermittelt werden können, unter denen eventuelle Medizinische Ausnahmegenehmigungen der Sportler aufbewahrt werden. Das überwiegende Interesse an der durch die Anfrage ausgelösten Datenübermittlung ergibt sich auch im Falle der Anfrage bei Dritten aus den soeben bereits zur Eigenüberprüfung angestellten Überlegungen. Gegen die Wirksamkeit der Einwilligung der Athleten in die Überprüfung gemäß Art. 9.2.1 a) NADA-Code bestehen hiernach bei im Übrigen verhältnismäßiger Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen des Klärungsverfahrens keine Bedenken. 2. Ermittlung der Ursachen von positiven Analyseergebnissen In den weiteren Abschnitten des Art. 9.2 NADA-Code wird die NADA für den Fall eines positiven Analyseergebnisses oder eines sonstigen Dopingverdachts zur Durchführung zusätzlicher Ermittlungen ermächtigt. Indem Art. 9.2.3 a) NADA-Code den Athleten die Möglichkeit eröffnet, pathologische oder physiologische Ursachen für überdurchschnittliche Analysewerte eines Wirkstoffes oder seiner Metaboliten oder Marker nachzuweisen, erteilt er der NADA mittelbar die Erlaubnis zu „reaktiven“ Untersuchungen insoweit, als die NADA sich mit den vorgetragenen Ursachenzusammenhängen auseinandersetzen und über ihre Anerkennung entscheiden muss. Art. 9.2.2 NADA-Code spricht der NADA für den Fall, dass andere Dopingverstöße als solche in Form einer positiven Dopingprobe in Frage stehen, die Befugnis zu Nachuntersuchungen „in dem Umfang und in der Art, die sie zur Aufklärung des Sachverhalts für

XII. Die „Erste Überprüfung‘‘ des Analyseergebnisses durch die NADA

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angemessen erachtet“ zu. Art. 9.2.3 b) NADA-Code erlaubt der NADA im Falle positiver Analyseergebnisse weitere Überprüfungen zur Klärung der Frage, ob der aufgespürte Wirkstoff endogen oder exogen produziert wurde. Zur Überprüfung eines überhöhten T/E-Quotienten ist die NADA gemäß Art. 9.2.3 c) NADA-Code zu Untersuchungen verpflichtet. Hierzu hat sie die Kontrollen der letzten zwölf Monate und die nachfolgenden Kontrollen auf Anzeichen für eine natürliche Erhöhung des Quotienten zu überprüfen. Sie kann sich hierbei von Laboren und anderen Fachleuten unterstützen lassen, wobei sie die Identität des betroffenen Athleten geheimhalten muss. Hinsichtlich sämtlicher Maßnahmen nach Art. 9.2.3 NADA-Code bestimmt dessen Absatz d), dass der Athlet „zur angemessenen Mitwirkung verpflichtet“ ist und sich insbesondere Untersuchungen zu unterziehen hat, die der Feststellung dienen, ob ein verbotener Wirkstoff zugeführt wurde. Sämtliche von Art. 9.2.3 NADA-Code gewährten Untersuchungsbefugnisse zielen auf den Erhalt von Informationen über solche Eigenheiten der körperlichen Konstitution der Sportler ab, die für ihre dopingrelevanten Blut- und Urinwerte von Bedeutung sein können. Untersuchungen der von den Athleten eingewendeten pathologischen oder physiologischen Ursachen betreffen zwangsläufig den Zustand der körperlichen Funktionen und damit den Gesundheitszustand der Sportler. Untersuchungen nach Art. 9.2.2 NADA-Code können ebenfalls Gesundheitsdaten zum Gegenstand haben, wenn für die Aufklärung des Sachverhalts gesundheitsbezogene Umstände des Betroffenen von Bedeutung sind. Art. 9.2.3. b) NADA-Code zielt auf die Ermittlung von Gesundheitsdaten ab, indem er zur Untersuchung endogener Ursachen für die Produktion von Wirkstoffen ermächtigt. Gleiches gilt für die Untersuchungen nach Art. 9.2.3. c) NADA-Code, die körperliche Ursachen für einen erhöhten T/E-Quotienten abklären sollen. Die der NADA von den genannten Vorschriften gestatteten Maßnahmen sind daher mit Datenverwendungen i. S. d. BDSG, genauer mit der Verwendung von Gesundheitsdaten i. S. d. § 3 IX BDSG verbunden. Auch die von Art. 9.2.3 NADA-Code für zulässig erklärten Maßnahmen können somit wegen § 28 VI BDSG im Regelfall nicht gemäß § 28 BDSG, sondern nur durch eine Einwilligung der Athleten gerechtfertigt werden. Lediglich für Maßnahmen nach Art. 9.2.2 NADACode kommt eine Rechtfertigung über § 28 BDSG in Betracht, soweit von den Untersuchungen der sonstigen Dopingverstöße keine gesundheitsbezogenen Daten erfasst werden. Die Wirksamkeit einer Einwilligung der Athleten setzt die Verhältnismäßigkeit der nach Art. 9.2.3 NADA-Code zulässigen Eingriffe in die Rechte der Sportler voraus, die wiederum von ihrer Eignung und Erforderlichkeit zur Dopingbekämpfung sowie von einem überwiegenden Interesse der NADA und der Sportvereinigungen an ihrer Umsetzung abhängt.879 879

Vgl. oben B.I.2.b)cc)(2)(c).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Die Eignung der vorgesehenen Maßnahmen ergibt sich daraus, dass sie durchweg dem Ziel einer wirksamen Dopingbekämpfung dienlich sind. Die Überprüfung, ob ein Analyseergebnis pathologisch oder physiologisch bedingt ist, trägt ebenso unmittelbar zur Entscheidung darüber bei, ob im konkreten Verdachtsfall ein Dopingverstoß gegeben ist oder nicht, wie die Untersuchung der endogenen oder exogenen Produktion eines Wirkstoffes oder der Ursache für eine festgestellte Erhöhung des T/E-Quotienten. Die Beurteilung der Erforderlichkeit der von Art. 9.2.3 NADA-Code für zulässig erklärten Untersuchungen der Ursachen für Dopingbefunde stößt deshalb auf Schwierigkeiten, weil die Regelung nicht näher darauf eingeht, welche Untersuchungsmaßnahmen im Einzelnen gestattet sein sollen. Dass in den von Art. 9.2.3 NADA-Code behandelten Fällen Ermittlungen als solche erforderlich sind, folgt daraus, dass nicht ersichtlich ist, wie die erforderlichen Feststellungen auf andere Weise getroffen werden könnten. Inwieweit konkrete Untersuchungsmaßnahmen erforderlich sind, hängt aber darüber hinaus davon ab, welche Maßnahmen die NADA im Einzelfall ergreift und ob zur Klärung der jeweils fraglichen Umstände alternative Untersuchungsmethoden in Betracht kommen, die mit geringeren Belastungen für die Athleten verbunden sind. Um die Beantwortung dieser Frage zu ermöglichen, müssten die für zulässig erachteten Untersuchungsmethoden in der Ermächtigungsregelung weitergehend konkretisiert werden. Eine solche Konkretisierung ist der NADA allerdings deshalb nicht möglich, weil von den Umständen des Einzelfalls abhängt, welche Ermittlungen zur weitergehenden Aufklärung des Dopingverdachts in Betracht kommen. Die Anforderungen, die unter dem Aspekt des Erforderlichkeitsgebotes an die Eingriffsermächtigungen zu stellen sind, müssen in derartigen Fällen ihrerseits unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgebotes definiert werden. Sie dürfen nicht dazu führen, dass das Interesse der Sportvereinigungen an zweckgerichteten Regeln der Dopingbekämpfung dadurch unangemessen beeinträchtigt wird, dass deren Wirksamkeit von Voraussetzungen abhängig gemacht wird, die die Verbände aus tatsächlichen Gründen schlechterdings nicht erfüllen können. Vielmehr dürfen nur solche Anforderungen an die Eingriffsregelungen gestellt werden, ohne die trotz des Gewichts der Interessen der Sportverbände an der Regelung der betreffenden Einzelfragen und der Bestimmtheitseinbußen, die die Athleten als Eingriffsadressaten mit Blick auf die faktische Unmöglichkeit der Bezeichnung konkreterer Maßnahmen vor dem Hintergrund der gewichtigen Interessen der Verbände hinzunehmen haben, die rechtlichen Interessen der Sportler unangemessen beeinträchtigt wären. Im Hinblick auf die Frage nach dem notwendigen Definitionsgrad der Ermächtigungen des Art. 9.2.3 NADA-Code bedeutet dies, dass insoweit eine funktionale Zielvorgabe, kombiniert mit einer abstrakten Regelung, die die angemessene Berücksichtigung der Athletenrechte gewährleistet, als ausreichend zu erachten ist. Diesen Anforderungen genügt Art. 9.2.3 NADA-Code, indem er in seinen

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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Abschnitten a) bis c) die Ziele, die mit den weiteren Ermittlungen verfolgt werden dürfen, und teilweise auch Aspekte der Ermittlungsmethodik vorgibt und sodann in Abschnitt d) bestimmt, dass die Pflicht des Athleten sich auf eine „angemessene“ Mitwirkung beschränkt und er zur Verweigerung der Mitwirkung aus „triftigem Grund“ berechtigt ist. Der aus den Umständen heraus gebotene und auf diese Weise erreichte Abstraktionsgrad des Art. 9.2.3 NADA-Code hat zur Konsequenz, dass die Sportvereinigungen ein überwiegendes Interesse an der Durchsetzung der Bestimmung für sich in Anspruch nehmen können, jedoch im Einzelfall je nach Beschaffenheit der ergriffenen Ermittlungsmaßnahme vom Sportler die Mitwirkung verweigert und die Unterlassung verlangt werden kann, wenn die Maßnahme sich im konkreten Fall als unangemessen und somit als rechtswidrig darstellt, so dass ein triftiger Grund i. S. d. Art. 9.2.3 d) NADA-Code gegeben ist. Die Ausgestaltung der nach Art. 9.2.3 NADA-Code in Betracht kommenden Ermittlungsmaßnahmen im Detail hat ebenfalls unter strikter Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Unter den einschlägigen Vorgaben des BDSG ist einmal mehr880 § 3a S. 2 BDSG von besonderer Bedeutung, demzufolge die Sportlerdaten in pseudonymisiertem Zustand zu verwenden sind, soweit dies möglich und mit Blick auf den damit verbundenen Aufwand interessengerecht ist. Dies bedeutet unter anderem, dass ein gemäß Art. 9.2 NADA-Code zu überprüfendes Analyseergebnis wie auch die zugehörige Probe nur dann aus Anlass der Vorabprüfung depseudonymisiert werden dürfen, wenn dies zur Durchführung der Prüfung unvermeidbar ist oder die Prüfung andernfalls nur mit unangemessenem Aufwand möglich wäre. Ebenso hat der Zugriff auf vorangegangene oder nachfolgende Proben [vgl. Art. 9.2.3 c)] in pseudonymisierter Form zu erfolgen. Wie bei allen Datenverwendungen ist auch hier die Anzahl der Personen, die mit den Analyseergebnissen und Proben in Berührung kommen und an eventuellen weiteren Ermittlungsmaßnahmen beteiligt werden, auf das notwendige Mindestmaß zu begrenzen.

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen Insbesondere in Sportarten, die gerade erst von einem umfangreichen Dopingskandal erschüttert wurden, kommt es regelmäßig vor, dass die Athleten selber Analyseergebnisse veröffentlichen, um auf diese Weise ihre Sauberkeit zu demonstrieren und das verlorene Vertrauen des Publikums in ihre Sportart wieder aufzubauen. So verteilte etwa die finnische Skilangläuferin Riikka Susanna Sirviö, Staffel-Dritte bei der WM 1997, nach dem Dopingeklat um die finnische 880 Vgl. oben D.III.2.b)bb), D.V.1.b), D.VII.1.b)aa)(1)(b), D.VII.4.a)bb)(1), D.IX.2. u. 5., D.X.1.a)bb)(1)(a)(bb).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Mannschaft bei der WM im Februar 2001 die Entwicklung ihres Hämoglobinwertes während der vergangenen zehn Jahre an alle, die sich dafür interessierten. Die jeweils aktuellen Hämoglobinwerte der finnischen Mannschaft waren unter der Internetadresse abrufbar.881 Im Frühjahr 1999 war in der Presse von einer PR-Aktion des italienischen Profi-Radrennteams Amore & Vita zu lesen, das durch die Veröffentlichung der Blutwerte seiner Fahrer im Internet die Sauberkeit seiner Teammitglieder dokumentieren wollte.882 So vertrauensbildend derartige Aktionen auch wirken mögen, geben sie doch zu Überlegungen Anlass, inwieweit die Athleten die Veröffentlichung entsprechender Körper- bzw. Gesundheitsdaten und ihrer Kontrollergebnisse hinnehmen müssen, wenn sie dieser Art von Öffentlichkeitsarbeit ablehnend gegenüberstehen. Eine zentrale Frage, die im Zusammenhang mit Dopingkontrollen immer wieder auftaucht, betrifft des Weiteren die Befugnisse der Beteiligten zur Aufbewahrung und Weiterleitung der in den Dopinglaboren erarbeiteten Analyseergebnisse. Während der Umgang mit negativen Verfahrensergebnissen im Allgemeinen wenig Diskussionen auslöst, kann im Falle von positiven Proben schon die Weiterleitung von Informationen innerhalb der Verbandspyramide zu Streitigkeiten zwischen den Beteiligten führen, die ohne gerichtliche Hilfe nicht mehr beigelegt werden können. So geschehen innerhalb der IAAF, nachdem 2002 die Nachricht von einer Reihe positiver Dopingtests an US-amerikanischen Athleten in den Jahren 1985 bis 2000 publik geworden war. In Reaktion hierauf wurde von verschiedener Seite die Forderung erhoben, die Namen der positiv getesteten Sportler müssten vom amerikanischen Verband USATF bekannt gemacht oder wenigstens an die IAAF als zuständigen Weltverband weitergemeldet werden. Hiergegen wandte sich der amerikanische Verband mit der Einschätzung, entsprechende Meldungen seien in den vorliegenden Fällen deshalb nicht geschuldet, da die betroffenen Athleten sämtlichst auf nationaler Ebene freigesprochen worden seien. Der Streit wurde bis vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne getragen, der in seiner Entscheidung vom Januar 2003 dem USATF zwar nicht in dessen Auffassung folgte, die Sportler müsste aufgrund des nationalen Freispruchs nicht namentlich genannt werden, jedoch die Namensbekanntgabe deswegen nicht mehr anordnete, weil diese den Athleten aufgrund der seit den Dopingvorfällen verstrichenen Zeit nicht mehr zuzumuten sei.883 Neben der Frage, inwieweit aktuelle Analyseergebnisse weitergegeben dürfen, ist zudem die Frage zu klären, inwieweit es den Beteiligten gestattet ist, alte Analyseergebnisse nach Abschluss des zugehörigen Kontrollverfahrens aufzubewahren und erneut zu verwenden oder Dritten zugänglich zu machen. Die Aufbewahrung von Analyseergebnissen ermöglicht etwa deren spätere Auswertung auf der 881 882 883

FAZ v. 26.11.01, S. 40. FAZ v. 18.02.99, S. 38. FAZ v. 27.09.03, S. 31.

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse oder auch deren Verwendung zu Vergleichszwecken in späteren Dopingverfahren. Beispielsweise im Dopingfall der Marathonläuferin Uta Pippig, der 1998 eine zweijährigen Sperre der Athletin nach sich zog, wurde der Einwand eines zum Zeitpunkt der Probenahme gestörten Hormonhaushalts dadurch widerlegt, dass die behaupteten Hormonanomalien über einen Vergleich mit Analyseergebnissen aus früheren Proben der Sportlerin ausgeschlossen werden konnten.884 In der Diskussion über die Absage der Rad-WM 2007 in Stuttgart vereinbarte die UCI mit dem Bundesinnenminister als Anti-Doping-Maßnahme die Einrichtung einer sogenannten Steuerungsgruppe, bestehend aus Vertretern der WADA, der NADA, der UCI und des BDR, die unter anderem Zugriff auf die bei der UCI gesammelten Blutprofile sämtlicher WM-Starter bekommen sollte.885 1. Verwahrung und Weiterleitung der A-Proben-Analyse durch die Labore Verfolgt man das Schicksal eines Analyseergebnisses von seiner Entstehung an, wird die Frage seines weiteren Verbleibs zum ersten Mal in dem Moment relevant, in dem es vom Labor fertiggestellt worden ist. Seine Bestimmung liegt in der Weiterleitung an den Auftraggeber der Analyse, im Regelfall die NADA oder ein für den betreffenden Sportler zuständiger Verband. Des Weiteren stehen die Aufbewahrung durch das Labor selber und die Weiterleitung an sonstige, andere Stellen im Raum. Davon ausgehend, dass bereits die Speicherung und Verwaltung der Analyseergebnisse in den Laboren per EDV erfolgt, finden sowohl auf die Aufbewahrung der Ergebnisse als auch auf ihre Weiterleitung die Bestimmungen des BDSG für die Datenverwendung nicht-öffentlicher Stellen Anwendung. Die Aufbewahrung durch die Labore erfüllt den Tatbestand der Speicherung i. S. d. § 3 IV 2 Nr. 1 BDSG. Die Meldung der Ergebnisse an den Auftraggeber der Analyse stellt keine Übermittlung (§ 3 IV 2 Nr. 3 BDSG), sondern gemäß § 3 VIII BDSG lediglich eine Nutzung i. S. d. § 3 V BDSG dar, da die Labore diesbezüglich als Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG tätig sind.886 Soweit das Labor die Ergebnisse an Dritte weitergibt, handelt es sich hierbei um Datenübermittlungen. Sowohl die Aufbewahrung als auch die Weiterleitung dürfen hiernach nur auf der Grundlage einer Rechtsvorschrift als Gestattungsnorm oder mit der Einwilligung der Athleten erfolgen (§ 4 I BDSG). Die Einwilligung bedarf zu ihrer Wirksamkeit des vorherigen Hinweises auf den Zweck der Datenverwendung gemäß § 4a I 2 BDSG. Aus den Vereinsbe884 885 886

FAZ v. 19.10.98, S. 44. FAZ v. 10.07.07, S. 31. Vgl. oben D.X.1.a)aa).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

stimmungen, auf die die Einwilligung Bezug nimmt, oder aus einer Belehrung, die vor ihrer Abgabe erfolgt, müssen hiernach die konkreten Umstände der beabsichtigten Aufbewahrung und der Ergebnismeldungen so genau hervorgehen, dass die Athleten die dadurch bewirkten Eingriffe in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht in ihrer wesentlichen Tragweite abschätzen können. Unerlässlich sind hiernach die Erläuterung des Datenumfangs, der Gegenstand der Aufbewahrung oder Meldung ist,887 sowie die Benennung derjenigen Stellen, die informiert werden. Wird die Einwilligung unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des NADACodes in Form der Zustimmung zu den dort vorgesehenen Rechtseingriffen erklärt, deckt sie zum einen die Aufbewahrung der Analyseergebnisse gemäß Art. 17.4 NADA-Code ab. Art. 17.4 regelt nicht ausdrücklich, ob die Aufbewahrung durch das Labor oder durch die NADA geschehen soll. Da allerdings die vorangegangenen Abschnitte 17.1 und 17.2 Rechte und Befugnisse zugunsten der NADA festlegen, ist Art. 17.4 mangels anderslautender Anhaltspunkte ebenfalls so zu verstehen, dass auch die Befugnis zur Aufbewahrung der NADA zukommen soll. Eine Berechtigung des Labors zur Aufbewahrung setzt hiernach beim Fehlen anderweitiger Bestimmungen oder Vereinbarungen mit dem Sportler voraus, dass das Labor die Aufbewahrung im Auftrag der NADA als Auftragsverarbeiter vornimmt. Zum anderen gestattet die Einwilligung unter Bezugnahme auf den NADACode die Meldung der A-Proben-Resultate in demjenigen Umfang, den der Code in seinem Art. 8.4 vorsieht. In Art. 8.4 werden die Labore angewiesen, „die Ergebnisse aller seitens der NADA veranlassten Analysen der NADA sowie den im International Standard for Laboratories vorgesehenen Organisationen (u. a. WADA)“ zu melden. Ist die NADA Auftraggeber des Labors, erfasst die Einwilligung somit die Meldung an die NADA und daneben die Meldung an die WADA und den zuständigen internationalen Verband; hat eine andere Stelle die Analyse in Auftrag gegeben, ist statt an die NADA an diese zu berichten (Ziff. 4.2.6 International Standard for Laboratories). Die Einwilligung unter Bezugnahme auf den NADA-Code deckt somit nicht die Weiterleitung an andere Stellen. Damit die Einwilligung entsprechend wirkt, muss sie auf sonstige Verbandsregeln Bezug nehmen, die die Informationsübermittlung an diese anderen Stellen vorsehen, oder selber unmittelbar auf diese Weiterleitung gerichtet sein. Mit Blick auf das Erfordernis der Freiwilligkeit der Einwilligung (§ 4a I 1 BDSG) ist es den Sportvereinigungen allerdings verwehrt, jeden beliebigen Beteiligten oder gar Dritten als Empfänger der Meldung einer positiven A-ProbenAnalyse einzusetzen. Indem die Freiwilligkeit der Einwilligung ein überwiegen887 Von Interesse ist insoweit etwa, ob lediglich das Gesamtergebnis der Analyse – negativ oder positiv, ggf. unter Bezeichnung des verbotenen Mittels – oder auch sämtliche im Zuge der Analyse ermittelten Einzelwerte Gegenstand der Meldung sein sollen.

