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German Pages XX, 159 [172] Year 2020
Beiträge zur empirischen Marketingund Vertriebsforschung
Ingo Halbauer
Digitales Markenmanagement
Beitra¨ ge zur empirischen Marketingund Vertriebsforschung Reihe herausgegeben von Torsten Bornemann, Lehrstuhl für ABWL & Marketing, Universität Stuttgart, Stuttgart, Deutschland Martin Klarmann, Karlsruhe Institute of Technology, Karlsruhe, Deutschland Dirk Totzek, LS für Marketing und Services, Universität Passau LS für Marketing und Services, Passau, Bayern, Deutschland
Auch heute werden Marketing und Vertrieb von vielen als Domäne von „Bauchentscheidungen“ angesehen. Die vorliegende Schriftenreihe umfasst Beiträge, die einen anderen Weg gehen. Wichtige Fragestellungen, zum Beispiel aus den Bereichen Business-to-Business Marketing, Innovationsmarketing, Konsumentenverhalten, Preismanagement und Marketing Analytics, werden mit aktuellen wissenschaftlichen Verfahren empirisch untersucht. Zielsetzung der Beiträge ist es, für akademische und praktische Probleme in Marketing und Vertrieb eine faktenbasierte Grundlage zu schaffen.
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/13858
Ingo Halbauer
Digitales Markenmanagement
Ingo Halbauer Gerstetten, Deutschland Dissertation, genehmigt von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Tag der mündlichen Prüfung: 14. Mai 2020. Referent: Prof. Dr. Martin Klarmann, Korreferent: Prof. Dr. Alexander Mädche.
ISSN 2567-6210 ISSN 2567-6415 (electronic) Beiträge zur empirischen Marketing- und Vertriebsforschung ISBN 978-3-658-31776-8 ISBN 978-3-658-31777-5 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-31777-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Carina Reibold Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Für Anton und Marianne Meine Vorbilder für Fleiß, Zusammenhalt und Aufopferungsbereitschaft. Ohne Euch wäre diese Arbeit und vieles andere in meinem bisherigen Leben nicht möglich gewesen
Geleitwort
Das aktive und bewusste Management von Marken war vielleicht die dominierende Innovation im Marketing der 60er- und 70er Jahre. 50 Jahre später stellt sich jedoch die Frage: Sind die damals entwickelten Konzepte in einer digitalen Welt noch haltbar? Lohnt es sich auch heute für Hersteller viel Geld in die Entwicklung von Marken zu stecken? Die von Herrn Halbauer vorgelegte Dissertationsschrift greift diese Fragen auf. Dabei gibt sie insgesamt eine überraschend positive Antwort. Will man die Arbeit auf eine Erkenntnis verkürzen, dann ist es sicherlich die, dass gerade in neuartigen Shopping-Umgebungen (Voice Shopping, Mobile Shopping) starke Herstellermarken stärker gekauft werden als unbekanntere Marken oder auch Handelsmarken. Die Dissertationsschrift besteht im Wesentlichen aus drei unterschiedlichen empirischen Studien. Die erste Studie ist eine Experimentalstudie zur Rolle von Marken im Voice-Shopping. In einer Reihe von Experimenten zeigt Herr Halbauer, dass starke Marken in der risikoreichen sequentiellen und informationsarmen Suchumgebung von Voice Shops von vielen Konsumentinnen und Konsumenten gezielt gesucht werden. Es ist dabei hervorzuheben, dass einige der Anreize anreizkompatibel sind – d. h. Herr Halbauer beobachtet echte Kaufentscheidungen. Die zweite Studie widmet sich dann einem anderen – für Marken aber auch für die Öffentlichkeit relevanten – Aspekt des Spracheinkaufs. Es geht hier um die Stimme als Träger von Emotionen und Stimmung. In einer aufwendigen empirischen Studie untersucht Herr Halbauer hier zunächst das Potenzial, die Stimmung von Kunden mit Hilfe von Stimmdaten vorherzusagen. Dies gelingt überraschend gut, selbst wenn nur relativ wenig Sprachdaten (z. B. von zwei
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bis drei Kommandos) zur Verfügung stehen. Mit Hilfe von weiteren Informationen, die Sprachhändler zur Verfügung stehen könnten (z. B. dem zuletzt gehörten Song auf dem Smart Speaker) verbessert sich die Vorhersagekraft weiter. Zwei Experimentalstudien zeigen dann, dass die Sprachhändler Stimmungsinformationen aktiv nutzen könnten. Gut gelaunte Konsumentinnen und Konsumenten sind bereit, höhere Preise zu bezahlen. Gleichzeitig können an die Stimmung angepasste Informationen dazu führen, dass Konsumentinnen und Konsumenten bessere Entscheidungen treffen. Die dritte Studie wechselt dann das Handelssetting. Herr Halbauer vergleicht hier den Einkauf über mobile Endgeräte (insbesondere Smartphones) mit dem Einkauf über Desktops. Anhand von sehr umfangreichen Felddaten aus dem Einzelhandel zeigt Herr Halbauer, dass auch hier gilt: In der durch weniger Informationen und höhere Suchkosten geprägten Mobil-Umgebung lassen sich etablierte starke Herstellermarken einfacher verkaufen als weniger bekannte Handelsmarken. Zusammengenommen leisten diese drei Studien einen wichtigen Beitrag für ein besseres Verständnis der Bedingungen für eine erfolgreiche Markenführung in digitalen Einkaufsumgebungen. Ich wünsche der vorgelegten Dissertationsschrift, dass sie noch viel weitere Forschung in diesem Feld inspiriert. Zudem könnten und sollten von ihr wichtige Impulse in Richtung Handelspraxis ausgehen. Nicht zuletzt sollten die Ergebnisse dieser Arbeit auch zu einem gesellschaftlichen Verständigungsprozess darüber beitragen, was Sprachassistenten leisten sollten und was vielleicht auch nicht. Martin Klarmann
Danksagung
Es ist kein einfaches Unterfangen diese Danksagung zu erstellen und der Leistung, Hilfe, Zuwendung und Unterstützung, in den vergangenen Jahren, durch jede einzelne Person gerecht zu werden. Auf unterschiedlichste Art und Weise haben mir Vorgesetzte, Kollegen, Freunde und Familie bei meinem Promotionsvorhaben in den letzten Jahren sehr geholfen. An dieser Stelle und jetzt möchte ich bei all denen entschuldigen, die ich hier nicht erwähnt habe, es war keine Absicht! Die Arbeit an meiner Dissertation führte ich, drei Jahre lang, als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Marketing & Vertrieb am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) durch. Aus diesem und zahlreichen anderen Gründen gebührt der erste große Dank meinem Doktorvater und Chef – Herrn Professor Dr. Martin Klarmann! Herrn Klarmann ist es bereits früh in meinem Studium gelungen, mich für die, im Grundprogramm eher ernüchternde Welt der Statistik zu begeistern und hiermit den Grundstein für den weiteren Weg im Studium und in der Wissenschaft zu legen. Mit seinem Enthusiasmus hat er mich von den Grundlagenveranstaltungen an über die Belegung von Seminaren bis hin zur Abschlussarbeit bewegt und motiviert. Die Chance für Herrn Klarmann, nach meinem Studium, am Lehrstuhl zu arbeiten, hat keiner Überlegung bedürft. Die Entscheidung war eine schnelle und freudige, die ich nie bereut habe. Die Zusammenarbeit war geprägt von einer angenehmen Mischung aus Humor, Freude, Motivation und Kopfzerbrechen sowie zusätzlich der ein oder anderen, wertvollen Erweiterung meines Allgemeinwissens und Sichtweisen in Themengebieten wie Politik, der Ornithologie und vielen weiteren.
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Danksagung
Neben Herrn Klarmann wurde meine Zeit am Lehrstuhl auch von Kollegen und Freuden geprägt. Die offene Kommunikationskultur, beruflich wie privat, haben die Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter zu einer Freude gemacht. Auch die ein oder andere lange Arbeitswoche wurde hierdurch bereichert und zum Vergnügen. Begonnen hat meine Zeit am Lehrstuhl in einem gemeinsamen Büro mit Verena Rieger, sie hat mich mit großer Geduld und Sorgfalt in die vielfältigen Themen eingearbeitet und mich auch bei meinen ersten Forschungsversuchen unterstützt. Ebenfalls von Anfang an mit dabei waren Juliane Bayer, Sven Feurer, Wiebke Klingemann, Maximilian Lüders und Martin Moosbrugger. Wenn es etwas gibt, um was uns jeder Lehrstuhl beneiden kann, dann sind es unser Lehrstuhlsekretariat und Frau Bayer. Mit Herz, Seele, Erfahrung und ihrem perfekten Netzwerk unterstützt Frau Bayer uns wissenschaftliche Mitarbeiter bei allen anfallenden Themen. Ich bewundere noch heute, wie Frau Bayer mit einem Griff zum Telefon Fragen, die nicht gleich beantwortet werden können durch Ihr Netzwerk auflöst. Unterstützt wurde Frau Bayer, in meiner Zeit am Lehrstuhl, durch die Auszubildenden Belgin Günel und Gloria Zanda, die mir bei einigen Vorhaben geholfen haben und zur Seite standen. Die Besuche im Büro von Sven, bei welchen auch die ein oder andere Espressotasse wieder aufgetaucht ist, waren stets fruchtbar und führten dazu, dass meine Forschungsvorhaben einen Sprung nach vorn gemacht haben. Die Anregungen von Sven zu meinen Experimenten mit Voice Shopping und auch seine Impulse sowie die Überarbeitung von Kapital 4 dieser Arbeit bleiben mir in fester Erinnerung. Ohne Sven wäre der Grad der Verzweiflung Mitte Januar 2020, kurz vor Abgabe, deutlich höher ausgefallen. Wiebke, die am Nachbarlehrstuhl beschäftigt war, was, ohne es zu wissen nie aufgefallen wäre. Es war ein Genuss in den Kaffeepausen und zahlreichen Mittagessen kontrovers und lebhaft mit Wiebke zu diskutieren. Eine belebende Persönlichkeit, die für Ihre Meinung einsteht und diese vertritt. Schön war, dass Wiebke ein kurzes Comeback an unserem Lehrstuhl geben konnte und mir in dieser Zeit bei der eigenen Vorbereitung mit ihren Einblicken in Sachen Berufswahl half. Max hat sich in seiner Zeit in unserem Team als Kollege als auch in meinem Privatleben verewigt. Es waren auch zahlreiche Kleinigkeiten, wie das professionelle Reinigen der Kaffeemaschine oder (nach vielen gescheiterten Versuchen von Zahnärzten) mich von der Nutzung von elmex Gelee zu überzeugen. Es war Max, der mich von seiner Erfahrung in Sachen Drittmittel profitieren ließ. Sehr dankbar bin ich ihm für unzählbare berufliche und private Gespräche, meist beim Mittagessen oder beim gemeinsamen Espresso. Einzig meinen schwäbischen Tassenfüllstand konnte Max mir nicht abtrainieren.
Danksagung
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Martin führt das Lehre-Ressort in seiner ihm eignen unglaublichen professionellen Gelassenheit und hat sich in der Corona-Zeit als talentierter Videosprecher entpuppt. Martin ist ein absolut verlässlicher Kollege. Es war immer eine Freude gemeinsam mit ihm Veranstaltungen zu betreuen, die Aufteilung von Aufgaben konnte unkompliziert vonstattengehen. Eine Empfehlung an Martin ist: Kaffee-trinken kann man lernen und ist in Maßen auch nicht schädlich. Zu den bereits erwähnten Kollegen und Mitarbeiter am Lehrstuhl, stieß Ende 2018 Anika Honold zu unserem Team dazu, dies half mir auch den Titel des Nesthäkchens abzugeben. Neben dieser Titelabgabe verbinde ich mit Anika eine Vielzahl beruflicher wie auch persönlicher Erinnerungen, seien es die EMAC in Hamburg oder auch die über den Tag verteilten tiefsinnigen als auch heiteren Gespräche. Neben dem Team am Lehrstuhl möchte ich mich ganz herzlich bei Freunden bedanken, die mich zum Teil schon seit meiner Realschulzeit zur Seite stehen: Vivien Blum, Felicita Bonaszewski, Mareike Faißt, Jonas Falkner, Maximilian Fritz, Stefanie Grigori, Ingo Gröner, Felix Hack, Daniel Hagenmeyer, Daniel Krauß, Judith Miller, Patrick Schober, Kevin Schwendemann, Daniel Speth und Elisabeth Stern. Euch Allen einen herzlichen Dank für die tollen Feiern, die angenehmen Gespräche und auch dafür, dass Ihr es ausgehalten habt, wenn ich mal wieder für meine Arbeit wochenlang vergraben war. Jetzt komme ich zu dem Teil der Verbindungen, die mein Leben am längsten, seit Beginn begleiten, meiner Familie. Der Kern meiner Familie besteht aus fünf Personen, auf welche ich mich immer und in jeder Lebenslage voll verlassen kann: Die sind Anton, Marianne, Gabi, Rita und Peter Halbauer. Meine Groß& Patentante Gabi, die ein Vorbild in Sachen Resolutheit und Kampfeswillen ist. Meine Eltern – Rita und Peter – die sich nie für stundenlange Beratungen zu schade sind und immer zur Unterstützung bereitstehen. Meine Großeltern – Anton & Marianne – zwei herzliche Menschen, die einem zeigen, was durch Zusammenhalt, Aufopferungsbereitschaft, Kampfeswille und Fleiß im Leben alles möglich und machbar ist. In Dankbarkeit Ingo Halbauer Martin Klarmann
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung in das Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Relevanz der Themenstellung und Ziele der Arbeit . . . . . . . . . . . 1.2 Forschungsfragen der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Koautorenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität von Marken im Voice-Shopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Abstract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Voice-Shopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Sequenzielle Produktpräsentation und Informationsökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Suchkosten-Argument: geringere Bedeutung von Marken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Risikominimierungs-Argument: größere Bedeutung von Marken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Markenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Hypothesenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Ablauf der Studien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Pilotstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.3 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 5 9 11 13 13 14 16 16 17 18 19 20 20 22 23 23 24 25
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Inhaltsverzeichnis
2.7
Experiment 1: Voice-Shopping vs. Online-Shopping mit gleichen Preisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.1 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.3 Robustheitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8 Experiment 2: Voice-Shopping vs. Online-Shopping mit unterschiedlichen Preisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8.1 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8.3 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9 Experiment 3: Rolle der akustischen Präsentation von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.1 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.3 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10 Experiment 4: Rolle der Varianz des Markenwerts . . . . . . . . . . . 2.10.1 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10.3 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11 Übergreifende Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11.1 Implikationen für die Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11.2 Implikationen für Manager und politische Entscheidungsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen und diese Information nutzen können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Abstract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Stimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Voice-Shopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping . . . . . 3.4.1 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3 Robustheitsprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Studie 2: Das Wissen um die Kundenstimmung als Voice-Händler nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25 26 29 30 31 32 32 33 36 37 38 39 41 41 42 43 45 46 46 49 51 51 52 55 55 56 57 59 64 72 78 80
Inhaltsverzeichnis
3.5.1 3.5.2 3.5.3
3.6
3.7
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypothesenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Studie 2a: Stimmungsabhängiges Kaufverhalten bei höherpreisigen Produkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.4 Studie 2b: Optimalität der Kaufentscheidung in Abhängigkeit von Informationsbereitstellung und Stimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.5 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sensitivitätsanalyse: Ergebnisse von Studie 2a und Studie 2b auf Grundlage (simulierter) vorhergesagter Stimmung . . . . . . 3.6.1 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.3 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergreifende Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Abstract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Untersuchungsmodell: Einfluss des Suchverhaltens auf die Einkaufsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Vorstellung des Untersuchungsmodells und der Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Suchverhalten beim Online- und Mobile-Shopping . . . . 4.4 Rolle des Preises beim Online- und Mobile-Shopping . . . . . . . . 4.5 Felddaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Clickstream-Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Web-Scraping-Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Modellfreie Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.1 Conversion-Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.2 Entscheidungen eingeloggter Besucher versus Besucher ohne Login . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.3 Klickpfadlänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.4 Warenkorbgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Analysen zum Suchverhalten und der Rolle des Preises bei Online- und Mobile-Shopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.1 Einfluss des Suchverhaltens auf die Kaufentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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80 81 83
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XVI
Inhaltsverzeichnis
4.7.2
4.8
Wirkung des Preises bezüglich der Kaufentscheidung von Handelsmarke vs. Herstellermarke beim Online- und Mobile-Shopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergreifende Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8.1 Forschungsimplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8.2 Praxisimplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8.3 Wissenschaftlicher Beitrag, Forschungsbedarf und Limitationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
132 135 135 137 138
5 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.1 Abbildung 2.2 Abbildung 2.3 Abbildung 2.4 Abbildung 2.5 Abbildung 2.6 Abbildung 3.1 Abbildung 3.2
Abbildung 3.3
Abbildung 4.1
Einkaufsentscheidungen in Experiment 1 . . . . . . . . . . . . . Einkaufentscheidungen in Experiment 2 . . . . . . . . . . . . . Interaktionen zwischen Einkaufsmodus und Markenreihenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktpositionierung in Experiment 3 . . . . . . . . . . . . . . Kaufabsichten in Experiment 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unsicherheit nach Erhalt von n Produktinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interaktion zwischen Fallgruppe und Stimmung . . . . . . . Veränderung der p-Werte auf Grundlage der vorhergesagten Stimmung für den Interaktionseffekt zwischen Stimmung und Preis in der multinomialen logistischen Regression für die in Studie 2a verwendeten Marken Lindt und Ritter Sport . . . . . . . . . . Veränderung der p-Werte auf Grundlage der vorhergesagten Stimmung für den Interaktionseffekt zwischen Stimmung und den Fallgruppen ‚Zusatzinformationen auf Anfrage‘ und ‚obligatorische Zusatzinformationen‘ in der in Studie 2b verwendeten OLS-Regression . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsmodell: Einfluss des Suchverhaltens auf die Einkaufsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29 34 36 38 40 44 92
97
98 107
XVII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 2.1 Tabelle 2.2 Tabelle 2.3 Tabelle 2.4 Tabelle 3.1 Tabelle 3.2 Tabelle 3.3 Tabelle 3.4
Tabelle 3.5
Tabelle 3.6
Tabelle 3.7 Tabelle 3.8
Produkt Aspekte und Markenreihenfolge . . . . . . . . . . . . . . . Logistische Regression für die Wahl einer Marke mit hohem Markenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktparameter in Experiment 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cox‘sche Regression auf das Beenden der Suche nach der zweiten bzw. vierten Produktpräsentation . . . . . . Deskriptive Informationen zu den Variablen in Studie 1 ................................................ Indikatoren für die Vorhersagequalität der Modelle 2–3, Modelle 5–7 und Support-Vektor-Maschinen . . . . . . . OLS-Modelle für die Vorhersage des Stimmungs-Score . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Variation in den Vorhersageindikatoren bei den Support-Vektor-Maschinen abhängig von der Anzahl der Sprachbefehle im Testdatensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Variation in den Vorhersageindikatoren bei den Support-Vektor-Maschinen unter Auslassung einzelner Kategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Variation in den Vorhersageindikatoren bei den Support-Vektor-Maschinen für andere Ansätze der Kategorisierung von Stimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Multinomiale Regression auf die Markenwahl in Abhängigkeit von Stimmung und Preis . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht über gewählte und optimale Produkte und durchschnittliche Distanz zum optimalen Produkt je Fallgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28 35 39 45 62 65 67
73
75
78 86
90
XIX
XX
Tabelle 3.9 Tabelle 3.10
Tabelle 3.11
Tabelle 4.1 Tabelle 4.2 Tabelle 4.3 Tabelle 4.4
Tabelle 4.5 Tabelle 4.6
Tabelle 4.7
Tabelle 4.8
Tabellenverzeichnis
OLS-Regression auf Distanz zum optimalen Produkt in Abhängigkeit von Fallgruppe und Stimmung . . . . . . . . . OLS-Regression auf die Zufriedenheit mit dem Einkauf in Abhängigkeit von Fallgruppe und Stimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . OLS-Regression auf die Frage nach zu vielen Informationen in Abhängigkeit von Fallgruppe und Stimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzahl der Entscheidungen in den Einkaufskanälen Online und Mobile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzahl der Entscheidungen nach Login-Status in den Einkaufskanälen Online und Mobile . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchschnittliche Klickpfadlänge in Abhängigkeit von Einkaufskanal und Einkaufsentscheidung . . . . . . . . . . . Durchschnittliche Warenkorbgröße (Absatz) in Abhängigkeit von Einkaufskanal und Einkaufsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Operationalisierung der unabhängigen Variablen . . . . . . . . Korrelationsmatrix der unabhängigen Variablen in der Analyse zum Einfluss des Suchverhaltens auf die Kaufentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modelle der multinomialen logistischen Regression hinsichtlich der Einkaufsentscheidung in Abhängigkeit von Clickstream-Charakteristika und deren Interaktion mit der Nutzung des Mobile-Shops . . . . Logistische Regression hinsichtlich des Kaufs der Herstellermarke in Abhängigkeit der Preise von Hersteller- und Handelsmarke sowie der Interaktion mit der Nutzung des Mobile-Shops . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
93
94 118 118 120
121 123
126
128
134
1
Einführung in das Thema
1.1
Relevanz der Themenstellung und Ziele der Arbeit
Im Laufe der zurückliegenden Jahre haben sich die Einkaufslandschaft und mit ihr das Einkaufsverhalten von Konsumenten gewandelt. So war vor 20 Jahren OfflineShopping noch der Standard, Online-Shopping wurde von Konsumenten als ein riskantes Unterfangen wahrgenommen und hatte in Deutschland im Einzelhandel einen Anteil von 0,3 Prozent (vgl. Lee/Tan 2003; HDE 2018). Heute dagegen gilt Online-Shopping als etabliert, Mobile-Shopping zeigt wachsende Umsatzanteile, und mit Voice-Shopping hat ein weiterer Einkaufskanal das Spielfeld betreten (vgl. Sterling 2016; Galloway 2017; HDE 2018). Während Voice-Shopping derzeit noch eine geringe Verbreitung aufweist, rechnen Prognosen mit einer zügigen Diffusion (vgl. Capgemini 2018). Aktuelle Zahlen sprechen davon, dass 15 Prozent der Besitzer eines Smart Speakers diesen mindestens einmal pro Monat für Voice-Shopping nutzen (vgl. Kinsella/Mutchler 2019). Besonderes Potenzial ergibt sich hier beispielsweise beim Kauf von Lebensmitteln – ein Bereich, in dem der Onlinehandel nur einen geringen Anteil aufweist, bei dem sich aber ein größeres Nutzungsinteresse beim Voice-Shopping zeigt (vgl. Capgemini 2018; HDE 2018). Offen ist indes vor allem bei Mobile- und Voice-Shopping die Frage, welche Rolle Marken einnehmen. Auch stellt sich die Frage, welchen Einfluss Händler auf die Kaufentscheidung von Konsumenten haben und ob diese gezielt den Absatz eigener Handelsmarken ankurbeln können. Das Interesse der Forschung an diesem Thema äußert sich unter anderem auch an der Forschungspriorität des Marketing Science Institute (2018) mit dem Übertitel ‚The Customer-Technology
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 I. Halbauer, Digitales Markenmanagement, Beiträge zur empirischen Marketing- und Vertriebsforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31777-5_1
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Einführung in das Thema
Interface‘, die davon handelt, dass sich Konsumenten aktuell einer Vielzahl neuer Geräte gegenübersehen, die die Interaktion und Einkaufserfahrung fundamental ändern können. Gerade die Forschungsartikel in Kapitel 2 und 3 beschäftigen sich mit dem Thema Voice-Shopping sowie der Tier-1-Foschungspriorität ‚What is the role of the human/tech interface in marketing strategy, such as automation (e.g., Alexa)?‘(vgl. Marketing Science Institute 2018). Die bisherige Forschung zu Marken im Kontext von Offline- und OnlineShopping gelangt zu dem Ergebnis, dass diese eine zentrale Rolle bei den Einkaufsentscheidungen von Konsumenten spielen. So können Marken das von Konsumenten in einer Einkaufsentscheidung wahrgenommene Risiko reduzieren (vgl. Erdem/Swait 1998). Dies gelingt Marken in erster Linie durch einen hohen Markenwert. Dieser bemisst, wie bekannt eine Marke auf Verbraucherseite ist und gleichzeitig mit positiven, starken sowie einzigartigen Eigenschaften assoziiert wird (vgl. Keller 1993). Mehrere Forschungsarbeiten kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Bedeutung von Marken zwischen Offline- und Online-Shopping verändert (vgl. z. B. Degeratu/Rangaswami/Wu 2000; Danaher/Wilson/Davis 2003; Saini/Lynch 2016). Bei einem Blick Richtung Mobile-Shopping tritt gleichwohl zutage, dass in diesem Einkaufskanal keine Forschung zur Rolle von Marken existiert. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich diese relativ zum Online-Shopping verändern wird, da unter anderem die geringere Displaygröße, die für mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablet typisch ist, zu höheren Suchkosten führt (vgl. Ghose/Goldfarb/Han 2013). Diese Arbeit soll einen ersten Schritt unternehmen, diesen Aspekt zu untersuchen. Eine noch deutlichere Lücke klafft im Bereich des Voice-Shoppings auf – einem Einkaufskanal, zu dem kaum Forschungsbeiträge gefunden werden können. In der bisherigen Forschung im Bereich der sprachgesteuerten Geräte finden lediglich die Korrektheit und Natürlichkeit von Sprachassistenten (vgl. López/Quesada/Guerrero 2017), die Personalisierung von Smart Speakern (vgl. Purington et al. 2017) sowie die soziale Akzeptanz und Datenschutz (vgl. Easwara Moorthy/Vu 2015; Efthymiou/Halvey 2016) nähere Betrachtung. Allerdings zeigen sich gerade beim Voice-Shopping Bedenken in Forschung und Praxis, was die Rolle von Marken angeht (vgl. Galloway 2017; Dawar/Bendle 2018). Galloway (2017, S. 49) beispielsweise konstatiert Folgendes: „Death, for brands, has a name […] Alexa“. Galloway (2017) spricht hier vom ‚Tod‘ der (Hersteller-)marken. Hierbei handelt es sich um Marken, die im Besitz und unter Kontrolle einer Organisation sind, die primär die Produktion eigener Produkte zum Ziel hat (vgl. Schutte 1969). Demgegenüber sehen Galloway (2017)
1.1 Relevanz der Themenstellung und Ziele der Arbeit
3
sowie Dawar und Bendle (2018) einen Vorteil für Handelsmarken beim VoiceShopping, also bei Marken, die sich im Besitz und unter der Kontrolle einer Organisation befinden, deren Hauptverpflichtung der Vertrieb ist (vgl. Schutte 1969). Bei Einkaufsentscheidungen in Offline- und Online-Shopping sehen sich Konsumenten häufig in einer Situation, in der sich Produkte beider Markentypen einander gegenüberstehen und ein Vergleich getroffen wird. Vereinfacht formuliert, erfolgt hierbei meist ein Abwägen zwischen dem höheren Markenwert der Herstellermarke und einem häufig günstigeren Preis der Handelsmarke (vgl. Kumar/Steenkamp 2007). Befürchtungen beim Voice-Shopping bestehen nun dahin gehend, dass Händler ihre Handelsmarken an den ersten Stellen der vorgeschlagenen Produkte positionieren und so Herstellermarken in den Hintergrund rücken, da Konsumenten beim Voice-Shopping nur wenige Produkte betrachten werden (vgl. Dawar/Bendle 2018). Hintergrund dieser Befürchtung ist, dass Produkte beim Voice-Shopping sequenziell, das heißt streng nacheinander präsentiert werden und nicht simultan, wie dies bei Einkaufskanälen wie Offline- und Online-Shopping üblich ist. Die Vermutung lautet, dass Konsumenten aufgrund hoher Suchkosten nur wenige Produkte betrachten werden und daher automatisch die zuerst präsentierten Handelsmarken einen Vorteil haben. Bisherige Forschung im Bereich zu sequenzieller Produktpräsentation liefert bereits erste Evidenz, dass diese Form der Produktpräsentation Entscheidungen beeinflusst und seltener eine dominante Option gewählt wird (vgl. Mogliner/Shiv/Iyengar 2013; Bohnet/van Geen/Bazerman 2016). Doch nicht nur im Voice-Shopping stellt sich die Frage der Bedeutung von Hersteller- und Handelsmarke. Durch die geringere Bildschirmgröße mobiler Geräte kann es ebenso beim Mobile-Shopping zu einer ähnlichen Form der sequenziellen Produktpräsentation kommen. Auch hier wirft sich die Frage auf, nach welchen Prinzipien sich Konsumenten für den Kauf einer Herstellermarke oder einer Handelsmarke oder gegen einen Kauf entscheiden bzw. welche Suchbestrebungen diesen Entscheidungen vorausgehen. Bisherige Forschung zu Mobile-Shopping betrachtet vor allem den generellen Einfluss von MobileShopping auf Umsätze bei Händlern (vgl. z. B. Wang/Malthouse/Kishnamurthi 2015; Narang/Shankar 2019). Bereits in diesen Studien tritt zutage, dass sich die Verhaltensweisen von Konsumenten ändern und häufiger Gewohnheitskäufe mit mobilen Geräten durchgeführt werden (vgl. Wang/Malthouse/Kishnamurthi 2015). Es bleibt indes offen, ob und inwiefern sich markenspezifisches Verhalten zwischen Online- und Mobile-Shopping unterscheidet. Gegenüber den anderen Einkaufskanälen eröffnet Voice-Shopping – wie die Bezeichnung an sich bereits verrät – die Möglichkeit, Sprachdaten von Konsumenten zu sammeln und auszuwerten. So arbeitet Amazon zum Beispiel
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Einführung in das Thema
derzeit an einem Sprachsensor, der Emotionen in Gesprächen von Mensch zu Mensch erkennt, und hat angekündigt ab 2020 eine Frustrationserkennung basierend auf Sprachinteraktionen in seiner Sprachsteuerung Alexa zu implementieren (vgl. Day 2019; Gartenberg 2019). Hier eröffnet sich evtl. für Sprachhändler über Frustrationserkennung hinaus auch die Möglichkeit, die Stimmung von Konsumenten beim Voice-Shopping zu erfassen. Positive Stimmung von Konsumenten führt zu einer höheren Zahlungsbereitschaft und im Schnitt zu einer verbesserten Produktevaluation (vgl. Zwebner et al. 2014; Faraji-Rad und Pham 2017). Frühere Forschung gelangt zu dem Ergebnis, dass einzelne Emotionen bis zu einem gewissen Grad aus Sprachdaten vorhergesagt werden können. Sollte dies in Bezug auf Stimmung möglich sein (die einen generalisierten und allgegenwärtigen affektiven Zustand beschreibt; vgl. Gardner 1985), könnten Voice-Händler die Möglichkeit haben, gezielt deren Effekte zu nutzen und Konsumentenverhalten zu steuern. Die vorliegende Studie untersucht im Rahmen von drei Forschungsartikeln Konsumentenentscheidungen bei den drei digitalen Einkaufskanälen VoiceShopping (Kapitel 2 und 3), Online-Shopping (Kapitel 2 und 4) und MobileShopping (Kapitel 4). Voice-Shopping bezeichnet dabei den Einkauf mittels eines Smart Speakers. Online-Shopping bezieht sich auf den Einkauf mithilfe eines PCs oder Laptops, während Mobile-Shopping die Nutzung mobiler Endgeräte wie Smartphones oder Tablets für den Einkaufsprozess meint. In Unterkapitel 1.2 erfolgt eine Herleitung der Forschungsfragen dieser Dissertation, mit deren Beantwortung sich die empirischen Untersuchungen in den Kapiteln 2, 3 und 4 befassen. Kapitel 2 widmet sich dem Thema Voice-Shopping und dem dabei angewandten Format der sequenziellen Produktpräsentation. Zu diesem Überthema werden eine Pilotstudie und vier Experimentalstudien vorgestellt. Experimentalstudien wurden als Methodik ausgewählt, da sich Aussagen zur Kausalität am besten von (randomisierten) Experimenten ableiten lassen (vgl. Klarmann 2008). Die erste Studie (n = 154) betrachtet die Unterschiede zwischen Voice-Shopping und Online-Shopping, die sich durch die unterschiedliche Art der Produktpräsentation (sequenziell vs. simultan) ergeben. Die zweite Studie (n = 155) weicht die Bedingung von Studie 1, dass für alle Produkte identische Preise verlangt werden, zugunsten eines realistischeren Szenarios mit variablen Preisen auf. Studie 3 (n = 117) untersucht, ob die in den vorherigen Studien gefundenen Unterschiede durch die sequenzielle Produktpräsentation zu erklären sind oder durch die zusätzliche akustische Präsentation von Informationen beim Voice-Shopping auftreten. Die vierte Studie (n = 166) konzentriert sich auf die Rolle des Markenwerts der in sequenzieller Reihenfolge vorgeschlagenen Produkte und deren Auswirkungen auf den Informationsbedarf von Konsumenten.
1.2 Forschungsfragen der Arbeit
5
Kapitel 3 widmet sich der Möglichkeit, beim Voice-Shopping die Stimmung von Konsumenten zu bestimmen und die sich daraus ergebenden Optionen dieses Wissen zu nutzen. Die erste Studie (n = 1.007) in diesem Kapitel untersucht, inwiefern die Stimmung durch einen heuristischen Ansatz basierend auf Stimmungskorrelaten vorhergesagt werden kann, im Vergleich mit einem Machine-Learning-Ansatz, der Sprachmerkmale nutzt, die aus Aufzeichnungen extrahiert werden können. Die zweite Studie besteht aus zwei Experimenten (n1 = 166, n2 = 152). Im ersten Experiment wird stimmungsabhängiges Kaufverhalten bei höherpreisigen Produkten von Marken mit hohem Markenwert untersucht. Im zweiten Experiment wird die Möglichkeit analysiert, die Optimalität der Kaufentscheidung in Abhängigkeit von Informationsbereitstellung und Stimmung zu beeinflussen. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit Einkaufsentscheidungen in Hinblick auf die Wahl von Handels- oder Herstellermarke im Online- und Mobile-Shopping sowie dem Suchprozess, der dieser Entscheidung zugrunde liegt. Für diese Studie wurden in Zusammenarbeit mit einem führenden europäischen Händlers aus dem Baumarktsektor über fünf Monate hinweg Clickstreams im Online- und MobileShop erhoben. Die so erhobenen Daten umfassen 1.250.675 Klicks in 124.470 Sessions, die die Bewegungen im Webshop für jeden Besucher umfassen, der mindestens ein Produkt der beiden Fokusmarken (einer Handelsmarke und einer Herstellermarke) der Studie betrachtet hat. Neben einer Analyse der Wirkung des Suchverhaltens auf die Einkaufsentscheidung, dargestellt durch ClickstreamCharakteristika, wird in einer zweiten Analyse die Wirkung der Preise von Handelsmarke und Herstellermarke auf die Wahl eines der beiden Produkte betrachtet.
1.2
Forschungsfragen der Arbeit
Die Ausführungen im vorherigen Kapitel verdeutlichen die Relevanz der digitalen Einkaufskanäle Online-, Mobile- und Voice-Shopping sowie die Vielzahl offener Fragen, der sich Forschung und Praxis in Bezug auf diese gegenübersehen. Ziel dieser Arbeit ist es, einen Beitrag auf dem Gebiet des digitalen Markenmanagements zu leisten und einige Fragen zu diesen Einkaufskanälen, die im Folgenden vorgestellt werden, zu beantworten. Die ersten beiden Forschungsfragen beschäftigen sich dabei mit den Auswirkungen, die die sequenzielle Produktpräsentation beim Voice-Shopping nach sich zieht, sowie ihrer Bedeutung für Marken. Die Forschungsfragen 3 und 4 zielen auf die Möglichkeit der Stimmungsvorhersage durch Smart Speaker und der Nutzung dieses Wissens beim Voice-Shopping ab.
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Einführung in das Thema
Forschungsfrage 5 und 6 setzen ihren Fokus auf Online- und Mobile-Shopping und darauf, wie bei diesen Einkaufskanälen eine Entscheidung zum Kauf von Handels- und Herstellermarke getroffen wird. Die einzelnen Forschungsfragen werden im Folgenden genannt und motiviert bzw. beschrieben: Forschungsfrage 1: Wie wirkt sich sequenzielle Produktpräsentation beim VoiceShopping auf die Entscheidungen von Konsumenten aus? Beim Voice-Shopping mittels Smart Speaker existiert lediglich die Möglichkeit, einzelne Produkte der Reihe nach zu präsentieren. Eine Ausnahme hiervon bilden Smart Speaker mit Bildschirm – diese machen aber nur ca. 5–10 Prozent der verkauften Geräte aus (vgl. Kinsella 2018). Diese sequenzielle Form der Darstellung unterscheidet sich von der simultanen Produktpräsentation, wie sie beim Online-Shopping üblich ist. Dort haben Konsumenten die Möglichkeit, mehrere Produkte gleichzeitig auf einem Bildschirm zu betrachten. Forschung in Bereich der Produktpräsentation konnte bereits verdeutlichen, dass sich die beiden Präsentationsformen in Hinblick auf das Verhalten von Konsumenten unterscheiden. So kommen Mogliner, Shiv und Iyengar (2013) zu dem Ergebnis, dass Konsumenten ein geringeres Commitment gegenüber ihren Entscheidungen aufweisen, wenn sie auf Basis sequenzieller Produktpräsentation getroffen wurden. Im Rahmen dieser Forschungsfrage soll untersucht werden, wie sich die Entscheidungen von Konsumenten durch die sequenzielle Produktpräsentation ändern und ob es weitere Auswirkungen dadurch gibt, dass es beim Voice-Shopping zu einer rein akustischen Produktvorstellung kommt. Forschungsfrage 2: Welche Bedeutung haben Marken beim Voice-Shopping unter sequenzieller Produktpräsentation? Forschungsfrage 2 greift die Bedenken von Galloway (2017) sowie Dawar und Bendle (2018) auf, dass Marken (nach strengerer Definition: Herstellermarken) beim Voice-Shopping stark an Bedeutung verlieren werden. Im Gegenzug gehen beide Publikationen davon aus, dass Händler beim Voice-Shopping mehr Einfluss als bei anderen Einkaufskanälen haben, da sie die Reihenfolge festlegen, anhand derer Produkte dem Konsumenten präsentiert werden. Diese Dissertation stellt sich dieser Frage, indem beleuchtet wird, welche Entscheidungen Konsumenten treffen, wenn die Reihenfolge – wie befürchtet – so festgelegt wird, dass schwächere Marken (Marken mit geringerem Markenwert) Konsumenten an den ersten Stellen vorgeschlagen werden. Forschungsfragen 1 und 2 sind Gegenstand des Forschungsartikels in Kapitel 2 dieser Abhandlung. Sie werden im Rahmen von vier Experimentalstudien bearbeitet.
1.2 Forschungsfragen der Arbeit
7
Forschungsfrage 3: Haben Voice-Händler die Möglichkeit, die Stimmung ihrer Kunden zu bestimmen? Wie zuvor erörtert, liegen beim Voice-Shopping automatisch Stimmaufzeichnungen vor, da diese für die Interaktion mit einem Smart Speaker notwendig sind. Unter anderem Schuller et al. (2013) konnten nachweisen, dass es bis zu einem gewissen Grad möglich ist, Emotionen automatisiert aus solchen Aufzeichnungen vorherzusagen. Zusätzlich liegen einem Smart Speaker Daten zu Korrelaten von Stimmung vor, wie Informationen zum Wetter, dem jeweiligen Wochentag und unter Umständen dem letzten Musikwunsch. Im Rahmen dieser Forschungsfrage soll geklärt werden, ob es möglich ist, basierend auf Sprachmerkmerkmalen, die aus Stimmaufzeichnungen extrahiert werden, die Stimmung von Smart-SpeakerNutzern vorherzusagen. Als zweiter Ansatz werden die zur Verfügung stehenden Informationen über Stimmungskorrelate zur Vorhersage genutzt, beide Ansätze miteinander verglichen sowie eine kombinierte Nutzung evaluiert. Die Beantwortung dieser Forschungsfrage ist Grundlage für die Bearbeitung der vierten Forschungsfrage, die lautet: Forschungsfrage 4: Welche Möglichkeiten hat ein Voice-Händler, das Wissen über die Stimmung seiner Kunden zu nutzen? Das Verhalten von Konsumenten unterscheidet sich abhängig von ihrer Stimmung. So neigen Personen bei positiver Stimmung dazu, weniger aufwendige und oberflächliche Verarbeitungsstrategien anzuwenden und weniger Informationen für diese Entscheidungen zurate zu ziehen (vgl. Forgas 2011). Zusätzlich ergibt sich aus Studien von Isen und Levin (1972) sowie Gorn, Goldberg und Basu (1993), dass positive Stimmung zu einer Verhaltensweise führt, bei der versucht wird, die positive Stimmung zu bewahren, und dass sich diese gleichzeitig auf Produkte und deren Bewertung niederschlägt (in Form von Attributionseffekten). Insgesamt könnte dies einem Voice-Händler ermöglichen, Produkte starker Marken zu einem erhöhten Preis an Konsumenten in positiver Stimmung zu verkaufen. Dies könnte einerseits möglich sein, da die Produkte durch die positive Stimmung besser bewertet werden, Konsumenten bei Marken mit hohem Markenwert nur ein geringes Risiko wahrnehmen, ihre positive Stimmung zu zerstören, und sie vor einer markenheuristischen Auswahl bestehen. Andererseits könnte ein Voice-Händler auch das Wissen über die Stimmung nutzen, um seine Kunden gerade vor einer übereilten Kaufentscheidung zu schützen und abhängig von der Stimmung unterschiedliche Arten der Informationsbereitstellung nutzen. Inwiefern diese Möglichkeiten tatsächlich vorhanden sind, soll im Rahmen dieser Forschungsfrage geklärt werden.
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Einführung in das Thema
Forschungsfragen 3 und 4 sind Gegenstand des Forschungsartikels in Kapitel 3 dieser Arbeit. Sie werden im Rahmen zweier Studien bearbeitet. Forschungsfrage 3 wird mithilfe einer Datenerhebung von Stimmaufzeichnungen und Stimmungskorrelaten und Forschungsfrage 4 mittels zweier Laborexperimente analysiert. Forschungsfrage 5: Welches Suchverhalten in Online- und Mobile-Shops lässt eine Vermutung dahin gehend zu, ob sich ein Konsument für eine Handels- oder Herstellermarke entscheidet? Aufgrund höherer Margen ist es für einen Händler im Schnitt attraktiver, die Produkte der eigenen Handelsmarke zu vertreiben (vgl. Ailawadi/Harlam 2004). Entsprechend stellt sich auch die Frage, wie sich Konsumenten für eine Handelsmarke oder eine Herstellermarke entscheiden. Insbesondere wird im Rahmen dieser Forschungsfrage das Suchverhalten, das einer Entscheidung vorausgeht, untersucht. Im Online-Shopping existiert zwar Forschung zu markenspezifischen Aspekten (vgl. z. B. Danaher/Wilson/Davis 2003; Saini/Lynch 2016), bisher wurde hierbei aber keine Unterscheidung zwischen Hersteller- und Handelsmarke untersucht. Die existierende Forschung zu Mobile-Shopping deute darauf hin, dass sich Konsumentenverhalten zwischen den Kanälen Online- und MobileShopping unterscheidet (vgl. z. B. Hubert et al. 2017; de Haan et al. 2018). Entsprechend ist es in Hinblick auf diese Forschungsfrage notwendig, explizit auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei beiden Kanälen zu achten. Zur Bearbeitung dieser Forschungsfrage soll unter Beachtung der beiden Einkaufskanäle das Suchverhalten beleuchtet werden, das zum Kauf einer der beiden Markentypen führt, bzw. analysiert werden, inwiefern sich dieses Verhalten von Konsumenten abgrenzt, die den Online- oder Mobile-Shop besuchen, aber keinen Kauf tätigen. Forschungsfrage 6: Welchen Einfluss haben die Preise von Handels- und Herstellermarken beim Online- und Mobile-Shopping auf die Kaufentscheidung? Das Verhalten von Konsumenten kann vom Händler bei den Einkaufskanälen Online und Mobile lediglich beobachtet und entsprechend darauf reagiert werden, während Produktpreise bis zu einem gewissen Grad von einem Händler festgesetzt werden können. Mithin wirft sich die Frage auf, welche steuernde Wirkung die Preise beider Markentypen beim Online- und Mobile-Shopping haben. Ghose, Goldfarb und Han (2013) gelangen zu dem Ergebnis, dass Suchkosten beim Mobile-Shopping höher sind als beim Online-Shopping. Dies könnte dazu führen, dass die Preissensitivität beim Mobile-Shopping relativ zum Online-Shopping sinkt, da Konsumenten weniger Informationen neben dem Preis akquirieren und diesen als Qualitätsindikator nutzen bzw. insgesamt weniger Informationen zu Referenzpreisen vorliegen. Studien im Bereich Offline- vs. Online-Shopping
1.3 Aufbau der Arbeit
9
kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Wirkung des Preises zwischen beiden Einkaufskanälen unterscheidet und insbesondere die Preissensitivität beim Online-Shopping steigert (vgl. Danaher/Wilson/Davis 2003). Im Bereich des Mobile-Shoppings liegt hierzu keine Evidenz vor. Innerhalb dieser Forschungsfrage soll geklärt werden, inwiefern sich das Ausmaß des Einflusses des Preises von Hersteller- und Handelsmarke unterscheidet und ob hierbei zwischen Onlineund Mobile-Shopping Unterschiede bestehen. Forschungsfragen 5 und 6 sind Gegenstand des Forschungsartikels in Kapitel 4 dieser Arbeit. Sie werden im Rahmen zweier Analysen bearbeitet. Diese nutzen Informationen aus einem Clickstream-Datensatz, der in Zusammenarbeit mit einem führenden europäischen Händler aus dem Baumarktsektor über fünf Monate hinweg in dessen Online- und Mobile-Shop erhoben wurde.
1.3
Aufbau der Arbeit
Diese Dissertation ist in fünf Kapitel aufgeteilt. Kapitel 1 widmet sich der Einführung in die Thematik und ist in vier Unterkapitel gegliedert. Unterkapitel 1.1 dient der Herleitung der Relevanz der Themenstellung und stellt die Ziele der Arbeit vor. Die Herleitung der Forschungsfragen erfolgt in Unterkapitel 1.2, und das folgende Unterkapitel 1.4 gibt einen Überblick über die Koautorenschaften der Forschungsartikel, die in den Kapiteln 2 und 3 behandelt werden. Kapitel 2, 3 und 4 sind in Form wissenschaftlicher Artikel strukturiert. In Kapitel 2 stehen die Forschungsfragen 1 und 2 im Mittelpunkt, und der Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität von Marken im Voice-Shopping wird untersucht. Ein Abstract dieses Forschungsartikels findet sich in Unterkapitel 2.1. Anschließend wird dieses Thema motiviert und genauer spezifiziert (Unterkapitel 2.2). Die notwendigen Grundlagen werden in Unterkapitel 2.3 präsentiert. Daran schließen die Herleitung der untersuchten Hypothesen (Unterkapitel 2.4) und ein Überblick über den Ablauf der Studien (Unterkapitel 2.5) an. Es folgt eine Pilotstudie, in der erste Unterschiede zwischen Voice- und Online-Shopping betrachtet werden (Unterkapitel 2.6). In Unterkapitel 2.7 und 2.8 werden zwei anreizkompatible Laborexperimente durchgeführt, die in einer kontrollierten Umgebung die Einkaufsentscheidungen von Konsumenten beim Voice-Shopping mit sequenzieller Produktpräsentation mit Online-Shopping mit simultaner Produktpräsentation vergleichen. Im Experiment in Unterkapitel 2.7 sind alle Produktpreise identisch, im Experiment in Unterkapitel 2.8 unterscheiden sich die Produktpreise. Unterkapitel 2.9 stellt ein Online-Experiment vor, in dem die Rolle der akustischen Präsentation von Informationen untersucht wird.
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Einführung in das Thema
Als letztes Experiment dieses Forschungsartikels folgt in Unterkapitel 2.10 ein weiteres Online-Experiment, in dem der Informationsbedarf von Konsumenten in Abhängigkeit der präsentierten Produkte analysiert wird. Das Kapitel schließt mit einer übergreifenden Diskussion (Unterkapitel 2.11). Kapitel 3 widmet sich den Forschungsfragen 3 und 4. Es wird die Möglichkeit von Voice-Händlern, die Stimmung ihrer Kunden vorherzusagen und dieses Wissen zu nutzen, untersucht. Das Kapitel beginnt mit einem Abstract des Forschungsartikels (Unterkapitel 3.1). Anschließend folgen die Einleitung in das Thema (Unterkapitel 3.2) und die Aufarbeitung der erforderlichen Grundlagen (Unterkapitel 3.3). In Unterkapitel 3.4 wird die erste Studie präsentiert. In dieser werden zwei Ansätze beleuchtet, wie die Stimmung von Konsumenten basierend auf Daten, die einem Smart Speaker zur Verfügung stehen, vorhergesagt werden kann. Die zweite Studie der Arbeit wird in Unterkapitel 3.5 veranschaulicht. Im Rahmen dieser Studie werden im Anschluss an einen Überblick zu dieser (Abschnitt 3.5.1) Hypothesen zum Einfluss von Stimmung auf Konsumentenentscheidungen hinsichtlich Produktwahl und Entscheidungsoptimalität hergleitet (Abschnitt 3.5.2). Anschließend wird das anreizkompatible Laborexperiment von Studie 2a zum Thema des stimmungsabhängigen Kaufverhaltens bei höherpreisigen Produkten vorgestellt und ausgewertet (Abschnitt 3.5.3). Studie 2b beschäftigt sich mit der Optimalität der Kaufentscheidung in Abhängigkeit von Informationsbereitstellung und Stimmung und wird in Abschnitt 3.5.4 bearbeitet. Anschließend werden die Ergebnisse von Studie 2a und Studie 2b diskutiert (Abschnitt 3.5.5). In Unterkapitel 3.6 wird im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse untersucht, welche Vorhersagequalität notwendig ist, um die zuvor gefundenen Effekte tatsächlich als Voice-Händler zu nutzen. Das Kapitel schließt mit einer übergreifenden Diskussion (Unterkapitel 3.7). In Kapitel 4 werden die Forschungsfragen 5 und 6 behandelt sowie das Suchund Kaufverhalten von Handels- und Herstellermarken im Rahmen von Onlineund Mobile-Shopping untersucht. Dabei finden sich zu Beginn des Kapitels ein Abstract zu diesem Forschungsartikel (Unterkapitel 4.1), im Anschluss eine Einleitung in das Thema (Unterkapitel 4.2) und die Vorstellung des Untersuchungsmodells (Unterkapitel 4.3). In Unterkapitel 4.4 wird auf die Rolle des Preises im Online- und Mobile-Shopping eingegangen. Anschließend werden in Unterkapitel 4.5 die beiden diesem Forschungsartikel zugrunde liegenden Datensätze erläutert (ein Clickstream-Felddatensatz sowie ein ergänzender Web-ScrapingDatensatz). In Unterkapitel 4.6 werden erste, modellfreie Analysen durchgeführt. Unterkapitel 4.7 gliedert sich in die beiden Analysen. In Abschnitt 4.7.1 wird der Einfluss des Suchverhaltens (abgebildet durch Clickstream-Charakteristika) in
1.4 Koautorenschaften
11
Hinblick auf die drei Entscheidungen ‚Kauf der Herstellermarke‘, ‚Kauf der Handelsmarke‘ und ‚kein Kauf‘ untersucht. In Abschnitt 4.7.2 werden die Preiseffekte von Herstellermarke und Handelsmarke auf den Kauf einer der beiden Marken analysiert. Daraufhin folgt eine abschließende Diskussion (Unterkapitel 4.8). Kapitel 5 umfasst die Schlussbetrachtung dieser Dissertation. Dabei werden die Ergebnisse der vorherigen Kapitel zusammengeführt und in diesem Rahmen auch die in Unterkapitel 1.2 aufgeworfenen Forschungsfragen beantwortet.
1.4
Koautorenschaften
Zwei Forschungsartikel dieser Dissertation beruhen auf Arbeitspapieren, die in Zusammenarbeit mit Martin Klarmann als Koautor entstanden sind. Der Forschungsartikel in Kapitel 2 basiert auf dem gemeinsamen Arbeitspapier ‚The Impact of Sequential Product Presentation on the Effectiveness of Brands in Voice Shopping‘ (Halbauer/Klarmann 2019a). Erste Ergebnisse wurden ebenfalls im Rahmen der 48. European Marketing Academy Conference (EMAC) in Hamburg vorgestellt (Halbauer/Klarmann 2019b). Der Forschungsartikel in Kapitel 3 beruht auf dem gemeinsamen Arbeitspapier ‚How voice retailers can predict customer mood and how they can use that information‘ (Halbauer/Klarmann 2019c).
2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität von Marken im Voice-Shopping
2.1
Abstract
Derzeit besitzt jeder fünfte Haushalt in den USA einen Smart Speaker mit VoiceShopping-Funktion. Voice-Shopping ist ein neues Phänomen, das sich vor allem durch sequenzielle Produktpräsentation auszeichnet. Diese Arbeit beschäftigt sich im Rahmen einer empirischen Studie damit, inwieweit sequenzielle Produktpräsentation im Voice-Shopping das Kaufverhalten von Konsumenten beeinflusst. Die Ergebnisse einer Pilotstudie sowie vier Experimente zeigen, dass Konsumenten bestrebt sind, das potenziell höhere Kaufrisiko beim Voice-Shopping (aufgrund der Ungewissheit darüber, welche anderen Produkte später präsentiert werden könnten) gegen die Zunahme der Informationskosten abzuwägen, die sich aus der sequenziellen Präsentation von Produkten ergeben. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass die Auswahlverteilung beim Voice-Shopping eher unimodal – mit einer Präferenz für die zuerst präsentierten Produkte – ausfällt, sofern zuerst Produkte mit hohem Markenwert präsentiert werden. Werden indessen als Erstes Produkte mit geringem Markenwert präsentiert, ergibt sich eine bimodale Auswahlverteilung. Insgesamt lässt sich konstatieren, dass sich die getroffenen Kaufentscheidungen im Voice-Shopping deutlich von Kaufentscheidungen im Online-Shopping unterscheiden.
Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht https://doi.org/10.1007/978-3-658-31777-5_2.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 I. Halbauer, Digitales Markenmanagement, Beiträge zur empirischen Marketing- und Vertriebsforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31777-5_2
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2.2
2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
Einleitung
Smart Speaker wie Amazons Echo finden zunehmend Einzug in die Haushalte vieler Menschen (vgl. WalkerSands 2017). Neben anderen Features bieten diese Lautsprecher (insbesondere die von Amazon) eine Shopping-Funktionalität (vgl. Capgemini 2018), und die Zahl der Voice-Käufer wächst stetig (vgl. Kinsella/Mutchler 2019). Charakteristisch für Voice-Shopping ist dabei, dass sich die Auswahlarchitektur (Johnson et al. 2012) eines Voice-Shops deutlich von derjenigen des Online-Shoppings unterscheidet. Beim Voice-Shopping werden dem Nutzer die einzelnen Produkte nacheinander präsentiert, wodurch der Zwang entsteht, eine sequenzielle Suche durchzuführen (vgl. Mogilner/Shiv/Iyengar 2013). Es stellt sich jedoch die Frage, ob sich die sequenzielle Suche der Konsumenten beim Voice-Shopping für etablierte Marken mit hohem Markenwert, die von Konsumenten vor allem aufgrund ihrer attraktiven, überzeugenden sowie einzigartigen Qualitäten geschätzt werden, letztendlich als vorteilhaft oder schädlich erweist (vgl. Keller 1993). Diejenigen, die die Markeneffektivität beim Voice-Shopping im Vergleich zum Online-Shopping als negativ einschätzen, gehen davon aus, dass die Entscheidungen der Konsumenten weitgehend von den Vorschlägen des Voice-Assistenten geleitet werden (vgl. Dawar/Bendle 2018). Dementsprechend (aber dramatischer) kommt Galloway (2017, S. 49) zu folgendem Schluss: „Death, for brands, has a name […] Alexa“. Diese Einschätzung gründet sich auf der Annahme, dass Produkte, die der Sprachassistent in der sequenziellen Sprachsuchumgebung zuerst präsentiert, eine höhere Kaufwahrscheinlichkeit genießen. Dies wiederum schafft für Einzelhändler den Anreiz, ihre Handelsmarken an einer der ersten Positionen zu präsentieren. Im Rahmen dieses Artikels wird dieser Gedankengang als Suchkosten-Argument bezeichnet. Gleichwohl ist auch ein positiverer Ausblick auf die Markeneffektivität beim Voice-Shopping möglich. Marken können an Bedeutung gewinnen, da gerade im Rahmen des Voice-Shopping-Prozesses die wahrgenommenen Kaufrisiken höher ausfallen. Mogilner, Shiv und Iyengar (2013) merken zur sequenziellen Produktpräsentation an, dass die präsentierten Auswahlmöglichkeiten im Vergleich zu simultan präsentierten Auswahlmöglichkeiten zu einer höheren Unsicherheit führen. Im Einklang mit der Informationsökonomik sollte dies bedingen, dass Marken mit hohem Markenwert größere Chancen haben, erworben zu werden, da sie das wahrgenommene Risiko für den Konsumenten reduzieren (vgl. Erdem/Swait 1998, 2004). Im Rahmen dieses Artikels wird dieser Gedankengang als Risikominimierungs-Argument bezeichnet.
2.2 Einleitung
15
Die zentrale These dieses Forschungsartikels lautet, dass beide Argumente valide sind, da das wahrgenommene Risiko den wahrgenommenen Nutzen der Informationssuche erhöht (vgl. Srinivasan/Ratchford 1991). Darüber hinaus hängt die Wahrnehmung von Nutzen und Risiken der sequenziellen Suche stark von der Produktreihenfolge ab (vgl. Diehl/Zauberman 2005). Daher sollten sich beim Voice-Shopping unterschiedliche Wahlmuster ergeben, die stark mit der Platzierung der ersten Marke mit hohem Markenwert durch den Sprachassistenten abhängen. Wenn zuerst eine Marke mit hohem Markenwert vorgeschlagen wird, wird eine unimodale Auswahlverteilung prognostiziert mit Schwerpunkt auf die Marke mit hohem Markenwert. Wird zuerst eine Marke mit geringem Markenwert vorgeschlagen, hängt die Auswahl davon ab, auf welche Weise ein Konsument die Informationskosten gegen die Risikominimierung abwägt. Dies impliziert eine bimodale Verteilung der gewählten Produkte, bei der das zuerst vorgeschlagene Produkt und das erste Produkt einer starken Marke am häufigsten gewählt werden. Es ist mithin wahrscheinlich, dass sich die Auswahlverteilungen im Voice-Shopping von Auswahlverteilungen unterscheiden, die in Einkaufsmodi mit simultaner Produktpräsentation (z. B. Online-Shopping) auftreten. Um das Zusammenspiel von Informationskosten und Risikominimierung bei Voice-Shopping-Entscheidungen von Konsumenten zu untersuchen, werden vier experimentelle Untersuchungen durchgeführt. Die ersten beiden anreizkompatiblen Laborexperimente (n1 = 154; n2 = 155) analysieren die Kaufentscheidungen beim Voice-Shopping im Vergleich zum Online-Shopping. Das erste Experiment betrachtet den reinen Markeneffekt, in dem Preise und sonstige Merkmale markenübergreifend identisch sind. Das zweite Experiment beschäftigt sich mit der Rolle von Marken in einer Situation mit variierenden Preisen. Beide Studien werden in zwei Produktkategorien durchgeführt: Schokolade und Batterien. Die Ergebnisse sind über die Produktkategorien weitestgehend konsistent. In einem dritten Experiment, das online stattfindet (n3 = 117), soll ausgeschlossen werden, dass die beobachteten Effekte auf die Audioübertragung von Informationen beim Voice-Shopping zurückzuführen sind. Das vierte (Online-)Experiment (n4 = 166) untersucht explizit, wie sich der Bedarf an Informationen zu weiteren Produkten bei Konsumenten in Abhängigkeit von der Reihenfolge der präsentierten Produkte verändert. Hierbei werden unterschiedliche Reihungen schwacher und starker Marken beleuchtet. Dieser Forschungsartikel bietet in dreifacher Hinsicht einen bedeutenden Mehrwert zur Literatur: Erstens werden initiale Erkenntnisse darüber geliefert, inwieweit sich die sequenzielle Produktpräsentation beim Voice-Shopping auf die Markeneffektivität auswirkt. Dieser Ansatz entspricht dem Tier-1Forschungsschwerpunkt des Marketing Science Institute (2018), demzufolge
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2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
Forscher die Rolle der Schnittstelle zwischen Mensch und Technik innerhalb einer Marketingstrategie, wie etwa der Automatisierung (z. B. Alexa), analysieren sollten. In der bisherigen Forschung im Bereich der sprachgesteuerten Geräte finden lediglich die Korrektheit und Natürlichkeit von Sprachassistenten (vgl. López/Quesada/Guerrero 2017), die Personalisierung von Smart Speakern (vgl. Purington et al. 2017) sowie die soziale Akzeptanz und Datenschutz (vgl. Easwara Moorthy/Vu 2015; Efthymiou/Halvey 2016) nähere Betrachtung. Zweitens leisten die Untersuchungen dieser Arbeit einen Beitrag zur aktuellen Forschung im Bereich der sequenziellen Produktpräsentation, die ein Element der Auswahlarchitektur ist, das in der Vergangenheit nur wenig Beachtung gefunden hat (vgl. Basu/Savani 2017). Bisherige Forschungsarbeiten in diesem Bereich konzentrierten sich auf Aspekte wie das Commitment mit einer Entscheidung (vgl. Mogliner/Shiv/Iyengar 2013), die Bewertung des Kaufs (vgl. Diehl/Zauberman 2005) und die Optimierung der Entscheidungsfindung (vgl. Basu/Savani 2017). Die vorliegende Studie erweitert diese Forschungsansätze, indem sie untersucht, wie sich die sequenzielle Suche auf die tatsächlichen Kaufentscheidungen von Marken mit hohem und niedrigem Markenwert auswirkt. Die Analyse des Voice-Shoppings liefert darüber hinaus weitere Erkenntnisse zu einem sich neu entwickelnden Anwendungsgebiet der sequenziellen Produktpräsentation. Drittens wird mit dieser Arbeit ein empirischer Vergleich der Konsumentenentscheidungen im Voice-Shopping mit den Kaufentscheidungen im OnlineShopping gezogen. Im Zuge dessen wird auch die Rolle der Marke in einem sequenziellen Präsentationsumfeld (Voice-Shopping) mit der Rolle der Marken in einem Umfeld verglichen, in dem die Produkte simultan präsentiert werden (Online-Shopping). Schließlich reiht sich diese Publikation in die Forschung zu Konsumentenentscheidungen hinsichtlich unterschiedlicher Einkaufmodi ein. In der bisherigen Literatur finden hauptsächlich Vergleiche zwischen Online- und Offline-Shopping (vgl. Venkatesan/Kumar/Ravishanker 2007; Chintagunta/Chu/Cebollada 2012) sowie zwischen Online- und Mobile-Shopping (vgl. Brasel/Gips 2015; Wang/Malthouse/Krishnamurthi 2015) Betrachtung. Dieser Forschungsartikel erweitert die Literatur um das Thema Voice als Einkaufsmodus und bietet einen Vergleich zum Online-Shopping.
2.3
Grundlagen
2.3.1
Voice-Shopping
Es ist von Bedeutung, zu erwähnen ist, dass der Fokus auf Smart Speakern liegt, die lediglich mittels einer Sprachschnittstelle kommunizieren, das heißt, dass sie
2.3 Grundlagen
17
kein Display besitzen. Gerade Smart Speaker ohne Display weisen einen Marktanteil von über 95 Prozent (vgl. Kinsella 2018) auf. In Bezug auf Voice-Shopping muss bei diesen Smart Speaker bei der Präsentation von Produkten auf eine sequenzielle Reihenfolge zurückgegriffen werden. Die reine Audio-Präsentation von Produkten zwingt zu dieser Art von Darstellung. Der führende Voice-Shop von Amazon setzt zum Beispiel auf den Ansatz, die einzelnen Produkte vorzustellen und jeweils im Anschluss den Konsumenten zu fragen, ob er das Produkt erwerben möchte. Lehnt der Konsumenten das jeweilige Produktangebot ab, wird ihm ein neues präsentiert, wodurch er erneut vor die Kaufentscheidung gestellt wird. Dieser Ansatz unterscheidet sich von demjenigen der simultanen Produktpräsentation, wie sie für das Online-Shopping oder die Präsentation in Supermarktregalen üblich ist. Dementsprechend sind die Unterschiede zwischen Voice- und Online-Shopping konzeptueller Natur. Daher ist es das Ziel, ein Verständnis dahin gehend zu schaffen, welche Rollen Marken beim Voice-Shopping spielen. Hierbei wird untersucht, inwiefern die sequenzielle Produktpräsentation sich auf die Suchkosten auswirkt und wie Konsumenten das Risiko wahrnehmen und ihren Informationsbedarf einschätzen.
2.3.2
Sequenzielle Produktpräsentation und Informationsökonomie
Das Format der Produktpräsentation ist damit verknüpft, wie Informationen den Konsumenten während des gesamten Kaufvorgangs präsentiert und von ihnen bewertet werden. Die sequenzielle Präsentation von Produkten beeinflusst die Art und Weise, wie Informationen zwischen Konsumenten, Händlern und Herstellern verteilt sind, und rechtfertigt die Auseinandersetzung mit der Theorie der Informationsökonomie in diesem Kontext. Darüber hinaus ist die Informationsökonomie auch für das Verständnis der Rolle von Marken bei der Entscheidungsfindung von großer Relevanz (vgl. Erdem/Swait 1998). Das Grundprinzip der Informationsökonomie besagt, dass jedes Individuum Anstrengungen unternehmen kann, Informationsasymmetrien mittels Informationssuche und Vertrauen auf Signale abzubauen, um so das Risiko bei einer Kaufentscheidung zu minimieren (vgl. Bikhchandani/Hirshleifer/Riley 2013). Bei der sequenziellen Produktpräsentation stehen Käufer vor der Aufgabe, sich zwischen den Optionen zu entscheiden, die nacheinander präsentiert werden. In der Regel hat der Wählende dabei keine Informationen darüber, was die nächste Option sein wird. Die Präsentation der Produkte endet entweder,
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Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
wenn sich der Konsument für ein Produkt entschieden hat oder alle verfügbaren Produkte präsentiert wurden (vgl. Mogliner/Shiv/Iyengar 2013). Im Vergleich zur simultanen Produktpräsentation (bei der alle Optionen gleichzeitig präsentiert werden) kann eine sequenzielle Produktpräsentation zur Folge haben, dass Konsumenten sich seltener für eine dominante Option entscheiden und hinsichtlich ihrer Wahl ein geringeres Commitment zeigen (vgl. Mogliner/Shiv/Iyengar 2013; Bohnet/van Geen/Bazerman 2016). Abhängig von der Reihenfolge der Produkte, die nacheinander präsentiert werden, werden identische Produkte von Konsumenten unterschiedlich evaluiert (vgl. Diehl/Zauberman 2005). Ein verwandter Forschungszweig vergleicht die Bewertung von Produkten in Situationen, in denen lediglich ein Produkt bewertet werden muss, mit Situationen, in denen mehrere Produkte gemeinsam bewertet werden müssen (vgl. z. B. Hsee/Leclerc 1998). Obwohl sich diese Forschungsarbeiten nicht auf die sequenzielle Produktpräsentation konzentrieren, liefern sie den Nachweis, dass ein Mangel an Informationen und Referenzen verglichen mit einer simultanen Produktpräsentation unterschiedliche Auswahlmuster bedingt. Die sequenzielle Produktpräsentation ist das einzige anwendbare Format zur Präsentation von Produkten im Voice-Shopping. Im Einklang mit den oben genannten Ideen ist es wahrscheinlich, dass beim Voice-Shopping die Suchkosten und der Wert der Signale (z. B. Marken) gemeinsam bestimmen, was Konsumenten kaufen. Gleichwohl haben Suchkosten und der Wert von Signalen unterschiedliche Implikationen für die Bedeutung von Marken beim VoiceShopping.
2.3.3
Suchkosten-Argument: geringere Bedeutung von Marken
Suchkosten fallen für die Akquisition und Bewertung von Informationen bei einer Kaufentscheidung an. Da Konsumenten danach streben, den Nutzen ihrer Transaktionen zu maximieren, versuchen sie nicht nur, die direkten Kosten, sondern auch die Suchkosten zu minimieren. Untersuchungen zeigen, dass Konsumenten bereit sind, höhere Suchkosten in Kauf zu nehmen, um ihre direkten Kosten zu senken (und umgekehrt), indem sie die Preise mehrerer Händler über Preissuchmaschinen online vergleichen (vgl. Marshall/Pires 2017). Diese Bereitschaft reicht allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt. Die Suchkosten, die Individuen in Kauf nehmen, hängen unter anderem vom wahrgenommenen Risiko im Zusammenhang mit einer Kaufentscheidung ab (vgl. Srinivasan/Ratchford 1991). Ist die Kostenschwelle für die Informationssuche
2.3 Grundlagen
19
erreicht, beendet ein Konsument seine Suche und trifft eine Kaufentscheidung. Wenn Suchkosten vergleichsweise hoch sind (bzw. Informationen schwierig zu erhalten sind), werden Konsumenten weniger Produkte prüfen, als wenn die Informationen leicht zugänglich sind (vgl. Mehta/Rajiv/Srinivasan 2003). Die sequenzielle Produktpräsentation (die beim Voice-Shopping zwingend notwendig ist) führt zu erhöhten Suchkosten hinsichtlich der Ermittlung relevanter Alternativen im Einkaufsprozess. Um die Suchkosten zu reduzieren, werden die Konsumenten daher wahrscheinlich eines der ersten Produkte wählen, die ihnen vorgestellt werden. Gewinnen die Auswirkungen der Reihenfolge an Bedeutung, werden Marken beim Voice-Shopping eine geringere Rolle spielen.
2.3.4
Risikominimierungs-Argument: größere Bedeutung von Marken
Der Informationsökonomie zu Folge birgt jede Kaufentscheidung aufgrund der Unsicherheit über die Produktqualität ein gewisses Risiko (vgl. Erdem/Swait 1998). Um diesem Risiko zu begegnen, suchen Konsumenten nach weiteren Produktinformationen. Es ist relevant, dass Händler oder Hersteller in der Lage sind, die Suchkosten durch die Nutzung bestimmter Signale zu senken. Solange sie vertrauenswürdig erscheinen, können diese Signale auf eine hohe Produktqualität hinweisen und somit das wahrgenommene Risiko einer Fehlentscheidung verringern (vgl. Bikhchandani/Hirshleifer/Riley 2013; Sweeney/Soutar/Johnson 1999). Die Marke eines Produkts ist ein solches Signal (vgl. Erdem/Swait 1998). In Situationen, in denen die Beschaffung anderer Informationen aufwendig ist, sind Markensignale von Bedeutung, um Risiken zu begrenzen und eine akzeptable Produktqualität zu gewährleisten (vgl. Montgomery/Wernerfelt 1992). In Kategorien, in denen das Risiko als hoch eingeschätzt wird, wie z. B. Babynahrung, verlassen sich die Konsumenten eher auf Marken, um dieses Risiko zu senken (vgl. Narasimhan/Wilcox 1998). Das Format der sequenziellen Produktpräsentation ist durchaus ein Faktor, der die Unsicherheit der Konsumenten in Bezug auf ihre Wahl verstärkt, da ihnen Referenzpunkte für die Bewertung von Produkten fehlen und sie sich in einer Situation befinden, in der sie keine Informationen über die weiteren Optionen besitzen (vgl. Mogliner/Shiv/Iyengar 2013). Die Konsumenten wissen lediglich, dass weitere Optionen existieren, aber sie kennen die Vorzüge dieser Produkte nicht und wissen nicht, ob es sich grundsätzlich lohnt, diese Produkte zu prüfen (vgl. Diehl/Zauberman 2005). Darüber hinaus geht – ähnlich wie das haptische
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Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
Element beim Übergang vom Offline- zum Online-Shopping (vgl. Häubl/Trifts 2000) – das visuelle Element verloren, wenn Voice-Shopping über Smart Speaker erfolgt. Auf diese Weise entsteht eine Situation reduzierter Informationen, die weitere Unsicherheit bei Konsumenten hinsichtlich der Produktqualität hervorruft. In einer solchen Einkaufssituation sind Markensignale in der Lage, das wahrgenommene Risiko zu senken (vgl. Erdem/Swait 1998). Es ist folglich zu erwarten, dass Marken die Produktwahl stärker beeinflussen und dementsprechend eine größere Rolle beim Voice-Shopping spielen werden.
2.3.5
Markenwert
Der Begriff ‚Markenwert‘ (engl.: Brand Equity) beschreibt, wie bekannt eine Marke aufseiten von Konsumenten ist und gleichzeitig mit positiven, starken sowie einzigartigen Eigenschaften assoziiert wird (vgl. Keller 1993). Marken mit hohem Markenwert werden als vertrauenswürdige Signale wahrgenommen. Dies geschieht in der Annahme, dass Markeninhaber nicht bereit sein dürften, die Reputation ihres Markenwerts aufzugeben, weshalb sie Produkte von hoher Qualität anbieten (vgl. Erdem/Swait 1998). Aus Sicht der Informationsökonomie senkt eine starke Marke das wahrgenommene Risiko, spart Informationskosten und schafft ein hohes Maß an wahrgenommener Qualität. Diese drei Faktoren sind ausschlaggebend für den Nutzen des Produkts. Da Konsumenten versuchen, den jeweiligen Nutzen zu maximieren, werden sie sich bei risikoreichen Kaufentscheidungen auf Marken mit hohem Markenwert verlassen (vgl. Erdem/Swait 1998).
2.4
Hypothesenentwicklung
Eine zentrale These in Hinblick auf die Rolle von Marken beim Voice-Shopping lautet, dass Marken an Bedeutung verlieren, weil Händler Anreize haben, ihre Handelsmarken in der Produktreihenfolge zuerst zu präsentieren (vgl. Galloway 2017; Pemberton 2017). Gleichzeitig wird angenommen, dass die Konsumenten bei der sequenziellen Suche eines der ersten Produkte wählen werden. Um die Auswirkungen der Marke zu untersuchen, konzentrieren sich die Bemühungen dieser Arbeit auf die Reihenfolge, in der Marken präsentiert werden. Die erste Hypothese befasst sich insbesondere mit dem Einfluss der Markenreihenfolge auf das Wahlverhalten in der sequenziellen Produktpräsentation im Voice-Shopping.
2.4 Hypothesenentwicklung
21
In einer typischen Voice-Shopping-Situation berücksichtigen Konsumenten sowohl die Suchkosten als auch das wahrgenommene Risiko. Dies wirft die Frage auf, wie sich die Mechanismen der Suchkosten und der Risikoreduktion in der Summe auf die Kaufentscheidungen auswirken. Davon ausgehend werden komplexe Ergebnisse erwartet. Wenn zuerst Marken mit hohem Markenwert präsentiert werden, deuten sowohl das Argument der Risikominimierung als auch das Argument der Suchkosten darauf hin, dass sich viele Konsumenten für Marken mit hohem Markenwert entscheiden werden. Insbesondere in risikoreichen Situationen werden Konsumenten eher Marken mit hohem Markenwert wählen (vgl. Narasimhan/Wilcox 1998). Hinzu kommt, dass Konsumenten bei hohen Suchkosten weniger gewillt sind, mehrere Produkte zu prüfen (vgl. Mehta/Rajiv/Srinivasan 2003). Die Wahl eines zuerst vorgestellten Produkts einer Marke mit hohem Markenwert erfüllt beide Bedürfnisse. Werden Marken mit hohem Markenwert jedoch erst später vorgeschlagen, weichen Suchkosten-Argument und Risikominimierungs-Argument in ihren Vorhersagen voneinander ab. Das Argument der Suchkosten lässt weiterhin vermuten, dass Konsumenten nur wenige Produkte durchsuchen werden. Im Gegenteil dazu deutet das Argument der Risikominimierung indessen darauf hin, dass Konsumenten eher mehr Produkte prüfen werden. Diehl und Zauberman (2005) veranschaulichen, dass die Anzahl der geprüften Produkte wächst, wenn in der sequenziellen Produktpräsentation zunächst unattraktive Optionen präsentiert werden. Infolgedessen wird angenommen, dass sich die Auswahlverteilung unterscheidet, je nachdem, ob zuerst Marken mit hohem oder Marken mit geringem Markenwert präsentiert werden. Vor allem ist zu erwarten, dass sich einige Konsumenten auf die Senkung der Suchkosten konzentrieren, indem sie sich für ein zuerst genanntes Produkt entscheiden (was wiederum einen Spitzenwert der ersten oder zweiten Positionen bedeutet). Andere Konsumenten werden sich darauf konzentrieren, das wahrgenommene Risiko zu reduzieren, indem sie weiter nach Optionen suchen, bis eine Marke mit hohem Markenwert angeboten wird (was einen Spitzenwert der ersten Position einer Marke mit hohem Markenwert bedeutet). Daher lautet die erste Hypothese wie folgt:
H1 :
Beim Voice-Shopping führt die sequenzielle Produktpräsentation zu einer unimodalen Auswahlverteilung, sofern zuerst Marken mit hohem Markenwert vorgeschlagen werden (mit einem Spitzenwert beim ersten Produkt). Wenn zuerst Marken mit geringem Markenwert vorgeschlagen werden, ist die Auswahlverteilung bimodal (mit Spitzenwerten beim ersten Produkt und der ersten Marke mit hohem Markenwert).
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2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
Die zweite Hypothese beschäftigt sich mit den Unterschieden in der Auswahlverteilung zwischen simultaner Produktpräsentation (Online-Shopping) und sequenzieller Produktpräsentation (Voice-Shopping). Bei der Gegenüberstellung von Online-Shopping und Voice-Shopping wird erwartet, dass das von H1 prognostizierte Ergebnis spezifisch für die sequenzielle Produktpräsentation beim Voice-Shopping ist und nicht für Online-Umgebungen gilt, die eine simultane Produktpräsentation verwenden. Dies basiert vor allem auf den Suchkosten und der Risikominimierung, da diese bei der sequenziellen Suche eine größere Rolle spielen als bei der simultanen Suche. Mehrere Produkte im Online-Shopping zu vergleichen, wird wahrscheinlich weniger belastend für den Konsumenten sein, da es die gleichzeitige Bewertung von Produkten ermöglicht, direkt Bezugspunkte zu setzen und Produkteigenschaften unmittelbar zu vergleichen (vgl. Hsee/Leclerc 1998; Mogliner/Shiv/Iyengar 2013). Online-Käufer haben darüber hinaus Zugang zu visuellen Informationen (z. B. Fotos) sowie zu zusätzlichen Produktinformationen (z. B. Produktbewertungen), die in großem Umfang verfügbar und viel einfacher zugänglich sind als beim Voice-Shopping. Dies reduziert die Notwendigkeit, das wahrgenommene Risiko durch die Wahl einer Marke mit hohem Markenwert zu senken. Zusammenfassend formuliert, werden die Entscheidungen in Online- und Voice-Shopping unter verschiedenen Umständen getroffen. Daher lautet die zweite Hypothese wie folgt:
H2 :
2.5
Für eine identische Produktgruppe unterscheidet sich die Auswahlverteilung im Voice-Shopping von der Auswahlverteilung im Online-Shopping.
Ablauf der Studien
Die Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit beginnen mit einer Pilotstudie, um zu prüfen, ob sich die Konsumentenentscheidungen zwischen einer simultanen Produktpräsentation in einer Online-Umgebung und einer sequenziellen Produktpräsentation im Voice-Shop desselben Händlers (Amazon) unterscheiden. Anschließend wird ein Laborexperiment (Experiment 1) durchgeführt, in dem die Kaufentscheidungen beim simultanen Online- und sequenziellen Voice-Shopping in einem kontrollierten Umfeld mit identischen Preisen unter Manipulation der Markenreihenfolge beobachtet werden. Experiment 2 baut auf den Ergebnissen von Experiment 1 auf und erweitert die Rahmenbedingungen um die Verwendung
2.6 Pilotstudie
23
aktueller Produktpreise. Experiment 3 untersucht, ob die Ergebnisse der vorangegangenen Experimente auf die Sequenzialität der Produktpräsentation oder die rein akustisch vermittelten Information zurückzuführen sind. Experiment 4 versucht, weiter aufzuklären, wie die Unsicherheit von Konsumenten durch die Markenreihenfolge in der sequenziellen Suche beeinflusst wird, indem auch Situationen berücksichtigt werden, in denen nur Marken mit hohem oder nur Marken mit geringem Markenwert angeboten werden.
2.6
Pilotstudie
Die Pilotstudie wurde mit dem Ziel durchgeführt, nach ersten Erkenntnissen zu suchen, die zeigen, dass die Entscheidungen von Konsumenten variieren, wenn sie Voice-Shopping mit sequenzieller Produktpräsentation und nicht einen OnlineShop mit simultaner Produktpräsentation nutzen. Bei der Pilotstudie handelte es sich um eine Shopping-Aufgabe, der eine Trainingsphase vorausging, um die Teilnehmenden mit dem Sprachassistenten vertraut zu machen. Die zentrale abhängige Variable ist die Entscheidung, ob die Teilnehmenden ein Produkt einer Marke mit hohem oder geringem Markenwert wählen.
2.6.1
Methode
Das Experiment verwendet ein zweizelliges Between-Subjects-Design (Einkaufsmodus: Online-Shopping vs. Voice-Shopping). Die Teilnehmenden wurden über Poster in einem deutschen Universitätsgebäude angeworben. Als Anreiz wurde ihnen eine Tafel Schokolade (100 g) versprochen. Jede Person durfte einmal teilnehmen; die Teilnehmenden wurden zufällig einem der Einkaufsmodi zugeordnet. Es wurden 96 Teilnehmende für dieses Laborexperiment gewonnen. Davon wurden 46 Teilnehmende zufällig dem Online-Shopping und 50 dem Voice-Shopping zugeordnet. Unabhängig vom Einkaufsmodus haben alle Teilnehmenden probeweise mehrere Aufgaben mit dem Sprachassistenten durchgeführt, um etwas Erfahrung zu sammeln: einen Alarm einstellen, einen Würfel rollen, eine To-do-Liste verwalten, die Wettervorhersage abrufen und eine Rechenaufgabe lösen. Nach dieser Einarbeitung wurden die Teilnehmenden gebeten, über den Sprachassistenten AA-Batterien zu kaufen und dabei so vorzugehen, als ob sie ihr eigenes Geld dafür ausgeben würden. Die Wahl fiel auf Batterien, weil sie aufgrund ihres Preisniveaus ein vermutlich relevantes Produkt für Voice-Shopping darstellen
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2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
und AA-Batterien in den meisten Aspekten normiert sind, sodass eine vorherige Kenntnis der Konsumenten die Suchkosten kaum beeinflussen wird. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass Batterien durch eine diversifizierte Markenlandschaft von starken und schwachen Marken gekennzeichnet sind. Um diese Annahme zu bestätigen, wurde eine kurze Umfrage unter den Teilnehmenden eines nationalen Marktforschungsunternehmens (n = 1.000) durchgeführt. Die Daten dieser Validierung wurden auch zur Klassifizierung von Produkten in Marken mit hohem und geringem Markenwert verwendet. Es ist von Bedeutung, dass diese Bewertung nach der Pilotstudie selbst durchgeführt wurde, sodass alle von den Teilnehmenden ausgewählten Marken einbezogen werden konnten. Zu den Marken gehören AmazonBasics, Duracell, everActive, GP Battery und Varta. Der Markenwert wurde anhand der Overall Brand Equity(OBE)-Skala (vgl. Yoo/ Donthu 2001) bewertet. Die verwendeten Items und ihre Darstellung im Fragebogen finden sich in Anhang A.1. Die Skala der Markenwerte erstreckt sich von eins bis fünf. Die OBE gestaltet sich wie folgt: AmazonBasics – 3,07 (s. d. = 1,13), Duracell – 3,52 (s. d. = 1,06), everActive – 2,68 (s. d. = 1,10), GP Battery – 2,77 (s. d. = 1,10) und Varta – 3,43 (s. d. = 1,07). Eine Varianzanalyse gelangt zu dem Ergebnis, dass die Werte voneinander abweichen (F(4; 4995) = 121,4; p < 0,001). Post-hoc-Tests für Paarvergleiche mit Bonferroni-Korrektur zufolge sind alle Werte mit Ausnahme von Varta und Duracell (p = 0,52) sowie everActive und GP Battery (p = 0,72) unterschiedlich. Varta und Duracell werden daher als Marken mit hohem Markenwert und everActive sowie GP Battery als Marken mit geringem Markenwert eingestuft. AmazonBasics kann nicht eindeutig zugeordnet werden. Zugunsten eines konservativen Ansatzes wurde AmazonBasics als Marke mit geringem Markenwert eingestuft (die Ergebnisse werden durch eine andere Einstufung nicht verändert). Die durchschnittlichen Markenwerte zwischen den beiden Gruppen variieren stark (MHoherMarkenwert = 3,842; MGeringerMarkenwert = 2,842; t = 20,325; p < 0,001). Die Teilnehmenden der Online-Shopping-Fallgruppe führen die ShoppingAufgaben im Amazon-Online-Shop durch. Für die Voice-Shopping-Fallgruppe und die Sprachaufgaben wird ein Amazon Echo (erste Generation) verwendet.
2.6.2
Ergebnisse
Innerhalb der Online-Shopping-Fallgruppe wurden alle fünf Marken ausgewählt: AmazonBasics (zwei Teilnehmende), Duracell (vier Teilnehmende), everActive
2.7 Experiment 1: Voice-Shopping vs. Online-Shopping mit gleichen Preisen
25
(fünf Teilnehmende), GP Battery (zwei Teilnehmende) und Varta (33 Teilnehmende). Dagegen wurden innerhalb der Voice-Shopping-Fallgruppe nur drei Marken gewählt: AmazonBasics (ein Teilnehmender), Duracell (sechs Teilnehmende) und Varta (43 Teilnehmende). Keine Teilnehmenden beim Voice-Shopping entschieden sich für everActive oder GP Battery. Der Exakte Fisher-Test führt zu dem Schluss, dass die Kaufabsichten für beide Fallgruppen unterschiedlich ausfallen (p = 0,041). Von den Teilnehmenden wählten beim Voice-Shopping 98 Prozent eine Marke mit hohem Markenwert im Vergleich zu 80 Prozent beim Online-Shopping. Verglichen mit dem OnlineShopping wählten deutlich mehr Teilnehmende im Voice-Shopping eine Marke mit hohem Markenwert (z = 2,815, p = 0,002).
2.6.3
Diskussion
Die Ergebnisse der Pilotstudie deuten darauf hin, dass bei der sequenziellen Produktpräsentation im Voice-Shop Marken mit hohem Markenwert bevorzugt werden. Allerdings gelten für diese Schlussfolgerung Einschränkungen. Erstens hat die Nutzung des originalen Online-Shops und Voice-Shops von Amazon die Möglichkeit beschränkt, die Produktreihenfolge sowie die Produktmenge und -preise zu kontrollieren. Möglicherweise reduziert sich das wahrgenommene Risiko nicht, indem Konsumenten beim Voice-Shopping auf Marken mit hohem Markenwert setzen, sondern sie verlassen sich aufgrund der hohen Suchkosten einfach auf eines der ersten vorgeschlagenen Produkte. Da bei dieser Studie zunächst Produkte mit hohem Markenwert vorgeschlagen wurden, sind beide Schlussfolgerungen denkbar. Darüber hinaus schlug Amazons Voice-ShoppingFunktion zum Zeitpunkt der Durchführung der Studie lediglich zwei Produkte vor und beendete die Präsentation, wenn Konsumenten beide ablehnten.
2.7
Experiment 1: Voice-Shopping vs. Online-Shopping mit gleichen Preisen
Dieses Experiment untersucht H1 und H2 unter wesentlich kontrollierteren Bedingungen als die Pilotstudie. Insbesondere werden die Hypothesen in einer Laborumgebung geprüft, in der die Teilnehmenden mit einem simulierten VoiceShop interagieren, bei dem alle Details der Einkaufsumgebung vollständig unter
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2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
Kontrolle sind. Dieser Ansatz ermöglicht es, den Fokus vollständig auf den Markenwert zu richten, indem jegliche Informationen außer der Marke unverändert bleiben (d. h., alle Marken bieten den gleichen Preis).
2.7.1
Methode
Faktorielles Design und Anreizkompatibilität Experiment 1 wendet ein 2 (Einkaufsmodus: Voice-Shopping vs. Online-Shopping) × 2 (Markenreihenfolge: von hohem zu niedrigem Markenwert vs. von niedrigem zu hohem Markenwert) -zelliges Between-Subjects-Design an. Dabei wird Experiment 1 zweimal mit der gleichen Gruppe von 159 Teilnehmenden durchgeführt, die den jeweiligen Fallgruppen nach dem Zufallsprinzip zugeordnet wurden. Zunächst wurden die Teilnehmenden gebeten, eine Packung Batterien zu kaufen. Die zweite Aufgabe bestand darin, eine Tafel Schokolade (100 g) zu erwerben. Beide Aufgaben gingen unter identische Bedingungen (Einkaufsmodus und Markenreihenfolge) vonstatten. Es handelte sich dabei um ein anreizkompatibles Laborexperiment. Daten von fünf Teilnehmenden der Voice-Shopping-Fallgruppen waren aufgrund von Software-Problemen mit dem Sprachassistenten nicht verfügbar. Um sicherzustellen, dass die Antworten der Teilnehmenden anreizkompatibel waren, kauften sie entweder die gewählte Packung Batterien oder die gewählte Tafel Schokolade. Für diesen Kauf standen den Teilnehmenden 2 EUR zur Verfügung. Der restliche Betrag, der nicht für Produkte ausgegeben wurde, konnte behalten werden. Darüber hinaus erhielten die Teilnehmenden eine Basisvergütung von umgerechnet 10 EUR/Stunde. In welcher der beiden Produktkategorien sie einen Kauf tätigen mussten, wurde nach dem Zufallsprinzip entschieden. Die Teilnehmenden wurden vor dem Experiment umfassend über die Sachverhalte informiert. Stimuli in der Produktkategorie Batterien Packungsgröße und Preis waren für alle Produkte innerhalb einer Produktkategorie identisch. Die Packungsgröße der Batterien wurde auf vier Stück und der Preis auf 1,29 EUR festgelegt (das Vierfache des Durchschnittspreises für eine AA-Batterie aus der Pilotstudie). Dabei wurden die Marken aus der Pilotstudie verwendet, mit Ausnahme von AmazonBasics, die nicht klar als Marke mit hohem oder geringem Markenwert zugeordnet werden konnte. Varta und Duracell wurden als Marken mit hohem Markenwert klassifiziert und GP Battery und EverActive als Marken mit geringem Markenwert (in Übereinstimmung mit den für die Pilotstudie erhobenen Daten).
2.7 Experiment 1: Voice-Shopping vs. Online-Shopping mit gleichen Preisen
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Stimuli in der Produktkategorie Schokolade Für die Schokolade wurde eine Tafelgröße von 100 g zu einem Preis von 1,19 EUR gewählt. Der festgelegte Preis für Schokolade liegt knapp unter dem für Batterien, um die reale Preisdifferenz zwischen den beiden Produktkategorien zu berücksichtigen. Die zwei Marken mit hohem Markenwert – Lindt und Ritter Sport – sowie die zwei Marken mit geringem Markenwert – Alpia und Gut und Günstig – wurden basierend auf einer subjektiven Einschätzung des Markenwerts ausgewählt. Die getroffenen Annahmen konnten durch eine kurze Umfrage durch einen europäischen PanelAnbieter (n = 176) bestätigt werden. Auch dieses Mal wurde der Markenwert anhand der Overall Brand Equity(OBE)-Skala (vgl. Yoo/Donthu 2001) bewertet. Zu jeder Marke wurden dabei im Schnitt 44 Bewertungen gesammelt. Konsistent mit der subjektiven Einschätzung weisen Lindt und Ritter Sport höhere Markenwerte (2,95 und 2,82) auf als Alpia und Gut und Günstig (2,43 und 2,42). Die Mittelwerte der beiden Brand-Equity-Gruppen variieren (MHoherMarkenwert = 2,90; MGeringerMarkenwert = 2,43; t = 2,835; p = 0,005). Interessanterweise liegt der Markenwert von Lindt und Ritter Sport nicht über dem Mittelwert der Skala (3). Während diese Marken definitiv einen höheren Markenwert haben als Alpia und Gut und Günstig, handelt es sich bei diesen Marken wohl eher um Marken mit mittelgroßem als mit hohem Markenwert. Da dieses Ergebnis darauf hindeutet, dass der Test der zentralen Hypothese eher konservativer ausfallen wird, wird weiterhin mit dem Set aus diesen vier Marken gearbeitet. Voice-Shopping Für die Voice-Shopping-Fallgruppen wurde die Desktop-App von Amazons Alexa verwendet. Folglich konnten sich die Teilnehmenden ausschließlich über Sprachbefehle innerhalb des Shops bewegen. Anstatt den originalen Alexa-Shop zu nutzen (der nicht zum Zweck dieser Forschung beeinflusst werden kann), wurde für Alexa eine App programmiert, die die Amazon-ShopUmgebung simuliert, jedoch umfassend gesteuert werden konnte. Auf diese Weise ähnelt die Laborumgebung sehr stark einem realen Voice-Shopping-Erlebnis. Vor dem Einkaufsvorgang lösten die Teilnehmenden bestimmte Aufgaben, um sich zunächst mit der Sprachoberfläche vertraut zu machen. Detaillierte Informationen hierzu sind Anhang A.2 zu entnehmen. Online-Shopping Für die Online-Shopping-Fallgruppen wurde eine vereinfachte Online-Shop-Umgebung entwickelt, in der die Produkte in einer Weise präsentiert wurden, die einer Amazon-Suchergebnisseite sehr ähnlich war. Alle Produkte waren für die Teilnehmenden gleichzeitig sichtbar. Darüber hinaus konnten Online-Käufer neben der Marke, der Preisangabe und der Kurzbeschreibung des für Voice-Käufer bereitgestellten Produkts auch Produktbilder sowie
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2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
die durchschnittliche Produktbewertung einsehen. Dabei wurden echte Produktbilder verwendet. Um Einflüsse durch unterschiedliche Produktbewertungen zu vermeiden, wurde allen Produkten eine identische Durchschnittsbewertung von 4,1 Sternen (basierend auf 78 Bewertungen) zugeordnet. Um das jeweilige Produkt für den Kauf auszuwählen, konnten die Teilnehmenden auf eine Schaltfläche unterhalb des Produkts klicken. Robustheitsprüfungen, bei denen alle Informationsunterschiede gegenüber dem Voice-Shopping aufgehoben werden, werden in Abschnitt 2.7.3 ‚Robustheitsprüfung‘ vorgestellt. Tabelle 2.1 gibt einen Überblick über die verschiedenen Aspekte und die Markenreihenfolge in beiden Produktkategorien. Screenshots der Stimuli des Experiments sind in Anhang A.2 zu finden.
Tabelle 2.1 Produkt Aspekte und Markenreihenfolge Produktkategorie: Batterien (gekennzeichnet durch die jeweilige Marke) Aspekte
Varta
Duracell
GP Battery
everActive
Preis (Exp. 1)
1,29 EUR
1,29 EUR
1,29 EUR
1,29 EUR
Packungsgröße
4 Stück
4 Stück
4 Stück
4 Stück
Hoch zu niedrig (MW)
1. Position
2. Position
3. Position
4. Position
Niedrig zu hoch (MW)
4. Position
3. Position
2. Position
1. Position
Niveau MW
hoch
hoch
niedrig
niedrig
Preis (Exp. 2)
1,89 EUR
1,79 EUR
1,39 EUR
1,19 EUR
Produktkategorie: Schokolade (gekennzeichnet durch die jeweilige Marke) Aspekte
Lindt
Ritter Sport
Alpia
Gut und Günstig
Preis (Exp. 1)
1,19 EUR
1,19 EUR
1,19 EUR
1,19 EUR
Packungsgröße
100 g
100 g
100 g
100 g
Hoch zu niedrig (MW)
1. Position
2. Position
3. Position
4. Position
Niedrig zu hoch (MW)
4. Position
3. Position
2. Position
1. Position
Niveau MW
hoch
hoch
niedrig
niedrig
Preis (Exp. 2)
1,59 EUR
1,29 EUR
0,99 EUR
0,79 EUR
Hinweis: MW = Markenwert
2.7 Experiment 1: Voice-Shopping vs. Online-Shopping mit gleichen Preisen
2.7.2
29
Ergebnisse
Abbildung 2.1 liefert einen Überblick über die Produkte, die an einer bestimmten Position innerhalb jeder Fallgruppe für beide Produktkategorien ausgewählt wurden. Beim Voice-Shopping ergibt sich eine unimodale Verteilung, wenn Produkte mit hohem Markenwert zu niedrigem Markenwert angeordnet werden. Die meisten Teilnehmenden entschieden sich entweder für das erste oder das zweite Produktangebot. Ein anderes Bild ergibt sich für Voice-Shopping, wenn Produkte
Einkaufsentscheidungen: Batterien Duracell
Online-Shopping
Von niedrigem zu hohem MW
GP Battery # Teilnehmer mit Wahl des Produkts auf Position n
# Teilnehmer mit Wahl des Produkts auf Position n
Varta
Von niedrigem zu hohem MW
everActive
Voice-Shopping
Von niedrigem zu hohem MW
Von niedrigem zu hohem MW
Einkaufsentscheidungen: Schokolade Alpia
Gut und Günstig
# Teilnehmer mit Wahl des Produkts auf Position n
Ritter Sport
# Teilnehmer mit Wahl des Produkts auf Position n
Lindt
Von niedrigem zu hohem MW
Von niedrigem zu hohem MW
Von niedrigem zu hohem MW
Online-Shopping
Abbildung 2.1 Einkaufsentscheidungen in Experiment 1
Von niedrigem zu hohem MW
Voice-Shopping
30
2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
mit niedrigem Markenwert zu hohem Markenwert angeordnet werden. Hier offenbart sich eine bimodale Verteilung mit Spitzen beim ersten Produktvorschlag sowie beim ersten Produkt mit hohem Markenwert auf der dritten Position, wie sie auch durch H1 prognostiziert werden. Der Exakte Fisher-Test gelangt zu dem Ergebnis, dass die beiden Verteilungen mit einem p-Wert von 0,028 für die Produktkategorie Batterien und einem p-Wert von 0,013 für die Produktkategorie Schokolade voneinander abweichen. Die zweite Hypothese prognostiziert, dass auch bei identischen Produkten die Auswahlverteilung zwischen Voice- und Online-Shopping unterschiedlich ausfallen wird. Bei der Produktkategorie Batterien liefert der Exakte Fisher-Test den Beweis, dass sich die Entscheidungen der Konsumenten beim Online- und VoiceShopping voneinander abgrenzen. Dies gilt, wenn Produkte in der Reihenfolge von hohem zu niedrigem Markenwert (p = 0,046) sowie von niedrigem zu hohem Markenwert (p < 0,001) präsentiert werden. Für die Produktkategorie Schokolade erfolgten die gleichen Tests. Im Vergleich zu Batterien finden sich hier keine signifikanten Unterschiede zwischen Voiceund Online-Shopping, sofern Produkte in der Reihenfolge von hohem zu niedrigem Markenwert vorgeschlagen werden (p = 0,450). Wenn Produkte jedoch in der Reihenfolge von niedrigem zu hohem Markenwert präsentiert werden, kommt es zu Unterschieden zwischen Online- und Voice-Shopping (p = 0,002). Zusammenfassend lässt sich erklären, dass sich Unterschiede in der Auswahlverteilung zwischen Voice- und Online-Shopping in beiden Produktkategorien ergeben. Dementsprechend wird H2 von diesen Ergebnissen unterstützt.