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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des Interesse der Sportvereinigungen an der beabsichtigten Datenverwendung voraussetzt, das wiederum von deren Verhältnismäßigkeit abhängt, beschränkt sie die Möglichkeit zur Information über die positive A-Probe auf diejenigen Fälle, in denen diese Information zu Zwecken der Dopingbekämpfung geeignet und erforderlich ist. Die Geeignetheit der Informationsweiterleitung ist dann gegeben, wenn die Ergebnismeldung zum Gelingen der Dopingbekämpfung beiträgt. Dies ist hinsichtlich der Information der NADA oder des sonstigen Auftraggebers des Dopinglabors schon deswegen der Fall, weil diese für die Fortführung des Dopingverfahrens im Falle einer positiven A-Probe zuständig sind. Die Information übergeordneter Verbände ist der Dopingbekämpfung deswegen förderlich, weil diese für die Umsetzung der von ihnen oder von einem nochmals übergeordneten Verband verabschiedeten Anti-Doping-Regeln auf den untergeordneten Ebenen der Vereinspyramide und für die Überwachung der Einhaltung dieser Regeln verantwortlich sind und zur Erfüllung dieser Aufgaben Kenntnis von den konkreten Maßnahmen der untergeordneten Verbände und ihren Ergebnissen benötigen. Gleiches gilt für den Verein, dem der Athlet angehört, da auch der Verein zur Wahrnehmung seiner verbandsrechtlichen Dopingbekämpfungspflichten und zur Reaktion auf den konkreten Dopingverdacht entsprechend den einschlägigen Vereinsbestimmungen Kenntnis von der positiven Probe benötigt. Die Aufbewahrung von Analyseergebnissen ist insoweit zur Dopingbekämpfung geeignet, als die Analyseergebnisse zu einem späteren Zeitpunkt nochmals bei der Überprüfung von Dopingverstößen hilfreich sein können, indem sie die Identifizierung späterer Proben ermöglichen, für Vergleichsuntersuchungen herangezogen werden können oder auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die darin festgehaltenen Werte selber über Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Dopingverstoßes Auskunft geben können.888 Ein milderes Mittel zur Informierung der weiteren Informationsbedürftigen von der positiven A-Probe als die Benachrichtigung vom Ergebnis der A-ProbenAnalyse ist nicht ersichtlich. Ebenso scheitert die Erforderlichkeit der Aufbewahrung der Analyseergebnisse nicht an dem Umstand, dass die Proben als solche ohnehin von der NADA in Verwahrung genommen werden, so dass die darin verkörperten Informationen auf diese Weise erhalten werden und die Aufbewahrung der Ergebnisse deshalb überflüssig wäre: Zwar erscheint die Aufbewahrung der Probe gegenüber der Aufbewahrung der Analyseergebnisse deswegen als der mildere Eingriff, weil die Aufbewahrung der Probe mit einer zusätzlichen Codierung gleichbedeutend ist, da die Informationen aus der Probe erst im Wege der erforderlichen Analysen entschlüsselt werden müssen, während das Analyseergebnis als solches lesbar ist. Der Verweis auf die Verwahrung der Proben als milderes Mittel scheitert auch nicht an dem Argument, die Aufbewahrung stelle deshalb 888

Vgl. oben D.XI.1.a)bb)(1)(a)(bb)(a).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

nicht den milderen Eingriff dar, weil in den Proben selber sehr viel mehr Informationen über den Betroffenen enthalten seien. Dieser Einwand geht aus dem Grunde fehl, da die Speicherung der Proben nach dem Dopingreglement ohnehin zur Erhaltung der Möglichkeit späterer Nachuntersuchungen erfolgt. Die Erforderlichkeit der Ergebnisaufbewahrung ergibt sich aus dem Umstand, dass es den Sportvereinigungen mit Blick auf den wirtschaftlichen Aufwand der Analyse nicht zuzumuten ist, Analyseergebnisse zu vernichten, die zu einem späteren Zeitpunkt nochmals Bedeutung erlangen könnten, wenn diese Analyseergebnisse im Bedarfsfall nur durch die Wiederholung der bereits einmal durchgeführten kostspieligen Analyse wieder verfügbar gemacht werden können. Hinzu kommt, dass die spätere nochmalige Analyse wegen der Gefahr des Verderbs der Probe mit Risiken behaftet wäre, die hinsichtlich der Erstanalyse wegen ihrer zeitlichen Nähe zur Probenahme noch keine Rolle gespielt haben. Die Zulässigkeit der Datenaufbewahrung und -weiterleitung setzt unter dem Aspekt ihrer Erforderlichkeit des Weiteren voraus, dass die Aufbewahrung wie auch der Weiterleitungsvorgang unter Beachtung der einschlägigen Vorgaben des BDSG ausgestaltet werden. Der Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit (§ 3a BDSG) verbietet die Bekanntgabe von Daten, die nichts mit Doping zu tun haben, an andere Personen als den betroffenen Sportler selber.889 Es dürfen darüber hinaus nur solche Weiterleitungen vorgesehen werden, die zur Abwicklung des weiteren Dopingverfahrens erforderlich sind.890 Ebenfalls mit Blick auf § 3a BDSG ist hierbei insbesondere strikt darauf zu achten, dass die Analyseergebnisse in pseudonymisierter Form aufbewahrt und weitergemeldet und auch von den Empfängern nur dann depseudonymisiert werden, wenn und soweit die Kenntnis der Identität des betroffenen Sportlers zu Zwecken des weiteren Verfahrens im Sinne der Dopingbekämpfung unerlässlich ist. Jedenfalls mit Blick auf die A-Probe, die zwar ein durchaus gewichtiges, aber eben nur ein Zwischenergebnis des Dopingverfahrens darstellt, bedarf es der Depseudonymisierung nur bezüglich derjenigen Verbandsvertreter oder NADAMitarbeiter, die für die Einleitung der nach einer positiven A-Probe zu ergreifenden Maßnahmen wie etwa die Benachrichtigung des Athleten oder seine Suspendierung zuständig und auf die Kenntnis der Identität des Sportlers angewiesen sind. Im Rahmen der Interessenabwägung können die Athleten vorrangig auf ihr Interesse am Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts verweisen.891 Dieses Interesse fällt insoweit besonders ins Gewicht, als in den Analy889

G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 271. So für die Weiterleitung von Informationen im Rahmen verbandsrechtlicher Zulassungsverfahren K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 43 f. 891 Vgl. auch B. Kern, Internationale Dopingbekämpfung (2007), S. 432, der zutreffend bereits die bloße Namensweitergabe als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen wertet. 890

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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seergebnissen auch Körperwerte der Sportler enthalten sind, die Rückschlüsse auf ihre körperlichen Funktionen und ihre Gesundheit zulassen. Die zusätzliche Beeinträchtigung durch die Aufbewahrung und Weiterleitung gegenüber der bloßen Erfassung der Analysewerte anlässlich der Untersuchung besteht darin, dass der Eingriff durch die Aufbewahrung der Analyseergebnisse zeitlich ausgedehnt und durch die Weiterleitung wegen der damit verbundenen Ausdehnung des Kreises der Kenntnisnehmenden intensiviert wird. Demgegenüber spricht aus der Sicht der Sportvereinigungen für die Aufbewahrung, dass diese in einem Problembereich der Dopingbekämpfung, nämlich hinsichtlich der Verwendung verbotener, aber mit den derzeit zur Verfügung stehenden Analysemethoden nicht nachweisbarer Dopingmittel, zur Abschreckung beiträgt, indem sie die spätere Auswertung der Analyseergebnisse unter Verwendung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse möglich erhält. Die Aufbewahrung trägt daneben noch an einer weiteren Stelle zur Schließung bestehender Lücken in der Dopingbekämpfung bei, indem sie über Vergleichsuntersuchungen die Aufdeckung von Dopingverstößen ermöglicht, die im Wege der Auswertung einer einzelnen Probe nicht nachgewiesen werden könnten. Aufgrund dieser Wirkungen und der Bedeutung für die Dopingbekämpfung, die der Aufbewahrung von Analyseergebnissen daraus erwächst, partizipiert die Aufbewahrung in Bezug auf ihr Gewicht als Abwägungsbelang in erheblichem Umfang von dem Gewicht, das dem Ziel des dopingfreien Sports selber als einem der zentralen Verbandszwecke der Sportvereinigungen zukommt. Das Interesse an der Aufbewahrung reicht hiernach dazu aus, die gegenläufigen Interessen der Athleten am Schutz ihrer persönlichen Daten zurückzudrängen. Dies gilt unproblematisch insoweit, als die Pseudonymisierung der aufbewahrten Analyseergebnisse möglich ist. Das Interesse der Sportvereinigungen überwiegt aber auch dann, wenn die Aufbewahrung ausnahmsweise depseudonymisiert erfolgen muss, weil die Identitätsfeststellung des betroffenen Athleten aus Verfahrensgründen unvermeidlich war. Das Interesse der Sportvereinigungen am Schluss der schweren Lücken in der Dopingbekämpfung ist so weitgehend deckungsgleich mit ihrem existentiellen Interesse an der Dopingfreiheit des Sports, dass die Belastung aus der Aufbewahrung selbst von Gesundheitsdaten dieses Interesse auch dann nicht überwiegt, wenn diese in Ausnahmefällen einer konkreten Person zugeordnet werden können. Allerdings dürfte in der Praxis des Umgangs mit den Ergebnissen kaum eine Situation denkbar sein, in der ein depseudonymisiertes Ergebnis nicht erneut codiert werden kann. Für die Zulässigkeit der Weiterleitung der Analyseergebnisse seitens der Labore an die NADA oder den auftraggebenden Verband und an den internationalen Verband und die WADA spricht das Interesse der Sportvereinigungen und der Anti-Doping-Agenturen am Erhalt der erforderlichen Informationen, um ihre Funktionen innerhalb der Verbandspyramide im Bereich der Dopingbekämpfung wahrnehmen zu können. Einen essentiellen Baustein der Anti-Doping-Maßnah-

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

men stellen die Regeln über die Suspendierung der dopingbelasteten Athleten dar. Die Suspendierung, die noch nicht die Bestrafung des Sportlers, sondern allein die Verhinderung der Teilnahme möglicherweise gedopter Athleten an Wettkämpfen bewirken will, dient ganz unmittelbar der Gewährleistung der Chancengleichheit und damit einem der Grundgedanken des Sports. Um die Beschädigung dieses Grundgedankens zu vermeiden, müssen sämtliche Organisationen, welche die Nominierung von Sportlern für Wettkämpfe vornehmen oder deren Aufgabe die Einflussnahme auf die Nominierung umfasst, von einer positiven A-Proben-Analyse unterrichtet werden. Hinzu kommt, dass die Verbände über die Einleitung derjenigen Maßnahmen hinaus, für die sie selber zuständig sind, auch die Umsetzung der Vorgaben der übergeordneten Verbände in den weiter unten angesiedelten Ebenen der Verbandspyramide durchzusetzen haben. Da die Reaktion des Vereins, dem der positiv getestete Sportler angehört, wie auch diejenige eines untergeordneten Verbandes aber nur dann überwacht werden kann, wenn der Dopingtatbestand bekannt ist, auf den Verband und Verein zu reagieren haben, liegt die Meldung positiver A-Proben-Analysen an die involvierten Verbände auch aus diesem Grund im Interesse der Sportvereinigungen. Diesem Interesse an der Weiterleitung der Analyseergebnisse zu Überwachungszwecken kommt deshalb ein nicht unerhebliches Gewicht als Abwägungsbelang zu, da vom Funktionieren der Überwachung der untergeordneten Verbände und der Vereine durch die übergeordneten Verbände das Gelingen der Harmonisierung des Anti-Doping-Kampfes abhängt, das aufgrund seiner großen Bedeutung für den Erfolg der Dopingbekämpfung als solcher mit dem Verbandszweck des dopingfreien Sports eng verknüpft ist. Nach alledem scheitert die Freiwilligkeit der Einwilligung in die Aufbewahrung der Analyseergebnisse nach Maßgabe des Art. 17.4 NADA-Code durch die NADA oder das Analyselabor als Auftragnehmer der NADA i. S. d. § 11 BDSG nicht an einem überwiegenden gegenläufigen Interesse der Athleten, soweit die konkreten Umstände der Aufbewahrung unter Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes ausgestaltet sind, was insbesondere die weitestmögliche Pseudonymisierung gemäß § 3a S. 2 BDSG voraussetzt. Gleiches gilt hinsichtlich der Meldung der Analyseergebnisse gemäß Art. 8.4 NADA-Code, wobei auch hier das überwiegende Interesse unter dem Vorbehalt steht, dass die Weiterleitung im konkreten Fall entsprechend der Vorgabe des § 3a S. 2 BDSG in pseudonymisierter Form geschieht. Voraussetzung für die Gestattung der Aufbewahrung und der Weiterleitung durch die Einwilligung ist allerdings, dass der Umfang der damit verbundenen Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler entweder in der Einwilligung selber oder in dem Regelwerk, in dem die Details bezüglich der Aufbewahrung und der Weiterleitung geregelt sind und auf das die Einwilligung Bezug nimmt, so bestimmt beschrieben ist, dass für den einwilligenden Athleten keine Zweifel hinsichtlich des Umfangs der genehmigten Eingriffe offenbleiben.

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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Die Einwilligung kann deshalb keine Wirksamkeit entfalten, wenn sie pauschal unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des NADA-Codes erteilt wird, indem der Aufbewahrung und Weiterleitung der Analyseergebnisse gemäß den darin enthaltenen Regeln zugestimmt wird. Sie scheitert in diesem Fall an der unzureichenden Bestimmtheit des NADA-Codes hinsichtlich der regelungsbedürftigen Umstände der Aufbewahrung und Weiterleitung, die sich aus dem Umstand ergibt, dass sich darin keinerlei Maßgaben zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Sportler finden. Den in die Aufbewahrung und Weiterleitung involvierten Personen wird der Schutz der Athleten noch nicht einmal durch ein abstraktes Gebot zur größtmöglichen Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Sportler zur Pflicht gemacht. Erst recht fehlen jegliche konkreten Bestimmungen, in denen wenigstens die im Hinblick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler bedeutsamsten Details der Aufbewahrung und Weiterleitung geregelt werden. Diesbezüglich wäre zumindest eine Festlegung des konkreten Gegenstands der Datenverwendungen dahingehend notwendig, dass für den Athleten klar wird, ob sein kompletter Analysebefund oder lediglich die dopingrelevanten Werte aufbewahrt und weitergeleitet werden. Hinsichtlich der zur Durchführung der Aufbewahrung und Weiterleitung befugten Personen wäre für den Sportler von Interesse, ob sämtliche Mitarbeiter des Labors, der NADA und des Verbands oder z. B. nur der Laborleiter, der NADA-Geschäftsführer und der Verbandsvorstand handlungsbefugt sein sollen. Mit Blick auf die Art und Weise der Fixierung der Daten wäre etwa von Interesse, ob diese schriftlich oder elektronisch, im offenen Brief oder im versiegelten Umschlag zu erfolgen hat. Schließlich besteht offenkundig Bedarf an der Regelung der elementaren Schutzvorkehrungen vor unbefugtem Zugriff, Zerstörung oder Missbrauch wie etwa einer möglichen Pseudonymisierung und/oder einem eventuellen Verschluss der Daten. Ist die Einwilligung schriftlich (§ 4a I 3 BDSG) und gegebenenfalls neben weiteren Erklärungen besonders hervorgehoben (§ 4a I 4 BDSG) erfolgt und genügt sie den Anforderungen an ihre Bestimmtheit, muss sie außerdem gemäß § 4a III BDSG jegliche Gesundheitsdaten, die in den aufzubewahrenden Analyseergebnissen enthalten sind, explizit als Gegenstand der Datenverwendung aufführen. Dies betrifft alle diejenigen im Untersuchungsbericht wiedergegebenen Analysewerte, die Rückschlüsse auf den gesundheitlichen Zustand der Sportler zulassen, weil ihre Abweichung von anerkannten Normalwerten auf einen pathologischen Zustand hinweist. Hierzu gehören nicht solche Analysewerte, die lediglich im Falle ihrer wiederholten Messung einen bestimmten gesundheitlichen Zustand des Probanden indizieren, da die stichprobenartige Messung in Form der Dopingkontrolle in diesen Fällen keine entsprechenden Rückschlüsse erlaubt. So stellt etwa ein erhöhter Blutalkoholwert als Einzelwert kein Gesundheitsdatum dar, wenn er lediglich bei chronischem Auftreten auf eine Alkoholkrankheit hinweist, im Falle einer Einzelkontrolle jedoch genausogut auf ausnahmsweisen

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

extensiven Alkoholgenuss zurückzuführen sein kann. Keine Gesundheitsdaten i. S. d. § 3 IX BDSG stellen nach zutreffender Auffassung diejenigen Analysewerte dar, die den Konsum eines Dopingmittels dokumentieren, auch wenn es sich bei dem festgestellten Dopingmittel um ein gesundheitsschädliches Mittel handelt. Schlüsse auf den Gesundheitszustand der Athleten lässt die Feststellung eines Mittels nur dann zu, wenn bereits der Gebrauch in dem durch die Analyse aufgedeckten Umfang zu nicht lediglich unerheblichen Gesundheitsschädigungen führt oder den Schluss auf eine Suchtkrankheit zulässt. Demgegenüber führt die Anwendung von Dopingmitteln im Regelfall nicht bei einmaliger oder kurzzeitiger Verwendung, sondern erst nach deren Gebrauch über einen längeren Zeitraum hinweg zu entsprechenden Beeinträchtigungen der Gesundheit. Auf der Suche nach einer Gestattungsnorm erweist sich die Rechtfertigung der Aufbewahrung und Weiterleitung nach § 29 BDSG deshalb als nicht möglich, weil die Datenverwendungen nicht geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung i. S. d. § 29 BDSG erfolgen. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Daten selber als Geschäftsgegenstand des Labors wie eine Handelsware im Mittelpunkt seiner Tätigkeit stünden und diese Tätigkeit auf die Übermittlung der Informationen an Dritte abzielte, wie dies etwa im Bereich des Adresshandels der Fall ist.892 Zentraler Gegenstand der Tätigkeit der Labore ist demgegenüber die Übersetzung der in den Dopingproben enthaltenen Informationen in eine lesbare Form im Wege der Probenanalyse, so dass diese Informationen von den Sportvereinigungen weiterverwendet werden können. Da die Leistung der Labore nicht in der Information der Sportvereinigungen über die Analyseergebnisse, sondern in der Erarbeitung dieser Ergebnisse liegt, ist nicht die Datenweitergabe der eigentliche Gegenstand der Tätigkeit der Labore, sondern die Datennutzung. Die Aufbewahrung von Proben oder Analyseergebnissen und die Meldung der Ergebnisse an weitere Beteiligte gehören nicht zum eigentlichen Geschäftsgegenstand, sondern sind lediglich untergeordnete Zusatzmaßnahmen, die der weiteren Verwendung der Ergebnisse der Analysetätigkeit dienen. Der einzig als Gestattungsnorm in Betracht kommende § 28 BDSG ist beim Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen unproblematisch insoweit anwendbar, als die im Analyseergebnis erfassten Informationen über die Sportler keine Gesundheitsdaten i. S. d. § 3 IX BDSG darstellen, während die Datenverwendung mit Blick auf § 28 VI BDSG im Regelfall nicht nach § 28 BDSG zulässig ist, soweit in den Analyseergebnissen Gesundheitsdaten enthalten sind. Führen die Labore die Datenverwendungen nicht als Auftragsverarbeiter, sondern selber als verantwortliche Stellen durch, kommt eine Rechtfertigung nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG deshalb nicht in Betracht, da es zwischen den Laboren und 892 Zu den Voraussetzungen der geschäftsmäßigen Datenverwendung zum Zweck der Übermittlung vgl. E. Ehmann, in: S. Simitis, BDSG, § 29 Rn. 1 ff., u. Gola/Schomerus, BDSG, § 29 Anm. 2. u. 3.