2.7.3
Robustheitsprüfung
Um eine realistischere Situation im Labor zu schaffen, enthielten die Informationen beim Online-Shopping die durchschnittliche Produktbewertung sowie die Anzahl der Bewertungen (identisch für alle Produkte). Darüber hinaus wurden Bilder der Produkte (je nach Produkt unterschiedlich) eingebunden. Hieraus könnte sich eine alternative Deutung der vorliegenden Ergebnisse ableiten: Die Informationsunterschiede zwischen Online- und Voice-Shopping – und nicht zwischen sequenzieller und simultaner Suche – bilden die Grundlage für die gefundenen Ergebnisse. Um diesen Fragen nachzukommen, wurden im Zuge eines Online-Experiments weitere Daten gesammelt. Hierfür fand ein 3 (Informationsebene: identisch zum Online-Shopping in Experiment 1 vs. Bilder, aber keine Bewertungen vs. identisch zum Voice-Shopping in Experiment 1) × 2 (Markenreihenfolge: von hohem zu niedrigem Markenwert vs. von niedrigem zu
2.7 Experiment 1: Voice-Shopping vs. Online-Shopping mit gleichen Preisen
31
hohem Markenwert) -zelliges Between-Subjects-Design Anwendung. Das Experiment wurde mit 249 Teilnehmenden durchgeführt, die über einen europäischen Panel-Anbieter gewonnen wurden. Die Teilnehmenden wurden zufällig einer der sechs Fallgruppen zugeordnet und nach ihren Kaufabsichten gefragt. Die Teilnehmenden wurden entsprechend dem Mindestlohn des Landes bezahlt, in dem die Studie durchgeführt wurde. Detaillierte Ergebnisse sind in A.3 wiedergegeben. Es ist von zentraler Bedeutung, dass die Kaufabsichten aus dem Online-Experiment mit den Entscheidungen aus dem Laborexperiment für jede Fallgruppen verglichen werden können. Es lässt sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Ergebnissen des Laborexperiments und den Ergebnissen des Online-Experiments feststellen. Die Unterschiede wurden anhand des Exakten Fisher-Tests geprüft. Der niedrigste pWert tritt in Höhe von p = 0,126 beim Vergleich zwischen den Ergebnissen des Laborexperiments und den Ergebnissen des Online-Experiments auf (Informationsebene: identisch zum Online-Shopping in Experiment 1; Markenreihenfolge: von niedrigem zu hohem Markenwert). Dies bestärkt die Annahme, dass die Ergebnisse, die in Experiment 1 beim Voice- und Online-Shopping beobachtet werden, auf die sequenzielle und simultane Produktpräsentation zurückzuführen sind und nicht auf Unterschiede hinsichtlich der verfügbaren Informationen.
2.7.4
Diskussion
Angesichts der Ergebnisse von Experiment 1 scheinen weder das SuchkostenArgument noch das Risikominimierungs-Argument in der sequenziellen Produktpräsentation zu dominieren. Insofern zunächst starke Marken und erst im Anschluss schwache Marken präsentiert werden, greifen die beiden Argumente ineinander. Das Argument der Risikominimierung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Käufer eine Marke mit hohem Markenwert wählt, während das Argument der Suchkosten die Wahrscheinlichkeit steigert, dass der Käufer eines der zuerst vorgestellten Produkte wählt. Das Ergebnis beim Voice-Shopping fällt dagegen komplexer aus, wenn die Markenreihenfolge von niedrig zu hoch gestaffelt ist. Das Suchkosten-Argument führt zu einer größeren Anzahl von Konsumenten, die sich für die zuerst vorgestellten Produkte entscheiden. Der Anteil der zuerst vorgestellten Produkte fällt indes geringer aus als bei der umgekehrten Markenreihenfolge. Die Tatsache, dass sich die meisten Konsumenten für die Produktkategorie Batterien entscheiden, wenn das Produkt von Duracell vorgeschlagen wird, verdeutlicht die Bedeutung des Arguments der Risikominimierung. Das gleiche Muster gilt für Schokolade,
32
2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
wobei der Spitzenwert hier bei der Position von Ritter Sport liegt. Mehrere Konsumenten sind offenbar bereit, höhere Suchkosten in Kauf zu nehmen, mit dem Ziel, das wahrgenommene Risiko beim Voice-Shopping mit sequenzieller Produktpräsentation zu senken. Dieses Muster lässt sich nicht für das Online-Shopping mit simultaner Produktpräsentation nachweisen. Hier lässt sich beobachten, dass sich viele Konsumenten beim OnlineShopping für eine Marke mit hohem Markenwert entscheiden. Möglicherweise ist dies dem Umstand geschuldet, dass die angebotenen Produkte nur in puncto Marken variieren (aber nicht im Preis) und der Anreiz, sich für eine Marke mit niedrigem Markenwert zu entscheiden, eher gering ist. Während dies beim OnlineShopping problemlos möglich ist, erschwert die sequenzielle Produktpräsentation beim Voice-Shopping dieses Vorgehen.
2.8
Experiment 2: Voice-Shopping vs. Online-Shopping mit unterschiedlichen Preisen
Die Besonderheit von Experiment 1 besteht in der Isolation der Markenwirkung, indem alle weiteren Variablen konstant gehalten werden. Wie bereits erwähnt, umfassen diese Variablen den Preis, was zu möglicherweise verzerrten Ergebnissen in Bezug auf den Anteil an Marken mit hohem Markenwert führt (insbesondere bei simultanen Suchbedingungen). Aus diesem Grund wird Experiment 1 in diesem Laborexperiment um unterschiedliche Preise erweitert. Dies bedeutet ferner, dass die Vorteile der sequenziellen Suche zunehmen, da das Wissen über die Preisgestaltung in den Suchprozess integriert wird.
2.8.1
Methode
Faktorielles Design und Anreizkompatibilität Der Aufbau dieses Experiments ähnelt in vielen Punkten demjenigen von Experiment 1. Auch hier wird ein 2 (Einkaufsmodus: Voice-Shopping vs. Online-Shopping) × 2 (Markenreihenfolge: von hohem zu niedrigem Markenwert vs. von niedrigem zu hohem Markenwert) -zelliges Between-Subjects-Design angewendet. In jeder Fallgruppe sollten die Teilnehmenden zwei Kaufentscheidungen treffen: eine für eine Packung Batterien und eine für eine Tafel Schokolade (100 g). Das Experiment erfolgte als anreizkompatibles Laborexperiment mit 165 Teilnehmenden, die dabei zufällig einer Fallgruppe zugeordnet wurden. Aufgrund von Software-Problemen mit dem Sprachassistenten konnten die Daten von elf (zehn) Teilnehmenden in der
2.8 Experiment 2: Voice-Shopping vs. Online-Shopping …
33
Produktkategorie Batterien (Schokolade) nicht erfasst werden; dies führt zu Stichprobengrößen von 154 Teilnehmenden für die Produktkategorie Batterien und 155 für die Kategorie Schokolade. Um zu gewährleisten, dass die Antworten der Teilnehmenden anreizkompatibel sind, kaufen sie entweder die gewählte Packung Batterien oder die gewählte Tafel Schokolade. Für diesen Kauf standen den Teilnehmenden 2 EUR zur Verfügung. Der restliche Betrag, der nicht für Produkte ausgegeben wurde, konnte behalten werden. Darüber hinaus erhielten die Teilnehmenden eine Basisvergütung von umgerechnet 10 EUR/Stunde. In welcher der beiden Produktkategorien sie einen Kauf tätigen mussten, wurde nach dem Zufallsprinzip entschieden. Die Teilnehmenden wurden vor dem Experiment umfassend über die Sachverhalte informiert. Produkt-Stimuli In allen Fallgruppen waren die Stimuli – mit Ausnahme des Produktpreises – identisch zu Experiment 1. Eine Übersicht über die jeweiligen Produktparameter bietet Tabelle 2.1. Die in Experiment 2 verwendeten Preise finden sich in der letzten Zeile der Tabelle der jeweiligen Produktkategorie. Die Preise wurden auf Grundlage der Preiserwartungen der Konsumenten für die verschiedenen Marken mithilfe zweier Methoden ermittelt, die sich auf die Van-Westendorp-Preisanalyse stützen, auch bekannt als Van Westendorp Price Sensitivity Meter (van Westendorp 1976). In Anhang A.4 wird beschrieben, wie die im Experiment verwendeten Preise ermittelt wurden.
2.8.2
Ergebnisse
Abbildung 2.2 gibt einen Überblick über die Produkte, die an einer bestimmten Position innerhalb jeder Fallgruppe für beide Produktkategorien ausgewählt wurden. In den Voice-Shopping-Fallgruppen stimmen die Verteilungen weitestgehend mit den Ergebnissen von Experiment 1 überein. Werden Produkte in der Reihenfolge von niedrigem zu hohem Markenwert präsentiert, zeigt sich eine bimodale Verteilung der gewählten Produkte. Werden hingegen zuerst Marken mit hohem Markenwert vorgeschlagen, wählen die Konsumenten diese trotz ihres im Vergleich zu Experiment 1 höheren Preises. Dieses Muster entspricht H1 . Die Ergebnisse des Exakten Fisher-Tests liefern den Nachweis, dass sich die Auswahlverteilungen von Batterien (p = 0,007) und Schokolade (p < 0,001) abhängig von der Markenreihenfolge voneinander unterscheiden.
34
2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität … Einkaufsentscheidungen: Batterien Duracell
Online-Shopping
Von hohem zu niedrigem MW
Von niedrigem zu hohem MW
GP Battery # Teilnehmer mit Wahl des Produkts auf Position n
# Teilnehmer mit Wahl des Produkts auf Position n
Varta
everActive
Voice-Shopping
Von hohem zu niedrigem MW
Von niedrigem zu hohem MW
Einkaufsentscheidungen: Schokolade Ritter Sport
Alpia
Gut und Günstig
# Teilnehmer mit Wahl des Produkts auf Position n
# Teilnehmer mit Wahl des Produkts auf Position n
Lindt
Von hohem zu niedrigem MW
Von niedrigem zu hohem MW
Von hohem zu niedrigem MW
Online-Shopping
Von niedrigem zu hohem MW
Voice-Shopping
Abbildung 2.2 Einkaufentscheidungen in Experiment 2
Im Falle des Online-Shoppings, bei dem Produkte simultan präsentiert werden, unterscheiden sich die Ergebnisse von denjenigen in Experiment 1. Bei Batterien als Produktkategorie wählen Konsumenten tendenziell das günstigste Produkt (everActive), während sich die Schokoladenpräferenzen auf die beiden Marken mit hohem Markenwert (Lindt und Ritter Sport) und die preiswerteste Marke (Gut und Günstig) verteilen. Mit der zweiten Hypothese wird davon ausgegangen, dass trotz identischer Produkte und Markenreihenfolge die Auswahlverteilung zwischen VoiceShopping und Online-Shopping unterschiedlich ausfällt. Bei Batterien als Produktkategorie erbringt der Exakte Fisher-Test den Nachweis, dass sich die
2.8 Experiment 2: Voice-Shopping vs. Online-Shopping …
35
Entscheidungen der Konsumenten zwischen Online- und Voice-Shopping unterscheiden, wenn Produkte von hohem zu niedrigem Markenwert vorgeschlagen werden (p < 0,001). Ein derartiger Unterschied ist nicht festzustellen, wenn Produkte von niedrigem zu hohem Markenwert präsentiert werden (p = 0,533). Die Ergebnisse für Schokolade liefern ein konsistentes Bild (von hohem zu niedrigem Markenwert: p = 0,005; von niedrigem zu hohem Markenwert: p = 0,671). Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass in der Auswahlverteilung beider Produktkategorien Unterschiede zwischen Voice- und Online-Shopping festzustellen sind. Folglich wird H2 von diesen Ergebnissen unterstützt. Darüber hinaus wird die Auswahl eines Produkts mit hohem Markenwert unter dem Ansatz der logistischen Regression untersucht. Bei der abhängigen Variable handelt es sich um eine dichotome Variable, die angibt, ob sich die Teilnehmenden für eine der beiden Marken mit hohem Markenwert entschieden haben. Als unabhängige Variablen werden die Markenreihenfolge (von hohem zu niedrigem Markenwert vs. von niedrigem zu hohem Markenwert), der Einkaufsmodus (Voice vs. Online) und deren Interaktion berücksichtigt. Tabelle 2.2 veranschaulicht die Ergebnisse der Regression für beide Produktkategorien; Abbildung 2.3 stellt die Interaktion dar. Tabelle 2.2 Logistische Regression für die Wahl einer Marke mit hohem Markenwert Unabhängige Variablen
Abhängige Variable: Wahl einer Marke mit hohem MW Schokolade
Batterien
(Achsenabschnitt)
−0,51 (0,33)
0,10 (0,32)
Voice-Shopping
0,11 (0,46)
−0,36 (0,45)
Hohem zu niedrigem Markenwert
−1,19* (0,55)
0,26 (0,45)
Voice-Shopping × hohem zu niedrigem Markenwert
2,42*** (0,73)
1,42* (0,70)
N
155
154
AIC
193
205
+: p ≤ 0,10; *: p ≤ 0,05; **: p < 0,01; ***: p < 0,001 (zweiseitig) Standardfehler sind in Klammern angegeben.
36
2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
Online Voice 0,8
0,6
0,4
0,2
0,0 Niedrigem zu hohem MW
Schokolade Anteil welcher eine Marke mit hohem MW wählt
Anteil welcher eine Marke mit hohem MW wählt
Batterien 1,0
Hohem zu niedrigem MW
1,0 Online Voice 0,8
0,6
0,4
0,2
0,0 Niedrigem zu hohem MW
Hohem zu niedrigem MW
Hinweis: MW = Markenwert
Abbildung 2.3 Interaktionen zwischen Einkaufsmodus und Markenreihenfolge
Es kommt zu einer signifikanten Wechselwirkung, bei der Marken mit hohem Markenwert wahrscheinlicher gewählt werden, wenn sie zuerst in der sequenziellen Reihenfolge des Voice-Shoppings gezeigt werden. Dieses Phänomen lässt sich in beiden Produktkategorien beobachten. Darüber hinaus offenbaren sich beim Voice-Shopping keine signifikanten Auswirkungen. Dies deutet darauf hin, dass sich die Kaufwahrscheinlichkeit von Marken mit hohem Markenwert nicht systematisch zwischen Voice-Shopping und Online-Shopping unterscheidet, wenn Marken in der Reihenfolge von niedrigem zu hohem Markenwert vorgeschlagen werden. Dieses Ergebnis unterstützt die Erkenntnisse des Exakten Fisher-Tests: Die Auswahlverteilung zeigt keine Unterschiede, wenn die Markenreihenfolge von niedrigem zu hohem Markenwert erfolgt.
2.8.3
Diskussion
Experiment 2 untermauert die erste Hypothese, bietet aber auch zusätzliche Anhaltspunkte für die zweite Hypothese, die das unterschiedliche Kaufverhalten zwischen Voice- und Online-Käufern betrifft. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Konsumenten beim Voice-Shopping mit sequenzieller Produktpräsentation ihre Auswahl anders treffen (und sich eher auf Produkte mit hohem Markenwert verlassen) als beim Online-Shopping mit simultaner Produktpräsentation, wenn
2.9 Experiment 3: Rolle der akustischen Präsentation von Informationen
37
Produkte in einer Reihenfolge von hohem zu niedrigem Markenwert vorgeschlagen werden. Gleichwohl tritt kein signifikanter Unterschied zutage, wenn sich die Produkte an der Reihenfolge von niedrigem zu hohem Markenwert orientieren. Die Schlussfolgerung, dass sich die Entscheidungen der Konsumenten nicht zwischen Voice- und Online-Shopping unterscheiden, wenn Produkte von niedrigem zu hohem Markenwert präsentiert werden, lässt sich mit dem Risikominimierungs-Argument begründen. Sollte zu Beginn des Einkaufsprozesses eine Marke mit hohem Markenwert vorgeschlagen werden, erhalten Konsumenten direkt ein Signal, um ihr wahrgenommenes Risiko zu senken (vgl. Erdem/Swait 1998). Falls dagegen zuerst eine Marke mit niedrigem Markenwert präsentiert wird, bleibt dieses Signal zunächst aus. Das daraus resultierende höher wahrgenommene Risiko verstärkt infolgedessen den Nutzen der Informationssuche (vgl. Srinivasan/Ratchford 1991). Wenn Konsumenten ihre Suche vertiefen, erhalten sie mehr Daten, und ihr Wissen über bestimmte Produkte wächst – ähnlich einer Situation, in der mehrere Produkte simultan präsentiert werden. Experiment 4 soll später hinsichtlich der sequenziellen Produktpräsentation weiter untersuchen, inwieweit die Unsicherheit der Konsumenten durch die Markenreihenfolge beeinflusst wird.
2.9
Experiment 3: Rolle der akustischen Präsentation von Informationen
Die Experimente 1 und 2 veranschaulichen die unterschiedlichen Auswirkungen, die sich aus den Einkaufsmodi Voice und Online ergeben. Experiment 3 untersucht, inwieweit die Ergebnisse der vorangegangenen Experimente auf die sequenzielle Produktpräsentation beim Voice-Shopping oder die rein akustische Bereitstellung von Informationen in diesem Shopping-Modus zurückzuführen sind. Um die Ergebnisse mit der simultanen Produktpräsentation vergleichen zu können, wird zusätzlich diese Art der Produktpräsentation in einer Fallgruppe des Experiments betrachtet. Es wurde ein Online-Experiment durchgeführt, da in einem Voice-Shopping-Laborexperiment die Möglichkeit zur simultanen Produktpräsentation nicht vorhanden bzw. auch eine Produktvorstellung ohne akustische Präsentation der Informationen nicht möglich ist.
38
2
2.9.1
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
Methode
Faktorielles Design Um das Auswahlverhalten basierend auf verschiedenen Arten der Produktpräsentation zu überprüfen, wurde ein Between-SubjectsOnline-Experiment mit drei Fallgruppen vorgenommen. Dabei wurden verschiedene Suchkostenniveaus mittels verschiedener Methoden der Produktpräsentation simuliert. Die drei Fallgruppen sind (1) simultane Produktpräsentation, (2) visuellsequenzielle Produktpräsentation und (3) audio-sequenzielle Produktpräsentation. Im Rahmen der simultanen Produktpräsentation konnten die Teilnehmenden – ähnlich dem Online-Shopping – alle vier vorgeschlagenen Produkte auf einmal sehen. In der visuell-sequenziellen Produktpräsentation wurden Produkte nacheinander als bildliche Produkt-Stimuli präsentiert. Nach der Präsentation des ersten Produkts konnten die Teilnehmenden entscheiden, ob sie dieses Produkt auswählen oder ein anderes Produkt sehen möchten. Gleiches galt für das zweite und die jeweils darauffolgenden Produkte. Auf der letzten Seite konnten die Teilnehmenden aus allen vier Produkten wählen. In der audio-sequenziellen Fallgruppe wurden Produktinformationen ausschließlich akustisch zur Verfügung gestellt (die Teilnehmenden klickten auf einen Wiedergabe-Button, um die Informationen zu hören). Für dieses Experiment wurde die Bildschirmseite in vier Kästen unterteilt. Im Rahmen der simultanen Produktpräsentation wurden alle Kästen mit Produkten gefüllt und für den Konsumenten gleichzeitig sichtbar gemacht. In den Fallgruppen mit sequenzieller Produktpräsentation wurde das entsprechende Feld entweder mit den Produkt-Stimuli oder dem Wiedergabe-Button für die Produktbeschreibung besetzt und immer nur ein Produkt angezeigt. Abbildung 2.4 gibt einen Überblick über die Produktpositionierung auf der Webseite.
Simultane Produktpräsentation
1
2
3
Visuell-sequenzielle / audio-sequenzielle Produktpräsentation
4
Seite 1:
Seite 2:
Seite 3:
Seite 4:
Abbildung 2.4 Produktpositionierung in Experiment 3
1
2
3
4
2.9 Experiment 3: Rolle der akustischen Präsentation von Informationen
39
Die 117 Teilnehmenden dieses Experiments wurden zufällig einer der Fallgruppen zugeordnet: 40 Teilnehmende wurden der simultanen Produktpräsentation zugeordnet, 39 Teilnehmende der visuell-sequenziellen Produktpräsentation und 38 Teilnehmende der audio-sequenziellen Produktpräsentation. Die Teilnehmenden wurden über einen europäischen Panel-Anbieter rekrutiert und entsprechend dem Mindestlohn des Landes bezahlt, in dem die Studie durchgeführt wurde. Produkt-Stimuli Als Produktkategorie wurden Batterien der Marken aus Experiment 1 und 2 herangezogen. Die Packungsgröße wurde auf acht Stück festgelegt. Die Kundenbewertungen und die Anzahl der Bewertungen wurden anhand des Durchschnitts für die zehn prominentesten Produkte von Amazon für jede Marke ermittelt. Für die Festlegung des Produktpreises wurden die gleichen Daten wie in Experiment 2 verwendet. Tabelle 2.3 bietet einen Überblick über die Produktparameter. Um die Produktbeschreibungen so realistisch wie möglich zu halten, wurde ein Liefertermin hinzugefügt, der immer auf den nächsten Tag festgelegt wurde. Die Reihenfolge der Marken wurde zufällig bestimmt. Screenshots des Experimental-Ablaufs sind in Anhang A.5 zu finden.
Tabelle 2.3 Produktparameter in Experiment 3 Aspekte
Marke Varta
Duracell
GP Battery
everActive
Preis
3,69 EUR
3,59 EUR
2,89 EUR
2,39 EUR
Packungsgröße
8 Stück
8 Stück
8 Stück
8 Stück
Durchschnittliche Bewertung
4,2
3,8
4,1
4,4
Anzahl Bewertungen
258
160
205
27
2.9.2
Ergebnisse
Abbildung 2.5 visualisiert die Position, auf der das ausgewählte Produkt präsentiert wurde. ‚Letzte Seite‘ bezieht sich auf die Anzahl der Konsumenten, die bei der Suche über das vierte vorgestellte Produkt hinausgegangen sind (was bei
40
2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
20 15
11 10
10
10
9
5 0 Position 1
Position 2
Position 3
Position 4
Visuell-sequenzielle Produktpräsentation 25
23
20 15
10 5 0
8 4 2
2
Letzte Position 1 Position 2 Position 3 Position 4 Last Page Seite
# Teilnehmer mit Wahl des Produkts auf Position n
Simultane Produktpräsentation 25
# Teilnehmer mit Wahl des Produkts auf Position n
# Teilnehmer mit Wahl des Produkts auf Position n
simultaner Produktpräsentation nicht möglich ist, da alle Produkte auf einer Seite präsentiert werden).
Audio-sequenzielle Produktpräsentation 25
20
20
15
11 10 5 0
2
2
3
Letzte Position Position 11 Position 2 Position Position 33 Position Position 44 Last Page Seite
Abbildung 2.5 Kaufabsichten in Experiment 3
Dabei ist zu beachten, dass in diesem Experiment die Markenreihenfolge bei allen Teilnehmenden zufällig bestimmt wurde. Entsprechend ist es konsistent, dass sich die gewählten Produkte in der Fallgruppe mit simultaner Produktpräsentation über die Positionen hinweg gleich verteilen. Diese Verteilung ändert sich in den beiden anderen Fallgruppen, in denen die Produkte sequenziell präsentiert wurden (die visuell-sequenzielle und die audio-sequenzielle Präsentation). In diesem Experiment ist es insbesondere von Interesse, zu untersuchen, ob die Ergebnisse in Experiment 1 und 2 durch den sequenziellen Aspekt oder den Audioaspekt der Produktpräsentation getrieben sind. Um dies zu analysieren, wird eine logistische Regression verwendet. Bei dieser gibt die abhängige Variable an, ob der Konsument das zuerst präsentierte Produkt auswählt. Die unabhängigen Variablen sind Dummy-Variablen, die eine simultane und audiosequenzielle Präsentation aufzeigen. Die visuell-sequenzielle Präsentation dient als Referenzbedingung, sodass sie mit den Auswirkungen einer simultanen Produktpräsentation und einer audio-sequenziellen Präsentation verglichen werden kann. Die Ergebnisse der logistischen Regression zeigen, dass sich die Entscheidungen bei simultaner Produktpräsentation signifikant von der visuell-sequenziellen Produktpräsentation unterscheiden (bsimultan = −1,33; s. e. = 0,481; p = 0,006). Die Entscheidungen der audio-sequenziellen Produktpräsentation unterscheiden sich dagegen nicht von denjenigen der visuell-sequenziellen Produktpräsentation
2.10 Experiment 4: Rolle der Varianz des Markenwerts
41
(baudio-sequenziell = −0,26; s. e. = 0,460; p = 0,576). Die Ergebnisse sind konsistent, wenn die Wahl eines der ersten beiden präsentierten Produkte (anstatt das erste präsentierte Produkt) als abhängige Variable verwendet wird.
2.9.3
Diskussion
Mithilfe von Experiment 3 soll untersucht werden, ob die sequenzielle Produktpräsentation die treibende Kraft hinter den beobachteten Ergebnissen in Experiment 1 und 2 darstellt oder ob Entscheidungen auch durch die rein akustische Präsentation beeinflusst werden. Zusammenfassend veranschaulicht Experiment 3, dass die Entscheidungen, die in Experiment 1 und Experiment 2 zu beobachten sind, von der sequenziellen Produktpräsentation, die dem Voice-Shopping inhärent ist, und nicht von der akustischen Präsentation der Informationen bestimmt wird.
2.10
Experiment 4: Rolle der Varianz des Markenwerts
Experiment 4 (ein Online-Experiment mit rein akustischer Präsentation von Produktinformationen) soll die Ergebnisse von Experiment 1 und 2 dahin gehend untersuchen, inwieweit die Unsicherheit von Konsumenten durch die Markenreihenfolge beeinflusst wird. Hierbei werden zusätzlich Situationen betrachtet, in denen das Niveau des Markenwerts bei allen präsentierten Produkten konstant ist. Das bedeutet, dass zusätzlich zu den Fallgruppen von einer Markenreihenfolge von hohem zu niedrigem Markenwert und niedrigem zu hohem Markenwert (wie sie auch in Experiment 1 und 2 verwendet werden) auch Situationen betrachtet werden, in denen lediglich Marken mit niedrigem Markenwert bzw. ausschließlich Marken mit hohem Markenwert vorgeschlagen werden. Somit konzentriert sich Experiment 4 auf die zweite Spitze der bimodalen Auswahlverteilung, die beim Voice-Shopping auftritt, wenn Marken mit geringem Markenwert zuerst präsentiert werden. Dabei wurde untersucht, ob die Suche nach einer Marke mit hohem Markenwert tatsächlich auf dem Versuch der Teilnehmenden beruhte, das wahrgenommene Risiko zu minimieren, indem sie nach Informationen über weitere Produkte suchten.
42
2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
2.10.1 Methode Faktorielles Design Um herauszufinden, wie sich das Informationsbedürfnis der Konsumenten und ihre Risikowahrnehmung in Abhängigkeit vom Markenwert der vorgeschlagenen Produkte ändern, wurde ein Online-Experiment mit vier Fallgruppen durchgeführt: vorgeschlagene Marken von (1) hohem zu niedrigem Markenwert, (2) niedrigem zu hohem Markenwert, (3) hohem zu hohem Markenwert sowie (4) niedrigem zu niedrigem Markenwert. Die Produktinformationen wurden in allen Fallgruppen rein akustisch präsentiert (ähnlich der entsprechenden Fallgruppe in Experiment 3). Die 181 Teilnehmenden wurden über einen europäischen Panel-Anbieter rekrutiert und entsprechend dem Mindestlohn des Landes bezahlt, in dem die Studie durchgeführt wurde. Für das Experiment wurden die Teilnehmenden zufällig einer der Fallgruppen zugeordnet. In diesem Versuchsdesign hörten die Teilnehmenden vier Produktbeschreibungen, die nacheinander präsentiert wurden. Nach jeder gesprochenen Produktbeschreibung wurden sie gebeten, anzugeben, ob sie noch Informationen über weitere Produkte benötigen, um eine Entscheidung zu treffen. Von den Teilnehmenden wurden 15 nicht berücksichtigt, da sie angaben, weitere Informationen zu benötigen, obwohl sie zuvor erklärt hatten, sich ohne weitere Informationen entscheiden zu können. Infolgedessen verblieben 42 Teilnehmende in Fallgruppe 1, 40 Teilnehmende in Fallgruppe 2, 43 Teilnehmende in Fallgruppe 3 und 41 Teilnehmende in Fallgruppe 4. Screenshots der Versuchsdurchführung sind Anhang A.6 zu entnehmen. Die vorgeschlagenen Produkte variierten je nach Fallgruppe. Für Fallgruppe 1 (hohem zu niedrigem Markenwert) wurden zwei Marken mit hohem gefolgt von zwei Marken mit niedrigem Markenwert vorgeschlagen. Für Fallgruppe 2 (niedrigem zu hohem Markenwert) wurden zwei Marken mit niedrigem gefolgt von zwei Marken mit hohem Markenwert präsentiert. In Fallgruppe 3 (hohem zu hohem Markenwert) wurden nacheinander vier Marken mit hohem Markenwert vorgestellt. In Fallgruppe 4 (niedrigem zu niedrigem Markenwert) wurden entsprechend nacheinander vier Marken mit niedrigem Markenwert vorgeschlagen. Produkt-Stimuli Als Produktkategorie wurden Batterien verwendet. Das bisherige Set aus Marken wurde hierfür um zwei Marken mit hohem Markenwert (Energizer und Phillips) und zwei weitere Marken mit niedrigem Markenwert (Maxell und Ja) erweitert. Die Marken wurden basierend auf einer subjektiven Einschätzung des Markenwerts ausgewählt. Die getroffenen Annahmen konnten durch eine kurze Umfrage mithilfe eines europäischen Panel-Anbieters bestätigt werden. Auch dieses Mal wurde der Markenwert anhand der Overall
2.10 Experiment 4: Rolle der Varianz des Markenwerts
43
Brand Equity(OBE)-Skala (vgl. Yoo/Donthu 2001) bewertet. Die Markenwerte der zusätzlichen Marken wurden anhand von rund 40 Bewertungen pro Marke ermittelt. Die Markenwerte von Energizer und Phillips sind beide mit denjenigen von Varta und Duracell vergleichbar (MEnergizer = 3,36; MPhillips = 3,35), während die Markenwerte für Maxell und Ja mit denjenigen von GP Battery und everActive vergleichbar sind (MMaxell = 2,69; MJa = 2,71). Für bereits bestehende Marken werden die Produktpreise aus Experiment 2 übernommen. Für die zusätzlichen Marken werden die Preise so festgesetzt, dass sie dem Niveau der Markenwerte entsprechen, wobei keine zwei Produkte den gleichen Preis erhalten. Daraus ergeben sich folgende Preise (sortiert nach abnehmenden Preisen pro Packung Batterien): pVarta = 1,89 EUR, pDuracell = 1,79 EUR, pEnergizer = 1,69 EUR, pPhillips = 1,59 EUR, pGP Battery = 1,39 EUR, pMaxell = 1,29 EUR, peverActive = 1,19 EUR und pJa = 1,09 EUR. Die Reihenfolge der präsentierten Marken innerhalb der Fallgruppen wurde zufällig festgelegt. Für Fallgruppe 1 und 2 wurden die zwei Marken mit hohem und die zwei Marken mit niedrigem Markenwert für jeden Teilnehmenden zufällig aus den vier verfügbaren Marken ausgewählt. Die Packungsgröße wurde für alle Produkte auf vier Stück festgelegt. Alle Produkte wurden rein akustisch präsentiert (d. h., die Teilnehmenden drückten einen Wiedergabe-Button, um die Produktinformationen anzuhören).
2.10.2 Ergebnisse Abbildung 2.6 zeigt den Prozentsatz der Teilnehmenden, die angeben, dass sie nach dem Anhören der Produktbeschreibung an der jeweiligen Position Informationen über weitere Produkte benötigen. So erklärten beispielsweise 80 Prozent der Teilnehmenden in Fallgruppe 2 (niedrigem zu hohem Markenwert), nach dem Hören der ersten Produktbeschreibung weitere Informationen zur Auswahl eines Produkts zu benötigen. Im Gegensatz dazu liegt dieser Anteil für die Fallgruppe mit Produkten von hohem zu hohem Markenwert nur bei 55,8 Prozent. Nach dem Anhören der zweiten Produktbeschreibung liegt der Anteil derer, die angeben, weitere Informationen zu benötigen, bei 40 Prozent, insofern die ersten beiden vorgeschlagenen Produkte beide einen hohen Markenwert besaßen. Für den Fall, dass die ersten beiden vorgeschlagenen Produkte einen niedrigen Markenwert aufwiesen, meldeten mehr als 60 Prozent weiteren Informationsbedarf an. Die Ergebnisse der Fallgruppe mit niedrigem zu niedrigem Markenwert deuten darauf hin, dass Konsumenten tendenziell eine größere Unsicherheit verspüren,
2
Prozentsatz, der angibt, dass er weitere Informationen benötigt
44
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
0,8
Hoch-Niedrig Niedrig-Hoch Hoch-Hoch Niedrig-Niedrig
0,6
0,4
0,2
0,0 Produkt 1
Hoch-Niedrig Niedrig-Hoch Hoch-Hoch Niedrig-Niedrig
0,619 0,800 0,558 0,756
Produkt 3 Produkt 2 Meinung nach dem Anhören von Produkt n 0,381 0,625 0,395 0,610
0,238 0,350 0,186 0,439
Produkt 4 0,214 0,225 0,140 0,390
Abbildung 2.6 Unsicherheit nach Erhalt von n Produktinformationen
wenn nur Marken mit geringem Markenwert vorgeschlagen werden. Rund 40 Prozent der Teilnehmenden geben an, auch nach dem Vorschlag aller vier Produkte weitere Informationen zu benötigen. Weisen alle Produkte einen hohen Markenwert auf, geben lediglich 14 Prozent an, weitere Informationen für die Entscheidungsfindung zu benötigen. Bei beiden Fallgruppen mit unterschiedlichen Markenwertkategorien fordern rund 22 Prozent der Teilnehmenden weitere Informationen. Um diese Informationseffekte statistisch zu überprüfen, wird die Wahrscheinlichkeit analysiert, dass Konsumenten ihre Suche nach Informationen in Abhängigkeit von der Reihenfolge der vorgeschlagenen Produkte beenden. Die Daten sind rechtszensiert, da einige Teilnehmende nach dem Anhören aller vier Produkte den Bedarf an weiteren Informationen anzeigen. Um diesem Problem zu begegnen, wird ein Cox‘sche Regressionsmodell herangezogen (Cox 1972). Die abhängige Variable der Analysen zeigt, ob der Konsument seine Informationssuche nach der Präsentation der ersten beiden Produkte (Analyse 1) oder nach der Präsentation aller Produkte (Analyse 2) beendet. Die unabhängige Variable bezieht sich auf die Fallgruppe, der die Teilnehmenden zugeordnet wurden. Die Auswirkung der unabhängigen Variablen wird in Abhängigkeit von der zeitabhängigen Basiswahrscheinlichkeit geschätzt, die Suche nach Informationen zu beenden. Die Referenzbedingung für die Regression ist die Markenreihenfolge von hohem zu niedrigem Markenwert. Tabelle 2.4 veranschaulicht die Ergebnisse beider Analysen. Die erste Analyse bezieht sich auf den Fall, dass die Suche nach der zweiten Produktpräsentation beendet wird. Die negativen signifikanten Koeffizienten (bniedrig-hoch = −0,838, p = 0,028; bniedrig-niedrig = −0,759, p = 0,044) liefern
2.10 Experiment 4: Rolle der Varianz des Markenwerts
45
Tabelle 2.4 Cox‘sche Regression auf das Beenden der Suche nach der zweiten bzw. vierten Produktpräsentation Abhängige Variable: Ende der Suche nach der zweiten Produktpräsentation coef
exp(coef)
se(coef)
z-Wert
p-Wert
−0,838
0,433
0,382
−2,195
0,028*
0,019
1,019
0,353
0,054
Niedrig-Niedrig
−0,759
0,468
0,377
−2,015
0,044*
Likelihood-Quotienten-Test
9,32 bei 3 df, p = 0,03
Niedrig-Hoch Hoch-Hoch
Wald Test
9,07 bei 3 df, p = 0,03
N
166
0,957
Abhängige Variable: Ende der Suche nach der vierten Produktpräsentation
Niedrig-Hoch Hoch-Hoch Niedrig-Niedrig
coef
exp(coef)
se(coef)
z-Wert
p-Wert
−0,349
0,705
0,304
−1,147
0,251
0,200
1,221
0,304
0,657
0,511
−0,671
0,511
0,315
−2,130
Likelihood-Quotienten-Test
9,28 bei 3 df, p = 0,03
Wald Test
9,04 bei 3 df, p = 0,03
N
166
0,033*
+: p ≤ 0,10; *: p ≤ 0,05; **: p < 0,01; ***: p < 0,001 (zweiseitig); Referenzbedingung in beiden Regressionen: vorgeschlagene Marken von hohem zu niedrigem Markenwert Hinweis: coef = Regressionskoeffizient, se = Standardfehler, df = Freiheitsgrade
Hinweise darauf, dass Konsumenten ihre Suche eher vertiefen, wenn Marken mit geringem Markenwert zuerst vorgeschlagen werden, als wenn Marken mit hohem Markenwert an erster Stelle genannt werden. Die Analyse hinsichtlich des Endes des Suchvorgangs im Anschluss an die vierte Produktpräsentation unterstützt diese Argumentation zusätzlich. Nur für die Fallgruppe, bei der ausschließlich Marken mit geringem Markenwert präsentiert werden, fällt der Anteil der Konsumenten, die ihre Suche fortsetzen, deutlich höher aus (bniedrig-niedrig = −0,671, p = 0,033).
2.10.3 Diskussion Experiment 4 untersucht den zugrunde liegenden Mechanismus des Risikomini mierungs-Arguments. Die vorherigen Analysen unterstützen das Argument der Risikominimierung, wonach Konsumenten ihre sequenzielle Suche verlängern,
46
2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
wenn sie ein größeres Bedürfnis verspüren, ihr wahrgenommenes Risiko zu reduzieren. Da Marken mit hohem Markenwert das wahrgenommene Risiko senken (vgl. Erdem/Swait 1998), brechen sie ihre Informationssuche tendenziell früher ab, wenn diese zuerst angeboten werden. Die verlängerte Suche erklärt möglicherweise, weshalb weniger Unterschiede bei den Kaufentscheidungen zwischen Online- und Voice-Shopping vorhanden sind, wenn die Markenreihenfolge im Voice-Shopping von niedrigem bis hohem Markenwert reicht. Den Konsumenten fehlen bei der sequenziellen Produktpräsentation Referenzpunkte (vgl. Mogliner/Shiv/Ivengar 2013). Marken mit niedrigem Markenwert zuerst zu präsentieren, kann diesen Mangel vermutlich nicht ausgleichen. Aus diesem Grund verlängern die Konsumenten ihre Suche, bis sie ausreichend Informationen gesammelt haben.
2.11
Übergreifende Diskussion
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, wie sich die sequenzielle Produktpräsentation im Voice-Shopping auf die Kaufabsichten von Konsumenten in Hinblick auf Marken mit hohem und geringem Markenwert auswirkt. Die Ergebnisse des Ensembles an Experimenten dieses Forschungsartikels weisen eine Reihe bedeutender Implikationen für Forschung und Praxis auf.
2.11.1 Implikationen für die Forschung Erstens verbindet dieser Forschungsartikel erfolgreich drei unterschiedliche Literaturströme: Forschung zur sequenziellen Produktpräsentation (vgl. z. B. Mogilner/Shiv/Iyengar 2013; Basu/Savani 2017), Forschung zur Informationsökonomie bei Marken (vgl. z. B. Montgomery/Wernerfelt 1992; Erdem/Swait 2004) sowie die aufkommende Forschung zu Sprachschnittstellen. Im Vergleich zu anderen Einkaufsmodi bietet Voice-Shopping eine Umgebung, in der die sequenzielle Suche die einzige praktikable Strategie darstellt. Dies wirft die relevante Frage auf, ob in dieser sequenziellen Suchumgebung Marken überhaupt noch effektiv sind und – wenn ja – auf welche Art und Weise. Nach bisherigem Kenntnisstand fand die Rolle von Marken bei der sequenziellen Suche noch keine wissenschaftliche Beachtung. Die Untersuchungen dieser Arbeit beleuchten, inwieweit sich die sequenzielle Suche in einer Sprachumgebung auf den Verkauf von Marken mit hohem Markenwert auswirkt. Dabei finden sich Beweise für das, was in diesem Forschungsartikel als Suchkostenargument bezeichnet wird: Werden Produkte sequenziell
2.11 Übergreifende Diskussion
47
präsentiert, wählen Konsumenten häufiger das Produkt, das zuerst präsentiert wird. Was dies konkret für Marken mit hohem Markenwert bedeutet, ist indessen nicht vollständig klar. Die ausgeprägten Effekte hinsichtlich der Reihenfolge von Produkten im Voice-Shopping bieten Händlern eine deutlich bessere Kontrolle über den Verkauf ihrer Produkte als andere Einkaufsmodi. Dies deutet darauf hin, dass der Markenwert eher zweitrangig ist. Gleichwohl tritt ebenfalls zutage, dass Konsumenten mehr Produkte betrachten, wenn zuerst Produkte von Marken mit niedrigem Markenwert präsentiert werden. Dieser Wirkungsmechanismus könnte den neu gewonnenen Einfluss der Händler wiederum eingrenzen. Die gleichzeitigen Bemühungen von Konsumenten, Risiken und Suchkosten zu reduzieren, münden in ein komplexes Auswahlmuster. Wenn Marken mit hohem Markenwert zuerst vorgeschlagen werden, implizieren sowohl das Suchkosten-Argument als auch das Risikominimierungs-Argument, dass diese Marken bevorzugt werden, was zu einer unimodalen, rechtsschiefen Verteilung führt. Wenn Marken mit hohem Markenwert in der Reihenfolge später erscheinen, stehen das Suchkosten-Argument und das Risikominimierungs-Argument in einem gewissen Widerspruch zueinander. Dieses Szenario bedingt eine bimodale Auswahlverteilung: So entscheiden sich viele Konsumenten immer noch für die zuerst präsentierten Produkte, während andere Käufer warten, bis Marken mit hohem Markenwert erscheinen. Zweitens leistet dieser Forschungsartikel einen Beitrag zur Forschung, die versucht, zu eruieren, wodurch sich die verschiedenen Kanäle aus Konsumentensicht auszeichnen und unterscheiden. Die ersten beiden Experimente legen dar, dass sich Konsumenten in Online-Umgebungen (gekennzeichnet durch simultane Suche) für andere Produkte entscheiden als in Sprachumgebungen (gekennzeichnet durch sequenzielle Suche). Dies liefert angesichts der zunehmenden Bedeutung von ‚Omnichannel‘-Ansätzen (vgl. z. B. Brynjolfsson/Hu/Rahman 2013), bei denen die Händler versuchen, auf allen möglichen Einkaufskanälen präsent zu sein, eine bedeutende Erkenntnis. Innerhalb eines solchen Umfelds müssen Einzelhändler die verschiedenen Kanäle genau kennen, um sie optimal nutzen zu können. Die Ergebnisse der vorstehenden Experimente deuten darauf hin, dass fundiertes Wissen über Online-Shopping nicht ohne Weiteres in VoiceShopping-Umgebungen angewendet werden kann. Diese Erkenntnis unterstützt frühere Forschungsarbeiten, die verschiedene Kanäle in Hinblick auf Konsumentenverhalten miteinander vergleichen. So sind beispielsweise mobile Kanäle für nichthabituelle Einkäufe weniger geeignet (vgl. Wang/Malthouse/Krishnamurthi 2015), Konsumenten, die Touchscreen-Geräte nutzen, berücksichtigen mehr Alternativen als Konsumenten, die eine Maus verwenden (vgl. Brasel/Gips 2015). Die
48
2
Einfluss sequenzieller Produktpräsentation auf die Effektivität …
Berührung mit dem Produkt ist besonders ausschlaggebend für Konsumenten, die eine konkrete Vorstellung von dem Produkt haben (vgl. Liu/Batra/Wang 2017). Es sei erwähnt, dass der Fokus der Untersuchungen auf Smart Speakern ohne Display liegt. Der Suchprozess mit einem Smart Speaker mit Display ähnelt dem Einkaufserlebnis auf Tablets oder Smartphones, zumal Bilder von Produkten und Informationen über mehrere Produkte parallel angezeigt werden können. Daher lassen sich die Ergebnisse dieser Arbeit wahrscheinlich nicht auf diese Art von Smart Speakern übertragen. Aktuelle Marktdaten deuten jedoch darauf hin, dass nur etwa jeder 20. gekaufte Smart Speaker über ein Display verfügt (vgl. Kinsella 2018). Interessanterweise lassen die vorliegenden Untersuchungen allerdings vermuten, dass Marken potenziell von Voice-Shopping-Umgebungen profitieren könnten. Insbesondere in Experiment 2 (mit je nach Marke variierenden Preisen) ist der Anteil der gekauften Marken mit hohem Markenwert im Voice-Shopping höher als in einem (vereinfachten) Online-Shopping-Szenario (siehe Abbildung 2.3). Dementsprechend sind, in Anlehnung an Mark Twains Worte, Berichte über den ‚Tod‘ von Marken – zumindest in dieser Hinsicht – eine Übertreibung. Drittens ist die sequenzielle Produktpräsentation nicht der einzige Aspekt, durch den sich Voice-Shopping von Online-Shopping unterscheidet. Es ist relevant, dass sich die Darstellungsweise von Informationen zwischen beiden Kanälen stark unterscheidet, zum Beispiel durch die akustische Präsentation von Informationen beim Voice-Shopping. Daher wird in Experiment 3 explizit die Rolle von Marken bei der sequenziellen Suche unter visueller Informationsbereitstellung mit der sequenziellen Suche mit rein akustischer Bereitstellung der Informationen verglichen. Hierbei zeigen sich jedoch keine signifikanten Unterschiede. Dies ist insofern interessant, als dass sich Konsumenten bei der visuellen Präsentation von Informationen auf ihr visuelles Kurzzeitgedächtnis verlassen können – ein weniger anspruchsvoller Prozess als die Verwendung von Sinnesspeichern oder des allgemeinen Kurzzeitgedächtnisses (vgl. Xu/Chun 2006). Das visuelle Kurzzeitgedächtnis ermöglicht den Vergleich von Bildinformationen für wenige Sekunden, ohne dass Informationen in das allgemeine Kurzzeitgedächtnis aufgenommen werden müssen (vgl. Todd/Marois 2004). Wenn Informationen akustisch präsentiert werden, müssen sie im Kurzzeitgedächtnis gespeichert werden (vgl. Craik/Lockhart 1972), was wesentlich anspruchsvoller ist. Die Ergebnisse deuten gleichwohl darauf hin, dass die Unterschiede zwischen akustischer und visueller Verarbeitung durch den Aufwand, der durch die Verarbeitung von Informationen bei sequenzieller Produktpräsentation entsteht, überschattet werden.
2.11 Übergreifende Diskussion
49
2.11.2 Implikationen für Manager und politische Entscheidungsträger Die Ergebnisse dieser Studie wirken sich auf mehrere Zielgruppen aus. Für Markenmanager deuten die Ergebnisse auf neue Herausforderungen hin, die sich durch Voice-Shopping für etablierte Marken ergeben. Insbesondere die Reihenfolge, in der die Produkte präsentiert werden, scheint einen sehr starken Einfluss auf die Kaufabsichten von Konsumenten zu besitzen. Daher ist es relevant, dass Markenmanager die Faktoren verstehen, anhand derer Voice-Händler die Produktreihenfolge, die den Konsumenten präsentiert wird, ermitteln. Möglicherweise entwickelt sich Voice-Shopping-Optimization zu einem neuen Fachgebiet, ähnlich wie Suchmaschinenoptimierung. Managern obliegt die Aufgabe, sie stetig damit auseinanderzusetzen, wie Suchergebnisse beeinflusst werden können. Um der neu gewonnenen Macht der Voice-Händler zu begegnen, müssen Markenmanager gleichzeitig kreative Möglichkeiten ausloten, die Konsumenten dazu bewegen, gezielt nach ihrer Marke anstatt nach Produktkategorien zu suchen. Der Umfang, in dem Konsumenten statt nach einer Kategorie nach einer bestimmten Marke suchen, kann zu einem bedeutenden Leistungsindikator im Voice-Shopping avancieren. Durch die Bedeutung der Reihenfolge, in der die Produkte gezeigt werden, gewinnen diese Ergebnisse auch an Relevanz und Brisanz für politische Entscheidungsträger. Insbesondere Voice-Händler, die Handelsmarken anbieten und diese zuerst präsentieren, reduzieren den Wettbewerbsgrad in den entsprechenden Produktkategorien. In den vergangenen Jahren hat vor allem Amazon damit begonnen, in zahlreichen Kategorien auch Handelsmarken zu offerieren. Batterien, wie sie in dieser Studie verwendet werden, sind lediglich ein Beispiel. An dieser Stelle könnten politische Entscheidungsträger den Wunsch verspüren, einzugreifen. So könnten sie beispielsweise von starken Händlern verlangen, dass sie die Reihenfolge von Produkten auf der Grundlage transparenter Regeln festlegen. Schließlich enthüllt dieser Forschungsartikel die Relevanz der Produktreihenfolge in Sprachumgebungen und verdeutlicht Händlern die Bedeutung von Referenzpunkten. Insbesondere die Ergebnisse von Experiment 4 deuten darauf hin, dass eine beträchtliche Zahl Konsumenten so lange sucht, bis sie das erste bekannte Produkt finden. Auf Grundlage dieser Erkenntnis können Händler entsprechend Einfluss auf das Set an Produkten nehmen, die von Konsumenten in Betracht gezogen werden. Darüber hinaus könnte das frühzeitige Vorschlagen einer bekannten Marke zu einem hohen Preis einen entsprechenden Referenzpunkt für spätere Kaufentscheidungen setzen.
3
Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen und diese Information nutzen können
3.1
Abstract
Voice-Shopping ist (mittels Smart Speakern, z. B. Amazon Echo) in sich selbst grundsätzlich emotional und damit auch ein Indikator für die Stimmungslage der Nutzer. In dem vorliegenden Forschungsartikel wird die Möglichkeit eines Voice-Händlers untersucht, die Stimmung seiner Kunden mithilfe eines MachineLearning-Ansatzes anhand ihrer Sprachbefehle in Voice-Shopping-Situationen auszuloten. Dieser Ansatz wird mit einem Ansatz verglichen, der Stimmungskorrelate, die einem Smart Speaker zur Verfügung stehen (Wetter, Musikauswahl, Wochentag und Tageslicht), für die Vorhersage nutzt. Zusätzlich wird eine Kombination beider Verfahren verwendet. Im Anschluss an den Nachweis der Möglichkeit einer Stimmungsvorhersage auf Grundlage dieser Daten wird in einer zweiten Studie – geleitet von Forschung im Bereich Verbraucherpsychologie – analysiert, wie Voice-Händler dieses Wissen für sich nutzen könnte. Die Ergebnisse veranschaulichen, dass Voice-Händler das Wissen über eine positive Stimmungslage verwenden können, indem sie von den entsprechenden Konsumenten höhere Preise für identische Produkte verlangen. Die Stimmungsvorhersage kann indes auch dazu dienen, Konsumenten bei der Optimierung ihrer Entscheidungen zu unterstützen, indem die Art und Weise, wie Produktinformationen präsentiert werden, an ihre Stimmung angepasst wird. Darüber hinaus wird in einer Sensitivitätsanalyse untersucht, wie zuverlässig die Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht https://doi.org/10.1007/978-3-658-31777-5_3.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 I. Halbauer, Digitales Markenmanagement, Beiträge zur empirischen Marketing- und Vertriebsforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31777-5_3
51
52
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Stimmungsvorhersage sein muss, um die beobachteten Effekte zu nutzen. Basierend auf diesen Ergebnissen lässt sich der Schluss ziehen, dass Voice-Händler in der Lage sein werden, Systeme zur Stimmungsvorhersage zu entwickeln, die es ihnen ermöglichen, stimmungsabhängige Verzerrungen der Konsumenten beim Voice-Shopping nutzbringend für sich zu verwenden.
3.2
Einleitung
Voice-Shopping ist (anhand von Smart Speakern, etwa Amazon Echo) in sich selbst grundsätzlich emotional. Insbesondere für den Konsumenten ist es oftmals weniger eindeutig, ob mit einem Gerät oder einer Person interagiert wird (vgl. Purington et al. 2017). Damit wird eine Situation geschaffen, die – ähnlich wie bei der Interaktion mit realen Personen – mit Emotionen behaftet ist. Gleichzeitig liefern die Sprachdaten, die Smart Speakern zur Verfügung stehen, zahlreiche Informationen über verschiedenste Emotionen. Amazon zum Beispiel arbeitet derzeit an einem Sprachsensor, der Emotionen in Gesprächen von Mensch zu Mensch erkennt (vgl. Day 2019). Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, zu verstehen, inwieweit Smart Speaker in der Lage sind, die Emotionen ihres menschlichen Gegenübers zu erfassen und wie sich diese Informationen zum Vorteil von Händlern und Konsumenten nutzen lassen. Diese Arbeit zielt darauf ab, ebendiese Aspekte zu ergründen und dabei den Fokus auf die Kundenstimmung – ein generalisierter und allgegenwärtiger affektiver Zustand, der von einem Individuum subjektiv wahrgenommen wird – zu legen (vgl. Gardner 1985). Die Stimmung ist in diesem Zusammenhang aus zwei Gründen ein relevantes Phänomen: Einerseits ist das Wissen um die Stimmungslage der Kunden für den Handel potenziell hilfreich, da eine positive Stimmung Produktbewertungen verbessern (vgl. Faraji-Rad/Pham 2017), die Zahlungsbereitschaft erhöhen (vgl. Zwebner et al. 2014) und zu einem Aufschub von Käufen (vgl. Etkin/Ghosh 2018) führen kann. Andererseits können akustischphonetische Stimmmerkmale (vgl. Brosgole/Weisman 1995; Scherer et al. 2003) sowie die Wortwahl des Sprechers (vgl. Beukeboom/Semin 2006) Informationen zur Stimmungslage liefern. Konsumenten, die mit Smart Speakern interagieren, kommunizieren jedoch nur mittels kurzer Äußerungen, was die Fähigkeit zur Vorhersage ihrer Stimmung im Interaktionsprozess möglicherweise einschränkt. Daher wäre es interessant, zu erforschen, ob Smart Speaker die Stimmung der Kunden tatsächlich exakt antizipieren könnten.
3.2 Einleitung
53
Darüber hinaus ist es relevant, zu verstehen, ob die Fähigkeit, die Stimmung der Kunden vorherzusagen, es dem Voice-Händler ermöglicht, die Kaufentscheidung der Kunden zu beeinflussen. Dies ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil es Voice-Händler möglicherweise dazu befähigen könnte, Kunden mit guter Stimmung zu identifizieren, um ihnen gezielt Produkte zu einem höheren Preis zu verkaufen. Gleichzeitig könnten Voice-Händler die Informationen über die prognostizierte Stimmung auch dazu verwenden, Kundenentscheidungen zu erleichtern, da Personen in einem Stadium positiver Stimmung weniger aufwendige und oberflächliche Verarbeitungsstrategien anwenden, schneller Entscheidungen treffen, weniger Informationen nutzen und selbstüberzeugter in ihren Entscheidungen sind (vgl. Forgas 2011). Auf diese Weise könnten Händler gut gestimmte Konsumenten vor ungünstigen Entscheidungen schützen, indem sie ihnen mehr Informationen zur Verfügung stellen, als sie selbst verlangen würden. Der vorliegende Forschungsartikel umfasst zwei Studien, die sich mit den damit verbundenen Fragen befassen, ob Sprachdaten es Händlern ermöglichen, die Stimmung der Kunden richtig zu erkennen, und wie sie diese Informationen nutzen können. In einer ersten Studie wird die Möglichkeit analysiert, inwieweit sich die Stimmung anhand von Voice-Shopping-Daten vorhersagen lässt. Insbesondere werden dabei zwei Ansätze zur Stimmungsvorhersage einander gegenübergestellt: ein heuristischer Ansatz, der Erkenntnisse zu Stimmungskorrelaten nutzt, und ein Machine-Learning-Ansatz, der gute vs. schlechte Stimmung in einem ersten Szenario beruhend auf extrahierten Sprachmerkmalen (vgl. Schuller et al. 2013) und in einem zweiten Szenario beruhend auf extrahierten Sprachmerkmalen mit zusätzlichen Informationen über die Wortwahl der Teilnehmenden voraussagt. Zu diesem Zweck werden Aufnahmen von Smart-Speaker-Sprachbefehlen von 1.007 Teilnehmenden gesammelt. In einer zweiten Studie werden zwei anreizkompatible Laborexperimente (n1 = 166; n2 = 152) durchgeführt, um die Interaktion zwischen Einkaufsentscheidungen und Stimmung in realistischen Voice-Shopping-Situationen zu analysieren. Das erste Experiment untersucht das Potenzial, Produkte zu einem höheren Preis an gut gelaunte Konsumenten zu verkaufen. Das zweite Experiment analysiert, ob die Tatsache, dass Kunden mit guter Laune zwangsläufig mehr Informationen anhören müssen, deren Entscheidungsqualität verbessert. In einem ergänzenden Abschnitt werden die Ergebnisse dieser beiden Studien miteinander verknüpft. Mithilfe einer Sensitivitätsanalyse wird beleuchtet, wie präzise Algorithmen zur Vorhersage der Kundenstimmung sein müssen, damit Voice-Händler ihr Wissen über die Stimmung ihrer Kunden effektiv nutzen können. Diese Ergebnisse werden anschließend mit der ermittelten Vorhersagegenauigkeit aus Studie 1 verglichen.
54
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Diese Arbeit bietet in dreifacher Hinsicht einen bedeutenden Mehrwert zur Literatur: Zunächst leisten diese Untersuchungen einen Beitrag zur Erforschung der Stimmungserkennung, indem sie die spezifischen Umgebungsbedingungen der Sprachprognose im Falle von Smart Speakern berücksichtigen. Im Zuge dessen wird die Literatur zum Thema Emotionsvorhersage auf Grundlage der Stimme (vgl. Schuller et al. 2013) um die Vorhersage von Stimmung einerseits und typische Sprachbefehle für Smart Speaker andererseits erweitert. Die bestehenden Methoden wurden zur Erkennung spezifischer Emotionen entwickelt; die verwendeten Eingangsdaten von Schauspielern wurden im Rahmen eines qualitativ hochwertigen Settings aufgenommen und die zugehörigen Emotionen gespielt (vgl. Bänziger et al. 2006). Die in dieser Arbeit verwendeten Sprachdaten dagegen sind gekennzeichnet durch kurze Befehle, geringe Tonqualität, Aufnahmen ungeschulter Personen sowie (für eine Teilmenge) freie Wortwahl. Darüber hinaus vergleicht diese Studie die relative Leistung von Machine-Learning-Ansätzen im Sprachbereich mit heuristischen Ansätzen zur Stimmungsvorhersage und einem Wort-Vektor-Ansatz, bei dem zusätzlich die Wortwahl zur Vorhersage der Stimmung herangezogen wird. Zusammenfassend lässt sich daraus eine realistische Einschätzung der Zuverlässigkeit der Stimmungsvorhersage durch Sprachdaten ableiten. Zweitens leisten diese Untersuchungen einen Beitrag zum entstehenden Forschungsstrom, der untersucht, wie sich die Stimmung auf die Kaufentscheidungen von Konsumenten auswirkt. Dies ist ein Forschungsstrom, der bisher noch wenig Beachtung gefunden hat (vgl. Etkin/Ghosh 2018). Die bisherigen Forschungstätigkeiten in diesem Bereich konzentrierten sich auf Ergebnisse wie Variety Seeking (vgl. Roehm/Roehm 2005), Aufschub von Käufen (vgl. Etkin/Ghosh 2018), Evaluation von Produkten (vgl. Faraji-Rad/Pham 2017) und Zahlungsbereitschaft (vgl. Zwebner et al. 2014). Die vorliegenden Untersuchungen erweitern diesen Forschungszweig um den Bereich des Voice-Shoppings. Insbesondere wird der Einfluss der Stimmung auf die tatsächliche Auswahl relativ verteuerter Produkte in einem Voice-Shop untersucht. Drittens liefern die Ergebnisse maßgebliche Erkenntnisse auf dem Gebiet der Auswahlarchitekturen (vgl. Johnson et al. 2012), indem die Auswirkungen der Auswahlarchitektur im Voice-Shopping untersucht werden und auf welche Weise diese mit der Kundenstimmung interagieren. Insbesondere werden die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Formen der Informationsbereitstellung (grundlegende Produktinformationen, erweiterte Produktinformationen und erweiterte Produktionsinformationen auf Anfrage) sowie der Auswahl-Optimalität von Konsumenten bei guter und bei schlechter Stimmung analysiert.
3.3 Grundlagen
3.3
Grundlagen
3.3.1
Stimmung
55
Grundsätzlich gilt es, die Begriffe ‚Stimmung‘ und ‚Emotionen‘ differenziert zu betrachten. Während Emotionen in Bezug auf verschiedene Zustände wie traurig, wütend, ängstlich, ruhig, aufgeregt etc. spezifischer sind, ist die Stimmung allgemeiner und beschreibt, ob sich jemand in einem relativ positiven oder negativen Affektzustand befindet (vgl. Ekman 1992; Levenson et al. 1992). Diese Unterscheidung zwischen Emotionen und Stimmungslage wird in der Literatur nicht immer stringent eingehalten (vgl. Russell/Barret 1999). Emotionen lassen sich oftmals direkt mit externen Ereignissen in Verbindung bringen (vgl. Kagan 2003). Beispielsweise ist jemand wütend, weil er sich in einem Stau befindet. Im Vergleich zur Stimmungslage sind Emotionen eher vorübergehender und kurzzeitiger Natur. Die Stimmung ist im Gegensatz dazu ein eher mittel- bis langfristiger Zustand, der mehrere Stunden andauern kann, häufig von Emotionen angeheizt wird und auch nach späteren Urteilen und Entscheidungen fortbestehen kann (vgl. Ekman 1992; Schwarz/Clore 1996). So hat z. B. ein Stau, der nur von kurzer Dauer ist, nur wenig Einfluss auf die positive Stimmung, kann aber doch den affektiven Zustand verändern, wenn sich die Dauer des Staus verlängert. Gleichzeitig löst die Erkenntnis, dass man sich im aktuellen Moment im Stau befindet, direkt eine Emotion aus. Erst eine Reihe emotionaler Ereignisse oder ein länger währendes Ereignis können die Stimmung beeinflussen. Dabei fungiert die Stimmungslage auch als Moderator dafür, wie intensiv jemand Emotionen empfindet (vgl. Mehrabian 1996; Sottilare/Proctor 2012). Die Stimmung kann Individuen in mehrfacher Weise beeinflussen. Sie kann z. B. zu einer positiveren Selbsteinschätzung der Leistung, einem höheren Grad an Kreativität oder einer effizienteren Problemlösung führen (vgl. Estrada/Isen/Young 1994; Totterdell 1999; Isen 2001). In Bezug auf die Produktbewertung kann sich die Stimmung direkt auf die Art und Weise auswirken, wie Produkte bewertet werden. So belegen beispielsweise Faraji-Rad und Pham (2017), dass Produkte im Allgemeinen höher bewertet werden, wenn Konsumenten in einer positiveren Stimmung sind. Ausgehend davon wurden mindestens drei Mechanismen identifiziert, die erklären können, weshalb Personen in guter Stimmung Produkte anders bewerten als Personen in schlechter Stimmung. Der erste Mechanismus ist der Stimmungsschutz (engl.: mood-protection). Hierbei geht es darum, einen Zustand positiver Wirkung aufrechtzuerhalten und zudem auch mehr positivere Erinnerungen zu aktivieren (vgl. Isen/Levin 1972; Boucher/Osgood 1969). Der zweite Mechanismus einer positiven Stimmungslage ist ein allgemein
56
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
höheres Maß an Selbstvertrauen gut gelaunter Individuen. Forgas (2011) erklärt etwa, dass Personen in einem Stadium positiver Stimmung weniger aufwendige und oberflächliche Verarbeitungsstrategien anwenden, schneller Entscheidungen treffen, weniger Informationen verwenden und selbstüberzeugter in ihren Entscheidungen sind. Ein dritter Mechanismus ist ein Attributionseffekt, bei dem die Personen ihre gute Laune auf andere Einflüsse zurückführen. Gorn, Goldberg und Basu (1993) sowie Novemsky et al. (2007) belegen, dass gerade der Attributionseffekt sich positiv auf die Produktbewertung auswirkt. Qiu und Yeung (2008) bekräftigen diese Wechselbeziehung und ergänzen sie um die Berücksichtigung der Auswirkungen der Reihenfolge bei mehreren Produkten. In Hinblick auf das Kaufverhalten bedingt eine positive Stimmung höhere Gesamtausgaben im Rahmen einer einzigen Einkaufstour sowie eine höhere Zahlungsbereitschaft für einzelne Artikel (vgl. Donovan et al. 1994; Spies et al. 1997; Murray et al. 2010). Donovan et al. (1994) sowie Spies et al. (1997) liefern Beweise dafür, dass Konsumenten mehr Zeit und mehr Geld in Geschäften ausgeben, wenn sie sich in einer positiven Stimmung befinden. Laborversuche von Zwebner et al. (2014) erweitern diese Ergebnisse, indem sie die Zahlungsbereitschaft auf Produktebene abfragen. Ihre Ergebnisse belegen, dass die Zahlungsbereitschaft von Konsumenten für Produkte höher ist, wenn sie in einer positiveren Stimmung sind.
3.3.2
Voice-Shopping
Voice-Shopping bietet das Potenzial, von Stimmungserkennung erfolgreich Gebrauch zu machen. Im Vergleich zu anderen Einkaufsmodi erfordert VoiceShopping, dass Konsumenten unmittelbar Sprachdaten bereitstellen, da dies die natürliche Form der Interaktion mit einem Smart Speaker verkörpert. Beim Online-Shopping fehlt ebendiese Anforderung, während beim Offline-Shopping die Mitarbeiter die Stimmung der Konsumenten zwar einschätzen können, bei vielen kostengünstigen Einkaufsszenarien jedoch keine Interaktion mit den Kunden stattfindet. Beim Voice-Shopping hingegen können Stimmungserkennung und Anpassungsfähigkeit an die Stimmungslage bei jedem Einkaufsvorgang berücksichtigt werden. Studien von Capgemini (2018) sowie Kinsella und Mutchler (2019) zeigen, wie relevant es ist, Voice-Shoppings zu verstehen. Diese Studien veranschaulichen, dass sich der Vertrieb von Smart Speakern zwar noch in einem frühen Stadium befindet, aber bereits eine hohe Bereitschaft existiert, Voice-Shopping als Kanal zu nutzen. Die Konsumenten schätzen vor allem die Möglichkeit
3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping
57
einer freihändigen Interaktion, die ein komfortableres Multi-Tasking gestattet. Das Interesse am Einsatz von Voice-Shopping offenbart sich in vielen Produkt- und Servicekategorien mit Schwerpunkt Elektronik und Essensbestellungen (vgl. Capgemini 2018). Eine aktuelle Umfrage zeigt außerdem eine wachsende Nutzerzahl der Voice-Shopping-Funktionalitäten (vgl. Kinsella und Mutchler 2019). Im Bereich Voice-Shopping müssen Smart Speaker bei der Präsentation von Produkten auf eine sequenzielle Reihenfolge zurückgreifen. Die rein akustische Präsentation von Produkten zwingt zu dieser Art von Darstellung. Der marktführende Voice-Shop von Amazon zum Beispiel zählt die einzelnen Produkte nacheinander auf und fragt den Konsumenten jeweils im Anschluss, ob diese es erwerben möchte. Lehnt der Konsument das jeweilige Produktangebot ab, wird ihm ein neues präsentiert, und der Konsument wird erneut vor die Kaufentscheidung gestellt. Bei der sequenziellen Produktpräsentation stehen die Wählenden vor der Aufgabe, sich zwischen den Optionen zu entscheiden, die nacheinander präsentiert werden. In der Regel hat der Wählende dabei keine Informationen darüber, was die nächste Option sein wird. Die Präsentation der Produkte endet entweder, wenn der Wählende sich für ein Produkt entschieden hat oder alle verfügbaren Produkte gezeigt wurden. Für die vorliegenden Untersuchungen spielt die Tatsache eine bedeutende Rolle, dass die Kunden auf eine sequenzielle Suche zurückgreifen müssen. Dies eröffnet den Voice-Händlern die Möglichkeit, die Kaufentscheidungen der Konsumenten schlicht durch eine Änderung der Produktreihenfolge zu beeinflussen. Ingber et al. (2018) belegen, dass Konsumenten beim Voice-Shopping folglich eher das zuerst präsentierte Produkt wählen, verglichen mit dem Online-Shopping mit simultaner Produktpräsentation, bei der mehr Navigationsschritte durchgeführt werden. Daher bietet Voice-Shopping dem Händler nicht nur mehr Daten zur Vorhersage der Kundenstimmung, sondern auch mehr Möglichkeiten, auf die jeweilige Kundenstimmung zu reagieren.
3.4
Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping
In Studie 1 wird die Möglichkeit untersucht, inwieweit sich die Stimmung anhand von Voice-Shopping-Daten vorhersagen lässt. Zu diesem Zweck werden Daten von 1.007 Teilnehmenden erhoben, bei denen zwei Ansätze zur Vorhersage der Kundenstimmung angewendet und miteinander verglichen werden: (1) ein heuristischer Ansatz auf Basis der Erkenntnisse über Stimmungskorrelate sowie (2) ein Machine-Learning-Ansatz (vgl. Schuller et al. 2013), der Sprachmerkmale
58
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
aus Sprachbefehlen extrahiert sowie nutzt und in einem zweiten Setting auch Informationen zur Wortwahl der Teilnehmenden heranzieht. Heuristischer Ansatz Die hier verwendeten Heuristiken zur Vorhersage der Stimmung sind Wetter, die letzte Musikauswahl, Wochentag und Tageslicht. Diese Informationen stehen in der Regel einem Smart Speaker zur Verfügung. In Bezug auf das Wetter liefern Arbeiten aus der Psychologie den Nachweis, dass die Wetterbedingungen einen starken Einfluss auf die tägliche Stimmung der Menschen haben, wobei sonniges Wetter im Vergleich zu Regen und bewölktem Wetter eine positive Stimmung hervorruft (vgl. Persinger/Levesque 1983). Klimstra et al. (2011) beschreiben hinsichtlich dieser Effekte ein differenzierteres Bild. Sie identifizieren vier verschiedene Arten von Personengruppen (Sommerliebhaber, Sommerhasser, Regenhasser und Unbetroffene), basierend auf ihren Reaktionen in Bezug auf das Wetter. Die Musikauswahl ist ein weiterer Indikator für Stimmung. Bruner (1990) listet 30 verschiedene Artikel auf, die alle herausarbeiten, wie die Stimmung von verschiedenen Aspekten der Musik wie Rhythmus, Tonhöhe oder Klangtextur beeinflusst wird. Chen et al. (2007) legt dar, wie sich die Stimmung ermitteln lässt, indem Menschen die Wahl gelassen wird, Musik zum Hören auszuwählen. Menschen mit positiver Stimmung wählen dabei eher fröhliche Lieder. Es ist von Bedeutung, dass die Musikauswahl nicht nur die aktuelle Stimmung offenbart, sondern dass Musik auch Emotionen hervorrufen und damit die Stimmung beeinflussen kann (wodurch sich ihre Vorhersagekraft weiter erhöht). In Bezug auf den Wochentag untersuchten Stone et al. (2012) in einer umfangreichen US-amerikanischen Umfrage die Stimmungsmuster an verschiedenen Wochentagen. Sie gelangen zu dem Schluss, dass Individuen freitags und am Wochenende besser gelaunt sind. Helliwell und Wang (2014) stützen diese Effekte weiter, indem sie nachweisen, dass positive Emotionen (z. B. Spaß, Freude) an Wochenenden stärker ausgeprägt sind, während negative Emotionen (z. B. Angst, Wut) zu dieser Zeit seltener auftreten. Machine-Learning-Ansatz Stimmung und Emotion manifestieren sich in akustisch-phonetischen Parametern (d. h. in der Art und Weise, wie diese Wörter gesprochen werden) und in der Sprachgewandtheit (d. h. in den Wörtern, die verwendet werden). Hinsichtlich der akustisch-phonetischen Parameter sprechen wütende Menschen lauter und bedienen sich eines größeren Lautstärkebereichs. Im Vergleich dazu nutzen auch euphorische Menschen einen größeren Lautstärkebereich, sprechen dabei im Durchschnitt jedoch nicht lauter (vgl. Scherer
3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping
59
et al. 2003). Potenziell relevante akustisch-phonetische Parameter oder Sprachmerkmale umfassen Daten wie Sprachraten, Intensität, Grundfrequenz etc. Es ist möglich, über 6.000 verschiedene Merkmale aus einer Sprachaufnahme zu extrahieren (vgl. Schuller et al. 2013). In Bezug auf die Sprachgewandtheit prägt die Stimmung die Art und Weise, wie Individuen miteinander sprechen. Beukeboom und Semin (2006) beleuchten, wie Menschen unterschiedlicher Stimmungslage jeweils ein Ereignis beschreiben. Sie zeigen, dass eine positive Stimmung eine abstraktere, allgemeinere Beschreibung der Ereignisse nach sich zieht, während eine negative Stimmung eher auf eine konkretere Beschreibung hinausläuft. Die Stimmung offenbart sich auch in der Verwendung von Höflichkeitsworten (vgl. Forgas 2011). Personen mit positiver Stimmung sind tendenziell eher unhöflich als in einem Zustand negativer Stimmung. Gut gelaunte Personen neigen dazu, ein hohes Maß an Selbstvertrauen zu haben und auf Höflichkeitsfloskeln zu verzichten (vgl. Morse/Afifi 2015). Sprachmerkmale mit entsprechendem emotionalen Zustand wurden bereits erfolgreich eingesetzt, um Machine-Learning-Algorithmen wie neuronale Netze (vgl. Kampman et al. 2018) und Support-Vektor-Maschinen (Schuller et al. 2013) zu trainieren und zur Vorhersage von Emotionen zu nutzen. Auf Grundlage dieser Beiträge wird die Literatur zu diesem Thema um die vorliegende Forschungsarbeit weiter ergänzt. Dazu wird Machine Learning zur Vorhersage der Stimmung (anstelle spezifischer Emotionen) eingesetzt. Bestehende Methoden werden außerdem dadurch erweitert, indem zusätzlich zu den akustisch-phonetischen Sprachmerkmalen auch die Sprachgewandtheit in Form der tatsächlich gewählten Wörter einbezogen wird.
3.4.1
Methode
3.4.1.1 Stichprobe Die Daten für diese Studie wurden von deutschen Clickworkern, die entsprechend dem Mindestlohn bezahlt wurden, in einem Zeitraum von vier Monaten erhoben, wodurch eine ausreichende Variabilität der Wetterbedingungen gewährleistet ist. An dieser Studie nahmen insgesamt 1.753 Personen teil. 1.022 Personen übermittelten mehr als drei Sprachbefehle und wurden in die Stichprobe einbezogen (964 lieferten exakt die gewünschte Anzahl von sechs Sprachbefehlen). 15 Personen wurden aus dieser Stichprobe ausgeschlossen, da sie von nebligen Wetterbedingungen berichteten, was – in Anbetracht der geringen Häufigkeit dieser
60
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Variable – zu einem erhöhten Zufallsfehler für diese Variable in Test- und Trainingsdatensätzen führt (die Einbeziehung in die Analyse hat keinen Einfluss auf das relevante Ergebnis der vorliegenden Studie). Dieser Studie liegt somit eine Gesamtstichprobe von 1.007 Personen zugrunde.
3.4.1.2 Ablauf der Datenerhebung Die Aufgabe der Clickworker bestand aus fünf Elementen: Stimmungsmessung, Wetterbedingungen, Musikauswahl, Sprachbefehle und Demografie. Während Daten hinsichtlich der Demografie grundsätzlich am Ende erhoben wurden, wurde die Reihenfolge der anderen vier Elemente randomisiert. Screenshots des Clickworker-Web-Interface sind in Anhang B.1 zu finden. Jeder Clickworker ist mit einem Zeitstempel seiner Teilnahme versehen, sodass Informationen zu Wochentag und Tageslicht abgeleitet werden können. Deskriptive Informationen über die Stichprobe werden in Tabelle 3.1 wiedergegeben. Stimmungsmessung Um die Stimmung der Teilnehmenden zu erfassen, werden sieben Items auf einer siebenstufigen Skala erfasst. Drei Aspekte entstammen der etablierten PANAS(Positive and Negative Affect Schedule)-Skala (in dieser Form der Anwendung vergleichbar mit Fedorikhin und Patrick 2010): ‚Ich fühle mich stark‘, ‚Ich bin verärgert‘ (umgekehrt kodiert) und ‚Ich bin stolz auf mich‘. Vier Elemente wurden im Rahmen der Studie ergänzt, um eine allgemeinere Beurteilung des affektiven Zustands zu erhalten, und stimmen mit den folgenden Definitionen der Stimmung über: ‚Ich habe gute Laune‘, ‚Mir geht es gerade richtig gut‘, ‚Ich bin zufrieden‘ und ‚Ich bin gut gestimmt‘. Das Cronbachsche Alpha ist sehr hoch (α = 0,93), woraus eine hohe Konsistenz der Antworten in Hinblick auf die verschiedenen Items resultiert. Folglich war es möglich, für jeden Teilnehmenden ein Stimmungs-Score zu berechnen, die dem Durchschnitt aller Items entspricht. Der durchschnittliche Stimmungswert aller Teilnehmenden beträgt 4,51 bei einer Standardabweichung von 1,74. Wetterbedingungen Die Teilnehmenden wurden gebeten, das aktuelle Wetter an ihrem Standort anzugeben. Sie konnten eine von sechs Optionen wählen: leicht bewölkt, stark bewölkt, neblig, leichter Regen, starker Regen und sonnig. Da nur 14 Teilnehmende starken Regen angaben, wurden die Optionen ‚leichter Regen‘ und ‚starker Regen‘ zur Option ‚Regen‘ zusammengefasst. Wie bereits erwähnt, wurden die 15 Teilnehmenden mit der Angabe ‚nebliges Wetter‘ ausgeschlossen. Musikauswahl Die Teilnehmenden wurden gebeten, eines von acht Liedern auszuwählen, die sie in dem jeweiligen Moment hören wollten. Die Auswahl der
3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping
61
Lieder erfolgte auf der Grundlage der Popularität (über 500 Millionen Aufrufe auf YouTube): Vier eher fröhliche Lieder (‚Don’t worry be happy‘, ‚Despacito‘, ‚We are the Champions‘ und ‚Single Ladies‘) und vier eher schwermütige Lieder (‚Hello‘, ‚Perfect‘, ‚Nothing else matters‘ und ‚Purple Rain‘); für eine Auflistung der Kriterien, die die Atmosphäre eines Liedes ausmachen, wird auf Gabrielsson und Juslin (2003) verwiesen. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, von allen Liedern 15-Sekunden-Ausschnitte zu hören. Sprachbefehle Die Teilnehmenden wurden zwei Fallgruppen zugeordnet. Diejenigen in der ersten Fallgruppe (n = 512) wurden angewiesen, sechs bestimmte Sätze aufzuzeichnen. Diese sechs Sätze wurden nach dem Zufallsprinzip aus einem Pool von 28 Sätzen, die für Voice-Shopping-Situationen typisch sind, ausgewählt. Dazu gehören beispielsweise ‚Ich möchte das kaufen‘, ‚Ich möchte ein anderes Produkt‘ und ‚Bitte wiederhole das‘. Die vollständige Liste aller Sätze findet sich in Anhang B.2. In der zweiten Fallgruppe (n = 495) wurden die Teilnehmenden angewiesen, sechs Befehle zu typischen Situationen beim Voice-Shopping aufzuzeichnen. Anstatt die spezifischen Texte für diese Befehle zur Verfügung zu stellen, erhielten sie eine kurze Beschreibung zu sechs (zufällig aus acht ausgewählten) Einkaufssituationen. Ein Beispiel dafür ist ‚Sie möchten ein günstigeres Produkt als Vorschlag‘. Im Gegensatz zu den Sprachbefehlen in der ersten Fallgruppe kann hier auch die Variation in der Wortwahl beobachtet werden, die für die Vorhersage von Stimmung von Vorteil sein kann. Die vollständige Liste aller Situationen ist Anhang B.3 zu entnehmen. Die Aufnahmen wurden mit Speakpipe (vgl. Speakpipe 2019) durchgeführt. Speakpipe kann in Java-basierten Webseiten implementiert werden und ermöglicht Sprachaufzeichnungen. Die aufgezeichneten Sprachbefehle wurden mithilfe der Open-Source-Software Audacity (vgl. Audacity 2019) vorverarbeitet. Während der Vorverarbeitung wurden Stummpassagen zu Beginn der Aufnahme sowie Stummpassagen am Ende herausgeschnitten. In Fallgruppe 2 mit freier Wortwahl wurden die Audiodaten verarbeitet, um Wortvektoren zu erhalten. Mit deren Hilfe kann auch die Wortwahl zur Stimmungsvorhersage verwendet werden. Anhand des Webservices AWS Transcribe (2019) werden automatisch Transkripte für alle Befehle generiert (interessant ist, dass sich dieses Tool auch hinter der Textverarbeitung von Amazons Alexa verbirgt). Anschließend wurden die Transkripte überprüft und im Fehlerfall korrigiert.
62
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Tabelle 3.1 Deskriptive Informationen zu den Variablen in Studie 1 Insgesamt Fallgruppe 1 Fallgruppe 2 (n = 1007) (n = 512) (n = 495) Musikauswahl
Adele Hello
111
63
48
85
49
36
Bobby McFerrin Don’t worry, be happy
119
63
56
Ed Sheeran Perfect
166
87
79
Luis Fonsi Despacito
106
52
54
Metallica Nothing else matters
217
99
118
Prince Purple Rain
105
54
51
98
45
53
328
164
164
Beyoncé Single Ladies
Queen We are the champions Wetterbedingungen Leicht bewölkt Stark bewölkt
175
92
83
Sonnig
379
192
187
Regen
125
64
61
Montag
201
100
101
Dienstag
113
59
54
Mittwoch
211
106
105
86
42
44
Freitag
169
88
81
Samstag
115
61
54
Sonntag
112
56
56
Tageslicht
Ja
846
410
436
Nein
161
102
59
Stimmung
Durchschnitt
4,51
4,52
4,49
Median
4,57
4,86
4,43
Wochentag
Donnerstag
3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping
63
3.4.1.3 Ansätze zur Vorhersage von Stimmung In dieser Studie wird die Leistung zweier Ansätze zur Vorhersage der Kundenstimmung verglichen: ein heuristischer Ansatz und ein Machine-Learning-Ansatz. Im Folgenden werden diese Ansätze im Detail beschrieben. Heuristischer Ansatz Um die Stimmung anhand der definierten Heuristiken (Wetter, Musikauswahl, Wochentag und Tageslicht) vorherzusagen, wurden diese als unabhängige Variablen in einem OLS-Regressionsmodell verwendet. Die abhängige Variable im Modell ist der erfasste Stimmungs-Score. Machine-Learning-Ansatz Um die Stimmung der Teilnehmenden anhand von Sprachmerkmalen vorherzusagen, wird ein Ansatz verwendet, der zuvor bei INTERSPEECH 2013 im Wettbewerb zu computergestützter Paralinguistik zum Einsatz kam (vgl. Schuller et al. 2013). Dieser Ansatz umfasst die Extraktion von 6.373 Sprachmerkmalen aus jedem Sprachbefehl und im nächsten Schritt das Training einer Support-Vektor-Maschine (SVM) zur Vorhersage der abhängigen Variablen. Im Fall der ursprünglichen Aufgabe wurde dieser Ansatz zur Erkennung von Emotionen verwendet. Hier wird er für die Vorhersage von Stimmung herangezogen. Die Extraktion von Sprachmerkmalen erfolgt mit der Open-Source-Software OpenSmile, die auch für INTERSPEECH 2013 verwendet wurde (vgl. Eyben et al. 2013). Um die Stimmung der Teilnehmenden basierend auf Sprachmerkmalen in Kombination mit der Wortwahl der Teilnehmenden vorherzusagen, werden die Sprachmerkmale um die Dokument-Term-Matrix erweitert. Die vorhergesagte Variable teilt sich in zwei Klassen: schlechte und gute Stimmung. Teilnehmende mit einer Stimmung unterhalb des Mittelwerts der Skala (4) werden der Klasse ‚schlechte Stimmung‘, Teilnehmende mit einer Stimmung oberhalb von 4 der Klasse ‚gute Stimmung‘ zugeordnet. Diese Klassen werden auch als Stimmungskategorien bezeichnet. Aus pragmatischen Gründen wurden die 21 Teilnehmenden (2,09 Prozent der Gesamtstichprobe) mit einem Stimmungs-Score von genau 4 in die Klasse der schlechten Stimmung eingeordnet. Für das Training einer Support-Vektor-Maschine mit allen Sprachmerkmalen als Prädiktoren (und der Dokument-Term-Matrix für die Fallgruppe mit freier Wortwahl) und den zwei Stimmungskategorien als Vorhersagegröße werden 60 Prozent der Teilnehmenden eingesetzt.
64
3.4.2
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Ergebnisse
Um die verschiedenen Ansätze zur Stimmungsvorhersage zu vergleichen, werden zwei Methoden eingesetzt. Zunächst wird die Prognoseleistung der Methoden in einem Regressionsmodell analysiert. Darüber hinaus wird die Vorhersagegenauigkeit (engl. prediction accuracy), die Precision, den Recall sowie die F1-Score (vgl. Salton/McGill 1986) mit Bezug auf die Stimmungskategorien berechnet. Tabelle 3.2 bietet einen Überblick der Regressionsergebnisse. Die Modelle auf der linken Seite (Modell 1–3) sind Modelle, die Sprachbefehle mit vordefinierten Sätzen verwenden. Die Modelle auf der rechten Seite (Modell 4–7) verwenden Sprachbefehle mit freier Wortwahl in vordefinierten Situationen. Die Modelle 1–4 sind hauptsächlich aus Gründen der Vollständigkeit enthalten, da sie die Stimmung basierend auf Heuristiken unter Verwendung des vollständigen Datensatzes vorhersagen. Die Modelle 2 und 3 vergleichen die Leistung der Heuristiken mit der Leistung des Machine-Learning-Ansatzes nach Aufteilung des Datensatzes in Trainings- und Testdatensatz. Im Modell 2 erklären Heuristiken allein 34,6 Prozent der Stimmungsschwankungen (wobei Wetter und Musikauswahl den größten Einfluss ausüben). Das Hinzufügen einer Dummy-Variablen, die beruhend auf Sprachmerkmalen eine vorhergesagte gute Stimmung anzeigt, erhöht das Bestimmungsmaß (R2 ) um 0,182. Darüber hinaus ist der Effekt der vorhergesagten Stimmung hoch signifikant. Dementsprechend ist ein Machine-Learning-Ansatz, der auf Sprachmerkmalen basiert, ein sehr starker Prädiktor für die Stimmung von Konsumenten. Interessanterweise tritt das generell gleiche Ergebnismuster zutage, wenn Modell 5 und 6 einander gegenübergestellt werden. Gleichwohl erhöht das Hinzufügen einer Dummy-Variablen, die beruhend auf Sprachmerkmalen eine vorhergesagte gute Stimmung anzeigt, die erklärte Varianz lediglich um 0,041. Der zentrale Unterschied zwischen Modell 3 und 6 besteht darin, dass in Modell 6 Sprachmerkmale verwendet werden, die auf Befehlen mit freier Wortwahl basieren, während in Modell 3 der Wortlaut der Sprachbefehle vordefiniert war. Die Prognoseleistung der Support-Vektor-Maschine in Modell 6 ist um den Faktor 4 kleiner verglichen mit Modell 3. In Modell 7 wird eine Support-Vektor-Maschine herangezogen, die auf Sprachmerkmalen beruht und zusätzlich die Wortwahl der Personen einbezieht. Im Vergleich zu Modell 6 erhöht sich dadurch die erklärte Varianz um 0,011, und der Koeffizient ist hochsignifikant. Der AIC-Wert sinkt von 720 (Modell 6) auf 716 (Modell 7). Tabelle 3.2 gibt einen Überblick in Bezug auf Vorhersagegenauigkeit, Precision, Recall sowie F1-Score für die verschiedenen Vorhersageansätze. Dies erlaubt
0,621 0,657 0,769
0,797
SVM (Sprachmerkmale) SVM (Sprachmerkmale + Wortwahl) Heuristiken + SVM (Sprachmerkmale) (Model 6 in Tabelle 3.2) Heuristiken + SVM (Sprachmerkmale + Wortwahl) (Model 7 in Tabelle 3.2)
0,815
Heuristiken + SVM (Sprachmerkmale) (Model 3 in Tabelle 3.2) 0,734
0,788
SVM (Sprachmerkmale)
Heuristiken (Model 5 in Tabelle 3.2)
0,715
Precision Heuristiken (Model 2 in Tabelle 3.2)
N im Trainingsdatensatz: 307 (Fallgruppe 1); 297 (Fallgruppe 2) N im Testdatensatz: 205 (Fallgruppe 1); 198 (Fallgruppe 2)
Fallgruppe 2: (Sprachbefehle mit freier Wortwahl basierend auf typischen Voice-Shopping-Situationen)
Fallgruppe 1: (Sprachbefehle basierend auf vordefinierten Sätzen)
0,788
0,763
0,646
0,611
0,727
0,815
0,780
0,712
Recall/Vorhersagegenauigkeit
Tabelle 3.2 Indikatoren für die Vorhersagequalität der Modelle 2–3, Modelle 5–7 und Support-Vektor-Maschinen
0,792
0,766
0,652
0,616
0,731
0,815
0,784
0,713
F1-Score
3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping 65
66
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
einen Vergleich der relativen Leistung bei der Klassifizierung von Konsumenten mit schlechter und guter Stimmung. Dabei wurden gewichtete Indikatoren auf Basis der tatsächlichen Klassengröße verwendet. Vorhersagegenauigkeit und Recall werden in einer Spalte berichtet, da beide Indikatoren für den Fall des gewichteten Recall identisch berechnet werden. Neben den Leistungsindikatoren, die sich auf die zuvor beschriebenen Modelle beziehen, ist auch die alleinige Leistung der Support-Vektor-Maschinen in der Tabelle enthalten. Die erste Hälfte der Tabelle zeigt die Ergebnisse auf Basis von Sprachbefehlen mit vordefinierten Sätzen. Heuristiken allein erreichen einen F1-Score von 0,713. Dieser Wert ist 0,071 niedriger als der F1-Score, der von der SupportVektor-Maschine erreicht wird (0,784). Die Kombination aus Heuristiken und der Support-Vektor-Maschine wie in Modell 3 der Tabelle 3.3 trägt dazu bei, den F1-Score auf ein Niveau von 0,815 zu erhöhen, und liefert Unterstützung für die Verwendung eines kombinierten Ansatzes. Die zweite Hälfte der Tabelle zeigt die Ergebnisse auf Basis von Sprachbefehlen mit freier Wortwahl in vordefinierten Situationen. Die F1-Score der Heuristiken liegt – obgleich etwas höher – auf einem vergleichbaren Niveau wie innerhalb der ersten Fallgruppe mit einem Wert von 0,731 im Vergleich zu 0,713. Interessanterweise ist der F1-Score der Support-Vektor-Maschine basierend auf Sprachmerkmalen 0,168 niedriger als in der Fallgruppe mit vordefinierten Sätzen (0,616 in Fallgruppe 2 vs. 0,784 in Fallgruppe 2). Die Nutzung des Wissens über die Wortwahl der Teilnehmenden zusätzlich zu den Sprachmerkmalen führt zu einem F1-Score von 0,652 für die Vorhersage auf Grundlage der Support-Vektor-Maschine. Die Kombination von Heuristiken und der auf Sprachmerkmalen basierenden Support-Vektor-Maschine wie in Modell 6 der Tabelle 3.3 bewirkt einen F1-Score von 0,766. Dieser F1-Score kann um 0,026 auf 0,792 erhöht werden, wenn die auf Sprachmerkmalen und Wortwahl beruhende Support-Vektor-Maschine in Kombination mit den Heuristiken Anwendung findet.