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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den Sportlern an einem unmittelbaren Rechtsverhältnis im Sinne der Vorschrift fehlt. Ein berechtigtes Interesse der Labore i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG ist allerdings im Falle von privat betriebenen Laboren, die die Analyse von Dopingproben zu ihrem Geschäftsgegenstand gemacht haben, in Form von deren Interesse an der freien Berufsausübung gegeben. Handelt es sich bei den Laboren um Einrichtungen, die dem Bereich der öffentlichen Hand zuzuordnen sind, steht hinter ihrer Analysetätigkeit das Interesse des Staates an der Erhaltung und Unterstützung der Sportvereine als gemeinwohlfördernde Vereinigungen, das im speziellen Fall der Unterstützung bei der Dopingbekämpfung durch das besondere staatliche Interesse an einem dopingfreien Spitzensport verstärkt wird. Das Interesse der privaten wie auch der staatlichen Labore an der Aufbewahrung und Weiterleitung der Analyseergebnisse überwiegt das gegenläufige Interesse der Athleten unproblematisch insoweit, als die Labore wegen der Pseudonymisierung der Proben keine Kenntnis von der Person des dahinterstehenden Athleten erlangen, da in diesem Fall die Gefahr von Verletzungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts als gering eingestuft werden kann. Demgegenüber haben sowohl die geschäftlichen Interessen der privaten Labore als auch die mit der Bereitstellung der staatlichen Labore verfolgten Gemeinwohlinteressen insoweit hinter dem Interesse der Athleten am Schutz der Analysedaten zurückzustehen, als im Laufe der Auftragserfüllung die Depseudonymisierung der Proben erforderlich ist. Auch in denjenigen Konstellationen, in denen die Labore die Aufbewahrung und Weiterleitung nicht als Auftragsverarbeiter, sondern als selber verantwortliche Stellen durchführen, können sie sich an dieser Stelle allerdings zusätzlich auf die Interessen der Sportvereinigungen an den Datenverwendungen berufen.893 In der Person der Sportvereinigungen besteht ein überwiegendes Interesse an der Aufbewahrung und Weiterleitung der Analyseergebnisse unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus den weiter oben im Zusammenhang mit der Einwilligung angestellten Erwägungen heraus. Im Falle der Einschaltung der Analyselabore als Auftragsverarbeiter i. S. d. § 11 BDSG kommt es für die Anwendbarkeit des § 28 I 1 Nr. 1 BDSG darauf an, ob zwischen der NADA oder dem auftraggebenden Verband als verantwortlichen Stellen und dem betroffenen Athleten eine unmittelbare Rechtsbeziehung existiert. Da der Sportler weder Mitglied des übergeordneten Verbandes noch Mitglied der NADA ist, besteht eine solche unmittelbare Rechtsbeziehung nur beim Abschluss einer besonderen Vereinbarung über die Rechte und Pflichten beider Seiten im Zusammenhang mit der Dopingbekämpfung. Ist in dieser besonderen Vereinbarung zwischen NADA oder Verband und Athlet die Frage der Aufbewahrung und Weiterleitung der Analyseergebnisse entsprechend geregelt oder die Unterwerfung des Athleten unter den NADA-Code oder auch nur der Verzicht des Sportlers auf Doping vereinbart, hat dies die Erforderlichkeit der Aufbewah893

Vgl. oben D.X.1.a)bb)(1)(b).

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

rung und Weiterleitung der Analyseergebnisse im Umfang gemäß Art. 17.4 bzw. 8.4 NADA-Code zur Konsequenz. Das überwiegende Interesse des Verbandes ergibt sich in diesem Fall aus denselben Überlegungen, die soeben anlässlich der Interessenabwägung zur Prüfung der Freiwilligkeit der Einwilligung angestellt wurden. Die Rechtfertigung der Datenverwendungen nach § 28 I 1 Nr. 1 BDSG hängt des Weiteren davon ab, dass der Sportler entsprechend § 4 III 1 Nr. 2 BDSG bei der Erhebung der Daten über die beabsichtigte Aufbewahrung und Weiterleitung unterrichtet worden ist. Besteht mangels Sondervereinbarung keine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen NADA oder auftraggebendem Verband und Athlet, kommt sowohl für den Verband als auch für die NADA hinsichtlich der Aufbewahrung wie auch hinsichtlich der Weiterleitung die Berufung auf § 28 I 1 Nr. 2 BDSG in Betracht. Das berechtigte Interesse des Verbandes ergibt sich aus der Dienlichkeit der Aufbewahrung und Weiterleitung für die Dopingbekämpfung und die Umsetzung des Vereinszwecks „dopingfreier Sport“. Die NADA kann sich insoweit nicht nur auf die Interessen des auftraggebenden Verbands,894 sondern darüber hinaus auf ihren Stiftungszweck berufen, der gleichfalls in der Bekämpfung des Dopings besteht. Diese Interessen der Sportvereinigungen und der NADA überwiegen das Interesse der Athleten am Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts unproblematisch solange, wie die Aufbewahrung und Weiterleitung der Daten in pseudonymisiertem Zustand erfolgt, da die Gefahr für das Persönlichkeitsrecht der Sportler in diesem Fall auf ein hinnehmbares Maß reduziert ist. Soll die Aufbewahrung oder die Weiterleitung in depseudonymisierter Form erfolgen, ist demgegenüber besonders sorgfältig die Erforderlichkeit der Datenverwendung zu prüfen, da der Eingriff in die Rechte der Athleten durch die Herstellung des Namensbezugs ganz erheblich an Gewicht gewinnt. Auch die Gestattung der Datenverwendungen gemäß § 28 I 1 BDSG begründet im Übrigen selbstverständlich nur die Zulässigkeit solcher Datenverwendungen, die unter angemessener Berücksichtigung des Erforderlichkeitsgrundsatzes und des Erfordernisses einer strikten Zweckbindung durchgeführt werden. Weil die Annahme eines überwiegenden Interesses zur Bejahung der Erforderlichkeit i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG und zur Rechtfertigung der Datenverwendungen nach § 28 I 1 Nr. 2 BDSG die Verhältnismäßigkeit der damit verbundenen Eingriffe in die Sportlerrechte voraussetzt, hängt auch die Gestattung nach § 28 I 1 BDSG davon ab, dass der Umfang der Rechtseingriffe hinreichend bestimmt feststeht und keine überflüssigen oder unangemessenen Beeinträchtigungen der Athleten umfasst. Dies bedeutet, dass die Sportvereinigungen auch dann, wenn von § 28 BDSG der notwendige Spielraum für die Aufbewahrung und Weiterleitung der Analyseergebnisse eröffnet ist, sämtliche zumutbaren Maßnahmen zur Entschärfung des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler zu 894

Vgl. oben D.X.1.a)bb)(1)(b).

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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treffen haben. Insoweit sind insbesondere die einschlägigen Maßgaben des BDSG, etwa der §§ 3a oder 9 BDSG, umzusetzen. Erfolgt die gemäß § 28 I 2 BDSG notwendige Zweckfestlegung durch verbandsrechtliche Bestimmungen, auf die im Zuge der von § 4 III 1 BDSG vorgeschriebenen Unterrichtung Bezug genommen wird, darf die Weitergabe der Analyseergebnisse durch die Labore an die Verbände und die Anti-Doping-Agenturen darin nur in dem Umfang vorgesehen werden, wie dies zur weiteren Abwicklung des Dopingkontrollverfahrens erforderlich ist.895 Die Details der Aufbewahrung und Weiterleitung müssen darin so konkret geregelt sein, dass die Begrenzung der Eingriffe in die Rechte der Athleten auf das erforderliche Maß durch die einschlägigen Bestimmungen gewährleistet ist, andernfalls die Wirksamkeit der Verbandsregeln an der vereinsrechtlichen Inhaltskontrolle scheitert. Insbesondere müssen die Regelungen so gefasst sein, dass sie – soweit als möglich und mit zumutbarem Aufwand zu bewerkstelligen – jegliche nicht zu Zwecken des Dopingverfahrens erforderliche Informationsverbreitung verhindern. Im Hinblick auf die Gefahr der Weitergabe von Informationen an die Medien außerhalb der im Verbandsrecht vorgesehenen Kanäle ist die verbandsinterne Informationsverbreitung beispielsweise so zu organisieren, dass „undichte Stellen“ gegebenenfalls geortet werden können.896 2. Verwahrung und Weiterleitung des A-Proben-Befundes durch die NADA oder den Verband vor Entscheidung über die B-Proben-Analyse Ein negatives Ergebnis einer Proben-Analyse ist dem Athleten gemäß Art. 8.5 NADA-Code auf dessen Anfrage hin mitzuteilen. Für das weitere „Ergebnismanagement“ nach der Meldung eines Analyseergebnisses durch das Labor und die erste Überprüfung gemäß Art. 9.2 NADA-Code ist nach Art. 9.1.1 der nationale Fachverband zuständig, soweit es um die Ergebnisse von Trainingskontrollen geht, während das Ergebnismanagement im Falle von Wettkampfkontrollen von Art. 9.1.2 NADA-Code dem als Wettkampfveranstalter auftretenden Verband zugewiesen ist. Dieses weitere Ergebnismanagement kann gemäß Art. 9.1.4 NADA-Code im Wege einer schriftlichen Vereinbarung des zuständigen nationalen Sportverbandes mit der NADA auf die NADA übertragen werden. In jedem Fall ist die NADA auf Nachfrage vom Stand des verbandsinternen Verfahrens in Kenntnis zu setzen und dazu berechtigt, sich durch Anwesenheit bei dem Verfahren Kenntnis zu verschaffen (Art. 9.1.3). Gemäß Art. 9.1.3 Abs. 2 ist jeder Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen der NADA zu melden. 895 So auch der Bundesdatenschutzbeauftragte P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 7, und für die Weitergabe der Daten innerhalb der Verbände K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 43 f. 896 K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 43 f.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Gemäß Art. 9.3 NADA-Code wird der für den Sportler zuständige nationale Sportfachverband über das Ergebnis des bisherigen Dopingverfahrens informiert, wenn die Vorabprüfung durch die NADA die Richtigkeit des vorläufigen Analyseergebnisses nicht in Frage stellt oder den Verdacht des anderweitigen Dopingverstoßes nicht entkräftet. Zum Inhalt der Benachrichtigung äußert sich Art. 9.3 dahingehend, der Verband sei „entsprechend“ zu informieren. Mit dem Terminus „entsprechend“ wird offenkundig auf die vorausgegangene Regelung der Benachrichtigung des Athleten Bezug genommen. Aus dem Wortlaut geht allerdings nicht eindeutig hervor, ob nur Absatz 2, der die Benachrichtigung des Sportlers im Falle des Verdachts eines anderweitigen Verstoßes regelt, oder auch die Regelung über die Benachrichtigung des Athleten im Falle eines positiven Analyseergebnisses in Art. 9.3 Abs. 1 NADA-Code gemeint ist. Indem Art. 9.3 Abs. 3 die Information über „den Verstoß“ anordnet, scheint er nur auf Art. 9.3 Abs. 2 zu verweisen, da dort der Begriff des Verstoßes im Zentrum der Regelung steht, während dies in Art. 9.2 Abs. 1 das „positive Analyseergebnis“ ist. Da andererseits Abs. 1 Abschnitt b) auch für das positive Analyseergebnis den Begriff des Verstoßes verwendet und vor allem kein Grund dafür erkennbar ist, weshalb der Verband lediglich im Falle anderweitiger Dopingverstöße, nicht aber beim Vorliegen eines positiven Analyseergebnisses benachrichtigt werden sollte, ist Art. 9.3 Abs. 3 NADA-Code so zu lesen, dass die Informationsweiterleitung in beiden Fällen durchzuführen ist. Art. 9.5.5 NADA-Code ordnet an, dass eine Suspendierung gegebenenfalls dem nationalen Sportfachverband des Athleten mitzuteilen ist. Darüber hinaus setzt der von Art. 9.6 NADA-Code vorgegebene Ausspruch von Sanktionen gegen den Sportler naturgemäß voraus, dass die für den Ausspruch der Sanktionen zuständige Stelle von dem Dopingverstoß in Kenntnis gesetzt wird. Da die Zuständigkeit hierfür allerdings dem Wettkampfveranstalter bzw. der für das Ergebnismanagement verantwortlichen Stelle zugeordnet ist, die ohnehin bereits gemäß den Art. 8.4, 9.1 NADA-Code informiert worden sind, macht Art. 9.6 NADACode keine zusätzlichen Meldungen der Analyseergebnisse notwendig. Art. 14.1 NADA-Code sieht vor, dass sich „sowohl die NADA als auch die nationalen, internationalen Sportfachverbände und die WADA . . . jederzeit gegenseitig über Verstöße gegen Anti-Doping-Bestimmungen und über das Ergebnis eines Suspendierungs- bzw. Sanktionsverfahrens gem. Ziff. 9.5 und 11“ informieren. Gemäß Absatz 2 der Regelung umfasst diese Informationspflicht neben der Mitteilung von Namen, Land und Sportart des Athleten, der Disziplin des Athleten innerhalb der Sportart, der Art der Kontrolle (Trainings- oder Wettkampfkontrolle) und des Datums der Probenahme auch „die vom Labor gemeldeten Analyseergebnisse“. Absatz 3 des Art. 14.1 ordnet die vertrauliche Behandlung dieser Informationen bis zur Veröffentlichung gemäß Art. 14.2 NADA-Code an. Art. 14.2 NADA-Code, der ohne Einschränkung nach der Art der Informationen und somit hinsichtlich sämtlicher Analyseergebnisse gilt, gestattet in seinem

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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Absatz 1 die Preisgabe der Identität positiv getesteter oder eines sonstigen Verstoßes gegen Anti-Doping-Bestimmungen verdächtigter Personen erst nach der Entscheidung über die Sanktion. Art. 14.2 Abs. 2 schränkt die Reichweite von Absatz 1 der Bestimmung ausdrücklich dahingehend ein, dass dieser nicht für Veröffentlichungen durch die für die Sanktion zuständige Organisation gilt, gibt allerdings gleichzeitig vor, dass derartige Veröffentlichungen erst nach dem Abschluss der Analyse der B-Probe oder dem Verzicht hierauf geschehen dürfen. Die Offenbarung der Identität minderjähriger Dopingsünder, die mit Sperren von unter einem Jahr belegt worden sind, darf gemäß Art. 14.2 Abs. 3 NADA-Code nur mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten erfolgen. Betrachtet man die vorstehend aufgeführten Bestimmungen des NADA-Codes näher unter dem Aspekt damit verbundener weiterer Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten bezüglich der Ergebnisse ihrer A-Proben, ergibt sich Folgendes: Die Mitteilung des Analyseergebnisses an den Athleten gemäß Art. 8.5 NADACode wirft aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht keine Probleme auf, da mit dem Sportler der Betroffene selber über die ihn betreffenden Daten informiert wird. Insoweit ist lediglich darauf zu achten, dass die Modalitäten der Benachrichtigung so ausgestaltet sind, dass der Schutz der Athletendaten vor Missbrauch oder unbefugter Kenntnisnahme Dritter in angemessener Weise gewährleistet ist. Der nach Art. 9.1.1 NADA-Code für das weitere Ergebnismanagement zuständige nationale Fachverband befindet sich nur dann bereits in Kenntnis des A-Proben-Befundes, wenn er selber den Analyseauftrag erteilt hat. Andernfalls folgt aus Art. 9.1.1 NADA-Code im Fall von Trainingskontrollen, dass der nationale Fachverband als weitere Stelle vom A-Proben-Befund in Kenntnis zu setzen ist. Gegen die Wirksamkeit einer Einwilligung der Athleten in diese Benachrichtigung wie auch gegen ihre Erforderlichkeit i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG oder ihre Angemessenheit i. S. d. § 28 I 1 Nr. 2 BDSG bestehen schon deshalb keine Bedenken, da die Information des nationalen Fachverbandes in der Situation des Art. 9.1.1 NADA-Code jedenfalls von einem überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen gedeckt ist, weil die Weiterleitung des Analyseergebnisses für die Fortführung des Dopingverfahrens insbesondere mit Blick auf eine eventuelle Suspendierung des Sportlers unerlässlich ist. Für die Zulässigkeit der Information des nationalen Fachverbands sprechen zudem die im Zusammenhang mit der Weitermeldung des A-Proben-Befundes durch das Labor bereits aufgezeigten Interessen an der erfolgreichen Rechtsharmonisierung und an der Einleitung der verbandsrechtlich festgelegten Reaktionen auf den Dopingbefund.897 Das eben Gesagte gilt entsprechend für die Weiterleitung des Dopingbefundes an den wettkampfveranstaltenden Verband in der Situation des Art. 9.1.2 NADACode. 897

Vgl. oben D.XIII.1.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Das Interesse an der Fortführung des Dopingverfahrens und an der Rechtsharmonisierung rechtfertigt auch die Weiterleitung des A-Proben-Befundes an die NADA nach deren Beauftragung mit dem Ergebnismanagement gem. Art. 9.1.4 NADA-Code, wenn die NADA nicht ohnehin schon als Auftraggeberin des Labors in Kenntnis gesetzt worden ist. Zwar ist das diesbezügliche Eigeninteresse der NADA geringer zu gewichten als dasjenige der Sportvereinigungen, da diese mit der Durchführung von Dopingverfahren und der Rechtsharmonisierung auf die Umsetzung ihrer Vereinszwecke abzielen, während die NADA insoweit lediglich Stiftungszwecke verfolgt. Allerdings steht hinter der Einbindung der NADA wiederum das Interesse der Sportvereinigungen an der bestmöglichen Dopingbekämpfung, da die Einsetzung der NADA auf die inhaltliche und wirtschaftliche Optimierung des Anti-Doping-Kampfes abzielt und die NADA hier lediglich Funktionen erfüllt, die ihr von den Sportvereinigungen übertragen worden sind. Hinzukommt, dass die NADA den A-Proben-Befund zur Durchführung der ersten Überprüfung gemäß Art. 9.2 NADA-Code benötigt, die sie unabhängig von der Beauftragung mit dem weiteren Ergebnismanagement durchzuführen hat. Die Meldung des A-Proben-Befundes an die NADA auf deren Nachfrage gemäß Art. 9.1.3 Abs. 1 NADA-Code hin oder in Befolgung der Informationspflicht gemäß Art. 9.1.3 Abs. 2 NADA-Code ist ebenfalls auch dann, wenn der NADA nicht das weitere Ergebnismanagement übertragen worden ist, sowohl auf der Grundlage einer entsprechenden Einwilligung der Athleten gemäß § 4a BDSG als auch nach § 28 I 1 Nr. 2 BDSG gerechtfertigt. Das notwendige Interesse der Sportvereinigungen an der Datenweiterleitung an die NADA ist auch in diesem Fall in Form des Interesses an der korrekten Durchführung der im Wege der „Trainingskontrollvereinbarung“ gemäß Teil I Punkt 1 NADA-Code an die NADA ausgegliederten Funktionen gegeben.898 Da dieses Interesse von dem Interesse der Sportvereinigungen an der Realisierung des Vereinszwecks „dopingfreier Sport“ getragen wird, überwiegt es das gegenläufige Interesse der Sportler an der Vermeidung der Kenntnisnahme von dem A-Proben-Befund durch eine weitere Stelle. Die Information des zuständigen nationalen Fachverbands gemäß Art. 9.3 NADA-Code ist wiederum ungeachtet seiner Zuständigkeit für das weitere Ergebnismanagement mit Blick auf die im Zusammenhang mit der Ergebnismeldung des Labors aufgeführten Interessen an der Kenntnis von dem Dopingbefund899 gerechtfertigt. Art. 14.1 NADA-Code führt unter Berücksichtigung der schon besprochenen Informationsbestimmungen bezüglich des A-Proben-Befundes ebenfalls nicht zu 898 Zum Interesse des Auftraggebers an der zur Durchführung outgesourcter Funktionen notwendigen Datenverwendung vgl. S. Simitis, in: S. Simitis, BDSG, § 28 Rn. 136. 899 Vgl. oben D.XIII.1.