3.4.3
Robustheitsprüfungen
3.4.3.1 Anzahl der Sprachbefehle pro teilnehmende Person Für den Trainings- und Testdatensatz werden alle Befehle verwendet, die von den Teilnehmenden zur Verfügung gestellt wurden. Während die meisten Teilnehmenden des Datensatzes sechs Befehle (wie angewiesen) aufzeichneten, liegt die Gesamtzahl zwischen 4 und 9 (einige Teilnehmende stellten mehr als eine Aufzeichnung für eine Aufgabe zur Verfügung). In der ersten Robustheitsprüfung soll die Anzahl der Befehle pro Teilnehmender im Testdatensatz reduziert werden,
OLS-Modelle für die Vorhersage des Stimmungs-Score
−0,473 (0,293)
0,315 (0,345) −0,187 (0,458) −0,481 (0,422)
−0,620*** (0,187)
0,506*** (0,152)
0,236 (0,209)
−0,262 (0,272)
−0,063 (0,253)
Wetterbedingung: Stark bewölkt
Wetterbedingung: Sonnig
Wetterbedingung: Regen
Musikauswahl: Beyoncé Single Ladies
Musikauswahl: Bobby McFerrin Don’t worry, be happy
0,593* (0,254)
4,675*** (0,429)
4,791*** (0,267)
(Achsenabschnitt)
Unabhängige Variablen
−0,272 (0,360)
0,058 (0,300)
0,452 (0,337)
0,339 (0,230)
0,551+ (0,295) 0,146 (0,392)
0,958*** (0,165)
−0,591** (0,207)
4,201*** (0,339)
0,523* (0,216)
−0,216 (0,251)
3,224*** (0,403)
−0,330 (0,452)
0,359 (0,526)
0,542 (0,350)
0,922*** (0,259)
−0,832* (0,320)
4,505*** (0,494)
Model 5
Testdatensatz
−0,336 (0,438)
0,379 (0,511)
0,497 (0,340)
0,728** (0,257)
−0,854** (0,310)
4,272*** (0,484)
Model 6
(Fortsetzung)
−0,394 (0,434)
0,389 (0,506)
0,561+ (0,336)
0,764** (0,252)
−0,839** (0,307)
4,230*** (0,480)
Model 7
Model 2
Model 1
Model 4
Voller Datensatz
Testdatensatz
Voller Datensatz Model 3
Fallgruppe 2: Sprachbefehle mit freier Wortwahl basierend auf typischen Voice-Shopping-Situationen
Fallgruppe 1: Sprachbefehle basierend auf vordefinierten Sätzen
Abhängige Variable Stimmungs-Score
Tabelle 3.3
3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping 67
(Fortsetzung)
−0,102 (0,408) −0,322 (0,424) −1,571*** (0,375) −0,961* (0,416)
−0,484+ (0,266)
−1,494*** (0,229)
−1,127*** (,263)
Musikauswahl: Luis Fonsi Despacito
Musikauswahl: Metallica Nothing else matters
Musikauswahl: Prince Purple Rain
−0,742* (0,355)
−1,374*** (0,320)
−0,020 (0,362)
−0,044 (0,348)
−1,308*** (0,307)
−0,733** (0,264)
−0,239 (0,301)
−0,127 (0,279)
−1,777*** (0,482)
−0,617 (0,405)
−0,532 (0,472)
−0,392 (0,433)
−1,677*** (0,468)
−0,660+ (0,393)
−0,376 (0,460)
−0,494 (0,421)
(Fortsetzung)
−1,703*** (0,463)
−0,638 (0,389)
−0,382 (0,455)
−0,479 (0,416)
Model 7
−0,364 (0,235)
Model 6
Musikauswahl: Ed Sheeran Perfect
Model 5
Testdatensatz
Model 2
Model 1
Model 4
Voller Datensatz
Testdatensatz
Voller Datensatz Model 3
Fallgruppe 2: Sprachbefehle mit freier Wortwahl basierend auf typischen Voice-Shopping-Situationen
Fallgruppe 1: Sprachbefehle basierend auf vordefinierten Sätzen
Abhängige Variable Stimmungs-Score
Tabelle 3.3
68 3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
(Fortsetzung)
−0,171 (0,337) 0,176 (0,370) 0,060 (0,282)
−0,055 (0,395) −0,041 (0,434) −0,040 (0,331)
−0,028 (0,231)
0,013 (0,259)
0,125 (0,205)
Wochentag: Dienstag
Wochentag: Donnerstag
Wochentag: Freitag
−0,459+ (0,266)
−0,789* (0,310)
−0,839*** (0,201)
Wochentag: Montag
0,097 (0,410)
0,185 (0,481)
0,161 (0,282)
Musikauswahl: Queen We are the champions
0,528* (0,226)
0,061 (0,274)
−0,212 (0,254)
−0,759*** (0,214)
0,451 (0,303)
0,804* (0,353)
0,901+ (0,461)
−0,412 (0,377)
−0,979** (0,350)
0,363 (0,482)
Model 5
Testdatensatz
0,778* (0,343)
0,981* (0,448)
−0,317 (0,367)
−1,049** (0,340)
0,373
Model 6
(Fortsetzung)
0,757* (0,339)
0,783+ (0,444)
−0,358 (0,362)
−1,014** (0,336)
0,315 (0,463)
Model 7
Model 2
Model 1
Model 4
Voller Datensatz
Testdatensatz
Voller Datensatz Model 3
Fallgruppe 2: Sprachbefehle mit freier Wortwahl basierend auf typischen Voice-Shopping-Situationen
Fallgruppe 1: Sprachbefehle basierend auf vordefinierten Sätzen
Abhängige Variable Stimmungs-Score
Tabelle 3.3
3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping 69
(Fortsetzung)
Gute Stimmung vorhergesagt durch SVM (Sprachmerkmale)
0,238 (0,159)
Tageslicht
0,197 (0,251)
0,578 (0,375)
0,447+ (0,235)
Wochentag: Sonntag
1,634*** (0,192)
0,232 (0,214)
0,460 (0,320)
0,709* (0,343)
(0,403)
0,512* (0,231)
Wochentag: Samstag
0,238 (0,213)
0,768** (0,253)
(0,258)
0,434+
0,248 (0,319)
0,498 (0,388)
0,154 (0,368)
Model 5
0,753*** (0,215)
0,146 (0,311)
0,484 (0,376)
0,159 (0,357)
(Fortsetzung)
0,148 (0,307)
0,506 (0,373)
0,136 (0,354)
Model 7
0,703+
Model 6
Model 2
Model 1
Testdatensatz
Voller Datensatz Model 3
Testdatensatz
Voller Datensatz Model 4
Fallgruppe 2: Sprachbefehle mit freier Wortwahl basierend auf typischen Voice-Shopping-Situationen
Fallgruppe 1: Sprachbefehle basierend auf vordefinierten Sätzen
Abhängige Variable Stimmungs-Score
Tabelle 3.3
70 3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
(Fortsetzung)
0,292
0,286
0,346
205 0,483
0,528
205 0,303
0,327
495 0,301
0,362
198
0,342
0,403
198
Model 6
+: p ≤ 0,10; *: p ≤ 0,05; **: p < 0,01; ***: p < 0,001 (zweiseitig). Standardfehler sind in Klammern angegeben. Referenzbedingungen: leicht bewölkt (Wetterbedingung); Adele: Hello (Musikauswahl); Mittwoch (Wochentag)
0,316
Adj. R2
512
R2
N (Individuen)
Gute Stimmung vorhergesagt durch SVM (Sprachmerkmale + Wortwahl)
Model 5
Testdatensatz
0,355
0,414
198
0,835*** (0,208)
Model 7
Model 2
Model 1
Model 4
Voller Datensatz
Testdatensatz
Voller Datensatz Model 3
Fallgruppe 2: Sprachbefehle mit freier Wortwahl basierend auf typischen Voice-Shopping-Situationen
Fallgruppe 1: Sprachbefehle basierend auf vordefinierten Sätzen
Abhängige Variable Stimmungs-Score
Tabelle 3.3
3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping 71
72
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
um zu verstehen, ob die Stimmungsvorhersage durch Sprache noch funktioniert, wenn nur wenige Befehle zur Ansprache des Smart Speakers verwendet werden. Dies würde bedeuten, dass sich die Ergebnisse neben dem Voice-Shopping auch auf eine größere Anzahl von Nutzungssituationen für Smart Speaker (z. B. einfache Informationsanfragen) auswirken würden. Es würde ferner bedeuten, dass die Stimmung frühzeitig im Einkaufsprozess erkannt werden könnte, sodass die Smart-Speaker-Anwendung diese Informationen zur entsprechenden Gestaltung des Kundenerlebnisses nutzen könnte. Für diese Prüfung der Vorhersagegüte wurde die Anzahl der Befehle pro teilnehmende Person im Testdatensatz systematisch geändert. Um die Anzahl der Befehle zu reduzieren, wurde für jeden Teilnehmenden die entsprechende Anzahl an Aufnahmen aus allen zur Verfügung stehenden Aufnahmen zufällig gezogen (ohne Zurücklegen). Dabei wurde die Anzahl der im Trainingsdatensatz verfügbaren Befehle nicht geändert, da es für einen Voice-Händler möglich wäre, mehr als einen Befehl für Trainingszwecke zu erhalten. Hier lag der Fokus auf Sprachmerkmalen, ohne dabei die Wortwahl zu berücksichtigen. Tabelle 3.4 enthält die Leistungsindikatoren der SVM-Vorhersagen für die reduzierte Anzahl von Sprachbefehlen. Es ist von Bedeutung, dass die Vorhersagequalität nur geringfügig abnimmt, wenn die Anzahl der für die Vorhersage verwendeten Befehle verringert wird. Dieser Effekt ist bei der Fallgruppe mit vordefinierten Befehlen größer als bei der Fallgruppe mit freier Wortwahl. Eine Support-Vektor-Maschine, die sich auf einen Befehl in der Fallgruppe mit vordefinierten Sätzen stützt, erreicht einen F1-Score von 0,707, der um 0,077 niedriger ist als die Stimmungsvorhersage beruhend auf allen Befehlen. Bei freier Wortwahl wird für einen Befehl ein F1-Score von 0,582 erreicht, der um 0,034 niedriger ist als die Stimmungsvorhersage basierend auf allen verfügbaren Befehlen. Hierbei handelt es sich auch um den niedrigsten F1-Score, der in dieser Robustheitsprüfung beobachtet wird. Insgesamt bedingen diese Ergebnisse die Erkenntnis, dass ein Voice-Händler in der Lage wäre, das entwickelte Modell zur Stimmungsvorhersage ab der ersten Sprachinteraktion anzuwenden.
3.4.3.2 Relevante Kategorien von Sprachmerkmalen In dieser Robustheitsprüfung geht es um die Frage, inwieweit spezifische Kategorien von Sprachmerkmalen die Qualität der Stimmungsvorhersage beeinflussen. Die hier verwendete Konfiguration von OpenSmile (verwendet bei der INTERSPEECH 2013; vgl. Schuller et al. 2013) extrahiert 6.373 Merkmale, die sich in elf Kategorien einteilen lassen. In diesem Kapitel wird die Veränderung der Vorhersagequalität bewertet, wenn eine dieser Kategorien aus dem Vorhersagemodell ausgeschlossen wird. Tabelle 3.1 enthält die Leistungsindikatoren dieser Analyse.
3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping
73
Tabelle 3.4 Variation in den Vorhersageindikatoren bei den Support-Vektor-Maschinen abhängig von der Anzahl der Sprachbefehle im Testdatensatz SVM-Vorhersage Fallgruppe 1 (Sprachbefehle basierend auf vordefinierten Sätzen)
SVM-Vorhersage Fallgruppe 2 (Sprachbefehle mit freier Wortwahl basierend auf typischen Voice-Shopping-Situationen)
Prec.
Rec./Gen. F1
Prec.
Rec./Gen.
F1
0,788
0,780
0,784
0,621
0,611
0,616
6 Sprachbefehle 0,760
0,744
0,752
0,620
0,612
0,616
5 Sprachbefehle 0,773
0,766
0,770
0,627
0,623
0,625
4 Sprachbefehle 0,753
0,746
0,750
0,609
0,601
0,605
3 Sprachbefehle 0,732
0,727
0,729
0,610
0,586
0,598
2 Sprachbefehle 0,706
0,707
0,707
0,589
0,581
0,585
1 Sprachbefehl
0,727
0,728
0,589
0,576
0,582
Alle Sprachbefehle
0,730
Prec. = Precision Rec. = Recall Gen. = Vorhersagegenauigkeit F1 = F1-Score N im Trainingsdatensatz: 307 (Fallgruppe 1); 297 (Fallgruppe 2) N im Testdatensatz: 205 (Fallgruppe 1); 198 (Fallgruppe 2)
Jede Kategorie wird sowohl im Trainings- als auch im Testdatensatz ausgeblendet. Die Spalte N gibt an, wie viele Merkmale der jeweiligen Kategorie zugeordnet sind. Basierend auf diesen Ergebnissen ist die Kategorie pcm (Pulse-CodeModulation) diejenige, die insgesamt die Vorhersagequalität über beide Fallgruppen hinweg am stärksten senkt. Dabei reduziert der Ausschluss von pcm den Wert des F1-Score von 0,784 auf 0,697 in der Fallgruppe mit vordefinierten Befehlen ( = 0,087) und den Wert des F1-Score von 0,616 auf 0,596 ( = 0,020) in der Fallgruppe mit freier Wortwahl in vordefinierten Situationen. Dementsprechend scheint die Puls-Code-Modulation die Stimmung adäquat transportieren zu können. Diese umfasst Variablen, mit denen ein Computer analoge Audiosignale digital modelliert. Es handelt sich um die standardmäßige digitale Darstellung analoger Signale (vgl. Wang et al. 2016; Zalles 2018). PCM-Sprachmerkmale sind Werte, die auf der Grundlage dieser Variablen über die Länge einer ganzen Audiodatei berechnet werden, z. B. die Nulldurchgangsrate, die speichert, wie oft ein Audiosignal seine Nullachse überschreitet (vgl. Cheng/Hsu 2002). Die
74
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Kategorie jitterDDP ist diejenige, die den F1-Score in Fallgruppe 2 mit freier Wortwahl mit einer Reduzierung von 0,616 auf 0,595 ( = 0,021) am stärksten senkt. Jitter beschreibt die Variation der Länge der Frames einer Aufzeichnung, z. B. die Standardabweichung der Frame-Länge. JitterDDP umfasst Variablen, die beschreiben, wie sich der Jitter zwischen Frames ändert (vgl. Eyben 2015). In der Fallgruppe mit freier Wortwahl steigen die F1-Scores leicht an, wenn die Kategorien audspec, shimmerLocal, F0Final oder audSpec (in der Reihenfolge ihres Einflusses) ausgeklammert werden. Wird audspec nicht berücksichtigt, erhöht sich der F1-Score von 0,616 auf 0,622 ( = 0,006). Die Kategorie audspec umfasst Parameter, die Informationen über das Geräusch- bzw. Gehörspektrum speichern, z. B. den Zeitanteil, den ein Sprecher während der Aufnahme tatsächlich mit Sprechen verbringt (vgl. Eyben et al. 2013). Wenn shimmerLocal keine Berücksichtigung findet, steigt der F1-Score von 0,616 auf 0,622 ( = 0,006). Merkmale dieser Kategorie beschreiben den lokalen (Frame-to-Frame)Shimmer (die Amplitudenabweichungen zwischen den Tonhöhen). Ein Beispiel für Shimmer ist die Variation der Amplitudenmaxima in den aufeinanderfolgenden Stimmzyklen (vgl. Scherer/Johnstone/Klasmeyer 2003). Wird F0Final nicht berücksichtigt, steigt der F1-Score von 0,616 auf 0,621 ( = 0,005). F0Final umfasst Variablen über die geglättete Grundfrequenz (Tonhöhe) der Kontureinstellungen, z. B. das Ausmaß, in dem ein Sprecher am Ende eines Satzes seine Stimme senkt (vgl. Scherer/Johnstone/Klasmeyer 2003). Wird audSpec außen vor gelassen, steigt der F1-Score von 0,616 auf 0,620 ( = 0,004). audSpec ist die Abkürzung für audSpec_Rfilt – das ist der gefilterte relative Spektraltransformationsstil und eine weitere Möglichkeit, das auditive Spektrum zu beschreiben. Dieser Ansatz versucht, die Auswirkungen von Störgeräuschen im Sprachsignal zu mildern (vgl. Gupta/Gupta 2016). Variablen, die durch diesen Ansatz erzeugt werden, werden in dieser Merkmalskategorie gespeichert. Der Anstieg des F1Score wird, wenn die Kategorien audspec, shimmerLocal, F0Final oder audSpec nicht berücksichtigt werden, nur in der Fallgruppe mit freier Wortwahl und nicht in der Fallgruppe mit vordefinierten Sprachbefehlen beobachtet (Tabelle 3.5).
78 78
jitterLocal
logHNR
100
audspecRasta 83
100
audspec
78
1400
mfcc
jitterDDP
1700
pcm
F0final
0,767
0,778
0,750
0,780
0,778
0,743
0,752
0,749
0,701
0,788
2600
audSpec
0,771
0,746
0,771
0,766
0,741
0,746
0,741
0,693
0,761
0,780
0,774
0,748
0,775
0,772
0,742
0,749
0,745
0,697
0,764
0,784
0,621
0,621
0,599
0,627
0,609
0,629
0,621
0,596
0,623
0,621
0,611
0,611
0,591
0,616
0,601
0,616
0,611
0,596
0,616
0,611
Rec./Gen.
(Fortsetzung)
0,616
0,616
0,595
0,621
0,605
0,622
0,616
0,596
0,620
0,616
F1
Prec.
F1
Prec.
Rec./Gen.
SVM-Vorhersage Fallgruppe 2 (Sprachbefehle mit freier Wortwahl basierend auf typischen Voice-Shopping-Situationen)
SVM-Vorhersage Fallgruppe 1 (Sprachbefehle basierend auf vordefinierten Sätzen)
Alle Sprachmerkmale
N
Tabelle 3.5 Variation in den Vorhersageindikatoren bei den Support-Vektor-Maschinen unter Auslassung einzelner Kategorien
3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping 75
voicingFinalUnclipped
0,765 0,768
0,756 0,766
0,760 0,767
0,629 0,621
0,606
0,616
Rec./Gen.
0,613
0,622
F1
Prec.
F1
Prec.
Rec./Gen.
SVM-Vorhersage Fallgruppe 2 (Sprachbefehle mit freier Wortwahl basierend auf typischen Voice-Shopping-Situationen)
SVM-Vorhersage Fallgruppe 1 (Sprachbefehle basierend auf vordefinierten Sätzen)
audSpec[ Rfilt]: gefilterter RASTA-Stil (relative Spektraltransformation) pcm: Puls-Code-Modulation – digitale Standarddarstellung von Analogsignalen mfcc: Mel-Frequenz-Cepstrum-Koeffizienten audspec: auditives Spektrum audspecRasta: relative Spektraltransformation in Anwendung auf das auditive Spektrum F0final: geglättete Grundfrequenz (Tonhöhe) der Kontureinstellungen jitterDDP: differentieller Frame-to-Frame-Jitter (Jitter des Jitters) jitterLocal: lokaler (Frame-to-Frame)-Jitter (Längenabweichungen in den Tonhöhen) logHNR: Protokoll des Energieverhältnisses von harmonischen Signalkomponenten und rauschähnlichen Signalkomponenten shimmerLocal: lokaler (Frame-to-Frame)-Shimmer (Amplitudenabweichungen zwischen den Tonhöhen) voicingFinalUnclipped: Voicing-Wahrscheinlichkeit des letzten fundamentalen Frequenzkandidaten; Unclipped bedeutet, dass er nicht auf null gesetzt wurde, wenn er unterhalb der Voicing-Schwelle liegt Quellen: Schuller et al. (2013); Wang et al. (2016) Prec. = Precision Rec. = Recall Gen. = Vorhersagegenauigkeit F1 = F1-Score N im Trainingsdatensatz: 307 (Fallgruppe 1); 297 (Fallgruppe 2) N im Testdatensatz: 205 (Fallgruppe 1); 198 (Fallgruppe 2)
78 78
shimmerLocal
N
Tabelle 3.5 (Fortsetzung)
76 3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping
77
3.4.3.3 Unterschiedliche Ansätze zur Kategorisierung von Stimmung In dieser Robustheitsprüfung geht es um die Frage, inwieweit die Art und Weise der Kategorisierung der Stimmungslage in zwei Gruppen (gut vs. schlecht) für die Support-Vektor-Maschine die Vorhersagequalität beeinflusst. In den Hauptanalysen wurden die Teilnehmenden mit einem Stimmungsscore von 4 und niedriger der Kategorie ‚schlechte Stimmung‘ und die übrigen Teilnehmenden der Kategorie ‚gute Stimmung‘ zugeordnet. An dieser Stelle werden drei weitere Kategorisierungssysteme betrachtet: (1) Teilnehmende mit einem StimmungsScore von 4 werden anstelle der Kategorie ‚schlechte Stimmung‘ der Kategorie ‚gute Stimmung‘ zugeordnet. (2) Die Teilnehmenden werden in drei Kategorien (schlechte Stimmung, neutrale Stimmung, gute Stimmung), mit Grenzwerten bei einem Stimmungs-Score von 3 und 4 eingeteilt. (3) Die Teilnehmenden werden in drei Kategorien mit jeweils einem Drittel der Teilnehmenden eingeteilt. Die Ergebnisse in Bezug auf die Leistung der SVM für jedes Kategorisierungssystem sind in Tabelle 3.6 aufgeführt. Wird ein Stimmungs-Score von 4 der Kategorie ‚gute Stimmung‘ zugeordnet, variiert die Vorhersagequalität nur geringfügig basierend auf F1-Scores mit einem Delta von 0,017 gegenüber einem F1-Score in Fallgruppe 1 mit vordefinierten Sprachbefehlen und einem Delta von 0,023 gegenüber dem F1-Score in Fallgruppe 2 mit freier Wortwahl. Die Vorhersagequalität fällt im Allgemeinen geringer aus, wenn drei Kategorien anstelle von zwei angewendet werden. Ein Kategorisierungssystem, das sich auf drei Kategorien stützt, die jeweils ein Drittel aller Teilnehmenden beinhalten, erzielt dabei die niedrigsten F1-Scores. Die Vorhersagegenauigkeit in diesem Kategorisierungssystem beträgt 43,4 Prozent für die Fallgruppe mit freier Wortwahl (bei einer F1-Score von 0,445). Eine zufällige Schätzung würde eine Genauigkeit von 33,3 Prozent ergeben, was zehn Prozentpunkten weniger als die erreichte Genauigkeit im Rahmen dieses Modells entspricht. Bei allen Szenarien zeigt sich indes deutlich, dass die Vorhersagequalität in der Fallgruppe mit Sprachbefehlen beruhend auf vordefinierten Sätzen höher ausfällt als in der Fallgruppe mit freier Wortwahl.
78
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Tabelle 3.6 Variation in den Vorhersageindikatoren bei den Support-Vektor-Maschinen für andere Ansätze der Kategorisierung von Stimmung SVM-Vorhersage Fallgruppe 1 (Sprachbefehle basierend auf vordefinierten Sätzen)
SVM-Vorhersage Fallgruppe 2 (Sprachbefehle mit freier Wortwahl basierend auf typischen Voice-ShoppingSituationen)
Precision Rec./Gen. F1-Score Precision Rec./Gen. F1-Score Stimmungs-Score von 0,788 4 der Kategorie ‚schlechte Stimmung‘ zugeordnet (verwendet in diesem Forschungsartikel)
0,780
0,784
0,621
0,611
0,616
Stimmungs-Score von 0,767 4 der Kategorie ‚gute Stimmung‘ zugeordnet
0,766
0,767
0,641
0,636
0,639
Drei Kategorien mit den Grenzwerten 3 und 4
0,566
0,673
0,615
0,446
0,540
0,489
Drei Kategorien mit je einem Drittel der Teilnehmer pro Kategorie
0,571
0,556
0,563
0,455
0,434
0,445
Rec. = Recall Gen. = Vorhersagegenauigkeit N im Trainingsdatensatz: 307 (Fallgruppe 1); 297 (Fallgruppe 2) N im Testdatensatz: 205 (Fallgruppe 1); 198 (Fallgruppe 2)
3.4.4
Diskussion
Im Allgemeinen implizieren die vorliegenden Ergebnisse, dass es durchaus möglich ist, die Stimmung von Konsumenten mithilfe von Sprachdaten, die Smart Speakern zur Verfügung stehen, vorherzusagen. In diesem Abschnitt werden zunächst die Vorhersageleistungen der einzelnen Modelle mit einer Reihe interner und externer Benchmarks in Beziehung gesetzt. In Hinblick auf interne Benchmarks ermöglichen es die ermittelten Daten, die Stimmungsvorhersage beruhend auf Sprachmerkmalen und Wortwahl mit der Stimmungsvorhersage basierend auf einigen einfachen Heuristiken zu vergleichen. In Fallgruppe 1,
3.4 Studie 1: Vorhersage der Stimmung beim Voice-Shopping
79
in der vordefinierte Befehle als Eingabedaten verwendet werden, übertrifft der Machine-Learning-Ansatz die allein auf Heuristiken beruhende Vorhersage. In Fallgruppe 2, in der die Eingabedaten auf Befehlen mit freier Wortwahl begründet sind, schneidet die Heuristik in Bezug auf die Stimmungsvorhersage besser ab als der Machine-Learning-Ansatz. Demzufolge scheinen Sprachmerkmale in dem realistischeren Szenario von Fallgruppe 2 weniger relevante Informationen zu liefern. Das Hinzunehmen von Daten mit freier Wortwahl verbessert die Ergebnisse zwar geringfügig, übertrifft aber immer noch nicht die Ergebnisse der Heuristiken allein. Es ist insbesondere zu erwähnen, dass in beiden Fallgruppen die Kombination von Heuristiken und Machine Learning zu den besten Ergebnissen führt. In Bezug auf externe Benchmarks dürfte die meistverwandte Anwendung der INTERSPEECH-2013-Wettbewerb zur Vorhersage von Emotionen sein. Eine Nebenaufgabe dieses Wettbewerbs liegt dem hier vorliegenden Problem am nächsten: die Vorhersage der Valenz (d. h. die Frage nach der positiven oder negativen Valenz), die als Zusammenfassung einer Reihe vordefinierter Emotionen operationalisiert wurde. So wurde im Wettbewerb z. B. eine frustriert klingende Aufnahme als negative Valenz einsortiert (vgl. Schuller et al. 2013). Die Gewinner Gosztolya, Busa-Fekete und Toth (2013) erzielten sowohl eine Vorhersagegenauigkeit bzw. einen gewichteten Recall von 63,26 Prozent. In beiden Fallgruppen übertrifft der Ansatz der Support-Vektor-Maschine in dieser Arbeit die Leistung ihres Klassifikators (in Fallgruppe 2 jedoch nur, wenn die Information der Wortwahl einbezogen wird). Diese höhere Vorhersagegenauigkeit bzw. der höhere Recall erweisen sich angesichts der Aufzeichnungen, die im Rahmen der INTERSPEECH 2013 verwendet wurden, als etwas überraschend. Für den Wettbewerb wurde der Geneva Multimodal Emotion Portrayals Corpus verwendet (vgl. Schuller et al. 2013). Dieser liefert Fälle emotionale Sprechweisen von Schauspielern, die professionell und bei konstantem Abstand zu den Mikrofonen sowie frei von störenden Hintergrundgeräuschen aufgezeichnet wurden (vgl. Bänziger et al. 2006). Sprachdaten, die über Smart Speaker erfasst werden, bieten selten diese Qualität, wobei die Befehle in der Regel kurz ausfallen, der Abstand zur Mikrofonvariablen gering ist und Sätze von gewöhnlichen Menschen im Alltag geäußert werden. Die in dieser Studie gesammelten Sprachbefehle, die für diese Forschungsarbeit gesammelt wurden, weisen je nach verwendeten PC-Mikrofonen und Hintergrundgeräuschen eine stark variierende Qualität auf. Mithin soll in diesem Abschnitt zusätzlich die Frage diskutiert werden, wie die Vorhersage der Stimmung mit bestimmten Aspekten der Voice-ShoppingSituation verknüpft ist. Hierbei deuten die Ergebnisse dieser Arbeit auf einige
80
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Herausforderungen hin. Es ist von Bedeutung, dass die Vorhersagequalität bei Verwendung von Sprachbefehlen mit freier Wortwahl deutlich geringer ausfällt als in Situationen, in denen vordefinierte Befehle verwendet werden. Nimmt indes der Pool an möglichen Sprachbefehlen zu – wie es für viele Anwendungssituation wahrscheinlich der Fall sein wird –, könnten sich allerdings gravierendere Vorhersageprobleme zeigen. Die zusätzlichen Informationen, die die Daten mit freier Wortwahl bieten, verbessern die Vorhersagequalität zwar geringfügig, können aber das durch die erhöhte Variabilität der Befehle selbst verursachte Rauschen in den Daten nicht aufwiegen. Dagegen scheint die Anzahl vorliegender Sprachbefehle kein relevanter Treiber für die Vorhersagequalität zu sein, sofern das Trainings-Set mehrere Sprachbefehle pro Benutzer enthält. Insbesondere die Robustheitsprüfungen veranschaulichen, dass selbst bei zwei Sprachbefehlen pro Teilnehmenden in den Testdaten die Vorhersagequalität nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Zusammenfassend deuten die Ergebnisse dieser Studie darauf hin, dass die Betreiber von Voice-Shops durchaus in einer Vielzahl von Situationen die Stimmungslage ihrer Kunden vorhersagen können. In diesem Kontext wirft sich die Frage auf, wie sie dieses Wissen erfolgreich nutzen können. In der nächsten Studie werden dafür Hypothesen aufgestellt, wie Kenntnis über die Stimmung von Konsumenten dazu benutzt werden kann, diese zu beeinflussen oder auch zu unterstützen.
3.5
Studie 2: Das Wissen um die Kundenstimmung als Voice-Händler nutzen
3.5.1
Überblick
Studie 1 kommt zu dem Ergebnis, dass Smart Speaker Händlern ein erhöhtes Potenzial bieten, die Stimmung ihrer Kunden besser zu erfassen. In dieser Studie geht es um die Frage, wie sich dieses Wissen konkret nutzen lässt. Dabei liegt der Fokus auf zwei möglichen Handlungsoptionen. Zum einen könnten die Händler ihr Wissen über die Kundenstimmung nutzen, um gut gelaunte Kunden mit höherpreisigen Produkten zu bedienen. Zum anderen könnten die Händler ihre Auswahlarchitektur dahin gehend anpassen, dass stimmungsabhängige Entscheidungsverzerrungen berücksichtigt werden. Im Folgenden werden auf Grundlage der bestehenden Literatur zu Stimmung und Shopping zwei entsprechende Hypothesen aufgestellt, die anschließend im Rahmen zweier Experimente geprüft werden.
3.5 Studie 2: Das Wissen um die Kundenstimmung …
3.5.2
81
Hypothesenentwicklung
3.5.2.1 Einfluss von Stimmung auf die Auswahl höherpreisiger Produkte Beim Offline-Shopping führt eine positive Stimmung zu höheren Gesamtausgaben im Rahmen einer einzigen Einkaufstour sowie einer allgemein höheren Zahlungsbereitschaft. Donovan et al. (1994) sowie Spies et al. (1997) liefern Beweise dafür, dass Konsumenten mehr Zeit in Geschäften verbringen und mehr Geld ausgeben, wenn sie in einer positiven Stimmung sind. Donovan et al. (1994) befragten Konsumenten vor Beginn ihrer Einkaufstour nach ihren geplanten Ausgaben und ihrer Stimmung. Im Anschluss an die Einkaufstour wurden die getätigten Einkäufe überprüft. Während schlecht gelaunte Konsumenten weitgehend die geplanten Artikel gekauft und ihre Ausgabenziele dabei nicht überschritten haben, gaben gut gelaunte Konsumenten tendenziell mehr Geld aus als ursprünglich geplant und hielten sich überdurchschnittlich lange im Supermarkt auf. Spies et al. (1997) modifizierten die Atmosphäre im Geschäft, um die Stimmung von Konsumenten entsprechend zu beeinflussen. Ihre Ergebnisse belegen, dass gut gelaunte Konsumenten mehr Geld für Artikel ausgegeben haben, die ihnen schlichtweg gefallen haben. In einem Laborexperiment modifizierten Murray et al. (2010) die Stimmung durch eine gesteigerte Exposition gegenüber Sonnenschein, indem sie spezielle Lampen verwendeten bzw. entsprechend nicht verwendeten. Die Forscher berichten, dass eine stärkere Sonneneinstrahlung (die mit gesteigerter Stimmung verbunden ist) die Zahlungsbereitschaft steigert. Diese Effekte lassen sich durch die drei in Abschnitt 3.3.1 beschriebenen Mechanismen erklären: Stimmungsschutz, ein allgemein höheres Maß an Selbstvertrauen und Attributionseffekte. Positiv gestimmte Konsumenten versuchen, ihren gegenwärtigen Befindlichkeitszustand zu bewahren. Auf dieser Grundlage werden sie eher bereit sein, kostspieligere Produkte zu akzeptieren, da sie glauben, auf diese Weise eine mögliche Enttäuschung verhindern zu können (vgl. Isen/Levin 1972). Eine starke Abhängigkeit von einer preislichen Heuristik lässt sich in einem solchen Fall durch das hohe Selbstvertrauen erklären, das durch die positive Stimmung auftritt und oftmals oberflächliche Verarbeitungsstrategien zur Folge hat (vgl. Forgas 2011). Der Attributionseffekt führt zu allgemein höheren Produktbewertungen, da Individuen ihre gute Stimmung auf andere Einflüsse übertragen (vgl. Gorn/Goldberg/Basu 1993). Diese stimmungsabhängigen Effekte sind vor allem im Kontext des VoiceShoppings interessant, da es Voice-Shopping einem Händler ermöglicht, die vorgeschlagenen Produkte sowie deren Preise dynamisch anzupassen. Eine solche Anpassung ist beim Online-Shopping nicht in gleichem Maße möglich, da
82
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
in der Regel alle Produkte gleichzeitig präsentiert werden. Es ist wahrscheinlich, dass Konsumenten mit positiver Stimmung höhere Produktpreise akzeptieren als Konsumenten mit negativer Stimmung. Des Weiteren könnte es die sequenzielle Produktpräsentation Konsumenten erschweren, sich einen umfassenden Überblick über Bezugspunkte und Preise zu verschaffen. Daraus folgt Hypothese 1: H1 :
Konsumenten in einer eher positiven Stimmung entscheiden sich verstärkt für höherpreisige Produkte als Konsumenten in einer eher negativen Stimmung
3.5.2.2 Einfluss von Stimmung und Informationsbereitstellung auf die Optimalität von Kaufentscheidungen Die sequenzielle Produktpräsentation als einzig mögliche Option im VoiceShopping kann suboptimale Kaufentscheidungen bedingen. Bohnet, van Geen und Bazerman (2016) belegen für den Arbeitsmarkt, dass im Rahmen einer separaten Bewertung von Bewerbenden – ähnlich wie bei einer sequenziellen Produktpräsentation – die Wahl der optimalen Option weniger wahrscheinlich ist. Die simultane Bewertung von Bewerbenden erhöht die Konzentration auf die individuelle Leistung, reduziert geschlechtsspezifische Verzerrungen und erhöht die Entscheidungsqualität. Beim Voice-Shopping ist die Menge der für ein einzelnes Produkt bereitgestellten Informationen eher gering. Im dominierenden Voice-Shop von Amazon werden lediglich Informationen über den Produktnamen, die Marke, die Verpackungsgröße und den Preis bereitgestellt. Diese begrenzten Informationen könnten die Optimalität der Kaufentscheidungen zusätzlich beeinträchtigen. Eine optimale Wahl beim Voice-Shopping zu treffen, gestaltet sich insgesamt eher schwierig. Zusammen mit einem allgemein höheren Selbstvertrauen sowie oberflächlichen Verarbeitungsstrategien im Fall positiver Stimmung eines Konsumenten (vgl. Forgas 2011) ist es unwahrscheinlich, dass Konsumenten ohne weitere Hilfe das optimale Produkt wählen. Positiv gestimmte Konsumenten könnten aufgrund ihrer positiven Stimmung durch eine einfache Produktbeschreibung überzeugt werden, ohne weitere Recherchen anzustreben, da sie Produkte weniger systematisch bewerten und die Entscheidungsfindung beschleunigt werden kann (vgl. Golden/Zimmerman 1986; Hill/Gardner 1987). Ein möglicher Weg, Konsumenten in positiver Stimmung vor dieser Verhaltensweise zu schützen und zu einer besseren Entscheidung zu verhelfen, könnte darin bestehen, sie zu verpflichten, weitere Informationen zu hören und somit einer heuristischen Bewertung der knappen Informationsmenge entgegenzuwirken. Der (derzeit)
3.5 Studie 2: Das Wissen um die Kundenstimmung …
83
dominierende Voice-Shop von Amazon ermöglicht es den Konsumenten, zusätzliche Informationen anzufordern. Es ist wahrscheinlich, dass diese Option von eher schlecht gestimmten Konsumenten genutzt wird, die tendenziell eine kritischere Bewertung der Produkte vornehmen. Gleichwohl ist es unwahrscheinlich, dass positiv gestimmte Konsumenten sich dieser Option bedienen, was auf ihr üblicherweise hohes Maß an Selbstvertrauen zurückzuführen ist (vgl. Forgas 2011). Daraus folgt Hypothese 2: H2 :
3.5.3
Die Optimalität einer Kaufentscheidung kann für Konsumenten in positiver Stimmung verbessert werden, wenn sie verpflichtet sind, zusätzliche Produktinformationen anzuhören. Dies ist nicht der Fall, wenn sie selbst entscheiden können, ob sie weitere Informationen benötigen
Studie 2a: Stimmungsabhängiges Kaufverhalten bei höherpreisigen Produkten
In Studie 2a wird analysiert, wie Konsumenten aufgrund ihrer Stimmung reagieren, wenn die Preise einiger Produkte auf ein Preisniveau festgelegt werden, das über die Grenze hinausgeht, bei der Produkte als sehr kostspielig eingestuft werden. Dies wird mit einer Situation verglichen, in der die Produkte diesen Schwellenwert nicht überschreiten.
3.5.3.1 Methode Versuchsdesign In Studie 2a wird ein Design mit zwei Fallgruppen verwendet: (1) normale Preise und (2) hohe Preise; die Teilnehmenden werden den Fallgruppen zufällig zugeordnet. Sie wurden gebeten, eine Tafel Vollmilchschokolade (100 g) mit dem bereitgestellten Smart Speaker zu kaufen. Es handelte sich dabei um ein anreizkompatibles Laborexperiment mit 175 Teilnehmenden. Die Daten von zehn Personen waren aufgrund von Software-Problemen mit dem Sprachassistenten nicht verfügbar. Damit verbleiben 79 Teilnehmende in Fallgruppe 1 und 86 Teilnehmende in Fallgruppe 2. Es wurde die Stimmungslage der Teilnehmenden mithilfe von Selbsteinschätzungen ermittelt. Die Befragung hierzu wurde nach dem Zufallsprinzip vor oder nach der Auswahlaufgabe durchgeführt. Um die Anreizkompatibilität zu gewährleisten, wurden den Teilnehmenden zusätzlich zu einer Basisvergütung für die Teilnahme (basierend auf 10 EUR/Stunde) 2 EUR zur Verfügung gestellt. Die Teilnehmenden waren verpflichtet, die Schokolade zu kaufen, die sie in der Auswahlaufgabe ausgewählt hatten; das restliche Geld konnte behalten werden.
84
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Produkt-Stimuli Den Teilnehmenden (die diese Informationen nicht kannten) standen vier verschiedene Tafeln Schokolade zur Verfügung. Die Informationen, die die Teilnehmenden über die Schokolade erhalten konnten, waren den Informationen ähnlich, die Konsumenten im dominierenden Voice-Shop von Amazon erhalten können: Produktbeschreibung, Marke, Packungsinhalt und Preis. Produktbeschreibung und Packungsinhalt waren für alle Produkte in allen Fallgruppen identisch und auf Vollmilchschokolade sowie eine Tafelgröße von 100 g (die typische Tafelgröße für Schokolade in Deutschland) festgelegt. Die Reihenfolge der Produkte erfolgte nach dem Zufallsprinzip. Insgesamt wurden zwei Marken mit hohem Markenwert (Lindt und Ritter Sport) sowie zwei Marken mit geringem Markenwert (Alpia und Gut und Günstig) im Experiment verwendet. Alle Marken wurden auf der Grundlage einer subjektiven Einschätzung des Markenwerts ausgewählt. Die getroffenen Annahmen konnten durch eine kurze Umfrage durch einen europäischen Panel-Anbieter (n = 160) bestätigt werden. Der Markenwert wurde anhand der Overall Brand Equity(OBE)-Skala (vgl. Yoo/Donthu 2001) bewertet. Die detaillierten Skalen sind in Anhang B.4 zu finden. Der Markenwert erstreckt sich dabei über eine Skala von 1 bis 5. Lindt und Ritter Sport weisen höhere Markenwerte (2,95 und 2,82) auf als Alpia und Gut und Günstig (2,43 und 2,42). Die Mittelwerte der beiden Markenwert-Gruppen variieren (MHoherMarkenwert = 2,90; MGeringerMarkenwert = 2,42; t = 2,835; p = 0,005). Produktpreise Zur Festlegung der Produktpreise wurde eine kurze Umfrage mit Clickworkern durchgeführt (n = 145). Die Teilnehmenden wurde gebeten, die Aussage ‚Eine sehr teure Tafel Vollmilch-Schokolade (100 g) kostet mehr als …‘ sowie die Aussage ‚Eine sehr günstige Tafel Vollmilch-Schokolade (100 g) kostet weniger als …‘ zu vervollständigen, mit dem Ziel, Daten über die Preisbewertung der Konsumenten für diese Produktkategorie zu sammeln. Das 75-Prozent-Quantil für eine sehr teure Tafel Schokolade beträgt 1,40 EUR. Um diesen Preispunkt zu unterschreiten, wird der Preis der Marke Lindt (da es sich um die Marke mit dem höchsten Markenwert im Set handelt) für die Fallgruppe mit normaler Preisbedingung auf 1,39 EUR pro Tafel festgelegt. Der Median-Preis für eine sehr teure Tafel Schokolade beträgt 1,20 EUR. Der Preis für die zweite Marke mit hohem Markenwert (Ritter Sport) wurde daher auf 1,19 EUR pro Tafel Schokolade festgelegt. Das 25-Prozent-Quantil für eine sehr preiswerte Tafel Schokolade beträgt 0,80 EUR, weshalb der Preis für Gut und Günstig auf 0,79 EUR festgelegt wurde. Der Median-Preis für eine sehr preiswerte Tafel Schokolade betrug 0,99 EUR, was als Preis für Alpia angesetzt wurde.
3.5 Studie 2: Das Wissen um die Kundenstimmung …
85
Für die zweite Fallgruppe (hohe Preise) wurden die Preise für Produkte mit hohem Markenwert um 20 Prozent erhöht und auf einen Preis von x,x9 EUR gerundet. Damit ergibt sich für Lindt ein Preis von 1,69 EUR und für Ritter Sport von 1,39 EUR pro Tafel Schokolade. Die Preise für die Produkte mit niedrigem Markenwert wurden nicht geändert, um ein Umfeld zu schaffen, in dem die Produkte mit hohem Markenwert überproportional teurer sind als die Produkte mit niedrigem Markenwert. Stimmungsmessung Zur Beurteilung der Stimmung der Teilnehmenden wird die gleiche Skala wie in Studie 1 herangezogen (siehe Unterabschnitt 3.4.1.2). Zufriedenheitsmessung Darüber hinaus wird die Zufriedenheit der Kunden in Hinblick auf das Einkaufserlebnis gemessen. Dabei fanden Items von Devaraj et al. (2002) Anwendung. Alle Items wurden auf einer Skala von 1 bis 7 bewertet, wobei eine höhere Zufriedenheit durch eine höhere Zahl signalisiert wird. Die detaillierten Skalen sind in Anhang B.5 zu finden. Implementierung von Voice-Shopping Im Rahmen dieses Experiments wurde Amazons Sprachassistent Alexa verwendet. Als Smart Speaker wurden Echo Dots der zweiten Generation (Amazon 2019) als Smart Speaker eingesetzt. Folglich konnten sich die Teilnehmenden ausschließlich über Sprachbefehle innerhalb des Shops bewegen. Anstatt den originalen Voice-Shop von Amazon zu verwenden (der nicht gesteuert werden kann), wurde ein Voice-Skill (eine App für Alexa) programmiert, der die Amazon-Voice-Shop-Umgebung simuliert, aber im Rahmen des Experiments vollständig kontrolliert werden konnte. Somit kommt die Laborumgebung einem realen Voice-Shopping-Erlebnis sehr nahe. Vor dem Einkaufsvorgang wurden die Teilnehmenden gebeten, bestimmte Aufgaben zu lösen, um sich zunächst mit der Sprachoberfläche vertraut zu machen. Einzelheiten zu diesen Aufgaben sind in Anhang B.6 aufgeführt.
3.5.3.2 Ergebnisse Um den Zusammenhang zwischen Produktpreisen, Stimmung und Produktwahl zu analysieren, wird eine multinomiale logistische Regression verwendet. Die abhängige Variable dabei ist die gewählte Marke mit vier möglichen Ausprägungen: Alpia, Gut und Günstig, Lindt und Ritter Sport. Als Referenzoption diente die alphabetisch erste Marke (Alpia). Als unabhängige Variable werden der allgemeine Preiseffekt für alle Marken und die Interaktion von Preis und Stimmung auf Markenebene genutzt. Die Stimmungslage ist für diese Analyse mittelwertzentriert. Tabelle 3.7 enthält die Ergebnisse dieser Analyse.
86
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Tabelle 3.7 Multinomiale Regression auf die Markenwahl in Abhängigkeit von Stimmung und Preis Abhängige Variable:
Markenwahl (Referenzoption: Wahl von Alpia) Gut und Günstig
Lindt
Ritter Sport
−1,174 (1,295)
−1,174 (1,295)
−1,174 (1,295)
(Achsenabschnitt)
0,620+ (0,369)
1,158 (0,766)
1,267** (0,476)
Stimmung*Preis
−0,023 (0,281)
0,364* (0,174)
0,370* (0,187)
Unabhängige Variable (Genereller Effekt) Preis Unabhängige Variable (markenspez. Effekt)
+: p ≤ 0,10; *: p ≤ 0,05; **: p < 0,01; ***: p < 0,001 (zweiseitig) Standardfehler sind in Klammern angegeben. N = 165 Log-Likelihood: −213,57 McFadden R2 : 0,029 Likelihood-Ratio-Test: χ2 = 12,869 (p < 0,012)
Gemäß H1 sollten sich Konsumenten bei positiver Stimmung weniger stark von höheren Preisen beeinträchtigt lassen. Die Ergebnisse der multinomialen logistischen Regression unterstützen diese Hypothese. Für beide Marken mit hohem Markenwert zeigt sich eine signifikante (p < 0,05) Interaktion zwischen Stimmung und Produktpreis. Dies bedeutet, dass eine überdurchschnittliche Stimmung dem typischen negativen Preiseffekt entgegenwirkt und die Wahl von Lindt oder Ritter Sport wahrscheinlicher wird. Eine unterdurchschnittliche Stimmung verstärkt den negativen Einfluss des Preises auf die Auswahlwahrscheinlichkeit. Darüber hinaus wurde die Zufriedenheit der Teilnehmenden mit dem Einkaufserlebnis bewertet. Es offenbart sich kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der durchschnittlichen Zufriedenheit zwischen den Fallgruppen (Mnormaler_Preis = 4,57; Mhoher_Preis = 4,67; t = 0,403; p = 0,687). Mithilfe einer OLS-Regression wurden ferner der Einfluss der Stimmung (mittelwertzentriert), der Preis des gewählten Produkts und deren Interaktion auf die Zufriedenheit untersucht. Es treten keine signifikanten Auswirkungen zutage (bStimmung = 0,125 (0,435); p = 0,774; bPreis = −0,668 (0,409); p = 0,104, bStimmung*Preis = 0,336 (0,398); p = 0,400).
3.5 Studie 2: Das Wissen um die Kundenstimmung …
3.5.4
87
Studie 2b: Optimalität der Kaufentscheidung in Abhängigkeit von Informationsbereitstellung und Stimmung
Während sich Studie 2a auf die Wechselwirkung von Stimmung und Preisen konzentriert, beschäftigt sich Studie 2b mit der stimmungsabhängigen Nutzung von Informationen. Im Rahmen von Studie 2b wird die Optimalität der Kaufentscheidungen in Abhängigkeit der Menge der (in einem anreizkompatiblen Laborexperiment) bereitgestellten Informationen bewertet. Um die optimale Wahl aus der Menge an angebotenen Produkten zu identifizieren, mussten die Teilnehmenden einige Zeit nach dem Einkauf eine Conjoint-Analyse durchführen.
3.5.4.1 Methode Versuchsdesign Die Teilnehmenden von Studie 2b wurden angewiesen, einen Bluetooth-Lautsprecher per Voice-Shopping zu erwerben. Das Experiment umfasste drei Fallgruppen: (1) grundlegende Informationen, (2) Zusatzinformationen auf Anfrage sowie (3) obligatorische Zusatzinformationen. In der Fallgruppe mit grundlegenden Informationen wurden den Teilnehmenden der Produktname, die Marke des Produkts und die durchschnittliche Akkulaufzeit angegeben (dies entspricht ungefähr jenen Informationen, die bei Amazons VoiceShoppingfunktion zur Verfügung gestellt werden). In beiden Fallgruppen mit Zusatzinformationen erhielten die Teilnehmenden zudem Informationen über die durchschnittliche Kundenbewertung des Produkts und die beste positive sowie die beste negative Kundenrezension (in Form des vollständigen Texts). In der Fallgruppe ‚obligatorische Zusatzinformationen‘ erhielten alle Teilnehmenden diese Informationen. Bei der Fallgruppe mit Zusatzinformationen auf Anfrage wurden allen Teilnehmenden zunächst grundlegende Informationen zur Verfügung gestellt, und sie konnten anschließend die Zusatzinformationen anfordern. Die Teilnehmenden konnten sich die Kundenbewertung und die beiden Rezensionen anhören oder auch nur eine der beiden Informationen anfragen. Alle Produkt-Stimuli sind in Anhang B.7 angegeben. An dieser Studie nahmen 175 Personen teil. Die Daten von zehn Teilnehmenden sind aufgrund von Software-Problemen mit dem Sprachassistenten nicht verfügbar. 13 Teilnehmende verließen das Labor noch vor der Teilnahme an der separaten Conjoint-Aufgabe. Die Teilnehmenden wurden den Fallgruppen zufällig zugeordnet. Um sicherzustellen, dass in etwa gleich viele Personen ausschließlich Zugang zu den grundlegenden und zusätzlichen Informationen hatten, wurde die Fallgruppe mit grundlegenden Informationen bei der zufälligen Zuweisung doppelt gewichtet.
88
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Um die Anreizkompatibilität zu gewährleisten, hatten die Teilnehmenden eine Chance von zehn Prozent, den gewählten Lautsprecher in einer Lotterie zu gewinnen. Die Teilnehmenden wurden bereits im Vorfeld des Experiments umfassend darüber informiert. Preisinformationen wurden in der Studie vermieden, um zu verhindern, dass die Wahl der Teilnehmenden durch den Geldwert bestimmt wurde. Die Teilnehmenden erhielten für ihre Teilnahme eine Grundvergütung auf Basis eines Stundensatzes von 10 EUR. Neben der Voice-Shopping-Aufgabe wurde auch die Stimmungslage der Teilnehmenden bewertet. Um Auswirkungen aufgrund der Reihenfolge zu verhindern, wurde die Stimmungsbeurteilung nach dem Zufallsprinzip direkt vor oder nach der Voice-Shopping-Aufgabe durchgeführt. Nach Abschluss der Voice-ShoppingAufgabe wurden die Teilnehmenden hinsichtlich ihrer Zufriedenheit mit dem Einkaufserlebnis befragt. Jeder Teilnehmende saß in einer von den anderen Teilnehmenden getrennten Kabine und hatte seinen eigenen Smart Speaker zur Verfügung. Zehn bis 30 Minuten (abhängig von der Dauer anderer Experimente, die im gleichen Set durchgeführt wurden) mussten die Teilnehmenden eine Conjoint-Aufgabe beantworten, um anhand dessen den Nutzen der angebotenen Produkte zu ermitteln. Produkt-Stimuli Als Produkt für dieses Experiment wurden BluetoothLautsprecher ausgewählt. Die Entscheidung fiel auf dieses Produkt, da seine grundlegende Anwendung leicht verständlich ist, aber die Produktleistung gleichzeitig auf einigen Parametern beruht, die von individuellen Präferenzen und Anforderungen abhängen. So müssen Konsumenten beispielsweise die maximale Lautstärke mit der durchschnittlichen Akkulaufzeit abwägen oder entscheiden, wie bedeutend für sie ein starkes Bassvolumen ist. Für das Voice-Shop-Angebot wurden vier Produkte ausgewählt. Die Auswahl beruht auf der Suche nach Bluetooth-Lautsprechern im nationalen Online-Shop von Amazon. Alle vier verwendeten Produkte waren unter den ersten sechs Suchergebnissen zu finden. Zwei Produkte wurden ausgeschlossen, da für diese jeweils lediglich eine Kundenbewertung vorlag bzw. um die Varianz in der Kundenbewertung zu erhöhen. Messungen Die Stimmung wurde identisch zu Studie 1 bzw. Studie 2a gemessen. Um die Kundenzufriedenheit hinsichtlich des Einkaufserlebnisses zu messen, wurden die von Devaraj et al. (2000) entwickelten Items herangezogen. Diese wurden um ein weiteres Element ergänzt, das sich auf die Zufriedenheit in Bezug auf die verfügbaren Informationen konzentriert. Alle Artikel wurden auf einer Skala von 1 bis 7 bewertet, wobei eine höhere Zufriedenheit durch eine höhere
3.5 Studie 2: Das Wissen um die Kundenstimmung …
89
Zahl signalisiert wird. Die detaillierten Skalen zur Zufriedenheitsmessung sind Anhang B.5 zu entnehmen. Implementierung von Voice-Shopping Hier wurde ähnlich vorgegangen wie bei Studie 2a. Um den Anforderungen des Experiments gerecht zu werden, wurde ein Voice-Skill (eine App für Alexa) entwickelt, der es ermöglicht, verschiedene Arten von Informationen zu implementieren und die Teilnehmenden in die Lage versetzt, weitere Informationen anzufordern (falls sie der Fallgruppe mit Zusatzinformationen auf Anfrage zugeteilt wurden). Die Sprachausgabe des Skills selbst informierte die Teilnehmenden der Fallgruppe mit Zusatzinformationen auf Anfrage über die verfügbaren Informationen und die Möglichkeit, diese anzufragen. Abhängige Variable: Entfernung zum optimalen Produkt Die abhängige Variable in diesem Experiment ist die Nutzendifferenz eines Teilnehmenden zwischen dem gewählten Produkt und dem optimalen Produkt. Um das optimale Produkt sowie die Entfernung zwischen dem gewählten und dem optimalen Produkt zu bestimmen, nahm jeder Teilnehmende zehn bis 30 Minuten nach der VoiceShopping-Aufgabe an einer Rating-basierten Conjoint-Analyse teil. Um die Werte des Teilnutzens auf individueller Ebene zu bewerten, musste jeder Teilnehmenden zehn paarweise Vergleiche vornehmen und jedes Paar auf einer Sieben-Punkte-Skala bewerten, wobei sich die Bandbreite von einer starken Präferenz für Alternative A (= 1) bis zu einer starken Präferenz für Alternative B (= 7) erstreckte. Die paarweisen Vergleiche wurden zufällig aus einer Reihe von 20 Produkt-Stimuli ausgewählt, die jeweils exakt einmal auftraten. Für die Zusammenstellung der Produkt-Stimuli ergeben sich auf Basis der im Experiment angebotenen Produkte die folgenden Kombinationen: 4 (Marken; nominal) × 2 (durchschnittliche Akkulaufzeit; metrisch) × 2 (Kundenbewertung; quasi metrisch) × 4 (Kundenrezensionen; nominal). Auf Grund der Vielzahl möglicher Kombinationen wird der Exchange-Algorithmus von Federov verwendet, um ein reduziertes Versuchsdesign mit 20 Stimuli zu erzeugen (vgl. Federov 1972). Die Stimuli der Conjoint-Analyse sind in Anhang B.8 abgebildet. Basierend auf den ermittelten Teilnutzen-Werten kann der Nutzen für jede der vier angebotenen Produktalternativen auf individueller Ebene berechnet werden. Folglich wurde der Grad der Optimalität der einzelnen Entscheidungen ermittelt, indem der Nutzen des gewählten Produkts vom Nutzen des optimalen Produkts (des Produkts mit dem höchsten Nutzen) abgezogen wurde. Daraus resultiert Folgendes: Je größer die Entfernung ist, desto schlechter ist die Entscheidung eines Konsumenten.
90
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
3.5.4.2 Ergebnisse Tabelle 3.8 gibt einen Überblick darüber, wie häufig ein Produkt in Studie 2b ausgewählt wurde (identifiziert durch die jeweilige Marke). Die Ziffer in den Klammern von Tabelle 3.8 spiegelt wider, für wie viele Teilnehmende das entsprechende Produkt das optimale Produkt gewesen wäre. Beispielsweise wählten zwölf Teilnehmende das Produkt der Marke EasyAcc in der Fallgruppe mit grundlegenden Informationen, während es für zehn Teilnehmende das optimale Produkt war. Tabelle 3.8 veranschaulicht ferner die durchschnittliche Entfernung zum optimalen Produkt innerhalb jeder Fallgruppe. Die Konsumenten in der Fallgruppe mit grundlegenden Informationen wiesen die größte Entfernung zum optimalen Produkt auf. Die geringste Entfernung zum optimalen Produkt ergibt sich in der Fallgruppe mit Zusatzinformationen auf Anfrage.
Tabelle 3.8 Übersicht über gewählte und optimale Produkte und durchschnittliche Distanz zum optimalen Produkt je Fallgruppe Fallgruppe
EasyAcc
Ednet
Itgut
JBL
Durchschnittliche Distanz zum optimalen Produkt
12 (10)
10 (30)
29 (22)
22 (11)
3.122
Zusatzinformationen auf Anfrage
9 (5)
4 (12)
19 (18)
10 (7)
2.290
Obligatorische Zusatzinformationen
7 (4)
5 (11)
16 (14)
9 (8)
3.118
Grundlegende Informationen
# Gewähltes Produkt (# optimales Produkt)
Um den Einfluss der Stimmung auf die Optimalität der Konsumentenentscheidung zu beurteilen, wird eine lineare OLS-Regression mit der Entfernung zum optimalen Produkt als abhängige Variable verwendet. Die unabhängigen Variablen umfassen die drei Fallgruppen (mit grundlegenden Informationen als Referenzbedingung), die Stimmung (mittelwertzentriert) sowie deren Interaktion. Tabelle 3.9 enthält die Ergebnisse dieser Regressionsanalyse. Es zeigt sich ein direkter Effekt der Entfernung zum optimalen Produkt, wenn Konsumenten zusätzliche Informationen anfordern können (bZusatz_aufAnfrage = −1,018; p < 0,05).
3.5 Studie 2: Das Wissen um die Kundenstimmung …
91
Tabelle 3.9 OLS-Regression auf Distanz zum optimalen Produkt in Abhängigkeit von Fallgruppe und Stimmung Abhängige Variable:
Distanz zum optimalen Produkt
Unabhängige Variablen: (Achsenabschnitt)
3,102*** (0,280)
Zusatzinformationen auf Anfrage
−1,018* (0,467)
Obligatorische Zusatzinformationen
−0,235 (0,493)
Stimmung
0,428 (0,274)
Zusatzinformationen auf Anfrage * Stimmung
1,103* (0,528)
Obligatorische Zusatzinformationen * Stimmung
−1,438** (0,488)
+: p ≤ 0,10; *: p ≤ 0,05; **: p < 0,01; ***: p < 0,001 (zweiseitig) Standardfehler sind in Klammern angegeben. N = 152 R2 : 0,140 Adj. R2 : 0,111 F (5;146) = 4,761 (p < 0,001)
Laut H2 wird die Optimalität der Kaufentscheidung für positiv gestimmte Konsumenten höher sein, wenn sie dazu verpflichtet sind, zusätzliche Produktinformationen zu hören. Dies ist indes nicht der Fall ist, wenn ihnen lediglich die Möglichkeit geboten wird, Zusatzinformationen anzufordern. Die Ergebnisse belegen den ersten Teil dieser Hypothese: Die Entscheidungsoptimalität von Konsumenten erhöht sich, wenn das Hören zusätzlicher Produktinformationen obligatorisch und ihre Stimmung überdurchschnittlich ist (bZusatz_obligatorisch*Stimmung = −1,438; p < 0,01). Entgegen der Annahme von H2 wird die Optimalität der Kaufentscheidung ebenfalls beeinflusst, wenn Konsumenten Zusatzinformationen anfordern können: Die Optimalität der unterdurchschnittlich gestimmten Konsumenten erhöht sich, wenn sie weitere Informationen anfordern können (bZusatz_aufAnfrage*Stimmung = 1,103; p < 0,05). Zur Veranschaulichung dieser Zusammenhänge dient Abbildung 3.1.
92
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
6
Grundlegende Informationen Zusatzinformationen auf Anfrage
Distanz zum optimalen Produkt
5
Obligatorische Zusatzinformationen
4 3 2 1 0 -3
-2
-1
0
1
2
Stimmung (mittelwertzentriert)
Abbildung 3.1 Interaktion zwischen Fallgruppe und Stimmung
Diese Ergebnisse könnten zu dem Schluss führen, dass positiv gestimmte Konsumenten von einem Format der Informationsdarstellung profitieren können, bei dem sie gezwungen sind, zusätzliche Produktinformationen anzuhören. Möglicherweise beeinflusst dies allerdings die Zufriedenheit der Konsumenten in Hinblick auf das Einkaufserlebnis in negativer Weise, da sie Produktinformationen über einen längeren Zeitraum hinweg hören müssen, bevor sie sich entscheiden dürfen. Dies wird mit einer linearen OLS-Regression mit der individuellen Zufriedenheit mit dem Einkaufserlebnis als abhängiger Variable sowie mit den drei Fallgruppen (mit grundlegenden Informationen als Referenzbedingung), der Stimmung (mittelwertzentriert) und deren Interaktion als unabhängige Variablen analysiert. Ausgenommen eines direkten Effekts der Stimmung, der den Schluss nahelegt, dass die Stimmung die Zufriedenheit im Allgemeinen verbessert (bStimmung = 0,541 (0,185); p < 0,01), ist keine der anderen unabhängigen Variablen signifikant. Tabelle 3.10 gibt die Ergebnisse dieser Analyse wieder.
3.5 Studie 2: Das Wissen um die Kundenstimmung …
93
Tabelle 3.10 OLS-Regression auf die Zufriedenheit mit dem Einkauf in Abhängigkeit von Fallgruppe und Stimmung Abhängige Variable:
Zufriedenheit mit dem Einkauf
Unabhängige Variablen: (Achsenabschnitt)
3,965*** (0,190)
Zusatzinformationen auf Anfrage
0,177 (0,316)
Obligatorische Zusatzinformationen
0,153 (0,333)
Stimmung
0,541** (0,185)
Zusatzinformationen auf Anfrage * Stimmung
0,289 (0,357)
Obligatorische Zusatzinformationen * Stimmung
−0,106 (0,331)
+: p ≤ 0,10; *: p ≤ 0,05; **: p < 0,01; ***: p < 0,001 (zweiseitig) Standardfehler sind in Klammern angegeben. N = 152 R2 : 0,116 Adj. R2 : 0,086 F (5;146) = 3,839 (p = 0,003)
Die Teilnehmenden wurden ferner gebeten, anzugeben, ob ihrer Meinung nach zu viele Informationen zur Verfügung gestellt wurden. Dies wurde mit einer linearen OLS-Regression mit den drei Fallgruppen (mit grundlegenden Informationen als Referenzbedingung), der Stimmung (mittelwertzentriert) und deren Interaktion als unabhängige Variablen analysiert. Tabelle 3.11 enthält die Ergebnisse dieser Analyse. Die direkten Effekte der Fallgruppen belegen, dass die Informationsmenge im Vergleich zur Fallgruppe mit grundlegenden Informationen als umfangreicher angesehen wurde, wobei der Koeffizient für die obligatorische Bereitstellung von Zusatzinformationen höher ausfällt als bei der Bereitstellung von Zusatzinformationen auf Anfrage (bZusatz_aufAnfrage = 1,195; p < 0,001; bZusatz_obligatorisch = 2,308; p < 0,001). Die Interaktion von Stimmung und obligatorischer Bereitstellung von Zusatzinformationen bedingt den Schluss, dass eine überdurchschnittliche Stimmung die wahrgenommene Informationsmenge senken kann (bZusatz_obligatorisch*Stimmung = −0,872; p < 0,01). Ein Blick auf die absoluten Werte (MGrundlegend = 1,86; MZusatz_aufAnfrage = 3,05; MZusatz_obligatorisch = 4,35) zeigt zudem, dass nur der Mittelwert der Fallgruppe mit obligatorischer Bereitstellung von Informationen über dem Mittel der Skala liegt.
94
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Tabelle 3.11 OLS-Regression auf die Frage nach zu vielen Informationen in Abhängigkeit von Fallgruppe und Stimmung Abhängige Variable:
Zu viele Informationen
Unabhängige Variablen: (Achsenabschnitt)
−0,939*** (0,182)
Zusatzinformationen auf Anfrage
1,195*** (0,304)
Obligatorische Zusatzinformationen
2,308*** (0,320)
Stimmung
0,122 (0,178)
Zusatzinformationen auf Anfrage * Stimmung
−0,158 (0,343)
Obligatorische Zusatzinformationen * Stimmung
−0,872** (0,318)
+: p ≤ 0,10; *: p ≤ 0,05; **: p < 0,01; ***: p < 0,001 (zweiseitig) Standardfehler sind in Klammern angegeben. N = 152 R2 : 0,334 Adj. R2 : 0,311 F (5;146) = 14,63 (p < 0,001)
Die erste Analyse ergab, dass Konsumenten mit unterdurchschnittlicher Stimmung bessere Entscheidungen treffen, wenn sie zusätzliche Informationen anfordern können. Um diesen Effekt weiter zu analysieren, wird die Anzahl der angeforderten Informationen näher betrachtet. Für diese Analyse werden ausschließlich Teilnehmende in der Fallgruppe mit Zusatzinformationen auf Anfrage betrachtet (da nur sie die Möglichkeit hatten, weitere Informationen anzufordern). Jeder Teilnehmende konnte bei jeder Produktpräsentation bis zu zwei Informationsanfragen stellen (Kundenbewertung und Kundenrezensionen). Eine lineare OLS-Regression (AV: Anzahl der angeforderten Informationen, UV: Stimmung (mittelwertzentriert)) liefert den Nachweis, dass Konsumenten in überdurchschnittlicher Stimmung weniger Informationen anfordern (bStimmung = −1,120; s. e. = 0,438; p = 0,014).
3.5 Studie 2: Das Wissen um die Kundenstimmung …
3.5.5
95
Diskussion
Die Ergebnisse von Studie 2a und Studie 2b deuten darauf hin, dass Händler Informationen über die Stimmung ihrer Kunden in einem Voice-Shopping-Umfeld nutzen können, um die Kaufentscheidungen ihrer Kunden zu beeinflussen. Studie 2a belegt, dass Kunden für etablierte Marken bei guter Stimmungslage mehr bezahlen. Als besonders interessant erweist sich das Ergebnis von Studie 2a in Kombination mit dem Ergebnis, dass sich auch bei einem Preisanstieg um rund 20 Prozent keine Unterschiede in puncto Zufriedenheit zutage treten. So könnte ein Voice-Händler das Wissen über die Stimmung des Kunden nutzen, um den Umsatz zu seinen Gunsten zu steigern. Studie 2b belegt, dass verschiedene Arten der Informationsbereitstellung Konsumenten helfen können, ihre Entscheidungen je nach ihrer Stimmung zu optimieren. In H2 wird angenommen, dass Konsumenten in positiver Stimmung am ehesten Produkte wählen, die dem optimal verfügbaren Produkt am nächsten kommen, wenn sie dazu verpflichtet sind, zusätzliche Produktinformationen zu hören. Die Ergebnisse der Studie 2b unterstützen und erweitern diese Hypothese. Die Auswirkungen unterschiedlicher Arten der Informationsbereitstellung hängen von der Stimmung ab (während die Stimmung selbst keinen Einfluss auf die Wahloptimalität hat). Negativ gestimmte Konsumenten fragen nach Zusatzinformationen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Hieraus zeigt sich das Phänomen, dass Konsumenten kritischer und systematischer in ihren Entscheidungen sind, wenn sie sich in einem Zustand negativer Stimmung befinden (vgl. Batra/Stayman 1990; Forgas 2011). Ein umgekehrter Effekt auf die Optimalität der Auswahl ist festzustellen, wenn es für Konsumenten obligatorisch ist, Zusatzinformationen zu hören. In einem solchen Fall fällen überdurchschnittlich gut gelaunte Konsumenten bessere Entscheidungen. Laut Flory, Matthews und Owens (1998) geht eine negative Stimmung oftmals mit Ungeduld einher. Während positiv gestimmte Konsumenten eher gewillt sind, lange Produktinformationen zu hören, scheint dies für negativ gestimmte Konsumenten nicht der Fall zu sein. Diese beiden Experimente belegen, dass die Stimmung die Entscheidungen von Konsumenten beeinflusst. In diesem Kontext anzumerken ist, dass in beiden Studien die Selbsteinschätzung der Teilnehmenden zur Messung der Stimmung verwendet wurde. Es bleibt zu klären, ob die Vorhersagequalität des in Studie 1 (Unterkapitel 3.4) genutzten Algorithmus zur Stimmungsvorhersage hoch genug wäre, um es den Händlern zu ermöglichen, die hier beschriebenen Stimmungseffekte zu nutzen oder sogar auszunutzen. Im folgenden Unterkapitel wird daher eine Sensitivitätsanalyse präsentiert, die sich mit diesem Thema befasst.
96
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
3.6
Sensitivitätsanalyse: Ergebnisse von Studie 2a und Studie 2b auf Grundlage (simulierter) vorhergesagter Stimmung
In diesem Kapitel sollen die Ergebnisse von Studie 1 und Studie 2 zusammengeführt werden. Es geht darum, zu klären, ob die Qualität der in Studie 1 (Abschnitt 3.4) erzielten Stimmungsvorhersage ausreicht, um die in Studie 2a (Abschnitt 3.5.3) und Studie 2b (Abschnitt 3.5.4) beobachteten Effekte in einer realen Voice-Shop-Umgebung effektiv zu nutzen. Dabei ist es relevant, zu beachten, dass zufällige Vorhersagefehler in die Stimmungsvorhersage integriert werden. Folglich lässt sich abschätzen, ob die in Studie 2 beobachteten Effekte unter Berücksichtigung von Zufallsfehlern reproduzierbar wären, indem die angegebene Stimmung der Teilnehmenden um zufällige Fehler ergänzt wird. Konkret soll die Sensitivitätsanalyse zeigen, wie hoch die Vorhersagegenauigkeit sein müsste, um in beiden Experimenten weiterhin signifikante Effekte in Bezug auf die Stimmungslage zu erzielen.
3.6.1
Methode
In dieser Studie werden die gleichen Hauptanalysen aus den Studien 2a und 2b durchgeführt. Gleichwohl wird der tatsächliche Stimmungs-Score um einen Zufallsfehler ergänzt, um zu eruieren, wie sich das Signifikanzniveau der Effekte ändert, wenn zufällige (Vorhersage-)Fehler zu den Variablen hinzugefügt werden. In einem ersten Schritt werden der Stimmungs-Score auf einen Mittelwert von 0 und eine Standardabweichung von 1 normalisiert. In einem zweiten Schritt wird ein Zufallsfehler mit einem Mittelwert von 0 und einer Standardabweichung von 1 erzeugt. In einem dritten Schritt wird ein theoretischer Wert für R2 angewendet, der simuliert, inwieweit ein Voice-Händler in der Lage wäre, die Stimmung von Konsumenten vorherzusagen. Die Formel zur Berechnung der simulierten vorhergesagten Stimmung lautet: VorhergesagteStimmung =
√
R 2 × StimmungsScore + (1 −
√
R 2 ) × Error (3.1)
Die vorhergesagte Stimmung für jeden R2 -Wert zwischen 0 und 1 wird in Schritten von 0,001 berechnet. Die Hauptanalysen aus Studie 2a und Studie 2b werden anhand dessen geschätzt und die p-Werte der Fokuskoeffizienten bewertet.
3.6 Sensitivitätsanalyse: Ergebnisse von Studie 2a und Studie 2b …
3.6.2
97
Ergebnisse
Studie 2a In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse von Studie 2a bezüglich der multinomialen Regression betrachtet, die zur Untersuchung der gewählten Marke verwendet wurde. Als unabhängige Variablen werden der allgemeine Preiseffekt für alle Marken und die Interaktion von Preis und Stimmung auf Markenebene genutzt. Für die Produkte mit hohem Markenwert, Lindt und Ritter Sport ergibt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen Stimmung und Preisniveau (die Ergebnisse dieser Regression auf Basis der tatsächlichen Stimmung sind in Tabelle 3.7 dargestellt). Abbildung 3.2 veranschaulicht die beobachteten p-Werte für die Interaktion zwischen Stimmung und Preis für die Marken Lindt und Ritter Sport. Auf Grundlage der p-Werte wird eine nichtparametrische Regressionslinie angepasst. Die horizontale Achse repräsentiert das R2 -Level und die vertikale Achse die geschätzten p-Werte. Die grüne Linie signalisiert ein Signifikanzniveau von fünf Prozent.
p-Werte für die Interaktion zwischen Preis und Stimmung (multinomiale logistische Regression)
1.0
1,0
0,8
0.8
0,8
0,6
0,4
0,4
0,2
0.2
0.4
0.4
pRitter p-Werte
0,6
0.6
0.8
1,0
0.6
1.0
Betrachtete Marke: Ritter Sport
0.2
pL inedrtte pW
Betrachtete Marke: Lindt
0.0
0.0
0,2
0
0
0 0.0
0,2 0.2
0,4 0.4
0,6 0.6
0,8 0.8
1,0 1.0
R2 des Models zu Vorhersage von Stimmung R2
5% Signifikanzniveau
Beobachtete p-Werte
0 0.0
0,2 0.2
0,4 0.4
0,6 0.6
0,8 0.8
1,0 1.0
R2 des Models zu Vorhersage von Stimmung R2 Nicht-parametrische Regressionslinie
Abbildung 3.2 Veränderung der p-Werte auf Grundlage der vorhergesagten Stimmung für den Interaktionseffekt zwischen Stimmung und Preis in der multinomialen logistischen Regression für die in Studie 2a verwendeten Marken Lindt und Ritter Sport
98
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Studie 2b Hier werden die Ergebnisse von Studie 2b zur linearen OLSRegression mit Wahloptimalität (Unterschied im Nutzen zwischen dem gewählten und dem optimalen Produkt) als abhängige Variable und den drei Fallgruppen (mit grundlegenden Informationen als Referenzbedingung), Stimmung (mittelwertzentriert) sowie ihrer Interaktion als unabhängige Variablen bewertet (die Ergebnisse dieser Regression auf Grundlage der tatsächlichen Stimmung sind in Tabelle 3.9 dargestellt). Abbildung 3.3 veranschaulicht die beobachteten p-Werte für die Interaktion zwischen Stimmung und Zusatzinformationen auf Anfrage sowie die Interaktion zwischen Stimmung und obligatorischen Zusatzinformationen. Auch hier wird wieder eine nichtparametrische Regressionslinie angepasst und mit einer weiteren Linie das Fünf-Prozent-Signifikanzniveau signalisiert.
p-Werte für die Interaktion zwischen den Fallgruppen und Stimmung
1.0
1,0
0,8
0.8
0,8
0,6
0,4
0,4
0,2
0.2
0.4
0.4
p Forced p-Werte
0,6
0.6
0.8
1.0
1,0
0.6
Obligatorische Zusatzinformationen * Stimmung
0.2
ppRe qu W eertset
Zusatzinformationen auf Anfrage * Stimmung
0.0
0.0
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0
0
0 0.0
0,2 0.2
0,4 0.4
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R2 des Models zu Vorhersage von Stimmung R2
5% Signifikanzniveau
Beobachtete p-Werte
0 0.0
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R2 des Models zu Vorhersage von Stimmung R2 Nicht-parametrische Regressionslinie
Abbildung 3.3 Veränderung der p-Werte auf Grundlage der vorhergesagten Stimmung für den Interaktionseffekt zwischen Stimmung und den Fallgruppen ‚Zusatzinformationen auf Anfrage‘ und ‚obligatorische Zusatzinformationen‘ in der in Studie 2b verwendeten OLS-Regression
3.7 Übergreifende Diskussion
3.6.3
99
Diskussion
Die geschätzte Regressionslinie in Abbildung 2.2 im Fall von Lindt überschreitet das Fünf-Prozent-Signifikanzniveau bei einem Wert von etwa 0,6. Das bedeutet, dass in der Stimmungsvorhersage ein R2 von mindestens 0,6 erforderlich ist, um diesen Effekt tatsächlich festzustellen. Bei Ritter Sport ist der Schwellenwert höher, da die Regressionslinie nur bei R2 -Werten von über 0,8 unter dem FünfProzent-Signifikanzniveau liegt. Abbildung 2.3 deutet darauf hin, dass ein R2 von über 0,7 vonnöten ist, um eine signifikante Interaktion zwischen Stimmung und Zusatzinformationen auf Anfrage vorzufinden. Bei der Wechselwirkung zwischen Stimmung und obligatorischer Bereitstellung zusätzlicher Informationen ist ein R2 von knapp über 0,3 ausreichend. Das in Studie 1 entwickelte Vorhersagemodell wäre bereits in Studie 2b in der Lage, die Interaktion zwischen Stimmung und obligatorischer Bereitstellung zusätzlicher Informationen zu erfassen. Für eine praktische Umsetzung, bei der die vorhergesagte Stimmung dazu genutzt werden soll, um zu entscheiden, ob einem Kunden Zusatzinformationen obligatorisch oder auf Anfrage vorgelegt werden sollen, muss das Vorhersagemodell indes noch verfeinert werden.
3.7
Übergreifende Diskussion
In diesem Forschungsartikel soll die Möglichkeit eines Voice-Händlers erörtert werden, die Stimmung seiner Kunden vorherzusagen, und ergründet werden, wie diese Information gezielt genutzt werden könnte. Die vorliegenden Studien liefern einen Ansatz zur Vorhersage der Stimmung von Konsumenten, der von einem Voice-Händler implementiert werden kann, und bieten zwei von theoretischen Grundlagen geleitete Handlungsoptionen, in denen Voice-Händler und/oder Konsumenten von einer Stimmungsvorhersage profitieren. Die Ergebnisse bergen eine Reihe bedeutender Implikationen für Forschung und Praxis. Erstens nutzen und kombinieren die Untersuchungen zwei Ansätze zur Vorhersage der Stimmung. Dabei findet ein heuristischer Ansatz Anwendung, der Wissen über Stimmungskorrelate (Wetter, Musikauswahl, Wochentag und Tageslicht) als unabhängige Variablen nutzt, sowie ein Machine-Learning-Ansatz, der Sprachmerkmale aus Sprachbefehlen extrahiert sowie auswertet. Der zweite Ansatz wird durch die Berücksichtigung von Informationen über die Wortwahl erweitert. In diesem Zusammenhang wird die Literatur über die maschinelle Vorhersage von
100
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
Emotionen auf Basis der Stimme (vgl. Schuller et al. 2013) um die Vorhersage von Stimmung auf der einen Seite und die Anwendung im Fall typischer Sprachbefehle bei Smart Speakern auf der anderen Seite ergänzt. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass ein Ansatz, der Heuristiken und Machine Learning auf Grundlage von Sprachmerkmalen und Wortwahl kombiniert, eine höhere Reliabilität und Vorhersagequalität in puncto Vorhersagegenauigkeit, Precision, Recall und F1-Score erreicht als jeder Ansatz für sich allein genommen. Robustheitsprüfungen liefern den Nachweis, dass die Stimmungsvorhersage bereits ab der ersten Sprachinteraktion möglich ist. Somit wäre eine einfache Integration in bestehende Voice-Shopping-Anwendungen möglich. In diesem Kontext erweist sich als interessant, diesen Ansatz mit den Möglichkeiten zu vergleichen, die Voice-Händlern (insbesondere Amazon) tatsächlich zur Verfügung stehen. Beruhend auf den vorliegenden Ergebnissen kann davon ausgegangen werden, dass Amazon problemlos ein System zur Stimmungsvorhersage entwickeln könnte, dass das hier entwickelte System übertrifft. Amazon stehen weit mehr Sprachdaten zur Verfügung. Während sich im Laufe dieser Arbeit zeigt, dass eine Vorhersage bereits auf der Grundlage von ein oder zwei Sprachbefehlen eines Konsumenten möglich ist, ist anzunehmen, dass der Trainingsdatensatz von einer höheren Beobachtungsdichte stark profitieren würde. Die Sprachdaten von Amazon liefern allerdings in der Regel keine Informationen zur aktuellen Stimmung der Sprechenden. Um diese Problematik aufzulösen, könnte Amazon die Stimmungsvorhersage mithilfe von Sprachmerkmalen trainieren und gleichzeitig die durch Heuristiken vorhergesagte Stimmung als abhängige Variable verwenden. Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass dies durchaus funktionieren könnte. Andernfalls müssten aktuelle Stimmungsdaten gesammelt werden (z. B. als Feature in einem Voice-Skill oder – ähnlich wie in dieser Studie – in Form einer Clickworker-Aufgabe). Dabei ist von Bedeutung, dass die vorliegenden Ergebnisse auch auf einige Schwierigkeiten hinweisen, mit denen Voice-Händler bei der Stimmungsvorhersage konfrontiert sein könnten. Vor allem tritt zutage, dass Training und Vorhersage deutlich besser funktionieren, wenn Benutzer vordefinierte Sprachbefehle nutzen, im Vergleich zur Vielzahl der für die meisten Situationen möglichen Befehle. Dessen ungeachtet waren die Teilnehmenden im Rahmen der Versuchsdurchführung bei der Erledigung ihrer Aufgabe relativ nah am Mikrofon positioniert und vergleichsweise auf die Situation fokussiert. Es ist wahrscheinlich, dass reale Umgebungen mehr Störgeräusche erzeugen (physikalisch und statistisch). Doch auch diese Problematik ließe sich mithilfe größerer Trainingsdatensätze beheben.
3.7 Übergreifende Diskussion
101
Es erweist sich als wenig überraschend, dass Amazon sich schon in diese Richtung bewegt. Einerseits wird in einem Artikel von Bloomberg von Day (2019) berichtet, dass Amazon bereits ein Patent für ein Gerät besitzt, das die Emotionen eines Interaktionspartners basierend auf Sprachmerkmalen erkennen kann. Andererseits kursieren auch Berichte, dass Amazons Alexa-Software zukünftig über eine Funktion verfügen wird, bei der die Nutzerfrustration mit Alexa aufgrund von Sprachinteraktionen erkannt werden kann (vgl. Gartenberg 2019). Die Vorhersage von Stimmung und stimmungsabhängige Schnittstellen sind mithin durchaus eine realistische Option für Voice-Händler. Beruhend auf Theorien zum Konsumentenverhalten werden zwei Experimente vorgestellt, die veranschaulichen, inwieweit durch die Möglichkeit, die beim Voice-Shopping bereitgestellten Informationen dynamisch anzupassen, Konsumenten je nach Stimmungslage unterschiedliche Einkaufserlebnisse geboten werden können. Studien 2a und 2b zeigen, wie Voice-Händler die Stimmungsvorhersage zu ihrem Vorteil nutzen können. Studie 2b bietet zudem eine Möglichkeit, wie die Stimmungsvorhersage auch zum Vorteil des Konsumenten zum Einsatz kommen kann. Studie 2a beleuchtet die Auswirkungen der Stimmung von Konsumenten auf den Umsatz in einer Voice-Shopping-Domäne, wenn die Preise von Marken mit hohem Markenwert um ein gewisses Maß erhöht werden. Es finden sich Hinweise darauf, dass der typischerweise negative Effekt eines höheren Preises auf die Auswahlwahrscheinlichkeit abnimmt, wenn sich Konsumenten in einer überdurchschnittlichen Stimmung befinden. Im Vergleich zu früheren Studien in diesem Bereich werden tatsächliche Entscheidungen in einem anreizkompatiblen Laborexperiment beobachtet, anstatt diese anhand erklärter Zahlungsbereitschaft zu beurteilen (vgl. Zwebner et al. 2014). Die Ergebnisse der vorliegenden Studie legen dar, welche Auswirkungen dies sowohl für Voice-Händler als auch für Konsumenten hat. Zum einen muss ein Voice-Händler entscheiden, ob die Preise dynamisch an die Stimmung der Konsumenten angepasst und eine stimmungsabhängige Preisdiskriminierung durchgesetzt werden soll oder nicht. Zum anderen müssen sich auch Konsumenten darüber im Klaren sein, dass Voice-Händler in der Lage sind ihre Stimmung zu erkennen. Als Konterstrategie können Konsumenten entweder versuchen, den Smart Speaker auszutricksen oder sich selbst ihre aktuelle Stimmung bewusst zu machen. So entfällt beispielsweise, wie von di Murro und Murray (2012) erkannt, der stimmungsabhängige Effekt, Eistee oder Energy Drinks zu bevorzugen, wenn sich Konsumenten ihrer Stimmung bewusst sind. Studie 2b konzentriert sich auf die Auswahlarchitektur beim Voice-Shopping. Aufgrund der Natur der Sache besteht beim Voice-Shopping lediglich die Möglichkeit, Produkte sequenziell zu präsentieren. Nichtsdestotrotz ist unklar, wie
102
3 Wie Voice-Händler Kundenstimmung erkennen …
viele Informationen präsentiert werden und auf welche Weise die Konsumenten auf diese Informationen zugreifen sollten. Aus diesem Grund wird in Studie 2b ein Design angewandt, das es ermöglicht, die Optimalität einer Kaufentscheidung eines Konsumenten auf individueller Ebene zu bestimmen. Es zeigt sich, dass möglicherweise keine einheitliche Lösung vorhanden ist, die sich für alle Voice-Shopping-Situationen gleichermaßen eignet, sondern dass VoiceHändler die Stimmung der Konsumenten nicht außer Acht lassen sollten. Positiv gestimmte Konsumenten sollten umfassend über Produkte informiert werden, um die Qualität ihrer Entscheidungen zu verbessern. Im Vergleich dazu sollten Konsumenten mit schlechter Stimmung zum einen grundlegende Informationen und darüber hinaus die Möglichkeit erhalten, zusätzliche Informationen anzufordern. Dies hätte zwar keinen direkten Einfluss auf die Zufriedenheit mit dem Einkaufserlebnis, könnte aber die langfristige Zufriedenheit mit dem Voice-Händler erhöhen und in der Folge zu einem höheren Ausgabenanteil beim entsprechenden Händler im Laufe der Zeit führen (vgl. Cooil et al. 2007). Zusammenfassend offenbaren die vorliegenden Untersuchungen ein moralisches Dilemma, das wahrscheinlich für viele neue Technologien charakteristisch ist. Die Stimmungsvorhersage schafft insbesondere für den Handel die Möglichkeit, Entscheidungsverzerrungen gut gestimmter Konsumenten (durch die Forderung höherer Preise) für sich zu nutzen. Gleichzeitig ermöglicht dies den Voice-Händlern, mittels einer veränderten Informationspräsentation die Einkaufsergebnisse sowohl gut gestimmter als auch schlecht gestimmter Konsumenten zu optimieren. Angesichts dieser Ergebnisse werden auch politischen Entscheidungsträgern relevante Denkanstöße zur Verfügung gestellt. Einerseits könnten sie die Nutzung von Stimmungsvorhersagen durch Händler mittels Regulierung eingrenzen. Andererseits könnten sie die Voice-Händler auffordern, Konsumenten die Möglichkeit zu geben, die Erkennungsfunktionen für die Stimmungslage zu deaktivieren (oder alternativ ein Opt-In verlangen). In der Durchführung der Studie existieren mehrere Einschränkungen. Zum einen, während die vorhergesagte Stimmung zwar in der Sensitivitätsanalyse von Studie 2a und Studie 2b simuliert wird, fehlt es an der notwendigen Software, um einen Voice-Shop basierend auf der Stimmungsvorhersage von Studie 1 dynamisch anzupassen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Vorhersagequalität auf dem Niveau von Studie 1 ausreichend wäre, um einige der beobachteten Effekte zu nutzen. Gleichwohl sollten auch weitere Studien diese Daten sammeln, um die Stimmung präziser vorhersagen zu können. Zum anderen werden in Studie 2a die Preise lediglich für zwei Produkte angepasst, mit dem Ziel, ein Szenario mit einer großen Preisdifferenz zwischen den angebotenen Produkten zu erzeugen. In Hinblick auf die Zufriedenheit von Konsumenten lassen sich keine
3.7 Übergreifende Diskussion
103
Rückschlüsse für den Fall ziehen, in dem Voice-Händler Konsumenten in positiver Stimmung generell höherpreisige Produkte anbieten. Ferner ist die Anzahl der in der Studie 2b angebotenen Produkte auf vier Stück beschränkt. Es wäre zu evaluieren, ob eine Erweiterung dieser Anzahl die Wahl des optimalen Produkts auch für positiv gestimmte Konsumenten erschweren könnte, wenn sie dazu verpflichtet wären, alle Produktinformationen zu hören. Ungeachtet dieser Einschränkungen leistet diese Arbeit indessen einen nützlichen ersten Beitrag zur Anwendung der Stimmungsvorhersage beim Voice-Shopping.
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
4.1
Abstract
Dieser Forschungsartikel wirft die Frage auf, welches Suchverhalten beim Onlineund Mobile-Shopping den Schluss nahelegt, dass sich ein Konsument eher für eine Handelsmarke oder eine Herstellermarke entscheidet bzw. überhaupt kein Kauf getätigt wird. Zur Beantwortung dieser Frage wurden über fünf Monate hinweg Clickstream-Daten im Online- und Mobile-Shop eines führenden europäischen Baumarkts erhoben. In einer zweiten Analyse stehen die Preiseffekte von Handelsmarke und Herstellermarke auf die Wahl einer dieser Marken im Online- und Mobile-Shop im Fokus. Die Ergebnisse lassen die Schlussfolgerung zu, dass sich beim OnlineShopping Käufer der Handelsmarke im Vergleich zur Herstellermarke durch ein intensiveres Suchverhalten auszeichnen. Gleichzeitig steigert eine besonders intensive Suche die Wahrscheinlichkeit, dass kein Kauf getätigt wird. Im Falle des Mobile-Shoppings verstärken sich diese Effekte nochmals, was sich unter anderem in der Länge der Klickpfade von Käufern der Herstellermarke widerspiegelt, die um 36 Prozent kürzer sind als Klickpfade der Handelsmarken-Käufer. Darüber hinaus geht aus den Analysen hervor, dass der Preis der Handelsmarke beim Mobile-Shopping weniger ausschlaggebend ist als beim Online-Shopping.
4.2
Einleitung
In der Forschung herrscht Unklarheit darüber, wie sich die Bedeutung von Marken beim Online-Shopping gegenüber dem Offline-Shopping verändert. Generelle © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 I. Halbauer, Digitales Markenmanagement, Beiträge zur empirischen Marketing- und Vertriebsforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31777-5_4
105
106
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
Unterschiede zwischen Offline- und Online-Shopping werden von Veränderungen wie dem Wegfall des haptischen Elements oder einem einfacheren Vergleich über unterschiedliche Shops hinweg hervorgerufen (vgl. Häubl/Trifts 2000). In Hinblick auf die Rolle von Marken kommen Arbeiten von Danaher, Wilson und Davis (2003) sowie Saini und Lynch (2016) zu dem Ergebnis, dass OnlineShopping vor allem für Marken mit hohem Marktanteil und bekannte Marken Vorteile bringt, indem sich Markenloyalität bzw. Kaufwahrscheinlichkeit im Vergleich zum Offline-Shopping erhöhen. Dagegen kommen Degeratu, Rangaswami und Wu (2000) zu kontroverseren Ergebnissen, nach denen sich nicht immer ein Vorteil für führende Marken ergibt. Diese Studien haben gemein, dass keine Unterscheidung zwischen den Marken in Hersteller- und Handelsmarke durchgeführt wird. Insgesamt wird das unterschiedliche Kaufverhalten von Handelsmarken beim Online-Shopping nur spärlich betrachtet (vgl. Arce-Urriza/Cebollada 2012). Dementsprechend bleibt unklar, unter welchen Umständen Konsumenten im Online-Shop zur Handelsmarke oder zur Herstellermarke greifen. Neben dem Online-Shopping – definiert als der Einkauf mittels eines PCs/Laptops – bildet sich in den vergangenen Jahren mit dem Mobile -Shopping – definiert als der Einkauf mittels eines Smartphones/Tablets – ein weiterer Einkaufskanal heraus (vgl. de Haan et al. 2018). Bereits 2016 entfielen weltweit 65 Prozent der Nutzungszeit digitaler Geräte auf mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets (vgl. Sterling 2016). Im ersten Quartal 2019 wurden in den USA 28 Prozent der digital getätigten Einkäufe mit Mobilgeräten durchgeführt (vgl. Williams 2019). Trotz der daraus resultierenden Bedeutung des Mobile-Shoppings betrachten lediglich wenige Arbeiten, wie sich Konsumenten beim Mobile-Shopping verhalten und wie sich dieses Verhalten vom Online-Shopping unterscheidet (vgl. Wang/Malthouse/Krishnamurthi 2015). Bisherige Arbeiten zu Mobile-Shopping untersuchen zwar die Wirkung von MobileShopping gegenüber Online-Shopping auf die Umsätze einzelner Konsumenten (vgl. Narang/Shankar 2019) – inwiefern sich markenspezifische Entscheidungen dabei unterscheiden, ist aber bislang unerforscht. Besondere Relevanz erhält diese Fragestellung, da durch geänderte Bedingungen zwischen Online- und MobileShopping keine einfache Übertragung von Forschungsergebnissen vom einen auf den anderen Kontext möglich ist. So sehen sich Konsumenten beim MobileShopping höheren Suchkosten gegenüber (vgl. Ghose/Goldfarb/Han 2013), die unter anderem durch ihren Einfluss auf die Risikowahrnehmung die Bedeutung von Marken gegenüber dem Online-Shopping verändern können. Ferner geht von Mobilgeräten ein verändertes Nutzungsverhalten aus, da diese im Gegensatz zu PCs oder Laptops räumlich und zeitlich nahezu uneingeschränkt verfügbar, dauerhaft eingeschaltet (vgl. Hubert et al. 2017) sowie integraler Bestandteil des
4.2 Einleitung
107
täglichen Tagesablaufs sind (vgl. Wang/Malthouse/Krishnamurthi 2015). In Hinblick auf Einkäufe haben Konsumenten daher die Möglichkeit, Einkäufe überall zu tätigen und spontanen Bedürfnissen nachzugehen (vgl. Hubert et al. 2017). Diese Arbeit beschäftigt sich damit, wie sich das Verhalten von Besuchern eines Webshops unterscheidet, je nachdem, ob sie sich für den Kauf einer Herstellermarke oder den Kauf einer Handelsmarke entscheiden bzw. keinen Kauf tätigen. Hierzu wird ein Clickstream-Datensatz eines führenden europäischen Händlers aus dem Baumarktsektor herangezogen. Dieser Datensatz umfasst 1.250.675 Klicks für 124.470 Sessions. Über einen Zeitraum von fünf Monaten wurden die Klicks jeden Besuchers, der eine der Fokusmarken dieser Studie betrachtet hat, innerhalb des Webshops erfasst. Fokusmarken der Studie waren dabei die führende Herstellermarke in der Produktkategorie Lampen und Beleuchtung sowie die Handelsmarke des Baumarkts. Des Weiteren wurde erfasst, ob der Online- oder Mobile-Shop des Händlers besucht wurde und ob hierbei eventuell Einkäufe getätigt wurden. Sowohl Online- als auch Mobile-Shop gehen auf die gleiche Web-Architektur zurück und unterscheiden sich darin, dass die Anzeige der Shops für den jeweiligen Gerätetypen optimiert ist. Online-Shops sind optimiert für die Anzeige auf PCs bzw. Laptops und damit für relativ große Displays in einem Breitformat und eine Navigation mittels Computermaus. Mobile-Shops sind optimiert für die Darstellung auf Smartphones bzw. Tablets und damit für kleinere Displaygrößen, einen Wechsel zwischen Breit- und Hochformat (je nach Ausrichtung des mobilen Endgeräts) und eine Bedienung mittels Touchscreen (vgl. Ryte 2020). Anhand der Daten wird der Einfluss des Suchverhaltens in Bezug auf die Einkaufsentscheidung der Besucher des Webshops untersucht. Das Suchverhalten beschreibt dabei, auf welche Art und Weise ein Besucher den jeweiligen Webshop durchsucht (z. B. wie viele Seiten besucht und wie viele Artikel betrachtet werden oder ob die Suchfunktion des Webshops verwendet wird). Die Entscheidung eines Konsumenten für eine Hersteller- oder Handelsmarke ist stets auch mit der Frage des Preises verbunden (vgl. Kumar/Steenkamp 2007). Die Preissensitivität eines Konsumenten ist einer der bedeutendsten Faktoren für den Kauf einer Handelsmarke (vgl. Sethuraman/Gielens 2014). Gleichwohl ist Preissensitivität keine Konstante, sondern hängt auch von dem verwendeten Einkaufskanal ab. So gelangen Danaher, Wilson und Davis (2003) zu dem Ergebnis, dass die Preissensitivität beim Online-Shopping aufgrund geringerer Suchkosten sinkt. Dem gegenüber stehen höhere Suchkosten beim Mobile-Shopping (vgl. Ghose/Goldfarb/Han 2013), weshalb es auch hier zu einer Veränderung der
108
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
Preissensitivität kommen kann. In einer weiteren Analyse wird daher die Wirkung des Preises für Produkte von Handels- und Herstellermarke in Online- und Mobile-Shop betrachtet. Diese Studie bietet mindestens in zweierlei Hinsicht einen relevanten Mehrwert zur Literatur. Erstens wird die Forschung erweitert, die sich mit dem Kaufverhalten von Handelsmarken in einen Onlinekontext beschäftigt und diese in einen direkten Vergleich mit Herstellermarken setzt. Während sich bisherige Forschung mit dem allgemeinen markenbezogenen Kaufverhalten beim OnlineShopping befasst, werden Unterschiede zwischen Hersteller- und Handelsmarke nur wenig beachtet. Eine verwandte Studie zu diesem Thema ist die Arbeit von Arce–Urriza und Cebollada (2012). Die Forscher vergleichen anhand von Unternehmensdaten den Kauf von Handels- und Herstellermarken beim Offline- und Online-Shopping. Während sich diese Abhandlung auf Unterschiede zwischen Offline- und Online-Shopping in Bezug auf das Markenkaufverhalten konzentriert, werden kanalspezifische Unterschiede zwischen dem Kauf von Handelsund Herstellermarken lediglich angeschnitten. Bestehende Forschung wird durch die vorliegende Arbeit erweitert, indem auf Spezifika des Online-Suchverhaltens hingewiesen wird, die bei der Kaufentscheidung bezüglich beider Markentypen von Bedeutung sind. Zweitens leistet der vorliegende Forschungsartikel einen Beitrag zum entstehenden Forschungsgebiet des Mobile-Shoppings, indem untersucht wird, wie sich Einkaufsentscheidungen in Abhängigkeit von Clickstream-Charakteristika und Preisen im Mobile-Shopping relativ zum Online-Shopping unterscheiden. Als erste Arbeit im Bereich des Mobile-Shoppings werden markenbezogene Effekte betrachtet. Eine verwandte Studie zu diesem Thema stammt von Wang, Malthouse und Krishnamurthi (2015). Deren Forschungsartikel beschäftigt sich mit dem veränderten Einkaufsverhalten von Konsumenten, wenn mobile Endgeräte zum Einkauf genutzt werden. Hier zeigt sich, dass die Adaption mobiler Geräte zum Einkauf zu einer Erhöhung der Anzahl an Bestellungen pro Jahr führt und vor allem Kunden, die zuvor nur einen geringen Umsatz beim betrachteten Händler aufwiesen, diesen steigern – und zwar über alle Einkaufskanäle hinweg. Eine Untersuchung markenspezifischer Effekte erfolgt in dieser Studie nicht. Eine Verknüpfung von Online- und Mobile-Shopping entsteht durch das explizite Analysieren von Unterschieden in Bezug auf Such- und Kaufverhalten in diesen Einkaufskanälen. Anhand einer durchgängigen Betrachtung von Interaktionen – abhängig von der Nutzung des Online- oder Mobile-Shops – werden beide Einkaufkanäle in Hinblick auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten beleuchtet.