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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einer Vertiefung des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten, da die NADA nach Art. 8.4, spätestens jedoch gemäß Art. 9.1.3, der nationale Sportfachverband nach Art. 9.1.1 oder spätestens gemäß Art. 9.3 und die WADA sowie der internationale Sportfachverband ebenfalls nach Art. 8.4 NADA-Code bereits von dem A-Proben-Befund in Kenntnis gesetzt worden sind. Auch die verbandsrechtlichen Regelungen über die Weitergabe der Daten zwischen den Verbänden und Anti-Doping-Agenturen sind wiederum dem Erforderlichkeitsgebot und dem Erfordernis einer strikten Zweckbindung unterworfen. Auch die Weitergabe innerhalb der Verbände ist in den Verbandsbestimmungen auf denjenigen Umfang zu begrenzen, der zur weiteren Abwicklung des Dopingkontrollverfahrens erforderlich ist.900 Wiederum gilt, dass die Anforderungen der einschlägigen Bestimmungen soweit als möglich und mit zumutbarem Aufwand zu bewerkstelligen sein und jegliche nicht zu Zwecken des Dopingverfahrens erforderliche Informationsverbreitung verhindern müssen, etwa durch eine Organisation der Informationsverbreitung, die der Weitergabe von Informationen an die Medien oder sonstige Dritte durch die Möglichkeit zur Ortung „undichter Stellen“ vorbeugt.901 3. Veröffentlichung von Ergebnissen des Doping-Verfahrens vor der abschließenden Feststellung eines Dopingverstoßes Dass die Verwendung von Daten über den Körperzustand einen erheblichen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und hier in die Intimsphäre der Sportler darstellt, ist bereits mehrfach dargelegt worden. Den Berichten über die PR-Aktion des italienischen Profi-Radrennteams Amore & Vita im Frühjahr 1999 zufolge wurde vor der Publikation der Blutwerte die Zustimmung der Fahrer hierzu eingeholt.902 Zweifel an der Wirksamkeit der Einwilligungen, die aus der Annahme heraus naheliegen, dass der ein oder andere seine Blutwerte lieber geheimgehalten hätte und erst durch die Androhung von Konsequenzen hinsichtlich seines Verbleibs im Team von der Sinnhaftigkeit der Maßnahme überzeugt werden konnte, waren in diesem Fall in rechtlicher Hinsicht irrelevant. Denn im Unterschied zu der Situation, in der den Sportlern von den Verbänden die Einwilligung in persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Anti-Doping-Maßnahmen abverlangt wird, stand den Radprofis mit der Person des Sponsors kein wirtschaftlich und sozial übermächtiger Vertragspartner gegenüber, von dem sie in demselben Maße abhängig waren, wie dies bezüglich der Verbände der Fall ist. Hierbei soll die Bedeutung der Sponsorenunterstützung für die Sportler nicht verkannt werden. Anders als die Sportvereinigungen, die in abgestimmter Einigkeit 900 901 902

K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 43 f. K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 43 f. FAZ v. 18.02.99, S. 38.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

allesamt die gleichen Zugeständnisse von den Athleten fordern, sind die Sponsoren jedoch nicht organisatorisch miteinander verwoben, so dass die Konditionen der Zusammenarbeit nicht von allen Sponsoren inhaltsgleich vorgegeben werden, sondern jeweils im Einzelfall von den Parteien auszuhandeln sind. Dieser Unterschied in der Ausgangslage hat zur Konsequenz, dass die Sponsoren den Vertragsabschluss mit den Sportlern auch von der Zustimmung zu Vertragsbedingungen abhängig machen dürfen, hinsichtlich derer sie kein überwiegendes Interesse für sich in Anspruch nehmen können. Anders als im Falle vergleichbarer Aktionen der Sportvereinigungen bestehen hinsichtlich der Wirksamkeit der Zustimmung zu persönlichkeitsrechtlich relevanten Maßnahmen der Sponsoren keine Bedenken, soweit nicht in Extremfällen die im Wesentlichen durch die §§ 134, 138 BGB gezogenen Grenzen der Vertragsfreiheit überschritten werden. Immer wieder finden sich allerdings in den Sportnachrichten Meldungen, in denen von positiven A-Proben berichtet wird, obwohl die Untersuchung der B-Probe noch aussteht. Prominentes Beispiel hierfür ist das Dopingverfahren um Katrin Krabbe und ihre Mannschaftskameradinnen nach den identischen Urinproben von Stellenbosch („Krabbe I“), über die die SZ in der Ausgabe vom 08.02. 1992, dem Tag, an dem die B-Proben erst geöffnet wurden,903 zu berichten wusste, von wem sie herrührten, dass drei der Proben „auf die gleiche Weise mit Hilfe von mysteriösen Substanzen manipuliert“ worden seien, dass die Analyse der Proben keinen positiven Befund ergeben hätte, der Urin aber zersetzt gewesen sei und dass der DLV Verdachtsmomente für verbotene Manipulationen sehe und Ermittlungen eingeleitet worden seien.904 Ebenso wurde der positive Dopingtest von Patrik Sinkewitz, der während der Tour 2007 das „Dopingfass zum Überlaufen“ brachte und den Abbruch der Übertragung der Frankreich-Rundfahrt durch ARD und ZDF auslöste, vor der Analyse der B-Probe oder dem Verzicht hierauf veröffentlicht.905 Die Auswertung der einschlägigen Bestimmungen des NADA-Codes führt nach dem oben Gesagten zu der Feststellung, dass keine der Regelungen über die Weiterleitung des A-Proben-Befundes die Information außenstehender Dritter und hier insbesondere der Medien oder der Öffentlichkeit gestattet. Im Gegenteil legt Art. 14.2 NADA-Code ausdrücklich fest, dass die NADA Informationen über die Person eines positiv getesteten Sportlers erst nach der Entscheidung über die Sanktion an die Öffentlichkeit gibt und auch im Falle der Zuständigkeit einer anderen Organisation für die Sanktionierung eine Veröffentlichung nicht vor dem Abschluss der Analyse der B-Probe oder dem Verzicht hierauf erfolgen darf. 903 Vgl. den Tatbestand der Originalentscheidung des Münchener Landgerichts, Az. 7 HKO 16591/94, v. 17.05.95, S. 10. 904 Vgl. den Artikel „Ich glaube nicht, dass ich gedopt habe“ im Sportteil der SZ v. 08.02.92. 905 FAZ v. 19.07.07, S. 1.

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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Diese Rechtslage ergibt sich unabhängig von der Reform des BDSG 2001 und vom Inkrafttreten des NADA-Codes 2004. Denn die Veröffentlichung von Verfahrensergebnissen vor der Berücksichtigung der B-Probe bei der Bewertung des Sportlerverhaltens ohne eine diesbezügliche wirksame Zustimmung des Sportlers stellt einen unzulässigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, wenn nicht ganz besondere Umstände vorliegen, die die Veröffentlichung zu diesem Zeitpunkt interessengerecht erscheinen lassen: Die vom Grundgesetz gewollte und garantierte Selbstbestimmung des Einzelnen begründet ein Recht des Betroffenen, über die Verwendung der sich auf seine Person beziehenden Daten zu entscheiden.906 Nicht nur das Analyseergebnis in seiner Gesamtheit, das entweder einen Dopingvorwurf oder eine Bestätigung der Sauberkeit des Athleten bedeutet, sondern auch jeder darin enthaltene Einzelwert stellt eine Information über den Körper des Athleten dar,907 da sowohl die Feststellung eines dopingrelevanten Stoffes als auch die Angabe der Einzelmengen bestimmter chemischer Verbindungen die physisch-chemische Beschaffenheit des Körpers betreffen. Sämtliche Informationen über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von dopingrelevanten Stoffen im Körper des Sportlers genießen deshalb ungeachtet der Anwendbarkeit des BDSG den Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts. Die informationelle Selbstbestimmung umfasst den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten.908 Es gewährt dem Individuum die Befugnis, selbst die persönlichen Sachverhalte zu bestimmen, die es dem Zugriff der Öffentlichkeit ganz oder teilweise entziehen will.909 Die Veröffentlichung von Informationen über Dopingproben stellt eine Weitergabe der persönlichen Daten der Sportler dar, durch die deren Selbstbestimmungsrecht bezüglich des Zugriffs Dritter vereitelt wird. Neben den Analyseergebnissen selber sind auch jegliche Informationen über die Begleitumstände der zu analysierenden Proben geschützt, soweit sie einen Zusammenhang zur Person des Athleten aufweisen und deshalb Auskunft über dessen Verhältnisse geben. Den Schutzbereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts beeinträchtigt hiernach beispielsweise auch die Mitteilung, dass eine Probe hinsichtlich ihrer Zusammensetzung mit einer anderen identisch sei, ebenso die allgemein gehaltene Äußerung, es stinke bei einer Probe gewaltig,910 soweit sie auf verfahrensinterne Kenntnisse 906

S. Simitis, NJW 1984, 398, 399; MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 91, 102 ff. Vgl. K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40 f. 908 E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Rn. 21 f. 909 M. Baston-Vogt, Der sachliche Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts (1997), B.VIII.6.b). 910 So angeblich gefallen im Zusammenhang mit den Urinproben der Neubrandenburger Sprinterin und Doppelweltmeisterin von 1991 Katrin Krabbe, der damaligen WM-Zweiten über 400 Meter Grit Breuer und der Sprint-Doppelweltmeisterin von 1987 Silke Möller, die im Januar 1992 im südafrikanischen Stellenbosch genommen wurden, 907

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

zurückgeht und nicht lediglich eine auf rein persönlicher Einschätzung beruhende Vorverurteilung darstellt. Als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist die Veröffentlichung nach den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht anerkannten Regeln nur dann zulässig, wenn sie von einer Einwilligung des betroffenen Sportlers oder durch einen sonstigen Gestattungstatbestand gedeckt ist oder der Veröffentlichende ein überwiegendes Interesse an der Veröffentlichung geltend machen kann. Wird den Athleten eine Einwilligung in Veröffentlichungsbefugnisse abgefordert, hängt auch die Wirksamkeit dieser Einwilligung wegen der Monopolstellung der Sportvereinigungen davon ab, ob die Verbände ein überwiegendes Interesse an der Information der Öffentlichkeit vor der Einbeziehung der B-Probe in das Kontrollverfahren geltend machen können. Als einzige diesbezügliche Interessen der Sportorganisationen sind insoweit jedoch das allgemeine Interesse an der Darstellung der eigenen Aktivitäten im Sinne einer positiven Werbung sowie das Interesse an der Abschreckung anderer potentieller Dopingsünder vorstellbar, die als Betätigungen des Vereins im Rahmen seiner Ziele und Zwecke auf Art. 9 GG gestützt werden können.911 Das Abschreckungsargument weist allerdings deshalb wenig Gewicht auf, da die Abschreckung genauso gut durch die Meldung von der Überführung des Gedopten nach Abschluss der B-Proben-Auswertung erreicht werden kann, zumal die B-Proben-Analyse bzw. der Verzicht darauf gemäß den Anti-Doping-Bestimmungen binnen kurzer Zeit nach der A-Proben-Analyse von den Sportvereinigungen herbeigeführt werden kann, so dass nicht einmal eine erhebliche Verzögerung der Erfolgsmeldung mit dem Abwarten der B-Proben-Auswertung verbunden ist. Der Verweis auf den Werbeeffekt, für den das zur Abschreckungswirkung Gesagte gleichermaßen gilt, greift darüber hinaus auch deshalb nicht, da das Interesse an der Werbung von vornherein als weitaus weniger bedeutend einzuordnen ist als dasjenige der Athleten am Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts. Dies erweist schon der abstrakte Vergleich des Werbeinteresses als rein wirtschaftlich motiviertes Offensivinteresse der Sportvereinigungen und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als für die persönliche Entfaltung des Menschen fundamentales Schutzrecht, zumal die Verbände zur Werbung keineswegs auf die Veröffentlichung von A-Proben-Ergebnissen angewiesen sind. Erst recht gilt dies in Anbetracht der schwerwiegenden Folgen, die eine verfrühte Meldung eines positiven Dopingbefunds für die Sportler haben kann. Zuvgl. den Artikel „Ich glaube nicht, dass ich gedopt habe“ im Sportteil der SZ v. 08.02. 92; die Äußerung wurde allerdings kurze Zeit später bestritten, vgl. die Meldung „Rous nichts angedeutet“ im Sportteil der SZ v. 26.02.1992. 911 So wohl auch U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 63, wenn sie ein legitimes Interesse an der Informationsweiterleitung „unter Umständen“ aus Art. 9 GG für ableitbar erachten.

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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nächst werden die Athleten selbst dann, wenn der A-Proben-Befund fehlerhaft war oder aus anderen Gründen durch die B-Proben-Analyse nicht bestätigt wird912 oder wenn sie den Befund im Zuge des weiteren Kontrollverfahrens durch eine Medizinische Ausnahmegenehmigung entkräften können, bis zu ihrer Entlastung im Laufe des weiteren Dopingverfahrens dem Verdacht des Dopings ausgesetzt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Veröffentlichung im Vergleich zur internen Weiterleitung der Zwischenergebnisse des Verfahrens etwa an die weiteren involvierten Verbände einen vielfach intensiveren Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler darstellt, da sie den Kreis der Informationsempfänger strukturell erweitert, indem sie die Information aus der in der Verbandspyramide vereinten Sportgemeinde heraus in die breite Öffentlichkeit trägt. Vor allem aber bewirkt die Veröffentlichung eines positiven A-ProbenBefundes in jedem Fall, dass der Name des betroffenen Athleten zukünftig nicht mehr unbelastet ist, sondern fortan in den Köpfen vieler – bewusst oder unbewusst – mit der Dopingproblematik verbunden wird. Aufgrund dieser Konsequenz wirkt die Veröffentlichung zu einem Zeitpunkt, zu dem selbst verbandsintern noch nicht alle zur Feststellung eines Dopingverstoßes notwendigen Verfahrensschritte durchgeführt worden sind, wie eine Vorverurteilung.913 Ebenso wie die verfrühte, den Betroffenen vorzeitig und ohne gesicherte Beweise bloßstellende öffentliche Berichterstattung über bevorstehende oder laufende Strafverfahren914 verletzt die Veröffentlichung von belastenden Erkenntnissen des Dopingverfahrens das Persönlichkeitsrecht des Sportlers auf diese Weise weit über die bloße Beeinträchtigung seines informationellen Selbstbestimmungsrechts hinaus. Die Veröffentlichung von Informationen zum laufenden Dopingverfahren vor der abschließenden Feststellung des Dopingverstoßes durch die zuständige AntiDoping-Organisation ist hiernach selbst auf der Grundlage einer diesbezüglichen Einwilligung der Sportler, die zur Erlangung einer Vereinsmitgliedschaft oder der Teilnahmeberechtigung an den Sportwettkämpfen der Verbände erteilt werden musste, mit Blick auf deren allgemeines Persönlichkeitsrecht unzulässig.915 Des 912 Zur Notwendigkeit der Absicherung des A-Probe-Ergebnisses durch die B-Proben-Analyse vgl. auch D. Rössner, SpuRt 2009, 53, 55, der zutreffend an den Fall Bernard Lagat erinnert, in dem die negative B-Probe die Entlastung von einer positiven A-Probe brachte. 913 So auch U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 61. 914 Zur Berichterstattung über Ermittlungsverfahren und Ermittlungs- und Fahndungsaufrufe vgl. E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 10. Rn. 166 ff.; G. Müller, VersR 2000, 797, 801; BGH VersR 2000, 327. 915 So auch U. Haas/K.-Y. Nam, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte, in: M. Nolte (Hrsg.), Persönlichkeitsrechte im Sport (2006), S. 43, 63; mit Tendenz zur Annahme einer Persönlichkeitsrechtsverletzung auch bereits J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 200, der allerdings nur die Veröffentlichung vor der B-Proben-Analyse als möglichen Persönlichkeitsrechtsverstoß ansieht, hingegen den Abschluss des Verbandsverfahrens nicht als notwendig erachtet; ebenfalls für eine Veröffentlichungsbefugnis nach der

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Weiteren ist weder eine Rechtsvorschrift noch ein sonstiger Gestattungstatbestand ersichtlich, auf den die Vorveröffentlichung von Informationen über das Dopingverfahren gestützt werden könnte. Zu Recht wird bezüglich des somit bestehenden Informationsverbots darauf hingewiesen, die Erreichung des damit verfolgten Zieles, das in der Verhinderung einer Vorverurteilung des Probanden in der Öffentlichkeit als Dopingbetrüger besteht, werde konterkariert durch die bereits nach einer positiven A-Probe auszusprechende Suspendierung des betroffenen Athleten. So war beispielsweise die Hochspringerin Amewu Mensah nach der positiven Analyse ihrer A-Probe im Juni 2001 dazu gezwungen, ihren Verzicht auf den geplanten Start bei den deutschen Meisterschaften unzutreffend mit einer Fußverletzung zu begründen.916 Die unerfreuliche Konsequenz, dass möglicherweise auch ein Athlet, gegen den der Dopingverdacht im Laufe des weiteren Dopingverfahrens nicht bestätigt wird, wegen der Suspendierung einen geplanten Start unter einem unwahren Vorwand absagen muss, vermag die Rechtmäßigkeit des Verfahrens jedoch nicht zu beeinträchtigen: Zwar kann der Sportler unter Verweis auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht ein Interesse daran geltend machen, durch die Verfahrensausgestaltung nicht zu einer Lüge gezwungen zu werden. In der gegebenen Situation, in der mit der positiven A-Probe ein schwergewichtiges Indiz für einen Dopingverstoß vorliegt, ist die Wahrscheinlichkeit einer unerlaubten Leistungssteigerung jedoch so groß, dass es den Verbänden nicht zumutbar ist, den Athleten trotzdem starten zu lassen. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle würde die Teilnahme des Sportlers dazu führen, dass zunächst ein Wettkampfergebnis zustande käme, das später nach dem Abschluss des Dopingverfahrens korrigiert werden müsste. Führt man sich den möglichen Fall vor Augen, dass der gedopte Athlet einem ungedopten Konkurrenten einen Platz im Endlauf wegnimmt oder dass er den Wettkampf gar auf dem Siegerpodest beendet oder vielleicht sogar Weltmeister oder Olympiasieger wird, wird ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen offenbar, den bereits positiv getesteten Sportler trotz der verbleibenden Unsicherheit hinsichtlich des endgültigen Verfahrensausgangs von der Teilnahme auszuschließen. Maßgeblich ist an dieser Stelle, dass der Spitzensport von seiner Durchführung als Echtzeiterlebnis abhängig ist. Nicht nur die Begeisterung der Zuschauer lebt entscheidend davon, dass sie die Siegerleistung live mitverfolgen und im Anschluss daran an der Freude des Siegers teilhaben und seiner Ehrung beiwohnen können. Es sind vor allem die Athleten, die um einen erheblichen Teil ihres verdienten Lohnes gebracht werden, wenn sie vor Ort einem gedopten Konkurrenten das Feld überlassen müssen und erst später „am grünen Tisch“ nach-

positiven B-Proben-Analyse T. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil, Rn. 237; für den Vorrang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bis zum Abschluss des Dopingverfahrens auch B. Kern, Internationale Dopingbekämpfung (2007), S. 433 f. 916 Vgl. FAZ v. 27.07.01, S. 39.

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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träglich die ihnen zustehende Ehrung erhalten.917 Die Bedeutung, die dieser Live-Charakter für das Ereignis Sport hat, rechtfertigt angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, mit der in aller Regel der durch die A-Probe indizierte Dopingverstoß bestätigt wird, die Suspendierung des positiv getesteten Sportlers für bis zum Abschluss des Dopingverfahrens stattfindende Wettkämpfe. 4. Weiterleitung und Veröffentlichung von Verfahrensergebnissen nach verbandsinterner Feststellung eines Dopingverstoßes Ist die Analyse der B-Probe erfolgt oder entbehrlich geworden, sind gemäß den Bestimmungen des NADA-Codes folgende Beteiligte vom abschließenden Kontrollergebnis zu informieren: Handelt es sich bei der positiven Probe um eine Probe aus einer Wettkampfkontrolle, bedürfen der wettkampfveranstaltende nationale oder internationale Sportfachverband der Benachrichtigung, da sie gemäß Art. 10.1.1 NADA-Code für die Sanktionierung zuständig sind. Hinter der Datenweiterleitung steht insoweit ebenso wie im Falle der Weiterleitung des A-Proben-Befundes von der NADA an den zuständigen Verband918 das Interesse der Sportvereinigungen an der Fortführung des Dopingverfahrens gegen den positiv getesteten Athleten. Gleiches gilt für die Weiterleitung des Ergebnisses von Proben aus Trainingskontrollen gemäß Art. 10.1.2 NADA-Code an den nationalen bzw. den internationalen Sportfachverband. Auch wenn die Sanktionsbefugnis und das Ergebnismanagement nach Art. 10.1.3 NADA-Code auf die NADA übertragen wurden, ist die Information des nationalen und des internationalen Sportfachverbandes aufgrund von deren Informationsbedürfnis als für den gedopten Sportler zuständige Fachverbände gerechtfertigt.919 Hinsichtlich der Einzelheiten der Weiterleitung an den zuständigen Verband enthält Art. 10.1 NADA-Code keine Vorgaben. Aus Art. 10.2 Abs. 1 NADA-Code ergibt sich lediglich, dass dort jedenfalls das zur Entscheidung über die Sanktion berufene Disziplinarorgan Kenntnis erhalten muss. Zur Zusammensetzung dieses Disziplinarorgans äußert sich Art. 10.7 NADA-Code näher.