4.3 Untersuchungsmodell: Einfluss des Suchverhaltens …
109
4.3
Untersuchungsmodell: Einfluss des Suchverhaltens auf die Einkaufsentscheidung
4.3.1
Vorstellung des Untersuchungsmodells und der Variablen
Abbildung 4.1 veranschaulicht das zentrale Untersuchungsmodell der Studie. Es stellt dar, welchen Einfluss das Sucherverhalten von Besuchern eines Webshops auf deren Einkaufsentscheidung hat. Die Einkaufsentscheidung als abhängige Variable im Modell kann drei Ausprägungen annehmen: Kauf der in dieser Studie betrachteten Herstellermarke, Kauf der betrachteten Handelsmarke oder aber es erfolgt im Rahmen des Besuchs des Webshops kein Kauf einer beiden Marken. Bei den beiden Marken handelt es sich um die führende Herstellermarke in der Produktkategorie Lampen und Beleuchtung und die Handelsmarke des Baumarkts. Um unterschiedliches Verhalten in Online- und Mobile-Shop zu berücksichtigen wird jede, das Sucherverhalten charakterisierende Variable im Modell mit der Nutzung eines Mobilgeräts interagiert.
Suchverhalten: • Klickpfadlänge • Anzahl betrachteter Artikel • Verwendung der Artikelsuche • Login-Status • Betrachtung von Herstellerund Handelsmarke Kontrollvariable: • Produktkategorie
Entscheidung: • Kauf der Herstellermarke • Kauf der Handelsmarke • Kein Kauf
Mobile Shopping (vs. Online Shopping)
Abbildung 4.1 Untersuchungsmodell: Einfluss des Suchverhaltens auf die Einkaufsentscheidung
Das Suchverhalten wird durch die folgenden fünf Variablen charakterisiert: (1) ‚Klickpfadlänge‘, die sich aus der Gesamtzahl der im Webshop betrachteten Seiten ergibt; (2) ‚Anzahl der betrachteten Artikel‘, die aus der Anzahl der besuchten Artikelseiten resultiert; (3) ‚Verwendung der Artikelsuche‘, die als Dummy-Variable angibt, ob ein Besucher des Webshops die Artikelsuche benutzt hat oder nicht; (4) ‚Login-Status‘, der als Dummy-Variable anzeigt, ob sich der
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4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
Besucher mit einem Benutzerkonto im Webshop eingeloggt hat; (5) ‚Betrachtung von Hersteller- und Handelsmarke‘ – einer Dummy-Variable, die angibt, ob im Rahmen des Besuchs sowohl Artikel der Hersteller- als auch der Handelsmarke betrachtet wurden. Somit erfolgt, im Einklang mit bisheriger Forschung zum Online-Verhalten basierend auf Clickstream-Daten, eine Beschreibung der Suche mit aggregierten Informationen anstatt der Nutzung von Informationen auf Ebene einzelner, besuchter Webseiten (vgl. z. B. Moe 2003; Montgomery et al. 2004). In ihrer Arbeit zum Kauf von Handelsmarken in unterschiedlichen Produktkategorien weisen Batra und Sinha (2000) darauf hin, dass Marktanteile von Handelsmarken auch von den jeweiligen Produktkategorien abhängig sind. Die dieser Studie zugrunde liegenden Daten beziehen sich auf eine Produktkategorie (Lampen und Beleuchtung). Um auf Unterschiede in den Unterkategorien dieser Produktkategorie zu achten, wird kontrolliert, aus welchen Produktkategorien Artikel betrachtet wurden. Eine spätere Übersicht über die Daten ergibt ferner, dass sich die Anzahl der Produkte von Hersteller- und Handelsmarke je nach Unterkategorie unterscheidet (siehe hierzu Abschnitt 4.5.1). Im weiteren Verlauf dieses Kapitels wird die Verwendung dieser Variablen unter Berücksichtigung der Forschung im Bereich des Online- und MobileShoppings hergeleitet.
4.3.2
Suchverhalten beim Online- und Mobile-Shopping
Ein unterschiedliches Suchverhalten zwischen Online- und Mobile-Shopping ist getrieben von unterschiedlich hohen Suchkosten in beiden Einkaufskanälen (vgl. Ghose/Goldfarb/Han 2013). Suchkosten umfassen Kosten, denen Konsumenten bei der Akquisition von Informationen gegenüberstehen (vgl. Bakos 1997). Ghose, Goldfarb und Han (2013) betrachten in ihrer Studie das Ausmaß von Ranking-Effekten bei der Verwendung von PCs zur Informationsakquisition im Vergleich zu Smartphones. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass diese Effekte auf mobilen Endgeräten stärker ausfallen als auf PCs, d. h., dass eine frühere Positionierung beim Mobile-Shopping für ein Produkt Erfolg versprechender ist als beim Online-Shopping (umgekehrt wirkt sich eine spätere Positionierung beim Mobile-Shopping negativer aus). Ghose, Goldfarb und Han (2013) führen dies auf höhere Suchkosten auf Smartphones zurück. Einer der Gründe für diese höheren Suchkosten ist das kleinere Display mobiler Geräte. Dies erschwert die Suche, da ein häufiges Scrollen notwendig ist. Außerdem ist es für Konsumenten häufig nicht möglich, Produkte einfach zu vergleichen, da diese nicht direkt
4.3 Untersuchungsmodell: Einfluss des Suchverhaltens …
111
nebeneinander angezeigt werden können, sondern aus dem Gedächtnis heraus miteinander verglichen werden müssen (vgl. Shugan 1980; Sweeney/Crestani 2006; Ghose/Goldfarb/Han 2013). Die Notwendigkeit, beim Mobile-Shopping Produkte aus dem Gedächtnis heraus zu vergleichen, bewirkt, dass Mobile-Shopping in seiner Produktpräsentation einer sequenziellen Präsentation ähnelt, wohingegen beim Online-Shopping meist eine Vielzahl von Produkten simultan verglichen werden kann. Im Gegensatz zur simultanen Produktpräsentation ist es bei sequenzieller Produktpräsentation nicht möglich, Produkte gleichzeitig miteinander zu vergleichen, sondern nur nacheinander (vgl. Mogliner/Shiv/Iyengar 2013). Hierbei muss ein Konsument nach jeder Produktpräsentation abwägen, ob ein weiteres Produkt betrachtet werden soll (vgl. Kim/Albuquerque/Bronnenberg 2011). Die höheren Suchkosten beim Mobile-Shopping können dazu führen, dass die Anzahl der im Rahmen dieses sequenziellen Prozesses betrachteten Produkte geringer ausfällt gegenüber der Anzahl der betrachteten Produkte in einer vergleichbaren Online-ShoppingSituation. Hieraus ergeben sich mögliche (im Anschluss ausführlicher erläuterte) Folgen für: • das Verhalten unterschiedlicher Browsing-Strategien, • das durch Konsumenten wahrgenommene Risiko und • die Bedeutung von Marken für die Einkaufsentscheidung. Im weiteren Verlauf des Kapitels werden diese unterschiedlichen Aspekte näher ausgeführt und die möglichen Veränderungen, zu denen es kommt, hergeleitet. Hierbei wird darauf eingegangen, inwiefern sich aus diesen Veränderungen die im Untersuchungsmodell enthaltenen Variablen ergeben. Das Klickverhalten beim Online-Shopping ist abhängig von unterschiedlichen Browsing-Strategien, die sich in Hinblick auf die Gründe für den Besuch im Online-Shop unterscheiden (vgl. Moe 2003; Montgomery et al. 2004). In ihrer Studie entwickelt Moe (2003) eine Taxonomie bestehend aus vier BrowsingStrategien: Direktkäufer, Sucher, hedonistischer Browser und Wissensbilder. Direktkäufer betreten einen Online-Shop mit einer klaren Vorstellung des zu kaufenden Produkts und verbringen nur wenig Zeit mit der Suche. Im Vergleich zu den anderen Browsing-Strategien weisen Direktkäufer die höchste Wahrscheinlichkeit für einen Kauf auf (vgl. Montgomery et al. 2004; Sismeiro/Bucklin 2004). Sucher bewegen sich mit einer Kaufintention in einem Webshop, betrachten und evaluieren unterschiedliche Produkte bis zu ihrer Entscheidung. Hedonistische
112
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
Browser dagegen bewegen sich explorativ auf einer Seite ohne eine klare Kaufintention. Wissensbilder suchen nach allgemeinen Informationen zu Produkten bzw. Lösungsansätzen, ohne eine Kaufintention im Rahmen ihrer Suche zu verfolgen. Grundsätzlich sollte bei Untersuchungen zum Einkaufsverhalten aufgrund unterschiedlichen Suchverhaltens und Kaufwahrscheinlichkeiten auf BrowsingStrategien geachtet werden (vgl. Hui/Fader/Bradlow 2009). Die höheren Suchkosten beim Mobile-Shopping können darüber hinaus das Vorkommen und Verhalten unterschiedlicher Browsing-Strategien gegenüber dem Online-Shopping beeinflussen. So ist es möglich, dass die ohnehin marginalen Suchanstrengungen von Direktkäufern noch spärlicher ausfallen. Ebenso ist es wahrscheinlicher, dass Sucher aufgrund der sequenziellen Produktpräsentation die Suche früher beenden und insgesamt weniger Produkte betrachtet werden. Hedonistisches Browsing wird, dem Namen entsprechen, meist auf Grund von Spaß und Vergnügen, vergleichbar mit einem Schaufensterbummel, durchgeführt (vgl. Babin/Darden/Griffin 1994; Moe 2003). Höhere Suchkosten können einem Online-Schaufensterbummel gegenüberstehen und die Wahrscheinlichkeit für hedonistisches Browsing auf Mobilgeräten reduzieren. Um die unterschiedlichen Browsing-Strategien im Untersuchungsmodell zu berücksichtigen, werden die Variablen ‚Klickpfadlänge‘, ‚Anzahl betrachteter Artikel‘ und ‚Verwendung der Artikelsuche‘ im Untersuchungsmodell integriert. Hedonistische Browser sollten eine hohe Klickpfadlänge aufweisen, aber durch die wenig fokussierte Suche vergleichsweise wenige Artikel betrachten. Das Betrachten vieler Artikel zeichnet vielmehr Sucher aus (vgl. Moe 2003). Direktkäufer könnten die Artikelsuche verwenden, um direkt zu dem von ihnen gewünschten Artikel zu gelangen, und sollten sowohl eine kurze Klickpfadlänge als auch eine geringe Anzahl an betrachteten Produkten aufweisen. Neben der Verknüpfung zu Browsing-Strategien stehen Suchkosten in einem weiteren Zusammenhang zum wahrgenommenen Risiko von Konsumenten. Das wahrgenommene Risiko umfasst alle Arten von Risiken, denen sich ein Konsument in Bezug auf eine Kaufentscheidung gegenübersieht (z. B. funktionales oder finanzielles Risiko; vgl. Erdem/Swait 1998). Die vergleichsweise sequenzielle Art des Produktpräsentation beim Mobile-Shopping erhöht das wahrgenommene Risiko, da Konsumenten Referenzpunkte für die Bewertung von Produkten fehlen und sie sich in einer Situation befinden, in der sie nur bedingt Informationen über weitere Optionen haben (vgl. Mogliner/Shiv/Iyengar 2013). Die Konsumenten wissen lediglich, dass weitere Optionen existieren, kennen aber nicht die Vorzüge dieser Produkte und ob es sich grundsätzlich lohnt, diese zu prüfen (vgl. Diehl/Zauberman 2005).
4.3 Untersuchungsmodell: Einfluss des Suchverhaltens …
113
Durch ein erhöhtes wahrgenommenes Risiko ergibt sich eine möglicherweise geänderte Bedeutung von Marken, da Konsumenten die Möglichkeit haben, das wahrgenommene Risiko zu senken und Suchkosten einzusparen, indem sie auf Marken als das Risiko reduzierende Signale vertrauen (vgl. Erdem/Swait 1998; Fischer/Völckner/ Sattler 2010). Es ist mithin möglich, dass sich Konsumenten beim Mobile-Shopping tendenziell für eine Marke mit hohem Markenwert entscheiden, um das wahrgenommene Risiko zu senken. Der Begriff ‚Markenwert‘ (engl.: Brand Equity) beschreibt dabei, wie bekannt eine Marke auf Verbraucherseite ist und wie sehr sie mit positiven, starken sowie einzigartigen Eigenschaften assoziiert wird (vgl. Keller 1993). In Hinblick auf ihre risikosenkende Eigenschaft ergeben sich hier Unterschiede zwischen Handelsmarken und Herstellermarken, die auch unterschiedliche Kaufentscheidungen zwischen Online- und Mobile-Shopping weiter befeuern können. Erdem, Zhao und Valenzuela (2004) gelangen zu dem Ergebnis, dass Handelsmarken vor allem bei Kunden erfolgreich sind, die ein weniger risikoaverses Verhalten demonstrieren. Dieser Effekt wird auch von Richardson, Jain und Dick (1996) identifiziert, indem ein direkter Zusammenhang zwischen dem Grad an Risikoaversion und dem Kauf von Handelsmarken nachgewiesen wird. Dies hängt damit zusammen, dass Handelsmarken meist nicht in der Lage sind, ein hohes Maß an wahrgenommener Qualität zu signalisieren (vgl. Erdem/Zhao/Valenzuela 2004). Dies könnte bedingen, dass Handelsmarken im Falle von Mobile-Shopping aufgrund eines höheren wahrgenommenen Risikos weniger nachgefragt werden. Der von Richardson, Jain und Dick (1996) identifizierte Zusammenhang nimmt allerdings ab, je bekannter die Handelsmarke für den Konsumenten ist. Hieraus ergeben sich Zusammenhänge, welche ebenfalls im Untersuchungsmodell berücksichtigt werden. Um der unterschiedlichen Wirkung von Marken zur Risikosenkung Rechnung zu tragen werden der Kauf von Herstellermarke bzw. der Kauf der Handelsmarke als separate abhängige Variablen ins Untersuchungsmodell aufgenommen (neben der Option keinen Kauf zu tätigen). Da die Kaufhistorie der Konsumenten unbekannt ist, wird das Wissen der Konsumenten über die Handelsmarke mit der Berücksichtigung des Login-Status im Untersuchungsmodell abgebildet, da Kunden mit einem Kundenkonto tendenziell über mehr Erfahrung mit einem Händler verfügen. Mit dieser Variable wird außerdem berücksichtigt, dass sich das Verhalten von Besuchern eines Webshops verändert, wenn dieser den Besuchern bereits bekannt ist (vgl. Moe/Fader 2004). Um einen aktiven Vergleich von Produkten der Hersteller- und Handelsmarke durchführen zu können, besteht ferner die Notwendigkeit, Produkte beider Marken zu untersuchen. Dementsprechend wird eine Dummy-Variable in das Modell integriert, die
114
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
berücksichtigt, ob ein Besucher des Webshops sowohl Artikel von Hersteller- als auch Handelsmarke betrachtet.
4.4
Rolle des Preises beim Online- und Mobile-Shopping
Eine weitere mögliche Konsequenz höherer Suchkosten beim Mobile-Shopping geht aus Studien zu Offline- und Online-Shopping mit Blick auf die Rolle des Preises hervor. Laut Danaher, Wilson, und Davis (2003) kommt es zu einer steigenden Preissensitivität beim Online-Shopping aufgrund geringerer Suchkosten (durch die Möglichkeit, Vergleichstabellen zu nutzen und Vergleiche über Shops hinweg ohne Fahrwege in Kauf nehmen zu müssen, vgl. Bakos 1997 und Häubl/Trifts 2000). Höhere Suchkosten beim Mobile-Shopping (vgl. Ghose/Goldfarb/Han 2013) können bewirken, dass die Preissensitivität relativ zum Online-Shopping sinkt, da Konsumenten durch geringere Suchaktivität weniger Informationen neben dem Preis akquirieren und diesen als Qualitätsindikator heranziehen. Gerade die Preissensitivität von Konsumenten kristallisiert sich in der MetaAnalyse von Sethuraman und Gielens (2014) zum Kauf von Handelsmarken als einer der bedeutendsten Treiber für die Entscheidung zugunsten einer Handelsmarken heraus. Eine Steigerung der Preissensitivität beim Mobile-Shopping würde dazu führen, dass die Handelsmarke nur noch eingeschränkt in der Lage ist, Konsumenten mit einem günstigeren Preis zu überzeugen. Um die Rolle des Preises näher zu untersuchen, wird der Preiseffekt im Rahmen einer zweiten Analyse in den Fokus gestellt. Dabei wird analysiert, inwiefern sich die Wirkung des Preises von Hersteller- und Handelsmarke beim MobileShopping im Vergleich zum Online-Shopping in Hinblick auf den Kauf einer dieser beiden Marken verändert. Im folgenden Unterkapitel wird zuerst die Datengrundlage dieser Arbeit vorgestellt und anschließend werden einige erste modellfreie Analysen durchgeführt. Daran schließen die beiden zentralen Analysen dieser Abhandlung an, in denen der Einfluss des Suchverhaltens anhand von Clickstream-Charakteristika auf die Einkaufsentscheidung untersucht (siehe Abbildung 4.1) und anschließend der Effekt der Preise von Handels- und Herstellermarke auf die Entscheidung näher betrachtet wird.
4.5 Felddaten
4.5
115
Felddaten
Für diesen Forschungsartikel werden Datensätze aus zwei Quellen genutzt. Zum einen ein Clickstream-Datensatz und zum anderen ein Web-Scraping-Datensatz, mit dem zusätzliche Daten zum Clickstream-Datensatz nacherfasst wurden.
4.5.1
Clickstream-Daten
Für diesen Forschungsartikel werden Clickstream-Daten eines führenden europäischen Händlers aus dem Baumarktsektor verwendet. Clickstream-Daten erfassen die Internetaktivität jedes Besuchers einer Webseite. Es wird von jeder betrachteten Seite des Besuchers die URL in Reihenfolge des Besuchs abgespeichert. Somit ermöglichen es Clickstream-Daten, den Navigationspfad eines Konsumenten im Webshop nachzuverfolgen (vgl. Bucklin/Sismeiro 2009). Zwischen April 2019 und August 2019 wurde jeder Besucher des Webshops erfasst, sofern ein Produkt einer der beiden Fokusmarken der Studie betrachtet wurde. Es wurden Daten für Besucher der deutschsprachigen Länderversionen des Webshops des Händlers erfasst. Im Falle eines Wechsels der Sprachversion wurden die weiteren Klicks ebenfalls erfasst. Der so zusammengestellte Datensatz beinhaltet 1.250.675 Klicks im Webshop des Händlers. Diese wurden im Rahmen der Datenvorbereitung zu 124.470 Sessions zusammengefasst. Eine Session beginnt mit dem ersten Klick im Webshop und endet mit dem letzten Klick vor Schließen des WebBrowsers. Im Erhebungszeitraum wurden 58.144 Sessions im Online-Shop und 66.326 Sessions im Mobile-Shop registriert. Das Marktvolumen der betrachteten Produktkategorie ‚Lampen und Beleuchtung‘ belief sich auf 9,73 Mrd. EUR im Jahr 2018 (vgl. Statista 2019). Es wurden in dieser Kategorie zwei Fokusmarken analysiert: die führende Herstellermarke dieser Produktkategorie sowie die Handelsmarke des Baumarkts in dieser Produktkategorie. Geyskens, Gielens und Gijsbrechts (2010) definieren drei Qualitätsstufen von Handelsmarken: Economy, Standard und Premium. Bei der dieser Studie zugrunde liegenden Handelsmarke handelt es sich um eine StandardHandelsmarke, die im mittleren Preis- und Qualitätssegment angesiedelt ist. Die Herstellermarke ist in einem ähnlichen Segment positioniert. Die Produkte der beiden Marken lassen sich in vier Unterkategorien einordnen: Leuchtmittel, Innenbeleuchtung, Außenbeleuchtung und Sonstiges. Leuchtmittel umfassen alle Arten elektrischer Verbraucher unabhängig von LeuchtmittelTechnologie (z. B. LED- oder Energiesparlampe) und Fassung. Innenbeleuchtung sind Lampen, die für den Einsatz in Gebäuden gedacht sind, während sowohl als
116
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
Beleuchtung am Haus und im Garten zum Einsatz kommt. Die Kategorie ‚Sonstiges‘ umfasst Produkte zur Installation und Sicherung sowie zur Steuerung von Lampen und Beleuchtung (z. B. Smart-Home-Geräte). In der Unterkategorie ‚Leuchtmittel‘ ist die Anzahl der angebotenen Produkte von Handels- und Herstellermarke ausgeglichen, wobei von der Handelsmarke ca. acht Prozent mehr Produkte offeriert werden. Ähnlich ausgeglichen ist das Angebot in der Unterkategorie ‚Innenbeleuchtung‘: Hier bietet die Herstellermarke 14 Prozent mehr Artikel an. In der Unterkategorie ‚Außenbeleuchtung‘ bietet die Herstellermarke 72 Prozent mehr Produkte im Vergleich zur Handelsmarke an. In der Unterkategorie ‚Sonstiges‘ führt die Handelsmarke mit 69 Prozent mehr Artikeln. Insgesamt sind 398 Artikel der Handelsmarke und 472 Artikel der Herstellermarke erfasst. Die meisten Artikel werden in der Unterkategorie ‚Leuchtmittel‘ angeboten, gefolgt von der Innenbeleuchtung und der Außenbeleuchtung. Die wenigsten Artikel fallen in die Unterkategorie ‚Sonstiges‘. Für jeden Besucher des Webshops, der mindestens eines der Produkte der beiden Fokusmarken betrachtet hat, liegen Daten über den Clickstream und den Login-Status vor. Im Falle einer Conversion ist die Zusammensetzung des Warenkorbs bekannt. Des Weiteren enthält der Datensatz die Information, ob ein Besucher den Online- oder den Mobile-Shop verwendet hat.
4.5.2
Web-Scraping-Daten
Der Clickstream-Datensatz enthält keine weiteren Informationen zu den betrachteten Artikeln mit Ausnahme von deren URL. Preisdaten und auch die Marke der jeweiligen Artikel liegen nur für erworbene Produkte vor. Um die Informationen auch für die betrachteten Artikel zu akquirieren, wurde zum Zeitpunkt der Durchführung der Analysen ein Web-Scraping durchgeführt. Konkret wurde jede einzelne betrachtete Artikelseite als HTML-Datei heruntergeladen (insgesamt 47.865 Dokumente) und aus dieser die benötigten Informationen extrahiert. Einige Artikel waren zum Zeitpunkt des Web-Scrapings ausgelistet, weshalb sich der gesamte Datensatz im Falle von Analysen, die diese Daten nutzen, reduziert. Die Stichprobengrößen sind in den entsprechenden Analysen vermerkt. Da der Zeitraum der Erhebung der Clickstream-Daten und der Zeitpunkt des Web-Scrapings nicht identisch sind, wurde zur Überprüfung der Konsistenz der Preisdaten ein zweites Web-Scraping im darauffolgenden Monat durchgeführt. Die Preisdaten zwischen beiden Web-Scrapings korrelieren sehr stark miteinander (r = 0,9999, t = 15265, p < 0,001), woraus geschlussfolgert werden kann,
4.6 Modellfreie Analysen
117
dass auch in den Monaten der Erhebung der Clickstream-Daten lediglich geringe Preisschwankungen vorliegen.
4.6
Modellfreie Analysen
Vor Bearbeitung des in Unterkapitel 4.3 vorgestellten Untersuchungsmodells und der Analyse der Rolle des Preises beim Online- und Mobile-Shopping wird in einem ersten Schritt ein Überblick über die Conversion-Entscheidungen im Datensatz gegeben und mehrere modellfreie Analysen durchgeführt. Neben den allgemeinen Conversion-Entscheidungen im Online- und Mobile-Shop werden die Kaufentscheidungen abhängig vom Login-Status der Besucher, die Länge von Klickpfaden und die Warenkorbgröße beleuchtet.
4.6.1
Conversion-Entscheidungen
Von insgesamt 124.470 Sessions weisen 2.618 Sessions einen Kauf auf, was einer Conversion-Rate von 2,10 Prozent entspricht. Es wurden in 1.670 Sessions die Herstellermarke, in 882 Sessions die Handelsmarke und in 66 Fällen Produkte beider Marken erworben. Tabelle 4.1 gibt diese Zahlen aufgeschlüsselt nach Online- und Mobile-Kanal wieder. Die Entscheidungen zwischen Onlineund Mobile-Kanal unterscheiden sich (χ2(1,3) = 430,18, p < 0,001). Im Mobile-Shop ist der Anteil der Handelsmarke um sieben Prozentpunkte geringer im Vergleich zum Online-Shop (Mobile: 29 Prozent, Online: 36 Prozent). Dieses Ergebnis dient als erster Indikator für das in Unterkapitel 4.3 hergeleitete höhere wahrgenommene Risiko beim Mobile-Shopping, das durch Vertrauen auf Markensignale gesenkt werden kann.
4.6.2
Entscheidungen eingeloggter Besucher versus Besucher ohne Login
Wie in Unterkapitel 4.3 dargelegt, sinkt das höhere wahrgenommene Risiko bei Handelsmarken im Vergleich zu Herstellermarken, wenn ein Konsument Wissen über diese besitzt (vgl. Richardson/Jain/Dick 1996). Da keine historischen Kaufdaten vorliegen, wird hierbei der Login-Status als Variable herangezogen und beleuchtet, ob ein Konsument bereits Erfahrung mit dem Webshop besitzt und damit die Möglichkeit besteht, ebenfalls Produkte der Handelsmarke zu kennen.
118
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
Im Online-Kanal haben sich 1.026 (1,76 Prozent bezogen auf den OnlineKanal) der Besucher eingeloggt, im Mobile-Kanal sind es 452 (0,68 Prozent bezogen auf den Mobile-Kanal). Tabelle 4.2 gibt eine Übersicht über die Kaufentscheidungen der Besucher aufgeschlüsselt nach dem genutzten Kanal und dem Login-Status. Für beide Kanäle ergeben sich systematische Unterschiede in Abhängigkeit des Login-Status bezüglich der getroffenen Kaufentscheidung (Online: χ2(1,2) = 3.611,90, p < 0,001; Mobile: χ2(1,2) = 4.852,10, p < 0,001). Für die Analysen wurden Besucher entfernt, die beide Marken erworben haben, da deren Gruppengrößen weder im Online-Kanal noch im Mobile-Kanal die Mindestbedingung für den Test erfüllen.
Tabelle 4.1
Anzahl der Entscheidungen in den Einkaufskanälen Online und Mobile Online
Kauf von Herstellermarke Kauf von Handelsmarke Kauf von Herstellermarke & Handelsmarke Kein Kauf getätigt
Mobil
1.069
601
624
258
47
19
56.404
65.448
58.144
66.326
Tabelle 4.2 Anzahl der Entscheidungen nach Login-Status in den Einkaufskanälen Online und Mobile Online
Mobil
kein Login Login
kein Login Login
Kauf von Herstellermarke
843
226
484
117
Kauf von Handelsmarke
502
122
203
55
33
14
16
3
55.740
664
65.171
277
57.118
1.026
65.874
452
Kauf von Herstellermarke & Handelsmarke Kein Kauf getätigt
Dieser Unterschied tritt aber vor allem aufgrund einer höheren ConversionRate bei eingeloggten Nutzern auf. Für Besucher ohne Login liegt diese bei 2,4 Prozent beim Online-Shopping und bei 1,1 Prozent beim Mobile Shopping. Für Besucher mit Login beträgt die Conversion-Rate beim Online-Shopping 35,3 Prozent bzw. 38,7 Prozent beim Mobile-Shopping.
4.6 Modellfreie Analysen
119
Werden lediglich die Käufer betrachtet, verändert sich der Anteil der Handelsmarke beim Online-Shopping nur gering (kein Login: 36 Prozent, Login: 34 Prozent). Beim Mobile-Shopping steigt der Anteil der Handelsmarke um zwei Prozentpunkte (kein Login: 29 Prozent, Login: 31 Prozent). Die Unterschiede in den Entscheidungen zwischen eingeloggten und nicht eingeloggten Käufern sind nicht signifikant (Online: χ2(1,1) = 0,52, p = 0,472; Mobile: χ2(1,1) = 0,28, p = 0,597). Da der Login-Status allerdings Informationen darüber liefert, ob ein Konsument einen Kauf tätigt, wird die Variable auch weiterhin im Untersuchungsmodell zum Suchverhalten (siehe Unterkapitel 4.3 bzw. Abbildung 4.1) beibehalten.
4.6.3
Klickpfadlänge
Die Klickpfadlänge wird als Variable ins Untersuchungsmodell zum Suchverhalten aufgenommen, um die Browsing-Strategien Suchern und hedonistischer Browser (mit der Variable ‚Anzahl der betrachteten Artikel‘) voneinander zu unterscheiden. In dieser modellfreien Analyse soll untersucht werden, ob sich auch in Hinblick auf eine getätigte Kaufentscheidung die Klickpfadlänge unterscheidet. Die durchschnittliche Klickpfadlänge für Besucher des Online-Shops beträgt 11,88 besuchte Webseiten, bei einem Mobile-Besucher sind es 8,44 Webseiten. Für Konsumenten, die ein Produkt kaufen, beläuft sich die durchschnittliche Länge auf 26,71 Klicks bei Nutzung des Online-Shops und auf 22,43 Klicks bei Nutzung des Mobile-Shops. Besucher, die keinen Kauf vornehmen, besuchen im Online-Shop im Schnitt 11,43 Webseiten und im Mobile-Shop 22,43 Webseiten. Sowohl für Online- als auch Mobile-Shopping sind die Klickpfadlängen für Käufer signifikant länger (Online-Shopping: t = 26,51, p < 0,001, Mobile-Shopping: t = 15,41, p < 0,001). Wird zwischen der Art der Conversion (Handelsmarke bzw. Herstellermarke) unterschieden, ähneln sich die Klickpfadlängen im Online-Shopping sehr stark. Käufer der Herstellermarke besuchen im Schnitt 25,51 Seiten im Online-Shop. Für Käufer der Handelsmarke sind es beim Online-Shopping 27,29 besuchte Seiten. Der Unterschied in der Länge der Klickpfade im Falle des Online-Shops ist nicht signifikant (t = 1,50, p = 0,13). Im Mobile-Shop dagegen besuchen Käufer der Herstellermarke nur 18,87 Seiten, Käufer der Handelsmarke dagegen 28,42 Seiten. Dieser Unterschied ist hochsignifikant (t = 6,75, p < 0,001). Die Länge der Klickpfade bei Käufern der Herstellermarke beim Mobile-Shopping fällt deutlich kürzer aus als die Länge der Klickpfade bei Käufern der Handelsmarke. Tabelle 4.3 gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Pfadlängen.
120
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
Tabelle 4.3 Durchschnittliche Klickpfadlänge in Abhängigkeit von Einkaufskanal und Einkaufsentscheidung Online
Mobil
Alle Besucher
11,88
8,44
Nicht-Käufer
11,43
8,25
Käufer
26,71
22,43
Käufer der Herstellermarke
25,51
18,87
Käufer der Handelsmarke
27,29
29,42
Es ist wahrscheinlich, dass der Grund für diesen Unterschied in der in Unterkapitel 4.3 hergeleiteten Wirkung von höheren Suchkosten beim Mobile-Shopping liegt. Für Konsumenten kann es hierbei zu einer Abwägung von Suchkosten und dem möglichen Zugewinn an Information bei weiterer Suche kommen. Eine Herstellermarke ist im Schnitt besser dazu in der Lage, Qualität zu signalisieren und Risiken zu senken (vgl. Erdem/Zhao/Valenzuela 2004). Sollte es sich bei den ersten Suchergebnissen beim Mobile-Shopping um Produkte einer Herstellermarke handeln und der Konsument den Preis als annehmbar einstufen, ist es unwahrscheinlich, dass eine weitere Suche erfolgt. Stattdessen wird das Produkt der Herstellermarke erworben. Umgekehrt kann eine Handelsmarke das wahrgenommene Risiko nicht im gleichen Maße senken (vgl. Richardson/Jain/Dick 1996; Erdem/Zhao/Valenzuela 2004), weshalb Konsumenten weitere Suchanstrengungen unternehmen.
4.6.4
Warenkorbgröße
In ihrer Arbeit zum Einfluss von Mobile-Shopping auf den Umsatz eines WebHändlers kommen Lee et al. (2016) zu dem Ergebnis, dass Warenkörbe beim Mobile-Shopping gemessen am Absatz geringer ausfallen im Vergleich zum Online-Shopping. Das gleiche Phänomen tritt hier ebenfalls auf. Der durchschnittliche Warenkorb im Datensatz hat beim Online-Shopping einen Umfang von 8,34 Produkten (davon 4,08 Produkte einer der beiden Fokusmarken) und beim Mobile-Shopping von 4,91 Produkten (2,83 Produkte der Fokusmarken). Damit ist der Warenkorb beim Mobile-Shopping signifikant kleiner (t = 6,32, p < 0,001). Der Anteil der Fokusmarken an den Warenkörben ist beim Mobile-Shopping höher als beim Online-Shopping (Mobile: 58 Prozent, Online: 49 Prozent). Eine Aufschlüsselung nach Hersteller- und Handelsmarke liefert weitere Erkenntnisse.
4.6 Modellfreie Analysen
121
Beim Online-Shopping hat ein Käufer der Herstellermarke einen durchschnittlichen Warenkorb von 7,36 Produkten, davon 3,85 (52 Prozent) von der Herstellermarke. Der Warenkorb eines Käufers der Handelsmarke umfasst im Schnitt 10,40 Produkte, davon 4,82 (46 Prozent) von der Handelsmarke. Der Warenkorb für Käufer der Handelsmarke fällt signifikant größer aus als für Käufer der Herstellermarke (auf Gesamtebene: t = 2,97, p = 0,003, auf Ebene der Fokusmarken: t = 2,62, p = 0,009). Beim Mobile-Shopping hat ein Käufer der Herstellermarke einen durchschnittlichen Warenkorb von 4,19 Produkten, davon 2,61 (62 Prozent) von der Herstellermarke. Der Warenkorb eines Käufers der Handelsmarke umfasst im Schnitt 7,13 Produkte, davon 3,54 (50 Prozent) von der Handelsmarke. Auch hier umfassen die Warenkörbe der Käufer der Handelsmarke mehr Produkte als die Warenkörbe der Käufer der Herstellermarke (auf Gesamtebene: t = 4,22, p < 0,001, auf Ebene der Fokusmarken: t = 3,52, p < 0,001). Insgesamt bestätigt dies die von Lee et al. (2016) gefundenen Ergebnisse, dass Warenkörbe beim Mobile-Shopping weniger Produkte beinhalten. Diese Erkenntnis kann aber noch erweitert werden: Käufer der Handelsmarke kaufen im Schnitt mehr Produkte innerhalb ihres Einkaufs, und zwar sowohl über alle erworbenen Produkte hinweg als auch auf Ebene der Handelsmarke selbst. Auch zeichnet sich in den Daten ab, dass die Käufe von Handelsmarken-Käufern diverser sind, da diese in deren Warenkörben einen geringeren Anteil am Gesamtabsatz eines Einkaufs aufweisen. Tabelle 4.4 ist ein Überblick über die Warenkorbgrößen zu entnehmen. Tabelle 4.4 Durchschnittliche Warenkorbgröße (Absatz) in Abhängigkeit von Einkaufskanal und Einkaufsentscheidung Online gesamter Warenkorb Kauf von Herstellermarke Kauf von Handelsmarke
Mobil Produkte der Fokusmarke im Warenkorb
gesamter Warenkorb
Produkte der Fokusmarke im Warenkorb
7,36
3,85
4,19
2,61
10,40
4,82
7,13
3,54
122
4.7
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
Analysen zum Suchverhalten und der Rolle des Preises bei Online- und Mobile-Shopping
In diesem Unterkapitel wird im ersten Abschnitt (4.7.1) das in Unterkapitel 4.3 aufgestellte Untersuchungsmodell zum Suchverhalten überprüft. Im zweiten Unterkapitel wird die sich veränderte Rolle des Preises zwischen Online- und Mobile-Shopping analysiert. Als zentrale abhängige Variable dient die Kaufentscheidung von Besuchern des Webshops. In der ersten Analyse wird der Effekt unterschiedlicher Clickstream-Charakteristika, die den Suchprozess beschreiben, in Bezug auf die Kaufentscheidung untersucht. In einer zweiten Analyse werden die Preiseffekte von Handelsmarke und Herstellermarke mit Blick auf ihren Einfluss auf den Kauf einer der beiden Marken gegenübergestellt. In beiden Analysen werden mögliche Unterschiede zwischen Online- und Mobile-Shopping berücksichtigt.
4.7.1
Einfluss des Suchverhaltens auf die Kaufentscheidung
4.7.1.1 Operationalisierung der Variablen und berechnete Modelle In dieser Analyse wird das Untersuchungsmodell hinsichtlich des Effekts des Suchverhaltens auf die Einkaufsentscheidung beleuchtet (siehe Abbildung 4.1). Das Suchverhalten wird dabei durch folgenden verschiedenen ClickstreamCharakteristika beschrieben: (1) Klickpfadlänge, (2) Anzahl der betrachteten Artikel, (3) Verwendung der Artikelsuche, (4) Login-Status und (5) Betrachtung von Produkten beider Fokusmarken im Rahmen der Suche. Um anzuzeigen, ob der Mobile-Shop verwendet wurde, wird der Dummy ‚Mobilgerät‘ herangezogen. Um zu verhindern, dass es zu einer Verzerrung der Effekte durch unterschiedliche Produktkategorien kommt, werden diese als Kontrollvariablen genutzt. Tabelle 4.5 gibt eine Übersicht über die Operationalisierung der einzelnen Variablen. Da die Verwendung der Variable ‚Beide Marken betrachtet‘ es erfordert, die Marken der Artikel, die im Laufe einer Session betrachtet werden, zu erfassen, ist für die Analysen ein Matching der Clickstream-Daten (Abschnitt 4.5.1) und der Web-Scraping-Daten (Abschnitt 4.5.2) notwendig. Hierdurch reduziert sich die Anzahl der Sessions im Datensatz von 124.470 auf 120.158. Für die Anzahl der betrachteten Artikel wird die gesamte Anzahl der betrachteten Artikel verwendet (nicht nur die Anzahl der betrachteten Artikel der beiden Fokusmarken). Die modellfreien Analysen deuten in Bezug auf die Warenkorbgröße darauf hin, dass Käufer der Handelsmarke eine höhere Diversität aufweisen. Dies setzt
4.7 Analysen zum Suchverhalten und der Rolle des Preises …
123
eine umfassendere Suche auch in anderen Produktkategorien voraus. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, wird die gesamte Anzahl der betrachteten Artikel zur Bestimmung der Variable herangezogen.
Tabelle 4.5 Operationalisierung der unabhängigen Variablen Variable
Definition
Klickpfad-länge
Die Variable erfasst die {1,…,N} Länge des Clickstreams, d. h. die Gesamtzahl der besuchten Seiten des Webshops.
Operationalisierung
Anzahl betrachteter Artikel
Die Variable erfasst die Anzahl der im Laufe der Session betrachteten Artikel.
{1,…,N}
Verwendung Artikelsuche
Die Variable erfasst, ob ein Besucher die Suche des Webshops verwendet hat.
{Nicht verwendet (=0), Verwendet (=1)}
Login-Status
Die Variable erfasst, ob sich ein Besucher im Rahmen seiner Session mit einem Nutzerkonto angemeldet hat.
{Nicht eingeloggt (=0), eingeloggt (=1)}
Beide Marken betrachtet
Die Variable erfasst, ob ein {Eine betrachtet (=0), Besucher Artikel beider Beide betrachtet (=1)} Fokusmarken (sowohl der Herstellermarke als auch der Handelsmarke) betrachtet hat.
Mobilgerät
Die Variable erfasst, ob der Mobile-Shop des Händlers durch einen Zugriff mittels Smartphone oder Tablet genutzt wurde.
{Kein Mobilgerät (=0), Mobilgerät (=1)}
Artikel Außenbeleuchtung betrachtet
Diese Variable erfasst, ob ein Artikel aus der Kategorie ‚Außenbeleuchtung‘ betrachtet wurde.
{Nicht betrachtet (=0), Artikel aus Außenbeleuchtung betrachtet (=1)}
Artikel Innenbeleuchtung betrachtet
Diese Variable erfasst, ob ein {Nicht betrachtet (=0), Artikel aus der Kategorie Artikel aus ‚Innenbeleuchtung‘ betrachtet Innenbeleuchtung (=1)} wurde. (Fortsetzung)
124
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
Tabelle 4.5 (Fortsetzung) Variable
Definition
Operationalisierung
Artikel Leuchtmittel betrachtet
Diese Variable erfasst, ob ein Artikel aus der Kategorie ‚Leuchtmittel‘ betrachtet wurde.
{Nicht betrachtet (=0), Artikel aus Leuchtmittel betrachtet (=1)}
Artikel aus Sonstiges betrachtet
Diese Variable erfasst, ob ein Artikel aus der Kategorie ‚Sonstiges‘ betrachtet wurde.
{Nicht betrachtet (=0), Artikel aus Sonstiges betrachtet (=1)}
Mithilfe unterschiedlicher Modelle einer multinomialen logistischen Regression wird nun die Wirkung der Clickstream-Charakteristika analysiert. Die abhängige Variable ist entsprechend die Kaufentscheidung der Besucher des Webshops mit drei möglichen Zuständen: (1) Kauf der Herstellermarke, (2) Kauf der Handelsmarke und (3) kein Kauf. Der Kauf der Herstellermarke wird als Referenzgruppe für die Regressionen verwendet. Besucher des Webshops, die beide Marken erworben haben, wurden für diese und weitere Analysen ausgeschlossen, da dieser Fall im gesamten Datensatz nur in 66 Fällen auftritt. Dies entspricht 0,05 Prozent aller Sessions bzw. 2,52 Prozent aller Conversions. Somit verbleiben 120.092 Sessions für diese Analyse. Insgesamt werden im Rahmen der Analyse sechs Modelle berechnet. Der Grund für diese Vielzahl an Modellen liegt in der Nutzung der Variablen ‚Klickpfadlänge‘ und ‚Anzahl der betrachteten Artikel‘. Die Modelle 1–3 greifen auf einen linearen Zusammenhang dieser beiden Variablen mit der Kaufentscheidung zurück, die Modelle 4–6 unterstellen einen quadratischen Zusammenhang. Beide Variablen sind Inhalt des Modells, um unterschiedliches Verhalten der BrowsingStrategien Direktkäufer, Sucher und Browser abzubilden. Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Kauf mit zunehmender Suchaktivität zuerst ansteigt, aber ab einem bestimmten Punkt auch wieder zurückgeht, da die Besucher kein passendes Produkt finden und die Suche abbrechen. Um diesen U-förmigen Effekt abzubilden, werden auch die quadratischen Zusammenhänge in den Modellen 4–6 berücksichtigt. Des Weiteren korreliert die Variable ‚Klickpfadlänge‘ sehr stark mit der Variable ‚Anzahl der besuchten Artikel‘ (r = 0,86, p < 0,001). Klarmann (2008) beziffert eine bivariate Korrelation von über 0,9 als Indikator für ein kritisches Multikollinearitäts-Level. Dieser Wert wird hier nur knapp unterschritten, weshalb Multikollinearität nicht ausgeschlossen werden kann. Modell 1 und 4 verwenden daher nur die Klickpfadlänge, nicht aber die Anzahl an betrachteten Artikeln als
4.7 Analysen zum Suchverhalten und der Rolle des Preises …
125
unabhängige Variable, Modell 2 und 5 wiederum nutzen die Anzahl der betrachteten Artikel, nicht aber die Klickpfadlänge. Modell 3 und 6 verwenden beide Variablen. Für die Funktion, dass Besucher i des Webshops die Kaufentscheidung j treffen, wird die Log Odds Ratio der multinomialen logistischen Regression in den jeweiligen Modellen wie folgt modelliert:
Tabelle 4.6 gibt einen Überblick über die Korrelationen aller in Modell 6 berücksichtigten unabhängigen Variablen (Clickstream-Charakteristika, Nutzung eines Mobilgeräts und Kontrollvariablen) untereinander. Die höchsten Korrelationen treten zwischen den quadratischen Effekten und den Variablen zur Klickpfadlänge sowie Anzahl der betrachteten Produkte auf. Des Weiteren sind alle Kontrollvariablen untereinander mit |r| > 0,2 korreliert.
0,285 0,189 ,008
5. Verwendung Artikelsuche
6. Login-Status
7. Beide Marken betrachtet
0,023
11. Artikel Leuchtmittel betrachtet
0,018
0,016
0,012
0,007
0,036
0,051
0,011
0,104
0,199
0,776
5
1,000
7
0,010
0,041
N = 120.092, fett gedruckte Korrelationen sind signifikant mit p ≤ 0,05
0,005 −0,011
0,092
0,048 −0,315
1,000
10
0,322
1,000
11
12
0,044 −0,241 −0,225 −0,223 1,000
0,022 −0,094 −0,319 −0,344
0,157
0,017 −0,039 −0,015
1,000
1,000
9
0,012
8
0,021
0,059
0,060
1,000
6
0,016 −0,006 −0,001 −0,225
0,011
0,048
0,076
1,000
−0,049 −0,020 −0,037 −0,014
0,028
10. Artikel Innenbeleuchtung betrachtet
12. Artikel aus Sonstiges betrachtet
0,044
9. Artikel Außenbeleuchtung betrachtet
0,009
0,131
0,140
0,685
1,000
4
1,000
0,574
4. Anzahl betrachteter Artikel 2
0,751
1,000
3
0,001
0,864
3. Anzahl betrachteter Artikel
2
−0,119 −0,082 −0,094 −0,058 −0,184 −0,050
0,846
2. Klickpfadlänge 2
8. Mobilgerät
1,000
1. Klickpfadlänge
4
1
Tabelle 4.6 Korrelationsmatrix der unabhängigen Variablen in der Analyse zum Einfluss des Suchverhaltens auf die Kaufentscheidung
126 Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
4.7 Analysen zum Suchverhalten und der Rolle des Preises …
127
4.7.1.2 Ergebnisse Tabelle 4.7 veranschaulicht die Ergebnisse der multinominalen Regression für alle Modelle. Die Referenzentscheidung ist in allen Modellen der Kauf der Herstellermarke, um die Effekte in Hinblick auf die anderen Einkaufsentscheidungen (‚Wahl der Handelsmarke‘ und ‚kein Kauf‘) zu untersuchen. Ein Vergleich der AIC-Werte über die Modelle hinweg deutet darauf hin, dass die Modelle 3 und 6, die sowohl Klickpfadlänge als auch Anzahl der betrachteten Artikel als unabhängige Variablen nutzen, im Vergleich zu den anderen Modellen, die lediglich eine der Variablen verwenden, überlegen sind. Modelle 3 und 6 weisen die niedrigsten AIC-Werte auf, wobei Modell 6 einen geringeren Wert erreicht (AICModell 3 = 21.363, AICModell 6 = 20.191). Modell 2 und Modell 5, die beide die Klickpfadlänge unberücksichtigt lassen und den Effekt der Anzahl der betrachteten Artikel betrachten, führen zu den höchsten AIC-Werten (AICModell 2 = 23.244, AICModell 5 = 23.219). Die AIC-Werte von Modell 1 und Modell 4 (Berücksichtigung von Klickpfadlänge, aber nicht Anzahl der betrachteten Artikel) befinden sich zwischen den Werten der anderen Modelle (AICModell 1 = 22.791, AICModell 4 = 21.901). Richtung und Signifikanz der Effekte sind über die Modelle hinweg mit Ausnahme von drei Fällen konsistent. Eine Ausnahme bildet der Effekt der Anzahl der betrachteten Artikel auf die Entscheidung ‚kein Kauf‘. Dieser Effekt ist in den Modellen 2 und 5 nicht signifikant. Die Anzahl der betrachteten Artikel hat indes einen positiven Effekt auf ‚kein Kauf‘, wenn auch die Länge der Klickpfade berücksichtigt wird (Modell 3 und Modell 6). Im Gegensatz zum positiven Effekt der Anzahl der betrachteten Artikel hat die Klickpfadlänge in diesen Fällen einen negativen Effekt. Die Nutzung eines Mobilgeräts und damit die Nutzung des Mobile-Shop schwanken im einfachen Effekt auf den Kauf der Handelsmarke. In den Modellen 2, 3 und 5 liegt ein negativer, signifikanter Effekt vor. In den Modellen 1 und 6 tritt ein negativer Trend auf (pModell 1 = 0,080, pModell 6 = 0,072). Kein Effekt liegt in Modell 4 vor (pModell 4 = 0,124). Zuletzt schwankt auch der Effekt der Nutzung der Artikelsuche im Mobile-Shop. Diese hat in den Modellen, die die Klickpfadlänge berücksichtigen (Modell 1, 3, 4 und 6), einen positiven Effekt darauf, keine Kaufentscheidung vorzunehmen. In den Modellen 2 und 5, in denen lediglich die Anzahl der betrachteten Artikel ohne die Klickpfadlänge berücksichtigt wird, tritt der Effekt nicht auf (pModell 2 = 0,150, pModell 5 = 0,140).
0,002 (0,002)
Klickpfadlänge
Mobilgerät * Klickpfadlänge
0,009** (0,003)
Interaktionen mit Mobilnutzung
(0,315)
3,247*** (0,167) −0,552+
Beide Marken betrachtet
Mobilgerät
−2,656*** (0,092)
−0,186 (0,144)
Login-Status
−0,008** (0,002)
0,685*** (0,096)
0,916*** 0,073)
−0,276*** (0,070)
−0,036 (0,114)
−0,016*** (0,001)
Verwendung Artikelsuche
Anzahl betrachteter Artikel2
Anzahl betrachteter Artikel
Klickpfadlänge2
−1,592*** (0,218)
(Achsenabschnitt)
4,954*** (0,082)
0,914*** (0,072) 0,606*** (0,097)
−0,628* (0,314)
−3,006*** (0,091)
−0,469*** (0,069)
0,003 (0,002)
4,935*** (0,084)
Kein Kauf
3,234*** (0,166)
−0,190 (0,143)
−0,056 (0,112)
0,007* (0,003)
−1,522*** (0,223)
Model 2 Kauf Handelsmarke
Kauf Handelsmarke
Kein Kauf
Model 1
Einkaufsentscheidung Referenzentscheidung: Kauf der Herstellermarke
−0,009 (0,008)
−0,707* (0,322)
3,271*** (0,168)
−0,201 (0,146)
−0,072 (0,115)
0,018** (0,007)
−0,004 (0,003)
−1,513*** (0,227)
Kauf Handelsmarke
Model 3
−0,042*** (0,006)
0,450*** (0,101)
0,929*** (0,074)
−2,431*** (0,096)
−0,357*** (0,072)
0,117*** (0,005)
−0,080*** (0,003)
5,169*** (0,089)
Kein Kauf
−0,019 (0,014)
−0,531 (0,346)
3,256*** (0,167)
−0,212 (0,148)
−0,020 (0,115)
0,000 (0,000)
0,004 (0,007)
−1,633*** (0,224)
Kauf Handelsmarke
Model 4
−0,063*** (0,010)
0,976*** (0,125)
0,938*** (0,073)
−2,301*** (0,095)
−0,059 (0,072)
0,001*** (0,000)
−0,078*** (0,004)
5,365*** (0,090)
Kein Kauf
−0,820* (0,326)
3,238*** (0,167)
(0,146)
0,619*** (0,105)
0,913*** (0,072)
−2,998*** (0,092)
−0,465*** (0,070)
0,000 (0,000)
−0,000+ (0,000) −0,084 (0,113) −0,249+
0,001 (0,004)
4,940*** (0,085)
Kein Kauf
0,020** (0,007)
−1,566*** (0,224)
Kauf Handelsmarke
Model 5
−0,051** (0,016)
(0,350)
3,285*** (0,168) −0,631+
−0,229 (0,150)
−0,041 (0,117)
−0,000* (0,000)
0,024** (0,009)
0,000 (0,000)
−0,004 (0,007)
−1,607*** (0,234)
Kauf Handelsmarke
Model 6
(Fortsetzung)
−0,098*** (0,011)
0,666*** (0,129)
0,956*** (0,075)
−2,102*** (0,099)
−0,230** (0,073)
0,000*** (0,000)
0,155*** (0,006)
0,001*** (0,000)
−0,158*** (0,005)
5,588*** (0,096)
Kein Kauf
4
Unabhängige Variablen:
Abhängige Variable:
Tabelle 4.7 Modelle der multinomialen logistischen Regression hinsichtlich der Einkaufsentscheidung in Abhängigkeit von Clickstream-Charakteristika und deren Interaktion mit der Nutzung des Mobile-Shops
128 Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
−0,318** (0,109)
−0,183 (0,310)
Mobilgerät * Beide Marken betrachtet
Artikel Außenbeleuchtung betrachtet
Kontrollvariablen:
−0,809*** (0,077)
−0,854*** (0,162)
−0,139 (0,258)
Mobilgerät * Login-Status
−1,826*** (0,202)
0,287* (0,117)
Mobilgerät * Verwendung Artikelsuche
−1,916*** (0,209)
−0,156 (0,310)
−0,223 (0,255)
0,329+ (0,196)
0,030*** (0,007)
Model 2 Kauf Handelsmarke
Kauf Handelsmarke
Kein Kauf
Model 1
−0,963*** (0,078)
−0,298** (0,108)
−1,035*** (0,159)
0,164 (0,114)
0,012* (0,006)
Kein Kauf
Einkaufsentscheidung Referenzentscheidung: Kauf der Herstellermarke
(Fortsetzung)
0,351+ (0,200)
Mobilgerät * Anzahl betrachteter Artikel2
Mobilgerät * Anzahl betrachteter Artikel
Mobilgerät * Klickpfadlänge2
Abhängige Variable:
Tabelle 4.7
−1,958*** (0,213)
−0,157 (0,313)
−0,147 (0,261)
0,357+ (0,202)
0,054** (0,016)
Kauf Handelsmarke
Model 3
−1,133*** (0,083)
−0,273* (0,112)
−0,762*** (0,169)
0,472*** (0,119)
0,082*** (0,012)
Kein Kauf
−1,825*** (0,200)
−0,168 (0,311)
−0,315 (0,263)
0,342+ (0,203)
0,001*** (0,000)
Kauf Handelsmarke
Model 4
−0,660*** (0,076)
−0,360** (0,109)
−0,938*** (0,163)
0,480*** (0,118)
0,001*** (0,000)
Kein Kauf
−1,951*** (0,208)
−0,125 (0,311)
−0,290 (0,258)
0,253 (0,199)
0,000 (0,000)
0,061*** (0,016)
Kauf Handelsmarke
Model 5
−0,958*** (0,079)
−0,299** (0,108)
−1,038*** (0,159)
0,170 (0,116)
0,000 (0,000)
0,008 (0,011)
Kein Kauf
−1,955*** (0,209)
−0,159 (0,314)
−0,163 (0,265)
(Fortsetzung)
−1,028*** (0,083)
−0,297** (0,112)
−0,762*** (0,170)
0,726*** (0,121)
−0,001*** (0,000)
−0,001*** (0,000)
0,382+ (0,205)
0,087*** (0,013)
0,001*** (0,000)
Kein Kauf
0,071*** (0,018)
0,001*** (0,000)
Kauf Handelsmarke
Model 6
4.7 Analysen zum Suchverhalten und der Rolle des Preises … 129
−0,514*** (0,079)
−0,880*** (0,073)
−1,222*** (0,082)
−1,287*** (0,195)
−0,416* (0,187)
−6,343*** (0,726)
22.791
120.092
Artikel Innenbeleuchtung betrachtet
Artikel Leuchtmittel betrachtet
Artikel aus Sonstiges betrachtet
AIC
N
−1,275*** (0,082)
−0,978*** (0,074)
+: p ≤ 0,10; *: p ≤ 0,05; **: p < 0,01; ***: p < 0,001 (zweiseitig). Standardfehler sind in Klammern angegeben.
120.092
23.244
−6,387*** (0,727)
−0,473* (0,194)
−0,684*** (0,081)
Kein Kauf
120.092
21.363
−6,468*** (0,728)
−0,530** (0,198)
−1,375*** (0,205)
Kauf Handelsmarke
Model 3
−1,446*** (0,087)
−1,121*** (0,079)
−0,773*** (0,086)
Kein Kauf
120.092
21.901
−6,356*** (0,725)
−0,416* (0,185)
−1,285*** (0,193)
Kauf Handelsmarke
Model 4
−1,239*** (0,081)
−0,807*** (0,072)
−0,388*** (0,079)
Kein Kauf
120.092
23.219
−6,397*** (0,726)
−0,490* (0,192)
−1,405*** (0,200)
Kauf Handelsmarke
Model 5
−1,272*** (0,082)
−0,975*** (0,074)
−0,680*** (0,081)
Kein Kauf
120.092
20.191
−6,467*** (0,726)
−0,501* (0,193)
−1,332*** (0,201)
Kauf Handelsmarke
Model 6
−1,487*** (0,087)
−1,069*** (0,079)
−0,681*** (0,085)
Kein Kauf
4
−1,372*** (0,201)
Model 2 Kauf Handelsmarke
Kein Kauf
Kauf Handelsmarke
Einkaufsentscheidung Referenzentscheidung: Kauf der Herstellermarke
(Fortsetzung)
Model 1
Abhängige Variable:
Tabelle 4.7
130 Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
4.7 Analysen zum Suchverhalten und der Rolle des Preises …
4.7.2
131
Wirkung des Preises bezüglich der Kaufentscheidung von Handelsmarke vs. Herstellermarke beim Onlineund Mobile-Shopping
4.7.2.1 Datenvorstellung und Variablen In dieser Analyse wird die Wirkung des Preises beim Kauf von Hersteller- bzw. Handelsmarke untersucht. Um zu verhindern, dass es dabei zu einer Verzerrung des Effekts durch unterschiedliche Produktkategorien kommt, wird diese Analyse nur für die (gemessen am Absatz) größte Unterkategorie der Leuchtmittel durchgeführt und dabei ausschließlich der Produkttyp LED-Leuchtmittel betrachtet. Für diesen Produkttyp ergibt sich auch eine gute Vergleichbarkeit der Produkte zwischen den Marken, da es sich um weitestgehend normierte Produkte handelt. Dementsprechend wird für diese Analyse lediglich eine Teilmenge des gesamten Datensatzes verwendet. Die Daten dieser Teilmenge erfüllen die folgenden beiden Bedingungen: (1) Es werden nur Datensätze berücksichtigt, in denen entweder die Handelsmarke oder die Herstellermarke erworben wurden, und (2) es werden nur Datensätze berücksichtigt, in denen ein Kauf in der Kategorie LEDLeuchtmittel durchgeführt wurde. Diese Restriktionen führen zu einer Stichprobengröße von N = 1.080. In dieser Analyse soll untersucht werden, welche Wechselwirkung zwischen den Preisen für Produkte der Herstellermarke sowie Produkten der Handelsmarke bestehen. Diese Frage wird mithilfe einer logistischen Regression mit der erworbenen Marke (1 = Herstellermarke, 0 = Handelsmarke) als abhängige Variable beleuchtet. Als unabhängige Variable werden der Preis der Herstellermarke und der Preis der Handelsmarke sowie deren Interaktionen mit der Nutzung eines Mobilgeräts genutzt. Die Preisvariablen basieren dabei auf dem Preis des vom entsprechenden Konsumenten gewählten Produkts und dem nächstverwandten Produkt der nicht gewählten Marke. Als Vorbereitung für diese Analyse wurde für jedes Produkt von Herstellerund Handelsmarke der Kategorie LED-Leuchtmittel das nächstverwandte Produkt der Wettbewerbsmarke bestimmt. Als dazu genutzte Matching-Variablen dienen die Leistung der LED-Birne (in Watt), ihre Lebensdauer (in Stunden) sowie die Packungsgröße (in Stück). Die Variablen wurden für die Bestimmung der Distanzen standardisiert und die euklidische Norm verwendet. Sollten für ein Produkt mehrere nächste Verwandte existieren, wurde der durchschnittliche Preis herangezogen. Für jede LED-Birne der Herstellermarke wurde so der Preis der nächstverwandten LED-Birne der Handelsmarke bestimmt und umgekehrt.
132
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
Der Preis für die Schätzung der Regression ist wie folgt operationalisiert: Für Kunden, die die Herstellermarke erworben haben, wird der Preis des erworbenen Produkts als Preis für die Herstellermarke verwendet. Der Preis für die Handelsmarke ist der Preis des nächstverwandten Produkts der erworbenen Herstellermarke. Die Preise für Käufer der Handelsmarke sind nach dem identischen Schema bestimmt. Um den Einfluss von Mobile-Shopping zu untersuchen, wird eine DummyVariable, die die Nutzung eines Mobilgeräts anzeigt, als Interaktion mit den Preisen genutzt. Die Berechnungen werden auf Grundlage einer linearen (Formel 4.1) sowie einer semi-logarithmischen Preis-Absatz-Funktion (Formel 4.2) durchgeführt. Die geschätzten Regressionen lauten: P(y = Herstellermarke)i )= a + bPreis × PreisHerstellermarke,i + bPreis ln( 1− P(y = Herstellermarke) Herstellermarke Handelsmarke i × PreisHandelsmarke,i + bMobilger¨at × xMobilger¨at,i + bMobilger¨at*Preis × xMobilger¨at,i × PreisHerstellermarke,i Herstellermarke + bMobilger¨at*Preis × xMobilger¨at,i × PreisHandelsmarke,i Handelsmarke
(4.1)
p(y = Herstellermarke)i ) = a + bPreis × ln(PreisHerstellermarke,i ) + bPreis ln( 1− (y = Herstellermarke) Herstellermarke Handelsmarke i × ln(PreisHandelsmarke,i ) + bMobilger¨at × xMobilger¨at,i + bMobilger¨at*Preis × xMobilger¨at,i × ln(PreisHerstellermarke,i ) Herstellermarke + bMobilger¨at*Preis × xMobilger¨at,i × ln(PreisHandelsmarke,i ) Handelsmarke
(4.2)
4.7.2.2 Ergebnisse Tabelle 4.8 zeigt das Ergebnis der logistischen Regressionen basierend auf linearer und semi-logarithmischer Preis-Absatz-Funktion. Auf Grundlage des AIC-Werts ist das semi-logarithmische Modell (AIC = 1.078) dem linearen Modell überlegen (AIC = 1.152). Jeder der signifikanten Effekte tritt in beiden Modellen auf. In Bezug auf die Effekte der Preise beim Online-Shopping ergibt sich ein schlüssiges Bild: Je höher der Preis der Herstellermarke ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit im Vergleich zu Handelsmarke, die Herstellermarke zu erwerben (bPreis der Herstellermarke = −0,122, p < 0,001). Dies gilt auch umgekehrt: Je höher der Preis der Handelsmarke ist, umso wahrscheinlicher ist der Kauf der Herstellermarke und umso unwahrscheinlicher der Kauf der Handelsmarke (bPreis der Handelsmarke = 0,288, p < 0,001). Der Preiseffekt fällt hierbei für die Handelsmarke stärker aus als für die Herstellermarke. Sethuraman und Gielens (2014) identifizieren in ihrer Meta-Analyse zu den Treibern für den Kauf von Handelsmarken Preissensitivität als einen der bedeutendsten Faktoren – ein Aspekt, der sich hier widerspiegelt.
4.7 Analysen zum Suchverhalten und der Rolle des Preises …
133
Tabelle 4.8 Logistische Regression hinsichtlich des Kaufs der Herstellermarke in Abhängigkeit der Preise von Hersteller- und Handelsmarke sowie der Interaktion mit der Nutzung des Mobile-Shops Abhängige Variable:
Wahl der Herstellermarke (= 1) Linearer Preis (Formel 4.1)
Log. Preis (Formel 4.2)
(Achsenabschnitt)
−0,884*** (0,190)
−1,317* (0,375)
Mobilgerät
−0,624 (0,421)
−1,405+ (0,848)
Preis der Herstellermarke
−0,122*** (0,015)
−1,407*** (0,161)
Preis der Handelsmarke
0,288*** (0,030)
2,312*** (0,199)
Mobilgerät * Preis der Herstellermarke
−0,055 (0,035)
−0,183 (0,341)
Mobilgerät * Preis der Handelsmarke
0,155* (0,073)
0,926* (0,460)
AIC
1.152
1.078
N
1.080
1.080
Unabhängige Variablen:
+: p ≤ 0,10; *: p ≤ 0,05; **: p < 0,01; ***: p < 0,001 (zweiseitig) Standardfehler sind in Klammern angegeben
In der Motivation zu dieser Analyse (siehe Unterkapitel 4.4) wurde argumentiert, dass höhere Suchkosten beim Mobile-Shopping (vgl. Ghose/Goldfarb/Han 2013) dazu führen können, dass die Preissensitivität zum Online-Shopping relativ sinkt. Die hier gefundene Interaktion bestätigt dies teilweise. Die Interaktion bewirkt, dass der Kauf der Handelsmarke bei gleichen Preisen beim MobileShopping unwahrscheinlicher ist (bMobilgerät*Preis der Handelsmarke = 0,155, p = 0,035). Das heißt, dass es durch die Verwendung von Mobile-Shopping wahrscheinlicher ist, unter sonst gleichbleibenden Umständen die Herstellermarke zu wählen. Eine Interaktion zwischen der Nutzung eines Mobilgeräts und dem Preis der Herstellermarke, die diesen Effekt weiter verdeutlichen könnte, wird nicht gefunden (bMobilgerät*Preis der Herstellermarke = −0,055, p = 0,121).
134
4.8
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
Übergreifende Diskussion
Der vorliegende Forschungsartikel befasst sich mit der Fragestellung, inwiefern sich Konsumenten in Hinblick auf ihre Suche im Online- und Mobile-Shopping unterschiedlich verhalten und welche Auswirkungen dies auf das Kaufverhalten von Hersteller- und Handelsmarken hat. Das zweite Ziel der Studie besteht in der Beantwortung der Frage, ob sich die Wirkung des Preises auf die Markenwahl durch die Nutzung von Online- oder Mobile-Shopping verändert. Die Analysen ergeben, dass sich das Suchverhalten im Online-Shop von Käufern der Herstellermarke vom Suchverhalten der Händlermarke unterscheidet und weiterhin auch Unterschiede zu Besuchern vorhanden sind, die keinen Kauf tätigen. Auch in Bezug auf Besucher des Mobile-Shops existieren Unterschiede gegenüber den beim Online-Shopping gefundenen Effekten. Online- und Mobile-Shopping unterscheiden sich ebenfalls in der Wirkung des Preises von Hersteller- und Händlermarke auf die Wahl eines der Produkte der beiden Marken. Aus den durchgeführten Analysen ergeben sich Implikationen für Forschung (Abschnitt 4.8.1) und Praxis (Abschnitt 4.8.2). Abschnitt 4.8.3 fasst abschließend den wissenschaftlichen Beitrag dieses Forschungsartikels zusammen und verweist auf Limitationen sowie Ansätze für weitere Forschung.
4.8.1
Forschungsimplikationen
Die Analyse dieser Arbeit ergibt im Fall von Online-Shopping, dass sich Käufer der Handelsmarke vor allem durch ein intensiveres Sucherverhalten gegenüber Käufern von Herstellermarken auszeichnen. Aus den Modellen ergibt sich, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Handelsmarke zu erwerben, zunimmt, je mehr Artikelseiten betrachtet werden. Auch die Art des Suchverhaltens spielt eine Rolle. Im Gegensatz zu der Anzahl der betrachteten Artikel lassen sich aus der Klickpfadlänge keine Informationen zum Kauf von Hersteller- oder Handelsmarke ziehen. Mit steigender Klickpfadlänge nimmt allgemein die Wahrscheinlichkeit für einen Kauf zu bzw. diese beschreibt einen U-förmigen Verlauf, wonach es unwahrscheinlich ist einen Kauf im Online-Shop zu tätigen, wenn besonders wenige oder besonders viele Webseiten im Shop betrachtet werden. Im Mobile-Shop werden sowohl der Effekt der Anzahl betrachteter Artikel als auch der Effekt der Klickpfadlänge weiter verstärkt. An dieser Stelle lassen sich die unterschiedlichen, von Moe (2003) identifizierten Browsing-Strategien erkennen. Direktkäufer, die den Webshop mit klarer
4.8 Übergreifende Diskussion
135
Kaufintention und –vorstellung betreten, betrachten nur wenige Artikel, unternehmen geringe Suchanstrengungen und kaufen mit höherer Wahrscheinlichkeit die Herstellermarke. Besucher der Webshops mit dieser Browsing-Strategie dürften kaum von einer Handelsmarke überzeugt werden, da nur eine marginale Suche stattfindet. Besucher mit der Browsing-Strategie des Suchers dagegen können von der Handelsmarke überzeugt werden. Diese Browsing-Strategie zeichnet sich durch das häufige Betrachten von Artikelseiten aus. Der positive Effekt einer intensiveren Suche auf den Kauf der Handelsmarke lässt sich daraus ableiten, dass sich die Wahrscheinlichkeit, diese zu erwerben, deutlich erhöht, wenn im Laufe der Suche Produkte sowohl von Hersteller- als auch Handelsmarke betrachtet werden. Eine zusätzliche Analyse der Daten ergibt hierzu, dass 48 Prozent aller Käufer der Herstellermarke beim Online-Shopping beide Marken betrachtet haben, während dieses Verhalten bei 92 Prozent der Käufer der Handelsmarke zu beobachten ist. Eine mögliche Erklärung für diesen Unterschied bieten Studien von Kelting, Duhachek und Whitler (2017), die zu dem Ergebnis gelangen, dass Konsumenten durch zusätzliches Wissen ihr wahrgenommenes Risiko reduzieren und so die Notwendigkeit, auf ein starkes Markensignal zu vertrauen, abnimmt. In den Herleitungen zum Untersuchungsmodell dieses Forschungsartikels wurde darauf eingegangen, dass durch erhöhte Suchkosten beim MobileShopping (vgl. Ghose/Goldfarb/Han 2013) Konsumenten im Vergleich zum Online-Shopping relativ weniger Informationen akquirieren und durch das dadurch gesteigerte wahrgenommene Risiko Marktanteile der Herstellermarke höher ausfallen. Die modellfreien Analysen konnten die Vermutung geringerer Marktanteile der Handelsmarke gegenüber der betrachteten Herstellermarke bestätigen (Abschnitt 4.6.1). Außerdem weist die Untersuchung der Klickpfadlängen (Abschnitt 4.6.3) auf um 35,7 Prozent kürzere Klickpfade der Käufer der Herstellermarke gegenüber den Käufern der Handelsmarke hin. Die untersuchten Interaktionen der Clickstream-Charakteristika ergeben, dass einige Effekte beim Mobile-Shopping weiter verstärkt werden. So verstärkt sich der positive Effekt der Anzahl der betrachteten Artikel auf die Kaufwahrscheinlichkeit der Handelsmarke ebenso wie der negative Effekt der Klickpfadlänge, keinen Kauf zu tätigen. Entsprechend relevant ist es, bei Untersuchungen zum Einkaufsverhalten Onlineund Mobile-Shopping getrennt zu betrachten. Ein interessantes Phänomen lässt sich in Bezug auf die Nutzung der Artikelsuche zwischen Online- und Mobile-Shopping feststellen. Während diese beim Online-Shopping die Wahrscheinlichkeit, keinen Kauf zu tätigen, senkt, ergibt sich beim Mobile-Shopping ein entgegengesetzter Effekt. Dies könnte den höheren Suchkosten beim Mobile-Shopping geschuldet sein. Es ist für Besucher des Online-Shops einfacher, Produkte in einer Übersicht zu betrachten und sich durch
136
4
Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
unterschiedliche Kategorien zu klicken. Beim Mobile-Shopping ist dieses Bewegungsmuster durch gesteigerte Suchkosten unattraktiver, und ein Verwenden der Artikelsuche wird insgesamt wahrscheinlicher. Ein Indikator für dieses Verhalten besteht darin, dass beim Mobile-Shopping 30,1 Prozent aller Besucher die Suche verwendet haben im Vergleich zu 26,5 Prozent beim Online-Shopping. Konsistenz zwischen Online- und Mobile-Shopping ergibt sich beim LoginStatus. Weder in den modellfreien Analysen noch in den Modellen der multinomialen Regression kommt es zu einem Unterschied im Kaufverhalten in Bezug auf den Kauf der Handels- und Herstellermarke. Auch hinsichtlich Online- und Mobile-Shopping ergeben sich keine Unterschiede zwischen beiden Alternativen. Dies erweist sich insofern als überraschend, als dass Erdem, Zhao und Valenzuela (2004) zu dem Ergebnis kommen, dass der Kauf einer Handelsmarke wahrscheinlicher ist, wenn die Konsumenten eine Verbindung zu dem jeweiligen Händler haben. Der Login-Status wurde zur Berücksichtigung dieses Effekts in das Untersuchungsmodell aufgenommen. Es gilt in weiterer Forschung festzustellen, ob dieser Effekt, der in einer Offline-Umgebung festgestellt wurde, in Online- und Mobile-Umgebungen nicht besteht, oder ob der Login-Status nicht in der Lage ist, die Verbindung eines Konsumenten zum Händler darzustellen. In Bezug auf das Treffen einer Kaufentscheidung dient der Login dagegen als ein deutlicher Indikator für einen Kauf. Dieser Effekt verstärkt sich beim Mobile-Shopping zusätzlich.
4.8.2
Praxisimplikationen
Aus den durchgeführten Analysen resultieren mehrere Implikationen für die Unternehmenspraxis. So ergibt sich als vielversprechendster Ansatz für einen Händler für den Vertrieb seiner Handelsmarke das Zugehen auf Besucher des Webshops mit der Browsing-Strategie des Suchers bzw. das Anregen und Lenken des Suchverhaltens. Viele Besucher – sowohl von Online- als auch MobileShop – lassen sich zügig von der Herstellermarke überzeugen und es kommt überhaupt nicht zu einer Betrachtung der Produkte der Handelsmarke. Dass es für den Vertrieb der Handelsmarke von Bedeutung ist, eine Auseinandersetzung mit dieser zu forcieren, ergibt sich auch aus der Dummy-Variable, die anzeigt, dass im Laufe der Suche Produkte von Hersteller- und Handelsmarke betrachtet wurden. Über alle Modelle hinweg geht der stärkste positive Effekt für den Kauf einer Handelsmarke von dieser Variable aus. Ein mögliches Vorgehen hierbei ist es, einem Besucher des Webshops zu Beginn der Suche vermehrt Produkte der
4.8 Übergreifende Diskussion
137
Handelsmarke vorzuschlagen, um so ein Auseinandersetzen mit selbiger anzuregen. Ausgehend von einem U-förmigen Effekt steigt die Wahrscheinlichkeit keinen Kauf zu tätigen ab einer gewissen Anzahl der betrachteten Artikel erneut an. Um Käufer, die sich nicht auf die Handelsmarke einlassen zum Kauf anzuregen, sollte daher mit zunehmender Suchaktivität die Herstellermarke prominenter platziert werden. Da Direktkäufer keine ausgiebigen Suchaktivitäten durchführen, ist ein Überzeugen dieser Browsing-Strategie schwieriger. Im Falle von Einsparpotenzialen besteht für einen Händler indes die Möglichkeit, diese Besucher des Online-Shops zu überzeugen, wenn es gelingt, die Preise für Produkte der Handelsmarke zu übermitteln. Um Besucher mit dieser Browsing-Strategie auf die Produkte der Handelsmarke aufmerksam zu machen, sollte zusätzlich der Versuch erfolgen, die Marke auch auf Artikelseiten der Herstellermarke anzuzeigen, z. B. als Alternativvorschlag für das gerade betrachtete Produkt. Durch den geringeren Preiseffekt der Handelsmarke beim Mobile-Shopping verliert diese Möglichkeit an Potenzial in diesem Einkaufskanal. Um entsprechend auf die einzelnen Browsing-Strategien reagieren zu können, ist es notwendig, eine Echtzeiterkennung für diese bei einem Händler zu implementieren. Lüders (2020) stellt einen Ansatz zur Bildung von Clustern auf Basis von Clickstream-Daten vor. Es besteht das Potenzial, auf diesen aufbauend das diskutierte Ziel der Vorhersage der Browsing-Strategie zu erreichen. Auch für Hersteller ergeben sich Implikationen aus den durchgeführten Analysen. Generell ist zu konstatieren, dass deren Produkte beim Mobile-Shopping einen Vorteil gegenüber Produkten der Handelsmarke besitzen, der sich vor allem im reduzierten Suchverhalten der Konsumenten niederschlägt. Hersteller ohne eigenen Webshop sollten vermehrt auf Mobilgeräten für ihre Produkte im Shop des Händlers werben, da im Vergleich zum Online-Shop ein geringeres Risiko besteht, dass trotz Werbung für den Hersteller ein Produkt der Handelsmarke erworben wird.
4.8.3
Wissenschaftlicher Beitrag, Forschungsbedarf und Limitationen
Dieser Forschungsartikel leistet einen wertvollen Beitrag für die wissenschaftliche Forschung. Es wird Literatur erweitert, die sich mit dem Kaufverhalten beim Online-Shopping beschäftigt und insbesondere markenbezogene Effekte betrachtet (vgl. z. B. Degeratu/Rangaswami/Wu 2000; Saini/Lynch 2016), indem ein Fokus darauf gelegt wird, wie sich das Suchverhalten beim Online-Shopping auf
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Handelsmarken und Herstellermarken im Online- und Mobile-Shopping
den Kauf einer Herstellermarke bzw. einer Handelsmarke auswirkt. In diesem Kontext werden auch Arbeiten zum Thema Handelsmarke und Herstellermarke (vgl. z. B. Richardson/Jain/Dick 1996; Erdem/Zhao/Valenzuela 2004) erweitert. Während sich bisherige Forschung meist auf den Offline-Bereich fokussiert, wird im Rahmen dieser Arbeit das Kaufverhalten beider Marken in einer OnlineUmgebung beleuchtet. Insbesondere das identische Kaufverhalten von Kunden mit und ohne Kundenkonto wirft dabei Fragen auf, ob Ergebnisse zur Markenfamiliarität beim Online-Shopping noch uneingeschränkt Gültigkeit besitzen. In diesem Kontext wäre eine Analyse kundenspezifischer Kaufdaten eines OnlineShops in Verbindung mit Befragungen von Interesse, um zu bestimmen, inwiefern sich die Wirkung von Markenfamiliarität beim Online-Shopping unterscheidet bzw. wie gut ein Kundenkonto als Indikator für Markenfamiliarität geeignet ist. Mit dem Betrachten von Mobile-Shopping erfolgt eine Erweiterung dieses Gebiets (vgl. Wang/Malthouse/Krishnamurthi 2015; Lee et al. 2016) um eine markenspezifische Betrachtung. So gelingt es beispielweise, den von Lee et al. (2016) nachgewiesenen Effekt kleinerer Warenkörbe um Unterschiede zwischen Hersteller- und Handelsmarke zu erweitern. Dessen ungeachtet wird durch die Ergebnisse veranschaulicht, dass zukünftige Forschung die Wirkung des Preises beim Mobile-Shopping nicht identisch zum Online-Shopping annehmen sollte. Dieser Forschungsartikel weist an mehreren Punkten Limitationen auf, die zum Teil auch Anknüpfungspunkte für zukünftige Forschung verkörpern. So ergibt sich bei den Untersuchungen durch den Fokus auf einen Händler und dort auf eine Produktkategorie ein hohes Maß an interner Validität. Allerdings stellt sich auch die Frage, inwiefern die gefundenen Ergebnisse generalisierbar sind. Hier wären ein Vergleich mit den Daten anderer Händler bzw. eine Ausweitung der Analyse auf andere Produktkategorien hilfreich. Die im Artikel untersuchten Variablen zum Suchverhalten ergeben sich aus geänderten Suchkosten beim Mobile-Shopping und daraus sich ableitenden Folgen für Browsing-Strategien, wahrgenommenes Risiko sowie der Bedeutung von Marken. Wenn auch die Ergebnisse der Analysen diese Argumentation unterstützen, können zusätzliche Experimente und Befragungen helfen, die einzelnen Zusammenhänge zu überprüfen. Abschließend liegen keine Daten über das Offline-Verhalten der Besucher des Webshops vor. Mithin ist unklar, ob sich die Käufer vorab im Offline-Handel bereits über Produkte informiert oder umgekehrt den Webshop rein zum Sammeln von Informationen und in Vorbereitung auf einen Besuch im Offline-Handel genutzt haben. Umfragen in den Offline-Stores des Händlers zur Häufigkeit dieses Verhaltens bzw. zu den auf Grundlage dieses Verhaltens getroffenen Entscheidungen können die Analysen und Implikationen dieses Forschungsartikels weiter
4.8 Übergreifende Diskussion
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verfeinern. Zuletzt beziehen sich die Ergebnisse auf den Mobile-Shop des Händlers, d. h. dem für mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets optimierten Webshop. Viele Händler bieten neben dieser Art des Mobile-Shoppings auch Apps an, die für mobile Endgeräte zur Verfügung stehen. Es bleibt zu überprüfen, inwiefern die Erkenntnisse auf Basis des mobilen Shops auch auf Apps eines Händlers übertragbar sind.
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Schlussbetrachtung
Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln dieser Dissertation einzelne Aspekte des digitalen Markenmanagements und Einkaufsverhaltens im Rahmen von Online-Shopping, Mobile-Shopping und Voice-Shopping behandelt wurden, soll dieses abschließende Kapitel dazu dienen, zentrale Ergebnisse zusammenzufassen. Des Weiteren sollen die in Unterkapitel 1.2 aufgeworfenen Forschungsfragen im Rahmen dieses Kapitels beantwortet werden. Im zweiten Kapitel wurden die Forschungsfragen 1 und 2 bearbeitet. Diese beschäftigen sich mit der sequenziellen Produktpräsentation beim Voice-Shopping und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Rolle der Marken in diesem Einkaufskanal. Forschungsfrage 1 lautet: Forschungsfrage 1: Wie wirkt sich sequenzielle Produktpräsentation beim VoiceShopping auf die Entscheidungen von Konsumenten aus? Für die akustische Präsentation von Produktinformationen beim Voice-Shopping ist die sequenzielle Produktpräsentation die praktikabelste Variante. Frühere Forschung auf diesem Gebiet konnte bereits verdeutlichen, dass sich durch diese Art der Produktpräsentation Entscheidungen verändern (vgl. z. B. Diehl/Zauberman 2005; Mogliner/Shiv/Iyengar 2013). Unklar ist allerdings, welche Auswirkungen diese Form der Produktpräsentation beim Voice-Shopping hat und welche Effekte die rein akustische Präsentation von Informationen bewirkt. Anhand von zwei anreizkompatiblen Laborexperimenten wurden die Entscheidungen von Konsumenten beobachtet (vgl. Unterkapitel 2.7 und 2.8). Die
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 I. Halbauer, Digitales Markenmanagement, Beiträge zur empirischen Marketing- und Vertriebsforschung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31777-5_5
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Schlussbetrachtung
Ergebnisse deuten darauf hin, dass die später präsentierten Produkte beim VoiceShopping unter diesen Positionen leiden und sich das Wahlverhalten von Konsumenten zwischen der sequenziellen Produktpräsentation beim Voice-Shopping und der sequenziellen Produktpräsentation beim Online-Shopping unterscheidet. Deutlich tritt dieser Effekt in einem zusätzlich durchgeführten OnlineSzenario-Experiment zutage. In diesem wurde die Produktreihenfolge nicht bestimmt wie in den Laborexperimenten, sondern randomisiert (vgl. Unterkapitel 2.9). Während es bei simultaner Produktpräsentation im Stil des Online-Shoppings zu einer Gleichverteilung der gewählten Produkte (in diesem Fall ausgedrückt durch Kaufabsichten) kommt, führt die sequenzielle Produktpräsentation dazu, dass die zuerst präsentierten Produkte deutlich häufiger gewählt werden als Produkte auf späteren Positionen (eine Darstellung der Kaufabsichten findet sich in Abbildung 2.5). Dieses Experiment veranschaulicht gleichsam, dass die gefundenen Effekte durch die sequenzielle Produktpräsentation getrieben werden und nicht durch die zusätzliche akustische Präsentation von Produktinformationen. Auf den ersten Blick scheint damit auch das von Galloway (2017) sowie Dawar und Bendle (2018) aufgeworfene Szenario bestätigt, dass Marken beim Voice-Shopping nahezu bedeutungslos werden, was zur zweiten Forschungsfrage führt: Forschungsfrage 2: Welche Bedeutung haben Marken beim Voice-Shopping unter sequenzieller Produktpräsentation? Sowohl Galloway (2017) als auch Dawar und Bendle (2018) rechnen beim VoiceShopping mit starken Effekten durch die sequenzielle Produktpräsentation, die bewirken, dass Konsumenten unabhängig von anderen Umständen eines der zuerst präsentierten Produkte erwerben werden und damit Marken irrelevant werden. Neben dieser von Suchkosten getriebenen Hypothese wurde in Kapitel 2 auch das Risikominimierungs-Argument hergeleitet: Aus der geringen Anzahl an Produktinformationen, die beim Voice-Shopping zur Verfügung stehen, resultiert eine Einkaufssituation, in der ein Konsument ein besonders hohes wahrgenommenes Risiko verspürt (vgl. Abschnitt 2.3.4 für das vollständige Argument). Aus diesem Grund ist es wahrscheinlicher, dass Konsumenten auf starke Marken setzen, um das Risiko zu minimieren (vgl. Erdem/Swait 1998). Die in Kapitel 2 durchgeführten Laborexperimente deuten darauf hin, dass Marken auch beim Voice-Shopping eine Rolle spielen. Es kommt zwar zu dem vermuteten Phänomen, dass die zuerst präsentierten Produkte beim VoiceShopping häufiger gewählt werden, jedoch beeinflussen auch die präsentierten Marken die Wahl der Konsumenten. Werden an den ersten Stellen Produkte schwächerer Marken präsentiert, bedingt dies eine bimodale Verteilung der
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Schlussbetrachtung
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gewählten Produkte, bei der das zuerst präsentierte Produkt und das erste Produkt einer Marke mit hohem Markenwert häufig gewählt werden (eine Übersicht zu diesen Kaufentscheidungen findet sich in Abbildung 2.1 und 2.2). Sind hingegen die zuerst präsentierten Produkte von Marken mit hohem Markenwert, kommt es zu einer unimodalen Verteilung und später präsentierte Produkte finden lediglich geringe Beachtung. Den Einfluss, den die präsentierten Marken beim Voice-Shopping auf das Informationsbedürfnis haben, wurde in einem weiteren Online-SzenarioExperiment in Unterkapitel 2.10 überprüft. Hierbei ergab sich, dass Konsumenten früher ein Stadium erreichen, in dem sie ausreichend Informationen besitzen, um eine Einkaufentscheidung zu treffen, wenn Produkte von Marken mit hohem Markenwert zuerst präsentiert werden. Im Gegensatz dazu ergab sich das höchste Informationsbedürfnis, wenn nacheinander vier Produkte mit niedrigem Markenwert gezeigt werden. In diesem Fall hatten 39 Prozent das Bedürfnis, Informationen zu weiteren Produkten zu erhalten, während dies nur bei 14 Prozent der Fall war, wenn alle vier präsentierten Produkte von Marken mit hohem Markenwert waren. Insgesamt bedeutet dies, dass Marken auch beim VoiceShopping weiterhin von Bedeutung sein werden. Doch auch die Vermutungen von Galloway (2017) sowie Dawar und Bendle (2018) konnten insofern bestätigt werden, als dass Händler einen stärkeren Einfluss auf die Kaufentscheidungen beim Voice-Shopping besitzen. Nachdem in Kapitel 2 der Aspekt der sequenziellen Produktpräsentation beim Voice-Shopping, deren relative Auswirkung im Vergleich zum Online-Shopping und die Rolle der Marke im Fokus stehen, betrachtet der Forschungsartikel in Kapitel 3 dieser Dissertation die Möglichkeit, beim Voice-Shopping die Stimmung von Konsumenten vorherzusagen und diese als Sprachhändler zu nutzen. Forschungsfrage 3 beschäftigt sich mit dem ersten Aspekt: Forschungsfrage 3: Haben Voice-Händler die Möglichkeit, die Stimmung ihrer Kunden zu bestimmen? Abhängig von Stimmung und Emotion unterscheidet sich die Art und Weise, wie Individuen sprechen und auch deren Wortwahl (vgl. Scherer et al. 2003; Beukeboom/Semin 2006). Schuller et al. (2013) konnten nachweisen, wie mittels Sprachmerkmalen und Machine-Learning Emotionen aus Sprachaufzeichnungen vorhergesagt werden können. Hierauf aufbauend wurde im Rahmen von Unterkapitel 3.4 anhand einer eigenen Erhebung von Sprachdaten überprüft, ob der dabei entwickelte Machine-Learning-Ansatz auch für die Vorhersage von Stimmung genutzt werden kann. Unter Nutzung von Sprachaufzeichnungen, die im Qualitätslevel denjenigen von Voice-Shoppern ähnlich sind, deuten die Ergebnisse
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Schlussbetrachtung
darauf hin, dass eine Vorhersage auf Basis des Machine-Learning-Ansatz möglich ist, aber die Vorhersagequalität unter der Vielfalt möglicher Sprachbefehle leidet. Eine Hinzunahme der von Voice-Shoppern verwendeten Worte kann in geringem Maße die Qualität wieder erhöhen, aber nicht die Verluste ausgleichen, die durch die Vielzahl unterschiedlicher Sprachbefehle entstehen. Zusätzlich wurde ein heuristischer Ansatz evaluiert, der auf Grundlage von Stimmungskorrelaten aufgestellt wurde und Informationen nutzt, die einem Smart Speaker üblicherweise zur Verfügung stehen. Auch mit diesem Ansatz ist die Vorhersage möglich. Im Gegensatz zum Machine-Learning-Ansatz ist dieser Ansatz nicht anfällig gegenüber der Vielfalt möglicher Sprachbefehle. Die besten Ergebnisse werden indessen durch eine Kombination aus der Vorhersage des Machine Learning und den Heuristiken erzielt. In Kapitel 3 gelingt durch diese Kombination eine Vorhersagegenauigkeit von 78,8 Prozent gegenüber 64,6 Prozent mit dem Machine-Learning-Ansatz und 72,2 Prozent mit dem heuristischen Ansatz. Eine Vorhersage der Stimmung von Kunden ist für einen Voice-Händler damit durchaus möglich. Daher ergibt sich Forschungsfrage 4: Forschungsfrage 4: Welche Möglichkeiten hat ein Voice-Händler, das Wissen über die Stimmung seiner Kunden zu nutzen? Im Rahmen von Unterkapitel 3.5 wurden zwei mögliche Handlungsoptionen überprüft, wie ein Voice-Händler Wissen über die Stimmung seiner Kunden nutzen könnte. Beide Handlungsoptionen ergeben sich aus bisheriger Forschung im Bereich der Verbraucherpsychologie. In einem anreizkompatiblen Laborexperiment (Abschnitt 3.5.3) wurde dabei untersucht, welche Entscheidungen Konsumenten beim Voice-Shopping in Abhängigkeit von den Preisen der angebotenen Produkte treffen. Der Unterschied zwischen den beiden Fallgruppen des Experiments bestand dabei darin, dass der Preis für die beiden Marken mit hohem Markenwert in einer der Gruppen um 20 Prozent erhöht wurde. Hierbei ließ sich beobachten, dass eine überdurchschnittliche Stimmung dem negativen Preiseffekt, der die Auswahl dieser verteuerten Produkte unwahrscheinlicher macht, entgegenwirkt. In einem weiteren anreizkompatiblen Laborexperiment (Abschnitt 3.5.4) wurde die Möglichkeit betrachtet, die Optimalität von Kaufentscheidungen zu verbessern, indem Produktinformationen auf unterschiedliche Art und Weise bereitgestellt werden. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Qualität von Konsumentenentscheidungen durch eine stimmungsabhängige Bereitstellung von Informationen verbessert werden kann. Konsumenten in einer unterdurchschnittlichen Stimmung treffen bessere Einkaufsentscheidungen, wenn ihnen in einem ersten Schritt nur grundlegende Produktinformationen präsentiert werden, sie
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Schlussbetrachtung
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aber die Möglichkeit erhalten, aktiv weitere Produktinformationen anzufragen. Dagegen treffen Konsumenten in überdurchschnittlicher Stimmung bessere Einkaufsentscheidungen, wenn ihnen Produktinformationen obligatorisch präsentiert werden. Die beiden durchgeführten Laborexperimente zeigen Handlungsmöglichkeiten auf, wie ein Voice-Händler das Wissen über die Stimmung seiner Kunden nutzen kann, (a) um Produkte von starken Marken zu höheren Preisen zu verkaufen oder (b) um die Entscheidung der Kunden zu optimieren. Hierbei werfen sich aber auch weitere Fragen auf. In Hinblick auf die Einflussmöglichkeiten von Stimmung auf die Kaufentscheidung ergeben sich ethische Fragestellungen für Händler und auch politische Entscheidungsträger, was die tatsächliche Nutzung und Implementierung betrifft. Bezüglich der Optimierung von Konsumentenentscheidungen ist weitere Forschung notwendig, welche Informationen stets in die Produktpräsentation integriert und welche Informationen entweder obligatorisch präsentiert bzw. auf Anfrage abrufbar sein sollten. Nachdem in den Kapiteln 2 und 3 Fragestellungen mit Blick auf VoiceShopping bearbeitet wurden, widmet sich Kapitel 4 dem Thema Online- und Mobile-Shopping. In diesem Rahmen werden die Forschungsfragen 5 und 6 bearbeitet. Forschungsfrage 5: Welches Suchverhalten in Online- und Mobile-Shops lässt eine Vermutung dahin gehend zu, ob sich ein Konsument für eine Handels- oder Herstellermarke entscheidet? Bisherige Forschung zu Handels- und Herstellermarken spielt sich vor allem im Offline-Shopping ab (vgl. z. B. Richardson/Jain/Dick 1996; Chintagunta/Bonfrer/Song 2002). Gleichwohl lassen sich diese Ergebnisse nicht ohne Weiteres auf Online- und Mobile-Shopping übertragen, da z. B. aus veränderten Suchkosten unterschiedliches Konsumentenverhalten zwischen den Einkaufskanälen resultiert (vgl. z. B. Degeratu/Rangaswami/Wu 2000; Ghose/Goldfarb/Han 2013). Zur Beantwortung von Forschungsfrage 5 werden ein Clickstream-Daten herangezogen und damit Daten, die für Offline-Shopping nicht vorhanden sind. Generell ist anzuführen, dass sowohl im Online- als auch im Mobile-Shopping die Wahrscheinlichkeit zum Erwerb der Handelsmarke steigt, je intensiver sich die Produktsuche gestaltet. Die Herstellermarke dagegen ist in der Lage, Konsumenten zügig zu überzeugen, sodass viele Konsumenten überhaupt kein Wissen über die Handelsmarke erhalten. Beim Online-Shopping haben 92 Prozent der Käufer der Handelsmarke im Laufe ihrer Suche auch Produkte der Herstellermarke betrachtet. Dagegen haben lediglich 48 Prozent aller Käufer der Herstellermarke
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Schlussbetrachtung
beim Online-Shopping beide Marken angesehen. Die verkürzte Suche von Käufern der Herstellermarke wird vor allem beim Mobile-Shopping sichtbar. Der durchschnittliche Klickpfad eines Käufers der Herstellermarke ist mit 18,9 Klicks um 35,7 Prozent kürzer als der durchschnittliche Klickpfad eines Käufers der Handelsmarke (29,4 Klicks). Dies verdeutlicht sich nochmals bei einem Vergleich von Online- und MobileShopping. Die positive Wirkung zunehmender Suche auf die Kaufwahrscheinlichkeit der Handelsmarke nimmt hier noch weiter zu. Überraschend ist, dass in beiden Einkaufskanälen der Login-Status, der den Besitz eines Kundenkontos signalisiert, keinen Einfluss auf den Kauf der Handelsmarke zur Herstellermarke hat. Bisherige Forschung gelangte zu dem Ergebnis, dass eine Verbindung des Konsumenten zu einem Händler die Wahrscheinlichkeit für den Kauf einer Handelsmarke erhöht (vgl. Erdem/Zhao/Valenzuela 2004). Dafür sind ein Login und die Nutzung der Artikelsuche beim Mobile-Shopping deutliche Indikatoren für eine Kaufentscheidung. Beim Mobile-Shopping bleibt der Effekt des Login-Status bestehen bzw. verstärkt sich weiter. Der positive Effekt der Nutzung der Artikelsuche auf eine Kaufentscheidung dagegen nimmt ab bzw. ist beim Mobile-Shopping gegenläufig und als Indikator für eine Kaufentscheidung weniger geeignet. Ein weiterer möglicher Unterschied zwischen Online- und Mobile-Shopping besteht in der Wirkung des Preises von Handels- und Herstellermarke. Diese steht im Fokus der sechsten Forschungsfrage: Forschungsfrage 6: Welchen Einfluss haben die Preise von Handels- und Herstellermarken beim Online- und Mobile-Shopping auf die Kaufentscheidung? Beim Mobile-Shopping stehen Konsumenten höheren Suchkosten gegenüber, da z. B. Hilfsmittel wie Vergleichstabellen, die beim Online-Shopping genutzt werden können, um Produkte einfach gegenüberzustellen, aufgrund geringerer Displaygrößen nur eingeschränkt genutzt werden können bzw. ihre Nutzung für den Konsumenten aufwendiger ist (vgl. Häubl/Trifts 2000; Sweeney/Crestani 2006; Ghose/Goldfarb/Han 2013). Ob sich dies tatsächlich im Preiseffekt niederschlägt, wurde in der Analyse in Abschnitt 4.6.2 untersucht. Dort tritt zutage, dass der Effekt des Preises beim Mobile-Shopping tatsächlich für die Handelsmarke geringer ausfällt. Ein geringerer Preis der Handelsmarke beim Online-Shopping ist besser in der Lage, einen Konsumenten in Richtung der Handelsmarke zu lenken (und damit weg von der Herstellermarke) als ein geringerer Preis beim Mobile-Shopping. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die vorliegende Dissertation bestehende Forschung im Online- und Mobile-Shopping erweitert und vor allem im Gebiet
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des Voice-Shoppings als eine der ersten Arbeiten empirisch Fragestellungen überprüft. So trägt diese Dissertation zu einem besseren Verständnis markenbezogener Konsumentenentscheidungen in den unterschiedlichen Einkaufskanälen bei. Aus den einzelnen Forschungsartikeln resultiert eine Vielzahl von Implikationen für Forschung und Praxis. Aus den Limitationen dieser Arbeit ergeben sich – vor allem für Mobile- und Voice-Shopping – aber auch einige Ansätze für weitere Forschung in Bezug auf diese noch relativ jungen Einkaufskanäle.
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