917 FAZ-Sportreporter Jörg Hahn begründet in seinem Kommentar zur Entschuldigung des Präsidenten des US-amerikanischen Olympischen Komitees für die Erschleichung der olympischen Medaillen durch Marion Jones in Sydney 2000 die Frustration der Konkurrentinnen, der Millionen von Zuschauern, der Medien, der Sponsoren und der übrigen Täuschungsopfer mit dem Zauber und der anrührenden Wirkung des Spitzensports in seinen besten Momenten, der sich durch die nachträgliche Korrektur von Siegerlisten nicht zurückholen lasse, vgl. FAZ v. 10.10.07, S. 30. 918 Vgl. oben D.XIII.2. 919 Vgl. die Interessenabwägung zur Weiterleitung der Analyseergebnisse durch das Labor an den internationalen Fachverband oben D.XIII.1.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Aus Art. 10.1 Abs. 1 S. 2 NADA-Code ergibt sich des Weiteren, dass der abschließende Befund gegebenenfalls an ein für die Sanktionierung eingesetztes Schiedsgericht weiterzuleiten ist. Dieses Vorgehen erscheint im Grundsatz ebenfalls unbedenklich, wenn die Bestimmungen über die Rechtsverhältnisse des Schiedsgerichts so ausgestaltet sind, dass Persönlichkeitsrechtsverletzungen der Athleten in gebotener Weise ausgeschlossen sind. In Befolgung des Verhältnismäßigkeitsgebots ist auch bei der Weitermeldung von Kontrollergebnissen an die zuständigen Verbände und Disziplinarorgane darauf zu achten, dass die Informationsweiterleitung auf eine Weise erfolgt, die soweit als möglich auf die Belange des betroffenen Athleten Rücksicht nimmt. Der Sportler bleibt auch in dieser Situation trotz des nunmehr durch die Analyse der B-Probe oder den Verzicht hierauf bestätigten Dopingbefunds schutzwürdig, da es auch im Verlauf des weiteren Dopingverfahrens noch zur Entkräftung des gegen ihn erhobenen Dopingvorwurfs kommen kann. Auch in diesem Verfahrensstadium ist daher der weitergeleitete Informationsumfang auf das erforderliche Maß zu begrenzen. Dies bedeutet insbesondere, dass den für das weitere Verfahren zuständigen Stellen nicht die kompletten Analyseergebnisse, sondern lediglich die für die Bewertung des Dopingverstoßes notwendigen Einzelinformationen gemeldet werden dürfen. Des Weiteren ist auch hier darauf zu achten, dass sowohl aufseiten der weiterleitenden Stelle als auch aufseiten des Informationsempfängers nur die Personen in den Informationsvorgang eingebunden werden, deren Mitwirkung hierbei unverzichtbar ist. Nach Möglichkeit ist auch bei der abschließenden Meldung des Dopingbefundes immer noch mit pseudonymisierten Daten zu arbeiten. Die Depseudonymisierung ist idealerweise erst zusammen mit der verfahrensabschließenden Feststellung des Dopingverstoßes durch die zuständige Sportorganisation, zu einem früheren Zeitpunkt hingegen nur insoweit durchzuführen, als dies für die regelgerechte Durchführung des Verfahrens, etwa wegen des Erfordernisses einer persönlichen Anhörung des positiv getesteten Athleten, unerlässlich ist. Im Übrigen sind die nach den konkreten Umständen zumutbaren Maßnahmen zur Umsetzung des Grundsatzes der Datenvermeidung und -sparsamkeit (§ 3a BDSG) sowie die gemäß § 9 BDSG gebotenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Absicherung der Informationsweitergabe zu treffen. Dass die vorstehend aufgeführten Schutzvorkehrungen für das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler auch tatsächlich getroffen werden, ist in angemessenem Umfang durch entsprechende Vorgaben in den Regeln über die Informationsweiterleitung zu gewährleisten. Alternativ können die notwendigen Begleitregelungen auch in die Vereinbarung mit dem Athleten aufgenommen werden, in der dieser seine Zustimmung zur Weitergabe der Daten an die für das Sanktionsverfahren zuständige Organisation erklärt. Findet sich keine entsprechende Verpflichtung der Sportvereinigungen zur Vornahme der gebotenen Schutzvorkehrungen in den verbandsrechtlichen Bestimmungen, scheitert die

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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Wirksamkeit der Ermächtigung zur Weiterleitung der Kontrollergebnisse an ihrer Unangemessenheit und Unbilligkeit, weil die Befugnisnorm übermäßige Eingriffe in die Rechte der Sportler ermöglicht. Wird den Athleten eine Einwilligung zu den Datenweiterleitungen abverlangt, ohne dass die Sportvereinigungen zu angemessenen Vorkehrungen zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten im Zusammenhang mit den Ergebnismeldungen verpflichtet sind, ist diese Einwilligung mangels Freiwilligkeit unwirksam, da an der Weiterleitung in diesem Fall kein überwiegendes Interesse geltend gemacht werden kann. Art. 10.3.4 S. 2 NADA-Code eröffnet dem Disziplinarorgan inzident die Möglichkeit, den Befund der Dopingkontrolle an Gutachter weiterzuleiten, „auf die sich das Disziplinarorgan stützen kann“. Sinn und Zweck der Bestimmung gehen offenkundig dahin, den Disziplinarorganen die Befugnis zu erteilen, sich den fachlichen Rat von Spezialisten einzuholen, wo Spezialfragen entscheidungserheblich sind und der eigene Sachverstand nicht mehr zur Beurteilung ausreicht. Gegen die Zulässigkeit der Hinzuziehung von Sachverständigen und ihrer Information über die Analyseergebnisse, soweit sie diese zur Beantwortung der ihnen gestellten Fragen benötigen, bestehen unter dem Aspekt der Freiwilligkeit der Athletenzustimmung hierzu bzw. der Angemessenheit und Billigkeit der einschlägigen verbandsrechtlichen Bestimmungen keine grundsätzlichen Bedenken: Die Einbindung und Information der Gutachter ist zur Erreichung des Ziels der Dopingbekämpfung geeignet, wenn ihre Einschaltung zur Klärung des abzuurteilenden Dopingvergehens beiträgt. Auch an der Erforderlichkeit ihrer Hinzuziehung bestehen im Regelfall keine Zweifel, da ein aus der Sicht der Sportler milderes Mittel zur Erlangung der notwendigen Beurteilung normalerweise nicht ersichtlich ist. Schließlich ist die Einbindung eines benötigten Gutachters auch von einem überwiegenden Interesse der Verbände gedeckt: Da ohne die erforderliche fachliche Unterstützung das Dopingverfahren nicht beendet werden kann, besteht die ernsthafte Gefahr, dass ein tatsächlich begangener Dopingverstoß nicht sanktioniert und somit der Verbandszweck „dopingfreier Sport“ partiell nicht umgesetzt werden kann. Da aufgrund seiner prinzipiellen Bedeutung auch bereits partielle Einbußen bei der Durchsetzung des Dopingverbots den Grundsatz als solchen schwer beschädigen und in Frage stellen,920 steht den Sportvereinigungen bei der Einschaltung und Information von Gutachtern im Dopingverfahren einmal mehr das schwergewichtige Interesse an der Umsetzung des Verbandszwecks „dopingfreier Sport“ zur Seite. Ist hiernach die Einschaltung und Information geeigneter Gutachter nach Art. 10.3.4 S. 2 NADA-Code grundsätzlich gerechtfertigt, hängt ihre Zulässigkeit des Weiteren davon ab, dass die Einzelheiten der Gutachtereinbindung unter angemessener Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ausgestaltet wer920

Vgl. oben D.IX.1.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

den. In diesem Sinne ist bereits bei der Gutachterauswahl darauf zu achten, dass die gutachterliche Bewertung nicht durch irgendwelche Besonderheiten der Person, etwa infolge persönlicher Interessen am Ergebnis der Begutachtung, in Frage gestellt wird und die Interessen des betroffenen Athleten auch nicht auf andere Weise durch die Auswahl der Person des Gutachters beeinträchtigt werden können. Bei der Formulierung der Fragen an den Gutachter ist darauf zu achten, dass das Gutachtensthema so weit als möglich eingegrenzt und damit die Kenntnisse des Gutachters hinsichtlich der für seine Beurteilung nicht relevanten Einzelheiten des Dopingfalles so gering wie möglich gehalten werden. Ebenso ist zu gewährleisten, dass dem Gutachter tatsächlich nur die für die Beantwortung der ihm gestellten Fragen notwendigen Verfahrensinformationen zugeleitet werden. Hierbei ist im Rahmen des Möglichen, der durch die besonderen Umstände des jeweiligen Verfahrens abgesteckt wird, mit pseudonymisierten Daten der betroffenen Sportler zu arbeiten. Was die Datenflüsse zwischen dem Disziplinarorgan und dem Gutachter betrifft, muss der Datenschutz in angemessener Weise dadurch gewährleistet sein, dass im zumutbaren Umfang Maßnahmen zum Schutz vor unbefugter Kenntnisnahme, Zerstörung, Manipulation oder anderen Beeinträchtigungen der Athletendaten getroffen werden. Im Rahmen der Vereinbarungen zum Gutachtensauftrag ist der hinzugezogene Fachmann insbesondere i. S. d. § 5 BDSG auf das Datengeheimnis zu verpflichten. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Regelung der Einzelheiten der Gutachtereinschaltung wegen der vielzähligen Gesichtspunkte, die dabei zu berücksichtigen sind, und wegen der Unmöglichkeit, die im Einzelfall potentiell auftretenden Probleme im Voraus abzusehen, auf erhebliche Schwierigkeiten stößt. Mit Blick auf diese Schwierigkeiten ist das Erfordernis der verhältnismäßigen Ausgestaltung des Gutachterverfahrens seinerseits insoweit einschränkend auszulegen, dass nicht durch übermäßige, nicht erfüllbare Anforderungen das Ziel der sachgerechten Durchführung des Dopingverfahrens vereitelt und damit das Interesse der Sportvereinigungen an der Durchsetzung des Dopingverbots unverhältnismäßig zurückgedrängt wird. Angesichts der Schwierigkeiten, die Detailfestlegungen zum Verfahren der Gutachtereinbindung nahezu unmöglich machen, ist es an dieser Stelle als ausreichend zu erachten, wenn den Disziplinarorganen Grundsätze vorgegeben werden, die sie bei der Einschaltung der Gutachter einzuhalten haben. Selbst diesen gemäßigten Anforderungen genügt die Regelung des Art. 10.3.4 S. 2 NADA-Code allerdings nicht. Da weder die Bestimmung selber zumindest einen allgemein gehaltenen Vorbehalt der interessengerechten Ausgestaltung der Gutachtereinschaltung enthält, noch an anderer Stelle des NADA-Codes die übergreifende Forderung aufgestellt wird, dass sämtliche Datenverwendungsrechte unter dem Vorbehalt der angemessenen Wahrung des informationellen Selbstbestimmungsrechts und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Sportler stehen, ist der diesbezügliche Schutz der Sportler nicht hinreichend gewährleistet. Dies gilt umso mehr, als der NADA-Code in anderem Zusammenhang, beispielsweise

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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in den Art. 5.3.1 S. 3, 5.4 und 5.10 NADA-Code zur Medizinischen Ausnahmegenehmigung, in Art. 6.1.1 NADA-Code bezüglich der Meldepflichten oder in Ziff. 1 Anh. 2 im Zusammenhang mit der Durchführung von Trainingskontrollen, auf den Schutz der Sportlerrechte ausdrücklich eingeht, so dass das Fehlen einschlägiger Vorgaben in den Regelungen über die Gutachtereinschaltung wie ein bewusster Verzicht ausgelegt werden kann. Art. 10.3.4 S. 2 NADA-Code vermag hiernach weder im Falle seiner Einbeziehung ins Verbandsrecht noch im Falle einer auf den NADA-Code bezogenen Einwilligung des betroffenen Athleten die Weiterleitung von dessen persönlichen Daten an den hinzugezogenen Gutachter zu legitimieren. Die Sanktionsregelung des Art. 11.10 Abs. 2 NADA-Code macht es zwingend erforderlich, dass „die Organisationen und Einrichtungen, die den Athleten . . . finanziell unterstützen,“ und die Veranstalter der Wettkämpfe, anlässlich derer der Sportler finanzielle Zuwendungen oder Preisgelder erhalten hat, Kenntnis von der abschließenden Feststellung des Dopingverstoßes erhalten. Im Unterschied zu den Aufgabenzuweisungen bezüglich der Fortführung des Dopingverfahrens vor der abschließenden Dopingentscheidung der zuständigen Sportvereinigung entsteht die Verpflichtung gemäß Art. 11.10 Abs. 2 NADA-Code für die dort genannten Stellen allerdings erst nach dem Abschluss des verbandsinternen Dopingverfahrens und nach dem Ausspruch der Sanktion gegen den überführten Athleten, somit zu einem Zeitpunkt, an dem die Öffentlichkeit in aller Regel bereits über den Dopingverstoß informiert worden ist. Da in der Bestimmung auch keine Rede davon ist, dass das Analyseergebnis von den für das Dopingverfahren zuständigen Stellen an die Finanziers weiterzumelden ist, lässt sich der Regelung weder eine ausdrückliche noch eine inzidente Informationsverpflichtung entnehmen. Beschränkt sich ihr Inhalt hiernach auf den Ausspruch der Handlungspflicht, was die gewährten Mittel betrifft, ist sie hinsichtlich des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Sportler ohne Belang. Gemäß Art. 14.1 NADA-Code informieren sich die NADA, die nationalen und internationalen Sportfachverbände und die WADA gegenseitig über Dopingverstöße und Verfahrensergebnisse. Ross und Reiter werden der Öffentlichkeit nach Art. 14.2 NADA-Code von der NADA erst nach Verhängung der Dopingsanktion, von anderen für die Sanktion zuständigen Organisationen frühestens nach der Einbeziehung der B-Probe in das Kontrollverfahren genannt, es sei denn, der Dopingverstoß wurde von einem minderjährigen Athleten begangen und mit einer Sanktion von weniger als einem Jahr Sperre geahndet. Die gegenseitige Information der Sportvereinigungen und Anti-Doping-Agenturen ist aus denselben Überlegungen heraus von einem überwiegenden Interesse der Verbände gedeckt, die bereits oben im Zusammenhang mit der gegenseitigen Information über das Ergebnis der A-Probe angestellt worden sind.921 921

Vgl. oben D.XIII.2.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Auch an der Information der Öffentlichkeit nach der Verhängung der Dopingsanktion besteht ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen. Dieses Interesse resultiert im Wesentlichen aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Verbände, das insoweit über Art. 19 III GG Anwendung findet, sowie aus der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG), die auch den Sportvereinigungen zukommt. Im Hintergrund spielt die Vereinsautonomie (Art. 9 I GG) auch an dieser Stelle eine Rolle, da sie die Ziele und Grundsätze schützt, deren Verletzung durch die Sportler Anlass der von der Meinungsfreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gedeckten Veröffentlichung ist.922 Ebenso wie Privatpersonen werden auch Vereine – im Falle der Sportvereinigungen wegen ihrer gesellschaftlichen Bedeutung sogar besonders intensiv – unter dem Aspekt in der Öffentlichkeit beurteilt, für welche Ziele und Werte sie stehen. Auf diese Weise entwickelt sich in Bezug auf Verbände, die sich wie die Sportverbände um für die staatliche Gemeinschaft besonders bedeutsame Lebensbereiche kümmern, eine Art Charakterbild in der Öffentlichkeit. Da dieses Charakterbild für das Selbstverständnis der Sportvereinigungen wie auch für ihre Behandlung und Wertschätzung in der Gesellschaft von großer Bedeutung ist, besteht ein erhebliches Interesse der Verbände daran, dieses Bild so zu zeichnen, dass ihre Anliegen darin entsprechend der ihnen zugemessenen Wichtigkeit abgebildet werden. Aus der insoweit mit derjenigen von Privatpersonen vergleichbaren Interessenlage der Sportvereinigungen folgt hinsichtlich der Außendarstellung der Verbände die Anwendbarkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dem Wesen nach, wie sie von Art. 19 III GG für den Grundrechtsschutz juristischer Personen vorausgesetzt wird. Für das Aussehen des Charakterbildes der Sportorganisationen ist nicht zuletzt von Bedeutung, welche ethischen und moralischen Werte von ihnen verfolgt werden. Aufgrund der konträren Bewertung, die der gedopte Sport als Technik- und Betrugsveranstaltung und der dopingfreie Sport als Forum des Fair-play und der Chancengleichheit unter ethisch-moralischen Gesichtspunkten erfahren, erweist sich die Haltung der Sportvereinigungen zur Dopingfrage als einer der zentralen Pfeiler ihres Charakterbildes. Zur Herstellung eines Images, in dem das Eintreten der Verbände für einen dopingfreien Sport hinreichende Beachtung findet, reicht jedoch allein die stringente verbandsinterne Verfolgung von Dopingfällen nicht aus. Auf die Öffentlichkeit und damit das Charakterbild der Sportvereinigungen in der öffentlichen Wahrnehmung formend wirkt das konsequente Vorgehen gegen Doping nur dann, wenn die Verbände nach außen über ihre Aktivitäten und die Erfolge informieren, die im Anti-Doping-Kampf erzielt werden. Hierzu gehört vor allem die Veröffentlichung der Verbandsentscheidungen, durch die begangene Dopingverstöße festgestellt und die gedopten Sportler wegen dieser Verstöße sanktioniert werden.

922 Zu den für die Veröffentlichung sprechenden Interessen vgl. K. Vieweg/C. Röhl, SpuRt 2009, 192, 194.

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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Hinzu kommt die Abschreckungswirkung, die aus der öffentlichen Bekanntmachung aufgedeckter Dopingverstöße resultiert. Wenn auch – wie dies die Dopinggeschichte zweifellos bereits bewiesen hat – die Meldungen von Dopingverurteilungen nicht zur flächendeckenden Abstinenz der Athleten führen, ist doch nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Erinnerung an die drohende Bestrafung im Falle der Überführung als Dopingverwender zumindest einen Teil der potentiellen weiteren Dopingverwender von entsprechenden Regelverstößen abhält. Des Weiteren dürfte zu der Furcht vor Bestrafung und den damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen in vielen Fällen die Angst vor der Prangerwirkung hinzutreten, die durch die öffentliche Darstellung als Dopingbetrüger hervorgerufen wird. Demgegenüber können die Athleten nach der Bestätigung des Verstoßes im verbandsinternen Verfahren, in dem alle möglicherweise relevanten beachtlichen Umstände berücksichtigt worden sind,923 kein hinreichend schwergewichtiges Interesse mehr an der Geheimhaltung des Dopingverstoßes einwenden. Zwar bleibt die Information über die Anwendung von Dopingpraktiken seitens des Athleten ein personenbezogenes Datum, das weiterhin den Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts genießt. Indem der Sportler in einem Bereich gegen elementare Vorgaben verstoßen hat, von dem ihm bewusst war, dass er zum einen im besonderen Interesse der Öffentlichkeit steht und zum anderen eine zentrale Rolle für das Selbstverständnis der Sportvereinigungen und deren Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit spielt, hat er sich selber weitgehend des Schutzes begeben, der ihm ohne sein Fehlverhalten gewährt werden müsste.924 Auch der mögliche Einwand des Athleten, er sei zu Unrecht wegen des Dopingverstoßes ver923 Nach a. A. soll die Veröffentlichung nach dem positiven Befund der Probenanalyse zulässig sein, vgl. C. Coors, causa sport 2006, 548, 551. 924 Zur Bedeutung des Verhaltens des „Berichtsopfers“ in den Fällen der Kollision des öffentlichen Informationsinteresses mit dessen allgemeinem Persönlichkeitsrecht vgl. H. Hubmann, UFITA 26 (1958 II), 19, 31 f., u. C.-W. Canaris, JuS 1989, 161, 171, wonach das Verhalten des Betroffenen gegenüber dem Informationsverwender und die Stellung gegenüber dem Informationsverwender, die der Betroffene aufgrund dieses Verhaltens einnimmt, bei der Entscheidung über die Mitteilungsbefugnis zu berücksichtigen sind. Zur Relevanz eines gesteigerten Interesses des Informationsverwenders an der Person des Betroffenen mit Blick auf dessen Verhalten, sein Wirken oder seine Stellung im Verhältnis zum Informationsverwender in den Fällen der öffentlichen Berichterstattung vgl. auch BGH NJW 1964, 1471, 1472, u. C. Degenhart, JuS 1992, 361, 364, u. G. Nolte, EuGRZ 1988, 253, 258, u. H. D. Jarass, NJW 1989, 857, 862, u. Staudinger/J. Hager, § 823 Rn. C189, u. MüKo/P. Schwerdtner (3. Aufl. 1993), § 12 Rn. 221, u. Soergel/A. Zeuner (Bd. 5/2, 12. Aufl. 1999), § 823 Rn. 86, u. E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Rn. 67, u. MüKo/R. Rixecker, Anh. zu § 12, Rn. 167. Gegen eine Übergewichtung des öffentlichen Interesses an der Information über Dopingfälle J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 205, mit dem zutreffenden Hinweis, dass die Information der Öffentlichkeit keine zentrale Aufgabe des Verbandes ist. Zur Bedeutung schwerer Rechtsverstöße des Betroffenen gegenüber dem Informationsverwender in den Fällen der Kollision des öffentlichen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vgl. BVerfGE 35, 202,

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

urteilt worden, eventuell noch untermauert durch die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die Verbandsentscheidung, vermag kein überwiegendes Interesse an der Unterlassung der Veröffentlichung oder an ihrem Aufschub zu begründen. Soweit die Regelungen des verbandsinternen Verfahrens zur Feststellung des Dopingverstoßes und zur Verhängung der Dopingsanktion nicht an schwerwiegenden Mängeln leiden, die die Richtigkeit des Verfahrensergebnisses in Frage stellen, ist die Wahrscheinlichkeit für die Korrektheit der Verbandsentscheidung so hoch anzusetzen, dass die athletenseitig aufrechterhaltenen Zweifel das Veröffentlichungsinteresse der Sportverbände nicht mehr zurückzudrängen vermögen. Auch die nach alledem im Grundsatz interessengerechte Information der Öffentlichkeit nach Abschluss des verbandsinternen Dopingverfahrens ist in ihrem zulässigen Umfang allerdings auf dasjenige begrenzt, was im Hinblick auf den Zweck der Veröffentlichung verhältnismäßig und hier insbesondere geeignet und erforderlich erscheint. Das Verhältnismäßigkeitsgebot gilt hinsichtlich jeder einzelnen Detailinformation, die über den Dopingverstoß und das Analyseergebnis der positiven Probe an Dritte weitergegeben werden soll. Somit ist hinsichtlich jeder Detailinformation zu fragen, ob ihre Weitergabe an die Öffentlichkeit zur Erreichung der verfolgten Zwecke geeignet, erforderlich und angemessen ist. Ebenso ist zu entscheiden, auf welche Weise die Veröffentlichung erfolgen muss, um keine unverhältnismäßigen Beeinträchtigungen der Athleten zu verursachen. Im Vergleich zur Weiterleitung von Analyseergebnissen innerhalb der Vereine und Verbände stellt sich die Veröffentlichung, d.h. die Weiterleitung der Informationen nach außerhalb, als der bei weitem intensivere Eingriff in die Rechte der Sportler dar. Denn während die Ergebnismeldung innerhalb der Verbände zwar auch schon keine Weiterleitung innerhalb ein und derselben verantwortlichen Stelle bedeutet, aber die Verbreitung der Daten hierbei immerhin noch auf den Bereich der „Sportfamilie“ beschränkt bleibt, führt die Veröffentlichung zur Kenntnisnahme durch die breite Öffentlichkeit und damit zur Information einer unbegrenzten Vielzahl Dritter. Die besondere Intensität, die dem Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Form der Veröffentlichung aus diesem Grund anhaftet, macht eine Rechtsgrundlage im Verbandsrecht unverzichtbar, die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Erforderlichkeitsgebot sowie dem Zweckbindungsgebot Genüge tut.925 Über die generelle Maßgabe hinaus, dass die Veröffentlichung die Rechte der Sportler und hier insbesondere ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht angemessen zu berücksichtigen hat, ist in jedem Fall detailliert zu regeln, welche konkreten Informationen über den Dopingsünder der Öffentlichkeit offenbart werden. Erfolgt die Veröffentlichung auf der Grundlage einer 230 ff. („Lebach“), u. C. Degenhart, JuS 1992, 361, 365, u. C. Starck, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, Art. 2 Rn. 184. 925 K. Vieweg, Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 41, 43 f.; P. Schaar, Anforderungen des Datenschutzes an Dopingkontrollen, S. 7.

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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Einwilligung der Athleten, muss die Einwilligungserklärung so gefasst sein, dass sie sich auf eine angemessene Veröffentlichung bezieht, die sich auf das Erforderliche beschränkt und hierbei ebenfalls das Zweckbindungsgebot beachtet. Für die Art und Weise der Veröffentlichung ist ein Weg zu wählen, der zwar einerseits dem Informationsbedürfnis der Verbände und Veranstalter hinreichend Rechnung trägt, aber andererseits nicht zu unverhältnismäßigen Nachteilen für die Sportler führt. Problematisch erscheinen insoweit Online-Veröffentlichungen.926 Hinsichtlich der Vermeldung von Dopingsanktionen im Internet ist zu berücksichtigen, dass diese aus verschiedenen Gründen eine höhere Eingriffsintensität aufweisen als Veröffentlichungen über Printmedien, TV, Hörfunk oder andere „alte“ Medien. Zu Recht wird auf die erheblich umfassendere Verfügbarkeit und Weiterverwendbarkeit, die erheblich leichtere Ermittelbarkeit und die wesentlich dauerhaftere Präsenz von online veröffentlichten Informationen hingewiesen.927 Die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung als solche ergibt sich aus der Abwägung der einander gegenüberstehenden Rechtspositionen der Verbände und der Athleten. Diese Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass im Falle eines „rechtskräftig“ vom Verband festgestellten Dopingverstoßes das Interesse der Verbände an der Veröffentlichung das gegenläufige Interesse der Sportler überwiegt.928 Voraussetzung für das Überwiegen des Veröffentlichungsinteresses ist allerdings zudem, dass die Veröffentlichung in einer dem Verhältnismäßigkeitsgebot entsprechenden Weise geschieht.929 Davon ausgehend, dass die Online-Veröffentlichung den Verbänden keine erheblichen Vorteile bei der Wahrung derjenigen Interessen bietet, die die Veröffentlichung als solche rechtfertigen,930 stellt sich die Online-Veröffentlichung im Vergleich zur Veröffentlichung auf herkömmliche Weise als weitergehender Rechtseingriff bei gleicher Eignung dar. Die der Online-Veröffentlichung anhaftende höhere Eingriffsintensität führt dann aber dazu, dass es der Nutzung des Internets für die Bekanntmachung von Dopingverstößen an der Erforderlichkeit mangelt, so dass sie sich als unverhältnismäßiger Rechtseingriff darstellt. 926 Für die Zulässigkeit von Online-Veröffentlichungen OLG Karlsruhe, SpuRt 2009, 204 f., und LG Hamburg, SpuRt 2009, 205 ff. Demgegenüber zutreffend kritisch K. Vieweg/C. Röhl, SpuRt 2009, 192 ff., im Folgenden bestätigt durch Hanseatisches OLG, SpuRt 2010, 159 f. 927 K. Vieweg/C. Röhl, SpuRt 2009, 192, 193. Das Hanseatische OLG, SpuRt 2010, 159, 160, stellt insbesondere darauf ab, dass die Information im Fall der allgemeinzugänglichen Online-Veröffentlichung einem wesentlich weiteren Kreis als den an der betreffenden Sportart Interessierten verfügbar gemacht wird. 928 Vgl. D.XIII.4. weiter oben. So auch K. Vieweg/C. Röhl, SpuRt 2009, 192, 194, u. Hanseatisches OLG, SpuRt 2010, 159. 929 Vgl. oben C.III.2.b)aa). 930 A.A. K. Vieweg/C. Röhl, SpuRt 2009, 192, 195, die dem Internet als dem schnelleren, aktuelleren und kostengünstigeren Medium zahlreiche Vorteile gegenüber der brieflichen Information bescheinigen.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

Können die Sportvereinigungen besondere Vorteile der Online-Veröffentlichung anführen – etwa größere Effektivität durch bessere Erreichbarkeit des avisierten Adressatenkreises o. ä. –, hängt die Verhältnismäßigkeit der Online-Veröffentlichung davon ab, ob diese zusätzlichen Vorteile für die Verbände die größeren Nachteile der Internetverbreitung für die Athleten überwiegen. Zugunsten der Sportler ist im Rahmen dieser Abwägung allerdings die erhebliche Steigerung der Intensität des Eingriffs in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist der Eingriff in ihr Recht auf Resozialisierung931 ins Kalkül zu ziehen, der in der Gefahr begründet liegt, dass Internetrecherchen noch lange Zeit nach dem Dopingverstoß zu „Zufallstreffern“ der Dopingmeldung führen, wenn ein zunächst vorhandenes Interesse der Allgemeinheit an der namentlichen Nennung des Dopers längst erloschen ist. Werden diese Wirkungen der Online-Veröffentlichung durch die Verbände nicht effektiv entschärft,932 was mit Blick auf die Unbeherrschbarkeit der Informationsverwendung im Internet derzeit kaum möglich erscheint, müssen die von den Verbänden angeführten Vorteile der Online-Veröffentlichung hiernach ein erhebliches Gewicht aufweisen. Kann eine entsprechende Bedeutung der Internetnutzung von den Sportvereinigungen nicht aufgezeigt werden, stellt die Online-Veröffentlichung einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten dar. Für den zulässigen Inhalt der Veröffentlichung sind folgende Überlegungen maßgeblich: Die oben dargelegten Ziele der Öffentlichkeitsinformation werden im Allgemeinen dadurch erreicht, dass als Ergebnis des Dopingkontrollverfahrens die Feststellung des Dopingverstoßes und die verbotene Methode mitgeteilt werden, deren Anwendung der Sportler überführt worden ist. Weitergehende Informationen, beispielsweise über andere Einzelheiten der Analyseergebnisse, dürfen im Rahmen der Berichterstattung der Sportvereinigungen über den Dopingfall grundsätzlich nicht an die Öffentlichkeit gegeben werden. Ein überwiegendes Interesse der Verbände an der öffentlichen Erläuterung weiterer, nicht die angewandte Dopingtechnik betreffenden Einzelheiten kommt nur ganz ausnahmsweise in Betracht. Denkbar wäre insoweit etwa der Fall, dass dem zuständigen Verband von Athletenseite ganz konkrete Fehler bei der Analyse seiner Probe vorgeworfen werden und dieser Vorwurf vonseiten des Verbands nur durch die Veröffentlichung derartiger Analysedaten widerlegt werden kann. Fehlt es an einem solchen besonderen Interesse an der Veröffentlichung von Einzelheiten, stellt die Publikation des Ergebnisses der Dopinganalyse mitsamt den über die 931 BVerfGE 35, 202, 235 f. („Lebach“), u. 45, 187, 239, u. 64, 261, 276 f., u. 72, 105, 115; P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Art. 2 Rn. 36; H. D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 69; ders., NJW 1989, 857, 859; C. Degenhart, JuS 1992, 361, 367; MüKo/ R. Rixecker, § 12 Rn. 67; J. Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte (1991), § 2 I.3.; E. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 10. Rn. 198. 932 Vgl. hierzu die Vorschläge von K. Vieweg/C. Röhl, SpuRt 2009, 192, 194 f.

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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Einzelheiten des Dopingverstoßes hinaus gewonnenen Erkenntnissen wie etwa Angaben zu den von den Athleten eingenommenen Medikamenten eine Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Athleten dar.933 Den vorstehend dargelegten Anforderungen werden die Regelungen des NADA-Codes über die Veröffentlichung der Ergebnisse von Dopingverfahren nicht gerecht: In Art. 14.2 NADA-Code, der unmittelbar die Veröffentlichung von Kontrollergebnissen behandelt, findet sich keine Festlegung hinsichtlich der Informationen, die anlässlich der Veröffentlichung publik gemacht werden dürfen. Konkrete Vorgaben hierzu finden sich auch nicht in den Anhängen zum NADA-Code oder den WADA-Bestimmungen. Art. 14.1 NADA-Code, der im Zusammenhang mit den Informationspflichten der Sportorganisationen untereinander die Daten benennt, die von den Organisationen weiterzuleiten sind, kann nicht als Begrenzung der Veröffentlichungsbefugnis angesehen werden, da er seinem eindeutigen Wortlaut nach lediglich die Informationsweitergabe innerhalb der Verbände betrifft. Ohnehin wäre die Bestimmung im entscheidenden Punkt zu unbestimmt, da sie pauschal die Information über „die vom Labor gemeldeten Analyseergebnisse“ vorsieht, anstatt konkret festzulegen, welche der durch die Analyse gewonnenen Informationen weitergegeben werden sollen. Gerade in diesem Punkt gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jedoch eine Beschränkung der Veröffentlichung auf denjenigen Umfang, der sich nach Abwägung der Interessen des Informationsherausgebers und der Interessen der Athleten am Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts als angemessen erweist. Um dem Informationsbedürfnis der Sportvereinigungen Genüge zu tun, erscheint es als ausreichend, dass nicht über die sämtliche Erkenntnisse, sondern lediglich über die für den Dopingverstoß relevanten Analyseergebnisse Bericht erstattet wird. Geradezu ein Paradebeispiel dafür, wie die Information der Öffentlichkeit nicht aussehen sollte, war die Presseerklärung des DLV zu den Dopingverstößen der Neubrandenburger Trainingsgruppe um Katrin Krabbe, in der es am Ende hieß: „Auffallend ist dabei insbesondere auch, dass die Athletinnen Breuer und Krabbe bei den auffälligen Kontrollen am 20.7.1991 und am 24.1.1992 andere, von ihnen sonst nicht angegebene Ovulationshemmer angegeben haben.“ 934 Ebenso wurde in einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“ in der Ausgabe vom 13.4.1992 auf Seite 279 in aller Ausführlichkeit und sogar unter Angabe der verschiedenen Präparate über die Verhütungsgewohnheiten der Athletinnen Krabbe und Breuer berichtet, wobei den Erkenntnissen offenbar eine Analyse des Kölner Dopinglabors zugrundelag. Die Schutzbereichsverletzung durch eine derartige Veröffentlichung liegt auf der Hand: Die Tatsache der Pilleneinnahme ist zwar 933 K. Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme (1996), S. 89, 112; G. Petri, Die Dopingsanktion (2004), S. 316 f. 934 Dem Verfasser liegt die entsprechende Presseerklärung des DLV in Fotokopie vor.

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D. Untersuchung der einzelnen Anti-Doping-Maßnahmen

schon lange nicht mehr in die Schublade „Verruchtes“ oder „Schändliches“ einzuordnen, das um jeden Preis geheimgehalten werden muss. Sie stellt aber nach wie vor einen Lebensumstand dar, der Dritte „nichts angeht“, an dem in der Regel ein Geheimhaltungswille der Betroffenen besteht. Für diese Geheimhaltung ist auch immer noch ein objektives Geheimhaltungsinteresse erkennbar, das schon aus dem Personenbezug der Information resultiert und im konkreten Fall noch gesteigert wird durch die Intimität der Medikamenteneinnahme im Zusammenhang mit der weiteren Lebensplanung. Schließlich wirkt zudem gewichtserhöhend, dass der Gebrauch der Pille nicht von allen Mitgliedern der Gesellschaft akzeptiert wird, sondern bestimmte – insbesondere religiös orientierte – Gruppierungen ihn immer noch für verwerflich und ethisch unvertretbar halten. Die öffentliche Bekanntmachung war auch nicht durch die Einwilligung der Sportlerinnen in die Geltung der verbandsrechtlichen Dopingbestimmungen gedeckt. Zwar dürfte den Athletinnen im Moment der Einwilligung bewusst gewesen sein, dass die Ergebnisse einer positiven Dopingkontrolle an die Öffentlichkeit gelangen würden. Da die Veröffentlichung von ihrem Sinn und Zweck her aber nur insoweit geboten ist, als sie den Gebrauch von Dopingsubstanzen offenlegt, mussten die Sportlerinnen lediglich mit der Aufzählung und Veröffentlichung der aufgefundenen Dopingmittel rechnen. Demgegenüber mussten die Athletinnen nicht davon ausgehen, dass aufgefundene Substanzen auch dann veröffentlicht werden würden, wenn sie für die Dopingfrage uninteressant wären. Im Gegenteil durften sie in dieser Hinsicht auf die vertrauliche Behandlung ihrer Angelegenheit zählen, die den Athleten auch damals bereits in verschiedenen Dopingbestimmungen garantiert wurde, z. B. in Regel 3.2 der DSB-Durchführungsbestimmungen, die bestimmte, dass die Analyseergebnisse „absolut vertraulich zu behandeln“ seien. Im Fall Stellenbosch war somit zunächst einmal nur die Aussage relevant, dass alle abgegebenen Urinproben von ein und derselben Person stammten. Solange dies nicht von den Athletinnen auf eine Weise bestritten wurde, dass den Verbänden aus diesem Grund die Veröffentlichung von Informationen über Analysedetails zuzugestehen war, konnten die Verbände kein überwiegendes Interesse an diesen weiteren Veröffentlichungen für sich in Anspruch nehmen. Und auch auf das Bestreiten der Manipulation durch die Sportlerinnen hin war die Bekanntgabe persönlichkeitsrechtlich sensibler Analysedetails nur insoweit zulässig, als der Manipulationsbeweis nicht auch anhand weniger sensibler Informationen geführt und der Öffentlichkeit gegenüber belegt werden konnte. In diesem Sinne wäre die Angabe, dass von den Sportlerinnen auch sonst Verhütungsmittel benutzt wurden, nur als ultima ratio zulässig gewesen, wenn die Urinübereinstimmung nicht auch anhand anderer Parameter hätte belegt werden können. Durchforscht man die News der deutschen Sportverbände nach den Dopingmeldungen aus den letzten Jahren, ergibt sich allerdings, dass die persönlichkeitsrechtlichen Beschränkungen, die für die Information über die Details der Analysen gelten, im Allgemeinen beachtet werden. So gehen beispielweise die DLV-

XIII. Aufbewahrung und Weiterleitung von Analyseergebnissen

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Dopingmeldungen und ebenso die Meldungen des BDR zu aktuellen Dopingfällen inhaltlich nicht über die Nennung des Dopingmittels hinaus, das der betroffene Athlet verwendet hat.935

935 Vgl. zuletzt die Meldungen über den Amphetaminmissbrauch von Nico Bayer in den DLV-News vom 25.03.08, abrufbar unter www.leichtathletik.de/index.php?NavID= 1&SiteID=28&NewsID=16415&IsArchive=1, sowie über die Dopingsperren von Fabian Heinemann, DLV-News vom 24.08.06, abrufbar unter www.leichtathletik.de/index.php? NavID=1&SiteID=28&NewsID=11796&IsArchive=1, Hella Böker, DLV-News v. 18.09. 06, abrufbar unter www.leichtathletik.de/index.php?NavID=1&SiteID=28&NewsID= 12297&IsArchive=1, Werner Schallau, DLV-News v. 17.07.06, abrufbar unter www. leichtathletik.de/index.php?NavID=1&SiteID=28&NewsID=11219&IsArchive=1, Dirk Probst, DLV-News v. 03.04.06, abrufbar unter www.leichtathletik.de/index.php?NavID =1&SiteID=28&NewsID=10256&IsArchive=1, Jan Voigt und Christian Schmitt, DLVNews v. 07.09.05, abrufbar unter www.leichtathletik.de/index.php?NavID=1&SiteID= 28&NewsID=8967&IsArchive=1. Der BDR beschränkt sich in seinen Meldungen über Dopingvorfälle teilweise sogar auf die Mitteilung, es seien bei den betroffenen Athleten „von der Norm abweichende Analyseergebnisse“ festgestellt worden, vgl. zuletzt die Dopingmeldungen betreffend Markus Cronjäger und Olaf Pollack, Meldung v. 17.09.09, abrufbar unter www.rad-net.de/modules.php?name=Bekanntmachungen&recid=1968; im Übrigen werden auch vom BDR lediglich die aufgefundenen Dopingsubstanzen genannt, vgl. die Dopingmeldungen Philip Schulz v. 17.08.09, Stefan Schumacher v. 14.09.05, Manfred Kroh v. 07.01. und 11.02.03, Holger Sievers und Markus Koob v. 22.10. und 19.11.02, Christian Wegmann v. 04.10. und 08.11.02, Jan Ullrich v. 09.07.02 und Heiko Szonn v. 01.07.02, abrufbar unter www.rad-net.de/modules.php?name= Bekanntmachungen, Suche in der Kategorie: Doping/BSG; zur Veröffentlichungspraxis und den einschlägigen Regelungen der internationalen Fachverbände vgl. auch J. Adolphsen, Dopingstrafen, S. 199.

E. Ergebniszusammenfassung Überblickartig lassen sich die in den verschiedenen Teilen dieser Untersuchung gewonnenen Ergebnisse wie folgt zusammenfassen: Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist von den Sportvereinigungen bei der Unterwerfung der Athleten unter ihre Dopingkontrollreglements zu beachten. Dies gilt sowohl für den Fall, dass Dopingregeln als vereinsrechtliche Bestimmungen Geltung gegenüber den Sportlern erlangen sollen, als auch für den Fall, dass sie als Vertragsklauseln Beachtung beanspruchen [Einleitung zu Teil B.]. Die Unterwerfung der Athleten unter die Dopingregeln der Sportvereinigungen kann auch dann wirksam erfolgen, wenn die Dopingbestimmungen Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Sportler vorsehen [B.I.]. Die Athleten können aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht weder unmittelbar noch mittelbar einen Anspruch auf die Mitgliedschaft in den Vereinen oder die Teilnahme an Wettkämpfen ohne Anerkennung der Dopingbestimmungen herleiten. Allerdings kann die Anerkennung von Dopingbestimmungen im Einzelfall dann verweigert werden, wenn die Abwägung der Interessen der Sportler an der Unwirksamkeit einer Regelung mit den Interessen der Sportvereinigungen an ihrer Wirksamkeit nicht das Überwiegen der Interessen der Verbände zum Ergebnis hat [B.I.]. Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten durch Dopingbestimmungen können durch eine Zustimmung der Sportler gerechtfertigt werden. Bei dieser Zustimmung handelt es sich um ein Einverständnis, soweit die Athleten bereits die Schutzbereichsgrenzen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts so eng ziehen, dass die persönlichkeitsrechtlich relevante Dopingmaßnahme außerhalb dieses Schutzbereiches wirkt [B.I.2.b)]. Die „Peep-Show-Rechtsprechung“ des BVerwG verhindert nicht die Zustimmungsfähigkeit des Rechtsguts allgemeines Persönlichkeitsrecht [B.I.2.b)bb)(1)]. Hinsichtlich der Zustimmung Minderjähriger gilt Folgendes: Soweit die Zustimmung nicht auf die Verwertung der wirtschaftlichen Früchte des Persönlichkeitsrechtseingriffs gerichtet ist und nicht aufgrund der Besonderheiten im konkreten Fall ein Zustimmungserfordernis nach den Bestimmungen über die elterliche Sorge gegeben ist, genügt die Zustimmung der Sportler, wenn diese nach ihrer sittlichen und geistigen Reife dazu in der Lage sind, die Bedeutung und Tragweite ihrer Zustimmung zu erfassen und zu bewerten. Eine zusätzliche Zu-

E. Ergebniszusammenfassung

719

stimmung des gesetzlichen Vertreters ist in diesem Fall nicht erforderlich [B.I.2.b)bb)(2)]. Die Freiwilligkeit der Einwilligung ist nach den zur rechtswidrigen Drohung i. S. d. § 123 BGB entwickelten Grundsätzen zu beurteilen. Die Rechtswidrigkeit der Drohung mit der Nichtaufnahme oder Nichtzulassung für den Fall der Verweigerung der Einwilligung hängt davon ab, ob den Athleten ein Anspruch auf Aufnahme oder Zulassung ohne Anerkennung der strittigen Dopingregeln zusteht. Dies ist insoweit der Fall, als das Interesse der Sportler an der Teilhabe ohne Zustimmung das Interesse der Sportvereinigungen an der Durchsetzung der strittigen Regeln überwiegt [B.I.2.b)cc)]. Davon ausgehend, dass die im Dopingkontrollverfahren gewonnen Informationen über Dopingverstöße der Athleten von den Sportvereinigungen unter Einsatz von EDV aufbewahrt und weiterverwendet werden, findet auf die Verwertung dieser Informationen für Verbandsentscheidungen das BDSG Anwendung [B.II.1.a)]. Da Vereinsbestimmungen keine die Datenverwendung gestattenden Rechtsvorschriften i. S. d. § 4 I BDSG sind, kann die Verwertung der Informationen für Verbandsentscheidungen nur auf die §§ 28 ff. BDSG oder auf eine wirksame Zustimmung der Sportler gestützt werden [B.II.1.b)aa)]. Eine Rechtfertigung nach § 29 BDSG scheidet aus, da die Verbände die Informationen nicht geschäftsmäßig zum Zwecke der Übermittlung verwenden [B.II. 1.b)aa)]. Die Verwertung von Dopinginformationen für Verbandsentscheidungen ist im Rahmen des Mitgliedschaftsverhältnisses als rechtsgeschäftsähnlichem Schuldverhältnis gemäß § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zulässig, da zur Zweckbestimmung des Mitgliedschaftsverhältnisses auch die dopingfreie Sportausübung gehört. Voraussetzung für die Dienlichkeit der Datenverwendung i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG ist allerdings, dass die Informationen über die Athleten nur in dem Umfang verwertet werden, wie dies für die Umsetzung des Anti-Doping-Reglements unverzichtbar und nicht mit unverhältnismäßigen Eingriffen in die Rechte der Sportler verbunden ist [B.II.1.b)aa)]. Erfolgt die Verwertung von Dopinginformationen für Verbandsentscheidungen nicht zu Zwecken einer Rechtsbeziehung i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG zwischen Athleten und verantwortlicher Stelle, kommt ihre Zulässigkeit nach § 28 I 1 Nr. 2 BDSG in Betracht [B.II.1.b)aa)(1)(b)]. Die Zulässigkeit der Verwertung von Dopinginformationen für Verbandsentscheidungen nach § 28 I 1 BDSG hängt davon ab, dass sie bereits zum Zeitpunkt der Erhebung der Dopinginformationen als Verwendungszweck festgelegt war [B.II.1.b)bb)]. Soll die Verwertung der Informationen für die Verbandsentscheidung auf eine Einwilligung der Sportler gestützt werden, muss diese zu ihrer Wirksamkeit im

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E. Ergebniszusammenfassung

Regelfall schriftlich und neben anderen Erklärungen besonders hervorgehoben erfolgt sein. Soweit Gesundheitsdaten der Athleten verwendet werden, müssen diese in der Einwilligung ausdrücklich aufgeführt sein [B.II.1.b)aa)(2)]. Die Freiwilligkeit der Einwilligung setzt ein überwiegendes Interesse der Verbände an der Verwertung der Informationen im konkreten Fall voraus. Die Reichweite der Einwilligung ist abhängig vom Umfang der Aufklärung der Sportler über die beabsichtigte Datenverwendung [B.II.1.b)aa)(2)]. Auf die Verwertung von Informationen aus dem Dopingkontrollverfahren für Verbandsentscheidungen sind auch insoweit, als diese Datenverwendungen dem BDSG unterfallen, ergänzend die zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätze anzuwenden [B.II.2.a)]. Die Annahme eines überwiegenden Interesses an der Datenverwendung setzt deren Verhältnismäßigkeit und die Beachtung des Zweckbindungsgrundsatzes voraus [B.II.2.a)]. Die Missachtung von Maßgaben des BDSG für die Durchführung der Datenverwendung, die nach den Bestimmungen des BDSG selbst nicht die Unzulässigkeit der Datenverwendung nach sich zieht, kann zu einem überwiegenden Interesse der Athleten an ihrer Unterlassung führen [B.II.2.b)bb)]. Auf die Verwertung von Informationen aus dem Dopingkontrollverfahren für Sponsorenentscheidungen ist im Regelfall das BDSG anwendbar [B.III.1.a)]. Die Einwilligung der Sportler in die Datenverwendung durch die Sponsoren bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht eines überwiegenden Interesses der Sponsoren [B.III.1.b)aa)]. Die Gestattung der Datenverwendung nach § 28 BDSG setzt ein überwiegendes Interesse der Sponsoren voraus, das regelmäßig besteht, weil es sich bei der Information über den Dopingverstoß um eine für die Steuerung des Sponsoringvertrags notwendige Information handelt [B.III.1.b)bb)]. Für die Beantwortung der Frage, ob ein überwiegendes Interesse der Athleten die Informationsverwertung als Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts erscheinen lässt, kann das Ergebnis der Abwägung zur Freiwilligkeit der Einwilligung gemäß §§ 4 und 4a BDSG übernommen werden, wobei die Allgemeinzugänglichkeit der Dopinginformationen (§ 28 I 1 Nr. 3 BDSG) gegebenenfalls lediglich einen Abwägungsbelang zugunsten der Sponsoren darstellt [B.III. 2.b)]. Für die bei der Prüfung der sachlichen Berechtigung von Dopingmaßnahmen der Sportverbände gegenüber Profisportlern durchzuführende Interessenabwägung sind die für die Interessenabwägung im Bereich des öffentlichen Rechts entwickelten Grundsätze heranzuziehen [C.III.2.b)aa)].

E. Ergebniszusammenfassung

721

Die wirtschaftlichen Regeln des EG-Vertrages sind auf Dopingbestimmungen anwendbar, soweit es sich hierbei nicht mehr um rein sportbetriebliche Regelungen handelt, weil sie in ihrem Regelungsgehalt über das Notwendige und Verhältnismäßige hinausgehen [C.III.2.b)bb)]. Die Prüfung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Anti-Doping-Maßnahmen der Verbände ist in zwei Schritten vorzunehmen: Erstens muss der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts von der jeweiligen Maßnahme berührt sein und zweitens muss der Eingriff mangels einer wirksamen Einwilligung, eines sonstigen Gestattungstatbestandes oder eines überwiegenden Interesses der Sportvereinigungen rechtswidrig sein [Einleitung zu Teil D.]. Bereits das Dopingverbot als solches stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten dar, der allerdings in dem ebenfalls darin zu sehenden Eingriff in die Berufsfreiheit der Sportler aufgeht [D.I.2.]. Die Sportvereinigungen können trotz der Beeinträchtigung der Berufsfreiheit und subsidiär des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Athleten ein überwiegendes Interesse an der Durchsetzung des Dopingverbots gegenüber den Profisportlern für sich in Anspruch nehmen, da das Dopingverbot für sie eine Frage von existenzieller Bedeutung darstellt [D.I.3.]. Nicht leistungssteigernd wirkende Mittel können von den Sportvereinigungen nur dann verboten werden, wenn nicht nur der dopingfreie Sport i. S. d. Fairplay und der Chancengleichheit zum Vereinszweck erhoben wird, sondern darüber hinaus auch die Bekämpfung des Drogenkonsums als solchem [D.I.4.]. Die „Merkmalkontrolle“ stellt in der Form, in der sie aktuell praktiziert wird, keinen persönlichkeitsrechtlich zulässigen Kontrollmodus dar [D.II.]. Die Urinprobenahme stellt eine Datenerhebung i. S. d. BDSG dar. Der Personenbezug wird nicht durch die Pseudonymisierung der Probe anlässlich der Probenahme beseitigt [D.III.1.a)aa)]. Im Anwendungsbereich des BDSG kann der darin liegende Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler nicht durch eine Gestattungsregelung im Vereinsrecht gerechtfertigt werden. Es bedarf entweder einer auf die konkreten Regeln bezogenen wirksamen Zustimmung der Athleten oder der Gestattung durch § 28 BDSG [D.III.1.a)bb)(1)]. Eine Einwilligung der Sportler muss die besonderen Wirksamkeitsvoraussetzungen des § 4a BDSG erfüllen. Dies bedeutet, dass die Einwilligung auf die in der Urinprobe enthaltenen Gesundheitsinformationen ausdrücklich Bezug nehmen muss (§ 4a III BDSG). In der Einwilligung selber oder aber mindestens in den vereinsrechtlichen Regelungen zur Urinprobenahme müssen daher die der Urinprobe zu entnehmenden Gesundheitsangaben aufgeführt sein [D.III.1.a)bb)(1) (a)]. Die Sportvereinigungen können gegenüber dem Interesse der Sportler am Schutz ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts ein überwiegendes Inte-

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E. Ergebniszusammenfassung

resse an der unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips durchgeführten Urinprobenahme geltend machen [D.III.1.c)]. Eine Rechtfertigung der Urinprobenahme nach § 29 BDSG kommt nicht in Betracht [D.III.1.a)bb)(1)(b)]. Als Gestattungstatbestand für die Urinprobenahme kommt § 28 I 1 Nr. 1 BDSG in Betracht, wenn die Probenahme durch den Verein, dem der Proband angehört, oder einen Verband, mit dem der Athlet eine besondere Vereinbarung getroffen hat, durchgeführt wird. Besteht zwischen Sportler und verantwortlicher Stelle keine Rechtsbeziehung i. S. d. § 28 I 1 Nr. 1 BDSG, kommt zur Rechtfertigung weiterhin § 28 I 1 Nr. 2 BDSG in Betracht [D.III.1.a)bb)(1)(b)]. Die Rechtfertigung nach § 28 BDSG setzt wegen § 28 VI BDSG allerdings voraus, dass keine Gesundheitsangaben Gegenstand der Analyse sind und die im Übrigen in der Urinprobe enthaltenen Gesundheitsangaben als für § 28 VI BDSG irrelevant angesehen werden können, weil die Probenahme nicht auf ihre Aufdeckung abzielt. Nach zutreffender Ansicht widerspricht eine solche Unterscheidung zwischen in der Probe enthaltenen Daten, deren Ermittlung beabsichtigt ist, und nur gleichsam „zufällig“ darin enthaltenen Informationen dem Schutzzweck des BDSG [D.III.1.a)bb)(1)(b)]. Der Grundsatz der Datensparsamkeit ist in den Bestimmungen des NADA-Codes zur Urinprobenahme wegen des Fehlens hinreichend konkreter Maßgaben bezüglich der Personen, die mit der Probe in Berührung kommen, nur unzureichend umgesetzt [D.III.1.a)bb)(2)]. Obwohl die Urinprobenahme mit einem Eingriff in die Intimsphäre der Athleten, in das Recht, sich nicht selber zu belasten, und in das Recht zur Selbstbestimmung über die eigenen Körperbestandteile und -substanzen verbunden ist, überwiegt das Interesse der Sportvereinigungen an ihrer Durchführung, soweit bei der Ausgestaltung der einschlägigen Regelungen das Verhältnismäßigkeitsprinzip beachtet worden ist. Für die Reduzierung der Eingriffsintensität ist die weitestmögliche Pseudonymisierung der Proben von besonderer Bedeutung [D.III.2.]. Sollen die Dopingkontrollen auf der Grundlage einer Zustimmung der Athleten zu den Bestimmungen des NADA-Codes oder zu Zwecken eines Mitgliedschaftsverhältnisses durchgeführt werden, dem als Dopingregelungen die Bestimmungen des NADA-Codes zugrundegelegt sind, können die Sportler mangels einer hinreichenden diesbezüglichen Ermächtigung im NADA-Code nicht im Ausland kontrolliert werden [D.III.2.c)]. Die Regelungen des NADA-Codes über die Auswahl der zu kontrollierenden Athleten begegnen keinen persönlichkeitsrechtlichen Bedenken [D.III.3.a)]. Die Ausgestaltung der Kontrollen als verdachtsunabhängige Kontrollen begegnet keinen persönlichkeitsrechtlichen Bedenken [D.III.3.a)].

E. Ergebniszusammenfassung

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Die Ausgestaltung der Kontrollen als überraschende Kontrollen begegnet keinen persönlichkeitsrechtlichen Bedenken [D.III.3.b)]. Die kontrollfreien Zeiträume dürfen so weit verkürzt werden, wie dies zur Unterbindung leistungssteigernd wirkender Dopingverstöße erforderlich ist. Soweit keine Einbußen der Wirksamkeit der Kontrollen damit verbunden sind, und in Ausnahmefällen trotz der Möglichkeit derartiger Einbußen müssen persönlichkeitsrechtlich besonders bedeutsame Zeiträume von Kontrollen freigehalten werden [D.III.3.c)]. Die Regelungen des NADA-Codes betreffend den Kontrollantritt der Athleten verletzen nicht deren allgemeines Persönlichkeitsrecht [D.III.3.d)]. Die Bestimmungen des NADA-Codes über die an der Probenahme beteiligten Personen sind zwar nicht unverhältnismäßig, sollten aber noch konkretisiert werden [D.III.3.e)]. Die Vorgaben des NADA-Codes bezüglich der Auswahl der Gefäße und ihrer Befüllung weisen Unklarheiten auf, die zwar noch nicht zu einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Sportler führen, aber beseitigt werden sollten [D.III.3.f)]. Die Regelung im NADA-Code, wonach das Eigentum an den Proben auf die NADA übergehen soll, ist unverhältnismäßig und kann daher kein überwiegendes Interesse für sich in Anspruch nehmen [D.III.3.g)]. Die Probensicherung und die Probenversendung müssen den Anforderungen des BDSG genügen. Eine Rechtfertigung der Datenverwendungen nach § 28 BDSG kommt bei zutreffendem Verständnis des Begriffs der Einzelangabe i. S. d. § 3 BDSG wegen § 28 VI BDSG nicht in Betracht. Die Regelungen des NADACodes zur Probensicherung und Versendung sind im Hinblick auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Sportler verbesserungsfähig und insoweit unwirksam, als sie die Athleten dazu verpflichten, nicht mit dem Fabrikat benannte Probensets zu akzeptieren [D.III.3.h)]. Die Regelungen des NADA-Codes zur Protokollierung des Kontrollvorgangs sind in Einzelheiten zu konkretisieren, ohne dass sie deshalb zur Unverhältnismäßigkeit der Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten führen würden [D.III.4.]. Die Weiterleitung der anlässlich der Probenahme festgehaltenen Daten der Sportler, die im Regelfall als Datennutzung anzusehen ist, wird – die verhältnismäßige Ausgestaltung des Weiterleitungsvorgangs vorausgesetzt – bei Beachtung der Anforderungen des § 4a BDSG durch die Einwilligung der Athleten gerechtfertigt. Als Gestattungstatbestand für die Weiterleitung an die NADA, den Verein des Sportlers oder einen übergeordneten Verband kommt des Weiteren § 28 I 1 BDSG in Betracht. Eine Weiterleitung an Dritte ist nicht zulässig [D.III.5.].

724

E. Ergebniszusammenfassung

Die Sportvereinigungen können bei strenger Beachtung des Verhältnismäßigkeitprinzips bezüglich der Ausgestaltung der Maßnahmen die Duldung gynäkologischer bzw. urologischer Untersuchungen anlässlich der Probenahme von den Athleten verlangen [D.III.6.]. Gleiches gilt im Hinblick auf eine mögliche zeitliche Ausdehnung der Probenahme auf einen Zeitraum von zwei bis drei Stunden, um eine zweite Probe von den Sportlern zu erhalten, wobei den Athleten die Wahl zwischen nur einer Probe nach Durchführung urologischer oder gynäkologischer Untersuchungen und der langwierigeren Doppelprobe ermöglicht werden müsste [D.III.7.]. Die Abnahme von Blutproben ist unter dem Aspekt des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Sportler gemäß den Bestimmungen des BDSG zulässig, wenn eine den Anforderungen des § 4a BDSG genügende Einwilligung der Athleten vorliegt [D.IV.1.]. Bei zutreffendem Verständnis des Begriffs der Einzelangabe i. S. d. § 3 BDSG kommt eine Rechtfertigung des Eingriffs gemäß § 28 BDSG wegen der in der Probe enthaltenen Gesundheitsangaben (§ 28 VI BDSG) nicht in Frage [D.IV.1.]. Die Blutprobe stellt im Regelfall auch keine Verletzung der weiteren Schutzbereiche des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, da, sofern persönlichkeitsrechtlich geschützte Rechtspositionen der Sportler betroffen sind, wiederum ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen an der Wahrung ihrer Identität und der Erhaltung ihrer Existenz sowie an ihrer charakterlichen Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit zu konstatieren ist [D.IV.2.]. Die in den §§ 372a ZPO, 81a und 81c StPO, 46 I und IV OWiG und 26 II 2, 29 II 1 und 2 IfSG zum Ausdruck kommenden Abwägungsergebnisse können für die Bewertung der Blutprobe zu Dopingkontrollzwecken nicht übernommen werden [D.IV.2.b)cc)(1)]. Auch die Zulässigkeit von Blutproben steht unter dem strikten Vorbehalt der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips [D.IV.2.b)cc)(2)]. Die Regeln des NADA-Codes über die fachlich korrekte Durchführung der Blutabnahme und die bei der Blutabnahme beteiligten Personen müssen verständlicher gefasst bzw. konkretisiert werden. Auf der Grundlage der aktuellen Bestimmungen des NADA-Codes darf die Blutabnahme ausschließlich von einem approbierten Arzt vorgenommen werden. Des Weiteren müssen in dem für die Athleten verbindlichen Dopingregelwerk konkrete Fabrikate für die Probensets vorgegeben werden und es muss die Verteilung auf A- und B-Probenröhrchen unmissverständlich geregelt werden [D.IV.3.]. Soweit sich Blutkontrollen und Urinkontrollen als echte Alternativen gegenüberstehen, weil jeder Kontrollmodus für sich gesehen die Überprüfung sämtlicher relevanter Dopingverstöße ermöglicht, hängt es von der subjektiven Einschätzung der Athleten bezüglich der Schwere des Eingriffs in ihre Intimsphäre ab, ob die Urinkontrolle oder die Blutkontrolle das mildere Mittel darstellt. Aus

E. Ergebniszusammenfassung

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diesem Grund ist es den Athleten in diesem Fall freizustellen, welcher Art der Kontrolle sie sich unterziehen möchten [D.IV.2.b)cc)(2)(b)]. Die Abnahme einer DNA-Probe stellt im Regelfall eine Datenerhebung i. S. d. BDSG dar. Soweit der DNA auch Angaben zu Krankheitsveranlagungen der Sportler entnommen werden können, scheitert die Gestattung der DNA-Probenahme nach § 28 BDSG an § 28 VI BDSG, sofern man nicht der Auffassung folgt, dass nur diejenigen Informationen als Angaben i. S. d. § 3 BDSG anzusehen sind, auf die die Probenahme abzielt [D.V.1.]. An der Einholung von DNA-Proben zu Identifikationszwecken besteht bei Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen [D.V.1.a)]. Die Zulässigkeit von DNA-Proben zur Aufdeckung von Gendoping setzt voraus, dass die aufzuspürenden Gendopingtechniken hinreichend bekannt sind, entsprechende Nachweismethoden wissenschaftlich abgesichert sind und das Verhältnismäßigkeitsprinzip strikt beachtet wird [D.V.1)b)]. Die Erfassung der Athleten in Mitglieder-, Teilnehmer-, Kader- und Testpoollisten stellt einen – im Regelfall vom BDSG erfassten – Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Athleten dar, für den ein überwiegendes Interesse der Sportvereinigungen besteht, so dass die damit verbundenen Datenverwendungen nach § 28 I 1 BDSG oder auf der Grundlage einer Einwilligung gemäß den §§ 4 , 4a BDSG zulässig sind [D.VI.1.]. Aus den Bestimmungen des NADA-Codes geht nicht mit der wünschenswerten Klarheit hervor, welche Daten der Athleten in den Testpoollisten festgehalten werden sollen [D.VI.1.b)]. Die Zulässigkeit der Verwendung der Aufenthaltsdaten der Athleten durch die Sportvereinigungen richtet sich nach den Bestimmungen des BDSG [D.VII.1.a)]. Ergänzend sind die Grundsätze zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht anwendbar [D.VII.2.]. Die Verwendung der Aufenthaltsdaten ist grundsätzlich nach § 28 I BDSG zulässig [D.VII.1.b)aa)]. Die Meldepflichten sind im NADA-Code lediglich in Einzelheiten unverhältnismäßig ausgestaltet [D.VII.1.b)aa)(1)]. Das Meldesystem sollte durch eine frühzeitige Pseudonymisierung der Aufenthaltsdaten, die im Moment der Weiterleitung an die Verbände bereits erfolgt sein sollte, verbessert werden. Es sollte des Weiteren für die Löschung der Aufenthaltsdaten umgehend nach Ablauf der einzelnen Aufenthaltszeiträume gesorgt werden [D.VII.1.b)aa) (1)(b)]. Im Übrigen haben die Sportvereinigungen grundsätzlich ein gegenüber dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Sportler überwiegendes Interesse an der lückenlosen Kenntnis vom Aufenthaltsort der Athleten [D.VII.1.b)aa)(1)(c)].

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E. Ergebniszusammenfassung

Vor diesem Hintergrund kann die Verwendung der Aufenthaltsdaten durch die Verbände des Weiteren auch aufgrund einer Einwilligung der Athleten gemäß den §§ 4, 4a BDSG gerechtfertigt sein. Insoweit reicht allerdings die Unterwerfung unter das Vereinsrecht anlässlich des Vereinsbeitritts nicht aus, wenn es um Meldepflichten geht, die erst zu einem späteren Zeitpunkt im Vereinsrecht festgelegt worden sind [D.VII.1.b)aa)(4)]. Art. 6.1.4 Abs. 4 NADA-Code ist wegen seiner Unbestimmtheit bzw. wegen Verstoßes gegen den Direkterhebungsgrundsatz des § 4 II BDSG unwirksam [D.VII.1.b)bb)]. Art. 6.1.1 NADA-Code bezieht sich seinem Wortlaut nach nur auf die Aufenthalts- und Erreichbarkeitsdaten der Testpoolmitglieder und ist daher nicht auf die weiteren Meldepflichten gemäß den Art. 6.1.2 bis 6.1.5 NADA-Code anwendbar [D.VII.1.b)aa)]. Erfolgt die Meldung der Aufenthaltsdaten über ADAMS, ist jedenfalls die WADA i. S. d. BDSG verantwortliche Stelle für die Datenerhebung. Je nach dem, von welcher Organisation die Vereinbarung mit der WADA über die Teilnahme am ADAMS geschlossen wurde, kann daneben der Verein des Sportlers, ein übergeordneter Verband oder auch die NADA verantwortliche Stelle sein. Das BDSG findet daher auf die Datenerhebung Anwendung, soweit nicht ein als verantwortliche Stelle beteiligter übergeordneter Verband im EU- oder EWR-Ausland belegen ist, der die Daten nicht durch eine Niederlassung in Deutschland erhebt [D.VII.4.a)aa)]. Somit bedarf es auch für die Erhebung über ADAMS im Regelfall einer Einwilligung der Athleten nach §§ 4, 4a BDSG, oder es müssen die Voraussetzungen eines der Gestattungstatbestände des § 28 I 1 BDSG erfüllt sein. In beiden Fällen ist für die Zulässigkeit der Datenerhebung Voraussetzung, dass die Datenerhebung dem Verhältnismäßigkeitsgebot genügt und insbesondere auf ein überwiegendes Interesse der verantwortlichen Stellen gestützt wird. Von der Erforderlichkeit der Erhebung über ADAMS kann nur dann ausgegangen werden, wenn der technische Systemvergleich zwischen der Datenerhebung auf herkömmliche Weise in Papierform und der elektronischen Bekanntgabe der Aufenthaltsdaten nicht zu dem Ergebnis führt, dass die elektronische Übermittlung zu erhöhten Risiken für die Datensicherheit führt, die trotz der Vorteile der elektronischen Weiterleitung für die Sportorganisationen ein überwiegendes Interesse der Athleten an ihrer Unterlassung begründen [D.VII.4.a)bb)]. Um die Risiken für die Sportler so gering wie möglich zu halten, muss ihnen die Möglichkeit eröffnet werden, die Daten pseudonymisiert einzugeben. Auch im Übrigen muss besonders auf die Einhaltung der BDSG-Bestimmungen geachtet werden, die dem Datenschutz bei der Durchführung der Datenverwendung dienen [D.VII.4.a)bb)(1)].

E. Ergebniszusammenfassung

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Auch wenn § 10 BDSG auf die Einrichtung des Abrufverfahrens keine unmittelbare Anwendung findet, weil sie außerhalb des Geltungsbereichs des BDSG geschieht, setzt die Zulässigkeit der Aufenthaltsmeldepflichten eine den Anforderungen des § 10 BDSG entsprechende Ausgestaltung des Abrufverfahrens voraus, da sich die Meldepflichten andernfalls als unverhältnismäßiger Eingriff in die Rechte der Athleten darstellen. Damit die Athleten zur Teilnahme an ADAMS verpflichtet werden können, muss das Abrufverfahren im Detail so geregelt werden, dass es unter Berücksichtigung von Anlass und Zweck seiner Einrichtung, der Eigenart der abrufberechtigten Stellen, der Bedeutung der zum Abruf bereitgestellten Aufenthaltsdaten und der Datenschutzmaßnahmen i. S. d. § 9 BDSG mit Blick auf die Interessen der Sportler angemessen erscheint. Die Zulässigkeit der Meldepflichten über ADAMS setzt darüber hinaus die Einrichtung eine Stichprobenverfahrens gemäß § 10 IV 3 BDSG voraus [D.VII.4.a)bb)(3)]. Die Angemessenheit des Abrufverfahrens setzt voraus, dass die Gefahren für die Daten der Athleten durch die Mittel des technischen Datenschutzes soweit reduziert werden können, dass die Daten keinen nennenswerten Gefährdungen ausgesetzt werden, und dass ein entsprechendes Datenschutzniveau von der WADA im Wege einer ausdrücklichen Zusicherung garantiert wird [D.VII.4.a) bb)(3)(c)]. Die Weiterleitung der Aufenthaltsdaten durch die NADA oder einen übergeordneten Verband an die Kontrollunternehmen ist bei verhältnismäßiger Ausgestaltung auch ohne eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen NADA/übergeordnetem Verband und Athleten nach § 28 I 1 BDSG zulässig. Sie wird aufgrund des überwiegenden Interesses der Sportvereinigungen des Weiteren durch eine Einwilligung der Sportler gemäß §§ 4, 4a BDSG gerechtfertigt [D.VIII.1.]. Die Weiterleitung der Aufenthaltsdaten durch die WADA unterliegt den Bestimmungen des BDSG, soweit der Abruf durch deutsche Stellen oder durch ausländische Stellen von einer deutschen Niederlassung aus oder durch nicht in der EU oder dem EWR belegene Stellen in Deutschland erfolgt. Sie ist zulässig, wenn in der Person der abrufenden Stelle die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer entsprechenden Datenübermittlung erfüllt sind, was bei Beachtung der Maßgaben des BDSG in der Person der Vereine und Verbände als Auftraggeber des abrufenden Kontrollunternehmens der Fall ist [D.VIII.2.]. Die Verpflichtung zur Erwirkung einer Medizinischen Ausnahmegenehmigung gemäß Art. 5 NADA-Code verletzt insoweit das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Athleten, als Heilmittel unabhängig von einer leistungsfördernden Wirkung im konkreten Fall verboten werden und selbst leistungsneutrale Heilmittel nur zur Vermeidung „signifikanter gesundheitlicher Beeinträchtigungen“ verwendet werden dürfen. Das Verbot der Anwendung von in der Prohibited List erfassten Heilmitteln ist demgegenüber im Falle ihrer leistungsfördernden Wirkung auch dann gerechtfertigt, wenn diese Wirkung nur geringfügig ist, die Anwendung des

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E. Ergebniszusammenfassung

Mittels aber zur Vermeidung schwerer gesundheitlicher Nachteile erforderlich wäre [D.IX.1.]. Die Pflicht zur Offenbarung von Gesundheitsdaten im Genehmigungsantrag ist bei strikter Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes und insbesondere weitestmöglicher Pseudonymisierung der Daten auf der Grundlage einer Einwilligung der Sportler gemäß den §§ 4, 4a BDSG wirksam [D.IX.2.]. Die Bestimmung des NADA-Codes über die Weiterleitung der Gesundheitsdaten an dritte Experten stellt sich als interessengerecht dar, da die Sportorganisationen dazu verpflichtet sind, von den ihnen zugestandenen Befugnissen lediglich im billigen Umfang (§ 315 BGB) Gebrauch zu machen. Sie bedarf allerdings einer besonderen Einwilligung der Athleten im konkreten Einzelfall [D.IX.3.]. Das Überprüfungsrecht der WADA gem. Art. 5.9 NADA-Code ist bei Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips auf der Grundlage einer Einwilligung der Sportler gemäß den §§ 4, 4a BDSG wirksam [D.IX.4.]. Die Regelung über die Weiterleitung der Entscheidungen des Ärztekomitees an die WADA in Art. 5.10.2 NADA-Code ist bei verhältnismäßiger Ausgestaltung der Datenweitergabe, die mindestens die Pseudonymisierung der Daten erfordert, auf der Grundlage einer Einwilligung der Athleten gemäß den §§ 4, 4a BDSG wirksam [D.IX.5)]. Auf die Untersuchung der Dopingproben auf Dopingsubstanzen hin sind die Bestimmungen des BDSG anwendbar [D.X.1.a)aa)]. Soll die Untersuchung auf eine Einwilligung der Sportler gestützt werden, muss diese auf der Grundlage einer dezidierten Aufklärung über den Umfang der Analyse erklärt werden, die es den Athleten ermöglicht, den Umfang des mit der Analyse verbundenen Eingriffs in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht nachzuvollziehen. Erfolgt diese Aufklärung durch den Verweis auf die einschlägigen Verbandsregeln, müssen diese entsprechend bestimmt gefasst sein. Dies ist hinsichtlich der Regeln des NADA-Codes teilweise nicht der Fall [D.X.1.a)bb) (1)(a)(aa)]. Im Übrigen besteht an der Untersuchung auf Dopingsubstanzen hin ein überwiegendes Interesse der Verbände, soweit die Analysen geeignet sind, fehlerfreie Ergebnisse zu liefern, und die Begleitumstände der Analysen so geregelt sind, dass Verletzungen des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Sportler in angemessener Weise ausgeschlossen werden [D.X.1.a)bb)(1)(a)(bb)]. Die Zweituntersuchung von Proben unter Anwendung neuer wissenschaftlicher Methoden ist im Regelfall zulässig. Die Zweituntersuchung auf neue verbotene Wirkstoffe oder neue verbotene Methoden gemäß Art. 17.2 S. 2 NADA-Code ist nicht auf der Grundlage einer vormals erteilten Zustimmung der Athleten zulässig, da hiervon nur die Untersuchung auf konkret genannte Stoffe und Methoden erfasst wird [D.X.1.a)bb)(1)(a)(bb)].

E. Ergebniszusammenfassung

729

Die Probenanalyse ist nicht nach § 29 BDSG zulässig. Sie kann allerdings sowohl im Falle des Tätigwerdens der Analyselabore als selber verantwortliche Stellen als auch im Falle der Probenuntersuchung als Auftragsverarbeiter gemäß § 11 BDSG über § 28 BDSG gerechtfertigt werden, soweit nicht Gesundheitsdaten der Sportler ermittelt werden [D.X.1.a)bb)(1)(b)]. DNA-Analysen bedürfen ebenfalls eines Gestattungstatbestands gemäß § 4 I BDSG. Die Verbände können ein überwiegendes Interesse an der Durchführung von DNA-Analysen zur Herstellung eines genetischen Fingerabdrucks zwecks Feststellung der Identität anderer Proben geltend machen, soweit diese sich im Einzelfall als verhältnismäßig darstellen. Ein überwiegendes Interesse an der DNA-Analyse zwecks Feststellung von Gendopingverstößen setzt hinreichende Kenntnisse über die Funktion möglicher Gendopingpraktiken und die Entwicklung geeigneter Nachweisverfahren voraus [D.X.2.a)]. Die Erstellung von Probenprofilen zwecks Aufdeckung von Dopingverstößen über den Vergleich mit weiteren Proben der Athleten ist bei Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips von einem überwiegenden Interesse der Sportvereinigungen gedeckt. Eine Vorratsfertigung von Probenprofilen ist allerdings unzulässig, soweit nicht aufgrund besonderer Umstände erforderlich [D.X.3.]. Die Aufbewahrung von Dopingproben bedarf eines Gestattungstatbestands gemäß § 4 I BDSG [D.XI.1.a)]. Sie wird durch die Einwilligung der Sportler insoweit gerechtfertigt, als diese hinreichend über die Modalitäten und Zwecke der Aufbewahrung belehrt worden sind [D.XI.1.a)bb)(1)(a)]. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einwilligung ist die verhältnismäßige Ausgestaltung der Aufbewahrung, die insbesondere die weitestmögliche Pseudonymisierung der Proben erfordert. Die Aufbewahrung auf der Grundlage des NADA-Codes kann nicht zu Zwecken der späteren Nachuntersuchung auf neue Dopingpraktiken erfolgen. Die insoweit auslegungsbedürftigen Regeln des NADA-Codes sind so zu verstehen, dass negative Proben für einen Zeitraum von acht Jahren ab der Probenahme aufbewahrt werden dürfen. Die Wirksamkeit der Einwilligung der Athleten ist davon abhängig, dass in der Einwilligungserklärung ausdrücklich auf die der Probe zu entnehmenden Gesundheitsdaten Bezug genommen wird [D.XI.1.a)bb)(1)(a)]. Die Gestattung der Aufbewahrung nach § 28 BDSG scheitert nach zutreffendem Verständnis des Datenbegriffs daran, dass darin Gesundheitsinformationen enthalten sind [D.XI.1.a)bb)(1)(b)]. Eine dezidierte Regelung im NADA-Code bezüglich der in die Aufbewahrung involvierten Personen wäre wünschenswert [D.XI.1.a)bb)(2)]. Die Bestimmungen des NADA-Codes über die „erste Überprüfung“ des Analyseergebnisses durch die NADA verschaffen der NADA Eingriffsbefugnisse, die weitgehend nicht nach § 28 BDSG, sondern nur durch die Einwilligung der Athleten gerechtfertigt werden können. Da eine dezidierte Beschreibung der Prüfungsmaßnahmen im Vorhinein nicht möglich ist, weil die im konkreten Fall not-

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E. Ergebniszusammenfassung

wendigen Maßnahmen von den Umständen des Einzelfalls abhängen, genügt die abstrakt gehaltene Ermächtigung zur Durchführung weiterer Prüfungen in Art. 9.2.3 a)–c) in Kombination mit dem Verweigerungsvorbehalt in Art. 9.2.3 d) [D.XII.]. Die Aufbewahrung der A-Probenanalyse durch die Labore nach Art. 17.4 NADA-Code und ihre Weiterleitung nach Art. 8.4 NADA-Code an die dort genannten Stellen ist bei verhältnismäßiger Ausgestaltung und insbesondere weitestmöglicher Pseudonymisierung auf der Grundlage einer Einwilligung der Sportler gemäß §§ 4, 4a BDSG zulässig [D.XIII.1.]. Sie ist des Weiteren nach § 28 I 1 BDSG zulässig, soweit hiervon keine Gesundheitsdaten betroffen sind [D.XIII.1.]. Die Weiterleitung des Analyseergebnisses durch die NADA oder den für die Kontrolle zuständigen Verband an den nationalen Fachverband, den wettkampfveranstaltenden Verband, die NADA und die WADA ist in demjenigen Umfang zulässig, der für die Fortführung des Dopingverfahrens und die Erfüllung der sonstigen Anti-Doping-Aufgaben der genannten Stellen notwendig ist [D.XIII.2.]. Veröffentlichungen des A-Probe-Ergebnisses vor der abschließenden verbandsinternen Feststellung eines Dopingverstoßes sind unzulässig, soweit nicht ausnahmsweise besondere hinreichende Gründe für die vorzeitige Bekanntmachung vorliegen [D.XIII.3.]. Auch die Weiterleitung von Verfahrensergebnissen nach Würdigung der B-Probe, aber vor der abschließenden Feststellung eines Dopingverstoßes muss auf möglichst schonende Weise, d.h. so weit als möglich pseudonymisiert erfolgen [D.XIII.3.]. Art. 10.3.4 S. 2 NADA-Code vermag die Weiterleitung der persönlichen Daten des betroffenen Athleten an einen nach der Bestimmung hinzugezogenen Gutachter nicht zu legitimieren [D.XIII.4.]. Veröffentlichungen des Verfahrensergebnisses nach verbandsinterner Feststellung eines Dopingverstoßes sind grundsätzlich zulässig, aber auf den erforderlichen Umfang zu begrenzen [D.XIII.4.].

F. Fazit Die Gesamtschau der in dieser Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse bestätigt die eingangs aufgestellte These, derzufolge das allgemeine Persönlichkeitsrecht von elementarer Bedeutung für die Behandlung der Profisportler im Rahmen der Dopingbekämpfung ist. Die vielfältigen Berührungspunkte der aus der Dopingproblematik heraus veranlassten Maßnahmen mit den Schutzbereichsausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und hier insbesondere mit dem weitgehend vom BDSG geschützten informationellen Selbstbestimmungsrecht zwingen die Beteiligten dazu, diesen Rechtspositionen der Athleten bei der Ausgestaltung von Anti-Doping-Maßnahmen und bei der Entscheidung über ihre Reaktionen auf Dopingverstöße einen hohen Stellenwert einzuräumen und ihre Beachtung aufmerksam zu kontrollieren. Hierbei stellt die angemessene Berücksichtigung des Persönlichkeitsschutzes der Sportler keineswegs nur das sprichwörtliche i-Tüpfelchen dar, das auch einmal außer Acht gelassen werden kann, ohne dass hieraus gleich schwerwiegende Konsequenzen erwachsen. Aus der unangemessenen Beinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts droht vielmehr im Regelfall die Unzulässigkeit der betroffenen Maßnahme, so dass die unzureichende Berücksichtigung der persönlichkeitsrechtlichen Belange der Athleten sehr schnell zu erheblichen Lücken bei der Dopingbekämpfung führen kann. Im Zentrum der Wirksamkeitsprüfung von persönlichkeitsrechtlich relevanten Anti-Doping-Maßnahmen und Dopingbestimmungen steht die Abwägung der Interessen an ihrer Durchsetzung, die im Wesentlichen aufseiten der Verbände und Veranstalter zu verorten sind, gegen die Interessen der Athleten als Eingriffsadressaten in Bezug auf die Unversehrtheit ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der möglicherweise daneben noch betroffenen Rechtspositionen. Die von Art. 9 GG geschützte Vereinsautonomie stellt für diese Abwägung deshalb einen außerordentlich schwergewichtigen Belang zugunsten der Sportvereinigungen dar, weil die Einschränkung der Dopingbekämpfungsbefugnisse der Verbände mit einer Behinderung bei der Umsetzung ihrer Vereinszwecke gleichbedeutend wäre, die ihre Existenz gefährden würde, indem sie ihnen die in Ausübung ihrer Vereinsautonomie selbstdefinierte Identität und den Charakter nähme. Haben vor diesem Hintergrund die Belange der Sportvereinigungen grundsätzlich das Potential, sich trotz dessen Bedeutung als eines der ranghöchsten Verfassungsgüter auch im Konflikt mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht durchzusetzen, ist bei der Ausgestaltung von Anti-Doping-Maßnahmen umso dringlicher

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F. Fazit

auf deren Verhältnismäßigkeit zu achten, die neben dem überwiegenden Interesse der Verbände die Geeignetheit, die Erforderlichkeit und nicht zuletzt die Bestimmtheit der Eingriffsbefugnisse voraussetzt. Der im Zuge dieser Untersuchung beispielhaft näher betrachtete NADA-Code bedarf unter diesem Aspekt in verschiedenen Punkten der Nachbesserung. Das Bedürfnis an einer persönlichkeitsrechtlich ausgewogenen Gestaltung der Dopingbestimmungen des NADA-Codes und anderer Anti-Doping-Regelwerke wächst in dem Maße, in dem das allgemeine Persönlichkeitsrecht in der gesellschaftlichen Diskussion weiter in den Mittelpunkt rückt und persönlichkeitsrechtliche Fragen als Medienthemen an Bedeutung gewinnen, wie dies zuletzt im Zusammenhang mit den Entscheidungen des BVerfGs zur Zulässigkeit von Vaterschaftstests oder zur Zulässigkeit der On-Line-Durchsuchung von Computern der Fall war. Den Herausforderungen, welche die fortwährende Entwicklung neuer Dopingpraktiken mit sich bringt, wird das Dopingkontrollsystem angesichts dieser zunehmenden Präsenz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der täglichen Rechtspraxis zukünftig nur dann gewachsen sein, wenn im Zuge seiner Fortentwicklung verstärkt auf eine ausgewogene Synthese zwischen den Bedürfnissen der Dopingverfolger und den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Sportler geachtet wird.

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